Unterscheidung der Geister: Studien zur theologischen Semantik der gotischen Paulusbriefe 3789601721, 9783789601729

Den hier vorliegenden Untersuchungen zum Briefcorpus der gotischen Bibelübersetzung ist der Versuch vorausgegangen, die

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German Pages 262 [264] Year 1987

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I. EINLEITUNG 1
II. ECHTE PAULUSBRIEFE 20
III. DEÜTEROPAULINEN 182
IV. SCHLUSS 216
V. LITERATURVERZEICHNIS und ADDENDA 227
WÖRTERVERZEICHNIS 237
VERZEICHNIS DER BIBELSTELLEN 244
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Unterscheidung der Geister: Studien zur theologischen Semantik der gotischen Paulusbriefe
 3789601721, 9783789601729

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ERLANGER STUDIEN Band 72

H erausgegeben von D etlef Bernd Leistner-O pferm ann D ietm ar Peschel-Rentsch

1987

V E R L A G PALM & E N K E E R L A N G E N

Ingeborg Bertau

Unterscheidung der Geister Studien zur theologischen Semantik der gotischen Paulusbriefe

1987

V E R L A G PALM & E N K E E R L A N G E N

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bertau, Ingeborg; Unterscheidung der Geister s Studien zur theol. Semantik cLgot. Paulusbriefe / Ingeborg Bertau. - Erlangen : Palm u. Enke, 1987 (Erlanger Studien; Bd. 72) ISBN 3-7896-0172-1 D 29 NE; GT ISSN-Nr. 0179-1710

Offsetdruckerei 3ürgen Sieland, Erlangen

Die Philosophische Fakultät II (Sprach- und Litera­ turwissenschaften) der Friedrioh-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat die hier vorgelegte Arbeit im Wintersemester 1986/87 als Dissertation angenommen* Für die Veröffentlichung wurde sie leicht überarbeitet und um ein Register ergänzt* Gerne danke ich an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Walter Haug, Frau Professor Dr. Gesa Eonath und Herrn Professor Dr. Hans G. Ulrich für ihre auch im Sinne dieser Arbeit kritische Lektüre, für Anregunger und moralische Unterstützung.

Ingeborg Bertau

Inhaltsverzeichnis I.

EINLEITUNG

1

II. ECHTE PAULUSBRIEFE 1.

Rom 8

20

a) im griechischen Text (katàkrima. katakrinö)

21

b) im gotischen Text (wargifra, gawargjan)

25

2.

Rom 14

32

a) im griechischen Text (krino, diakrinö. diakrisis. katakrinö)

34

b)

44

* im gotischen Text (tweifleins. sto.jan)

3. 1 .Kor 4 a) im griechischen Text (krinö. anakrlnö. diakrinö) b) im gotischen Text (ussok.jan. stojan) 4.

1 .Kor 5

54 55 59 63

a) im griechischen Text (krinö. eilikrlneia)

64

b) im gotischen Text (gastonan. stonali, unwammei)

72

5.

1 .Kor 10

77

a) im griechischen Text (krinö. anakrinö)

78

b) im gotischen Text (domņan. andhruskan. andsitan. sto.jan)

81

6.

1.Kor 11

a) im griechischen Text (krinö. kr ima, diakrinö. kata­ krinö ) b) im gotischen Text (staua. domņan. sto.jan) 7.

2.Kor 1

93 94 101 105

a) im griechischen Text (apökrima. eiiikrineia)

106

b) im gotischen Text (andahafts. hlutrei)

108

8.

2.Kor 2

111

a) im griechischen Text (krinö. eiiikrineia)

112

b) im gotischen Text (gastoņan. hlutriba)

113

9.

2.Kor 10

116

a) im griechischen Text (egkrlnö. sygkrlnö)

117

b) im gotischen Text (domņan. gadom.jar.)

121

10. Gal 2.13

127

a) im griechischen Text (synypokrlnomai. hyp6krisis)

128

b) im gotischen Text (miblitjan. lita)

132

II. Köm 9.20

135

a) im griechischen Text (anbapokiinomai)

136

b) im gotischen Text (andwaurd;jan)

138

12« Rom 11,53 a) im griechischen Text (krima) b.J im gotischen Text (staua) 13. Rörn 12,9

.139 140 14? 143

a) in griechischen Text (anyp6kritos)

144

h) im gotischen Text (unliuts)

146

14. Rom 13.2 a) im griechischen Text (krIma) ö)

im gotischen Text (wargifra)

15. 1.Kor 6.1 a) im griechischen Text (krinesthai) h) iir. gotischen Text (stot an) 16. 1oKor 9.3 a) im griechischen Text (anakrino) b) im gotischen Text (ussok.jan) 17. 1.Kor 14.24 a) im griechischen Text (anakrino) b) im gotischen Text (ussok.jan) 16.

2.Kor 3.9

a) im griechischen Text (katàkrisis) b) im gotischen Text(wargifra) 19. 2.Kor 6.6

147 148; 151 153

154 157 159 160 161 162 163 165 166 167 169 171

a) im griechischsn Text (anyp6kritos)

172

b) im gotischen Text (unhindarweis)

173

20. 2.Kor 7.3

174

a) im griechischen Text (katàkrisis)

175

b) i?n gotischen Text (gawargeins)

177

21. Ga3 5.10

178

a) im griechischen Text (krima)

179

b) in gotischen Text (wargifra)

180

III. DEÜTEROPAULINEN 1.

1#Tim 5

182

a) im griechischen Text (krima, pròkrima . krisis)

183

b) im gotischen Text (staua. faurdomeins)

186

2.

2,Tim 4

188

a) im griechischen Text (krino, kritis)

189

h) im gotischen Text (stojan. stana)

19t

3.

Kol 2,16

192

a) im griechischen Text (krino)

193

b) im gotischen Text (bidom.ian)

194

4.

Kol 4.6

196

a) im griechischen Text (apokrinesthai)

197

h) im gotischen Text (andhaf.ian)

198

5*

2.Thess 1,5

199

a) im griechischen Text (krisis)

200

b) im gotischen Text (stana)

201

6.

ļ.Tim 1.5

202

a) im griechischen Text (anyp6kritos)

203

b) im gotischen Text (unhindarweis)

205

7.

1»Tim 3.6

207

a) im griechischen Text (krima)

208

b) im gotischen Text (stana)

2C9

8.

1 «Tiro 4,2

210

a) im griechischen Text (hypòkrisis)

211

b) im gotischen Text (lintei)

212

9.

2,Tim 1.5

213

a) im griechischen Text (anypòkritos)

214

b) im gotischen Text (nnlints)

215

IV. SCHLUSS

216

V.

227

LITERATURVERZEICHNIS und ADDENDA

WÖRTERVERZEICHNIS 1. griechisch 2. gotisch VERZEICHNIS DER BIBELSTELLEN 1. griechisch 2. gotisch

237

241 244 249

1

I, Einleitung I. Den hier vorliegenden Untersuchungen zum Briefcorpus der gotischen Bibelübersetzung ist der Versuch vorausgegangen, die uns erhaltenen Texte der Briefe zu übersetzen. Die durch den Modus der Arbeit hervorgerufene Unterscheidung von Über­ setzung und anschließend sich explizierender Interpretation betrifft aber nur ein methodisches Nacheinander, keine sach­ liche oder inhaltliche Sukzession. Den heiligen Text zu über­ setzen, ist eine Form der Aneignung, das Bemühen, ihn als re­ levante Aussage auf sich selbst, den Übersetzenden, hin zu verstehen. So ist auch jede sprachliche Interpretation wieder­ um Übersetzung, insofern sie den Sinngehalt von Wörtern aus dem größeren Zusammenhang ableitet und die Richtung ihres Ver­ stehens von da her bezieht. Implizit wird bei der philologischen Beschäftigung mit den gotischen Bibeltexten immer danach gehandelt, indem diese als relevante Texte zum Gegenstand vielfältigen Bemühens wer­ den. Das wird belegt durch das höchst uneinheitliche Bild der gelehrten Literatur, die sich seit dem 19.Jahrhundert und dies in jüngerer Zeit besonders auch im englisch-amerikanischen und italienischen Raum mit dem Übersetzungswerk der gotischen Bibel befaßt. Ein über die Erforschung der sprachlichen Seite hinausgehendes Interesse am Gotischen, das sich mit einer na­ tionalistischen Komponente der deutschen Geschichtsbetrach­ tung nicht immer glücklich verbsind, fand Platz neben kirchen­ geschichtlich, kodikologisch, übersetzungsgeschichtlich, ety­ mologisch oder in anderer Richtung linguistisch orientierten Untersuchungen, die im Einzelnen der Ergänzung durch andere Forschungsrichtungen bedürfen, um eine Gesamtwürdigung des

A

Werkes zu ermöglichen • Explizit wird auf die theologische Dimension der Texte -i

Als kurze Darstellung bisher erfolgter Ansätze, ihrer Lei­ stungen wie auch ihrer Grenzen, beeindruckte durch hohen In­ formationsgehalt und luzide Nüchternheit das Metzler-Bänd­ chen von ELFRIEDE STUTZ über fGotische Literaturdenkmäler*

( 1966).

aber kaum je Bezug genommen, genausowenig wie auf das Invol­ viertsein des Bearbeiters. Vor allen in der älteren Forschung1 ist der gotischen Bibelübersetzung ein fundamentales Inter­ esse an der Verkündigung nur in Maßen zugetraut worden, wenn dem Übersetzer etwa Unverständnis der Aussage des griechi­ schen Textes vorgewcrfen und sein wörtliches Festhalten am griechischen Vorbild in solchen Fällen als Verlegenheitslö­ sung bewertet wurde. Oft wird für das Verständnis des goti­ schen Textes die Kenntnis der griechischen Bibel als unab-

2

dingbar vorausgesetzt . Sprachwissenschaftlich hat sich die Ausklaminerung theologischer Hintergründe zur Methode verfe­ stigt, wo "Ein-Wort-Philologie" betrieben, das einzelne Wort in aller Kürze aus seinem Zusammenhang gelöst und als stabile Größe zu einem diachron zu betrachtenden Phänomen wird bzw0 zu einem Lemma, das als fertiger Baustein in allen anderen Zusammenhängen gehandhabt werden kann* II. Die Genauigkeit eines Wortes, an der auch der Philolo­ gie gelegen sein muß, beruht aber darauf, daß Wörter Grenzen haben, die ihnen nicht als Eigenschaft in Form einer "Defini­ tion” zugehören, sondern bestimmt werden über ihre Deutbarkeit mit Hilfe anderer - benachbarter, kontextuell zugehöri­ ger - Werter. Beim Bibeltext läßt sich erkennen, daß Ausle­ gung in entscheidender Hinsicht wiederum nicht unendlich pro­ duktiv sein muß. Die Wichtigkeit des einzelnen Wortes bezieht sich auf d a s

Wort, ein nicht aus menschlichen Lebenszusam­

menhängen generiertes Wort, das Wort göttlicher Selbstoffen­ barung, von dem es im Johannes-Prolog heißt: "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns" (Joh 1,14). Die Auslegung des Wortes in den Wörtern muß nichts Allgemeines zum Ausdruck bringen, nichts, das ohne bestimmbare Prägnanz wäre. Die Be­ ziehung der Wörter des heiligen Textes untereinander, um die sich auch die Philologie zu bemühen hat, ist die der Allegorese, nicht die der Tautologie. In seiner Beziehung zum Zen-* 2 1 1 Vgl. STOLZMBURG 145 ff 2 Vgl. STUTZ 58

- 3 -

tram des göttlichen Wortes, das sich in Christus manifestiert hat, ist jedes Wort des heiligen Textes ein in gleicher Weise wie die andern vermitteltes Wort, das aber neben diesen an­ dern Wörtern seine eigenen Möglichkeiten des "Anders-Sagens" hat. So gilt schon für den primären Text, was BENJAMIN über die "Unselbständigkeit" der wahren Übersetzung gegenüber dem Original festgestellt hat: "der Satz ist die Mauer vor der i Sprache des Originals, Wörtlichkeit die Arkade" . Das Interesse an der Verkündigung, das man der goti­ schen Bibelübersetzung in ihrem Bemühen um das einzelne

Wort

Zutrauen darf, dieses Interesse, das zugleich gebunden ist an eine bestimmte Verkündigungs- bzw. Hörsituation, findet einen nur historisch späteren Widerhall in der Situation des philo­ logischen Betrachters, der den Text als wichtig anerkennt und auf sich selbst bezieht. Darin ist die übersetzende Zueignung des heiligen Textes ja Urbild jeglicher interessierten Be­ trachtung eines Textes (wie sich ja auch die moderne Herme­ neutik wohl im wesentlichen der Exegese verdankt), daß sie, wie säkular dessen Gegenstand auch sein mag, dem Übermittel­ ten zugleich eine Bedeutung verleiht, die es in den Rang des Heiligen, des existentiell Notwendigen erhebt. Das gilt noch für Gebrauchsanweisungen im technischen Zeitalter. Übersetzen und übersetzendes Verstehen-Wollen bezieht sich auf Kontexte. Kontexte im weiteren Sinn sind hier an frühchristliche Gemeinden gerichtete apostolische Briefe, de­ ren Anliegen jeweils in einem bestimmten Gestus und mit un­ terschiedlichen argumentativen Akzenten verbunden ist. Beim Corpus Paulinum und den dem Paulus zugeschriebenen Briefen, die, zumeist in Fragmenten, auch gotisch überliefert sind, handelt es sich um eine diskursive Betrachtung und Übermitt­ lung des in den Evangelien verkündeten Heilsgeschehens. Nicht nur von dieser sachlichen und gattungsmäßigen Zusammengehö­ rigkeit, sondern auch vom Bild und Namen des Verfassers her haben diese Briefe vom gotischen Übersetzer als einheitliches 1

BENJAMIN 59

Zeugnis empfunden werden können. Die Reflexion, auf der die Übersetzung basiert, dürfte bei dem Missionsbischof Wulfila als demjenigen, der den heiligen Text den Goten erstmals in ihrer eigenen Sprache zur Kenntnis geben wollte, zu einem guten Teil von einer identifikatorischen Haltung getragen sein. Der Autor der Briefe ist sichtbar als ein Ich, das hi­ storisch in die Zeit der ersten Gemeinden gebunden ist, aber mit apostolischer Autorität Grundsätzliches aussprechen will. Die stark geformte, ja geradezu gepreßte Sprache des Paulus ihre Repetitionsformen, ihr Wühlen in etymologischen Figuren, die langen Begriffsketten, der Diatribenstil (d.h. die Be­ rücksichtigung aller möglichen argumentativen Einwände und die dadurch hervorgerufenen syntaktischen und logischen Stö­ rungen der Rede) -, diese Sprache hat in der gotischen Über­ setzung eine Spiegelung erfahren, die bei den Interessierten lange Zeit Verlegenheit und Ablehnung hervorgerufen hat. Die akribische Wörtlichkeit des gotischen Textes, was Syntax, Morphologie, Wortbildung und vieles mehr betrifft, schien in den Augen mancher Betrachter den Anspruch zu erheben, den griechisch-paulinischen Text durch Verdoppelung überflüssig zu machen - in ungeschickter Weise, da ihnen eine Logik des gotischen Textes nicht recht ersichtlich war. Diese Einschätzung scheint mir auf einem zweifachen Vorurteil zu beruhen. Zum einen wird die Verständlichkeit des gotischen Textes nur von der griechischen Seite her beurteilt, die nicht allein Vorbild gewesen sein, sondern zugleich ihre AussageStruktur in unübertragbarer Weise gehabt haben soll. Zum andern geht man an den gotischen'Text mit Auffassungen heran, die sich aufgrund späterer, neuhochdeutscher Überset­ zungen gegenüber dem griechischen Text ergeben haben. In bei­ den Fällen wird nicht die Möglichkeit gesehen, daß der goti­ sche Text in eigener Weise die Verkündigung aufgenommen und in verkündigende Rede umgesetzt hat, die seinen Voraussetzun­ gen entspricht.

5 III. Die Übersetzung, die ich selbst zum gotischen Text an­ gefertigt habe,

versucht dieser Fremdheit und Eigenart Rech­

nung zu tragen. Die Wortstellung wurde weitgehend beibehalten, andersartige Kasusrektion, ungewohnte Präfigierung. Bei vielen Wörtern wurde die Wurzelbedeutung ausübersetzt, was zu bizar­ ren Neubildungen führte. Das ergibt keine Textur, die neuhoch­ deutschen Verständnisgewohnheiten adäquat ist» Vor allem läßt sich bemerken, daiB auch die Leser der gotischen Bibel-Überset­ zung, von der deutschen LUTHER-Tradition herkommend, gewohnt sind, den Bibeltext in S ä t z e n wahrzunehmen, die ihre Aus­ sage in bestimmter vertrauter Form transportieren, dadurch, um mit BENJAMIN zu reden, mit "Mauern" konfrontiert, die so­ wohl vor der griechischen wie der gotischen Textfassung ste­ hen. Sobald das gotische Einzelwort, das jeweils als Äquiva­ lent eines einzelnen griechischen Wortes gelten sollte, in seiner Bedeutung zunächst über den Satzzusammenhang gestellt wird, assoziieren sich ihm neuhochdeutsche grammatikalische, lexikalische und semantische Vorstellungen, die oft schon mit denen zum Nachbarwort in Konflikt treten. Dieses Problem ist in gotisch-neuhochdeutscher. Wörterverzeichnissen oder in den Glossierungen der etymologischen Lexika zumeist dadurch um­ gangen worden, daß entweder die neuhochdeutsche Übersetzung des griechischen Wortes (zum Teil auch das entsprechende griechische Wort selbst) oder in etwa der an dieser Stelle anzutreffende Ausdruck der LUTHER-Bibel wiedergegeben wurde . Der sprachliche Zusammenhang, der damit dem Verständnis gebo­ ten wurde, bleibt der. Verhältnissen des gotischen Textes äu­ ßerlich. Umso dringlicher stellt sich die Frage, wie die AussageStrukturen aussehen, die im gotischen Text durch die Wörter gebildet werden. Es läßt sich damit die Beobachtung machen, daß der gotische Text innerhalb seines starren Rah­ mens doch erhebliche Freiheiten hat.

1 Die Tatsache, daß damit wohl "zutreffend übersetzt(.), (Fortsetzung nächste Seite)

Zahlreiche Abweichungen im grammatischen Bereich sind durch die Verschiedenheit der griechischen und gotischen Sprache veranlaßt. Bas weniger differenzierte Tempussystem des Gotischen, die Einschränkungen hinsichtlich der Genera verbi und Anderes sind zum Teil durch andere Formen, Umschrei­ bungen etc. ausgeglichen worden. In anderen Fällen, etwa bei der Verwendung des Duals oder der starken und schwachen Adjek­ tivflexion, differenziert das Gotische über die Möglichkeiten der griechischen Vorlage hinaus. Bas Prinzip der Wort-für-Wort-Übersetzung, das die Phi­ lologen über die grammatischen Abweichungen Züge des idioma­ tischen Gotisch erkennen ließ, lenkt den Blick auch auf die inhaltlich-lexikalische Seite der Übersetzung. Hier hatte Wulfila in besonderem Maße den Verständnismöglichkeiten sei­ ner Adressaten Rechnung zu tragen, denen christliche Vorstel­ lungsinhalte über einen vorchristlichen Sprachgebrauch zu­ gänglich gemacht werden mußten. Allein Fremdworte in das bis­ herige gotische Lexikon einzugliedern, war für den Goten aus naheliegenden Gründen keine Möglichkeit. In diesem Zusammen­ hang ist bemerkt worden, daß Wulfila im Gotischen über eine Reihe von Ausdrucksvariationen verfügt. Christlich geprägte Begriffe wie eulogia »Segen* konnten in transskribierter Form (aiwlaugia) übernommen und in nächster Nähe durch gotische Bildungen wie wailaquiss oder friübeins wiedergegeben werden (2.Kor 9,5*6), so daß über die Variation der griechische Fachterminus eingeführt und dem gotischen Sprachgebrauch in­ tegriert werden konnte (in unterschiedlicher Weise wurde euund -logia durch waila- bzw. biub- »gut1 und quiss »Rede» wiedergegeben und erklärt). Andernorts fand friüfriquiss (1,Kor 10,16) Verwendung, eine genaue Lehnübersetzung, die nicht o gleichzeitig aber die eigentliche Bedeutung des got. Wortes verhüllt(.) und (sc. im Fall, daß ein gotisches Wort mehre­ re griechische übersetzte) eine Polysemie (vorgetäuscht)** wurde, war auch für ERNST GÖTTIs bemerkenswerte Arbeit über »Die gotischen Bewegungsverben* (S.1) eine initiale Beob­ achtung.

- 7 -

erst über Variationen eingeführt werden konnte und deshalb das Gemeinte sofort präzise erfassen mußte. Die Sexbständigkeit des Übersetzers zeigt sich jeaoch dort in besonders hohem Maße, wo er sich Del der Übertragung von Wörtern, die im Griechischen verschiedenen Stämmen ange­ hören, unter Ableitungen von einem einzigen Stamm bewegt, aber vor allem auch umgekehrt stammverschiedene oder in der Wortbildung differierende Ausdrücke abwechselt, wo der grie­ chische T-ext nur eine Möglichkeit anbietet. "Während (das Go­ tische) bei der Wortfolge vom Einzelwort ausgebt, nimmt en bei-der Wortwahl Rücksicht auf den Zusammenhang" (STUTZ 78). Das heißt, daß im gotischen Text keine schematische Gleichung gegenüber dem griechischen vorliegt, sondern vom Übersetzer interpretativ reagiert wird. Dabei läßt sich erfahren, daß die gotische Übersetzung über ihren Wert als Übersetzung hin­ aus als Text bedeutend ist: Das einzelne gotische Wort nimmt nicht nur den Platz eines griechischen Wortes ein und ist selbst nicht einfach ein Lemma mit einem immer schon fertig umrissenen Bedeutungshof, sondern es bildet zusammen mit an­ dern Wörtern einen KommunikationsZusammenhang, der seine mit­ gebrachte Bedeutung variierbar und urgicrbar macht. Es treten nicht zwei fertige Sprachreservoirs in Kontakt, sondern das griechische wird durch das Verstehen des Übersetzers, das go­ tische durch seine Absicht der Verkündigung des Evangeliums in eine spezifische Flexibilität gebracht. Die Semantik eines Wortes wird bis zur Grenze des (von der Etymologie her gese-. henen) Sprachmöglichen angespannt. Diese Beobachtung läßt sieh eher am Briefcorpus der Übersetzung

machen, weil die theologische Reflexion des Fau-

lus die Sprache in extremer Form in ihren Dienst nimmt. In der paulinischen Abstraktionsfähigkeil;, dem oftmals ellipti­ schen Stil und einem fest umrissenen Rahmen theologischer Begrifflicbkeit begegnen

sich Komplexität und radikale Reduk­

tion des theologischen Gedankens. Die flexible Reaktion des gotischen Textes auf die paulinische Rede läßt zu, daß der theologische Gedanke kein denotatives Implantat bleibt, son­ dern seine eigenen Zusammenhänge bildet..

8

Aus der Fülle der sich "bietenden Untersuchungsgegen­ stände trat besonders der Bereich des griechischen Verbs krlnö »scheiden, beurteilen», seine Wortfamilie, hervor und wur­ de als Basis für die vorliegende Arbeit gewählt. krlno nimmt bei Paulus eine zentrale Stellung in der Argumentation ein. Das V-:rb, seine Komposita und Ableitungen, bestimmt in mehreren Kapiteln der Briefe - gehäuft auftre­ tend - den Gedankengang. An dieser Stelle läßt sich die je­ weilige gotische Variante am besten beurteilen, weil der Kon­ text hier, anders als bei isolierten Belegen, strict determi­ niert ist. Im Römer-, 1. Korinther-, 2. Korinther- und Gala­ terbrief ließen sich insgesamt 46 Belege finden - allein in dem griechischen Text, zu dem eine gotische Übersetzung er­ halten ist. Im Gotischen treten für krino Wörter der ver­ schiedensten Stämme ein. Auch ist es keineswegs so, daß einer bestimmten krino-Variante immer die gleiche gotische gegen­ übersteht. In differenzierter Ferm scheint hier die paulinische Frage nach der '»Unterscheidung (diäkrisis) der Geister'» (I.Kor 12,10) aufgenommen zu sein, die Frage, wie dac verkün­ dete Evangelium und das Handeln dessen, der an Jesus Christus glaubt, Zusammenhängen. In den I•euteropa^ūinen begegnen noch einmal 12 Belege, die gesondert behandelt werden. Die Trennung zwischen beiden Eriefcorpora scheint mir nicht allein der wissenschaftlichen Tradition wegen gerechtfertigt, weil im Fall von Kolosser-, 2.Thessalonieher-, 1. und 2. Timotheusbrief (ebenso wie für Epheser- und Titusbrief) die paulinische Verfasserschaft als nur pseudepigraphisch zugeschrieben und nicht authentisch greifbar gilt. Es läßt vielmehr der heutige Stand der neute­ stamen tlichen Forschung in den Deuteropaulinen andere, der apostolischen Spätzeit entsprechende theologische Akzente er­ kennen. Die gotische Übersetzung, der ja keine textkritisch gesicherte Autoritätshierarchie der Briefe zugrundeliegt, spiogelt in ihrer Rezeption des theologischen Gehaltes die Verschiebung der Interessen, von der auch die krlno-Worter berührt sind. Es läßt sich in den untersuchten Belegen der Deuteropaulinen kein Beispiel mehr finden, in dem ein solches

- 9 Wort in einer dynamischen Kontroverse, wie manche paulinischen Kapitel sie demonstrieren, eingesetzt wird. Pur krinein, das Problem des Unterscheidens und Entscheidens, sind Beur­ teilungskriterien maßgeblich geworden, die einer sich konso­ lidierenden Kirchenlehre angehören und die Verfaßtheit der Christengruppe, weniger die des einzelnen Christen reflektie­ ren.

17« Die vom Gtaimn her inspirierte Zusammenstellung der paulinischen krlnö-Worter in ihrer Konfrontation mit den keine Wortfamilie bildenden gotischen Entsprechungen konnte als er­ hellendes Korrektiv für Schematismen wirken, die, das Grie­ chische betreffend, in der theologischen, hinsichtlich des Gotischen in der germanistischen’Literatur anzutreffen waren* Einen umfangreichen Artikel 1krino '. der alle hier in­ teressierenden Lemmata der Wortfamilie (mit Ausnahme von eilikrlneia 'Makellosigkeit' und den hyp6krisis('Heuchelei')Wörtern, die eigene Artikel haben) bespricht, bietet das 'Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament', ein vielbändi­ ges Werk, das den griechischen Wortschatz des Neuen Testa­ ments mit Berücksichtigung des alttestamentlichen und helle­ nistischen Sprachgebrauchs unter theologischen Gesichtspunk­ ten zu bearbeiten versucht« FRIEDRICH BÜCHSEL, der Verfasser des Artikels krino, stellt mit seinen einleitenden Ausführun­ gen das Verb in den Zusammenhang eines biblischen, insbeson­ dere neutestamentlichen "Gerichtsgedankens" mit allen morali­ schen und psychologisch-dramatischen Implikationen einer fo­ rensisch codierten Rollenverteilung. Der "Gerichtsgedanke" ist in der Tat ein mögliches Kürzel für die Vorstellung, daß Gott der Herr der Welt ist, insonderheit der Herr über die von ihm geschaffenen Menschen, und daß er das Urteil über diese vor ihm zu Sündern gewordenen Menschen stellvertretend für sie an einem ^ündlosen vollzogen hat, der sein eigener Sohn war. Wenn krino oder eines seiner nominalen Derivate in verneinter Form und auf ein menschliches Subjekt bezogen auf­ tauchte, so verstand man gewöhnlich in grimmiger Selbstzer­ knirschung "Richtet nicht!", wohl in Erinnerung an das Wort der Bergpredigt "Richtet nicht, auf daß Ihr nicht gerichtet

- 10 -

werdet!” (Mt 7,1). Wie aber steht es, wo griechisch krino « seine Komposita und Ableitungen (krisis, krima etc.) im Hin­ blick auf menschliches Handeln positiv gebraucht werden oder einer forensischen, rechtlichen Komponente völlig entbehren? Mit dieser Frage braucht der "Gerichtsgedanke” im Zusammenhang mit krIno nicht aufgegeben werden und auch nicht die Vorstel­ lung, daß dichten* bzw. »nicht richten sollen* als eine si­ gnifikante Problematik in den menschlichen Beziehungen zu Gott zu gelten hat. Der überaus enge Rahmen dieser sprachlich-theo­ logischen Kategorie hat jedoch dazu geführt, daß die Wörter zum Stam krin- »ich unterscheide, entscheide, urteile, beur­ teile, auch: ich richte, etc.*, die bei Paulus ganz wesentlich an der Argumentation teilhaben, nicht - z.B. etymologisch zusammengedacht werden konnten und neuhochdeutsch - eben wo es nicht ums Richten geht - in anderen semantischen Bereichen verschwanden. Diese krlno-Wörter. die im Schatten der letzt­ lich auf Gottes Souveränität konzentrierten Gerichtsvorstel­ lung stehen, verlieren im üblichen stark begriffsorientierten Übersetzen und Exegesieren sehr an Prägnanz, wo es um ein Pro­ blem menschlicher Subjektivität geht. Durch die flexible Reak­ tion der gotischen Übersetzung auf diese Terminologie ist die Frage nach den spezifischen semantischen Qualitäten der krinöWörter neu gestellt und darüber hinaus die Frage nach einer eigenen gotischen Semantik, da ja die gotischen Wörter keines­ wegs reflexartig auftreten - also nicht jeweils für ein grie­ chisches Lemma das gleiche gotische. Interessanterweise ließ sich auch in der philologischen Literatur die Beobachtung machen, daß vor allem die gotischen Verben stojan, domjan und gawargjan. die einen Großteil der krinö-Übersetzungen ausmachen, wiederum strikt systematisiert werden - hier als frühgermanische juristische Fachsprache. Jede Systematisierung hatte aber damit zu rechnen, daß die "Besinnung auf die ältesten Schichten einer germanischen Rechtssprache ... - vom philologischen Standpunkt aus gesehen - weit über die eigentlichen Rechtsquellen hinaus(führt) zur rechtssprachlichen Vor- oder Vorausformung des später in 1 den eigentlichen Rechtstexten wichtigen Wortgutes” . Zum ei1

SONDEREGGER 419

11

nen wird dabei von einer Rechtssprachlichkeit des bibelgrie­ chischen Wortschatzes, vor allem auch bei großen Teilen der krlno-Terminologie « ausgegangen , zum andern vom Sprachge­ brauch des erst in späterer Zeit codifizierten Rechtes in an-

p

dern germanischen Sprachen*1# Der Tendenz, bestimmte Teile des gotischen Lexikons, darunter eben z.B. stojan. domjan und gawar^jan, vornehmlich durch diese Form der Rückprojektion ("Vor- und Vorausformung w , vgl. oben S.10) als Rechtswort­ schatz auszugrenzen, wirkten fast alle genannten Autoren selbst mit der Bemerkung entgegen, es sei gegenüber dem unspe­ zifischen gotischen Sprachgebrauch keine deutliche Abgrenzung dieses Vokabulars zu erkennen« Auffallend ist ... , wie eigenständig das Gotische in der Übersetzung griechischer Rechtswörter ist, wie wenig Lehn­ übersetzungen Vorkommen und wie reich - entsprechend den unscharfen Rechtsbegriffen des Frühgermanisch-Altgermani­ schen - die Synonymik ist« 3 (Es) mag hervorgehoben werden, daß die benutzten gotischen und deutschen Quellen und die angelsächsischen und nordi­ schen nicht miteinander vergleichbar sind« ^iese bestehen aus Gesetzèstexten und bieten uns somit direkt die juristi­ sche Terminologie der betreffenden Zeit. Aus jenen müssen die juristischen Termini aus einer fast ausschließlich kirchlichen Tradition hervorgesucht werden, dieser ver­ schiedene Charakter der Quellen ist aber in der fraglichen Zeit ohne Belang: eine juristische Terminologie, von der Umgangssprache scharf getrennt, hatte sich noch nicht her­ ausgebildet. 4 Einer vom griechischen Bibeltext her empfangenen Rechts­ sprachlichkeit gotischer krinö-ÜbersetZungen widersprechen formaliter zwei Gründe. Erstens: Das von Paulus gebrauchte krino etc. hat nur in seltenen Fällen eine juristisch moti­ vierte und darin auf m e n s

c h l i c h e

RechtsvorStellun­

gen beschränkte Funktion. krlno-Wörter werden hingegen sehr oft mit Gott und seinem Handeln als dem des Herrn der Welt 1 FREUDENTHAL, PAUSCH, teilweise SONDEREGGER 2 FREUDENTHAL, PAUSCH 3 SONDEREGGER 421 4 FREUDENTHAL 15

12

und der Geschichte in Beziehung gebracht, woraus sich aber bei Paulus keine menschlichen Vorstellungen entsprechende Form von Rechtlichkeit oder Rechtsmoral abstrahieren läßt. Dies machen besonders auch die von ihm problematisierten Be­ griffe "Gesetz” und "Gerechtigkeit" deutlich. Es wird hinge­ gen von einer forensisch codierten Autoritätsvorstellung Ge­ brauch gemacht, die Gott als den "Richter" oder "Urteilenden" imaginiert und seine "Urteile" im Lichte dieser Autorität sieht. Zweitens: Die "Unschärfe” der für einen gotischen "Rechtswortschatz" beanspruchten krlno-Ubersetzungen läßt sich durch die schon bemerkte Freiheit dieser ÜbersetzungsVa­ rianten belegen, die jeweils eine D e u t u n g

des Gehaltes

von krino bieten. Insbesondere im Fall der konkurrierenden krinö-Übersetzung durch stojan und dom.jan ist festgestellt worden, daß domjan eine allgemeine Form des Urteilens und Meinens repräsentiert . sto.ian wird daneben als der eigentli-

2

che "juristische" Begriff angesehen . Zu diesem Verb ist das Nomen agentis staua m. erhalten, das gr* kritis »Richter* übersetzt, sowie ein Nomen andastaua. mit dem der »Gegner vor Gericht' bezeichnet wird, stojan hat deshalb in Zusammen­ hängen verwendet werden können, in denen eine stärkere Institutionalisierung des Urteilens anzuzeigen war . An den Beleg­ stellen läßt sich jedoch erkennen, daß damit weder auf den Bereich der Rechtsmoral ("Gerechtigkeit") noch auf rechtliche Verbindlichkeit (im Sinne von Kodifikation) rekurriert wird, sondern von der Überlegenheit eines Subjektes aus gedacht wird, dessen Urteil aus dieser Überlegenheit heraus Geltung beansprucht. Die "institutioneile” Verwendbarkeit von stojan (bzw. staua m. 'Richter* und staua f. 'Urteil') scheint mir dieser Autoritätsgebundenheit gegenüber sekundär zu sein. Bei domjan ist beides nicht gegeben.1 2 1 MASTRELLI 77 f., VON SEE 44, GUSMANI 225, mit eingehender Würdigung aller Belege BENVENISTE 22-25; eingeschränkt, vor allem durch den Anschluß an eine als ursprünglich postulier­ te juridische Bedeutung von +doma- (got. doms), FREUDENTHAL 91-97 . 2 MASTRELLI 78, GUSMANI 225, FREUDENTHAL 85-90 ^ Vgl. das Angelsächsische, wo, anders als zu got. dom.ian. für das stammverwandte Verb deman ein Nomen agentis gema erhalten ist.

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V. Der Versuch, einen Großteil der in dieser Untersucnung interessierenden Wörter dennoch als "Ausdrücke für eine •rechtlich relevante Vorstellung*” zu klassifizieren, obwohl "der Begriff *Rechtswort * für unseren Pali (i.e. die goti­ sche Bibelübersetzung) nicht streng sachlich und eng ausge­ legt werden” kann (so das Programm von PAUSGH)', beruht wohl auf der Vorstellung, daß der "juristische Terminus” ein hormensystem oder eine Rechtsordnung voraussetzt“ , die sich sprachlich produktiv auswirken. KLAUS VON SEE hat dagegen nicht nur für das Altnordische - überzeugend dargelegt, daß sich die juristische Fachsprache von der Gemein- oder Umgangs­ sprache dissoziiert, indem der ”alte(.) Anschauungsgehalt” von Wörtern zurückgedrängt wird und diese dann vorwiegend ei3

nem speziellen Gebrauch dienen . Oft war das Suchen nach einer passenden Terminologie ei­ gentlich ein Suchen juristischer Vorstellungsgehalte mit Hilfe sprachlicher Mittel, denn oft wurde erst mit der Er­ fassung des passenden Wortes das Phänomen selbst erkannt.4 Eine Behauptung wie: "Die in der gotischen Bibel und in der Skeireins vorkommenden rechtssprachlichen Ausdrücke erschei­ nen oft in völlig verändertem Sinn als scheinbar christlich­ kirchliche Termini"

em

muß daher mit dem Einwand rechnen, daß

Rechtssprachlichkeit der allgemeinen, unspezifischen Verwen­ dungsweise von Wörtern nachgeordnet ist, genauso wie "christ­ lich-kirchliche Termini” gerade im Gotischen die sprachliche Basis des bekannten vorchristlichen Wortmaterials vorausset­ zen. Sowohl in der theologischen wie in der philologischen Literatur kann man also "Gericht” und "richten” als begriff­ liches Zentrum des hier verhandelten Wortschatzes antreffen, obwohl dadurch keineswegs alle paulinischen Verwendungsweisen der betreffenden krlno-Wörter erfaßt werden. Im neuhochdeut­ schen Sprachgebrauch setzt sich damit ein semantisches Kon1 PAUSCH 3 3 VON SEE 3 f v g l . 4 VON SEE 3

2 VON SEE 31 29-32; dazu auch FREUDENTHAL 51 f., 96. 34 PAUSCH 3

U

-

zept durch, das, der juristischen Verwendbarkeit vorausge­ hend und über diese hinaus, eine allgemeine, "nicht an eine bestimmte Situation gebundene” Vorstellung vom Geraden, Ridi­ ci tigen, Einsehbaren zum Ausdruck bringt . Das erst "am Ende der ahd. Periode” in der Bedeutung »iudicare* benutzbare rihten

ist damit Teil einer Wortfamilie ("Recht” ), die nicht

vollständig dem juristischen Bereich zugehört, sondern sich "auch gerade im außerjuristischen Raum (entfaltet) (richtig, aufrichtig, Richtweg. Gleichrichter usw.), Die Bildkraft von recht/Recht/richten wirkte sich dahin aus, daß die Grenzen flüssig blieben, d,h, daß die juristischen Termini sich gar nicht oder erst sehr spät dissoziierten, weil ihre metaphorisehe Bedeutung immer bewußt blieb” . Das Resultat der Entwicklung, die erst im Althochdeut­ schen ihren Anfang genommen hat^, "Recht” und Rechtlichkeit innerhalb einer etymologisch zusammengehörigen Terminologie zu denken, läßt sich nicht ohne weiteres auf gotische und griechische Verhältnisse übertragen. Im Gotischen -'ind etwa garaihts »gerecht*, garaihtjan »gerechtmachen, rechtfertigen* und garaihtei »Gerechtigkeit» belegt, die zwar etymologisch zum nhd, Bereich recht/Recht/richten gehören, aber - eben­ falls etymologisch - vollkommen unabhängig sind von den ver­ schiedenen

Übersetzungen der krlno-Wörter, die in der nhd,

Übersetzungstradition zum großen Teil durch "Gerichts"-Termi­ nologie wiedergegeben werden. Auch im Griechischen wird man beobachten, daß für Recht, gerecht, Gerechtigkeit eine eigene Wortgruppe vorliegt (dlke, dikaios, dikaiosfrne etc.), die von den krino-Wörtern stamm­ verschieden ist. Übersetzungen wie "der gerechte Richter” für1 1 Vgl. VON SEE 32.

2 FREUDENTHAL 97

5 VON SEE 32 ^ Man wird bemerken, daß bereits im Lateinischen mit ius. iustus. iudicare. iudex etc. eine Wortsippe vorliegt, die sicher vorbildhaft gewirkt hat. Die Tendenz zu einer Verfe­ stigung des Sprachgebrauchs, gerade wo es schon beim latei­ nischen Vorbild um stark formalisierte Zusammenhänge (ius) ging, wird man der "karolingischen Renaissance" zuschreiben dürfen.

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ho dlkaios kritis (got. sa garaihta staua) liefern daher as­ soziative Dubletten, bei denen das Wissen um die Sprachkonr vention, die in einen späteren Zeitraum als den durch die Texte vorgegebenen fällt, als Vorbehalt gelten soll. Der Rekurs auf die griechische Wortfamilie von krino « der gegenüber die Selbständigkeit der gotischen ^extgestaltung reliefartig sichtbar werden konnte, beharrt gleichzeitig auf der Kohärenz einer paulinischen Gedankenführung, deren Konturen sich sprachlich und - dies ist die These - auch in­ haltlich durch begriffliche Partiallösungen, die auf neuhoch­ deutschen Sprach- und .uenkgewohnheiten beruhen, nicht voll­ ständig erfassen lassen, Nur scheinbar wird durch diesen neu­ erlichen Blick auf den griechischen Text eine theologische communis opinio angegriffen, so als ließe sich der "eigentli­ che" Paulus in gültiger Form dagegenstellen. Die Leistung, die aber erbracht werden kann, indem bei der Untersuchung der gotischen Bibelübersetzung diese nicht von vornherein über eine vor allem durch LUTHER ermöglichte Verständniskonvention definiert wird, besteht darin, den gotischen Text als inter­ pretierende unvertraute Auslegung des griechischen Textes er­ fahrbar zu machen und damit zu verdeutlichen, daß auch der vertraute nhd. Text eine Übersetzung ist, die in anderer Form auf diesen griechischen Text reagiert hat. Der Paulus-Text steht dann deshalb im Zentrum des Interesses, w.*il er unter­ schiedliche Reaktionen ermöglich und provoziert und in dieser Eigentümlichkeit nicht durch die in e i n e r Richtung auf das "Gemeinte", das "Wort in den Wörtern" fixierte Übersetzung ersetzt werden kann: Übersetzungen ... erweisen sich als unübersetzbar nicht wegen der Schwere, sondern wegen der allzu großen Flüch­ tigkeit, mit welcher der Sinn an ihnen haftet. 1 BENJAMIN sieht im heiligen Text den einzigen, in dem der Sinn aufgehört hat, die Wasserscheide für die strömende Sprache und die strömende Offenbarung zu sein. Wo der Text unmittelbar, ohne vermittelnden Sinn, in sei­ ner Wörtlichkeit der wahren Sprache, der Wahrheit oder der Lehre angehört, ist er übersetzbar schlechthin. Nicht 1

BENJAMIN 61

-

16 -

mehr freilich un? seinet-, sondern allein um der Sprache willen. Ihm gegenüber ist so grenzenloses Vertrauen von der Übersetzung gefordert, daß spannungslos wie in jenem Sprache und Offenbarung so in dieser Wörtlichkeit und Freiheit in Gestalt der Interlinearversion sich vereinigen müssen. Denn in irgendeinem Grade enthalten alle großen Schriften, im höchsten aber die heiligen, zwischen den Zeilen ihre virtuelle Übersetzung. Die Interlinearversion des heiligen Textes ist das Urbild oder Ideal aller Über­ setzung. 1 Die gotische Interlinearversion bietet die Möglichkeit, in größerem Maße abzurücken von einer begrenzten und Grenzen setzenden Gewißheit darüber, was '»dasteht". Der Theologe KARL BARTH hat im Blick auf seine exegetische Arbeit erklärt: krinein heißt für mich einer historischen Urkunde gegen­ über: das Messen aller in ihr enthaltenen Wörter und Wör­ tergruppen an der Sache, von der sie, wenn nicht alles täuscht, offenbar reden ... . Tunlichst wenig darf übrig bleiben von jenen Blöcken bloß historischer, bloß gegebe­ ner, bloß zufälliger Begrifflichkeiten, tunlichst weitge­ hend ruß die Beziehung der Wörter auf das Wort in den Wörtern aufgedeckt werden. Bis zu dem Punkt muß ich als Verstehender vorstoßen, wo ich nahezu nur noch vor dem Rätsel der S a c h e , nahezu nicht mehr vor dem Rätsel der U r k u n d e als solcher stehe, wo ich es also nahezu vergesse, daß ich nicht der Autor bin ... . 2 Diese Ansicht, für die BARTH nach seinen eigenen Worten mit '»schweren Rügen'»3 rechnete und rechnen mußte, konfrontiert vor allem wissenschaftlich definierte "Begrifflichkeiten" mit einem nicht mehr zufälligen Gestus des Auslegenden, der die appellativen Strukturen des biblischen Textes auf sich hin versteht. Das krinein. das BARTH hier, sicher in polemischer Absicht, einer sich selbst als historisch-',kritisch,, verste­ henden theologischen Methodik gegenüber expliziert, sucht nicht den Konsens in den wissenschaftlichen Formen der Deu­ tung, sondern bezieht sich auf eine auch in BENJAMINS Über­ setzungstheorie vorausgesetzte Wahrheit, die dem Verständnis vorausgeht und deshalb das krinein, außer in seiner Bezogenheit darauf, ungefüllt, Undefiniert läßt. Für BARTH war kri­ nein in Bezug auf das offenbarte Wort nicht nur methodisch, 1 BENJAMIN 62 5 BARTH, Rb XII

2

BARTH, Rb XII

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sondern auch in der theologischen Auslegung vor allem in der Frühzeit seiner exegetischen Veröffentlichungen ein zentraler Gedanke. Er konkretisiert sich als die Anschauung, daß dem offenharten Wort seihst die Aufforderung und der Anstoß zur "Krisis" zugehört, zu einer inhaltlich nicht umrissenen, in ihrer Bezogenheit auf dieses Wort aber doch nicht beliebigen Reaktion des Gläubigen, die seiner lebensweltlichen Gebunden­ heit entgegensteht und von dieser aus gesehen eine Unsicher­ heit provoziert, die sich durch keinerlei Formen von Erprobtheit oder Konvention beseitigen läßt. Der von BARTH und in seiner Umgebung längere Zeit geübte Brauch, diesen zentralen Punkt durch den griechischen, in diesem Fall schwer zu ver­ deutschenden Terminus "Krisis" benannt sein zu lassen, macht immer wieder deutlich, daß sachliche Entschiedenheiten nicht per se ein gesichertes Fundament besitzen. Wo das Bekenntnis zu Christus uen Argumentationsrahmen abgibt, beweist die bib­ lische Botschaft eine kritische, verändernde Kraft, die den Gläubigen von den Entscheidungstendenzen und "Sachzwängen" seines "natürlichen" Lebens wegdrängt zu den Entscheidungen und Urteilen Gottes. Die Schwierigkeit der sehr schnell so genannten "Dialektischen Theologie" KARL BARTHs und seiner Mitstreiter, die sich in ihren wesentlichen Punkten - und auch in der Konzentration auf Paulus-Texte - mit der Theolo­ gie der Reformatoren berührt, entpuppt sich als eine der Wahrnehmung, die niemals aus Selbstwahrnehmung deduziert wer­ den kann, sondern immer an einen Andern und darin an den "ganz Andern", Gott, verwiesen ist. Es ist diese Notwendig­ keit, "zwei" zu denken, die den dialektischen und darin un­ endgültigen Charakter theologischer Aussagen ausmacht und zu­ gleich eine Definition, eine Begrenzung und Beschränkung dar­ stellt, die die falsche Unendlichkeit des Ich transzendiert.V . I VI. Dem Verhältnis zwischen griechischem und gotischem Text im Hinblick auf die paulinische Verwendung von krlnö-WÖrtern wird in der vorliegenden Arbeit in Form eines Kommentars zu den betreffenden Belegstellen nachgegangen. Dabei findet zu­ nächst auch immer der griechische Text Berücksichtigung, der theologische Gedankengang wie auch einige für die Betrachtung

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der gotischen Übersetzung wichtige Aspekte der sprachlichen Passung. Die sprachliche Seite steht dann im Mittelpunkt der Analyse des gotischen Textes, um von da aus Schlüsse auf theologischeImplikationen der Textgestaltung zu ermöglichen. Wo es um den Wortlaut des griechischen Textes geht, wird Bezug auf die letzte (26.) Auflage des kritischen fNovum Testamentum Graece* von NESTLE-ALAND genommen. Der Status der von STREITBERG hergestellten Textfassung (11908, 21919), die bereits einem bestimmten Bild vom gotischen Text folgte und sich an textkritischen Überlegungen des späten 19. Jahrhun­ derts orientiert, ist aus der Sicht heutiger neutestamentlicher Textforschung umstritten. Da es in erster Linie darum ging, die griechische Verkündigung als geistigen Gehalt zu umreißen, und textkritische Fragen besser mit dem gegenwärtig gültigen Apparat abzuklären waren, wurden STREITBERGs Text sowie seine Atme kungen dazu als ein zusätzlicher Beitrag in Anspruch genommen. Es wird bei

iem hier eingeschlagenen Weg der Textbe­

trachtung nicht ausbleiben, daß der Leser über den einzelnen interessierenden Vers hinaus an den griechischen und gotischen Textzusammenhang verwiesen ist. Trotz der um die Erläuterung des Notwendigen bemühten Ausführlichkeit wird allenthalben sichtbar bleiben, daß Bibelstellen in sehr viel größere Aussagestruicturen als ihren unmittelbaren Kontext eingebettet sind, wenn auch von hier aus ihr argumentativer Ort zu be­ schreiben bleibt. Bei der Anordnung der Belege wurde darauf geachtet, daß sich der semantische Raum eines zu untersuchenden Wortes von der Umgebung her füllen läßt. Wo ein Briefkapitel mehr als . einen Beleg aufweist, wurde das Kapitel als Gliederungsein­ heit verwendet. In der Mehrzahl der Fälle, vor allem in den authentischen Paulinen, ist damit bereits der engere sachli­ che Zusammenhang erfaßt, dem die krlnö-Wörter bzw. deren Übersetzungen zugeordnet sind. Für die isolierten Belege war ein Deutungshintergrund weniger leicht erkennbar zu machen. Sie sind '.en nach Kapiteln gruppierten Belegen nachgestellt

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und nach Briefen geordnet, um größere Prägnanz von den bisher beobachteten Verwendungsweisen beziehen und auf dem Hinter­ grund der theologischen Faktur eines ganzen Briefes gesehen werden zu können. Der Erörterung der Belegstellen ist jeweils das "Material” vorangestellt worden, d.h, sowohl der griechische wie der gotische Text. Das soll eine rasche Orientierung erleich­ tern. Beiden Texten sind jeweils neuhochdeutsche Überset­ zungen beigegeben. Es ist mir deutlich, daß namentlich die Übersetzungen aus dem Gotischen dem Leser Schwierigkeiten bieten können. Ich möchte deshalb darauf hinweisen, daß dem aus dem Gotischen übersetzten Vers- oder Satzganzen lediglich eine dienende Funktion zukommt, insofern es nämlich an diesen Stellen eine (sehr knappe) Zusammenschau des an Text erarbeiteten und im folgenden nachzulesenden Verständnisses einzelner Satz- und Versbestandteile bietet. Damit sind keine Über­ setzungen im üblichen Sinne erstellt, die ja zudem noch einen literarischen Anspruch erheben, sondern es sollte im Gegenteil nicht einmal das "Satzbett” der bekannten LUTHERÜbersetzung des griechischen Textes zum Bezugsrahmen der Interpretation werden, vielmehr die Fremdheit und Eigenart der Originalfassung erkennbar bleiben (vgl. oben S.4 f.)# Dies hat Züge einer "Verfremdungsteohrik" an sich, soll aber nicht suggerieren, die Goten hätten das auch für sie Fremde des Textes in gleicher Weise empfunden. Bei der Übersetzung ins Neuhochdeutsche sind immer wieder irritierende Eigentümlichkeiten der gotischen Satz- und Wortbildung beibehalten worden. Gelegentlich wurden deshalb das Verständnis erleichternde Zusätze in Klammern einge­ fügt. Darunter fällt des öfteren der bestimmte Artikel, da dem Gotischen zwar ein Demonstrativpronomen zur Verfügung steht, dieses aber für den griechischen Artikel nur in Fäl­ len mit explizit hinweisender Bedeutung eingesetzt wird. ” (l)m übrigen bleibt der griech. Artikel meist unübersetzt" ( ')• Die Neubildung von nhd. Wörtern in der Übersetzung folgte im wesentlichen zwei Gesichtspunkten: Zum einen seilten die im Gotischen verwendeten Wörter nach Etymologie und Wort­ bildung durchsichtig gemacht werden (z.B. stojan (S.44 ff.) •stehenbleiben machen*, d.h. !Einhalt gebiehen, auch: rich­ ten*), zum andern in einen semantischen Zusammenhang einge­ ordnet werden können (so erklärt sich etwa die Bildung *Einhaltsinstanz-Stuhl* (nicht: *Richterstuhl (Christi)*) für stauastols (S.49) aus dem Interesse, die Verwandtschaft von staua mit stojan präsent zu halten.

1

BRAUNE-EBBINGHAUS § 153

20 II. Echte Paulushriefe 1. Rom 8 Röm 8,1 : Oudên àra nÿn katàkrima tois en ChristSi Iësoû. Folglich (gibt es) nun keine Verdammung für die in Christo Jesu. Ni waiht frannu nu wargihos fraim in Xristau lesu ni gagffandam hi leika. Nichts also nun der Ächtung diesen in Christo Jesu, (diesen) nicht Gehenden hei Gestalt. Rom 8,3: Tô gàr adfrnaton toû nhmoû en h5i ësthfenei dià tgs sark&s. ho ftieòs tžn heautoft hyiôn pfempsas en homoiòmati sarkòs hamartlas kaì peri hamartlas katfekrinen tên hamartian en tèi sarkt. (...). Das, wozu das Gesetz nicht in der Lage war, worin es an­ gesichts (unserer) Eigensüchtigkeit schwach war, (tat) Gott: er schickte seinen eigenen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und für die Sünde und verdammte die Sünde im Fleisch, (.. . ). unte tata unmahteigo witodis, in framinei siuks was bairh leik, gufr seinana sunu insanajands in galeikja leikis"~ frawaurhtais .iah hi frawaurht gawargida frawaurht in Denn dieses Unmächtige des Gewußten, in welchem es Sieches war durch Gestalt: Gott - seinen Sohn einsendend in Gleich­ heit der Gestalt der Verwirkung und hei Verwirkung - äch­ tete (die) Verwirkung in (der) Gestalt, (...).

21

a) im griechischen Text (katäkrima. katakrlno) Folglich (gibt es) nun keine Verdammung (katäkrima) für die in Christo Jesu (Rom 8,1). katäkrima. das Wort, das hier im Zentrum der Aussage steht, ist eine nominale Bildung zum Verb krinô. WALDE-HOFMANN (WH) I 205 s.v. cerno bietet dafür eine erschlossene Wur­ zelform + (s)qerei- mit der Bedeutung 1sondern, durch Sie­ ben scheiden' als Erweiterung von + (s)qer- 'schneiden'

(so

in lat. caro 'Fleisch', nhd. Schar etc.). Die theologische Verwendving oder Interpretation eines krInö-Wortes könnte sich an der Vorstellung des Siebens (lat. cribrum 'Sieb', zur genannten Wurzel) festmachen, einer Manipulation, die eine strikte Zweiteilung von Objekten verursacht. Die Qua­ lifikation der hergestellten Alternativen als gut, schlecht, nah, fremd oder in anderer Weise ist hinwiederum Sache des überlegenen Subjektes. In Rom 8,1 ist die Perspektive von Gott her auf die Menschen gerichtet. Das katäkrima. von dem gesprochen wird, ist eine Verurteilung - ganz abstrakt: eine negative Quali­ fizierung -, die von Strafe nicht zu trennen ist^. katàist hier am ehesten als 'gänzlich' zu verstehen, als Stei­ gerung der adversativen Tendenz in krino. In welchem argumentativen Zusammenhang befindet sich katäkrima? Schwierigkeiten hat den Exegeten das ära nfrn "folglich nun" des Satzanfangs bereitet, das eine logische Konsequenz anzukündigen scheint. In diesem Fall wäre aber in den unmittelbar voraus gehenden Versen kein Anhaltspunkt zu finden, worauf sich diese logische Folgerung von Vers 1

2

beziehen könnte . Die Beziehung zum Vorhergehenden läßt sich jedoch erkennen, wenn man katäkrima als bisher nicht eingeführten zusammenfassenden Begriff für das in Röm 7, 7-24 Dargestellte versteht. Dort wird die verzweifelte Selbstbetrachtung eines

1

BÜCHSEL Bd.3, 953

2

KÄSEMANN 204

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Menschen entworfen, der sich mit Gottes Wort als Forderung,, als göttlichem Gebot, konfrontiert weiß und dieser Forde­ rung nicht Genüge zu tun vermag. Röm 8,1 blickt auf dieses Ich, das so reden muß, zurück und richtet sogleich den Blick wieder auf Gott, denn die existentielle und theologische Re­ levanz des katàkrima ist zu erfassen von dem "in Christo Je­ su” her. Was an anderer Stelle heißt: das Ende des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit je­ dem, der glaubt (Röm 10,4), wird in den folgenden Versen entfaltet und schließt sich in der Aussage an Röm 7,6 an"*. Gottes Gesetz hatte, ohne das Evangelium, nur zum noüs ('Verstand1, 'Vernunft') eines Men­ schen Zugang gefunden,, seine Eigensüchtigkeit aber nicht be­ siegen können (7,22-25). Bas Gesetz Gottes konnte so nur zur Erkenntnis der Sünde führen und die Schuld der Menschen er­ weisen. Barin, daß es Gottes Willen offenbart, ist das Ge­ setz "heilig, gerecht und gut" (7,12). Für die Menschen aber ist es zugleich die Offenlegung ihrer Unfähigkeit, von sich aus das Gute zu tun. Wo es jedoch zum ^lauben an Christus, an das Evangelium kommt, ist dieses "Verdammungsurteil" ge­ brochen, denn Christus ist die Vollendung, Erfüllung und auch das Ende (tèlos) der Gesetzesforderung. Bas, wozu das Gesetz nicht in der Lage war, worin es ange­ sichts (unserer) Eigensüchtigkeit schwach war, (tat) Gott: er schickte seinen eigenen Sohn in der Gestalt des sündi­ gen Fleisches und (als Sühne) für die Sünde und verdammte (katèkrinen) die Sünde im Fleisch ("vollstreckte mitten im Fleisch. das Urteil über die Sünde"),/ damit die Rechts­ forderung des Gesetzes erfüllt werde in uns, die wir nicht dem eigenen Begehren folgen, sondern dem Willen Gottes (8,3.4). Was Menschen tun, ist dadurch der zerstörerischen Not­ wendigkeit entzogen, auf seinen Wert für den Menschen, der tut, hin befragt zu werden. Vor Gott ist gerecht, wer glaubt, daß Gott in Christus den Menschen Vergebung und Versöhnung zusagt. Alles Tun ist dann nicht mehr darauf angewiesen, ei­ ner Person Dignität zu verschaffen, sondern kann sich am

■1 Rom 7,6: Nun sind wir gelöst aus der Gebundenheit an das Gesetz und gestorben dem, wodurch wir niedergehalten wur­ den, so daß wir im neuen Leben des Geistes und nicht im alten des Buchstabens dienen. Vgl. WILCKENS II 118 f.

2

?

-

Willen Gottes, an der Hilfsbedürftigkeit von Mitmenschen orientieren. 4

BÜ.CHSEL

faßt für katakrlnein und katäkrima. wenn Gott

handelndes Subjekt ist, zusammen: "beides, Verurteilung und ihre Vollstreckung kann geradezu in eins gesehen werden". Für den ErgebnisCharakter von katäkrima spricht auch der sprachliche ^efund, die nominale ma-^bleitung". wenn BÜCHSEL in

'

beide J*ermini nicht nur mit der Festsetzung eines Urteils, sondern auch mit dessen Vollzug verbunden sieht, so manife­ stiert sich darin als Aussage die Vorstellung von der all­ mächtigen Souveränität Gottes - "wenn er spricht, so ge­ schieht* s" (Ps.33,9)* •z WILCKENS versteht katäkrima "als Summe aller voranste­ henden Aussagen über ’mich*” in Kap.7, also als Konfronta­ tion eines Menschen mit dem Gesetz, als seine Verlorenheit, weil dieses Gesetz nichts als seine Sünde entdecken kann. Dieser Zustand, eigentlich eher ein Verdammt s e i n

aus der

Sicht von Menschen, ist aber, nach WILCKENS, zugleich "für •die, die in Christus sind*, als ihre Vergangenheit" ge­ dacht. Daß hier ein Nacheinander von Zuständen angezeigt ist: die Verdammnis unter die Sünde und als Sündenstrafe un­ ter den Tod^ sowie die Befreiung vom Gesetz, das die Sünde verklagt, hin zum Leben^ und zur Gerechtigkeit^, hat aber nicht zu bedeuten, daß die Handlungsweisen Gottes - Verur­ teilen und Gerechtsprechen - historisch-sukzessiv auseinan­ derzulegen sind. Es ist ja nicht eine positive Veränderung an den M e n s c h e n ,

die üott hätte veranlassen können,

7

sein strafendes Urteil über sie aufzuheben , sondern "als wir noch Sünder waren” (Rom 5,8) hat Gott für uns die todo bringende Macht der Sünde besiegt .

1 BÜCHSEL Bd.3, 953

2 BD § 1 0 9 i2

3 WILCKENS II 121

^ Kap.7,7 ff.» insbesondere w . 1 3 und 24; 8,2; die Menschen werden in eine Reihe mit Adam gestellt, "denn alle sündig­ ten" (5,12-21). 5 Röm 8,2 6 Röm 8,10 7 vgl. MATTERN 95 f. zu Röm 8,33 f. g Röm 8,3 katfekrinen: 8,34 als rhetorische Frage: tis ho katakrinòn "wer ist der, der (noch) verdammen (will)^". Uberzuleiten wäre zum nächsten Satz mit "angesichts” : "(angesichts der Tatsache, daß) Jesus Christus hier ist, der gestorben ist, ja viel mehr, der auch auferweckt ist, und der zur Rechten G0ttes ist und für uns eintritt” .

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In gleicher Weise ist in Rom 5,16 und 18, den beiden einzigen Stellen, an denen katäkrima bei Paulus und über­ haupt im Neuen Testament noch auftritt, ”Verurteilung" mit Rechtfertigung (dikaloma) von vielen Verfehlungen” und Rechtfertigung, die zum Leben führt (dikaiösis zöSs)” zu— sammengerückt • Die Souveränität Gottes erweist sich darin, daß er die Menschen seinem Bericht unterstellen und die Un-

2

gerechten gerechtsprechen kann •1

1 MATTERE 63, 71 f. 2 MATTERE 72 f.; LUTHER hatte zunächst nur die forensische, zur Strafe führende Seite der Gerechtigkeit Gottes sehen können. Die üblicherweise als ”Turmerlebnistt etikettierte grundlegende Einsicht des Reformators ging dahin, die Ge­ rechtigkeit Gottes auch als eine passive zu begreifen, "durch welche uns der barmherzige Gott durch den Glauben rechtfertigt" (LUTHER (Vorrede zu Band I der lateinischen Schriften der Wittenberger Luther-Ausgabe 1545) II 20). Dieser Einsicht verdankt sich dann die theologisch-anthro­ pologische Aussage über die Gläubigen: simul iustus et peccator (zugleich gerecht und Sünder).

-

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-

b) im gotischen Text (wargifra, gawargjan) Für die in Frage stehenden Begriffe findet der Gote Wörter zum Stamme warg-. Ein einfaches Nomen agentis dazu ist nur in anderen germanischen Sprachen belegt, z.B. aisl. vargr. ags. wearg und as,, ahd. war(a)g. deren Glossierungen sich sämtlich auf der Ebene ‘Verbrecher' treffen*. Etymolo­ gisch ist vargr etc, zu nhd, würgen (ahd, würgen) zu stel­ len, beide gebildet zu einer Wurzel +ļ^er-ģh 'drehen, ein2 engen, würgen, pressen' • Eine Spezifikation des Verbrechens scheint aber bei den Bezeichnungen vargr etc, nicht von vornherein mitgegeben zu sein^. Der semantische Schwerpunkt hätte sich demnach vom Delikt auf die Bezeichnung des Delin­ quenten verschoben^. Die negative Sonderstellung, die der Verbrecher gegenüber der Gesellschaft einnimmt, wird im Ter­ minus vargr o,ä, offenbar als soziales Stigma festgeschrie­ ben, Die öffentlich wirksamen Folgen eines vargr-Zustandes können alle möglichen Beeinträchtigungen des sozialen Status eines Menschen - von Schimpf bis Friedlosigkeit - beinhaltet c haben . Die diesbezüglichen germanischen Rechtssätze waren regional und je nach historischem Zeitraum verschieden. Im Gotischen scheint jedoch die Vorstellung der Friedlosigkeit, juristisch definiert, nicht nachzuweisen^, wie überhaupt von juristischer Terminologie im eigentlichen Sinne erst in spä7

terer Zeit die Rede sein kann .

1 POKORNY I 1154 f. 2* 1 7 POKORNY I 1154 f., KLUGE 869 s.v. 5 \ JACOBY 12 f. würgen 4 Das gotische Adjektiv launawargs, das als Übersetzung von achàristos 'undankbar' zu gelten hat, läßt sich hinsicht­ lich seiner Komponenten auseinanderiegen als 'Übeltäter hinsichtlich des Lohns', allgemein als » einer, der zum Lohn nicht in rechtmäßiger Beziehung steht'. Die Konkreti­ sierung •Lohnschuldiger', 'Betrüger um den Lohn' (so der Vorschlag JACOBYs 12,96) ist nur eine von denkbaren Mög­ lichkeiten. Es könnte auch ein Vergehen von seiten des Lohnempfängers angenommen werden, 5 JACOBY 23 £., 27, 122 £ passim ® JACOBY 96, anders - etwas summarischer - FREULENTHAL 90 7 FREUBENTHAL 15

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Lie Bildungen im verbalen Bereich - nach POKORNY zu glossieren als ’zum *warga- machen* = ’verdammen* (für got. gawarg.jan). *verfluchen*

(für ags. wiergan)« *wie einen

Verbrecher strafen' (für as. waragean)~ - bezeichnen als Handlung nicht eine bestimmte Form der Ausstoßung, sondern zeigen an, daß ein Außenseiter als Außenseiter benannt und so in seiner Sonderstellung festgehalten wird. Für die Betrachtung der gotischen Wörter zum Stamme warg- ist hier diese allgemeine Bestimmung zugrundegelegt. Wenn in den nhd. Übersetzungen dafür auf *Acht*, *ächten* o« ä. zurückgegriffen wird, sollen keine Implikationen im Sinne des späteren, codifizierten Rechts mitbezeichnet sein. Nichts also nun der Ächtung (wargifros) diesen in Christo Jesu, (diesen) nicht Gehenden bei Gestalt (Rom 8,1). wargibos kann seiner Form nach sowohl N.(A.)pl. oder G.sg. des Abstraktums wargiba sein. Eine Fixierung auf die Pluralform ließe die Interpretation zu, daß an Ächtung je einzeln gedacht ist, jeder Mensch also in seiner Betroffen­ heit vorgestellt wird.(vgl. engl, they saved their lives). Liesen Gesichtspunkt könnte man sich aber auch im Singular­ gebrauch des Begriffs in allgemeingültiger Form unterge­ bracht denken. Aus anderen Gründen scheint die ^ingularform wahr­ scheinlicher zu sein. Ler weitgehenden Texttreue der Über­ setzung entspricht eher eine Vermeidung der Numerusabwei­ chung. STREITBERG gibt ferner an, daß die Verwendung des &enitivs im gotischen Text sogar häufiger vorliegt, als die griechische Vorlage nahelegt. Als partitiver Genitiv kommt er oft in negierten Sätzen vor^. Lieser Fall scheint hier vorzuliegen. Las Neuhochdeutsche hätte dabei präpositional mit *an* oder *von* konstruiert ("Nichts an Verdammung...'*, "Keine Rede von Verdammung...")** 3 2

' POKORNY I 1154 f. 2 ähnlich JACOBY 96, 99 f. 3 STREITBERG, Syntax § 261 £

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Denn dieses Unmächtige des Gewußten, in welchem es Sieches war durch Gestalt: Gott - seinen Sohn einsendend in Gleich­ heit der Gestalt der Verwirkung und tei Verwirkung - äch­ tete (sawargida) (die) Verwirkung in (1er) Gestalt,/ naß (die) Gerechtigkeit des Gewußten ausgefüllt werden möge ir. uns., diesen nicht bei Gestalt Gehenden, sondern hei Geist (Röm 8,3.4). Daß das vom Goten Gesagte hier eine andere, fremde Färbung gegenüber dem griechischen Text haben könnte, ist fast eher über eine präsentative Wahrnehmung des gotischen Textes erfahrbar. Schon im 7. und dann hier im 8. Kapitel des Römerbriefs fällt für den anderssprachigen Leser die Häufigkeit des Vorkommens von leik »Gestalt» und damit stammverwandten Wörtern auf**. In 8,1 ist, einigen griechischen Zeugen folgend (A D 1 u.a.), aber mit geringfügig veränderter Wortstellung (die bei derselben wendung in 8,4 hingegen beibehalten ist), »»(diesen) nicht Gehenden bei Gestalt (leika)»» (i.e. »»für die, die nicht nach dem »Fleische' wandeln") zugefügt. In Vers 3 tritt eine Doppelung auf: in galeikja leikis "in Gleichheit, Gestalthaftigkeit der Gestalt", die kein Vorbild im griechi­ schen Text hat. Vers 8 spricht von galeikan 'gefallen', mit dem Tenor 'jdm. gleich sein*. Zu dieser weiteren Verbrei­ tung in der Wortbildung, die leik griechisch sàrx voraushat, gesellt sich der Umstand,, daß leik im Gotischen für sàrx. aber auch für s5ma 'Leib, beseelte Existenz' steht, von da­ her also ungleich häufiger Verwendung findet. Paulus kann durch den Begriff sàrx 'Fleisch* eine spe­ zifische Relation von Menschen zu Gott ausgrenzen, die darin besteht, daß sie ohne Gott sein, auf sich beharren wollen, erfaßt aber damit ebenso den körperlichen Aspekt der Exi­ stenz als Gebundenheit an vitale Bedürfnisse, 3X1 Vergänglich­ keit und Tod. Mit s5ma ist der Leib als materielle Möglichkeit des Daseins und Wahrnehmens in der Welt gemeint, als Grenze, die -] Im Nhd. hat leik noch verschiedene Vertreter, so z.B. gleich (ahd.~giTIh. got. galeiks) 'von derselben Gestalt, ähnlich', das Adnektivsufilx -lieh 'von solcher Gestalt wie' und Leiche (KLUGE 260 s.v. gleich, 432 s.v. Leiche, 439 s.v. -lieh).

28 sich in Form des Bewußtseins manifestiert und seihst wieder nach außen wirkendes Handeln von Menschen ermöglicht . Das s5ma der Menschen kann Gott als "lebendiges Opfer"" hingege­ ben, in seinen Dienst gestellt werden (Rom 12,1). Damit ist der Ort der paulinischen Paränese ("Ermahnung") benannt, die sich an den Bedürfnissen der Mitmenschen ausrichtet.. Für die andere Alternative, das Gute nicht zu tun und nicht tun zu können, sieht Paulus als Grund das Befangensein der Leiblichkeit (s5ma) im Fleisch (sàrx) (Röm 7,5«18.25)•. Dieses Gefangensein bestimmt das sBma als "Leib des Todes1* (Röm 7,24). Auch von daher wäre das resümierende katàkrima in Röm 8,1 zu definieren gewesen. Daß es die Möglichkeit der Befreiung durch "das Gesetz des Geistes des Lebens in Chri­ stus Jesus" (Röm 8,1) gibt, wird dann in Röm 8,3 ff« (an­ knüpfend an das katakrlnein Gottes) expliziert. Die paulinische Unterscheidung zwischen s&rx und s5ma geht damit im Gotischen zumindest begrifflich verloren, jedoch wird einem dualistischen Verständnis des Menschseins, wie es sich in der Rezeptionsgeschichte der Bibel aufgrund antiker Vorstel­ lungen im biblischen Umfeld sehr weitgehend durchgesetzt 2 hat , dadurch weniger* Anhalt geboten. Die Perspektivität des Menschseins, seine Betrachtbarkeit unter wechselnden Ge­ sichtspunkten und die unter der Abstraktheit von Begriffen stattfindende "Dekomposition" scheint im gotischen Text auf­ gehoben durch eine empirische Faßlichkeit und Sichtbarkeit der einzelnen Person, die eher auf inter- als intrapersonale Vorgänge achten läßt. Von dieser Seite her gesehen hat die Vorstellung von wargiba als Ächtung einen sehr konkreten Ansatz: die Verein­ zelung, das Nicht-akzeptiert-Sein von Menschen, in denen mit leik nicht ein Aspekt ihrer menschlichen Existenz zum Ziel­ punkt für eine Verurteilung wird, sondern ihr ganzes Dasein. *1 Wo Paulus die Christengemeinde in einem Bild als "Leib mit vielen (verschiedenen) Gliedern" bezeichnet (z.B. Röm 12, 4; 1 .Kor 12,12-27), spricht er von sSma. 2 So beispielsweise noch STREITBERG Wb 82 s.v. leik: "... sàrx Fleisch (im Gegensatz zur Seele)..."; das spezifische Wollen der sàrx wäre für Paulus mit dieser Oppositionsbil­ dung nicht erfaßt.

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Der krinö-Bestandteil ('scheiden*, 'sondern') von katàkrima ist dabei in zweierlei Hinsicht aufgenommen• ^um einen wird der Bedeutung 'Entscheidung, Entscheidung für das Eine un­ ter anderem' und noch weiter 'extreme Entscheidung, negati­ ves Urteil, Verurteilung' Rechnung getragen. Zum andern ist diese Entscheidung vom ^ontext her auch inhaltlich qualifi­ ziert. wargiba 'Ächtung, Fixierung auf eine Außenseiterpo­ sition' transportiert hier als Übertragung von katàkrima auch die Vorstellung 'gänzlich absondern'. Eas katäkrima ist damit theologisch interpretiert als Eern-Sein von Gott, ja als Ferngehalten-Sein. ^ies ließe sich vor allem in Er­ innerung an Kap.5, den Rekurs auf die Sünde Adams, verste­ hen. Ein sprachlicher Vergleich mit dem dortigen Text läßt sich aber nicht durchführen, da die gotische Übersetzung erst ab dem 6. Römerbriefkapitel erhalten ist. Die Aussage gawargida frawaurht in leika "er ächtete die Verwirkung in der Gestalt" nimmt sich dagegen, ähnlich wie der paulinische Diskurs im Griechischen, eher abstrakt aus. Eine Ächtung, ein Zum-Außenseiter-Machen der Sünde wirkt gotisch fremdartig, durch das nachfolgende in leika wird das Objekt (frawaurht)jedoch der Person (leik) unterge­ ordnet. Die gedankliche Verknüpfung: "durch Gottes Handeln an seinem Sohn , der in der Gestalt der Menschen (leik) un­ ter uns war, wurde die Sünde in dieser einen Gestalt ihres vernichtenden Zugriffs auf die, die glauben, beraubt", also die Verbindung von gawargjan mit in leika führt auf die go­ tische Vorstellungsebene zurück. Griechischen und neuhochdeutschen Vorstellungen scheint auch der Begriff witöb zu widersprechen, n&mos wie auch "Gesetz" signalisieren den Menschen einen fremden Wil­ len, bezeichnen das rechtlich Gültige als verfügt, verord­ nt _ net, zugeteilt • Bei witob ist ein anderes Subjekt akzentu1

Zu n&mos vgl. WH II 187 s.v. numerus, MENGE-GÜTHLING 473 s.v. nòmos.

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A iert. witob 1 das »Gewußte*, bezieht seine Relevanz primär aus der Haltung dessen, der die Konvention akzeptiert, also nach der Gesetzesvorstellung der Passive ist. Bei nòmos und Gesetz hingegen wird der Konvention implizit der (fremde) Urheber als aktiv »»Setzender** hinzugedacht. Diese grundsätzliche Unter­ scheidung läßt sich wohl kaum durch die Begriffe »»Heteronomie** und **Autonomie** ersetzen. In welchem Grade das »Gewußte* akzep­ tiert wird, ist ja mit der obigen Überlegung noch nicht gesagt* Dem »Gewußten* kann, etwa als seit Generationen geübtem Brauch, eine gesellschaftliche Schwerkraft innewohnen, die die Stellung des Einzelnen dazu unberücksichtigt läßt. Dennoch sollte hier das Augenmerk darauf gerichtet werden, v/ie bei witob das Sub­ jekt in anderer Form als bei nòmos an der normativen Verbind­ lichkeit beteiligt ist. Im 7. Kapitel wird von Paulus eindrucksvoll beklagt, daß der nòmos toû no6s (7,23), das nur vernunftmäßig angenommene Gesetz (vgl. 7,22), keine Macht hat, einen Menschen ganz zu be­ herrschen. Dem gegenüber ist im Gotischen mit witob eine prin­ zipielle Übereinstimmung zwischen Person und normativ »Gewuß­ tem» angesetzt. Dies macht jedoch die von Paulus intendierte Aussage nicht unmöglich. Das »Gewußte* in seiner Identität mit der Person teilt mit dieser auch ihre Grenzen. Auch der goti­ schen Verkündigung ist zu entnehmen, daß Gott an Christus den Menschen zum Heil gehandelt hat, der Gott, der als Urheber des 'Gewußten* schwerer als in nòmos oder »Gesetz* zu erahnen ist. Daß sich aus dem Evangelium für die Menschen die bereits skiz­ zierten Konsequenzen, besonders, was ihr eigenes Handeln be­ trifft, ergeben, hat auch hier Gültigkeit. So ist also auch go­ tisch eine Negation, ein Aufgeben der Absolutheit von»Gewußtem» (s. Rom 8,1-4) denkbar, und weil es von der Seite der Menschen her gefaßt wird, fast noch radikaler, als es der griechische Text vorzeichnet. »'Denn das Gewußte des Geistes des Lebens in Christo Jesu brachte mich Freien des Gewußten der Verwirkung und des Todes'» (Rom 8,2). 4

Etymologisch zu stellen zu einem nicht belegten Infinitiv +witon, der wurzelverwandt ist mit got. witan 'wissen' (FEIST 5Ÿ0 s.v. witob, WEISWEILER 458 f., vgl. BECK 50; SEEBOLD

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A (533-535, 548-551) schafft für eine Bedeutungserklärung einen meiner Meinung nach problematischen kategorialen Rahmen, der die Verhältnisse präformiert. Die Verbindung verschiedener Bedeutungsbereiche unter einer semantischen Wurzel des Sinnes 1wissen* 1 kommt bei ihm nicht mehr zustande. Er setzt drei voneinander unterschiedene urgerm. Lautformen +weit-a- an (mit den Bedeutungen 'wissen' (1), »gehen' (2) und festset­ zen, strafen* (3)7, wobei dem Bedeutungsbereich *festsetzen, strafen* Eigenständigkeit möglicherweise aufgrund einer juridisch-kodifizierenden Vorstellung zugedacht wird. Damit scheint SEEBOLD der Anschluß von +weit-a- (3) (z.B. witob) an +weit-a- (2) in der Bedeutung »gehen*, speziell aber *verfolgen*, plausibler. Eine so gesehene Eigenständigkeit des Be­ deutungsbereiches von »festsetzen, strafen* scheint mir die historischen Verhältnisse zu verkennen. Unter diesem Aspekt halte ich den Anschluß von witob an 'gehen* nicht für besser begründet als den an »wissen*. Lautlich ist es auch SEEBOLD möglich gewesen, Formen der verlorenen ersten Hochstufe zu wait »ich weiß' sowohl unter *weit-a- (1) (z.B. fairweitl 'Schauspiel ») wie auch unter +weit-a- (3; (z.B. lnweitan~'Ve:]> ehrung erweisen, grüßen», fraweit »Strafe»; abzulegen, witob dürfte sich auch von daher zu wilan stellen lassen^

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2. Rom 14 Rom 14,1: Tòn dè asthenoünta tSi plstei proslambänesthe. mi eis diakriseis dialogismön. Den Schwachen im Glauben nehmt bei Euch an, nichi^ um die wechselseitigen Standpunkte gegeneinander abzugrenzen. Ifr unmahteigana galaubeinai andnimaifr. ni du tweifleinai mitone. Aber den Unmächtigen dem (i.e. im) Glauben möget Ihr ent­ gegennehmen, nicht zu Zweifaltigmachung der Ermessungen. Rom 14,3: hö esth^ön tòn mg esthionta m3 exoutheneltö. ho dê ml esthlon ton esthlonta mé krinfeto« ho theds gär autên proseläbeto. 1 Der Essende soll den nicht Essenden nicht für nichts hal­ ten, der nicht Essende aber soll den Essenden nicht ver­ urteilen, Gott nämlich hat ihn bei sich angenommen. sa matjands framma ni mat jandin ni frakunhi>i. ib sa ni mat nand sfrana mat ,1 andan ni stonai; gub auk ina andnam. Dieser Speisende möge diesem nicht Speisenden nicht ver­ kennen, aber dieser nicht Speisende möge diesen Speisen­ den nicht zum Stillstand bringen; Gott nämlich nahem ihn entgegen. Röm 14,4: sÿ tls ei ho krlnön allStrion oikfetin; t5i idlôi kyrioi sxfekei ž piptei: stathfesetai dfe. dynatel gär ho kurios stèsai autön. & * Du, wer bist Du, der Du einen andern Haussklaven verur­ teilst? Dem eigenen Herrn steht er oder fällt er: er wird aber stehen bleiben, es vermag nämlich der Herr ihn auf­ recht zu halten. fru hvas is. fruei sto ,1 is framafr.iana skalk? seinamma frau­ diin standip arfrbau driusip; manteigs auk ist frauna fe­ st oWarjyan ina. Du, wer bist Du, welcher Du (einen) fremden Knecht Still­ stehen machst? Seinem Ersten steht er oder fällt er;aber er steht; ein Mächtiger nämlich ist der Erste, ihn im Stehen zu halten. Röm 14,5: Hôs mén gàr krînei hëmèran par* hēmferan. hôs dê krinei pâsan hemferan: ... Der Eine bewertet den einen Tag höher als den andern, der Andere bewertet jeden Tag gleich: ,„

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sums raihtis sto.iifr dag hindar daga ... Einer gerade stehen macht Tag hinter Tag ...

Köm 14 ,10 : Sÿ dè tl krlneis tòn adelphòn sou: è kai sÿ tl exoutheneis ton adelphön sou: pàhtes gàr parastesòmetna t51 bfemat-L toflt theofl. Du aber, was verurteilst Du Deinen Bruder; oder auch Du, was hältst ^u ^einen Bruder für nichts? Alle nämlich wer­ den wir herantreten an den Richterstuhl Gottes. ib tu, hva sto.jis brobr beinana? aibbau .iah hu, hva frakant brobr beinamma? allai auk gasatBanda faura stauastola Xristaus. ~ Aber Du, was bringst Du zum Stehen Deinen Bruder? Oder auch Du, was verkennst Du Deinem Bruder? Alle werden wir nämlich gesetzt vor den Einhaltsinstanzstuhl Christi.

Rom 1 4 , 1 3 : Mikfeti ofln allSlous krinömen: allà toüto krlnate mällon« td mé hibtiénai pröskomma töi adelphöi é skändalon. Nicht mehr wollen wir nun einander verurteilen: sondern haltet viel eher dies für notwendig, nicht dem Bruder ein Hindernis oder eine Falle vorzusetzen. ni banamais nu uns misso sto.iaima. ak bata sto.jaib mais« ei ni sat.iarb bistugq brobr aibbau gamarzein. Nicht dann-mehr mögen wir uns wechselseitig Einhalt gebie­ ten , sondern dieses mögt Ihr mehr stehen machen, daß Ihr nicht dem Bruder setzen möget Bestoßung oder Ärgernis.

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a) im griechischen Text (krino, diakrlno, diäkrisis, katakrino ) In Rom 14,3 ist die Rede von zwei Parteien: von dem, "der (Fleisch) ißt", und dem, "der nicht ißt"* Die Opposi­ tion ist von vornherein theologisch qualifiziert, denn "der nicht ißt”, sich an kultische Vorschriften hält, heißt auch der "Schwache” (14,2) und der "Schwache im Glauben” (14,1)# Die Lehre ^esu - und ihm folgend auch Paulus - spricht da­ von, daß keine äußerliche Übung den Menschen rein zu machen vermag vor Gott und daß deshalb nichts Äußerliches den Men­ schen dienlicher ist als etwas anderes (Mk 7,15, vgl. Rom 14,14 und 3,28). In diesem paranetischen Kapitel werden jedoch vor al­ lem Ermahnungen und Denkanstöße für den, "der ißt", ausge­ sprochen. Er mag der sein, der freier ist in seinem Handeln, aber er ist auch der, "der g l a u b t

(pisteüei). alles es­

sen zu können, während der Schwache nur Gemüse ißt” (14,2). Damit ist die Problematik von krino auf dem Plan: mit krino (oder parallel dazu konstruiert mit exouthenein) wird die Trennung zwischen beiden "Brüdern” (Rom 14,10) benannt.

Der Essende soll den- der nicht ißt, nicht für nichts halten (m5 exoutheneitö), der aber, der nicht ißt, soll den, der ißt, nicht verurteilen (me krinêto). denn Gott hat ihn für sich angenommen (Röm 14,3)• In beiden Fällen geht es um eine Selbstbeurteilung und deren Folgen. Auch der Glaube, daß Christus mit seinem Tod die Strafe für unsere Sünden auf sich genommen hat, daß er von den Toten auferweckt wurde und uns Versöhnung mit Gott möglich geworden ist, der Glaube also, daß nur dieses Werk Gottes und kein selbstgetanes Werk uns rechtfertigt vor Gott, im konkreten Fall somit der "Glaube", daß keine Speise unrein ist und uns von Gott fernzuhalten vermag, daß man "alles essen darf" (14,2), - auch dieser Glaube ist Unrecht, wenn ich ihn mir als eine mich auszeichnende Eigenschaft zu­ schreibe und meine, einen Andern deswegen herabwürdigen zu können. Im eben skizzierten Sinne mangelt es wiederum demje-

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nigen an Glauben, an Vertrauen zu Gott, der die Befolgung von besonderen Regeln und Geboten, z.±>. asketischer Art, \~li seiner selbst willen für nötig häl t 1. So gibt es also Ein­ wände gegen jedermann. Aber Paulus spricht davon, daß keiner einen Einwand gegen jemand anderen geltend machen soll. "Du behalt den Glauben, den Du hast, für Dich vor Gott” (Rom 14,22). Viel­ mehr soll Einer den Andern von Gott her als sich selbst gleich empfinden, wobei Paulus vielfältig betont, daß das Einigende nicht in den Menschen, sondern in Gott liegt. So heißt es von dem, der ißt: ”Gott hat ihn für sich angenom­ men” (14,3), wie sich dieser nun wiederum sagen lassen muß: "Richte den (sc. der sich an Speisegebote hält) nicht mit Deiner Speise zugrunde, für den Christus gestorben ist” (14,15). Einen jeden soll man in seinem Tun gelten lassen, insofern dieses Tun im Blick auf Gott verantwortet wird (14,6). ”0b wir nun leben oder sterben, des Herrn sind wir” (14,8). ‘'Mitbewohner des Hauses” (im engeren Sinne "Mitskla­ ven” , oikfetēs 14,4) sind alle, der Auferbauung des Hauses sollen sie dienen (oikodomj). Daher ist nicht von Gott, was mit zweifelndem Herzen getan wird, was nicht so oder so im Vertrauen auf ihn geschieht. Denn darin würde dem "Guten, das wir haben” , nämlich der Freiheit, die aus der Zugehörig2 keit zu Christus resultiert , "Schaden zugefügt” (Röm 14,161 wenn der, der freier ist im Glauben, nicht in Liebe zu tun vermag, was dem, der auf eine ängstlichere Lebensweise ange­ wiesen ist, allein ein gutes Gewissen im Hinblick auf Gott bewahren hilft. Innerhalb dieses Zusammenhangs wächst krino. neben der4 * -ļ

In seiner Freiheit, etwa von strengen jüdischen Lebensgewohnheiten, wäre der ehemalige Pharisäer Paulus wohl zur Gruppe der “Starken11 zu rechnen (Gal 2,16, vgl. Phil 3,511). Doch gerade aus Glaubensgründen kann er nicht auf der Polarisierung der “Starken” und “Schwachen”, die der Sicht der innerlich weniger Gebundenen entstammt, behar­ ren (s. WILCKENS III 83 ff-, 88).

2 Vgl. WILCKENS III 92 f.

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Bedeutung »sich für etwas entscheiden, urteilen, beurteilen,, verurteilen*, die spezielxe Aussagomigliohkeit *einen als anders, als fremd betrachten, auf einer Trennung zwischen den Einen und den Andern bestehen, jemanden der Gemeinschaft berauben* zu. Sicherlich impliziert solches Verhalten oft genug den Gestus moralischer Überlegenheit, aber um von "richten'* im eigentlichen, im rechtlichen Sinne sprechen zu können, wäre in diesem Kontext eine exekutive Vollmacht nö­ tig, die hier gerade jedem außer Gott abgesprochen wird. Darauf zielt der Hinweis auf Gottes Richterstuhl, vor dem "jeder für sich Rechenschaft abgeben wird" (Röm 14,10.12). Damit könnte für die folgenden Stellen gesagt werden: 14.1: Den Schwachen im Glauben nehmt bei Euch an, nicht, um die wechselseitigen Standpunkte (dialogismo!) gegen­ einander abzugrenzen (im Griechischen nominal: diakriseis). 1 14.3: Der Essende soll den nicht Essenden nicht für nichts halten, der nicht Essende aber soll den Essenden nicht verurteilen (und damit als fremd von sich weisen, mS krinètô), Gott nämlich hat ihn bei sich angenommen. 14.4: Du, wer bist Du, der Du einen andern Haussklaven verurteilst (hokrinon)? Dem eigenen Herrn steht er oder fällt er: er wird aber stehen bleiben, es vermag nämlich der Herr ihn aufrecht zu halten. Innerhalb der Aussage dieses Verses impliziert krInein Ver­ schiedenes. Zum einen ist mit Beurteilen, Verurteilen an ein Verhalten gedacht, das den Andern, der prinzipiell auf glei­ cher Stufe steht, nicht akzeptiert. Im Bild ist das der Mit­ sklave, der im selben Haus wie der Verurteilende der Gewalt desselben Herrn untersteht, krinein stellt damit das Gegen­ teil von Gottes Verhalten dar, der ja auch den Kritisierten angenommen hat (prosel&beto. 14,3)* Der, der verurteilt,

* Zuletzt ist zweimal mit di&- präfigiert: Laut WH I 354 wie lat. dis- "Partikel der Trennung (eines Ganzen in seine Teile, eines Gegenstandes von einem andern), der Vernei­ nung ... und der Verstärkung ...; eig. 'entzwei, ausein­ ander"'. WILCKENS III 81 interpretiert die "verschiedenen Überlegungen", die dialogismo!, als "Skrupel" (80) auf seiten der "Schwachen". Mit meiner Übersetzung schließe ich' mich der Ansicht KÄSEMAMs an, der mit dialogismo! vielmehr die Parteienbildung in der Gemeinde angesprochen wissen will. Der Bedeutungsunterschied ist bei beiden Va­ rianten freilich geringfügig, da auch hier der Bezug auf die Zweifel der Einen impliziert ist. Doch findet sich so vielleicht eher die Aufforderung an die Starken akzentu­ iert, es überhaupt nicht zu diskrlseis kommen zu lassen.

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handelt also nicht wie Gott, in anderer Hinsicht versucht er Hingegen zu wnrecnt, aoeh wie liott zu handeln, nein Herrn allein steht nämlich überhaupt ein Urteil zu. Beide Betei­ ligten, der Verurteilende wie der Verurteilte, sind davon gleichermaßen betroffen (zu 14,4 vgl. 14,7-10). Gottes Sou­ veränität ist auch insofern angesprochen, als ihm allein die Macht zugesprochen wird (dynatet). über die Möglichkeiten eines Menschen zu entscheiden . kr ine in ließe sich also in diesem Zusammenhang auch als •richten* apostrophieren, weil auf eine spezifische Relation Gottes zu den Menschen Bezug genommen wird. 14.5s Der Eine bewertet (krinei) den einen Tag hoher tparä) als den andern, der Andere bewertet (krinei) jeden Tag gleich: jeder soll von seinem Sinn erfüllt sein. 14.10: Du aber, was verurteilst Du Deinen Bruder (und rückst ihn Dir dadurch fern, krineis): oder auch Du, was hältst Du Deinen Bruder für nichts?Alle nämlich werden wir herantreten an den Richterstuhl Gottes. 14.15: Nicht mehr wollen wir nun einander verurteilen (uni als fremd betrachten, krlnömen): sondern haltet viel eher dies für notwendig (krlnate) . nicht dem Bruder ein Hindernis oder eine Palle vorzusetzen. 14.22: Du behalt den Glauben, den Du hast, für Dich vor Gott. Glücklich ist der, der sich nicht selbst verurteilt (ho ml krlnon) in dem, was er für recht hält. 14.23s Wer sich unterschiedlichen Erwägungen hingibt (ho diakrinòmenos). ist, wenn er (trotzdem) ißt, gänzlich verurteilt (katakfekritai). denn (das ist) nicht aus Glau­ ben: alles aber, was nicht aus Glauben (ist), ist Sünde. Die Übersetzungsversuche haben deutlich gemacht, daß bei den krlno-Wörtern dieses Kapitels verschiedene Konnotationen zueinandertreten. Auf der Basis von »scheiden, son­ dern* wird angesprochen: 1. Entscheidung, Urteil, Meinung, persönliche Überzeugung

im Unterschied zu anderen, Schwan­

ken zwischen Meinungen, 2. Verurteilen als trennendes und aggressives Verhalten, durch das nicht anerkannt wird, daß der Andere ebenso ein zum Heil Berufener und dadurch Bruder1 1 Röm 14,4; s. WIIiCKENS III 83 f., KÄSEMAHN 354.

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ist, 3. Urteilen als Handeln Gottes bzw. als unbilligerweise angemaßtes Handeln von Menschen mit gleichem Anspruch« Die in den Blick geratene soziale Bedeutungsbestimmung (das Ver­ hältnis zum Andern betreffend) erwies sich nicht in jedem Fall als anwendbar. Das ist gerade da zu beobachten, wo krlnö nicht auf eine Person als Objekt Bezug nimmt, sondern auf Abstrakta und Sachverhalte (14,5.13). Dasselbe gilt für nominale Ableitungen vom Verb (diàkrisis 14,1) und flektier­ bare Verbformen (diakrinòmenos 14,23), bei denen hauptsäch­ lich die Sichtweise vom Subjekt her, jedoch kein direktes Objekt erkennbar ist. Es läßt sich hier festhalten, daß der beim Verb krino so sehr verdächtigte Moralismus noch stärker zurücktritt als angenommen. Selbst die mit der Übersetzung in Vorschlag gebrachte Kategorie des fremden, die Differen­ zen im menschlichen Miteinander psychologische Evidenz zu­ billigen möchte, ohne doch den moralische Hierarchien eta­ blierenden "guten Gründen", also höchst anfechtbaren Grün­ den, in die Falle zu gehen, diese Kategorie des Fremden wird streckenweise entbehrlich, insofern sie auf der Anwesenheit eines Nicht-Ich beharrt, dem in dualistischer Manier der Raum der Welt, zumal der Menschenwelt, partiell abgetreten werden muß. Es bleibt aber eine Schwierigkeit, die einzelnen krlnö-wörter in ihrer Bedeutung genau einzugrenzen, krinein wird in der gedanklichen Arbeit des Paulus zum wuchernden Begriff, die verschiedenen Aussagen färben aufeinander ab. So wäre in v.23 auch eine so extreme Übersetzung denkbar wie Welcher innerlich in die Abgrenzungen hineingezogen ist (diakrinòmenos). verfällt, wenn er (trotzdem) ißt, der Abgrenzung (durch Gott, katakfekritai). denn (das ist) nicht aus Glauben. Damit wäre der Meinungswettbewerb als Ursache für die sich im Handeln (Essen) äußernde glaubensmäßige Unsicherheit des Einen zum Ausdruck gebracht und als verderblich abgewiesen. Dies scheint - nicht nur als "psychologisierende Verharmlo­ sung” ^ - mitzuschwingen neben der sicher richtigen Festle-

1

Vgl. KÄSEMANN 363

- 39 gung, daß - nach Paulus - den das eigene "Maß des Glaubens" (Rom 12,3) auf webenden Zweifler "Verdammung ir.; Ieriebt" (,Æatakêkritai ) erv/artet1. Die Unterscheidung und unterschiedliche Bewertung des Einen und Andern zeigt sich bei Paulus als mögliche Folge einer Fähigkeit oder eines Bedürfnisses von Menschen: ganz, lebensbewegend, mit Herz und Sinn von etwas überzeugt zu sein. So kann es heißen: Der Eine bewertet einen Tag höher als einen andern, aber dem Andern ist jeder Tag gleich lieb 2, wobei für das krinein beider Opponenten explizierend hinzu­ gefügt wird: jeder sei von seiner Überzeugung ganz und gar durchdrun­ gen (Röm 14,5). Die Konstanz der Meinung, die wiederum handlungsbestimmend ist, erweist sich in diesem Zusammenhang als semantisches Substrat von krino. Allerdings: eine differenzierte Betrachtung des Be­ dürfnisses oder der Fähigkeit, ohne Schwanken einer Überzeu­ gung zu leben, ergibt sich aus deren Folgen, Paulus akzen­ tuiert positiv: Haltet dieses viel eher für notwendig (krinate), dem Bru­ der nicht ein Hindernis oder eine Falle vorzusetzen (14, 13), negativ hingegen: Glücklich der, der sich nicht selbst zum Gegenstand sei­ nes Urteilens macht (mi krinön heautbn) in dem, was er für richtig hält ( H » 2 7 T Fremdheit oder Selbstentfremdung scheint demnach auch für Paulus innerhalb der Person möglich, ja wahrscheinlich zu sein. Offenbar wird aber nicht nur davon gesprochen, daß1 2

1 KÄSEMANN 363, weniger deutlich WILCKENS III 96 f., MATTERN 162, SYNOFZIK 81, BARTH Rh 506: "Wer zweifelt, der ist, indem er ißt, zum Tod verurteilt", weil er Glauben nicht als seinen Besitz beanspruchen kann und zuletzt darauf an­ gewiesen ist, daß er von Gott "gehalten werde”. 2 Die griechische, für unsere Verhältnisse stark komprimier­ te Konstruktion basiert auf den konkurrierenden Vorstel­ lungen "ein Tag differenziert neben dem andern" (krinei hëmeran par* hemèran) bzw. "alle Tage in ihrer Tagtäglichfcèit, d.h. Gesamtheit" (krinei pâsan hëmêran): vgl. auch BAUER 892.

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11ein Rane, wenn es mit sieh selbst uneins viri, nicht beste­ hen kann" (Mk 3,25), sondern auch unterstellt - imperati­ visch -, daß der Einzelne, der Möglichkeit von Selbstzwei­ feln trotzend, an einer als konstruktiv erkannten Meinung festhält* Telos des Handelns ist die durch den Glauben am Gott qualifizierte und, daraus folgend, aus brüderlicher Liebe gestärkte Gemeinschaft. Dabei scheint es keine Gleich­ förmigkeit der Ansprüche an die Einzelnen zu geben: der Starke hat den Schwachen nicht zu seiner Alternative des ■ Existierens zu bekehren. Wird damit der Intentionalität, der Intentionalität des guten Willens, letztlich dem freien Willen das Wort ge­ redet? Wird eine unqualifizierte "Kraft" des menschlichen Bewußtseins zum Instrument einer hier glücklicherweise nicht destruktiv oder aggressiv ausgerichteten Selbstmächtigkeit? Nachdem ich Paulus gehört habe, kann ich wissen: Wenn ich meine feste Meinung über ein Tun verloren habe, ist die­ ses zwar fernerhin wie alles rein, doch ich werde es "durch den Anstoß hindurch", mit Widerwillen tun (14,20). Was ist dann das wert, das ich um Gottes willen, Gott dankend tun wollte? Eine neue Knechtschaft wäre aufgerichtet , der sich zu beugen nicht dem Motiv unbeirrten Glaubens entspränge, sondern der Verdienstlichkeit des Beharrens auf einer guten Absicht, dem Verlangen nach Ruhm bei Gott und den Menschen. So sagt also Paulus: "Jeder soll in seinem Herzen überzeugt sein!" (14,5). Was heißt dann: Gib kein abweisendes Urteil über Dei­ nen Bruder ab? Wie oben ersichtlich war, ruft es Trennungen hervor, die gerade die auch in verschiedenen Pormen der Le­ benspraxis sich manifestierende Zugehörigkeit zu Christus verleugnen, und zwar wiederum aus dem Verlangen, der eigenen Person Umriß und Würde zu geben*

1

LUTHER (Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516) 1,251

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Der Satz, in dem beide Seiten des Wortes krino Gel­ tung beanspruchen, mit demselben Ziel und deshalb in ßrev/icser Weise paradox, ist der Makarismus von Vers 22. Die Stelle lautet in BARTHs Übersetzung : Selig ist, wer sich nicht verurteilen muß bei dem, was er sich erlaubt. Das ließe sich im oben verhandelten Sinne verstehen als das Geschenk, tun zu können, was man als das Gute erkannt hat. Bedrohlich zeigt sich in diesem Wortlaut aber auch die Mög­ lichkeit, daß das, was man sich zu tun erlaubt, nicht das Rechte sein könnte. Und drittens wäre nach dem bisher Erör­ terten auch LUTHERs Wort zu hören, daß die Gerechten "vor sich selbst und in Wirklichkeit Ungerechte sind, bei Gott aber, der sie um ihres Bekenntnisses der Üünde willen als

2

gerecht ansieht, Gerechte" . Wie also steht es um ^Lauben, Meinen und Tun? Paulus disqualifiziert den "guten Willen" als Motor des Tuns, so­ bald er mir das Handeln als heuchlerisches Tun abringt. Die "gute Absicht" ist darin identisch mit jener Überzeugung, die mein Tun höher stellt als das eines Andern. Bejaht wer­ den darf allein das Wollen, das "Gott wohlgefällig ist und angesehen bei den Menschen" (14,13). Die Kontinuität des Ich, die man in BARTHs Übersetzung herauslesen könnte, eine Kontinuität, die gehalten würde von der Hoffnung, aus der Anstrengung des Ich heraus ein Residuum selbstmächtigen gu­ ten Handelns erspähen zu können, diese Ungebrochenheit des Ich gibt es für Paulus nicht. Er spricht von einem "Selbst" in negierter Form und als einem Relativum:1 1 BARTH Rb 504 2 und weiter: "in Wirklichkeit Süiider, aber Gerechte durch das gnädige Ansehen des erbarmenden Gottes; ••• in Wirk­ lichkeit Sünder, aber Gerechte in der Hoffnung ••• So ist der Gerechte zuallererst der Ankläger seiner selbst*" (••• sibi ipsis et in veritate iniusti sunt, Deo autem propter hanc confessionem peccati eos reputanti iusti; re vera peccatores, sed reputatione miserentis Dei iusti; peccatores in re, iusti autem in spe .♦* Sic iustus in principio est accusator sui) (LUTHER, Römerbrief 1515/16, Nachweis bei IWAND IV 267 f.)

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Nicht einer nämlich von uns lebt sich selbst, und nicht einer stirbc sich selbst (14,7), Du, behalt den Glauben, den Du hast, iür Dich selbst vor Gott. Glücklich der, der sich nicht verurteilt in den, was ihm richtig erscheint (1 4 ,2 2 ). Nicht für mich ist also mein Tun bestimmt, nicht um mich in der Kontinuität meiner "guten Absicht" und meines Handelns erfahren zu können - im Unterschied zu Anderen, argumentie­ rend Gott gegenüber. So ist kein Gott und den Mitmenschen dienendes Werk möglich. Möglich ist es dann, wenn ich nicht mir selbst oder einem Andern gehöre, sondern nur Gott* Gott hat den ^od seines Sohnes als satisfactio für alle meine Sünden gelten lassen. Wenn ich an diese Barmherzigkeit Got­ tes glaube, so bin ich zwar in Wirklichkeit noch immer ein Sünder, doch bei Gott gerecht. Christus ist damit für mich "das Ende des Gesetzes" (Rom 10,4), weil er die Strafe für die mir nicht mögliche Erfüllung des Gesetzes auf sich ge­ nommen hat und ich nichts mehr für mich tun muß. So ist von Gott her alles Handeln anders möglich als vorher: "Aus der Gerechtigkeit Gottes, in Frieden und Freude im Heiligen Geist” (14,18) - "nun aber nicht ich, sondern Christus in mir” (Gal 2,20). Von der Sicherheit solchen Tuns - "aus fröhlichem Herzen und ganz aus freiem Willen”^ - unterschei­ det LUTHER eine erträumte Sicherheit, die darauf vertraut,

2

"fromme Absichten haben zu können, wann wir wollen" . Las heißt, wer nicht an der Güte seiner selbsterdachten Werke zweifelt, wird seinen Weg gehen, ohne den Einspruch eines Nächsten oder Gottes (z.B. im Gesetz, das ihn mit einer an­ derslautenden Forderung konfrontieren kann) annehemen zu können.

Der Appell an die "Starken” in der römischen Gemeinde

LUTHER (Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516) I 256 2

l.c. 255; "Nein, auf deinen Knien mußt du Gott in deinem Kämmerlein mit allen Kräften bitten, er möge dir die (gute) Absicht, die du dir vorgenommen hast, auch schen­ ken” (l.c. 256)

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kann dann lauten, auf ihre im Glauben erworbene Freiheit, die ihnen .lede Speise (auch das nach rìuai sehen 7orsteilanren "unreine" Fleisch) zu essen erlaubt, zu verzichten, wenn da­ durch ein an jüdische Traditionen gebundener Christ, der auf diese Weise Gott zu dienen versucht, in seinem Gewissen und in seinem Tun verunsichert wird. Denn ist es mir nicht mög­ lich, meine gute Absicht als wahr in der Realität wiederzu­ finden, so wird mein Gewissen mich ohne Unterlaß verklagen. Ebenso wie mein Hochmut entfernt mich die Verzweiflung von Gott, weil ich nicht sehen kann, daß er mir meine Sünde gnä­ dig vergibt. So gelangt man denn über die Furcht zur Gnade, und durch die Gnade wird der Mensch willig zu guten Werken, ohne sie aber tut er sie mit Widerwillen. Dennoch wird er durch diese Widerwilligkeit (wenn ich einmal so sagen darf) ein Mensch ohne Furcht, verhärtet und selbstsicher, da er ja nach außen hin in seinen Augen und in den Augen seiner Mitmenschen gute Werke erbringt. 1 So ist also "glücklich der, der sich nicht mit Zweifeln zu plagen braucht (ho ml krinon heautòn) bei dem, was er für richtig hält" (Rom 14,22).

1 LUTHER (Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516) I 259

b) im gotischen Text (tweifleins. stojan) Rom 14 ist im gotischen i’ext nur fragmentarisch erhal­ ten. Es fehlt insbesondere der Schluß mit den krino-Steilen in Vers 22 und 23 sowie Teile zwischen Vers 3 und 9, wodurcn auch Vers 5 noch schwerer verständlich wird. Vorherrschend ist das Verb stojan. nur für die nominale Bildung diàkrisis im ersten Vers wird tweifleins eingesetzt. sto.ian. Präteritum stauida. wird im allgemeinen zu ei­ ner idg. Wurzel +st(h)äu- (gebildet zu idg. +stü- 'stehen'), gestellt und mit aksl. staviti ‘stellen*, ags. stowian 1Izu­ rückhaltend engl, stow *stauen*, ahd.mhd. stouwen ‘(an)klagen, (scheltend) gebieten, Einhalt tun, reflexiv: sich stauen*, nhd. stauen etc. in Zusammenhang gebracht . Gegen die etymologische Zugehörigkeit von sto.ian. das gewöhnlich mit ‘richten, ein Urteil fällen* im Sinne eines juristischen Fachterminus glossiert wird, ebenso von staua f, 'Gericht* bzw. staua m. ‘Richter* zu ‘stehen* hat ROBERTO GUSMANI in jüngerer Zeit Einwände geltend gemacht. Biese be­ treffen allerdings nur die inhaltliche Seite der Etymologie. Die Ansicht, daß zwischen sto.ian in seiner juristischen Be­ deutung und dem idg. Verbalstamm ‘stehen* eine unüberwindli­ che Biskrepanz bestehe, hat GUSMANI veranlaßt, eine andere Verbalwurzel ausfindig zu machen, die den beiden Nomina staua und auch sto.ian zugrundeliegen könnte. Biese scheint ihm in idg. +ste^-/stcļj- gefunden, das etwa in gr. stefltai •verkündet, verspricht, behauptet*, aind. stäuti *lobt, preist, ruft an* und heth. istuwa- ‘offenbar werden* vor­ liegt. Bie für GUSMANIs Argumentation mit Notwendigkeit er­ folgte "semantische Verengung von 'feierlich verkünden* zu

2

*ein Urteil aussprechen*'* versucht er durch einen Vergleich 1 POKORNY I 1008 £., s.auch 1004; WH I 706 s.v. instauro, II 598 s.v. sto; KLUGE 741 s.v. stauen; FEIST 455 s.v. stojan. 2 GUSMAMI 234 f.

mit lat. dico (+deiR-) bzw. iudex zu demonstrieren, ^abei hätte er sich auf aicere ceschränken müssen, aa mit ius nie spezifische juristische Komponenxe in iuaex explizit be­ zeichnet ist*. G-USMANI liegt es jeaoch aaran, zu zeigen, uaia der Richter wie der Dichter "Bewahrer einer ähnlichen ehrwürdigen mündlichen Tradition”

sind. Der enge Anschluß sei­

ner Bedeutungserklärung an die Verbalwurzel +steu- führt da­ zu, daß stojan neben staua f. (etwa *feierlich Verkündetes, Urteil*) und staua m. (*derjenige, der feierlich verkündet; Richter*) keine besondere Beachtung mehr findet, stojan scheint, in Entsprechung zur angesetzten verbalwurzel +st£u-, aber als denominative Bildung zu staua f. *Urteil* , *ein Urteil fällen* zu bedeuten. Das kausative jan-Suffix von stojan wäre damit direkt auf staua zu beziehen (* ein Urteil machen *). Offenbar ist es dieser Akzent auf der rechtlich ver­ bindlichen R e d e ,

der die Tendenz verstärkt, in den Kompo­

sita von domjan ('meinen, urteilen') nahezu inhaltliche Du­ bletten von stojan zu sehen^ und anderseits staua f.. wo es —

nicht eindeutig Nomen rei actae^ ist, als außerhalb der Ka­ tegorie stehend aufzufassen. Das Differenzierungsbedürfnis des gotischen Textes im Bereich von krinein. insbesondere bei den nominalen Ablei­ tungen krisis. katàkrisis. krIma und katàkrima sowie den Verbalkomposita, kann dagegen zu der Überlegung führen, daß krinein (und die stammverwandten Wörter) nicht in jedem Pall als juristischer Terminus verstanden worden ist, an dessen Stelle im Gotischen sozusagen ein juristisches Verbum dicendi zu treten hatte, krinein - und damit auch die ÜbersetzunVgl. WH I 726 s.v. iudex; WH I 348 f. s.v. dico erklärt, daß die etwa im Lat. vorhandene Bedeutung 'sagen* für dico aus 'zeigen, (mit Worten hinweisen)' entstanden ist. Gr. dikl 'Recht' wäre daher primär zu denken als 'Richtung, Wei­ sung' und erst in zweiter Linie als die von GUSMANI (234) als ursprünglich angesetzte 'sich auf überlieferte Formeln berufende Rechtss p r e c h u n g ' (WH I 348). 2GUSMANI 235

5 GUSMANI 235, vgl, 232

^ g l . GUSMANI 225 Anra.3 5Mt 5,40; 1.Kor 6,1; vgl. GUSMANI 227 Anm.7

gen - hat ja gar nicht ständig, wie gerade 1er Überblick über den griechischen Text von hörn 14 zeigen konnte, aeri Er­ fordernissen einer ”juristische(n) i'acb spräche"1 gehorchen müssen. Auch gedankliche und terminologische Anleihen aus dem forensischen Bereich sind bei Pauli;3 stark theologisch überformt. Bei der Bedeutungsbestimmung von stojan scheint mir daher der Versuch angemessen, einen spezifischen Unterschied zu den anderen Übersetzungsmöglichkeiten von krinein auszu­ machen. Diese

Eigentümlichkeit muß nicht von vornherein auf

den öffentlichen oder institutionellen Wert der Verkündigung eines Urteils festgelegt werden, wohingegen dann domjan die 2 persönliche, quasi private Meinungsäußerung bezeichne . Ein anderer semantischer Aspekt läßt sich den übli­ cherweise über die Wurzel +sta- 'stehen' zu stojan gestell­ ten Verben wie ags. stowian 'zurückhalten', ahd.mhd. stouwen 'Einhalt tun, gebieten', aksl. staviti 'stellen' oder nhd. stauen abgewinnen. Daß eine solche Verwandtschaft aus laut­ lichen Gründen durchaus plausibel ist, bestreitet GUSMANI nicht . Die Gemeinsamkeit der genannten Verben besteht da­ rin, daß die durch sie bezeichnete Tätigkeit ein Objekt er­ fordert, auf das vom handelnden Subjekt restriktiv einge­ wirkt wird. Diese Manifestation eines Subjekts gegenüber ei­ nem Objekt wird durch das jan-Suffix signalisiert, stowian. stouwen. staviti. stauen - und stojan - sind dann in ihrer Bedeutung primär zu denken als 'stehen machen, stellen, zum Stehen bringen, Einhalt tun'. Konnotationen wie 'schelten, anklagen' zielen auf keinen sächlichen Objektsbereich (wie "Wasser stauen"), sondern bezeichnen eine adversative Kompo­ nente im zwischenmenschlichen Kontakt, wobei das handelnde Subjekt aggressiv dominiert. Das in der Bedeutung transpor-1 2

1 GUSMANI 225 2 so GUSMANI 225} FREUDENTHAL 54 f.; MASTRELLI 75-78 5 GUSMANI 226, 227 f.

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tierte exekutive Potential einer Verbalbildung aus der Wur­ zel *stehen1 plus jan-Suffix, wie sie bei sxonan denkbar ist, läßt auch die BedeutungsentWicklung 'ein Urteil fällen' zu. Welchen Abstraktionsgrad diese Bedeutung auch annehmen mag (von der bloßen Meinungsäußerung über den auch rechtlich gültigen Spruch bis zur Verfügung über die Person eines Andern)* impliziert ist in jedem Pall das Gefälle zwischen Verfügendem und dem, worüber er verfügt® Daß dom.jan nach MASTRELLI 2 "keinen spezifischen juristischen Wert besaß" , dürfte dar­ auf zurückzuführen sein, daß für dieses Wort eine solcherart aggressive Komponente nicht konstitutiv ist. Die ^ildung des maskulinen Nomen agentis staua (nStamm) 'der,der festsetzt, der Einhalt gebietet' läßt sich erklären als "Personenbezeichnung", die sich auf den ihr zu­ gehörigen "Tätigkeitsbereich" bezieht. Dieser Tätigkeitsbereich ist durch ein Substantiv erfaßt . Neben staua m. zu staua f. wären beispielsweise zu nennen: lat. praedo 'Plün­ derer' zu praeda 'Beute' oder got. waurstwa 'Arbeiter' zu waurstw 'Werk'. Um mit stojan in Verbindung gebracht werden zu können, ist also für staua m. eine direkte Rückführung auf das schwache Verb^ notwendig. Wie die Beispiele zeigen, ist auch bei diesen maskulinen Personenbezeichnungen das Subjekt - inhaltlich analog etwa zu stojan 'stehen machen' als Agens charakterisiert. Das stana m. zugrundeliegende feminine Nomen staua ist nach dem bisher Erörterten inhaltlich zunächst wohl ganz allgemein als 'Zustand, Stillstand, Fixiertsein' zu bestim­ men. Im Bereich so häufig gebrauchter Verben wie 'stehen' oder dem Verbum substantivum ist die Vielzahl der zugehöri­ gen Bildungen .Inhaltlich wegen der zugrundeliegenden elemen­ taren Vorstellung nur sehr schwer zu differenzieren, ander1 MASTRELLI 75-78

2 GUSMANI 225

3 HENZEN § 16, KRAHE-MEID § 91 ^ Vgl. dagegen GUSMANI 231 : "in diesem Pall würde man gemäß haurnja und timrla (Nomina agentis zu h a u m j a n . timr.jan) ein ^stoja erwarten".

seits kommt diesen die spezifische Leistung eines Gliedes der Wortfamilie ermöglichenden semantischen Eigentümlichkei­ ten besonderes Gewicht z u 1. Eine Beceutungsentwicklung von staua in Richtung *Urteil1 ist denkbar, wo der Zustand im Blick ist, zu dem das Handeln des Subjekts nach der hier vorgetragenen Auffassung von stojan führt* 23 ., Daß die Aussage *stehen, aufrecht sein* und »jön. oder etwas stehen machen bzw. festsetzen* das Subjekt in positi­ vem Sinne charakterisiert,

1stillgestellt w e r d e n *

als

Form des Erleidens einer Beschränkung der Selbstmächtigkeit dem Subjekt hingegen zum Nachteil gerät, diese Vorstellung könnte für die Bevorzugung verantwortlich sein, die stojan und staua als Übersetzung für gr. krinein im Gotischen erfahren^. Das Kapitel Rom 14, in dem die Besonderheit des "Stehens” bereits im griechischen Text thematisch anklingt, kann das verdeutlichen. Übersetzt stellen sich die Belege folgendermaßen dar: 14«3 s Dieser Speisende möge diesem nicht Speisenden nicht verkennen, aber dieser nicht Speisende möge diesen Spei­ senden nicht zum Stillstand bringen (stonai); Gott näm­ lich nahm ihn entgegen* 14«4: Du, wer bist Du, welcher Du Stillstehen machst (stojis) fremden Knecht? Seinem Ersten steht er oder fällt er; aber er stehr; ein Mächtiger nämlich ist der Erste, ihn im Stehen (i.e. aufrecht) zu halten.

Gotisch ist *stehen* reich vertreten, z.B. durch standan *stehen*, stabs ‘Stätte*, stoma ‘Grundlage*, anastodjan »anfangen», gastoban »aufrecht, im Stehen erhalten *. sfols »Stuhl, Gestell». andastäbjis »Widersacher, Ent ge gens-ke'hender, stojan u.a. 2 Mit Recht kritisiert GUSMANI (227) hingegen FEIST (451 s. v. staua), der sich das Zustandekommen der bedeutungsmä­ ßigen Verbindung zwischen »stehen» und »urteilen, richten» wohl über die Zwischenglieder »Stätte, im engeren Sinn Ge­ richtsstätte* und »auf der Gerichtsstätte sprechen* er­ klärt. »Stehen* und »Stätte» sind in diesem Fall nur Akzidentien zur grundlegenden Vorstellung »rechtsgültig spre­ chen*. Um nun das Recht gerade dieser Bedeutungsbestimmung bereits mit der Verbalwurzel gegeben sein zu lassen, beätreitet GUSMANI die Zugehörigkeit von stojan zu »stehen* und yerlegt sich auf die seinem Deutungsansakz nähere Wur­ zel ste^j- »preisen, durch Worte hervorheben, feierlich verkündigen». 3 KLAUS VON SEE (25-31) hat dargelegt, daß für den Begriff *»Recht*»im Germanischen die Vorstellung »»gerade** grundlegend war. In andern idg. Sprachen scheint dieser Zusammenhang auch für »»Wahrheit** zu gelten. (Fortsetzung folgende Seite)

49 ■ļ

14>5: Einer gerade stehen macht (stojip) Tag hinter Tag o•♦ 14.10: Aber Du, was bringst Du zum Stehen (stojis) Deiner. Bruder? Oder auch Du, was verkennst Du Deinem Bruder? Aile nämlich werden wir gesetzt vor den Einhaltsinstanzstuhl (stauastola) Christi. 14.13; Nicht dann-mehr nun mögen wir uns wechselseitig zum Stillstand bringen (stojaima), sondern dieses mögt Ihr mehr stehen machen (stojaib). daß ihr nicht dem Bruder setzen möget Bestoßung oder Ärgernis. Beim Versuch, sto.jan mit 'Einhalt gebieten' zu über­ setzen, fällt auf, daß das zugehörige Objekt gotisch im Akku­ sativ steht. Im Unterschied zum im Nhd. vorliegenden DativObjekt (jemandem Einhalt gebieten), dem gleichsam innere Be­ teiligung zugebilligt wird oder für das ein engerer Bezug 2 zum Subjekt gelten soll , ist das Objekt zu stojan im Goti­ schen durch den Akkusativ klar als äußeres Objekt und damit in seiner völligen Abhängigkeit vom Handeln des Subjekts gezeigt . Das 'Einhalt gebieten, stehen machen, zum Stillstand bringen* mit Akkusativ-Objekt ist, auf die römischen Parteien angewendet, dadurch gerechtfertigt, daß es sachlich von dem nicht Fleisch Essenden ausgeht. Dieser kann den Andern an seinem Verhalten hindern wollen, weil darin der Anstoß für den an das jüdische Gesetz Gebundenen besteht, während je­ ner ihn, der etwas unterläßt, eben nur 'verkennen', nicht anerkennen, falsch einschätzen oder innerlich beeinflussen kann. Das dem exouthenein des griechischen Textes entspre­ chende frakunnan steht mit dem Dativ, dessen besondere Be­ deutung als Dativ des Objektes KRAUSE vor allem bei Verben feststellt, "die seelische Vorgänge w i d e r g e b e n D e r Ver­ gleich beider Verben macht deutlich, daß mit stojan eher auf ein Außen als auf das Innere der Person gezielt wird. Die Rigidität der Grenzziehung zwischen Personen wird zudem ■5

A

Die räumlich ausgezeichnete Position, die die Identität der Person oder die im zwischenmenschlichen Bereich gülti­ ge Handlungsnorm akzeptabel macht, scheint in gleichem Ma­ ße wie sie Prärogativ ist zur Kontrolle herauszufordern. raihtis ist ein erstarrter, als Adverb gebrauchter Genitiv (STREÏÏBERG, Syntax § 267.2) zu raihts »gerade, recht' (vgl. WH II 424 s.v. rectus). An dieser Stelle steht es für gr. mèn. das zum ersten Teil der Doppelformen h6 mèn . ..h6 dè *der eine ... der andere' gehört, mèn hat bestätigenden, versichernden Charakter (BD §§ 250. 447.2 und Anm. 9). Das zweite Glied wird (Fortsetzung folgende Seite)

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nicht wie im Griechischen durch mediale Verbformen gemil­ dert1 . In 14,1 und 14,3 wird die Person dort als vermitteln­ der Faktor wichtig und erkennbar, das Gotische hinger.en läßt das Tun der Person als im imperativisch.gebrauchten Optativ (14,1) zuletzt freigesetztes Resultat (14,3), d.h. also als äußerlich belassenes Ansinnen eines Andern erscheinen. Wesentlich strikter als im Griechischen ist dadurch das Subjekt als verursacher einer Handlung definiert, indem es ungeteilt in der Zuständlichkeit eines Handelnden gezeigt wird, dessen Blick sich nur auf das als Objekt abhängige Au­ ßen richtet, nicht auf sich selbst (vgl. dagegen gr. “bei sich aufnehmen“ ). Weil verschiedenen Subjekten Handlungsver­ ursachung in gleichem Maße zugetraut wird, wird die Koordi­ nation von Handlungsmöglichkeiten zum Problem. Davon zeugt ein erstaunlicher sprachlicher Befund. stojan. ein Leitwort des Kapitels, steht, anders als krino. über Verwandtschaft des Wortstammes in Verbindung mit andern Wörtern des Textes. Das ist besonders deutlich zu se­ hen in v.4: Du, wer bist DuA welcher Du(einen) fremden Knecht Stillstehen machst (ho krinon/stojis)? Seinem Ersten steht er (stikei/standifr) oder fällt er; aber er steht (stathlsetai/ standifr); ein Mächtiger ist nämlich der Erste, ihn im Ste­ hen zu halten (stlsai/ gastofranan). stikei. stathësetai und stasai (zu gr. histimi ‘stellen1)» über die Wurzel +sta- stammverwandt mit stojan ebenso wie stàndan. gastofranan , rücken im Gotischen mit der krinoÜbersetzung auf eine Ebene.

2

‘Stehen’ und ‘stellen* waren

gotisch in solchen Fällen zumeist mit ij> ‘aber ‘ ängeschlossen (STREITBERG Wb 109 s.v. raihtis). Auch hier lie­ ße sich als Beobachtung festhalten, daß das Betonte durch eine räumliche und dann im übertragenen Sinne moralische Auszeichnung qualifiziert ist. Wie in diesem Fall wird nhd. in der Regel bei Verben mit zwei Objektergänzungen die Person im Dativ, die Sache im Akkusativ zugeordnet (STOLTE §§ 159.V, 161).

3 STOLTE § I 5 I.I ^ KRAUSE 142 (§ 116.1); interessanterweise konstruieren wir heute ‘verkennen, nicht anerkennen* mit dem Akkusativ.

A “nehmt bei Euch an“ (14,1), “Gott nämlich hat ihn bei sich angenommen” (1 4 ,3 ) 2 WH II 597-599 s.v. sto

51

schon im griechischen Text die Grundelemente des paulinischen ^ildes von der alleinigen Verfügungsgewalt Gottes über die ^laubigen gewesen. Die Verwendung verwandten Wortmate­ rials in der gotischen Übersetzung für das von Paulus inkriminierte krlnein läßt den Konflikt um den "Mitknecht" noch schärfer hervortreten. Die Auseinandersetzung von miteinan­ der Gleichgestellten, was das semantische Material des Tex­ tes, den Gebrauch von stehen-Verba, betrifft, wird dann al­ lein durch die Nennung des ,fErsten” , se inanima frau.iin, argu­ mentativ entschieden. Gott wird so das Vorrecht des Handelns zuerkannt. Ähnlich verhält es sich mit Vers 10. Für das bērna 1 — — Christi, die "zu betretende” , seinem Herrscherrang gebüh­ rende erhöhte Plattform, seinen Riehterstuhl, wird im Goti­ schen das Kompositum stauastols verwendet, ein Kompositum, das sich aus zwei stammverwandten Simplices mit dem Bedeutaingskern 'stehen*

2

zusammensetzt: "Einhalt sin stanz-St uhi”.

Christus, dem Herrn, der Einhalt gebietet, srtehen macht, ur­ teilt, kommt Herrschervollmacht zu, während "wir gesetzt werden" (gasat.landa) vor den Thron Gottes. Offensichtlich ist eine etymologische Parallelbildung zu dem vom Stamm 'stehenf abgeleiteten griechischen Verb parastēsòmeth a ((fut, med. zu parlstēmi) 'werden wir uns stellen = treten wir (di­ rektes Medioim) neben, treten wir heran») vermieden worden, oim die dem Gericht Gottes unterworfenen Gläubigen in subor3 dinierter Position, passiv, zu zeigen . Wiederum wird stonan als überlegenes Handeln des staoia m. nur Gott zuerkannt. Ab-* 3 2

b8ma etymologisch zu baino 'treten, schreiten', vgl. MENISE^xÜTHLING 134 s.v. 2 WH II 598 s.v. sto

3 ' In v.4 ist die Wiedergabe des Futur Passiv eines gotisch nicht vorhandenen Verbs 'stellen' durch präsentisches »stehen* versucht worden: stathlsetai "er wird gestellt werden" -standib "er steht". "Das gotische Präsens steht sehr häufig im Sinn eines Futurs" (KRAUSE 216 (§ 207*1), STREITBERG, Syntax § 300j. Wenn der fremde Knecht also ge­ stellt werden wird, so wird er stehen. Eine ähnliche Lö­ sung wäre auch für das mediale Futur in Röm 14,1 denkbar gewesen, ist aber nicht angewendet worden.

gewehrt wird die Auffassung, eine subordinierende Verhal­ tensweise könne den Bruder gegenüber möglich sein: Nicht dann-mehr nun mögen wir uns wechselseitig Einhalt gebieten (14,13)* Die Verwendung von sto.jan nimmt also Bezug auf die Au­ tonomie der Person, auf deren Einheit, die sich resultathaft in ihrem Handeln zeigt* Unter dieser Prämisse wird auch der hierarchisierende Ausdruck sto.jan hindar (1 4 ,5 ) eingesetzt, der für gr. krlnein parà^ 1etwas als verschieden voneinander betrachten’ und im Kontext dann: retwas bevorzugen’ eintritt. In ähnlich apodiktischer Weise zeugt der zweite stojan-Beleg in 14,13 von der Autorität des "Festsetzenden".

Das einzige hier auftretende griechische Nomen zum Verb krino * diàkrisis »Unterscheidung, Trennung’ (14,1), fällt aus der Reihe der stojan-Belege heraus* Got. tweifleins ist nominale Ableitung zum schwachen Verb tweifljan. Das erste ^lied ist Grundbestandteil mit der Bedeutung 'zwei,

2

entzwei' , das in got. tweifls »Zweifel’ noch das Suffix -fis

an sich gezogen hat. tweifleins heißt dann soviel wie

'Zweifaltigicachung*• Obwohl die "Ermessungen" (wie im Gr* dialogismo!) im Plural gebraucht werden, finden sich die diakriseis gotisch im (D.) Singular wieder. Aber den Unmächtigen dem (i.e. im) Glauben möget Ihr ent­ gegennehmen, nicht zu Zweifaltigmachung (tweifleinai) der Ermessungen (14,1) Die "Zweifaltigmachung” hat deshalb als Beschreibung des Zustands innerhalb der ganzen Gruppe Gültigkeit, nicht, wie man dem griechischen Text entnehmen könnte, als Beschreider inneren Verfassung einzelner Personen. Das Übel, dem •1

o

"Die Präposition (sc. parà + Akk.) gibt an, daß ein vor­ hergehender Begriff im Vergleich mit dem von der Präposi­ tion regierten Worte hervorzuheben ist” ; Röm 14,5a wäre dann zu übersetzen: "einer legt größeres Gewicht auf einen (gewissen) Tag als auf einen (anderen) Tag und achtet ihn deshalb höher" (RIESENFELD 731). WH I 107 s.v. bis, 376 s.v. dubius

^ zu +pel- 'falten' wie in lat. du-plus (WH I 383 s.v.)

-

53

-

gewehrt werden soll, ist demnach ein sozialer Schaden, die Polarisierung von Meinungen, haß für eien Goten Verhalten eher in normativ-mimebischer Richtung, quasi als "Außensei­ te” , von Bedeutung war, könnte die Faktur von Rom 14,18 be­ stätigen: Welcher nämlich in diesen (sc. ^ingen) Christo Knechts­ dienst leistet, wohl ist er gleichgestaltig (1) Gott und (ein) Geprüfter (2) ist er den Menschen. Gefallen, Gott-angenehm-Sein wird gedacht über eine im Handein, gestalthaft erkennbare Gleichartigkeit^ zwischen Gott und dem Gläubigen.

o

■5

galeikaifr für euärestos »wohlgefällig, angenehm* zu arêsko »gefallen * gakusans für d&kimos (WH I 331 s.v. decet) »ansehnlich, erprobt* Saleikan, intransitives schwaches Verb der 3.Klasse, ist gebildet zu galeiks »gleich» (FEIST 188 s.v. galeikan, 328 s.v. leikan)

54

3. 1 «Kor 4

1.Kor 4,3: ernol dè eis elàchistòn estin, hlna hyph 1hymBn anskrlthB ē hyp6 antbropines hen&ras: all1oudê emauuôn anakrlrio7 “ Mir aber zählt es zum allergoringsten, da 3 ich von Euch überprüft werden .soll oder von einer: menschlichen lag: aber auch ich .-'-elbst überprüfe mich nicht. abban mis ln ir.innis t in ist, ei fr api iz vis u ssokjaidau aifrban frani ma:m i skarma daga; akei nih nik sili an "us scic,]a. *’ Aber r.ir i?- ir: mindesten, da3 ich v o -.j Euch he. ausgesucht werden möge oder von (einem) menschlichen Tag^; aber auch, ich suche nicht mich selbst heraus. 1 .Kor 4,4: oudèn gài1 emautBl sfrnoida. allj cukj_en tofrtôi dedikalömai. ho dé anakrlnon me kfrriös estin. Ich bin mir keines Vergehens bewußt, aber dadurch werde ich nicht gerechtfertigt; wer mich hingegen überprüft, das ist der Herr. nih waiht aule mis siibin mlbwait; ake L ni in bamma garaihfcibs im. ib saej ussokeib mik. frauja ist. Aber nichts ich mir selber mitweiß; aber nicht in diesem bin ich (ein) Gerechtgemachter, sondern welcher mich her­ aussucht, ist der Erste. 1 .Kor 4,5: h5ste mi prò kairoû ti krlnete hèos àn felthii ho kfrrios. ... Daher legt Euch nicht vor der Zeit auf ein Urteil fest, bis daß der Herr kommt .•• bannu nu ei faur mel ni stonaib. unte cimai frauja. ... Alsc-darum nun daß Ihr vor den. Zeitpunkt nicht stehen machen meget, bis der Erste kommen möge ... 1.Kor 4,7: tls gàr se diakrlnei; ... Wer hebt Dich heraus? ... hvas auk buk u.ssokeib? ... Wer nämlich sucht Dich heraus? ...

55 -

a) im griechischen Text (krlnö, anakrlnö, diakrlnÖ) Der Abschnitt 1 .Kor 4,1-5 trägt in der nhda Bibelüber•ļ Setzung, die hier zum Vergleich herangezogen wird , die Überschrift: "Gegen voreiliges Richten". Bezogen ist diese Überschrift auf die imperativische Conclusio des Paulus in v.5: mö ... hèos àn "nicht bevor, nicht bis daß". Der ganze Satz enthält einen krtn5-Beleg, nämlich das Simplex in der 2 0pl.imp.präs.act., doch nimmt dieser Imperativ Bezug auf einen Zusammenhang, der durch das Kompositum anakrlnö ge­ kennzeichnet ist. Erstmalig tritt anakrlnö auf in 4,5: Mir aber zählt es zum allergeringsten, daß ich von Euch überprüft werden soll (anakrithö) oder von einem mensch­ lichen Tag: aber auch ic!h selbst überprüfe (anakrinö ) mich nicht. anakrlnö steht offenbar für ein gründliches Untersuchen oder auch Ausfragen, das zum finden eines Urteils führt. BÜCHSEL macht für das Wort vor allem ein forensisches Umfeld namhaft, die gerichtliche Voruntersuchung. Zielgerichtetheit der Un­ tersuchung ist ebenfalls erkennbar bei den Glossierungen 1befragen, ausfragen1, im Zusammenhang mit "einfachen" Fra­ gen und Verhören, auch im Sinne von »die Schriften befragen1, dann umfassender als »beurteilen, prüfen » . Rein immanent ließe sich ein gerichtsspezifisches Umfeld in diesem Text vermuten durch die ParallelStruktur des Satzes, die in From einer Opposition Gerichtsforen nebeneinanderstellt: "nicht von Euch oder einem menschlichen Tage, auch nicht von mir selbst" soll eine Untersuchung des Paulus ausgehen, gültiger als all das ist nämlich dies illa. d i e

hëmèra. der Tag des

Herrn, an dem sich Christus offenbaren wird, auch im Gericht^. *1 Revidierter Luther-Text 1975, Bibelstiftung Stuttgart 2 BÜCHSEL Bd.3, 945 ^ BAUER 112 s.v. anakrlnö ^ BAUER 686 s.v. hēmēra

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Darauf bezieht sich in v.5 die genannte Bedingung des Impera­ tivs mè ti krinete "richtet nicht, legt Euch auf kein Urteil fest": das soll nicht geschehen, bis der Herr kommt, wobei aber angedeutet wird, daß auch dann das Beurteilen, das auf ein rechtes ^rkennen des Verborgenen angewiesen ist, allein Gott und dem Herrn zusteht, "welcher (sc* der! kfrrios) .licht machen wird das Verborgene *•* und dann wird Lob einem jeden von Gott" (4,5)# Das Präfix ana- bedeutet im Griechischen wie im Lateinischen

1

'auf, hinan *, im Avestischen und Altpersischen

'über - h i n 1, in anderen formen auch 'nach, gemäß'. Von krinö ist aus den zuvor behandelten Zusammenhängen der Gesichts^p punkt des Scheidens und Überzeugtseins bekannt, ana- legt das Moment der Sorgfalt, der Genauigkeit und Angemessenheit nahe. anakrinö hätte demnach zu tun mit der Bestimmbarkeit des Ein­ zelnen, mit der Isolierbarkeit von Pakten, mit ihrer system­ immanenten Stellung, mit kausalen und finalen Beziehungen. Daß in der nhd. Übersetzung wiederum das Verb "richten"^ für den griechischen Terminus eintritt, verdankt sich dem Gefäl­ le, das solcherart Angemessenheitsüberprüfung empirischer Verhältnisse an normativen Vorstellungen innewohnt - oder dem Präjudiz, dem Vorzeichen, das die Pinge der Welt erst zu ei­ nem geregelten System sich zusammenfinden läßt, ^on solchem Untersuchen, das einer Erwartung korrespondiert, spricht Paulus auch hier* Diesbezüglich wird übrigens bei den Haushaltern (sc. Got­ tes) darauf gesehen, daß einer so recht als treu erfunden werde (4,2). Dem hohen Anspruch von außen^ begegnet Paulus mit merklicher Distanz. Er wendet sich gegen solche diskriminierende Beur­ teilung seines Dienstes, aber - und dies erscheint prima vista paradox - die ontologische Seite des Ganzen, sein Ge-

FRISK I 100 s.v. ana-, WH I 43 f. s.v. 1.an-, I 677 s.v. ignosco 2

Vgl. dazu oben S.21,37,38,39.

^ Rev. Luther-Text 1.Kor 4,3®4 4 CONZELMANN 109 und Anm.12

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hilfe- und Haushaitersein, soll n i c h t in Frage stehen* Das vermeintlich Wißbare, das Äußerliche und Kategorisier­ bare, ist ihm vollkommen zweifelhaft, nicht hingegen das nur im G-lauben Erfahrbare: "alles (ist) Euer, Ihr aber (seid) Christi, Christus aber (ist) Gottes" hatte es unmittelbar zu­ vor, am Ende des 3 «Kapitels, geheißen (3,22 f.). Und das gilt auch für Paulus selbst! Bei mir selbst bin ich von nichts Mitwisser (d.h. ich bin mir keines Vergehens bewußt), aber dadurch werde ich_nicht gerechtfertigt, wer mich hingegen überprüft (anakrinon). das ist der Herr (4,4). Die durch anakrlnein von Menschen gefundenen Unter­ schiede und Bewertungen treffen kein wirkliches Sein oder Besser-Sein, sondern fungieren als Selbstlegitimation. Der eigene unerkennbare Wert wird abgelesen an einem Außen, auf das ständig objektiv verwiesen werden kann, das erlaubt, sich darin wiederzufinden oder sich davon kritisch abzuheben. Einer bläht sich zugunsten des Einen gegen den Andern auf (4,6). Dagegen hält Paulus: "Lernt an uns: nicht über das hinaus, was geschrieben steht!” (4,6). Einziges legitimierendes Außen ist Gott, seine gültige Rede, seine Selbstoffenbarung - in der Schrift, als fleischgewordenes Wort, in der Liebe, die er durch Christus den Menschen erweist. Die Bildung einer so pa­ radoxen Doppelformel als Bezeichnung der Gläubigen, wie sie LUTHER mit "peccatores in re, iusti autem in spe"-* vorgenom­ men hat, verdankt sich der Erkenntnis, daß nach allem mensch­ lichen Ermessen, in Wirklichkeit, in r e . auch die Gläubigen Sünder sind. Nur von Gott her, der die Macht hat, ihnen ihre realiter vorhandene Sünde nicht zuzurechnen, kann gesagt sein, sie seien zugleich Gerechte. Weil die göttliche Aussage "gerecht und Sünder zugleich" den M enschen nicht konstitutiv zu eigen ist, ist ihnen selbst nur möglich zu sagen, sie sei­ en "iusti in spe". "Gott ist das Außen, das nie in ein Innen verwandelt werden kann”, wird dies von dem Theologen HANS JO­ ACHIM IWAND zusammengefaßt1 2. 1 LUTHER, Römerbrief 1515/1516, Nachweis bei IWAND IV 267 2 IWAND V 98

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Gefundene Unterschiede, bestimmt gewußte Einschätzungen sind unter Menschen also nicht objektiv wahr. Deshalb fragt Paulus weiter mit leicht veränderter Terminologie, aber im Rahmen des Unterscheidens: Wer hebt Dich heraus (diakrlnei)? Was hast Du denn, was Du nicht empfangen hast? (4,7) Wieviel Dir von Anderen zukommt, ist ersichtlich, nicht aber, was Du von Dir aus bist.

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b) im gotischen Text (ussokjan, stojan) Für die Argumentation im Gotischen wird ein anderes Verb bestimmend. Mehr als die Grundbedeutung 'unterscheiden, abgrenzen* in gr. krlnö wird bei der Übertragung von anakrino die modifizierende Wirkung des Präfixes ana- berücksichtigt. Die Bedeutung soll durch das gotische ussok.jan. einen dem Le­ bensbereich der Jagd entstammenden Ausdruck, wiedergegeben werden. sok.jan ist das verb, in dessen Nachfolge lautgesetzlich ahd. suohhen. suohhan steht. Das kausative Verbalsuffix bezog sich zufrühest wohl auf den Jagdhund, den man etwas "aufspü­ ren ließ". In lat, sagax 'witternd, scharf(sinnig)1, sagio 'spüre, wittere' oder gr. hëgèomai 'führe, gehe voran (als der den Weg Aufspürende)^ scheint die alte Objektbindung wie auch in 'suchen* bereits verloren. Es bleibt anzumerken, daß zu got. sok.jan auch sakan. ahd. sahhan zu stellen ist. Das 'vor Gericht streiten*, der 'Streitfall', später die Sache hängt offenbar zusammen mit der forensischen Vorstellung der Schadensverursachung (vgl. lat. causa zu frz. chose). KLUGE rekonstruiert als Grundbedeutung 'eine (Rechts-)Spur verfolgen, suchen* . Das Präfix us- verschärft den Erwartungsdruck, der mit sokjan verbunden ist, ähnlich wie in nhd. 'ausfindig machen', das das perfektive Verb'finden* ja bereits als Wort­ bestandteil in sich trägt. Für 4,3 könnte also übersetzt werden: Aber mir ist im mindesten, daß ich von Euch herausgesucht werden möge (ussokiaidau) oder von (einem) menschlichen Tage; aber auch ich suche nicht mich selbst heraus (ussokja). Die Tatsache, daß 'heraussuchen* im Nhd. vornehmlich auf sächliche Objekte zielt, macht die Übersetzung undeutlich. Jede gefälligere Version hingegen präzisiert das Gesagte in einseitig entschiedener Weise. Ist vielleicht 'ausforschen* gemeint und damit ein seelisches Umstülpen als indiskrete1 2 1 WH II 464 f. s.v. sagus, POKORNY I 876 f., FEIST 442 s.v. sokjan, KLUGE 762 s.v. suchen. 2 KLUGE 618 s.v. Sache; auch VON SEE (3 f.) klassifiziert sok.jan als "Spurfolge,f, aber als Wort, das bereits in einem **vor- und fruhrechtlichen Stadium" auf die Auseinanderset­ zung mit einem "Streitgegner" Bezug nahm.

Mißachtung der Grenzen der Person, oder, .venn man den skiz­ zierten "urzeitlichen" Kontext hinzubedenkt, ein "Stellen” , sozusagen als sozial-desintegrative Maßnahme? Zugunsten der zuletzt genannten Möglichkeit, ussok.jan nicht primär von der innerpsychischen Betroffenheit eines In­ dividuums her zu interpretieren (wohin einen die alleinige Betrachtung der Aussage "auch ich suche nicht mich seihst heraus" vielleicht führen könnte), sondern im Sinne einer re­ pressiven Gegenüberstellung der die Norm vertretenden Gruppe und des kontrollierten Einzelnen, sprechen BENVENISTEs Beob­ achtungen zur Verwendungsweise der gotischen Adjektive auf -iska- • Diese Adjektive bezeichnen Zugehörigkeit, die in zweifacher Weise bestimmt ist« Zum einen wird durch das Ad­ jektiv Zugehörigkeit zu einem Collectivum, einer Mehrzahl ausgedrückt, weshalb diese Adjektive speziell auch als ethni­ sche Benennungen fungieren können (z.B. das Adverb biudisko »wie die Heiden1, das Adjektiv fwnikisks 'phönizisch, aus dem Volk der Phönizier»). Zum andern besteht zwischen dem durch das Adjektiv näher bestimmten Begriff und der durch das Ad­ jektiv zum Ausdruck gebrachten Qualifikation nur eine äußer-

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liehe Beziehung oder Zugehörigkeit , man könnte sagen: im Sinne einer Bezeichnung urheberschaftlicher Relation zwischen Verschiedenem, nicht als Bezeichnung innerer Identität. Das heißt im Ealle von 1.Kor 4,3: Aber mir ist im mindesten, daß ich von Euch herausgesucht werden möge oder von einem Gericht (eig. "Gerichtstag"), das von Menschen gebildet ist (fram maniskamma daga); aber auch ich suche nicht mich selbst heraus. Der ^ote hat demnach das griechische anthröplnis »menschlich* explizit als Verhalten der Gruppe, der Menschen, gewertet, in deutlicher Abgrenzung zum Herrn, der am endzeitlichen Ge­ richtstag die entscheidende und allein wahre Beurteilung vor­ nehmen wird (4 ,4 ). Die Bedeutung »Gericht mit menschlichem Gefühl oder menschlicher Schwäche* scheint für anthroplni hi^ BENVENISTE 36-40, zu 1 .Kor 4,3 insbesondere 37 f. o BENVENISTE 37 "la relation est extrinsèque"

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mèra nicht in Erwägung gezogen worden zu sein» Die Diskussion um die eigentümliche Form der Repressivität, die mit ussok.jan zum Ausdruck gebracht wird, ist dem gotischen Paulus-Übersetzer offenbar in hohem Maße eine Frage nach dem "ausforschenden" Subjekt, seien dies 11 Ihr” , eine "Versammlung von Menschen", "ich selbst" (4,3) oder im Gegen­ satz dazu "der Erste" (4,4)* Im Fortgang des Textes ist zu sehen, daß die finale Energie des Verbs ussok.jan» sein Gefälle zwischen Subjekt und Objekt, das erst durch den als ursprünglich gedachten Verwen­ dungszusammenhang des Wortes fühlbar wurde, auch auf eine ab­ straktere Vorstellung angewendet erhalten bleibt« Und nichts ich mir selber mitweiß; aber nicht in diesem bin ich (ein) Gerechtgemachter, sondern welcher mich heraus­ sucht (ussokeib)« ist der Erste (4 ,4 ). Das Resultat, auf das ussokjan hier achten läßt, ist 'ich bin (ein) Gerechtgemachter'• Für das griechische Perfekt Passiv 'bin ich gerechtgesprochen', eine synthetische Form (dedikaiômai)» tritt an dieser Stelle im Germanischen eine analytische Form ein, wobei der finite Anteil der Verbalfügung durch das verbum substantivum getragen, auf das Subjekt jedoch noch geson­ dert (prädikativ) durch den starken Nominativ m. des Partizip Präteritum Bezug genommen wird, garaihtibs ist Partizip zu einem transitiven jan-Verb (garaihtjan fgerechtmachen'), so daß insgesamt deutlich die passive, passiv erreichte Zuständlichkeit des Subjekts zum Ausdruck kommt: "ein Gerechtgemachter bin ich (dann)". In 4,5 wird so durch die Negation von stojaib (für das gr. ml krinete) über den semantischen Kern dieses Verbs, 'stehen', eine a n d e r e ,

von Menschen unberechtigt hervor­

gerufene Zuständlichkeit abgewehrt. Die Faktur des gotischen Verbs stojan ('stehen machen*) läßt hier sehr genau zwischen Beteiligtsein der handelnden Personen ('machen') und Resultat der Handlung ('stehen, einen Zustand haben') unterscheiden. Es will mir scheinen, daß das -jan von stojan in diesem Zu­ sammenhang auch mit den semantischen Implikationen von ussok­ jan in Verbindung gebracht werden kann. Dazu läßt sich 4,5

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mit v.7 vergleichen: Also-darum nun daß Ihr vor (den) Zeitpunkt nicht stehen machen möget (stojaib). his der Erste kommen möge, welcher auch licht macht das Verneinen der Finsternis und glänzend macht die Geheimzeichen der Herzen; und-dann wird einem jeden lohende Erwähnung von Gott (4,5). Wer nämlich sucht Dich heraus (ussokeib)? Was-und-dann hast Du, welches Du nicht nahmst? Oder wenn Du entgegen­ nahmst, was rühmst Du, wie (wenn) Du nicht nähmest? (4,7) Im Griechischen findet sich (4,7), krinö durch dià- verstärkt, "wer hebt Dich hervor, sondert Dich aus?11. In rhetorischer Umkehrung ließe sich fragen: "Gibt es jemanden, der etwas vorweisen könnte, was Dich heraushebt?"« Mit der ersten und der zweiten Frage ist der Unterschied selbst, der angebliche Vorzug des Einen gegenüber dem Andern, im Blick« Alle Fragen haben jedoch den Nachweis zum Ziel, daß ein Mensch eben n i c h t s

Rühmliches sein eigen nennen kann .

Der Gote knüpft lexikalisch und semantisch noch einmal an die Verse 3 und 4 an, indem er die Frage "Wer?" wieder mit der Vorstellung der kritischen Überprüfung (ussokjan) verbin­ det. W e r*heraussucht1, sind vorläufig nur die übrigen Men­ schen, doch ihr Urteil ist .in negativer wie positiver Hin­ sicht nichts wert, denn nur dem Herrn ist alles bekannt. Pau­ lus selbst erforscht sich aus diesem Grunde nicht, und auch jeder Andere sollte es nicht tun, wie die allgemeine Adresse in den Fragen von v.7 nahelegt. Das Bedürfnis, sich selbst zu rühmen, das Paulus in 4,7 unmöglich macht, ist - so akzentu­ iert der Gote-, auch in der allerersten Frage des Verses als Vorwurf anwesend, denn im Verb ussokjan zentriert sich das geheime Einverständnis, in dem sich der Bestätigungsbedürfti­ ge mit jedem befindet, der sich ihn hier und jetzt zu beur­ teilen anschickt.

1 So auch C0NZ3LMANN 113.

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4 . 1 ,Kor 3 1 .Kor 5 ,3 :

egjî mén gàr. ap3n t5i sSmati parën dê t5i pneûmati, ëdë kekrika nos parôn tôn hoùtos toùto katergasâmenon: Ich aber nämlich, abwesend dem Leibe nach, anwesend dem Geiste nach, habe schon entschieden, wie (wenn ich) anwe­ send (wäre) über diesen, der das verübt hat:

... ju gastauida swe andwairbs bana swa bata gatau.jandan, ... schon ich festsetzte, wie Gegenwärtiger, diesen so dieses Tuenden, ... 1 .Kor 5,8: h5ste heortâzômen ml en z^mii palaiftlmedê en zftmëi kakias kal ponerlas all'en azfrmols eilikrineias kai aletheias. Eaher laßt uns nicht feiern im alten. Sauerteig und nicht im Sauerteig der Schlechtigkeit und Schändlichkeit, sondern im Ungesäuerten der Makellosigkeit und Wahrheit.

bannu dulfr.jam ņj in beista fairn.jamma nih-ban in beista Dalwäweseins .Iah unseleinsT~ak in unfaeisiein unwammeins~ .nas-sun.ios. AI sj darum feiern wir nicht in vorjährigem.Sauerteig undnicht-dann im Sauerteig des bösen Wesens und der Unliebens­ würdigkeit, sondern im Un-3auerteig der Unbefleckrheit und Wahrheit » 1.Kor 5,12: ti g&r moi woûs fexô krlnein; ouchl tciis fesô hymeis krincte; Was geht es mich an, über die draußen ein Urteil zu haben? Habt nicht Ihr über die drinnen ein Urteil zu haben?

hva mjk jah bans uta stojan? niu bans inna jus stojifr? Was (geht es) mich (ar), diese außen stehen zu machen? Macht Ihr denn-nicht diese innen stehen?

1.Kor 5,13: toùg dê fexö ho theôs krinel. exàrate t>*n ponërôn ex hym5n aut3n. Aber über die draußen wird Gott entscheiden. Nehmt Ihr den Schändlichen aus Eurer Mittel ib bans uta. güfr stojib. usnimip bana ubilan us izwis silbern. Aber diese außen macht Gott stehen. Nehmt diesen Üblen aus Euch selbst heraus.

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a) im griechischen Text (krino. eilikrlneia) Dieses Kapitel "bietet ein Beispiel konkreter GemeindePolitik. Paulus hat es hei seinen Adressaten mit einer expo­ nierten Gruppe zu tun, deren Mitglieder erkennbar sein sol­ len« Es gibt hoi fesö und hoi fexö. "die drinnen" und "die draußen" (1.Kor 5,12), für die unterschiedliche Regeln gel­ ten. Alle jedoch befinden sich innerhalb des kòsmos. der Welt in ihrer Ordnung, zu der, wie Paulus offensichtlich meint (5,10), die Präsenz aller möglichen Normverletzungen gehört. Wie anzunehmen ist, beruht eine solche Betrachtung der Welt auf bestimmten Vorausurteilen und Überzeugungen, hier aus christlich-gemeindlicher Sicht. Entsprechend bezieht Paulus die kritische, aussondernde Punktion seiner Wertung auch nur auf seine eigene, ihm normativ verbundene Gruppe. Also: "wer Bruder genannt wird" (5,11), wer sich als der Gemeinde zuge­ hörig anerkennen läßt, und dennoch die von ihr verabscheuten Taten begeht, soll nicht bei den andern Gemeindegliedern ge1

duldet werden • Nehmt jetzt den Schändlichen aus Eurer Mitte (5,13)* Das Vergehen, das die harte Auseinandersetzung zwischen Paulus und den Korinthern provoziert hat, ist ein Pall von Unzucht. Von einem Mann aus der korinthischen Gemeinde heißt es, "er habe die Prau seines Vaters" (5,1), was heute als Verhältnis oder Ehe mit der vo.. seinem Vater geschiedenen p oder bereits verwitweten Stiefmutter interpretiert wird . Doch Paulus wendet sich nicht an diesen Einzelnen, um ihm die Verwerflichkeit seines Tuns vor Augen zu halten, sondern an die Gemeinde, die solches zuläßt, ohne sich von dem Abtrünni­ gen zu distanzieren. Nach Auffassung des Paulus haben die Ko­ rinther für die prinzipielle Freiheit der Christen ("alles ist erlaubt", 6,12), die von Gott verliehen ist, keine Ein­ schränkung zu erkennen vermocht, wo es um die Freiheit f ü r 1 2 1 1.Kor 5,11: "nicht sich untereinander mischen, miteinander ■verkehren ... und nicht mit dem Betreffenden essen". 2 CONSELMANN 123

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Gott gellt ("..., aber nicht alles dient zum Guten”, 6,12). Paulus wertet Unzucht als einzige Siinde, die den Leib be­ trifft (s5ma), als Beherrschtwerden (6,12), das es einem Men­ schen unmöglich macht, Gott in der leiblichen Existenz zu dienen1, ^ie Korinther hätten, so Paulus, wegen des Schadens an ihrem eigenen s5ma. ihrem Status als Gemeinde, die er auch als "Leib Christi” bezeichnen kann, keinen Grund, "aufgebla­ sen zu sein” oder sich zu rühmen (5,2.6). ^ieser Schaden soll behoben werden, indem sich die Korinther des Sünders entledi­ gen. An den Gedanken einer Separation des Nonkonformen, der bereits in 5,2 ir. Form einer rhetorisch gefärbten Frage auf­ taucht, schließt sich der erste krlno-Beleg des Kapitels an* Im Perfekt, also resultativ, spricht Paulus davon, daß er schon eine Entscheidung über den Beschuldigten getroffen hat, die nun gültig ist* Ohne sich über die Legitimität dieses Vorgangs im einzelnen auszulassen, macht Paulus eine Identi­ tät seines Urteils mit dem der Gemeinde geltend, indem er sie zur Vollstreckung, zur Realisierung seines kfekrika ("ich habe entschieden", 5,3) bestimmt. Die Beteiligten an diesem Vorgang, nach CONZELMANN ein

2

"sakral-pneumatischer Rechtsakt" , sind die Gemeinde, in der das Verbot der Unzucht als Norm vertreten werden soll

und

die als exekutive Instanz diese Norm letztlich kontrolliert, des weiteren Paulus, der der Gemeinde Weisungen erteilt, und zum dritten der Beschuldigte, der nur in seiner Funktion als Delinquent in Erscheinung tritt. In bürokratischem Stil wird er als der tò èrgon toûto pràxas ("der diese Tat getan hat"), als der hoûtôs toûto katergasAmenos ("der das so verübt hat") und toioûtos ("der Betreffende") (5,2.3.5) bezeichnet. Der1 2 1 6,13: "Das s5ina ist nicht für die Hurerei da, sondern für den Herrn, und der Herr für das s5ma" und 6,19. Erinnert sei an das Bild von der Gemeinde als s5ma Christoü. als "Leib Christi". 2 CONZELMANN 124, ähnlich MATTERN 104, SYNOFZIX 100,102

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EeschluI3 des Paulus über ihn lautc-t, daß "dieser Mann dem Satan übergeben werden soll zum Verderben des Fleisches , auf daß das pneüma (der Geist) gerettet werden möge am Tag des Herrn1* (5,5)* Bei dieser Form von Exkommunikation ist mit großer Wahrscheinlichkeit an den Tod des Ausgeschlossenen ge2 dacht . Die befragten Exegeten kommen mit merklichem Unbeha- ; gen, aber einiger" Sicherheit zu diesem Schluß, ln welcher Form die Beteiligung der Gemeinde, Gottes oder des Satans an dem Todesurteil zu denken ist, läßt sich aus dem Text nicht ersehen. W0hl aus diesem Grunde konzentrieren sich die interpretatorischen Bemühungen auf die Ansicht des Paulus, daß die Trennung von dem Schuldbeladenen diesem dennoch, ja gerade zum Keil gereichen könne. Die Argumentation wird dabei in ihren entscheidenden Punkten an den Begriff des pneüma geknüpft. Paulus bezeichnet sich als wenn auch nicht leibhaftig, so doch im pneüma anwe­ send in der Gemeinde (5,3), nochmals ähnlich in 5,4, wo die *'im Namen des Herrn” versammelte Gemeinde, das pneüma des Paulus und die Macht (dfrnamis) des Herrn eng zusammengerückt werden, wenn der Beschuldigte ”dem Satan übergeben” wird. Zu­ letzt handelt es sich um das pneüma des Missetäters, für das, in endzeitlicher Perspektive, Rettung ermöglicht wrerden soll. Dies Geschehen der Errettung ist jedoch am Tag. des Gerichts Gottes Tat, was durch die die Nennung Gottes aussparende Passivform^ angezeigt wird, pr.eûma bzw. ”Geist” ist vielfach der einschränkenden Deutung als "Innerlichkeit” , vor allem als triebungebundener Innerlichkeit und letzten Endes als Zentrum guten Willens, ausgeliefert worden. Bei Paulus kann der Begriff im Hinblick auf einen Menschen für "Bewußtsein” stehen, er tritt aber vor allem dort auf, wo Gottes Geist in einem Hier die paulinische Zentralvokabel sârx, die auch die prinzipielle Erlösungsbedürftigkeit der Menschen bezeich­ net, ihre Verfallenheit an diesen Äon.

,

2 COMZELKANN 125, MATTER»’ 106 f., weniger direkt SYNOFZIK 101 103

y Passivum divinum (sothii aor.con'j .pass., 1 .Kor 5,5) ^ In diesem Sinne gerne zitiert: "Der Geist (nneüjna) ist wil­ lig, aber das Fleisch (sârx) ist schwach" (Mk 14,38).

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Menschen, sei es auch in seiner leibhaftigsten Verfassung, Raum gewinnt, sàrx ist 1er dem Punkt der Offenheit für Gott -1

korrespondierende Gegerbegriff • Wenn CONZELMANN für das von Paulus initiierte Verfahren den Terminus "sakral-pneumatischer Rechtsakt" findet, so er­ faßt er damit, daß bei dem Ausschluß des einen Korinthers aus der Gemeinde auf den Willen und das Handeln Gottes rekurriert wird, Paulus und die Gemeinde sich also als dessen Repräseno tanten verstehen dürfen^. Für das Schicksal des Betroffenen ist auf Grund der pneflma-Terminologie folgende gedankliche Konstruktion möglich geworden: "der von Gott beschlagnahmte Korinther (d.h. der "pneumatische" Korinther, der Christ) (wird) durch die Vernichtung seines an das Sündenfleisch (d.h. die sàrx, die Gottabgewandtheit) verfallenen Fleisches, d.h. aber durch seinen Tod, als von Gott Beschlagnahmter an Tag des Herrn gerettet werden"^. LIESELOTTE MATTERE deutet mit Recht sàrx und pneüma als Bezeichnungen für "den ganzen Menschen"^". Die Verschiedenheit o.er Implikationen, die beide Termini im Hinblick auf die Stellung von Menschen gegenüber Gott haben, gerinnt hier zu einem absoluten Nacheinander, ei­ ner geradezu dualistischen Abfolge von Zuständen (von der sàrx beherrscht - vom Geist beherrscht), "Durch das Gericht über die sàrx wird der Sünder nicht der sàrx überlassen, son­ dern seine sàrx wird vernichtet"

Diese These basiert auf

der Überlegung, daß der Tod seit Adam sowieso der Lohn für das gottabgewandte und selbstzentrierte "sarkische" Leben ist

(Röm 5,12; 8,13, Gal 6 ,8 ), gerade at-r der "sofortige

Tod" des Sünders "vor dem ewigen Tod" bewahre^. "Die Bewah-1 6 * 2 1 ••

Ähnlich ist dem "pneumatischen Menschen" in 1.Kor.2,15 der "psychische", seiner natürlichen Lebenskraft gehorchende Mensch (1.Kor 2,14) entgegengesetzt.

2 So auch NATTERN 108. 5 MATTERN 106

4 ebenda

5 MATTERN 107; in diesem Sinne hält auch BARTH, Auferstehung 13, den "furchtbaren Reinigungs&kt" für nötig. 6 MATTERN 107

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rung vor der letzten endgültigen Vernichtung geschieht also so durch das jetzige Gericht, dass das Gericht die Sündigen ... als Christen bewahrt. Darum kann Paulus ... so zuversicht1

lieh die letztliche Rettung ansagen" . Auch diese wohlmeinende Erklärung, die den Gedankengang des Paulus positiv - vor allem für den schuldig gewordenen Korinther - zu deuten versucht, dürfte geeignet sein, die von 2 CONZELMANN .immerhin anmerkungsweise gestreifte Erinnerung an die Sophismen der inquisition hervorzurufen. Gewiß spielt bei der Schärfe jeder Interpretation des Sachverhaltes eine Rolle, daß sich der Korinther zur Gemeinde Christi zählte und dennoch eine Tat beging, die als unvereinbar mit seinem Status als Gläubigen angesehen wurde. Doch abgesehen von dem Verurteil­ ten, wie steht die Gemeinde bei dem von ihr vollzogenen Ge­ richt da? Es handelt sich darum das Recht G o t t e s zur Geltung zu bringen. Das istrs was in*der c h r i s t l i c h e n G e m e i n d e zu geschehen hat. Sie ist der Ort in der Welt ( i n der Welt), wo das Recht Gottes und darum die An­ klage und das Urteil über das Unrecht der Menschen an den Tag kommt. Man bemerke ferner, daß diese -^nklage sich auch nicht moralisierend gegen die Einzelnen, diè sich verfehlt haben, wendet. Sie richtet sich gegen die Gemeinde als sol­ che und lautet: Sie, die Gemeinde .int nicht, was sie doch in Christus i s t ! Sie hat den Instinkt nicht dafür, daß sie ohne Pharisäismus, einfach aus Sachlichkeit, trauernd über solche Notwendigkeit, ein ^lied wie jenen Blutschänder von ihrem Leibe abhauen müßte (5,2) , nicht um Gottes Ur­ teil über ihn eigenmächtig vorwegzunehmen, sondern daß hier im Fleisch G0ttes Ehre, soviel an ihr liegt, nicht befleckt werde (5,5). 5 Ich denke, daß KARL BARTH, der ein bedeutender Paulus-Ausleger ist, auch an dieser Stelle Paulus in etwa richtig verstanden und paraphrasiert hat. Ich bin dagegen nicht der Meinung, daß diese paulinische Äußerung und die hier vorgestellte Auslegung - gerade vom Zentrum der paulinischen Theologie her gesehen — vertretbar ist. Diese Kritik gilt im gleichen Sinne L.MATTERN und allen Interpretationen, die dem Argument des Paulus fol­1 2 1 MATTERN 108 2 CONZELMANN 125 Anm.36 ^ BARTH, Auferstehung 12 f.

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gen. Um dies zu begründen, ließe sich noch einmal an LUTHERS Benennung der ^laubigen als "simul iustus et peccator" an­ knüpfen.. Es handelt sich bei diesem Dictum zwar nicht um einen Satz, der im selben Wortlaut bei Paulus wiederzufinden wäre, er ist aber insofern neutestamentlich, als er einen Kernge­ danken der paulinischen Verkündigung zum Ausdruck bringt. Da­ bei geht es ganz wesentlich um die Gerechtigkeit Gottes. Gott besitzt nicht nur Gerechtigkeit, insofern er als heiliger Gott Gebote gibt und die Übertretung dieser Gebete mit Strafe bedroht, er verleiht auch Gerechtigkeit, indem er mit dem Tod Jesu Christi Genugtuung für die finden geschehen sein lassen will und dem die Sünde nicht zurechnet, der auf Gottes Barm­ herzigkeit vertraut. Gottes Gerechtigkeit besteht in diesen Fall darin, um in Richtung auf BARTH zu sprechen, daß er auf sein R e c h t

verzichtet, die Sünder zu bestrafen. Der Satz

"simul iustus et peccator" kann daher nur aus der Sicht Gottes gesagt sein, da die Gläubigen in re ja die sind, die Sünde tun und der Erlösung bedürftig sind , also nicht von sic-b aus Ge­ rechtigkeit besitzen. Die Gemeinde ist so eine Gemeinschaft sündiger Menschen, die jedoch der Verheißung Ulauben schenken, sie seien durch Christus von Gott angenommen (vgl. Rom 5,1.6; 1.Ecr 6,9-11). ln re kann es durchaus sein, daß die Gemeinde nicht ist, "was sie doch in Christus i s t", nämlich rein, heilig und gerecht . Sie wird es daher wohl auch kaum fertigbringen, "ohne Pharisäismus ... ein Glied von ihrem Leibe ab(zu)hauen, (auf daß) Gottes Ehre, soviel an ihr liegt, nicht befleckt werde", so wenig ein Einzelner vermag, aus eigener Kraft Gott d*'e Ehre zu geben, vor ihm rein, heilig und gerecht zu sein. Die paulinisch-korinthische DancQungSWeise kann nur dann, wie bei BARTH, zu einer möglichen Perspektive werden, wenn das Prädikat "iustus" als Selbsteinschätzung von seiten der M e n s c h e n •1

für wahr gehalten wird. Dann wird es sich

Vgl. den sprachlichen Befund in 6,11: "abgewaschen, gehei­ ligt und gerechtgesprochen im Namen des Herrn Jesu Christi". Hier wird durch passive Verbformen auf das Handeln Gottes verwiesen.

aber um ein menschliches Gericht über den Sünder handeln, bei dem der Ausblick auf eine später erfolgende rettende Annahme durch Gott eine unmotivierte Zutat ist. Wäre die Gemeinde ein Leib, der sich auf diese Weise ein Glied abhacken dürfte, so 1 hörte sie auf, ein Leib "in Christus" zu sein . Nun aber gibt es viele Glieder, aber einen Leib./Nicht kann aber das Auge sagen zur Hand: Ich habe Dich nicht nö­ tig, oder wiederum das Haupt zu den Füßen: Ich brauche Euch nicht,/sondern viel mehr sind die Glieder des Leibes, die schwächer erscheinen, besonders notwendig./*../... Gott abe • hat den Leib zusammengesetzt und gab dem geringe­ ren Glied mehr Ehre,/damit es im Leib keine Spaltung (schisma) gäbe, sondern die Glieder einträchtig füreinan­ der sorgen (1.Kor 12,20.21.22.24.25)• Das paulinische kêkrika "ich habe beschlossen" in 1 .Kor 5,3 läßt sich also sehr viel weniger von einer pneumatischen Ausrichtung auf das Eintreten Gottes für die Menschen her ver­ stehen denn als Rede eines in sich davon überzeugten Ich, daß die "Gemeinde ... es nicht sowohl sich selbst, als ihrem Herrn und insofern gerade ihren unwürdigen und unmöglichen (!) Mit­ gliedern! schuldig (ist), das Entweder-Oder nicht nur mit Wor­ ten, sondern auch durch weithin sichtbare und bedeutsame Taten

2

zu vollziehen" . Wenn in diesem Fall nicht damit gerechnet wird, daß der, "der Bruder genannt wird" (5,11), dennoch ein "mögliches" Gemeindemitglied ist, so zielt krlnein auf ein ex­ clusives Verhalten. Die Gemeinschaft derer, die "drinn~n" sind, hat dann ihre feste Grenze an denen, die den Menschen nicht erkennbar sind als im ^laaben Geheiligte. In 5,12 f. macht sich die Reflexion an der prinzipiellen Scheidung der èsô und der èxô fest. Was geht es mich an, über die draußen ein Urteil zu haben? Habt nicht Ihr über die drinnen ein Urteil zu haben?/ Aber über die draußen wird Gott entscheiden. Nehmt Ihr den Schändlichen aus Eurer Mitte! (5,12.13) "Paulus schließt nicht seine Person von der Funktion des Richtens überhaupt aus, sondern erklärt, er samt den Angehöri­ gen der Gemeinde seien nicht kompetent für 'die draußen*", inV .

terpretiert CONZELMANN-'. Es erweist sich hingegen darin die* 3 2 •ļ

Rom 12,4-6; insbesondere 1.Kor 12,27 und 12-26. 2 BARTH, Auferstehung 13 3 CONZELMANN 131

71

Ambivalenz dieser KompetenzVerteilung zwischen Gott und Ge­ meinde, daß die Zugehörigkeit zur Gemeinde, denen "drinnen", für Einzelne in Frage gestellt werden kann, haß auch die Christen unter dem Gericht Gottes stehen als die, die wie alle sündigten, dazu aber auch von der Rechtfertigung allein aus Gnade erfahren haben, kommt bei dieser Argumentation aus dem Blick. krinein tritt noch einmal, und zwar als Wortbildungsélé­ ment, in einer heilsgeschichtlich fundierten Ermahnung zur Reinheit auf. Im Vergleich werden dem Bild vom nicht-öster­ lichen, gesäuerten Brotteig Schlechtigkeit» »Schändlichkeit*

(kakla, 5,8) und

(poneria) als "Laster** zugeordnet, dem der

ungesäuerten, fürs Passa-Fest geeigneten Brote eilikrineia und »Wahrheit*. Werden die Christen mit dem ungesäuerten Teig verglichen, so ist damit gesagt, daß sie in kultisch rechter Weise am Passa-Fest, bei dem Christus als Lamm geopfert wor-

•i

den ist, teilnehmen. Nach Auskunft von F.BÜCHSEL

ist der er­

ste Bestandteil des Nomens eilikrineia abzuleiten von heile (halêa, »Sonnenwärme, Sonnenlicht», jeweils - wie das 1 —hēlios) — — von BÜCHSEL aufgenommene Lemma - mit spiritus asper . eilikri­ neia könnte dann soviel bedeuten wie eine Makellosigkeit, die sich bei Überprüfung am Sonnenlicht herausstellt. Der "kriti­ schen Beleuchtung" standhalten zu können, wäre demnach eine Tugend, die sich der krlno-Argumentation des Kapitels in be­ sonderem Maße einfügt.1 2

1 BÜCHSEL Bd.2, 396 2

So auch noch FRISK I 459 s.v. eilikrinēs (hei-): "Expressi­ ves Wort ohne überzeugende Etymologie. Gewöhnlich als Kompo­ situm von krlnö ... und ellē ... erklärt, somit eig. *von der Sonne unterschieden, in der Sonne beurteilt* o.ä.; ...*'.

b) im gotischen Text (gas toi an« stonali» unwammei) Der Anfang des 5.Kapitels ist leider nur fragmentarisch erhalten, wodurch für die erste pneüma-Stelle die gotische Übersetzung fehlt. Für den Rest von v.3 -^ann nan übersetzen: ... schon ich festsetzte (gastauida) diesen so dieses Tu­ enden wie Entgegengewendeter (i.e.Gegenwärtiger) (5, 3 )• Paulus versucht, obwohl abwesend, seine Präsenz in der Gemeinde durch Beschluß und Ausführung seines Urteils (gastauida)^ zu suggerieren ("wie wenn ich gegenwärtig wäre . (5,3), "und (in) meinem Geist" (5,4)). pne&na ist in den Versen 4 und 5 mit ahrna übersetzt, In­ teressanterweise wird für die Perspektive des ahma des Be­ schuldigten die im Griechischen vorliegende Passivform, die das "Gerettet w e r d e n "

akzentuiert, nicht übernommen. Es

heißt: hinzugeben diesen Sogestaltigen dem Unholden zu (dem) Ver­ derben der Gestalt, daß im Tage des_Ersten Jesu (der) Geist (ahma y davonkommen möge (gani'sai/ sothgi) (5,5). Das im griechischen Passivum divinum noch zu ahnende Subjekt der aktiven Handlung des Rettens, Gott, ist bei ganisan nicht mehr erkennbar. Zwar übersetzt ganisan an allen seinen Beleg­ stellen passives s5zesthai, doch sind Glossierungen dafür wie 2 1gerettet werden* nur möglich, weil ganisan ein intransitives Verb ist, das kein Akkusativobjekt bei sich haben kann. Tran­ sitiv zu gebrauchen ist nur das zu ganisan gebildete Kausativum (ga)nasjan *retten* (nhd. nähren) « bei dem das Akkusativ­ objekt in der Passivkonstruktion als Subjektsnominativ bzw. in den synthetischen gotischen Passivformen des Präsens als gram-1 3 2 1

Die Präfigierung von stojan durch ga- scheint mir in diesem Pall syntaktisch-aspektbezogen motiviert zu sein, um so das Erfolgen der Handlung zu betonen. Der fragmentarische Cha*-1 rakter des Kapitelanfangs macht hier jedoch nähere Aussagen schwer möglich. Eine ausführlichere Darstellung der ga-Präfigierung im Gotischen findet sic^änderem Zusammenhang un­ ten S.122. f. Zur Etymologie von sto.jan vgl. oben S.44 ff„

2 Etwa bei STREITBERG Wb 102 aesen, errettet werden»), KLUGE 248 s.v. genesen, P0K0RNY I 756, SEEBOLD 359 (»genesen, errettet werden»). 3 nasjan. ahd. nerien. nerren »retten, heilen, nähren»; ganisan. ahd.as. ginesan. ags. genesan »gerettet werden, entkommen, überleben* gehören wie auch gr. nèomai »komme glücklich an, kehre heim* zu einer idg. Wurzel *nes- »sich vereinigen, ge­ borgen sein* (FEIST 195 f., POKORNY I 766).

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Ti

matikalisches Subjekt fungieren kann'. Da kontextuell in 1 .Kcr 5,5 keine Notwendigkeit erkennbar ist, die Passivkonstruk­ tion zu unterlassen, legt sich als Schlußfolgerung nahe, daß, den Korinther betreffend, die MEigenaktivitätM. seines Geistes stärker akzentuiert ist als das eingreifende Handeln Gottes am Jüngsten Tag. Dieses noch ausstehende Handeln ist damit zurückgedrängt zugunsten der in der Gegenwart zu schaffenden Möglichkeit, daß das pneüma des Korinthers im Gericht »»davonkommen'* werde. Im Text ist so die menschliche Bemühung, das Seelenheil eines Getauften durch inquisitorische Maßnahmen zu garantieren, bezeugt. ahma steht im Gegensatz zu leik, das, wie schon früher angemerkt, nicht nur gr. sarx. sondern häufig auch s5ma über­ trägt. leik liegt im Gotischen mehreren Wörtern als stammhafter Bestandteil zugrunde . z.B. den Verben leikan •gefallen* — — und galeikon 1 nachahmen1^ • Wie in nhd. g-leich aus derselben Wurzel könnte man im persönlichen Bereich von einer Paralle­ lisierung von Identitäten sprechen: wer gefällt, ist jemandem gleich, wer nachahmt, macht sich jemandem gleich. Der Über­ setzungsvorschlag »Gestalt* versucht der auf die Physis bezo­ genen Seite des Begriffs (wie in »Leiche») sowie der Bedeu­ tungskomponente »Person* gerecht zu werden. Die eingeschränk­ te Bedeutung von sàrx als gottabgewandter Selbstbezogenheit wird offenbar mit leik nicht genau getroffen, dafür stärker die Person »»als solche** fixiert. Wenn je ;och bei dem schuldig 1

Eine solche Passivumformung wäre beispielsweise möglich in 1.Kor 1,21: ... galeikaida guda frairh fro dwaliba bizos wailamereinais ganas.i an frans galaubjandans »»gefiel es Gott, durch diese Torheit dieser Wohlberühmtmachung diese Glauben­ den zu retten*» oder in 1 .Kor 7,16: hva nuk-kannt bu. qin o Æ 7 . ei aban ganasjais?- »»Was nun-weißt Du, weibliche Per­ son, aaè i)u den Ehemann retten mögest?**. Ein gotisches Pas­ siv zu nasjan liegt vor in Lk 8,50: ifr is gahausjands and, hof imma qifrands; ni faurhtei; fratainei galaubei. iah ganasiada »»Aber er (i.e. Jesus), der hörte, erwiderte ihm sagend: Nicht fürchte^ dies-allein: glaube, und sie wird gerettet (ganasjada/ sothisetai)". Es handelt sich hier um die Aufer­ weckung der soeben verstorbenen Tochter des Synagogenvorste­ hers Jairus. Im Vers zuvor war dieser von seinen Leuten auf­ gefordert werden, Jesus nicht mehr um Hilfe zu bieten: '»Be­ mühe den Meister nicht mehr!'». Weil es aber doch dazu kommt, daß sich Jesus des Palles annimmt, ließe sich Jesus oder vielleicht auch Jairus als logisches Subjekt der Rettung

gewor-jenen Korinther das leik (särx) dem Verderben durch den Satan hingegeben werden soll, also seine physische Existenz, die zugleich der Ort seiner Gottferne war, so ist durch die Bezeichnung der "So-Gestaltige” (swaleiks ) das Vergehen in der Benennung des Menschen mitausgedrückt. Die Identifikation der Person mit ihrem Mangel (swaleiks - leik) läßt dann hinge­ gen ahma in eine exzentrische Position geraten, die griechisch nicht vorgegeben war (ho toioûtos *der so Beschaffene, der Be­ treffende* ist eine allgemein distanzierende Bezeichnung für den Korinther, dessen särx und pneüma gleichermaßen ins Blick­ feld kommen können). Der Rettung des ahma ginge so mit dem Verderben des leik auch das des swaleiks voraus. Sich die Identität der Person zwischen der Verurteilung durch die ko­ rinthische Gemeinde und einem künftigen Heil vorzustellen, wird dadurch noch mehr erschwert* Am Ende dieses Kapitels wird mit dreimal präsentisch verwendetem sto.jan, das in 5 , 1 3 auch für griechisches Futur eintritt, der Unterschied der Zeiten noch einmal nivelliert1. Was mich auch (i„e. was geht es mich an), diese außen stehen zu machen (stojaņ)? Macht Ihr denn-nicht diese innen stehen(sto.üb)?/ Aber diese außen macht Gott stehen (sto-

■Üh) (5,T2.-T3). Da auf die ausdrückliche Kennzeichnung einer Zukunft, in der Gott handeln wird, verzichtet ist, tritt sehr viel stärker die Verteilung der (richterlichen) Kompetenzen hervor. Dabei wird die Zeit Gottes, anders als im griechischen Text, quali­ fiziert als gegenwärtige Zeit. Das heißt, daß mit dem Handeln 1

denken. Ein wesentlicher gradueller Unterschied in der Deut­ lichkeit des logischen Subjekts zwischen dieser Stelle und 1.Kor 5,5, der es dort nicht erlaubt hätte, eine Passivkon­ struktion vorzunehmen, besteht meines Erachtens nicht.

2 Zur Häufigkeit von -leiks als Suffix vgl. BENVENISTE 28-31.

g

' FEIST 188 s.v. galeikon, 528 s.v. leikan

Es ist der Regelfall, daß im Gotischen griechisches Futur durch Präsens wiedergegeben wird. Da hier keine Ausnahme ge­ macht wird, scheinen keine "besonderen Umstände” vorzulie­ gen, die den "Versuch” provozieren, ”den Zukunftsbegriff durch die Vei'balform zum Ausdruck zu bringen” (STREITBERG, Syntax § 300).

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75

Gottes gerechnet wird, aber nicht so, daß die Entscheidungen des Paulus und seiner Gemeinde im Verhältnis dazu präkurso* *. risch wären. Die Relation besteht vielmehr in einer Konkur­ renz; die menschlichen Entscheidungen bleiben ihrer aggressi­ ven, exekutiven Eindimensionalität verhaftet. Für eilikrineia findet sich im Gotischen kein mit sto.ian stammverwandtes Nomen. Das Hapaxlegomenon unwaminei (5.8) meint objektive Unbeflecktheit, Makellosigkeit • Der Gesichts­ punkt der kritischen Überprüfung ist darin eliminiert zugun­ sten einer Vorstellung vor* Stigmatisierung, über die in ne­ gierter Form an die Bedrohtheit der Mitgliedschaft in der- Ge­ meinde erinnert wird. Die von Paulus in 1.Kor 5 über krinein und eilikrineia vermittelte Beziehung zwischen jetzt zu bewährendem C h r i s t ­ lichen1* Status der Gemeinde und Hoffnung auf ein endgültiges Heil konnte problematisch scheinen, weil damit menschlichem Handeln in der Gegenwart eine Verweisungsmcglichkeit auf Gott von vornherein zugetraut wird, die in der Restriktivität der anvisierten Maßnahmen (Überprüfung, Strafe) gerade ein Dementi erfährt• Im gotischen Text wurde die Unsicherheit, daß ein nur als Annahme festsetzbares Urteil Gottes zur Basis menschlichen Handelns wird, beseitigt, indem der Übersetzer das als Légiti­ mât ions Struktur fungierende paulinische Zusammenspiel von ge­ genwärtigem Handeln der Menschen und zukünftigem Handeln Got­ tes zerbrach und beides in Form von konkurrierenden Handlungs­ räumen in einer Ebene der Gleichzeitigkeit s.ituierte. Das wirkt sich in der Charakterisierung der Gemeinde so aus, daß ihr Handeln nun dem Maß ihrer nur menschlichen Einsicht kor­ respondiert. Wenn das zukünftige Heil des beschuldigten Ko­ rinthers in der gotischen Betrachtungsv/eise letztlich dennoch von Gott verantwortet bleibt, wird ihm in seinem Gericht ein weit größeres Maß an souveräner Freiheit zugetraut als in den

A FEIST 549 f * s.v. wamm; FOKORNY I 1146 stellj got. wamme (G« pl.) 'Fleck* mit großen Bedenken zur Wurzel ļjem-, ^ema'speien, sich erbrachen'; WEISWEILER, Sittliche Begriffe 46 ff., hat Belege aus dem agsa-fries. Raum zusammengestellt, aus denen hervorgeht, daß germ* +wamma- "die Entstellung der

kausalen Bezügen des griechischen Paulus-Textes. Diese ver­ danken sich wohl tatsächlich der Vorstellung, die "Ehre Got­ tes” (BARTH) könne durch irgendeine Porm von Perfektionismus gewahrt werden. Bei den "gotischen Korinthern" setzt sich das Bewußtsein durch, daß, wo sie ausschließen, mit dem leik ein ganzer Mensch dahingegegeben wird.

äußeren Erscheinung ..., besonders die Verunstaltung des Körpers (durch Verwundung, Verwahrlosung, Schändung, Gebre­ chen, Krankheiten, Tod und Verwesung) und der Kleidung (be­ zeichnet), woraus sich weiterhin die Bedeutungen Beschädi­ gung, Schaden 1 und Befleckung, Pieck, Schmutz* entwickel­ ten" (54). Im got. Text läßt sich nur in Eph 5,27 ein "Aus­ läufer des ursprünglichen Sprachgebrauchs ... vermuten" (58). Ansonsten ist *Befleckung* etc. schon übertragen ge­ braucht. Zur westgerm. Verbreitung von Rechtstermini, die zum Stamm wamm- gebildet sind, vgl. MUNSKE §§ 66,312*

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5a 1 .Kor 10 1 .Kor 10,15: lies phronlmois Ifegc: krlnate hymeis h6 phēmi. Zu Verständigen rede ich: Beurteilt Ihr, was ich sage! ... frodaim qiba; domeib .jus'batei qiba« ... Verständigen sage ich; befindet Ihr (üb-r das) was ich säge. 1 .Kor 10,25: Pân tô en mak&llôi poloùmenon esthlete mêdên anakrinonbes diA tén syneldesin: Alles, was auf dem Fleiscbmarkt verkauft wird, eßt, ohne nachzuforschen wegen des Gewissens. all ha tei at skil.jan frabugjaidau mat.iaib. ni waiht andhruskt ?ndTis T n mibwlsselns. Alles, was heim Fleischhacker verkauft werden möge, inöget I}ir speisen, nicht Ding Heraus stochernde wegen des Gewissens. 1.Kor 10,27: el tis kalel hymâs t5n apis tön kal thêlete pore-G.esthaï, pân paratithferjenon hymîn esiâiletê~medén anakrlnontes dia tžn syneldesin. Wenn Euch einer der Ungläubigen einlädt und Ihr wollt h.i.ngehen, so eßt alles, was Euch vorgesetzt wird, ohne nachzuforschen wegen des Gewissens. ib .labai hvas labo izwis biga ungalaub .lanciane .Iah wileib gagflan, all bätei^Taurlagjaidau ìzv/is mat.iaib. ni waiht and» sixandans bi gahugdai." Ater w e m wer dieser Ungläubigen Euch lädt und Ihr wollt ge­ hen, alles, was Euch, vorgelegt werden möge, möget Ihr spei­ sen, n.i cht Eing aus der Fassung Kommende bei Bewußtsein. 1.Kor 10,29: snyeidêsin dè légo orchi tSn heautoQ allà tin toû hetêrou. binati gär he eleutherle mon krlnetai hypö Alles syneldfeséo^ Mit Gewissen meine ich nicht das eigene, son lern das des An­ dern.. Wozu nämlich wird meine Freiheit von einem andern Ge­ wissen beurteilt? buhtub-ban qiba nl silbins. ak anbaris» duhve auk frijai me ina sto.iada bairh ungalaub.ja.nd ins buh tu? Das DUnken-dann, sage ich, nicht von einem selbst, sondern des Andern. Wozu nämlich wird meine Freiheit aufgehalten durch des Ungläubigen Dünken?

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a) im griechischen Text Qcriaü, ai;al:rir:ô) Das Kapioel 10 des 1. Korinthercricls nax, grob einge­ teilt, drei größere Abschnitte. Ini ersien (vv. 1-13) gellt ei. beispielhaft (v.6 : typoi iiemSn "als Beispiel für uns'*, v . i1 ; typikfis "beispielhaft") um den Abfall Israels von lote; wahr- nd. des Exodus. Abschnitt 2 ( w .

14-22) warnt vor Götzendienst :.n

der korinthisensn Gemeinde. In Abschnitt 5 geht es um den Ge­ brauch der Freiheit in der Gemeinde ( w .

23-33)*

kr ln atei in 1 .Kor 10,15 bezieht sich auf die phrònimoi. "die bei Verstände sind". Ihnen gilt der aoristische, augen­ blicksbezogene Imperativ: "Beurteilt

Ihr, was ich sage!"

Durch die Nachstellung des Pronomens wird die autoritative Seite des Urteils, die maßgebliche Bedeutung der korinthi­ schen Auffassung, hervorgehoben. Paulus versucht so einen Kon­ sens darüber herzustellen, daß Götzendienst die Menschen für die "Dämcnen" vereinnahmt. Die Gläubiger, der Gemeinde, die der Leib Christi sind, geben ihre Gemeinschaft in diesem Leib auf, wenn sie Gemeinschaft mit anderen kultischen Gottheiten su­ chen. Paulus will damit nicht sagen, daß eine solche Gottheit oder das Götzenopfer "etwras ist" (10,19), er erkennt darin aber eine Eindung, die der "Teilhabe am Blut des Christus" (10,16) widerspricht. Die übrigen drei krino-Belege finden sich im dritten Ab­ schnitt. Zweimal wird, im Abstand von zv/ei Versen, ein Parti­ zipialsatz in genau gleicher Formulierung gebracht. Es heißt jeweils: "(Eßt als) nichts Untersuchende (anakrlnontes) wegen des Gewissens" (10,25.27).

ie in 1 .Kor 4 sind die auakrlnon-

teSj imperativisch erfaßt durch esthiete ("eßt"), die Korin­ ther. Durch das Partizip wird auf eine Haltung hingewiesen, die die Korinther n i c h t

aufweisen sollen.

Das mit ana- präfigierte krinö kann, wrie oben S.55 ange­ merkt, forensische Bereiche tangieren. Das Untersuchte, Über­ prüfte gerät dann in den Deliktsbereiche In 1.Kor 10 wird auf sakrale Regelungen jüdischer Herkunft Bezug genommen. Angel­ punkt der Kontroverse ist "das den Götzen Geopferte" (8,1, passim), also Fleisch, das nach heidnischem Ritus geschlachtet und in Tempeln dargebracht wurde. Teile dieses Opferfleisches 1

Zum Gesichtspunkt des Scheidens, Urteilens und Überzeugtseins bei krinö vgl. oben S.21, 37 -39.

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konnte man auf dein Fleischmarkt käuflich erwerben* Es läßt .. sich hier an Apg 15,29 erinnern, wo von einem Beschluß -'!.er .jü­ dischen Christengemeinde in Jerusalem berichtet wird, der fur bekehrte Heiden dreierlei zur Pflicht macht: den Götzen geop­ fertes Fleisch zu meiden, dazu Blut

nd Ersticktes sowie Un­

zucht. Paulus gibt also hierin eine Regel auf, wenn er sagt: Wir werden, wenn wir nicht (sc. Götzenopferfleisch) essen, weder einen Nachteil haben (sc. vor Gott), noch werden wir, wenn wir essen, (vor ihm) einen Vorteil haben (8 ,8 ). Vorausgesetzt ist, daß die neue Freiheit der Christen die Be­ achtung der Speisegebote unnötig macht. Auch dies darf nicht wieder zur Regel werden, die im Vergleich mit den Juden grö­ ßeres Ansehen bei Gott verschaffen können soll. Es gilt für Paulus zunächst nur allgemein (10,26, Ps. 24,1): Des Herrn nämlich ist die Erde und ihre Fülle. Das heißt, es gibt unter ihren Gaben nichts Verächtliches* Das Problem beginnt für Paulus mit den herkömmlichen Vorschriften, die es einem Gläubigen mit jüdisch geprägtem Ge­ wissen unmöglich machen können, bestimmtes F?.eisch ohne Selbstverurteilung zu genießen. "Der Bruder, um derentwillen Christus starb” (8,11), wird dabei angefechten in seinem Glau­ ben, daß Gctt ihn angenommen hat. Das Fleisch ist also nicht um seiner selbst willen zu meiden, etwa weil es als Götzenop­ fer von Gott wegführen könnte, sondern in verschiedenen Fällen wegen der Möglichkeit, daß dadurch ein befangenes Gewissen er­ schüttert wird. "Alles ist möglich, ab .r nicht alles ist zu­ träglich" (10,23), "deshalb: wenn Speise zum Anstoß wird für meinen Bruder, esse ich nicht Fleisch in Ewigkeit, damit ich meinem Bruder nicht Anstoß gehe" (8,13). Im Falle, daß ein ar_ jüdischen Vorstellungen Orientierter zugegen ist, - oder gerade ein Heide, der an fremde Götter glaubt

-, erwartet Paulus

von den Korinthern diesen Verzicht auf Götzenopferfleisch (10, 28). Als allgemeine Forderung stellt er auf, gar nicht erst auf genauerer Kenntnis öer Herkunft von Fleisch, zu bestehen 1

CONZELMANN 218

(ml an akri non "nielli untersuchend"), si-; sei. dies wegen des Gewissens notwendir (10,23). Mit syr.el disia. "Mit-Wissen", i: t ;:tns intrapersonale Instanz gemeint, die in Relation zur Lei;rswirklichkeit eines Menschen und in einem Vorgang ständiger R:flexion seine Erfah­ rungen bearbeitet, sy no Id a emau 15 wirr, gewöhnlich mit 1 i en Din mir bewußt 1 zutreffend übersetzt. In. vorliegenden Zusammenhang ist sichtbar, daß "Gewissen" als etwas Restriktives aufgefaßt wird; für Paulus tritt hier als Gegenbegriff seine "Freiheit" ein (10,29)« Gebundenheit tendiert zur Einseitigkeit, zur Wahl zwischen Alternativen. Nicht anakrinön zu sein, heißt demnach auch, keine Situation herbeiführen zu wo Lien, die ein einen­ gendes, zur Selbstbeschädigung führendes Urteil erzwingt. Pau­ lus wendet sich hier also gegen die Norm als Absolutum, als systembestimmten moralischen Baustein, ohne doch die Rücksich— ten aufzugeben, die sich aus dem Vorhandensein von Mitmenschen ergeben. Biesen gegenüber ist absolut, was den Leib Christi, die Gemeinde "auferbaut" (10,23). Mit syneldisis aber meine ich nichv aas eigene (Gewissen), sondern das des Andern. Wozu nämlich wird meine Freiheit beurteilt (krinetai) von einer andern syneldisis? (1 0 ,2 9 ). Wenn es sich nicht um Rücksicht auf einen -■ schwäche­ ren - Andern handelt, gibt es für Paulus keine im einzelnen konkretisierten Restriktionen. Handeln im Glauben unterliegt für ihn einer prinzipiellen Restriktion, die eine Perspektivierung des Handelns dahingehend ist, daß Gott sich der Men­ schen aus Gnade angenommen hat. Was die, die das glauben, tun, soll geschehen mit Bank (10,30), zur Ehre Gottes (10,31), ohne Anstoß zu erregen, sondern um Andern zu gefallen und nicht das Eigene zu Suchen (10,32 f.). Bieser Raum öffnet sich jedoch unabsehbar und deckt sich mit dee eleutherla ("Freiheit") des Paulus, krlnesthai (10,29), einem Urteil ausgesetzt und den Maßstäben eines befangenen Gewissens unterworfen zu werden, würde diesen: Zentrum des Kreises den zweiten Brennpunkt der Ellipse hinzufügen.

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b) im gotischen Text (domjan. andhruskan, andsitan. stojan) Im gotischen Text hes Kapitels firnen eich für di- Krlnô-Varianten vier stammverschieaene Wörter. ..o Verständigen sage ich; befindet (dorneib) Ihr (über das) was ich sage (10,15). Das gotische doms m. ist eine 5-stufige Kominalbildung zur Wurzel +dhi- fsetzen, steilen, legen', zu der etwa auch •j lat. facio. gr. tithemi und ahd. tuon zu stellen sind . Auf doms und seine andern germanischen Verwandten ist das nhd. Abstraktsuffix -tum zurückzuführen, das einen Zustand, Stand, 2 eine Würde o.ä. anzeigt . Das denominative dom.jan wäre demnach, ganz allgemein gesagt,

'den Zustand von etwas feststellen' .

doms hat aber im Gotischen wie in anderen germanischen Dialek­ ten eine eingeschränkte Eedeutung, die sich vor allem auf 'Ur­ teil, 'Ruhm' und 'Herrlichkeit' konzentriert, domjan, ahd. tuomen etc. scheinen hingegen festgelegt auf die Bedeutung 'meinen, urteilen, beurteilen, richten', mit Ausnahme von Fäl­ len, in denen in semantischer Analogie zürn Substantiv gedacht A I wird . Die unterschiedlichen Bedeutungsschwerpunkte in 'mei­ nen' bzw. 'Ruhm, Herrlichkeit', gerade auch im gotischen Sprachgebrauch, lassen sich darauf zurückführen, daß doms und dom.jan dem semantischen Gehalt von gr. d&xa 'Meinung, Ansicht, Schein, Ruhm, Herrlichkeit' entsprechen sollten, das seiner­ seits in der Septuaginta hebr. kaböd 'Gewichtigkeit, Ehre, Herrlichkeit* übersetzte. Neben den im biblischen Kontext brauchbaren Bedeutungen gerieten so auch die des profanen klassischen griechischen Sprachgebrauchs in den Blick . doms, domjan scheinen ein öffentliches, kollektiv be­ stimmtes Element zu transportieren, was die Geltung einer Per­ son oder eines Sachverhaltes betrifft. Die bei doms 'Herrlich­ keit' eindeutig vorliegende positive Wertung ist bei domjan* 5 4 2

1 WH I 440 f. s.v. facio, POKORNY I 235 ff., insbesondere 258 2 KLUSE 796 s.v. -tum, HENZEN 193 5 Vgl. BENVENISIE 22 ff. 4 MOLINARI 165, 167 f. 5 MOLINARI 169 f.

nicht su erkennen. Hier wird eher auf uen noch un­ entschiedenen PrczeG der Meinurigsfeil duri.r 3e zu g genommen. V. 5h könnte verstanden wer a-en als: Setzt Ihr eine Meinung fest Morne ib ) (über das) was ich sage. Alles, was heim Fleischhacker verkauft v/erden möge, möge! Ihr speisen, nicht hing Nachforschung (audhruskandans/ anakrlnontes) wegen des Gewissens (in mibwisseins ) (10,25). Für das Hapaxlegcmenon andhruskan sind verschiedene Er­ klärungen hinsichtlich der Etymologie vorgeschlagen worden. Md.glich wäre die Anknüpfung an lat. scru tari runter suchen, durchstöbern', ahd. scruton, scrodon, scrutilon •erforschen, durchforschen•, serotan •hauen, schneiden, schroten* *. Es han­ delt sich dann un eine Erweiterung zur Wurzel +sqer- *schneiden* . hie zugrundeliegende Vorstellung kann bei scrutari und andhruskan also gedacht werden als *einschneiden oder aufkrat_ _ _ zen, herausstochern* . Obwohl ihm diese etymologische Verbindung wohl auch un­ ter lautlich-n Gesichtspunkten als "zufriedenstellende Lösung” erschien^, hat TURE JOHANNISSON der von FEIST^ und Anderen po­ stulierten Verwandtschaft von andhruskan mit aisl. hörskr, ahd. as. ae. horsc 'schnell, scharf (von Verstand), klug' den Vorzug gegeben. Die Variation, die der Gote im Fall von anakrlno (10,25.27) vorgenommen hat, führte JOHAKNISSON zu der Überlegung, daß andhruskan ähnlich wie andsitan gebildet und mit diesem "gleichbedeutend”^ sein könnte. Nach. JOHANNISSONs Darstellung ist got. andsitan. ahd. intsizzen. mhd. entsitzen^ als ursprüngliches Bewegungsverb zu sehen , das auf Grund seiner Zusammensetzung mit Artikel be­

ZUPITZA 127, 157, WH II 498 s.v. scrautum, POKORKY I 947, vgl. FEIST 49 s.v. andhruskan. 2 WH II 498 ' JOHANNISSOîv 14 ("tillfredsställande lösning11); ich danke dem Lektor für Skan inavisohe Sprachen an der Universität Erlan­ gen, Herrn_Ingemar LAGERHOLM, für eine initiale Hilfestel­ lung beim iiesen des schwedischen Textes. A

*T FEIST 49 s.v. andhruskan ^ J0HANKI3S0N 13 ("liktydiga") ^ Schwache Kausativbildung dazu ist das im Nhd. gebräuchliche entsetzen, vgl. KLUGE 168 s.v. entsetzen. 7 JOHAUNISSON 5

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sonders geeignet war, sich semantisch in Richtung 'ängstlich sein, sich fürchten, sich Sorgen machen' zu entwickeln^. ln negierten Sätzen ist dann, als weiterer Schritt, die Bedeu­ tung 'auf etwas Rücksicht nehmen, nach etwas fragen, sich um p etwas kümmern' möglich geworden . Da in 1.Kor 10,27 ein ne­ gierter Satz vorliegt, ließe sich dort übersetzen: "aßt, ohne Euch, wegen des Gewissens, Sorgen zu machen"'. andhruskan, gebildet zu horskr, horso 'schnell, klug', verhält sich "ungefähr wie mhd. entsneilen ... zu ahd. mhd. snel"^ und bezeichnet wie andsitan eine hastige Bewegung. Das Verb kann später die Empfindung von Schrecken oder Furcht mit­ erfassen. Im. negierten Satz kann dann schließlich eine zu andc; sitan analoge Bedeutungsentwicklung eintreteil'. JOHANNISSON stützt seine These auf Fälle von Adjektivbiliung, bei denen das komponierte Verb noch kenntlich ist. Ein Beispiel solcher "postverbalen Partikelkomposition"^ ist got. andasets 'entsetz­ lich' zu andsitan 'sich entsetzen'. Zu andhruskan könnte ein solches Adjektiv (aisl.) +andhorskr, andorskr gelautet haben. JOHANNISSON sieht einen Vertreter dafür im nordisch muniart-

*

liehen andorskleg oder andortleg 'fürchterlich'

7

. In diesem

Fall würde die Bedeutung des komponierten Adjektivs +and(h)orskr über die Bedeutung des Verbs ardhruskan mehr sagen als das Simplex horskr®. Ausgehend von seiner Analyse des Verbs andsitan, kommt JOHANNISSON zu dem Schluß, daß andh.ruska::» auf gleiche Art ge­ bildet sein müsse. Die bisher auf Grund des griechischen Verbs anakr1.no c.afür angesetzte Bedeutung 'nachforschen* lehnt er deshalb ab und bestimmt sie wie bei andsitan mit 'fürchten,1 8 7 5 * 1 JOHANNISSON 7 £., 9

2 JOHANNISSON 10

3 JOHANNISSON 12

^ JOHANNISSON 15 ("ungeftir som mht. entsnollen ... tili fHt. nht. snel" ) 5

JOHANNISSON 14 f.

^

JOHANNISSON 16 ("postverbal partikelkompositicn")

7 JOHANNISSON

15 f.

8 JOHANNISSON

18 f.

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iH

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sich kümmern uir.' etc. Für JOHAITüISSOI: ist; in der Konkurrenz der beiden etymc logisch en Anknüpfungen von and hru skan an scrutari oder horskr die von ihm herausgearbeitete Parallelität zwischen andhruskan und andsitan das entscheidende Argument zugunsten von horskr. Die Annahme, daß es sich um ein Synonympaar handle^, basiert wohl zum Teil auch darauf, daß im grie­ chischen Text beide Male das Verb anakrlnein zu finden ist. Gerade der Umstand, daß der gotische Übt...setzer die for­ male Parallelität der griechischen Verse 25 und 27 (von esthlete bis syneliesis) mehrfach aufgegeben hat, kann jedoch zu der Überlegung führen, ob es sich bei axddhruskan und andsitan nicht um eine einem inhaltlichen Differenzierungsbedürfnis ge­ horchende Variation handelt. Alles, was beim Fleischhacker verkauft werden möge, möget Ihr speisen, nicht Ding Herausstochernde (andhruskandans) wegen des Mitwissens (in mifrwisssins) Aber wenn wer dieser Ungläubigen Euch lädt und Ihr wollt (liin)gehen, alles, was Euch vorgelegt werden möge, möge-t Ihr speisen, nicht Ding aus der Fassung Kommende (andsitandans) bei Bewußtsein (bi gahugdaiÌ (10,27)* Wenn man das Hapaxlegomenon andhrnakan bei seiner Singularität behaftet und nicht als formale und inhaltliche Dublette zu andsitan auffaßt, so spricht das eher für eine Verwandtschaft mit scrutari^. Als semantischer Unterschied zwischen beiden Verben läßt sich dann erkennen, daß mit andhruskan ein intel­ lektuelles, mit andsitan ein emotionales Verhalten hinsicht­ lich des Fleischgenusses charakterisiert wird. Im Fall von andsitan ist das als Prinzip verkündete paulinische "Eßt al­ les, ohne nachzuforschen!1*, das im griechischen Text als um­ fangreiche Fügung eindringlich repetiert wurde (10,25*27: *•• 1

JOHANNISSON 13, vgl. auch den Titel des Aufsatzes! Ohne ge­ nauere Vorstellung FRIEDRICHSEN 236: f,Das andere Wort, andhruskandans, muß unerklärt bleiben; es ist wahrscheinlich synonym mit andsitandans" (The other word, andhruskandans. must remain unexplained; it is, présumât-ly, synonymous with andsitandans). — — > — ——— — Das Präfix and- (vgl, WH I 53 s.v. ante, FEIST 46 s.v. and-) •entlang, über - hin1 verstärkt in diesem Fall wie ana- bei krino die Bedeutung in Richtung auf ' g e n a u untersuchenr*

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esthlete mëdèn anakrlnontes dià tën syneidisin), offenbar untergegangen in der Vergegenwärtigung einer Situation, in der der Gläubige den Wünschen und Vorstellungen seines nichtchristlichen Gastgebers unterworfen ist. gahugds ist feminine Abstraktbildung zu hugjan 1denken', i für das keine Etymologie klar erkennbar ist • In 1.Tim 1,5 A erscheint gahugds einmal als Randglosse für mibwissei (syneldesis ). Bei zwölfmaligem Vorkommen (davon dreimal in den Evan­ gelien) übersetzt es fünfmal syneldisis. fünfmal diänoia 'Den­ ken, Gesinnung', einmal nofls 'Geist, Vernunft' und einmal, als hauneins gahugdais. tapeinophrosfrnē 'Demutr, Rach Abzug von drei diànoia-Belegen für die Evangelien verschiebt sich das Verhältnis in den Briefen zugunsten von syneldisis-Übersetzungen. Als Formen des Bewußtseins scheint gahugds sowohl Refle­ xionsvermögen wie auch Absicht oder Gesinnung zu erfassen. Aber wenn wer dieser Ungläubigen Euch lädt und Ihr wollt gehen, alles, was Euch vorgelegt werden möge, möget Ihr speisen, nicht Ding aus der Fassung Kommende auf Grund des Bewußtseins (bi gahugdai) (10,23)* bi + Dativ läßt sich in vielen Fällen als 'gemäß' (secundum) auffassen, vor allem, wenn ein kausaler Zusammenhang vor­ ausgesetzt ist oder Art und Weise einer Verbalhandlung bestimmt werden soll. Bei bi + Dativ im Sinn von 'vermittels' wird 2 ebenfalls eine Beziehung von Mittel und Handlung angezeigt . Zusätzlich zur Grundbedeutung 'gemäß, in Übereinstimmung mit' wird also durch die kausale, instrumentale und modale Verwendungsweise von bi + Dativ oft eine Korrelation erfaßt . Es kann deshalb nicht verwundern, daß bi + Dativ vor allem die griech. Präposition katä + Akkusativ wiedergibt. In sehr sel­ tenen Fällen können das auch andere Präpositionen sein, wie hier in 1 .Kor 10,27 dià + Akkusativ. Hingegen: "Die Konstruk-2 1 1 Vgl. HOLTHAUSEN 49, FEIST 272 f. s.v. hugjan, WH I 307 s.v. cunctor, 312 s.v. cupio; zum Konsonantismus von gahugds vgl. BAMMESBERGER, +hug-di-z 532 ff. 2 MIRARCHI 93-98 ^ Daneben gibt es auch, "weniger häufig, finale, lokale und temporale" Verwendungsweise"(MIRARCHI 97: La preposizione bi. seguita dal dativo, rende soprattutto la corrispondente greca katà + acc., non solo con il suo significato fondamen­ tale di ‘secondo1, ma anche con valore causale, strumentale, limitativo, modale e, meno frequentemente, finale, locale e temporale.).-

-

86

tion in + Genitiv gibt verschiedene griechische Präpositionen wieder, hauptsächlich di& + Akkusativ und hypir + Genitiv. Sie wird verwendet, um den Grund anzugeben, um den es sich handelt, sei er kausaler oder finaler Art” . di£ + Akk. ist demnach in v. 25 ganz der Regel entsprechend mit in über­ setzt» 1 .Kor 10,25 sowie 27 sind nach dem griechischen Text zu verstehen als: "Eßt, ohne nachzuforschen, als wenn Ihr glaubp tet, daß das fürs Gewissen nötig wäre” . Welche Aussage macht sich hingegen im gotischen Vers 27 geltend? "Ihr moget spei­ sen, ohne aus der Passung zu kommen gemäß dem Bewußtsein" heißt das: "Eßt, ohne darüber nachzudenken, damit Ihr nicht die Fassung verliert"? Dem paulinischen Duktus des Gedankens würde das widersprsehen, da er ja zu "Starken" redet, die Fleischgenuß, auch der von Opferfleisch, eben n i c h t

beun­

ruhigt. Man kann jedoch interpretieren: "Eßt, ohne Euch über das Sorgen zu machen, was Euch bewußt ist (eßt, ohne Euch Sor­ gen zu machen auf Grund des Bewußtseins)". Der Gedanke, es könnte sich bei der Vorgesetzten Mahl­ zeit um Opferfleisch handeln, ergibt sich in der geschilder­ ten Situation zwangsläufig. Das Bewußtsein dieser Tatsache (gahugds) soll aber den Betreffenden ebensowenig wie auf dem Fleischmarkt, wo er noch nachforschen und wählen könnte (andhruskan). irritieren. Obwohl beide Male das Telos der Aussage ist: Ihr habt die Freiheit, auch Opferfleisch zu essen, schei­ nen im Gotischen beide Situationen nach dem Maß an Freiwillig-

’ z

keit gegenüber dem Fleischgenuß differenziert zu sein . -ļ MIRARCHI 109 ("Il costrutto in + gen« rende diverse preposi­ zioni greche, tra cui, principalmente, dià + acc. e hyper + gen., ed è usato per esprimere il motivo per cui si agisce, sia esso causale o finale.11)

2 CON ZELMĀM 216 f. ■z

Die Verwendung von mifrwissei (elfmal, davon viermal in den deuteropaulinischen Pastoralbriefen) und gahugds als Über­ setzung von syneldisis (fünfmal, davon dreimal in den Pasto­ ralbrief en) läfii einzelne, begrenzte Feststellungen zu. mifrwissei ’Mit-Wissen* übersetzt nur syneldisis. gahugds. jedoch außerdem auch noch noüs und diànoia. Analog läßt sich

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Im folgenden Vers 28 werden jedoch Gedanke und präpositionale Konstruktion (in + Gen.) von v.25 wieder aufgenormr.en, wie auch die griechische Vorlage mit di£ iortfr.nrt•. Aber wenn wer sagen möge, a.aß es ein den Gelagen in eine./ Übergabezeremonie Dargebrachtes ist, nöget Ihr nicht speisen wegen (in) dieses Zeichen-Gebenden und des Dünkens (buhtusķ des Ersten ist nämlich die Erde und die Fülle ihrer (10,28Ji Das eidol&thyton. 'das den Götzen Geopferter, wird in gotischer Übersetzung dekomponiert in galiugam gasalib. galiug 'Lüge* oder »Idol* ist sehr oft Teil eines Kompositums (galiugaapaustaulus, galiugabrobar. galiugagub. galiugapraufetus. galiugaweitwobs, galiugaxristus). Hier wird durch .Flexion sein selbständiger Charakter aufrechterhalten, saljan ist Kausativum zu einer Wurzel +sel- 'nehmen, ergreifen 1 wie auch ags. sellan *(über)geben, verkaufen1**, gasalib ist also, was den* 5

•z ^ sehen, daß mit mibwissei (nicht so deutlich in den wenig prägnanten Belegen der Pastoralbriefe) zumeist auf Selbstre­ flexion, Selbstbewußtsein, eigenes Bewußtsein, eigene Mei­ nung von jemandem Bezug genommen wird, das Wort sogar gera­ dezu für "Selbst” stehen kann (2,Kor 4,2; 5,11). gahugds ist daneben eher Bewußtsein, Kenntnis in nicht selbstbezogener Form. In Tit 1,15, wo noüs und syneldësis der Ungläubigen nebeneinander genannt werden, lautet die Übersetzung aha und mibwissei. gahugds, das Rom 7*25 einmal nofts übersetzen konnte, hätxe als syneldesis-Übersetzung neben aha für noüs wahrscheinlich ein Hendiadyoin ergeben. Im Fall von 1.Tim 1, 5, in dem reines Herz, gutes Gewissen und ungeheuchelter Glaube_als Ziel der Predigt genannt werden, existiert zur svneldësis-Übersetzung mibwissei im Ambrosianus A die Rand­ glosse gahugdai. Dem entspräche die Beobachtung, daß bereits im griechischen Text der Deuteropaulinen der Gebrauch von "Gewissen" unscharf ist. Es handelt sich dabei wenig.-r um einen umkämjften Begriff, in dem Freiheit und Beschränkung . zusammengedacht werden, als um ein in stehende Formeln (rei­ nes, gutes Gewissen) gegossenes Charakteristikum christli­ cher Existenz. Ein interessanter Fall für konkurrierende Va­ riation bei der Übersetzung von syneldësis liegt in 1.Kor 8 , einem in engerem Zusammenhang mit 1 .Kor 1Ó stehendem Text, vor. In der Übersetzung nach dem griechischen Text lauten die Verse 10-12: "Wenn nämlich einer Dich, der Du die Er­ kenntnis (gnüsis) hast (sc. alles Fleisch essen zu dürfen), im Götzentempel zu Tische liegen sieht, wird dann nicht das Gewissen (syneldësis/ mibwissei) dessen, der schwach ist, in der Richtung erbaut, das Götzenopfer zu essen?/ Es wird näm­ lich der Schwache durch Deine Erkenntnis zugrunde gerichtet, der Bruder, für den Christus starb./ Wenn Ihr so gegen die Brüder sündigt und ihr schwaches Gewissen (syneldësis/ ga­ hugds ) schlagt, sündigt Ihr gegen Christus ". Die gotische

88 -

Göttern (galjūgam) dargebracht und von ihnen angenommen wird, was in ihre Gewalt ubergeben v.rird. Boi der Benennung des Op­ fers als "Götzenopier" ist "ulfila einer Tradition gefolgt (0 D ?, fast alle lateinischen Übersetzungen etc*), die von der der ältesten griechischen Zeugen abweicht (p

Sinaiticus A B

u*a.)* Dort wird der Ausdruck hier&thyton gebraucht* Der Un­ terschied ist der,

daß mit hier&thyton »dem Heiligen Geopfer­

tes» aus der Sicht des Ungläubigen gesprochen ist* Das Opfer ist seiner Gottheit geweiht* Nennt man das Opfer eidolòthyton bzw. galiugam gasalip, so ist die Gottheit aus jüdisch-christlicher Sicht als Götze qualifiziert . "Das Geopferte möget Ihr nicht speisen wegen jenes Dem negierten Imperativ folgt die Begründung: "wegen jenes dieses Zeichen-Gebenden und des Dünkens". Das angereihte »Dün­ ken* ist inhaltlich betrachtet, wie auch der folgende V>.rs ausweist, Apposition zu bandwjands im Sinne von "wegen des Ge­ wissens jenes, der den Hinweis gibt". So heißt es anschließend Das Dünken-dann, sage ich, nicht von einem selbst, sondern des Andern. Wozu nämlich wird meine Freiheit aufgehalten_ (stojada/ krinetai) durch des Ungläubigen Dünken (syneidesis/p u h t u s )? (10*29) In den Versen 28 und 29 ist bei syneldisis stets vom selben Sachverhalt die Rede, aus dem gotischen Lexikon wird dafür p auch dreimal puhtus~ als Übersetzung gewählt, Drei der insgesamt vier erhaltenen Belege von puhtus 7

^ Übersetzung unterscheidet zwischen den Gewissens-Stellen. Das "schwache Gewissen** in Vers 12 ist so genannt aus der Sicht des »»Starken". Der Schwache ist, seiner Meinung nach, noch nicht zur vollen Erkenntnis seiner F r e i h e i t ge­ langt. Der gn5sis ( w . 10 und 12) des Starken steht also die geringere Erkenntnis, das "schwache Gewissen n (gahugds). des Angefochtenen gegenüber. In v.10 wird Gewissen jedoch als reflexiver Prozeß des Schwachen aufgefaßt: Obwohl er in sei­ nem Gewissen später angefochten sein wird, läßt er sich ver­ leiten, vom Götzenfleisch zu essen. Sein Gewissen, die re­ flexive Wahrnehmung seine® Tuns, ist also dahingehend "er­ baut" worden, sich eine Handlungsweise zuzutrauen, die von seinem Glauben nicht getragen werden kann. In diesem Fall steht mipwissei*

A WH I 264 s #v # consilium, FEIST 408 s.v# 2.saljan1 1 CONZELMANN 217 und Anm.21

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finden sich in den vorliegenden beiden Versen, ein weiterer in Kol 2,23. STREITBERG- klammert dort buhtaus eckig ein una ■j

erklärt es zu einem "Zusatz ohne äußeren Anhalt” . Unter den von ihm diskutierten inhaltlichen Kriterien für eine Textkri­ tik lautet .das Argument MASSMANNs, buhtus könne zu fastubni zu ziehen sein, allerdings unter Veränderung der Wortstellung» STREITBERG erwägt ferner eine Beziehung zu hauneins unter Er­ setzung von hairtins» Beide Vorschläge, obwohl sich STREITBERG für keinen wirklich zu erwärmen scheint, deuten an, was auch dem griechischen Text zu entnehmen wäre: ethelothreskia 'willentliche Verehrung, willkürlicher Gottesdienstf

und tapeino-

phrosfrni *Demütig-gesinnt-Sein, Demut1 sind Ausdrücke, die die erhebliche Selbstbezogenheit des Subjekts bei bestimmten Hal­ tungen mitbezeichnen. Das soll, und zwar ad malam partem ak­ zentuiert, im unmittelbaren Kontext auch zur Sprache kommen. Kol 2,23: (Das sind Gebote und Lehren von Menschen), was im Geruch steht, Weisheit (sophla/ handugeins buhtaus) zu sein durch selbstgewählte Gottesverehrung (ethelothreskia/ fastubni) und Zerknirschtheit (tapeinophros^ne/ hauneins hairtinsT und Schonungslosigkeit gegenüber dem Leihe, (aber) nicht aus irgendwelcher Ehrenhaftigkeit, (sondern) zur Befriedi­ gung des gottabgewandten Sinnes. Die griechischen Codices F und G sowie einige altlateinische Handschriften hatten nach tapeinophrosfrni noch toü no6s "des Geistes” eingefügt. Doch auch ohne dies ist der Gote fähig, tapeinophrosfrnê (im griechischen Text ohne Zusatz) in erwei­ terter Form zu übersetzen. In Kol 2,18 und Eph 4,2 steht hau­ neins Niedrigkeit* allein, im Fall von Phil 2,3 wird jedoch gahugds. in Kol 3,12 aha hinzugefügt, lògos in Kol 2,23 war vom Übersetzer sehr eng mit waurd wiedergegeben worden. Der p Maskul. Verbalabstraktum zu frugkjan »meinen, dünken' (FEIST 504 s.v. buhtus, KRAHE-M ID 158, 151 : das idg. tu-Suffix be­ zeichnet die Handlung als "subjektive Disposition oder in ihrem Vollzug am Subjekt").1 1 STREITBERG 386, Anm. 11,23 ^ RIENECKER472z.St. unter Berufung auf LOHMEYERs Kolosserkommentar: "der Zusatz êthelo enthält häufig das Motiv des Afrfektierten in sich"®

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abschätzig-iranische Sinn von l6gon échoin Tin dem Rufe stehei^ für etwas gelten1 ist dabei schwerlich mittransportiert. Die den Irrlehrern vermeintlich objekti/ zugehörige Weisheit wird aber durch die Einfügung von buhtau3 doch noch als deren anma­ ßende Selbsteinschätzung kenntlich gemacht. In dieser expo­ nierten Stellung gilt das für fastuoni '(Gebote) Festhalten1 (wo das Element fethelo nicht extra bezeichnet ist) und hauneins hairtins mit. buhtus indiziert in diesem Zusammenhang also se­ mantisch einen wesentlichen Teil der decouvrierten subjektiven 1 Selbstbezogenheit . Der Gote hat demnach in seiner Übersetzung des paulinischen Textes innere Verfaßtheit, da, wo sie explizit als die eines Andern aufzufassen ist, mit dem skeptischen Ausdruck buhtus belegt. Das Dünken-dann (buhtub-ban)« sage ich, nicht von einem selbst, sondern des Andern. Wozu nämlich wird meine Freiheit aufgehalten (stojada) durch des Ungläubigen Dünken (ungalaubjandins buhtu)? (1.Kor 10,29) Das zu buhtus gehörige Subjekt, der ungalaubjands (äpistos). ist so nur in den griechischen Codices F G, in einigen altlateinischen Handschriften etc. bezeugt, die hervorragenden al­ ten alexandrinischen Textzeugen hab ■.n an dieser Stelle àllës. also: "von einem andern Gewissen". Für den, der auf Grund der späteren Tradition "syneldisis des Ungläubigen"las, konnte sich der Eindruck verstärken, daß zwischen paulinischer glau­ bensbezogener Gewissensanscham m g und den Überzeugungen derer, "die nicht dazugehören" (hoi £xö. 5 >13), eine Kluft liegt, die auch nach sprachlicher Differenzierung verlangt. Offenbar ist im ganzen betrachteten Umfeld "Gewissen" der wuchernde Begriff. Der Hinweis des Ungläubigen, es handle sich bei der Mahlzeit um ein Opfer, macht nun auf einmal die Teilnahme un2 möglich, weil damit der "Götzendienst" anerkannt würde . Das 1

MIRARCHI, der STREITBERGs Elimination von buhtaus ebenfalls für überflüssig hält (Osservazioni 120 f.)> faßt jedoch buhtus als "coscienza" (120 Anm#95) auf und sieht in dem ganze-* Ausdruck handugeins buhtaus eine stilistisch begründete Va­ riation zu hauneins hairtins« Beide Male werde "der Ort in­ nerer Aktivität in seiner Komplexheit" (la sede di attività interiori nel loro complesso) hervorgehoben (121 )#

91

Urteilsvermögen der Korinther (krlnate» 10,15) und des Ungläu­ bigen (krinetai, 10,29) wird vermutlich aus diesem Grund durch die Verwendung von domjan und stojan

unterschieden. Über die

Freiheit des Paulus und der Ungläubigen darf es nicht nur kein Urteil des Ungläubigen geben, sie darf auch keine Einschränkung erfahren, indem ihr fremde, nicht von ihr selbst als notwendig anerkannte Bindungen aufgezwungen werden. Geschützt werden soll ein Handlungsspielraum, nicht eine subjektive Befindlich­ keit. p

Der abstrakte Begriff fri.je.i~ , der nur an dieser Stelle (1..Kor 10,29) vorkommt^, benennt die von Gott geschenkte Frei­ heit, die nur durch ihn garantiert werden kann. Sie ist also nicht in gleichem Sinne durch einen Mitmenschen zu bedrohen wie "der freie Hals". Der mit dieser Freiheit begabten Person sind dann auch mibwissei und gahugds zugeordnet. Damit sind hier beide Termini gleichzeitig Teil einer sozialen und einer religiösen Differenzierung, weil sie die

(vgl. 1 .Kor 5,12)

benennen^.

2 CONZELMANN 217 f.; vgl. BARTH, Auferstehung 24 f. (his 26): "So wird es doch nicht etwa gemeint sein nit der Freiheit, daß nun etwa vor lauter tiefer, tiefer gnBsis, vor lauter klarer Einsicht, daß Gott allein Gott ist, ä'e;i Götzen in der Welt ihr Recht doch wieder eingeräumt wird, ganz harmlos und freudig im Bewußtsein, daß sie nicht gefährlich sind, daß den Reinen alles rein, daß alles erlaubt ist, pànta exestin !?".1 3 2 1

Zur Etymologie und Semantik von stojan vgl. oben S.44 ff.

2 Gebildet zum Adj. freis *frei1, vgl, HENZEN § 116a. 3 ' Sonst steht für Freiheit* das konkret gedachte freihals, vgl. dazu SCHELLER 58-63, hier 61: "(Aus verschiedenen Belegen) ergibt sich, daß fria hals, frihals (sc. als Determina­ tivkompositum) zunächst die U n a n t a s t b a r k e i t d e s L e i b e s , die U n v e r l e t z l i c h k e i t d e r P e r s o n bezeichnet, gewissermaßen also die p a s ­ s i v e Seite des Begriffes »Freiheit, Frei-Sein» zum Aus­ druck bringt". ^ FRIEDRICHSEN 130 macht "Variation aus stilistischen Gründen ... verantwortlich für die Störung der Gleichförmigkeit (sc. in der Übersetzung von syneidesis). die man bei der Verwen­ dung eines ausgesprochenen terminus technicus erwarten würde"

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■7

(These variants are extraordinary in that stylistic varia­ tion is responsible for disturbing thè uniformity of what one would expect to be treated as a strictly technical term; •«•)• Die Untersuchung der betreffenden Belege in 1.Kor 10 dürfte gezeigt_haben, daß zwar im Griechischen jeweils der Begriff syneldisis auftritt, dieser aber eines bereits fest­ gel e g t e n eTnïïëTtTTchen Konzeptes entbehrt. Die Verwendung des Begriffs in unterschiedlichen Zusammenhängen macht dif­ ferenzierte Implikationen deutlich, die der gotische Text in bemerkenswerter Weise interpretiert.

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6. 1 »Kor 11 1 .Kor 11,29: ho gàr esthlon kai plnon krlma heautfli esthlei kai plnei mj diakrlnon tö sgma. Der, der ißt und trinkt, ißt und trinkt sich selbst das Ur­ teil, wenn er nicht den I*eib (sc. des Herrn als etwas eige­ ner Ordnung) unterschiedet. saei auk mat.iib .iah drigkib unwairbaba, staua sis silbin matjib ;ung von 1922, Zürich 1978

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WILCKENS

III

WILCKENS, Ulrich Der Brief an die Römer. 3.Teilband: Röm 12-16, Zürich/Einsiedeln/Köln; Neukirchen/ Vluyn 1982 (= Evangelisch-Katholischer Kom­ mentar zum Neuen Testament VI)

ZUPITZA

ZUPITZA, Ernst Die germanischen Gutturale, Leipzig 1896 (= Schriften zur germanischen Philologie, Heft 8 )

Addenda ln gotischen Texten bzw. deren Übersetzungen werden mit der ge­ legentlich auftretenden Sigle A oder B die gotischen Codices Ambrosianus A und B bezeichnet. Aus typographischen Gründen ist in der Umschrift griechischer Wörter Iota subscriptum jeweils adskribiert.

- 237

Wörterverzeichnis (Hochgestellte Ziffern bezeichnen die Anmerkungen einer Seite*) 1 * griechisch

(Der Graphie entsprechend richtet sich die Reihenfolge der Wör­ ter nach dem lateinischen Alphabet* Mit Spiritus asper anlau­ tende griechische Wörter sind demnach unter h abgelegt, ē und 5 folgen auf e und o.) 25^

achäristos • • • • a d e l p h i a ....... 1 4 6 a d i k ê ô ......... 1 5 5 a d i k i a ......... 1 5 5 ,

158

ä d i k o s ......... 1 5 5 , a d ò k i m o s ...... 1 0 2 ,

161

a g â p i .......

145, 1 4 6 , 172, 203

157

144,

â g o ........... 97 2 54, 55 , 5 6 , 57, 59, 77, 7 6 , 80, 82, 83, 84,

anatrino ........

85, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 1645 , 165, 222

anâmnesis

99

. . . .

a n a x i ö s ........ 9 7 . 9 8 . 104 â n e s i s ......... 2 0 0 anexeraûnitos

. * 142

anexichniastos

*. 1 4 2

antapokrinomai anthrôpinês . anypôkritos

* . 1 3 5 ,1 3 6 . * 60

. . *

130, 132, 143, 144, 145, 171, 172, 173, 2 0 2 ,

203, 213, 214 â p i s t o s ........... 90, 155 a p ò k r i m a ........ apokrinomai

.

apokrino o • • ap 6 krisis apologia •

1 0 5 , 1 0 6 , 107, 108, 1 1 0

. . 107, 108, 1 3 6 , 1 9 6 , 1 9 7 •• 107, 108

. . . .

107, 108^

• •• • 108

a r ê s k ô ......... 5 3 ^

_

a

. . . . . . 51 _ b a s t â z ô ....... 1 7 9

baino blma

A

............. 5 1 , 511

b i ô t i k â ....... 1 5 4

- 238

Christ&s diâ.

.

. .

.

651, 1752

ekklêsîa . . .

163

85,86,86^

elêgchô

164

...

diàbolos

.

2 0 8 ,2 0 8 1 , 2 0 9

eleutheria . . 30,169

diâkonos

.

172

êncclios

3 7 ,3 8 ,5 4 ,6 2 ,9 3 ,

epîskopos

diakrinô

.

98,99,100,102,

...

97

. . 208

êso ........ esthiô . . . .

64,70,91,217,223 78,84,85

103,104,118,125: ethelothrëskia 89 221 £thos . . . .126 8,32,36,38,44,

diâkrisis . dialogismòs

52,221

euârestos

36,52

eulogia

. . 53 ...

6

8 5 ,8 6 ^

exaporethênai

didaskalîa

190

exou.thenêô • . 34,49,155

dikaiôô . .

61,155,158,195

êx5

dîkaios . .

14,15,157,200

gnBsis • • • • 86^,90^,218

dikaiosjmê

14,216,217,225

grâmma . . . .

167,169

hairesis . . .

96

hâgios . . . .

154

diânoia . .

dikaiôma

. 24

dikaiôsis

. 24

dlkë

14,45 1 ,154,155,

. . .

158

. 973

dokimâzo

. 9 7 ,9 7 3 ,1 0 0 , 1 0 1

d&lios

. 173

dôlos . .

. 173

dôxa

1 6 8 ,1 6 9 , 1 7 0

dÿnamis .

. 66

dynatêô .

. 37

eân . . .

. 165

egkrinô . .

. . . 39,43,119,121

hegêoinai . . .

59

heile . . . . 7 1 ,7 1 1 hemêra . • . . 39,55,60 f. hier 6 thyton

81,91,95,96,97 3

. . .

h â m a ......... '183 heautón

532 ,973 ,102

.

64,70,90,217,223

ïiapl^tês . , . 1 0 7

d&gma . . dòkimos . .

........

108,109

. 88

histemi. . . . 5 0 ,5 1 ^ hô mên - hô dê 4 9 ^ hod 6 s

. . . .14 0

h ô s .......... 1 1 4

116 , 117, 118,121

hygiaînô . . .

190

hypêr

8 6 .8 6 1

. . . .

124,125

hyp 6 .......... 164

eidôlôthyton

87,88

hypokrinomai • 128,129

eikfai . . .

95

hypôkrisis . . 9 ,1 2 7 ,1 2 8 ,1 2 9 ,1 3 0 .

eilikrireia

9,63,71,75,105,

,

107.1076 ,111, 112 1121

131,132,144,210, 211

hypokritÊs . . 1 2 9

- 239 -

.

.

,

104 106 111 112

129

hypokritiki te cimi

,

113,117,121,124,

hypostillô

133

128,153,154,157, 185,188,189,192,

hypotâssomai 1 4 9

193, 1 9 4 ,2 1 6 ,

ioudaizč . , 1 3 1

,

kairòs . . . 1 9 8 kakla'

.. .71

katâ .

. . . 85,85^

katâkrima

,

225 krisis . . . . 1 0 ,1 7 ,4 5 ,1 8 2 ,

29,45,167,175,219 . 20,22,23,28,37,38, 39,99,100,167,169

185,186,199,200, 219 kritirion. • . 134,217 kr5tes . . . .

1 2 ,1 5 ,1 1 2 ,1 8 8 ,

kÿrios . . . .

5 6 ,1 0 1 , 1 6 1

kauchâomai . 117,119

lògos

. . . .

89,90,197,198

kaûchêma

lypiô

. . . .

113

katâkrisis . 45,166,167,174, 175,176 kataxiôornai

20 1

A

. . 160

189

klÿsô

.• •1 1 0 2

lÿ-pe........ 113

k&smos

• . .64,193

mille

krîma

• . • 10,45,93,98,100,

.. . .

191

metriô . . . .

119

102,103,104,139,

mitron . . . .

117

140,141,142,147, 148,149,158,178,

mi ... hiôs in 55 ...

160

niornai . . . .

72^

misthôs

179, 179^,182,183, 186,207,208,219, krinc . . .

,

221,222,223,224,

. 20,21,22,23,24,28,

katakrînô

,

217 218 219 220

225 8,9,10,11,12,13, 1 4 ,1 5 ,1 6 ,1 7 ,1 8 ,2 1 ,

32,33,34,35,36,37, 38.39,41,43,44,45, 46,48,50,51,52,54, 55,56,59,61,62,63,

■Z nomodidâskalos 204 nomos

. . . .29,30

no'ominia • . . 1 9 4 noûs ........

30,85,86^,89

oicia........ 1 9 8 oikitis

...

35

oikodoml . . . 3 5 ,1 6 3 ,1 6 3 1 , 2 2 1

65,70,71,71 1 ,75,77,

oikonomia

78,78 1 ,80,8 8 ,91,93,

6nt3s

, . 160

. . . .164

94,95,98,95 3 ,99, 1 0 0 ,1 0 2 ,103,1031,

paideûomai . . 99

- 240 -

p a r â ........ 5 2 ^

stoicheta • « • . 1 9 3

paradidomi . . 9 7 _ -ļ parainêo • . • 144' 1 parainesis . . H 4

sygkrino • • • •

parakaiêô

118^,119,119 121,123,1234

. . 172

124,125

paralambânô

. 97

sÿn ChristSi • .

pareisaktos

• 133

syneidësis . . .

pareisêrchômai 1 3 3 paristëmi

. .51

p â s ........ 164 146

philia . . . . philosophia

. 193

philôstorgos . 1 4 6

1 1 6 ,1 1 7 ,1 1 8 ,

175 .8 0 ,8 4 ,8 5 ,8 6 ^ 88,90,91 4

synitheia . . . . symporeûomai • •

95

o

1 2 2 *"

O synâgomai . • • . 1 2 2 ^

syniëmi ........ 1 1 9 1 ,1 2 2 2 synistemi • . • . 1 2 6

phrônimos . .

78,140

sÿnoida . . . . .

80

pisteûô . . . pistis . . . .

34

syntithemai . . .

122

1 8 3 ,2 0 3 ,2 1 1 , 2 1 6

synypokrinomai • .1 2 7 ,1 2 8 , 1 3 0

pneûma • • » • 66,66^,67,72,73, 74,167,169,179, 221

pollai mâllon

168

tapeinophrosjmi . 85,89 t è l o s .......... thânatos . . . .

22,203 1 106,110

t h e ô s ............ 1 1 2 78

poniria • • • .71

typikSs . . . . .

prâgma . . . .

t ÿ p o s .......... 78

154,157

prâsso • • • . 1 5 4 presbÿteros

• 183

prôklisis • • .187 prôkrima • • • 182,184,185 proslambânô •

36

prosôpolêmpsia 187 sârkikos . . .

107

sârx ........

2 7 ,2 8 ,6 6 1 ,6 6 4 ,

67,73,74 schisma . . .

70,96

sophia • • • • 89,107 sSiaö . . . .

663 ,72,731

s5ma ........

27,28,65,65^,73, 10 1,103

stathësetai stêkei stêsai

s. histêmi

2

z ë ë .............2 4

241

2 « gotisch

({> gilt als letzter Buchstabe des Alphabets*)

124,125,158 ,15s3,

afswaggjan . . .

109

aha • • • • • •

86^,89

1 8 6 ,1 9 4 ,1 9 5 ,2 2 1 ,

alma . . . . . .

72,73,74

222

aiwlaugia . . .

6

doms . . .

anafilhan . . .

126

drigkan • •

102

a.nastod;jan . . .

48

fairweitl .

30^

andabeit . . . .

114

andahafts . . .

1 0 5 ,1 0 8 , 1 9 8

fastvbni • faurdomeins

89 182,186

andasets . . . . andastaķjis . .

33 1 48

frakunnan ,

49

5

andawaurdi • . . "08 ,158 andhafjan . . .

o 81

frauja . . . 51,1C 1 ,1 0 3 ,1 6 i frawaurhts . 29

1 0 8 ,1 3 8 ,1 9 6 , .

freihals . , 91^,169,170,180

198

freis . . .

912

andhruskan . . . 77,32,85,84,

friaķwa . .

146,1462 ,173

86.222.223 andsitan . . . • 77,82,33,84,

friaļ)wamildjai 146 friiei . . . 9 1 ,1 6 9 , 1 8 0

222.223

f u Kliķe . .

1945

andstandan . . . 1 5 1 , 1 5 2

fwnikisks .

60

1 OB'* ,1 3 5 ,1 5 8 ,

gaaggwjan .

103

198

gadomjaa , . 116,121,122,123,

an dv/aurd ļari . . armahairtei . .

114

armahairtiķa . . 1 1 4 bandwjan . . . .

88

b i ............. 85, 853 ,194

1234 ,124,125 gahugds . .

84,85,35 1 ,36,86^,

89,31,223 sakiusar. • • 1 0 1 , 1 0 2 2 gakusans . . 5 5

bidomjan . . . .

192,194,195

bigairdan . . .

195

galeikan . . 27,531,53^,731

195*

galeiki . .

briggan . . . .

20 1

galeIkon . . 73

broķralubo . . .

146

ga.leiks . .

27,53^

galiug . . .

87,88

birodjan . . . .

dags ........... 60

27

gallugabro^ar 37

diabula . . . .

2 09

domjaii........

10,11,12,45,46,

galiugaguļ) , 87

47,77,81,82,91,

galiugapaustaulus 8 7

93,102,103,104,

galiugapraufetus 8 7

116,121,122,123,

galiugaweitwo'ps 8 7

- 242 -

galiugaxristus 87

iî>...........49 1

ganasjan • . • 72,73 ganisan • . .

72,72^

gaqircan . . .

122

gaqifcan . • .

122

garaihtei . .

14,225

garaihtjan garaihts

2 2

3cius:m . . • . 1 0 2 l a i s ........ 173“ 4 launawargs . . 2 5 leik ........

. • 1 4 ,6 1 , 1 5 8 . . •1 4 ,1 5 ,1 5 7 ,1 5 8 , 195,201,225

gasakan . . .

165

27,28,29,73,74, 76,103,223

leitils . . .

132

listeigs . . .

173

l i t a .......... 1 2 7 , 1 3 2

gasaijan . . . 8 7 , 8 8

liufs . . . .

146^

gasatjan . . . 51 gastojan . . •6 3 ,7 2 , 1 1

liutei . . . .

210,212,215

lutcn . . . .

132,146

mannisks . . .

60

gaswikunķjan . 126

matjan . . . .

102

gaurjan . . .

m e l ........ 1 9 8

gastoļpan

. . .48 ,50 113

gawargeins . . 174,177

miķlitjan . .

127,132,133

gawargjan • •

miķv/issei • .

82,84,85,86^,91,

10,11,20,26,27, 29,151,177,191, 221,222

gu]? . . . . .

115

hairto . . . .

89,90,90^

handugei . . . 89,90,90 1 hauneins • • . 85,89,90^

A

223 3

nasjan . . . . 7 2 ragin . . . .

142

raihtis . . .

49

raihts . . . .

491 , 1 5 8

rodjan . . . .

195

A 2

haurnja • . •

47

haurnjan . . .

47^

sakan . . . .

59,165

hindar . . . .

52

satjan . . . .

205

hindarweis . . 173,205,215

saurga . . . . 113,114

hindarweisei . 173,205

saurgan . . .

113

hlutrei . . .

sirba . . . .

1 0 4 ,1 2 4 , 1 2 6

105,110,1 H , 115

hlutriļpa . . . 111,114,115

s k a l ........ 1 9 1

hlutrs . . . .

110

sokjan . . . .

59,165

hugjan . . . .

85

standan . . .

48 1 ,50,51^

i n .......... 86,87 innufsliupan . 1 3 3 inweitan . • . 3 C^ inwinds . • .

157,158

staua m. . . . 12,15, 19,44,45, 47,51,142,1421, 188,191

- 243 -

staua f .

• . . 1 2 ,4 4 ,4 5 ,4 7 ,4 8 ,

stau asto ls staķs

unliuts . . . .

1461 ,173,205,

1 3 9 , 1 4 2 , 1 4 2 ^ ,15 1 , 157,158,182,186, unusspillofcs .

212,213,215 1 4 2 ,1 4 2 ^

1 9 9 ,2 0 1 ,2 0 7 ,2 0 9 ,

unwairfraba . .

103,104

222

unwammei . . .

63,75

• . 19,4 9,51

. . . .

sto jan . . . .

uskiusan . . .

161

48^

uskusans . . .

161

1 0 ,1 1 ,1 2 ,1 9 ,3 2 ,

ussokjan • . .

5 4 ,5 9 ,6 0 ,6 1 , 6 2

33,44 4 5 ,4 6 , 4 7 ,

1 5 9 ,1 6 1 ,1 6 2 ,

4 8 ,4 8 1 ,4 8 2 , 4 9 , 5 0 ,5 1 , 5 2 , 5 4 , 6 1 ,

1 6 5 ,2 2 1 , 2 2 2

wailaquiss . .

6

6 2 ,6 3 , 7 2 ^ ,7 4 , 7 5 ,

vvairjps . . . .

201

7 7 , 8 8 , 9 0 , 9 1 »911 ,

w a m m e ........ 75

9 3 ,1 0 2 ,1 0 3 ,1 0 3 ^ ,

v;argi]?a • • • • 20,26,28,29, 147,151,1 6 6 ,

1 0 4 ,1 1 1 ,1 1 3 ,1 5 3 , 1 5 7 ,1571 ,1 5 8 , 1583 , 1 8 8 , 1 9 1 ,2 2 1 , sto ls

1 3 2 ,1 4 3 ,1 4 6 ,

9 3 ,1 0 2 ,1 0 3 ,1 0 4 ,

. . . .

169,177,178, 180

222,223

waurd ........

89,138,173,198

48

A

waurstv/ . . . .

47

stoma . . . .

48^

v/aurstwa . . .

47

s u n ja . . . .

173

waurstwja • . . 173

su n je in s .

3 • 173

sw aleiks . . . swaswe . . .

74 .115

w i l j a ........ 187 wilļahalļ)e.ī . . 187 windau?. . . . .

57

126

witan ........

30,31,198,205

. 126 4 tim rja . . . . 47

wi.-GodaIa.u3 . .

205

swes . . . . . swikunfcs . .

tim rja n . . tw eiflein s

.

47^

. . 32,52

tw e iflja n .

.

52

u f a r mäht • .

109,110

u fsliu p a n . .

1 3 2,13 3,134

wi.todalaisaxeio 205 witodelgo • . • 205 w:i t o n ........ 30 witot>........

29,30,301,205

wuljpus . . . .

169,170

wraiqs . . . .

158

ungakusans . . 1 0 2

Jpiudisko . . .

60

u n galaubjands

jpruķeins . . .

6

90

u n hin darw eis • 1 7 1 ,1 7 3 ,2 0 2 ,2 0 5

ļ)iuķ:iqaiss . .

6

unhulķa . . .

Jmgkjan . . . .

88

feuhtus . . . .

87, 8 8 ,8 8 2 ,89,

209

2

90,901,223

- 244 -

Verzeichnis der Bibelstellen (Hochgestellte Ziffern bezeichnen die Anmerkungen einer Seite.) 1 » griechisch

Hier werden auch jene Bibelsteilen eingereiht, die ohne Bezug auf die griechische oder gotische 'Dextfassung deutsch zitiert oder ohne Wiedergabe eines deutschen Wortlauts genannt werden. Röm 1.16

140,217

8.3 ff,

28

1.17

HO

8.4

22

12.11

219

8,10

236

12.12

145

8.13 8.14

67 218

12.15

144

8,16

218

13.1 13.2

149 147,148

8.19

218

13.3

149

8,21

218

13.4

1492

8,34

23 8 136

13.5 13.6 f.

149,H 9 2 148

135,136,

H,1

32,34,36,38,

3.21 3.22

219

3.23

219

3.24 3,28

219 34

5.1 5.6

69 69

5.8

23,217

9.14

5.12

67

9.20

5,12-21

23 4

5,16

24

5.18 6.8 7,5

219 14.2

34

24

10.4

22,42

14.3

32,34,35,36,

1 752

10.9

221

H,4

32,35,36,37,

14.5

32,37,38,39, 40,220

14.6

35

11,11-32 136

28 234 22

11.33

7.18

28

11.34

HO

7.22

30

11.35 11.36

HO HO

7,22-25

50 1 .513 .219

137

22

7,7 ff. 7. 12

145

9,20-23

11,25

7.6

203.219

371 .219

HO 139,140, 219

22

50 1 .218.219

14.7

42

1 4 ,7 - 1 0

37

14.8

7.23

30

7.24

23

7.25

20 863

8.1

12,1

,

28

12.2

145,149

20,21,28,

12.3 12.4

39,145 281

167,219

12,4-6

701

8.2

233 ,235

12.9

8.3

H,10

35 33,34,36,37,

14.12

219 36

14.13

33,37,38,39, 219.220

130, U 3 ,

14.14

34

20,238 ,

144,H5,

219

172,173,

H,15 14.16

35 35

- 245 -

Rom

5,13

14,18

41,42

14,20

40

14.22

33,37,39,41, 42,43,219

14.23

37,38,219

1 «Kor•

63,64,70,90, 219

6.1

153,154,155,219

6 ,1 - 1 2 6.2

154

154

6,4 6,5-8

154,155 156

6.6

155

6.7

155

6.8

155

1,19

140

2,13

118

2,14'

67 1

6.9 6,9-11

2.14 f. 2.15

1635

6.11

69^154,155

6?1

6.12

64,65

3,22

57

6.13

65 1

6.19

65 1

4.2 4.3 4.4

f.

56 54,55,563 ,

8,1

2 -;9

8 ,6

54,56 6 ,57, 219

4.5 4.6

4.7

155 69^

54,55,56, 219 57

78

155

8,6

f.

8,8

79

3.11

79,218

8 .11

f.

8.13

54,58,120,

9,1 9.3

5.1 5.2

64 65,68

9,7-15

5.3

63,65,66,70,

5.4

66

5.5

6 5 ,6 6 , 6 8

5.6

65

5.8

63,71

5.10

64

5.11

64,641 ,70

5.12

63,64,70,91, 219,220

156

78

219

220

218

£.

160 159,160,219

9.12

160 160

9,18

160

10.15

77,78,91,220

10.16

78

10.19

78

10.23

79,80,221

10.23 f.

160

10.24

221

10.25

77,78,80,219

10,25-27 10.26

84 79,211

246 -

1 «Kor 10,27 1 0 , ->8

77,78,219 79

10.29

77,30,91,219

10.30

80

14.4

163

10.31

80 80

14,25

165

11, !

::>+

14,24

162, 165,220

11,2

94

14,28

164

10.32

f.

13,5

145

"4,1

U5

H,

2

163 1 r, 13

165

«>,23-27-

11.3

05

11.9 11,11

96

î.

95

11.13

95,220

11.14

96

11.16

95

11.17

96

11,22

96,97

1 1 ,2 3 - 2 6

97

2 »Kor

I,

8

106

1,9

105,106,110,220

1,12

105,107

1,12-14

106

1.14

107

1.15 1,18

112

106

111, 112,220 1 11, 112

11.24

99

11.25 11.26

97,99 97,104

2, 1 , 17

11.27

97

3.6

167

11,29

93,98,100,103,219,

3.7

167

22C

3.9

166,167,219

11.31

93,98,99,103, 2 2 0

3.1 0

168

11.32

98,99,219

3.11

167,168

11.33

100

11.34

100,219

12.3

221

12,7 12.10

12,12-27 12.20

221 8, 221 2 8 1 ,70^221

70

A,8

109

5,19

131

6, "

176

6.4

172

6.6

130,171,172,203,219

6.7

172 176 175

12.21

70

6.8

12.22

70

6 .1 2

12.24

70

7,

12.25

70

7,3

174,175,176,220

12.27

701

7,13

176

?

175,176

- 247 -

2. Kor

Kol

10.1-

10

117

2,6-15

193

1 0 .2-

6

109

2,8

133

10.12

116,1*7,1185 ,121,219

2.10

10,1? 10,18

1191,121,124 120,126

2,16 2,20

192,193,219 133

11.5 11.12

117 1191

2,23

89,193

11.13 11,30

117,119,173

3,25

190

4.3

197

12.5 f.

*90

4.4

197

12.9 f.

190

12,16

173

4.5 4.6

197 196,137,220

3.10

193

197 187

2«Thess

Crai 179

1.4

2OC

2.4

133

2.5 2.12

131 133

1.5 1.6

199,200,216,219 200,20c1,216

1.11

200

1.7

2.13

127,128,130,219

2,14

131

2,16

35,131

2.20

42

2.21

131

3,26 5,1

1 ,l3in 1.5 1.6

Q63 ,173,202,203,219 204

1.7

204

1.8

204

218

1.9

204,216

179

1.10

204 204

5.4

179

1.11

5.5

179

5.7

179

3,1-5 3.6

5.10

178,179,219

3.7

208

6.8

67

4.1 4. 2

210,211 211,219

Epfr6.9

3,5-11

4,3-5

211

5,3

183

5,5

183

187

Phil 2.11

208 207,208,2OS3

221 33

5.11 5.12

182,183 182,183,220

248 -

1 »T3.IT5,14

J er 13T

5,17

v+

5.19

1343

5.20

134

7,1

5.21

132,134,220

Mk

5.22

134,185

5.24

132,154,219

5.25

184

6,4 f.

2031

2 »Tim 1.1

214

9 f.

3,2.5

40

7,15

34

14,38

66

Lk 2,47

108 5

10,7

1^0

1.3

214

14,16

136

1.4

214

20,26

1085

1.5

213,214,219

1.13 1.14

214 214

4.1 4.2

188,189,219 189

4,8

188,139,216,219

1,14 19.9

865

15,21 t£.

1,27

95

Dt 19.15

184

£s 24,1

79,2M

33,9

23

Jes 45,14

164

130 79

Apk 12.10

Gen

2 1C65

Act

15,29

Tit 1.15

J ch

208

2. £ot.ī.sc;h Rom

6.1

45,153,157,222

8.1

20,26,27,151,169,180,

6,11

158

222

7,6

731

8 ,1 0 -1 2

863

8,1-4 8.2 8.3

50 50,16? 20,27,151,177,222

8.4

27

9.20

1085 ,135,158,198

9.3

161

10,15

77,31,82,221

10.25 11,33

139,142, 1422 ,222

12,5

143,146,173

12.10

146

108,159,161,222

9,2?

77,82,84,86, S"7,222

10.27

77,83,84,85,86,222

10.28

87,88

10,29

77,88,90,91,222

13.1 ff. 151 13.2 147,151,180,222

11.26

104

11.27

101

14,1

11.28

101,103

11.29

93,101,102,103,104,221,

32,50,52

14.3

32,48,50,59,60,61,222

14.4

32,48,50,60,61,222

14.5

33,49,52,61,222

11.30

33,49,51,222

11,31

14.10 14,13

33,49,52,222

14,18

53

1 »Kor 1.21

731

4.3

54,59,60,61,62,222

4.4

54,60,61,62,161,222

4.5 4,7

54,61,62,222 54,62,222

222 102

93,102,103,10«,221,222

14.23 14.24

165 162.165,222

14.25

165

2 «Kor 1,8 1.9 1,12

108 IC?,108,198 105,110,115

2.1

111, 1 1 3 , 114,2 22

113,114

5.3

63,72,222

2.3

5.4

72

2.4

113

5.5

72,73,7?1

5.6 5.12

63,75 63,74,222

2.5 2.6

113 113,114

5.13

63,74,222

2.7 2.8

113,114 114

2.10

114

- 250 -

2. Kor 2.17 3.9

Kol 111,114-

2,16

192,194,221

151,16c-, I69,170,180,

2,18

89

222

2.23

89

169

3.12

89

4,2

S65

3,25

187

4.8

109

4,6

196,198

180

2»Thess

3.17

5.1 5,11

863

5,13

180

6,6

171,173,205

6 .8

173

7.2 7.3

177 174,177,222

1 ,4 1.5

1.5 (A)

85,863 ,173,202,205

3.6

207,209

10.17 f. 10.18

116,121,121^,123,1234 '3,16 124,1241,125,126,22" 4,1 125 4,2 126

11.13

173

5,11 5.12

Gai 2,12

5,21 132

2.13

127,132

5.10

151,178,180,222

Eph 4,? 5,27

89 751

6,9

187

199,201,222

1 «Tim

3.7 10.12

201

5.24

209 1234 212 210,212,215 182,186, 182,186,222 186,227 182,186,222

2 »Tim 1,5

213,215

4,1

188, 191,222

4 .8

188, 191,222

Tit I, 15

863* , I

Phil 2, s

89

Mt

3,12

1234

5,40

45

II,

19 1234

- 2*31

Mk 10,33

177

H , 64

1234

Iķ 2,47

1085

8,50

731

20,26

1085

J oh 19,9

1085

Act 16,1

215