Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen: Dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens [1 ed.] 9783428536146, 9783428136148

Der Untreuetatbestand gehört zu einem der am meisten diskutierten Themen der Strafrechtswissenschaft. Dies gilt insbeson

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German Pages 284 Year 2011

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Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen: Dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens [1 ed.]
 9783428536146, 9783428136148

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 231

Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen Dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens

Von

Victoria Ibold

Duncker & Humblot  ·  Berlin

VICTORIA IBOLD

Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 231

Unternehmerische Entscheidungen als pflichtwidrige Untreuehandlungen Dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens

Von

Victoria Ibold

Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Petra Wittig, München Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-13614-8 (Print) ISBN 978-3-428-53614-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-83614-7 (Print & E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Mutter und dem Gedenken an meinen Vater

Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine aktualisierte Fassung meiner Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Juristischen Fakultät an der Ludwig-Maximilians-Universität München, welche dieser im Sommer 2010 vorgelegt wurde. Nach Abschluss des Promotionsverfahrens mit der mündlichen Prüfung im Dezember 2010 wurden die nach Abgabe der Arbeit veröffentlichten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zu § 266 StGB ergänzend eingearbeitet; Literatur wurde bis zum Februar 2011 berücksichtigt. Ich danke meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Petra Wittig, die mir während der Erstellung dieser Arbeit die Freiheit und die Zeit gewährte, meine Ideen zu entwickeln, und mich gerade in der Endphase mit wertvollen Hinweisen und Anmerkungen zu dieser Arbeit unterstützte. Ich habe außerdem die Zeit als ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin in fachlicher wie persönlicher Hinsicht als sehr bereichernd empfunden und danke ihr für all die Erfahrungen und schönen Erinnerungen. Herrn Prof. Dr. Helmut Satzger danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens; bei Herrn Prof. Dr. Ulrich Schroth bedanke ich mich für die angenehme mündliche Prüfung. Für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe der Strafrechtlichen Abhandlungen gilt Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Friedrich-Christian Schroeder mein aufrichtiger Dank. Bei meinen Kollegen an der Universität München, insbesondere bei Dr. Joachim Eiden, Georg Köpferl, Benjamin Oechsle, Dr. Yannick Schönwälder, Thomas Putschbach, Rosanna Schneider, Katja Oswald und Alexandra Samson, bedanke ich mich für die immer freundschaftlich geprägte Arbeitsatmosphäre. Mein großer Dank gilt auch unserer Sekretärin Marcella Montanari, die mir stets mit Rat und Tat und einem offenen Ohr zur Seite stand. Meiner Freundin Dagmar Landherr danke ich für inspirierende Gespräche während der Erstellung dieser Arbeit, meiner Freundin Theano Vasilikou für ihren steten Zuspruch und uneingeschränkte Unterstützung.

8

Vorwort

Zuletzt gilt mein Dank denjenigen Menschen, ohne die es diese Arbeit nicht gäbe: Ich danke meinem Bruder Sebastian Ibold für seinen geschwisterlichen Beistand und für die umfassende, gründliche und kritische Durchsicht meines Manuskripts; meinem Onkel Leonhard Schorer danke ich für die Ruhe, Gelassenheit und die stete Unterstützung in allen Lebenslagen. Meinem Freund Peter König danke für seine Geduld und seinen unerschöpflichen Humor während der Zeit der Promotion und für seine Liebe, die er mir jeden Tag zu Teil werden ließ und lässt. Ich danke meiner Mutter Christine Ibold für ihre Liebe, Zuneigung und Freundschaft sowie ihre Unterstützung, auf die ich mich immer verlassen kann und konnte. Mein tiefer Dank gilt auch meinem Vater Clemens Ibold, der mich immer liebevoll unterstützt und immer an mich geglaubt hat. Meiner Mutter und dem Gedenken an meinen Vater ist dieses Buch gewidmet. München, im Sommer 2011

Victoria Ibold

Inhaltsübersicht Einleitung

25

A. Problemaufriss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmerische Entscheidungen im Fokus der Untreuerechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untreue als Bestechungsdelikt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens als unternehmerische Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

30 30

B. Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

C. Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

25 27

1. Teil Grundfragen A. Unternehmerische Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff der unternehmerischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unternehmerische Entscheidungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmung und Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Strukturen von Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bestechung zugunsten von Unternehmen im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . .

35 35 35 44 46 46 54 71

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . 86 I. Der Untreuetatbestand in der Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Unternehmerische Entscheidungen als Fallgruppe der Untreue . . . . . . . . 95 III. Untreueopfer und -täter im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 IV. Unternehmerische Entscheidungen – Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

10

Inhaltsübersicht 2. Teil Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Pflichtwidrigkeit und das Innenverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

126 126 126 147 161

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen . . . . . . . . . . . 224 I. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 3. Teil Zusammenfassung der Arbeit

255

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

A. Problemaufriss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmerische Entscheidungen im Fokus der Untreuerechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untreue als Bestechungsdelikt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens als unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

30 30

B. Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

C. Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

25 27

1. Teil Grundfragen A. Unternehmerische Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff der unternehmerischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung unter Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmerische Entscheidung als rechtlich zulässige Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung von besonderer wirtschaftlicher Tragweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unternehmerische Entscheidung und unternehmerische Tätigkeit f) Eigene Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung unter Risiko. . . . . a) Ökonomische Definition des Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Definition des Risikos unter Rückgriff auf den Begriff des Risikogeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Normative Definition des Risikogeschäftes. . . . . . . . . . . . . . . . bb) Neutrale Definition des Risikogeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unternehmerische Entscheidungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35 35 35 35 35 36 36 37 38 39 40 40 41 41 42 43 44

12

Inhaltsverzeichnis

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmung und Kategorisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestechung im Kontext der Korruption in Unternehmen . . . . . . . . . . . a) Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis zur Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Korruption in Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kategorisierung nach Betriebs- und Unternehmenskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens als Unternehmenskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Strukturen von Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finanzierung der Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Notwendigkeit der Verschleierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bildung und Verwaltung von schwarzen Kassen. . . . . . . . . . . . aa) Begriff der schwarzen Kasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schwarze Bargeldkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schwarze Konten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Virtuelle schwarze Kassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ablauf einer Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anbahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Täterstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmerisches Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufgabenzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kompetenzgefüge und Unternehmensgröße . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hierarchische Position des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betroffene Unternehmensbereiche und beteiligte Personen . . . . . . d) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Externe Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriminogene Wirtschaftsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kriminogene Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bestechung zugunsten von Unternehmen im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . 1. Korruptionsdelikte im deutschen Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 46 47 49 49 49 50 51 51 52 54 54 54 55 55 56 57 59 59 59 60 60 62 62 64 64 64 64 65 65 67 68 68 68 70 71 71 71

Inhaltsverzeichnis

13

b) Amtsstrafrechtliche Tatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur der §§ 331–335 StGB. . . . . . . bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung . . . . . c) Wettbewerbsstrafrechtliche Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung . . . . . d) Steuerstrafrechtliche Tatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur der Steuerhinterziehung gem. § 370 I AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung . . . . . e) Rechnungslegungsstrafrechtliche Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgut und Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 283 b StGB und 331 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung . . . . . (1) § 283 b StGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 331 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmen als Sanktionsadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Verfall gem. §§ 73 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen des Verfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Erlangtes Etwas“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unternehmen als Adressat des Verfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Geldbuße gem. § 30 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße. . . . . . . . . bb) Höhe des Bußgeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72 73 74 74 74 75 75

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . I. Der Untreuetatbestand in der Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgut und Unrechtsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unrechtsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Täterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tathandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Taterfolg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Untreue und der Bestimmtheitsgrundsatz gem. Art. 103 II GG . . . . . a) Unbestimmtheit des § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung außerstrafrechtlicher Regelungen bei der Bestimmung des Untreuetatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rückgriff auf außerstrafrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Limitierte“ oder „asymmetrische“ Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . .

86 86 86 86 87 88 88 89 89 89 90 90 91

76 76 77 78 79 79 79 80 81 81 81 83 84 84 84 85

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Inhaltsverzeichnis II. Unternehmerische Entscheidungen als Fallgruppe der Untreue. . . . . . . . . 1. Tendenz zu einer Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmerische Entscheidungen als Fallgruppe der Untreue . . . . . . 3. Die Zahlung von Bestechungsgeldern zugunsten eines Unternehmens als unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmerische Entscheidung unter Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Untreueopfer und -täter im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Opferstellung: Unternehmensträger als Vermögensinhaber . . . . . . . . . . a) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmensträger ist Personenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unternehmensträger ist juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unternehmensträger ist Gesamthandsgemeinschaft . . . . . . . . . 2. Täterstellung: Vermögensbetreuungspflicht im Unternehmen. . . . . . . . a) Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . b) Vermögensbetreuungspflicht im Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson . . . . . . . . . . . . bb) Vermögensträger ist Personenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Organe der Personenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Organe von juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Organe von Gesamthandsgemeinschaften . . . . . . . . . . (2) Sonstige Unternehmensangehörige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unternehmerische Entscheidungen – Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Untreuerechtliche Problempunkte unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ökonomischer Nutzen einer unternehmerischen Entscheidung dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ökonomisches Ziel von Bestechungszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ziel unternehmerischer Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestechung als illegale Wettbewerbsmethode zur Gewinnund Rentabilitätssteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zielüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeitliche Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Methodenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kosten-Nutzen-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nutzen für ein Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (3) Kosten für ein Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kosten bei Entdeckung der Bestechung . . . . . . . . . . . (aa) Strafrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Zivilrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksamkeit der Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensersatzpflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Sonstige Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit . . . . (4) Folgerungen in Bezug auf die Zielüberprüfung . . . . . . . . dd) Das Gefangenendilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verhältnis zur Kosten-Nutzen-Analyse . . . . . . . . . . . . (b) Das Gefangenendilemma als Teilbereich der Spieltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bestechungsentscheidung als Dilemmasituation. . . . . . . . (3) Konsequenz aus dem Bestechungsdilemma. . . . . . . . . . . . (4) Folgerungen in Bezug auf die Zielüberprüfung . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Teil Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Pflichtwidrigkeit und das Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innenverhältnis und Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Innenverhältnis und Unternehmensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Akzessorietätscharakter der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorgehensweise bei der Übernahme unternehmensrechtlicher Verhaltensnormen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Individuelle Vorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlen individueller Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Mutmaßliches Einverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Konkludente Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion unternehmensrechtlicher Verhaltensnormen auf untreuerelevante Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Strafrechtsautonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichtwidrigkeit als gravierende Pflichtverletzung? . . . . . . . . . . . . c) Pflichtwidrigkeit als Verletzung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Voraussetzungen einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht aa) e. A.: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensschützende Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) a. A.: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht bei funktionalem Zusammenhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeine Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensinteressenbezogene Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Inhalt der Geschäftsbesorgung als Ausgangspunkt . . (b) Begriff der Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Vermögensinteressen vs. Dispositionsfreiheit . . . . . . . (d) Zusammenhang mit Vermögensinteressen des Vermögensinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Identität von betroffenen und betreuten Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis und Beispiele: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensinteressenbezogene Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Haftungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestehen individueller oder konkreter gesetzlicher Verhaltensvorgaben – Legalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Externe Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interne Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Legalitätspflicht und „nützliche“ Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fehlen konkreter Verhaltensvorgaben – Grundsatz des unternehmerischen Ermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich und Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Personaler Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geschäftsführende Organe von juristischen Personen . . . . . . . bb) Geschäftsführende Gesellschafter von Gesamthandsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonstige Unternehmensangehörige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ermittlung pflichtgemäßer und pflichtwidriger unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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Zeitliche Perspektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rationalitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handeln auf angemessener Informationsbasis . . . . . . . . . . . . . Handeln zum Wohle der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das Gesellschafts- und Unternehmensinteresse . . . . . . . . (a) Das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Das Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Orientierung am Unternehmenswohl als Entscheidungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Orientierung am Unternehmenswohl als Schrankenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Handeln ohne Sonderinteressen und nicht unter sachfremdem Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Keine schlicht unvertretbare Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen 1. Grundfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeitliche Perspektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermögensinteressen des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rückgriff auf die Begriffe des Gesellschafts- und Unternehmensinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vermögensinteresse als Gesellschafts- oder Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vermögensinteresse als Unternehmensinteresse? . . . . . . . (2) Vermögensinteresse als Gesellschaftsinteresse? . . . . . . . . cc) Konkretisierung des Vermögensinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis: Vermögensinteressen des Unternehmens . . . . . . . . . 2. Pflichtwidrigkeit und individuelle Verhaltensvorgaben . . . . . . . . . . . . . a) Interne Pflichten als Quelle individueller Verhaltensvorgaben . . . b) Strafrechtsautonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflichtwidrigkeit und konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben . . . . . a) Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interne und externe Pflichten als Quelle gesetzlicher Verhaltensvorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafrechtsautonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht: Erfordernis einer vermögensinteressenbezogenen Pflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht bei Gefahr von Sanktionen oder Schadenersatzforderungen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht und formelle Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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aa) bb) cc) dd)

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Inhaltsverzeichnis dd) Gesetzliche Verhaltensvorgaben versus autonome Zwecksetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorrang individueller Verhaltensvorgaben. . . . . . . . . . . . . . (3) Bedenken gegen eine Kriminalisierung von Pflichten durch die autonome Zwecksetzung des Vermögensinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Lösungsansatz: Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis: Anerkennung der unternehmensrechtlichen Legalitätspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Pflichtwidrigkeit bei Fehlen konkreter Verhaltensvorgaben . . . . . . . . . a) Rückgriff auf gesetzliche Generalklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennung des Grundsatzes unternehmerischen Ermessens? . . aa) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ermittlung pflichtwidriger Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rationalitätskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Handeln auf angemessener Informationsbasis . . . . . . . . . . . . . . (1) Anerkennung von Informations- und Prüfungspflichten (2) Umfang von Informations- und Prüfungspflichten . . . . . . (3) Rechtsfolgen eines Verstoßes bzw. der Einhaltung von Informations- und Prüfungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Handeln zum Wohle der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Keine schlicht unvertretbare Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Strafrechtsautonome Auslegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gravierende Pflichtverletzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nur eindeutig unvertretbare Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . 6. Einverständnis zur Vornahme einer unternehmerischen Entscheidung a) Wirkung, Begriff und Problempunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Problempunkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einverständniserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einwilligungsfähigkeit und Freiheit von Willensmängeln . . . . . . . e) Träger der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Unternehmens aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson . . . . . . . . . . . . bb) Unternehmensträger ist Gesamthandsgemeinschaft (Personenmehrheit). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis cc) Unternehmensträger ist juristische Person (Personenmehrheit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Juristische Person als Inhaberin des Unternehmensvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Grundlagen für die Zuordnung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise. . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gesellschaftsrechtsakzessorische Betrachtungsweise (c) Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Dispositionsbefugnis innerhalb einer GmbH . . . . . . . . . . . (a) Die Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Dispositionsbefugnis innerhalb einer AG. . . . . . . . . . . . . . (a) Aktionäre/Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Grenzen der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Unternehmens aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson/Gesamthandsgemeinschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unternehmensträger ist juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grenzen der Dispositionsbefugnis bei der GmbH . . . . . . (a) Grenzen für die Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Grenzen für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Grenzen der Dispositionsbefugnis bei der AG . . . . . . . . . (a) Grenzen für die Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Dispositionsbefugnis nur im Rahmen ihrer Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Grenzen der Dispositionsbefugnis der Aktionäre im Rahmen ihrer Kompetenzen . . . . . . . . . a) Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Grenzen für den Vorstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Form der Einverständniserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mehrheitsverhältnisse bei Gremienentscheidungen . . . . . . . . . bb) Zustandekommen einer Einverständniserklärung . . . . . . . . . . . B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen . . . . . . . . . . . I. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Akzessorietätscharakter der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Legalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsprechungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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198 198 199 199 201 202 206 206 207 209 209 210 211 211 211 211 211 212 213 216 217 217 217 218 218 218 221 222 222 223 224 225 225 225 226 226

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Inhaltsverzeichnis a) BGH, Urteil vom 27.02.1975 – Bundesligaskandal . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) BGH, Urteil vom 07.08.1984. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 26.2.2004 . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) LG Darmstadt, Urteil vom 14.05.2007 – Siemens/ENEL . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) BGH, Urteil vom 29.09.2008 – Siemens/ENEL . . . . . . . . . . . . . . . . f) BGH, Urteil vom 17.9.2009 – VW-Affäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) BGH, Urteil vom 13.09.2010 – Siemens/AUB . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Würdigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Literaturansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Bestechungsverbote im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften c) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen § 299 II StGB oder §§ 333 f. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen die Regeln eines sorgfältigen Kaufmanns/Überschreiten eines unternehmerischen Ermessensspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wirksamkeit eines Einverständnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorrang individueller Verhaltensvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichtwidrigkeit durch das individuelle Verbot von Bestechungszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen §§ 299 II, 333 f. StGB . . . e) Pflichtwidrigkeit bei Rückgriff auf den Grundsatz unternehmerischen Ermessens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handeln auf angemessener Informationsbasis . . . . . . . . . . . . . . bb) Handeln zum Wohle der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schlicht unvertretbare Entscheidung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226 226 226 227 227 227 228 228 228 229 229 230 231 232 232 232 234 234 235 236 237 237 239 239

240 241 242 242 242 245 246 248 248 249 250

Inhaltsverzeichnis

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f) Wirksamkeit eines Einverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 g) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Teil Zusammenfassung der Arbeit

255

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. F. AG AktG Alt. AO BayGO BayVBl BB BeckRS BetrVG BFH BGB BGBl BGH BGHSt BGHZ bspw. BT-DrS. bzgl. bzw. d.h. DB DStR EStG EU EUBestG f. ff. FS GA GbR gem. GenG GG ggf.

andere Ansicht alte Fassung Aktiengesellschaft/Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Alternative Abgabenordnung Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern Bayerische Verwaltungsblätter Betriebsberater Beck Rechtsprechung Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen beispielsweise Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Drucksachen bezüglich beziehungsweise das heißt Der Betrieb Deutsches Steuerrecht Einkommenssteuergesetz Europäische Union EU-Bestechungsgesetz folgend folgende Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Genossenschaftsgesetz Grundgesetz gegebenenfalls

Abkürzungsverzeichnis GmbH GmbHG GmbHR GS GwG h. A. h. M. HGB HRRS Hrsg. HS HWSt i. e. S. i. R. d. i. S. d. i. S. v. i. V. m. i. w. S. IntBestG JA Jura JuS JZ KG KJ LG m. a. W. MDR Mio. NJW No. Nr. NStZ o. g. OHG OLG OWiG PublG RG RGSt Rn.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gedächtnisschrift Geldwäschegesetz herrschende Ansicht herrschende Meinung Handelsgesetzbuch Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht Herausgeber Halbsatz Handbuch Wirtschaftsstrafrecht im engeren Sinne im Rahmen des/der im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung Juristische Arbeitsblätter Juristische Ausbildung Juristische Schulung JuristenZeitung Kommanditgesellschaft Kritische Justiz Landgericht mit anderen Worten Monatszeitschrift für Deutsches Recht Millionen Neue Juristische Wochenschrift number Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht oben genannt, oben genannter/es/e Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Publizitätsgesetz Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Randnummer

23

24 Rz. S. SEC sog. StGB StPO StV SZ UStG usw. v. a. VAG Var. vgl. wistra WM z. B. z. T. ZfA ZfbF ZGR ZHR ZIP ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis Randziffer Seite Securities and Exchange Commission sogenannte/r/s Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidiger Süddeutsche Zeitung Umsatzsteuergesetz und so weiter vor allem Versicherungsaufsichtsgesetz Variante vergleiche Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapiermitteilungen zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung A. Problemaufriss I. Unternehmerische Entscheidungen im Fokus der Untreuerechtsprechung Die in den letzten Jahren ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Untreue (§ 266 StGB) zeigen eine deutliche Tendenz. Es geht hauptsächlich um die Bewertung von Entscheidungen (und deren Auswirkungen), die von Führungspersonen eines Unternehmens getroffen werden. Dazu gehören beispielsweise die Vergabe von (riskanten) Krediten durch Bankmitarbeiter und -vorstände1, die Zuerkennung von Bonuszahlungen an Vorstände einer Aktiengesellschaft durch Mitglieder des Aufsichtsrats2 oder die Vergabe von Unternehmensspenden für karitative, sportliche oder kulturelle Zwecke3. All diese Handlungen erfolgen in Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens und dienen (zumindest vordergründig) der Gewinnmaximierung. Die Kreditvergabe erfolgt, da die Bank mit Hilfe der Zinszahlungen einen Gewinn erzielen möchte. Unternehmensspenden dienen dazu, durch eine Steigerung des Ansehens des Unternehmens als „good corporate citizen“ seine Wettbewerbsposition zu stärken.4 All diese Handlungen sind aber auch mit einem gewissen Risiko behaftet – es besteht z. B. die Gefahr, dass der Kredit nicht zurückgezahlt wird; zudem ist es unsicher, ob die Vergabe einer Unternehmensspende das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit tatsächlich verbessert. Dennoch, die primäre Motivation der handelnden Personen erscheint eine andere zu sein als beispielsweise die eines Geschäftsführers, der Unternehmensgelder für eigene Zwecke abzweigt: erweist sich eine Entscheidung im Nachhinein als Fehlschlag, beispielsweise wird ein Kredit nicht zurückgezahlt, so werden sich die Trä1 Vgl. BGH NJW 2000, 2364 – „Kreditvergabe I“ sowie BGH NStZ 2002, 262 – „Kreditvergabe II“ sowie BGH ZIP 2009, 1854 – „WestLB“. 2 Vgl. BGH NStZ 2006, 214 – „Mannesmann“. 3 Vgl. BGH NJW 2002, 1585 – „SSV Reutlingen“. 4 Siehe dazu unten S. 45.

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Einleitung

ger dieser Entscheidung darauf berufen, zum Besten des Unternehmens gehandelt zu haben. Das mit der unternehmerischen Entscheidung verbundene Risiko mag erkannt, allerdings in Kauf genommen worden sein, weil die getroffene Entscheidung erfolgsversprechender als andere Entscheidungsalternativen erschien. Eine Pönalisierung solch unternehmerischer Entscheidungen auf Grundlage des Untreueparagrafen hat eine enorme wissenschaftliche Resonanz hervorgerufen, was sich in der Vielzahl entsprechender Veröffentlichungen zeigt, aber auch in der Gegensätzlichkeit der Stellungnahmen. Während beispielsweise Hamm5 in Bezug auf das Verfahren „Mannesmann“ um die Zuerkennung nachträglicher Anerkennungsprämien davor warnt, über § 266 StGB eine Kriminalisierung von Verstößen gegen Treu und Glauben herbeizuführen, hält Ransiek6 den Untreuetatbestand für unverzichtbar, um auch mit den Mitteln des Strafrechts gegen die „Großen und Mächtigen“ vorzugehen. In seiner dritten Entscheidung zur Untreue von Bankmitarbeitern bzw. -vorständen durch die Vergabe von risikoreichen Krediten (West-LB) aus dem Jahre 2009 betonte der BGH die besondere Brisanz solcher Verfahren auch vor dem Hintergrund der bestehenden Banken- und Wirtschaftskrise. Es müsse zunehmend die Frage nach der Verantwortung von Managern gestellt werden, auch unter dem Gesichtspunkt des Untreuetatbestandes. Andererseits könne nicht jede unternehmerische Entscheidung, die am Ende zu Verlusten führe, mit den Mitteln des Strafrechts aufgearbeitet werden.7 Inzwischen hat sich auch das Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung8 zur Untreue und speziell zur Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidungen geäußert und im Hinblick auf sein rein verfassungsrechtliches Prüfprogramm überraschend konkrete materielle Anforderungen an die Auslegung des § 266 StGB formuliert. Es betonte dabei, dass dieser Tatbestand „angesichts des die moderne Wirtschaft prägenden Auseinanderfallens von Vermögensinhaberschaft und beauftragter Verfügungsmacht (Management) von hoher und zunehmend aktueller Bedeutung“9 sei.

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Hamm, NJW 2005, 1993 (1995). Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (636). 7 Aus der mündlichen Urteilsverkündung, siehe Kerschner, SZ, 14.08.2009, S. 21. 8 So Saliger NJW 2010, 3195. 9 BVerfG NJW 2010, 3209 (3212). 6

A. Problemaufriss

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II. Untreue als Bestechungsdelikt? Parallel zu der eben geschilderten kann eine weitere Entwicklung allgemein für den Bereich des Wirtschaftsstrafrechts und speziell für den Untreuetatbestand ausgemacht werden. In den letzten Jahren ist in zunehmendem Maße das Phänomen der Korruption und v. a. die wirtschaftliche Korruption in das Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit gerückt, mit Auswirkungen auf die Gesetzgebung und den Bereich der Strafverfolgung. Einen erheblichen Beitrag hierzu hat sicherlich die Berichterstattung im Korruptionsfall Siemens geleistet. Im Herbst 2006 begann die Aufdeckung eines weit verzweigten Bestechungssystems bei der Siemens AG mit der Durchsuchung der Münchener Zentrale und anderen Standorten sowie der Verhaftung einiger Manager. Vertreter der Siemens AG räumten daraufhin zweifelhafte Zahlungen in Höhe von 420 Millionen e ein, doch aufgrund immer neuer Entdeckungen erhöhte sich die Summe solcher Zahlungen durch verschiedene Geschäftssparten des Unternehmens auf e 1,3 Milliarden.10 Im Sommer 2009 wurde darüber hinaus ein Verdacht auf Bestechungszahlungen durch Mitarbeiter des deutschen Fahrzeug- und Maschinenbauers MAN bekannt. Es soll dabei um verdeckte Provisionszahlungen in Millionenhöhe in den Jahren 2002 bis 2005 gehen, ca. 1 Million e sollen dabei auf Deutschland, 13 Millionen e auf das Ausland entfallen.11 Im Übrigen waren beispielsweise im Jahr 2005 fünf DAX-Unternehmen von Korruptionsfällen betroffen.12 Darüber hinaus sind es aber auch Nichtregierungsorganisationen, allen voran Transparency International, die mit ihrer Arbeit das Thema der Korruption verstärkt, etwa durch die Veröffentlichung sog. Korruptionsindices13, in das Licht der Öffentlichkeit rücken.

Auf der Ebene der Gesetzgebung werden vermehrt Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption vorgenommen. So wurde 1997 durch das „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption14 der zuvor als § 12 UWG geregelte Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr an die §§ 331 ff. 10 Zur Berichterstattung u. a. Dahlkamp/Deckstein/Schmitt, Der Spiegel, 14.04. 2008, Heft 16, S. 76. 11 Zur Berichterstattung u. a. Fromm/Ott, SZ vom 7. Mai 2009, S. 1. 12 Darunter sind E.ON, Infineon, BMW, VW und (damals noch) Daimler Chrysler, vgl. dazu Zimmer/Stetter, BB 2006, 1445. 13 Transparency veröffentlicht beispielsweise einen Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perception Index), einen Bestecher-Index (Bribe Payers Index) und ein Globales Korruptionsbarometer (Global Corruption Barometer), abrufbar u. a. auf der Internetseite www.transparency.de. 14 Vom 13.08.1997, BGBl I, S. 2038.

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Einleitung

StGB angepasst und erweitert als § 299 StGB in das Kernstrafrecht übernommen. Intention war, das Bewusstsein dafür zu schärfen, „dass es sich auch bei der Korruption im geschäftlichen Verkehr um eine Kriminalitätsform handelt, die nicht nur die Wirtschaft selbst betrifft, sondern Ausdruck eines allgemein sozialethisch missbilligten Verhaltens ist.“15 Gleichzeitig wurden die §§ 331 ff. StGB erweitert und verschärft, etwa durch die Einbeziehung auch von Drittvorteilen16 oder die Erfassung des sog. „Anfütterns“17. 2002 folgte sodann eine Erweiterung des § 299 StGB auf den ausländischen Wettbewerb durch das Einfügen eines Absatzes drei18; Handlungen, die nur den ausländischen Wettbewerb betrafen, standen bis dahin nicht unter Strafe19. Daneben wurde mit dem Verbot der Auslandsbestechung 1999 auch das Einkommenssteuergesetz geändert, sodass nun für solche Zuwendungen ein Abzugsverbot gilt, die Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllen (darunter auch § 299 und die §§ 331 ff. StGB) (vgl. § 4 V S. 1 Nr. 10 EStG).20 Noch im Gesetzgebungsverfahren befindet sich eine Änderung des § 299 StGB hin zu einem „Geschäftsherrenmodell“, wie es u. a. ein Übereinkommen des Europarates vorsieht.21 In der Rechtsprechung wird das Phänomen der Wirtschaftskorruption schon seit langem nicht mehr nur über die speziellen Korruptionstatbestände der §§ 299, 331 ff. StGB strafrechtlich erfasst, sondern auch über den Tatbestand der Untreue.22 Die Rechtsprechung zu sog. „kick-backs“, d.h. zur Annahme von Bestechungsgeldern durch den Mitarbeiter eines Unternehmens zulasten dieses Unternehmens, stellt eine feste und von der Literatur weitgehend anerkannte Größe dar.23 Vollkommen anderes galt lange für die dazu spiegelbildliche Handlung, nämlich die Zahlung von Bestechungsgeldern durch Angehörige eines Unternehmens (etwa zur Erlangung eines Auftrages). Eine solche Handlung wird anders als bei einem „kickback“ aus einer primär altruistischen Motivation heraus begangen, nämlich, 15

BT-DrS. 13/5584, S. 15. Vgl. den jetzigen Gesetzeswortlaut: „. . . einen Vorteil für sich oder einen Dritten . . .“ 17 Einbezogen ist nun bereits die Unrechtsvereinbarung, die sich auf die Dienstausübung im Allgemeinen und nicht erst auf eine konkrete Diensthandlung bezieht. 18 Gesetz vom 22.08.2002, BGBl. I, S. 3387; das Gesetz geht zurück auf eine Gemeinsame Maßnahme des Europäischen Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 22.12.1998 sowie auf einen Rahmenbeschluss vom 29.05.2000. 19 Dazu nun das klärende Urteil des BGH NJW 2009, 89 (92 ff.). 20 Vgl. dazu unten S. 76. 21 Siehe hierzu näher Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193 (193). Zum jetzigen Wettbewerbsmodell siehe unten S. 74 ff. 22 So auch BVerfG NJW 2010, 3209 (3213). 23 Siehe dazu unten S. 72, inkl. Fußnote 200. 16

A. Problemaufriss

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um einen Vorteil für das Unternehmen zu erlangen. Ob ein solch korruptives Verhalten zugunsten eines Unternehmens auch als Untreue bestraft werden kann, wurde lange Zeit weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur diskutiert. Dies hat sich jedoch v. a. seit dem Bekanntwerden des Korruptionsfalles Siemens und den dadurch hervorgerufenen Ermittlungsverfahren und gerichtlichen Entscheidungen geändert; im Zentrum stehen nicht nur etwa die speziellen Korruptionsdelikte der §§ 299, 331 ff. StGB, sondern auch der Tatbestand der Untreue. Im Korruptionsfall Siemens wurde ein erster Teilkomplex, der Fall Siemens/ENEL, am 14.05.2007 vom Landgericht Darmstadt24 entschieden. Die Angeklagten wurden wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr bzw. wegen Beihilfe hierzu sowie wegen Untreue durch die Zahlung von Bestechungsgeldern und das Verwalten einer schwarzen Kasse verurteilt. Der BGH hob zwar ein Jahr später u. a. die Verurteilung wegen Untreue durch die Zahlung von Bestechungsgeldern auf, allerdings nur, weil sich für ihn die Verurteilung nach § 266 StGB alleinig auf das Verwalten (bzw. das Nichtoffenbaren) einer schwarzen Kasse in zwei Fällen stützen ließ.25 Gegen eine Tendenz der Rechtsprechung, auch solch korruptive Handlungen zugunsten eines Unternehmens unter den Untreuetatbestand zu fassen, also in diesem Sinne die Untreue als Bestechungs- bzw. i. w. S. als Korruptionsdelikt26 zu qualifizieren, wird von Seiten der Literatur sehr grundlegende Kritik vorgebracht. Nach Rönnau sperren sich in Bezug auf die Zahlung von Bestechungsgeldern „schon Wortlaut und Telos des § 266 StGB dagegen, den treuepflichtigen Schmiergeldzahler als Untreuestraftäter zu bestrafen“27. Daneben merkt Dierlamm28 an, dass „der Zahlungsabfluss [. . .] gerade nicht dem Schaden, sondern dem Gewinn des Unternehmens [dient].“ Und Niehaus29 betont zuletzt, dass die Untreue „kein Delikt zum Schutz eines fairen Wettbewerbes durch Bestrafung als unlauter empfundener Geschäftspraktiken [ist], sondern ein reines Vermögensdelikt“.

24

LG Darmstadt vom 14.05.2007, Beck RS 2007 16611. BGH vom 29.08.2008, NJW 2009, 89. Bestätigt durch BVerfG NJW 2010, 3209 (3216 f.). 26 Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607: Untreue – ein Korruptionsdelikt?; Kempf, FS Hamm 2008, 255: Bestechende Untreue? 27 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922). 28 Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (615). 29 Niehaus, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 21. 25

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Einleitung

Um die geäußerten Bedenken auf einen Punkt zu bringen: Wie kann etwas als Untreue strafbar sein, was doch zum Nutzen des Unternehmens erfolgt? Wie soll in diesem Zusammenhang die Untreue als Bestechungsbzw. Korruptionsdelikt dienen?

III. Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens als unternehmerische Entscheidungen Die beiden Tendenzen – „Unternehmerische Entscheidungen im Fokus der Untreuerechtsprechung“ und „Untreue als Korruptionsdelikt?“ – haben auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten. Unternehmerische Entscheidungen betreffen die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt durch Leitungspersonen; anders als korruptive Handlungen wie Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens stellen sie als solche keine strafbaren oder zumindest rechtswidrigen Handlungen dar. Blendet man dagegen diese wertende juristische Sicht aus, so zeigen sich die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Handlungsweisen: Beide Handlungsweisen werden im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit ausgeübt und beide Handlungsweisen dienen den erwerbswirtschaftlichen, gewinnorientierten Zielen eines Unternehmens. Unter rein ökonomischen Gesichtspunkten stellt die korruptive Handlung lediglich eine Spielart – weil illegal – einer unternehmerischen Entscheidung dar. Im Ergebnis lassen sich die Tendenz der Rechtsprechung zu einer Pönalisierung korruptiver Handlungen zugunsten eines Unternehmens nach § 266 StGB sowie eine zunehmende Überprüfung von Entscheidungen, die durch Führungspersonen innerhalb eines Unternehmens getroffen werden, zusammenführen. Es ist insgesamt eine Entwicklung erkennbar, unternehmerische Entscheidungen, seien sie an sich legal oder illegal, mit Hilfe des Untreuetatbestandes zu überprüfen.

IV. Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen Das erste Problem, das sich bei der Ermittlung der Strafbarkeit unternehmerischer Entscheidungen gem. § 266 StGB ergibt, ist das Vorliegen der Tathandlung, das Vorliegen der Pflichtwidrigkeit. Man kann sich fragen, wie etwas pflichtwidrig sein soll, was der jeweilige Entscheidungsträger in der jeweiligen Situation im Hinblick auf das erwerbswirtschaftliche Ziel eines Unternehmens als nützlich und sinnvoll beurteilt. Die Entscheidung zum Einsatz einer Bestechungszahlung zur Erlangung eines Auftrages wird in der Regel getroffen, weil ein solches Vor-

C. Aufbau

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gehen im Gegensatz zu einem legalen Verhalten als zielführender erscheint. Aus einer rein ökonomischen, wertfreien Perspektive erscheint es folgerichtig als Widerspruch, dass das Handeln einer auf das Unternehmenswohl verpflichteten Führungsperson einen Pflichtenverstoß darstellen soll, wenn damit aus einer objektiven ex-ante-Sicht genau diesem Ziel gedient ist. Kann eine Handlung gem. § 266 StGB pflichtwidrig sein, obwohl damit ein ökonomischer Nutzen für die Institution „Unternehmen“ verbunden zu sein scheint?

B. Aufgabenstellung Ziel dieser Arbeit ist es, Voraussetzungen für die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen zu erarbeiten und diese dann auf das Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens anzuwenden. Die Frage der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen soll dabei in einen engen Zusammenhang zur Frage des ökonomischen Nutzens einer solchen Entscheidung gebracht werden. Dies in einem ersten Schritt, indem untersucht wird, was der angestrebte ökonomische Nutzen speziell einer Bestechungszahlung ist und ob ein solcher Nutzen auch erreicht werden kann. In einem zweiten Schritt soll erörtert werden, ob und wie ökonomische Nutzenerwägungen bei der Bestimmung der Pflichtwidrigkeit eine Rolle spielen können. Infolgedessen bleiben Fragen und Probleme des Vermögensnachteils außen vor. Dasselbe gilt für Fragen des subjektiven Tatbestandes wie auch für die konkrete Zuordnung einer Tathandlung zum Missbrauchs- (§ 266 I Alt. 1 StGB) oder Treuebruchtatbestand (§ 266 I Alt. 2 StGB). Unerlässlich bleiben dagegen Fragen der Tätereigenschaft.

C. Aufbau I. Der erste Teil der Arbeit widmet sich den Grundfragen dieser Arbeit. 1. Dazu gehört zunächst (A.) eine exakte Bestimmung des Begriffs der unternehmerischen Entscheidung (I.). Es wird sich in diesem Zusammenhang zeigen, dass hierbei Definitionsansätze aus dem Gesellschaftsrecht berücksichtigt und bewertet werden müssen, da gerade in diesem Rechtsbereich eine Beschäftigung mit dem Begriff der unternehmerischen Entscheidung und den damit verbundenen Wertungen stattfindet. Anschließend soll eine Übersicht über von der strafrechtlichen Rechtsprechung

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Einleitung

vornehmlich behandelte Fälle unternehmerischer Entscheidungen gegeben werden (II.). 2. In einem weiteren Abschnitt erfolgt eine Beschäftigung mit Bestechungszahlungen im Kontext der Korruption (B.). Ich werde eine Bestimmung der wichtigsten Begriffe vornehmen und diese bereits in einen inhaltlichen Zusammenhang stellen (I.); dazu gehören die „Bestechung“, das „Unternehmen“ und die „Korruption“. Daraufhin werden die tatsächlichen Strukturen dieser korruptiven Handlung aufgezeigt (II.), nämlich die Finanzierung von Bestechungszahlungen mit Hilfe sog. schwarzer Kassen (1.), der praktische Ablauf einer Bestechung (2.) sowie die damit verbundenen täterbezogenen (3.) und kriminogenen (4.) Strukturen. In einem letzten Schritt sollen die Bestechungszahlungen bereits in einen ersten Zusammenhang zum Strafrecht gestellt werden (III.). Dazu wird untersucht, welche Delikte grundsätzlich zur Erfassung dieser korruptiven Handlung zur Verfügung stehen (1.) und welche Konsequenzen es für Unternehmen als Adressaten von Sanktionen haben kann, wenn ihre Mitarbeiter sich nach diesen Vorschriften strafbar machen (2.). 3. Der dritte und letzte Abschnitt des ersten Teils bringt erstmals Fragen der Untreue, insbesondere der Pflichtwidrigkeit, mit dem Begriff der unternehmerischen Entscheidung sowie mit der Frage eines ökonomischen Nutzens zusammen (C.). Ein Überblick zum Tatbestand der Untreue (I.) konzentriert sich zunächst auf das geschützte Rechtsgut sowie den Schutzzweck der Untreue (1.). Entscheidend wird dabei sein, herauszuarbeiten, dass die Untreue gerade vor einem Angriff von „innen heraus“ schützt. Neben einer Darstellung der Tatbestandsvoraussetzungen (2.), wird auf den Bestimmtheitsgrundsatz gem. Art. 103 II GG eingegangen (3.) sowie der Akzessorietätscharakter der Untreue, d.h. ihre Abhängigkeit von außerstrafrechtlichen Normen, hervorgehoben (4.). Daraufhin wird die unternehmerische Entscheidung als Fallgruppe der Untreue vorgestellt (II.). Dazu gehören neben allgemeinen Ausführungen zur zunehmenden Fallgruppenbildung bei § 266 StGB (1.) die Begründung der Verwendung einer Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidung (2.). Gleichzeitig soll auf der Grundlage der unter A. erzielten Definition der unternehmerischen Entscheidung gezeigt werden, dass auch Bestechungszahlungen zur Auftragsvergabe als unternehmerische Entscheidungen zu qualifizieren sind, insbesondere, dass ihnen das typische Risiko eines Fehlschlags der Entscheidung anhaftet (3.). Mithin können auch sie zu der Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidung gezählt werden. Sodann ist zugunsten einer konkretisierten Verwendung der Begrifflichkeiten auf die Täter- und Opfertauglichkeit innerhalb eines Unternehmens

C. Aufbau

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einzugehen (III.). Mit dem Begriff des Unternehmens ist noch nichts über den tatsächlichen Vermögensträger und damit über das potentielle Opfer einer Untreue ausgesagt. Vielmehr ist maßgeblich der dahinterstehende Unternehmensträger (1.) und es ist demgemäß zwischen natürlichen Einzelpersonen [a)] und Personenmehrheiten [b)] als juristische Personen [aa)] oder Gesamthandsgemeinschaften [bb)] zu differenzieren. Für die Tätertauglichkeit nach dem Sonderdelikt des § 266 StGB (2.) sind kurz die Voraussetzungen einer Vermögensbetreuungspflicht zu skizzieren [a)], um dann strukturiert nach der Rechtsform des Vermögensträgers und der hierarchischen Stellung einer Person herauszuarbeiten, welche Unternehmensangehörigen grundsätzlich vermögensbetreuungspflichtig sein können [b)]. Im vierten und letzten Schritt wird auf die Problematik der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen eingegangen (IV.). Das Merkmal der Pflichtwidrigkeit stellt bei unternehmerischen Entscheidungen neben der Feststellung eines Vermögensnachteils in der Regel ein problembehaftetes Tatbestandsmerkmal dar (1.). Ist man sich einig, dass eine Entscheidung nicht schon deshalb pflichtwidrig ist, weil sie sich aus einer ex-post-Sicht als Fehlschlag erweist, so kann man sich fragen, wie und unter welchen Voraussetzungen aus einer dann maßgeblichen ex-ante-Sicht eine Pflichtwidrigkeit bejaht werden kann (2./3.). Die Grundfrage ist dabei, wie etwas pflichtwidrig sein kann, was aus der ex-ante-Sicht des Entscheidungsträgers dem wirtschaftlichen Nutzen des Unternehmens zuträglich zu sein scheint. Bevor im zweiten Teil der Arbeit darauf eingegangen werden wird, ob eine rein ökonomische, wertfreie Nutzenbetrachtung bei der Ermittlung der Pflichtwidrigkeit herangezogen werden kann, ist unter diesem Punkt darauf einzugehen, wie der ökonomische Nutzen einer unternehmerischen Entscheidung aus einer ex-ante-Sicht, dargestellt am Beispiel der Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens, überhaupt beschaffen ist (4.). Dieser Frage soll mit Methoden aus den Wirtschaftswissenschaften zur Analyse von Entscheidungen und Bewertung von Entscheidungsalternativen nachgegangen werden. II. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der „Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen dargestellt am Beispiel der Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens“. Im ersten Abschnitt sollen zunächst die allgemeinen Anforderungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen erarbeitet werden (A.), wobei in drei Schritten vorgegangen wird. Im ersten Schritt (I.) wird zunächst für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit (1.) die Maßgeblichkeit des Innenverhältnisses zwischen Vermögensinhaber (Unternehmen) und Vermögensbetreuungspflichtigem (Unternehmensangehörigen) herausgestellt (2.). Im Zusammenspiel mit dem Akzesso-

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Einleitung

rietätscharakter der Untreue ergibt sich, dass die für das Innenverhältnis maßgeblichen Verhaltenspflichten grundsätzlich in Rückgriff auf das vorgelagerte Unternehmensrecht zu ermitteln sind (3.). Gleichzeitig wird unter Beachtung des ultima-ratio-Gedankens des Strafrechts sowie des Rechtsguts und Schutzzwecks der Untreue hervorzuheben sein, dass unternehmensrechtliche Pflichten nicht unbenommen als untreuerelevant gewertet werden dürfen, sondern vielmehr eine strafrechtsautonome Auslegung vorzunehmen ist (4.). Hierfür werden bereits grundlegende Voraussetzungen ermittelt. Gemäß dem Akzessorietätscharakter der Untreue wird in einem zweiten Schritt darzustellen sein, welche Anforderungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen aus der unternehmensrechtlichen Sicht zu stellen sind (II.). Besonders herausgearbeitet werden muss in diesem Zusammenhang, ob für die Bewertung der Pflichtwidrigkeit rein ökonomische, wertfreie oder vielmehr auch normative Kriterien gelten. Im dritten und letzten Schritt sind schließlich die untreuespezifischen Anforderungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen zu bestimmen (III.). Dafür ist zunächst maßgeblich der Inhalt des Vermögensinteresses eines Unternehmens zu ermitteln und nochmals die maßgebliche zeitliche Perspektive ex-ante zu betonen (1.). Für die Ermittlung der Pflichtwidrigkeit wird unterschieden zwischen der Pflichtwidrigkeit bei individuellen Verhaltensvorgaben des Vermögensinhabers (2.), bei konkreten gesetzlichen Verhaltensvorgaben (3.) und bei Fehlen konkreter Verhaltensvorgaben (5.). Zuletzt wird auch auf die Voraussetzungen an ein tatbestandsausschließendes Einverständnis zu einer unternehmerischer Entscheidung eingegangen (6.). Nachdem die allgemeinen Anforderungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen erarbeitet wurden, sind im nächsten Abschnitt diese Anforderungen am Beispiel der Zahlung von Bestechungsgeldern zugunsten eines Unternehmens darzustellen (B.). Dafür sind zunächst Ausführungen zur unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens vorzunehmen (I.). Im Rahmen des Oberpunktes „Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit“ (II.) wird eine Rechtsprechungsanalyse (1.) sowie eine Darstellung der verschiedenen Literaturansichten (2.) zur Pflichtwidrigkeit der Zahlung von Bestechungsgeldern zugunsten eines Unternehmens vorgenommen. In einer Stellungnahme (3.) ist schließlich unter Berücksichtigung der bereits erarbeiteten Voraussetzungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen und in Auseinandersetzung mit den bestehenden Ansichten zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine solch unternehmenskorruptive Handlung pflichtwidrig ist.

1. Teil

Grundfragen A. Unternehmerische Entscheidungen I. Begriff der unternehmerischen Entscheidung 1. Unternehmerische Entscheidung Eine Beschäftigung mit dem Begriff der unternehmerischen Entscheidung findet im Strafrecht kaum statt1; es ist vielmehr v. a. das Gesellschaftsrecht, das sich um eine Definition dieses Begriffes bemüht. Es soll daher zunächst darauf eingegangen werden, welche Definitionsansätze zur unternehmerischen Entscheidung2 in diesem Bereich bestehen. a) Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung unter Unsicherheit Nach e. A. ist eine unternehmerische Entscheidung eine solche Entscheidung, die von den Unternehmensleitern unter Unsicherheit getroffen wird.3 Bei einer Entscheidung, der keine Unsicherheit bzw. kein Risiko immanent sei, handle es sich schon gar nicht um eine unternehmerische Entscheidung.4 Bedingt sei eine solche Unsicherheit durch die Komplexität der Entscheidung und ihre Zukunftsorientierung sowie durch die mangelnde Prognostizierbarkeit des Entscheidungsergebnisses.5 1 Siehe allenfalls Schlüchter, 1977, S. 12. Sie folgt allerdings einem aus dem Gesellschaftsrecht stammenden Definitionsansatz, sodass eine eigenständige Erörterung ihres Ansatzes nicht erforderlich scheint, siehe unten Fn. 9. 2 Unter Entscheidung wird dabei übereinstimmend die bewusste Auswahl einer Alternative aus mehreren Handlungsmöglichkeiten verstanden, vgl. hierzu Mutter, 1994, S. 7; Schlüchter, 1977, S. 12; Semler, FS Ulmer 2003, 627; Schneider, DB 2005, 707 (709); Paefgen, 2002, S. 251; Becker, 1996, S. 81. 3 Semler, FS Ulmer 2003, 627; Hoor, DStR 2004, 2104 (2105); Schneider, DB 2005, 707 (710). 4 Semler, FS Ulmer 2003, 627. 5 Schneider, DB 2005, 707; Heermann, AG 1998, 201 (203); Jäger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157 (1158); Horn, ZIP 1997, 1129 (1133); Thümmel, DB 2004, 471 (472).

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1. Teil: Grundfragen

b) Unternehmerische Entscheidung als rechtlich zulässige Entscheidung Darüber hinaus wird (teilweise ergänzend zur obigen Ansicht6) als unternehmerische Entscheidung nur eine Entscheidung von Organen einer Gesellschaft angesehen, die sich im Bereich des rechtlich Erlaubten bewegt.7 Eine im Ergebnis ähnliche Ansicht definiert den Begriff der unternehmerischen Entscheidung aus seiner Gegensätzlichkeit zur rechtlich gebundenen Entscheidung.8 c) Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung von besonderer wirtschaftlicher Tragweite Zuletzt wird der Begriff der unternehmerischen Entscheidung auch vor dem Hintergrund ihrer Bedeutung für das Unternehmen definiert.9 Demnach sei eine unternehmerische Entscheidung eine Entscheidung von besonderer wirtschaftlicher Tragweite10, wobei eine solche beispielsweise angenommen wird, wenn • die getroffene Entscheidung nach ihrem Umfang oder Risiko von hoher Bedeutung für die Vermögens- oder Ertragslage des Unternehmens ist11, • die Entscheidung aufgrund ihrer andauernden Gestaltungswirkung das Unternehmen oder einen Teil desselben so prägt, dass durch diese Ausrichtung die künftige Entwicklung des Unternehmens in seiner Gesamtheit vorgezeichnet wird12, • die Entscheidung geprägt ist durch die besondere Verantwortung für das Ganze des Unternehmens und durch die Nichtdeligierbarkeit an untergeordnete Führungskräfte13. Zusammenfassend wird von Mutter14 als Kern einer unternehmerischen Entscheidung die darin enthaltene Führungsentscheidung ausgemacht. 6

Hoor, DStR 2004, 2104 (2105); Schneider, DB 2005, 707 (711). Schneider, DB 2005, 707 (710). Von einer unternehmerischen Entscheidung könne also dann nicht gesprochen werden, wenn die zur Verfügung stehenden Alternativen nur eine rechtmäßige Entscheidung, ansonsten aber rechtswidrige Entscheidungen ermöglichten, wobei als rechtswidrig jeder Verstoß gegen Rechtsnormen mit Ausnahme allgemeiner Sorgfaltspflichten angesehen wird. 8 Paefgen, 2002, S. 251; Lohse, 2005, S. 76; Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (230). 9 Mutter, 1994, S. 15 ff.; Heermann, AG 1998, 201 (203); Schlüchter, 1977, S. 16; Gutenberg, 1962, S. 60. 10 Mutter, 1994, S. 23. 11 Mutter, 1994, S. 23; Schlüchter, 1977, S. 16; Gutenberg, 1962, S. 60. 12 Mutter, 1994, S. 23. 13 Gutenberg, 1962, S. 60 f.; Schlüchter, 1977, S. 16. 14 Mutter, 1994, S. 15. Vgl. auch Schmalen, 2002, S. 134. 7

A. Unternehmerische Entscheidungen

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d) Zwischenergebnis Im Gesellschaftsrecht steht der Begriff der unternehmerischen Entscheidung in engem Zusammenhang mit der Figur des unternehmerischen Ermessens15 – v. a. dem Vorstand einer AG16 soll bei der Leitung der Gesellschaft unter gewissen Voraussetzungen ein unternehmerischer Ermessensspielraum eingeräumt werden. Bewege er sich bei seiner Tätigkeit innerhalb dieses Spielraums, so könne er nicht von der Gesellschaft über die Vorschrift des § 93 II AktG17 in Haftung genommen werden. Voraussetzung für die Einräumung solch eines Ermessensspielraumes sei aber u. a. das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung.18 Vor diesem Hintergrund zeigt sich zunächst, dass diese Ansichten ohne weitere Begründung den Anwendungsbereich einer unternehmerischen Entscheidung nur auf Personen der obersten Leitungsebene begrenzen, auf den Vorstand19 oder Aufsichtsrat20 einer AG sowie den Geschäftsführer21 einer GmbH – die Thematik „unternehmerisches Ermessen und unternehmerische Entscheidung“ wird schlichtweg nur für diese Personenkreise diskutiert. Es erklären sich vor diesem Hintergrund daneben auch die an zweiter und dritter Stelle genannten Ansichten – unternehmerische Entscheidung nur als rechtlich zulässige Entscheidung bzw. als Entscheidung von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für das Unternehmen: Sie lassen ein Bemühen erkennen, über eine enge Auslegung des Begriffs der unternehmerischen Entscheidung (durch Anwendung bereits normativer Kriterien bzw. 15

Siehe dazu mehr unten S. 151 ff. Oder dem Aufsichtsrat einer AG bzw. dem Geschäftsführer einer GmbH. 17 Bzw. gem. §§ 116, 93 II AktG (Haftungsnorm für den Aufsichtsrat) oder gem. § 43 II GmbHG (Haftungsnorm für den Geschäftsführer einer GmbH). 18 Siehe dazu noch zur alten Rechtslage Schneider, DB 2005, 707; Heermann, AG 1998, 201 (203); Hoor, DStR 2004, 2104 (2105); Semler, FS Ulmer 2003, 627. Siehe nun § 93 I S. 2 AktG: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ – Hervorhebung durch die Verfasserin. 19 Vgl. Semler, FS Ulmer 2003, 627 (628): „Unternehmerische Entscheidungen obliegen Vorstand und Aufsichtsrat.“; Schneider, DB 2005, 707 (711) spricht von Entscheidungen des „Organs der Gesellschaft“, Thümmel DB 2004, 471 von „Vorständen und Geschäftsführern“. Siehe auch Hoor, DStR 2004, 2104 (2105); Heermann, AG 1998, 201. 20 Wobei allerdings umstritten ist, in welchem Umfang der Aufsichtsrat unternehmerische Entscheidungen trifft, vgl. hierzu Semler, FS Ulmer 2003, 627 (629); Heermann, AG 1998, 201 (203); Hüffer, BB 2003, 1 (20 f.); Lutter, ZIP 1995, 441. 21 So Hoor, DStR 2004, 2104 (2108). 16

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1. Teil: Grundfragen

durch eine Gleichsetzung unternehmerischer Entscheidungen mit Führungsentscheidungen) den Anwendungsbereich unternehmerischen Ermessens zu begrenzen. Insgesamt ist eine solch ergebnisorientierte Bestimmung des Begriffs der unternehmerischen Entscheidung kritisch zu sehen, insbesondere da offen gelassen wird, was das Unternehmerische an diesen Entscheidungen ausmacht. Dazu taugt auch nicht ein Abstellen auf das Risikomoment einer unternehmerischen Entscheidung – dies mag eine solche Entscheidung zwar wesentlich prägen, das Element des Unternehmerischen bleibt aber immer noch offen. e) Unternehmerische Entscheidung und unternehmerische Tätigkeit Um also zu erschließen, was eine unternehmerische Entscheidung ausmacht, liegt es nahe, bei der Begriffsbildung zunächst vom Inhalt unternehmerischer Tätigkeit auszugehen: Aus der Sicht der Ökonomie besteht der Inhalt unternehmerischer Tätigkeit im Wirtschaften, d.h. dem „Verfügen über knappe Güter zur Befriedigung fremder Interessen“22. Die Produktion von Gütern (von Waren oder Dienstleistungen) erfolgt demzufolge, um die Bedürfnisse der Kunden, widergespiegelt in der Nachfrage am Markt, zu befriedigen. Um diesen Wesensinhalt wirtschaftlicher Tätigkeit ergeben sich innerhalb eines Unternehmens verschiedene Funktionen, wie etwa die Unternehmensstrategie, Unternehmensplanung, Investitionen, Personalwesen, Finanzen, Organisation und Verwaltung, Produktion, Beschaffung, Absatz, Forschung und Entwicklung sowie Controlling und Beteiligungsverwaltung.23 All diesen Teilfunktionen wirtschaftlicher Tätigkeit wohnt allerdings kein Selbstzweck inne, vielmehr sind sie Mittel zur eigenen Nutzenmaximierung, bei Unternehmen grundsätzlich primär die Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung.24 In Anknüpfung an den so verstandenen Inhalt unternehmerischer Tätigkeit könnte eine unternehmerische Entscheidung demnach definiert werden als Entscheidung über die Wahl der Mittel zur Befriedigung der Nachfrage 22 Schmalen, 2002, S. 2; Vahs/Schäfer-Kunz, 2005, S. 4, 7; Mankiw, 2008, S. 4; Rittner, JZ 1980, 113 (114). 23 Paefgen, 2002, S. 26; ähnlich Henze, BB 2000, 209 (210); ders., BB 2001, 53 (57). Vgl. auch v. Werder, DB 1987, 2265 (ff.); Goette, FS 50 Jahre BGH 2000, 123 (125 f.). 24 Vahs/Schäfer-Kunz, 2005, S. 7; Rittner, JZ 1980, 113 (115). Siehe näher zum erwerbswirtschaftlichen Prinzip unten S. 108. Diese Komponente heben aus der strafrechtlichen Literatur hervor: Ignor/Sättele, FS Hamm 2008, 211 (213).

A. Unternehmerische Entscheidungen

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am Markt mit dem Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung, wobei die Zuordnung einer Entscheidung zu den oben genannten Funktionen innerhalb eines Unternehmens als Indiz für das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung dienen könnte. Insgesamt bleibt eine solche Definition jedoch unscharf – denn es ist unklar, wo die Grenze zu ziehen ist zwischen einer unternehmerischen Entscheidung und einer bloßen Entscheidung in einem Unternehmen25 – und bedarf daher der Präzisierung. Hierzu ist es nahezu unumgänglich, an die Begriffe Führung oder Leitung anzuknüpfen, jedoch nicht in formalistischer Weise, sondern gerade indem der wesentliche Inhalt der Unternehmensführung als unternehmerisches Handeln herausgestellt wird. Auf Grundlage eines solchen Verständnisses wird als Unternehmensführung angesehen: „Die Gesamtheit der Individuen, Institutionen und Funktionen, welche in einem sozialen, offenen Prozess die zielentsprechende Gestaltung der wirtschaftlichen Veranstaltung Unternehmung verantwortlich initiieren, koordinieren und steuern“; „die einzelnen Aktivitäten können dabei aus den Teilprozessen Planung, Realisation und Überwachung abgeleitet werden“.26 Erfasst werden damit die Aufgaben des Vorstands bzw. anderer Organe von Gesellschaften und der ihnen nachgeordneten Fachinstanzen und Stäbe.27 Nach dieser Definition bedeutet Unternehmensführung also das verantwortliche Leiten und Mitgestalten, konkret die Planung, Realisation und Überwachung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens – in institutioneller Hinsicht sind diese Aufgaben nicht nur auf der obersten Führungsebene angesiedelt, sondern auch auf diesen nachgeordneten Führungsebenen. f) Eigene Definition Es wurde oben gezeigt, dass die aus dem Gesellschaftsrecht stammenden Ansichten zur Definition einer unternehmerischen Entscheidung in Bezug auf die Fragestellungen dieser Arbeit nicht konkret genug sind. Sinnvoller ist es, bei der Definition der unternehmerischen Entscheidung vom Inhalt unternehmerischer Tätigkeit auszugehen und zur weiteren Präzisierung eine personelle Komponente aufzunehmen. Danach kann eine unternehmerische Entscheidung wie folgt definiert werden: 25 Worunter wohl eindeutig eine rein mechanische Tätigkeiten betreffende Entscheidung in der Produktion gefasst werden könnte. 26 Theisen, 1987, S. 44. 27 Theisen, 1987, S. 49.

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1. Teil: Grundfragen

Eine unternehmerische Entscheidung betrifft die Planung, Realisation und Überwachung der wirtschaftlichen, gewinnorientierten Tätigkeit eines Unternehmens und wird von der obersten Führungsebene des Unternehmens und den ihr nachgeordneten Führungsebenen wahrgenommen.

Prägendes Element einer unternehmerischen Entscheidung ist also die mit einem nicht unerheblichen Grad an Verantwortlichkeit verbundene Teilnahme an der wirtschaftlichen (= Verfügen über knappe Güter zur Befriedigung fremder Interessen) Tätigkeit des Unternehmens, die mit dem Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung verfolgt wird. 2. Unternehmerische Entscheidung als Entscheidung unter Risiko Es wurde bereits oben angesprochen, dass unternehmerische Entscheidungen mit einem Risikomoment behaftet sein können28, wobei allerdings nach der hier vertretenen Ansicht eine unternehmerische Entscheidung nicht allein über dieses Merkmal definiert werden sollte. Vielmehr ist es ein typisches Merkmal einer unternehmerischen Entscheidung, dass diese unter Risiko getroffen wird. a) Ökonomische Definition des Risikos Von Seiten der Wirtschaftswissenschaften bestehen grundsätzlich zwei Herangehensweisen zur Definition einer risikobehafteten unternehmerischen Entscheidung. In einer ursachenbezogenen Definition29 des Risikos wird unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Daten- und Informationslage zwischen Ungewissheitssituationen, Risikosituationen und Sicherheitssituationen unterschieden.30 In Ungewissheitssituationen sind keine Informationen darüber vorhanden, welche Konsequenzen die verschiedenen Entscheidungsalternativen haben können. In Risikosituationen besteht zwar keine Gewissheit, die Wahrscheinlichkeit, welche Konsequenzen eintreten könnten, ist jedoch bekannt. Diese beiden Situationen werden unter dem Oberbegriff „Unsicherheitssituation“ zusammengefasst, wobei auch der Begriff des Risikos i. w. S. gebräuchlich ist. In Sicherheitssituationen sind bereits im Voraus alle Rahmenbedingungen für eine Entscheidung bekannt. In der Realität werden solche Situationen nur sehr selten gegeben sein und es ist 28

Siehe oben S. 35. So die Bezeichnung von Waßmer, 1997, S. 6. 30 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz, 2005, S. 32; Bamberg/Coenenberg/Krapp, 2008, S. 17; Kaminski/Strunk, 2002, S. 4. Dieser Ansatz zur Definition des Risikos geht zurück auf Knight, 1921, der diesen im Jahr 1921 formuliert hat. 29

A. Unternehmerische Entscheidungen

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vielmehr davon auszugehen, dass Entscheidungen typischerweise unter Unsicherheit oder Risiko getroffen werden müssen.31 Daneben wird im Rahmen einer wirkungsbezogenen Definition32 des Risikos darauf abgestellt, ob die Gefahr der Fehlentscheidung oder des Misslingens von Plänen besteht. b) Definition des Risikos unter Rückgriff auf den Begriff des Risikogeschäftes In der strafrechtlichen Literatur werden unternehmerische Entscheidungen, denen ein Risikoaspekt innewohnt, häufiger unter den Begriff des „Risikogeschäftes“ gefasst. Risikogeschäfte in diesem Sinne betreffen allerdings nicht nur unternehmerische Entscheidungen im oben genannten Sinne33, sondern beispielsweise auch Entscheidungen aus dem Bereich der familien- und erbrechtlichen Vermögensfürsorge.34 Dieser weiter gefasste Anwendungsbereich des Risikogeschäftes im Vergleich zur risikobehafteten unternehmerischen Entscheidung ändert allerdings nichts daran, dass diese strafrechtsspezifischen Definitionsansätze zur Bestimmung der Risikobehaftetheit einer unternehmerischen Entscheidung nutzbar gemacht werden können.35 aa) Normative Definition des Risikogeschäftes Normative Definitionsansätze zur Bestimmung eines Risikogeschäftes bzw. einer unternehmerischen Entscheidung unter Risiko stammen eher aus der älteren Literatur. Solche Ansätze nehmen bereits eine strafrechtlich relevante Wertung des damit verbundenen Verhaltens vor, um erlaubte Risiken von nicht erlaubten, pflichtwidrigen Risiken zu trennen. Eine risikobehaftete Entscheidung sei nur ein solcher Geschäftsvorgang, der „jenseits einer vorsichtigen Unternehmensführung oder Vermögensverwaltung liege, aber 31 Waßmer, 1997, S. 6; Kaminski/Strunk, 2002, S. 4; Bamberg/Coenenberg/ Krapp, 2008, S. 67 f. 32 Vgl. Braun, 1984, S. 22 f. Dazu Waßmer, 1997, S. 6. 33 So Waßmer, 1997, S. 10, der nur von riskanten „geschäftlichen Dispositionen“ spricht. Ähnlich auch der Beitrag von Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (156), in dem nur von „geschäftlichen Risiken“ und eben nicht enger von unternehmerischen Risiken die Rede ist. A. A. wohl Bringewat, JZ 1977, 667. Insgesamt ist keine dezidierte Auseinandersetzung mit dieser Frage erkennbar, wohl, weil der Schwerpunkt der Ausführungen auf der Beschreibung des Risikos liegt. 34 Vgl. Waßmer, 1997, S. 52. 35 Ähnlich Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (227).

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1. Teil: Grundfragen

den Umständen nach erheblichen Gewinn verspreche“36 bzw. „unter Überschreitung der dem Geschäftsführer gezogenen Vollmachtsgrenzen oder unter Abweichung von den ausgefahrenen Bahnen der Vermögensfürsorge“37 zustande komme. Der Nachteil solcher Definitionsansätze liegt in der bereits einfließenden rechtlichen Wertung. Ohne konkret auf untreuerechtliche Anforderungen Bezug zu nehmen, wird bereits bei der Begriffsbildung die Grenze zwischen Straflosigkeit und Strafbarkeit gezogen. bb) Neutrale Definition des Risikogeschäftes Neutrale bzw. „normativ unbelastete“38 Definitionsansätze verzichten auf eine Bewertung der risikobehafteten Entscheidung (des Risikogeschäftes) bereits bei der Begriffsbildung. Mit Hillenkamp39 ist unter einem Risikogeschäft eine „geschäftliche Disposition, die eine Fehlentscheidung sein kann“ zu verstehen bzw. mit Waßmer40 eine „geschäftliche Disposition, bei der ungewiß ist, ob Konsequenz eine Vermögensschädigung ist“. Daneben wird von anderen Autoren zusätzlich gefordert, dass einer Entscheidung gerade ein erhöhtes Maß an Ungewissheit anhaften muss, um als Risikogeschäft qualifiziert zu werden.41

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Jescheck, 1978, S. 326. Maurach/Schroeder/Maiwald, 1995, § 45 Rn. 47. Siehe allerdings in der Neuauflage, Maurach/Schroeder/Maiwald, 2009, § 45 Rn. 48 f.; hier wird ausdrücklich der Ansicht von Hillenkamp gefolgt, der eine neutrale Definition des Risikos befürwortet, siehe sogleich unten. Siehe zu normativen Definitionsansätzen auch Schreiber/Beulke, NJW 1977, 656 (658). 38 So die Bezeichnung von Waßmer, 1997, S. 8. 39 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165). Zustimmend Thomas, FS Rieß 2002, 795 (800); Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (634); NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 73; Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (228). Ähnlich Müller-Gugenberger/Bieneck/ Schmid Hdb. Wirtschaftsstrafrecht (2006), § 31 Rn. 157; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 95. 40 Waßmer, 1997, S. 10; zustimmend Murmann Jura 2010, 561 (562). Ähnlich Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 19; Fischer (2011), § 266 Rn. 63; Hoffmann, 2010, S. 38. 41 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 20; Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 339; SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 47. Ähnlich MüKoStGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 200; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 757; Ayasse, 1990, S. 46 f. 37

A. Unternehmerische Entscheidungen

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c) Stellungnahme Mit den ökonomischen Definitionsansätzen in Bezug auf die Ursache eines Risikos bzw. einer Unsicherheit tritt ein wesentliches oder typisches Kennzeichen unternehmerischer Entscheidungen hervor: Im Moment der Entscheidung können die Faktoren, die darüber entscheiden, ob das angestrebte Ziel der Gewinnmaximierung eintreten wird, nicht (Ungewissheit) oder nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (Risiko) bestimmt werden. So betont der BGH, dass „unternehmerische Entscheidungen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden müssen, die wegen ihres Prognosecharakters die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält“.42 Ein wirkungsbezogener Definitionsansatz zeigt daneben auf, dass die Folge bzw. Wirkung einer unternehmerischen Entscheidung in der „Gefahr der Fehlentscheidung“ oder im „Misslingen von Plänen“ besteht.43 Auf Grundlage dieser ökonomischen Definitionsansätze zur Beschreibung eines Risikos – wobei allerdings die Differenzierung zwischen Unsicherheit und Risiko für eine strafrechtliche bzw. untreuerechtliche Bewertung nicht primär von Bedeutung ist44 – sind die zum Begriff des Risikogeschäftes vertretenen Definitionsansätze zu bewerten. Demzufolge ist neutralen Definitionsansätzen der Vorzug zu geben, wie sie v. a. von Hillenkamp45 und Waßmer46 vertreten werden. Abzulehnen sind dabei diejenigen einschränkenden Ansichten, die ein erhöhtes Maß an Risiko verlangen.47 Denn hier stellt sich die schwer lösbare Frage, wann ein erhöhtes Maß an Risiko erreicht ist. Zwar wird gegen die Einbeziehung von Risiken jeden Grades vorgebracht wird, „dass die Möglichkeit eines Fehlschlags geschäftlicher Dispositionen immer gegeben ist“48 und folglich jedes Handeln im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit als Risikogeschäft qualifiziert werden müsste; allerdings handelt es sich schlichtweg um eine Tatsache unternehmerischer Tätigkeit, dass aufgrund der Vielzahl an Unwägbarkeiten in einer Entscheidungssituation „jede geschäftliche Entscheidung, die mit finanziellem Aufwand verbunden ist, die Gefahr eines Fehlschlages [beinhaltet]“.49 42

BGH NJW 2006, 522 (523) – Mannesmann. Siehe oben S. 41. 44 So auch Waßmer, 1997, S. 9. 45 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165). 46 Waßmer, 1997, S. 10. 47 So auch Waßmer, 1997, S. 8. 48 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 20. 49 Thomas, FS Rieß 2002, 795 (800). Vgl. auch Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 19; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 73. 43

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1. Teil: Grundfragen

Letztlich sollte die Bewertung eines Risikos – und dazu gehört u. a. der Grad eines Risikos – der untreuespezifischen Bewertung überlassen werden und eine Definition sich auf neutrale, rein deskriptive Merkmale beschränken.50 Gleichzeitig sind normative Definitionsansätze aus der Literatur zurückzuweisen, da diese über eine reine Beschreibung eines Risikos hinaus bereits eine Bewertung vornehmen, indem bspw. verlangt wird, dass es sich um ein Verhalten „jenseits vorsichtiger Unternehmensführung“51 handeln müsse. Eine solche Bewertung kann und darf aber erst im Rahmen der Untreue unter Berücksichtigung seiner speziellen Voraussetzungen vorgenommen werden und nicht schon bei der Umschreibung des Begriffs des Risikogeschäftes.52 Unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen ist eine unternehmerische Entscheidung risikobehaftet, wenn aufgrund unsicherer Entscheidungsfaktoren (Ursache) die Gefahr eines Fehlschlags im Sinne eines Vermögensverlustes (Wirkung) besteht.

II. Unternehmerische Entscheidungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Dem BGH lagen in den letzten Jahren mehrere Sachverhalte zur Entscheidung vor, in denen es um die untreuerechtliche Bewertung von unternehmerischen Entscheidungen ging. Die tatsächlichen Hintergründe der bekanntesten Entscheidungen sollen zur Veranschaulichung kurz dargestellt werden.53 • Kreditvergabe durch Banken und Sparkassen54: Bei der Vergabe von Krediten, als Inhalt der unternehmerischen Tätigkeit von Banken und Sparkassen, muss eine Zukunftsprognose (unter Abwägung von Chancen und Risiken) immer dahingehend angestellt werden, ob der Kredit zurückgezahlt werden wird, da die Zahlungsfähigkeit eines Kunden auch in der Zukunft nie mit Sicherheit festgestellt werden kann. Die Entscheidung zur Kreditvergabe als unternehmerische Entscheidung ist daher mit dem 50

Waßmer, 1997, S. 8; Hellmann, ZIS 2007, 433 (434). Nachweis siehe oben S. 41. 52 So auch Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (163); Waßmer, 1997, S. 7; Nelles, 1991, S. 563, Fn. 2. Vgl. daneben Rose, wistra 2005, 281 (282). 53 Für weitere Beispiele und zu einer Strukturierung der typischen Fälle unternehmerischer Entscheidungen unter Risiko Hellmann, ZIS 2007, 433 (434). Daneben auch Waßmer, 1997, S. 10; Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (227). 54 Siehe BGH NJW 2000, 2364 – „Kreditvergabe I“; BGH NStZ 2002, 262 – „Kreditvergabe II“; BGH ZIP 2009, 1854 – „WestLB“. 51

A. Unternehmerische Entscheidungen

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Risiko des Kreditausfalls und folglich eines Vermögensverlustes des Kreditinstitutes verbunden. • Vergabe von Unternehmensspenden55: Eine Vielzahl von Unternehmen, insbesondere größere, ist dazu übergegangen, Spenden zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport zu vergeben. Diese Aktionen zielen darauf ab, das Unternehmen als „good corporate citizen“ zu präsentieren, um damit das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu steigern und potentielle Kunden anzulocken oder bestehende zu binden.56 Die Gefahr solcher unternehmerischer Tätigkeit besteht darin, dass die Vergabe von Spenden keinen Einfluss auf das Kundenverhalten hat und damit dem Ziel der Gewinnmaximierung nicht gedient ist. Es besteht das Risiko eines Fehlschlags der Entscheidung, wenn sich die Spendenvergabe als nutzlose Vermögensaufwendung erweist. • Vergütungsentscheidungen des Aufsichtsrats57: Es gehört zur Kompetenz des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft die Mitglieder des Vorstands zu berufen und in diesem Zusammenhang auch über deren Vergütung – sowohl im Hinblick auf deren Struktur wie auch ihrer Höhe – zu entscheiden.58 Solche Entscheidungen werden allgemein als unternehmerische Entscheidungen qualifiziert, da die Vergütung des Vorstands einen Einfluss darauf habe, ob qualifizierte Führungskräfte an das Unternehmen gebunden werden können: dies gelte sowohl für den erstmaligen Abschluss eines Anstellungsvertrages wie auch für im Nachhinein vereinbarte Anerkennungsprämien.59 Außerdem soll solchen Entscheidungen ein Risikoaspekt innewohnen, da stets unsicher sei, ob mit der gewählten Art der Vergütung der gewünschte positive Einfluss auf die Geschäftspolitik erzielt werden könne.60

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Siehe die Leitentscheidung BGH NJW 2002, 1585 – „SSV Reutlingen“. Siehe BGH NJW 2002, 1585 (1586) m. w. N. 57 Siehe hierzu die Leitentscheidung BGH NStZ 2006, 214 – „Mannesmann“ zur Vergabe kompensationsloser Anerkennungsprämien. 58 Hüffer, BB 2003, 1 (21); Dittrich, 2007, S. 86. 59 Dittrich, 2007, S. 87 m. w. N. 60 Dittrich, 2007, S. 87. Dittrich weist daneben richtigerweise darauf hin, dass bezüglich des Risikoaspektes eine Einschränkung gemacht werden muss bei nachträglichen kompensationslosen Anerkennungsprämien, die sich als Abfindungen retrospektiv am Anstellungsvertrag orientieren. Eine Zukunftsprognose ist hierbei schon gar nicht anzustellen, weil die belohnten Führungskräfte aus dem Unternehmen ausscheiden. So war dies auch im Fall Mannesmann. 56

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1. Teil: Grundfragen

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen I. Begriffsbestimmung und Kategorisierung 1. Bestechung Der Begriff der Bestechung kann mit Hilfe der in den Wirtschaftswissenschaften zur Analyse angewandten Prinzipal-Agent-Theorie61 bestimmt werden:62 1. An einer Bestechung sind mindestens drei Akteure beteiligt, nämlich ein Prinzipal (oder Auftraggeber), ein Agent und schließlich ein Klient (oder Dritter). 2. Zwischen dem Prinzipal und dem Agenten besteht ein ausdrücklicher oder stillschweigender „Vertrag“, aufgrund dessen der Agent Inhaber einer besonderen privaten oder öffentlichen Macht wird. Der Agent steht damit zum Prinzipal in einem Vertrauensverhältnis und kann in dessen Namen bestimmte Kompetenzen ausüben. 3. Zwischen dem Agenten und dem Klienten wird ein (Tausch-)Vertrag63 abgeschlossen. Im Rahmen dieses Vertrages erbringt der Klient einen nicht geschuldeten Vorteil an den Agenten, der materieller oder immaterieller Natur sein kann. Die Gegenleistung des Agenten besteht in einer Handlung, die er durch Ausübung der vom Prinzipal verliehenen Macht erbringen kann.64 61 Allgemein zu dieser Theorie siehe z. B. Oberender/Fleischmann, 2005, S. 440; Schmalen, 2002, S. 27. Die Prinzipal-Agent-Theorie stammt aus der Institutionenökonomik und dient dazu, Beziehungen zwischen einem Auftraggeber und Aufragnehmer zu modellieren. Speziell für ihre Anwendung auf die Korruption v. a. RoseAckerman, 1978, S. 6 ff. sowie daneben Klitgaard, in: Zeckhauser (Hrsg.), 1991, 211 (223 f.); Dietz, 1998, S. 29 ff.; Homann, zfbf 49 (1997), 187 (192); v. Lambsdorff, in: Aufderheide (Hrsg.), 2005, 12; Aufderheide, in: Aufderheide (Hrsg.), 2005, 35 (37); Jain, in: Jain (Hrsg.), 1998, 13. 62 Siehe zu den Elementen einer Bestechung anhand des Prinzipal-Agent-Modells: Prüfer, 2004, S. 12, 20 ff.; Dietz, 1998, S. 29 ff.; Homann, zfbf 49 (1997), 187 (192); v. Lambsdorff, 2007, S. 18 sowie Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13 (32). 63 Oft wird gefordert, dass der (Tausch-)Vertrag unter einem Regelverstoß zustande gekommen sein muss oder dass der Abschluss des Tauschvertrages gegenüber dem Prinzip vertrags- oder regelwidrig sein muss, Prüfer, 2004, S. 12; v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (57, Fn. 2). 64 Die Gegenleistung kann neben der Erbringung einer konkreten Leistung auch in der Herstellung eines allgemeinen Wohlwollens des Agenten gegenüber dem Klienten bestehen („Klimapflege“).

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Mit dem Vorteil als Gegenstand der Beziehung zwischen Agent und Klient sind für diese beiden Akteure zwei weitere Bezeichnungen üblich: Der Agent gilt als Vorteilsnehmer, der Klient als Vorteilsgeber.65 Der Klient oder Vorteilsgeber, der den Vorteil anbietet, kann dies in eigenem Namen tun; er kann aber auch als Agent eines anderen Prinzipals, zum Beispiel als Angehöriger eines Unternehmens, tätig werden.66 4. Zuletzt ist für einen Bestechungssachverhalt charakteristisch, dass Agent und Klient gegenüber Unbeteiligten regelmäßig um eine Geheimhaltung bzw. Tarnung des konkreten Inhalts der Beziehung bestrebt sind, da sie negative Reaktionen der Öffentlichkeit bei der Offenbarung ihrer Beziehung befürchten.67 Insbesondere wird der Agent gegenüber dem Prinzipal die Vorteilsannahme verschweigen, denn seine Gegenleistung gegenüber dem Klienten bedeutet regelmäßig einen Verstoß gegen bestehende Regelungen zwischen Agent und Prinzipal und geht folglich mit einem Vertrauensverlust gegenüber diesem einher.68 Zusammenfassend kann die Bestechung wie folgt definiert werden: Bestechung ist ein geheim gehaltenes Tauschgeschäft zwischen einem Agenten und Klienten, bei dem der Agent eine Handlung zugunsten des Klienten vornimmt und der Klient dafür einen Vorteil für den Agenten erbringt. 2. Unternehmen Der deutschen Rechtsordnung liegt kein einheitlicher Unternehmensbegriff oder gar eine einheitliche Legaldefinition zugrunde69, vielmehr wird dieser aus den Normen und dem Regelungszweck einzelner Rechtsgebiete erschlossen. Man gelangt dabei zu einem weiten Verständnis des Unternehmensbegriffes, wird das Unternehmen in seiner gesamtwirtschaftlichen Funktion erfasst. Ein Unternehmen ist demnach jede selbstständige wirtschaftliche Einheit, die Güter im weitesten Sinne, also Waren und Dienstleistungen produziert.70 65 Siehe anstatt vieler nur Bannenberg, 2002, S. 349 ff.; Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, passim. 66 Homann, zfbf 49 (1997), 187 (192); Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13 (33). 67 Maurer, 1992, S. 7; Schönherr, 1985, S. 7; Prüfer, 2004, S. 28; Vogel, FS Weber 2004, 395; Wurm, 1989, S. 7. 68 Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13 (33); Androulakis, 2007, S. 38 f. 69 § 2 I UStG definiert das Unternehmen für das Umsatzsteuerrecht, § 14 BGB definiert den Begriff des Unternehmers; andere Rechtsgebiete wie beispielsweise das Konzernrecht setzen den Unternehmensbegriff voraus, § 15 AktG. 70 Rittner, 1987, § 7 Rn. 2. So auch Tiedemann, 2010, S. 6 Rn. 13; Schünemann, 1979, S. 6.

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1. Teil: Grundfragen

Der Träger der rechtlichen und wirtschaftlichen Verantwortung für das Unternehmen wird durch eine natürliche oder juristische Person bzw. eine Gesellschaft solcher Personen verkörpert.71 Unternehmensträger sind damit beispielsweise der Einzelkaufmann, §§ 1 ff. HGB, die offene Handelsgesellschaft, §§ 105 ff. HGB, oder die Aktiengesellschaft, §§ 1 ff. AktG, und die GmbH, §§ 1 ff. GmbHG, als juristische Personen. Der Großteil der Unternehmen befindet sich in privater Hand. Es existieren hingegen auch Unternehmen der öffentlichen Hand (d.h. Bund, Länder oder sonstige verselbstständigte öffentlich-rechtliche Einheiten72), die öffentlich-rechtlich73 wie privatrechtlich, beispielsweise als GmbH oder als AG74, organisiert sein können. Eine privatrechtliche Organisation ändert dabei nichts an der Trägerschaft der öffentlichen Hand. Grenzfälle ergeben sich allerdings, wenn an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen sowohl die öffentliche als auch die private Hand beteiligt sind („gemischtwirtschaftliches Unternehmen“). Die h. M. grenzt private und öffentliche Unternehmen danach ab, ob die öffentliche Hand über beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen verfügt.75 Die weiteren Ausführungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht werden sich auf Unternehmen der „bestechenden Geberseite“ konzentrieren. Soweit in diesem Zusammenhang von Unternehmen die Rede ist, werden damit nur private, nicht aber öffentliche Unternehmen gemeint sein. Denn nicht nur in allgemeiner rechtlicher Hinsicht ergeben sich zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen wesentliche Unterschiede76; auch aus einer strafrechtlichen Perspektive treten eine Reihe von Spezialproblemen hinzu, die in dieser Arbeit ausgeklammert bleiben sollen. Zusammenfassend ist der Unternehmensbegriff, der hier zugrunde gelegt wird, wie folgt zu definieren: Ein Unternehmen ist jede selbstständige wirt71

Rittner, 1987, § 7 Rn. 2. Ziekow, 2007, S. 108. 73 Siehe hierzu: Schmidt/Vollmöller, 2007, § 5 Rn. 5; Ziekow, 2007, § 7 Rn. 5, 12. 74 Die AG und die GmbH sind in diesem Rahmen die am meisten gewählten Rechtsformen, da gemeinderechtliche Vorschriften eine Haftungsbeschränkung vorschreiben; Schmidt/Vollmöller, 2007, § 5 Rn. 12; Ziekow, 2007, § 7 Rn. 12. 75 Schmidt/Vollmöller, 2007, § 5 Rn. 4. Zu beachten ist, dass ein beherrschender Einfluss nicht unbedingt eine Mehrheitsbeteiligung voraussetzt. 76 V. a. ist die unterschiedliche Zwecksetzung privater und öffentlicher Unternehmen zu berücksichtigen. Öffentliche Unternehmen können beispielsweise der Daseinsvorsorge dienen, sodass grundsätzliche unternehmerische Ziele wie die Profitmaximierung in den Hintergrund treten. Werden öffentliche Unternehmen in privatrechtlicher Form betrieben, so wird der öffentliche Zweck in der Regel im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben, vgl. beispielsweise für das bayerische Gemeinderecht Art. 87 I S. 1 Nr. 1, 92 I S. 1 Nr. 1 GO. Insbesondere ist dabei der Vorrang der Gewinnerzielung auszuschließen, Zugmaier, BayVBl 2001, 233 (235). 72

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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schaftliche Einheit, die Güter im weitesten Sinne, also Waren und Dienstleistungen produziert und von privater Hand gehalten wird. 3. Bestechung im Kontext der Korruption in Unternehmen a) Korruption aa) Begriff Über die Definition des Begriffs der Korruption besteht zwischen den einzelnen Disziplinen, die sich mit der Korruption beschäftigen, Uneinigkeit. Während in einem politikwissenschaftlichen Sinne Korruption beschrieben wird als Missbrauch staatlicher oder politischer Macht zur Erlangung von persönlichen Vorteilen77, ist Korruption in einem wirtschaftswissenschaftlichen Sinne ganz allgemein ein Tauschvorgang: Durch Missbrauch einer Vertrauensstellung – öffentlicher oder privater Natur – wird eine Leistung im Austausch für eine entsprechende Gegenleistung erbracht.78 Zuletzt versteht der soziologische Ansatz unter Korruption „abweichendes Verhalten“ („deviant behavior“) von bestimmten Normen mit dem Ziel, besondere Vorteile auf Kosten anderer zu erlangen.79 Wenn sich der Begriff der Korruption demnach schon nicht allgemeingültig und eindeutig definieren lässt80, so kann er sich auf Grundlage dieser Ansätze zumindest grob umschreiben lassen: Korruption ist der Missbrauch von privater oder öffentlicher Macht, der v. a. im Austausch für eine Gegenleistung erfolgt. Einen – insbesondere in Bezug auf seine Aktualität81 – bedeutenden Unterfall der Korruption bildet die wirtschaftliche Korruption oder Wirt77 Pippig, Aus Politik und Zeitgeschichte 1990, B 7, 11 (12); Wewer, in: Benz/ Seibel (Hrsg.), 1992, 295; Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13. 78 v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (57); v. Lambsdorff, 2007, S. 18; Homann, zfbf 49 (1997), 187 (192); Dietz, 1998, S. 29; Neugebauer, 1977, S. 6; Streissler, in: Brünner (Hrsg.), 1981, 299 (300). 79 Freisitzer, in: Brünner (Hrsg.), 1981, 151 (152); Girtler, in: Brünner (Hrsg.), 1981, 510 (516 f.); Grieger, Corruption in Organizations, 2005, S. 3. 80 Vgl. nur die Äußerungen von Bannenberg, 2002, S. 1; Greeve, 2005, S. 1; Überhofen, 1999, S. 48; Busch, StV 2009, 291. 81 Gerade durch das Bekanntwerden der Bestechungsfälle und schwarzen Kassen innerhalb der Siemens AG ist das mediale Interesse an der Wirtschaftskorruption nochmals gestiegen, vgl. nur die ausführlichen Berichte zu diesem „Skandal“ von Gehrmann, Die Zeit, 19. Juni 2008, S. 21; Jungblutz, Die Zeit, 19. Juni 2008, S. 19; Dahlkamp/Deckstein/Schmitt, Der Spiegel, 14.04.2008, Heft 16, S. 76 ff. Gleichzeitig hat der Umfang der juristischen Literatur, die sich mit dem Thema der Wirt-

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1. Teil: Grundfragen

schaftskorruption. Darunter ist der Missbrauch von Macht durch private Wirtschaftsteilnehmer zu verstehen.82 Erfasst wird dabei v. a. die Annahme von Vorteilen durch Unternehmensangehörige als Gegenleistung für einen Machtmissbrauch gegenüber dem Unternehmen.83 bb) Verhältnis zur Bestechung Die Begriffe Korruption und Bestechung sind keineswegs identisch, obgleich sie in der juristischen84 und kriminologischen85 Fachliteratur häufig synonym verwendet oder zumindest automatisch miteinander assoziiert werden. Das Verhältnis der beiden Begriffe zueinander lässt sich wie folgt beschreiben: „There can be no bribe-taker without a bribe-giver, but corruption can and frequently does exist when there are no personal tempters or guilty confederates.“ – Es gibt keinen Bestochenen ohne einen Bestechenden, aber Korruption kann – und tut dies auch häufig – ohne persönliche Verführer oder mitschuldige Verbündete in Erscheinung treten.86

Die Bestechung ist im Ergebnis ein Unterfall der Korruption87, der sich dadurch auszeichnet, dass er eine sog. zweiseitige Korruptionshandlung erfasst. Die Korruption erfasst dagegen auch ein- oder mehrseitige Handlungen. schaftskorruption beschäftigt, zugenommen, siehe nur Pragal, 2006; Szebrowski, 2005; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887; Rönnau, JZ 2007, 1084; Koepsel, 2006; Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57; Thalhofer, 2008. 82 Greeve, 2005, S. 1. 83 Siehe zu einer engeren Definition der Wirtschaftskorruption Vogel, FS Weber 2004, 395: „Wirtschaftskorruption liegt vor, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer für ein wirtschaftliches Verhalten von einem anderen privaten Wirtschaftsteilnehmer für sich oder einen Dritten Vorteile erhält oder fordert oder dem anderen gewährt oder anbietet und dies gegen allgemein anerkannte Standards verstößt und nachteilige Folgen für Einzelne und die Allgemeinheit hat und geheimgehalten oder verschleiert wird.“ Nach dem dieser Arbeit zugrunde gelegten Korruptionsbegriff ist diese Definition zu eng, da sie u. a. einseitige Korruptionshandlungen nicht berücksichtigt. Es handelt es sich eher um eine Definition der Wirtschaftsbestechung; siehe zur Definition der Bestechung oben S. 47. 84 So beispielsweise Bottke, ZRP 1998, 215; Volk, in: Gössel/Triffterer/Zipf (Hrsg.), GS Zipf, 1999, 419 (421); Prüfer, 2004, S. 12; Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, S. 2. Außerdem Vogel, FS Weber 2004, 395 zu einer Definition des speziellen Falles der Wirtschaftskorruption. 85 Fätkinhäuser, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), 1995, 71. 86 Brooks, 1974, S. 45. 87 Streissler, in: Brünner (Hrsg.), 1981, 299 (300); Androulakis, 2007, S. 37; Shichor/Geis, in: Pontell/Geis (Hrsg.), 2007, 405 (409); Heberer, 1991, S. 15, 22; Überhofen, 1999, S. 29. m. w. N.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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b) Korruption in Unternehmen aa) Kategorisierung nach Betriebs- und Unternehmenskorruption Die in Privatunternehmen auftretende Korruption kann unter kriminologischen Gesichtspunkten in zwei Kategorien eingeteilt werden. In Anlehnung an die Begriffspaare „occupational crime“ und „corporate crime“ lassen sich Betriebs- und Unternehmenskorruption bzw. Korruption zulasten oder zugunsten eines Unternehmens unterscheiden.88 Die Begriffe „occupational crime“ und „corporate crime“ stammen aus der USamerikanischen Kriminalitätsforschung. Sie wurden als Unterkategorien der white-collar-crime89 gebildet, um den teilweise zu engen aber auch zu schwammigen90 Begriff der white-collar-crime zu konkretisieren. Dieser Kategorisierungsansatz wurde von der deutschen Forschung zur Wirtschaftskriminologie mit der Unterteilung in Betriebs- (oder Berufs-) und Verbands- bzw. Unternehmenskriminalität aufgenommen.91 Bezogen auf die Kriminalität innerhalb eines Unternehmens erfasst Betriebskriminalität zum einen Taten zum eigenen Vorteil der Handelnden im Verlauf ihrer Beschäftigung und Taten von Angestellten gegen ihren Arbeitgeber, das Unternehmen.92 Der Täter handelt dabei aus persönlichem Interesse und gegen bzw. zulasten des Unternehmens. Unternehmenskriminalität erfasst demgegenüber Taten, „die aus einem Unternehmen heraus, also durch ein Handeln für ein Unternehmen begangen werden“.93 Der Täter wird hier im Namen und zugunsten des Unternehmens tätig. Die entscheidenden Abgrenzungskriterien zwischen Betriebskriminalität und Unternehmenskriminalität innerhalb eines Unternehmens sind demzufolge die Motive des Täters sowie die Auswirkungen seines Vorgehens auf das Unternehmen. Aufgrund der Anknüpfung an Handeln zugunsten oder zulasten des Unternehmens kann man auch von Kriminalität zugunsten und zulasten eines Unternehmens sprechen.94 88 So auch Coleman, 1985, S. 81; Grieger, Corruption in Organizations, 2005, S. 3; Grieger, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 103 (107); O’Gara, 2004, S. 122 f. 89 Zum Begriff Sutherland, American Sociological Review 5 (1941), 1. 90 Dannecker in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.) (2007), S. 14. 91 Schünemann, 1979, S. 13; Schünemann, wistra 1982, 41; Tiedemann, JuS 1989, 689 (689, 691). Siehe auch Dannecker in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.) (2007), S. 13. 92 Clinard/Quinney, 1973, S. 188. 93 Schünemann, wistra 1982, 41 (41). Noch zum Begriff der Verbandskriminalität Schünemann, 1979. 94 Coleman, The American Journal of Sociology 93 (1987), 406 (407); Grieger, Corruption in Organizations, 2005, S. 3; Samson/Langrock, DB 2007, 1684 sprechen auch von egoistisch motivierter Wirtschaftskriminalität im Sinne von Betriebskriminalität, bzw. von altruistisch motivierter Wirtschaftskriminalität im Sinne von Unternehmenskriminalität. Sie legen damit den Schwerpunkt der Abgrenzung auf

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1. Teil: Grundfragen

Von Betriebskorruption kann gesprochen werden, wenn Verantwortliche des Unternehmens oder sonstige mit einer „bestimmten Macht“ ausgestattete Unternehmensangehörige ihre Macht zum persönlichen Vorteil und zulasten des Unternehmens missbrauchen. Ihre Motivationsquelle ist primär eigennütziger Natur. Zu berücksichtigen sind dabei v. a. zweiseitige Korruptionshandlungen, also Bestechungssachverhalte.95 In diesem Rahmen nimmt der Unternehmensangehörige die Rolle des Agenten ein, der gegenüber seinem Prinzipal, dem Unternehmen, seine Macht zugunsten des Klienten missbraucht.96 Dieser Aspekt der Bestechung wird von der vorliegenden Arbeit nicht erfasst, da es sich um eine Bestechung zu Lasten und gerade nicht zu Gunsten des Unternehmens handelt. Die Unternehmenskorruption bildet den Gegenbegriff zur Betriebskorruption; es ist die Beteiligung von Unternehmensangehörigen an Korruptionsvorgängen zugunsten ihres Unternehmens. Sie tritt vor allem bei Angebotsabsprachen97 sowie innerhalb von Bestechungssachverhalten auf. bb) Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens als Unternehmenskorruption Bestechung in Form einer Unternehmenskorruption tritt auf der Seite des Klienten auf. Ein Unternehmensangehöriger strebt als Vertreter des Unternehmens durch die Erbringung eines Vorteils einen Nutzen für dieses an. Die mit einer Bestechung konkret angestrebten Ziele können vielfältiger Natur sein. Sie kann der Durchsetzung höherer Erträge oder Gewinne dienen, dem Erlangen von Krediten, Genehmigungen oder Geschäftsgeheimnissen, der Umgehung behördlicher Auflagen etc.98 An Bedeutung gewonnen haben inzwischen auch Bestechungszahlungen an Betriebsratsangehörige und sonstige Arbeitnehmervertreter.99 Der klassische und wohl auch die unterschiedliche Motivlage der Handelnden. Siehe zum Begriffspaar egoistisch – altruistisch auch Schünemann, 1979, S. 23 f. 95 Siehe zum Begriff der Bestechung oben S. 46 ff. 96 Zur Prinzipal-Agent-Theorie siehe oben S. 46. 97 Angebotsabsprachen mögen auf den ersten Blick schwer unter die oben vorgenommene Definition der Korruption – Machtmissbrauch zum persönlichen Vorteil – gefasst werden; allerdings handelt es sich auch hier um einen Machtmissbrauch im Sinne eines Missbrauchs der Angebotsmacht. So wird der Fall der Angebotsabsprache überzeugenderweise als Fall der Korruption bzw. speziell der Unternehmenskorruption gesehen, vgl. O’Gara, 2004, S. 118 ff.; Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, S. 20; Greeve, 2005, S. 154. 98 Siehe hierzu Neugebauer, 1977, S. 11 f.; Androulakis, 2007, S. 46 f. m. w. N.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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häufigste Fall ist die Vornahme einer Bestechungshandlung zur Auftragserlangung.100 Entweder im Rahmen von Ausschreibungen oder im Rahmen gewöhnlicher Vertragsverhandlungen erhält der Agent einen Vorteil, um den Vertragszuschlag zu erteilen. Es wird im Weiteren nur die Bestechung zur Auftragserlangung näher betrachtet, da dies einerseits den „typischen“ Fall der Bestechung zugunsten eines Unternehmens101 erfasst und eine umfassende Berücksichtigung aller sonstigen Bestechungszwecke im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr bewältigt werden könnte. Der Unternehmensangehörige als Vertreter des Unternehmens handelt dabei primär nicht zum persönlichen Vorteil oder aus anderweitigen persönlichen Motiven102; er möchte vielmehr – aus fremdnützigen Motiven –, dass das Unternehmen aus dem Tauschgeschäft einen Vorteil erlangt. Diese altruistische Motivation unterscheidet ihn damit wesentlich vom – egoistisch103 motivierten – Agenten. Innerhalb eines Bestechungssachverhaltes können sowohl betriebs- wie auch unternehmenskorruptive Handlungen vorgenommen werden; ist der Agent Angehöriger eines Unternehmens (Prinzipal), so werden seine egoistisch motivierten Taten als Betriebskorruption qualifiziert. Handelt dagegen ein Unternehmensangehöriger als Vertreter eines „Unternehmensklienten“ so spricht man von Unternehmenskorruption.

99 Bekannt geworden ist dabei einmal der Fall „VW“, der im Jahr 2009 schließlich vom BGH entschieden wurde. Es ging dabei u. a. um die Zahlung von Sonderprämien an den Konzernbetriebsratsvorsitzenden, um sich dessen Wohlwollen zu sichern, vgl. BGH NJW 2009, 694. Bekanntheit erlangt hat daneben der Fall „Siemens/AUB“; ein früherer Zentralvorstand der Siemens AG war verantwortlich gewesen für verdeckte Zahlungen der Siemens-AG an die Unternehmensberatung des S, der damit eine arbeitnehmerfreundlichere Gegengewerkschaft (AUB) zur IG Metall aufbauen sollte, vgl. SZ, 25.11.2008, S. 17. Das LG Nürnberg verurteilte den früheren Zentralvorstand wegen Untreue und Steuerhinterziehung, den S wegen Beihilfe zur Untreue und Betrug. Der BGH beschränkte im Revisionsverfahren des S mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Strafverfolgung gem. § 154a II StPO auf die Strafbarkeit wegen Betrugs, da unsicher sei, ob auch mit Hilfe noch fehlender Feststellungen ein Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue gerechtfertigt werden könne, BGH NJW 2011, 88 (90). 100 Dietz, 1998, S. 66. 101 Koepsel, 2006, S. 113; Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (67); Bernsmann, GA 2007, 219 (231 f.); Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713. 102 Siehe Vahlenkamp/Knauß, 1995, S. 45. 103 Siehe zum Begriffspaar egoistisch-altruistisch Samson/Langrock, DB 2007, 1684 (1684 f.).

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1. Teil: Grundfragen

II. Die Strukturen von Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen 1. Finanzierung der Bestechung Der Abschnitt „Finanzierung der Bestechung“ widmet sich der Frage, woher das Vermögen stammt, mit welchem die Leistung an den Agenten104 (Vorteilsnehmer) finanziert wird. a) Notwendigkeit der Verschleierung Ein Bestechungsvorgang läuft im Geheimen ab, d.h. außer den Angehörigen des beteiligten Unternehmens und dem Agenten soll – „im Lichte der Idee der freien Marktwirtschaft“105 – niemand von dem „Tauschgeschäft“ erfahren106. Entscheidend bei einer effektiven Geheimhaltung ist neben der Verschwiegenheit beider Parteien v. a. die Verschleierung der – regelmäßig monetären107 – Vorteilszuwendung. Dazu müssen der tatsächliche Geldfluss, sein „Absender“ und der „Empfänger“ verdeckt bleiben. Die Schwierigkeit der Verschleierung besteht darin, dass Unternehmen zu einer umfassenden Rechnungslegung verpflichtet sind, §§ 238 ff. HGB, zusätzlich gem. §§ 140 f. AO; außerdem bestehen je nach Größe und Rechtsform des Unternehmens umfangreiche Prüfungs- und Offenlegungspflichten.108 Um also eine Entdeckung zu vermeiden, müssen die Gelder für die Bestechung am offiziellen Finanzkreislauf des Unternehmens vorbei entnommen werden. Die Gelder und ihr Abfluss dürfen nicht so von der Buchführung des Unternehmens erfasst werden, dass der dahinter stehende Zweck der Bestechung im Rahmen einer Abschluss- oder Steuerprüfung zu erkennen ist. 104

Zur Prinzipal-Agent-Theorie siehe S. 46. Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (67). 106 Siehe S. 47. 107 Maurer, 1992, S. 31. 108 Für Einzelkaufleute und Personengesellschaften gilt: Kleine Unternehmen unterliegen keiner Prüfungs- und Offenlegungspflicht, große Unternehmen i. S. d. § 1 PublG haben dagegen die Pflicht, ihren Jahresabschluss prüfen und im Bundesanzeiger veröffentlichen zu lassen, §§ 6, 9 PublG. Für Kapitalgesellschaften gilt: Kleine Unternehmen unterliegen keiner Prüfungspflicht, § 316 HGB; die Offenlegung im Bundesanzeiger findet in verkürzter Weise statt, §§ 325 S.1, 316 HGB. Mittelgroße Unternehmen unterliegen einer Prüfungspflicht, § 316 HGB, die Offenlegung findet in verkürzter Weise statt, §§ 327, 325 S. 1 HGB. Große Unternehmen sowie unabhängig von der Größe alle börsennotierten Aktiengesellschaften unterliegen einer Prüfungspflicht, § 316 HGB, und sind zur Offenlegung verpflichtet, § 325 S. 1, 2 HGB. 105

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Je nachdem wie systematisch und dauerhaft ein Unternehmen besticht, greift es zu unterschiedlichen Methoden der Finanzierung am offiziellen Finanzkreislauf vorbei. Wird die Bestechung systematisch als Teil der Geschäftspolitik eingesetzt, so müssen dem Unternehmen dauerhaft „verdeckte“ Finanzierungsmöglichkeiten auch unvorhergesehen zur Verfügung stehen. In einem solchen Fall bietet es sich an, eine sog. schwarze Kasse einzurichten.109 Wie eine solche eingerichtet und verwaltet wird, zeigt die nachfolgende Darstellung. b) Die Bildung und Verwaltung von schwarzen Kassen aa) Begriff der schwarzen Kasse Eine schwarze Kasse kann nach der überwiegenden Ansicht, auf der Grundlage einer von Weimann110 erarbeiteten Definition, wie folgt definiert werden: „Eine schwarze Kasse besteht aus Geldern, die unter Mißachtung bestimmter Pflichten verborgen gehalten werden, und deren beabsichtigte Verwendung in Beziehung zur beruflichen oder sonst aufgabenbezogenen Tätigkeit desjenigen steht, der die Gelder verbirgt.“

Danach hat eine schwarze Kasse drei Merkmale: • Die Vermögensverlagerung erfolgt pflichtwidrig111, sie verstößt also gegen bestimmte, dem Handelnden obliegende Pflichten. In Bezug auf Unternehmen sind dies v. a. die Vorschriften zur Buchführung und Bilanzierung gem. §§ 238 ff. HGB112, speziell für Aktiengesellschafen die §§ 150 ff. AktG sowie die §§ 140 f. AO113. • Die Vermögensverlagerung weist kein eigen- oder drittnütziges Verhalten114 auf, sondern der Täter möchte die verlagerten Gelder „bestimmungsgemäß“115, zu „im Ergebnis nützlichen Zwecken“116, „in Bezug auf 109

Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148 (153); Satzger, NStZ 2009, 297

(298). 110

Weimann, 1996, S. 10. Zustimmend Strelczyk, 2008, S. 14; Saliger, 2005, S. 397; Coenen, 2000, S. 50; Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713; Satzger, NStZ 2009, 297 (298). 112 Die Buchführungsvorschriften gelten für alle Kaufleute i. S. d. § 1 ff. HGB, Nichtkaufleute, also Kann-Kaufleute oder nicht gewerblich tätige Unternehmen fallen nicht unter diese Vorschriften. 113 Zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht Baumbach/Hopt/Merkt HGB (2009), § 238 Rn. 5. 114 Zustimmend Ransiek, NJW 2007, 1727 (1728). 115 Hefendehl, 1994, S. 28. So auch Bieneck, wistra 1998, 249 (249). 111

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1. Teil: Grundfragen

seine Tätigkeit“117 verwenden. Im Zusammenhang mit Bestechungszahlungen dienen die Gelder in der schwarzen Kasse „bestimmungsgemäß“ als Instrument zur Finanzierung dieser Zahlungen. • Die Vermögensverlagerung wird entweder vor dem Vermögensinhaber, dem Fiskus, staatlichen Ermittlungsbehörden oder auch der Öffentlichkeit geheim gehalten.118 bb) Schwarze Bargeldkassen Schwarze Kassen werden klassischerweise mit Bargeld gebildet, indem Zahlungen, die in bar eingehen, nicht oder zu spät verbucht werden.119 Möglich ist es auch, übergeordneten Stellen eine andere Vermögensverwendung vorzuspiegeln und dann die Gelder einer geheimen Kasse zuzuführen.120 Das Geld wird bei Unternehmen anschließend im Firmensafe oder extern bei in- oder ausländischen Banken gelagert. Schwarze Bargeldkassen in Unternehmen entsprechen allerdings kaum der Realität angesichts der Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs – Unternehmen verzeichnen Zahlungseingänge in bar in zu vernachlässigender Weise – und der Rechnungslegungspflichten in Verbindung mit Abschluss- und Steuerprüfungen. Die Gefahr, dass die Nichtverbuchung von Zahlungseingängen oder die „falsche“ Verwendung von Geldern auf diese Weise entdeckt wird, ist überwältigend hoch.

116 Saliger, NStZ 2007, 545; Bernsmann, GA 2007, 219 (231). Speziell für den Bereich von schwarzen Kassen in Unternehmen spricht Bernsmann, GA 2009, 296 (300) konkreter von dem geplanten Mitteleinsatz als „unternehmensnützlich“. 117 So auch Saliger, 2005, S. 397: beabsichtige Mittelverwendung bleibt im Aufgabenbereich des „Schwarzkassenverwalters“; Coenen, 2000, S. 51; Satzger, NStZ 2009, 297 (298). 118 Zustimmend u. a. auch Strelczyk, 2008, S. 15; Bernsmann, GA 2007, 219 (231); Bernsmann, GA 2009, 296 (300); Coenen, 2000, S. 50. 119 Vgl. zu Beispielen aus dem öffentlichen Bereich u. a.: RG HRR 1936, Nr. 1601; RG 1938 HRR Nr. 1515; RG DR 1943, 1039; BayOblGSt 1958, 12 (13). 120 Vgl. das Beispiel aus RGSt 75, 227: Der Baustellenleiter eines Bauunternehmens hatte Arbeitslöhne auch für streikende Arbeiter angefordert. Aus diesen Geldern bildete er eine schwarze Kasse, um sie zur Deckung von Forderungen zu verwenden, die im Bereich der Baustelle entstanden waren. Daneben aus dem öffentlichen Bereich RG HRR 1936, Nr. 1601; BGH 1 StR 602/60, 7 (8); BGH NStZ 1986, 455 „Schulleiter-Fall“.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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cc) Schwarze Konten Die Einrichtung und Verwaltung schwarzer Konten121 erfordert zum einen, dass Vermögen dem buchhalterisch erfassten Finanzkreislauf des Unternehmens unbemerkt entzogen wird (Punkt (1)) und zum anderen die Verschleierung des „Aufenthaltsortes“ des Geldes (Punkt (2)). (1) Um Gelder dem buchhalterisch erfassten Finanzkreislauf zu entziehen, stehen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung.122 Eine besonders verbreitete Methode ist die Verwendung von Scheinrechnungen und Scheinfirmen:123 Das Unternehmen schließt mit externen Scheinfirmen Verträge über Leistungen, die schwer quantifizierbar sind und deren Erbringung schwer nachzuweisen ist; typischerweise handelt es sich um Berater- oder Werbeverträge.124 Obwohl die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht wird, stellt die Scheinfirma eine Rechnung und das Unternehmen begleicht den Rechnungsbetrag.125 Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass Rechnungen und sonstige Belege vorhanden und rechnerisch richtig sind; die Aufdeckungsgefahr solch fingierter Geschäfte ist daher gering.126 Die Scheinfirma leitet sodann die Gelder vereinbarungsgemäß, abzüglich eines gewissen Prozentsatzes an Provision, auf ein sich meistens im Ausland befindliches Konto weiter.

Als weitere Möglichkeiten des verdeckten Vermögenstransfers können folgende Beispiele genannt werden: • Ein Unternehmen speiste das schwarze Konto aus Mengenrabatten, die Lieferanten ihren Tochtergesellschaften gewährten, aber separat bezahlten.127 • Ein anderes Unternehmen erhielt Mittel durch Zahlungen einer Tochtergesellschaft, die dort unter Verwendung erhöhter Rechnungen über Lieferungen der Muttergesellschaft buchungsmäßig gedeckt wurden.128 • Eine andere schwarze Kasse wurde durch Rückvergütungen überhöhter Kaufpreise gespeist.129 121 Das in der „schwarzen Kasse“ befindliche Geld besteht nicht aus Bar-, sondern aus Buchgeld. 122 Siehe die Beispiele von Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148 (148 f.); O’Gara, 2004, S. 124 ff. 123 Vgl. Bannenberg/Schaupensteiner, 2007, S. 93, 95. 124 O’Gara, 2004, S. 123; Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148 (149). 125 Siehe aus dem privatwirtschaftlichen Bereich BGH wistra 1992, 266; BGH NJW 2010, 3458; daneben aus dem öffentlichen Bereich RGSt 71, 155; BGH NStZ 1984, 549 „Kulturamtsleiter-Fall“. 126 Weimann, 1996, S. 31; O’Gara, 2004, S. 124. 127 Beispiel nach Horn, AG 1977, 297 (299, Fn. 27). 128 Beispiel nach Horn, AG 1977, 297 (299, Fn. 27). 129 Wurm, 1989, S. 8.

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1. Teil: Grundfragen

(2) Ist das Geld einmal dem buchhalterisch erfassten Finanzkreislauf des Unternehmens entzogen, stellt sich die Frage, wie es unverdeckt „aufbewahrt“ werden kann. Soll das Geld auf einem Bankkonto angelegt werden, so bedarf es eines hohen Maßes an Vertraulichkeit der eingeschalteten Kreditinstitute, sodass keine Informationen darüber nach außen dringen können und ein Zugriff von Ermittlungs- oder Steuerbehörden nicht möglich ist. Da in Deutschland das Bankgeheimnis130 aufgrund zahlreicher Mitwirkungs- und Auskunftspflichten der Banken stark eingeschränkt131 ist, werden die geheimen Gelder üblicherweise auf Konten des Unternehmens oder von extra dafür eingerichteten Stiftungen132 oder Gesellschaften in sogenannten „off-shore-Ländern“133 angelegt.134 Dabei handelt es sich um Länder, deren Gesetze ein strenges Bankgeheimnis und somit ein hohes Maß an Vertraulichkeit, das bis zur völligen Anonymität gehen kann, gewähren.135 Als off-shore-Länder gelten beispielsweise die Schweiz, Liechtenstein oder Länder des mittleren Ostens.136 130 Das deutsche Bankgeheimnis ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, wird aber als Gewohnheitsrecht anerkannt und genießt nach weit verbreiteter Ansicht verfassungsrechtlichen Schutz, sodass legislatorischen Eingriffen in das Bankgeheimnis verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind, vgl. dazu Kümpel, 2004, § 2 Rn. 145 ff. Unter Bankgeheimnis ist dabei zu verstehen einerseits ein Recht der Banken zur Auskunftsverweigerung sowie andererseits eine Pflicht zur Verschwiegenheit in Bezug auf sämtliche erlangte kundenbezogene Tatsachen, Kümpel, 2004, § 2 Rn. 150 f. 131 Kümpel, 2004, § 2 Rn. 177 f.; so haben beispielsweise im Strafprozess Kreditinstitutsmitarbeiter kein Aussageverweigerungsrecht und beweisrelevante Geschäftsunterlagen der Bank können beschlagnahmt werden, §§ 94 II, 98 StPO; kommt der Verdacht einer Geldwäsche auf, so besteht sogar die Pflicht zur Anzeige nach dem Geldwäschegesetz, §§ 11, 2 I Nr. 1, GwG. 132 Zu ungewollter Berühmtheit hat es dabei die Stiftung liechtensteinischen Rechts gebracht. Eine solche bietet ein hohes Maß an Anonymität, da z. B. der Name des Begünstigten in der Errichtungsurkunde nicht zu nennen ist, der Zweck der Stiftung völlig frei bestimmt werden kann und keine Bewilligungspflicht besteht. Darüber hinaus ist eine staatliche Aufsicht nur in wenigen Fällen zwingend und zuletzt kann die Stiftung jederzeit wieder aufgelöst werden, vgl. Schütz, DB 2008, 603 und umfassend zum liechtensteinischen Stiftungsrecht Lampert/Taisch, in: Hopt/Reuter (Hrsg.), 2001, 521 (521–532). Die Stiftung liechtensteinischen Rechts bietet daher ein ideales Instrument zur Verwaltung schwarzer Kassen. 133 Off-shore-Ländern garantieren als „Gesellschaftsparadiese“ meist auch die Anonymität der Gesellschaftsinhaber, Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148 (155). 134 Bannenberg, 2002, S. 365; Bernsmann, GA 2007, 219 (232). 135 Bernasconi, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 354. 136 Vgl. BGH NJW 2009, 89 (90): In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt aus dem Fall „Siemens/ENEL“ wurden u. a. Konten in Liechten-

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Zu beachten ist, dass im weltweiten Kampf gegen Wirtschaftskriminalität, insbesondere gegen Steuerhinterziehung und Korruption, der Druck auf „off-shoreLänder“ wächst, ihr Bankgeheimnis zugunsten einer effektiven Strafverfolgung über die Grenzen hinweg aufzuweichen.137 So sind v. a. europäische „offshore“-Länder wie die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg oder Österreich inzwischen zu einer erhöhten Zusammenarbeit und einem Informationsaustausch bereit.138

dd) Virtuelle schwarze Kassen Bei virtuellen schwarzen Kassen findet die Vermögenslagerung nur im buchhalterischen Sinne, d.h. rein virtuell statt.139 Anstatt also Gelder auch in einem räumlichen Sinne vom Unternehmensvermögen zu separieren, werden sie innerhalb der Buchhaltung, beispielsweise innerhalb der Rechnungsabgrenzungsposten, getarnt.140 Die spätere Verwendung solch „verborgener Rückstellungen“ kann gegenüber der Rechnungslegung begründet werden, indem fiktive Zahlungsmotive angegeben werden.141 2. Ablauf einer Bestechung a) Anbahnung Die Initiative zur Bestechung kann sowohl vom Agenten als auch vom Unternehmen (= Klienten) ausgehen.142 Das geschieht meist im Rahmen stein und in Abu Dhabi eingesetzt. In BGH NJW 2010, 3458 wurde die schwarze Kasse von einer in der Schweiz ansässigen Aktiengesellschaft verwaltet. 137 So wurden beispielsweise die Schweiz, Luxemburg, Belgien, Österreich und Liechtenstein zum 2. April 2009 auf die sog. „graue-Liste“ der OECD gesetzt, auf der Länder gelistet werden, die zwar zugesagten, Steuerstandards einzuhalten, diese jedoch nicht substantiell umgesetzt haben; Liste abrufbar auf: http://www.oecd.org/ dataoecd/38/14/42497950.pdf (zuletzt abgerufen am 18.02.2011). Auf der Liste mit Datum vom 11. Februar 2011 fehlen diese fünf Länder, da ihnen von der OECD entsprechende Fortschritte attestiert wurden, abrufbar auf http://www.oecd.org/ dataoecd/50/0/43606256.pdf (zuletzt abgerufen am 18.02. 2011), siehe zur Berichterstattung beispielsweise zeit-online.de, „Graue Liste“ der Steueroasen schrumpft, http://www.zeit.de/online/2009/30/steueroasen-liste (zuletzt abgerufen am 27.02. 2011). 138 Siehe Berichterstattung beispielsweise Hulverscheidt, SZ, 9. September 2009, S. 22. 139 Zur Definition und weiteren Beispielen teilweise aus dem öffentlichen Bereich Strelczyk, 2008, S. 4. 140 Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148. 141 Colombo, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 148 (149). 142 Wurm, 1989, S. 8.

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1. Teil: Grundfragen

von Vertragsverhandlungen um die Vergabe eines Auftrages, wobei im Nachhinein teilweise gar nicht mehr festgestellt werden kann, von welcher Seite die Initiative letztlich ausging.143 Besonders beachtenswert ist, dass einige Unternehmen sich bei der Anbahnung von Bestechungsvorgängen Vermittlern bedienen.144 Gerade wenn Unternehmen auf ausländischen Märkten tätig werden wollen, sind sie oft nicht selbst vor Ort vertreten, sondern über einen Vermittler, der die örtlichen Besonderheiten kennt und bereits über Geschäftskontakte verfügt. Die Vermittler führen Verhandlungen für das Unternehmen und loten die Möglichkeiten für eine Bestechung aus. Durch die Zahlung ungewöhnlich hoher Provisionen für die Auftragserlangung kann ein Teil davon für die Finanzierung der Bestechung abgezweigt werden.145 Der Vorteil für die Unternehmen besteht darin, dass sie sich nicht näher mit der Tätigkeit der Vermittler beschäftigen müssen, solange das Ergebnis deren Arbeit stimmt. Wird später entdeckt, dass die Vermittler zur Auftragserlangung auch Bestechungszahlungen vorgenommen haben, so kann sich das Unternehmen auf Nichtwissen berufen. Der Nachteil wiederum besteht in der geringen Kontrollmöglichkeit des Vermittlers; so hat das Unternehmen keinen Einfluss darauf, dass der Vermittler nicht auch noch beispielsweise zugunsten eines zweiten Unternehmens handelt, Geld für sich selbst abzweigt oder zu viel Bestechungsgeld anfordert.146 Um diese Risiken zu umgehen, werden teilweise auch Tochterfirmen zur Abwicklung eingesetzt.147 b) Entscheidung Wurde die Entscheidung zur Bestechung grundsätzlich getroffen und sind sich die Parteien einig, so müssen die Modalitäten der Vereinbarung bestimmt werden. aa) Gegenleistung Als Gegenleistung des Agenten kommt im Rahmen der Auftragsvergabe eine Vielzahl von Möglichkeiten in Betracht. Es sollen daher nur die gängigsten Beispiele herausgegriffen werden. 143 144 145 146 147

Vgl. hierzu Bannenberg/Schaupensteiner, 2007, S. 93 ff.; Wrage, 2007, S. 12 f. Siehe hierzu Wittig, wistra 1998, 7; Kugel/Gruenberg, 1977, S. 18. Kugel/Gruenberg, 1977, S. 19. Maurer, 1992, S. 43 f. Kugel/Gruenberg, 1977, S. 17.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Häufig wird die Gegenleistung im Rahmen von Ausschreibungen des Prinzipalunternehmens erbracht. Hierzu das folgende Beispiel: Die gemischt-wirtschaftliche AVG-GmbH plant den Bau einer Restmüllverbrennungsanlage zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der Restmüllverbrennungsanlage durch den zuständigen Mitarbeiter Z geben mehrere Firmen Angebote ab; einige Zeit vor Ende des Submissionstermins einigen sich Z und der Geschäftsführer der ebenfalls an der Auftragsvergabe interessierten L & C-GmbH wie folgt: im Falle der Auftragsvergabe an die L & C-GmbH wird von dieser ein Betrag in Höhe von insgesamt 3% des Auftragswerts an Z gezahlt werden. Z manipuliert die Ausschreibung, sodass die L & C-GmbH nach Kenntnis der anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhält. In dem für die AVG-GmbH insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. Euro ist durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine durch die Zahlung an Z bedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. Euro enthalten.148

Im obigen Beispiel besteht die Gegenleistung des Agenten in der Mitteilung über die Bieter und die Höhe ihrer Angebote, sodass das bestechende Unternehmen das günstigste Angebot vorlegen kann. Denkbar ist bei Ausschreibungen außerdem, dass das günstigste Bieterangebot angenommen wird, aber bereits im Zeitpunkt der Vertragsschlusses vereinbart wird, dass bestimmte im Auftrag enthaltende Arbeiten nicht ausgeführt oder Waren von niedrigerer Qualität geliefert werden.149 Daneben ergeben sich auch im Verlauf von gewöhnlichen Vertragsverhandlungen Möglichkeiten der Gegenleistung durch den Agenten. Auch hierzu wieder folgendes Beispiel: Die X-GmbH plant die Neuausstattung ihrer Räume mit Büromöbeln. Der für den Einkauf zuständige A erhält den Auftrag, dafür einen passenden Anbieter zu suchen. Obwohl der Angebotspreis 3% über dem Marktwert liegt, erteilt A den Auftrag an die Z-GmbH, weil deren Geschäftsführer Y ihm dafür eine Zahlung von 3% des Auftragswertes verspricht.

Im obigen Beispiel wurde der Vertrag zu einem über dem Marktpreis liegendem Preis abgeschlossen, wobei die Preisüberhöhung dazu diente, den an A erbrachten Vorteil zu finanzieren (sog. Kick-Back).150 Im Rahmen der Vertragsverhandlungen hätte auch hier wieder vereinbart werden können, Produkte von geringerer Qualität als die zugesagte zu liefern oder bestimmte Arbeiten nicht zu erbringen.151 148 Dieses Beispiel basiert – etwas vereinfacht – auf dem Sachverhalt der dem BGH in der Entscheidung NStZ 2006, 210 („Kölner Müllskandal“) zugrunde lag. 149 O’Gara, 2004, S. 47 ff. 150 Siehe dazu sogleich unter bb). 151 v. Lambsdorff, in: Aufderheide (Hrsg.), 2005, 12 (13); O’Gara, 2004, S. 147 ff.

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1. Teil: Grundfragen

bb) Vorteil Der Vorteil besteht in der Regel in monetären Zuwendungen.152 Es wird also ein gewisser Geldbetrag zur Zahlung vereinbart, meist ein gewisser Prozentsatz des Auftragswertes. Möglich sind aber auch Sachzuwendungen, wobei hier der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind.153 Darüber hinaus ist von den Parteien zu entscheiden, welche Seite letztlich die Kosten der Vorteilserbringung trägt. Zwar kann das Unternehmen die Kosten selbst tragen, indem es aus einer schwarzen Kasse oder auf andere Weise den Vorteil an den Bestochenen leistet. Anstatt jedoch auf diese Weise letztlich einen niedrigeren Gewinn zu erlangen, kommt, wie im obigen Beispiel, auch eine Überwälzung der Kosten auf den Prinzipal154 in Betracht. Geht es um die Erlangung von Aufträgen mithilfe von Bestechungszahlungen, wird oft ein gewisser Aufschlag in die Auftragssumme mit eingerechnet, der über ein Kick-Back, eine Rückvergütungsvereinbarung, nach Begleichung der Rechnung an den Agenten fließt. Anstatt also beispielsweise wie regulär 100% für die Erbringung einer bestimmten Leistung zu verlangen, vereinbaren Klient und Agent einen Wert von 110%. Die 10% des Auftragswertes fließen dann als Bestechungsgeld an den Agenten zurück.155 c) Abwicklung Bei der Abwicklung eines Bestechungssachverhaltes besteht die Schwierigkeit v. a. darin, den Fluss des Vorteils, die Geldzahlung oder die Sachzuwendung zu verschleiern. Bestehende Hürden sind dabei zum einen die umfassenden Buchführungs- und Prüfungspflichten der Unternehmen156 und zum anderen Mitteilungspflichten der Banken.157 Wird die vereinbarte monetäre Bestechungsleistung aus einer schwarzen Kasse finanziert, erfolgt der Geldtransfer meist über mehrere Etappen und Länder, um ein Nachverfolgen des Geldflusses zu verhindern. Je nach Situation stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, sodass hier nur ein Beispiel158 angeführt wird, das aus einem Sachverhalt stammt, welcher der 152

Maurer, 1992, S. 31. Siehe die Beispiele bei Maurer, 1992, S. 34 ff. sowie Wurm, 1989, S. 4 f.; Bannenberg, 2002, S. 236 f. 154 Vgl. zur Prinzipal-Agent-Theorie S. 46. 155 Vgl. Rößler, NJW 2008, 554. 156 Siehe oben S. 54. 157 Siehe oben S. 58. 158 Siehe als zusätzliches Beispiel auch BGH NJW 2011, 3458 (3459). 153

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Entscheidung des LG Darmstadt vom 14.05.2007159 und der darauf erfolgenden Revisionsentscheidung des BGH vom 29.08.2009160 zugrunde lag: Mitarbeiter der Siemens-Sparte Power Generation (S-PG) hatten mit Angestellten des italienischen ENEL-Konzerns die Zahlung von Bestechungsgeldern gegen eine Auftragsvergabe vereinbart. Die Bestechungssumme wurde von einem schwarzen Konto in Liechtenstein gezahlt. Das Gericht rekonstruierte den Geldfluss wie folgt: „Der Angeklagte V. führte dann die Zahlung [der Bestechungsgelder] über die auch dem Angeklagten K. bekannte liechtensteinische Gesellschaft Eurocell durch: Die den Italienern versprochene Summe wurde von einem Konto der in Liechtenstein ansässigen Gesellschaft Eurocell bei der Neuen Bank in Vaduz auf ein Konto der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen Grenusso Anstalt bei der Neuen Bank in Vaduz überwiesen. Vom Konto der Grenusso Anstalt wurden in der Folgezeit Barabhebungen und Bareinzahlungen auf das Konto einer weiteren in Liechtenstein ansässigen Gesellschaft, der Firma Colford Investments Corp., bei der Liechtensteinischen Landesbank vorgenommen. Mit Hilfe dieses sog. „Cash-Breaks“ sollte ein belegmäßig nachvollziehbarer Geldfluss vermieden werden. Schließlich wurde das Bestechungsgeld [. . .] in Höhe von e 2.650.000 dann aus dem Herrschaftsbereich von S.-PG auf ein Konto der MEEISCO in Abu Dhabi überwiesen. C. und G. veranlassten dann den weiteren Transfer von diesem Konto auf Konten, bei denen sie zwar nicht als Inhaber auftauchten, so doch aber wirtschaftliche Berechtigte waren. Auf diesen Konten gingen die Gelder dann [. . .] ein“.161

Wird der Vorteil aus dem offiziellen Finanzkreislauf finanziert, so müssen Zahlungsausgänge mit fiktiven Zahlungszwecken begründet werden, die im Rahmen einer Buchprüfung nicht auffallen. Buchungskonten, aus denen heraus Bestechungsgelder gebucht werden, sind häufig „Provisionen Ausland“, „Diverse Provisionen“ oder auch „cpd = conto pro diverse“.162 Zur Tarnung der Auszahlungen bietet sich der Einsatz von Beraterverträgen an, da der Wert einer Beratung und deren tatsächliche Erbringung nur schwer eingeschätzt werden können. Mit dem Empfänger einer Bestechungssumme kann also ein Beratervertrag vereinbart werden, sodass die Zahlung der Bestechungssumme vordergründig der Erfüllung des Beratervertrages dient.163 In vielen Fällen werden Bestechungsgelder darüber hinaus als Kundengutschriften, Rabatte, Storno oder Rückzahlung „versehentlich“ gezahlter zu hoher Kaufpreise getarnt. 159 160 161

LG Darmstadt, Urteil vom 14.05.2007, Beck RS 2007 16611. BGH NJW 2009, 89. Wortlaut aus LG Darmstadt, Urteil vom 14.05.2007, Beck RS 2007 16611

II.1. 162 Von einem „Konto pro Diverses“ spricht auch Bernsmann, GA 2009, 296 (301) allerdings in Zusammenhang mit ausgelagertem Vermögen. 163 Siehe zum Einsatz von Beraterverträgen bereits oben S. 57.

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1. Teil: Grundfragen

3. Täterstruktur Im Rahmen der Täterstruktur der Bestechung interessieren die Position des Täters in der Hierarchie des Unternehmens und der betroffene Bereich des Unternehmens sowie daneben die Anzahl der beteiligten Täter. Dies bestimmt sich in Abhängigkeit vom jeweilig bestehenden Kompetenzgefüge innerhalb eines Unternehmens, sodass die Grundlagen hierfür zunächst kurz skizziert werden sollen. a) Unternehmerisches Kompetenzgefüge Mit dem Begriff des unternehmerischen Kompetenzgefüges ist die Aufgaben- und Entscheidungszuständigkeit innerhalb eines Unternehmens angesprochen.164 aa) Aufgabenzuständigkeit Jedes Unternehmen ist geprägt vom Prinzip der Arbeitsteilung.165 Es ist nicht nur die oberste Führungsebene mit Aufgaben der Führung und Leitung des Unternehmens betraut, sondern auch ihr untergeordnete Ebenen. Die Aufgabenzuständigkeit regelt das Ausmaß und die Art einer solchen Arbeitsteilung.166 bb) Entscheidungszuständigkeit Die Entscheidungszuständigkeit betrifft die Kompetenzverteilung innerhalb des Unternehmens. In den meisten Unternehmen bestimmt sich diese nach dem Prinzip der Dezentralisation167, d.h. dass sowohl (Verwaltungs-)Aufgaben als auch die dazugehörige Entscheidungskompetenz auf untere Ebenen verteilt werden168.

164

Vgl. Schmalen, 2002, S. 168 ff. Unter Arbeitsteilung versteht man die Aufgliederung eines wirtschaftlichen Produktions- oder Verwaltungsprozesses in ineinandergreifende Tätigkeiten, deren Gesamtheit den gewünschten Leistungseffekt hervorbringt, so bereits Dahrendorf, 1959, S. 17. 166 Vgl. Schmalen, 2002, S. 168; Eidam, 2008, VI Rn. 1049 ff. 167 Schmalen, 2002, S. 168. Den Gegensatz hierzu bildet eine zentralisierte Führungsstruktur, bei der Aufgaben und Entscheidungskompetenz in der obersten Führungsebene gebündelt sind. 168 Vgl. dazu Eidam, 2008, VI Rn. 1097. 165

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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cc) Kompetenzgefüge und Unternehmensgröße Das konkrete Kompetenzgefüge, also das Ausmaß der Aufgaben- und Kompetenzverteilung nach unten, ist nicht in jedem Unternehmen gleich ausgestaltet. Wesentlich ist dabei v. a. die Größe eines Unternehmens: Je größer ein Unternehmen, desto differenzierter und komplexer ist die Aufgaben- und Kompetenzverteilung ausgestaltet. Und im Gegenteil – je kleiner ein Unternehmen, desto weniger bedarf es der Aufteilung von Aufgaben und Kompetenzen auf eine Vielzahl von Personen.169 Die nun folgende Beschreibung der Täterstruktur berücksichtigt das v. a. von der Größe eines Unternehmens abhängige Kompetenzgefüge innerhalb eines Unternehmens. b) Hierarchische Position des Täters Eine Bestechung wird vorgenommen, um durch die Beeinflussung eines Agenten den Zuschlag für einen Auftrag zu erlangen. Diejenige Person innerhalb eines Unternehmens, die mit der Auftragserlangung betraut ist, wird also auch die Entscheidung treffen, ob jeweils zur Entscheidungsbeeinflussung Bestechung eingesetzt werden soll oder nicht. Die Auftragserlangung betrifft das operative Tagesgeschäft eines Unternehmens. Durch das operative Tagesgeschäft soll die Strategie eines Unternehmens, wie beispielsweise allgemeine Gewinn- und Rentabilitätserwartungen, das Erreichen bestimmter Absatzzahlen etc., umgesetzt werden.170 Verfügt ein Unternehmen über ein ausgeprägtes Kompetenzgefüge, so fällt die Aufgaben- und Entscheidungszuständigkeit für das operative Tagesgeschehen in der Regel nicht in den Zuständigkeitsbereich der obersten Führungsebene eines Unternehmens. Die Aufgabe der obersten Leitungsebene besteht vielmehr darin, das Unternehmen nach außen zu repräsentieren und im Inneren die strategische Ausrichtung des Unternehmens vorzugeben. Sie definiert grundlegende Ziele und legt die dazugehörigen Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele fest.171 Dass diese Ziele sodann tatsächlich erreicht werden, liegt in der Verantwortung der mittleren und unteren Leitungsebenen.172 Im Rahmen des operativen Tagesgeschehens setzen diese Ebenen also die groben Inhalte der strategischen Planung um. Bei kleineren Unternehmen mit einem weniger ausdifferenzierten Kompetenzgefüge hat die oberste Führungsebene tendenziell nicht nur die strategische Ausrich169 170 171 172

Eidam, 2008, VI Rn. 1046 f. Vgl. Schmalen, 2002, S. 166. Clinard, 1983, S. 22, 131. Clinard/Yeager, 1983, S. 24, 44.

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1. Teil: Grundfragen

tung des Unternehmens zur Aufgabe, sondern auch die Umsetzung strategischer Ziele im operativen Tagesgeschäft.

aa) Aus oben Gesagtem ergibt sich, dass in großen Unternehmen mit komplexem Kompetenzgefüge die Zuständigkeit für das operative Geschäft auf der unteren oder mittleren Leitungsebene liegt. Infolgedessen findet auch die zum operativen Tagesgeschäft gehörende Entscheidung und Durchführung einer Bestechung auf diesen Leitungsebenen statt.173 Sie erfolgt im Bestreben, die – oft als Zwang empfundenen – Zielvorgaben der obersten Leitungsebene zu erreichen.174 Auch die Entscheidung, zur einfacheren Abwicklung der Bestechung schwarze Kassen einzurichten bzw. diese dann zu verwalten, wird auf dieser Ebene getroffen.175 Gleichzeitig stellt sich damit die Frage, inwieweit die obersten Leitungsebenen in Bestechungssachverhalte verwickelt sind. Allgemein kann nur festgestellt werden, dass aufgrund der Zuständigkeit für strategische Entscheidungen in der Regel zumindest keine direkte Beteiligung im Sinne einer konkreten Entscheidung und Durchführung der Bestechung gegeben ist.176 Andererseits wird aber auch der Einfluss der obersten Leitungsebene darauf, ob sich die übrigen Unternehmensangehörigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit rechtskonform verhalten, als wesentlich angesehen – „. . . the top management sets the corporate ethical tone“177. Einerseits ist also in der Regel keine direkte Beteiligung der obersten Leitungsebene gegeben, andererseits aber schafft sie auch einen gewissen Unternehmensgeist, der kriminelles Verhalten der Unternehmensangehörigen begünstigen kann. Abgesehen hiervon ist es sodann möglich, dass sich die oberste Leitungsebene aufgrund mangelhafter Kommunikationsstrukturen in völliger Unkenntnis befindet178 oder Anzeichen für eine Bestechung sieht, davor jedoch die Au173

O’Gara, 2004, S. 3 f.; Shichor/Geis, in: Pontell/Geis (Hrsg.), 2007, 405 (408); Prüfer, 2004, S. 25 f.; Homann, zfbf 49 (1997), 187 (201). Siehe dazu auch das Beispiel bei Anand/Ashforth/Joshi, Academy of Management Executive 18 (2004), 39 (42). 174 Wall Street Journal, November 8, 1979, zitiert nach Clinard/Yeager, 1983, S. 276; danach ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass die mittlere Leitungsebene der Entscheidung für oder gegen die Vornahme einer unternehmenskriminellen Handlung ausgesetzt ist und sich letztlich hierfür entscheidet. 175 Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713 (713). 176 Clinard/Yeager, 1983, S. 279; siehe hierzu auch die Beispiele und angeführten Statistiken; vgl. außerdem das Beispiel von Clinard, 1990, S. 125: Ein Unternehmen hatte in großem Umfang internationale Bestechungszahlungen geleistet. Die Abwicklung wurde dabei nicht vom „chief executive officer“ vorgenommen, sondern von untergeordneten Führungsebenen. 177 „Das Top-Management gibt den im Unternehmen herrschenden ‚ethischen Ton‘ vor.“ Clinard, 1983, S. 132. 178 Vgl. hierzu Horn, AG 1977, 297 (299), der sich mit der Bestechung durch US-amerikanische Unternehmen im Ausland beschäftigt; auf Grundlage eines Be-

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

67

gen verschließt. Zuletzt kann das Bestechungsverhalten der untergeordneten Leitungsebenen einer Unternehmenspolitik entsprechen, die einmal von der obersten Leitungsebene vorgegeben wurde, sich über die Zeit in der Unternehmenskultur verwurzelt hat und von nachfolgenden Mitgliedern der obersten Leitungsebene vielleicht nicht durch konkrete Anweisungen unterstützt, aber dennoch toleriert wird. bb) Ist das Kompetenzgefüge eines Unternehmens weniger stark ausgeprägt, so liegt innerhalb eines typischerweise kleinen Unternehmens die Zuständigkeit für das operative Tagesgeschäft auch bei der obersten Leitungsebene. Typischerweise trifft also die oberste Leitungsebene, etwa der Geschäftsführer einer GmbH, in Verhandlungen mit der Gegenseite die Entscheidung, eine Bestechungszahlung einzusetzen. Die Abwicklung, die Zahlung der Bestechungssumme, führt er sodann mit Hilfe der eingeweihten oder ahnungslosen Finanzabteilung durch. c) Betroffene Unternehmensbereiche und beteiligte Personen Die Durchführung einer Bestechung erfolgt in mehreren Schritten.179 Es bedarf einer Anbahnungsphase, in welcher der Kontakt mit dem „Agenten“ hergestellt wird. Auf diese folgen Verhandlungen über die Art des zu gewährenden Vorteils und der zu erbringenden Gegenleistung. Schließlich findet die Abwicklung der getroffenen Vereinbarungen statt – der meist monetäre Vorteil muss unbemerkt zum Agenten fließen. Wird die Zahlung über eine schwarze Kasse abgewickelt, so bedarf es, zeitlich vorgelagert, auch noch ihrer Einrichtung und Verwaltung. aa) Je ausgeprägter das Kompetenzgefüge innerhalb eines Unternehmens ist, desto weniger kann die Durchführung all dieser „Arbeitsschritte“ von einer Person allein vorgenommen werden. Vielmehr bedarf es eines bewussten Zusammenwirkens mehrerer Personen mit verschiedenen Aufgabenbereichen.180 Die Durchführung einer Bestechung übernimmt in großen Unternehmen daher typischerweise eine Gruppe von Personen181, wobei zunächst die Entscheidung zur Bestechung regelmäßig vom Vertrieb getroffen wird. Dieser hat die Aufgabe, die vom Unternehmen produzierten richtes des Börsenaufsicht SEC habe sich ergeben, dass das oberste Leitungsorgan, das board of directors, nicht oder nur unvollständig über Bestechungszahlungen informiert war. 179 Siehe oben 59 ff. 180 Vergleiche beispielsweise Anand/Ashforth/Joshi, Academy of Management Executive 18 (2004), 39. 181 Siehe zu diesem „organisationalen“ Aspekt der Korruption Grieger, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 103 (107 ff.).

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1. Teil: Grundfragen

Güter und Dienstleistungen abzusetzen, und mag sich, um dieses Ziel zu erreichen, entschließen, die potentiellen Abnehmer zu bestechen. Der Vertrieb allein kann die Bestechung jedoch nicht abwickeln, da er die Bestechungszahlungen nicht freigeben kann. Dazu bedarf es vielmehr der Unterstützung des Rechnungswesens und der Buchhaltung. Je nach Größe des Unternehmens kann auch noch die kaufmännische Abteilung involviert sein, in der Aufgaben des Vertriebes und der Finanzabteilung zusammenlaufen.182 bb) Ist im Gegenteil das Kompetenzgefüge innerhalb eines Unternehmens weniger ausgeprägt, so sinkt die Anzahl der beteiligten Personen. Typischerweise ist es dann der Geschäftsführer einer kleineren GmbH, der den Ablauf der Bestechung lenkt und dann mit Hilfe der Buchführung die Transaktionen veranlasst. d) Zusammenfassung Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das Kompetenzgefüge sowie die Größe eines Unternehmens einen wesentlichen Einfluss darauf haben, wie viele Personen an einem Bestechungsvorfall beteiligt sind und auf welchen Hierarchieebenen diese Personen zu finden sind. Je größer das Unternehmen, desto ausgeprägter ist die Arbeitsteilung und die Dezentralisierung, insbesondere die Delegation von operativen Aufgaben nach unten. An Bestechungsvorgängen ist damit tendenziell eine Vielzahl von Personen beteiligt und die konkrete Ausführung findet auf der mittleren bzw. unteren Führungsebene statt. Die oberste Führungsebene ist in der Regel nicht direkt an Bestechungsvorfällen beteiligt; fraglich ist meistens, ob sie zumindest eine grobe Kenntnis davon hatte. Handelt es sich im Gegenteil um kleine Unternehmen, so sinkt die Zahl der Beteiligten und die Entscheidung über sowie die Ausführung der Bestechung wird von der obersten Führungsebene vorgenommen. 4. Externe Strukturen a) Kriminogene Wirtschaftsbereiche Unternehmenskorruption und speziell Bestechung zugunsten eines Unternehmens sind nicht in allen Wirtschaftsbereichen in gleichem Maße verbrei182 Vgl. LG Darmstadt vom 14.05.2007, Beck RS 2007, 16611: verurteilt wurde in diesem Fall gerade der kaufmännische Leiter der Siemenssparte Power Generation.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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tet. Vielmehr existieren sogenannte kriminogene Wirtschaftsbereiche, die ein höheres Maß an Kriminalität, konkret an Bestechung, aufweisen als andere.183 Die Strukturen korruptiver Wirtschaftsbereiche sind wenig erforscht. Aussagekräftiges Material aus neuerer Zeit liefern lediglich statistische Erhebungen von Transparency International.184 Daneben existiert eine US-amerikanische Studie185, die Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts veröffentlicht wurden. Weitere aussagekräftige und wissenschaftlich fundierte Studien gerade zu diesem Thema finden sich nicht.

Eine erste Studie in Bezug auf die Marktsituation, aus der heraus Bestechungszahlungen von Privatunternehmen vorgenommen werden, bzw. in Bezug auf die Industriezweige, in welchen diese häufiger als in anderen anzutreffen sind, wurde 1977 von Kugel und Gruenberg veröffentlicht.186 Ergebnis ihrer Studie war, dass „internationale“, d.h. grenzüberschreitende Auslandsbestechung v. a. in oligopolen Marktsituationen187 anzutreffen sei. Einige wenige große Unternehmen teilen sich also die Marktanteile untereinander auf und aufgrund eines eingeschränkten Preiswettbewerbs188 – so die Folgerung von Kugel und Gruenberg – unterscheiden sich die Produkte der untereinander konkurrierenden Unternehmen in Preis und Qualität kaum voneinander189. Weiterhin seien grenzüberschreitende Auslandsbestechungszahlungen nicht in Einzelhandelsunternehmen mit einem geringen Wert der Einzelware anzutreffen, sondern in solchen Unternehmenszweigen, die Produkte herstellen, deren Wert leicht mehrere Millionen oder hundert Millionen Dollar betragen könne, sog. „multimillion-dollar commodities“.190 Zuletzt seien die Auftraggeber vielfach nicht Privatunternehmen oder Einzelpersonen, sondern staatliche Stellen.191 In der letzten Zeit wurden von Transparency International sog. Bribe Payers Indices (im Folgenden BPI) veröffentlicht, welche die führenden Exportstaaten hinsichtlich der Bereitschaft ihrer Unternehmen, im Ausland 183

O’Gara, 2004, S. 123 f. Zu den Nachweisen sogleich unten. 185 Zum Nachweis sogleich unten. 186 Kugel/Gruenberg, 1977. 187 Zum Begriff des Oligopols Oberender/Fleischmann, 2005, S. 168; Mankiw, 2008, S. 369 ff. 188 Kugel und Gruenberg bezeichnen die grenzüberschreitende Bestechung als eine Form des nicht preisgebundenen Wettbewerbs, Kugel/Gruenberg, 1977, S. 36. Zu einem solchen Wettbewerbsaspekt auch Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13 (35). 189 Kugel/Gruenberg, 1977, S. 36. 190 Kugel/Gruenberg, 1977, S. 36. 191 Kugel/Gruenberg, 1977, S. 36. 184

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1. Teil: Grundfragen

zu bestechen, auflistet.192 Der BPI 2008193 beschränkt sich nicht auf die Auslandsbestechung, sondern führt auch die Wirtschaftsbereiche auf, in welchen Bestechung am verbreitesten ist. Zwar bezieht sich die Studie hierbei nur auf die Bestechung von Amtsträgern, dennoch lässt sich eine gewisse Tendenz auch für die Wirtschaftsbestechung ablesen. Unter den „Top 3“ der kriminogenen Wirtschaftsbereiche finden sich der (öffentliche) Bausektor (Vergabe von Bauaufträgen), das öffentliche Bauwesen (in Bezug auf Immobilien- und Baulandentwicklung) sowie die Öl- und Gasindustrie.194 Vergleicht man die Ergebnisse des BPI 2002 mit den Ergebnissen und der Analyse von Kugel und Gruenberg zur internationalen Bestechung, so finden sich viele Übereinstimmungen. In den genannten Wirtschaftsbereichen – Bausektor, Waffenindustrie sowie Öl- und Gasindustrie – geht es meist um hohe Auftragssummen, also sog. „million-dollar-commodities“. Gerade im internationalen Sektor sind in diesen Wirtschaftsbereichen meist wenige Unternehmen tätig, die sich aufgrund ihrer oligopolen Stellung tendenziell nicht im Preiswettbewerb miteinander befinden.195 b) Kriminogene Länder Zuletzt variiert das Bestechungsverhalten von Unternehmen im internationalen Bereich je nachdem, in welchem Land es tätig wird.196 Dies bestätigt 192

Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2002; Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2006; Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2008. 193 Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2008. Der BPI 2008 basiert auf einer Befragung leitender Angestellter von Unternehmen, die in 26 aufstrebenden Industrienationen tätig sind; die Fragen bezogen sich auf die Bereitschaft von Unternehmen aus den 22 führenden Exportländern, Bestechungsgelder zu zahlen. 194 Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2008, Tabelle 4. Im BPI 2002 befand sich noch die Waffenindustrie auf Platz 2, Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2002, Tabelle 2. Der BPI 2002 zeigte auch, dass unter den „Top 3“ nicht nur am meisten bestochen, sondern auch die höchsten Bestechungsbeträge gezahlt wurden, Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2002, Tabelle 3. 195 So überrascht es auch nicht, dass der erste Fall aus der Siemens-Korruptionsaffäre, der gerichtlich entschieden wurde, die Kraftwerkssparte Power Generation betrifft, vgl. BGH NJW 2009, 89. Der Bereich der „Energieerzeugung“ wird vom BPI 2008 auf Platz 9, Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2008, Tabelle 4, vom BPI 2002 auf Platz 6 gelistet, Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2002, Tabelle 2. 196 Daneben untersucht die Studie von Nester, Salvenmooser und Bussmann die länderspezifische Erwartungshaltung gegenüber Unternehmen, Bestechungsgelder zu zahlen, bzw. wiederum länderspezifisch, wieviele Unternehmen Aufträge infolge

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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der BPI aus dem Jahre 2006.197 Danach ist die Neigung der Unternehmen, Bestechungsgelder zu zahlen, in den Ländern der OECD niedriger; in Entwicklungsländern – bezeichnet als „low income countries“ –, insbesondere in afrikanischen Staaten, hingegen besteht eine sehr starke Tendenz zur Zahlung von Bestechungsgeldern. Dies mag daran liegen, dass sich in vielen Entwicklungsländern und in gerade afrikanischen Ländern schwache und korruptionsanfällige Regierungen mit bestechlichen Beamten befinden und auch das Rechtssystem weniger effektiv arbeitet. Im Gegensatz dazu besteht wohl eine Furcht der Unternehmen vor den rechtlichen und insbesondere strafrechtlichen Folgen von Bestechungsaktivitäten in „entwickelten“ Ländern, die über ein effektives Rechtssystem verfügen und inzwischen auch konsequenter gegen Korruption vorgehen.198

III. Bestechung zugunsten von Unternehmen im Strafrecht 1. Korruptionsdelikte im deutschen Strafrecht a) Einführung Das deutsche Korruptionsstrafrecht ist nicht „aus einem Guss“. Vielmehr setzt es sich aus einer Vielzahl von Einzelnormen zusammen, denen jeweils unterschiedliche Regelungsansätze zugrunde liegen. Dies gilt allein schon für die strafrechtliche Sanktionierung von öffentlicher und wirtschaftlicher Korruption, aber auch innerhalb dieser Bereiche stehen unterschiedliche Regelungsmechanismen nebeneinander.199 Es existieren darüber hinaus Regelungen, die gerade der strafrechtlichen Erfassung der Korruption dienen, sog. Korruptionsdelikte im engeren Sinn, und solche Regelungen, die zwar nicht als Korruptionsdelikte konzipiert, jedoch geeignet sind, Teilaspekte der Korruption zu erfassen, sog. Korruptionsdelikte im weiteren Sinn. Gegenstand dieser Arbeit wird u. a. die Frage sein, ob sich das Vermögensdelikt der Untreue als Korruptionsdelikt i. w. S. dazu eignet, BeBestechung durch andere Unternehmen verloren, vgl. Salvenmoser/Nestler/Bussmann, 2007, S. 26; Zu einer Untersuchung speziell für Deutschland zudem Nestler/ Salvenmoser/Bussmann, 2009, S. 23 ff. 197 Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2006, Der BPI 2006 basiert auf einer Befragung leitender Angestellter von Unternehmen aus 125 Ländern; die Fragen bezogen sich auf die Bereitschaft von Unternehmen aus den 30 führenden Exportländern Bestechungsgelder zu zahlen. 198 So auch Transparency International (Hrsg.), Bribe Payers Index 2006, S. 10. 199 Zu den strafrechtlichen Regelungsmodellen gegen Wirtschaftskorruption Vogel, FS Weber 2004, 395 (400 ff.).

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1. Teil: Grundfragen

stechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens strafrechtlich zu sanktionieren.200 Im Folgenden werden daneben übersichtsartig diejenigen Tatbestände dargestellt, die ebenfalls den Teilbereich der Korruption „Bestechung zugunsten von Unternehmen“ strafrechtlich erfassen können. In systematischer Hinsicht orientiert sich die Darstellung dabei an den Grundüberlegungen, die den einzelnen Tatbeständen zugrunde liegen. Über die Vorstellung der geschützten Rechtsgüter, der Tatbestandsstrukturen- und voraussetzungen hinaus, soll der Zweck herausgearbeitet werden, der mit dem Einsatz dieser Regelungen als Korruptionsdelikte einhergeht.201 b) Amtsstrafrechtliche Tatbestände Die §§ 331–335 StGB sind klassische Bestechungsdelikte202 i. e. S. und erfassen die Bestechung als Unterfall der Korruption im öffentlichen Sektor203, genauer gesagt den Bereich der Verwaltung und der Rechtspflege. Die Strafbarkeit wird dabei an ein bestimmtes öffentliches Amt mit den damit verbundenen Pflichten geknüpft. Solch amtsstrafrechtliche Tatbestände werden von dem Grundgedanken geprägt, dass die Bestechung im öffentlichen Sektor das Vertrauen der Allgemeinheit in ein bestimmtes öffentliches Amt beschädigt und die Sachlichkeit staatlichen Handelns an sich gefährdet (siehe hierzu gleich unten). 200 Zu beachten ist, dass der „Einsatz“ vermögensstrafrechtlicher Tatbestände auf das Phänomen der Betriebskorruption, also der Korruption zulasten eines Unternehmens, im deutschen Strafrecht grundsätzlich nichts Neues ist. So stellt die Rechtsprechung des BGH zu sog. Kick-Backs oder Rückvergütungsvereinbarungen (zum Begriff bereits oben S. 62) inzwischen eine konstante und in der Literatur weitgehend anerkannte Größe in der Untreuedogmatik dar. Akzeptiert der Mitarbeiter eines Unternehmens oder aber auch ein Amtsträger für die Bevorzugung eines Unternehmens im Rahmen einer Auftragsvergabe einen bestimmten Geldbetrag und wird dieser Geldbetrag durch einen Aufschlag auf den Auftragswert finanziert, so kann dies eine Strafbarkeit gem. § 266 StGB neben dem meist ebenfalls einschlägigen § 299 StGB oder den §§ 331, 332 StGB bedeuten Die konkreten Voraussetzungen sind dabei im Einzelnen umstritten, vgl. nur z. B. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (919 f.); Rönnau, FS Kohlmann 2003, 239; Szebrowski, 2005; Thalhofer, 2008. 201 Dieser Darstellungsansatz erfolgt in Anlehnung an Vogel, FS Weber 2004, 395, der das Korruptionsstrafrecht zur Erfassung der Wirtschaftskorruption anhand „idealer“ Regelungsmodelle und ihrer tatsächlichen Umsetzung darstellt. 202 Ein weiterer Aspekt der öffentlichen Korruption, die Bestechung von Abgeordneten, wird in § 108e StGB unter Strafe gestellt. Mangels praktischer Relevanz dieses Tatbestandes, unterbleibt eine weitere Erörterung für den vorliegenden Sachverhalt. 203 D. h. der Missbrauch von öffentlicher Macht.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

73

aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur der §§ 331–335 StGB Die mittlerweile h. M. geht davon aus, dass sich ein einheitliches Rechtsgut der §§ 331–335 StGB formulieren lässt.204 Uneinigkeit besteht jedoch darüber, wie dieses konkret beschaffen ist. Einerseits wird auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unkäuflichkeit der Amtsträger und in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen abgestellt.205 Andere Ansichten sehen als geschütztes Rechtsgut nicht ein solches Vertrauen der Allgemeinheit an, sondern vielmehr die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und Rechtspflege als solche206 oder die Institution des öffentlichen Dienstes207. Zuletzt erfolgt eine Vereinigung dieser beiden Positionen, infolge derer als Rechtsgut der Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit und Unabhängigkeit des Verwaltungshandelns verstanden wird.208 Die §§ 331–334 StGB bestrafen neben dem Amtsträger209 als Vorteilsnehmer gem. §§ 331 und 332 StGB210 auch jeden „Vorteilgewährenden“ gem. §§ 332 und 334 StGB211. Zu beachten ist, dass über das EU-Bestechungsgesetz auch jeder Amtsträger eines EU-Mitgliedstaats bzw. ein Amtsträger der Institutionen der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft in den Geltungsbereich miteinbezogen ist, § 1 I EuBestG. Ähnliches gilt gemäß dem IntBestG, das u. a. ausländische mit inländischen Amtsträgern gleichstellt, § 1 IntBestG. In den §§ 331, 333 wird die Annahme bzw. Gewährung eines Vorteils für eine pflichtgemäße Diensthandlung – oder aus204

Zweifelhaft nur MüKo-StGB/Korte (2006), § 331 Rn. 2. So v. a. der BGH in neueren Entscheidungen: Vertrauen in Sachgerechtigkeit und die „Nicht-Käuflichkeit“ dienstlichen Handelns: BGH NJW 2001, 2558 (2559); BGH NJW 2001, 2560; BGH NJW 2002, 2801 (2803); Vertrauen in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes: BGH NStZ 2000, 589 (590); BGH NStZ 2003, 423. 206 SK-StGB/Rudolphi/Stein (2003), § 331 Rn. 4. 207 NK-StGB/Kuhlen (2010), § 331 Rn. 12 f. 208 So MüKo-StGB/Korte (2006), § 331 Rn. 8; Fischer (2011), § 331 Rn. 3; Schönke/Schröder/Cramer (2010), § 331 Rn. 3 m. w. N. 209 Bzw. den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Richter. 210 Hierbei handelt es sich also um Sonderdelikte, da die Täterschaft an eine besondere Eigenschaft des Täters geknüpft ist, Greeve, 2005, S. 56; NK-StGB/Kuhlen (2010), § 331 Rn. 14. 211 Angesichts der geschützten Rechtsgüter bedeutet dies für die Strafbarkeit des Gebers, dass sich aus seinem Handeln kein eigenes Unrecht ableitet, sondern vielmehr aus dem Handeln des nehmenden Amtsträgers. Die §§ 333 und 334 StGB fügen sich in das Amtsstrafrecht als Teilnahmehandlungen ein, die in tatbestandlich selbstständiger Form als täterschaftliches Handeln bestraft werden, Rengier, Strafrecht BT II (2009), § 60 Rn. 2; SK-StGB/Rudolphi/Stein (2003), vor § 331 Rn. 3. 205

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1. Teil: Grundfragen

übung bestraft, die §§ 332 und 334 StGB erfassen dagegen als Qualifikationstatbestände eine pflichtwidrige Diensthandlung- oder ausübung. bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung Es ist möglich, über die §§ 333 und 334 StGB auch die Bestechung zur Auftragserlangung durch Angehörige eines Unternehmens zu erfassen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Tathandlung gegenüber einem Amtsträger212 erfolgt. Darüber hinaus muss ein Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt werden entweder für eine pflichtgemäße Diensthandlung bzw. -ausübung oder für eine pflichtwidrige Diensthandlung. Dabei müssen Vorteil und Diensthandlung oder -ausübung im Sinne eines Äquivalenzverhältnisses verbunden sein: Der Vorteil wird erbracht, um die angestrebte Diensthandlung oder -ausübung zu veranlassen („Unrechtsvereinbarung“).213 c) Wettbewerbsstrafrechtliche Tatbestände Der 1997 neu in das StGB eingefügte § 299 StGB bestraft die Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Der Tatbestand wird von der Grundüberlegung beherrscht, dass Wirtschaftskorruption eine Form des unlauteren Wettbewerbs ist; sie führt zu unerwünschtem Nichtleistungswettbewerb, da durch die Bestechung eine unsachgemäße Beeinflussung des Agenten erfolgt.214 Als Bestechungsdelikt im engeren Sinn dient § 299 StGB folglich dazu, die Lauterkeit des Wettbewerbs mit den Mitteln des Strafrechts durchzusetzen. aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur des § 299 StGB Rechtsgut des § 299 StGB ist nach h. M. der freie und redliche Wettbewerb215; daneben sollen die Mitbewerber – hiervon ist auch der Geschäftsherr des Vorteilsnehmers erfasst – in ihrer Chancengleichheit und ihren Vermögensinteressen geschützt sein.216 212

Bzw. einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Richter. 213 Rengier, Strafrecht BT II (2009), § 60 Rn. 23. 214 Vogel, FS Weber 2004, 395 (404). 215 Fischer (2011), § 299 Rn. 2; Greeve, 2005, S. 198; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193 (194); Bürger, wistra 2003, 130 (133); Bannenberg, 2002, S. 21. A. A. Pragal, ZIS 2006, 63 (75); ders., 2006, S. 146: Rechtsgut ist „Nichtkäuflichkeit übertragener oder sonst besonders fremdverantwortlicher Entscheidungsmacht sowie das diesbezügliche Vertrauen der Allgemeinheit“.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Der Tatbestand des § 299 StGB ist in Anlehnung an die §§ 331–334 StGB gestaltet. Der Vorteilsnehmer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes wird gem. § 299 I StGB bestraft217; spiegelbildlich218 hierzu regelt § 299 II StGB die Strafbarkeit des Vorteilsgebers. bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung Über § 299 II StGB kann die Bestechung durch Unternehmensangehörige zur Auftragserlangung strafrechtlich erfasst werden. Dazu muss die Tat gegenüber einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes begangen werden, der Geschäftsinhaber selbst ist dagegen nicht mit einbezogen.219 Identisch zu den §§ 333, 334 StGB sind die Tathandlungen des Anbietens, Versprechens oder Gewährens eines Vorteils für sich oder einen Dritten, die zusätzlich im geschäftlichen Verkehr220 erfolgen müssen. Zuletzt ist eine „Unrechtsvereinbarung“ zwischen dem Angestellten oder Beauftragten des geschäftlichen Betriebes und dem Vorteilsgeber erforderlich, wobei sich das Unrecht der Vereinbarung daraus ergibt, dass der Vorteilsgeber in unlauterer Weise bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb bevorzugt wird.221 d) Steuerstrafrechtliche Tatbestände Neben den genannten Bestechungsdelikten i. e. S.222 können auch andere Regelungen zur strafrechtlichen Erfassung der Unternehmensbestechung herangezogen werden. Es handelt sich hierbei um Tatbestände, die hinsichtlich ihrer geschützten Rechtsgüter dazu nicht konzipiert wurden, sog. Korruptionsdelikte i. w. S.223 Hierzu gehören auch Tatbestände aus dem Steuerstrafrecht. 216 MüKo-StGB/Diemer/Krick (2006), § 299 Rn. 2; Fischer (2011), vor § 298 Rn. 6. m. w. N. 217 Durch Anknüpfung an die Tätereigenschaft des Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs handelt es sich auch bei § 299 I StGB um ein Sonderdelikt, Fischer (2011), § 299 Rn. 3. 218 Bürger, wistra 2003, 130 (131); Fischer (2011), § 299 Rn. 3. 219 Gegen die Nichteinbeziehung des Geschäftsinhabers Bürger, wistra 2003, 130 (134 f.). 220 Zum Begriff des geschäftlichen Verkehrs siehe nur MüKo-StGB/Diemer/Krick (2006), § 299 Rn. 8. 221 Siehe zur Unrechtsvereinbarung i. R. d. § 299 Fischer (2011), § 299 Rn. 13 ff. m. w. N. 222 Zum Begriff siehe oben S. 71. 223 Zum Begriff siehe oben S. 71.

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1. Teil: Grundfragen

Grundidee steuerstrafrechtlicher Tatbestände zur Erfassung der Korruption ist es, Unternehmenskorruption durch steuerliche Belastung wirtschaftlich unattraktiv zu machen und eine Durchsetzung mit steuerstrafrechtlichen Vorschriften, nämlich § 370 I AO, zu gewährleisten.224 aa) Rechtsgut und Deliktsstruktur der Steuerhinterziehung gem. § 370 I AO Die ständige Rechtsprechung und die h. M. in der Literatur sehen als geschütztes Rechtsgut des Tatbestands der Steuerhinterziehung das Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Steueraufkommen.225 § 370 I AO ist kein Sonderdelikt in dem Sinne, dass Täter nur der Steuerschuldner selbst sein kann. Täter kann vielmehr auch jeder Dritte (z. B. Steuerberater) sein, der auf die Festsetzung, Erhebung und Vollstreckung der geschuldeten Steuer einwirken kann.226 Tathandlung des § 370 I AO ist das Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben (Nr. 1), das pflichtwidrige Verschweigen steuerlich erheblicher Tatsachen (Nr. 2) oder das Nichtverwenden von Steuerzeichen oder Steuerstemplern (Nr. 3). Dadurch müssen als Tatbestandserfolg Steuern verkürzt oder ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil erlangt worden sein. bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung Bei den von Unternehmensangehörigen eingesetzten Bestechungsgeldern handelt es sich an und für sich um Betriebsausgaben, die von den Einkünften abgezogen werden können. Der 1999227 geänderte § 4 V S. 1 Nr. 10 EStG legt hingegen ein Abzugsverbot für solche Zuwendungen fest, die Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllen, darunter auch § 299 und die §§ 331 ff. StGB.228 Werden nun die Bestechungsgelder nicht als Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht, so steigen die Kosten für die Bestechung und diese kann sich als nicht mehr wirtschaftlich erweisen. Fällt hingegen die Entscheidung, die Bestechungsgelder doch als Betriebs224 Siehe Vogel, FS Weber 2004, 395. (407). Insgesamt zur steuerlichen Behandlung der Bestechung Joecks, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 373, jedoch teilweise zur alten Rechtslage. 225 BGH NStZ 1989, 273; NJW 1994, 2302 (2303); BGH NJW 1995, 1754 (1765); BGH NJW 2001, 693. 226 Klein/Gast-deHaan AO (2006), § 370 Rn. 17. 227 BGBl I Nr. 15, S. 402 ff. 228 Zu den konkreten Voraussetzungen Lembeck in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, S. 251 ff.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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ausgaben geltend zu machen, indem diese unrichtig beispielsweise als Beraterhonorare bezeichnet werden, bedeutet dies eine unrichtige Angabe, die sich steuerverkürzend auswirkt und infolgedessen eine Erfüllung des Tatbestandes des § 370 Abs. 1 AO.229 Bei der Anwendung steuerstrafrechtlicher Tatbestände ergeben sich jedoch Probleme wegen des gerade in großen Unternehmen herrschenden ausgeprägten Kompetenzgefüges (Arbeitsteilung, Dezentralisierung).230 Regelmäßig werden nicht die „Täter“ einer Bestechung Angaben gegenüber den Finanzbehörden machen, denn zumeist fällt diese Aufgabe in den Verantwortungsbereich anderer Personen. Denjenigen Personen jedoch, die am Ende für die Steuererklärung verantwortlich zeichnen und den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklichen, wird es dagegen am nötigen Vorsatz fehlen. Es kommt dann zwar eine mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt.2 StGB in Betracht; insgesamt aber werden durch die Arbeitsteilung Beweisprobleme erhöht. e) Rechnungslegungsstrafrechtliche Tatbestände Rechnungslegungsstrafrechtliche Tatbestände knüpfen an die mit jeder Form der Unternehmenskorruption verbundene Heimlichkeit an: Ein Bestechungssachverhalt wird in aller Regel im Geheimen abgewickelt.231 Gerade diese Heimlichkeit oder Intransparenz wird als gefährlich angesehen, da die Betroffenen aufgrund mangelnder Kenntnis „nicht in Rechnung stellen könnten, dass das Verhalten des Korrumpierten durch die Zuwendung beeinflusst sei“.232 Durch Vorschriften für mehr Transparenz wird bezweckt, diesen Aspekt der Unternehmenskorruption zu bekämpfen; die Einhaltung dieser Vorschriften soll durch das Strafrecht gesichert werden. Regelungen, die für mehr Transparenz in diesem Bereich sorgen können, sind im bestehenden deutschen Recht die Rechnungslegungsvorschriften für Kaufleute und Gesellschaften, §§ 238 ff. HGB, zusätzlich die §§ 140 f. AO. Ihre Nichteinhaltung kann über die §§ 283 b StGB233, 331 HGB strafrechtlich sanktioniert werden.

229

Siehe hierzu insgesamt v. a. Vogel, FS Weber 2004, 395 (407). Siehe dazu oben S. 64 ff. 231 Siehe oben S. 47. 232 Vogel, FS Weber 2004, 395 (408). Zur Schädlichkeit geringer Transparenz siehe auch Vogt, 1997, S. 45. 233 Grundsätzlich kann auch § 283 I Nr. 5, 7 StGB zu den rechnungslegungsstrafrechtlichen Tatbeständen gezählt werden; allerdings ist dieser erst dann anwendbar, wenn ein Unternehmen überschuldet oder (drohend) zahlungsunfähig ist. Aufgrund 230

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1. Teil: Grundfragen

aa) Rechtsgut und Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 283 b StGB und 331 HGB (1) § 283 b StGB ist dem Insolvenzstrafrecht zuzuordnen. Er dient dem Schutz der Insolvenzmasse und darüber hinaus dem Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems.234 Als Sonderdelikt erfasst § 283 b StGB nur diejenigen als taugliche Täter, die zur Führung von Handelsbüchern gesetzlich verpflichtet sind respektive gem. § 14 StGB auch deren organschaftlichen oder sonstigen Vertreter. Im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut Insolvenzmasse erfordert § 283 b III StGB i. V. m. § 283 VI StGB als objektive Bedingung der Strafbarkeit, dass der Täter seine Zahlungen eingestellt hat, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen wurde. (2) § 331 HGB sanktioniert die unrichtige Darstellung oder Verschleierung der Verhältnisse der Gesellschaft in der Eröffnungsbilanz, im Jahresabschluss oder bei sonstigen Berichtspflichten der Gesellschaft.235 Als Sonderdelikt bestraft § 331 HGB nur Organe von Gesellschaften, dazu gehören bei Kapitalgesellschaften die Mitglieder des vertretungsberechtigen Organs (Vorstand einer Aktiengesellschaft oder Geschäftsführung einer GmbH) und teilweise Mitglieder des Aufsichtsrates. Über die §§ 335 b, 264 a I HGB kommen als taugliche Täter auch die vertretungsberechtigten Organe einer OHG oder KG als Täter in Betracht, soweit die betreffenden Gesellschaften nicht über mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter verfügen, der eine natürliche Person ist, oder eine sonstige Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter, § 264 a I HGB. Erfasst ist durch § 264 a I HGB damit v. a. die GmbH & Co. KG.

dieses sehr eingeschränkten Anwendungsbereiches wird dieser Tatbestand daher nicht weiter erörtert. 234 Fischer (2011), vor § 283 Rn. 3. 235 Dazu gehören der Lagebericht oder der Zwischenbericht nach § 340 a III HGB (Nr. 1), der befreiende Einzelabschluss nach § 325 II a HGB (Nr. 1a), der Konzernabschluss, der Konzernzwischenbericht (Nr. 2), der befreiende Konzernabschluss sowie der Konzernlagebericht (Nr. 3). Außerdem wird die Verschleierung oder unrichtige Darstellung gegenüber dem Abschlussprüfer bzw. Konzernabschlussprüfer sanktioniert (Nr. 4), vgl. Boecken/Boujong/Ebenroth/Jost/Strohn/Wiedmann HGB (2008), § 331 Rn. 1.

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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bb) Anwendung im Bereich der Unternehmensbestechung (1) § 283 b StGB Bestechungszahlungen werden geheim gehalten und mithin auch nicht ausdrücklich in der Buchführung oder in der Bilanz eines Unternehmens erwähnt. Werden diese mit inhaltlich unwahren Belegen verschleiert, so können dadurch grundsätzlich die Tatbestandsalternativen § 283 b I Nr. 1 und 3 a StGB verwirklicht werden, da eine solche Verschleierung den Überblick über den Vermögensstand der Gesellschaft erschwert. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist, dass eine Person gesetzlich zur Führung von Handelsbüchern verpflichtet ist bzw. die Täterschaft über § 14 StGB begründet werden kann. Daneben muss (als objektive Bedingung der Strafbarkeit) das Unternehmen seine Zahlungen eingestellt haben oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden sein. (2) § 331 HGB Durch Bestechungszahlungen können sich Unternehmensangehörige wegen § 331 HGB strafbar machen, wenn dadurch die Verhältnisse der Gesellschaft unrichtig wiedergegeben bzw. verschleiert werden. Klassische Fälle sind dabei die Einstellung fiktiver Posten in den Jahresabschluss oder das Weglassen tatsächlicher Posten.236 Wegen des Sonderdeliktscharakters muss der Täter das besondere Merkmal der Organeigenschaft einer der o. g. Gesellschaftsformen aufweisen. (3) Letztlich erweisen sich diese Vorschriften jedoch als nur bedingt taugliches Instrument der Sanktionierung einer intransparenten und lückenhaften Rechnungslegung im Falle der Bestechung zugunsten eines Unternehmens. (a) Zentrales Hindernis für eine Bestrafung nach § 283 b StGB ist die objektive Strafbarkeitsbedingung der Krise oder Insolvenz des Schuldners (§ 283 b III i. V. m. § 283 VI StGB). In den Fällen, in denen das Unternehmen solvent weiterarbeitet, besteht keine Möglichkeit einer Bestrafung nach § 283 I StGB. Hier zeigt sich, dass der eigentliche Zweck des § 283 b StGB im Schutz der Selbstinformationsfunktion der Rechnungslegung für den Kaufmann bzw. der Dokumentationsfunktion gegenüber den Gläubigern liegt237 und er sich zur strafrechtlichen Erfassung der genannten Korruptionshandlungen weniger eignet. 236 237

Boecken/Boujong/Ebenroth/Jost/Strohn/Wiedmann HGB (2008), § 331 Rn. 2. Vgl. MüKo-StGB/Radtke (2006), § 283 b Rn. 5.

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1. Teil: Grundfragen

(b) Probleme bei der Anwendung des § 331 HGB ergeben sich zunächst aus seinem Sonderdeliktcharakter. Taugliche Täter können nur Mitglieder von Organen einer Kapitalgesellschaft bzw. der o. g. Handelsgesellschaften sein. Von vornherein scheiden daher schon Angehörige von Personengesellschaften aus, die nicht von § 264 a I HGB erfasst sind238; darüber hinaus entziehen sich mangels Tätereigenschaft auch alle nichtorganschaftlichen Unternehmensangehörigen von Kapitalgesellschaften und von den nach § 264 a I HGB erfassten Personengesellschaften (v. a. GmbH & Co.KG) einer möglichen Strafbarkeit.239 Daneben ist es oft das ausgeprägte Kompetenzgefüge, das einer umfassenden Bestrafung entgegensteht: Gerade im Bereich der Bestechung finden bei großen Unternehmen die damit einhergehenden Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften nicht auf der Ebene des Vorstands oder der Geschäftsführung statt, sondern vielmehr auf der Ebene des unteren und mittleres Managements.240 Während also Personen auf dieser Hierarchieebene die Täterqualifikation fehlt, haben die obersten Leitungsebenen, die tätertauglichen Organe der Gesellschaft, von konkreten Vorgängen meist nur ungenaue Kenntnis. Auch wenn § 331 HGB teilweise leichtfertiges Handeln genügen lässt, so muss doch zumindest der Nachweis erbracht werden, dass diese tauglichen Täter grob fahrlässig nicht erkannt haben, dass in Berichten die Verhältnisse der Gesellschaft unrichtig dargestellt oder verschleiert wurden. Allenfalls in kleineren Unternehmen werden die genannten unternehmenskorruptiven Handlungen auch auf der obersten Leitungsebene, durch Organe der Gesellschaft, vorgenommen, sodass insoweit § 331 HGB zur Erfassung unternehmenskorruptiver Handlungen eingreifen kann. 2. Unternehmen als Sanktionsadressaten Adressaten von Korruptionsdelikten können – auf Grundlage des individualistischen Verständnisses des deutschen Strafrechts241 – lediglich natürliche Personen sein, sodass nur die Angehörigen eines Unternehmens, nicht jedoch das Unternehmen selbst, direkt gemäß dieser Tatbestände bestraft werden können. 238

Also Angehörige von KGen und OHGen. Auch über § 14 II StGB kann keine Täterstellung für andere Personen, wie leitende Angestellte oder Wirtschaftsprüfer, begründet werden, da es sich bei der Pflicht zur Bilanzierung um eine höchstpersönliche Rechtspflicht handelt, MüKoHGB/Queddenfeld (2008), § 331 Rn. 11 m. w. N. 240 Siehe hierzu näher oben S. 66. 241 Wittig, 2010, § 8 Rn. 7 ff. Unternehmen fehlen demnach die nach einem individualistischen Zurechnungsmodell für die strafrechtliche Sanktionierung erforderliche Handlungs- und Schuldfähigkeit. 239

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Unternehmen zu Sanktionsadressaten im Sinne einer Gewinnabschöpfung nach den §§ 73 ff. StGB sowie nach § 30 OWiG werden. a) Der Verfall gem. §§ 73 ff. StGB Die Regelung der §§ 73 ff. StGB ermöglicht dem Tatgericht allgemein die Wegnahme des aus einer Tat erlangten illegitimen Vermögensvorteils.242 Nach der früher h. M. handelte es sich beim Verfall um eine Maßnahme eigener Art; nach Einführung des Bruttoprinzipes wird dem Verfall jedoch auch teilweise Strafcharakter zugesprochen.243 aa) Voraussetzungen des Verfalls Ausgangspunkt des § 73 I StGB ist zunächst eine rechtwidrige Tat gem. § 11 I Nr. 5 StGB. Als solche kommen für den hier relevanten Bereich der Bestechung zugunsten eines Unternehmens die §§ 299 II, 333, 334 StGB244 als Bestechungsdelikte i. e. S. sowie, je nach Fallkonstellation, die §§ 370 AO245, 331 HGB, 283 b StGB246 in Betracht. Grundsätzlich stellt auch § 266 StGB eine rechtwidrige Tat im Sinne des § 73 I StGB dar. bb) „Erlangtes Etwas“ (1) Das erlangte Etwas i. S. d. § 73 I StGB besteht im Falle einer Auftragserlangung durch Bestechung in der Auftragserteilung – genauer: im Anspruch auf Durchführung eines Vertrages.247 Als erlangt ist damit nicht der gesamte vereinbarte Kaufpreis anzusehen248, denn „strafrechtlich bemakelt“ ist lediglich die Art und Weise der Auftragserlangung, sodass die 242 Burger, 2007, S. 7; Greeve, 2005, S. 303. Davon abzugrenzen ist die Einziehung gem. § 74 StGB, welche die Wegnahme von Gegenständen ermöglicht, die zur Tatbegehung einsetzt wurden (Tatmittel) oder aus der Tat heraus entstanden sind (Tatprodukte), vgl. Wittig, 2010, § 11 Rn. 3. Eine weitere Regelung zum Verfall findet sich in § 29a OWiG. Diese Vorschrift erfasst allerdings als Anknüpfungstaten nur Ordnungswidrigkeiten, sodass diese Vorschrift im vorliegenden Kontext unberücksichtigt bleiben kann. 243 Siehe zum Überblick MüKo-StGB/Joecks (2005), § 73 Rn. 4 ff. 244 Siehe hierzu oben S. 72, 74. 245 Siehe hierzu oben S. 75. 246 Siehe hierzu oben S. 77. 247 Sedemund, DB 2003, 2423 (2423). 248 BGHSt 50, 299, 310; a. A. davor OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114.

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1. Teil: Grundfragen

Vorteile – eben auch der Kaufpreis – aus der späteren Ausführung des Vertrages nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt sind.249 Der wirtschaftliche Wert der Auftragserteilung bemisst sich vorrangig nach dem kalkulierten Gewinn zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe.250 Weitergehende wirtschaftliche Vorteile durch den Vertragsschluss als solchen können mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung sein.251 Bestehen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, kann auf einer tragfähigen Grundlage deren Wert – gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen – geschätzt werden, § 73 b StGB.252 Ist so der Wert des durch die Bestechung erlangen Auftrages ermittelt, folgt aus dem § 73 StGB zugrunde liegenden Bruttoprinzip, dass Aufwendungen, die zur Erlangung des Auftrages eingesetzt wurden, nicht abzugsfähig sind. Der zur Bestechung eingesetzte Betrag kann also nicht vom Auftragswert abgezogen werden.253 Zur Verdeutlichung, worin das erlangte „Etwas“ besteht, sei folgendes fiktives Rechenbeispiel angeführt:254 Auftragsvolumen: Kosten: Kalkulierter Gewinn: Bestechungsgeld:

250.000 150.000 100.000 50.000

e e e e

Erlangtes „Etwas“ ist in diesem Beispiel nicht das Auftragsvolumen i. H. v. 250.000 e, sondern der einkalkulierte Gewinn i. H. v. 100.000 e. Das eingesetzte Bestechungsgeld i. H. v. 50.000 e ist hiervon nicht abzugsfähig, sodass der Verfallsgegenstand 100.000 e beträgt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die 249 BGHSt 50, 299, 310; siehe auch MüKo-StGB/Joecks (2005), § 73 Rn. 30; bei der Bestechung zur Auftragserlangung „ist die Ausführung des deliktisch erlangten Auftrages nicht Tat im Sinne des § 73“. 250 BGHSt 50, 210; Sedemund, DB 2003, 2423 (2423). 251 BGHSt 50, 299 (311); genannt werden als mittelbare Vorteile weiter: die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjektes für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitbewerbern. 252 BGHSt 50, 299 (311); darüber hinaus könne als Anhaltspunkt für die Bestimmung solcher über den kalkulierten Gewinn hinausgehender Werte auch der Preis, der für die Auftragsvergabe gezahlt wurde, dienen. Dies gelte jedoch nur dann, wenn die Bestechungssumme selbst aufgebracht und nicht durch ein Aufschlagen auf die Auftragssumme refinanziert wurde. 253 BGHSt 50, 299 (312); Sedemund, DB 2003, 2423 (2423). 254 Siehe auch Sedemund, DB 2003, 2423 (2423).

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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50.000 e, die für das Bestechungsgeld aufgewandt wurden, nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt werden können255, sodass diese noch einmal zusätzlich zu versteuern sind. Bei einer durchschnittlichen Steuerbelastung von 40% müsste das Unternehmen weitere 20.000 e Steuern zahlen. Insgesamt wären 120.000 e an den Staat abzuführen, obwohl das Unternehmen selbst nur einen Gewinn von 50.000 e erwirtschaftet hat.256

Das erlangte Etwas i. S. d. § 73 I StGB kann also über dem vom Unternehmen kalkulierten Gewinn liegen mit der Folge, dass, sollte der Verfall angeordnet werden, das Unternehmen durch die Bestechung einen Verlust erleidet und nicht etwa eine Gewinnsteigerung eintritt. (2) Oben wurden als Anknüpfungsdelikte für einen Verfall nach § 73 I StGB auch § 370 I AO, die §§ 331 HGB, 283 b StGB und § 266 I StGB genannt. Im Falle der Steuerhinterziehung hat der Fiskus einen Anspruch auf Rückzahlung der verkürzten Steuern, sodass der Ausschlussgrund des § 73 I S. 2 StGB greift und eine Verfallsanordnung, zumindest in Höhe des Rückzahlungsanspruches257, nicht möglich ist.258 Aus einem Buchführungsdelikt selbst wird nichts erlangt, sodass hieran kein Verfall geknüpft werden kann. Im Falle der Bejahung des § 266 StGB kommt ein Verfall nicht in Frage, da das Unternehmen als „Geschädigter“ der Tat nicht zugleich Dritter i. S. d. § 73 I, III StGB sein kann.259 cc) Unternehmen als Adressat des Verfalls § 73 I StGB regelt den Verfall gegen den Täter oder Teilnehmer. Unter den Voraussetzungen des § 73 III StGB ist die Anordnung des Verfalls gegen einen Dritten möglich – also auch gegen ein als juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft organisiertes Unternehmen260 – sofern der Täter für den Dritten gehandelt hat und der Dritte aus der Tat etwas erlangt hat. 255

Näher hierzu oben S. 76. Möglicherweise kann jedoch die Verfallssumme als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, sodass sich zumindest der steuerliche Nachteil wieder aufheben würde. Ob das Abzugsverbot des § 12 I Nr. 4 Var. 2 EStG für die Verfallssumme gilt, ist in der Rechtsprechung seit Geltung des Bruttoprinzips noch nicht abschließend geklärt, vgl. zur alten Rechtslage BFH DB 2000, 1543 (1545), gegen ein Abzugsverbot möglicherweise BGH NJW 2002, 2257 (2258); BGH NJW 2002, 3339 (3340); vgl. auch BT-DrS. 12/2720, S. 43; Klein/Gast-deHaan AO (2006), § 370 Rn. 113. 257 Wittig, 2010, § 9 Rn. 21 mit Beispiel. 258 BGH NJW 2001, 693 (694). 259 BGH NJW 2009, 89 (95). 256

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1. Teil: Grundfragen

Oben wurde gezeigt, dass bei der Bestechung zur Auftragserlangung stets im (möglicherweise vermeintlichen) Interesse des Unternehmens gehandelt wird. Dies genügt für die Annahme eines Handelns für den Dritten.261. dd) Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des § 73 StGB vor, hat das Gericht das erlangte Etwas aus der Tat gegenüber dem Unternehmen zwingend für verfallen zu erklären, § 73 I S. 1 StGB. Kann der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nicht erklärt werden, etwa weil das Erlangte im Ersparen von Aufwendungen oder Gebrauchsvorteilen besteht262, oder wird vom Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 II S. 2 StGB abgesehen, so ist der Verfall des Geldbetrages möglich, der dem Wert des Erlangten entspricht, § 73 a I S. 1 StGB263. b) Die Geldbuße gem. § 30 OWiG § 30 OWiG ermöglicht die – fakultative – Verhängung von Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen, insbesondere gegen Unternehmen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist zum einen i. V. m. § 17 IV OWiG, ähnlich wie bei § 73 StGB, die Abschöpfung von Vorteilen, die ein Unternehmen durch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in ihrem Interesse erlangt hat. Zum anderen sollen die Unternehmensverantwortlichen präventiv dazu veranlasst werden, zukünftige Rechtsverstöße zu verhindern.264 aa) Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße (1) Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße ist zunächst das Vorliegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, durch die Pflichten des 260 Fischer (2011), § 73 Rn. 29. Dies gilt für die Kapitalgesellschaften, die GmbH und AG, aber auch für die Personengesellschaften KG, OHG oder GmbH & Co.KG respektive die GbR. 261 Sedemund, DB 2003, 2423 (2423); Fischer (2011), § 73 Rn. 30. Handelt der Täter bei Begehung der Tat als Vertreter eines Unternehmens, so genügt für das Handeln für einen anderen, dass der Täter zumindest faktisch auch im Unternehmensinteresse tätig wird; h. M.: BHSt 45, 235 (245); BGH NStZ 2001, 257 (258); Burger, 2007, S. 12. m. w. N. 262 Fischer (2011), § 73 a Rn. 4. 263 So geschehen beispielsweise im Fall Siemens/ENEL, LG Darmstadt vom 14.05.2007, Beck RS 2007, 16611. 264 Krekeler/Werner, 2006, Rn. 73; Eidam, wistra 2003, 447 (448).

B. Bestechungszahlungen zugunsten von Unternehmen

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Unternehmens verletzt werden oder das Unternehmen bereichert wird oder werden soll. So kommen hier wiederum die §§ 299 II, 333, 334 StGB in Betracht, deren Verwirklichung das Unternehmen in der Regel bereichert oder aus der Sicht des Täters zumindest bereichern soll.265 Dasselbe gilt für § 370 I AO266; im Bereich der §§ 331 HGB, 283 b StGB dagegen ist auf eine Pflichtverletzung abzustellen, da den Unternehmen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten gem. §§ 238 ff. HGB267 auferlegt sind. Eine Anknüpfung an § 266 StGB ist nicht möglich, da das Unternehmen nicht Opfer der Tat sein kann und zugleich der daraus Bereicherte.268 (2) Weiter ist erforderlich, dass die genannten Taten von Personen mit Leitungsbefugnis im Sinne des § 30 I Nr. 1–5 OWiG begangen werden. Ist das nicht der Fall, so kommt eine Sanktionierung dennoch über §§ 30, 130 OWiG i. V. m. § 9 OWiG in Betracht, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Leitungspersonen ihre Aufsichtspflicht verletzt, also beispielsweise Bestechungshandlungen nicht unterbunden haben.269 bb) Höhe des Bußgeldes Die Bußgeldhöhe bestimmt sich nach § 30 II OWiG und kann im Falle einer vorsätzlich begangenen Straftat, wie beispielsweise einer Bestechung gem. § 299 II StGB oder gem. §§ 333, 334 StGB, bis zu 1 Mio. e betragen, § 30 I Nr. 1 OWiG. Dieses gesetzliche Höchstmaß kann zum Zwecke der Gewinnabschöpfung jedoch gem. §§ 30 III, 17 IV OWiG überschritten werden; dabei soll die Höhe der Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen. Im Vergleich zur Anordnung eines Verfalls gem. §§ 73 ff. StGB kann die Verhängung eines Bußgeldes durch Gewinnabschöpfung daher eine stärkere finanzielle Sanktionierung des Unternehmens bewirken. § 30 V OWiG bestimmt, dass die Festsetzung einer Geldbuße die Anordnung des Verfalls ausschließt. Wird jedoch, etwa aus Opportunitätsgründen, von einer Geldbuße abgesehen, so muss zumindest der Verfall angeordnet werden. Insofern haben die §§ 73 ff. StGB einen eigenständigen Anwendungsbereich.270

265 Für die Einordnung der Pflicht, den Wettbewerb nicht unlauter zu verzerren, als betriebsbezogene Pflicht Wittig, 2010, § 12 Rn. 21. Daneben OLG Celle NStZ-RR 2005, 82. 266 Vgl. dazu Bohnert (2007), § 30 Rn. 36. 267 Siehe schon oben S. 54. 268 Vgl. BGH NJW 2009, 89 (95). 269 Greeve, 2005, S. 302; KK-OWiG/Rogall (2006), § 30 Rn. 75. 270 Burger, 2007, S. 39.

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1. Teil: Grundfragen

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen I. Der Untreuetatbestand in der Übersicht Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über den Tatbestand der Untreue. Dazu gehört zunächst eine Darstellung des von § 266 I StGB geschützten Rechtsguts und seines Unrechtsgehalts. Neben einer kurzen Vorstellung der Tatbestandsvoraussetzungen wird darüber hinaus v. a. auf die Bedeutung außerstrafrechtlicher Normen bei der Bestimmung des Untreuetatbestandes und in diesem Zusammenhang auch auf dessen Unbestimmtheit eingegangen. 1. Rechtsgut und Unrechtsgehalt a) Rechtsgut Nach h. M. ist geschütztes Rechtsgut des § 266 StGB ausschließlich das individuelle Vermögen des Vermögensinhabers.271 Damit ist anderen Ansichten zu widersprechen, wonach daneben auch das individuelle Vertrauen des betroffenen Vermögensinhabers272 oder gar ein kollektives Vertrauen in die Redlichkeit273 des Rechts- oder Wirtschaftsverkehrs vom Schutzbereich des Tatbestandes umfasst sein sollen274. Darüber hinaus fällt ähnlich wie bei § 263 StGB nach h. M. ebenfalls nicht die Dispositionsfreiheit in den Schutzbereich der Untreue.275 271 RGSt 71, 155 (158); BGHSt 8, 254 (255 ff.); 43, 293 (297); BGH NJW 2000, 154 (155); BGH NJW 2011, 88 (91); BVerfG NJW 2010, 3209 (3212); Achenbach/ Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 11; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 1; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 1; SK-StGB/Hoyer (2010), § 266 Rn. 1, 2; Fischer (2011), § 266 Rn. 2; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 2. 272 So aber Luthmann, NJW 1960, 419 (420). In diese Richtung tendierend Meyer, JuS 1973, 214 (215 f.). 273 So allerdings Bockelmann, ZStW 79 (1967), 28 (32); Dunkel, GA 1977, 329 (334). 274 Zur Ablehnung z. B. SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 1; Achenbach/Ransiek/ Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 11; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 1; SKStGB/Hoyer (2010), § 266 Rn. 2; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 1. Kritisch und im Ergebnis ablehnend setzen sich mit den zitierten a. A. ausführlich auseinander: Nelles, 1991, S. 287–305; Schramm, 2005, S. 27. 275 BGHSt 43, 293, 297; SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 1; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 2; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 747. Siehe aber BGH NJW 2009, 89 (92), wonach die Dispositionsbefugnis gerade zum Kernbereich der von § 266 StGB geschützten Rechts-

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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b) Unrechtsgehalt Der spezifische Unrechtsgehalt der Untreue ist nicht in seinem Erfolgsunrecht zu suchen – mit dem Erfordernis eines Vermögensnachteils als Taterfolg unterscheidet es sich nicht wesentlich von den Vermögensdelikten Betrug (§ 263 StGB) oder Erpressung (§ 253 StGB), die beide das Vorliegen eines Vermögensschadens276 erfordern – vielmehr ist dieser im Handlungsunrecht der Untreue zu finden277. Eine erste Annäherung an dieses Handlungsunrecht erhält man durch einen Vergleich der Untreue278 mit anderen Vermögensdelikten, mit dem eben genannten Betrug und der Erpressung: Der Betrug gem. § 263 StGB schützt gegen Vermögensschädigungen durch Täuschung des Verfügenden279 und die Erpressung gegen Vermögensschädigungen, die durch Zwang280 herbeigeführt werden. Diese Angriffsarten auf das Opfervermögen lassen sich als Angriffe von außen charakterisieren281, da der Täter die Tathandlung nicht im Rahmen einer rechtlichen oder anderweitig begründeten Beziehung zum Opfervermögen begeht. Die Angriffsrichtung, die durch die Untreue erfasst wird, ist hingegen eine von innen heraus: Täter und Opfer stehen bereits vor der eigentlichen Tat in einer vermögensrechtlichen Beziehung zueinander – weil der Vermögensinhaber selbst nicht möchte oder kann (so bei geschäftsunfähigen natürlichen oder bei juristischen Personen), wurde die Macht282 über das eigene Vermögen teilweise oder ganz auf den Täter übertragen, damit er für den Vermögensinhaber position gehöre, dazu Schlösser, HRRS 2009, 19 (25); Reinhold, HRRS 2009, 108 (109 inkl. Fn. 20). 276 Nach h. M. sind die Begriffe Vermögensschaden und Vermögensnachteil grundsätzlich identisch zu bestimmen, Fischer (2011), § 266 Rn. 111; Beck-OK/ Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 39; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 39; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 17. 277 So auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (890). 278 Siehe zu einem solchen Vergleich z. B. LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 2, 18; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 2; Saliger, 2005, S. 28. Zu allererst wurde ein solcher Ansatz zur Ermittlung des Unrechtsgehalts des Untreuetatbestandes von Binding vorgenommen, damals freilich noch beschränkt auf den Missbrauchstatbestand, Binding, 1902, S. 397. 279 Siehe nur Schönke/Schröder/Cramer (2010), § 263 Rn. 3; Lackner/Kühl (2011), § 263 Rn. 2. 280 Vgl. wiederum anstatt vieler nur Lackner/Kühl (2011), § 253 Rn. 1; MüKoStGB/Sander (2003), § 253 Rn. 1. 281 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 2, 18. Kindhäuser spricht insoweit von einem Vermögenszugriff in rechtswidriger Weise, NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 2. 282 Schünemann verwendet den Begriff der Herrschaft, LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 20; Schünemann, 2004, S. 18, 21.

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1. Teil: Grundfragen

diese ausübe.283 Der Täter hat also die Freiheit erlangt, rechtmäßig so über das Vermögen des Vermögensinhabers zu disponieren, wie es sonst nur dieser selbst kann. Auf Grundlage dieser Beziehung zwischen Opfer und Täter begeht der Untreuetäter nun seine Tathandlung. Er greift nicht wie ein Betrugs- oder Erpressungstäter das Vermögen von außen an, sondern von innen heraus durch Ausnutzen der eingeräumten Dispositionsmacht.284 Binding285 hat hierfür folgenden eingängigen Ausdruck geprägt: „Das Vermögen findet dann seinen Feind grade in der Person, der er von Rechts wegen unterstellt ist.“ Insgesamt besteht das spezifische Handlungsunrecht der Untreue demnach im Fehlgebrauch einer eingeräumten Dispositionsmacht über fremdes Vermögen286 – der Täter überschreitet die Grenzen einer ihm eingeräumten Machtposition, über fremdes Vermögen zu verfügen.287 Aufgrund dieser spezifischen Handlung wird das Vermögen des Opfers von innen heraus geschädigt.288 Das BVerfG bezeichnet dieses gesetzgeberische Anliegen „angesichts des die moderne Wirtschaft prägenden Auseinanderfallens von Vermögensinhaberschaft und beauftragter Verfügungsmacht (Management) von hoher und zunehmend aktueller Bedeutung“.289 2. Tatbestandsvoraussetzungen a) Täterstellung § 266 I StGB ist ein Sonderdelikt, sodass Täter nicht jedermann sein kann. Nach h. M. ist eine Person nur dann Täter des Missbrauchs- oder Treuebruchstatbestandes, wenn sie vermögensbetreuungspflichtig ist.290

283 Sax, JZ 1977, 663 (667); Schramm, 2005, S. 33; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 1. 284 SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 3; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 18; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 3; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 3; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (890 f.); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Saliger, 2005, S. 28. 285 Binding, 1902, S. 397. 286 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 20, 21; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 3; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 3; Lassmann, NStZ 2009, 473 (474). 287 So Schramm, 2005, S. 34. 288 So auch BVerfG NJW 2010, 3209 (3212). 289 BVerfG NJW 2010, 3209 (3212). 290 Näher hierzu unten S. 101, 131 ff.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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b) Tathandlung Der Untreuetatbestand enthält zwei Tatbestandsalternativen, den Missbrauchs- und den Treuebruchstatbestand, über deren Verhältnis zueinander seit langem Streit und noch immer keine Einigkeit besteht. Dieser Arbeit wird die h. M. zugrunde gelegt, die den Missbrauchstatbestand als einen „ausgestanzten Unterfall“ des Treuebruchstatbestandes behandelt.291 Konsequenz einer solchen Sicht ist, dass auch für den Missbrauchstatbestand das Vorliegen und die Verletzung einer zum Treuebruch identischen Vermögensbetreuungspflicht erforderlich sind.292 In beiden Tatbestandsalternativen muss der Täter daher pflichtwidrig handeln.293 c) Taterfolg Taterfolg ist für beide Tatbestandsalternativen der Eintritt eines Vermögensnachteils beim Vermögensinhaber, der kausal auf der Tathandlung beruht. Nach h. M. ist der Begriff des Vermögensnachteils grundsätzlich identisch zum Begriff des Vermögensschadens beim Betrug (§ 263 StGB) zu bestimmen.294 d) Vorsatz Der subjektive Tatbestand des § 266 StGB erfordert Vorsatz bzgl. der Merkmale des objektiven Tatbestandes; ein darüber hinaus gehendes subjektives Element in Form einer „überschießenden Innentendenz“, etwa eine Bereicherungsabsicht wie bei § 263 StGB, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Insofern handelt es sich bei § 266 StGB nicht um ein „Vermögensverschiebungsdelikt“.295 291 BGH NJW 1972, 1904; BGH NJW 1985, 2280 (2282); BGH NStZ 2002, 322 – SSV Reutlingen; BGH NStZ 2006, 214 (216) „Fall Mannesmann“; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 749; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 4, 21; Fischer (2011), § 266 Rn. 6; Rengier, Strafrecht BT I (2010), § 18 Rn. 2, jeweils m. w. N. Zum Streitstand und den abweichenden Ansichten Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 5.1; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 14 ff. 292 BGH NJW 1972, 1904; BGH NStZ 2006, 214 (216) m. w. N.; Fischer (2011), § 266 Rn. 6; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 750; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 4; Rengier, Strafrecht BT I (2010), § 18 Rn. 2, 8; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 21; Maurach/Schroeder/Maiwald, 2009, § 45 Rn. 18; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (537); Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, 2009, § 22 Rn. 69. 293 Siehe dazu ausführlich unten S. 126 ff. 294 Siehe oben Fn. 276. 295 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 2.

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1. Teil: Grundfragen

Allerdings sind nach der Rechtsprechung z. T. strenge Anforderungen an den Vorsatz zu stellen, so wenn der Täter ohne Bereicherungsabsicht handelt oder in den Fällen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung.296 3. Untreue und der Bestimmtheitsgrundsatz gem. Art. 103 II GG a) Unbestimmtheit des § 266 StGB Es besteht Einigkeit, dass es sich bei § 266 StGB um einen Tatbestand handelt, der sich durch eine erhebliche Weite und Unbestimmtheit sowohl bei der Beschreibung des Täterkreises als auch der Tathandlung auszeichnet.297 Das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht als Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen bzw. zu betreuen (bedeutsam für die Begründung der Täterstellung sowie bei der Frage der Pflichtwidrigkeit), kann nur bestimmt werden in Bezug auf das zugrunde liegende (Rechts-)Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Von welcher Qualität dieses ist und welche Quelle hierbei herangezogen werden muss298, wird im Gesetz allerdings nicht festgelegt; es werden keine Angaben gemacht über den konkreten Inhalt, die Qualität der Machtstellung des Täters und seine Beziehung zum Opfer299. Auch der Begriff der Vermögensbetreuungspflicht selbst findet keine weitere Konkretisierung durch den Wortlaut des § 266 StGB. Zwar wird durch die Angabe „kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses“ auf seine „Quellen“ verwiesen, die inhaltlichen Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht bleiben hingegen unklar. Über die Beschreibung der Tathandlung der Untreue erfährt der Tatbestand keine wesentliche Konkretisierung.300 Lediglich in der Alternative des § 266 I Alt. 1 StGB wird die Tathandlung als Missbrauch einer Ver296 Siehe nur BGH NStZ 1997, 543; BGH NJW 1991, 990 (991); BGH NStZ 1986, 455 (456) jeweils m. w. N. 297 BVerfG NJW 2010, 3209 (3213); daneben nur: Rose, wistra 2005, 281; Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (641 ff.); Saliger, HRRS 2006, 10 (12); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (903); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354); Martin, 2000, S. 42 ff.; Matt, NJW 2005, 389 (390); Dahs, NJW 2002, 272 (273); Hamm, NJW 2005, 1993. 298 Siehe zu dieser Diktion Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (903). 299 Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354); Kindhäuser, FS Lampe 2003, 709 (717); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (903). 300 BVerfG NJW 2010, 3209 (3213); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (903); Radtke GmbHR 2010, 1121 (1122).

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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pflichtungs- oder Verfügungsbefugnis umschrieben, die Formulierung der zweiten Tatalternative erschöpft sich im Erfordernis einer Verletzung der Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen. b) Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes Trotz der geschilderten Unbestimmtheit verstößt § 266 StGB in seiner geltenden Fassung nicht gegen das auf Art. 103 II GG basierende Bestimmtheitsgebot; der Untreuetatbestand ist verfassungsgemäß. Diese schon bisher h. M.301 wurde vom BVerfG 2009 zunächst für den Begriff des Vermögensnachteils bestätigt302 und sodann umfassend im Jahre 2010 für den gesamten Tatbestand303: „§ 266 StGB lässt ein Rechtsgut ebenso klar erkennen wie die besonderen Gefahren, vor denen der Tatbestand trotz seiner Weite und damit einhergehenden Unschärfe hinreichend restriktiv und präzisierend ausgelegt werden kann, um den unter dem Gesichtspunkt ausreichender Bestimmtheit bestehenden Bedenken angemessen Rechnung zu tragen.“304 4. Bedeutung außerstrafrechtlicher Regelungen bei der Bestimmung des Untreuetatbestandes a) Rückgriff auf außerstrafrechtliche Normen Unabhängig von der Frage, ob die Ungenauigkeit oder Unbestimmtheit des § 266 StGB dazu führt, ihm Blankettcharakter zuzuschreiben305, besteht 301 Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (641 ff.); Fischer (2011), § 266 Rn. 5; LK/ Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 31; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 1. A. A. Labsch, 1983, S. 177 ff.; Kargl, ZStW 113 (2001), 565 (576). 302 BVerfG NJW 2009, 2370 (2371). 303 BVerfG NJW 2010, 3209 (3212 ff.). 304 BVerfG NJW 2010, 3209 (3212); m. Anm. u. a. Saliger NJW 2010, 3195; Beukelmann NJW-Spezial 2010, 568; Becker HRRS 2010, 383; Wessing/Krawczyk NZG 2010, 1121; Radtke GmbHR 2010, 1121. Daneben billigte das BVerfG auch die durch die Rechtsprechung in „langjähriger Praxis“ umgesetzte konkretisierende Auslegung, „die sich in ihrer tatbestandsbegrenzenden Funktion als tragfähig erwiesen hat“, BVerfG NJW 2010, 3209 (3214). Das BVerfG behält sich damit eine Überprüfung von gefestigtem richterlichen Normverständnis bzw. von gefestigen komplexeren Obersätzen im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz in vollem Umfang vor, BVerfG NJW 2010, 3209 (3212). 305 Siehe zu einem Überblick über den Streitstand Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (903). Das BVerfG sieht speziell im Merkmal der Pflichtwidrigkeit ein „komplexes normatives Tatbestandsmerkmal“, NJW 2010, 3209 (3213); zustimmend BGH NJW 2011, 88 (91).

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1. Teil: Grundfragen

Einigkeit, dass zur Konkretisierung der Tatbestandsvoraussetzungen auf außerstrafrechtliche Regelungen zurückzugreifen ist.306 Dies gilt insbesondere für die Zuordnung des Vermögens und bei der Bestimmung des Maßstabes für die Pflichtwidrigkeit.307 Der Tatbestand der Untreue wird daher akzessorisch, also in Anknüpfung an das vorgelagerte Zivil- oder Öffentliche Recht, interpretiert.308 Am klarsten äußert sich hierzu Ransiek309: „§ 266 StGB ist akzessorisch [. . .]. Man benötigt die Regeln aus dem spezifischen zu lösenden Problemkreis, auf die § 266 StGB Bezug nimmt, ohne diese Regeln selbst im Tatbestand zu benennen oder benennen zu können. [. . .] Daraus erfolgt auch die Erkenntnis, dass von § 266 StGB selbst und damit von der rein strafrechtlichen Auslegung nicht viel zu erwarten ist, da immer die besonderen Regeln des Verkehrskreises hinzunehmen sind“.

Eine andere Ansicht fordert hingegen eine strafrechtsautonome Auslegung des Untreuetatbestandes und lehnt in der Folge eine akzessorische Bestimmung ab.310 In Bezug auf das Wesen der Untreue als Fehlgebrauch einer eingeräumten Herrschaft oder Macht über fremdes Vermögen sei die soziale Struktur dieser Herrschaft und „nicht die dafür im Zivilrecht gefundene konstruktive Einkleidung“311 entscheidend. Um vielmehr den mit der „rechtsgüterschützenden Norm des Strafrechts“312 verfolgten Zwecken zur 306 BGH NJW 2011, 88 (91); Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (642, 644); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (906); Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (536); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354); Kaufmann, 1999, S. 26. 307 Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (536) in Bezug auf die Untreue zulasten von Gesellschaften. 308 Als prominentester Vertreter Tiedemann, ZIP 2004, 2056 (322); ders., FS Dünnebier 1982, 519 (530); daneben u. a. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (906); Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (644); Saliger, HRRS 2006, 10 (14); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 31; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354); Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (536); Brammsen, wistra 2009, 85 (86); Dittrich, 2007, S. 31 ff.; Hoffmann, 2010, S. 31. Vgl. auch BGH NJW 2002, 1585, 1586 – „SSV Reutlingen“; BVerfG 2010, 3209 (3213). 309 Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (644, 646). 310 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 68. In diese Richtung tendierend auch Kubiciel, NStZ 2005, 353 (357). Siehe daneben auch Gribbohm, ZGR 1990, 1 (14 ff.), der zwar auf zivilrechtliche Vorschriften zurückgreift, ihnen aber ein „unbeschränktes Primat“ im Rahmen des § 266 StGB abspricht. Es könne sich eine rein strafrechtliche Treuepflicht schon allein aus der Annahme eines nur tatsächlich begründeten Treueverhältnisses ergeben; je genauer allerdings außerstrafrechtliche Rechtsnormen ein bestimmtes Rechtsverhältnis regelten, um so weniger sei Raum für die Annahme einer über diese Regelung hinausreichende strafrechtliche Treuepflicht. Zu Ansichten, die eine „umgekehrte Maßgeblichkeit“ des Strafrechts vertreten, siehe die Darstellung bei Kaufmann, 1999, S. 24 f. 311 Schünemann, 2004, S. 22.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Geltung zu verhelfen, könne das Strafrecht nicht von vornherein an zivilrechtlichen Maßstäben gemessen werden313. Dennoch ignoriert diese Ansicht das Bestehen außerstrafrechtlicher Pflichten nicht gänzlich, denn diese bestimmten in der Regel den Herrschaftsumfang der Untreue, sodass in Bezug auf vorgelagertes Zivilrecht von einer sektoralen Zivilrechtsakzessorietät gesprochen werden könne.314 b) „Limitierte“ oder „asymmetrische“ Akzessorietät Aus dem Umstand einer (sektoralen) Akzessorietät des Untreuetatbestandes zu außerstrafrechtlichen Normen können Konsequenzen gezogen werden, insbesondere was die Geltung außerstrafrechtlicher Verhaltensnormen anbelangt: Was außerstrafrechtlich, insbesondere zivilrechtlich, erlaubt ist, kann nicht zu einem strafrechtlichen Verbot führen.315 Insbesondere der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet, „dass die Grenze einer eigenständigen strafrechtlichen Betrachtung dort zu ziehen [ist], wo Wertungswidersprüche zu anderen Rechtsgebieten auftreten.“316 Ergibt also eine Auslegung nach außerstrafrechtlichen Verhaltensnormen, dass ein Verhalten erlaubt ist, so darf sich das Strafrecht darüber durch eine eigenständige Bewertung nicht hinwegsetzen. Dies ergibt sich daneben aus der Beachtung des ultima-ratio-Gedankens des Strafrechts.317 Es darf also etwas nicht strafrechtlich sanktioniert werden, wogegen das Zivil- oder Öffentliche Recht schon nicht einschreitet. 312

Schünemann, 2004, S. 23. Zustimmend Mosiek, wistra 2003, 370 (373). 314 Schünemann, 2004, S. 23. 315 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 153; Saliger, HRRS 2006, 10 (14); Lüderssen, FS Lampe 2003, 727 (728 f.); Günther, FS Weber 2004, 312 (314); Tiedemann, FS Weber 2004, 319 (323); Dittrich, 2007, S. 34; Hoffmann, 2010, S. 31. Daneben auch Schünemann, NStZ 2005, 473 (474); Schünemann, 2004, S. 21 ff. allerdings mit einem anderen Begründungshintergrund, siehe dazu unten S. 94. 316 Dittrich, 2007, S. 33. Siehe auch Volk, FS Hamm 2008, 803 (804); Busch, 2004, S. 32; Flum, 1990, S. 7 f.; Lenckner, JZ 1967, 105 (107). Daneben nunmehr BVerfG NJW 2010, 3209 (3215); BGH NJW 2011, 88 (91). 317 Strafrechtliche Normen sind in einer Gesamtbetrachtung der zur Verfügung stehenden gesetzgeberischen Instrumentarien das letzte Mittel, sie sind ultima-ratio, BVerfG NJW 1975, 573 (576). Eine bestimmte Materie soll also nur dann mit Mitteln des Strafrechts geregelt werden, wenn andere weniger einschneidende Mittel wirkungslos sind, BVerfGE NJW 1975, 573 (576); Kaufmann, FS Henkel 1974, 89 (100 ff.); Weigend, FS Hirsch 1999, 917 (933); Hassemer, GS Schlüchter 2002, 133 (157 ff.); Dittrich, 2007, S. 33; Busch, 2004, S. 32. Siehe auch Prittwitz, in: Kempf/ Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2009), S. 53 (56 ff.). 313

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1. Teil: Grundfragen

Die Idee des Strafrechts als ultima ratio führt an dieser Stelle noch weiter. Aus dem Umstand, dass das Strafrecht nicht jedes rechtlich unerwünschte Verhalten sanktionieren soll, wird die Konsequenz gezogen, dass Verhalten, das zwar außerstrafrechtlich, insbesondere zivilrechtlich, verboten ist, nicht zwangsläufig strafrechtlich verboten sein muss.318 Insbesondere in Bezug auf außerstrafrechtliche Pflichtverletzungen bedeutet dies, dass solche nicht zwingend zu einer untreuerelevanten Pflichtverletzung führen; es können und müssen vielmehr eigene strafrechtsspezifische Regeln aufgestellt werden.319 Eine solch beschränkte Abhängigkeit des Untreuetatbestandes lässt sich überzeugend bezeichnen als als „limitierte“320 oder „asymmetrische“321 Akzessorietät322. Eine strafrechtsspezifische Beurteilung von außerstrafrechtlichen Verhaltensnormen gebietet aber auch bereits das geschützte Rechtsgut der Untreue sowie ihr Schutzzweck.323 Während außerstrafrechtliche Verhaltensnormen verschiedene Schutzzwecke verfolgen mögen, so schützt die Untreue ausschließlich das Vermögen und auch das nur vor Angriffen „von innen heraus“.324 Im Ergebnis kann es, wie Schünemann325 zutreffend feststellt, bei der Untreue nicht „um die Pönalisierung einer zivilrechtlichen Pflichtverletzung [gehen].“ Die Akzessorieät der Untreue zu vorgelagerten Vorschriften ist limitiert.

318

Dittrich, 2007, S. 35; Busch, 2004, S. 34; Waßmer, 1997, S. 73; Flum, 1990, S. 7; Lüderssen, FS Lampe 2003, 727 (729); Günther, FS Weber 2004, 312 (314); Taschke, FS Lüderssen 2002, 663 (669 f.); Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (227). 319 Kubiciel, NStZ 2005, 353 (357 f.); Spindler in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 71 (95). 320 So Günther, FS Weber 2004, 312 (314); Dittrich, 2007, S. 35. 321 Lüderssen, FS Lampe 2003, 727 (729); MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 153. Busch spricht daneben von einer positiven bzw. negativen Zivilrechtsakzessorietät, Busch, 2004, S. 33 ff. 322 Schünemann hingegen, der von einer „sektoralen (Zivilrechts-)Akzessorietät“ ausgeht, spricht anschaulich auch von zwei ineinander liegenden Kreisen, die das Verhältnis von Zivil- und Strafrecht in diesem Zusammenhang beschreibt, Schünemann, NStZ 2006, 196 (199). 323 Eine in diesem Sinne strafrechtsautonome Bestimmung des Untreuetatbestandes betonend: Schünemann, 2004, S. 21 ff.; ders., NStZ 2006, 196 (199); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 31; Gribbohm, ZGR 1990, 1 (14); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (357); Mosiek, wistra 2003, 370 (373). Nunmehr auch BGH NJW 2011, 88 (91). 324 Siehe oben S. 86. 325 Schünemann, 2004, S. 21.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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II. Unternehmerische Entscheidungen als Fallgruppe der Untreue 1. Tendenz zu einer Fallgruppenbildung Die tatbestandliche Weite und Unbestimmtheit326 des § 266 StGB hat zur Folge, dass man diesen Tatbestand auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Lebenssachverhalten anwenden kann und dies von der Rechtsprechung auch tatsächlich getan wird. Um der deswegen bestehenden Fülle an Entscheidungen zur Untreue Herr zu werden und einer sich bildenden Einzelfallkasuistik entgegen zu wirken, ist die Literatur und teilweise auch die Rechtsprechung327 dazu übergegangen, bestimmte Lebenssachverhalte, die inhaltliche und/oder untreuerechtliche Gemeinsamkeiten aufweisen, unter einen Oberbegriff bzw. in einer Fallgruppe zusammenzufassen. So werden in der Kommentarliteratur als besondere Fallgruppen beispielsweise aufgeführt die „Bankuntreue“, „Amtsuntreue“, „Risikogeschäfte“, oder „Untreue im Konzern“.328 Der Nutzen einer solchen Vorgehensweise ist darin zu sehen, dass durch das Herausarbeiten von Gemeinsamkeiten für eine Vielzahl ähnlicher Lebenssachverhalte eine einheitliche und damit stringente wie auch vorhersehbare Lösung gefunden werden kann.329 Gleichzeitig kann auf diese Weise die Entstehung eines einzelfallbezogenen „Case-Law“ verhindert werden.330 2. Unternehmerische Entscheidungen als Fallgruppe der Untreue Die Verwendung der Fallgruppe „unternehmerische Entscheidungen“ mag auf den ersten Blick unüblich erscheinen, besteht doch, wie gezeigt, keine 326

Siehe dazu oben S. 90 f. Vgl. z. B. die Ausführungen in BGH ZIP 2009, 1854 zur Untreue durch Kreditvergabe. Das BVerfG macht in seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2010 klar eine Tendenz der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu „fallgruppenspezifischen Obersätzen“ aus, NJW 2010, 3209 (3215). 328 Vgl. beispielsweise die Kommentierungen von LK/Schünemann StGB (1998), § 266; MüKo-StGB/Dierlamm (2006); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 85 ff.; Daneben auch Murmann Jura 2010, 562 (563); Hoffmann, 2010, S. 37 ff. 329 Siehe hierzu Jahn, JuS 2009, 173 (174); Knauer, NStZ 2009, 151 (152). Vgl. auch grundsätzlich Rönnau, ZStW 119 (2007), 887. Nach dem BVerfG sichern „fallgruppenspezifische Obersätze“ „[. . .] die Vorhersehbarkeit der Strafbarkeit im Regelfall [. . .]“, NJW 2010, 3209 (3215). 330 Zu einer Kritik an einer einzelfallbezogenen Güter- und Interessenabwägung und der damit verbundenen Herausbildung eines sog. „Case-Law“: Ignor/Sättele, FS Hamm 2008, 211 (212); Wessing/Krawczyk NZG 2010, 1121 (1122). 327

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1. Teil: Grundfragen

für das Strafrecht allgemeingültige Definition und hat diese Fallgruppe kaum Eingang in die üblichen Untreuekommentierungen gefunden. Vielmehr wird dieser Begriff verstreut über strafrechtliche Urteile und wissenschaftliche Beiträge zur Untreue verwendet, ohne dass dabei eine gründliche Beschäftigung mit dem Begriff selbst erfolgt. Andererseits haben obige Ausführungen gezeigt, dass eine Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidung wesentliche Parallelen zur bekannten Fallgruppe der „Risikogeschäfte“ aufweist, gar in gewisser Hinsicht deren Unterfall bildet, sodass Definitionsansätze zum Begriff des Risikos übernommen werden konnten. Gleichzeitig wirkt der Begriff bzw. die Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidungen in seiner Konzentration nur auf Entscheidungen aus dem unternehmerischen Bereich präziser und es können bei der Begriffsdefinition sowie der rechtlichen Bewertung Ansätze aus dem der Untreue vorgelagerten Gesellschaftsrecht331 zugrunde gelegt werden. Zuletzt verwendet auch der BGH zunehmend den Begriff der unternehmerischen Entscheidung und entwickelt hierfür allgemeine Anforderungen, sodass mit der Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidung dieser Entwicklung insoweit Rechnung getragen werden kann. 3. Die Zahlung von Bestechungsgeldern zugunsten eines Unternehmens als unternehmerische Entscheidung Im Folgenden soll gezeigt werden, dass auch das Zahlen von Bestechungsgeldern der Fallgruppe der unternehmerischen Entscheidung (unter Risiko) zugeordnet werden kann. a) Unternehmerische Entscheidung Die Entscheidung zum Einsatz einer Bestechung zur Auftragserlangung wird, wie oben gezeigt, regelmäßig im Rahmen des Vertriebes getroffen.332 Der Vertrieb der vom Unternehmen produzierten Waren und Dienstleistungen ist eine Gestaltungsaufgabe, innerhalb derer entschieden wird, welche konkreten Mittel ergriffen werden sollen, um den Absatz des Unternehmens zu fördern. Konkrete Mittel der Absatzförderung sind auch illegale Wettbewerbsmethoden, neben Angebotsabsprachen konkret auch der Einsatz von Bestechungszahlungen zur Auftragserlangung. Die Entscheidung zur Bestechung ist damit im Ergebnis Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens im oben genannten Sinne – sie betrifft die Wahl der Mittel zur 331 332

Zum Akzessorietätsgedanken siehe oben S. 92. Siehe dazu oben S. 67.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Befriedigung der Marktnachfrage – und wird vor dem Hintergrund der Gewinn- und Rentabilitätsorientierung des Unternehmens vorgenommen.333 Es wurde in den obigen Ausführungen darüber hinaus gezeigt, dass die Entscheidung zur Vornahme einer Bestechungszahlung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße auf unterschiedlichen Hierarchieebenen vorgenommen werden kann – bei größeren Unternehmen auf der unteren und mittleren Leitungsebene durch Personen der Vertriebsabteilung vielfach in Zusammenarbeit mit Personen des Rechnungswesens – bei kleineren Unternehmen tendenziell auf der obersten Leitungsebene. Es handelt es sich demnach insgesamt um Personen, die eigenverantwortlich an der wirtschaftlichen Tätigkeit in „planender und ausführender“ Weise teilnehmen und damit überhaupt unternehmerische Entscheidungen treffen können. Im Ergebnis kann auf Grundlage der oben genannte Definition der unternehmerischen Entscheidung334 die Entscheidung zur Vornahme einer Bestechungshandlung als unternehmerische Entscheidung qualifiziert werden. b) Unternehmerische Entscheidung unter Risiko Oben wurde das Risikomoment einer unternehmerischen Entscheidung als Risiko eines Fehlschlages im Sinne eines Vermögensverlustes aufgrund unsicherer Entscheidungsfaktoren umschrieben.335 Mit welchem Risiko ist nun die Entscheidung zur Vornahme einer Bestechungshandlung behaftet? Zum Zeitpunkt der Entscheidung zur Bestechung kann noch nicht vorhergesehen werden, ob letztlich der Nutzen oder die Kosten überwiegen werden, ob ein Gewinn realisiert oder ein Verlust erzielt werden wird.336 Bleibt die Bestechung unentdeckt und hält sich der Bestechungsnehmer an die getroffene Vereinbarung, so wird wohl der Nutzen der Bestechung überwiegen. Hält sich dagegen beispielsweise der Bestechungsnehmer nicht an die Vereinbarung oder wird die Bestechung im Nachhinein entdeckt und mit finanziellen Sanktionen gegenüber dem Unternehmen belegt, so kann sich der Nutzen mindern bzw. sich die Bestechung als Verlustgeschäft erweisen. Nach der obigen Definition des Risikos handelt es sich demzufolge um den klassischen Fall einer unternehmerischen Entscheidung unter Risiko.337 333

Vgl. näher S. 109. Siehe oben S. 40. 335 Siehe oben S. 44. 336 Ähnlich Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (228). 337 Zustimmend BGH NJW 1975, 1234 (1235) – „Bundesliga-Skandal“, der in dieser Entscheidung von einer Vergleichbarkeit von Bestechungsgeschäften mit Risikogeschäften „in vieler Hinsicht“ spricht. Ferner Schlösser, HRRS 2009, 19 (24); Waßmer, 1997, S. 10; Schünemann, NStZ 2006, 196; LK/Schünemann StGB (1998), 334

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1. Teil: Grundfragen

Eine a. A. lehnt es jedoch ab, die Zahlung von Bestechungsgeldern als Risikogeschäft oder unternehmerische Entscheidung unter Risiko zu qualifizieren.338 Das schiere Risiko der Entdeckung eines illegalen Manipulationsgeschäftes reiche noch nicht aus, um von einem Risikogeschäft zu sprechen.339 Im Ergebnis lehnt diese Ansicht es also ab, solche Risikofaktoren einzubeziehen, die nur mittelbar – hier durch Entdeckung – zu einem Fehlschlag als Risikoverwirklichung führen können und denen nicht an sich unmittelbar ein Risiko innewohnt. Allerdings ist es nicht richtig, dass der Vornahme einer Bestechungszahlung nur mittelbare Risiken innewohnen. Die Unsicherheit darüber, ob die Vornahme einer Bestechungshandlung erfolgreich sein oder sich vielmehr durch Realisierung eines Risikos als Fehlschlag erweisen wird, ergibt sich nicht nur aus dem Risiko ihrer Entdeckung: Allein bei der Durchführung eines aufgrund einer Bestechung zustande gekommenen Vertrages können eine Reihe von Kosten auf das Unternehmen zukommen – beispielsweise die Gefahr, dass der Bestechungsgeldnehmer die Zusage nicht einhält und diese dann nicht gerichtlich durchgesetzt werden kann. Dieser Risikofaktor ergibt sich bereits unmittelbar aus der Vornahme der Bestechungshandlung selbst und nicht erst durch weitere mittelbare Risiken. Insgesamt erscheint daneben eine Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Risiken zur Bestimmung des Begriffs des Risikogeschäftes bzw. der unternehmerischen Entscheidung unter Risiko nicht sinnvoll. Ob einer Entscheidung ein unmittelbares oder bloß ein mittelbares Risiko innewohnt, hat für die Gefahr eines Fehlschlages im Sinne einer Vermögensminderung keinerlei Bedeutung. Folglich ist die Ansicht zurückzuweisen, die für illegale Manipulationsgeschäfte das Vorliegen eines Risikogeschäftes bzw. einer unternehmerischen Entscheidung unter Risiko verneinen möchte.

§ 266 Rn. 96; Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (673); Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 339; Müller-Gugenberger/Bieneck/Schmid Hdb. Wirtschaftsstrafrecht (2006), § 31 Rn. 158; Hellmann, ZIS 2007, 433 (434); Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (228); ähnlich Arzt, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 177 (178). 338 Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (75 Rn. 148); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 47; Schreiber/Beulke, NJW 1977, 656 (658). 339 Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (75 Rn. 148).

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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III. Untreueopfer und -täter im Unternehmen 1. Opferstellung: Unternehmensträger als Vermögensinhaber Der Tatbestand der Untreue erfordert eine Tatbegehung gegenüber und zulasten eines bestimmten Vermögensinhabers. Wenn im Rahmen dieser Arbeit von Untreue zulasten eines Unternehmens die Rede ist, so ist dieser Begriff in Bezug auf die Zuordnung von Vermögen recht unpräzise. Mit dem Begriff des Unternehmens ist noch nichts über den Inhaber des Vermögens im Allgemeinen und speziell i. S. d. § 266 StGB ausgesagt. Zur genaueren Bestimmung ist vielmehr auf den Träger des Unternehmens340 und seine rechtliche Organisation abzustellen. a) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson Unproblematisch erweist sich die Zuordnung des Vermögens, wenn Träger des Unternehmens ein Einzelkaufmann, § 1 ff. HGB, ist.341 Als natürliche Person ist das „Vermögen des Unternehmens“ ihm selbst zugeordnet. Nur er ist Vermögensinhaber und in der Folge auch mögliches „Opfer“ einer Untreue. b) Unternehmensträger ist Personenmehrheit Der Untreuetatbestand ist völlig unbestritten auch anzuwenden auf Personenmehrheiten.342 Es bedarf jedoch einer näheren Differenzierung nach der rechtlichen Organisation der Personenmehrheit. aa) Unternehmensträger ist juristische Person Eine Möglichkeit der rechtlichen Organisation von Personenmehrheiten ist die Organisation als juristische Person. Geht es um Unternehmen im Sinne von wirtschaftlich tätigen Einheiten, so sind dies vor allem die Aktiengesellschaft, AG (§§ 1 ff. AktG), und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, GmbH (§§ 1 ff. GmbHG)343. Durch den zweckgerichteten Zusam340

Siehe genauer zu diesem Begriff oben S. 48. Einzelunternehmer können daneben auch Handwerker, sonstige Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte sein, siehe Rittner, 1987, S. 8 Rn. 4. Mangels praktischer Relevanz wird auf diese jedoch nicht weiter eingegangen. 342 Siehe ausdrücklich Nelles, 1991, S. 156 f. 343 Daneben bestehen als Kapitalgesellschaft die Kommanditgesellschaft auf Aktien, §§ 278 ff. AktG, die Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaften, § 1 GenG, ge341

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1. Teil: Grundfragen

menschluss mehrerer Personen entsteht eine eigenständige Rechtspersönlichkeit, die von den dahinter stehenden Gesellschaftern streng zu unterscheiden ist.344 Infolgedessen wird das bestehende Vermögen der Gesellschaft selbst zugeordnet. Nach h. M. ist diese Wertung zivilrechtsakzessorisch auch auf die Untreue zu übertragen. Demnach werden nicht die teilweise auch als „wirtschaftliche Eigentümer“ bezeichneten Gesellschafter als Vermögensinhaber angesehen, sondern vielmehr die Gesellschaft als juristische Person.345 bb) Unternehmensträger ist Gesamthandsgemeinschaft Personenmehrheiten können daneben als Gesamthandsgemeinschaften organisiert sein. Unternehmerisch tätige Gesamthandsgemeinschaften sind v. a. die Offene Handelsgesellschaft, OHG (§§ 105 ff. HGB)346, die Kommanditgesellschaft, KG (§§ 161 ff. HGB)347, und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR (§§ 705 ff. BGB)348. Sie sind grundsätzlich rechtsfähig und können daher in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Träger von Rechten und Pflichten sein.349 Im Gegensatz zur juristischen Person kann das Vermögen nicht der Gesellschaft selbst zugeordnet werden; das Vermögen steht den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zu.350 Diese Wertung des Zivilrechts wird für den Untreuetatbestand überwerbespezifische Gesellschaften, vgl. §§ 15 ff. VAG, der wirtschaftliche Verein, § 22 BGB, die Stiftung, §§ 80 ff. BGB, etc. Auch diese Unternehmensformen werden nicht weiter Gegenstand der Ausführungen sein, da es auch ihnen an praktischer Relevanz im Hinblick auf das vorliegende Thema mangelt. 344 Zur GmbH: siehe § 13 I GmbHG, vgl. dazu Wicke GmbHG (2008), § 13 Rn. 1; Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich GmbHG (2010), § 13 Rn. 2, 8. Zur AG § 1 I AktG, vgl. dazu Hüffer AktG (2008), § 1 Rn. 4. 345 Für die AG: BGH v. 25.05.1976, 1 StR 858/75 noch zu § 294 AktG; zur GmbH: BGHSt 34, 379 (386); BGH NJW 1980, 406 (407); wistra 1986, 218; wistra 1982, 148 (149). Daneben allgemein Fischer (2011), § 266 Rn. 11; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 3; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 97; Gribbohm, ZGR 1990, 1 (11); Hanft, 2006, S. 75 ff. 346 Boecken/Boujong/Ebenroth/Jost/Strohn/Hillmann HGB (2008), § 124 Rn. 1; Staub/Habersack HGB (1999), § 124 Rn. 2. 347 Die KG ist eine Unterart der OHG, auf welche Vorschriften zur OHG weitgehend entsprechend anwendbar sind. Der Rechtsnatur nach ist somit auch die KG eine Gesamthandsgemeinschaft. 348 Vgl. MüKo-BGB/Ulmer/Schäfer (2009), § 718 Rn. 1 ff. 349 Für die OHG siehe Baumbach/Hopt/Hopt HGB (2009), § 124 Rn. 1. Vgl. auch § 124 I HGB; für die KG Baumbach/Hopt/Hopt HGB (2009), § 161 Rn. 2, vgl. auch §§ 161 II, 124 I HGB; die Rechtsfähigkeit der GbR war lange umstritten, der BGH hat ihre (Teil-)Rechtsfähigkeit jedoch 2001 anerkannt, vgl. BGH NJW 2001, 1056; siehe hierzu auch Palandt/Sprau BGB (2011), § 705 Rn. 24.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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nommen, sodass als Vermögensinhaber i. S. d. § 266 StGB die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit angesehen werden.351 2. Täterstellung: Vermögensbetreuungspflicht im Unternehmen Durch die Ausgestaltung des § 266 StGB als Sonderdelikt kann nicht jedermann Täter der Untreue sein, sondern nach h. M. nur der Inhaber einer Vermögensbetreuungspflicht.352 a) Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht § 266 StGB selbst enthält in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an eine Vermögensbetreuungspflicht keine Konkretisierung. In Ermangelung inhaltlicher Vorgaben wurden daher von der Rechtsprechung und Literatur im Laufe der Jahre Kriterien für die inhaltlichen Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht entwickelt: Danach setzt eine Vermögensbetreuungspflicht eine durch Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit geprägte Geschäftsbesorgung für einen anderen in einer nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit353 voraus. b) Vermögensbetreuungspflicht im Unternehmen aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson Ist Träger des Unternehmens eine natürliche Einzelperson, etwa ein eingetragener Kaufmann, §§ 1 ff. HGB, so können vermögensbetreuungspflichtig dem Geschäftsherrn untergeordnete Personen sein. Dazu gehören aufgrund ihrer umfangreichen Handlungsbefugnisse typischerweise der Prokurist354, § 48 HGB, und der Handlungsbevollmächtigte355, § 54 HGB. 350 Für die OHG siehe Baumbach/Hopt/Hopt HGB (2009), § 124 Rn. 2, 3. Für die KG Baumbach/Hopt/Hopt HGB (2009), § 161 Rn. 2. Für die GbR Palandt/ Sprau BGB (2011), § 705 Rn. 23. 351 Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung siehe zur OHG: BGH wistra 1987, 218 = NStZ 1987, 279; zur KG: BGH wistra 1986, 67; wistra 1984, 226; wistra 1984, 71 f. = NStZ 1984, 119; vgl. auch BGHZ 34, 293 (296); Nelles, 1991, S. 491. 352 Siehe oben S. 89. 353 RGSt 71, 90 (91); BGHSt 1, 186 (188 ff.); 5, 187 (188 f.); 22, 190 (191 f.); BGH NJW 1953, 1272 (1273); NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 36; BeckOK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 29. 354 NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 58. 355 RGSt 75, 75 (77 ff.); NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 58.

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1. Teil: Grundfragen

Auch weitere Unternehmensangehörige können daneben vermögensbetreuungspflichtig sein, wenn sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, ihre Tätigkeit also eine durch Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit geprägte Geschäftsbesorgung für einen anderen in einer nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit zum Inhalt hat. Der Geschäftsherr selbst hingegen kann als Inhaber des Unternehmensvermögens (und potentielles Opfer) nicht Täter einer Untreue sein.356 bb) Vermögensträger ist Personenmehrheit (1) Organe der Personenmehrheit (a) Organe von juristischen Personen Die als Kapitalgesellschaft organisierten juristischen Personen, die GmbH und die AG, verfügen über mehrere Organe, die mit unterschiedlichen Aufgaben betraut sind. Für die GmbH sind dies ein oder mehrere Geschäftsführer (§§ 35 ff. GmbHG), die Gesellschafterversammlung (§§ 45–51 GmbHG) sowie ein fakultativ einsetzbarer Aufsichtsrat (§ 52 GmbHG). Die AG verfügt dagegen zwingend über drei Organe, den Vorstand (§§ 76 ff. AktG), die Hauptversammlung (§§ 118–147 AktG) sowie den Aufsichtsrat (§§ 95–116 AktG). Unternehmerische Entscheidungen im oben definierten Sinne finden auf den Leitungsebenen statt357; Leitungsorgane einer GmbH bzw. AG sind der Geschäftsführer358 bzw. der Vorstand359. Als mögliche Täter scheiden damit jedenfalls in der Regel die Versammlung der Gesellschafter bzw. die einzelnen Gesellschafter aus.360 Der Aufsichtsrat einer AG hat nur in sehr beschränktem Maße Leitungsaufgaben inne, primär hat er eine überwachende Aufgabe. Soweit auch er Leitungsaufgaben wahrnimmt, kommt er als tauglicher Täter in Betracht361. Im Laufe dieser Arbeit wird allerdings vom Regelfall ausgegangen, dass die unternehmerische Entscheidung von dem geschäftsführenden Organ getroffen wird. 356

Nelles, 1991, S. 279. Siehe oben S. 40. 358 Wicke GmbHG (2008), § 35 Rn. 1. 359 Siehe ausdrücklich § 76 I, AktG: „Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.“ Vgl. dazu auch Hüffer AktG (2008), § 76 Rn. 4. 360 Damit ist die Strafbarkeit grundsätzlich nicht gänzlich ausgeschlossen. Insbesondere mag eine Strafbarkeit des Gesellschafters in Betracht kommen, wenn er faktisch Leitungsaufgaben übernimmt. 361 Vgl. Dittrich, 2007, S. 87. So beispielsweise im Fall Mannesmann, siehe oben S. 45. 357

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Sowohl für die Stellung als Geschäftsführer wie auch als Vorstand ist unumstritten, dass sich hieraus gegenüber der Gesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht ergibt.362 Quelle dieser Vermögensbetreuungspflicht ist ein Rechtsgeschäft, wenn – als Regelfall – die Bestellung zum geschäftsführenden Organ durch Rechtsgeschäft erfolgt363. (b) Organe von Gesamthandsgemeinschaften Für die Gesamthandsgemeinschaften OHG, KG und GbR gilt das Prinzip der Selbstorganschaft; nur sie können in Angelegenheiten der Gesellschaft bestimmen und so steht auch nur den Gesellschaftern als Organe der Gesellschaft das Recht zur Leitung zu.364 Diejenigen Gesellschafter, denen die Aufgabe der Unternehmensleitung zukommt – und das können je nach getroffener Regelung auch nur einzelne Gesellschafter sein365 –, sind vermögensbetreuungspflichtig und zwar gegenüber den Mitgesellschaftern (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit).366 Insofern handelt es sich bei dem betreuten Vermögen um fremdes Vermögen, denn betroffen ist auch der Anteil der Mitgesellschafter am Gesellschaftsvermögen.367 Die Quelle dieser Vermögensbetreuungspflicht ist wiederum rechtsgeschäftlicher Natur, da die Stellung als geschäftsführender Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag erworben wird.368

362 Siehe für die GmbH: BGH MDR 1979, 455; BGH wistra 1993, 201 sowie MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 79; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 34.8. Siehe für die AG: BGHSt NStZ 2002, 322; NStZ 2006, 221 (224); MüKoStGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 87; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 34.8. 363 Für die GmbH Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich GmbHG (2010), § 6 Rn. 15 ff. Für die AG: Hüffer AktG (2008), § 84 Rn. 4. 364 Für die GbR §§ 709, 714 BGB; für die OHG §§ 114 I, 115 I, 125 HGB; für die KG §§ 161 II, 114 I, 115 I, 125 HGB, wobei jedoch der nicht persönlich haftende Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, § 164 S. 1 1. HS HGB. 365 Sowohl das BGB in den Vorschriften über die GbR als auch das HGB bzgl. der Vorschriften zur OHG und KG sehen keine starre Regelung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis vor. Primär können diese Befugnisse im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben werden, nur wenn dies nicht der Fall ist, kommt die gesetzlich vorgesehene Befugnisverteilung zur Anwendung, vgl. §§ 709, 710, 714 BGB; §§ 114, 115, 125, 126 HGB. 366 RGSt 73, 299 (301); MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 83. 367 NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 30; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 25. 368 RGZ 142, 13 (18); Baumbach/Hopt/Hopt HGB (2009), § 114 Rn. 9. Vgl. auch MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 29.

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1. Teil: Grundfragen

(2) Sonstige Unternehmensangehörige Damit sonstige Unternehmensangehörige als potentielle Täter in Betracht kommen, müssen in ihrer Person die o. g. Voraussetzungen für die Begründung einer Vermögensbetreuungspflicht gegeben sein. Unternehmerische Entscheidungen werden auch von untergeordneten Leitungsebenen des unteren oder mittleren Managements getroffen, so z. B. in größeren Unternehmen die Entscheidung über die Vornahme von Bestechungszahlungen.369 All diese Leitungspositionen sind mit einem gewissen Umfang an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit in Bezug auf die Vornahme von Entscheidungen und deren Durchführung verbunden. Die Wahrnehmung der Leitungsaufgaben erfolgt im Namen des Unternehmens, stellt also eine Geschäftsbesorgung für einen anderen dar. Eine Vermögensbetreuungspflicht der handelnden Person wird sich also in aller Regel bejahen lassen.370 Eine solche Vermögensbetreuungspflicht ist ausschließlich rechtsgeschäftlicher Natur, d.h. sie ergibt sich aus dem durch den Anstellungsvertrag zugewiesenen Aufgabenbereich.

IV. Unternehmerische Entscheidungen – Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen 1. Untreuerechtliche Problempunkte unternehmerischer Entscheidungen In vielen neueren Beiträgen zur Untreue wird gerne der Ausspruch von Hellmuth Mayer371 aus dem Jahre 1954 zitiert: „Sofern nicht einer der klassischen alten Fälle der Untreue vorliegt, weiß kein Gericht und keine Anklagebehörde, ob § 266 StGB vorliegt oder nicht.“

Anknüpfungspunkt von Mayers Äußerung war der nach seiner Ansicht äußerst laxe und, zumindest in der Zeit nach der Einführung des § 266 StGB in seiner jetzigen Fassung im Jahre 1933, auch politisch motivierte Umgang mit dem Kriterium der Vermögensbetreuungspflicht.372 Er kriti369

Siehe oben S. 65 ff. Siehe hierzu auch Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713 (716 f.); Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (67). 371 Mayer, Materialien zur Strafrechtsreform, 1. Band (1954), 333 (337). 372 Dem kann entgegen gehalten werden, dass sich zumindest das RG um eine inhaltliche Bestimmung des Begriffs der Vermögensbetreuungspflicht bemüht hat. So enthält die Entscheidung RGSt 69, 58 aus dem Jahr 1934 Kriterien für die Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht, die auch heute noch zur Abgrenzung herangezogen werden, siehe unten S. 140. 370

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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sierte, dass praktisch alle Vertragsverhältnisse unter den Schutz der Untreue gestellt wurden und auch Jahre später in der herrschenden Praxis keine Klarheit und auch keine Bemühungen um eine begriffliche Abgrenzung zu erkennen gewesen seien. Betrachtet man dagegen die typischen Fälle unternehmerischer Entscheidungen, so sind es in der Regel zwei andere „neuralgische“373 Tatbestandsmerkmale, auf die sich die Anwendung des § 266 StGB verengt, und zwar die Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit sowie des Vermögensnachteils.374 Die Tätertauglichkeit einer Person dagegen, also das Innehaben einer Vermögensbetreuungspflicht, lässt sich in aller Regel problemlos bejahen.375 In der vorliegenden Arbeit interessiert gerade das Merkmal der Pflichtwidrigkeit: 2. Pflichtwidrigkeit Unternehmerische Entscheidungen prägen die wirtschaftliche Tätigkeit eines Unternehmens und werden gewöhnlich mit dem Ziel der Gewinnmaximierung vorgenommen. In vielen Fällen besteht die Möglichkeit, dass sich die getroffene unternehmerische Entscheidung als Fehlschlag im Sinne einer Vermögensminderung erweisen kann, und oftmals kommt es zur Realisierung eines solchen Risikos. Im Rahmen der Pflichtwidrigkeit der Untreue muss festgestellt werden, ob der Entscheidungsträger beim Treffen der Entscheidung als „Feind im Inneren“ gehandelt hat, also die Ausübung der verliehenen Macht über das Unternehmensvermögen als Fehlgebrauch qualifiziert werden kann. Nicht nur im Falle der Bestechung, sondern allgemein bei unternehmerischen Entscheidungen stellt sich die Frage, wie etwas pflichtwidrig sein kann, was (zumindest subjektiv) dem Nutzen des Unternehmens dient. Wieso mag beispielsweise die Vergabe einer Unternehmensspende pflichtwidrig sein, wird sie doch erbracht, um das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu steigern und damit die Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung zu fördern? Es besteht Einigkeit, dass allein aus der Realisierung eines Risikos nicht auf die Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung gefolgert 373

Saliger, HRRS 2006, 10 (12). Saliger, HRRS 2006, 10 (12); Brammsen, wistra 2009, 85 (86); Schünemann, 2004, S. 18. 375 Vgl. Saliger, HRRS 2006, 10 (12). Anders jedoch im Fall „Bremer Vulkan“, BGHSt 49, 147, in welchem es neben der Zulässigkeit eines konzernweiten „CashPooling“ u. a. um die Vermögensbetreuungspflicht innerhalb eines Konzernes ging. 374

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1. Teil: Grundfragen

werden darf.376 Vielmehr kommt es richtigerweise gerade auf eine ex-anteBeurteilung, also auf die Sicht des Entscheidungsträgers in der jeweiligen Entscheidungssituation, an.377 Im Beispiel der Unternehmensspende ist es also unerheblich, ob das angestrebte Ziel ex-post nicht erreicht wird; dasselbe gilt für die Zahlung von Bestechungsgeldern – dass sich diese aufgrund ihrer Entdeckung und in der Folge verhängten Sanktionen oder aus anderweitigen Gründen als Fehlschlag erweist, hat auf die Feststellung der Pflichtwidrigkeit keinen Einfluss. Die Schwierigkeit liegt nun darin, aus einer ex-ante-Perspektive zu beurteilen, in welchem Rahmen eine unternehmerische Entscheidung noch pflichtgemäß und wann die Grenze zur Pflichtwidrigkeit überschritten ist. Dass ein solcher zulässiger Rahmen – unabhängig von den konkreten Voraussetzungen – anzuerkennen ist, ergibt sich aus der Natur der unternehmerischen Entscheidung, der ein Risikomoment immanent ist. Täte man dies nicht, so würde unternehmerisches Handeln schlicht unmöglich gemacht. Konkret ergeben sich im Rahmen der erforderlichen ex-ante-Beurteilung folgende Probleme: (1) Um zu bestimmen, wann eine unternehmerische Entscheidung pflichtwidrig ist, wird allgemein auf Wertungen des Unternehmens- speziell des Gesellschaftsrechts zurückgegriffen. Problematisch ist jedoch die Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen pflichtwidriges Verhalten aus diesem Rechtsbereich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit bedeutet. Ergibt sich beispielsweise, dass die Vornahme von Bestechungszahlungen nach unternehmensrechtlichen Kriterien pflichtwidrig ist, muss gefragt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen – unter Berücksichtigung der Risikoimmanenz unternehmerischer Entscheidungen wie des Schutzzwecks der Untreue – auch eine Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB gegeben ist. (2) Problematisch sind weiter speziell die Konstellationen, in denen der Vermögensinhaber konkrete Anweisungen gegeben hat, dass bestimmte unternehmerische Entscheidungen nicht getroffen werden dürfen. Relevant wird dies v. a. bei durch Satzungen, Arbeitsverträgen oder ComplianceRichtlinien378 vorgegebenen Verhaltensvorgaben, etwa der Vorgabe, sich generell gesetzesgemäß zu verhalten oder speziell, keine Bestechungshandlun376 BGH NJW 2000, 2364 (2365); NJW 2002, 1211 (1213); Deiters, in: Kempf/ Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 123 (133 f.). 377 Nelles, 1991, S. 573. 378 Unternehmen tendieren in zunehmendem Maße dazu, sog. Compliance-Vorschriften zu erlassen; diese enthalten Verhaltens- Mitarbeiter- oder Dienstanweisungen sowie Vorgaben für die Ausgestaltung von inner- und außerbetrieblichen Rechtsbeziehungen. Über die Einhaltung dieser Vorschriften wacht in der Regel

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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gen vorzunehmen. Inwieweit ist der Wille des Vermögensinhabers zur Bestimmung der Pflichtwidrigkeit maßgeblich bzw. stellt eine Berücksichtigung zivilrechtlich normierter Verhaltensvorschriften eine nicht hinnehmbare Kriminalisierung durch das Strafrecht dar? (3) Ein weiterer Problempunkt ergibt sich, wird eine Zustimmung zur Vornahme der unternehmerischen Entscheidung, etwa zur Vornahme der Bestechungshandlung, durch den Vermögensinhaber erteilt. Ist dieser eine natürliche Person, ist die Frage eines solch „tatbestandsausschließenden Einverständnisses“ weniger problematisch; anders allerdings, wenn Vermögensinhaber eine Personengesellschaft oder gar eine juristische Person in Form einer GmbH oder AG ist. Neben der Frage, wer ein solches Einverständnis erteilen darf, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist. 3. Pflichtwidrigkeit und ökonomischer Nutzen Wie kann etwas pflichtwidrig sein, was der jeweilige Entscheidungsträger in der jeweiligen Situation als im Hinblick auf das erwerbswirtschaftliche Ziel eines Unternehmens nützlich und sinnvoll beurteilt? Gerade für den Bereich der Unternehmenskorruption wird gegen eine Bestrafung aus § 266 StGB vorgebracht, dass durch Bestechungszahlungen profitable Aufträge mit höherer Wahrscheinlichkeit erlangt werden können. Bevor im zweiten Kapitel untersucht werden wird, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solch rein ökonomische, wertfreie Betrachtungsweise bei der Bestimmung der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen herangezogen werden kann, soll davor der Frage des ökonomischen Nutzens genauer nachgegangen werden. Dargestellt an Hand von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens, soll der angestrebte Nutzen dieser Handlungen für die Institution Unternehmen untersucht werden und ob dieser aus einer ex-ante-Sicht tatsächlich erreicht werden kann. 4. Ökonomischer Nutzen einer unternehmerischen Entscheidung dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens Die Ermittlung des ökonomischen Nutzens von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird das angestrebte ökonomische Ziel dieser Handlung für die Institution Unterneheine eigens hierfür eingerichtete Compliance-Abteilung. Vgl. Dieners in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, S. 217 ff.

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1. Teil: Grundfragen

men ermittelt. Im zweiten Schritt soll untersucht werden, ob das ermittelte ökonomische Ziel auch erreicht werden kann. a) Ökonomisches Ziel von Bestechungszahlungen aa) Ziel unternehmerischer Tätigkeit Das maßgebliche Ziel eines Unternehmens ist die Bestandssicherung und demgemäß die Erwirtschaftung eines Überschusses. Dies hat zur Folge, dass die gesamte Tätigkeit eines Unternehmens darauf ausgerichtet ist, rentabel379 zu wirtschaften bzw. einen Gewinn380 zu erzielen („erwerbswirtschaftliches Prinzip“).381 Auf Grundlage des Wettbewerbsprinzips kann diese Vorgabe nur erreicht werden, wenn sich das Unternehmen gegenüber Konkurrenten durchsetzen kann und ihnen gegenüber Wettbewerbsvorteile – etwa in Bezug auf die Produktqualität, die Kunden- oder Technikorientierung – genießt.382 Je intensiver der Wettbewerb für das Unternehmen beispielsweise durch Mitbewerber, potentiell neue Mitbewerber oder die Marktmacht der Abnehmer gestaltet ist383, umso schwieriger ist ein solcher Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Im Ringen um Wettbewerbsvorteile ist das Unternehmen in der Wahl seiner Mittel jedoch nicht völlig frei, da es im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit einer Vielzahl von staatlichen Beschränkungen unterliegt. Diese sollen u. a. die Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus und somit die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbes ermöglichen – ein sich selbst überlassener Markt tendiert zur Aufhebung des Wettbewerbs durch Kapitalkonzentration.384

379 Von einer hohen Rentabilität des Unternehmens ist auszugehen, wenn sich das eingesetzte Kapital möglichst hoch verzinst, Schmalen, 2002, S. 32. 380 Ein Unternehmen erzielt Gewinn, wenn die Differenz zwischen Umsatz und Kosten zu einem positiven Ergebnis führt, Mankiw, 2008, S. 292. 381 Rittner, 1987, § 8 Rn. 30, 32; Schmalen, 2002, S. 32; Vahs/Schäfer-Kunz, 2005, S. 10; Mankiw, 2008, S. 292. Es ist nicht zu verkennen, dass ein Unternehmen neben ökonomischen auch anderweitige soziale oder ökologische Ziele verfolgen kann. Unabhängig davon, ob das Unternehmen nun einen share-holder- oder stake-holder-value-Ansatz (zu diesem Begriffspaar Schmalen, 2002, S. 136 f.) verfolgt, (siehe auch Mülbert, ZGR 1997, 129 sowie Bernsmann, GA 2007, 219 [228]) kommt dem ökonomischen Ziel jedoch ein gewisses Primat zu, um die Existenz, d.h. das Überleben des Unternehmens zu sichern, vgl. etwa Clinard, 1983, S. 18. 382 Schmalen, 2002, S. 362 f. 383 Porter, Harvard Business Review 2008, 79. 384 Schmalen, 2002, S. 21.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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bb) Bestechung als illegale Wettbewerbsmethode zur Gewinn- und Rentabilitätssteigerung So sinnvoll es aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive ist, den am Markt agierenden Unternehmen bei der Wahl ihrer Mittel und Ziele staatliche Beschränkungen aufzuerlegen, so kann es aus dem individuellen Blickwinkel einzelner Unternehmen dagegen sinnvoll erscheinen, zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen Methoden zu ergreifen, die außerhalb der bestehenden Wettbewerbsordnung anzusiedeln sind und insbesondere den Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage umgehen. Illegale Wettbewerbsmethoden können aus individueller Sicht im Vergleich zu legalen als effektiverer Weg zur Gewinn- und Rentabilitätssteigerung gewertet werden. Anstatt sich mit Konkurrenten im Wettbewerb zu messen und auf diese Weise Wettbewerbsvorteile zu erlangen, wird das Wettbewerbsprinzip beispielsweise durch die Vornahme einer Bestechungshandlung umgangen: Der angestrebte Nutzen einer Auftragserlangung durch Bestechung besteht damit in der Steigerung von Gewinn gegenüber einer legalen Auftragserlangung. Es soll das Unternehmensziel der Gewinn- und Rentabilitätssteigerung gefördert werden. b) Zielüberprüfung In einem zweiten Schritt soll nun überprüft werden, ob die durch eine Bestechungszahlung angestrebte Gewinn- und Rentabilitätssteigerung erreicht werden kann. aa) Zeitliche Perspektive Bei der Zielüberprüfung wird eine reine ex-ante-Sicht eingenommen. Es geht bei der Zielüberprüfung nicht um eine nachträgliche Betrachtung der Auswirkungen der getroffenen unternehmerischen Entscheidung. Vielmehr wird die Entscheidungssituation des jeweiligen Entscheidungsträgers anhand der bestehenden Entscheidungsparameter analysiert. bb) Methodenauswahl Es existieren verschiedene Ansätze, die Bestechung einer ökonomischen Betrachtung zu unterziehen. Im Hinblick darauf, dass eine ökonomische Betrachtung eine Aussage darüber treffen soll, ob durch die Bestechung eine Gewinn- und Rentabilitätssteigerung möglich ist, sind nicht alle dieser Ansätze tauglich.

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1. Teil: Grundfragen

Dies gilt für all diejenigen Ansätze, die sich auf eine gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise der Bestechung konzentrieren oder ihre Aufmerksamkeit auf andere Beteiligte385, wie Konkurrenten, den Prinzipal des Bestechungsnehmers oder die Verbraucher, lenken. Es sind nur diejenigen Ansätze von Interesse, die Aussagen treffen zum ökonomischen Nutzen der Bestechung für den Prinzipal des Bestechungsgebers, d.h. für die Institution Unternehmen. In Bezug auf das gewählte Analyseziel bleiben zwei Analysemethoden: • Im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse werden die voraussichtlich anfallenden Kosten den zu erwartenden Nutzen einer Bestechung für die Institution Unternehmen gegenübergestellt. Je nach Ergebnis der Analyse erweist sich eine Bestechung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als sinnvoll oder nicht. • Das Gefangenendilemma beschäftigt sich mit dem Wettbewerbsaspekt der Bestechung. Welche Aussagen können über den ökonomischen Nutzen der Bestechung unter Berücksichtigung der Stellung eines Unternehmens im Wettbewerb getroffen werden? cc) Kosten-Nutzen-Analyse Die Kraftwerkssparte Power Generation des Siemens-Konzerns erbrachte für die Erteilung von zwei Aufträgen durch den italienischen ENEL-Konzern eine Bestechungssumme von ca. 6 Millionen Euro. Durch die beiden Aufträge wurde ein Gewinn vor Steuern von 103, 8 Millionen Euro erwirtschaftet.386 Zieht man hiervon die gezahlte Bestechungssumme als Kosten ab, so bleibt ein Gewinn vor Steuern von 97,8 Millionen Euro.

(1) Einführung Die Kosten-Nutzen-Analyse ist ein gängiges Instrument zur Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen einer bestimmten Handlungsentscheidung. Sie wird nicht nur im Bereich der Wirtschaftswissenschaften zur Lösung von volks- und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen herangezogen, sondern auch in anderen Bereichen wie beispielsweise der öffentlichen Daseinsvorsorge387 oder im Rahmen einer ökonomischen Theorie der Kriminalität388. 385

Vgl. zum Beispiel Koepsel, 2006, S. 46–61; Pragal, 2006, S. 64–85. BGH NStZ 2009, 95 (97). 387 Siehe § 7 II Bundeshaushaltsordnung (BHO) für den Bund, § 6 II Haushaltsgrundsätzegesetz für die Länder, § 10 II Gemeindehaushaltsverordnung für die Gemeinden. Siehe zur Kosten-Nutzen-Analyse („Cost-Benefit-Analysis“) im Bereich 386

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Hier soll eine Kosten-Nutzen-Analyse der Bestechung zur Lösung der Frage beitragen, ob damit das angestrebte Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung für die Institution Unternehmen erreicht werden kann. Dies ist unter dem Blickwinkel einer Kosten-Nutzen-Analyse dann der Fall, wenn der Nutzen der Bestechung für das Unternehmen den Nutzen aus einer legalen Handlungsweise überwiegt.389 Zu beachten ist dabei, dass neben Aufwendungen in Geld als Kosten beispielsweise auch nicht-monetäre Faktoren, wie eingesetzte Arbeitskraft berücksichtigt werden.390 (2) Nutzen für ein Unternehmen Im Rahmen einer Auftragsvergabe ist bei der Nutzenbestimmung für das Unternehmen durch die Bestechung zu differenzieren. Hätte das Unternehmen im Rahmen eines normalen Vergabeverfahrens den Auftrag nicht erlangt, etwa weil es im Gegensatz zu seinen Konkurrenten ein schlechteres Produkt zu höheren Preisen bietet, besteht der Vorteil des Unternehmens in der Erlangung des Auftrages an sich. Der gesamte erzielte Gewinn ist als Nutzen anzusehen. Hätte das Unternehmen den Auftrag auch ohne Bestechung erlangt, konnte es jedoch mit Hilfe der Bestechung einen über dem Marktwert liegenden Preis für die angebotene Leistung durchsetzen, so besteht der Nutzen in dem zusätzlichen Gewinn aufgrund des überhöhten Preises.391 Daneben kann eine Bestechung auch einen langfristigen positiven Nutzen hervorrufen. Sie kann beispielsweise dazu beitragen, durch eine erste Auftragsvergabe den Zutritt zu einem neuen Markt zu erschließen oder über einen einzelnen Auftrag hinaus die Geschäftsverbindungen mit einem Auftraggeber zu stärken. Der Nutzen der Bestechung besteht daher über die Gewinnerzielung im Rahmen eines konkreten Auftrages hinaus auch in einer längerfristigen Stärkung des Unternehmens im Wettbewerb.392 Im obigen Beispiel „Siemens/ENEL“ gab der Angeklagte K sein Einverständnis zur Zahlung der Bestechungsgelder insbesondere auch deswegen, weil er sich erhoffe, die Sparte Siemens-PG auf dem sich neu strukturierenden italienischen der öffentlichen Daseinsvorsorge Nas, 1996; Sen, The Journal of Legal Studies Vol. 29 (2000), 931. 388 Siehe v. a. Gary S. Becker, Journal of Political Economy 76 (1968), 169. Umfassend daneben z. B. Wittig, 1993. 389 Sen, The Journal of Legal Studies Vol. 29 (2000), 931 (934). 390 Prüfer, 2004, S. 56. 391 Prüfer, 2004, S. 56. 392 Prüfer, 2004, S. 56; v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (84); Vogt, 1997, S. 41 f.

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1. Teil: Grundfragen

Strommarkt zu etablieren und den ENEL-Konzern langfristig als Kunden zu binden.393 Als weitere Beispiele nennt der BGH in einer Entscheidung zum „erlangten Etwas“ im Rahmen der §§ 73 ff. StGB auch: Die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjektes für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitbewerbern.394

(3) Kosten für ein Unternehmen Die Kosten der Bestechung ergeben sich aus sog. Transaktionskosten sowie aus den Kosten, die sich aus der Entdeckung der Bestechung ergeben. (a) Transaktionskosten Transaktionskosten beschreiben diejenigen Kosten, die durch den Tausch von Leistung und Gegenleistung auf einem typischerweise unvollkommenen und intransparenten Markt, wie dem für Bestechungsleistungen, entstehen.395 Zu den Transaktionskosten gehören alle Arten von Kosten, die zur Informationssuche und zur Anbahnung („Suchkosten“), zur Durchführung („contract enforcement“) und zur Kontrolle („post-enforcement lock-in“) von Tauschhandlungen aufzubringen sind.396 Zu den Suchkosten zählen beispielsweise die Kosten, die für die Suche nach korrumpierbaren Agenten aufgewendet werden müssen, für die Einschaltung von Vermittlern oder für das Gründen und Unterhalten von 393 LG Darmstadt, Beck RS 2007, 16611 (so nicht wiederholt in BGH NJW 2009, 89). 394 BGHSt 50, 299 (311). 395 v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (61): Korruptive Märkte zeichnen sich gerade durch ein hohes Maß an Geheimhaltung und damit Intransparenz sowie durch einen begrenzten Kreis an Teilnehmern aus. Die Untersuchung von Transaktionskosten ist ein Ansatz aus der Institutionenökonomie, die als Erweiterung der Mikroökonomie das Ideal eines vollkommenen Marktes, auf dem Annahmen und Entscheidungen aufgrund vollkommener und sofort verfügbarer Informationen getroffen werden, aufgegeben hat, Oberender/Fleischmann, 2005, S. 438. 396 Oberender/Fleischmann, 2005, S. 438; v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (61 ff.).

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Scheinfirmen oder schwarzen Kassen.397 Die Aufwendungen dafür bedürfen einerseits des Einsatzes erheblicher Geldsummen, aber v. a. von Arbeitskraft und Zeit. Im obigen Beispiel „Siemens/ENEL“ muss berücksichtigt werden, dass einer der beiden Angeklagten (entgegen des Arbeitsvertrages) zu 2/3 seiner Arbeitszeit damit beschäftigt war, verdeckte Überweisungen im Rahmen von Bestechungssachverhalten abzuwickeln, die Mitarbeiter der Siemens-Sparte S-PG zunächst über liechtensteinische Stiftungen, später über Firmen in Dubai in Auftrag gaben. Er erhielt für seine Tätigkeit eine einmalige pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von DM 120.000 sowie eine monatliche Vergütung von DM 10.000.398

Kosten zur Durchführung korruptiver Verträge können durch die Unsicherheit, ob die Gegenleistung des Agenten erbracht werden wird, entstehen, aber auch durch die oft fehlende Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung eines korruptiven Vertrages.399 Eine Studie von Brunetti, Kisunko und Weder400 ergab, dass gut 30% der Befragten davon ausgehen, dass nach einer Bestechungszahlung die vereinbarte Gegenleistung des Agenten nicht wie vereinbart erbracht wird. Diese Unsicherheit kann in manchen Teilen der Welt, beispielsweise in Afrika, zunehmen.

In der Phase nach Abwicklung des Vertrages können ebenfalls noch Kosten auf das Unternehmen zukommen. Dies liegt v. a. darin begründet, dass Klient und Agent durch das Eingehen einer korruptiven Verbindung in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten.401 Der Agent kann beispielsweise mit der Aufdeckung drohen, wenn nicht noch mehr Bestechungsgeld gezahlt wird, oder aber der Agent erteilt in Zukunft grundsätzlich nur noch Aufträge gegen die Zahlung von Bestechungsgeldern. Hier kann wieder auf die Studie von Brunetti, Kisunko und Weder402 verwiesen werden: Danach rechnen ca. 43% der Befragten damit, dass nach einer Bestechungszahlung noch weitere Zahlungen eingefordert werden. Der Prozentsatz nimmt auch hier wieder in einzelnen Ländern zu und übersteigt in Ländern Lateinamerikas und des Commonwealth die 50%-Marke.

Über die Kosten, die durch das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Agent und Klient hinaus entstehen, können sich weitere Kosten in der Zeit nach Abwicklung des erlangten Auftrages ergeben. Gerade wenn Bestechung sys397 Vgl. Pragal, 2006, S. 76; v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (62) m. w. Bsp.; Wrage, 2007, S. 70. 398 BGH NJW 2009, 89 und LG Darmstadt, Beck RS 2007 16611 II. 399 v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (66 ff.). 400 Brunetti/Kisunko/Weder, 1997, S. 33. 401 v. Lambsdorff, in: Pieth/Eigen (Hrsg.), 1999, 56 (76 ff.); Vahlenkamp/Knauß, 1995, S. 49. 402 Brunetti/Kisunko/Weder, 1997, S. 32.

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1. Teil: Grundfragen

tematisch betrieben wird und zur Geschäftspolitik eines Unternehmens gehört, kann ein Klima entstehen, dass nicht nur kriminelles Handeln zugunsten des Unternehmens befördert, sondern auch langfristig egoistisch motiviertes kriminelles Handeln, das dem Unternehmen Schaden zufügt.403 So mögen Unternehmensangehörige Teilbeträge von Bestechungssummen für sich behalten oder sich aus den Vermögensbeständen bedienen, die sich in nicht buchhalterisch erfassten und kontrollierten schwarzen Kassen oder Scheinfirmen befinden. In dem der Entscheidung OLG Frankfurt NStZ-RR 2004, 244 zugrundeliegenden Fall soll der Angeschuldigte vorgespiegelt haben, dass zur Erlangung von Großaufträgen die Zahlung von Bestechungsgeldern an Verantwortliche des Herstellers erforderlich sei. Nachdem die Beträge zur Zahlung freigegeben wurden, hat der Angeschuldigte diese jeweils für sich vereinnahmt.

Zuletzt ist auch möglich, dass ein Unternehmen sich auf Dauer zu sehr auf seine Bestechungspolitik verlässt und daneben die Aufrechterhaltung ihrer Innovationsfähigkeit durch die Entwicklung neuer Produkte oder Vermarktungsmöglichkeiten vernachlässigt. Damit kann es langfristig den Anschluss an die Konkurrenz verlieren und auch Bestechungsleistungen können keine Auftragsvergabe mehr an das Unternehmen bewirken.404 (b) Kosten bei Entdeckung der Bestechung Im Rahmen der Transaktionskostenanalyse wurden noch nicht diejenigen Kosten berücksichtigt, die sich aus der Entdeckung der Bestechung ergeben: Wird die Bestechung entdeckt, können negative Folgen strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder sonstiger Natur eintreten. Die Kosten einer Entdeckung setzen sich zusammen aus der Art und Schwere der angedrohten Strafen sowie der Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung und der Bestrafung der Tat. (aa) Strafrechtliche Folgen Die strafrechtlichen Folgen einer Bestechung für das Unternehmen wurden bereits oben unter dem Punkt „Unternehmen als Sanktionsadressaten“405 erläutert: Durch die Anordnung eines Verfalls gem. §§ 73 ff. StGB kann der wirtschaftliche Vorteil aus einem Bestechungsgeschäft abgeschöpft werden. 403 Siehe z. B. O’Gara, 2004, S. 95 f., der davon ausgeht, dass kriminelles Handeln zugunsten eines Unternehmens auf lange Sicht immer in kriminelles Handeln zulasten des Unternehmens umschlägt. Außerdem Pragal, 2006, S. 76 f. 404 Vgl. Pragal, 2006, S. 75 f. 405 Siehe oben S. 80 ff.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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Die Anordnung einer Geldbuße gem. § 30 Abs. 1 OWiG setzt sich zusammen aus einem Bußgeldanteil sowie der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 IV OWiG) aus dem Bestechungsgeschäft. Wird folglich die Bestechung entdeckt und sanktioniert, so bestehen die strafrechtlichen Kosten für das Unternehmen in einem Verlust des wirtschaftlichen Vorteils einer Bestechung durch die zwingende Anordnung des Verfalls gem. §§ 73 ff. StGB oder die fakultative Geldbuße gem. § 30 OWiG. Die innerhalb der Siemens AG entdeckten schwarzen Kassen und Bestechungshandlungen betrafen nicht nur einen einzelnen, sondern eine Vielzahl von Bestechungsvorgängen in mehreren Bereichen des Konzerns. Insgesamt wurden gegen die Siemens AG für diese Vorfälle auf Grundlage des § 30 OWiG Geldbußen in einer Gesamthöhe von 596 Mio. Euro verhängt.406 Ein gem. §§ 73 I, III, 73a, 73b, 73c StGB angeordneter Verfall des Wertersatzes in Höhe von 38 Mio. Euro durch das Landgericht Darmstadt407 wurde dagegen vom BGH mangels „Anknüpfungsdelikt“ aufgehoben408.

(bb) Zivilrechtliche Folgen a) Wirksamkeit der Verträge Im Rahmen der Betrachtung der zivilrechtlichen Folgen ist zunächst näher auf die Wirksamkeit der im Rahmen eines Bestechungssachverhaltes geschlossenen Verträge einzugehen. Im Rahmen eines Bestechungsverhaltes werden grundsätzlich zwei Verträge geschlossen, zum einen der Vertrag zwischen Klient und Agent, in dem die Vorteilserbringung für eine Gegenleistung vereinbart wird; zum anderen schließt der Agent im Namen des Prinzipals mit dem Klienten einen Vertrag über die Erteilung eines bestimmten Auftrages. Der Vertrag zwischen Klient und Agent ist nach ständiger Rechtsprechung gem. §§ 134 I, 138 BGB i. V. m. §§ 299 oder 331 ff. StGB nichtig.409 Denn wird mit einem Vertreter eines anderen Unternehmens oder einem Amtsträger die Erbringung eines Vorteils für eine bestimmte Gegenleistung durch Machtmissbrauch vereinbart, so erfasst dies grundsätzlich die Tatbestände 406 Siehe Pressemitteilungen der Siemens AG vom 04.10.2007, Informationsnummer AXX200710.2 d, und vom 15. Dezember 2008, Informationsnummer AXX200812.19 d wp. 407 LG Darmstadt, Beck RS 2007 16611 V. 408 BGH NJW 2009, 89 (95). 409 RGZ 136, 359 (360); BGH NJW 1962, 1099; NJW 1979, 363; NJW-RR 1987, 42; in neuerer Zeit BGHZ 141, 357 (359) = NJW 1999, 2266 (2267).

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1. Teil: Grundfragen

der § 299 oder §§ 331 ff. StGB, die als gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB auszulegen sind. Eine andere Frage ist die nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertrags zwischen Klient und Prinzipal. Die Rechtsprechung bejaht die Nichtigkeit nicht ohne Weiteres, da es für eine Nichtigkeit gem. § 134 BGB in der Regel an einer Erstreckung des gesetzlichen Verbotes auch auf das Hauptgeschäft fehlt.410 Für eine Sittenwidrigkeit des Geschäftes gem. § 138 I BGB kommt es darauf an, ob Agent und Klient bei Vertragsschluss kollusiv zum Nachteil des Prinzipals zusammengewirkt haben, die Bestechungsabrede also zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Vertragsgestaltung geführt hat.411 Das ist insbesondere der Fall, wenn ein KickBack412 (Rückvergütung) vereinbart wurde, sodass im Endeffekt der Prinzipal die Kosten der Vorteilserbringung trägt. Nur in einem solchen Fall ist der Vertrag zwischen Prinzipal und Klient gem. § 138 BGB nichtig. Wird nun die Bestechung entdeckt und ist der Vertrag zwischen Prinzipal und Klient nichtig, kann der Prinzipal eine Rückabwicklung des Vertrages verlangen. Tut er dies tatsächlich, so kommen erhebliche finanzielle Belastungen auf das Unternehmen zu: Es muss den Kaufpreis zurückerstatten und auf seine eigenen Kosten die geleistete Ware zurücknehmen. Neben den Kosten für die Rückabwicklung und neben dem entgangenen Gewinn können sich weitere finanzielle Nachteile ergeben, sofern die zurückgenommene Ware wertlos ist. Dass die Kosten für eine Rückabwicklung v. a. dann sehr hoch sein können, wenn das gelieferte Produkt des bestechenden Unternehmens speziell auf die Bedürfnisse des anderen Unternehmens zugeschnitten war, zeigt wiederum der „Fall „Siemens/ENEL“.413 Nach Bekanntwerden der Bestechungsvorgänge wurden Verhandlungen zwischen der Siemens AG und dem ENEL-Konzern aufgenommen, innerhalb derer von Seiten des ENEL-Konzerns der angebliche entstandene Schaden mit 200 Mio. Euro beziffert wurde. Obwohl dieser von Seiten der Siemens AG als weit überhöht eingeschätzt wurde, ließ sich die Siemens AG auf ein Settlement Agreement mit einer Kostenbelastung i. H. v. ca. 90 Mio. Euro ein. Die Verhandlungsführer befürchteten nämlich, dass die Lieferverträge angefochten werden könnten, was aus Sicht der Siemens AG verheerende wirtschaftliche Folgen gehabt hätte – die gelieferten Produkte, speziell gefertigte Gasturbinen, hätten ausgebaut, der Kaufpreis zurückgezahlt und eventuelle Mehraufwendungen des ENEL-Konzern erstattet werden müssen. 410

Für § 299: BGH NJW 1999, 2266 (2267). BGH NJW 1989, 26 (27); NJW-RR 1990, 442 (443); NJW 1999, 2266 (2267). 412 Zum Begriff siehe oben S. 62. 413 LG Darmstadt, Beck RS 2007 16611 (Ausführungen insoweit nicht abgedruckt in BGH NJW 2009, 89). 411

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

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b) Schadensersatzpflicht Die finanziellen Nachteile aus einer Rückabwicklung des Vertrages können begleitet werden von einem Schadensersatzbegehren des Prinzipals. Aufgrund des kollusiven Handelns von Agent und Klient können sich Schadensersatzansprüche aus §§ 823, 826 BGB ergeben und das Unternehmen zum Ersatz der dem Prinzipal entstandenen Schäden verpflichten.414 (cc) Sonstige Folgen Neben den negativen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Folgen für das Unternehmen kommt noch eine Vielzahl weiterer negativer Folgen in Betracht. Gelangen Bestechungsvorgänge in die Öffentlichkeit, so ruft dies in der Regel negative Reaktionen hervor, die das öffentliche Ansehen des Unternehmens beeinträchtigen können.415 Das kann sich in niedrigeren Verkaufszahlen des Unternehmens ausdrücken; es mögen aber auch andere Unternehmen davor zurückschrecken, mit dem Unternehmen in der Zukunft in Geschäftskontakt zu treten, da sie unlauteren Einfluss auf ihre Mitarbeiter befürchten müssen. Daneben hat das Unternehmen in der Regel erhöhte Ausgaben, um die Bestechungsvorwürfe abzuwehren oder um das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit wieder herzustellen.416 Weitere Kosten können auch durch außerstrafrechtliche Sanktionsformen entstehen, so z. B. durch den Ausschluss von laufenden Vergabeverfahren417 oder dem Eintrag des Unternehmens in sog. Korruptionsregister418, der zu einem Ausschluss von Ausschreibungsverfahren für einen längeren Zeitraum führen kann. Eine besondere Bedeutung bei den sonstigen Folgen haben Maßnahmen der US-amerikanischen Börsenaufsicht- und Wertpapieraufsicht, der Securities and Exchange Commission (SEC). Ist ein Unternehmen u. a. an USamerikanischen Börsen notiert419, unterliegt es automatisch der Aufsicht der SEC. Bei Bekanntwerden von Bestechungsvorgängen innerhalb eines Unter414

Berg, AG 2007, 271 (273). Prüfer, 2004, S. 57; Curti, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), 1999, 71 (83 f.). 416 Prüfer, 2004, S. 56. 417 Gem. § 9 VOB/A, § 7 Nr. 5 c VOL/A. 418 Vgl. ausführlich dazu Pörtz in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, Kap. 7, Rn. 38 ff. und zur Lage in Deutschland Busch, StV 2009, 291 (300). 419 Zu den Voraussetzungen der Befugnis der SEC zur Aufnahme von Ermittlungen Wastl/Litzka/Pusch, NStZ 2009, 68 (69). 415

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1. Teil: Grundfragen

nehmens kann daher die SEC Ermittlungen aufnehmen und nach deren Abschluss auch Geldbußen in beträchtlicher Höhe verhängen.420 Zusätzlich kommen, verursacht durch die Ermittlungen der SEC, in der Regel auch hohe Anwaltskosten auf die Unternehmen zu, da nach US-amerikanischem Recht unternehmensinterne Ermittlungen und ein eigener Beitrag zur Aufklärung durch den Einsatz von externen Anwaltsfirmen als strafmildernd bei der Bemessung der (Unternehmens-)Geldstrafe gewertet werden können.421 Zur Aufklärung der Bestechungsvorfälle innerhalb des Siemens-Konzerns beauftragte der Siemens-Aufsichtsrat eine US-amerikanische Kanzlei, die bis Ende 2008 Honorarrechnungen i. H. v. rund 700 Millionen Euro stellte.422 In einem Vergleich mit der SEC einigte sich der Konzern schließlich auf eine Gewinnabschöpfung i. H. v. 350 Millionen Dollar, die zur Beendigung des eingeleiteten Zivilverfahrens führte. Darüberhinaus akzeptierte die Siemens AG ein Bußgeld von 450 Mio. Dollar und erzielte so eine Einigung mit dem United States Department of Justice.423

(c) Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit Obige Ausführungen zeigen, dass bei der Entdeckung von Bestechungssachverhalten erhebliche nachteilige Konsequenzen auf das Unternehmen zukommen können. (1) Dass sich dennoch viele Unternehmen von den drohenden Nachteilen nicht abschrecken lassen, liegt zum einen an der geringen Entdeckungswahrscheinlichkeit. Bei weitem nicht jeder Bestechungsvorgang wird entdeckt, in dem Sinne, dass die Öffentlichkeit, die Strafverfolgungsbehörden und andere öffentliche Institutionen davon Kenntnis erlangen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass im Bereich der Unternehmenskorruption ein „außerordentlich hohes“424 Dunkelfeld existiert425. Dies liegt einmal daran, dass die Beteiligten an einem Bestechungsvorgang mit einem Höchstmaß an Heimlichkeit operieren;426 auch kann das korruptive Vorgehen auch nicht von unbeteiligten Dritten beobachtet werden427. 420

Siehe zu diesem Themenkomplex Wastl/Litzka/Pusch, NStZ 2009, 68. Wastl/Litzka/Pusch, NStZ 2009, 68 (69). 422 Wastl/Litzka/Pusch, NStZ 2009, 68 (69, Fn. 12). 423 Pressemitteilung der Siemens AG vom 15. Dezember 2008, Informationsnummer AXX200812.19 d wp. 424 So Busch, StV 2009, 291 (296). 425 Bannenberg, 2002, S. 347, 352; Prüfer, 2004, S. 16; Bottke, ZRP 1998, 215 (218); Schaupensteiner, NStZ 1996, 410 (409); Vahlenkamp/Knauß, 1995, S. 21; Busch, StV 2009, 291 (296). 426 Siehe oben S. 47; vgl. auch Vogt, 1997, S. 51. 427 Bannenberg, 2002, S. 61. 421

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

119

Der Grund für die geringe Entdeckungswahrscheinlichkeit ist daneben in der Qualifizierung korruptiver Taten als opferlose Delikte, sog. victimless crimes428, zu suchen. Zwar mag durch solche Taten ein beträchtlicher Schaden für den Prinzipal, Konkurrenten, die Allgemeinheit etc. entstehen, allerdings kann dieser zumeist keinem konkreten personales Opfer zugeordnet werden, welches die Folgen der Tat unmittelbar spürt. Damit fällt aber der typische Informant für die Strafverfolgungsbehörden weg. Das Dunkelfeld wird im Ergebnis auf 95% geschätzt, von 100 begangenen Korruptionstaten werden also nur fünf aufgedeckt429; das BKA nimmt darüber hinaus im Bereich der Wirtschaftskorruption ein noch größeres Dunkelfeld als im Bereich der öffentlichen Korruption an.430 (2) Über die Entdeckungswahrscheinlichkeit hinaus ist in Bezug auf strafrechtliche Konsequenzen die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Sanktionierung des Bestechungsvorgangs zu berücksichtigen. Die Ermittlung eines Bestechungsvorganges ist mühsam, da die beteiligten Personen in der Regel schweigen und die Spuren der Geldflüsse geschickt verwischt werden.431 Eine zusätzliche Erschwernis besteht, wenn die Korruption internationale Ausmaße annimmt, sich also Bestechungsgeldempfänger und Konten im Ausland befinden. Dies führt dazu, dass Ermittlungen häufig eingestellt werden müssen und am Ende zumindest in strafrechtlicher Hinsicht keine negativen Folgen für das Unternehmen eintreten. Für die tatsächliche Sanktionswahrscheinlichkeit, insbesondere die Sanktionierung von Unternehmen, bestehen allerdings keine aussagekräftigen Statistiken.432 (3) Wie hoch die Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit tatsächlich ist, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Es bestehen keine starren Wahrscheinlichkeiten, vielmehr schwanken diese, je nachdem in welchem gesellschaftlichen Umfeld sich das Unternehmen bewegt, wie die öffentliche Einstellung aber auch die Einstellung der Strafverfolgungsbehörden gegenüber Korruptionssachverhalten ist, nach oben oder nach unten. Insbesondere unter Berücksichtigung der Schätzung von Bannenberg und Schaupensteiner433 ist die Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit jedenfalls äußerst gering.

428 429 430 431 432 433

Bannenberg, 2002, S. 61. Bannenberg/Schaupensteiner, 2007, S. 40. Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebericht Korruption 2008, S. 9. Siehe oben S. 54 ff. Dies stellt auch fest: Busch, StV 2009, 291 (295). Bannenberg/Schaupensteiner, 2007, S. 40.

120

1. Teil: Grundfragen

(4) Folgerungen in Bezug auf die Zielüberprüfung Kommt man zurück auf das eingangs angeführte Beispiel „Siemens/ ENEL“, so zeigt sich, dass eine reine Saldierung von eingesetztem Bestechungsgeld und erzieltem Gewinn aus einem Bestechungsvorgang im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse keinen Bestand haben kann. Auf der Nutzenseite sind nicht nur der erwartete Gewinn zu berücksichtigen, sondern auch Vorteile, die über ein einzelnes, durch Bestechung zustande gekommenes Geschäft hinausgehen. Durch eine Bestechung kann ein einzelner Kunde für die Zukunft enger an das Unternehmen gebunden und allgemein die Stellung eines Unternehmens auf einem bestimmten Markt gefestigt oder ausgebaut werden. Diese monetär sehr schwer messbaren Faktoren dürfen bei einer Kosten-Nutzen-Analyse nicht außer Acht gelassen werden. Eine Transaktionskostenanalyse und eine Betrachtung der Kosten, die bei Entdeckung und Sanktionierung der Bestechung entstehen können, zeigen aber auch, dass neben dem gezahlten Bestechungsgeld – sofern dieses nicht über ein Kick-Back refinanziert wird – eine Reihe weiterer z. T. beträchtlichen Kostenfaktoren hinzukommen können. Diese treten allerdings nur unter Umständen ein und lassen sich daneben auch nur schwer in Geld messen. Gerade aufgrund der geringen Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit relativieren sich die Kosten einer Entdeckung der Bestechung jedoch erheblich. Insgesamt führt die Betrachtung der Bestechung unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-Nutzen-Analyse zu einem differenzierten Bild, geht es darum festzustellen, ob die Bestechung vorteilhaft im Sinne der angestrebten Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung ist. Die Vielzahl an möglichen Kostenund Nutzenfaktoren zeigt die Notwendigkeit, jeden Fall gesondert zu beurteilen. Außerdem hat gerade die Tatsache, dass die Entscheidung zur Bestechung riskobehaftet ist, gezeigt: Im Zeitpunkt der Entscheidung zur Bestechung, also aus der relevanten ex-ante-Sicht, kann nicht sicher vorhersagt werden, welches Ergebnis eintreten wird, da mit der Entscheidung viele Unsicherheitsfaktoren verbunden sind.434 Von der Grundtendenz her sprechen allerdings auf der Nutzenseite die vielen Vorteile über die bloße Auftragserlangung hinaus und auf der Kostenseite die geringe Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit dafür, dass das angestrebte Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung erreicht werden kann.

434

Prüfer, 2004, S. 50.

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

121

dd) Das Gefangenendilemma (1) Einführung Eine weit verbreite Art der „Rechtfertigung“ für die Zahlung einer Bestechungssumme zur Auftragserlangung ist das Argument „es machen doch alle“ oder „wenn wir nicht bestechen, dann tun es die anderen.“ Gerade in bestimmten Ländern und auf bestimmten Märkten gehöre Bestechung zum Geschäftsalltag; nur durch den Einsatz von Bestechung könnten Aufträge erlangt werden. Die Unternehmen stünden vor dem Dilemma, entweder zu bestechen und sich so im Wettbewerb mit anderen Konkurrenten behaupten zu können oder eben nicht zu bestechen und sich somit Aufträge entgehen zu lassen. Der Verzicht auf Bestechung lohne sich nicht, da dann eben die bestechenden Konkurrenten Aufträge erlangten. Diese Art der Rechtfertigung weist darauf hin, dass die Situation eines Unternehmens, das vor der Entscheidung steht, ob es bestechen soll oder nicht, die eines typischen (Gefangenen-)Dilemmas sein kann. Mit Hilfe dieses spieltheoretischen Ansatzes, der v. a. in der Ökonomie zur Analyse der Bestechung verwendet wird, soll das Verhalten von Marktteilnehmern vorhergesehen bzw. erklärt werden.435 (a) Verhältnis zur Kosten-Nutzen-Analyse Beim Gefangenendilemma handelt es sich um ein theoretisches Modell, das mit beschränkten Wirklichkeiten arbeitet und damit die Realität nicht umfassend abbilden kann.436 Anders hingegen bemüht sich die Kosten-Nutzen-Analyse gerade um eine Abbildung der Wirklichkeit, indem alle bestehenden Kosten- und Nutzenfaktoren in eine Analyse mit einbezogen werden. Als theoretisches Modell vermag das Gefangenendilemma einen bestimmten Faktor innerhalb der Kosten-Nutzen-Analyse näher zu beleuchten, nämlich den Einfluss des wettbewerblichen Umfeldes auf das Ergebnis einer Bestechung. Es wird berücksichtigt, dass auch das Entscheidungsverhalten anderer Unternehmen bzgl. des Einsatzes von Bestechung sich möglicherweise auf das Ergebnis einer Bestechungsentscheidung auswirken kann, sei es, indem zusätzliche Nutzenfaktoren, sei es, indem zusätzliche Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind. 435 Siehe zum Gefangenendilemma im Falle der Bestechung: Homann, zfbf 49 (1997), 187 (195); Schramm, in: Aufderheide (Hrsg.), 2005, 83 (84 f.); Dietz, 1998, S. 66 f.; Prüfer, 2004, S. 50; allgemein zum Gefangenendilemma Wittig, 1993, S. 41–43. 436 Vgl. Rieck, 2009, S. 41.

122

1. Teil: Grundfragen

(b) Das Gefangenendilemma als Teilbereich der Spieltheorie Die Spieltheorie beschäftigt sich mit der Analyse von Entscheidungssituationen, in denen das Ergebnis nicht von einem Entscheidungsträger allein bestimmt werden kann, sondern nur von mehreren Entscheidungsträgern gemeinsam.437 Diese Theorie wird in verschiedenen Teilbereichen der Sozialwissenschaften zur Anwendung gebracht, so eben auch in den Wirtschaftswissenschaften zur Analyse von Marktverhalten.438 Ein bedeutender Teilbereich der Spieltheorie ist das Gefangenendilemma. Es handelt sich hierbei um ein Paradox – in der Situation eines klassischen Gefangenendilemmas können Entscheidungen, die individuell rational erscheinen zu kollektiv schlechteren Ergebnissen führen.439 (2) Bestechungsentscheidung als Dilemmasituation In einer abgewandelten Form lässt sich das Gefangenendilemma auch auf eine klassische Bestechungssituation anwenden. Zur Einführung dient dabei folgendes Beispiel: Die Unternehmen A und B bewerben sich um Aufträge. Entscheidet sich das Unternehmen A, grundsätzlich zu bestechen, und das Unternehmen B, grundsätzlich nicht zu bestechen, so erzielt das Unternehmen A einen Gewinn von 4, das Unternehmen B nur einen Gewinn von 1 und umgekehrt. Bestechen beide dauerhaft nicht, so erhalten sie einen Gewinn von 3, bestechen beide dauerhaft, so wird ein Gewinn von 2 erreicht.440 Die niedrigeren Gewinne in der Variante „beide bestechen“ gegenüber der Variante „beide bestechen nicht“ erklärt sich aus den erhöhten Kosten, die für die Bestechung aufgebracht werden müssen, so z. B. das Bestechungsgeld selbst.

Unter Bezugnahme auf dieses Beispiel lässt sich die Entscheidungssituation eines Unternehmens, das vor der Entscheidung steht, ob es zur Auftragserlangung das Mittel der Bestechung einsetzen soll oder nicht, wie folgt skizzieren: „Die anderen bestechen oder nicht.“

Weder das Unternehmen A noch das Unternehmen B hat die Möglichkeit, durch sein Verhalten das Verhalten des jeweils anderen zu beeinflussen. „Falls sie es tun, muss sich das Unternehmen schützen, also auch bestechen.“ 437 438 439 440

Rieck, 2009, S. 21. Rieck, 2009, S. 341 ff. Rieck, 2009, S. 49 ff. Beispiel nach Schramm, in: Aufderheide (Hrsg.), 2005, 83 (85).

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

123

Wer nicht besticht, geht die Gefahr ein, dass dieses Verhalten von den anderen „parasitär missbraucht“ oder „defektiert“ wird. Im Beispiel bedeutet dies, dass das auf Dauer nicht bestechende Unternehmen nur einen Gewinn von 1 realisiert und damit vom bestechenden Unternehmen ausgenutzt wird, da es einen Gewinn von 4 realisiert. „Falls die anderen Unternehmen es nicht tun, ist das bestechende Unternehmen der Parasit.“

Falls also die Entscheidung zur Bestechung getroffen wird und das andere Unternehmen sich dagegen entscheidet, so tritt in diesem Fall die Situation mit dem höchsten individuellen Nutzen ein. Im obigen Beispiel kann ein Gewinn von 4 realisiert werden. Das andere Unternehmen wird nun „parasitär missbraucht“. Wiederum hat das Unternehmen jedoch keinen Einfluss auf den Eintritt dieser Situation. „Was die anderen auch tun, das Unternehmen muss bestechen.“

Auf diese Weise kann ein Unternehmen wenigstens den sichersten individuellen Nutzen erzielen. Im obigen Beispiel bedeutet dies einen Gewinn von 2. (3) Konsequenz aus dem Bestechungsdilemma Welche Konsequenzen lassen sich für die Betrachtung der Bestechungssituation aus diesem Analysemodell nun ziehen? Langfristig wäre es für Unternehmen besser, auf Bestechung als Mittel zur Auftragserlangung zu verzichten. Denn so entsteht erst gar nicht ein Wettbewerb der Konkurrenten um die Zahlung von Bestechungsgeldern und eine Dilemmasituation kann vermieden werden. Die „paretosuperiore“ – weil für alle optimale – Situation wäre erreicht. Im spieltheoretischen Sinne handelt es sich hierbei jedoch um ein instabiles Gleichgewicht, denn sobald sich ein Unternehmen zur Bestechung entscheidet (und damit im obigen Beispiel einen Gewinn von 4 realisiert), gerät jenes ins Wanken. Für das weiterhin nicht bestechende Unternehmen verursacht das Verhalten des bestechenden Unternehmens einen Gewinnrückgang und auf lange Sicht möglicherweise eine Verdrängung vom Markt.441 Deswegen wird in der Regel ein stabiles Gleichgewicht angestrebt, mit der Folge, dass alle bestechen und so wenigstens einen sicheren Gewinn (im obigen Beispiel von 2) erreichen können. Zwar handelt es sich hierbei 441 Prüfer, 2004, S. 51; Pieth/Eigen (Hrsg.), Korruption im internationalen Geschäftsverkehr, 1999, S. 2.

124

1. Teil: Grundfragen

um ein „paretoinferiores Gleichgewicht“442, da gegenüber der instabilen Gleichgewichtssituation geringere Gewinne realisiert werden; es ist aber auch gleichzeitig ein „strategisches Gleichgewicht“443, da kein Anreiz besteht, auf Bestechung zu verzichten, zumal sonst die Gefahr des Missbrauchs durch bestechende Unternehmen droht. (4) Folgerungen in Bezug auf die Zielüberprüfung Welche Antworten können aus der Einordnung der Bestechungssituation als Gefangenendilemma auf die Frage nach der Zielerreichung gefolgert werden? Die Darstellung der Entscheidungssituation mit Hilfe des Dilemma-Modelles zeigt den Einfluss des Wettbewerbsverhaltens anderer Unternehmen auf die Möglichkeit der Gewinn- und Rentabilitätssteigerung durch die Bestechung: Dadurch, dass normgemäßes Verhalten von anderen Wettbewerbern missbraucht werden kann, mag es, trotz der mit einer Bestechung verbundenen Unsicherheiten, für das Unternehmen nützlicher sein, zu bestechen, um nicht auf Dauer niedrigere Gewinne zu erzielen und vom Markt gedrängt zu werden. ee) Ergebnis Das mit einer Bestechung für ein Unternehmen verbundene ökonomische Ziel besteht in der Steigerung von Gewinn und Rentabilität des Unternehmens.444 Mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse und mit einer Anwendung des Gefangenendilemmas auf eine Bestechungssituation sollte geklärt werden, ob dieses Ziel durch eine Bestechung erreicht werden kann. Ergebnis einer Zielüberprüfung ist zunächst, dass eine allgemeingültige Antwort nicht gefunden werden kann, da im Moment der Entscheidung eine Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren in Bezug auf die Entscheidungsdeterminanten bestehen. Allerdings ist tendenziell davon auszugehen, dass im Normalfall eine Bestechung auch das gewünschte Ziel erreicht, dies insbesondere aufgrund der geringen Entdeckungs- und Sanktionswahrschein442

Pies, in: Arnold/Grabner-Kräuter (Hrsg.), 2002, 13 (36). Oder auch „Nash-Gleichgewicht“; Rieck, 2009, S. 32. Unter einem strategischen Gleichgewicht oder Nash-Gleichgewicht versteht man demgemäß eine Situation, in der keiner der Spieler einen Anreiz hat, als Einziger von der Gleichgewichtskombination abzuweichen. 444 Siehe dazu oben S. 109. 443

C. Untreue, Pflichtwidrigkeit und unternehmerische Entscheidungen

125

lichkeit sowie unter Berücksichtigung der Bestechungssituation als Gefangenendilemma. Für die Frage einer Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens bleibt damit weiter die Frage bestehen, wie etwas pflichtwidrig sein kann, was aus einer ex-ante-Sicht zum ökonomischen Nutzen des Unternehmens erfolgt.

2. Teil

Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen I. Pflichtwidrigkeit und das Innenverhältnis 1. Pflichtwidrigkeit Sowohl der Missbrauchs- als auch der Treuebruchstatbestand des § 266 StGB erfordern nach h. M., dass der Täter eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, also pflichtwidrig handelt: Der Missbrauchstatbestand, § 266 I Alt. 1 StGB, hat zur Voraussetzung, dass der Täter „eine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen“, missbraucht. Es muss dafür der Täter im Außenverhältnis wirksam1 eine ihm zustehende Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis durch rechtsgeschäftliches oder hoheitliches Handeln ausüben und gleichzeitig im Verhältnis zum Geschäftsherrn sein rechtliches Dürfen überschreiten.2 Ein Überschreiten des rechtlichen Dürfens ist dann gegeben, wenn der Täter eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, d.h. pflichtwidrig handelt.3 1 BGH NStZ 2007, 579 (580); BGH NStZ 2006 210 (213); Fischer (2011), § 266 Rn. 19 f.; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 17; Maurach/Schroeder/Maiwald, 2009, § 45 Rn. 19; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 14. Eine andere Ansicht vertreten LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 32 sowie Arzt, FS Bruns 1978, 365 ff. Danach soll der Missbrauchstatbestand gerade nicht zivil(oder öffentlich-) rechtsakzessorisch, sondern strafrechtsautonom bestimmt werden; die Tathandlung des Missbrauchstatbestandes umfasse alle in Ausübung (oder pflichtwidriger Nichtausübung) der übertragenen Rechtsmacht vorgenommenen, die treuhänderischen Pflichten verletzenden Handlungen. 2 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 14 ff.; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 13 f.; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 6. 3 BGH NJW 1985, 2280; BGH NJW 1988, 2809, 2810; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 30; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (537); Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 4, 6; Krey/Hellmann, 2008, Rn. 542, 545; Lassmann, NStZ 2009, 473 (474).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

127

Der Treuebruchtatbestand gem. § 266 I Alt. 2 StGB erfordert als weniger bestimmte der beiden Tatbestandsalternativen, dass der Täter eine bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt4, auch hier ist also pflichtwidriges Handeln erforderlich.

Da nach h. A. der Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht für beide Tatbestandsalternativen identisch zu bestimmen ist, muss auch die Pflichtwidrigkeit als Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht einheitlich ermittelt werden, gleich welche Tatbestandsalternative einschlägig ist.5 2. Innenverhältnis und Pflichtwidrigkeit Ausgangspunkt für die Ermittlung der Pflichtwidrigkeit im Allgemeinen6 und speziell für den Fall der unternehmerischen Entscheidung (unter Risiko) ist das Innenverhältnis7 zwischen dem vermögensbetreuungspflichtigen Täter8 und Vermögensinhaber: Grund für die Maßgeblichkeit des Innenverhältnisses ist der Schutzzweck der Untreue.9 Das Handlungsunrecht besteht darin, dass der Täter die vom Vermögensinhaber übertragene Macht, über fremdes Vermögen zu verfügen, fehlgebraucht. Da es sich demnach um einen „Angriff von innen heraus“ im Rahmen der Beziehung Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtiger handelt, ist Ansatzpunkt für die Feststellung eines solchen Handlungsunrechts gerade dieses Innenverhältnis.

Speziell für das Risikogeschäft (und im Zuge dessen auch für die unternehmerische Entscheidung) war früher umstritten, wo im Verbrechensaufbau die Abgrenzung zwischen strafbarem und straflosem Risikogeschäft vorzunehmen sei.10 Teilweise wurde auf den rein objektiven Maßstab des ordentlichen Kaufmanns11 oder auf die Begriffe der Sozialkongruenz und Sozialadäquanz12 abgestellt. Andere Ansichten suchten die Lösung darüber hinaus nicht innerhalb des objektiven Tatbestandes, sondern im Rahmen der 4 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 89; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 141; Fischer (2011), § 266 Rn. 50; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (537); Lassmann, NStZ 2009, 473 (474). 5 Siehe dazu sowie zu Nachweisen schon oben S. 89. 6 Siehe nur Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 114, 157. 7 Oder auch „Treueverhältnis“, vgl. Dittrich, 2007, S. 191. 8 Zur Untreue als Sonderdelikt siehe oben. S. 88. 9 Ebenso Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (907 f.). Siehe zum Schutzzweck der Untreue schon oben S. 86. 10 Ausführlich hierzu Waßmer, 1997, S. 25 ff. 11 Begründet wurde diese Ansicht teilweise noch zu § 312 HGB a. F. v. a. durch Schwinge/Siebert, 1933, S. 45; Staub/Ed. Schmidt (1933), § 312 Rn. 16. Für weitere Nachweise siehe Waßmer, 1997, S. 27. Dieser Ansicht schlossen sich das Reichsgericht in RGSt 69, 203 (206 f., 208) an sowie zunächst der BGH, vgl. BGHSt 3, 23 (24), sowie noch BGH wistra 1982, 148 (150).

128 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Rechtswidrigkeit13 bzw. des Vorsatzes und der Schuld14. Diese Lösungsansätze gelten als überholt und werden zu Recht nicht mehr vertreten.15 Die herrschende Meinung nimmt die erforderliche Abgrenzung im objektiven Tatbestand bei der Pflichtwidrigkeit durch Rückgriff auf das Innenverhältnis vor.16 Welche konkreten Pflichten dem Vermögensbetreuungspflichtigen gegenüber dem Vermögensinhaber bei der Vornahme von unternehmerischen Entscheidungen obliegen, ist durch Auslegung des Innenverhältnisses zu ermitteln. Ergebnis einer solchen Auslegung kann sein: • Handelt der Vermögensbetreuungspflichtige gemäß den Vorgaben des Vermögensinhabers und hält sich also innerhalb der vom Vermögensinhaber vorgegebenen Grenzen17, handelt er nicht pflichtwidrig. • Überschreitet der Vermögensbetreuungspflichtige die vom Vermögensinhaber gezogenen Grenzen, handelt er also nicht gemäß seinen Vorgaben18, handelt er pflichtwidrig. 3. Unternehmensrecht und Innenverhältnis a) Akzessorietätscharakter der Untreue Die Erkenntnis, dass zur Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung das Innenverhältnis zwischen Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtigem zur Auslegung heranzuziehen ist, sagt noch nichts darüber aus, welchen Inhalt die im Innenverhältnis geltenden Pflichten haben. 12 Klug, FS Schmidt 1961, 249 (260 f.). In diese Richtung auch Bringewat, JZ 1977, 667 (669). 13 Siehe auch Klug, FS Schmidt 1961, 249 (260 f.). Dieser kommt je nach Art des eingegangenen Risikos entweder zu einem Tatbestandsausschluss (gebotenes Risiko) oder einem Ausschluss der Rechtswidrigkeit (erlaubtes Risiko). 14 Staub/Pinner (1926), § 312 Rn. 11; Bockelmann/Volk, 1987, § 18 V. 15 Siehe dazu Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (163 f.); Waßmer, 1997, S. 25–31. 16 BGH, MDR 1987, 949; BGH NJW 1975, 1234; NJW 1984, 800; Fischer (2011), § 266 Rn. 63; Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165); Nelles, 1991, S. 569; LK/ Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 94 f.; Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 342; Waßmer, 1997, S. 30; Martin, 2000, S. 205 ff.; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Burger, 2007, S. 87; Radtke/Hoffmann, GA 2008, 535 (537). Alle jeweils m. w. N. 17 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165); Nelles, 1991, S. 569; Waßmer, 1997, S. 30; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (907 f.). 18 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (166); Nelles, 1991, S. 569; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (907 f.); Burger, 2007, S. 87.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

129

An dieser Stelle kommt der § 266 StGB innewohnende Akzessorietätsgedanke19 zum Tragen, wonach u. a. der Inhalt der Tathandlung ausgefüllt wird durch außerstrafrechtliche Verhaltensnormen. Geht es um eine mögliche Untreue zulasten eines Unternehmens durch eine unternehmerische Entscheidung sind es Normen des Unternehmensrechtes, die zur Ausfüllung des Untreuetatbestandes heranzuziehen sind. Neben den gesetzlichen Vorschriften aus dem BGB, HGB, AktG oder GmbHG sind davon Gesellschaftsverträge, Satzungen, Gesellschafterbeschlüsse, Arbeitsverträge, unternehmensinterne Verhaltensvorschriften oder Einzelabsprachen und -anweisungen erfasst.20 b) Vorgehensweise bei der Übernahme unternehmensrechtlicher Verhaltensnormen In der strafrechtlichen Literatur wird bei der Übernahme außerstrafrechtlicher Verhaltensnormen, insbesondere unternehmensrechtlicher, folgendermaßen vorgegangen: aa) Individuelle Vorgaben Es wird primär darauf abgestellt, ob der Vermögensinhaber individuelle Vorgaben gemacht hat, wie sich der Vermögensbetreuungspflichtige v. a. bei unternehmerischen Entscheidungen unter Risiko zu verhalten hat („Risikopolitik“21).22 Soweit nicht zwingendes Gesetzesrecht eingreift und dieses unter untreuespezifischen Gesichtspunkten anzuerkennen ist23, sollen die individuellen Vorgaben des Vermögensinhabers Vorrang haben24. Damit unter19 20

Siehe oben S. 92 ff. Waßmer, 1997, S. 57; Weimann, 1996, S. 63; Kohlmann, 1990, Rn. 318, 320,

322. 21 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (166 ff.); Waßmer, 1997, S. 32. Ähnlich Nack, NJW 1980, 1599 (1602): Risikostrategie bzw. Risikoattitüde. 22 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165 f., 167); Waßmer, 1997, S. 32, 52, 57 f.; Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (671); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358 f.); Burger, 2007, S. 88, 108; Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713 (721); Nelles, 1991, S. 570; Maurach/Schroeder/Maiwald, 2009, § 45 Rn. 48 f.; SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 48. 23 Umstritten ist dies beispielsweise bei einem Einverständnis durch die Gesellschafter einer GmbH, das gegen die zwingende Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 GmbHG verstößt, vgl. nur Kubiciel, NStZ 2005, 353 (359) sowie näher unten S. 211 ff. 24 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (164 f.); Waßmer, 1997, S. 32; Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (671); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (358); Murmann Jura 2010, 561 (564).

130 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

scheidet sich die nun h. M. von der früher verbreiteten Ansicht, dass insbesondere in Fällen von Risikogeschäften auf nur objektive Maßstäbe25 etwa des „ordentlichen Kaufmanns“ oder der Sozialkongruenz und Sozialadäquanz zurückzugreifen sei. bb) Fehlen individueller Vorgaben (1) Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften Fehlt es dagegen an individuellen Vorgaben des Vermögensinhabers, wird auf gesetzliche Vorschriften zurückgegriffen, wobei wiederum differenziert wird zwischen konkreten und generalklauselartig formulierten gesetzlichen Regelungen.26 (2) Begründung Umstritten ist allerdings, weshalb auf gesetzliche Vorschriften im Innenverhältnis zwischen Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtigen zurückzugreifen ist.27 (a) Mutmaßliches Einverständnis Eine Ansicht begründet die Geltung von gesetzlichen Vorschriften im Innenverhältnis mit einem Rückgriff auf die Figur des mutmaßlichen Einverständnisses.28 Es sei davon auszugehen, dass der Geschäftsherr im Zweifel immer dasjenige wolle, was den gesetzlichen Vorschriften29 entspreche. Hierfür liege sein mutmaßliches Einverständnis vor. (b) Konkludente Vereinbarung Eine andere Ansicht bestreitet hingegen die Möglichkeit, dass eine Vorgabe des Vermögensinhabers gänzlich fehlen könne. Zwischen Vermögens25

Siehe dazu oben S. 127; so auch Martin, 2000, S. 105. Waßmer, 1997, S. 52, 58; Kubiciel, NStZ 2005, 353 (359). 27 Siehe zu einer Darstellung der verschiedenen Ansichten Burger, 2007, S. 89 f. 28 Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (167); Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 20; Seelmann, JuS 1982, 914 (917); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 49; so wohl auch Murmann Jura 2010, 561 (564). 29 Als Konkretisierung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bzw. des Maßstabes eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns, vgl. Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (167). 26

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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inhaber und Vermögensbetreuungspflichtigem sei vielmehr konkludent vereinbart, dass letzterer bei der Ausübung der ihm übertragenen Dispositionsmacht die gesetzlichen Vorgaben30 einzuhalten habe.31 (c) Stellungnahme Haben Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtiger nicht ausdrücklich über den dem Grundverhältnis (aus welchem sich die Vermögensbetreuungspflicht ergibt) zugrundeliegenden Zweck – etwa der Tätigkeit für ein Unternehmen als Geschäftsführer, Vorstand oder sonstige Leitungsperson – hinaus konkrete Abreden getroffen, so scheint es dennoch nicht richtig, schlicht vom Fehlen von Verhaltensvorgaben zu sprechen und damit auf ein mutmaßliches Einverständnis zurückzugreifen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtiger keine Gedanken über die Ausübung der übertragenen Dispositionsbefugnis gemacht haben. Es erscheint realitätsnaher, dass der Vermögensinhaber das Einhalten gesetzlicher Vorschriften erwartet und dies dem Vermögensbetreuungspflichtigen zumindest konkludent auch zum Ausdruck gebracht hat. In der Folge hat er deswegen auf individuelle Verhaltensvorgaben verzichtet. Richtigerweise ist die Geltung von gesetzlichen Vorschriften im Innenverhältnis als konkludent vereinbart anzusehen. 4. Reduktion unternehmensrechtlicher Verhaltensnormen auf untreuerelevante Pflichten a) Strafrechtsautonome Auslegung Sind individuell vereinbarte oder gesetzlich normierte Verhaltensnormen bzgl. der Vornahme unternehmerischer Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht ermittelt und wurde gegen diese verstoßen, so ist weiter festzustellen, ob dadurch eine Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB begründet wird. Zwar ist der Pflichteninhalt des § 266 StGB akzessorisch zu außerstrafrechtlichen Verhaltensnormen zu ermitteln, allerdings ist vor dem Hintergrund einer asymmetrischen oder limitierten Akzessorietät32 zu beachten, 30 Als Konkretisierung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt Nelles, 1991, S. 571. 31 Nelles, 1991, S. 571; Waßmer, 1997, S. 36 ff.; Labsch, 1983, S. 309 (in Bezug auf den Missbrauchstatbestand). 32 Siehe dazu oben S. 93.

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dass nicht jeder Verstoß gegen unternehmensrechtliche Verhaltensnormen zwingend zur Bejahung der Pflichtwidrigkeit führen muss. Zur „Reduktion“ unternehmensrechtlicher Verhaltensvorschriften auf untreuerelevante Pflichten ist vor dem Hintergrund einer limitierten Akzessorietät zurückzugreifen auf eine spezifisch strafrechtliche Auslegung.33 Zu berücksichtigen sind dabei v. a. der Schutzzweck der Untreue – Fehlgebrauch einer Macht über fremdes Vermögen – wie auch das geschützte Rechtsgut, das Vermögen.34 Ähnlich argumentiert auch das BVerfG in seiner Grundsatzentscheidung zu Untreue im Jahr 2010. Die Ziele einer dem Bestimmtheitsgrundsatz genügenden Auslegung des Pflichtwidrigkeitserfordernisses müssten „von Verfassungs wegen darin bestehen, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken, Wertungswidersprüche zur Ausgestaltung spezifischer Sanktionsregelungen zu vermeiden und den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren“35. b) Pflichtwidrigkeit als gravierende Pflichtverletzung? Speziell im Bereich der unternehmerischen Entscheidungen wird in Anlehnung an einige Urteile des BGH das Vorliegen einer gravierenden Pflichtverletzung gefordert, um eine untreuerelevante Verletzung außerstrafrechtlicher Plichten zu bejahen. Zurückzuführen ist dies auf mehrere Entscheidungen des BGH zur Untreue durch unternehmerische Entscheidungen, in denen er ab dem Jahre 2000 das Erfordernis einer „gravierenden Pflichtverletzung“ eingeführt hatte: • BGH NJW 2000, 2364 – Kreditvergabe I, BGH NJW 2002, 1211 – Kreditvergabe II: In den Jahren 2000 und 2002 entschied der BGH zweimal über die Strafbarkeit gem. § 266 StGB durch die Vergabe risikobehafteter Kredite.36 Der BGH ließ in seiner ersten Entscheidung 2000 nicht jeden geringfügigen Verstoß gegen die den Banken obliegende Prüfungs- und Informationspflicht gem. § 18 KWG genügen; in BGH NJW 2002, 1211 33

Siehe dazu schon oben S. 94 mit entsprechenden Nachweisen aus der Litera-

tur. 34 Zum Schutzzweck bzw. Unrechtsgehalt sowie zum geschützten Rechtsgut siehe oben S. 86 f. 35 BVerfG NJW 2010, 3209 (3215). 36 Siehe zur Vergabe von Krediten als unternehmerische Entscheidungen oben S. 44.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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(1214) wurde dies konkretisiert, indem der BGH einen „gravierenden“ Verstoß gegen die sich aus § 18 KWG ergebenden Pflichten forderte: „Die Informationspflichten, deren Vernachlässigung eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestands begründen, und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 KWG sind [. . .] nicht vollständig deckungsgleich [. . .]. Gravierende Verstöße gegen die bankübliche Informations- und Prüfungspflicht begründen aber eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Missbrauchstatbestands des § 266 StGB“. • BGH NStZ 2002, 322 – SSV Reutlingen: Wieder aufgenommen wurde das Erfordernis einer „gravierenden Pflichtverletzung“ in der Entscheidung „SSV Reutlingen“ des BGH37 aus dem Jahre 2001. Es ging hierbei um die Vergabe von Unternehmensspenden durch den Vorstand einer AG. Für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB durch die Vergabe von Spenden zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport genüge nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese müsse vielmehr gravierender Art sein. • BGH NStZ 2006, 221 – Kinowelt: Ein weiteres Mal wurde das Vorliegen einer gravierende Pflichtverletzung in der sog. Kinowelt-Entscheidung gefordert, die eine mögliche Untreue durch ungesicherte Geldtransfers in einer Unternehmensgruppe betraf. Der BGH bestätigte, dass dem Vorstand einer AG bei der Leitung der Gesellschaft ein weiter Ermessensspielraum zustehe; sofern er diesen beim Treffen einer unternehmerischen Entscheidung überschreite und damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletze, liege eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die so gravierend sei, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit i. S. v. § 266 StGB begründe. Von Teilen der Literatur38 und der unterinstanzlichen Gerichte39 sowie wohl auch vom BVerfG40 wurde diese Rechtsprechung des BGH zur Untreue durch unternehmerische Entscheidungen in der Folge so interpretiert, dass für die Bejahung der Pflichtwidrigkeit gem. § 266 StGB nur eine gravierende Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht genüge. Um zu ermitteln, ob eine solch gravierende Verletzung vorliege, müsse in einer Gesamtabwägung folgendes berücksichtigt werden: Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage des Unternehmens, Verletzung von In37 Siehe zur Vergabe von Unternehmensspenden als unternehmerische Entscheidungen oben S. 45. 38 So wohl MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 154; Matt, NJW 2005, 389 (390); Kiethe, NStZ 2005, 529 (531); Wollburg, ZIP 2004, 646 (656 f.). 39 LG Düsseldorf NJW 2004, 3275 (3280 f.) – Mannesmann. 40 BVerfG NJW 2010, 3209 (3215).

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formations- und Mitteilungspflichten, Vorliegen sachwidriger Motive und Überschreitung von Entscheidungsbefugnissen.41 • BGH NStZ 2006, 214 – Mannesmann: Einer solchen Interpretation der genannten Urteile trat der BGH in der Entscheidung über die Vergabe kompensationsloser Anerkennungsprämien42 entgegen. Es sei gerade keine gravierende Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht bei unternehmerischen Entscheidungen erforderlich. • BGH ZIP 2009, 1854 – „WestLB“: In der bislang jüngsten Entscheidung des BGH zur Untreue durch die Vergabe von risikobehafteten Krediten erwähnt der BGH das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung nicht mehr. Die Rechtsprechung des BGH zu dem Erfordernis einer „gravierenden Pflichtverletzung“ kann vor dem Hintergrund einer limitieren Akzessorietät der Untreue im Ergebnis nur als Hinweis auf eine strafrechtsautonome Bestimmung der Pflichtwidrigkeit verstanden werden.43 Gravierend sind demnach nur solche Pflichtverletzungen, denen unter Heranziehung von Wortlaut und Schutzzweck des § 266 StGB auch Untreuerelevanz zukommt. Das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung stellt aber an sich kein eigenständiges Kriterium für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit dar, denn dafür bietet der Wortlaut des § 266 StGB gerade keinen Anhaltspunkt. Kriterien für eine strafrechtsautonome Ermittlung pflichtwidriger Handlungen müssen ihre Grundlage im Untreuetatbestand selbst finden. c) Pflichtwidrigkeit als Verletzung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht Mit Zustimmung des überwiegenden Teils der Literatur44 ist nach der Rechtsprechung eine pflichtwidrige Handlung dann gegeben, wenn die verletzte außerstrafrechtliche „Pflicht innerhalb der vom Treugeber verliehenen Herrschaftsmacht anzusiedeln ist, über das fremde Vermögen zu verfügen und 41

Kiethe, NStZ 2005, 529 (531); Matt, NJW 2005, 389 (390); Wollburg, ZIP 2004, 646 (657 ff.); MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 154 ff. 42 Siehe zur Vergabe von Anerkennungsprämien als unternehmerische Entscheidungen oben S. 45. 43 Schünemann, NStZ 2005, 473 (476); Murmann Jura 2010, 561 (565); ähnlich Hoffmann, 2010, S. 54. 44 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 89, 102; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 35; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 162; Schönke/ Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 23; Fischer (2011), § 266 Rn. 59; NK-StGB/ Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 63. A. A. im Ergebnis wohl Wolf, KJ 2000, 531 (548).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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es zu betreuen.“45. Es muss ein „innerer Zusammenhang“ zwischen der täterschaftsbegründenden Vermögensbetreuungspflicht und der pflichtwidrigen Handlung bestehen46 bzw. eine spezifische Pflichtverletzung gegeben sein. Es ist damit im Ergebnis nichts anderes gesagt, als dass pflichtwidriges Handeln eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht erfordert, die Verletzbarkeit der Pflicht kann schließlich nicht weitergehen als die Pflicht selbst.47 Relevanz entfaltet das Erfordernis eines „inneren Zusammenhangs“ bzw. einer spezifischen Vermögensbetreuungspflichtverletzung v. a. innerhalb solcher Beziehungen, die zwar insgesamt eine Vermögensbetreuungspflicht begründen48 – so z. B. unzweifelhaft beim Geschäftsführer einer GmbH oder beim Vorstand einer AG –, aber daneben auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung mangels Vermögensbetreuungspflichtcharakter nicht von § 266 StGB geschützt ist.49 Nach dem BGH ist dies beispielsweise der Fall bei der zivilrechtlichen Pflicht, gem. § 667 BGB Provisionen oder Bestechungsgelder an den Geschäftsherrn herauszugeben; es handle sich hierbei gerade nicht um eine spezifische Vermögensbetreuungspflicht, da sie sich nicht von sonstigen Herausgabe- und Erstattungspflichten unterscheide.50 Dasselbe soll gelten, wenn ein Anwalt, der vertraglich zur Verwahrung und Anlegung von überlassenem Geld verpflichtet ist, dieses Geld nicht (rechtzeitig) herausgibt.51 Der BGH stellte in diesem Fall fest, dass aus der Pflicht zur Verwahrung und Anlegung der Gelder nur die untreuerelevante Pflicht entstehe, das Geld zinsbringend anzulegen, es nicht anzugreifen und nicht zu gefährden. Nur eine Verletzung dieser spezifischen Pflichten könne eine pflichtwidrige Untreuehandlung begründen. Die Pflicht hingegen, das Geld rechtzeitig herauszugeben, unterscheide sich nicht von den Herausgabe- und Rückerstattungspflichten anderer Schuldverhältnisse, die regelmäßig keine Treueabrede enthielten.

Diese Rechtsprechung des BGH ist fragmentarisch geblieben, d.h. es wurden keine allgemeinen Voraussetzungen formuliert, unter denen einer einzelnen Pflicht innerhalb einer insgesamt durch die Vermögensbetreuungs45

BGH NStZ 1986, 361 (362); NJW 1991, 1069; NStZ 1994, 35 (36); NJW 2002, 2801 (2802); OLG Düsseldorf MDR 1997, 699; ähnlich OLG Karlsruhe NStZ 1990, 82 (83). 46 So ausdrücklich BGH NStZ 1994, 35 (36). 47 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 162; Saliger, 2005, S. 35. 48 Siehe dazu oben ausführlich S. 101 ff. 49 Siehe nur BGH NStZ 1986, 361 (362); NJW 1991, 1069; NJW 2002, 2801 (2802); daneben Saliger, HRRS 2006, 10 (19); LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 89; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 162. 50 BGH NJW 2002, 2801 (2802). 51 BGH NStZ 1986, 361 (362).

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pflicht geprägten Beziehung auch Untreuerelevanz zukommt. In den Urteilen wurde lediglich darauf hingewiesen, dass der Inhalt und Umfang der Treuabrede maßgebend seien, so wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen und deren Auslegung nach Treu und Glauben ergeben.52 In der Literatur hingegen werden konkretere Voraussetzungen an eine spezifische Vermögensbetreuungspflicht formuliert. Im Folgenden sollen diese dargestellt werden, um dann in einer Stellungnahme eine eigene Ansicht zu entwickeln. d) Voraussetzungen einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht aa) e. A.: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensschützende Pflicht Eine verbreitete Ansicht fordert, dass nur solche Pflichten als spezifisch untreuerelevant anerkannt werden sollen, die einen Bezug zum Vermögen des Vermögensinhabers aufweisen.53 Die verletzte Pflicht müsse gerade unmittelbar und genuin dem Schutz des Vermögens dienen. Umschrieben wird dieses Kriterium mit Begriffen wie Schutzzweckkonnexität54, funktionaler Zusammenhang55, Schutzzweckzusammenhang56 oder sachlich-inhaltlicher Zusammenhang57, wobei es überwiegend als Konkretisierung der Vermögensbetreuungspflicht58 gesehen, von einigen dogmatisch aber auch der objektiven Zurechnung59 zugeordnet wird. 52 BGH NStZ 1986, 361 (362); BGH NJW 1991, 1069; BGH NJW 2002, 2801 (2802). 53 Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (114); Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326 (329); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354 f.); Günther, FS Weber 2004, 312 (316); Dittrich, 2007, S. 191; Thomas, FS Rieß 2002, 795 (805); MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 37; Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (612); Raum, in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.), 2007, 90 (IV, Rn. 73); Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (114); ders., in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), 201 (208); Taschke, FS Lüderssen 2002, 663 (670); Volhard, FS Lüderssen 2002, 674 (678); Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (227); Corsten, wistra 2010, 206 (207). 54 Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). 55 Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (114); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354 f.); Dittrich, 2007, S. 191; Raum, in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.), 2007, 90 (IV, Rn. 73). 56 Saliger, HRRS 2006, 10 (22); Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326 (329). 57 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 37; Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 35. 58 Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326 (329); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (354 f.); Günther, FS Weber 2004, 312 (316); Dittrich, 2007, S. 191; Thomas, FS Rieß 2002, 795 (805); MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 37; Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (612); Raum, in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.), 2007, 90 (IV, Rn. 73); Rön-

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Dieser Ansicht hat sich inzwischen auch der BGH angeschlossen, der in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 forderte, dass eine verletzte – außerstrafrechtliche – Rechtsnorm „ihrerseits – wenigstens auch, und sei es mittelbar – vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen hat“60. Eine solche Ansicht scheint auf den ersten Blick überzeugend, stellt sie doch heraus, dass nicht jede Verletzung außerstrafrechtlicher Pflichten auch pflichtwidrig i. S. d. § 266 StGB sein kann und gibt sie in Rückgriff auf das geschützte Rechtsgut Vermögen ein wirksames, d.h. restriktives Mittel zur Reduktion außerstrafrechtlicher Pflichten an die Hand.61 Zweifel gegenüber dieser Ansicht ergeben sich aber bereits in Bezug auf den Wortlaut des Untreuetatbestandes. § 266 StGB erfordert eine Verletzung der Pflicht, fremde Vermögensinteressen zu betreuen bzw. wahrzunehmen, aber nicht der Pflicht, fremdes Vermögen zu schützen. Vermögen und Vermögensinteressen können nicht gleichgesetzt werden, ebenso wenig wie die Worte schützen und betreuen bzw. wahrnehmen. Zweifel ergeben sich darüber hinaus auch unter Beachtung des Schutzzwecks des Untreuetatbestandes. Fordert man, dass eine Pflicht vermögensschützenden Charakter haben muss, so bedeutet dies im Ergebnis, dass die Verletzung einer solchen Norm zumindest abstrakt vermögensgefährdend zu sein hat. Denkt man dies konsequent zu Ende, so würde das Kriterium der Pflichtverletzung lediglich zu einer Vorstufe des Vermögensnachteils verkommen, denn welche Norm vermögensschützend ist (weil sie zumindest abstrakt vor Vermögensgefährdungen schützt), müsste in Anlehnung an die bestehenden Auffassungen zum Begriff des Vermögens erfolgen. Die Untreue gem. § 266 StGB würde im Ergebnis vor der Vornahme einer abstrakt nau/Hohn, NStZ 2004, 113 (114). In Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713 (722) spricht er allerdings von objektiver Zurechnung. 59 So v. a. Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 200; Schünemann, NStZ 2006, 196 (198); Saliger, HRRS 2006, 10 (22). Letzterer lehnt jedoch das Kriterium der Schutzzweckkonnexität ab. Gegen die Einordnung dieses Kriteriums in die objektive Zurechnung als Unterfall des „Schutzzweckzusammenhangs“ spricht, dass es bei der Figur des Schutzzweckzusammenhangs im Rahmen der objektiven Zurechnung nur um den „Schutzzweck der das erlaubte Risiko begrenzenden Sorgfaltsnorm“ geht und gerade nicht um den Schutzzweck des Straftatbestandes (Roxin, 2005, § 11 Rn. 87.). Die Frage, ob das Vorliegen einer vermögensbezogenen Pflicht zu fordern ist, kann jedoch gerade keine Frage des Schutzzwecks der betroffenen Sorgfaltsnorm sein, sondern eine Frage, wieweit § 266 StGB unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks auszulegen und damit außerstrafrechtliche Verhaltensnormen als untreuerelevante Normen anzuerkennen sind. 60 BGH NJW 2011, 88 (91). 61 Ähnlich Saliger, HRRS 2006, 10 (22).

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vermögensschädigenden Handlung, die zum Eintritt eines Vermögensnachteils führt, schützen. Dem Willen des Vermögensinhabers bzgl. des Einsatzes seines Vermögens käme – sofern man nicht einer personalen Vermögenslehre folgt – nur noch eine Bedeutung für die Begründung einer Pflichtenstellung i. S. d. § 266 StGB zu. Die Unrichtigkeit dieses Ergebnisses tritt besonders deutlich hervor, wenn man den Blick für kurze Zeit weglenkt von der Betrachtung rein unternehmerischer, gewinnorientierter Vermögensinteressen zu Vermögensinteressen mit einer anderweitigen Zweckrichtung.62 Ein gutes Beispiel dafür stellt der Fall dar, den der BGH als sog. „BundesligaSkandal“ entschied, NJW 1975, 1234. Der Vorstand eines Vereines, dessen Mannschaft in der Bundesliga spielte, setzte Vereinsgelder zur Bestechung von Spielern einer gegnerischen Mannschaft ein, um durch den Gewinn des Spieles den Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Der BGH argumentierte, dass zu den Vermögensinteressen auch sportliche und gemeinnützige Zwecke eines Vereines zu zählen seien. Die Pflichtwidrigkeit begründete der BGH sodann v. a. aufgrund eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln des Sports.

Würde man in dem genannten Beispiel fordern, dass den verletzten Pflichten, die Ausfluss der sportlichen Zwecke der Vereinstätigkeit sind, unmittelbar vermögensschützender Charakter zukommt, so müsste man dies und in der Folge ein pflichtwidriges Verhalten gem. § 266 StGB verneinen. Den anerkannten Regeln des Sports kommt gegenüber dem Vermögen des Vereins an sich keine vermögensschützende Funktion zu. Im Gegenteil lag aus der Sicht des Vereinsvorstands gerade ein Verstoß gegen solche Regeln im wirtschaftlichen auf Vermögenserhalt und -mehrung, also auf Vermögensschutz gerichteten Interesse des Vereines. Im Ergebnis können mit dem Kriterium des unmittelbaren vermögensschützenden Charakters einer Norm gerade gemeinnützige, sportliche oder sonstige Zwecke, die mit einer Vermögensbetreuung verbunden sind, nicht mehr berücksichtigt werden, weil diese nicht vermögensschützend wirken. Dadurch aber wird missachtet, dass der Vermögensinhaber die Übertragung der Dispositionsbefugnis auf eine Person gerade nicht nur zum Schutz seines Vermögens vornimmt, sondern dass seine Vermögensinteressen in einer Vielzahl anderweitiger, frei festlegbarer Zwecke bestehen können. Das Erfordernis einer unmittelbar vermögensschützenden Norm widerspricht damit im Ergebnis dem Wortlaut und Schutzzweck der Untreue. Der Schutzzweck besteht im Fehlgebrauch, d.h. einer dem Zweck der Machtübertragung entgegenstehenden Handlung, die sich sodann vermögensschädigend auswirkt und nicht schlicht in der Vornahme einer vermögensgefährdenden und im Ergebnis vermögensschädigenden Handlung. 62

Siehe zur Untreue bei gemeinnützigen Stiftungen Lassmann, NStZ 2009, 473.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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bb) a. A.: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht bei funktionalem Zusammenhang Eine a. A., die v. a. von Saliger63 vertreten wird, schlägt vor, das Verhältnis zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und Pflichtwidrigkeit im Sinne eines funktionalen Zusammenhangs dergestalt zu formen, dass die „konkrete Pflichtverletzung sich als signifikante Ausübung der eigenverantwortlich internen Machtposition des Täters darstellt“64. Im Ergebnis dürfe der Täter die konkrete Pflicht also nicht nur bei Gelegenheit der Vermögensbetreuung verletzen, sondern er müsse dies gerade als Vermögensbetreuer tun.65 Indizien dafür seien die erhöhte Zugriffsmöglichkeit für den Vermögensbetreuungspflichtigen, fehlende Kontrollen ihm gegenüber oder die Überwindung von Tathindernissen mit Hilfe auch seiner Machtposition.66 Als Beispiel wird das Vorstandsmitglied angeführt, das einen Diebstahl von Unternehmensvermögen begeht.67 In einem solchen Fall bestehe gerade kein funktionaler Zusammenhang zwischen der Tathandlung und der Vermögensbetreuungspflicht des Vorstandes, weil der Diebstahl durch den Vorstand gerade nicht in dieser Funktion begangen werde. Begreift man die Pflichtwidrigkeit gerade als Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht, d.h. als Verletzung der Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen bzw. zu betreuen, so kommt es darauf an, inhaltliche Voraussetzungen an eine spezifische Vermögensbetreuungspflicht zu formulieren. In anderen Worten ist die Funktion des Vermögensbetreuungspflichtigen gegenüber dem Vermögensinhaber zu ermitteln. Nur dann also, wenn diese Funktion inhaltlich bestimmt wurde, kann in einem zweiten Schritt festgestellt werden, ob er in seiner Funktion als Vermögensbetreuer gehandelt, ob er in signifikanter Weise seine Macht ausgeübt hat. Allein mit dem Kriterium des funktionalen Zusammenhangs kommt man dagegen auf der ersten Stufe, der inhaltlichen Ermittlung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht und damit verbunden der Funktion des Vermögensbetreuungspflichtigen, nicht weiter.

63 Saliger, HRRS 2006, 10 (22); Saliger, 2005, S. 35 f. Daneben auch Schönke/ Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 36; Mitsch, 2003, § 8 Rn. 46; Burkhardt, NJW 1973, 2190. Kritisch dazu Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (227). 64 Saliger, HRRS 2006, 10 (18). 65 Mitsch, 2003, § 8 Rn. 46; Saliger, HRRS 2007, 10 (18). 66 Saliger, HRRS 2006, 10 (18). 67 Saliger, HRRS 2006, 10 (18).

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cc) Eigene Ansicht Geht man davon aus, dass zur Bejahung der Pflichtwidrigkeit eine Norm verletzt werden muss, die dem Kreis der Vermögensbetreuungspflichten angehört, so erscheint es sinnvoll, zur Konkretisierung zunächst die allgemeinen Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht näher zu beleuchten (1), um sodann diejenigen Kriterien herauszuarbeiten, die sich dazu eignen, zivilrechtliche Verhaltensnormen auf untreuerelevante Pflichten als spezifische Vermögensbetreuungspflichten zu reduzieren (2). (1) Allgemeine Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht Das Gesetz umschreibt in § 266 StGB die Vermögensbetreuungspflicht als die „Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“. Im Zusammenhang mit dem Vermögensnachteil fordert der Wortlaut, dass der Täter den Nachteil demjenigen zufügen muss, „dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat.“ Schon früh hat sich die Rechtsprechung bemüht, diese gesetzlichen Anforderungen zu konkretisieren. Lehrreich ist die Entscheidung des RGSt 69, 58, die 1934, also ein Jahr nach Einführung des § 266 StGB in seiner jetzigen Form, erging. „Dem Ausdruck ‚Vermögensinteressen‘ kann und muss in Verbindung mit den Ausdrücken ‚betreuen‘ und ‚wahrnehmen‘ so viel entnommen werden, daß an Pflichten oder Pflichtenkreise gedacht ist, die sich ihrer Dauer nach über eine gewisse Zeit oder ihrem Umfang nach über bloße Einzelfälle hinaus erstrecken, so daß der Verpflichtete für ihre Erfüllung einen gewissen Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit hat, mag auch ein solcher Pflichtenkreis an Bedeutung und Umfang hinter dem eines . . . Vermögensverwalters im eigentlichen Sinne mehr oder weniger zurückbleiben und sich mehr einer einzelnen Geschäftsbesorgung im Sinne des bürgerlichen Rechtes nähern. Nicht hierher werden in der Regel rein „mechanische“ Tätigkeiten gehören, so die bloße Botentätigkeit als solche oder die Erledigung untergeordneter Einzelaufträge . . . Einen Anhaltspunkt kann es auch geben, ob die das Vermögen des andern berührende Obliegenheit des Täters den wesentlichen Inhalt oder nur eine Nebenpflicht des zwischen beiden bestehenden Innenverhältnisses bildet“.68

Zusammengefasst setzt das Wahrnehmen und Betreuen fremder Vermögensinteressen eine durch Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit geprägte Geschäftsbesorgung für einen anderen in einer nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit69 voraus. Kriterien für das Vorliegen eines solchen 68

RGSt 69, 58 (61). RGSt 71, 90 (91); BGHSt 1, 186 (188 ff.); BGH NJW 1953, 1272 (1273); BGHSt 5, 187 (188 f.); 22, 190 (191 f.). 69

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Verhältnisses sollen demnach sein: (1) Die Geschäftsbesorgung für einen anderen ist ein wesentlicher Inhalt und nicht nur eine Nebenpflicht der bestehenden Rechtsbeziehung; (2) die Treuepflichten bestehen für eine gewisse Dauer und betreffen von ihrem Umfang her nicht nur Einzelfälle; (3) die betreffende Person besitzt in ihrer Stellung eine gewisse Selbstständigkeit. Die Literatur stimmt diesen Kriterien weitgehend zu70, zumal damit auch den Anforderungen, die sich aus dem Schutzzweck der Untreue ergeben, grundsätzlich Genüge getan ist – handelt es sich um keine Geschäftsbesorgung für einen anderen, sondern nur um bloße Austauschverhältnisse mit typischen vertraglichen Pflichten71, so liegt bei einem Pflichtenverstoß kein Angriff von innen heraus vor72; ist die Tätigkeit für den anderen nicht von Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit geprägt, so etwa bei bloßen unselbstständigen Tätigkeiten, wie dem Einkassieren oder Aufbewahren von Geld, wurde schon gar keine Macht über fremdes Vermögen eingeräumt.73 (2) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensinteressenbezogene Pflicht (a) Inhalt der Geschäftsbesorgung als Ausgangspunkt Anhand welcher Kriterien ist nun zu ermitteln, welche Pflichten innerhalb einer rechtlichen Beziehung mit Vermögensbetreuungspflichtcharakter in einem inneren Zusammenhang zur Vermögensbetreuungspflicht stehen, also gerade spezifische Vermögensbetreuungspflichten darstellen? Negativ formuliert ist dies dann der Fall, wenn bei Verstoß gegen die in Frage stehende Verhaltensnorm nicht in Geschäftsbesorgung für einen anderen bzw. nicht selbstständig und freiverantwortlich gehandelt wurde. Eine solche Abgrenzung mit Hilfe negativer Kriterien liefert jedoch lediglich Anhaltspunkte, es können damit keine positiven Kriterien formuliert werden. 70 NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 32; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 29; LK/Schünemann StGB (1998), § 73; Fischer (2011), § 266 Rn. 34. Grundsätzlich auch Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 24; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 11; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, 2009, § 22 Rn. 57 ff. 71 BGH NJW 1968, 1938. 72 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 58, 75; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 30; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 33. 73 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 82; Rengier, Strafrecht BT I (2009), § 18 Rn. 9, 15 f.; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 32; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 2: es fehlt am erforderlichen wirtschaftlichen Entscheidungsspielraum.

142 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen Als Beispiel mag hierfür wieder das o. g. Beispiel des Rechtsanwalts74 dienen, der zu Aufbewahrung und Anlegung übergebene Mandantengelder nicht rechtzeitig herausgibt. Ohne zu wissen, was konkreter Inhalt der Geschäftsbesorgung ist, kann nicht gesagt werden, ob sich hieraus auch die untreuerelevante Pflicht zur rechtzeitigen Herausgabe ergibt.

Es muss also darum gehen, positive Kriterien für die Verletzung gerade einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht zu formulieren. Um herauszufiltern, an welchem Punkt hierfür anzusetzen ist, lohnt ein Blick in das Urteil BGH NStZ 1984, 361 (362); der BGH führte zur Frage der Verletzung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht aus: „Maßgebend [für die Abgrenzung von Treue- zu bloßen Schuldnerpflichten] sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, so wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen und deren Auslegung nach Treu und Glauben ergeben. Nach den bisherigen Feststellungen werden nach der Abänderung des Anwaltsvertrages nur die Pflichten des Angekl. zur Verwahrung und Anlegung des überlassenen Geldes von der Treuepflicht umfaßt. Der Angekl. hatte das Geld zinsbringend anzulegen, er durfte es nicht angreifen und nicht gefährden. Diese vom Angekl. übernommene Geschäftsbesorgung gestaltete das Vertragsverhältnis auch zu einem Treueverhältnis. Nur die Verletzung dieser spezifischen Treuepflichten wäre eine Untreuehandlung gewesen. Die Pflicht, das Geld rechtzeitig herauszugeben, unterschied sich nicht von den Herausgabe- und Rückerstattungspflichten anderer Schuldverhältnisse, die regelmäßig keine Treueabrede enthalten.“

Allgemeiner formuliert: Der BGH verweist auf den Inhalt der Geschäftsbesorgung und ermittelt, welchen Inhalt diese hat, v. a. welcher Zweck damit verfolgt wird und ob diesem zuwider gehandelt wurde. Die Ergebnisrichtigkeit dieses Vorgehens wird offenbar, wenn man das Wort Geschäftsbesorgung wieder zurückübersetzt in den Gesetzeswortlaut „Wahrnehmen bzw. Betreuen von Vermögensinteressen“. Anstatt am Begriff der Geschäftsbesorgung zu haften, sollte bei der Bestimmung der Pflichtwidrigkeit darauf abgestellt werden, dass die verletzte Pflicht gerade eine solche sein muss, die zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen aufgestellt wurde. (b) Begriff der Vermögensinteressen Der Begriff des Vermögensinteresses ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Vermögens.75 Während das Vermögen gegenständlich ist, beschreiben Vermögensinteressen etwas subjektives76, nämlich gerade die 74

Zum Beispiel siehe oben S. 135. MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 37; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 69; Nelles, 1991, S. 463 f. 76 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 69. 75

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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Zweckrichtung, die mit der (teilweisen) Übertragung der Dispositionsbefugnis (der Macht über fremdes Vermögen) auf eine bestimmte Person verbunden ist.77 Welcher Zweck einer Übertragung der Dispositionsbefugnis innewohnt, kann abstrakt, d.h. losgelöst von einem bestimmten Treueverhältnis, nicht weiter konkretisiert werden, denn unter Beachtung des Grundsatzes der Privatautonomie sind in der geltenden Wirtschaftsordnung solche Zwecke gerade nicht vertypt, sondern können vom jeweiligen Vermögensinhaber grundsätzlich autonom festgelegt werden.78 Die Zweckrichtung kann von diesem entweder nur völlig abstrakt vorgegeben sein, aber auch ganz konkret, sodass damit gleichzeitig auch eine bestimmte Art und Weise, wie die Dispositionsbefugnis zu gebrauchen ist, mit beinhaltet sein kann. Am Beispiel wiederum des Anwalts79, der die Mandantengelder nicht rechtzeitig heraus gibt, könnte die Pflicht zur Verwahrung und Anlegung der Gelder zusätzlich mit der Auflage verbunden sein, nur konservative, mit wenigen Risiken verbundene Geldanlagen zu wählen. Zweck der Einräumung der Dispositionsbefugnis wäre dann nicht nur das zinsträchtige, sondern auch das risikoarme Anlegen der Mandantengelder. Folge einer so konkreten Zweckvorgabe ist, dass gleichzeitig auch die Art und Weise des Vermögenseinsatzes mit vorgegeben ist.

In Anlehnung an Nelles80 sind zusammenfassend Vermögensinteressen wie folgt zu definieren: Vermögensinteressen sind die vom Vermögenssubjekt autonom definierten abstrakten oder konkreten Zwecke, die mit der Übertragung von Macht über fremdes Vermögen verbunden sind.

Im Ergebnis konkretisierend ist daher festzustellen, dass ein Verstoß gegen spezifische Vermögensbetreuungspflichten und damit ein innerer Zusammenhang dann gegeben sind, wenn sich der Täter aus diesem Pflichtenkreis heraus über den mit der Übertragung der Macht über fremdes Vermögen verbundenen Zweck hinwegsetzt.

77 NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 43; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 37. 78 Nelles, 1991, S. 470. Zu beachten ist, dass etwas anderes gilt, wenn Vermögensinhaber die öffentliche Hand ist. Hier kann der Zweck des Vermögenseinsatzes gerade nicht autonom festgesetzt werden, sondern ist an bestimmte, im Ergebnis dem Allgemeinwohl dienende Normen gebunden. 79 Zum Beispiel siehe oben S. 135. 80 Nelles, 1991, S. 471.

144 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(c) Vermögensinteressen vs. Dispositionsfreiheit Vom Begriff der Vermögensinteressen, denen der Täter dem Wortlaut des § 266 StGB gemäß zuwider handeln muss81, ist der Begriff der Dispositionsfreiheit abzugrenzen und, damit verbunden, eine Handlung, die „nur“ die Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers beeinträchtigt. Dispositionsfreiheit umschreibt die Möglichkeit des Vermögensinhabers, über sein Vermögen jederzeit zu selbstgewählten Zwecken auf eine bestimmte Art und Weise zu verfügen.82 Zwar kann ein Vermögensbetreuungspflichtiger durch eine Handlung genau diese Freiheit beeinträchtigen, allerdings genügt dies noch nicht, um tatsächlich eine Pflichtwidrigkeit zu begründen. Konstitutiv für eine Pflichtenstellung i. S. d. § 266 StGB ist die Übertragung von Macht über fremdes Vermögen, d.h. konkret der Freiheit, über dieses rechtmäßig zu verfügen. Der Vermögensinhaber gibt damit freiwillig einen Teil seiner Dispositionsfreiheit auf und überträgt sie auf eine andere Person. Allein schon die Begründung der Vermögensbetreuungspflicht stellt eine (freiwillig vom Vermögensinhaber vorgenommene) Beeinträchtigung seiner Dispositionsfreiheit dar. Als Beispiel wiederum der oben zitierte Fall des Anwalts, der Mandantengelder zur Aufbewahrung und Anlegung erhielt: Mit Übergabe des Geldes an den Anwalt wurde gleichzeitig die Dispositionsfreiheit der Mandantin eingeschränkt, da sie dieses nicht mehr zu selbstgewählten Zwecken auf eine beliebige Art und Weise einsetzen konnte. Da mit der Pflichtenbegründung nach § 266 StGB zwangsläufig eine Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers einhergeht, wäre es widersinnig, hieran bereits die Pflichtwidrigkeit zu knüpfen. Nur dann, wenn darüber hinaus auch die Vermögensinteressen des Vermögensinhabers betroffen sind, wenn also seiner Zwecksetzung zuwider gehandelt wurde, ist eine Pflichtwidrigkeit gegeben. Nur dann, wenn es der Rechtsanwalt zweckwidrig unterlässt, die Gelder zinsträchtig anzulegen, sie gefährdet oder für sich vereinnahmt, verstößt er gegen die Vermögensbetreuungspflicht, nicht aber durch die bloße Nichtherausgabe. Letzteres stellt nur eine Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit dar. Ein solches Ergebnis entspricht auch der obigen Feststellung, dass die Dispositionsfreiheit gerade nicht geschütztes Rechtsgut des § 266 StGB ist.83 Im Ergebnis lässt sich damit festhalten: Die Begriffe Vermögensinteressen und Dispositionsfreiheit sind auseinanderzuhalten. Eine bloße Beein81 82 83

Vgl. hierzu auch Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). Nelles, 1991, S. 469, 450 f. Siehe oben S. 86.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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trächtigung der Dispositionsfreiheit genügt noch nicht für die Bejahung einer pflichtwidrigen Handlung. (d) Zusammenhang mit Vermögensinteressen des Vermögensinhabers (aa) Unmittelbarkeit Eine außerstrafrechtliche Pflicht kann dann als spezifische Vermögensbetreuungspflicht qualifiziert werden, wenn sie Ausfluss des Zwecks ist, dem die Übertragung einer Dispositionsbefugnis über fremdes Vermögen innewohnt. Der Zusammenhang zu den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers muss also ein unmittelbarer sein. Insbesondere wenn dem Vermögensbetreuungspflichtigen Vorgaben in Bezug auf die Art und Weise im Umgang mit dem anvertrauten Vermögen gemacht werden, sind diese nur dann untreuerelevant, wenn sie nicht nur mittelbar und reflexhaft einen Bezug zu den Vermögensinteressen aufweisen.84 Außerstrafrechtliche Pflichten müssen sich somit als unmittelbarer Ausfluss des vom Vermögensinhaber vorgegebenen Zwecks der Macht über fremdes Vermögen darstellen, dies gilt insbesondere für Vorgaben einer bestimmter Art und Weise des Umgangs mit dem Vermögen. (bb) Identität von betroffenen und betreuten Vermögensinteressen Aus dem Erfordernis einer vermögensinteressenbezogenen Pflicht kann eine weitere Konsequenz gezogen werden. Fordert man einen unmittelbaren Zusammenhang außerstrafrechtlicher Pflichten zu den zu betreuenden Vermögensinteressen des Vermögensinhabers, muss auch eine Identität zwischen den betreuten und durch eine außerstrafrechtliche Pflicht erfassten Vermögensinteressen sowie in der Folge eine Identität des zu betreuenden und betroffenen Vermögensinhabers bestehen.85 Eine außerstrafrechtliche Pflicht mag ganz verschiedene Vermögensinteressen und Vermögensinhaber tangieren, ihre Verletzung ist jedoch nur dann untreuerelevant, wenn damit die Vermögensinteressen desjenigen Vermögensinhabers betroffen sind, dessen Vermögensinteressen der Täter zu betreuen hat.

84

Mosiek, wistra 2003, 370 (374): Pflichten müssen originär und ausschließlich den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers dienen; ähnlich Schlösser/Dörfler, wistra 2007, 326 (329 f.). 85 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 101.

146 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(3) Ergebnis und Beispiele: Spezifische Vermögensbetreuungspflicht als vermögensinteressenbezogene Pflicht Die obigen Ausführungen zu den allgemeinen Anforderungen an eine Vermögensbetreuungspflicht, zum Begriff des Vermögensinteresses sowie zu seiner Abgrenzung zum Begriff der Dispositionsfreiheit haben gezeigt, dass eine Pflicht dann in einem inneren Zusammenhang zur täterbegründenden Vermögensbetreuungspflicht einer Person steht, wenn durch ihre Verletzung gegen den Zweck der Machtübertragung bzw. damit einhergehend ggf. gegen die vorgegebene Art und Weise des Machteinsatzes verstoßen wird; das ist nicht der Fall, wenn lediglich die Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers beeinträchtigt wird. Sollen nun außerstrafrechtliche Verhaltensnormen auf untreuerelevante Pflichten reduziert werden, ist erforderlich, dass Pflichten im Raum stehen, die einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen einer Person haben. Sie müssen sich als unmittelbarer Ausfluss des vom Vermögensinhaber vorgegebenen Zwecks der Macht über fremdes Vermögen darstellen, dies gilt insbesondere für Vorgaben einer bestimmter Art und Weise des Machteinsatzes. Daraus ergibt sich auch das Erfordernis einer Identität zwischen den zu betreuenden und von einer außerstrafrechtlichen Pflicht erfassten Vermögensinteressen sowie eine Identität des zu betreuenden und betroffenen Vermögensinhabers. Eine außerstrafrechtliche Pflicht ist hingegen dann keine spezifische Vermögensbetreuungspflicht, sofern ihre Verletzung nur zu einer Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers oder nur zu einer abstrakten Vermögensgefährdung führt. Als Abschluss dient ein Beispiel, das eine solche Bestimmung der spezifischen Vermögensbetreuungspflicht exemplifizieren soll: Der Eigner einer Privatbank gibt seinen Direktoren vor, bei Kreditbewilligungen, die eine bestimmte Grenze überschreiten, immer zuerst die Zustimmung des „mittlerweile völlig vertrottelten Seniorchefs“86 einzuholen; er weist deutlich daraufhin, dass dies lediglich aus Pietätsgründen zu geschehen habe.87

In diesem Beispiel wird den Direktoren eine bestimmte Art und Weise ihres Machteinsatzes vorgeschrieben, nämlich die Kreditbewilligung nur nach vorheriger Zustimmung des Seniorchefs. Allerdings fehlt es dieser Verpflichtung am Bezug zu den Vermögensinteressen der Bank, denn sie ist nicht auf einen bestimmten Zweck der Machtübertragung zurückzuführen, sondern nur auf Gründe des Anstands und der Pietät. 86

Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (166). Beispiel nach Hillenkamp, der im Ergebnis trotz anders lautender Begrifflichkeit auch den Zweck des Vermögenseinsatzes für maßgeblich hält, siehe insbesondere Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (166, Rn. 56). 87

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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II. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen Nur sofern ein Verstoß gegen unternehmensrechtliche Pflichten gegeben ist, kann vor dem Hintergrund des Akzessorietätscharakters der Untreue überhaupt an eine Pflichtwidrigkeit i. S. d. § 266 StGB gedacht werden.88 Daher sind zunächst die Anforderungen an eine solche Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung grob zu skizzieren. Soweit diesbezüglich Uneinigkeit in Rechtsprechung oder Literatur besteht, beschränken sich die Ausführungen auf eine Darstellung des jeweiligen Streitstands. 1. Begriff und Haftungskonzeption Unternehmensrechtliche Pflichten sind solche, die Organen einer Gesellschaft oder sonstigen Angehörigen von Unternehmen durch das Unternehmensrecht gegenüber dem Unternehmen auferlegt sind. In personeller Hinsicht beziehen sich die folgenden Ausführungen demgemäß nur auf bestimmte Angehörige eines Unternehmens. Dazu gehören (1) die Vertretungs- und Geschäftsführungsorgane juristischer Personen, also der Vorstand einer AG sowie der Geschäftsführer einer GmbH, (2) die geschäftsführenden Gesellschafter von Gesamthandsgemeinschaften und (3) alle sonstigen Führungspersonen innerhalb eines Unternehmens. Der Verstoß gegen unternehmensrechtliche Pflichten kann, vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzungen, die Inanspruchnahme auf Schadensersatz zur Folge haben. Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch ist beispielsweise beim Vorstand einer AG § 93 II S. 1 AktG, beim Geschäftsführer einer GmbH § 43 II GmbHG oder bei einer sonstigen Führungsperson89 der Arbeitsvertrag. Maßstab für die Bestimmung des Pflichtenumfangs ist grundsätzlich die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. -mannes.90 Damit wird nicht nur ein „subjektiver“ Verschuldensmaßstab formuliert, vielmehr können daraus in einer „Doppelfunktion“ auch „objektive“ Pflichten gegenüber dem Unternehmen begründet werden.91

88 Siehe oben S. 92 ff. Siehe zu diesem 2-stufigen Vorgehen nunmehr auch BGH NJW 2010, 3458 (3460). 89 Siehe dazu näher unten S. 153. 90 Vgl. § 93 I 1 AktG, § 43 I GmbHG. 91 Hoor, DStR 2004, 2104. Für die Generalklausel des § 93 I S. 1 AktG beispielsweise Bosch/Lange, JZ 2009, 225.

148 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

2. Bestehen individueller oder konkreter gesetzlicher Verhaltensvorgaben – Legalitätspflicht Nach h. M. gilt für Leitungspersonen die sog. Legalitätspflicht als Pflicht zu rechtmäßigem Handeln.92 Sofern Regelungen konkrete Verhaltensanweisungen enthalten, sind diese zu befolgen, ohne dass Ermessen ausgeübt werden dürfte (gebundene Entscheidung).93 Bzgl. der Reichweite des Anwendungsbereiches der Legalitätspflicht wird zwischen der externen und internen Pflichtenbindung unterschieden. Während bei der Rezeption außerstrafrechtlicher Verhaltensnormen im Strafrecht grundsätzlich in drei Schritten vorgegangen wird94 – individuelle Verhaltensvorgaben, konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben, allgemeine (generalklauselartige) gesetzliche Vorschriften – werden im Unternehmensrecht die Konstellationen individueller und konkretisierter gesetzlicher Verhaltensvorschriften gleich behandelt und bzgl. ihrer rechtlichen Bewertung unter dem Begriff der Legalitätspflicht zusammengefasst.

a) Externe Pflichten Die Legalitätspflicht umfasst zunächst die externe Pflichtenbindung der Unternehmensleitung, d.h. diejenigen Pflichten, die vom Unternehmen im Außenverhältnis einzuhalten sind.95 Die Rechtsbindung eines Unternehmens im Außenverhältnis wirkt sich auf das Innenverhältnis zu den Leitungspersonen dergestalt aus, dass eine Verletzung externer Pflichten gleichzeitig eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis nach sich zieht.96 Erfasst werden von der externen Pflichtenbindung v. a. gesetzliche Pflichten; dazu gehören u. a.: • Vorschriften des Zivil- und Wirtschaftsrechts, insbesondere das Bilanz-, Kartell- und Wettbewerbsrecht97 • Vorgaben aus dem Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht98 92 Auf Grundlage des für die Arbeit geltenden Begriffs der unternehmerischen Entscheidung, siehe oben S. 40, führt allein das Eingreifen der Legalitätspflicht bzw. das Vorliegen einer gebundenen Entscheidung noch nicht dazu, dass begrifflich schon keine unternehmerische Entscheidung vorliegt. Zu einer a. A. siehe oben S. 36. 93 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 74; Roth, 2001, S. 39. 94 Siehe oben S. 129 ff. 95 Paefgen, 2002, S. 24; Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 74. 96 Paefgen, 2002, S. 24; Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG (2005), § 43 Rn. 6. 97 Fleischer, ZIP 2005, 141 (144). 98 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 75; Harzenetter, 2008, S. 59.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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• Regelungen des Verwaltungsrechts99 sowie • Vorschriften des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts100 Umstritten ist eine Legalitätspflicht im Außenverhältnis für vertragliche Pflichten eines Unternehmens. Die herrschende Ansicht räumt hier einen gewissen unternehmerischen Handlungsspielraum ein, sodass in besonderen Fällen das Abwarten eines Prozesses und eine Verurteilung zu Schadensersatz im Interesse des Unternehmens liegen können.101 b) Interne Pflichten Die interne Pflichtenbindung beschreibt diejenigen Pflichten, die den Führungspersonen gegenüber dem Unternehmen selbst auferlegt sind.102 Sie ergeben sich aus dem speziellen Gesellschafts- oder Handelsrecht, der Satzung oder Geschäftsordnung einer Gesellschaft103 oder sonstigen internen Vorgaben eines Unternehmens, wie beispielsweise arbeitsvertraglichen Regelungen104 oder Gesellschafterbeschlüssen105. Zu den internen Pflichten gehören insbesondere: • die Einhaltung des Unternehmensgegenstandes106, der bei einer AG in der Satzung107, bei einer Personengesellschaft oder GmbH108 im Gesellschaftsvertrag geregelt ist • die Wahrung der Zuständigkeitsverteilung109 • gesetzlich geregelte Einzelpflichten110

99

Fleischer, ZIP 2005, 141 (144). Harzenetter, 2008, S. 59; Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 75; Fleischer, ZIP 2005, 141 (144). 101 Paefgen, 2002, S. 25; Fleischer, ZIP 2005, 141 (144). 102 Harzenetter, 2008, S. 53. 103 Fleischer, ZIP 2005, 141 (142). 104 Harzenetter, 2008, S. 54. 105 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 74. 106 Fleischer, ZIP 2005, 141 (143 f.); Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 83. 107 Vgl. § 23 III Nr. 2 AktG. 108 Vgl. § 3 I Nr. 1 GmbHG. 109 Harzenetter, 2008, S. 55. 110 Siehe dazu im Detail bspw. Fleischer, ZIP 2005, 141 (142 f.). 100

150 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

c) Legalitätspflicht und „nützliche“ Pflichtverletzungen Es wird diskutiert, ob eine Ausnahme von der Legalitätspflicht dann zu gewähren ist, wenn es sich um sog. „nützliche Pflichtverletzungen“111 handelt. Damit sind Fälle gemeint, in denen ein Gesetzesverstoß im Interesse des Unternehmens liegt und zu seinen Nutzen erfolgt112; als Beispiele werden die Vornahme profitablen aber ungesetzlichen Waffenhandels, die Missachtung kostenintensiver Umweltstandards oder eben auch die Zahlung von Bestechungsgeldern genannt113. Die h. M. im Gesellschafts- bzw. Unternehmensrecht lehnt eine Ausnahme von der Legalitätspflicht für solche Fälle relativ einhellig ab114 und erlaubt demgemäß nicht die Ausübung zusätzlichen unternehmerischen Ermessens für profitable Gesetzesverstöße. Die Bindung an gesetzliche Vorschriften gehe jeglichen Opportunitätsüberlegungen vor, die Einhaltung gesetzlicher Bestimmung sei dem Gesellschaftsinteresse vorgeordnet.115 d) Ergebnis Die Legalitätspflicht bedeutet eine umfangreiche Bindung von Führungspersonen eines Unternehmens an individuelle Verhaltensvorgaben (miterfasst als interne Pflichten) sowie an konkrete gesetzliche Pflichten, wobei letztere als externe Pflichten nur mittelbar oder als interne Pflichten unmittelbar ihre Wirkung entfalten. Gerade die Geltung der Legalitätspflicht auch für sog. „nützliche Pflichtverletzungen“ zeigt, dass bei konkreten Verhaltensvorgaben kein Raum gewährt wird für rein ökonomische Nutzenerwägungen. Dies gilt auch im Bereich der Unternehmenskorruption, so im Falle der Zahlung von Bestechungsgeldern: Soweit durch unternehmenskorruptives Handeln gegen individuell festgelegte oder konkrete gesetzliche Normen verstoßen wird – und das können neben Strafvorschriften (§§ 299, 331 ff. StGB) auch steuer- oder buchführungsrechtliche Vorschriften116 sein – können keine der 111

Siehe zu dieser Thematik insgesamt Harzenetter, 2008. Fleischer, ZIP 2005, 141 (145). 113 Berg, AG 2007, 271 (273); Fleischer, ZIP 2005, 141 (145). 114 Ihrig, WM 2004, 2098 (2104); Paefgen, 2002, S. 24; Fleischer, ZIP 2005, 141 (148); Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG (2005), § 43 Rn. 6; Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 56; Poelzig/Thole ZGR 2010, 836 (849); Säcker, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg) (2010), S. 119 (123, 126). 115 Vgl. Fleischer, ZIP 2005, 141 (148). 112

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oben angestellten Überlegungen zum ökonomischen Nutzen der Bestechung117 berücksichtigt werden. 3. Fehlen konkreter Verhaltensvorgaben – Grundsatz des unternehmerischen Ermessens a) Anwendungsbereich und Hintergrund Wird eine unternehmerische Entscheidung im oben definierten Sinne getroffen, so haftet dieser Entscheidung regelmäßig das Risiko eines Fehlschlages an, da die für die Entscheidung erheblichen Faktoren unsicher sind. Um einen unternehmerischen Gestaltungsspielraum zu erhalten und unternehmerisches Handeln nicht schlichtweg unmöglich zu machen, gilt daher bei der Bewertung von unternehmerischen Entscheidungen, für die nicht ein bestimmtes Verhalten im Rahmen der Legalitätspflicht118 vorgegeben ist, der Grundsatz des unternehmerischen Ermessens. Es handelt sich hierbei um eine Konkretisierung des u. a. in § 93 I 1 AktG und § 43 I GmbHG geregelten Sorgfaltsmaßstabes des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. -mannes.119 Zum ersten Mal ausdrücklich wurde das unternehmerische Ermessen vom BGH in Zivilsachen mit dem Urteil „ARAG/Garmenbeck“120 vom 21.04.1997 anerkannt. Der BGH hob in dieser Entscheidung hervor, dass dem Vorstand einer AG bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden müsse und zu diesem Handlungsspielraum neben dem bewussten Eingehen von Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen gehöre. Eine Sorgfaltspflichtverletzung könne danach nur in Betracht kommen, „wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewußtsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muß, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzuge116 Siehe zu den steuerlichen und buchführungsrechtlichen Vorschriften im Rahmen steuerstrafrechtlicher- und rechnungslegungsstrafrechtlicher Tatbestände oben S. 75 ff. 117 Siehe dazu oben S. 107 ff. 118 Langenbucher, DStR 2005, 2083 (2085); Lutter, ZIP 2007, 841 (843); Bosch/ Lange, JZ 2009, 225 (230). 119 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 54; Roth, 2001, S. 9. 120 BGH NJW 1997, 1926 – ARAG/Garmenbeck. In der Entscheidung „Kali und Salz“ hatte der BGH noch zurückhaltender nur von „freier unternehmerischer Verantwortung“ gesprochen, BGH NJW 1978, 1316 (1318).

152 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen hen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muß“.121

Die Zubilligung einer solchen unternehmerischen Handlungsfreiheit sei „Teil und notwendiges Gegenstück der dem Vorstand [. . .] obliegenden Führungsaufgabe“.122 Der Gesetzgeber hat die Idee eines weiten Ermessensspielraumes aufgegriffen und mit dem „Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts“ (UMAG) vom 22.09.2005123 in § 93 I AktG einen Satz 2 eingefügt (sog. Business Judgement Rule) – eine Pflichtverletzung ist danach nicht gegeben, wenn „wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln124“. b) Personaler Geltungsbereich Die Idee eines unternehmerischen Ermessens wurde v. a. für den Vorstand einer AG entwickelt und diskutiert, wie die Entscheidung ARAG/Garmenbeck und die Einfügung der „Business Judgement Rule“ als § 93 I 2 des AktG zeigen. Da nicht selbstverständlich ist, dass ein unternehmerisches Ermessen auch für sonstige Führungspersonen gilt, soll kurz auf den personalen Geltungsbereich des unternehmerischen Ermessens eingegangen werden. aa) Geschäftsführende Organe von juristischen Personen Neben dem Vorstand einer AG kommt auch der Geschäftsführer einer GmbH als geschäftsführendes Organ einer juristischen Person in Betracht, wenn es um den Geltungsbereich des unternehmerischen Ermessens geht. Was für den Vorstand einer AG gilt, das soll auch für den Geschäftsführer einer GmbH gelten125, sodass der Grundsatz des unternehmerischen Ermessens von Rechtsprechung126 und Literatur127 auch bei der Konkretisie121

BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck. BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck. 123 BGBl I, S. 2802. 124 Siehe hierzu Hoor, DStR 2004, 2104; Paefgen, AG 2004, 245. 125 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 54. 126 BGH NJW 2003, 358 (359); 2008, 3361 (3362). 127 Scholz/Schneider GmbHG (2007), § 43 Rn. 54; Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack GmbHG (2010), § 43 Rn. 23; Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG (2005), § 43 Rn. 8; Lutter, ZIP 2007, 841 (847 f.); Fleischer, ZIP 2004, 685 (692); Lutter NZG 2010, 601. 122

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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rung des sich aus § 43 I GmbHG ergebenden Sorgfaltsmaßstabes herangezogen wird. Zu beachten ist, dass der Anwendungsbereich des unternehmerischen Ermessens von vornherein weniger umfangreich ist, da die Stellung des Geschäftsführers einer GmbH eine umfangreichere Legalitätspflicht mit sich bringt. So ist der Geschäftsführer an Beschlüsse der Gesellschafterversammlung grundsätzlich gebunden und ihren Weisungen unterworfen.128 bb) Geschäftsführende Gesellschafter von Gesamthandsgemeinschaften Auch geschäftsführende Gesellschafter von Gesamthandsgemeinschaften sind an objektive Leitungspflichten gebunden und ein Verstoß dagegen kann zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft führen.129 An die ordnungsgemäße Geschäftsführung werden dabei grundsätzlich dieselben Maßstäbe gestellt, wie sie sich aus §§ 93 I 1 AktG, 43 I 1 GmbHG ergeben, soweit diese nicht rechtsformspezifischer Art sind.130 Jedenfalls gilt für unternehmerische Entscheidungen der geschäftsführenden Gesellschafter von Gesamthandgemeinschaften ebenfalls der Grundsatz des unternehmerischen Ermessens.131 cc) Sonstige Unternehmensangehörige Außer von Personen, die Organmitglieder einer juristischen Person oder geschäftsführende Gesellschafter einer Gesamthandsgemeinschaft sind, können unternehmerische Entscheidungen auch von nachgeordneten Leitungsebenen getroffen werden.132 Die Stellung von nachgeordneten Führungspersonen im Unternehmen und die Pflichten dieser Personengruppe ergeben sich v. a. aus dem Arbeitsrecht. Solche Personen werden im arbeitsrechtlichen Sinne als „leitende Angestellte“ bezeichnet. Anders als Personen auf der obersten Führungsebene werden sie zwar als Arbeitnehmer133 qualifiziert, sie heben sich jedoch in tatsächlicher wie recht128

Siehe dazu näher unten S. 206. Haftung nach positiver Vertragsverletzung des Gesellschaftsvertrages, vgl. für die OHG Staub/Ulmer HGB (1999), § 114 Rn. 50. 130 Staub/Ulmer HGB (1999), § 114 Rn. 37 ff., 55. 131 Staub/Ulmer HGB (1999), § 114 Rn. 40; Schmidt, 2002, S. 425. 132 Siehe oben im Rahmen der Definition zur unternehmerischen Entscheidung S. 40. 133 Siehe nur MüKo-BGB/Hergenröder (2009), § 14 KSchG Rn. 20. Daneben Eidam, 2008, V Rn. 589 ff. 129

154 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen licher134 Hinsicht von den sonstigen Arbeitnehmern innerhalb eines Unternehmens ab.135 Die Pflichten leitender Angestellter gegenüber dem Arbeitgeber Unternehmen ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag. Daraus leitet sich, anders als bei sonstigen Arbeitnehmern, insbesondere die Pflicht ab, die Unternehmensziele durch eine aktive Tätigkeit zu fördern136 – aus der Kompetenz für das Unternehmensziel folgt also auch die Verantwortung für dieses137.

Führt man die Einräumung unternehmerischen Ermessens zurück auf das Innehaben einer Leitungsaufgabe138, ist es nur folgerichtig, wenn auch nachgeordneten Leitungsebenen bei der Ausübung ihrer Leitungsfunktion ein selbstständiger Ermessensspielraum beim Treffen unternehmerischer Entscheidungen eingeräumt wird.139 Der Grundsatz des unternehmerischen Ermessens gilt daher grundsätzlich auch für nachgeordnete Führungsebenen. c) Ermittlung pflichtgemäßer und pflichtwidriger unternehmerischer Entscheidungen Welche konkreten Anforderungen an eine pflichtwidrige unternehmerische Entscheidung insbesondere nach der Einführung der „Business Judgement Rule“ zu stellen sind, ist in der gesellschaftsrechtlichen Literatur noch nicht abschließend geklärt. Es lassen sich jedoch folgende grundlegende Voraussetzungen herausfiltern: aa) Zeitliche Perspektive Für die Ermittlung einer pflichtwidrigen unternehmerischen Entscheidung ist es ohne Bedeutung, dass sich eine Entscheidung im Nachhinein als Fehlschlag im Sinne eines Vermögensverlustes erwiesen hat. Denn die maßgebliche zeitliche Perspektive ist die Sicht des Entscheidungsträgers ex-ante.140 134 Bspw. gehören leitende Angestellte nicht zu der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft, § 5 II 1 BetrVG und sie zählen zu den außertariflichen Angestellten, Richardi, in: Richardi/Wlotzke (Hrsg.), 2000, § 26 Rn. 74. 135 Richardi, in: Richardi/Wlotzke (Hrsg.), 2000, § 26 Rn. 7; Witte/Bronner, DB 1974, 1233 (1234 ff.). 136 Blomeyer, in: Richardi/Wlotzke (Hrsg.), 2000, § 54 Rn. 17; Buchner, ZfA 1979, 335. 137 Vgl. Richardi, in: Richardi/Wlotzke (Hrsg.), 2000, § 26 Rn. 7. 138 Siehe dazu oben der BGH in der Entscheidung ARAG/Garmenbeck, S. 152. 139 Preis/Lindemann, 2009, II H 20 Rn. 28. 140 Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (230 f.); Langenbucher, DStR 2005, 2083 (2086 f.); Weiss/Buchner, WM 2005, 162 (164); Fleischer, ZIP 2004, 685 (686).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

155

bb) Rationalitätskontrolle Der BGH formuliert in der Entscheidung ARAG/Garmenbeck die Anforderungen an eine pflichtwidrige Entscheidung wie folgt: Eine pflichtwidrige Handlung ist erst dann gegeben, „wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewußtsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muß, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muß.“141

Daneben lautet die Business Judgement Rule des § 93 I 2 AktG: Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

Die Gewährung unternehmerischen Ermessens führt nach ganz h. M. dazu, dass durch die Gerichte nur eine Rationalitäts- bzw. Plausibilitätskontrolle erfolgen darf. Es darf unter Einräumung eines Handlungs- und Beurteilungsspielraums nicht in den Kategorien richtig oder falsch gedacht werden, sondern es ist – aus der Sicht ex-ante – zu überprüfen, ob sich die unternehmerische Entscheidung noch im Rahmen des Vernünftigen bzw. Vertretbaren bewegt.142 An die Stelle einer inhaltlichen Überprüfung der Entscheidung tritt die Prüfung, ob eine durch den Entscheidungsträger in angemessener Weise getroffene Annahme bzgl. der Entscheidungsgrundlagen vernünftigerweise zur getroffenen Entscheidung führt.143 cc) Handeln auf angemessener Informationsbasis Der BGH spricht in der Entscheidung ARAG/Garmenbeck von „auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhende[m] unternehmerische[n] Handeln“144, § 93 I 2 AktG von Handeln „auf der Grundlage angemessener Information“. Die getroffene Entscheidung muss also auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhen, es besteht eine Pflicht zum Handeln auf angemessener Informationsbasis.145 Dabei ist zu beachten: 141 142 143 144 145

BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck. Siehe dazu und zu Nachweisen unten S. 160. Langenbucher, DStR 2005, 2083 (2086 f.). BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck. BGH NJW 2008, 3361 (3362).

156 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

• Nach der Gesetzesbegründung146 zu § 93 I 2 AktG wie auch nach der überwiegenden Ansicht im Schrifttum147 soll schon bei der Auswahl und Gewichtung der Informationen ein Spielraum eingeräumt werden. • Der Umfang der Informationspflicht soll nicht unbegrenzt sein. Nach der Gesetzesbegründung sei zu berücksichtigen, dass bei einer Entscheidung oft ein hoher Zeitdrück bestehe und Informationen letztlich nie allumfassend eingeholt werden könnten.148 Eine angemessene Tatsachenbasis unter Berücksichtigung von Zeit, Kosten und Nutzen soll schlussendlich ausreichen.149 Wohl etwas weiter formuliert der BGH in neuerer Rechtsprechung, dass der Entscheidungsträger „in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art auszuschöpfen und auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen hat“150. Im Ergebnis darf aber eine angemessene Information nicht mit der bestmöglichen verwechselt werden.151 dd) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Weitere Voraussetzung für eine pflichtgemäße Entscheidung ist, dass der Entscheidungsträger sich ausschließlich am Unternehmenswohl orientiert hat152 respektive annehmen durfte, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, § 93 I 2 AktG. Die Pflicht zur Orientierung am Unternehmenswohl soll als Verhaltensmaxime oder Richtschnur ein Entscheidungsziel postulieren, andererseits aber auch eine Schranke setzen.153 Relevanz besitzen in diesem Zusammenhang die Begriffe des Gesellschafts- und des Unternehmensinteresses154, sodass diese zunächst inhaltlich dargestellt werden sollen. 146

BT-DrS 15/5092, S. 12. Ihrig, WM 2004, 2098 (2106); Schäfer, ZIP 2005, 1253 (1258); Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (231); Lutter, ZIP 2007, 841 (845). 148 BT-DrS 15/5092, S. 12. 149 Grundei/v. Werder, AG 2005, 825 (829 ff.); Weiss/Buchner, WM 2005, 162 (164). 150 BGH NJW 2008, 3361 (3362). Angelehnt an Goette, FS 50 Jahre BGH 2000, 123 (140 f.). 151 Schäfer, ZIP 2005, 1253 (1258). 152 BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck. 153 Vgl. zu diesen beiden Funktionen von Verhaltensmaximen Hüffer, BB 2003, 1 (20). 154 Vgl. MüKo-AktG/Spindler (2008), § 93 Rn. 45 f. 147

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

157

(1) Das Gesellschafts- und Unternehmensinteresse (a) Das Gesellschaftsinteresse Inhaltlich wird mit dem Gesellschaftsinteresse der von den Gesellschaftern gesetzte Verbandszweck, der Zweck der Gesellschaft, beschrieben. Alles was demnach das Erreichen des Verbandszweckes fördert, liegt auch im Interesse der Gesellschaft.155 Konkretisierend wird in Bezug auf den Verbands- oder Gesellschaftszweck weiter unterschieden zwischen dem Unternehmensgegenstand als sog. Sachziel und dem Finalziel als der zweckgerichteten Ausrichtung der unternehmerischen Tätigkeit.156 Das Sachziel variiert je nachdem, welchem Inhalt sich die unternehmerische Tätigkeit durch die Festlegung des Unternehmensgegenstandes widmen soll. Das Finalziel eines Unternehmens hingegen, als der zweckgerichteten Ausrichtung der unternehmerischen Tätigkeit, wird vom erwerbswirtschaftlichen Prinzip geprägt, soweit von den Gesellschaftern nicht ausdrücklich eine andere Ausrichtung vorgegeben wurde.157 Ausgangspunkt des erwerbswirtschaftlichen Prinzips ist das Ziel eines jeden Unternehmens an seiner Bestandssicherung, die wiederum die Erwirtschaftung eines Überschusses voraussetzt158. Die gesamte Tätigkeit eines Unternehmens ist daher ausgerichtet auf die Maximierung von Gewinn159 und das Erzielen einer dauerhaft hohen Rentabilität.160, 161 155

Verse, 2006, S. 254; Zöllner, 1963, S. 23 f. Zöllner, 1963, S. 27 f.; Verse, 2006, S. 254 f.; Paefgen, 2002, S. 39; Kuhner, ZGR 2004, 244 (246 f.). 157 Paefgen, 2002, S. 39; Kuhner, ZGR 2004, 244 (247); Raisch, FS Hefermehl 1976, 347 (359). 158 Siehe zum erwerbswirtschaftlichen Prinzip schon oben S. 108. 159 Umstritten ist dagegen v. a. bei Publikumsgesellschaften wie der AG, was unter Gewinnmaximierung konkret zu verstehen ist. Nach traditioneller Ansicht geht es eher um die Maximierung des Gesellschaftsvermögens, vgl. Verse, 2006, S. 256; Mülbert, FS Röhricht 2005, 421 (427 f.). Etwas anderes kann jedoch gelten, verfolgt man einen sog. share-holder-value-Ansatz und leitet daraus als Inhalt der Gewinnmaximierung die Marktwertmaximierung der Anteile im Interesse der einzelnen Anteilseigner ab, vgl. MüKo-AktG/Spindler (2008), § 76 Rn. 77; Paefgen, 2002, S. 58 ff., 62 ff.; Kuhner, ZGR 2004, 244 (258 ff., 262 ff.). 160 Verse, 2006, S. 256; Mülbert, ZGR 1997, 129 (141 mit Fn. 39); Habersack, ZHR 1996, 544 (551 f.); Servatius, 2004, S. 127 ff., 169 ff. Vgl. auch OLG Hamm 1995, ZIP 1995, 1263 (1268); Hüffer AktG (2008), § 76 Rn. 13; MüKo-AktG/ Spindler (2008), § 76 Rn. 74. 161 Der Begriff des Gesellschaftsinteresses ist natürlich nicht anzuwenden auf den Einzelkaufmann, allerdings können die obigen Ausführungen auch sinngemäß auf diesen angewandt werden; existieren keine ausdrücklichen Vorgaben, so ist auch im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit eine Orientierung an der Gewinnmaximierung und einer möglichst hohen Rentabilität zu vermuten. 156

158 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Demgemäß besteht das Gesellschaftsinteresse eines Unternehmens im Streben nach der Maximierung von Gewinn und der Erzielung einer hohen Rentabilität (Finalziel) im Rahmen des festgelegten Unternehmensgegenstandes (Sachziel). (b) Das Unternehmensinteresse Mit dem Unternehmensinteresse ist einer der seit Jahrzehnten umstrittensten Begriffe des deutschen Gesellschaftsrechts angesprochen.162 Diskutiert wird die Existenz bzw. der Inhalt dieses Begriffes v. a. für die AG und weniger extensiv auch für die GmbH163 bzw. für Personengesellschaften164. Im Ergebnis geht es darum, mit dem Begriff des Unternehmensinteresses auch Interessen von Arbeitnehmern, Gläubigern, Geschäftspartnern oder der Öffentlichkeit165 zur Formulierung von Leitungsgrundsätzen oder Ermessensschranken heranzuziehen, ohne dass dabei einem Belang der Vorrang zu geben wäre166. Wie solch ein interessenpluralistischer Ansatz zu begründen ist, wie weit er reicht und ob er im Ergebnis tatsächlich anerkannt werden muss, ist völlig umstritten und ungeklärt.167 Eine gewisse Anerkennung hat das Unternehmensinteresse durch die Rechtsprechung des BGH168 gefunden, allerdings gehen die jeweiligen gerichtlichen Ausführungen über eine bloße Anerkennung der Rechtsfigur nicht hinaus. Auch der Deutsche Corporate Governance Codex enthält an mehreren Stellen eine Verwendung des Begriffs des Unternehmensinteresses, allerdings lassen sich dem Kodex keine inhaltliche Anforderungen entnehmen.169 162

Der Begriff des Unternehmensinteresses geht zurück auf Rathenau, 1918, S. 38 f.; zur Übersicht über die geschichtliche Entwicklung Spindler in: Kempf/ Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 71 (73 ff.). 163 Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG (2005), § 43 Rn. 7. So betont Spindler, dass Belange außerhalb des engen Gesellschaftsinteresses, gerade deswegen keine größere Rolle spielen, weil „die Gesellschafter einer GmbH stets entsprechende Weisungen erteilen können und die Frage der Rechtfertigung des Geschäftsführerhandelns [. . .] keine Rolle spielt.“, Spindler in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 71 (94 f.). 164 Vgl. nur Staub/Ulmer HGB (1999), § 114 Rn. 39. 165 Roth, 2001, S. 23 ff.; Koch, 1983, S. 173; Salm, 1986, S. 123 ff. 166 Kuhner, ZGR 2004, 244 (250); MüKo-AktG/Spindler (2008), § 76 Rn. 69. 167 Vgl. MüKo-AktG/Spindler (2008), § 76 Rn. 69. Zu einer Übersicht über die verschiedenen Konzeptionen Mülbert, ZGR 1997, 129 (142 f.). 168 BGH NJW 1974, 855 (856, 857); NJW 1975, 1412 (1413) im Strafrecht: BGH NJW 2006, 522 – Fall Mannesmann. 169 Vgl. hierzu Dittrich, 2007, S. 92; Kuhner, ZGR 2004, 244 (251, 272 ff.).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

159

(2) Orientierung am Unternehmenswohl als Entscheidungsziel Der Pflicht zur Orientierung am Unternehmenswohl kommt einmal die Aufgabe zu, Entscheidungsziele für die Ermessensausübung vorzugeben.170 Umstritten171 ist, ob das eng formulierte Gesellschaftsinteresse heranzuziehen ist oder das weiter formulierte Unternehmensinteresse. Wird als maßgebliches Entscheidungsziel die Befriedigung des Gesellschaftsinteresses angesehen, so müssen sich die Entscheidungsträger von dem Interesse an der Maximierung von Gewinn und an der Erzielung dauerhafter Rentabilität leiten lassen. Interessen der Öffentlichkeit oder einzelner Personengruppen können nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf das Gesellschaftsinteresse Einfluss ausüben. Ein unternehmensinteressenbezogener Ansatz bedeutet dagegen, dass neben dem Gesellschaftsinteresse auf derselben Stufe bereits Interessen anderer Personengruppen mit in die Entscheidung einzubeziehen sind. Das Interesse von Arbeitnehmern an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes oder das Interesse von Gläubigern an einem solventen Unternehmen würden gleichberechtigt neben dem Interesse an der Maximierung von Gewinn und der Erzielung einer möglichst hohen Rentabilität stehen. (3) Orientierung am Unternehmenswohl als Schrankenfunktion Obgleich umstritten ist, ob das Gesellschafts- oder das Unternehmensinteresse als Entscheidungsziel für die Ausübung des Ermessens bei unternehmerischen Entscheidungen heranzuziehen ist, besteht zumindest Einigkeit bzgl. der dem unternehmerischen Ermessen gesetzten Schranken. Die Schranke unternehmerischen Ermessens bildet nach überwiegender Ansicht das Interesse eines Unternehmens am Bestand und der dauerhaften Rentabilität des Unternehmens.172 Hintergrund eines Bestandsinteresses ist das essentielle Ziel eines jeden Unternehmens an seinem eigenen Erhalt173, konkret an der Erhaltung seines Kapitals und seiner wirtschaftlichen Substanz174. Einigkeit besteht, dass das Bestandsinteresse sowohl den Interessen der Gesellschafter, der Arbeitnehmer, der Öffentlichkeit oder sonstiger Interessengruppen gleichermaßen dient.175 170

Hüffer, BB 2003, 1 (20, 22). Vgl. Kuhner, ZGR 2004, 244 (246 ff.); Mülbert, ZGR 1997, 129 (140 ff.); Otto, FS Kohlmann 2003, 187 (191 ff.). 172 OLG Hamm 1995, ZIP 1995, 1263 (1268); Hüffer, BB 2003, 1 (21 f.); Hüffer AktG (2008), § 76 Rn. 13; MüKo-AktG/Spindler (2008), § 74 Rn. 74. jew. m. w. N. 173 Siehe dazu schon oben S. 108. 174 Dittrich, 2007, S. 95. 175 Dittrich, 2007, S. 96. 171

160 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen Das Rentabilitätsinteresse umschreibt das Interesse an einer angemessenen Gewinnerzielung.176 Mit Hüffer177 werden von einem so verstandenen Rentabilitätsinteresse wenigstens umfasst: erstens, die Erhaltung der Vermögenssubstanz bzw. des investierten Kapitals, zweitens, die marktübliche Verzinsung des investierten Kapitals und, drittens, eine Prämie für das mit einer unternehmerischen Investition verbundene Risiko. Wie auch das Bestandsinteresse dient das Rentabilitätsinteresse den Arbeitnehmern, dem Gemeinwohl und den Gesellschaftern.178

ee) Handeln ohne Sonderinteressen und nicht unter sachfremdem Einfluss Aus der Entscheidung ARAG/Garmenbeck wie aus § 93 I 2 AktG wird gefolgert, dass für eine pflichtgemäße Ausübung unternehmerischen Ermessens erforderlich ist, dass sich der Entscheidungsträger bei der Entscheidungsfindung nicht in einem Interessenwiderstreit befindet. Nur derjenige, der frei von anderweitigen Einflüssen sei, könne zum Wohle der Gesellschaft handeln.179 ff) Keine schlicht unvertretbare Entscheidung Ein Entscheidungsträger handelt dann nicht mehr pflichtgemäß, wenn eine schlechthin unvertretbare Entscheidung vorliegt.180 Es muss ein Entscheidungsfehler vorliegen, der auch für einen Außenstehenden derart evident ist, dass sich das Vorliegen eines Fehlers förmlich aufdrängt.181 Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist (sog. Hazard-Entscheidung).182 Hierfür werden Fallgruppen gebildet183, wie beispielsweise: • die Hingabe von Gesellschaftsvermögen ohne Möglichkeit der Annahme eines Vorteils der Gesellschaft (Verschwenden von Gesellschaftsvermögen)184 176 Hüffer, BB 2003, 1 (22); Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (116); Dittrich, 2007, S. 96. 177 Hüffer, BB 2003, 1 (22). 178 Dittrich, 2007, S. 96. 179 BT-DrS 15/5092, S. 11; Lutter, ZIP 2007, 841 (844); Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2068); Fleischer, ZIP 2004, 685 (690). 180 BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck; Henze, NJW 1998, 3309 (3311); Kindler, ZHR 162 (1998), 101 (103 ff.). 181 MüKo-AktG/Spindler (2008), § 93 Rn. 51 m. w. N. 182 BGH NJW 1997, 1926 (1928) – ARAG/Garmenbeck; Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (231); Lutter, ZIP 2007, 841 (845). 183 Siehe ausführlich Roth, 2001, S. 107 ff. m. w. N.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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• das Nichtergreifen zwingender Geschäftschancen • unrealistische Prognosen • grob unverhältnismäßige soziale Aufwendungen Als Determinanten für die Feststellung einer schlicht unvertretbaren Entscheidung sind auch ökonomische Aspekte heranzuziehen, soweit volks- und betriebswirtschaftliche Forschungen eine gewisse Richtung vorgeben.185 d) Zusammenfassung Die Anforderungen an die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen im Unternehmensrecht können wie folgt zusammengefasst werden: • Bei der Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen hat die Legalitätspflicht Vorrang. Sofern die Anforderungen an das Verhalten von Leitungspersonen durch individuelle oder gesetzliche Vorgaben konkretisiert sind, gilt eine Pflichtenbindung, von der in den allermeisten Fällen nicht – insbesondere auch bei sog. nützlichen Pflichtverletzungen – durch Ausübung pflichtgemäßen Ermessens abgewichen werden darf. Insbesondere dürfen bei der Vornahme unternehmenskorruptiver Handlungen keine ökonomischen Nutzenerwägungen angestellt werden. • Der Grundsatz unternehmerischen Ermessens greift in den Fällen, in denen keine konkreten Verhaltensvorgaben gegeben sind und damit die Legalitätspflicht nicht gilt. Eine unternehmerische Entscheidung ist in dieser Konstellation nicht pflichtwidrig, solange sie sich in den Grenzen des Vernünftigen bewegt. Das ist dann in der Regel der Fall, wenn der Entscheidungsträger über eine angemessene Informationsgrundlage verfügt, im wohlverstandenen Unternehmensinteresse handelt und nicht unter sachfremdem Einfluss.

III. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen Im letzten Schritt sollen nun, unter Heranziehung der allgemeinen Voraussetzungen an spezifische Vermögensbetreuungspflichten186 und auf Grundlage der Ausführungen zur unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit unter184

So BGH in NStZ 2006, 214 (216) – Mannesmann. Roth, 2001, S. 90. 186 Die also in einem inneren Zusammenhang zur täterschaftsbegründenden Vermögensbetreuungspflicht stehen, siehe dazu oben S. 132 ff. 185

162 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

nehmerischer Entscheidungen, die Voraussetzungen an die untreuespezifische Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen erarbeitet werden. 1. Grundfragen a) Zeitliche Perspektive Zur Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung können grundsätzlich zwei unterschiedliche zeitliche Perspektiven eingenommen werden, entweder eine nachträgliche ex-post-Sicht oder eine Sicht ex-ante. Bereits oben wurde festgestellt, dass bei der Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen die Sicht des jeweiligen Entscheidungsträgers in der Entscheidungssituation einzunehmen ist, dass also eine Sicht exante maßgeblich ist.187 Allein aus dem Fehlschlag einer unternehmerischen Entscheidung ex-post kann infolgedessen nicht ihre Pflichtwidrigkeit gefolgert werden, sondern es sind solche Kriterien zu entwickeln, welche die maßgebliche ex-ante-Sicht berücksichtigen. b) Vermögensinteressen des Unternehmens Ausgangspunkt für die Reduktion von außerstrafrechtlichen, speziell unternehmensrechtlichen Pflichten auf untreuespezifische Pflichten im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen bildet die Ermittlung der in einem Unternehmen bestehenden Vermögensinteressen. Denn außerstrafrechtliche Pflichten sind dann untreuerelevant, wenn sie als spezifische Vermögensbetreuungspflichten einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers aufweisen. Das Vermögensinteresse beschreibt den Zweck, dem die Übertragung von Macht über fremdes Vermögen innewohnt.188 aa) Rückgriff auf die Begriffe des Gesellschaftsund Unternehmensinteresses Der Träger einer unternehmerischen Entscheidung hat innerhalb eines Unternehmens die Aufgabe bzw. Funktion der (teilweisen) Führung des Unternehmens.189 Ihm wurde die Macht über das Unternehmensvermögen zu eben diesem Zweck übertragen. Zur Konkretisierung des Zwecks der Unter187 188 189

Siehe dazu oben S. 106. Siehe oben S. 143, 146. Siehe oben S. 39.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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nehmensführung und damit zur Ermittlung des Vermögensinteresses eines Unternehmens, liegt es nahe, die in diesem Kontext bestehenden Begriffe des Gesellschafts- und Unternehmensinteresses heranzuziehen. • Stellt man auf das Gesellschaftsinteresse als Ziel unternehmerischer Tätigkeit ab, so besteht dies, soweit nichts anderes vorgegeben wurde, im Streben nach der Maximierung von Gewinn und der Erzielung einer hohen Rentabilität (Finalziel) im Rahmen des Unternehmensgegenstandes (Sachziel).190 • Bezieht man dagegen auch das Unternehmensinteresse zur Bestimmung des Ziels unternehmerischer Tätigkeit ein, spielen auf Grundlage eines interessenpluralistischen Ansatzes neben dem Gesellschaftsinteresse auch die Belange von Arbeitnehmern, Gläubigern, Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit eine Rolle.191 bb) Vermögensinteresse als Gesellschaftsoder Unternehmensinteresse Kommt man nun zurück auf die Frage nach dem Zweck der Unternehmensführung (und in diesem Zusammenhang nach dem Zweck der Machtübertragung und dem Inhalt des Vermögensinteresses), so kann möglicherweise der Begriff des Unternehmens- oder des Gesellschaftsinteresses zugrundegelegt werden. (1) Vermögensinteresse als Unternehmensinteresse? Würde man das Vermögensinteresse eines Unternehmens gleichsetzen mit dem Begriff des Unternehmensinteresses, würde sich dieses aus einer Vielzahl unterschiedlicher, teilweise auch gegensätzlicher Interessen zusammensetzen. Zu berücksichtigen wäre nicht nur das Interesse an einer Gewinnund Rentabilitätsmaximierung, sondern auch das Interesse der Arbeitnehmer an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und ihrer Einnahmequelle, der Gläubiger an der rechtzeitigen Begleichung ihrer Forderungen gegen das Unternehmen oder das Interesse der Öffentlichkeit an einem „good corporate citizen“. Bei Umstrukturierungsmaßnahmen könnte die Entscheidung zum Arbeitsplatzabbau zur Kosteneinsparung (im Gesellschaftsinteresse) mit der Gefahr einer strafrechtlichen Sanktionierung nach § 266 StGB einhergehen; bei riskanten, aber innovativen Investitionsentscheidungen könnte das Interesse der Gläubiger an einer Erhaltung der Haftungsmasse zu einem Abse190 191

Siehe oben S. 158. Siehe oben S. 158.

164 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

hen von dieser Entscheidung zwingen; und zuletzt könnte das Unternehmen vor dem Hintergrund möglicher strafrechtlicher Sanktionen auf Grund § 266 StGB angehalten werden, etwa durch Spenden, sein Ansehen in der Öffentlichkeit zu verbessern, selbst wenn dies unter Berücksichtigung von Gewinn- und Rentabilitätsgedanken nicht sinnvoll erschiene. Gegen ein solches Verständnis der Vermögensinteressen eines Unternehmens i. S. d. § 266 StGB bestehen erhebliche Bedenken. (1) Ein erster Einwand ergibt sich aus dem Erfordernis der Identität der zu betreuenden und betroffenen Vermögensinteressen bzw. der Identität des zu betreuenden und betroffenen Vermögensinhabers.192 Danach ist die Verletzung einer außerstrafrechtlichen Pflicht – mag sie ganz verschiedene Vermögensinteressen und Vermögensinhaber tangieren – nur dann untreuerelevant, wenn die Vermögensinteressen desjenigen Vermögensinhabers betroffen sind, dessen Vermögensinteressen der Täter zu betreuen hat. Führungspersonen eines Unternehmens schulden die Vermögensbetreuungspflicht nicht dem Unternehmen an sich, das als solches verschiedene Belange und Interessen unterschiedlicher Personengruppen in sich vereinigen mag. Aus der maßgeblichen zivilrechtsakzessorischen Sicht ist Vermögensinhaber vielmehr der jeweilige Unternehmensträger, d.h. die AG, die GmbH, der Einzelkaufmann oder die Gesellschafter einer Personengesellschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Nur die Vermögensinteressen dieses Vermögensinhabers sind jeweils zu betreuen und wahrzunehmen, nicht dagegen Vermögensinteressen anderer Vermögensinhaber.193 Im Rahmen einer strafrechtsautonomen Auslegung ist eine „Identität zwischen betreutem und verletztem Vermögensinteresse“ erforderlich. Wendet man dies konsequent an bei der Betrachtung der Relevanz des Unternehmensinteresses für das Vermögensinteressen in Unternehmen, so ergibt sich, dass dieses dafür zu weit gefasst ist; denn dadurch werden auch (Vermögens-)Interessen mit einbezogen, die gar nicht zu betreuen sind. (2) Problematisch am Begriff des Unternehmensinteresses sind ferner die Folgen und Konsequenzen, die sich aus einer Heranziehung des Unternehmensinteresses auch in einem strafrechtlichen Kontext ergeben. Es erscheint zwar durchaus legitim, von Unternehmen eine Rücksichtnahme auf die Belange ihrer Arbeitnehmer sowie ein Bemühen um ein gesetzeskonformes Verhalten insbesondere im Bereich des Umweltschutzes oder des Wettbewerbsverhaltens zu verlangen. Ebenso gilt dies für die For-

192 193

Siehe oben S. 145. Anders lediglich Bernsmann, GA 2007, 219 (223 ff.).

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derung, unternehmerisches Handeln am Bewusstsein seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung auszurichten. Allerdings ist der Untreuetatbestand kein geeignetes Instrument, die Enttäuschung solch einer Erwartung zu sanktionieren. Das Strafrecht ist einerseits ultima ratio und soll nur dann eingreifen, wenn weniger gravierende Mittel etwa des Zivilrechts oder auch nur der Kontrolle durch die öffentliche Meinung nicht greifen. Aufgabe des Strafrechts ist aber auch und gerade „nur“ der Rechtsgüterschutz, konkret im Falle der Untreue der Schutz des Vermögens194. Aufgabe des Strafrechts ist dagegen nicht der Schutz allgemeiner moralischer Ansprüche.195 Die Einbeziehung des Unternehmensinteresses mit seinem interessenpluralistischen Ansatz als Vermögensinteresse birgt im Ergebnis die Gefahr, dass der Untreuetatbestand eine „Aufladung“ durch sonstige (auch nur moralische) Ansprüche Einzelner oder der Allgemeinheit findet. Dies darf aber vor dem Hintergrund des ultima-ratioGedankens des Strafrechts und seiner rechtsgüterschützenden Funktion und konkret im Hinblick auf die vermögens- und vermögensinteressenschützende Funktion des Untreuetatbestandes nicht geschehen. (2) Vermögensinteresse als Gesellschaftsinteresse? Das Gesellschaftsinteresse nimmt als Ziel unternehmerischer (Führungs-)Tätigkeit nur den Zweck und das Ziel der wirtschaftlichen Unternehmung an sich in den Blick, sei das Unternehmen als juristische Person, Gesamthandsgemeinschaft oder als Einzelkaufmann verfasst. Es wird nur das unternehmerische Ziel des Unternehmensträgers betrachtet, dem der Träger einer unternehmerischen Entscheidung seine Vermögensbetreuungspflicht schuldet. Ist eine Person mit der Führung eines Unternehmens betraut, so leitet sich damit aus dem Gesellschaftsinteresse auch der Zweck der Machtübertragung ab: Einer Führungsperson wird die Macht über das Unternehmensvermögen übertragen, um den Gewinn und die Rentabilität des Unternehmens zu maximieren. Genau hierin besteht das Vermögensinteresse eines Unternehmens. Zumindest aus untreuerechtlicher Sicht lässt sich folglich der Inhalt unternehmerischer Tätigkeit mit dem Ausspruch des Ökonomen Milton Friedman196 zusammenfassen: „The business of business is business“ – „Der In194 Diesen problematischen Aspekt einer Einbeziehung des Unternehmensinteresses im Rahmen der Untreue betonen auch Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (233). 195 Zum Verhältnis von konkret unternehmensethischen Ansprüchen und dem Strafrecht Suchanek in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2010), S. 47 (65 ff.): danach sei das Strafrecht jedenfalls kein Ort für moralische Empörungen.

166 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

halt wirtschaftlicher Tätigkeit ist das Wirtschaften.“ Ist jemand mit der Führung eines Unternehmens betraut, so ist Inhalt dieser Tätigkeit auch nur die wirtschaftliche Tätigkeit an sich – mit dem Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung. Zu beachten bleibt, dass ein Gleichsetzen von Vermögensinteresse und Gesellschaftsinteresse nicht ein Gewinnstreben um jeden Preis unter Ausschluss jeglicher Drittbelange propagiert. Gesellschaftliches Engagement durch ein Unternehmen ist nicht etwa zu unterlassen, weil damit nicht primär den Gewinn- und Rentabilitätsinteressen gedient ist, Arbeitsplätze sind nicht etwa abzubauen, um noch mehr Kosten zu sparen. Der Erfolg eines Unternehmens hängt auch davon ab, in welchem gesellschaftlichen Umfeld es tätig ist oder wie die öffentliche Meinung sich zum Unternehmen verhält.197 Man kann unter dem Stichwort der Nachhaltigkeit ökonomischer Tätigkeit also auch Drittinteressen soweit berücksichtigen, als deren Nichtbeachtung oder Förderung das „business of business“ – den Inhalt der wirtschaftlichen Tätigkeit – berührt und Auswirkungen auf das Interesse an Gewinnmaximierung und Rentabilitätssteigerung hat. Besonders anschaulich herausgearbeitet hat dies der BGH in seiner Entscheidung „SSV Reutlingen“, in der es um die untreuerechtliche Beurteilung von Unternehmensspenden198 ging: „Gewinnstreben und Freigebigkeit werden [. . .] nicht stets als sich widersprechende, sondern durchaus als komplementäre Ziele angesehen. [. . .] Darüber hinaus kann und darf sich der Vorstand als Träger der Unternehmensfunktion nicht der Einsicht verschließen, dass die Aktiengesellschaft für ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften auf den Rückhalt aller Bezugsgruppen angewiesen ist. Zwischen einem rein altruistischen und einem – langfristig – egoistischen Verhalten, das auf eine für den Erfolg des Unternehmens wesentliche Umweltstabilisierung – „good will-Verfestigung“ – zielt, wird sich daher kaum je eine scharfe Unterscheidung treffen lassen“.199 cc) Konkretisierung des Vermögensinteresses Die obigen Ausführungen zum Vermögensinteresse eines Unternehmens erfolgen unter der Annahme, dass der Vermögensinhaber über die Übertragung der (teilweisen) Unternehmensführung auf den potentiellen Untreue-

196 Zitiert nach: Salditt, in Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2009), S. 106 (108, Fn. 9). 197 Otto, FS Kohlmann 2003, 187 (197 ff.). 198 Zu Unternehmensspenden insgesamt Otto, FS Kohlmann 2003, 187. 199 BGH NStZ 2002, 322 (323).

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täter hinaus keine weiteren Konkretisierungen in Bezug auf den Zweck der Unternehmensführung macht. Es ist aber durchaus üblich und möglich, das Vermögensinteresse eines Unternehmens durch individuelle Vorgaben weiter zu konkretisieren. In den obigen Ausführungen wurde das Beispiel des Anwalts angeführt, der Gelder einer Mandantin zur Aufbewahrung und Anlegung erhalten hat.200 Würde dem Anwalt zusätzlich die Auflage gemacht, nur konservative, mit wenigen Risiken verbundene Geldanlagen zu wählen, so wäre Zweck der Einräumung der Dispositionsbefugnis nicht nur das zinsträchtige, sondern auch das risikoarme Anlegen der Mandantengelder. Dasselbe gilt für Unternehmen; der mit der Unternehmensführung grundsätzlich zu verfolgende Zweck der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung kann konkretisiert werden, beispielsweise etwa durch Anweisungen bzgl. des Risikoverhaltens bei Ausübung der Führungsfunktion. dd) Ergebnis: Vermögensinteressen des Unternehmens Indem die Funktion des potentiellen Täters im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung als Führungsperson in Bezug genommen wurde, konnte das Vermögensinteresse des Unternehmens inhaltlich bestimmt werden. Ist eine Person mit Führungsaufgaben betraut, so besteht der Zweck der Übertragung von Macht über das Vermögen des Unternehmens in der Maximierung von Gewinn und der Steigerung der Rentabilität durch Verfolgung der unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens. Sonstige Drittbelange bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Durch individuelle Vorgaben durch den Vermögensinhaber kann ein solches Vermögensinteresse weiter konkretisiert werden. 2. Pflichtwidrigkeit und individuelle Verhaltensvorgaben Bei der Bestimmung der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen sind nach den obigen Ausführungen primär die mit dem Vermögensinhaber ausdrücklich vereinbarten konkreten Verhaltensvorgaben zu berücksichtigen.201

200 201

Siehe oben S. 135. Siehe oben S. 129.

168 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

a) Interne Pflichten als Quelle individueller Verhaltensvorgaben Quelle für individuelle Verhaltensvorgaben sind die internen Pflichten202 von Unternehmensangehörigen. Darunter sind neben konkreten gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Unternehmen auch individuell vereinbarte Verhaltensvorgaben zu zählen, z. B. in Gesellschaftsverträgen, Satzungen, internen Richtlinien, verbindlichen Beschlüssen von Gesellschaftern oder Arbeitsverträgen.203 Verhaltensvorgaben können sich grundsätzlich auch aus sog. ComplianceVorschriften ergeben: Viele Unternehmen gehen in zunehmendem Maße dazu über, unternehmensinterne Compliance-Systeme zu installieren. In diesem Zusammenhang werden Verhaltens-, Mitarbeiter- oder Dienstanweisungen sowie Vorgaben für die Ausgestaltung von inner- und außerbetrieblichen Rechtsbeziehungen erlassen.204 Fraglich ist allerdings, ob solche „Compliance-Vorschriften“ zur Bestimmung des Innenverhältnisses herangezogen werden können. Dies wird v. a. diskutiert im Zusammenhang mit Compliance-Regelungen, die das Verbot von Bestechungszahlungen enthalten.205 Die Untreuerelevanz solcher Vorschriften ist allerdings nicht anders zu bestimmen als bei sonstigen individuellen Pflichten – nämlich durch eine strafrechtsautonome Auslegung. b) Strafrechtsautonome Auslegung Stimmt eine unternehmerische Entscheidung nicht mit der vereinbarten Vorgabe überein, führt dies nur unter der Voraussetzung, dass die betroffene Pflicht eine vermögensinteressenbezogene ist, zur Pflichtwidrigkeit. Die jeweilige Pflicht muss gerade Ausfluss des Zwecks der Übertragung von Macht über das Unternehmensvermögen sein; erforderlich ist ein unmittelbarer Zusammenhang zu den Vermögensinteressen eines Unternehmens.206 Diese bestehen grundsätzlich im Interesse an einer Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung, wobei dieser Zweck durch Vorgaben des Vermögensinhabers konkretisiert werden kann.

202 203

Siehe dazu oben S. 149. Waßmer, 1997, S. 57; Weimann, 1996, S. 63; Kohlmann, 1990, Rn. 318, 320,

322. 204

Siehe dazu schon S. 106, Rn. 378 mit Nachweisen. Siehe z. B. Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (58); Rönnau, FS Tiedemann 2008, 713 (713). Bernsmann, GA 2007, 219 (232); Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (607). 206 Siehe oben S. 146. 205

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Eine Pflichtwidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen individuelle Verhaltenspflichten ist ausnahmsweise dann nicht gegeben, wenn im konkreten Fall ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt.207 3. Pflichtwidrigkeit und konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben a) Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften Sofern keine individuellen Verhaltensvorgaben vorliegen bzw. sofern diese nicht als untreuerelevant anzuerkennen sind, ist im nächsten Schritt bei der Ermittlung der Pflichtwidrigkeit auf gesetzliche Vorschriften zurückzugreifen, denn es ist davon auszugehen, dass die Geltung gesetzlicher Vorschriften im Innenverhältnis konkludent vereinbart wurde.208 In Rückgriff auf die Ausführungen zur unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit ist dabei primär zu prüfen, ob konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben vorliegen. Denn soweit solche Normen vorliegen, gilt eine umfassende Legalitätspflicht von Führungspersonen und es kann nicht auf generalklauselartig gefasste Vorgaben, speziell den Grundsatz des unternehmerischen Ermessens209, zurückgegriffen werden. b) „Interne und externe Pflichten“ als Quelle gesetzlicher Verhaltensvorgaben Die Legalitätspflicht bedeutet die umfassende Pflicht, das Unternehmen nur auf legale Art und Weise zu führen, also unter Einhaltung der intern geltenden Vorschriften210 sowie der externen Pflichten des Unternehmens, die erst mittelbar im Innenverhältnis Wirkung entfalten, so z. B. sämtliche Vorschriften des Wirtschaftsrechts oder auch des Strafrechts. Selbst für sog. „nützliche Pflichtverletzungen“ wird keine Ausnahme von der umfassenden Legalitätspflicht gemacht.

207

Zum Einverständnis und seinen Voraussetzungen siehe unten S. 192 ff. Siehe oben S. 130. 209 Als Ausprägung der Sorgfaltsmaßstabes des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. -mannes (§ 93 I 1 AktG oder § 43 I GmbHG). Siehe auch Murmann Jura 2010, 561 (564). 210 Zu Beispielen siehe schon oben S. 149. 208

170 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

c) Strafrechtsautonome Auslegung aa) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht: Erfordernis einer vermögensinteressenbezogenen Pflicht (1) Allgemein Unter Beachtung des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät des Untreuetatbestandes führt die Verletzung konkreter gesetzlicher Pflichten nur dann zur Annahme einer untreuerelevanten Pflichtverletzung, wenn diese einen Verstoß gegen den Zweck der Übertragung von Macht über das Unternehmensvermögen, die Gewinn- und Rentabilitätssteigerung, darstellt. Die verletzte Pflicht muss unmittelbarer Ausfluss des so verstandenen Vermögensinteresses des Unternehmens sein. Es genügt nicht, wenn sich ein solcher Zusammenhang nur mittelbar und reflexhaft ergibt; insbesondere genügt gerade keine nur die Dispositionsfreiheit beeinträchtigende Handlung.211 Die Übernahme von Legalitätspflichten in den Untreuetatbestand steht also insgesamt unter dem Vorbehalt, dass die jeweilige Pflicht einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen des Unternehmens aufweist. (2) Beispiel Der Geschäftsführer (G) der X-GmbH weist einen unwissenden Mitarbeiter an, bei der Produktion anfallende Nebenprodukte in einen Fluss einzuleiten, wodurch dieser verunreinigt wird. Er tut dies, um dem Unternehmen die Kosten für die Entsorgung dieser Nebenprodukte zu ersparen.212

Im Beispiel macht sich G einer Gewässerverunreinigung gem. §§ 324 I, 25 Alt. 2 StGB strafbar. Selbst wenn die Begehung dieser Straftat im Interesse des Unternehmens erfolgt („nützliche“ Pflichtverletzung), führt dies unter zivil- bzw. unternehmensrechtlichen Gesichtspunkten zur Bejahung einer Pflichtverletzung, da G die (externe) Pflicht hat, unternehmerische Entscheidungen nur unter Beachtung der bestehenden Gesetze zu treffen. Nach der hier vertretenen Ansicht führt die unternehmensrechtliche Pflichtverletzung des G nicht auch zu einer untreuespezifischen Pflichtverletzung; denn die Pflicht, bei Ausübung der Geschäftsführertätigkeit keine Gewässerverunreinigung zu begehen, steht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen der GmbH, der Gewinn- und Ren211 212

Siehe oben S. 144 f. Beispiel nach Wittig, 2010, § 6 Rn. 102.

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tabilitätssteigerung; Schutzzweck des § 324 StGB ist der Umwelt- bzw. konkret der Gewässerschutz213, nicht der Schutz der Vermögensinteressen desjenigen Unternehmens, zu dessen Gunsten gegen diese Norm verstoßen wird. Dies bedeutet, dass sich eine Pflichtverletzung gem. § 266 StGB im Beispiel nicht auf den Verstoß gegen § 324 I StGB stützen lässt; es bedeutet aber nicht, dass eine Bestrafung wegen § 266 StGB von vornherein völlig ausscheidet. Eine Pflichtwidrigkeit könnte sich unter Rückgriff auf generalklauselartig verfasste Verhaltensvorgaben ergeben214, wenn mit dem Verstoß gegen § 324 I StGB ein unvertretbares Risiko für das Ziel des Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung eingegangen wird. bb) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht bei Gefahr von Sanktionen oder Schadenersatzforderungen Andere Ansichten215 plädieren dagegen für eine Legalitätspflicht von Führungspersonen auch in den Fällen, in denen der Schutzzweck der verletzten Norm nicht korrespondiert mit dem Zweck der Vermögensbetreuung, dies gerade dann, wenn Folge der verletzten Norm die Verhängung einer Sanktion oder die Begründung eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Unternehmen sein kann. Die Begründung dafür kann mit Hilfe des obigen Beispiels illustriert werden: Wird das Verhalten des G entdeckt, kann gem. § 30 I Nr. 1 OWiG eine Geldbuße gegen die X-GmbH verhängt216 und dadurch auch der erzielte Gewinn aus der Tat (Ersparen der Entsorgungskosten) abgeschöpft werden. Eine solche Gewinnabschöpfung ist daneben durch die Anordnung eines Verfalls gem. §§ 73 ff. StGB möglich.217

Im Hinblick auf die §§ 30 OWiG, 73 ff. StGB kann wie folgt argumentiert werden: Aufgabe des G ist die Führung der X-GmbH nach dem Grundsatz der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung. Gleichzeitig besteht bezüglich des Unternehmensvermögens eine Vermögensbetreuungspflicht des G. 213

Schönke/Schröder/Heine (2010), § 324 Rn. 1. Siehe dazu unten S. 181 ff. 215 LK-10/Hübner (1988), § 266 Rn. 86; Lüderssen, Britz (Hg.) 2001 – Grundfragen staatlichen Strafens 2001, 467 (475 (Pflichtwidrigkeit ohne Weiteres indiziert)); Tiedemann, FS Tröndle 1989, 319 (322). Einschränkend Burger, 2007, S. 96 ff., 104. 216 G hat nämlich die Straftat begangen, um die GmbH zu bereichern (Ersparen der Aufwendungen für die Entsorgung der Nebenprodukte). Zu den Voraussetzungen des § 30 OWiG siehe insgesamt oben S. 84 ff. 217 Zu den Voraussetzungen des Verfalls siehe oben S. 81 ff. 214

172 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Besteht bei der Entscheidung zur Herbeiführung einer Gewässerverunreinigung die Gefahr, dass diese zur Verhängung einer Sanktion gegen das Unternehmen führt, werden das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung wie auch das zu betreuende Unternehmensvermögen gefährdet. Diese Argumentation kann übertragen werden auf alle sonstigen Normen, deren Verletzung mit Sanktionen gem. §§ 30 I OWiG, 73 ff. StGB oder speziellen Sanktionen etwa im Kartellrecht218 belegt werden kann, oder deren Verletzung zivilrechtliche, v. a. schadensersatzrechtliche Ansprüche nach sich ziehen kann219. Allgemein wäre also eine Legalitätspflicht im Rahmen des § 266 StGB anzuerkennen, wenn die Verletzung von davon erfassten Pflichten dazu führt, dass gegen das Unternehmen Sanktionen verhängt oder Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Eine solche Ansicht ist sowohl aus systematischen Gründen (1) abzulehnen als auch hinsichtlich der Folgen (2), die mit einer solchen Vorgehensweise verbunden sind. (1) § 266 StGB bestraft den Fehlgebrauch einer Macht über fremdes Vermögen. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn dem Zweck der Vermögensbetreuung zuwider gehandelt wurde. Nur bestimmte außerstrafrechtliche Pflichten besitzen demnach auch Untreuerelevanz und zwar dann, wenn diese einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen des zu betreuenden Vermögensinhabers aufweisen. Ist Vermögensinhaber ein Unternehmen und vermögensbetreuungspflichtig eine Führungsperson des Unternehmens, besteht das Vermögensinteresse in der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung; die verletzte Pflicht muss unmittelbarer Ausfluss des so verstandenen Vermögensinteresses sein. Wird gegen Pflichten verstoßen, deren Verletzung mit Sanktionen geahndet werden oder die Schadensersatzansprüche begründen können, so kann ein solcher Bezug jedenfalls hergestellt werden, wenn die verletze Pflicht selbst Ausfluss des Vermögensinteresses ist. Besitzt die verletzte Pflicht dagegen einen ganz anderen Regelungszweck, ergibt sich der Bezug zu den Vermögensinteressen allenfalls mittelbar über das Zusammenspiel von ver218

Vgl. Wittig, 2010, § 32 Rn. 30. Um eine solche Konstellation ging es auch im Fall „Kanther/Weyrauch“, BGH NJW 2007, 1760. Die beiden Angeklagten hatten als Vertreter der HessenCDU willentlich an der Erstellung und Vorlage falscher Rechenschaftsberichte der Bundes-CDU mitgewirkt. Dadurch bestand die Gefahr, dass gegen die Bundes-CDU Rückforderungsansprüche bzgl. erhaltener Zahlungen zur Parteienfinanzierung geltend gemacht werden könnten (was im Ergebnis auch geschah) und die BundesCDU deswegen bei der Hessen-CDU Rückgriff in Form von Schadensersatzansprüchen nehmen könnte. 219

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letzter und die Sanktionen oder Schadenersatzansprüche auslösenden Norm – die Gefahr von Sanktionen und Schadensersatzansprüchen kann das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung gefährden. Wird das Kriterium der Unmittelbarkeit aber ernst genommen, so kommt es auf den Inhalt und Zweck der verletzten Pflicht an. Dass Folge eines Normverstoßes eine Zweckgefährdung ist, bleibt also unerheblich, solange dies keinen Einfluss auf den Pflichteninhalt hat; der Bezug zu den Vermögensinteressen ist dann nur mittelbar und reflexhaft. Eine solche Ansicht vertritt inzwischen auch der BGH; er entschied – freilich in Bezug auf das von ihm vertretene Kriterium eines vermögensschützenden Charakters der verletzten Norm –, dass das Auslösen von Schadensersatzansprüchen durch einen Gesetzesverstoß nicht dessen untreuerelevante Pflichtwidrigkeit nach sich ziehen könne.220 Offen gelassen hat er dies jedoch für den Fall, dass an die Verletzung einer solchen Rechtsnorm eine spezifische, sich vermögensmindernd auswirkende Sanktion anknüpft; eine solche Sanktion ist dabei wohl nicht schon die Möglichkeit einer Geldbuße über § 30 I Nr. 1 OWiG.221 Nach der hier vertretenen Ansicht kann es keinen Unterschied machen, ob sich eine Sanktionsmöglichkeit direkt aus oder in unmittelbarem Zusammenhat mit der verletzten Rechtsnorm ergibt, solange die verletzte Rechtsnorm nicht Ausfluss des Vermögensinteresses ist. Im Beispiel wandelt sich § 324 I StGB nicht zu einem Delikt, das die GmbH und deren Vermögensinteressen schützt, nur weil über § 30 I Nr. 1 OWiG gegen jene eine Geldbuße verhängt werden kann, wenn ihr Geschäftsführer bei seiner Geschäftsführertätigkeit gegen diese Norm verstößt. Selbst wenn man den Regelungszweck der Sanktionsnorm mitberücksichtigen wollte, ändert sich nichts an der grundsätzlichen Schutzrichtung. Im Gegenteil – Sanktionsnormen und daneben Schadensersatzansprüche regelnde Normen dienen auch ein Stück weit als „Abschreckungsmittel“ – präventiv sollen beispielsweise Unternehmen durch die Existenz des § 30 OWiG dazu angehalten werden, zukünftige Rechtsverstöße zu verhindern.222 Sanktionsnormen und Schadenersatzansprüche regelnde Normen dienen flankierend der Durchsetzung der mit der verletzten Norm verfolgten Ziele – im Falle des § 324 I StGB des Gewässerschutzes durch Abschreckung auch von Unternehmen. Die Existenz von Sanktionsnormen und Schadenersatzansprüche regelnden Normen kann im Ergebnis lediglich reflexhaft und mittelbar einen Bezug zu den Vermögensinteressen eines Unternehmens herstellen, der erforderliche unmittelbare Zusammenhang fehlt jedoch. 220 221 222

BGH NJW 2011, 88 (92). BGH NJW 2011, 88 (92). Siehe oben S. 84.

174 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(2) Auch die Folgen einer Einbeziehung von Normen mit anderen Schutzrichtungen als die des Vermögensinteresses des Unternehmens als untreuerelevante Pflichten sprechen für dieses Ergebnis. Dies gilt zum einen bei der Einbeziehung von sich aus der Legalitätspflicht ergebenden Strafnormen. Wird deren Verletzung auch über § 266 I StGB erfasst, so füllt das Unrecht dieser Strafnorm den Tatbestand des § 266 StGB aus – der Verstoß gegen § 324 I StGB begründet im Beispiel die Pflichtwidrigkeit. Dagegen kann zwar eingewandt werden, dass § 266 StGB zusätzlich den Eintritt eines Verletzungserfolges in Form eines Vermögensnachteils erfordert. Wird jedoch dann schon die Gefahr einer Sanktionierung als nachteilsbegründend berücksichtigt (schadensgleiche Vermögensgefährdung), wird im Ergebnis nichts anderes als der bloße Verstoß gegen eine sanktionsbewehrte Norm bestraft und teilweise ist sodann der Strafrahmen des § 266 StGB höher als der Strafrahmen der eigentlich verletzten Norm.223 Noch auffallender ist die Unrichtigkeit dieses Ergebnisses bei der Berücksichtigung von Ordnungswidrigkeiten sowie sonstigen Normen, deren Verletzung bloße zivilrechtliche Schadenersatzansprüche auslösen kann. Durch die Einstufung eines Handelns als ordnungswidrig bzw. zivilrechtlich missbilligtes Verhalten bringt der Gesetzgeber auch zum Ausdruck, dass ein solches Handeln noch nicht strafbedürftig und -würdig ist. Stuft man einen Verstoß gegen solche Normen ohne Berücksichtigung der sich aus § 266 StGB ergebenden Besonderheiten bereits als pflichtwidriges Handeln ein, bejaht man zumindest schon das (strafrechtwürdige) Handlungsunrecht der Untreue und setzt sich der gesetzgeberischen Wertung entgegen. Bejaht man darüber hinaus auch noch den Vermögensvorteil wie oben beschrieben als schadensgleiche Vermögensgefährdung, wird im Ergebnis ein vom Gesetzgeber als nicht strafbedürftig- und würdig eingestuftes Verhalten über § 266 StGB pönalisiert. Dies widerspricht den gesetzgeberischen Wertungen und ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts abzulehnen. Wortlaut und Schutzzweck der Untreue gebieten eine strafrechtsspezifische Auslegung des § 266 StGB. Geht es insbesondere um die Einbeziehung externer (Legalitäts-)Pflichten, genügt allein die Existenz von Sanktionsnormen oder schadensersatzanordnenden Normen noch nicht zur 223 Siehe dazu allerdings nun die restriktive Rechtsprechung des 5. Strafsenats in HRRS 2009, Nr. 718 – Berliner Stadtreinigung (nur dort Urteil umfassend wiedergegeben). Das Risiko der Inanspruchnahme auf Schadensersatz und Prozesskosten nach Begehung einer Straftat (hier: eines Betruges) kann einen (Gefährdungs-)Schaden nicht begründen, weil eine solche Inanspruchnahme „mit der Aufdeckung der Tat einen Zwischenschritt voraus(setzt)“. Nicht unmittelbare Schäden seien von § 266 StGB nicht erfasst, vgl. Mosiek, HRRS 2009, 565.

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Begründung auch untreuerelevanter Pflichten. Nur dann, wenn die Normen selbst unmittelbarer Ausfluss der Vermögensinteressen des Unternehmens sind, kann deren Verletzung eine pflichtwidrige Untreuehandlung darstellen. cc) Spezifische Vermögensbetreuungspflicht und formelle Pflichten Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf Pflichten, die inhaltliche Anforderungen an zu treffende Entscheidungen formulieren, sog. materielle Pflichten.224 Gesetzliche Vorschriften können aber auch Verhaltensvorgaben in Bezug auf die Art und Weise, wie eine Entscheidung zustande kommen soll, formulieren, sog. formelle Pflichten.225 Bedeutend sind dabei v. a. Pflichten, • die das Entscheidungsverfahren (bspw. formalisierte Abstimmungsverfahren), • die Entscheidungsfindung (etwa Transparenzgebot, Vier-Augen-Prinzip) • oder die Entscheidungsausführung (etwa Dokumentationspflichten) betreffen.226 Fraglich ist, ob solche Form- und Verfahrensvorschriften zur Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer Entscheidung herangezogen werden können. Zu bestimmen ist, ob diese vor dem Hintergrund des oben beschriebenen untreuespezifischen Vermögensinteresses vermögensinteressenschützenden Charakter haben. Das wäre dann der Fall, wenn sie das Interesse eines Unternehmens an einer Gewinn- und Rentabilitätssteigerung tangieren. Dies ist bei formellen Pflichten oft besonders fraglich, da diese vielfach oft nur Beweisfunktion haben oder zwar gewisse Schutzfunktionen übernehmen, diese aber gegenüber nicht von § 266 StGB erfassten Vermögensinhabers. So ist etwa umstritten, ob formelle Buchführungspflichten Untreuerelevanz besitzen oder nur eine für § 266 StGB nicht relevante gläubigerschützende Funktion.227 224

Vgl. Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (115); Dittrich, 2007, S. 197. Siehe auch Dittrich, 2007, S. 193 ff.; Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (115); Waßmer, 1997, S. 75 f., 147. Formelle Pflichten können auch durch individuelle Verhaltensvorgaben postuliert werden. Schwerpunktmäßig taucht die Problematik der Untreuerelevanz formeller Pflichten jedoch im Rahmen gesetzlicher Vorschriften auf, sodass diese auch hier behandelt werden soll. Im Ergebnis gelten diese Ausführungen jedoch entsprechend für individuell statuierte formelle Pflichten. 226 Waßmer, 1997, S. 75. 227 Einen „vermögensschützenden Charakter“ bejaht BGH NJW 2010, 3458 (3460) m. w. N. zum Streitstand. 225

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Im Ergebnis ist für die Ermittlung, ob formelle Pflichten Untreuerelevanz besitzen, kein anderes Vorgehen erforderlich als bei materiellen Pflichten. Diese Pflichten sind nur dann auch als untreuerelevant anzuerkennen, wenn sie eine vermögensinteressenschützende Funktion haben. dd) Gesetzliche Verhaltensvorgaben versus autonome Zwecksetzung (1) Beispiele Beispiel 1: Der Geschäftsführer (G) der X-GmbH weist einen unwissenden Mitarbeiter an, bei der Produktion anfallende Nebenprodukte in einen Fluss einzuleiten, wodurch dieser verunreinigt wird. Er tut dies, um dem Unternehmen die Kosten für die Entsorgung dieser Nebenprodukte zu ersparen. Der Anstellungsvertrag des G mit der X-GmbH enthält die Pflicht, bei der Führung der Geschäfte der X-GmbH die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.228 Beispiel 2: Die Geschäftsordnungen und Satzungen von Aktiengesellschaften verpflichten die – unzweifelhaft vermögensbetreuungspflichtigen – Vorstände in der Regel zur Leitung der Gesellschaft nach den gesetzlichen Vorschriften.229 Nichts anderes gilt für eine Vielzahl von Arbeits- oder Dienstverträgen, die Arbeitnehmer zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften oder speziell von Strafvorschriften verpflichten. Beispiel 3: Die C-GmbH ist ein deutschlandweit agierender Möbelhersteller. Die Gesellschafter beschließen, dass bei der Möbelherstellung zukünftig keine Tropenhölzer mehr verwendet werden sollen. Geschäftsführer B hält dies für völlig unwirtschaftlich und setzt in der Produktion weiter billiges Tropenholz ein.

(2) Vorrang individueller Verhaltensvorgaben Bei der Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung haben individuelle Verhaltensvorgaben des Vermögensinhabers Vorrang. Der Wille des Vermögensinhabers bei der Bestimmung und Konkretisierung seiner Vermögensinteressen und damit bei der Bestimmung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht ist maßgeblich für eine Strafbarkeit gem. § 266 StGB. Folglich ist nur nachrangig auf konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben mit Untreuerelevanz zurückzugreifen. Dies ergeben bereits die obigen Ausführungen. Folge des Vorrangs individueller Verhaltensvorgaben ist daneben auch, dass solche gesetzlichen Verhaltensvorgaben, denen grundsätzlich keine Un228

Siehe zu diesem – nun abgewandelten – Beispiel oben S. 170. Vgl. z. B. § 10 der Satzung der Siemens AG (Stand: Februar 2011) sowie § 1 I, II der Geschäftsordnung der Vorstände der Siemens AG (Stand: 01. April 2011). Vgl. auch Ransiek, StV 2009, 321 (322). 229

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treuerelevanz zukommt, ausnahmsweise dann als untreuerelevant gelten können, wenn sie vom Vermögensinhaber selbst statuiert wurden und Ausfluss seines Vermögensinteresses sind. Ebenso können individuelle Verhaltensvorgaben als untreuerelevant gelten, die einen strengeren Maßstab als gesetzliche Vorschriften anlegen. So würde im obigen Beispiel (1) der Geschäftsführer der X-GmbH aufgrund des Verstoßes gegen § 324 I StGB pflichtwidrig handeln, wenn man das anstellungsvertragliche Gebot, bei der Geschäftsführung die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, als untreuerelevant anerkennen würde. Bejaht werden könnte dies mit dem Argument, dass der Vermögensinhaber in diesem Fall seine Vermögensinteressen, die Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung, nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften verfolgt haben möchte. Ein Verstoß gegen § 324 I StGB würde damit einen unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen der X-GmbH aufweisen. Ähnlich könnte argumentiert werden für das obige Beispiel (2). Im Beispiel (3) stellt die Entscheidung der Gesellschafter, zukünftig kein Tropenholz mehr in der Produktion zu verwenden, eine gesetzliche Vorschriften zum Umweltschutz stark verschärfende Vorschrift dar. Sie könnte als untreuerelevant anerkannt werden, wenn sie Ausdruck des durch die Gesellschafter gebildeten Willens der GmbH ist, das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung nur auf Grundlage umweltschonenden und nachhaltigen Wirtschaftens zu erreichen. Im Ergebnis bedeutet der Vorrang individueller Verhaltensvorgaben auch, dass allein durch die autonome Zwecksetzung des Vermögensinhabers bestimmte, an sich nicht untreuerelevante gesetzliche Pflichten kriminalisiert werden können. Außerdem kann der Vermögensinhaber gesetzliche Vorschriften durch eigene Verhaltensvorgaben verschärfen. Solche Folgen stehen letztlich im Einklang mit dem Wortlaut des § 266 StGB, der rechtsgeschäftlich begründete Vermögensbetreuungspflichtverhältnisse gerade in seinen strafrechtlichen Schutz mit einbezieht und damit auch die durch Rechtsgeschäft begründeten Pflichten.230 (3) Bedenken gegen eine Kriminalisierung von Pflichten durch die autonome Zwecksetzung des Vermögensinhabers Dennoch erscheint eine solche Konsequenz nicht als völlig unproblematisch. Im Schrifttum und der Rechtsprechung wird die Kriminalisierung von Pflichten durch den rechtsgeschäftlich geäußerten Willen des Vermögens230 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 76; OLG Stuttgart NJW 1968, 1340 (1341); Dallinger, MDR 1967, 173.

178 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

inhabers thematisiert, wenn im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit nicht fremdnützigem Inhalt (Kauf231-, Darlehens232-, oder Arbeitsverträge233 etc.) gesetzliche Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen vertraglich festgeschrieben werden. Solche Vereinbarungen sollen nicht unter den Untreuetatbestand subsumiert werden, da es sich um Verträge handle, „die ihrem Wesen nach keine Treueverpflichtung begründen, einfache Vertragsverletzungen“234. Die vertragliche Vereinbarung gesetzlicher Pflichten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, Formularverträge etc. erhöhe nicht die Verbindlichkeit und Wirkkraft von schon gesetzlich normierten Pflichten, sie wiederholten diese nur.235 Der rechtsgeschäftlich geäußerte Wille des Vermögensinhabers zur Statuierung von Pflichten mit Vermögensinteressenbezug wird also nicht anerkannt. Im Ergebnis fehlt es in diesen Fällen schon an einem grundsätzlichen Vermögensbetreuungsverhältnis, da die vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen ihrem Wesen nach keine Vermögensbetreuungspflicht begründen kann. Diese Beispiele verdeutlichen allerdings die Problematik einer Kriminalisierung von Pflichtverletzungen allein durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen in den Fällen, in denen individuell vereinbarte Verhaltensvorgaben des Unternehmens gesetzliche Vorschriften wiederholen oder verschärfen, die für sich gesehen noch keine spezifische Vermögensbetreuungspflicht darstellen bzw. in den Fällen, in denen gar keine gesetzlichen Regelungen gelten. Genügt im obigen Beispiel (1) für die Bejahung einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht und damit der Untreuerelevanz des § 324 I StGB allein die arbeitsvertragliche Pflicht zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, obwohl dieser Strafvorschrift an sich keine Untreuerelevanz zukommt? Bedeutet, wie in Beispiel (2) dargestellt, die Verpflichtung auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften in Geschäftsordnungen, Satzungen, Anstellungsverträgen oder Compliance-Richtlinien eines Unternehmens, dass jeder Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften automatisch eine Pflichtwidrigkeit begründet? Unter welchen Voraussetzungen kann eine an sich nicht untreuerelevante Pflicht aufgrund des rechtsgeschäftlich geäußerten Willens des Vermögensinhabers spezifische Vermögensbetreuungspflicht mit Vermögensinteressenbezug sein? Unter welchen Voraussetzungen kann in Bei231

BGHSt 22, 190 (192); BGHSt 9, 84 (87). BGH GA 1977, 18 (19). 233 BGH NJW 1974, 1854; BGHSt 5, 187 (187 f.). 234 RGSt 73, 299 (300). 235 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 76 m. w. N. Siehe auch BGH GA 1977, 18 (19). 232

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

179

spiel (3) die gegenüber gesetzlichen Umweltschutzvorschriften verschärfte Vorgabe, keine Tropenhölzer mehr zu verwenden, als untreuerelevant anerkannt werden? Im Beispiel (1) spricht für das Vorliegen einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht, dass der Hinweis auf gesetzliche Vorschriften als Konkretisierung der Vermögensinteressen des Unternehmens verstanden werden kann. Vermögensinteresse wäre demnach die „legale“ Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung und im Ergebnis müsste der unmittelbare Zusammenhang zwischen der verletzten Norm (§ 324 I StGB) und dem so verstandenen Vermögensinteresse der X-GmbH bejaht werden.236 Die Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften kann aber auch so verstanden werden, dass dem Vermögensbetreuungspflichtigen die schon bestehende „Legalitätspflicht“ zur Einhaltung externer Pflichten verdeutlicht und vor Augen gehalten werden soll. Möglich ist allgemein auch – insbesondere bei sog. Compliance-Richtlinien –, dass das Unternehmen nur eine „Fassade“ errichten will, um nach außen gegenüber der Öffentlichkeit seine „Gesetzestreue“ zu demonstrieren. In solchen Fällen wird die Postulierung gesetzlicher Vorschriften in individuellen Vereinbarungen mit dem Vermögensinhaber gerade nicht als Konkretisierung seiner Vermögensinteressen zu verstehen sein und es fehlt am erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang. Ähnliches gilt im Beispiel (3). Eine spezifische Vermögensbetreuungspflicht wäre zu bejahen, wenn die Vorgabe, keine Tropenhölzer mehr zu kaufen, Ausdruck dessen ist, dass die Gesellschafter das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung nur durch nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften verfolgen wollen. Ein Zusammenhang zu den Vermögensinteressen wäre dagegen auszuschließen, wenn die Regelung nur als „Fassade“ nach außen dient.

Problematisch erscheint im Ergebnis die Kriminalisierung von Pflichten durch den rechtsgeschäftlich geäußerten Willen des Vermögensinhabers v. a. deswegen, weil in diesen Fällen allein die rechtsgeschäftliche Vereinbarung noch keinen Aufschluss darüber gibt, ob dadurch das Vermögensinteresse des Vermögensinhabers konkretisiert oder letztlich nur die Legalitätspflicht verdeutlicht werden soll. (4) Lösungsansatz: Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses Im Zusammenhang mit der Frage, ob durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung überhaupt ein Vermögensbetreuungspflichtverhältnis begründet werden kann, schlägt Schünemann237 vor, den Ausweg „aus dieser Aporie dadurch zu suchen, daß nicht die bloße zivilrechtliche Vereinbarung die Brücke zur Untreue schlagen kann, sondern erst eine entsprechende tat236

So im Ergebnis Salditt, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.) (2009), S. 106

(113). 237

LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 76.

180 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

sächliche Ausgestaltung des [Treueverhältnisses].“ Ähnlich äußern sich Saliger und Gaede238 zur Frage der Untreuerelevanz von ComplianceVorschriften. Ein pflichtwidriges Handeln sei dann abzulehnen, wenn die Pflicht, gegen die verstoßen wurde, faktisch gar nicht in Vollzug gesetzt wurde, da im Unternehmen eine andere Praxis geübt und toleriert wurde. Es soll im Ergebnis also nicht ausreichen, eine Pflicht durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu etablieren, um einen unmittelbaren Zusammenhang herzustellen, sondern es müssen weitere faktische Umstände gegeben sein, die einen solchen Schluss zulassen. Ein solches Vorgehen überzeugt. Kann anhand der bloßen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bestimmter Pflichten nicht ermittelt werden, ob damit eine Konkretisierung des Vermögensinteresses angestrebt wird, so sind andere Mittel der Auslegung heranzuziehen. Der Wille des Vermögensinhabers muss sich nicht zwangsläufig ausschließlich in rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen äußern – auch tatsächliche Umstände dürfen herangezogen werden, um diesen zu ermitteln. Welche tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen sind, um den Willen des Vermögensinhabers zu ermitteln, kann nicht verbindlich festgelegt werden, es ist vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Zur Auslegung können dabei herangezogen werden: • Die Art und Weise der Vereinbarung individueller Vorgaben: Erfolgt die Vereinbarung in Arbeitsverträgen, spricht dies tendenziell dafür, dass es sich um bloße Arbeitnehmerpflichten handelt, die gerade nicht dazu dienen, den Zweck zu konkretisieren, der mit der Übertragung einer Dispositionsbefugnis verbunden ist. • Die Genauigkeit/Detailliertheit, mit der auf gesetzliche Vorschriften verwiesen wird. Erschöpft sich die Regelung in einem bloßen Verweis auf gesetzliche Vorschriften, so spricht auch hier wieder mehr dafür, dass dadurch bloße gesetzliche Schuldner- oder Arbeitnehmerpflichten durchgesetzt werden sollen. • Die tatsächliche Übung: Der Verweis auf gesetzliche Vorschriften darf nicht eine bloße Fassade darstellen, sondern es müssen ernsthafte und erkennbare Anstrengungen erkennbar sein, diese auch durchzusetzen. Ist ein Handeln entgegen der Vorschriften im Unternehmen anerkannt und wird ein solches toleriert, sind diese nicht in dem Sinne etabliert, dass sie eine Manifestation des Konkretisierungswillens des Vermögensinhabers darstellen.

238

Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (73).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

181

(5) Ergebnis Der Wille des Vermögensinhabers bei der Bestimmung und Konkretisierung der Vermögensinteressen eines Unternehmens, der sich durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen manifestiert, ist grundsätzlich anzuerkennen. Damit kommt es konsequenterweise über § 266 StGB zu einer Kriminalisierung auch von rechtsgeschäftlich vereinbarten Pflichten, die als gesetzliche Regelungen keine Untreuerelevanz beanspruchen bzw. gesetzliche Pflichten verschärfen. Probleme ergeben sich dann, wenn nicht ermittelt werden kann, ob eine bestimmte Vorgabe eine Konkretisierung des Vermögensinteresses darstellt. In solchen Fällen sind über die Auslegung der rechtsgeschäftlich vereinbarten Pflicht hinaus auch die tatsächlichen Umstände heranzuziehen. Indizien sind die Art und Weise der Verhaltensvorgaben, die Genauigkeit, mit der auf gesetzliche Pflichten verwiesen wird, und zuletzt die tatsächliche Übung. 4. Zwischenergebnis: Anerkennung der unternehmensrechtlichen Legalitätspflicht? „Der Untreuetatbestand schützt das anvertraute Vermögen, stellt aber keinen Rechtssatz auf, sich allgemein rechtstreu zu verhalten.“239

Die unternehmensrechtliche Legalitätspflicht erfasst sowohl die Pflicht zur Einhaltung von individuellen Verhaltensvorgaben des Unternehmens als auch von sonstigen internen und externen Pflichten. Eine solche allgemeine Pflicht zur Rechtstreue bei der Vornahme von unternehmerischen Entscheidungen ist im Rahmen einer untreuespezifischen Auslegung nicht anzuerkennen. Vielmehr ist für das Vorliegen eines Angriffs „von innen heraus“ erforderlich, dass die verletzte Pflicht unmittelbarer Ausfluss der Vermögensinteresses des Unternehmens ist, das regelmäßig in der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung besteht. 5. Pflichtwidrigkeit bei Fehlen konkreter Verhaltensvorgaben a) Rückgriff auf gesetzliche Generalklauseln Ist weder durch individuelle noch konkrete gesetzliche Regelungen vorgegeben, wie eine unternehmerische Entscheidung zu treffen ist, bzw. sind solche Regelungen gerade nicht als untreuerelevant anzuerkennen, so ist als 239

Taschke, FS Lüderssen 2002, 663 (668).

182 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

im Innenverhältnis konkludent vereinbart240 anzunehmen, dass auf gesetzliche Generalklauseln zurückzugreifen ist. Geht es um unternehmerische Entscheidungen getroffen durch Führungspersonen innerhalb eines Unternehmens, ist dabei der Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes anzuwenden, der durch die Figur eines unternehmerischen Ermessens konkretisiert wird. b) Anerkennung des Grundsatzes unternehmerischen Ermessens? aa) Rechtsprechung In einigen Entscheidungen insbesondere ab dem Jahr 2002 hat der BGH den Grundsatz des unternehmerischen Ermessens auch für die untreuerechtliche Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen anerkannt.241 In der Entscheidung Mannesmann stellte er heraus: „Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes und ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, nicht überschritten sind“.242

Konkret wandte der BGH diese Rechtsfigur an auf die Beurteilung von Unternehmensspenden zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport (SSV-Reutlingen243), von ungesicherten Kapitaltransfers zwischen einer Holding und einem konzerngleichen Unternehmen (Kinowelt244), auf die Beurteilung der Vergabe kompensationsloser Anerkennungsprämien (Mannesmann245) und der Vergabe risikobehafteter Bankkredite (West-LB246). Er hob insbesondere hervor, dass ein weiter, gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Handlungsspielraum den entscheidungstragenden Organen der Gesellschaft insbesondere dann zustehe, wenn der Prognosecharakter der unternehmerischen Entscheidung besonders zu Tage trete, 240

Siehe oben S. 130. Berücksichtigt werden können auch die Entscheidungen des BGH zur Untreue durch Kreditvergabe in NJW 2000, 2364 und NStZ 2002, 262. Hierin äußert sich der BGH jedoch nicht ausdrücklich zum unternehmerischen Ermessen, sodass auf eine Bezugnahme verzichtet wird. 242 BGH NStZ 2006, 214 (216). 243 BGH NStZ 2002, 322. 244 BGH NStZ 2006, 221. Die Entscheidung betraf die Zulässigkeit ungesicherter Kapitaltransfers zwischen einer Holding und einem konzerngleichen Unternehmen. 245 BGH NStZ 2006, 214. 246 BGH ZIP 2009, 1854. 241

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

183

so bei Investitionen in neue Technologien oder beim Erschließen neuer Betätigungsfelder.247 bb) Literatur In der Literatur gab es bereits früh Bemühungen um eine Formulierung allgemeiner wie restriktiver Kriterien für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen. So wurde v. a. von Tiedemann vorgeschlagen, nur „eindeutig unvertretbare Handlungsweisen“248 als untreuerelevant einzustufen und „jedes wirtschaftlich irgendwie sinnvolle oder vertretbare Ziel“249 dagegen als nicht pflichtwidrig i. S. d. § 266 StGB hinzunehmen. Dieser Linie haben sich weite Teile der Literatur angeschlossen.250 Sinn einer solchen Beschränkung des Untreuetatbestandes sei, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass unternehmerische Entscheidungen oft Prognoseentscheidungen seien.251 Im Ausgangspunkt unterscheidet sich die Ansicht der Literatur nicht wesentlich von der Rechtsprechung – während der BGH für die Pflichtwidrigkeit ein Handeln jenseits unternehmerischer „Verantwortlichkeit“ fordert, wird hier auf die „Unvertretbarkeit“ unternehmerischen Handelns abgestellt. Woran sich die Unvertretbarkeit bemessen lassen soll, wird dabei jedoch nicht ausdrücklich vorgegeben. cc) Stellungnahme Soweit für eine unternehmerische Entscheidung keine konkreten untreuerelevanten Verhaltensvorgaben ermittelt werden können, ist in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der strafrechtlichen Rechtsprechung und Literatur der Grundsatz unternehmerischen Ermessens als Ausprägung der u. a. in § 93 I 1 AktG und § 43 I GmbHG geregelten Generalklausel des „sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ anzuerkennen. Die Notwendigkeit eines Beurteilungs- und Entscheidungsspielraumes ergibt sich aus der Natur einer unternehmerischen Entscheidung als Prognoseentscheidung. Unternehmerisches Handeln darf nicht unmöglich gemacht werden, indem 247

BGH NStZ 2006, 221 (223). Tiedemann, FS Tröndle 1989, 319 (328). 249 Tiedemann, FS Tröndle 1989, 319 (328). 250 Otto, FS Kohlmann, 2003, 187 (202 f.); Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (118); Saliger, HRRS 2006, 10 (20); SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 42; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 19b; Günther, FS Weber 2004, 312 (316). 251 Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (118). 248

184 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

ein Gericht nachträglich seine eigene Entscheidung an die Stelle des Entscheidungsträgers setzt. Soweit dies im Rahmen der zivilrechtlichen Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen gilt, hat dies erst Recht zu gelten im Rahmen ihrer strafrechtlichen Überprüfung gem. § 266 StGB. dd) Ergebnis Erkennt man richtigerweise den Grundsatz des unternehmerischen Ermessens auch im Rahmen einer untreuerechtlichen Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen an, so ergibt sich prinzipiell, dass bei dieser Beurteilung eine ex-ante-Perspektive des jeweiligen Entscheidungsträgers einzunehmen ist. Der Grundsatz unternehmerischen Ermessens gilt grundsätzlich für alle Träger unternehmerischer Entscheidungen, also für Organe von juristischen Personen und Personengesellschaften wie für untergeordnete Leitungspersonen. c) Ermittlung pflichtwidriger Entscheidungen aa) Rationalitätskontrolle Die Anerkennung des Grundsatzes unternehmerischen Ermessens führt dazu, dass keine vollständige inhaltliche bzw. materielle Kontrolle der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung vorgenommen wird. Frühere Ansichten in der Rechtsprechung und auch in der Literatur, wonach die Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung in Form eines Risikogeschäftes nach konkreten inhaltlichen Voraussetzungen zu beurteilen war, sind damit überholt. Es kommt nicht mehr darauf an, ob „der Täter nach dem Verlustrisiko eines Spielers handelte“252, bzw. „nur eine geringe Gewinnchance vorlag“253 oder die „Gefahr eines Verlustgeschäftes wahrscheinlicher war als die Aussicht auf Gewinnerzielung“254. Letztlich zollt das Gewähren eines unternehmerischen Ermessens auch der Tatsache Tribut, dass das Vorliegen solch inhaltlicher Voraussetzungen im Nachhinein durch ein in geschäftlichen Dingen regelmäßig weniger erfahrenes Gericht nur schwer möglich ist.

252

RGSt 61, 211 (213); BGH GA 1977, 342 (343) m. w. N. Schreiber/Beulke, NJW 1977, 656 (659 f.); LK-10/Hübner (1988), § 266 Rn. 85. 254 So BGH NJW 1975, 1234 (1236). 253

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

185

bb) Handeln auf angemessener Informationsbasis (1) Anerkennung von Informations- und Prüfungspflichten Nach den im Gesellschaftsrecht vertretenen und insbesondere durch § 93 I 2 AktG kodifizierten Anforderungen an eine unternehmerische Entscheidung trifft den Entscheidungsträger die Pflicht, eine Risikoabwägung auf einer angemessenen Informationsbasis vorzunehmen.255 Der BGH bejaht eine solche Informations- und Prüfungspflicht auch im Rahmen der untreuerechtlichen Überprüfung unternehmerischer Entscheidungen. So führt er in der Entscheidung Kinowelt aus: „Dem Entscheidungsträger obliegt es [. . .] allerdings, sich in angemessener Weise, gegebenenfalls unter Beiziehung sachverständiger Hilfe, durch Analyse der Chancen und Risiken eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage zu verschaffen“.256

In der Entscheidung West-LB betont der BGH abermals, dass ein unternehmerischer Entscheidungsspielraum „nur auf der Grundlage sorgfältig erhobener, geprüfter und analysierter Informationen“257 bestehe. In der Literatur hat bisher keine breite Diskussion stattgefunden, ob im Rahmen eines unternehmerischen Ermessens Informations- und Prüfungspflichten zu fordern sind. Soweit allerdings eine Auseinandersetzung damit stattfindet, wird das Bestehen solcher Pflichten grundsätzlich bejaht.258 Grundsätzlich ist das Bestehen von Informations- und Prüfungspflichten anzuerkennen. Soll an die Stelle einer inhaltlichen Prüfung von unternehmerischen Entscheidungen eine bloße Rationalitäts- bzw. Plausabilitätskontrolle treten, müssen die Annahmen, aufgrund derer der Entscheidungsträger eine Entscheidung trifft, zumindest auf einer angemessenen Informationsbasis getroffen werden. (2) Umfang von Informations- und Prüfungspflichten Gerade in der Entscheidung Kinowelt betonte der BGH, dass der Umfang der Informationspflicht nicht so weit geht, dass eine „bis ins Einzelne gehende und nur mit hohem Aufwand zu erstellende Abschätzung des Ge255

Siehe insgesamt oben S. 155 ff. BGH NStZ 2006, 221 (223). 257 BGH ZIP 2009, 1854 (1857). 258 So Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (233). Daneben Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (674 f.). 256

186 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

schäftsverlaufs“259 gefordert werden könne. Er ließ in diesem Fall eine intern sowie extern vorgenommene Risikoanalyse genügen. Richtigerweise ist demgemäß eine Informationsbasis nicht erst dann angemessen, wenn behauptet werden kann, dass das am besten begründbare Ergebnis gefunden wurde. Auch darf nicht jede aus der nachträglichen Sicht noch verfügbare Information herangezogen werden. Vielmehr wird zu berücksichtigen sein, welcher Zeitrahmen für die Entscheidung zur Verfügung stand und ob der prognostizierte Nutzen weiterer Information von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre.260 Daneben kann auch das mit der Entscheidung verbundene Risiko eine Rolle dafür spielen, in welchem Umfang Informationen eingeholt werden müssen.261 (3) Rechtsfolgen eines Verstoßes bzw. der Einhaltung von Informations- und Prüfungspflichten Ungeklärt ist, welche Rechtsfolge ein Verstoß gegen bzw. die Einhaltung der Informations- und Prüfungspflicht hat. In der Entscheidung West-LB führte der BGH aus: „Wenn allerdings die – weit zu ziehenden – Grenzen des unternehmerischen Entscheidungsspielraums, innerhalb dessen die Risikoabwägung durchzuführen ist, durch Verstöße gegen die banküblichen Informations- und Prüfungspflichten überschritten werden, mithin das Verfahren der Kreditgewährung fehlerhaft ist, liegt eine Pflichtverletzung vor, die zugleich einen Missbrauch der Vermögensbetreuungspflicht aus § 266 Abs. 1 StGB begründet“.262

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen Informations- und Prüfungspflichten soll danach die Bejahung der Pflichtwidrigkeit der unternehmerischen Entscheidung i. S. d. § 266 I StGB sein.263 Anders sieht dies Ransiek. Danach führt eine Verletzung von Informationspflichten nicht zur automatischen Bejahung der Pflichtwidrigkeit, vielmehr soll dann eine inhaltliche Kontrolle stattfinden, allerdings beschränkt auf eine Missbrauchskontrolle.264 Sind Informationspflichten dagegen eingehalten, plädiert er für einen Verzicht auf eine materielle, d.h. inhaltliche Prüfung der unternehmerischen Entscheidung. Andererseits gibt er zu, dass Verfahrensregeln nur dann Bedeutung erlangen, wenn die inhaltliche Be259 260 261 262 263 264

BGH NStZ 2006, 221 (223). Vgl. Langenbucher, DStR 2005, 2083 (2087). Ähnlich Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (233). BGH ZIP 2009, 1854 (1857). Wohl zustimmend Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (233 f.). Ransiek, ZStW 117 (2004), 634 (677).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

187

wertung nicht feststeht; sei es durch eine unternehmerische Entscheidung zu einer Verschwendung von Gesellschaftsvermögen gekommen, so ändere auch eine Einhaltung von Verfahrensregeln nichts am Ergebnis der Pflichtwidrigkeit der Entscheidung.265 Beide Ansichten können nicht vollständig überzeugen und im Ergebnis sollte sowohl dem Einhalten als auch dem Verstoß gegen Informationspflichten lediglich eine Indizfunktion zugestanden werden. Hat der Entscheidungsträger eine angemessene Informationsbasis geschaffen und auf dieser Grundlage seine Entscheidung getroffen, spricht dies dafür, dass die Entscheidung sich noch diesseits der unternehmerischen Ermessensgrenzen hält. Sie kann aber auch im Gegenteil pflichtwidrig sein, weil die auf angemessener Informationsbasis getroffene Entscheidung offensichtlich unvertretbar war – so im Falle der Verschwendung von Gesellschaftsvermögen. Das Gleiche gilt für den Fall, dass keine angemessene Informationsbasis geschaffen wurde. Die Informationspflicht mag verletzt worden, die getroffene Entscheidung selbst aber nicht zu beanstanden sein. Solch ein Ergebnis ist allein schon deshalb folgerichtig, da oben dargelegt wurde, dass die Verletzung formeller Pflichten – und nichts anderes ist im Ergebnis die Informationspflicht – nur dann ausnahmsweise Untreuerelevanz besitzt, wenn sie vermögensinteressenschützenden Charakter hat. Nur dann stellt sie nämlich eine spezifische Vermögensbetreuungspflicht dar. Die Ausführungen des BGH in der Entscheidung West-LB sind daher in einem etwas anderen Licht zu interpretieren. Die bankenübliche Prüfungsund Informationspflicht ist gesetzlich normiert (§ 18 KWG) und gilt daher bereits im Rahmen der Legalitätspflicht gegenüber dem jeweiligen Entscheidungsträger. Soweit der BGH diesen Vorschriften Untreuerelevanz zuspricht, ist aber keinerlei unternehmerischer Ermessensspielraum eröffnet und ihre Verletzung automatisch pflichtwidrig. Die Frage, ob eine Verletzung der bankenüblichen Prüfungs- und Informationspflichten eine Pflichtwidrigkeit gem. § 266 StGB begründet, ist also keine Frage der Überschreitung des unternehmerischen Ermessensspielraums, sondern eine Frage des Umfangs der Geltung der unternehmensrechtlichen Legalitätspflicht im Rahmen des Untreue. Im Ergebnis ist der Informationspflicht zumindest im Rahmen der Untreue keine zu große Bedeutung zuzuschreiben. Dem Verstoß dagegen bzw. ihrer Einhaltung kommt lediglich eine Indizfunktion zu, wobei der Umfang dieser Indizfunktion wiederum abhängig ist von der Art der getroffenen Entscheidung.

265

Ransiek, NJW 2006, 814.

188 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

cc) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Ebenfalls in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung sind dem unternehmerischen Ermessen äußerliche und innere Grenzen zu setzen, denn die Einräumung von Ermessen bedeutet gerade keinen vollständigen unternehmerischen Freiraum, sondern verpflichtet zu einer Orientierung am Unternehmenswohl266 bzw. Unternehmenserfolg267 oder Unternehmensinteresse268. „[Der Entscheidungsträger] muss seine Entscheidung jeweils in Abhängigkeit der ihm obliegenden Verantwortung für den Unternehmenserfolg treffen.“269 Der BGH selbst gibt nicht vor, was unter den Begriffen des Unternehmenswohles bzw. des Unternehmenserfolges oder des Unternehmensinteresses jeweils zu verstehen ist. Obgleich im Gesellschaftsrecht umstritten sein mag, ob und inwieweit das Unternehmensinteresse oder das Gesellschaftsinteresse Schranke und Richtschnur des unternehmerischen Ermessens bildet, ergibt sich vor dem Hintergrund des Rechtsguts und des Schutzzwecks des § 266 StGB, dass im Rahmen der Untreue nur das Gesellschaftsinteresse maßgeblich ist.270 Schranke und Richtschnur unternehmerischen Ermessens kann also nur das Ziel des Unternehmens an einer Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung sein (Gesellschaftsinteresse). Die Einbeziehung darüber hinausgehender Vermögensinteressen und sonstiger Interessen anderer Interessengruppen wie Gläubiger, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit ist dagegen unzulässig. Ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft erfordert im Ergebnis also die Ausrichtung der unternehmerischen Entscheidung am Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung; der Entscheidungsträger darf dabei das Interesse des Unternehmens an Bestand und Rentabilität nicht gefährden. dd) Keine schlicht unvertretbare Entscheidung Eine Entscheidung ist pflichtwidrig, wenn eine Gesamtschau unter Berücksichtigung insbesondere der Informationspflicht und der Verpflichtung, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, ergibt, dass diese schlicht unvertretbar ist. Die Ermittlung einer schlicht unvertretbaren Entscheidung i. S. d. § 266 StGB ist nicht anders vorzunehmen als im Bereich der unterneh266 267 268 269 270

BGH NStZ 2006, 214 (216) – Mannesmann. BGH NStZ 2002, 322 (323) – SSV Reutlingen. BGH NStZ 2006, 214 – Mannesmann. BGH NStZ 2002, 322 (323) – SSV Reutlingen. Siehe oben ausführlich S. 163 ff.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

189

mensrechtlichen Pflichtwidrigkeit.271 Eine strafrechtsautonome Auslegung erfolgt insoweit nicht. Speziell für die Untreue gilt allerdings eine Orientierung am engeren Gesellschaftsinteresse. Eine Pflichtwidrigkeit ist demgemäß anzunehmen, wenn eine schlechthin unvertretbare Entscheidung vorliegt, also der Entscheidungsfehler auch für einen Außenstehenden derart evident ist, dass sich das Vorliegen eines Fehlers förmlich aufdrängt. Das ist insbesondere dann gegeben, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist. Darüberhinaus kann auf die geltenden Fallgruppen zurückgegriffen werden: • die Hingabe von Gesellschaftsvermögen ohne Möglichkeit der Annahme eines Vorteils für die Gesellschaft (Verschwenden von Gesellschaftsvermögen) • das Nichtergreifen zwingender Geschäftschancen • unrealistische Prognosen • grob unverhältnismäßige soziale Aufwendungen Als Determinanten für die Feststellung einer schlicht unvertretbaren Entscheidung können auch ökonomische Aspekte herangezogen werden, soweit volks- und betriebswirtschaftliche Forschungen eine gewisse Richtung vorgeben.

Daneben können auch, wie der BGH in der Entscheidung „SSV-Reutlingen“ zur Zulässigkeit von Unternehmensspenden dargelegt hat, folgende Kriterien272 herangezogen werden: • Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand • Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage • fehlende innerbetriebliche Transparenz • Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen d) Strafrechtsautonome Auslegung? Nach den obigen Ausführungen bleibt wenig Raum für eine eigenständige strafrechtliche Auslegung neben der primär erfolgenden unternehmensrechtlichen. Lediglich im Hinblick auf das Erfordernis des Handelns zum Wohle der Gesellschaft bzw. des Unternehmens ist allein maßgeblich das engere Gesellschaftsinteresse an Gewinn und Rentabilität. Ob und wieweit eine schlicht unvertretbare Entscheidung nach unternehmensrechtlichen Maßstäben eine andere ist als eine schlicht unvertretbare nach untreuerechtlichen Kriterien, ist pauschal nicht ermittelbar. Im Ergebnis besteht dann, wenn für eine unternehmerische Entscheidung ein weiter Ermessensspiel271 272

Siehe dazu oben S. 160 f. BGH NStZ 2002, 322 (324).

190 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

raum und eben gerade nicht vorrangig die Legalitätspflicht gilt, eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der vorgelagerten unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit und der untreuerechtlichen.273 Dies ist allerdings dann unschädlich, soweit die vermögens- und vermögensinteressenschützende Funktion der Untreue gewahrt wird. Zivil- und strafrechtliche Sanktionen können dann nebeneinander stehen. aa) Gravierende Pflichtverletzung? Teilweise wird neben einer unvertretbaren, das unternehmerische Ermessen überschreitenden unternehmerischen Entscheidung gefordert, dass diese zusätzlich eine gravierende Pflichtverletzung sein müsse. Dies geht zurück auf einige Entscheidungen des BGH, in denen der Begriff der gravierenden Pflichtverletzung eingeführt und verwendet wurde.274 Bereits oben wurde dargelegt, dass das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung eine Verankerung weder im Wortlaut des § 266 StGB noch in dessen Schutzzweck findet. Soweit eine Pflichtwidrigkeit durch die Verletzung individueller oder konkreter gesetzlicher Verhaltensvorgaben im Raum steht, also die Legalitätspflicht des jeweiligen Entscheidungsträgers betroffen ist, ist das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung nach der hier vertretenen Ansicht als Hinweis auf eine strafrechtsspezifische Auslegung nach dem Kriterium der Vermögensinteressenbezogenenheit der verletzten Norm zu verstehen. Soweit es um unternehmerische Entscheidungen geht, bei denen es an konkreten Verhaltensvorgaben fehlt, ist das Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung dagegen als Hinweis auf das Erfordernis der Unvertretbarkeit einer unternehmerischen Entscheidung unter Einräumung eines unternehmerischen Ermessensspielraums zu verstehen; i.a.W.: der BGH hat damit „lediglich den differenzierten Haftungsmaßstab des § 93 AktG für das Strafrecht fruchtbar gemacht“275. bb) Nur eindeutig unvertretbare Entscheidungen? Teile der Literatur kommen im Ergebnis auch im Rahmen unternehmerischen Ermessens zu einer eigenständigen strafrechtlichen Bewertung, indem sie eine Pflichtwidrigkeit nur dann annehmen, wenn im vorgelagerten Gesellschaftsrecht Einigkeit über die Unzulässigkeit einer bestimmten Entscheidung276 besteht. „Ungesicherte Rechtsentwicklungen“277 sowie strittige 273 274 275 276

So auch Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (234). Siehe dazu schon oben S. 132 ff. Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (235). Tiedemann, FS Dünnebier 1982, 519 (532).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

191

Fragen auf der Ebene des vorgelagerten Zivilrechts müssten aus dem Tatbestand herausgehalten werden278. Solange also Uneinigkeit über die Vertretbarkeit einer Entscheidung herrscht, könne keine Unvertretbarkeit im strafrechtlichen Sinne angenommen werden.279 Diese Ansicht weist auf ein Problem hin, das sich im Zuge der akzessorischen Ausfüllung des Untreuetatbestands durch das vorgelagerte Unternehmensrecht ergibt. Denn mit der Anwendung unternehmensrechtlicher Kriterien auf die Pflichtwidrigkeit halten auch auf unternehmensrechtlicher Ebene bestehende Meinungsstreitigkeiten Einzug. Relevant wurde dies beispielsweise im Fall Mannesmann bzgl. der Zulässigkeit nachträglicher Anerkennungsprämien.280 Im Gesellschaftsrecht wurde nicht weniger heftig um die aktienrechtliche Zulässigkeit gestritten als im Strafrecht über ihre Einstufung als pflichtwidrige Untreuehandlungen. Vor solchen Auseinandersetzungen und damit erheblichen Rechtsunsicherheiten möchte diese Ansicht den Entscheidungsträger bewahren. So verständlich der Hintergrund dieser Ansicht ist, so ist doch der gewählte Ausweg aus diesem Problem nicht der vorzugswürdige. Hat sich der Entscheidungsträger darum bemüht, die Zulässigkeit seines Handelns etwa durch Einholung von Rechtsrat zu klären und trotzdem die „falsche“ Entscheidung getroffen, da im Nachhinein sein Handeln als unzulässig, weil pflichtwidrig, eingestuft wird, kann seine Überzeugung, nicht pflichtwidrig gehandelt zu haben, als unvermeidbarer Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB oder gar als Tatbestandsirrtum gehandhabt werden. Es kann also auf der Ebene der Schuld bzw. des Vorsatzes berücksichtigt werden, ob und in welchem Umfang die Zulässigkeit der in Frage stehenden Entscheidung umstritten war. Würde bereits auf der Ebene des objektiven Tatbestands das Bestehen von Meinungsstreitigkeiten ausreichen, um eine Pflichtwidrigkeit auszuschließen, könnten beispielsweise rechtzeitig vor Verkündung eines Urteils veröffentlichte Gutachten und Aufsätze eine Pflichtwidrigkeit ausschließen281; darüber hinaus müsste sich der Strafrichter in einem von diesen Ansichten abweichenden Urteil damit auseinandersetzen, weshalb die dort vertretenen Auffassungen gänzlich unvertretbar seien und damit nicht die Pflichtwidrigkeit ausschließen könnten.282 Für eine Berücksichtigung 277

Tiedemann, FS Tröndle 1989, 319 (328). Otto, FS Kohlmann 2003, 187; Schramm, 2005, S. 139 f. 279 Lüderssen, FS Schroeder 2006, 569; Dreher, AG 2006, 213 (218); Dierlamm, StraFo 2005, 397 (400 ff.). Sehr weitgehend Zech, 2007, S. 216 ff. 280 BGH, NStZ 2006, 214. 281 Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (236); Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (913). 282 Bosch/Lange, JZ 2009, 225 (236). Ähnlich Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (914 f.). 278

192 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

gesellschaftsrechtlicher Meinungsstreitigkeiten spricht auch nicht der Grundsatz der Akzessorietät der Untreue, denn die Untreue ist nur zivilrechtsakzessorisch und nicht zivilrechtlerakzessorisch.283 Es ist im Ergebnis nicht einzusehen, weshalb der Träger einer unternehmerischen Entscheidung in größerem Maße vor Rechts- und Verbotsirrtümern geschützt sein soll als jeder andere Straftäter. Bestehen über die Zulässigkeit einer unternehmerischen Entscheidung im vorgelagerten Unternehmensrecht Zweifel und glaubt der Entscheidungsträger an die Zulässigkeit der getroffenen Entscheidung, ist dies auf der Ebene des Vorsatzes bzw. der Schuld zu berücksichtigen. 6. Einverständnis zur Vornahme einer unternehmerischen Entscheidung a) Wirkung, Begriff und Problempunkte aa) Wirkung Es besteht Einigkeit, dass ein Handeln mit Zustimmung des Vermögensinhabers i. R. d. § 266 StGB tatbestandsausschließend wirkt284, da ein tatbestandliches, d.h. pflichtwidriges Handeln nicht denkbar ist, wenn es mit seinem Willen vorgenommen wird.285 Eine Zustimmung des Vermögensinhabers wird begriffstechnisch – entsprechend der traditionellen Zweiteilung zwischen tatbestandsausschließender und rechtfertigender Einwilligung286 – überwiegend als tatbestandsausschließendes Einverständnis bezeichnet287. Nichts anderes gilt für die Fallgruppe der unternehmerischen 283

Samson, 2005, 109 (112); zustimmend Rönnau, NStZ 2006, 218 (220). Inzwischen absolut h. M. vgl. BGH NJW 2000, 154 (155); NJW 2006, 522 (523) – Mannesmann; NJW 2009, 89 (91) – Siemens/ENEL; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 129, 176; Fischer (2011), § 266 Rn. 90; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 66; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21, 38; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 20, 37; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 758; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 20. jeweils m. w. N. Anders noch BGHSt 3, 23 (25); 9, 203 (216): rechtfertigende Einwilligung; offen gelassen in BGH NJW 1982, 246. 285 Zu einer ausführlichen Begründung siehe Schramm, 2005, S. 52–60. 286 Diese Zweiteilung geht zurück auf Geerds, GA 1954, 262; ders., ZStW 72 (1960), 42. 287 Burger, 2007, S. 109; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 66; Beck-OK/ Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 20; Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (923). Zu einer sich im Vordringen befindlichen Ansicht, die der Zustimmung des Rechtsgutsinhabers stets tatbestandsausschließenden Charakter zuweist v. a. Roxin, 2005, § 13 Rn. 11 ff.; Roxin, FS Welzel 1974, 284

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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Entscheidung. Liegt ein Einverständnis des Unternehmens vor, ist schon kein pflichtwidriges Handeln im Innenverhältnis gegeben. Grundgedanke der Einwilligung ist die Befugnis des Rechtsgutsinhabers – als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit288 –, „seine Rechtsgüter zu selbstgewählten Zwecken preiszugeben“289. Der in fremde Rechtsgüter Eingreifende darf sodann „ fremde Güter in einer Weise [. . .] beeinträchtigen, die ihm sonst bei Kriminalstrafe verboten ist “.290

bb) Begriff Begrifflich soll ein Einverständnis nur dann vorliegen, wenn der Vermögensinhaber „mit dem Abschluss eines dem ursprünglich erteilten Auftrag usw. widersprechenden Geschäfts einverstanden ist“291. Damit werde durch eine Zustimmung das durch Auslegung ermittelte Innenverhältnis erweitert auf Entscheidungen, die von dem bisher Vereinbarten nicht gedeckt seien.292 Nach dieser Ansicht wird die Frage eines Einverständnisses also nur in den Fällen relevant, in denen das grundsätzlich geltende Innenverhältnis ermittelt und ein Verstoß gegen dieses festgestellt werden kann. Eine andere Ansicht bezieht begrifflich bereits auch die Errichtung des Innenverhältnisses mit ein.293 Demzufolge müssen die Voraussetzungen des Einverständnisse stets (zumindest gedanklich) mit geprüft werden. Eine solch umfassende begriffliche Bestimmung des Einverständnisses überzeugt insbesondere angesichts des Sinn und Zwecks eines Einverständnisses: Mit Hilfe eines Einverständnisses soll festgestellt werden, ob eine pflichtwidrige Handlung schon deshalb ausgeschlossen ist, weil mit dem ausdrücklichen Willen des Vermögensinhabers gehandelt wird.294 Dafür gelten, 447 (449). Anstatt vieler darüber hinaus nur: SK-StGB/Horn/Wolters (2003), § 228 Rn. 2; Kaufmann, FS Welzel 1974, 393 (397, Fn. 9); speziell für die Untreue Waßmer, 1997, S. 34 f. 288 LK/Rönnau/Hohn (2006), vor § 32 Rn. 146; Amelung/Eymann, JuS 2001, 937 (939 f.); Geppert, ZStW 83 (1971), 947 (953); Kühl, 2008, § 9 Rn. 20, 23; Roxin, 2005, § 9 Rn. 14. Im Falle der Disposition über Vermögenswerte ist diese Ausprägung der Handlungsfreiheit sogar spezialgesetzlich durch Art. 14 I GG abgesichert, Waßmer, 1997, S. 39. 289 LK/Rönnau/Hohn (2006), vor § 32 Rn. 146. 290 LK/Rönnau/Hohn (2006), vor § 32 Rn. 146. 291 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21. 292 NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 66; Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 757; Schramm, 2005, S. 63 f. 293 Waßmer, 1997, S. 33; Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (165 f.). 294 Ähnlich Waßmer, 1997, S. 36.

194 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

wie unten näher dargestellt werden wird, bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf die Dispositionsbefugnis und ihre Grenzen oder bzgl. der Form der Willensäußerung. Bezieht man die Voraussetzungen eines Einverständnisses nur auf die nachträgliche Abänderung des Innenverhältnisses, stellt sich gleichzeitig die Frage, welche Voraussetzungen gelten sollen in all denjenigen Fällen, in denen das Innenverhältnis erst errichtet wird oder bei Errichtung des Innenverhältnisses keine Vorgabe für den konkreten Fall gemacht wurde. Auch in diesen Fällen kann aber ein pflichtgemäßes Verhalten nur dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen eines Einverständnisses vorliegen und somit mit dem Willen des Vermögensinhabers gehandelt wurde. Daher sind an die Voraussetzungen, unter denen der Wille des Vermögensinhabers eine Strafbarkeit ausschließen kann, dieselben Voraussetzungen zu stellen, denn es kann keinen Unterschied für eine Straflosigkeit machen, ob der Wille bereits bei Errichtung des Innenverhältnisses oder erst nachträglich geäußert wurde bzw. ob zunächst ein Verstoß gegen ursprünglich vereinbarte Regeln vorliegt.295 Infolgedessen ist es verkürzt, das Einverständnis begrifflich nur auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen eine Erweiterung der bisherigen Vereinbarung zu erblicken ist. Begrifflich ist also von einem Einverständnis auszugehen, wenn eine konkrete oder allgemeine Zustimmung in Bezug auf eine bestimmte Handlung vorliegt.296

295

So auch Waßmer, 1997, S. 36. Zuletzt ist noch zu beachten, dass Schramm, 2005, S. 63 f. differenziert zwischen einem Einverständnis, das nur einzelfallbezogen erteilt wird, und einer Änderungsvereinbarung, die das Innenverhältnis „als Ganzes insoweit ändert, als künftig generell der Umfang des rechtlich Erlaubten erweitert wird.“ Auch er kommt allerdings zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für das Einverständnis und eine solche Änderungsvereinbarung dieselben sind. Insoweit wird hier einheitlich von einem Einverständnis gesprochen, auch wenn es um eine Änderungsvereinbarung im genannten Sinne geht. Teilweise wird noch weiter differenziert zwischen einem Einverständnis und einer Weisung des Vermögensinhabers. Ein Einverständnis liege vor, wenn einer vorgeschlagenen Entscheidung zugestimmt wird, von einer Weisung sei auszugehen, wenn der Auftrag zum Treffen einer bestimmten Entscheidung erteilt wird; Schramm, 2005, S. 61 ff.; Flum, 1990, S. 76 f. „Auch wenn eine solche Differenzierung begrifflich Sinn macht, so spricht [jedoch] die Gleichheit der strafrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen dafür, auf die Verwendung dieser zivilrechtlich vorbelasteten Begriffe zu verzichten.“ Waßmer, 1997, S. 36 zu den Argumenten insbesondere Wessels/Hillenkamp, 2010, § 18 Rn. 762. 296

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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cc) Problempunkte Die Voraussetzungen, die an ein tatbestandsausschließendes Einverständnis allgemein und speziell im Rahmen der Untreue zulasten eines Unternehmens gestellt werden sollen, sind im Einzelnen umstritten. Soweit sich die Uneinigkeit nicht spezifisch auf Fragen des Einverständnisses bei der Untreue zulasten eines Unternehmens bezieht, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf eine grobe Darstellung der verschiedenen Ansichten. Eine vertiefte Darstellung und ein Entscheid von Streitständen erfolgt nur dann und auch nur im jeweiligen Zusammenhang, wenn es für die vorliegende Thematik von besonderer Bedeutung ist. Es sind dies die Punkte: • Träger der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Unternehmens • Grenzen der Dispositionsbefugnis in Unternehmen • Form der Einverständniserklärung b) Einverständniserklärung Grundsätzlich ist das Einverständnis in eine Untreuehandlung, speziell in eine unternehmerische Entscheidung zu erklären, wobei jedoch umstritten ist, welche Anforderungen an die Einverständniserklärung zu stellen sind. Eine Ansicht erfordert für die Einverständniserklärung nur das Vorliegen eines inneren, billigenden Willens.297 Eine darüber hinaus gehende, strengere Ansicht fordert für einen wirksamen Tatbestandsausschluss hingegen eine Kundgabe des Zustimmungswillens.298 Erforderlich ist daher zumindest, dass die Zustimmung nach außen kundgegeben wird; einer Erklärung der Zustimmung dem Handelnden gegenüber oder einer Erkennbarkeit der Erklärung für diesen bedarf es dagegen nicht.299

297 Rönnau, Jura 2002, 665 (666); Jakobs, 1983, II 7 Rn. 115; LK/Schlehofer (2006), vor § 32 Rn. 120. Speziell zur Untreue Waßmer, 1997, S. 42 f.; Schramm, 2005, S. 175 ff. 298 Speziell für die Untreue Schönke/Schröder/Lenckner (2010), Vorb. zu §§ 32 ff. Rn. 32; Schramm, 2005, S. 178 f. Siehe außerdem Roxin, 2005, § 13 Rn. 71 ff. speziell mit Argumenten gegen die noch strengere, inzwischen überholte Rechtsgeschäftstheorie. 299 Roxin, 2005, § 13 Rn. 75.

196 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

c) Zeitpunkt Einigkeit besteht bezüglich des Zeitpunktes der Einverständniserklärung: Nach h. M. muss diese zum Zeitpunkt der Tat vorliegen300, die Erklärung kann also entweder schon vor der eigentlichen Entscheidung erklärt werden oder sie muss im Zeitpunkt der Entscheidungsausführung vorliegen; eine nachträgliche Zustimmung ist damit ausgeschlossen.301 d) Einwilligungsfähigkeit und Freiheit von Willensmängeln Umstritten ist, ob ein Einverständnis nach § 266 StGB einerseits Einwilligungsfähigkeit des Trägers der Dispositionsbefugnis erfordert sowie, dass dieser bei der Erklärung des Einverständnisses frei von Willensmängeln war. Bei einer traditionellen Zweiteilung in (tatbestandsausschließendes) Einverständnis und (rechtfertigende) Einwilligung kommt es beim Einverständnis regelmäßig auf die Einwilligungsfähigkeit des Trägers der Dispositionsbefugnis und seine Freiheit von Willensmängeln gerade nicht an.302 Die h. M. bestimmt allerdings zu Recht die konkreten Voraussetzungen von Einverständnis und Einwilligung anhand des jeweiligen Tatbestandes unter Berücksichtigung seiner konkreten Voraussetzungen und Besonderheiten.303

Die h. M. fordert auch im Rahmen des § 266 StGB das Vorliegen von Einwilligungsfähigkeit und die Freiheit von Willensmängeln.304 Anders als in vielen anderen Tatbeständen besitzt das Einverständnis nicht nur rein tatsächlichen, sondern normativen Charakter, denn es bezieht sich gerade auf die das Handlungsunrecht der Untreue konstituierende Pflichtverletzung (den Fehlgebrauch einer Dispositionsbefugnis). Für das Einverständnis speziell in eine unternehmerische Entscheidung ist eine Berücksichtigung normativer Wertungsgesichtspunkte weniger beim Vorliegen der Einwilligungsfähigkeit, sondern eher bei eventuellen Willensmängeln relevant. Willensmängel können dann in Betracht kommen, wenn es an einer mangelnden oder ungenügenden Aufklärung über die Risiken einer bestimmen Entscheidung fehlt.305 300 Anstatt vieler nur BGHSt 2006, 522 (525) – Mannesmann m. w. N.; NKStGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 66; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 21; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 100. 301 Schramm, 2005, S. 186. 302 Wessels/Beulke, 2009, § 9 Rn. 367. Entscheidend ist nur die natürliche Willensfähigkeit des Betroffenen. 303 Roxin, 2005, § 13 B Rn. 32. 304 BGH NStZ 1997, 124 (125); Waßmer, 1997, S. 40 ff.; Schramm, 2005, S. 208; Wessels/Hillenkamp, 2009, § 18 II 3 Rn. 758; Hellmann, ZIS 2007, 433 (435 f.).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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e) Träger der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Unternehmens Das Einverständnis zu einer unternehmerischen Entscheidung kann nur von demjenigen erklärt werden, der die Befugnis hat, über das betroffene Rechtsgut zu disponieren. Träger einer solchen Dispositionsbefugnis ist in aller Regel der Rechtsgutsinhaber306, im Falle der Untreue der jeweilige Vermögensinhaber307. Entsprechend der rechtlichen Organisation des Trägers des Unternehmens als Vermögensinhaber ist wie folgt zu differenzieren: aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson Ist Träger des Unternehmens eine natürliche Einzelperson, also beispielsweise ein eingetragener Kaufmann, so kann er als alleiniger, dispositionsbefugter Vermögensinhaber unbegrenzt über sein Vermögen verfügen.308 bb) Unternehmensträger ist Gesamthandsgemeinschaft (Personenmehrheit) Als Gesamthandsgemeinschaften sind v. a. die OHG, KG und die GbR unternehmerisch tätig.309 Gesamthandsgemeinschaften sind keine juristischen Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit, ihnen kommt allerdings (zumindest Teil-)Rechtsfähigkeit zu. Träger des Unternehmensvermögens ist damit nicht die Gemeinschaft selbst, sondern es sind dies die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit.310 In der Konsequenz liegt damit die Dispositionsbefugnis über das Unternehmensvermögen bei den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, die Zustimmung zu einer bestimmten Handlung kann also nur von allen Gesellschaftern gemeinsam erklärt werden.311 305 Achenbach/Ransiek/Seier HWSt (2008), V 2 Rn. 344; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 67; Waßmer, 1997, S. 32 f. 306 LK/Rönnau/Hohn (2006), vor § 32 Rn. 146; Roxin, 2005, § 13 Rn. 12; Sternberg-Lieben, 1997, S. 2 ff. 307 BGHSt 3, 23; BGH NJW 2006, 522 (525) zu Fall Mannesmann; Wessels/Hillenkamp, 2009, § 18 Rn. 757; Hillenkamp, NStZ 1981, 161 (167); Waßmer, 1997, S. 32, 40. 308 Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (69); Schramm, 2005, S. 74. 309 Siehe dazu oben S. 100. 310 Siehe dazu oben S. 100. 311 BGH wistra 1989, 264 (266); BGH wistra 1991, 183; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 132; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 23; Schönke/ Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21; Waßmer, 1997, S. 81 jeweils m. w. N.; ausführlich zur Herleitung Schramm, 2005, S. 80 ff.

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cc) Unternehmensträger ist juristische Person (Personenmehrheit) (1) Juristische Person als Inhaberin des Unternehmensvermögens Schwieriger gestaltet sich die Bestimmung der Dispositionsbefugnis, ist der Unternehmensträger eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Betroffen sind bei einer Untreue zulasten eines Unternehmens v. a. die AG sowie die GmbH.312 Erkennt man einerseits mit der herrschenden Meinung313 an, dass die juristische Person als selbstständiges rechtliches Gebilde (§ 13 I GmbHG, § 1 AktG) und nicht die dahinter stehenden Gesellschafter Trägerin des Vermögens i. S. d. § 266 I StGB ist, so müsste dieser als Rechtsgutsinhaberin auch die Dispositionsbefugnis zugewiesen werden. Andererseits ist die juristische Person selbst unfähig, einen Willen zu bilden, und es sind ihre Organe, welche die Willensbildung für sie nach den gesetzlichen Regeln des Gesellschaftsrechts übernehmen.314 Es könnte also die Dispositionsbefugnis entweder auf die Organe der juristischen Person übertragen bzw. der Wille dieser der dispositionsbefugten Gesellschaft als „eigener Wille“ zugerechnet werden. Diese Frage wird im strafrechtlichen Schrifttum wie in der Rechtsprechung nicht einheitlich gelöst und ist im Einzelnen umstritten: • Rechtsprechung und Literatur haben sich bisher v. a. damit beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gesellschafter einer GmbH ihr Einverständnis erteilen können. • Wie dies für die AG und die Aktionärsversammlung (Hauptversammlung) zu handhaben ist, wird erst in letzter Zeit intensiver diskutiert.315 Dies mag v. a. an der Organisationsstruktur der AG liegen, die für die Aktionäre, anders als für die Gesellschafter einer GmbH, nur eine Reihe von (Grundlagen-)Kompetenzen auf der in der Regel nur jährlich stattfindenden Hauptversammlung vorsieht. In der Folge mögen Fälle mit untreue312

Siehe oben S. 99. Dazu und zu den Nachweisen siehe oben S. 100. Eine andere Ansicht vertritt lediglich Nelles, 1991, S. 479 ff. Sie ordnet das Vermögen i. S. d. § 266 StGB der Gesellschaftergesamtheit zu. Vermögensinhaber könne nämlich nur sein, wer (1.) rechtliche Handlungsfähigkeit aufweise, (2.) selbst in Haftung genommen werden könne, (3.) individualisierbar sei und (4.) bzgl. der betroffenen Vermögensposition Zwecksetzungsbefugnis innehabe bzw. deren Zweck gesetzlich vorgegeben sei. Zur Kritik bspw. Hanft, 2006, S. 76 f.; Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (255 m. w. N.). 314 BGH NJW 1954, 240 (241); Gribbohm, ZGR 1990, 1 (20); Zech, 2007, S. 101; Hanft, 2006, S. 48. 315 Beispielsweise von Rönnau, FS Amelung 2009, 247; Kaufmann, 1999, S. 58 ff., 140 ff.; Schramm, 2005, S. 142 ff.; Busch, 2004, S. 156 f.; Dittrich, 2007, S. 127 ff. 313

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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rechtlicher Relevanz, in denen die Aktionäre einem Handeln des Vorstandes zugestimmt haben, bislang selten gewesen sein.316 In der Entscheidung „Mannesmann“ im Jahre 2005 bzgl. der Bewilligung kompensationsloser Anerkennungsprämien ging es dagegen u. a. auch um ein mögliches Einverständnis des Hauptaktionärs317; es sind also durchaus Fälle denkbar, in denen es auf eine Zustimmung der Aktionäre ankommt. • Darüber hinaus steht inzwischen in der Diskussion, ob nicht auch die Geschäftsführer einer GmbH und die Vorstände einer AG im Rahmen ihrer Geschäftsführungskompetenzen ein Einverständnis erteilen können.318 Von der Rechtsprechung wurde dies zum ersten Mal thematisiert in der Entscheidung Siemens/ENEL. Dort warf der BGH die Frage auf, ob der Vorstand einer AG sein tatbestandliches Einverständnis zu dem Handeln hierarchisch untergeordneter Führungspersonen geben kann, ließ dies allerdings letztlich dahinstehen.319 Angesichts der Vielgestaltigkeit dieses Problembereichs, sollen in einem ersten Schritt die Grundlagen für die Zuordnung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Personen ermittelt werden (2), um dann in einem zweiten Schritt auf Grundlage eines einheitlichen Lösungsansatzes die einzelnen Problempunkte abzuhandeln (3).320 (2) Grundlagen für die Zuordnung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Person (a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise Eine Ansicht nimmt die Zuordnung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Person auf Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise321 vor. 316

So auch Brand, AG 2007, 681; Rönnau, FS Amelung 2009, 247. BGH NJW 2006, 522 (525); zu Vergütungsentscheidungen als unternehmerische Entscheidungen siehe oben S. 45. 318 Siehe z. B. Ransiek, StV 2009, 321 (322); Bernsmann, GA 2009, 296 (305 f.). 319 BGH NJW 2009, 89 (91). 320 Nicht behandelt werden wird hier das Problem der Verteilung der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Konzernes, siehe dazu aber Schramm, 2005, S. 147 ff.; Kaufmann, 1999. 321 Labsch, JuS 1985, 602 (604); Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21 b; Arloth, NStZ 1990, 570 (571, 574); Dittrich, 2007, S. 228; Winkelbauer, wistra 1986, 17 (17, 19); Ayasse, 1990, S. 57 f. Eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise ist dabei als Unterfall einer faktischen Betrachtungsweise anzusehen, vgl. Waßmer, 1997, S. 89; Flum, 1990, S. 93. Einen Überblick über die originär strafrechtliche bzw. faktische Betrachtungsweise gibt Hanft, 2006, S. 65–69. 317

200 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Vertreter dieser Ansicht erkennen zwar grundsätzlich322 die rechtliche Eigenständigkeit der juristischen Person an und weisen ihr das Vermögen i. S. d. § 266 StGB auch zu. Allerdings sei speziell in Bezug auf die GmbH zu berücksichtigen, dass „jede Schädigung der GmbH letztlich auch den oder die Gesellschafter als wirtschaftliche Inhaber des Gesellschaftsvermögens trifft“323. Die Gesellschafter werden als „wirtschaftliche Eigentümer“324 bzw. als „materielle“ Vermögensträger“325 des jeweils betroffenen Vermögens angesehen, denen aufgrund ihrer überragenden Stellung in der Gesellschaft – zur Begründung werden hierfür v. a. ihre Weisungskompetenz gegenüber dem Geschäftsführer und ihre Qualifizierung als oberstes Willensbildungsorgan der Gesellschaft herangezogen326 – die Dispositionsbefugnis zuzuweisen sei. Einigkeit besteht bei Vertretern einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise in Bezug auf die Zuweisung der Dispositionsbefugnis zu den Gesellschaftern einer GmbH; ob auch die Aktionäre einer AG als „wirtschaftliche Eigentümer“ mit entsprechender Dispositionsbefugnis angesehen werden können, ist strittig, es wird allerdings überwiegend bejaht.327 Von den Vertretern einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wie aber auch ganz allgemein, wurde bisher nur vereinzelt die Übertragung der Dispositionsbefugnis auf Geschäftsführer oder Vorstände diskutiert und wenn, dann ohne weitere Diskussion abgelehnt.328 Dies ist konsequent, bildet doch die Grundlage für die Zuweisung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Person eine Rechtsgutsinhaberschaft auf Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise.

322

Zur nur von Nelles vertretenen Ausnahme siehe S. 198; Fn. 313. Arloth, NStZ 1990, 570 (571). 324 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21 b; Labsch, JuS 1985, 602 (604); Dittrich, 2007, S. 228. Ähnlich Schramm, 2005, S. 124, der allerdings zur Begründung, weshalb eine Dispositionsbefugnis bspw. den Gesellschaftern einer GmbH zuzuweisen ist, nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt. 325 Diese Begrifflichkeit verwendet auch LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125 ohne dass er sich allerdings eindeutig einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zuordnen ließe. 326 Siehe Labsch, JuS 1985, 602 (118 f.); Schramm, 2005, S. 124. 327 Vgl. z. B. durch Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21 c; Nelles, 1991, S. 552; Dittrich, 2007, S. 226 ff.; Volk, FS Hamm 2008, 803 (812) mit Einschränkungen. 328 Schramm, 2005, S. 142. 323

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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(b) Gesellschaftsrechtsakzessorische Betrachtungsweise Im Rahmen einer gesellschaftsrechtsakzessorischen Betrachtungsweise329 bleibt die Akzessorietät des Untreuetatbestandes zu außerstrafrechtlichen Normen der Ausgangspunkt.330 Es wird daher zunächst anerkannt, dass die juristische Person nach den vorgelagerten zivilrechtlichen Normen Inhaberin des Rechtsguts Vermögen ist (vgl. §§ 13 I GmbHG, 1 I AktG). Da diese selbst unfähig ist, Willen zu bilden und zu äußern, wird gefragt, „in wessen Aufgabenbereich die Verwaltung der Rechtsgüter“331 der Gesellschaft fällt, um zu ermitteln, wer innerhalb einer juristischen Person den für ein Einverständnis relevanten Willen bilden darf. Dafür wird das die Zuständigkeit und Kompetenzen innerhalb einer juristischen Person regelnde Gesellschaftsrecht herangezogen. Auf Grundlage einer gesellschaftsrechtsakzessorischen Betrachtungsweise werden grundsätzlich die Gesellschafter einer GmbH und AG als Organe anerkannt, die einen für ein strafrechtliches Einverständnis relevanten Willen bilden können.332 Allerdings werden speziell für die Aktionäre eigene Grenzen der Dispositionsbefugnis gezogen. Was die Anerkennung einer Willensbildungskompetenz auch für den Geschäftsführer einer GmbH oder den Vorstand einer AG als die Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane einer juristischen Person anbelangt, besteht auch im Bereich einer gesellschaftsrechtsakzessorischen Betrachtungsweise noch Uneinigkeit und diese Frage ist überhaupt wenig diskutiert. Im Ergebnis wird man aber eine grundsätzliche Willensbildungskompetenz anerkennen müssen.333, 334

329 BGH NJW 1982, 190 (191 f.); Zech, 2007, S. 101; Molketin, NStZ 1987, 369 (370); Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (69); Weimann, 1996, S. 78; Gribbohm, ZGR 1990, 1 (20). Vgl. auch Kaufmann, 1999, S. 70. Allgemein zu einer zivilrechtsakzessorischen Bestimmung der Eigentums- und Vermögenszuordnung im Strafrecht Hanft, 2006, S. 64 m. w. N. 330 Hanft, 2006, S. 64; Kaufmann, 1999, S. 26. 331 Zech, 2007, S. 101. 332 Näher dazu siehe unten S. 206, 209. 333 Näher dazu siehe unten S. 207, 210. 334 Diskutiert werden könnte schließlich auch, ob und in welchem Umfang auch der Aufsichtsrat einer AG eine entsprechende Willensbildungskompetenz besitzt. Allerdings kommt diesem „Spezialproblem“ in der vorliegenden Konstellation der Untreue durch unternehmerische Entscheidungen wenig grundsätzliche Relevanz zu und soll daher auch nicht behandelt werden, vgl. zu dieser Frage aber Schramm, 2005, S. 141 f.

202 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(c) Auseinandersetzung Die oben genannten Ansichten unterscheiden sich wie folgt: • Geht es darum, zu bestimmen, ob die Gesellschafter einer GmbH Dispositionsbefugnis für die Gesellschaft ausüben dürfen, herrscht zwischen den beiden oben genannten Ansichten Einigkeit bzgl. der grundsätzlichen Anerkennung ihrer Dispositionsbefugnis. Differenzen können sich ergeben bei der Bestimmung ihres Umfangs. • Ähnliches gilt für die Aktionäre einer AG. Während Vertreter der wirtschaftlichen Betrachtungsweise teilweise auch den Aktionären als „wirtschaftliche Eigentümer“ Dispositionsbefugnis zusprechen, so wird dies von Vertretern der a. A. zumindest in seiner Allgemeinheit mehrheitlich abgelehnt.335 • Ein ganz erheblicher Unterschied besteht schließlich bei der Frage, ob grundsätzlich auch Vorstände und Geschäftsführer dispositionsbefugt sein können. Folglich bedarf es eines Streitentscheides zwischen beiden Ansichten. (1) Die wirtschaftliche Betrachtungsweise mag auf den ersten Blick überzeugen. Grundgedanke der (tatbestandsausschließenden) Einwilligung bzw. des Einverständnisses ist, dass der Rechtsgutsinhaber dann keines Schutzes bedarf, wenn er auf ihn verzichtet; er kann in Ausübung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit seine Rechtsgüter zur Disposition stellen.336 Indem die Dispositionsbefugnis aus der mittelbaren bzw. wirtschaftlichen Rechtsgutsinhaberschaft gefolgert wird, bleibt es dabei, dass es der Rechtsgutsinhaber ist, der auf seine Rechtsgüter verzichtet. Als fernliegend erschiene es auf dieser Grundlage dann auch, der Zustimmung eines Geschäftsführers oder eines Vorstandsmitglieds Relevanz unter dem Gesichtspunkt des Einverständnisses zuzuweisen, da diese Personen dem Vermögen als Dritte gegenüberstehen. (2) Dennoch – auf den zweiten Blick bestehen gegen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise erhebliche Bedenken.337 (a) Zunächst ist kritisch anzumerken, dass von den Vertretern einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine tauglichen Kriterien vorgegeben werden, nach denen Gesellschafter als „wirtschaftliche Eigentümer“ zu qualifizieren sind. Wird insbesondere im Falle einer GmbH auf die Weisungs335

Kaufmann, 1999, S. 140 ff.; Burger, 2007, S. 127 f.; Zech, 2007, S. 107 ff. Siehe oben S. 193. 337 Siehe ebenfalls zu einer Ablehnung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Waßmer, 1997, S. 88 f.; Kaufmann, 1999, S. 51 ff.; Flum, 1990, S. 100 ff. 336

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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kompetenz der Gesellschafter und ihre Stellung als oberstes Willensbildungsorgan abgestellt, so schließt man letztlich aufgrund ihrer umfassenden Kompetenzen auf die Rechtsgutsinhaberschaft und damit verbunden auf die Dispositionsbefugnis. Eine solche Begründung ist aber nicht folgerichtig, denn allein die Kompetenz, über ein Rechtsgut zu disponieren, reicht nach ganz h. M. nicht aus, auch die Rechtsgutsinhaberschaft zu begründen.338 Dass von einer eingeräumten Kompetenz nicht auf die Rechtsgutsinhaberschaft geschlossen werden kann, zeigt sich v. a., wenn man die Kompetenzverteilung innerhalb einer AG betrachtet: Der Vorstand führt die Gesellschaft in eigener Verantwortung, § 76 I AktG, und ist an Entscheidungen der Hauptversammlung nur beschränkt339 gebunden. Selbst wenn der Vorstand also umfangreiche Leitungs- und Führungsbefugnisse hat, führt dies noch nicht dazu, dass er als Rechtsgutsinhaber anzuerkennen ist. Zur Begründung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise bzw. zur Erarbeitung entsprechender Voraussetzungen an eine Ermittlung der Dispositionsbefugnis auf Grundlage „wirtschaftlicher Kriterien“ bleibt damit nur das Argument, dass eine Schädigung der GmbH oder AG auch automatisch eine Schädigung der dahinter stehenden Gesellschafter bedeute.340 Dieses Argument ist jedoch nur eine zu verifizierende Feststellung, es bildet aber keine Grundlage zur Herausarbeitung von Voraussetzungen an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Soll aber an die Stelle der Zivilrechtsordnung, welche „die Rechtsverhältnisse zwischen den Bürgern – und damit gerade auch die vermögensrelevanten – regelt“341 eine genuin strafrechtliche Vermögenszuordnung treten, so bedarf es aus Gründen der Rechtssicherheit und des Bestimmtheitsgebotes klar erkennbarer Voraussetzungen. (b) Bleibt als Argument bzw. Begründung für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise die Feststellung, dass jede Schädigung einer GmbH oder AG auch die Gesellschafter schädige, so ist die Richtigkeit dieser Aussage kritisch zu betrachten. Sind die Gesellschafter einer GmbH bzw. die Aktionäre einer AG unter diesem Gesichtspunkt tatsächlich wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft? Die Gesellschafter sowohl einer GmbH als auch einer AG sind über Geschäftsanteile bzw. Aktien an der Gesellschaft beteiligt. Der Verkehrswert 338 So lehnt denn auch die h. M. den Ansatz von Nelles ab, die Vermögensinhaberschaft u. a. anhand der Zwecksetzungsbefugnis zu bestimmen, siehe schon oben S. 198 Fn. 313. 339 Siehe dazu näher unten S. 209 f. 340 Siehe dazu oben mit Nachweisen S. 200. 341 Hanft, 2006, S. 75.

204 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

dieser Mitgliedschaftsanteile hängt nur zum Teil vom Vermögensstand der Gesellschaft ab, sondern darüber hinaus auch von der gesamten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft, von mit dem Geschäftsanteil oder der Aktie verbundenen Sonderrechten, aber auch von besonderen Pflichten, insbesondere Nebenleistungen, oder Kündigungsrechten.342 Dass auch andere Faktoren Einfluss haben, gilt insbesondere für börslich gehandelte Aktien. Der den Wert der Aktie bestimmende Aktienkurs wird auch durch die allgemeine wirtschaftliche Lage beeinflusst. Daraus folgt, dass der Vermögensstand der Gesellschaft nicht identisch sein muss mit dem Verkehrswert der Gesamtheit der Geschäftsanteile bzw. Aktien und es in der Regel auch nicht ist. Wird also das Vermögen der Gesellschafter gemindert, hat dies nicht zwingend einen Einfluss auf die Mitgliedschaftswerte, die Geschäftsanteile bzw. Aktien. Im Ergebnis muss die Aussage, dass jede Schädigung der Gesellschaft auch eine Schädigung der Gesellschafter bedeutet, zumindest aus einer solch „wirtschaftlichen“ Sicht erheblich relativiert werden. Der Vermögensstand der Gesellschaft ist nur ein Faktor bei der Bestimmung des Wertes der Mitgliedschaft; als Begründung für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise taugt diese Aussage daher nur beschränkt. Gegen eine solch wirtschaftliche Betrachtungsweise zuletzt folgendes instruktives Beispiel von Hanft343: „Bei einem System der wirtschaftlichen Zuordnung müsste zum Beispiel derjenige, der durch schuldrechtlichen Vertrag einen Anspruch auf Übereignung aller Anteile der GmbH in einigen Wochen erworben hat, als wirtschaftlicher Inhaber gelten, da durch den erwarteten Eigentümerwechsel in kurzer Zeit allein er wirtschaftlich hinter dem Unternehmen stehen wird und der Noch-Gesellschafter am wirtschaftlichen Wohlergehen der Gesellschaft in der Zukunft letztlich kein großes Interesse mehr haben dürfte.“

(3) Das schlussendlich entscheidende Argument gegen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist aber folgendes: Alle Vertreter der wirtschaftlichen Betrachtungsweise – mit Ausnahme von Nelles – erkennen die juristische Person selbst als Rechtsgutsinhaberin an. Indem im Rahmen des Einverständnisses die Gesellschafter als „wirtschaftliche Eigentümer“ und damit als dispositionsbefugt angesehen werden, setzen sie sich aber genau in Widerspruch zu dieser Aussage. Letztlich sind dann doch wieder die Gesellschafter Rechtsgutsträger und sie sind es, die über ihr Vermögen disponieren können.344 In der Konsequenz müssten dann aber auch die Gesell342

Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich GmbHG (2010), § 14 Rn. 6. Hanft, 2006, S. 75. 344 So auch kritisch Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (255); Brammsen, DB 1989, 1609 (1610). 343

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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schafter Opfer der Untreue sein und gerade nicht die Gesellschaft als juristische Person. Im Ergebnis ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Bestimmung der Dispositionsbefugnis innerhalb einer juristischen Person nicht anzuerkennen; einerseits bleibt diese Ansicht Voraussetzungen und Gründe für eine Stellung der Gesellschafter als wirtschaftliche Eigentümer schuldig; daneben kann auch der Widerspruch, einerseits die juristische Person als Rechtsgutsinhaberin anzuerkennen, die Gesellschafter aber als wirtschaftliche Rechtsgutsinhaber, nicht überwunden werden. (4) Wie ist nun also die verbleibende gesellschaftsrechtsakzessorische Betrachtungsweise zu bewerten? (a) Oben wurde ausgeführt, dass der Tatbestand der Untreue akzessorisch zum vorgelagerten Zivil- oder öffentlichen Recht zu bestimmen ist. Dies gilt nicht nur für die Ermittlung des Pflichteninhalts im Rahmen der Pflichtwidrigkeit, sondern auch für die Bestimmung des Vermögensinhabers.345 So ist nach ganz h. M. eine Untreue zulasten einer juristischen Person, speziell einer GmbH oder AG, möglich, da das vorgelagerte Gesellschaftsrecht gerade deren Rechtsfähigkeit (§§ 13 I GmbH, 1 I AktG) anerkennt. Konsequent, also den Grundgedanken der Akzessorietät wahrend, ist auch bei der Frage der „Willensbildungskompetenz“ für ein strafrechtliches Einverständnis auf das vorgelagerte Gesellschaftsrecht zurückzugreifen. Dagegen sprechen auch nicht die für das Einverständnis allgemein entwickelten Kriterien, denn nicht nur der Rechtsgutsinhaber selbst kann danach über sein Vermögen disponieren, sondern auch sein (gesetzlicher) Vertreter, wenngleich nur innerhalb bestimmter Grenzen.346 Daneben bedeutet eine gesellschaftsrechtsakzessorische Betrachtung nicht, dass allein die gesellschaftsrechtlichen Normen die Voraussetzungen für ein Einverständnis bestimmen. Vielmehr bleibt im Rahmen einer „limitierten Akzessorietät“347 Raum für eine genuin strafrechtliche Auslegung. Anders als bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist allerdings der Orientierungsmaßstab hierfür mit dem Rechtsgut und Schutzzweck der Untreue klar bestimmt. Insgesamt erscheint daher ein gesellschaftsrechtsabhängiger Maßstab zur Bestimmung der Dispositionsbefugnis überzeugend. Mit einer „limitiert“ akzessorischen Bestimmung auch der Dispositionsbefugnis kann die Einheit der Rechtsordnung gewahrt werden und, indem zusätzlich Raum für eine strafrechtsspezifische Auslegung gewährt wird, auch der ultima-ratio-Charakter des Strafrechts. 345 346 347

Siehe oben S 92. Vgl. Hanft, 2006, S. 49. Siehe oben S. 93.

206 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Im Folgenden sind nun die konkreten Voraussetzungen für die Zuordnung der Dispositionsbefugnis in einer GmbH und AG auf Grundlage einer gesellschaftsrechtsakzessorischen Betrachtungsweise zu ermitteln. (3) Dispositionsbefugnis innerhalb einer GmbH (a) Die Gesellschafter Die Befugnisse der Gesellschafter einer GmbH „zur Verwaltung der Rechtsgüter“ der Gesellschaft sind umfassend. Das Gesetz weist den Gesellschaftern einer GmbH bereits in § 46 GmbHG umfangreiche Kompetenzen zu; aufgrund der weitgehenden Disponibilität der Normen, welche die Rechte der Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft betreffen (vgl. § 45 I, II GmbHG), können jene fast alle sonstigen Entscheidungen an sich ziehen, was bis hin zu einer faktischen Alleinzuständigkeit führen kann.348 Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass den Gesellschaftern eine Weisungsbefugnis349 gegenüber dem Geschäftsführer zusteht; der Geschäftsführer kann also im Innenverhältnis verpflichtet werden, sich an die Weisungen der Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Geschäftsführungstätigkeit zu halten (vgl. auch § 37 II GmbH). Insofern wird auch von einer sog. Letztentscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung als oberstes Willensbildungsorgan gesprochen.350 Aufgrund dieser Stellung der Gesellschafter innerhalb der GmbH kann, in Übereinstimmung mit der herrschenden zivilrechtlichen Rechtsprechung351, den Gesellschaftern der GmbH eine umfassende Dispositionsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen zugewiesen werden.352 Nach dieser zivilrechtlichen Rechtsprechung kann der Wille der GmbH durch die Gesellschafter gebildet werden353, sodass ein konformes Verhal348

Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG (2010), § 46 Rn. 5. Schmidt, 2002, S. 1068. 350 Schmidt, 2002, S. 1068. 351 Vgl. nur BGH NJW 2008, 2437 (2441); NJW 2000, 1571 jeweils mit umfangreichen w. N. 352 Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung: BGHSt 9, 203 (216); BGH NStZ 1989, 23; NJW 2000, 154 (155); NJW 2003, 2996 (2998) (siehe noch zur ablehnenden Auffassung RGSt 71, 353 [355 f.]); BGH NJW 2010, 3458 (3461); MüKoStGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 136; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 22; LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125; Fischer (2011), § 266 Rn. 96; Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 20a; Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (256 f.); Hoffmann, 2010, S. 73. 353 Gefolgert wird dies aus einem Umkehrschluss zu § 43 III GmbH, BGH NJW 1960, 285 (298); NJW 2000, 1571. 349

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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ten des Geschäftsführers und damit auch keine zum Schadensersatz führende Pflicht gegeben ist, wenn ein Geschäftsführer eine entsprechende Weisung der Gesellschafter befolgt. Ein solches Ergebnis ist zu übertragen auf die Rechtsfigur des tatbestandsausschließenden Einverständnisses. Können die Gesellschafter zivilrechtlich wirksam einer Handlung des Geschäftsführers zustimmen, so muss dies, in Ausfluss des Akzessorietätsgedankens der Untreue, auch für ein untreuerelevantes Einverständnis gelten. (b) Geschäftsführer Möglich ist, dass nach der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung auch dem Geschäftsführer einer GmbH eine Dispositionsbefugnis zukommt. Relevanz entfaltet diese Frage dann, wenn nicht der Geschäftsführer selbst354, sondern ein sonstiger Unternehmensangehöriger eine Handlung, speziell eine unternehmerische Entscheidung, vornimmt. Handelt er dabei mit Zustimmung des Geschäftsführers der GmbH, so ist zu fragen, ob dies nach den Grundsätzen eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses bereits die Pflichtwidrigkeit einer Handlung entfallen lassen kann. Aufgabe des Geschäftsführers einer GmbH ist neben ihrer Vertretung nach außen, § 35 I GmbHG, die Führung der Geschäfte der Gesellschaft.355 Er kann wirksame Vermögensdispositionen mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft vornehmen, vgl. § 35 I, 37 II GmbHG. In diesem Rahmen hat also auch der Geschäftsführer die Aufgabe, die Rechtsgüter der Gesellschaft zu verwalten. Er kann den für die GmbH relevanten Willen abbilden und insbesondere auch an die untergeordneten Unternehmensebenen Weisungen erlassen, die zivilrechtliche Bindung entfalten. Auf dieser Grundlage erscheint es nicht abwegig, auch den Geschäftsführer einer GmbH als grundsätzlich dispositionsbefugt anzusehen.356 Für die Anerkennung einer Dispositionsbefugnis des Geschäftsführers spricht speziell folgende Überlegung: Das Innenverhältnis zwischen dem Vermögensinhaber Unternehmen und dem Vermögensbetreuungspflichtigen wird durch eine Vielzahl von Individualvereinbarungen – beispielsweise 354 Der Geschäftsführer kann also keine Zustimmung zu seinen eigenen Handlungen geben. Letztlich kommt es aber auch nicht darauf an, ob die Pflichtwidrigkeit seiner eigenen Handlungen an den speziellen Voraussetzungen des Einverständnisses oder den allgemeinen Voraussetzungen für die Pflichtwidrigkeit seines Handelns gemessen wird, da inhaltlich dieselben Voraussetzungen gelten, siehe unten S. 216 ff. 355 Vgl. nur Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG (2005), § 35 Rn. 2. 356 Grundsätzlich bejahend z. B. Hanft, 2006, S. 50, Fn. 12; Bernsmann, GA 2009, 296 (305); Ransiek, StV 2009, 321 (322).

208 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

durch Arbeitsverträge, Einzelanweisungen und Unternehmensrichtlinien ausgestaltet.357 Soweit diese als untreuerelevant im oben genannten Sinn anzuerkennen sind, stellen sich Individualvereinbarungen jedoch nicht immer als Konkretisierung des Willens der Gesellschafter dar, sondern sie werden auch von der Geschäftsführung, im Falle der GmbH vom Geschäftsführer, getroffen. Ignoriert man seinen Willen bei der Prüfung eines Einverständnisses, wird im Ergebnis der Wille des Geschäftsführers zwar strafbegründend berücksichtigt, allerdings nicht strafbefreiend. Diesen Widerspruch scheint möglicherweise auch der BGH erkannt zu haben – allerdings im Zusammenhang mit einer AG. In der Entscheidung „Siemens/ ENEL“ warf er die Frage auf, ob eine tatbestandsausschließende Einwilligung des Vorstands gegeben sei, ließ es aber wegen der entgegenstehenden Sachverhaltskonstellation dahinstehen, „ob und in welchem Umfang etwa eine auf § 76 I AktG gestützte Befugnis des Zentralvorstands [. . .] zu einer entsprechenden Einwilligung [zu einer vom Vorstand verkündeten Compliance-Richtlinie] ausgeschlossen gewesen wäre“358. Indem sich der BGH bereits Gedanken macht, „ob und in welchem Umfang“ einer Einwilligung durch den Vorstand Grenzen zu setzen sind, kann wohl darauf geschlossen werden, dass er eine Dispositionsbefugnis wenigstens grundsätzlich anerkennt. Im Übrigen scheint dem BGH bewusst zu sein, dass es widersinnig wäre, eine durch den Vorstand verkündete Compliance-Richtlinie zwar strafbegründend im Rahmen der Pflichtwidrigkeit heranzuziehen, allerdings nicht – im Rahmen des Einverständnisses strafbefreiend – zu berücksichtigen, wenn dieser mit einem Verstoß gegen solche Vorschriften einverstanden ist. Letztlich würde eine Missachtung des Willens des Geschäftsführers in diesen Fällen dazu führen, dass etwas strafrechtlich bewehrt ist, was zivilrechtlich nicht verboten ist. Gerade dieses Ergebnis ist mit dem ultima-ratio-Gedanken des Strafrechts, aber auch mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht konform. Überzeugender ist es daher, auch den Willen des Geschäftsführers einer GmbH grundsätzlich bei der Feststellung eines tatbestandlichen Einverständnisses zu berücksichtigen. Welche Grenzen einer solchen Willensbildungskompetenz zu setzen sind, ist dagegen noch nicht gesagt.

357 358

Siehe oben S. 168. BGH NJW 2009, 89 (91).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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(4) Dispositionsbefugnis innerhalb einer AG (a) Aktionäre/Hauptversammlung Die Kompetenzen der Aktionäre einer AG zur Verwaltung der Rechtsgüter der Gesellschaft sind im Gegensatz zu denen der Gesellschafter einer GmbH weniger umfangreich. Soweit überhaupt Kompetenzen der Aktionäre gegeben sind, beschränken sie sich auf ihre Ausübung in der Hauptversammlung der AG, die in der Regel einmal jährlich stattfindet.359 Die tatsächlichen Kompetenzen der Hauptversammlung sind sodann beschränkt auf die im Gesetz (vgl. bspw. § 119 I AktG) oder in der Satzung genannten Entscheidungen, wobei letzteres aufgrund der Satzungsstrenge, § 23 V AktG, nur in den gesetzlichen Grenzen möglich ist. Was den Umfang der Dispositionsmacht der Aktionäre im Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungen anbelangt, sind v. a. zu nennen die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns gem. § 174 I AktG sowie die geschriebenen und ungeschriebenen360 Grundlagenkompetenzen, die den Fortbestand oder die Struktur der AG betreffen. Speziell in Bezug auf Maßnahmen der Geschäftsführung besteht ein für den Vorstand bindendes Entscheidungsrecht der Hauptversammlung nur dann, wenn der Vorstand eine solche Entscheidung verlangt, § 119 II AktG. In Ausnahmefällen kann der Vorstand auch verpflichtet sein, grundlegende Entscheidungen der Hauptversammlung vorzulegen.361 Im Ergebnis sind die Kompetenzen der Aktionärsversammlung weit weniger umfangreich als die der Gesellschafterversammlung. Es gibt daher Ansichten, die eine grundsätzliche Einräumung der Dispositionsbefugnis für die Aktionäre ablehnen, weil sie in kompetenzrechtlicher Hinsicht keinen Einfluss auf das Tun des „in eigener Verantwortung“ handelnden Vorstands hätten.362 Die Hauptversammlung könne gerade keine eigenständige, vom Vorstand unabhängige Entscheidung treffen, die auch nach außen Wirksamkeit beanspruchen könne.363 Gegen eine solche Ansicht ist einmal vorzubringen, dass es für die Wirksamkeit eines Einverständnisses nicht darauf ankommt, ob es im Außenver359

Vgl. MüKo-AktG/Kubis (2008), § 119 Rn. 1. Siehe sogleich die unten stehende Fußnote. 361 BGH NJW 1982, 1703 – Holzmüller: Vorlagepflicht hinsichtlich der Ausgliederung von Unternehmensteilen; BGH NJW 2003, 1032 – Macroton: Vorlagepflicht in Fällen des „Delisting“; BGH NJW 2004, 1869 – Gelatine: Vorlagepflicht bei Umstrukturierung einer Tochtergesellschaft. 362 Kaufmann, 1999, S. 152 f.; Zech, 2007, S. 108 f. 363 Zech, 2007, S. 109. 360

210 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

hältnis zu Dritten auch Wirksamkeit beansprucht – dies ist gerade auch nicht der Fall bei der Zustimmung zu einem Handeln des Geschäftsführers durch die Gesellschafter, da nur der Geschäftsführer die Gesellschaft nach außen vertritt, § 35 I GmbHG. Es kommt vielmehr darauf an, in wessen Aufgabenbereich die Verwaltung der Rechtsgüter der Gesellschaft liegt. Diese Aufgabe kann aber auch gerade bei mehreren Organen liegen. Entscheidend für eine zumindest grundsätzliche Dispositionsbefugnis der Aktionäre spricht neben eigenen Kompetenzen, wie dem Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns, v. a., dass sich ein Beschluss der Hauptversammlung auf Entscheidungen des Vorstandes haftungsmildernd auswirken kann.364 Soweit die Hauptversammlung auf Anfordern des Vorstandes einen Beschluss trifft, so ist der Vorstand hieran gem. § 83 II AktG gebunden und diesbezüglich von einer etwaigen Haftung befreit.365 Im Ergebnis ist daher auch den Aktionären einer AG Dispositionsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen in den Grenzen ihrer gesellschaftsrechtlich gewährten Grenzen zuzuerkennen, unabhängig von etwaigen, noch zu bestimmenden Grenzen der Dispositionsbefugnis.366 (b) Vorstand Der Vorstand einer AG führt diese gem. § 76 I GmbH in eigener Verantwortung, er kann die Gesellschaft unbeschränkt nach außen vertreten, § 78 I 1 AktG, und im Innenverhältnis bindende Weisungen erlassen. Die Frage, ob auch der Vorstand eine für das Einverständnis maßgebliche Willensbildungskompetenz hat, entfaltet, ähnlich wie bei der GmbH367, dann Relevanz, wenn ein Unternehmensangehöriger auf einer untergeordneten Hierarchieebene eine Handlung vornimmt bzw. speziell eine unternehmerische Entscheidung trifft. Besonders problematisch ist die Frage dann, wenn der Vorstand untreuerechtlich bindende individuelle Verhaltensvorgaben, etwa Compliance-Richtlinien, erlassen hat und später einem Verstoß gegen diese zustimmt. Auch der BGH scheint diese Problematik erkannt zu haben und daher wenigstens grundsätzlich eine Dispositionsbefugnis des Vorstandes anzuerkennen.368 364

Vgl. auch Brand, AG 2007, 681 (684). Siehe auch MüKo-AktG/Kubis (2008), § 119 Rn. 29. 366 Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 22.2; Schramm, 2005, S. 142 f.; Brand, AG 2007, 681 (684); Hoffmann, 2010, S. 76 f. 367 Siehe oben S. 207. 368 Vgl. oben S. 208. 365

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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Die umfassende Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenz des Vorstands spricht dafür, auch dem Vorstand einer AG prinzipiell eine untreuerelevante Dispositionsbefugnis einzuräumen. Wichtig wird jedoch auch hier sein, die Grenzen einer solchen Dispositionsbefugnis zu bestimmen. f) Grenzen der Dispositionsbefugnis innerhalb eines Unternehmens aa) Unternehmensträger ist natürliche Einzelperson/Gesamthandsgemeinschaft Ist Träger eines Unternehmens eine natürliche Einzelperson oder eine Gesamthandsgemeinschaft, so besteht Einigkeit, dass diese mit ihrem Vermögen schalten und walten kann, wie sie will – Grenzen der Dispositionsbefugnis, auch in Fällen von unternehmerischen Entscheidungen bestehen gerade keine369. „[Unter Untreuegesichtspunkten] kann der Treugeber [. . .] mit seinem Vermögen tun und lassen, was er will, und ohne Begrenzungen in Dispositionen des Treunehmers einwilligen“.370 bb) Unternehmensträger ist juristische Person Ob und in welchem Umfang der Dispositionsbefugnis Grenzen zu setzen sind, wird v. a. bei den Kapitalgesellschaften GmbH und AG diskutiert. Sind solche Grenzen anzuerkennen und werden diese bei der Erklärung eines Einverständnisses überschritten, so ist das Einverständnis unwirksam. (1) Grenzen der Dispositionsbefugnis bei der GmbH (a) Grenzen für die Gesellschafter Rechtsprechung wie auch strafrechtliche Literatur haben sich bisher v. a. mit der Frage beschäftigt, ob und in welchem Umgang den Gesellschaftern einer GmbH Grenzen bei der Ausübung der Dispositionsbefugnis zu setzen sind. Dies ist v. a. auf die erheblich größere praktische Relevanz von Zustimmungen zu Geschäftsführungsmaßnahmen durch Gesellschafter einer GmbH im Gegensatz zu solchen innerhalb einer AG zurückzuführen. 369

Für natürliche Personen Schramm, 2005, S. 74. Für Gesamthandsgemeinschaften: Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 23. Speziell für die KG Schäfer, NJW 1983, 2850 (2852). 370 Schramm, 2005, S. 74.

212 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(aa) Literatur und Rechtsprechung Es lassen sich in der Diskussion inzwischen v. a. zwei Meinungsstränge unterscheiden, in der Diktion von Schünemann371 die eingeschränkte Gesellschaftertheorie sowie die strenge Gesellschaftertheorie. • Die eingeschränkte Gesellschaftertheorie wird vielfach in der Literatur372 vertreten und gehört zur gefestigten Rechtsprechung des BGH373. Danach können die Gesellschafter einer GmbH über das Vermögen der GmbH grundsätzlich frei verfügen; „im Hinblick auf die eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH“374 seien die Grenzen ihrer Dispositionsbefugnis jedoch dann erreicht, wenn die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft konkret und unmittelbar gefährdet sei. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der GmbH die Produktionsgrundlagen entzogen375 würden oder das gem. § 30 GmbHG geschützte Stammkapital angegriffen376 werde. Zustimmungen mit der Folge einer konkreten und unmittelbaren Existenzgefährdung seien gegenüber der Gesellschaft treuwidrig und damit wirkungslos.377 Die eingeschränkte Gesellschaftertheorie weist einen weitgehenden Gleichlauf mit der durch den BGH geprägten h. M. im Gesellschaftsrecht auf – danach ist eine Weisung der Gesellschafter nur dann nicht wirksam378, wenn ein Fall des § 43 III GmbHG (d.h. ein Angriff auf das Stammkapital gem. § 30 GmbHG vorliegt oder § 33 GmbHG zuwider eigene Geschäftsanteile durch die Gesellschaft erworben wurden) oder der Existenzvernichtung gegeben ist379. 371

LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125. LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125; NK-StGB/Kindhäuser (2010), § 266 Rn. 71; Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 22.1; Waßmer, 1997, S. 88 ff.; MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 137; Kaufmann, 1999, S. 125 ff. Die beiden letzteren schließen die Unwirksamkeit des Einverständnisses einschränkend jedoch nur für diejenigen Zustimmungen aus, die einen Verstoß gegen § 30 GmbHG darstellen. 373 Grundlagenentscheidung des BGH aus dem Jahre 1988: NJW 1989, 112 (113). Daneben BGH NJW 1997, 66 (68 f.); 2000, 154 (155); 2003, 2996 (2998 f.); 2004, 2248 (2254) – Bremer Vulkan; NJW 2009, 3666 (3667). Siehe zu einer ausführlichen Darstellung der diesbezüglichen höchstrichterlichen Rechtsprechung Hoffmann, 2010, S. 77 ff. 374 Siehe nur BGH NJW 2000, 154 (155); 2003, 2996 (2998). 375 BGH NJW 1989, 112 (113); 1997, 66 (69). 376 BGH NJW 2000, 154 (155); 2003, 2996 (2998). 377 Siehe nur BGH NJW 2003, 2996 (2998). 378 Mit der Folge, dass der Geschäftsführer gegenüber der GmbH für eine Minderung des Gesellschaftsvermögens haftet. 379 Vgl. nur BGH NJW 1999, 2817 (2818); NJW 2000, 1571; NJW 2001, 3123; NJW 2008, 2437 (2439) – Gamma. 372

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

213

• Die strenge Gesellschaftertheorie stellt eine in der strafrechtlichen Literatur380 weit verbreitete Ansicht dar. Danach sind der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter keine Grenzen gesetzt, da das Interesse der GmbH gleichzusetzen sei mit demjenigen der Gesellschafter. Jegliche einverständliche Vermögensschädigungen seien wirtschaftlich gesehen nur reine Selbstschädigungen, die Zustimmung der Gesellschafter daher immer wirksam. Die strenge Gesellschaftertheorie läuft damit im Ergebnis auf eine strafrechtsautonome Bestimmung der Grenzen der Dispositionsbefugnis hinaus, da die im Gesellschaftsrecht anerkannten Grenzen nicht übernommen werden. Frühere, v. a. in der Rechtsprechung vertretene Ansichten, die sich wiederum mit Schünemann381 bezeichnen lassen als eingeschränkte und strenge Körperschaftstheorie, werden heute zu Recht nicht mehr vertreten. Die strenge Körperschaftstheorie382 des Reichsgerichts verwehrte den Gesellschaftern jedwede Dispositionsbefugnis, die vom BGH danach entwickelte eingeschränkte Körperschaftstheorie383 gestattete zumindest ein Einverständnis der Gesellschafter nach Maßgabe der Grundsätze des ordentlichen Kaufmanns. Diese Ansichten sind schon deshalb abzulehnen, weil ansonsten gegen den Akzessorietätsgedanken des Untreuetatbestandes verstoßen würde. Denn im vorgelagerten Gesellschaftsrecht wird den Gesellschaftern eine weitgehende, nur wenigen Beschränkungen unterliegende Verfügungsmacht über das Vermögen der GmbH eingeräumt. Würden also im Rahmen des Einverständnisses höhere Anforderungen gestellt als im Gesellschaftsrecht, so könnte etwas strafrechtlich geahndet werden, was zivilrechtlich erlaubt ist. Dies entspricht allerdings nicht dem auch mit Hilfe des Akzessorietätsgedanken zu wahrenden ultima-ratio-Grundsatzes des Strafrechts sowie den Anforderungen an die Einheit der Rechtsordnung.384 (bb) Stellungnahme Nimmt man die Zuweisung der Vermögensbefugnis innerhalb eines Unternehmens überzeugenderweise auf Grundlage einer gesellschaftsrechtsakzessorischen Betrachtungsweise vor, ist diese Betrachtungsweise auch he380 Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21 b; SK-StGB/Hoyer (2010), § 266 Rn. 73; Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (260 f.); Kubiciel, NStZ 2005, 353 (359); Schramm, 2005, S. 122 ff.; Hanft, 2006, S. 109 ff.; Zech, 2007, S. 105 ff.; Arens GmbHR 2010, 905 (909). 381 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125. 382 RGSt 71, 353 f. 383 BGHSt 9, 216; 30, 127; 34, 379. 384 Vgl. auch LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125. Zum Akzessorietätsgrundsatz im Rahmen des Untreuetatbestandes siehe oben S. 92.

214 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

ranzuziehen bei der Bestimmung ihrer Grenzen. Zunächst sind also die im Gesellschaftsrecht anerkannten Grenzen der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter zu berücksichtigen.385 Dies sind die gesetzlich geregelten Fälle der §§ 30, 33 GmbHG sowie die im Wege der Rechtsfortbildung vom BGH entwickelte Figur des existenzvernichtenden Eingriffs.386 An dieser Stelle ist die Bestimmung der strafrechtlich relevanten Grenzen der Dispositionsbefugnis allerdings noch nicht zu Ende, denn im Sinne einer „limitierten Akzessorietät“ der Untreue ist zu prüfen, ob die gesellschaftsrechtlichen Grenzen auch als untreuerelevant anzuerkennen sind. Dies ist dann der Fall, wenn diese Normen einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen der Gesellschaft aufweisen“.387 Das Vermögensinteresse eines Unternehmens wie auch einer GmbH besteht grundsätzlich in der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung mit dem Ziel des Erhalts und des Fortbestands der Gesellschaft, sofern allerdings von den Gesellschaftern nicht etwas anderes vorgegeben ist.388 Vertreter einer eingeschränkten Gesellschaftertheorie argumentieren, dass die GmbH ein Eigeninteresse an ihrem Erhalt und Fortbestand hat, das sich zumindest in den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften389 bzw. erweitert auch in der Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs390 manifestiert. Würde man solch ein Eigeninteresse der GmbH bejahen, wäre die Dispositionsmacht der Gesellschaftern über das Vermögen der Gesellschaft begrenzt durch ein originäres Vermögensinteresse an ihrem Erhalt und Fortbestand; das Vermögensinteresse könnte also nur begrenzt von den Gesellschaftern bestimmt werden. V. a. Vertreter der strengen Gesellschaftertheorie lehnen dagegen ein Eigeninteresse der GmbH ab, sodass die Gesellschafter das Vermögensinteresse der Gesellschaft frei bestimmen können sollen. Dies hat zur Folge, dass die §§ 30, 33 GmbHG sowie die Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs nicht Ausdruck des Eigeninteresses der GmbH sind, sondern 385 Die Argumentation, dass die Gesellschafter aufgrund ihrer herausragenden Stellung und ihrer umfassenden Kompetenzen „wirtschaftliche Eigentümer“, d.h. „materielle Eigentümer“ sind, kann – wie gezeigt – nicht als Grundlage für die Begründung der Dispositionsbefugnis und damit auch nicht für eine Bestimmung und letztlich Ablehnung von Grenzen der Dispositionsbefugnis herangezogen werden. 386 Siehe dazu v. a. die neueste Rechtsprechung des BGH in NJW 2007, 2689 – Trihotel und NJW 2008, 2437 – Gamma. 387 Siehe zu dem Erfordernis eines Vermögensinteressenbezugs oben S. 146 ff. 388 Siehe oben S. 165 ff. sowie S. 157 f. 389 So z. B. MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 137; Kaufmann, 1999, S. 82, 125 f. 390 LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 125; BGH NJW 2009, 3666 (3667).

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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ihnen nur eine gläubigerschützende Funktion zugeschrieben werden kann. Dient die Erhaltung insbesondere des Stammkapitals nur der Erhaltung einer Haftungsmasse für die Gläubiger, so ist ein unmittelbarer Bezug dieser Normen zu den von den Gesellschaftern definierten Vermögensinteressen der GmbH gerade nicht gegeben. Entscheidend bei der Frage, ob die gesellschaftsrechtlichen Grenzen der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter auch Untreuerelevanz aufweisen, ist also die Anerkennung eines Eigeninteresses der GmbH. Ist dies nicht der Fall, so haben diese Grenzen nur eine gläubigerschützende Funktion. Mit Rönnau391 kann daher gefragt werden, ob „mit Blick auf den Schutzzweck von § 266 StGB [. . .] tatsächlich ein (eigenes) materielles Gesellschaftsinteresse übrig bleibt, wenn man das Gläubigerinteresse abzieht.“ Die Frage eines Eigeninteresses einer GmbH zumindest an ihrem Erhalt und Fortbestand durch Belassung des erforderlichen Stammkapitals ist sowohl im gesellschaftsrechtlichen wie auch inzwischen im strafrechtlichen Schrifttum umstritten. Für eine Anerkennung eines Eigeninteresses ist grundsätzlich die Existenz der Gesellschaft als eigenständige Rechtspersönlichkeit vorzubringen. Kann die GmbH eigenständig am Rechtsverkehr teilnehmen und Träger von Rechten und Pflichten sein, so könnte man ihr auch ein grundsätzliches Interesse an dem Fortbestand der Gesellschaft als Rechtspersönlichkeit zugestehen. Andererseits ist zu beachten, dass die Existenz einer juristischen Person nicht einem reinen Selbstzweck dient, sondern im Falle einer als GmbH organisierten Gesellschaft von den Gesellschaftern gegründet wird, um gewisse erwerbswirtschaftliche Ziele zu verwirklichen. Gleichermaßen kann dieser Zweck von den Gesellschaftern auch wieder aufgegeben werden. So sehen die Vorschriften des GmbHG die Auflösung der Gesellschaft vor, wenn von den Gesellschaftern ein entsprechender Beschluss gefasst wird, § 64 I Nr. 2 GmbHG. Besteht also ein Auflösungsrecht durch die Gesellschafter, dann erscheint die Existenz eines Eigeninteresses der GmbH mehr als fraglich. Weshalb sollten die §§ 30, 33 GmbH das Interesse der GmbH an ihrem Erhalt und Fortbestand schützen, wenn in § 64 I Nr. 2 GmbHG ein Auflösungsrecht für die Gesellschafter gewährt wird? So hebt auch der BGH in der Entscheidung „Gamma“392 hervor, dass „das GmbH-Gesetz nicht [. . .] die Lebensfähigkeit einer GmbH sicherstellen, sondern nur einen generellen Mindestschutz der Gläubiger gewähren [möchte]. Einerseits ermöglicht es dem Gesellschafter gegen den als akzep391 392

Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (260). BGH NJW 2009, 2437 (2439).

216 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

tabel angesehenen finanziellen Einsatz eines Mindestkapitals die Befreiung von persönlicher Haftung; im Gegenzug trägt es den Interessen der Gläubiger an der Befriedigung ihrer Forderungen gegen die GmbH dadurch Rechnung, dass es die Aufbringung und den Erhalt des Stammkapitals vor Eingriffen des Gesellschafters weitgehend sicherstellt.“ Der BGH stellt damit letztlich richterweise heraus, dass Vorschriften zur Kapitalerhaltung sowie die Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs keinen anderen Zweck als den der Kapitalerhaltung haben und zwar als Ausgleich für die Befreiung des Gesellschafters von der persönlichen Haftung. Die Lebensfähigkeit der GmbH als solcher soll also gerade nicht sichergestellt werden. Im Ergebnis ist damit ein Eigeninteresse der GmbH nicht anzuerkennen. Die Gesellschafter haben nach Maßgabe einer strengen Gesellschaftertheorie eine unbegrenzte Definitionsmacht über die Vermögensinteressen der Gesellschaft, da die Grenzen der §§ 30, 33 GmbHG sowie der Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs nur eine gläubigerschützende Funktion haben. Der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter einer GmbH sind im untreuerelevanten Sinne keine Grenzen gesetzt. (b) Grenzen für den Geschäftsführer Erkennt man die Dispositionsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH grundsätzlich an, so muss man sich auch über die Grenzen einer solchen Befugnis Gedanken machen. Die Befugnis des Geschäftsführers zur Führung der Geschäfte der GmbH ist nicht unbegrenzt. Unter welchen Voraussetzungen er seine Befugnisse überschreitet und damit im unternehmensrechtlichen, speziell im gesellschaftsrechtlichen Sinne pflichtwidrig handelt, wurde oben ausführlich dargelegt.393 Leitet man die Dispositionsbefugnis des Geschäftsführers ab aus seiner Geschäfts- und Vertretungsbefugnis innerhalb der GmbH, so liegt es nahe, einen Gleichlauf herzustellen zwischen den Anforderungen an pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers und den Grenzen seiner Dispositionsbefugnis. Sofern also der Geschäftsführer zu einer unternehmerischen Entscheidung untergeordneter Unternehmensangehöriger sein Einverständnis gibt, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob er dabei im unternehmensrechtlichen Sinne pflichtwidrig gehandelt hat und, sofern dies zu bejahen ist, ob dieser Pflichtenverstoß auch zu einer untreuerelevanten Pflichtwid393

Siehe oben S. 147 ff.

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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rigkeit führt.394 Ist letzteres der Fall, sind die Grenzen der Dispositionsbefugnis überschritten. Die Folgerichtigkeit dieses Ergebnisses ergibt sich, bedenkt man, dass auch der Geschäftsführer einer GmbH vermögensbetreuungspflichtig und also tauglicher Täter einer Untreue ist. Es wäre widersinnig, könnte er zu Handlungen hierarchisch untergeordneter Unternehmensangehöriger wirksam sein Einverständnis geben, welche – von ihm selbst durchgeführt – als pflichtwidrig beurteilt werden müssten. Im Ergebnis entfaltet ein Einverständnis des Geschäftsführers v. a. dann Relevanz, wenn sich das Einverständnis auf individuelle und untreuerelevante Verhaltensvorgaben bezieht, die der Geschäftsführer erlassen hat. Ebenso wie er solche erlassen hat, kann er sie auch wieder aufheben bzw. eine Ausnahme davon zulassen. (2) Grenzen der Dispositionsbefugnis bei der AG Ob die genannten Grundsätze auch auf die AG zu übertragen sind, ist bisher nicht geklärt, was u. a. daran liegen mag, dass in der Rechtsprechung bisher kaum Fälle dieser Art vorgekommen sind. (a) Grenzen für die Aktionäre (aa) Dispositionsbefugnis nur im Rahmen ihrer Kompetenzen Anders als die Gesellschafter einer GmbH haben die Aktionäre keine grundsätzlich umfassende Kompetenz zur Verwaltung des Gesellschaftsvermögens; ihre diesbezüglichen Kompetenzen sind v. a. gesetzlich aufgezählt, wozu beispielsweise die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns und sog. Grundlagenkompetenzen gehören. Eine erste „Grenze“ der Dispositionsbefugnis der Aktionäre ergibt sich also aus ihren beschränkten Kompetenzen zur Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Nur dort, wo überhaupt eine Entscheidungsmacht der Gesellschafter besteht, kann überhaupt eine Dispositionsbefugnis eingeräumt werden.395

394

Siehe oben ausführlich S. 161 ff. Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 22.2; Schramm, 2005, S. 142 f.; Brand, AG 2007, 681 (684). 395

218 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(bb) Grenzen der Dispositionsbefugnis der Aktionäre im Rahmen ihrer Kompetenzen a) Rechtsprechung und Literatur Der BGH hat sich bisher nicht eingehend mit der Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses durch die Aktionäre auseinandergesetzt. In der Entscheidung Mannesmann396 bejahte er lediglich die Möglichkeit eines Einverständnisses, ohne sich jedoch zu dessen Voraussetzungen und Grenzen zu äußern. Im konkreten Fall kam es darauf aber auch nicht an, da nach Ansicht des BGH ein Einverständnis im Zeitpunkt der pflichtwidrigen Handlung nicht vorlag.397 Ein Teil der Literatur398 bezieht die Grenzen der Dispositionsmacht, ähnlich wie die eingeschränkte Gesellschaftertheorie für die Gesellschafter einer GmbH, aus § 57 I AktG, die zu § 30 GmbH vergleichbare, allerdings deutlich weiter gefasste Kapitalerhaltungsvorschrift. Danach ist das gesamte Vermögen der AG gegen Entnahmen nicht nur durch die Aktionäre sondern auch gegen Entnahmen zugunsten Dritter geschützt; nur über eine ordnungsgemäße Gewinnausschüttung können die Aktionäre Zuwendungen der AG erhalten und selbst über Vermögen der AG verfügen.399 b) Stellungnahme An tatsächliche Grenzen einer Dispositionsbefugnis der Aktionäre ist nach dem oben Gesagten nur zu denken, sofern überhaupt ein eigenes Entscheidungsrecht der Aktionäre besteht. Im Falle von unternehmerischen Entscheidungen ist dies v. a. dann der Fall, wenn die Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns beschließt oder ihre Entscheidung über eine Maßnahme der Geschäftsführung vom Vorstand gem. § 119 II AktG angefordert wurde. Beim Treffen solcher Entscheidungen innerhalb der Zuständigkeit ist als mögliche Schranke in der Tat § 57 I AktG zu berücksichtigen. Insbesondere für Entscheidungen der Hauptversammlung gem. § 119 II AktG ist nämlich erforderlich, dass diese auch rechtmäßig sind, § 93 IV AktG.400 396

BGH NStZ 2006, 214. BGH NStZ 2006, 214 (216 f.). 398 Loeck, 2006, S. 105; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127 (131); ähnlich, im Ergebnis aber differenzierend Hoffmann, 2010, S. 181 ff., 187 ff. 399 Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127 (131). 400 Vgl. MüKo-AktG/Kubis (2008), § 119 Rn. 27. 397

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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Während § 30 GmbHG die Rückgewähr von Einlagen an Gesellschafter, die zur Erhaltung des Stammkapitals notwendig sind, verbietet, geht das Verbot der Einlagenrückgewähr aus § 57 AktG wesentlich weiter. Verboten ist jede Leistung aus dem Vermögen der Aktiengesellschaft, die außerhalb der ordnungsgemäßen Ausschüttung des Bilanzgewinns oder nicht im Rahmen eines Ausnahmetatbestands an einen Aktionär erbracht wird.401 Unerheblich ist also, ob der Rückfluss aus dem Grundkapital (§ 1 II, 7, 23 III Nr. 3 AktG) oder den gesetzlichen Rücklagen (§§ 150, 300 AktG) erfolgt; erfasst vom Verbotstatbestand können auch Leistungen aus dem freien Vermögen der AG sein, soweit sie nicht durch einen Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung gedeckt sind.402 Zuletzt können auch Leistungen durch oder an Dritte von § 57 AktG erfasst sein.403 Ähnlich wie oben im Rahmen der Ausführungen zu § 30 GmbHG bedeutet die Existenz des § 57 AktG noch nicht, dass diese Grenze der Dispositionsmacht der Aktionäre auch im Rahmen des § 266 StGB anzuerkennen ist. Vielmehr bedeutet eine „limitierte Akzessorietät“ des § 266 zum vorgelagerten Gesellschaftsrecht, dass die Norm des § 57 AktG einen unmittelbaren Bezug zu den Vermögensinteressen der AG aufweisen muss. Das Vermögensinteresse eines Unternehmens wie auch einer AG besteht grundsätzlich in der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung mit dem Ziel des Erhalts und des Fortbestands der Gesellschaft, sofern allerdings von den Aktionären nicht etwas anderes vorgegeben ist.404 Man könnte argumentieren, dass die AG ein Eigeninteresse an ihrem Erhalt und Fortbestand hat, das sich u. a. in § 57 AktG ausdrückt. Würde man solch ein Eigeninteresse der GmbH bejahen, wäre die Dispositionsmacht der Aktionäre über das Vermögen der AG beschränkt durch ein originäres Eigeninteresse an ihrem Erhalt und Fortbestand; folglich könnte dann das Vermögensinteresse von den Aktionären nur begrenzt innerhalb ihrer bestehenden Kompetenzen bestimmt werden. Ähnlich wie im Rahmen der Ausführungen zur GmbH könnte aber auch ein solches Eigeninteresse der AG abgelehnt werden, mit der Folge, dass § 57 AktG wiederum nur eine gläubigerschützende Funktion zugeschrieben würde. Dient die sich in § 57 AktG manifestierende umfassende Vermögensbindung nur dem Erhalt einer Haftungsmasse für die Gläubiger, so 401 So schon: RGZ 107, 161 (168); RGZ 149, 385 (400); KG NZG 1999, 161; MüKo-AktG/Bayer (2008), § 57 Rn. 7; Hüffer AktG (2008), § 57 Rn. 3. 402 MüKo-AktG/Bayer (2008), § 57 Rn. 7; Hüffer AktG (2008), § 57 Rn. 2; Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (308 ff.); Schwark, FS Schmidt, 1995, 267 (274 ff.). 403 Siehe umfassend MüKo-AktG/Bayer (2008), § 57 Rn. 12, 47 ff. 404 Siehe oben S. 165 ff. sowie S. 157 f.

220 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

müsste ein unmittelbarer Bezug dieser Norm zu den von den Aktionären definierten Vermögensinteressen der AG gerade abgelehnt werden. Wie bei der GmbH ist auch hier zu fragen, ob „mit Blick auf den Schutzzweck des § 266 StGB [. . .] tatsächlich ein (eigenes) materielles Gesellschaftsinteresse übrig bleibt, wenn man das Gläubigerinteresse abzieht“.405 Nach ganz h. M. im Gesellschaftsrecht hat § 57 AktG eine gläubigerschützende Funktion.406 Indem den Aktionären der Zugriff auf das Vermögen nur in ganz eng gezogenen Grenzen möglich ist, soll eine Haftungsmasse für die Gläubiger erhalten werden als Ausgleich dafür, dass eine persönliche Haftung der Aktionäre ausgeschlossen ist. Man könnte also wie bei der GmbH zum Ergebnis kommen, dass die Vermögensbindung im AktG auch nur Ausfluss des Grundsatzes der Kapitalerhaltung im Gläubigerinteresse ist. Allerdings darf die zur GmbH vorgebrachte Argumentation nicht pauschal auf die AG übertragen und vorschnell ein Eigeninteresse der AG verneint werden. Denn es würde übersehen, dass sich der Umfang der Vermögensbindung innerhalb einer AG elementar unterscheidet von der Vermögensbindung in einer GmbH, die sich nur auf den Schutz des Stammkapitals gegen Angriffe der Gesellschafter beschränkt. Das ganze Vermögen der AG ist geschützt gegen jegliche Auszahlungen an Aktionäre und teilweise sogar an Dritte, die nicht von einem Gewinnverwendungsbeschluss bzw. von wenigen Ausnahmen gedeckt sind. Könnte man hier also, anders als bei der GmbH, neben Gläubigerinteressen nicht auch noch das Vermögensinteresse der AG an ihrem Erhalt und Fortbestand als in den Grenzen des § 57 AktG geschützt ansehen? In der strafrechtlichen Literatur wird gerade dies bejaht407, da die AG im Gegensatz zur GmbH viel weniger personalistisch, also an den Interessen der Gesellschafter ausgerichtet, organisiert sei und es daher zu einer Verselbständigung der juristischen Person gegenüber den Interessen ihrer Aktionäre komme.408 Dies zeige sich auch und gerade in der umfassenden Bindung des Vermögens der AG durch § 57 AktG.409 Wie sonst sollte sich die im Gegensatz zur GmbH umfassendere Vermögensbindung erklären? In der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird in der Tat nicht das Gläubigerinteresse als alleiniger Gegenstand des Schutzzwecks von § 57 AktG gesehen. Allerdings ist es auch nicht ein originäres Eigeninteresse der AG an 405

Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (260). MüKo-AktG/Bayer (2008), § 57 Rn. 1; Hüffer AktG (2008), § 57 Rn. 1; Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (310); Schön, FS Röhricht 2005, 559 (560 f., 562 ff.). 407 Beck-OK/Wittig StGB (2010), § 266 Rn. 22.2. Differenzierend: Brand, AG 2007, 681 (687 f.). Eingeschränkt: MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 140. 408 Rönnau, FS Amelung 2009, 247 (261 m. w. N.). 409 Busch, 2004, S. 162. 406

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Erhalt und Bestand, das sodann primär bzw. zumindest als reflexhaft geschützt angesehen wird. Vielmehr werde mit der umfassenden Vermögensbindung auch der Schutz der Aktionäre bezweckt410 und zwar vor verdeckten Gewinnausschüttungen wie auch vor Angriffen auf ihre Hauptversammlungskompetenzen. Für eine solche Ansicht spricht wiederum die Verfassung der AG als juristische Person. Nicht anders als die GmbH dient die AG nicht einem Selbstzweck, sondern der Verfolgung bestimmter erwerbswirtschaftlicher Ziele. Welches diese Ziele sind, kann grundsätzlich von den Aktionären im Rahmen ihrer Kompetenzen vorgegeben werden. Dagegen, dass die Grenze aus § 57 AktG nicht der Erhaltung der Lebensfähigkeit der AG als solcher dient, spricht wiederum die in den § 262 I Nr. 2 AktG der Hauptversammlung eingeräumte Möglichkeit der Auflösung der Gesellschaft. Die AG wird gegründet durch ihre Aktionäre, sie kann aber auch von diesen wieder aufgelöst werden; die Lebensfähigkeit der Gesellschaft als solcher soll durch das Aktiengesetz also gerade nicht gewährleistet werden. Es ist damit im Ergebnis auch im Falle der AG ein originäres Eigeninteresse an Erhalt und Fortbestand abzulehnen, das einer Definition des Vermögensinteresses durch die Hauptversammlung im Rahmen ihrer Kompetenzen entgegen stehen würde. § 57 AktG ist nicht Ausdruck eines Eigeninteresses der AG, sondern dient einerseits lediglich dem im Rahmen des § 266 StGB nicht anerkennungsfähigen Gläubigerinteresses sowie dem Schutz der Aktionärsinteressen. Gerade auf letzteren verzichten dagegen die Aktionäre, wenn sie in der Hauptversammlung einen Beschluss entgegen § 57 AktG fassen. Im Übrigen sind die Interessen der Aktionäre als solche auch nicht von § 266 StGB erfasst, der eben nur die Vermögensinteressen der AG als solche schützt. § 57 AktG stellt keine untreuerelevante Grenze der Dispositionsmacht der Aktionäre dar. Im Rahmen ihrer Kompetenzen können die Aktionäre einer AG daher weitgehend unbegrenzt ein strafrechtlich relevantes Einverständnis erteilen.411 (b) Grenzen für den Vorstand Die Grenzen der Dispositionsbefugnis für den Vorstand sind ähnlich zu bestimmen wie die Grenzen des Geschäftsführers einer GmbH. 410 MüKo-AktG/Bayer (2008), § 57 Rn. 2; Hüffer AktG (2008), § 57 Rn. 1; Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (308). Ausführlich Schön, FS Röhricht 2005, 559 (564 ff.); Hoffmann, 2010, S. 185 ff. 411 Im Ergebnis ähnlich Schönke/Schröder/Perron (2010), § 266 Rn. 21 c; Nelles, 1991, S. 552.

222 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Wie sich die Dispositionsbefugnis ergibt aus der Leitungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstandes, so ergeben sich auch die Grenzen der Dispositionsbefugnis aus den Grenzen der Leitungs- und Vertretungsbefugnis. Diese sind dann überschritten, wenn der Vorstand im unternehmensrechtlichen Sinne pflichtwidrig handelt412 und dieser Pflichtenverstoß als untreuerelevant anzuerkennen ist413. g) Form der Einverständniserklärung Probleme bei der Form der Einverständniserklärung können sich innerhalb eines Unternehmens einmal bei der Frage nach den erforderlichen Mehrheitsverhältnissen bei einer Gremienentscheidung sowie bei der Frage der Auswirkungen von Formverstößen bei Zustandekommen einer Einverständniserklärung ergeben. aa) Mehrheitsverhältnisse bei Gremienentscheidungen Wird eine Einverständniserklärung durch ein Gremium, konkret durch die Gesellschafterversammlung, die Hauptversammlung der Aktionäre oder die Mitglieder des Vorstandes getroffen, so stellt sich die Frage, welche Mehrheiten für eine wirksame Einverständniserklärung erforderlich sind. Das GmbHG sieht für die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen regelmäßig eine einfache Mehrheit414 vor (§ 47 I GmbHG), nur in gesetzlich bestimmten oder durch Gesellschaftsvertrag bestimmbaren Ausnahmefällen können qualifizierte Mehrheiten erforderlich sein415. Auch für Abstimmungen durch die Aktionäre einer AG genügt grundsätzlich eine einfache Stimmmehrheit (§ 133 AktG), sofern nicht Gesetz oder Satzung eine größere Mehrheit erfordern. Für Beschlüsse des Vorstandes einer AG gilt der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung, sodass in der Regel sämtliche Mitglieder des Vorstandes einer bestimmten Maßnahme zustimmen müssen, § 77 I AktG. Es können allerdings auch von dem Prinzip der Gesamtgeschäftsführung abweichende Regelungen in der Satzung oder der Geschäftsordnung festgelegt werden (§ 77 II AktG).416 412

Siehe dazu oben ausführlich S. 147 ff. Siehe auch dazu oben S. 161 ff. 414 Vgl. § 47 I GmbHG. 415 Wicke GmbHG (2008), § 47 Rn. 3. 416 Dazu gehören beispielsweise eine Gesamtgeschäftsführung mit mehrheitlicher Willensbildung oder eine Einzelgeschäftsführung mit einer funktionsbezogenen Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis, ausführlich dazu Hüffer AktG (2008), § 77 Rn. 10. 413

A. Die Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen

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Der BGH fordert für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter einer GmbH417, dasselbe soll gelten für die Entscheidungen der Aktionäre einer AG418. Es genüge nicht das Erreichen einer einfachen oder qualifizierten Mehrheit. Das Einverständnis müsse vielmehr vollständig von allen Anteilseignern erklärt werden. In der Literatur wird dies kritisiert.419 Die Richtigkeit dieser Kritik ergibt sich aus dem für § 266 StGB geltenden Grundsatz der Akzessorietät420. Danach kann etwas nur dann im Rahmen der Untreue bestraft werden, was gesellschaftsrechtlich überhaupt unzulässig ist; erklärt also das Gesellschaftsrecht eine Zustimmung schon dann für grundsätzlich – also unabhängig von weiteren Voraussetzungen – wirksam, wenn lediglich eine einfache Mehrheit erforderlich ist, so hat dies auch für das Strafrecht zu gelten. Das Strafrecht darf, auch vor dem Hintergrund des ultima-ratio-Gedanken des Strafrechts, nicht weitergehen als das vorgelagerte Gesellschaftsrecht. Im Ergebnis genügt für ein wirksames Einverständnis jeweils das Erreichen des vorgeschriebenen Mehrheitserfordernisses. bb) Zustandekommen einer Einverständniserklärung Problematisch ist außerdem, welche Auswirkungen Formverstöße beim Zustandekommen einer Einverständniserklärung haben können. Relevant wird dies v. a. bei Entscheidungen durch die Aktionäre einer AG sowie durch die Gesellschafter einer GmbH421, da für deren Abstimmungen formalisierte Verfahren vorgeschrieben sein können. So gelten für die Einberufung einer Hauptversammlung etwa spezielle Fristen und Formvorschriften (§§ 123 ff. AktG) und auch die Hauptversammlung selbst muss in einem stark formalisierten Verfahren ablaufen und bei Verstößen dagegen besteht die Gefahr, dass gefasste Beschlüsse angefochten werden können. Die Gesellschafter einer GmbH können zwar grundsätzlich formlos beschließen, allerdings sind spezielle Beschlüsse, etwa eine Satzungsänderung 417 BGH NJW 1989, 112 (113), in neuerer Rechtsprechung fordert der BGH jedenfalls stets die inhaltliche Befassung auch der Minderheitsgesellschafter mit der Frage der Billigung der betreffenden Pflichtwidrigkeit, BGH NJW 2010, 3458 (3461); siehe auch Lackner/Kühl (2011), § 266 Rn. 20a; Krekeler/Werner, 2006, Rn. 1115. 418 BGH NStZ 2006, 214 (217) – Mannesmann. 419 MüKo-StGB/Dierlamm (2006), § 266 Rn. 136; Ransiek, NJW 2006, 814 (815); Volk, FS Hamm 2008, 803 (812). 420 Siehe dazu oben S. 92. 421 Roth/Altmeppen/Roth GmbHG (2005), § 47 Rn. 4, siehe auch zu Ausnahmen.

224 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

(§ 53 GmbHG), Formvorschriften unterworfen. Dagegen können die Vorstandsmitglieder einer AG422 formlos entscheiden. Formverstöße beim Zustandekommen einer Einverständniserklärung sind grundsätzlich unbeachtlich, da sie das Zustandekommen eines materiellen Einverständnisses per se nicht tangieren.423 Sie können nur dann zu einer Unwirksamkeit des Einverständnisses führen, wenn sie ein „einverständnisrelevantes Moment“ berühren424, wenn etwa die Nichteinhaltung der Formvorschrift dazu führt, dass ein Willensmangel vorliegt, da sich der Zustimmende des Umfangs und der Tragweite mangels hinreichender Aufklärung oder Belehrung nicht bewusst war425.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen Die obigen Ausführungen zu den Voraussetzungen der Pflichtwidrigkeit unternehmerischer Entscheidungen sind nun zu exemplifizieren anhand von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens. Vorangestellt werden zunächst Ausführungen zur unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit einer solchen Handlung (I.) Darauf folgt im Rahmen des Oberpunktes Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit (II.) zunächst eine Analyse der relevanten Rechtsprechung (1.). Entscheidungen, welche die Frage der Strafbarkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens gem. § 266 StGB betreffen, gibt es wenige. Es sind dies die Entscheidung des BGH im sog. „Bundesliga-Skandal“ von 1975, eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1984, ein Beschluss des OLG Frankfurt a. M. von 2004, die Entscheidung des LG Darmstadt 2007 und des BGH 2008 zum Fall Siemens/ENEL, die Entscheidung des BGH 2009 in der „VW-Affäre“ sowie die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2010 zum Fall „Siemens/AUB“. Sodann erfolgt eine Darstellung der verschiedenen Literaturansichten (2.). Dabei sollen bereits die mit der Frage der Strafbarkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens verbundenen Einzelprobleme herausgearbeitet werden.

422

Hüffer AktG (2008), § 77 Rn. 6; MüKo-AktG/Spindler (2008), § 77 Rn. 24. Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113 (115); Schramm, 2005, S. 184; Hoffmann, 2010, S. 192 ff.; 197; 200 ff. 424 Schramm, 2005, S. 184. 425 Schramm, 2005, S. 184. 423

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

225

Zuletzt erfolgt eine Stellungnahme (3.), in der eine Lösung dieser Einzelprobleme unter Anwendung der unter A. entwickelten Grundsätze vorgeschlagen wird.

I. Unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit 1. Akzessorietätscharakter der Untreue Gemäß des Akzessorietätscharakters der Untreue kann eine bestimmte Handlung, insbesondere eine unternehmerische Entscheidung, erst dann pflichtwidrig in einem untreuerelevanten Sinne sein, wenn sie nach unternehmensrechtlichen Kriterien pflichtwidrig ist. Gleichzeitig bedeutet die unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit nicht automatisch auch eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit, sondern dies ist erst im Rahmen einer strafrechtsautonomen Auslegung zu bestimmen.426 2. Legalitätspflicht Im Bereich des Unternehmensrechts gilt für die Führungspersonen eines Unternehmens eine umfassende Legalitätspflicht. Danach sind bei der Führung des Unternehmens alle internen und externen Pflichten einzuhalten, ohne dass bezüglich ihrer Einhaltung ein Ermessen gewährt würde. Zu den externen Pflichten eines Unternehmens und damit auch der Führungspersonen sind alle gesetzlichen Pflichten, insbesondere alle Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften, zu zählen.427 Damit gehört also auch die Einhaltung der §§ 299 II, 333 f. StGB zu den Pflichten einer Führungsperson und ein Verstoß dagegen führt zur Bejahung der Pflichtwidrigkeit. Nach der überwiegend h. M. kann von dieser Pflicht auch dann keine Ausnahme gemacht werden, wenn es sich um sog. „nützliche Aufwendungen“ handelt, also um Aufwendungen im Interesse des Unternehmens. Dazu wird auch die Zahlung von Bestechungsgeldern gezählt. Sofern durch die Zahlung von Bestechungsgeldern eine strafbare Handlung verwirklicht werde, müsse ein pflichtwidriges Handeln bejaht werden, da die Legalitätspflicht jegliche Opportunitätserwägungen ausschließe.428 Nach unternehmensrechtlichen Kriterien stellt die Zahlung von Bestechungsgeldern i. S. d. § 299 II, 333 f. StGB eine pflichtwidrige Handlung dar.

426 427 428

Siehe oben S. 92 ff. Siehe oben S. 148 f. Siehe oben S. 150.

226 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

II. Untreuespezifische Pflichtwidrigkeit 1. Rechtsprechungsanalyse a) BGH, Urteil vom 27.02.1975 – Bundesligaskandal429 aa) Sachverhalt Der Angeklagte war 1. Vorsitzender eines Sportvereins, dessen Vertragsspieler-Fußballmannschaft am Ende des Spieljahres 1970/71 vor dem Abstieg aus der Bundesliga des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) stand. Um die Niederlage in einem Spiel zu vermeiden, die bereits den Abstieg hätte besiegeln können, wendete der Angeklagte Spielern des gegnerischen Vereins vor bzw. nach dem (sodann gewonnenen) Spiel insgesamt 250.00 DM zu, mit der Vorgabe, das Spiel zugunsten des abstiegsbedrohten Vereins zu beeinflussen. Davon stammten 100.000 DM vom Vereinskonto, die der Angeklagte unter Verwendung eines unrichtig erstellten Beleges abgehoben hatte; 150.000 DM wurden von einem Mitglied des Vorstandes aus eigenen Mitteln zur Verfügung gestellt. Nach Aufdeckung dieses sportlichen Vergehens wurde dem Verein durch Urteil des Bundesgerichts des DFB vom 15.4.1972 die Bundesligalizenz entzogen mit der Folge des Abstiegs in die Regionalliga zum Ende des Spieljahres 1971/72. bb) Rechtliche Würdigung Der BGH entschied, dass die Verwendung der besagten 100.000 DM aus dem Vereinsvermögen zu Bestechungszwecken als pflichtwidriges Handeln des vermögensbetreuungspflichtigen Angeklagten zu qualifizieren sei. Die Satzung des Vereins habe insbesondere das Einhalten der anerkannten Regeln des Sports vorgeschrieben. Als besonders schwerer Verstoß gegen diese Regeln sei eine Bestechung von Spielern eines gegnerischen Vereins zu werten. Die Pflichtwidrigkeit ergebe sich im Ergebnis aus einem Verstoß gegen die sportlichen, satzungsmäßig vorgeschriebenen Zwecke des Vereins in Zusammenhang mit der besagten Verwendung des Vereinsvermögens. Daran ändere die Tatsache nichts, dass das Vereinsvermögen ausschließlich im (vermeintlichen) wirtschaftlichen Interesse des Vereins geopfert worden sei; denn neben wirtschaftlichen Interessen eines Bundesligavereins müssten immer noch seine sportlichen und gemeinnützigen Zwecke gewahrt bleiben.430 429 430

BGH NJW 1975, 1234. BGH NJW 1975, 1234 (1234 f.).

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

227

Das Ergebnis des BGH in der Bundesliga-Skandal-Entscheidung ist nur bedingt auf Unternehmen übertragbar, da betroffener Vermögensträger ein Sportverein war, der neben wirtschaftlichen auch gerade sportliche und gemeinnützige Zwecke verfolgte. In diesem Sinne wurde die Pflichtwidrigkeit aus einem Verstoß gegen die „sportliche und gemeinnützige“ Zwecksetzung bejaht. b) BGH, Urteil vom 07.08.1984431 aa) Sachverhalt Der Angeklagte hatte (wohl als Geschäftsführer der „GmbH-Komplementärin“) an Kommanditisten einer GmbH & Co. KG einen gewissen Prozentsatz der Einlage (sog. Kick-Back) für den Beitritt zur Gesellschaft sowie Provisionen an vermittelnd tätig gewordene Angehörige steuerberatender Berufe bezahlt. Aus dem Gesellschaftsvertrag ging kein ausdrückliches Verbot eines solchen Vorgehens zum Einwerben neuer Gesellschafter hervor. bb) Rechtliche Würdigung Der BGH verneinte in diesem Fall die Pflichtwidrigkeit der oben genannten Handlungen. Denn einerseits sei dem Angeklagten ein solches Vorgehen nicht ausdrücklich verboten gewesen, andererseits habe er bei diesen Zahlungen ersichtlich im Interesse der Gesellschaft gehandelt. „[Der Angeklagte] ließ sich deshalb bei seiner Handlungsweise von dem wirtschaftlichen Vorteil der Gesellschaft leiten und schob nicht ‚willkürlich‘ Vermögensgegenstände der Gesellschaft anderen zu.“432 Im Ergebnis stellt der BGH ein erkennbares Handeln im Interesse der Gesellschaft fest und lässt aufgrund eines erreichten wirtschaftlichen Vorteils schon die Pflichtwidrigkeit entfallen. Er leitet die Pflichtwidrigkeit auch nicht aus dem strafbewehrten Verbot der „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ her, das zu dieser Zeit noch in § 12 UWG a. F. geregelt war.

431 432

BGH wistra 1984, 226. BGH wistra 1984, 226.

228 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

c) OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 26.2.2004433 aa) Sachverhalt Der Angeschuldigte R spiegelte als Geschäftsführer der A-GmbH gegenüber den Angeschuldigten U und P als Vertreter der Konzernmutter, der A-AG, vor, dass zur Erlangung von Großaufträgen die Zahlung von Bestechungsgeldern an Verantwortliche der Hersteller erforderlich sei. In Wahrheit wollte R sich jedoch auf Kosten der A-AG bereichern und dazu die im A-Konzern bestehende und als „Geldwaschanlage“ fungierende Unternehmensgruppe „CC“ nutzen – einzelne Gesellschaften der Unternehmensgruppe „CC“ stellten dem übergeordneten A-Konzern Scheinrechnungen, die über die zur Ausführung von Bankgeschäften des A-Konzerns zuständige A F-GmbH beglichen wurden; die den Rechnungen zugrunde liegenden Beträge flossen dann nach Abzug von Spesen und sonstigen Kosten der CC-Gruppe in bar an den A-Konzern zurück, der diese „objektbezogen“ zur Bestechung einsetzte. Die Angeschuldigten R, P und U kamen überein, die vermeintlich erforderlichen Bestechungsgelder über die CC-Gruppe zu beschaffen. Das so beschaffte Geld wurde nach Erhalt an R zur Weiterleitung übergeben, der die Barbeträge jedoch für sich vereinnahmte. Die A-GmbH erhielt tatsächlich Großaufträge, jedoch nicht wegen der Bestechungszahlungen, sondern weil sie das jeweils günstigste Angebot abgab. bb) Rechtliche Würdigung Das OLG Frankfurt a. M. wies in diesem Beschluss die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigten P und U durch das Landgericht zurück. Das OLG begründete dies damit, dass jedenfalls für den Untreuevorsatz kein hinreichender Tatverdacht gegeben sei: Unter der zugrunde gelegten Annahme, dass P und U an die Notwendigkeit von Bestechungszahlungen glaubten, könne ein vom Vorsatz umschlossener Vermögensnachteil nicht bejaht werden. Auf Grundlage einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung konnte sich aus Sicht dieser beiden Angeschuldigten die Zahlung von Bestechungsgeldern tatsächlich als gewinnbringend auswirken, da damit nicht nur ein Auftrag erlangt, sondern auch die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb gestärkt werden sollte. Die Vornahme solcher Bestechungshandlungen widerspreche gerade nicht kauf433

OLG Düsseldorf NStZ-RR 2004, 244.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

229

männischer Praxis, wie die Vielzahl der vorkommenden Fälle von Bestechungszahlungen zeige. Es handle grundsätzlich niemand „entgegen den Regeln eines sorgfältigen Kaufmanns nach Art eines Spielers, wer, um dem Unternehmen eine bestimmte Marktposition zu verschaffen, zunächst verlustbringende Aufträge annimmt, um überhaupt erst einmal in den Markt eintreten und dann daran anschließend künftig gewinnbringende (Folge-) Aufträge erhalten zu können. Entsprechendes gilt für Unternehmen wie gerade auch den A-Konzern, die aus einer zunächst untergeordneten Platzierung am Markt (hier für Lackieranlagen) heraus an dessen Spitze vordringen wollen“.434 Aus der rechtlichen Würdigung ist hervorzuheben. • Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass sich die gerichtlichen Ausführungen auf den subjektiven Tatbestand des § 266 StGB konzentrieren. Dies liegt darin begründet, dass die Gelder tatsächlich vom Angeschuldigten R für sich vereinnahmt und nicht im Sinne des Unternehmens eingesetzt wurden. Soweit das Gericht in dem Verhalten der Angeschuldigten P und U ein den objektiven Tatbestand des § 266 StGB verwirklichendes Verhalten sah, hat es einen hinreichenden Tatverdacht jedenfalls an einem mangelnden Vorsatz scheitern lassen. • Soweit das Gericht Ausführungen zu den Regeln eines sorgfältigen Kaufmanns macht, sind diese eher dem Bereich der Pflichtwidrigkeit zuzuordnen, denn hierzu äußert sich das Gericht gerade nicht ausdrücklich. • Wie auch der BGH 1984 leitet das OLG Frankfurt a. M. die Pflichtwidrigkeit nicht aus einem (vorgestellten) Verstoß gegen § 299 II StGB her, sondern es lässt ebenfalls wirtschaftliche Nutzenerwägungen vorgehen. d) LG Darmstadt, Urteil vom 14.05.2007 – Siemens/ENEL435 aa) Sachverhalt Der Angeklagte K war zum Tatzeitpunkt leitender Angestellter der Siemens AG (im Folgenden S-AG), nämlich einer von vier Bereichsvorständen der Bereichs Siemens Power Generation (im Folgenden: S-PG) und damit in der Hierarchie direkt unter dem Zentralvorstand tätig. Als kaufmännischer Leiter war er u. a. dazu autorisiert, Zahlungen in unbegrenzter Höhe vorzunehmen. Der Angeklagte V hatte zum Tatzeitpunkt eine Beraterstellung für die S-AG im Bereich PG inne. Laut Vertrag sollte er die Sparte S-PG in Bezug 434 435

BGH NStZ-RR 2004, 244 (245). Beck RS 2007 16611.

230 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

auf den mittleren Osten beraten, tatsächlich nahmen ca. 2/3 seiner Tätigkeit die Abwicklung verdeckter Überweisungen ein. Im November 1999 gab die S-PG im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung gegenüber dem Unternehmen Enelpower, einer 100-prozentigen Tochter der italienischen Konzernmutter ENEL, ein Angebot für die Lieferung von Gasturbinen ab (Projektname „Repowering“). Der Geschäftsführer C der ENEL Produzione, ebenfalls ein Tochterunternehmen von ENEL, trat an V heran und äußerte ihm gegenüber, dass er auf die Auftragsvergabe Einfluss nehmen könne. V vermutete bereits zu diesem Zeitpunkt, dass es C um eine Bestechungszahlung gehe. In Rücksprache mit dem zuständigen B traf sich C mit V; bei diesem Treffen wurde – zwar unausgesprochen – klar, dass C für die Einflussnahme eine Geldzahlung in Millionenhöhe erwarte. Der über das Gespräch informierte B hielt daraufhin Rücksprache mit dem entscheidungsbefugten K. Zu dieser Zeit gingen K und B davon aus, dass S-PG im Rahmen der Ausschreibung gut liege. Es war für sie allerdings nicht klar, ob S-PG das günstigste Angebot abgegeben hatte und damit den Zuschlag erhalten müsse. K gab schließlich sein Einverständnis zur Zahlung von Bestechungsgeldern an C. Er erhoffte sich damit, nicht nur an den für S-PG lukrativen Auftrag zu gelangen, sondern S-PG im sich neu strukturierenden Strommarkt Italiens als ausländischen Lieferanten dauerhaft etablieren zu können. K wusste zwar, dass die angestrebten Vorteile durch zivil- und strafrechtliche Maßnahmen wieder verloren gehen könnten, das Entdeckungsrisiko schätzte er allerdings als gering ein. Bei einem weiteren Treffen, an dem für die S-PG V und B sowie für die ENEL Produzione C und G – als geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied zuständig für die Unterschrift – teilnahmen, wurde vereinbart, dass nach Auftragserteilung und Erlangung der vertraglich noch zu vereinbarenden Anzahlung eine Summe von 2,65 Millionen Euro an C und G über eine Firma in Abu Dhabi gezahlt werden solle. Der Auftragswert des Projektes „Repowering“ belief sich für S-PG auf 132,5 Mio. e. Die Bestechungsgelder wurden – von V veranlasst – über ein Nummernkonto in Liechtenstein gezahlt. Dabei handelte es sich um ein Konto, das von der öffentlichen Buchhaltung der S-PG nicht erfasst war. Die darauf befindlichen Gelder stammten aus früheren Projekten und waren als „nützliche Aufwendungen“ nicht restlos verbraucht worden. bb) Rechtliche Würdigung Das LG Darmstadt verurteilte die Angeklagten aufgrund dieses Handlungskomplexes wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehrs gem. § 299

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

231

StGB (Angeklagter K) bzw. wegen Beihilfe hierzu (Angeklagter V) sowie wegen tateinheitlich verwirklichter Untreue gem. § 266 StGB (Angeklagter K) durch das Gewähren von Bestechungszahlungen. Die Pflichtwidrigkeit leitete das Gericht unproblematisch daraus her, dass „nach den bei S.-PG bestehenden Compliance-Regelungen jegliche Bestechungszahlungen untersagt waren“. Das LG Darmstadt erkannte also die Compliance-Vorschriften, die zur Tatzeit insbesondere jegliche Bestechungszahlungen untersagten, als untreuerelevante Vorgaben im Innenverhältnis zwischen der S-AG und dem jeweilig vermögensbetreuungspflichtigen Unternehmensmitarbeiter an. Folglich bejahte es auch unproblematisch die Pflichtwidrigkeit der Zustimmung zur Auszahlung der Bestechungsgelder. e) BGH, Urteil vom 29.09.2008 – Siemens/ENEL436 Der BGH äußerte sich in seinem Revisionsurteil zum erstinstanzlichen Urteil des LG Darmstadt nicht zur Strafbarkeit von Bestechungszahlungen zur Auftragserlangung gem. § 266 StGB. Grund dafür ist, dass der BGH die Untreue bereits im Weiterführen einer schwarzen Kasse gesehen hat und in der Folge die Auszahlung von Geldern aus dieser Kasse nicht mehr als eigenständige Untreuehandlung, sondern nur als Beendigung der noch fortdauernden Untreue: „Der spätere Verbrauch der Mittel, der durch die Auszahlung an Gi und Cr im Fall „Repowering“ abgeschlossen wurde, stellte angesichts des Fortdauerns der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen – anders als das LG im Gegensatz zur Anklage und seinem eigenen Eröffnungsbeschluss meint – keine neue Tat dar, sondern beendete die mit Übernahme der verdeckten Kasse bereits vollendete Untreue des Angekl.“437

Daneben erkannte der BGH, wie auch das LG Darmstadt, die Untreuerelevanz des Verbots von Bestechungszahlungen durch Compliance-Vorschriften an; dies im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Verbot von Bestechungszahlungen auch das Verbot erfasst, hierfür keine schwarzen Kassen einzurichten.438

436 437 438

BGH NJW 2009, 89 = NStZ 2009, 95. BGH NJW 2009, 89 (92). BGH NJW 2009, 89 (91).

232 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

f) BGH, Urteil vom 17.9.2009 – VW-Affäre439 aa) Sachverhalt Der Angeklagte V, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Volkswagen AG (im Folgenden VW AG), vereinbarte mit dem Arbeitsdirektor H eine Anpassung seiner Bezüge an die der Vorstandsmitglieder. H kam diesem Wunsch nach, weil er sich das Wohlwollen des wichtigsten Arbeitnehmervertreters erhalten wollte. Die Zahlungen erfolgten durch mehrere Sonderprämien, die unter Umgehung der zuständigen Kommission zur Festlegung der Gehälter freigestellter Betriebsräte und ohne Wissen der übrigen Mitglieder des Vorstands gewährt wurden.440 bb) Rechtliche Würdigung Der Fall „VW-Affäre“ betrifft nicht die hier relevante Frage nach der Untreue durch Bestechungszahlungen zur Auftragsvergabe, sondern die Frage nach der Untreue durch Bestechungszahlungen an Betriebsratsangehörige, um diese gegenüber der Unternehmensleitung gesonnen zu stimmen.441 Allerdings sind sehr ähnliche Konstellationen betroffen, da es in beiden Fällen um unternehmenskorruptive Handlungen, also um die Vornahme von Korruptions- konkret von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens, geht. Der BGH bewertet die Zahlung der Sonderprämien durch H an den Arbeitsdirektor als pflichtwidrige Untreuehandlung, zu welcher V angestiftet habe. Dies wird daraus gefolgert, „dass selbst der Vermögensinhaber eine solche Zahlungsvereinbarung nicht hätte vornehmen dürfen [, denn] ein von der Gesamtheit der Aktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns zur Sonderbonuszahlung an den V getroffene Verfügung wäre als ebenso gegen § 78 S. 2 BetrVG, § 134 BGB verstoßend nichtig gewesen wie die von [. . .] H getroffene Vereinbarung. [. . .] Zwar folgt aus dem Verbot, zu einem bestimmten Zweck Vermögen des Treugebers zu verwenden, nicht ohne Weiteres die Pflicht, das Vermögen insoweit auch zu erhalten. Indes liegt ein pflichtwidriger Ver439

BGH NStZ 2009, 694. Dieser Fall enthält noch weitere relevante Tathandlungen; so wurden ebenfalls auf Kosten der VW AG und Anweisung des H dienstlich nicht veranlasste Ausgaben wie Ferienreisen, Bar- und Bordellbesuche des V und anderer über ein betriebliches Konto abgerechnet, BGH NStZ 2009, 694. Die hier vornehmlich interessierenden Ausführungen betreffen aber nur die Leistung der Sonderprämie. 441 Siehe zu diesem Fall der Bestechung oben S. 52 Fn. 99. 440

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

233

stoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht jedenfalls dann vor, wenn der verbotene Vermögensabfluss zur Erzielung eines nicht kompensationsbegründenden Vorteils eingesetzt wird.“442 Ein solcher Fall sei hier gegeben, da die VW AG durch die von H veranlassten Sonderbonuszahlungen einen Vermögensnachteil erlitten habe; die jeweiligen Vermögensabflüsse seien durch keine kompensierenden Vermögenszuflüsse ausgeglichen worden.443 V sei bereits ohne die Sonderprämie zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber „zum Wohl“ auch „des Betriebes“ verpflichtet. Aus der rechtlichen Würdigung ist besonders hervorzuheben: • Der BGH knüpft zur Begründung der Pflichtwidrigkeit zunächst an § 78 S. 2 BetrVG an, der u. a. eine Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern wegen eben dieser Tätigkeit verbietet. Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang § 119 I BetrVG zu nennen, der ein solches Handeln als Straftat ahndet. Wenn schon nicht der Vermögensinhaber selbst eine solche Handlung wirksam vornehmen könne, so könne dies erst Recht nicht der handelnde Vorstand H tun. Der BGH scheint damit zunächst eine entgegengesetzte Richtung im Verhältnis zu seiner Entscheidung aus dem Jahr 1984 und zur Entscheidung des OLG Düsseldorf von 2004 einzuschlagen: Die Pflichtwidrigkeit wird aus einem strafbewehrten Verbot hergeleitet. • Diese Argumentation schränkt der BGH gleichzeitig wieder ein, indem er feststellt, dass ein Vermögensverwendungsverbot nicht gleichzeitig auch eine Pflicht enthalte, das Vermögen auch insoweit zu erhalten; nicht jede außerstrafrechtliche Pflicht soll daher eine untreuerelevante Pflicht darstellen. Der BGH entzieht sich aber letztlich an dieser Stelle der Antwort, ob ein aus §§ 78 S. 2, 119 I BetrVG hergeleitetes Bestechungsverbot eine untreuerelevante Pflicht darstellt. • Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des BGH zur Untreue durch die Gewährung nicht dienstlich veranlasster Ausgaben durch den weiteren Angeklagten G. Die von ihm verletzten Prüfungspflichten dienten dem Vermögensschutz der VW AG und seien somit für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit wesentliche Pflichten.444 Kriterium für die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit außerstrafrechtlicher Pflichten könnte damit ihre vermögensschützende Funktion sein. • Jedenfalls liegt nach Ansicht des BGH ein pflichtwidriges Handeln darin, dass der verbotene Vermögensabfluss zur Erzielung eines nicht kompensationsbegründenden Vorteils eingesetzt worden sei. Dies sei hier der 442 443 444

BGH NStZ 2009, 694 (695). BGH NStZ 2009, 694 (695). BGH NStZ 2009, 694 (696).

234 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Fall, da die Zahlung der Sonderprämie ohne kompensationsgeeignete Gegenleistung erbracht worden sei. Der BGH bezieht sich hierbei auf die im Jahre 2005 ergangene Entscheidung Mannesmann zur Zulässigkeit der Gewährung nachträglicher, kompensationsloser Anerkennungsprämien.445 Dort wurde eine Pflichtwidrigkeit deswegen bejaht, weil die Gewährung einer nicht vereinbarten Sonderzahlung für eine Leistung, die ausschließlich belohnenden Charakter habe und der Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen könne, als treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens zu bewerten sei.446 Eine solche Verschwendung des Gesellschaftsvermögens sei auch hier anzunehmen, weil durch die Sonderprämie etwas erkauft werden sollte, zu dem der Arbeitsdirektor aber rein rechtlich schon verpflichtet war – er schuldete eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstand zum Wohle des Betriebes. g) BGH, Urteil vom 13.09.2010 – Siemens/AUB447 aa) Sachverhalt Der Angeklagte S war Vorsitzender der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betiebsangehörigen – AUB – die Unabhängigen e. V.“ (AUB). Auf Grund von Vereinbarungen von Verantwortlichen der S-AG mit S sollte dieser die AUB als – arbeitgeberfreundliches – Gegengewicht zur IG Metall aufbauen und dafür finanzielle Unterstützung durch die S-AG erhalten. Der Angeklagte S rechnete über seine Unternehmensberatung „W-Unternehmensberatung und Mitarbeiterschulung“ nicht erbrachte Leistungen ab, um zum Schein eine Grundlage für die Zahlungen der S-AG an die AUB zu schaffen. Auf Veranlassung des in der Vorinstanz Mitangeklagten Fe, zu dieser Zeit kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“, wurden die in Rechnung gestellten Beträge an die Unternehmensberatung des S gezahlt. Fe unterließ es dabei, entgegen den bei der S-AG bestehenden Vertretungsregeln, eine zweite Unterschrift eines hierzu bevollmächtigten Mitarbeiters der S-AG einzuholen. Auch informierte er den Vorstand und den Aufsichtsrat der S-AG nicht über den Abschluss der besagten Vereinbarung mit S. Zudem nahm er keine inhaltliche Kontrolle der Rechnungen vor, noch ließ er eine solche durchführen. Mit den besagten Geldbeträgen bestritt S die Ausgaben, die bei der Tätigkeit und bei Werbemaßnahmen der AUB anfielen. 445 446 447

BGH NStZ 2009, 694 (695). BGH NJW 2006, 522 (524). BGH NJW 2011, 88.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

235

bb) Rechtliche Würdigung Die Entscheidung des BGH bezieht sich nicht auf die hier interessierende Frage von Bestechungszahlungen zur Auftragsvergabe, sondern – ähnlich wie in der „VW-Affäre“ – auf Zahlungen zum Aufbau einer arbeitgeberfreundlichen Arbeitnehmervertretung. Auch hier sind aber wieder ähnliche Konstellationen betroffen, da es in beiden Fällen um unternehmenskorruptive Handlungen geht. Der BGH bewertet die Freigabe von Zahlungen der S-AG zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer arbeitgeberfreundlichen Arbeitnehmervertretung als pflichtwidrige Untreuehandlung des Fe, da die Zahlungen ohne inhaltliche Kontrolle veranlasst wurden. Ein solches Vorgehen sei aber mit den „vermögensschützenden [. . .] Pflichten, die den [. . .] Fe allgemein auf Grund seiner Stellung innerhalb der Siemens-AG und im Speziellen bei Abwicklung der zwischen der Siemens-AG und dem Angeklagten S getroffenen Vereinbarung trafen, nicht zu vereinbaren“.448 Die Pflichtwidrigkeit seines Handelns könne dagegen nicht aus einem Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 119 I Nr. 1 BetrVG hergeleitet werden, da diese Vorschrift keinen vermögensschützenden Charakter aufweise.449 Offen lassen konnte der BGH, ob pflichtwidriges Handeln schon deshalb anzunehmen sei, weil Fe es unterließ, zur Freigabe der Zahlungen eine zweite Unterschrift einzuholen bzw. die zuständigen Organe der S-AG von den betroffenen Vereinbarungen zu unterrichten. Im ersteren Fall ergab sich dies daraus, dass dem BGH die bestehende Vertretungsregel zur Einholung einer zweiten Unterschrift nicht mitgeteilt und somit nicht beurteilt werden konnte.450 In letzterem Fall sei ein angebliches Unterlassen der Mitteilung über die getroffene Vereinbarung nicht mit den getroffenen Feststellungen des vorinstanzlichen Gerichts vereinbar.451 Im Ergebnis verneinte der BGH das Vorliegen eines Vermögensnachteils, da es an ausreichenden Feststelungen hierzu fehlte. Das Gericht habe nicht ausreichend festgestellt, „warum die Zahlungen an die AUB lediglich zu einer vagen und daher nicht kompensationsgeeigneten Chance, nicht aber bereits zu einem messbaren Vermögenszuwachs geführt hätten“.452 Aus der rechtlichen Würdigung ist besonders hervorzuheben: • Der BGH fordert ausdrücklich, dass zur Annahme einer untreurelevanten Pflichtverletzung die verletzte außerstrafrechtliche Norm auch ver448 449 450 451 452

BGH BGH BGH BGH BGH

NJW NJW NJW NJW NJW

2011, 2011, 2011, 2011, 2011,

88 88 88 88 88

(92). (91). (91). (91). (93).

236 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

mögensschützenden Charakter aufweisen müsse; im Falle des § 119 I Nr. 1 BetrVG bestehe ein solch vermögensschützender Charakter gerade nicht, betroffen sei nur die Integrität der Wahl des Betriebsrats.453 • Offen gelassen hat der BGH, ob die Pflichtwidrigkeit mit der Verletzung formeller Pflichten, wie einer fehlenden zweiten Unterschrift und einer unterlassenen Unterrichtung des Vorstands, begründet werden kann. • Letztlich knüpft der BGH zur Begründung der Pflichtwidrigkeit an eine unterlassene Prüfung der Rechnungen auf ihre Richtigkeit an, ohne jedoch allzu ausführlich die Herkunft einer solchen Pflicht zu erläutern. Fraglich erscheint auf den ersten Blick dabei, inwiefern überhaupt die Rechnungen auf ihre „Richtigkeit“ hin überprüft werden hätten können, wo sie doch ohnehin zum Schein gestellt wurden. h) Zusammenfassung Die bestehenden gerichtlichen Entscheidungen zur Untreue, die im weitesten Sinne die Zahlung von Bestechungsgeldern zugunsten eines Unternehmens betreffen, sind zu spärlich und auch in zu großer zeitlicher Distanz voneinander ergangen, als dass daraus eine eindeutige Richtung herausgelesen werden könnte. Das Urteil des BGH im Bundesliga-Skandal ist von Bedeutung, weil es die erste Entscheidung in diesem Bereich darstellt, ist aber im Ergebnis nur bedingt auf wirtschaftlich tätige Unternehmen übertragbar. Es ist allerdings insofern bedeutsam, da der BGH die Zwecksetzung, mit welcher der betroffene Verein betrieben wurde – neben einer wirtschaftlichen auch eine sportliche und gemeinnützige –, maßgeblich bei der Bestimmung der Pflichtwidrigkeit heranzieht. Die Entscheidungen aus dem Jahre 1984 und 2004 lassen eine Tendenz erkennen, die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens nach wirtschaftlichen Nutzenerwägungen zu bestimmen. Es wurde gerade nicht auf § 299 II StGB bzw. § 12 UWG a. F. abgestellt. Die Entscheidung des LG Darmstadt im Fall Siemens/ENEL und die Entscheidung des BGH in der „VW-Affäre“ weisen dagegen in eine etwas andere Richtung. In der Entscheidung des LG Darmstadt 2007 werden wirtschaftliche Nutzenerwägungen erst gar nicht angestellt, da die Pflichtwidrigkeit aus einem Verstoß gegen Compliance-Vorschriften hergeleitet wird. Die darauf aufbauende Revisionsentscheidung des BGH trifft bzgl. der Pflichtwidrigkeit einer Bestechungszahlung dagegen keine Aussage. Die Argumentation des BGH in der Entscheidung zur „VW-Affäre“ billigt dem Erkaufen des Wohlwollens des Betriebsrats aus der ex-ante Sicht des han453

BGH NJW 2011, 88 (91).

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

237

delnden Vorstandes keinen für die Pflichtwidrigkeit berücksichtigungsfähigen Umstand zu. Soweit die Pflichtwidrigkeit nicht doch schon aus einem Verstoß gegen § 78 S. 2 BetrVG hergeleitet wird, sieht der BGH in der Zahlung von Sonderprämien an den Betriebsrat eine pflichtwidrige Verschwendung von Unternehmensvermögen. Im Fall „Siemens/AUB“ knüpft der BGH die Pflichtwidrigkeit daran, dass unterlassen wurde, zur Auszahlung freigegebenen (Schein-)Rechnungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Gerade diese letzen beiden Entscheidungen zeigen, dass der BGH die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen vom Einzelfall abhängig macht; eine eindeutige Aussage zur Pflichtwidrigkeit vermeidet er. 2. Literaturansichten Die wenigen gerichtlichen Entscheidungen zur Frage der Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens gem. § 266 StGB haben es entbehrlich gemacht, diese zu strukturieren. Die bestehenden Literaturansichten zu dieser Frage sind jedoch differenzierter und demgemäß wie folgt zu strukturieren: a) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Bestechungsverbote im Innenverhältnis Das Verbot von Bestechungszahlungen kann sich im Innenverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem vermögensbetreuungspflichtigen Unternehmensangehörigen aus dem Arbeitsvertrag, Satzungen oder v. a. aus Compliance-Vorschriften454 ergeben. Im Fall Siemens/ENEL waren beispielsweise Bestechungszahlungen ausdrücklich durch eben solche Vorschriften verboten. aa) Dierlamm455 lehnt die Qualifizierung interner Verbote von Bestechungszahlungen als untreuerelevante Pflichten ab. Er argumentiert einerseits mit dem Erfordernis eines „inneren Zusammenhangs“ bzw. einer spezifischen Vermögensbetreuungspflicht: ein solches Verbot sei eine bloße Nebenpflicht eines Vermögensbetreuungspflichtigen als Arbeitnehmer und gerade keine Pflicht, die zum Kreis seiner Vermögensbetreuungspflichten zu zählen sei. Daneben sieht er auch das Kriterium der Schutzzweckkonnexität456 als nicht gegeben an, da es sich bei dem Verbot von Bestechungszahlungen gerade nicht um eine Verhaltensnorm mit unmittelbar vermögensschützender Wirkung handle. 454 455 456

Siehe zum Begriff nochmals oben S. 106, Fn. 378. Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (611 f.). Bei Dierlamm: sachlich-innerlicher Zusammenhang.

238 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

bb) Kempf457 dagegen sieht die Verletzung insbesondere von Compliance-Vorschriften, die ein Verbot von Bestechungszahlungen enthalten, als Grenzfall an. Denn solche Vorschriften seien im Zweifel auch zur Vermeidung von Vermögensschäden aufgestellt worden und könnten damit vermögensschützende Funktionen entfalten. cc) Die Gegenposition nehmen v. a. Saliger und Gaede458, Rönnau und Ransiek ein. Sie bejahen die grundsätzliche Relevanz von Bestechungsverboten im Innenverhältnis. Insbesondere Ransiek459 argumentiert, dass unerheblich sei, aus welchen Gründen ein bestimmter Vermögenseinsatz nicht gewollt sei. Es gehe nicht um einen Verstoß gegen das allgemeine Bestechungsverbot, sondern um eine Missachtung des Willens des Prinzipals durch seinen Agenten.460 Auch Rönnau461 betont, dass es auf die Beweggründe des Vermögensinhabers zur Errichtung von Vermögenseinsatzgrenzen nicht ankomme. dd) Einen gewissen Sonderweg beschreiten Saliger und Gaede allerdings bei den Anforderungen an die faktische In-Vollzug-Setzung eines Bestechungsverbotes. Gerade im Fall Siemens/ENEL lehnen sie es ab, auf die Compliance-Regeln zur Bestimmung der Pflichtwidrigkeit abzustellen, da diese im Tatzeitpunkt nur auf dem Papier bestanden hätten: „Wenn sich ein Mitarbeiter der Siemens PG allein für diese Sparte 2/3 seiner Anstellungszeit mit verdeckten Bestechungszahlungen für diverse Mitarbeiter der Siemens PG befasste, kann ein Gericht nicht allein auf die uneingeschränkte Compliance-Regel abstellen, die tatsächlich im Sinne des Unternehmenserfolges systematisch eingeschränkt wurde.“462

Die alleinige Existenz des Verbots von Bestechungszahlungen genüge damit nicht, vielmehr bedürfte es einer faktischen Etablierung der Vorschrift, die im zitierten Fall gerade nicht stattgefunden habe. Ähnlich äußert sich auch Ransiek, wenn er die Frage stellt, ob ein geäußerter, dem Einsatz von Geldern zu Bestechungszwecken entgegenstehender Wille ernst gemeint sei.463

457 458 459 460 461 462 463

Kempf, FS Hamm 2008, 255 (259 einschl. Fn. 25). Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (72 ff.). Ransiek, StV 2009, 321. Zu den Begriffen Prinzipal und Agent siehe oben S. 46. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922 einschl. Fn. 139). Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (73). Ransiek, StV 2009, 321.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

239

b) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften Niehaus stützt die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen darauf, dass sich ein Unternehmensangehöriger „ohne Zustimmung der zuständigen Organe des Vermögensinhabers anmaßt, selbst zu entscheiden, welche Art des Vermögenseinsatzes vorteilhaft ist“464. Er handle dann nicht wie ein Gutsverwalter, sondern wie ein Gutsbesitzer. Letztlich leitet Niehaus damit die Pflichtwidrigkeit aus einem Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften her. Ohne Zustimmung dürfe ein Unternehmensangehöriger, der nicht auf Organebene tätig ist, über die Art des Vermögenseinsatzes nicht entscheiden. c) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen § 299 II StGB oder §§ 333 f. StGB Von Weber wird die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens weitgehend unproblematisch aus einem Verstoß gegen § 299 I bzw. §§ 333 f. StGB abgeleitet.465 Damit sieht er sich einer weit verbreiteten Ansicht gegenüber, welche die Anknüpfung der Pflichtwidrigkeit an einen Verstoß gegen diese beiden Strafnormen ablehnt.466 Dierlamm467 argumentiert auch hier wieder mit dem Fehlen sowohl eines „inneren Zusammenhangs“ wie auch des Kriteriums der Schutzzweckkonnexität, ähnlich äußern sich Ransiek468 und Rönnau469. Nach Saliger und Gaede sollen diese Strafnormen gerade keinen Normappell i. S. d. § 266 StGB entfalten.470 Auch Schünemann471 lehnt die Untreuerelevanz von § 299 StGB oder §§ 333 f. StGB ab, da es einen 464

Niehaus, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 21 (25). Weber, FS Seebode 2008, 437. Ähnlich Hellmann, ZIS 2007, 433 (439); Lüderssen, FS Müller-Dietz, 2001, 467 (475). 466 U. a. Schünemann, NStZ 2006, 196 (198 f.); Thomas, FS Rieß 2002, 795 (805); Taschke, FS Lüderssen 2002, 663 (669 f.). 467 Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (611 f.). 468 Ransiek, StV 2009, 321: „Es besteht kein Schutzzweckzusammenhang zwischen dem allgemeinen Verbot, Bestechungsgelder zu zahlen und dem Vermögensschutz.“ 469 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922): „Denn die Pflicht, keine Angestellten oder Amtsträger i. S. v. § 299 oder §§ 333 f. StGB zu bestechen, gehört sicher nicht zu den qualifizierten Vermögensbetreuungspflichten, deren Verletzung die Untreuestrafbarkeit auslöst.“ 470 Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (73). In eine andere Richtung scheint Saliger in seiner Untreuekommentierung in SSW/Saliger (2009), § 266 Rn. 47 zu tendieren, wonach er Bestechungszahlungen wohl als per se pflichtwidrig ansieht. 471 Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). 465

240 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Missbrauch von § 266 StGB darstelle, wollte man über diesen Tatbestand die Verletzung von Allgemeininteressen pönalisieren. d) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen die Regeln eines sorgfältigen Kaufmanns/Überschreiten eines unternehmerischen Ermessensspielraums Insbesondere von denjenigen Ansichten, die eine Pflichtwidrigkeit durch einen Verstoß gegen §§ 299 II, 333 f. StGB ablehnen, wird zur Bestimmung der Pflichtwidrigkeit auf die Maßfigur eines sorgfältigen Kaufmannes bzw. speziell auf seine Ausprägung als Grundsatz unternehmerischen Ermessens zurückgegriffen. Nach Taschke472 ist auf Grundlage der Einräumung eines Ermessensspielraums eine Bestechungszahlung erst dann pflichtwidrig, wenn sie schlichtweg unvertretbar ist. Ähnlich wird argumentiert, dass Bestechungszahlungen pflichtwidrig seien, wenn sie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu riskant sind – sei es wegen eines erhöhtes Risikos, dass sich der Bestochene nicht an die Vereinbarung hält, oder wegen eines hohen Entdeckungsrisikos.473 Anderer Ansicht war noch Schünemann474 in der 11. Auflage des Leipziger Kommentars; das mit dem Eingehen unsittlicher oder verbotener Geschäfte und damit auch mit Bestechungszahlungen verbundene Risiko stehe weit außerhalb der Überlegungen eines ordentlichen Geschäftsmannes. Diese Ansicht hat er zwar aufgegeben475, sie wurde allerdings von einigen aufgenommen und wird weiterhin so vertreten476. Auch Rönnau geht auf die Regeln des sorgfältigen Kaufmanns näher ein und bewertet das Vorliegen eines Verstoßes gegen diese Regeln als insgesamt unklar.477 Bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtung dieser Maßfigur könne mit ihr auch die Zahlung von Bestechungs-geldern vereinbar sein. Bei Einnehmen jedoch einer normativen Perspektive, „die sich am Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung orientiert und die Legalitätspflicht des Geschäftsführers betont“, müsse die Entscheidung anders ausfallen. 472

Taschke, FS Lüderssen 2002, 663 (670). Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (923); Schünemann, NStZ 2006, 196 (199); Thomas, FS Rieß 2002, 795 (805); Corsten wistra 2010, 206 (208); Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (73): Es könne dann auf das allgemeine Schädigungsverbot als verletzte Pflicht zurückgegriffen werden. 474 So noch LK/Schünemann StGB (1998), § 266 Rn. 96. 475 Vgl. beispielsweise Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). 476 Siehe beispielsweise Loeck, 2006, S. 70. 477 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922, Fn. 140 a. E.). 473

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

241

e) Wirksamkeit eines Einverständnisses Über die genannten Streitpunkte hinaus wird auch die Möglichkeit eines Einverständnisses in die Zahlung von Bestechungsgeldern diskutiert. Unabhängig von der allgemeinen, nicht auf die vorliegende Problematik beschränkte Frage, wer innerhalb eines Unternehmens dispositionsbefugt ist, geht es dabei v. a. um mögliche Grenzen eines Einverständnisses. Teilweise wird auch in der neueren Literatur vertreten, dass ein Einverständnis in die Zahlung von Bestechungsgeldern dann nicht möglich sei, wenn damit ein Verstoß gegen Strafvorschriften, also insbesondere die §§ 299, 333 f. StGB, einhergehe.478 Die weitgehend überwiegende Meinung in der Literatur tendiert allerdings dazu, keine solche Schranke zu akzeptieren und somit die Möglichkeit eines Einverständnisses in die Zahlung von Bestechungsgeldern zu akzeptieren.479 Allein aus der Verbotenheit des Geschäftes resultiere keine Beschränkung der Wirksamkeit der Zustimmung, da sie die Befugnis des Vermögensinhabers, über sein Vermögen zu disponieren, nicht berühre.480 Daneben wird auch hier wieder ähnlich argumentiert wie bei der Frage, ob allein der Verstoß gegen Bestechungsdelikte die Pflichtwidrigkeit begründen kann: Werde eine Einverständnisschranke etabliert, so geschehe dies aufgrund schutzwürdiger Drittinteressen.481 Dies sei allerdings inakzeptabel, da § 266 StGB sonst „sachfremd zur Ahndung von Bestechungsunrecht herangezogen“482 werde. Neben einer (im Ergebnis aber abzulehnenden) Beschränkung der Dispositionsbefugnis für die GmbH oder AG u. a. aus § 30 GmbHG oder § 57 AktG werden also keine weiteren Schranken anerkannt.

478 Park/Zieschang (2008), S. 266 Rn. 74; Loeck, 2006, S. 69 f. Zuordnen lässt sich diese Ansicht wohl einer eingeschränkten Körperschaftstheorie, wonach ein Einverständnis unwirksam ist, wenn es gegen die Regel eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes verstößt, insbesondere gesetzes- oder sittenwidrig ist, siehe oben S. 213. 479 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (924); Ransiek, StV 2009, 321; Weber, FS Seebode, 2008, 437; Niehaus, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 21 (29); Hellmann, ZIS 2007, 433 (439). 480 Hellmann, ZIS 2007, 433 (439). 481 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (924). 482 Weber, FS Seebode 2008, 437 (442).

242 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

3. Stellungnahme a) Vorrang individueller Verhaltensvorgaben Bevor den einzelnen Problemen bei der Frage der Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens gem. § 266 StGB nachgegangen wird, ist zunächst die Reihenfolge der Prüfung festzulegen. Die Prüfung der Pflichtwidrigkeit beginnt, wie bei allen unternehmerischen Entscheidungen, mit der Berücksichtigung individueller Verhaltensvorgaben, soweit solche vorliegen. Ist diesen Pflichten Untreuerelevanz zuzuweisen und wurde gegen sie verstoßen, so steht die Pflichtwidrigkeit fest, ohne dass es eines Rückgriffes auf gesetzliche Verhaltensvorschriften bedürfte. Der Wille des Vermögensinhabers geht also insoweit immer vor. Eine Pflichtwidrigkeit ist ausnahmsweise nur dann nicht anzunehmen, wenn ein tatbestandsausschließendes Einverständnis gegeben ist. Liegen individuelle Verhaltensvorgaben nicht vor oder sind diese nicht untreuerelevant, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich die Pflichtwidrigkeit aus konkreten gesetzlichen Vorschriften und, soweit solche nicht existieren bzw. nicht untreuerelevant sind, aus einer gesetzlichen Generalklausel ergibt. Auch in diesem Rahmen ist ein Einverständnis als tatbestandsausschließend zu berücksichtigen. b) Pflichtwidrigkeit durch das individuelle Verbot von Bestechungszahlungen Das Verbot von Bestechungszahlungen auch zugunsten eines Unternehmens kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise individuell zwischen Vermögensinhaber und Vermögensbetreuungspflichtigem ausgehandelt sein. Es kann dies geschehen in Arbeitsverträgen, Satzungen, Geschäftsordnungen, Einzelanweisungen oder v. a. in Compliance-Vorschriften.483 Ein solches Verbot kann sich dabei ganz generell aus einer Verpflichtung zu rechtmäßigem Handeln ergeben, wie dies häufig in Geschäftsordnungen oder Satzungen einer AG und GmbH484 sowie in Arbeitsverträgen der Fall ist; dieses Verbot kann aber auch ganz konkret in umfassenden ComplianceVorschriften formuliert sein. Auf Grundlage der hier entwickelten Ansicht ist eine primär außerstrafrechtliche Pflicht dann auch eine untreuerelevante Pflicht, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen des Ver483 484

Siehe oben S. 168. Siehe oben S. 176.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

243

mögensinhabers steht.485 Dies ergibt sich aus dem Wesen der Pflichtwidrigkeit, die darin besteht, dass sich der Täter über den mit der Übertragung der Macht über fremdes Vermögen verbundenen Zweck, die Vermögensinteressen des Vermögensinhabers, hinwegsetzt. Soweit das Unternehmen als Vermögensinhaber keine weitergehenden Angaben in Bezug auf seine Vermögensinteressen gemacht hat, ist anzunehmen, dass dieses Vermögensinteresse in der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung besteht.486 Ein so verstandenes Vermögensinteresse kann aber auch konkretisiert oder modifiziert werden entweder in allgemeinen Anweisungen oder konkludent durch konkrete Verhaltensvorgaben.487 Soll bestimmt werden, ob das individuelle Verbot von Bestechungszahlungen zugunsten eines Unternehmens eine untreuerelevante Pflicht darstellt, so ist also entscheidend, ob ein solches Verbot einen unmittelbaren Zusammenhang zu den so verstandenen Vermögensinteressen des Unternehmens hat. Soweit Ransiek488 und Rönnau489 argumentieren, dass es unerheblich sei, aus welchen Gründen ein solcher Vermögenseinsatz nicht gewollt ist und daher das Verbot von Bestechungszahlungen grundsätzlich untreuerelevant sei, ist dies nach der hier vertretenen Ansicht nicht richtig. Denn entscheidend ist nicht nur die bloße Existenz eines Bestechungsverbotes, sondern wie gezeigt auch und gerade der damit verfolgte Zweck. Andererseits ist danach auch die grundsätzliche Ablehnung einer Untreuerelevanz von Bestechungsverboten, wie von Dierlamm490 vertreten, nicht konsequent. Es kommt nicht auf die vermögensschützende Funktion eines solchen Verbotes, sondern nur auf seine vermögensinteressenschützende Funktion an. Eine Untreuerelevanz ist demnach dann zu bejahen, wenn der Vermögensinhaber zum Ausdruck gebracht hat, dass er das erwerbswirtschaftliche Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung nur auf legalem Weg, eben durch Verzicht auf den Einsatz von Bestechungsgeldern, erreichen möchte, etwa weil er das mit illegalem Handeln verbundene Risiko der Gewinnabschöpfung durch Verfall und Geldbußen von vornherein ausschließen möchte. Das ist einerseits dann fragwürdig, wenn das Verbot von Bestechungszahlungen zugunsten des Unternehmens nur eine Fassade nach außen darstellt, weil im Unternehmen eine gegensätzliche 485 486 487 488 489 490

Siehe oben S. 146. Siehe oben S. 165 f. Siehe oben S. 143. Ransiek, StV 2009, 321. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (922 einschl. Rn. 139). Dierlamm, FS Widmaier 2008, 607 (611 f.).

244 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Politik herrscht. Eine solche Zwecksetzung kann daneben schon deswegen zweifelhaft sein, weil ein Bestechungsverbot durch individuelle Verhaltensvorgaben nur eine reine Wiederholung der für Führungspersonen an sich schon geltenden Legalitätspflicht, die insbesondere die Pflicht zur Einhaltung der Strafvorschriften beinhaltet, darstellen kann. Richtigerweise bezeichnet Kempf491 das Verbot von Bestechungszahlungen daher als Grenzfall; es kann, muss aber nicht zwingend Ausdruck der Vermögensinteressen des Unternehmens sein. Eine pauschale Bestimmung des Zwecks dieses Verbotes ist nicht möglich. In solchen Zweifels- oder Grenzfällen ist nach der hier vertretenen Ansicht nicht allein auf die zivilrechtlich vereinbarte Verhaltensvorgabe abzustellen, um den Zweck dieser Pflicht zu ermitteln, sondern es ist auch auf die tatsächliche Ausgestaltung im Innenverhältnis zurückzugreifen.492 Zu berücksichtigen ist demnach: • die Art und Weise der Vereinbarung individueller Vorgaben: Ist das Verbot von Bestechungszahlungen in Arbeits- oder Angestelltenverträgen vereinbart, spricht dies tendenziell dafür, dass es um die bloße Arbeitnehmer- bzw. Angestelltenpflicht geht, bei Ausübung der Tätigkeit rechtmäßig zu handeln. • die Genauigkeit/Detailliertheit, mit der das Verbot von Bestechungszahlungen geregelt wird. Erschöpft sich eine Regelung in einem bloßen Verweis auf gesetzliche Vorschriften, weist dies wiederum daraufhin, dass dadurch bloße Schuldner- oder Arbeitnehmerpflichten durchgesetzt werden sollen. Eine generelle Pflicht zu rechtmäßigem Handeln kann erst dann auch Untreuerelevanz entfalten, wenn der Vermögensinhaber anderweitig zum Ausdruck gebracht hat, dass er damit den Zweck der Machtübertragung, seine Vermögensinteressen, konkretisieren möchte. • die tatsächliche Übung: Das Verbot von Bestechungszahlungen darf nicht eine bloße Fassade darstellen, sondern es müssen ernsthafte und erkennbare Anstrengungen erkennbar sein, diese auch durchzusetzen. Es genügt nicht, dass ein Unternehmen zwar Compliance-Richtlinien mit einen Bestechungsverbot erlässt, ein Handeln entgegen dieser Vorschriften im Unternehmen aber toleriert wird. In den Worten von Saliger und Gaede493 bedarf es einer faktischen Etablierung dieses Verbots im Unternehmen, es darf nicht nur auf dem Papier bestehen. 491 492 493

Kempf, FS Hamm 2008, 255 (259 einschl. Fn. 25). Siehe oben S. 179 ff. Saliger/Gaede, HRRS 2008, 57 (72 ff.).

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

245

Der Verstoß gegen Vorschriften, die das Verbot von Bestechungszahlungen enthalten, kann, muss aber nicht eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit begründen. Entscheidend sind dabei die tatsächlichen Umstände. Dem LG Darmstadt, das im Fall Siemens/ENEL einen Verstoß gegen ComplianceVorschriften als pflichtwidrig qualifizierte, ist vorzuwerfen, dass es die tatsächliche Geltung dieser Vorschriften im Unternehmen nicht ausreichend geprüft hat. c) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften In dem Falle, in dem innerhalb eines Unternehmens nicht die oberste Leitungsebene über den Einsatz von Bestechungszahlungen entscheidet, sondern Personen untergeordneter Führungsebenen, stützt Niehaus494 die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen darauf, dass ein solcher Unternehmensangehöriger nicht selbst, ohne die Zustimmung der zuständigen Organe einzuholen, über einen solchen Vermögenseinsatz entscheide dürfe. Speziell hat er dies am Fall Siemens/ENEL festgemacht; gehandelt hatte in diesem Fall eine Führungsperson, die in der Hierarchieebene direkt dem Zentralvorstand unterstellt war. Allerdings ist bereits zweifelhaft, ob es den betreffenden Personen tatsächlich jeweils an der Zuständigkeit für eine solche Entscheidung mangelt. Im Fall Siemens/ENEL war beispielsweise der Angeklagte K zum Tatzeitpunkt als einer von vier Bereichsvorständen der S-PG in der Hierarchie direkt unter dem Zentralvorstand tätig und als kaufmännischer Leiter außerdem dazu autorisiert, Zahlungen in unbegrenzter Höhe vorzunehmen.495 Ob er in dieser machtvollen Position Bestechungszahlungen vornehmen durfte, ist keine Frage der formellen Zuständigkeit, denn diese lag insbesondere aufgrund der Autorisierung, Zahlungen in unbegrenzter Höhe vorzunehmen, vor; es ist vielmehr eine Frage, ob eine solche Entscheidung inhaltlich getroffen werden durfte. Nichts anderes wird in den allermeisten Fällen gelten. Wer Bestechungszahlungen anweisen kann, wird auch regelmäßig die dafür notwendige Autorität und Zuständigkeitszuweisung besitzen. Im Übrigen ist es eine Frage des Einzelfalls und es bedarf einer näheren Betrachtung der Zuständigkeitsvorschrift, ob deren Verletzung ein pflichtwidriges Handeln begründet. Das ist nur dann der Fall, wenn die Zuständig494 495

Niehaus, in: Graeff/Schröder/Wolf (Hrsg.), 2009, 21. Siehe oben S. 229.

246 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

keitsvorschrift vermögensinteressenschützende Funktion hat und nicht etwa nur eine bloße Beweisfunktion.496 Die Anknüpfung an eine fehlende Zuständigkeit zur Vornahme von Bestechungszahlungen ist damit kein taugliches Kriterium für die Bestimmung ihrer Pflichtwidrigkeit. d) Pflichtwidrigkeit durch Verstoß gegen §§ 299 II, 333 f. StGB Die §§ 299 II, 333 f. StGB stellen die Erbringung von Bestechungsleistungen an Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes bzw. an Amtsträger unter den dort genannten Voraussetzungen unter Strafe. In einem unternehmensrechtlichen Kontext begründet eine Zuwiderhandlung gegen diese Strafvorschriften durch Personen der Unternehmensleitung eine Pflichtwidrigkeit mit der Folge, dass gegen diese Personen u. a. Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Ob ein Verstoß gegen diese Strafvorschriften eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit begründet, wird überwiegend abgelehnt.497 Selbst der BGH bezweifelt dies für den Fall der Bestechungszahlungen an Arbeitnehmervertreter im Zusammenhang mit den Parallelvorschriften der §§ 78 S. 2, 118 I BetrVG.498 Nach der hier vertretenen Ansicht kann ein Verstoß gegen die §§ 299 II, 333 f. StGB nur dann überhaupt eine untreuerelevante Pflicht darstellen, wenn diese Vorschrift in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers steht, also Ausdruck des unternehmerischen Ziels der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung ist. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang ist jedenfalls im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut der §§ 299 II, 333 f. StGB abzulehnen. § 299 StGB schützt den freien und redlichen Wettbewerb, daneben Mitbewerber einschließlich des Geschäftsherrn des Vorteilsnehmers in ihrer Chancengleichheit und ihren Vermögensinteressen.499 Rechtsgut der §§ 333 f. StGB ist der Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit und Unabhängigkeit des Verwaltungshandelns.500 Der Schutz des Vermögens und der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn des Vorteilsgebers ist davon in beiden Fällen 496 497 498 499 500

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

auch oben S. 175. dazu die Nachweise oben S. 239. dazu oben S. 233. oben S. 74. oben S. 73.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

247

nicht erfasst. Mithin sind die §§ 299 II, 333 f. StGB nicht Ausdruck der Vermögensinteressen eines Unternehmens. Ein geeigneter Zusammenhang zu den Vermögensinteressen eines Unternehmens könnte allenfalls dergestalt hergestellt werden, dass die Möglichkeit der Verhängung einer Sanktion gegen das Unternehmen gem. §§ 73 ff. StGB, 30 OWiG501 als Reaktion auf einen Verstoß gegen die §§ 299 II, 333 f. StGB mitberücksichtigt wird. Ein unmittelbarer Zusammenhang könnte deshalb gegeben sein, weil die Verhängung finanzieller Sanktionen das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung gefährden kann. Im Ergebnis vermag die Berücksichtigung der Sanktionsgefahr aber nicht den erforderlichen unmittelbaren, sondern nur einen mittelbaren, reflexhaften Zusammenhang herzustellen. Allein die Existenz der Sanktionsnormen der §§ 73 ff. StGB, 30 OWiG ändert noch nicht die Zweckrichtung der Bestechungsdelikte der §§ 299 II, 333 f. StGB dahingehend, dass auch das Vermögen und die Vermögensinteressen eines Unternehmens mit geschützt werden. Im Gegenteil: Sinn und Zweck der Verfall- und Bußgeldvorschriften ist auch eine Abschreckungswirkung – präventiv sollen beispielsweise Unternehmen durch die Existenz des § 30 OWiG dazu angehalten werden, zukünftige Rechtsverstöße zu verhindern.502 Daneben führt die Heranziehung der §§ 73 ff. StGB, 30 OWiG zur Begründung der Pflichtwidrigkeit zu nicht hinnehmbaren Widersprüchen mit den §§ 299 II, 333 f. StGB. Wird deren Verletzung auch über § 266 StGB erfasst, so füllt das Unrecht dieser Strafnorm den Tatbestand des § 266 StGB aus – der Verstoß gegen §§ 299 II, 333 f. StGB begründet die Pflichtwidrigkeit. Zwar erfordert § 266 StGB zusätzlich den Eintritt eines Verletzungserfolges in Form eines Vermögensnachteils; wird jedoch bei der Prüfung des Vermögensnachteils schon die Gefahr einer Sanktionierung als nachteilsbegründend berücksichtigt (schadensgleiche Vermögensgefährdung), so wird im Ergebnis nichts anderes als der bloße Verstoß gegen eine sanktionsbewehrte Norm bestraft und teilweise ist sodann der Strafrahmen des § 266 StGB höher als der Strafrahmen der speziellen Bestechungsdelikte.503 501

Siehe zu diesen Sanktionsmöglichkeiten ausführlich oben S. 80 ff. Siehe oben S. 84. 503 Bei der Untreue können maximal fünf, in besonders schweren Fällen 10 Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden, §§ 266 II, 263 III StGB. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr gibt einen Strafrahmen von bis zu drei, in schweren Fällen bis zu fünf Jahren vor, §§ 299 I, II, 300 StGB, die Vorteilsgewährung und Bestechung einen Strafrahmen zwischen maximal drei bzw. fünf Jahren, §§ 333 I, 334 I StGB. Nur ein besonders schwerer Fall der Bestechung ermöglicht eine Höchststrafe von 10 Jahre, § 335 I Nr. 1b StGB. 502

248 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Wie Schünemann504 richtigerweise argumentiert, würde es einen Missbrauch von § 266 StGB darstellen, wollte man über diesen Tatbestand die Verletzung von Allgemeininteressen pönalisieren. Daher begründet der Verstoß gegen die §§ 299 II, 333 f. StGB nicht die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit der Erbringung von Bestechungsleistungen. e) Pflichtwidrigkeit bei Rückgriff auf den Grundsatz unternehmerischen Ermessens Nach der hier vertretenen Ansicht gilt die „Legalitätspflicht“ in Bezug auf die Einhaltung der §§ 299 II, 333 f. StGB nicht im Bereich der Untreue, da es dieser Pflicht an Untreuerelevanz fehlt. Sofern nicht ein individuell vom Vermögensinhaber vorgegebenes und untreuerelevantes Verbot von Bestechungszahlungen gegeben ist, kann sich demgemäß die Pflichtwidrigkeit der Zahlung von Bestechungsgeldern nur in Rückgriff auf die Generalklausel des sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsleiters in seiner speziellen Ausprägung als Grundsatz unternehmerischen Ermessens ergeben. aa) Handeln auf angemessener Informationsbasis Der Grundsatz unternehmerischen Ermessens, kodifiziert in der Business Judgement Rule gem. § 93 I 2 AktG, fordert den Entscheidungsträger zu einem Handeln auf angemessener Informationsbasis auf. Der Entscheidungsträger soll zu einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen angehalten werden. Der Umfang einer solchen Pflicht soll aber nicht unbegrenzt sein, sondern vielmehr sei eine angemessene Tatsachenbasis unter Berücksichtigung von Zeit, Kosten und Nutzen ausreichend.505 Nichts anderes gilt grundsätzlich auch im Rahmen von Entscheidungen zur Vornahme von Bestechungszahlungen. Zu beachten ist, dass der Umfang von Informationspflichten in diesem Rahmen nicht sehr weit zu ziehen sein wird. Es ergibt sich bereits aus der Natur der Sache, dass in solchen Fällen nur sehr begrenzt Informationen herangezogen werden können, um eine Entdeckung zu verhindern.

504 505

Schünemann, NStZ 2006, 196 (198). Siehe dazu oben S. 155 mit entsprechenden Nachweisen.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

249

bb) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Ein wesentliches Kriterium für die Feststellung der Pflichtwidrigkeit einer Handlung nach dem Grundsatz unternehmerischen Ermessens ist das Unternehmenswohl in Form des oben definierten Gesellschaftsinteresses, also das Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung.506 Ein weiter gefasstes Unternehmensinteresse auf Grundlage eines interessenpluralistischen Ansatzes ist dagegen im Rahmen des § 266 StGB nicht anzuerkennen.507 Nicht in die Überlegung mit einbezogen sind also etwaige Interessen der Öffentlichkeit an einem gesetzeskonformen Verhalten des Unternehmens als „good corporate citizen“ und damit normative Kriterien. Zurückzuweisen ist in diesem Zusammenhang daher die Ansicht Rönnaus, der auch bei Rückgriff auf die Maßfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters tendenziell normative Kriterien anwenden möchte. Das Wohl der Gesellschaft betrifft in einem untreuerechtlichen Sinne aber nur das enge Gesellschaftsinteresse an einer Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung, das keine zusätzlichen normativen Erwägungen zulässt. Wesentlich für die Bestimmung des Unternehmenswohls bei der Vornahme einer Bestechungshandlung ist damit die Frage nach ihrem ökonomischen Nutzen. Auf Grundlage der obigen Ausführungen zum ökonomischen Nutzen der Bestechung508 ist diesbezüglich folgendes festzustellen: • Das mit einer Bestechung für ein Unternehmen verbundene ökonomische Ziel besteht in der Steigerung von Gewinn und Rentabilität des Unternehmens. • Eine Überprüfung, ob dieses Ziel durch eine Bestechung erreicht werden kann, kann erfolgen mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse und mit einer Anwendung des Gefangenendilemmas auf eine Bestechungssituation. • Ergebnis einer solchen Zielüberprüfung ist, dass eine allgemeingültige Antwort nicht gefunden werden kann, da im Moment der Entscheidung eine Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren in Bezug auf die Entscheidungsdeterminanten bestehen. Allerdings ist tendenziell davon auszugehen, dass im Normalfall eine Bestechung auch das gewünschte Ziel erreicht, dies insbesondere aufgrund der geringen Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit sowie unter Berücksichtigung der Bestechung als potentielle Dilemmasituation.

506 507 508

Siehe dazu oben S. 158. Siehe zur Begründung oben S. 163 ff. Siehe oben S. 107 ff.

250 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

• Auch wenn in den letzten Jahren die Bestechung in der Wirtschaft in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Strafverfolgung gerückt ist und sich damit die Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit erhöht haben mag, ist die Gefahr, dass solch ein Verhalten entdeckt und zulasten des Unternehmens sanktioniert wird, dennoch immer noch sehr gering. Dies deshalb, weil die an der Bestechung Beteiligten meist sehr verdeckt operieren und kein Interesse an ihrer Öffentlichmachung haben; zudem ist die Bestechung als sog. victimless-crime einzuordnen. • Die Darstellung der Bestechungssituation mit Hilfe des Dilemma-Modells zeigt den Einfluss des Wettbewerbsverhaltens anderer Unternehmen auf die Möglichkeit der Gewinn- und Rentabilitätssteigerung durch die Bestechung: Dadurch, dass normgemäßes Verhalten, also das Unterlassen einer Bestechung, von anderen Wettbewerbern missbraucht werden kann, dass also diese durch eine Bestechung Aufträge erlangen, kann es, trotz der mit einer Bestechung verbundenen Unsicherheiten, für das Unternehmen nützlicher sein zu bestechen, um nicht auf Dauer niedrigere Gewinne zu erzielen und vom Markt gedrängt zu werden. Entscheidendes Ergebnis einer Betrachtung der Bestechung im Zusammenhang eines Gefangenendilemmas ist also nicht, dass die Entscheidung nicht zu bestechen, für die Gesamtheit der Beteiligten vorteilhafter wäre; vielmehr ist wesentlich, dass es aus der Sicht des jeweilig handelnden Entscheidungsträger besser ist zu bestechen, weil er die Entscheidung seiner Konkurrenten weder kennt noch beeinflussen kann. Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist zu folgern, dass ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft bei der Vornahme einer Bestechungshandlung aus der maßgeblichen Sicht ex-ante regelmäßig gegeben ist. Der Entscheidungsträger darf berechtigerweise davon ausgehen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. cc) Schlicht unvertretbare Entscheidung? Nach dem Grundsatz unternehmerischen Ermessens ist eine unternehmerische Entscheidung dann pflichtwidrig, wenn eine Gesamtschau ex-ante unter Berücksichtigung insbesondere der Informationspflicht und der Verpflichtung, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, ergibt, dass diese schlicht unvertretbar ist; also der Entscheidungsfehler auch für einen Außenstehenden derart evident ist, dass sich das Vorliegen eines Fehlers förmlich aufdrängt. Das ist insbesondere dann gegeben, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

251

Als Determinanten für die Feststellung einer schlicht unvertretbaren Entscheidung können auch ökonomische Aspekte herangezogen werden, soweit volks- und betriebswirtschaftliche Forschungen eine gewisse Richtung vorgeben.509 Zuletzt können auch, wie der BGH in der Entscheidung „SSV-Reutlingen“ zur Zulässigkeit von Unternehmensspenden dargelegt hat, folgende Kriterien510 herangezogen werden: • Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand • Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage • Fehlende innerbetriebliche Transparenz • Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen Gegen die Annahme der Pflichtwidrigkeit einer Entscheidung zur Vornahme von Bestechungshandlungen spricht, dass in aller Regel eine solche Entscheidung aus der maßgeblichen Sicht ex-ante dem Wohle des Unternehmens dient. Der ökonomische Nutzen einer solchen Entscheidung ist regelmäßig zu bejahen. Eine Ausnahme kann in Bezug auf den ökonomischen Nutzen nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die zu einem anderen Ergebnis im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse führen. Das mag der Fall sein, wenn es besonders naheliegend ist, dass sich der Bestochene nicht an die Vereinbarung hält, dass das Risiko der Entdeckung besonders hoch ist etc. Möglicherweise mag auch der Einsatz einer nicht unerheblich hohen Summe zu Bestechungszwecken im Hinblick auf die momentane Ertragslage des Unternehmens nicht vertretbar erscheinen. Eine Pflichtwidrigkeit ist im Ergebnis dann zu bejahen, wenn diese Umstände ergeben, dass durch das Zahlen von Bestechungsgeldern die Bereitschaft ein unternehmerisches Risiko einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist. Alle übrigen Kriterien haben daneben eine eher nebensächliche Rolle. Insbesondere die Einhaltung von Informationspflichten in Bezug auf die einer Entscheidung zugrunde liegenden Faktoren hat nach der hier vertretenen Ansicht lediglich Indizfunktion für die Feststellung einer Pflichtwidrigkeit: Schafft sich ein Entscheidungsträger eine angemessene Informationsgrundlage etwa durch die Vornahme von Risikoanalysen, so spricht dies eher gegen die Annahme einer Pflichtwidrigkeit. Allein die Tatsache, dass er keine angemessene Informationsgrundlage geschafften hat, führt aber auch nicht automatisch zur Annahme einer Pflichtwidrigkeit, sondern stellt nur einen zu berücksichtigen Faktor dar. 509 510

Siehe dazu und zu Nachweisen insgesamt oben S. 160 f. BGH NStZ 2002, 322 (324).

252 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

Daneben liegt es wie auch bei dem Umfang der Informationspflicht, beispielsweise in der Natur der Sache, dass die Entscheidung zur Zahlung von Bestechungsgeldern mit einer geringeren betrieblichen Transparenz verbunden ist. Doch allein die Tatsache einer geringeren betrieblichen Transparenz führt noch nicht zu einer Pflichtwidrigkeit. Auf Grundlage des Grundsatzes unternehmerischen Ermessens ergibt sich demnach, dass die Entscheidung zur Zahlung von Bestechungsgeldern in aller Regel nicht pflichtwidrig ist. Dies insbesondere deshalb, weil der angestrebte und erzielbare ökonomische Nutzen dieser Handlung im Hinblick auf das Unternehmenswohl überwiegt. f) Wirksamkeit eines Einverständnisses Ein pflichtwidriges Handeln, auch eine pflichtwidrige Bestechungshandlung ist dann ausgeschlossen, wenn ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt. Die Voraussetzungen, die an ein tatbestandsausschließendes Einverständnis speziell im Hinblick auf unternehmerische Entscheidungen zu stellen sind, wurden bereits oben ausführlich erarbeitet. Dabei wurden v. a. folgende Ergebnisse erzielt, die insbesondere für das Einverständnis in eine Bestechungszahlung relevant sind. • Träger der Dispositionsbefugnis511: Ist Unternehmensträger eine natürliche Einzelperson, so ist sie alleinig befugt über das Unternehmensvermögen zu verfügen. Bei einem Unternehmensträger in Form einer Gesamthandsgemeinschaft (Personenmehrheit), sind deren Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit dispositionsbefugt. Ist Unternehmensträger eine juristische Person, verfasst als GmbH oder AG, besitzen jedenfalls die Gesellschafter, bei einer GmbH die Gesellschafterversammlung, bei einer AG die Hauptversammlung, grundsätzlich eine Dispositionsbefugnis, daneben nach der hier vertretenen Ansicht auch der Geschäftsführer der GmbH und der Vorstand der AG. • Grenzen der Dispositionsbefugnis512: Ist Unternehmensträger eine natürliche Einzelperson bzw. eine Gesamthandsgemeinschaft, so bestehen keine Grenzen der Dispositionsbefugnis. Diese Unternehmensträger können mit ihrem Vermögen schalten und walten, wie sie möchten. Bei einer GmbH oder AG als Unternehmensträgerin gilt dagegen Folgendes: • Die Gesellschafter einer GmbH können als oberstes Gesellschaftsorgan vollumfänglich über das Vermögen der GmbH verfügen. Insbesondere 511 512

Siehe dazu ausführlich oben S. 197 ff. Siehe dazu ausführlich oben S. 211 ff.

B. Die Pflichtwidrigkeit der Vornahme von Bestechungszahlungen

253

stellt § 30 GmbHG keine Grenze der Verfügungsbefugnis dar. Die Geschäftsführer können in dem Umfang ihr Einverständnis in das Handeln untergeordneter Führungspersonen geben, wie sie selbst diese Handlung vornehmen können, ohne gleichzeitig pflichtwidrig i. S. d. § 266 StGB zu handeln. • Die Aktionäre einer AG können ein wirksames Einverständnis überhaupt nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Kompetenzen erteilen. Im Rahmen dieser ihnen zugewiesenen Kompetenzen aber ist ihre Dispositionsbefugnis dann unbegrenzt, insbesondere stellt § 57 AktG keine taugliche Begrenzung dar. Für den Vorstand einer AG gilt dasselbe wie für den Geschäftsführer einer GmbH. Sie können nur in dem Umfang ein wirksames Einverständnis erteilen, wie sie selbst diese Handlung vornehmen können, ohne gleichzeitig pflichtwidrig i. S. d. § 266 StGB zu handeln. Soweit vorgebracht wird, dass ein Verstoß gegen die §§ 299 II, 333 f. StGB ein Einverständnis in eine Bestechungszahlung ausschließt, ist dies nach hier vertretenen Ansicht abzulehnen, aber auch zu differenzieren. Wird das Einverständnis durch eine natürliche Person oder eine Gesamthandsgemeinschaft als Unternehmensträger erklärt, so sind ohnehin keine Grenzen der Dispositionsbefugnis gegeben. Dasselbe gilt, sofern das Einverständnis von den Gesellschaftern einer GmbH als juristischer Person erklärt wird. Ohnehin wird in diesem Rahmen nur diskutiert, ob die Dispositionsbefugnis durch ein Eigeninteresse der GmbH an ihrem Erhalt und damit durch § 31 GmbHG begrenzt wird.513 Dies ist aber nach der hier vertretenen Ansicht abzulehnen. Erst recht können dann die Strafvorschriften der §§ 299 II, 333 f. StGB keine Schranke der Dispositionsbefugnis bilden. Die Gesellschafter der GmbH sind das oberste Willensbildungsorgan und können als solche frei über das Vermögen der Gesellschaft disponieren. Würde man anders verfahren und etwa aufgrund des Verbots einer bestimmten Handlung die Wirksamkeit eines diesbezüglichen Einverständnisses entfallen lassen, widerspräche dies der vermögens- und vermögensinteressenschützenden Funktion des Untreuetatbestandes. Allein aus einem Verstoß gegen die Strafvorschriften der §§ 299 II, 333 ff. StGB, die gerade nicht den Geschäftsherrn des Bestechungsgebers und sein Vermögen schützen514, kann nicht die Unwirksamkeit eines Einverständnisses gefolgert werden, da ansonsten in unzulässigerweise, über den Untreuetatbestand Drittinteressen geschützt würden. Allein die Unzulässigkeit eines Geschäftes berührt nicht die diesbezügliche Dispositionsbefugnis des Vermögensinhabers. 513 Anders nur, folgt man der inzwischen veralteten, vom BGH nicht mehr vertretenen eingeschränkten Körperschaftstheorie, siehe oben S. 213. 514 Siehe oben S. 73, 74.

254 2. Teil: Pflichtwidrigkeit dargestellt am Beispiel von Bestechungszahlungen

g) Zusammenfassung Auf Grundlage der hier vertretenen Ansicht ist die Pflichtwidrigkeit der Vornahme einer Bestechungshandlung zugunsten eines Unternehmens nur in folgenden Konstellationen zu bejahen: • Der Vermögensinhaber hat dem jeweiligen Entscheidungsträger das individuelle Verbot von Bestechungszahlungen aufgegeben und dieses Verbot ist auch als untreuerelevant anzuerkennen. Aus dem Verbot selbst bzw. den tatsächlichen Umständen ergibt sich also, dass dieses Verbot Ausdruck des Zwecks der Übertragung von Macht über sein Vermögen ist. Das Verbot steht damit in einem unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Vermögensinteressen. • Es besteht zwar kein individuelles Verbot von Bestechungszahlungen, allerdings kann sich trotz Einräumung eines unternehmerischen Ermessensspielraums ausnahmsweise ergeben, dass der jeweilige Entscheidungsträger eine schlicht unvertretbare Entscheidung getroffen hat, etwa weil das Risiko der Entdeckung viel zu hoch ist. Soweit diese beiden Konstellationen gegeben sind, kann die Pflichtwidrigkeit noch durch ein wirksames Einverständnis in die Bestechungshandlung entfallen. Einem solchen Einverständnis sind nach der hier vertretenen Ansicht grundsätzlich keine Grenzen gesetzt.

3. Teil

Zusammenfassung der Arbeit Abschließend seien die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit kurz zusammengefasst. 1. Eine unternehmerische Entscheidung betrifft die Planung, Realisation und Überwachung der wirtschaftlichen, gewinnorientierten Tätigkeit eines Unternehmens und wird von der obersten Führungsebene des Unternehmens und den ihr nachgeordneten Führungsebenen wahrgenommen. Prägendes Element dieses Begriffes ist die mit einem nicht unerheblichen Grad an Verantwortlichkeit verbundene Teilnahme an der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens, die mit dem Ziel der Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung verfolgt wird. 2. Unternehmerische Entscheidungen werden oft unter Risiko getroffen. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund unsicherer Entscheidungsfaktoren (Ursache) die Gefahr eines Fehlschlags im Sinne eines Vermögensverlustes (Wirkung) besteht. 3. Bestechung ist ein geheim gehaltenes Tauschgeschäft zwischen einem Agenten und Klienten, bei dem der Agent eine Handlung oder Unterlassung zugunsten des Klienten vornimmt und der Klient dafür einen Vorteil erbringt. Korruption lässt sich umschreiben als der Missbrauch von Macht, der v. a. im Austausch für eine Gegenleistung erfolgt. Die Bestechung stellt einen Unterfall der Korruption dar. Die (aktive) Bestechung in einem Unternehmen kann begrifflich der Unternehmenskorruption als Korruption zugunsten eines Unternehmens zugeordnet werden. 4. Die Bestechung zur Auftragserlangung ist eine unternehmerische Entscheidung. Insbesondere haftet einer Entscheidung zur Bestechung das typische Risiko einer unternehmerischen Entscheidung an. 5. Geht es um die Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung i. S. d. § 266 StGB, so stellt sich auch die Frage nach ihrem ökonomischen Nutzen. Wie kann etwas pflichtwidrig sein, wenn es doch scheinbar dem Vorteil des Unternehmens zuträglich ist? 6. Der ökonomische Nutzen einer Bestechung lässt sich nicht mit Sicherheit im Voraus bestimmen. Auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse und unter Berücksichtigung der Bestechung als potentieller Dilemma-

256

3. Teil: Zusammenfassung der Arbeit

Situation wird jedoch regelmäßig der Vorteil aus einer Bestechung überwiegen. 7. Bei der Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung gem. § 266 StGB ist maßgeblich der Akzessorietätscharakter der Untreue zu berücksichtigen. Daraus folgt einmal, dass die Pflichtwidrigkeit im Rückgriff auf das vorgelagerte Unternehmensrecht zu ermitteln ist. Ist danach eine Handlung unternehmensrechtlich erlaubt, kann daraus kein strafrechtliches Verbot abgeleitet werden. Auf Grundlage eines Verständnisses des Untreuecharakters als „limitierter Akzessorietät“ kann aber nicht jede unternehmensrechtlich verbotene auch als untreuerechtlich verbotene Handlung aufgefasst werden. Vielmehr bedarf es einer strafrechtsautonomen Bestimmung pflichtwidriger Handlungen auf Grundlage des Schutzzwecks und geschützten Rechtsguts des § 266 StGB. 8. Bei der Berücksichtigung außerstrafrechtlicher, d.h. unternehmensrechtlicher Verhaltensvorgaben zur Ermittlung der Pflichtwidrigkeit einer unternehmerischen Entscheidung sind die individuellen Verhaltensvorgaben des Vermögensinhabers primär heranzuziehen; in einem zweiten Schritt ist auf gesetzliche Verhaltensvorgaben zurückzugreifen, wobei konkreten gesetzlichen Vorgaben wiederum Vorrang zu gewähren ist vor generalklauselartig gefassten. 9. Grundlage einer strafrechtsautonomen Bestimmung der Pflichtwidrigkeit im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut und den Schutzzweck der Untreue ist ein Verständnis pflichtwidrigen Handelns als Verstoß gegen die dem Täter auferlegte Vermögensbetreuungspflicht, deren Inhalt geprägt wird durch die Vermögensinteressen des Vermögensinhabers. Vermögensinteressen sind die vom Vermögensinhaber autonom definierten abstrakten oder konkreten Zwecke, die mit der Übertragung von Macht über fremdes Vermögen verbunden sind. Unternehmensrechtliche Verhaltensnormen sind damit dann untreuerelevante Pflichten, wenn sie unmittelbarer Ausfluss des vom Vermögensinhaber vorgegebenen Zwecks der Macht über fremdes Vermögen sind. 10. Mit dem Begriff der unternehmensrechtlichen Pflichtwidrigkeit werden diejenigen Pflichten beschrieben, die Organen einer Gesellschaft oder sonstigen Angehörigen von Unternehmen durch das Unternehmensrecht gegenüber dem Unternehmen auferlegt sind. Danach sind die Führungspersonen eines Unternehmens primär an individuelle Verhaltensvorgaben (miterfasst als interne Pflichten) sowie an konkrete gesetzliche Pflichten (externe oder interne Pflichten) gebunden. Die Bindung an diese „Legalitätspflicht“ ist umfassend und es wird insbesondere kein Ermessen für sog. „nützliche Pflichtverletzungen“ eingeräumt. Bestehen keine internen oder externen Pflichten für eine unternehmerische Entscheidung, so ist zurückzugreifen

3. Teil: Zusammenfassung der Arbeit

257

auf den Grundsatz unternehmerischen Ermessens wie er in § 93 I S. 2 AktG gesetzlich kodifiziert wurde. Eine unternehmerische Entscheidung ist danach nur dann pflichtwidrig, wenn sie schlechthin unvertretbar ist. 11. Sollen unternehmensrechtlich pflichtwidrige Handlungen auf untreuerelevante pflichtwidrige Handlungen reduziert werden, muss es sich bei den verletzten Pflichten um solche mit Vermögensinteressenbezug handeln. Das Vermögensinteresse eines Unternehmens kann, soweit vom Vermögensinhaber nichts anderes vorgegeben wurde, mit dem Gesellschaftsinteresse, d.h. dem Streben nach Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung innerhalb des Unternehmensgegenstandes, gleichgesetzt werden. Das weiter gefasste Unternehmensinteresse auf Grundlage eines interessenpluralistischen Ansatzes spielt im Rahmen des § 266 StGB keine Rolle. 12. Individuelle Verhaltensvorgaben des Vermögensträgers haben Vorrang vor gesetzlichen Verhaltensvorgaben. Soweit Zweifel bestehen, ob individuelle Verhaltensvorgaben tatsächlich in unmittelbarem Zusammenhang stehen zu dem Vermögensinteresse des Vermögensinhabers, so ist auf die tatsächliche Ausgestaltung und Umsetzung dieser Vorgaben im Unternehmen abzustellen. 13. Soweit konkrete gesetzliche Verhaltensvorgaben bestehen, sind auch diese nur dann untreuerelevant, wenn sie einen Vermögensinteressenbezug aufweisen. Dies ist insbesondere nicht allein deshalb der Fall, weil die Verletzung einer gesetzlichen Norm sanktionsbewehrt ist oder Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann. 14. Insgesamt gilt die unternehmensrechtliche Legalitätspflicht nur eingeschränkt auch in einem untreuerechtlichen Sinne. 15. Soweit keine individuellen oder konkreten gesetzlichen Verhaltensvorgaben auch in einem untreuerelevanten Sinne anzuerkennen sind, so gilt der Grundsatz unternehmerischen Ermessens als Ausfluss der Maßfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Eine unternehmerische Entscheidung ist nur dann pflichtwidrig, wenn sie insbesondere unter Berücksichtigung des Unternehmenswohles als des Interesses an Gewinn- und Rentabilitätsmaximierung schlicht unvertretbar ist. 16. Die Zustimmung des Vermögensinhabers zu einer unternehmerischen Entscheidung wirkt als Einverständnis tatbestandsausschließend. Handelt es sich bei dem Vermögensinhaber um eine natürliche Person bzw. eine Gesamthandsgemeinschaft, sind dem Einverständnis durch diesen keine Grenzen gesetzt. Ist Vermögensinhaber eine juristische Person so kann ein Einverständnis durch ihre Organe erfolgen. Je nachdem, welche Funktion das Organ einnimmt, kann das Einverständnis nur innerhalb gewisser Grenzen erfolgen.

258

3. Teil: Zusammenfassung der Arbeit

17. Die Vornahme von Bestechungszahlungen zur Auftragserlangung ist pflichtwidrig, wenn damit gegen individuelle Verhaltensvorgaben verstoßen wird, die in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers stehen. Ist dies zweifelhaft, so sind auch die tatsächlichen Umstände im Unternehmen zu berücksichtigen. 18. Die Pflichtwidrigkeit von Bestechungszahlungen kann sich dagegen nicht herleiten aus einem Verstoß gegen die §§ 299 II, 333 f. StGB. Es fehlt an einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers. Eine Pflichtwidrigkeit ergibt sich daneben in der Regel auch nicht aus einem Verstoß gegen den Grundsatz unternehmerischen Ermessens. Da in der Regel der erwartete ökonomische Nutzen der Bestechung überwiegt, handelt es sich nicht um eine schlicht unvertretbare Entscheidung. 19. Ein Einverständnis in die Vornahme von Bestechungszahlungen durch den Vermögensinhaber wirkt tatbestandsausschließend.

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Sachwortverzeichnis Abzugsverbot 28, 76, 83 Fn. 256 Agent, Begriff des 46 Akzessorietät 92 ff., 130, 132 – asymetrische Akzessorietät 93 – limitierte Akzessorietät 93 f. Anfüttern 28 ARAG/Garmenbeck-Entscheidung 151, 155, 162 Arbeitsteilung 64 Fn. 165 Aufgabenzuständigkeit 64 Auslandsbestechung 28, 69 f. autonome Zwecksetzung 176 ff. Bankgeheimnis 58 f. einschl. Fn. 139 Beratervertrag 57, 63 Bestandsinteresse 159 f. Bestechung – Ablauf einer Bestechung 59 ff. – Auslandsbestechung 28, 69 f. – Begriff 46 ff. – Entdeckungswahrscheinlichkeit 118 ff. – Finanzierung einer Bestechung 54 ff. – Gefangenendilemma 122 ff. – Kosten-Nutzen-Analyse 110 ff. – Sanktionswahrscheinlichkeit 118 ff. – Verschleierung der Bestechung 54 f. Bestimmtheitsgrundsatz 91, 132 Betriebsausgaben 76, 82 Betriebskorruption 51 f. Betriebskriminalität 51 Bilanzierungspflichten 43 f., 79 f., 85 Bribe-Payers Index 69 ff. Bruttoprinzip 82 Bundesliga-Entscheidung 138, 226 ff. Business Judgement Rule 152, 154 f.

Case-Law 95 Compliance-Vorschriften 106, 168, 178 ff., 237, 242 f. conto pro diverse 63 corporate crime 51 Corporate Governance Codex 158 Dilemmasituation, siehe Gefangenendilemma Dispositionsbefugnis 197 ff., 211 ff. Dispositionsfreiheit 86, 144 f. Eigeninteresse 214 ff., 220 ff. eindeutig unvertretbare Entscheidung 190 Einverständnis 192 ff. – Dispositionsbefugnis 197 ff., 211 ff. – Einverständniserklärung 195 f. – Einwilligungsfähigkeit 196 – Grenzen der Dispositionsbefugnis 211 ff. – Körperschaftstheorie 213, 241 Fn. 478 – Gesellschaftertheorie, eingeschränkte 212 – Gesellschaftertheorie, strenge 212 f. Einziehung 81 Fn. 242 Entdeckungswahrscheinlichkeit 118 ff. Entscheidungszuständigkeit 64 erlangtes Etwas 81 erwerbswirtschaftliches Prinzip 108, 157 ex-ante-Perspektive 106, 109, 154, 163 existenzvernichtender Eingriff 214 ff. externe Pflichten 148 f.

Sachwortverzeichnis Fallgruppenbildung 95 f. formelle Pflichten 175 f. funktionaler Zusammenhang 136, 139 f. Gamma-Entscheidung 212 Fn. 379, 215 Gefangenendilemma 110, 121 ff., 249 Geldbuße, 84 ff. gemischt-wirtschaftliches Unternehmen 48 Generalklauseln 181 ff., 242 Gesamthandsgemeinschaft als Unternehmensträger 100 Gesellschaftertheorie, eingeschränkte 212 Gesellschaftertheorie, strenge 212 f. Gesellschaftsinteresse, 157 f., 163, 165 ff. gesellschaftsrechtsakzessorische Betrachtungsweise 201 gesetzliche Verhaltensvorgaben 131 ff., 149 ff., 170 ff., 177 Gewinn – Begriff des 108 Fn. 380 – Gewinnabschöpfung 85, 118, 171 – Gewinnmaximierung 38, 107, 156 f., 166 f. Gläubigerinteresse 215, 219 ff. good corporate citizen 25, 44, 164, 249 gravierende Pflichtverletzung 132, 190 Gremienentscheidung 222 Grenzen der Dispositionsbefugnis 211 ff. individuelle Verhaltensvorgaben 130, 149 ff., 168, 177, 243 Informationspflichten 155 f., 185 ff. Innenverhältnis 127 f., 128 ff. innerer Zusammenhang 135, 143, 237 interne Pflichten 149 juristische Person als Unternehmensträgerin 99

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Kanther/Weyrauch-Entscheidung 172 Fn. 219 Kick-Back 61 f., 72 Fn. 201, 116, 227 Kinowelt-Entscheidung 133, 182, 185 Klient, Begriff des 46 Kölner Müllskandal 61 Fn. 148 Kompetenzgefüge 64 ff. Körperschaftstheorie 213, 241 Fn. 478 Korruption – Begriff der 49 f. – Betriebskorruption 51 f. – Korruptionsdelikte 71 f. – Korruptionsindices 27 – Korruptionsstrafrecht 71 ff. – Unternehmenskorruption 51 – Wirtschaftskorruption 49 f. Kosten-Nutzen-Analyse 109 ff., 249 Kreditvergabe 44 f. Kriminogene Länder 70 f. Kriminogene Wirtschaftsbereiche 68 ff. Legalitätspflicht 148 f., 150, 225 leitende Angestellte 153 f. limitierte Akzessorietät 93 f. Mannesmann-Entscheidung 26, 134, 182, 199, 218, 234 Marktwertmaximierung 157 Fn. 159 Missbrauchstatbestand 88 f., 126 mutmaßliches Einverständnis 130 Nash-Gleichgewicht 124 Fn. 443 nützliche Pflichtverletzungen 150, 225 objektive Zurechnung 136 occupational crime 51 off-shore-Länder 58 ökonomischer Nutzen 107 ff. oligopole Marktsituation 69 Organe von Personenmehrheiten 102 ff.

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Sachwortverzeichnis

Paradox 122 parasitäres Missbrauchen 123 paretoinferiores Gleichgewicht 124 Pflichtwidrigkeit 89, 126 f., 161 ff. – funktionaler Zusammenhang 136, 139 f. – gravierende Pflichtverletzung 132, 190 – innerer Zusammenhang 135, 143, 237 – objektive Zurechnung 136 – Schutzzweckkonnexität 136 ff. – Schutzzweckzusammenhang 136 ff. – unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit 147 ff. – untreuespezifische Pflichtwidrigkeit 161 ff. Prinzipal, Begriff des 46 Prinzipal-Agent-Theorie 46, 52 f., 61 Rationalitätskontrolle 155, 184 rechtfertigende Einwilligung 192 Rentabilität, Begriff der 108 Fn. 379 Rentabilitätssteigerung 38, 157 Risiko 40 Risikogeschäft 41 ff. Rückvergütungsvereinbarung, siehe Kick-Back Sanktionsadressat 80 f. Sanktionsgefahr 171 Sanktionswahrscheinlichkeit 118 ff. Schutzzweckkonnexität 136 ff. Schutzzweckzusammenhang 136 ff. Schwarze Kassen 55 f., 56 ff. Schwarze Konten 57 Securities and Exchange Commission (SEC) 117 share-holder-value 108 Fn. 381, 157 Fn. 159 Siemens/AUB-Entscheidung 53 Fn. 99, 234 ff.

Siemens/ENEL-Entscheidung 63, 112 f., 117, 120, 208, 229 ff., 238, 245 f. Sonderdelikt 73, 75 f., 78, 88 sorgfältiger und gewissenhafter Geschäftsleiter/Kaufmann 147, 183, 240, 248 spezifische Vermögensbetreuungspflicht 134 f., 136 ff., 170 ff., 236 Spieltheorie 122 SSV/Reutlingen-Entscheidung 133, 166, 182, 251 stake-holder-value 108 Fn. 381 Steuerhinterziehung 76 Stiftung liechtensteinischen Rechts 58 einschl. Fn. 132 strafrechtsautonome Auslegung 92, 131, 168 f., 170 ff., 189 f. strategisches Gleichgewicht 124 einschl. Fn. 443 tatbestandsausschließendes Einverständnis 193 Transaktionskosten 113 Transparency International 27, 69 f. Treuebruchtatbestand 88 f., 126 ultima-ratio-Prinzip 93, 165, 174, 205 Unbestimmtheit der Untreue 90 f. Unrechtsvereinbarung 74 f. Unternehmen, Begriff des 47 ff. Unternehmensinteresse 158 f., 163 ff. Unternehmenskorruption 51 Unternehmenskriminalität 51 unternehmensrechtliche Pflichtwidrigkeit 147 ff. Unternehmensspenden 25, 45, 105 f., 133, 166, 189, 251 Unternehmensträger 48, 99 Unternehmerische Entscheidung – Begriff der 35 ff. – Bestechung als unternehmerische Entscheidung 96 ff. – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung 44 ff.

Sachwortverzeichnis – Kreditvergabe als unternehmerische Entscheidung 44 f. – Vergütungsentscheidungen als unternehmerische Entscheidung 45 unternehmerische Tätigkeit 38 f., 108 unternehmerisches Ermessen 151 ff., 182 ff. Untreue – Akzessorietät, siehe Akzessorietät – Bestimmtheitsgrundsatz 91, 132 – Case-Law 95 – ex-ante-Perspektive 106, 109, 154, 163 – Fallgruppenbildung 95 f. – Missbrauchstatbestand 88 f., 126 – Pflichtwidrigkeit, siehe Pflichtwidrigkeit – Rechtsgut 86 – strafrechtsautonome Auslegung 92, 131, 168 f., 170 ff., 189 f. – Treuebruchtatbestand 88 f., 126 – Unrechtsgehalt 87 f. – Vermögensinteresse 142 ff., 162 ff. – Vermögensnachteil 89 untreuespezifische Pflichtwidrigkeit 161 ff. unvertretbare Entscheidung 160, 188, 250 f. Verbot der Einlagenrückgewähr 214 ff., 219 ff. Verfall 81 ff.

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Vergütungsentscheidung 45 Vermögensbetreuungspflicht 101, 134 ff., 140 f., 146 – spezifische Vermögensbetreuungspflicht 134 f., 136 ff., 170 ff., 236 – vermögensinteressenbezogene Pflicht 146, 170 ff. – vermögensschützende Pflicht 136 ff., 173, 233 ff. Vermögensinteresse 142 ff. vermögensinteressenbezogene Pflicht 146, 170 ff. Vermögensnachteil 89 vermögensschützende Pflicht 136 ff., 173, 233 ff. Verschleierung der Bestechung 54 f. Vertrieb 67 f., 97 f. victim-less-crime 120 Vorteilsgeber 47 Vorteilsnehmer 47 VW-Affäre-Entscheidung 53 Fn. 99, 232 ff. WestLB-Entscheidung 134, 182, 186 f. white-collar-crime 51 wirtschaftliche Betrachtungsweise 199 f. Wirtschaftskorruption 49 f. Zuständigkeitsvorschriften 239, 245 f.