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German Pages 312 Year 2018
Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Band / Volume 32
Verantwortlichkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem Völkerstrafgesetzbuch
Von
Annina Baumgartner
Duncker & Humblot · Berlin
ANNINA BAUMGARTNER
Verantwortlichkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem Völkerstrafgesetzbuch
Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Herausgegeben von / Edited by Prof. Dr. Dr. h.c. Kai Ambos, Richter am Kosovo Sondertribunal
Band / Volume 32
Verantwortlichkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem Völkerstrafgesetzbuch
Von
Annina Baumgartner
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.
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© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 1867-5271 ISBN 978-3-428-15445-6 (Print) ISBN 978-3-428-55445-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-85445-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Juni 2017 berücksichtigt werden. An erster Stelle gilt mein Dank meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Robert Esser. Er hat maßgeblich zur Themenfindung beigetragen und den Entstehungsprozess dieser Arbeit mit vielen wertvollen Anregungen und Geduld begleitet. Herrn Prof. Dr. Martin Asholt danke ich sehr herzlich für die Übernahme des Zweitgutachtens. Sowohl das Erst- als auch das Zweitgutachten wurden äußerst zügig erstellt, so dass das Promotionsverfahren rasch abgeschlossen werden konnte. Hierfür bin ich beiden Gutachtern zu besonderem Dank verpflichtet. Frau Prof. Dr. Bettina Noltenius danke ich für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Dank sage ich außerdem Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Kai Ambos für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe „Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht“. Die Karl-Theodor-Molinari-Stiftung hat die Drucklegung dieser Arbeit mit einem großzügigen Druckkostenzuschuss gefördert. Für diese Hilfestellung bin ich sehr dankbar. Dank gebührt überdies jenen Freundinnen und Freunden, von denen ich während des Schreibens und Veröffentlichens vielfältige Unterstützung erfahren habe, allen voran Frau Dr. Pia Jaeger, Frau Dr. Silvia Lucht und Herr Prof. Dr. Jan-Hendrik Dietrich. Schließlich danke ich von Herzen meinen Eltern und meiner Tochter, die gemeinsam einen ganz wesentlichen Anteil am erfolgreichen Abschluss dieses Projekts haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im Mai 2018
Annina Baumgartner
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Methodische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 IV. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Kapitel I Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
33
A. Tätigkeitsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Kampfdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Konventioneller Boden- und Luftkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Cyber-Angriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3. Kampf im Spezialeinsatzspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Personen- und Objektschutz, Bewachung von Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 V. Aufklärungsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 VI. Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 B. Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 C. Private Militärunternehmen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Rechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Kein generelles Verbot privater Gewaltausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen nach § 31 GewO / Zulassung von Bewachungsunternehmen nach § 34a GewO . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Außenwirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Kriegswaffenkontrollrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5. Waffenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6. UZwGBw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 7. Tätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst, § 20a SG . . . . . . . . . . 52
8
Inhaltsverzeichnis 8. Exkurs: Anwerben für fremden Wehrdienst, § 109 h StGB . . . . . . . . . . . . . . . 53 II. Privatisierung in der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Kapitel II Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen im humanitären Völkerrecht 56 A. Der Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im internationalen bewaffneten Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Internationaler und „internationalisierter“ bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . . . . 58 II. Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Art. 1 und Art. 3 HLKO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Art. 4 A Abs. 1 und 2 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei oder Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte eingegliedert sind, Art. 4 A Abs. 1 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 aa) Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei, Art. 4 A Abs. 1 Alt. 1 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Formeller Akt der Eingliederung in die Streitkräfte als Mindestanforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (2) Aufnahme in die Streitkräfte durch Vertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte eingegliedert sind, Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Mitglieder anderer Milizen und Freiwilligenkorps, die zu einer am Konflikt beteiligten Partei gehören, Art. 4 A Abs. 2 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . 66 aa) Continous combat function . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (1) Schadensgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) Direkte Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (3) Belligerent Nexus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 bb) Beurteilung verschiedener Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (1) Konventioneller Boden- und Luftkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (2) Cyber-Angriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (3) Rettungsaktionen im Spezialeinsatzspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (4) Personen- und Objektschutz, Bewachung von Kriegsgefangenen
74
(5) Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (6) Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (7) Aufklärungsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (8) Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 cc) Voraussetzungen von Art. 4 A Abs. 2 lit. a @ d III. GA . . . . . . . . . . . . 82 (1) Verantwortliche Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Inhaltsverzeichnis
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(2) Unterscheidungszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (3) Offenes Tragen der Waffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (4) Einhalten der Gesetze und Gebräuche des Krieges . . . . . . . . . . . . 85 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei, Art. 43 Abs. 1 und 2 ZP I
87
a) Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Befehlsorgan, das der Konfliktpartei verantwortlich ist . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Internes Disziplinarsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 d) Unterscheidungspflicht nach Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . 91 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 III. Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Gefolge der Streitkräfte, Art. 4 A Abs. 4 III. GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Söldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Andere Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Gefahr der Verwendung als lebendige Schutzschilde . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Suspendierung der Schutzbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Vorsichtsmaßnahmen und Zweifelsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV. Exkurs: „Unrechtmäßige“ Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 B. Der Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Nichtinternationaler bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Staatliche Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Organisierte bewaffnete Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 IV. Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 C. Private Militärunternehmen als Subjekte humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . 109 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Kapitel III Begründung individueller Verantwortlichkeit nach dem VStGB
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A. Fallsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Beschuss von Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Nisour Square Shooting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Weitere Vorfälle im Irak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Santo Domingo Incident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 5. Sierra Leone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
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Inhaltsverzeichnis II. Misshandlung von Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Abu Ghraib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 III. Sexuelle Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Bosnien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Kolumbien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Außergerichtliche Überführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 V. Operation Storm in Kroatien 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Anwendbarkeit ratione loci, § 1 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1. Echtes Weltrechtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. § 153 f StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Anwendbarkeit ratione materiae, §§ 1, 6 ff. VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Aggression, § 13 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Völkermord, § 6 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, § 7 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Zivilbevölkerung als Tatobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Ausgedehnter oder systematischer Angriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) Politikelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 e) Private Militärunternehmen als Organisation i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Kriegsverbrechen, §§ 8 ff. VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Irak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 cc) Kolumbien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 dd) Balkankriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 ee) Nigeria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 ff) Ostukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 gg) Außergerichtliche Überführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 hh) Piraterie am Horn von Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Zusammenhang der Tat mit dem Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Täter und Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 d) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Inhaltsverzeichnis
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C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Beschuss von Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Tötung einer zu schützenden Person, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . 151 2. Einsatz verbotener Methoden der Kriegführung, § 11 Abs. 1, Abs. 2 VStGB 152 a) Angriff gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen, § 11 Abs. 1 Nr. 1VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Angriffe mit unverhältnismäßigen Begleitschäden, § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 c) Qualifikationstatbestand, § 11 Abs. 2 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II. Misshandlung von Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Tötung einer zu schützenden Person, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . 155 2. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB . . . . . . 156 3. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB . . . . . . . . . . . . . 158 4. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB . . . 159 5. Rechtswidrige Gefangenhaltung, § 8 Abs. 3 Nr. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . 160 6. Qualifikationstatbestand, § 8 Abs. 4 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 III. Sexuelle Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Nötigung zur Prostitution, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB . . . . . . 162 3. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB . . . 162 4. Berücksichtigung der Minderjährigkeit der Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Außergerichtliche Überführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB . . . . . . 163 2. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB . . . . . . . . . . . . . 163 3. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB . . . 164 4. Vertreibung / Zwangsweise Überführung einer Person, § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5. Rechtswidrige Gefangenhaltung / Verzögerung der Heimschaffung einer Person, § 8 Abs. 3 Nr. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 V. Exkurs: Meuchlerisches Töten oder Verwunden, § 11 Abs. 1 Nr. 7 VStGB . . . . 166 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 D. Formen der Beteiligung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen an Straftaten nach dem VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Beteiligungsformen im VStGB und im IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, § 2 VStGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Rezeption des Konzepts der Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
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Inhaltsverzeichnis 3. Ausweitung auf Wirtschaftsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Kategorische Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Befürworter der Übertragung des Konzepts auf Wirtschaftsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Differenzierende Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Anwendung der Doktrin auf auf private Militärunternehmen . . . . . . . . . . . 180 aa) Anwendung der Organisationsherrschaftslehre auf paramilitärische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Anordnungsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 cc) Fungibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 dd) Rechtsgelöstheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Anstiftung, § 2 VStGB i.V.m. § 26 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Beihilfe im Rahmen von Geschäftsbeziehungen, § 2 VStGB i.V.m. § 27 Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) § 27 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Art. 25 Abs. 3 lit. c und d IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Notwendigkeit einer Einschränkung der Strafbarkeit von „neutralem“ Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Subjektiver Ansatz der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Ansätze der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 cc) Diskussion im Rahmen von Art. 25 Abs. 3 lit. C und d IStGH-Statut 192 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 d) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
E. Vorgesetztenverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Verantwortlichkeit militärischer Befehlshaber und anderer Vorgesetzter, § 4 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Begriff des Vorgesetzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Militärischer Befehlshaber, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . . 197 b) Person, die in einer Truppe tatsächliche Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrolle ausübt, § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Zivile Vorgesetzte, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 d) Tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle in einer zivilen Organisation oder einem Unternehmen, § 4 Abs. 2 S. 2 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 3. Hypothetische Vermeidungskausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
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II. Verletzung der Aufsichtspflicht, § 14 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Untergebenen-Straftat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4. Zusammenhang zwischen Aufsichtspflichtverletzung und Untergebenen-Tat 206 5. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 III. Unterlassen der Meldung einer Straftat, § 15 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Kapitel IV Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB
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A. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 B. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 II. Gewaltanwendung auf der Grundlage eines Mandats des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 III. Repressalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 IV. Tu quoque . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 V. Kriegsnotwendigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 VI. Rules of Engagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 VII. Notwehr, § 2 VStGB i.V.m. § 32 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Abweichungen von § 32 StGB in Art. 31 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut . . . . . . . . 222 2. Notwehrlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Rechtswidriger Angriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Gegenwärtiger Angriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Notwehrhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4. Subjektives Rechtfertigungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 VIII. Nothilfe, § 2 VStGB i.V.m. § 32 Abs. 2 Alt. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 IX. Rechtfertigender Notstand, § 2 VStGB i.V.m. § 34 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 1. Abweichungen von § 34 StGB in Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut . . . . . . . 227 2. Notstandslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Defensivnotstand gegen Menschen, § 34 StGB i.V.m. § 228 BGB . . . . . . . 229
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Inhaltsverzeichnis b) Besondere Gefahrduldungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Selbstverschuldete Notstandslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 X. § 15 UZwGBw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 XI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
C. Entschuldigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Erlaubnistatbestandsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Verortung im Deliktsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Keine Regelung im IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 3. Bedeutung im militärischen Auslandseinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Verbotsirrtum, § 2 VStGB i.V.m. § 17 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 III. Entschuldigender Notstand, § 2 VStGB i.V.m. § 35 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Notstandslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Notstandshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 IV. Notwehrexzess, § 2 VStGB i.V.m. § 33 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 V. Handeln auf Befehl oder Anordnung, § 3 VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Strafverfolgungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 I. Immunität als Angehörige fremder Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Einseitig erlassene Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Coalition Provisional Authority Order 17 vom 26. Juni 2003 . . . . . . . . . . 248 b) UNMIK Regulation 2000/47 vom 18. August 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Stationierungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Dayton Agreement Appendix B zu Annex 1-A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 c) Annex A zum ISAF MTA vom 4. Januar 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 d) Agreement between the North Atlantic Treaty Organization and the Islamic Republic of Afghanistan on the Status of NATO Forces and NATO personnel conducting mutually agreed NATO-led activities in Afghanistan vom 30. September 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 e) UN Model Status-of-Forces-Agreement for Peace-Keeping-Operations vom 9. Oktober 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 f) EU Model SOFA vom 23. Mai 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 II. Immunität als Funktionsträger internationaler Organisationen bei multinationalen Streitkräfteeinsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Völkervertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations vom 13. Februar 1946 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
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b) Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel vom 9. Dezember 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2. Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Völkerrechtspersönlichkeit internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . 262 b) Immunität internationaler Organisationen, ihrer Funktionsträger und Staatenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 aa) Mitarbeiter Privater Militärunternehmen als Organe oder für die Organisation handelnde Personen oder Entitäten, Art. 6 Abs. 1 ILC-IO 265 bb) Mitarbeiter Privater Militärunternehmen als Staatsorgane oder Organe oder sonstige Vertreter einer internationalen Organisation unter der Kontrolle einer anderen internationalen Organisation, Art. 7 ILC-IO 267 III. Staatenimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Verhalten von staatlichen Organen, Art. 4 ILC-S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Verhalten von natürlichen oder juristischen Personen, die Elemente hoheitlicher Gewalt ausüben, Art. 5 ILC-S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Von einem Staat geleitetes oder kontrolliertes Verhalten, Art. 8 ILC-S . . . . . 273 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Kapitel V Schlussbetrachtung
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A. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Relevanz möglicher Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen für die Strafverfolgung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 II. Humanitär-völkerrechtlicher Status und unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 III. Besonderheiten bei der Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 IV. Besonderheiten bei der Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 B. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 I. Kein Einsatz für unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten . . . . . . . . . . . . . . 279 II. Konsequente Berücksichtigung des humanitär-völkerrechtlichen Status der Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 III. Funktionale Immunität in Empfangsstaaten bei Einsätzen in PeacekeepingMissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 IV. Prävention von Straftaten durch Schulungen und unternehmensinterne Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
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Inhaltsverzeichnis V. Prävention von Straftaten und Erleichterung von Ermittlungen durch staatliche Aufsichtsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. ABl. Abs. a.E. AFJL AFLRev. AJIL Alt. Anm. AöR Art. Aufl. AVR AWG AWV BAFA BeckOK/StGB Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BND BR Deutschland bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE Bw bzw. CIA CID CJIL CNA CNE CoESS Colum. J. Transnat’L. Colum. L. Rev.
anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Union Absatz am Ende Air Force Journal of Logistics Air Force Law Review American Journal of International Law Alternative Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel; Article Auflage Archiv des Völkerrechts Außenwirtschaftsgesetz Außenwirtschaftsverordnung Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Beck’scher Online Kommentar zum Strafgesetzbuch Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesnachrichtendienst Bundesrepublik Deutschland beispielsweise Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundeswehr beziehungsweise Central Intelligence Agency Criminal Investigation Department Chicago Journal of International Law Computer Network Attacks Computer Network Exploitation Confederation of European Security Services Columbia Journal of Transnational Law Columbia Law Review
18 CPA DDR Denv. J. Int’L & Pol’y ders. d. h. dies. Diss. Diss. Op. DJZ Doc. DoD DÖV dt. DVBl. Ebd. ECOMOG EGMR EJIL EMRK engl. EO et al. EU EUFOR EuGH EuGRZ EUV f. FARC ff. Fn. GA I. GA II. GA III. GA IV. GA GA gem. GewO GG ggf. GIZ GLJ GmbH GSG
Abkürzungsverzeichnis Coalition Provisional Authority Deutsche Demokratische Republik Denver Journal of International Law and Policy derselbe das heißt dieselbe(n) Dissertation Dissenting Opinion Deutsche Juristen Zeitung Document Department of Defense Die Öffentliche Verwaltung deutsch Deutsches Verwaltungsblatt ebendort Economic Community of West African States Monitoring Group Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte European Journal of International Law Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten englisch Executive Outcomes et alii Europäische Union European Union Force Gerichtshof der Europäischen Union Europäische Grundrechte Zeitung Vertrag über die Europäische Union folgende(r); für Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia folgende Fußnote Genfer Abkommen vom 12. August 1949 Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten Goltdammer’s Archiv für Strafrecht gemeinsam(er) Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gegebenenfalls Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit German Law Journal Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gurkha Security Group
Abkürzungsverzeichnis GYIL Harv. Int’l L. J. HLKO Hrsg. HUMINT HuV-I ICJ ICJ-Reports ICLQ ICRC ICTY i.E. IFOR IGH IKRK ILC ILC-IO ILC-S ILM ILR IMINT insb. Int’l. Crim. L. Rev. IRRC IS i.S.d. ISOA IStGH i.V.m. IYHR JICJ JILP JILPAC JPR Jura JuS JZ Kap. KFOR KK/StPO krit. KrWaffKontrG
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German Yearbook of International Law Harvard International Law Journal Anlage zum IV. Haager Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18. Oktober 1907: Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (Haager Landkriegsordnung) Herausgeber/-in Human Intelligence Humanitäres Völkerrecht-Informationsschriften International Court of Justice International Court of Justice, Reports of Judgments, Advisory Opinions and Orders International & Comparative Law Quarterly International Committee of the Red Cross International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia im Ergebnis Implementation Force Internationaler Gerichtshof Internationales Komitee vom Roten Kreuz International Law Commission Entwurf der International Law Commission zur Verantwortlichkeit Internationaler Organisationen für völkerrechtswidrige Handlungen Entwurf der International Law Commission über die Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen International Legal Materials International Law Reports Imagery Intelligence insbesondere International Criminal Law Review International Reviews of the Red Cross Islamischer Staat im Sinne des International Stability Operations Association Internationaler Strafgerichtshof in Verbindung mit Israel Yearbook on Human Rights Journal of International Criminal Justice N.Y.U. Journal of International Law and Politics Journal of International Law of Peace and Armed Conflict Journal of Peace Research Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Kosovo Force Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung kritisch Ausführungsgesetz zu Art. 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen)
20 KSK lit. LJIL LK/StGB LuftSiG m. Max Planck UNYB MLLWR MoU MPLA MPRI MTA MüKo/StGB MüKo/StPO m.w.N. Nachw. NATO NILR NJ NJW Nr. NTS NTS-ZA NVwZ NZWehrr o. OAU ÖSFK OSINT para. PLO Rn. RoE Rs. Rspr. RStGH RUF S. s. S.Ct. Sec. SeeBewachDV SeeBewachV SFOR SG SIGINT SJIL
Abkürzungsverzeichnis Kommando Spezialkräfte litera Leiden Journal of International Law Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Luftsicherheitsgesetz mit Max Planck Yearbook of United Nations Law Military Law and the Law of War Review Memorandum of Understanding Movimento Popular de Libertação de Angola Military Professional Resources Incorporated Military Technical Agreement Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung mit weiteren Nachweisen Nachweise North Atlantic Treaty Organization Netherlands International Law Review Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Nummer NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht oben Organisation of African Unity Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktforschung Open Sources Intelligence Paragraph Palestine Liberation Organization Randnummer Rules of Engagement Rechtssache Rechtsprechung Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda Revolutionary United Front Seite; Satz siehe Supreme Court Reports Section Verordnung zur Durchführung der Seeschiffüberwachungsverordnung Verordnung über die Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen Stabilisation Force Soldatengesetz Signal Intelligence Stanford Journal of International Law
Abkürzungsverzeichnis SOFA sog. Sp. SRÜ StGB StPO st. Rspr. StV SVN SZIER u. u. a. UCMJ UK UN UN-Charta UNCPI UNCSAP UN-Doc. UN/GA-Res. UNMIK UNO UN/SR-Res. urspr. US/U.S. USA U.S.C. USCENTCOM U.S.C.M.A. UZwGBw v. v. a. Verf. VG vgl. VJIL VN VorgV VStGB WaffG WDO WILJ Wm. & Mary L. Rev.
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Status of Forces Agreement sogenannte(r) Spalte Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen Strafgesetzbuch Strafprozessordnung ständige Rechtsprechung Der Strafverteidiger Satzung der Vereinten Nationen (Charta der Vereinten Nationen) Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht und; unten und andere(s); unter anderem Uniform Code of Military Justice United Kingdom United Nations Charta der Vereinten Nationen Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations vom 13. Februar 1946 Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel vom 9. Dezember 1994 United Nations Document Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen United Nations Interim Administration Mission in Kosovo United Nations Organization Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ursprünglich United States United States of America United States Code United States Central Command United States Court of Military Appeals Reports Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen vom; versus vor allem Verfasser Verwaltungsgericht vergleiche Virginia Journal of International Law Vereinte Nationen; Vereinte Nationen (Zeitschrift) Rechtsverordnung über die Regelung der militärischen Vorgesetztenverhältnisse vom 4. Juni 1958 Völkerstrafgesetzbuch Waffengesetz Wehrdisziplinarordnung Wisconsin International Law Journal William & Mary Law Review
22 WVK Yale L. J. YIHL ZaöRV z. B. ZGR ZIB Ziff. ZIS ZJS ZP I ZP II ZRP ZStW
Abkürzungsverzeichnis Wiener Konvention über das Recht der Verträge Yale Law Journal Yearbook of International Humanitarian Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Beziehungen Ziffer Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für das Juristische Studium Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte Zusatzprotokoll vom 8 Juni 1977 zu den Gener Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
Einleitung I. Erkenntnisinteresse Private Militärunternehmen und deren Mitarbeiter1 sind seit geraumer Zeit Gegenstand politik- und rechtswissenschaftlicher Untersuchungen. Die seit dem Ende des Kalten Krieges zunehmende Privatisierung staatlicher Aufgaben, die herkömmlich durch Polizei oder Militär wahrgenommen wurden, wirft eine Vielzahl sowohl nationalrechtlicher als auch völkerrechtlicher Fragen auf. Auch wenn die Geschichte der Übertragung militärischer Aufgaben an Private über die Renaissance und das Mittelalter bis in die Antike reicht,2 so stellt der Prozess der letzten 30 Jahre doch eine Herausforderung für das klassische Staatsverständnis des 20. Jahrhunderts nach Max Weber dar, wonach ein Staat dadurch gekennzeichnet ist, dass „sein Verwaltungsstab erfolgreich das Monopol legitimen physischen Zwanges für die Durchführung der Ordnungen in Anspruch nimmt“.3 Der rasante Prozess der Privatisierung staatlicher Gewaltmonopole nahm in den 1990er Jahren seinen Ausgang. Nach dem Ende des Kalten Krieges und mit dem Fall des Eisernen Vorhangs hatten die ehemaligen politischen Blöcke kein Interesse mehr daran, ihre Einflusssphären in den vormaligen Kolonialstaaten zu erhalten.4 In der Folge nahm das Gewaltmonopol dieser Länder dramatisch ab, so dass eine Marktlücke für private Sicherheitsanbieter entstand.5 Gleichzeitig führten die Globalisierung und die sich zügig entwickelnde Informationstechnologie dazu, dass wirtschaftliche Barrieren zwischen Staaten überwunden wurden. Damit ging ein Bedeutungsverlust nationalstaatlicher Grenzen einher. Vormals regional beschränkte Bedrohungen wie etwa Terrorismus, bewaffnete Konflikte oder organisierte Kri1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. 2 Zur Historie privatisierter militärischer Gewalt de Carvalho, in: Abrahamsen/Leander, Routledge Handbook of Private Security Studies, S. 11 ff.; Kinsey, Corporate Soldiers and International Security, S. 34 ff.; Ortiz, Private Armed Forces and Global Security, S. 12 ff.; Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, S. 19 ff.; Thomson, Mercenaries, Pirates, and Sovereigns. State-Building and Extraterritorial Violence in Early Modern Europe, S. 26 ff. 3 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, § 17. 4 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 13. 5 Avant, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 181 (182); Krieger, AVR 2006, 159 (162 ff.).
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minalität gewannen nun global an Bedeutung. Dem seit 1989 stetig angestiegenen Bedarf an Sicherheit steht eine systematische Reduktion staatlicher Streitkräfte im Zuge eines neoliberalen Wirtschaftsdenkens gegenüber.6 Staaten weltweit tendieren zunehmend dazu, Sicherheitsaufgaben privaten Anbietern zu übertragen.7 Dahinter steht die Idee des Outsourcing; Sicherheitsleistungen sind billiger, wenn sie von rein wirtschaftlich orientierten Unternehmen bereitgestellt werden, als von staatlichen Organen.8 So stellte beispielsweise das Congressional Budget Office der Vereinigten Staaten im Jahr 2008 fest, dass der Einsatz der Firma Blackwater im Irak ca. zehn Prozent weniger Kosten als der vergleichbare Einsatz staatlicher Truppen verursachte.9 Im Jahr 2015 berechnete dieselbe Behörde, dass die Privatisierung von 80.000 Vollzeitstellen im Bereich des Department of Defense (DoD) jährlich 3,1 bis 5,7 Milliarden US-Dollar einsparen würde.10 Die Einsparungen ergeben sich vor allem dadurch, dass beim Einsatz von Unternehmen Ausgaben nur für die Dauer des staatlichen Engagements in einem Konfliktgebiet entstehen; danach werden die entsprechenden Verträge beendet.11 Von einer breiten Öffentlichkeit wurde die beachtliche Präsenz von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in einem Konfliktgebiet erstmals mit dem Beginn des Irakkrieges im Jahr 2003 registriert. So bezeichnete die britische Tageszeitung The Guardian den Irakkrieg im Jahr 2003 als „ersten privatisierten Krieg“.12 Tatsächlich überstieg im Irak die Zahl der Mitarbeiter privater Sicherheits- und Militärunternehmen, die im Auftrag des DoD tätig waren, teilweise die Anzahl der Mitglieder der dort präsenten amerikanischen Truppen. So wurde beispielsweise die Zahl ersterer im September 2008 auf über 160.000 Personen geschätzt, im Gegensatz zu etwas über 140.000 Mitgliedern der US-amerikanischen Streitkräfte zum gleichen Zeitpunkt.13 Auch in Afghanistan überstieg die Zahl der für das DoD tätigen Mitarbeiter 6
Feichtinger, in: Feichtinger u. a., Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 13 (14). Vgl. dazu Avant, The Market for Force, S. 10 ff. 8 Grundlegend zum Outsourcing öffentlicher Aufgaben an private Militärunternehmen Chesterman, EJIL 2008, 1055 (1055 ff.); Likosky, in: Chesterman/Fisher, Private security, public order. The Outsourcing of Public Services and Its Limits, S. 11 ff. 9 Congressional Budget Office, Contractors’ Support of U.S. Operations in Iraq, August 2008, S. 17, http://www.cbo.gov/sites/default/files/110th-congress-2007-2008/reports/08-12iraqcontractors.pdf. 10 Congressional Budget Office, Replacing Military Personnel in Support Positions With Civilian Employees, Dezember 2015, S. 1 f., http://www.cbo.gov/sites/default/files/114th-con gress-2015-2016/reports/51012-Military_Civilian_Report.pdf. 11 McFate, Reining In Soldiers of Fortune, in: The New York Times v. 17. 04.2015, http:// www.nytimes.com/2015/04/18/opinion/reining-in-soldiers-of-fortune.html; Congressional Budget Office, Contractors’ Support of U.S. Operations in Iraq, August 2008, S. 14 f. 12 Mathiason, Business focus: The first privatised war, in: The Guardian v. 02. 03. 2003, http://www.theguardian.com/business/2003/mar/02/politics.iraq. 13 Schwartz/Swain, Department of Defense Contractors in Afghanistan and Iraq: Background and Analysis, Congressional Research Service, S. 15, https://www.fas.org/sgp/crs/nat sec/R40764.pdf. 7
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privater Militärunternehmen zeitweise die Zahl der regulären Truppen. Ihren Höhepunkt erreichte dort die Zahl der sogenannten „Contractors“ im März 2011 mit über 100.000 Personen, im Vergleich zu etwas über 70.000 Armeeangehörigen zum gleichen Zeitpunkt.14 Wie viele Mitarbeiter privater Militärunternehmen derzeit für die Vereinigten Staaten als wohl weltweit größten Auftraggeber tätig sind, hält die amerikanische Regierung geheim. Der United States Central Command (USCENTCOM), der für militärische Kräfte im Nahen Osten, Afghanistan und Pakistan zuständig ist, berichtete im Januar 2015 von 54.700 contractors, die zu diesem Zeitpunkt für das Defense Department in seinem Verantwortungsbereich tätig waren.15 Auch im Kampf gegen den sog. Islamischen Staat setzt die amerikanische Regierung mittlerweile private Militärunternehmen ein, die die dort eingesetzten amerikanischen Truppen unterstützen sollen. Laut Pentagon beinhalten die Aufgaben der Unternehmen auch die Unterstützung der irakischen Streitkräfte, die Übernahme von Verwaltungsaufgaben, Öffentlichkeitsarbeit, sowie die Planung von Operationen.16 Proportional zur geringeren amerikanischen Militärpräsenz im Irak betrug die Zahl der dort eingesetzten Mitarbeiter privater Unternehmen im Juli 2015 lediglich 1.349 Personen.17 In Afghanistan waren im Juli 2015 28.000 Mitarbeiter privater Militärunternehmen eingesetzt, von denen ungefähr ein Drittel amerikanische Staatsbürger waren. Allerdings betätigten sich lediglich 1.779 Mitarbeiter privater Firmen im originären Sicherheitsbereich, der Großteil übernahm andere Aufgaben wie Logistik, Unterhaltung von Einsatzgerät, Baumaßnahmen oder Transport.18 In der BR Deutschland sind der Privatisierung von Aufgaben der Streitkräfte relativ enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Dennoch machen sich auch in Deutschland zunehmend Tendenzen der Privatisierung bemerkbar. Nach Art. 87a GG ist die Landesverteidigung Aufgabe des Staates; Art. 33 Abs. 4 GG sieht die Ausübung hoheitlicher Befugnisse in der Regel durch in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehende Personen vor. Aufgrund der besonderen Gewaltgeneigtheit militärischer Aufgaben ist deren Übertragung an Private – auch ausnahmsweise – ausgeschlossen.19 Als verfassungsrechtlich unbedenklich wird hingegen die von der Bundeswehr praktizierte funktionale und Organisationsprivatisierung angesehen.20 Auch eine – ebenfalls praktizierte – Beleihung Privater mit 14
Ebd., S. 10. Risen/Rosenberg, Blackwater’s Legacy Goes Beyond Public View, in: The New York Times v. 14. 04. 2015, http://www.nytimes.com/2015/04/15/world/middleeast/blackwaters-lega cy-goes-beyond-public-view.html. 16 Ebd. 17 US Department of Defense, Contractor Support of U.S. Operations in the USCENTCOM Area of Responsibility, S. 1, www.acq.osd.mil/log/PS/reports/CENTCOM%20Census%20Re ports/5 A_July_2015.pdf. 18 Ebd., S. 1. 19 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 137. 20 S. u. Kap. I C. II. 15
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polizeilichen Befugnissen zur Bewachung von militärischen Einrichtungen im Inland21 ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch wird in der Literatur die Möglichkeit eines Schusswaffeneinsatzes nach §§ 1 Abs. 3, § 15 ff. UZwGBw als mit Art. 33 Abs. 4 GG unvereinbar kritisiert.22 Zur Bewachung von Liegenschaften des Auswärtigen Amtes im Ausland greift dieses seit geraumer Zeit auf private Unternehmen zurück;23 das Bundesministerium des Innern lässt im Rahmen eines bilateralen Polizeiprojektes in Afghanistan seit 2010 Polizeitrainingszentren in Feyzabad, Mazar-e Sharif und seit 2011 in Kundus von dem Unternehmen Saladin Security Ltd. bewachen.24 Darüber hinaus gibt es weltweit eine beträchtliche Zahl – Schätzungen beziffern diese auf 400025 – Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die deutsche Staatsbürger sind und im Ausland operieren. Dabei können sie unter Umständen für andere Staaten auch hoheitlich tätig werden. So sollen sogar aktive Soldaten der Bundeswehr und Polizisten für Militärunternehmen in Krisengebieten unerlaubt gearbeitet haben.26 Weitaus größer dürfte jedoch die Zahl ehemaliger Bundeswehrsoldaten sein, die nach ihrem Ausscheiden aus der Bundeswehr für private Militärunternehmen tätig sind.27 Bekannt wurde der Fall eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten, der 2010 als Angestellter eines privaten Militärunternehmens bei einem Angriff von Aufständischen in Afghanistan getötet wurde.28 International operierende Sicherheitsdienstleister sind zudem in Deutschland ansässig, beispielsweise die Result Group GmbH oder die ASGAARD German Security Guards – Consulting GmbH.
21 Vetter, Die Bundeswehr bewacht ihre Kasernen nicht mehr selbst, in: Die Welt v. 11. 06. 2016, https://www.welt.de/wirtschaft/article156134709/Die-Bundeswehr-bewacht-ihre-Kaser nen-nicht-mehr-selbst.html. 22 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 134. 23 S. die bis ins Jahr 1989 reichende Aufzählung beauftragter Unternehmen in der Anlage der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen vom 05. 08. 2011, BT-Drucks. 17/6780. 24 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen v. 05. 08. 2011, BT-Drucks. 17/6780, S. 22. 25 Reher, Private deutsche Militärdienstleister @ Aktivitäten, rechtlicher Status und Perspektiven, S. 23. 26 Bundeswehr: Soldaten waren illegal für Sicherheitsfirmen tätig, in: Die Zeit v. 28. 04. 2013, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-04/soldaten-private-sicherheitsdienste. 27 Insgesamt sollen sechs Prozent der ausscheidenden Zeitsoldaten in die Sicherheitswirtschaft wechseln, s. Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Karrierechancen ehemaliger Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten in der Sicherheitswirtschaft, März 2014, S. 1, https://www. bdsw.de/images/broschueren/Broschuere-Karrierchancen-ehem-Zeitsoldaten-in-der-Sicherheits wirtschaft-korrigiert.pdf. Zu ehemaligen Soldaten im Auslandseinsatz s. auch Obermaier, Deutsche Paramilitärs im Irak: Söldner der Sicherheit, in: Süddeutsche Zeitung v. 17. 05. 2010, http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-paramilitaers-im-irak-soeldner-der-si cherheit-1.212221. 28 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Deutsche Sicherheits- und Militärfirmen in Krisen- und Kriegsgebieten v. 04. 11. 2016, BT-Drucks. 18/10219, S. 2.
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Wie Soldaten auch, können Mitarbeiter privater Militärunternehmen in bewaffneten Konflikten schwere Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht begehen. Tatsächlich scheinen allerdings die Umstände, unter denen viele Mitarbeiter privater Militärfirmen in bewaffneten Konflikten operieren, das Risiko für individuelle Verstöße gegen humanitäres Recht zu vergrößern.29 Zu diesen Umständen zählt zum einen, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Einsatz in einer Umgebung tätig sind, in der häufig Strafverfolgungsdefizite bestehen. Zum anderen wurden Vergehen, die ein breites Medienecho hervorgerufen haben, in der Vergangenheit strafrechtlich kaum geahndet, was möglicherweise zu einer größeren Tatgeneigtheit einzelner Täter führen könnte. So wurde beispielsweise im Gegensatz zu den beteiligten Soldaten keiner der Mitarbeiter der Firmen CACI International und TITAN, die als „Verhörspezialisten“ und Übersetzer in die Folter von Gefangenen in Abu Ghraib im Irak im Jahr 2003 verwickelt waren, strafrechtlich belangt.30 Anders erging es Mitarbeitern der Firma Blackwater, die am sogenannten Nisour Square Shooting beteiligt waren. Sie wurden nach langen Gerichtsverfahren zu bis zu 30 Jahren Haft verurteilt. Kein einziger US-Soldat hat bislang eine ebenso hohe Haftstrafe erhalten,31 auch nicht die Täter und Teilnehmer des Haditha-Massakers, bei dem im November 2005 24 irakische Zivilisten von Angehörigen der USStreitkräfte getötet wurden. Neben der nationalrechtlichen Frage nach der Reichweite des staatlichen Gewaltmonopols wirft das Operieren privater Militärunternehmen in bewaffneten Konflikten die Frage auf, inwieweit das Völkerrecht als grundsätzlich staatenzentrierte Materie das Phänomen privater Militärunternehmen erfassen kann, oder ob diese, wie vielfach vertreten, in einer „Grauzone“32 oder in einem rechtlichen „Vakuum“33 operieren. Dem humanitären Völkerrecht als Recht des bewaffneten Konflikts kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da es mit einigen individualbezogenen Pflichten mit ius-cogens-Charakter die völkerrechtliche Mediatisierung des Individuums durchbricht.34 Darauf gründet das Völkerstrafrecht, das die Verletzung humanitär-völkerrechtlicher Verhaltenspflichten pönalisiert und damit das Individuum unmittelbar verpflichtet.35 Angesichts des oben ausgeführten Bezuges privater Militärunternehmen und ihrer Mitarbeiter zu 29
Perrin, IRRC 2006, 613 (631 f.). Beaucar Vlahos, Abu Ghraib Goes to Court, in: The American Conservative v. 19. 02. 2015, http://www.theamericanconservative.com/articles/abu-ghraib-goes-to-court/. 31 McFate, Reining In Soldiers of Fortune, in: The New York Times v. 17. 04. 2015. 32 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 23 f.; Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1033 f.); Wulf, Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden, S. 203; Schreier/Caparini, Privatising Security: Law, Practice and Governance of Private Military and Security Companies, S. 56. 33 Raasveldt, HuV-I 2004, 187 (188); Drews, in: Jäger/Kümmel, Private military and security companies, S. 342. 34 Ipsen, Völkerrecht, § 8 Rn. 14. 35 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 6 Rn. 69. 30
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Deutschland und der deutschen Rechtsordnung interessiert in diesem Zusammenhang, inwieweit Mitarbeiter privater Militärunternehmen vor deutschen Strafgerichten wegen möglicher Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht belangt werden können. Dies soll in der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitet werden. Ihr Augenmerk richtet sich insbesondere darauf, ob das VStGB Völkerstraftaten, die durch Angehörige privater Militärfirmen begangen werden, ebenso behandelt wie Taten, die von Soldaten begangen werden. Derzeit ist diese Frage rein theoretischer Natur. Dennoch ist es aufgrund der steigenden Anzahl von Krisenherden weltweit und dem damit verbundenen Wachstum der privaten Militär- und Sicherheitsbranche nicht ausgeschlossen, dass in der Zukunft auch deutsche Mitarbeiter in Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht involviert sein könnten.36 In Anbetracht der Größe der privaten Sicherheits- und Militärindustrie37 mag dies nur eine Frage der Zeit sein.38 Hinzu kommt, dass die verbesserte Dokumentation und Beobachtung des Verhaltens von Konfliktparteien durch Nichtregierungsorganisationen erwarten lassen, dass den VStGB-Tatbeständen auch in der deutschen Strafjustiz mehr und mehr Bedeutung zukommt,39 so dass sich auch aus diesem Grund die Frage nach der völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmensmitarbeitern stellt.
II. Begriffsklärung Eine völkerrechtliche Definition des Begriffs „privates Militärunternehmen“ existiert nicht, während sich vor allem in der politikwissenschaftlichen Literatur zahlreiche Definitionen der Bezeichnung finden, die mit Versuchen einhergehen, das Phänomen zu typologisieren. So wird beispielsweise darauf abgestellt, ob es sich um ein Unternehmen handelt, das Dienstleistungen anbietet, die potenziell die systematische Ausübung von Gewalt durch militärische Mittel beinhalten,40 oder ob ein Unternehmen auf die Leistung von militärischem Training, militärischer Unterstützung, operativen Fähigkeiten und/oder militärischer Ausrüstung für legitime
36 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 21. 37 In den USA betrug die Wachstumsrate der privaten Sicherheitsindustrie allgemein im Jahr 2013 bei sechs Prozent. Das gesamte Marktvolumen der US-amerikanischen Sicherheitsbranche im Jahr 2013 wurde auf 350 Mrd. US Dollar geschätzt, ASIS/IOFM, The United States Security Industry. Size and Scope, Insights, Trends, and Data, S. 2, www.asisonline.org/Documents/ ASIS%20IOFM%20Executive%20Summary%208.23.13.%20final.pdf. Nach einer Studie der Confederation of European Security Services (CoESS) aus dem Jahr 2011 beträgt der jährliche Gesamtumsatz der Sicherheitsindustrie in der EU ca. 35 Mrd. Euro. Das durchschnittliche Wachstum zwischen 2005 und 2010 wurde auf 13,3 Prozent geschätzt, CoESS, Private Security Services in Europe 2011, S. 143, www.coess.org. 38 Vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 598. 39 Vgl. Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 35. 40 Ortiz, in: Jäger/Kümmel, Private military and security companies, S. 55 (60).
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innerstaatliche und ausländische Akteure spezialisiert ist.41 Auch mittels der Abgrenzung zu Sicherheitsunternehmen wird der Begriff des Militärunternehmens umschrieben. Danach sollen Sicherheitsunternehmen primär präventive polizeiliche und wachdienstliche Funktionen unter Friedensbedingungen wahrnehmen,42 wie Wach- und Schutzdienste in U-Bahnen oder Sicherheitskontrollen an Flughäfen und öffentlichen Gebäuden. Demgegenüber sollen Militärunternehmen militärische Leistungen, wie Kampfführung, militärische Beratung und Logistik verkaufen.43 Die Praxistauglichkeit dieser Differenzierung wird allerdings durch die zunehmenden Aktivitäten von Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten auf die Probe gestellt.44 Private Militärunternehmen wiederum werden nach der vielfach zitierten „Speerspitzen-Typologie“ von Singer45 aufgrund ihrer großen Bandbreite an Dienstleistungen, je nach ihrer Nähe zu Kampfhandlungen, in drei Gruppen eingeteilt: Military Provider Firms stehen der Frontlinie räumlich am nächsten. Ihre Leistungen können beispielsweise in der Stellung einer kleinen Kampfeinheit bestehen, oder in der Übernahme der Befehligung anderer Truppen. Mit dem größten Abstand zur Frontlinie verortet Singer die Military Support Firms. Diese stellen den größten Sektor der privaten Militärindustrie und erbringen Unterstützungsleistungen wie Logistik, technische Unterstützung, Nachschub, Instandhaltung und Aufbau von militärischen Einrichtungen, Kommunikation oder Transportdienstleistungen. Auch die Informationsbeschaffung in Form der Luft- und Bodenüberwachung und durch Gefangenenverhöre zählt zu ihren Tätigkeitsfeldern.46 Zwischen den Military Support Firms und den Military Provider Firms siedelt Singer schließlich die Military Consulting Firms an. Deren Leistungen konzentrieren sich auf Beratungs- und Ausbildungsdienste für die Streitkräfte, Polizeikräfte, militärische oder paramilitärische Einheiten des Kunden. Auch wenn diese Unternehmen nicht am Kampfschauplatz präsent sind, so können sie dennoch durch Umstrukturierungsmaßnahmen auf das strategische und taktische Umfeld eines Kampfschauplatzes erheblichen Einfluss nehmen.47 Häufig genanntes Beispiel für ein solches Unternehmen ist MPRI, dessen Aktivitäten eine Schlüsselrolle bei der „Operation Storm“ der kroatischen Armee im Zusammenhang mit der Rückeroberung eines von Serben be41
Goddard, The Private Military Company: A Legitimate International Entity Within Modern Conflict, S. 8. 42 Weingartner, ÖMZ 2004, 149 ff. (149 ff.). 43 Leander, JPR 2005, 605 (606 Fn. 1); Braig, Die Privatisierung von Sicherheit und Verteidigung durch das weltweite Auftreten von Private Military und Security Companies und ihre Ausmaße, S. 24 ff., in Forum RechtOnline 1/2006, http://www.forum-recht-online.de/2 006/106/106braig.htm. 44 Kümmel, ZIB 2005, 141 (148 ff.). 45 Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, S. 91 ff. 46 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 30. 47 Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, S. 95 f.
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setzten Territoriums der Krajina im August 1995 zugeschrieben wird.48 Die tip of the spear-Typisierung Singers wird von einigen Autoren noch um die Kategorie der Security Provider Firms erweitert, die auch in bewaffneten Konflikten Personen- und Objektschutz, gegebenenfalls durch Waffeneinsatz, leisten. Sie wären nach den Military Support Firms Kampfhandlungen am nächsten.49 Letztlich sind derartige Klassifizierungen der Unternehmen aus humanitär-völkerrechtlicher und damit auch aus völkerstrafrechtlicher Sicht nicht relevant.50 Zum einen bieten große Unternehmen häufig Leistungen nicht nur aus einer der beschriebenen Kategorien an. Zum anderen besteht die Kampftaktik in aktuellen Konflikten häufig in gezielten Angriffen auf Versorgungswege, vereinzelten Anschlägen oder der Schaffung einer instabilen Gesamtlage, so dass nicht nur Mitarbeiter von Military Provider Firms riskieren, an bewaffneten Auseinandersetzungen teilzunehmen und gegebenenfalls Straftaten zu begehen. Auch Tätigkeiten, die nicht den Einsatz an der Frontlinie beinhalten, wie etwa Gefangenenverhöre, bergen das Risiko von Verstößen gegen humanitäres Recht. Die Unterscheidung zwischen Sicherheits- und Militärunternehmen ist für die individuelle Strafbarkeit unerheblich. Ausschlaggebend für eine Beurteilung nach dem VStGB ist allein das Verhalten des Einzelnen im Einzelfall im Umfeld eines bewaffneten Konflikts, so dass im Folgenden der Begriff des privaten Militärunternehmens als Oberbegriff für sämtliche Unternehmen verwendet wird, deren Mitarbeiter in bewaffneten Konflikten militärische Dienstleistungen erbringen.
III. Methodische Überlegungen Aufgrund des umfangreichen Katalogs von Völkerstraftaten bedarf die Thematik in der vorliegenden Untersuchung einer Eingrenzung. Obwohl in Presse und Literatur im Zusammenhang mit privaten Militärunternehmen allzu oft der bereits erwähnte gesetzliche „Graubereich“ angeprangert wird, der es Mitarbeitern privater Militärunternehmen ermögliche, im Einsatz ungeahndet Straftaten zu begehen, bleiben empirische Erhebungen über diesen Aspekt ein bloßes Desiderat. Derzeit existiert keine Rechtstatsachenforschung darüber, welche Straftaten typischerweise von Mitarbeitern privater Militärunternehmen begangen werden. Daher muss im Rahmen dieser Arbeit auf Berichte in der Presse und Literatur über mögliches völkerstrafrechtlich relevantes Verhalten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen zurückgegriffen werden, unter der Prämisse, dass es sich dabei um Verhaltensweisen handelt, die sich unter ähnlichen Einsatzbedingungen wiederholen könnten. Daher werden auch Fälle auf ihre Relevanz für das VStGB untersucht, die 48
S. u. Kap. III A. V. Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 82. 50 Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 115; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 43; Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 7. 49
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aus der Zeit vor Inkrafttreten desselben stammen. Für die völkerrechtlichen Kernverbrechen gilt nach § 1 VStGB zwar das Weltrechtsprinzip, so dass es für eine Strafbarkeit nach dem VStGB zunächst unerheblich ist, ob Täter oder Opfer Deutsche sind und ob die Tat im Ausland begangen wurde. Bei Auslandstaten besteht jedoch ein Verfolgungsermessen nach § 153c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO. Dieses Verfolgungsermessen kann sich allerdings bei Auslandstaten mit Inlandsbezug im Umkehrschluss aus §§ 153 f Abs. 1 S. 1 und S. 2 StPO auf Null reduzieren.51 Da auch Deutsche als Mitarbeiter privater Militärunternehmen in bewaffneten Konflikten tätig sind, ist es durchaus möglich, dass sich deutsche Strafverfolgungsbehörden in der Zukunft mit einer ähnlichen Fallkonstellation zu befassen haben.52 Nicht untersucht wird eine Strafbarkeit nach dem StGB und anderen Strafgesetzen, die parallel zum VStGB einschlägig sein können. Auch die Frage der Unternehmensstrafbarkeit wird in dieser Arbeit nicht diskutiert.
IV. Gang der Darstellung Die Arbeit gliedert sich in fünf Abschnitte. Kapitel I befasst sich unter dem Oberbegriff der Einsatzsituation mit dem Tätigkeitsspektrum privater Militärunternehmen und ihren Auftraggebern. Darüber hinaus wird das Phänomen deutscher Mitarbeiter in privaten Militärunternehmen behandelt. Kapitel II enthält eine Analyse des Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen im humanitären Völkerrecht. Zwar ist es allein für die Strafbarkeit nach den allgemeinen Strafgesetzen, nicht aber für eine Völkerstraftat erheblich, welcher humanitär-völkerrechtliche Status dem Täter zukommt. Dennoch soll dieser Aspekt bei einer strafrechtlichen Abhandlung nicht fehlen, da die völkerrechtliche Einordnung des Phänomens privater Militärunternehmen und die damit verbundene Bewertung der von Mitarbeitern privater Militärunternehmen ausgeführten Aktivitäten wesentlich sind für die Feststellung der Grenzen, welche das humanitäre Völkerrecht dem Einsatz privater Militärunternehmen setzt. Zudem ist der humanitär-völkerrechtliche Status des Opfers einer Tat durchaus von völkerstrafrechtlicher Relevanz. Kapitel III widmet sich der individuellen Verantwortlichkeit nach dem VStGB. Das Kapitel umfasst eine Fallsammlung relevanter, pressebekannt gewordener Verhaltensweisen von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im Einsatz, worauf im Abschnitt über relevante Völkerstraftaten Bezug genommen wird. Im Anschluss werden Aspekte der Beteiligung an Völkerstraftaten und der Vorgesetztenverantwortlichkeit erörtert. In Kapitel IV folgt eine Analyse der Möglichkeiten der Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB. Hier werden insbesondere Rechtfertigungsgründe, Entschuldigungsgründe und Strafverfolgungshindernisse 51
Ambos, Internationales Strafrecht, § 3 Rn. 97; Diemer, in: Hannich, KK/StPO, § 153 f Rn. 4; Teßmer, in: Knauer u. a., MüKo/StPO, Band 2, § 153 f StPO Rn. 9 f.; vgl. Geneuss, Völkerrechtsverbrechen und Verfolgungsermessen, S. 270. 52 Zur Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten s. u. Kap. III B. I.
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diskutiert. Kapitel V führt die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Hier werden Aussagen darüber getroffen, ob im VStGB Strafbarkeitslücken für Mitarbeiter privater Militärunternehmen bestehen und ob gegebenenfalls die Schaffung von spezifischen Sonderregelungen angebracht ist.
Kapitel I
Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen A. Tätigkeitsspektrum Das Dienstleistungsangebot privater Militärunternehmen ist äusserst breit gefächert. Es umfasst neben Überwachungsdiensten so vielfältige Aktivitäten wie den Betrieb von Fuhrparks, Kantinen oder Wäschereien für Streitkräfte, die Beschaffung von Informationen oder die Ausbildung von Polizeikräften und Militärs.
I. Kampfdienstleistungen Der eigentliche Kampfeinsatz in bewaffneten Konflikten nimmt nur einen kleinen Teil des Angebotsspektrums der privaten Sicherheitsindustrie ein. Dennoch ist es gerade dieser Bereich, der das Bild der Öffentlichkeit von privaten Militärunternehmen prägt. 1. Konventioneller Boden- und Luftkampf Seit den 1990er Jahren ist der Einsatz von privaten Militärunternehmen für offensive Kampfeinsätze zurückgegangen, was auch an sehr kontrovers diskutierten Einsätzen der Firmen Executive Outcomes und Sandline in Sierra Leone und Papua Neuguinea gelegen haben mag. In Sierra Leone war das Unternehmen Executive Outcomes in den Jahren 1995 und 1996 maßgeblich an der Zurückdrängung der Rebellen der Revolutionary United Front (RUF) beteiligt. Dafür waren dem Unternehmen erhebliche Kompetenzen hinsichtlich der Ausbildung, Logistik, Befehligung und Kontrolle der Regierungsstreitkräfte übertragen worden. Als Sierra Leone keine sechs Monate nach dem Abzug von Executive Outcomes nach einem Militärcoup der RUF wieder im Chaos zu versinken drohte und die von der Economic Community of West African States Monitoring Group (ECOMOG) eingesetzte Truppe unfähig war, die Lage zu stabilisieren, beauftragte Sierra Leones Präsident Kabbah im Juli 1997 das britische Unternehmen Sandline, die ECOMOG-Truppen zu unterstützen.1 Zu den Leistungen zählte die Versorgung mit Waffen sowie of1
Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 22 ff.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
fensiver Kampfeinsatz, militärisches Training und Beratung. Da dadurch ein Waffenembargo der Vereinten Nationen (VN) umgangen wurde und die Regierung des Vereinigten Königreichs von Sandline über dessen Aktivitäten informiert worden war, führte die Angelegenheit zu einem Skandal, der auch die Reputation Sandlines beschädigte.2 Für sehr heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit sorgte ferner der Einsatz von Sandline und von Executive Outcomes als Subunternehmer Sandlines in PapuaNeuguinea. Die Unternehmen sollten dort gegen die Bougainville Revolutionary Army kämpfen und insbesondere deren Führer töten. Massive Proteste der Öffentlichkeit nach Bekanntwerden des Vertrages zwangen die Unternehmen jedoch, diesen vorzeitig zu beenden und das Land zu verlassen.3 Auch wenn Unternehmen offensive Militäroperationen derzeit wegen der heftigen öffentlichen Kritik nicht offen anbieten, so scheint dennoch ein gewisser Markt für Kampfeinsätze zu bestehen, die dem kritischen Blick der Öffentlichkeit vorenthalten werden sollen.4 Die Kategorie der Ausführung von militärischen Operationen umfasst neben Bodentruppen und Besatzungen von Kampfhelikoptern und Kampfflugzeugen auch jene Mitarbeiter, die weit entfernt vom Gefechtsschauplatz moderne Waffensysteme bedienen. Derzeit werden Angestellte privater Unternehmen in den Vereinigten Staaten sowohl als Piloten der Drohne MQ-9 Reaper im Rahmen sogenannter combat air patrols, als auch als Analysten von drohnengenerierten Luftbildern eingesetzt.5 Sie sind hier in die Befehlskette eingegliedert, die zu einem Tötungsbefehl führen kann, jedoch dürfen sie selbst keine Ziele markieren oder Geschosse abschießen. Hier ergeben sich Überschneidungen mit dem Bereich der Aufklärungsaktivitäten. Da der Schwerpunkt der Involvierung Privater offensichtlich in der Gewinnung von Informationen liegt, werden im Rahmen dieser Untersuchung die Steuerung von Drohnen und die Analyse der generierten Daten der Kategorie der Aufklärungsaktivitäten zugeordnet.6
2 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 43 f. 3 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 86. 4 Vgl. Warrick/Smith, Sources Say CIA Hired Blackwater for Assassin Program, in: The Washington Post v. 20. 08. 2009, www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/08/19/ AR2009081904315.html. 5 S. zur Analysetätigkeit unten A.V. 6 Vgl. Cloud, Civilian contractors playing key roles in U.S. drone operations, in: Los Angeles Times v. 29. 12. 2011, http://articles.latimes.com/2011/dec/29/world/la-fg-drones-civili ans-20111230; Hennigan, Air Force hires civilian drone pilots for combat patrols; critics question legality, in: Los Angeles Times v. 27. 11. 2015, http://www.latimes.com/nation/la-fgdrone-contractor-20151127-story.html. Danach werden Drohnen, die von Privaten gesteuert werden, ausschließlich zur Aufklärung, Überwachung und Erkundung verwendet.
A. Tätigkeitsspektrum
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2. Cyber-Angriffe Zu Kampfmitteln zählt auch die Störung gegnerischer Verteidigungs- oder Energiesteuerungsanlagen durch Eindringen in Computersysteme.7 Cyber-Angriffe können mindestens ebenso nachteilige Folgen für die gegnerische Konfliktpartei entfalten wie die Ausübung kinetischer Gewalt und haben in den vergangenen Jahrzehnten in der Kampfführung ganz erheblich an Bedeutung gewonnen.8 Unterschieden wird dabei zwischen computer network attacks (CNA), also Angriffen auf Computernetzwerke, und einer computer network exploitation (CNE), d. h. der Nutzung der Computernetzwerke des Gegners. CNA werden bislang definiert als Operationen, die darauf abzielen, Informationen, die in Computern oder Computernetzwerken vorhanden sind, oder die Computer und Computernetzwerke selbst zu zerstören, vorzuenthalten oder unbrauchbar zu machen.9 Auch wenn Angriffe auf Computernetzwerke nicht zwingend einen direkten physischen Schaden zur Folge haben müssen, können die resultierenden Fehlfunktionen des Systems verheerend sein. Ähnliche militärisch signifikante Auswirkungen kann eine CNE entfalten, wobei derartigen Operationen keine unmittelbar destruktive Natur zugeschrieben wird. Mit einer CNE wird die Fähigkeit bezeichnet, Zugang zu Informationen zu erlangen, die in Informationssystemen gespeichert werden, und die Fähigkeit, vom System selbst Gebrauch zu machen.10 Cyber-Angriffe werden dem Bereich der offensiven elektronischen Kampfführung zugerechnet, der derzeit (noch) einen kleinen Marktanteil des Tätigkeitsspektrums belegt.11 Unternehmen, die Dienstleistungen aus diesem Gebiet anbieten, sind z. B. die Dynsec Group, Electronic Warfare Associates und Steele.12 3. Kampf im Spezialeinsatzspektrum Kommandomissionen im Spezialeinsatzspektrum umfassen Evakuierungen, Geiselbefreiungen oder Störaktionen im Rahmen der Aufstands- oder Kriminalitätsbekämpfung. Es handelt sich um ein klassisches Betätigungsfeld privater Militärunternehmen. Von den von Eppacher untersuchten Militärunternehmen bieten 45 Prozent Leistungen dieser Kategorie an.13 Bekannt wurde eine Rettungsaktion des Unternehmens DynCorp im Jahr 2001 in Kolumbien. Die Mitarbeiter des Unter7
von Arnauld, Völkerrecht, § 14 Rn. 1187. Vgl. Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 375. 9 Dittmar, Angriffe auf Computernetzwerke, S. 37. 10 Quéguiner, Direct Participation in Hostilities Under International Humanitarian Law. Background Paper, S. 15 f. 11 Nach der Studie Eppachers, der 909 Firmen auf ihr Dienstleistungsspektrum untersucht hat, sind zwei Prozent der untersuchten Unternehmen in diesem Bereich tätig, Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 280. 12 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 552 ff. 13 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 280. 8
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
nehmens befreiten unter Waffeneinsatz die Besatzung eines von Rebellen der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC) abgeschossenen Hubschraubers der kolumbianischen Polizei, der die Zerstörung von Koka-Feldern aus der Luft begleitet hatte.14
II. Personen- und Objektschutz, Bewachung von Gefangenen Ein Kernbereich des Betätigungsfeldes privater Militärunternehmen ist der Personen- und Objektschutz. 22 Prozent der von Eppacher untersuchten Unternehmen wie z. B. Academi (ehemals Blackwater, von 2009 – 2011 Services), Triple Canopy, Gurkha International oder die Saladin Group bieten Dienstleistungen in der Personenbewachung an, 18 Prozent Dienstleistungen in der Objektüberwachung.15 Ein wichtiger Sektor innerhalb des Personen- und Objektschutzes ist die Bewachung von Handelsschiffen und deren Schutz vor Gefahren durch Piraterie.16 Ein deutsches Unternehmen, das derartige Dienstleistungen anbietet, ist die Result Group GmbH.17 Ferner wird auch die Bewachung von Kriegsgefangenen an Mitarbeiter privater Militärunternehmen übertragen.18 Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die mit Aufgaben im Bereich der highrisk-protection betraut sind, sind bewaffnet. Der Waffentyp, den sie tragen, ist regelmäßig vertraglich festgelegt und beschränkt, häufig handelt es sich um Maschinengewehre des Typs AK-47, M-4, und Pistolen der Marke Glock.19 Anwendung von Gewalt ist in diesem Betätigungsfeld nur dann vertraglich autorisiert, wenn es entweder um Selbstverteidigung, die Verteidigung von Menschen oder Objekten, hinsichtlich derer ein Schutzauftrag besteht, oder um die Verteidigung von Zivilpersonen geht.20 Jedoch sind im Umfeld von bewaffneten Konflikten die Grenzen zwischen Kampfhandlungen und Personen- und Objektschutz oft fließend. Bewaffnete Wachmänner können mit gefechtsähnlichen Situationen konfrontiert sein, gerade in sogenannten low-intensity conflicts ohne klare Frontlinie.21 Im April 2004 beispielsweise mussten Mitarbeiter von Blackwater, die das Hauptquartier der Co14
Azzellini, in: Ruf, Politische Ökonomie der Gewalt, S. 235 (251). Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 282. 16 The Economist v. 14. 04. 2012, Laws and guns, http://www.economist.com/node/21552 553; Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 88 f. 17 http://www.result-group.com/corporate-security-solutions/. 18 Vgl. Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 100. 19 Vgl. dazu das entsprechende Kursangebot für Sicherheitspersonal in „hostile environments“ der European Security Academy, http://www.euseca.com/en/courses/high-risk-protec tion/private-military-contractor/. 20 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 50. 21 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 48, 552. 15
A. Tätigkeitsspektrum
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alition Provisional Authority (CPA) in der irakischen Stadt Nadschaf bewachten, Angriffe Aufständischer auf eine Art und Weise abwehren, die mit einem Gefecht vergleichbar war.22 Andere Mitarbeiter des Unternehmens, die einen Konvoi bewachten, wurden im März 2004 in Fallujah im Irak getötet.23 Auch jene BlackwaterAngestellten, die in das Nisour Square Shooting verwickelt waren, waren damit beauftragt, einen Konvoi zu bewachen.24 Neben Botschaften und anderen staatlichen Objekten werden auch humanitäre Hilfsmissionen wie beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) von privaten Militärunternehmen bewacht.25 Im Bereich Personenschutz wurden insbesondere der Einsatz der Unternehmen DynCorp zum Schutz des ehemaligen afghanischen Präsidenten Karzai, sowie der Einsatz von Blackwater zum Schutz des Direktors der Übergangsregierung im Irak, Paul Bremer, und der amerikanischen Botschafter im Irak, John Negroponte und Zalmay Khalilzad, bekannt.26
III. Beratung Nach der Studie von Eppacher bietet fast die Hälfte der Unternehmen im Militärdienstleistungsbereich Beratungsdienstleistungen an,27 so dass dieser Bereich sicherlich ein Hauptbetätigungsfeld von privaten Militärunternehmen ist. Staaten, die Firmen mit Beratungsleistungen beauftragen, wollen damit beispielsweise die Etablierung demokratischer Kontrolle über ihre Streitkräfte, die Entwicklung von Prozessen für eine langfristige Planung der Verteidigungskapazitäten, oder eine Restrukturierung oder Steigerung der militärischen und sicherheitlichen Fähigkeiten erreichen.28 Die Beratungsleistungen von privaten Militärunternehmen reichen dementsprechend von einer politisch-strategischen Beratung von staatlichen Gewaltorganisationen über eine analytische Beratung über globale, regionale und lokale Sicherheitslagen bis hin zu einer Beratung hinsichtlich konkreter Maßnahmen zur Verbesserung einer konkreten Sicherheitslage.29 Aus völkerstrafrechtlicher Sicht 22 Priest, Private Guards Repel Attack on U.S. Headquarters, in: The Washington Post v. 06. 04. 2004, https://www.washingtonpost.com/archive/politics/2004/04/06/private-guards-repelattack-on-us-headquarters/fe2e4dd8-b6d2-4478-b92a-b269f8d7fb9b/. 23 Gettleman, Enraged Mob in Falluja Kills 4 American Contractors, in: The New York Times v. 31. 03. 2004, http://www.nytimes.com/2004/03/31/international/worldspecial/enragedmob-in-falluja-kills-4-american.html. 24 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 50 f. 25 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 44. 26 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 87; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 44. 27 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 271 ff. 28 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 47. 29 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 271 ff.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
ist vor allem die erste Gruppe von Beratungsleistungen relevant, die politisch-strategische Beratung von Akteuren des staatlichen Sicherheitssektors, da diese auch Streitkräfteplanung und -entwicklung, und beratende Unterstützung sowohl für generelle als auch spezielle verteidigungspolitische Fragen bis hin zur Planung von Militäreinsätzen umfasst. Firmen, die derartige Leistungen anbieten, sind beispielsweise die US-amerikanischen Firmen CACI, DynCorp, L-3 Communications, Engility (ehemals MPRI), Lockheed Martin, oder Academi. Das kalifornische Unternehmen Cubic beriet das ungarische Militär im Rahmen einer Umstrukturierung für den NATO-Beitritt.30 Als europäische Unternehmen in diesem Bereich firmieren unter anderem die französischen Gesellschaften D.c.i. Défence Conseil International, Sécopex, sowie die deutsche Result Group GmbH.31
IV. Ausbildung Private Militärunternehmen, die militärische Beratung anbieten, zählen häufig auch militärische Ausbildung zu ihrem Portfolio. Betätigungsfelder waren in der Vergangenheit beispielsweise die Ausbildung der wiederaufgestellten irakischen Streitkräfte nach deren Niederwerfung im Jahr 2003 durch die Firma Vinnell im Auftrag der US-Regierung, oder die Ausbildung afrikanischer Interventionstruppen für friedensunterstützende Operationen im Jahr 2004 im Auftrag des US-Außenministeriums. Im Vereinigten Königreich werden bis zu 80 Prozent der Streitkräfteausbildung durch private Unternehmen wahrgenommen, und in den Vereinigten Staaten liegen große Teile des Reserveoffizier-Ausbildungsprogrammes ROTC in der Hand von Unternehmen.32 Kritisch gesehen wird in diesem Sektor vor allem der Wissenstransfer vom staatlichen Militär zu privaten Unternehmen, da die Ausbilder häufig ehemalige Mitglieder der staatlichen Streitkräfte sind und ihre dort erworbenen Fähigkeiten weitergeben. So wirbt die französische Gesellschaft DCI (Défense Conseil International) auf ihrer Webseite ganz offen mit dem Slogan „Transferring the French Armed Forces know how“.33 Schlagzeilen machte das mittlerweile insolvente niedersächsische Unternehmen BDB Protection GmbH, das 2005 und 2006 libysche Polizeikräfte ausbildete. Das Unternehmen griff hierfür auf ca. 30 ehemalige und auch im Dienst befindliche Angehörige deutscher Spezialeinheiten und Bundeswehrsoldaten zurück, die zum Teil Sonderurlaub genommen oder sich dienstunfähig gemeldet hatten. Die Bundesregierung hatte eine staatliche Beteiligung an der Ausbildung gegenüber dem Diktator Muammar al-Gaddafi abgelehnt.34 30
S. 47. 31
Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict,
Vgl. Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 271. Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 46. 33 https://www.groupedci.com/. 34 Denso, Libyen-Affäre: Mehr gewusst, in: Zeit Online v. 10. 04. 2008, http://www.zeit.de/2 008/16/Libyen; Süddeutsche Zeitung v. 17. 05. 2010, Libyen-Affäre: Ein Bundeswehrangehöriger 32
A. Tätigkeitsspektrum
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V. Aufklärungsaktivitäten Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sind private Militärunternehmen zunehmend im Sektor der Informationsbeschaffung und -analyse aktiv, der vormals den staatlichen Nachrichtendiensten vorbehalten war.35 Zweck der Aufklärung ist es, der jeweiligen Führungsebene ein zuverlässiges und klares Lagebild zu verschaffen, wobei die Führung auf politisch-strategischer oder militärstrategischer, operativer, taktischer oder gefechtstechnischer Ebene angesiedelt ist.36 Auf dem Gebiet der Informationsbeschaffung umfassen die Aktivitäten privater Unternehmen die gezielte und systematische Beschaffung von frei verfügbaren Informationen (OSINT – open sources intelligence), die Aufklärung mittels menschlicher Quellen (HUMINT – human intelligence), die Signalaufklärung (SIGINT – signal intelligence) durch Abfangen von Signalen, sowie die georäumliche Aufklärung (IMINT – imagery intelligence) mittels Satellitenbildern oder durch land-, luft- oder seegestützte Aufklärungsmittel. So verfügt etwa der Rüstungskonzern Northrop Grumman über eine Satellitenlizenz in den Vereinigten Staaten, jedoch können Firmen auch Satellitenbilder verwenden, die durch staatliche Betreiber gewonnen wurden. Bekannt für die Gewinnung von Daten durch luftgestützte Aufklärungsmittel ist das Unternehmen AirScan.37 Das von den US-Streitkräften vor allem in den letzten beiden Golfkriegen genutzte System J-STARS, das der Echtzeitübertragung zum Zweck der Gefechtsfeldaufklärung dient und im Rahmen gezielter Tötungen eingesetzt wird, wurde von Mitarbeitern privater Unternehmen bedient.38 Zur taktischen Informationsgewinnung zählt auch der Einsatz des unbemannten Aufklärungssystems HERON 1 der deutschen Luftwaffe, das dem Taktischen Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ untersteht39 und das von Mitarbeitern der Airbus Defence and Space Airborne Solutions GmbH gewartet und zum Teil gesteuert wird.40 Zur Kategorie der HUMINT zählt auch das Verhören von Gefangenen. Insbesondere die Beteiligung von Unternehmensmitarbeitern an „Verhörpraktiken“, die als Folter einzustufen sind, machte Schlagzeilen. So erklärte der damalige CIA-Chef Michael V. Hayden 2008, dass wahrscheinlich auch Unternehmensmitarbeiter am beteiligt, http://www.sueddeutsche.de/politik/libyen-affaere-ein-bundeswehrangehoeriger-betei ligt-1.283100; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 46 f. 35 Chesterman, EJIL 2008, 1055 (1055). 36 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 434 f. 37 Vgl. Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 276 ff. 38 Krishnan, War as Business, S. 122. 39 Bundeswehr-journal v. 18. 12. 2016, HERON 1 in Afghanistan jetzt 30 000 Flugstunden im Einsatz, http://www.bundeswehr-journal.de/2016/heron-1-in-afghanistan-jetzt-30-000-flug stunden-im-einsatz/#more-7402. 40 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Einsatz von zivilem Personal im Betrieb von HERON 1“, BT-Drucks. 18/5481 v. 07. 07. 2015, S. 2 ff., http://dip21.bundestag.de/ dip21/btd/18/054/1805481.pdf. Die Mitarbeiter übernehmen die Durchführung von Starts, Steig- und Reisefluganteilen.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
Waterboarding von Gefangenen teilgenommen hatten.41 Bekannt wurde darüber hinaus, dass auch private „Verhörspezialisten“ und Übersetzer der Unternehmen CACI und MPRI (jetzt Engility) an den Vorfällen in Abu Ghraib beteiligt waren.42 Im Bereich der Analyse von beschafften Daten (auch „analytische Beratung“ genannt) sind Unternehmen wie Lockheed Martin, Control Risks, CACI oder Tundra Strategies aktiv.43 Auch bei der Analyse von Luftbildern von Predator-Drohnen im Rahmen von gezielten Tötungen sind in den Vereinigten Staaten Angestellte privater Unternehmen in die Befehskette eingebunden.44 Darüber hinaus zählt zum Bereich der analytischen Beratung das gesamte Gebiet der Übersetzungs- und Dolmetscherdienste, mit denen von den Vereinigten Staaten in der Regel private Unternehmen beauftragt werden. So schloss beispielsweise das Unternehmen Global Linguist Solutions, das zum Konsortium von DynCorp und NcNeil gehört, im Jahr 2007 einen Vertrag über 4,6 Milliarden US-Dollar für die Bereitstellung von Sprachdiensten für die US-Armee ab und beschäftigte hierfür über 6.000 Übersetzer.45 Insgesamt dürften fast 50 Prozent der Militärunternehmen Dienstleistungen im Bereich der Informationsbeschaffung und -analyse anbieten.46 Mangels Transparenz von staatlicher Seite ist das tatsächliche Ausmaß der Involvierung privater Unternehmen im Aufklärungssektor allerdings schwer feststellbar.47
VI. Logistik Logistische Dienstleistungen stellen den größten Marktanteil privater Sicherheits- und Militärdienstleistungen dar.48 Unter Logistik im militärischen Bereich wird allgemein die Planung und Bereitstellung aller für eine Truppe notwendigen Mittel verstanden.49 Logistische Leistungen umfassen neben Verkehrs- und Transportdiensten Wartungsdienste zur Materialerhaltung und -verbesserung. Insbeson41 Gorman, US: CIA Likely Let Contractors Perform Waterboarding, in: The Wall Street Journal v. 08. 02. 2008, http://www.corpwatch.org/article.php?id=14926. 42 S. u. Kap. III B. II. 1. 43 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 438 ff. 44 Cloud, Civilian contractors playing key roles in U.S. drone operations, in: Los Angeles Times v. 29. 12. 2009, berichtet von Angestellten des Unternehmens SAIC. 45 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 440. 46 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 435. 47 Bean, in: Abrahamsen/Leander, Routledge Handbook of Private Security Studies, S. 79 (85 ff.). 48 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 283 f.; Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 90; Messner, in: ÖSFK/Roithner, Söldner, Schurken, Seepiraten, S. 123 ff. (124). 49 Vgl. Erbel/Kinsey, in: Abrahamsen/Leander, Routledge Handbook of Private Security Studies, S. 70 (70).
A. Tätigkeitsspektrum
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dere elektronische Waffensysteme wie Predator-Drohnen, Global Hawks, B-2 Stealth Bomber und Patriot Missiles werden von hoch spezialisiertem Personal gewartet, welches häufig von den Rüstungskonzernen „eingekauft“ werden muss.50 Ferner fallen auch Befestigungs- und Infrastrukturbau sowie Sanitätsdienste und sonstige Logistikdienste wie Lagerung, Energieversorgung, Verpflegung, Wäscherei und Abfallentsorgung unter diese Kategorie.51 Auch wenn mit Logistikdienstleistungen zunächst keine Gefechtsnähe assoziiert wird, so sind derartige Dienstleister in der Regel darauf ausgerichtet, auch im Angriffsfall zu operieren. Zudem sind Logistikdienste essentiell für den Erfolg einer militärischen Operation.52 Ein namhaftes Unternehmen im Bereich der Logistik ist Brown & Root Industrial Services, das Logistiklösungen in „hostile and austere environments“ anbietet.53 Das Unternehmen gehört zum Konzern KBR und war für die US-Armee bislang in Somalia, im Kosovokrieg und im Irak tätig. Zu den Dienstleistungen zählen Truppentransporte, Nachschubversorgung, Bau und Unterhalt von Flüchtlingslagern und Militärbasen sowie Instandhaltung.54 Das Unternehmen Ecolog International mit Hauptsitz in Dubai und einer Niederlassung in Düsseldorf hat unter anderem im Irak und in Afghanistan für die ISAF Bau- und sonstige Logistikdienste wie Abfallentsorgung, Catering und Wäschereidienste ausgeführt.55 Die Bedeutung des Logistikbereiches in der Militärbranche lässt sich auch an den Privatisierungsprogrammen der US-amerikanischen, britischen und kanadischen Streitkräfte ersehen. Die Programme AFCAP (Air Force Civil Engineer Center) der US-Luftwaffe und das Programm CONCAP (Contingency Construction Capabilities) der US-Navy haben zum Ziel, die Streitkräfte zu entlasten, indem sämtliche logistischen Maßnahmen wie Unterbringung, Versorgung, Instandsetzung und Infrastruktur nur noch einem hauptverantwortlichen Unternehmen überantwortet werden. Nach diesem Vorbild organisierte Kanada 2002 das Programm CANCAP (Canadian Forces Contractor Augmentation Program), Großbritannien 2003 das CONLOG (Contractorised Logistics) Contract System.56
50
Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 166. 51 Eppacher, Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 284 f. 52 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 51 f. 53 https://www.kbr.com/markets/government. 54 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 90 f. 55 Evertz, in: Bäumler u. a., Akteure in Krieg und Frieden, S. 25 (32). 56 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 164.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
B. Auftraggeber Zu den Auftraggebern privater Militärunternehmen zählen konsolidierte ebenso wie fragile Staaten, private Akteure, Rebellenbewegungen, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und Internationale Organisationen (IO). Schätzungen gehen davon aus, dass nach Regierungen bzw. Streitkräften konsolidierter Staaten die Privatwirtschaft die zweitgrößte Umsatzquelle privater Militärunternehmen ausmacht.57 Die private Militärbranche begann im Jahr 2003, sich für eine aktivere Teilnahme an VN-Friedensmissionen zu positionieren,58 wofür angesichts der gewandelten Bedrohungslage in Krisengebieten und ständiger Mangelverwaltung von VN-Friedensmissionen durchaus Potenzial besteht.59 Bislang haben private Militärunternehmen entweder direkt im Auftrag der VN oder im Auftrag truppenstellender Staaten bei Peacekeeping-Operationen Aufgaben logistischer Art wie den Bau von Feldlagern, Transportdienstleistungen und Wartungsdienste übernommen, aber auch Minenräumung, Aufklärungsaktivitäten und Objektschutz.60 In der EU besteht mit der Integration der Petersberg-Aufgaben in die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik und dem damit verbundenen erhöhten Engagement im Rahmen von Friedensmissionen durchaus Bedarf für die Beauftragung privater Militärunternehmen.61 Über den Umfang des Einsatzes privater Unternehmen bei EU-Missionen herrscht wenig Transparenz, da es diesbezüglich keine veröffentlichten Zahlen gibt. White und MacLeod gehen davon aus, dass private Militärunternehmen jedenfalls bei den großen EU-Missionen in Bosnien, im Kongo, im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik sowie im Kosovo bis zum Jahr 2008 nicht tätig waren.62 Auf eine Anfrage des EU-Parlaments antwortete der Rat der EU im Juli 2008 allerdings, dass „bestimmte Missionen“ im Bereich der Gemeinsamen Verteidigungsund Sicherheitspolitik, „insbesondere in einem risikobehafteten oder feindlichen Umfeld die Dienste privater Sicherheitsunternehmen in Anspruch“ nehmen, „um die Sicherheitsbeamten der Mission beim Schutz der Missionsgebäude sowie des EU-
57
Uesseler, Krieg als Dienstleistung, S. 58. Lehnardt, in: Chesterman/Fisher, Private security, public order, S. 197 (205). 59 Vgl. Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (309). 60 Lehnardt, in: Chesterman/Fisher, Private security, public order, S. 197 (207 f. m.w.N.). So hat z. B. die Firma ArmorGroup im Auftrag des VN-Büros für Projektdienste (UNOPS) in verschiedenen Konfliktgebieten Minen geräumt; weitere Firmen wurden mit dieser Tätigkeit für die VN-Mission UNMIS im Sudan betraut. Die Firma Pacific Architect Engineers wurde im Jahr 2001 von der Übergangsverwaltung der VN in Osttimor (UNTAET) mit der Verwaltung der Flughäfen beauftragt. Die Firma DynCorp stellte im Auftrag der amerikanischen Regierung das Personal für die Internationale Polizeieinsatztruppe (IPTF) im Rahmen der VN-Mission in Bosnien-Herzegowina (UNMIBH) zusammen, außerdem für die OSZE Kosovo Verification Mission (KVM) und in Osttimor, Lehnardt, Vereinte Nationen 2008, 60 (61 f. m.w.N.). 61 Falco, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 299 (299 f.). 62 White/MacLeod, EJIL 2008, 965 (965 f.). 58
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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Personals und der Ortskräfte zu unterstützen.“63 Die Unternehmen stehen direkt mit der jeweiligen EU-Mission in einer Vertragsbeziehung.
C. Private Militärunternehmen in Deutschland Schätzungen beziffern die Zahl der in Deutschland ansässigen Unternehmen, die der privaten Sicherheits- und Militärindustrie zuzuordnen sind, auf 2.500 bis 3.000.64 Der deutsche Gesetzgeber war bislang sehr zurückhaltend, was die spezifische gesetzliche Regelung der Auslandstätigkeit privater Militärunternehmen angeht. Jedoch existiert ein umfassendes gesetzliches Regelwerk, das auch auf Sicherheits- und Militärunternehmen im Allgemeinen anwendbar ist. Darüber hinaus hat die BR Deutschland im Jahr 2008 das Montreux Document on Pertinent International Legal Obligations and Good Practices for States related to Operations of Private Military and Security Companies during Armed Conflict (Montreux Document)65 unterzeichnet und sich damit zur Verantwortung Deutschlands bekannt, mittels Gesetzen und anderen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass beim Einsatz privater Militärunternehmen die Vorgaben des humanitären Völkerrechts gewahrt werden. Das Dokument enfaltet jedoch keine rechtliche Bindungswirkung, es handelt sich dabei um eine bloße Absichtserklärung. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass über die vorhandenen nationalen und internationalen Normen hinaus kein Regelungsbedarf besteht.66
63
Antwort auf eine schriftliche Anfrage zu Privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen v. 14. 07. 2008, ABl. C 999 vom 01/01/2009, http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers. do?reference=E-2008-3061&language=DE. 64 Vgl. Deutscher Bundestag, Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen“, BT-Drucks. 17/6780 v. 05. 08. 2011, S. 16; Fuchs/Friederichs, Bundeswehr: Private Söldner unterwandern die Truppe, in: ZeitOnline v. 10. 09. 2015, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-09/bundeswehr-private-soeldner-pro bleme-auslandseinsatz. 65 ICRC, The Montreux Document on pertinent international legal obligations and good practices for States related to operations of private military and security companies during armed conflict, https://www.icrc.org/en/publication/0996-montreux-document-private-militaryand-security-companies. 66 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen“, BT-Drucks. 15/5824 v. 24. 06. 2005, S. 14, 18; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen und privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen“, BT-Drucks. 16/1296 v. 26. 04. 2006, S. 4; Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen“, BT-Drucks. 17/6780 v. 05. 08. 2011, S. 3 ff., S. 12.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
I. Rechtlicher Rahmen Eine erschöpfende Analyse des nationalen rechtlichen Rahmens privater Militärunternehmen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sei auf folgende Bestimmungen hingewiesen: 1. Verfassungsrechtliche Vorgaben Insbesondere im Zusammenhang mit der derzeit aufgrund der Flüchtlingskrise und terroristischen Bedrohungslage diskutierten Notwendigkeit einer Entlastung der Polizei durch private Sicherheitsdienste67 gewinnt die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben eine neue Aktualität.68 a) Kein generelles Verbot privater Gewaltausübung Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Aus dem Grundsatz der Volkssouveränität als Konkretisierung des in Art. 20 Abs. 1 niedergelegten Demokratieprinzips folgt, dass staatliche Gewalt auch dann einer demokratischen Legitimation bedarf, wenn sie in Formen des Privatrechts ausgeübt wird.69 Daraus lässt sich jedoch kein staatliches Gewaltmonopol in dem Sinne ableiten, dass die Beteiligung Privater an der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben ausgeschlossen ist.70 Auch das Rechtsstaatsprinzip, das in seiner Kernvorschrift, Art. 20 Abs. 3 GG, die Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz festlegt, postuliert per se kein Verbot privater Gewaltausübung. Vielmehr ergibt sich daraus, wie auch aus dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes in Gestalt der Wesentlichkeitstheorie, dass die Ausübung physischer Gewalt durch Private der Regelung durch den Gesetzgeber bedarf.71
67 Schnee/Unterberg, Privatisierung von Polizeiaufgaben. Ein Rückzug des Staates?, in: Deutschlandfunk v. 14. 07. 2016, http://www.deutschlandfunk.de/privatisierung-von-polizeiauf gaben-ein-rueckzug-des-staates.724.de.html?dram:article_id=360178; Berg, „Viele Bürger fühlen sich nicht mehr geschützt“, in: Südwest Presse v. 26. 04. 2016, http://www.swp.de/ulm/ nachrichten/politik/_viele-buerger-fuehlen-sich-nicht-mehr-geschuetzt_-12935405.html. 68 S. zur Privatisierung öffentlicher Sicherheit in Fußgängerzonen Krölls, NVwZ 1999, 233; grundlegend Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 50 ff., und Mayen, DÖV 2001, 110; zur privaten Gefahrenabwehr auf Hoher See Kommer, DÖV 2016, 236. 69 Grzeszik, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 20 Rn. 96. 70 Bode, NJ 2016, 497 (497 f.); Grzeszik, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 20 Rn. 95 f.; Mastronardi/Tauber, Staats- und Verfassungstheorie im Spannungsfeld der Disziplinen, S. 123; Mayen, DÖV 2001, 110. 71 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 113.
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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b) Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung Eine relevante Grenze der Privatisierung von Staatsaufgaben ergibt sich aus Art. 87a GG. Nach Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG liegt die Zuständigkeit für die Aufstellung von Streitkräften zur Verteidigung beim Bund. Zwar lässt sich aus den Kompetenznormen der Art. 87 ff. GG grundsätzlich keine allgemeingültige Schranke der Aufgabenprivatisierung herleiten, jedoch wird Art. 87a Abs. 1 GG dahingehend interpretiert, dass das öffentliche Interesse zwingend ein eigenhändiges Tätigwerden des Staates bei der Aufstellung von Streitkräften zur Verteidigung erfordert, so dass von einer obligatorischen Staatsaufgabe auszugehen ist.72 Eine (teilweise) Aufgabenprivatisierung (sog. „materielle Privatisierung“) in dem Sinne, dass der Staat die Verantwortung für die Landesverteidigung Privaten überlässt, wäre danach verfassungswidrig.73 Art. 33 Abs. 4 GG sieht vor, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse „als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes“, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, zu übertragen ist. Aus diesem Funktionsvorbehalt ergibt sich, dass die Übertragung hoheitlicher Befugnisse an Private möglich ist („in der Regel“),74 aber @ ausschließlich @ in Form der Beleihung, bei der spezifische Aufgaben durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragen werden und die Aufgabenwahrnehmung vom Staat beherrscht wird oder unter effektiven staatlichen Kontrollmöglichkeiten erfolgt (sog. „Organisationsprivatisierung“).75 Zudem muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ein besonderer sachlicher Grund für die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung vorhanden sein, wobei rein fiskalische Gründe nicht zu berücksichtigen sind.76 Einer materiellen Privatisierung sind hoheitliche Befugnisse nicht zugänglich.77 Gleichzeitig folgt aus Art. 33 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 12a GG, dass die Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Bereich der Streitkräfte auch ausnahmsweise nicht möglich ist, da Art. 12a GG als Spezialvorschrift zu Art. 12 GG die ergänzende Heranziehung Privater zum Einsatz in den Streitkräften abschließend regelt.78 Mit 72
Burgi, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 75 Rn. 17. Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 125; Naeve u. a., Private Militärunternehmen, S. 109 ff.; Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 259 ff. 74 Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 62 f. 75 So erlaubt bspw. § 5 Abs. 5 LuftSiG, die Kontrolle von Fluggästen und ihrem Gepäck an private Sicherheitsfirmen zu übertragen, s. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen“, BTDrs. 15/5824 v. 24. 06. 2005, S. 5 f. 76 BVerfG, Urt. v. 18. 01. 2012, 2 BvR 133/10, Rn. 146 f. 77 Mayen, DÖV 2001, 110 (112). 78 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 130 ff.; Schwarz, in: Maunz/ Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 12a Rn. 26. 73
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
originären Streitkräfteaufgaben wie der Landesverteidigung nach Art. 87a Abs. 2 GG, Einsätzen bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen nach Art. 35 Abs. 2 und 3 GG, Einsätzen im Falle eines äußeren oder inneren Notstandes nach Art. 87a Abs. 3 und 4 GG, sowie Auslandseinsätzen im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 GG können Private daher nicht beliehen werden.79 Der Vorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG, der den Einsatz der Streitkräfte nur zulässt, sofern ein solcher vom Grundgesetz vorgesehen ist, setzt zugleich dem bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Inneren enge Grenzen.80 Als grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich wird hingegen die Privatisierung von Aufgaben angesehen, bei denen keine hoheitlichen Befugnisse ausgeübt werden.81 Im Rahmen einer funktionalen Privatisierung können Private beispielsweise als Verwaltungshelfer herangezogen werden, wobei der Staat die Leitungsverantwortung behält und dem Verwaltungshelfer die Vorbereitungs- oder Durchführungsverantwortung übertragen wird.82 So werden bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr private Unternehmen tätig, allerdings ausschließlich im Bereich der Logistik.83 Auch der Schutz deutscher Handelsschiffe vor Piraterie auf hoher See wird nicht als hoheitliche Tätigkeit eingeordnet, da die privaten Sicherheitskräfte an Bord nur „Jedermannsrechte“, jedoch keine Hoheitsbefugnisse ausüben dürfen.84 Ebensowenig geht der bewaffnete Werksschutz von Kernkraftwerken nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) einer hoheitlichen Tätigkeit nach, da die Angehörigen des Werksschutzes lediglich zur Ausübung von Notstandsund Notwehrrechten befugt sind.85 Desgleichen agieren private Sicherheitsdienste im kommunalen Bereich auf Grundlage des Notwehrrechts und üben keine Staatsgewalt aus.86 Darüber hinaus ist in bestimmten Bereichen eine Organisationsprivatisierung, d. h. die Errichtung privatrechtlicher Organisationen zur effektiveren Wahrnehmung staatlicher Aufgaben, denkbar.87
79
Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen“, BT-Drs. 15/5824 v. 24. 06. 2005, S. 5 f.; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen und privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen“, BT-Drucks. 16/1296 v. 26. 04. 2006, S. 5. 80 Zeitgleich zur Diskussion über eine Unterstützung der Polizei durch private Sicherheitsdienste ist auch die Debatte über polizeiliche Einsätze der Bundeswehr wieder aufgeflammt, s. hierzu Bäumerich/Schneider, NVwZ 2017, 189. 81 Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 243 ff. 82 Ibler, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 86 Rn. 117 ff. 83 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen, privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen, BTDrucks. 16/1296 v. 26 04.2006, S. 11. 84 Kommer, DÖV 2016, 236 (238 f.). 85 BVerwGE 81, 185 (189). 86 Burgi, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 75 Rn. 19. 87 Hierzu s. u. II.
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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Gewaltgeneigte Aufgaben sind folglich entweder in Form der Beleihung nach Art. 33 Abs. 4 GG privatisierbar, oder den privaten Trägern stehen als Verwaltungshelfern oder nach einer Aufgabenprivatisierung die „Jedermann-Vorschriften“ zur Verfügung. Obligatorische Staatsaufgaben, die nur unter dem Einsatz von Zwangsmitteln erfolgreich ausgeführt werden können, sind als Kern der Sicherheitsverwaltung von der Privatisierung ausgenommen.88 2. Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen nach § 31 GewO / Zulassung von Bewachungsunternehmen nach § 34a GewO Seit dem 1. Dezember 2013 benötigen private Sicherheitsunternehmen, die auf Seeschiffen bewaffnete Dienstleistungen zum Schutz gegen Piraten anbieten, nach § 31 Gewerbeordnung (GewO)89 eine Genehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Zulassungspflicht betrifft in- und ausländische Unternehmen, die Bewachungsaufgaben auf Schiffen unter deutscher Flagge ausführen. Zudem sind in Deutschland niedergelassene Unternehmen zulassungspflichtig, die Bewachungsdienstleistungen auf Schiffen unter anderer Flagge in internationalen Gewässern verrichten.90 Im Zulassungsverfahren prüft nach § 31 Abs. 2 S. 1 GewO das BAFA im Benehmen mit der Bundespolizei besondere Kriterien im Rahmen der betrieblichen Organisation, der Verfahrensabläufe sowie der zu Verantwortlichen benannten leitenden Angestellten. Die Einzelheiten des Zulassungsverfahrens sind nach § 31 Abs. 4 GewO in der Verordnung über die Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen (SeeBewachV) und der Verordnung zur Durchführung der Seeschiffüberwachungsverordnung (SeeBewachDV) geregelt. Als erstem deutschen maritimem Sicherheitsdienstleister erteilte das BAFA der im Umland von München ansässigen Result Group GmbH die entsprechende Zulassung, sowohl deutsche als auch unter anderer Flagge fahrende Schiffe vor Piraterie oder anderen Gefahren zu schützen.91 Im Juni 2016 war neben der Result Group ein weiteres deutsches Unternehmen als maritimer Sicherheitsdienstleister zugelassen; Anträge von drei weiteren Unternehmen waren in Bearbeitung.92 Für die gewerbsmäßige Bewachung von fremden Personen oder Eigentum gilt § 34a Abs. 1 S. 1 GewO, wonach ein Bewachungsgewerbe einer behördlichen Er88
Burgi, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 75 Rn. 20. Geändert durch das Gesetz zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen v. 04. 03. 2013, BGBl. I S. 362 v. 12. 03. 2013. 90 Seeschiffbewachung. Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen, http:// www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Seeschiffbewachung/seeschiffbewachung_node.html. 91 S. http://www.result-group.com/corporate-security-solutions/maritime-sicherheit/. 92 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Zulassungsverfahren von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen zur Bekämpfung der Piraterie“, BT-Drucks. 18/8716 v. 08. 06. 2016, S. 5. 89
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
laubnis bedarf. Nach § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die für den Betrieb des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Die Länder sind für die Durchführung der Gewerbeordnung zuständig und haben die Zuständigkeit für die Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis im Regelfall auf die Gewerbeämter der Kommunen übertragen.93 Dies mag zwar für das Bewachungsgewerbe im nationalen Bereich sinnvoll sein, ist jedoch nicht auf die Tätigkeit von Militärunternehmen im Ausland zugeschnitten.94 Private Militärunternehmen mit Sitz in Deutschland, deren Tätigkeit nicht in den räumlichen Anwendungsbereich der GewO fällt, sind folglich nicht von der Genehmigungspflicht erfasst. § 34a GewO betrifft nur Bewachungstätigkeiten in Deutschland.95 Damit sind solche Unternehmen, die ausschließlich im Ausland tätig sind, unabhängig von der Art ihrer Dienstleistung, nicht genehmigungspflichtig. Von Firmen, die im In- und Ausland tätig sind, ist nur das Bewachungsgewerbe erfasst, nicht hingegen z. B. Anbieter logistischer Dienstleistungen. Für sie gilt lediglich die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 GewO, wonach jeder Gewerbebetrieb der örtlich zuständigen Behörde u. a. die Aufnahme einer stehenden Gewerbetätigkeit anzeigen muss. 3. Außenwirtschaftsrecht Nach § 12 Abs. 1 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) i.V.m. §§ 49 ff. Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ist die Erbringung von Dienstleistungen deutscher Unternehmen im Ausland unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungspflichtig.96 Eine Genehmigungspflicht besteht insbesondere, wenn das BAFA denjenigen, der technische Unterstützung in einem Drittland leisten will, davon unterrichtet hat, dass die technische Unterstützung im Zusammenhang mit ABC-Waffen oder Flugkörpern hierfür (§ 49 Abs. 1 AWV) oder mit einer militärischen Endverwendung der Dienstleitung in einem Waffenembargoland (§ 50 Abs. 1 AWV) steht. Hat der Betreffende Kenntnis davon, dass die technische Unterstützung für einen dieser Verwendungszwecke bestimmt ist, hat er das BAFA nach § 49 Abs. 2 bzw. § 50 Abs. 2 AWV zu unterrichten; dieses entscheidet dann, ob die technische Unterstützung 93 Korte, in: Schmidt/Wollenschläger, Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 9 Rn. 42 f. 94 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen“, BT-Drucks. 17/6780 v. 05. 08. 2011, S. 16. Krit. zur gegenwärtigen Regelung der Zuständigkeit Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Eckpunktepapier des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ zur Überarbeitung des Bewachungsrechts, S. 2, https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eckpunkte-bewachungsrecht,property=pdf,be reich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 95 Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 155. 96 S. zur Ausfuhr technischer Unterstützungsleistungen den Leitfaden des BAFA, Technologietransfer und Non-Proliferation, Juni 2016, www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Aussenwirtschaft/afk_merkblatt_technologietransfer.html.
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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genehmigungspflichtig ist. Voraussetzung des Genehmigungserfordernisses nach §§ 49 Abs. 1 AWV und § 50 Abs. 1 AWV ist ferner, dass die technische Unterstützung durch einen Deutschen oder einen Inländer (§ 2 Abs. 15 AWV) erbracht wird.97 Nach § 2 Abs. 16 S. 1, 2 AWG ist technische Unterstützung „jede technische Hilfe in Verbindung mit Reparatur, Entwicklung, Herstellung, Montage, Erprobung, Wartung oder jeder anderen technischen Dienstleistung.“98 Sie kann „in Form von Unterweisung, Ausbildung, Weitergabe von praktischen Kenntnissen oder Fähigkeiten oder in Form von Beratungsleistungen erfolgen“ und „umfasst auch mündliche, fernmündliche und elektronische Formen der Unterstützung.“99 Unter dem Begriff „technisch“ sind allerdings nur solche Dienstleistungen, zu verstehen, die klassische Rüstungsgüter zum Gegenstand haben.100 Aus dem Dienstleistungsspektrum privater Militärunternehmen sind davon beispielsweise nicht die Weitergabe von Know-How für die taktische und strategische Durchführung von Kampfoperationen, die Erbringung von Bewachungsdienstleistungen oder logistische Tätigkeiten erfasst.101 Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb oder der Wartung militärischer Aufklärungssysteme oder bewaffneter Drohnen hingegen sind nach der Vorschrift genehmigungspflichtig.102 Es ist somit zu konstatieren, dass auch das Außenwirtschaftsrecht nur einen kleinen Teil des Spektrums privater Militärdienstleister reguliert. Die vorsätzliche Verletzung einer Genehmigungspflicht ist nach § 18 Abs. 2 Nr. 6 und 7 AWG strafbar, eine fahrlässige Verletzung ist nach § 19 Abs. 1 AWG eine Odnungswidrigkeit. 4. Kriegswaffenkontrollrecht Das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) als Ausführungsgesetz zum Friedensgebot nach Art. 26 Abs. 2 GG103 stellt verschiedene Handlungen im Zusammenhang mit Kriegswaffen unter eine Genehmigungspflicht nach §§ 2 – 4 KrWaffKontrG. Danach sind insbesondere die Überlassung oder der Erwerb der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen, der Transport innerhalb des Bundesge97
Nestler, in: Esser u. a., Wirtschaftsstrafrecht, § 18 AWG Rn. 40 f. Nestler, in: Esser u. a., Wirtschaftsstrafrecht, § 18 AWG Rn. 40 f. 99 Ahlbrecht, in: Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 18 AWG Rn. 37; Cornelius, in: Graf u. a., Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 18 AWG Rn. 71; Hocke u. a., Außenwirtschaftsrecht, S. 182. 100 Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 184; a.A. Junck/ Kirch-Heim, in: Achenbach u. a., Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, S. 540 Rn. 58, die bei der technischen Unterstützung grundsätzlich keinen zwingenden Bezug zu einem körperlichen Gegenstand voraussetzen. 101 Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 184. 102 Vgl. Cornelius, in: Graf u. a., Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 18 AWG Rn. 72. 103 Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 4 Rn. 25 ff.; Pottmeyer, Kriegswaffenkontrollgesetz, Kap. VI Rn. 63. 98
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
bietes, die Beförderung außerhalb des Bundesgebietes unter bestimmten Voraussetzungen, sowie die Vermittlung, der Nachweis und Abschluss von Verträgen im Inland über den Erwerb oder die Überlassung von im Ausland befindlichen Kriegswaffen genehmigungsbedürftig; die Ausführung von Handlungen ohne die nach dem KrWaffKontrG erforderliche Genehmigung ist nach § 22a KrWaffKontrG strafbewehrt. Der räumliche Geltungsbereich des KrWaffKontrG erstreckt sich damit zunächst auf das Hoheitsgebiet der BR Deutschland. Aktivitäten von privaten Militärunternehmen sind daher in der Regel nur erfasst, wenn es sich um den Umgang mit Kriegswaffen im Inland handelt.104 Nur § 21 KrWaffKontrG, wonach bestimmte Straftatbestände des KrWaffKontrG auch außerhalb der BR Deutschland gelten, wenn der Täter Deutscher ist, entfaltet eine echte Auslandswirkung.105 Die in § 21 KrWaffKontrG genannten Straftatbestände der §§ 19 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5 und 6, §§ 20 und 20a KrWaffKontrG beziehen sich auf den Umgang mit Massenvernichtungswaffen und Antipersonenminen. Typische Tätigkeiten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen sind daher nicht betroffen. 5. Waffenrecht Nach § 2 Abs. 2 Waffengesetz (WaffG) ist der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Waffenliste (Anlage 2 Abschnitt 2 WaffG) genannt sind, erlaubnispflichtig. § 28 WaffG enthält diesbezüglich eine Spezialregelung für Bewachungsunternehmer. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 WaffG wird für den Erwerb, Besitz und das Führen von Schusswaffen und Munition nach Anlage 2 Abschnitt 2 WaffG durch private Sicherheitsfirmen und deren Personal ein waffenrechtliches Bedürfnis anerkannt, wenn gegenüber der zuständigen Behörde glaubhaft gemacht wird, dass Bewachungsaufträge zur Sicherung einer gefährdeten Person oder eines gefährdeten Objektes den Einsatz einer Schusswaffe erfordern. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Privilegierung von Bewachungsunternehmern und ihrem Personal.106 Mit Ausnahme der Anerkennung eines waffenrechtlichen Bedürfnisses folgt die Erlaubniserteilung im Übrigen den allgemeinen Vorschriften.107 Nach § 52 Abs. 3 Nr. 5 WaffG wird bestraft, wer entgegen § 28 Abs. 2 S. 1 WaffG eine Schusswaffe außerhalb der tatsächlichen Durchführung eines konkreten Auftrages nach § 28 Abs. 1 WaffG führt. Der Geltungsbereich des WaffG ist allerdings auf das Staatsgebiet der BR Deutschland beschränkt, das WaffG gilt grundsätzlich nicht außerhalb des 104
Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 191. Nestler, in: Esser u. a., Wirtschaftsstrafrecht, § 21 KrWaffG Rn. 1 f.; mit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken Pottmeyer, Kriegswaffenkontrollgesetz, §§ 19 – 22 Rn. 16 ff. 106 Heinrich, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 28 WaffG Rn. 1. 107 Gade/Stoppa, Waffengesetz, § 28 Rn. 2. 105
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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deutschen Territoriums.108 Nur auf Schiffen unter deutscher Flagge übt der deutsche Staat nach Art. 91 Abs. 1 S. 2 Seerechtsübereinkommen (SRÜ) eine funktionale Hoheitsgewalt aus, so dass auch hier das WaffG Anwendung findet.109 Was den Erwerb, Besitz und das Führen von Waffen und Munition durch Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen betrifft, so ist § 28a WaffG einschlägig, der für das Bewachungsgewerbe auf Seeschiffen, die unter deutscher Flagge fahren, ebenfalls ein waffenrechtliches Bedürfnis zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen und dazugehöriger Munition anerkennt. Eine Zuwiderhandlung gegen § 28a WaffG ist nicht strafbar, nur der Verstoß gegen eine Auflage nach § 28a Abs. 1 S. 3 WaffG ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 53 Abs. 1 Nr. 4 WaffG.110 Haben deutsche Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Ausland Umgang mit dort erhaltenen oder erworbenen Waffen oder Munition, so ist dieser nicht erlaubnispflichtig. Die Mitnahme einer solchen im Ausland erworbenen Waffe nach Deutschland, d. h. nach Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 6 WaffG die vorübergehende Verbringung über die Grenze auf einer Reise ohne Besitzaufgabe in den Geltungsbereich des WaffG, wäre jedoch nach § 32 Abs. 1 WaffG erlaubnispflichtig, sofern nicht die Befreiungsregeln für den Erwerb und Besitz von Waffen nach § 12 Abs. 1 WaffG greifen. Nehmen Mitarbeiter privater Militärunternehmen ihre Dienstwaffe aus Deutschland für einen Auslandseinsatz in einen Drittstaat mit, der nicht Mitglied der EU ist, so ist diese Mitnahme nach Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 8 WaffG erlaubnisfrei.111 Anzuwenden wäre in einem solchen Fall eine entsprechende Genehmigungspflicht des Drittstaates, in den eingereist wird. Auch wenn hierfür keine waffenrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, sind bei der Ausfuhr und Wiedereinfuhr von Schusswaffen die einschlägigen Ausfuhrbestimmungen des Außenwirtschaftsrechts sowie die Regelungen nach der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 zu berücksichtigen.112
108 Gade/Stoppa, Waffengesetz, Vorb §§ 29 – 33 WaffG Rn. 22; Heller/Soschinka, Waffenrecht, Rn. 414, 1180. 109 Heller/Soschinka, Waffenrecht, Rn. 414a. 110 Heinrich, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 28a WaffG Rn. 1. 111 Vgl. Heinrich, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 1 WaffG Rn. 188; Heller/ Soschinka, Waffenrecht, Rn. 1283; Ostgathe, Waffenrecht kompakt, S. 92. 112 Für das Mitführen von Schusswaffen und Munition durch unionsansässige Reisende zum Eigengebrauch, insbesondere zum Eigenschutz, gilt die Allgemeine Genehmigung Nr. 25 für die Ausfuhr und Verbringung von Rüstungsgütern in bestimmten Fallgruppen vom 14. 03. 2016 (AGG Nr. 25). Nach 4.12 lit. a) AGG Nr. 25 ist eine Allgemeine Genehmigung des BAFA in einem solchen Fall erteilt, wenn der Ausführer eine nach dem WaffG gültige Berechtigung mit sich führt und erklärt, dass die Waffen innerhalb von drei Monaten wieder eingeführt werden sollen.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
6. UZwGBw Nach § 1 Abs. 3 S. 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen (UZwGBw) dürfen zivile Wachpersonen, die mit militärischen Wachaufgaben der Bundeswehr beauftragt sind, die Befugnisse des UZwGBw ausüben. Hierzu zählt u. a., Personen anzuhalten und zu überprüfen (§§ 4 f. UZwGBw), Personen vorläufig festzunehmen (§ 6 UZwGBw) und zu durchsuchen (§ 7 UZwGBw) sowie unmittelbaren Zwang gegen Personen und Sachen anzuwenden (§§ 10 ff. UZwGBw). Vom unmittelbaren Zwang ist nach §§ 15 ff. UZwGBw als ultima ratio auch der Schusswaffengebrauch gegen Personen umfasst.113 Nach § 2 Abs. 1 UZwGBw entfaltet das Gesetz seine Geltung allerdings nur im deutschen Hoheitsgebiet,114 es sei denn, eine anderweitige Geltung ist durch einen völkerrechtlichen Vertrag vorgesehen.115 Als Teil des Polizeirechts in Friedenszeiten, das den wirksamen Schutz der Einsatzbereitschaft, Schlagkraft und Sicherheit der Bundeswehr bezweckt, ist es darüber hinaus nicht auf friedenserhaltende oder -schaffende Auslandseinsätze der Bundeswehr anwendbar. Bei derartigen Einsätzen handelt es sich nicht um deutsche Hoheitsgewalt, die die Bundeswehr ausübt, sondern um eine aus dem völkerrechtlichen Mandat abgeleitete Hoheitsgewalt.116 7. Tätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst, § 20a SG § 20a Soldatengesetz (SG) befasst sich mit der Tätigkeit ehemaliger deutscher Soldaten nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst. Mit der Vorschrift soll die Integrität und Unparteilichkeit des öffentlichen Dienstes geschützt werden, indem es aus dem Wehrdienst ausgeschiedenen Soldaten verwehrt wird, ihr dienstlich erworbenes Wissen und dienstlich geknüpfte Kontakte zu verwerten.117 Nach § 20a Abs. 1 S. 1 SG muss ein ehemaliger Soldat Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit seiner dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst in Zusammenhang stehen und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, vor ihrer Aufnahme schriftlich anzeigen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Tätigkeit zu untersagen, 113 Krit. Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 134, der dafür plädiert, im Rahmen einer verfassungskonformen Reduktion des UZwGBw den Schusswaffengebrauch von Privaten auszuschließen. 114 StA Zweibrücken, Beschl. v. 23. 01. 2009, 4129 Js 12550/08, Rn. 33 = NZWehrR 2009, 169, 171. 115 Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, S. 18 f.; Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 311. 116 Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, S. 14. 117 Eichen, in: Walz u. a., Soldatengesetz, § 20a Rn. 1.
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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sofern eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu befürchten ist, § 20a Abs. 2 SG. Fünf Jahre nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst endet nach § 20a Abs. 1 S. 2 SG die Anzeigepflicht. Ob die Aufnahme einer Tätigkeit bei einem privaten Militärunternehmen dienstliche Interessen beeinträchtigt, ist stets im Einzelfall zu entscheiden. Eine Beeinträchtigung liegt nach der Rechtsprechung des BVerwG nahe, wenn bei verständiger Würdigung der erkennbaren Umstände, unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung, eine Beeinträchtigung wahrscheinlich ist.118 Nach dem telos des Gesetzes ist eine Interessenbeeinträchtigung insbesondere dann gegeben, wenn das Vertrauen der Allgemeinheit in die Gesetzestreue und Unparteilichkeit der Soldaten erschüttert werden könnte. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen nur deshalb einen ehemaligen Soldaten einstellt, um aufgrund seiner dienstlich erworbenen Fähigkeiten den Eindruck zu vermitteln, für Aufträge aus dem Verteidigungssektor über militärische Expertise zu verfügen.119 Beim Eintritt eines ehemaligen Soldaten in ein Unternehmen kann im Einzelfall also durchaus eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen anzunehmen sein.120 Die Nichtanzeige einer Tätigkeit gilt nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SG als Dienstvergehen und kann nach § 58 Abs. 2 Nr. 1 – 4 Wehrdisziplinarordnung (WDO) mit der Kürzung des Ruhegehalts, der Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, der Dienstgradherabsetzung und der Aberkennung des Ruhegehalts geahndet werden. 8. Exkurs: Anwerben für fremden Wehrdienst, § 109 h StGB Nach § 109 h Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer einen Deutschen zugunsten einer ausländischen Macht zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt. Auch der Versuch ist nach § 109 h Abs. 2 StGB strafbar. Die Vorschrift bezweckt durch die Verhinderung der Anwerbung von Deutschen für fremden Wehrdienst sowohl den Schutz des Einzelnen als auch des Wehrpotentials der BR Deutschland sowie deren Neutralität.121 Tatobjekt des § 109 h StGB sind in der BR Deutschland wohnende Deutsche.122 Das Tatobjekt wird dann für den Wehrdienst einer ausländischen Macht angeworben, wenn es durch den Abschluss eines Verpflichtungsaktes der Befehlsgewalt einer ausländischen Macht unterworfen wird.123 Mitarbeiter privater Militärunternehmen 118 119 120 121 122 123
BVerwGE 91, 57 (60 f.). Eichen, in: Walz u. a., Soldatengesetz, § 20a Rn. 20. Evertz, in: Bäumler u. a., Akteure in Krieg und Frieden, S. 25 (32). Eser, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 109 h Rn. 1. Müller, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 3, § 109 h Rn. 5 f. Wohlers/Kargl, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch. Bd. 3, § 109 h Rn. 2.
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Kap. I: Aspekte der Einsatzsituation privater Militärunternehmen
unterwerfen sich jedoch im Regelfall nicht der Befehlsgewalt einer ausländischen Macht. Durch Arbeitsvertrag sind sie lediglich der Weisungsbefugnis ihres Vorgesetzten unterworfen. Das arbeitsvertraglich geregelte Verhältnis zwischen Angestelltem und Unternehmen lässt sich jedenfalls nicht mit dem Wehrdienst gleichsetzen. Zudem ist bereits fraglich, ob Militärunternehmen überhaupt als ausländische Macht zu subsumieren sind. Darunter versteht man neben fremden Staaten auch zwischen- und überstaatliche Machtgebilde, sowie de facto-Mächte wie Bürgerkriegsparteien und Aufständischenorganisationen.124 Unternehmen sind von diesem Begriff nicht erfasst. Auch wenn § 109 h StGB nach § 5 Nr. 5 lit. b StGB auf Auslandstaten anwendbar ist, so kommt eine Anwendung von § 109 h StGB beim Anwerben für ein privates Militärunternehmen nicht in Betracht.125
II. Privatisierung in der Bundeswehr Die größten Privatisierungsprojekte der Bundeswehr im Rahmen der Organisationsprivatisierung betreffen Serviceleistungen für die Bundeswehrverwaltung. Ziel des unter Kanzler Gerhard Schröder eingeleiteten Privatisierungsprogrammes war die Einsparung von Kosten.126 Zu nennen sind folgende öffentlich-private Partnerschaften: Die LH Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft mbH, die Leistungen im Zusammenhang mit Bekleidung und Ausrüstung der Bundeswehrangehörigen erbringt; die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH, die die Instandsetzung ausgewählter Systeme des Heeres und Logistikleistungen erbringt; die BwFuhrparkService GmbH, die Fahrzeuge im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung bereitstellt; und die BWI Informationstechnik GmbH, die die nichtmilitärische Telekommunikations- und IT-Infrastruktur betreibt.127 Was eine funktionale Privatisierung betrifft, so setzt die Bundeswehr im Auslandseinsatz private Unternehmen im logistischen und technischen Bereich ein, nämlich zur Stromversorgung, für Transportdienstleistungen, Instandsetzungsdienstleistungen und Bauleistungen, zur Abfallentsorgung und Reinigung von Kleidung und Kraftfahrzeugen, für Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Verpflegung und Versorgung mit Marketenderwaren, d. h. mit Lebens- und Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen, die Soldaten im Einsatz erwerben können. Außerdem wird Bundeswehrpersonal durch Private zur Inbetriebnahme von (EDV-) 124
Wohlers/Kargl, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch. Bd. 3, § 109 h Rn. 2. So i.E. auch Schröder, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 209 ff. 126 Krahmann, in: Kursawe u. a., Friedensgutachten 2015, S. 100 (104). 127 Für einen umfassenden Überblick s. Bundesministerium der Finanzen, Die Beteiligungen des Bundes, Beteiligungsbericht 2015, S. 78 ff., http://www.bundesfinanzministerium. de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs_und_Beteiligungs politik/Beteiligungspolitik/Beteiligungsberichte/beteiligungsbericht-des-bundes-2015.pdf;jses sionid=4426C1678490FE5C75A140F7B6D77709?__blob=publicationFile&v=6. 125
C. Private Militärunternehmen in Deutschland
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Systemen und Anlagen geschult.128 Auch zum Betrieb und zur Wartung des unbemannten Aufklärungssystems HERON in Afghanistan steht die Bundeswehr in einer vertraglichen Beziehung mit der Airbus Defence and Space Airborne Solutions GmbH, für die, mit Stand vom Juni 2015, 17 Mitarbeiter in Afghanistan tätig waren. Diese übernehmen Wartungs- und Instandsetzungsaufgaben, sowie die Durchführung von Starts, Steig- und Reisefluganteilen.129 Militärische Wachfunktionen für die Bundeswehr werden im Ausland nicht von privaten Unternehmen wahrgenommen, im Inland ließ die Bundeswehr 361 Liegenschaften von privaten Sicherheitsunternehmen bewachen.130
128
Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Regulierung privater Militär- und Sicherheitsfirmen“, BT-Drucks. 17/6780 v. 05. 08. 2011, S. 3; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen, privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen“, BT-Drucks. 16/1296 v. 26. 04. 2006, S. 11. 129 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Einsatz von zivilem Personal im Betrieb von HERON 1“, BT-Drucks. 18/5481 v. 07. 07. 2015, S. 2 ff. 130 Jungholt/Lutz, Bundeswehr lässt Kasernen von Billigwachen schützen, in: Welt v. 02. 02. 2014, https://www.welt.de/politik/deutschland/article124447738/Bundeswehr-laesst-Kasernenvon-Billigwachen-schuetzen.html.
Kapitel II
Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen im humanitären Völkerrecht Agieren Mitarbeiter privater Militärunternehmen in einem bewaffneten Konflikt, so ist es für die strafrechtliche Bewertung ihrer Handlungen von entscheidender Bedeutung, welcher Primärstatus ihnen nach dem ius in bello zukommt. Zählen sie zur Personenkategorie der Kombattanten, so liegt im völkerrechtlich zulässigen Angriff auf militärische Ziele kein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht. Für völkerrechtlich zulässige Kampfhandlungen können Kombattanten daher, anders als Zivilpersonen, weder nach internationalem noch nach nationalem Strafrecht zur Verantwortung gezogen werden.1 Die Ermittlung des Status und die damit verbundene Bewertung der von Mitarbeitern privater Militärunternehmen ausgeführten Aktivitäten sind ferner wesentlich, um festzustellen, welche Grenzen das humanitäre Völkerrecht dem Einsatz privater Militärunternehmen und ihrer Mitarbeiter setzt. Der Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen war in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.2 Allerdings führt die Berücksichtigung der im Mai 2009 erschienenen Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities Under International Humanitarian Law3 zu Ergebnissen, die zum Teil von jenen bisheriger Bearbeiter abweichen. Die Interpretive Guidance fasst Ergebnisse eines vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) eingesetzten und seit Mai 2004 regelmäßig tagenden Expertenkomitees zur Auslegung des Begriffs der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten, 1 Vgl. BT-Drucks. 14/8524 v. 13. 03. 2002, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, S. 13; Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte, 16. 04. 2010, 3 BJs 6/104, S. 45. 2 So u. a. bei Boldt, GYIL 2004, 502 ff.; Cameron, IRRC 2006, 573 ff.; Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 73 ff.; Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 69 ff.; Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 93 ff.; Gillard, IRRC 2006, 525 ff.; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 51 ff.; Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 65 ff.; Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 89 ff.; Schmitt, CJIL 2005, 511 ff. 3 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, https://www.icrc.org/eng/assets/files/other/icrc-002-0990. pdf.
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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der auch für den Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen von entscheidender Bedeutung ist, zusammen. Sie entfaltet freilich keine rechtsverbindliche Wirkung; dennoch gibt die Studie entscheidende Auslegungshilfen in einem bisher durch stark divergierende Interpretationsansätze gekennzeichneten Feld.
A. Der Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im internationalen bewaffneten Konflikt Auch wenn zu erwarten ist, dass die Tendenz zum zunehmenden Individualschutz im Völkerrecht neues, dem Recht des bewaffneten Konflikts angenähertes Gewohnheitsrecht auch für den nichtinternationalen bewaffneten Konflikt hervorbringen wird,4 kommen nach wie vor, abhängig von der Art des Konfliktes, grundsätzlich unterschiedliche Regelungen zur Anwendung. Das Recht der internationalen bewaffneten Konflikte, das im Hauptfall die Anwendung bewaffneter Gewalt zwischen Staaten umfasst, weist eine wesentlich höhere völkervertragsrechtliche Regelungsdichte auf. Anwendbar auf internationale bewaffnete Konflikte sind vor allem Vorschriften der vier Genfer Abkommen von 1949 (I.-IV. GA), sowie das Zusatzprotokoll I (ZP I), das 174 Staaten5 ratifiziert haben. Für das Recht der nichtinternationalen bewaffneten Konflikte ist primär der gemeinsame Art. 3 der GA, der auch im internationalen bewaffneten Konflikt Wirkung im Sinne eines Mindeststandards entfaltet,6 sowie Zusatzprotokoll II (ZP II) relevant, das bisher von 168 Staaten7 ratifiziert wurde. Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze ergänzen diese Bestimmungen. Von den NATO-Mitgliedstaaten haben allein die Türkei und die USA weder ZP I noch ZP II ratifiziert, mit der Begründung, dass das auf militärische Operationen anwendbare Recht zu restriktiv ausgefallen sei und zu sehr in die staatliche Souveränität eingreife.8 Daneben haben weitere Staaten in konfliktanfälligen Regionen die beiden Zusatzprotokolle nicht unterzeichnet, z. B. der Iran, Israel, Indien, Pakistan, Indonesien, Malaysia und Thailand. Eine völkerrechtliche Verpflichtung dieser Staaten kann sich also nur dann ergeben, wenn die betreffenden Regelungen der Zusatzprotokolle kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht darstellen, was für jede Vorschrift gesondert zu prüfen ist.
4
Ipsen, Völkerrecht, § 65 Rn. 19. https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/INTRO/470 (Stand: 14. 07. 2017). 6 Ipsen, Völkerrecht, § 65 Rn. 14. 7 https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/INTRO/475?OpenDocument (Stand: 14. 07. 2017). 8 Gasser/Melzer, Humanitäres Völkerrecht, S. 53. 5
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
Was den Status natürlicher Personen im Recht der internationalen bewaffneten Konflikte angeht, so lässt die Terminologie, die in den Haager Regeln und in den vier Genfer Abkommen angewendet wird, die Folgerung zu, dass die Konzepte der Streitkräfte, der Zivilpersonen und der levée en masse sich gegenseitig ausschließen. Es ist davon auszugehen, dass jede Person, die von Feindseligkeiten betroffen ist, in eine dieser drei Kategorien fällt.9 Letztere Kategorie der levée en masse ist für die Mitarbeiter privater Militärfirmen, die regulär ihrer Aufgabenerfüllung nachgehen, von vorneherein auszuschließen,10 so dass im Folgenden ausschließlich die Kategorien der Streitkräfte und der Zivilpersonen in Betracht gezogen werden.
I. Internationaler und „internationalisierter“ bewaffneter Konflikt Eine Definition des Begriffes „bewaffneter Konflikt“ findet sich im Völkerrecht nicht. Eine Eingrenzung des Begriffes lässt sich mit Hilfe des gemeinsamen Art. 2 I.–IV. GA vornehmen, aus dem hervorgeht, dass der Fall des „erklärten Krieges“ lediglich eine Kategorie des bewaffneten Konflikts ist – ein bewaffneter Konflikt kann also auch in Fällen gegeben sein, in denen ein Kriegszustand von den Parteien nicht anerkannt wird.11 Einen essentiellen Beitrag zur Auslegung des Begriffs hat die Rechtsprechung der Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (JStGH) im Fall Tadic´ geleistet: Danach existiert ein bewaffneter Konflikt dann, wenn es zu anhaltender bewaffneter Gewalt zwischen unterschiedlichen, staatlichen oder nicht-staatlichen Akteuren kommt.12 International ist ein bewaffneter Konflikt dann, wenn es sich um eine Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehr Staaten handelt.13 Nach Art. 1 Abs. 4 ZP I werden jedoch auch – eigentlich innerstaatliche – nationale Befreiungskriege, die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker geführt werden, zu internationalen Konflikten aufgewertet.14 9
Vgl. Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 80 ff. 10 Nach Art. 4 A Abs. 6 III. GA ist darunter die Bevölkerung eines unbesetzten Gebietes zu verstehen, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne zur Bildung regulärer Streitkräfte Zeit gehabt zu haben, sofern sie die Waffen offen trägt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält. Diese Situation entspricht nicht derjenigen, in der private Militärunternehmen typischerweise mit der Erbringung von Dienstleistungen betraut werden. 11 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 235. 12 JStGH, Beschl. v. 2. 10. 1995, Prosecutor v. Dusko Tadic, IT-94-I-A, para. 70: „We find that an armed conflict exists whenever there is a resort to armed force between States or protracted armed violence between governmental authorities and organized armed groups or between such groups within a State.“ 13 Ipsen, Völkerrecht, § 66 Rn. 8 ff. 14 Vgl. Doehring, Völkerrecht, § 11 Rn. 587. Allerdings muss die Befreiungsbewegung eine Unterwerfungserklärung nach Art. 96 Abs. 3 ZP I abgeben, um die Anwendbarkeit der GA
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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Bisweilen bereitet die Bestimmung des internationalen oder nichtinternationalen Charakters eines Konfliktes große Schwierigkeiten. Dies gilt besonders für die Frage, unter welchen Umständen die Anwendung von Waffengewalt durch eine Konfliktpartei nichtstaatlichen Ursprungs einem Staat zurechenbar ist, etwa wenn ein ausländischer Staat eine die Regierung eines anderen Staates bekämpfende Bürgerkriegspartei unterstützt, ohne sich selbst aktiv militärisch zu beteiligen.15 Die Beteiligung eines fremden Staates kann einen eigentlich nichtinternationalen Konflikt internationalisieren. Dabei ist für eine Zurechenbarkeit der Anwendung von Waffengewalt zu einem Staat entscheidend, welchen Grad an Kontrolle dieser über die Konfliktpartei ausübt. Während der Internationale Gerichtshof (IGH) im Nicaragua-Fall das relativ strenge Kriterium der effektiven Kontrolle des ausländischen Staates über die Bürgerkriegspartei aufstellte,16 ließ die Berufungskammer des JStGH die sogenannte overall control der Bundesrepublik Jugoslawien über die bosnischen Serbenmilizen ausreichen, um den Bosnienkrieg als internationalen bewaffneten Konflikt zu identifizieren.17 Im Genozid-Fall bestätigte der IGH demgegenüber das Kriterium der effektiven Kontrolle, stellte jedoch gleichzeitig klar, dass unterschiedliche Kriterien für die Zurechenbarkeit einer Handlung zu einem Staat einerseits und für die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Individuen andererseits gerechtfertigt seien.18 Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) wiederum schloss sich dem overall-control-Test des JStGH an.19 Daher ist das overall-control-Kriterium maßgeblich heranzuziehen, wenn es um die Auslegung von IStGH-Statut und VStGB geht.20 Als staatliche Beteiligungshandlung, die einen Konflikt internationalisieren kann, kommt auch die Entsendung privater Militärunternehmen zugunsten einer Bürgerkriegspartei in Betracht.21 und des ZP I zu gewährleisten. Dies hat bislang nur die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO getan, jedoch ohne Rechtsfolge, da Israel nicht Vertragspartei des ZP I ist und Art. 1 Abs. 4 ZP I keine völkergewohnheitsrechtliche Wirkung entfaltet, s. von Arnauld, Völkerrecht, § 14 Rn. 1194. 15 Dinstein, The Conduct of Hostilities Under the Law of International Armed Conflict, S. 15. 16 IGH, Urt. v. 27. 06. 1986, Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), ICJ Reports 1986, S. 14 (64 f.); s. hierzu Dederer, in: Menzel u. a., Völkerrechtsprechung, S. 835 (845 f.). 17 JStGH, Urt. v. 15. 07. 1999, Prosecutor v. Dusko Tadic, IT-94 – 1-A, Nr. 120 – 162. 18 IGH, Urt. v. 26. 02. 2007, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), ILM 46 (2007), S. 185 ff., Nr. 400. 19 IStGH, Urt. v. 14. 03. 2012, Situation in the Democratic Republic of the Congo in the Case of the Prosecutor v. Thomas Lubanga Dyilo, Judgment pursuant to Article 74 of the Statute, ICC 01/04 – 01/06, Nr. 541. 20 Safferling, Internationales Strafrecht,§ 6 Rn. 136. 21 S. hierzu Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 218; Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
II. Kombattanten Die Streitkräfte einer Konfliktpartei bestehen gem. Art. 43 Abs. 1 ZP I aus der Gesamtheit der organisierten bewaffneten Gruppen, die einer verantwortlichen Führung unterstehen. Kombattanten sind Angehörige der Streitkräfte einer Konfliktpartei. Nur sie haben gem. Art. 43 Abs. 2 ZP I das Recht, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen.22 Umgekehrt sind nur Kombattanten ein legitimes Objekt bewaffneter Schädigungshandlungen der Gegenseite23 und dürfen bekämpft und gefangengenommen werden. Geraten sie in Gefangenschaft, haben sie einen Anspruch darauf, als Kriegsgefangene behandelt zu werden und genießen den Schutz des III. GA. Wegen ihrer Teilnahme an bewaffneten Schädigungshandlungen können sie nicht vor ein Strafgericht gestellt werden. Davon abweichend ist eine Strafverfolgung nach Art. 85 III. GA allerdings dann möglich, wenn sie die Regeln des ius in bello nicht einhalten und Kriegsverbrechen begangen haben. Regelungen, die für die Beurteilung des Kombattantenstatus herangezogen werden können, finden sich in Art. 1 bis 3 der Anlage „Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“ zum Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 (HLKO), in Art. 4 A Abs. 1 – 3 und 6 III. GA und in Art. 43 ZP I. Regeln mehrere Normen denselben Gegenstand, so greift im Fall einer Kollision der Regelungen das Prinzip der lex posterior, wonach die spätere Regelung der früheren vorgeht, vgl. Art. 30 Abs. 3 Wiener Konvention über das Recht der Verträge (WVK). Widersprechen sich die genannten Regelungen, so müsste dementsprechend Art. 43 ZP I als jüngste Bestimmung Anwendung finden. Allerdings sind zahlreiche Staaten, darunter auch die USA, nicht Vertragspartei des ZP I. Ob der Regelung des Art. 43 ZP I völkergewohnheitsrechtliche Geltung zukommt, ist umstritten.24 Indessen ist davon auszugehen, dass die genannten Vorschriften nicht kollidieren und nebeneinander anzuwenden sind: Die Vorschrift des Art. 50 Abs. 1 ZP I, wonach eine Person dann Zivilperson ist, wenn sie nicht unter Art. 43 ZP I oder Art. 4 A Abs. 1 – 3 und 6 III. GA fällt, legt im Umkehrschluss nahe, dass eine Person dann Kombattant ist, wenn sie eine der genannten Alternativen verwirklicht. Auch Art. 44 Abs. 6 bezieht sich auf Art. 4 III. GA. Daraus ist zu folgern, dass Art. 43 ZP I den Kombattantenstatus nicht abschließend regelt, sondern ein neues Konzept neben den älteren Vorschriften aufstellt.25 Die Frage, ob Mitarbeiter privater Militärfirmen als Kombattanten einzuordnen sind, ist mithin auch anhand der älteren Bestimmungen zu untersuchen.26 im bewaffneten Konflikt Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 47; Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 150. 22 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 266 Rn. 18. 23 Kellenberger, Humanitäres Völkerrecht, S. 143. 24 Garraway, in: Schmitt/Pejic, International Law And Armed Conflict, Exploring the Faultlines, S. 317 (325); für völkergewohnheitsrechtlichen Charakter Henckaerts/DoswaldBeck, Customary international humanitarian law, Vol. I, S. 14 f. 25 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1669.
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Für Angehörige privater Militärfirmen wäre der Kombattantenstatus dann vorteilhaft, wenn sie für Tätigkeiten eingesetzt werden, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten anzusehen sind, da sie dann in einem internationalen bewaffneten Konflikt nicht für bewaffnete Schädigungshandlungen strafbar wären.27 Eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit bestünde dann lediglich im Fall der Begehung von Kriegsverbrechen. 1. Art. 1 und Art. 3 HLKO Die während der zweiten Haager Friedenskonferenz im Jahr 1907 geschaffenen Art. 1 bis 3 HLKO stellen eine Kodifikation des damals geltenden Völkergewohnheitsrechts dar. Art. 1 HLKO definiert den Begriff des „Heeres“. Danach gelten die Gesetze, die Rechte und die Pflichten des Krieges nicht nur für das Heer, sondern auch für Milizen und Freiwilligenkorps, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen: „1. daß jemand an ihrer Spitze steht, der für seine Untergebenen verantwortlich ist, 2. daß sie ein bestimmtes aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen, 3. daß sie die Waffen offen führen und 4. daß sie bei ihren Unternehmungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachten.“ Mit dieser Regelung wurde der zur damaligen Zeit größtmögliche Schutz für die Kämpfenden erreicht: Die Mitglieder jeden Verbandes, der unter Beachtung der genannten Bedingungen kämpfte, hatten im Falle ihrer Gefangennahme Anspruch auf Kriegsgefangenenstatus.28 Das III. GA übernimmt in Art. 4 A Abs. 2 die vier Anforderungen des Art. 1 HLKO. Der Unterschied zur HLKO ist lediglich, dass neben dem Heer, den Mitgliedern von Milizen und Freiwilligenkorps nun auch Mitglieder organisierter Widerstandsbewegungen das Recht auf Behandlung als Kriegsgefangene genießen, wenn sie die genannten vier Voraussetzungen erfüllen.29 Da jedoch die erwähnten vier Voraussetzungen in Art. 1 HLKO und Art. 4 A Abs. 2 III. GA identisch sind, sei auf die Prüfung der jüngeren Vorschrift verwiesen. 2. Art. 4 A Abs. 1 und 2 III. GA Der Begriff des Kombattanten ist im III. GA nicht enthalten. Dies ist insofern nachvollziehbar, als das Abkommen den Schutz der Kriegsgefangenen thematisiert, und nicht die Kriegführung als solche.30 Art. 4 A III. GA zählt auf, wem der Kriegsgefangenenstatus zukommt. Erst im Zusammenhang mit dem später ent26
Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 90 f. Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 90. 28 Buss, Der Kombattantenstatus, S. 178. 29 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law. Vol. I, Rule 4 S. 15; de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, Art. 4 S. 56. 30 Garraway, in: Schmitt/Pejic, International Law and Armed Conflict: Exploring the Faultlines, S. 317 (322). 27
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standenen Art. 50 Abs. 1 ZP I, der den Begriff der Zivilperson definiert,31 lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass Art. 4 A in Abs. 1, 2, 3 und 6 III. GA verschiedene Kategorien von Kombattanten beschreibt. a) Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei oder Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte eingegliedert sind, Art. 4 A Abs. 1 III. GA Während Art. 4 A Abs. 2 III. GA den Kombattantenstatus aus den Eigenschaften und Handlungen einer Gruppe herleitet, also auf den de facto-Kombattantenstatus abstellt, behandelt Abs. 1 den de iure-Kombattantenstatus, also die Eingliederung in die Streitkräfte durch einen formalen Akt.32 aa) Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei, Art. 4 A Abs. 1 Alt. 1 III. GA Ausschlaggebend dafür, ob einer Person der de iure-Kombattantenstatus als Mitglied der Streitkräfte einer Konfliktpartei zukommt, ist der Wille des Staates, die betreffende Person in seine Streitkräfte einzugliedern. Dieser Wille manifestiert sich dann, wenn eine Person nach dem Recht des betreffenden Staates in dessen Streitkräfte inkorporiert wird.33 Die Frage, ob Mitarbeiter privater Militärfirmen Mitglieder der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei sind, ist folglich zunächst nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht zu beurteilen. Jedoch lassen sich aus der Norm gewisse Mindestanforderungen herleiten, die an die Inkorporation einer Person in die Streitkräfte eines Staates zu stellen sind. (1) Formeller Akt der Eingliederung in die Streitkräfte als Mindestanforderung Mindestanforderung für den de iure-Kombattantenstatus ist ein wie auch immer gearteter innerstaatlicher Akt der Eingliederung in die Streitkräfte.34 Für dieses Erfordernis spricht, dass das Fehlen eines derartigen Aktes in der Regel den Willen eines Staates indiziert, den betreffenden Zivilisten gerade nicht in seine Streitkräfte zu inkorporieren; schließlich beschäftigen die Streitkräfte auch Zivilpersonen. Es steht einem Staat jederzeit frei, Zivilpersonen in seine Streitkräfte aufzunehmen, beispielsweise, indem er zivile Beschäftigte in Schlüsselpositionen als Reservisten 31 Art. 50 Abs. 1 ZP I lautet: „Zivilperson ist jede Person, die keiner der in Artikel 4 Buchstabe A Absätze 1, 2, 3 und 6 des III. Abkommens und in Artikel 43 dieses Protokolls bezeichneten Kategorien angehört. Im Zweifelsfall gilt die betreffende Person als Zivilperson.“ 32 Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 78; Schmitt, CJIL 2005, 511 (524). 33 Cameron, IRRC 2006, 573 (583). 34 Cameron, IRRC 2006, 573 (583); Ipsen, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 79 (88 Rn. 307).
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einstellt und bei Bedarf einen schnellen Statuswechsel herbeiführt.35 Dies wird vom Vereinigten Königreich praktiziert, das auf Grundlage von Art. 38 ff. Reserve Forces Act (RFA) von 1996 Mitarbeiter von Unternehmen als Reservisten in seine Streitkräfte aufnimmt und diese als Soldaten in Auslandseinsätze entsendet.36 Dieses Modell der sponsored reserve findet in Bereichen eines meteorologischen Dienstes der Streitkräfte ebenso Anwendung wie bei Schwertransporten von Panzerfahrzeugen, sowie im Bereich der Navy und der Royal Air Force, die für Transport und Luftbetankung derartige Reservisten einsetzen.37 Die Mehrzahl der Staaten führt zur Rekrutierung bzw. Einberufung der Mitglieder ihrer Streitkräfte formale Rekrutierungs- bzw. Einberufungsverfahren durch, von denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht erfasst sind.38 (2) Aufnahme in die Streitkräfte durch Vertrag? Mitarbeiter privater Militärunternehmen unterlaufen in der Regel gerade kein staatliches Rekrutierungsverfahren, sondern ein privates Bewerbungsverfahren und üben ihre Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsvertrages mit dem betreffenden Unternehmen aus. Dieses wiederum wird entweder von staatlicher oder – als Subunternehmer – von privater Seite beauftragt. Es stellt sich daher die Frage, ob die bloße Existenz eines Vertrages zwischen Staat und privatem Militärunternehmen sowie zwischen privatem Militärunternehmen und Arbeitnehmer ausreicht, um eine de iure-Mitgliedschaft der Angestellten in den Streitkräften dieses Staates zu begründen. Stellt man hier auf den Willen des Staates ab, der die Dienste des Unternehmens in Anspruch nimmt, so wird der bloße Vertragsschluss mit diesem in der Regel nicht auf eine Eingliederung der Angestellten in die Streitkräfte schließen lassen. Die Inanspruchnahme eines privaten Militärunternehmens entspringt in den meisten Fällen gerade dem Bedürfnis eines Staates nach Outsourcing. Es wäre widersprüchlich, wenn ein Staat, der mit einem derartigen Vertrag bezweckt, bestimmte Aufgaben an ein privates Unternehmen abzugeben, die Mitarbeiter dieses Unternehmens gleichzeitig in seine Streitkräfte inkorporierte.39 Dementsprechend tendieren Staaten, die private Militärfirmen in Anspruch nehmen, dazu, den Zivilistenstatus der Firmenangestellten zu betonen.40 Verträge sind zudem das Mittel, das Streitkräfte verwenden, um zivile Mitarbeiter zu beschäftigen. 35
Schmitt, CJIL 2005, 511 (524). Reserve Forces Act 1996, Chapter 14, http://www.legislation.gov.uk/ukpga/1996/14/pdfs/ ukpga_19960014_en.pdf. 37 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 87 f. m.w.N. 38 Etwas anderes mag für die Mitgliedschaft bei Streitkräften von de facto-Regimes gelten, bei denen kein formelles Inkorporationsverfahren durchgeführt wird, und es für eine Mitgliedschaft in den Streitkräften genügt, sich dem Kampf anzuschließen, s. dazu Schmitt, CJIL 2005, 511 (524). 39 Gillard, IRRC 2006, 525 (533). 40 Cameron, IRRC 2006, 573 (584). 36
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Daraus wird ersichtlich, dass allein die Beauftragung eines privaten Militärunternehmens noch nicht für die formelle Inkorporierung dessen Mitarbeiter in die Streitkräfte einer Konfliktpartei ausreichen kann.41 Zwar ist eine de-iure-Eingliederung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in die Streitkräfte eines Staates durchaus möglich. So wurden in der Vergangenheit Mitarbeiter von Sandline als special constables vertraglich in die Streitkräfte Papua-Neuguineas integriert, um diesen Kombattantenstatus zu verschaffen und um ein Söldnerverbot zu umgehen.42 Bestehen aber, wie es in der Praxis überwiegend der Fall ist, lediglich ein Arbeitsvertrag zwischen Mitarbeiter und Unternehmen und ein Vertrag zwischen Unternehmen und staatlichem Auftraggeber, der nicht explizit die Aufnahme der Unternehmensmitarbeiter in die Streitkräfte vorsieht, so kann nicht von einem de iureKombattantenstatus ausgegangen werden. bb) Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte eingegliedert sind, Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA Fraglich ist, ob Mitarbeiter von privaten Militärfirmen nach Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA als Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in die Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei eingegliedert sind, eingeordnet werden können. Nach dem Kommentar des IKRK zum III. GA sind damit Gruppen gemeint, die sich, obgleich sie ein Teil der Streitkräfte sind und zu den „regulären“ Streitkräften im Sinne des Art. 44 Abs. 7 ZP I zählen, deutlich von der Armee unterscheiden.43 Um ein Teil der Streitkräfte zu sein, ist aber eine intensivere Einbindung erforderlich als ein bloßer Arbeitsvertrag zwischen privatem Militärunternehmen und Mitarbeiter.44 Dies gilt auch für Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps im Sinn von Art. 4 A Abs. 1 III. GA, die im Regelfall durch einen formalen Akt in staatliche Streitkräfte eingegliedert werden.45 Auch Art. 43 Abs. 3 ZP I wird diesbezüglich als Argument angeführt, wonach ohne Notifizierung der Aufnahme in die Streitkräfte kein Kombattantenstatus gegeben ist. Ein (öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher) Vertrag zwischen Staat und Unternehmen sowie ein (zivilrechtlicher) Vertrag zwischen Unternehmen und Individuum genügt diesem Erfordernis jedenfalls nicht.46 41
Boldt, GYIL 2004, 502 (523). Drews, in: Jäger/Kümmel, Private military and security companies, S. 337; Singer, Corporate Warriors. The Rise of the Privatized Military Industry, S. 245 ff, mit einem Abdruck des „PMF Contract“ zwischen Sandline und der Regierung von Papua Neuguinea; ders., Colum. J. Transnat’l L. 2004, 521 (532 f.). Auch in Sierra Leone sollen Angestellte von Executive Outcomes auf ähnliche Weise in die Streitkräfte integriert worden sein, s. Boldt, GYIL 2004, S. 515. 43 de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 51 f. 44 Schmitt, CJIL 2005, 511 (525). 45 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 4 S. 17. 46 Vgl. de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 51. 42
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Darüber hinaus wird gegen eine Kombattanteneigenschaft von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA argumentiert, dass auch eine Gruppe nach Abs. 1 Alt. 2 die vier Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 2 erfüllen muss, um Kriegsgefangenenstatus zu erhalten, was bei den Firmenmitarbeitern, insbesondere mangels des Tragens eines Unterscheidungszeichens, nicht der Fall sei.47 In der Literatur ist umstritten, ob Mitglieder der Streitkräfte nach Art. 4 A Abs. 1 III. GA auch den Voraussetzungen des Abs. 2 genügen müssen. Der Wortlaut des Vertragstextes allein enthält keinen derartigen Hinweis. Auf der Konferenz der Regierungsexperten, die den Vertragstext ausarbeiteten, wurde es nicht für notwendig befunden, das Erfordernis eines Unterscheidungszeichens für Gruppen nach Abs. 1 in den Text mit einzubeziehen, da dieses als selbstverständlich vorausgesetzt wurde. Dies deutet darauf hin, dass dies auch für die weiteren Merkmale des Abs. 2 gilt und demnach auch die weiteren Merkmale des Abs. 2 von Mitgliedern der Streitkräfte nach Abs. 1 zu erfüllen sind.48 Auch Art. 44 Abs. 3 ZP I spricht für diesen Ansatz, schreibt er doch vor, dass ein Kombattant, der sich wegen der Art der Feindseligkeiten nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden kann, seinen Status behält, wenn er zumindest während jedes militärischen Einsatzes seine Waffen offen trägt und während eines militärischen Aufmarsches vor Beginn eines Angriffs die Waffen so lange offen trägt, wie er für den Gegner sichtbar ist. Das Tragen eines Unterscheidungszeichens wird also auch hier im „Normalfall“ als selbstverständlich vorausgesetzt; das offene Tragen der Waffen allein genügt danach grundsätzlich noch nicht zur Unterscheidung von der Zivilbevölkerung,49 sondern nur dann, wenn wegen der Art der Feindseligkeiten eine Unterscheidung nicht möglich ist. Somit ist auch bei Streitkräften nach Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA zu prüfen, ob diese die Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 2 III. GA erfüllen.50 An dieser Stelle sei festgehalten, dass der ohnehin enge Anwendungsbereich von Art. 4 A Abs. 1 Alt. 2 III. GA auf reguläre Streitkräfte dadurch weiter eingeschränkt wird.
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Schmitt, CJIL 2005, 511 (525). Pfanner, IRRC 2004, 93 (111); de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 52. 49 Zu beachten ist aber, dass es vereinzelt auch Staaten gibt, deren Streitkräfte keine Uniformen oder sonstige Unterscheidungszeichen tragen, wie es etwa die Streitkräfte des defacto-Regimes der Taliban in Afghanistan praktizierten. Die US-Administration verweigerte Taliban-Kämpfern den Kriegsgefangenenstatus auch deshalb, weil diese weder Uniformen noch andere Unterscheidungszeichen trugen. Dabei wurde völlig unberücksichtigt gelassen, dass es bei den Taliban-Kämpfern keine Tradition der Militäruniform gibt. Auf eben solch einer Tradition basiert jedoch die oben ausgeführte Interpretation des Art. 4 A Abs. 1 III. GA. Die Vorschrift des Art. 44 Abs. 3 ZP I, die auch zu einer Beurteilung als Kombattanten führen könnte, wurde von den USA, die das ZP I nicht unterzeichnet haben, nicht berücksichtigt. Dazu Rodríguez-Villasante y Prieto, in: Fernandez-Sanchez, The New Challenges of Humanitarian Law in Armed Conflicts, S. 13 (30 f.) 50 Hierzu s. u. II. 2. b). 48
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cc) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich konstatieren, dass Mitarbeitern von privaten Militärfirmen der Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 1 III. GA in der Regel nicht zukommt. Sie müssten entweder individuell oder als Gruppe in die Streitkräfte einer Konfliktpartei inkorporiert werden. Dieses Erfordernis wird im Regelfall nicht erfüllt. Zudem setzen die Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 2 III. GA, insbesondere das Tragen eines Unterscheidungszeichens, dem Anwendungsbereich des Art. 4 A Abs. 1 III. GA enge Grenzen. Dementsprechend fokussiert sich die Diskussion in der Literatur über den humanitär-völkerrechtlichen Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen auf einen möglichen de facto-Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 2 III. GA, sowie auf Art. 43 ZP I.51 b) Mitglieder anderer Milizen und Freiwilligenkorps, die zu einer am Konflikt beteiligten Partei gehören, Art. 4 A Abs. 2 III. GA Im Gegensatz zu den de-iure-Streitkräften des Art. 4 A Abs. 1 III. GA behandelt Art. 4 A Abs. 2 III. GA Personen, die strukturell unabhängig von staatlichen Streitkräften sind, aber dennoch neben diesen kämpfen, und damit de facto zu den Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei gehören. Die Vorschrift wurde ursprünglich geschaffen, um Ungewissheiten über den Status von Partisanen während des Zweiten Weltkriegs zu beseitigen.52 Sie ist seit jeher umstritten.53 Für Mitarbeiter privater Militärunternehmen erscheint eine Subsumtion unter Art. 4 A Abs. 2 III. GA eher möglich als unter Art. 4 A Abs. 1 III. GA. Wie oben ausgeführt, genügt ein bloßer Vertrag noch nicht, um ein Individuum in die Streitkräfte eines Staates einzugliedern. Dieser Grundsatz gilt auch für das Verhältnis einer Gruppe zu den Streitkräften. Private Militärfirmen sind also im Regelfall nicht de iure in die Streitkräfte einer Konfliktpartei eingegliedert und weisen mithin grundsätzlich einen für Art. 4 A Abs. 2 III. GA erforderlichen Grad der Unabhängigkeit auf. Die im Einzelfall eingesetzten Mitarbeiter können daher grundsätzlich als Gruppierung im Sinne der Vorschrift subsumierbar sein.54 Daraus folgt jedoch nicht zwingend, dass auch eine de-facto-Beziehung zu einer Konfliktpartei vorhanden ist.
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Sossai, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 197 (198). de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 52. 53 Wegen ihres engen Anwendungsbereiches ist es jedoch fraglich, ob irgendeine Partisanengruppierung während des Zweiten Weltkriegs den Anforderungen der Vorschrift gerecht geworden wäre. S. hierzu Detter Delupis, The law of war, S. 139 ff., m.w.N. 54 Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 115 (118 f.); Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 96 ff.; a.A. Schmitt, CJIL 2005, 511 (529), der davon ausgeht, dass, wenn eine private Militärfirma im staatlichen Auftrag aktiv ist, der für Abs. 2 erforderliche Grad der Unabhängigkeit meist fehlt. 52
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Nach Art. 4 A Abs. 2 III. GA müssten die Mitarbeiter von privaten Militärunternehmen zu einer am Konflikt beteiligten Partei „gehören“.55 Wie diese Zugehörigkeit genau beschaffen sein muss, ist auslegungsbedürftig. Fest steht, dass ein defacto-Verhältnis genügt, das insbesondere auf stillschweigendem Einverständnis beruhen kann, sofern die Aktionen, die die fragliche Gruppierung durchführt, anzeigen, auf welcher Seite diese steht.56 Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat dieses de-facto-Verhältnis in seinem Tadic´-Urteil genauer umschrieben als „relationship of dependence and allegiance of these irregulars vis-à-vis that party to the conflict“.57 Diese Art der Beziehung der Abhängigkeit und Gefolgschaft begründet der Gerichtshof damit, dass die Staaten die Teilnahme an Feindseligkeiten von irregulären Truppen nur unter der Bedingung, dass die Konfliktparteien Verantwortung für etwaige Rechtsverstöße dieser Truppen übernehmen, akzeptiert hätten. Demnach gehört eine organisierte bewaffnete Gruppe zweifellos dann zu einer staatlichen Konfliktpartei, wenn ihr Verhalten dem Staat nach dem Recht der Staatenverantwortlichkeit zugerechnet werden kann.58 Der Grad an Kontrolle, der erforderlich ist, um einen Staat für das Verhalten einer organisierten bewaffneten Gruppe verantwortlich zu machen, ist im Völkerrecht jedoch nicht festgelegt. Der IGH stellt diesbezüglich auf das bereits erwähnte Kriterium der effektiven Kontrolle des Staates über die betreffende Gruppe ab.59 Demgegenüber erklären der JStGH und der IGH das weiterreichende Kriterium der overall control als ausreichend.60 Das IKRK geht davon aus, dass eine Gruppierung dann zu einer Konfliktpartei gehört und beide Kriterien erfüllt, wenn die betreffende Gruppierung Feindseligkeiten im Interesse und mit dem Einverständnis der Konfliktpartei durchführt.61 Nach der funktionalen Herangehensweise der Direct-Participation-Studie soll ausschlaggebend sein, ob Mitgliedern der Gruppe durch die betreffende Konfliktpartei 55 Der Wortlaut des verbindlichen (s. Art. 133 III. GA) englischen Vertragstextes lautet: „Members of other militias and members of other volunteer corps, including those of organized resistance movements, belonging to a Party to the conflict and operating in or outside their own territory (…).“ 56 de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 57; Gillard, IRRC 2006, 525 (534). 57 JStGH, Urt. v. 15. 07. 1999, Prosecutor v. Dusˇko Tadic´, IT-94 – 1, Nr. 93 f. 58 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 23. 59 IGH, Urt. v. 27. 06. 1986, Military and Paramilitary Activities in and Against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Merits, Nr. 115; IGH, Urt. v. 27. 02. 2007, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Nr. 413. 60 JStGH, Urt. v. 15. 07. 1999, Prosecutor v. Dusˇko Tadic´, IT-94-A, Nr. 145; IStGH, Urt. v. 14. 03. 2012, Situation in the Democratic Republic of the Congo in the Case of the Prosecutor v. Thomas Lubanga Dyilo, ICC 01/04 – 01/06, Nr. 541. 61 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 23.
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eine continuous combat function zugewiesen wurde62, also die Aufgabe, fortdauernd unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen. Watkin63 wendet gegen diesen Vorschlag ein, die Anwendung funktionaler Kriterien nur auf organisierte bewaffnete Gruppen, nicht jedoch auf staatliche Streitkräfte, schaffe ungleiche Voraussetzungen. Jedoch ist das Erfordernis eines fortdauernden Kampf- und Verteidigungsauftrages nicht neu und wurde in der Vergangenheit bereits bei der Bestimmung der regulären Truppen nach Art. 4 A Abs. 1 III. GA angewendet.64 In der formalen Inkorporation in die Streitkräfte manifestiert sich gerade die Betrauung mit einem fortdauernden Kampfauftrag. Ist ein solcher nicht vorhanden, kommt die Mitgliedschaft in irregulären Truppen aufgrund der übertragenen Funktion in Betracht. Der funktionale Ansatz entspringt dem Prinzip der Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Bereichen. Da sich die Mehrheit der soldatischen Aufgaben eben nicht auf den unmittelbaren Einsatz „an der Front“, sondern auf die Vorbereitung und Unterstützung kämpfender Verbände bezieht, ist eine eindeutige Differenzierung häufig schwierig. Aus diesem Grund umfasst das Kriterium des fortdauernden Kampf- und Verteidigungsauftrages alle Tätigkeiten, die mit den Kampfhandlungen in Verbindung stehen.65 Eine Übertragung auf die „irregulären“ Truppen des Art. 4 A Abs. 2 III. GA erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig. An der Heranziehung des Kriteriums der unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten bei der Bestimmung des Kombattantenstatus kritisiert ferner Schaller,66 es handele sich dabei um einen Zirkelschluss, denn so werde faktisches Handeln zur wesentlichen Voraussetzung seiner eigenen Rechtmäßigkeit. Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht, wenn man bedenkt, dass bei dem funktionalen Ansatz gerade nicht faktisches Handeln als Beurteilungsgrundlage herangezogen wird, sondern das Tätigkeitsspektrum, das einer Person durch eine Konfliktpartei zugewiesen wurde. Personen, die keine Funktion erfüllen, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten ist, sich aber dennoch daran beteiligen, bleiben trotz ihrer Beteiligung Zivilpersonen. Im Folgenden wird in einem ersten Schritt die Auslegung des Begriffs der fortdauernden Kampffunktion geklärt. Sodann werden unter die Tätigkeiten, die private Militärfirmen in staatlichem Auftrag ausführen, im Lichte dieses Begriffes unter-
62 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 39. 63 Watkin, JILP 2010, 641 (671); krit. auch Hampson, in: Wollschlaeger/Pedrozo, International Law and the Changing Character of War, S. 187 (199 ff.); Sossai, in: Francioni/ Ronzitti, War by Contract, S. 197 (201). 64 Oppenheim, International Law, S. 255; Schwab, Irreguläre Kombattanten als Kriegsgefangene, S. 154; Steinkamm, Die Streitkräfte im Kriegsvölkerrecht, S. 125 ff. 65 Buss, Der Kombattantenstatus, S. 201 f. 66 Schaller, HuV-I 2006, 51 (53).
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sucht, bevor die weiteren Voraussetzungen von Art. 4 A Abs. 2 III. GA geprüft werden. aa) Continous combat function Ein Individuum bekleidet dann eine continuous combat function, wenn es zu seinem Aufgabenkreis gehört, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen.67 Zu untersuchen ist daher, was unter dem Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten zu verstehen ist. Weder die Genfer Konventionen noch die Zusatzprotokolle enthalten eine Definition, so dass vielfältige, teils widersprüchliche Lesarten existieren. Die in verschiedenen Militärhandbüchern enthaltenen Beispiele für eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten vermögen ebensowenig Aufschluss über eine eindeutige Interpretation des Begriffs zu geben wie die Feststellung, es müsse stets eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.68 Nach der IKRKStudie nimmt eine Person unmittelbar an Feindseligkeiten teil, wenn sie folgende drei (sich teilweise überschneidende) Kriterien erfüllt: Sie muss mit ihrer Handlung eine Schadensgrenze (threshold of harm) überschreiten, zwischen der Handlung und dem Schaden muss eine direkte Kausalität (direct causation) bestehen, und die Handlung muss darauf abzielen, einer Konfliktpartei zu nutzen und einer anderen zu schaden (belligerent nexus).69 (1) Schadensgrenze Der Schaden, der voraussichtlich als Folge einer Handlung eintritt, muss eine bestimmte Schwelle erreichen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich der Schaden tatsächlich einstellt; die objektive Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge der Handlung genügt. Unabhängig von der Quantität des verursachten Schadens ist nach der Interpretive Guidance die Schadensgrenze dann erreicht, wenn ein zu erwartender Schaden spezifisch militärischer Natur ist. Darunter werden nicht nur das Zufügen von Tod und Verletzung militärischen Personals und die Zerstörung militärischer Gegenstände verstanden, sondern allgemein jede Folge, die eine Militäroperation oder die militärische Kapazität einer Konfliktpartei nachteilig beeinflusst.70 Dieser Interpretation entspricht letztlich auch diejenige des Kommentars des
67 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 34. 68 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 6 S. 22. 69 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 46 ff. 70 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 47. Ähnlich auch Gasser/Dörmann, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 231 (261 f.), der die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten als Aktivität beschreibt, die Militäroperationen eines Gegners
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IKRK zu Art. 51 ZP I von 1987, der das nun als „Schadensgrenze“ bezeichnete Kriterium aus dem Begriff der „unmittelbaren“ Teilnahme ableitet als „acts of war which by their nature or purpose are likely to cause actual harm to the personnel and equipment of the enemy armed forces“.71 Von derartigen Kampfhandlungen zu unterscheiden ist die bloß mittelbare Beteiligung an den allgemeinen Kriegsanstrengungen eines Staates, die oft der gesamten Bevölkerung in unterschiedlichem Ausmaß abverlangt wird, und die mangels eines spezifisch militärischen Schadens nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten qualifiziert werden kann.72 (2) Direkte Kausalität Das Kriterium der direkten Kausalität dient – ebenso wie das der Schadensgrenze – dazu, eine Trennlinie zu ziehen zwischen Kampfhandlungen und allgemeinen Kriegsanstrengungen, die durchaus objektiv zur militärischen Niederlage des Gegners beitragen (general war effort), sowie weiteren politischen, wirtschaftlichen oder medialen Aktivitäten, die zu den kriegserhaltenden Tätigkeiten zählen (war sustaining activities).73 Nach der Direct-Participation-Studie bedeutet unmittelbare Kausalität, dass der betreffende Schaden durch einen kausalen Schritt verursacht wurde. Verhalten, das lediglich die Kapazität einer Partei, ihren Gegner zu verletzen, ermöglicht oder aufrechterhält, ist damit vom Konzept der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten ausgeschlossen. Allerdings ist es angesichts der Komplexität von Militäroperationen mit zahlreichen beteiligten Akteuren schwer feststellbar, ob eine spezifische Tätigkeit den Schaden in einem kausalen Schritt verursacht. Es ist davon auszugehen, dass nur wenige der an komplexen Militäroperationen beteiligten Personen Tätigkeiten ausführen, die für sich betrachtet voraussichtlich unmittelbar den Schaden verursachen. Daher ist in diesen Fällen die Tätigkeit in ihrem Kontext zu betrachten: Solange diese einen integralen Bestandteil einer konkreten und koordinierten taktischen Operation darstellt, die unmittelbar das Überschreiten der Schadensgrenze verursacht, ist sie als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu bewerten.74 nachteilig beeinflusst und mithin eine direkte und unmittelbare Bedrohung für die andere Konfliktpartei darstellt. 71 Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 51 Rn. 1944. 72 Vgl. z. B. U.K. Ministry of Defence, The Joint Service Manual of the Law of Armed Conflict, S. 24, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/2 7874/JSP3832004Edition.pdf. 73 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 51. 74 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 53 f.; a.A. Boldt, GYIL 2004, 502 (520 f.) m.w.N., wonach das Kriterium der unmittelbaren Kausalität zu eng und daher nicht praxistauglich sei.
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Zur Beurteilung der unmittelbaren Kausalität wird neben den Kriterien der Äquivalenz und der Adäquanz auch der Schutzzweck der Norm herangezogen. Letzterer erlaubt es, solche Handlungen von einer Qualifikation als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten auszuschließen, die bloß mittelbare Unterstützungshandlungen darstellen.75 Eine zeitliche und/oder örtliche Nähe zum Schadenseintritt ist darüber hinaus nicht erforderlich, um eine Handlung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu qualifizieren. Dafür spricht, dass Konfliktparteien häufig Waffensysteme mit Zeitzündung oder mit Fernsteuerung verwenden, wie Minen, Drohnen oder Raketen. Unabhängig von der zeitlichen und geographischen Entfernung lässt sich in diesen Fällen eine unmittelbare Kausalität zwischen Handlung und voraussichtlich eintretendem Schaden feststellen.76 (3) Belligerent Nexus Schließlich muss mit der entsprechenden Handlung bezweckt werden, den Schaden unmittelbar kausal zugunsten einer Konfliktpartei und zu Lasten einer anderen Konfliktpartei zu verursachen.77 Dieses Erfordernis wurde bereits in der Vergangenheit zur Definition des Begriffes der „Feindseligkeiten“ (hostilities) verwendet. Diese werden im Kommentar des IKRK beschrieben als „acts of war which are intended by their nature or their purpose to hit specifically the personnel and the matériel of the armed forces of the adverse party“. 78 bb) Beurteilung verschiedener Aktivitäten Für die Aufgabenzuweisung durch einen Staat an ein Militärunternehmen ist zunächst der zwischen Staat und Unternehmen bestehende Vertrag wesentlich. Dieser muss die betreffenden Tätigkeiten ausdrücklich ein- oder ausschließen. Eine allgemeine Umschreibung, die so weit gefasst ist, dass davon auch die unmittelbare Stattdessen solle eine „kausale Nähe“ zwischen ausgeführter Aktivität und Angriff bestehen. Dagegen argumentiert Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 97, dieses Kriterium sei zu unbestimmt, da z. B. auch Beschäftigte in der Waffenproduktion davon erfasst würden, obwohl anerkannt sei, dass eine Tätigkeit in der Rüstungsindustrie nicht notwendigerweise einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten gleichkomme. 75 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 97 f.; krit. Boldt, GYIL 2004, 502 (520 f.). 76 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 55; a.A. Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 97, der das Erfordnernis einer zeitlichen Nähe vertritt; ähnlich Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 51, der einen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden verlangt. 77 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 58. 78 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1679.
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Teilnahme an Feindseligkeiten einbezogen ist, genügt nicht. Darüber hinaus sind auch die Umstände der Vertragsdurchführung zu berücksichtigen, etwa eine Duldung der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten von Firmenmitarbeitern seitens des Auftraggebers, sowie die vertraglich festgelegte Ausrüstung des privaten Militärunternehmens im Einsatz.79 (1) Konventioneller Boden- und Luftkampf Zählt der Angriff auf militärische Ziele zu den Pflichten der Angestellten eines privaten Militärunternehmens, so ist dies unstreitig als kontinuierliche Kampffunktion zu werten.80 Bei kollektiven Militäroperationen ist, wie oben ausgeführt, darauf abzustellen, ob die betreffende Tätigkeit integraler Bestandteil derselben ist. Beim Einsatz von Kampfdrohnen lässt sich die Kontrolle über das Abfeuern der Rakete unschwer als integraler Bestandteil identifizieren, ebenso deren Fernsteuerung.81 (2) Cyber-Angriffe Es ist durchaus denkbar, dass der durch Angriffe auf Computernetzwerke oder deren Ausbeutung verursachte Schaden spezifisch militärischer Natur ist und die Militäroperationen oder die militärischen Kapazitäten des Gegners nachteilig betrifft,82 etwa durch die Unbrauchbarmachung militärischer Ausrüstung, durch die Störung der Kommunikation oder der Logistik oder durch die Sammlung von Informationen über militärische Ziele für einen bevorstehenden Angriff. Personen, die mit derartigen Aufgaben betraut sind, werden als Information Warriors bezeichnet. Die überwiegende Meinung sieht darin eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten.83 Nicht erreicht wird die Schadensgrenze allerdings bei CNA oder CNE, die lediglich nachteilige Auswirkungen für die Zivilbevölkerung haben, jedoch keine geschützten Personen töten oder verletzen oder geschützte Objekte beschädigen. Was die direkte Kausalität zwischen der betreffenden Handlung und dem Schaden betrifft, so dürfte diese im Falle von Angriffen auf Computernetzwerke in der Regel unproblematisch zu bejahen sein. Bei der Ausbeutung von Computernetzwerken liegt eine unmittelbare kausale Verbindung zu einem voraussichtlich eintretenden 79 80
S. 98. 81
Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 158. Schmitt, CJIL 2005, 511 (536 f.); Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht,
Zu den Aktivitäten, die der Zielaufklärung dienen, s. u. (7). Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 49. Im Schrifttum wird auch die Ansicht vertreten, elektronische Kampfführung sei keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten, solange dadurch niemand getötet, verletzt, gefangengenommen oder kein Ziel beschädigt werde, vgl. hierzu Schmitt, CJIL 2005, 511 (542). 83 Dittmar, Angriffe auf Computernetzwerke, S. 222 ff.; Doswald-Beck, in: Schmitt u. a., Computer network attack and international law, S. 168 (172). 82
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Schaden hingegen nicht unbedingt auf der Hand. Hier ist darauf abzustellen, ob die Maßnahme als integraler Bestandteil einer Militäroperation anzusehen ist. Wird beispielsweise in das Computernetzwerk des Gegners eingedrungen, um unabhängig von einer konkreten Militäroperation Daten zu erheben, so lässt sich eine direkte Kausalität nicht begründen, auch wenn diese Informationen bei einer späteren Operation verwendet werden. Die Verknüpfung mit der Kampfführung einer Konfliktpartei als letztes Beurteilungskriterium wird bei mit elektronischer Kampfführung beauftragten Mitarbeitern privater Militärfirmen im Allgemeinen vorhanden sein. Demzufolge können sowohl Angriffe auf Computernetzwerke als auch deren Ausbeutung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu beurteilen sein.84 (3) Rettungsaktionen im Spezialeinsatzspektrum Bei Operationen, die der Rettung von Personen dienen, ist zu differenzieren: Eine Rettungsaktion zugunsten von Militärpersonal, das sich auf einem von der gegnerischen Konfliktpartei kontrolliertem Gebiet befindet, wird gemeinhin als kriegerische Aktivität und mithin als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten angesehen.85 Gleiches gilt für die Befreiung von Kriegsgefangenen, da hier von einem belligerent nexus auszugehen ist.86 Hinsichtlich der Teilnahme an Befreiungsoperationen zugunsten von an einem Konflikt unbeteiligten Geiseln wird in der Literatur vertreten, diese sei nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten, da Geiselnahmen nach humanitärem Völkerrecht, Völkerstrafrecht und in der Regel auch nach nationalem Recht verboten seien. Soweit es im Verlauf einer solchen Befreiungsaktion nicht zu schädigenden Einwirkungen auf gegnerische Kombattanten komme, handele es sich dabei allein um Maßnahmen zur Verteidigung der Rechtsordnung bzw. um Nothilfe.87 Es überzeugt allerdings nicht, die Unrechtmäßigkeit der Geiselnahme als Begründung der Behauptung, Maßnahmen zur Beendigung dieses unrechtmäßigen Zustandes seien nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu klassifizieren, anzuführen.88 Auch hier ist darauf abzustellen, ob jene Personen, die mit der Teilnahme an derartigen Befreiungsoperationen betraut sind, eine continuous 84
Vgl. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 54. 85 U.K. Ministry of Defence, The Joint Service Manual of the Law of Armed Conflict, S. 328. 86 Schmitt, CJIL 2005, 511 (539 f.). 87 Schmitt, CJIL 2005, 511 (540); ebenso Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 99 f. 88 So waren die Teilnehmer eines 2008 unter der Schirmherrschaft des IKRK tagenden Expertentreffens einhellig der Ansicht, die Rechtmäßigkeit einer Geiselnahme sei für ihre Bewertung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten irrelevant, s. Melzer, Fifth Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities @ Summary Report, S. 62, https:// www.icrc.org/eng/assets/files/other/2008-05-report-dph-2008-icrc.pdf.
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combat function ausüben. Zur Beurteilung dieser Frage ist zunächst die Geiselnahme zu betrachten. Erfüllt diese die beschriebenen drei Kriterien, so wird dies im Regelfall auch für die Befreiungsoperation als actus contrarius gelten. Ein Zusammenhang mit der kriegerischen Auseinandersetzung ist jedenfalls nicht vorhanden, wenn Zivilpersonen oder Angehörige der Streitkräfte aus Gründen festgehalten werden, die nichts mit der Kampfführung der Konfliktparteien zu tun haben, beispielsweise um von deren Angehörigen Lösegeld für private Zwecke zu erpressen. Wird jedoch Militärpersonal – unter Umständen auch als Geisel von Zivilpersonen – aus Gründen, die mit dem Konflikt zusammenhängen, gefangengenommen, etwa um dadurch den Abzug von Trppen zu erreichen, so lässt sich ein belligerent nexus nicht leugnen, und auch die Schadensgrenze ist überschritten. Ein Zusammenhang mit dem Konflikt ist selbst dann vorhanden, wenn Zivilpersonen andere Zivilpersonen als Geiseln nehmen, um militärische Ziele zu erreichen.89 Das Argument, eine Einordnung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten scheitere am Erfordernis der unmittelbaren Kausalität, wenn die betreffende Konfliktpartei den durch die Geiselnahme erzeugten Druck ignoriere, wird relativiert, wenn man bedenkt, dass die spezifische Handlung nur wahrscheinlich in einen Schaden der Konfliktpartei münden muss.90 Bei der Befreiung von Geiseln gilt daher: Werden Mitarbeiter privater Militärunternehmen mit der Befreiung von Personen beauftragt, deren Gefangennahme mit der Kampfführung der Konfliktparteien verknüpft ist, nehmen die betreffenden Mitarbeiter unmittelbar an Feindseligkeiten teil. Besteht eine derartige Verknüpfung nicht, so handeln die Mitarbeiter allein zur Verteidigung der Rechtsordnung bzw. der Geiseln. (4) Personen- und Objektschutz, Bewachung von Kriegsgefangenen Art. 49 Abs. 1 ZP I bezeichnet als „Angriffe“ sowohl eine offensive als auch eine defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner. Demnach müssen bereits aus systematischen Gründen grundsätzlich auch Verteidigungshandlungen als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten einzuordnen sein. Mit dem Begriff der defensiven Gewaltanwendung ist nicht gemeint, dass sich die betreffende Handlung ausschließlich gegen ein militärisches Ziel richten muss, sondern lediglich, dass sie in einem belligerent nexus stehen muss.91 Daraus folgt, dass bei Verteidigungshand89 Vgl. Melzer, Fifth Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities @ Summary Report, S. 67 f. Auch Angriffe auf Zivilpersonen können eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten darstellen, s. Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 49. 90 Melzer, Fifth Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities @ Summary Report, S. 68. 91 Die Klausel „gegen den Gegner“ in Art. 49 Abs. 1 ZP I war Gegenstand einer Diskussion auf der Diplomatischen Konferenz 1974@77, da die Gegner des Ausdrucks argumentierten, dass sich dieser Teil des Protokolls neben den Konfliktparteien auch auf die Zivilbevölkerung
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lungen darauf abzustellen ist, ob die auszuführenden Verteidigungshandlungen zugunsten von Gegenständen oder Personen objektiv bezwecken, die gegnerische Konfliktpartei zu schädigen. Dies wird im Regelfall dann zutreffen, wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen mit dem Schutz von militärischen Zielen vor gegnerischen Angriffen beauftragt sind. Aus diesem Grund wird die Verteidigung von militärischen Zielen im Allgemeinen als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten gewertet, nicht hingegen die Verteidigung ziviler Objekte und Personen.92 Zu letzterer Tätigkeit zählt auch der Schutz von Botschaftspersonal.93 Die Unterscheidung leuchtet insofern ein, als sich die Firmenmitarbeiter bei der Verteidigung von zivilen Zielen auf ein individuelles Notwehr- und Nothilferecht berufen können, nicht hingegen bei der Verteidigung militärischer Ziele, da ein Angriff gegen diese gemäß Art. 48 ZP I grundsätzlich erlaubt ist.94 Als militärische Ziele gelten neben Mitgliedern der Streitkräfte nach Art. 52 Abs. 2 ZP I solche Objekte, die auf Grund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt. Demnach sind neben militärischem Gerät auch alle Einrichtungen und Objekte, die unmittelbar der Unterstützung der Kampfhandlungen dienen, wie Baracken, Befestigungen, Kasernen, Feldlager, Kontrollzentren, Militärflugplätze, aber auch Waffenlager, Munitionsdepots, Treibstofflager und militärische Fuhrparks als militärische Ziele anzusehen.95 Die Differenzierung zwischen militärischen und zivilen Objekten ist bisweilen problematisch. Schwierigkeiten bei der Einordnung bereiten vor allem sogenannte gewerbliche Ziele. Leisten diese einen effektiven Beitrag zu militärischer Aktivität, so sind sie als militärische Ziele einzuordnen.96 Im Zweifelsfall besteht nach Art. 52
beziehe, vgl. Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 49 Rn. 1877. 92 Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 87; Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 156. 93 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 171 ff.; Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 157 f. 94 Schaller, in: Feichtinger u. a., Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 91 (101 f.). 95 Vgl. Oeter, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 115 (171 ff. Rn. 444). Zwar existiert keine rechtsverbindliche erschöpfende Aufzählung militärischer Ziele; das IKRK hat allerdings eine Liste militärischer Ziele als Annex zu den „Draft Rules for the Limitation of Dangers incurred by the Civilian Population in Times of War“, die auf der IKRK-Konferenz 1956 in Neu Delhi verabschiedet wurde, verfasst, s. Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 52 Rn. 2002. 96 Auch Nachrichtenwege und Kommunikationsmittel wie Rundfunk- und Fernsehstationen und Telekommunikationseinrichtungen zählen zu dieser Kategorie, sofern sie von grundlegender militärischer Bedeutung sind, s. Final Report to the Prosecutor by the Committee
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Abs. 3 ZP I eine Vermutung dahingehend, dass ein in der Regel für zivile Zwecke bestimmtes Objekt nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen beizutragen. Die Anwendung dieser Vorschrift hat zur Folge, dass zumindest dann, wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen Objekte verteidigen, die in der Regel für zivile Zwecke bestimmt sind, eine fortdauernde Kampffunktion auszuschließen ist. Handelsschiffe, die zivile Güter transportieren und gegebenenfalls in einem bewaffneten Konflikt von Angestellten privater Militärunternehmen geschützt werden, sind folglich als ziviles Ziel einzuordnen. Die damit beauftragten Angestellten nehmen daher nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teil. Auch bei der gewaltsamen Verteidigung militärischer Ziele fehlt es an einer Verknüpfung mit der Kampfführung einer Konfliktpartei, wenn es sich um den Schutz vor Gewaltanwendung oder kriminellen Handlungen handelt, die in keiner Verbindung zu den Feindseligkeiten stehen. Derartige Notwehr- bzw. Nothilfehandlungen werden nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten angesehen.97 Ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens wird in einem Konfliktgebiet jedoch in aller Regel mit dem Schutz eines Objektes sowohl vor Angriffen der gegnerischen Konfliktpartei als auch vor Diebstahl durch die Zivilbevölkerung betraut sein. Da es für die Beurteilung einer continuous combat function auf den Pflichtenkreis der betreffenden Person ankommt, ist es ausreichend, wenn zu deren Pflichten auch der Schutz vor Feindseligkeiten der gegnerischen Konfliktpartei zählt. Was die Bewachung von Kriegsgefangenen der gegnerischen Konfliktpartei angeht, so beurteilten die Teilnehmer der Expertentreffen des IKRK zur Bedeutung der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten diese Aktivität @ anders als Niewerth, der hier keine schädigende Auswirkung auf die gegnerische Konfliktpartei sieht98 @ als einen klaren Fall der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten.99 Für letztere Ansicht spricht, dass die erforderliche Schadensgrenze bereits grundsätzlich bei jeder nachteiligen Beeinflussung der Militäroperationen oder der militärischen Kapazitäten des Gegners erreicht ist. Mit der Bewachung von Kriegsgefangenen soll verhindert werden, dass diese gewaltsam befreit werden und/oder sich wieder den für die gegnerische Konfliktpartei kämpfenden Truppen anschließen.
Established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Yugoslavia, ILM 2000, 1278 Nr. 75 f.; krit. Bothe, EJIL 2001, 531 ff. 97 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 38. 98 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 100. 99 Melzer, Expert Meeting of 25 – 26 October 2004 @ Background Paper, S. 9, https://www. icrc.org/eng/assets/files/other/2004-03-background-doc-dph-icrc.pdf; Melzer, Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities 2005 @ Summary Report, S. 15 f., https://www.icrc.org/eng/assets/files/other/2005-09-report-dph-2005-icrc.pdf.
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(5) Beratung Bei Beratungsleistungen durch private Militärunternehmen ist zu differenzieren zwischen Beratung auf strategischem, operativem und taktischem Niveau. Die strategische Ebene eines Konfliktes ist diejenige, auf der ein Staat nationale oder multinationale Sicherheitsziele und Leitlinien bestimmt, und nationale Mittel entwickelt und gebraucht, um diese Ziele zu erreichen.100 Im Gegensatz dazu umfasst die operative Ebene die Planung von Kampagnen und größeren Militäroperationen, die durchgeführt werden, um bestimmte strategische Ziele innerhalb eines Schauplatzes oder Einsatzgebietes zu erreichen.101 So wird auf operativem Niveau bestimmt, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die strategischen Ziele zu erreichen. Auf taktischer Ebene werden spezifische Einsätze und Operationen geplant. Aktivitäten auf diesem Level konzentrieren sich auf die Ausgestaltung und Manövrierung von verschiedenen Kampfelementen unter Berücksichtigung derjenigen des Gegners, um bestimmte Kampfziele zu erreichen.102 Dementsprechend liegt die zeitliche und örtliche Dimension der taktischen Planung näher am Gefechtsschauplatz als die der operativen Planung. Das Schrifttum ist überwiegend der Ansicht, dass strategische Planung in der Regel nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu qualifizieren sei, da eine unmittelbare Kausalität zu einem voraussichtlich beim Gegner entstehenden Schaden aufgrund der sehr allgemeinen Natur der strategischen Planung nicht hergeleitet werden könne.103 Bei operativen Beratungsleistungen wird unterschieden: Während operative Planungen, die den Einsatz von Truppen betreffen, in der Regel als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten charakterisierbar sind, gilt dies nicht für operative Planungen auf logistischem Gebiet, da diese meist zu weit von den konkreten Feindseligkeiten entfernt und somit nicht unmittelbar kausal für einen voraussichtlich eintretenden Schaden sind.104 Dem ist auch nach den Kriterien der DirectParticipation-Studie zuzustimmen, wonach darauf abzustellen ist, ob die operative Planung integraler Bestandteil einer konkreten Militäroperation ist. Dies ist denkbar bei Entscheidungen über die räumliche Verteilung von Truppen in konkreten Einsätzen. Gewöhnlich dürften operative Planungen wie beispielsweise ein Beitrag zur logistischen Planung einer Militärkampagne jedoch nicht als integraler Bestandteil 100 U.S. Department of Defense, Department of Defense Dictionary of Military and Associated Terms, S. 227, http://www.dtic.mil/doctrine/new_pubs/jp1_02.pdf. 101 U.S. Department of Defense, Department of Defense Dictionary of Military and Associated Terms, S. 176. 102 U.S. Department of Defense, Department of Defense Dictionary of Military and Associated Terms, S. 234. 103 Boldt, GYIL 2004, 502 (543); a.A. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 170 f., die auch bei Beratung auf strategischer Ebene Potential für eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten im Einzelfall sieht. 104 Schmitt, CJIL 2005, 511 (543); Boldt, GYIL 2004, 502 (522).
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einer konkreten und koordinierten Operation identifizierbar sein, da es in der Regel nicht möglich sein wird, der Handlung einen voraussichtlich eintretenden konkreten Schaden zuzuordnen.105 Was die taktische Planung anbelangt, so gehen die Meinungen auseinander: Teils wird vertreten, sämtliche taktische Planung würde sich auf unmittelbare Beteiligung an Feindseligkeiten belaufen, da diese konkrete Gefechte betreffe und unabdingbar, mithin kausal, für spezifische Militäroperationen sei.106 Dagegen wird argumentiert, die taktische Planung von Kampfeinsätzen könne nicht als unmittelbare Beteiligung an Feindseligkeiten qualifiziert werden, da es an einem direkten kausalen Beitrag zu einer konkreten, zeitlich nahen Schädigungshandlung fehle.107 Vielmehr bedürfe es noch weiterer wesentlicher Zwischenschritte bis zum Eintritt einer Schädigung des Feindes, und darüber hinaus ließe sich eine einzelne Planungsleistung keinem konkreten Schädigungserfolg zuordnen. Auch bleibe bei einer Einordnung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten kein Raum mehr für eine bloß mittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten.108 Hiergegen ist einzuwenden, dass es im Zeitalter komplexer Militäroperationen mit zahlreichen beteiligten Akteuren darauf ankommt, ob eine Handlung integraler Bestandteil einer Militäroperation ist. Die taktische Planung einer konkreten Operation oder eines konkreten Einsatzes ist ein solcher integraler Bestandteil, da ohne diese die betreffende Aktion nicht durchführbar wäre. Ferner ist eine zeitliche Nähe zwischen Handlung und voraussichtlich eintretendem Schaden gegebenenfalls ein Indiz, jedoch nicht zwingende Voraussetzung einer direkten Kausalität. Im Ergebnis sprechen daher die besseren Argumente dafür, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die mit der taktischen Planung von Militäreinsätzen betraut sind, eine fortdauernde Kampffunktion erfüllen.109 (6) Ausbildung Zwar ist die Ausbildung von Personal für die militärische Kapazität einer Konfliktpartei essentiell, jedoch bewegt sich bei dieser Tätigkeit die kausale Verbindung zwischen Tätigkeit und zugefügtem Schaden regelmäßig nur auf einer mittelbaren Ebene. Die Erbringung militärischer Ausbildungsleistungen hat in der Regel keine unmittelbare Auswirkung auf eine spezifische militärische Operation und wird daher 105
Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 55. 106 Schmitt, CJIL 2005, 511 (543). 107 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 53. 108 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 101, unter Berufung auf Sandoz, in: Cilliers, Peace, profit or plunder? The Privatisation of Security in War-torn African Societies, S. 201 (209). 109 So im Ergebnis auch Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 153; Boldt, GYIL 2004, 502 (522).
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nicht als unmittelbare Beteiligung an Feindseligkeiten gewertet.110 Nur wenn Personen spezifisch für die Ausführung eines vorbestimmten feindlichen Aktes ausoder fortgebildet werden, kann dies als integraler Bestandteile dieses Aktes und damit unmittelbar kausal für den voraussichtlich eintretenden Schaden angesehen werden.111 Dies ist der Fall, wenn sich das militärische Training auf der taktischen Ebene einer Militäroperation abspielt.112 (7) Aufklärungsaktivitäten Bei Aufklärungsaktivitäten wie der Beschaffung und Analyse von Informationen ist wieder nach den verschiedenen Konfliktebenen zu differenzieren: Aufklärungsaktivitäten, die auf taktischer Ebene anzusiedeln sind, werden gemeinhin als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten gewertet.113 Dafür spricht, dass Aufklärungsarbeit auf taktischer Ebene als integraler Bestandteil spezifischer Militäreinsätze identifizierbar ist. Aufklärungsaktivitäten können beispielsweise Überflüge von Aufklärungsflugzeugen oder Drohnen über feindlichem Territorium sein, mit dem Ziel, Aufnahmen feindlicher Angriffsziele für spezifische Militäreinsätze zu machen. Demnach nehmen auch jene Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die, wie oben dargestellt, im Rahmen sogenannter combat air patrols als Drohnenpiloten Informationen über mögliche Ziele sammeln, unmittelbar an Feindseligkeiten teil. Dies gilt insbesondere für die Echtzeit-Gefechtsfeldaufklärung mit dem in den von den US-Streitkräften genutzten System J-STARS, bei dem auch private Dienstleister Besatzungsmitglieder sind. Auch sofern beim Einsatz der Aufklärungsdrohne der Bundeswehr HERON 1 gezielt taktische Informationen über ein späteres militärisches Ziel generiert werden, ist nach der Studie des IKRK davon auszugehen, dass deren Piloten unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Dass diese selbst keine Ziele markieren oder Geschosse abfeuern, ist unerheblich; es kommt allein darauf an, ob die betreffende Person in einem Waffensystem eine unverzichtbare Funktion einnimmt.114
110
Boldt, GYIL 2004, 502 (521 f.); Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 236; Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 84. 111 Vgl. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 174. 112 Schmitt, CJIL 2005, 511 (545); a. A. Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 104 f. 113 Vgl. Schmitt, CJIL 2005, 511 (543); ebenso Boldt, GYIL 2004, 502 (522). Ähnlich, allerdings ohne ausdrückliche Differenzierung zwischen Aufklärung auf taktischer, strategischer und operativer Ebene Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 101 f. 114 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 167.
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Ebenso betroffen ist die Analyse und Übermittlung taktischer Informationen an angreifende Truppen.115 Auch sofern bei privaten Militärfirmen angestellte „Verhörspezialisten“ Gefangene befragen, um auf diese Weise an zeitkritische taktische Informationen, die für einen spezifischen Angriff verwendet werden sollen, zu gelangen, wäre eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu bejahen.116 Gleiches gilt für Übersetzungsleistungen auf taktischer Ebene. Freilich muss auch bei Aufklärungsaktivitäten auf taktischer Ebene neben der direkten Kausalität eine Verknüpfung zur Kampfführung einer Konfliktpartei vorhanden sein, d. h. die Tätigkeit muss darauf abzielen, den betreffenden Schaden zugunsten der einen und zu Lasten der anderen Konfliktpartei zu verursachen. Stellt sich lediglich bei Gelegenheit der Informationssammlung, Auswertung oder Übermittlung heraus, dass diese für eine konkrete taktische Operation verwendbar ist, so ist ein belligerent nexus – ebenso wie die direkte Kausalität mangels Integration in eine bestimmte Militäroperation – abzulehnen. Bei Aufklärung auf strategischer Ebene, wie z. B. dem Einsatz von Aufklärungssatelliten, die für eine längerfristige Observation bestimmter Territorien vorgesehen sind, oder der Auswertung strategischer Informationen, gilt wiederum, dass hier keine unmittelbar kausale Verbindung zwischen Handlung und Schädigungserfolg festzustellen ist. Die betreffende Handlung, mit der allgemeine Ziele verfolgt werden, kann keinem konkreten Schaden zugeordnet werden. Ebensowenig lassen sich in der Regel Aufklärungsaktivitäten auf operativer Ebene als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten klassifizieren, da, wie oben ausgeführt, die operative Ebene gewöhnlich kein integraler Bestandteil spezifischer Militäroperationen ist und somit auch hier eine unmittelbare Kausalität zwischen Handlung und Schaden nicht begründbar ist. (8) Logistik Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass logistische Unterstützung auf low risk-Ebene, wie beispielsweise der Transport von Nahrung oder von Material, das der Unterbringung der Truppen dient, keine unmittelbare sondern nur eine mittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten darstellt.117 Derartige Aktivitäten können keiner konkreten Schädigungshandlung zugeordnet werden, so dass es am Erfordernis der unmittelbaren Kausalität zwischen der ausgeführten Tätigkeit und einer Schädigungshandlung fehlt. Auch der Aufbau bzw. Wiederaufbau militärisch nutzbarer 115 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 55; Melzer, Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities 2005 @ Summary Report, S. 28, 31. 116 Ähnlich Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 88, die darauf abstellt, ob die Gewinnung der Informationen die unmittelbare Schädigung des Gegners zum Ziel hat. 117 Boldt, GYIL 2004, 502 (522); Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 165; Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 103; Schmitt, CJIL 2005, 511 (544).
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Objekte zählt zu dieser unterschwelligen Ebene, da dieser keine unmittelbar kausale Auswirkung auf Militäroperationen zeitigt und nur mittelbar ursächlich für Schädigungshandlungen ist.118 Zwar mögen die Lieferung von Nahrungsmitteln, die Versorgung mit Elektrizität, Kraftstoff oder Baumaterial, der Aufbau von Behausungen für die Truppen oder die Durchführung von Finanzdienstleistungen unabdingbar für die spätere Kampfführung sein. Dies allein genügt jedoch noch nicht, um eine unmittelbare Kausalität zu begründen. Die Aktivitäten dienen zunächst nur dem Zweck, die Fähigkeit der Schadensverursachung aufrechtzuerhalten oder herbeizuführen und sind daher als lediglich mittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten anzusehen. Dies gilt auch für den Transport von Waffen und Ausrüstung, sofern der Transport nicht als integraler Bestandteil einer spezifischen Militäroperation erfolgt, die darauf abzielt, bei der gegnerischen Konfliktpartei einen unmittelbaren Schaden zu verursachen. Handelt es sich im Gegensatz dazu um logistische Unterstützung, die für die Ausführung einer ganz spezifischen Militäroperation geleistet wird, so können dieselben Tätigkeiten als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu klassifizieren sein: Beispielsweise wenn in ein Gefecht verwickelte Truppen mit Munition oder Waffen versorgt werden, oder wenn weitere Mitglieder der Streitkräfte zum Gefechtsschauplatz transportiert werden. So nimmt etwa der Fahrer eines Munitionslastwagens je nach dem Kontext, in dem seine Tätigkeit steht, entweder mittelbar oder unmittelbar an Feindseligkeiten teil. Ersteres z. B. beim Transport der Munition vom Ort der Herstellung zum Flughafen, von dem aus die Munition in das Kampfgebiet verfrachtet wird, Letzteres beim Transport von einem Lager zu aktiven Feuerposten am Gefechtsschauplatz.119 Es ist daher an dieser Stelle festzuhalten, dass es sich insbesondere im Bereich der vielfältigen und breit gefächerten logistischen Unterstützungsleistungen nur im Rahmen des Kontextes der betreffenden Tätigkeit erschließt, ob ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens eine continuous combat function innehat. Auch bei der Wartung von Waffensystemen ist der Kontext der konkreten Tätigkeit essenziell. Diesbezüglich wird vertreten, nur wenn die Wartungsarbeiten im unmittelbar umkämpften Bereich ausgeführt werden, bestehe eine Ursächlichkeit für die sich anschließenden, in zeitlicher und örtlicher Nähe ausgeführten Schädigungshandlungen.120 Diese Begründung erscheint angreifbar, weil es im Zeitalter computergesteuerter Waffen eben nicht der räumlichen und zeitlichen Nähe zum Gefechtsschauplatz bedarf, um einen relevanten Schädigungserfolg zu erreichen. 118
(545). 119
Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 105; Schmitt, CJIL 2005, 511
Vgl. Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 52 ff.; a.A. US-DoD Instruction 3020.41, Nr. 2.2 i.V.m. Nr. 6.1.1, wonach das der Transport von Munition selbst dann als mittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten charakterisiert wird, wenn dieser während einer Militäroperation stattfindet. 120 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 104.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
Entscheidend für eine unmittelbare Kausalität zwischen Wartungshandlung und voraussichtlich eintretendem Schaden muss auch hier sein, ob die Tätigkeit integraler Bestandteil einer spezifischen Militäroperation ist, mit der eine konkrete Schädigung des Gegners bezweckt wird. Unter diesem Parameter lässt sich beispielsweise das Betanken von Kampfflugzeugen vor deren Einsatz in umkämpftem Gebiet, das Beladen mit abzuwerfenden Bomben sowie das Beheben technischer Probleme oder das Überprüfen von Material im Vorfeld eines konkreten Einsatzes als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten identifizieren. Derartige Vorbereitungsmaßnahmen sind kausal so eng mit der folgenden Kampfhandlung verknüpft, dass sie als deren integraler Bestandteil gelten. Die Vorschrift des Art. 44 Abs. 3 ZP I sieht vor, dass Zivilpersonen, die an Kriegshandlungen zur Vorbereitung eines Angriffes teilnehmen, den Schutz vor Angriffen verlieren. Daraus lässt sich ableiten, dass Personen, die derartige Vorbereitungshandlungen durchführen, genauso wie bei einem Angriff unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Demgegenüber kann die routinemäßige Wartung, die unabhängig vom Einsatz in einer konkreten Operation oder einem konkreten Einsatz stattfindet, keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten sein, sondern nur eine mittelbare.121 cc) Voraussetzungen von Art. 4 A Abs. 2 lit. a @ d III. GA Um als Kombattanten zu gelten, müssten die Mitarbeiter privater Militärdienstleister zudem die Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 2 lit. a @ d III. GA erfüllen. Sie müssten also eine für ihre Untergebenen verantwortliche Person an ihrer Spitze haben, ein bleibendes und von weitem erkennbares Unterscheidungszeichen führen, die Waffen offen tragen, und bei ihren Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten. (1) Verantwortliche Person Da Sinn und Zweck der Vorschrift allein die Sicherung der Gruppendisziplin und der Respektierung humanitären Völkerrechts ist, ist es nicht erforderlich, dass die verantwortliche Führungsperson ein Militär ist, sondern es genügt, dass sie die Gruppe de facto führt.122 Ausschlaggebend ist, dass die betreffende Person Befehle erteilt und dafür die Verantwortung trägt,123 wobei hier ein weiterreichender Maßstab anzulegen ist als bei der Vorgesetztenverantwortlichkeit nach internationalem Strafrecht.124 Anders als bei Art. 43 ZP I, der nur eine anonyme, kollektive Führung erfordert, muss im Rahmen von Art. 4 A III. GA eine Person an der Spitze der Gruppe 121
So im Ergebnis auch Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 167. 122 Clapham u. a., The 1949 Geneva Conventions, S. 898 f. Rn. 33; de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, Art. 4 S. 59. 123 Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 119. 124 Clapham u. a., The 1949 Geneva Conventions, S. 899 Rn. 34.
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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stehen.125 Zudem muss die Gruppe ein Mindestmaß an Organisationsstruktur und interner Disziplin aufweisen.126 Das Kriterium des Art. 4 A Abs. 2 lit. a III. GA muss für jeden Einzelfall gesondert untersucht werden. Viele private Militärunternehmen dürften jedenfalls das geforderte Maß an Organisation erfüllen, da sie häufig über Strukturen verfügen, die militärischen Hierarchieebenen ähnlich sind.127 Das Verhältnis des Unternehmensmitarbeiters zu seinem Vorgesetzten richtet sich grundsätzlich nach den arbeitsvertraglich vereinbarten Bestimmungen. Zwar unterliegt das Firmenpersonal ohne spezifische vertragliche Regelungen nicht militärischer Befehlsgewalt oder militärischem Disziplinarrecht, jedoch können die Anforderungen von Art. 4 A Abs. 2 lit. a III. GA durch entsprechende Vertragsgestaltung erfüllt werden. Arbeitsrechtliche Möglichkeiten bei Schlecht- oder Nichtleistung wie Kündigung, Vertragsstrafen, Lohnkürzung oder eine Herabstufung der Funktion können eine Wirkung entfalten, die einem militärischen Disziplinarsystem zumindest vergleichbar ist.128 Welche Person als Verantwortlicher an der Spitze anzusehen ist, ergibt sich wiederum aus den konkreten Umständen des Einzelfalls. Denkbar ist ein Vorstandsvorsitzender oder Firmeninhaber.129 In Betracht kommen aber auch Personen aus der mittleren Unternehmenshierarchie, sofern sie die Möglichkeit haben, Maßnahmen gegen Mitarbeiter zu ergreifen, die ihre Vorgaben nicht befolgen. Als verantwortliche Person kommen auch Militärs in Betracht, sofern Firmenmitarbeiter diesen vertraglich unterstellt wurden. (2) Unterscheidungszeichen Das Erfordernis des Art. 4 A Abs. 2 lit. b III. GA dient der besseren Unterscheidung von Zivilpersonen und Kombattanten. Partisanen, für die die Vorschrift ursprünglich gedacht war, tragen in der Regel keine Uniform. Daher sollte das „von weitem sichtbare Unterscheidungszeichen“ das Tragen einer Uniform ersetzen. Das Zeichen muss für alle Mitglieder der Gruppierung gleich sein und darf nur von dieser verwendet werden. Um „von weitem erkennbar“ zu sein, sollte das Unterscheidungszeichen von einer Person auf eine Distanz, die es auch erlaubt eine Uniform zu erkennen, wahrnehmbar sein. Es kann aus einer Armbinde, einer Mütze, einer Jacke, einem Hemd oder einem Emblem oder Zeichen, das auf Brusthöhe getragen wird,
125
Vgl. Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 237. Boldt, GYIL 2004, 502 (527); Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 111 f. 127 Schmitt, CJIL 2005, 511 (529); Gillard, IRRC 2006, 525 (535). 128 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 113 f. 129 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 113. 126
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
bestehen. Befinden sich die betreffenden Personen in einem Fahrzeug bzw. Luftfahrzeug, muss sich das Unterscheidungszeichen auch darauf befinden.130 Ob Mitarbeiter privater Militärfirmen ein Unterscheidungszeichen im Sinn der Vorschrift führen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Zumindest was das Tragen von Militäruniformen, die ebenfalls als Unterscheidungszeichen anzusehen sind, betrifft, ist bei vom US-Verteidigungsministerium beauftragten Firmen eine gegenläufige Tendenz festzustellen: Private Dienstleister dürfen grundsätzlich keine Uniformen tragen, die jenen der US-Streitkräfte ähneln. Aus operativen Gründen dürfen Vorgesetzte schriftlich das Tragen von Uniformen erlauben, auf der Uniform muss dann allerdings der zivile Status angezeigt sein.131 Dahinter steht die Auffassung, bei den Mitarbeitern privater Militärfirmen handele es sich um Zivilpersonen, die die Streitkräfte begleiten.132 Die Tatsache, dass das Tragen von Militäruniformen nicht nur von Seiten des staatlichen Auftraggebers, sondern teils auch von den Unternehmen selbst verboten wird – die Firma Kellog, Brown & Root verbietet ihren Mitarbeitern das Tragen von military garb133 – spricht für diese Tendenz. Fraglich ist darüber hinaus, ob das Tragen von Firmenuniformen oder Firmenlogos dem Erfordernis eines von weitem erkennbaren Unterscheidungszeichens gerecht wird. Werden allerdings die gleichen Firmenuniformen bzw. Logos sowohl von Mitarbeitern mit fortdauernder Kampffunktion als auch von Mitarbeitern, die mit anderen Tätigkeiten betraut sind, getragen, so sind sie als Unterscheidungszeigen nach Art. 4 A Abs. 2 lit. b III. GA ungeeignet. Aus genau diesem Grund ist auch die aus den Medien bekannte Bekleidung, bestehend aus Springerstiefeln, CamouflageHose, T-Shirt, Sonnenbrille, Schutzweste und Helm, kein geeignetes Unterscheidungszeichen, selbst wenn sie häufig immerhin die Unterscheidung von der lokalen Bevölkerung, die in Krisenregionen regelmäßig traditionell gekleidet ist, erlaubt. Der Großteil der Unternehmensmitarbeiter führt daher kein Unterscheidungszeichen im Sinn von Art. 4 A Abs. 2 lit. b III. GA.134 (3) Offenes Tragen der Waffen Sinn und Zweck des Erfordernisses, die Waffen offen zu tragen, ist es, die Mitglieder der Gruppierungen nach Art. 4 A Abs. 2 III. GA ebenso als Kombattanten erkennen zu können wie reguläre Mitglieder der Streitkräfte. Daher müssen die 130
de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, Art. 4 S. 59. S. DoD Instruction 3020.41 v. 20. 12. 2011, S. 18 f. http://www.dtic.mil/whs/directives/ corres/pdf/302041p.pdf; DoD, Contractors in the Workplace/Deployment Ethics Counselor’s Course, Oktober 2015, S. 21, www.dod.mil/dodgc/defense_ethics/resource_library/deskbook/ contractors_in_federal_workplace.pdf. 132 Sossai, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 197 (202). 133 Guillory, AFLRev. 2001, 111 (129). 134 Gillard, IRRC 2006, 525 (535); Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 54; a.A. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 115, die „quasiuniformierte Kleidung oder ein entsprechendes Unterscheidungszeichen“ von Mitarbeitern als ausreichend ansieht. 131
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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Waffen weder stets „ostensibel“ getragen werden, noch wird mit der Vorschrift ein Verbot, Waffen beispielsweise in Taschen mitzuführen, begründet. Vielmehr soll verhindert werden, dass eine Gruppierung routinemäßig ihren militärischen Charakter verbirgt und dadurch einen taktischen Vorsprung erlangt, beispielsweise indem sich die Mitglieder mit absichtlich verdeckt getragenen Waffen Zugang zu einem Militärposten verschaffen, um dann das Feuer zu eröffnen.135 Das Kriterium des offenen Tragens der Waffen wird von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in der Regel erfüllt.136 (4) Einhalten der Gesetze und Gebräuche des Krieges Zudem müssten die Mitarbeiter der Firmen – falls sie tatsächlich für Kampfhandlungen eingesetzt werden – die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten, Art. 4 A Abs. 2 lit. d III. GA. Dabei kommt es nicht auf individuelle Verstöße gegen das Konfliktsvölkerrecht an, sondern darauf, ob die Gruppierung als solche systematisch humanitär-völkerrechtliche Regeln missachtet.137 In der Literatur überwiegt die Ansicht, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass private Militärunternehmen systematisch gegen humanitäres Völkerrecht verstoßen. Auch wenn außer Frage stehe, dass Mitarbeiter privater Militärdienstleister in der Vergangenheit eklatant Konfliktrecht verletzt haben, so komme es bei Art. 4 A Abs. 2 lit. d III. GA auf das Unternehmen als solches an.138 Ein Indiz dafür, dass ein privates Militärunternehmen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält, ergibt sich zumindest dann, wenn dieses für die Schulung seiner Mitarbeiter in den Regeln des humanitären Völkerrechts sorgt. So bekräftigen etwa die Mitglieder der International Stability Operations Association (ISOA), einem Zusammenschluss von 51139 privaten Sicherheits- und Militärfirmen, in der Präambel und Punkt 1.1 ihres Verhaltenskodex, sich von allen einschlägigen Regeln des humanitären Völkerrechts und den Menschenrechten leiten lassen, insbesondere von den Genfer Konventionen und deren Zusatzprotokollen.140
135
Clapham u. a., The 1949 Geneva Conventions, S. 901 Rn. 44; de Preux u. a., The Geneva Conventions of 12 August 1949, Vol. III, Art. 4 S. 61. 136 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 404 f. 137 Vgl. Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 120. 138 Boldt, GYIL 2004, 502 (529); Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 405; Gillard, IRRC 2006, 525 (535); Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 87; Schmitt, CJIL 2005, 511 (531); a.A. Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 120. 139 Stand: 08. 09. 2016. 140 ISOA Code of Conduct @ International Stability Operations Association, abrufbar unter http://www.stability-operations.org/?page=Code.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
dd) Zwischenergebnis Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die kumulativen Voraussetzungen von Art. 4 A Abs. 2 III. GA insgesamt nur von einem kleinen Teil der Mitarbeiter von Militärunternehmen erfüllt werden, entweder weil bereits ihre Tätigkeit keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten darstellt, und/oder weil sie kein Unterscheidungszeichen tragen.141 Was erstere Voraussetzung betrifft, so ist die Einbindung auf taktischer Ebene in jedem Fall ein Indiz dafür, dass ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens eine continuous combat function bekleidet. Aufgrund der überaus vielfältigen Tätigkeitsfelder privater Militärunternehmen fällt eine Einordnung nach wie vor schwer; eine Einzelfallbetrachtung ist in jedem Fall unabdingbar.142 Dennoch zeigt die vorgenommene Prüfung, dass die Parameter der Direct-Participation-Studie grundsätzlich geeignete und praktikable Prüfungskriterien sind, die meist zu eindeutigen Ergebnissen führen. Das insbesondere von Niewerth143 und Menz144 angewendete Erfordernis einer räumlichen und zeitlichen Nähe zum Gefechtsschauplatz erscheint bei den Möglichkeiten der modernen Kampfführung hingegen nicht mehr zeitgemäß. Auch die pauschale Übernahme der in der politikwissenschaftlichen Literatur verbreiteten Typisierung der Firmen in military support firms, military provider firms und military consulting firms für die Untersuchung der Frage, ob deren Mitarbeiter unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen,145 dürfte aus humanitär-völkerrechtlicher Sicht unzureichend sein, da diese Typisierung eben auf einer nicht mehr zeitgemäßen räumlichen Distanz zum Kampfgeschehen beruht.146 Zum anderen agieren große Unternehmen in mehreren Bereichen gleichzeitig. Wie die Untersuchung zeigt, kann sogar dieselbe Tätigkeit je nach Kontext als unmittelbare Teilnahme zu werten sein. Vor allem im Bereich des Personen- und Objektschutzes, bei der Bedienung von Waffensystemen, im Rahmen von Aufklärungsaktivitäten sowie im Bereich der Logistik werden mit den hier angewendeten Kriterien mehr Tätigkeiten als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten gewertet als bei Anwendung der Kriterien der räumlichen und zeitlichen Nähe zum Gefechtsschauplatz. Insbesondere der Einsatz 141
Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 407. Vgl. dazu JStGH, Opinion and Judgement v. 07. 05. 1997, Prosecutor v. Tadic, IT94 – 1-T, Nr. 616: „It is unnecessary to define exactly the line dividing those taking an active part in hostilities and those who are not so involved. It is sufficient to examine the relevant facts of each victim and to ascertain whether, in each individual’s circumstances, that person was actively involved in hostilities at the relevant time.“ 143 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 97. 144 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 51. 145 So jedoch Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 83 ff., und Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 52 ff. 146 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 162 f. 142
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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von privatem Personal bei der Steuerung des Aufklärungssystems HERON 1 durch die Bundeswehr zur Generierung taktischer Informationen erscheint vor diesem Hintergrund als weder mit humanitärem Völkerrecht noch mit dem deutschen verfassungsrechtlichen Rahmen147 vereinbar. 3. Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei, Art. 43 Abs. 1 und 2 ZP I Ohne die Regelungen des Art. 4 A III. GA außer Kraft zu setzen, führt Art. 43 ZP I ein völlig neues Streitkräftekonzept ein, das allerdings bereits seit der Brüsseler Konferenz von 1874 Diskussionsgegenstand war.148 Anders als die bisher untersuchten Regelungen definiert Art. 43 Abs. 2 ZP I erstmals ausdrücklich den Begriff des Kombattanten. Kombattanten sind danach die Angehörigen der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei. Ohne eine Konfliktpartei, die ein Völkerrechtssubjekt ist, gibt es also auch keinen Primärstatus des Kombattanten, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Person aktiv an bewaffneten Feindseligkeiten teilnimmt oder nicht.149 Art. 43 Abs. 1 ZP I bezeichnet die Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei als „Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten, die einer Führung unterstehen, welche dieser Partei für das Verhalten ihrer Untergebenen verantwortlich ist“; dies gilt auch dann, wenn diese Partei durch eine Regierung oder ein Organ vertreten ist, die von einer gegnerischen Partei nicht anerkannt werden. Die vier Voraussetzungen, die die HLKO und das III. GA vorsehen, wurden in Art. 43 ZP I auf zwei reduziert: Das Erfordernis der Erkennbarkeit ist in ZP I nicht mehr ausschlaggebend für den Begriff der Streitkräfte und damit für den Kombattantenstatus, sondern es ist relevant für die Frage, ob ein Kombattant das Recht hat, als Kriegsgefangener behandelt zu werden. Dementsprechend findet sich diese Anforderung nicht mehr in der Definition des Art. 43 ZP I, sondern in Art. 44 ZP I. Auch die Voraussetzung, die Gesetze und Gebräuche des Krieges zu respektieren, wird in Art. 43 ZP I nicht mehr explizit erwähnt. Die Rede ist vielmehr von dem Erfordernis eines internen Disziplinarsystems, um die Beachtung des humanitären Völkerrechts durchzusetzen.150
147
Hierzu s. o. Kap. I C. I. 1. de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1669. 149 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, Die Genfer Zusatzprotokolle. Kommentare und Analysen, S. 136 (152). 150 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 4 S. 16. 148
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
Es ist umstritten, ob Art. 43 ZP I kodifiziertes Gewohnheitsrecht darstellt.151 Hiergegen spricht insbesondere, dass das ZP I gerade deshalb nicht von Staaten ratifiziert wurde, um zu vermeiden, reguläre und irreguläre bewaffnete Gruppen gleich behandeln zu müssen, was Art. 43 ZP I vorsieht.152 So wenden beispielsweise die USA, die das ZP I nicht ratifiziert haben, Art. 43 ZP I nicht an.153 a) Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten Im Unterschied zur III. Genfer Konvention von 1949 differenziert das ZP I nicht mehr zwischen den regulären Streitkräften und anderen bewaffneten Gruppen.154 Die Vorschrift gilt für Individuen und Gruppen gleichermaßen, ungeachtet des Organisationsniveaus einer bestimmten Formation.155 Auch die in der HLKO und in den Genfer Abkommen neben den „Streitkräften“ aufgeführten kombattanten Einheiten wie Milizen und Freiwilligenkorps einschließlich der organisierten Widerstandsbewegungen sind vom Streitkräftebegriff des Art. 43 ZP I erfasst und ihre Mitglieder den Soldaten gleichgestellt.156 Mit dem Attribut „organisiert“ bezweckten die Vertragsparteien nicht, den Streitkräftebegriff zu verengen. Vielmehr ergibt eine systematische, historische und teleologische Auslegung der Norm, dass damit ausgedrückt werden sollte, dass die Kampfhandlungen der Einheiten einen kollektiven Charakter aufweisen, einer gewissen Kontrolle unterstehen sowie bestimmten Regeln folgen müssen – im Gegensatz zu Individuen, die isoliert und ohne entsprechende Vorbereitung und Ausbildung operieren.157 Private Militärunternehmen als Gebilde, die nach innen durch Gesellschafts- und Arbeitsverträge strukturiert sind158 und deren unternehmensin-
151 Für die Einordnung als Gewohnheitsrecht u. a. Greenwood, in: Delissen u. a., Humanitarian Law of Armed Conflict – Challenges Ahead, S. 182 ff.; Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 4 S. 15; Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 90; ablehnend u. a. Walker/White, ICLQ 2005, 651 (677); Zechmeister, Die Erosion des humanitären Völkerrechts in den bewaffneten Konflikten der Gegenwart, S. 131. 152 Vierucci, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 235 (250). 153 Auch nach Doswald-Beck, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 115 (118), sind jene Staaten, die ZP I nicht ratifiziert haben, nur an die Vorschriften des III. GA gebunden. 154 Detter Delupis, The law of war, S. 139. 155 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, Die Genfer Zusatzprotokolle. Kommentare und Analysen, S. 136 (152). 156 Buss, Der Kombattantenstatus, S. 231. 157 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1672. 158 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 124 f.
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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terne Hierarchie sich häufig am Vorbild regulärer Streitkräfte orientiert, sind daher durchaus als organisierte Einheiten im Sinne von Art. 43 Abs. 1 ZP I subsumierbar.159 Was das Attribut „bewaffnet“ betrifft, so wird angesichts der Tatsache, dass in Krisenregionen häufig auch eindeutig zivile Mitarbeiter der Streitkräfte Waffen zur Selbstverteidigung bei sich tragen und darüber hinaus die moderne Waffentechnologie einen Bedeutungsverlust von tragbaren Waffen mit sich bringt, eine funktionelle Auslegung der Vorschrift vertreten. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift wird darauf abgestellt, ob es zu den Pflichten der betreffenden Personen gehört, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen.160 Es ist also ebenso wie bei Art. 4 A Abs. 2 III. GA zu prüfen, ob die Mitarbeiter privater Militärfirmen eine fortdauernde Kampffunktion wahrnehmen. Diesbezüglich sei auf die obigen Ausführungen zur continuous combat function verwiesen. b) Befehlsorgan, das der Konfliktpartei verantwortlich ist Art. 43 ZP I zielt darauf ab, in die „Streitkräfte“ all jene Gruppen einzuschließen, die eine faktische Verbindung zu den regulären Streitkräften aufweisen und zugunsten einer Konfliktpartei agieren.161 Dafür vereint Art. 43 ZP I die Art. 4 A Abs. 1 und Abs. 2 III. GA, also sowohl die formell inkorporierten Streitkräfte als auch jene Gruppen nach Abs. 2, die nicht Teil der „formellen“ Armee sind. Im ZP I existieren also nur noch „reguläre“ Streitkräfte, die zumindest über eine faktische Verbindung zur Konfliktpartei verfügen müssen.162 Private Militärunternehmen, die de iure in staatliche Streitkräfte inkorporiert sind, fallen daher ebenso unter die Vorschrift wie jene, die de facto Teil der Streitkräfte einer Konfliktpartei sind. Ob es sich bei der Verantwortlichkeit des Befehlsorgans nach Art. 43 ZP I um eine individuelle straf- und disziplinarrechtliche Vorgesetztenverantwortlichkeit handeln muss, oder ob die Ausübung faktischer Kontrolle des Befehlsorgans ausreicht, ist umstritten. Aufgrund von Art. 86 Abs. 2 ZP I, der die straf- und disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit von Vorgesetzten für Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch Untergebene thematisiert, geht eine Ansicht davon aus, dass das Befehlsorgan 159
Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 93 f. Boldt, GYIL 2004, 511 (517); Buss, Der Kombattantenstatus, S. 201 f.; Fischer, Militärund Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 128 f.; Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 81; Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 94 f.; Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 39; a.A. Schaller, HuV-I 2006, 53 ff. 161 Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 234 f.; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 57; Ipsen, in: Fleck/Bothe, The of international humanitarian law, S. 79 (85); de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1677. 162 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1672. 160
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
der Militär- und Strafgerichtsbarkeit des beauftragenden Staats unterstellt sein muss.163 Bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen, die nicht Staatsangehörige des Auftraggeberstaates sind, kann dies problematisch sein. Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch die Kombattanten zu sichern, sowie der grundsätzlich weite Kombattantenbegriff des ersten Zusatzprotokolls, sprechen jedoch gegen eine zu enge Auslegung der Vorschrift, so dass es vorzugswürdig ist, eine direkte, gegebenenfalls rein faktische Möglichkeit der Einflussnahme der Konfliktpartei zu fordern.164 Aber auch eine nur faktische Einflussnahmemöglichkeit liegt in der Praxis nicht immer auf der Hand. So ergab eine Untersuchung der US-Praxis, dass diese in den Jahren 2003 und 2004 im Irak nicht den Anforderungen von Art. 43 Abs. 1 ZP I genügt hätte, da es den wenigen Offizieren, die mit dem Monitoring der privaten Mitarbeiter befasst waren, schon rein zahlenmäßig nicht möglich war, die Leistung der Privaten aktiv zu überwachen.165 Auch spätere Berichte des US-Kongresses sowie des Senats mahnen immer wieder einen Mangel an Aufsicht und Kontrolle über die Leistung der privaten Unternehmen im Einsatz an.166 Noch schwieriger ist es bei privaten Militärunternehmen, die als Subunternehmer auftreten, eine faktische Einflussnahmemöglichkeit der Konfliktpartei zu etablieren; denn hier bestehen zwei Gruppenführungen und damit zwei Unterbrechungen in der Befehlsgewalt der Konfliktpartei. Dabei müsste der Subunternehmer selbst gegenüber der Konfliktpartei unmittelbar verantwortlich sein, um unter den Streitkräftebegriff von Art. 43 Abs. 1 ZP I zu fallen. Eine solche unmittelbare Verantwortlichkeit lässt sich noch nicht aus einer allgemeinen Klausel im Vertrag zwischen privatem Militärunternehmen und Konfliktpartei, die das Subcontracting generell erlaubt, schließen. Vielmehr muss die Konfliktpartei entweder individuell zustimmen, gegebenenfalls den Subunternehmer tatsächlich in die Verantwortung zu nehmen; oder sie muss über vertragliche oder tatsächliche Durchsetzungsmittel verfügen, um direkt Einfluss auf den Subunternehmer auszuüben.167
163
Vgl. Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 237. So Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 57; a. A. Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 122 f.; Sossai, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 197 (201), spricht sich gegen das Erfordernis einer Eingliederung in die militärische Befehlskette aus, verlangt aber als Mindestanforderung die Etablierung eines angemessenen Aufsichts- und Kontrollsystems, das auch die Ausübung von Strafgerichtsbarkeit umfasst. 165 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 88. 166 So z. B. US Senate Committee on Homeland Security and Governmental Affairs, Subcommittee on Contracting Oversight, New Information about the Guard Force Contract at the US Embassy in Kabul, Juni 2009, S. 9, http://www.mccaskill.senate.gov/pdf/061009/StaffAnaly sis.pdf; s. dazu und zu weiteren Berichten Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 88 ff. 167 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 119 f. 164
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c) Internes Disziplinarsystem Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I, der vorsieht, dass die Streitkräfte einem internen Disziplinarsystem unterliegen, das unter anderem die Einhaltung der Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts gewährleistet, stellt kein konstitutives Element der Streitkräftedefinition dar.168 Vielmehr stellt die Vorschrift lediglich fest, was ohnehin aus Art. 1 ZP I und Art. 96 Abs. 3 ZP I folgt, nämlich dass die so gebundenen Völkerrechtssubjekte die Beachtung des Völkerrechts sicherzustellen haben. Ein internes Disziplinarsystem ist lediglich eine denklogische konkrete Ausprägung dieses Prinzips. d) Unterscheidungspflicht nach Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I stellt die Regel auf, dass Kombattanten verpflichtet sind, sich von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden, solange sie an einem Angriff oder an einer Kriegshandlung zur Vorbereitung eines Angriffs beteiligt sind. Anders als in Art. 4 A Abs. 2 III. GA ist die Unterscheidung von der Zivilbevölkerung nicht mehr konstitutives Merkmal eines Kombattanten. Verstößt ein Kombattant gegen die Unterscheidungspflicht, führt dies gem. Art. 44 Abs. 4 ZP I zur Verwirkung des Rechtes, als Kriegsgefangener zu gelten.169 Der Verstoß gegen die Unterscheidungspflicht ist als Verletzung einer völkerrechtlichen Norm zu werten und kann zudem die Verantwortlichkeit von Vorgesetzten gem. Art. 86 und 87 ZP I nach sich ziehen. Die Ausnahme des Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I von der Unterscheidungspflicht wird bei Mitarbeitern privater Militärfirmen nicht greifen: Mit Situationen, in denen sich ein Kombattant wegen der Art der Feindseligkeiten nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden kann, sind nur solche Situationen gemeint, in denen es für eine Konfliktpartei keine andere militärische Möglichkeit außer dem Guerilla-Krieg mehr gibt.170 Im Unterschied zu den Vorgaben der Genfer Abkommen wurde mit Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I die Zeit, während der sich ein Kombattant von der Zivilbevölkerung unterscheiden muss, von einer permanenten Unterscheidungspflicht während der aktiven Dienstzeit auf eine Unterscheidungspflicht nur während eines Angriffs oder während der Vorbereitung eines Angriffs verkürzt. Wie bereits oben festgestellt, werden Mitarbeiter privater Militärunternehmen in der Regel der Unterscheidungspflicht nicht gerecht.
168 Boldt, GYIL 2004, 502 (528 f.); Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 238 f.; Buss, Der Kombattantenstatus, S. 232; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 57 f.; Ipsen, in: Schöttler, Die Genfer Zusatzprotokolle Kommentare und Analysen, S. 152; a. A. Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 125 ff.; Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 106. 169 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 44 Rn. 1696. 170 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 44 Rn. 1702.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
Als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Unterscheidungspflicht verliert ein Kombattant, der in die Gewalt einer gegnerischen Partei gerät, gemäß Art. 44 Abs. 4 S. 1 ZP I sein Recht, als Kriegsgefangener zu gelten. Dies bedeutet, dass eine Strafverfolgung sogar für Feindseligkeiten, die unter anderen Umständen nicht strafbar wären, möglich wird. Ein solcher Gefangener kann demnach nach nationalem Strafrecht einer Konfliktpartei bestraft werden. Art. 44 Abs. 4 S. 2 ZP I erklärt die strafprozessualen und disziplinarrechtlichen Garantien der Art. 82 @ 108 III. GA für anwendbar. e) Zwischenergebnis Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Art. 43 ZP I einen weitergehenden Anwendungsbereich umfasst als Art. 4 A Abs. 1 und 2 III. GA. Für die Einordnung der Mitarbeiter privater Militärunternehmen als Kombattanten ist wiederum entscheidend, ob diese eine fortdauernde Kampffunktion erfüllen. Auch das Kriterium eines verantwortlichen Befehlsorgans ist nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung eruierbar. Deutlich wird, dass letztlich die einzelnen Mitarbeiter die nachteiligen Folgen tragen müssen, wenn Auftraggeber und Unternehmen diese für kombattante Tätigkeiten heranziehen, dabei aber humanitär-völkerrechtliche Verpflichtungen wie das Tragen eines Unterscheidungszeichens ignorieren. Die Tendenz, den Kombattantenbegriff eher weit zu verstehen, um so einen Anreiz für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu schaffen – schließlich werden Kombattanten nicht für rechtmäßige Kriegshandlungen verfolgt – schafft durchaus eine Diskrepanz zur Praxis von Staaten und Unternehmen, die eine Kombattanteneigenschaft privater Unternehmensmitarbeiter verneinen.171
III. Zivilpersonen Der Personenkategorie der Zivilpersonen wird im ZP I negativ definiert: Zivilperson ist jeder, der kein Kombattant ist, vgl. Art. 50 Abs. 1 ZP I.172 Die wichtigste Rechtsfolge, die an den Zivilistenstatus anknüpft, ist der Schutz vor den von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Nach Art. 48 ZP I müssen die Konfliktparteien „jederzeit zwischen der Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen“ unterscheiden. So dürfen nach Art. 51 Abs. 2 S. 1 ZP I weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen das Ziel von Angriffen sein. Ebenso ist die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, nach Art. 51 Abs. 2 S. 2 ZP I verboten. Dieses Verbot stellt einen all-
171 172
Vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 406. Behnsen, GYIL 2003, 494 (496).
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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gemeinen Grundsatz des Völkerrechts dar.173 Allerdings nimmt das humanitäre Völkerrecht nach Art. 57 Abs. 2 lit. b ZP I Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung als Folge eines Angriffes auf ein militärisches Ziel hin, sofern die Verluste unter der Zivilbevölkerung und/oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Zu beachten ist aber, dass diese Immunität vor Angriffen nach Art. 51 Abs. 3 ZP I nur dann gilt, solange Zivilpersonen nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Solange Zivilpersonen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, gehen sie des Schutzes von Art. 51 Abs. 1 und 2 ZP I verlustig und können insbesondere Ziel von Angriffen sein, ohne dass humanitäres Völkerrecht verletzt wird, Art. 51 Abs. 3 ZP I. Zählen Angestellte privater Militärunternehmen nicht zu den Streitkräften einer Konfliktpartei, so sind sie als Zivilpersonen zu qualifizieren. Hier ist aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen zwischen dem Gefolge der Streitkräfte, Söldnern und anderen Zivilpersonen zu differenzieren. 1. Gefolge der Streitkräfte, Art. 4 A Abs. 4 III. GA Ausnahmsweise haben auch Zivilisten im Fall der Gefangennahme Anspruch auf den Kriegsgefangenenstatus, wenn es sich um Personen handelt, die i.S.v. Art. 4 A Abs. 4 III. GA den Streitkräften folgen. Nach der Vorschrift sind Personen, die den Streitkräften folgen, nicht in diese eingegliedert, wie zivile Besatzungsmitglieder von Militärflugzeugen, Kriegsberichterstatter, Heereslieferanten, Mitglieder von Arbeitseinheiten oder von Diensten, die für die Betreuung der Militärpersonen verantwortlich sind. Das Recht auf den Status von Kriegsgefangenen bewahrt die betreffenden Personen jedoch nicht davor, dass sie wie andere Zivilisten für eine unmittelbare Teilnahme an Kampfhandlungen vom Gewahrsamsstaat strafrechtlich verfolgt werden können.174 Art. 4 A Abs. 4 III. GA basiert auf Art. 13 HLKO und trägt der Tatsache Rechnung, dass das sog. Heeresgefolge eine Begleiterscheinung der Streitkräfte ist. Dem Wortlaut nach enthält die Vorschrift keine abschließende Beschreibung der Personengruppen, die unter diese Kategorie der Zivilisten fallen. Auch andere Personenoder Dienstkategorien, die den Streitkräften folgen, können von der Regelung erfasst werden,175 insbesondere Tätigkeiten in bewaffneten Konflikten, die von Mitarbeitern staatlich beauftragter privater Militärunternehmen wahrgenommen werden.176 Die Art der aufgezählten Aktivitäten legt allerdings nahe, dass die Vertragsparteien von 173
Ipsen, Völkerrecht, § 69 Rn. 3. Schaller, HuV-I 2006, 51 (53). 175 de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 64. 176 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 151. 174
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
vorneherein solche Personengruppen nicht in den Katalog aufnehmen wollten, deren Tätigkeit auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten hinausläuft.177 Es können daher nur solche Mitarbeiter von der Regelung erfasst sein, die Tätigkeiten ausüben, die kein integraler Bestandteil von konkreten Militäroperationen sind, wie etwa der Wiederaufbau von Objekten ohne spezifischen Bezug zu konkreten Operationen, oder logistische Unterstützungsleistungen, die ebenfalls unabhängig von einer konkreten Militäroperation erfolgen.178 Um als Gefolge der Streitkräfte zu gelten, müssen die betreffenden Personen nach Art. 4 A Abs. 4 III. GA von den Streitkräften, die sie begleiten, zu ihrer Tätigkeit ermächtigt worden sein. Zu diesem Zweck haben die Streitkräfte den Mitgliedern des Gefolges eine Ausweiskarte auszuhändigen. Der Besitz der zum Zweck der Ermächtigung ausgehändigten Ausweiskarte ist keine unabdingbare Voraussetzung für die Behandlung als Kriegsgefangener, es handelt sich dabei nur um eine zusätzliche Schutzmaßnahme.179 Umgekehrt genügt es für eine Ermächtigung im Sinne der Vorschrift jedoch nicht, wenn die Streitkräfte Zivilpersonen lediglich mit einer solchen Ausweiskarte versehen, ohne diese darüber hinaus besonders zu ermächtigen. Eine besondere Verknüpfung zwischen Auftragnehmer und Streitkräften ist unabdingbar.180 Zumindest dann, wenn die Streitkräfte eines Staates ein Militärunternehmen mit Tätigkeiten beauftragen, die es notwendig machen, dass die Unternehmensmitarbeiter diesen Streitkräften folgen, erscheint es nur folgerichtig, von einer – je nach Vertragsgestaltung ausdrücklichen oder konkludenten – Ermächtigung im Sinne von Art. 4 A Abs. 4 III. GA auszugehen.181 Wird ein privates Militärunternehmen hingegen nicht speziell im Auftrag der Streitkräfte, sondern im Auftrag anderer staatlicher Behörden tätig, so lässt sich eine Anwendung der Vor-
177 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 151 f.; Gillard, IRRC 2006, 525 (537). 178 Umstritten ist, ob das Gefolge der Streitkräfte physisch am Ort, an dem die Streitkräfte operieren, anwesend sein muss. Sinn und Zweck der Regelung und der Einsatz moderner Waffensysteme, insbesondere von Distanzwaffen, sprechen gegen diese Ansicht, vgl. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 152; Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 99; University Centre for International Humanitarian Law, Expert Meeting on Private Military Contractors: Status and State Responsibility for their Actions, S. 15, http://www.geneva-academy.ch/docs/expert-meetings/2005/2rapport_compag nies_privees.pdf. 179 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 202; de Preux u. a., Commentary on the Geneva Conventions, Vol. III, S. 64 f. 180 University Centre for International Humanitarian Law, Expert Meeting on Private Military Contractors: Status and State Responsibility for their Actions, S. 14. 181 Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 99 f.; a.A. Gillard, IRRC 2006, 525 (537), die eine Ermächtigung durch Vertrag als unwahrscheinlich ablehnt.
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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schrift nach deren Wortlaut nicht mehr vertreten, da es dann an einer Verbindung zu den Streitkräften fehlt.182 Nach der in den Vereinigten Staaten herrschenden Doktrin sind die Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die im Auftrag der Streitkräfte tätig werden, als Gefolge der Streitkräfte einzuordnen.183 Dies mag für eine Vielzahl von Tätigkeiten privater Militärunternehmen folgerichtig und sachgerecht sein.184 Konsequent sollen Mitarbeiter privater Militärunternehmen auch nicht für Tätigkeiten, die gemeinhin als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten angesehen werden, eingesetzt werden.185 Allerdings ist die Tendenz feststellbar, den Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten zunehmend restriktiv auszulegen. Sollten Private nach DoD Instruction 3020.41 in der Fassung von 2005 beispielsweise nicht für den Schutz militärischer Objekte herangezogen werden,186 ist dies nach der neuen Fassung von 2011 nicht kategorisch verboten.187 Vielmehr kann nach Joint Publication 4 – 10 der Einsatz Privater zum Schutz militärischer Objekte unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein.188 Eine solche Praxis geht letztlich zu Lasten der Unternehmensmitarbeiter und widerspricht dem Prinzip der Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten.189 2. Söldner Söldner bilden keine eigenständige Personenkategorie des humanitären Völkerrechts. Das Recht des internationalen bewaffneten Konflikts kennt lediglich die Kategorien der Kombattanten bzw. Mitglieder der Streitkräfte und der Zivilpersonen, da gem. Art. 50 Abs. 1 ZP I Zivilpersonen all diejenigen sind, die keinen Kombattantenstatus beanspruchen können. Die Tatsache, dass laut der Söldnerdefinition des Art. 47 Abs. 2 ZP I nur Söldner ist, wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer Konfliktpartei ist, lässt darauf schließen, dass Söldner Zivilpersonen sind, die un182 University Centre for International Humanitarian Law, Expert Meeting on Private Military Contractors: Status and State Responsibility for their Actions, S. 14 f. Danach waren beispielsweise diejenigen Angestellten privater Militärunternehmen, die im Irak im Auftrag der CIA tätig waren, nicht von Art. 4 A Abs. 4 III. GA erfasst. 183 Im Einsatz verwundete Mitarbeiter haben daher keinen Anspruch auf eine Invalidenrente wie Mitglieder der Streitkräfte, s. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 391. 184 Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 204. 185 Department of the Army/Department of the Navy, Joint Publication 4 – 10 „Operational Contract Support“ v. 16. 07. 2014, Chapter V-27. 186 US Departent of Defence, Instruction 3020.41 v. 03. 10. 2005 „Contractor Personnel Autorized to Accompany the Armed Forces“, Nr. 6.3.5.2. 187 US Departent of Defence, Instruction 3020.41 v. 20. 12. 2011, „Operational Contract Support“. 188 Department of the Army/Department of the Navy, Joint Publication 4 – 10 „Operational Contract Support“ v. 16. 07. 2014, Chapter V-27. 189 Vgl. Blizzard, AFJL 2004, 8 ff.; krit. auch Bartolini, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, 218 (234).
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
mittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein.190 An die Erfüllung der Definition des Art. 47 Abs. 2 ZP I wird in Abs. 1 der Regelung die Rechtsfolge geknüpft, dass Söldner keinen Anspruch auf den Status eines Kombattanten oder eines Kriegsgefangenen erheben können. Konsequenz der rechtlichen Einordnung der Söldner als Zivilpersonen ist, dass diese für ihre Teilnahme an Feindseligkeiten strafrechtlich belangt werden können; dabei können sie jedoch wie alle anderen Zivilpersonen auch den Schutz der Art. 45 Abs. 3, Art. 74 ZP I geltend machen. Sowohl die – sehr eng gefasste – Söldnerdefinition des Art. 47 Abs. 2 ZP I, die insbesondere auf Rekrutierung, Verhalten, Motivation und fehlende Eingliederung in die Streitkräfte abstellt, als auch die Rechtsfolgen, sind Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts.191 Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 47 Abs. 2 ZP I192 ergibt, müssen die Positivvoraussetzungen der lit. a@c und die Negativvoraussetzungen der lit. d@f kumulativ vorhanden sein.193 Dies setzt dem Anwendungsbereich der Norm sehr enge Grenzen. Häufig zitiert wird daher der Historiker Best mit dem Satz: „A mercenary who cannot exclude himself from this definition deserves to be shot – and his lawyer with him“.194 Die Voraussetzungen von Art. 47 Abs. 2 lit. a und b ZP I mögen auf solche Mitarbeiter privater Militärunternehmen zutreffen, zu deren Aufgabenkreis die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten gehört, und die auch tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen: Zwar sind von lit. a nur solche Personen erfasst, die für einen spezifischen Konflikt rekrutiert werden und die nicht auf Langzeitbasis für eine Konfliktpartei tätig sind. Dadurch sollten beispielsweise die 190
Behnsen, GYIL 2003, 494 (500); Maaß, NZWehrr 1991, 100 ff.; de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 47 Rn. 1797. 191 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 108 S. 391. 192 Nach Art. 47 Abs. 2 ZP I gilt als Söldner, a) wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen, b) wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, c) wer an Feindseligkeiten vor allem aus dem Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat, die wesentlich höher ist als die den Kombattanten der Streitkräfte dieser Partei in vergleichbarem Rang und mit ähnlichen Aufgaben zugesagte oder gezahlte Vergütung, d) wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist, e) wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und f) wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist. 193 Ipsen, Völkerrecht, § 68 Rn. 40. 194 Best, Humanity in Warfare. The Modern History of the International Law of Armed Conflicts, S. 328.
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
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Mitglieder der Französischen Fremdenlegion, der Nepalesischen Gurkhas, oder der Schweizer Garde im Vatikan von der Söldnerdefinition ausgeschlossen werden.195 Aufgrund der spezifischen Auftragsvergabe an private Militärunternehmen wird diese Vorgabe doch regelmäßig erfüllt sein.196 Hingegen bereitet das Motivationserfordernis des Art. 47 Abs. 2 lit. c ZP I erhebliche Subsumtionsschwierigkeiten. Mit dem Streben nach persönlichem Gewinn sollten Söldner von sogenannten internationalen Freiwilligen, die sich aus politischen oder ideologischen Gründen in einem Konflikt engagieren, abgegrenzt werden.197 Auch wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen häufig deutlich mehr Lohn erhalten als Mitglieder der Streitkräfte,198 so wird eine primär finanzielle Motivation als subjektives Merkmal schwer nachzuweisen sein.199 Hinzu kommt, dass neben einer finanziellen Veranlassung weitere Beweggründe für eine Konfliktbeteiligung maßgeblich sein können oder vorgeschoben werden, beispielsweise Abenteuerlust, die Unterstützung einer bestimmten Außenpolitik, oder ideologischer Fanatismus.200 Nicht von ungefähr wird daher Art. 47 Abs. 2 lit. c als Nadelöhr der Söldnerdefinition angesehen.201 Sinn und Zweck des Ausschlusskriteriums der staatsangehörigkeitsrechtlichen Beziehung bzw. der Gebietsansässigkeit nach Art. 47 Abs. 2 lit. d ZP I ist es, die Angehörigen von ortsansässigen Gruppen, die sich freiwillig dem Kampf an-
195 Dinstein, The conduct of hostilities under the law of international armed conflict, S. 51; Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 59; de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 47 Rn. 1805. 196 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 59 m.w.N. 197 Maaß, NZWehrr 1991, 100 (111). 198 Nach Isenberg, A Fistful of Contractors: The Case for a Pragmatic Assessment of Private Military Companies in Iraq, S. 28, sollen beispielsweise qualifizierte Fachleute im Irak bis zu 1.000 US-Dollar am Tag verdient haben. 199 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 60. In der Literatur wird auch vertreten, ein Handeln aufgrund eines konkreten finanziellen Vorteils sei dann nicht nachweisbar, wenn Unternehmensmitarbeiter aufgrund eines Arbeitsvertrages ein festes Gehalt erzielen, s. Kees, Privatisierung im Völkerrecht., S. 189; Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 72. 200 So sah sich der Gründer des Unternehmens Blackwater, Eric Prince, nach Aussagen eines ehemaligen Managers, als „christlicher Kreuzzügler mit dem Auftrag, Muslime und den islamischen Glauben von dieser Erde zu eliminieren“. Die Vorhaltung, seine Angestellten seien Söldner, soll er stets mit der Äußerung „Wir sind amerikanische Patrioten“ zurückgewiesen haben, s. Wernicke, Blackwater: „Kreuzzügler mit dem Auftrag, Muslime zu töten“, in: Süddeutsche Zeitung v. 17. 05. 2010, http://www.sueddeutsche.de/politik/blackwater-kreuzzueglermit-dem-auftrag-muslime-zu-toeten-1.172899. 201 Behnsen, GYIL 2003, 494 (511); Detter Delupis, The law of war, S. 148; Dinstein, The Conduct of Hostilities Under the Law of International Armed Conflict, S. 51; Krieger, AVR 2006, 159 (171).
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
schließen, vor einer Klassifizierung als Söldner zu schützen.202 Für Mitarbeiter privater Militärunternehmen hat diese Negativvoraussetzung zur Folge, dass ein großer Teil nicht von der Söldnerdefinition erfasst wird. Auch wenn in der Branche eine Internationalisierung der Mitarbeiter stattgefunden hat, so sind immer noch viele Mitarbeiter von Unternehmen, die im Auftrag der Vereinigten Staaten tätig sind, US-amerikanische Staatsbürger. So sollen beispielsweise im Jahr 2007 von ca. 30.000 Contractors im Irak im Auftrag der US-Regierung etwa 5.000 Amerikaner und 15.000 Iraker gewesen sein.203 Deutsche Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die im Auftrag ausländischer Staaten operieren, erfüllen hingegen das Negativkriterium von Art. 47 Abs. 2 lit. d ZP I. Art. 47 Abs. 2 lit. e ZP I schließt Angehörige der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei von der Söldnerdefinition aus. Teilweise wird vertreten, durch diese Negativvoraussetzung werde die Söldnerdefinition komplett bedeutungslos: Eine Person, die kein Mitglied der Streitkräfte eines Staates oder anderer Milizen und Freiwilligenkorps im Sinne von Art. 4 A Abs. 2 III. GA ist, und die demnach als Ziviliperson unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, hat im Fall der Gefangennahme auch ohne die Vorschrift des Art. 47 keinen Anspruch auf die Behandlung als Kriegsgefangener.204 Da Söldner aber nach Art. 47 Abs. 2 lit. a ZP I eine continuouscombat-Funktion wahrnehmen, dürften sie bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen aber ohnehin zumindest als de-facto-Angehörige der Streitkräfte einer Konfliktpartei nach Art. 4 A Abs. 2 III. GA oder nach Art. 43 Abs. 1 ZP anzusehen sein. Dies würde den Anwendungsbereich der Söldnerdefinition noch mehr einengen. Daher wird der Streitkräftebegriff von Art. 47 Abs. 2 ZP I so ausgelegt, dass davon lediglich die regulären Streitkräfte im engeren Sinne erfasst sind.205 Da mit einer Eingliederung in die regulären Streitkräfte ein Großteil jener Vorteile, den das Outsourcing mit sich bringt, verloren ginge, bleibt dieses Vorgehen eine Ausnahme. Als letzte Negativvoraussetzung schließt Art. 47 Abs. 2 lit. f ZP I diejenigen Personen von der Söldnereigenschaft aus, die von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehörige seiner Streitkräfte entsandt worden sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, insbesondere Bündnisverpflichtungen und Beistandspakte, im Rahmen derer Angehörige der Streitkräfte – etwa Militärberater – entsendet werden können, zu berücksichtigen.206 Bei einem großen Teil der Angehörigen privater Militärunternehmen dürfte diese Negativvoraussetzung nicht
202 de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 47 Rn. 1812. 203 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 61, mit Hinweis auf Congressional Budget Office, Contractors’ Support of U.S. Operations in Iraq, August 2008, S. 14 f. 204 Gillard, IRRC 2006, 525 (562). 205 Maaß, NZWehrr 1991, 100 (118 ff.). 206 Cassese, ZaöRV 1980, 1 (3 f.).
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zutreffen, da sie eben nicht als Angehörige der regulären staatlichen Streitkräfte entsandt werden.207 Zwei weitere internationale Konventionen, nämlich die Söldnerkonvention der Organization of African Unity (OAU)208 und die Söldnerkonvention der VN209 bezwecken daneben, das Söldnerwesen einzuschränken, indem sie eine staatengerichtete Missbillligung unter dem Gesichtspunkt des Gewalt- und Interventionsverbotes erreichen. Anders als Art. 47 ZP I beziehen sich die Söldnerkonventionen nicht auf eine bestimmte Konflikart, so dass sie sowohl in internationalen als auch in nichtinternationalen Konflikten gelten.210 Sie entfalten jedoch grundsätzlich keinen Einfluss auf den humanitär-völkerrechtlichen Status von Söldnern.211 Die genauere Betrachtung der Söldnerdefinition des Art. 47 Abs. 2 ZP I ergibt, dass es zwar nicht ausgeschlossen ist, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen sämtliche Elemente der Definition erfüllen; aufgrund des extrem engen Anwendungsbereiches der Vorschrift können dies jedoch nur wenige Einzelfälle sein. Im Ergebnis erweist sich daher die Kritik, die Regelung sei kaum von praktischer Bedeutung,212 als berechtigt. Überhaupt erscheint es aufgrund der kumulativen und im Wortlaut kaum dynamisch auslegbaren Voraussetzungen fast nicht möglich, irgendeine Person als Söldner zu klassifizieren.213 3. Andere Zivilpersonen Ist im Einzelfall eine Subsumtion von Mitarbeitern privater Militärunternehmen unter Art. 4 A Abs. 4 III. GA nicht möglich, so kommt ihnen der Status von Zivilpersonen zu, die kein Recht auf die Behandlung als Kriegsgefangene genießen. Aufgrund ihrer Nähe zu den Streitkräften und anderen militärischen Zielen sind sie allerdings einem hohen Risiko, Opfer eines Angriffs zu werden, ausgesetzt.214
207
Boldt, GYIL 2004, 502 (535). OAU Convention for the Elimination of Mercenarism v. 03. 07. 1977, OAU Doc. CM/817 (XXIX), Annex II. 209 International Convention against the Recruitment, Use, Financing and Training of Mercenaries v. 04. 12. 1989, UN/GA-Res. A/Res/44/34, (Annex). 210 Gillard, IRRC 2006, 525 (564 f.). 211 Aufgrund ihrer regionalen Begrenzung bzw. der geringen Zahl an Vertragsstaaten kommt den Konventionen kaum praktische Bedeutung zu. Insbesondere an der VN-Söldnerkonvention wird kritisiert, dass sie nicht die Mängel von Art. 47 ZP I und der OAU-Konvention beseitige, sondern kombiniere, s. Cockayne, in: Feichtinger u. a., Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 207 (214). 212 Detter Delupis, The law of war, S. 148. 213 Vgl. Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 76. 214 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 38. 208
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a) Gefahr der Verwendung als lebendige Schutzschilde Eine Grenze bei der Beauftragung ziviler Mitarbeiter privater Militärunternehmen ist dann zu ziehen, wenn diese Gefahr laufen, zu lebendigen Schutzschilden gemacht zu werden. Das humanitäre Völkerrecht nimmt Verluste von Zivilpersonen (nur) hin, sofern nach Art. 51 Abs. 5 lit. b ZP I die Verhältnismäßigkeit zwischen zivilen Opfern und dem erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil gewahrt ist. Damit können Zivilpersonen, die sich in der Nähe eines militärischen Ziels aufhalten und bei dessen Zerstörung voraussichtlich geschädigt würden, zwar kein tatsächliches, aber ein rechtliches Angriffshindernis darstellen. Zivilpersonen, die – gleich ob freiwillig oder unfreiwillig – als lebendige Schutzschilde agieren, nehmen nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teil, da eine kausale Verbindung zwischen der Tätigkeit und einem möglichen militärischen Schaden allenfalls indirekter Natur ist. Aus diesem Grund verlieren menschliche Schutzschilde nicht ihren Schutz vor Angriffen, was allerdings nichts daran ändert, dass das so geschützte Objekt grundsätzlich ein legitimes Angriffsziel ist. Entscheidend ist, dass der Gebrauch menschlicher Schutzschilde nach Art. 28 IV. GA und Art. 51 Abs. 7 ZP I verboten ist. Der Zivilisten gewährte Schutz vor Feindseligkeiten darf nicht für militärische Zwecke missbraucht werden. Dementsprechend sollen Zivilpersonen nicht verwendet werden, um einen militärischen Vorteil zu erlangen oder um dem Gegner einen solchen Vorteil vorzuenthalten.215 Dadurch wird deutlich, dass der Einsatz von zivilen Mitarbeitern privater Militärfirmen für Dienstleistungen, die diese in die unmittelbare Nähe zu militärischen Zielen führt, das humanitär-völkerrechtliche Prinzip der Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Zielen unterminiert.216 b) Suspendierung der Schutzbestimmungen Zivile Mitarbeiter privater Militärfirmen verlieren allerdings ihren Schutz vor den von Kampfhandlungen ausgehenden Gefahren, solange sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Dies gilt sowohl für den Fall des internationalen bewaffneten Konflikts nach Art. 51 Abs. 3 ZP I als auch für den Fall des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts nach Art. 13 Abs. 3 ZP II. Beide Regelungen kodifizieren Völkergewohnheitsrecht und gelten somit auch für Staaten, die keine Vertragsstaaten der Zusatzprotokolle sind.217 Fraglich ist dabei, in welchem zeitlichen Umfang die Schutzbedingungen suspendiert sind. Nach dem Wortlaut von Art. 51 Abs. 3 ZP I sind Zivilpersonen geschützt, „sofern und solange” sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. 215
Gasser/Dörmann, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 241 Rn. 506. 216 Cameron, IRRC 2006, 573 (591). 217 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 6 S. 19 ff.
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Dies legt nahe, dass ein Zivilist seinen Schutz vor Angriffen wiedererlangt, sobald er aufhört, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen.218 Dagegen wird das sogenannte „Drehtür“-Argument angebracht: Es könne nicht angehen, dass eine Person, die tagsüber Bauer und nachts Guerillero ist, stets ihren Schutz vor Angriffen wiedererlange, wenn sie vom Kampfschauplatz heimkehre. Dies provoziere eine Missachtung des humanitären Völkerrechts und damit eine erhöhte Gefahr für die Zivilbevölkerung. Zudem würden Zivilpersonen durch das geminderte Risiko einer direkten Teilnahme an Feindseligkeiten dazu geradezu ermuntert. Art. 51 Abs. 3 ZP I müsse daher so ausgelegt werden, dass die betreffende Person so lange ein rechtmäßiges militärisches Ziel bleibe, bis sie eindeutig durch eine längere Nichtteilnahme oder einen sich nach außen manifestierenden Austrittsakt ausgeschieden sei.219 Diese Interpretation verkennt allerdings, dass die zeitliche Begrenzung des Art. 51 Abs. 3 ZP I die Behörden eines Staates nicht daran hindert, die betreffende Person, auch nachdem die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten beendet wurde, festzunehmen oder andere repressive Maßnahmen, deren Rechtmäßigkeit sich an Art. 45 ZP I orientieren muss, zu ergreifen.220 Eine erweiternde Auslegung des zeitlichen Aspekts des Art. 51 Abs. 3 ZP I ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar. Zudem würde eine derartige zeitliche Ausdehnung der Suspendierung der Schutzbestimmungen die Unterscheidung, die im humanitären Völkerrecht zwischen einer temporären, aktivitätsbezogenen Suspendierung (Zivilpersonen), und einer kontinuierlichen, funktionsbezogenen Suspendierung (Kombattantenstatus bzw. continuous combat function) gemacht wird, verwischen. Unüberwindbare Beweisprobleme wären die Folge: Wie soll mit einem ausreichenden Grad an Sicherheit bestimmt werden, ob Zivilpersonen, die gerade nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, dies zu einem früheren Zeitpunkt wiederholt getan haben, und ob sie den fortgesetzten Vorsatz haben, dies wieder zu tun? Eine derartige Ausweitung des zeitlichen Aspekts müsste auf spekulative Kriterien zurückgreifen, was zu irrtümlichen oder willkürlichen Angriffen auf Zivilpersonen führen könnte und damit den Schutz von Zivilpersonen als Kern des humanitären Völkerrechts aushöhlen würde.221 Für Mitarbeiter privater Militärunternehmen mit dem Status von Zivilpersonen, die nicht mit einer continuous combat function ausgestattet sind, ist daher festzuhalten, dass sie Schutz vor Angriffen gemäß Art. 51 Abs. 3 ZP I genießen, solange sie nicht doch – spontan bzw. unorganisiert – unmittelbar an Feindseligkeiten teilneh218
Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 51 Rn. 1944. 219 Schmitt, CJIL 2005, 511 (535 f.); Israeli Supreme Court Sitting as the High Court of Justice, Urt. v. 13. 12. 2006, Public Committee against Torture in Israel et al. v. The Government of Israel et al., HCJ 769/92, Nr. 40. 220 Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 51 Rn. 1944. 221 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 45.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
men. Hingegen genießen jene, die zwar einen zivilen Status haben, aber eine kontinuierliche Kampffunktion ausüben, den Schutz der Vorschrift zu keinem Zeitpunkt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang schließlich auf Art. 5 IV. GA, wonach sich Zivilpersonen im Machtbereich einer am Konflikt beteiligten Partei oder einer Besatzungsmacht, die die nationale Sicherheit dieser Partei oder Besatzungsmacht bedrohen, nicht auf den Schutz des IV. Genfer Abkommens berufen können. Diese Regelung ist auch auf zivile Mitarbeiter privater Militärunternehmen anwendbar, die sich unmittelbar an Feindseligkeiten beteiligen.222 c) Vorsichtsmaßnahmen und Zweifelsregelungen Die obigen Ausführungen verdeutlichen, dass es unter Umständen große Schwierigkeiten bereitet, den humanitär-völkerrechtlichen Status von Personen im bewaffneten Konflikt im Allgemeinen und von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im Besonderen zu ermitteln. Um zu vermeiden, dass Zivilpersonen irrtümlich oder willkürlich als Angriffsziele ausgewählt werden, kommt der Anwendung der humanitär-völkerrechtlichen Vorsichtsmaßnahmen und Zweifelsregelungen besondere Bedeutung zu. Gem. Art. 57 Abs. 2 lit. a (i) ZP I muss vor einem Angriff alles praktisch Mögliche getan werden, um sicherzugehen, dass die Angriffsziele weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind, sondern militärische Ziele. Bei der Frage nach dem zur Aufklärung der zivilen oder militärischen Natur eines Zieles praktisch Möglichen ist darauf abzustellen, was unter den Umständen des Einzelfalles sinnvollerweise getan werden kann. Dazu zählen das Heranziehen von Informationen, die dem Verantwortlichen verfügbar sind, die Dringlichkeit der Situation, sowie der Schaden, der für die Streitkräfte und Zivilpersonen bei einer irrtümlichen Entscheidung entstehen kann.223 Sobald sich herausstellt, dass ein Ziel nicht militärischer Art ist oder dass damit zu rechnen ist, dass der Angriff zivile Verluste verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten militärischen Vorteil stehen, ist ein Angriff gem. Art. 57 Abs. 2 lit. b ZP I vorläufig oder endgültig einzustellen. Bei Zweifeln darüber, ob ein spezifisches Verhalten als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu qualifizieren ist, ist dem Grundsatz des zivilen Schutzes vor Angriffen Vorrang einzuräumen und davon auszugehen, dass es sich bei dem Verhalten nicht um eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten handelt. Keinesfalls aber darf jemand, dessen Aktivitäten zu Zweifeln Anlass geben, allein deshalb automatisch angegriffen werden.224 Die Schutzvermutung gilt ebenso, wenn Zweifel bestehen, ob eine Person Mitglied einer organisierten bewaffneten Gruppe
222
Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 138. Vgl. Pilloud/Pictet, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 57 Rn. 2198. 224 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 6 S. 23 ff. 223
A. Der Status im internationalen bewaffneten Konflikt
103
ist, die zu einer Konfliktpartei gehört.225 Hat eine Person einen kriegerischen Akt begangen und beruft sich auf ihren Kombattantenstatus, so sieht Art. 5 Abs. 2 III. GA bei Zweifeln diesbezüglich vor, dass sie den Schutz eines Kriegsgefangenen genießt, bis ein zuständiges Gericht den Status festgestellt hat.
IV. Exkurs: „Unrechtmäßige“ Kombattanten Gelegentlich werden Personen, die unberechtigt unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, als „illegale“, „unrechtmäßige“ oder „nichtprivilegierte“ Kombattanten bezeichnet.226 Insbesondere die Bush-Administration bediente sich dieses Begriffs hinsichtlich der im Zuge ihres als „Krieg gegen den Terror“ bezeichneten Feldzuges gefangen genommenen Terrorverdächtigen.227 Als unlawful combatants wurde ihnen sowohl der Kriegsgefangenen- als auch der Zivilistenstatus verweigert, mit der Konsequenz, dass sich die US-amerikanische Regierung nicht zur Beachtung grundlegender Rechte, wie dem Zugang zu einem Rechtsbeistand, verpflichtet sah.228 In seiner Entscheidung Hamdan v. Rumsfeld 229 stellte der amerikanische Supreme Court fest, dass diese Praxis sowohl die Verfassung der Vereinigten Staaten als auch die Genfer Konventionen verletzt. Während der Amtszeit Barack Obamas hat die US-Regierung die Verwendung des Begriffs 225
Es handelt sich dabei um kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht, welches auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt anwendbar ist, s. Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 6 S. 24; Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 76; U.K. Ministry of Defence, The Joint Service Manual of the Law of Armed Conflict, S. 53 Rn. 5.3.1. 226 So z. B. Callen, VJIL 2004, 1025 ff.; Dinstein, IYHR 2002, 247 (249); Schmitt, CJIL 2005, 511 (531); Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht, S. 34 Fn. 29 m.w.N. 227 Der Begriff des illegalen Kombattanten ist jedoch keineswegs eine Wortschöpfung im Nachgang der Anschläge vom 11. September 2001, sondern wurde bereits während des Zweiten Weltkriegs vom US-Supreme Court im Quirin-Fall verwendet, in dem acht Deutsche wegen Sabotage von Militärgerichten verurteilt wurden, s. Supreme Court of the United States, Ex parte Quirin v. 31. 07. 1942, 317 U.S. 1; Behnsen, GYIL 2003, 494 (505); Dörmann, IRRC 2003, 45 ff. 228 Vgl. Executive Order 13425 of 14 February 2007 @ Trial of Alien Unlawful Enemy Combatants by Military Commission; Military Order of November 13, 2001 @ Detention, Treatment, and Trial of Certain Non-Citizens in the War Against Terrorism; Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht., S. 233 Fn. 264. 229 Supreme Court of the United States, Urt. v. 29. 06. 2006, Hamdan v. Rumsfeld, Secretary of Defense at al., S. 507. Nichtsdestotrotz verabschiedete der Kongress den sog. Military Commissions Act of 2006, in dem „unlawful enemy combatants“ die Geltendmachung der Rechte aus den Genfer Konventionen verwehrt wurde, s. 109th Congress of the United States of America, 2nd sessions, 03. 01. 2006, An Act To authorize trial by military commission for violations of the law of war, and for other purposes (…), S. 3930.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
enemy combatant aufgegeben, hielt aber die juristische Argumentation weitgehend aufrecht.230 In den humanitär-völkerrechtlichen Verträgen ist der Begriff des unlawful combatant nicht enthalten.231 Die Existenz einer weiteren Kategorie von Personen, neben denen der Mitglieder der Streitkräfte, der Zivilpersonen und den Teilnehmern einer levée en masse, ist umstritten. Ihre Befürworter argumentieren, aus der Systematik von Art. 4 III. GA folge, dass eine Person dann nicht völkerrechtlich schutzwürdig sei, wenn sie trotz fehlendem Kombattantenstatus unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehme. Sie würde dann auch nicht den Schutz des IV. GA genießen.232 Gegen diese Auffassung spricht jedoch zum einen, dass der Begriff der Bedrohung der nationalen Sicherheit nicht per se gleichzusetzen ist mit der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten. Zum anderen ist es nicht Sinn und Zweck der Art. 4 und 5 GA, Zivilpersonen, die sich unmittelbar an Feindseligkeiten beteiligen, vollständig vom Schutz der Genfer Abkommen auszunehmen,233 geschweige denn ihren völkerrechtlichen Primärstatus als Zivilpersonen zu beseitigen. Auch das Argument, es laufe der Systematik des humanitären Völkerrechtes entgegen, wenn sich eine Person zeitweilig unmittelbar an Feindseligkeiten beteilige, ansonsten aber den Schutz von Zivilisten genieße, überzeugt nicht. Es existiert keine Regelung, die einer Zivilperson, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, deren Status als Zivilperson aberkennt.234 Im Gegenteil: Die Regelung des Art. 51 Abs. 3 ZP I, die Völkergewohnheitsrecht kodifiziert,235 lässt keine Zweifel daran, dass ein Zivilist in bestimmten Situationen den Schutz vor Angriffen verlieren kann, dabei aber gleichzeitig seinen Status als Zivilperson behält. Davon zu unterscheiden ist die Frage, wie lange der Schutz von Zivilpersonen, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, suspendiert ist.236 Zudem sind Regelungen, die verbindlich festlegen, wie Mitglieder einer derartigen Personenkategorie zu behandeln sind, nicht vorhanden, so dass fehlende Rechtssicherheit und erhebliche praktische Probleme die Folge wären.237
230
Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 63 Fn. 82 m.w.N. Clapham u. a., The 1949 Geneva Conventions, S. 912. 232 Clapham u. a., The 1949 Geneva Conventions, S. 920. 233 Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht., S. 108 ff. 234 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 133; Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht., S. 111. 235 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law. Vol. I, Rule 6 S. 21 ff. 236 Vgl. Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 64. 237 Behnsen, GYIL 2003, 494 (506). 231
B. Der Status im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
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B. Der Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt Eine Annäherung der Regelungsregime für den internationalen und den nichtinternationalen Konflikt wurde spätestens seit dem Kosovo-Krieg offensichtlich, der zeigte, wie unbrauchbar die Kriterien „international“ und „nichtinternational“ in einem sich in Teilrepubliken auflösenden Staat sein können. Der JStGH prägte die Angleichung der Regelungsbereiche, indem er in seiner Entscheidung im Fall Tadic´ feststellte, dass eine Vielzahl von Regeln sowohl hinsichtlich des Schutzes der Zivilbevölkerung als auch hinsichtlich der Mittel und Methoden der Kriegführung gleichermaßen für internationale umd nichtinternationale bewaffnete Konflikte anwendbar sei.238 Dennoch ist eine vollständige Angleichung beider Rechtsbereiche bislang nicht erfolgt.239 Auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt lassen sich verschiedene Personenkategorien identifizieren, in die sich sämtliche Personen, die in irgendeiner Form von den Kampfhandlungen betroffen sind, einordnen lassen: Staatliche Streitkräfte, organisierte bewaffnete Gruppen240 und Zivilpersonen.241 Im Gegensatz zum Recht der internationalen bewaffneten Konflikte gesteht ZP II weder den Mitgliedern der staatlichen Streitkräfte noch den Mitgliedern organisierter bewaffneter Gruppen einen Sonderstatus zu, der dem des Kriegsgefangenen in internationalen bewaffneten Konflikt ähnelt. Es finden lediglich die grundlegenden Garantien gemäß Art. 4 ZP II, die Mindestgarantien für Personen, denen die Freiheit entzogen ist nach Art. 5 ZP II, sowie die Vorschriften über die Strafverfolgung von Taten, die mit dem Konflikt in Zusammenhang stehen nach Art. 6 ZP II Anwendung.242
238 JStGH, Entsch. v. 02. 10. 1995, Prosecutor v. Tadic, Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction, IT-94 – 1, Nr. 96 ff. 239 Hobe, Einführung in das Völkerrecht, S. 538 f. m.w.N. 240 Während der gemeinsame Art. 3 der GA bei beiden Konfliktparteien von „Streitkräften“ spricht, die mit Menschlichkeit zu behandeln sind und folglich sowohl die staatlichen Streitkräfte als auch die nichtstaatlichen Konfliktparteien umfasst, bezieht sich der Begriff der Streitkräfte in ZP II auf die Streitkräfte der staatlichen Konfliktpartei. Jene der nichtstaatlichen Konflitkpartei werden als „abtrünnige Streitkräfte“ oder „andere organisierte bewaffnete Gruppen“ bezeichnet, vgl. Art. 1 ZP II. Im Folgenden wird der Klarheit halber die Terminologie des ZP II verwendet. 241 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 27 ff. 242 Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 643 f.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
I. Nichtinternationaler bewaffneter Konflikt Um einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt handelt es sich dann, wenn auf dem Territorium eines Staates die Streitkräfte der Regierung und eine oder mehrere aufständische Gruppen sich gegenseitig bekämpfen. Auch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen mehreren bewaffneten Gruppen unter sich lassen sich in diese Kategorie einordnen.243 Intervenieren ein oder mehrere ausländische Staaten in einem Bürgerkrieg „auf Einladung“ der international anerkannten Regierung eines Staates, ändert dies nichts am nichtinternationalen Charakter eines Konfliktes, da hier die Streitkräfte zweier oder mehrerer Staaten nicht gegeneinander kämpfen, sondern gemeinsam gegen den nichtstaatlichen Feind des einladenden Staates.244
II. Staatliche Streitkräfte Der Begriff der (staatlichen) Streitkräfte nach Art. 1 Abs. 1 ZP II ist im nichtinternationalen bewaffneten ebenso zu verstehen wie im internationalen bewaffneten Konflikt. Wie in Art. 43 Abs. 1 ZP I umfasst diese Bezeichnung sowohl die regulären Streitkräfte als auch andere bewaffnete Gruppen oder Einheiten, die einer Führung unterstehen, die der staatlichen Konfliktpartei verantwortlich ist.245 Auch die Frage der Mitgliedschaft in den regulären staatlichen Streitkräften ist wie im Recht des internationalen bewaffneten Konfliktes an nationalem Recht zu messen und manifestiert sich in einer förmlichen Inkorporation in Einheiten, die durch Uniformen und Kennzeichen unterscheidbar sind. Die Mitgliedschaft in irregulären staatlichen Streitkräften wie Milizen oder paramilitärischen Gruppen wird gewöhnlich nicht durch nationales Recht geregelt; hier greifen wiederum dieselben funktionalen Kriterien wie im internationalen bewaffneten Konflikt, d. h. es ist darauf abzustellen, ob die Funktion der betreffenden Person die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten beinhaltet, und ob als weitere Mindestvoraussetzung ein Befehlsorgan vorhanden ist, das einer Konfliktpartei verantwortlich ist.246 Hinsichtlich der Frage, ob Angestellte privater Militärunternehmen diese Anforderungen erfüllen, sei daher auf die obigen Ausführungen verwiesen.
243
Gasser/Melzer, Humanitäres Völkerrecht, S. 67. Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, S. 265. 245 Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 626; Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 30 f. 246 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 31. 244
B. Der Status im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
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III. Organisierte bewaffnete Gruppen Um den größtmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung zu erreichen, ist die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Angehörigen organisierter bewaffneter Gruppen von wesentlicher Bedeutung.247 Die Gegner der Regierungsstreitkräfte werden im Recht der nichtinternationalen bewaffneten Konflikte als „abtrünnige Streitkräfte oder andere organisierte bewaffnete Gruppen“ bezeichnet, vgl. Art. 1 Abs. 1 ZP II. Mitglieder derartiger organisierter bewaffneter Gruppen genießen nicht den Schutz vor Angriffen, wie er gem. Art. 13 ZP II der Zivilbevölkerung zuteil wird. Darüber hinaus wird ihnen auch kein Kombattantenstatus gewährt. Im Falle ihrer Gefangennahme können sie keinen Anspruch auf einen Kriegsgefangenenstatus geltend machen,248 sondern lediglich auf Einhaltung des Mindeststandards des Art. 5 ZP II und des gemeinsamen Art. 3 GA, die die Wahrung der Menschenwürde bezwecken. Wegen ihrer Kampfhandlungen können die Mitglieder organisierter bewaffneter Gruppen strafrechtlich verfolgt werden.249 Der Begriff der organisierten bewaffneten Gruppe bezeichnet dabei lediglich den bewaffneten oder militärischen Teil, d. h. die Streitkräfte einer nichtstaatlichen Konfliktpartei, nicht jedoch jene Zivilpersonen, die auf andere Art und Weise, z. B. auf politischem, administrativem oder humanitärem Gebiet, unterstützend tätig werden, oder die sich spontan und unorganisiert unmittelbar an Feindseligkeiten beteiligen.250 Allerdings bestehen dabei erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten: Aufgrund der vielfältigen kulturellen, politischen und militärischen Rahmenbedingungen, in denen organisierte bewaffnete Gruppen operieren, sowie aufgrund der daraus folgenden unterschiedlichen Ausgestaltung einer Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppierung und der meist nicht vorhandenen äußeren Unterscheidungszeichen, ist es schwer, die Grenze zwischen einer Mitgliedschaft in einer organisierten bewaffneten Gruppe und sonstigen unterstützenden Tätigkeiten zugunsten einer nichtstaatlichen Konfliktpartei zu ziehen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz empfiehlt in seiner Interpretive Guidance konsequent eine funktionale Herangehensweise zur Identifizierung der Mitgliedschaft in einer organisierten bewaffneten Gruppe.251 Danach ist ausschlaggebendes Kriterium für die Mitglied247 Fleck, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 581 (591 Rn. 1203). 248 Vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 418. 249 Zu Recht wird daher am Recht der nichtinternationalen bewaffneten Konflikte kritisiert, dass die staatliche Konfliktpartei „the best of both worlds“ genießt, da sie Mitglieder organisierter bewaffneter Gruppen zum einen strafrechtlich für die Teilnahme an Feindseligkeiten belangen kann und diese keinen Kriegsgefangenenstatus genießen, zum anderen kann sie diese als legitime Ziele jederzeit angreifen, s. Kretzmer, EJIL 2005, 171 (200). Dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit kommt daher im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine besondere Bedeutung zu, mit der Folge, dass der Gefangennahme Vorrang vor einer Tötung einzuräumen ist. 250 Kretzmer, EJIL 2005, 171 (200). 251 Zu weiteren Unterscheidungsansätzen s. Kleffner, NILR 2007, 315 (330 ff.).
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
schaft in einer organisierten bewaffneten Gruppe, ob ein Individuum in einer solchen Gruppe eine sog. continuous combat function bekleidet, die seine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten für die Gruppe beinhaltet.252 Mitarbeiter privater Militärunternehmen sind im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt folglich dann als „Kämpfer“ anzusehen, wenn sie als Mitglieder einer organisierten bewaffneten Gruppe eine Tätigkeit ausüben, die eine fortdauernde Kampffunktion beinhaltet. Eine organisierte bewaffnete Gruppe als Auftraggeber eines privaten Militärunternehmens muss nach Art. 1 Abs. 1 ZP II einer verantwortlichen Führung unterstehen und die effektive Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebiets einer Vertragspartei ausüben. Darüber hinaus ist die Fähigkeit gefordert, anhaltende und koordinierte Militäroperationen durchzuführen, sowie das Vermögen, die Vorschriften des Protokolls anzuwenden. Das Kriterium der verantwortlichen Führung bedeutet nicht notwendigerweise, dass ein hierarchisches System, ähnlich dem regulärer Streitkräfte, vorhanden ist, sondern eine Organisation, die fähig ist, anhaltende und koordinierte Militäroperationen zu planen, durchzuführen, und Disziplin im Namen einer de-facto-Autorität durchzusetzen.253 Ob der Vertrag zwischen organisierter bewaffneter Gruppe und privatem Militärunternehmen eine continuous combat function der Unternehmensmitarbeiter vorsieht, ist wiederum eine Einzelfallfrage. Hinsichtlich der verschiedenen Tätigkeitsfelder sei auf die obigen Ausführungen im Rahmen des internationalen bewaffneten Konfliktes verwiesen, da dieselben Parameter auch im nichtinternationalen Konflikt anwendbar sind.254 Bestehen Zweifel, ob es sich um eine Zivilperson oder um ein Mitglied einer organisierten bewaffneten Gruppe handelt, so gilt auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt die Vermutung, dass die betreffende Person als Zivilist Schutz vor Angriffen genießt.255 Der Fall, dass ein privates Militärunternehmen selbst als bewaffnete Gruppe auftritt, ist bislang nicht eingetreten.256
IV. Zivilpersonen Der Begriff der Zivilperson im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ist im Zusatzprotokoll II nicht definiert. Aus der Formulierung des Art. 1 Abs. 1 ZP II, der „abtrünnige Streitkräfte oder andere organisierte bewaffnete Gruppen“ als Streitkräfte der nichtstaatlichen Konfliktpartei aufzählt, kann jedoch gefolgert werden, 252 Melzer/ICRC, Interpretive guidance on the notion of direct participation in hostilities under international humanitarian law, S. 33; zustimmend Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 416. 253 Junod, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 1 Rn. 4463. 254 Schmitt, CJIL 2005, 511 (521 ff.). 255 Junod, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 13 Rn. 4789. 256 Vierucci, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 235 (252).
C. Private Militärunternehmen als Subjekte humanitären Völkerrechts
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dass auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine – völkergewohnheitsrechtliche – negative Definition des Begriffs der Zivilperson anzuwenden ist. Demnach gelten all diejenigen als Zivilpersonen, die nicht Mitglieder der staatlichen Streitkräfte oder einer organisierten bewaffneten Gruppe einer Konfliktpartei sind.257 Die wohl überwiegende Zahl der Mitarbeiter privater Militärunternehmen wird – wie auch im internationalen bewaffneten Konflikt – im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt unter die Kategorie der Zivilpersonen fallen.258 Art. 13 Abs. 1 S. 1 ZP II regelt, dass die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen den allgemeinen Schutz vor den von Kampfhandlungen ausgehenden Gefahren genießen. Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen nach Art. 13 Abs. 2 S. 1 ZP II das Ziel von Angriffen sein. Ebenso ist die Anwendung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, nach Art. 13 Abs. 2 S. 2 ZP II verboten. Auch hier gilt, dass diese Immunität vor Angriffen verloren geht, solange eine Zivilperson unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, Art. 13 Abs. 3 ZP II. Die Regelung kodifiziert Völkergewohnheitsrecht und gilt somit auch für Staaten, die keine Vertragsstaaten der Zusatzprotokolle sind.259 Nehmen Zivilpersonen in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt auf spontaner und nicht organisierter Basis unmittelbar an Feindseligkeiten teil, so verlieren sie während der Dauer dieser Aktivität auch den Mindestschutz des gemeinsamen Art. 3 GA. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift gilt das Gebot der menschlichen Behandlung „unter allen Umständen“ nur für „Personen, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen“ und entzieht damit denjenigen, die dies tun, den Schutz des gemeinsamen Art. 3 GA.
C. Private Militärunternehmen als Subjekte humanitären Völkerrechts Unternehmen zählen typischerweise nicht zu jenen Subjekten, deren Rechte und Pflichten durch das Völkerrecht bestimmt werden.260 Primäre Adressaten des Völkerrechts sind Staaten. Das humanitäre Völkerrecht weist allerdings die Besonderheit auf, dass sowohl die HLKO als auch in noch stärkerem Maße die Genfer Abkommen und die Zusatzprotokolle in bestimmtem Umfang die Berechtigung und 257
Eine Definition der Zivilperson als „any person who is not a member of the armed forces or of an organized armed group“ in einem Entwurf von ZP II wurde im letzten Moment im Rahmen einer Maßnahme zur Vereinfachung des Textes wieder gestrichen, s. Bothe u. a., New Rules for Victims of Armed Conflicts, S. 672; Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 5 S. 19. 258 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 423. 259 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 6 S. 19 ff. 260 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 9 Rn. 94.
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Kap. II: Status im humanitären Völkerrecht
Verpflichtung von Individuen vorsehen. Die beschränkte Völkerrechtssubjektivität des Individuums im humanitären Völkerrecht lässt sich mit dessen besonderer Verletzlichkeit und dem daraus folgenden großen Bedürfnis nach einer gesicherten Rechtsposition im bewaffneten Konflikt begründen.261 Humanitäre Schutzvorschriften können im bewaffneten Konflikt wirksamer durchgesetzt werden, wenn nicht allein die staatlichen Akteure gebunden werden, sondern auch die tatsächlich handelnden und betroffenen natürlichen Personen über eine eindeutige subjektive Rechtsposition verfügen.262 Indes lässt sich aus der partiellen Rechtssubjektivität von Individuen im humanitären Völkerrecht nicht schließen, dass auch transnationale Wirtschaftsunternehmen Rechtsträger oder Rechtsverpflichtete des ius in bello wären. Nur wenn völkerrechtliche Verträge auch Wirtschaftsunternehmen zu Trägern von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten machen, besitzen diese partielle Völkerrechtssubjektivität.263 Im Recht der bewaffneten Konflikte existiert jedoch kein derartiger Vertrag, der dies ausdrücklich vorsieht. Insbesondere eine partielle Völkerrechtssubjektivität privater Militärunternehmen als organisierte bewaffnete Gruppe nach Art. 1 Abs. 1 ZP II scheitert daran, dass private Militärunternehmen, im Gegensatz zu Rebellen, Territorien allenfalls für den auftraggebenden Staat oder für die auftraggebende nichtstaatliche Konfliktpartei kontrollieren. Private Militärunternehmen bezwecken dagegen, den auftraggebenden Staat oder die nichtstaatliche Konfliktpartei bei der Ausübung von Souveränität auf einem bestimmten Territorium zu unterstützen. Die Unternehmen haben nicht das Ziel, effektiv Souveränität aus eigenem Recht auszuüben.264
D. Ergebnis Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Auslegung des Begriffes der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten von grundlegender Bedeutung für die statusrechtliche Einordnung der Mitarbeiter privater Militärunternehmen ist. Eine Einzelfallbetrachtung ist hierfür unabdingbar. Die in der Studie des IKRK über die Auslegung des Begriffs der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten vorgeschlagenen Kriterien führen dabei zu sinnvollen, praktikablen und mit der Systematik des humanitären Völkerrechts vereinbaren Ergebnissen, die die Besonderheiten der sich weiterentwickelnden Kampfführungsmethoden berücksichtigen. Bedauerlicherweise werden die Ergebnisse der Studie von Staaten bislang nicht konsequent berücksichtigt, so dass der Begriff nach wie vor unterschiedlich inter261
S. hierzu Ipsen, Völkerrecht, § 67 Rn. 3 f. m.w.N. Schaller, in: Feichtinger u. a., Private Sicherheits- und Militärfirmen, S. 91 (92). 263 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 9 Rn. 94 f. 264 Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 51. 262
D. Ergebnis
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pretiert wird.265 Nicht nur die USA, auch Deutschland setzt – in begrenztem Umfang – Mitarbeiter privater Militärunternehmen für Tätigkeiten ein, die nach der IKRKStudie als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten beurteilt werden. Aufgrund einer in der Regel fehlenden formellen Inkorporation in die Streitkräfte und nicht vorhandener Unterscheidungszeichen dürften Angestellte privater Militärdienstleister, deren Aufgabenfeld die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten beinhaltet, in internationalen bewaffneten Konflikten nur selten gem. Art. 4 A III. GA als Kombattanten zu definieren sein; häufiger dürfte die weitere Streitkräftedefinition von Art. 43 ZP I zutreffen, welche jedoch von Staaten wie den USA, die das ZP I nicht ratifiziert haben, nicht angewendet wird. Hier ist die Voraussetzung des Tragens eines Unterscheidungszeichens nicht konstitutiv für den Kombattantenstatus, sondern allein für den Sekundärstatus als Kriegsgefangener. Ist eine Kombattanteneigenschaft zu verneinen, so sind Mitarbeiter privater Militärunternehmen Zivilpersonen. Nehmen sie als Zivilpersonen faktisch nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teil, so besteht die Möglichkeit, dass sie als Gefolge der Streitkräfte im Fall der Gefangennahme wie Kriegsgefangene behandelt werden. Im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt bestimmt sich die Mitgliedschaft in den staatlichen Streitkräften nach denselben Kriterien wie im internationalen bewaffneten Konflikt. Auch für die daneben grundsätzlich mögliche Mitgliedschaft in einer organisierten bewaffneten Gruppe ist die Beauftragung mit einer fortdauernden Kampffunktion ausschlaggebend. In jedem Fall gebietet die geographische und organisatorische Nähe der Mitarbeiter privater Militärdienstleister zu den Streitkräften und den Kampfschauplätzen eine besondere Sorgfalt bei der Beurteilung der Statuszugehörigkeit. Da Mitarbeiter aufgrund ihrer Aufgaben Gefahr laufen können, als Zivilpersonen unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen, muss von Seite der Staaten, die private Militärunternehmen in Anspruch nehmen, sichergestellt werden, dass eine funktionale Trennung zwischen kombattanten und zivilen Angestellten stattfindet. Die Praxis von Staaten, den zivilen Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen zu betonen, und gleichzeitig den Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten sehr eng auszulegen, unterminiert fundamentale Grundsätze des humanitären Völkerrechts und ist aus diesem Grund strikt abzulehnen.
265
Vierucci, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 235 (254).
Kapitel III
Begründung individueller Verantwortlichkeit nach dem VStGB Das deutsche Strafrecht kennt ebenso wenig wie das Völkerstrafrecht eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen als juristische Personen. So übt der IStGH nach Art. 25 Abs. 1 IStGH-Statut ausschließlich die Jurisdiktion über „natürliche Personen“ aus. Und im deutschen Strafrecht verhindert bereits das Schuldprinzip eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, da diesen keine individuelle, persönliche Schuld zugewiesen werden kann. Auch existieren keine Normen für die Strafzuweisung an Unternehmen; Freiheitsstrafen könnten nicht vollzogen werden.1 Daher geht es bei der Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem Einsatz privater Militärunternehmen allein um die individuelle Strafbarkeit der Mitarbeiter als natürliche Personen. In Ermangelung empirischer Erhebungen über Straftaten, die Mitarbeiter privater Militärunternehmen typischerweise in bewaffneten Konflikten begehen, soll im Folgenden die Bildung von Fallgruppen anhand von pressebekannt gewordenen Fällen, in denen Mitarbeiter möglicherweise in schwere Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht involviert waren, dazu beitragen, die zu untersuchenden Tatbestände nach dem VStGB einzugrenzen. Nach einer Fallsammlung in Teil A. ist unter Bezugnahme auf in der Fallsammlung aufgeworfene Aspekte zu klären, welche Tatbestände relevant sind (Teil C.), und welche Beteiligungsformen einschlägig sein können (Teil D.). Auf die Vorgesetztenverantwortlichkeit in privaten Militärunternehmen wird gesondert eingegangen (Teil E.). Aus Gründen der Darstellbarkeit und der Vereinfachung erfolgt die Untersuchung unter der Prämisse der örtlichen (s. u. B. I.) und zeitlichen Anwendbarkeit des VStGB auf die gesammelten Fälle.
A. Fallsammlung Der Großteil der pressebekannt gewordenen Vorfälle stammt aus den 1990er Jahren und der ersten Dekade des neuen Milleniums. In der jüngsten Vergangenheit haben private Militärunternehmen seltener mit Negativ-Schlagzeilen über eklatante
1 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 196.
A. Fallsammlung
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Verletzungen humanitärer Regeln von sich Reden gemacht.2 Dies mag daran liegen, dass unternehmensinterne Kontroll- und Ausbildungsmechanismen als Folge der Skandale Wirkung zeigen. Jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass nicht alle Vorfälle in Konfliktgebieten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt werden. Insbesondere Regierungen in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten geben ungern darüber Auskunft, ob und welche Unternehmen sie beauftragen, so dass längst keine umfassende Transparenz über Aktivitäten privater Militärunternehmen erreicht ist. Zudem ist anzunehmen, dass das Umfeld bewaffneter Konflikte die Ausübung von Straftaten fördert. Anhand von Pressemeldungen und anderen zugänglichen Berichten über mögliche Verletzungen humanitärer Regeln durch Mitarbeiter privater Militärfirmen lassen sich – unabhängig vom Einsatzort – mehrere Fallgruppen von relevantem Fehlverhalten seitens privater Dienstleister bilden: Über die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen (I.) durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen wird häufig berichtet, ebenso über die Misshandlung von Gefangenen (II.), sowie über sexuelle Straftaten (III.). Genauer zu untersuchen sind ferner die völkerstrafrechtlichen Dimensionen der Leistung von Transportdiensten durch private Unternehmen bei außergerichtlichen Überführungen der US-Regierung (IV.). Darüber hinaus lässt sich mit der möglichen Involvierung eines Militärunternehmens im Rahmen der Operation Storm (IV.) in Kroatien ein weiterer Fall identifizieren, der als vereinzeltes Vorkommnis keine Fallgruppenbildung zulässt, jedoch aufgrund seiner strafrechtlichen Implikationen in dieser Untersuchung nicht unberücksichtigt bleiben soll.
I. Beschuss von Zivilpersonen Wie Soldaten auch können Mitarbeiter privater Militärfirmen in bewaffneten Konflikten verantwortlich für die Tötung von Zivilpersonen sein.
2 Wegen anderer strafrechtlich relevanter Vorgänge wird jedoch auch aktuell häufig in der Presse berichtet. In Deutschland sorgte zuletzt die Firma Asgaard – German Security Group für Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft Münster hat 2013 gegen einen ehemaligen Geschäftsführer sowie einen weiteren Mitarbeiter des Unternehmens wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) aufgrund einer Mißachtung des Embargos der Vereinten Nationen gegen Somalia, sowie wegen Waffenrechtsverstößen Strafbefehle beantragt. Das Verfahren ist mittlerweile vor Gericht anhängig. Im Jahr 2010 war bekannt geworden, dass das Unternehmen mehr als 100 deutsche Mitarbeiter nach Somalia entsenden wollte, um den Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman, der der international anerkannten Übergangsregierung jegliche Legitimation absprach, im Kampf gegen andere politische Gruppen zu unterstützen. Darüber hinaus waren in verschiedenen Räumlichkeiten des Unternehmens mehrere tausend Schuss Munition gefunden worden, s. Schöbel, Umstrittene deutsche Söldnerfirma auf Expansionskurs, in: Focus v. 03. 10. 2010, http://www.focus.de/politik/deutschland/asgaard-umstrittenedeutsche-soeldnerfirma-auf-expansionskurs_aid_557783.html; Lahme, Personenschützer trainieren in Uentrop, 15. 01. 2017, https://www.wa.de/hamm/uentrop-ort370525/asgaard-germansecurity-guards-hamm-aktiv-7249098.html.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
1. Nisour Square Shooting Der wohl bekannteste Fall, in dem Mitarbeiter privater Militärfirmen auf Zivilpersonen geschossen haben, ist das sogenannte Nisour Square Shooting. Am 16. September 2007 waren Mitarbeiter der Firma Blackwater am Nisour Square in Bagdad an einer Schießerei beteiligt, bei der insgesamt 17 Zivilpersonen, darunter Frauen und Kinder, getötet, und 18 Zivilpersonen verletzt wurden. Nach den Ermittlungen der US-Regierung waren die Blackwater-Mitarbeiter einem Konvoi von vier schwer bewaffneten Fahrzeugen namens Raven 23 zugeteilt, der als Tactical Support Team fungierte. Insgesamt waren 19 Firmenmitarbeiter in dem Team eingesetzt. Kurz vor 12 Uhr am 16. September erfuhren die Mitglieder von Raven 23 von der Detonation einer Bombe im Zentrum Bagdads. In der Nähe des Anschlagortes befand sich zu dem Zeitpunkt ein Mitglied der US-Regierung, das von weiteren Blackwater-Mitarbeitern eskortiert wurde. Der Teamleiter von Raven 23 beorderte daraufhin, entgegen anderslautender Befehle seiner Einsatzleitung, den Konvoi aus der gut gesicherten sogenannten Green Zone heraus zum Nisour Square, einem Verkehrsknotenpunkt, um dort eine Verkehrsblockade einzurichten. Die Schießerei auf dem Nisour Square begann, als ein Mitglied des Konvois den Fahrer eines weißen Kias erschoss. Im daraufhin entstandenen Tumult eröffneten sieben der 19 Konvoimitglieder das Feuer. Ein Mitarbeiter feuerte weiter, als der Konvoi den Nisour Square bereits verlassen hatte @ trotz Aufforderungen von Kollegen, das Feuer einzustellen.3 Erst als ein Kollege ihn mit vorgehaltener Waffe dazu zwang, soll er das Feuer eingestellt haben.4 Der Fall macht deutlich, wie schwierig die Rekonstruktion des Tathergangs im Umfeld bewaffneter Konflikte ist. Die US-Regierung sah es nach umfangreichen Ermittlungen als erwiesen an, dass sich der Kia, auf dessen Fahrer der erste Schuss gefeuert wurde, im stehenden Verkehr befand, und sich erst langsam auf das Fahrzeug davor zubewegte und mit diesem kollidierte, nachdem der Fahrer erschossen worden war. Einen Grund für die ersten Schüsse habe es nicht gegeben.5 Hingegen hatten einige Mitarbeiter stets behauptet, sie seien am Nisour Square in einen Hinterhalt geraten und es sei mit Handfeuerwaffen auf sie geschossen worden; dies war auch in einem ersten Bericht der US-Botschaft in Bagdad über den Vorfall so
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U.S. Department of Justice, Office of Public Affairs, Pressemitteilung v. 24. 10. 2014, Four Former Blackwater Employees Found Guilty of Charges in Fatal Nisur Square Shooting in Iraq, http://www.justice.gov/opa/pr/four-former-blackwater-employees-found-guilty-charges-fatalnisur-square-shooting-iraq. 4 Glanz/Tavernise, Blackwater Shooting Scene Was Chaotic, in: The New York Times v. 28. 09. 2007, http://www.nytimes.com/2007/09/28/world/middleeast/28blackwater.html. 5 U.S. District Court for the District of Columbia, Memorandum of points and authorities in support of motion to dismiss the indictment for vindictive prosecution and to enforce the writ of mandamus v. 19. 05. 2014, United States of America v. Nicholas Slatten, Crim. No. CR-14 – 107 (RCL), S. 3.
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geschildert worden.6 Ebenfalls im Widerspruch zum Ermittlungsergebnis der USRegierung wurde in einem Bericht der irakischen Regierung festgestellt, dass die Blackwater-Mitarbeiter zunächst Warnschüsse abfeuerten, bevor sie den Fahrer und die Beifahrerin des weissen Kias erschossen, da der Fahrer auf die Aufforderung eines irakischen Verkehrspolizisten, anzuhalten, nicht reagiert hatte. Eine von den Blackwater-Mitarbeitern geworfene Blendgranate wurde demnach von den am Platz anwesenden irakischen Polizisten für eine Splittergranate gehalten, woraufhin sie das Feuer auf den Konvoi eröffneten.7 Am 22. Oktober 2014 wurden vier der damaligen Blackwater-Konvoibegleiter wegen ihrer Involvierung in den Vorfall nach einem mehrere Jahre dauernden Gerichtsverfahren von einem Bundesgericht in Washington wegen Mordes, Totschlags, versuchten Totschlags und Verstößen gegen Waffenrecht schuldig gesprochen.8 Die Urteile über das jeweilige Strafmaß folgten am 13. April 2015 und beliefen sich auf 30-jährige Haftstrafen für drei der Angeklagten und lebenslängliche Haft für einen weiteren Angeklagten. Die vier Mitarbeiter beriefen sich bis zuletzt darauf, geglaubt zu haben, auf Aufständische zu schießen. Der Prozess gegen einen fünften Mitarbeiter, der gegen seine Kollegen aussagte, war zum Bearbeitungszeitpunkt noch nicht beendet.9 Als Folge des Vorfalls erlitt das Unternehmen Blackwater neben einem großen Reputationsverlust auch finanzielle Einbußen. Zusätzlich zu kostspieligen Schadensersatzklagen von den Familien der Opfer des Nisour Square musste die Firma Millionenstrafen an das State Department für Exportverletzungen zahlen. Außerdem wurden fünf Topmanager der Firma wegen Waffendelikten angeklagt.10 Als Antwort auf diese Entwicklungen wurde die Firma zunächst in Xe umbenannt und im Jahr 2010 verkauft. Nach einem weiteren Verkauf und einer Fusion mit dem Unternehmen Triple Canopy in die Constellis Group heißt die Firma nun Academi.11
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BBC News v. 08. 12. 2008, Blackwater incident: What happened, http://news.bbc.co.uk/2/ hi/7033332.stm. 7 Tavernise/Glanz, Iraqi Report Says Blackwater Guards Fired First, in: The New York Times v. 19. 09. 2007, http://www.nytimes.com/2007/09/19/world/middleeast/19blackwater. html. 8 US Department of Justice, Office of Public Affairs, Pressemitteilung v. 24. 10. 2014, Four Former Blackwater Employees Found Guilty of Charges in Fatal Nisur Square Shooting in Iraq. 9 Apuzzo, Ex-Blackwater Guards Given Long Terms for Killing Iraqis, in: The New York Times v. 13. 04. 2015, http://www.nytimes.com/2015/04/14/us/ex-blackwater-guards-sentencedto-prison-in-2007-killings-of-iraqi-civilians.html. 10 Risen/Mazzetti, Case Ends Against Five Ex-Blackwater Officials, in: The New York Times v. 21. 02. 2013, http://www.nytimes.com/2013/02/22/us/case-ends-against-five-exblackwater-officials.html. 11 Risen/Rosenberg, Blackwater’s Legacy Goes Beyond Public View, in: The New York Times v. 14. 04. 2015, http://www.nytimes.com/2015/04/15/world/middleeast/blackwaters-lega cy-goes-beyond-public-view.html.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
2. Weitere Vorfälle im Irak Auch wenn die Zahl der getöteten Zivilisten im Nisour Square Shooting besonders hoch war, so ist die Fallkonstellation der Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen kein Einzelfall. Laut einem Memorandum des US Congress über Blackwater im Irak, das sich auf von Blackwater selbst gesammelte Informationen stützt, waren Mitarbeiter des Unternehmens von 2005 bis 2007 in mindestens 195 Vorfälle verwickelt, in denen es zu einer Gewalteskalation kam und bei denen Schüsse abgefeuert wurden. Zwar war das Unternehmen, dem entsprechenden Vertrag mit dem State Department zufolge, nur zum Einsatz von Gewalt zu defensiven Zwecken berechtigt, doch berichtete Blackwater selbst, dass seine Mitarbeiter in über 80 Prozent der Fälle die ersten Schüsse abfeuerten. Obwohl die Mitarbeiter in der Regel von Fahrzeugen in Bewegung aus schossen und nicht nachgeforscht wurde, ob Personen verletzt wurden, meldete Blackwater zwischen 2005 und 2007 16 irakische Opfer (ob dies Todesfälle oder Verletze waren, kann nicht festgestellt werden), sowie 162 Fälle von Sachbeschädigungen.12 Von einer deutlich höheren Dunkelziffer von verletzten oder toten Zivilpersonen kann daher ausgegangen werden.13 Beispielhaft seien folgende Vorfälle erwähnt, in die Mitarbeiter eines anderen Unternehmens verwickelt waren: Mit der Überwachung eines Konvois von Mitarbeitern der US Agency for International Development beauftragte Angestellte der Unity Resources Group erschossen am 9. Oktober 2007 in Bagdad zwei Armenierinnen. Als der Wagen der Frauen dem Konvoi zu nahe kam und nicht auf Leuchtsignale und Handzeichen reagierte, eröffneten die Mitarbeiter das Feuer. Die Fahrerin des Wagens und die Beifahrerin wurden getötet, eine weitere Frau und ein Kind auf dem Rücksitz überlebten.14 In einem ähnlich gelagerten Fall waren ebenfalls Mitarbeiter der Firma Unity Resources Group im Jahr 2006 in Bagdad für die Tötung eines Irakers, der auch die australische Staatsbürgerschaft besaß, verantwortlich. Der 72-jährige Professor beschleunigte angeblich sein Fahrzeug, als er sich einem Konvoi näherte, den die Mitarbeiter begleiteten. Wiederum wurde anscheinend das Feuer eröffnet, nachdem das Opfer Handzeichen, Leuchtsignale und Warnschüsse, mit denen es zum Anhalten des Fahrzeugs aufgefordert wurde, ignorierte.15
12 U.S. Congress, Memorandum v. 01. 10. 2007, Additional Information about Blackwater USA, S. 1 ff., http://graphics8.nytimes.com/packages/pdf/national/20071001121609.pdf. 13 Finer, Security Contractors in Iraq Under Scrutiny After Shootings, in: The Washington Post v. 10. 09. 2005, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2005/09/09/AR2 005090902136.html. 14 Kramer, 2 Killed in Shooting Mourned Far Beyond Iraq, in: The New York Times v. 11. 10. 2007, http://www.nytimes.com/2007/10/11/world/middleeast/11iraq.html. 15 Gomez del Prado, The Privatization of War, Global Research v. 01. 08. 2014, http://www. globalresearch.ca/the-privatization-of-war-mercenaries-private-military-and-security-compa nies-pmsc/21826.
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3. Afghanistan Am 5. Mai 2009 erschossen zwei Mitarbeiter eines Subunternehmens des Unternehmens (ehemals Blackwater), die im Auftrag des DoD als Ausbilder der afghanischen Armee tätig waren, zwei Zivilpersonen. Die beiden hatten ohne Erlaubnis ihre Militärbasis verlassen, um örtliche Übersetzer zu transportieren, als das erste Fahrzeug des Konvois verunfallte. Als der Fahrer eines anderen Fahrzeuges versuchte, den Unfallschauplatz zu passieren, feuerten die Angestellten mehrere Schüsse darauf ab. Dabei wurde der Fahrer des Fahrzeugs getötet, der Beifahrer verletzt und eine weitere Zivilperson, die sich zufällig in der Nähe befand, getötet. Beide Mitarbeiter wurden in den Vereinigten Staaten im Jahr 2011 wegen fahrlässiger Tötung des Fahrers zu 30 bzw. 37 Monaten Haft verurteilt. Von den Tatvorwürfen der Verletzung des Beifahrers und der Tötung des weiteren Zivilisten wurden sie freigesprochen.16 Im Februar 2010 wurden in Zentralafghanistan mindestens 15 Zivilpersonen durch einen Drohnenangriff getötet. Der Befehl des zuständigen US-Soldaten zum Luftangriff basierte teilweise auf der Analyse einer Angestellten des Unternehmens SAIC, das für die US Air Force Drohnenvideos und andere Informationen aus Afghanistan analysierte. Die Angestellte beaufsichtigte am Standort des Air Force Special Operations Command in Hurlburt Field in Florida ein Team, bestehend aus sechs Armeeangehörigen, die in Videoanalysen ausgebildet waren, und leitete die von ihr zusammengefassten Beobachtungen ihres Teams in Minutenabständen an den Drohnenpiloten der Air Force in der Creech Air Force Base in Nevada weiter. Während ein Team am Standort des Drohnenpiloten davon ausging, bei dem beobachteten Ziel handele es sich um einen Konvoi Aufständischer, waren die Einschätzungen der Angestellten vorsichtiger. So berichtete sie von „möglichen Waffen“, die die military aged men im Konvoi mit sich trugen. Auch über Kinder im Konvoi berichtete die Angestellte zunächst, änderte diese Einschätzung später aber in „Jugendliche“ ab. Schließlich leitete sie noch vor dem Drohnenangriff die Information weiter, dass die Fahrzeuge die Straße verlassen hatten und nicht mehr in Richtung von sich in der Nähe aufhaltenden US-Truppen fuhren.17 4. Santo Domingo Incident Zwei US-amerikanische Angestellte des in Florida ansässigen Unternehmens AirScan Inc. sollen 1998 in einen Luftangriff auf ein kolumbianisches Dorf namens 16 U.S. Department of Justice, Office of Public Affairs, Pressemitteilung v. 27. 06. 2011, Contractor Sentenced to 30 Months in Prison for Death of Afghan National in Kabul, Afghanistan, http://www.justice.gov/opa/pr/contractor-sentenced-30-months-prison-death-afghannational-kabul-afghanistan. 17 Cloud, Civilian contractors playing key roles in U.S. drone operations, in: Los Angeles Times v. 29. 12. 2011, http://articles.latimes.com/2011/dec/29/world/la-fg-drones-civilians-2 0111230.
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Santo Domingo involviert gewesen sein. Bei dem Angriff wurden 18 Zivilpersonen, darunter sieben Kinder, getötet. Die beiden Männer waren am 13. Dezemer 1998 zusammen mit einem Angehörigen der kolumbianischen Armee in einem Aufklärungsflugzeug eingesetzt und sollten bei der Steuerung eines Angriffs auf Guerillakämpfer, die in der Nähe des Dorfes die kolumbianische Armee bekämpften, mitwirken. Statt eine Stellung der Guerilla zu treffen, warf die Besatzung des zu steuernden Kampfhubschraubers jedoch eine Streubombe über dem Dorf ab. Aus einem im Jahr 2003 bekannt gewordenen Videomitschnitt geht hervor, dass die Besatzung des Hubschraubers die Bombe offensichtlich früher als von der Crew des Aufklärungsflugzeuges erwartet abgeworfen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Kampfhubschrauberbesatzung aufgrund von Steuerungshinweisen aus dem Aufklärungsflugzeug die Bombe über dem Dorf abgeworfen hatte, sind nicht vorhanden.18 5. Sierra Leone Die südafrikanische Firma Executive Outcomes wurde 1995 von der Regierung Sierra Leones beauftragt, die Rebellen der RUF zu bekämpfen. Die ca. 120 – 160 entsendeten und in die Streitkräfte Sierra Leones integrierten19 Firmenmitarbeiter waren teils als Ausbilder tätig, teils übernahmen sie die operative Kontrolle von Militäroffensiven. Sie wurden von der Regierung mit Uniformen, Waffen und Panzerfahrzeugen ausgestattet; Helikopter und Flugzeuge, die sie benutzten, stammten von Executive Outcomes.20 Einigen Presseberichten zufolge sollen die Mitarbeiter von Executive Outcomes Zivilpersonen von Helikoptern aus mit Maschinengewehren beschossen haben.21 Ob die Mitarbeiter davon ausgingen, es handele sich bei den Zivilpersonen um Rebellen, lässt sich nicht feststellen. Führungskräfte des Unternehmens Executive Outcomes sollen darüber hinaus im Jahr 1995 zwei Piloten der Firma angewiesen haben, unterschiedslos zu töten („kill everybody“), nachdem diese darauf hingewiesen hatten, dass es unmöglich sei, zwischen Rebellen der RUF und Zivilpersonen zu unterscheiden.22 Ob die Anweisung tatsächlich von den Piloten ausgeführt wurde, ist nicht bekannt.
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Miller, U.S. Pair’s Role in Bombing Shown, in: Los Angeles Times v. 16. 03. 2003, http:// articles.latimes.com/2003/mar/16/news/adfg-swamp16. 19 Zarate, SJIL 1998, 75 (124). 20 Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 23. 21 Zarate, SJIL 1998, 75 (96). 22 Dickinson, Wm. & Mary L. Rev. 2005, 134 (153); Rubin, An army of one’s own, in: Harper’s Magazine Februar 1997, http://harpers.org/archive/1997/02/an-army-of-ones-own/.
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II. Misshandlung von Gefangenen Die US-Regierung hat aus den Vorfällen der Vergangenheit, in denen Angestellte privater Militärfirmen oder selbständige Befrager und Übersetzer in die Misshandlung von Gefangenen involviert waren, ihre Lehren gezogen. Nachdem der Senat im Jahr 2008 ein Gesetz verabschiedet hatte, das den Einsatz von Privatunternehmern durch die CIA für Verhöre von Häftlingen untersagte,23 erließ auch das Pentagon im Jahr 2010 eine Übergangsregelung, wonach Verhöre von Personen, die sich in Militärgewahrsam befinden, nur noch von Regierungspersonal, jedoch nicht mehr von Privatunternehmern durchgeführt werden dürfen. Allerdings sind von dieser Regel Ausnahmen vorgesehen. So darf das Verbot für einen befristeten Zeitraum aus Gründen der nationalen Sicherheit aufgehoben werden. Auch ist das DoD nach wie vor befugt, Verträge mit Privatunternehmen über den Einsatz von Linguisten, Übersetzern, Protokollanten, IT-Technikern, Ausbildern und Beratern, die die Befrager unterstützen und auch bei Verhören anwesend sein dürfen, zu schließen.24 Grundsätzlich dürften Armeen und Nachrichtendienste, die im Ausland operieren, fast ausnahmslos auf die Dienste von externen Vertragspartnern zumindest als Übersetzer angewiesen sein, so dass auch weiterhin Übergriffe privater Dienstleister denkbar sind. 1. Abu Ghraib Angestellte von privaten Militärunternehmen, nämlich „Verhörspezialisten“ und Übersetzer der Unternehmen CACI International Inc. und Titan Corp. (letztere firmiert nun unter dem Namen L-3 Communications), waren an den Misshandlungen von Gefangenen in der von US-Streitkräften und der CIA betriebenen Haftanstalt Abu Ghraib in Bagdad beteiligt, die im April 2004 publik wurden. Nach dem sog. Fay-Jones Report25 waren Mitarbeiter privater Unternehmen jedenfalls in einen 23 Czajkowski, Senate panel approves measure banning CIA use of contractors for interrogations, in: The Jurist v. 02. 05. 2008, http://jurist.org/paperchase/2008/05/senate-panel-appro ves-measure-banning.php. 24 Brodsky, Defense bans contractors from interrogating detainees, in: Government Executive v. 04. 11. 2010, http://www.govexec.com/oversight/2010/11/defense-bans-contractorsfrom-interrogating-detainees/32679/. 25 Fay/Jones, Investigation of the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Intelligence Brigade, Bericht v. 23. 08. 2004, abrufbar unter https://www.thetorturedatabase.org/ files/foia_subsite/pdfs/fay_jones_kern_report.pdf. Major General George R. Fay war zunächst damit beauftragt worden, zu ermitteln, inwiefern Personal der 205th Military Intelligence Brigade in die Misshandlungen der Gefangenen in Abu Ghraib involviert war. Er wurde im Juni 2004 als Leiter der Ermittlungen von Lieutnant General Anthony R. Jones ersetzt. Der im Zusammenhang mit den Vorfällen in Abu Ghraib ebenfalls viel zitierte Taguba Report von Major General Antonio M. Taguba befasst sich im Unterschied dazu mit den Operationen der 800th Military Police Brigade in Abu Ghraib, s. Taguba, Taguba Report @ Article 15 – 6 Investigation of the 800th Military Police Brigade, Mai 2005, http://fas.org/irp/agency/dod/tag uba.pdf.
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Vorfall im Oktober 2003 involviert, bei denen nackt mit Handschellen aneinandergekettete Häftlinge gezwungen wurden, sich aufeinanderzulegen und Geschlechtsverkehr zu simulieren, während sie fotografiert wurden.26 Bei einem weiteren, als „höchstwahrscheinlich wahr“ eingestuften Vorfall im Oktober 2003 schlug ein Mitarbeiter von Titan einen Häftling so stark auf das Ohr, dass dieses genäht werden musste.27 Ein Angestellter der Firma CACI wurde dabei beobachtet, wie er einen mit Handschellen gefesselten Häftling von einem Fahrzeug stieß und ihn in eine Verhörzelle schleppte. Sobald der Häftling sich aufrichten wollte, stieß ihn der Täter wieder um.28 Ein Militäruniform tragender Übersetzer, möglicherweise ein Angestellter von Titan, soll zu einem nicht zu rekonstruierenden Zeitpunkt einen jugendlichen Häftling vergewaltigt haben, während ein weiblicher Soldat das Geschehen fotografierte.29 Ein Foto vom Dezember 2003 zeigt einen Befrager von CACI und einen Übersetzer von Titan, die einen Häftling verhören, der in einer nicht erlaubten stress position kauert.30 Desweiteren zeigen mehrere Fotos aus Abu Ghraib Gefangene, die offensichtlich gezwungen wurden, Frauenunterwäsche zu tragen oder sich diese über den Kopf zu stülpen. Angestellte von CACI rasierten zudem einen männlichen Häftling und zwangen ihn, Frauenunterwäsche anzuziehen.31 Diese Art der Erniedrigung wurde offensichtlich als sog. Pride and Ego DownVerhörtechnik angewendet. Darüber hinaus gibt es insbesondere Verdachtsmomente gegen einen CACI-Mitarbeiter hinsichtlich der Verwendung von Hunden zur Einschüchterung bei Verhören.32 2. Afghanistan Am 21. Juni 2003 verstarb der in einer US-Militärbasis in der afghanischen Provinz Kunar inhaftierte Terrorverdächtige Abdul Wali am vierten Tag seiner Haft nach Misshandlungen durch einen bei der CIA unter Vertrag stehenden, selbständigen contractor, der von seiner Anstellung als Sanitäter beim Militär beurlaubt war. Dieser hatte Soldaten angewiesen, dem Häftling Schlaf, Essen und Trinken zu entziehen und ihn zwei Nächte in Folge verhört und dabei brutal verprügelt, wobei er 26 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 72. 27 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 74. 28 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 79. 29 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 81. 30 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 82. 31 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 89. 32 Fay/Jones, Investigation telligence Brigade, S. 84 ff.
of the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Inof the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military In-
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auch mit einer Taschenlampe auf den Bauch des Opfers eingeschlagen hatte.33 Der Fall erfuhr in den USA ein relativ großes Presseecho, da der Täter bislang der einzige zivile Vertragspartner der CIA ist, der im Zusammenhang mit den fragwürdigen Verhörtechniken der CIA im Kampf gegen den Terrorismus zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.34 Ein Bundesgericht hatte ihn im Jahr 2004 zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Körperverletzung, jedoch nicht wegen eines Tötungsdeliktes verurteilt. Da keine Autopsie durchgeführt worden war, konnte die Todesursache nicht mit Sicherheit festgestellt werden.35
III. Sexuelle Gewalt Ob Mitarbeiter privater Militärunternehmen tatsächlich eher im Einsatz in sexuelle Straftaten verwickelt sind als militärisches Personal, wie dies in einem Bericht des DoD über Menschenhandel in Bosnien-Herzegovina und im Kosovo36 aus dem Jahr 2003 nahegelegt wird, sei hier dahingestellt. Fakt ist, dass im Umfeld von bewaffneten Konflikten sowie im Post-Konflikt-Umfeld vermehrt sexuelle Gewalttaten verübt werden. Neben den Vorfällen in Abu Ghraib, die offensichtlich auch sexueller Natur waren, wurden weitere mögliche Vergehen von Mitarbeitern privater Militärunternehmen bekannt: 1. Bosnien Im Jahr 1999 sollen mindestens zwei US-amerikanische Mitarbeiter der Firma DynCorp, die auf einem Hangar der US Comanche Base in Dobrave mit Wartungsaufgaben betraut waren, Frauen und minderjährige Mädchen „gekauft“, „verkauft“ und als Sexsklavinnen missbraucht haben. Eine daraufhin durchgeführte Ermittlung des US Army Criminal Investigation Department (CID) soll Beweise für die Tatvorwürfe erbracht haben, die Mitarbeiter wurden jedoch nie strafrechtlich belangt, da das CID feststellte, dass das amerikanische Militär keine Jurisdiktion über Beschäftigte von Dienstleistern der VN habe. Auch die bosnische Polizei nahm Ermittlungen auf und kam zum Ergebnis, dass die Verdächtigen nicht der bosnischen 33 Dunbar, Ex-CIA Contractor Sentenced to Prison, in: The Washington Post v. 13. 02. 2007, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/02/13/AR2007021300883.html. 34 PBS News Hour v. 20. 04. 2015, Former CIA contractor speaks out about interrogation, http://www.pbs.org/newshour/bb/convicted-former-cia-contractor-speaks-prisoner-interrogati on/; Haberman, A Singular Conviction Amid the Debate on Torture and Terrorism, in: The New York Times v. 19. 04. 2015, http://www.nytimes.com/2015/04/20/us/a-singular-convictionamid-the-debate-on-torture-and-terrorism.html. 35 Dunbar, Ex-CIA Contractor Sentenced to Prison, in: The Washington Post v. 13. 02. 2007, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/02/13/AR2007021300883.html. 36 US Department of Defense, Assessment of DoD Efforts to Combat Trafficking in Persons Phase II Bosnia-Herzegovina and Kosovo, Bericht v. 08. 12. 2009, S. 26, http://www.hrw.org/re ports/2002/bosnia/ig.pdf.
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Gerichtsbarkeit unterworfen seien.37 DynCorp kündigte nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe den tatverdächtigen Mitarbeitern.38 Auch dem Whistleblower, der die Vorfälle gemeldet hatte und der ebenfalls bei DynCorp angestellt war, wurde gekündigt, wobei das Unternehmen einen Zusammenhang mit dem Vorfall verneinte.39 In einem weiteren Fall aus dem Jahr 2000 wurden Angestellte des Unternehmens zusammen mit Personal der VN und NGO-Mitarbeitern beschuldigt, systematisch Zwangsprostitution sowie den illegalen Frauenhandel in Bosnien zu fördern.40 Eine Mitarbeiterin von DynCorp Technichal Services, die für die International Police Task Force in Bosnien mit Ermittlungen über Zwangsprostitution und sexuellen Missbrauch betraut war, hatte das Management von DynCorp über die Involvierung von Unternehmensmitarbeitern informiert. Diese sollen Ausweisdokumente für den Frauenhandel gefälscht haben, Frauenhändlern geholfen haben, die Frauen durch Checkpoints zu bringen, und Eigentümer von Bordellen über bevorstehende Razzien informiert haben. Ein Angestellter von DynCorp soll außerdem eine Frau für 1.000 US-Dollar gekauft haben.41 DynCorp zog als Folge der Anschuldigungen einige Mitarbeiter aus Bosnien ab und befragte diese in Deutschland zu den Vorgängen. Strafverfolgungsbehörden der USA oder anderer Staaten informierte das Unternehmen nicht, die Tatverdächtigen wurden nie strafrechtlich belangt.42 2. Kolumbien Im Jahr 2004 sollen laut einem Bericht der im Jahr 2014 aufgrund einer Vereinbarung zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC eingerichteten Comisión Histórica del Conflicto y sus Víctimas 53 minderjährige Mädchen in den Städten Melgar und Girardot von Mitarbeitern privater Militärfirmen sexuell missbracht und dabei gefilmt worden sein. Das Filmmaterial sollen die Täter als Pornofilme verkauft haben.43 Der Name des Unternehmens, bei dem die Täter angestellt waren, wird im Bericht nicht genannt. Nach Angaben der kolumbianischen Presse soll es sich dabei jedoch um das Unternehmen DynCorp gehandelt haben. Nach der
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Maffai, WILJ 2009, 101 (110). Robson, Bosnia: The United Nations, human trafficking and prostitution, 21. 08. 2002, https://www.wsws.org/en/articles/2002/08/bosn-a21.html. 39 Capps, Outside the law, 27. 06. 2002, http://www.salon.com/2002/06/26/bosnia_4/. 40 Isenberg, It’s Déjà Vu for DynCorp All Over Again, in: The Huffington Post v. 12. 06. 2010, http://www.huffingtonpost.com/david-isenberg/its-dj-vu-for-dyncorp-all_b_792394.html. 41 Barnett/Hughes, British firm accused in UN „sex scandal“, in: The Guardian v. 29. 07. 2001, http://www.theguardian.com/world/2001/jul/29/unitednations. 42 Maffai, WILJ 2009, 101 (110). 43 Comisión Histórica del conflicto y sus Víctimas/Vega Cantor, Contribución al entendimiento del conflicto armado en Colombia @ Injerencia de los EEUU, Contrainsurgencia y Terrorismo de Estado, S. 48 f. 38
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Veröffentlichung des Berichts im April 2015 kündigte die US-Armee eine Untersuchung des Falles an.44 Ein weiterer, ebenfalls im Bericht der Comisión Histórica del Conflicto y sus Víctimas erwähnter Fall sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen, in den ein USSoldat sowie ein mexikanischer Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens involviert gewesen sein sollen, stammt aus dem Jahr 2007. Ebenfalls in Melgar sollen die Täter eine Zwölfjährige entführt, ihr Drogen verabreicht und sie im Luftwaffenstützpunkt in der Nähe der Stadt vergewaltigt und dabei gefilmt haben. Die kolumbianische Staatsanwaltschaft hat nach Ermittlungen Haftbefehle gegen die Täter erlassen; diese wurden jedoch nicht vollstreckt, da sowohl der US-Soldat als auch der Mitarbeiter des Militärunternehmens Immunität vor Strafverfolgung in Kolumbien genossen.45
IV. Außergerichtliche Überführungen Mitarbeiter privater Unternehmen sollen in die von der CIA in den Jahren 2001 bis 2005 durchgeführte Praxis der extraordinary renditions, also in die außergerichtliche Überstellung von Personen in einen anderen Staat zum Zweck der Festnahme und Vernehmung außerhalb des normalen Rechtssystems bei konkreter Gefahr von Folter oder unmenschlicher Behandlung,46 involviert gewesen sein. Dabei wurden Terrorverdächtige ohne juristische Grundlage festgenommen und, ohne einem Richter vorgeführt worden zu sein, unter Vermeidung des Geltungsbereiches der amerikanischen Verfassung, in Staaten überführt, in denen sie in Haftanstalten incommunicado festgehalten und unter Anwendung sogenannter enhanced interrogation techniques verhört wurden.47 Die Terrorverdächtigen wurden vor allem nach Syrien, Marokko, Ägypten, Jordanien, Jemen, Libanon und Afghanistan verbracht;48 die CIA nutzte die Tatsache, dass die Zielländer Gefangene brutal misshandeln, bewusst aus.49 Insbesondere das Unternehmen Jeppesen DataPlan Inc. soll für die renditions
44 Redacción Nacional, EE.UU. investigará denuncias de abuso sexual de sus militares a menores colombianas, in: El Espectador v. 06. 04. 2015, http://www.elespectador.com/noticias/ nacional/eeuu-investigara-denuncias-de-abuso-sexual-de-sus-milit-articulo-553480. 45 Grandin, US Soldiers and Contractors Sexually Abused at Least 54 Children in Colombia Between 2003 and 2007, in: The Nation v. 07. 04. 2015, http://www.thenation.com/article/us-sol diers-and-contractors-sexually-abused-least-54-children-colombia/. 46 Ambos, StV 2013, 129 (129). 47 S. zum extraordinary renditions-Programm Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 38 ff. 48 Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 41. 49 S. dazu Council of Europe’s Committee on Legal Affairs and Human Rights, Information Memorandum II, 22. 01. 2006, Alleged Secret Detentions in Council of Europe Member States, in: Boon u. a., Terrorism, S. 69 ff.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
der CIA Flüge geplant und logistische Unterstützung geleistet haben.50 Vor diesem Hintergrund erhoben fünf Opfer, die im Rahmen von außergerichtlichen Überführungen mit Unterstützung des Unternehmens transportiert worden waren, im Mai 2007 eine Zivilklage gegen Jeppesen DataPlan Inc. Nach dem Vortrag der Kläger soll Jeppesen eine integrale Rolle bei der Entführung und Gefangenhaltung gespielt und den Vereinigten Staaten substantielle Dienste für das extraordinary renditionProgramm geleistet haben. Die Führungsetage von Jeppesen soll von den Zielen des Programmes sowie von der Folter und geheimen Haft der transportierten Personen gewusst haben. Nach Aussage eines ehemaligen Angestellten der Firma war jedenfalls das Management über Zweck und Hintergründe der Flüge informiert. Ein führender Manager soll sich in einer Besprechung folgendermaßen geäußert haben: „We do all of the extraordinary rendition flights – you know, the torture flights. Let‘s face it, some of these flights end up that way (…). It certainly pays well.“51 Die Klage wurde in der Berufungsinstanz unter Verweis auf das sogenannte state secrets privilege abgewiesen; der Versuch, den Vorgang vor den Supreme Court zu bringen, scheiterte.52
V. Operation Storm in Kroatien 1995 Im September 1994 schloss das Unternehmen MPRI53 einen Vertrag mit der kroatischen Regierung über die Demokratisierung und Reorganisation der kroatischen Armee sowie die Planung und Implementierung institutioneller und organisatorischer Strukturen für Kroatiens Verteidigungsministerium. Das von MPRI benannte Democracy Transition Assistance Program (DTAP) beinhaltete die Entsendung von Ausbildungsleitern und zivilem Personal in den Bereichen Führung, Management und zivil-militärische Operationen in demokratischen Strukturen. Nach Einschätzung der US-Regierung, die den Vertrag genehmigte, verstieß dieser nicht gegen das bestehende Waffenembargo gegen Kroatien. Kurze Zeit nachdem die Mitarbeiter von MPRI ihre Arbeit in Kroatien aufgenommen hatten, nämlich im Mai 1995, eroberte das kroatische Militär nach vierjähriger serbischer Besatzung erste Gebiete seines Territoriums zurück. Im August gelang es den kroatischen Truppen, im Rahmen einer Militäroffensive namens Operation Storm, binnen weniger Wochen
50
Marty, Secret detentions and illegal transfers of detainees involving Council of Europe member states: second report v. 07. 06. 2006, S. 37, http://assembly.coe.int/CommitteeDocs/2 007/EMarty_20070608_NoEmbargo.pdf. 51 Mayer, The C.I.A.’s Travel Agent, in: The New Yorker v. 30. 10. 2006, http://www.newyor ker.com/magazine/2006/10/30/the-c-i-a-s-travel-agent. 52 US Supreme Court, Entsch. v. 08. 09. 2010, Binyam Mohamed, et al. v. Jeppesen Dataplan Inc., et al., No. 08 – 15693 D.C. No. 5:07-CV-02798-JW. 53 Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 von L-3 Communications übernommen. Seit 2012 nennt sich L-3 Communications „Engility“; s. http://www.engilitycorp.com/about/history/.
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten
125
die Krajina nach vier Jahren serbischer Kontrolle wieder in ihre Gewalt zu bringen.54 Hunderte kroatische Serben wurden getötet, ca. 200.000 vertrieben. Die Operation ähnelte Beobachtern zufolge stark typischen Angriffen der US-Armee; Mitarbeiter der VN sprachen von textbook US field manual-Vorgehensweisen.55 Aufgrund dieser Ähnlichkeit und der zeitlichen Nähe des Einsatzes von MPRI zur Operation Storm wurde MPRI vorgeworfen, die Offensive mit geplant zu haben. Nach Angaben des Unternehmens bezogen sich die Aktivitäten des für das Projekt in Kroatien eingesetzten 15-köpfigen Teams des Unternehmens jedoch lediglich auf classroom instruction hinsichtlich eines demokratischen Transitionsprozesses der kroatischen Armee, nicht aber auf strategische Kampfführung.56 Abgesehen von der ungeklärten Tatfrage des Beitrags des Unternehmens zur Operation Storm konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Aktivitäten der kroatischen Armee während der Militäroffensive Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen darstellten. Die Berufungsinstanz des JStGH entschied überraschend im November 2012, dass es sich bei den Bombardements serbisch bewohnter Städte nicht um Kriegsverbrechen handelte. Auch eine gemeinschaftliche kriminelle Unternehmung mit dem Ziel, die serbische Bevölkerung zu vertreiben, konnte nach Ansicht der Appellationsinstanz nicht nachgewiesen werden.57
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen Gut vier Jahre nach der Annahme des Römischen Statuts (IStGH-Statut) auf der internationalen Konferenz der Vereinten Nationen am 17. Juni 1998 und einen Tag vor dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2002 erlangte am 30. Juni 2002 das VStGB Gesetzeskraft, welches die Vorgaben des IStGH-Statuts in die deutsche Rechtsordnung integriert. Dem vorausgegangen war ein grundlegender Wandel der Position Deutschlands zum Völkerstrafrecht seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Während sowohl das Völkerstrafrecht insgesamt als auch die Nürnberger Prinzipien als „Siegerjustiz“ abgelehnt wurden,58 änderte sich diese Einstellung der BR Deutschland zu Beginn der 1990er Jahre nach der Wiedervereinigung und unter dem Ein54
Zarate, SJIL 1998, 75 (106 f.). Eagar, Invisible U.S. Army Defeats Serbs, in: The Observer v. 05. 11. 1995, http://www. charlotteeagar.plus.com/stories/balkans110595.shtml. 56 Isenberg, MPRI Couldn’t Read Minds: Let’s Sue Them, in: The Huffington Post v. 19. 08. 2010, http://www.huffingtonpost.com/david-isenberg/mpri-couldnt-read-minds-l_b_688000. html. 57 JStGH, Urt. v. 16. 11. 2012, Prosecutor v. Ante Gotovina and Mladen Markacˇ , IT-06 – 90A, Nr. 49 ff. 58 Werle, in: Geneuss/Jeßberger, Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch, S. 21 (24 ff.). 55
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
druck der Kriegsgräuel in Bosnien.59 Nunmehr spielte Deutschland eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Römischen Statuts,60 der man auch durch die Umsetzung des Statuts in ein eigenständiges Gesetz, dem VStGB, gerecht werden wollte.61 Da die Straftatbestände des IStGH-Statuts nicht self-executing sind und im nationalen Recht keine unmittelbare Wirkung für den Einzelnen entfalten, war neben dem IStGH-Statutsgesetz,62 dem Ausführungsgesetz zum IStGH-Statut und dem Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem IStGH63 die Umsetzung in deutsches Recht der Vorgaben des IStGH-Statuts durch ein gesondertes Gesetz erforderlich.64 Im VStGB wurden Tatbestände geschaffen, mit denen das spezifische Unrecht der völkerrechtlichen Kernverbrechen präziser erfasst wird, als dies nach den allgemeinen Tatbeständen des StGB möglich war.65 So stellte § 220a StGB a.F. lediglich den Völkermord unter Strafe, nicht aber Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, auf die allein die allgemeinen Tatbestände anwendbar waren.66 Zudem wurden Regelungslücken zum IStGH-Statut geschlossen.67 Neben den weiteren Zielen, die Rechtsklarheit und Praxistauglichkeit des Völkerstrafrechts zu fördern und grundsätzlich zur Verbreitung und Achtung des humanitären Völkerrechts beizutragen, wurde mit dem Erlass des VStGB auch sichergestellt, dass es Deutschland stets möglich ist, Völkerrechtsverbrechen selbst zu verfolgen.68 Wegen des Grundsatzes der Komplementarität nach der Präambel und Art. 1 S. 2 Hs. 2, Art. 17 Abs. 1 lit. a, b IStGH-Statut besteht die Zuständigkeit des IStGH erst, wenn ein vorrangig zuständiger Staat nicht willens oder in der Lage ist, das Verbrechen selbst zu verfolgen (subsidiäre Verfolgungszuständigkeit).69 Mit dem VStGB ist die BR Deutschland in der Lage, die völkerrechtlichen Kernverbrechen zu verfolgen, so dass eine vorrangige Zuständigkeit der deutschen Strafgerichtsbarkeit besteht.70 Das VStGB gliedert sich in einen allgemeinen (§§ 1 – 5 VStGB) und in einen besonderen (§§ 6 – 13 VStGB) Teil. Der Gesetzgeber hat aus Gründen der Rechtssicherheit und Praxistauglichkeit so weit wie möglich auf vom StGB abweichende 59
Werle, in: Geneuss/Jeßberger, Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch, S. 21 (32 f.). Kreß, in: Reginbogin/Safferling, The Nuremberg Trials, S. 235 (238 f.). 61 Werle, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Einl. VStGB Rn. 25. 62 Gesetz v. 04. 12. 2000 zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, BGBl. II S. 1393. 63 Gesetz v. 21. 06. 2002 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, BGBl. I S. 2144. 64 Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 21 Rn. 6 ff. 65 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 12. 66 Werle, in: Geneuss/Jeßberger, Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch, S. 21 (31). 67 Grundmann, in: Geneuss/Jeßberger, Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch, S. 35 (35). 68 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 12; Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 21 Rn. 2. 69 Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 21 Rn. 2. 70 Darge, Kriegsverbrechen im nationalen und internationalen Recht, S. 243. 60
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten
127
Sondervorschriften verzichtet. Daher finden sich im allgemeinen Teil neben der Regelung des Anwendungsbereiches (§ 1 VStGB) und dem Rückgriff auf das allgemeine Strafrecht (§ 2 VStGB) Vorgaben für das VStGB, die abweichende Regelungen des StGB verdrängen:71 Ein eigenständiger Schuldausschließungsgrund (§ 3 VStGB), eine besondere Form der Unterlassungsstrafbarkeit (§ 4 VStGB), sowie die Regelung der Unverjährbarkeit der Völkerrechtsverbrechen (§ 5 VStGB). Im besonderen Teil finden sich in den §§ 6 – 13 VStGB die völkerrechtlichen Kernverbrechen. §§ 14 und 15 VStGB schließlich stellen Verhaltensweisen unter Strafe, deren geringerer Unrechtsgehalt zu einer Bewertung als Vergehen und nicht als Verbrechen führt.72
I. Anwendbarkeit ratione loci, § 1 VStGB Nach § 1 VStGB gilt das VStGB „für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht, für die in ihm bezeichneten Verbrechen auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist.“ 1. Echtes Weltrechtsprinzip Für die Verfolgung völkerstrafrechtlicher Kernverbrechen gilt somit das echte Weltrechtsprinzip, welches die weltweite Verfolgung unabhängig von den Anknüpfungspunkten Tatort und Staatsangehörigkeit von Täter und Opfer erlaubt.73 Dahinter steht der Gedanke, dass nicht nur die unmittelbar von den Verbrechen betroffenen Staaten, sondern auch die sogenannten Drittstaaten ein geschütztes Interesse haben, die Verbrechen zu verfolgen. Dieses Interesse gründet sich auf die universelle Natur von Völkerrechtsverbrechen, die als gegen die Interessen der internationalen Gemeinschaft als Ganze gerichtet angesehen werden.74 2. § 153 f StPO Im Gleichlauf mit dem Völkerstrafrechtsjustizsystem, das eine prioritäre Strafverfolgung des Tatort-, Täter- oder Opferstaats vorsieht,75 schränkt § 153 f StPO das Universalitätsprinzip innerstaatlich ein. Die Vorschrift hat als lex specialis Vorrang
71
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 12. 72 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 14. 73 Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 1 VStGB Rn. 1, 4. 74 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 104 Rn. 235 f. 75 Vgl. Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 1 VStGB Rn. 22.
128
Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
vor § 153c StPO, welcher für Auslandstaten das Opportunitätsprinzip vorsieht,76 und schafft einen Ausgleich zwischen Opportunitäts- und Legalitätsprinzip. Oberstes Ziel ist es, eine Straflosigkeit der Täter von Völkerstraftaten zu vermeiden,77 während gleichzeitig die deutsche Strafjustiz vor Überlastung durch Forum-Shopping der Anzeigenerstatter geschützt und die Strafverfolgung auf „sinnvolle“ Fälle beschränkt werden soll.78 § 153 f StPO begrenzt das Verfolgungsermessen der Staatsanwaltschaft in einem abgestuften System: Verfolgungszwang besteht bei Auslandstaten, wenn ein Inlandsbezug vorhanden ist, d. h. wenn der Tatverdächtige sich im Inland aufhält, § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO, und/oder wenn er Deutscher ist, § 153 f Abs. 1 S. 2 StPO. Nur wenn die Tat durch ein internationales Strafgericht oder ein anderes zuständiges nationales Gericht bereits verfolgt wird, § 153 f Abs. 1 S. 2 StPO, besteht ein Ermessen der Staatsanwaltschaft, von einer Strafverfolgung abzusehen. Bei reinen Auslandstaten bestehen mehrere Möglichkeiten, von einer Strafverfolgung abzusehen: Übernimmt ein internationales Gericht oder ein Tatort-, Täter- oder Opferstaat die Strafverfolgung, so gilt „insbesondere“ das Opportunitätsprinzip nach § 153 f Abs. 2 S. 1 StPO, sofern Tatverdächtiger und Opfer keine Deutschen sind und sich der Tatverdächtige nicht in Deutschland aufhält und ein solcher Aufenthalt auch nicht zu erwarten ist. Ist der Tatverdächtige Ausländer mit Aufenthalt in Deutschland, so kann auch dann von einer Strafverfolgung abgesehen werden, wenn das Opfer kein Deutscher ist und die Überstellung an ein internationales Strafgericht oder die Auslieferung an an einen anderen Staat zulässig und beabsichtigt ist, § 153 f Abs. 2 S. 2 StPO. Aus § 153 f Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 153c Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO folgt ferner, dass auch ohne die Verfolgung durch eine andere Gerichtsbarkeit die Staatsanwaltschaft über ein Verfolgungsermessen bei reinen Auslandstaten verfügt, wenn sich der Tatverdächtige nicht in Deutschland aufhält und ein solcher Aufenthalt auch nicht zu erwarten ist, denn schließlich sollen wenig erfolgversprechende Verfahren vermieden werden.79 Wird ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens einer Völkerstraftat verdächtigt, so besteht demnach eine Strafverfolgungspflicht nach § 153 f Abs. 1 S. 2 StPO, wenn der betreffende Mitarbeiter Deutscher ist und die Tat nicht bereits anderweitig verfolgt wird. Weiter besteht eine Pflicht zur Strafverfolgung, wenn ein ausländischer tatverdächtiger Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens sich in Deutschland aufhält bzw. ein solcher Aufenthalt zu erwarten ist. Handelt es sich beim Tatverdächtigen hingegen um einen Ausländer und besteht auch ansonsten kein Inlandsbezug, so verfügt die Staatsanwaltschaft nach § 153 f Abs. 1 S. 1 StPO über
76 77 78 79
Safferling, Internationales Strafrecht, § 8 Rn. 21. Diemer, in: Hannich, KK/StPO, § 153 f StPO Rn. 2. Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 1 VStGB Rn. 24. Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 1 VStGB Rn. 25.
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten
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ein Verfolgungsermessen, wodurch das Weltrechtsprinzip materiell beschränkt wird.80 3. Zuständigkeit Zuständige Staatsanwaltschaft ist nach § 120 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 142a Abs. 1 S. 1 GVG der Generalbundesanwalt (GBA), die gerichtliche Zuständigkeit weist § 120 Abs. 1 Nr. 8 GVG den Oberlandesgerichten zu, in deren Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.81 Diese üben in Organleihe die Gerichtsbarkeit des Bundes nach Art. 96 Abs. 5 GG aus.82 In örtlicher Hinsicht finden die §§ 7 ff. StPO Anwendung.
II. Anwendbarkeit ratione materiae, §§ 1, 6 ff. VStGB In sachlicher Hinsicht ist ist das VStGB auf die Verbrechen der §§ 6 – 12 VStGB sowie auf die Vergehen der §§ 13 und 14 VStGB anwendbar. Bei der Auslegung der Normen des VStGB ist die Genese der Tatbestände aus dem Völkerstrafrecht zu berücksichtigen. Dies folgt nicht nur aus den anerkannten Auslegungsmethoden, also der wörtlichen, historischen, systematischen und teleologischen Auslegung – sondern auch aus dem Grundsatz der völkerstrafrechtsfreundlichen Auslegung des VStGB.83 Daher gilt es, die Normen des VStGB im Einklang mit der Rechtsprechung internationaler Strafgerichte auszulegen.84 Neben der Rechtsprechung von IStGH, JStGH und RStGH ist auch dem Völkergewohnheitsrecht sowie allgemeinen völkerrechtlichen Rechtsgrundsätzen Beachtung zu schenken. 1. Aggression, § 13 VStGB Die Aggression ist zwar bereits in Art. 5 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut als völkerrechtliches Kernverbrechen enthalten, allerdings mangelte es bis zum 11. Juni 2010 an einer Definition des Tatbestandes. Erst auf der Überprüfungskonferenz in Kampala konnten sich die Vertragsstaaten auf eine Aggressionsdefinition einigen.85 80 Ambos, JZ 2005, 311; Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 21 Rn. 34; Safferling/Kirsch, JA 2012, 481. 81 Esser, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 21 Rn. 33. 82 Hannich, in: Hannich, KK/StPO, § 120 GVG Rn. 3; Teßmer, in: Knauer u. a., MüKo/ StPO, Band 2, § 153 f StPO Rn. 1. 83 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 203 ff. Rn. 445 ff. 84 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 5. 85 S. zum Zustandekommen der Einigung Kreß/Holtzendorff, JICJ 2010, 1179 ff.
130
Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Die auf der Kampala-Konferenz beschlossenen Änderungen des IStGH-Statuts müssen von mindestens 30 Staaten ratifiziert worden sein, was mit der Ratifizierung durch Palästina am 29. Juni 2016 geschehen ist,86 und eine Zweidrittelmehrheit muss nach dem 1. Januar 2017 der Ausübung der Strafgewalt des IStGH im Hinblick auf das Aggressionsverbrechen zugestimmt haben, bevor sie in Kraft treten können.87 Die BR Deutschland hat als einer der ersten Vertragsstaaten die Änderungen am 3. Juni 2013 ratifiziert.88 Anders als in vielen Vertragsstaaten existierten in Deutschland bereits verfassungsrechtliche und strafrechtliche Regelungen über den Angriffskrieg. So erklärt Art. 26 Abs. 1 S. 1 GG Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, für verfassungswidrig. Den Auftrag aus Art. 26 Abs. 1 S. 2 GG, derartige Handlungen unter Strafe zu stellen, hat der Gesetzgeber mit den §§ 80 und 80a StGB a.F. umgesetzt.89 Insbesondere um der Rechtsklarheit und Komplementarität willen90 wurden diese Vorschriften nun durch die Aufnahme eines eigenständigen Aggressionstatbestandes in das VStGB zum 1. Januar 2017 ersetzt.91 Für Mitarbeiter privater Militärunternehmen entfaltet die Vorschrift jedoch keine Relevanz. Nach Abs. 4 des neu in das VStGB eingefügten § 13 kann Beteiligter – also Täter oder Teilnehmer – einer Aggression nur sein, wer tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken. Auch wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen durchaus als Vorgesetzte von regulären Mitgliedern der Streitkräfte agieren oder auch beratend auf hohen staatlichen Hierarchieebenen tätig sind, so lässt sich aus derartigen Tätigkeiten nicht die Möglichkeit ableiten, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken. Das Verbrechen der Aggression ist als absolute leadership crime92 nur einem kleinen Kreis von Tätern bzw. Teilnehmern möglich, an den „hohe Anforderungen“ zu stellen sind.93
86
IStGH, Press Release v. 29. 06. 2016, State of Palestine becomes the thirtieth State to ratify the Kampala amendmends on the crime of aggression, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/ asp/press%20releases/Pages/PR1225.aspx. 87 Resolution RC/Res.6 v. 11. 06. 2010, Art. 15bis Abs. 2, 3, Art. 15ter Abs. 2, 3. 88 BGBl. II 2013, S. 139. 89 Krieger, DÖV 2012, 449 (449 f.). 90 Safferling, Internationales Strafrecht, § 8 Rn. 5. 91 Gesetz zur Änderung des VStGB v. 22. 12. 2016, BGBl. I 2016, S. 3150; Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches, BRDrucks. 161/16 v. 01.04.16, S. 1 ff. 92 Kreß/Holtzendorff, JICJ 2010, 1179 (1189). 93 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches, BR-Drucks. 161/16 v. 01.04.16, S. 6 f.
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten
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2. Völkermord, § 6 VStGB Anders als beim Verbrechen der Aggression handelt es sich bei § 6 VStGB um ein Allgemeindelikt, d. h. jedermann kann Täter sein, nicht nur staatliche oder militärische Führungspersonen.94 Demnach kommen auch Mitarbeiter privater Militärunternehmen grundsätzlich als Täter in Betracht, wobei es für die Tatbestandsverwirklichung irrelevant ist, ob die Tat im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes begangen wird oder nicht.95 Die Rechtsprechung internationaler Gerichte übt bei der Identifizierung eines Geschehens als Völkermord äußerste Zurückhaltung. Entscheidend für die Einordnung einer Tat als Völkermord ist, dass die einzelnen Tatvarianten in der Absicht begangen werden müssen, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören. Diese „überschießende Innentendenz“96 ist als subjektives Tatbestandsmerkmal in der Praxis schwer nachzuweisen. Im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkonflikt wurde bislang nur das Massaker von Srbrenica sowohl vom JStGH97 als auch vom IGH98 als Völkermord gewertet. Hinsichtlich der Operation Storm der kroatischen Armee in der Krajina konnte im Verfahren vor dem IGH nicht nachgewiesen werden, dass in der Absicht gehandelt wurde, die ethnische Gruppe der Serben in Kroatien ganz oder teilweise auszulöschen,99 so dass der IGH am 3. Februar 2015 entschied, dass es sich bei der Militäroffensive nicht um Völkermord handelte. Im Fall des Engagements des Unternehmens MPRI im Rahmen der Operation Storm ist vor diesem Hintergrund eine Beteiligung100 an einem Völkermord mangels teilnahmefähiger Haupttat auszuschließen.
94
Vest, Genozid durch organisatorische Machtapparate an der Grenze von individueller und kollektiver Verantwortlichkeit, S. 120. 95 Kreß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 6 VStGB Rn. 92. 96 Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 16 Rn. 8. 97 JStGH, Urt. v. 10. 06. 2010, Prosecutor v. Popovic et al., IT-05 – 88-T, Nr. 858 ff., bestätigt in JStGH, Urt. v. 30. 01. 2015, Prosecutor v. Popovic et al., IT-05 – 88-A, Nr. 444 f., 459 f.; JStGH, Urt. v. 2. 8. 2001, Prosecutor v. Krstic, IT-98 – 33-T, Nr. 595, bestätigt in JStGH, Urt. v. 19. 4. 2004, Prosecutor v. Krstic, IT-98 – 33-A, Nr. 28. 98 IGH, Urt. v. 27. 02. 2007, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), I.C.J. Reports 2007, S. 43 ff. 99 IGH, Urt. v. 27. 02. 2007, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), I.C.J. Reports 2007, S. 43 (198), Nr. 370 ff. 100 Für eine Teilnahmestrafbarkeit genügt nach h.M. die Kenntnis der Absicht beim Haupttäter, ein Teilnehmer muss das Erfordernis der überschießenden Innentendenz nicht aufweisen, s. Kreß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 6 VStGB Rn. 88.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
3. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, § 7 VStGB Fraglich ist weiter, unter welchen Voraussetzungen sich Mitarbeiter privater Militärunternehmen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit strafbar machen könnten. Lehnardt101 hält es für möglich, dass die Beteiligung von MPRI an der Operation Storm in Kroatien den Tatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit verwirklicht hat. Auch die von privaten Unternehmen erbrachten (Transport-)Dienstleistungen im Zusammenhang mit außergerichtlichen Überführungen könnten ihrer Ansicht nach ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, ohne dass die Autorin diese Fragen jedoch näher untersucht. Dem Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit kommt in der Praxis größere Bedeutung zu als jenem des Völkermords, da sich die Tat gegen die Zivilbevölkerung schlechthin richtet, und nicht gegen eine bestimmte Gruppe. Auch ist eine Zerstörungsabsicht nicht erforderlich.102 Geschütztes Rechtsgut sind neben den überindividuellen Interessen der Völkergemeinschaft auch Individualinteressen wie Leben, Gesundheit, Freiheit und Menschenwürde.103 Wie Völkermord kann auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit innerhalb oder außerhalb eines bewaffneten Konflikts begangen werden.104 a) Zivilbevölkerung als Tatobjekt Tatobjekt des § 7 VStGB ist die Zivilbevölkerung als ganze, nicht bloß Einzelpersonen. Auch wenn einzelne Zivilpersonen Tatobjekte der jeweiligen Einzeltaten sind, müssen diese im Rahmen eines Angriffs gegen die Zivilbevölkerung geschehen. Isolierte Gewaltakte gegen vereinzelte Zivilpersonen sind von § 7 VStGB nicht erfasst;105 sie können gegebenenfalls als Kriegsverbrechen oder nach dem allgemeinen Strafrecht strafbar sein. b) Täterkreis Alle Personen, die in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik des Staates oder der Organisation handeln, kommen als Täter eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Betracht. Die Täter selbst müssen also nicht Angehörige des tatbeteiligten staatlichen oder organisatorischen Machtapparates sein. Auch Privatpersonen können den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen, wenn sie in Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation
101 102 103 104 105
Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1021 f.). Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 419 f. Rn. 908. Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 1. Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 16. Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 189.
B. Anwendbarkeit des VStGB auf Auslandstaten
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handeln.106 Mitarbeiter privater Militärunternehmen müssen dementsprechend nicht in bestimmte Strukturen eines Staates oder einer Organisation inkorporiert sein, um als Täter von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu kommen. c) Ausgedehnter oder systematischer Angriff Die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 – 10 VStGB aufgeführten Einzeltaten müssen sich in einen ausgedehnten oder systematischen Angriff gegen eine Zivilbevölkerung als Gesamtvorgang einfügen. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber die Legaldefinition des Angriffs aus Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut107 nicht übernommen, jedoch ist diese für die Auslegung des VStGB als Leitlinie heranzuziehen.108 Aus dem Begriff „Angriff“ wird geschlossen, dass dieser stets mit der mehrfachen Begehung von in Abs. 1 genannten Taten zusammenhängen muss.109 Das Adjektiv „ausgedehnt“ bezieht sich auf eine quantitative Komponente, d. h. bei dem Angriff muss in einem großen Maßstab vorgegangen werden, und er muss sich gegen eine große Anzahl von Opfern richten.110 Zudem kann auch die Erstreckung eines Angriffs über ein großes geografisches Gebiet als ausgedehnter Angriff zu werten sein.111 Das Merkmal „systematisch“ beschreibt die qualitative112 Natur des Angriffs, d. h. die Gewaltanwendung muss organisiert und planmäßig im Sinne eines konsequenten Handelns ausgeführt werden.113 Am Erfordernis des ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf eine Zivilbevölkerung mangelt es bei sämtlichen unter Punkt A. beschriebenen Vorfällen. Die kroatische Militäroffensive Operation Storm in der Krajina, zu der das Unternehmen MPRI möglicherweise einen Tatbeitrag leistete, stellt nach Ansicht der Berufungsinstanz des JStGH kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.114 Weder die 106 Meseke, Der Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 147. 107 Nach Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut bedeutet „Angriff gegen die Zivilbevölkerung“ eine „Verhaltensweise, die mit der mehrfachen Begehung der in Absatz 1 genannten Handlungen gegen eine Zivilbevölkerung verbunden ist, in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation, die einen solchen Angriff zum Ziel hat“. 108 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 20. 109 Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 24. 110 Vest, ZStW 2001, 457 (468); Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 20 Rn. 31. 111 Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 26. 112 Vest, ZStW 2001, 457 (486 f.). 113 BGH, Beschl. v. 17. 06. 2010, AK 3/10, Rn. 27; Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 20 Rn. 31; Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 27. 114 JStGH, Urt. v. 16. 11. 2012, Prosecutor v. Ante Gotovina et al., IT-06 – 90-A, Nr. 49 ff.; die erste Instanz war noch von der Verwirklichung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
beschriebenen Fälle von Tötungen bzw. Verletzungen von Zivilpersonen durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen fanden im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung statt. Auch bei den Vorfällen im Irak, in Afghanistan und Sierra Leone gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung i.S.v. § 7 VStGB stattfanden.115 Schließlich lässt sich auch im Hinblick auf die beschriebenen extraordinary renditions kein systematischer oder ausgedehnter Angriff auf die Zivilbevölkerung konstruieren. Auch hier war es nicht das Ziel der US-Regierung, ausgedehnt oder systematisch gegen eine Zivilbevölkerung als ganze vorzugehen.116 d) Politikelement Nach der Legaldefinition des Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut muss der Angriff „in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation, die einen solchen Angriff zum Ziel hat“, erfolgen. Es ist fraglich, ob dieses Politikelement auch bei § 7 Abs. 1 VStGB zur Anwendung kommt.117 Nach Völkergewohnheitsrecht ist das Politikelement jedenfalls kein Tatbestandsmerkmal.118 Dafür spricht unter anderem die Rechtsprechung internationaler Strafgerichte. So begreift der JStGH zwar eine bestimmte Politik als typische Erscheinungsform der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, jedoch geht er nicht davon aus, dass es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung handelt.119 Und selbst der IStGH sieht im Politikelement kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, sondern lediglich ein Indiz für den systematischen Charakter eines Angriffs.120 Demnach wird also das Politikelement in den Begriff „systematisch“ hineingelesen.121 Beim Attribut „ausgedehnt“ handelt es sich hingegen schon vom Wortsinn her um eine ausschließlich quantitative Komponente. Eine Abgrenzung zu Tatbeständen des StGB bzw. zu allgemeinen nationalen Straftatbeständen ist mit einem solchen rein ausgegangen, JStGH, Urt. v. 15. 04. 2011, Prosecutor v. Ante Gotovina et al., IT-06 – 90-T, Nr. 1708 ff. 115 Vgl. Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 142 f.; Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 109. 116 Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 148. 117 Offen lassend BGH, Beschl. v. 17. 06. 2010, AK 3/10, Rn. 26. 118 Meseke, Der Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, S. 137 ff.; Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 32. 119 S. u.a. JStGH, Urt. v. 12. 06. 2002, Prosecutor v. Kunarac et al., IT-96 – 23 & IT-96 – 23/ 1-A, Nr. 98, zuletzt JStGH, Urt. v. 10. 06. 2010, Prosecutor v. Popovic et al., IT-05 – 88-T, Nr. 756; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 186 m.w.N. 120 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 186; Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/ StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 33. 121 Vgl. Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 186.
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quantitativen Merkmal allein nicht möglich. Da eine Abgrenzung erforderlich ist, kommt dem Politikelement bei dieser Variante durchaus die Bedeutung eines Tatbestandsmerkmales zu: Ausgedehnte Angriffe stellen nur dann Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, wenn sie im Rahmen oder zur Förderung der Politik eines Staates oder einer Organisation begangen worden sind.122 e) Private Militärunternehmen als Organisation i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut? Private Unternehmen verfolgen primär wirtschaftliche Interessen. Vereinzelte Zeitungsberichte etwa über die Firma Academi (ehemals Blackwater), basierend auf Aussagen zweier ehemaliger Mitarbeiter, wonach der ehemalige CEO Erik Prince im Irakeinsatz seines Unternehmens versucht habe, so viele Muslime wie möglich töten zu lassen,123 belegen noch nicht die Verfolgung einer Politik, deren Ziel der Angriff auf eine Zivilbevölkerung ist. Aber auch wenn bislang keine entsprechende Fallkonstellation bekannt geworden ist, so stellt sich doch im Zusammenhang mit dem zunehmenden Auftreten nichtstaatlicher Gewaltakteure die Frage, ob – neben paramilitärischen Einheiten, Terrrorgruppen oder kriminellen Organisationen – grundsätzlich auch private Unternehmen124 als Organisationen im Sinne des Politikelementes nach Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut zu bewerten sein können. Unstreitig ist jedenfalls, dass Personenverbindungen, die eine bestimmte (faktische) Gebietskontrolle ausüben, vom Organisationsbegriff erfasst sind.125 Dies dürfte auf private Militärfirmen im Regelfall nicht zutreffen. Selbst wenn diese bei der Bewachung von Checkpoints eingesetzt sind, so üben sie diese Tätigkeit normalerweise im Auftrag eines Staates oder einer Bürgerkriegspartei aus. Die Tätigkeit der Unternehmen ist nicht darauf ausgerichtet, auf einem Gebiet dauerhaft staatsähnliche Hoheitsgewalt aus einer eigenen Autorität heraus zu etablieren und auszuüben. Allenfalls geht es um punktuelle militärisch-strategische oder taktische Operationen, um die Hoheitsgewalt eines Auftraggebers herzustellen. Ob darüber hinaus auch Personenverbindungen, die kein Gebiet beherrschen, unter den Begriff der Organisation fallen, ist umstritten. Nach einer, vor allem in der Rechtsprechung internationaler Strafgerichte, vertretenen Auffassung ist der Organisationsbegriff eng zu verstehen, so dass lediglich Organisationen, die die genannte territoriale Komponente aufweisen, im Sinne der Vorschrift als Träger einer Politik in
122 Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. II: The Crimes and Sentencing, S. S. 67 ff.; Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 33. 123 Wernicke, Blackwater: „Kreuzzügler mit dem Auftrag, Muslime zu töten“, in: Süddeutsche Zeitung v. 17. 05. 2010, http://www.sueddeutsche.de/politik/blackwater-kreuzzueglermit-dem-auftrag-muslime-zu-toeten-1.172899. 124 Vgl. Werle/Burghardt, ZIS 2012, 271 (279). 125 Vgl. Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 36.
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Frage kommen.126 Demgegenüber wird in der völkerstrafrechtlichen Literatur, aber auch in der Rechtsprechung vertreten, dass eine Gebietskontrolle eben nicht entscheidend für den Organisationsbegriff sei. Vielmehr komme es allein darauf an, ob eine Organisation über das sachliche und personelle Potenzial zur Begehung eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf eine Zivilbevölkerung verfüge.127 Der territorialen Komponente komme dabei lediglich Indizwirkung zu. Für letztere Ansicht spricht, dass jedenfalls der Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 IStGHStatut keinen Rückschluss auf das Erfordernis der Staatsähnlichkeit einer Organisation zulässt; vielmehr werden Staat und Organisation als Alternativen genannt.128 Auch eine systematische Auslegung in Form eines Vergleiches mit den Tatbeständen des Völkermordes und der Kriegsverbrechen spricht dagegen, nur staatsähnliche Organisationen als Träger einer Politik anzusehen: Unstreitig ist es für das Verbrechen des Völkermordes nicht erforderlich, dass die Absicht der Zerstörung einer Gruppe von einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation getragen wird. Ebensowenig ist es bei Kriegsverbrechen erforderlich, dass es sich dabei um Staaten oder staatsähnliche Strukturen handelt, sondern es genügt nach Art. 8 Abs. 2 f lit. f IStGH-Statut der Nachweis einer „organisierten bewaffneten Gruppe“.129 Eine Beschränkung auf staatsähnliche Organisationen würde somit zu einem Wertungswiderspruch zwischen den Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den restlichen Verbrechenstatbeständen des Völkerstrafrechts führen. Auch in teleologischer Hinsicht lässt sich gegen eine Einschränkung des Organisationsbegriffes argumentieren. Wenn paramilitärische Einheiten oder terroristische Organisationen zu massiven Gewalttaten in der Lage sind, so ist nicht ersichtlich, weshalb erhebliche Individual- und Kollektivrechtsverletzungen nur deshalb anders bewertet werden sollen, weil die Organisation, die als Träger einer solchen Politik fungiert, keine Gebietskontrolle ausübt.130 Auch wenn eine territoriale Komponente somit nicht entscheidend für den Organisationsbegriff ist, so ist dennoch ein gewisses Macht- oder Gewaltpotential erforderlich.131 Der IStGH will für die Beurteilung der Frage, je nach Einzelfall, auf 126 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 188 m.w.N. Zum Teil wird auch vertreten, eine Organisation i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut müsse „staatsähnlich“ sein, s. Dissenting Opinion of Judge Hans-Peter Kaul zu IStGH, Beschl. v. 31. 3. 2010, Situation in the Republic of Kenya, ICC-01/09 – 19 PTC , Nr. 51: „partake of some characteristics of a State“; welche Kriterien heranzuziehen sind, um die Staatsähnlichkeit zu bestimmen, bleibt nach dieser Ansicht jedoch unklar, s. dazu Werle/Burghardt, ZIS 2012, 271 (276); gegen eine zu breite Interpretation des Organisationsbegriffs Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. II: The Crimes and Sentencing, S. 74 f. 127 IStGH, Beschl. v. 31. 10. 2010, Situation in the Republic of Kenya, ICC 01/09 PTC, Nr. 90; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 188; Kolb, in: Kolb/Scalia, Droit international pénal, S. 104; Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 37. 128 Vgl. Werle/Burghardt, ZIS 2012, 271 (273 f.). 129 Werle/Burghardt, ZIS 2012, 271 (273 f.). 130 Werle/Burchards, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 39. 131 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 188.
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zahlreiche Kriterien wie Befehlsgewalt/Hierarchie, Organisationsgrad, ausreichende Mittel zur Begehung des Angriffs, Verbrechen an der Zivilbevölkerung als primary purpose oder eben die Gebietskontrolle zurückgreifen.132 Die Erfüllung dieser Kriterien durch private Militärunternehmen dürfte im Einzelfall nicht ausgeschlossen sein. So operieren die Mitarbeiter von Unternehmen, die in Konfliktgebieten tätig sind, häufig in hierarchisch gegliederten Organisationsstrukturen.133 Darüber hinaus sind einzelne Unternehmen in der Lage, in kurzer Zeit eine große Zahl an Mitarbeitern zu mobilisieren, da viele Firmen neben festen Mitarbeitern auch über solche verfügen, die für Kurzeinsätze abrufbar sind.134 Bei einer derartigen Interpretation des Organisationsbegriffes handelt es sich auch nicht um eine nach Art. 103 Abs. 2 GG verbotene Analogie zu Lasten des Täters. Denn bei dem Begriff des „ausgedehnten“ Angriffs, bei dem der Organisationsbegriff zum Tragen kommt, geht es um ein normatives Tatbestandsmerkmal, also um einen Begriff, der aus anderen Teilen der Rechtsordnung in die Strafnorm hineinwirkt. Das VStGB übernimmt den Begriff aus einem anderen Rechtsgebiet, nämlich dem humanitären Völkerrecht, in dem Analogien zulässig sind. Die Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Analogien bei rechtsnormativen Tatbestandsmerkmalen ist jedoch nach ganz herrschender Meinung zulässig.135 4. Kriegsverbrechen, §§ 8 ff. VStGB Anders als die Regelung im IStGH-Statut, die sämtliche Arten von Kriegsverbrechen in Art. 8 IStGH-Statut behandelt und diese von Absatz 2 lit. b bis lit. e nach ihren verschiedenen Rechtsquellen ordnet, hat sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung des Statuts in deutsches Recht für eine weitaus übersichtlichere, substanzorientierte Auflistung entschieden, die sich an der humanitärvölkerrechtlich gängigen Differenzierung zwischen Schutzzweck bzw. Rechtsgut ausrichtet.136 Unterschieden wird hier zwischen Kriegsverbrechen gegen Personen (§ 8 VStGB), Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte (§ 9 VStGB), Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen und Embleme (§ 10 VStGB), Kriegsver132 IStGH, Beschl. v. 31. 10. 2010, Situation in the Republic of Kenya, ICC 01/09 PTC, Nr. 90 ff. 133 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 125; Wulf, Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden, S. 62. 134 Niewerth, Private Militärunternehmen im Völkerrecht, S. 93. 135 Vgl. Bock, Das Völkerstrafgesetzbuch im Lichte des Grundgesetzes, Beitrag zum 36. Strafverteidigertag 2012, 117 (135), http://www.strafverteidigervereinigungen.org/Material/The men/36_bock.html; zum Analogieverbot bei normativen Tatbestandsmerkmalen s. Dannecker, in: Laufhütte u. a., LK/StGB, § 1 Rn. 258; Gaede, in: Leipold u. a., AnwaltKommentar StGB, § 1 Rn. 32; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 103 Abs. 2 Rn. 234. 136 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 677 f. Rn. 1488 f.
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brechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung (§ 11 VStGB), sowie Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung (§ 12 VStGB). Dem two box approach des IStGH-Statuts ist der deutsche Gesetzgeber nicht gefolgt. Die Kriegsverbrechenstatbestände gelten grundsätzlich sowohl für internationale als auch für nichtinternationale bewaffnete Konflikte. Hiervon ausgenommen sind allein die § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 3 VStGB, die sich auf internationale bewaffnete Konflikte beschränken. Gemeinsame Voraussetzung sämtlicher Kriegsverbrechen ist, dass sie im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt begangen werden müssen. Anders als in Art. 8 Abs. 1 IStGH-Statut, in dem der Tatbestand über die völkerrechtlich notwendigen Vorgaben hinaus auf Taten, die „als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil einer Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt werden“, beschränkt wird, ist eine derartige Eingrenzung im VStGB nicht vorhanden.137 Dem Tatbestand der Kriegsverbrechen kommt im Zusammenhang mit der Strafbarkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen für Verstöße gegen humanitäres Recht die größte Relevanz zu.138 a) Bewaffneter Konflikt Wie bereits in Kapitel II ausgeführt, existiert eine Definition des Begriffes „bewaffneter Konflikt“ im Völker(straf-)recht nicht, weshalb der im Fall Tadic´ durch den JStGH erarbeiteten Formel der anhaltenden bewaffneten Gewalt zwischen unterschiedlichen, staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren139 besondere Bedeutung zukommt. Dieser hat sich der IStGH in seinen ersten Entscheidungen angeschlossen.140 Auch wenn der deutsche Gesetzgeber mit den Kriegsverbrechenstatbeständen grundsätzlich keine Differenzierung zwischen einem internationalem und einem nichtinternationalem bewaffneten Konflikt vorgenommen hat, spielt diese letztlich dennoch bei der Auslegung des Begriffs des bewaffneten Konfliktes eine Rolle:141 Art. 8 Abs. 2 lit. d und f IStGH-Statut grenzen innerstaatliche bewaffnete Konflikte von sonstigen innerstaatlichen Auseinandersetzungen ab, die unter der Schwelle eines bewaffneten Konfliktes liegen. Art. 8 Abs. 2 lit. d und f S. 1 IStGH-Statut, die insofern Art. 1 Abs. 2 ZP II entsprechen, stellen klar, dass „innere Unruhen und Spannungen“ nicht unter den Begriff des bewaffneten Konfliktes fallen. Ferner wird Art. 8 Abs. 2 lit. f S. 2 IStGH-Statut zufolge ein (innerstaatlicher) bewaffneter 137
Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 20. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 109. 139 JStGH, Beschl. v. 2. 10. 1995, Prosecutor v. Dusko Tadic, IT-94-I-A, Nr. 70. 140 Vgl. IStGH, Beschl. v. 29. 01. 2007, Prosecutor v. Lubanga Dyilo, ICC-01/04 – 01/06, Nr. 234. 141 Vgl. Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 25. 138
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Konflikt „zwischen staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen“ ausgetragen, wobei erforderlich ist, dass der Konflikt eine gewisse Intensität aufweist.142 Damit werden auch innerstaatliche Konflikte, die ausschließlich zwischen organisierten bewaffneten Gruppen und ohne staatliche Beteiligung stattfinden, als nichtinternationale bewaffnete Konflikte qualifiziert. Ziel ist es, den Schutzbereich des humanitären Völkerrechts auf Fälle auszudehnen, in denen ein staatliches Gewaltmonopol abhanden gekommen ist, der stattfindende Konflikt jedoch eine Intensität aufweist, die einem Konflikt zwischen Staat und Aufständischen vergleichbar ist.143 Die Regelung stellt klar, dass Konfliktparteien nur solche Gruppen sein können, die einen gewissen Organisationsgrad aufweisen. Hingegen spielen Intensität und Dauer eines Konfliktes sowie der Organisationsgrad der Konfliktparteien beim internationalen bewaffneten Konflikt keine Rolle.144 Somit werden bei der Auslegung des Begriffes je nachdem, ob der Konflikt internationaler oder nichtinternationaler Natur ist, unterschiedliche Maßstäbe angelegt. Im Rahmen einer völkerstrafrechtsfreundlichen Auslegung sind diese Maßstäbe auf das VStGB zu übertragen. Welche Schwierigkeiten bei der Subsumtion von Lebenssachverhalten unter den Begriff des bewaffneten Konflikts auftreten, sei anhand folgender Beispielsfälle illustriert, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen zum Einsatz kamen bzw. kommen: aa) Irak Die US-Armee marschierte am 20. März 2003 gemeinsam mit ihren Verbündeten in den Irak ein. Der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, George W. Bush, verkündete am 1. Mai 2003 das Ende des Krieges. Am 28. Juni 2004 wurde die irakische Übergangsregierung durch den Leiter der Coalition Provisional Authority (CPA), die bis dato die Verwaltungsarbeit der Besatzungstruppen übernommen hatte, eingesetzt. Schließlich wurde im Mai 2005 eine in freien Wahlen gewählte neue irakische Regierung vereidigt. In den Jahren nach dem erklärten Kriegsende kam es zu tausenden Terroranschlägen und Kriegshandlungen sowohl zwischen irakischen Gruppen als auch gegen die Besatzungstruppen, die in den Jahren 2006 bis 2008 einen Höhepunkt erreichten.145 Die Koalitionstruppen zogen im Jahr 2011 ab. Seit 142 Nach Art. 8 Abs. 2 lit. f S. 2 IStGH-Statut muss es sich um einen „lang anhaltenden“ Konflikt handeln. Dieses Merkmal wird nach einer Ansicht nicht als rein zeitliche Komponente verstanden; die Dauer indiziere lediglich die Intensität eines Konfliktes, s. Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 540 f. Rn. 1153. Hingegen setzte der deutsche Gesetzgeber voraus, dass ein nichtinternationaler Konflikt nur dann vorliegt, wenn die „Kampfhandlungen von einer gewissen Dauer sind.“, s. Lüder/Vormbaum, Materialien zum Völkerstrafgesetzbuch. Dokumentation des Gesetzgebungsverfahrens, S. 42. 143 Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 VStGB Rn. 23. 144 Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 VStGB Rn. 21. 145 Hippler, Friedensgutachten 2009, S. 73 ff.
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Anfang 2013 kommt es wieder vermehrt zu Anschlägen, die sich ab Januar 2014 zu offenen Kampfhandlungen zwischen Regierungs- und Peshmerga-Truppen und der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) intensivierten. Der Islamische Staat brachte 2014 die zweitgrößte Stadt des Landes, Mossul, sowie weite Teile der Provinzen Anbar, Diyala, Kirkuk, Niniveh und Salah al-Din unter seine Kontrolle. Nach weiteren Vorstößen des IS begann eine internationale Koalition aus 40 Ländern, unter Führung der USA, im August mit Luftangriffen auf den IS.146 Zweifellos herrschte im Irak mit der Invasion der „Koalition der Willigen“ ein internationaler bewaffneter Konflikt zwischen den Koalitionstruppen und jenen der irakischen Regierung. Auch nach den Kampfhandlungen und während der Besatzung fand dort gem. Art. 2 Abs. 2 GA das Recht des internationalen Konfliktes Anwendung. Ob es sich im Fall miliärischer Besetzung um einen Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechtes außerhalb eines bewaffneten Konfliktes bzw. zeitlich nach einem solchen handelt,147 sei hier dahingestellt. Die Elements of Crimes des IStGH stellen jedenfalls in Fußnote 34 zu Art. 8 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut klar, dass der Begriff des internationalen bewaffneten Konfliktes die militärische Besetzung umfasst.148 Spätestens mit der Vereidigung der frei gewählten irakischen Regierung 2005 wandelte sich der internationale bewaffnete Konflikt in einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt, da das Merkmal der protracted armed violence weiterhin erfüllt wurde.149 Die Involvierung der von den USA angeführten Koalition gegen den IS ändert wiederum nichts an der Einordnung des Konfliktes als nichtinternational, da diese Intervention, zumindest soweit sie auf irakischem Hoheitsgebiet stattfindet, mit Einwilligung der irakischen Regierung erfolgt. Der IS lässt sich zumindest bislang nicht als Staat im Sinne des Völkerrechts einordnen, da es, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt, an der Dauerhaftigkeit der Staatsgewalt fehlt.150 Auch einem oder mehreren anderen Staat(en) sind die Handlungen der Terrororganisation derzeit nicht zuzurechnen. Die bekannt gewordenen Misshandlungen der Gefangenen in Abu Ghraib, an denen Mitarbeiter privater Unternehmen beteiligt waren, fanden in einem Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2003 statt, mithin während der Besetzung des Irak vor Übergabe der Regierungsgeschäfte an die Übergangsregierung. Dieser Zeitraum fällt nach obigen Ausführungen in den Rahmen eines internationalen bewaffneten Konfliktes. Die in der Fallsammlung beschriebenen Fälle, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen Zivilpersonen erschossen oder verletzten, spielten sich in den Jahren 2005 – 2007 ab. Die beschriebenen Einzelfälle fanden somit allesamt 146 Amnesty International, Amnesty Report 2015 Irak, S. 1, https://www.amnesty.de/jahres bericht/2015/irak. 147 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 538 Rn. 1147. 148 International Criminal Court, Elements of crimes, S. 13. 149 Heintze/Ipsen, Heutige bewaffnete Konflikte als Herausforderungen an das humanitäre Völkerrecht, S. 71 ff. 150 Vgl. Janik, Wie der „Islamische Staat“ unser Staatsdenken in Frage stellt, in: Junge Wissenschaft im öffentlichen Recht, http://www.juwiss.de/6-2015/.
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während eines nichtinternationalen bewaffneten Konfliktes statt. Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die aktuell im Irak eingesetzt sind, operieren jedenfalls gebietsweise151 in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt. bb) Afghanistan Anfangs wurde der bewaffnete Konflikt zwischen den US-Streitkräften und afghanischen Taliban-Einheiten, die für das de-facto-Regime der Taliban in Afghanistan kämpften, nach herrschender Meinung als internationaler bewaffneter Konflikt qualifiziert. Weitgehende Einigkeit besteht im Schrifttum auch darüber, dass sich der Konflikt später zu einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt gewandelt hat,152 da jedenfalls eine wirksame Zustimmung des Territorialstaates Afghanistan für den Einsatz der von der NATO geführten internationalen Truppen der International Security Assistance Force (ISAF) bestand.153 Trotz der Beteiligung internationaler Staaten ist der Konflikt daher als nichtinternational zu qualifizieren. Der genaue Zeitpunkt des Wandels ist allerdings umstritten.154 Diskutiert werden die Einrichtung einer Interimsregierung unter Hamid Karzai im Rahmen des Bonn Agreements vom 5. Dezember 2001, die Ernennung Karzais zum Präsidenten der Übergangsregierung durch die afghanische Loya Jirga im Juni 2002, die Annahme einer neuen afghanischen Verfassung im Januar 2004 und die Parlamentswahlen im Jahr 2005. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, der sich mit der Frage im Zusammenhang der Einstellung der Ermittlungsverfahrens gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm beschäftigte, ließ die Frage des genauen Beginns des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts dahingestellt bleiben, deutete jedoch an, dass ein solcher bereits in den Jahren 2002 oder 2003 bestanden haben dürfte.155 Somit ist jedenfalls zum Zeitpunkt des oben geschilderten Vorfalls aus dem Jahr 2009, in dem die Mitarbeiter des Unternehmens Blackwater zwei Zivilpersonen in Afghanistan erschossen, von einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt auszugehen. Die Frage, ob zum Zeitpunkt der Misshandlung des Gefangenen Abdul Wali im Jahr 2003 ebenfalls bereits ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt bestand, wird nach den obigen Ausführungen uneinheitlich beantwortet. Nach Ansicht des Generalbundesanwalts, aber auch nach Ansicht des IKRK, das die Ernennung Karzais als Präsident der Übergangsregierung im Juni 2002 als entschei-
151 Zum Konfliktgebiet in asymmetrischen Konflikten s. Kapaun, Völkerrechtliche Bewertung gezielter Tötungen nicht-staatlicher Akteure, S. 186 ff. 152 Bellal u. a., IRRC 2011, 47 (51 f.) m.w.N. 153 S. hierzu Ambos, NJW 2010, 1725 (1726); Safferling/Kirsch, JA 2010, 81 (83). 154 Ambos, NJW 2010, 1725 (1726); Safferling/Kirsch, JA 2010, 81 (83). 155 Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte v. 16. 04. 2010, 3 BJs 6/10 – 4, S. 44.
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denden Zeitpunkt ansieht, war im Jahr 2003 bereits ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt im Gange.156 cc) Kolumbien Die Auseinandersetzungen zwischen Truppen der kolumbianischen Regierung und den Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC) begannen im Jahr 1964 und wurden bis zum Abschluss des Friedensvertrages im November 2016 mit unterschiedlicher Intensität fortgeführt. In den 1990er Jahren war eine Intensivierung des Konfliktes durch ein starkes Anwachsen der Truppen der FARC auf bis zu 20.000 Mann zu verzeichnen; die Zahl der Kriegstoten wurde in dieser Zeit auf ca. 10.000 pro Jahr geschätzt.157 Zwar wurde im Jahr 1998 eine sogenannte Entspannungszone im Süden Kolumbiens eingerichtet, in der die Regierung der FARC die Kontrolle überließ. Diese Maßnahme führte letztlich jedoch nicht zu einer Verminderung der Kampfhandlungen.158 Der Amtsantritt von Präsident Alvaro Uribe 2002, der bei seinem harten Kurs gegen die FARC eng mit den USA vorging, sowie über Verbindungen zu Paramilitärs verfügte, hatte eine weitere Intensivierung des Konfliktes zur Folge. Im Jahr 2004 wurde der Plan Colombia, der eine enge Zusammenarbeit mit den USA bei der Bekämpfung der Einkommensquellen der FARC, insbesondere beim Coca-Anbau vorgesehen hatte, durch den Plan Patriota abgelöst, der eine noch intensivere Bekämpfung der Guerilla zum Ziel hatte. Noch 2008 wurde die Zahl der FARC-Kämpfer auf 8.000 bis 12.000 Personen geschätzt, 968 Rebellen wurden getötet und 967 festgenommen.159 Es ist daher festzustellen, dass sowohl 1998, als es zum beschriebenen Santo Domingo Incident kam, als auch 2004 und 2007 während der geschilderten sexuellen Übergriffe, der Konflikt in Kolumbien eine Intensität aufwies, die deutlich über bloße innere Unruhen und Spannungen hinausging. Von einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt in den fraglichen Zeiträumen ist daher auszugehen. dd) Balkankriege Während man in der ersten Phase des Ausbruchs der Balkankriege im Sommer 1991 von einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ausgehen kann, da Jugoslawien zu diesem Zeitpunkt noch als fortbestehender Bundesstaat anzusehen war, änderte sich dies spätestens mit der Konsolidierung der Herrschaft der Organe der im Oktober 1991 für unabhängig erklärten Republiken Kroatien und Slowenien, die zur Jahreswende auch internationale Anerkennung fanden. Ab diesem Zeitpunkt bestand ein internationaler bewaffneter Konflikt zwischen Kroatien und Serbien/Montene156 157 158 159
Bellal u. a., IRRC 2011, 47 (52 Fn. 3). Schreiber/AKUF, Das Kriegsgeschehen 2007, S. 261. Schreiber, Das Kriegsgeschehen 2008, S. 244 f. Schreiber, Das Kriegsgeschehen 2008, S. 247.
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gro.160 Während des Einsatzes der Mitarbeiter des Unternehmens MPRI in Kroatien wie auch während der Operation Storm in der Krajina herrschte dort mithin ein internationaler bewaffneter Konflikt.161 In Bosnien-Herzegovina, dem Tatort der möglichen sexuellen Straftaten der Mitarbeiter von DynCorp in den Jahren 1999 und 2000, wurde der bewaffnete Konflikt im Jahr 1995 mit dem Friedensabkommen von Dayton beendet. In Bosnien-Herzegovina selbst herrschte zu den Tatzeitpunkten also kein bewaffneter Konflikt mehr. Von der erwähnten Comanche Air Base aus wurden von März bis Juni 1999 Luftangriffe der NATO im Rahmen der Operation Allied Force gegen die Bundesrepublik Jugoslawien während des Kosovokrieges geflogen. Nach der Rechtsprechung der ad hoc-Tribunale ist es zwar ausreichend, wenn ein Konflikt für einen Teil eines bestimmten Gebietes festgestellt wurde. Eine solche Feststellung hat zur Folge, dass das humanitäre Völkerrecht dann in allen Teilen dieses Gebietes anwendbar ist, gleich ob sich die Kampfhandlungen tatsächlich über das gesamte Gebiet erstrecken.162 Dies gilt jedoch nur für Teile eines gesamten staatlichen Hoheitsgebietes. Bosnien-Herzegovina war zum fraglichen Zeitpunkt bereits ein eigenständiger, aus dem Friedensabkommen von Dayton als Rechtsnachfolger der 1992 gegründeten Republik Bosnien-Herzegovina hervorgegangener Staat, der eben nicht das Gebiet umfasste, in dem sich der Kosovokrieg abspielte. Somit war Bosnien-Herzegovina in den Jahren 1999 und 2000 kein Schauplatz eines bewaffneten Konfliktes mehr. ee) Nigeria Hunderte von Mitarbeitern, vor allem von südafrikanischen privaten Militärunternehmen, sollen eine tragende Rolle in der 2015 gestarteten Offensive der nigerianischen Regierung gegen die radikalislamische Gruppierung Boko Haram spielen.163 Sie sollen insbesondere mit Kampfhubschraubern Einsätze gegen die Aufständischen fliegen, sowie in Ausbildungsmaßnahmen, in die Planung von Operationen und in die Koordination und Interpretation des militärischen Informationsaufkommens involviert sein. Die Mitarbeiter der militärischen Dienstleistungsunternehmen sollen ihre Basis im geschlossenen Flughafen von Maiduguri aufgeschlagen haben. Neben den Südafrikanern sollen sich auch ukrainische Helikopterpiloten unter den Mitarbeitern privater Militärunternehmen in Maiduguri befinden. Ein
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Oeter, ZaöRV 1993, 1 (15 f.). S. hierzu auch JStGH, Urt. v. 15. 04. 2001, Prosecutor v. Gotovina et al., IT-06 – 90-T, Nr. 1681. 162 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 240. 163 Freeman, South African mercenaries’ secret war on Boko Haram, in: The Telegraph v. 10. 05. 2015, http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/nigeria/ 11596210/South-African-mercenaries-secret-war-on-Boko-Haram.html. 161
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
südafrikanischer Mitarbeiter kam im März 2015 beim Einsatz in Nigeria in sogenanntem friendly fire um.164 Seit im Mai 2013 der damalige Präsident Goodluck Jonathan wegen einer Gewaltoffensive Boko Harams in Nordnigeria in drei Bundesstaaten den Ausnahmezustand erklärte, ist die Intensität der Gewalt stetig angestiegen, was sich auch in steigenden Opferzahlen ausdrückt. So wurden in den ersten vier Monaten des Jahres 2014 1.800 Menschen im Rahmen des Konflikts zwischen Regierungstruppen und Boko Haram getötet.165 Dementsprechend kam der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs zu dem Schluss, dass der Konflikt in Nigeria aufgrund der Intensität der Gewaltakte sowie des Organisationsgrades der Konfliktparteien spätestens seit Mai 2013 als nichtinternationaler bewaffneter Konflikt einzuordnen ist.166 ff) Ostukraine Laut Zeitungsberichten sollen im Frühjahr 2014 300 – 400 Mitarbeiter des Unternehmens Academi in der Ostukraine im Einsatz gegen prorussische Separatisten gewesen sein. Sie sollen insbesondere bei Demonstrationen in Donezk schwerbewaffnet und in Uniformen ohne Abzeichen gesichtet worden sein.167 Weitere Einzelheiten zum angeblichen Einsatz sind nicht bekannt; Academi jedenfalls dementierte einen Einsatz. Für die russische Seite sollen Truppen des Unternehmens Vnevedomstvenaya Okhrana auf der Krim aktiv sein, die dort mehrere Grenzposten übernommen haben sollen. Unabhängig von Militärunternehmen sollen sich mehr als hundert Bundesbürger, darunter etliche ehemalige Bundeswehrsoldaten, als „Söldner“ den prorussischen Separatisten angeschlossen haben.168 Das IKRK klassifizierte den Konflikt in der Ostukraine im Juli 2014 als nichtinternationalen bewaffneten Konflikt zwischen den Regierungstruppen und pro-
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Nossiter, Mercenaries Join Nigeria’s Military Campaign Against Boko Haram, in: The New York Times v. 12. 03. 2015, http://www.nytimes.com/2015/03/13/world/africa/nigeriasfight-against-boko-haram-gets-help-from-south-african-mercenaries.html. 165 Shetty, Nigeria steht vor einem schwierigen Stabilitätstest, Amnesty International, 07. 05. 2015, https://www.amnesty.de/2014/5/7/nigeria-steht-vor-einem-schwierigen-stabilitaets test. 166 International Criminal Court, Report on Preliminary Examination Activities 2013, Nr. 218, http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/press%20and%20media/press%20releases/Docu ments/OTP%20Preliminary%20Examinations/OTP%20-%20Report%20%20Preliminary%2 0Examination%20Activities%202013.PDF. 167 Deutsche Wirtschafts Nachrichten, US-Söldner: Blackwater angeblich in der OstUkraine im Einsatz, 10. 03. 2014, http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/03/10/us-so eldner-blackwater-angeblich-in-der-ost-ukraine-im-einsatz/. 168 Flade, Die Justiz und die deutschen Söldner, in: Welt-Investigativ v. 22. 03. 2015, http:// investigativ.welt.de/2015/03/22/die-justiz-und-die-deutschen-soeldner/.
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russischen Separatisten.169 Diese Einschätzung wird jedoch kritisiert, da eine Beteiligung Russlands am Konflikt trotz der Dementi Russlands als zumindest sehr wahrscheinlich angesehen wird und damit viel für einen internationalen bewaffneten Konflikt – möglicherweise parallel zu einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt – spricht.170 Entscheidend ist also, wie die Frage der Zurechenbarkeit der Kampfhandlungen der prorussischen Separatisten zu Russland beantwortet wird. Nach den obigen Ausführungen müsste die russische Regierung die overall control über die Separatisten innehaben. Über die Beteiligung an der Finanzierung, dem Training und der Ausrüstung der Separatisten hinaus müsste der russischen Regierung eine Rolle bei der Organisation, Koordinierung oder Planung der militärischen Aktionen zukommen.171 Auch wenn die Beweislage hinsichtlich einer Finanzierung und Ausstattung der pro-russischen Kräfte durch Russland ausreichen dürfte, so ist bislang undurchsichtig, ob und inwieweit Russland in die Planung konkreter Militäroperationen eingebunden ist.172 Daher ist derzeit von einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt auszugehen. gg) Außergerichtliche Überführungen Hintergrund für die Praxis der außergerichtlichen Überführungen von Terrorverdächtigen war der War on Terror, den der damalige US-Präsident George W. Bush am 20. September 2001 in einer Rede erklärte.173 Dieser globale „Krieg gegen den Terrorismus“ sollte nach dem Verständnis der Bush-Administration keinen zeitlichen oder räumlichen Beschränkungen unterliegen. Zweifellos ist dieses Verständnis eines Konfliktes nicht konform mit der Bedeutung des Begriffs im humanitären Völkerrecht; der unbestimmte War on Terror ist als solcher kein bewaffneter Konflikt
169 IKRK, News Release 14/125 v. 23. 07. 2014, Ukraine: ICRC calls on all sides to respect international humanitarian law, https://www.icrc.org/eng/resources/documents/news-release/2 014/07-23-ukraine-kiev-call-respect-ihl-repatriate-bodies-malaysian-airlines.htm. 170 Vgl. Amnesty International, Ukraine: Mounting evidence of war crimes and Russian involvement, 07. 09. 2014, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2014/09/ukraine-mountingevidence-war-crimes-and-russian-involvement/. 171 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 104. 172 Vgl. Nuzov/Quintin, The Case of Russia’s Detention of Ukrainian Military Pilot Savchenko under IHL, in: EJIL: Talk! v. 03. 03. 2015, http://www.ejiltalk.org/the-case-of-russias-de tention-of-ukrainian-military-pilot-savchenko-under-ihl/. Auch die Untersuchung des Abschusses des Linienfluges MH17 am 17. 07. 2014 durch eine Internationale Kommission, die zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei der Rakete um ein russisches Fabrikat handelte und diese von einem Standort aus abgefeuert wurde, der sich unter Kontrolle der prorussischen Separatisten befand, kann keine Antwort auf eine konkrete Einbindung Russlands in die Kampfhandlung geben, s. Openbaar Ministerie: Flight MH17 was shot down by a BUK missile from a farmland near Pervomaiskyi, 28. 09. 2016, https://www.om.nl/onderwerpen/mh17-crash/@ 96068/jit-flight-mh17-shot/. 173 Satterthwaite, Rendered Meaningless: Extraordinary Rendition and the Rule of Law, S. 2.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
nach § 8 VStGB.174 Vielmehr ist bei außergerichtlichen Überführungen danach zu differenzieren, ob die betreffenden Personen im Kontext eines bestimmten bewaffneten Konfliktes aufgegriffen bzw. verhaftet wurden. hh) Piraterie am Horn von Afrika Seit dem Anstieg der Piraterie am Horn von Afrika greifen Reedereien zum Schutz ihrer Handelsschiffe auf die Dienste privater Sicherheitsunternehmen zurück.175 Auch deutsche Mitarbeiter, zum Teil sogar aktive Soldaten der Bundeswehr, sollen dabei eingesetzt sein.176 Fraglich ist, ob es sich bei der Situation in den Gewässern am Horn von Afrika um einen bewaffneten Konflikt handelt. Dann wäre es auch denkbar, dass gegen Piraterie eingesetzte Mitarbeiter privater Militärunternehmen gegen humanitär-völkerrechtliche Regeln verstoßen und im Einsatz Kriegsverbrechenstatbestände nach den §§ 8 ff. VStGB begehen könnten. In Somalia bekämpft die zusammen mit Al-Qaida operierende radikal-islamische Al-Shabaab-Bewegung seit 2010 verstärkt die international anerkannte Übergangsregierung mit dem Ziel, ein internationales Kalifat auszurufen. Zeitweise besetzten Kämpfer der Aufständischen die somalische Hauptstadt Mogadischu. 2011 konnte die Miliz im Rahmen einer gemeinsamen Offensive der nationalen somalischen Streitkräfte (Somali National Armed Forces – SNAF) und der Schutztruppe der Afrikanischen Union (African Union Mission in Somalia – AMISOM) aus der Hauptstadt sowie aus Gebieten in Süd- und Zentralsomalia vertrieben werden. Dennoch kontrolliert Al-Shabaab in dieser Region noch große Gebietsteile. Bei der Auseinandersetzung zwischen der aufständischen Al-Shabaab-Miliz und der somalischen Regierung handelt es sich folglich um einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt.177 Die Tatsache, dass die Schutztruppe der AMISOM auf Seiten der somalischen Regierung involviert ist, ändert nichts an dieser Einordnung, da dies mit Einwilligung der somalischen Regierung geschieht. Allerdings ist bislang nicht feststellbar, dass die Piraten sich den Aufständischen angeschlossen hätten. Bekannt ist lediglich, dass die Piraten an Al-Shabaab Geldzahlungen leisten, was vermutlich nicht freiwillig erfolgt.178 Die bloße Zahlung von Geld an die Miliz ist jedoch nicht ausreichend, um die Piraten als Angehörige der AlShabaab zu betrachten oder dieser deren Verhalten zuzurechnen. Auch wenn also in Teilen Somalias ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt herrscht, so gilt dies 174 Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 186; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 114. 175 S. Boon u. a., Terrorism, S. 218. 176 Seliger, Aktive Soldaten bei Sicherheitsunternehmen im privaten Kampfeinsatz, in: FAZ v. 28. 04. 2013, http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/aktive-soldaten-bei-sicherheitsunterneh men-im-privaten-kampfeinsatz-12164581.html. 177 Neumann/Salomon, HuV-I 2011, 165 (166). 178 Ahmed/Sheikh, Somali rebels detain several pirate gang leaders, in: Reuters v. 17. 02. 2011, http://www.reuters.com/article/us-somalia-piracy-idUSTRE71G6KN20110217.
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nicht für die Situation vor Somalias Küste.179 Die auf den Schiffen eingesetzten Dienstleister sind im Rahmen von Notwehr und Nothilfe berechtigt, Verteidigungshandlungen gegen Piraten zu ergreifen. Deren Rechtmäßigkeit richtet sich nach dem Recht des Flaggenstaates.180 b) Zusammenhang der Tat mit dem Konflikt Eine Tat ist nur dann als Kriegsverbrechen zu qualifizieren, wenn sie einen funktionalen Zusammenhang mit einem Konflikt aufweist. Dem durch diesen Nexus erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt einer Tat wird mit höherem Strafrahmen als bei vergleichbaren Tatbeständen im allgemeinen Strafrecht Rechnung getragen.181 Der JStGH und weitere ad-hoc-Gerichtshöfe haben dieses „internationale Element“ in mehreren Entscheidungen konkretisiert.182 Danach muss die Tat mit dem bewaffneten Konflikt in einem „offensichtlichen Zusammenhang“ stehen. Nach der Spruchpraxis der ad-hoc-Tribunale ist eine Kausalbeziehung entbehrlich. Vielmehr muss ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Tat und bewaffnetem Konflikt bestehen, d. h. der bewaffnete Konflikt muss von wesentlicher Bedeutung für die Fähigkeit des Täters, das Verbrechen zu begehen, für seine Entscheidung zur Tatbegehung, für die Art und Weise der Begehung oder für den Zweck der Tat sein. Kriterien für die Feststellung des Begehungszusammenhangs können die Kombattanteneigenschaft des Täters, die Nichtkombattanteneigenschaft des Opfers, die Zugehörigkeit des Opfers zur gegnerischen Partei oder ein Zusammenhang zwischen Tat und den dienstlichen Aufgaben des Täters sein.183 Eine nur „bei Gelegenheit“, unabhängig vom bewaffneten Konflikt, begangene Tat erfüllt das Erfordernis des Zusammenhangs nicht. Dieser Rechtsauffassung hat sich der IStGH angeschlossen.184 Bei jenen Fällen der Fallsammlung, die sich auf die Tötung von Zivilpersonen und die Misshandlung von Gefangenen beziehen, ist, unabhängig von einem möglichen Kombattantenstatus der Täter, ein erforderlicher Zusammenhang der Taten mit den 179 Geiss/Petrig, Piracy and Armed Robbery at Sea, S. 131, http://www.maritimesecurity.eu/ fileadmin/content/news_events/workingpaper/PiraT_Arbeitspapier_Nr7_2011_07.pdf; König u. a., PiraT-Arbeitspapiere zur Maritimen Sicherheit 2011, (23). 180 König u. a., PiraT-Arbeitspapiere zur Maritimen Sicherheit Nr. 7, Juli 2011, S. 22. 181 Ambos, in: Joecks u. a., MünKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 34. 182 S. u.a. JStGH, Urt. v. 16. 11. 1998, Prosecutor v. Mucic et al., IT-96 – 21-TC, Nr. 193; JStGH, Urt. v. 03. 03. 2000, Prosecutor v. Blasˇkic, IT-95 – 14-T, Nr. 69; JStGH, Urt. v. 16. 11. 1998, Prosecutor v. Delalic et al., IT-96 – 21-T, Nr. 193; RStGH, Urt. v. 01. 06. 2001, Prosecutor v. Akayesu, ICTR-96 – 4-A, Nr. 438; RStGH, Urt. v. 26. 5. 2003, Prosecutor v. Rutaganda, ICTR-96 – 3-A, Nr. 573 ff. 183 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 545 ff. Rn. 1164 ff. m.w.N. 184 Vgl. IStGH, Beschl. v. 29. 01. 2007, Prosecutor v. Lubanga Dyilo, ICC-01/04 – 01/06PTC, Nr. 287; IStGH, Beschl. v. 30. 09. 2008, Prosecutor v. Katanga und Ngudjolo Chui, ICC01/04 – 01/07 – 717-PTC, Nr. 380; IStGH, Beschl. v. 04. 03. 2009, Prosecutor v. Al Bashir, ICC02/05 – 01/09 – 3-PTC, Nr. 71.
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jeweiligen Konflikten aufgrund der beruflichen Aufgaben der Täter ersichtlich. Wären die Täter nicht mit Aufgaben wie dem Begleitschutz von Konvois oder Personen betraut gewesen, oder nicht aufgrund ihrer Tätigkeit bei Verhören von Gefangenen involviert gewesen, so hätten die Täter die Tathandlungen von vorneherein nicht ausführen können. Dies gilt auch für mögliche Straftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen im Zusammenhang mit der Operation Storm. Hinsichtlich der geschilderten möglichen sexuellen Straftaten ist ein Zusammenhang der Taten mit einem bewaffneten Konflikt weniger eindeutig. In Bosnien herrschte zum Zeitpunkt der Taten 1999 und 2000, wie ausgeführt, kein bewaffneter Konflikt mehr. Zeitliches Kriterium für die Existenz eines funktionalen Zusammenhangs zwischen Tat und Konflikt ist jedoch nach der Kunarac-Entscheidung des Jugoslawien-Strafgerichtshofes das Ende der Kampfhandlungen in der fraglichen Region; zumindest aber müsste eine durch vorhergehende Kämpfe entstandene Situation ausgenutzt werden.185 Bereits die Ausdehnung eines funktionalen Zusammenhangs um Monate nach der letzten Kampfhandlung wird jedoch als problematisch angesehen.186 Ein Zeitraum von vier bzw. fünf Jahren zwischen dem Ende der Kampfhandlungen und den fraglichen Handlungen, wie sich die Situation in den geschilderten Fällen in Bosnien darstellt, erscheint daher als unzulässige Ausdehnung des Zusammenhangs zwischen Konflikt und Einzeltaten.187 Möglicherweise standen die Taten aber in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Kosovokrieg, der zum Zeitpunkt der Taten stattfand. Kriegsverbrechen können auch außerhalb der Gebiete stattfinden, in denen es Gefechte gibt, sofern ein enger Zusammenhang mit dem Konflikt vorhanden ist.188 Es genügt, wenn diese durch den Konflikt gefördert oder zumindest wesentlich beeinflusst wurden und nicht nur gelegentlich des Konfliktes begangen wurden.189 Allerdings sind keine Indizien ersichtlich, dass die spezifische Gefährdungssituation die Taten ermöglichte oder erleichterte, wie beispielsweise die Zugehörigkeit der Opfer zu einer gegnerischen Partei, die Begehung der Taten als Teil der offiziellen Pflichten der Täter, oder die Begehung als Teil einer militärischen Kampagne. Auch der humanitär-völkerrechtliche Status von Tätern und Opfern dürfte bei den Taten keine entscheidende Bedeutung gehabt haben. Anhand der zur Verfügung stehenden Informationen sind keine Anzeichen für einen funktionalen Zusammenhang erkennbar. Was die sexuellen Übergriffe von Mitarbeitern privater Militärunternehmen 2004 und 2007 in Kolumbien anbelangt, müsste ebenfalls geklärt werden, inwieweit die Täter eine erhöhte Gefährdungslage von Zivilpersonen in der Konfliktsituation 185
JStGH, Urt. v. 22. 02. 2001, Prosecutor v. Kunarac et al., IT-96 – 23-T, Nr. 568. Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 125. 187 Anders Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 178, der ohne nähere Begründung von einem Zusammenhang der Taten mit einem bewaffneten Konflikt auszugehen scheint. 188 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 546 f. Rn. 1165. 189 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 243. 186
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ausnutzten,190 auch wenn der Tatort, die Stadt Melgar, kein Schauplatz von Kampfhandlungen war. Die Faktenlage erlaubt diesbezüglich keine abschließende Bewertung, jedoch sind auch in diesen Fällen derzeit keine Indizien für einen funktionalen Zusammenhang vorhanden. Bei den Aktivitäten im Zusammenhang mit extraordinary renditions ist zu unterscheiden. Wenn die Personen in einem Gebiet festgenommen wurden, in dem ein bewaffneter Konflikt herrschte, wie beispielsweise in Afghanistan oder in Teilen des Irak, so ist der erforderliche Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt nach § 8 VStGB offenkundig. Das humanitäre Völkerrecht ist dann auch auf den Transport und die Haft außerhalb des Konfliktgebietes anwendbar.191 Wenn die Personen hingegen in einem Gebiet oder Staat gefangen genommen wurden, in dem kein bewaffneter Konflikt stattfindet, und auch nicht in ein Konfliktgebiet transportiert wurden, so lässt sich ein Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt nicht ohne weiteres herstellen. Es müssen diesbezüglich konkrete Umstände hinzukommen, die die Tat mit einem bestimmten bewaffneten Konflikt in Verbindung bringen.192 Die Anwendung humanitären Völkerrechts auf den „Krieg gegen den Terror“ als solchen ist abzulehnen, da dadurch insbesondere die Grenzen zwischen Polizei- und Ordnungsrecht und dem Recht des bewaffneten Konfliktes verschwömmen.193 c) Täter und Opfer Die §§ 8 – 12 VStGB sind Allgemeindelikte, d. h. jedermann kommt als Täter von Kriegsverbrechen in Betracht, nicht nur Soldaten.194 Dies lässt sich bereits aus dem Wortlaut der gemeinsamen Art. 49, 50, 129 und 146 GA I–IV ableiten, die die Vertragsstaaten zur Schaffung von Strafvorschriften für schwere Verstöße von „Personen“ verpflichten. Im internationalen bewaffneten Konflikt können daher nicht nur Kombattanten, sondern auch Zivilpersonen Kriegsverbrechen begehen. Daher können Mitarbeiter privater Militärunternehmen auch als Zivilpersonen Kriegsverbrechen nach den §§ 8 VStGB begehen. Unter Umständen können diese Taten dann zugleich wegen der fehlenden Berechtigung, unmittelbar an Feindse190
Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 121. The Venice Commission, Opinion on the international legal obligations of Council of Europe member states in respect of secret detention facilities and inter-state transport of prisoners, Nr. 80, in: Boon u. a., Terrorism, S. 218. 192 Vgl. Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 238; The Venice Commission, Opinion on the international legal obligations of Council of Europe member states in respect of secret detention facilities and inter-state transport of prisoners, Nr. 80, in: Boon u. a., Terrorism, S. 218. 193 S. dazu ausführlich Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 194 ff. 194 Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 37. S. auch die eingehende Untersuchung zu einem möglichen Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen in Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 112 ff. 191
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ligkeiten teilzunehmen, weitere Straftatbestände nach allgemeinem nationalem Strafrecht erfüllen. Kombattanten hingegen sind zur unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten gem. Art. 43 Abs. 2 ZP I berechtigt. Opfer von Kriegsverbrechen können die nach Genfer Recht geschützten Personengruppen sein. Diesbezüglich gilt zunächst der – als Gewohnheitsrecht anerkannte und in Art. 51 Abs. 2 ZP I und Art. 13 Abs. 2 ZP II kodifizierte – allgemeine Grundsatz des Völkerrechts, wonach Zivilpersonen sowohl im internationalen als auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt geschützt sind.195 Hierzu zählen auch zivile Angestellte privater Militärfirmen. Im Falle einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten verlieren diese wie andere Zivilpersonen ihren Schutz vor Angriffen und werden legitime militärische Ziele, Art. 51 Abs. 3 ZP I. Darüber hinaus unterscheidet das VStGB hinsichtlich der Opfer von Kriegsverbrechen zwischen den nach Genfer Recht geschützten Personengruppen im internationalen und nichtinternationalen bewaffneten Konflikt. Für ersteren Fall verweist § 8 Abs. 6 Nr. 1 VStGB auf die geschützten Personengruppen der Genfer Abkommen und des ZP I, nämlich auf Verwundete und Kranke auf dem Land (Art. 13 GA I), Verwundete und Kranke auf See, Schiffbrüchige (Art. 12 GA II), Kriegsgefangene (Art. 4 GA III), Zivilpersonen (Art. 4 GA IV, Art. 48 ff. ZP I), sowie auf den erweiterten Personenkreis des Art. 85 Abs. 2 – 4 ZP I. Dieser umfasst Personen, die an Kampfhandlungen teilgenommen haben und in Feindeshand geraten sind (Art. 11, 45), Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige der gegnerischen Partei (Art. 10), medizinisches und religiöses Personal (Art. 12, 15, 16), Flüchtlinge und Staatenlose (Art. 73), und Personen, die sich hors de combat befinden (Art. 41). Für den Fall des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts sieht § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB den Schutz von Verwundeten, Kranken, Schiffbrüchigen sowie von Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden, vor und greift damit den Mindestschutz des gemeinsamen Art. 3 GA I–IV auf. § 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB schließlich bezieht sich auf Personen, die sowohl im internationalen als auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt geschützt sind, nämlich Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind. Diese Personengruppen sind in den Genfer Abkommen in Art. 41 ZP I, Art. 3 GA I–IV, Art. 4 ZP II aufgezählt.196 d) Subjektiver Tatbestand § 2 VStGB verweist auf die allgemeinen Vorschriften des Strafrechts, so dass der Täter gem. § 15 StGB mit Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale
195 Gasser/Dörmann, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 231 (234 Rn. 502). 196 Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 38 f.
C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB
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handeln muss.197 Im Hinblick auf das Merkmal des funktionalen Zusammenhangs mit einem bewaffneten Konfliktes ist erforderlich, dass der Täter von der Existenz eines bewaffneten Konfliktes gewusst haben muss. Die zutreffende rechtliche Wertung des Konfliktcharakters als nichtinternational oder international ist jedoch entbehrlich.198 Der funktionale Zusammenhang der Tat mit dem bewaffneten Konflikt muss als Tatbestandsmerkmal vom Vorsatz des Täters umfasst sein.199
C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB Zu untersuchen ist, welche Tatbestände auf die in den Fallgruppen geschilderten Fälle zutreffen, soweit die Faktenlage eine Subsumtion erlaubt.
I. Beschuss von Zivilpersonen Beim Beschuss von Zivilpersonen kommen folgende Tatbestände in Betracht: 1. Tötung einer zu schützenden Person, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB Verursacht der Täter den Tod einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person, so könnte das Erfolgsdelikt des § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB verwirklicht sein. Wer nach humanitärem Völkerrecht zu schützen ist, wird in § 8 Abs. 6 VStGB spezifiziert. Wie oben ausgeführt, herrschte sowohl im Irak als auch in Afghanistan ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt, als die beschriebenen Fälle stattfanden. Auch in Kolumbien (1998) und Sierra Leone (1995) war von nichtinternationalen bewaffneten Konflikten auszugehen, als die Zivilpersonen getötet wurden. Daher ist § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB einschlägig. Danach sind Personen geschützt, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden. Dies können sowohl Kämpfer hors de combat als auch Zivilpersonen sein.200 Mit dem Erfordernis, dass sich die Zivilpersonen in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden müssen, entfernt sich das VStGB von der Regelung des Art. 8 Abs. 2 lit. c IStGH-Statut, die auch solche Situationen erfasst, in denen sich das Opfer nicht im Machtbereich einer am Konflikt beteiligten Partei befindet. Grund für diese Abweichung ist, dass der deutsche Gesetzgeber Distanzangriffe auf die Zivilbevölkerung mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 197 198 199 200
Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 44. Safferling, Internationales Strafrecht, § 6 Rn. 157. Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 206. Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 90.
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bzw. Abs. 2 VStGB regeln wollte. Hingegen sollte § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB parallel zu Abs. 6 Nr. 1 im internationalen bewaffneten Konflikt in erster Linie die gefangen genommenen Kämpfer der gegnerischen Partei schützen.201 Angriffe gegen Teile der Bevölkerung, die nicht der Gewalt der gegnerischen Partei unterliegen, fallen entsprechend der Trennung von Kriegsverbrechen gegen zu schützende Personen und Kriegsverbrechen wegen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden unter § 11 VStGB.202 In sämtlichen geschilderten Situationen der Fallgruppe wurden Zivilpersonen getötet, die sich nicht in Gefangenschaft, sondern in Freiheit befanden.203 Daher ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB nicht einschlägig. 2. Einsatz verbotener Methoden der Kriegführung, § 11 Abs. 1, Abs. 2 VStGB Möglicherweise erfüllen die Tathandlungen Tatbestandsvarianten des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung. a) Angriff gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen, § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft, wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Die Vorschrift orientiert sich für internationale bewaffnete Konflikte an Art. 8 Abs. 2 lit. b (i) IStGH-Statut, an Art. 85 Abs. 3 lit. a ZP I sowie an Völkergewohnheitsrecht. Was nichtinternationale bewaffnete Konflikte angeht, so basiert die Vorschrift auf Art. 8 Abs. 2 lit. e (i) IStGH-Statut und Völkergewohnheitsrecht.204 Bei § 11 Abs. 1 handelt es sich um ein Tätigkeitsdelikt, da es für eine Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich ist, dass Zivilisten tatsächlich verletzt oder getötet werden.205
201
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 30; Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte, 3 BJs 6/10 – 4, S. 50 f. 202 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 91 f. 203 Vgl. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte, 3 BJs 6/10 – 4, S. 51. 204 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 26 f. 205 Vgl. Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 8 Rn. 182.
C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB
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Als „Angriff“ gilt nach Art. 49 Abs. 1 ZP I jede offensive oder defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner,206 wobei der Angriff mit militärischen Mitteln ausgeführt werden muss. Der Tatbestand ist nicht erfüllt, falls die Zivilpersonen, gegen die sich der Angriff richtet, unmittelbar an Feinseligkeiten teilnehmen. Bei den beschriebenen Vorfällen sind keine Hinweise ersichtlich, die darauf schließen lassen, dass die getöteten Personen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnahmen. Auch wurde in sämtlichen Fällen Gewalt mit militärischen Mitteln angewendet. In subjektiver Hinsicht muss der Täter zielgerichtet mit Bezug auf die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen handeln. Erforderlich ist, dass der Täter im Angriffszeitpunkt weiß, dass Angriffsziel die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen sind, die nicht direkt an Feindseligkeiten teilnehmen.207 Diesbezüglich genügt nach der Gesetzesbegründung bedingter Vorsatz nicht.208 Der Gesetzgeber führt aus, dass der subjektive Tatbestand demnach nicht erfüllt ist, wenn der Täter nicht weiß, ob es sich bei den Personen, die er angreift, um gegnerische Soldaten oder um Zivilpersonen handelt. Bei Zweifeln muss von einer Zivilperson ausgegangen werden. Allerdings muss nach der Rechtsprechung des JStGH im Strafprozess die Anklage beweisen, dass in den konkreten Umständen keine verständige Person geglaubt haben konnte, dass es sich bei dem angegriffenen Individuum um einen Kombattanten gehandelt hat.209 Hier wird deutlich, dass das Vorsatzerfordernis im Rahmen von § 11 Abs. 1 VStGB durchaus eine hohe Hürde darstellen kann. Vor allem in jenen Fällen der Fallsammlung, in denen die Fahrer von Pkws nicht auf Leuchtsignale, Handzeichen und Warnschüsse reagierten, ist es unter Berücksichtigung der Gefährdungslage in asymmetrischen Konflikten nicht offensichtlich, dass die Insassen Zivilpersonen und keine Selbstmordattentäter sind. Daher ist bei den geschilderten Fällen im Irak und Afghanistan ein Vorsatz nach den zur Verfügung stehenden Informationen zu verneinen. Andererseits kann in bestimmten Fällen der unterschiedslose Einsatz von Waffen als vorsätzlicher, direkter Angriff gegen die Zivilbevölkerung gewertet werden. Dies gilt für den Einsatz von Waffen, die eine Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kämpfern nicht erlauben,210 aber auch für die unterschiedslose Art und Weise eines 206 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 615 Rn. 1343. Auch nichtkinetische Kampfmethoden wie Computerviren, -würmer, -trojaner u. ä. sind vom Begriff umfasst, sofern dadurch Schäden verursacht werden, die zum Tod von Zivilpersonen führen können, s. hierzu Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 32. m.w.N. 207 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 146. 208 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 33. 209 JStGH, Urt. v. 05. 12. 2003, Prosecutor v. Galic, IT-98 – 29-T, Nr. 55; JStGH, Urt. v. 06. 09. 2011, Prosecutor v. Perisic, IT-04 – 81-T, Nr. 101. 210 Vgl. IGH, Advisory Opinion v. 08. 07. 1996, Legality of the threat or use of nuclear weapons, Nr. 78.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Waffeneinsatzes.211 Ersteres könnte im Fall des Abwurfes einer Streubombe wie im Santo Domingo Incident zutreffen. Auch beim Nisour Square Shooting im Irak spricht einiges dafür, dass es sich um einen gezielten Angriff gegen die Zivilbevölkerung handelte,212 selbst wenn möglicherweise der erste Schuss auf den Fahrer des scheinbar verdächtigen Fahrzeuges hiervon noch nicht umfasst war. Ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten nach Art. 57 ZP I kann jedenfalls als Indiz für einen Vorsatz nach § 11 Abs. 1 VStGB gewertet werden.213 b) Angriffe mit unverhältnismäßigen Begleitschäden, § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB Beim Beschuss von Zivilpersonen kommt ferner eine Strafbarkeit wegen eines Angriffs mit unverhältnismäßigen Begleitschäden nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB in Frage. Der Tatbestand stellt Angriffe mit militärischen Mitteln unter Strafe, die gegen militärische Ziele gerichtet sind, bei denen jedoch unverhältnismäßige zivile Begleitschäden zu erwarten sind. Ist ein Angriff ausschließlich gegen Zivilpersonen gerichtet, so ist § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB einschlägig. § 11 Abs. 1 Nr. 3 greift nur ein, wenn unverhältnismäßige Begleitschäden von Zivilpersonen erwartet werden.214 Auch bei § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB ist – anders als in Art. 85 Abs. 3 ZP I – die Tathandlung bereits mit dem Angriff als solchem erfüllt, es wird nicht vorausgesetzt, dass die Kollateralschäden tatsächlich entstehen.215 Die Frage, wann die Begleitschäden, die beim Angriff auf ein militärisches Ziel entstehen, außer Verhältnis zum insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, ist problematisch und erfordert stets eine Betrachtung des konkreten Einzelfalls.216 In subjektiver Hinsicht muss der Täter nach dem Gesetzeswortlaut „als sicher“ erwarten, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht. Auch hier genügt folglich Eventualvorsatz den Anforderungen der Vorschrift nicht, erforderlich ist ein direkter Vorsatz.217 In den beschriebenen Fällen kommt eine Strafbarkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB im Falle eines möglichen unterschiedslosen Feuers von Mitarbeitern von 211
Vgl. Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 149. So Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 150. 213 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 150. 214 Vgl. Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 633 Rn. 1378. 215 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 81. 216 Hierzu z. B. Bothe, in: Cassese u. a., The Rome statute of the international criminal court, Vol. I, S. 379 (398 f.). 217 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 152. 212
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Executive Outcomes auf Rebellen der RUF und Zivilpersonen in Betracht. Insbesondere könnten jene Führungskräfte des Unternehmens, die den Befehl gaben, „jeden zu töten“, diesen ohne jedes Wissen um die Zahl möglicher Kollateralschäden getroffen haben und damit als sicher erwartet haben, dass eine unverhältnismäßig hohe Zahl von Zivilpersonen getötet werden könnte. Beim Nisour Square Shooting spricht die Faktenlage hingegen eher gegen bei einem Angriff auf ein militärisches Ziel verursachte Begleitschäden, sondern für einen gezielten Angriff auf Zivilpersonen. c) Qualifikationstatbestand, § 11 Abs. 2 VStGB § 11 Abs. 2 S. 1 VStGB sieht in den Fällen, in denen mittels der Tathandlungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 VStGB der Tod eines Opfers verursacht wurde, die Erhöhung der in Abs. 1 vorgesehenen Mindeststrafe vor, wenn der Tod wenigstens fahrlässig herbeigeführt wurde. Weiter strafschärfend wirkt sich § 11 Abs. 2 S. 2 VStGB aus, wenn der Tod vorsätzlich herbeigeführt wurde.
II. Misshandlung von Gefangenen Zu klären ist weiter, welche Tatbestände des VStGB Misshandlungen von Gefangenen, wie in Abu Ghraib und in Afghanistan geschehen, erfüllen könnten. Vor allem in Abu Ghraib weisen die fraglichen Handlungen eine starke sexuelle Komponente auf. Dennoch unterscheiden sich die Taten und damit auch das Tatunrecht insofern von jenen, die unter die Fallgruppe der sexuellen Übergriffe gefasst wurden, als die sexuellen Handlungen im Rahmen der sog. Pride and Ego down-Verhörtechnik angewendet wurden; Ziel war, eine Kooperation der Tatopfer bei Verhören zu erreichen. 1. Tötung einer zu schützenden Person, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB Der selbständige contractor, der fragwürdige Verhörpraktiken gegen den Terrorverdächtigen Abdul Wali anwendete, könnte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB strafbar sein, wenn er den Tod des Inhaftierten verursachte. Die Tötung von Kriegsgefangenen oder internierten Zivilpersonen ist ein typischer Anwendungsfall der Vorschrift.218 Allerdings konnte die genaue Todesursache des Opfers nicht festgestellt werden. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro reo lässt sich daher eine Kausalität zwischen den Misshandlungen und dem Tod des Opfers nicht etablieren. 218 S.o. I. 1.; Dörmann, Elements of War Crimes under the Rome Statute of the International Criminal Court, S. 40.
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2. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft, wer eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB bündelt die Einzeltatbestände des Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), Abs. 2 lit. a (iii), Abs. 2 lit. b (x), Abs. 2 lit. c (i) und Abs. 2 lit. e (xi).219 Die unmenschliche und grausame Behandlung stellt nach Art. 50 GA I, Art. 51 GA II, Art. 130 GA III und Art. 147 GA IV eine schwere Verletzung aller Genfer Abkommen dar.220 Im Einklang mit der Rechtsprechung des JStGH221 umfasst eine grausame oder unmenschliche Behandlung für den deutschen Gesetzgeber die Verursachung erheblicher körperlicher oder seelischer Schäden oder Leiden.222 Zu beachten ist, dass die Erheblichkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB höher liegt als jene, die in der Definition der körperlichen Misshandlung i.S.v. § 223 StGB enthalten ist. Letztere wird zur Abgrenzung von Bagatellfällen herangezogen, in denen das körperliche Wohlbefinden kaum beeinträchtigt ist. Aus dem in § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB aufgeführten Beispiel der Verstümmelung und Folter lässt sich schließen, dass das Merkmal der Erheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift einer schweren Körperverletzung i.S.v. § 226 vergleichbar sein dürfte. Der Begriff der Folter ist identisch mit dem des § 7 Abs. 1 Nr. 5 VStGB und beruht auf der Legaldefinition von Art. 7 Abs. 2 lit. e IStGH-Statut. Folter ist danach die Zufügung erheblicher körperlicher oder seelischer Schäden oder Leiden, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen sind. Die Opfer müssen sich in Gewahrsam des Täters oder in sonstiger Weise unter seiner Kontrolle befinden. Im Unterschied zu Art. 1 VN-Antifolterkonvention,223 an den Art. 7 Abs. 2 lit. e IStGHStatut angelehnt ist, ist es im Kontext des humanitären Völkerrechts nicht erforderlich, dass die Täter Amtsträger sind, sondern Folter kann auch durch Personen, die nicht in amtlicher Eigenschaft handeln, begangen werden.224 Darüber hinaus sind 219 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 26. 220 Dörmann, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 8 Rn. 95; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 135. 221 JStGH, Urt. v. 26. 02. 2001, Prosecutor v. Kordic and Cerkez, IT-95 – 14/2-T, Nr. 245. 222 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 136 ff. Hingegen ist nach Art. 8 Abs. 2 lit. a (iii) IStGH-Statut die Zufügung körperlicher oder seelischer Leiden eigenständige Tathandlung im Verhältnis zur Folter oder unmenschlichen Behandlung. 223 Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Strafe v. 10. 12. 1984, BGBl. 1990 II S. 246. 224 Werle/Burchards, in: Joecks u. a., Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 73, mit Hinweis auf die Aufsätze von Burchard, JICJ 2008, 159 (171 ff., 174 ff.),
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vom völkerstrafrechtlichen Folterbegriff auch solche Handlungen erfasst, die ohne einen bestimmten Zweck vorgenommen werden.225 In seiner Kunarac-Entscheidung hat der JStGH grundsätzlich klargestellt, dass der Folterbegriff im Kontext bewaffneter Konflikte einen eigenständigen Charakter aufweist. Die VN-Antifolterkonvention als Menschenrechtsabkommen, deren Adressaten Staaten sind, bezieht sich nicht auf die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit Einzelner im Umfeld bewaffneter Konflikte und ist daher nur hilfsweise zur Auslegung des Folterbegriffs im Völkerstrafrecht heranzuziehen.226 Um festzustellen, ob eine Verletzung oder ein Leiden die Erheblichkeitsgrenze überschreitet, ist stets eine Einzelfallprüfung durchzuführen, in deren Rahmen sämtliche Umstände wie die Art der Handlung, ihr Kontext, das Alter, Geschlecht, der Gesundheitszustand und die körperliche Verfassung des Opfers einzubeziehen sind.227 Auch wenn dies im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich ist, so lässt sich doch im Hinblick auf die geschilderten Fälle im Irak und in Afghanistan feststellen, dass die Misshandlungen mittels Schlägen, der Zwang zu sexuell eindeutigen Posen, Vergewaltigung, der Einsatz von stress positions, die Einschüchterung durch Hunde sowie der Entzug von Schlaf, Essen und Trinken durchaus geeignet sind, im Einzelfall erhebliche körperliche und seelische Leiden hervorzurufen. Ein Bericht des IKRK erwähnt in diesem Zusammenhang Konzentrationsstörungen, Sprachstörungen, akute Angstzustände und suizidale Tendenzen als dauernde Beeinträchtigungen der Gesundheit der Gefangenen.228 Die Handlungen lassen sich somit als unmenschliche und grausame Behandlung qualifizieren. Auch der Erheblichkeitsgrad der Folter dürfte in der Mehrzahl der Fälle erreicht sein.229
und Gaeta, JICJ 2008, 183 ff.; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 562 f. Rn. 1204 f.; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 141. 225 Werle/Burchards, in: Joecks u. a., Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 8, § 7 VStGB Rn. 73. 226 JStGH, Urt. v. 22. 02. 2001, Prosecutor v. Dragoljub Kunarac et al., IT-96 – 23-T & 96 – 23/1-T, Nr. 473 ff., 482, 495; JStGH, Urt. v. 12. 06. 2002, Prosecutor v. Dragoljub Kunarac et al., IT-96 – 23 & 96 – 23/1-A, Nr. 144 ff. 227 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 138 ff. 228 ICRC, Report of the International Committee of the Red Cross on the Treatment by the Coalition Forces of Prisoners of War and Other Protected Persons by the Geneva Conventions in Iraq During Arrest, Internment and Interrogation, Februar 2004, S. 13, http://www.antiwar.com/ rep/red-cross-report.pdf. 229 Vgl. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 174; s. darüber hinaus zur Qualifizierung der Verhörmethoden der Bush-Regierung als unmenschliche Behandlung bzw. Folter nach Art. 3 EMRK Esser, in: Erb u. a., Löwe-Rosenberg. StPO, Band 11, Art. 3 EMRK Rn. 66.
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3. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB ist aus den Art. 8 Abs. 2 lit. b (xxii) und Abs. 2 lit. e (vi) IStGH-Statut hervorgegangen.230 Das Verbot von Vergewaltigung und anderen Formen sexueller Gewalt findet sich in den Art. 27 Abs. 2 GA IV, Art. 75 Abs. 2 lit. b und Art. 76 Abs. 1 ZP. Darüber hinaus kommt dem Verbot sowohl im internationalen als auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt völkergewohneitsrechtliche Geltung zu.231 Die sexuelle Nötigung entspricht dem Tatbestand von § 177 StGB und setzt ein Nötigungsmittel voraus, also Gewalt, Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, oder das Ausnutzen einer Lage, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist. Der Nötigungserfolg besteht entweder in der Duldung sexueller Handlungen des Täters oder eines Dritten, oder in der Vornahme sexueller Handlungen am Täter oder an einem Dritten durch das Opfer. Der Grund für die Verwendung des Begriffes der sexuellen Nötigung und nicht der catch-all-Klausel des Art. 7 Abs. 1 lit. g IStGH-Statut („jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere“) ist Konkretisierungsbemühungen des Gesetzgebers geschuldet, der dem Bestimmtheitsgebot von Art. 103 Abs. 2 GG entsprechen wollte.232 Eine Vergewaltigung besteht nach den Verbrechenselementen zum IStGH-Statut im Eindringen des Täters in den Körper des Opfers durch jegliches Verhalten, welches eine Penetration zur Folge hat.233 Anders als der JStGH, der mit seiner Kunarac-Entscheidung das fehlende Einverständnis des Opfers und nicht die Vornahme der Tathandlung unter Zwang als entscheidend ansieht,234 geht der IStGH von der Definition in den Verbrechenselementen aus, wonach erforderlich ist, dass der Eingriff in den Körper des Opfers durch den Einsatz von Gewalt, die Androhung von Gewalt oder Zwang oder das Ausnutzen einer strukturellen Zwangssituation bewirkt worden ist, oder sich gegen ein Opfer richtet, welches nicht fähig war, wirksam sein Einverständnis zu erteilen.235 Was die Situation in Abu Ghraib angeht, so lässt sich unabhängig von dieser Frage feststellen, dass in bewaffneten Konflikten, in Anwesenheit bewaffneter Einheiten, von einer generellen Zwangssituation auszugehen ist, die das Einverständnis re-
230 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 26. 231 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 93 S. 323. 232 Bock, Das Völkerstrafgesetzbuch im Lichte des Grundgesetzes, 117 (125 f.). 233 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 150. 234 JStGH, Urt. v. 22. 02. 2001, Prosecutor v. Kunarac et al., IT-96 – 23-T, Nr. 460. 235 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 474 Rn. 1018.
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gelmäßig ausschließt.236 Befindet sich das Opfer zudem in Gefangenschaft, so ist eine Zwangssituation umso mehr indiziert.237 Daher verwirklicht der Zwang der Gefangenen, nackt sexuelle Posen einzunehmen, den Tatbestand der sexuellen Nötigung; der erzwungene Geschlechtsverkehr eines Insassen mit einem Angestellten von Titan erfüllt den Tatbestand einer Vergewaltigung. 4. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB Nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wer eine nach humanitärem Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt. Die Vorschrift ist an Art. 8 Abs. 2 lit. b (xxi) und Art. 8 Abs. 2 lit. c (ii) IStGH-Statut angelehnt, die die entwürdigende oder erniedrigende Behandlung als Beispiele für eine Beeinträchtigung der persönlichen Würde nennen.238 Der Schweregrad des Verhaltens ist aus der Sicht eines objektiven Beobachters unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes des Opfers zu beurteilen.239 Die Behandlung muss echte und erhebliche Leiden des Opfers verursachen, die allerdings nicht notwendigerweise lange andauern müssen.240 In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, jedoch keine besondere Absicht, das Opfer zu entwürdigen. Die in Abu Ghraib angewendeten pride and ego down-Verhörtechniken zielen gerade darauf ab, das Opfer zu erniedrigen. Hierzu zählt der Zwang, Frauenunterwäsche zu tragen ebenso wie der Zwang zum Verharren in stress positions, Schläge, Vergewaltigungen, und die erzwungene Simulation von Geschlechtsverkehr durch nackte, aneinandergekettete Häftlinge.241 Sämtliche der beschriebenen Handlungen würden auch für Gefangene mit einem anderen kulturellen Hintergrund als dem muslimischen der Tatopfer eine gravierende Erniedrigung bedeuten. Auch die in Afghanistan beim inhaftierten Terrorverdächtigen Abdul Wali angewendeten brutalen Verhörmethoden erfüllen den Tatbestand.
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Ambos, ZIS 2011, 287 (290 f.). Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 151. 238 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 28. 239 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 202. 240 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 574 Rn. 1239. 241 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 175 f.; vgl. auch Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/ StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 203; danach sind insbesondere grausame Verhöre und Vergewaltigungen auch als entwürdigende Behandlung anzusehen. 237
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5. Rechtswidrige Gefangenhaltung, § 8 Abs. 3 Nr. 1 VStGB In Betracht zu ziehen ist ferner der Tatbestand des § 8 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 VStGB, der im internationalen bewaffneten Konflikt die rechtswidrige Gefangenhaltung geschützter Personen mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. Immerhin sollen zwischen 70 und 90 Prozent der Häftlinge in Abu Ghraib unrechtmäßig inhaftiert gewesen sein.242 Die Vorschrift orientiert sich an Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) IStGH-Statut, an Art. 85 Abs. 4 lit. b ZP I sowie an Art. 147 IV. GA. Allerdings bestehen keinerlei Hinweise darauf, dass Angehörige privater Militärunternehmen in die Gefangenhaltung als solche involviert waren. Ihre Handlungen bezogen sich nach den vorliegenden Berichten ausschließlich auf die Behandlung der Gefangenen, jedoch nicht auf Fragen der Gefangennahme oder der Anordnung von Gefangenhaltung bzw. Freilassung bestimmter Personen.243 6. Qualifikationstatbestand, § 8 Abs. 4 VStGB Die Erfolgsqualifikation des § 8 Abs. 4 VStGB ist im IStGH-Statut nicht vorhanden. Gem. § 8 Abs. 4 VStGB wird die in Abs. 1 normierte Mindeststrafe erhöht, wenn der Tod des Opfers im Rahmen der Tatbestände der § 8 Abs. 1 Nr. 2 – 6 VStGB wenigstens fahrlässig verursacht wurde, oder wenn sich im Rahmen des Tatbestands von § 8 Abs. 1 Nr. 8 VStGB die konkrete Gefahr durch den Eintritt des Todes oder einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung realisiert. Im Fall des 2003 in der Haft auf einer US-Militärbasis verstorbenen Häftlings Abdul Wali kommt die Qualifikation des § 8 Abs. 4 Alt. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB in Betracht. Allerdings ließ sich die konkrete Todesursache mangels Autopsie nicht mehr ermitteln, so dass eine Kausalität zwischen der grausamen und unmenschlichen Behandlung und dem Tod nicht zweifelsfrei feststeht.
III. Sexuelle Gewalt Wie oben ausgeführt, fanden die sexuellen Übergriffe von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in Bosnien nur bei Gelegenheit eines bewaffneten Konfliktes, jedoch nicht in einem funktionalen Zusammenhang mit einem solchen statt.244 Auch 242 ICRC, Report of the International Committee of the Red Cross (ICRC) on the Treatment by the Coalition Forces of Prisoners of War and Other Protected Persons by the Geneva Conventions in Iraq During Arrest, Internment and Interrogation, Februar 2004, S. 8. 243 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 175. 244 Anders Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 178, der von einem Zusammenhang der Taten mit einem bewaffneten Konflikt auszugehen scheint.
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hinsichtlich der Vorfälle in Kolumbien lässt sich ein funktionaler Zusammenhang der Taten mit dem bewaffneten Konflikt nach Faktenlage schwer begründen. Nichtsdestotrotz sind die beschriebenen sexuellen Übergriffe der Fallgruppe typisch für das Umfeld bewaffneter Konflikte und daher auch im Zusammenhang mit dem Einsatz von Mitarbeitern privater Militärunternehmen relevant. Sie werden daher im Folgenden hilfsgutachtlich untersucht, auch wenn eine exakte Subsumtion mangels detaillierter Informationen nicht möglich ist. 1. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Nötigung zur Prostitution, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB Neben den Tatbestandsvarianten der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung kommt in den geschilderten Fällen auch die Nötigung zur Prostitution in Betracht, die gem. Art. 27 Abs. 2 IV. GA, Art. 75 Abs. 2 lit. b ZP I und Art. 76 Abs. 1 ZP I sowie gem. Art. 4 Abs. 2 lit. e ZP II verboten ist. Das Verbot lässt sich darüber hinaus auch völkergewohnheitsrechtlich begründen.245 Der objektive Tatbestand erfordert zum einen den Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels, wobei der Täter auch eine Zwangssituation des Opfers wie die Gefangenhaltung ausnutzen kann. Für Prostitution genügt – anders als in § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB – im völkerstrafrechtlichen Kontext bereits die Vornahme einer einzelnen sexuellen Handlung, in Verbindung oder im Austausch mit der der Täter oder eine andere Person einen finanziellen Vorteil erhält oder erwartet.246 Sofern also Mitarbeiter privater Militärunternehmen Nötigungsmittel einsetzten, um sexuelle Handlungen durchzuführen, diese filmten und das Filmmaterial dann als Pornofilme verkauften, kann dies neben Vergewaltigung bzw. sexueller Nötigung auch als Nötigung zur Prostitution gewertet werden. Anders als das IStGH-Statut in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xxii) enthält das VStGB nicht den Tatbestand der sexuellen Sklaverei. Diese soll mit der sexuellen Nötigung und der Nötigung zur Prostitution erfasst sein.247
245
Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law. Vol. I, Rule 93 S. 323 f. 246 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 476 Rn. 1022; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 154. 247 Krit. hierzu Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 148.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
2. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB In der Rechtsprechung internationaler Strafgerichte werden Vergewaltigung und sexuelle Nötigung im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten als Folter gewertet.248 3. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB Die Rechtsprechung internationaler Strafgerichte betrachtet sowohl Vergewaltigung als auch sexuelle Nötigung als Verletzungen der persönlichen Würde,249 so dass auch § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB einschlägig ist. 4. Berücksichtigung der Minderjährigkeit der Opfer Die Minderjährigkeit der Opfer wird im Rahmen der Tatbestände des VStGB nicht spezifisch berücksichtigt. Auf Tatbestandsebene kommt dem Alter des Opfers allenfalls bei der Subsumtion unter den Begriff der Vergewaltigung Bedeutung zu, nämlich dann, wenn das Opfer unfähig war, sein Einverständnis zu geben.250 Dies ist dann der Fall, wenn das Opfer aufgrund seines jugendlichen Alters die sexuelle Handlung sowie ihre Auswirkungen nicht kennt oder versteht, jedoch begründet Minderjährigkeit per se noch nicht ein entgegenstehendes Einverständnis.251 Darüber hinaus kann das Alter des Opfers auch im Rahmen der Erheblichkeit der durch die sexuellen Handlungen verursachten Leiden nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB Bedeutung entfalten. Das VStGB erhält offensichtlich die Trennung zwischen Sexualtatbeständen und Jugendschutztatbeständen aufrecht.
IV. Außergerichtliche Überführungen Die bislang bekannt gewordene Involvierung privater Militärunternehmen in die Praxis der außergerichtlichen Überführungen scheint, wie beschrieben, in der Erbringung von Transportdienstleistungen für die CIA zu bestehen. Eine Täterschaft von Mitarbeitern privater Firmen ist hier nicht offensichtlich, sondern es kommt allenfalls eine Beteiligung als Teilnehmer in Betracht. Hierfür muss zunächst un248
Ambos, ZIS 2011, 287 (295); Greve, Sexuelle Gewalt gegen Frauen vor internationalen Strafgerichten, S. 394 ff.; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 142. 249 Ambos, ZIS 2011, 287 (290). 250 International Criminal Court, Elements of crimes, S. 28. 251 Adams, ZIS 2013, 500 (507).
C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB
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tersucht werden, welche Tatbestände des VStGB als teilnahmefähige Haupttaten durch extraordinary renditions verwirklicht werden können. Vorausgesetzt wird dabei ein Zusammenhang mit einem spezifischen bewaffneten Konflikt, der mit dem Krieg gegen den Terror in Verbindung steht. Ein solcher Nexus wird in einer großen Zahl der Fälle nicht vorliegen, so dass der Anwendungsbereich der §§ 8 ff. VStGB in diesem Zusammenhang begrenzt ist. 1. Grausame oder unmenschliche Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB Die Verfahrenskammer des JStGH hat in ihrem Urteil zum Fall Limaj die unrechtmäßige Festnahme, das unrechtmäßige Festhalten über einen längeren Zeitraum und das Verhören nicht als grausame oder unmenschliche Handlung eingestuft, und dabei offen gelassen, ob derartige Handlungen in anderen Fällen als grausame Behandlung anzusehen sind.252 Verhörmethoden, die im Rahmen des extraordinary rendition-Programms angewendet wurden, sog. enhanced interrogation techniques, wie – unter anderem – waterboarding, Schläge, die Androhung von Lebensgefahr, no touch torture253 durch Einsperren in winzige Zellen, Schlafentzug, ständiges Licht und laut spielende Musik, oder der Einsatz von stress positions,254 lassen sich jedoch als Zufügung erheblicher körperlicher bzw. seelischer Schäden oder Leiden, und zum Teil auch als Folter, qualifizieren. An dieser Stelle sei auf die Untersuchung Steigers verwiesen, der ausführlich auch auf die Langzeitschäden derartiger Behandlungen eingeht.255 Auch wenn eine einzelne Methode unter Umständen nicht den Tatbestand einer grausamen oder unmenschlichen Behandlung erfüllt, so kann die Behandlung eines Gefangenen in ihrer Gesamtheit Folter darstellen. 2. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 8 Abs. 1 Nr. 4 VStGB In einigen Fällen sollen Opfer außergerichtlicher Überführungen vergewaltigt worden sein, so dass im Zusammenhang mit dem extraordinary renditions-Programm auch der Tatbestand der Vergewaltigung einschlägig sein kann. So soll beispielsweise Khaled el-Masri vergewaltigt worden sein,256 und auch der in Mailand auf offener Straße entführte und in Ägypten inhaftierte Abu Omar berichtete von 252 JStGH, Urt. v. 30. 11. 2005, Prosecutor v. Fatmir Limaj et al., IT-03 – 66-T, Nr. 232; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 138. 253 S. hierzu Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 252 ff. 254 Horowitz/Cammarano, 20 Extraordinary Facts about CIA Extraordinary Rendition and Secret Detention, in: Open Society Foundations v. 05. 02. 2013, https://www.opensocietyfounda tions.org/voices/20-extraordinary-facts-about-cia-extraordinary-rendition-and-secret-detention. 255 Steiger, Das völkerrechtliche Folterverbot und der „Krieg gegen den Terror“, S. 247 ff. 256 Steiger, Die CIA, die Menschenrechte und der Fall Khaled el-Masri, S. 143.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Vergewaltigungen in der Haft.257 In beiden Fällen besteht jedoch kein Zusammenhang mit einem konkreten bewaffneten Konflikt. 3. Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung, § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB Ob eine Behandlung in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend auf das Opfer wirkt, ist aus der Sicht eines objektiven Beobachters unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes des Opfers zu beurteilen. Die angewendeten Techniken zielten darauf ab, das Selbstwertgefühl der Opfer zu zerstören und so eine Kooperation bei Verhören zu erreichen. So gehörte zu den enhanced interrogation techniques auch, die Häftlinge unter Zwang zu entkleiden und sie nackt weiter zu misshandeln.258 Erzwungene Nacktheit in Haft wird als erniedrigende Behandlung angesehen.259 Auch exzessive und grausame Verhöre gelten als erniedrigende Behandlung,260 so dass eine solche im Zusammenhang mit den beschriebenen Verhörmethoden zu bejahen ist. 4. Vertreibung / Zwangsweise Überführung einer Person, § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB Darüber hinaus könnten außergerichtliche Überführungen den Tatbestand der zwangsweisen Überführung einer Person nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB erfüllen. In der Regelung wurden Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) IStGH-Statut und Art. 8 Abs. 2 lit. 3 (viii) IStGH-Statut zusammengefasst. Zwar beruht das Verbot auf Vertreibungen und Deportationen von Minderheiten während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit,261 jedoch reicht bereits die Vertreibung oder zwangsweise Überführung einer einzigen Person für die Verwirklichung von § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB aus.262 Der Tatbestand ist erfüllt, wenn eine nach humanitärem Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in dem Gebiet aufhält, aus dem sie verbracht wird, 257 Bergen, Exclusive: I Was Kidnapped by the CIA, in: Mother Jones v. März/April 2008, http://www.motherjones.com/politics/2008/03/exclusive-i-was-kidnapped-cia. 258 Vgl. Horowitz/Cammarano, 20 Extraordinary Facts about CIA Extraordinary Rendition and Secret Detention, in: Open Society Foundations v. 05. 02. 2013, https://www.opensocietyfo undations.org/voices/20-extraordinary-facts-about-cia-extraordinary-rendition-and-secret-deten tion. 259 Vgl. Steiger, Die CIA, die Menschenrechte und der Fall Khaled el-Masri, S. 145. 260 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 202. 261 Dörmann, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 8 Rn. 149; Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 167. 262 Dörmann, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 8 Rn. 152; Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 27.
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unter Zwang an einen anderen Ort innerhalb oder außerhalb des betreffenden Staatsgebietes verbracht wird. Dabei muss die Verbringung gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts verstoßen. Nach Art. 25 GG i.V.m. Art. 38 Abs. 1 lit. b IGHStatut gilt auch das Völkergewohnheitsrecht als allgemeine Regel des Völkerrechts.263 Erlaubt ist eine Verbringung nach dem Völkergewohnheitsrecht kodifizierenden Art. 49 Abs. 2 IV. GA, wenn die Evakuierung eines besetzten Gebietes erforderlich ist, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, oder wenn zwingende militärische Gründe dies erfordern. Eine Verbringung außerhalb des besetzen Gebietes ist danach jedoch grundsätzlich nicht erlaubt. Der Tatbestand kann jedenfalls in solchen Fällen erfüllt sein, in denen es sich bei den aufgegriffenen Personen um Zivilisten handelt, die – wie viele Opfer von außergerichtlichen Überführungen – irrtümlich festgesetzt wurden.264
5. Rechtswidrige Gefangenhaltung / Verzögerung der Heimschaffung einer Person, § 8 Abs. 3 Nr. 1 VStGB Schließlich kommt bei außergerichtlichen Überführungen auch der Tatbestand der rechtswidrigen Gefangenhaltung und der verzögerten Heimschaffung einer Person in Betracht. Die Strafbewehrung der rechtswidrigen Gefangenhaltung orientiert sich an Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) IStGH-Statut, sowie auf Art. 85 Abs. 4 lit. b ZP I. Das IStGH-Statut enthält keinen expliziten Bezug zur verzögerten Heimschaffung, die jedoch in der Mehrzahl der Fälle bereits von der rechtswidrigen Gefangenhaltung erfasst ist. Der deutsche Gesetzgeber verfolgte das rechtspolitische Ziel, das Verbot der rechtswidrigen Gefangenhaltung umfassend zu kodifizieren und hat daher zusätzlich zum Grundtatbestand der rechtswidrigen Gefangenhaltung die Verzögerung der Heimschaffung mit in den Tatbestand aufgenommen.265 Die Vorschrift gilt jedoch nur im Zusammenhang mit einem internationalen bewaffneten Konflikt, da ein völkergewohnheitsrechtliches, strafbewehrtes Verbot der rechtswidrigen Gefangenhaltung im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nicht mit Sicherheit nachweisbar ist. Der Begriff der rechtswidrigen Gefangenhaltung ist weit zu verstehen; er umfasst sowohl Fälle, in denen Personen rechtswidrig gefangen genommen wurden, als auch Fälle, in denen ein ursprünglich für die Festnahme vorhandener Grund weggefallen ist. Als rechtswidrige Gefangenhaltung ist ferner eine Situation zu verstehen, in der Verfahrensgarantien zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Gefangenhaltung nicht eingehalten werden.266 Die Gefangennahme einer Zivilperson ist insbesondere 263
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 21. 264 Vgl. Boon u. a., Terrorism, S. 206. 265 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 29. 266 Zimmermann/Geiß, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 234.
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dann rechtmäßig, wenn diese durch ihr Verhalten eine Konfliktpartei bedroht oder unter dem begründeten Verdacht einer entsprechenden Tätigkeit steht (Art. 5, 27 Abs. 4, 78, 41, 42 IV. GA), weshalb es in einigen Fällen Schwierigkeiten bereiten mag, die Rechtswidrigkeit der Gefangennahme zu beweisen.
V. Exkurs: Meuchlerisches Töten oder Verwunden, § 11 Abs. 1 Nr. 7 VStGB Der Vollständigkeit halber sei auch der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 7 VStGB erwähnt, auch wenn dieser bei keiner der behandelten Fallgruppen in Betracht kommt. Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnten den Tatbestand verwirklichen, wenn sie zivile Kleidung tragen, zu ihren Aufgaben jedoch die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zählt. Das sogenannte Perfidieverbot stellt das meuchlerische Töten oder Verwunden eines Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte oder eines Kämpfers der gegnerischen Partei und damit Verstöße gegen Art. 23 lit. b HLKO und Art. 37 ZP I sowie gegen entsprechendes Völkergewohnheitsrecht267 unter Strafe. Mitarbeiter privater Militärunternehmen, zu deren Tätigkeitsbereich die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zählt, könnten den Straftatbestand verwirklichen, indem sie sich nicht von Zivilpersonen unterscheiden. Der deutsche Gesetzgeber hat für die Umsetzung des Begriffs treacherous in Art. 8 Abs. 2 lit. b xi) IStGH-Statut im VStGB den Begriff des Meuchlerischen gewählt.268 Dass das Merkmal des Meuchlerischen weitgehend inhaltsgleich mit der Heimtücke im Sinne des humanitären Völkerrechts ist, ist allgemein anerkannt.269 Für die Definition des Begriffes „meuchlerisch“ wird Art. 37 Abs. 1 S. 2 ZP I herangezogen, der eine Definition der Heimtücke im Sinne des humanitären Völkerrechts enthält. Danach gelten als Heimtücke „Handlungen, durch die ein Gegner in der Absicht, sein Vertrauen zu missbrauchen, verleitet wird, darauf zu vertrauen, dass er nach den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts Anspruch auf Schutz hat oder verpflichtet ist, Schutz zu gewähren.“ Die Essenz der Heimtücke hängt also an zwei Merkmalen, nämlich der Schaffung von Vertrauen und
267 S. dazu Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 65 S. 221 f. 268 Der Begriff „treacherous“ im Sinne von „heimtückisch“ in der deutschen Fassung der entsprechenden völkerrechtlichen Verträge wurde zunächst in Art. 23 lit. b HLKO verwendet, jedoch in Art. 37 ZP I durch den Begriff perfidious ersetzt, da treacherous als zu restriktiv galt. In Art. 8 Abs. 2 lit. b xi) IStGH-Statut jedoch findet sich wieder der Terminus „treacherous“, s. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 183. 269 Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 8 VStGB Rn. 132.
C. Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB
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dem dem darauf folgenden Bruch desselben bei einem Gegner.270 Zu unterscheiden ist die Perfidie von der erlaubten Kriegslist im Sinne von Art. 37 Abs. 2 ZP I. Diese ist nicht heimtückisch, weil sie den Gegner nicht dazu verleiten soll, auf den sich aus dem Recht der bewaffneten Konflikte ergebenden Schutz zu vertrauen.271 Der Taterfolg besteht – im Fall des internationalen bewaffneten Konfliktes – in der Verwundung oder Tötung eines Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte, oder – im Fall des nichtinternationalen bewaffneten Konfliktes – in der Verwundung oder Tötung eines Kämpfers der gegnerischen Partei, also einer Person, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt.272 Auch wenn in Art. 37 Abs. 1 S. 3 ZP I, der auf Art. 23 lit. b HLKO beruht, der Fall des Vortäuschens eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus, um den Gegner dann mit einem Angriff zu überraschen, als klassisches Beispiel für heimtückisches Verhalten aufgeführt wird,273 erfüllt das Tragen ziviler Kleidung allein ohne entsprechenden Taterfolg den Tatbestand nicht. In subjektiver Hinsicht muss der Täter aufgrund der Heimtücke-Definition des Art. 37 Abs. I ZP I in der Absicht handeln, das beim Gegner geweckte Vertrauen zu missbrauchen.274 Bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen ist im Hinblick auf den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 7 VStGB fraglich, ob diese durch das Tragen ziviler Kleidung ein meuchlerisches Verhalten im Sinne der Vorschrift verwirklichen. Da das Tragen ziviler Kleidung allein mangels Taterfolg jedenfalls nicht den Tatbestand verwirklicht, kommt dann nur eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht deshalb zivile Kleidung tragen, um den Gegner mit einem Angriff zu überraschen. Vielmehr ist es diesen häufig sogar verboten, Uniform zu tragen.275 Somit ist Menz zuzustimmen, der das Absichtserfordernis im Regelfall als nicht erfüllt ansieht.276 Damit entfällt auch eine Strafbarkeit wegen Versuchs.
270 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 65 S. 223. 271 Cottier/Grignon, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 8 Rn. 460. 272 Zivilpersonen genießen per se Schutz in bewaffneten Konflikten, so dass das Vorspiegeln eines Vertrauenstatbestandes unmöglich ist, s. Dörmann, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 11 VStGB Rn. 142. 273 Oeter, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 115 (224 f. Rn. 481). 274 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 641 Rn. 1396. 275 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 184. 276 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 184.
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VI. Zwischenergebnis Auch wenn die vorhandenen Informationen oftmals für eine eindeutige Subsumtion nicht ausreichen, so ergibt sich im Rahmen der Prüfung der Einzeltatbestände der Kriegsverbrechen Folgendes: Was den Beschuss von Zivilpersonen betrifft, so handelt es sich bei typischen „Straßensperren-Fällen“, bei denen sich Kraftfahrzeuge auf Checkpoints zubewegen und trotz eindeutiger Aufforderung nicht anhalten und deshalb beschossen werden, nicht um Kriegsverbrechen. Der Tatbestand des Angriffs gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB könnte hingegen im Fall des Nisour Square Shootings sowie im Santo Domingo Incident erfüllt worden sein. Um einen Angriff mit unverhältnismäßigen Begleitschäden kann es sich bei der Bekämpfung von Rebellen der RUF durch Mitarbeiter von Executive Outcomes in Sierra Leone gehandelt haben. Die Qualifikation des § 11 Abs. 2 VStGB ist hier in sämtlichen Fällen erfüllt. Die geschilderten Misshandlungen von Gefangenen durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen erfüllen die Tatbestände des § 8 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4, und Nr. 9 VStGB. Sofern der Tod eines Opfers verursacht wurde, kann auch § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB bzw. im Fall der fahrlässigen Verursachung die Qualifikation des § 8 Abs. 4 VStGB einschlägig sein. In den beschriebenen Fällen sexueller Gewalt ist nach Faktenlage ein funktionaler Zusammenhang der Taten mit einem bewaffneten Konflikt nicht ersichtlich. Ließe sich ein solcher aufzeigen, so wären die Tatbestände des § 8 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4, und Nr. 9 VStGB erfüllt. Bei außergerichtlichen Überführungen können – unter der Prämisse eines funktionalen Zusammenhangs mit einem bewaffneten Konflikt – die Tatbestände des § 8 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 9 und Abs. 3 Nr. 1 VStGB erfüllt sein.
D. Formen der Beteiligung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen an Straftaten nach dem VStGB Nachdem untersucht wurde, welche Einzeltatbestände der §§ 8 ff. VStGB bei den beschriebenen Fallgruppen in Betracht kommen, stellt sich die Frage, inwiefern bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen Besonderheiten bei der Beteiligung an Völkerstraftaten bestehen. Diesbezüglich sind die Voraussetzungen der Strafbarkeit als Täter oder Teilnehmer zu klären. Das VStGB enthält keine Sonderregeln für Täterschaft oder Teilnahme.
D. Formen der Beteiligung an Straftaten
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I. Beteiligungsformen im VStGB und im IStGH-Statut Der Gesetzgeber erachtete es für nicht erforderlich, Täterschaft und Teilnahme gesondert im VStGB zu regeln, da nach seiner Ansicht die Formen der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Art. 25 IStGH-Statut der Sache nach den Beteiligungsformen der §§ 25 bis 27 StGB sowie der Versuchsregelung der §§ 22 bis 24 StGB entsprechen.277 Somit gilt hinsichtlich der Beteiligung an einer Völkerstraftat der Verweis des § 2 VStGB auf das allgemeine Strafrecht, mithin auf die Regelungen der §§ 25 bis 27 StGB. Mitarbeiter privater Militärunternehmen können Straftaten nach dem VStGB folglich als Alleintäter gem. § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB, als Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB, oder als mittelbare Täter gem. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB begehen, und sie können an Straftaten nach dem VStGB als Anstifter gem. § 26 StGB oder als Gehilfen gem. § 27 StGB teilnehmen. Das IStGH-Statut enthält in Art. 25 Abs. 3 ein vierstufiges Beteiligungssystem: Schwerste Form der Unrechtsbeteiligung ist die täterschaftliche Begehung gem. Art. 25 Abs. 3 lit. a, auf zweiter Stufe findet sich die Veranlassung in verschiedenen Formen nach Art. 25 Abs. 3 lit. b. Auf der dritten Stufe ist die Unterstützung gem. Art. 25 Abs. 3 lit. c angesiedelt, und auf der vierten Stufe der Beitrag zu einem Gruppenverbrechen gem. Art. 25 Abs. 3 lit. d IStGH-Statut.278 Wie im deutschen Recht unterscheidet Art. 25 Abs. 3 lit. a IStGH-Statut auf Täterschaftsebene zwischen Alleintätern („commits a crime as an individual“), Mittätern („jointly with another“) und mittelbaren Tätern („through another person“).279 Allerdings existiert keine eigenständige völkerstrafrechtliche Täterschaftslehre, mit deren Hilfe Täterschaft von Teilnahme abgegrenzt werden könnte. Daher ist zur Auslegung der Vorschrift nach Art. 21 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut auf nationales Recht zurückzugreifen. Der IStGH hat Roxins Tatherrschaftslehre erstmals im Fall Lubanga als geeigneten methodischen Ansatzpunkt zur Differenzierung anerkannt280 und orientiert sich in der Praxis daran.281 Daher bestehen im Hinblick auf eine völkerstrafrechtsfreundliche Auslegung des VStGB keine Bedenken gegen eine Anwendung der Tatherrschaftslehre zur Abgrenzung zwischen Tätern und Teilnehmern.
277 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 17. 278 Vgl. Safferling, Internationales Strafrecht, § 5 Rn. 69. 279 S. Art. 25 Abs. 3 lit. a IStGH-Statut: „In accordance with this Statute, a person shall be criminally responsible and liable for punishment for a crime within the jurisdiction of the Court if that person: (a) Commits such a crime, whether as an individual, jointly with another or through another person, regardless of whether that other person is criminally responsible (…)“. 280 IStGH, Décision sur la confirmation des charges v. 29. 01. 2007, Prosecutor v. Lubanga Dyilo, ICC-01/04 – 01/06, Nr. 317 ff. 281 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 17; Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 11 ff.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
II. Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, § 2 VStGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB Während die unmittelbare Täterschaft und die Mittäterschaft von Mitarbeitern privater Militärunternehmen keine spezifischen rechtlichen Probleme beinhalten, verhält sich dies anders, was Taten von Mitarbeitern betrifft, die nicht unmittelbar am Tatgeschehen beteiligt sind, jedoch aufgrund ihrer Funktion im Unternehmen eine gewisse Verantwortung für Handlungen ihrer – strafrechtlich voll verantwortlichen – Mitarbeiter tragen. Fraglich ist daher, ob auch in privaten Militärunternehmen eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft sogenannter „Schreibtischtäter“ möglich ist. Die Übertragbarkeit der Doktrin der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft auf Wirtschaftsunternehmen wird im Schrifttum intensiv diskutiert. Im Rahmen dieser Untersuchung stellt sich die Frage, ob diese Doktrin insbesondere auf private Militärunternehmen anwendbar ist. Ein denkbarer Fall der mittelbaren Täterschaft könnte im Zusammenhang mit den Führungskräften von Executive Outcomes vorliegen, die Piloten des Unternehmens anwiesen, „jeden zu töten“. 1. Grundlagen Gem. § 25 Abs. 1 Alt 2 StGB wird als Täter auch derjenige, der die Tat „durch einen anderen“ begeht, bestraft. Die Handlung und zugleich der auf der Handlung beruhende Erfolg muss ihm so zugerechnet werden können, als hätte er die Handlung selbst begangen.282 Ausgehend von Roxins Tatherrschaftslehre,283 wonach Täter derjenige ist, der die Tat beherrscht, d. h. als Schlüsselfigur nach seinem Willen das Tatgeschehen lenken, hemmen oder mitgestalten kann, wurden für die Zurechnung der Tat des unmittelbar Handelnden zum Hintermann drei Fallgruppen entwickelt: Die Tatherrschaft kraft überlegenen Willens, die Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens und die Tatherrschaft kraft überlegener Organisationsmacht.284 Die Besonderheit der letzten Fallgruppe besteht darin, dass die Strafbarkeit des Hintermannes auch dann entsteht, wenn der Ausführende vollverantwortlich handelt und eben kein Willens- oder Wissensdefizit aufweist. Vor dem Hintergrund des 1961 vor dem Bezirksgericht Jerusalem geführten Prozesses gegen Adolf Eichmann entwickelte Roxin 1963 das Konzept einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft.285 Es erschien unbefriedigend, wenn für die Schreibtischtäter des Nazi-Regimes, also die eigentlichen „Zentralgestalten des Geschehens“ lediglich eine Strafbarkeit wegen Anstiftung nach § 26 282
Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd 1, § 25 Rn. 54. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 142 ff., 527 ff. 284 Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd 1, § 25 Rn. 55; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 142 ff., 170 ff., 233 ff., 242 ff. 285 Roxin, GA 1963, 193 ff. 283
D. Formen der Beteiligung an Straftaten
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StGB in Betracht kam, da diejenigen, die deren Befehle ausführten, irrtumsfrei und ohne in schuldausschließender Weise genötigt worden zu sein, voll verantwortliche Täter waren.286 Dort, wo – wie bei den staatlich organisierten Verbrechen des nationalsozialistischen Unrechtsstaates – einem Hintermann ein Machtapparat zur Durchführung von Straftaten zur Verfügung steht, besitzt nach Ansicht Roxins derjenige, der die entsprechenden Anordnungen trifft, unabhängig von der Tatherrschaft des unmittelbar Ausführenden, eigene Tatherrschaft. Der Ausführende als bloßes „Rädchen im Getriebe“ sei in solchen Machtapparaten, die sich als Ganzes von den Normen des Rechts gelöst haben, austauschbar, weil „die Struktur des Apparates den Vollzug des Befehls unabhängig von der Individualität des unmittelbar Handelnden“ garantiere.287 Diese Fungibilität des Vordermannes wirke deshalb herrschaftsbegründend, da die Weigerung eines einzelnen, die Tat auszuführen, die Tat letztlich nicht verhindere. Dazu müsse sich jedoch der vom Hintermann benutzte Machtapparat als Ganzes von den Normen des Rechts gelöst haben, denn solange eine Rechtsordung von höherem Rang besteht, sei im Normalfall die Durchführung rechtswidriger Befehle und damit auch die Willensmacht des Hintermannes ausgeschlossen. Wenn also eine höherrangige Rechtsordnung vorhanden ist, die im Normalfall die Durchführung rechtswidriger Befehle verhindert, so ist nach Roxin eine Tatherrschaft des Hintermannes auszuschließen. Daher könne eine Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate nur dort bestehen, wo entweder ein Inhaber der Staatsgewalt selbst eine verbrecherische Organisation aufbaut, oder wo eine Organisation sich zu einem gegen die Rechtsordnung gerichteten „Staat im Staate“ entwickelt, wie bei mafiösen Verbrechersyndikaten oder Terrororganisationen.288 Damit entwickelte Roxin zunächst drei Kriterien für die Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft: Die Anordnungsgewalt des Hintermannes, die Rechtsgelöstheit289 des Machtapparates, sowie die Fungibilität290, also die beliebige Austauschbarkeit, des unmittelbar Ausführenden. Vor dem Hintergrund seines Verständnisses der Tatherrschaft als „offenem Begriff“291, der erst anhand von Lebenssachverhalten konkretisierbar sei, erweiterte Roxin Jahre später die Kriterien um ein weiteres, nämlich um die wesentlich erhöhte Tatbereitschaft der Ausführenden292, 286
(149). 287
Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147
Roxin, in: Jähnke u. a., LK/StGB, Bd. 1, § 25 Rn. 128. Roxin, in: Jähnke u. a., LK/StGB, Bd. 1, § 25 Rn. 129. 289 Gegen dieses Kriterium Ambos, GA 1998, 226 (241 ff.). Dazu Stellungnahme von Roxin, in: Samson, Festschrift für Gerald Grünwald zum 70. Geburtstag, S. 549 (556 ff.). 290 Gegen dieses Kriterium Herzberg, in: Amelung, Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse bei Straftaten in bürokratischen Organisationen des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft, S. 33 ff.; Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, S. 89; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 168. 291 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 251. 292 Roxin, ZStR 2007, 1 ff. 288
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
und entsprach damit teilweise den Ausführungen von Schroeder293 und Heinrich294. Allerdings will Roxin dieses Kriterium nicht als selbständige Voraussetzung verstanden wissen, sondern als einen Aspekt, der sich bei der Begründung der mittelbaren Täterschaft im Rahmen organisatorischer Machtapparate aus den anderen Kriterien ableiten lässt.295 2. Rezeption des Konzepts der Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate In der deutschen Strafrechtsliteratur fand die Lehre insgesamt Zustimmung296 und wurde in zahlreichen Beiträgen überwiegend befürwortend diskutiert und konkretisiert.297 Auch der BGH wendet das Konzept der Organisationsherrschaft an. Erstmals fand dieses Eingang in seinen Entscheidungen zur mittelbaren Täterschaft von DDR-Funktionären bei Todesschüssen an der deutsch-deutschen Grenze.298 Auch wenn Ambos299 noch nicht von internationaler Anerkennung sprechen möchte, wurde die Lehre von der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft über das nationale deutsche Strafrecht hinaus auf internationaler Ebene rezipiert und die Kriterien der Anordnungsgewalt, der Rechtsgelöstheit und der Fungibilität als konstitutive Voraussetzungen angewendet.300 Der IStGH hat die 293 294 295 296
(150). 297
Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 168. Heinrich, Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, S. 271 ff. Roxin, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 449 (463 f.). Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147
So u. a. bei Ambos, GA 1998, 226 ff; ders., Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 590; Bottke, Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, S. 71 ff.; Greco, ZIS 2011, 9 ff.; Satzger, in: Hassemer u. a., In dubio pro libertate: Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag, S. 649 ff.; Sinn, Straffreistellung aufgrund von Drittverhalten, S. 155, 375; Schlösser, GA 2007, 161 ff.; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, S. 166; Wessels u. a., Strafrecht AT, § 16 Rn. 782; krit. u. a. Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 103 ff.; Herzberg, in: Amelung, Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse bei Straftaten in bürokratischen Organisationen des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft, S. 33 ff.; Krey/ Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 932 ff.; Murmann, GA 1996, 269; Rotsch, NStZ 2005, 13; ders., „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 316 ff. 298 BGH, Urt. v. 26. 07. 1994, 5 StR 98/94 = BGHSt 40, 218 ff. (236 ff.); BGH, Urt. v. 08. 11. 1999, 5 StR 632/98 = BGHSt 45, 270 (296); BGH, Urt. v. 06. 11. 2002, 5 StR 281/01 = BGHSt 48, 77 (90 f.). 299 Ambos, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag am 15. Mai 2011, S. 837 (838). 300 So stützte beispielsweise der Oberste Gerichtshof Perus sein Urteil gegen den ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori auf das Konzept, Corte Suprema de Justicia de la República del Perú, Urt. v. 07. 04. 2009, A.V. 19 – 2001, S. 629 ff.; bestätigt durch Corte Suprema, Primera Sala Penal Transitoria, Urt. v. 30. 12. 2009, 19 – 2001 – 09 A.V., S. 41 ff. Ebenso fand die Doktrin Eingang in Entscheidungen argentinischer Gerichte in Verfahren gegen Militärs und Polizisten wegen Straftaten während der Militärdiktatur, Cámara Nacional de Apelaciones en
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Organisationsherrschaftslehre bislang in mehreren (Vorverfahrens-)Entscheidungen eingesetzt: Implizit geschah dies in einem Haftbefehl gegen Bemba, dem als Kommandeur Verbrechen seiner Truppe zugerechnet wurden.301 Im Verfahren gegen Al Bashir findet sich die Doktrin wiederum implizit in der Entscheidung über den Haftbefehl, in der die Vorverfahrenskammer die volle Kontrolle Al Bashirs über den Staatsapparat konstatiert, die er zur Ausführung der fraglichen Taten genutzt habe.302 Im Verfahren gegen Katanga berücksichtigte die Verfahrenskammer II des Gerichtshofs die Doktrin ausdrücklich,303 wobei bei Katanga letztlich Beihilfe festgestellt wurde. 3. Ausweitung auf Wirtschaftsunternehmen Wenn auch die Roxinsche Doktrin in der deutschen Rechtsprechung und Literatur sowie auf internationaler Ebene in weiten Teilen anerkannt ist, so ist nach wie vor heftig umstritten, ob diese auch auf Wirtschaftsunternehmen angewendet werden kann. a) Rechtsprechung des BGH Bereits in seiner Entscheidung im sogenannten „Keßler-Streletz-Fall“aus dem Jahr 1994, in der der BGH die Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft erstmals ausdrücklich anwendete, sprach sich der Gerichtshof in einem obiter dictum für deren Anwendung auch im Rahmen des Betriebs wirtschaftlicher Unternehmen aus. Dabei war die Strafbarkeit von Unternehmensmitarbeitern eben nicht Gegenstand der Entscheidung, sondern vielmehr die Verantwortlichkeit von Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der ehemaligen DDR für Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze. Ohne diese näher zu begründen, stellte der BGH in einem obiter dictum die These auf, die mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft sei nicht nur im Hinblick auf „Schreibtischtäter“ in staatlich organisierten Unrechtsapparaten sowie in Fällen mafiaähnlich organisierten Verbrechens von Bedeutung, sondern auch für die Lösung des „Problems der Verantwortlichkeit beim Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen“.304 lo Criminal y Correccional de la Capital, Urt. v. 09. 12. 1985, Fallos CSJ, Bd. 309-I/II, 33; Urt.v. 30. 12. 1986, Fallos CSJ, Bd. 309-II, 1689, s. dazu Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 25 Fn. 118 m.w.N. 301 IStGH, Arrest warrant decision v. 10. 06. 2008, Prosecutor v. Jean-Pierre Bemba Gombo, ICC-01/05 – 01/08, Nr. 69 ff., insbes. Nr. 78. 302 IStGH, Arrest warrant decision v. 04. 03. 2009, Prosecutor v. Omar Al Bashir, ICC-02/ 05 – 01/09, Nr. 222 f. 303 IStGH, Urt. v. 07. 03. 2014, Prosecutor v. Germain Katanga, ICC-01/04 – 01/07, Nr. 1404 ff. 304 BGH, Urt. v. 26. 07. 1994, 5 StR 98/94 = BGHSt 40, 218 (236 f.). Schon vor dieser Entscheidung hatte der BGH im sogenannten „Lederspray-Fall“ der Geschäftsführung einer
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Weitere Beispiele für die Anwendung der Tatherrschaftslehre kraft Organisationsherrschaft in Unternehmen finden sich in folgenden Entscheidungen: In der sogenannten „Behandlungsabbruchsentscheidung“ vertrat der BGH die Täterschaft eines Arztes in einem Pflegeheim kraft Organisationsherrschaft.305 Im „Bremer Vulkan“-Fall nahm der BGH die Organisationsherrschaft von Vorstandsmitgliedern eines Werftenverbundes wegen Untreue an und begründete dies im Wesentlichen damit, dass „die maßgeblichen Entscheidungen im Vorstand getroffen oder dort jedenfalls zustimmend zur Kenntnis genommen wurden“.306 Des Weiteren konstatierte der BGH in seiner „Tierarztpraxis-Entscheidung“, dass der Inhaber einer Tierarztpraxis „durch die streng hierarchische Organisation seiner Praxis (…) die Rahmenbedingungen für die Medikamentenabgabe geschaffen“ hatte, und damit einen strafbewehrten Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz begangen hatte, für den er als mittelbarer Täter verantwortlich sei.307 Schließlich kam der BGH auch in der sogenannten „Kapitaleinlage-Entscheidung“ zu dem Ergebnis, dass drei OHG-Gesellschafter mittelbare Täter kraft Organisationsherrschaft einer Vielzahl von betrügerischen Kapitaleinlageneinwerbungen durch von ihnen geschulte Handelsvertreter seien, da sie die von ihnen geschaffenen Rahmenbedingungen ausgenutzt hätten.308 b) Literatur Die überwiegende Ansicht in der Literatur steht der vom BGH praktizierten Anwendung der Tatherrschaftslehre kraft Organisationsherrschaft auf Mitarbeiter von Wirtschaftsunternehmen äußerst kritisch gegenüber: aa) Kategorische Ablehnung Bereits bei der ersten Ausarbeitung seiner Lehre befasste sich Roxin mit der Übertragbarkeit auf nichtstaatliche Organisationen. Dabei sprach er sich für eine Anwendung auf solche Untergrundbewegungen, Geheimorganisationen, Verbrechersyndikate und ähnliche Zusammenschlüsse aus, die gleichsam als „Staat im GmbH die strafrechtliche Verantwortung für durch gesundheitsschädigende Produkte verursachte Körperverletzungen zugerechnet, ohne eine dogmatische Begründung für die Zurechnung zu liefern, BGH, Urt. v. 06. 07. 1990, 2 StR 549/89 = BGHSt 37, 106 (114). S. hierzu Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 20. 305 BGH, Urt. v. 13. 09. 1994, 1 StR 357/94 = BGHSt 40, 257. Der Arzt hatte das Pflegepersonal in Absprache mit dem Sohn der Verstorbenen angewiesen, die künstliche Ernährung einzustellen. Obwohl dem Arzt tatsächlich keine arbeitsrechtliche Anordnungskompetenz gegenüber dem Pflegepersonal zustand, war der BGH von einer Anordnungsbefugnis des Arztes ausgegangen, s. Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 206. 306 BGH, Urt. v. 13. 05. 2004, 5 StR 43/03 = BGHSt 49, 147 (164). 307 BGH, Urt. v. 03. 07. 2003, 1 StR 453/02 = BGH JR 2004, 245. 308 BGH, Urt. v. 26. 08. 2003, 5 StR 145/03 = BGHSt 48, 331 (342).
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Staate“ agieren.309 Dazu gehöre, dass die betreffende Organisation eine gewise Kontinuität besitze und nicht vom Wechsel ihrer Mitglieder abhängig sei. Es müsse möglich sein, den einzelnen in der Organisation als funktionalen „Teil eines größeren, vorausgesetzten Ganzen“ gleichsam automatisch zur Tatausführung einzusetzen. Freilich müssten die Abgrenzungskriterien noch weiterentwickelt werden.310 Jedenfalls bei Wirtschaftsunternehmen sieht Roxin weder das Kriterium der Rechtsgelöstheit noch das der Fungibilität als erfüllt an. 311 Für Muñoz Conde312, Langneff313 und Ambos314 ist das Kriterium der Rechtsgelöstheit entbehrlich für die Begründung einer Organisationsmacht. Ihr Fehlen ist für diese Autoren nicht ausschlaggebend, die Ausweitung der Doktrin auf Wirtschaftsunternehmen abzulehnen. Jedoch gehen sie wie Roxin von einer fehlenden Fungibilität des Vordermannes in Wirtschaftsunternehmen aus. Kritik entzündet sich ferner am Kriterium der Anordnungsgewalt des Handelnden. Denn in Wirtschaftsunternehmen sei keine abgestufte, vertikale Hierarchiepyramide, wie sie unrechtsstaatliche Machtsysteme oder Mafiasysteme aufweisen, vorhanden. So sieht Heine in den modernen, auf dezentrale und funktionelle Kompetenzverteilung setzenden Wirtschaftsunternehmen zwar soziale Macht, jedoch typischerweise keine Herrschaft über die konkrete Tat.315 Rotsch, der in seinen späteren Beiträgen die Figur der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft per se ablehnt, erachtet in einem frühen Beitrag die der Komplexität betrieblicher Aktivitäten geschuldete horizontale Aufteilung von Abläufen und Kompetenzen als Hindernis für die Annahme einer mittelbaren Täterschaft in Wirtschaftsunternehmen. Mit einer steigenden innerbetrieblichen Verantwortung nehme gleichzeitig das subjektive Tatwissen und die objektive Tatmacht ab. Zudem sei es den Hintermännern in Wirtschaftsunternehmen schwer möglich, die Organisation zu instrumentalisieren, da sich in Unternehmen Risiken verwirklichten, die nicht vorhersehbar oder beherrschbar seien.316 Für Heinrich ist das vom BGH herangezogene Merkmal der durch Organisationsstrukturen bestimmten Rahmenbe309
Roxin, GA 1963, 193 (205). Roxin, GA 1963, 193 (206). 311 Roxin, Strafrecht AT Band II, § 25 Rn. 130. 312 Muñoz Conde, in: Schünemann u. a., Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, S. 609 (621 ff.). 313 Langneff, Die Beteiligtenstrafbarkeit von Hintermännern innerhalb von Organisationsstrukturen bei vollverantwortlich handelndem Werkzeug, S. 112. 314 Ambos, GA 1998, 226 (239 f.). 315 Heine, ZStR 2001, 22 (29 f.). 316 Rotsch, NStZ 1998, 491 (493 ff.). In seinen späteren Beiträgen zur Thematik kritisiert Rotsch an der Figur der mittelbaren Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft im Allgemeinen, dass es sich bei der Tatausführung durch einen ausgewechselten Vordermann nicht mehr um dieselbe materielle Tat handele, so dass die Handlung des Hintermannes von der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung „entkoppelt“ werde, s. Rotsch, ZStW 2000, 518 (526 ff.); ders., NStZ 2005, 13 ff.; ders., „Einheitstäterschaft“ statt Tatherrschaft, S. 326 ff. 310
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
dingungen, innerhalb derer der Tatbeitrag des Hintermannes regelhafte Abläufe auslöst, zu unbestimmt, um eine mittelbare Täterschaft in Wirtschaftsunternehmen zu begründen. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers als eine solche Rahmenbedingung jedenfalls sei hierfür kein tauglicher Aspekt. Schließlich sei diese für eine Begründung von Nötigungsherrschaft, einer Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft, gänzlich untauglich, da die Grenze des § 35 StGB nicht überschritten werde. Wenn nun aber die Weisungsgebundenheit im Rahmen der Organisationsmacht als täterschaftsbegründendes Merkmal herangezogen werde, sei dies eine Abkehr von den der Tatherrschaftslehre zugrundeliegenden Wertungen.317 Derselbe Autor sieht ein weiteres erhebliches Manko bei der Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht auf Wirtschaftsunternehmen in einem weiteren Aspekt: Die Essenz der mittelbaren Täterschaft liege in der manipulativen „Ausnutzung eines hemmschwellenbezogenen Entscheidungsdefizits beim Vordermann durch den Hintermann“.318 Dieses Entscheidungsdefizit des Vordermanns liege in hierarchischen Organisationsstrukturen wie staatlichen Unrechtsorganisationen darin, dass der Vordermann mit dem Eintritt in die Organisation seine Bereitschaft manifestiere, sich reibungslos einzugliedern und Aufträge auszuführen, ohne dieses stets aufs Neue zu hinterfragen. In Unrechtsorganisationen benutze folglich der Hintermann die „organisationstypische Tatneigung“ des Vordermannes. Mitarbeitern von Wirtschaftsunternehmen könne man jedoch keine Grundeinstellung unterstellen, von Vorgesetzten gewünschte Straftaten ohne Weiteres auszuführen. Zwar sei es wohl in Unternehmen möglich, einen tatgeneigten Mitarbeiter ausfindig zu machen, was aber in rechtsgebundenen Wirtschaftsunternehmen nur konspirativ machbar sei. Damit handele es sich bei dieser Möglichkeit stets um einen Einzelfall, der als Anstiftung strafbar sei. Von einer organisationstypischen Tatgeneigtheit könne man dann nicht sprechen.319 Eben diese beschriebenen Schwierigkeiten bei der Bestimmung einer ausreichenden Befehlshierarchie und „Mafiaähnlichkeit“ einer Organisation kritisieren Krey und Esser, die die Figur des „Täters hinter dem Täter“ im Allgemeinen und eine Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft im Besonderen ablehnen. Die Verwendung dieser unbestimmten Begriffe, die nicht nur die Übertragung der Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft auf Wirtschaftsunternehmen, sondern die Figur der Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft insgesamt betrifft, führe zu einem Verlust an Rechtssicherheit und einer Verfälschung der Tatherrschaftslehre.320
317 Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147 (155 f.). 318 Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147 (160 f.). 319 Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147 (165 f.). 320 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 936.
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Letztlich bedeutet die Rechtsprechung des BGH, die die mittelbare Täterschaft kraft Organisationsmacht auf grundsätzlich legal operierende Unternehmen überträgt, nach dem Urteil Roxins, eine dogmatische Annäherung an die subjektive Theorie, wonach Täter bereits derjenige ist, der den Erfolg als Ergebnis seines Handelns will. Mit der Tatherrschaftslehre sei die Rechtsprechung nicht zu vereinbaren.321 Morozinis formuliert dies noch drastischer, indem er in sämtlichen dogmatischen Konstruktionen der Rechtsprechung und Literatur, die von einer Anwendung auf Wirtschaftsunternehmen ausgehen, keinerlei inhaltliche Gemeinsamkeiten mehr mit der Roxinschen Organisationsherrschaftslehre sieht. Es werde gar lediglich der Begriff bemüht, um das damit verbundene Prestige zur Verschleierung dogmatischer Schwächen zu verwenden.322 bb) Befürworter der Übertragung des Konzepts auf Wirtschaftsunternehmen Deutlich weniger Stimmen in der Literatur sprechen sich für eine uneingeschränkte Anwendbarkeit der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht auf Wirtschaftsunternehmen aus. Hefendehl ist der Ansicht, die Doktrin der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht sei ohne Bedenken auch auf Wirtschaftsunternehmen anzuwenden.323 Fungibilität bedeute lediglich die Existenz von grundsätzlich ersatzbereiten Personen, wovon im Wirtschaftsleben auszugehen sei. Mit Ambos324 hält Hefendehl das Kriterium der Rechtsgelöstheit für entbehrlich, da eine Organisation eben auch grundsätzlich rechtskonform agieren, jedoch in bestimmten Situationen den „Boden des Rechts“ auch verlassen könne.325 In diese Richtung geht auch die Argumentation Hellmanns, der sich ebenfalls gegen das Kriterium der Rechtsgelöstheit und für eine Anwendung der Roxinschen Doktrin auf Wirtschaftsunternehmen ausspricht. Gerade bei für Unternehmenskriminalität typischen Delikten, etwa Vermögensstraftaten, sei eine geringere Hemmschwelle erforderlich als bei für rechtsgelöste Organisationen typischen Gewaltdelikten, so dass das Kriterium der Fungibilität keine Probleme bereite. Entscheidend sei, dass der Organisator zur Straftatbegehung feste betriebliche Strukturen, in denen sich die eingebundenen Mitarbeiter unterordnen, willentlich nutzt.326 Für die Organisationsherrschaft ist nach Ransiek weder das Kriterium der Rechtsgelöstheit noch das der Fungibilität entscheidend, die in Unternehmen nicht uneingeschränkt erfüllt seien. Vielmehr sieht er in der unterschiedlichen sozialen 321
Roxin, Strafrecht AT Band II, § 25 Rn. 135. Morozinis, Dogmatik der Organisationsdelikte, S. 424. 323 Hefendehl, GA 2004, 575 (586 ff.). 324 Ambos, GA 1998, 226 (242), der jedoch die Ausweitung der Organisationsherrschaftslehre auf Wirtschaftsunternehmen aus anderen Gründen kritisch sieht. 325 Hefendehl, GA 2004, 575 (581). 326 Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, § 15 Rn. 935. 322
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Machtverteilung innerhalb des Unternehmens den Grund für die Handlungszurechnung im Rahmen der mittelbaren Täterschaft. Die Organisationsmacht des Hintermannes sei dann gegeben, wenn aufgrund der sozialen Machtverteilung innerhalb des Unternehmens die Tatbeiträge gerade für die Organisation geleistet werden und aufgrund dieses Eingebundenseins in die Organisation einen besonderen Handlungssinn erhalten.327 cc) Differenzierende Ansicht Eine differenzierende Ansicht vertritt Urban: Sie hält sowohl in größeren mittelständischen Betrieben als auch in Großkonzernen eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft grundsätzlich für möglich, wobei sie für eine Modifizierung der Kriterien Roxins eintritt.328 Auch in Wirtschaftsunternehmen herrsche regelmäßig – trotz Dezentralisierung und Modularisierung – ein hierarchisches Verhältnis zwischen Anweisungsgeber und Anweisungsempfänger. Entscheidend sei, dass diejenigen Verantwortungsbereiche, in deren Rahmen die Straftatbegehung stattfindet, eine solche Organisation aufweisen. Ein Kompetenzsplitting sei gerade der Grund für die Bildung von Kollektiven überhaupt, weshalb Urban hierin kein Hindernis für eine individuelle Zurechenbarkeit der Straftat zu der Führungsebene, die mit Weisungskompetenz an den entsprechenden Beschlüssen mitgewirkt hat, sieht.329 Die Fungibilität sei in Wirtschaftsunternehmen genauso wie in anderen Kollektiven vorhanden, denn selbst bei Mitarbeitern mit Spezialkenntnissen bestehe auf dem Arbeitsmarkt ein den Bedarf deckendes Angebot. Dies belege ferner die Tatsache, dass Unternehmen in der Regel unabhängig vom Ausfall eines einzelnen Arbeitnehmers operieren könnten.330 Morozinis weist dieses Argument allerdings zurück, da es für die Fungibilität erforderlich sei, dass die betreffende Person aus den organisationseigenen Ressourcen ersetzt werden kann.331 Was die Rechtsgelöstheit betrifft, so hält es Urban für möglich, dass Unternehmen als Ganze rechtsgelöst operieren, etwa wenn der tatsächliche Unternehmenszweck die Begehung von Straftaten oder die Verschleierung der illegalen Herkunft von Vermögenswerten ist. Dem Kriterium der Rechtsgelöstheit solle darüber hinaus auch genüge getan sein, wenn Unternehmen lediglich sektorenspezifisch oder gelegentlich kriminell handeln. Dazu müsse die Unternehmensleitung Kenntnis von den straftatbegründenden Umständen haben und diese „als Bestandteil der ,corporate culture‘ des Unter327
Ransiek, ZGR 1999, 613, (635); Ransiek, Unternehmensstrafrecht, S. 46 ff. Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 159 ff. Differenzierend auch Bloy, GA 1996, 424 (442), der im Gegensatz zu den sonstigen Formen mittelbarer Täterschaft eine weitere Anwendung der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft vertritt, es zum Forschungsstand im Jahr 1996 jedoch noch nicht für möglich hielt, Kriterien hierfür aufzustellen. 329 Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 223 ff. 330 Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 228 f. 331 Morozinis, Dogmatik der Organisationsdelikte, S. 427. 328
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nehmens“ dulden.332 Allerdings geht auch Urban davon aus, dass das Merkmal der Rechtsgelöstheit in einem grundsätzlich rechtskonform handelnden Unternehmen selten einschlägig ist. Als weiteres Kriterium sei schließlich auch eine repressive Wirkweise des Systems erforderlich. Hierzu zähle auch subtile Repression, etwa durch Androhung einer Kündigung oder Mobbing.333 dd) Bewertung Zunächst ist festzustellen, dass die Kritiker der Praxis des BGH, die Doktrin der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht pauschal auf Unternehmen zu übertragen, überzeugen. Eine dogmatisch fundierte Begründung seiner Praxis vermag der BGH nicht zu liefern. So bleibt das Kriterium der Rahmenbedingungen, die der Hintermann im Unternehmen ausnutzt, inhaltlich unbestimmt. In der bloßen Ausnutzung der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers aber einen täterschaftsbegründenden Umstand zu sehen, verwischt die Grenzen zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung.334 Ebenso abzulehnen sind jene Ansichten, die auf die Kriterien der Rechtsgelöstheit und der Fungibilität gänzlich verzichten wollen und aus diesem Grund zu einer Übertragbarkeit der Tatherrschaft kraft Organisationsmacht auf Wirtschaftsunternehmen kommen. Es geht bei der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht gerade um die „Erfolgssicherheit“, die durch das rechtsgelöste System gewährleistet wird. Aus dieser Argumentation folgt, dass es genügt, wenn eine Organisation nur partiell, also deliktsbezogen rechtsgelöst agiert, während sie sich in anderen Bereichen an die Rechtsordnung hält. Selbst während der nationalsozialistischen Herrschaft und in der DDR gab es Bereiche, in denen sich diese Regime nicht – aus einer Betrachtung ex post – vom Boden des Rechts gelöst haben.335 Die Fungibilität des Ausführenden wiederum ist als Kriterium nicht verzichtbar, weil mit ihr sichergestellt wird, dass es sich um eine systemimmanente Automatik handelt, die sich der Hintermann zu eigen macht. Roxin ist zuzustimmen, wenn er die Möglichkeit, dass der Vordermann in einem rechtsgelöst agierenden System die Tat nicht ausführt, als Versagen bzw. „Panne“ der Organisation bezeichnet, was jedoch nichts an der grundsätzlichen Erforderlichkeit des Kriteriums ändert.336 Somit erscheint auch Morozinis’ Argumentation schlüssig, der bei Wirtschaftsunternehmen nur dann von Fungibilität ausgeht, wenn der Vordermann aus organisationseigenen Ressourcen ersetzt werden kann, jedoch nicht, wenn ein entsprechender Ersatz erst auf dem
332 333 334
(155). 335 336
Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 234. Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 243 ff. Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147 Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 144 f., 183 f. Roxin, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 449 (461 f.).
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Arbeitsmarkt ausfindig gemacht werden muss.337 Selbst wenn man es mit Urban in der Theorie grundsätzlich für möglich halten will, dass ein Unternehmensteil streng hierarchisch gegliedert ist, es eine repressive Anordnungsgewalt des Hintermannes gibt und dass auch die Kriterien der partiellen Rechtsgelöstheit und der Fungibilität vorhanden sind – in der Praxis erscheint ein Zusammentreffen all dieser Voraussetzungen in einem Unternehmen äußerst unwahrscheinlich. c) Anwendung der Doktrin auf auf private Militärunternehmen Auch wenn also eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft in Unternehmen grundsätzlich auszuschließen ist, so stellt sich dennoch die Frage, ob dies auch für private Militärunternehmen gilt. Diese sind schließlich keine „gewöhnlichen“ Unternehmen, sondern sie weisen sowohl hinsichtlich der unternehmensinternen Hierarchie als auch hinsichtlich der Einsatzsituation der Mitarbeiter Besonderheiten auf, die in diesem Sonderfall dafür sprechen könnten, dass die Anforderungen einer Anwendung der Organisationsherrschaftslehre erfüllt sind. Gerade die zunehmende Bedeutung nicht-staatlicher, völkerstrafrechtlich relevanter Gruppen spricht dafür, bei privaten Militärunternehmen als Gewaltakteuren in bewaffneten Konflikten eine gesonderte Überprüfung der Anwendung der Organisationsherrschaftslehre vorzunehmen.338 aa) Anwendung der Organisationsherrschaftslehre auf paramilitärische Gruppen Im Fall paramilitärischer, nicht-staatlicher Gruppen hat die IStGH-Vorverfahrenskammer die Organisationsherrschaftslehre angewendet.339 Im Verfahren gegen die Milizenführer Katanga und Ngudjolo Chui sah sie das Kriterium der beliebigen Austauschbarkeit der Soldaten auf der untersten Anordnungsebene bei einem Angriff der Milizien FNI und FRPI auf das Dorf Bogoro als erfüllt an. Dabei war FNI mit eineinhalb Batallionen, d. h. mit ca. 375 Milizionären, und FRPI mit vier Batallionen, d. h. ca. 1.000 Mann, involviert.340 Aus dem jugendlichen Alter der Kämpfer, ihrer Verbundenheit mit Anführern aus ihrer eigenen ethnischen Gruppe sowie der Tatsache, dass sie einem strengen und brutalen militärischen Trainings-
337
Morozinis, Dogmatik der Organisationsdelikte, S. 427. Vgl. Ambos, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag, S. 837 (842 ff.), der sich bei paramilitärischen Gruppen für eine Erweiterung des Organisationsbegriffs über dessen ursprüngliches, formal-staatsbürokratisches Verständnis ausspricht. 339 IStGH, Decision on the confirmation of charches v. 30. 09. 2008, Prosecutor v. Germain Katanga und Mathieu Ngudjolo Chui, ICC-01/04 – 01/07, Nr. 512 ff. 340 IStGH, Decision on the confirmation of charches v. 30. 09. 2008, Prosecutor v. Germain Katanga und Mathieu Ngudjolo Chui, ICC-01/04 – 01/07, Nr. 545 f. 338
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regime unterworfen waren,341 folgerte die Vorverfahrenskammer des IStGH, dass damit sichergestellt war, dass Anordnungen der Hintermänner durch den Organisationsapparat gleichsam mechanisch ausgeführt wurden. Letztlich zieht auch die Vorverfahrenskammer des IStGH somit nicht nur formelle hierarchische Strukturen (die sie auch bei den Milizen als gegeben betrachtet) zur Beurteilung des Organisationsapparates heran, sondern darüber hinaus auch „weichere“ Merkmale wie Stammeszugehörigkeit, sozial-familiäre, ideologische oder kulturelle Bindungen.342 bb) Anordnungsgewalt Das Argument, Organisationsmacht sei in modernen Unternehmen mangels streng hierarchischer Strukturen und aufgrund dezentral organisierter Arbeitsabläufe nicht vorhanden, mag möglicherweise auf manche Unternehmen zutreffen, jedoch gewiss nicht auf alle. Gerade Militärunternehmen, die in Konfliktgebieten präsent sind und militärische Dienstleistungen ausführen, sind zumindest im operativen Bereich auf eine vertikale Hierarchie, ähnlich einer militärischen Befehlskette, angewiesen.343 Hinzu kommt die Tatsache, dass der Großteil privater Militärunternehmen von ehemaligen Militärangehörigen gegründet wurde und sowohl im höheren Management als auch in der operativen Ebene viele Exsoldaten präsent sind, die sich durch eine „natürliche Tendenz“ zu militärischen Hierarchien und Strukturen auszeichnen.344 Zumindest wenn Militärunternehmen in bewaffneten Konflikten agieren, wird daher im Regelfall eine militärisch ausgebildete Führungsebene vorhanden sein, die bestimmte Operationen in militärähnlichen Strukturen leitet.345 Diese Ebene muss nicht das höhere Management des Unternehmens, die Geschäftsführung oder der Vorstand sein; es ist nicht erforderlich, dass der mittelbare Täter an der Organisationsspitze des Machtapparates steht. Vielmehr genügt es nach dem weiten Täterschaftsverständnis Roxins, wenn der mittelbare Täter die Möglichkeit wahrnimmt, innerhalb des Machtapparates kriminelle Anordnungen mit unabhängiger Führungsgewalt erlassen zu können. Mittelbarer Täter ist danach jeder, der im Organisationsapparat „an irgendeiner Stelle in der Weise eingeschaltet ist,
341
IStGH, Decision on the confirmation of charches v. 30. 09. 2008, Prosecutor v. Germain Katanga und Mathieu Ngudjolo Chui, ICC-01/04 – 01/07, Nr. 547. 342 Vgl. Ambos, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag, S. 837 (848 f.), mit Hinweis auf Osiel, Making sense of mass atrocity, S. 114. Nach Letzterem, S. 100 ff., hat die die Roxinsche Doktrin nur eine streng hierarchische Bürokratie im Sinne Max Webers als Organisationsapparat im Blick und bedürfe daher einer Erweiterung auf paramilitärische Gruppen, die in modernen, asymmetrischen Konflikten agieren. Roxin selbst hat allerdings stets ein dynamisches Verständnis seiner Doktrin betont. 343 Boldt, GYIL 2004, 502 (527). 344 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 403; Schmitt, CJIL 2005, 511 (530). 345 Vgl. Giesen, Private Military Companies im Völkerrecht, S. 124 f.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
dass er untergebenen Personen Befehle erteilen kann“.346 Auch wenn also womöglich nicht das ganze Unternehmen einer streng hierarchisch-vertikalen Organisationsstruktur folgt, so dürften sich private Militärunternehmen mit streng hierarchisch organisierten Teilen dennoch als Organisationsmacht bezeichnen lassen, innerhalb derer Vorgesetzte, die nicht notwendigerweise an der Unternehmensspitze stehen müssen, die ihnen untergeordnete Struktur als Automatismus zur Ausführung von Straftaten ausnutzen können. Dies kann nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung des spezifischen Unternehmens festgestellt werden. cc) Fungibilität Wie oben ausgeführt, kommt es bei der Fungibilität auf die Austauschbarkeit innerhalb des Unternehmens an; der Arbeitsmarkt ist außer Betracht zu lassen. In großen Militärunternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern dürfte je nach Art der Tätigkeit ein größerer Pool von Mitarbeitern mit den gleichen Fähigkeiten, wie etwa Piloten, Personen- oder Objektschützer, vorhanden sein. Allerdings müsste der vorgesetzte Hintermann aufgrund der internen Kompetenzverteilung auch auf diesen Pool zugreifen können, so dass es letztlich auf die beliebige Austauschbarkeit der ihm unterstellten Mitarbeiter ankommt. Hier wird deutlich, dass das Kriterium der Fungibilität umso schwieriger zu erfüllen ist, je kleiner die Organisationseinheit ist, von der man ausgeht. Der einzelne Mitarbeiter, der vom Hintermann eingesetzt wird, muss ein „Rädchen im Getriebe“ des Machtapparates sein. Auch bei diesem Kriterium verbietet sich eine pauschalisierte Betrachtungsweise. Jedoch ist die Austauschbarkeit der Mitarbeiter von privaten Militärunternehmen jedenfalls bei personalintensiven Operationen denkbar. Mit der Fungibilität hängt auch die Frage zusammen, ob die Unternehmensmitarbeiter grundsätzlich eine erhöhte Tatbereitschaft bzw. eine „organisationstypische Tatneigung“ aufweisen. Heinrich ist der Ansicht, dass es grundsätzlich in Unternehmen dem Anordnenden nicht möglich ist, ein hemmschwellenbezogenes Defizit des Vordermannes auszunutzen, denn es könne Angestellten in Unternehmen nicht unterstellt werden, sich mit dem Eintritt in das Unternehmen bereit zur Begehung von Straftaten zu zeigen.347 Möglicherweise ist aber bei Mitarbeitern von privaten Militärunternehmen aufgrund ihrer militärischen Vergangenheit anders zu urteilen. Militärischer Befehl und Gehorsam bilden ein Konzept, das zwar keinen blinden Gehorsam verlangt, doch trotz seiner Grenzen weit über die Weisungsgebundenheit von Arbeitnehmern hinausgeht. Auch wenn Mitarbeiter in privaten Militärunternehmen lediglich ihren Vorgesetzten gegenüber weisungsgebunden sind, so ist es 346
Roxin, GA 1963, 193 (203); Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 248; Roxin, GA 2012, 413 f.; a.A. Ambos, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag, S. 837 (850 f.)., der nur bei der Organisationsspitze von mittelbarer Täterschaft ausgeht. 347 Heinrich, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 147 (165).
D. Formen der Beteiligung an Straftaten
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dennoch denkbar, dass die Mitarbeiter auch aufgrund ihrer persönlichen Berufserfahrung in einem derart militärisch geprägten Arbeitsumfeld eher geneigt sind, Weisungen mit einer gewissen Automatik zu erfüllen und Anordnungen von Vorgesetzten weniger zu hinterfragen. Allerdings sind die Mitarbeiter – im Unterschied zu den Mitgliedern der paramilitärischen Gruppen im Fall Katanga – in der Lage, jederzeit zu kündigen; sie sind keinem brutalen Ausbildungsregime unterworfen, und eine ideologische, kulturelle oder tiefgehende emotionale Bindung an ihre Vorgesetzten wird im Regelfall nicht bestehen. Die primäre Motivation ihrer Tätigkeit dürfte finanzieller Art sein. All dies spricht gegen einen den afrikanischen Milizen vergleichbaren Automatismus bei der Weisungsausführung. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht sachgerecht, lediglich die Prägung der Mitarbeiter in einem militärischen Umfeld pauschal als Grund für eine wesentlich erhöhte Tatbereitschaft heranzuziehen. dd) Rechtsgelöstheit Weiter ist fraglich, ob private Militärunternehmen zumindest partiell rechtsgelöst agieren. Selbst bei privaten Militärunternehmen, die wegen Straftaten ihrer Mitarbeiter Negativschlagzeilen gemacht haben, wird man nicht von einem überwiegend rechtsgelösten Gesamtsystem, in dem rechtmäßige Geschäfte überwiegend zur Verdeckung des wahren Kerngeschäfts vorgenommen werden, ausgehen können. Eine partielle bzw. sektorielle Unternehmenskriminalität ist anzunehmen, wenn das Management über die sektoriellen Straftatbegehungen zumindest informiert ist und diese als Teil der corporate culture des Unternehmens toleriert.348 Selbst einem Unternehmen wie Academi, dem ehemaligen Blackwater, kann man eine derartige Unternehmenskultur nicht ohne weitere konkrete Hinweise unterstellen. Vielmehr dürfte sich rechtsgelöstes Agieren eher geschäftsschädigend auswirken349 und liegt demnach nicht im Interesse der Unternehmen. Auch wenn es keinerlei Durchsetzungsmechanismen gibt, so enthält die Selbstverpflichtung zahlreicher großer privater Militärunternehmen wie Aegis Defence Services, DynCorp und Triple Canopy durch den Code of Conduct der ISOA immerhin ein klares Bekenntnis unter anderem zur Einhaltung der Genfer Konventionen.350 Im Gegensatz zu paramilitärischen
348
Urban, Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, S. 234. So musste Blackwater Schadensersatz an die Familien der Opfer des Nisour Square Shootings leisten, sowie Strafen in Millionenhöhe an das State Department für Exportverletzungen zahlen, s. Risen/Mazzetti, Case Ends Against Five Ex-Blackwater Officials, in: The New York Times v. 21. 02. 2013, http://www.nytimes.com/2013/02/22/us/case-ends-against-five-exblackwater-officials.html. 350 ISOA Code of Conduct, Preamble: Purpose, lautet: „(…)Signatories will be guided by all pertinent rules of international humanitarian and human rights laws including as set forth in: @ Universal Declaration of Human Rights (1948) – Geneva Conventions (1949) – Convention against Torture (1977) – Protocols Additionals to the Geneva Conventions (1977) (…)“, http:// stability-operations.org/isoa-code-conduct. 349
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Gruppen zeichnet sich daher in Bezug auf die Rechtsgelöstheit ein völlig anderes Bild ab. 4. Zwischenergebnis Es lässt sich festhalten, dass private Militärunternehmen zwar die für eine Organisationsmacht mittelbarer Täter erforderliche hierarchische Komponente aufweisen, und auch @ je nach Größe des Unternehmens und des spezifischen Einsatzes @ über zahlenmäßig ausreichenden Ersatz verfügen dürften, sollte ein Mitarbeiter die Ausführung einer Weisung verweigern. Jedoch ist nicht davon auszugehen, dass sich die Mitarbeiter privater Militärunternehmen von Mitarbeitern in anderen Branchen durch eine wesentlich erhöhte Tatbereitschaft abheben, so dass die Fungibilität insgesamt zu verneinen ist. Und schließlich ist grundsätzlich auch kein pauschales rechtsgelöstes Agieren privater Militärunternehmen erkennbar. Freilich mögen (Extrem-)Fälle denkbar sein, in denen sich einzelne Einheiten in Einsatzgebieten „selbständig“ machen und den Boden des Rechts verlassen. Im Regelfall dürfte es dann dennoch an der Fungibilität fehlen. Die Ausweitung der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft auf Mitarbeiter in Unternehmen im Allgemeinen und Mitarbeiter in privaten Militärunternehmen im Besonderen scheitert daher an den Kriterien der Roxinschen Doktrin. Darüber hinaus besteht an einem Aufweichen dieser Kriterien auch kein Bedarf, denn der Anordnende, der sich zur Tatausführung eines rechtswidrig und schuldhaft handelnden Vordermannes bedient, kann als Mittäter oder Anstifter angemessen bestraft werden. Damit ist auch im oben erwähnten Fallbeispiel, der Anweisung von Führungskräften der Firma Executive Outcomes während eines Einsatzes in Sierra Leone an Piloten des Unternehmens, nicht zwischen Zivilpersonen und Kämpfern der RUF zu unterscheiden, sondern jeden zu töten, nicht von einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsmacht der Führungskräfte auszugehen. Bei vollverantwortlich handelndem Vordermann scheidet auch eine Mittäterschaft aus, fehlt es doch bei einer derartigen Anweisung bereits am gemeinsamen Tatentschluss, und auch an einer gemeinsamen Tatausführung.351 Somit bleibt im beschriebenen Fall die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Anstiftung bzw. versuchter Anstiftung.
III. Teilnahme Weiter bedarf es der Klärung, inwiefern die Teilnahme von Mitarbeitern privater Militärunternehmen an Straftaten nach dem VStGB spezifische rechtliche Probleme bereiten kann.
351 Vgl. Roxin, in: Amelung u. a., Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag, S. 449 (452 ff.).
D. Formen der Beteiligung an Straftaten
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1. Anstiftung, § 2 VStGB i.V.m. § 26 StGB Insbesondere bei völkerrechtswidrigen Anordnungen von Vorgesetzten an unterstellte Mitarbeiter kommt eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zu einer Haupttat nach § 2 VStGB i.V.m. § 26 StGB in Betracht. Danach wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. Der Anstifter muss beim Täter den Tatentschluss hervorrufen, was grundsätzlich auch möglich ist, wenn dieser nur ganz allgemein zu einer derartigen Tat bereit ist, solange er noch nicht zu der konkreten Tat fest entschlossen ist.352 Allerdings kommt dann, wenn ein konkreter Befehl lediglich die vorgegebene aktuelle Befehlslage aktualisiert, nur eine Strafbarkeit wegen Beihilfe in Frage.353 Da Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Einsatz in eine militärische Befehlskette eingebunden sein können, ist dieser Aspekt auch auf sie anwendbar. In subjektiver Hinsicht muss der Anstifter mit sog. „doppeltem Anstiftervorsatz“ handeln, d. h. es wird Vorsatz sowohl hinsichtlich der vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat, als auch hinsichtlich der Bestimmenshandlung des Anstifters vorausgesetzt.354 Im IStGH-Statut ist die Anstiftung in Art. 25 Abs. 3 lit. b geregelt. Dort werden drei Handlungsalternativen genannt, nämlich die Anordnung, die Aufforderung und die Anstiftung zu einem Völkerrechtsverbrechen.355 Anstiften, in der englischen Fassung „inducing“, wird dabei als Oberbegriff angesehen, von dem die Aufforderung und die Anordnung als Spezialfälle umfasst sind.356 Eine Anordnung ergeht in einem Über-Unterordnungsverhältnis, insbesondere in Befehlssituationen im Rahmen militärischer Hierarchien,357 so dass diese Alternative auch für einen Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens, der de iure oder de facto einem Individuum übergeordnet ist, einschlägig sein kann.358 Wie im deutschen Recht ist gem. Art. 30 IStGH-Statut ein doppelter Anstiftervorsatz sowohl hinsichtlich der Anstiftungshandlung als auch hinsichtlich der Haupttat erforderlich.359 Der deutsche Gesetz352
Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, § 25 StGB Rn. 4. So entschieden in BGH, Urt. v. 07. 08. 2001, 5 StR 259/01 = BGHSt 47, 100 (103) im Falle von tödlichem Schusswaffengebrauch auf Befehl gegen einen unbewaffneten Flüchtling an der innerdeutschen Grenze. Vor dem Einsatz als Wachtposten wurden die verantwortlichen Soldaten im Rahmen der üblichen „Vergatterung“ angewiesen, während der Schicht „Grenzverletzer“ an der Flucht zu hindern und im äußersten Fall „zu vernichten“. 354 Wessels u. a., Strafrecht AT, § 13 Rn. 572. 355 Der Wortlaut der englischen Fassung lautet „…orders, solicits or induces the commission…“ 356 Eser, in: Cassese u. a., The Rome statute of the international criminal court, Vol. I, S. 796. 357 Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 14. 358 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 600. 359 Eser, in: Cassese u. a., The Rome statute of the international criminal court, Vol. I, S. 787 (797). 353
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
geber ging bei der Schaffung des VStGB davon aus, dass sowohl die Formen der Täterschaft als auch jene der Teilnahme sich im IStGH-Statut und im deutschen Strafrecht entsprechen und hat deshalb auch die Anstiftung nicht gesondert geregelt.360 Anstiftung zu einem Kriegsverbrechen nach § 11 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VStGB kommt, wie bereits ausgeführt, im Fall der Anordnung der Führungskräfte von Executive Outcomes in Sierra Leone an die Piloten, unterschiedslos auf jeden zu schießen, in Betracht. Je nachdem, ob die Piloten die Weisung ausgeführt haben oder nicht, könnte entweder vollendete Anstiftung nach § 2 VStGB i.V.m. § 26 StGB, oder der Versuch der Anstiftung nach § 2 VStGB i.V.m. § 30 Abs. 1 StGB einschlägig sein. Relevant ist die Anstiftung zu einer Straftat nach dem VStGB außerdem bei solchen Mitarbeitern privater Militärunternehmen, die strategische Beratungsleistungen erbringen. In diesem Zusammenhang werden häufig die Aktivitäten von MPRI bei der Operation Storm in der Krajina genannt,361 die jedoch nicht als Völkermord qualifiziert wurden.362 2. Beihilfe im Rahmen von Geschäftsbeziehungen, § 2 VStGB i.V.m. § 27 Abs. 1 StGB Im Rahmen der Beihilfestrafbarkeit gem. §§ 2 VStGB, 27 Abs. 1 StGB ist hinsichtlich der Aktivitäten privater Militärunternehmen die Frage nach den Grenzen einer Beihilfestrafbarkeit bei wirtschaftlichen Austauschbeziehungen von besonderer Relevanz. Fraglich ist hier, ob sich Mitarbeiter privater Militärdienstleister bereits im Rahmen bloßer wirtschaftlicher Austauschbeziehungen, beispielsweise zu einem einen Genozid steuernden bürokratischen Machtapparat, wegen Beihilfe zu einem Verbrechen nach dem VStGB strafbar machen können. a) § 27 StGB Nach § 27 StGB ist Gehilfe einer Straftat, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Hilfeleisten ist ein Tatbeitrag, der die Rechtsgutverletzung ermöglicht oder verstärkt oder die Durchführung der Tat erleichtert oder absichert, und der nicht Täterschaft oder Anstiftung 360
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 17. Lediglich in einem Punkt geht die deutsche Regelung des Anwendungsbereiches der Anstiftung über die des IStGH-Statuts hinaus: So ist nach § 30 StGB, auf den § 2 VStGB verweist, auch der erfolglose Versuch der Anstiftung und die folgenlose Verbrechensverabredung unter Strafe gestellt. Hingegen muss nach Art. 28 Abs. 3 lit. b IStGH-Statut bei einer Anstiftung die Haupttat zumindest versucht worden sein. Einzige Ausnahme hiervon ist öffentliches Anstacheln zum Völkermord, das gem. Art. 25 Abs. 3 lit. e IStGH-Statut strafbar ist, s. hierzu Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 17. 361 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 600 f. 362 S.o. B.II.2.
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ist.363 Beihilfe kann sowohl in Form physischer als auch in Form psychischer Unterstützung geleistet werden.364 Umstritten ist, ob zwischen der Hilfeleistung und dem Taterfolg Kausalität erforderlich ist. Der BGH spricht sich dagegen aus,365 während eine verbreitete Literaturmeinung die Kausalität der Beihilfehandlung für den tatbestandsmäßigen Erfolg der Haupttat verlangt.366 Im Gegensatz dazu vertritt ein anderer Teil der Strafrechtswissenschaft die Risikoerhöhungslehre, wonach entscheidend ist, ob der Gehilfe die Erfolgschancen für die Haupttat steigert und dadurch ein erhöhtes Risiko für das betroffene Rechtsgut schafft.367 Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut des „Hilfeleistens“, sondern auch Sinn und Zweck des § 27 StGB. Der Gehilfe wird als Randfigur bestraft, die es dem Täter erleichtert, die Haupttat zu begehen, nicht, weil er diese mitverursacht.368 Letztlich sind die Unterschiede zwischen den Ansichten gering.369 Der Vorsatz des Gehilfen muss sich auf die Hilfeleistung zu einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat beziehen, deren wesentlichen Merkmale – jedoch nicht deren Details – er kennen muss.370 b) Art. 25 Abs. 3 lit. c und d IStGH-Statut Oberbegriff der Beihilfe im IStGH-Statut ist nach Art. 25 Abs. 3 lit. c die Unterstützung eines Völkerrechtsverbrechens („…otherwise assists in…“). „Aiding and abetting“ sind Sonderfälle der Unterstützung, wobei diese sämtliche Tatbeiträge umfasst, die die Begehung der Tat erleichtern oder sonst eine substantielle Wirkung auf sie haben.371 Unter „aiding“ ist dabei die physische Unterstützung des Täters zu verstehen, während sich „abetting“ auf die psychische Förderung der Tatbegehung durch Ermutigungen oder Hinweise bezieht.372 Eine direkte Kausalität zwischen der Unterstützungshandlung und dem Taterfolg ist nicht erforderlich, jedoch muss nach 363
Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 27 StGB Rn. 6. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1070. 365 BGH, Urt. v. 01. 08. 2000, 5 StR 624/99 = BGHSt 46, 107 (109); BGH, Urt. v. 16. 11. 2007, 5 StR 139/06 = BGH NJW 2007, 384 (388). 366 Vertreten u. a. von Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 6 f.; Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 27 Rn. 29 ff.; Kühl, in: Kühl/Heger, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 2. 367 Vertreten u. a. v. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1080; Geppert, Jura 2007, 589 (590); Otto, JuS 1982, 557 (562 ff.). 368 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1079. 369 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 6; Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 288. 370 Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB Bd. 1, § 27 Rn. 91. 371 Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 17; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 15 Rn. 62; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 274 f. 372 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 41. 364
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dem objektiven Verständnis der Beihilfe die Unterstützungshandlung die Haupttat wesentlich beeinflusst haben.373 Damit ist auch in völkerstrafrechtlicher Hinsicht der objektive Tatbestand der Beihilfe äußerst weit gefasst, so dass auch hier eine Begrenzung durch die Risikoerhöhungslehre geboten ist.374 In subjektiver Hinsicht beschränkend verlangt Art. 25 Abs. 3 lit. c IStGH-Statut, dass die Unterstützung „zur Erleichterung“ des Verbrechens („for the purpose of facilitating“) geleistet wird. Damit wird im Widerspruch zur Rechtsprechung des JStGH und des RStGH, die lediglich verlangen, dass der Gehilfe wissen muss, dass seine Handlungen dem Täter bei der Begehung der Straftat helfen, eine höhere subjektive Schwelle eingefordert.375 Gleichzeitig wird damit der Zurechnungszusammenhang zwischen tatförderndem Verhalten und Erfolg beschrieben,376 der eben nicht im Sinne der conditio sine qua non-Formel zu verstehen ist. Die Teilnahme an einer Kollektivtat nach Art. 25 Abs. 3 lit. d IStGH-Statut regelt die Strafbarkeit an einer zumindest versuchten Straftat einer Gruppe, d. h. es müssen mindestens drei Personen involviert sein, die durch dasselbe Ziel verbunden sind.377 Die Vorschrift basiert auf der Anti-Terrorismus-Konvention378 und stellt einen Kompromiss der seit den Nürnberger Kriegsverbrechertribunalen kontrovers diskutierten „Verschwörungs-“ Konzepte dar.379 Der deutsche Gesetzgeber ging hinsichtlich der Beihilfe davon aus, dass sich die Regelungen im IStGH-Statut und im StGB entsprechen. Auch die Teilnahme an einer Kollektivtat nach Art. 25 Abs. 3 lit. d IStGH-Statut sei durch § 27 StGB erfasst, so dass sich eine gesonderte Regelung erübrige.380
373 Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 20. 374 Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 21; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 42. Das Erfordernis der Risikoerhöhung liest der JStGH in den Begriff der substantiellen Wirkung der Beihilfehandlung hinein, s. Werle/ Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 274 f., mit Hinweis auf JStGH, Urt. v. 05. 05. 2009, Prosecutor v. Mrksˇic´ und Sˇ ljivancˇ anin, IT-95 – 13/1-A, Nr. 97. 375 Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 23. 376 Vgl. Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 496 ff. 377 Eser, in: Cassese u. a., The Rome statute of the international criminal court, Vol. I, S. 787 (802). 378 International Convention for the Suppression of Terrorist Bombings vom 09. 01. 1998, UN Doc. A/RES/52/164, Annex (37 I.L.M. 249 (1998)), Art. 2 Abs. 3 lit. c. 379 S. hierzu Ambos, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 25 Rn. 24 m.w.N. 380 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 7.
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c) Notwendigkeit einer Einschränkung der Strafbarkeit von „neutralem“ Verhalten Selbst wenn man aber vom Erfordernis der Kausalität der Hilfeleistung für die Rechtgutverletzung ausgeht, so ist der Anwendungsbereich der Beihilfe immer noch äußerst weit. „Neutrale“ Handlungen, berufstypische bzw. sozialadäquate Verhaltensweisen müssten als Beihilfe qualifiziert werden, sofern sie für den Erfolg der Haupttat kausal waren oder das Risiko der Rechtsgutverletzung erhöht haben. Insbesondere im Zusammenhang mit Wirtschaftsbeziehungen stellt sich die Frage, wo die untere Grenze der Beihilfe zu ziehen ist. Macht sich derjenige der Beihilfe an einem Mord strafbar, der dem Kunden eine Pistole verkauft und für möglich hält, dass dieser damit eine Person töten wird?381 Auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen übertragen, tun sich mit dieser Fragestellung etliche Möglichkeiten einer potenziellen Beihilfestrafbarkeit auf: Nicht nur jene Mitarbeiter, die beispielsweise ein Gebäude überwachen, in dem Menschen unrechtmäßig festgehalten werden, oder die einen Staat oder eine Miliz mit dem know how oder mit Waffen für eine militärische Operation versorgen, die die Begehung von Völkerstraftaten beinhaltet, könnten wegen Beihilfe zu ensprechenden Straftaten verantwortlich sein;382 sondern auch jene, die beispielsweise Personenschutz für einen Machthaber leisten, der Straftaten nach dem VStGB begeht, oder jene, die logistische Unterstützung für die Armee eines Unrechtsregimes bereitstellen. Und schließlich kämen auch solche Mitarbeiter als Gehilfen von Völkerstraftaten in Betracht, die innerhalb des Unternehmens reine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, wie beispielsweise Mitarbeiter in Sekretariaten oder Reisestellen. Aufgrund ihrer auf wirtschaftlichen Austauschbeziehungen beruhenden Nähe zu Konfliktparteien ist der Aspekt der unteren Grenze der Beihilfestrafbarkeit für private Militär- und Sicherheitsunternehmen von besonderer Bedeutung. Hier ist insbesondere zu unterscheiden zwischen einem möglicherweise moralisch verwerflichen Verhalten des Geschäftemachens mit einem „schlechten“ Akteur und strafrechtlich relevanten Gehilfenbeiträgen zu einem völkerrechtlichen Kernverbrechen.383 Zu klären ist daher zunächst, welcher Bereich im Rahmen eines „berufstypischen“ Verhaltens eine strafbare Tatförderung darstellt.384 Das Ergebnis wird sodann auf seine Anwendbarkeit auf die Aktivitäten privater Militärunternehmen hin überprüft.
381
Diskutiert wurde diese Frage von Kitka, Über das Zusammentreffen mehrerer Schuldigen bey einem Verbrechen und deren Strafbarkeit, S. 62 f., bereits im Jahr 1840, s. Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 27 Rn. 50. 382 Vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 604. 383 Kaleck/Saage-Maaß, JICJ 2010, S. 699 (720). 384 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 9.
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aa) Subjektiver Ansatz der Rechtsprechung Für die Rechtsprechung ist die subjektive Seite der Tat bei der Ausgrenzung bestimmter „neutraler“ Verhaltensweisen aus dem Beihilfetatbestand von entscheidender Bedeutung. Bei der vom BGH durchgeführten Einzelfallbetrachtung kommt es essentiell auf den Förderungswillen des Gehilfen an; die subjektive Tatseite wird jedoch zum Teil aus den objektiven Tatumständen hergeleitet.385 Berufstypische Handlungen als Unterkategorie der neutralen Handlungen stellen nach dem BGH dann strafbare Beihilfe dar, wenn der Gehilfe in dem Bewusstsein handelt, das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Das Verhalten des Haupttäters muss ausschließlich auf die Verwirklichung einer Straftat gerichtet sein und dies muss dem Unterstützer bekannt sein. Dann verliert die berufstypische Handlung ihre „Neutralität“, der Unterstützer solidarisiert sich mit dem Täter.386 Hält es der Unterstützer lediglich für möglich, dass der Täter die Unterstützungshandlung zur Begehung einer Straftat verwendet, so wertet der BGH dies nicht als strafbare Beihilfe, außer, das vom Unterstützer erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des Unterstützten ist derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ.387 bb) Ansätze der Literatur Die zahlreichen Lösungsansätze zur Problematik der „neutralen Beihilfe“ bilden ein äußerst breit gefächertes Meinungsspektrum. Eine konzentrierte Zusammenfassung der unterschiedlichen Auffassungen in der deutschen Strafrechtsdogmatik findet sich bei Heyer.388 Die überwiegende Ansicht im Schrifttum vertritt eine Lösung mittels Strafbarkeitsbeschränkungen auf der Ebene des objektiven Tatbestandes,389 wobei der objektiven Zurechnung der Haupttat eine besondere Bedeutung zukommt.390 Auch innerhalb dieser Lösung existieren unterschiedliche Argumentationslinien. 385
Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, S. § 27 Rn. 10. BGH, Urt. v. 01. 08. 2000, 5 StR 264/99, BGHSt 46, 107. 387 Unter Zitat der vorangegangenen Entscheidung BGH, Urt. v. 26. 10. 1998, 5 StR 746/97, wistra 1999, 103; BGH, Urt. v. 22. 01. 2014, 5 StR 468/12; krit. Putzke, ZJS 2014, 635. 388 Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 288 ff. 389 Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 292 Fn. 87; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1083. Andere Ansätze werden u. a. vertreten von Beckemper, Jura 2001, 163 (196), und Niedermair, ZStW 1995, 507 (539 f.) – kein Bedarf der Einschränkung der Strafbarkeit von neutralem Verhalten; Rackow, Neutrale Handlungen als Problem des Strafrechts, 552ff. – Strafbarkeitsbeschränkung auf Rechtfertigungsebene; Ransiek, in: Amelung, Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse bei Straftaten in bürokratischen Organisationen des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft, S. 95 (104) – gemischt objektiv-subjektive Kriterien. 390 So u. a. Frisch, in: Prittwitz, Festschrift für Klaus Lüderssen, S. 539 (544 ff.); Hassemer, wistra 1995, 81 (81 ff.); Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 2a; Murmann, JuS 1999, 548 386
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So soll nach Hassemer391 eine Zurechenbarkeit durch sozial- bzw. berufsadäquates Verhalten ausgeschlossen werden können. Rudolphi392 und Puppe393 stellen auf die Erfüllung bestimmter Pflichten als Ausschluss objektiver Zurechnung ab. Ähnlich verneint auch Wohlers394 eine Zurechnung der Haupttat zum tatfördernden Verhalten, wenn die Grenzen eines noch erlaubten Risikos nicht überschritten wurden, beispielsweise weil sich in der fraglichen Handlung eben kein deliktischer Unterstützungswille manifestierte, oder der Fördernde keine Garantenstellung für das angegriffene Rechtsgut innehatte. Frisch395 wiederum sucht nach positiven Zurechnungskriterien und identifiziert dabei eine kommunikative Beziehung des Gehilfen zum Haupttäter. Putzke spricht sich für die Anwendung des objektiven Kriteriums einer Erhöhung eines strafrechtlich missbilligten Risikos durch die fragliche Handlung aus, zudem sei aber auch eine subjektive Komponente in Form des Wissens des Helfers um die Größe der geschaffenen Gefahr unabdingbar.396 Heyer397 und Murmann398 vertreten eine „qualifizierte“ Risikoerhöhungslehre. Im Gegensatz zur „reinen“ Risikoerhöhungslehre, die darauf abstellt, ob die Gehilfenhandlung das Risiko einer Rechtsgutverletzung des Opfers und entsprechend die Erfolgschance für den Täter erhöht,399 wird hier das doppelte Erfordernis der Risikorealisierung und Risikomissbilligung verlangt.400 Für strafbare Beihilfe müsse sowohl Handlungs- als auch Erfolgsunrecht vorhanden sein. Eine objektive Zurechnung einer Handlung sei dann möglich, wenn dadurch ein missbilligtes Risiko für das betroffene Rechtsgut geschaffen wurde und sich gerade dieses Risiko im Erfolg realisiert hat. Die Frage, ob ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen wurde, sei im Handlungsunrecht zu verorten. Ohne Handlungsunrecht gebe es kein zurechenbares Erfolgsunrecht, selbst wenn das volle Erfolgsunrecht realisiert wurde. Daher sei eine zweistufige Prüfung durchzuführen, die eine normative Einschränkung des Handlungsunrechts zur Folge hat. Danach ist zunächst zu fragen, ob ein rechtlich missbilligtes Risiko für das geschützte Rechtsgut geschaffen wurde. Auf (552); Puppe, Jura 1998, 21 (27); Rudolphi, Die Gleichstellungsproblematik der unechten Unterlassungsdelikte und der Gedanke der Ingerenz, S. 136 ff. 391 Hassemer, wistra 1995, 81 (81 ff.). 392 Rudolphi, Die Gleichstellungsproblematik der unechten Unterlassungsdelikte und der Gedanke der Ingerenz, S. 136 ff. Nach Rudolphi soll sozialadäquates Verhalten, dem aufgrund sozialer Verantwortungsbereiche keine Pflichtwidrigkeit zugrunde liegt, eine Zurechnung ausschließen. 393 Puppe, Jura 1998, 21 (28), stellt darauf ab, ob eine Interessenabwägung zwischen dem Schutz des Opfers und der Unbekümmertheit des Gehilfen eine Verletzung einer relevanten Sorgfaltspflicht ergibt. 394 Wohlers, NStZ 2000, 169 (173). 395 Frisch, in: Prittwitz, Festschrift für Klaus Lüderssen, S. 539 (544 ff.). 396 Putzke, ZJS 2014, 635 (639 ff.). 397 Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 307 ff. 398 Murmann, JuS 1999, 548 (552). 399 Roxin, in: Jähnke u. a., LK/StGB, Bd. 1, § 27 Rn. 4. 400 Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 628.
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der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob sich gerade dieses Risiko im Erfolg realisiert hat, oder ob es sich dabei um ein anderes Risiko, wie beispielsweise das allgemeine Lebensrisiko, handelte. cc) Diskussion im Rahmen von Art. 25 Abs. 3 lit. C und d IStGH-Statut Wie im nationalen Strafrecht ist auch im internationalen Strafrecht die untere Grenze der Beihilfestrafbarkeit ungeklärt und umstritten. Weder aus staatlichen Akten mit Bezug zum Grenzbereich völkerstrafrechtlicher Teilnahmehandlungen, noch aus der Rechtsprechung der Nürnberger (Nachfolge-)Prozesse und der ad hocTribunale lässt sich ein völkergewohnheitsrechtlicher Rechtssatz bezüglich einer unteren Grenze der Beihilfestrafbarkeit identifizieren.401 Das Meinungsspektrum umfasst auch im Völkerstrafrecht eine Ansicht, die es bei der Anwendung allgemeiner Regeln belassen möchte. Schabas402 befürwortet die Strafbarkeit auch weit entfernter, wirtschaftlich motivierter Gehilfenbeiträge; ähnlich lehnen Farrell403 und Werle404 eine Begrenzung der Beihilfestrafbarkeit für „neutrale“ Handlungen im Völkerstrafrecht ab. Demgegenüber plädiert Hefendehl für eine Straflosigkeit bei der bloßen finanziellen Unterstützung eines gewalttätigen Regimes;405 in diesem Sinne äußert sich ferner Tomuschat, der sich für die Straflosigkeit wirtschaftlich motivierter Unterstützungshandlungen ausspricht.406 Auch wenn er das Kritierum der Risikoerhöhung im nationalen Recht grundsätzlich befürwortet, zweifelt Ambos eine Übertragung auf das Völkerstrafrecht an, da „neutrale“ Handlungen hier eine Ausnahme darstellten, denn ihre Alltäglichkeit verlören Geschäfte dadurch, dass sie sich als Mittel zu einem massenhaften und systematischen Angriff auf Menschen oder deren Existenzgrundlagen eignen. Ein Waffenexporteur, der sich an das Exportregime hält, mache sich nicht der Beihilfe strafbar, wenn die Waffen für Völkerstraftaten verwendet werden. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit könne vielmehr die Mit401 Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 274. Im Urteil zum I.G. Farben-Prozess wird jedenfalls deutlich, dass die Nürnberger Richter auch bei schwersten Menschenrechtsverletzungen nicht auf den Nachweis einer objektiven Förderung und subjektiven Kenntnis der Verbrechen verzichten wollten. So wurde nicht ausgeschlossen, dass die Angeklagten die Lieferung von Zyklon B-Gas in großen Mengen an Konzentrationslager auf den großen Bedarf an Schädlingsbekämpfungsmittel in Lagern ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen zurückführten, s. hierzu Asholt, in: Jeßberger u. a., Wirtschaftsvölkerstrafrecht, S. 61 (68 ff.), unter Hinweis auf die Urteilsgründe in Berndt, Das Urteil im I.G.Farben Prozeß, S. 109. 402 Schabas, IRRC 2001, 439 (450 ff.). 403 Farrell, JICJ 2010, 873 (892 f.). 404 Werle, JICJ 2007, 953 (969 f.). 405 Hefendehl, JICJ 2010, 769 ff. (781). 406 Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 1 (4).
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glieder des zuständigen Kollektivorgans treffen, das den Export genehmigte.407 Hanack, der sich mit der Grenze der Beihilfestrafbarkeit hinsichtlich nationalsozialistischer Gewaltverbrechen beschäftigt, ist der Auffassung, der Schwerpunkt der Handlungen potentieller Gehilfen, die nicht selbst und unmittelbar Hand an die Opfer gelegt haben, liege – anders als im Rahmen der „normalen“ Verbrechen – auf einem Unterlassen. Da bei wirtschaftlichen Austauschbeziehungen jedoch meist keine Garantenstellung der Vertragspartner bzw. ihrer Mitarbeiter besteht und in der Regel auch keine Kausalität des Unterlassens für den Erfolg herleitbar ist, führt dieser Standpunkt ebenfalls zu einer weitgehenden Straflosigkeit von Handlungen im Rahmen von Wirtschaftsbeziehungen.408 Die Befürworter differenzierender Voraussetzungen einer Beihilfestrafbarkeit stellen auf unterschiedliche Kriterien ab, wobei auch im Rahmen der völkerstrafrechtlichen Diskussion dem begrenzenden Kriterium der Risikoerhöhung eine besondere Bedeutung zukommt. Nach einer Meinung muss eine Beihilfehandlung, die die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder verstärkt, wissentlich erbracht werden und in einer Nähebeziehung zur Haupttat stehen.409 Kaleck und Saage-Maaß unterscheiden nach der Gefährlichkeit der spezifisch auf die Haupttat zugeschnittenen Unterstützungshandlungen. Je gefährlicher die gelieferte Ware (oder Dienstleistung) ist, desto weniger Anforderungen seien an die subjektive Tatseite zu stellen.410 Vest will danach differenzieren, ob es sich um untergeordnete, unspezifische Hilfeleistungen handelt, oder ob die Handlung ein deutlich verbotenes Risiko erhöht, dass die Haupttat begangen wird.411 Heyers Lösungsansatz orientiert sich an der „qualifizierten“ Risikoerhöhungslehre der deutschen Strafrechtsdogmatik:412 Die Hilfeleistung bei Art. 25 Abs. 3 lit. c IStGH-Statut bestehe in der akzessorischen Herbeiführung der zuzurechnenden Rechtsgutverletzung. Diese umfasse eine Unterstützungshandlung, durch die ein normativ missbilligtes Risiko geschaffen wird, das sich kausal in der täterschaftlichen Herbeiführung der Rechtsgutverletzung auswirkt. Normativ missbilligt sei das Risiko, wenn der Tatfördernde ein tatspezifisches Risiko schafft und dafür die Verantwortung trägt. Zu verneinen wäre dieses etwa, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb seines existenzsichernden Arbeitsverhältnisses auf Weisung tätig wird, ohne dass ihm dabei individuelle Entscheidungsbefugnisse zukommen.
407
Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 633. Hanack, Zur Problematik der gerechten Bestrafung nationalsozialistischer Gewaltverbrecher, S. 30 f. 409 Vgl. Burchard, JICJ 2010, 919 (925); Huisman/Sliedregt, JICJ 2010, 803 (827). 410 Kaleck/Saage-Maaß, JICJ 2010, 699 (721). 411 Vest, JICJ 2010, 851 (864). 412 Heyer, Grund und Grenze der Beihilfestrafbarkeit im Völkerstrafrecht, S. 493. 408
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dd) Stellungnahme Unterschiedslos den äußerst weiten Beihilfetatbestand auf sämtliche „neutralen“, berufstypischen bzw. sozialadäquaten Handlungen anzuwenden, birgt die Gefahr der Überkriminalisierung von Wirtschaftsgeschäften des alltäglichen Lebens.413 Daher erscheint eine Einschränkung notwendig und sinnvoll. Die Diskussion im Rahmen von Art. 25 Abs. 3 lit. c und d IStGH-Statut verdeutlicht, dass sich das Meinungsspektrum auf nationaler und internationaler Ebene stark ähnelt, so dass es jedenfalls zum derzeitigen Forschungsstand nicht gegen das Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung spricht, im Rahmen der Problematik der „neutralen“ Beihilfe zu einer Völkerstraftat nach dem VStGB auf das Kriterium der Risikoerhöhung abzustellen. Das Erfordernis des Handlungsunrechts gebietet eine bestimmte, „objektive Qualität“ der Unterstützungshandlung in Bezug auf die Haupttat, welche es erlaubt, die Unterstützungshandlung als mittelbaren Angriff auf das geschützte Rechtsgut auszulegen.414 Dabei überzeugt das Kriterium der „qualifizierten“ Risikoerhöhung, um die Qualität der Beihilfehandlung zu beurteilen. Die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos, welches sich im Erfolg der Haupttat realisiert, berücksichtigt insbesondere den strafrechtsdogmatischen Rahmen der Beihilfe. Zudem wird durch die Kriterien der Risikorealisierung und Risikomissbilligung – anders als bei der „reinen“ Risikoerhöhungslehre – verhindert, dass eine bloß versuchte Beihilfe bestraft wird.415 Das Erfordernis der Risikomissbilligung schließlich vereitelt eine Strafbarkeit solcher Unternehmensmitarbeiter, die im Unternehmen untergeordnete Funktionen ohne eigenen Entscheidungsspielraum einnehmen. d) Fallbeispiele Beihilfe zu einer Völkerstraftat kommt bei Mitarbeitern des Unternehmens Jeppesen DataPlan Inc. in Betracht, das für die extraordinary renditions der CIA Flüge geplant und logistische Unterstützung geleistet haben soll. Ein Manager soll sich folgendermaßen geäußert haben: „We do all of the extraordinary rendition flights – you know, the torture flights. Let’s face it, some of these flights end up that way (…) It certainly pays well.“416 Voraussetzung einer Strafbarkeit wegen Beihilfe ist zunächst eine beihilfefähige Haupttat. Unter den Flügen müsste sich also mindestens einer befinden, der mit einem spezifischen bewaffneten Konflikt in Verbindung steht, und die transportierte Person müsste am Zielort Opfer eines Kriegsverbrechens – in Betracht kommen insbesondere § 8 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 9 VStGB – geworden sein. Der Manager 413
Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 12. Vgl. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 27 Rn. 13; Kindhäuser, in: Dannecker, Festschrift für Harro Otto, S. 364 ff. 415 S. hierzu Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 628 m.w.N. 416 S. o. Kap. III A. IV. 414
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des Unternehmens könnte sich dann gem. § 2 VStGB, 27 Abs. 1 StGB der Beihilfe zu einem Kriegsverbrechen strafbar gemacht haben. Die Unterstützungshandlung besteht im Flug des Tatopfers zum Zielort, bzw. in der Leistung logistischer Dienste hierfür. Durch diesen Tatbeitrag wird die Haupttat gefördert. Der Transport des Opfers bzw. die Unterstützung beim Transport des Opfers an den Zielort erhöht das rechtlich missbilligte Risiko, dass dieses am Bestimmungsort gefoltert oder erniedrigt wird. Es handelt sich dabei eben nicht um eine ubiquitär verfügbare, im Hinblick auf eine spätere Gefangenhaltung und Misshandlung völlig ungefährliche Dienstleistung, sondern der Transport und die logistische Unterstützung hierfür ist an die Zwecke der Haupttäter angepasst. Die CIA hat ihre Gefangenen schließlich nicht auf Linienflügen transportiert, sondern benötigte besondere Flüge. Der Transport von Opfern außergerichtlicher Überführungen ist an die Zwecke der Täter angepasst und begründet gerade spezifische Gefahren im Hinblick auf die Behandlung des Opfers am Zielort. Der Manager müsste ferner die Verantwortung für die Schaffung des tatspezifischen Risikos tragen. Welche Funktion er im Unternehmen genau einnahm, kann hier nicht geklärt werden. Das Risiko müsste sich schließlich mit dem Eintritt des Taterfolges auch realisiert haben. In subjektiver Hinsicht muss der Manager mit Vorsatz bezüglich der Hilfeleistung zu einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat handeln, deren wesentliche Merkmale er kennen musste. Aufgrund seiner Äußerung kann davon ausgegangen werden, dass er eine solche Tat zumindest für möglich hielt, sich damit abfand und mithin mit bedingtem Vorsatz handelte. Hier ergibt sich insofern eine Differenz zwischen § 27 StGB und Art. 25 Abs. 3 lit. c IStGH-Statut, als der Manager nicht mit der Absicht, die Haupttat zu erleichtern, handelte, sondern aus rein wirtschaftlichem Interesse. Allerdings ergäbe sich eine Strafbarkeit aus Art. 25 Abs. 3 lit. d IStGH-Statut, denn der Manager trug objektiv zur Folter der transportierten Personen bei und handelte subjektiv in Kenntnis der Absicht der CIA zur Folter der Terrorverdächtigen.417 Im Fall des Streubombenabwurfs über dem kolumbianischen Dorf Santo Domingo418 ist bereits zweifelhaft, ob die Mitarbeiter von AirScan Inc überhaupt das Risiko des Streubombenabwurfs erhöht haben. Schließlich haben sie der Kampfhubschrauberbesatzung hierzu keine entsprechenden Steuerungshinweise gegeben, vielmehr handelte diese ohne Zutun der Mitarbeiter. In jedem Fall aber ist nicht ersichtlich, dass sie vorsätzlich im Hinblick auf eine Hilfeleistung zu einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB handelten.
417 418
Vgl. Safferling, Internationales Strafrecht, § 5 Rn. 88. S. o. Kap. III A. I. 4.
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E. Vorgesetztenverantwortlichkeit Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnten als Vorgesetzte verantwortlich für Straftaten ihrer Untergebenen sein. Die Rechtsfigur der Vorgesetztenverantwortlichkeit ist eine „originär völkerstrafrechtliche Rechtsschöpfung“,419 die völkergewohnheitsrechtlich anerkannt ist.420 Die erste völkervertragliche Regelung findet sich in Art. 86 Abs. 2 ZP I, da zum Zeitpunkt der Verhandlungen über die Genfer Konventionen von 1949 die Konturen der Vorgesetztenverantwortlichkeit noch sehr undeutlich waren. Die Regelung wurde in die Statuten des JStGH und des RStGH übernommen.421 Mit der Vorschrift des Art. 28 IStGH-Statut wurde das Konzept der Vorgesetztenverantwortlichkeit weiter präzisiert. Art. 28 IStGH-Statut sieht jedoch keine Differenzierung zwischen einer vorsätzlichen Förderung von Straftaten der Untergebenen, einer bloß fahrlässigen Missachtung der Gefahr solcher Straftaten sowie der nachträglichen Meldung begangener Straftaten vor. Der deutsche Gesetzgeber hat hier in §§ 4, 14 und 15 VStGB eine Differenzierung vorgenommen und rechtfertigt diese mit dem verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Schuldgrundsatz, wonach unterschiedlich schwer wiegende Verstöße nur mit unterschiedlich schwer wiegenden Sanktionen bestraft werden dürfen.422 So bezieht sich § 4 VStGB auf den Fall der vorsätzlichen Unterlassung der Verhinderung einer Straftat, § 14 VStGB auf die vorsätzliche und fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht, und § 15 VStGB auf das Unterlassen der Meldung einer Straftat. § 4 VStGB zählt als Zurechnungsnorm sui generis423 zum Allgemeinen Teil des VStGB, während die §§ 14 und 15 VStGB Pflichtverletzungen von Vorgesetzten eigenständig unter Strafe stellen und mithin im Besonderen Teil des VStGB eingegliedert sind.424 Aufgrund ihres thematischen Zusammenhangs seien die drei Normen im Folgenden gesondert untersucht.
I. Verantwortlichkeit militärischer Befehlshaber und anderer Vorgesetzter, § 4 VStGB In rechtsdogmatischer Hinsicht handelt es sich bei § 4 VStGB um eine strafschärfende und nicht um eine strafbarkeitsbegründende Norm, die auf einem su419 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 55; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 280 Rn. 603. 420 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 55; Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 616. 421 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 4. 422 Vgl. Vogel, ZStW 2002, 403 (435 f.); hingegen sieht Burghardt, ZIS 2010, 695 (696), in der Regelung des Art. 28 IStGH-Statut keinen Verstoß gegen das Schuldprinzip, da die Regelung keine täterschaftliche strafrechtliche Verantwortung begründe. 423 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 654. 424 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 645.
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pervisionistischen Zurechnungsmodell basiert.425 Ausgangspunkt der Strafbarkeit ist die Garantenstellung des militärischen oder zivilen Vorgesetzten, dem eine Aufsichts- und Kontrollpflicht zukommt.426 Abhängig von der konkreten Fallgestaltung wäre das Verhalten des Vorgesetzten, der eine Straftat des Untergebenen bewusst geschehen lässt, bereits nach § 13 StGB oder nach § 357 StGB strafbar.427 Der Regelungsgehalt der Vorschrift liegt daher zum einen darin, dass auch die bloße Unterstützung der Straftat des Untergebenen durch Nichtstun als Täterschaft des Vorgesetzten qualifiziert wird. Zum anderen wird dem Vorgesetzten die Möglichkeit der Strafmilderung nach § 13 Abs. 2 StGB abgeschnitten. Der Grund für die Gleichstellung des Unterlassens der Tathinderung mit der aktiven Begehung der Tat durch den Vorgesetzten selbst liegt in den besonders weitreichenden Kontrollmöglichkeiten bezüglich des untergeordneten Personals, über welche militärische Befehlshaber und vergleichbare zivile Vorgesetzte in durch Befehl und Gehorsam geprägten Organisationen verfügen.428 1. Begriff des Vorgesetzten Mit den Begriffen des militärischen Befehlshabers und des zivilen Vorgesetzten orientiert sich § 4 VStGB am Wortlaut von § 28 IStGH-Statut, das zwischen „military commanders“ und zivilen „superiors“ differenziert. Vorgesetzter im Sinn von § 4 VStGB ist ein militärischer Befehlshaber, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB, eine Person, die in einer Truppe tatsächliche Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrolle ausübt, § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB, ein ziviler Vorgesetzter, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB, oder eine Person, die in einer zivilen Organisation oder in einem Unternehmen tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle ausübt, § 4 Abs. 2 S. 2 VStGB. a) Militärischer Befehlshaber, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB Der militärische Befehlshaber i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB ist nicht zu verstehen als militärischer „Vorgesetzter“ des deutschen Militärrechts, der in § 1 Abs. 5 SG i.V.m. § 2 Nr. 2 WStG definiert ist.429 Grund hierfür ist, dass der An425 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 12; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 297 Rn. 643. 426 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 647 ff. 427 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 18. 428 Vgl. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 1. 429 Vorgesetzter ist nach § 1 Abs. 3 S. 1 SG, wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen. Wer über diese Befugnis verfügt, ist in der Vorgesetztenverordnung geregelt, vgl. § 1 Abs. 3 S. 2 SG. Ein Befehl ist nach § 2 Nr. 2 WStG eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter nach § 1 Abs. 3 SG einem Untergebenen mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
wendungsbereich von § 4 VStGB eben nicht nur auf die Bundeswehr beschränkt ist.430 In Abgrenzung zu § 4 Abs. 2 VStGB muss die tatsächliche Führungsgewalt und -kontrolle eines militärischen Befehlshabers auch auf einer rechtlichen Grundlage basieren.431 Nach der Rechtsprechung des BGH ist militärischer Befehlshaber, wer „die faktisch ausübbare, gegebenenfalls auch rechtlich fundierte Möglichkeit hat, Untergebenen verbindliche Anweisungen zu erteilen und die Ausführung dieser Anweisungen durchzusetzen“. Innerhalb einer militärischen Befehlskette sei daher jedes Glied als Befehlshaber anzusehen, nicht nur die Vorgesetzten der höchsten Hierarchieebenen. Entscheidend sei, dass „der Vorgesetzte die Möglichkeit hat, das Verhalten seiner Untergebenen faktisch zu bestimmen, insbesondere Straftaten wirksam zu unterbinden.“432 Unerheblich ist, ob der militärische Befehlshaber tatsächlich einen militärischen Rang innehat, oder ob es sich formal um einen Zivilisten handelt. Ebenso unerheblich ist es, ob die Untergebenen mit militärischen oder zivilen Aufgaben betraut sind.433 Wie bereits erläutert, richtet sich die Frage, ob Mitarbeiter privater Militärunternehmen de iure in die staatlichen Streitkräfte integriert sind, und damit eine rechtliche Basis für das Erteilen und Durchsetzen von Befehlen innerhalb der staatlichen Streitkräfte haben, nach innerstaatlichem Recht. Nur in Ausnahmefällen wird eine solche Inkorporation in die Streitkräfte durchgeführt, so dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen in der Regel nicht als militärische Befehlshaber staatlicher Streitkräfte subsumierbar sind.434 Denkbar, aber ebenso selten, dürfte der Fall sein, in dem ein militärischer Befehlshaber staatlicher Streitkräfte de iure in diese Streitkräfte inkorporierte Mitarbeiter privater Militärunternehmen befehligt.435 Darüber hinaus könnten möglicherweise Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens als militärische Einheit qualifiziert werden, über die der entsprechende Vorgesetzte eine durch arbeitsvertragliche Regelungen begründete rechtliche Einwirkungsmöglichkeit hat und als militärischer Befehlshaber dieser Einheit auftritt. Ausschlaggebend ist, dass das Unternehmen bzw. eine Gruppe von Mitarbeitern als militärische bewaffnete Einheit i.S.v. Art. 43 Abs. 1 ZP I klassifiziert wird.436 Wie oben in Kapitel 2 A.II.3. ausgeführt, erfüllen private Militärunternehmen die Anforderungen der Vorschrift in der Regel nicht. Damit ist der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB im Zusammenhang mit Mitarbeitern privater Militärunternehmen äußerst beschränkt. 430
Weigend, MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 12. Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 656; Safferling, JZ 2010, 965 ff. (967); a.A. Burghardt, ZIS 2010, 695 ff. (705). 432 BGH, Beschl. v. 17. 06. 2010, AK 3/10, Rn. 36 = BGHSt 55, 157. 433 Vgl. Safferling, JZ 2010, 965 (967). 434 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 617; Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 201. 435 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 617. 436 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 201. 431
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b) Person, die in einer Truppe tatsächliche Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrolle ausübt, § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB Personen, die in einer Truppe tatsächliche Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrolle ausüben, sind nach § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB militärischen Befehlshabern gleichgestellt. Der einzige Unterschied zum militärischen Befehlshaber nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB liegt darin, dass die Führungsperson nicht kumulativ über rechtliche Befehlsmacht und faktische Durchsetzungsmacht verfügen muss, sondern dass es genügt, wenn der Täter über die ausschließlich faktisch begründete Möglichkeit verfügt, Anweisungen zu erteilen. „Tatsächliche Befehlsgewalt“ ist dann gegeben, wenn die betreffende Person die Möglichkeit hat, ihre Anordnungen aufgrund einer spezifisch militärischen Kommandostruktur, die auch innerhalb einer im rechtlosen Raum agierenden militärischen Einheit existieren kann, durchzusetzen; über „tatsächliche Führungsgewalt“ verfügt der Täter, wenn es ihm gelingt, sich aufgrund persönlicher Autorität als Führungsperson innerhalb der Truppe aufzustellen.437 Zwar werden im umgangssprachlichen Gebrauch unter „Truppe“ auch bewaffnete Gruppen, die nicht militärisch organisiert sind, verstanden, doch ergibt eine historische und systematische Auslegung der Vorschrift und eine Zusammenschau mit Art. 28 lit. a IStGH-Statut, dass der Unterschied zu § 4 Abs.1 S. 1 Alt. 1 VStG allein das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für den Führungsanspruch ist, nicht jedoch die militärische Eigenschaft der Truppe. Zum einen spricht Art. 28 lit. a IStGH-Statut sowohl beim de-iure- als auch beim de-facto-Befehlshaber von Truppen („forces“ in der englischen Fassung), was eine identische Auslegung des Merkmals nahelegt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, wie sich die Gleichstellung mit einem militärischen Befehlshaber rechtfertigen ließe, wäre der Inhaber der faktischen Befehlsoder Führungsgewalt strafrechtlich verantwortlich für die Taten von Mitgliedern einer Gruppe, die nicht strikt militärisch organisiert ist und damit zu einem geringeren Grad der Befehls- oder Führungsgewalt unterworfen ist als im Fall des § 4 Abs.1 Alt 1 VStGB.438 Wiederum ist damit der Anwendungsbereich der Vorschrift auf private Militärunternehmen stark eingeschränkt: Mangels Qualifikation der Unternehmen bzw. von Teilen hiervon als bewaffnete militärische Einheiten ist die Vorschrift in der Regel nicht auf Vorgesetzte einer Gruppe von Angestellten anwendbar. Denkbar sind darüber hinaus solche Fallkonstellationen, bei denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen die faktische Befehls- oder Führungsgewalt gegenüber staatlichen militärischen Einheiten innehaben. So sollen in Abu Ghraib beispielsweise Übersetzer bzw. „Verhörspezialisten“ der Firma CACI US-Militärpersonal angeleitet haben, ohne de iure nach dem anwendbaren Recht weisungsermächtigt gewesen zu
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Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 29. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 28.
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
sein.439 Militärberater verfügen nach der Rechtsprechung des BGH nicht über tatsächliche Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrolle nach § 4 VStGB.440 Wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen gegenüber staatlichen militärischen Befehlsgebern eine beratende Tätigkeit ausüben, so sind sie in der Regel nicht Vorgesetzte i.S.v. § 4 Abs. 1 Alt. 1 VStGB, da sie weder rechtlich befugt sein dürften, verbindliche Anweisungen zu erteilen, noch über die faktische Möglichkeit dazu verfügen. Auch eine Einordnung als faktisch gleichgestellte Person nach § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB wird im Regelfall an faktischer Befehls- oder Führungsgewalt und Kontrollmöglichkeiten scheitern.441 Allerdings kommt es hier stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an; so hält Safferling etwa bei einem nationalen Sicherheitsberater, dessen Empfehlungen von einer staatlichen Stelle konsequent umgesetzt werden, durchaus eine faktische Vorgesetzteneigenschaft i.S.v. § 4 Abs. 2 S. 1 VStGB für möglich.442 c) Zivile Vorgesetzte, § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB Das Konzept der Haftung ziviler Vorgesetzter bildete sich erstmals mit der Rechtsprechung der Besatzungsmächte nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland und Japan heraus, als deutsche Wirtschaftsführer443 und japanische Politiker444 die von ihren Untergebenen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verhinderten. Mit Art. 28 IStGH-Statut wurde erstmals eine differenzierte Regelung geschaffen, die zwischen der Strafbarkeit militärischer und anderer Vorgesetzter unterscheidet. Da es auch mit dem völkergewohnheitsrechtlichen Konzept der 439 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 618; Fay/Jones, Investigation of the Abu Ghraib Detention Facility and 205th Military Intelligence Brigade, S. 52; Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 201. 440 BGH, Beschl. v. 17. 06. 2010, AK 3/10, Rn. 36 = BGHSt 55, 157. 441 Vgl. Safferling u. a., ZIS 2013, 447 (447 f.). 442 Safferling, JZ 2010, 965 (967). In Fällen, in denen der Unterlassende kein Vorgesetzter i.S.v. § 4 VStGB ist, kann subsidiär auf die allgemeinen Zurechnungsnormen des StGB, insbesondere auf die §§ 25 Abs. 1 Alt. 2, 13 StGB, zurückgegriffen werden. Safferling spricht sich diesbezüglich für eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft durch Unterlassen aus, s. Safferling u. a., ZIS 2013, 447 (451 ff.). 443 S. u.a. Nuremberg Military Tribunals, Trials of War Criminals before the Nuremberg Military Tribunals, Vol. XIV, Appendix B, The Government Commissioner of the General Tribunal of the Military Government for the French Zone of Occupation in Germany v. Hermann Roechling and others, S. 1075 ff. Roechling war Geschäftsführer der „Roechlingsche Eisenund Stahlwerke Gesellschaft“. Er wurde u. a. verurteilt, weil er Misshandlungen von Arbeitern und Kriegsgefangenen durch die Gestapo in dem von ihm kontrollierten Unternehmen nicht verhinderte. 444 S. u.a. das Verfahren gegen den ehemaligen Aussen- und Premierminister Japans, Hirota, dem angelastet wurde, Völkerrechtsverbrechen nicht verhindert zu haben, International Military Tribunal for the Far East, Urt. v. 04. 11. 1948, United States and others v. Araki and others, http://werle.rewi.hu-berlin.de/tokio.pdf; hierzu Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 521 ff.
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Haftung ziviler Vorgesetzter nicht vereinbar ist, die Garantenstellung ziviler Vorgesetzter ausufern zu lassen und bereits jeden Arbeitgeber, der die Völkerstraftaten seiner Angestellten nicht verhindert, strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, ist der Begriff des zivilen Vorgesetzten § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 restriktiv auszulegen.445 Dementsprechend muss der zivile Vorgesetzte über eine Stellung verfügen, die derjenigen eines militärischen Befehlshabers vergleichbar ist.446 Dies bedeutet, dass die Führungsgewalt und Kontrolle des Vorgesetzten über seine Untergebenen derjenigen eines Befehlshaber über seine Truppe ähneln muss.447 Entscheidend ist, dass der zivile Vorgesetzte über die Möglichkeit verfügt, Verletzungen humanitären Völkerrechts durch seine Untergebenen zu verhindern oder zu bestrafen.448 Darüber hinaus muss nach einer Ansicht die betreffende Organisation wie die Streitkräfte ein gesteigertes Gefährdungspotential für durch das Völkerstrafrecht geschützte Rechtsgüter aufweisen. Erforderlich ist eine bestimmte Mindestgröße und Zahl der Angestellten sowie ein latentes Aggressionspotential aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung der Organisation.449 Demgegenüber fordert Bülte einschränkend, nicht auf eine von der Organisation generell ausgehende spezifische Gefährdung relevanter Rechtsgüter abzustellen, sondern auf die konkrete Tätigkeit, die vom Untergebenen ausgeübt wird. Diese müsse im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen.450 Beide Ansätze dürften auf die Mehrzahl privater Militärunternehmen und die beschriebenen Tätigkeiten in Krisengebieten zutreffen. Es handelt sich häufig um Unternehmen mit Mitarbeiterzahlen im vier- bis fünfstelligen Bereich. Nicht nur aufgrund der Bewaffnung eines Teils der Angestellten, sondern auch aufgrund der angebotenen Dienstleistungen aus dem militärischen Spektrum ist privaten Militärunternehmen eine zumindest abstrakte Gefahr für völkerstrafrechtlich geschützte
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Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 33, 35. Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1026). 447 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 287 Rn. 617; vgl. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 209 f. Der RStGH hat im Fall Musema den Direktor einer Teefabrik als zivilen Vorgesetzten über seine Angestellten angesehen, da er über die Kompetenz verfüge, diese einzustellen oder zu entlassen und damit rechtlich und finanziell effektive Kontrolle ausüben könne, RStGH, Urt. v. 27. 01. 2000, Prosecutor v. Alfred Musema, ICTR 96 – 13-A, Nr. 880. Allerdings dürfte es zu einer ausufernden Strafbarkeit führen, wenn die bloße Existenz eines Angestelltenverhältnisses genügt, um Vorgesetztenverantwortlichkeit zu begründen, weshalb das Urteil kritisch gesehen wird, s. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 202 f. 448 Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 211; Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 620. 449 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 203; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 36. 450 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 663 ff. 446
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Rechtsgüter inhärent,451 wobei nach beiden beschriebenen Standpunkten eine Einzelfallbetrachtung unabdingbar ist. Vorgesetzte in Unternehmen verfügen allerdings im Normalfall über kein Disziplinarsystem, um Kontrolle über ihre Untergebenen auszuüben. Anders als im Militär gibt es in Wirtschaftsunternehmen kein rigides System von Befehl und Gehorsam. Die Direktionsbefugnis des Arbeitgebers alleine genügt nicht für die Begründung der Vorgesetzteneigenschaft i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB,452 ebensowenig die ausschließlich rechtliche Befugnis, Angestellte zu entlassen oder die Entlassung anzudrohen. Wie bei militärischen Befehlshabern muss zu einer deiure-Autorität die faktische Einflussnahmemöglichkeit hinzukommen.453 Allerdings kann in Unternehmen insbesondere das Kündigungsschutzrecht durch ausgedehnte Probezeitregelungen oder wiederholte Befristung von Verträgen derart umgangen werden, dass für die Arbeitnehmer ein Schwebezustand geschaffen wird, in dem sie einer effektiven Kontrolle durch Vorgesetzte besonders zugänglich sind. Auch im Zusammenhang mit einem Klima des Korps- oder Verbandsgeistes in Unternehmen kann die Kontrolle der Arbeitnehmer begünstigt werden, so dass in Unternehmen eine effektive Kontrolle der Vorgesetzten über ihre Untergebenen nicht pauschal abzulehnen ist.454 In privaten Militärunternehmen sind somit wiederum die Umstände des Einzelfalles zu betrachten, namentlich die arbeitsvertraglichen Regelungen und die spezifische Einsatzsituation. Vorgesetzte, die aufgrund ihrer höheren Stellung im Unternehmen vom Einsatzgeschehen weiter entfernt sind, wie beispielsweise Geschäftsführer, kommen als Vorgesetzte im Sinn der Vorschrift in Frage, auch wenn keine individualisierte Beziehung zwischen ihnen und dem jeweiligen Mitarbeiter besteht.455 Zu ihrer aus der Gesellschaftsverfassung folgenden organschaftlichen Berechtigung, über arbeitsvertragliche Mittel Druck auf Arbeitnehmer auszuüben, beispielsweise durch Abmahnungen, Vertragsstrafen und Entlassungen, muss auch die routinemäßige faktische Umsetzung dieser Entscheidungen auf den untergeordneten Ebenen hinzukommen.456 Dies dürfte in privaten Militärunternehmen in der Regel der Fall sein: Die Übernahme militärischer Dienstleistungen ist ohne eine militärähnliche Organisationsstruktur kaum möglich. Für eine militärähnliche Unternehmenskultur, in der Weisungen konsequent umgesetzt werden, spricht auch die Tatsache, dass sich die Mitarbeiter privater Militärfirmen, die mit militärischen Dienstleistungen in Krisengebieten betraut sind, regelmäßig aus ehemaligen Militärs rekrutieren, die 451
Vgl. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 36. Vgl. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 212. 453 Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1027). 454 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 667 f. 455 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 622 f.; Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1027); Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 204 f. 456 Lehnardt, EJIL 2008, 1015 (1027). 452
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durch militärische Hierarchien geprägt sind.457 Auch die Unterzeichner des Montreux-Dokuments haben explizit die Möglichkeit der Anwendung der Doktrin der Vorgesetztenverantwortlichkeit auf Direktoren und Manager von privaten Militärunternehmen anerkannt.458 Aber auch solchen Mitarbeitern, die anderen gegenüber weisungsbefugt sind, denen aber aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen nicht die Berechtigung zukommt, Personalentscheidungen zu treffen, kommen – kumulativ zu höheren Vorgesetzten – als zivile Vorgesetzte in Betracht. Als Mittel, ihre Weisungen durchzusetzen, können ihnen andere Instrumente zur Verfügung stehen, beispielsweise die Drohung, das Fehlverhalten des Untergebenen an die lokalen Behörden oder die zuständigen Stellen im Unternehmen zu melden, oder die Möglichkeit, den betreffenden Mitarbeiter aus dem Einsatzgebiet abzuziehen.459 Im Unterschied zu militärischen Befehlshabern, die über Soldaten im Einsatz permanent Kontrolle ausüben, kann es zivilen Vorgesetzten jedoch nicht angelastet werden, Straftaten ihrer Untergebenen nicht zu verhindern, die diese außerhalb ihrer beruflichen Aktivitäten begehen.460 d) Tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle in einer zivilen Organisation oder einem Unternehmen, § 4 Abs. 2 S. 2 VStGB Spiegelbildlich zum faktischen Befehlshaber in einer Truppe soll § 4 Abs. 2 S. 2 VStGB den Anwendungsbereich der Vorgesetztenverantwortlichkeit auf solche Personen erweitern, die nicht formell als Vorgesetzte in einem Unternehmen fungieren, jedoch in faktischer Hinsicht die Funktion eines Vorgesetzten wahrnehmen. Denkbar wäre etwa der Fall eines faktischen Geschäftsführers, der wie ein faktischer Befehlshaber in einer Organisation wirksam Leitungs- und Kontrollaufgaben wahrnimmt. Der Anwendungsbereich dürfte jedoch begrenzt sein, da § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB den Großteil der Fälle erfasst. 2. Tathandlung Aufgrund der Akzessorietät der Vorgesetztenverantwortlichkeit muss der Untergebene die objektiven und subjektiven Voraussetzungen eines völkerstrafrechtlichen Tatbestands vollständig erfüllt haben. Die Tat muss zudem rechtswidrig, jedoch nicht schuldhaft begangen worden sein. § 4 VStGB ist als unechtes Unter457 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 204. 458 ICRC, The Montreux Document on pertinent international legal obligations and good practices for States related to operations of private military and security companies during armed conflict, F.27.b); s. hierzu Quirico, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 423 (436). 459 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 623. 460 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 623.
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lassungsdelikt ausgestaltet, d. h. wenn der Untergebene die Tat weder begeht noch versucht, ist auch der Vorgesetzte nicht stafbar. Der Vorgesetzte muss die Möglichkeit haben, die Tat zu verhindern, und er muss das in der konkreten Situation Angemessene und Erforderliche tun, um den Untergebenen von der Tat abzubringen.461 Die Verhinderungspflicht des Vorgesetzten wird durch strafrechtliche Verbote begrenzt, wobei auch Rechtfertigungsgründe auszunutzen sind, soweit dies verhältnismäßig ist. Eine Pflicht zur Durchführung einer grundsätzlich zulässigen, aber unverhältnismäßigen Notwehrhandlung besteht nicht. Desweiteren begrenzen die notwendigen Grundlagen der deutschen Verfassung, insbesondere die Menschenwürde, die Verhinderungspflicht.462 3. Hypothetische Vermeidungskausalität Zwischen dem Unterlassen des Vorgesetzten und der Tat des Untergebenen muss eine hypothetische Kausalität dergestalt bestehen, dass es dem Vorgesetzten durch den gebotenen und zumutbaren Einsatz seiner Befehls- und Führungsgewalt tatsächlich möglich gewesen sein muss, die Tat zu verhindern.463 In dieser Hinsicht gibt das VStGB einen engeren Rahmen vor als § 28 IStGH-Statut, wonach die Untergebenen-Straftat lediglich die „Folge“ der mangelnden Kontrolle durch den Vorgesetzten sein muss. Die Vorverfahrenskammer des IStGH interpretiert die Vorschrift dahingehend, dass die mangelnde Kontrolle des Vorgesetzten das Risiko der Tatbegehung erhöht haben muss.464 4. Subjektiver Tatbestand In subjektiver Hinsicht muss der Vorgesetzte gem. §§ 2 VStGB, 15 StGB Vorsatz bezüglich aller Tatbestandsmerkmale aufweisen. Der BGH stellt an die Konkretisierung des Vorsatzes bezüglich der Untergebenen-Straftat keine allzu hohen Anforderungen. Der Vorsatz des Vorgesetzten müsse „die Art der zu begehenden Straftat“ umfassen, ohne dass der Vorgesetzte dabei wie bei der Anstiftung eine „in den wesentlichen Merkmalen und Grundzügen konkretisierte Haupttat vor Augen haben muss“.465 Eine genaue Kenntnis des spezifischen Ortes, der Zeit und der konkreten Opfer der Tat wird nicht vorausgesetzt. Es genügt, wenn der Vorgesetzte Kenntnis der Verwirklichung des tatbestandlich vertypten Unrechts und der typisierbaren Tatumstände hatte. Von dolus eventualis ist dann auszugehen, wenn der Vorgesetzte zum Zeitpunkt des Unterlassens Kenntnis von der konreten Möglichkeit 461
Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 4 VStGB Rn. 47 ff. S. hierzu Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 673 ff., 698. 463 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 296 Rn. 642. 464 IStGH, Entsch. v. 15. 06. 2009, Prosecutor v. Bemba Gombo, ICC-01/05 – 01/08 – 424, Nr. 425 f.; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 57. 465 BGH, Beschl. v. 17. 06. 2010, AK 3/10, Rn. 41 f. = BGHSt 55, 157. 462
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der Begehung des Völkerrechtsverbrechens hatte und sich damit abfand. Der Vorgesetzte muss risikorelevante Faktoren, die die Möglichkeit des Verbrechens konkretisieren, gekannt haben. Dazu zählt beispielsweise, ob der Untergebene bereits in der Vergangenheit gegen humanitär-völkerrechtliche Regeln verstoßen hat.466
II. Verletzung der Aufsichtspflicht, § 14 VStGB Vorgesetzte in privaten Militärunternehmen könnten sich darüber hinaus auch nach § 14 VStGB wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht strafbar machen. Danach werden Vorgesetzte bestraft, die es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen ihnen unterstehende Untergebene gehörig zu beaufsichtigen, wenn diese eine Tat nach dem VStGB begehen, deren Bevorstehen dem Vorgesetzten erkennbar war und die er hätte verhindern können. Die Vorschrift erfasst damit Fälle fahrlässiger Nichtvermeidung von Straftaten Untergebener, die in Art. 28 IStGH-Statut mit Vorsatzfällen gleich gewichtet werden. Die in § 14 Abs. 4 VStGB verringerte Strafandrohung bei Fällen fahrlässiger Aufsichtspflichtverletzung ist eine Ausprägung des Schuldprinzips.467Anders als in Art. 28 IStGH-Statut ist der Täter bei § 13 VStGB alleine für eigenes Verschulden verantwortlich, jedoch nicht für die Untergebenen-Straftat.468 1. Täter § 14 VStGB differenziert wie § 4 VStGB zwischen militärischen Befehlshabern und zivilen Vorgesetzten. Nach § 14 Abs. 3 VStGB werden de-facto-Befehlshaber bzw. -Vorgesetzte den de-iure-Befehlshabern bzw. -Vorgesetzten gleichgestellt. Die von § 4 Abs. 2 VStGB abweichende Formulierung, wonach der Untergebene der Befehlsgewalt oder der tatsächlichen Kontrolle des Befehlshabers unterstehen muss – in § 4 VStGB handelt es sich dabei um kumulative Kriterien – ist als Versehen des Gesetzgebers zu werten.469 Damit kann bezüglich der Qualifizierung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen als Vorgesetzte auf die Ausführungen zu § 4 VStGB verwiesen werden.470 Die größte Relevanz für private Militärunternehmen weisen demnach zivile Vorgesetzte nach § 14 Abs. 2 VStGB auf. 466
Burghardt, ZIS 2010, 695 (709 f.). Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/8524, S. 36. 468 Vgl. Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 708; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 2; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. S. 297 Rn. 644. 469 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 8. 470 S. o. E.I. 467
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2. Tathandlung Der Täter verletzt seine Aufsichtspflicht, wenn er es unterlässt, seine Untergebenen „gehörig“ bezüglich der Verhinderung von Völkerstraftaten zu beaufsichtigen. Dabei ist die Aufsichtspflicht des Vorgesetzten insofern weit zu verstehen, als nicht nur die Kontrolle konkreter Aktivitäten erfasst ist, sondern auch Pflichten betroffen sind, die im Vorfeld der konkreten Tätigkeit bestehen.471 Demnach beinhaltet die Aufsichtspflicht auch Maßnahmen, die der Prävention von völkerstrafrechtlichen Taten dienen, wie die Auswahl geeigneten Personals, die Schulung des Personals über völkerrechtskonformes Verhalten und gegebenenfalls Verhaltenstraining in Krisensituationen, sowie die Schaffung von Strukturen, die die Information des Vorgesetzten über das Verhalten der Untergebenen erlauben.472 Für Mitarbeiter mit Personalverantwortung in privaten Militärunternehmen ist dieser Aspekt des § 14 VStGB von besonderer Bedeutung. Nicht durchgeführte Schulungsmaßnahmen über humanitär-völkerrechtliche Inhalte können also zu einer Strafbarkeit derjenigen Personen führen, die im Rahmen der Unternehmensstruktur über die Möglichkeiten verfügen, diese Präventionsmaßnahmen zu veranlassen, und dies nicht tun. Ein Versagen bei der Aufsichtspflicht ist dem Vorgesetzten zwar nur dann anzulasten, wenn Schulungsmaßnahmen zur Verhütung drohender Völkerstraftaten nicht durchgeführt wurden, obwohl solche Taten in näherer Zukunft objektiv zu befürchten waren.473 Dies dürfte jedoch zumindest auf unerfahrene Mitarbeiter zutreffen, die im Dienst bewaffnet sind und deren Einsätze in Krisengebieten bevorstehen. 3. Untergebenen-Straftat Der Vorgesetzte macht sich dann wegen einer Aufsichtspflichtverletzung strafbar, wenn der Untergebene eine vorsätzliche, rechtswidrige Tat nach dem VStGB begeht. 4. Zusammenhang zwischen Aufsichtspflichtverletzung und Untergebenen-Tat Der Vorgesetzte muss gerade durch die „gehörige“ Ausübung seiner Aufsichtspflicht die Untergebenen-Tat verhindern können. Es muss also ein hypothetischer Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der Untergebenen-Tat
471
Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 712. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 218. 473 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 16. 472
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vorhanden sein.474 Werden, wie oben beschrieben, Schulungen zur Vermeidung von Völkerstraftaten nicht durchgeführt, so muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass eben durch diese Schulungen die Tat des Untergebenen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Bei Zweifeln diesbezüglich gilt der Grundsatz in dubio pro reo. 5. Subjektiver Tatbestand Bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzung muss sich der Vorsatz des Vorgesetzten auf sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes beziehen, d. h. der Vorgesetzte muss insbesondere um seine Vorgesetzteneigenschaft sowie seine Aufsichtspflicht gegenüber dem Untergebenen gewusst haben.475 Außerdem muss er vorsätzlich seine Aufsichtspflicht nicht gehörig erfüllt und um das Bevorstehen einer in Umrissen erkennbaren Tat nach dem VStGB gewusst und sich zumindest damit abgefunden haben. Auch bei einer fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung muss der Täter um seine Täterqualität und generelle Aufsichtspflicht wissen.476 Was die Verletzung der Aufsichtspflicht und das Bevorstehen einer in Umrissen erkennbaren Tat nach dem VStGB angeht, so ist ausschlaggebend, ob der Vorgesetzte bei hinreichender Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass er seine Aufsichtspflicht nicht gehörig erfüllt, und dass der Untergebene eine in ihren Umrissen erkennbare Tat begehen wird.477 Der Fahrlässigkeitsmaßstab ist bei zivilen Vorgesetzten nach § 14 Abs. 2 VStGB insofern weniger streng als bei militärischen Befehlshabern, als die bevorstehende Untergebenen-Tat „ohne weiteres“ erkennbar gewesen sein muss. Demnach machen sich zivile Vorgesetzte nur dann strafbar, wenn sie die bevorstehende Gefahr grob fahrlässig übersehen haben.478 Damit entspricht § 14 Abs. 2 VStGB Art. 28 lit. b (i) IStGH-Statut, welcher für den zivilen Vorgesetzten das „bewusste“ Außerachtlassen („counsciously disregarded“) von Informationen, die darauf hinweisen, dass Untergebene Völkerstraftaten begehen oder die Begehung bevorsteht, verlangt.479
474 Vgl. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 215; Triffterer/Arnold, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, S. Art. 28 Rn. 128. 475 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 716; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 24. 476 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 24, 28; a.A. Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 716 f., der eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tat auch bei einem Vorgesetzten bejaht, der fahrlässig nicht weiß, dass eine Person zu seinen Untergebenen gehört. 477 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 24, 28. 478 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 13 VStGB Rn. 31. 479 Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 227; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 297 Rn. 644.
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III. Unterlassen der Meldung einer Straftat, § 15 VStGB Der deutsche Gesetzgeber erachtete die Vorgabe von Art. 28 lit. a (ii) IStGHStatut, wonach das Unterlassen der Anzeige einer vom Untergebenen begangenen Völkerstraftat mit der täterschaftlichen Begehung der Tat gleichgestellt wird, als für dogmatisch nicht mit deutschem Recht vereinbar.480 Es handelt sich daher bei § 15 VStGB um einen selbständigen Vergehenstatbestand in Form eines echten Unterlassungsdeliktes, der die Verletzung der völkerrechtlich begründeten Meldepflicht unter Strafe stellt.481 Strafbar macht sich nach § 15 Abs. 1 VStGB ein Vorgesetzter, der es unterlässt, eine Völkerstraftat, die ein Untergebener begangen hat, unverzüglich der für die Untersuchung oder Verfolgung solcher Taten zuständigen Stelle zur Kenntnis zu bringen. 1. Täter Erfasst sind wiederum militärische Befehlshaber und zivile Vorgesetzte de iure sowie de facto, s. § 15 Abs. 2 VStGB. Aufgrund der Zielrichtung der Vorschrift, die nachträgliches Fehlverhalten sanktioniert, ist die Vorgesetztenstellung jedoch anders zu verstehen als in §§ 4 und 14 VStGB. Ausschlaggebend im Rahmen von § 15 VStGB ist daher nicht, ob der Vorgesetzte eine Handlungskontrolle über den Untergebenen ausübt, sondern allein, ob der Vorgesetzte – als für die Disziplinierung Verantwortlicher – befugt und verpflichtet ist, die notwendigen Informationen an die zuständige Stelle weiterzugeben und dadurch die Tat untersuchen und verfolgen zu lassen.482 Für eine Strafbarkeit genügt es, wenn die Vorgesetztenstellung und damit auch die Meldepflicht erst nach der Tatbegehung besteht.483 Vorgesetzte in privaten Militärunternehmen, die von Völkerstraftaten von Untergebenen erfahren, die diese bereits begangen haben, bevor sie dem betreffenden Vorgesetzten unterstellt waren, können sich daher nach § 15 VStGB strafbar machen, wenn sie ihrer Meldepflicht nicht genügen.484 Umgekehrt macht sich ein ehemaliger Vorgesetzter, der nachträglich von einer Völkerstraftat seiner Untergebenen erfährt und die Meldung unterlässt, nicht strafbar.485
480 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 36. 481 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 297 Rn. 645. 482 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 729; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 14 VStGB Rn. 6. 483 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 14 VStGB Rn. 7. 484 Vgl. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 211. 485 Bülte, Vorgesetztenverantwortlichkeit im Strafrecht, S. 729.
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2. Tathandlung Die Tathandlung besteht in einem Unterlassen des Vorgesetzten, die Untergebenen-Tat der zuständigen Stelle zu melden. Meldepflichtig sind vorsätzlich und rechtswidrig begangene Straftaten nach dem VStGB. Zuständige Stellen sind solche, die mit Ermittlungen bei Völkerstraftaten befasst sind, nach § 120 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 142a Abs. 1 GVG wäre dies in Deutschland der Generalbundesanwalt. Jedoch wird es im Umfeld bewaffneter Konflikte, das sich häufig durch grundsätzliche Abwesenheit von Strafverfolgung auszeichnet,486 jedenfalls für ausländische Staatsangehörige im Ausland nicht immer naheliegen, eine zuständige Stelle, die sich mit der Verfolgung von Völkerstraftaten befasst, zu identifizieren. Auch wenn mögliche Zuständigkeitsprobleme letztlich von den Strafverfolgungsbehörden zu klären sind, so erscheint es verfehlt, vom Vorgesetzten die Meldung an Strafverfolgungsbehörden eines Landes zu verlangen, in dem beispielsweise unmenschliche Strafen verhängt werden oder prekäre Haftbedingungen herrschen. Allerdings ist nicht immer die Meldung an Behörden erforderlich. So wird vom betreffenden Vorgesetzten nicht verlangt, sich über den internen Dienstweg hinwegzusetzen. Gegebenenfalls genügt er der Meldepflicht auch durch Mitteilung an den Vorgesetzten auf dem vorgeschriebenen Dienstweg.487 Aufgrund der in Relation zur großen Zahl der in bewaffneten Konflikten tätigen Mitarbeiter geringen Anzahl an Verfahren gegen Mitarbeiter privater Militärunternehmen, liegt die Vermutung nahe, dass die Verletzung der Meldepflicht nach § 15 VStGB in privaten Militärunternehmen kein Einzelfall ist.488 3. Subjektiver Tatbestand Der Vorgesetzte muss zumindest mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes handeln. Besteht ein ernsthafter Verdacht, ist der Vorgesetzte daher verpflichtet, Meldung zu erstatten. Von einem ernsthaften Verdacht ist dann auszugehen, wenn der Vorgesetzte von Tatsachen Kenntnis hat, die mindestens einen Anfangsverdacht für die Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung begründen. Der Vorgesetzte muss erkennen, dass die Untergebenen-Tat eine Völkerstraftat darstellt. Die rechtliche Einordnung der Tat gem. § 15 Abs. 1 VStGB („Tat nach diesem Gesetz“) als Völkerstraftat ist ein objektives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der Vorsatz des Vorgesetzten beziehen muss.489 Ein Irrtum über eine solche 486
Knoops, Int’l Crim L Rev 2007, 505 (525). Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 36. 488 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 212. 489 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 14 VStGB Rn. 18. 487
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Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
normative Komponente des Tatbestandes wird von der herrschenden Meinung als vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB angesehen.490 Irrt der Vorgesetzte über die rechtliche Qualifizierung der Untergebenen-Tat als Völkerstraftat, etwa indem er das Verhalten des Untergebenen fälschlicherweise als „gewöhnliche“ Tat nach dem StGB und nicht als Völkerstraftat einordnet, so handelt er demnach nach Weigend nicht vorsätzlich.491 Hier treten allerdings Abgrenzungsschwierigkeiten zum Verbotsirrtum in Form des Subsumtionsirrtums gem. § 17 StGB zutage. Ein Tatbestandsirrtum im Hinblick auf die rechtliche Einordnung der Tat als Völkerstraftat lässt sich nur dann bejahen, wenn der Täter den rechtlichen Bedeutungsgehalt seiner Tat trotz Kenntnis aller Tatsachen des Sachverhalts nicht erfasst hat. Im Rahmen einer missglückten Parallelwertung in der Laiensphäre muss der Vorgesetzte den „spezifisch-strafrechtlich sozialen Sinn“ seines Verhaltens verkannt haben, so dass ihn der Appell der Norm ebensowenig erreicht wie jemanden, der einen tatsächlichen Umstand der Tat nicht kennt.492 Ein solcher Fall dürfte im Rahmen von § 15 VStGB aufgrund der besonderen Schwere von Völkerstrataten jedoch äußerst selten sein. Auch bleibt für eine Parallelwertung in der Laienspähre bei § 15 VStGB wenig Raum, denn sobald sich ein Täter über die rechtliche Einordnung einer Tat nach dem VStGB oder dem StGB Gedanken macht, verlässt er die Laiensphäre und bewegt sich auf einer „juristischen Expertenebene“, auf der ihn grundsätzlich der Appell des § 15 VStGB, Völkerstraftaten zu melden, erreicht hat.493 Er geht nur fälschlicherweise davon aus, im konkreten Fall nicht zur Meldung verpflichtet zu sein. Ein solcher Irrtum bezieht sich mithin primär auf das Gebotensein der Meldung bzw. das Verbotensein ihrer Unterlassung. Ein solcher (Rechts-)Irrtum über die Meldepflicht aber ist als ein Fall des vermeidbaren oder unvermeidbaren Gebotsirrtums nach § 17 StGB494 in Form des Subsumtionsirrtums einzuordnen, bei dem der Täter trotz Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale davon ausgeht, sein Verhalten sei nicht verboten, und damit in seiner Vorstellung den Normbereich einengt.495
IV. Zwischenergebnis Die Anwendung von § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB als zivile Vorgesetzte de iure dürfte bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen der wahrscheinlichste Anwendungsfall einer Strafschärfung nach § 4 VStGB sein. Im Rahmen der Strafbarkeit 490
Kudlich, in: von Heintschel-Heinegg, BeckOK/StGB, § 16 Rn. 15 m.w.N. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 14 VStGB Rn. 18. 492 Hinderer, JA 2009, 864 (866 ff.). 493 Vgl. Hinderer, JA 2009, 864 (867 f.). 494 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 14 VStGB Rn. 19; vgl. Kudlich, in: von Heintschel-Heinegg, BeckOK/StGB, § 16 Rn. 13. 495 Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 17 Rn. 44; vgl. Momsen, in: Satzger u. a., Strafgesetzbuch, § 17 Rn. 39. 491
F. Ergebnis
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nach § 14 VStGB wegen einer Aufsichtspflichtverletzung sind die Aspekte der Schulung von Mitarbeitern und der innerbetrieblichen Informationsstrukturen bei privaten Militärunternehmen besonders bedeutend. Auch dem Aspekt der Verletzung der Meldepflicht nach § 15 Abs. 1 VStGB kommt bei privaten Militärunternehmen sicherlich Praxisrelevanz zu.
F. Ergebnis Hinsichtlich der Begründung individueller Verantwortlichkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem VStGB kann Folgendes festgehalten werden: Die Anwendbarkeit des VStGB ratione materiae kann im Zusammenhang mit Aktivitäten privater Militärunternehmen vor allem wegen Kriegsverbrechen nach §§ 8 ff. StGB begründet sein. Hier ist besonderes Augenmerk auf das Erfordernis des funktionalen Zusammenhangs zwischen der Tat und einem bewaffneten Konflikt zu legen. Längst nicht jeder Einsatz von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in Krisengebieten weist diesen Zusammenhang auf. Die Prüfung der Einzeltatbestände macht deutlich, dass dem Organisationsbegriff bei der Begründung individueller Verantwortlichkeit von Mitarbeitern von Wirtschaftsunternehmen große Bedeutung zukommt. Dies gilt zum einen für den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Hier stellt sich die Frage, ob ein privates Wirtschaftsunternehmen eine Organisation i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGHStatut sein kann, zur Unterstützung deren Politik der Angriff begangen wird.496 Private Militärunternehmen können nach hier vertretener Ansicht trotz mangelnder territorialer Kontrolle die Merkmale einer Organisation im Sinne der Vorschrift erfüllen. Zum anderen kommt dem Organisationsbegriff Bedeutung bei der Frage zu, ob in privaten Militärunternehmen eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsmacht möglich ist. Hier handelt es sich nicht um einen humanitär-völkerrechtlichen Organisationsbegriff, sondern es geht um die Vergleichbarkeit mit einem staatlichen Machtapparat, in dem der „Schreibtischtäter“ auf eine Organisationsstruktur zurückgreifen kann, in der die Mitarbeiter wie „Rädchen im Getriebe“ seine Anordnungen ausführen. Mangels Fungibilität und Rechtsgelöstheit privater Militärunternehmen ist eine Übertragung der Roxinschen Doktrin auf diese abzulehnen. Im Rahmen der Strafbarkeit als Teilnehmer entfaltet die Problematik der unteren Grenze der Beihilfe im Rahmen von Wirtschaftsbeziehungen eine besondere Relevanz. Eine notwendige Einschränkung der Beihilfestrafbarkeit kann durch das Kriterium der qualifizierten Risikoerhöhung erreicht werden. Die Unterstützungshandlung muss demnach ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen haben, das sich im Taterfolg auch realisiert. 496 Über die Tatbestandsvariante des ausgedehnten Angriffs in § 7 Abs. 1 VStGB findet das Politikelement aus Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut auch Anwendung im VStGB, s. o. B.II.3.d).
212
Kap. III: Begründung individueller Verantwortlichkeit
Relevant ist ferner der Aspekt der Vorgesetztenverantwortlichkeit in privaten Militärunternehmen. Insbesondere kann für zivile Vorgesetzte in den Unternehmen die strafschärfende Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VStGB greifen, sowie eine Unterlassensstrafbarkeit nach §§ 14 und 15 VStGB einschlägig sein.
Kapitel IV
Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB Nachdem relevante strafbarkeitsbegründende Normen des VStGB untersucht wurden, beschäftigt sich das folgende Kapitel damit, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter privater Militärunternehmen von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB freizustellen sind. Fraglich ist, welche Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe in Betracht kommen, sowie welche Hindernisse einer Strafverfolgung entgegenstehen könnten.
A. Systematik Das deutsche Strafrecht differenziert zwischen Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld, während im Internationalen Strafrecht eine zweigliedrige Prüfung durchgeführt wird, die zwischen „offences“ und „defences“ unterscheidet. Letztere umfassen sämtliche materielle und prozessuale Gründe, die eine Strafbarkeit ausschließen.1 In Art. 31 IStGH-Statut, der für die Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit zentralen Norm, wurde bewusst auf die Verwendung des Begriffs „defences“ verzichtet, um „die Auslegung nicht rechtsfamiliär zu präjudizieren“.2 So trägt die Vorschrift die Überschrift „Grounds for excluding criminal responsibility“. Dennoch orientiert sich der Wortlaut des Art. 31 IStGH-Statut, der eben nicht zwischen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen differenziert, offensichtlich am Konzept der „defences“.3 In der deutschen Strafrechtswissenschaft wird für
1 Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 302; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 77. 2 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 77. 3 Eser, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 31 Rn. 1 f. Nicht von Art. 31 IStGH-Statut erfasst sind solche Straffreistellungsgründe, die im IStGH-Statut bereits an anderer Stelle formuliert wurden, wie beispielsweise der Tat- oder Rechtsirrtum nach Art. 32 oder Anordnungen Vorgesetzter nach Art. 33 IStGH-Statut. Darüber hinaus existieren im Völkerstrafrecht weitere – teils sehr kontrovers diskutierte – Straffreistellungsgründe, die weder in Art. 31 noch an anderer Stelle Eingang in das Römische Statut gefunden haben, wie beispielsweise die Einwilligung des Opfers, die Pflichtenkollision, der Grundsatz der militärischen Notwendigkeit oder der tu-quoque-Grundsatz, s. Eser, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, S. Art. 31 Rn. 15.
214
Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
„defences“ der Begriff der „Straffreistellungsgründe“ bevorzugt herangezogen.4 Der deutsche Terminus der „Strafausschließungsgründe“ geht fehl, da persönliche Strafausschließungsgründe im deutschen Strafrecht solche Umstände beschreiben, die trotz Vorliegens einer rechtswidrigen und schuldhaften Tat, zur Straflosigkeit des Täters führen.5 Das VStGB enthält in § 2 den Verweis auf die Vorschriften des allgemeinen Strafrechts und umfasst damit sämtliche Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- und Strafausschließungsgründe, die im deutschen Strafrecht anwendbar sind. Eine spezielle Regelung wie Art. 31 IStGH-Statut in das VStGB zu integrieren, hielt der deutsche Gesetzgeber für entbehrlich: Bezüglich der Notwehr genüge § 32 StGB den Erfordernissen von Art. 31 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut, zumal bei der Auslegung von § 32 StGB gegebenenfalls die entsprechenden Vorschriften des IStGH-Statuts heranzuziehen seien.6 Auch im Bereich der Schuldfähigkeit sah der deutsche Gesetzgeber keinen Anlass für eine spezielle Regelung im VStGB. Art. 31 Abs. 1 lit. a IStGH-Statut entspreche bezüglich des Ausschlusses der Verantwortlichkeit bei Geisteskrankheit § 20 StGB. Die in Art. 31 Abs. 1 IStGH-Statut geregelten Fälle der „duress“ seien durch den entschuldigenden Notstand nach § 35 StGB abgedeckt. Was die Irrtumsregelungen anbelangt, so erachtete der deutsche Gesetzgeber die Regelung des Art. 32 Abs. 2 IStGH-Statut, wonach im Falle des Rechtsirrtums, anders als bei § 17 StGB, selbst unvermeidbare Verbotsirrtümer nicht zu einem Ausschluss der Strafbarkeit führen, zwar im Hinblick auf den Schuldgrundsatz als verfassungsrechtlich bedenklich. Allerdings sei eine Berufung auf § 17 StGB im Bereich von Völkerstraftaten im Hinblick auf die hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums stellt, ohnehin kaum denkbar.7 Lediglich im Hinblick auf das in Art. 33 IStGH-Statut geregelte Handeln auf Anordnungen Vorgesetzter hin, das unter Umständen die Strafbarkeit ausschließen kann, sah der deutsche Gesetzgeber Handlungsbedarf für eine gesonderte Regelung in § 3 VStGB.8 Über die Vorschriften des allgemeinen deutschen Strafrechts hinaus finden im Bereich des VStGB weitere Straffreistellungsgründe Anwendung.9 So können völkergewohnheitsrechtliche Regeln, die einen Täter von der strafrechtlichen Verantwortung freistellen, herangezogen werden. Völkerrechtliche Regeln gelten nach dem vom Bundesverfassungsgericht10 vertretenen gemäßigten Dualismus im deutschen 4
Safferling, Internationales Strafrecht, § 5 Rn. 11. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 779. 6 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 18. 7 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 16. 8 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 18. 9 Vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91a. 10 BVerfGE 111, 307 (318); hierzu Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 2 Rn. 60 ff. 5
B. Rechtfertigungsgründe
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Recht nicht unmittelbar, sondern benötigen ein Einfallstor. Ein solcher „Rechtsanwendungsbefehl“ findet sich in der „Generalinkorporationsnorm“ des Art. 25 GG, wonach die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind (Art. 25 S. 1 GG) und unmittelbar gelten (Art. 25 S. 2 GG).11 Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts zählen nach Art. 38 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut die allgemeinen Rechtsgrundsätze und das Völkergewohnheitsrecht. Ein weiteres Einfallstor ergibt sich aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, wonach völkerrechtliche Verträge durch ein Bundesgesetz in innerstaatliches Recht umgesetzt werden müssen.12 Und schließlich stellt Art. 24 Abs. 2 GG in Ergänzung zu Art. 59 GG klar, dass in Fällen, in denen sich die Bundesrepublik nach Art. 24 Abs. 2 GG in Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit eingeordnet und hierfür in die Beschränkung ihrer Hoheitsrechte eingewilligt hat, kein Gesetz erforderlich ist, so dass die Maßnahmen der Systeme innerstaatliche Geltung erlangen können.13
B. Rechtfertigungsgründe Fraglich ist, welche Rechtfertigungsgründe bei Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen typischerweise einschlägig sein können.
I. Völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen Im internationalen bewaffneten Konflikt sind Kombattanten nach Art. 43 Abs. 2, 48 HS. 2, 51 Abs. 2, 4, 52 Abs. 2 S. 1 ZP I berechtigt, an Feindseligkeiten teilzunehmen. Daraus und aus der Vorgabe des Art. 48 HS. 2 ZP I, Angriffe nicht gegen die Zivilbevölkerung zu richten, wird implizit das Recht, die gegnerischen Kräfte anzugreifen und auch zu töten, gefolgert.14 Auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt gilt nach Art. 13 Abs. 2 ZP II sowie nach Völkergewohnheitsrecht die Regel, dass unterschiedslose Angriffe verboten sind.15 Dies lässt darauf schließen, dass es auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt legitime militärische
11 von Arnauld, Völkerrecht, § 7 Rn. 518; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 25 Rn. 4. 12 von Arnauld, Völkerrecht, § 7 Rn. 508; Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. XII, § 264 Rn. 77; Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 4 Rn. 824 ff. 13 Vgl. Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 3 Rn. 522 f. 14 Ipsen, in: Fleck/Bothe, The handbook of international humanitarian law, S. 79 (80 Rn. 302); de Preux, in: Sandoz u. a., Commentary on the additional protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Art. 43 Rn. 1677; Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (210). 15 Henckaerts/Doswald-Beck, Customary International Humanitarian Law, Vol. I, Rule 1 S. 5.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
Ziele gibt, für deren Angriff Kämpfer nicht bestraft werden dürfen.16 Die Vorgaben des humanitären Völkerrechtes werden über das entsprechende Umsetzungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG und über Art. 25 GG unmittelbar in das deutsche Recht überführt.17 Bei völkerrechtskonformen Schädigungshandlungen ist im deutschen Strafrecht grundsätzlich von einer Rechtfertigung auszugehen.18 Es bedarf dann bei Tatbeständen des Strafgesetzbuches keines Rückgriffs auf die Notrechte oder eine andere strafgesetzliche Regelung.19 Was allerdings die Verwirklichung von Tatbeständen des VStGB angeht, so sind völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen bereits auf Tatbestandsebene zu beachten. So verstößt eine Verletzung der Normen der §§ 6 und 7 VStGB zwangsläufig gegen humanitäres Völkerrecht; in den §§ 8 – 12 VStGB sind Tatbestandsausschlüsse, die im Völkergewohnheitsrecht und in den Genfer Konventionen verankert sind, explizit geregelt,20 beispielsweise bei § 8 Abs. 1 Nr. 1, 3 VStGB. Darüber hinaus sind die Genfer Konventionen sowie das ZP I als Anlage des VStGB auch formal in das VStGB integriert.21 Daher kommen völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen nur bei Tatbeständen nach dem StGB als Rechtfertigungsgrund in Betracht, nicht jedoch im Bereich des VStGB.
II. Gewaltanwendung auf der Grundlage eines Mandats des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die Straftatbestände im Rahmen eines Einsatzes auf der Grundlage eines Mandats der VN verwirklichen, könnten durch die entsprechende Legitimierung zur Gewaltanwendung durch das Mandat gerechtfertigt sein. Da in Deutschland der Anwendung staatlicher Gewalt durch Private enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind,22 kommt diesbezüglich nur eine Fallkonstellation in Betracht, bei der sich ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens, der für einen ausländischen Staat in einem VN-mandatierten Einsatz tätig wird, nach deutschem Strafrecht strafbar macht. 16
Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (213); a.A. Wolff, NZWehrR 1996, 9 (20). Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (209 f.). 18 Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91a, 91b; Schwenck, in: Warda u. a., Festschrift für Richard Lange zum 70. Geburtstag, S. 97 (97). 19 Frister u. a., JZ 2010, 10 (12). 20 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 240; Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (209); a.A. Wagner, NZWehrr 2011, 45 (48), wonach das humanitäre Völkerrecht im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt keine Schädigungsermächtigung enthält. 21 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 241. 22 S.o. Kap. I C. I. 1. 17
B. Rechtfertigungsgründe
217
Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken erachtete mehrere schwere Körperverletzungen durch deutsche ISAF-Soldaten an einer Straßensperre in Afghanistan im Jahr 2008 als aus völkerrechtlicher Perspektive auf der Grundlage des VN-Mandats gerechtfertigt. Als innerstaatlichen Rechtfertigungsgrund für den generellen Befehl zur Gewaltanwendung im Rahmen des Mandats wendete die Staatsanwaltschaft Art. 24 Abs. 2 GG i.V.m. dem Bundestagsbeschluss zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan an. Hinsichtlich der konkreten Gewaltanwendung nahm sie allerdings einen Erlaubnistatbestandsirrtum an.23 Einige Stimmen in der Literatur lehnen die Möglichkeit einer Rechtfertigung aufgrund eines VN-Mandats grundsätzlich ab. Als Argument wird zum einen angeführt, ein solches Mandat, das bezüglich der Anwendung von Gewalt „all necessary measures“ erlaubt, sei nicht bestimmt genug und erzeuge daher keine unmittelbare Wirkung für den Einzelnen.24 Der deutsche Gesetzgeber müsse für eine derartige Wirkung das „Wie“ der Gewaltanwendung erst konkretisieren.25 Zum anderen wird kritisiert, dass eine Rechtfertigung aufgrund eines VN-Mandates auch bei Friedensmissionen unterhalb der Schwelle des bewaffneten Konfliktes letztlich eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des humanitären Völkerrechtes außerhalb bewaffneter Konflikte und damit auch eine Legalisierung von Tötungen bedeuten würde, die nach herkömmlicher Ansicht strafbar sind.26 Die überwiegende Ansicht, die auch von der Praxis geteilt wird, geht allerdings von der Möglichkeit einer Rechtfertigung aufgrund eines VN-Mandats aus.27 Legitimiert werde durch ein VN-Mandat nicht nur das Handeln der Staaten, sondern notwendigerweise auch das Handeln jener Individuen, die für den Staat tätig werden.28 Eine Überführung dieser völkerrechtlichen Rechtfertigung in deutsches Recht sei durch Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 GG mit dem deutschen Zustimmungsgesetz vom 6. Juni 197329 zur Satzung der Vereinten Nationen (SVN) erfolgt, ohne dass es einer spezifischen, auf den einzelnen Einsatz bezogenen Umsetzung bedürfte. Mit dem Beitritt zur SVN habe sich die BR Deutschland in ein 23
StA Zweibrücken, Beschl. v. 23. 01. 2009, 4129 Js 12 550/08 = NZWehrr 2009, 169. Diehl, HuV-I 2010, 4 (12 f.); Oeter, in: Weingärtner, Die Bundeswehr als Armee im Einsatz, S. 61 (64); Schott, in: Weingärtner, Die Bundeswehr als Armee im Einsatz, S. 79 (87); Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (219); Zimmermann, ZRP 2012, 116 (119). 25 Diehl, HuV-I 2010, 4 (12 f.); Ladiges, JuS 2011, 879 (884); Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (219 f.). 26 Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (223 f.). 27 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 248; Dau, in: Erbs u. a., Strafrechtliche Nebengesetze, § 5 WStG Rn. 5b; Frister u. a., JZ 2010, 10 ff.; Hauck, in: Leipold u. a., AnwaltKommentar StGB, Vor § 32 Rn. 26; Lingens u. a., Wehrstrafgesetz, § 3 Rn. 9.; Weingärtner, in: Weingärtner, Die Bundeswehr als Armee im Einsatz, S. 9 (18); ders., NZWehrr 2008, 149 (154); grundsätzlich zustimmend auch Müssig/Meyer, in: Paeffgen u. a., Strafrechtswissenschaft als Analyse und Konstruktion, S. 1501 (1510), die allerdings eine Tatbestandslösung favorisieren. 28 Frister u. a., JZ 2010, S. 10 (13). 29 BGBl. II 1973 S. 430. 24
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
System kollektiver Sicherheit eingeordnet, und damit dem Sicherheitsrat die Befugnis übertragen, zur Wahrung bzw. Wiederherstellung des Weltfriedens als ultima ratio die Anwendung militärischer Gewalt zu erlauben. Das vom Bundesverfassungsgericht postulierte Erfordernis eines Parlamentsbeschlusses für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte betreffe nur die Frage, ob sich Deutschland an einer vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahme beteiligen soll, jedoch nicht die Frage, ob diese Maßnahme gerechtfertigt ist.30 Aus dieser Argumentation folgt, dass sich im deutschen Strafrecht auch eine Rechtfertigung von ausländischen Soldaten, die an VN-mandatierten Einsätzen teilnehmen, an denen Deutschland nicht beteiligt ist, ergeben kann.31 Fraglich ist, ob dies auch für Mitarbeiter privater Militärunternehmen gilt. Würde der Einsatz privater Militärunternehmen im Rahmen eines VN-Mandates gegen Völkerrecht verstoßen, so könnte der Einsatz von Gewalt durch die Mitarbeiter auch nicht aufgrund des VN-Mandates gerechtfertigt sein. Grundsätzlich ist es eine innerstaatliche Angelegenheit, wem ein Staat die Ausübung von Hoheitsbefugnissen und insbesondere die Anwendung von Gewalt in Auslandseinsätzen überträgt. Allerdings ergeben sich einige explizite und implizite Grenzen der Übertragung von Hoheitsgewalt auf Private in bewaffneten Konflikten, insbesondere aus dem humanitären Völkerrecht.32 Was den Einsatz zur unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten angeht, so verbietet das humanitäre Völkerrecht diese nicht kategorisch durch einzelne Zivilpersonen. Jedoch kann der umfassende Einsatz von Zivilpersonen für Tätigkeiten, die die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten nach sich ziehen, gegen die staatliche Verpflichtung, nach Art. 1 aller GA die Einhaltung des humanitären Völkerrechtes durchzusetzen, verstoßen.33 Letztlich erübrigt sich im Rahmen dieser Untersuchung jedoch die Beantwortung der Frage, bei welchen Tätigkeiten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen eine Rechtfertigung aufgrund eines VN-Mandates gegeben sein kann: Grundsätzlich ist, wie bereits ausgeführt, die Rechtfertigung auf der Grundlage eines Mandats der VN vor allem bei der Anwendung militärischer Gewalt im Rahmen von VN-mandatierten Krisenreaktionseinsätzen unterhalb der Schwelle des bewaffneten Konflikts relevant, da völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen im Falle eines bewaffneten Konfliktes bereits entweder keinen Tatbestand erfüllen oder gerecht30
Frister u. a., JZ 2010, 10 (14); zustimmend auch das Sondervotum der SPD-Bundestagsfraktion in BT-Drucks. 17/7400 v. 25. 10. 2011, S. 254. Vgl. zu den Bestimmtheitsanforderungen bei einer Rechtfertigung durch Völkerrecht auch Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte, 3 BJs 6/10 – 4, S. 53 f. 31 Frister u. a., JZ 2010, 10 (14). 32 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 80 ff. So sollen beispielsweise nach Art. 39 Abs. 1 III. GA Kriegsgefangenenlager nur der Befehlsgewalt eines den regulären bewaffneten Kräften des Gewahrsamsstaates angehörenden verantwortlichen Offiziers unterstellt werden. 33 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 106 f.
B. Rechtfertigungsgründe
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fertigt sind.34 Ohne Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt sind jedoch die §§ 8 ff. VStGB ohnehin nicht einschlägig. Und solche Schädigungshandlungen, die nicht konform mit humanitärem Völkerrecht sind, also Tatbestände aus dem VStGB, sind gerade nicht von einem VN-Mandat erfasst und lassen sich daher nicht auf einer solchen Grundlage rechtfertigen.35 Eine darüber hinaus denkbare Rechtfertigung von Straftatbeständen nach dem StGB ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung.
III. Repressalie Weiter kommt als ungeschriebener völkerrechtlicher Rechtfertigungsgrund die Ausführung einer Repressalie in Betracht. Unter einer Repressalie versteht man an sich völkerrechtswidrige Handlungen, die als Antwort auf ein vorangegangenes, ebenfalls völkerrechtswidriges Verhalten eines Völkerrechtssubjektes eingesetzt werden, um dieses dazu zu bewegen, sein Verhalten zu beenden.36 Die Repressalie ist nur als ultima ratio und unter engen Voraussetzungen zulässig.37 Für die §§ 6 und 7 VStGB ist die Repressalie als Rechtfertigungsgrund jedoch von vorneherein auszuschließen, da hier die Angemessenheit der Maßnahme stets zu verneinen ist. Was Kriegsverbrechen angeht, so ist eine Rechtfertigung allein im Bereich der Methodenverbote der §§ 11 und 12 VStGB denkbar, nicht aber bezüglich Handlungen gegenüber geschützten Personen, da diese einen im Völkergewohnheitsrecht begründeten Schutz vor Repressalien genießen.38 Im Bereich der §§ 11 und 12 VStGB ist das ebenfalls völkergewohnheitsrechtliche Verbot unmenschlicher Maßnahmen zu berücksichtigen.39 Letztlich ergibt sich im humanitären Völkerrecht damit eine Tendenz zu einer weitgehenden Unzulässigkeit von Repressalien40 und folglich auch die weitgehende Bedeutungslosigkeit dieses Rechtfertigungsgrundes im Völkerstrafrecht. Der deutsche Gesetzgeber verzichtete aufgrund des schmalen Anwendungsbereiches der Repressalie darauf, diese explizit als Rechtfertigungsgrund in das VStGB aufzunehmen und überließ es der Rechtsprechung, nach dem Entwicklungsstand des humanitären Völkerrechts zu entscheiden.41 Im Ergebnis
34
Frister u. a., JZ 2010, 10 (12 f.). Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 ff. (201). 36 Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91e. 37 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 23; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 329 Rn. 716 f. 38 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 23. 39 Vgl. Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 402. 40 Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91e. 41 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 16. 35
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
kommt der Repressalie als Rechtfertigung für Straftaten nach dem VStGB durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen praktisch keine Relevanz zu.
IV. Tu quoque Eigenes völkerrechtswidriges Verhalten durch die Berufung auf gleichfalls völkerrechtswidriges Verhalten zu rechtfertigen, wird ganz allgemein als Straffreistellungs- bzw. Rechtfertigungsgrund abgelehnt.42 Eine Rechtsgrundlage ist weder im Gewohnheitsrecht noch im Vertragsrecht vorhanden.43 So hat insbesondere der JStGH die Geltung des tu-quoque-Arguments im humanitären Völkerrecht kategorisch verneint, da das humanitäre Völkerrecht Verpflichtungen erga omnes enthalte, die unabhängig vom Verhalten einer anderen Partei einzuhalten seien.44
V. Kriegsnotwendigkeiten Unter „military necessity“ bzw. Kriegsnotwendigkeiten wird die Begehung einer Völkerrechtsverletzung durch einen Staat zur Abwehr einer militärischen Bedrohung verstanden.45 Die militärische Notwendigkeit ist nicht als eigenständiger Rechtfertigungsgrund anerkannt.46 Sie kommt nur im Falle von Zerstörung von Eigentum in Betracht. Nur wenn das geschriebene Recht auf die Kriegsnotwendigkeit verweist, etwa in Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv), lit e (xii) IStGH-Statut, bzw. in § 9 Abs. 1 VStGB, führt sie zu einer Freistellung von der Strafbarkeit. Ihre Grenze findet die Kriegsnotwendigkeit insbesondere bei der Tötung von Zivilisten.47
VI. Rules of Engagement Einsatzregeln bzw. Rules of Engagement (RoE) sind innerstaatliche Handlungsanweisungen für militärische Einheiten und den einzelnen Soldaten, die einsatzbezogene Regeln zur Anwendung militärischer Gewalt in Militäroperationen
42 Eser, in: Schmoller, Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, S. 755 (771 f.); Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91e; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 722. 43 Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 331 Rn. 722. 44 JStGH, Decision on Evidence of the Good Character of the Accused and the Defence of Tu quoque v. 17. 02. 1999, Prosecutor v. Kupresˇkic´ et al., IT-95 – 16. 45 Eser, in: Schmoller, Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, S. 755 (772). 46 Vgl. Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 330 Rn. 718. 47 Eser, in: Schmoller, Festschrift für Otto Triffterer zum 65. Geburtstag, S. 755 (772); Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 330 Rn. 718.
B. Rechtfertigungsgründe
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enthalten.48 Taschenkarten mit den RoE wurden beispielsweise in der Vergangenheit auch an Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die im Auftrag des Pentagons im Irak eingesetzt waren, verteilt. Diese mussten den Empfang quittieren und wurden auch über Änderungen unterrichtet. Die RoE wurden gleichermaßen auf Mitglieder der regulären Streitkräfte als auch auf die privaten Dienstleister angewendet, wobei für letztere zusätzlich eine schwer überschaubare Vielzahl an Dienstanweisungen galt.49 Erst im Jahr 2005 wurde mit DoD Instruction 3020.41 „Contractor Personnel Authorized to Accompany the US Armed Forces“ der rechtliche Status des Dienstleister-Personals in Militäreinsätzen außerhalb der Vereinigten Staaten geklärt und insbesondere festgeschrieben, unter welchen Voraussetzungen diese Waffen tragen dürfen. Auch stellte die Regelung klar, dass die Mitarbeiter privater Militärunternehmen Waffengewalt nur zur Selbstverteidigung anwenden dürfen. DoD Instruction 3020.41 „Contractor Personnel Authorized to Accompany the US Armed Forces“ vom 03. 10. 2005 wurde am 20. 12. 2011 unter dem Titel „Operational Contract Support“ neu verfasst. Auch danach ist eine Bewaffnung von Personal privater Militärunternehmen nur zur Selbstverteidigung vorgesehen.50 Unabhängig vom Inhalt der Einsatzregeln ist jedoch zu beachten, dass diese kein neues Recht schaffen, sondern eine bloße Umsetzung der bestehenden Rechtslage enthalten, insbesondere des betreffenden VN-Sicherheitsmandates und der humanitär-völkerrechtlichen Regeln.51 Als bloße Binnenregelung kodifizieren sie daher weder einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund, noch würde ein Verstoß gegen sie einer Rechtfertigung entgegenstehen, wenn sich der Täter an die humanitär-völkerrechtlichen Regeln hielt.52 Als Rechtfertigungsgrund für Völkerstraftaten können RoE daher keine Wirkung entfalten.
VII. Notwehr, § 2 VStGB i.V.m. § 32 StGB Fraglich ist, inwieweit sich Mitarbeiter privater Militärunternehmen zur Rechtfertigung von Straftaten nach dem VStGB auf Notwehr berufen können. Der Rechtfertigungsgrund der Notwehr ist besonders in jenen Fallkonstellationen relevant, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen Zivilpersonen töten oder verletzen, sofern sie dabei mit einem subjektiven Verteidigungswillen handelten. Das 48
Vgl. United States Joint Forces Command, Handbook for Armed Private Security Contractors in Contingency Operations v. 23. 02. 2010, S. GL-6. 49 Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 89. 50 DoDI 3020.41 v. 20. 12. 2011, Enclosure 2 3.k., 4.e. 51 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 279. 52 Übereinstimmend Frister u. a., JZ 2010, 10 (16 f.); Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Vor §§ 32 ff. Rn. 91a; Müssig/Meyer, in: Paeffgen u. a., Strafrechtswissenschaft als Analyse und Konstruktion, S. 1501 (1526); Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (205).
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
Notwehrrecht als „besonders scharfes Schwert“,53 bei dem eine Verteidigung auch dann rechtmäßig ist, wenn der Angegriffene dem Angreifer ausweichen könnte,54 ist zwar grundsätzlich als Abwehrrecht des Einzelnen gegen Angriffe konzipiert. Es bezweckt, wie die Notwehr- und Notstandsrechte allgemein, Bürgerinnen und Bürgern in Situationen, in denen die Staatsgewalt ihre Rechte nicht schützen kann, eine „Notkompetenz“ an die Hand zu geben.55 Jedoch können sich auch Staatsorgane nach überwiegender Meinung in Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit, bei Fehlen einer entsprechenden amtlichen Befugnis, hierauf berufen.56 Daher kann auch Handeln von Mitarbeitern privater Militärunternehmen aufgrund von Notwehr gerechtfertigt sein, unabhängig davon, ob sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen oder nicht. 1. Abweichungen von § 32 StGB in Art. 31 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut Der Rechtfertigungsgrund der Notwehr ist grundsätzlich auch im Rahmen von Kriegsverbrechen nach dem VStGB anwendbar.57 Im IStGH-Statut enthält Art. 31 Abs. 1 lit. c eine Regelung der Notwehr, die mit der Regelung in § 32 StGB nicht völlig deckungsgleich ist, da sie zum einen die notwehrfähigen Verteidigungsobjekte benennt, und zum anderen das Erfordernis eines angemessenen Verhältnisses zwischen der Gewaltanwendung zur Verteidigung des Rechtsgutes und der drohenden Gefahr aufstellt. Im deutschen Notwehrrecht hingegen findet grundsätzlich keine Güterabwägung zwischen den Folgen der Verteidigungshandlung und den durch den Angriff drohenden Beeinträchtigungen statt.58 Da aber im deutschen Recht bei einer deutlichen Disproportionalität zwischen verteidigtem und verletztem Rechtsgut die Grenze der „Gebotenheit“ der Notwehr überschritten ist und damit letztlich eine „eingeschränkte Verhältnismäßigkeitsprüfung“ stattfindet,59 verzichtete der deutsche Gesetzgeber diesbezüglich auf eine gesonderte Regelung. Auch der Konkretisierung der notwehrfähigen Rechtsgüter ist nach Ansicht des deutschen Gesetz53
Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (202). Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 1a. 55 Frister u. a., JZ 2010, 10 (12). 56 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 284; Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 227 f.; Perron, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 42c; Roxin, Strafrecht AT Band I, § 15 Rn. 115; Wessels u. a., Strafrecht AT, § 8 Rn. 418 ff.; a.A. Erb, in: MüKo/StGB, Bd. 1, § 32 Rn. 188; Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 396; Kühl, Strafrecht AT, § 7 Rn. 151. 57 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 15; Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (202); Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 18. Bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist eine Rechtfertigung durch Notwehr nicht vorstellbar, vgl. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 18. 58 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 32 Rn. 129. 59 Safferling, Internationales Strafrecht, § 8 Rn. 8. 54
B. Rechtfertigungsgründe
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gebers mit dem Kriterium der Gebotenheit genüge getan, zumal bei der Auslegung von § 32 StGB im Rahmen des VStGB die Vorschrift des Art. 31 Abs. 1 lit. c IStGHStatut zu berücksichtigen ist.60 2. Notwehrlage Erforderlich ist eine Notwehrlage, d. h. nach § 32 Abs. 2 StGB ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff auf ein notwehrfähiges Rechtsgut. Ein Angriff ist die drohende Verletzung von Rechtsgütern durch menschliches Verhalten.61 Maßgeblich für die Beurteilung des Kriteriums ist ein objektives Urteil ex post bezüglich der objektiven Sachlage im Zeitpunkt der Notwehrhandlung, wie sie sich im Nachhinein darstellt.62 Die irrige Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen einer Notwehrlage begründet kein Notwehrrecht, möglicherweise handelt der Betreffende dann aber aufgrund eines Erlaubnistatbestandsirrtums schuldlos.63 a) Rechtswidriger Angriff Als rechtswidrig wird ein Angriff qualifiziert, wenn er im Widerspruch zu Rechtsnormen steht und nicht durch Rechtfertigungsgründe erlaubt ist.64 In bewaffneten Konflikten ist auch das humanitäre Völkerrecht bei der Frage der Rechtswidrigkeit des Angriffs zu berücksichtigen.65 Ein Angriff in bewaffneten Konflikten ist dann nicht rechtswidrig, wenn er im Einklang mit humanitär-völkerrechtlichen Regeln steht. Hier kommt der Frage nach dem Status von Mitarbeitern privater Militärunternehmen besondere Bedeutung zu. So sind grundsätzlich Angriffe gegen Zivilpersonen und zivile Objekte in internationalen wie in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten nach Art. 48 HS. 1, Art. 51 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 ZP I bzw. nach Art. 13 Abs. 2 ZP II verboten. Dieser Schutz gilt nach Art. 51 Abs. 3 ZP I bzw. Art. 13 Abs. 3 ZP II nur, solange Zivilpersonen nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Demnach können sich zivile Mitarbeiter privater Militärunternehmen nur auf Notwehr berufen, solange sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten beteiligt sind. Zivile Mitarbeiter, die beispielsweise militärische Objekte bewachen, können sich für die Dauer dieser Tätigkeit nicht auf Notwehr 60
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 15. 61 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 32 Rn. 36. 62 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, S. Rn. 473. 63 Allerdings ist dann das Handeln des nur vermeintlich Angegriffenen objektiv rechtswidrig und begründet ein Abwehrrecht des Betroffenen aus Notwehr oder Defensivnotstand, s. Frister u. a., JZ 2010, 10 (12). Zum Erlaubnistatbestandsirrtum s. u. B.I. 64 Wessels u. a., Strafrecht AT, § 10 Rn. 493. 65 Dekker/Myjer, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 171 (180); Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 148.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
berufen, da die Bewachung militärischer Objekte als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten ist.66 Der gegnerischen Partei ist es erlaubt, sie während dieser Tätigkeit anzugreifen. Ein rechtswidriger Angriff wäre somit nicht gegeben.67 Handelt es sich bei dem verteidigten Objekt hingegen um ein ziviles Objekt, so ist eine Berufung auf Notwehr grundsätzlich möglich. Allerdings können primär zivile Objekte aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts oder ihrer Zweckbestimmung durchaus militärische Ziele werden, vgl. Art. 52 Abs. 2 ZP II. Neben dem Angriffsziel kann auch die Angriffsmethode maßgeblich für die Rechtswidrigkeit eines Angriffs sein. So ist die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen und die Beschädigung ziviler Objekte in bewaffneten Konflikten nicht rechtswidrig, wenn bei einem Angriff auf ein militärisches Ziel die zu erwartenden zivilen Verluste in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten militärischen Vorteil stehen, Art. 51 Abs. 5 lit. b ZP I. In einer Gefechtssituation wird es für einen Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens jedoch schwer möglich sein, irgendeine Aussage über die Verhältnismäßigkeit des Angriffs zu treffen, was selbst bei einer (rechtmäßigen) Verteidigung gegen einen unverhältnismäßigen Angriff letztlich Zweifel am subjektiven Rechtfertigungselement aufwirft. Folglich verbieten sich aufgrund der Komplexität der involvierten humanitär-völkerrechtlichen Fragen pauschale Aussagen über die Rechtswidrigkeit eines Angriffs.68 b) Gegenwärtiger Angriff Das Kriterium der Gegenwärtigkeit des Angriffs ist im militärischen Bereich von besonderer Bedeutung. Die Rechtsordnung erlaubt zur Wahrung des gesellschaftlichen Friedens und des staatlichen Gewaltmonopols keine Präventivnotwehr.69 Daher ist ein Angriff nur dann gegenwärtig, wenn er entweder gerade stattfindet, noch fortdauert, oder wenn er unmittelbar bevorsteht, d. h. wenn der Angreifer zur Verwirklichung des geplanten Deliktes unmittelbar ansetzt.70 Ist der Angriff beendet, so fehlt es ebenfalls an der Gegenwärtigkeit.71 „Gegenwärtig“ ist folglich allein die
66
S. o. Kap. II A. II. 2. b) bb). Vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 466; Dekker/Myjer, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 171 (176, 180); a.A. Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 148, die die Bewachung militärischer Objekte offensichtlich nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten einordnet und hierfür eingesetzte zivile Mitarbeiter privater Militärunternehmen als menschliche Schutzschilde ansieht, die nach Art. 51 Abs. 8 ZP I Schutz vor unproportionalen Angriffen genießen. 68 S. zu den diversen Fragestellungen bei der Rechtswidrigkeit eines Angriffs im bewaffneten Konflikt im Zusammenhang mit privaten Militärunternehmen Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 466 ff. 69 Roxin, Strafrecht AT Band I, § 15 Rn. 23. 70 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 486. 71 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 32 Rn. 116. 67
B. Rechtfertigungsgründe
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„aktuelle Kampfsituation“.72 Dies bedeutet, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die auf fliehende Angreifer schießen, nicht durch Notwehr gerechtfertigt sind. Auch dürfte beispielsweise nicht geschossen werden, wenn der Fahrer eines Fahrzeuges an einem Kontrollpunkt versucht, sich auf auffällige Weise durch Ausweichen einer Kontrolle zu entziehen.73 Sowohl beim Nisour Square Shooting als auch in den anderen in der Fallsammlung beschriebenen Ereignissen, in denen auf Zivilpersonen geschossen wurde, fehlt es jedenfalls an einem gegenwärtigen Angriff.74 Verhalten, das nur bedrohlich erscheint, wie beispielsweise das Steuern eines Pkws in Richtung einer Straßensperre, ohne der Aufforderung, anzuhalten, Folge zu leisten, jedoch ohne Absicht, jemanden zu schädigen, ist nicht als Angriff zu werten.75 3. Notwehrhandlung Die Notwehrhandlung ist nach § 32 Abs. 2 StGB die Verteidigung, die erforderlich ist, um den Angriff abzuwehren. Eine Verteidigungshandlung ist dann erforderlich, wenn sie aus der Perspektive eines besonnenen Dritten ex ante einerseits die sofortige Beendigung des Angriffs erwarten lässt, und andererseits von mehreren gleich effizienten Mitteln das mildeste ist.76 Das Kriterium der Gebotenheit in § 32 Abs. 1 StGB stellt darüber hinaus ein Korrektiv dar, um ein „unerträgliches Missverhältnis“ zwischen dem durch die Notwehr verletzten Rechtsgut und dem durch sie abgewehrten Schaden zu vermeiden. Für den Schusswaffeneinsatz bedeutet dies, dass – sofern die Möglichkeit besteht – zunächst ein Warnschuss abzugeben ist. Auch ist grundsätzlich zunächst auf Arme oder Beine zu schießen, bevor auf lebenswichtige Organe gezielt werden darf.77 Die Notwehrhandlung darf sich nur gegen Rechtsgüter des Angreifers richten, sie berechtigt nicht zum Eingreifen in die Rechte Unbeteiligter.78 Auch wenn Normen des VStGB in bestimmten Fällen auf Tatbestandsebene für die Tötung von unbe-
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Roxin, Strafrecht AT Band I, § 15 Rn. 23. Frister u. a., JZ 2010, 10 (11). 74 Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 150., lässt das Vorliegen einer Notwehrlage im Fall des Nisour Square Shootings angesichts des Bombenanschlags im Zentrum Bagdads einige Zeit vor den Ereignissen am Nisour Square offen, lehnt eine Rechtfertigung aus Notwehr nach Art. 31 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut aber angesichts der unverhältnismäßigen Reaktion der Unternehmensmitarbeiter ab. Der Bombenanschlag fand jedoch nicht am Nisour Square statt und war zum Zeitpunkt der Schießerei bereits beendet, was gegen einen gegenwärtigen Angriff spricht. 75 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 3. 76 Kühl, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 9. 77 Kindhäuser, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch. Bd. 3, § 32 Rn. 139. 78 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 500; Kühl, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 18; Roxin, Strafrecht AT Band I, § 7 Rn. 124 f. 73
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
teiligten Zivilpersonen keine Strafe vorsehen, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Tötung von Unbeteiligten nicht durch Notwehr gerechtfertigt sein kann.79 4. Subjektives Rechtfertigungselement In subjektiver Hinsicht muss mit Verteidigungswillen gehandelt werden, d. h. der Täter muss in Kenntnis der Notwehrlage von dem ihm zustehenden Notwehrrecht in objektiv zulässiger Weise Gebrauch machen.80 Die Abwehr des Angriffs muss, nach herrschender Meinung, zumindest neben anderen Handlungsmotiven das dominante Ziel des Handelnden sein, dem die anderen Beweggründe untergeordnet sind.81 Mitarbeiter privater Militärunternehmen bewegen sich in bewaffneten Konflikten mitunter auf einem schmalen Grat zwischen Notwehr und unmittelbarer Teilnahme an Feindseligkeiten. Für die Abgrenzung zwischen Verteidigungshandlung und einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten ist daher der Verteidigungswille essentiell. Ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens handelt ohne Verteidigungswillen, wenn er mit seiner Handlung primär darauf abzielt, eine Konfliktpartei zu schädigen. Allerdings ist auch dann von einem Verteidigungswillen auszugehen, wenn die Schädigung der gegnerischen Konfliktpartei eine erwünschte Folge neben dem übergeordneten Ziel ist, sich zu verteidigen. Ein insofern bestehender Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt steht einer Rechtfertigung aufgrund von Notwehr nach deutschem Recht daher nicht entgegen.82
VIII. Nothilfe, § 2 VStGB i.V.m. § 32 Abs. 2 Alt. 2 StGB Für die Nothilfe, also die Verteidigung eines anderen nach § 32 Abs. 2 Alt. 2 StGB, gelten dieselben Regeln wie für die Selbstverteidigung nach § 32 Abs. 2 Alt. 1 79
So i.E. Steiger/Bäumler, AVR 2010, 189 (202 f.). Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 63. 81 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 454 m.w.N. 82 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 472 f., gehen davon aus, die Abgrenzung zwischen Notwehr und unmittelbarer Teilnahme an Feindseligkeiten bestimme sich nach rein objektiven Kriterien. Sobald ein belligerent nexus vorhanden sei und eine Konfliktpartei durch die Verteidigungshandlung geschädigt werde, sei eine Berufung auf Notwehr nicht möglich. Diese Betrachtungsweise überzeugt bei der Beurteilung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht. Es leuchtet nicht ein, weshalb eine Kompensation des Handlungs- und Erfolgsunwertes der Tat durch die Notwehr nicht möglich sein soll, wenn als Folge der Tat ein militärischer Schaden entsteht, der aber nicht das dominante Motiv des Handelnden war. Nach Cameron/Chetail wäre eine Notwehr selbst dann nicht möglich, wenn eine Verteidigung ohne militärischen Schaden nicht durchgeführt werden kann, und der Handelnde eine Konfliktpartei gar nicht schädigen möchte. Nach Eser, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 31 Rn. 48, genügt es hingegen, wenn die Erwiderung eines unrechtmäßigen Angriffs zumindest teilweise Selbstverteidigungszwecken dient. 80
B. Rechtfertigungsgründe
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StGB.83 „Ein anderer“ kann auch eine juristische Person sein, so dass grundsätzlich auch fiskalische Rechtsgüter eines Staates wie Eigentum, Besitz oder Vermögen in Nothilfe verteidigt werden können.84 Allerdings soll nach der herrschenden Meinung der Schutz von Rechtsgütern des Staates in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger (sog. „Staatsnotwehr“) auf äußerste Fälle einer vitalen Bestandsbedrohung des Gemeinwesens beschränkt sein, in denen der Staat nicht in der Lage ist, sich selbst zu schützen.85 Relevant wird diese Unterscheidung in Fällen, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen beispielsweise zivile Liegenschaften eines Staates gegen Angriffe verteidigen, wenn die Mitarbeiter selbst oder andere Personen nicht das Ziel des Angriffs sind.86 Die Liegenschaften sind als fiskalische Güter nothilfefähige Rechtsgüter.87 Schüsse auf unbeteiligte Zivilpersonen lassen sich jedoch auch nicht aufgrund von Nothilfe rechtfertigen.
IX. Rechtfertigender Notstand, § 2 VStGB i.V.m. § 34 StGB Denkbar ist ferner eine Rechtfertigung von Straftaten nach dem VStGB durch das Notstandsrecht § 34 StGB. Die Diskussion, ob sich auch Hoheitsträger auf Notstand nach § 34 StGB berufen können, ähnelt jener im Rahmen von § 32 StGB. Nach herrschender Meinung ist auch § 32 StGB grundsätzlich auf staatliches Handeln anwendbar.88 Daher können sich auch solche Mitarbeiter privater Militärunternehmen auf § 34 StGB berufen, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. 1. Abweichungen von § 34 StGB in Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut Die Regelung des Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut enthält in drei Punkten Abweichungen von § 34 StGB. Erstens ist ein Rückgriff auf Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut nur bei Gefahren für Leib und Leben statthaft, während sich § 34 S. 1 83 Vereinzelt fordern Autoren für den Einsatz von Mitarbeitern privater Sicherheitsdienste in Deutschland eine Einschränkung des Nothilferechts, was angesichts der überlasteten Polizei jedoch realitätsfremd wirkt, s. hierzu Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 571. m.w.N. 84 Nicht aber Rechtsgüter der Allgemeinheit wie die Rechtsordnung im Ganzen oder die öffentliche Ordnung, s. Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 32 Rn. 8. 85 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, S. § 32 Rn. 6 f. 86 Vgl. hierzu Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 463 f. 87 Würde es sich um militärische Objekte handeln, so wären diese und die sie schützenden zivilen Mitarbeiter privater Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt wiederum legitime Angriffsziele und der Angriff mithin nicht rechtswidrig. 88 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 7; Roxin, Strafrecht AT Band I, § 16 Rn. 103.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
StGB auf Rechtsgüter allgemein bezieht. Bei der Rechtfertigung von Völkerstraftaten fällt dieser Unterschied jedoch nicht ins Gewicht.89 Zweitens muss nach § 34 S. 1 StGB das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegen. Hingegen greift Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut bereits, wenn der Betroffene in notwendiger und angemessener Weise handelt, um die Gefahr abzuwenden, „sofern er nicht einen größeren Schaden zuzufügen beabsichtigt als den, den er abzuwenden trachtet.“ Und drittens kann auch die Tötung eines Menschens nach Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut einen Verantwortlichkeitsausschluss nach sich ziehen,90 während nach der in Deutschland herrschenden Meinung aufgrund der Unabwägbarkeit menschlichen Lebens, eine Tötung und auch eine schwere Körperverletzung nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt sein können.91 Die strengeren Anfordernungen des deutschen Rechts an den rechtfertigenden Notstand führen letztlich eher zu einer Bestrafung des Täters als nach dem IStGH-Statut, so dass kein Konflikt mit dem Komplementaritätsprinzip entsteht. Und da die Tötung eines anderen Menschen im Rahmen von § 35 StGB entschuldigt sein kann, während das IStGH-Statut nicht zwischen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen differenziert, ergibt sich diesbezüglich aus der Regelung im IStGH-Statut kein Modifizierungsbedarf des deutschen Strafrechts.92
2. Notstandslage Eine Notstandslage besteht bei einer Interessenkollision, in der eine gegenwärtige Gefahr für ein beliebiges Rechtsgut nicht anders abwendbar ist als durch einen Eingriff in ein anderes Rechtsgut.93 Eine Gefahr ist ein Zustand, in dem auf Grund bestimmter Risikofaktoren eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht.94 Die herrschende Meinung will zur Beurteilung der Gefahr eine ex-ante-Perspektive anwenden.95 Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn sie alsbald oder in allernächster Zeit einen Schaden verursachen kann. Auch wenn der Schadens89
Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 20. Eser, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 31 Rn. 52; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 308 Rn. 670; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 96; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 20 f.; Safferling, Internationales Strafrecht, § 5 Rn. 51. 91 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 116 f.; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 616 f. 92 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 307 f. 93 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 8; Wessels u. a., Strafrecht AT, S. § 9 Rn. 432. 94 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 60; Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 405. 95 Umstritten; Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 64 ff., und Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 13, unterscheiden zwischen den Grundlagen des Gefahrurteils (Beurteilung ex post) und der Prognose über den weiteren Verlauf (Beurteilung ex ante). 90
B. Rechtfertigungsgründe
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eintritt erst in der Zukunft zu erwarten ist, ist eine Gefahr gegenwärtig, wenn sie nur durch sofortiges Handeln abgewehrt werden kann.96 Auch Rechtsgüter der Allgemeinheit sind – anders als im Rahmen von § 32 StGB – notstandsfähige Rechtsgüter.97 Die Verteidigung von Rechtsgütern eines staatlichen Auftraggebers durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen ist daher grundsätzlich möglich. 3. Interessenabwägung Die Notstandshandlung ist nur dann rechtmäßig, wenn das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt, § 34 S. 1 Hs. 2 StGB. Es sind alle Umstände des konkreten Falles in die Entscheidung über das wesentliche Überwiegen des geschützten Interesses miteinzubeziehen.98 Da die Opferpflicht aber beim menschlichen Leben ihre Grenze findet, so dass das Leben ein unabwägbares Rechtsgut ist, können grundsätzlich weder Tötungen noch schwere Körperverletzungen nach § 34 StGB gerechtfertigt werden.99 a) Defensivnotstand gegen Menschen, § 34 StGB i.V.m. § 228 BGB Nur im Rahmen des sog. Defensivnotstandes gegen Menschen100, bei dem sich die Notstandshandlung nicht gegen Unbeteiligte, sondern gegen eine Person mit Verbindung zur Gefahrenquelle richtet,101 ist nach herrschender Lehre auch die Tötung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Der Defensivnotstand erlangt dann Bedeutung, wenn eine Notwehr mangels gegenwärtigen Angriffs nicht möglich ist, da eine Notstandsgefahr nicht unbedingt voraussetzt, dass der Schaden in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Ausgangssituation eintreten muss.102 Vielmehr ist entscheidend, dass die Gefahr später nicht mehr gleich wirksam abgewendet werden kann, so dass im Rahmen von § 34 StGB eine „Präventivnotwehr“, d. h. die Abwehr
96
Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 17. Roxin, Strafrecht AT Band I, § 16 Rn. 13. 98 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 StGB Rn. 25. Ob aufgrund dieser Interessenabwägung die Angemessenheitsklausel von § 34 S. 2 StGB nicht überflüssig ist, ist umstritten, s. Roxin, Strafrecht AT Band I, § 16 Rn. 26, 91 ff.; die praktischen Auswirkungen dieses Streits dürften jedoch gering sein. 99 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 116; Wessels u. a., Strafrecht AT, § 9 Rn. 464 f. 100 Vgl. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 626. Teils wird der Defensivnotstand gegen Menschen als eigenständiger Rechtfertigungsgrund verstanden, teils als Ausprägung des rechtfertigenden Notstands. 101 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 152; Kühl/Lackner, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 9. 102 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 78. 97
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
eines noch nicht unmittelbar bevorstehenden Angriffs, möglich ist.103 Begründet wird der Defensivnotstand mit einer Analogie zu § 228 BGB, wonach der Eigentümer einer Sache die Verantwortung dafür trägt, dass diese nicht zur Gefahrenquelle wird. Die Interessen des für die Gefahr Verantwortlichen können bereits dann verletzt sein, wenn der angerichtete Schaden nicht außer Verhältnis zur drohenden Gefahr steht, denn schließlich ist der durch die Notstandshandlung Betroffene verantwortlich für die Situation. Übertragen auf § 34 StGB bedeutet dies eine Modifizierung der Interessenabwägung, so dass ein wesentliches Überwiegen des geschützten Interesses nicht erforderlich ist, wenn Bedrohungen von Leben und Gesundheit vom Vorverschulden des Inhabers der Eingriffssphäre ausgehen.104 Tötungen oder schwere Verletzungen sind jedoch unter Anlegung des modifizierten Maßstabes nur zulässig, sofern die Handlung des Notstandsopfers pflichtwidrig war.105 Damit fließen beim Defensivnotstand im bewaffneten Konflikt die humanitär-völkerrechtlichen Regeln in die Interessenabwägung mit ein. Eine Tötung oder schwere Körperverletzung ist danach nicht gerechtfertigt, wenn das Handeln des Notstandsopfers im Einklang mit humanitärem Völkerrecht stand. Allerdings kann das pflichtwidrige Verhalten von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten durchaus einen Defensivnotstand auslösen, beispielsweise durch das Zufahren auf eine Straßensperre trotz mehrmaliger deutlicher Aufforderung, anzuhalten.106 Eine abschließende Bewertung der geschilderten Fälle, in denen Zivilpersonen von Mitarbeitern privater Militärunternehmen erschossen wurden, lässt sich mangels detaillierter Fakten nicht vornehmen. Jedenfalls im Nisour Square Shooting ist die Tötung völlig unbeteiligter Menschen nicht von einem Defensivnotstandsrecht erfasst.107 In den übrigen Fällen müsste zur Beurteilung einer Defensivnotstandslage hinterfragt werden, ob tatsächlich ex ante durch das Verhalten der Zivilpersonen eine Gefahr drohte, und ob diese nicht anders abwendbar war. Von Bedeutung ist auch, ob die betreffenden Mitarbeiter Zivilpersonen waren, aber Tätigkeiten ausübten, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten sind. b) Besondere Gefahrduldungspflichten Eine Einschränkung der Rechtfertigung aufgrund von Notstand könnte sich aus der Tatsache ergeben, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen, wie Soldaten, in 103
Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 17. Roxin, Strafrecht AT Band I, § 16 Rn. 74. 105 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 309 m.w.N.; Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 166 ff., 176; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 622 ff. 106 Sinn, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag, S. 673 (684). 107 Ablehnend hinsichtlich eines Notstands nach Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut auch Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 150. 104
B. Rechtfertigungsgründe
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bewaffneten Konflikten aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrer Berufsgruppe gewisse Risiken für Leib und Leben in Kauf nehmen müssen. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen hat nicht eine unbegrenzte Aufopferungspflicht zur Folge, sondern lediglich eine Verschiebung der Grenzen des berechtigten Interesses im Rahmen der Abwägung.108 Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden, sind unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit schon aufgrund der Konfliktlage hohen Risiken für Leib und Leben ausgesetzt. Allerdings ist der Großteil von ihnen – anders als Soldaten – als Zivilisten eben nicht zur Teilnahme an Feindseligkeiten berechtigt, und nicht alle sind Waffenträger. Aufgrund der großen Bandbreite an ausgeübten Tätigkeiten kann über ein berufstypisches Risiko nur im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung entschieden werden. Maßgeblich sind dann Faktoren wie die ausgeübte Tätigkeit und die Nähe zu Gefechtsschauplätzen. Im Einzelfall denkbar ist jedenfalls eine Einschränkung des Notstandsrechts dahingehend, dass sich Mitarbeiter privater Militärunternehmen zunächst, sofern möglich, aus der Gefahrenzone begeben müssen, oder Hilfe von den Streitkräften anfordern müssen.109 Grundsätzlich hindern aber auch Gefahrduldungspflichten Betroffene nicht, sich aus berufsspezifischen Gefahren zu befreien, wenn nach den Umständen das eigene Erhaltungsinteresse die besonderen Pflichten kompensiert.110 c) Selbstverschuldete Notstandslage Fraglich ist ferner, ob Mitarbeitern privater Militärunternehmen in bewaffneten Konflikten eine Berufung auf den rechtfertigenden Notstand deshalb verwehrt ist, weil sie sich freiwillig der Gefahrenlage ausgesetzt haben. Im deutschen Strafrecht scheidet eine Rechtfertigung nach § 34 StGB nur bei einer Absichtsprovokation aus, d. h. der Betroffene muss gezielt eine Notstandslage hervorrufen, um dann zu deren Abwendung Rechtsgüter eines anderen zu verletzen. In allen anderen Fällen ist selbst die zurechenbare Herbeiführung der Notstandslage kein Grund, eine Rechtfertigung nach § 34 StGB auszuschließen. Berücksichtigt wird der Umstand allerdings im Rahmen der Interessenabwägung.111 Wenn Mitarbeiter privater Militärunternehmen aber eine Notstandslage nicht einmal zurechenbar herbeiführen, sondern lediglich eine erhöhte Risikobereitschaft aufweisen, so kann dies im Rahmen der Interessenabwägung nur eine geringe Verschiebung zu Lasten des Erhaltungsgutes zur Folge haben. Dieses Ergebnis entspricht letztlich auch den Vorgaben von § 31 Abs. 1 lit. d (ii) IStGH-Statut, wonach die unmittelbar drohende Gefahr vom Täter nicht zu
108
Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 34 Rn. 34. Dekker/Myjer, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 171 (182). 110 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 150. 111 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 34 Rn. 141; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 605. 109
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
vertreten sein darf. Die bloße Risikobereitschaft von Mitarbeitern privater Militärunternehmen kann mit einem Vertretenmüssen nicht gleichgesetzt werden.112
X. § 15 UZwGBw Nach § 15 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch die Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen (UZwGBw) ist der Gebrauch von Schusswaffen unter bestimmten Umständen erlaubt. Möglicherweise können sich Mitarbeiter privater Unternehmen, die nach dem UZwG mit militärischen Wachaufgaben beauftragt wurden, auf die Vorschrift berufen. Nach § 1 Abs. 3 S. 1 UZwGBw haben nicht nur Soldaten, sondern auch zivile Wachpersonen, die mit militärischen Wachaufgaben der Bundeswehr beauftragt sind, in Erfüllung ihrer Aufgaben die Befugnisse nach dem UZwGBw, folglich auch die Befugnis zum Schusswaffengebrauch gegen Personen nach § 15 UZwGBw. Allerdings ist das UZwGBw als Teil des Polizeirechts in Friedenszeiten, das den wirksamen Schutz der Einsatzbereitschaft, Schlagkraft und Sicherheit der Bundeswehr bezweckt, nicht auf Kampfeinsätze der Bundeswehr anwendbar.113 Zudem ist die territoriale Geltung des Gesetzes nach § 2 Abs. 1 UZwGBw auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt,114 es sei denn, eine anderweitige Geltung ist durch einen völkerrechtlichen Vertrag vorgesehen.115 Daher ist eine Anwendung auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt grundsätzlich ausgeschlossen.
XI. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Rechtfertigung von Völkerstraftaten im bewaffneten Konflikt sehr enge Grenzen gesetzt sind. Letztlich kommen allein Notwehr, Nothilfe und rechtfertigender Notstand als Rechtfertigungsgründe in Betracht. Hier fließen der humanitär-völkerrechtliche Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen sowie die Frage, ob diese als Zivilpersonen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, in die rechtliche Bewertung mit ein. Eine Einschränkung des Notwehr-, Nothilfe oder Notstandsrechts kann die Folge sein. Auch aus diesem Grund sollten Auftraggeber privater Militärunternehmen nur Tä112 So auch Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 149. 113 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 311 m.w.N.; Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, S. 14. 114 StA Zweibrücken, Beschl. v. 23. 01. 2009, 4129 Js 12550/08, Rn. 33 = NZWehrR 2009, 169, 171. 115 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 311; Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, S. 18 f.
C. Entschuldigungsgründe
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tigkeiten outsourcen, die zum einen keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten darstellen, und bei denen zum anderen das Risiko, in eine Situation zu geraten, in der Selbstverteidigung geboten ist, gering ist. Lediglich das Recht auf Selbstverteidigung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in einschlägigen Regelwerken zu benennen,116 ohne aber die Konsequenzen zu beachten, die die Art und Weise eines Einsatzes auf die Ausübung desselben zeitigen kann, erscheint als Sorgfaltspflichtverletzung der Auftraggeber.117
C. Entschuldigungsgründe Zu untersuchen ist weiter, welche Entschuldigungsgründe einen Ausschluss von strafrechtlicher Verantwortlichkeit für Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen zur Folge haben könnten.
I. Erlaubnistatbestandsirrtum Von einem Erlaubnistatbestandsirrtum ist dann auszugehen, wenn der Täter über die tatsächlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes irrt.118 1. Verortung im Deliktsaufbau Der Erlaubnistatbestandsirrtum ist im StGB nicht explizit geregelt, so dass seine Einordnung im Deliktsaufbau umstritten ist. Nach der von der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre vertretenen eingeschränkten Schuldtheorie119 ist der Erlaubnistatbestandsirrtum wie ein Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 StGB zu be-
116 So z. B. ISOA Code of Conduct, 11.2: „All Rules for the Use of Force shall be in compliance with international humanitarian and human rights laws and emphasize appropriate restraint and caution to minimize casualties and damage, while preserving a person’s inherent right of self-defense“; DoDI 3020.41 v. 20. 12. 2011 Enclosure 2 (3) k, (4) e. 117 S. hierzu Dekker/Myjers, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 171 (193). 118 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 731. 119 Die daneben vertretenen Vorsatztheorien, die das Unrechtsbewusstsein als Teil des Vorsatzes ansahen und beim Erlaubnistatbestandsirrtum § 16 Abs. 1 anwendete, sind durch § 17 S. 1 StGB obsolet geworden, s. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 737. Vereinzelt wird auch die strenge Schuldtheorie vertreten, die einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB annimmt. Das Ergebnis, nämlich eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Tat bei Vermeidbarkeit des Irrtums und eine bloß fakultative Milderungsmöglichkeit, erscheint jedoch ungerecht, so dass die strenge Schuldtheorie vom Großteil der Autoren abgelehnt wird, s. Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd 1, § 16 Rn. 131; Sternberg-Lieben, in: Schönke/ Schröder, Strafgesetzbuch, § 16 Rn. 15.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
handeln.120 Hinsichtlich der dogmatischen Herleitung dieses Ergebnisses existieren innerhalb der eingeschränkten Schuldtheorie verschiedene Spielarten: Während die einen Vertreter dieser Theorie für eine unmittelbare Anwendung von § 16 Abs. 1 S. 1 StGB plädieren, wollen andere die Vorschrift analog anwenden – entweder in dem Sinne, dass vorsätzliches Unrecht ausgeschlossen oder der Irrtum lediglich in den Rechtsfolgen dem Tatbestandsirrtum gleichzustellen ist (rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie).121 Gegen eine unmittelbare Anwendung von § 16 Abs. 1 S. 1 StGB und einen Ausschluss des Vorsatzunrechts in analoger Anwendung spricht, dass der Täter die Tat im Erlaubnistatbestandsirrtum ja vorsätzlich, d. h. gerade eben mit Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsmerkmale, begeht. Die rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie hingegen berücksichtigt in angemessener Weise die Motivation des Täters, der rechtstreu handeln will, und ermöglicht darüber hinaus die Bestrafung von Teilnehmern.122 Es erscheint daher dogmatisch vorzugswürdig, lediglich die Vorsatzschuld in analoger Anwendung von § 16 Abs. 1 auszuschließen.123 2. Keine Regelung im IStGH-Statut Auch im IStGH-Statut ist der Erlaubnistatbestandsirrtum nicht ausdrücklich geregelt. Nach Art. 32 Abs. 1 IStGH-Statut ist ein Tatsachenirrtum nur dann ein Grund, die strafrechtliche Verantwortlichkeit auszuschließen, wenn er die für den Verbrechenstatbestand erforderlichen subjektiven Merkmale aufhebt. Das ist beim Erlaubnistatbestandsirrtum allerdings nicht der Fall, denn der Täter irrt nicht über einen Umstand des objektiven Tatbestandes, sondern handelt diesbezüglich vorsätzlich.124 Hier besteht die Möglichkeit, entweder Art. 32 Abs. 1 IStGH-Statut analog anzuwenden,125 oder von einem ungeschriebenen Verantwortlichkeitsausschlussgrund nach Art. 31 Abs. 3 IStGH-Statut i.V.m. Art. 21 Abs. 1 lit. c IStGHStatut auszugehen. Da die nationalen Rechtsordnungen in Konstellationen, in denen sich der Täter über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Straffreistellungsgrundes irrt, übereinstimmend nicht bestrafen, kann von einem allgemeinen
120 Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 16 Rn. 16; Wessels u. a., Strafrecht AT, § 14 Rn. 700. 121 Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1134; Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 16 Rn. 125. 122 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 318. 123 Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 744. 124 Vgl. Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 808 ff.; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 15 Rn. 43. 125 Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 808 ff.; Esser, Europäisches und Internationales Strafrecht, § 21 Rn. 28; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 15 Rn. 43.
C. Entschuldigungsgründe
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Rechtsgrundsatz ausgegangen werden.126 Eine diesbezügliche Entscheidung des IStGH steht noch aus; in jedem Fall liegen derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anwendung der Grundsätze über den Erlaubnistatbestandsirrtum innerhalb des VStGB im Widerspruch zu einer völkerstrafrechtsfreundlichen Auslegung stehen. 127 3. Bedeutung im militärischen Auslandseinsatz Wie oben bereits erwähnt, nahm die Staatsanwaltschaft Zweibrücken bei mehreren schweren Körperverletzungen an afghanischen Zivilpersonen durch deutsche ISAF-Soldaten an einer Straßensperre in Afghanistan im Jahr 2008 hinsichtlich der konkreten Gewaltanwendung einen Erlaubnistatbestandsirrtum an, da die Beschuldigten beim Waffeneinsatz nicht primär mit dem Ziel der Durchsetzung des VN-Mandates, sondern mit der Absicht, sich und ihre Kameraden zu verteidigen, handelten.128 Auch im Fall des Tanklasterbombardements in Kundus im September 2009 sprechen gute Gründe dafür, im Rahmen einer Strafbarkeit nach §§ 211, 212 Abs. 1 Alt. 2 StGB, anders als der GBA, der von einem völkerrechtskonformen Verhalten von Hauptfeldwebel Klein ausging und daher eine Rechtfertigung annahm,129 einen Erlaubnistatbestandsirrtum zu bejahen.130 Gerade in asymmetrischen Konflikten, in denen insbesondere von Zivilpersonen nicht zu unterscheidende Selbstmordattentäter eingesetzt werden, ist die irrige Annahme einer Notwehrsituation eine naheliegende Fallkonstellation. Es ist durchaus denkbar, dass sich auch Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Einsatz in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befinden können. Diesem dürfte jedoch vor allem im Rahmen der Tatbestände des StGB Bedeutung zukommen, da in typischen Fällen des irrtümlichen Feuers auf Zivilpersonen in sog. Straßensperren-Fällen die entsprechenden VStGB-Tatbestände aufgrund ihrer hohen subjektiven Anforderungen in der Regel nicht erfüllt sein dürften.131 126
Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 313 Rn. 682. Vgl. Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 13. 128 StA Zweibrücken, Beschl. v. 23. 01. 2009, 4129 Js 12 550/08 = NZWehrr 2009, 169 (171). An dieser Lösung wurde kritisiert, dass ein Täter, der aufgrund eines Erlaubnistatbestandsirrtums straflos ist, dennoch rechtswidrig handelt, so dass ein Abwehrrecht des Betroffenen begründet wird, s. Frister u. a., JZ 2010, 10 ff. (10 (12)). Dagegen argumentiert Sinn, in: Heinrich u. a., Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag, S. 673 (678 f.), aufgrund des entfallenden Vorsatzunrechts fehle es an einem Anknüpfungspunkt für die Rechtswidrigkeit des Verhaltens. 129 Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Einstellungsvermerk Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte, 3 BJs 6/10 – 4, S. 59 ff. 130 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 500 ff. 131 S. o. Kap. III C. I. 127
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
II. Verbotsirrtum, § 2 VStGB i.V.m. § 17 StGB Weiter könnten Mitarbeiter privater Militärunternehmen wegen Verbotsirrtums nach § 17 S. 1 StGB entschuldigt sein. Danach handelt ohne Schuld, wem bei der Tatbegehung die Einsicht, Unrecht zu tun, fehlt, und wenn dieser Irrtum unvermeidbar war. Erfasst sind damit Rechtsirrtümer, etwa über die Existenz oder rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes.132 Im Widerspruch zu Art. 31 Abs. 2 S. 1 IStGH-Statut, wonach Rechtsirrtümer unbeachtlich sind, hat es der deutsche Gesetzgeber aufgrund des Schuldgrundsatzes bei der Anwendung von § 17 StGB auch im Rahmen des VStGB belassen.133 Im Falle der Begehung von Völkerstraftaten wird die Anwendung von § 17 StGB aufgrund der Frage der Vermeidbarkeit des Rechtsirrtums jedoch ohnehin nur bei Kriegsverbrechen in engen Grenzen zu bejahen sein.134 Wie bei Soldaten135 stellt sich bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen im Rahmen der Vermeidbarkeit des Irrtums die Frage, ob sie sich gegebenenfalls aufgrund einer fehlerhaften Rechtsberatung oder aufgrund einer fehlerhaften Schulung im humanitären Völkerrecht auf § 17 S. 1 StGB berufen können. In einem Großteil der Unternehmen, die in bewaffneten Konflikten operieren, werden Schulungen der Mitarbeiter im humanitären Völkerrecht durchgeführt. So verpflichten sich die Mitglieder der ISOA in Punkt 6.3. des ISOA Code of Conduct dazu, ihr Personal so zu schulen, dass dieses weder humanitäres Völkerrecht noch Menschenrechte verletzt.136 Mittel zur Vermeidung eines Verbotsirrtums sind Nachdenken und Erkundigen.137 Bei der Komplexität des humanitären Völkerrechts, vor allem in asymmetrischen Konflikten, wird sich ein Verbotsirrtum gerade für juristische Laien unter Zugrundelegung der subjektiven intellektuellen Fähigkeiten durch bloßes Nachdenken nicht immer vermeiden lassen. Allerdings trifft Personen, die Tätigkeiten nachgehen, die rechtlich besonderen Regeln unterliegen, mit Übernahme der Tätigkeit eine besondere Unterrichtungspflicht über die betreffenden Normen.138 Von einer solchen 132
Roxin, Strafrecht AT Band I, § 21 Rn. 22. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 16; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 Rn. 12. 134 Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, § 15 Rn. 43; Satzger schlägt vor, den unvermeidbaren Verbotsirrtum unter Anwendung von Art. 31 Abs. 3 IStGH-Statut von Strafe freizustellen. 135 Hierzu Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 336. 136 ISOA Code of Conduct, Punkt 6.3, lautet: „Signatories shall provide their personnel with requisite equipment and materials along with proper supervision and training to compel them to conduct themselves humanely with honesty, integrity, objectivity and diligence and to not violate international humanitarian and human rights laws.“ 137 Roxin, Strafrecht AT Band I, § 21 Rn. 52. 138 Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 17 Rn. 71. 133
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Unterrichtungspflicht und damit einer zeitlichen Vorverlagerung des Vermeidbarkeitsvorwurfes ist auch bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen auszugehen, die berufstypisch in bewaffneten Konflikten arbeiten. Erhalten sie jedoch in Ausübung dieser Pflicht fehlerhaften Rechtsunterricht, und begründen keine Umstände Zweifel an seiner Richtigkeit, so kann ein normgemäßes Verhalten im Einzelfall unmöglich werden.139 In Zweifelsfällen muss sich der Täter darüber hinaus bei kompetenten Auskunftspersonen wie beispielsweise dem „Hausjuristen“ des Unternehmens erkundigen.140 Bestätigt dieser das Erlaubtsein des Tuns, so ist der Irrtum unvermeidbar, wenn keine Umstände auf die Unrichtigkeit der Auskunft hinweisen.141
III. Entschuldigender Notstand, § 2 VStGB i.V.m. § 35 StGB Zu untersuchen ist weiter, inwiefern § 35 StGB als Entschuldigungsgrund für strafbares Verhalten nach dem VStGB von Mitarbeitern privater Militärunternehmen einschlägig ist. Hinter der Regelung des entschuldigenden Notstandes steht der Gedanke, dass dem Täter ein normgemäßes Verhalten nicht zugemutet werden kann, wenn er sich in einer außergewöhnlichen psychischen Zwangslage befindet.142 Der Regelung des entschuldigenden Notstands entsprechen die in Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut geregelten Fälle der „duress“. Im Unterschied zu § 35 StGB, wonach auch Handlungen zum Schutz der eigenen (Bewegungs-)Freiheit entschuldigt sein können, werden im Römischen Statut nur das Leben und die körperliche Unversehrtheit als notstandsfähige Rechtsgüter anerkannt.143 Im Bereich von Völkerstraftaten sind jedoch kaum Situationen vorstellbar, in denen ein Täter eine Völkerstraftat zum Schutz der persönlichen Freiheit begeht und ihm nicht nach
139 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 02. 2003, BVerwG 1 D 19.02, das im Disziplinarverfahren bei unvollständiger Belehrung einen unvermeidbaren Verbotsirrtum annahm. Hingegen wurde eine völlig fehlende Rechtsausbildung in BVerwG, Urt. v. 11. 06. 1997, BVerwG 2 WD 45/96 = BVerwGE 113, 99, im Disziplinarverfahren nur als mildernder Umstand gewertet; hier bestand jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, qualifizierten Rat einzuholen. 140 Vgl. Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 17 Rn. 18. 141 Joecks, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 17 Rn. 58; Partsch, in: Swinarski/IKRK, Etudes et essais sur le droit international humanitaire et sur les principes de la Croix-Rouge en l’honneur de Jean Pictet, S. 193 (199), wertet den rechtswidrigen Befehl auf der Grundlage einer fehlerhaften Rechtsauskunft im Disziplinarverfahren als „exkulpierenden“ Umstand; a.A. Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 336, die fehlerhafte Rechtsberatung als eigenständigen Entschuldigungsgrund in Betracht zieht, diesen im Ergebnis jedoch ablehnt. 142 Wessels u. a., Strafrecht AT, § 13 Rn. 653. 143 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 17.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
§ 35 Abs. 1 S. 2 StGB zugemutet werden kann, die Gefahr hinzunehmen.144 Ein weiterer Unterschied zwischen den Regelungen besteht insofern, als nach Art. 31 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut die Tötung mehrerer Menschen nicht entschuldbar ist, da der Schaden, den der Täter zur Abwendung der Gefahr zuzufügen beabsichtigt, nicht größer sein darf, als der abgewendete. Allerdings kann in einem solchen Fall auch der entschuldigende Notstand wegen eines groben Missverhältnisses der betroffenen Interessen oder einer berufsbedingten Aufopferungspflicht des Täters eine Berufung auf § 35 StGB versagt sein, so dass der deutsche Gesetzgeber auf eine gesonderte Regelung verzichtete.145 1. Notstandslage Eine Notstandslage besteht nach § 35 Abs. 1 S. 1 StGB bei einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit des Täters, eines Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person. Da § 35 StGB kein Eingriffsrecht und keine damit korrespondierende Duldungspflicht wie § 34 StGB schafft, genügt für die Beurteilung der Gefahr unstreitig die ex ante-Perspektive eines durchschnittlich sachkundigen Beobachters.146 Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr ist wie bei § 34 StGB auszulegen, so dass diesbezüglich auf die obigen Ausführungen verwiesen sei. Sofern Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht zur Rettung ihrer eigenen Rechtsgüter, sondern zur Rettung ihrer Kollegen handeln, ist fraglich, ob diese zum privilegierten Personenkreis der „nahestehenden Personen“ nach § 35 Abs. 1 S. 1 StGB zählen. Nahestehende Personen sind solche, zu denen der Täter dauerhafte, auf Gegenseitigkeit beruhende persönliche Beziehungen pflegt. Erfasst sind demnach insbesondere Freundschaften, feste Liebesbeziehungen oder langjährige Wohngemeinschaften, nicht aber die Beziehung unter Kollegen.147 Kameraden eines Einsatzoder Kampfverbandes werden als nahestehende Personen qualifiziert, da ein solcher Verband eine familienähnliche Gemeinschaft darstellt,148 und sie nach § 12 S. 2 SG verpflichtet sind, „die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen“. Hingegen ist das Verhältnis von Mitarbeitern privater Militärunternehmen untereinander zunächst eine Beziehung zwischen Arbeitskollegen. Allerdings ist vorstellbar, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Einzelfall im Einsatzgebiet untereinander Gemeinschaften bilden, die der Kameradschaft zwischen Soldaten durchaus vergleichbar ist und jedenfalls über ein bloß 144
Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 2 VStGB Rn. 21. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 17. 146 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 35 Rn. 10. 147 Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 567; Müssig, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 35 Rn. 19. 148 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 332. 145
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kollegiales Verhältnis zwischen „gewöhnlichen“ Kollegen hinausgeht, zumal gerade ehemalige Soldaten durch das kameradschaftliche Verhältnis ihrer Zeit in der Armee geprägt sein dürften. Eine gesetzliche Verpflichtung ähnlich § 12 S. 2 SG besteht nicht, könnte jedoch zumindest arbeitsvertraglich vereinbart werden. Im Ergebnis dürfte der Großteil der Mitarbeiter privater Militärunternehmen in einem gewöhnlichen, kollegialen Verhältnis zueinander stehen; im Einzelfall ist aber eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 StGB denkbar, so dass stets eine gesonderte Betrachtung angebracht ist. 2. Notstandshandlung Nach § 35 Abs. 1 S. 1 StGB darf die Gefahr für die aufgezählten Rechtsgüter nicht anders abwendbar sein, d. h. die Notstandshandlung muss erforderlich sein. Erforderlich ist eine Handlung dann, wenn sie geeignet und das relativ mildeste Mittel ist, um die Gefahr abzuwenden.149 Nach dem Zumutbarkeitskriterium des § 35 Abs. 1 S. 2 StGB ist darüber hinaus eine Exkulpation ausgeschlossen, wenn es dem Täter zugemutet werden kann, die Gefahr hinzunehmen. Zumutbar ist die Gefahrenlage insbesondere, wenn der Täter in einem besonderen Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen ihn typischerweise eine erhöhte Gefahrtragungspflicht trifft und er verpflichtet ist, Gefahren von anderen Menschen abzuwenden.150 Für Soldaten im Dienst setzt § 6 WStG das Bestehen einer Gefahrtragungspflicht voraus.151 Die Gefahr ist jedoch auch bei einer solchen Pflicht nur insoweit zumutbar, als es sich um eine für das fragliche Rechtsverhältnis typische Gefahr handelt. Mitarbeiter privater Militärunternehmen fallen nicht unter § 6 WStG. Fraglich ist, ob sie aufgrund eines anderen besonderen Rechtsverhältnisses erhöhte Gefahrtragungspflichten treffen. Mit dem Begriff des besonderen Rechtsverhältnisses sind solche Fälle gemeint, in denen die betreffenden Personen eine Pflichtenstellung gegenüber der Allgemeinheit übernommen haben, auf Grund derer sie eine Gefahr für ihre Person hinnnehmen müssen.152 Auch eine freiwillige Übernahme der besonderen Gefahrtragungspflicht ist möglich, nur bei einseitiger Auferlegung ist eine gesetzliche Regelung erforderlich.153 Daraus folgt, dass die Schutzpflicht auch vertraglich übernommen werden kann. Eine besondere, vertraglich übernommene Schutzpflicht gegenüber der Allgemeinheit ist bei solchen Mitarbeitern privater Militärunternehmen denkbar, die in staatlichem Auftrag agieren und dabei mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet sind, denn öffentlich-rechtliche Eingriffsbefug149
Müssig, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 35 Rn. 27 f. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 759. 151 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 333. 152 Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 576; Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 35 Rn. 22. 153 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 35 Rn. 23. 150
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nisse gehen in der Regel einher mit bestimmten Duldungspflichten.154 In Betracht kommen in bewaffneten Konflikten vor allem solche Mitarbeiter, die Tätigkeiten nachgehen, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten sind. Handelt ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens in Notstandshilfe für eine Sympathieperson nach § 35 Abs. 1 S. 1 StGB, so ist eine Exkulpation nach der Vorschrift nicht möglich, wenn diese ihrerseits besondere Gefahrtragungspflichten treffen.155 Allerdings müssen nur Gefahren für Leib oder Freiheit bestanden werden; eine bewusste Aufopferung der eigenen Existenz kann auch von Personen mit besonderen Gefahrtragungspflichten nicht verlangt werden.156 Damit ist eine Exkulpation nach § 35 Abs. 1 S. 1 StGB für Mitarbeiter privater Militärunternehmen, zu deren Tätigkeit die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zählt, nur möglich, sofern sie sich in Lebensgefahr befinden. Nothilfe für in Lebensgefahr schwebende Kollegen ist wiederum nur dann exkulpiert, wenn diese ihnen nahe stehen. Bestehen keine besonderen Gefahrtragungspflichten, ist eine Notstandshandlung bzw. Notstandshilfe auch dann entschuldigt, wenn eine Gefahr für Leib oder Freiheit droht.
IV. Notwehrexzess, § 2 VStGB i.V.m. § 33 StGB Die Überschreitung der Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken wird nach ganz herrschender Meinung als Entschuldigungsgrund angesehen.157 Das Verhalten des Täters ist nicht strafwürdig, weil zum einen eine Notwehrlage gegeben ist, in der eine erforderliche Verteidigung erlaubt wäre. Zum anderen ist die Fähigkeit des Täters zu normgemäßem Verhalten aufgrund des psychischen Ausnahmezustands herabgesetzt (doppelte Schuldminderung).158 Während § 33 StGB unbestritten den intensiven Notwehrexzess erfasst, also Abwehrhandlungen, die in ihrer Intensität die Grenzen des Erforderlichen überschreiten, ist dies hinsichtlich des extensiven Notwehrexzesses, also einem Überschreiten der zeitlichen oder räumlichen Grenzen der Notwehr, umstritten. Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Ansicht in der Literatur ist § 33 StGB nicht auf den extensiven Notwehrexzess anwendbar, da hier eine Notwehrlage nicht
154
Müssig, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 1, § 35 Rn. 66. Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 35 Rn. 29. 156 Esser/Bettendorf, NStZ 2012, 233 (237); Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 35 Rn. 25. 157 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, § 33 Rn. 1; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 764; Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 33 Rn. 2. 158 Kindhäuser, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch, § 33 Rn. 5; Perron, in: Schönke/ Schröder, Strafgesetzbuch, § 33 Rn. 2. 155
C. Entschuldigungsgründe
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bestehe und dementsprechend das Erfolgsunrecht nicht kompensiert werden könne.159 Unstreitig nicht erfasst von § 33 StGB ist allerdings die Verletzung von Rechtsgütern Unbeteiligter. Da die Schädigung von Personen oder Rechtsgütern, von denen kein Angriff ausgeht, dem Notwehrrecht prinzipiell fremd ist, gilt § 33 StGB nur für solche Fälle, in denen die Person über das zulässige Maß hinaus beeinträchtigt wird, in deren Rechtsgüter bei Einhaltung der notwehrrechtlichen Grenzen eingegriffen werden durfte.160 Damit ist die Vorschrift jedenfalls auf den Beschuss unbeteiligter Zivilpersonen durch Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht anwendbar.161 In subjektiver Hinsicht muss der Täter in einem psychischen Ausnahmezustand handeln, der durch „Verwirrung, Furcht oder Schrecken“ (asthenische Affekte) hervorgerufen wird. Kennzeichnend für den psychischen Ausnahmezustand ist das Gefühl des Bedrohtseins in einem solchen Störungsgrad, dass der Täter das Geschehen nur noch in erheblich reduziertem Maß verarbeiten kann.162 Das IStGH-Statut enthält keine Regelung, wonach ein Täter wegen Notwehrüberschreitung von Strafe freizustellen ist. Allerdings kann eine solche Straffreistellung in Situationen, in denen der Angegriffene aus dem Gefühl der Unterlegenheit heraus überreagiert, als allgemeiner Rechtsgrundsatz nach Art. 38 Abs. 1 lit. c IStGH-Statut identifiziert werden.163 Über die Öffnungsklausel des Art. 31 Abs. 3 i.V.m. Art. 21 IStGH-Statut kann daher auch vor dem IStGH eine Straffreistellung wegen Überschreitung der Notwehr zur Anwendung kommen, deren Ausgestaltung im Einzelnen freilich noch zu erforschen ist.164
159 RGSt 54, 36 (37); BGHSt 27, 336 (339); BGH NStZ 1987, 20; Kindhäuser, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch, § 33 Rn. 10; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 765; nach a.A. sind auch Fälle erfasst, in denen der Täter die zeitlichen Grenzen des Notwehrrechts überdehnt, da es für die individuelle Schuld keinen Unterschied mache, ob sich ein Täter intensiver als erforderlich oder in zeitlicher Hinsicht zu früh oder zu spät verteidige, s. hierzu Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, § 33 Rn. 14; Heinrich, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 586 m.w.N. Differenzierend bejaht eine weitere Ansicht die Anwendbarkeit von § 33 StGB auf den nachzeitig-extensiven Notwehrexzess, s. Wessels u. a., Strafrecht AT, Rn. 669; zustimmend Kindhäuser, in: Kindhäuser u. a., Strafgesetzbuch, § 33 Rn. 11. 160 Erb, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, § 33 Rn. 25. 161 Fälle des „Putativ-Notwehrexzesses“ wiederum, in denen der Täter in einer vermeintlichen Notwehrlage die Grenzen der Notwehr überschreitet, sind über den Erlaubnistatbestandsirrtum oder den unvermeidbaren Verbotsirrtum zu lösen, s. Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 769. 162 Heuchemer, in: von Heintschel-Heinegg, BeckOK/StGB, § 33 Rn. 22; Krey/Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 767. 163 Gerson, ZIS 2015, 67 (73 ff.), der diesbezüglich neben der deutschen die Rechtsordnungen der Schweiz, Österreichs, Frankreichs und das angelsächsische Recht untersucht. 164 Gerson, ZIS 2015, 67 (77 f.).
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
V. Handeln auf Befehl oder Anordnung, § 3 VStGB Fraglich ist ferner, ob Mitarbeiter privater Militärunternehmen nach § 3 VStGB exkulpiert sein können. Nach der Vorschrift handelt ohne Schuld, wer ein Kriegsverbrechen oder ein Vergehen nach §§ 13 und 14 VStGB in Ausführung eines militärischen Befehls oder einer Anordnung mit vergleichbarer tatsächlicher Bindungswirkung begeht, sofern er nicht erkennt, dass der Befehl oder die Anordnung rechtswidrig ist und deren Rechtswidrigkeit auch nicht offensichtlich ist. 1. Systematik § 3 VStGB enthält eine Irrtumsregelung, die speziell den Irrtum des Täters über die Begehung eines Kriegsverbrechens oder eines Vergehens nach §§ 13 oder 14 VStGB regelt. Die Irrtumsregelung des § 3 VStGB entspricht inhaltlich § 5 WStG.165 Nach § 3 VStGB ist der Täter auch bei einem an sich vermeidbaren Verbotsirrtum entschuldigt, sofern sich dem Täter die Strafbarkeit seines Verhaltens nach seinen persönlichen Voraussetzungen und Kenntnissen nicht hätte aufdrängen müssen. Gegenüber § 17 StGB ist § 3 VStGB daher eine spezielle, für den Täter günstigere Irrtumsregelung.166 Wenn § 3 VStGB nicht greift, bleibt § 17 StGB weiter anwendbar. Wie § 22 WStG differenziert § 3 VStGB implizit zwischen verbindlichem und unverbindlichem Befehl. Nach § 22 Abs. 1 WStG ist ein Befehl unverbindlich, wenn durch sein Befolgen eine Straftat begangen oder die Menschenwürde verletzt würde. Ein Soldat, der einen rechtswidrigen, aber verbindlichen Befehl ausführt, ist nach herrschender Meinung gerechtfertigt.167 Ein Befehl, der die Begehung einer Tat nach den §§ 8 – 14 VStGB verlangt, ist unverbindlich, so dass sich § 3 VStGB nur auf den eigentlich unverbindlichen Befehl bezieht.168 Zudem sind auch rechtswidrige Weisungen im Innenverhältnis zwischen einer privatrechtlichen Organisation und dem Weisungsunterworfenen stets unverbindlich. Daher können sie im Außenverhältnis keine rechtfertigende Wirkung für den Untergebenen entfalten.169 Im IStGH-Statut ist das Handeln auf Befehl in Art. 33 IStGH-Statut geregelt. Danach ist ein Befehl für die Tatbegehung grundsätzlich unbeachtlich, es sei denn, der Befehlsempfänger war gegenüber dem Täter gesetzlich verpflichtet, den Anordnungen Folge zu leisten, er wusste nicht, dass die Anordnung rechtswidrig war, 165
Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 3 VStGB Rn. 1. Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 321 Rn. 701. 167 Kühl, Strafrecht AT, S. § 9 Rn. 118d.; Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 3 VStGB Rn. 12. 168 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 18. 169 Hoyer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit innerhalb von Weisungsverhältnissen, S. 26. 166
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und die Anordnung war nicht offensichtlich rechtswidrig. Gem. Art. 33 Abs. 2 IStGH-Statut sind Anordnungen zum Völkermord und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit stets offensichtlich rechtswidrig, so dass sich die Exkulpation ausschließlich auf Kriegsverbrechen bezieht. Damit entsprechen Art. 33 IStGH-Statut sowie § 3 VStGB und § 5 WStG grundsätzlich dem manifest-illegality-Prinzip,170 während bei Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Theorie der absolute liability171 Vorzug gewährt wird.172 2. Befehl Fraglich ist, ob ein Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens Empfänger eines militärischen Befehls nach § 3 Alt. 1 VStGB sein kann. Im deutschen Wehrrecht ist der Begriff des Befehls in § 2 Nr. 2 WStG definiert. Danach ist ein Befehl „eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter (§ 1 Abs. 3 des Soldatengesetzes) einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt“. Militärischer Vorgesetzter nach § 1 Abs. 3 S. 1 SG ist, wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen. Soldat ist nach § 1 Abs. 1 SG nur, wer auf Grund der Wehrpflicht oder freiwilliger Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis steht und mit dem Staat durch gegenseitige Treue verbunden ist. Die Vorgesetztenstellung wird nach § 1 Abs. 3 S. 2 SG durch Rechtsverordnung über die Regelung der militärischen Vorgesetztenverhältnisse vom 4. Juni 1958 (VorgV) bestimmt. Daneben ist nach Art. 65a GG allein die Bundesministerin der Verteidigung militärische Vorgesetzte mit Befehls- und Kommandogewalt ohne Soldateneigenschaft. Nichtmilitärische Vorgesetzte sind hingegen lediglich zur Erteilung dienstlicher Anordnungen oder Weisungen berechtigt. Ein nichtmilitärischer Vorgesetzter kann keine Befehle erteilen.173 Mitarbeiter privater Militärunternehmen können demnach mangels Soldateneigenschaft weder Empfänger noch Geber eines militärischen Befehls nach deutschem Recht sein. Allerdings ist stets das jeweilige nationale Recht ausschlaggebend dafür, wer militärischer Vorgesetzter ist.174 Es ist also nicht auszuschließen, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen Befehlsempfänger i.S.v. § 3 VStG sein können, wenn nach dem Recht des betreffenden Staates zwischen ihnen und ihrem Vorgesetzten ein 170
Danach wird Anordnungen grundsätzlich strafbefreiende Wirkung zugebilligt, jedoch nicht, wenn der Täter die Rechtswidrigkeit der Weisung kannte oder diese offensichtlich rechtswidrig war, Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 320 Rn. 698. 171 Von den Vertretern der absolute-liability-Theorie wird postuliert, dass ein Befehl rechtlich unbeachtlich für die Strafbarkeit des Täters ist. Allenfalls soll dem Handeln auf Befehl die Bedeutung eines Strafmilderungsgrundes zukommen, Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, S. 320 Rn. 699. 172 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 89. 173 Korte, Das Handeln auf Befehl als Strafausschliessungsgrund, S. 103 f. 174 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 3 VStGB Rn. 18.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
rechtlich fundiertes Subordinationsverhältnis besteht. Dies trifft jedenfalls auf diejenigen Fallkonstellationen zu, in denen die Mitarbeiter privater Militärunternehmen formal in die Streitkräfte einer nationalen Armee eingegliedert sind.175 Darüber hinaus besteht ein Subordinationsverhältnis auch in Fällen, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen Anweisungen von militärischen Vorgesetzten Folge leisten. So waren beispielsweise Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens in Abu Ghraib aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Leitung und Kontrolle von Kommandeuren der US-Armee unterstellt.176 Die – wie in DoDI 3020.41 vorgesehene – bloße Überwachung durch einen contracting officer representative, der Beanstandungen des Verhaltens Privater an den zuständigen contracting officer meldet, welcher wiederum das entsprechende Unternehmen anweisen kann, bestimmtes Personal aus der Operation zu entfernen,177 begründet allerdings kein Subordinationsverhältnis zwischen Mitarbeiter und Armeeangehörigem. Da der Grund für die Straffreistellung in § 3 VStGB in dem Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Befehls liegt, genügt die tatsächliche Durchsetzungsmacht eines de-facto-Kommandanten, anders als bei § 4 VStGB, nicht den Anforderungen der Vorschrift.178 Im Fall der Piloten von Executive Outcomes in Sierra Leone, die von ihrem Vorgesetzten die Anweisung erhalten haben sollen, „jeden“ zu töten, ist ein Befehlscharakter der Anweisung denkbar, denn in Sierra Leone sollen die Angestellten des Unternehmens in die Streitkräfte inkorporiert worden sein, so dass sie Teil der Befehlskette waren.179 Allerdings ist der Befehl, jeden zu töten, offensichtlich rechtswidrig, so dass eine Anwendung von § 3 VStGB ausscheiden würde. 3. Anordnung Wenn nicht als Befehlsempfänger, so könnten Mitarbeiter privater Militärunternehmen möglicherweise Empfänger von Anordnungen ziviler Vorgesetzter nach § 3 Alt. 2 VStGB sein, die eine vergleichbare tatsächliche Bindungswirkung wie ein Befehl entfalten. Anders als in Art. 33 Abs. 1 IStGH-Statut, der grundsätzlich nicht zwischen Anordnungen von militärischen und zivilen Vorgesetzten unterscheidet,180 und
175
S. o. Kap. II A. II. 2. a); vgl. Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 139 f. Quirico, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 423 (439 f.). 177 DoDI 3020.41 v. 20. 12. 2011, Enclosure 2 4.d. 178 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 3 Rn. 18. 179 Boldt, GYIL 2004, S. 515. 180 Die Vorschrift lautet: „The fact that a crime within the juristdiction of the Court has been committed by a person pursuant to an order of a Government or of a superior, wheather military or civilian, shall not relieve that person of criminal responsibility, unless (…).“ 176
C. Entschuldigungsgründe
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aufgrund seiner weiten Formulierung nicht unumstritten ist,181 verlangt der deutsche Gesetzgeber von vorneherein bei zivilen Vorgesetzten eine Anordnung von vergleichbarer tatsächlicher Bindungswirkung wie ein Befehl. Maßgeblich für die Vergleichbarkeit mit einem Befehl ist ein hierarchisches Über- Unterordnungsverhältnis, wofür als Beispiel im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum VStGB „das Verhältnis zwischen dem zivilen Gouverneur eines besetzten Gebietes und seinen Untergebenen“ genannt wird.182 Die bloße Weisungsunterworfenheit eines Arbeitnehmers reicht nach dem Gesetzeswortlaut für eine einem Befehl vergleichbare tatsächliche Bindungswirkung nicht aus. Es kommt vielmehr darauf an, ob die normative Erwartung, dass die Anordnung sofort ausgeführt wird, einen solchen Gehorsamsdruck auf den Ausführenden erzeugt, dass er seine Erkenntnismöglichkeit nicht ausnutzt.183 Denn schließlich ist Sinn und Zweck der Privilegierung des irrenden Untergebenen das Interesse an der Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung und Disziplin, die grundsätzlich außerhalb militärischer Zusammenhänge nicht existiert.184 Da § 3 VStGB grundsätzlich das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Befehls bzw. der Anordnung berücksichtigt und damit eine andere Zielrichtung als § 4 VStGB verfolgt, ist auch der Begriff der Anordnung unabhängig vom Begriff des zivilen Vorgesetzten in § 4 VStGB auszulegen. Anordnungen von Vorgesetzten in privaten Militärunternehmen sind im Regelfall „gewöhnliche“ Weisungen zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem, so dass § 3 Alt. 2 VStGB nicht einschlägig ist. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass in Einzelfällen durch Anordnungen ein Gehorsamsdruck erzeugt wird, der dem militärischer Befehle vergleichbar ist. Dies dürfte der Fall sein bei Einheiten, die typischerweise in Kampfhandlungen verwickelt werden können, etwa weil sie militä181
Nach Triffterer, in: Triffterer/Ambos, Rome Statute of the International Criminal Court, Art. 33 Rn. 21 f., und Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I: Foundations and General Part, S. 382, erstreckt sich der Anwendungsbereich der Vorschrift grundsätzlich auch auf Unternehmen, in denen vertraglich eine formale Verpflichtung, Anweisungen Folge zu leisten, etabliert ist. Einschränkend wird von zivilen Vorgesetzten verlangt, dass sie einen Grad an Kontrolle über ihre Untergebenen ausüben, der dem von militärischen Vorgesetzten ähnelt; a.A. Zimmermann, in: Cassese u. a., The Rome statute of the international criminal court, S. 957 (969). Auch Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 150 f., schließt bei privatrechtlichen Verträgen eine „gesetzliche“ Verpflichtung aus und verneint eine Exkulpation für Mitarbeiter privater Militärunternehmen nach Art. 33 IStGH-Statut. Der verbindliche englische Wortlaut von Art. 33 Abs. 1 IStGH-Statut fordert eine „legal obligation“, was anders als in der deutschen Fassung („gesetzlich“) auch mit „rechtlicher Verpflichtung“ übersetzt werden kann. Ablehnend im Rahmen von Art. 31 IStGH-Statut auch Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 169. 182 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches, BT-Drucks. 14/ 8524, S. 18. 183 Weigend, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, § 3 VStGB Rn. 27. Vgl. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I, S. 382. 184 Vgl. Hoyer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit innerhalb von Weisungsverhältnissen, S. 25 ff.
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rische Operationen ausführen. Ohne ein hierarchisches, militärähnliches Subordinationsverhältnis von Befehl und Gehorsam wäre ein Funktionieren solcher Einheiten kaum möglich. Hierzu kann auch die Unternehmenskultur beitragen, in der ehemalige Soldaten gewöhnt sind, in militärischen Strukturen zu arbeiten und Anweisungen von Vorgesetzten gerade in kritischen Situationen zu befolgen.185 Aufgrund arbeitsvertraglicher Maßnahmen wie Kündigung, Gehaltskürzung, Versetzung etc., mit denen die Weigerung, einer Anordnung Folge zu leisten, geahndet werden kann, kann im Einzelfall ein Dilemma für die betroffene Person entstehen, welches jenem von Soldaten vergleichbar ist.186
VI. Zwischenergebnis Im Hinblick auf mögliche Entschuldigungsgründe lässt sich feststellen, dass es durchaus denkbar ist, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Auslandseinsatz einem Erlaubnistatbestandsirrtum erliegen. Allerdings kommt diesem vor allem bei sog. „Straßensperren-Fällen“ in erster Linie hinsichtlich möglicher Straftaten nach dem StGB und nicht nach dem VStGB Bedeutung zu. Der Anwendungsbereich des StGB ist aber im Ausland nur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet. Im Rahmen eines Verbotsirrtums nach § 17 StGB haben Schulungsmaßnahmen im humanitären Völkerrecht ein besonderes Gewicht, da eine fehlerhafte Schulung unter Umständen die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums begründen kann. Eine Entschuldigung wegen Notstands nach § 35 StGB ist möglich, sofern das Leben des Handelnden in Gefahr ist. Anderenfalls kann die Möglichkeit einer Notstandshandlung insbesondere bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen, zu deren Aufgaben die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zählt, wegen besonderer Gefahrtragungspflichten eingeschränkt sein. Das Handeln zugunsten eines Kollegen kann nur dann entschuldigt sein, wenn über ein bloßes Kollegenverhältnis hinaus eine besondere Nähebeziehung besteht; auch hier sind aber besondere Gefahrtragungspflichten des Kollegen, zu dessen Gunsten gehandelt wird, zu berücksichtigen. Eine Entschuldigung nach § 3 VStGB schließlich ist in Einzelfällen möglich, auf den Großteil der Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Auslandseinsatz ist die Vorschrift jedoch nicht anwendbar.
185 Vgl. Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 204. 186 Die Befürchtung, bei einer Weigerung Disziplinarmaßnahmen unterworfen zu werden, ist die Grundlage einer möglichen Straffreistellung, s. Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I, S. 376.
D. Strafverfolgungshindernisse
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D. Strafverfolgungshindernisse Eine Strafverfolgung von Völkerstraftaten ist unzulässig und ein Strafverfahren gegebenenfalls einzustellen, wenn ein Strafverfolgungshindernis besteht.187 Bei Mitarbeitern privater Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt kommen vor allem Immunitäten in Betracht, die als Prozesshindernisse Geltung entfalten können.188 Nach § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Strafgerichtsbarkeit u. a. nicht auf Personen, die nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften, von ihr befreit sind. Aus diesem Verfahrenshindernis folgt ein Verbot jedweder Ermittlungshandlung; Entscheidungen, die die Immunität verletzen, sind nichtig.189
I. Immunität als Angehörige fremder Streitkräfte Es existiert keine völkergewohnheitsrechtliche Regel, wonach Angehörige von Streitkräften ausschließlich der Gerichtsbarkeit des Staates unterliegen, für den sie tätig sind.190 Angehörige fremder Streitkräfte können aber insbesondere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Besatzungsmacht oder aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen Immunität genießen. Fraglich ist, inwieweit Mitarbeiter privater Militärunternehmen von derartigen Exemtionen erfasst sind.
187
Putzke/Scheinfeld, Strafprozessrecht, Rn. 88 ff.; Wessels u. a., Strafrecht AT, § 5 Rn. 210. 188 Ambos, Treatise on international criminal law, Vol. I, S. 410 f.; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1253 ff., 1284, 1294, 1343. Auch im Zivilrecht sind Immunitäten bei Aktivitäten von privaten Militärunternehmen von großer Bedeutung. Im US-amerikanischen Recht wurden in der Vergangenheit Immunitäten gegen Schadensersatzklagen aus dem Federal Tort Claims Act (FTCA) angewendet, so dass das Unternehmen Titan, dessen Übersetzer und Verhörspezialisten in die Straftaten in Abu Ghraib involviert waren, den Opfern keine Entschädigung zahlen musste, s. United States District Court of Columbia, Memorandum Order vom 06. 11. 2007, Ibrahim v. Titan Corp., 391 F Supp 2d 1, abrufbar unter www.ravellaw.com/ opinions/04fa5eaebcf2122cc92c31872c2be866. Entscheidend für die Anwendung des FTCA war, dass die Mitarbeiter von Titan – anders als jene von CACI, die sowohl ihren Firmenvorgesetzten als auch militärischen Vorgesetzten unterstellt waren – nach Ansicht des Gerichts in die militärische Befehlskette eingegliedert waren. Nach 28 USC § 2680 (j) ist „any claim arising out of the combatant activities of the military or naval forces, or the Coast Guard, during time of war“ gegen die Vereinigten Staaten ausgeschlossen. 189 Diemer, in: Hannich, KK/StPO, § 153 f Rn. 3a. 190 Fleck, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 3 (6 f.); Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1031, 1046 f.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
1. Einseitig erlassene Regelungen Möglicherweise können einseitig von einer Besatzungsmacht oder einer Übergangsregierung erlassene Regelungen eine Immunität von Mitarbeitern privater Militärunternehmen begründen. a) Coalition Provisional Authority Order 17 vom 26. Juni 2003 Im Falle einer Okkupation fremden Staatsgebietes durch eine Besatzungsmacht sind Vereinbarungen mit dem besetzten Staat über die Rechtsstellung der Truppen der Besatzungsmacht naturgemäß unwahrscheinlich. Die Staatsorgane des besetzten Staates dürfen nur insoweit Hoheitsgewalt ausüben, als ihnen dies von der Besatzungsmacht gestattet wird. Nach Art. 43 HLKO hat die Besatzungsmacht die „öffentliche Ordnung und das öffentliche Leben wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten“, wobei sie, „soweit kein zwingendes Hindernis besteht“, die Landesgesetze zu beachten hat. Den Begriff des zwingenden Hindernisses verdeutlicht Art. 64 Abs. 1 IV. GA. Danach kann das Strafrecht eines besetzten Gebietes unter anderem dann durch die Besatzungsmacht endgültig oder vorübergehend außer Kraft gesetzt werden, wenn es eine Gefahr für die Sicherheit derselben darstellt.191 Die Exemtion von Angehörigen der Besatzungsmacht von der Strafverfolgung durch Behörden des besetzten Staates gilt zwar nicht aufgrund eines völkergewohnheitsrechtlichen Rechtssatzes,192 sie ist jedoch wegen der Ausübung der obersten Hoheitsgewalt durch die Besatzungsmacht „eine Selbstverständlichkeit“.193 Um eine solche einseitig durch eine Besatzungsmacht verfügte Exemtion handelte es sich bei dem vielfach zitierten Coalition Provisional Authority Order Number 17 – Status of the Coalition, Foreign Liaison Missions, Their Personnel and Contractors (CPA Order 17) vom 26. Juni 2003. Die Vorschrift wurde in Folge der Irak-Invasion durch die USA, das Vereinigte Königreich und die „Koalition der Willigen“ im März 2003 erlassen. In Section 3 (2) ist Folgendes festgelegt: „Coalition contractors and their sub-contractors as well as their employees not normally resident in Iraq, shall be immune from Iraqi Legal Process with respect to acts performed by them within their official activities pursuant to the terms and conditions of a contract between a contractor and Coalition Forces or the CPA and any subcontract thereto.“ Der Begriff „coalition contractors“ wird in Section 1 (5) als „nonIraqi business entities or individuals not normally resident in Iraq supplying goods and/or services to or on behalf of the Coalition Forces or the CPA under contractual 191 S. zur Regelungsbefugnis nach Art. 43 HLKO, Art. 64 IV. GA Dederer, in: Weingärtner, Einsatz der Bundeswehr im Ausland, S. 35 (38 ff.). 192 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1037. 193 Doehring, Völkerrecht, Rn. 692; Lazareff, Status of military forces under current international law, S. 8; Rassel, Strafgerichtsbarkeit über Angehörige der Friedenstruppen in UNgeführten Missionen, S. 66.
D. Strafverfolgungshindernisse
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arrangements“ definiert. Unter „coalition sub-contractors“ versteht man nach Section 1 (6) „non-Iraqi business entities or individuals not normally resident in Iraq supplying goods and/or services to or on behalf of Coalition contractors and in respect of Coalition or CPA activities under contractual arrangements“. Bis zum Außerkrafttreten der Regelung Ende 2007 wurde damit sämtlichen Unternehmensmitarbeitern, deren Arbeitgeber in irgendeiner Form vertraglich mit den Koalitionstruppen verbunden waren, und Subunternehmern funktionale Immunität vor der irakischen Justiz gewährt. Die Regelung wurde auch deshalb heftig kritisiert, weil sie einerseits Fehlverhalten von Privaten außer Reichweite von irakischen Behörden stellt, andererseits aber keine Alternative einer Strafverfolgung durch US-Behörden im Irak schafft.194 Eine Strafverfolgung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach US-amerikanischem Strafrecht war während des Geltungszeitraums von CPA Order 17 mangels Ausnahmen vom strengen Territorialitätsprinzip und mangels Anwendbarkeit der Militärgerichtsbarkeit nicht möglich.195 Nach dem Nisour Square Shooting gelang es den Vereinigten Staaten nicht mehr, die Immunität von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in Verhandlungen mit der irakischen Regierung über das Agreement Between the United States of America and the Republic of Iraq On the Withdrawal of United States Forces from Iraq and the Organization of Their Activities during Their Temporary Presence in Iraq vom 17. November 2008, das bis Ende 2011 wirksam war, durchzusetzen.196 Auch wenn private Militärunternehmen versuchen, die Immunität, die ihnen durch CPA Order 17 verliehen wurde, in Verfahren in den Vereinigten Staaten geltend zu machen,197 so würde eine derartige Regelung einer Besatzungsmacht eines fremden Staatsgebiets vor deutschen (Straf-)Gerichten naturgemäß keinerlei Wirkung entfalten. b) UNMIK Regulation 2000/47 vom 18. August 2000 Die United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) agiert auf der Grundlage einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen198 und stellt im Kosovo eine zivile Übergangsregierung mit dem Ziel, demokratische Institutionen zu errichten und zu stärken. Gleichzeitig wurde mit Ziff. 7 und 9 der Sicherheitsratsresolution die Kosovo Force (KFOR) unter Leitung der NATO ermächtigt, als internationale Militärpräsenz für ein sicheres Umfeld im Kosovo zu 194 Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 168. 195 S. hierzu Frulli, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 448 (458 f.). 196 Art. 12 Abs. 2 der Vereinbarung lautet: „Iraq shall have the primary right to exercise jurisdiction over United States contractors and United States contractor employees.“ S. hierzu Frulli, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 448 (457). 197 Cameron/Chetail, Privatizing war, S. 661 m.w.N. 198 S/RES/1244 vom 10. 06. 1999, Ziff. 10. In Ziff. 11 wird UNMIK mit weitreichenden hoheitlichen Befugnissen ausgestattet.
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sorgen, öffentliche Sicherheit und Ordnung herzustellen und aufrechtzuerhalten, und unter anderem UNMIK zu unterstützen. Ein Status of Forces Agreement (SOFA), das normalerweise auch Regelungen über Immunitäten der Truppen der Entsendestaaten enthält, wurde bei den Verhandlungen zwischen der NATO und der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien nicht geschlossen, um die Autorität von KFOR nicht durch eine solche Vereinbarung mit einem Staat, dessen Oberhaupt Milosˇevic´ vor dem JStGH wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt war, zu untergraben.199 Um den Status von UNMIK und KFOR zu regeln, wurde daher die UNMIK Regulation 2000/47 on the Status, Privileges and Immunities of KFOR and UNMIK and Their Personnel in Kosovo erlassen. Ziff. 4.2 der Vorschrift sieht für Firmenpersonal Folgendes vor: „KFOR contractors, their employees and sub-contractors shall be immune from legal process within Kosovo in respect of acts performed by them within their official activities pursuant to the terms and conditions of a contract between them and KFOR.“ Damit genießen Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die als „contractors“ für KFOR tätig sind, im Kosovo eine funktionale Immunität. Eine vollständige Immunität ratione personae wird in Ziff. 2.4 KFOR-Personal gewährt, nämlich Immunität „from jurisdiction before courts in Kosovo in respect of any administrative, civil or criminal act committed by them in the territory of Kosovo. Such personnel shall be subject to the exclusive jurisdiction of their respective sending States. Außerdem genießt KFOR-Personal Immunität „from any form of arrest or detention other than by persons acting on behalf of their respective sending States. If erroneously detained, they shall be immediately turned over to KFOR authorities.“ KFOR-Personal ist nach Ziff. 1 „all military and civilian personnel of KFOR, such personnel shall be issued a distinctive ID card by or under the authority of the KFOR Force Commander.“ Im Einzelfall können Mitarbeiter privater Militärunternehmen von KFOR als ziviles Personal qualifiziert werden und eine entsprechende Ausweiskarte erhalten.200 Als ziviles KFOR-Personal können beispielsweise Berater einzuordnen sein, vgl. Art. 69 der NATO Civilian Personnel Regulations. UNMIK-Personal hingegen kommt lediglich nach Ziff. 3.3 eine funktionale Immunität zu, wenn es auch umfassend gegen Festnahme und Haft geschützt ist.201 UNMIK-Personal umfasst nach Ziff. 1 „United Nations officials, experts and other 199
Es wurde lediglich ein Military Technical Agreement (MTA) abgeschlossen, in dem man sich auf den Abschluss eines SOFAS „as soon as possible“ einigte, s. Johnson, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 339 (340). Bis heute besteht jedoch kein SOFA für KFOR. 200 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 351. 201 3.3 UNMIK personnel, including locally recruited personnel, shall be immune from legal process in respect of words spoken and all acts performed by them in their official capacity. 3.4 UNMIK personnel shall be immune from any form of arrest or detention. If erroneously detained, they shall be immediately turned over to UNMIK authorities.
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persons assigned to serve in any of the components of UNMIK and holding an ID card, which indicates that the holder is a member of UNMIK, issues by or under the authority of the Special Representative of the Secretary-General.“ Insbesondere als Experten können auch Mitarbeiter privater Militärunternehmen als UNMIK-Personal eingeordnet werden. Grundsätzlich handelt es sich auch bei der Immunität nach UNMIK Regulation 2000/47 nur um eine Immunität vor Gerichten des Aufenthaltsstaates. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist hiervon nicht betroffen. 2. Stationierungsabkommen Stationierungsabkommen bzw. SOFAS werden üblicherweise zwischen einem Truppen stationierenden Staat und dem Aufnahmestaat geschlossen und enthalten Regelungen über die Rechte und Pflichten der beiden Staaten, insbesondere über die Rechtsstellung des entsandten Personals.202 Auch die VN schließen bei Friedenssicherungseinsätzen unterhalb der Schwelle des bewaffneten Konfliktes üblicherweise mit den Aufnahmestaaten Stationierungsabkommen. Ähnliche Inhalte können durch ein Memorandum of Understanding (MoU) oder ein Military Technical Agreement (MTA) vereinbart werden. Da eine Untersuchung sämtlicher Stationierungsabkommen den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werden im Folgenden beispielhaft einige Regelungen besprochen. a) NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 Das NATO-Truppenstatut203 und seine Zusatzvereinbarungen regeln den dienstlichen Aufenthalt von Angehörigen der Streitkräfte von NATO-Staaten im Gebiet der Bundesrepublik.204 Das NTS enthält in Art. VII eine abgestufte Aufteilung der Befugnis zur Ausübung der Strafgerichtsbarkeit zwischen Entsendestaaten und Aufnahmestaat. Relevant für Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnte Art. VII Abs. 1 lit. b NTS sein, wonach „die Behörden des Aufnahmestaates über die Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges und über deren Angehörige in bezug auf die innerhalb des Hoheitsgebietes des Aufnahmestaates begangenen und nach dessen Recht strafbaren Handlungen die Gerichtsbarkeit“ ausüben. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass deutsche Strafverfolgungsbehörden nicht befugt sind, Mitglieder der genannten Personengruppen während ihres dienstlichen Aufenthaltes in Deutschland für Straftaten zu verfolgen, die diese im Ausland begangen haben.205 202
Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 166. 203 BGBl. 1961 II S. 1183, 1190. 204 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1068. 205 Birke, Strafverfolgung nach dem NATO-Truppenstatut, S. 84; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1076 f.
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Zwar wären deutsche Strafverfolgungsbehörden nach § 153 f Abs. 1 StPO verpflichtet, eine Strafverfolgung durchzuführen, wenn sich der Beschuldigte einer Völkerstraftat, für die nach § 1 VStGB das Weltrechtsprinzip gilt, in Deutschland aufhält.206 Jedoch gehen diesbezüglich die Exemtionen nach dem NTS einer nationalen völkerrechtlichen Verfolgungspflicht vor.207 Mitarbeiter privater Militärunternehmen müssten allerdings in den personalen Geltungsbereich der Vorschrift fallen. Da die Inkorporation in die Streitkräfte eines Staates Einzelfallcharakter hat, kommt primär die Qualifizierung als „ziviles Gefolge“ in Frage. Art. I Abs. 1 lit. b NTS bezeichnet als ziviles Gefolge das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften dieser Vertragspartei beschäftigt ist, soweit es sich nicht um Staatenlose handelt oder um Staatsangehörige eines Staates, der nicht Partei des Nordatlantikvertrages ist, oder um Staatsangehörige des Staates, in welchem die Truppe stationiert ist, oder um Personen, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der Begriff ist mithin nicht identisch mit dem des zivilen Gefolges nach Art. 4 A Abs. IV III. GA.208 Mitarbeiter privater Militärunternehmen sind in der Regel nicht direkt bei den Streitkräften angestellt, sondern bei einem Unternehmen, das wiederum einen Vertrag über die Übernahme bestimmter Aufgaben mit den Streitkräften geschlossen hat. Mangels Beschäftigung bei den Streitkräften können sie daher nicht als ziviles Gefolge im Sinn von Art. I Abs. 1 lit. b NTS eingeordnet werden.209 Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnten jedoch nach Art. 73 S. 1 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (NTS-ZA) als technische Fachkräfte wie Mitglieder des zivilen Gefolges angesehen und behandelt werden, sofern sie nicht nach Art. 73 S. 2 NTS-ZA Staatenlose, Angehörige eines Staates, der nicht Partei des Nordatlantikvertrages ist, Deutsche oder Personen sind, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der Begriff der „technischen Fachkraft“ wird in der Bekanntmachung der deutsch-amerikanischen Vereinbarung über die Auslegung und Anwendung des Artikels 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und des Außerkraft-
206
S. o. Kap. III B. I. Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1079 f., führt als Begründung unter anderem Art. 98 Abs. 2 IStGH-Statut an, da die Verpflichtung von Staaten aus völkerrechtlichen Übereinkünften, Personen nicht zu überstellen, selbst bei völkerrechtlichen Verbrechen gelte. 208 S. o. Kap. II A. III. 1. In anderen SOFAS ist es für die Mitgliedschaft in der zivilen Komponente der Streitkräfte nicht erforderlich, dass die betreffende Person bei den Streitkräften angestellt ist, vgl. Conderman, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 99 (106.) 209 Conderman, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 99 (107 f.); Lazareff, Status of military forces under current international law, S. 90.; Ratton, Contractor Support to Military Operations: Host Nation Legal Barriers to Mission Accomplishment, S. 18. 207
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tretens der Vorgängervereinbarung vom 13. Juli 1995 definiert.210 Nach Punkt 1. der Vereinbarung sind technische Fachkräfte Personen, die über ein „hohes Maß an Fachkenntnissen oder Fähigkeiten zur Erfüllung komplexer Aufgaben militärtechnischer Natur verfügen, die sich von routinemäßigen geistigen, manuellen oder körperlichen Tätigkeiten unterscheiden. Die Fähigkeiten müssen durch höhere schulische Ausbildung oder langjährige, berufsspezifische Ausbildung oder Berufserfahrung erworben worden sein.“ Als Beispiel nennt die Vereinbarung in Punkt 1. lit. b ee) unter anderem „Techniker, die Verantwortung für die Wartung von Fluggeräten, Kampffahrzeugen und Waffensystemen haben und die Kenntnisse in bezug auf den Einsatz dieser Geräte in Kampfsituationen anwenden müssen.“ Personen, die routinemäßige Instandsetzungs- und Wartungsaufgaben ausführen, sind nicht erfasst. Hingegen gelten nach Punkt 1. lit. b cc) Topmanager und unmittelbar Nachgeordnete Manager in technischen Bereichen, nach Punkt 1. lit. b ff) auch ehemalige Offiziere, deren Kenntnisse und Fähigkeiten auf militärtechnischem Gebiet zusätzlich zu ihren anderen technischen Fähigkeiten erforderlich sind, sowie in bestimmten Fällen auch ehemalige Unteroffiziere, als technische Fachkräfte.211 Im Ergebnis wird die beschriebene Exemtion für ziviles Gefolge nach Art. VII Abs. 1 lit. b NTS durch Art. 73 S. 1 NTS-ZA auf einen großen Teil von Mitarbeitern 210
BGBl. 1998 Teil II, 1165 (1166 ff.). Punkt 1 b) der Vereinbarung lautet: „Beispiele für Personen, die technische Fachkräfte im Sinne des Artikels 73 Satz 1 ZA-NTS sind: aa) Techniker von Firmen, von denen Waffensysteme, militärische Führungssysteme, für die Verteidigung konzipierte Kommunikationssysteme und Systeme für den militärischen Nachrichtendienst gekauft worden sind, wenn diese Techniker mit der erstmaligen Einführung, dem Testen, der Ausbildung an oder der Reparatur solcher Geräte oder Systeme unter Garantiebedingungen befaßt sind. Dies gilt nicht für routinemäßige Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten; bb) Techniker, die für komplizierte Reparaturen, komplizierte Umbauten von Geräten und Geräteteilen oder für eine komplizierte Verwendung von Geräten in noch nie dagewesenen Situationen verantwortlich sind, wenn diese Techniker spezielle Fachkenntnisse besitzen, die über die im Rahmen einer normalen Berufsausbildung vermittelten Kenntnisse deutlich hinausgehen; cc) Der Topmanager, der im Rahmen einer Vertrages tätig ist, der im wesentlichen den Einsatz von technischen Fachkräften im Sinne des Artikels 73 ZA-NTS beinhaltet, und diejenigen unmittelbar nachgeordneten Manager, die für technische Aufgabenbereiche im Unterschied zu Verwaltungsaufgaben verantwortlich sind; dd) Computer-Software-Entwickler; ee) Techniker, die Verantwortung für die Wartung von Fluggeräten, Kampffahrzeugen und Waffensystemen haben und die Kenntnisse in bezug auf den Einsatz dieser Geräte in Kampfsituationen anwenden müssen. Dies gilt nicht für routinemäßige Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten; ff) Ehemalige Offiziere, deren Kenntnisse und Fähigkeiten auf militärtechnischem Gebiet für die Ausübung ihrer Arbeit zusätzlich zu ihren anderen technischen Fähigkeiten erforderlich sind. Ausnahmsweise gilt dies auch für ehemalige Unteroffiziere, die unter militärischen Übungsbedingungen an Geräten, die zur Simulation von Kampfsituationen eingesetzt werden, eng mit Soldaten zusammenarbeiten.“ 211
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privater Militärunternehmen ausgedehnt. Ein Mitarbeiter, der als technische Fachkraft klassifiziert werden kann, kann daher für Straftaten nach dem VStGB, die er im Ausland begangen hat, während eines dienstlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik nicht von deutschen Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden. Bei einem privaten Aufenthalt in Deutschland hingegen wäre eine Strafverfolgung möglich, da dann ziviles Gefolge keine Immunität nach Art. VII Abs. 1 lit. b NTS genießt.212 b) Dayton Agreement Appendix B zu Annex 1-A Um ein weiteres NATO-SOFA handelt es sich beim Agreement between the Republic of Bosnia and Herzegovina and the North Atlantic Treaty Organization Concerning the Status of NATO and its Personnel, das als Appendix B zu Annex1-A der Friedensverträge von Dayton im November 1995 vereinbart wurde. Die Vereinbarung fand ursprünglich auf IFOR (Implementation Force)-Truppen Anwendung, deren Rechtsnachfolger die NATO-geführte Operation SFOR (Stabilisation Force) war. Seit Beendigung von SFOR 2004 wird die EU-Mission EUFOR Althea in Bosnien-Herzegovina durchgeführt.213 Der Sicherheitsrat der VN entschied in Resolution 1551 vom 9. Juli 2004, dass Appendix B zu Annex 1-A des Dayton Agreements provisorisch auf die Operation Althea als Rechtsnachfolgerin von SFOR anzuwenden ist.214 Nach Ziff. 7 des Abkommens unterliegt „NATO military personnel“ ausschließlich und zu jeder Zeit der Strafgerichtsbarkeit ihres Entsendestaates. Ziff. 8 gewährte „NATO personnel“ als „experts on mission“ Immunität von Verhaftung oder Haft.215 Unter „NATO personnel“ versteht Ziff. 1 des SOFA das zivile und militärische Personal der NATO mit Ausnahme der Ortskräfte. Da die Stationierung der IFOR-Truppen rein taktischer Natur war und nur Personal umfasste, das in die militärische Operation eingebunden war, handelt es sich grundsätzlich um einen engeren Begriff als im NTS.216 Mitarbeiter privater Unternehmen sind grundsätzlich nicht von der Vereinbarung erfasst, was Vertreter der NATO veranlasste, in späteren
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Vgl. Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1077 f. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 351 f. 214 Sari, EJIL 2008, 67 (74). 215 „7. NATO military personnel under all circumstances and at all times shall be subject to the exclusive jurisdiction of their respective national elements in respect of any criminal or disciplinary offenses which may be committed by them in the Republic of Bosnia and Herzegovina. NATO and the authorities of the Republic of Bosnia and Herzegovina shall assist each other in the exercise of their respective jurisdictions. 8. As experts on mission, NATO personnel shall be immune from personal arrest or detention. NATO personnel mistakenly arrested or detained shall immediately be turned over to NATO authorities.“ 216 Anderson/Burkhardt, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 51 (60). 213
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Einzelvereinbarungen mit Balkanstaaten auch Personal von Dienstleistern der NATO in die Definition des NATO-Personals mit einzuschließen.217 Als Vereinbarung zwischen der NATO und dem Empfangsstaat Bosnien-Herzegovina kommt der Regelung vor deutschen Strafgerichten keine Wirkung zu. c) Annex A zum ISAF MTA vom 4. Januar 2002 Während der NATO-Mission ISAF in Afghanistan galt das zwischen Afghanistan und der ISAF vereinbarte Military Technical Agreement between the International Security Assistance Force (ISAF) and the Interim Administration of Afghanistan (Interim Administration). In Annex A Arrangements Regarding The Status Of The International Security Assistance Force, Section 1 Nr. 1 und 3218 wird auch dem Unterstützungspersonal von ISAF und somit auch Unternehmensmitarbeitern, die von ISAF oder truppenstellenden Staaten beauftragt sind, Immunität von der afghanischen Gerichtsbarkeit gewährt.219 Mit dem Ende der ISAF-Mission ist das MTA außer Kraft getreten. d) Agreement between the North Atlantic Treaty Organization and the Islamic Republic of Afghanistan on the Status of NATO Forces and NATO personnel conducting mutually agreed NATO-led activities in Afghanistan vom 30. September 2014 In der Nachfolgemission von ISAF, der am 1. Januar 2015 gestarteten Resolute Support Mission, wurde die Freiheit von Strafverfolgung durch afghanische Behörden für Unterstützungspersonal der Mission deutlich eingeschränkt. Art. 11 der 217
Anderson/Burkhardt, in: Fleck, The handbook of the law of visiting forces, S. 51 (60), nennen diesbezüglich Ziff. 1 der Vereinbarung durch Briefwechsel zwischen der NATO und Albanien vom 24. Juni 1999, wonach NATO-Personal „military, civilian and contractor personnel assigned or attached to or employed by NATO, including military, civilian and contractor personnel from non-NATO states participating in Operation“ umfasst. 218 „SECTION 1: JURISDICTION 1. The provisions of the Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations of 13 February 1946 concerning experts on mission will apply mutatis mutandis to the ISAF and supporting personnel, including associated liaison personnel. […] 2. The ISAF and supporting personnel, including associated liaison personnel, will under all circumstances and at all times be subject to the exclusive jurisdiction of their respective national elements in respect of any criminal or disciplinary offences which may be committed by them on the territory of Afghanistan. The Interim Administration will assist the ISAF contributing nations in the exercise of their respective jurisdictions. 3. The ISAF and supporting personnel, including associated liaison personnel, will be immune from personal arrest or detention. ISAF and supporting personnel, including associated liaison personnel, mistakenly arrested or detained will be immediately handed over to ISAF authorities.“ 219 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 350.
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Vereinbarung differenziert zwischen NATO-Truppenmitgliedern, Mitgliedern der zivilen Komponente der Mission, und Mitarbeitern von privaten Auftragnehmern der NATO. Während Mitglieder der zivilen Komponente nach Art. 11 Abs. 1 allein der Strafverfolgung durch den Entsendestaat oder ihren Heimatstaat unterliegen und Immunität vor afghanischen Behörden genießen, behält sich nach Art. 11 Abs. 5 der afghanische Staat das Recht der Strafverfolgung bei Mitarbeitern von „NATO Contractors“ und „NATO Contractor Employees“ vor.220 Nach Art. 1 Abs. 6 der Vereinbarung ist unter „Member of the Civilian Component” jede Person zu verstehen, die „employed or engaged by the NATO Member States or Operational Partners operating under NATO command and control arrangements, in support of, or associated with, mutually agreed NATO-led activities“ ist, und die keine Angehörige der Streitkräfte sowie keine Ortskraft ist. Da Mitarbeiter privater Militärunternehmen in der Regel nur über ihren Arbeitgeber einen mittelbaren NATO-Bezug aufweisen, fallen sie grundsätzlich unter den Begriff des „NATO Contracor Employees“ nach Art. 1 Abs. 9 und 8 der Vereinbarung221 und sind damit nach Art. 1 Abs. 5 nicht von der afghanischen Gerichtsbarkeit ausgenommen. 220 „ARTICLE 11 @ Status of Personnel 1. Afghanistan, while retaining its sovereignty, recognizes the particular importance of disciplinary control, including judicial and non-judicial measures, by NATO Forces Authorities over Members of the Force and Members of the Civilian Component and NATO Personnel. Afghanistan therefore agrees that the State to which the Member of the Force or Members of the Civilian Component concerned belongs, or the State of which the person is a national, as appropriate, shall have the exclusive right to exercise jurisdiction over such persons in respect of any criminal or civil offenses committed in the territory of Afghanistan. Afghanistan authorizes such States to hold trial in such cases, or take other disciplinary action, as appropriate, in the territory of Afghanistan. 2. If requested by Afghanistan, NATO shall inform Afghanistan of the status of any criminal proceedings regarding offenses allegedly committed in Afghanistan by the Members of the Force or Members of the Civilian Component or by NATO Personnel involving Afghan nationals, including the final disposition of the investigations or prosecution. If so requested, NATO shall also undertake efforts to permit and facilitate the attendance and observation of such proceedings by representatives of Afghanistan. 3. In the interests of justice, the Parties shall assist each other in investigation of incidents, including the collection of evidence. In investigating offenses, NATO Forces Authorities shall take into account any report of investigations by Afghan authorities. 4. NATO recognizes the critical role that Afghan law enforcement officials play in the enforcement of Afghan law and order and the protection of the Afghan people. Relevant Afghan authorities shall immediately notify NATO Forces Authorities if they suspect a Member of the Force or a Member of the Civilian Component or NATO Personnel is engaged in the commission of a crime so that NATO Forces Authorities can take immediate action. Members of the Force and Members of the Civilian Component and NATO Personnel shall not be arrested or detained by Afghan authorities. Members of the Force and Members of the Civilian Component and NATO Personnel arrested or detained by Afghan authorities for any reason, including by Afghan law enforcement authorities, shall be immediately handed over to the appropriate NATO Forces Authorities. 5. Afghanistan maintains the right to exercise jurisdiction over NATO Contractors and NATO Contractor Employees.“ 221 „ARTICLE 1 – Definitions
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e) UN Model Status-of-Forces-Agreement for Peace-Keeping-Operations vom 9. Oktober 1990 Das UN Model Status-of-Forces-Agreement for Peace-Keeping-Operations vom 9. Oktober 1990222 dient als Modellabkommen für Peacekeeping-Einsätze. Es enthält keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechtsstellung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen. Vielmehr sieht es unter Ziff. 3 vor, dass das Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946223 auf die betreffende Peacekeeping-Operation anwendbar ist. Für die Mitglieder der Peacekeeping-Operation, inklusive der Ortskräfte, ist nach Ziff. 46 des UN Model SOFA eine funktionale Immunität vor der Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaates vorgesehen.224 Während nur militärische Mitglieder der Streitkräfte ausschließlich der Gerichtsbarkeit ihres Heimatstaates unterliegen, soll bei den Mitgliedern der zivilen Komponente der zuständige Sonderbeauftragte oder Kommandeur ergänzend ermitteln und dann mit der Regierung des Aufnahmestaates eine Vereinbarung über die strafrechtliche Verfolgung treffen.225 Eine Definition des Begriffs „member of the United Nations peacekeeping-operation“ enthält das Dokument nicht. Aus Ziff. 46 und 47 UN Model SOFA geht hervor, dass die Mitglieder grundsätzlich in zwei Kategorien eingeteilt werden, nämlich Mitglieder der militärischen Komponente und Mitglieder der zivilen Komponente. Nach Ziff. 25 UN […] 8. ,NATO Contractors‘ means persons and legal entities who are supplying goods and services in Afghanistan to or on behalf of NATO Forces under a contract or subcontract with or in support of NATO, NATO Member States, or Operational Partners. 9. ,NATO Contractor Employees‘ means the employees of NATO Contractors.“ 222 UN Doc A/45/594. 223 BGBl. 1980 II S. 941. 224 A/45/594, 9. 10. 1990, Model status-of-forces agreement for peace-keeping operations, Annex IV. Nr. 46: „All members of the United Nations peace-keeping operation including locally recruited personnel shall be immune from legal process in respects of words spoken or written and all acts performed by them in their official capacity. Such immunity shall continue even after they cease to be members of or employed by the United Nations peace-keeping operation and after the expiration of the other provisions of the present Agreement.“ 225 A/45/594, 9. 10. 1990, Model status-of-forces agreement for peace-keeping operations, Annex IV. Nr. 47: „Should the Government consider that any member of the United Nations peace-keeping operation has committed a criminal offence, it shall promptly inform the Special Representative/Commander and present to him any evidence available to it. Subject to the provisions of paragraph 24: a) If the accused person is a member of the civilian component or a civilian member of the military component, the Special Representative/Commander shall conduct any necessary supplementary inquiry and then agree with the Government whether or not criminal proceedings should be instituted. Failing such agreement, the question shall be resolved as in paragraph 53 of the present Agreement. (b) Military members of the military component of the United Nations peace-keeping operation shall be subject to the exclusive jurisdiction of their respective participating states in respect of any criminal offences which may be committed by them in [host country/territory].“
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Model SOFA umfasst die zivile Komponente Mitglieder des Sekretariats der Vereinten Nationen, sowie nach Ziff. 26 die „experts on mission“ – d. h. Militärbeobachter, die Zivilpolizei der VN, sowie ziviles Personal das nicht bereits Personal der Vereinten Nationen ist. Der militärischen Komponente wird nach Ziff. 27 UN Model SOFA militärisches Personal der nationalen Kontingente zugeordnet, so dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die nicht in die Streitkräfte eines Staates eingegliedert sind, nicht Teil der militärischen Komponente sein können. Als Angestellte von privaten Unternehmen sind Mitarbeiter privater Militärunternehmen darüber hinaus grundsätzlich auch nicht Mitglieder der zivilen Komponente einer Peacekeeping-Operation.226 f) EU Model SOFA vom 23. Mai 2005 Auch die EU schließt mit den jeweiligen Aufnahmestaaten Stationierungsabkommen, sofern sie VN-mandatierte militärische Operationen außerhalb der EU realisiert. Diese basieren auf dem Entwurf des EU Model SOFA227 vom 23. Mai 2005.228 In Art. 6 Abs. 3 des EU Model SOFA wird dem EUFOR-Personal umfassende Immunität hinsichtlich der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaates gewährt.229 Art. 1 Abs. 3 des EU Model SOFA definiert EUFOR-Personal als „the civilian and military personnel assigned to EUFOR as well as personnel deployed for the preparation of the operation and personnel on mission for a Sending State or an EU institution in the framework of the operation, present, except as otherwise provided in this Agreement, within the territory of the Host State, with the exception of personnel employed locally and personnel employed by international commercial contractors“. Mitarbeiter von Unternehmen werden also ausdrücklich vom EUFORPersonal ausgenommen und genießen keine Immunität. Dies wird auch in spezifischen SOFAS in der Praxis so gehandhabt, beispielsweise im Abkommen zwischen der EU und Gabun über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte im Rahmen der Operation EUFOR RD Congo.230 226
Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (335 f.). Council Doc 8720/05, Draft Model Agreement on the status of the European Union-led forces between the European Union and a Host State vom 18. Mai 2005; der Entwurf wurde 2007 überarbeitet, wobei die Regelungen zur Strafgerichtsbarkeit unverändert blieben, s. Council Doc 11894/07 vom 20. 07. 2007. 228 Sari, EJIL 2008, 67 (75); vgl. Voetelink, Status of Forces, S. 72. 229 „Article 6 Privileges and immunities of EUFOR personnel granted by the Host State 1. EUFOR personnel shall not be liable to any form of arrest or detention. […] 2. EUFOR personnel shall enjoy immunity from the criminal jurisdiction of the host state under all circumstances. The immunity from criminal jurisdiction of EUFOR personnel may be waived by the Sending State or EU institution concerned, as the case may be. Such waiver must always be express.“ 230 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 350 Fn. 103. 227
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II. Immunität als Funktionsträger internationaler Organisationen bei multinationalen Streitkräfteeinsätzen Funktionsträger internationaler Organisationen genießen in der Regel Immunität ratione materiae in den Mitgliedstaaten der jeweiligen Organisation für Handlungen, die sie in ihrer amtlichen Eigenschaft in Wahrnehmung von Aufgaben der Organisation ausführen.231 Rechtsgrund der Exemtion von Funktionsträgern internationaler Organisationen als partielle Völkerrechtssubjekte von der Strafgewalt der Mitgliedstaaten ist @ anders als bei der Staatenimmunität, die sich auf den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten stützt @ die Gewährleistung der unbeeinträchtigten und unbeeinflussten Aufgabenwahrnehmung der Organisation.232 Im Gegensatz zur Staatenimmunität kennt die Immunität im Bereich internationaler Organisationen auch keine Ausnahmen von der Immunität im Bereich von Völkerstraftaten, denn da sie die Funktionsfähigkeit der internationalen Organisation schützen soll, reicht ihr Schutzbereich deutlich weiter als jener der Staatenimmunität.233 Allerdings ist die Möglichkeit, die Immunität bei schweren Straftaten aufzuheben, in der Regel vertraglich festgeschrieben. Fraglich ist, ob Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die im Auftrag einer internationalen Organisation tätig sind, als Funktionsträger der jeweiligen Organisation angesehen werden können und deshalb funktionelle Immunität vor nationaler Strafverfolgung genießen. Dies könnte sich aus Völkervertragsrecht oder aus Völkergewohnheitrecht ergeben. 1. Völkervertragsrecht Steht das private Militärunternehmen in einem Vertragsverhältnis mit den VN, so kommen die Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations sowie die Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel als relevante völkervertragsrechtliche Regelungen in Betracht. a) Convention on the Privileges and Immunities of the United Nations vom 13. Februar 1946 Die Konvention über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen (UNCPI)234 wurde in Erfüllung von Art. 105 Abs. 3 SVN durch die Generalversammlung verabschiedet. In ihr wird die Anwendung von Art. 105 Abs. 1 und Abs. 2 231
Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 864. Ipsen, Völkerrecht, § 31 Rn. 31; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 902 m.w.N.; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, Rn. 1901. 233 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 911. 234 BGBl. 1980 II, S. 941. 232
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SVN näher geregelt, wonach die VN sowie Vertreter ihrer Mitglieder und Bedienstete der Organisation die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Vorrechte und Immunitäten genießen.235 Diese Immunität ist nicht räumlich auf den jeweiligen Sitzstaat der Organisation begrenzt, sondern sie gilt in sämtlichen Mitgliedstaaten.236 Nach Art. V UNCPI genießen „officials“ der VN funktionale Immunität. Den Begriff der „officials“ hat der Generalsekretär der VN nach Art. V Section 17 UNCPI mit Billigung der Generalversammlung näher definiert als „all members of the staff of the United Nations, with the exception of those who are recruited locally and are assigned to hourly rates.“237 Als örtlich rekrutiertes Personal werden insbesondere Mitglieder nationaler Kontingente von VN-Peacekeeping-Missionen betrachtet, so dass auf diese die Vorrechte und Immunitäten der UNCPI nur durch ausdrückliche Verweisung in spezifischen SOFAS angewendet werden können.238 Zwar sind private Militärunternehmen im Regelfall multinationale Unternehmen, die ihre Mitarbeiter global rekrutieren, so dass eine örtliche Rekrutierung häufig nicht vorliegen wird. Jedoch ist der einzelne Mitarbeiter durch Arbeitsvertrag grundsätzlich allein mit seinem Arbeitgeber verbunden, nicht aber mit den VN. Daher sind Mitarbeiter privater Militärunternehmen grundsätzlich kein Personal der VN. Möglicherweise sind Mitarbeiter privater Militärunternehmen aber als „experts on mission“ zu klassifizieren, die nach Art. VI UNCPI ebenfalls funktionale Immunität genießen. Hierzu hat das UN Office of Legal Affairs (UNOLA) Stellung bezogen und die Sachverständigeneigenschaft im Sinn von Art. VI UNCPI von privaten Auftragnehmern im Rahmen von Peacekeeping-Operationen verneint, da diese kommerzieller Natur seien und nicht den vom IGH in einer einschlägigen Advisory Opinion239 beschriebenen Tätigkeiten wie Mediation, Vorbereiten von Berichten, Studien, Untersuchungen und Sachverhaltsaufklärung nachgingen.240
235 Ist ein Staat der Konvention nicht beigetreten, so muss er aufgrund seiner Verpflichtung aus Art. 105 Abs. 1 und 2 SVN dennoch gleichrangige Immunitäten und Vorrechte gewähren, s. Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 351; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 1129. 236 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 915. 237 Resolution der Generalversammlung vom 07. 12. 1946, Privileges and Immunities of the Staff of the Secretariat of the United Nations, A/RES/76 (I). 238 Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (329 f.). 239 IGH Advisory Opinion vom 15. 12. 1989, ICJ Reports 1989, 177 (194). 240 UN Juridical Yearbook 1995, 407 (407 f.). Kritisch hierzu Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (331), der mit einer Vergleichbarkeit zu Sicherheitsbediensteten der VN argumentiert, die als „experts on mission“ eingestuft werden.
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b) Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel vom 9. Dezember 1994 Das Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der VN und beigeordnetem Personal (UNCSAP)241 hat zum Ziel, Übergriffe auf VN-Personal zu verhindern. Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnten unter den Begriff des „associated personnel“ subsumierbar sein. Insbesondere könnte Art. 1 lit. b) (i) oder (ii) UNCSAP einschlägig sein.242 Danach bedeutet beigeordnetes Personal „Personen, die von einer Regierung oder zwischenstaatlichen Organisation mit Zustimmung des zuständigen Organs der Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt werden“ (i), sowie „Personen, die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen oder von einer Sonderorganisation oder der Internationalen Atomenergie-Organisation beschäftigt werden“ (ii). Während Alternative (ii) wiederum nur für direkt bei den genannten Organisationen beschäftigte Auftragnehmer in Betracht kommt, nennt die erste Alternative kein Erfordernis einer direkten Beschäftigung bei der zur Verfügung stellenden Regierung oder zwischenstaatlichen Organisation, so dass eine Anwendung auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht ausgeschlossen ist. Damit ist der personale Anwendungsbereich der Konvention zwar grundsätzlich weiter als jener der UNCPI, er wird jedoch ratione materiae durch Art. 2 Abs. 2 UNCSAP insofern eingeschränkt, als das Übereinkommen keine Anwendung findet auf Einsätze im Rahmen von Zwangsmaßnahmen nach Kap. VII SVN, bei denen Angehörige des Personals Kombattantenstatus haben und das Recht des internationalen bewaffneten Konfliktes angewendet wird. Aufgrund dieser Restriktion ist die Anwendung des Übereinkommens auf den Großteil der Peacekeeping-Einsätze, die fast immer nach Kapitel VII SVN autorisiert werden, ausgeschlossen.243 Zudem muss es sich nach Art. 1 lit. c UNCSAP um einen Einsatz der VN handeln, der der Wiederherstellung oder Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dient, und der Sicherheitsrat oder die Generalversammlung muss ein außergewöhnliches Risiko für das am Einsatz teilnehmende Personal festgestellt haben. Darüber hinaus gewährt die UNCSAP keine unmittelbar wirkende Immunität für Personal der VN und beigeordnetes Personal, sondern sie sieht in Art. 4 lediglich vor, dass der Gaststaat und die VN so bald wie möglich eine Vereinbarung über den Status der VN und des gesamten am Einsatz beteilgten Personals, insbesondere über die Vorrechte und Immunitäten der militärischen und polizeilichen Bestandteile des Einsatzes schließen. Zwar darf nach Art. 8 S. 1 UNCSAP das Personal der VN im Falle der Gefangennahme oder Inhaftierung nicht befragt und muss umgehend freigelassen werden. Die Vorschrift hat aber nicht zum Ziel, faktische Immunität zu 241
BGBl. 1997 II S. 230. Vgl. Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (337 Fn. 115). 243 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 354; Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (338); Worster, MLLWR 2008, 279 (343). 242
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schaffen, sondern bezweckt, Übergriffe auf bzw. Geiselnahmen von VN-Personal zu verhindern.244 Daher kommt der UNCSAP im Hinblick auf die Strafbarkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in der Praxis keine Bedeutung zu. 2. Gewohnheitsrecht Auch aus Völkergewohnheitsrecht könnte sich die Immunität des einzelnen Firmenmitarbeiters ratione materiae ergeben, wenn sein Handeln einer internationalen Organisation zurechenbar ist, die vor nationalen Gerichten Immunität genießt. Fraglich ist zunächst, ob überhaupt ein entsprechender völkergewohnheitsrechtlicher Rechtssatz dahingehend, dass eine Exemtion internationaler Organisationen und ihrer Funktionsträger von nationaler Strafverfolgung besteht, existiert. a) Völkerrechtspersönlichkeit internationaler Organisationen Einigkeit im Schrifttum besteht zunächst darüber, dass internationale Organisationen Völkerrechtssubjekte sind.245 Internationale Organisationen sind durch völkerrechtliche Verträge gegründete, auf Dauer ausgerichtete, mitgliedschaftlich strukturierte Zusammenschlüsse von mindestens zwei Völkerrechtssubjekten, die über eigene Organe und über einen eigenen Willen verfügen und Aufgaben wahrnehmen, die einem gemeinsamen, völkerrechtlich erlaubten Ziel dienen.246 Die – vom Willen der Gründungsstaaten abgeleitete, „gekorene“ @ Völkerrechtssubjektivität besteht allerdings nur relativ gegenüber den Mitgliedstaaten und jenen, die die Organisation anerkannt haben,247 und ist darüber hinaus nach der Lehre der implied powers partieller Natur, d. h. auf das für die Durchführung der Aufgaben und Erreichung der Ziele der Organisation erforderliche Maß beschränkt.248 Die EU, die VN
244 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 353 f. 245 Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, Rn. 0303. 246 Doehring, Völkerrecht, § 2 Rn. 200 ff.; Ipsen, Völkerrecht, § 6 Rn. 2 ff.; Kempen/ Hillgruber, Völkerrecht, § 5 Rn. 45 ff.; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, Rn. 0105. 247 Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 5 Rn. 1143. Aufgrund der Universalität ihrer Mitgliedstaaten sind die VN die einzige internationale Organisation, der eine objektive Völkerrechtspersönlichkeit unabhängig von ihrer Anerkennung zukommt, s. IGH, Gutachten v. 11. 04. 1949, Reparations for injuries, ICJ Reports 1949, 174 (184 f.); vgl. von Arnauld, Völkerrecht, § 2 Rn. 135; a.A. Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 6 Rn. 48. 248 Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 5 Rn. 48 ff.
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sowie die NATO als internationale Organisationen, die Streitkräfteeinsätze durchführen, verfügen über Völkerrechtspersönlichkeit.249 b) Immunität internationaler Organisationen, ihrer Funktionsträger und Staatenvertreter Umstritten ist jedoch, ob internationalen Organisationen und ihren Funktionsträgern nach Völkergewohnheitsrecht zumindest in den Mitgliedstaaten der Organisation Immunität von nationaler Strafverfolgung zukommt.250 Befürworter eines solchen völkergewohnheitsrechtlichen Rechtssatzes argumentieren vor allem damit, dass jedenfalls in den Mitgliedstaaten einer internationalen Organisation deren Immunität ratione materiae und diejenige ihrer Funktionsträger für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich sei.251 Dagegen wird eingewendet, es fehle für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht jedenfalls an der Überzeugung der Staaten von der Rechtsverbindlichkeit einer solchen außervertraglichen Norm.252 Denn zum einen zeige die Existenz detaillierter völkervertraglicher Regelungen über Exemtionen in den einschlägigen Vertragswerken internationaler Organisationen, dass die jeweiligen Mitglieder nicht schon die Geltung einer inhaltsgleichen völkergewohnheitsrechtlichen Regel annehmen. Zum anderen lasse der misslungene Versuch der VN, allgemeine vertragliche Regeln über die Rechtsstellung internationaler Organisationen, ihrer Funktionsträger und der entsandten Staatenvertreter zu kodifizieren, auf eine entgegenstehende Überzeugung der Staatengemeinschaft schließen.253 Das VG Köln hingegen geht in seiner Abweisung einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des von Oberst Klein befohlenen Luftschlages in Afghanistan am 4. September 2009 davon aus, dass die Klage unter anderem deswegen als unzulässig 249 Die Völkerrechtssubjektivität der EU ergibt sich aus Art. 47 EUV, die der VN aus Art. 104 SVN, bei der NATO ist diese allgemein anerkannt. 250 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 867 Fn. 51 m.w.N. 251 Cassese, International Law, S. 138; Crawford/Brownlie, Brownlie’s principles of public international law, S. 173 f.; Ehlers, in: Schoch u. a., Verwaltungsgerichtsordnung, Vor § 40 Rn. 47; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen einschließlich der supranationalen Gemeinschaften, § 19 Rn. 1906; zurückhaltend Schmalenbach, Die Haftung internationaler Organisationen im Rahmen von Militäreinsätzen und Territorialverwaltungen, S. 86 ff., 98, die von völkergewohnheitsrechtlicher Immunität internationaler Organisationen für mandatserfüllende Akte und administrative Handlungen zur Schaffung der Grundlagen für die Mandatserfüllung ausgeht. 252 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 868; ablehnend u. a. auch Doehring, Völkerrecht, § 2 Rn. 208; Randelzhofer, in: von Münch, Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer zum 75. Geburtstag am 28. März 1981, S. 531 (553 f.). 253 Der Entwurf der Convention on the Representation of States in Their Relations with International Organizations of a Universal Character vom 14. März 1975 wurde bislang (Stand 19. 06. 2017) von 34 Staaten ratifiziert, für ihr Inkrafttreten ist die Ratifikation von 35 Staaten erforderlich, s. https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=III-11 &chapter=3&clang=_en. Vgl. Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 868 f.
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abzuweisen sei, weil Handlungen der deutschen Streitkräfte im Rahmen des ISAFEinsatzes letztlich den VN zuzurechnen seien und diese als internationale Organisation kraft Völkergewohnheitsrecht Immunität genössen.254 Das VG Köln begründet diese Feststellung nicht näher. Auch wenn gute Argumente gegen die Annahme eines solchen völkergewohnheitsrechtlichen Rechtssatzes sprechen, sei im Folgenden unter Berücksichtigung der Rechtsprechungspraxis in Deutschland auf die Frage eingegangen, unter welchen Voraussetzungen sich Mitarbeiter privater Militärunternehmen auf eine völkergewohnheitsrechtliche Immunität internationaler Organisationen und ihrer Funktionsträger berufen könnten. Problematisch ist dabei, nach welchen Kriterien das Verhalten eines Mitarbeiters eines privaten Militärunternehmens einer internationalen Organisation zurechenbar ist, so dass dieses als Handeln der Organisation anzusehen ist. In Betracht kommt eine Zurechnung nach den in den Draft Articles on the Responsibility of International Organizations255 (ILC-IO) aufgestellten Regeln, die die International Law Commission (ILC) im Jahr 2011 verabschiedete. Der Entwurf kann nach überwiegender Meinung jedoch (noch) nicht als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden.256 Ausserdem handelt es sich bei der Immunität und der Verantwortlichkeit von internationalen Organisationen um zwei unterschiedliche Konzepte.257 Während ersteres das unbeeinträchtigte Funktionieren einer internationalen Organisation bezweckt und verhindert, dass nationale Gerichte über das Handeln eines Völkerrechtssubjekts in Erfüllung seiner Aufgaben urteilen, geht es bei letzterem darum, dass internationale Organisationen völkerrechtlich verantwortlich für Verletzungen völkerrechtlicher Pflichten sind,258 und gegebenenfalls völkervertraglich festgelegte oder durch IGH oder Schiedsgerichte bestimmte Wiedergutmachung bzw. Genugtuung zu leisten haben. Dass Immunität und Verantwortlichkeit internationaler Organisationen grundsätzlich unabhängig voneinander existieren, stellt auch Art. 66 ILC-IO klar, wonach die Draft Articles keinen Einfluss auf die individuelle und insbesondere völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Einzelpersonen, deren Handlungen einer internationalen Organisation zurechenbar sind, entfalten.259 Und 254 VG Köln, Urt. v. 09. 02. 2012, 26 K 5534/10, Rn. 72 ff. = NZWehrR 2013, 37 ff.; zustimmend Ehlers, in: Schoch u. a., Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb. § 40 Rn. 47. 255 A/Res/66/100 v. 09. 12. 2011. 256 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 355; Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 93; Schütze, Die Zurechenbarkeit von Völkerrechtsverstössen im Rahmen mandatierter Friedensmissionen der Vereinten Nationen, S. 84. 257 IGH, Advisory Opinion vom 29. 04. 1999, Difference relating to immunity from legal process of a special rapporteur of the Commission on Human Rights, ICJ Reports 1999, S. 89 Rn. 66: „Finally, the Court wishes to point out that the question of immunity from legal process is distinct from the issue of compensation for any damages incurred as a result of acts performed by the United Nations or by its agents acting in their officia1 capacity.“ 258 Ipsen, Völkerrecht, S. § 41 Rn. 1. 259 S. hierzu ILC, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 103.
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dennoch stellt sich im Rahmen beider Konzepte, die völlig unterschiedliche Rechtsfolgen zeitigen, ein- und dieselbe Frage, nämlich diejenige, unter welchen Voraussetzungen das Handeln von Einzelpersonen als Handeln einer internationalen Organisation betrachtet werden kann. Der Entwurf der ILC bietet in der Zurechnungsfrage, die sich bei beiden Rechtsfiguren stellt, zumindest eine Orientierungshilfe und kann Aufschluss über möglicherweise im Werden befindliches Völkergewohnheitsrecht geben. Die Zurechenbarkeit eines Völkerrechtsverstoßes zu einer internationalen Organisation ist in Art. 6 – 9 ILC-IO geregelt. Nach Art. 6 ILC-IO ist ein Verstoß der Organisation zurechenbar, wenn er durch ihre eigenen Organe begangen wurde. Art. 7 ILC-IO sieht eine Zurechnung des Handelns von Organen vor, die unter effektiver Kontrolle der Organisation standen. aa) Mitarbeiter Privater Militärunternehmen als Organe oder für die Organisation handelnde Personen oder Entitäten, Art. 6 Abs. 1 ILC-IO Nach Art. 6 Abs. 1 ILC-IO wird einer internationalen Organisation das Handeln ihrer Organe und ihrer „agents“, also ihrer sonstigen Vertreter oder Beauftragten, zugerechnet. VN und NATO verfügen für militärische Auslandseinsätze jedoch derzeit nicht über eigene Truppen. Die Truppen, die im Auftrag der Vereinten Nationen, der EU und der NATO eingesetzt werden, sind keine eigenen Truppen dieser Organisationen, sondern nationale Truppen, die durch die Mitgliedstaaten gestellt und den Organisationen zur Verfügung gestellt werden. Sie sind keine eigenen Organe der jeweiligen internationalen Organisation, sondern bleiben ihrem Entsendestaat insofern verbunden, als dieser die Disziplinar- und Strafgewalt behält.260 VN-eigene Truppen existieren derzeit nicht, auch wenn der ehemalige Generalsekretär der VN Kofi Annan gedanklich mit dem Einsatz privater Militärunternehmen als VN-eigene Truppen spielte.261 Allerdings kann ein privates Militärunternehmen durchaus auch im militärischen Auslandseinsatz in einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zu den VN stehen, etwa bei Tätigkeiten wie Minenräumen, der Sicherung von Gebäuden oder Lagern oder im typischen Dienstleistungsbereich wie Catering oder Reinigungsarbeiten. Die Unternehmensmitarbeiter könnten dann als „agents“ nach Art. 6 Abs. 1 ILC-IO 260
International Law Commission, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 19 f. 261 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 357; Lehnardt, in: Chesterman/Fisher, Private security, public order, S. 197 (221). Als es darum ging, in Flüchtlingslagern von Menschen aus Ruanda in Goma in der Demokratischen Republik Kongo Kämpfer von Zivilisten zu trennen, zog Annan wegen der mangelnden Bereitschaft der Mitgliedstaaten, Truppen zu stellen, den Einsatz privater Militärunternehmen in Betracht, verwarf dies jedoch: „the world may not be ready to privatize peace.“, s. VN, Press Release SG/SM/6613 vom 26. 06. 1998.
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subsumierbar sein. Nach der weit gefassten Definition des Art. 2 lit. b ILC-IO262 umfasst der Begriff alle Personen und Entitäten, die in Erfüllung der Aufgaben der internationalen Organisation handeln. Im Kommentar zur ILC-IO konkretisiert die ILC, dass Personen, die auf Weisung oder unter der Leitung oder Kontrolle einer internationalen Organisation handeln, als ihre „agents“ anzusehen sind.263 Im Verhältnis zwischen VN und privaten Dienstleistern vereinbarte Allgemeine Vertragsbedingungen wie „General Conditions of Contract“, „Contracts for the Provision of Services“ oder „De minimis Field contracts“, die ausdrücklich den Status eines „agent“ ausschließen, entfalten als nur inter partes geltende Vertragsbedingungen keine Drittwirkung und sind somit alleine nicht geeignet, um eine Zurechnung nach Art. 6 ILC-IO zu verhindern.264 Die Tätigkeit muss jedoch unmittelbar in Erfüllung eines VN-mandatierten Auftrages erfolgen. Nicht zurechenbar sind Handlungen, die nur einen mittelbaren Zusammenhang mit dem Auftrag der internationalen Organisation aufweisen, wie beispielsweise die Wartung des VN-Fuhrparks,265 oder Reinigungsarbeiten und das erwähnte Catering. Private, sogenannte „off-dutyHandlungen“, sind nicht zurechenbar, ultra-vires-Handeln, bei dem ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung besteht, die Kompetenzen der Organisation oder die dem Vertreter übertragenen Befugnisse überschritten werden, fällt hingegen unter Art. 8 ILC-IO. Auch wenn der Begriff des unmittelbaren Zusammenhangs unbestimmt ist, so wird im Ergebnis doch ein Großteil der von privaten Militärunternehmen ausgeübten Aufgaben als bloße Hilfstätigkeit einzuordnen sein. Hinzu kommt, dass die Tätigkeiten im Regelfall auf Weisung und unter der Leitung von firmeninternen Vorgesetzten stattfinden dürften, die selbst wiederum nur die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Dienstleistungen im Blick haben, so dass eine Zurechnung nach Art. 6 ILC-IO mangels Weisung, Leitung oder Kontrolle der internationalen Organisation nicht möglich ist.266
262 S. hierzu International Law Commission, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 12, mit Hinweis auf IGH, Gutachten v. 11. 04. 1949, Reparation for injuries suffered in the service of United Nations, ICJ Reports 1949, Rep. 174, S. 177 ff. 263 International Law Commission, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 19. 264 Hierzu näher Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 358 f. 265 Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 232 f.; a.A. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 360, die einen mittelbaren Zusammenhang ausreichen lassen will und diesen bei Wartungsarbeiten bejaht, bei Reinigung und Catering verneint. 266 So i.E. auch White, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 381 (392 f.).
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bb) Mitarbeiter Privater Militärunternehmen als Staatsorgane oder Organe oder sonstige Vertreter einer internationalen Organisation unter der Kontrolle einer anderen internationalen Organisation, Art. 7 ILC-IO Nach Art. 7 ILC-IO ist ferner das Verhalten eines Staatsorgans, Organs oder sonstigen Vertreters einer internationalen Organisation, die einer anderen internationalen Organisation zur Verfügung gestellt wurden, dieser zurechenbar, sofern sie effektive Kontrolle über das Verhalten der betreffenden Person oder Entität ausübt. Die Regelung erfasst grundsätzlich solche Konstellationen, in denen die der internationalen Organisation zur Verfügung gestellten Organe oder sonstigen Vertreter nicht vollständig ausgegliedert werden, sondern der Entsendestaat die Personalhoheit (full command) über die Truppen behält,267 wie dies bei Peacekeeping-Missionen der Fall ist.268 Auslegungsbedürftig ist grundsätzlich das Kriterium der effektiven Kontrolle, die von der internationalen Organisation für eine Zurechenbarkeit ausgeübt werden muss. In ihrem Kommentar zu Art. 7 ILC-IO nimmt die ILC Bezug zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).269 Dieser ging in seiner Zulässigkeitsentscheidung in Sachen Behrami und Saramati270 von „ultimate authority and control“ der internationalen Organisation und damit einem deutlich weiteren Zurechnungskriterium als der effektiven Kontrolle aus, um den VN Fehlverhalten von UNMIK (Behrami)271 bzw. von KFOR-Truppen (Saramati)272 im Rahmen der Kosovo-Wiederaufbau-Mission zuzurechnen. Aufgrund der Zurechenbarkeit des fraglichen Verhaltens zu den VN und nicht zu den Vertragsstaaten entziehe sich das fragliche Verhalten einer Überprüfung nach den Maßstäben der 267 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 363. 268 International Law Commission, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 20. 269 Da nach herrschender Meinung die Menschenrechte auch im bewaffneten Konflikt neben dem humanitären Völkerrecht, das bei Kollisionen lex specialis ist, anwendbar sind, kann die Rechtsprechung des EGMR auch im Falle eines bewaffneten Konfliktes herangezogen werden, s. näher hierzu Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 364 ff. 270 EGMR, Entsch. v. 02. 05. 2007, Behrami und Behrami v. Frankreich und Saramati v. Frankreich, Deutschland und Norwegen, ILM 2007, 743 ff. 271 Die Zurechnung der VN-geführten UNMIK-Friedensmission erfolgte, weil diese als Nebenorgan der VN ausgestaltet war, s. EGMR, Entsch. v. 02. 05. 2007, Behrami und Behrami v. Frankreich und Saramati v. Frankreich, Deutschland und Norwegen, Nr. 129, 142 f. 272 Eine Zurechnung von KFOR als Nebenorgan der VN war nicht möglich, da es sich hierbei nicht um eine Peacekeeping-Mission handelte, sondern um einen VN-mandatierten Einsatz. Daher begründete der EGMR die Zurechnung mit dem Kriterium der ultimate authority and control. Die VN hätten nur die „operational control“ delegiert, die Befehlskette sei jedoch zu den VN zurückverfolgbar, s. EGMR, Entsch. v. 02. 05. 2007, Behrami und Behrami v. Frankreich und Saramati v. Frankreich, Deutschland und Norwegen, Nr. 133.
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EMRK, so dass der EGMR im Ergebnis hinsichtlich der Individualbeschwerden unzuständig ratione personae sei. In seinen Folgeentscheidungen Kasumaj gegen Griechenland, Gajic´ gegen Deutschland und Beric´ u. a. gegen Bosnien-Herzegovina erhielt der EGMR dieses Argumentationsmuster aufrecht.273 Im Fall Al-Jedda wich der EGMR allerdings von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Zur Beantwortung der Frage, ob die präventive Inhaftierung des Beschwerdeführers im Irak von 2004 bis 2007 den Koalitionsstreitkräften zuzurechnen (und damit der persönliche Geltungsbereich der EGMR eröffnet) sei, lehnte der EGMR seine Zuständigkeit nicht von vorneherein unter Hinweis auf die Anerkennung der Übergangsregierung durch die Koalitionsstreitkräfte vor Haftbeginn und der daraus folgenden Anwendung von Art. 103 SVN ab. Vielmehr überprüfte der EGMR die entsprechenden VN-Resolutionen dahingehend, ob auch tatsächlich eine Übernahme der Verantwortung durch die VN von den truppenstellenden Staaten beabsichtigt war.274 Zudem sprach sich der EGMR erstmals für die Möglichkeit aus, ein Verhalten mehreren Zurechnungssubjekten zuzurechnen.275 Allerdings verwirft die ILC selbst in ihrem Kommentar zur ILC-IO das Kriterium der „ultimate authority and control“ implizit, wenn sie feststellt, dass das Kriterium der „operational“ control aussagekräftiger als das der „ultimate control“ sei, da letzteres kaum eine Rolle bei dem betreffenden Handeln erfordere.276 Gegen eine Auslegung des Kriteriums der Kontrolle im Sinne der EGMR-Rechtsprechung spricht zudem, dass kein anderes internationales Gericht dieses heranzieht.277 Auch die VN selbst gehen, entgegen der Rechtsprechungspraxis des EGMR, nur von ihrer Verantwortlichkeit bei effektiver Kontrolle aus.278 Dieses Kriterium wendet auch der IGH in seiner bereits in Kapitel II A.I. erwähnten Rechtsprechungspraxis an. Dabei geht es zwar um die Zurechnung eines Handelns zu einem Staat, es ist aber auch für die Zurechnung zu internationalen Organisationen heranzuziehen.279 Sowohl im Nicaragua- als auch im Genozid-Fall 273
EGMR, Entsch. v. 05. 07. 2007, Ilaz Kasumaj v. Griechenland; EGMR, Entsch. v. 28. 08. 2007, Slavisa Gajic´ v. Deutschland; EGMR, Entsch. v. 16. 10. 2007, Dusˇan Beric´ v. BosnienHerzegowina. 274 Diesbezüglich stellte der EGMR fest, dass der VN-Sicherheitsrat weder effektive noch „ultimate authority and control“ innehatte, EGMR, Urt. v. 07. 07. 2011, Al-Jedda v. Vereinigtes Königreich, Nr. 84. 275 S. ausführliche Urteilsbesprechung bei Bettendorf, NZWehrr 2013, 104 (108). 276 International Law Commission, Draft articles on the responsibility of international organizations, with commentaries, S. 23. 277 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 377 m.w.N. 278 Schütze, Die Zurechenbarkeit von Völkerrechtsverstössen im Rahmen mandatierter Friedensmissionen der Vereinten Nationen, S. 124 f., mit Hinweis auf Report of the SecretaryGeneral on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, UN Doc. S/2008/354 vom 12. Juni 2008, Nr. 16. 279 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 375 m.w.N.
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verlangt der IGH für den effective-control-Test, dass der Staat in der konkreten Operation spezifische Instruktionen gegeben hat;280 bloße Finanzierung, Training oder Ausstattung begründet hingegen keine effektive Kontrolle. Dem steht das ebenfalls unter Kapitel II A.I. erwähnte von der Berufungskammer des JStGH281 und vom IStGH282 angewendete Kriterium der overall control gegenüber, das bereits dann gegeben ist wenn der Staat zusätzlich zur Finanzierung, Ausbildung, Ausstattung oder operativen Unterstützung einer Gruppe eine Rolle bei der Organisation, Koordinierung oder Planung der militärischen Operationen spielt. Auch wenn im Rahmen der Frage des Vorliegens eines internationalen bewaffneten Konfliktes das overall control-Kriterium des IStGH als für die Auslegung von IStGH-Statut und VStGB maßgeblichen Instanz heranzuziehen ist, ist für die Zurechenbarkeit von Völkerrechtsverstößen der effective control-Test mittlerweile eine etablierte Übung im internationalen Recht.283 Für dessen Anwendung spricht nicht zuletzt der Wortlaut der ILC-IO, für den sich die ILC in Kenntnis der Urteile der internationalen Gerichte – mit Ausnahme des IStGH-Urteils – bewusst entschieden hat.284 Insbesondere haben sich die Unterzeichner des Montreux-Dokuments dafür ausgesprochen, Verhalten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem Kriterium der effektiven Kontrolle zuzurechnen.285 Für das Handeln der Mitarbeiter privater Militärunternehmen bedeutet dies, dass eine Zurechnung zu den VN in einem Großteil der Fälle nicht möglich ist,286 da die
280 IGH, Urt. v. 27. 06. 1986, Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), ICJ Reports 1986, 14, Nr. 115; IGH, Urt. v. 26. 02. 2007, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), ILM 46 (2007), 185, Nr. 400; Schütze, Die Zurechenbarkeit von Völkerrechtsverstössen im Rahmen mandatierter Friedensmissionen der Vereinten Nationen, S. 173 f. 281 JStGH, Urt. v. 15. 07. 1999, Prosecutor v. Dusko Tadic, IT-94 – 1-A, Nr. 120 – 162; die Berufungskammer differenziert zwischen der Zurechnung des Handelns Einzelner, bei denen sie den effective-control-Test anwendet. Bei organisierten Gruppen genüge die overall control. S. dazu Ambos, in: Joecks u. a., MüKo/StGB, Bd. 8, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 31. 282 IStGH, Judgment pursuant to Article 74 of the Statute v. 14. 03. 2012, Situation in the Democratic Republic of the Congo in the Case of the Prosecutor v. Thomas Lubanga Dyilo, ICC-01/04 – 01/06, Nr. 541. 283 Gal-Or/Ryngaert, GLJ 2012, 511 (529); White, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 381 (390). 284 Bettendorf, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Soldaten bei der Anwendung militärischer Gewalt, S. 379 f.; so im Ergebnis auch Schütze, Die Zurechenbarkeit von Völkerrechtsverstössen im Rahmen mandatierter Friedensmissionen der Vereinten Nationen, S. 181. 285 ICRC, The Montreux Document on pertinent international legal obligations and good practices for States related to operations of private military and security companies during armed conflict v. 17. 09. 2008, S. 12 A.7.d). 286 Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 367.
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VN im Normalfall keine Instruktionen in spezifischen Situationen geben werden.287 Denkbar wäre eine Zurechnung allein in Fällen, in denen Mitarbeiter privater Militärunternehmen in nationale Kontingente inkorporiert sind. Dann wären diese mit dem nationalen Kontingent für die Dauer des Einsatzes der Weisungsgewalt der VN unterstellt.288 Wie bereits ausgeführt, ist eine derartige Inkorporation von Mitarbeitern privater Unternehmen in staatliche Streitkräfte jedoch die Ausnahme.
III. Staatenimmunität Das Verhalten eines Mitarbeiters eines privaten Militärunternehmens, das von einem Staat beauftragt wird, könnte möglicherweise diesem zugerechnet werden, mit der Folge, dass der einzelne Immunität genießt und die Durchführung eines Strafverfahrens vor deutschen Gerichten unzulässig ist. Nach dem Grundsatz der Staatenimmunität ist ein ausländischer Staat von der inländischen Gerichtsbarkeit befreit.289 Die Immunität ratione materiae erstreckt sich auch auf das Handeln der Funktionsträger des Staates, denen für hoheitlichdienstliche Handlungen (acta iure imperii) Immunität gewährt wird.290 Im Gegensatz zur Immunität ratione materiae umfasst die Immunität ratione personae auch rein privates Handeln. Da letztere jedoch auf einen engen Personenkreis, namentlich Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder, beschränkt ist,291 kommt sie für Mitarbeiter privater Militärunternehmen von vorneherein nicht in Betracht. Allerdings ist eine Berufung auf Handeln in amtlicher Eigenschaft und daraus folgender staatlicher Immunität ratione materiae vor internationalen Strafgerichten dann nicht möglich, wenn die betreffende Person ein völkerstrafrechtliches Kernverbrechen begangen hat.292 So normiert Art. 27 Abs. 1 IStGH-Statut die Geltung des Statuts für alle Personen, ohne für Amtsträger eine Ausnahme zu beschreiben. Immunitäten, die mit der Amtsträgereigenschaft verbunden sind, finden nach Art. 27 Abs. 2 IStGHStatut vor dem IStGH keine Berücksichtigung. Dies gilt jedenfalls für die Immunität ratione materiae kraft Völkergewohnheitsrecht auch hinsichtlich der Strafverfolgung durch nationale (drittstaatliche) Gerichte.293 Ein Staat, der durch seine Organe Völkerrechtsverbrechen begeht, ist nicht schutzwürdig, so dass mit der Strafverfolgung kein Eingriff in die Souveränität verbunden ist. 287
Vgl. White, in: Francioni/Ronzitti, War by Contract, S. 381 (392 f.). Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 237 m.w.N. 289 Ipsen, Völkerrecht, § 26 Rn. 18; Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 101; Fox, in: Evans, International law, S. 340 (344); Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 5 Rn. 1111. 290 Ambos, Internationales Strafrecht, § 7 Rn. 101; Cassese, International Law, S. 112; Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III, § 5 Rn. 1119. 291 Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 712 ff. 292 Ambos, Internationales Strafrecht, S. § 7 Rn. 104; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 278 ff., 626 ff. 293 Cassese, International law, S. 113; Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, S. 179. 288
D. Strafverfolgungshindernisse
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Damit können sich aus dem Grundsatz der Staatenimmunität keine Exemtionen vor deutschen Strafgerichten für Mitarbeiter privater Militärunternehmen ergeben, gegen die wegen der Begehung von Verbrechen nach dem VStGB ermittelt wird. Da die Staatenimmunität aber im Bereich von Straftaten nach dem StGB Wirkung entfalten kann, sei aus Gründen der Vollständigkeit im Folgenden auf die Frage eingegangen, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter privater Militärunternehmen Staatenimmunität genießen. Zu klären ist, ob das Handeln eines Mitarbeiters eines privaten Militärunternehmens einem Staat zugerechnet werden kann. Zur Beurteilung dieser Frage können die allgemeinen Regeln, die die ILC in ihrem Entwurf zur Staatenverantwortlichkeit (ILC-S) beschrieben hat,294 herangezogen werden. Diese sind zwar nicht rechtsverbindlich, sie spiegeln jedoch, anders als die Entwurfsartikel zur Verantwortlichkeit internationaler Organisationen, weitgehend bestehendes Völkergewohnheitsrecht wider.295 1. Verhalten von staatlichen Organen, Art. 4 ILC-S Mitarbeiter privater Militärunternehmen könnten unter Umständen Staatsorgane i.S.v. Art. 4 ILC-S sein. Nach Art. 4 Abs. 1 ILC-S wird jedes Handeln eines staatlichen Organs als Handlung des Staates betrachtet. Staatsorgan ist nach Art. 4 Abs. 2 ILC-S „any person or entity which has that status in accordance with the internal law of the State“. Somit richtet sich die Einordnung als Staatsorgan nach nationalem Recht. Unstreitig fallen auch Streitkräfte unter den Begriff des Staatsorgans nach Art. 4 ILC-S.296 Damit könnte das Handeln von Mitarbeitern privater Militärunternehmen dem jeweiligen Auftragsstaat zurechenbar sein, wenn diese Teil der Streitkräfte sind. Art. 4 ILC-S erfasst die regulären Streitkräfte eine Staates, also jene, die de iure in die Streitkräfte inkorporiert sind.297 Nicht als Staatsorgane angesehen werden de-facto-Streitkräfte nach Art. 4 A Abs. 2 III. GA, sowie Zivilpersonen, die die Streitkräfte nach Art. 4 A Abs. 4 III. GA begleiten.298 Damit ist die Zurechenbarkeit eines Handelns von Mitarbeitern privater Militärunternehmen an den Auftragsstaat des Unternehmens nach Art. 4 ILC-S im Regelfall nicht mög-
294 Responsibility of States for internationally wrongful acts, A/RES/56/83 vom 12. 12. 2001 (Annex). 295 Cassese, International law, S. 243 f.; Ipsen, Völkerrecht, § 39 Rn. 2; Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, § 31 Rn. 60. 296 Vgl. Henn, Jura 2011, 572 (574). 297 Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 187. Zur de-iure-Eingliederung in staatliche Streitkräfte s. o. Kap. II A. II. 2. a). 298 De Schutter, in: Chesterman/Fisher, Private security, public order, S. 25 (26); Henn, Jura 2011, 572 (574); a.A. Köhler, Private Sicherheits- und Militärunternehmen im bewaffneten Konflikt. Eine völkerrechtliche Bewertung, S. 162 f., die sämtliche Kombattanten unter den Begriff des staatlichen Organs subsumiert.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
lich.299 Eine Zurechnung zum Sitz- bzw. Gaststaat nach der Vorschrift ist noch unwahrscheinlicher.300 2. Verhalten von natürlichen oder juristischen Personen, die Elemente hoheitlicher Gewalt ausüben, Art. 5 ILC-S Nach Art. 5 ILC-S wird einem Staat das Handeln von Personen zugerechnet, die nach innerstaatlichem Recht zur Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse ermächtigt worden sind, vorausgesetzt, sie handeln in dieser Eigenschaft. Die Vorschrift bezweckt nach dem Komentar der ILC, das Phänomen der Privatisierung hoheitlicher Aufgaben, wie beispielsweise den Einsatz privater Unternehmen in Haftanstalten, zu erfassen.301 Das Handeln der Mitarbeiter privater Militärunternehmen müsste also in Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse ausgeübt werden, und zudem müssten die Mitarbeiter nach innerstaatlichem Recht hierzu ermächtigt worden sein. Was als hoheitliche Gewalt anzusehen ist, unterliegt großen kulturellen, gesellschaftlichen und historischen Schwankungen. Allerdings kann von einem Kernbestand hoheitlicher Befugnisse ausgegangen werden, der für die Staatsgewalt als Element der Staatlichkeit unabdingbar ist.302 Zu diesem Kernbestand zählt jedenfalls die „Kernkompetenz der Streitkräfte“, nämlich die Ausführung von Kampfhandlungen.303 Tätigkeiten, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten einzuordnen sind, erfolgen daher in Wahrnehmung von Hoheitsgewalt. Darüber hinaus besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass nicht nur der Schutz militärischer Angriffsziele, sondern auch der Schutz von Regierungsbeamten oder diplomatischen Vertretern Ausübung von Hoheitsgewalt bedeutet.304 Handlungen, die nur einen mittelbaren Beitrag zur Ausübung von Hoheitsgewalt leisten, wie beispielsweise der Bau von Feldlagern,305 das Betreiben von Kantinen oder Reinigungsdienste, fallen nicht unter die Kategorie hoheitlichen Handelns. Was die Ermächtigung zur Ausübung von Hoheitsgewalt nach dem Recht des jeweiligen Staates betrifft, so kann nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung festgestellt werden, ob eine solche erteilt wurde oder nicht. Ob hierfür ein zivilrechtlicher
299
Epiney/Egbuna-Joss, SZIER 2007, 215 (222). Vgl. Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 195. 301 International Law Commission, Draft articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, with commentaries, S. 42 f. 302 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 76. 303 Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 189. 304 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 77. 305 Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 189. 300
D. Strafverfolgungshindernisse
273
Vertrag ausreichen kann, ist umstritten.306 Zumindest im Falle einer gesetzlichen Ermächtigung ist eine Zurechnung des Verhaltens von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach Art. 5 ILC-S möglich, nach Art. 7 ILC-S auch von Handeln, das ultra vires geschieht. Da Zurechnungsgrund allein die staatliche Beauftragung des Privaten ist, ist es für die Zurechenbarkeit des Verhaltens nicht erforderlich, dass der Staat Kontrolle über dieses ausübt.307 3. Von einem Staat geleitetes oder kontrolliertes Verhalten, Art. 8 ILC-S In Betracht kommt ferner eine Zurechnung nach Art. 8 ILC-S, wenn der betreffende Mitarbeiter faktisch auf Anweisung (Art. 8 Alt. 1 ILC-S) oder unter der Leitung oder Kontrolle (Art. 8 Alt. 2 ILC-S) eines Staates handelt. Mit der Vorschrift soll verhindert werden, dass sich Staaten ihrer Verantwortung entziehen, wenn sie durch die Beauftragung bzw. Kontrolle von Privaten Völkerrechtsverletzungen verursacht haben. Erfasst werden durch Art. 8 ILC-S Fälle, in denen keine formelle Übertragung hoheitlicher Befugnisse stattgefunden hat.308 Nach Art. 8 Alt. 1 ILC-S ist ein hinreichend konkreter Auftrag erforderlich, der das betreffende Verhalten erfasst. Zwar ist ein privatrechtlicher Vertrag vom Begriff des faktischen Auftrages erfasst, jedoch wird ein solches Vertragswerk im Regelfall keine Formulierungen enthalten, die die Begehung von Straftaten vorsehen.309 Spezifische Anweisungen können jedoch auch mündlich gegeben werden, so dass eine Anwendung von Art. 8 Alt. 1 ILC-S auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen grundsätzlich möglich ist.310 Im Rahmen einer Zurechnung nach Art. 8 Alt. 2 ILC-S ist wiederum umstritten, welchen Grad an Kontrolle der Staat ausüben muss, damit eine Zurechnung begründet werden kann. Diesbezüglich sei auf die obigen Ausführungen verwiesen, die gleichermaßen für die Zurechnung zu Staaten gelten.311 Eine effektive staatliche Kontrolle und sogar eine overall control wird in der Literatur jedenfalls im Regelfall im Bereich des Personen- und Objektschutzes durch private Militärunternehmen verneint, da Staaten zwar private Unternehmen entsprechend beauftragen, jedoch keine Kontrolle über die konkrete Ausführung des Auftrags ausüben.312 Insbesondere 306
Befürworter dieser Möglichkeit, sofern dies im Einklang mit nationalem Recht steht: Drews, Die völkerrechtlichen Dimensionen des staatlichen Einsatzes privater Militärfirmen, S. 190 m.w.N.; a.A. Gillard, IRRC 2006, S. 525 (555); Henn, Jura 2011, 572 (574 f.), fordert eine Betrauung durch Gesetz. 307 Epiney/Egbuna-Joss, SZIER 2007, 215 (223). 308 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 77 f. 309 Henn, Jura 2011, 572 (575). 310 Vgl. Wolfrum, in: Ragazzi, International responsibility today, S. 423 (428). 311 Larsen, EJIL 2008, 509 (515); White/MacLeod, EJIL 2008, 965 (975); a.A. Lehnardt, Private Militärfirmen und völkerrechtliche Verantwortlichkeit, S. 235. 312 Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 80; Hoppe, EJIL 2008, 989 (992); Lehnardt, in: Chesterman/Lehnardt, From mercenaries to market, S. 149 f.
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Kap. IV: Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit
bei der Schießerei auf dem Nisour Square in Bagdad 2007 durch Blackwater-Mitarbeiter, lässt sich eine Zurechnung zu den Vereinigten Staaten nicht durch effektive staatliche Kontrolle begründen. Denkbar wäre in diesem Fall aber eine Zurechnung nach Art. 7 ILC-S.313 Hingegen wird eine effektive Kontrolle der Angestellten von CACI und Titan, die in die Misshandlung von Gefangenen in Abu Ghraib involviert waren, in der Literatur bejaht, da die US-Streitkräfte hier die Möglichkeit einer Einflussnahme gehabt hätten bzw. möglicherweise sogar entsprechende Befehle gegeben hätten.314 Auch wenn das Verhalten Privater dem beauftragenden Staat mangels effektiver Kontrolle nicht zurechenbar ist, so ist dieser dennoch für das Unterlassen seiner Staatsorgane bei der Kontrolle der Privaten verantwortlich.315
IV. Zwischenergebnis Was mögliche Exemtionen von Mitarbeitern privater Militärunternehmen angeht, so ergibt die Untersuchung Folgendes: Die überprüften einseitigen Regelungen und Stationierungsabkommen ergeben ein uneinheitliches Bild. Zwar sind Mitarbeiter privater Militärunternehmen in den NATO-, VN- und EU-SOFAS grundsätzlich nicht von den Immunitätsregeln erfasst. Im Einzelfall und insbesondere im Zusammenhang mit Zusatzabkommen ist ihre Inklusion jedoch durchaus möglich, ebenso in einzelnen SOFAS. Für die deutsche Strafgerichtsbarkeit ist Art. I Abs. 1 lit. b NTS i.V.m. Art. 73 S. 1 NTS-ZA von besonderer Bedeutung. Nach dieser Regelung besteht selbst bei Völkerstraftaten ein Strafverfolgungshindernis gegenüber Mitarbeitern privater Militärunternehmen, die technische Fachkräfte sind und sich aus dienstlichen Gründen in Deutschland aufhalten. Weder nach der UNCPI noch nach der UNCSAP genießen Mitarbeiter privater Militärunternehmen Immunität als Funktionsträger der VN. Selbst wenn man darüber hinaus von einer Immunität von Funktionsträgern internationaler Organisationen kraft Gewohnheitsrecht ausgeht, ist eine hierfür erforderliche Zurechenbarkeit des Handelns von Mitarbeitern privater Militärunternehmen zu internationalen Organisationen nach den strengen Kriterien von Art. 6 und 7 ILC-IO derzeit nicht möglich. Eine Zurechnung des Verhaltens einzelner Mitarbeiter nach Art. 4, 5 oder 8 ILC-S zu Staaten, in deren Auftrag private Militärunternehmen tätig sind, und eine daraus resultierende Immunität ratione materiae, ist eher denkbar, wenn auch die Zurechnungstatbestände so eng ausgelegt werden, dass es letztlich den Staaten überlassen bleibt, eine Zurechnung von vorneherein zu vermeiden. Selbst wenn eine 313
Vgl. Wolfrum, in: Ragazzi, International responsibility today, S. 423 (431). Vgl. Heck, Grenzen der Privatisierung militärischer Aufgaben, S. 81; Henn, Jura 2011, 572 (576). 315 Wolfrum, in: Ragazzi, International responsibility today, S. 423 (434). 314
E. Ergebnis
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Zurechnung möglich ist, entfaltet diese allerdings bei Völkerrechtsverbrechen und bei privatem Handeln keine Wirkung, so dass bei VStGB-Tatbeständen kein Strafverfolgungshindernis besteht.
E. Ergebnis Insgesamt ist eine Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit bei Straftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem VStGB nur in engen Grenzen möglich. Dies betrifft zunächst die Rechtfertigungsgründe Notwehr, Nothilfe und rechtfertigenden Notstand. Hier fließen humanitär-völkerrechtliche Wertungen in die Beurteilung des jeweiligen Rechtfertigungsgrundes mit ein, so dass Mitarbeitern privater Militärunternehmen, die als Zivilpersonen Tätigkeiten nachgehen, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten sind, eine Rechtfertigung in der Regel versagt ist. Eine Entschuldigung aufgrund eines Erlaubnistatbestandsirrtums, eines unvermeidbaren Verbotsirrtums, entschuldigenden Notstands und Handelns auf Befehl ist jedenfalls denkbar, wobei dem Erlaubnistatbestandsirrtum im Auslandseinsatz vor allem im Hinblick auf Tatbestände nach dem StGB die größte Bedeutung zukommen dürfte. Was Strafverfolgungshindernisse betrifft, so ergibt die Untersuchung, dass Mitarbeiter privater Militärunternehmen nur begrenzt Immunität genießen. So sind sie tendenziell nicht von SOFAs erfasst, und eine Immunität als Funktionsträger internationaler Organisationen greift nur im Ausnahmefall. Immunität ratione materiae aufgrund von Staatenimmunität dürfte eher gegeben sein, sie entfaltet jedoch bei Völkerrechtsverbrechen keine Wirkung als Strafverfolgungshindernis.
Kapitel V
Schlussbetrachtung A. Zusammenfassung Die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit betreffen zunächst die Relevanz möglicher Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen für die Strafverfolgung durch deutsche Behörden, sowie den Status der Mitarbeiter und die Einordnung spezifischer Tätigkeiten im humanitären Völkerrecht als wichtigen Aspekt für die Beurteilung einer möglichen Strafbarkeit. Sodann konnten im Rahmen der Untersuchung Erkenntnisse über spezifische Probleme bei der Begründung und Freistellung von Verantwortlichkeit von Mitarbeitern privater Militärunternehmen nach dem VStGB gewonnen werden.
I. Relevanz möglicher Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen für die Strafverfolgung in Deutschland Mitarbeiter privater Militärunternehmen, die in bewaffneten Konflikten eingesetzt sind, können, ebenso wie Soldaten, Völkerstraftaten begehen. Das Ermessen deutscher Strafverfolgungsbehörden nach § 153c StPO, beim Verdacht auf Völkerstraftaten zu ermitteln, wird durch § 153 f Abs. 1 S. 2 StPO eingeschränkt. Danach besteht ein Zwang zur Strafverfolgung, wenn der Tatverdächtige Deutscher ist oder wenn sich der Tatverdächtige im Inland aufhält. Angesichts der Tatsache, dass viele ehemalige Bundeswehrsoldaten auch für ausländische private Militärdienstleister tätig sind, und es darüber hinaus mehr und mehr deutsche Unternehmen gibt, die Dienstleistungen aus dem militärischen Aufgabenspektrum in Krisengebieten anbieten, gewinnt die Frage nach der Verantwortlichkeit der Mitarbeiter für im Einsatz begangene Völkerstraftaten an Gewicht. Hinzu kommt, dass auch die Bundeswehr in bestimmten Bereichen nicht nur im Inland, sondern auch im Auslandseinsatz Dienstleistungen privater Unternehmen in Anspruch nimmt, deren Angestellte im Einsatz Straftaten begehen könnten.
A. Zusammenfassung
277
II. Humanitär-völkerrechtlicher Status und unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten Im internationalen bewaffneten Konflikt kommt nur einem kleinen Teil der Mitarbeiter privater Militärunternehmen ein de-iure- oder de-facto-Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 1 bzw. Abs. 2 III. GA zu. Der Anwendungsbereich von Art. 43 Abs. 1 und 2 ZP I ist zwar weiter, jedoch ist eine Anwendung nur möglich, wenn der auftraggebende Staat das ZP I ratifiziert hat. Dem Großteil der Mitarbeiter privater Militärunternehmen kommt daher der Status von Zivilpersonen zu. Sofern sie die Voraussetzungen von Art. 4 A Abs. 4 III. GA erfüllen, genießen sie im Fall der Gefangennahme als ziviles Gefolge der Streitkräfte Kriegsgefangenenstatus. Auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt erfüllen Angestellte privater Militärunternehmen mehrheitlich nicht die Voraussetzungen einer Qualifikation als Angehörige staatlicher Streitkräfte oder organisierter bewaffneter Gruppen und sind daher als Zivilpersonen einzuordnen. Sowohl im internationalen als auch im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ist die Ausübung einer Tätigkeit, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu werten ist, eine Voraussetzung der Kombattanteneigenschaft. Die Auslegung des umstrittenen Begriffs unter Berücksichtigung der Direct-Participation-Studie des IKRK ergibt Folgendes: Neben konventionellem Boden- und Luftkampf können auch Cyber-Angriffe, Rettungsaktionen im Spezialeinsatzspektrum sowie Personenund Objektschutz militärischer Ziele als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten einzuordnen sein. Bei Beratung und Aufklärungsaktivitäten ist entscheidend, ob die Tätigkeiten auf militärisch-taktischer Ebene stattfinden. Ausbildung stellt in der Regel keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten dar, ebensowenig logistische Dienstleistungen, außer, es werden Dienstleistungen erbracht, die integraler Bestandteil einer spezifischen Militäroperation sind.
III. Besonderheiten bei der Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB Grundsätzlich existieren hohe rechtliche Hürden für die Erfüllung der Kernverbrechen der §§ 6 – 13 VStGB. Im Rahmen einer Strafbarkeit wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit können auch private Wirtschaftsunternehmen die Anforderungen des Organisationsbegriffs i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut, der bei der Auslegung von § 7 VStGB zu berücksichtigen ist, erfüllen, auch wenn ein solcher Fall bislang nicht eingetreten ist. Kriegsverbrechen nach §§ 8 ff. VStGB kommt die größte Praxisrelevanz zu, sofern ein Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt gegeben ist. Bei der Zurechnung eines (völker)strafrechtlich relevanten Erfolges zum Verhalten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen ergeben sich drei spezifische Problembereiche: Eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft nach § 2 VStGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB, mittels derer die Täterschaft von
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Kap. V: Schlussbetrachtung
„Schreibtischtätern“ begründbar ist, ist im Allgemeinen bei Wirtschaftsunternehmen und im Besonderen bei privaten Militärunternehmen abzulehnen. Im Bereich der Beihilfe manifestiert sich gerade bei privaten Militärunternehmen die Notwendigkeit, eine Beihilfestrafbarkeit von „neutralem“ Verhalten abzugrenzen. Dies lässt sich mit dem Kriterium der qualifizierten Risikoerhöhung erreichen. Entscheidend ist danach die Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos, welches sich im Erfolg der Haupttat realisieren muss. Was die spezifischen Regelungen der Verantwortlichkeit von Vorgesetzten betrifft, so ist vor allem die Anwendung einer Strafschärfung nach § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VStGB auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen als zivile Vorgesetzte de iure relevant. Vorgesetzte in Militärunternehmen können sich ferner bei Völkerstraftaten ihrer Untergebenen nach § 14 VStGB wegen einer Aufsichtspflichtverletzung strafbar machen, insbesondere, wenn sie Maßnahmen, die der Prävention von Völkerstraftaten dienen, wie Schulungen und den Aufbau bestimmter innerbetrieblicher Informationsstrukturen, unterlassen. Auch eine Verletzung der Meldepflicht nach § 15 Abs. 1 VStGB ist bei Vorgesetzten in privaten Militärunternehmen eine durchaus denkbare Straftat.
IV. Besonderheiten bei der Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB Völkerstraftaten von Mitarbeitern privater Militärunternehmen lassen sich in engen Grenzen durch Notwehr, Nothilfe und rechtfertigenden Notstand rechtfertigen. Allerdings fließt der humanitär-völkerrechtliche Status der Mitarbeiter privater Militärunternehmen sowie die Frage, ob diese als Zivilpersonen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, in die rechtliche Bewertung einer Notwehr- bzw. Nothilfelage und in die Interessenabwägung des rechtfertigenden Notstands mit ein. Eine Einschränkung des Notwehr-, Nothilfe oder Notstandsrechts kann die Folge sein. Der Erlaubnistatbestandsirrtum als möglicher Entschuldigungsgrund kommt vor allem bei Straftaten nach dem StGB in Betracht. Eine Entschuldigung von Völkerstraftaten aufgrund unvermeidbaren Verbotsirrtums nach §§ 2 VStGB, 17 StGB ist insbesondere bei fehlerhaften Schulungen im humanitären Völkerrecht denkbar. Eine Entschuldigung nach §§ 2 VStGB, 35 StGB ist aufgrund besonderer Gefahrtragungspflichten nur beschränkt möglich. Wird zugunsten eines Kollegen gehandelt, so besteht nur dann die Möglichkeit einer Entschuldigung, wenn über das Kollegenverhältnis hinaus eine besondere Nähebeziehung besteht. Anders als bei Soldaten ist der Entschuldigungsgrund des Handelns auf Befehl nach nach § 3 VStGB auf die überwiegende Zahl der Mitarbeiter privater Militärunternehmen nicht anwendbar. Immunität als Strafverfolgungshindernis genießen Mitarbeiter privater Militärunternehmen in Einzelfällen aufgrund entsprechender Regelungen in SOFAS. Allerdings gewähren weder das NTS, noch das VN- oder das EU Model SOFA Mitarbeitern privater Militärunternehmen im Regelfall Immunität. In der
B. Fazit
279
BR Deutschland gilt jedoch Art. I Abs. 1 lit. b NTS i.V.m. Art. 73 S. 1 NTS-ZA, wonach auch bei Völkerstraftaten ein Strafverfolgungshindernis gegenüber Mitarbeitern privater Militärunternehmen besteht, die als technische Fachkräfte für die US-Streitkräfte arbeiten und sich aus dienstlichen Gründen in Deutschland aufhalten. Als Funktionsträger der VN lässt sich eine Immunität von Mitarbeitern privater Militärunternehmen aus vertraglichen Bestimmungen derzeit nicht herleiten. Auch eine Zurechnung ihres Verhaltens zu den VN oder anderen internationalen Organisationen nach Art. 6 oder 7 ILC-IO ist nicht möglich, so dass eine mögliche völkergewohnheitsrechtlich begründete Immunität ausscheidet. Hingegen ist eine Zurechnung des Verhaltens einzelner Mitarbeiter zu Staaten, in deren Auftrag sie tätig sind, nach Art. 5 oder 8 ILC-S möglich. Eine daraus resultierende Immunität ratione materiae entfaltet jedoch weder bei Völkerstraftaten noch bei privatem Handeln Wirkung.
B. Fazit Einerseits bestätigt die Untersuchung die Wahrnehmung anderer Autoren, dass das Völkerstrafrecht aufgrund seines progressiven Charakters der Flexibilisierung der Gewaltausübung durch nichtstaatliche Akteure besser gewachsen ist als andere Bereiche des Völkerrechts,1 indem es unabhängig von staatlicher Legalität an individuelle Verantwortlichkeit anknüpft. Dies gilt gleichermaßen für die Umsetzung des IStGH-Statuts im VStGB sowie die Anwendung der Regelungen des Allgemeinen Teils des StGB. Andererseits macht die Untersuchung aber auch deutlich, dass bestimmte Aspekte des Einsatzes privater Militärunternehmen in der Praxis nicht konform mit der Systematik des humanitären Völkerrechts und des Völkerstrafrechts sind, bzw. dessen Anwendung erheblich erschweren. Handlungsbedarf von staatlicher Seite als auch von Seite der Unternehmen besteht in folgenden Bereichen:
I. Kein Einsatz für unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten Wenn auch Staaten in expliziten oder impliziten nationalen Regelungen den Einsatz von Mitarbeitern privater Militärunternehmen für Tätigkeiten, die als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten einzuordnen sind, verbieten, oder einen solchen auch im Montreux-Dokument2 ablehnen, so lässt sich eine Tendenz dahingehend feststellen, den Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten 1 Menz, Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut, S. 227; Werle/Burghardt, ZIS 2012, 271 (279 f.). 2 ICRC, The Montreux Document on pertinent international legal obligations and good practices for States related to operations of private military and security companies during armed conflict, B.I.24.
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Kap. V: Schlussbetrachtung
sehr eng zu interpretieren. In Anbetracht moderner Waffensysteme und asymmetrischer Konfliktformen erscheint dies häufig nicht zeitgemäß. Wenn auch der Interpretationsansatz des IKRK für die Auslegung des Begriffs vor allem im USamerikanischen Raum umstritten ist und seine uneingeschränkte Akzeptanz durch die US-Regierung unwahrscheinlich ist, so sollte zumindest die Bundesregierung diesen berücksichtigen und auf die Steuerung von HERON-Aufklärungsdrohnen durch Mitarbeiter privater Unternehmen bei der Gewinnung taktischer Informationen verzichten. Training und Ausbildung durch Private für den Einsatz der Flugkörper sind hingegen nicht zu beanstanden. Inkonsequent und ein Verstoß gegen das humanitär-völkerrechtliche Prinzip der Unterscheidung von Zivilpersonen und Kombattanten ist darüber hinaus die implizite Duldung der Möglichkeit einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten durch von den USA in Deutschland eingesetzte „technische Fachkräfte“ i.S.v. Art. VII Abs. 1 lit. b NTS, Art. 73 NTSZA i.V.m. der deutsch-amerikanischen Vereinbarung über die Auslegung und Anwendung des Artikels 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und des Außerkrafttretens der Vorgängervereinbarung vom 13. Juli 1995. Die Bundesregierung sollte darauf hinwirken, dass Punkt 1. b) ee) der Vereinbarung, wonach als technische Fachkräfte Techniker gelten, die Verantwortung für die Wartung von Fluggeräten, Kampffahrzeugen und Waffensysteme haben und die Kenntnisse in bezug auf den Einsatz dieser Geräte in Kampfsituationen anwenden müssen, aus der Vereinbarung gestrichen wird.
II. Konsequente Berücksichtigung des humanitär-völkerrechtlichen Status der Angestellten Abgesehen vom Verzicht auf den Einsatz für als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu bewertende Tätigkeiten sollten Auftraggeberstaaten vermeiden, Mitarbeiter privater Militärunternehmen in Situationen einzusetzen, die leicht in Gefechtssituationen umschlagen können, oder in denen ein Angriff auf die Mitarbeiter wahrscheinlich ist. In Situationen, in denen sich die Frage nach einem Notwehr- bzw. Nothilferecht stellt, müssen die Betroffenen in kürzester Zeit komplexe humanitär-völkerrechtliche Bewertungen treffen, wozu Mitarbeiter privater Militärunternehmen – häufig deutlich schlechter über ein Konfliktgeschehen informiert und möglicherweise weniger intensiv in humanitärem Völkerrecht geschult als Mitglieder regulärer Streitkräfte – kaum in der Lage sein dürften. Zudem ist eine Rechtfertigung aus Notwehr für Mitarbeiter, die mit ihrer Tätigkeit unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, mangels rechtswidrigen Angriffs nicht möglich. Das humanitäre Völkerrecht bezweckt mit seiner „Strenge“ gegenüber Zivilpersonen, die an Feindseligkeiten teilnehmen, gerade, diese von Konfliktsituationen fernzuhalten. Der von einigen Staaten praktizierte pauschale Verweis auf das Notwehr- bzw. Nothilferecht für den erlaubten Waffeneinsatz durch Private verkennt die Grenzen
B. Fazit
281
des Notwehrrechts und verwässert das Prinzip der Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten.
III. Funktionale Immunität in Empfangsstaaten bei Einsätzen in Peacekeeping-Missionen Werden Mitarbeiter privater Militärunternehmen in Konflikt- oder Postkonfliktstaaten eingesetzt, so kann die paradoxe Situation entstehen, dass sie zwar dieselben Tätigkeiten ausüben wie vormals Mitglieder staatlicher Streitkräfte oder Mitglieder einer Peacekeeping-Mission, aber mangels Inklusion in ein entsprechendes SOFA rechtlich schlechter gestellt sind. Konsequent wäre daher ihre Einbeziehung in die entsprechenden Regelungen und die Gewährung funktionaler Immunität, verbunden mit der Möglichkeit der Aufhebung bei schweren Straftaten. Denn schließlich steht hinter den Immunitätsregeln in SOFAS der Gedanke der ungestörten Aufgabenerfüllung, der für Mitglieder der entsprechenden Mission wie für eingesetzte Mitarbeiter privater Militärunternehmen gleichermaßen gilt.3 Diesen Umstand scheinen die Kritiker4 einer Einbeziehung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen in Immunitätsregelungen zu verkennen. Missstände beim Einsatz Privater wie mangelhafte Aufsicht durch Unternehmen und Auftraggeber, der Einsatz unqualifizierter oder nicht geschulter Kräfte, fehlende Gerichtsbarkeit der Auftragsstaaten über extraterritoriale Straftaten ihrer Staatsangehörigen oder die Verwendung unangemessener Immunitätsregeln wie CPA Order 17 begründen jedoch keine generelle Ungeeignetheit der Anwendung funktionaler Immunität auf Mitarbeiter privater Militärunternehmen. Die Gewährung funktionaler Immunität für Mitarbeiter privater Militärunternehmen im Rahmen von Peacekeeping-Operationen scheitert derzeit allerdings an der mangelnden Unterstützung der Generalversammlung der VN und der Empfangsstaaten.5
IV. Prävention von Straftaten durch Schulungen und unternehmensinterne Strukturen Primär in der Verantwortung der Unternehmen liegt die Durchführung von Schulungen der Mitarbeiter im humanitären Völkerrecht und insbesondere im Notwehr- und Nothilferecht. Auch die Schaffung eines Bewusstseins für die Mel3 Vgl. Fischer, Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten und Friedenssicherungsoperationen, S. 353 f. 4 S. beispielsweise Bericht der UN Working Group on the use of mercenaries as a means of violating human rights and impeding the exercise of the right of peoples to self-determination v. 24. 08. 2010, UN Doc. A/65/325, S. 8; Tonkin, State Control over Private Military and Security Companies in Armed Conflict, S. 167 ff. 5 Kovacˇ , Max Planck UNYB 2009, 307 (335 f.).
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Kap. V: Schlussbetrachtung
depflicht bei möglichen Völkerstraftaten zählt zu den erforderlichen Maßnahmen. Zur Vermeidung von (Völker)straftaten und auch um eine Vorgesetztenverantwortlichkeit auszuschließen, sollten zudem die unternehmensinternen Strukturen so beschaffen sein, dass eine angemessene Aufsicht der Mitarbeiter im Einsatz gewährleistet ist. Um die Achtung humanitär-völkerrechtlicher Regeln sicherzustellen, sollten die Auftraggeber entsprechende unternehmensinterne Maßnahmen zur Bedingung eines Vertragsschlusses machen.
V. Prävention von Straftaten und Erleichterung von Ermittlungen durch staatliche Aufsichtsmechanismen Schließlich würde die Schaffung eines innerstaatlichen Aufsichtsmechanismus für sämtliche in Deutschland ansässige Unternehmen, die im Ausland militärische Dienstleistungen anbieten, einer Prävention von Völkerstraftaten dienen und gegebenenfalls die Ermittlung von Völkerstraftaten erleichtern. Zu begrüßen wäre die Einführung eines Genehmigungsvorbehaltes in Anlehnung an § 31 GewO mit dem BAFA als Genehmigungsbehörde. Insbesondere könnten auf diese Weise bestimmte Anforderungen an die betriebliche Organisation und Verfahrensabläufe und die Zuverlässigkeit des Personals und des Gewerbetreibenden sichergestellt werden, die auch humanitär-völkerrechtliche Vorgaben berücksichtigen. Aus völkerstrafrechtlicher Sicht geeignet, um mögliche Ermittlungen zu erleichtern und Völkerstraftaten vorzubeugen, wäre zudem das Instrument einer laufenden Kontrolle von Verträgen privater Militärunternehmen mit Auftraggebern über Einsätze in Krisengebieten durch das BAFA.6 Fest steht, dass Dienstleistungen privater Militärunternehmen für die Erfüllung der Aufgaben staatlicher Streitkräfte im Auslandseinsatz unverzichtbar geworden sind. Es wäre realitätsfern, die Inanspruchnahme privater Militärunternehmen durch eine innerstaatliche Regelung in Deutschland oder auf völkerrechtlicher Ebene zu verbieten und private Militärunternehmen und ihre Mitarbeiter zu dämonisieren. Vielmehr muss das geltende Rechtsregime konsequent angewendet und in Teilbereichen ergänzt werden.
6 S. hierzu und zur Schaffung eines Genehmigungsvorbehalts Schäfer, Die rechtliche Regulierung privater Militärunternehmen, S. 314 f., der vor Inkrafttreten von § 31 GewO für eine Anlehnung an § 34a GewO plädiert.
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Sachverzeichnis Abu Ghraib 27, 40, 119 – 121, 140, 155, 158 – 160, 199 f., 244, 247, 274 Academi 36, 38, 115, 135, 144, 183 Aggression 129 Angriff gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen 152 Angriffe mit unverhältnismäßigen Begleitschäden 154 Anordnung 244 Anordnungsgewalt 181 Anstiftung 185 Anwerben für fremden Wehrdienst 53 ASGAARD 26 Aufklärungsaktivitäten 34, 39, 42, 79 f., 86, 277 Auftraggeber privater Militärunternehmen 42 Ausbildung 38 Außenwirtschaftsrecht 48 AWG 48 Befehl 243 Beihilfe 186, 194, 196, 278 Belligerent Nexus 71 Bemba 173 Beschuss von Zivilpersonen 113 Besondere Gefahrduldungspflichten 230 Beteiligung von Mitarbeitern privater Militärunternehmen an Straftaten 168 Bewachungsunternehmen 47, 51 Bewaffneter Konflikt 138 Blackwater 24 f., 27, 34, 36, 97, 114 – 117, 135, 141, 144, 183, 274 Bundeswehr 25 f., 39, 43, 46, 52, 54 f., 79, 87, 146, 198, 217, 232, 248, 276 CACI International 27, 119 Coalition Provisional Authority Order 17 248 continuous combat function 68 f., 74, 76, 81, 86, 89, 101, 108
contractors 25, 34, 40, 117, 119, 248 f., 250, 258 Cyber-Angriffe 35, 72, 277 Dayton Agreement 254 Defensivnotstand 229 Dienstleistungsangebot privater Militärunternehmen 33 Eichmann 170 Einsatz verbotener Methoden der Kriegführung 152 Einsatzsituation privater Militärunternehmen 33 enhanced interrogation techniques 164 Entschuldigender Notstand 237 Entschuldigungsgründe 233 Entwürdigende oder erniedrigende Behandlung 159, 162, 164 Executive Outcomes 33 f., 64, 118, 155, 168, 170, 184, 186, 244 extraordinary renditions 123, 134, 149, 163, 194 Fall Tadic´ 58, 105 Folter 27, 39, 123, 156 f., 162 f., 195 Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit 278 Freistellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach dem VStGB 213 Freiwilligenkorps 61 f., 64, 66, 88, 98 Fungibilität 182 Gefolge der Streitkräfte 93 Geiselbefreiungen 35 Gesetze und Gebräuche des Krieges 58, 61, 82, 85, 87 Gewaltmonopol 23 Gewerbeordnung 47 f. Grausame oder unmenschliche Behandlung 156, 162 f.
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Sachverzeichnis
Handeln auf Befehl oder Anordnung 242 HLKO 60 f., 87 f., 93, 109, 166 f., 248 human intelligence 39 Immunität 247, 263, 281 Informationsbeschaffung 39 Internationaler bewaffneter Konflikt 57 „Internationalisierter“ bewaffneter Konflikt 58 Internes Disziplinarsystem 91 Irreguläre Truppen 68 Kampfdienstleistungen 33 Katanga 173 Kombattanten 56, 60 f., 65, 68, 73, 82 – 84, 87, 90 – 92, 95 f., 103 f., 111, 149, 153, 215, 271, 280 f. Kombattantenstatus 60 – 62, 64, 66, 68, 87 – 89, 91, 95, 101, 103 f., 107, 111, 147, 261, 277 Kriegsgefangene 36, 61, 73 f., 76, 93, 96, 103, 105, 155, 200 Kriegsnotwendigkeiten 220 Kriegsverbrechen 137 Kriegswaffenkontrollgesetz 49 Lebendige Schutzschilde 100 Logistik 25, 29, 33, 40 f., 46, 72, 80, 86 Logistische Dienstleistungen 40 Meuchlerisches Töten oder Verwunden 166 Militärischer Befehlshaber 196, 197 Militäruniformen 84 Military Consulting Firms 29 Military Provider Firms 29 Military Support Firms 29 Milizen 61 f., 64, 66, 88, 98, 106, 181 Minderjährigkeit der Opfer 162 Misshandlung von Gefangenen 155 Mitarbeiter privater Militärunternehmen 25 – 28, 31, 36, 51, 53, 56, 63, 66, 74 – 76, 78 f., 91 f., 95 – 101, 108 – 113, 121, 130 – 134, 139 f., 146, 149, 161, 166 – 169, 184 f., 189, 196, 198 f., 209, 213, 216, 218, 220 f., 223 – 227, 229 – 232, 235 f., 238 – 247, 250 – 252, 256, 258 – 261, 264, 269 – 278, 280 f.
Mittelbare Täterschaft 170, 277 MPRI 29, 38, 40, 124 f., 131 – 133, 143, 186 NATO-Truppenstatut 251 Nichtinternationaler bewaffneter Konflikt 105 Nisour Square Shooting 27, 37, 114, 116, 154 f., 225, 230, 249 Nothilfe 226 Notstand 278 Notwehr 221, 278 Objektschutz 36 open sources intelligence 39 Organisatorischer Machtapparat 172 Organisierte bewaffnete Gruppen 107 Outsourcing 24, 63, 98 Paramilitärische Gruppen 180 Personenschutz 37, 189 Private Militärunternehmen in Deutschland 43 Privates Militärunternehmen 28 Privatisierung 23 – 27, 29 f., 37 – 39, 44 – 47, 52, 54, 56, 84, 89 – 91, 97 f., 104, 137, 272 f. Rechtfertigender Notstand 227 Rechtfertigungsgründe 215 Rechtsgelöstheit 183 Rechtswidrige Gefangenhaltung 160, 165 Repressalie 219 Reserve Forces Act 63 Rules of Engagement 220 Sandline 33 f., 64 Santo Domingo Incident 117 Schuldprinzip 112 Seeschiffe 47 Sexuelle Gewalt 121, 160 Sexuelle Nötigung 158, 161, 163 signal intelligence 39 Söldner 95 Staatenimmunität 270 Stationierungsabkommen 251 Strafverfolgungshindernisse 247 Streitkräfteaufgaben 45 f.
Sachverzeichnis Täter und Opfer 149 Tatsächliche Führungsgewalt 203 Teilnahme 184 Teilnahme an Feindseligkeiten 56, 61, 67 – 74, 76 – 82, 86, 94 – 96, 101 f., 104, 106 – 108, 110 f., 150, 166, 218, 224, 226, 230 f., 233, 240, 246, 272, 275, 277, 279 f. TITAN 27 Tötung einer zu schützenden Person 151 Tu quoque 220 UN Model Status-of-Forces-Agreement 257 UNCPI 259 UNCSAP 261 United States Central Command 25 UNMIK Regulation 2000/47 249 Unrechtmäßige Kombattanten 103 Untergebenen-Straftat 206 Unterlassen der Meldung einer Straftat 208 Unterscheidungspflicht 91 Unterscheidungszeichen 65 f., 82 – 84, 86, 92, 107, 111 UZwGBw 52, 232
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Verbotsirrtum 236 Verbrechen gegen die Menschlichkeit 132 Vergewaltigung 158 Verhörmethoden 164 Verletzung der Aufsichtspflicht 205 Vertreibung/Zwangsweise Überführung einer Person 164 Verwaltungshelfer 46 Völkermord 131 Völkerrechtskonforme Schädigungshandlungen 215 Völkerstraftat 31, 128, 169, 194, 208 – 210, 237, 252, 276 Vorgesetzter 197 Waffengesetz 50 Weltrechtsprinzip 31, 127, 129, 252 Zivile Vorgesetzte 200 Zivilpersonen 92, 99, 108 Zusammenhang der Tat mit dem Konflikt 147