Verfassungs- und andere Rechtsprobleme von Berliner Regelungen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum [1 ed.] 9783428547500, 9783428147502

Nach Auffassung des Senats von Berlin ist es zwischenzeitlich durch geringen Neubau bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl

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Verfassungs- und andere Rechtsprobleme von Berliner Regelungen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum [1 ed.]
 9783428547500, 9783428147502

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1295

HELGE SODAN

Verfassungs- und andere Rechtsprobleme von Berliner Regelungen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

Duncker & Humblot · Berlin

HELGE SODAN

Verfassungs- und andere Rechtsprobleme von Berliner Regelungen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1295

Verfassungs- und andere Rechtsprobleme von Berliner Regelungen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

Von

Universitätsprofessor Dr. Helge Sodan

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: BGZ Druckzentrum GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14750-2 (Print) ISBN 978-3-428-54750-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-84750-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Verbote der sogenannten Zweckentfremdung von Wohnraum weisen in Deutschland bereits eine lange Rechtsentwicklung auf. Speziell für den damaligen Westteil Berlins wurde 1972 eine Zweckentfremdungsverbot-Verordnung erlassen, die nach der Wiedervereinigung mit dem Inkrafttreten der 2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (2. ZwVbVO) 1994 außer Kraft trat. Nach eingehender Betrachtung der seinerzeitigen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt kam das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Urteil vom 13. Juni 2002 zu dem Schluss, dass die 2. ZwVbVO „vom 1. September 2000 an nicht mehr von der Ermächtigungsnorm gedeckt war und deshalb auch ohne Aufhebung durch den Verordnunggeber wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten ist“. Mehr als 13 Jahre nach diesem gerichtlich festgestellten Außerkrafttreten erfolgte in Berlin eine Wiederbelebung landesrechtlicher Regelungen über die Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach Auffassung des Senats von Berlin ist es zwischenzeitlich durch geringen Neubau bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl der Haushalte zu einer Verknappung des Wohnraums, insbesondere in den unteren Preissegmenten, gekommen. Nach § 1 Abs. 1 des Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes vom 29. November 2013 darf Wohnraum im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zweckentfremdet werden, soweit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Unter Berufung auf die in § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes enthaltene Ermächtigung hat der Senat von Berlin die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 4. März 2014 erlassen, nach deren § 1 Abs. 1 die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt ist. Die vorliegende Schrift beruht auf einem Rechtsgutachten, welches ich im Auftrag der Unternehmen Airbnb Germany GmbH, HouseTrip und Wimdu GmbH, die alle über Online-Portale Ferienwohnungen vermitteln, sowie der ApartmentAllianz Berlin e. V. erstellt habe. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand von Dezember 2014. Sie führt zu grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Einwänden gegen Berliner Regelungen des Zweckentfremdungsverbots. Die Schrift enthält keine umfassende Analyse aller in Berlin geltenden landesrechtlichen Regelungen zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, sondern beschäftigt sich insbesondere mit denjenigen Vorschriften, welche speziell die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung betreffen. Insoweit werden zahlreiche Probleme behandelt, welche sich im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung einschlägiger Bestimmungen des Berliner Zweckentfremdungsrechts stellen.

6

Vorwort

Für sehr wertvolle und ausdauernde Unterstützung danke ich herzlich Herrn Jann Ferlemann, Freie Universität Berlin. Zu Dank verpflichtet bin ich ferner dem Geschäftsführer der Duncker & Humblot GmbH, Herrn Dr. Florian R. Simon (LL.M.), für die Aufnahme der Arbeit in die „Schriften zum Öffentlichen Recht“ sowie Frau Heike Frank für die überaus zügige und zuverlässige Förderung der Drucklegung. Berlin, im Mai 2015

Helge Sodan

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Überblick über die Rechtsentwicklung von Zweckentfremdungsverboten

15

A. Vorschriften aus der Zeit des 1. Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Regelungen aus der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 C. Bestimmungen während der nationalsozialistischen Diktatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 D. Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 E. Bundesrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 F. Landesrechtliche Regelungen in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Zweiter Teil Gang der Untersuchung

25

Dritter Teil Zur Verfassungsmäßigkeit eines Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum

27

A. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Weitere Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Vierter Teil Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen des Zweckentfremdungsverbots

32

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Personeller Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

8

Inhaltsverzeichnis III. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Grenzen der Einschränkbarkeit der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Gesetzgebungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Parlamentsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Herleitung und Umfang des Parlamentsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 bb) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 c) Vereinbarkeit der ZwVbVO mit Vorgaben des ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 aa) Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Voraussetzungen eines Zweckentfremdungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bb) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 d) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Verfolgung eines legitimen Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Geeignetheit der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 cc) Erforderlichkeit des Mittels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 dd) Zumutbarkeit der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 IV. Wesentliche Ergebnisse der Erörterungen zur Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 68

B. Grundrecht der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 I. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Begriff des Berufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Beruf und Berufsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 c) Abgrenzung zum Grundrecht der Eigentumsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Personeller Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 II. Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 IV. Ergebnis der Erörterungen zur Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Fünfter Teil Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

81

A. Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung . . . . . . . . . . 84 I. Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Räumlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Tatsächliche Eignung zu Wohnzwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Verhältnis der Ausführungsvorschriften zu den gesetzlichen Regelungen 87 bb) Eignung zur dauernden Wohnnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Selbständige Haushaltsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Inhaltsverzeichnis

9

dd) Möglichkeit der Anmietung durch jedermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 ee) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Rechtliche Eignung zu Wohnzwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) Gewerbliche Zimmervermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Fremdenbeherbergung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Nutzung zum Stichtag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Anzeige durch Verfügungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Gebot der Normenklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 dd) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 ee) Auswirkungen der Verfassungswidrigkeit der ZwVbVO . . . . . . . . . . . . . 110 c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Schutzwürdige private Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Nicht mehr erhaltungswürdiger Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 cc) Weitere schutzwürdige private Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Abwägung der widerstreitenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Schaffung von Ersatzwohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 III. Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Regelung durch Rechtsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Zur Verletzung des Bestimmtheitsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Verstoß gegen die Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV. Ergebnisse für die Fallgruppe der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I. Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

10

Inhaltsverzeichnis b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Schutzwürdige private Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Abwägung der widerstreitenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Schaffung von Ersatzwohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 III. Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 IV. Ergebnisse für die Fallgruppe der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

C. Vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung . . . 134 I. Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 d) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Negativattest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Ergebnis für die Fallgruppe der vollständigen oder teilweisen Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen . . . . . . . . . . . . . 141 I. Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 c) Ungleichbehandlung durch die Regelung des Bestandsschutzes . . . . . . . . . . 143 aa) Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Inhaltsverzeichnis

11

d) Verfassungskonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II. Ergebnisse für die Fallgruppe der gewerblichen Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Sechster Teil Zusammenfassung in Leitsätzen

151

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Abkürzungsverzeichnis 2. ZwVbVO a.a.O. a. F. a. M. ABl. Abs. AEUV AG AGH AGH-Drucks. Alt. AöR Art. Aufl. AV – ZwVb BayVBl. Bd. ber. BerlVerfGH Beschl. BGB BGBl. BGH BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. d. h. ders. Doppelbuchst. DÖV Drucks. DVBl. etc. f., ff. Fn.

Zweite Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung) vom 15. März 1994 am angegebenen Ort alte Fassung andere Meinung Amtsblatt für Berlin Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Amtsgericht Abgeordnetenhaus von Berlin Drucksache des Abgeordnetenhauses von Berlin Alternative Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Auflage Ausführungsvorschriften über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (AV – ZwVb) Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Band berichtigt Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Drucksache des Bundestages Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise das heißt derselbe Doppelbuchstabe Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Drucksache Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) et cetera folgende Fußnote

Abkürzungsverzeichnis GE GewArch GG GMBl. GVBl. Hess. Hrsg. Hs. i. E. i. e. S. Jura JZ Kammerbeschl. KG KRABl. LG LKV Ls. LVerfGE m. w. N. MDR MRVerbG MüABl. Nachw. NJW NJW-RR Nr. NVwZ NVwZ-RR NZM NZS OLG OVG OVGE BE RGBl. Rn. S. SG SGb. u. a. Urt. VG VGH Vgl./vgl. Vorb.

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Das Grundeigentum (Zeitschrift) Gewerbearchiv (Zeitschrift) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gemeinsames Ministerialblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Hessischer Herausgeber Halbsatz im Ergebnis im engeren Sinne Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kammerbeschluss Kammergericht Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Landgericht Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Leitsatz Entscheidungen der Verfassungsgerichte der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen mit weiteren Nachweisen Monatsschrift zum deutschen Recht (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen Amtsblatt der Landeshauptstadt München Nachweis(e) Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin Reichsgesetzblatt Randnummer Seite(n) Sozialgericht Die Sozialgerichtsbarkeit (Zeitschrift) und andere Urteil Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Vergleiche/vergleiche Vorbemerkungen

14 VvB VVDStRL VwVfG WoBindG 1965

WoFG WuM z. B. ZMR ZwVbG ZwVbVO

Abkürzungsverzeichnis Verfassung von Berlin Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsverfahrensgesetz Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz 1965), erlassen als Art. II des Gesetzes zur verstärkten Eigentumsbildung im Wohnungsbau und zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz) Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung)

Erster Teil

Überblick über die Rechtsentwicklung von Zweckentfremdungsverboten Verbote der sogenannten Zweckentfremdung von Wohnraum weisen in Deutschland bereits eine lange Rechtsentwicklung über einen Zeitraum von nahezu 100 Jahren auf.

A. Vorschriften aus der Zeit des 1. Weltkriegs Aufgrund von § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen und über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts im Falle kriegerischer Ereignisse vom 4. August 19141 wurde gegen Ende des 1. Weltkriegs die Wohnungsmangelverordnung vom 23. September 19182 erlassen. Durch § 1 Abs. 1 dieser Verordnung erhielten die Landeszentralbehörden die Befugnis, die Gemeindebehörden zum Erlass bestimmter Anordnungen zu ermächtigen. Nach § 2 Satz 1 Buchst. a und b der Verordnung konnten die Gemeindebehörden unter anderem den Abbruch und die Verwendung von Räumen, welche bis zum 1. Oktober 1918 zu Wohnzwecken bestimmt oder benutzt waren, zu anderen Zwecken, insbesondere als Fabrik-, Lager-, Werkstätten-, Dienst- oder Geschäftsräume ohne ihre vorherige Zustimmung untersagen. Die Untersagung setzte voraus, dass sich damit ein „Einigungsamt“ einverstanden erklärte.

B. Regelungen aus der Weimarer Republik Nach dem 1. Weltkrieg erließ der Reichstag in Ersetzung der Wohnungsmangelverordnung von 1918 das Wohnungsmangelgesetz vom 26. Juli 19233. In § 1 Satz 1 und 2 dieses Gesetzes wurde den obersten für das Wohnungswesen zuständigen Landesbehörden die Befugnis übertragen, die Gemeindebehörden zum Erlass der nach dem Gesetz zulässigen Anordnungen und Maßnahmen zu ermächtigen oder sogar zu verpflichten sowie Anordnungen und Maßnahmen auch unmittelbar selbst 1 2 3

RGBl. S. 327. RGBl. S. 1143. RGBl. I S. 754.

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1. Teil: Überblick über die Rechtsentwicklung

oder durch ihnen unterstellte Behörden zu treffen. § 2 Abs. 2 des Wohnungsmangelgesetzes legte ein Zweckentfremdungsverbot wie folgt fest: „Räume, die bis zum 1. Oktober 1918 zu Wohnzwecken bestimmt oder benutzt waren, dürfen zu anderen Zwecken, insbesondere als Fabrik-, Lager-, Werkstätten-, Dienst- oder Geschäftsräume nicht verwendet werden. In besonderen Fällen kann die Gemeindebehörde Ausnahmen zulassen, wenn für den beanspruchten Raum neuer Wohnraum erstellt wird.“ Aufgrund des zwischenzeitlich geschaffenen neuen Wohnraums erfolgte zu Beginn der 30er Jahre ein Verzicht auf eine weitere öffentliche Wohnraumbewirtschaftung.4 Durch die Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 19315 trat das Wohnungsmangelgesetz am 1. April 1933 außer Kraft.

C. Bestimmungen während der nationalsozialistischen Diktatur Einige Jahre später nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erließ die Reichsregierung das Gesetz zur Änderung des Reichsmietengesetzes und des Mieterschutzgesetzes vom 18. April 19366. Dessen Art. III regelte in seinen Sätzen 1 und 2: „Der Reichsarbeitsminister kann bestimmen, daß in einer Gemeinde die Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art, z. B. in Fabrikräume, Lagerräume, Werkstätten, Diensträume oder Geschäftsräume, der Genehmigung der Gemeinde bedarf; die Genehmigung kann davon abhängig gemacht werden, daß für den beanspruchten Raum neuer Wohnraum geschaffen oder der Gemeinde ein entsprechender Geldbetrag für diesen Zweck zur Verfügung gestellt wird. Der Reichsarbeitsminister kann über die Voraussetzung der Genehmigung Näheres bestimmen.“ Aufgrund der Ermächtigung erließ der Reichsarbeitsminister zwischen 1936 und 1940 insgesamt 10 Verordnungen7, welche für ca. 450 Gemeinden die Genehmigungspflicht von Wohnraumumwandlungen bestimmten. Diese Verordnungen traten nach § 4 Abs. 1 der vom Reichsarbeitsminister erlassenen Verordnung über das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art vom 29. Juli 19418 mit deren Inkrafttreten außer Kraft. § 1 Abs. 1 der Verordnung von 1941 lautete: „Die Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art, z. B. Werkstätten, Dienst-, Fabrik-, Lager- oder Geschäftsräume, bedarf in Orten, die nach dem Stande der Volkszählung vom 17. Mai 1939 10 000 und mehr Ein4

Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 24. 5 RGBl. I S. 699. Siehe den Zweiten Teil, Kapitel IV., Art. VIII Nr. 1 dieser Notverordnung. 6 RGBl. I S. 371. 7 Siehe die Aufzählung in § 4 Abs. 1 der Verordnung über das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art vom 29. Juli 1941 (RGBl. I S. 451). 8 RGBl. I S. 451.

C. Bestimmungen während der nationalsozialistischen Diktatur

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wohner (Wohnbevölkerung) besitzen, der Genehmigung der Gemeinde. Für Orte mit einer geringeren Wohnbevölkerung kann der Reichsarbeitsminister durch Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger die Genehmigungspflicht anordnen.“ Nach § 1 Abs. 2 dieser Verordnung lag eine Umwandlung auch vor, sofern Wohnungen ohne bauliche Änderung für andere als Wohnzwecke verwendet wurden. In § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Verordnung wurde bestimmt: „Die Gemeinde kann die Umwandlung genehmigen, wenn die umzuwandelnden Wohnungen für andere als Wohnzwecke dringend benötigt werden oder wenn es wegen der Beschaffenheit der Räume vertretbar erscheint, sie nicht als Wohnraum zu erhalten. Die Genehmigung ist an die Auflage zu knüpfen, daß für den beanspruchten Raum nach dem Verlangen der Gemeinde neuer Wohnraum geschaffen oder der Gemeinde ein entsprechender Geldbetrag gezahlt wird.“ Diese Verordnung trat nach § 8 Abs. 1 Buchst. b der vom Reichsmarschall Göring erlassenen Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen vom 14. August 19429 am 15. September 1942 außer Kraft. § 1 der zeitgleich in Kraft getretenen Verordnung von 1942 bestimmte: „Die Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art, z. B. Werkstätten, Dienst-, Fabrik-, Lager- oder Geschäftsräume, ist verboten.“ § 2 Abs. 1 der Verordnung legte fest: „Behörden oder sonstige öffentliche Dienststellen haben Wohnungen, die sie für andere als Wohnzwecke verwenden, wieder frei zu machen, wenn ausreichender Ersatzraum zur Verfügung steht. Dies gilt auch für die NSDAP, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände.“ In § 2 Abs. 2 der Verordnung hieß es: „Eine Verwendung der frei gemachten Wohnungen zu anderen als Wohnzwecken ist verboten.“ § 7 Satz 2 der Verordnung übertrug dem Reichsarbeitsminister bzw. den von ihm bestimmten Stellen die Befugnis, von dem in § 1 der Verordnung geregelten Verbot in dringenden Einzelfällen Ausnahmen zuzulassen. Die Annahme eines solchen dringenden Einzelfalles stand also im Belieben der zuständigen Stellen. Dem Verordnungsgeber ging es demnach „nicht mehr vorrangig um die Linderung der Wohnungsnot, sondern um die Mobilisierung aller Kräfte im Sinne der Zielsetzungen des Vierjahresplans. In besonderem Maße war davon die Rüstungsindustrie betroffen. Das Zweckentfremdungsverbot sollte einer optimalen Ausnutzung aller verfügbaren Raumkapazitäten dienen.“10 In § 1 Abs. 1 Buchst. c und d der Verordnung zur Wohnraumlenkung vom 27. Februar 194311 wurden die „Gauleiter als Gauwohnungskommissare […] ermächtigt, mit Wirkung für das Gaugebiet Anordnungen zu erlassen, um […] zweckentfremdeten Wohnraum seinem ursprünglichen Zweck wieder zuzuführen“ sowie solchen Wohnraum „zu erfassen und bestimmten Volkskreisen bevorzugt zuzuweisen“.

9

RGBl. I S. 545. Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 26. 11 RGBl. I S. 127. 10

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1. Teil: Überblick über die Rechtsentwicklung

D. Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrats Nach dem Ende des 2. Weltkriegs kam es seitens des Alliierten Kontrollrats im Jahre 1946 mit dem Erlass des Wohnungsgesetzes12 zu einer Fortführung der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung. Das Wohnungsgesetz sollte nach seiner Präambel der „Erhaltung, Vermehrung, Sichtung, Zuteilung und Ausnutzung des vorhandenen Wohnraums“ dienen und erlaubte in Art. VI Buchst. A den deutschen Behörden, zur „Vermehrung des vorhandenen Wohnraums“ zweckentfremdete Wohnräume ihrem ursprünglichen Zweck wieder zuzuführen. Gemäß Art. I Abs. 4 des Wohnungsgesetzes waren für den Vollzug der notwendigen Maßnahmen die örtlichen Behörden unter Oberaufsicht der Militärregierung zuständig. Aufgrund dieser Regelung erließen fast alle Länder Durchführungsbestimmungen zum Wohnungsgesetz, welche die Zweckentfremdung entweder ausdrücklich verboten oder zumindest einem Genehmigungsvorbehalt unterstellten.13

E. Bundesrechtliche Vorschriften Nach der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland kam es zu einer bundeseinheitlichen Neuordnung der öffentlichen Wohnraumbewirtschaftung. § 21 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes vom 31. März 195314 regelte ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und lautete: „Wohnraum darf anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der Wohnungsbehörden zugeführt werden. Die Genehmigung kann befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Ist die Wirksamkeit der Genehmigung erloschen, so ist der Raum wieder als Wohnraum zu behandeln. […]“ Eine Definition des Begriffs der Zweckentfremdung enthielt dieses Gesetz jedoch nicht. Gewisse Ausnahmen von der Wohnraumbewirtschaftung regelte § 3 des Gesetzes. Um privaten Bauherren nicht den Anreiz zum Bauen zu nehmen, bezog sich die Wohnraumbewirtschaftung nur auf diejenigen nach dem 31. Dezember 1949 erstellten Wohnungen, zu deren Errichtung öffentliche Mittel in Anspruch genommen worden waren oder wurden.15 § 21 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes erhielt durch Art. II Nr. 9 des Gesetzes über den Abbau der Wohnungswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. Juni 196016 folgende Fassung: „Wohnraum darf anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der Wohnungsbehörde, nach Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung nur mit 12

Kontrollratsgesetz Nr. 18 vom 8. März 1946 (KRABl. S. 117). Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 26 mit den Nachw. in Fn. 22. 14 BGBl. I S. 97. 15 Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 27. 16 BGBl. I S. 389. 13

E. Bundesrechtliche Vorschriften

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Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden. Die Genehmigung kann befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Ist die Wirksamkeit der Genehmigung erloschen, so ist der Raum wieder als Wohnraum zu behandeln. Einer Genehmigung bedarf es nicht für die Umwandlung eines Wohnraums in einen Nebenraum, insbesondere einen Baderaum. […]“ Nach dem durch das Gesetz von 1960 in das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz eingefügten § 38 trat dieses Gesetz mit Ablauf des 31. Dezember 1965 außer Kraft. Das Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz 1965 – WoBindG 1965)17 bestimmte für „neugeschaffene öffentlich geförderte Wohnungen“ (so zum Anwendungsbereich § 1 Abs. 1 WoBindG 1965): „Die Wohnung darf ohne Genehmigung der zuständigen Stelle nicht zu Zwecken einer dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung, verwendet oder anderen als Wohnzwecken zugeführt werden“ (§ 12 Abs. 1 WoBindG 1965). Diese Vorschrift galt „entsprechend für Teile einer Wohnung“ (§ 12 Abs. 5 WoBindG 1965). Eine Aufhebung dieser Regelungen18 erfolgte erst durch Art. 6 Nr. 9 des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13. September 200119. § 7 Abs. 3 Satz 1 des Wohnungsbindungsgesetzes lautet aktuell wie folgt: „In Fällen der Selbstnutzung, Nichtvermietung, Zweckentfremdung und baulichen Änderung der Wohnung gilt § 27 Abs. 7 des Wohnraumförderungsgesetzes entsprechend.“20 Der in Bezug genommene § 27 Abs. 7 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz – WoFG) vom 13. September 200121 bestimmt in Nr. 3, dass der Verfügungsberechtigte „eine Wohnung nur mit Genehmigung der zuständigen Stelle […] anderen als Wohnzwecken zuführen oder entsprechend baulich ändern“ darf. Art. 6 § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 197122 (nachfolgend abgekürzt: MRVerbG) lautete wie folgt: „Die Landesregierungen werden ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. Als Aufgabe des Wohnzweckes im Sinne des Satzes 1 ist es auch anzusehen, wenn Wohnraum zum Zwecke einer 17 Erlassen als Art. II des Gesetzes zur verstärkten Eigentumsbildung im Wohnungsbau und zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbauänderungsgesetz 1965 – WoBauÄndG 1965) vom 24. August 1965 (BGBl. I S. 945). 18 In der Bekanntmachung der Neufassung des Wohnungsbindungsgesetzes vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2166, 2319). 19 BGBl. I S. 2376. 20 Diese Fassung beruht auf Art. 6 Nr. 7 des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376). 21 BGBl. I S. 2376. 22 BGBl. I S. 1745.

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1. Teil: Überblick über die Rechtsentwicklung

dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen verwendet werden soll. Einer Genehmigung bedarf es nicht für die Umwandlung eines Wohnraumes in einen Nebenraum, insbesondere einen Baderaum.“23 Diese Ausnahme in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 3 MRVerbG wurde später24 wie folgt ergänzt: Einer Genehmigung bedarf es ferner nicht für „die anderweitige Verwendung von Wohnraum, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen wurde, die anderen als Wohnzwecken dienten“. Art. 6 § 1 Abs. 2 MRVerbG bestimmt: „Die Genehmigung kann auch befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden. Ist die Wirksamkeit der Genehmigung erloschen, so ist der Raum wieder als Wohnraum zu behandeln.“ Nach Art. 6 § 3 MRVerbG blieb der seinerzeit geltende § 12 WoBindG 1965 „unberührt“. Aktuell lautet Art. 6 § 3 MRVerbG wie folgt: „§ 27 Abs. 7 des Wohnraumförderungsgesetzes und § 7 Abs. 3 des Wohnungsbindungsgesetzes in Verbindung mit § 27 Abs. 7 des Wohnraumförderungsgesetzes sowie die landesrechtlichen Vorschriften über Belegungsbindungen bleiben unberührt.“25 Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 4. Februar 197526 entschieden, dass die in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG zugunsten der Gemeinden enthaltene Ermächtigung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht stellte in einem Urteil vom 12. Dezember 197927 klar, Art. 6 § 1 MRVerbG ermächtige „die Landes-Verordnungsgeber nicht, das generelle Zweckentfremdungsverbot im Einzelfall durch Zwangsmaßnahmen vollziehbar zu machen“.

F. Landesrechtliche Regelungen in Berlin Aufgrund der Ermächtigung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG wurde in Berlin (West) die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 25. Juli 197228 erlassen, die in der Fassung vom 9. Februar 197329 seit dem Beitritt am 3. Oktober 1990 auch 23 Siehe zur Einfügung des Verbots der Zweckentfremdung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens BVerfGE 38, 348 (361 f.); Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 29 f. 24 Siehe Art. 5 des Gesetzes zur Erleichterung des Wohnungsbaus im Planungs- und Baurecht sowie zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz – WoBauErlG) vom 17. Mai 1990 (BGBl. I S. 926). 25 Siehe zu dieser Fassung Art. 15a des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376). 26 BVerfGE 38, 348 ff. Siehe dazu näher unten S. 27 ff. der vorliegenden Untersuchung. 27 BVerwGE 59, 195 (Ls. 3). 28 GVBl. S. 1445, geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 6. Februar 1973 (GVBl. S. 421). 29 GVBl. S. 421, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Beseitigung der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 8. März 1990 (GVBl. S. 627).

F. Landesrechtliche Regelungen in Berlin

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für den Ostteil Berlins galt30. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 dieser ZwVbVO durfte in Berlin „Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des Landesamtes für Wohnungswesen zugeführt werden“. Gemäß § 1 Abs. 2 Buchst. a der damaligen ZwVbVO war es als Aufgabe des Wohnzweckes auch anzusehen, wenn Wohnraum „zum Zwecke einer dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen verwenden werden soll“. Diese ZwVbVO trat nach der Wiedervereinigung gemäß § 8 der Zweiten Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – 2. ZwVbVO) vom 15. März 199431 mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung am 1. April 1994 außer Kraft. In § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 2. ZwVbVO war geregelt: „In Berlin ist die Verwendung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken grundsätzlich verboten. Als Ausnahme vom Verbot darf Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zugeführt werden.“ In Übereinstimmung mit der vorherigen ZwVbVO war es nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a 2. ZwVbVO als Aufgabe des Wohnzwecks auch anzusehen, wenn Wohnraum „zum Zwecke einer dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung, oder der Einrichtung von Schlafstellen verwenden werden soll“. In einem Urteil vom 19. Februar 1998 stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin fest, eine „deutlich zutage getretene Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt“ sei „derzeit – noch – nicht zu erkennen“, und ging daher „von einem automatischen Außerkrafttreten“ der 2. ZwVbVO noch nicht aus, wies aber auf die Notwendigkeit einer Überprüfung der weiteren Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt hin.32 Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin führte in einem Beschluss vom 15. November 2001 aus: „Wohl spricht einiges dafür, daß das Zweckentfremdungsverbot des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. ZwVbVO aufgrund der tatsächlichen Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt derzeit nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 6 § 1 MRVerbG gedeckt wird und mithin außer Kraft sein könnte. Dies war aber im hier maßgeblichen Zeitraum von September 1994 bis Februar 1997 noch nicht der Fall.“33 Wenig später entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 13. Juni 2002, der Verordnungsgeber habe sich zwar bei Erlass der 2. ZwVbVO im Jahre 1994 im Rahmen der bundesrechtlichen Ermächtigung gehalten, und führte aus: „In den vorhergehenden Jahren war die Bevölkerung Berlins kontinuierlich gewachsen, und es konnte mit einem weiteren Zuwachs gerechnet werden, nachdem 30

Vgl. § 1 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28. September 1990 (GVBl. S. 2119). 31 GVBl. S. 91, ber. S. 272, geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der 2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 24. März 1998 (GVBl. S. 79). 32 OVG Berlin, NJW-RR 1998, 1087 f. 33 BerlVerfGH, GE 2002, 118 (119).

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1. Teil: Überblick über die Rechtsentwicklung

Berlin Bundeshauptstadt geworden war und feststand, dass Bundestag und Bundesregierung nach Berlin umsiedeln würden. Trotz einer hohen Zahl von – auch mit öffentlichen Mitteln geförderten – Neubauten konnte das Wohnraumangebot mit der Bevölkerungszunahme zunächst nicht Schritt halten. Ab Mitte der 90er Jahre änderten sich die Verhältnisse jedoch: Die Zahl der Baufertigstellungen stieg an, gleichzeitig wanderten viele Berliner in das Umland ab und die Zuzüge vermochten das Bevölkerungsdefizit nicht aufzufangen. Dadurch entstand ein sich stetig vergrößernder Angebotsüberhang an Wohnraum in Berlin […].“34 Nach eingehender Betrachtung der damaligen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt kam das Oberverwaltungsgericht Berlin zu dem Schluss, dass die 2. ZwVbVO „vom 1. September 2000 an nicht mehr von der Ermächtigungsnorm gedeckt war und deshalb auch ohne Aufhebung durch den Verordnunggeber wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten ist. Denn spätestens im August 2000 lagen dem Beklagten alle marktrelevanten Daten vor, die ein Ende der Mangellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt evident machten und auch aus seiner Sicht Handlungsbedarf in Bezug auf das Zweckentfremdungsverbot auslösten. Der Verordnunggeber hat seinen Beurteilungsspielraum überschritten, indem er in Kenntnis dieser Daten nicht die Aufhebung der Verordnung, sondern ihre Umwandlung in ein Instrument zur Steuerung städtebaulich und sozialpolitisch unerwünschter Entwicklungen betrieben hat. War es bis Ende der 90er Jahre noch vertretbar, die Entwicklung am Wohnungsmarkt im Hinblick auf die Folgen des Parlaments- und Regierungsumzugs für noch nicht abgeschlossen zu halten, änderte sich dies im Jahre 2000, nachdem klar geworden war, dass der erwartete umfängliche Zuzug dauerhaft ausbleiben und die Abwanderung anhalten würde.“35 Mehr als 13 Jahre nach dem vom Oberverwaltungsgericht Berlin mit Wirkung zum 1. September 2000 festgestellten Außerkrafttreten der 2. ZwVbVO kam es in Berlin zu einer Wiederbelebung landesrechtlicher Regelungen über die Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach Auffassung des Senats von Berlin hat sich seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 13. Juni 2002 „der Wohnungsmarkt in Berlin deutlich verändert. Durch geringen Neubau bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl der Haushalte ist eine Verknappung von Wohnraum, besonders in den unteren Preissegmenten, eingetreten. Angesichts dieser Entwicklung erscheint es grundsätzlich unerwünscht, dass Wohnraum frei und uneingeschränkt dem Wohnungsmarkt in Berlin entzogen werden kann. Da die Bevölkerung Berlins nicht überall im Stadtgebiet in genügendem Maße mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt werden kann, bedarf es neben den Möglichkeiten der Sanierung von Wohnraum und der Schaffung von neuem Wohnraum auch eines geeigneten Instruments, durch das der Verwendung des vorhandenen Wohnraumbestandes zu anderen als Wohnzwecken entgegengewirkt werden kann.“36 Daraufhin beschloss 34

OVGE BE 24, 81 (87). OVGE BE 24, 81 (112). 36 Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), 35

F. Landesrechtliche Regelungen in Berlin

23

das Abgeordnetenhaus von Berlin das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG) vom 29. November 201337, dessen Vorschriften mit wenigen Ausnahmen am 12. Dezember 2013 in Kraft traten. Das ZwVbG enthält insgesamt neun Paragraphen: Diese betreffen den Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1), Begriffsbestimmungen zur Zweckentfremdung (§ 2), die Erteilung von Genehmigungen (§ 3), die Rückführung von Wohnraum (§ 4), die Datenverarbeitung und das Betreten von Wohnungen (§ 5), den Verwaltungszwang (§ 6), Ordnungswidrigkeiten (§ 7), den Erlass von Ausführungsvorschriften (§ 8) sowie das Inkrafttreten des Gesetzes (§ 9). Nach § 1 Abs. 1 ZwVbG darf Wohnraum im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zweckentfremdet werden, soweit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Unter Berufung auf die in § 1 Abs. 2 ZwVbG enthaltene Ermächtigung hat der Senat von Berlin die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 201438 erlassen. In § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO wird festgestellt, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO ist die Zweckentfremdung von Wohnraum gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt. Öffentlich geförderter Wohnraum unterliegt nicht dieser Verordnung (§ 1 Abs. 2 ZwVbVO). Die nachfolgenden vier Paragraphen betreffen die Wohnfläche einer Wohnung sowie die Umwandlung, Zusammenlegung und Umwidmung von Räumlichkeiten (§ 2), die Erteilung von Genehmigungen (§ 3), Ausgleichszahlungen (§ 4) sowie die Ausstellung eines sogenannten Negativattests, soweit für die Nutzung von Räumlichkeiten zu anderen als Wohnzwecken eine Genehmigung nicht erforderlich ist (§ 5). Nach § 6 ZwVbVO ist diese Verordnung am 1. Mai 2014 in Kraft getreten. Aufgrund der in § 8 ZwVbG enthaltenen Ermächtigung hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt die Ausführungsvorschriften über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (AV – ZwVb) vom 23. Juni 201439 erlassen. Diese „sollen einen einheitlichen Vollzug des Verbotes durch die zuständigen Bezirksämter ermöglichen“ (Nr. 1 Abs. 2 AV – ZwVb). S. 1, ebenso S. 9, AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014); fast wortgleich Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 5 (http://www.par lament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/verordnungen/vo17-134.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 37 GVBl. S. 626. 38 GVBl. S. 73. 39 ABl. S. 1290.

24

1. Teil: Überblick über die Rechtsentwicklung

Von der Wiedergabe weiterer Bestimmungen des ZwVbG, der ZwVbVO und der AV – ZwVb wird an dieser Stelle abgesehen, weil im Rahmen späterer Erörterungen der vorliegenden Untersuchung einzelne Regelungen, welche hier von besonderer Bedeutung sind, näher untersucht werden.

Zweiter Teil

Gang der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung enthält keine umfassende Analyse aller in Berlin geltenden landesrechtlichen Regelungen zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Sie beschäftigt es sich vielmehr insbesondere mit denjenigen Vorschriften des ZwVbG, der ZwVbVO und der AV – ZwVb, welche speziell die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung betreffen. Nachfolgend wird allerdings zunächst im Dritten Teil die Frage untersucht, ob nach der bisherigen, zu Regelungen über Zweckentfremdungsverbote ergangenen Rechtsprechung ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum bereits als solches verfassungswidrig ist. Mit der Verneinung dieser Frage ist jedoch noch nicht dargetan, dass die von Verfassungs wegen geforderten Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot speziell in Berlin vorliegen und die konkrete Ausgestaltung diesbezüglicher Regelungen im Berliner Landesrecht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Dazu wird im Vierten Teil zunächst das zu Lasten der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung betroffene Grundrecht der Eigentumsfreiheit behandelt; bei der Untersuchung der Frage, ob sich eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe in die Eigentumsfreiheit feststellen lässt, werden die Gesetzgebungszuständigkeit, der Parlamentsvorbehalt, die Vereinbarkeit der ZwVbVO mit Vorgaben des ZwVbG und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einschließlich des Vertrauensschutzes erörtert (A.). Darauf folgt eine Prüfung, ob das Grundrecht der Berufsfreiheit gewerblicher Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung durch das Berliner Zweckentfremdungsrecht verletzt ist (B.). Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe werden sowohl dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)40 als auch der Verfassung von Berlin41 (VvB) entnommen. Im Fünften Teil der Untersuchung werden Rechtsfragen unter Einbeziehung auch weiterer verfassungsrechtlicher Probleme speziell im Hinblick auf folgende Fallkonstellationen behandelt: 40

Vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 91b) vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438). 41 Vom 23. November 1995 (GVBl. S. 779), zuletzt geändert durch Art. I des Zwölften Änderungsgesetzes vom 7. Februar 2014 (GVBl. S. 38).

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2. Teil: Gang der Untersuchung

1. Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung; 2. Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit; 3. vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung; 4. gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen. Bei allen vorstehend genannten Vermietungen handelt es sich um wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietungen. Im Sechsten Teil beschließt eine Zusammenfassung in Leitsätzen die Untersuchung. Verfassungs- und verwaltungsprozessrechtliche Fragen sind nicht Gegenstand der Untersuchung.42

42 Siehe allerdings zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Voraussetzungen eines Zweckentfremdungsverbots S. 45 ff.

Dritter Teil

Zur Verfassungsmäßigkeit eines Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum A. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 Einem grundlegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 197543 ist zu entnehmen, dass ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verfassungsrechtlich zulässig sein kann; in dieser Entscheidung bejahte das Bundesverfassungsgericht auf einen Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main44 hin die Frage, ob Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In dieser Vorschrift werden die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf.45 Das Bundesverfassungsgericht verneinte zunächst einen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG. Danach können durch Gesetz die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt werden; erforderlich ist allerdings, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Das Bundesverfassungsgericht vertrat die Auffassung, der Inhalt der Ermächtigung sei „im Gesetz klar bestimmt“, und führte dazu aus: „Den Landesregierungen wird die Möglichkeit eröffnet, auf einem vom Gesetz bezeichneten Gebiet, der Nutzung vorhandenen Wohnraums, lenkend einzugreifen und sich dabei eines bestimmten Mittels – und nur dieses Mittels – zu bedienen, nämlich der Einführung eines ,Genehmigungsvorbehalts‘ bei Nutzungsänderungen. Dieser Genehmigungsvorbehalt stellt sich nicht als präventive Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt, sondern als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt dar: die Zweckentfremdung von Wohnraum soll nicht deshalb von einer behördlichen Genehmigung abhängig gemacht werden, um der Verwaltung ein Instrument zur bloßen Kontrolle eines prinzipiell vom Gesetz gebilligten, weil sozial erwünschten oder doch wertneutralen Verhaltens zu geben, sondern die Zweckentfremdung wird für die Gebiete, für welche die Ermächtigung des Art. 6 § 1 43 44 45

BVerfGE 38, 348 ff. MDR 1974, 424 f. Siehe dazu bereits oben S. 19 f.

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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit eines Verbots der Zweckentfremdung Abs. 1 Satz 1 MRVerbG gilt, als sozial unerwünscht mißbilligt; die Zweckentfremdung soll grundsätzlich verhindert werden, um einer Gefährdung der Versorgung entgegenzuwirken. […]“ Bei „dem in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG vorgesehenen repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt steht die immer nur als Ausnahme in Betracht kommende Genehmigung grundsätzlich im pflichtgemäßen (und selbstverständlich grundrechtlich gebundenen) Ermessen der Verwaltungsbehörde.“46

Auch der Zweck der Ermächtigung ergebe sich „unmittelbar und deutlich aus der Ermächtigungsnorm selbst“. Zur Erläuterung legte das Bundesverfassungsgericht dar: „Zweck des Art. 6 MRVerbG ist nur ein Bestandsschutz, der durch die konkrete Nachfragesituation gerechtfertigt ist. Die Begriffe ,ausreichende Versorgung‘ und ,angemessene Bedingungen‘ im Rahmen der Umschreibung des Ermächtigungszweckes verweisen dabei, eben weil eine Beeinflussung des Wohnungsangebots mit dem Mittel des ,Genehmigungsvorbehalts‘ nach Wortlaut und Intention des Gesetzes nur in besonders gefährdeten Gebieten einsetzen soll, nicht auf einen wünschbaren Idealzustand, sondern auf die Sicherstellung des Normalen. ,Ausreichende Versorgung‘ bedeutet daher nur ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, nicht aber ein – kurzfristig vielleicht erstrebenswertes – preisdrückendes Überangebot; sie bedeutet ferner nicht ein Angebot von Wohnungen besonders gehobener oder besonders einfacher Größe und Ausstattung, sondern von Wohnungen, wie sie dem allgemein für Wohnungen der entsprechenden Gegend und Lage anzutreffenden Standard entsprechen. ,Angemessene Bedingungen‘ bedeutet nicht außergewöhnlich niedrige Mieten, sondern Mieten, die, für Wohnungen der entsprechenden Art, von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt allgemein, d. h. auch außerhalb der besonders gefährdeten Gebiete, tatsächlich aufgebracht werden, und zwar einschließlich der vom Staat gewährten finanziellen Hilfen; denn diese entbehrlich zu machen, ist nicht das Ziel des Gesetzes. Die Verweisung des Verordnunggebers auf eine ,Normalsituation‘, die ihm immer noch eine nicht ganz unerhebliche Bandbreite der Beurteilung läßt, ist für Verordnungsermächtigungen zur Angebots- und Preislenkung typisch, aber auch unerläßlich, wenn – bei grundsätzlich marktwirtschaftlich orientierter Wirtschaftspolitik des Gesetzgebers – die Verordnungsermächtigung nicht zu einer aktiven, die Tendenz der bisherigen Wirtschaftspolitik umkehrenden Politik führen, sondern mittel- und langfristig diese Politik dadurch stützen soll, daß die Funktionsfähigkeit des Marktes wieder hergestellt und gefördert wird“.47

Art. 6 § 1 Abs. 1 MRVerbG bestimme auch das Ausmaß der erteilten Ermächtigung „mit hinreichender Klarheit“. Die Wendung „für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“ bezeichne die „Eingriffsschwelle“ für den Verordnungsgeber. Eine genauere Umschreibung sei unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Ausmaßes der Ermächtigung nicht geboten und mit Worten auch kaum zu leisten. Abgesehen davon bedürfe es ihrer bereits deshalb nicht, weil die Bindung des Verordnungsgebers an Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung 46 47

BVerfGE 38, 348 (358 f.). BVerfGE 38, 348 (360 f.).

A. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975

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nicht ausschließen solle, „daß ihm als einem demokratisch legitimierten und politisch verantwortlichen Staatsorgan ein gewisser Beurteilungsspielraum für sein Eingreifen“ bleibe.48 Die Verfassungsmäßigkeit von Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheitere „auch nicht daran, daß das Gesetz keine ins einzelne gehenden Bestimmungen darüber enthält, unter welchen Voraussetzungen einem Verfügungsberechtigten eine Genehmigung zu der von ihm beabsichtigten Zweckentfremdung zu erteilen ist.“ Näher führte das Bundesverfassungsgericht dazu aus: „Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG ermächtigt dazu, die Zweckentfremdung von Wohnraum von einer ,Genehmigung‘ abhängig zu machen. Aus der Wahl des Wortes ,Genehmigung‘ kann indessen nicht geschlossen werden, es handle sich nur um eine präventive Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt, sondern es geht dem Gesetz eindeutig um die Einführung eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt. Wenn in Gebieten, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum besonders gefährdet ist, die Zweckentfremdung von Wohnraum genehmigungspflichtig gemacht wird, so ist für jedermann ersichtlich, daß damit im Interesse der Versorgung mit Wohnraum dessen Zweckentfremdung prinzipiell verhindert werden soll. Insbesondere auch die Überschrift des Art. 6 MRVerbG – ,Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum‘– läßt keine andere Deutung zu. Damit ist, wie es Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt […], für den Bürger voraussehbar, daß er in aller Regel mit einer Genehmigung nicht wird rechnen können. Eine Genehmigung kann immer nur erteilt werden, wenn besonders schützenswerte andere Interessen – seien es vorrangige öffentliche Belange, sei es ein schutzwürdiges berechtigtes Eigeninteresse der Verfügungsberechtigten – ausnahmsweise das Interesse am Bestandsschutz des betroffenen Wohnraums überwiegen. Als solch ein überwiegendes Interesse kommt das normale Motiv der Zweckentfremdung, das bloße Streben nach Erhöhung der Rendite allein, nicht in Betracht.“49

Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG genüge ferner dem aus dem Rechtsstaatsprinzip50 herzuleitenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Nicht zu beanstanden sei, dass die ausnahmsweise Erteilung einer Genehmigung dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung überlassen bleibe. „Denn die enge Begrenzung des Ermessens durch den Gesetzeszweck und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes schließen eine willkürliche Handhabung des Befreiungsvorbehalts durch die Behörden aus und ermöglichen eine rechtsstaatlichen Erfordernissen genügende richterliche Kontrolle im Einzelfall.“51 Die Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung sei gegeben, „wenn vorrangige öffentliche Belange oder ein schutzwürdiges, berechtigtes Eigeninteresse des Verfügungsberechtigten ausnahmsweise das öffentliche Interesse am Bestandsschutz des betroffenen Wohnraums überwiegen“.52 Verfassungsrechtlich unbedenklich sei auch, 48

BVerfGE 38, 348 (362 f.). BVerfGE 38, 348 (367). 50 Siehe dazu näher Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 7. 51 BVerfGE 38, 348 (369). 52 BVerfGE 38, 348 (368). 49

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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit eines Verbots der Zweckentfremdung

dass Art. 6 § 1 Abs. 2 MRVerbG die in Betracht kommenden Auflagen nicht näher definiere: „Sie haben sich streng am Zweck der Ermächtigung auszurichten. Insbesondere darf die Auferlegung von Geldleistungen nicht zu fiskalischen Zwecken mißbraucht werden und scheidet daher z. B. aus, wenn die Genehmigung nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Interesse erteilt wird.“53 Auch einen Verstoß von Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG gegen die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 gewährleistete Eigentumsfreiheit verneinte das Bundesverfassungsgericht. Ein repressives, nur mit einer Befreiungsmöglichkeit versehenes Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum beeinträchtige zwar die grundrechtlich geschützte freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand; die in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG enthaltene Ermächtigung zur Inkraftsetzung eines solchen Verbots sei aber durch den in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geregelten Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers gerechtfertigt: „Die verfassungsrechtliche Forderung einer am Gemeinwohl ausgerichteten Nutzung des Privateigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) umfaßt das Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange derjenigen Mitbürger, die auf die Nutzung der betreffenden Eigentumsgegenstände angewiesen sind […]. Dieses Angewiesensein begründet einen sozialen Bezug und eine besondere soziale Funktion dieser Eigentumsgegenstände. Große Teile der Bevölkerung sind, zumal in den Städten, nicht in der Lage, aus eigener Kraft Wohnraum für sich zu schaffen, und deshalb auf Mietwohnungen unausweichlich angewiesen. Eine allgemein ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen dient unmittelbar der Bereitstellung des für den Einzelnen und für die Familie unentbehrlichen Wohnraums. Wenn diese Versorgung besonders gefährdet ist, wie es Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG für das Eingreifen des Verordnunggebers voraussetzt, so bedeutet das für eine Vielzahl von Menschen, daß sie keinen ausreichenden Wohnraum haben. Der soziale Bezug, der dem Wohnraum ohnehin innewohnt, verstärkt sich noch erheblich. In einer solchen Situation ist es eine im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte, am Gemeinwohl orientierte Maßnahme, die Zweckbestimmung des vorhandenen Wohnraums dadurch zu erhalten, daß seine Zweckentfremdung grundsätzlich verboten wird. Dies jedenfalls dann, wenn – wie hier – die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers ausreichend gewahrt bleiben. Der Eigentümer behält eine Rendite in Höhe der vertraglichen Miete, der Kostenmiete oder der ortsüblichen Vergleichsmiete […], und er hat die Möglichkeit, in besonders gelagerten Fällen eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Aufgehoben wird im Grunde nur die Möglichkeit des Verfügungsberechtigten, jede sich bietende Chance zu einer günstigeren Verwertung seines Eigentums sofort und maximal auszunutzen. Diese Möglichkeit aber ist, bei gegebener unzureichender Versorgungslage, verfassungsrechtlich nicht geschützt.“54

53 54

BVerfGE 38, 348 (369). BVerfGE 38, 348 (370 f.).

B. Weitere Rechtsprechung

31

B. Weitere Rechtsprechung In der Literatur ist der soeben ausführlich wiedergegebene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur ausnahmsweise55 auf Kritik gestoßen. In nachfolgenden gerichtlichen Entscheidungen wurde die prinzipielle verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht mehr in Frage gestellt; in der Judikatur ging es vielmehr um einzelne Probleme im Hinblick auf die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot oder dessen Ausgestaltung bzw. die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung.56 Besondere Erwähnung verdient das bereits genannte57 Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 13. Juni 2002, welches zu dem Schluss kam, dass die 2. ZwVbVO wegen des Endes der Mangellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt vom 1. September 2000 an nicht mehr von der Ermächtigungsnorm des Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG gedeckt und deshalb auch ohne Aufhebung durch den Verordnungsgeber wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten war.58 Angesichts der im Grundsatz gefestigten, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckenden Rechtsprechung wird für die nachfolgende Untersuchung davon ausgegangen, dass ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verfassungsrechtlich zulässig sein kann. Für Angriffe gegen das Instrument des Zweckentfremdungsverbots als solches bestehen keine Erfolgsaussichten.

55

Siehe Thomas Böhle, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz), 1988, S. 35 ff. 56 Siehe etwa BVerfGE 55, 249 (257 ff.); BVerwGE 59, 195 (197 ff.); BVerwG, NJW 1983, 2893 ff.; BVerwGE 95, 341 (345 ff.); BVerwG, Beschl. vom 22. November 1996 – 8 B 206/96, juris; NVwZ 2003, 1125 ff.; BerlVerfGH, GE 2002, 118 ff.; OVG Berlin, NJW-RR 1998, 1087 ff.; OVG BE 24, 81 (83 ff.); VG Berlin, LKV 2014, 185 (187 f.); VG München, Beschl. vom 31. März 2014 – M 9 S 14.952, juris Rn. 15 ff. 57 Vgl. oben S. 21 f. 58 OVGE BE 24, 81 (112).

Vierter Teil

Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen des Zweckentfremdungsverbots Mit der soeben getroffenen Feststellung ist jedoch noch nicht dargetan, dass die von Verfassungs wegen geforderten Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot speziell in Berlin vorliegen und die konkrete Ausgestaltung diesbezüglicher Regelungen im Berliner Landesrecht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich insbesondere auf diejenigen Vorschriften des ZwVbG, der ZwVbVO und der AV – ZwVb, welche speziell die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung betreffen. Diese Regelungen schränken in verschiedener Hinsicht Grundrechte der Vermieter solchen Wohnraums ein. Nachfolgend bleiben allerdings die Grundrechte der Vermittler von Ferienwohnungen oder einer Fremdenbeherbergung außer Betracht. In Nr. 7.1 AV – ZwVb wird die Zweckentfremdung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG wie folgt näher erläutert: „Eine Vermietung als Ferienwohnung (teilweise auch als ,Gästewohnung‘ bezeichnet) liegt vor, wenn eine Wohnung ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird, wobei die Ferienwohnung nach ihrer Ausstattung auf eine ausnahmslose Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet ist. Bei einer Ferienwohnung wird also insbesondere auch eine Kochgelegenheit zur Verfügung gestellt. Eine Vermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung liegt vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können. Bei einer Fremdenbeherbergung besteht somit anders als bei einer Ferienwohnung in der Regel keine Kochgelegenheit; häufig sind die Räume außerdem mangels ausreichender Sitz- und Essmöglichkeiten eher nicht zu längeren Aufenthalten auch tagsüber geeignet. Gegebenenfalls, aber nicht zwingend, werden bei einer Fremdenbeherbergung Nebenleistungen wie zum Beispiel Frühstück angeboten. Als Beispiele für eine Fremdenbeherbergung (,insbesondere‘) werden die gewerbliche Zimmervermietung und die Einrichtung von Schlafstellen genannt. Zimmervermietung ist die Vermietung einzelner möblierter Zimmer, nicht einer vollständigen Wohnung. Die Zimmervermietung ist gewerblich, wenn der Verfügungsberechtigte mit der Absicht der Gewinnerzielung handelt. Eine solche Gewinnerzielungsabsicht ist für die Frage, ob eine Zweckentfremdung im Sinne des ZweckentfremdungsverbotsGesetzes vorliegt, jedoch unerheblich. Die Einrichtung von Schlafstellen ist dadurch gekennzeichnet, dass nur eine Gelegenheit zum Schlafen zur Verfügung gestellt wird.“

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit

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A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit Verletzt sein könnte hier zunächst die zugunsten der Vermieter geschützte Eigentumsfreiheit. Für die Prüfung, ob ein Akt der öffentlichen Gewalt mit einem Freiheitsrecht vereinbar ist, hat sich ein dreistufiger Aufbau durchgesetzt: Ist 1. der Schutzbereich des jeweiligen Grundrechts einschlägig, folgt 2. eine Untersuchung der Frage, ob ein Eingriff in diesen Schutzbereich vorliegt; ist diese Frage zu bejahen, bedarf es 3. der Klärung, ob sich eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs feststellen lässt.

I. Schutzbereich Die Grundrechte schützen bestimmte Lebensbereiche, die damit jeweils den Schutzbereich oder Tatbestand des einzelnen Grundrechts markieren, wobei teilweise auch vom Norm-, Gewährleistungs- oder Regelungsbereich gesprochen wird; die Untersuchung des Schutzbereichs dient der Beantwortung der Frage, ob eine Grundrechtsvorschrift in sachlicher und personeller Hinsicht einschlägig ist.59 Der sachliche Schutzbereich betrifft die thematische Seite und somit die gegenständliche Reichweite einer Grundrechtsgewährleistung. Der personelle Schutzbereich bezieht sich hingegen auf die jeweilige Grundrechtsträgerschaft und damit die Frage, wer durch die sachlich einschlägige Grundrechtsnorm berechtigt ist und damit durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in diesem Grundrecht verletzt sein kann.60 1. Sachlicher Schutzbereich Nach Art. 14 Abs. 1 GG wird das Eigentum gewährleistet; Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Mit dieser Grundrechtsnorm stimmt Art. 23 Abs. 1 VvB fast wörtlich überein. Nach Art. 142 GG bleiben ungeachtet der Vorschrift des Art. 31 GG („Bundesrecht bricht Landesrecht“) Bestimmungen der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den Art. 1 bis 18 GG Grundrechte gewährleisten. Nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts erfasst Art. 142 GG nicht nur die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes in den Verfassungen der Länder der Bundesrepublik geregelten subjektiven Verfassungsrechte.61 Für die in Art. 142 GG genannte Übereinstimmung forderte das Bundesverfassungsgericht, dass der Gewährleistungsbereich der jeweiligen Grundrechte und ihre Schranken einander nicht widersprechen dürfen; diese Widerspruchsfreiheit bestehe bei Grundrechten, die „in59

Horst Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. vor Art. 1 Rn. 119 f. m. w. N. 60 Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 24 Rn. 3. 61 BVerfGE 96, 345 (364).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

haltsgleich“ seien.62 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin ist der Eigentumsbegriff des Art. 23 VvB „identisch mit dem des Art. 14 GG“.63 Damit lassen sich die vom Bundesverfassungsgericht zur Eigentumsfreiheit von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG entwickelten Erkenntnisse auf die inhaltsgleiche Gewährleistung in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB übertragen.64 Der Eigentumsgarantie kommt im Gefüge „der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen“.65 Sie steht daher im engen „inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit“.66 Es lässt sich sogar formulieren: „Eigentum ist Freiheit.“67 „Das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ist in seinem rechtlichen Gehalt gekennzeichnet durch Privatnützigkeit, d. h. die Zuordnung zu einem Rechtsträger […], in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen privaten Interesse ,von Nutzen‘ sein soll, und durch die von dieser Nutzung nicht immer deutlich abgrenzbare grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand“.68 Dies folgt bereits aus dem Wortlaut in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG, der hinsichtlich der sogenannten Sozialbindung ausdrücklich auf den „Gebrauch“ des Eigentums hinweist.69 Von der Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeit ist auch das Recht des Eigentümers erfasst, „darüber zu entscheiden, ob eine Überlassung der Nutzung an Dritte oder eine gemeinschaftliche Nutzung mit Dritten erfolgt“.70 „In dem Element der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis gelangt die Herrschaft über das Eigentumsobjekt und damit der besondere personale Bezug des Inhabers zu diesem zum Ausdruck.“71 Eigentumsfähig gemäß Art. 14 GG sind alle konkreten, vermögenswerten Rechtspositionen, die dem Einzelnen als Ausschließlichkeitsrechte zur privaten

62

BVerfGE 96, 345 (365). Siehe etwa BerlVerfGH, ZMR 2001, 746 (747); Beschl. vom 13. Juni 2003 – VerfGH 59/ 02, juris Rn. 10. 64 Hans-Joachim Driehaus, in: ders. (Hrsg.), Verfassung von Berlin. Taschenkommentar, 3. Aufl. 2009, Art. 23 Rn. 2. 65 BVerfGE 50, 290 (339); 53, 257 (290); 102, 1 (15); ähnlich BVerfGE 123, 186 (258); 131, 66 (80); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2009, 1259; NVwZ 2010, 512 (514); NJW 2012, 2500. 66 BVerfGE 24, 367 (389). 67 Walter Leisner, Eigentum, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 173 Rn. 110; Helge Sodan, Vorrang der Privatheit als Prinzip der Wirtschaftsverfassung, DÖV 2000, 361 (365). 68 BVerfGE 50, 290 (339); fast wortgleich: BVerfGE 53, 257 (290). 69 Helge Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, 1987, S. 483. 70 BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2010, 220. 71 BVerfGE 53, 257 (291). 63

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit

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Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sind.72 Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um dingliche oder sonstige absolute, d. h. gegenüber jedem wirkende Rechte oder um relative Rechtspositionen handelt.73 Verfassungsrechtlich geschützt ist daher etwa Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)74 und damit auch das Immobilieneigentum.75 Nach dem bereits ausführlich wiedergegebenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 197576 beeinträchtigt ein „repressives, nur mit einer Befreiungsmöglichkeit versehenes Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ die durch die Eigentumsgarantie geschützte freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand.77 Ein solches Verbot gilt im Land Berlin nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 ZwVbVO. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG liegt eine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen, verwendet wird. Zwar ist abweichend von dieser Regelung keine Zweckentfremdung gegeben, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO und damit am 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung genutzt wurde; dies gilt aber nur für eine Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO, wobei der Nutzungsberechtigte innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der ZwVbVO die Nutzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG dem zuständigen Bezirksamt anzuzeigen hat (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG). Die erforderliche Genehmigung kann auf Antrag erteilt werden, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen oder wenn in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum der durch die Zweckentfremdung eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG). Wird Wohnraum ohne die erforderliche Genehmigung zweckentfremdet, so kann das zuständige Bezirksamt verlangen, dass der Verfügungsberechtigte oder Nutzungsberechtigte ihn wieder dauerhaften Wohnzwecken zuführt; das zuständige Bezirksamt kann auch die Räumung verlangen, falls dies erforderlich ist (§ 4 Satz 1 und 2 ZwVbG). Die vorgenannten Regelungen schränken die freie Verfügungsbefugnis von Eigentümern ein.

72 Siehe dazu BVerfGE 78, 58 (71); 83, 201 (208); 112, 93 (107); 123, 186 (258); 126, 331 (358); 131, 66 (79). 73 BVerfGE 83, 201 (208); 131, 66 (79 f.). 74 In der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218). Siehe etwa die §§ 903, 906 und 1004 BGB. 75 Vgl. z. B. BVerfGE 128, 1 (75). 76 Vgl. oben S. 27 ff. 77 Siehe BVerfGE 38, 348 (370). Vgl. ferner OVG Berlin, OVGE BE 24, 81 (85 f.).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1980 ist die grundrechtliche Gewährleistung der Eigentumsfreiheit „auch dann berührt und als Prüfungsmaßstab einschlägig, wenn die Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum zwar erteilt, zugleich aber mit einer Abgabepflicht des Eigentümers verknüpft wird. In Fällen dieser Art ist die aus der Zweckentfremdungsregelung resultierende Eigentumsbeschränkung nicht aufgehoben, sondern ihrem Inhalt nach abgewandelt. Bei einer solchen Leistungspflicht handelt es sich deshalb ebenfalls um eine Regelung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.“78 So liegt es auch hier: Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG kann die Genehmigung befristet, bedingt oder unter Auflagen erteilt werden; insbesondere können Ausgleichszahlungen verlangt werden, die zur Kompensation des durch die Zweckentfremdung entstandenen Wohnraumverlustes zur Neuschaffung von Wohnraum zu verwenden sind. Die Höhe der Ausgleichszahlung soll den Schaden, der dem Wohnungsmarkt durch die Zweckentfremdung entsteht, ausgleichen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 ZwVbG). Nach § 4 Abs. 1 ZwVbVO ist eine Genehmigung gemäß § 3 ZwVbVO in der Regel mit der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung zu verbinden. Die vorgenannten Regelungen gelten auch im Hinblick auf Untervermietungen durch Mieter, die nach § 3 Abs. 3 ZwVbVO ihrem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung die Zustimmung ihrer Vermieter beizufügen haben. Sie betreffen zu Lasten dieser Mieter ebenfalls die Eigentumsfreiheit, sofern man die – allerdings umstrittene79 – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts80 zugrunde legt, wonach das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist. 2. Personeller Schutzbereich Durch die Eigentumsfreiheit grundrechtsberechtigt sind alle natürlichen Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Auch inländische juristische Personen des Privatrechts sind nach Art. 19 Abs. 3 GG geschützt.81 In einem Beschluss vom 19. Juli 2011 hält das Bundesverfassungsgericht eine „Anwendungserweiterung“ des Art. 19 Abs. 3 GG für geboten und bejaht auf dieser Grundlage im konkreten Fall die Grundrechtsträgerschaft in Bezug auf Art. 14 Abs. 1 GG zugunsten einer juristischen Person mit Sitz in Italien; die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) stünden „im 78

BVerfGE 55, 249 (257 f.). Vgl. auch BerlVerfGH, GE 2002, 118. Siehe im Übrigen zur Frage, ob die Eigentumsgarantie gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten schützt, Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 14 Rn. 11. 79 Siehe zur Kritik etwa Otto Depenheuer, Der Mieter als Eigentümer?, NJW 1993, 2561 ff.; Gerd Roellecke, Mietwohnungsbesitz als Eigentum, JZ 1995, 74 ff. 80 Siehe BVerfGE 89, 1 (5 ff.); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2011, 1723 (1724). 81 Siehe dazu näher Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher KompaktKommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 19 Rn. 14 ff.

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Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen“.82 Mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften83 können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts nach herrschender Meinung nicht auf die Eigentumsfreiheit berufen. Dem Bundesverfassungsgericht zufolge schützt Art. 14 Abs. 1 GG nämlich „nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater“84. Entsprechend verneint das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit die Grundrechtsträgerschaft etwa privatwirtschaftlich tätiger Gemeinden.85

II. Eingriffe Beeinträchtigungen des Schutzbereichs erfolgen in den meisten Fällen durch „klassische Grundrechtseingriffe“, die in Ge- oder Verboten bestehen, welche den Betroffenen staatlicherseits zielgerichtet mit unmittelbarer Wirkung auferlegt werden.86 In diesem Sinne versteht das Bundesverfassungsgericht „unter einem Grundrechtseingriff im Allgemeinen“ einen rechtsförmigen Vorgang, „der unmittelbar und gezielt (final) durch ein vom Staat verfügtes, erforderlichenfalls zwangsweise durchzusetzendes Ge- oder Verbot, also imperativ, zu einer Verkürzung grundrechtlicher Freiheiten führt“.87 Die unmittelbare Beeinträchtigung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine beeinträchtigende Wirkung ohne Hinzutreten weiterer Faktoren bereits im Verhalten öffentlicher Gewalt selbst liegt.88 Die zuvor im Rahmen der Erörterungen zum sachlichen Schutzbereich wiedergegebenen Vorschriften aus dem ZwVbG und der ZwVbVO enthalten Ge- oder Verbote und sind demnach als „klassische Grundrechtseingriffe“ zu qualifizieren.

III. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe Mit der Feststellung von Eingriffen in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit ist jedoch die Frage noch nicht beantwortet, ob dieses Grundrecht auch tatsächlich verletzt ist. Eine Grundrechtsverletzung ist erst dann gegeben, wenn der Eingriff 82

BVerfGE 129, 78 (96 ff.). Rudolf Wendt, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 14 Rn. 19. 84 BVerfGE 61, 82 (109). 85 Siehe BVerfGE 61, 82 (108). 86 Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 24 Rn. 5. 87 BVerfGE 105, 279 (300). 88 Helge Sodan, in: ders./Jan Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung. Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 395. 83

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

unzulässig ist. Wegen einer Grundrechtsschranke kann der Eingriff jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt und damit zulässig sein. 1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen Die genannten, im ZwVbG und in der ZwVbVO geregelten Ge- und Verbote stellen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB dar. Inhalts- und Schrankenbestimmungen „legen generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers fest, bestimmen also den ,Inhalt‘ des Eigentums“.89 Sie sind nicht nur in Gestalt formeller, also vom Parlament erlassener Gesetze zulässig. Auf der Grundlage einer formellgesetzlichen Ermächtigung können daher etwa auch Rechtsverordnungen90 wirksam Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, wobei allerdings der sogenannte Parlamentsvorbehalt91 zu beachten ist. 2. Grenzen der Einschränkbarkeit der Eigentumsfreiheit Beim Gebrauchmachen von Grundrechtsschranken stößt der Gesetzgeber jedoch auf Grenzen. Ein Gesetz vermag ein Grundrecht nur dann wirksam einzuschränken, wenn es formell und materiell verfassungsgemäß ist.92 Nach einem verbreiteten Sprachgebrauch handelt es sich bei den insoweit bestehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen um „Schranken-Schranken“93. Dieser Begriff bringt plastisch zum Ausdruck, dass die Inanspruchnahme von Grundrechtsschranken ihrerseits Schranken unterliegt, die dem Schutz der Grundrechte dienen. a) Gesetzgebungszuständigkeit In formeller Hinsicht müssen Rechtsetzungsakte unter anderem die Vorschriften über die Gesetzgebungszuständigkeit wahren. Dies gilt auch für das ZwVbG und die aufgrund einer darin enthaltenen Ermächtigung erlassene ZwVbVO. Die Grundregel für die Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern trifft Art. 70 Abs. 1 GG. Hiernach haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit nicht das Grundgesetz dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse 89

BVerfGE 58, 300 (330). Vgl. BVerfGE 8, 71 (79); Christian Sellmann, Die eigentumsrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung – Entwicklungstendenzen, NVwZ 2003, 1417. 91 Siehe dazu näher S. 40 ff. 92 Vgl. etwa BVerfGE 13, 181 (190); 32, 319 (326); 40, 371 (378); BVerfG (Kammerbeschl.), DVBl. 2006, 244 (245). 93 Horst Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. vor Art. 1 Rn. 144; Bodo Pieroth/Bernhard Schlink/Thorsten Kingreen/Ralf Poscher, Grundrechte. Staatsrecht II, 30. Aufl. 2014, Rn. 285 ff. 90

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verleiht. Gemäß Art. 70 Abs. 2 GG bemisst sich die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung. Bei der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von einer ihm in diesem Bereich eingeräumten Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG in der Fassung vom 23. Mai 194994 erstreckte sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auch auf das „Wohnungswesen“. Auf diesen Kompetenztitel konnte sich der 1971 auf Bundesebene erlassene Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG stützen, welcher die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift stellte das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1975 fest, welches die Norm insbesondere für vereinbar mit Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Art. 14 Abs. 1 GG hielt.95 Wegen der Sperrwirkung, welche sich durch das Gebrauchmachen des Bundes von seiner Zuständigkeit für die Landesgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 1 GG ergab, konnte das Land Berlin über mehrere Jahrzehnte kein eigenes Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, sondern lediglich im Rahmen der in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG enthaltenen Ermächtigung Regelungen durch Rechtsverordnung erlassen96. Durch die sogenannte Föderalismusreform I aus dem Jahre 200697 erfolgte eine Neuordnung des Zuständigkeitskatalogs des Art. 74 Abs. 1 GG: In dessen Nr. 1898 wurde die Kompetenz für das „Wohnungswesen“ durch den Verfassungsgeber „erheblich eingeschränkt“; es blieb „nur die Kompetenz zur Regelung des Wohngeldrechts, des Altschuldenhilferechts, des Wohnungsbauprämienrechts, des Bergarbeiterwohnungsbaurechts und des Bergmannssiedlungsrechts erhalten. Die übrigen Bereiche des Wohnungswesens, d. h. das Recht der sozialen Wohnraumförderung, der Abbau von Fehlsubventionierung im Wohnungswesen, das Wohnungsbindungsrecht, das Zweckentfremdungsrecht im Wohnungswesen sowie das Wohnungsgenossenschaftsvermögensrecht fallen damit in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder.“99 94

BGBl. I S. 1. Vgl. oben S. 27 ff. 96 Vgl. dazu oben S. 20 f. 97 Siehe dazu etwa Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 8 Rn. 40 ff., § 17 Rn. 7. 98 Siehe Art. 1 Nr. 7 Buchst. a Doppelbuchst. jj des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034). 99 So die Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum diesbezüglichen Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/813, S. 13 – ohne die Hervorhebungen. Vgl. etwa auch Christoph 95

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Durch die 2006 erfolgte Änderung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG wurde der Ermächtigung in Art. 6 § 1 MRVerbG „an sich“ die Kompetenzgrundlage entzogen. Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG gilt jedoch Recht, welches als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, als Bundesrecht fort. Gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG kann es allerdings durch Landesrecht ersetzt werden. Von dieser Möglichkeit hat das Land Berlin durch das ZwVbG von 2013 und die ZwVbVO von 2014 Gebrauch gemacht. Darauf beruft sich der Senat von Berlin in der Begründung zum Entwurf des ZwVbG mit folgenden Worten: „Das Land Berlin hat den durch Artikel 125 a Absatz 1 des Grundgesetzes eröffneten Spielraum für die Bundesländer hinsichtlich der Regelung von Fragen der sozialen Wohnraumversorgung wahrgenommen.“100 Gegen die Rechtsetzungskompetenz des Landes Berlin zur Regelung von Fragen der Zweckentfremdung von Wohnraum bestehen daher keine Einwände. b) Parlamentsvorbehalt Zu den vom Gesetzgeber in materieller Hinsicht zu beachtenden „SchrankenSchranken“ gehört der sogenannte Parlamentsvorbehalt.101 Dieser könnte hier dadurch verletzt sein, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin die Feststellung, ob im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen, nicht selbst getroffen, sondern in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG dem Senat durch Rechtsverordnung überlassen hat. aa) Herleitung und Umfang des Parlamentsvorbehalts Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus den Staatsstrukturprinzipien von Demokratie und Rechtsstaat102, dass der parlamentarische Gesetzgeber die „grundlegenden“103, „wesentlichen Entscheidungen“104 selbst

Degenhart, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 74 Rn. 81; Andreas Haratsch, in: Helge Sodan (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 74 Rn. 32; Philip Kunig, in: Ingo von Münch/Philip Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 74 Rn. 74. 100 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 101 Bodo Pieroth/Bernhard Schlink/Thorsten Kingreen/Ralf Poscher, Grundrechte. Staatsrecht II, 30. Aufl. 2014, Rn. 288. 102 Siehe zu diesen beiden Staatsstrukturprinzipien näher Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, §§ 6 und 7. 103 BVerfGE 33, 303 (346).

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treffen muss und diese nicht der Exekutive überlassen darf. Dem vom Parlament beschlossenen Gesetz kommt nämlich „gegenüber dem bloßen Verwaltungshandeln die unmittelbarere demokratische Legitimation zu, und das parlamentarische Verfahren gewährleistet ein höheres Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche und damit auch größere Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen“.105 Das Rechtsstaatsprinzip fordert, „die öffentliche Gewalt in allen ihren Äußerungen auch durch klare Kompetenzordnung und Funktionentrennung rechtlich zu binden, so daß Machtmißbrauch verhütet und die Freiheit des Einzelnen gewahrt wird“.106 „Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, der Vorrang des Gesetzes also, würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht schon die Verfassung selbst verlangen würde, daß staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen nur Rechtens ist, wenn es durch das förmliche Gesetz legitimiert wird.“107 Die damit begründete sogenannte Wesentlichkeitstheorie hat das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen konkretisiert. Es hielt zur Bestimmung des „Wesentlichen“ ein Vorgehen „mit großer Behutsamkeit“ für geboten und sprach von den „Gefahren einer zu weitgehenden Vergesetzlichung“; im „grundrechtsrelevanten Bereich bedeutet […] ,wesentlich‘ in der Regel ,wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte‘“.108 Die Wesentlichkeitstheorie lässt sich nicht nur zur Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine formell-gesetzliche Grundlage geboten ist, sondern gerade auch zur Klärung der notwendigen Regelungsdichte fruchtbar machen: Da die wesentlichen Entscheidungen dem Parlament selbst vorbehalten bleiben und als „parlamentarische Leitentscheidungen“109 somit durch formell-gesetzliche Festlegungen erfolgen sollen, wird der traditionelle Vorbehalt des Gesetzes110 für einen bestimmten Bereich zum Parlamentsvorbehalt fortentwickelt. Bei diesem handelt es sich demnach um einen „zum Delegationsverbot verdichteten Gesetzesvorbehalt“111, also um einen Gesetzesvorbehalt „im engeren“112 oder „strengen Sinn“113. 104 BVerfGE 45, 400 (417 f.); 47, 46 (78 f.); 49, 89 (126 f.); 58, 257 (268 f.); 82, 209 (224); 98, 218 (251). Siehe zur teilweise im Schrifttum vertretenen Kritik Helge Sodan, Freier Beruf und Berufsfreiheit, 1988, S. 27 f. 105 BVerfGE 40, 237 (249). 106 BVerfGE 33, 125 (158). 107 BVerfGE 40, 237 (248 f.). Siehe zur Bedeutung des Rechtsstaatsprinzips näher Helge Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, 1987, S. 450 ff. 108 BVerfGE 47, 46 (79); vgl. etwa auch BVerfGE 57, 295 (321); 98, 218 (251). 109 BVerfGE 47, 46 (83); 58, 257 (271). 110 Siehe dazu Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 7 Rn. 25 ff. 111 Walter Krebs, Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, Jura 1979, 304 (312). 112 Dieter Falckenberg, Zum Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, BayVBl. 1978, 166 (167).

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Zwar hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin entschieden, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin „kein generelles Mitwirkungsrecht bei grundlegenden Entscheidungen der Regierung“ besitze und ein so weit verstandener „allgemeiner Parlamentsvorbehalt“ der Verfassung von Berlin nicht entnommen werden könne.114 Auch im Land Berlin muss aber ein Parlamentsvorbehalt im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie gelten. Dies ergibt sich bereits aus deren Herleitung und damit aus den Staatsstrukturprinzipien von Demokratie und Rechtsstaat; nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG muss die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern „den Grundsätzen des […] demokratischen […] Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen“. Folgerichtig hat das Bundesverfassungsgericht den Parlamentsvorbehalt auch auf landesrechtliche Regelungen angewandt.115 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin enthält Art. 59 Abs. 1 VvB, wonach die für alle verbindlichen Gebote und Verbote auf Gesetz beruhen müssen, „für den Bereich der Verfassung von Berlin den vom Bundesverfassungsgericht für den Bereich des Grundgesetzes […] entwickelten und von ihm zuweilen als ,Wesentlichkeitstheorie‘ bezeichneten Grundsatz, daß im Verhältnis zwischen Staat und Bürger alle wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber, also normativ, zu treffen sind“.116 Der Umfang des parlamentarischen Regelungsvorbehalts bemisst sich „nach der Intensität, mit welcher die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen werden“.117 So ist etwa die zwangsweise Entlassung aus dem Gymnasium, welche in das Grundrecht des betroffenen Schülers auf freie Berufswahl und freie Wahl der Ausbildungsstätte gemäß Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, eine für den weiteren Berufs- und Lebensweg „sehr einschneidende Maßnahme“, so dass der parlamentarische Gesetzgeber die wesentlichen Bestimmungen über die zwangsweise Schulentlassung selbst zu regeln hat.118 bb) Folgerungen Nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen ist die Feststellung, ob im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen, wegen der damit verknüpften Regelungen eine sehr einschneidende Maßnahme mit hoher Grundrechtsintensität. Dies gilt gerade im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit zu Lasten der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung und in besonderem Maße für 113 Joseph Listl, Die Entscheidungsprärogative des Parlaments für die Errichtung von Kernkraftwerken, DVBl. 1978, 10 (12). 114 BerlVerfGH, LVerfGE 10, 96 (108); vgl. auch bereits LVerfGE 1, 131 (136 f.). 115 Siehe etwa BVerfGE 58, 257 (268 ff., 279 ff.). 116 BerlVerfGH, LVerfGE 10, 96 (107); ebenso bereits zu Art. 45 Abs. 1 VvB a. F. BerlVerfGH, LVerfGE 1, 131 (136). Vgl. ferner Petra Michaelis-Merzbach, in: Hans-Joachim Driehaus (Hrsg.), Verfassung von Berlin. Taschenkommentar, 3. Aufl. 2009, Art. 59 Rn. 1. 117 BVerfGE 58, 257 (274) – ohne die Hervorhebung. 118 BVerfGE 58, 257 (273 ff.).

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gewerbliche Anbieter119. Diese Vermieter haben als Folge der Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, einen „Bestandsschutz“ nur für die Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG); danach können sie ihre Räume lediglich dann als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung vermieten, wenn ihnen zuvor eine nur unter besonderen Voraussetzungen mögliche Genehmigung nach § 3 ZwVbG und § 3 ZwVbVO erteilt wurde. Gemäß § 4 Abs. 1 ZwVbVO ist eine Genehmigung „in der Regel mit der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung zu verbinden“. Das damit begründete repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt beruht auf der Vorstellung, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum „als sozial unerwünscht mißbilligt“ wird und „grundsätzlich verhindert werden“ soll.120 Bei einem derart schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit hätte das Abgeordnetenhaus von Berlin die Entscheidung darüber, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder in einzelnen Bezirken Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum daher unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt ist, in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG nicht dem Verordnungsgeber überlassen dürfen, sondern selbst treffen müssen. In der zu Regelungen über Zweckentfremdungsverbote von Wohnraum ergangenen Rechtsprechung ist zwar bislang – soweit ersichtlich – der Parlamentsvorbehalt nicht problematisiert worden. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass diese Judikatur sich insbesondere auf Vorschriften bezog, welche aufgrund der bundesrechtlichen Ermächtigung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG erlassen worden waren.121 Hätte man seinerzeit vom Bundesgesetzgeber verlangt, für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland zu entscheiden, ob jeweils die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet gewesen ist, wäre die Folge zweifellos eine „zu weitgehende Vergesetzlichung“122 gewesen. Gegen die Annahme, dass es insoweit Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers bedurft hätte, spricht letztlich ein „Blick auf den […] Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes“123. Anders verhält es sich jedoch in Bezug auf die Berliner Regelungen. Berlin, welches nach Art. 1 Abs. 1 VvB ein deutsches Land und zugleich eine Stadt ist, wird in der Rechtsprechung als „Einheitsgemeinde“124 qualifiziert. Dem Parlament dieser 119 Siehe zu dem dadurch auch betroffenen Grundrecht der Berufsfreiheit S. 69 ff. der vorliegenden Untersuchung. Siehe zum Begriff der gewerblichen Zimmervermietung S. 99 ff. 120 So BVerfGE 38, 348 (358) zu Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG. Vgl. bereits oben S. 27 f. der vorliegenden Untersuchung. 121 Vgl. oben S. 27 ff. 122 Siehe zu der Warnung vor entsprechenden Gefahren allgemein BVerfGE 47, 46 (79). 123 So die generelle Anforderung an den Parlamentsvorbehalt in BVerfGE 98, 218 (251). 124 BerlVerfGH, LVerfGE 1, 33 (37); 3, 28 (32 f.); 6, 32 (41); 11, 62 (65); BVerwG, NVwZ 2013, 662 (663).

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Einheitsgemeinde wäre es – anders als dem Deutschen Bundestag im Hinblick auf alle Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland – ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, die Entscheidung darüber, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder in einzelnen Bezirken Berlins besonders gefährdet ist, selbst zu treffen. Unterstützung etwa bei der Erhebung dafür erforderlicher Daten hätte der Senat von Berlin leisten können, der ohnehin den Entwurf des ZwVbG dem Abgeordnetenhaus von Berlin vorgelegt hat125. Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Angesichts der hohen Intensität, mit der hier die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen sind, hat das Abgeordnetenhaus von Berlin gegen den Parlamentsvorbehalt verstoßen, indem es die Entscheidung darüber, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder in einzelnen Bezirken Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum daher unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt ist, in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG dem Verordnungsgeber überlassen und nicht selbst getroffen hat. Die zuvor festgestellten Eingriffe in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit lassen sich also schon insoweit nicht verfassungsrechtlich rechtfertigen. Dieser Befund ist insofern von besonderer Bedeutung, als § 1 Abs. 1 ZwVbVO – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – auf sehr fragwürdigen Annahmen des Senats von Berlin beruht. c) Vereinbarkeit der ZwVbVO mit Vorgaben des ZwVbG Verneint man hier entgegen den soeben angestellten Überlegungen indessen einen Verstoß des Abgeordnetenhauses von Berlin gegen den Parlamentsvorbehalt, so stellt sich die Frage, ob § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO mit den Vorgaben in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG vereinbar ist. Soweit eine Rechtsverordnung des Landes Berlin nicht von ihrer „einfachgesetzlichen“ Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, verstößt sie nicht nur gegen das „einfachgesetzliche“ Landesrecht, sondern zugleich auch gegen Art. 64 Abs. 1 VvB, der Anforderungen für den Erlass von Rechtsverordnungen regelt.126 Nach Art. 64 Abs. 1 Satz 1 VvB kann der Senat oder ein Mitglied des Senats ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen; gemäß Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VvB müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im 125

Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/ d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 126 Vgl. entsprechend zu dem nur für bundesgesetzliche Ermächtigungen geltenden Art. 80 Abs. 1 GG Eckart Klein, in: Ernst Benda/Eckart Klein/Oliver Klein, Verfassungsprozessrecht. Ein Lehr- und Handbuch, 3. Aufl. 2011, Rn. 691 m. w. N.; Helge Sodan, Staatliches Gebührenrecht für Zahnärzte als Verfassungsproblem. Die Erste Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte auf dem Prüfstand des Grundgesetzes, 2012, S. 20, 39; ders./Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 53 Rn. 15.

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Gesetz bestimmt werden. Sollte sich § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO nicht in dem durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG als Ermächtigungsgrundlage gezogenen Rahmen halten, ließen sich hier die zuvor festgestellten Eingriffe in die Eigentumsfreiheit aus Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB auch aus diesem Grund nicht verfassungsrechtlich rechtfertigen. aa) Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Voraussetzungen eines Zweckentfremdungsverbots Klärungsbedürftig ist zunächst die Frage, welcher Maßstab an die gerichtliche Prüfung, ob die Voraussetzungen für ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegen, angelegt werden kann. Es stellt sich hier also das Problem, inwieweit die vom Senat von Berlin in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO getroffene Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist, einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden darf. Fraglich ist, ob sich der Beurteilungsspielraum, den das Landgericht Berlin vor wenigen Monaten dem Senat für Berlin für die Festlegung einer Kappungsgrenze in Bezug auf Mieterhöhungen zugestanden hat, sinngemäß auf das Zweckentfremdungsrecht übertragen lässt. Nach § 558 Abs. 3 BGB darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 und 560 BGB abgesehen, nicht um mehr als 15 Prozent erhöhen (Kappungsgrenze), wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete durch Rechtsverordnung der Landesregierung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren bestimmt sind. Von der in § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB enthaltenen Ermächtigung hat der Senat von Berlin durch Erlass der Verordnung zur Senkung der Kappungsgrenze gemäß § 558 Absatz 3 BGB (Kappungsgrenzen-Verordnung) vom 7. Mai 2013127 Gebrauch gemacht. Nach § 1 dieser Verordnung ist Berlin eine Gemeinde im Sinne von § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB, in welcher die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Gemäß § 2 der Verordnung ist diese am 19. Mai 2013 in Kraft getreten und wird mit Ablauf des 10. Mai 2018 außer Kraft treten. Das Landgericht Berlin führt in einem Urteil vom 3. Juli 2014 dazu aus: „Da dem Senat von Berlin als Verordnungsgeber ein Ermessenspielraum im Hinblick auf die Annahme einer besonderen Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder einem Teil davon sowie die Ausweisung dieser Gefährdungsgebiete nach § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB zustand, unterliegt die Kappungsgrenzen-VO zunächst nur der Kontrolle auf Prognosefehler: Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen nicht vertretbar, also so offensichtlich verfehlt sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage 127

GVBl. S. 128.

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können“; in Anwendung dieser Kriterien sei der Beurteilungsspielraum hier nicht überschritten.128

Die vom Landgericht Berlin zur Stützung dieser Rechtsauffassung zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts129 und des Bundesgerichtshofs130 betreffen jeweils die Frage, ob sich bestimmte Vergütungsregelungen als geeignet und damit verhältnismäßig erwiesen, und nicht etwa die Voraussetzungen für Verbote der Zweckentfremdung von Wohnraum. Im Hinblick auf solche Verbote führte das Oberverwaltungsgericht Berlin in seinem bereits genannten Urteil vom 13. Juni 2002131 zum Beurteilungsspielraum des Verordnungsgebers aus: „Bei der Einschätzung, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – die besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen – noch gegeben sind, hat der Verordnunggeber einen gewissen Beurteilungsspielraum, zumal es sich bei Veränderungen der Gesamtlage auf dem Wohnungsmarkt einer Großstadt um grundsätzlich langfristige Entwicklungen sehr komplexer Art handelt. Es obliegt daher zunächst ihm, den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an der Wandel der Verhältnisse eine angleichende Änderung der Rechtslage geboten erscheinen lässt. Erst wenn ein Ende der Mangellage auf dem Wohnungsmarkt insgesamt deutlich in Erscheinung getreten und das Zweckentfremdungsverbot daher offensichtlich entbehrlich geworden ist, tritt die Verordnung auch ohne ausdrückliche Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft.“132

Ein solches automatisches Außerkrafttreten einer ZweckentfremdungsverbotVerordnung muss „mit Rücksicht auf die Belange der Rechtssicherheit“133 an strenge Voraussetzungen geknüpft werden. Ein anderer Maßstab ist jedoch im Hinblick auf die gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot geboten, deren Vorliegen der Verordnungsgeber mit dem Erlass einer Rechtsverordnung wie der ZwVbVO bejaht hat. Wollte man insoweit – wie das Landgericht Berlin in Bezug auf die Kappungsgrenzen-Verordnung – den Beurteilungsspielraum erst dann für überschritten halten, „wenn die Erwägungen nicht vertretbar, also so offensichtlich verfehlt sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können“,134 würde dem Verordnungsgeber auf diese Weise praktisch eine „Blankovollmacht“ erteilt, deren Nutzung nur in extremen Fällen gerichtlich bean128

LG Berlin, WuM 2014, 554 (556). BVerfG (Kammerbeschl.), NJW-RR 2000, 1241 (1242). 130 BGHZ 157, 282 (287 ff.). 131 Vgl. oben S. 21 f. 132 OVGE BE 24, 81 (87) – ohne die Hervorhebung, im Anschluss an BVerwGE 59, 195 (197 f.); BVerwG, NJW 1983, 2893 (2895); Beschl. vom 22. November 1996 – 8 B 206/96, juris Rn. 4; OVG Berlin, NJW-RR 1998, 1087. 133 BVerwG, NJW 1983, 2893 (2895). 134 LG Berlin, WuM 2014, 554 (556). 129

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standet werden könnte. Dies wäre mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar: Danach steht jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Über die bloße Rechtswegeröffnung hinaus gewährleistet diese Verfassungsnorm gerade auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, enthält also ein Gebot effektiven Rechtsschutzes.135 „Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen […]. Dazu gehört vor allem, dass der Richter – bezogen auf das als verletzt behauptete Recht – eine hinreichende Prüfungsbefugnis über die tatsächliche und rechtliche Seite des Rechtsschutzbegehrens hat sowie über eine zureichende Entscheidungsmacht verfügt, um einer erfolgten oder drohenden Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen. Unbeschadet normativ eröffneter Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie der Tatbestandswirkung von Hoheitsakten schließt dies grundsätzlich eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, aus“.136 Während materielle Grundrechte wie die Eigentumsfreiheit „einen bestimmten Freiheits- und Gleichheitsstandard“ gewährleisten, sollen prozessuale Grundrechte wie die Rechtsschutzgarantie „deren Geltungskraft absichern, flankieren, ihnen zur Durchsetzung verhelfen“.137 Nach dem grundlegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975138 in Bezug auf die Ermächtigung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG bleibt dem Verordnungsgeber „als einem demokratisch legitimierten und politisch verantwortlichen Staatsorgan“ zwar „ein gewisser Beurteilungsspielraum für sein Eingreifen“139; diese Entscheidung enthält jedoch zugleich deutliche Hinweise darauf, in welchen Fällen die Versorgung der Bevölkerung einer Gemeinde mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. In fast wörtlicher Übernahme von Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts140 legte das Oberverwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 13. Juni 2002 dar: „Die Begriffe ,ausreichende Versorgung‘ und ,angemessene Bedingungen‘ verweisen dabei, weil eine Beeinflussung des Wohnungsangebots nur in besonders gefährdeten Gebieten einsetzen soll, nicht auf einen wünschbaren Idealzustand, sondern auf die Sicherstellung des Normalen. ,Ausreichende Versorgung‘ bedeutet daher nur ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, nicht aber ein – kurzfristig vielleicht erstrebenswertes – 135 Siehe etwa BVerfGE 84, 34 (49); 104, 220 (231 f.); 112, 185 (207); 129, 1 (20); BVerfG (Kammerbeschl.), DVBl. 2004, 431 (432); NJW 2005, 1855; NZS 2011, 619 (620); NJW 2013, 39 (40); NVwZ 2013, 500 (501). 136 BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ 2010, 435 (437); vgl. auch bereits BVerfGE 61, 82 (111); 84, 34 (49); 129, 1 (20). 137 Horst Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. vor Art. 1 Rn. 77. 138 Vgl. dazu bereits oben S. 27 ff. 139 BVerfGE 38, 348 (363) – ohne die Hervorhebung. 140 Siehe BVerfGE 38, 348 (360); vgl. oben S. 28 der vorliegenden Untersuchung.

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen preisdrückendes Überangebot; sie bedeutet ferner nicht ein Angebot von Wohnungen besonders gehobener oder besonders einfacher Größe und Ausstattung, sondern von Wohnungen, wie sie dem allgemein für Wohnungen der entsprechenden Gegend und Lage anzutreffenden Standard entsprechen. ,Angemessene Bedingungen‘ bedeutet nicht außergewöhnlich niedrige Mieten, sondern Mieten, die, für Wohnungen der entsprechenden Art, von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt allgemein, d. h. auch außerhalb der besonders gefährdeten Gebiete, tatsächlich aufgebracht werden, und zwar einschließlich der vom Staat gewährten finanziellen Hilfen“.141

Anders als Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG ermächtigt § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG den Senat von Berlin dazu, die Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, gegebenenfalls auf einzelne Bezirke zu beschränken und damit das Zweckentfremdungsverbot nicht auf das gesamte Stadtgebiet zu erstrecken. In der Begründung zu dem diesbezüglichen Gesetzentwurf heißt es: „Um zielgenau die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum sicherzustellen und zugleich eine Überregulierung zu vermeiden, wird nunmehr die Möglichkeit eröffnet, das Zweckentfremdungsverbot auch nur auf einzelne Bezirke Berlins anzuwenden. Damit soll der differenzierten Entwicklung des Wohnungsmarktes in Berlin und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden. Der mit dem durch das Zweckentfremdungsverbot verbundene Eingriff in Artikel 14 des Grundgesetzes erfordert, dass die Möglichkeit bestehen muss, als minderschweren Eingriff auch nur einzelne Bezirke unter den Schutz dieses Gesetzes zu stellen.“142

Dieser Möglichkeit lässt sich der in einem Beschluss aus dem Jahre 2003 vom Bundesverwaltungsgericht gegebene Hinweis, es könne nicht davon ausgegangen werden, „dass bei einer auf das Gemeindegebiet zu beziehenden Zweckentfremdungsverbotverordnung eine räumlich nach Stadtteilen oder Wohngebieten differenzierte Betrachtung der Wohnungsmarktlage angezeigt oder zulässig wäre“,143 nicht entgegenhalten. Denn diese Entscheidung ist in Anwendung von Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG ergangen, der zu einer solchen Differenzierung eben nicht ermächtigt. Seitdem das Zweckentfremdungsrecht im Wohnungswesen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt144, steht es dem Land Berlin frei, ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum auf einzelne Bezirke zu beschränken. bb) Folgerungen Der Senat von Berlin führt in der Begründung zum Entwurf des ZwVbG aus: 141

OVGE BE 24, 81 (86). Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 143 BVerwG, NVwZ 2003, 1125 (1126). Vgl. dazu LG Berlin, WuM 2014, 554 (557). 144 Vgl. oben S. 39 f. 142

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„Da die Bevölkerung Berlins nicht überall im Stadtgebiet in genügendem Maße mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt werden kann, bedarf es neben den Möglichkeiten der Sanierung von Wohnraum und der Schaffung von neuem Wohnraum auch eines geeigneten Instruments, durch das der Verwendung des vorhandenen Wohnraumbestandes zu anderen als Wohnzwecken entgegengewirkt werden kann.“145

Fast wortgleich sind Darlegungen des Senats von Berlin in der Begründung zur ZwVbVO.146 Wenn aber „die Bevölkerung Berlins nicht überall im Stadtgebiet in genügendem Maße mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt werden kann“, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass in bestimmten Bezirken – wohl sogar in einer Mehrheit der Bezirke – die in § 1 Abs. 1 ZwVbG genannten Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot eben nicht vorliegen. In deutlichem Widerspruch dazu stehen die Feststellung von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist, und die dazu durch den Senat von Berlin gegebene Begründung. Danach sei „eine Prüfung hinsichtlich der Wohnungsmangellage im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 1 des ZweckentfremdungsverbotGesetzes auf der Basis eines Indikatorensets durchgeführt“ worden „mit dem Ergebnis, dass derzeit im gesamten Stadtgebiet Berlins die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen als besonders gefährdet anzusehen“ sei.147 Das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot habe man „auf der Basis von Grundlagendaten und der Berechnung von sieben Indikatoren überprüft: - Wohnungsversorgungsentwicklung 2006 bis 2012 - Wohnungsversorgungsquote 2012 - Binnenumzüge 2012/2006 - Index Angebotsmieten / Bestandsmieten 2012/2006 - Resteinkommen / Verbraucherpreisindex 2012/ 2006 (ökonomische Situation) - Neuvermietungsbelastung nettokalt 2012/2006 - Index preisgünstige Miet-/Kaufangebote / Berechtigte Haushalte“.148 145 Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), S. 1, ebenso S. 9, AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 146 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 5 (http://www.par lament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 147 Senat von Berlin, a.a.O., S. 6. 148 Senat von Berlin, a.a.O., S. 7.

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

Zur Rechtfertigung für die Auswahl dieser Indikatoren heißt es in der Begründung der ZwVbVO durch den Senat von Berlin: „Dieses Indikatorenset wurde im August 2013 einer Runde von unabhängigen Experten vorgestellt (anerkannte Fachleute aus dem Kreis privater Institute, die sich wissenschaftlich mit wohnungswirtschaftlichen Fragestellungen auseinandersetzen). Es bestand Einigkeit darüber, dass rein theoretisch auch andere Indikatoren herangezogen werden könnten, die ausgewählten Indikatoren aber hinsichtlich der zu überprüfenden Voraussetzungen sämtlich aussagekräftig und die vorgenommenen Zeitvergleiche sinnvoll seien.“149

Die Namen der „unabhängigen Experten“ werden darin nicht aufgeführt. Als Begründung für den Vergleich des Jahres 2006 mit 2012 verweist der Senat von Berlin darauf, dass „2006 berlinweit ein weitgehend entspannter Wohnungsmarkt“ vorgelegen habe.150 Eine „Verengung des Wohnungsmarktes“, von der er noch im Juni 2013 – seinerzeit eher zurückhaltend – in seiner Begründung zum Entwurf des ZwVbG gesprochen hat,151 mag sich zwar aus einer Betrachtung des Zeitraums von 2006 bis 2012 besonders deutlich herleiten lassen. Daraus folgt aber noch nicht zwingend, dass diese „Verengung des Wohnungsmarktes“ in Berlin ein solches Ausmaß angenommen hat, dass derzeit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, und das Jahr 2006 überhaupt ein geeignetes Referenzjahr darstellt. In einem Urteil aus dem Jahre 1983 hat sich das Bundesverwaltungsgericht in Auslegung von Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG ohnehin kritisch zu einer „rein quantitativen Betrachtungsweise“ geäußert und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass „der Rückgriff auf statistische Erhebungen die Festlegung eines mehr oder weniger willkürlich ausgewählten Stichtags“ erfordere.152 In der Begründung der ZwVbVO durch den Senat von Berlin heißt es zum Indikator „Binnenumzüge 2006 bis 2012“: „Dieser Indikator bildet das Eingriffskriterium ,ausreichender Wohnraum‘ ab. In die Gesamtbewertung fließt der Indikator mit einem Wert von -3 ein und gibt damit einen stärkeren Rückgang der Umzüge innerhalb Berlins wieder. Rückläufige innerstädtische Umzugszahlen weisen darauf hin, dass sich die Wohnungsmarktsituation angespannt hat und Umzüge deutlich schwerer zu realisieren sind.“153

149

Senat von Berlin, a.a.O., S. 7. Senat von Berlin, a.a.O., S. 7. 151 Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), S. 2, ebenso S. 9, AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 152 BVerwG, NJW 1983, 2893 (2894). 153 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 8 (http://www.par 150

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Dagegen finden sich in der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Auftrag gegebenen und von der GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH im Jahre 2012 erstellten Wohnungsmarktanalyse zum „Indikator Fluktuation“ folgende Hinweise: „Vergleicht man die Wohndauer in den Berliner Prognoseräumen, ist eine überdurchschnittliche Fluktuation als Hinweis auf Aufwertungsprozesse durch Modernisierungen und Umwandlungen zu werten. Deutlich mehr Bewohner als in anderen Gebieten werden durch steigende Mieten veranlasst, die Wohnung zu wechseln. Der Vergleich der Karten 6 ,Fluktuation‘ und 7 ,Angebotsmieten‘ macht diesen Effekt deutlich. Der Indikator Fluktuation ist daher dem Eingriffskriterium ,angemessene Bedingungen‘ zuzuordnen. Die Fluktuation wird anhand der Wohndauer der Einwohner in den Prognoseräumen ausgewiesen. Je geringer der Anteil der Einwohner ist, die mindestens fünf Jahre im Gebiet leben, desto höher ist die Fluktuation. Die stärkste Fluktuation ist im Stadtzentrum und in den angrenzenden gründerzeitlichen Quartieren festzustellen.“154

Die beiden Zitate aus der Begründung der ZwVbVO einerseits und der Wohnungsmarktanalyse der GEWOS andererseits zeigen, dass eine niedrige bzw. hohe Fluktuation auf unterschiedlichen Ursachen beruhen kann, so dass sich die Verwendung der „Binnenumzüge 2006 bis 2012“ als Indikator für das Fehlen „ausreichenden Wohnraums“ als sehr problematisch erweist. In der Wohnungsmarktanalyse der GEWOS von 2012, auf die sich der Senat von Berlin in seiner Begründung zum Entwurf des ZwVbG aus dem Jahre 2013 zur Stützung seiner These von der „Verengung des Wohnungsmarktes“ in Berlin ausdrücklich beruft,155 wird folgende „Wohnungsmarktbilanz“ gezogen: „Nach allgemeiner Erfahrung ist ein Wohnungsüberhang von mindestens drei Prozent erforderlich, damit ein Wohnungsmarkt funktioniert und die Versorgung der Bevölkerung rein quantitativ sichergestellt ist. Im Abgleich der wohnungsmarktrelevanten Haushalte mit dem verfügbaren Wohnungsbestand zeigt sich in allen Prognoseräumen ein Wohnungsüberhang. Insbesondere in den zentralen Stadtbereichen ist dieser jedoch nur marginal und beträgt maximal ein Prozent. In der Realität ist davon auszugehen, dass in diesen Gebieten das Wohnungsangebot noch geringer ist, da Umnutzungen durch Büros und Praxen nicht berücksichtigt werden konnten.

lament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 154 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Indikatorensystem zur kleinräumigen Wohnungsmarktanalyse, Bericht Berlin April 2012, S. 11 (http://berlinappell.blogsport.de/images/GewosGutachtenWeb.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 155 Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), S. 2, ebenso S. 9 f., AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen Angebotsüberhänge mit drei Prozent und mehr sind hingegen in weniger attraktiven Stadtquartieren wie Gesundbrunnen, Wedding, Neukölln, Spandau, Buch Hellersdorf oder Marzahn zu finden. Hier ist das Wohnungsangebot noch ausreichend.“156

Bereits angesichts dieser erheblichen Angebotsüberhänge ist es sehr zweifelhaft, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist.157 Wie bereits dargelegt wurde158, bedeutet „ausreichende Versorgung“ nach dem grundlegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1975159, dem sich etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil von 2002 angeschlossen hat160, „nur ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, nicht aber ein […] preisdrückendes Überangebot“. Ferner ist zu beachten, dass „angemessene Bedingungen“ nach dieser Rechtsprechung „nicht außergewöhnlich niedrige Mieten“ bedeutet, „sondern Mieten, die, für Wohnungen der entsprechenden Art, von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt allgemein, d. h. auch außerhalb der besonders gefährdeten Gebiete, tatsächlich aufgebracht werden, und zwar einschließlich der vom Staat gewährten finanziellen Hilfen“.161 Nach einem im November 2014 von GEWOS vorgelegten, noch unveröffentlichten Bericht162 konnten in „Folge der Verknappung des Wohnungsangebots […] in Berlin nach fast einem Jahrzehnt der weitgehenden Stagnation wieder Mietsteigerungen am Markt durchgesetzt werden“. Aufgrund des in den letzten Jahren für Berlin festzustellenden wirtschaftlichen Erholungsprozesses kam es zu Zuzügen zahlreicher gut verdienender Menschen nach Berlin aus beruflichen Gründen. Eine Steigerung des Einkommensniveaus wirkt sich aber unmittelbar auf den Anteil der Wohnkosten an den Einkommen aus. In dem Bericht der GEWOS vom November 2014 heißt es dazu: „Im internationalen Vergleich sind die Wohnkosten in deutschen Städten und insbesondere in Berlin niedrig. Dies hat viele Ursachen. Zu den wichtigsten gehören der staatlich gestützte Wohnungsneubau, die gesetzlichen Schutzmechanismen zur Begrenzung der Miethöhe und die dezentrale Struktur Deutschlands, die die Fokussierung auf ein wirtschaftliches Zentrum verhindert, wie dies in London, Paris oder Tokio der Fall ist.

156

GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Indikatorensystem zur kleinräumigen Wohnungsmarktanalyse, Bericht Berlin April 2012, S. 6 (http://berlinappell. blogsport.de/images/GewosGutachtenWeb.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 157 Vgl. Raimund Körner/Gero Vaagt, Die Vermietung von Ferienwohnungen in Berlin als Zweckentfremdung von Wohnraum, Berliner Anwaltsblatt 2014, 181 (183). 158 Vgl. oben S. 28, 47 f. 159 BVerfGE 38, 348 (360). 160 OVGE BE 24, 81 (86). 161 BVerfGE 38, 348 (360); OVGE BE 24, 81 (86). 162 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 14.

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Die Auswertung der Angebotsmieten im Internet vom 4. Quartal 2012 bis zum 3. Quartal 2013 zeigt, dass auch innerhalb Berlins erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Mietniveaus bestehen. Die Angebotsmieten liegen mit 8,05 Euro/m2 im Median über der ortsüblichen Vergleichsmiete von 5,54 Euro/m2, wie sie der Mietspiegel dokumentiert. Besonders hoch ist das Preisniveau im Zentrum Berlins und in den traditionell gutbürgerlichen Wohnlagen Charlottenburgs, Wilmersdorfs, Schönebergs und Zehlendorfs. Während dort der Wohnungsbestand schon seit je her eher hochwertig war, spiegelt sich im Zentrum die Aufwertung ganzer Stadtteile nach der Wiedervereinigung Berlins wider. Ehemalige gründerzeitliche Arbeiterquartiere gelten heute nach der Modernisierung als begehrte Wohnlagen. Auch der ehemalige Westberliner Bezirk Kreuzberg weist in seinen Altbaugebieten hohe Angebotsmieten auf. Hier ist das vielfältige innerstädtische Angebot ausschlaggebend für die Attraktivität des Stadtteils. In weiten Teilen des Stadtgebiets werden Wohnungen jedoch preisgünstiger angeboten. Besonders niedrig sind die Mietpreise in Großwohnsiedlungen Spandaus, Reinickendorfs, Neuköllns und Marzahn-Hellersdorfs. Hier liegen die Angebotsmieten mehr als 30 % unter dem Median von 8,05 Euro/m2.“163

Die erheblichen Unterschiede der Angebotsmieten hätten den Senat von Berlin zu einer differenzierten Untersuchung der Wohnlagen veranlassen müssen, die ausweislich der Begründung der ZwVbVO jedoch unterblieben ist. Diese Begründung lässt nicht erkennen, dass der Senat von Berlin auch nur ernsthaft erwogen hat, das Zweckentfremdungsverbot lediglich auf einzelne Bezirke Berlins zu beschränken. Eine entsprechende Prüfung ist ihm aber durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG auferlegt. Mit einer pauschalen Betrachtungsweise, welche die zwischen einzelnen Bezirken bestehenden wesentlichen Unterschiede auf dem Wohnungsmarkt letztlich nivelliert, wird jedoch der gesetzgeberische Zweck verfehlt, „zielgenau die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum sicherzustellen und zugleich eine Überregulierung zu vermeiden“, indem „der differenzierten Entwicklung des Wohnungsmarktes in Berlin“ Rechnung getragen wird164. Darin liegt ein gravierender Beurteilungsfehler. Dies gilt auch insoweit, als der Senat von Berlin im März 2014 die ZwVbVO erlassen hat, obwohl er in der diesbezüglichen Begründung feststellen musste: „Aus den ersten Ergebnissen des Zensus 2011 liegen zwar Daten zum Bevölkerungsstand vor, aber wie sich diese auf die für den Wohnungsmarkt relevante Nachfragegröße der Haushalte auswirkt, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Ergebnisse hierzu werden erst im Frühjahr 2014 veröffentlicht. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, wie sich die Ergebnisse des Zensus 2011 auf die Hochrechnungen der Privathaushalte im Rahmen des Mikrozensus auswirken werden, die die Grundlage für die Darstellung der Versorgungsquote und der

163

GEWOS, a.a.O., S. 16 f. Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). Vgl. bereits oben S. 48 der vorliegenden Untersuchung. 164

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen Prognose sind. Auch hier werden Ergebnisse erst im Jahr 2014 für den Mikrozensus 2013 erwartet.“

Es ist schlicht unverständlich und rechtsfehlerhaft, dass der Senat von Berlin diese wichtigen Ergebnisse nicht abgewartet und in seine Prüfung einbezogen hat, ob wirklich die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist, zumal der Zensus 2011 für Berlin eine nicht unwesentlich geringere Bevölkerungszahl ergeben hat, als zuvor angenommen wurde165. Nicht nachvollziehbar ist ferner, weshalb sich der Senat von Berlin in seiner Begründung der ZwVbVO nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung zum Zweckentfremdungsrecht auseinandergesetzt und lediglich an einer Stelle166 auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 13. Juni 2002 verwiesen hat, welches die damalige 2. ZwVbVO zum 1. September 2000 außer Kraft gesetzt hat167. Seine diesbezügliche Ignoranz begründete der Senat von Berlin wie folgt: „Die in den Ermächtigungsgrundlagen verwendeten Rechtsbegriffe (ausreichender Wohnraum, angemessene Bedingungen und besondere Gefährdung) sind unbestimmt und es mangelt in der Rechtsprechung zur bundesrechtlichen Regelung in §§ 1 und 2 des Artikel 6 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (MietRVerbG vom 04. 11. 1971, zuletzt geändert am 19. 04. 2006), als auch in den entsprechenden Kommentierungen an einer einheitlichen Festlegung der hierfür heranzuziehenden Beurteilungsfaktoren.“168

Auf eine solche „einheitliche Festlegung“ kommt es hier jedoch gar nicht an. Maßgebend sind nämlich bis heute insbesondere die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinem bereits mehrfach169 genannten grundlegenden Beschluss aus dem Jahre 1975, welche das Oberverwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil von 2002 übernommen und konkret auf den damaligen Berliner Wohnungsmarkt angewandt hat. Zwar betrafen diese Entscheidungen unmittelbar die in Art. 6 § 1 Abs. 1 165 Auf die Konsequenzen des Zensus 2011 haben in der Öffentlichen Sitzung des AGHAusschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr am 4. September 2013 Stephan la Barré (Apartment Allianz Berlin) und Carsten Brückner (Haus & Grund Berlin) hingewiesen; siehe das Wortprotokoll dieser Sitzung, S. 6, 13 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/ protokoll/bv17-030-wp.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 166 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 5 (http://www.par lament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 167 Vgl. oben S. 21 f. 168 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 6 (http://www.par lament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 169 Vgl. oben S. 28 f., 47 f., 52.

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Satz 1 MRVerbG enthaltene Ermächtigung; die dort aufgeführten Begriffe „ausreichender Wohnraum“, „angemessene Bedingungen“ und „besondere Gefährdung“ stimmen jedoch wörtlich mit den Voraussetzungen überein, welche § 1 Abs. 1 ZwVbG für ein Zweckentfremdungsverbot aufstellt. Jeder Amtsträger hat die Amtspflicht, „die Aufgaben und Befugnisse der juristischen Person des öffentlichen Rechts, in deren Namen und Rechtskreis er tätig wird, im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen“.170 Diese Amtspflicht zum gesetzmäßigen Verhalten umfasst auch die Pflicht zur Beachtung der Rechtsprechung, insbesondere der höchstrichterlichen.171 Nach der Judikatur des Bundesgerichtshofs „ist eine unrichtige Gesetzesauslegung und -anwendung grundsätzlich dann eine Pflichtverletzung, wenn sie gegen den klaren, bestimmten und eindeutigen Wortlaut der Norm verstößt oder wenn die bei ihr aufgetretenen Zweifelsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt waren“.172 Der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts hätte der Senat von Berlin entnehmen können und müssen, dass die geforderte besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen „von qualitativ besonderer Beschaffenheit“ sein muss; es kommt also darauf an, „ob eine Gemeinde durch sachliche Eigenarten gekennzeichnet wird, die geeignet sind, den Wohnungsmarkt für breitere Bevölkerungsschichten negativ zu beeinflussen und ihm so eine spezifische Labilität zu vermitteln.“173 Dadurch, dass der Senat von Berlin seine Bindung an die genannte Judikatur zum Zweckentfremdungsrecht offenbar nicht erkannte und diese Rechtsprechung seiner Prüfung der Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot nicht zugrunde legte, missachtete er hier die rechtlichen Grenzen für die Wahrnehmung seines Beurteilungsspielraums. Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO vom Senat von Berlin getroffene Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet besonders gefährdet ist, hält sich nicht in dem durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG als Ermächtigungsgrundlage gezogenen Rahmen. Dies gilt zumindest insoweit, als der Senat von Berlin die erforderliche Differenzierung zwischen den einzelnen Bezirken unterlassen und auf diese Weise seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Im Hinblick auf die Einbeziehung von Bezirken in das Zweckentfremdungsverbot, in denen die Voraussetzungen dafür gar nicht vorliegen, lassen sich die zuvor festgestellten Eingriffe in die Eigentumsfreiheit aus Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB also nicht verfassungsrechtlich rechtfertigen.

170 Hans-Jürgen Papier, in: Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 5, 6. Aufl. 2013, § 839 Rn. 193. 171 Vgl. etwa BGHZ 84, 285 (287); Papier, a.a.O. 172 BGH, NJW 1963, 1453 (1454). 173 BVerwG, NJW 1983, 2893 (2894).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

d) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eine solche Rechtfertigung könnte hier ferner wegen Verstoßes von Regelungen über das Zweckentfremdungsverbot gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausscheiden, dem als „Schranken-Schranke“ eine geradezu überragende Bedeutung zukommt. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Grundgesetz ist die Existenz des Verhältnismäßigkeitsprinzips allgemein anerkannt.174 Diesem Grundsatz müssen auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums genügen.175 Der Gesetzgeber ist verpflichtet, „die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis“ zu bringen.176 „Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit der verfassungsrechtlichen Vorstellung eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang“.177 Bei der Abwägung ist also die in Art. 14 Abs. 2 GG verankerte Sozialbindung des Eigentums zu beachten. Das Allgemeinwohl ist jedoch „nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzulegenden Belastungen“.178 Verbreitet ist mit der Untersuchung von Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der staatlichen Maßnahme (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) ein dreistufiger Aufbau der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Da die Wahrung dieser Anforderungen nur unter Bezugnahme auf einen konkreten Zweck ermittelt werden kann, ist – was nicht selten übersehen wird – die Prüfung der Verfolgung eines legitimen Zwecks voranzustellen.179 aa) Verfolgung eines legitimen Zwecks Der Gesetzgeber hat hinsichtlich der Frage, welche Zwecke er verfolgen darf, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Unterscheiden lassen sich „absolute“, d. h. von der Verfassung selbst vorgegebene Gemeinschaftswerte von „relativen“ Gemeinschaftsinteressen, die erst vom „einfachen“ Gesetzgeber in einen solchen Rang erhoben werden.180 174

Siehe aus der Fülle des Schrifttums etwa Eberhard Grabitz, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 98 (1973), 568 ff.; Lothar Hirschberg, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1981; Barbara Remmert, Verfassungs- und verwaltungsrechtsgeschichtliche Grundlagen des Übermaßverbotes, 1995. 175 BVerfGE 21, 150 (155); 42, 263 (295); 50, 290 (341); 75, 78 (97 f.); 81, 29 (31 f.). 176 BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ 2012, 429 (430). 177 BVerfGE 101, 239 (259); fast wortgleich BVerfGE 52, 1 (29); 101, 54 (75); vgl. ferner BVerfGE 122, 374 (391); 126, 331 (360). 178 BVerfGE 100, 226 (241). 179 Horst Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. vor Art. 1 Rn. 146; Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Vorb. vor Art. 1 Rn. 62. 180 Vgl. BVerfGE 13, 97 (107); Eberhard Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, 1976, S. 65 f.; Helge Sodan, Berufsständische Zwangsvereinigung auf dem Prüfstand des Grundgesetzes, 1991, S. 51 f.

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Nach dem grundlegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 dient eine „allgemein ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen […] unmittelbar der Bereitstellung des für den Einzelnen und für die Familie unentbehrlichen Wohnraums. Wenn diese Versorgung besonders gefährdet ist […], so bedeutet das für eine Vielzahl von Menschen, daß sie keinen ausreichenden Wohnraum haben. Der soziale Bezug, der dem Wohnraum ohnehin innewohnt, verstärkt sich noch erheblich. In einer solchen Situation ist es eine im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte, am Gemeinwohl orientierte Maßnahme, die Zweckbestimmung des vorhandenen Wohnraums dadurch zu erhalten, daß seine Zweckentfremdung grundsätzlich verboten wird.“181 Die Begründung zum Entwurf des ZwVbG nennt als gesetzgeberisches Ziel die „Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung“ und sieht darin „eine zentrale Aufgabe der Wohnungspolitik“.182 Zu erinnern183 ist auch an folgende Ausführungen in der Begründung zum Entwurf des ZwVbG und der Begründung der ZwVbVO: „Da die Bevölkerung Berlins nicht überall im Stadtgebiet in genügendem Maße mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt werden kann, bedarf es neben den Möglichkeiten der Sanierung von Wohnraum und der Schaffung von neuem Wohnraum auch eines geeigneten Instruments, durch das der Verwendung des vorhandenen Wohnraumbestandes zu anderen als Wohnzwecken entgegengewirkt werden kann.“184

Damit dient das im ZwVbG und in der ZwVbVO geregelte Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum prinzipiell einem legitimen Zweck. Das Bundesverfassungsgericht nimmt gelegentlich für sich die Befugnis in Anspruch, die Überprüfung eines Gesetzes auf alle denkbaren Zwecke zu erstrecken und damit nicht nur auf diejenigen, welche der Gesetzgeber ausweislich der einschlägigen Gesetzesmaterialien verfolgt.185 Daher könnte hier der in der Literatur geäußerte 181

BVerfGE 39, 348 (370 f.); vgl. bereits oben S. 30 der vorliegenden Untersuchung. Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), S. 1, ebenso S. 9, AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 183 Vgl. bereits oben S. 49. 184 Senat von Berlin, Vorblatt der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), S. 1, ebenso S. 9, AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014); fast wortgleich Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 5 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 185 Siehe etwa BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 1998, 1776 (1777); NZS 2008, 311 (312). 182

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

Verdacht von Bedeutung sein, das ZwVbG richte sich insbesondere gegen die Ferienwohnungsnutzungen und verfolge in Wahrheit städtebaurechtliche Ziele.186 Möglicherweise liege also ein „Etikettenschwindel“ vor.187 Dies wäre rechtlich insofern relevant, als in der Rechtsprechung188 geklärt ist, dass die in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG enthaltene und dem § 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 1 ZwVbG im Wesentlichen entsprechende Ermächtigung „nicht dazu dienstbar gemacht werden“ darf, „Ziele städtebaulicher Art (Erhaltung von geschlossenen Wohnvierteln, Denkmalschutz, Sanierungsvorhaben und dergleichen) zu verfolgen, oder allgemein unerwünschte oder schädliche Entwicklungen auf den Grundstücks-, Wohnungs- und Baumärkten zu verhindern oder einzudämmen, wenn und solange die ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gesichert ist“. Ein sicherer Nachweis für den gemutmaßten „Etikettenschwindel“ dürfte sich jedoch nicht führen lassen. bb) Geeignetheit der Maßnahme An die Feststellung, dass die zu kontrollierende staatliche Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgt, schließt sich die Prüfung der Geeignetheit dieser Maßnahme an. Ein Mittel ist im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geeignet, „wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann“.189 Das Mittel muss also nicht optimal, sondern nur der Zweckerreichung dienlich sein.190 Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Rahmen von dessen wirtschafts-, arbeits- und sozialpolitischen Entscheidungsfreiheit einen grundsätzlich nicht nachprüfbaren Prognosespielraum bzw. eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Ungewissheit über die Auswirkungen eines Gesetzes eingeräumt und sich darauf beschränkt, unter Berücksichtigung des zu prüfenden Sachbereichs, der Beurteilungsmöglichkeit und der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter eine Evidenzkontrolle191, eine Vertretbarkeitskontrolle192 oder eine weitgehende inhaltliche Kontrolle193 durchzuführen. Der vom Gesetzgeber angestrebte Erfolg muss aber bei einer ex-ante-Betrachtung zumindest als möglich erscheinen.194 Das eingesetzte Mittel ist also nicht geeignet und daher unverhältnismäßig, wenn es „objektiv un186 Siehe Michael Schultz, Das neue Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, GE 2014, 96 (98). 187 Raimund Körner/Gero Vaagt, Die Vermietung von Ferienwohnungen in Berlin als Zweckentfremdung von Wohnraum, Berliner Anwaltsblatt 2014, 181 (186). 188 Siehe BVerfGE 38, 348 (360); BVerwG, NVwZ 2003, 1125 (1126). 189 BVerfGE 30, 292 (316); 33, 171 (187); 115, 276 (308); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2011, 1578 (1580); vgl. ferner BVerfGE 90, 145 (172); 117, 163 (188). 190 Horst Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. vor Art. 1 Rn. 147. 191 Vgl. BVerfGE 37, 1 (20); 40, 196 (223). 192 Vgl. BVerfGE 25, 1 (12 ff.); 30, 250 (263); 50, 290 (333 f.); 77, 84 (106). 193 Vgl. BVerfGE 7, 377 (415); 17, 269 (276 ff.); 45, 187 (237 ff.). 194 Vgl. BVerfGE 25, 1 (12 f.); 30, 250 (263); 67, 157 (175); 96, 10 (23).

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tauglich“195, „objektiv ungeeignet“196 oder „schlechthin ungeeignet“197 ist. Es kommt folglich darauf an, ob sich der Gesetzgeber an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Datenmaterials orientiert und die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat, um die voraussichtlichen Auswirkungen der Regelung so zuverlässig wie möglich abschätzen zu können.198 Über Wertungen und tatsächliche Beurteilungen des Gesetzgebers kann sich das Bundesverfassungsgericht jedenfalls dann „hinwegsetzen, wenn sie widerlegbar sind“.199 Die Anforderungen an die Geeignetheit einer Maßnahme und damit an den Grad der Sicherheit einer Prognose „steigen proportional zur Intensität der Freiheitsbeschränkung“.200 Zwar bestehen nach den bereits oben angestellten Überlegungen201 erhebliche Zweifel an der in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO getroffenen Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist. Ein repressives Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Befreiungsvorbehalt202 erweist sich aber auch im Hinblick auf diejenigen Bezirke, in denen (noch) keine solche Gefährdung vorliegt, nicht von vornherein als objektiv untauglich zur Förderung des gesetzgeberischen Zwecks, die Wohnraumversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Denn mit einem Zweckentfremdungsverbot kann jedenfalls „die Verringerung des vorhandenen Wohnraumbestandes verhindert werden“203. Dies gilt hingegen nicht für denjenigen Fall, in dem die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung keinen Einfluss auf den Wohnungsmarkt hat. Wird diesem durch eine bestimmte Nutzung kein Wohnraum entzogen, stellt das Zweckentfremdungsverbot keine geeignete Maßnahme dar, um das legitime Ziel der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung zu erreichen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn lediglich einzelne Zimmer kurzzeitig vermietet werden oder eine Wohnung etwa während einer Urlaubsreise Fremden zur Verfügung gestellt wird. Diese Zimmer bzw. Wohnungen stünden dem Wohnungsmarkt ohnehin nicht zur Verfügung. Hinsichtlich der einzelnen Zimmer hängt dies freilich von der zukünftigen Verfahrensweise des Verfügungs- bzw. Nutzungsberechtigten ab. In seinem weiten Prognosespielraum könnte der Gesetz195

BVerfGE 16, 147 (181); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2011, 1578 (1580). BVerfGE 17, 306 (317) betr. Mitfahrerzentralen (Untauglichkeit des Mittels bejaht). 197 BVerfGE 19, 119 (127); 73, 301 (317). 198 BVerfGE 50, 290 (333 f.); vgl. dazu ferner BVerfGE 90, 145 (173). 199 BVerfGE 45, 187 (238). 200 SG München, SGb. 1996, 134 (135). 201 Vgl. S. 51 ff. 202 Vgl. S. 27 f. 203 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 5 (http://www.par lament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 196

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geber zwar davon ausgehen, dass allein aus statistischen Gründen einzelne Zimmer zumindest zukünftig einer dauerhaften Vermietung zugeführt werden und dem Wohnungsmarkt hierdurch – in unbestimmtem Umfang – Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Allerdings ist mit der Frage, inwiefern der jeweilige Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte den ihm zur Verfügung stehenden Wohnraum nutzt, der grundrechtlich geschützte Kernbereich der Privatsphäre204 berührt, so dass sich vor diesem Hintergrund jede pauschale Prognose hinsichtlich einer alternativen Nutzungsmöglichkeit freier Zimmer verbietet. cc) Erforderlichkeit des Mittels Lässt sich dem gewählten staatlichen Mittel die Eignung nicht absprechen, so folgt die Prüfung der Erforderlichkeit. Das gewählte Mittel ist erforderlich, wenn sich der Zweck der staatlichen Maßnahme nicht durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreichen lässt, welches das betroffene Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkt.205 Es kommt also darauf an, ob ein „milderes Mittel“ ersichtlich ist,206 welches aber eben die gleiche Effektivität aufweisen muss. Der Gedanke der Erforderlichkeit und damit der Verhältnismäßigkeit des Zweckentfremdungsverbots wird in der Begründung zum Entwurf des ZwVbG wie folgt angesprochen: „Der mit dem Zweckentfremdungsverbot verbundene Eingriff in Artikel 14 des Grundgesetzes erfordert, dass die Möglichkeit bestehen muss, als minderschweren Eingriff auch nur einzelne Bezirke unter den Schutz dieses Gesetzes zu stellen.“207

Nach den oben angestellten Überlegungen208 kann entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet ist. Soweit in bestimmten Bezirken eine solche Gefährdung nicht vorliegt, ist ein sich auf das gesamte Stadtgebiet Berlins erstreckendes repressives Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Befreiungsvorbehalt zur Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Die Beschränkung des Zweckentfremdungsverbots auf diejenigen Bezirke, in denen sich die besondere Gefährdung der 204 Vgl. dazu Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 2 Rn. 5 f., 17. 205 Vgl. etwa BVerfGE 30, 292 (316); 63, 88 (115); 78, 38 (50); 90, 145 (172); BVerfG (Kammerbeschl.), NZS 2013, 858 (860). 206 So ausdrücklich BVerfGE 91, 207 (222). 207 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). Vgl. dazu bereits oben S. 53 der vorliegenden Untersuchung. 208 Vgl. S. 51 ff.

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Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen vertretbar annehmen lässt, ist im Hinblick auf den verfolgten Zweck ein gleich effektives, das Grundrecht der Eigentumsfreiheit aber weniger stark einschränkendes Mittel. dd) Zumutbarkeit der Maßnahme Soweit sich danach das Zweckentfremdungsverbot als erforderlich erweist, bedarf es als letzten Schrittes in der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Untersuchung der Zumutbarkeit der Betroffenen. Diese wird auch als Angemessenheit, Proportionalität oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne bezeichnet. Dabei geht es um die Herstellung einer Zweck-Mittel-Relation, um eine übermäßige Belastung der Betroffenen ermitteln zu können. Das Bundesverfassungsgericht sieht den Sinn dieser letzten Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung darin, „die als geeignet und erforderlich erkannten Maßnahmen einer gegenläufigen Kontrolle im Blick darauf zu unterwerfen, ob die eingesetzten Mittel unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen. […] Daraus folgt, daß unter Umständen der an sich in legitimer Weise angestrebte Schutz zurückstehen muß, wenn das eingesetzte Mittel zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen führen würde.“209 Die (verfassungs)gerichtliche Überprüfungszuständigkeit darf nicht mit der Abwägungszuständigkeit gleichgesetzt werden; denn es ist eine prinzipiell vom demokratischen Gesetzgeber zu beantwortende „Frage der Wertung, in welcher die aufeinandertreffenden Gesichtspunkte und Rechtsgüter gewichtet und gegeneinander abgewogen werden“.210 Demgemäß beschränkt sich das Bundesverfassungsgericht auf die Prüfung, ob „bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt“ ist.211 Mit anderen Worten: Es kommt darauf an, ob das Maß der den Einzelnen „treffenden Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen“ steht.212 Wie bereits dargelegt wurde,213 führt das Berliner Zweckentfremdungsverbot in Verbindung mit den damit verknüpften Regelungen zu schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit zu Lasten der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung und in besonderem Maße für ge209

BVerfGE 90, 145 (185). Gunther Schwerdtfeger/Angela Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. 2012, Rn. 465. 211 BVerfGE 68, 272 (282); vgl. etwa auch BVerfGE 61, 291 (312); 102, 197 (220). Siehe dazu näher Helge Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, 1997, S. 246 ff. 212 BVerfGE 76, 1 (51). 213 Vgl. S. 42 f. 210

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werbliche Anbieter214. Diesen massiven Belastungen stehen eher geringe Vorteile für die Allgemeinheit gegenüber. Denn der Senat von Berlin geht in der Begründung der ZwVbVO für das Jahr 2012 berlinweit von nur 8.800 Ferienwohnungen und als gesamten marktrelevanten Berliner Wohnungsbestand 2012 von 1.875.200 Wohnungen aus.215 Der Anteil der Ferienwohnungen am gesamten Wohnungsbestand beträgt also gerade einmal ca. 0,47 %. Noch geringer wird dieser Anteil, wenn man folgende Erkenntnisse der diges, Gesellschaft für Wohnungswirtschaft und Stadtforschung mbH, aus dem Jahre 2013 berücksichtigt: „Im Ergebnis einer sachkundigen, differenzierten Betrachtung der Angebotsofferten wird deutlich, dass eine Gleichsetzung der aus den Internetportalen ermittelten Angebotszahlen mit dem Bestand an Ferienwohnungen, die vermeintlich dem Wohnungsmarkt entzogen wurden, nicht zutreffend ist. Eine sachkundige, die empirischen Kenntnisse der Betreiber von Internetportalen und der Anbieter von Ferienwohnungen in Berlin nutzende Expertise zeigt vielmehr, dass – die Validität der Erhebungen der GEWOS GmbH unterstellt – auf Basis des aktuellen Umfangs des Angebotsportfolios überschlägig lediglich 37 %, entsprechend ca. 3.300 Einheiten der in den Angeboten offerierten Wohnmöglichkeiten als Mietwohnungen dem Berliner Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden könnten. Hierbei ist davon ausgegangen worden, dass mit der Durchsetzung des geplanten ZwVbG lediglich die um sonstige Wohngelegenheiten bereinigten Mietwohnungen (ca. 1.700 Einheiten) und die Hälfte der als Eigentumswohnungen angebotenen Ferienwohnungen (1.600 Einheiten) potentiell als Mietwohnungen zurückgeführt werden könnten.“216

Daraus folgert die diges zu Recht, dass die „Verfügbarkeit des Anteils an potentiell rückführbaren Ferienwohnungen an dem Berliner Gesamtwohnungsbestand […] mit 0,2 % wohnungswirtschaftlich irrelevant“ ist.217 Verfassungsrechtlich ergibt sich aus diesem Befund, dass das Maß der die Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung durch das Berliner Zweckentfremdungsverbot treffenden Belastungen in keinem vernünftigen Verhältnis zu den daraus der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Soweit sich das Zweckentfremdungsverbot als erforderlich erweist, ist es jedenfalls für diese Betroffenen unzumutbar und daher unverhältnismäßig im engeren Sinne, verstößt also gegen das Grundrecht der Eigentumsfreiheit. Die Unzumutbarkeit könnte sich für die betroffenen Vermieter hier auch aus einem unzureichenden Vertrauensschutz ergeben. Die Vermieter von Wohnraum als Feri214

Siehe zu dem dadurch auch betroffenen Grundrecht der Berufsfreiheit S. 69 ff. Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 29 (http://www. parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 216 diges, Gesellschaft für Wohnungswirtschaft und Stadtforschung mbH, Ergebnisbericht zu der im Auftrag der Wimdu GmbH erstellten Studie: Wohnungswirtschaftliche Bedeutung von Ferienwohnungen für die Wohnungsversorgung in Berlin, Berlin, Oktober 2013, S. 7. 217 diges, a.a.O., S. 9. 215

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit

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enwohnung oder zur Fremdenbeherbergung haben als Folge der Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, einen „Bestandsschutz“ nur für die Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO, wobei der Verfügungsberechtigte innerhalb von drei Monaten nach diesem Inkrafttreten die Nutzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG dem zuständigen Bezirksamt anzuzeigen hat (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG); nach Ablauf dieser beiden Jahre können die Vermieter ihre Räume lediglich dann als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung vermieten, wenn ihnen zuvor eine nur unter besonderen Voraussetzungen mögliche Genehmigung nach § 3 ZwVbG und § 3 ZwVbVO erteilt wurde. Das Bundesverfassungsgericht „hat wiederholt ausgesprochen, daß es eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren […]. Die Eigentumsgarantie erfüllt daher für die durch sie geschützten Rechtspositionen die Funktion des Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten“.218 Gleichzeitig betonte das Bundesverfassungsgericht stets, auch wenn der Schutz des Vertrauens in erworbene Eigentumspositionen in Art. 14 eine eigene Ausprägung erfahre, so wurzele er weiterhin „in dem Gedanken der Rechtssicherheit und mithin im Rechtsstaatsprinzip“.219 Die besondere Ausprägung des Vertrauensschutzes in Art. 14 erschöpfe sich aber nicht nur in einer besonderen verfassungsdogmatischen Herleitung, sondern beinhalte zudem eine höhere Schutzintensität gegenüber dem Vertrauen des Eigentumsinhabers in den Fortbestand seiner erworbenen Eigentumspositionen. Daher gehe der Vertrauensschutz aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG „über den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinaus“.220 Die Motive des Gesetzgebers, in bestehende Eigentumspositionen rückwirkend einzugreifen, „müssen so schwerwiegend sein, daß sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gesichert wird“.221 Zum Schutz des begründeten Vertrauens des Bürgers forderte das Bundesverfassungsgericht regelmäßig angemessene Übergangsfristen für Neuregelungen, die alte Eigentumspositionen schmälern oder aufheben.222 Zur Konkretisierung dieses besonders ausgeprägten Vertrauensschutzes hat das Bundesverfassungsgericht jedoch wenig beigetragen. Insbesondere nahm das Ge218 BVerfGE 76, 220 (244 f.) – ohne die Hervorhebungen; vgl. ferner BVerfGE 45, 142 (168); 53, 257 (309). 219 BVerfGE 45, 142 (174). 220 BVerfGE 58, 81 (121). 221 BVerfGE 83, 201 (212). 222 Siehe BVerfGE 53, 336 (351); 58, 300 (351); 83, 201 (213).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

richt keine Stellung dazu, inwiefern das Vertrauen in den unveränderten Fortbestand bestehender Eigentumspositionen das allgemeine Vertrauen in eine berechenbare Rechtslage überwiegt bzw. was unter „schwerwiegenden gesetzgeberischen Motiven“ zu verstehen ist. Anders als für den allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgedanken entwickelte das Gericht für den in Art. 14 besonders ausgeprägten Vertrauensschutz keine konkretisierende Dogmatik, sondern beschränkte sich auf die Formel, das Vertrauensschutzprinzip gebiete eine „Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit“223. Der besondere eigentumsgrundrechtliche Vertrauensschutz ist dahin gehend auszulegen, dass auch unecht rückwirkende Eingriffe in Eigentumspositionen nicht grundsätzlich als zulässig zu werten sind, sondern nur gerechtfertigt sein können, wenn der Eingriffszweck das schutzwürdige Vertrauen des Rechtsinhabers überwiegt; dies gilt selbstverständlich erst recht für Eingriffe mit echter Rückwirkung.224 In späteren Entscheidungen betonte das Bundesverfassungsgericht zwar weiterhin die Notwendigkeit eines besonderen Rechtfertigungsgrundes für die Enttäuschung eines begründeten Vertrauens in den Fortbestand eigentumsgrundrechtlicher Positionen, rückte jedoch inhaltlich von diesem spezifischen Vertrauensschutz ab. Das Gericht prüfte den Schutz des Vertrauens des betroffenen Bürgers zwar äußerlich anhand der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, inhaltlich jedoch nach den allgemeinen Regeln des Rückwirkungsverbots. Es verabschiedete sich materiell vom Grundsatz des besonderen Vertrauensschutzes gegenüber von der Eigentumsgarantie geschützten Rechtspositionen.225 Nach den allgemeinen Regeln des Rückwirkungsverbots sind gemäß der Rechtsprechung bei der Rückwirkung im Ausgangspunkt zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts differenziert terminologisch zwischen echter und unechter Rückwirkung. Echte Rückwirkung soll danach vorliegen, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Dagegen wird von unechter Rückwirkung gesprochen, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet.226 Ohne dass es in der Sache wesentliche Unterschiede geben dürfte, unterschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts terminologisch zwischen Rückbewirkung von Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung. Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen soll dadurch gekennzeichnet sein, dass die Rechtsfolgen einer Norm schon für einen vor 223

So BVerfGE 70, 101 (114); vgl. ferner BVerfGE 58, 81 (121); 64, 87 (104); 69, 272 (310); 76, 220 (245). 224 Siehe zur Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung sogleich S. 64 f. 225 Siehe etwa BVerfGE 95, 64 (86); 97, 378 (389); 98, 17 (39); 101, 239 (262). 226 Siehe z. B. BVerfGE 11, 139 (145 f.); 25, 142 (154); 101, 239 (263 f.); 122, 374 (394); 127, 1 (16 f.); 127, 31 (47); 132, 302 (318).

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit

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ihrer Verkündung liegenden Zeitraum gelten. Tatbestandliche Rückanknüpfung betrifft dieser Judikatur zufolge den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm und ist gegeben, wenn die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, ihr Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung ins Werk gesetzt wurden.227 Mittlerweile hat auch der Zweite Senat die Terminologie des Ersten Senats übernommen, wobei er beide Begrifflichkeiten inhaltlich gleichsetzt.228 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht strikt verwehrt, rückwirkende Regelungen zu erlassen; sie sind jedoch rechtfertigungsbedürftig. Soweit schutzwürdiges Vertrauen besteht, hat der Gesetzgeber nämlich Grenzen zu beachten, die „sich aus einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl andererseits“ ergeben.229 Aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip werden folgende Abwägungsprämissen abgeleitet: Liegt eine unechte Rückwirkung vor, d. h. erfolgt die Neuregelung im Wege tatbestandlicher Rückanknüpfung unter Änderung künftiger Rechtsfolgen, ist sie nur ausnahmsweise nicht zulässig, wenn sie „zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen“.230 Dagegen ist eine echte Rückwirkung, d. h. die Rückbewirkung von Rechtsfolgen für abgeschlossene der Vergangenheit angehörende Tatbestände, nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn es zwingende Gründe des allgemeinen Wohls erfordern. In der Begründung zum Entwurf des ZwVbG werden die soeben dargestellten Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen und wie folgt angewandt: „Die Erstreckung des Zweckentfremdungsrechts auf bereits zweckentfremdeten Wohnraum ist mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vereinbar. Zunächst handelt es sich hierbei nicht um eine echte Rückwirkung, sondern lediglich um eine unechte Rückwirkung in Form der sogenannten tatbestandlichen Rückanknüpfung. Räume, die zum dauernden Wohnen geeignet aber gegenwärtig als Ferienwohnungen oder für gewerbliche Zwecke genutzt werden, unterfallen erst für die Zukunft, nicht dagegen bereits für die Vergangenheit der Anwendung des Gesetzes. Für vergangene abgeschlossene Sachverhalte greift die gesetzliche Regelung nicht. Hat die oder der Verfügungsberechtigte in der Vergangenheit schutzwürdige Dispositionen getroffen, etwa erhebliche Investitionen für die Ermöglichung einer gewerblichen Nutzung erbracht, so nimmt das Gesetz im Rahmen der umfangreichen Ausnahmetatbestände zum Begriff der Zweckentfremdung auf diesen Umstand Rücksicht.

227 Siehe BVerfGE 72, 200 (241 f., 253 ff.); 78, 249 (283 f.); 109, 133 (181 f.); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2006, 3483 (3484). 228 Vgl. BVerfGE 127, 31 (48); 131, 20 (36). 229 BVerfGE 105, 17 (44) – ohne die Hervorhebung. 230 BVerfGE 101, 239 (263); vgl. auch BVerfGE 127, 31 (48 f.).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen In allen hiervon nicht erfassten Fällen kann er dies im Rahmen der Beantragung einer Genehmigung geltend machen.“231

Diese Darstellung des Senats von Berlin ist insofern zutreffend, als sich hier für die Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung in Anwendung der vorgenannten Judikatur des Bundesverfassungsgerichts eine unechte Rückwirkung ergibt. Denn das Berliner Zweckentfremdungsrecht greift nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein, sondern wirkt auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein und entwertet damit zugleich die Eigentumsposition der Vermieter nachträglich. Entgegen der Behauptung in der Gesetzesbegründung nimmt das ZwVbG jedoch „im Rahmen der umfangreichen Ausnahmetatbestände zum Begriff der Zweckentfremdung“ nur unzureichend darauf Rücksicht, dass die Verfügungsberechtigten „in der Vergangenheit schutzwürdige Dispositionen getroffen, etwa erhebliche Investitionen für die Ermöglichung einer gewerblichen Nutzung erbracht“ haben. Zwar kann nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG die nach § 1 Abs. 1 ZwVbG erforderliche Genehmigung auf Antrag erteilt werden, wenn schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Nach § 3 Abs. 4 ZwVbG sind überwiegende schutzwürdige private Interessen insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben. In den von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erlassenen AV – ZwVb heißt unter Nr. 13.2: „Ein überwiegendes schutzwürdiges Eigeninteresse kann nicht anerkannt werden, wenn Wohnraum lediglich zur Erzielung eines höheren Entgelts oder eines höheren Umsatzes zweckentfremdet werden soll. Dies ist insbesondere in Fällen der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung im Sinne von § 2 Absatz 1 Nummer 1 ZwVbG gegeben. Die Anerkennung einer Existenzgefährdung nach Ablauf der Übergangsfrist aus § 2 Absatz 2 Nummer 1 ZwVbG scheidet aus, weil die Übergangsfrist eingeräumt wurde, damit sich die Verfügungsberechtigten auf die neue Situation einstellen können.“

Mit dieser Gesetzesinterpretation wird der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz zu Lasten der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung grundlegend verkannt. Wer etwa im Vertrauen auf die alte Rechtslage, die vor Erlass des ZwVbG und der ZwVbVO in Berlin viele Jahre galt, Wohnraum zur Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung erwarb oder anmietete, musste Dispositionen treffen, die verfassungsrechtlich schutzwürdig sind. Dies gilt besonders für Investitionen, die zur Ermöglichung einer gewerblichen Nutzung erbracht wurden. Der Kauf von Immobilien beruht regelmäßig auf Finanzierungen; entsprechende wirtschaftliche Kalkulationen werden 231 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 12 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

A. Grundrecht der Eigentumsfreiheit

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durch das Zweckentfremdungsrecht nachträglich entwertet. Bei der Anmietung von Wohnraum, der den Mieter zur Untervermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung berechtigt, können Verträge abgeschlossen worden sein, deren Laufzeit die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG geregelte Übergangsfrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO deutlich übersteigt. Hinzu kommt, dass nach § 4 Abs. 1 ZwVbVO eine gemäß § 3 ZwVbG und § 3 ZwVbVO erteilte Genehmigung in der Regel mit der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung zu verbinden ist, deren Höhe sich im Falle der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung – vorbehaltlich einer Absenkung der Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 4 ZwVbVO – grundsätzlich nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 ZwVbVO richtet. Das Berliner Zweckentfremdungsrecht trägt auf diese Weise dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz zu Lasten betroffener Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung nicht hinreichend Rechnung. Berücksichtigt man zudem, dass der Anteil an potentiell rückführbaren Ferienwohnungen an dem Berliner Gesamtwohnungsbestand nur 0,2 % beträgt232 und damit für die Verwirklichung des vom Gesetzgeber mit dem Zweckentfremdungsverbot verfolgten Zweck der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung von zu vernachlässigender Bedeutung ist, überwiegen bei der verfassungsrechtlich erforderlichen Abwägung die Bestandsinteressen der Vermieter die Veränderungsgründe des Gesetzgebers deutlich. Die hier geregelte unechte Rückwirkung erweist sich demnach als unzulässig und für die betroffenen Eigentümer als unzumutbarer Eingriff in ihre grundrechtlich geschützte Eigentumsfreiheit. Dieser verfassungsrechtliche Mangel könnte dadurch behoben werden, dass die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG enthaltene Befristung gestrichen wird und somit abweichend von § 2 Abs. 1 ZwVbG keine Zweckentfremdung vorliegt, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG genutzt wurde. Einen unbefristeten Bestandsschutz enthält etwa die aufgrund von Art. 1 und 2 des Bayerischen Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG)233 erlassene Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS)234. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 ZeS liegt Wohnraum im Sinne dieser Satzung nicht vor, wenn der Raum bereits vor dem Inkrafttreten des Verbots der Zweckentfremdung am 1. Januar 1972 und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente. Die zum 1. September 2000 außer Kraft getretene 2. ZwVbVO235 nahm in ihrem § 1 Abs. 4 Buchst. a von dem Genehmigungserfordernis für die westlichen bzw. östlichen Bezirke Berlins unbefristet Wohnungen aus, die vor 232

Vgl. S. 62. Vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 2013 (GVBl. S. 77). 234 Vom 12. Dezember 2013 (MüABl. S. 550). 235 Vgl. dazu oben S. 21 f. 233

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

bestimmten Stichtagen anderen als Wohnzwecken zugeführt worden sind, es sei denn, dass nach den genannten Zeitpunkten die Wohnung wieder zu Wohnzwecken gewidmet und zu diesen Zwecken genutzt worden ist (sogenannte Rückwidmung). Zumindest müsste zur Wahrung des Vertrauensschutzes im Berliner Zweckentfremdungsrecht geregelt werden, dass eine Genehmigung ohne die Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung zu erteilen ist, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG genutzt wurde.

IV. Wesentliche Ergebnisse der Erörterungen zur Eigentumsfreiheit Nach allem lassen sich die aus dem Berliner Zweckentfremdungsrecht folgenden Eingriffe in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen: 1. Angesichts der hohen Intensität, mit der hier die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen sind, hat das Abgeordnetenhaus von Berlin gegen den Parlamentsvorbehalt verstoßen, indem es die Entscheidung darüber, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder in einzelnen Bezirken Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum daher unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt ist, in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG dem Verordnungsgeber überlassen und nicht selbst getroffen hat. 2. Jedenfalls hält sich die in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO vom Senat von Berlin getroffene Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet besonders gefährdet ist, nicht in dem durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG als Ermächtigungsgrundlage gezogenen Rahmen. Dies gilt zumindest insoweit, als der Senat von Berlin die erforderliche Differenzierung zwischen den einzelnen Bezirken unterlassen und auf diese Weise seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. 3. Ferner ist hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. a) Soweit das Zweckentfremdungsverbot die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung umfasst, durch die dem Wohnungsmarkt kein Wohnraum entzogen wird, stellt das Zweckentfremdungsverbot bereits keine geeignete Maßnahme dar, um das legitime Ziel der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung zu erreichen. b) Soweit in bestimmten Bezirken Berlins eine besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht vorliegt, ist ein sich auf das gesamte Stadtgebiet Berlins erstreckendes repressives

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Befreiungsvorbehalt zur Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Die Beschränkung des Zweckentfremdungsverbots auf diejenigen Bezirke, in denen sich die besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen vertretbar annehmen lässt, ist im Hinblick auf den verfolgten Zweck ein gleich effektives, das Grundrecht der Eigentumsfreiheit aber weniger stark einschränkendes Mittel. c) Das Maß der die Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung durch das Berliner Zweckentfremdungsverbot treffenden Belastungen steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den daraus der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Soweit sich das Zweckentfremdungsverbot als erforderlich erweist, ist es jedenfalls für diese Betroffenen unzumutbar und daher unverhältnismäßig im engeren Sinne. Die Unzumutbarkeit ergibt sich speziell auch daraus, dass das Berliner Zweckentfremdungsrecht dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz zu Lasten betroffener Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung nicht hinreichend Rechnung trägt.

B. Grundrecht der Berufsfreiheit Zu Lasten speziell gewerblicher Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung236 oder zur Fremdenbeherbergung könnte hier auch das Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt sein.

I. Schutzbereich Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Der Wortlaut dieser Vorschriften legt den Schluss nahe, dass damit insgesamt vier verschiedene Grundrechte gewährleistet sind: 1. die Berufswahlfreiheit, 2. die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes, 3. die Freiheit der Wahl der Ausbildungsstätte und 4. die Berufsausübungsfreiheit. Schon seit langem ist jedoch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass es sich insoweit nur um vier Teilgarantien eines „einheitlichen, allerdings in sich gegliederten Grundrechts“ der Berufsfreiheit237 handelt. Bereits im grundlegenden sogenannten Apotheken-Urteil aus dem Jahre 1958 formuliert das Bundesverfassungsgericht, Art. 12 Abs. 1 GG enthalte „ein einheitliches Grundrecht (der ,Berufsfreiheit‘) jedenfalls in dem Sinn, daß der 236

Siehe zur gewerblichen Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung näher S. 141 ff. Rüdiger Breuer, Freiheit des Berufs, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, 3. Aufl. 2010, § 170 Rn. 56 – ohne die Hervorhebungen. 237

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

Regelungsvorbehalt des Satz 2 sich ,dem Grunde nach‘ sowohl auf die Berufsausübung wie auf die Berufswahl“ erstrecke.238 Zur Begründung führt das Bundesverfassungsgericht aus: Die „Begriffe ,Wahl‘ und ,Ausübung‘ des Berufes lassen sich nicht so trennen, daß jeder von ihnen nur eine bestimmte zeitliche Phase des Berufslebens bezeichnete, die sich mit der andern nicht überschnitte; namentlich stellt die Aufnahme der Berufstätigkeit sowohl den Anfang der Berufsausübung dar wie die gerade hierin – und häufig nur hierin – sich äußernde Betätigung der Berufswahl; ebenso sind der in der laufenden Berufsausübung sich ausdrückende Wille zur Beibehaltung des Berufs und schließlich die freiwillige Beendigung der Berufsausübung im Grunde zugleich Akte der Berufswahl. Die beiden Begriffe erfassen den einheitlichen Komplex ,berufliche Betätigung‘ von verschiedenen Blickpunkten her“.239 In seiner neueren Rechtsprechung siedelt das Bundesverfassungsgericht den Schutz freier Berufsausübung ausdrücklich bereits in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG an.240 Als „Verfassungsrichterrecht hat sich der Grundsatz der Einheitlichkeit der Berufsfreiheit durchgesetzt“.241 Auch in jüngerer Zeit spricht das Bundesverfassungsgericht noch immer von der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG.242 Die Funktion der Berufsfreiheit als Abwehrrecht kommt in folgenden Bemerkungen des Bundesverfassungsgerichts zum Ausdruck: „Die Berufsfreiheit verwirklicht sich gegenwärtig – abgesehen von dem der Sonderregelung des Art. 33 GG unterliegenden öffentlichen Dienst […] – vorwiegend im Bereich der privaten Berufs- und Arbeitsordnung und ist hier vornehmlich darauf gerichtet, die eigenpersönliche, selbstbestimmte Lebensgestaltung abzuschirmen, also Freiheit von Zwängen oder Verboten im Zusammenhang mit Wahl und Ausübung des Berufes zu gewährleisten.“243 Art. 12 Abs. 1 GG „zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab“.244 „Er konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung“.245 Gemäß Art. 17 VvB ist das Recht der Freizügigkeit, insbesondere die freie Wahl des Wohnsitzes, des Berufes und des Arbeitsplatzes, gewährleistet, findet aber seine Grenze in der Verpflichtung, bei Überwindung öffentlicher Notstände mitzuhelfen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin schützt

238

BVerfGE 7, 377 (402). BVerfGE 7, 377 (401). 240 Siehe BVerfGE 85, 248 (256); 94, 372 (389); 95, 173 (181); 101, 331 (346). 241 Otto Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Peter Badura/ Horst Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. II, 2001, S. 241 (250). 242 Siehe etwa BVerfGE 106, 275 (298); 110, 141 (156); 110, 274 (287 f.). 243 BVerfGE 33, 303 (331). 244 BVerfGE 54, 301 (313); 81, 70 (85); vgl. etwa auch BVerfGE 118, 1 (15); BVerwGE 141, 262 (269). 245 BVerfGE 101, 331 (347); fast wortgleich BVerfGE 110, 226 (251). 239

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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Art. 17 VvB im Sinne eines umfassenden Grundrechts der Berufsfreiheit in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 1 GG auch die Freiheit der Berufsausübung.246 1. Sachlicher Schutzbereich a) Begriff des Berufs In seiner jüngeren Rechtsprechung definiert das Bundesverfassungsgericht den Beruf als „auf Erwerb gerichtete Tätigkeit […], die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient“.247 Von gelegentlichen Ausnahmen abgesehen,248 findet in der aktuellen Judikatur des Bundesverfassungsgerichts damit seit einigen Jahren ein zuvor sehr umstrittenes zusätzliches Merkmal zur Bestimmung des Berufs keine Berücksichtigung mehr: die Begrenzung des Begriffs des Berufs auf „erlaubte“ Tätigkeitsformen. Bereits das sogenannte Apotheken-Urteil von 1958 enthält – seinerzeit allerdings noch in Klammern – das Kriterium der „Erlaubtheit“ mit folgenden Formulierungen: Der Begriff „Beruf“ umfasse „auch die vom Einzelnen frei gewählten untypischen (erlaubten) Betätigungen“.249 Spätere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verzichten auf die Klammern und sprechen allgemein von dem Schutz der erlaubten Tätigkeiten.250 Durch das Merkmal der „Erlaubtheit“ darf dem Gesetzgeber allerdings nicht die Möglichkeit eröffnet werden, im Wege des Erlasses von berufsspezifischen Normen unterhalb des Ranges der Verfassung über die thematische Reichweite der Berufsfreiheit zu disponieren; für deren Begrenzungen gibt das Grundgesetz durch den in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Schrankenvorbehalt Raum, der jedoch nicht systemwidrig schon in den Schutzbereich des Grundrechts vorverlagert werden darf.251 „Eine Erwerbstätigkeit kann die Eigenschaft eines Berufes im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG nicht dadurch verlieren, daß sie durch einfaches Gesetz verboten und/oder für strafbar erklärt wird. Vielmehr ist allein dem Grundgesetz zu entnehmen, welche Betätigungen außerhalb des Grundrechtsschutzes eines ,Berufs‘ stehen, so daß sie ohne Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch Gesetz oder Verordnung jedermann bei Strafe verboten werden dürfen. Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG ist also durch Auslegung dieser Grundrechtsvorschrift selbst zu

246 Siehe BerlVerfGH, LVerfGE 12, 15 (21 ff.); 19, 32 (36); Beschl. vom 19. Juni 2013 – VerfGH 174/11, juris Rn. 10; NVwZ-RR 2014, 825. 247 BVerfGE 102, 197 (212); 110, 304 (321); 111, 10 (28); 115, 276 (300); fast wortgleich BVerfGE 97, 228 (252 f.); 110, 141 (156); 115, 205 (229); BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ 2009, 905; NVwZ 2012, 1535 (1536). 248 Siehe etwa BVerfGE 115, 276 (300 f.); BVerfG (Kammerbeschl.), DVBl. 2002, 1635. 249 BVerfGE 7, 377 (397). 250 Siehe etwa BVerfGE 14, 19 (22); 48, 376 (388); 68, 272 (281); 81, 70 (85). 251 Helge Sodan, Gesundheitsbehördliche Informationstätigkeit und Grundrechtsschutz, DÖV 1987, 858 (860).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

ermitteln. Dabei ist die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit im Gesamtzusammenhang der Verfassung zu sehen.“252 Nach dem Prinzip der Einheit der Verfassung ist der Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG bereits tatbestandlich den „schlechthin gemeinschaftsschädlichen Betätigungen“253 zu versagen; aufgrund des Widerspruchs zu zentralen verfassungsrechtlichen Wertungen stellen Tätigkeiten wie die eines „Killers“ oder Rauschgift-Dealers, obwohl sie auf Erwerb gerichtet und auf Dauer angelegt sein sowie der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dienen können, von vornherein keine „Berufe“ dar; insoweit wird der tatbestandliche Schutz der Berufsfreiheit bereits durch die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit – insbesondere mit Rücksicht auf deren objektiv-rechtlichen Gehalt – verfassungsimmanent begrenzt.254 In diesem Sinne stellt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 zum staatlichen Monopol für Sportwetten nunmehr klar: „Einer die Merkmale des Berufsbegriffs grundsätzlich erfüllenden Tätigkeit ist der Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht schon dann versagt, wenn das einfache Recht die gewerbliche Ausübung dieser Tätigkeit verbietet. Vielmehr kommt eine Begrenzung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG in dem Sinne, dass dessen Gewährleistung von vornherein nur erlaubte Tätigkeiten umfasst […], allenfalls hinsichtlich solcher Tätigkeiten in Betracht, die schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben können.“255 Dies kann selbstverständlich für die gewerbliche Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung, sofern man darin – was sogleich näher zu prüfen sein wird – einen eigenständigen Beruf sieht, nicht gelten. Durch ein repressives, nur mit einer Befreiungsmöglichkeit versehenes Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Wege der Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung vermag der Gesetzgeber dieser Tätigkeit nicht den Schutz des Grundrechts der Berufsfreiheit zu entziehen.

252

BVerwGE 22, 286 (288). BVerwGE 22, 286 (289) – ohne die Hervorhebungen; vgl. ferner BVerwGE 96, 293 (297); 96, 302 (308 f.). 254 Helge Sodan, Gesundheitsbehördliche Informationstätigkeit und Grundrechtsschutz, DÖV 1987, 858 (861); vgl. ferner etwa Peter J. Tettinger, Das Grundrecht der Berufsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 108 (1983), 92 (98); Thomas Mann, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 54. 255 BVerfGE 115, 276 (300 f.); ebenso BVerfGE 117, 126 (137). 253

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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b) Beruf und Berufsbild Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber befugt, im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG Berufsbilder zu fixieren.256 Diese Befugnis sei „nicht darauf beschränkt, bestehende Berufsbilder lediglich klarstellend voneinander abzugrenzen“; indem „der Gesetzgeber bestimmte wirtschafts-, berufsund gesellschaftspolitische Zielvorstellungen und Leitbilder“ durchsetze „und damit in den Rang wichtiger Gemeinschaftsinteressen“ erhebe, geschehe „die Fixierung des Berufsbildes auch gestaltend, also durch Änderung und Ausrichtung überkommener Berufsbilder“.257 Auf diese Weise könne der Gesetzgeber verwandte Berufe vereinheitlichen.258 Die rechtliche Festlegung eines Berufsbildes habe eine doppelte Wirkung: Zum einen werde der Beruf in dem Sinne „monopolisiert“, dass künftig die Aufgaben dieses Berufs nur noch von denjenigen wahrgenommen werden könnten, welche die Voraussetzungen des einschlägigen Berufsbildes erfüllten;259 zum anderen könne die Berufswahl lediglich in der vom Gesetzgeber vorgenommenen rechtlichen Ausgestaltung erfolgen, so dass die Zulassung zur Ausübung des Berufs die genaue Erfüllung der „konkretisierten und formalisierten rechtlichen Voraussetzungen“ erfordere260. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings bereits im Jahre 1958 klargestellt, dass der Begriff „Beruf“ weit auszulegen ist und nicht nur alle Berufe umfasst, „die sich in bestimmten, traditionell oder sogar rechtlich fixierten ,Berufsbildern‘ darstellen, sondern auch die vom Einzelnen frei gewählten untypischen (erlaubten) Betätigungen, aus denen sich dann wieder neue, feste Berufsbilder ergeben mögen“.261 Für die gewerbliche Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gibt es – soweit ersichtlich – kein rechtlich fixiertes Berufsbild. Gewichtige Gründe sprechen jedoch dafür, dass sich ein solches Berufsbild im Laufe der Zeit durch entsprechend nachhaltige Betätigungen herauskristallisiert hat. Dabei ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen Langzeitvermietern einerseits und den gewerblichen Vermietern von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung andererseits. Letztere müssen die Unterkünfte hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände und des Einrichtungsniveaus regelmäßig auf einem zeitgemäßen Stand halten und insbesondere den aus einem Kurzaufenthalt erwachsenden Ansprüchen gerecht werden. Beispielhaft zu nennen ist die bedarfsgerechte Beschaffung von individuellen Ausstattungsgegenständen wie eines Computers, eines Babywickeltischs oder einer Waschmaschine; viele Gastgeber bieten Frühstück 256 Vgl. etwa BVerfGE 9, 39 (48); 10, 185 (197); 21, 173 (180); 54, 237 (246); 75, 246 (265 f.); 77, 84 (105 f.). 257 BVerfGE 75, 246 (265); vgl. auch BVerfGE 13, 97 (107); 78, 179 (193). 258 Vgl. BVerfGE 25, 236 (247); 32, 1 (36); 34, 252 (256); 75, 246 (265); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2007, 2537. 259 BVerfGE 9, 73 (78); 21, 173 (180); 25, 236 (247); 75, 246 (265 f.). 260 BVerfGE 21, 173 (180); vgl. auch BVerfGE 75, 246 (266). 261 So BVerfGE 7, 377 (397).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

oder Reinigungsdienste an. Eine bestimmte Gruppe von Kurzzeitmietern legt Wert auf extravagante Unterkünfte. Trotz einer im Vergleich zu „klassischen“ Mietern kurzen Verweildauer benötigen die Interessenten eine voll eingerichtete Wohnung. Dazu gehören etwa Gäste, die sich aus wissenschaftlichen oder künstlerischen Gründen am Ort aufhalten, Arbeitssuchende mit der Möglichkeit der freien Entfaltung während der Bewerbungsphase, Besucher, die sich einer medizinischen Behandlung unterziehen und die Zeit aus nachvollziehbaren Gründen nicht in Hotels verbringen möchten, oder Familien, die einen gemeinsamen, geschlossenen Raum bewohnen und zu erschwinglichen Preisen Urlaub machen wollen. Viele Besucher entscheiden sich für diese Vermietungsform, um eine persönlich gestaltete, bisweilen vom Gastgeber mitbewohnte Unterkunft zu beziehen. Sie wünschen sich etwa die Abholung vom Flughafen oder Bahnhof, den persönlichen Austausch, die individuelle Unterweisung für das Quartier, den Dialog mit dem Gastgeber oder sogar gemeinsame Unternehmungen. Wichtig für den geschäftlichen Erfolg ist gerade der Austausch von Informationen über soziale Netzwerke, um auf diesem Wege die Angebote in einer neuartigen Weise zu bewerben und deren Verlässlichkeit auf eine moderne Art zu dokumentieren. Für die genannten vielfältigen Aktivitäten müssen die Vermieter über spezifische Ressourcen verfügen, insbesondere geschultes Personal mit entsprechenden Zusatzqualifikationen vorhalten; darin liegt ein erheblicher Unterschied zu typischen Langzeitvermietern oder Hotelbetreibern. Gerade die Kombination der einzelnen Arbeitsinhalte, deren Verflechtung zur bedarfsgerechten Berufserfüllung notwendig ist, kennzeichnet das neue Berufsbild. Folgerichtig sind bereits Agenturen für Ferienwohnungsmanagement entstanden, die Betreuungs- und Dienstleistungen in der Bandbreite der beschriebenen Aufgaben anbieten und somit die Berufsbildspezifikation nachzeichnen. Geht man davon aus, dass für die gewerbliche Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung mittlerweile ein gefestigtes Berufsbild besteht, so betrifft ein nur mit einer Befreiungsmöglichkeit versehenes Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Wege der Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung letztlich die freie Berufswahl. Diese ist „ein Akt der Selbstbestimmung, des freien Willensentschlusses des Einzelnen“, der „von Eingriffen der öffentlichen Gewalt möglichst unberührt bleiben“ muss.262 Davon erfasst wird neben der erstmaligen Ergreifung eines Berufes unter anderem auch „der in der laufenden Berufsausübung sich ausdrückende Wille zur Beibehaltung des Berufs“263. Das in Berlin geregelte Zweckentfremdungsverbot zielt unter anderem darauf ab, die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur

262

(363). 263

BVerfGE 7, 377 (403); 58, 358 (363 f.); vgl. ferner BVerfGE 13, 181 (185); 43, 291 BVerfGE 7, 377 (401).

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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Fremdenbeherbergung nach Ablauf der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG genannten Übergangsfrist von zwei Jahren grundsätzlich zu verhindern.264 Zumindest sind die gewerblichen Vermieter dadurch in ihrer Berufsausübungsfreiheit betroffen. Diese umfasst „die Gesamtheit der mit der Berufstätigkeit, ihrem Ort […], ihren Inhalten […], ihrem Umfang, ihrer Dauer, ihrer äußeren Erscheinungsform, ihren Verfahrensweisen und ihren Instrumenten zusammenhängenden Modalitäten der beruflichen Tätigkeit“.265 Sie umgreift somit eine Reihe von Einzelfreiheiten; dazu gehören unter anderem die Freiheit unternehmerischer Betätigung, Wettbewerbsfreiheit, beruflich genutzte Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit und Werbefreiheit.266 c) Abgrenzung zum Grundrecht der Eigentumsfreiheit In Abgrenzung zur Eigentumsgarantie formuliert das Bundesverfassungsgericht: „Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst […]. Greift somit ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit ein, so ist der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt; begrenzt er mehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögenswerte, so kommt der Schutz des Art. 14 GG in Betracht.“267 Interpretiert man diese Formel im Sinne der Abgrenzung einer in der Berufsfreiheit enthaltenen „dynamischen“ von einer die Eigentumsgarantie prägenden „eher statischen“ Komponente,268 so drängt sich folgender Einwand auf: Der durch die Eigentumsgarantie – auch – geschützte freie Gebrauch des Eigentums ist doch gerade tätigkeitsbezogen und somit „dynamisch“; von einer „statischen“ Komponente des Eigentumsschutzes lässt sich lediglich in Bezug auf die Garantie des Eigentumsbestandes als solchen sprechen.269 Trotz der verunglückten Abgrenzungsformel ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Idealkonkurrenz zwischen Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie nicht ausgeschlossen: In einigen Entscheidungen hält das Bundesverfas-

264

Vgl. oben S. 66. Thomas Mann, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 79. 266 Siehe dazu näher Helge Sodan (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 14. 267 BVerfGE 30, 292 (335); fast wortgleich BVerfGE 84, 133 (157); 85, 360 (383); 102, 26 (40); vgl. auch BVerfGE 121 317 (345); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2012, 669 (670). 268 So Gunther Schwerdtfeger, Zur Verfassungsmäßigkeit der paritätischen Mitbestimmung, 1978, S. 64. 269 Helge Sodan, Kollegiale Funktionsträger als Verfassungsproblem, 1987, S. 485 f. Vgl. zur Kritik auch Hans-Peter Schneider, Artikel 12 GG – Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit, VVDStRL 43 (1985), S. 7 (39). 265

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

sungsgericht beide Grundrechte nebeneinander für einschlägig.270 Im sogenannten Mitbestimmungs-Urteil von 1979 stellt das Bundesverfassungsgericht fest: „Art. 12 Abs. 1 GG wird durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht verdrängt. Zwar sind beide Grundrechte funktionell aufeinander bezogen; sie haben jedoch selbständige Bedeutung.“271 2. Personeller Schutzbereich Ausweislich des Wortlauts in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG sind Grundrechtsträger der Berufsfreiheit alle Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG. Ausländer können sich zum Schutz ihrer freien beruflichen Betätigung auf das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG berufen.272 Abweichend von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkt Art. 17 VvB den Schutz der Berufsfreiheit nicht auf Deutsche, sondern enthält ein Menschenrecht. Nach Art. 19 Abs. 3 GG ist das Grundrecht der Berufsfreiheit auch auf inländische juristische Personen des Privatrechts anwendbar, „soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht“273. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich grundsätzlich nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen.274

II. Eingriffe Die genannten Vorschriften, welche nach Ablauf einer Übergangsfrist von zwei Jahren ein grundsätzliches Verbot der Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung regeln, greifen unmittelbar und final in die Freiheit gewerblicher Vermieter ein, ihren diesbezüglichen Beruf weiterhin ausüben zu können. Sie beschränken auf diese Weise die freie Berufswahl und stellen somit Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar.

270 Siehe etwa BVerfGE 8, 71 (79 f., 81); 21, 150 (154 ff., 160); 50, 290 (339 ff., 361 ff.); 128, 1 (70 ff., 82 ff.); BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ 2010, 435 (440). 271 BVerfGE 50, 290 (361 f.). 272 Siehe dazu näher Helge Sodan (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Vorb. vor Art. 1 Rn. 36 ff. 273 BVerfGE 105, 252 (265); 106, 275 (298); 115, 205 (229); BVerfG (Kammerbeschl.), DVBl. 2005, 106 (107); NVwZ 2012, 1535 (1536); vgl. ferner etwa BVerfGE 21, 261 (266); 74, 129 (148); 95, 173 (181); 114, 196 (244); 126, 112 (136); BVerwGE 95, 15 (20). 274 BVerfGE 45, 63 (78).

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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III. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe Obwohl sich der Regelungsvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich nur auf die Berufsausübung bezieht, erstreckt ihn das Bundesverfassungsgericht seit dem Apotheken-Urteil von 1958 als Konsequenz der Herleitung eines einheitlichen Grundrechts der Berufsfreiheit auch auf die Freiheit der Berufswahl.275 Das Bundesverfassungsgericht ist sich jedoch des aus dem Wortlaut folgenden Willens des Verfassungsgebers bewusst, dass „die Berufswahl ,frei‘ sein soll, die Berufsausübung geregelt werden darf“276. Dieser Befund wirkt sich auf die Grenzen der Einschränkbarkeit des Grundrechts der Berufsfreiheit aus.277 Die sich aus dem grundsätzlichen Verbot der Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung ergebenden Eingriffe in die Berufsfreiheit gewerblicher Vermieter lassen sich bereits entsprechend den Überlegungen nicht rechtfertigen, welche im Rahmen der Erörterungen zum Grundrecht der Eigentumsfreiheit in Bezug auf den Parlamentsvorbehalt278, die Unvereinbarkeit der ZwVbVO mit Vorgaben des ZwVbG279 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit280 angestellt wurden. Die auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip gestützten Einwände werden hier dadurch verstärkt, dass im Falle der Beschränkung der Berufswahlfreiheit ein noch strengerer Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit von Regelungen gilt als bei einer herkömmlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme. Dem in Art. 12 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden Willen des Verfassungsgebers, dass die Berufswahl „frei“ sein soll, die Berufsausübung hingegen geregelt werden darf, entspricht nach dem Apotheken-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958 „nur eine Auslegung, die annimmt, daß die Regelungsbefugnis die beiden ,Phasen‘ nicht in gleicher sachlicher Intensität erfaßt, daß der Gesetzgeber vielmehr um so stärker beschränkt ist, je mehr er in die Freiheit der Berufswahl eingreift“.281 Daher entwickelt diese Entscheidung – in einer frühen Akzentuierung des erst in der späteren bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur zu den Grundrechten dominierenden allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – die sogenannte Drei-StufenTheorie, die zwischen Berufsausübungsregelungen (1. Stufe) sowie subjektiven (2. Stufe) und objektiven Berufszulassungsvoraussetzungen (3. Stufe) unterscheidet.282 Daran hält das Bundesverfassungsgericht – trotz gewisser Modifizierun275 276 277 278 279 280 281 282

Vgl. oben S. 69 f. BVerfGE 7, 377 (402). Siehe dazu sogleich S. 77 f. Vgl. S. 40 ff. Vgl. S. 44 ff. Vgl. S. 56 ff. BVerfGE 7, 377 (402). Siehe BVerfGE 7, 377 (405 ff.).

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

gen283 – im Grundsatz bis heute fest. Die Anforderungen der Stufen beeinflussen die – ansonsten hier auch geltenden – üblichen Schritte der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Wegen der Einheitlichkeit des Grundrechts der Berufsfreiheit ist diese Drei-StufenTheorie auch auf Art. 17 VvB zu übertragen.284 Zur Aufstellung objektiver Bedingungen für die Berufszulassung und damit zur 3. Stufe hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt: „Ihre Erfüllung ist dem Einfluß des Einzelnen schlechthin entzogen. Dem Sinn des Grundrechts wirken sie strikt entgegen, denn sogar derjenige, der durch Erfüllung aller von ihm geforderten Voraussetzungen die Wahl des Berufes bereits real vollzogen hat und hat vollziehen dürfen, kann trotzdem von der Zulassung zum Beruf ausgeschlossen bleiben. Diese Freiheitsbeschränkung ist um so gewichtiger und wird demgemäß auch um so schwerer empfunden, je länger und je fachlich spezialisierter die Vor- und Ausbildung war, je eindeutiger also mit der Wahl dieser Ausbildung zugleich dieser konkrete Beruf gewählt wurde. Da zudem zunächst nicht einsichtig ist, welche unmittelbaren Nachteile für die Allgemeinheit die Ausübung eines Berufs durch einen fachlich und moralisch qualifizierten Bewerber mit sich bringen soll, wird häufig der Wirkungszusammenhang zwischen dieser Beschränkung der freien Berufswahl und dem erstrebten Erfolg nicht einleuchtend dargetan werden können. Die Gefahr des Eindringens sachfremder Motive ist daher besonders groß; vor allem liegt die Vermutung nahe, die Beschränkung des Zugangs zum Beruf solle dem Konkurrenzschutz der bereits im Beruf Tätigen dienen – ein Motiv, das nach allgemeiner Meinung niemals einen Eingriff in das Recht der freien Berufswahl rechtfertigen könnte. Durch die Wahl dieses gröbsten und radikalsten Mittels der Absperrung fachlich und moralisch (präsumtiv) voll geeigneter Bewerber vom Berufe kann so […] der Freiheitsanspruch des Einzelnen in besonders empfindlicher Weise verletzt werden. Daraus ist abzuleiten, daß an den Nachweis der Notwendigkeit einer solchen Freiheitsbeschränkung besonders strenge Anforderungen zu stellen sind; im allgemeinen wird nur die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut diesen Eingriff in die freie Berufswahl legitimieren können“.285

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2000 soll es jedoch im Falle einer „an sich unerwünschten“ beruflichen Tätigkeit286 „ausreichend, im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes allerdings auch notwendig“ sein, „Beschränkungen des Zugangs zu jenem Beruf nur davon abhängig zu machen, dass mit der im Einzelfall beabsichtigten Beschränkung wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden. Auch derartige Beschränkungen erfordern aber die strikte Beach283 Siehe dazu näher Otto Depenheuer, Freiheit des Berufs und Grundfreiheiten der Arbeit, in: Peter Badura/Horst Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. II, 2001, S. 241 (262 ff.); Thomas Mann, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 137 ff.; Helge Sodan, Verfassungsrechtsprechung im Wandel – am Beispiel der Berufsfreiheit, NJW 2003, 257 (258 ff.). 284 BerlVerfGH, LVerfGE 12, 15 (23 f.). 285 BVerfGE 7, 377 (407 f.); vgl. zum Konkurrenzschutz auch BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ 2009, 977 ff. 286 Siehe zur Kritik an dieser Formel Helge Sodan, Verfassungsrechtsprechung im Wandel – am Beispiel der Berufsfreiheit, NJW 2003, 257 (260).

B. Grundrecht der Berufsfreiheit

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tung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.“287 Sieht man im Falle einer besonderen Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen in der gewerblichen Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung eine „an sich unerwünschte Tätigkeit“288, erfordern also dennoch diesbezügliche Beschränkungen die strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Obwohl das mit dem grundsätzlichen Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verfolgte Ziel der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung einen wichtigen Gemeinwohlbelang darstellt, gelten zum Grundrecht der Eigentumsfreiheit im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit formulierte Einwände289 erst recht für Beschränkungen der freien Berufswahl. Auch insoweit lassen sich folgende Ergebnisse290 formulieren: 1. Soweit in bestimmten Bezirken Berlins eine besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht vorliegt, ist ein sich auf das gesamte Stadtgebiet Berlins erstreckendes repressives Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Befreiungsvorbehalt zur Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Die Beschränkung des Zweckentfremdungsverbots auf diejenigen Bezirke, in denen sich die besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen vertretbar annehmen lässt, ist im Hinblick auf den verfolgten Zweck ein gleich effektives, das Grundrecht der Berufsfreiheit gewerblicher Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung aber weniger stark einschränkendes Mittel. 2. Das Maß der die gewerblichen Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung durch das Berliner Zweckentfremdungsverbot treffenden Belastungen steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den daraus der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Soweit sich das Zweckentfremdungsverbot als erforderlich erweist, ist es jedenfalls für diese Betroffenen unzumutbar und daher unverhältnismäßig im engeren Sinne.

IV. Ergebnis der Erörterungen zur Berufsfreiheit Die aus dem Berliner Zweckentfremdungsrecht folgenden Eingriffe in die Berufsfreiheit gewerblicher Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur

287

BVerfGE 102, 197 (215). Vgl. dazu BVerfGE 38, 348 (358), wonach die Zweckentfremdung von Wohnraum für die Gebiete, für welche die Ermächtigung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG gilt, „als sozial unerwünscht mißbilligt“ werde. 289 Vgl. S. 60 ff. 290 Vgl. bereits S. 68 f. 288

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4. Teil: Zur Verfassungsmäßigkeit Berliner Regelungen

Fremdenbeherbergung lassen sich aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen und verletzen daher auch dieses Grundrecht.

Fünfter Teil

Prüfung der speziellen Fallkonstellationen Der vorangegangene Vierte Teil der Untersuchung hat grundsätzliche verfassungsrechtliche Einwände gegen Berliner Regelungen des Zweckentfremdungsverbots aufgezeigt, welche auf einen Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt, die Unvereinbarkeit der ZwVbVO mit Vorgaben des ZwVbG und die Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gestützt worden sind. Daraus folgt, dass sich Eingriffe in die Grundrechte der Eigentums- und Berufsfreiheit von (gewerblichen) Vermietern von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen lassen. Sofern man jedoch von der Verfassungsmäßigkeit des ZwVbG sowie der ZwVbVO ausgeht, bedarf es einer hilfsgutachtlichen Prüfung schwieriger Fragen, welche die Auslegung und Anwendung von Vorschriften des Berliner Zweckentfremdungsrechts betreffen, die sich auf die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung beziehen. Die einschlägigen Regelungen werden somit nachfolgend als geltendes Recht zugrunde gelegt. Im Fünften Teil der Untersuchung erfolgt eine Erörterung von Rechtsfragen unter Einbeziehung auch weiterer verfassungsrechtlicher Probleme speziell im Hinblick auf folgende Fallkonstellationen: 1. Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung; 2. Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit; 3. vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung; 4. gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen. Bei allen vorstehend genannten Vermietungen handelt es sich um wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietungen. Gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG darf Wohnraum im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zweckentfremdet werden, soweit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen, kann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG der Senat von Berlin durch Rechtsverordnung treffen. Hiervon hat der Senat durch den Erlass der ZwVbVO Gebrauch gemacht. Gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbVO ist die Versorgung der Bevölkerung

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt. Der Landesgesetzgeber hat für die Ausgestaltung des Zweckentfremdungsverbots das Instrument eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt gewählt.291 Wenngleich in § 1 Abs. 1 ZwVbG das Wort „Verbot“ nicht ausdrücklich Verwendung findet, verdeutlicht die Norm, dass ein Verhalten, welches eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellt, lediglich dann erlaubt ist, wenn eine Genehmigung des zuständigen Bezirksamts erteilt worden ist. Das Gesetz bringt hierdurch zum Ausdruck, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum grundsätzlich „als sozial unerwünscht mißbilligt“292 wird. Im Folgenden ist daher für die einzelnen Konstellationen zu prüfen, ob diese einer Genehmigungspflicht nach dem ZwVbG unterliegen sowie ob und unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung durch das zuständige Bezirksamt erteilt werden kann, insbesondere inwiefern Ausgleichszahlungen festgesetzt werden können. Der Berliner Landesgesetzgeber hat bei der gesetzlichen Regelung zur Zweckentfremdung hinsichtlich der Materie der Ferienwohnungen und Fremdenbeherbergung eine – angesichts der geringfügigen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt der Stadt293 überraschend – weite Regelung der Zweckentfremdung getroffen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG liegt eine Zweckentfremdung im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen, verwendet wird. Die Aufnahme dieser Nutzung von Wohnraum in den Tatbestand der Zweckentfremdung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG begründet der Gesetzgeber damit, dass in diesen Fällen „der Wohnraum zur Nutzung für eine dauerhafte Vermietung dadurch verloren“ gehe, „dass Personen, die ihren Lebensmittelpunkt in der Regel an einem anderen Ort haben, vorübergehend, d. h. nach Sinn und Zweck der Nutzung zeitlich bestimmt oder bestimmbar, in den Räumen leben“.294 Darüber hinaus sei es bei einer

291 Vgl. BVerfGE 38, 348 (358) in Bezug auf Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG; Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014); Nr. 10 AV – ZwVb. Vgl. auch bereits oben S. 27 f., 29, 35, 59 f., 69 f., 72 und 79 der vorliegenden Untersuchung. 292 So BVerfGE 38, 348 (358) im Hinblick auf Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG. 293 Siehe dazu GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 27. 294 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-

5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

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bestehenden Wohnraummangellage nicht ausreichend, lediglich den bestehenden Wohnungsbestand zu sichern, sondern erforderlich, durch Rückführung von Wohnraum, der durch die Nutzung als Ferienwohnung oder gewerbliche Vermietung bereits dem Wohnungsmarkt entzogen worden ist, eine Anpassung des Wohnungsbestandes an die bestehende Wohnraumnachfrage zu erreichen.295 Die Möglichkeit der Rückführung von bereits zweckentfremdetem Wohnraum ist in § 4 ZwVbG geregelt. Indem der Gesetzgeber auf die in den Wohnräumen vorübergehend lebenden Personen verweist, macht er den durch die Nutzung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung eintretenden Verlust von Wohnraum für den Wohnungsmarkt zum Maßstab für die Regelung einer Handlung als Zweckentfremdung. Dies entspricht dem verfassungsrechtlich notwendigen Erfordernis der Entziehung von Wohnraum für den Wohnungsmarkt, ohne die ein Zweckentfremdungsverbot keine geeignete Maßnahme für die Einschränkung des Grundrechts der Eigentumsfreiheit darzustellen vermag.296 Dass der Gedanke, durch die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG geregelte Art und Weise der Nutzung werde dem Wohnungsmarkt Wohnraum entzogen, nur teilweise richtig ist, belegt die bereits erwähnte297 Analyse von GEWOS aus dem November 2014. Diese Analyse zeigt auf, dass bei den darin angeführten Fällen der Vermietung von Ferienwohnungen – welche mit den hier untersuchten Fällen vergleichbar sind – lediglich bei ansonsten unbewohnten Wohnungen eine Gefährdung der Entziehung von Wohnraum für den Wohnungsmarkt gegeben ist. Diese ist bei üblicherweise bewohnten Wohnungen hingegen nicht gegeben oder hängt von weiteren unsicheren Umständen ab, etwa davon, ob eine dauerhafte (Unter-) Vermietung vorgenommen werden würde.298 Inwiefern dieser Umstand bei der Frage des Vorliegens einer Zweckentfremdung oder einer Genehmigung Beachtung finden kann, wird nachfolgend konkret für die einzelnen Fallgruppen untersucht. Für diese Art der Verwendung des Wohnraums kommen in persönlicher Hinsicht vor allem der Eigentümer, etwa im Hinblick auf die Vermietung einzelner Zimmer insbesondere jedoch auch der jeweilige Mieter in Betracht. Das Gesetz unterscheidet in seinen Regelungen zwischen dem Verfügungsberechtigten einerseits (beispielsweise in § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; § 3 Abs. 5 Satz 1; § 4 Satz 1; § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG) sowie dem Nutzungsberechtigten andererseits (etwa in § 4 Satz 1; § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG). Darüber hinaus werden sonstige Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 295 Senat von Berlin, a.a.O., S. 12. 296 Vgl. dazu oben S. 58 ff. 297 Vgl. oben S. 52 f. 298 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 20 ff.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Bewohner (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG) genannt, wobei diesen gegenüber lediglich die Auskunftspflicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 ZwVbG begründet wird. Verfügungsberechtigt sind gemäß Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 AV – ZwVb diejenigen Personen, die nach bürgerlichem Recht zur dinglichen Verfügung über den Wohnraum berechtigt sind, also Eigentümer oder Inhaber eines sonstigen grundstücksgleichen Rechts. Nutzungsberechtigte sind Mieter, Pächter sowie jede andere Person, die als Nichtverfügungsberechtigte den Wohnraum aufgrund einer vertraglichen Beziehung zu den Verfügungsberechtigten nutzen darf (Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb). Das Gesetz unterscheidet jedoch sowohl hinsichtlich der Frage, ob eine Zweckentfremdung von Wohnraum gegeben ist (§ 2 ZwVbG), als auch in Bezug auf das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit299 (§ 7 Abs. 1 ZwVbG) nicht zwischen den Verfügungs- und Nutzungsberechtigten. Die Frage nach der handelnden Person spielt also hierfür keine tragende Rolle. Sie wird aber, sofern sie für eine Konstellation relevant werden sollte, im Folgenden an der entsprechenden Stelle erörtert. Nicht Gegenstand der Begutachtung der speziellen Fallkonstellationen ist das privatrechtliche Verhältnis zwischen Verfügungs- sowie Nutzungsberechtigtem und die Frage etwa, inwiefern eine Untervermietung beispielsweise tageweise an Touristen durch einen Mieter zulässig ist.300 Ebenfalls nicht beleuchtet werden die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien der Wohnungseigentümergemeinschaft, sollte es sich bei dem verwendeten Wohnraum um Wohnungseigentum im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz)301 handeln.

A. Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung könnte eine Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG darstellen. Diese Art der Vermietung stellt auf dem Wohnungsmarkt Berlins eine der häufigen Konstellationen dar, wie sie etwa bei dem bekannten Vermittlungsdienstleister

299 Gemäß Nr. 22.6.1 AV – ZwVb soll die Geldbuße im Fall der Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs.1 Nr. 1 ZwVbG ohne die erforderliche Genehmigung für jede Wohnung zwischen 500 bis 1.500 Euro pro Monat betragen. 300 Siehe hierzu jüngst BGH, NJW 2014, 622. Vgl. auch Marcus Kohlstrunk, Touristen in Miet- und Eigentumswohnungen, NZM 2014, 231 ff. 301 Vom 15. März 1951 (BGBl. I S. 175, ber. S. 209), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 6 des Gesetzes zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3719).

A. Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung

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Airbnb in ca. 30 % der Vermittlungen302 in Berlin auftritt. Unter Privaten wird lediglich ein Zimmer innerhalb einer Wohnung tageweise einem Gast oder mehreren Gästen überlassen. Häufig wird die Wohnung von dem Eigentümer oder einem Mieter zur gleichen Zeit bewohnt, in der ein Zimmer in der Wohnung zur Fremdenbeherbergung vermietet wird. Der Begriff der Fremdenbeherbergung wird neben demjenigen der Ferienwohnung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG durch das Gesetz selbst verwendet. Aus der Begründung des Gesetzes geht hervor, dass der Gesetzgeber unter Fremdenbeherbergung eine Art der Nutzung versteht, die über das Maß der Vermietung als Ferienwohnung hinausgeht. Insbesondere die „Bereitstellung von Bettwäsche und/oder Verpflegung, Reinigung des Raumes“303 kennzeichnet die Fremdenbeherbergung und grenzt diese damit von der Ferienwohnung als einer reinen Zurverfügungstellung von Wohnraum ab.304

I. Genehmigungspflicht Die Genehmigungspflicht setzt nach § 1 Abs. 1 ZwVbG und § 1 Abs. 1 ZwVbVO voraus, dass die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellt. 1. Wohnraum Bei einem Zimmer in einer Wohnung müsste es sich zunächst um Wohnraum im Sinne des ZwVbG handeln. Wohnraum stellen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG alle Räumlichkeiten dar, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet sind. Ausgenommen sind gemäß Satz 2 Räumlichkeiten, die zu anderen Zwecken errichtet worden sind und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO entsprechend genutzt werden. Mit dieser Ausnahme schließt der Gesetzgeber etwa Büroräume mit Koch- und Nasszellenbereich von vornherein aus dem Merkmal des Wohnraums aus (Nr. 6.6 AV – ZwVb).305 302 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 22. 303 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 15 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 304 Vgl. bereits oben S. 32. 305 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 12 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Durch das Abstellen auf die rechtliche und tatsächliche Eignung der Räumlichkeiten bestimmt der Gesetzgeber, dass es für die Qualifikation als Wohnraum nicht auf eine etwaige subjektive Zweckbestimmung ankommt.306 Vielmehr soll die objektive Eignung der Räumlichkeiten zu Wohnzwecken für die Qualifikation als Wohnraum ausschlaggebend sein.307 In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass unabhängig von § 1 Abs. 3 ZwVbG lediglich schutzwürdiger Wohnraum vom ZwVbG umfasst sei und sich dies entsprechend der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Wohnraumbegriff im Sinne von Art. 6 Abs. 1 MRVerbG308 danach bemesse, ob die Räume bestimmt und geeignet sind, auf Dauer bewohnt zu werden.309 Der Berliner Landesgesetzgeber hat hingegen bei der Nutzung seiner Gesetzgebungskompetenz310 durch § 1 Abs. 3 ZwVbG einen von diesem Begriff insofern abweichenden Wohnraumbegriff bestimmt, als dieser nicht auf die subjektive Bestimmung der Verwendung der Räume, sondern ausschließlich auf deren objektive Eignung zu dauerhaften Wohnzwecken abstellt.311 In der inhaltlichen Ausgestaltung des das Bundesrecht ersetzenden Landesrechts ist der Landesgesetzgeber grundsätzlich frei312 und kann insofern durch das ZwVbG auch einen anderen Wohnraumbegriff implementieren. Ein Zimmer in einer Wohnung stellt gemäß § 1 Abs. 3 ZwVbG Wohnraum im Sinne des Gesetzes dar, wenn es eine Räumlichkeit ist, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet ist. a) Räumlichkeit Der Begriff der Räumlichkeit wird weder im ZwVbG noch in den AV – ZwVb näher konkretisiert, dürfte sich aber nach allgemeinem Verständnis durch eine äußere sowie eine nach oben gerichtete Begrenzung auszeichnen. Laut Duden handelt es sich bei einer Räumlichkeit um einen großen, meist mit einem anderen oder mehreren anderen Räumen zusammengehörenden Raum.313 306 307 308 309

(97). 310

Senat von Berlin, a.a.O. Senat von Berlin, a.a.O., S. 11 f. BVerwGE 54, 54 (60); BVerwG, NJW 1986, 1120 (1121). Michael Schultz, Das neue Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, GE 2014, 96

Siehe zu dieser Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin oben S. 39 f. Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 12 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 312 Christoph Degenhart, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 125a Rn. 4, 6; Arnd Uhle, in: Theodor Maunz/Günter Dürig, Grundgesetz. Kommentar, Loseblatt, Art. 125a Rn. 29 (Stand der Kommentierung: März 2006). 313 http://www.duden.de/rechtschreibung/Raeumlichkeit (zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 311

A. Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung

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Damit stellt auch ein Zimmer in einer Wohnung eine Räumlichkeit dar. Daraus folgt, dass sich die Frage nach dem Vorliegen zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraums bei der Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung danach bemisst, ob das Zimmer rechtlich und tatsächlich zur dauernden Wohnnutzung geeignet ist. b) Tatsächliche Eignung zu Wohnzwecken Der in § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG verwendete unbestimmte Rechtsbegriff der tatsächlichen Eignung von Räumlichkeiten zur Wohnnutzung ist in der Begründung lediglich insofern konkretisiert, als diese nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei „Notunterkünften oder abbruchreifen Räumlichkeiten“314 ausgeschlossen ist. Näher erläutert wird das Kriterium der tatsächlichen Eignung hingegen in den Nummern 5 und 6 der AV – ZwVb. Gemäß Nr. 5.1 Satz 2 AV – ZwVb liegt die tatsächliche Eignung als Wohnraum vor, wenn die Räumlichkeiten zur dauernden Wohnnutzung geeignet sind, alleine oder zusammen mit anderen Räumlichkeiten die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen und von jedermann angemietet werden können. Während das erste Merkmal lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiedergibt, schränken die weiteren Kriterien der AV – ZwVb den Begriff des zweckentfremdungsrelevanten Wohnraums ein. Dies wirft die Frage nach dem Verhältnis der AV – ZwVb zu den Vorschriften des ZwVbG auf; klärungsbedürftig ist insbesondere die Bindungswirkung der AV – ZwVb für die öffentliche Verwaltung und die Gerichte. aa) Verhältnis der Ausführungsvorschriften zu den gesetzlichen Regelungen Bei den durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erlassenen AV – ZwVb handelt es sich gemäß § 8 ZwVbG um Verwaltungsvorschriften, welche gemäß Nr. 1 Abs. 2 AV – ZwVb einen einheitlichen Vollzug des Zweckentfremdungsverbots durch die zuständigen Bezirksämter sicherstellen sollen. „Verwaltungsvorschriften sind generelle Regelungen des verwaltungsinternen Bereichs, die von einer vorgesetzten Behörde an nachgeordnete Behörden oder vom Behördenchef an die ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten gerichtet werden.“315 Die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ergibt sich für in314 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 315 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 1; vgl. auch Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 1.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

trabehördliche Verwaltungsvorschriften316 aus der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt der Exekutive.317 Interbehördliche und intersubjektive Verwaltungsvorschriften, also solche Vorschriften, die gegenüber verschiedenen Behörden und Funktionsstellen oder gegenüber einem anderen Verwaltungsträger erlassen werden, setzen eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass der Verwaltungsvorschriften voraus.318 Differenziert wird zwischen organisatorischen Verwaltungsvorschriften einerseits und verhaltenslenkenden Verwaltungsvorschriften andererseits.319 Innerhalb der verhaltenslenkenden Verwaltungsvorschriften wird zwischen norminterpretierenden, ermessenslenkenden, normkonkretisierenden und gesetzesvertretenden Verwaltungsvorschriften unterschieden.320 Während organisatorische Verwaltungsvorschriften den Aufbau der Verwaltung, die innere Ordnung, die Zuständigkeit und das Verfahren von Behörden betreffen, beziehen sich verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften auf die Steuerung der behördlichen Entscheidungsfindung.321 Ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften kommt dabei die Funktion zu, durch Bestimmung der Weise des Gebrauchs des eingeräumten Ermessens eine einheitliche und gleichmäßige Ermessensausübung sicherzustellen.322 Gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften werden im Falle des Fehlens von gesetzlichen Regelungen erlassen, soweit nicht der Gesetzesvorbehalt entgegensteht323, und betreffen damit vor allem den – früher gesetzlich wenig determinierten – Bereich der Leistungsverwaltung (z. B. Subventionen). Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften zielen 316 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 35. 317 BVerwGE 67, 222 (229); Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 1. 318 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 44. 319 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 19 ff., 22 ff.; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 3. 320 Siehe dazu Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/ Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 22 ff.; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 3; i. E. auch Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 9 ff. 321 Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 3; vgl. ferner Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 8. 322 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 10. 323 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 33.

A. Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung

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auf Rationalisierung der Verwaltungsarbeit und Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs ab, indem die Auslegung des Gesetzes und insbesondere unbestimmter Rechtsbegriffe von Seiten der Verwaltung vorgenommen wird.324 In Abgrenzung hierzu werden unter normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften solche Vorschriften verstanden, die sich nicht lediglich auf die Deutung von Gesetzesbegriffen beschränken, sondern darüber hinaus durch inhaltliche Gestaltung auf den Tatbestand eines Gesetzes einwirken und dadurch den Vollzug des Gesetzes erst ermöglichen, wie es vor allem im Bereich des Umweltrechts beispielsweise durch die TA Lärm325 sowie die TA Luft326 geschehen ist.327 Diese Differenzierung der unterschiedlichen Typen von Verwaltungsvorschriften spiegelt sich in deren unterschiedlicher Bindungswirkung wider. Nach traditioneller Ansicht wird eine Zweiteilung nach der Wirkung der Rechtssätze in Innenrecht, welches in Form von Anweisungen behördeninterne Vorgänge regelt, und Außenrecht, welches auf den Rechtskreis des Bürgers abzielt, vorgenommen.328 Da Verwaltungsvorschriften auf innere Behördenvorgänge abzielen, wurde diesen früher die Rechtsqualität abgesprochen.329 Allerdings ist deutlich geworden, dass mittelbar auch behördeninterne Arbeitsanweisungen in die Rechtssphäre des Bürgers einzugreifen vermögen. Dabei kann zunächst festgehalten werden, dass die Verwaltungsvorschriften im Innenverhältnis eine umfassende Bindungswirkung entfalten.330 Die öffentliche Verwaltung ist an die ihr vorgegebenen Verwaltungsvorschriften gebunden. Bezüglich der Außenwirkung ist je nach Art der Verwaltungsvorschrift sowie nach Perspektive (Bürger, Verwaltung, Gericht) zu differenzieren.

324

Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 9; Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 24. 325 Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503). 326 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) vom 24. Juli 2002 (GMBl. S. 511). 327 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 27; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staatsund Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 3. 328 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 38. 329 Siehe dazu Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 2. 330 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 44; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staatsund Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 4.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Hinsichtlich der Bindungswirkung ist eine unmittelbare Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften auch gegenüber dem einzelnen Bürger ausschließlich im Fall der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften anerkannt.331 Solche Verwaltungsvorschriften werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur im Bereich des technischen Sicherheitsrechts, Atom- und Immissionsschutzrechts bejaht.332 Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften hingegen begründen weder für das Verwaltungshandeln gegenüber dem Bürger noch für den Bürger selbst eine Außenbindung.333 Die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften können insofern zu einer Bindung der Verwaltung führen, als aufgrund des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatzes von einer ständig ausgeübten Verwaltungspraxis nicht ohne sachlichen Grund abgewichen werden darf (sogenannte Selbstbindung der Verwaltung).334 Für die AV – ZwVb ist insbesondere die Frage relevant, inwiefern Verwaltungsvorschriften im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung bindende Wirkung für das Gericht entfalten. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften betreffen mit der Auslegung von Gesetzen den Kernbereich der Aufgabe der Rechtsprechung und vermögen deshalb das Gericht bei der Auslegung des Gesetzes nicht zu binden.335 Dies bedeutet auch, dass sich aus einer den Bürger im Gegensatz zu der gerichtlichen Auslegung begünstigenden Verwaltungsvorschrift oder einer entsprechenden Verwaltungspraxis keine anspruchsbegründende Selbstbindung der Verwaltung ergeben kann („keine Gleichheit im Unrecht“).336 Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften sind im 331 Siehe BVerwGE 72, 300 (316 ff., 320 ff.); 107, 338 (340 ff.); Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 71 f. 332 Siehe BVerwGE 72, 300 (316 ff.); Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 71 f. 333 BVerwGE 104, 220 (222); Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 5. 334 BVerwGE 104, 220 (223); Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 24 Rn. 21; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staatsund Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 6. Voraussetzung ist jedoch eine ständige Verwaltungspraxis; liegt diese nicht vor, wird für zukünftiges Verhalten ohne bisherige Praxis auf eine antizipierte Verwaltungspraxis abgestellt. Dabei dienen die Verwaltungsvorschriften als Indiz für ein bestimmtes Verwaltungshandeln. Mitunter werden auch die Vorschriften selbst als Anknüpfungspunkt für die Selbstbindung angeführt. Teilweise wird für die Beachtung der Verwaltungsvorschriften auf ein durch die Verwaltung geschaffenes Vertrauen durch den Erlass der Vorschriften abgestellt und deshalb dafür plädiert, den Normsetzungswillen der Verwaltung zu berücksichtigen; vgl. hierzu Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 54 ff. m. w. N. 335 Siehe etwa BVerfGE 7, 129 (154); 64, 261 (279); 84, 34 (49 f.); 129, 1 (21). 336 BVerwGE 34, 278; 36, 313 (315); 36, 323 (327); siehe ferner BVerwGE 58, 45 (49); Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof

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gerichtlichen Verfahren in zweifacher Hinsicht relevant. Einerseits sind sie „Maßstab für die Prüfung, ob der Verwaltung im Streitfall ein Ermessensfehler unterlaufen ist. Zugleich und methodisch vorrangig sind die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften aber auch Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle insofern, als kontrolliert werden kann, ob sich die ermessenslenkenden Vorschriften in dem vom Gesetzgeber der Verwaltung eingeräumten Ermessensspielraum halten, also selbst keinen (generellen) Ermessensfehler enthalten (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch).“337 Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften hingegen sind auch für die Gerichte verbindlich, soweit die zu Grunde gelegten Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik zwischenzeitlich nicht überholt sind oder ein atypischer Einzelfall vorliegt.338 Die AV – ZwVb sollen nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 den einheitlichen Vollzug des Zweckentfremdungsverbots gewährleisten. Sie sind von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt an die zuständigen Bezirksämter gerichtet. Bei diesen handelt es sich nicht um eigene Rechtssubjekte339 (vgl. § 2 Abs. 1 des Bezirksverwaltungsgesetzes340) innerhalb der „Einheitsgemeinde“ Berlin341, so dass es sich bei den AV – ZwVb nicht um intersubjektive, sondern um interbehördliche Verwaltungsvorschriften handelt. Diese beruhen auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 ZwVbG. Inhaltlich werden in den AV – ZwVb die Tatbestandsmerkmale des ZwVbG aus Sicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ausgelegt sowie teilweise die Voraussetzungen für die Ausübung des Ermessens festgelegt. Insofern handelt es sich bei den AV – ZwVb um norminterpretierende und ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften. Wenn innerhalb der AV – ZwVb vereinzelt Anforderungen formuliert werden, für die sich im Gesetzestext nur entfernt ein Anhaltspunkt finden lässt, handelt es sich deshalb nicht um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften. Da die geregelte Materie vorliegend nicht den Bereich des technischen Sicherheitsrechts oder des Umweltrechts betrifft und das ZwVbG nicht erst durch die AV – ZwVb vollziehbar wird, kommt deren Qualifizierung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften nicht in Betracht.

(Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 67; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 7. 337 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 70. 338 BVerwGE 107, 338 (341); Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 8. 339 Andreas Musil/Sören Kirchner, Das Recht der Berliner Verwaltung, 3. Aufl. 2012, Rn. 31 ff. 340 In der Bekanntmachung der Neufassung vom 10. November 2011 (GVBl. S. 693). 341 Vgl. bereits oben S. 43 mit den Nachw. in Fn. 124.

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Das Verhältnis der AV – ZwVb zum ZwVbG ist also dadurch gekennzeichnet, dass eine unmittelbare Bindung lediglich gegenüber den ausführenden Mitarbeitern in den Bezirksämtern entsteht. Die das ZwVbG auslegenden Bestimmungen der AV – ZwVb sind gerichtlich voll überprüfbar.342 Die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, mithin an der Gewährleistung des Bestandsschutzes von Wohnraum mit dem Ziel einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen.343 In der Praxis stellen die norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften für Gerichte jedoch nicht selten wichtige Entscheidungshilfen im Rechtsfindungsprozess dar, auf die bei der Auslegung teilweise Bezug genommen wird und welche mitunter sogar zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe konkretisierend herangezogen werden.344 Daher werden im Folgenden die AV – ZwVb im Rahmen der Auslegung von Tatbestandsmerkmalen herangezogen und kritisch beleuchtet. bb) Eignung zur dauernden Wohnnutzung Als erstes Kriterium muss eine Räumlichkeit zur dauernden Wohnnutzung geeignet sein. Aus diesem Grund fallen gemäß Nr. 6.2 AV – ZwVb Räumlichkeiten, welche noch nicht bezugsfertig sind, aus dem Wohnraumbegriff heraus. Auch Räumlichkeiten, die nicht (mehr) bewohnbar sind – die Begründung zum Entwurf des ZwVbG spricht von „abbruchreifen Räumlichkeiten“345 – stellen nach Nr. 6.7 AV – ZwVb keinen zweckentfremdungsrelevanten Wohnraum dar. Diese Ausführungsvorschrift nimmt auch solche Räumlichkeiten aus dem Wohnraumbegriff aus, die derzeitig unbewohnbar sind, sofern der dies begründende Mangel oder Missstand nur durch wirtschaftlich nicht vertretbaren Modernisierungsoder Renovierungsaufwand beseitigt werden kann und dies dem Verfügungsberechtigten deshalb objektiv nicht zumutbar ist. Nr. 6.7 AV – ZwVb legt damit die tatsächliche Eignung in zeitlicher Hinsicht sehr weit aus, soll doch im Umkehrschluss die Eignung zur dauernden Wohnnutzung bei derzeit nicht bewohnbaren Räumlichkeiten dennoch gegeben sein, wenn die Bewohnbarkeit durch vertretbaren 342 So hinsichtlich der Ausführungsvorschriften zur 2. ZwVbVO (vgl. dazu oben S. 21 f., 67 f.) KG Berlin, Beschl. vom 6. Juli 2001 – 2 Ss 325/00 u. a., juris Rn. 9. 343 Vgl. Hess. VGH, Beschl. vom 8. April 1993 – 4 TH 1145/92, juris Rn. 44, hinsichtlich der Auslegung von Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 2 MRVerbG. 344 Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 66 unter Verweis auf BVerwGE 32, 148 ff.; 37, 107 ff. [Bezugnahme auf Veraltungsvorschriften] sowie BVerwGE 58, 37 (44) [Heranziehung zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe]. 345 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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Aufwand wiederhergestellt werden kann. Ob diese Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG, welcher durch das Wort „sind“ auf den Istzustand abstellt, zutreffend ist, hat für die vorliegende Konstellation allerdings eine lediglich begrenzte Bedeutung; denn bei Unbewohnbarkeit kommt eine Vermietung zur Fremdenbeherbergung kaum in Betracht. Jedenfalls kann diese Auslegung nicht auf § 4 Satz 3 ZwVbG, der bei Beseitigung oder Veränderung von Wohnraum eine Wiederherstellungspflicht begründet, gestützt werden. Diese Norm setzt nach ihrem Wortlaut Wohnraum im Sinne des ZwVbG voraus, so dass eine Heranziehung zur Bestimmung des Umfangs des Wohnraums einen Zirkelschluss bedeutete. Weil jedoch auch Leerstand, der sechs Monate übersteigt, gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 ZwVbG grundsätzlich eine Zweckentfremdung darstellt,346 sollten Verfügungsberechtigte über derzeit unbewohnbaren Wohnraum, der jedoch mit vertretbarem Aufwand modernisiert oder renoviert werden könnte,347 durch einen Antrag auf Ausstellung eines Negativattests im Sinne des § 5 ZwVbVO348 eine behördliche oder gerichtliche Klärung zu erreichen versuchen. Nach Nr. 15 Satz 3 AV – ZwVb tragen sonst die Verfügungs- bzw. Nutzungsberechtigten das Risiko einer rechtswidrigen Nutzung des Wohnraums. cc) Selbständige Haushaltsführung Auch das in Nr. 5.1 Satz 2 AV – ZwVb genannte Merkmal der Ermöglichung der Führung eines selbständigen Haushalts lässt sich zumindest im Hinblick auf Wohnungen eigenständig bereits aus § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG ableiten, weil die Führung eines selbständigen Haushalts der Nutzung der Räumlichkeiten zu dauerhaften Wohnzwecken doch immanent sein dürfte. Bemerkenswert hingegen ist die in Nr. 5.1 Satz 2 AV – ZwVb verwandte Formulierung, dass die Führung des Haushalts durch die Räumlichkeiten alleine oder zusammen mit anderen Räumlichkeiten ermöglicht werden muss. Hierdurch werden von den Ausführungsvorschriften einzelne Räumlichkeiten vom Begriff des Wohnraums erfasst, die wie etwa einzelne Zimmer innerhalb einer Wohnung als solche – vorausgesetzt sie schließen eine Küchenzeile oder Ähnliches sowie sanitäre Ein346 Leerstand führt zu keiner Zweckentfremdung, wenn der Wohnraum trotz geeigneter Bemühungen über eine längere Zeit nicht wieder vermietet werden konnte (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 ZwVbG) oder aus anderen objektiven Gründen nicht mehr vermietet werden kann (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 Hs. 1 ZwVbG). 347 Gemäß Nr. 6.7.1 AV – ZwVb ist für die Berufung auf die Unzumutbarkeit eine Renditeberechnung vorzulegen. Dabei werden die Aufwendungen zur Herstellung eines einfachen Wohnstandards den anrechenbaren Nettomieterträgen, einschließlich sämtlicher Einnahmen aus der Bewirtschaftung des Grundstücks, gegenübergestellt. Negativ fällt die Renditeberechnung aus, wenn die Aufwendungen durch die Rendite nicht innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ausgeglichen werden können; vgl. hierzu Anlage 1 zu den AV – ZwVb. Unzumutbarkeit ist gemäß Nr. 6.7.3 AV – ZwVb ferner anzunehmen, wenn die Kosten des Modernisierungs- bzw. Renovierungsaufwands die Kosten des Abbruchs zuzüglich der Neuerrichtung eines vergleichbaren Gebäudes erreichen. 348 Siehe zum Negativattest S. 140 der vorliegenden Untersuchung.

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richtungen nicht ein – die Führung eines Haushalts nicht zu erlauben vermögen. Dies wiederum wirft die Frage auf, inwiefern ein einzelnes Zimmer innerhalb einer Wohnung tatsächlich zur dauernden Wohnnutzung geeignet im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG ist. So könnte das Gesetz unabhängig von den Ausführungsvorschriften bei wortlautgetreuer Auslegung dahingehend zu interpretieren sein, dass einzelne Zimmer innerhalb einer Wohnung deshalb keinen zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum darstellen, weil sie das Führen eines eigenständigen Haushalts nicht ermöglichen. Der Wortlaut in § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG unterwirft dem Begriff des Wohnraums alle Räumlichkeiten, die tatsächlich (und rechtlich) zur dauernden Wohnnutzung geeignet sind. Im Gegensatz zu der zum 1. September 2000 außer Kraft getretenen 2. ZwVbVO349, welche in ihrem § 1 Abs. 2 Satz 1 „einzelne Wohnräume, Wohnungsteile oder ganze Wohnungen“ erfasste, stellt der Wortlaut von § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG konkret auf die jeweilige Räumlichkeit ab. Damit schließt der Wortlaut eine Auslegung, dass auch diese konkrete Räumlichkeit tatsächlich zur dauerhaften Wohnnutzung und damit zur Führung eines eigenständigen Haushalts geeignet sein muss, nicht aus. Aus der gesetzlichen Systematik lässt sich jedoch herleiten, dass auch ein einzelnes Zimmer zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum darstellen kann. In § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG findet die gewerbliche Zimmervermietung Erwähnung. Handelte es sich bei einem einzelnen Zimmer nicht um Wohnraum, so könnte auch die gewerbliche Vermietung eines Zimmers keine Zweckentfremdung darstellen. Zwar ist das Tatbestandsmerkmal der Zweckentfremdung ein von demjenigen des Wohnraums zu unterscheidendes Merkmal. Aus dem Umkehrschluss hierzu lässt sich dennoch schließen, dass im Falle eines einzelnen Zimmers die Betrachtung lediglich der konkreten Räumlichkeit zu kurz greift. Auch nach dem Zweck des Gesetzes wäre es – bildlich gesprochen – verfehlt, für die Frage des Vorliegens von Wohnraum an der Tür des einzelnen Zimmers Halt zu machen. Das ZwVbG ist darauf gerichtet, das Gesamtwohnraumangebot zu erhalten und Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum oder Ferienwohnungen zu verhindern bzw. rückgängig zu machen.350 Eine weite Auslegung der tatsächlichen Eignung der Räumlichkeiten erscheint vor diesem Hintergrund geboten. Die für Nr. 5.1 Satz 2 AV – ZwVb vorgenommene Auslegung des Tatbestands des Wohnraumbegriffs in der Weise, dass die Räumlichkeiten eine selbständige Haushaltsführung (lediglich) in Verbindung mit anderen Räumlichkeiten zu leisten vermögen, entspricht dem vom Gesetz intendierten Tatbestandsmerkmal des Wohnraums. 349

Vgl. oben S. 21 f. Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 2 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vor gang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 350

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dd) Möglichkeit der Anmietung durch jedermann Darüber hinaus muss der Wohnraum nach der Definition der Ausführungsvorschriften von jedermann angemietet werden können. Kein Wohnraum im Sinne des ZwVbG liegt deshalb gemäß Nr. 6.1 Satz 1 AV – ZwVb vor, wenn die Räumlichkeiten dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung stehen, weil das Wohnen in einem engen räumlichen Zusammenhang an eine bestimmte Tätigkeit geknüpft ist (z. B. Hausmeisterwohnungen in Schulgebäuden), sich die Räumlichkeiten auf einem in sich abgeschlossenen Werks- oder Betriebsgelände befinden (etwa Wohnraum für Aufsichtspersonen auf Betriebsgelände) oder es sich bei den Räumlichkeiten um Wohnheime handelt. Für die Form eines Wohnheims soll in räumlicher, funktioneller, sachlicher und persönlicher Hinsicht eine Einheit der Einzelwohnräume wesentlich sein, wodurch sich der Betrieb eines Wohnheims auch von der privaten, insbesondere der gewerbsmäßigen Zimmervermietung unterscheide (Nr. 6.1 Satz 2 und 7 AV – ZwVb).351 Da nach dem Gesetz die objektive Eignung maßgeblich für die Frage des Vorliegens von Wohnraum ist, muss auch das in den Ausführungsvorschriften aufgeführte Kriterium der Möglichkeit der Anmietung durch jedermann objektiv verstanden werden. Nicht tragfähig wäre es deshalb, unter Bezugnahme auf die Ausführungsvorschriften gegenüber dem jeweils zuständigen Bezirksamt darauf hinzuweisen, das Zimmer werde ausschließlich an eine bestimmte Personengruppe wie etwa Studierende vermietet und stelle deshalb keinen Wohnraum im Sinne des Gesetzes dar. Hierdurch wird die objektive Eignung der grundsätzlichen Möglichkeit der Vermietung an jedermann nicht infrage gestellt. Darüber hinaus vermögen norminterpretierende Verwaltungsvorschriften keine anspruchsbegründende Wirkung gegenüber der öffentlichen Verwaltung zu entfalten, wenn die Auslegung des Gesetzes zu einem anderen, für den Bürger im konkreten Fall nachteiligeren Ergebnis führt.352 Auch Notunterkünfte stellen nach Nr. 6.4 AV – ZwVb keinen Wohnraum dar. Diese seien nur zeitlich begrenzt zur Unterbringung von Personen errichtet worden, um in einer besonderen Situation zeitlich begrenzt für einen bestimmten Personenkreis zusätzlichen Unterbringungsraum zu schaffen. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Ausführungsvorschriften an dieser Stelle auf den Zweck der Errichtung der Notunterkünfte abstellen. Aus der Begründung zum Entwurf des ZwVbG geht 351

Näher heißt es in Nr. 6.1 Satz 3 bis 6 AV – ZwVb hierzu: „Die räumliche Einheit ist in der Regel gewahrt, wenn die Einzelwohnräume zusammenhängend im gleichen Haus oder in einer zusammengehörigen Gruppe von Häusern untergebracht sind. Zur funktionellen Einheit gehört vor allem eine Heimleitung, der die Heimbewohner unterstellt sind. Die sachliche Einheit besteht darin, dass gleichartige Wohnbedürfnisse befriedigt werden. Persönliche Einheit bedeutet, dass nur Angehörige eines begrenzten, durch gemeinsame Merkmale gekennzeichneten Personenkreises Aufnahme finden.“ 352 Vgl. BVerwGE 36, 313 (315); 36, 323 (327); Fritz Ossenbühl, Autonome Rechtsetzung der Verwaltung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 67; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 64 Rn. 7.

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hervor, dass bei Notunterkünften bereits das objektive Kriterium der Eignung nicht gegeben sein soll.353 Der Zweck der Errichtung und Nutzung von Räumlichkeiten spielt nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich in dem engen Rahmen der in § 1 Abs. 3 Satz 2 ZwVbG geregelten Ausnahme eine Rolle,354 setzt aber nach dem Wortlaut die objektive Eignung voraus. Nichtsdestotrotz stellen Notunterkünfte keinen zweckentfremdungsrelevanten Wohnraum dar, weil sie ihrem Zweck nach nur einem begrenzten Personenkreis und damit gerade nicht dem Wohnungsmarkt als solchem zur Verfügung stehen. ee) Subsumtion Ein Zimmer innerhalb einer Wohnung stellt damit zunächst eine Räumlichkeit im Sinne des ZwVbG dar. In Verbindung mit den weiteren Räumen der Wohnung, insbesondere der Küche und dem Badezimmer, ermöglicht die Räumlichkeit auch die Führung eines selbständigen Haushalts. Bei der Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung ist darüber hinaus die grundsätzliche Möglichkeit der Anmietung durch jedermann gegeben. Daher stellt ein Zimmer innerhalb einer Wohnung eine Räumlichkeit dar, die in tatsächlicher Hinsicht zur dauernden Wohnnutzung geeignet und damit Wohnraum im Sinne des § 1 Abs. 3 ZwVbG ist. c) Rechtliche Eignung zu Wohnzwecken Eine Räumlichkeit ist gemäß Nr. 5.1 Satz 1 AV – ZwVb in rechtlicher Hinsicht zur dauernden Wohnnutzung geeignet, wenn von der zuständigen Stelle die Genehmigung zum dauernden Wohnen erteilt wurde bzw. die materiell-rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Vom Wohnraumbegriff ausgeschlossen sind nach Nr. 6.5 AV – ZwVb Räumlichkeiten, welche bauplanungsrechtlich nicht zum dauernden Wohnen genutzt werden dürfen (beispielsweise Kleingartenanlagen).355 Auch eine bauordnungs353 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 354 So heißt es in der Begründung zum Entwurf des § 1 Abs. 3 ZwVbG ausdrücklich: „Räumlichkeiten, die zwar objektiv zu Wohnzwecken geeignet sind, wie beispielsweise Büroräume mit Koch- und Nasszellenbereich, fallen […] nicht unter den Wohnraumbegriff, wenn sie nicht zu Wohnzwecken errichtet und auch nicht entsprechend genutzt werden. Von dieser Ausnahme abgesehen enthält der Wohnraumbegriff im Übrigen ausdrücklich keine Bezugnahme auf die subjektive Zweckbestimmung durch den Eigentümer beziehungsweise Verfügungsberechtigten“ [Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 12, http://www.parlament-berlin.de/ados/17/III Plen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014]. 355 Ebenso die Begründung zum Entwurf des § 1 Abs. 3 ZwVbG durch den Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-Drucks. 17/1057 vom

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rechtlich unzulässige und nicht genehmigungsfähige allgemeine Wohnnutzung schließt die Räumlichkeiten vom Wohnraumbegriff des § 1 Abs. 3 ZwVbG aus (Nr. 6.3 Satz 1 AV – ZwVb).356 Hingegen soll eine rein formelle Baurechtswidrigkeit der Einordnung als Wohnraum im Sinne des ZwVbG nicht entgegenstehen (Nr. 6.3 Satz 2 AV – ZwVb).357 Von formeller Baurechtswidrigkeit oder formeller Illegalität wird im Öffentlichen Baurecht dann gesprochen, wenn eine Baumaßnahme ohne die erforderliche Baugenehmigung durchgeführt, von der Baugenehmigung abgewichen oder bei genehmigungsfreien oder genehmigungsfreigestellten Vorhaben abweichend von den Voraussetzungen der Freistellung bzw. des Freistellungsverfahrens gebaut wird.358 Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich der ZwVbVO ist nach ihrem § 1 Abs. 2 öffentlich geförderter Wohnraum. Die durch den Senat von Berlin dafür gegebene Begründung verweist auf den deklaratorischen Charakter dieser Bestimmung, denn für den öffentlich geförderten Wohnraum seien die Vorschriften des WoFG359 als spezielleres Recht heranzuziehen.360 Insbesondere rechtlich geeignet sind daher auch einzelne Zimmer innerhalb von Wohnungen, welche selbst rechtlich zu Wohnzwecken geeignet sind. In der Konstellation der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung wird von der rechtlichen Eignung der Wohnung zu dauerhaften Wohnzwecken ausgegangen. Ein Zimmer in einer Wohnung ist tatsächlich und rechtlich zur dauerhaften Wohnnutzung geeignet und stellt damit Wohnraum im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG dar. 2. Zweckentfremdung Die Genehmigungspflicht nach § 1 Abs. 1 ZwVbG und § 1 Abs. 1 ZwVbVO setzt hier ferner voraus, dass die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung zu einer Zweckentfremdung führt. Die unterschiedlichen Verwendungen von Wohnraum, welche eine Zweckentfremdung darstellen, sind in § 2 ZwVbG geregelt. 11. Juni 2013, S. 11 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057. pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 356 Vgl. Senat von Berlin, a.a.O., S. 11. 357 Senat von Berlin, a.a.O., S. 11. 358 Ulrich Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 595, 599; vgl. auch Klaus Finkelnburg/Karsten-Michael Ortloff/Christian-W. Otto, Öffentliches Baurecht, Bd. II, 6. Aufl. 2010, S. 172 f., 197 f. 359 Vgl. zu diesem Gesetz oben S. 19 der vorliegenden Untersuchung. 360 Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 14 (http://www. parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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Dabei enthält § 2 Abs. 1 ZwVbG fünf positiv definierte Fallgruppen, in denen „typischerweise“361 Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt. Die enumerative Aufzählung der Formen der Zweckentfremdung zeigt dabei den abschließenden Charakter der Norm auf. Jegliche Verwendung von Wohnraum, die nicht in § 2 Abs. 1 ZwVbG aufgeführt ist, führt zu keiner Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG und bedarf daher auch keiner Genehmigung durch das zuständige Bezirksamt. Dagegen lässt sich nicht Nr. 7 Satz 2 AV – ZwVb einwenden, der Zweckentfremdung negativ als Zuführung von Wohnraum durch den Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten zu anderen als Wohnzwecken definiert. Diese Auslegung findet keinen Anknüpfungspunkt in der landesgesetzlichen Regelung, sondern geht offensichtlich auf frühere Vorschriften362 zurück, beispielsweise findet sich diese Formulierung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG363 und fand sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 der in Berlin zum 1. September 2000 außer Kraft getretenen 2. ZwVbVO364. Hinsichtlich der Verwendung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung hat der Landesgesetzgeber eine Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG geschaffen. § 2 Abs. 2 ZwVbG enthält sechs Fallgruppen, in denen abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt. Die vom Gesetzgeber vorgegebene Systematik ist demnach diejenige, dass zunächst zu klären ist, ob eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 ZwVbG gegeben ist, und im Anschluss daran die in § 2 Abs. 2 ZwVbG genannten Ausnahmetatbestände zu prüfen sind. Die für die vorliegende Konstellation der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung relevanten Ausnahmetatbestände enthalten § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 5 ZwVbG. a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG Fraglich ist, ob die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG darstellt. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG liegt Zweckentfremdung im Sinne des Gesetzes vor, wenn Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbe361 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 362 So wurde die Formulierung „zu anderen als Wohnzwecken“ – soweit ersichtlich – das erste Mal in § 1 Abs. 2 der Verordnung über das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art vom 29. Juli 1941 verwendet. Später wurde in diversen Nachfolgeregelungen auf dieses Merkmal abgestellt (§ 2 Abs. 1 der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen vom 14. August 1942; § 21 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes vom 31. März 1953). Siehe hierzu S. 16 ff. der vorliegenden Untersuchung. 363 Vgl. oben S. 19. 364 Vgl. oben S. 21 f.

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sondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen, verwendet wird. Der Gesetzgeber hat mit dieser Norm den Tatbestand der Zweckentfremdung in Form der Vermietung von Ferienwohnungen weit gefasst.365 Von dem Tatbestand soll nach der Gesetzesbegründung auch die „wiederholte kurzfristige nach Tagen oder Wochen bemessene Überlassung an ständig wechselnde Feriengäste bei typischerweise Bezahlung nach Tagen oder Wochen von weniger als zwei Monaten […] ebenso wie die Fremdenbeherbergung, insbesondere bei Bereitstellung von Bettwäsche und/ oder Verpflegung, Reinigung des Raumes, bei in der Regel nur vorübergehender Überlassung und Bezahlung nach Tagen oder Wochen“ erfasst sein.366 Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG stellt jegliche Form der Verwendung zum Zwecke der mehrmaligen kurzzeitigen Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar. Durch die Verwendung des Wortes insbesondere macht der Gesetzgeber deutlich, dass die Formen der gewerblichen Zimmervermietung sowie die Einrichtung von Schlafstellen Regelbeispiele der Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG sind (vgl. Nr. 7.1 Abs. 3 Satz 4 AV – ZwVb). aa) Gewerbliche Zimmervermietung Die Verwendung eines Zimmers in einer Wohnung durch Vermietung zur Fremdenbeherbergung könnte zunächst als eine gewerbliche Zimmervermietung zu qualifizieren sein. Wie aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, sollte durch die Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG ausdrücklich auch der Fall der gewerblichen Zimmervermietung bei der in der Regel kürzeren Überlassung von Wohnraum erfasst werden.367 Gemäß Nr. 7.1 Abs. 3 Satz 5 AV – ZwVb ist Zimmervermietung die Vermietung einzelner möblierter Zimmer, nicht einer vollständigen Wohnung. Im Rahmen der kurzzeitigen nach Tagen bemessenen Vermietung zur Fremdenbeherbergung kommt lediglich die Vermietung eines bereits möblierten Zimmers in Betracht. Allerdings stellt sich die Frage, wann eine Zimmervermietung gewerblich im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG ist. Nach Nr. 7.1 Abs. 3 Satz 6 AV – ZwVb liegt eine gewerbliche Zimmervermietung vor, wenn der Verfügungsberechtigte mit der Absicht der Gewinnerzielung handelt. 365 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 20. 366 So zum Entwurf von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 367 Senat von Berlin, a.a.O., S. 15.

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Gemäß Nr. 7.1 Abs. 3 Satz 7 AV – ZwVb soll für die Frage, ob eine Zweckentfremdung vorliegt, jedoch unerheblich sein, ob der Vermieter mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Anhand der sich wiedersprechenden AV – ZwVb lässt sich nicht erkennen, in welchen Fällen eine gewerbliche Zimmervermietung vorliegen soll. Wenn sich diese nach dem subjektiven Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht bemisst, ist dessen Vorliegen aber erforderlich. Kommt es hingegen auf objektive Umstände an, stellt sich die Frage, ob der Umfang der Tätigkeit das maßgebliche Kriterium abbilden soll. Naheliegend ist auch eine Auslegung dergestalt, dass die Zimmervermietung erst dann gewerblich erfolgt, wenn die Vermietung ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung368 darstellt. Ein Gewerbe umfasst jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit mit Ausnahme der künstlerischen, landwirtschaftlichen und freiberuflichen Tätigkeiten sowie der reinen Vermögensverwaltung.369 Bei der Beurteilung, ob eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der Gewerbeordnung vorliegt, wird über das Vorliegen der Merkmale hinaus eine Betrachtung des Gesamtbildes der zu beurteilenden Tätigkeit vorgenommen und geprüft, ob dieses Gesamtbild den allgemeinen Vorstellungen von Gewerbe entspricht.370 Sollte nach dem Gesamtbild der Betätigung ein Bagatellfall vorliegen, ist dieser nicht regelungsbedürftig und stellt kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dar; als Anknüpfungspunkt hinsichtlich des Vorliegens eines Gewerbes wird der Maßstab der Intensität des Gewinnstrebens herangezogen.371 Setzte eine gewerbliche Vermietung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG das Vorliegen eines Gewerbes im Sinne der Gewerbeordnung voraus, so wäre das Tatbestandsmerkmal insofern enger auszulegen, als eine gewerbliche Vermietung einerseits aufgrund des sich durch den geringen Umfangs der Vermietung lediglich eines Zimmers ergebenden Gesamtbildes und andererseits aufgrund einer reinen Vermögensverwaltung ausscheiden könnte. So kann beispielsweise auch bei häufigem Mieterwechsel die Vermietung einer Ferienwohnung im eigenen Haus lediglich die Verwaltung eigenen Vermögens und gerade kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellen.372 Der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG ist in dieser Hinsicht nicht eindeutig und stellt lediglich auf eine gewerbliche Tätigkeit ab. Zwar könnte der Landesgesetzgeber einen dem ZwVbG eigenen, von dem Begriff des Gewerbes im Sinne der 368 In der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregisters vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802). 369 BVerwGE 78, 6 (8); BVerwG, NJW 1977, 772; NJW 2008, 1974; Jörg Ennuschat, in: Peter Tettinger/Rolf Wank/Jörg Ennuschat, Gewerbeordnung. Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 2; Georg Kahl, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. I, Kommentar, Loseblatt, Einleitung Rn. 32 (Stand der Kommentierung: August 1993). 370 VG Berlin, GewArch 1988, 377. 371 Georg Kahl, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. I, Kommentar, Loseblatt, Einleitung Rn. 48. 372 OLG Braunschweig, NVwZ 1988, 1164 (1165).

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Gewerbeordnung abweichenden Begriff des Gewerbes einführen. Auch die Frage, ob ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung vorliegt, bemisst sich nach der Zweckrichtung des Gesetzes.373 Dadurch, dass es sich bei der gewerblichen Zimmervermietung jedoch lediglich um einen Sonderfall der Fremdenbeherbergung handelt, spricht das Abstellen des Gesetzgebers auf eine gewerbliche Tätigkeit dafür, dass hier ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung vorliegen muss. Die Systematik des § 2 Abs. 1 ZwVbG spricht auf den ersten Blick hingegen für die Auslegung im Sinne von Nr. 7.1 Abs. 3 Satz 6 AV – ZwVb. Setzte die gewerbliche Vermietung diejenigen Kriterien voraus, welche die Annahme eines Gewerbes im Sinne der Gewerbeordnung begründen, bestünde inhaltlich kein Unterschied zu der Regelung der Zweckentfremdung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG, wonach eine Nutzung von Wohnraum zu gewerblichen Zwecken eine Zweckentfremdung darstellt. Die gewerbliche Vermietung eines Zimmers wäre dann zugleich eine Zweckentfremdung in der Form der gewerblichen Nutzung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG. Daher spricht die Systematik für die in den AV – ZwVb vorgenommene Auslegung der allein erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht. In der Begründung zum Entwurf des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG heißt es, die gewerbliche Zimmervermietung sei insbesondere von der Regelung umfasst, wenn die Vermietung haupt- oder nebenberuflich betrieben wird oder auf eine daraus fließende Gewinnerzielung gerichtet ist.374 Nach dem gesetzgeberischen Willen ist also zumindest alternativ neben der Gewinnerzielungsabsicht auf den Umfang der Tätigkeit abzustellen. Der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung der Zweckentfremdung könnte aber gegen die in den Ausführungsvorschriften enthaltene Auslegung sprechen. Läge eine gewerbliche Zimmervermietung immer bereits dann vor, wenn die Vermietung mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, stellte nahezu jede Vermietung eines Zimmers eine gewerbliche Zimmervermietung dar. Für diese Auslegung lässt sich überdies die Rechtsprechung zu dem in § 1 Abs. 2 Buchst. a der in Berlin zum 1. September 2000 außer Kraft getretenen 2. ZwVbVO375 enthaltenen Tatbestandsmerkmal der gewerblichen Zimmervermietung anführen. Diese Judikatur definierte die gewerbliche Zimmervermietung als das gewerbsmäßige Überlassen von Räumen an Fremde, also solche Personen, die eine Wohnung an einem anderen Ort haben und am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkom-

373 Jörg Ennuschat, in: Peter Tettinger/Rolf Wank/Jörg Ennuschat, Gewerbeordnung. Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 4. 374 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 15 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 375 Vgl. oben S. 21 f. der vorliegenden Untersuchung.

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men.376 Allerdings wurde für eine gewerbliche Vermietung mitunter lediglich auf eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht abgestellt.377 Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der gewerblichen Zimmervermietung sprechen damit die besseren Gründe dafür, die Vermietung erst dann als gewerbliche Zimmervermietung zu qualifizieren, wenn diese ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellt. Um unter den Tatbestand der gewerblichen Zimmervermietung zu fallen, müsste die Vermietung lediglich eines Zimmers in einer Wohnung ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung sein. Hiervon ist bereits – ohne das Vorliegen der positiven und negativen Merkmale des Gewerbebegriffs näher zu untersuchen – allein aufgrund des Gesamtbildes der Tätigkeit nicht auszugehen. Damit stellt die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung keine gewerbliche Zimmervermietung dar. Sollte im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung jedoch auf die in den AV – ZwVb vorgenommene Auslegung des Merkmals der gewerblichen Zimmervermietung abgestellt werden, setzt diese lediglich die Gewinnerzielungsabsicht voraus. Die Absicht der Gewinnerzielung im Sinne der Gewerbeordnung ist gegeben, wenn ein unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil angestrebt wird, der zu einem nennenswerten Überschuss über den Ausgleich der eigenen Aufwendungen hinausführt.378 Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt nicht mehr vor, wenn „die Tätigkeit ausschließlich der Kostenminderung“379 dient. Von der für ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung notwendigen Gewinnerzielungsabsicht zu unterscheiden ist die Gewinnverwendungsabsicht, so dass die Absicht der Verwendung der erzielten Gewinne für die Frage des Vorliegens der Gewinnerzielungsabsicht nicht relevant ist.380 Diese gewerberechtliche Definition der Gewinnerzielungsabsicht dürfte auf die zweckentfremdungsrechtliche Gewinnerzielungsabsicht zu übertragen sein. Rein tatsächlich sind bei der Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung unterschiedliche Gemengelagen denkbar. Der Eigentümer einer Wohnung wird mit der kurzzeitigen Vermietung eines Zimmers regelmäßig Gewinn erzielen wollen. Eine Person, die den Erwerb einer konkreten Wohnung beispielsweise kreditfinanziert hat, dürfte durch die Vermietung auf die Erzielung von Einnahmen zur 376 KG Berlin, Beschl. vom 24. November 1998 – 2 Ss 58/98 u. a., juris Rn. 28; Beschl. vom 20. Oktober 1999 – 2 Ss 256/99 u. a., juris Rn. 4. 377 Siehe KG Berlin, Beschl. vom 6. Juli 2001 – 2 Ss 325/00 u. a., juris Rn. 7 f. 378 OVG Niedersachsen, Urt. vom 29. August 2007 – 7 LC 229/06, juris Rn. 24; Jörg Ennuschat, in: Peter Tettinger/Rolf Wank/Jörg Ennuschat, Gewerbeordnung. Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 13; Georg Kahl, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. I, Kommentar, Loseblatt, Einleitung Rn. 54 (Stand der Kommentierung: August 1993). 379 AG Radolfzell, NVwZ-RR 1998, 233 (234). 380 Jörg Ennuschat, in: Peter Tettinger/Rolf Wank/Jörg Ennuschat, Gewerbeordnung. Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 22.

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zweckbezogenen (teilweisen) Tilgung der Kreditraten abzielen. Unter dem Gesichtspunkt steigender Mietzinse381 ist überdies denkbar, dass Mieter sich ein zusätzliches Einkommen verschaffen, um ihren eigenen Mietzins begleichen zu können.382 Dies legt insbesondere der für den Vermittlungsdienstleister und Marktführer Airbnb durch GEWOS erstellte Bericht vom November 2014 nahe: Bei der Befragung gaben 41 % der Gastgeber an, auf die Airbnb-Vermietungseinnahmen angewiesen zu sein, um ihren Lebensunterhalt sichern zu können.383 Aus dem Umkehrschluss hierzu lässt sich jedoch nicht zwingend folgern, die restlichen 59 % der Gastgeber zielten auf einen Gewinn ab, sondern lediglich, dass diese Gastgeber nicht auf die Vermietung angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die weit überwiegende Mehrheit der Anbieter einzelner Zimmer von 87 % lediglich ein einziges Zimmer offeriert.384 Die je Airbnb-Gastgeber durchschnittlich erzielten Einnahmen aus der Überlassung eines Zimmers oder einer Wohnung belaufen sich auf jährlich nur 1.949 Euro.385 Da für die tageweise Überlassung lediglich eines Zimmers von einem niedrigeren Mietzins als für die Überlassung einer gesamten Wohnung auszugehen ist und solche Zimmervermietungen gemessen am Gesamtangebot in einem Verhältnis von 30 % zu 69 % auftreten, dürften die jährlichen Einnahmen aus der Überlassung eines Zimmers signifikant unterhalb der durchschnittlich für beide Formen der Vermietung erzielten Einnahmen liegen. Dies zeigt, dass die durch die nach Tagen bemessene Vermietung eines einzelnen Zimmers erzielten Einnahmen vom Umfang her nicht ausreichen, um den anfallenden Mietzins oder die Kreditrate zu übersteigen, sondern lediglich einen Beitrag hierzu leisten. Dies wirft die Frage auf, ob es sich bei der Absicht der Erzielung von Einkünften zum Zweck der „Mitfinanzierung“ der Kreditrate oder des Mietzinses bereits um eine gewerbliche Vermietung eines Zimmers handelt.

381 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 2; Indikatorensystem zur kleinräumigen Wohnungsmarktanalyse, Bericht Berlin April 2012, S. 12 ff. (http://berlinappell.blogsport.de/images/Gewos GutachtenWeb.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014); siehe zur Marktlage Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGH-Drucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 2 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014); Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 13 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v. pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 382 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 25. 383 GEWOS, a.a.O., S. 25. 384 GEWOS, a.a.O., S. 24 f. 385 GEWOS, a.a.O., S. 25.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Da die beabsichtigte Verwendung der erzielten Einnahmen für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht unberücksichtigt bleibt, kommt es für die Frage des Vorliegens der Gewinnerzielungsabsicht des Vermieters darauf an, ob aus der konkreten Vermietungstätigkeit ein Überschuss über die entstehenden Ausgaben erzielt werden soll. Als Aufwendungen kommen neben Kosten, um die Wohnung zu inserieren oder anderweitig anzubieten, der flächenmäßig anteilige Mietzins oder Aufwendungen für Reinigung und Wäsche in Betracht. Demnach ist eine gewerbliche Zimmervermietung – vorausgesetzt diese erfordert im Sinne der AV – ZwVb lediglich eine mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Vermietung – gegeben, wenn aus der Vermietung mehr Einnahmen erzielt werden sollen, als Aufwendungen entstehen. Für den Fall, in dem der Anteil des eigenen Mietzinses durch die erzielten Einnahmen verringert werden soll, bedeutete dies, dass eine gewerbliche Zimmervermietung vorliegt. bb) Fremdenbeherbergung Obwohl nach hier vertretener Ansicht die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung keine gewerbliche Zimmervermietung darstellt, könnte diese Verwendung eines Zimmers als eine Fremdenbeherbergung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ZwVbG zu qualifizieren sein. Dies setzt voraus, dass Wohnraum zum Zwecke einer Fremdenbeherbergung verwendet wird. Gemäß Nr. 7.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb soll eine Vermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung vorliegen, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können. So bestehe im Gegensatz zu Ferienwohnungen regelmäßig keine Kochgelegenheit, und die Räume seien häufig nicht für längere Aufenthalte tagsüber geeignet (Satz 2). Bezeichnend, jedoch nicht notwendig für die Fremdenbeherbergung, sei das Angebot weiterer Dienstleistungen wie beispielsweise Frühstück (Satz 3). Die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung stellt damit jedenfalls eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ZwVbG dar. b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG In § 2 Abs. 2 ZwVbG hat der Gesetzgeber mehrere Ausnahmetatbestände geschaffen, in denen eine Zweckentfremdung abweichend von Absatz 1 nicht vorliegt, um den Verfügungsberechtigten ausreichend Zeit zu gewähren, sich an die geänderte Rechtslage anzupassen, und den Eingriff in die Verfügungsbefugnis des jeweiligen Eigentümers verhältnismäßig zu gestalten.386 Die normierten Ausnahmen beziehen 386 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/

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sich nicht ausschließlich auf sachliche Bereichsausnahmen, sondern beinhalten etwa Übergangsregelungen für die Zweckentfremdung von Wohnraum, hinsichtlich der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung eine konkrete Frist. Obwohl also sachlich eine Zweckentfremdung nach Absatz 1 gegeben ist, werden nach Absatz 2 unter speziellen Voraussetzungen bestimmte Nutzungen aus dem Anwendungsbereich des Zweckentfremdungsverbots (zumindest zeitlich befristet) herausgenommen. So liegt keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO, also am 1. Mai 2014, als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung genutzt wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 1 ZwVbG). Dies gilt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 2 ZwVbG für eine Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung. In dem Fall der Zweckentfremdung von Wohnraum durch Nutzung für gewerbliche oder berufliche Zwecke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG knüpft der entsprechende Ausnahmetatbestand an die Dauer des konkreten Nutzungsverhältnisses an. Hinsichtlich der Ferienwohnungen wurde ein Zeitraum festgelegt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Dauer der Vermietung in der Regel nur sehr kurz ist (Nr. 8.1 AV – ZwVb).387 In § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG ist eine Pflicht zur Anzeige der Nutzung durch den Verfügungsberechtigten geregelt. Dies setzt zunächst voraus, dass der Wohnraum zum Stichtag bereits als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung genutzt wurde. aa) Nutzung zum Stichtag Der Ausnahmetatbestand erfordert die Nutzung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO. Nach § 6 ZwVbVO ist diese am 1. Mai 2014 in Kraft getreten, so dass dieser Tag den für den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG maßgeblichen Stichtag darstellt. Eine erst nach dem 1. Mai 2014 aufgenommene Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung ist von der Übergangsfrist des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG daher nicht umfasst und vorbehaltlich des Vorliegens weiterer Ausnahmetatbestände eine Zweckentfremdung. Ausschließlich wenn der betreffende Wohnraum bereits zum Stichtag als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verwendet wurde, ist der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG einschlägig.

vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). Vgl. jedoch dazu, dass das Berliner Zweckentfremdungsrecht dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz zu Lasten betroffener Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung nicht hinreichend Rechnung trägt, oben S. 62 ff. der vorliegenden Untersuchung. 387 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 15 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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Abweichungen, die sich ergeben, wenn – wie hier vertreten – von der Verfassungswidrigkeit der ZwVbVO388 auszugehen sein sollte, werden im Zusammenhang mit der Übergangsfrist erörtert.389 bb) Anzeige durch Verfügungsberechtigten Die Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung stellt für zwei Jahre keine Zweckentfremdung dar, wenn diese bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO vorliegt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG hat der Verfügungsberechtigte hierfür innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung dem zuständigen Bezirksamt diese Nutzung anzuzeigen. Gemäß Nr. 8.1.1 Satz 1 und 2 AV – ZwVbG liegt im Anschluss an den Fristablauf eine nichtgenehmigte Zweckentfremdung vor, wenn Verfügungsberechtigte die Frist verstreichen ließen, ohne die Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG dem zuständigen Bezirksamt gegenüber anzuzeigen. Fraglich ist, ob die Befreiung an die Pflicht zur Anzeige der Nutzung geknüpft ist, ob diese Anzeige also Voraussetzung dafür ist, dass der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG eingreift. Schon der Wortlaut der Ausnahme spricht dafür, dass die rechtzeitige Anzeige durch den Verfügungsberechtigten eine notwendige Voraussetzung darstellt, um anzunehmen, dass eine Zweckentfremdung nicht vorliegt. Zwar formuliert der Gesetzgeber im zweiten Teilsatz eindeutiger, indem er die zeitliche Einschränkung mit den Worten „dies gilt jedoch nur“ einleitet. Doch auch die Verknüpfung der Teilsätze 2 und 3 durch das Wort „hierfür“ ist ein Beleg dafür, dass die Rechtsfolge an die Anzeige geknüpft sein soll. Ferner spricht die Systematik des Ausnahmetatbestandes für diese Auslegung. Zwar ist die Rechtsfolge des Ausnahmetatbestands im ersten Teilsatz angeordnet. Sowohl der zweite als auch der dritte Teilsatz stellen jedoch einen ausdrücklichen Bezug zum ersten Teilsatz her. So wird in beiden Teilsätzen auf die „Verordnung“ rekurriert, welche im ersten Teilsatz näher als diejenige Verordnung nach § 1 Abs. 2 ZwVbG bezeichnet ist. Auch die Systematik des gesamten Gesetzes lässt auf diese Auslegung schließen. Eine Pflicht zur Anzeige des Verfügungsberechtigten, welche das Vorliegen der Zweckentfremdung unberührt lässt, wäre nicht im Rahmen des Ausnahmetatbestandes, sondern an einer anderen Stelle des ZwVbG geregelt worden. Diese Auslegung deckt sich schließlich auch mit dem gesetzgeberischen Willen, wonach „der Suspens des Gesetzes an eine Anzeigepflicht gekoppelt ist“390. 388

Vgl. oben S. 42 ff. Siehe hierzu S. 110 f. 390 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 15 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 389

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Voraussetzung dafür, dass es sich bei der Vermietung des Zimmers in der Wohnung zur Fremdenbeherbergung nicht um Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG handelt, ist damit neben der Nutzung in diesem Sinne zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO die Anzeige dieser Nutzung bei dem zuständigen Bezirksamt.391 Die Frist für die Anzeige der Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung beträgt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG drei Monate seit Inkrafttreten der ZwVbVO. Nach Ablauf dieser Frist soll dem Willen des Gesetzgebers zufolge die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung unabhängig von der Nutzung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO eine Zweckentfremdung sein. Weil das ZwVbG keine näheren Regelungen zu der Berechnung der Frist enthält und es sich bei der Anzeige der Zweckentfremdung um ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG)392 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung393 (BlnVwVfG) handelt, bemisst sich die Berechnung der Frist nach § 31 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 BlnVwVfG entsprechend den §§ 187 bis 193 BGB. Da das Inkrafttreten der ZwVbVO kein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB darstellt,394 beginnt die Frist gemäß § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem 1. Mai 2014. Nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht, also mit Ablauf des 31. Juli 2014.395 Damit der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG eingreift, muss der Verfügungsberechtigte also bis zum 31. Juli 2014 dem zuständigen Bezirksamt die Zweckentfremdung angezeigt haben. 391 So auch, allerdings mit Zweifeln hinsichtlich des Gebots der Normenklarheit, Raimund Körner/Gero Vaagt, Die Vermietung von Ferienwohnungen in Berlin als Zweckentfremdung von Wohnraum, Berliner Anwaltsblatt 2014, 181 (184 f.). A. M. Michael Schultz, Das neue Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, GE 2014, 96 (98): Es handele sich lediglich um eine Obliegenheit des Verfügungsberechtigten, zu dessen Gunsten die Ausnahmeregelung auch dann greife, wenn der Nachweis, dass die Wohnung bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung als Ferienwohnung genutzt worden ist, erfolgreich erbracht werden kann. 392 In der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749). 393 Vom 8. Dezember 1976 (GVBl. S. 2735, ber. S. 2898), zuletzt geändert durch Art. I § 14 des Kostenrechtsanpassungsgesetzes vom 19. Juni 2006 (GVBl. S. 573). 394 So hinsichtlich des Inkrafttretens von Rechtsnormen Helmut Grothe, in: Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, § 187 Rn. 6. 395 Anders offenbar das Bezirksamt Mitte: „Am 1. August 2014 ist die Frist abgelaufen […]“ (http://www.berlin.de/ba-mitte/aktuell/presse/archiv/20140806.1425.398645.html, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Nach dem Wortlaut der Norm erstreckt sich die Anzeigepflicht ausschließlich auf den Verfügungsberechtigten, so dass sich die Frage stellt, inwiefern auch den einzelnen Nutzungsberechtigten, der ein Zimmer einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung vermietet, die Anzeigepflicht trifft und ob diesem die Übergangsfrist des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG zugute kommt, wenn der Verfügungsberechtigte die erforderliche Anzeige unterlassen hat. Weder die Systematik des Ausnahmetatbestands noch sein Sinn und Zweck lassen auf eine Pflicht des Nutzungsberechtigten zur Anzeige schließen. Obwohl dem Gesetzgeber ebenso wie dem Verordnungsgeber (vgl. § 3 Abs. 3 ZwVbVO) auch die Konstellation der Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Zweckentfremdung durch den Nutzungsberechtigten bewusst war, regelte er in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG eindeutig, dass die Anzeigepflicht ausschließlich den Verfügungsberechtigten trifft. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist, dass den jeweils zuständigen Bezirksämtern bekannt wird, welcher Wohnraum in dem jeweiligen Bezirk durch Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung zweckentfremdet wird, um im Anschluss an die Übergangsfrist das Zweckentfremdungsverbot durchsetzen zu können. Der Verfügungsberechtigte eignet sich als Adressat für diese Auskunftspflicht in besonderem Maße, weil dieser im Gegensatz zu dem jeweiligen Mieter unabhängig von schuldrechtlichen Verträgen als stetiger Ansprechpartner gegenüber dem Bezirksamt Auskunft erteilen kann. Damit trifft den einzelnen Nutzungsberechtigten keine Pflicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG, eine Zweckentfremdung gegenüber dem zuständigen Bezirksamt anzuzeigen. cc) Gebot der Normenklarheit Hinsichtlich der Fristenregelung wird in der Literatur die Vereinbarkeit mit dem Gebot der Normenklarheit infrage gestellt.396 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Gebot der Normenklarheit dazu, „dass der Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann“.397 Das verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip verankerte Bestimmtheitsgebot erfordert aber nicht, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.398 Auch die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen ist unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots unbedenklich399, wobei diesem dabei genügt ist, wenn Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können.400 „Die Anforderungen an den Grad der Be396

Siehe Raimund Körner/Gero Vaagt, Die Vermietung von Ferienwohnungen in Berlin als Zweckentfremdung von Wohnraum, Berliner Anwaltsblatt 2014, 181 (184 f.). 397 BVerfGE 131, 88 (123); vgl. auch BVerfGE 108, 52 (75); 110, 33 (53 f.); 113, 348 (375 ff.); 120, 274 (316). 398 BVerfGE 131, 88 (123); vgl. auch BVerfGE 110, 33 (64). 399 BVerfGE 21, 73 (79); 31, 255 (264); 37, 132 (142); 120, 274 (316); 131, 88 (125). 400 BVerfGE 83, 130 (145); 90, 1 (16 f.); 102, 254 (337); 131, 88 (125).

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stimmtheit sind umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, den eine Norm vorsieht“.401 § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG verwendet mit Ausnahme der bereits den Charakter einer Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG begründenden Merkmale des Wohnraums und der entsprechenden Nutzung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung lediglich den unbestimmten Rechtsbegriff des Verfügungsberechtigten. Aufgrund der sprachlichen Verknüpfung des Erfordernisses der Anzeige und des hierdurch – bei entsprechender Verwendung des Wohnraums zum Stichtag – eintretenden Bestandsschutzes mit dem Wort hierfür wird bereits für Rechtslaien deutlich sichtbar, dass der zweijährige Bestandsschutz an die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG genannten Voraussetzungen geknüpft ist. Dies wird durch eine den Methoden der Rechtswissenschaft entsprechende Auslegung der Regelung bekräftigt. Insbesondere kann nicht darauf abgestellt werden, dass die Verknüpfung der Voraussetzungen erst durch Teilsatz 3 der Norm geregelt ist und nicht bereits Teilsatz 1 Erwähnung findet. Indem die Norm den Bestandsschutz an weitere Voraussetzungen knüpft und diesen im Umkehrschluss bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ausschließt, greift sie in intensiver Weise in die Grundrechte der Eigentums- und Berufsfreiheit ein.402 Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm sind jedoch gewahrt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts daher durch die Verknüpfung des Bestandsschutzes mit der Anzeige nicht gegeben. dd) Rechtsfolge Bei Vorliegen der Voraussetzungen ordnet § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 1 ZwVbVO an, dass abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung vorliegt. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 2 ZwVbG jedoch nur für eine Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO. Für die Berechnung des Ablaufs der Frist ist in Ermangelung gesetzlicher Fristregelungen durch das ZwVbG auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen. Im Gegensatz zu der Berechnung der Anzeigefrist liegt der gesetzlichen Bestandsschutzregelung ein Verwaltungsverfahren nicht zu Grunde. Daher sind die §§ 187 ff. BGB analog heranzuziehen. Die ZwVbVO ist nach ihrem § 6 am 1. Mai 2014 in Kraft getreten. Die Frist beginnt gemäß § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem 1. Mai 2014 und endet nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BGB mit Ablauf des 30. April 2016. Da das Fristende damit auf einen Sonnabend fällt, endet die Frist gemäß § 193 BGB mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags; dieser ist Montag, der 2. Mai 2016. Rechtsfolge des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbVO ist damit, dass im Falle einer bereits zum 1. Mai 2014 erfolgten Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur 401 402

BVerfGE 117, 71 (111); vgl. auch BVerfGE 59, 104 (114); 86, 288 (311); 110, 33 (55). Vgl. dazu S. 37 und 76 der vorliegenden Untersuchung.

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Fremdenbeherbergung und einer innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der ZwVbVO dem zuständigen Bezirksamt gegenüber erstatteten Anzeige dieser Nutzung durch den Verfügungsberechtigten bis zum 2. Mai 2016 keine Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG vorliegt. ee) Auswirkungen der Verfassungswidrigkeit der ZwVbVO Das soeben gewonnene Ergebnis der Anwendung des Ausnahmetatbestands geht von der Wirksamkeit sowohl des ZwVbG als auch der ZwVbVO aus. Nach der oben vertretenen Auffassung verletzt die ZwVbVO jedoch aus mehreren Gründen die Grundrechte der Eigentums- und Berufsfreiheit: nämlich wegen eines Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt403 sowie wegen Unvereinbarkeit mit Vorgaben des ZwVbG404 und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit405. Da sowohl der Stichtag, bis zu dem die Vermietung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung dem zuständigen Bezirksamt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 3 ZwVbG angezeigt werden muss, als auch die Übergangsfrist des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Teilsatz 2 ZwVbG an das Inkrafttreten der Verordnung anknüpft, stellt sich die Frage, wie sich deren Verfassungswidrigkeit hierauf auswirkt. Nach dem Nichtigkeitsdogma sind fehlerhafte Rechtsverordnungen grundsätzlich nichtig und damit ex tunc unwirksam.406 Der Wortlaut der Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG stellt auf das Inkrafttreten, nicht hingegen auf die Verkündung der Verordnung ab. Eine von Beginn an nichtige Verordnung ist jedoch nicht wirksam in Kraft getreten, so dass die Unwirksamkeit der ZwVbVO dazu führt, dass der entsprechende Stichtag des 31. Juli 2014 für die Anzeige beim Bezirksamt keine Rechtswirkung für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands entfaltet. Mangels wirksamen Inkrafttretens wurde darüber hinaus die Übergangsfrist nicht in Gang gesetzt und endet dementsprechend nicht am 2. Mai 2016. Eine andere Auslegung widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Koppelung des Stichtags und der Übergangsfrist an das Inkrafttreten der Verordnung. Erst in dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung im Sinne des § 1 Abs. 2 ZwVbG lässt sich aus dem Regelungskomplex aus ineinandergreifendem Gesetz und der Verordnung für den einzelnen Normadressaten das Maß der Grundrechtseingriffe vollständig absehen. So enthält die Verordnung im Sinne des § 1 Abs. 2 ZwVbG eigenständige Regelungen über das Genehmigungsverfahren (§ 3 ZwVbVO), die Ausgleichszahlungen (§ 4 ZwVbVO) sowie die Negativatteste (§ 5 ZwVbVO) und schafft hierdurch Rechtssicherheit darüber, welche Regelungen in die Rechtssphäre 403

Vgl. S. 40 ff. Vgl. S. 44 ff. 405 Vgl. S. 56 ff. 406 Fritz Ossenbühl, Eine Fehlerlehre für untergesetzliche Normen, NJW 1986, 2805 (2806 f.); ders., Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 79. 404

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der Bürger eingreifen. Bildlich gesprochen stellt die ZwVbVO damit den zeitlich letzten Mosaikstein dar, der den Regelungskomplex vervollständigt. Insbesondere im Hinblick auf die Übergangsfrist ist diese Auslegung auch verfassungsrechtlich geboten. Denn die durch Gesetz und Verordnung begründeten Eingriffe in die Eigentums- und Berufsfreiheit müssten dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein. Ausdruck dieses Grundsatzes ist auch der durch das Gesetz zu gewährleistende Bestandsschutz.407 Durch das abstrakte Abstellen auf den Zeitpunkt der Verkündung der ZwVbVO würde diesem Bestandsschutz für die konkrete Regelung jegliche Grundlage entzogen. Daher ist bei Unwirksamkeit der ZwVbVO vom 4. März 2014 der Stichtag für die Anzeige beim zuständigen Bezirksamt noch nicht eingetreten sowie die Übergangsfrist noch nicht in Gang gesetzt. Für die folgenden Überlegungen wird hingegen die Wirksamkeit des ZwVbG und der ZwVbVO wieder unterstellt. Hinsichtlich des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG bleibt festzuhalten, dass dieser erfüllt ist und damit bis zum Ablauf des 2. Mai 2016 abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung vorliegt, wenn der betreffende Wohnraum bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verwendet worden ist und der Verfügungsberechtigte gegenüber dem zuständigen Bezirksamt die Nutzung von Wohnraum zum Zwecke der Fremdenbeherbergung oder als Ferienwohnung bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG liegt abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung vor, wenn eine Wohnung durch den Verfügungsberechtigten oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt aber die Wohnnutzung überwiegt (über 50 vom Hundert der Fläche; bei Küche und Bad wird jeweils hälftige Nutzung unterstellt). Dies setzt voraus, dass der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG auf eine Zweckentfremdung durch Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Zweckentfremdung Anwendung findet. aa) Anwendbarkeit Zunächst stellt sich jedoch die Frage der Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG auf eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG. Die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 2 ZwVbG sind – zumindest diejenigen in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ZwVbG und damit auch die Ausnahmetatbestände hinsichtlich 407

Vgl. dazu oben S. 62 ff.

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der gewerblichen oder beruflichen Nutzung und derjenigen als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung – spiegelbildlich auf die Tatbestände des Absatzes 1 bezogen. Darin werden die jeweiligen Arten der Nutzung als jeweils eigene Form der Zweckentfremdung definiert. Wenngleich die gewerbliche Zimmervermietung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG zur gleichen Zeit tatbestandlich auch eine gewerbliche Nutzung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG darstellt, hat der Gesetzgeber durch die Abgrenzung in Nr. 1 einen spezielleren Tatbestand geschaffen, welchem spiegelbildlich der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG gegenübersteht. Die Ausnahmeregelung in Nr. 5 knüpft systematisch an der Nutzung zu gewerblichen und beruflichen Zwecken und damit an einer Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG an. Seinem Sinn und Zweck nach schließt diese Ausnahme solche Formen der gewerblichen Verwendung von Wohnraum dauerhaft aus dem Tatbestand der Zweckentfremdung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG aus bzw. erstreckt und begrenzt den (zeitlich begrenzten) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG lediglich auf solche Fälle, bei denen die gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung überwiegt. Damit stellt § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG eine Modifikation des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG dar. Daher spricht einiges dafür, den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG auf die Zweckentfremdung durch Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung nicht anzuwenden. Die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG auf eine Zweckentfremdung durch Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung scheidet damit aus. bb) Tatbestand Sollte dieser Ausnahmetatbestand auf eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG doch Anwendung finden, müsste für dessen Eingreifen die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung eine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG darstellen. Dies kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn sich die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung als eine gewerbliche Zimmervermietung qualifizieren lässt. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies nicht der Fall, kommt aber bei Auslegung nach den AV – ZwVb in Betracht.408 Im Gesetzgebungsverfahren im Abgeordnetenhaus von Berlin war diese Auslegung des Ausnahmetatbestands jedenfalls angedacht. In der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr am 4. September 2013 nahm Ephraim Gothe, damaliger Staatssekretär für Bauen und Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, hinsichtlich der gewerblichen Mitbenutzung wie folgt Stellung:

408

Vgl. oben S. 99 ff.

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„Es gibt einen weiteren Passus, § 2 Abs. 2 Satz 5. Dort wird geregelt, dass in Wohnungen bis zu 50 Prozent auch gewerblich genutzt werden können. Das heißt, es gibt zum Beispiel den Fall, dass jemand eine größere Wohnung hat und dann vielleicht ein Zimmer gewerblich untervermietet. Auch dafür ist der Raum in diesem Gesetz geschaffen.“409

Die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder ist jedoch für die Interpretation einer Norm nicht entscheidend.410 Darüber hinaus stellt der verobjektivierte Wille des Gesetzgebers lediglich ein Element der Auslegung dar.411 Nach seinem Wortlaut setzt der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG geregelte Ausnahmetatbestand voraus, dass eine Wohnung durch den Verfügungsberechtigten oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt aber die Wohnnutzung überwiegt. Damit ist der Wortlaut auf die Nutzung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken beschränkt. Hierunter fällt jedenfalls die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG begründete Form der Zweckentfremdung. Unter das Merkmal des gewerblichen oder beruflichen Zwecks kann zwar nicht jede Form der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung subsumiert werden, da eine Abgrenzung durch den Gesetzgeber in Form einer eigenständigen Fallgruppe in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG sonst keinen Sinn ergeben würde. Soweit die Nutzung als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung jedoch eine gewerbliche Form annimmt, könnte sie dem Wortlaut nach unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG fallen. Allerdings verlangt der Wortlaut eine Mitbenutzung durch den Verfügungsberechtigten oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken. Hierdurch wird deutlich, dass derjenige die gewerbliche oder berufliche Nutzung vornimmt, welcher den betreffenden Wohnraum bewohnt. Wohnungsinhaber und gewerblicher Nutzer müssen gemäß Nr. 8.5.1 Satz 2 AV – ZwVb identisch sein.412 Da im Falle der gewerblichen Zimmervermietung nicht ausgeschlossen ist, dass der das Zimmer vermietende Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte die Wohnung selbst zu Wohnzwecken nutzt, und dieser mit dem Gewerbeinhaber personenidentisch ist, schließt die Formulierung die Anwendung des Ausnahmetatbestands auf diesen Fall nicht aus. Eine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung der Wohnung kann zumindest dem Wortlaut nach auch in der gewerblichen Nutzung eines Zimmers durch Vermietung zur Fremdenbeherbergung liegen. 409

Wortprotokoll der Öffentlichen Sitzung des AGH-Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 4. September 2013, S. 27 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/pro tokoll/bv17-030-wp.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 410 Vgl. etwa BVerfGE 1, 299 (312); 8, 274 (307); 10, 234 (244); 20, 238 (253); 59, 128 (153); 64, 261 (275); 110, 226 (248). 411 Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 137 ff. 412 So auch Michael Schultz, Das neue Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, GE 2014, 96 (99).

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Die Systematik des § 2 ZwVbG spricht jedoch gegen die Einbeziehung der Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung in den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG. Die Ausnahmetatbestände des Absatzes 2 sind – zumindest hinsichtlich der gewerblichen oder beruflichen Nutzung und derjenigen als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung – spiegelbildlich auf die Tatbestände des Absatzes 1 bezogen. Darin werden die Arten der Nutzung als jeweils eigene Form der Zweckentfremdung definiert. Wenngleich die gewerbliche Zimmervermietung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG zur gleichen Zeit tatbestandlich auch eine gewerbliche Nutzung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG darstellt, hat der Gesetzgeber durch die Abgrenzung in Nr. 1 einen spezielleren Tatbestand geschaffen. Daher spricht einiges dafür, auf den Tatbestand der Zweckentfremdung durch Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung ausschließlich den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG anzuwenden. § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG wiederum hat den Sinn, solche Formen der gewerblichen Verwendung von Wohnraum dauerhaft aus dem Tatbestand der Zweckentfremdung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG auszuschließen bzw. den (zeitlich begrenzten) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG lediglich auf solche Fälle zu erstrecken und damit einzuschränken, bei denen die gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung überwiegt. Die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung stellt damit keine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung der Wohnung dar. 3. Zwischenergebnis Da die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellt, ist diese gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG und § 1 Abs. 1 ZwVbVO genehmigungspflichtig. Bei dieser Art der Nutzung eines Zimmers in einer Wohnung handelt es sich nicht um eine gewerbliche Zimmervermietung. Eine solche liegt erst dann vor, wenn die Tätigkeit ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellt. Allerdings führt die Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung zu einer Zweckentfremdung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ZwVbG. Abweichend hiervon ist dies bis zum 2. Mai 2016 nicht der Fall, wenn der betroffene Wohnraum bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG ist nach hier vertretener Auffassung bereits nicht auf eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG anwendbar; jedenfalls stellt die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung keine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG dar.

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II. Genehmigung Die Zweckentfremdung von Wohnraum ist gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG und § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt. Fraglich ist, ob vorliegend die Erteilung einer solchen Genehmigung für die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung in Betracht kommt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG kann auf Antrag eine Genehmigung erteilt werden, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen oder wenn in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum der durch die Zweckentfremdung eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird. Der Gesetzgeber hat demnach zwei Alternativen formuliert, bei denen auf Antrag eine Genehmigung in Betracht kommt. 1. Antrag Zunächst müsste ein ordnungsgemäßer Antrag bei dem zuständigen Bezirksamt auf Erteilung einer Genehmigung der Zweckentfremdung gestellt werden. Aus § 3 Abs. 1 ZwVbG lässt sich zunächst nicht erkennen, wer den Antrag auf Genehmigung der Zweckentfremdung stellen muss. § 3 Abs. 5 Satz 1 ZwVbG scheint vom Antrag des Verfügungsberechtigten auszugehen. Allerdings wird im nachfolgenden Satz 2 der Antragsteller genannt, so dass ein Antrag allein durch den Verfügungsberechtigten nicht zwingend erscheint. Wie § 3 Abs. 3 ZwVbVO verdeutlicht, können auch Mieter einen Antrag auf Genehmigung stellen; diese haben jedoch die Zustimmung des jeweiligen Vermieters beizufügen. Mangels besonderer Regelungen genügt ein schriftlicher, formloser Antrag (vgl. Nr. 10.1 Satz 3 AV – ZwVb). In der Konstellation der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung müsste also der Vermieter bei dem zuständigen Bezirksamt einen schriftlichen Antrag auf Erteilung der Genehmigung stellen. Handelt es sich dabei selbst um einen Mieter der Wohnung, ist die Erlaubnis des Vermieters miteinzureichen. 2. Interessenabwägung Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens findet nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZwVbG eine Abwägung von öffentlichen oder privaten Interessen mit demjenigen öffentlichen Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums statt, wobei das diesem Interesse gegenübergestellte öffentliche oder private Interesse an der Zweckentfremdung überwiegen muss. Aus dem Charakter des Zweckentfremdungsverbots als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt geht hervor, dass eine Zweckentfremdung grundsätzlich unzulässig sein, eine Genehmigung der Zweck-

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

entfremdung also den Ausnahmefall darstellen soll. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Genehmigungstatbestände eng auszulegen. Für die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung müssten vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. a) Öffentliche Belange Zunächst könnten vorrangige öffentliche Belange für eine Zweckentfremdung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG vorliegen. Gemäß § 3 Abs. 2 ZwVbG sind solche in der Regel gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll, für die andere Räume nicht zur Verfügung stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können. § 3 Abs. 3 ZwVbG bestimmt, dass eine im öffentlichen Interesse liegende Zwischennutzung auch zum Zwecke der vorübergehenden Unterbringung von Aussiedlern und Asylbewerbern sowie Personengruppen mit vergleichbarem Unterbringungsbedarf – auch bei Vermietung von Wohnraum an soziale Träger – vorliegt. Durch die Verwendung der Worte „in der Regel“ macht der Gesetzgeber deutlich, dass in den genannten Fällen ein vorrangiges öffentliches Interesse indiziert ist, im konkreten Fall jedoch nicht zwingend gegeben sein muss. Weiterhin ist der auslegungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriff der vorrangigen öffentlichen Interessen nicht durch § 3 Abs. 2 und 3 ZwVbG abschließend geregelt, so dass es neben den in § 3 Abs. 2 ZwVbG genannten öffentlichen Belangen grundsätzlich weitere öffentliche Interessen geben kann. Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesbegründung gestützt, welche vorrangige öffentliche Interessen insbesondere dann als gegeben ansieht, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen oder Diensten verwendet werden soll.413 Ein vorrangiges öffentliches Interesse könnte in der Möglichkeit der Schaffung oder der Erhaltung von Arbeitsplätzen bestehen. Gemäß Nr. 11.3 AV – ZwVb soll hierdurch jedoch gerade kein vorrangiges öffentliches Interesse begründet werden. Für diese Auslegung lassen sich gesetzlich keine unmittelbaren Anhaltspunkte finden. Allein aus dem Sinn und Zweck des Genehmigungstatbestands ließe sich ableiten, dass die Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen durch die Verwendung von Wohnraum zu grundsätzlich missbilligtem Verhalten ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht zu begründen vermag. Stellt man also auf Sinn und Zweck der als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt ausgestalteten gesetzlichen Ge413 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 16 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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nehmigungsregelung ab, so ist das Interesse Berlins daran, dass Touristen die Stadt aufsuchen und dabei eine spezifische Nachfrage auch in den einzelnen Bezirken hervorrufen, im Rahmen der Abwägung kein als öffentlicher Belang zu berücksichtigender Faktor. Ein weiteres öffentliches Interesse könnte in der diversifizierten Bevölkerungsstruktur der einzelnen Bezirke liegen. Die zeitweise Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung trägt nämlich dazu bei, „der sozialen Entmischung in besonders begehrten Bezirken entgegenzuwirken“.414 Für die Qualifikation dieses Umstands als öffentlicher Belang spricht ein Vergleich zu den gesetzlich genannten öffentlichen Interessen. Die als öffentliche Belange genannten Zwecke beziehen sich durchweg auf das in den einzelnen Bezirken für ein soziales Zusammenleben notwendige Betreuungs-, Ausbildungs- und Gesundheitsangebot. Um den Ausnahmecharakter des Genehmigungstatbestands nicht zu umgehen, kann in dem Interesse einer diversifizierten Bevölkerungsstruktur der einzelnen Bezirke allein jedoch kein vorrangiges, das Interesse an der Erhaltung des Wohnraumes überwiegendes Interesse liegen. Ein vorrangiges, öffentliches Interesse an der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung ist damit nicht ersichtlich. b) Schutzwürdige private Interessen Auch bei dem Tatbestandsmerkmal der schutzwürdigen privaten Interessen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind gemäß § 3 Abs. 4 ZwVbG insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben. Wie schon die Verwendung des Wortes „insbesondere“ deutlich macht, sind die hier angeführten Regelbeispiele nicht abschließend, so dass sich ein schutzwürdiges privates Interesse auch aus weiteren Umständen ergeben kann. Im Falle der Regelbeispiele ist der Vorrang der privaten Interessen vor dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums jedoch nicht besonders zu begründen. aa) Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz Vor allem die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz stellt ein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse dar (§ 3 Abs. 4 Alt. 1 ZwVbG). Gemäß Nr. 13.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb muss der Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte nachweisen, dass ohne Nutzung der betreffenden Räume zu ganz bestimmten beruflichen oder gewerblichen Zwecken seine bestehende wirtschaftli414 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 25.

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che Existenz unausweichlich gefährdet würde. Ernstliche Zweifel an einem entsprechenden Kausalverlauf dürfen nicht bestehen (Satz 2). Zunächst müsste also die wirtschaftliche Existenz einer Person durch das Verbot der Zweckentfremdung berührt sein. Die Bezugnahme auf die wirtschaftliche Existenz einer Person verdeutlicht, dass dieses private Interesse auf die durch eine Erwerbstätigkeit begründete Existenz gerichtet ist. Damit ist durch die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung die wirtschaftliche Existenz einer Person nicht betroffen. bb) Nicht mehr erhaltungswürdiger Wohnraum Gemäß § 3 Abs. 4 Alt. 2 ZwVbG ist ein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse auch bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben. Dieser ist nach Nr. 13.5 Satz 2 AV – ZwVb in Abgrenzung zu nicht schutzwürdigem Wohnraum zwar objektiv noch bewohnbar, aber es besteht aus der Sicht der Verwaltungsinstitutionen kein Bedarf (mehr) an diesem Wohnraum, beispielsweise weil das Wohngebäude aus städtebaulichen Gründen in naher Zukunft abgerissen werden soll. Dieses Kriterium ist nicht auf die Zweckentfremdung durch Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung, sondern auf den Leerstand bzw. die bauliche Veränderung oder Beseitigung von Wohnraum gerichtet. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, weshalb in einem solchen Fall nicht für die Übergangszeit eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG möglich sein sollte. Dass nicht mehr erhaltungswürdiger Wohnraum vorliegt, dürfte jedoch nur ausnahmsweise der Fall sein. cc) Weitere schutzwürdige private Interessen Über die genannten schutzwürdigen Interessen hinaus könnten weitere Interessen in die Abwägung einfließen. Schutzwürdig sind Interessen dann, wenn sie von der Rechtsordnung unter Schutz gestellt werden. Ein überwiegendes schutzwürdiges Eigeninteresse kann gemäß Nr. 13.2 Satz 1 und 2 AV – ZwVb nicht anerkannt werden, wenn Wohnraum lediglich zur Erzielung eines höheren Entgelts oder eines höheren Umsatzes zweckentfremdet werden soll, was insbesondere in Fällen der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gegeben sein soll. Hierbei wird bereits das Ergebnis der Interessenabwägung vorweggenommen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass es sich bei dem Interesse an der Erzielung von Einnahmen um ein zumindest im Rahmen des

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Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 7 VvB)415 geschütztes und damit um ein weiteres schutzwürdiges Interesse handelt. c) Abwägung der widerstreitenden Interessen Dem Interesse des Vermieters eines Zimmers in einer Wohnung an der Erzielung von Einnahmen wird das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums gegenübergestellt. Das Erhaltungsinteresse wird gemäß Nr. 10 Satz 7 AV – ZwVb auch von den Merkmalen des konkreten Wohnraums (Lage, Ausstattung, Erhaltungszustand etc.) bestimmt. Zwar geht aus Nr. 13.2 Satz 1 und 2 AV – ZwVb hervor, dass insbesondere in Fällen der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung ein das öffentliche Interesse übersteigendes privates Interesse durch die Erzielung eines höheren Entgelts oder eines höheren Umsatzes nicht begründet werden kann. Diese Auslegung, dass ein privates Interesse in Form der Erzielung eines höheren Entgelts oder eines höheren Umsatzes (regelmäßig) nicht zu einem Überwiegen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Wohnraumes führt, ergibt sich daraus, dass die Zweckentfremdung missbilligt und die Erteilung einer Genehmigung lediglich in Ausnahmefällen zugelassen werden soll. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierzu bereits in seinem grundlegenden Beschluss vom 4. Februar 1975 hinsichtlich der insoweit vergleichbaren Regelung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG ausgeführt, dass eine Genehmigung lediglich dann erteilt werden kann, „wenn besonders schützenswerte andere Interessen – seien es vorrangige öffentliche Belange, sei es ein schutzwürdiges berechtigtes Eigeninteresse der Verfügungsberechtigten – ausnahmsweise das Interesse am Bestandsschutz des betroffenen Wohnraums überwiegen. Als solch ein überwiegendes Interesse kommt das normale Motiv der Zweckentfremdung, das bloße Streben nach Erhöhung der Rendite allein, nicht in Betracht.“416 Dadurch, dass die Auswirkungen der in § 2 ZwVbG als Zweckentfremdung definierten Verwendungen von Wohnraum auf den Wohnungsmarkt nicht bereits durch das Merkmal der Zweckentfremdung abgedeckt sind – es handelt sich nach der Gesetzesbegründung um „Maßnahmen, bei denen typischerweise genehmigungspflichtige Zweckentfremdung vorliegt“417 – muss entgegen den AV – ZwVb im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen das private Interesse an der Erzielung von Einnahmen sehr wohl das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen können. Nämlich in dem415 Siehe zu diesem Schutzinhalt des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 2 Rn. 2 f. 416 BVerfGE 38, 348 (367). Vgl. oben S. 29 der vorliegenden Untersuchung. 417 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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jenigen Fall, in dem durch die als Zweckentfremdung definierte Handlung dem Wohnungsmarkt kein Wohnraum entzogen würde. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums kann dann nicht bestehen. Dies führt zu der hypothetischen Betrachtung, ob das bislang kurzzeitig zur Fremdenbeherbergung vermietete Zimmer in einer Wohnung nunmehr dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt würde. Die diesbezügliche Entscheidung des Verfügungs- bzw. Nutzungsberechtigten fällt in den Kernbereich der privaten Lebensführung, so dass sich jede pauschale Prognose hinsichtlich einer alternativen Nutzungsmöglichkeit des betreffenden Zimmers verbietet.418 So ist es keinesfalls unwahrscheinlich, dass ein Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter das Zimmer auch dann nicht dauerhaft vermieten würde, wenn ihm die Möglichkeit zur kurzzeitigen Fremdenbeherbergung genommen würde. Ein rein abstraktes öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum kann ein privates Interesse an der Erzielung von Einkünften durch Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung aber dann nicht überwiegen, wenn ein konkretes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums gar nicht gegeben ist. 3. Schaffung von Ersatzwohnraum Die Genehmigung kann nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZwVbG darüber hinaus erteilt werden, wenn in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum der durch eine Zweckentfremdung eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird. In der vorliegenden Konstellation der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung dürfte eine Schaffung von Ersatzwohnraum nicht in Betracht kommen.419 Im Übrigen wird insoweit auf Nr. 16 AV – ZwVb verwiesen, wonach Wohnraumverlust durch Abriss oder dauerhafte zweckfremde Nutzung durch die Schaffung von Ersatzwohnraum ausgeglichen werden kann. 4. Rechtsfolge Weil nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG die Genehmigung erteilt werden kann, ist der Verwaltung ein Ermessen hinsichtlich der Erteilung der Genehmigung eröffnet. Gemäß Nr. 10 Satz 2 AV – ZwVb soll das Verbot einer Zweckentfremdung zwar den gesetzlichen Regelfall darstellen. Da die zuständige Behörde das Ermessen nach § 40 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 BlnVwVfG entsprechend dem Zweck der Vorschrift auszuüben hat, dürfte in einem Fall, in dem ein schutzwürdiges privates

418

Vgl. oben S. 60 der vorliegenden Untersuchung. Vgl. entsprechend zum Fall der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit nachfolgend S. 133. 419

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Interesse das öffentliche Interesse an der Erhaltung von Wohnraum überwiegt, jedoch lediglich ausnahmsweise eine Versagung der Genehmigung in Betracht kommen. Liegt im konkreten Fall gar kein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums vor, so könnte das Ermessen sogar auf Null reduziert sein. Eine solche Ermessensschrumpfung ist anzunehmen, wenn die öffentliche Verwaltung nicht mehr zwischen verschiedenen Alternativen wählen kann und mit jeder anderen Entscheidung als mit einer ganz bestimmten gegen höherrangiges Recht verstieße.420 Die Versagung der Genehmigung für die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung würde zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit421 führen. Daher ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Erteilung der Genehmigung rechtmäßig. Die Ermessensentscheidung des zuständigen Bezirksamtes ist somit grundrechtlich in der Weise determiniert, dass dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung erwächst. Gemäß Nr. 10.4 Satz 1 AV – ZwVb ist eine Genehmigung grundsätzlich an Person, Raum und Zweck zu binden sowie nach Nr. 10.3 Satz 4 AV – ZwVb unter der aufschiebenden Bedingung zu erteilen, dass der betroffene Wohnraum tatsächlich und rechtlich frei sein muss, es sei denn, sie wird zugunsten der derzeitigen Nutzungsberechtigten erteilt. Genehmigungen sind gemäß § 3 Abs. 5 ZwVbVO im Allgemeinen auf die Dauer des entsprechenden Nutzungsverhältnisses zu befristen. Diese Formulierung wirft im Falle der Zweckentfremdung durch Kurzzeitvermietungen die Frage auf, um welches Nutzungsverhältnis es sich hierbei handelt. Die Norm könnte nämlich so verstanden werden, dass jede kurzzeitige Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung eine eigenständige Genehmigung voraussetzt. Eine solche Interpretation würde jedoch zu einem unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand führen und die grundrechtlich geschützte Eigentumsnutzung unzumutbar erschweren. Im Falle einer kurzzeitigen Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung ist die Genehmigung also nicht auf die Dauer der einzelnen Vermietungsverhältnisse zu befristen, sondern muss auf den Zeitraum beschränkt werden, in dem solche Vermietungen generell, d. h. losgelöst von der jeweiligen konkreten Kurzzeitvermietung, erfolgen sollen.

III. Ausgleichszahlung Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG kann die Genehmigung unter Auflagen erteilt werden, insbesondere können mit ihr Ausgleichszahlungen verlangt werden, die zur 420

Vgl. etwa BVerwGE 62, 206 (210); 74, 315 (318 f.); 84, 71 (78); Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 69 Rn. 9. 421 Vgl. dazu oben S. 33 ff., 56 ff. der vorliegenden Untersuchung.

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Kompensation des durch die Zweckentfremdung entstandenen Wohnraumverlustes zur Neuschaffung von Wohnraum zu verwenden sind. Der Gesetzgeber bindet damit – wenngleich sprachlich missglückt – die erhobenen Ausgleichszahlungen an den Zweck, neuen Wohnraum zu schaffen. Dogmatisch handelt es sich bei einer Auflage um eine den Verwaltungsakt ergänzende Sachregelung, die den durch den Verwaltungsakt Begünstigten zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet; obwohl die Auflage eine Nebenbestimmung der Genehmigung ist, stellt sie einen eigenen Verwaltungsakt dar.422 Von der Bedingung unterscheidet sie sich insofern, als sie die Wirksamkeit des mit ihr verbundenen Verwaltungsakts nicht berührt.423 „Die Bedingung nämlich suspendiert, zwingt aber nicht, der Modus zwingt, suspendiert aber nicht“.424 Die Genehmigung der Zweckentfremdung ist also auch dann wirksam, wenn die Auflage der Entrichtung einer Ausgleichszahlung nicht erfüllt wird. Allerdings besteht insofern die Möglichkeit des Widerrufs der Genehmigung oder der zwangsweisen Durchsetzung der Auflage durch Vollstreckung.425 Während § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG davon spricht, dass insbesondere Ausgleichszahlungen verlangt werden können, hat der Verordnungsgeber von der in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwVbG enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und weitere Bestimmungen über die Ausgleichszahlungen, deren Höhe, Berechnung, Zahlungsmodalitäten und Verwendung in § 4 ZwVbVO getroffen. Nach § 4 Abs. 1 ZwVbVO ist eine Genehmigung gemäß § 3 ZwVbVO in der Regel mit der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung zu verbinden. Durch die Verwendung der Worte in der Regel stellt der Verordnungsgeber ein Regel-Ausnahme-Verhältnis her: Die Verbindung der Genehmigung mit einer Ausgleichszahlung soll der regelmäßige Fall sein, eine Genehmigung ohne Pflicht zur Ausgleichszahlung lediglich die Ausnahme. Eine solche „Soll-Vorschrift“ steht dogmatisch zwischen der gesetzlich gebundenen Verwaltung und einem vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessen.426 Sie betrifft mit dem Ermessen die Rechtsfolgenseite einer Norm. Bei dem Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale ist das Ermessen der Behörde dahingehend eingeschränkt, dass eine andere als die in der Soll-Vorschrift bezeichnete Rechtsfolge lediglich in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Da die Regelungen über die Ausgleichszahlungen in der Rechtsverordnung getroffen sind und hinsichtlich des Ermessens variieren, stellt sich die Frage, ob sich 422 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 12 Rn. 9; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 78 Rn. 3. 423 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 12 Rn. 10 ff. 424 Friedrich Carl von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. III, 1840, S. 231. 425 Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 78 Rn. 3. 426 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 7 Rn. 9 ff.

A. Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung

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diese Bestimmungen im Rahmen der durch den Gesetzgeber erteilten Ermächtigung bewegen. 1. Regelung durch Rechtsverordnung Nach dem staatsrechtlichen Verständnis stellt das Verordnungsrecht grundsätzlich eine der Exekutive von der Legislative verliehene Rechtsetzungsmacht dar; da Rechtsverordnungen als derivative Rechtsquellen aufgrund eines vom Parlament beschlossenen Gesetzes ergehen, stehen sie in der Rangfolge der Rechtsquellen unter dem formellen Gesetz, erzeugen aber gleichwohl allgemeinverbindliches Recht.427 Durch Rechtsverordnungen soll das parlamentarische Gesetz „von technischen Details und ephemeren Regelungen sowie fachorientierten sachbedingten Anordnungen ohne oder mit nur geringem politischen Entscheidungsgehalt“428 entlastet werden. Fehlerhafte Rechtsverordnungen sind grundsätzlich nichtig.429 Die Möglichkeit der Übertragung von legislativen Aufgaben auf die Exekutive ist in Art. 64 Abs. 1 Satz 1 VvB geregelt. Entsprechend der bundesrechtlichen Bestimmung in Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG kann der Senat oder ein Mitglied des Senats ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen.430 Indem § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG festlegt, dass die Genehmigung unter Auflagen erteilt und insbesondere eine Ausgleichszahlung verlangt werden kann, steht die Delegation der weiteren Regelungen hinsichtlich der Ausgleichszahlungen an den Verordnungsgeber insoweit im Einklang mit der sogenannten Wesentlichkeitstheorie431. 2. Zur Verletzung des Bestimmtheitsgebots Bei dem Bestimmtheitsgebot handelt es sich um die in Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VvB enthaltene Anforderung, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Hinsichtlich des nahezu wortgleichen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht die Auffassung vertreten, dass es genüge, wenn „Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Ermächtigungsvorschrift nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus ihrem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften des Gesetzes und aus dem von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgten Ziel unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ermittelt werden können“.432 Das ermächtigende Gesetz müsse dabei nicht so bestimmt wie 427 Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 1. 428 Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 3. 429 Vgl. oben S. 110 der vorliegenden Untersuchung. 430 Vgl. dazu oben S. 44 f. 431 Siehe dazu oben S. 40 ff. 432 BVerfGE 26, 16 (27); vgl. auch BVerfGE 29, 198 (210); 55, 207 (226); 58, 257 (277); 62, 203 (209); 68, 319 (332); 80, 1 (20 f.); 106, 1 (19).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

irgend möglich sein, sondern genüge dem Bestimmtheitsgebot, wenn es hinreichend bestimmt ist, was angenommen wird, wenn „schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll“433. Aufgrund des zurückhaltenden Gebrauchs des Bundesverfassungsgerichts von seiner Kontrollbefugnis wird in der Literatur festgestellt, dass das Bestimmtheitsgebot „kaum einen nennenswerten disziplinierenden Effekt“ erzielt, wenngleich dies nicht zu einem Defizit führte, weil bei einer restriktiven Handhabung des Bestimmtheitsgrundsatzes die Vorteile der Verordnungsgebung neutralisiert würden.434 Weil Verordnungsgebung „ein Stück nachgeholter, ergänzender Rechtsetzung darstellt, ist sie der richterlichen Kontrolle nur beschränkt zugänglich. Der Richter kann nur nachprüfen, ob der Verordnungsgeber sich mit seiner Gesetzeskonkretisierung innerhalb des vorgegebenen Bedeutungsrahmens und des Ziels der gesetzlichen Regelung bewegt“.435 Die Kontrolldichte durch die Gerichte ist dabei die Kehrseite des dem Verordnungsgeber eingeräumten Verordnungsermessens.436 In der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 2 ZwVbG wird in Satz 1 zunächst dem Senat von Berlin die Befugnis zu der Feststellung der Voraussetzungen eines Zweckentfremdungsverbots durch Rechtsverordnung erteilt. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwVbG wird der Senat ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über Ausgleichszahlungen, deren Höhe, Berechnung, Zahlungsmodalitäten und Verwendung zu treffen. Aus der Systematik der aufgezählten Regelungsgegenstände und in dem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften, namentlich mit § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG, wird deutlich, dass hinsichtlich der Ausgleichszahlungen in der Rechtsverordnung die näheren Modalitäten geregelt werden. Das Gesetz bestimmt damit Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung in hinreichendem Maße, so dass § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwVbG in Einklang mit Art. 64 Abs. 1 Satz 2 VvB steht. 3. Verstoß gegen die Ermächtigungsgrundlage Die in der Rechtsverordnung getroffenen Regelungen müssten sich aber innerhalb der gesetzlichen Ermächtigung bewegen. Durch die in § 4 Abs. 1 ZwVbVO von der gesetzlichen Formulierung abweichende Feststellung, dass Genehmigungen in der Regel mit Ausgleichszahlungen zu 433 BVerfGE 55, 207 (226) unter Verweis auf BVerfGE 1, 14 (60); 7, 282 (302); 23, 62 (72 f.); 41, 251 (265 f.). 434 Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 22 f. 435 Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 43. 436 Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 103 Rn. 85.

A. Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung

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verbinden sind, könnte sich die in der Rechtsverordnung enthaltene Regelung außerhalb des durch die gesetzliche Ermächtigung gesteckten Rahmens bewegen. Durch das Schaffen eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses engt der Verordnungsgeber das Ermessen der Bezirksämter bei der Bestimmung, ob eine Ausgleichszahlung festgelegt werden soll, ein. Hierbei stellt sich die Frage, ob diese Einschränkung durch die in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwVbG enthaltene Ermächtigung zur Regelung der näheren Modalitäten der Ausgleichszahlungen gedeckt ist. Dem Wortlaut nach wird die Verwaltung dazu ermächtigt, nähere Bestimmungen über Ausgleichszahlungen, deren Höhe, Berechnung, Zahlungsmodalitäten und Verwendung zu treffen. Durch das Abstellen auf den Erlass näherer Bestimmungen wird deutlich, dass die im Gesetz getroffenen grundsätzlichen Entscheidungen Ausgangspunkt und Grenze der durch die Verordnung festgelegten Regelungen darstellen. Aus dem systematischen Zusammenspiel der in der Ermächtigungsgrundlage genannten Regelungsbereiche geht hervor, dass in der Verordnung lediglich die näheren Modalitäten der Ausgleichszahlungen – mithin das „Wie“, jedoch nicht das „Ob“ – festgelegt werden können. In der Begründung zu dieser Ermächtigung wird von „Durchführungsregelungen“ gesprochen.437 Durch § 4 Abs. 1 ZwVbVO wird jedoch nicht lediglich eine Durchführungsregelung der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung getroffen, sondern mit der Festlegung des Regelfalls eine gesetzliche Vorgabe modifziert. Zwar könnte unter Hinweis auf die Ermächtigung, nähere Bestimmungen „über Ausgleichszahlungen“ zu treffen, vertreten werden, dass auch die Voraussetzungen für eine Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung einer Regelung durch Rechtsverordnung offenstehen. Dies kann jedoch ausschließlich in demjenigen Korridor erfolgen, den die gesetzlichen Vorschriften hierfür bereitstellen. In der durch den Gesetzgeber getroffenen Regelung, dass die Genehmigung mit einer Auflage in Form der Ausgleichszahlung versehen werden kann, liegt zugleich die Bestimmung, dass für diese Auflage eine Einzelfallbetrachtung notwendig ist, welcher die einen Regelfall begründende Vorschrift des § 4 Abs. 1 ZwVbVO nicht gerecht wird. Insbesondere müssen innerhalb dieser Betrachtung die verursachten Grundrechtseingriffe Berücksichtigung finden. Eine Regelung, die pauschal von der Verbindung einer Genehmigung mit der Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung ausgeht, wird dieser Bedeutung nicht gerecht. § 4 Abs. 1 ZwVbVO bewegt sich daher außerhalb des durch die gesetzliche Ermächtigung eröffneten Spielraums. Abweichend davon ist deshalb in dem jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob eine Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung in Betracht kommt. Das hierbei auszuübende Ermessen hat sich gemäß § 40 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 BlnVwVfG an dem Zweck der gesetzlichen Regelung zu 437 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 11 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

orientieren. Der Zweck der Möglichkeit, die Genehmigung mit einer Ausgleichszahlung zu verbinden, liegt – wie die in § 3 Abs. 1 Satz 2 ZwVbG begründete Bindung der Verwendung der Mittel an die Neuschaffung von Wohnraum und die in Satz 3 nachfolgende Regelung zur Höhe der Ausgleichszahlung zeigen – darin, den für den Wohnungsmarkt entstehenden Wohnraumverlust in Fällen, in denen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums hinter anderen Interessen zurücktritt, durch entsprechende Kompensationsmaßnahmen aufzufangen. Maßgebliches Kriterium dafür, ob eine Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung im Einzelfall in Betracht kommt, ist damit, inwiefern sich für den Wohnungsmarkt negative Auswirkungen durch die Zweckentfremdung ergeben. Wie bereits dargelegt wurde, entsteht im Fall der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung dem Wohnungsmarkt jedoch kein Schaden. Deshalb scheidet die Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung aus. Der Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte hat vielmehr einen Anspruch auf die Erteilung einer ohne diese Nebenbestimmung versehenen Genehmigung.

IV. Ergebnisse für die Fallgruppe der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung stellt eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar und ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG sowie § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO genehmigungspflichtig. Bei dieser Art der Nutzung eines Zimmers in einer Wohnung handelt es sich nicht um eine gewerbliche Zimmervermietung. Eine solche liegt erst dann vor, wenn die Tätigkeit ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellt. Allerdings führt die Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung zu einer Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ZwVbG. Abweichend hiervon ist dies bis zum 2. Mai 2016 nicht der Fall, wenn der betroffene Wohnraum bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG ist nach hier vertretener Auffassung bereits nicht auf eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG anwendbar; jedenfalls stellt die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung keine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG dar. Eine Genehmigung dieser Zweckentfremdung kommt bei der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung in Betracht, weil Gesetz- und Verordnungsgeber hier nicht einfach davon ausgehen können, dass dadurch dem Wohnungsmarkt Wohnraum entzogen wird. So ist es keinesfalls unwahrscheinlich,

B. Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit

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dass ein Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter das Zimmer auch dann nicht dauerhaft vermieten würde, wenn ihm die Möglichkeit zur kurzzeitigen Fremdenbeherbergung genommen würde. Ein rein abstraktes öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum kann ein privates Interesse an der Erzielung von Einkünften durch Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung dann nicht überwiegen, wenn ein konkretes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums gar nicht gegeben ist. Die Ermessensentscheidung des zuständigen Bezirksamtes ist hier grundrechtlich in der Weise determiniert, dass dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung erwächst. Weil im Fall der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung dem Wohnungsmarkt kein Schaden entsteht, scheidet die Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung aus. Der Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte hat vielmehr einen Anspruch auf die Erteilung einer ohne diese Nebenbestimmung versehene Genehmigung.

B. Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit könnte eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellen. Die Konstellation der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit zeichnet sich dadurch aus, dass der Verfügungsberechtigte oder der Mieter der betreffenden Wohnung für eine begrenzte Zeit abwesend ist und seine Wohnung für die Zwischenzeit vermieten möchte. Grundlage der diesbezüglichen Begutachtung ist eine wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung der Hauptwohnung. Das Anliegen des Verfügungsberechtigten oder des Mieters ist demnach darauf gerichtet, die Wohnung während einer zeitlich bestimmbaren vorübergehenden Abwesenheit mehrmals für jeweils eine nach Tagen bemessene Zeit zu vermieten. Unter einer Hauptwohnung ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Meldewesen in Berlin (Meldegesetz)438 die vorwiegend benutzte Wohnung eines Einwohners zu verstehen. Jede weitere Wohnung des Einwohners im Bundesgebiet ist gemäß § 17 Abs. 1 Meldegesetz eine Nebenwohnung.

438 Vom 26. Februar 1985 (GVBl. S. 507), zuletzt geändert durch Art. V des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes und weiterer Vorschriften vom 25. Januar 2010 (GVBl. S. 22).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Die Besonderheit dieser Konstellation ist auf den ersten Blick erkennbar: Aufgrund des vorübergehenden Charakters der während der Abwesenheit erfolgten Vermietung der Hauptwohnung als Ferienwohnung wird der Wohnungsmarkt nicht berührt. Nach den bereits oben dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen dürfte diese Form der Verwendung der Wohnung nicht von einem Verbot der Zweckentfremdung umfasst sein, weil die damit verbundene Beschränkung der Eigentümerbefugnisse kein geeignetes Mittel für die Erreichung des Zwecks der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum darstellt.439

I. Genehmigungspflicht Die wiederkehrende Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit könnte eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 ZwVbG sein. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Hauptwohnung um zweckentfremdungsrelevanten Wohnraum handelt und das Verhalten eine Zweckentfremdung darstellt. 1. Wohnraum Zunächst müsste eine Hauptwohnung zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum darstellen. Weil es für die Qualifikation als Wohnraum auf die tatsächliche und rechtliche Eignung und nicht auf die subjektive Zweckbestimmung ankommt,440 ist hierfür unerheblich, ob die Wohnung als Haupt- oder Nebenwohnung verwendet wird. Soweit es sich um Räumlichkeiten handelt, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu dauerhaften Wohnzwecken geeignet sind, handelt es sich um zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum. Bei einer vom Verfügungsberechtigten (oder einem sonstigen Mieter) unter normalen Umständen als Hauptwohnung und damit vorwiegend verwendeten Wohnung liegen die Voraussetzungen der rechtlichen und tatsächlichen Eignung des Wohnraums zu dauerhaften Wohnzwecken vor. 2. Zweckentfremdung Fraglich ist, ob die Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit als Ferienwohnung eine Zweckentfremdung darstellt.

439 440

Vgl. S. 58 ff. Siehe hierzu S. 85 ff.

B. Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit

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a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit müsste gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG als eine Verwendung von Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung zu qualifizieren sein. Eine Vermietung als Ferienwohnung liegt gemäß Nr. 7.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb vor, wenn eine Wohnung ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird, wobei die Ferienwohnung in Abgrenzung zu der Fremdenbeherbergung nach ihrer Ausstattung auf eine ausnahmslose Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet ist. In der wiederholten Vermietung der Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit liegt nach den gesetzlich formulierten Voraussetzungen eine Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach dem gesetzgeberischen Willen ist eine Vermietung nicht mehr nach Tagen oder Wochen bemessen und fällt deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG heraus, wenn die Vermietung einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten andauert (vgl. Nr. 7.1 Abs. 1, Nr. 8.8 Satz 2 AV – ZwVb).441 Denn die Überlassung von Wohnraum durch befristete Mietverträge an Personen, die ihren Lebensmittelpunkt für einen begrenzten, in der Regel aber längeren, Zeitraum nach Berlin verlagern – wie beispielsweise entsandte Arbeitnehmer, Au-Pair-Mädchen, Schauspieler, Botschaftsangehörige, Stipendiaten oder Praktikanten – soll auch unter Geltung des ZwVbG möglich sein, ohne hierfür eine Genehmigung beantragen zu müssen (Nr. 8.8 AV – ZwVb).442 Um eine wiederkehrende Vermietung der vorübergehend nicht genutzten Hauptwohnung vornehmen zu können, welche keine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG darstellt, müsste sich der Zeitraum der vorübergehenden Abwesenheit demnach auf mindestens vier Monate erstrecken. Auf die im Beispiel in Bezug genommene urlaubsbedingte Abwesenheit dürfte dies in den wenigsten Fällen zutreffen. Bei einer kürzeren vorübergehenden Abwesenheit stellt die mehrmalige Vermietung hingegen eine Zweckentfremdung dar. Eine Vermietung, welche nicht zum Zwecke der wiederholten Kurzzeitvermietung vorgenommen wird, ist hingegen keine Zweckentfremdung. Nr. 7.1 Abs. 1 Satz 1 AV – ZwVb definiert das Merkmal der wiederholten Vermietung als jede mehr als einmalige Vermietung. Zwar stellt das Gesetz auf den Zweck der Vermietung ab, so dass bereits die erstmalige, aber auf mehrere Male abzielende Vermietung von der 441 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 14 f. (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 442 Senat von Berlin, a.a.O., S. 15.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG erfasst ist. Dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten steht es aus zweckentfremdungsrechtlicher Sicht jedoch frei, bei urlaubsbedingter Abwesenheit eine einmalige Vermietung als Ferienwohnung vorzunehmen, welche die Dauer von zwei Monaten unterschreitet. Aufgrund einer wirtschaftlich vernünftigerweise auf das Geschäftsjahr bezogenen Betrachtungsweise dürfte eine einmal jährlich vorgenommene Vermietung der Hauptwohnung von weniger als zwei Monaten auch bei Betrachtung mehrerer Jahre nicht wiederholt im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG sein. Da das Gesetz den Zeitraum, in dem eine einmalige Überlassung des Wohnraums zulässig ist, jedoch nicht bestimmt, sollte vor einer erneuten, gegebenenfalls im Folgejahr während der urlaubsbedingten Abwesenheit vorgenommenen Vermietung der Hauptwohnung von weniger als zwei Monaten ein Negativattest im Sinne des § 5 ZwVbVO beantragt werden. Bei einer mehrmaligen Vermietung von weniger als zwei Monaten während einer vorübergehenden Abwesenheit liegt jedoch vorbehaltlich des Eingreifens (mindestens) eines der Ausnahmetatbestände eine Zweckentfremdung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG vor. b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG Für die Fallkonstellation der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit könnte der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG eingreifen. Für die Anforderungen an diesen Ausnahmetatbestand gelten die bereits oben zur Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung angestellten Überlegungen443 entsprechend. Voraussetzung ist daher, dass die Wohnung bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung genutzt wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Rechtsfolge des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG ist entsprechend, dass eine Zweckentfremdung bis zum Ablauf des 2. Mai 2016 nicht vorliegt. c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG Für die Fallkonstellation der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit kommt der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG nicht in Betracht. Zwar ist demnach abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung gegeben, wenn eine Wohnung durch den Verfügungsberechtigten oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt aber die Wohnnutzung überwiegt (über 50 vom Hundert der Fläche; bei Küche und Bad wird jeweils hälftige Nutzung unterstellt). In der Vermietung während der vorübergehenden Abwesenheit liegt aber ersichtlich keine Nutzung zu 443

Vgl. S. 104 ff.

B. Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit

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gewerblichen oder beruflichen Zwecken. Überdies bezieht sich der Ausnahmetatbestand auf die flächenmäßige, nicht hingegen die zeitliche gegenüber der Wohnnutzung zurücktretende Art und Weise der Verwendung der Wohnung. 3. Zwischenergebnis Die wiederkehrende Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit stellt eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar und ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG und § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO unter den Vorbehalt einer Genehmigung durch das zuständige Bezirksamt gestellt. Dies ist bis zum 2. Mai 2016 nicht der Fall, wenn die Wohnung bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Weitere Ausnahmetatbestände kommen vorliegend nicht in Betracht.

II. Genehmigung Daher stellt sich die Frage, ob für die vorliegende Zweckentfremdung in der Form der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit eine Genehmigung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG in Verbindung mit § 3 ZwVbVO in Betracht kommt. 1. Antrag Dies setzt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG zunächst einen Antrag auf Genehmigung voraus. Hinsichtlich der an den Antrag zu stellenden Anforderungen gelten die Ausführungen zur Fallgruppe der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung entsprechend.444 Entweder der Verfügungsberechtigte oder der Nutzungsberechtigte müssen einen Antrag stellen, wobei im letzteren Fall gemäß § 3 Abs. 3 ZwVbVO die Erlaubnis des Vermieters zur Zweckentfremdung miteingereicht werden muss. § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG setzt ferner das Überwiegen entweder vorrangiger öffentlicher oder schutzwürdiger privater Interessen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums oder in besonderen Ausnahmefällen die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum voraus, durch den der eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird.

444

Vgl. S. 115.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

2. Interessenabwägung Bei der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung bei vorübergehender Abwesenheit könnten vorrangige öffentliche oder schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. a) Öffentliche Belange Der unbestimmte Rechtsbegriff der vorrangigen öffentlichen Belange ist auslegungsbedürftig. In § 3 Abs. 2 und 3 ZwVbG sind – allerdings nicht abschließend – Regelbeispiele und weitere öffentliche Belange genannt.445 Im Falle der Vermietung der Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit sind öffentliche Interessen, welche das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen, nicht ersichtlich. b) Schutzwürdige private Interessen Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind gemäß § 3 Abs. 4 ZwVbG insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben. Auch hinsichtlich der Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit kommt ein schutzwürdiges privates Interesse in Form der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder eines nicht mehr erhaltungswürdigen Wohnraums nicht in Betracht.446 Auch in diesem Fall liegt einzig das schutzwürdige private Interesse an der Erzielung von Einnahmen durch die Vermietung vor.447 c) Abwägung der widerstreitenden Interessen Das vorliegende schutzwürdige private Interesse müsste das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraumes überwiegen. Die Formulierung des Interesses an der Erhaltung des Wohnraums ist angesichts des gesetzlichen Zwecks dahingehend auszulegen, dass es für dieses Interesse darauf ankommt, inwiefern dem Wohnungsmarkt Wohnraum entzogen wird.448 Wird dem Wohnungsmarkt in dem vorliegenden Fall durch die Zweckentfremdung kein Wohnraum entzogen, so kann ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch Untersagung der Zweckentfremdung nicht bestehen. Diese ver445 446 447 448

Vgl. S. 116 f. Vgl. dazu S. 117 f. Vgl. dazu S. 118 f. Vgl. S. 119 f.

B. Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit

133

fassungskonforme Auslegung ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit geboten. Dies trifft auf die Vermietung einer Hauptwohnung während vorübergehender Abwesenheit zu. Dadurch, dass es sich um die Hauptwohnung und damit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Meldegesetz um die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners handelt, steht diese dem allgemeinen Wohnungsmarkt unter normalen Umständen – d. h. vor und nach der jeweiligen Abwesenheit – bereits zur Verfügung. Durch die während der Abwesenheit eröffnete Möglichkeit der Vermietung als Ferienwohnung durch den Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten wird dem allgemeinen Wohnungsmarkt kein Wohnraum entzogen. Im Gegenteil hierzu wird sogar eine optimale Verwendung der bestehenden Ressourcen erreicht. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Wohnung für den Wohnungsmarkt liegt daher nicht vor. Hingegen ist ein berechtigtes und damit schutzwürdiges privates Interesse an der Vermietung gegeben. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums mit dem privaten Interesse an der Erzielung von Einkünften ergibt, dass mangels entsprechenden öffentlichen Interesses das private Interesse hier überwiegt. 3. Schaffung von Ersatzwohnraum Die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum wird in dem Fall der vorübergehenden Abwesenheit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht in Betracht kommen.449 Im Übrigen wird insoweit auf Nr. 16 AV – ZwVb verwiesen, wonach Wohnraumverlust durch Abriss oder dauerhafte zweckfremde Nutzung durch die Schaffung von Ersatzwohnraum ausgeglichen werden kann. 4. Rechtsfolge Entsprechend den oben für die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung angestellten Überlegungen450 muss das zuständige Bezirksamt dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten auf Antrag eine Genehmigung für die Vermietung der Hauptwohnung während vorübergehender, insbesondere urlaubsbedingter Abwesenheit erteilen. Das der Verwaltung durch § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG eingeräumte Ermessen ist hier auf Null reduziert.

449 450

Vgl. dazu S. 120. Vgl. S. 120 f.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

III. Ausgleichszahlung Da im Fall der Vermietung der Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit dem Wohnungsmarkt kein Schaden entsteht, scheidet die Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung aus. Der Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte hat vielmehr einen Anspruch auf die Erteilung einer ohne diese Nebenbestimmung versehenen Genehmigung.451

IV. Ergebnisse für die Fallgruppe der Vermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit Die wiederkehrende Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit stellt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar und ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG sowie § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO unter den Vorbehalt einer Genehmigung durch das zuständige Bezirksamt gestellt. Eine jährlich einmalige Vermietung der Hauptwohnung von weniger als zwei Monaten führt hingegen zu keiner Zweckentfremdung. Eine Zweckentfremdung liegt bis zum 2. Mai 2016 nicht vor, wenn die Wohnung bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Weitere Ausnahmetatbestände kommen vorliegend nicht in Betracht. Für den Zeitraum nach Ablauf der Übergangsfrist gilt: Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums mit dem privaten Interesse an der Erzielung von Einkünften ergibt, dass mangels entsprechenden öffentlichen Interesses das private Interesse hier überwiegt. Da im Fall der Vermietung der Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit dem Wohnungsmarkt kein Schaden entsteht, muss das zuständige Bezirksamt dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten auf Antrag eine Genehmigung erteilen. Das der Verwaltung durch § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG eingeräumte Ermessen ist hier auf Null reduziert. Eine Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung scheidet aus.

C. Vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung Die vollständige oder teilweise Kurzzeitvermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung könnte eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellen. 451

Insoweit gelten die Ausführungen auf S. 121 ff. entsprechend.

C. Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung

135

Bei einer Nebenwohnung handelt es sich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 Satz 1 Meldegesetz um jede weitere Wohnung des Einwohners, welche die nicht vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners (Hauptwohnung) ist. Damit eine Wohnung im Sinne des Meldegesetzes vorliegt, ist gemäß § 16 Satz 1 dieses Gesetzes erforderlich, dass ein umschlossener Raum existiert, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Damit diese Wohnung unter das ZwVbG fällt, muss sie sich im Land Berlin befinden. Unerheblich ist hingegen, ob sich die Hauptwohnung auch in Berlin befindet. Die Frage der vollständigen oder teilweisen Vermietung der Nebenwohnung bezieht sich auf die Wohnfläche, nicht auf die zeitlichen Ausmaße der Vermietung. Bei der vollständigen Vermietung der Nebenwohnung wird demnach die gesamte Wohnfläche als Ferienwohnung vermietet, in dem Fall der teilweisen Vermietung lediglich ein Teil der Fläche der Nebenwohnung. Diese Konstellation zeichnet sich dadurch aus, dass der Verfügungsberechtigte den Wohnraum als Nebenwohnung selbst nutzt. Zwar nicht ununterbrochen, jedoch regelmäßig wird diese Wohnung von dem Eigentümer selbst zu Wohnzwecken genutzt. Die in der Zwischenzeit erfolgte Nutzung der Wohnung durch die Vermietung als Ferienwohnung führt demnach nicht zu einer Entziehung von Wohnraum für den Wohnungsmarkt; denn eine dauerhafte Vermietung würde mit dem Verlust der Möglichkeit der Nutzung einhergehen.

I. Genehmigungspflicht Die vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung könnte eine Zweckentfremdung von Wohnraum sein. 1. Wohnraum Für die Qualifikation als Wohnraum kommt es wiederum auf die tatsächliche und rechtliche Eignung an,452 so dass hierfür unerheblich ist, ob die Wohnung als Hauptoder Nebenwohnung verwendet wird. Soweit es sich um Räumlichkeiten handelt, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu dauerhaften Wohnzwecken geeignet sind, handelt es sich um zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum. Bei einer vom Verfügungsberechtigten (oder von einem sonstigen Nutzungsberechtigten) zwar nicht ununterbrochen genutzten, aber dennoch zu Wohnzwecken verwendeten Nebenwohnung sind die Voraussetzungen der rechtlichen und tatsächlichen Eignung des Wohnraums im Sinne des ZwVbG gegeben.

452

Vgl. S. 85 ff.

136

5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

2. Zweckentfremdung Die vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung müsste eine Zweckentfremdung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG sein. a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG Die Verwendung von Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung stellt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG eine Zweckentfremdung dar. Eine Vermietung als Ferienwohnung liegt gemäß Nr. 7.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb vor, wenn eine Wohnung ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird, wobei die Ferienwohnung nach ihrer Ausstattung auf eine ausnahmslose Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet ist. Bei der wiederkehrenden Kurzzeitvermietung von Teilen oder der gesamten Wohnung als Ferienwohnung an wechselnde Gäste ist der Tatbestand der Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG damit vorbehaltlich des Eingreifens von Ausnahmetatbeständen des Absatzes 2 erfüllt. b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG Auch in der Konstellation der Vermietung von Teilen oder der gesamten Nebenwohnung als Ferienwohnung könnte der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG eingreifen. Nach diesem liegt eine Zweckentfremdung für die Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO nicht vor, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung gemäß Absatz 1 genutzt wird und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung angezeigt hat. Hinsichtlich des in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG geregelten Ausnahmetatbestands gelten für die teilweise oder vollständige Vermietung einer Nebenwohnung die Ausführungen zur Fallgruppe des vermieteten Zimmers einer Wohnung entsprechend.453 Sollten weitere (dauerhafte) Ausnahmetatbestände nicht eingreifen, so liegt jedenfalls nach diesem Ausnahmetatbestand bis zum 2. Mai 2016 keine Zweckentfremdung vor, wenn der Verfügungsberechtigte bis zum 31. Juli 2014 die teilweise oder vollständige Vermietung der Nebenwohnung bei dem zuständigen Bezirksamt angezeigt hat. Im Anschluss wirkt diese Bestandsschutzregelung nicht weiter. 453

Vgl. S. 104 ff.

C. Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung

137

c) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG Lediglich für die Konstellation der Vermietung von Teilen der Nebenwohnung als Ferienwohnung könnte der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG eingreifen. Nach dieser Vorschrift liegt abweichend von § 2 Abs. 1 ZwVbG keine Zweckentfremdung vor, wenn eine Wohnung durch den Verfügungsberechtigten oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt aber die Wohnnutzung überwiegt (über 50 vom Hundert der Fläche; bei Küche und Bad wird jeweils hälftige Nutzung unterstellt). Wie bereits für die Fallgruppe der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung ausgeführt wurde,454 findet dieser Ausnahmetatbestand auf Formen der Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG keine Anwendung. Selbst wenn er anwendbar sein sollte, stellt die Vermietung der Wohnung keine Mitbenutzung im Sinne des Ausnahmetatbestands dar. Damit greift dieser Ausnahmetatbestand für die vollständige oder teilweise Vermietung nicht ein. d) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG Im vorliegenden Fall könnte aber der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG gegeben sein. Demnach liegt abweichend von Absatz 1 keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten als Zweitwohnung dient. aa) Anwendbarkeit Zunächst stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG auf eine Zweckentfremdung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG. Der Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG entzieht sich der Systematik, in der § 2 ZwVbG ansonsten aufgebaut ist. Zu diesem Ausnahmetatbestand lässt sich ein spiegelbildlicher Tatbestand in Absatz 1 nicht finden. Auch ein Bezug zu einem anderen in Absatz 2 geregelten Ausnahmetatbestand kann – im Gegensatz zu demjenigen des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG455 – nicht hergestellt werden. Damit spricht aus systematischer Sicht nichts gegen die Anwendbarkeit dieses Ausnahmetatbestands auf die Fallgruppe der vollständigen oder zeitweisen Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung.

454 455

Siehe S. 111 ff. Siehe zu der systematischen Einordnung dieses Ausnahmetatbestands S. 112.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

bb) Tatbestand Voraussetzung nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG ist die nicht ununterbrochene Wohnnutzung des Wohnraums, weil dieser bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten als Zweitwohnung dient. Damit die vollständig oder teilweise vermietete Nebenwohnung von dem Ausnahmetatbestand umfasst wird, muss sie also dem Verfügungsberechtigten bestimmungsgemäß als Zweitwohnung zur Wohnnutzung dienen. Erforderlich ist somit, dass die Wohnung von dem Verfügungsberechtigten zur Wohnnutzung verwendet wird. Der Umfang der Nutzung zu Wohnzwecken ist dabei nicht näher präzisiert, wird jedoch dadurch begrenzt, dass eine überwiegende Nutzung nicht verlangt werden kann, da es sich dann nicht mehr um eine Nebenwohnung handelt. § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG spricht zwar von einer Zweitwohnung und nicht – wie § 17 Abs. 1 Meldegesetz – von einer Nebenwohnung; sachlich ist aber von einer Übereinstimmung zwischen einer Zweit- und einer Nebenwohnung auszugehen. Im Gegensatz zu der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG greift § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG lediglich bei der Nutzung durch den Verfügungsberechtigten ein. Aus welchen Gründen hier ausschließlich auf den Verfügungsberechtigten abgestellt wird, ist auch aus der Gesetzesbegründung nicht ersichtlich. Angesichts des eindeutigen Wortlauts setzt der Tatbestand jedoch die Wohnnutzung durch den Verfügungsberechtigten voraus. Sind diese Voraussetzungen in dem Fall der vollständigen oder teilweisen Vermietung einer Nebenwohnung gegeben, ist der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG einschlägig. cc) Rechtsfolge Für die Rechtsfolge dieses Tatbestands sind sowohl in der Gesetzesbegründung als auch in den Ausführungsvorschriften nur geringfügig weitere Anknüpfungspunkte enthalten. So sei „Wohnraum, der vom Verfügungsberechtigten als Zweitwohnung genutzt und deshalb nicht ununterbrochen als Wohnung genutzt wird, vom Zweckentfremdungsverbot ausgenommen“.456 Hierbei durchbricht die Begründung der Norm selbst die gesetzliche Systematik und geht damit fehl. Denn eine Nebenwohnung stellt nicht lediglich deshalb, weil § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG eine gewisse Handlung als Ausnahme aus dem Tatbestand der Zweckentfremdung herausnimmt, zweckentfremdungsrechtlich irrelevanten Wohnraum dar. Ob es sich um Wohnraum im Sinne des ZwVbG handelt, bemisst sich vielmehr nach § 1 Abs. 3 ZwVbG und steht hinsichtlich einer Nebenwohnung wegen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Eignung zu dauerhaften Wohnzwecken nicht infrage. 456 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 16 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

C. Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung

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Den Inhalt des Ausnahmetatbestands sieht Nr. 8.6 Satz 1 AV – ZwVb vielmehr darin, dass „die Nutzung von Wohnraum zu Wohnzwecken als Zweitwohnung keine Zweckentfremdung darstellt“. Auch diese Verknüpfung ist auf den ersten Blick nicht mit der gesetzlichen Systematik zu vereinbaren. Denn bei der Nutzung von Wohnraum zu Wohnzwecken als Nebenwohnung handelt es sich nicht um eine Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG. Der die Ausnahmetatbestände aufzählende § 2 Abs. 2 ZwVbG ist gleichsam spiegelbildlich zu § 2 Abs. 1 ZwVbG aufgebaut, der enumerativ die unterschiedlichen Formen der Zweckentfremdung abschließend auflistet. Die in Absatz 1 genannten Fälle der Zweckentfremdung werden in Absatz 2 jeweils eingeschränkt. Darüber hinaus ist Absatz 2 lediglich dann anwendbar, wenn eine Zweckentfremdung im Sinne des Absatzes 1 vorliegt („Abweichend von Absatz 1“). Hätte die Nutzung von Wohnraum als Zweitwohnung eine Zweckentfremdung nach dem ZwVbG darstellen sollen, so wäre eine gesetzliche Regelung in Absatz 1 erfolgt. Zwar wäre grundsätzlich denkbar, dass § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG seinem Sinn nach lediglich auf die Zweckentfremdung wegen Leerstands von mehr als sechs Monaten gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 ZwVbG Anwendung finden könnte und ansonsten eine rein deklaratorische Funktion hätte.457 Da diese Form der Nutzung von Wohnraum gemäß § 2 Abs. 1 ZwVbG keine Zweckentfremdung darstellt, kann die Norm nur dahingehend ausgelegt werden, dass im Falle der Zweckentfremdung von Wohnraum durch eine der gesetzlich bestimmten Formen der Tatbestand der Zweckentfremdung entfallen soll, wenn es sich bei dem Wohnraum um eine Nebenwohnung handelt. Dies deckt sich schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Bei der Frage, ob eine Zweckentfremdung gegeben ist, kommt es danach darauf an, ob „durch die strittige Handlung die Räume auf Dauer dem allgemeinen Wohnungsmarkt entzogen werden“458. Bei der Verwendung der Wohnung als Zweitwohnung ist auch durch eine teilweise oder vollständige Vermietung der Wohnung in derjenigen Zeit, in der diese nicht vom Verfügungsberechtigten selbst zu Wohnzwecken verwendet wird, eine Zweckentfremdung durch § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG ausgeschlossen. Nach der hier vertretenen Auffassung führt der Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG dazu, dass im Falle einer Nebenwohnung eine Zweckentfremdung nicht gegeben ist. Obwohl eine Zweckentfremdung im Falle einer Nebenwohnung nicht vorliegt, ist hier darauf hinzuweisen, dass die Nutzung der Wohnung unter Umständen von weiteren öffentlich-rechtlichen Genehmigungen abhängen kann. So ist im Falle der

457

(100).

So Michael Schultz, Das neue Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, GE 2014, 96

458 Hess. VGH, Beschl. vom 8. April 1993 – 4 TH 1145/92, juris Rn. 45, hinsichtlich der Auslegung, ob eine Zweckentfremdung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 MRVerbG vorliegt.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Vermietung von Ferienwohnungen gegebenenfalls eine Nutzungsänderung gemäß § 60 Abs. 1 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln)459 erforderlich.460 3. Zwischenergebnis Die Nebenwohnung stellt zwar zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum im Sinne des § 1 Abs. 3 ZwVbG, aber keine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 2 ZwVbG dar, weil der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG sich auch auf die Vermietung der als Nebenwohnung verwendeten Wohnung erstreckt. Deshalb unterliegt die Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung nicht dem Erfordernis der Genehmigung nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO.

II. Negativattest Vermieter von Nebenwohnungen sollten bei dem zuständigen Bezirksamt ein sogenanntes Negativattest nach § 5 ZwVbVO beantragen. Durch ein solches Negativattest wird dem Antragsteller von behördlicher Seite durch einen feststellenden Verwaltungsakt461 bescheinigt, dass eine bestimmte Art der Nutzung von Räumlichkeiten eine Genehmigung nicht erfordert. Damit kann das Negativattest das Nichtvorliegen entweder von Wohnraum oder von einer Zweckentfremdung feststellen. Durch das Negativattest wird für die Betroffenen Rechtssicherheit hinsichtlich der rechtmäßigen Nutzung des Wohnraums geschaffen (vgl. Nr. 15 Satz 3 AV – ZwVb). Da die ZwVbVO keine weiteren Anforderungen an den Antrag stellt, genügt ein formloser, schriftlicher Antrag auf Erteilung eines Negativattests.

III. Ergebnis für die Fallgruppe der vollständigen oder teilweisen Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung stellt bei Vermietung durch den Verfügungsberechtigten, der die Nebenwohnung gelegentlich zu Wohnzwecken verwendet, keine Zweckentfremdung von Wohnraum dar. Grundsätzlich erfüllt diese 459 Vom 29. September 2005 (GVBl. S. 495), zuletzt geändert durch Art. I des Zweiten Änderungsgesetzes vom 29. Juni 2011 (GVBl. S. 315). 460 VG Berlin, LKV 2014, 185 (187 f.). 461 BVerwGE 72, 265 (266 ff.) hinsichtlich eines Negativattests im Hinblick auf das MRVerbG. Siehe allgemein zum feststellenden Verwaltungsakt BVerwGE 135, 209 (214 f.); Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 77 Rn. 5.

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen

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Nutzung einer Nebenwohnung zwar die Voraussetzungen für eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG, weil hierdurch Wohnraum als Ferienwohnung vermietet wird. Abweichend davon liegt jedoch nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten als Zweitwohnung dient.

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnung könnte eine Zweckentfremdung darstellen. Der Markt für Ferienwohnungen im Stadtgebiet Berlins umfasst je nach Schätzung zwischen 5.000 und 20.000 bis 25.000 Ferienwohnungen.462 GEWOS Institut kommt der Wohnungsmarktanalyse aus dem Jahre 2012 auf eine Anzahl von 8.918 Ferienwohnungen, schätzt auf Grundlage einer Befragung die tatsächliche Anzahl auf rund 12.000 Ferienwohnungen.463 Die Anzahl der Ferienwohnungen, welche dem allgemeinen Wohnungsmarkt durch das Instrument des Zweckentfremdungsverbots tatsächlich wieder zur dauerhaften Wohnnutzung zugeführt werden könnten, bewegt sich zwischen 3.300464 und 4.000465 Einheiten. Eine Vermietung als Ferienwohnung liegt gemäß Nr. 7.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb vor, wenn eine Wohnung ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird, wobei die Ferienwohnung nach ihrer Ausstattung auf eine Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet ist und sich damit von der Fremdenbeherbergung abgrenzt. In der vorliegenden Konstellation der gewerblichen Vermietung der Wohnungen stellt die Vermietungstätigkeit ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dar, also eine erlaubte, auf Gewinnerzielung 462

So Stephan la Barré (Apartment Allianz Berlin) in der Öffentlichen Sitzung des AGHAusschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr am 4. September 2013; siehe das Wortprotokoll dieser Sitzung, S. 6 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/protokoll/bv17-030wp.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 463 GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Indikatorensystem zur kleinräumigen Wohnungsmarktanalyse, Bericht Berlin April 2012, S. 17 f. (http://berlinap pell.blogsport.de/images/GewosGutachtenWeb.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 464 diges, Gesellschaft für Wohnungswirtschaft und Stadtforschung mbH, Ergebnisbericht zu der im Auftrag der Wimdu GmbH erstellten Studie: Wohnungswirtschaftliche Bedeutung von Ferienwohnungen für die Wohnungsversorgung in Berlin, Berlin, Oktober 2013, S. 7. 465 Dies ergibt sich aus der Differenz der aktuellsten genannten Zahlen und der Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für das Jahr 2020; siehe Senat von Berlin, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin über Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung – ZwVbVO) vom 4. März 2014, S. 29 (http://www.parlament-berlin.de/ ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0171-v.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit mit Ausnahme der künstlerischen, landwirtschaftlichen und freiberuflichen Tätigkeiten sowie der reinen Vermögensverwaltung466. Problematisch ist in dieser Konstellation insbesondere, dass einerseits regelmäßig von einer Entziehung von Wohnraum für den entsprechenden Wohnraummarkt ausgegangen werden muss,467 gleichzeitig jedoch der Verfügungsberechtigte in der Erwartung der weiteren Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit wirtschaftliche Dispositionen getroffen hat.

I. Genehmigungspflicht Zu untersuchen ist hier zunächst, ob die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen eine Zweckentfremdung von Wohnraum im Sinne des § 2 ZwVbG darstellt. 1. Wohnraum Unproblematisch unterfallen die Wohnungen aufgrund ihrer rechtlichen und tatsächlichen Eignung zu dauerhaften Wohnzwecken dem Begriff des Wohnraums im Sinne von § 1 Abs. 3 ZwVbG.468 2. Zweckentfremdung Die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen müsste eine Zweckentfremdung darstellen. a) Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG Die Verwendung von Wohnraum zum Zwecke der wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung könnte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG eine Zweckentfremdung sein. Eine Vermietung als Ferienwohnung liegt gemäß Nr. 7.1 Abs. 2 Satz 1 AV – ZwVb vor, wenn eine Wohnung ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt wird, wobei die Ferienwohnung in Abgrenzung zu der Fremdenbeherbergung nach ihrer Ausstattung auf eine ausnahmslose Selbstversorgung der Feriengäste gerichtet ist. 466

Vgl. zu den Merkmalen eines Gewerbes oben S. 100 der vorliegenden Untersuchung. GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Airbnb und der Berliner Wohnungsmarkt. Auswirkungen des Airbnb-Angebots auf die Berliner Wohnraumversorgung, November 2014, S. 21. 468 Siehe zum Begriff des Wohnraums bereits oben S. 85 ff. der vorliegenden Untersuchung. 467

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen

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Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen unterfällt diesem Tatbestand, so dass eine Zweckentfremdung grundsätzlich vorliegt. b) Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG Auch in der Konstellation der gewerblichen Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnung könnte der Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG eingreifen. Nach diesem liegt eine Zweckentfremdung für die Dauer von zwei Jahren nach Inkrafttreten der ZwVbVO nicht vor, wenn Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO als Ferienwohnung genutzt wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung angezeigt hat. § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG unterscheidet hinsichtlich des Bestandsschutzes nicht zwischen der gewerblichen und der nichtgewerblichen Verwendung von Wohnraum, sondern knüpft an die entsprechende Verwendung des Wohnraums zum Stichtag an. Bezüglich des Stichtags und der näheren Modalitäten der Frist kann auf die Ausführungen zur Fallgruppe der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung verwiesen werden.469 Wurden die Wohnungen bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnungen vermietet und zeigte der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 an, stellt die Vermietung der Wohnungen als Ferienwohnungen bis zum 2. Mai 2016 nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG keine Zweckentfremdung im Sinne des ZwVbG dar. Fraglich ist jedoch, ob diese Regelung auf die Konstellation der gewerblichen Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen überhaupt anwendbar ist oder sich ein weitergehender Bestandsschutz aus einer anderen Bestimmung ergibt. c) Ungleichbehandlung durch die Regelung des Bestandsschutzes Die vom Landesgesetzgeber geschaffene Rechtslage ist also dadurch gekennzeichnet, dass die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen einem lediglich zeitlich beschränkten Bestandsschutz unterliegt, sofern man § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG anwendet. Die Nutzung von Wohnraum zu anderen gewerblichen Zwecken stellt jedoch gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG dann keine Zweckentfremdung dar, wenn dieser Wohnraum bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt wird, was allerdings nur gilt, solange das zu diesem Zeitpunkt bestehende Nutzungsverhältnis nicht beendet wird oder ein zu diesem Zweck in den Räumlichkeiten eingerichteter und ausgeübter gewerblicher oder freiberuflicher Betrieb fortgeführt wird. Bereits im Gesetzgebungsverfahren 469

Siehe hierzu S. 105 ff.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

wurde diese ungleich ausgestaltete Bestandsschutzregelung von Seiten der gewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen kritisiert.470 Die unterschiedliche Ausgestaltung des Bestandsschutzes für die Zweckentfremdung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZwVbG könnte gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB enthaltenen allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Angesichts des mit Art. 3 Abs. 1 GG übereinstimmenden Wortlauts ist die von Art. 142 GG vorausgesetzte Inhaltsgleichheit471 des Art. 10 Abs. 1 VvB nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin gegeben.472 Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB enthalten als Positivierungen der grundlegenden Gerechtigkeitsidee der Gleichheit jeweils ein allgemeines Gebot der Gleichbehandlung der Grundrechtsträger durch die Staatsgewalt und damit zugleich ein Verbot von (benachteiligenden) Ungleichbehandlungen ohne sachlichen Grund, also prinzipiell ein Verbot staatlicher „Willkür“. Schlagwortartig wird der Schutzgehalt des allgemeinen Gleichheitssatzes daher dahingehend formuliert, dass weder „wesentlich Gleiches willkürlich ungleich“ behandelt werden darf noch „wesentlich Ungleiches willkürlich gleich“473. Positiv gesprochen gebietet der allgemeine Gleichheitssatz also, „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln“.474 aa) Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB könnte hier in einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem liegen. Zur Ermittlung dessen sind unter Einschluss des die Ungleichbehandlung Rügenden Vergleichspaare zu bilden. Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn die diese Vergleichspaare bildenden Personen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen belegt werden. Die Ungleichbehandlung kann dabei sowohl eine personelle sein, d. h. die betreffenden Rechtsfolgen knüpfen unmittelbar an personenbezogene Merkmale475 an, oder es kann eine sachliche 470 So von Stephan la Barré (Apartment Allianz Berlin) in der Öffentlichen Sitzung des AGH-Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr am 4. September 2013; siehe das Wortprotokoll dieser Sitzung, S. 6 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/protokoll/bv1 7-030-wp.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014). 471 Vgl. S. 33 f. der vorliegenden Untersuchung. 472 Siehe etwa BerlVerfGH, LVerfGE 5, 58 (60); NJW 1999, 47 (48); NJW 2003, 1517. 473 Siehe etwa BVerfGE 4, 144 (155); 78, 104 (121); vgl. ferner BVerfGE 112, 164 (174); 112, 268 (279); 116, 164 (180); 117, 1 (30). 474 BVerfGE 112, 164 (174); 112, 268 (279); 116, 164 (180); 117, 1 (30); 130, 52 (65); 130, 240 (252); 131, 239 (255); 132, 179 (188). 475 Ein personenbezogenes Merkmal soll dabei ein „von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal“ sein, BVerfG (Kammerbeschl.), NVwZ-RR 2011, 567 (568). Siehe zu der in BVerfGE 132, 372 (388 ff.) ohne Begründung vorgenommenen Einbeziehung von nicht grundrechtsberechtigten juristischen Personen des öffentlichen Rechts in den Kreis

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen

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Ungleichbehandlung vorliegen, bei der die Rechtsfolgen unmittelbar an bestimmte Sachverhalte anknüpfen476, wobei sich diese Unterscheidung auf die Rechtfertigungsanforderungen auszuwirken vermag. Die zu bildenden Vergleichsgruppen werden bereits durch das Gesetz angedeutet. Auf der einen Seite (Vergleichsgruppe 1) befinden sich solche Gewerbetreibenden, deren Nutzung von Wohnraum gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG eine Zweckentfremdung darstellt und deren Bestandsschutz in § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG geregelt ist. Die Vergleichsgruppe 2 wird durch die gewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen gebildet, deren Nutzung von Wohnraum gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG eine Zweckentfremdung darstellen und deren Bestandsschutz sich nach der Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG bemessen könnte. Diese Vergleichsgruppen werden durch Festlegung unterschiedlicher Rechtsfolgen ungleich behandelt. Während der Bestandsschutz für die Vergleichsgruppe 1 an den Nutzungsverhältnissen anknüpft, orientiert sich der Bestandsschutz für die Vergleichsgruppe 2 pauschal an der zweijährigen Frist seit Inkrafttreten der ZwVbVO. Die Vergleichsgruppen werden damit hinsichtlich des Bestandsschutzes ungleich behandelt. Hierdurch knüpft die Ungleichbehandlung an einer durch den Betroffenen nur schwer zu beeinflussenden Interessenlage und der Zugehörigkeit einer Person zu einer durch das Gesetz bestimmten Gruppe der Vermieter von Ferienwohnungen oder sonstiger Gewerbetreibender an, so dass für die Rechtsfolge ein personenbezogenes Merkmal maßgebend ist. Nach der Feststellung der Ungleichbehandlung ist zu prüfen, ob diese auch „wesentlich Gleiches“ betrifft. Maßgeblich hierfür ist nicht jede oder gar die umfassende Vergleichbarkeit der die Vergleichsgruppe bildenden Personen, sondern nur deren wesentliche Vergleichbarkeit hinsichtlich desjenigen Vergleichskriteriums, das für den Anlass der ungleich wirkenden Behandlung maßgeblich ist, hierzu also in einem engen inneren Sachzusammenhang steht.477 Allein aus der Tatsache, dass beide Vergleichsgruppen die Ausübung eines Gewerbes im Sinne der Gewerbeordnung betreffen, kann deshalb eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem nicht begründet werden. Außerdem unterscheiden sich die gewerblichen Tätigkeiten hinsichtlich des Wohnraums insofern, als dieser im Fall der Ausübung eines sonstigen Gewerbes örtlich den Mittelpunkt der der Vergleichspersonen Philipp Reimer, Sind alle Menschen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts gleich?, DVBl. 2013, 496 ff. 476 Rein sachbezogen sollen z. B. Ungleichbehandlungen sein, die an verschiedene Gerichtsbarkeiten anknüpfen, siehe BVerfGE 83, 1 (22) – zur unterschiedlichen Höhe von Anwaltsgebühren – oder BVerfGE 93, 99 (111) – zu Unterschieden bezüglich Rechtsmittelbelehrung; gleichfalls rein sachbezogen sei die Unterscheidung des Rechtsschutzes gegen Vergabeentscheidungen oberhalb und unterhalb der geregelten Schwellenwerte, BVerfGE 116, 135 (161), ebenso die Festlegung einer „Kappungsgrenze“ für die gesetzlichen Gebühren der Rechtsanwaltsvergütung bei besonders hohen Streitwerten, BVerfGE 118, 1 (26 f.). 477 Siehe näher Helge Sodan, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Beck’scher Kompakt-Kommentar, 2. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 10 f.

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Tätigkeit darstellt, im Falle der gewerblichen Vermietung von Wohnungen hingegen Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit ist. Anlass für die ungleich wirkende Behandlung ist die in den beiden Fallgruppen zum Ausdruck kommende typische Gegebenheit hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes der Verwendung des Wohnraums: Bei der Ausübung eines sonstigen Gewerbes wird im Hinblick auf die zukünftige Betätigung ein Nutzungsverhältnis hinsichtlich der Räumlichkeiten, in denen das Gewerbe ausgeübt wird, begründet. Das Vertrauen des Gewerbetreibenden in die planmäßige, zukünftige Verwendung dieser Räumlichkeiten wird durch den Anknüpfungspunkt des Bestandsschutzes im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG an das jeweilige Nutzungsverhältnis gewährleistet. Die Vermietung von Ferienwohnungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG ist hingegen auf einen nach Tagen oder Wochen bemessenen Zeitraum ausgelegt. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber den Bestandsschutz für eine Zweckentfremdung nicht an das zwischen dem Vermieter der Ferienwohnungen und den Feriengästen bestehende Nutzungsverhältnis gekoppelt.478 Hinsichtlich dieses Anknüpfungspunktes ist zwischen den beiden Vergleichsgruppen jedoch eine wesentliche Vergleichbarkeit gegeben, wenn man nicht – wie der Gesetzgeber – auf das Nutzungsverhältnis zwischen dem Vermieter und dem Feriengast, sondern auf dasjenige abstellt, aus dem der Vermieter der Ferienwohnung seine Berechtigung herleitet. Dass hier diese Betrachtungsweise geboten ist, beruht darauf, dass bei der Ausübung des Gewerbes durch die Vermietung der Wohnraum selbst Gegenstand des Gewerbebetriebs ist. Wesentlich gleich sind die Vergleichsgruppen dann insofern, als der Vermieter von Ferienwohnungen sich für die Nutzung der Räumlichkeiten, welche als Ferienwohnungen vermietet werden sollen, selbst vertraglich bindet, etwa in Form des Abschlusses von (die Dauer der Vermietung als Ferienwohnungen und auch diejenige des in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG festgelegten Bestandsschutzes übersteigenden) Mietverträgen oder Finanzierungen. Die beiden Vergleichsgruppen sind insofern wesentlich gleich. Damit liegt in der sich nach dem Wortlaut (auch) auf die gewerbliche Vermietung von Ferienwohnungen beziehenden Bestandsschutzregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG gegenüber der Bestandsschutzvorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem. bb) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem führt dann zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie ohne sachlichen Grund erfolgt; das Vorliegen eines sachlichen Grundes kann eine an Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 478 Senat von Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG), AGHDrucks. 17/1057 vom 11. Juni 2013, S. 15 (http://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/ vorgang/d17-1057.pdf, zuletzt aufgerufen am 5. Dezember 2014).

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen

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VvB zu messende Ungleichbehandlung rechtfertigen. Überwiegend wird heute davon ausgegangen, dass bei der Prüfung des Vorliegens eines für die Rechtfertigung hinreichenden sachlichen Grundes zwei Formeln zur Anwendung gelangen können: Nach der auf die ursprüngliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG zurück gehenden Willkürformel liegt Willkür dann vor, wenn sich (irgend)ein vernünftiger, aus der Natur der Sache resultierender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund nicht finden lässt.479 Dabei handelt es sich um eine Art „Evidenzprüfung“, bei der einleuchtende sachliche Gründe insbesondere für eine legislative Ungleichbehandlung schlechterdings nicht mehr erkennbar sein dürfen.480 Strengere Prüfungsanforderungen gelten demgegenüber bei der vom Bundesverfassungsgericht seit 1980 verwandten sogenannten „neuen Formel“, nach welcher die Prüfung stärker an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auszurichten ist. Hiernach ist Art. 3 Abs. 1 GG „vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“.481 Der strengere Maßstab im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung wird dabei vor allem dann zur Anwendung gebracht, wenn personelle bzw. personenbezogene Ungleichbehandlungen zur Prüfung gestellt werden und nicht nur sachbezogene.482 Die strengeren Prüfungsmaßstäbe der „neuen Formel“ sind ferner dann anzuwenden, wenn „eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt“483, so dass für die Willkürformel nur noch ein recht eingeschränkter Anwendungsbereich verbleibt484. Geringere Anforderungen an den Prüfungsmaßstab können nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Ordnung von komplexen Massenerscheinungen gelten, insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von generalisierenden, typisierenden oder pauschalierenden Regelungen etwa im Sozialversicherungs- oder Steuerrecht.485 Danach können hier bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammengefasst, Besonder479

Siehe etwa bereits BVerfGE 1, 14 (52). Vgl. BVerfGE 50, 142 (162) m. w. N.; 88, 87 (97); 91, 389 (401). 481 BVerfGE 55, 72 (88); vgl. etwa auch BVerfGE 107, 133 (141); 112, 50 (67); 117, 316 (325); 120, 125 (144); 121, 317 (369); 126, 29 (47); 129, 49 (69); 130, 52 (66); 130, 240 (253); 131, 239 (256). 482 Vgl. BVerfGE 88, 87 (96); 89, 15 (22 f.); 91, 389 (401); 110, 274 (291); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2013, 1220 (1221). 483 BVerfGE 88, 87 (96); 89, 15 (22); 99, 367 (388); 108, 52 (68); 118, 79 (100) – jeweils ohne die Hervorhebung. 484 Vgl. BVerfGE 92, 53 (69). 485 Siehe etwa BVerfGE 70, 1 (34); 87, 234 (255); 96, 1 (6); 101, 297 (309); 103, 225 (235 f.); 110, 274 (292 ff.) – „Ökosteuer“; 117, 1 (30 ff.) – betreffend Erbschaftsteuer; BVerfG (Kammerbeschl.), DVBl. 2010, 1502 – betreffend sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht für bestimmte Kapitalleistungen. 480

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

heiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigt sowie Begünstigungen oder Belastungen in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden.486 Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Typisierungen ist aber, dass die daraus resultierenden Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist487 sowie der tatsächliche Anknüpfungspunkt für die Typisierung im Normzweck angelegt ist488. Aus ähnlich gelagerten Erwägungen heraus sind Stichtagsregelungen und die aus deren formaler Starrheit resultierenden Ungleichheiten zulässig, wenn die Einführung eines Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar und insoweit willkürfrei ist.489 In besonderen Lagen können hier aber Übergangsregelungen geboten sein.490 Da in dem vorliegenden Fall eine personenbezogene Ungleichbehandlung und ein in besonderem Maße tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliegen, der im Fall der gewerblichen Vermietung von Ferienwohnungen insbesondere die Berufsfreiheit betrifft,491 findet hinsichtlich der Prüfung der Rechtfertigung der strengere Maßstab der „neuen Formel“ Anwendung. Daher ist unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit zu fragen, ob Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen. Zwar ist der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative zur Typisierung befugt. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG aufgeführte Typologie zeichnet sich durch eine kurzzeitige und wiederkehrende Verwendung von Wohnraum aus. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG zusammengefassten beruflichen und gewerblichen Tätigkeiten sind hingegen durch eine längerfristige, ohne Unterbrechungen stattfindende Nutzung des Wohnraums geprägt. Wie soeben bereits dargelegt wurde492, ist eine Typisierung zulässig, wenn die daraus resultierenden Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Zwar ist durch die Ungleichbehandlung mit der Gruppe der gewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen von der Ungleichbehandlung betroffen und wird die Intensität des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz durch die andere Bestandsschutzregelung in gewisser Weise gemildert. Die aus der Typologie resultierenden Härten lassen sich jedoch ohne Schwierigkeiten vermeiden. So wäre es ohne große Probleme möglich, eine Be486 487 488 489 490 491 492

BVerfGE 111, 115 (137). BVerfGE 100, 138 (174) m. w. N. BVerfGE 111, 115 (137). BVerfGE 75, 78 (106); 87, 1 (43); 101, 239 (270). BVerfGE 47, 85 (94); 71, 364 (397). Vgl. oben S. 69 ff. der vorliegenden Untersuchung. Vgl. S. 148 bei Fn. 487.

D. Gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen

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standsschutzregelung, welche entsprechend der Regelung für sonstige Gewerbetreibende ausgestaltet ist, auch für die gewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Typisierung erweist sich demnach als fehlerhaft und führt zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung. d) Verfassungskonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG Eine Beseitigung der hier gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB verstoßenden Ungleichbehandlung könnte dadurch erfolgen, dass die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung in die Regelungen von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG einbezogen wird. Wenn verschiedene Auslegungen in Betracht kommen und die „einfachgesetzliche“ Norm nicht bei allen Auslegungen mit der Verfassung als höherrangigem Recht vereinbar ist, muss die „verfassungskonforme“ Auslegung gewählt werden.493 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spricht nicht nur eine Vermutung für die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit der Verfassung; vielmehr gebietet das in dieser Vermutung zum Ausdruck kommende Prinzip auch im Zweifel eine verfassungskonforme Auslegung.494 Für eine solche Interpretation ist Raum, wenn eine interpretationsfähige Norm nach der üblichen Methodik mehrere Auslegungen zulässt, von denen aber nicht alle mit der Verfassung übereinstimmen; solange eine Norm – sinnvoll – verfassungskonform interpretiert werden kann, darf sie nicht für nichtig erklärt werden.495 Das sich daraus ergebende Gebot der Bevorzugung der verfassungsmäßigen Auslegung kennzeichnet die verfassungskonforme Auslegung.496 Diese Aufgabe ist nicht dem Bundesverfassungsgericht oder einem Landesverfassungsgericht vorbehalten, sondern obliegt auch jedem Fachgericht, das nach Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. Landesverfassungsgerichts im Wege der konkreten Normenkontrolle nur dann einholen darf, wenn es von der Unmöglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung und somit von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist.497 493

Siehe zu diesem Interpretationsprinzip aus dem Schrifttum näher etwa Karl August Bettermann, Die verfassungskonforme Auslegung. Grenzen und Gefahren, 1986; Harald Bogs, Die verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 1966; Helge Sodan, Freier Beruf und Berufsfreiheit, 1988, S. 72, 75 f.; Andreas Voßkuhle, Theorie und Praxis der verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen durch Fachgerichte, AöR 125 (2000), 177 ff. 494 BVerfGE 2, 266 (282). 495 BVerfGE 48, 40 (45); vgl. auch BVerfGE 32, 373 (383 f.); 69, 1 (55); 83, 201 (214 f.); 88, 203 (331). 496 Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht. Staats- und Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2014, § 2 Rn. 14. 497 BVerfGE 68, 337 (344).

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5. Teil: Prüfung der speziellen Fallkonstellationen

Zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung müssen die Tatbestände in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG verfassungskonform so interpretiert werden, dass auch die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen zwar eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellt, aber in den Bestandsschutz einbezogen ist, solange die Nutzung für gewerbliche Zwecke nicht beendet wird. Damit ist die generelle Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung und nicht etwa eine kurzzeitige Vermietung gemeint, nach deren Beendigung kein Bestandsschutz mehr gegeben wäre. Für die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen enthalten in dieser verfassungskonformen Auslegung die Tatbestände in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG gegenüber denjenigen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG die spezielleren und damit vorrangigen Regelungen. Insoweit unterfällt die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen also nicht der Genehmigungspflicht nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO.

II. Ergebnisse für die Fallgruppe der gewerblichen Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen stellt zwar eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar. Zur Vermeidung einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB verstoßenden Ungleichbehandlung muss die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung in die Regelungen von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG einbezogen werden, die insoweit im Verhältnis zu den Bestimmungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG spezieller und damit vorrangig sind. Für die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen gilt daher ein über § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG hinausreichender Bestandsschutz, solange die Nutzung für gewerbliche Zwecke nicht beendet wird. Damit ist die generelle Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung und nicht etwa eine kurzzeitige Vermietung gemeint, nach deren Beendigung kein Bestandsschutz mehr gegeben wäre. Insoweit unterfällt die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen also nicht der Genehmigungspflicht nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO.

Sechster Teil

Zusammenfassung in Leitsätzen Wesentliche Ergebnisse der gesamten Untersuchung lassen sich in Leitsätzen wie folgt zusammenfassen: 1. Verbote der sogenannten Zweckentfremdung von Wohnraum weisen in Deutschland bereits eine lange Rechtsentwicklung über einen Zeitraum von nahezu 100 Jahren auf. So erfolgten Regelungen schon während des 1. Weltkriegs, in der Weimarer Republik, während der nationalsozialistischen Diktatur und nach dem Ende des 2. Weltkriegs durch den Alliierten Kontrollrat. Nach der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland kam es zu verschiedenen bundesrechtlichen Vorschriften. Besondere Erwähnung verdient Art. 6 § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (MRVerbG), der Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. 2. Aufgrund dieser Ermächtigung wurde in Berlin (West) im Jahre 1972 eine Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) erlassen. Nach deren § 1 Abs. 1 Satz 1 durfte in Berlin Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des Landesamtes für Wohnungswesen zugeführt werden. Diese ZwVbVO trat nach der Wiedervereinigung mit dem Inkrafttreten der 2. ZweckentfremdungsverbotVerordnung (2. ZwVbVO) 1994 außer Kraft. In § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 2. ZwVbVO war geregelt: „In Berlin ist die Verwendung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken grundsätzlich verboten. Als Ausnahme vom Verbot darf Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zugeführt werden.“ In Übereinstimmung mit der vorherigen ZwVbVO war es nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a der 2. ZwVbVO als Aufgabe des Wohnzwecks auch anzusehen, wenn Wohnraum „zum Zwecke einer dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung, oder der Einrichtung von Schlafstellen verwenden werden soll“. 3. Nach eingehender Betrachtung der damaligen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt kam das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Urteil vom 13. Juni 2002 zu dem Schluss, dass die 2. ZwVbVO „vom 1. September 2000 an nicht mehr von der Ermächtigungsnorm gedeckt war und deshalb auch ohne Aufhebung durch den Verordnunggeber wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten ist“.

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6. Teil: Zusammenfassung in Leitsätzen

4. Mehr als 13 Jahre nach dem damit gerichtlich festgestellten Außerkrafttreten der 2. ZwVbVO erfolgte in Berlin eine Wiederbelebung landesrechtlicher Regelungen über die Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach Auffassung des Senats von Berlin ist es zwischenzeitlich durch geringen Neubau bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl der Haushalte zu einer Verknappung des Wohnraums, insbesondere in den unteren Preissegmenten, gekommen. Aufgrund der seit der Föderalismusreform I aus dem Jahre 2006 in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallenden Zuständigkeit für das Zweckentfremdungsrecht im Wohnungswesen beschloss das Abgeordnetenhaus von Berlin das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG) vom 29. November 2013, dessen Vorschriften mit wenigen Ausnahmen am 12. Dezember 2013 in Kraft traten. Nach § 1 Abs. 1 ZwVbG darf Wohnraum im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zweckentfremdet werden, soweit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Unter Berufung auf die in § 1 Abs. 2 ZwVbG enthaltene Ermächtigung hat der Senat von Berlin die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) vom 4. März 2014 erlassen, die am 1. Mai 2014 in Kraft getreten ist. Nach § 1 Abs. 1 ZwVbVO ist die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt. Aufgrund der in § 8 ZwVbG enthaltenen Ermächtigung hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt die Ausführungsvorschriften über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (AV – ZwVb) vom 23. Juni 2014 erlassen. Diese „sollen einen einheitlichen Vollzug des Verbotes durch die zuständigen Bezirksämter ermöglichen“ (Nr. 1 Abs. 2 AV – ZwVb). 5. Nach der im Grundsatz gefestigten, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckenden Rechtsprechung kann ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verfassungsrechtlich zulässig sein. Grundlegend ist insoweit ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975; in dieser Entscheidung bejahte das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Für Angriffe gegen das Instrument des Zweckentfremdungsverbots als solches bestehen keine Erfolgsaussichten. 6. Mit dieser Feststellung ist jedoch noch nicht dargetan, dass die von Verfassungs wegen geforderten Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot speziell in Berlin vorliegen und die konkrete Ausgestaltung diesbezüglicher Regelungen im Berliner Landesrecht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Die aus dem Berliner Zweckentfremdungsrecht folgenden Eingriffe in das durch Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und Art. 23 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) geschützte Grundrecht der Eigentumsfreiheit der Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung lassen sich aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Entsprechendes gilt für die sich aus dem Berliner Zweckentfremdungsrecht ergebenden Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 17 VvB gewährleistete Berufs-

6. Teil: Zusammenfassung in Leitsätzen

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freiheit gewerblicher Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung. 7. Angesichts der hohen Intensität, mit der hier die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen sind, hat das Abgeordnetenhaus von Berlin nämlich gegen den Parlamentsvorbehalt verstoßen, indem es die Entscheidung darüber, ob die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet oder in einzelnen Bezirken Berlins besonders gefährdet und die Zweckentfremdung von Wohnraum daher unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt ist, in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG dem Verordnungsgeber überlassen und nicht selbst getroffen hat. 8. Jedenfalls hält sich die in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVbVO vom Senat von Berlin getroffene Feststellung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Stadtgebiet besonders gefährdet ist, nicht in dem durch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZwVbG als Ermächtigungsgrundlage gezogenen Rahmen. Dies gilt zumindest insoweit, als der Senat von Berlin die erforderliche Differenzierung zwischen den einzelnen Bezirken unterlassen und auf diese Weise seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. 9. Ferner ist hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. a) Soweit das Zweckentfremdungsverbot die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung umfasst, durch die dem Wohnungsmarkt kein Wohnraum entzogen wird, stellt das Zweckentfremdungsverbot bereits keine geeignete Maßnahme dar, um das legitime Ziel der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung zu erreichen. b) Soweit in bestimmten Bezirken Berlins eine besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht vorliegt, ist ein sich auf das gesamte Stadtgebiet Berlins erstreckendes repressives Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Befreiungsvorbehalt zur Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Die Beschränkung des Zweckentfremdungsverbots auf diejenigen Bezirke, in denen sich die besondere Gefährdung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen vertretbar annehmen lässt, ist im Hinblick auf den verfolgten Zweck ein gleich effektives, die Grundrechte der Eigentums- und Berufsfreiheit aber weniger stark einschränkendes Mittel. c) Das Maß der die Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung durch das Berliner Zweckentfremdungsverbot treffenden Belastungen steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den daraus der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Soweit sich das Zweckentfremdungsverbot als erforderlich erweist, ist es jedenfalls für diese Betroffenen unzumutbar und daher unverhältnismäßig im engeren Sinne. Die Unzumutbarkeit ergibt sich speziell auch daraus, dass das Berliner Zweckentfremdungsrecht dem verfassungsrechtlich gebotenen Ver-

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6. Teil: Zusammenfassung in Leitsätzen

trauensschutz zu Lasten betroffener Vermieter von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung nicht hinreichend Rechnung trägt. 10. Sofern man jedoch entgegen den vorstehend genannten grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Einwänden gegen Berliner Regelungen des Zweckentfremdungsverbots von der Verfassungsmäßigkeit des ZwVbG und der ZwVbVO ausgeht, stellen sich zahlreiche Fragen, welche die Auslegung und Anwendung von Vorschriften des Berliner Zweckentfremdungsrechts betreffen, die sich auf die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung beziehen. Die einschlägigen Regelungen werden somit nachfolgend für vier ausgewählte Fallkonstellationen als geltendes Recht zugrunde gelegt. 11. Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung stellt eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar und ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG sowie § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO genehmigungspflichtig. a) Wohnraum liegt nach § 1 Abs. 3 ZwVbG vor, wenn sich Räumlichkeiten tatsächlich und rechtlich zur dauernden Wohnnutzung eignen. Für den durch den Landesgesetzgeber in das ZwVbG eingeführten Wohnraumbegriff kommt es im Gegensatz zu dem in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des Wohnraums im Sinne des Art. 6 § 1 MRVerbG nicht auf eine subjektive Zweckbestimmung des Wohnraums zu Wohnzwecken an. Erforderlich für die Qualifikation als Wohnraum ist die objektive Eignung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zur dauerhaften Wohnnutzung. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung kann ein einzelnes Zimmer ebenso wie eine Haupt- oder Nebenwohnung Wohnraum im Sinne des ZwVbG darstellen. Bei der Kurzzeitvermietung eines Zimmers in einer Wohnung handelt es sich nicht um eine gewerbliche Zimmervermietung. Eine solche liegt erst dann vor, wenn die Tätigkeit ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellt. Allerdings führt die Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung zu einer Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ZwVbG. b) Eine Zweckentfremdung liegt abweichend hiervon bis zum 2. Mai 2016 nicht vor, wenn der betroffene Wohnraum bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG ist nach hier vertretener Auffassung bereits nicht auf eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG anwendbar; jedenfalls stellt die Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung keine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG dar. c) Eine Genehmigung dieser Zweckentfremdung kommt bei der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung in Betracht, weil Gesetz- und Verordnungsgeber hier nicht einfach davon ausgehen können, dass dadurch dem Wohnungsmarkt Wohnraum entzogen wird. So ist es keinesfalls unwahrscheinlich, dass ein Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter das Zimmer auch dann nicht dau-

6. Teil: Zusammenfassung in Leitsätzen

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erhaft vermieten würde, wenn ihm die Möglichkeit zur kurzzeitigen Fremdenbeherbergung genommen würde. Ein rein abstraktes öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum kann ein privates Interesse an der Erzielung von Einkünften durch Vermietung eines Zimmers zur Fremdenbeherbergung dann nicht überwiegen, wenn ein konkretes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums gar nicht gegeben ist. d) Die Ermessensentscheidung des zuständigen Bezirksamtes ist hier grundrechtlich in der Weise determiniert, dass dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung erwächst. Weil im Fall der Vermietung eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung dem Wohnungsmarkt kein Schaden entsteht, scheidet die Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung aus. Der Verfügungsoder Nutzungsberechtigte hat vielmehr einen Anspruch auf die Erteilung einer ohne diese Nebenbestimmung versehenen Genehmigung. 12. Die wiederkehrende Kurzzeitvermietung einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender, beispielsweise urlaubsbedingter Abwesenheit stellt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar und ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 ZwVbG sowie § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO unter den Vorbehalt einer Genehmigung durch das zuständige Bezirksamt gestellt. Eine jährlich einmalige Vermietung der Hauptwohnung von weniger als zwei Monaten führt hingegen zu keiner Zweckentfremdung. a) Eine Zweckentfremdung liegt bis zum 2. Mai 2016 nicht vor, wenn die Wohnung bereits zum 1. Mai 2014 als Ferienwohnung verwendet wurde und der Verfügungsberechtigte dies dem zuständigen Bezirksamt bis zum 31. Juli 2014 angezeigt hat. Weitere Ausnahmetatbestände kommen für die Vermietung einer Hauptwohnung bei vorübergehender Abwesenheit nicht in Betracht. b) Für den Zeitraum nach Ablauf der Übergangsfrist gilt: Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums mit dem privaten Interesse an der Erzielung von Einkünften ergibt, dass mangels entsprechenden öffentlichen Interesses das private Interesse hier überwiegt. Da im Fall der Vermietung der Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit dem Wohnungsmarkt kein Schaden entsteht, muss das zuständige Bezirksamt dem Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten auf Antrag eine Genehmigung erteilen. Das der Verwaltung durch § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG eingeräumte Ermessen ist hier auf Null reduziert. Eine Verbindung der Genehmigung mit einer Auflage zur Entrichtung einer Ausgleichszahlung scheidet aus. 13. Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene vollständige oder teilweise Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung stellt bei Vermietung durch den Verfügungsberechtigten, der die Nebenwohnung gelegentlich zu Wohnzwecken verwendet, keine Zweckentfremdung von Wohnraum dar. Grundsätzlich erfüllt diese Nutzung einer Nebenwohnung zwar die Voraussetzungen für eine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG, weil hierdurch Wohnraum als Ferienwohnung

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6. Teil: Zusammenfassung in Leitsätzen

vermietet wird. Abweichend davon liegt jedoch nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten als Zweitwohnung dient. Die Nebenwohnung stellt zwar zweckentfremdungsrechtlich relevanten Wohnraum im Sinne des § 1 Abs. 3 ZwVbG, aber keine Zweckentfremdung gemäß § 2 Abs. 2 ZwVbG dar, weil der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG sich auch auf die Vermietung der als Nebenwohnung verwendeten Wohnung erstreckt. Deshalb unterliegt die Vermietung einer Nebenwohnung als Ferienwohnung nicht dem Erfordernis der Genehmigung nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO. 14. Die wiederkehrende, nach Tagen bemessene gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen stellt zwar eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar. Zur Vermeidung einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 VvB verstoßenden Ungleichbehandlung muss die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung in die Regelungen von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG einbezogen werden, die insoweit im Verhältnis zu den Bestimmungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG spezieller und damit vorrangig sind. Für die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen gilt daher ein über § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG hinausreichender Bestandsschutz, solange die Nutzung für gewerbliche Zwecke nicht beendet wird. Damit ist die generelle Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung und nicht etwa eine kurzzeitige Vermietung gemeint, nach deren Beendigung kein Bestandsschutz mehr gegeben wäre. Insoweit unterfällt die gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen also nicht der Genehmigungspflicht nach § 1 Abs. 1 ZwVbG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVbVO.

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Sachwortverzeichnis Allgemeiner Gleichheitssatz 90, 144 ff. – Rechtfertigung der Ungleichbehandlung 147 ff. – Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem 144 ff. Alliierter Kontrollrat 18, 150 Anzeigepflicht 106 ff. Apotheken-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 69, 71, 77 f. Auflage siehe Ausgleichszahlung Ausführungsvorschriften (AV – ZwVb) 23, 32, 66, 84 ff., 90 ff., 93 ff., 96 ff., 99 f., 101 f., 104 ff., 112 f., 115 ff., 120 f., 129, 133, 136, 139, 140 f., 152 – Verhältnis der Ausführungsvorschriften zu den gesetzlichen Regelungen 87 ff. Ausgleichszahlung 23, 36, 43, 67 f., 82, 110, 121 ff., 126 f., 134, 155 Beruf 69 f., 71 f., 73 ff., 78 Berufliche Mitbenutzung siehe Mitbenutzung zu gewerblichen und beruflichen Zwecken Berufsfreiheit 25, 69 ff., 81, 109 ff., 148, 153 – Abgrenzung zur Eigentumsfreiheit 75 f. – als Abwehrrecht 70 – Berufsbild 73 ff. – Eingriff 76 – Schutzbereich 69 ff. – verfassungsrechtliche Rechtfertigung 77 ff. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Zweckentfremdung von Wohnraum 27 ff., 47, 52, 79, 119 Bestandsschutz 28 f., 43, 63, 67 f., 92, 109, 111, 119, 136, 143 ff., 156 – Ungleichbehandlung des unterschiedlichen Bestandsschutzes 143 ff.; siehe auch Allgemeiner Gleichheitssatz Bestimmtheitsgebot – Bestimmtheit der Ermächtigung einer Rechtsverordnung 123 f.

– verfassungsrechtliches Bestimmtheitsgebot 108 f. Beurteilungsfehler 53 Beurteilungsspielraum 22, 29, 45 ff., 55, 68, 153 Demokratieprinzip 40 f. Eigentumsfreiheit 25, 30, 33 ff., 75, 77, 79, 81, 83 f., 109 ff., 121, 133, 152 f. – Eingriff 37 – Schutzbereich 33 ff. – verfassungsrechtliche Rechtfertigung 37 ff. Eingriff siehe Grundrechtseingriff Einschätzungsprärogative 58, 148 Ermessen 28 f., 45 ff., 88, 120 f., 124 f., 127, 133, 155 – Ermessensreduzierung auf Null 121, 133 f. Ermessensfehler 91 Ersatzwohnraum 115, 120, 131, 133 Ferienwohnung 25 f., 32, 35, 42 f., 59, 61 ff., 66 ff., 69 ff., 127 ff., 134 ff., 141 ff. Fremdenbeherbergung 19 ff., 25 f., 84 ff., 104 Frist der Anzeige 104 ff.; siehe auch Übergangsregelung – Auswirkung der Verfassungswidrigkeit der ZwVbVO auf die Frist 110 f. – Berechnung der Frist 109 f. Gebot der Normenklarheit 108 f. Gebot effektiven Rechtsschutzes 47 Genehmigung der Zweckentfremdung 16 ff., 20 ff., 115 ff., 131 ff. – Antrag 115, 131 – Dauer 121 Gerichtliche Überprüfbarkeit 45 ff. – von Rechtsverordnungen 123 f. – von Verwaltungsvorschriften 92

Sachwortverzeichnis Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (MRVerbG) 19 f., 27 ff., 31, 39 f., 43, 47 f., 50, 55, 58, 86, 98, 119, 151 f., 154 Gesetzgebungszuständigkeit 38 ff., 152 Gewerbe 75, 94, 100 ff., 114, 126, 141, 145 f., 154 Gewerbliche Mitbenutzung siehe Mitbenutzung zu gewerblichen und beruflichen Zwecken Gewerbliche Vermietung 69 ff., 141 ff.; siehe auch Vermietung – Gewerbliche Zimmervermietung 99 ff. Grundrechtseingriff 37, 76 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 25, 29, 46, 48, 56 ff., 68 f., 77 ff., 81, 104, 110 f., 121, 147 f., 153 f. – Erforderlichkeit 60 f. – Geeignetheit 58 ff. – legitimer Zweck 56 ff. – Zumutbarkeit 61 ff. Hauptwohnung 26, 81, 127 ff., 131 ff., 135, 155 Indikatoren für Wohnraumknappheit 49 ff. Inhalts- und Schrankenbestimmungen 38 Kompetenz siehe Gesetzgebungszuständigkeit Mitbenutzung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken 111 ff. Nebenwohnung 26, 81, 127 f., 134 ff., 154 Negativattest 23, 93, 110, 130, 140 Neue Formel 147 f. Oberverwaltungsgericht Berlin 21 f., 31, 46 f., 52, 54, 151 Parlamentsvorbehalt 25, 38, 40 ff., 68, 77, 81, 110, 153 – Herleitung und Umfang 40 ff. Prognosefehler 45

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Prognosespielraum siehe Einschätzungsprärogative Rechtsentwicklung von Zweckentfremdungsverboten 15 ff. Rechtsstaatsprinzip 29, 40 f., 63, 108 Rechtsverordnung 19, 29, 38 ff., 44 ff., 81, 110, 123 ff., 150 – Nichtigkeitsdogma 110 Repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt 27, 28, 30, 35, 43, 59 f., 68, 72, 79, 82, 115 f., 153 Rückwirkung 64 ff. – echte Rückwirkung 64 ff. – unechte Rückwirkung 64 ff. Schutzwürdige private Interessen 117 ff., 132 f. – Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz 117 f. – nicht mehr erhaltungswürdiger Wohnraum 118 – weitere schutzwürdige Interessen 118 f. Selbstbindung der Verwaltung 90 Sozialwohnungen 19 Stichtag 105 f. Übergangsregelung 66 ff., 75 f., 104 ff., 118, 134, 142 Unbestimmter Rechtsbegriff 54, 87 ff., 92, 102, 117, 132 Verfassungskonforme Auslegung 149 f. Verhältnismäßigkeit siehe Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vermietung 81 ff. – einer Hauptwohnung als Ferienwohnung während vorübergehender Abwesenheit 127 ff. – einer Nebenwohnung als Ferienwohnung 134 ff. – eines Zimmers in einer Wohnung zur Fremdenbeherbergung 84 ff. – gewerbliche Vermietung mehrerer Wohnungen als Ferienwohnungen 141 ff. Verordnung über das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art 16 f.

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Sachwortverzeichnis

Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 14. August 1942 17 Verordnung zur Wohnraumlenkung 17 Vertrauensschutz 63, 66 ff.; siehe auch Bestandsschutz Verwaltungsakt – Auflage 122 – Bedingung 122 – feststellender Verwaltungsakt 140 Verwaltungsvorschriften 87 ff. – Bindungswirkung 90 f. – norminterpretierende Verwaltungsvorschriften 88, 90 f. Vorrangige öffentliche Belange 116 f.

Wesentlichkeitstheorie 41 f., 123 Willkürformel 147 Wohnraum 85 ff. Wohnungsmangelgesetz 15 f. Wohnungsmangelverordnung 15 Zweckentfremdung 98 ff., 129 f., 136, 142 f. Zweckentfremdungsverbote 15 ff. – 2. ZwVbVO 21 ff., 94 – bundesrechtliche Vorschriften 18 ff. – landesrechtliche Regelungen 20 ff. Zweckentfremdungsverbot-Gesetz 22 f., 44 ff. Zweitwohnung 137 ff.