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German Pages 240 [252] Year 1968
W . Ehalt • Unfallpraxis
UNFALLPRAXIS von
PROFESSOR
DR. W A L T H E R
EHALT
Ärztlicher Leiter des Unfallkrankenhauses G r a z
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. LORENZ BÖHLER und Beiträgen von Doz. Dr. ERNST PURTSCHER, Wien und Doz. Dr. E. H. MAJER, Wien
i., völlig neu bearbeitete Auflage mit 297 Abbildungen
WALTER DE
GRUYTER&CO.
vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.
B E R L I N 1968
© C o p y r i g h t 1968 by W a l t e r de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verfagshandlung — J. Guttentag, V e r l a g s buchhandlung —
G e o r g Reimer —
K a r l J. T r ü b n e r —
Veit & Comp., Berlin 30, Genthiner Straße 13. Alle Rechte,
auch die des auszugsweisen N a c h d r u c k s , der photomechanischen W i e d e r g a b e , der Herstellung v o n M i k r o f i l m e n und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in G e r m a n y . — A r c h i v - N r . 51 3 6 6 8 1 Satz und D r u c k : W a l t e r de G r u y t e r & Co., Berlin 30
M E I N E R FRAU G E W I D M E T
Geleitwort Die steigende Industrialisierung, die zunehmende Motorisierung des Verkehrs und die allgemeine Verbreitung des Sportes haben eine ungeheuere Zunahme der Unfälle zur Folge gehabt und ihre Zahl wird trotz aller Verhütungsmaßnahmen noch unaufhaltsam weiter steigen. Die Behandlung der durch Unfall entstandenen äußeren und inneren Verletzungen hat immer schon, seit es Menschen gibt, zu den vornehmsten Aufgaben der Heilkunde gehört. Die Wunden, die Knochenbrüche und die Verrenkungen stehen dabei im Vordergrund, während die Verletzungen der inneren Organe weniger als 1% ausmachen. Die Folgen von Verletzungen sind nicht immer unabwendbare Unfallfolgen, sondern viel häufiger vermeidbare Behandlungsfolgen, wie z. B. Entzündungen nach offenen Wunden oder Verkürzungen, Verbiegungen, Verdrehungen, Muskelschwund und Versteifungen nach offenen und geschlossenen Knochenbrüchen und anderen Verletzungen. Daß man diese Folgen durch eine zweckmäßige Behandlung in der Regel vermeiden kann, hat E H A L T schon in seinem 1938 erschienenen Buche: „Die offenen Brüche der langen Röhrenknochen und ihre Behandlungsergebnisse" mit noch nie dagewesener Genauigkeit bewiesen. Um die Verletzten möglichst rasch und möglichst vollkommen wieder herzustellen, ist Schulung und Organisation notwendig. Die erste Hilfe muß gelehrt werden, der Transport muß rasch vor sich gehen, und es müssen entsprechende Behandlungsstätten vorhanden sein. In diesen müssen Männer wirken, die sich ganz und gar der Unfallheilkunde verschrieben haben. Sie sind nicht nur berufen, die vermeidbaren Behandlungsfolgen auf ein Mindestmaß herabzusetzen, sondern auch aus ihren reichen Erfahrungen den Studenten das zu geben, was sie für ihre spätere Praxis brauchen. Ich begrüße es deshalb besonders, daß mein langjähriger Mitarbeiter E H A L T , der den Lehrauftrag für Unfallchirurgie in Graz hat, es unternommen hat, dieses handliche Buch zu schreiben. Es faßt in knapper Form zusammen, was der Student für die Prüfung über die Unfallversicherung und über die Erkennung,
Behandlung und Begutachtung von Verletzten wissen muß und was er später in die Tat umsetzen kann. Mit großem Geschick sind die Erkennungszeichen aller Unfälle beschrieben und, was noch wichtiger ist, mit guten Abbildungen erläutert. Die Behandlung hingegen ist nur von jenen angegeben, bei welchen sie der praktische Arzt selbst durchführen kann. Bei den schweren Unfällen, die ins Krankenhaus gehören, ist sie nur gestreift. Zum Schluß ist auch das Wichtigste über die Begutachtung angeführt, so daß die Lernenden einen entsprechenden Überblick über das ganze Gebiet bekommen können. LORENZ BÖHLER
V o r w o r t zur 4. A u f l a g e Seit der letzten Auflage haben sich in allgemein-medizinischer und auch unfallchirurgischer Hinsicht so viele Neuerungen und neue Gesichtspunkte ergeben, daß diese 4. Auflage vollständig umgearbeitet werden mußte. Die Unfälle haben nicht nur zahlenmäßig, sondern auch der Schwere nach beachtlich zugenommen; man braucht nur an die Straßenverkehrsunfälle zu denken. Dadurch ist die Unfallchirurgie als eigenes Fach noch wichtiger geworden. Andererseits ist die Zusammenarbeit mit den anderen Fächern — man nennt es jetzt teamwork — wegen der multiplen Verletzungen noch bedeutungsvoller als früher. Schon die „Erste H i l f e " hat — hauptsächlich infolge der zunehmenden schweren Straßenverkehrsunfälle — sehr an Bedeutung zugenommen und ist in letzter Zeit viel in der Öffentlichkeit diskutiert und auf breiter Basis an die ganze Bevölkerung herangetragen worden. Deshalb wurde dieses Kapitel entsprechend erweitert. Auch der praktische Arzt muß die „Erste Hilfe" beherrschen. Die moderne Bekämpfung des Schocks und des primären Blutverlustes wurde in den Text eingebaut. Der Mensch kann bekanntlich 3 Wochen ohne Nahrungsmittel, 3 Tage ohne Wasser, das Gehirn jedoch nur 3 Minuten ohne Durchblutung leben, ohne daß irreparable Schäden oder der Tod eintreten! Diese Tatsache ist unter Umständen ausschlaggebend für die „Erste Hilfe". Bei den Kindern und Jugendlichen zwischen dem ersten und 18. Lebensjahr sind nach internationaler Statistik die Unfälle die häufigste Ursache der Morbidität und Mortalität geworden. Alle anderen Erkrankungen einschließlich Tuberkulose und Poliomyelitis sind in den Hintergrund gedrängt. An neuen Behandlungsmethoden wurde die stabile Osteosynthese mit Marknagel, Schrauben und Platten weiter entwickelt, ebenso die Markdrahtung; die gekreuzten Bohrdrähte, die „Operation mit verzögerter Dringlichkeit" u. a. wurden in die unfallchirurgische Therapie eingeführt; Handchirurgie und Rehabilitation wurden weitgehend ausgebaut. Für die Beratung bei den „Versicherungsrechtlichen Grundlagen" danke ich den Herren D R . HERZEG, Land- und Forstwirtschaftliche Sozialversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark; Direktor D R . KAPLAN, Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Graz; PROF. D R . LANG, SuvA-Luzern; D R . LAUTERBACH, Leiter des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften Bonn; PROF. D R . RENKER,
vm
Vorwort
Halle (Saale) und D R . SLANEC, Generaldirektor der Internationalen Unfall- und Schadensversicherungs-A.G. Wien, für die Durchsicht des Manuskriptes Herrn cand. med. WALTER SCHEINER. Ich habe versucht, alle diese Fortschritte entsprechend in die Neuauflage einzubauen und habe eine beträchtliche Anzahl Abbildungen durch neue Bilder ersetzt und andere neu aufgenommen, damit der Student und praktische Arzt wenigstens die Grundprinzipien kennenlernt, und ich hoffe, daß mir dies weitgehend gelungen ist. Graz, Januar 1968
WALTHER EHALT
Inhaltsübersicht Vorwort
VII
Allgemeiner Teil Erste Hilfe A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N. O. P. R. S. T. U.
Atemspende Schock Schmerzstillung Bewußtlosigkeit Störungen der Atmung Verletzungen der inneren Organe der Körperhöhlen Wunden Blutverlust Verbrennungen Erfrierungen Elektrische Verletzungen, Blitzschlag Verätzungen Vergiftungen Knochenbrüche Offene Knochenbrüche Prellung, Zerrung, Bluterguß Verrenkungen Fremdkörper Augenverletzungen
1 3 4 4 4 5 5 6 6 8 8 9 9 9 10 13 13 13 13 13
Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle
14
A. B. C. D. E. F. G. H.
Blutverlust Schock, Kollaps Crushsyndrom Fettembolie Lungenentzündung Delirium tremens Posttraumatischer K O R S A K O F F Dekubitus
14 14 15 16 16 16 17 17
Zufalls wunden und ihre Folgen
18
A. B. C. D.
18 18 19 20 21 25 27 27
Hautabschürfungen Bagatellverletzungen Fremdkörper Zufalls wunden 1. Frische Zufallswunden 2. Antibiotika und Sulfonamide 3. Veraltete und alte Wunden 4. Infizierte Wunden
X
Inhaltsübersicht 5. Fortschreitende Entzündungen a) Sepsis b) Septikopyaemie c) Erysipel (Rotlauf) d) Gasbrand, Gasphlegmone, malignes Oedem e) Wundstarrkrampf Richtlinien für die Vorbeugung des Tetanus
28 29 29 29 30 31 31
Verbrennung
34
Erfrierung
37
Elektrische Unfälle
37
Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse
38
Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen
40
A. B. C. D.
Die wesentlichen Bruchformen Komplikationen Häufig übersehene Brüche und Verrenkungen Behandlung der Knochenbrüche 1. Durchschnittliche Zeit bis zum Festwerden 2. Störungen der Knochenbruchheilung E. Folgen von Knochenbrüchen 1. ö d e m 2. Posttraumatische Osteoarthrose 3. Myositis ossificans 4. Callus luxurians 5. Brückenkallus 6. Muskelschwund, Kalkschwund 7. SuDECKsche Dystrophie 8. Ischämische Muskelkontraktur 9. Ermüdungsbrüche F. Pathologische Frakturen, Spontanfrakturen
41 44 45 45 50 50 51 51 52 52 52 52 52 53 53 54 54
Ankylosen, Arthrodesen, Kontrakturen
55
Verrenkungen
55
Das Röntgenverfahren
57
Betäubung
61
A. B. C. D. E. F.
61 62 63 64 64 64
Örtlich Subaxillar Rückenmark Intravenös Rausch Allgemeines
Inhaltsübersicht
XI
Ruhigstellung
65
A. Fingerschiene B. Gipsverband 1. Typische Gipsverbände a) Dorsale Gipsschiene b) Oberarmgips-Verband c) U-Schiene d) Unterschenkelgips e) Verlängerung des Unterschenkelgipses bis Mitte Oberschenkel f) Gehbügel g) Gipshülse h) Beckengips i) Gipsmieder k) Kopf-Rumpf-Gips 1) Fingergipsschiene für den Strecksehnenriß bzw. -ausriß C. Hals- (Schanz)Krawatte D. Zinkleimverband E. Elastoplastverband F. Einlagen G. Quengelverbände H. Doppelrechtwinkelschiene I. Schlüsselbeinschiene K. Streck-=Extensionsverbände L. Verbände
66 67 69 69 70 71 71 72 73 73 74 75 75 76 76 76 77 78 78 79 80 80 81
Nachbehandlung
83
Besonderer Teil Schädel A. Wunden B. Infektionen C. Knochenbrüche D. Verrenkungen im Kiefergelenk E. Schädelinhalt, zentrale Nerven
87 87 87 87 89 89
Periphere Nerven
93
A. Offen B. Stumpf C. Typische Lähmungen
93 93 93
Hals
97
Ohr, Obere Luft- und Speisewege (Doz. Dr. E. H. M A J E R , Wien)
97
A. B. C. D. E.
Ohr Nase Rachen Kehlkopf Ösophagus (Speiseröhre)
97 101 102 102 103
XII
Inhaltsübersicht
Auge (Doz. Dr. E. PURTSCHER, Wien)
105
A. B. C. D. E. F.
106 106 107 108 108 108
Lider Bindehaut Hornhaut Lederhaut Verletzungen des Auges im ganzen Verätzungen
Wirbelsäule
110
A. B. C. D. E. F. G.
110 110 110 112 113 113 113
Zerrungen Prellungen Knochenbrüche Verrenkungen Verrenkungsbrüche Querschnittslähmung Abrisse und Abbrüche der Dorn-und Querfortsätze
Nierenquetschung
116
Zwischenwirbelscheibenprolaps
116
Kreuzbein-Steißbein
116
Brustkorb
117
A. Herzstiche
117
B. Prellungen-Rippenbrüche
117
Bauch
118
Becken A. Beckenbrüche B. Pfählungen
120 120 121
Arme
122
A. Schultergürtel 1. Wunden und Infektionen 2. Stumpfe Verletzungen a) Zur Schulterzerrung b) Supraspinatusriß c) Zerreißung d) Die Schulterverrenkung e) Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbein = Schultereckgelenk f) Verrenkung im Brustbein-Schlüsselbeingelenk g) Schlüsselbeinbruch h) Brüche des Schulterblattes i) Oberarmbruch unter dem Kopf k) Verrenkungsbruch 1) Bruch des Tuberculum majus m) Riß der langen Bizepssehne n) Schulterversteifung
122 122 123 123 123 123 124 127 128 128 131 131 133 133 133 134
Inhaltsübersicht
XIII
B. Oberarmschaft C. Ellbogen 1. Wunden und Infektionen 2. Verrenkungen 3. Knochenbrüche im Bereiche des Ellbogens D. Vorderarm 1. Wunden-Infektionen-Lymphgefäß-Entzündung 2. Chronische Sehenscheidenentzündung 3. Knochenbrüche Bruch beider Vorderarmknochen a) Isolierter Bruch des Speichenschaftes b) Isolierter Bruch des Ellenschaftes c) Grünholzbrüche beider Vorderarmknochen bzw. der Speiche d) Wulstbruch e) Speichenbruch an typischer Stelle f) Epiphysenlösung am unteren Speichenende E. Handgelenk 1. Wunden-Infektionen 2. Prellungen und Zerrrungen 3. Bruch des Kahnbeines 4. Brüche der übrigen Handwurzelknochen 5. Perilunäre Verrenkung der Hand 6. Verrenkungsbruch nach De Quervain 7. Mondbeintod F. Hand und Finger 1. Bagatellverletzungen 2. Zufallswunden 3. Nagelbetteiterung 4. Panaritium cutaneum 5. Panaritium subcutaneum 6. Panaritium osseum 7. Eitrige Sehenscheidenentzündung 8. Panaritium articulare 9. Hohlhandinfektionen 10. Oberflächliche und tiefe Hohlhandphlegmone 11. Knochenbrüche a) Mittelhand b) Bennettsche Fraktur c) Fingergrund- und Mittelglieder d) Fingerendglieder e) Verrenkungsbrüche 12. Der Strecksehnenriß 13. Zerrungen und Bänderrisse an den Fingergelenken 14. Verrenkungen der Fingerglieder 15. Handrückenödem
134 135 135 135 137 143 143 143 143 143 143 144 144 145 145 148 148 148 148 148 150 151 151 152 152 152 153 154 154 154 155 155 156 157 157 158 158 159 159 161 161 161 161 162 162
Beine
163
A. Hüfte 1. Prellungen und Zerrungen 2. Hüftgelenksverrenkungen 3. Verrenkungsbrüche der Hüfte. . .
164 164 164 167
XIV
Inhaltsübersicht
B. Oberschenkel 1. Wunden und Infektionen 2. Prellungen, Blutergüsse, Muskelquetschungen und -einrisse 3. Knochenbrüche
168 168 168 168
C. Knie 172 1. Wunden 172 2. Infektionen 173 3. Binnenverletzungen 173 4. Zerrungen und Prellungen 175 a) Knorpelabsprengung 175 b) Der Kniegelenkserguß 175 5. Bandverletzungen 176 a) Zerrungen des inneren Seitenbandes 177 b) Riß des inneren Seitenbandes 177 c) Riß der Kreuzbänder 178 d) Riß des äußeren Seitenbandes 178 e) Ausriß der Eminentia intercondyloidea 179 6. Verletzung des inneren Meniskus 179 7. Verletzung des äußeren Meniskus 179 8. Behandlung der Meniskusrisse 179 9. Kniegelenksverrenkung 180 10. Bruch der Kniescheibe 181 11. Verrenkung der Kniescheibe 182 12. Freie Körper 183 13. Riß der Rektussehne oberhalb der Kniescheibe und des Ligamentum patell. propr. 183 a) Meniskus-Zyste 183 D. Unterschenkel 183 1. Prellung, Blutergüsse, Muskelquetschungen 183 2. Der Riß der Achillessehne 184 3. Knochenbrüche 184 a) Schienbeinkopf 184 b) Isolierte Brüche des inneren bzw. äußeren Schienbeinknorrens 184 c) Infrakondylär 185 d) Brüche der Epiphyse und Epiphysenlösungen am oberen Schienbeinende. . . . 1 8 5 e) Schienbeinschaft 185 f) Bruch beider Unterschenkelknochen 185 g) Epiphysenlösung 186 h) Isolierter Bruch des Wadenbeines 186 4. Nachbehandlung nach Gispabnahme 187 E. Sprunggelenk 1. Wunden-Infektionen 2. Zerrungen 3. Bandlockerung a) Seitenlockerung b) Supinationslockerung 4. Prellungen des Sprunggelenkes und des Fußes 5. Brüche im Bereiche des Sprunggelenkes 6. Offene Knöchelbrüche 7. Knöchelbrüche bei Kindern und Jugendlichen
188 188 . 188 188 188 189 189 190 192 192
Inhaltsübersicht
XV
F. Fuß 1. Wunden, Infektionen 2. Zerrungen-Prellungen 3. Knochenbrüche, Verrenkungen, Verrenkungsbrüche a) Luxatio pedes cum talo b) Bruch des Sprungbeines c) Verrenkung des Fußes unter dem Sprungbein d) Bruch des Fersenbeines c) Verrenkung im CHOPART und im L I S F R A N C f) Brüche der Mittelfußknochen g) Brüche der Zehen h) Verrenkungen der Zehenglieder
193 193 193 193 193 193 193 193 194 195 195 196
Versicherungsrechtliche Grundlagen
197
A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N. O. P. R. S. T. U.
197 197 198 198 199 199 201 201 201 201 202 202 203 203 203 203 204 204 205
Österreich Bundesrepublik Deutschland Deutsche Demokratische Republik Schweiz Behandlungskosten Arbeitsunfälle Berufskrankheiten Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Unfallheilbehandlung Berufsfürsorge Entschädigung nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Unfallkrankenhäuser Rehabilitation Private Unfallversicherungen Haftpflichtversicherungen Arztliche Befunde Operationsduldung Aufklärungspflicht Alkoholbestimmung im Blut
Die Begutachtung
207
Zusammenhangsfragen
212
Sachverzeichnis
217
Erste Hilfe aber rasch, richtig und schonend!
D e r Unfall ist geschehen. D e r Verunglückte hört z u atmen auf. E r braucht 400 Sekunden, um z u sterben. In 400 Sekunden (6—7 Minuten) kann sein Leben bei richtiger Hilfe noch gerettet werden. Lebenszeit 60—90 Sekunden
mit dem Sauerstoff i. d. Lunge
rund
135 Sekunden
mit dem Sauerstoff im Blut
rund
180 Sekunden
Gnadenfrist des Gehirns
375—405 Sekunden
D e r Mensch kann 3 W o c h e n ohne N a h r u n g , 3 T a g e ohne Flüssigkeit, aber nur 3 Minuten ohne Sauerstoff leben.
Allgemeiner Teil I. Erste Hilfe Die sachkundige und zweckmäßige Erste-Hilfe-Leistung bei Unfällen ist für die anschließende Heilbehandlung von ausschlaggebender und manchmal lebenserhaltender Bedeutung. Jeder Arzt und jeder Autofahrer ist verpflichtet, eine Erste-Hilfe-Tasche mit sich zu führen. Die meisten Rettungswagen des Roten Kreuzes führen alles Nötige für die ärztliche Erste Hilfe mit. Bei Straßenverkehrsunfällen ist — falls die Polizei bzw. Gendarmerie noch nicht eingetroffen ist — mit Kreide oder einem sonstigen Behelf (Steinchen, Ästen u. ä.) die Lage des Verletzten markieren, bevor man Lageveränderungen vornimmt. Es ist wohl zweckmäßig, auch für den Arzt, die Wichtigen Hinweise für die Erste Hilfe, welche die „Erste-Hilfe-Fibel" des Roten Kreuzes1) einleiten, hier anzuführen 1. Die Erste Hilfe besteht darin, weitere Schäden zu verhüten und die Verletzten möglichst bald und schonend in ärztliche Behandlung zu bringen. 2. Bewußtlose sofort auf die Seite lagern (Abb. 5). Beengende Kleidungsstücke offen. Nie Bewußtlosen etwas einflößen. 3. Verletzte behutsam aus der Gefahrenzone bringen. Eingeklemmte nie herauszerren. Nie selbst transportieren, lieber auf den Rettungswagen warten! (Kollaps, Bewußtlosigkeit, Blutung.) 4. Wunden nie mit den Händen berühren, nie auswaschen. Keimfrei verbinden. Splitter nicht aus Wunden entfernen (Blutung!). 5. Auch bei stark blutenden Wunden genügt fast immer ein Druckverband. Abbinden ist nur eine äußerste Notmaßnahme. Nach jeder Stunde muß die Abbindung kurz geöffnet werden. Abbindungszeit notieren und sichtbar beim Verletzten anbringen. *) Dr. Kurt Hartmann, Verlag Hülhig & Dreyer, GmbH-Mainz bzw. Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuz, Wien. E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
1
2
Erste Hilfe
6. Daran denken, die Lage gebrochener und verrenkter Gliedmaßen nie mit Gewalt zu verändern, nur ruhig stellen. Ausnahme stark verdrehte und abgeknickte Gliedmaßen: die Verdrehung und Abknickung soll unter Zug behoben werden (gilt nicht für offene Knochenbrüche und offene Verrenkungen S. 13). 7. Der Mensch kann nur drei Minuten ohne Sauerstoff leben! Bei Atemstillstand sofort Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase beatmen (Abb. 3, 4). Beim Fehlen der Herztätigkeit sofort auch mit der Herzmassage beginnen (Abb. 1). 8. Verletzte nie unbeobachtet lassen. Vor Auskühlung und Sonnenbestrahlung schützen. Für den Arzt folgendes: 9. Im Rahmen der Ersten Hilfe soll keine Diagnose gestellt werden, die nötigen Maßnahmen erfolgen nach den sichtbaren Symptomen. 10. Alles, was dem Verletzten im Rahmen der Ersten Hilfe gegeben wird, muß auf einen Zettel aufgeschrieben und dieser dem Verletzten sichtbar angehängt werden! Der Erste-Hilfe-Leistende hat auch für folgendes zu sorgen: ob und wohin der Abtransport nötig ist (andere Verhältnisse im Sommer und Winter, in Stadt und Land); vor Antritt eines längeren Transportes ist für Harnentleerung zu sorgen! Jeder Arzt sollte auch die Intubation erlernen! Hilfsmittel, die man zur Ersten Hilfe braucht: Schnellverbandpäckchen, keimfreie Gaze, einige Binden (5—15 cm breit), Dreiecktücher, Heftpflaster, Sicherheitsnadeln, Instrumente (Pinzetten, Schere, Klemmen, Injektionsspritze, Nadeln 2 ) und Ampullen mit verschiedenen Medikamenten) und Material zur Schienung (Kramer- oder Boforsschiene 3 ), Blechstiefel, sonst behelfsmäßig). Das Wichtigste bei der Ersten Hilfe ist, sich den entsprechenden Überblick über die Gesamtlage zu verschaffen, zunächst über das Befinden des Verletzten. Man erforscht, ob der Verletzte ansprechbar oder bewußtlos ist, sieht nach der Atmung, fühlt den Puls (A. radialis, eventuell A. carotis); Erbrochenes sieht man in der Regel. Die Hauptschmerzen wird der Verletzte meist selbst angeben. Der Wichtigkeit nach kommen: Tätigkeit des Herzens, Sauerstoffzufuhr für das Gehirn, Atmung! Als allererste Maßnahme ist bei Herzstillstand die äußere Herzmassage durchzuführen: taktmäßiges kräftiges Eindrücken des unteren Brustbeines 60—70mal in der Minute mit den flachen übereinandergelegten Händen (Abb. 1). Die Erfolgsaussichten der Wiederbelebung bei Herzstillstand zeigt Abb. 2: sie sind bei einer Minute 98% und nach 10 Minuten nur mehr 1%. 2) 3)
(am besten als Einmalgerät). Jet-Bandage.
A. Atemspende
Bei fehlender oder schlechter Atmung ist die Atemspende Mund-^u-Mund (Mund-zuNase) anzuwenden (Abb. 3), ein Taschentuch kann dazwischengelegt werden. Wichtig ist, daß der Kopf mit der einen Hand überstreckt und der Unterkiefer mit der anderen Hand nach vorne geschoben wird (Abb. 4). 10 bis 20 kräftige
Abb. 3 u. 4. Lagerung und Mund-zu-Mund(Nase)-Beatmung.
Atemstöße, dann zirka % Minute Pause, dann ohne Kraftanstrengung weiterbeatmen. Diese Art der Atemspende ist eine Notmaßnahme zum Überbrücken der Zeitspanne zwischen Atemstillstand und dem Eintreffen von Hilfsgeräten. Haben Herztätigkeit und Atmung ausgesetzt (Scheintod), so ist Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung gleichzeitig durchzuführen (im Verhältnis 5:1). Dies kann durch zwei Helfer gemacht werden. Steht nur ein Helfer zur Verfügung, so muß Herzmassage und Atemspende abwechseln: auf neun Herzmassagen folgt eine Atemspende. Bei Bewußtlosigkeit ist der Verletzte in die Seitenlage — Sims oder TVö/s-Position — (Abb. 5) zu drehen. Dabei ist als Stütze gegen das Zurückfallen die untere Schulter zurückzuziehen, das obere Bein ist in Hüfte und Knie rechtwinkelig i*
4
Erste Hilfe
gebeugt, ebenso wird der obere Arm nach vorne gewinkelt. Durch diese Lagerung soll verhindert werden, daß die Bronchien mit Sekret verstopft werden und der Verletzte schon mit der beginnenden hypostatischen Pneumonie in das Krankenhaus kommt. Im Rettungswagen muß bei Bewußtlosen für Absaugung der Luftwege gesorgt werden. 10% der Bewußtlosen erleiden bereits während des Transportes eine tödliche Aspiration. Lebensgefährliche Blutungen
S. 6.
B. Schock
Bei schwerem Schock, auch S. 14, wird sofort eine i. v. Infusion eines Plasmaexpanders angelegt und — falls möglich — Sauerstoff zugeführt. Man kann die Beine hochlagern, eventuell auswickeln, falls dadurch der Abtransport nicht verzögert wird. Die medikamentöse Behandlung des Schocks ist sehr problematisch, vor allem muß ein stumpfes Bauchtrauma (S. 118) einwandfrei ausgeschlossen sein. Bei Schädel-Hirntraumen ist wie bei Bewußtlosigkeit vorzugehen (Lagerung Abb. 5), eventuell eine Infusion anzulegen und diese während des Transportes zu belassen. Insbesonders gilt dies für die lebensgefährliche Durchblutungsstörung des Gehirnes, z. B. bei Blutverlust (S. 6). Kehrt nach kurzer Bewußtlosigkeit das Bewußtsein wieder zurück, und wird der Verletzte dann wieder bewußtlos (lucides Intervall), so ist dies von demjenigen, der Erste Hilfe leistet, bei der Einlieferung in das Krankenhaus unbedingt mitzuteilen. Es besteht dann der dringende Verdacht auf eine epidurale Blutung (S. 91). C. Schmerzstillung
Hier muß äußerst vorsichtig umgegangen werden; vor Alkaloiden oder anderen drastischen Mitteln ist zu warnen; es könnte dadurch eine eventuell gleichzeitig vorhandene stumpfe Bauchverlet^ung verschleiert werden. D. Bewußtlosigkeit
Folgende Krankheitsbilder können außer Unfällen ebenfalls zur Bewußtlosigkeit führen: Herzinfarkt, Hirnschlag (Apoplexie),
Koma (diabeticum, urämicum usw.),
alle Arten von Vergiftungen (narkotische Mittel, Lebensmittel, pflanzliche und tierische Gifte, S. 9), Alkohol, erkenntlich am Geruch. Häufig sind Spuren von Erbrochenem an den Kleidern oder in der Umgebung zu finden. Bei Straßenverkehrsunfällen ist auf Grund gesetzlicher Bestimmungen an die Alkoholprobe zu denken (S. 205)! Gleichzeitige Unfälle sind nicht selten! — Ohnmacht durch Hitze,
Störungen der Atmung — Verletzung der inneren Organe der Körperhöhlen
5
Epilepsie); Ertrinken; elektrische Verletzungen, S. 37.
schlechte Luft (bei Versammlungen u. a.); Hitzschlag (Sonnenstich); krampfhafte Ohnmächten (Hysterie,
E. S t ö r u n g e n d e r A t m u n g
Ursachen:
Fremdkörper in den Atemwegen Ertrinken Erhängen Verschüttung Einwirkung von elektrischem Strom
Blitzschlag krankhafte Verengung der Luftwege Giftgase (am häufigsten Leuchtgas, Grubengas, Auspuffgase) narkotische Mittel
Zeichen: Gesicht blaurot, vergebliche Atemanstrengung, später Aussetzen der Atmung. Erste Hilfe: Atemwege besichtigen und mit dem Finger säubern. Bei Ertrunkenen und Verschütteten wird der Kopf und Oberkörper tiefgelagert, der Oberkörper ausgeschüttelt, wobei die Zunge vorgezogen wird. Künstliche Beatmung (Abb. 3, 4): Diese ist fortzusetzen, bis Selbstatmung auftritt oder bis zum einwandfreien Eintritt des Todes (eventuell 2 bis 5 Stunden). Giftgase: In frische Luft bringen. Künstliche Atmung ist verboten bei Reizgiften (Chlor, Phosphor, Nitrosegase); eventuell Luftröhrenschnitt. F. V e r l e t z u n g d e r inneren O r g a n e d e r
Körperhöhlen
Kopf: Schädelhirntrauma S. 89, Blutungen S. 91;
Kopf: Wunden bzw. freiliegende Gehirnteile sind keimfrei zu verbinden. Brustkorb: Als Komplikation von Rippenbrüchen, einer Stichwunde oder Rißquetschwunde kann der Pleuraraum eröffnet bzw. die Lunge mitverletzt sein. Es kann zur Luftansammlung im Brustraum ( = Pneumothorax), zur Blutung darin ( = Haematothorax) oder zur Kombination ( = Haematopneumothorax) kommen. Durch alle diese Vorgänge wird die Lunge zusammengedrückt, es kommt zur Atemnot. Gegenmaßnahmen: Lagerung mit erhöhtem Oberkörper, eventuell Lagerung auf die verletzte Seite, damit die nicht verletzte Lunge besser atmen kann. Bei offenem Pneumothorax S. 117 (Abb. 8). Eine Sonderform ist der Spannungspneumothorax, bei welchem die Luft zwar in den Pleuraraum hinein-, aber infolge der Ventilwirkung nicht mehr heraus kann. Es kann zur lebensbedrohlichen Verdrängung des Mediastinums kommen. Die Erste Hilfe
Abb. 9. Durchlöcherter Gummifin-
b e s t e h t i m E i n s t e c h e n einer d i c k e n N a d e l , a n
gerling auf einer dicken Nadel, welche
deren äußerem Ende
beim Spannungspneumothorax
„
,r
..
.
„
ein
durchlöcherter . . . .
.
Gummifingerling als Gegenventil befestigt
ist ( A b b . 9 ) .
zwischen den Rippen durch, m den
( m i t L u f t g e f ü ii t e n )
Pleuraraum ein-
gestochen wird
6
Erste Hilfe
Bauch: Durch Schlag, Stoß, Fall, bei einem Straßenverkehrsunfall u. a. kommt es zu einem stumpfen Bauchtrauma (S. 118); durchStich, Schuß usw. zur traumatischen Eröffnung der Bauchhöhle. In beiden Fällen können verschiedene Bauchorgane verletzt sein. Dringende Abgabe in das nächste Krankenhaus, nichts zu trinken oder zu essen geben, keine schmerzstillenden Mittel (S. 119). Wunden bzw. vorgefallene Eingeweide sind mit einem keimfreien Verband zu bedecken. G. Wunden Wunden nicht berühren! Wunden nicht auswaschen! Keine Antiseptika (Sublimat, Karbolwasser, Alkohol, Abb. 6). Keine Watteverbände, auch nicht sogenannte blutstillende! Nur steril verbinden! Dies gilt auch für die kleinsten Wunden: ohne Verband darf nicht weitergearbeitet werden (Blutvergiftungsgefahr!). Jod soll vermieden werden, da es mit der Zeit zu konzentriert wirkt und eine Dermatitis erzeugen kann. Hautabschürfungen läßt man am besten abtrocknen. Bei allen Wunden am Arm muß man sofort Ringe abnehmen. Alle Wunden innerhalb von 6 Stunden %um Ar%t bringen (S. 20).
Abb. 6. Schwere Entzündung des ganzen Gesichtes und beginnende Meningitis nach kleiner Rißquetschwunde am rechten Unterlid, welche mit Alkohl vor 3 Tagen ausgewaschen wurde (auswärtiger Fall).
H. Blutverlust Blutverlust kann nach innen oder außen erfolgen und unter Umständen lebensgefährlich werden. Das Gehirn verträgt einen Sauerstoffausfall nicht länger als } Minuten, dann tritt eine irreparable Schädigung ein. Ähnliches gilt auch für die parenchymatösen Organe wie Herz, Leber und Niere. Auch massive Bluttransfusionen helfen nach dieser Zeit nicht mehr! Bei Kindern wird der Blutverlust, auch nach außen hin, häufig unterschätzt. Man bedenke, daß ein Neugeborenes nur 350 ml Blut besitzt.
Blutverlust
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Äußere Blutungen: Bei stärkerer äußerer Blutung an den Gliedmaßen wird zuerst der verletzte Arm oder das verletzte Bein steil in die Höhe gehoben, die Wunde steril verbunden. Steht die Blutung nicht, dann macht man einen Druckverband mit mehreren Verbandpäckchen bzw. bindet unter Druck Zellstoff oder sonst gerade vorhandenes weiches Material auf die steril verbundene Wunde. Hilft dies nichts, dann wickelt man neuerlich einen Druckverband darüber. Erst wenn es trotzdem blutet, legt man die EsMARCHsche Binde (Blutsperre) an (Gummischlauch, Hosenträger usw.). Diese wird immer knapp oberhalb (herzwärts) der Blutungsstelle angelegt. Die Blutsperre muß sehr f e s t angelegt werden, sonst werden nur die (oberflächlichen) Venen zusammengedrückt. Es kommt zur Stauung, wodurch die Blutung sogar stärker werden kann. Eine Blutsperre darf nie länger als 1 Stunde liegenbleiben, sonst besteht die Gefahr einer dauernden oder vorübergehenden Nervenlähmung oder einer Ischaemie (S. 53), insbesondere am Arm. Nach einer Stunde lockert man die Blutsperre; falls die Blutung nicht steht, zieht man die Blutsperre neuerlich für eine Stunde an. Die Zeit der Abbindung ist auf einem Zettel vermerken und dieser sichtbar am Verletzten befestigen.
Falls eine Abbindung nicht möglich ist (Kopf, Hals, Supraklavikulargrube, Achselhöhle, in der Leistenbeuge = typische Fleischhauerverletzung (Abb. 7), drückt man mit dem Daumen auf die blutende Stelle, u. U. legt man den anderen Daumen darüber und drückt abwechselnd. In verzweifelten Fällen drückt man
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Erste Hilfe
ohne Rücksicht auf die Sterilität die ganze Faust in die Wunde. Liegt ein spritzendes Gefäß in der Wunde, so kann auch eine Klemme angelegt werden, die dann bis zur endgültigen Versorgung in der Wunde bleibt. Beim Verbinden hat man darauf zu achten, daß die Klemme nicht auf die Haut gedrückt wird. Bei geplatzten Krampfaderknoten (hauptsächlich am Unterschenkel bei varikösem Symptomenkomplex) Kompressionsverband!! Bei längerem Transport muß ein Wundverband eventuell nach einiger Zeit gespalten werden (vollständig bis auf die Haut), da durch die zunehmende Schwellung der Verband zu eng werden kann! Bei Wunden an Kopf, Brust und Bauch ist an die Möglichkeit der Eröffnung der jeweiligen Körperhöhle zu denken (S. 5), bei Wunden in der Umgebung von Gelenken kann die Wunde in das Gelenk reichen. Bei Nasenbluten (Epistaxis S. 101) legt man den Patienten flach nieder und läßt ihn die Nasenflügel mit Daumen und Zeigefinger zusammenpressen, eventuell muß man die Nasenlöcher tamponieren (nicht länger als 24 Stunden). —Bei Schädelgrundbruch (S. 89) wird eine Blutung aus Ohr und Nase nur steril verbunden. Bei Bluthusten (Lungenverletzung durch Anspießen mit einer gebrochenen Rippe oder Lungentuberkulose) und Bluterbrechen (Magengeschwür, Ösophagusvarizen) kann man blutstillende Mittel injizieren. Traumatische Blutungen aus der Scheide werden tamponiert, bei spontaner Blutung besteht Verdacht auf Abortus. Blutungen aus dem Mastdarm stammen zumeist von Hämorrhoiden: ruhig lagern, eventuell Tamponade. Bei offenem Pneumothorax, einer lebensgefährlichen Verletzung (S. 117), ist nach steriler Abdeckung die Wunde sofort luftdicht verschließen-, dazu verwendet man am besten Heftpflaster (Abb. 8); unter Umständen muß man den Verschluß mit einer oder mit beiden Händen machen!
Abb. 8. LuftdichterWundverschluß mit Heftpflaster bei offenem Pneumothorax.
Innere Blutungen: Nichts zu essen und zu trinken geben! Brusthöhle (S. 117), Bauchhöhle (S. 118). Spontane Blutungen in der Bauchhöhle entstehen bei Eileiterschwangerschaft — Gefühl der Müdigkeit, zunehmde Blässe und Bauchdeckenspannung. Sofort ins Krankenhaus abgeben! I. Verbrennungen
Bei schweren Verbrennungen ist die Bekämpfung des Schocks bzw. Kollapses das Wichtigste (S. 15); Brandwunden werden nur steril verbunden! Angeklebte Kleidungsstücke nicht wegreißen, sondern abschneiden. K. Erfrierungen
Man darf den Betreffenden nicht gleich in die Wärme bringen. Abreiben mit Schnee. Langsame Steigerung der Wärmezufuhr (S. 37). Erfrorene Stellen möglichst keimfrei verbinden.
Elektrische Verletzungen, Blitzschlag - Verätzungen - Vergiftungen
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L. Elektrische Verletzungen, Blitzschlag
Sofort den Strom unterbrechen; falls dies nicht möglich ist, muß man den Verletzten aus dem Stromkreis bringen, indem man ihn an den Gliedern faßt oder mit nicht leitenden Gegenständen losreißt (Stöcke, Pfosten usw.). Der Helfer muß sich auf trockenes Holz oder mehrfach übereinandergelegtes Glas stellen (Glasscheiben einschlagen) und seine Hände mit trockenen Tüchern umwickeln. Befindet sich der Verletzte nicht auf dem Boden, so ist bei der Befreiung aus dem Stromkreis an die Gefahr eines Absturzes zu denken. Die Wunden, — gleich, ob es sich nur um eine Strommarke handelt oder ob ausgedehnte Verbrennungen bestehen — werden steril verbunden. Herzstillstand (S. 2), Atemstillstand (S. 3);
Schock (S. 14), Bewußtlosigkeit (S. 4).
M . Verätzungen
Äußerlich; (innerlich S. 10). Spülen mit reichlich Wasser zur Verdünnung. Bei Laugenverätzung — erkenntlich an schmierig zerfließenden Belägen — gibt man Säure (Essig, Zitronen), bei Verätzung mit Säuren — erkenntlich am trockenen Ätzschorf — dagegen eine Lauge (Soda, Seife) S. 10. Auge (S. 108). N. Vergiftungen
Verschiedene Faktoren tragen zum stetigen Anwachsen der Vergiftungsziffern bei: der gewaltige Aufschwung der chemischen und pharmazeutischen Industrie, die Zunahme der Selbstmorde, die ansteigende Süchtigkeit. Bedenklich ist die Zunahme von Vergiftungen bei Kindern. Haushaltsgifte fallen Kindern leicht in die Hand. Nach
SVEN MOESCHLIN
(Solothurn) verteilen sich die Vergiftungen zu:
6 6 % auf Suizid, 2 4 % auf akzidentelle, 1 0 % auf gewerbliche Intoxikationen.
Unter den fraglichen Stoffen stehen Schlafmittel und Sedativa mit 37% an der Spitze; es folgen Kohlenoxyd mit 32%, Alkohol mit 8%. Alkaloide und Pilze haben einen Anteil von je 4%, Säuren und Laugen 3%, Thallium 3%. Erscheinungen: Allgemeine Schwäche, Erbrechen, Krampfanfälle, narkotischer Zustand. Bei V o r l i e g e n eines unklaren Krankheitsbildes i m m e r a n eine V e r g i f t u n g denken!
Erste Hilfe: Bei oraler Vergiftung zum Erbrechen reizen (wiederholte Gaben von heißem Kochsalzwasser), Magenausleerung, Stützung von Herz und Kreislauf. — Vergiftungen durch Einatmen giftiger Gase oder Dämpfe-, am häufigsten durch Kohlenoxyd (Leuchtgas, Auspuffgase u. a.) und Kohlensäure (Gärkeller, Silos u. a.). Die Bergung darf nur mit Gasschutzgeräten durchgeführt werden, der
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Erste Hilfe
Helfer ist anzuseilen! Beginn der Wiederbelebung des Geretteten erst in frischer Luft. Bei Schlangenbissen soll man das Glied hochhalten, die Bißstelle durch Kreuzschnitt zum Bluten bringen, sie u. U. ausbrennen und das Glied bis zur Wundversorgung durch den Arzt abbinden. Der Abtransport muß, soweit möglich, liegend erfolgen. Möglichst rasch Schlangenserum geben. Ätzgifte (Laugen, Säuren): Die Art des getrunkenen Giftes ist am Aussehen der Schorfe an den Lippen zu erkennen: Säure macht trockene Schorfe (schwarz = Schwefelsäure, gelb = Salpetersäure, weiß = Salzsäure). Als Gegenmittel gibt man Laugen (Seifenlösung, Speisesodalösung, Milch zusammen mit rohen Eiern). Bei Laugenverätzung findet man schmierige Lippenschorfe. Als Gegengabe wirken Säuren (Zitrone, Essiglösung). Kreislaufstützung! O . Knochenbrüche
Achtung! Es ist zu verhindern, daß ein geschlossener Bruch die Haut durchspießt! Sehr starke Verlegungen — außer bei offenen Knochenbrüchen — unter vorsichtigem Zug beseitigen. Dies ist besonders wichtig bei Druck eines Knochen-
Abb. 10
Abb. 11
Abb. 12
A b b . 10—12. Bruch des inneren Knöchels und Zerreißung des unteren SchienbeinWadenbein-Bandes mit Verrenkung des Sprungbeines um volle Breite nach außen bei 54jährigem durch Sturz. Die Haut über dem inneren unteren Schienbeinende scharf gespannt. Unbedingt sofort unter Zug einzurichten, sonst Hautnekrose und Infektion des Sprunggelenkes.
stückes gegen die Haut (Abb. 10—12) oder auf Nerven, z. B. beim Speichenbruch an typischer Stelle (Medianusstörung). Das gebrochene Glied wird unter leichtem Zug und Gegenzug mit beiden Händen gefaßt. Die Schienung erfolgt mit gepolsterten CRAMER-Schienen, einem gepolsterten Gipsverband, fertigen Schienen (PETIT scher Stiefel, BOFORS schiene, verschiedene Transportschienen) oder behelfsmäßig.
Knochenbrüche
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Jede S c h i e n e m u ß sehr g u t g e p o l s t e r t w e r d e n ! ( A b b . 13). Bei K ä l t e sind die geschienten G l i e d m a ß e n i m m e r sehr w a r m zu ü b e r w i c k e l n ! Jede Schiene soll in d e r Regel a u c h beide b e n a c h b a r t e n G e l e n k e feststellen; a u s g e n o m m e n sind g e l e n k n a h e B r ü c h e (S. 12).
Bei längerem Transport im Liegen soll man trachten, daß dieselbe Unfallort bis zum Krankenhaus verwendet wird.
Trage vom
Schienung der Knochenbrüche im einzelnen: Verletzte mit Brüchen im Bereiche des Schädels — die Diagnose wird man in der Regel nicht stellen können —
Abb. 13. Schlechter Verband für erste Hilfe bei Speichenbruch (14jähriger). Infolge mangelnder Polsterung und zu engen Verbandes Schwellung der Hand, das Holzstück drückt sich tief in die Weichteile. 2 Stunden nach dem Unfall! (Von auswärts.)
Abb. 14. Schlechter Notverband für Schlüsselbeinbruch. Die Binde um Arm und Brustkorb verstärkt die Verkürzung und schiebt das innere Bruchstück hoch, welches die Haut durchspießt. Richtiger Notverband = Dreiecktuch, welches den Arm hebt.
werden flach gelagert und schonend abtransportiert. Bei Bewußtlosigkeit Lagerung wie Abbildung 5. Tritt Blut aus Nase oder Ohr (Verdacht auf Schädelgrundbruch), wird ein keimfreier Verband aufgelegt. Wirbel- und Beckenbrüche werden flach gelagert, und zwar womöglich auf einer harten Unterlage, da das Durchsinken Schmerzen verursacht. Außerdem besteht die Gefahr, daß es durch das Aufsetzen bzw. Umlagern eines Wirbelbruches zur Lähmung (Querschnittslähmung!!) kommt. Die Lagerung eines Verletzten mit Wirbelbruch soll möglichst von 3 Helfern durchgeführt werden, wobei der mittlere mit beiden
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Erste Hilfe
Händen den Rücken hält. Auch der Transport sollte bis in das Krankenhaus auf einer harten Unterlage erfolgen und der Verletzte nicht umgelagert werden. Ist ein durch Wirbelbruch Verletzter gleichzeitig bewußtlos, so ist der Transport wie bei einem Bewußtlosen durchzuführen. Bei Beckenbrüchen soll man immer urinieren lassen; gelingt dies nicht (Möglichkeit einer gleichzeitigen Verletzung der Blase oder Harnröhre), dann ist der Abtransport besonders dringend! Bei Rippenbrüchen bindet man ein Tuch um den Brustkorb, falls es dem Verletzten Erleichterung bringt. Bei Brüchen des Schlüsselbeines, Schulterblattes, im Bereiche der Schulter und am oberen Oberarmende genügt die Lagerung des Armes in ein Dreiecktuch. Bei Schlüsselbeinbrüchen darf der Arm nicht an den Körper angebunden werden (Abb. 14). Bei Oberarmschaj/brüchen gibt man ein Dreiecktuch und bindet eine gepolsterte Schiene an die Außenseite des Oberarmes. Brüche am unteren Oberarmende und im Bereiche des Ellbogens werden ebenfalls mit Dreiecktuch versorgt; bei schweren Fällen oder starken Schmerzen wird der Arm zuerst auf eine gepolsterte, rechtwinkelige Schiene gelagert, dann eine Schlinge gegeben. Dieselbe Versorgung ist für Vorderarmbrüche anzuwenden. Bei Speichenbrüchen an typischer Stelle (Abb. 180) und allen Verletzungen im Bereiche der Handwurzel und Mittelhand wird eines der üblichen Armbretter oder eine gepolsterte Cramer schiene verwendet. Das Einbeziehen des Ellbogengelenkes ist nicht notwendig, dagegen eine Armschlinge. Schlecht ist eine Schienung wie auf Abb. 13. Fingerverletzungen werden mit einem gepolsterten Spatel oder einer entsprechend gebogenen Fingerschiene provisorisch versorgt, vielfach genügt eine Armschlinge. Brüche im oberen Bereiche des Oberschenkels werden liegend transportiert, eine Schienung ist gewöhnlich nicht notwendig; dagegen ist ein Sandsack oder sonst eine Stütze beim Fuß des Verletzten zweckmäßig, um Schmerzen durch Wackeln des Beines zu vermeiden. Insbesondere gilt dies für Schenkelhalsbrüche, bei denen Bein und Fuß nicht vollständig nach außen gedreht sind, sondern in einer mittleren Drehung liegen (S. 168). Brüche im Oberschenkelschaft werden an der Außenseite geschient, u. U. das gebrochene Bein an das gesunde angebunden, wobei man nicht vergessen soll, eine Polsterung zwischen die Knie zu geben; Unterstützung des Fußes von außen oder Zusammenbinden der Füße (Schuhe). Im Winter ist das Anbinden eines Schis, der mit dem hinteren Ende bis in die Achselhöhle reicht, an der Außenseite des verletzten Beines zweckmäßig. — Bei schweren Knieverlet^ungen muß man unter Umständen wie bei einem Oberschenkelbruch schienen; in den meisten Fällen ist es notwendig, das gebeugte Knie mit irgend etwas zu unterlegen. Bei Unterschenkelbrüchen ist das Bein von außen und innen zu schienen, Fuß und Knie inbegriffen. Der alte P e t i t sehe Blechstiefel hat noch immer seine Berechtigung! Das gilt auch für schwere Brüche im Bereiche des Sprunggelenkes und Fußes, wobei jedoch das Knie freibleiben kann. Leichte Verletzungen der gleichen Gegend bedürfen in der Regel keiner Schienung. Bei Kälte muß wegen Erfrierungsgefahr o f t der Schuh entfernt oder zumindest die Schnürung gelockert werden.
Offene Knochenbrüche — Fremdkörper
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P. Offene Knochenbrüche
Bei offenen Knochenbrüchen (Abb. 19—20, 157—159) ist die W u n d e das Gefährlichere. Sie wird keimfrei verbunden und der Bruch vorsichtig und unter Vermeidung von Zug geschient, auf jeden Fall so, daß vorstehende Knochenstücke nicht unter die Haut gebracht werden! (Gefahr der Verschleppung von Schmutz in die Tiefe.) Die gleiche Art der Wundversorgung und Schienung gilt für multiple Verletzungen an der gleichen Extremität, z. B. Ober- und Unterschenkel, Ober- und Vorderarm. R. Prellung (Contusio), Z e r r u n g ( D i s t o r s i o ) , B l u t e r g u ß ( H a e m a t o m )
In leichten Fällen gibt man eine elastische Binde, am Arm eine Schlinge, bei schweren Fällen muß man oft wie bei Knochenbrüchen schienen. Angenehm werden feuchte Umschläge empfunden, am besten mit Wasser. Die vielfach verwendete essigsaure Tonerde kann bei starker Konzentration zur Dermatitis führen. S. V e r r e n k u n g e n ( L u x a t i o n e n )
Jede Verrenkung ist eine schwere Verletzung, da sie in jedem Fall mit einer vollständigen Bandzerreißung einhergeht. (Abb. 126—128, 129, 220—223). Charakteristisch ist die federnde Fixation. Manche Verrenkungen lassen sich unmittelbar nach dem Unfall ohne Betäubung leicht einrichten (Finger, Schulter, S. 162, 125, Abb. 130, Ellbogen), KnieundHüfte sehr selten. Eine Schienung der Verrenkungen ist gewöhnlich nicht gut möglich, jedoch entsprechende Lagerung oder Unterstützung, z. B. bei der Hüftverrenkung durch Unterlegen unter das gebeugte Knie, bei der Schulterverrenkung durch Auffüllen des Raumes zwischen dem abstehenden Arm und dem Körper mit Polstern usw., was in der Regel aber schwierig ist. T. F r e m d k ö r p e r
Fremdkörper, die in irgendwelchen Körperteilen stecken, dürfen nicht entfernt werden! Über obere Luftwege (S. 97). Handelt es sich um lange Fremdkörper (z. B. Holzlatten, landwirtschaftliche Geräte usw.), so soll der herausragende Teil knapp außerhalb der Haut abgeschnitten werden. Dies gilt sowohl für die Extremitäten, als auch für Brust, Bauch und Becken. (Pfählungen S. 121).
In neuester Zeit ist das Schlagwort aufgetaucht: „Bei schweren Unfällen muß der Verletzte erst transportfähig gemacht werden." Die Entscheidung, ob dies oder der rasche Transport in ein Krankenhaus durchgeführt werden soll, hängt von einer Reihe von Umständen ab: Schwere der Verletzung, w e r leistet Erste Hilfe, w i e w e i t ist das nächste Krankenhaus entfernt usw. Nach unserer Erfahrung soll jedenfalls der Abtransport nach Eintreffen der Rettung nicht länger als etwa eine Viertelstunde verzögert werden. U. A u g e n v e r l e t z u n g e n (S. 105)
II. Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle Uber Gefahren und Folgen von Wunden (S. 18).
A . Blutverlust
Der Verletzte ist blaß, apathisch, Puls nicht zu tasten, Blutdruck gesunken. Das rote Blutbild ist verändert. Behandlung: Auffüllung des Kreislaufes, am besten mittels Bluttransfusion. B. Schock, K o l l a p s
Der Schock ist primär ein Problem des Durchblutungsdefizites, sowie eine Störung des Elektrolythaushaltes. Der Kreislauf ist in diesem Zustand nicht in der Lage, den ganzen Körper genügend mit Blut und somit Sauerstoff zu versorgen. Eine gewisse automatische Regelung tritt insofern ein, als zugunsten der lebenswichtigen Organe (Gehirn, Myokard, Leber und Niere) der ganze periphere Kreislauf aussetzt. Dieser kompensierte Schockzustand kann durch plötzliche Gefäßdilatation in den irreversiblen Schock umschlagen. Das ist dann kein reines Kreislaufproblem mehr, sondern ein nicht mehr beeinflußbarer Zusammenbruch des Zellstoffwechsels. Die Therapie kann daher nur erfolgreich sein, solange die allgemeine Zellschädigung noch reversibel ist. Man muß auch noch unterscheiden zwischen 1. Haemorrhagischem Schock = reiner Blutverlust, 2. Traumatischem Schock, bei welchem außer dem Blutverlust noch die Fettembolie, der Schmerz und andere Komponenten mitspielen, 3. Verbrennungsschock — Verlust von Blut, Wasser und Elektrolyten und 4. „Innere Verblutung' in das Splanchnikusgebiet, die durch eine Regulationsstörung der Gefäßnerven hervorgerufen wird. Obwohl theoretisch getrennte Zustandsbilder, sind Schock und Kollaps im akuten Zustand kaum voneinander zu unterscheiden, die Behandlung ist die gleiche. Nach Ansicht mancher Autoren ist der Begriff „Kollaps" entbehrlich geworden. Der Verletzte ist (manchmal) unruhig, schwer benommen bis bewußtlos, blaß, schweißbedeckt, die Haut kühl, der Puls kaum tastbar, fliegend, der Blutdruck gesunken, die Pupillen weit und träge reagierend. Eine genaue klinische Differenzierung zwischen kompensiertem und irreversiblem Schock läßt sich nicht treffen. Über die nötigen Untersuchungen orientiert Tabelle 1.
Schock, Kollaps - CRUSHsyndrom
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Tabelle i Notwendige Untersuchungen im Schockzustand Urinkonzentration Haemoglobin Haematokrit Gesamt-Eiweißgehalt des Blutserums
Blutdruck Pulsfrequenz Atmung Temperatur Flüssigkeitsausscheidung (Dauerkatheter)
Behandlung (Abb. 15): Ruhe, Wärme, Schmerzausschaltung, Stützung des Kreislaufes, Dauertropfinfusion, in erster Linie Blut, dann die sogenannten PlasmaB
Abb. 15. S c h o c k b e k ä m p f u n g (A, B, C). A.: Der Verletzte wird auf warme Decken gelegt und mit warmen Tüchern bedeckt. Zuführung von Wärme (Bestrahlungslampe, Heißluftkasten). B.: Die verletzte Gliedmaße wird ruhiggestellt (Schienen, Sandsäcke), über eine blutende Wunde kommt ein Druckverband, die Bruchstelle wird örtlich betäubt. Kalter Schweiß wird von der Stime gewischt, dem Verletzten wird beruhigend zugesprochen. Blutdruck messen und Puls zählen. Etwaige schmerzlindernde Injektionen (cave Morphium bei Bauchverletzungen). C.: Eventuelle weitere Maßnahmen: Plasma- und Blutinfusion, intravenöse Injektionen, Novocain intravenös, Sauerstoff, subcutane Kochsalzinfusion. (Aus „Atlas unfallchirurgischer Operationen" von O. R u s s e , Verlag Wilhelm Maudrich, Wien, 1955.)
expander, also Elektrolytersatztherapie, vegetative Dämpfung; Kortikosteroide. Die Messung der Urinausscheidung ist diagnostisch und prognostisch wesentlich. (S. auch Erste Hilfe S. 4). C. CRUSH-Syndrom
Unter CRUSH-Syndrom versteht man ein Krankheitsbild, bei dem es durch Zermalmung oder Zerquetschung von größeren Muskelpartien zu ausgedehnten Nekrosen kommt. Dies führt zu Zellschäden an Leber und Niere. Klinisch bestehen die Symptome eines starken, schwer behebbaren Schocks mit Anurie. Die Behandlung besteht daher in den beim Schockzustand angegebenen Maßnahmen und der Förderung der lokalen Durchblutung. Unter Umständen ist das Anlegen einer „künstlichen Niere" nötig.
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Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle
D. Fettembolie
Wir unterscheiden die primäre Fettembolie, die im Rahmen des Schockgeschehens untergeht bzw. dieses durch Benommenheit (zerebrale) und Atemnot (pulmonale Schädigung) verstärkt. Bei der Obduktion findet man in den Lungen, im Gehirn und in den parenchymatösen Organen eingeschwemmte Fetttröpfchen. — Die sekundäre Fettembolie tritt in der Regel bei Männern im besten Lebensalter, hauptsächlich mit geschlossenen Unter- oder Oberschenkelbrüchen einige Tage nach dem Unfall auf, nachdem sich der Verletzte von den primären Unfallfolgen schon erholt hat. Wir unterscheiden die cerebrale (zentrale) Form mit Bewußtseinstrübung bis Bewußtlosigkeit, mäßigem Fieber und die pulmonale Form mit hohem Fieber und Dyspnoe. Die ersten Anzeichen sind Petechien, hauptsächlich an den seitlichen Brustkorbpartien, sowie Veränderungen im Augenhintergrund. Letztere Veränderungen werden jedoch erst am 2.—3. Tage nach Auftreten der ersten klinischen Erscheinungen erkennbar. Behandlung: Vorweg sei festgehalten, daß es keinen prinzipiellen Unterschied in der Therapie der sogenannten pulmonalen und zentralen Fettembolien gibt. a) Zur E n t f e r n u n g des im B l u t e k r e i s e n d e n F e t t e s : Cholinphospholipide (Lipostabil). Dosierung bei manifester Fettembolie 50 — max. 80 ml pro Tag i. v. — Einzeldosis 10—15 ml sehr langsam injiziert, 3 Minuten für 5 ml. Diese Therapie läuft bis 1 Tag nach Abklingen der klinischen Symptome. b) Gefäßerweiternde Mittel wie z. B. Nicovasen i. m. 3 mal täglich eine AmpulleEventuell Panthesin-Hydergin 2mal täglich 1 Ampulle (in der Tropfinfusion). Bei Jugendlichen entsprechend geringere Dosierungen. Dazu kommt selbstverständlich die symptomatische Therapie je nach den gegebenen Erfordernissen, wie: Stützung von Herz und Kreislauf, Antibiotika, Sauerstoffzufuhr, unter Umständen mit Sauerstoffzelt, eventuell medikamentöse Hibernisation u. a. E. Lungenentzündung
Hypostatische oder konfluierende Bronchopneumonie, insbesondere bei älteren Leuten, Trinkern. Vorbeugung: Häufig aufsetzen, Schmerzausschaltung, Expektorantia, Inhalation, Atemübungen. Behandlung: wie sonst. F. D e l i r i u m tremens
Bei chronischen Alkoholikern. Zeichen: Bewußtseinsstörung, Beschäftigungsdelirien bis Toben, Zittern, Herzund Kreislaufschwäche. Behandlung: die früher übliche Alkoholgabe ist durch allgemeine Sedierung überholt. Man gibt Paraldehyd per os oder mit Sonde, Anfangsdosis A—7 g pro die. Bei folgendem Erbrechen Wiederholung der Dosis mit Magensonde. Dazu kommen noch allgemein Sedativa, sowie Herz- und Kreislaufstützung, PneumonieProphylaxe und hohe Dosen von Vitamin B und C.
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Posttraumatischer KOSRAKOW - Dekubitus
G. Posttraumatischer KORSAKOW
Er bietet ein ähnliches Bild, wie das Delirium tremens, ist jedoch nicht durch Alkohol bedingt. Die Unterscheidung zwischen den beiden letzten Krankheitsbildern ist durch die Anamnese zu prüfen (von den Angehörigen). H. Dekubitus
Er tritt an Stellen auf, auf denen der Verletzte liegt, insbesonders, wo Knochen unmittelbar unter der Haut sind, also im wesentlichen über dem Kreuzbein, den Fersen, den Schulterblättern, in besonders schweren Fällen am Hinterhaupt. Behandlung: Pflege der Haut, entsprechende Lagerung, glatte Unterlage, Luftpolster bzw. Schaumgummimatratze, bei Querschnittsgelähmten Drehbehandlung (S. 113).
E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
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III. Zufallswunden und ihre Folgen Erste Hilfe (S. 6) A l l g e m e i n e Regeln 1. D e n Verletzten i m m e r zur Untersuchung und z u m V e r binden niedersetzen lassen! 2. Bagatellverletzungen nicht m i ß a c h t e n ! ( A b b . 16—17). 3. N i e a u s w a s c h e n ! Nicht m i t antiseptischen L ö s u n g e n oder A l k o h o l spülen!
4. Das Jodieren frischer Wunden ist überholt. 5. Die peripheren Gliedabschnitte sind immer auf Motilität und Sensibilität zu untersuchen (Ubersehen von Sehnenund insbesondere Nervenverletzungen!). 6. Eine Wunde darf erst nach gründlichstem Ausschneiden genäht werden (innerhalb der ersten 6—8 Stunden). Über die „Aufgeschobene Primärversorgung" (S. 25). 7. Für Schußwunden kommt die Naht überhaupt nicht in Betracht. 8. Bei Verwendung örtlicher Betäubung darf man niemals von der Wunde her, sondern nur in die normale Haut einstechen (S. 62, Abb. 54—55). 9. Entsprechende Ruhigstellung! 10. Über Wundstarrkrampfprophylaxe (S. 31). 11. Antibiotika und Sulfonamide (S. 25).
Stark infektionsgefährdet sind Fleisch- und Tierabfall verarbeitende Berufe. A.
Hautabschürfungen
An unbedeckten Körperstellen (Knie, Hände, Gesicht) läßt man Hautabschürfungen am besten offen oder bestreut sie mit einem Sulfonamid-Puder. In 12—24 Stunden bildet sich ein trockener Schorf, dessen Abfallen man abwartet. Sammelt sich darunter Eiter an, dann hebt man die Kruste ab und behandelt mit Salbenverbänden. Auf Hautabschürfungen an normalerweise bedeckten Körperstellen gibt man am besten einen dünn gestrichenen Salbenverband. Dasselbe gilt für den Schuhdruck (Blase anstechen, aber nicht abtragen). B. Bagatellverletzungen
Kleine Verletzungen des täglichen Lebens, wie Stiche, Quetschungen, Hautabschürfungen, Nagelabrisse Kratzer, kleine Rißquetschwunden.
Fremdkörper
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Häufig werden sie vom Träger nicht beachtet, können jedoch gerade deswegen oft zu schweren Folgen führen. Nicht selten schließt sich an eine kleine Stichwunde im Bereiche eines Fingers eine Zellgewebsentzündung, eine Sehnenscheidenphlegmone an, die durch weiteres Fortschreiten auf den Vorderarm zur schweren Zellgewebsentzündung führen kann. Selbst in gutausgehenden Abb. 16 Abb. 17 Fällen bleibt oft eine weitgehende Fingerversteifung Abb. 16—17. Finger- und Handgelenksversteifung bei 61jährigem Hilfsarbeiter nach Bagatellverletzung (Holz(Abb. 16—17). Bei kleinen Holzsplitterver- span in die Beugeseite des Kleinfingers eingezogen) und anschließender auf den Vorderarm fortschreitender Sehnenletzungen oder Wunden an scheidenentzündung. Völlige Gebrauchsunfähigkeit der Zehen und Fingern bricht Hand. (Auswärts behandelt.) relativ oft Wundstarrkrampf aus. Gerade Stichverletzungen sind gefährlich, weil bei ihnen Fremdkörperteile und Schmutz in die Tiefe gebracht werden, die Eintrittsöffnung sehr klein ist und sich rasch schließt, während sich die Infektionskeime in der Tiefe ausbreiten können. Besonders gefährlich ist dies, wenn der Fremdkörper in eine Sehnenscheide oder in ein kleines Gelenk eingedrungen ist. Behandlung: Schutzverband; außerdem ist der Verletzte aufmerksam zu machen, daß er sich bei irgendwelchen Zeichen einer beginnenden Entzündung sofort an den Arzt wenden muß. Dann verhält man sich wie bei beginnenden oder ausgebildeten Entzündungen (S. 27). Stichwunden der Fußsohle (S. 193). C. Fremdkörper
Holz- und Glassplitter, Steinchen usw. sind im Rahmen der operativen Wundversorung (S. 21) zu entfernen. Dann kann die Wunde genäht werden. Tintenstiftverletzungen sind im nicht verfärbten Gewebe auszuschneiden und offen zu lassen! Nicht ausgeschnitten führen sie zu Nekrosen und oft schweren Entzündungen. Nähnadeln soll man in der Regel entfernen, jedoch gehört dazu gewöhnlich eine Röntgenaufnahme, eventuell ein Schirmbildgerät. Auf keinen Fall soll sich der praktische Arzt in der Sprechstunde auf Nadelsuchen einlassen! Es besteht sonst die Gefahr, daß der Fremdkörper nicht sofort gefunden wird, die Operation zieht sich in die Länge und durch das Suchen werden die Weichteile beschädigt. Dies kann zu Abszessen, Phlegmonen und den sich daraus ergebenden Folgen führen.
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Zufallswunden und ihre Folgen
Kleine metallische Fremdkörper soll man vorerst ruhig belassen, insbesondere die bei Schmieden und Schlossern häufigen „Hammerschläge" (kleine wegspringende Metallstücke); sie sind praktisch steril und heilen gewöhnlich reaktionslos ein. Machen sie doch Störungen, so kann man sie sekundär entfernen; kommt es zur Infektion, so liegt das Metallstück in einer Abszeßhöhle und kann nach deren Eröffnung leicht entfernt werden. Im Gegensatz dazu müssen Leichtmetallsplitter (z. B. Dural) immer primär entfernt werden, da sie in der Regel zur Entzündung führen. In letzter Zeit mehren sich die Verletzungen durch Fettdruckpressen. Auch hier ist das unter die Haut gepreßte Fett operativ zu entfernen, da es sonst zu Nekrosen kommen kann. D. Zufallswunden
Die Wunden kann man entweder der Entstehung nach einteilen in Stich-, Schnitt-, Biß-, Schußwunden oder der Ausdehnung nach in oberflächliche, bis in die Subkutis reichende und tiefergehende mit Verletzung oder Durchtrennung von Sehnen, Muskeln, Gefäßen, Nerven, Eröffnung von kleinen oder großen Gelenken und Körperhöhlen. Über die Mitbeteiligung von tiefergelegenen Geweben kann man häufig beim bloßen Anblick der Wunde nichts sagen, (S. 172 Knie, Abb. 249). Am häufigsten sind Rißquetschwunden, die durch eine mehr oder minder stumpfe Gewalteinwirkung, z. B. Darauffallen von Gegenständen oder durch Sturz verursacht werden. Ferner zählen hierher in der Regel die Wunden bei offenen Knochenbrüchen. Bei den Rißquetschwunden sind die Wundränder unregelmäßig gezackt, sie selbst, sowie die umgebende Haut und Weichteile sind mehr oder minder stark gequetscht. Häufig, insbesondere bei tangentialer Gewalteinwirkung, ist die Umgebung der Wunde abgeschürft, manchmal auch die umgebende Haut von der Unterlage abgelöst. Die drei Zonen einer Wunde (Abb. 18): 1. Gewebslücke, 2. zertrümmertes Gewebe mit Fremdkörpern und Krankheits keimen,
Abb. 18. Wundausschneidung nach F r i e d r i c h (sackförmig), gleichzeitig die 3 Zonen einer Zufallswunde — 1 Gewebslücke, 2 Zone der Gewebszertrümmerung mit Fremdkörpern und Krankheitskeimen, 3 Zone des gequetschten und erschütterten Gewebes.
3. durch Quetschung und Erschütterung geschädigtes und in seiner Lebensfähigkeit herabgesetztes Gewebe. Die 2. und 3. Zone sind bei stumpfer Gewalteinwirkung oder Schußwunden sehr breit. Ferner muß man die Wunden in frische und veraltete — die Grenze liegt bei 6—8 Stunden ( F R I E D R I C H ) — und infizierte einteilen.
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1. Frische Zufallswunden
Konservative Wundbehandlung. An der Wunde wird überhaupt nichts getan; eventuell werden grob weghängende Gewebeteile weggeschnitten und dann der betreffende Körperabschnitt genauestens ruhiggestellt. Die Wunde selbst bedeckt man mit einem Salbenverband. Die Ruhigstellung ist %u belassen, bis die Wunde abgeheilt ist. Wichtig ist, auf die Erhaltung der Beweglichkeit der nicht ruhiggestellten Gelenke achten (S. 65). Diese Art der Wundversorgung kann heute unter Normalverhältnissen nicht mehr empfohlen werden. — Veraltete Wunden (S. 27). Operative Wundversorgung. Grundsatz der operativen Wundversorgung ist, durch einwandfreie, gründlichste Ausschneidung der Wundwände mit Entfernung aller gequetschten und verschmutzten Teile praktisch dieselben Verhältnisse wie bei einer operativ gesetzten Wunde zu schaffen. D a n n erst d a r f die W u n d e genäht w e r d e n ! W u n d n a h t ohne diese V o r b e d i n g u n g e n ist äußerst gefährlich! Die operative W u n d v e r s o r g u n g d a r f nur in den ersten 6 — 8 Stunden erfolgen (FitiEDRicHSche Zeit). W i c h t i g ist die anschließende absolute, ununterbrochene Ruhigstellung!
Die Grundlage für die operative Wundversorgung ist die Wundausschneidung nach FRIEDRICH (1898), der nachwies, daß durch die sackförmige Exstirpation (Abb. 18) einer frischen, mit Infektionskeimen beschickten Zufallswunde diese ebenso heilt wie eine operativ gesetzte. Diese „sackförmige Wundausschneidung nach F R I E D R I C H " kommt praktisch nur für kleine, bis in die Subkutis reichende Zufallswunden in Betracht. An größeren und großen Wunden kommt die operative Wundversorgung (o. W. V.) zur Anwendung. Sie wird in örtlicher (2%ige Novocainlösung, S. 61) oder in Leitungsbetäubung durchgeführt; allgemeine Betäubung ist in der Regel nicht zweckmäßig, da die Verletzten nicht nüchtern sind. Unter Umständen, besonders bei Kindern, wird sich trotzdem manchmal eine allgemeine Betäubung nicht vermeiden lassen. Man wird jedoch wenn irgend möglich die Einwilligung der Eltern zum operativen Eingriff und zur Narkose einholen (Tab. 2). Unter Umständen kommt auch hier die „Aufgeschobene Primärversorgung" (S. 25) in Betracht. — Bei Fingern macht man die Leitungsbetäubung nach OBERST (S. 62 Abb. 56), sonst die Umspritzung des Wundgebietes mit 2%iger Lösung, bei ausgedehnten Wunden %proz. Man kann ohne Besorgnis bis 150 ccm einer %proz.igen und bis 50—60 ml einer 2%igen Novocainlösung einspritzen. Am Arm kann man unter Umständen die subaxilläre Leitungsanaesthesie (Abb. 58—59) oder die Plexusbetäubung verwenden. — Keine Blutleere, da man dann nicht sieht, ob bzw. wie weit das Gewebe noch gut durchblutet ist. Bei größeren Wunden braucht man eine Assistenz, welche mit Haken die Wunde spreizt, damit alle Taschen zu übersehen sind. Zuerst wird ein 2—3 mm breiter Hautrand mit Schere oder Messer weggeschnitten, dann die Wunde gespreizt, die Instrumente gewechselt und die Wundwand weggeschnitten. Man beginnt zweckmäßigerweise an einer Stelle und schreitet der Fläche nach gegen die
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Tabelle 2 O p e r a t i o n s - bzw. N a r k o s e e i n w i l l i g u n g bei M i n d e r j ä h r i g e n D a s ist zu beachten!
1. Wird ein Minderjähriger eingeliefert, bei dem ein lebensnotwendiger Eingriff sofort durchzuführen ist, so kann dies ohne Einwilligung eines Elternteiles oder sonstigen Erziehungsberechtigten erfolgen. 2. Kommt jedoch ein Minderjähriger zu einer unumgänglichen, aber nicht sofort notwendigen Operation oder sonstigem Eingriff, so ist unbedingt die schriftliche Zustimmungserklärung der Eltern oder Erziehungsberechtigten erforderlich. 3. Ist die Beibringung einer solchen aus örtlichen oder zeitlichen Gründen nicht schnell möglich, so kann die Zustimmungserklärung auch telegrafisch, auf jeden Fall aber schriftlich, nicht aber telefonisch erfolgen. 4. Die Zustimmungserklärung muß so gehalten sein, daß eindeutig der Name des Patienten und der Verwandtschaftsgrad des Erziehungsberechtigten daraus hervorgehen. andere Seite zu fort, so daß gleichsam „hinter der Front" alles ausgeschnitten und rein ist. Wichtig ist, daß die Instrumente (Messer, Pinzette usw.), welche einmal im unreinen Gebiet waren, nicht mehr mit dem reinen in Berührung kommen. Man hebt mit Pinzette, Wäscheklemme oder Wundhaken das „unterschnittene" Gewebe hoch (Abb. 18), so daß man mit dem Messer immer im Reinen bleibt. Spritzende Gefäße werden abgeklemmt, aber nicht unterbunden. Die Klemmen bleiben bis zur Beendigung der Operation liegen und werden dann entfernt. Falls die Gefäße dann noch spritzen, werden sie unterbunden, in der Regel ist jedoch in der Zwischenzeit eine Verstopfung eingetreten. Grundsatz ist, keine oder möglichst wenig Ligaturen anzulegen. In dieser Weise werden Fettgewebe, Faszie, Muskeln, Periost mit dem Messer gereinigt. Schlecht ist es, einmal da und einmal dort in der Wunde herum^uschneiden. Verschmutzte Knochen werden mit der Knochenzwickzange (LUER) oberflächlich abgezwickt und somit gereinigt. Völlig freie Knochensplitter werden entfernt, am Periost hängende nur mechanisch gereinigt (Achtung vor Entsplitterung wegen Gefahr einer Defektpseudarthrose). Bei frei durch die Wundhöhle ziehenden Nerven und größeren Gefäßen werden das umgebende Gewebe (z. B. Perineurium) weggeschnitten, Nerven und Gefäße selbst geschont. Alle Wundtaschen werden ebenfalls mit dem Messer gereinigt, u. U. muß man die Hautwunde durch einen Schnitt nach beiden Seiten zu verlängern, um einen guten Überblick zu bekommen. Die Ausscheidung einer größeren Wunde benötigt viel Erfahrung
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Abb. 20
Abb. 19 Abb. 19 u. 20. Offener Unterschenkelbruch bei 15jährigem Mädchen, von Auto überfahren. 1/2 Jahr später, Heilung mit voller Gebrauchsfähigkeit, keine Verkürzung, gerade Achse, freie Gelenksbeweglichkeit.
und nimmt mitunter viel Zeit in Anspruch. Abb. 19—20 zeigt den Erfolg bei einem schweren offenen Unterschenkelbruch. Die o. W. V. hat auch diagnostischen Wert, da dabei durchtrennte Sehnen oder Nerven und eröffnete Gelenke erkannt werden; dies ist prognostisch und therapeutisch sehr wichtig! Die Reinigung der Wunde wird also mit dem Messer durchgeführt und ist eine mechanische und keine chemische, bakterielle oder serologische Angelegenheit! Nach Beendigung der o. W. V. wird nur die Haut genäht, keine Faszien-, keine Muskelnaht. Durchtrennte Nerven werden primär genäht, Sehnennähte darf man nur bei glatten Schnitten machen, nicht bei Rißquetschwunden, z. B. Kreissägeverletzungen (Gefahr der Infektion!). An dieser Stelle sei vermerkt, daß ISELIN seine „Usance differee" (Aufgeschobene Dringlichkeit, Technik S. 25) primär für schwere Handverletzungen, insbesonders mit Sehnen- und Nervendurchtrennung angewandt hat. Mit dieser Technik kann der Erfahrene primär auch durchtrennte Nerven, Sehnen und Knochenbrüche versorgen. Auf die genähte Wunde selbst kommt ein trockener steriler Tupfer. In letzter Zeit wurden von der pharmazeutischen Industrie wenig haftende Verbände ausgegeben, die sehr zweckmäßig sind und insbesondere den ersten Verbandwechsel schmerzloser gestalten. Z. B. die Solvaline. Vor Hautnaht unter Spannung muß dringend gewarnt werden,
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sie führt zur Hautnekrose und über dieselbe zur Wundinfektion. — Dann wird sofort die Ruhigstellung angelegt (S. 65). Wird dazu ein Gipsverband verwendet, so muß dieser sofort der ganzen Länge nach gespalten und aufgebogen werden (S. 68). In manchen Fällen, insbesonders bei größeren oder stärker gequetschten Wunden ist die verbandlose Wundbehandlung nach 2—3 Tagen zweckmäßig. Bestehen Wundtaschen oder eine stärkere Zerreißung der Muskulatur, so werden ein bis mehrere Gummidrains oder Gummilaschen bzw. eine Redon(Saug)Drainage für 24—48 Stunden eingelegt. Sie sind von der Wundhöhle oder -tasche aus durch die normale Haut, nicht durch die Wundwinkel hinauszuleiten. Auf die Hautöffnung nach Entfernen des Drains wird ein Salbenverband gelegt. An dieser Stelle seien auch die verschiedenen Hautplastiken kurz erwähnt. Sie sind bei Spannung, Hautverlust und dann anzuwenden, wenn die Wunde über einem eröffneten Gelenk, einer freigelegten Sehne, eventuell einem blanken Knochen liegt; diese Gebilde müssen auf alle Fälle mit gut durchbluteter Haut gedeckt werden. Dazu gibt es folgende Techniken: Scherengitterartige Deckung (Abb. 21—23); dabei ist zu beachten, daß die Entspannungsschnitte nur bis in die Subkutis reichen; Spalthautlappen (Abb. 24);
Abb. 21
Abb. 22
Abb. 23
A b b . 21—23. Deckung eines Hautdefektes bei offenem Unterschenkelbruch durch scherengitterartige Hautschnitte. Die Hautränder können dadurch s p a n n u n g s l o s genäht werden. Die Incisionen bleiben offen und werden am besten mit Solvaline oder Fettgaze bedeckt.
Traumatischer Hautverlust am UnterSchenkel, frisch mit Spalthautlappen vom Oberschenkel gedeckt.
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bei die die der
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kleineren Defekten der alte TmERSCHlappen; ERLER-Plastik (Abb. 2 0 5 — 2 0 8 ) ; Vollhautplastik, besonders geeignet am Finger; gestielte Hautlappen;
die CRC>ssLEG-Plastik (von einem Bein auf das andere, die man bei Frauen aus kosmetischen Gründen besser nicht verwenden soll); die TuNNEL-Plastik aus der Bauchhaut; die REVERDIN-Plastik kommt am ehesten noch zur sekundären Deckung in Verwendung, bei primärer Deckung gibt eine der oben erwähnten Plastiken bessere kosmetische Ergebnisse. Die Plastik bedeckt man mit einem nicht klebenden Verband wie Fettgaze, Solvaline usw. Sekundäre Plastiken (S. 27) Für Amputationen wurde früher das sogenannte Amputationsschema angegeben (z. B. das klassische nach ZUR VERTH). Alle angegebenen Darstellungen sind überholt l Jeder erhaltene Millimeter eines Fingers oder der Mittelhand kann für die Wiederherstellung von entscheidender Bedeutung sein. Für dieses Buch, welches sich an Studierende und praktische Ärzte wendet, ist daher die Forderung aufzustellen, jeden Handabschnitt so lange {weit) als möglich erhalten. 2. Antibiotika und Sulfonamide
Ja oder Nein? Nach anfänglich großer Begeisterung und vielfachem Gebrauch (sogar Übergebrauch!) hat sich herausgestellt, daß bei ihrer Anwendung die Wundheilung nicht besser verläuft als ohne sie. Bei Gebrauch der Antibiotika und Sulfonamide besteht aber die Gefahr, daß der Verletzte gegen viele dieser Mittel immun wird. Bei einer eintretenden Infektion versagt dann ihre nötige Hilfe. Daher kann man bei der frischen Zufallswunde nach einer exakten operativen Wund V e r s o r g u n g auf die Antibiotika und Sulfonamide verzichten. Die 6 — 8 Stundenfrist nach FRIEDRICH kann durch die „Aufgeschobene Dringglichkeit" auf 1—2 Tage verlängert werden. Dies muß jedoch Spezial- und Schwerpunktkrankenhäusern überlassen bleiben. Vorbereitung: Nach der Schockbehandlung wird in Lokal-, Leitungs- oder Allgemeinanaesthesie die Wunde in einer l°/0-Lösung einer quartären Ammoniumbase mit einer Bürste gut gewaschen; nötigenfalls muß eine Blutstillung vorgenommen werden. Anschließend wird die Wunde mit feuchten Kompressen derselben Lösung verpackt und die verletzte Extremität auf einer Schiene ruhiggestellt. Außerdem erfolgt eine Simultan-Impfung gegen Tetanus. Antibiotica werden verabreicht. Schwere Extremitätenverluste sollen nach entsprechender Schockbekämpfung dorthin verlegt werden. Alle an den Beinen Verletzte sollen bis zum Abheilen der Wunde Bettruhe halten. Man lagert das Bein Zweckmäßigerweiser hoch, z. B. auf eine BRAUNsche Schiene (S. 81). Alle schwereren Verletzungen des Armes sollen ebenfalls hochgelagert werden (bessere Durchblutung und Vermeidung von Stauungen). Anschließend an die operative Wundversorgung hat man Temperatur, Puls und Schmerzen genau zu beobachten. Gegen die in der Regel auftretenden Wund-
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schmerzen kann man schmerzstillende Mittel geben, soll jedoch Alkaloide vermeiden! Bei glattem Wundverlauf bleiben die Nähte 2—3 Wochen. Die Ruhigstellung bleibt ebenso lange. In der Zwischenzeit ist darauf zu achten, daß alle nicht ruhiggestellten Gelenke vom Tage nach dem Unfall an täglich mehrere Male in vollem Umfang selbsttätig bewegt werden! Die Wundschmerzen sollen in einigen Tagen abgeklungen sein. Ist dies nicht der Fall, treten stärkere Schmerzen, u. U. zunehmende Schwellung und Rötung an der Wunde, eventuell Entzündung der Lymphbahnen oder der regionären Lymphdrüsen auf, dann müssen sofort mehrere Nähte gelüftet werden. Häufig beruhigt sich dann noch die Wunde, wenn etwas Sekret abgeflossen ist. Anderenfalls sind sofort alle Nähte zu entfernen, damit es nicht zu deren Spannung und einer in die Umgebung weiterschreitenden Infektion kommt. Die Ruhigstellung darf jedoch keinesfalls entfernt oder unterbrochen werden. Die Temperatur ist auch bei glatter Wundheilung häufig einige Tage erhöht, soll jedoch nach spätestens 8 Tagen normal sein. Zweckmäßigerweise wird sich der praktische Arzt so verhalten, daß er größere Wunden oder solche, bei denen der Verdacht besteht, daß sie tiefer gehen, bei denen u. U. Sehnen, Nerven oder Knochen mit verletzt oder ein Gelenk eröffnet ist, in ein Krankenhaus abgibt. Besonders gefährlich sind in dieser Hinsicht Hackverletzungen im Bereich des Knies (S. 172, Abb. 249); hier ist oft auch bei einer kleinen Wunde das Gelenk eröffnet. Auch das Setzen von Wundklammern ohne Exzision führt nicht selten zur Infektion. So sah ich erst vor kurzem auf dem Sektionstisch einen 4jährigen Jungen. Er war beim Rodeln an einen Baum gefahren, hatte eine Rißquetschwunde der Stirne. Der Hausarzt setzte einige Klammern darauf und als es zur Infektion kam, schickte er ihn in das Krankenhaus. Dort wurden die Klammern entfernt, es bestand aber bereits eine schwere Meningitis, welche nicht mehr beherrscht werden konnte. Bei der Obduktion fand sich eine Impressionsfraktur des Stirnbeines von 3x2 cm ! Sehr gefährdet sind auch alle Bißwunden! bei denen schwere bakterielle Infektion und Weichteilquetschung anzunehmen sind. Verdächtig sind auch schwere Quetschungen mit einer kleinen Hautwunde, insbesonders an Körperstellen mit dicker Muskulatur (Oberschenkel, Wade, Vorderarm u. a.). Häufig sind unter der Haut die Muskeln weitgehend zerrissen und abgequetscht. In diesen Fällen muß die Hautwunde entsprechend erweitert und rücksichtslos alle gequetschten und zerrissenen Sehnen und Mus-
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kein weggeschnitten werden; sonst besteht große Gefahr, daß es zum Gasbrand oder einer schweren Entzündung kommt. Bei Bißwunden von Tollwut-verdächtigen Tieren ist eine Anzeige an die Polizei und in der nächsten zuständigen Klinik eine Tollwutimpfung zu machen. Wundstarrkrampf prophylaxe (S. 31). Sehnennähte an den Fingern (S. 153). 3. Veraltete und alte W u n d e n
Bei veralteten, d. h. über 6—8 Stunden alten Zufallswunden, die nicht primär im Sinne der „Aufgeschobene Dringlichkeit" (S. 25) behandelt wurden, kommt nur mehr die konservative Behandlung in Betracht (S. 21); in manchen Fällen kann auch die verbandlose Wundbehandlung durchgeführt werden. Hier kommt auch noch die „Sekundärnaht" in Betracht, wenn die Wundfläche rein erscheint. Die Nähte müssen dabei weiter auseinandergesetzt und dürfen nicht stark angezogen werden. Veraltete offene Knochenbrüche.
Bei alten Wunden ohne entzündliche Erscheinungen sind durch Ruhigstellung und Hochlagerung günstige Heilungsbedingungen zu schaffen. So sieht man z.B., daß Wunden über Fingerknöcheln, die schon wochenlang bestehen, durch Ruhigstellung mit Fingerschiene in kurzer Zeit abheilen. Bei guter Heilungstendenz gibt man am besten nur einen trockenen oder Salbenverband. Geht die Epithelisierung langsam vor sich, so müssen hypertrophische Granulationen mit Lapissalbe oder durch Wegschneiden mit der Schere weggebracht werden. Im übrigen wechseln die Salben, die zur Wundbehandlung verwendet werden, so häufig, daß hier gegebene Hinweise in 1—2 Jahren unmodern wären. Wichtig ist, daß sie nicht reizen und daß bei langsamer Epithelisierung gewechselt wird. Sonst kommen auch in Betracht: Umschläge mit Kamillen, l%iger Borlösung, 10%iger Kochsalzlösung usw. In letzter Zeit wurden wieder die Harnstoffpräparate, ferner Sulfonamide und Antibiotika in Salben- oder Pulverform gelobt. Das Geheimnis einer erfolgreichen Behandlung oberflächlicher, granulierender Wunden liegt oft darin, Salben mit Umschlägen und Trockenbehandlung zu wechseln, um das Gewebe immer wieder neu anzuregen, ohne zu reizen. Bei größeren Epithelverlusten ist bei entsprechender Beschaffenheit der Granulationen (rot, nicht glasig) eine sekundäre Deckung, am besten mit Spalthaut- oder THIERSCH-, eventuell R E V E R D i N l ä p p c h e n am zweckmäßigsten. Die Plastik bedeckt man mit Fettgaze oder Solvaline; manchmal ist es zweckmäßig, sie ungefähr 14 Tage mit Kochsalz- oder Kamillenumschlägen feucht zu halten. Die so entstandene Narbe ist wesentlich fester und widerstandsfähiger als das dünne zarte Epithel, welches vom Rande her den Hautverlust schließlich überdecken würde. Bei starkem Geruch streut man Borsäure auf die Wunde oder zwischen die Tupfer. Borsäure ist auch spezifisch gegen den Bazillus pyocyaneus (zu erkennen an der blaugrünen Verfärbung des Verbandes). 4. Infizierte W u n d e n
Bei infizierten Wunden muß zunächst festgestellt werden, ob die Infektion rein lokal oder fortschreitend und ob sie von Allgemeinerscheinungen begleitet ist. Dazu mißt man Temperatur und Puls, sieht die Zunge an (trocken oder feucht) und prüft, ob der Verletzte nicht subikterisch ist (beginnende Sepsis). Dann
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drückt man vorsichtig auf die Umgebung der Wunde, um festzustellen, ob Taschen vorhanden sind oder nicht. Selbstverständlich kommt auch die Beurteilung des Aussehens der Wunde dazu. Ferner sind rote Streifen der Lymphbahn ( L y m p h a n g i t i s , vornehmlich an der oberen Extremität) und druckschmerzhafte Verhärtung der regionären Lymphdrüsen ( L y m p h a d e n i t i s ) — in der Leiste, an der Ulnarseite des Oberarmes proximal der Ellenbeuge und in der Achselhöhle — Zeichen einer beginnenden Allgemeininfektion. Ist die Infektion lokal — Wunde schmierig belegt, mehr oder minder stark sezernierend, Umgebung gerötet, keine Taschen, Temperatur normal oder erhöht, Puls parallel der Temperatur, Zunge feucht — so wird der betreffende Gliedabschnitt einwandfrei ruhiggestellt, am besten mit einem Gipsverband, der gespalten und in den ein Fenster über der Wunde geschnitten wird. Handelt es sich um einen Finger, so wird er auf einer Fingerschiene fixiert, bei mehreren Fingern oder Entzündungen in der Hohlhand oder am Handrücken werden alle Finger mit einer „ulnaren" Fingerschiene (Abb. 62) ruhiggestellt; unter Umständen wird auch noch am Daumen eine Fingerschiene angelegt, z. B. bei Gefahr einer V-Phlegmone der Hand (Entzündung in der Sehnenscheide des Daumens und Kleinfingers). Dann wird das Glied hochgelagert. Auf die Wunde selbst gibt man einen keimfreien Verband oder besser einen Salbenverband. Nicht empfehlenswert sind in diesem Stadium feuchte Verbände oder der Versuch mit Chemikalien (Antiseptika). Hier ist die Anwendung der Antibiotika und Sulfonamide angezeigt. Am besten nimmt man ein Breitbandmedikament, veranlaßt ein Biogramm (Prüfung der Erreger auf Empfindlichkeit gegenüber den einzelnen Antibiotika und Sulfonamiden) und behandelt nach Erhalt des Ergebnisses gezielt. Daß auf die Darmtätigkeit (Beeinflussung der Darmflora durch die Antibiotika und Sulfonamide) entsprechend zu achten ist, dürfte als bekannt vorausgesetzt werden. Dann genaueste Beobachtung. In der Regel beruhigt sich bei dieser Behandlung die Infektion, das Fieber geht zurück. Kommt es trotzdem zum Fortschreiten der Entzündung, so muß entsprechend gespalten werden. 5. Fortschreitende Entzündungen
Handelt es sich um eine fortschreitende Entzündung, so wird in Allgemeinbetäubung und Blutleere die Wunde revidiert. Zeichen der fortschreitenden Entzündung: Wundaussehen und Allgemeinbefinden wie bei der lokalen Infektion, die Entzündung und Rötung erstreckt sich auf einen größeren Gliedabschnitt, bei Druck auf die Umgebung der Wunde fließt aus dieser Eiter = Zeichen für Taschenbildung. Die Wundränder werden mit Haken auseinandergehalten, die Wunde selbst wird — wenn nötig — erweitert; in bestehende Taschen fährt man mit dem Finger oder mit einer Kornzange, macht am Ende dieser Tasche eine Gegenspaltung
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und legt dorthin ein Gummidrain oder eine Gummilasche ein. Daraufhin ebenfalls absolute Ruhigstellung mit gespaltenem und gefenstertem Gipsverband, Salbenverband auf die Wunde, Hochlagern des Gliedes. Genaue Beobachtung von Schmerzen, Temperatur, Puls, Zunge. Auch hier tritt in der Regel Beruhigung ein, das Fieber sinkt entweder sofort ab, kann aber auch noch einige Tage bestehen und dann lyrisch absinken; der Behandelnde darf nicht nervös werden und in Polypragmasie verfallen, was nur schädlich sein kann! Damit die Wunde nicht irritiert wird, soll der Verband erst nach 2—3 Tagen gewechselt werden. Am unangenehmsten sind die durch den hämolysierenden Streptokokkus hervorgerufenen Entzündungen, die flächenhaft epi- oder subfaszial fortschreiten. Beim Spalten findet man keinen Eiter, sondern das ganze Gewebe ist sulzig, ödematös durchtränkt. Man muß hier bis weit ins Gesunde hinein spalten und lange, parallel zueinander in Abständen von 2—3 Querfingern verlaufende Schnitte anlegen. Vielfach kommt es hier zur Fasziennekrose. Gerade hier wirken sich die Antibiotika und Sulfonamide in der Regel günstig aus. a) Sepsis. Wundinfektion mit schwerer Störung des Allgemeinbefindens = beginnende oder ausgebildete Sepsis. Die Wunde sieht aus wie bei der lokalen oder fortschreitenden Infektion, dazu kommt eine schwere Störung des Allgemeinbefindens: Zunge trocken, Haut und Skleren subikterisch, septische Temperaturzacken, d. h. hohes Fieber abends, früh unter 37°. Der Puls geht anfangs parallel mit dem Fieber, bald jedoch bleibt der Puls hoch, auch wenn das Fieber früh sinkt, ein übles Zeichen!!! Appetit und Schlaf sind gestört, der Patient macht einen schwerkranken Eindruck! b) Septikopyämie. Kommt es zum Auftreten von Metastasen (Eiterherde an anderen Körperstellen, Gelenken, Subkutis, Innenorganen, insbesonders Lunge und Niere), so spricht man von Pyämie bzw. Septikopyämie. Bei dieser Art der Infektion sind metastatisch-pyämische Herde in den Lungen anzunehmen. Die örtliche Behandlung ist hier die gleiche wie oben beschrieben, auf die allgemeine Behandlung ist jedoch noch größerer Wert zu legen: reichlich Flüssigkeit, entsprechende Diät, Stützung des Kreislaufes, Bluttransfusionen in kleinen Mengen, i. v.-Infusion von Traubenzucker + Vitaminen, Kontrolle des Elektrolythaushaltes. Selbstverständlich sind hier die Antibiotika und Sulfonamide unter genauer kultureller Kontrolle der Erreger mit heranzuziehen. c) Erysipel (Rotlauf). Dieses wird durch Streptokokken hervorgerufen und ist eine Entzündung der Kutis ohne Eiterung. Charakteristisch ist die hochrote Färbung, der scharf begrenzte Rand, der fortschreitet. Dazu kommt hohes Fieber, der Puls geht parallel, die Zunge kann trocken werden, kein Subikterus, manchmal beobachtet man Verwirrungszustände. Das Allgemeinbefinden ist schwer gestört.
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Wenn die Begrenzung unscharf und lappig zu werden und die Rötung am Rande abzulassen beginnt, ist die Entzündung in der Regel bald vorüber. Behandlung: Umschläge, Hochlagern des betreffenden Gliedes ohne Fixation (kein Gips!), Sorge für das Allgemeinbefinden wie oben beschrieben. Antibiotika und Sulfonamide haben sich bei der Behandlung gut bewährt. Bluttransfusionen sind gewöhnlich nicht nötig. Meiner Erfahrung nach besteht keine Notwendigkeit, Erysipele zu isolieren, wenn der Patient und die Umgebung mit der nötigen Reinlichkeit behandelt werden. d) Gasbrand, Gasphlegmone, malignes Ödem. Der Gasbrand, verursacht durch den WELCH-FRÄNKEL sehen und verwandte Erreger, tritt entweder ganz akut wenige Stunden nach der Verletzung als richtiger Brand auf oder es kommt zur Gasphlegmone in 2—3 Tagen nach dem Unfall. Die Prognose des Gasbrandes ist infaust. Unter rapider Verschlechterung des Allgemeinbefindens — verfallenes Aussehen, trockene Zunge, hohe Temperaturen, Kollapspuls — kommt es lokal unter starken Schmerzen zu sehr starker Schwellung und rotbrauner (brauner Form) oder schwarzblauer (blauer Form des Gasbrandes) Verfärbung der Haut. Beim Betasten spürt man Gasknistern. Unter schnellem Fortschreiten der Erscheinungen kommt es bald zum Tod, auch die Absetzung des betroffenen Gliedes hilft in der Regel nichts, ebensowenig Gasbrandserum. Bei der Gasphlegmone verlaufen die Erscheinungen weniger stürmisch, die Hautverfärbung ist gewöhnlich gelblich bis gelb-rötlich, das Gasknistern unter der Haut ist gleich, es kommt auch zur Eiterbildung. Immerhin ist die Prognose auch hier sehr ernst. Durch breite, tiefe, bis in das Gesunde reichende Spaltungen und Durchziehen von Drains kann man die Entzündung häufig beherrschen; auch hier hilft unserer Erfahrung nach das Gasbrandserum nichts. Während es zum Gasbrand und zur Gasphlegmone in der Regel auf dem Boden von zerstörtem und aus der Ernährung ausgeschaltetem Gewebe kommt, z. B. bei offenen Brüchen, wenn gequetschte und verschmutzte Muskelmassen liegenbleiben, entwickelt sich das maligne Ödem, das viel seltener ist, auch aus ganz kleinen Verletzungen, z. B. Hautabschürfungen. Die Prognose ist äußerst schlecht. Bei allen 3 Formen sehen die Muskeln lehmig, trocken, wie gekocht aus. Behandlung wie bei der Sepsis (S. 29).
Die prophylaktische Injektion von Gasbrandserum ist unserer Erfahrung nach wirkungslos. Wir haben bei über 100 000 selbstbehandelten Wunden und offenen Brüchen ein einziges Mal eine Gasphlegmone nach einem offenen Unterschenkelbruch gesehen, der primär hätte amputiert werden sollen (Zerreißung der Gefäße). Der Fall heilte nach Amputation im Oberschenkel. Wir haben in unseren Fällen niemals eine prophylaktische Injektion gegen Gasbrand gegeben. Zwei Fälle kamen von auswärts nach offenen Unterschenkelbrüchen mit einer ausgebildeten Gasphlegmone zu uns, einer davon hatte Gasbrandserum bekommen. Nunmehr haben wir Gasbrand, Gasphlegmone und das maligne Ödem schon jahrelang nicht mehr gesehen. Unter Normalverhältnissen hat sich doch die bessere und rechtzeitig durchgeführte Wundbehandlung „mit dem Messer" bereits überall durchgesetzt.
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e) Der Wundstarrkrampf (Tetanus) entsteht unter anaeroben Bedingungen und kann daher nach kleinsten (Bagatellen) und größeren Verletzungen auftreten, auch nach Erfrierungen, Verbrennungen, sogar nach Maniküren. Die örtlichen Erscheinungen sind uncharakteristisch. Die Wunde kann vollkommen bland aussehen oder es besteht geringe oder stärkere Infektion. Die Allgemeinerscheinungen sind zunächst uncharakteristisch, weshalb die frühe Erkennung des Tetanus vielfach unterbleibt: ziehende Gliederschmerzen, Schluckbeschwerden; später bekommt der Patient Kieferklemme, Nackensteifigkeit, der charakteristische Risus sardonicus tritt auf (Abb. 25). Dann kommt es zu tonischen Krämpfen mit klonischen Zuckungen in den Gliedmaßen, zu Opisthotonus und unter dem Bild der Herz- und Atemlähmung tritt der Tod ein. Das Sensorium ist bis zum Schluß nicht getrübt.
Abb. 25. Risus sardonicus bei Tetanus. 40jähriger Landwirt, beim Grasmähen eine kleine Schnittwunde am Fuß zugezogen. Primär nicht versorgt worden. Keine Tetanusprophylaxe.
Richtlinien f ü r die V o r b e u g u n g des T e t a n u s
Grundlagen 1.
(genehmigt von der Internationalen Tetanus Konferenz am 18. 7. 1966 in Bern)
Einen wirksamen und dauerhaften Schutz gegen Tetanus vermittelt nur die Aktiv-Immunisierung mit Adsorbattoxoid.
Prophylaktische Maßnahmen, die erst zum Zeitpunkt einer Verletzung bei nicht immunisierten Patienten angewandt werden, bieten keine Gewähr für die Verhinderung der Krankheit. 2. Eine jederzeit greifbare Information über vorausgegangene TetanusSchutzimpfungen ist im Verletzungsfall besonders wichtig (z. B. Angaben auf Identitätspapieren). 3. Vorgehen der Wahl für die Tetanus-Schutzimpfung: Kinder erhalten 3 intramuskuläre Injektionen von Tetanus-Toxoid nach dem 3. Lebensmonat, am besten im Rahmen der übrigen Impfprogramme für Kinder. Erwachsene erhalten 3 intramuskuläre Injektionen von Adsorbattoxoid mit 4—6 Wochen zeitlichem Abstand zwischen den ersten beiden Gaben und 6—12 Monaten zwischen der 2. und 3. Injektion. Prophylaktische Maßnahmen für Verletzte 1
Alle Wunden werden möglichst frühzeitig chirurgisch versorgt (s. S. 21).
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Zufallswunden und ihre Folgen
2. Vollständig geimpfte Patienten erhalten eine „injection de rappel" (Auffrischungsimpfung) von Tetanus-Adsorbattoxoid, außer wenn sie innerhalb des abgelaufenen Jahres schon eine solche erhalten hatten. 3. Ungeimpfte oder unvollständig geimpfte Patienten erhalten zum Zeitpunkt der Verletzung eine Injektion von Tetanus-Adsorbattoxoid mit nachfolgender Weiterführung der Schutzimpfung. Für Patienten mit besonderem geographischem oder individuellem Risiko kommt eine zusätzliche Prophylaxe in Frage. Beispiele für besonderes Risiko sind perforierende Verletzungen der unteren Extremitäten, retinierte Fremdkörper, Gewebe-Zerquetschung, landwirtschaftliche Verletzungen. Die zusätzliche Prophylaxe kann bestehen in Antitoxin (menschliches, tierisches)* und/oder Antibiotica (s. weiter unten). Antitetanus-Immun-Gammaglobulin menschlicher Herkunft weist praktisch keinen der Nachteile des heterologen Antitoxins auf. Seine Verwendung ist zu fördern. Die empfohlene Dosis beträgt 250 Einheiten. Es soll nicht intravenös und nicht an gleicher Stelle wie das Toxoid injiziert werden. (Wir injizieren intramuskulär.) Die Verwendung von heterologem Serum birgt Gefahren in sich und seine Wirksamkeit ist unsicher. Es muß in der freien Kompetenz des Arztes liegen, auf die Verwendung von Pferde- oder anderem tierischem Serum zu verzichten. Wird solches Serum verwendet, so beträgt die empfohlene Dosis 1500—3000 Einheiten. (Wir verwenden es seit einigen Jahren überhaupt nicht mehr.) Antibiotica, wie Penicillin oder Tetrazykline, sind gegen die vegetativen Formen des Tetanusbazillus wirksam. Sie haben keine Wirkung auf das Toxin. Der prophylaktische Wert der Antibiotika ist noch unbewiesen. Im Fall der Verwendung sollten diese Medikamente während fünf Tagen verabreicht werden. (Wir verwenden keine Antibiotica.) Behandlung des ausgebrochenen Tetanus Radikale Ausschneidung des Herdes, eventuell Amputation von Fingern oder Zehen; dunkler Raum, Abhalten von jedem Lärm und äußerem Reiz; TetanusAntitoxin i. m. und i. v. in hohen Dosen, Avertin-Dämmerschlaf, 0,1 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Die Dosierung des Avertin ist Gefühlssache; es soll so viel gegeben werden, daß der Patient möglich bald zwischendurch teilweise ernährt werden kann. Derzeit geben wir neben dem oder statt des Avertin folgenden Tetanus-Cocktail-. 2 Ampullen Valium (ä 10 mg), 2 Ampullen Truxal, 1 Ampulle Alodan, Dosis bei Bedarf je 2,5 ml der Gesamtmenge; TetanusHyperimmun Globulin (human) 2 x 10.000 I. E. = 40 ml in zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Dazu kommen Nährklysma, Traubenzucker und Vitamine i. v. Auch die Regelung des Elektrolythaushaltes darf nicht vergessen werden, die entsprechende flammenphotometrische Messung ist nötig. Frühzeitige Tracheotomie mit systematischem Absaugen, sowie Antibiotika sollen die Lungenentzündung verhindern. Fallweise wird Sauerstojf^ufuhr und künstliche Atmung nötig sein. Her% und Kreislauf müssen dauernd kontrolliert und, falls nötig, gestützt werden. * Tierisches Antitoxin ist überholt.
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Zufallswunden
Es ist also ein ungeheurer Aufwand an Arbeit und Medikamenten nötig, muß doch auch eine Schwester ununterbrochen Tag und Nacht bei dem Patienten sitzen. Trotzdem ist die Prognose sehr unsicher, insbesondere bei älteren Leuten und Ausbruch des Wundstarrkrampfes unter 8 Tagen nach der Verletzung. Zu den Folgen von Wunden gehört noch: Die Tollwut (Lyssa), hervorgerufen durch Biß wutkranker Hunde, Katzen, Wildarten. Der Krankheitserreger befindet sich im Speichel dieser Tiere. Bei Verdacht muß an der zuständigen Stelle die Impfung des Verletzten durchgeführt werden. Das verdächtige Tier ist sicherzustellen. Die Strahlenpilzerkrankung (Aktinomykose). Die Strahlenpilze wachsen auf Gräsern und Getreide. Beim Kauen dringen sie durch kleine Verletzungen in die Schleimhaut des Mundes und der Luftröhre und verursachen langwährende Eiterungen. Vielfach wird die Erkrankung erst spät erkannt. Die Behandlung ist operativ. Insektenstiche sind meist ungefährlich, können aber insbesonders bei Allergie lebensbedrohliche Allgemeinerscheinungen hervorrufen.
E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
3
IV. Verbrennung ( C o m b u s t i o ) Definition: Schädigung der Haut, Schleimhaut oder des ganzen Organismus durch ein einmaliges heftiges Hitzetrauma. Verursacht in der Regel durch heiße Flüssigkeit, Flamme oder eine andere Hitzeeinwirkung. Besonders gefährdet sind Kinder. Verbrennungsfolgen: 1. lokaler Hitzeschaden = am Ort des Hitzetraumas. 2. Verbrennungskrankheit = Hitzeschaden im Gesamtkörper (nur bei den sogenannten schweren Verbrennungen.) Erste Hilfe (S. 8).
Ad 1. Lokaler Hit^eschaden hängt ab : a) Gewebstemperatur. Temperatur, die durch die Verbrennung im Gewebe hervorgerufen wird. Sogenannte kritische Temperatur bei 50—55° C. Bei dieser Temperatur treten irreversible Schäden auf. b) Einwirkungsdauer. Man u n t e r s c h e i d e t 5 Grade: 1. Grad: Rötung = Erythem; nicht gefährlich. Behandlung mit kühlenden Verbänden. 2. Grad: Erythem und Blasenbildung; zuerst Perkainsalbe für 1—2 Tage gegen den brennenden Schmerz, dann Anstechen der Blasen unter sterilen Bedingungen; die Epidermis wird jedoch nicht entfernt, sie bietet den besten sterilen Verband. 3. Grad: Nekrose der Haut. 4. Grad: Nekrose der Haut und der tiefer gelegenen Teile (Muskeln, Sehnen, Knochen usw.). In diesen beiden Fällen muß man die Demarkation der Nekrose abwarten, was oft sehr lange dauert, und in der Zwischenzeit durch Ruhigstellung und Hochlagerung verhindern, daß es zur Infektion (feuchte Gangrän) kommt. Dann Abtragen der nekrotischen Teile. 5. Grad: Karbonisation. In etwas größerem Ausmaß immer letal. Ad 2. Verbrennungskrankheit: a) In den ersten 48 Stunden: Initialperiode Ödembildung Bluteindickung: Hämatokrit erhöht
/ Rückwirkung auf Kreislauf \ Hypoxämie
Wasser und Elektrolytverschiebung . . / Frühtoxine TT , Auftreten von Verbrennungstoxinen Spättoxine Nervale Vorgänge b) Vorgänge nach Ablauf von 48 Stunden: Rückresorptionsphase Auswirkung der Hypoxämie auf gewisse Organe: Leber, Niere, Gehirn Gefahr der Infektion c) Erholungs- oder Erschöpfungsphase Wir unterscheiden einen primären und einen sekundären Schock:
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Verbrennung (Combustio)
P r i m ä r e r oder I n i t i a l s c h o c k : Nicht verbrennungsspezifisch Wundschock, schlagartig auftretend bis 6 Stunden S e k u n d ä r e r oder e i g e n t l i c h e r V e r b r e n n u n g s s c h o c k : Verbrennungs spezifis ch Ursache nicht restlos geklärt: Hämokonzentration, Störung im Protein-, Wasser- und Elektrolythaushalt, Nervale Vorgänge, Toxine Schleichende Entwicklung: 6—48 Stunden, besonders gefährlich, der frischen Verbrennung Beurteilung der Verbrennung: endgültige Beurteilung Bei der ersten Beurteilung einer Verbrennung ist immer zuerst die Flächenausdehnung von Bedeutung wegen des Plasmaverlustes, dann erst der Grad der Verbrennung. 1. A u s d e h n u n g , in % der Körperoberfläche. Durch sogenannte Handregel—• Hand des Patienten = 1% — oder Neunerregel nach W A L L A C E (Abb. 26).
1%
9%
o
9%
-
1°/o —
9%
36%
18%
18% Säugling Kinder ab 9 Jahre wie Erwachsene
Abb. 26. Neunerregel nach W a l l a c e zur Ermittlung der prozentualen Körperoberfläche. Kinder ab 9 Jahre wie Erwachsene.
Schockgefahr beim Erwachsenen ab 15%, beim Kind ab 10%, ab 30% lebensgefährdend, ab 50% in der Regel Exitus. S c h w e r e Verbrennung im Hinblick auf den Sit^: Gesicht, Hände und Füße,
Hals, Genitale und Gesäß.
S c h w e r e Verbrennung im Hinblick auf Alter: Kleinkinder bis zum 4. Lebensjahr immer als schwer zu bezeichnen ebenso bei Patienten über 65 Jahre. 2. Tiefengrad 1. Grad: Erythem 3. Grad: Oberflächliche Nekrosen 2. Grad: Erythem und Blasen 4. Grad: Tiefe Nekrosen 5. Grad: Karbonisation
36
Verbrennung (Combustio)
Behandlung: Das Günstigste ist, wenn man durch Behandlung mit eintrocknenden Pudern oder Gelpräparaten einen trockenen Schorf erzielen kann. Dem gleichen Ziele dient die Schorfbehandlung, wobei nach Abklingen des Schocks in allgemeiner Betäubung nach Abbürsten der Wunden eine Koagulation vorgenommen wird (2% Mercurochrom, 5% Tannin, 10% Argentum-nitricumlösung). Dann genügt die Lagerung in das Bett auf sterile reine Tücher. Ziehen die Schorfe über Gelenke, so müssen diese mit einer Gipsschale ruhiggestellt werden. Der Nachteil der Methode ist, daß sich unter dem Schorf doch immer wieder Eiterungen bilden. Dann kommen Umschläge mit Kamillentee oder Kochsalzlösung (10%) oder Salben zur Anwendung. Dazu kommt die A l l g e m e i n b e h a n d l u n g : Stützung des Kreislaufes, reichliche Flüssigkeitszufuhr, am besten als Tröpfcheneinlauf, subkutane oder intravenöse Dauertropfinfusion, Infusion von Plasma, eventuell Bluttransfusion nach Aderlaß zu machen. Schmerzbekämpfung! Das Wasserbett ist auch heute noch für schwerste Fälle aktuell!! Bei schweren Verbrennungen wird man von Beginn an Antibiotika verabreichen. Die moderne Behandlung der Verbrennungen nach COOLEBROCK mit primärer Ausschneidung, sofortiger Hautdeckung nach THIERSCH und Ruhigstellung mit Gipsverband sei erwähnt. Bei Verbrennungen in der Nähe von Gelenken ist entsprechende L a g e r u n g n ö t i g , um eine N a r b e n k o n t r a k t u r m ö g l i c h s t zu v e r m e i d e n . Kommt es trotzdem dazu, ist später eine entsprechende Plastik durchzuführen. Verätzungen (Lauge, Säure) zeigen im wesentlichen dieselben Erscheinungen und haben dieselbe Behandlung wie die Verbrennungen. Das Abstoßen nekrotischer Schorfe und die Überhäutung der Hautverluste dauert oft sehr lange. Erste Hilfe (S. 9); Auge (S. 108).
V . Erfrierung ( C o n g e l a f i o ) Erste Hilfe (S. 8); Ohr (S. 98).
Man unterscheidet 3 Grade — Blässe (C. erythematodis), Blasenbildung (C. bullosa), Erstarrung (C. gangraenosa). Wichtig ist die Sorge für das Allgemeinbefinden wie bei der Verbrennung (S. 36). Achtung bei erstarrten Gliedern, sie brechen leicht. Die g r ö ß t e Gefahr besteht im Stadium der Wiedererwärmung. Bei der medikamentösen Therapie soll die Lösung der Gefäß-Spasmen und die Verhütung der Thrombosenbildung angestrebt werden.
V I . Elektrische
Unfälle
Erste Hilfe (S. 9).
Wir unterscheiden zwischen Hochspannungs- (Starkstrom von über 1000 Volt) und Niederspannungs-(unter 1000 Volt)Unfällen. Die Schädigung des menschlichen Körpers erfolgt durch den Stromdurchfluß bzw. den Flammenbogen oder beide zusammen und ist abhängig von folgenden Faktoren: Feuchtigkeitsgehalt der Haut, Hauttemperatur, Zeitdauer der Einwirkung sowie persönlicher Widerstandsfähigkeit und „Strombereitschaft" (JELLINEK), das ist die Aufmerksamkeit bzw. Erwartung eines elektrischen Unfalles. An der Stromeintrittsstelle findet man die charakteristische Strommarke als braunschwarze Verfärbung der Haut oder als Schorf. In schweren Fällen kommt es zu ausgedehnten Hautverbrennungen 2., 3. und 4. Grades; hier kann auch ein CRUSH-Syndrom (S. 15) auftreten. Behandlung: Im Vordergrund steht die allgemeine Behandlung wie Bekämpfung von Herzstillstand (S. 2), Atemstillstand (S. 3) und Bewußtlosigkeit (S. 4), Schockbekämpfung (S. 14), wobei jedoch eine Bluttransfusion nicht angezeigt ist, Stützung des Kreislaufes, Schmerzstillung. Die Behandlung der Stromverbrennung ist die gleiche wie bei Verbrennungen (S. 34). Nekrosen können sehr tief gehen, unter Umständen auch den Knochen betreffen. Entsprechende Demarkation ist abzuwarten. Auge (S. 105).
Ähnliche Symptome wie die elektrischen Unfälle zeigt auch der Manchmal finden wir die charakteristischen Blit-^figuren.
Blitzschlag.
V I I . Prellungen, Z e r r u n g e n , Bänderrisse, Blutergüsse Die Prellung (Contusio) kommt durch direkte Gewalteinwirkung zustande (Darauffallen eines Gegenstandes, Anschlagen an einer bestimmten Stelle usw.). Die Haut bleibt in der Regel unversehrt, kann aber auch abgeschürft werden. Die betreffende Stelle schmerzt spontan und auf Druck. Manchmal findet sich über derselben eine Schwellung. Ist ein Gelenk betroffen, so ist es oft in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Das gleiche gilt für ein Gelenk in der Umgebung der geprellten Stelle. Es gibt alle Übergänge von einer leichten Prellung, die in einem oder mehreren Tagen wieder restlos verschwunden ist, bis zu den Formen, die von Knochenbrüchen klinisch nicht zu unterscheiden sind, die z. B. am Fuß zu starker Schwellung, Gehunvermögen und Bewegungsbeschränkung der Sprunggelenkes führen. Charakteristisch ist, daß die Prellung ohne nachweisbare Folgen abheilt, falls nicht durch Massage oder ähnliche grobe Eingriffe eine bleibende Gewebsverdickung herbeigeführt wird. — Die Behandlung besteht in leichten Fällen in Umschlägen, Anlegen einer elastischen Binde, am Bein Elastoplast oder Zinkleimverband. In schwereren Fällen ist die Ruhigstellung mit einem Gipsverband — am Bein Gehgipsverband — wie bei einem Knochenbruch das Mittel der Wahl. Zur Zerrung (Distorsio) kommt es bei indirekter Gewalteinwirkung. Sie sitzt gewöhnlich im Bereiche des Gelenkes. Daneben gibt es noch Muskel- und Sehnenzerrungen. Das anatomische Substrat einer Gelenkszerrung ist eine vorübergehende Dehnung des gesamten Gelenkapparates, eventuell mit Bluterguß in dem oder in das Gelenk. Klinisch bestehen Spontan- und Druckschmerz, sowie Schwellung und Bewegungseinschränkung des Gelenkes. Häufig ist auch Fernschmerz am Gelenk nachzuweisen, wenn der die Verletzung hervorrufende Mechanismus wiederholt wird. Die Gelenkfestigkeit hat nicht gelitten! Ist dies der Fall, dann kann man nicht mehr von einer Zerrung sprechen, sondern es handelt sich um einen Bänderriß. Dieser weist klinisch die gleichen Symptome auf, darüber hinaus ist jedoch das Gelenk locker, was man röntgenologisch an bestimmten Gelenken im „gehaltenen Bild" darstellen kann (S. 188, Abb. 250, 276, 280—281). Behandlung: Bänderrisse müssen für längere Zeit im Gipsverband ruhiggestellt werden. Für Zerrungen gilt im wesentlichen dieselbe Behandlung wie für die Prellung — in leichten Fällen Umschläge, Idealbinde, Elastoplast oder Zinkleimverband am Bein, in schwereren Fällen Ruhigstellung im Gipsverband. — Außer dieser konservativen Behandlung kommt bei Bänderrissen am Knie und Sprunggelenk auch die operative Behandlung in Betracht. Zum Bluterguß kann es an jeder Stelle des Körpers kommen, wenn bei einer direkten oder indirekten Gewalteinwirkung Blut in das Gewebe austritt. Die Menge des ausgetretenen Blutes hängt von der Schwere der Verletzung ab und kann unter Umständen lebensbedrohlich werden, nicht nur bei Blutungen in das Gehirn oder in Körperhöhlen, sondern z. B. auch bei Blutungen in das Subkutangewebe des Oberschenkels oder an mehreren Stellen gleichzeitig. Erfolgt die
Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse
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Blutung in ein Gelenk —- am häufigsten betroffen ist das Kniegelenk (S. 175) — so spricht man von einem Hämarthros. Klinisch besteht beim Bluterguß Schwellung, Druck- und häufig Spontanschmerz, eventuell Bewegungsbeschränkung eines oder beider benachbarten Gelenke. Nach einigen Tagen erscheint ein blauer Fleck, der erst grün, dann gelb wird und schließlich verschwindet. Diese Farbenveränderung fehlt beim Gelenkerguß, der dafür eine Beteiligung des Gelenkes im Sinne der Bewegungsbeschränkung, am Kniegelenk auch das Ballotement (S. 174) zeigt. Das Röntgenbild ist negativ, nur bei sehr starken Gelenkergüssen ist der Gelenkspalt verbreitert. Behandlung: Druckverband, elastisch oder mit Hilfe von Schwämmen, eventuell Punktion (frühestens 2 Tage nach dem Unfall, wegen der Möglichkeit einer Nachblutung), Umschläge, nach einigen Tagen zwecks schnellerer Aufsaugung Wärmeanwendung. Unangebracht ist die Massage von Blutergüssen, weil diese dann verhärten, eventuell sogar verknöchern können (S. 52, Oberschenkel, Abb. 49, 50). Mit der intraartikulären Injektion von Cortison bzw. seinen Abkömmlingen muß man äußerst vorsichtig sein. In der letzten Zeit mehren sich die Berichte über schwere Phlegmonen und Gelenksempyeme sowie sich daraus ergebende Haftpflichtprozesse nach derartigen Injektionen!!
V I I I . Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen Erste Hilfe (S. 10, Abb. 10—12, 13, 14).
Die Grundlage jeder Behandlung ist die Diagnose. Bei vielen Knochenbrüchen ist dies einfach, weil die Formveränderung in die Augen springt. Bei anderen gibt aber nur die klinische Untersuchung gemeinsam mit dem Röntgenbild Aufschluß. Insbesonders gilt dies für Gelenksbrüche und Brüche kleiner Knochen. Die Untersuchung erfolgt konzentrisch, vom unverletzten Gebiete gegen die vermutliche Stelle des Knochenbruches zu. Gang der Untersuchung siehe im Speziellen Teil (Arm S. 122, Bein S. 163, Knie S. 173). Immer zuerst die klinische Diagnose stellen, dann erst Röntgenbild!
Die klinischen Zeichen eines Knochenbruches: 1. Schmerzen, spontan und bei Bewegungsversuch, bei Druck auf die Bruchstelle, bei Zug und Stauchung (nicht sicher) (Dolor). 2. Formveränderung (Deformität) (Abb. 175, 180). 3. Schwellung (Tumor) von den zerrissenen Weichteilen und dem dadurch bedingten Bluterguß, der nach mehreren Tagen zuerst blau, dann grün, dann gelb wird. Sitzt der Bluterguß sehr tief und ist er nicht sehr umfangreich, dann tritt diese Hautverfärbung nicht auf! 4. Störung oder Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit (functio laesa). 5. A b n o r m e Beweglichkeit. Die Untersuchung, besonders die Prüfung auf a b n o r m e Beweglichkeit m u ß vorsichtig, möglichst unter V e r m e i d u n g von S c h m e r z e n v o r g e n o m m e n w e r d e n ! Fehlt die Schmerzhaftigkeit, so ist a n T a b e s oder S / r i n g o m y e l i e zu denken.
6. Knochenreiben (Crepitatio) ist nicht immer vorhanden, es soll auch grundsätzlich nicht darauf untersucht werden, da dies schmerzhaft und zur Diagnosestellung nicht unbedingt notwendig ist.
Einzelheiten des Bruches ergibt das Röntgenbild, das heute bei jedem Bruch zu Diagnose und Behandlung herangezogen werden muß (S. 57).
Die wesentlichen Bruchformen
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A . Die wesentlichen Bruchformen (Abb. 27—32)
Der Querbruch (durch Abscherung (Abb. 27), der Biegungsbruch mit mehr oder minder vollständigem Ausbruch eines Keiles (Abb. 28), Drehbruch eventuell mit Aussprengung eines Drehkeiles (Abb. 29). Abb. 27—32. Typische Bruchformen, Beispiel am Unterschenkel.
Abb. 27
Abb. 28
Abb. 29
Abb. 30
Abb. 27. Querbruch, am Wadenbein mit Ausbuchtung eines Splitters (34jähriger Mopedfahrer von einem Auto niedergestoßen). Abb. 28. Biegungsbruch mit lateralem Biegungskeil am Schienbein, Gewalteinwirkung von außen (19jähriger, Sturz vom Motorrad). Abb. 29. Drehbruch des Schienbeines, Grenze mittleres unteres Drittel, hoher Drehbruch des Wadenbeines unter dem Köpfchen (30jährige, Schiunfall). Abb. 30. Stückbruch des Schienbeines und Wadenbeines (offen) — Eisentraverse auf das Bein gefallen (48jähriger H. A.). Abb. 31. Trümmerbruch beider Unterschenkelknochen (offen) — Baumstamm auf das Bein gefallen (28jähriger Landwirt). Abb. 32. Stauchungsbruch am unteren Schienbeinende, Stückbruch des Wadenbeines (58jähriger Landwirt, Sturz von einer Heufuhre). Abb. 31
Abb. 32
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Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen
Stückbruch — Herausschlagen eines Knochenstückes durch direkte Gewalteinwirkung (Abb. 30), Trümmerbruch (Abb. 31) durch schwere direkte Gewalteinwirkung und der Stauchungsbruch (Abb. 32) durch Gewalteinwirkung in der Längsachse, z. B. bei senkrechtem Sturz, in der Regel an den Gelenksenden der Knochen. Dazu kommen die Knochenabrisse (Bänder- und Sehnenansätze), z. B. Bruch des Olecranon, des Trochanter major oder minor (S. 172). Beim Kind und Jugendlichen kommen noch dazu: der Grünhol^bruch (Abb. 175—177), subperiostal, jedoch manchmal mit Achsenknickung ; der Wulstbruch: die Bruchstücke sind leicht ineinandergestaucht, wulstförmig vorgetrieben und zeigen in der Regel leichte Achsenknickung, jedoch kaum eine Verbiegung, Verkürzung oder Parallelverschiebung (Abb. 178—179); die Epiphysenlosung (Abb. 185—188, 244—247, 290); an der Seite der Konkavität der Biegung bricht meist ein Biegungskeil aus, welcher immer mit der Epiphyse in Zusammenhang bleibt. Reine Epiphysenlösungen sind äußerst selten. Manchmal kommt es zu stärkerer Parallelverschiebung, Achsenknickung und Verdrehung; schließlich der Bruch einer Epiphyse (Abb. 291, 292). Nach dem Zustandekommen unterscheiden wir direkte Brüche (am Orte der Gewalteinwirkung), z. B. den Querbruch, den Biegungsbruch und indirekte, entstanden durch Ferneinwirkung, z. B. Drehbrüche, Trümmerbrüche; letztere entstehen jedoch meist direkt, z.B. durch Überfahren eines Beines, wenn jemand mit einer Hand in eine Maschine gerät u. ä. (Abb. 31). Die typischen Verschiebungen eines Knochenbruches klinisch und im Röntgenbilde sind (Abb. 33—34):
Abb. 33
Abb. 34
Abb. 33 u. 34. Schematische Darstellung der typischen Verschiebungen bei einem Bruche der langen Röhrenknochen vor und nach dem Einrichten. Parallelverschiebung, Verkürzung, Achsenknickung, Verdrehung.
1. V e r b i e g u n g — Achsenknickung — dislocatio ad axim. Man unterscheidet hier zwischen Varus (nach innen-medial) und Valgus (nach außen-lateral) offener Winkel (Abb. 35, 244, 272) und zwischen Antecurvation (Abb. 245) (nach rückwärts) und Recurvation (nach vorne) offener Winkel. 2. V e r d r e h u n g (im Röntgenbild nur dann zu sehen, wenn beide benachbarten Gelenke auf dem Bilde sichtbar sind) —• (Dislocatio ad peripheriam).
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Die wesentlichen Bruchformen
3. S e i t e n v e r s c h i e b u n g (Discolatio ad latus) (Abb. 242). 4. V e r k ü r z u n g (Abb.242) oder Diastase (dislocatio ad longitudinem cum contractione oder distractione). Dabei ist zu unterscheiden zwischen Diastase (durch die Bruchform bedingtes Auseinanderweichen der Bruchstücke) und der Distraktion (Artificielles Auseinanderziehen der beiden Bruchenden). Die Verschiebung wird primär durch die Gewalteinwirkung, sekundär durch Muskelzug bewirkt. Eingekeilte Brüche sind kaum verkürzt, die Einkeilung schließt jedoch eine Verbiegung oder Verdrehung nicht aus. Beispiele: eingekeilter Schenkelhalsbruch S. 169 (Abb. 228 und 232); eingekeilter infratuberkulärer Oberarmbruch S. 131 (Abb. 146, 147).
Zieht eine feine Bruchfläche durch einen Knochen, so spricht man von einem Knochensprung {Fissur). Von den Verschiebungen müssen zur Erzielung eines guten Ergebnisses Verkürzung, Verdrehung und Verbiegung ausgeglichen werden, die Parallelverschiebung nur so weit, daß sich die Knochen berühren. Abb. 35—37. Günstige Stellung für eine schnelle knöcherne Konsolidation eines Bruches beider Unterschenkelknochen. 34jähriger Mann, Extension am Fersenbeinnagel für 3 Wochen, dann Oberschenkelgehgips. Entstehung: Mit dem Motorroller gestürzt. Abb. 35. Kurzer Drehbruch Grenze mittleres-körperfernes Drittel mit Parallelverschiebung, mäßiger Verkürzung, Achsenknickung (Valgus) und — im Röntgenbild nicht sichtbar — Verdrehung. Abb. 36. Nach Gipsabnahme, 73 Tage nach dem Unfall — in guter Stellung kailös geheilt. Geringe Parallelverschiebung, achsengerecht. Mäßige Entkalkung im Sprunggelenksbereiche. Abb. 37. 3 Monate später: der Bruch ist knöchern durchgebildet, alle Gelenke selbsttätig frei beweglich, Kalkgehalt im Sprunggelenksbereiche nahezu normal. Abb. 35
Abb. 36
Abb. 37
Die schnellste Knochenheilung erzielt man, wenn bei Parallelverschiebung um Rindenbreite die Bruchstücke einige Millimeter ineinander gekeilt sind (Abb. 35 bis 37). Verkürzung von einigen Millimetern bis 1 cm am Unterschenkel, bis 1,5 cm am Oberschenkel sind praktisch belanglos. Es ist sogar eine geringe Verkürzung notwendig, um knöcherne Heilung zu erzielen. Auf alle Fälle ist
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Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen
vor einer Distraktion zu warnen, da sie in der Regel zur Pseudarthrose führt! Von manchen Seiten wird derzeit die „ K n o c h e n b r u c h h e i l u n g p e r p r i m u m " gefordert, das heißt die Bruchstücke sollen ideal aufeinanderstehen und ohne sichtbare periostale Kallusbildung verknöchern. B. Komplikationen 1. Offene Knochenbrüche (Abb. 19—20, 157—159) mit Verletzung der Haut über der Bruchstelle. Erfolgt die Hautverletzung von außen nach innen, so spricht man von d i r e k t e n , wird die Haut durch den Knochen von innen her durchspießt, so ist dies ein i n d i r e k t entstandener offener Knochenbruch. Das Ausmaß der Verschmutzung ist in der Regel bei direkter Entstehung groß. Die Gefahr des offenen Knochenbruches besteht in der Infektionsmöglichkeit. Erwähnt sei, daß noch vor 50 Jahren 60% der offenen Brüche an Infektion starben. Heute kann dies fast immer vermieden werden. Alle Schußbrüche sind offene Brüche. 2. Druck auf Gefäße und Nerven. In seltenen Fällen auch Zerreißung von Gefäßen, insbesondere bei gelenksnahen Brüchen, z. B. beim suprakondylären Oberarmbruch der Jugendlichen (Abb. 153—163), bei der Epiphysenlösung am unteren Oberschenkel - oder am oberen Schienbeinende mit starker Verschiebung. Der körperferne Gliedabschnitt ist kühl, weiß oder blau, es bestehen starke Schmerzen (ischämisch). Wichtig: Bei jedem Knochenbruch sofort nach der Einlief erung den peripheren Puls zu prüfen! Druck auf Nerven, z. B. Radialislähmung beim Oberarmbruch, Medianuslähmung beim suprakondylären Oberarmbruch der Jugendlichen (Abb. 157—159). Die Berührungsempfindung fehlt, es bestehen motorische Ausfälle (S. 93). Bei jedem Knochenbruch ist sofort die Motilität und Sensibilität von Fingern oder Zehen zu prüfen! 3. Bei Gelenksbrüchen reichen die Bruchflächen in ein Gelenk, mit oder ohne Verwerfung der Gelenkflächen (Abb. 32). 4. Verletzung von Innenorganen. Lungenanspießung z. B. ist bei Rippenbrüchen daran erkenntlich, daß der Verletzte Blut spuckt, sowie am Hautemphysem (S. 117); Riß der Harnröhre oder Harnblase bei Beckenverletzungen usw. Zeitpunkt des Einrichtens eines Knochenbruches: 1. Sofort muß eingerichtet werden: Bei Druck auf die Haut (Abb. 10 bis 12), auf Gefäße und Nerven, sowie bei den offenen Knochenbrüchen; eine Ausnahme macht die „ A u f g e s c h o b e n e P r i m ä r v e r s o r g u n g " (S. 25). Alle übrigen Knochenbrüche kann man sofort einrichten und gipsen, muß jedoch dann den Gipsverband grundsätzlich wegen Gefährdung des Blutumlaufes spalten und später umgipsen.
Häufig übersehene Brüche und Verrenkungen
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2. Man wartet 24 Stunden, dann besteht keine Gefahr für den Blutumlauf, der Gips muß jedoch nach Abklingen der Schwellung gewechselt werden. 3. Man wartet einige Tage, bis die Schwellung abgeklungen ist und gipst dann. Es besteht jetzt keine Gefahr mehr für den Blutumlauf, auch braucht nicht mehr umgegipst zu werden, es sei denn, es kommt zur neuerlichen Verschiebung des Knochenbruches. Bei allen Knochenbrüchen, welche man im Zugverband behandelt, wird die Extension (S. 80) unmittelbar nach klinischer und röntgenologischer Diagnosestellung angelegt.
C. Häufig übersehene Brüche und V e r r e n k u n g e n
Auf diese möchten wir besonders den Praktiker hinweisen, der sie in der Regel zuerst sieht und der es in der Hand hat, sie nach entsprechender Diagnose selbst zu behandeln oder weiterzuleiten. Es sind dies im wesentlichen (Abb. 38—45): der Wirbelbruch, der Schenkelhalsbruch, der Hüftverrenkungsbruch, und zwar sowohl der zentrale als auch der hintere,
der Bruch des Fersenbeines, des Kahnbeines der Hand, die Verrenkung der Hand um das Mondbein, die Schulterverrenkung.
Weil die oben angeführten Brüche keine grob sichtbare Deformität zeigen und da sie relativ schmerzfrei sind, kommt es besonders häufig zu diesem Übersehen, wenn andere gleichzeitige Brüche vorhanden sind, die stärkere Symptome aufweisen, oder bei Bewußtlosen. Wir haben die Regel, daß bei jedem schweren Straßenverkehrsunfall eine Beckenübersicht und eine Seitenaufnahme der Wirbelsäule gemacht werden muß. Bei jedem Oberschenkelbruch — Beckenübersicht! Wichtig ist, immer an die „häufig übersehenen Knochenbrüche" zu denken! (Abb. 46) zeigt den „Knie-Anprall" als typische Verletzung bei einem Auto(„Armaturenbrettverletzung") bzw. Motorradunfall. Die Verletzung der Hüfte bzw. der Verrenkungsbruch derselben wird meist übersehen.
D. Behandlung der Knochenbrüche
Nicht vergessen: Immer sofort Prüfung der peripheren Gefäße (A. radialis, A. dorsalis pedis) und Nerven! (Motorisch, sensibel, S. 93), damit eine primäre Lähmung nicht übersehen wird. Diese könnte dann als Folge der Behandlung (Einrichtung) gedeutet werden und zur Schadenersatzklage führen.
Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen
Abb. 38-45,i. Häufig übersehene Knochenbrüche und Verrenkungen.
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Häufig übersehene Brüche und Verrenkungen
38.
Schulterverrenkung
39
Li
Kahnbein
¿ 5 Perilunäre
¿0. Hinterer Hüftverrenkungsbruch
Verrenkung
Wirbel
i l . Zentraler HüftgelenksVerrenkungsbruch
i2.
43.
Schenkelhals
Fersenbein
48
K n o c h e n b r ü c h e (Frakturen) u n d ihre F o l g e n
fij> \ V \
' Oberschenkelbiegungsbruch
^
A b b . 46. Knieanprall.
Schenkelhalsbruch Hinterer Hüftverrenkungsbruch
Grundsätze der Knochenbruchbehandlung nach
BÖHLER.
1. Bei jedem Knochenbruch müssen die verschobenen Bruchstücke genau eingerichtet werden. 2. Die eingerichteten Bruchstücke müssen so lange ununterbrochen in guter Stellung festgehalten werden, bis sie knöchern miteinander verheilt sind. 3. Während der notwendigen Dauer der Ruhigstellung der gut eingerichteten Bruchstücke müssen möglichst viele oder alle Gelenke des verletzten Gliedes und der ganze Körper unter Vermeidung von Schmerlen selbsttätig in vollem Umfang bewegt werden, um Störungen des Blutumlaufes, Schwund der Muskeln und Knochen und Versteifungen der Gelenke zu vermeiden (funktionelle Bewegungsbehandlung). Zum Einrichten ist Betäubung nötig (S. 61), am besten örtlich durch Einspritzen von 20 ml einer 2% igen Novokainlösung in den Bluterguß (S. 62) Abb. 54—55. Die örtliche Betäubung ist zweckmäßiger als eine intravenöse oder allgemeine Betäubung, weil keine Hilfskraft notwendig ist, weil der Verletzte u. U. zur Röntgenaufnahme gehen kann, weil man in den 2 Stunden, solange die Betäubung wirkt, falls notwendig, mehrmals einrichten kann. Wichtig: Absolute Sterilität; Nadel und Spritze nur mit Pinzetten, n i c h t mit den F i n g e r n a n f a s s e n 1 (Abb. 54). Macht man aus irgendwelchen Gründen — ängstlicher Patient, Kinder, mehrfache Knochenbrüche u. a. — die Einrichtung doch in Allgemeinnarkose, so ist dazu die gleiche Vorbereitung nötig wie für einen auf dem Operationsprogramm stehenden Eingriff (nüchtern, Untersuchung von Herz und Lunge, entsprechende Vorbereitung usw.). Macht man einen V I N I D A N rausch (z. B. bei Kindern), so muß zumindest ein leerer Magen vorausgesetzt werden.
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Behandlung der Knochenbrüche Über E i n w i l l i g u n g bei K i n d e r n u. M i n d e r j ä h r i g e n (S. 22, Tab. 2). Offene Knochenbrüche S. 44.
Das Einrichten (Reposition) folgt unter Zug und Gegenzug nach dem alten Grundsatz, daß „der körperferne Bruchabschnitt dorthin gebracht wird, wohin der körpernahe weist". Durch Zug und Gegenzug werden Verdrehung, Verkürzung und der größte Teil der Achsenknickung ausgeglichen, die restliche Parallelverschiebung durch Zurechtdrücken. Bei manchen Knochenbrüchen ist ein einmaliger Zug, bei anderen ein Dauerzug notwendig. Die Vorteile des Bildwandlers zum Einrichten seien an dieser Stelle angeführt. Er gibt auch weitgehenden Schutz vor der Gefährdung durch Röntgenstrahlen (falls nicht der Arzt seine Hände in den direkten Bereich der Strahlen bringt!!). Was von den charakteristischen Verschiebungen zur Erzielung eines guten Ergebnisses eingerichtet werden muß, wurde schon auf S. 43 beschrieben. Nach dem Einrichten und Anlegen eines Gipsverbandes ist unbedingt eine Röntgenkontrolle zu machen, bei den meisten Brüchen auch später im Gipsverband bzw. in der Extension (S. 80, sowie die einzelnen Bruchformen im besonderen Teil). Ruhigstellung (Retention). Hier ist grundsätzlich zwischen der konservativen und operativen Knochenbruchbehandlung zu unterscheiden. Bei der ersteren wird nach dem Einrichten mit Gipsverband bzw. mit Schiene (z. B. Schlüsselbein, S. 80, Abb. 94—95 oder Fingerschiene, S. 66, Abb. 61—62) weiterbehandelt oder Einrichtung und Ruhigstellung erfolgt in Extension, z. B. bei den Drehbrüchen des Unter- und Oberschenkels. Demgegenüber werden bei der operativen Knochenbruchbehandlung die Bruchstücke durch einen Eingriff eingerichtet und anschließend die Fixation (Osteosynthese) durchgeführt, in der Regel mit Metall (Schenkelhalsnagel, Abb. 241; Marknagel, Abb. 243; Platte, RusH-Nagel, Drähte, Schrauben). Das dabei verwendete Metall muß für die Körpersäfte möglichst indifferent sein (asthenitische, amagnetische Legierungen wie SAS4, Vitallium, Chrom-Molybdän-Nickelstahldraht u. a.). Wir unterscheiden die b e l a s t u n g s s t a b i l e Osteosynthese, z. B. bei der Marknagelung, und die f u n k t i o n s s t a b i l e ( ü b u n g s s t a b i l e ) Osteosynthese, z. B. bei der Markdrahtung ; in letzterem Falle dürfen nur die Gelenke bewegt werden, die Belastung ist jedoch nicht erlaubt. Dies ist für die Funktion (Gelenke, Muskulatur) ein großer Vorteil. Es ist auch außer Frage, daß durch die Entwicklung der oben erwähnten Metalle und die Anwendung der Antibiotika und Sulfonamide die „blutige" Knochenbruchbehandlung sehr große Fortschritte gemacht hat. Trotzdem muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß die O s t e o s y n t h e s e e x a c t i s s i m e g e l e h r t u n d g e l e r n t werden muß und n u r i n d i e H a n d des E r f a h r e n e n g e h ö r t . Sonst kann sie durch sich einstellende Komplikationen wie Infektionen und Pseudarthrose weit größeren Schaden stiften als es mit der konservativen Behandlung je geschehen kann! Zu b e a c h t e n ist auch, daß manchmal das Metall vom Körper nicht vertragen wird, insbesonders wenn zu viel in die Tiefe versenkt wird und die Weichteile um den Knochenbruch stark geschädigt sind. Zwar heilt die Operationswunde, einige Zeit später jedoch tritt eine Fistel auf (blande Infektion), welche sich erst nach Entfernen der metallischen Fremdkörper schließt und immer die Gefahr einer sekundären Infektion bildet. Kann nur eine u n s t a b i l e Osteosynthese erreicht werden, z. B. bei der VerwenE h a l t , Unfallpraxis, 4. A u f l .
4
50
Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen
dung von gekreuzten Bohrdrähten (S. 139, 158) oder der Markdrahtung, so muß zusätzlich ein Gipsverband angelegt werden. Die Nachbehandlung
beginnt unmittelbar nach dem Einrichten (S. 83).
W i r d ein G i p s v e r b a n d a n g e l e g t , s o dürfen w e d e r M o r p h i u m noch s o n s t i g e A l k a l o i d e g e g e b e n w e r d e n (S. 69). D e r V e r l e t z t e m u ß i n n e r h a l b d e r ersten Vi S t u n d e n z w e c k s K o n t r o l l e des B l u t u m l a u f e s in d e r N ä h e des A r z t e s bleiben. S. 68.
Die sogenannten kallusbildenden Mittel sind überflüssig, können sogar durch Störung des Appetites schädlich wirken. Höchstens aus psychologischen Gründen wird man sie in dem einen oder anderen Falle anwenden. 1. Durchschnittliche Z e i t bis z u m Festwerden ( C o n s o l i d a t i o )
Schlüsselbein Oberarm, infratuberkulär Oberarm — Schaft Oberarm — suprakondylär Olecranon Speichenköpfchen Vorderarmschaft Speiche oder Elle allein Speichenbruch an typ. Stelle Speichenwulstbruch Epiphysenlösung distales Speichenende Kahnbein Mittelhandknochen Finger Wirbel Becken Schenkelhals Oberschenkelschaft Kniescheibe Unterschenkel m. Verschiebung Schienbein allein Epiphysenlösung unt. Schienenbeinende Wadenbein allein Knöchel Mittelfuß Zehenglieder
Erwachsene/ Wochen
Kinder bis 15 J./ Wochen
4 5 8 6 4 4 12 8—10 3— 4
3 4—5 5—6 4 3 3—4 8 6
4— 6— 4— 3— 3—
— —
6—12—16 4 3— 4 12—16 4—10 12—20 12—16 4 12—16 8—14
—
2 4 6 3 3 10—12 —
8 8 3 8 7 6
—
4— 6 6—12 4— 6 2— 3
—
3—4 3 2
2. S t ö r u n g e n der K n o c h e n b r u c h h e i l u n g
Stellt sich trotz idealer Einrichtung eine sekundäre Achsenknickung ein, so muß diese ausgeglichen werden, falls sie über 10° beträgt. Dies geschieht durch „Keilen" des Gipsverbandes oder durch Umgipsen. Zu häufig darf dies nicht gemacht
51
Behandlung und Folgen der Knochenbrüche
werden, sonst kann es zum SUDECK JT/WZ Syndrom kommen (S. 53). Bleibt eine Achsenknickung bestehen, so kann diese an der unteren Extremität zur posttraumatischen Osteoarthrose des distal gelegenen Knies — bzw. oberen oder unteren Sprunggelenkes—führen. Kann bei Gelenkbrüchen die Kontinuität des Gelenkspaltes nicht wiederhergestellt werden, ist die posttraumatische Osteoarthrose unvermeidbar. U r s a c h e n der v e r z ö g e r t e n K a l l u s b i l d u n g sind: mangelhafte Einrichtung, Distraktion ( = übermäßiger Zug), mangelhafte Ruhigstellung oder Beunruhigung der Knochenbruchheilung durch häufiges Umgipsen. Auch hier wird man mit den sogenannten kallusbildenden Mitteln nicht viel weiterkommen, sondern soll frühzeitig durch Beilegen eines Spanes nach PHEMISTER bzw. Marknagelung nach KÜNTSCHER eingreifen.
A b b . 47
A b b . 48
Abb. 47—48.
Oberarmpseudarthrose bei 49jährigem Kaminfegermeister 2 Jahre nach dem Unfall. Klinisch starkes Wackeln und Muskelschwund v o n 3 cm am Oberarm. Auswärtige Behandlung: Abwechselnd Zug, dann Gipsverbände, dazwischen ohne Ruhigstellung, 8mal umgegipst; dafür aber kallusbildende Mittel verabreicht! Charakteristische becherförmige AbStützung am körperfernen Bruchstück und sklerotische Abdeckung der Markräume gegen die Pseudarthrose zu.
Zur Pseudarthrose (Abb. 47—48) kommt es, wenn die Ruhigstellung unzureichend und nicht absolut ist (technisch schlechte Ruhigstellung, häufiger Gipswechsel, insuffiziente Marknagelung) oder wenn nicht lange genug ruhiggestellt wird oder wenn sich die Bruchstücke nicht berühren — Überziehen (Distraktion) bei am Knochen angreifendem Zug (häufigste Ursache). Alle anderen Ursachen (Weichteilinterposition, Allgemeinbedingungen) spielen praktisch keine Rolle.
Behandlung: Bei den langen Röhrenknochen ist heute die stabile Osteosynthese nach Aufbohren ( K Ü N T S C H E R ) die Methode der Wahl; sie hat alle anderen früher üblichen Methoden (Spanverpflanzung usw.) fast völlig verdrängt. Am Schienbein kommt noch die Schräg-Osteotomie des (sperrenden) Wadenbeines und Belastung im Gehgipsverband in Betracht. Kahnbein-Pseudarthrose S. 150. Praktisch nicht zu vermeiden ist die Defektpseudarthrose z. B. beim primären Fehlen eines Knochenstückes bei einem offenen Knochenbruch.
E. Folgen von Knochenbrüchen
1. Ödem Das posttraumatische Ödem ist eine Folge des gestörten Blutumlaufes und daher unvermeidbar. Es spielt besonders in der Nachbehandlungsperiode eine wichtige Rolle (S. 84). 4«
52
Knochenbrüche (Frakturen) und ihre Folgen 2. Posttraumatische Osteoarthrose ( O a )
Als Folge von Fehlstellung bzw. bei Inkongruenz der Gelenkflächen wurde die posttraumatische Oa. schon oben erwähnt. Aber auch unabhängig davon tritt sie als Folge der unfallbedingten Schädigung des Gelenkknorpels auf und ist hier unabwendbar. Sie verursacht Schmerzen, Bewegungsbehinderung, Muskelschwund. 3. Myositis ossificans
Abb. 49
Abb. 50
Abb. 49. Beginnende Myositis ossificans des Vastus intermedius bei 27jährigem Landarbeiter, von einem Pferd gegen den Oberschenkel getreten, 14 Tage nach dem Unfall. Abb. 50. Die bei der Operation (3 Monate nach dem Unfall) entnommene Muskelverknöcherung im Ausmaße von 1 1 : 4 : 2 , 5 cm. 4 Monate nach der Operation Kniegelenksbeweglichkeit aktiv 180—65 Grad.
Die umschriebene Myositis ossificans kommt nur an gewissen Körperstellen vor, so am Oberschenkel nach Muskelquetschung bei mangelnder Ruhigstellung (S. 168, Abb. 49—50), ferner am Ellbogen nach suprakondylären Brüchen. Hier ist sie die Folge unzweckmäßiger Behandlung und kann (BÖHLER) v e r mieden w e r d e n , wenn man sofort und schonend einrichtet, entsprechend lange ruhigstellt und in der Nachbehandlung Massage und passive Bewegungen vollkommen unterläßt. Ausgebildete Verknöcherungen können operativ entfernt werden. Nicht zu früh!
4. Colitis luxurians
Die überschüssige Kallusbildung (Callus luxurians) ist gewöhnlich die Folge von ungenügender oder zu kurzer Ruhigstellung. Er kann zu Druck auf Nerven oder Gefäße führen und muß dann operativ behoben werden. Bei Kindern kommt er z. B. beim Schlüsselbeinbruch vor (S. 131), welcher nicht absolut ruhiggestellt werden kann; er bildet sich hier aber restlos zurück. 5. Brückenkallus
Am Unterschenkel ist der Brückenkallus praktisch belanglos, am Vorderarm führt er zur Aufhebung der Drehung. Vermeidung durch gute Einrichtung und entsprechende Ruhigstellung. 6. Muskelschwund — Kalkschwund
Sehr häufig kommt es während der Knochenbruchheilung zu einem durch Inaktivität bedingten Muskelschwund und röntgenologisch nachweisbaren Kalkschwund, der hauptsächlich um das dem Bruche benachbarte Gelenk sitzt. Beides erholt sich normalerweise, bleibt bei der funktionellen Knochenbruchbehandlung nach BÖHLER (S. 48) in mäßigen Grenzen und ist gewöhnlich bei der stabilen Osteosynthese gering.
Folgen von Knochenbrüchen
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Die im Gipsverband ruhiggestellten Gelenke zeigen nach Abnahme des Verbandes eine Bewegungsbehinderung. Bei gelenknahen oder gar in das Gelenk reichenden Knochenbrüchen ist verständlicherweise die Behinderung dieser Gelenke eine wesentlich stärkere. 7. SuDECKsche Dystrophie
Gleitet die Entkalkung in das Pathologische ab, so wird dieses Krankheitsbild als SUDECK sehe Dystrophie bezeichnet. Man unterscheidet drei Schweregrade. Dazu gehört außer dem charakteristischen Röntgen- (fleckige Entkalkung) auch das entsprechende klinische Bild: schmerzhafte Verdickung eines Gelenkes mit Bewegungsbehinderung, die Haut ist glänzend, blaurot verfärbt. Die Ursache der SUDECK sehen Dystrophie ist entweder Polypragmasie oder eine vasovegetativ stigmatisierte Persönlichkeit. Zum „ S U D E C K " kommt es nicht nur nach schweren, sondern fast häufiger nach leichten Knochenbrüchen, sogar nach Prellungen und Zerrungen. Es kann die ganze Hand oder der ganze Fuß oder nur ein Gelenk ergriffen sein. Betroffen sind meist Frauen. Prophylaxe: Vor allem psychologische Behandlung des Verletzten mit konsequent durchgeführter Lokaltherapie, Unterlassen von Polypragmasie. Behandlung: Vorsichtige Pendelbehandlung des betroffenen Gliedabschnittes zwischen Bewegung und Ruhe, eventuell sogar temporäre Ruhigstellung, gefäßregulierende Mittel. Wichtig ist die psychische Behandlung. Man muß unbedingt das Vertrauen des Verletzten gewinnen. 8. Ischämische Muskelkontraktur
Die ischämische Muskelkontraktur ( V O L K M A N N ) , klassisch beim suprakondylären Oberarmbruch der Kinder (Abb. 51), ist die Folge von Zirkulationsstörungen und dadurch bedingter mangelhafter Ernährung der Muskulatur. Sie wird be-
Abb. 51. Ischaemische Kontraktur bei 14jährigem nach suprakondylärem Oberarmbruch als Folge eines schnürenden Verbandes; in der Ellenbeuge sieht man noch die davon stammende Narbe.
dingt durch den Druck des oberen Bruchstückes auf die Schlagader (A. brachialis), durch innere Spannung infolge des Hämatoms (sehr selten) oder durch schnürende Verbände, (die weitaus häufigste Ursache!). Wichtig ist sofortige Einrichtung des Bruches und Spalten des Gipsverbandes! Erfreulich ist, daß als Folge der modernen Knochenbruchbehandlung diese für die Zukunft des Kindes furchtbare Unfallfolge praktisch fast verschwunden ist. — Alte ischämische Kontrakturen können durch Quengelverbände, eventuell durch einen operativen Eingriff in der Regel noch weitgehend gebessert werden.—
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Knochenbrüche (Fakturen) und ihre Folgen
Auch am Bein (Fuß) finden wir die ischämischen Kontrakturen nach schweren offenen Unterschenkelbrüchen b2w. Trümmerbrüchen mit schwerer Schädigung der Weichteile aber auch durch zu starke Extension. Hier manifestiert sich die Veränderung als Krallenstellung der Zehen und Atrophie der kleinen Muskeln im Fußgewölbe. 9. Ermüdungsbrüche
Abb. 52. Typische Stellen von Ermüdungsbrüchen an den unteren Extremitäten.
Ermüdungsbrüche kommen dadurch zustande, daß durch langdauernde oder immer wiederkehrende Beanspruchung einer bestimmten Stelle des Knochens eine Resorption der Knochensubstanz an dieser Stelle stattfindet, ähnlich den Ermüdungserscheinungen der „toten" Substanz in der Physik. Klassische Beispiele: Der erste bekannte Ermüdungsbruch ist die Marschfraktur des 2. oder 3. Mittelfußknochens (S. 195, Abb. 52, 296). Während des Baues der Reichsautobahn war die Schipperkrankheit (S. 113) = Bruch des Dornfortsatzes des 6. Hals- bis 2. Brustwirbels eine bekannte Erscheinung. Ein Schema der Ermüdungsbrüche an den unteren Extremitäten zeigt Abb. 52. Vielleicht zählen manche Formen der Spondylolyse bzw. Spondylolisthese (von L4, L5, S l ) hierher. Behandlung: Ausschaltung der Ursache, eventuell durch Ruhigstellung oder symptomatisch.
F. Pathologische Frakturen, Spontanfrakturen
An pathologische Knochenbrüche ist immer dann zu denken, wenn bei geringem Anlaß, wie bei einem ungeschickten Tritt, beim Umdrehen, Heraussteigen aus dem Bett u. ä. ein Knochen bricht! Kommt der Bruch ohne Trauma zustande, so spricht man von Spontanbruch. Sie kommen vor: bei Lues, Tabes, Syringomyelie (Knochen haben normales Aussehen); bei krankhaft veränderten Knochen, z. B. durch Atrophie, Poliomyelitis, bei Tumoren und Knochenmetastasen (Knochen sind vom Tumor erweicht, Röntgenbild!). Die Behandlung: Vielfach wie bei einem normalen Knochenbruch möglich. Bei Tabes und Lues findet man häufig sehr schnelle und hypertropische, selten ausbleibende Kallusbildung. Wenn man Knochenbrüche bei Lues und Tabes operiert (Schenkelhalsbruch), darf das verletzte Bein längere Zeit nicht belastet werden! Bei Tumoren und Metastasen führt die übliche Knochenbruchbehandlung nicht zur Konsolidation. Man kann den erkrankten Knochenteil resezieren, plastisch (aus der Knochenbank) ersetzen und mit Marknagel fixieren, z. B. bei dem so häufigen Sitz im Oberschenkel. Sitzt die Veränderung nahe einem Gelenk (z. B. oberes Oberschenkelende), wird auch die Resektion und Ersatz mit Kunststoff oder Metall durchgeführt. Sonst kommt nur die Amputation oder symptomatische Behandlung neben Röntgenbestrahlung und Verabreichung von zytostatischen Mitteln in Frage. Gelenkbrüche bei Tabes, Lues und Syringomyelie führen häufig zu Arthropathien.
I X . Ankylosen, Arthrodesen, Kontrakturen Von einer Ankylose spricht man, wenn ein Gelenk verschwunden ist und die benachbarten Knochen miteinander knöchern verwachsen sind. Die Ursache ist gewöhnlich eine akute oder chronische Entzündung des Gelenkes. Für manche Ankylosen, z. B. am Ellbogen, kommen Gelenkplastiken in Betracht. Für Knie und Hüfte sind sie beim arbeitenden Menschen in der Regel nicht geeignet, da dieser mit einer Ankylose besser daran ist (schmerzfrei, besser belastbar). Man wird jedoch in besonders gelagerten Fällen oder bei beidseitiger Versteifung an eine Plastik denken. Andererseits sehen wir uns immer wieder gezwungen, Arthrodesen durchzuführen, das ist die operative Versteifung eines Gelenkes. Die Indikation ist dann gegeben, wenn das Gelenk in seiner Beweglichkeit stark behindert und schmerzhaft ist, z. B. nach Trümmerbrüchen am unteren Schienbeinende, nach schweren Fersenbeinbrüchen (S. 193) usw. Auch für viele Arthrosen (posttraumatische und genuine), hauptsächlich am Bein, kommt die Arthrodese in Frage. Versteifungen (Kontrakturen) im Bereiche von Gelenken sind nicht knöchern bedingt, sondern durch Narben der Haut (dermatogen) oder im Bereiche des Bandapparates (desmogen) oder muskulär (Schrumpfung). Wichtig ist vor allem die Verhütung. Dies liegt in der Hand desjenigen, welcher frische Verletzungen behandelt. X . Verrenkungen Erste Hilfe S. 13.
Von einer Verrenkung spricht man, wenn die das Gelenk bildenden Knochen bzw. die überknorpelten Flächen derselben jede Berührung miteinander verloren haben (Abb. 126—128, 149—150, 220—223). Ist dies nur teilweise der Fall, so ist dies eine Teilverrenkung (Subluxation) (Abb. 278—279). Hier soll nur von traumatischen Verrenkungen gesprochen werden. Daneben gibt es noch angeborene, pathologische und habituelle (rezidivierende), nach traumatischen Verrenkungen, z. B. Schulter (S. 126). Sind gleichzeitig die Gelenkenden der Knochen gebrochen und reichen diese Brüche in das Gelenk, dann handelt es sich um Verrenkungsbrüche (Luxationsfrakturen) (z. B. Abb. 41). — Im allgemeinen entstehen Verrenkungen durch mehr oder minder langsam einwirkende Gewalten, während schnelle Gewalteinwirkungen zu Knochenbrüchen führen. Die Diagnose bei den klassischen Verrenkungen ist infolge der Formveränderung meist einfach zu stellen (Abb. 126, 132, 149—150, 220—221). Charakteristisch ist die federnde Fixation — beim Versuch, die Stellung des Gelenkes zu ändern, federt dieses wieder in seine Lage zurück (besser zu unterlassen, da schmerzhaft!). Die übrigen klassischen Symptome — leere Pfanne, Kopf an abnormer Stelle tastbar, sind nur bei manchen Verrenkungen und dann meist nur in frischem Zustande zu finden. Einrichtung: In der Regel durch Zug am körperfernen Knochen, und zwar in der Richtung, in welche er weist. Keine Gewaltanwendung! Komplikationen: Zerreißung von Haut (offene Verrenkung), Druck auf Gefäße und Nerven (primär immer daraufhin prüfen, sofort einrichten!). Gelenk^erreißungen (alle Bänder zerrissen, Verschiebung oft atypisch) kommen durch direkte starke Gewalten zustande, z. B. in der Schulter dadurch, daß ein Arbeiter in eine Transmission gerät.
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Verrenkungen
Hauptregeln 1. Zuerst Diagnose, klinisch und mit Röntgenbild. 2. Immer sofort Prüfung von Gefäßen (A. radialis, A. dorsalis pedis und A. tibialis posterior) und Nerven! (motorisch und sensibel). Bei Gefäß- und Nervenstörungen sofort einrichten! Juristischer Hinweis: Von dieser Komplikation — Gefäßoder Nervenstörung — ist entweder der Verletzte selbst oder ein naher Verwandter zu informieren, weil es vorkommen kann, daß er dies später auf die Einrichtung zurückführt (Klage wegen Kunstfehlerl). 3. Die Einrichtung muß schonend sein, um möglichst wenige Muskeln noch zusätzlich zu schädigen, sie geschieht unter Zug und i 4. Betäubung ist in der Regel notwendig (örtlich, i. v., allgemein). 5. Die eingerenkten Knochen müssen solange ununterbrochen ruhiggestellt werden, bis die Bänderrisse und andere Weichteilzerreißungen geheilt sind (BÖHLER). 6. Sofort nach der Einrichtung und Anlegung des ruhigstellenden Verbandes ist eine Röntgenkontrolle zu machen (sehr wichtig als Beweismittel^). 7. Während der notwendigen Zeitdauer der Ruhigstellung des gut eingerichteten Gelenkes müssen möglichst viele oder alle nicht ruhiggestellten Gelenke des verletzten Gliedes und der ganze Körper unter Vermeidung von Schmerlen selbsttätig bewegt werden, um Störungen des Blutumlaufes, Schwund der Muskeln und Knochen und Versteifung der Gelenke zu vermeiden (BÖHLER).
8. Nachbehandlung muß schonend sein (S. 83). Zeit der Ruhigstellung für Verrenkungen Schulterblatt — Schlüsselbeingelenk 6 Schulter 1—2 Ellbogen 3 Perilunäre Verrenkung 3 Hüfte 2 Knie 12 Lux. pedis sub talo 6
Wochen Tage (S. 126) Wochen Wochen Wochen, Bettruhe Wochen Wochen
Subluxationen müssen in der Regel ebenfalls ruhiggestellt werden. Die Verrenkungsbrüche gehören zu den schwierigsten Kapiteln der Unfallchirurgie. Sie müssen exakt eingerichtet werden, wozu manchmal ein operativer Eingriff eventuell mit anschließender Fixation der Bruchstücke nötig ist (z. B. Hüfte, S. 167). Bei mangelhafter Einrichtung und selbst nach Heilung in idealer Stellung kommt es — infolge primärer Knorpelschäden — vielfach zur posttraumatischen Osteoarthrose.
X I . Das Röntgenverfahren Ohne Röntgenaufnahme darf man keine Knochenbrüche und Verrenkungen behandeln. Dies ist sowohl aus behandlungstechnischen als auch ausforensischen Gründen wichtig. (Viele Ärzte wurden schon wegen Unterlassung von Röntgenaufnahmen verklagt!) V o r und nach dem Einrichten sowohl eines Bruches als auch einer Verrenkung muß ein Röntgenbild gemacht werden I Keine Durchleuchtung! Die Aufnahme vorher ist wichtig zur Diagnose, nachher als Beleg für den Erfolg der Einrichtung und gegen später eventuell auftauchende Schwierigkeiten, (Klage wegen Kunstfehler!!!). Die Röntgenbilder soll der Arzt immer als Beleg behalten und womöglich nur Kopien abgeben. Röntgenaufnahmen sind in allen Fällen zu machen, wenn Verdacht auf eine Knochen- oder Gelenkverletzung vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn zwar mit Sicherheit anzunehmen ist, daß kein Knochenbruch vorliegt, wenn aber Knochen- oder Gelenksveränderungen von früher anzunehmen sind (z. B. früherer Knochenbruch und frische Prellung, Arthrose des Kniegelenkes und frische Zerrung). Dies ist wichtig, um den Zustand und das Ausmaß der bisherigen Veränderungen im Zeitpunkt der Verletzung festzustellen, ist wichtig für die Prognose und um u. U. später daraus Schlüsse ziehen zu können, ob durch den neuen Unfall eine Verschlechterung eingetreten ist oder nicht. Viele Zusammenhangsfragen werden dadurch mit einem Schlag geklärt, Schreibereien und Unstimmigkeiten von Seiten der Verletzten bzw. der Sozialversicherungsträger, bei Haftpflichtprozessen usw. vermieden. Auch findet man manchmal Überraschungsbefunde, welche die Prognose eines Falles bezüglich der Heilungsdauer bedeutend verändern können. Ich nenne nur Arthrosen, Lunatummalazie bei Zerrung des Handgelenkes, Osteochondritis dissecans usw. Wenn ein Verletzter die Vornahme eines Röntgenbildes verlangt, so soll man ein solches auf jeden Fall machen, auch wenn man überzeugt ist, daß der Knochen normal ist. Auch soll man dem Verletzten auf Befragen Auskunft über sein Bild geben, ihm dies auf Verlangen auch zeigen. Sonst glaubt er bestimmt, daß ihm etwas verheimlicht wird und das Zutrauen ist geschädigt. In der Regel erfährt der Verletzte doch einmal, wie es um ihn steht und nimmt dann an, daß der erstbehandelnde Arzt dies übersehen und ihn falsch behandelt hat. Von manchen Seiten wird geraten, gewisse Brüche, z. B. Querfortsatzbrüche von Lendenwirbeln oder Abriß der Dornfortsätze bei der Schipperkrankheit den
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Das Röntgenverfahren
Verletzten nicht mitzuteilen. Dies, weil man annimmt, der Verletzte könne praktisch belanglose Abrisse von einem schweren Wirbelbruch nicht unterscheiden und die Verletzung erheblich überschätzen. Wir halten es für zweckmäßiger, man sagt dem Verletzten, es sei „ein kleines Stück" abgerissen, dies sei belanglos und werde keine Folgen hinterlassen. Das gilt auch für metallische Fremdkörper. Auch hier ist es besser zu sagen, es sei ein kleines Metallstückchen an der und der Stelle, dieses werde voraussichtlich glatt einheilen und das Entfernen sei im Augenblick wesentlich umständlicher. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man das Röntgenbild dem Verletzten nicht in die Hand geben soll, insbesonders nicht solche Röntgenbilder, auf denen mit Pfeilen Brüche usw. bezeichnet sind. Wir sehen immer wieder, daß Verletzte noch nach vielen Jahren, wenn die Brüche schon längst verheilt sind, mit den Bildern kommen und angeben, Schmerzen an bestimmten Stellen zu haben und zwar an denjenigen, auf welche die Pfeile hinweisen. Röntgenbilder müssen immer in 2 aufeinander senkrechten Ebenen gemacht werden, von vorne nach rückwärts und seitlich. Nur eine Aufnahme, von vorne nach rückwärts genügt gewöhnlich beim Schlüsselbein, bei den Rippen und beim Becken mit Ausnahme der Hüfte. Manchmal sind auch noch Dreh-, Vergrößerungs- und Schichtaufnahmen nötig. Regeln 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Immer Aufnahme machen, keine Durchleuchtung. Entsprechend großes Format verwenden. Immer gleiche Filmgrößen verwenden (Typische Aufnahmen). Verdächtige Stelle in Bildmitte einstellen. Immer vorderes und seitliches Bild. Metallbuchstaben R (rechts) oder L (links) auflegen. Falls ein langer Röhrenknochen aufgenommen wird, muß immer ein Gelenk auf dem Bild sichtbar sein.
Noch besser ist es, wenn 2 Gelenke auf einer Aufnahme dargestellt werden, und zwar aus folgendem Grund: a) Gleichzeitige Verrenkungen in einem der benachbarten Gelenke können durch diese Vorschrift nicht übersehen und b) kann aus der Stellung der beiden Gelenke zueinander u. U. auch röntgenologisch auf eine Verdrehung der Brüche geschlossen werden.
8. In Zweifelsfällen mache man Vergleichsaufnahmen der anderen Seite, insbesondere bei Jugendlichen mit noch offenen Epiphysenfugen, die sonst oft mit Brüchen verwechselt werden. (S. 141 Ellbogen, Abb. 171—172). Ohne gutes Bild und genaue Einstellung niemals ein Urteil abgeben! 9. Röntgenbilder beschriften (später) und gut aufheben. 10. Die Kasetten dürfen nicht mit den bloßen Händen gehalten werden — Gef a h r eines R ö n t g e n s c h a d e n s — sondern es müssen die dazu angegebenen Haltevorrichtungen verwendet werden! Sind solche aus technischen
Das Röntgenverfahren
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Gründen nicht anwendbar, so müssen Bleihandschuhe angezogen werden (Abb. 280, 281). 11. Die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen müssen eingehalten werden —• Tragen von Bleischürzen, Bleihandschuhen (Abb. 280, 281) usw.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
11. 12. 13. 14.
Die Betrachtung und Beschreibung eines Röntgenbildes soll im wesentlichen nach folgendem Schema erfolgen: Frische oder alte Verletzung bzw. Veränderung. Bruchform (Biegungsbruch, Drehbruch, Querbruch, Trümmerbruch) (Abb. 27—32). Seite (rechts, links). Knochen (Oberschenkel, beide Unterschenkelknochen, des Schienbeines usw.)! Ort (in der Mitte, an der Grenze mittleres körperfernes Drittel usw.). Eventuell Biegungskeil oder Drehkeil (z. B. mit Ausbruch eines 2 cm langen inneren Biegungskeiles) oder sonstige Knochensplitter. Seitenverschiebung des körperfernen Bruchstückes, z. B. Parallelverschiebung des körperfernen Schienbeinbruchstückes um halbe Schaftbreite, Rindenbreite usw. Richtung der Seitenverschiebung (nach innen, außen, vorne, rückwärts). Verkürzung bzw. Diastase. Achsenknickung mit Angabe des Winkels; gemessen wird immer der komplementäre Winkel, d. h. der Winkel, um den das körperferne Bruchstück aus seiner Richtung abweicht, z. B. Valgus von 10 Grad, Rekurvation von 15 Grad. Verhalten der Gelenkflächen — Verwerfung, Stufe, Subluxation usw. Eventuelle Veränderungen an den Bruchstücken. Kalkgehalt. Eventuell Kallusbildung.
Beispiel: Frischer Biegungsbruch beider Unterschenkelknochen rechts an der Grenze mittlereskörperfernes Drittel mit Ausbruch eines 2 cm langen Biegungskeiles an der Innen-Vorderseite des Schienbeines. Das körperferne Bruchstück des Schienbeines ist um halbe Schaftbreite nach innen und um ganze Schaftbreite nach rückwärts verschoben. Verkürzung 1,5 cm, Valgus von 15 Grad, Rekurvation von 10 Grad. Das Wadenbein ist 2 Querfinger höher gebrochen und zeigt dieselben Verschiebungen wie das Schienbein, Verkürzung 1 cm.
Die Beurteilung des Röntgenbildes hat nicht vom rein röntgenkosmetischen Standpunkt aus zu geschehen, sondern weitgehend vom f u n k t i o n e l l e n . Dabei ist folgende Erfahrungstatsache wichtig: Bei langen Röhrenknochen ist eine Parallelverschiebung der Bruchstücke bei guter Achse völlig belanglos und ergibt ein funktionell einwandfreies Resultat (Abb. 35—37). Falls der Knochen nicht unmittelbar unter der Haut liegt, wie das Schienbein, stört dies auch kosmetisch nicht (S. 43). Röntgenkontrolle: Bekanntlich kann es bei Knochenbrüchen auch nach idealer Einrichtung im Gipsverband wieder zu Verschiebungen kommen. Daher müssen
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Das Röntgenverfahren
systematisch Röntgenkontrollen gemacht werden, um dies rechtzeitig zu erkennen. Dann kann eine Korrektur vorgenommen werden. Diese Röntgenkontrollen sind auch bei Brüchen durchzuführen, die im Zugverband behandelt werden, z. B. Oberschenkel- und Unterschenkeldrehbrüche. Näheres bei den einzelnen Brüchen. Beschriftung der Röntgenfilme: Protokollnummer, Name und Alter des Patienten, Zeitpunkt der Aufnahme, Körperseite (R, L), fortlaufende Numerierung. Durchleuchtung. Auch in der Unfallchirurgie wird es immer wieder vorkommen, daß Durchleuchtungen der Lunge gemacht werden müssen. Einen großen Vorteil bedeutet die Verwendung des Bildwandlers, insbesondere zum Einrichten von Knochenbrüchen, bei einer Osteosynthese u. a.
X I I . Betäubung A.
Örtlich
Am besten hat sich hier noch immer das Novocain bewährt, (y 2 —2% ig), zum Einrichten von Knochenbrüchen 2% mit Ausnahme der Wirbelbrüche (%%). Für örtliche Betäubung folgende s herrichten (Abb. 53): Lösung, Tupfer, 10 ml Spritze, Watteträger zur Desinfektion mehrere Nadeln, der Haut, zwei sterile Pinzetten, Mittel zur Hautdesinfektion.
Abb. 53. Bedarf für örtliche Betäubung, steril: 1 Spritze zu 10 ccm, Injektionsnadeln, 2 anatomische Pinzetten, Tupfer, Wattestäbchen, Flasche für Hautdesinfektionsmittel und die Ampullen mit Novocainlösung. W i c h t i g : N a d e l nicht m i t den F i n g e r n , s o n d e r n n u r m i t steriler Pinzette f a s s e n ! ! ( A b b . 54).
Wegen der modernen Hochdruck-Sterilisationsvorschriften ist es vielfach besser, eine „Einmalspritze" zu verwenden. Beim Knochenbruch (Abb. 55) werden am Punkte des größten Druckschmerzes ungefähr 5 ml der Lösung eingespritzt, dann die Spritze abgesetzt. Fließt die Lösung rötlich gefärbt zurück, dann ist man im Bluterguß und spritzt die restlichen 15 ml ein. Sonst muß ein anderer Punkt gesucht werden. Die Wirkung tritt sofort ein. Die Infiltration erfolgt so, daß beim Vorschieben der Nadel die Lösung eingespritzt wird, also die Nadel in immer bereits injiziertes Gebiet eindringt.
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Betäubung
Abb. 55
Abb. 54 Abb. 54. Örtliche Betäubung bei Speichenbruch an typischer Stelle. Durch die vorher desinfizierte Haut wird bis auf den Knochen eingestochen, die Nadel darf nur mit steriler Pinzette angefaßt werden.
Abb. 55. Schema eines Biegungsbruches mit umgebendem Bluterguß. Es genügt, wenn die örtliche Betäubung in den Bluterguß gespritzt wird.
Bei örtlicher Betäubung der Wunden wird von der unverletzten Haut aus eingestochen und die ganze Wunde um- und unterspritzt. Von der Wundfläche aus darf niemals eingestochen werden (Verschleppung von Verunreinigungen in die Tiefe). Zur Leitungsbetäubung (Abb. 5 6 ) eines Fingers (nach OBERST) bzw. einer Zehe spritzt man zu beiden Seiten des körpernahen Finger- (Zehen)endes je 5 ml Abb. 56. Einstichstellen für die Lokalanaesthesie an der F i n g e r b a s i s und im Bereiche der M i t t e l h a n d . Es muß bis zur Beugeseite gespritzt werden. (1) Injektion zur Oberstschen Anaesthesie, (2) Mittelhand.
Abb. 56
Abb. 57
Abb. 57. Einstichstelle für die M e d i a n u s blockade am Handgelenk. Der Einstich (1) erfolgt 2—3 cm proximal des Handgelenksbandes zwischen der Sehnenkulisse des M. palmaris longus (2) und des M . flexor carpi radialis (3).
2% ige Lösung ein, für die Mittelhand im Zwischenknochenraum (Abb. 56). Die typische Einstichstelle für die Medianusblockade zeigt Abb. 57. B. S u b a x i l l a r
Die Plexusbetäubung hat im wesentlichen nur mehr historisches Interesse, da sie auch manche Gefahren birgt. Sie ist durch die subaxilläre Leitungsbetäubung nach CAMPELL und HIRSCHMANN ( 1 9 1 7 ) überholt, die sich als sicherer, vor allem aber als ungefährlicher erwiesen hat. Sie hat auch den Vorteil, daß eine Blutleere oder Blutsperre angelegt werden kann.
Subaxillar - Rückenmark
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Technik: (Abb. 58—59) Der Arm, an dem die Blockade gesetzt werden soll, wird im Schultergelenk bis 90 Grad abduziert und dann bis 90 Grad im Ellbogengelenk gebeugt. Der Arm soll hierbei möglichst entspannt und von einer Hilfskraft gehalten werden. Nun wird in der medialen Oberarmfurche in Höhe des Ansatzes des Deltamuskels durch Palpation mit dem Daumen die Oberarmarterie aufgesucht. Nach Desinfektion wird der Oberarm mit Daumen und Zeigefinger umfaßt, die pulsierende Oberarmarterie gegen den Oberarmknochen gedrückt und damit fixiert. Mit einer Rekordspritze, die mit einer kurzen, flach angeschliffenen Nadel armiert ist, werden nun — nachdem man sich durch Aspiration überzeugt hat, daß die Nadelspitze in keinem Gefäß liegt — 10 ml einer 2 % igen Scandicain-Lösung ohne Adrenalin-Zusatz vor und über der Arterie eingespritzt. Der Patient wird aufgefordert anzugeben, ob er ein elektrisierendes Gefühl spüre
' Abb. 58. Einstichstelle subaxillär bei der s u b a x i l l ä r e n Leitungsanaesthesie.
steile
I
g
Abb. 59. Der Einstich erfolgt knapp proximal des Deltoideusansatzes 1 2 3 4 5
M. N. M. M. M.
biceps brachii Medianus coraco-brachialis deltoidcus pect, major
6 7 8 9
M. N. N. A.
latiss. dorsi radialis ulnaris brachialis
und er soll auch angeben, in welchem Finger er dieses Gefühl verspürt. Nachdem ein Depot mit 10 ml gesetzt wurde, läßt man die Kanüle liegen. Die Rekordspritze wird neuerlich mit 10 ml der 2%igen Scandicain-Lösung gefüllt und nun wird die Kanüle soweit zurückgezogen, daß sie dorsal um die Arterie herumgeführt werden kann, um auch eine Anästhesie des N. radialis zu erzielen. Es empfiehlt sich, anschließend nochmals 5 ml der obengenannten Lösung aufzuziehen und subkutan über dem Gebiet der A. brachialis zu deponieren. Bei erfolgreicher Anästhesie wird bereits nach einigen Minuten ein Schweregefühl in der betreffenden Extremität angegeben, sowie Ameisenlaufen in den Fingern und allmähliche motorische und sensible Lähmung, die nach etwa 30—60 Minuten ihren Höhepunkt erreicht, um dann nach etwa 2—21/2 Stunden wieder abzunehmen. Nach Setzung der Blockade empfiehlt es sich, dem Patienten eine Ampulle Phenergan und eine Ampulle Alodan i. m. zu verabreichen, um auch eine entsprechende allgemeine Dämpfung und Beruhigung zu erzielen. In diesem Stadium ist es dann auch möglich, nach Auswickeln der distalen Extremitätenteile eine Blutsperre am Oberarm anzulegen, die von dem Patienten nicht als wesentlich störend empfungen wird. Sollte bei der Blockade im Bereiche der medialen Bizepsfurche allenfalls einer der drei Hauptnervenstämme ungenügend infiltriert worden sein, so ist es möglich, falls die vorgesehene Operation im Bereiche der Hand vorgenommen werden soll, den ungenügend anästhetischen Nervenast in Höhe des Handgelenkes gesondert zu infiltrieren. Damit kann in der Regel eine vollständige Anästhesie erzielt werden.
C. Rückenmark Die Rückenmarkbetäubung ist bei Verletzungen oder Eingriffen an den Beinen zweckmäßig. Wir lassen zwischen den Dornfortsätzen L2—3 8 ml Liquor ab und
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Betäubung
spritzen dafür 8 ml einer 1 % igen Novocainlösung ohne Adrenalin ein oder man injiziert 2 ml Tropocain mit 1 Ampulle Coffein. Dauer der Wirkung 2 Stunden. Während und nach der Operation soll der Verletzte flach liegen, um Kopfschmerzen zu vermeiden. D. Intravenös
Die intravenöse Betäubung verwendet man für kürzere Eingriffe, z. B. Spaltung von Zellgewebsentzündungen, Einrichtung von Verrenkungen, bei denen örtliche Betäubung nicht immer wirkt, z. B. Schulterverrenkung u. a. Der Verletzte muß immer gefragt werden, ob er kein falsches Gebiß oder etwas anderes im Munde hat. E. Rausch
Zur Rauschnarkose gibt es moderne, relativ harmlose, kurz wirkende Medikamente. Sie werden für ganz kurze Eingriffe verwendet (z. B. Einrichtung von Verrenkungen, Aufrichtung eines Nasenbeinbruches). F. Allgemeines
Die Allgemeinbetäubung kommt für größere und große Eingriffe in Betracht (Versorgung offener Knochenbrüche u. ä.). Sie hat aber dadurch, daß sie zu einem Spezialfach und somit ungefährlicher geworden ist, vielfach auch die oben erwähnten Arten der Betäubung, sogar die örtliche Betäubung, verdrängt. Für die Rausch-, die i. v. und die Allgemeinbetäubung sind folgende Regeln zu beachten: Vorher urinieren, fragen ob keine Zahnprothese oder etwas anderes im Munde ist; auch ist eine genaue vorherige Untersuchung des Patienten und Narkosevorbereitung nötig. Desgleichen muß er nüchtern sein. Letzteres ist der Nachteil für dringende Eingriffe. (S. 25, „Aufgeschobene Primärversorgung der frischen Zufallswunden".) Bei Kindern und Jugendlichen unter dem 18. Lebensjahr ist die Einwilligung der Erziehungsberechtigten nötig (S. 22, Tab. 2).
X I I I . Ruhigstellung hat sich seit vielen Jahren in Wort und Schrift dafür eingesetzt, daß den Verletzungen die zur Heilung nötige Ruhe gelassen werde. Gegen diesen Grundsatz wird immer noch verstoßen und durch Polypragmasie vielfach Schaden angerichtet. BÖHLER
Diese Ruhe gilt für alle Arten der Verletzungen, sowohl für Wunden und Infektionen, als auch für Knochenbrüche, Verrenkungen, Prellungen, Blutergüsse usw. Die Ruhigstellung muß absolut und ununterbrochen sein. Danach hat sich die Technik der Ruhigstellung zu richten. Ferner ist darauf zu achten, daß, während der verletzte Gliedabschnitt ruhiggestellt wird, alle nicht ruhiggestellten Gelenke und der ganze Körper in vollem Umfange bewegt werden sollen ( B Ö H L E R ) . Beim Speichenbruch an typischer Stelle wird z. B. nach dem Einrichten eine dorsale Gipsschiene angelegt, die Finger und Ellbogen freiläßt; in den nächsten Tagen beginnt man mit Bewegungsübungen der Finger, des Ellbogens und der Schulter und zwar im vollen Umfange. Dadurch bleiben die Gelenke frei beweglich, infolge der Bewegung und der besseren Durchblutung heilt der Knochenbruch schneller, es kommt nicht oder nur in geringem Ausmaße zum Knochenund Muskelschwund und dadurch wird auch die „Nachbehandlung" (S. 83) erleichtert und beschleunigt. Die Nachbehandlung setzt also unmittelbar mit der Behandlung ein. (S. 48). Entsprechend diesen Auffassungen können auch Verletzte schon während der Behandlung mit ruhigstellenden Verbänden ihrer Tätigkeit nachgehen. Der behandelnde Ar^t muß dies dem Verletzten mitteilen. Auch vom Standpunkt der Produktion und der gesamten Volkswirtschaft ist dies wichtig. In diesen Zusammenhang gehört auch, daß die Armschlinge (Mitella) zwar so lange getragen werden soll, als ein verletzter Arm schmerzhaft ist, daß aber schon während dieser Zeit bei Verletzungen außerhalb der Schulter diese mehrmals täglich in vollem Umfange bewegt wird (voll heben, den Arm hinter den Kopf und auf das Kreuz legen). Auch nach Abnehmen der Schlinge müssen diese Übungen fortgesetzt werden. E h a l t , Unfallpraxis,4. Aufl.
5
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Ruhigstellung
Achtung auf die Schulterbeweglichkeit! Die Schulterversteifung nach Verletzungen außerhalb der Schulter ist in der Regel vermeidbar, wenn man sofort Bewegungsübungen verordnet. Das gefährliche Alter beginnt mit 45 Jahren, bei Jugendlichen versteift eine Schulter nicht, es sei denn durch eine schwere Verletzung der Schulter selbst. Mittel %ur Ruhigstellung: Die Fingerschiene, der Gipsverband, zum Hochlagern des Beines die B R A U N J A Schiene, des Armes die Doppelrechtwinkelschiene (Abspreizschiene). Dazu kommt bei Brüchen am Bein der Zugverband. Zinkleimverbände und Blaubindenverbände sind zur exakten Ruhigstellung ungenügend. A b b . 60. Brettlhand nach Fingerverletzung. Die Hand wurde durch mehrere Wochen auf ein Brett gebunden. Alle Finger in Streckstellung versteift, der Daumen liegt dem Zeigefinger an, statt den Fingern gegenüber zu stehen. Schwerste dauernde Behinderung. 21jähriger Textilarbeiter (auswärts behandelt).
Alle Verbände sollen immer in typischer Form angelegt iverden (Einheitsverband), schon damit man mehr Augenmerk dem Einrichten zuwenden kann. Sehr schädlich ist die Fixation von Hand- und Fingerverletzungen auf dem Handbrett. Die Folge ist die Versteifung auch nicht verletzter Finger und in schweren Fällen die „Brettlhand" (Abb. 60). A . Fingerschiene ( A b b . 61)
Das Material ist ein 3 mm dicker geglühter Eisendraht, den man sich selbst entsprechend zurechtbiegt. Die Fingerschiene muß gut mit Zellstoff gepolstert werden. Man kann auch Schienen für zwei Finger machen oder die vier 3-gliedrigen Finger eventuell samt Daumen auf einer „ulnaren Fingerschiene" in Mittelstellung ruhigstellen (Abb. 62). Die Fingerschiene wird in der Regel an der Beugeseite und immer in Mittelstellung des Fingers angelegt! Für den Daumen legt man das quere Stück an der Ellenseite des Vorderarmes an. Das körperferne Ende der Fingerschiene kann auch umgebogen werden, um den Finger vor Anstoßen zu schützen. Da das Anlegen der Fingerschiene technisch schwierig ist und die Schiene leicht verrutscht, wird sie in letzter Zeit vielfach durch einen Gipsverband ersetzt, der auch die Mittelhand und das Handgelenk einschließt. Die Fixation von Fingerverletzungen auf einem Spatel ist unzweckmäßig,
Gipsverband
Abb. 61. Fingerschiene ungepolstert und gepolstert.
Abb. 62. Ulnare Fingerschiene (d. h. an der Ulnarseite der Hand angelegt und nach radial herübergebogen), hier auch mit Einschluß des Daumens. Alle Finger in Mittelstellung.
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A b b . 63. Fingerbeweglichkeit bei Fingerschiene und Spatelverband. Bei Fingerschiene (in Mittelstellung) Streckung und Beugung der Finger voll möglich, beim Spatel (in Streckstellung) können die übrigen Finger nicht zur Faust geschlossen werden. Folge häufig Fingerversteifung!
weil die übrigen nicht ruhiggestellten Finger nicht gebeugt werden können und unter Umständen versteifen (Abb. 63). Für die isolierte Ruhigstellung eines Fingermitteloder Endgelenkes ist ein kleines gelochtes Aluminiumschienchen sehr praktisch (Abb. 64—65).
Abb. 64—65. Schienchen aus Aluminium zur Ruhigstellung eines Fingergelenkes (Originalgröße).
B. G i p s v e r b a n d
Wir verwenden einheitliche Gispbinden, alle sind 5 m lang und 15 oder 20 cm breit! Die 20 cm breiten werden für Becken- und Wirbelgips verwendet, für alle anderen Gipsverbände die 15 cm breiten. Der Gips soll nicht zu rasch und nicht zu langsam binden, damit man nach Fertigmachen des Gipsverbandes zwar noch den Gips anmodellieren kann, das Hartwerden aber nicht zu lange dauert, sonst ermüdet man. Sehr zweckmäßig sind die Cellona-Bindeti, insbesonders für kleinere Verbände. 5
68
Ruhigstellung
Wir verwenden für alle Arten von Verletzungen den u n g e p o l s t e r t e n G i p s v e r b a n d , für den auch die beschriebene Technik gilt. Beim gepolsterten Gipsverband kommen unter die Gipsbinden noch entsprechende Lagen von geleimter Watte. Zum Halten von Knochenbrüchen und für Gehverbände eignet sich nur der ungepolsterte Gipsverband, da sich im gepolsterten die Brüche viel häufiger wieder verschieben und außerdem der Gipsverband oft infolge Lockerwerdens scheuert. Um das lästige Ankleben der Haare an den Gispsverband zu vermeiden, streichen wir vorher die Haut mit einer Fettcreme ein. Regeln für den Gipsverband Zu einem Transportgips wird bekanntlich keine Einrichtung vorgenommen, sondern nur grob sichtbare Deformitäten ausgeglichen. Er muß immer dick gepolstert sein. 1. Transportgips immer polstern, sonst immer ungepolstert. 2. Gipsschienen müssen immer gut feucht sein, so daß sie dem Körperabschnitt gut anmodelliert werden können. 3. Nie rein zirkuläre Gipsverbände, sondern immer zuerst eine Gipsschiene anlegen, die meist an der Streckseite angelegt wird, dann zirkuläre Binden zur Befestigung. 4. Die zirkulären Binden dürfen nur abgerollt, nie gebogen werden. 5. Bei Anlegen eines ungepolsterten Gipsverbandes immer mit der Handfläche anmodellieren, niemals umschriebenen Druck, ausüben (Gefahr eines Hautschadens!). 6. Bei Rubigstellung von Wunden und Entzündungen Gips immer sofort der Länge nach spalten, breit aufbiegen und über der Wunde fenstern! 7. Bei allen frischen offenen Knochenbrüchen grundsätzlich den Gipsverband vollkommen der ganzen Länge nach spalten! 8. Beim Spalten eines Gipsverbandes muß dieser unbedingt vollkommen, bis auf die Haut gespalten werden, das Stehenbleiben auch nur eines einzigen Fadens kann zur Gangrän des Gliedes führen! 9. Bei Gipsverbänden nach dem Einrichten frischer Knochenbrüche ist in den ersten 24 Stunden der Blutumlauf genauestens zu überwachen (Farbe, Schwellung, Beweglichkeit, Gefühl von Fingern oder Zehen), der Verletzte muß innerhalb dieser Zeit in erreichbarer Nähe des Arztes bleiben. 10. Tritt beim nicht gespaltenen Gipsverband eine Störung des Blutumlaufes auf (Blauwerden von Fingern oder Zehen, Gefühl des Ameisenlaufens in diesen Gliedern, starke Schmerzen), so muß der Gipsverband sofort bis auf die Haut gespalten und breit aufgebogen werden!
Gipsverband
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Dies genügt in der Regel und ist zweckmäßiger als die Entfernung des Gipsverbandes. 11. Bei nicht gespaltenen Gipsverbänden dürfen in den ersten 24 Stunden auf keinen Fall Alkaloide oder sonstige stark schmerzstillende Mittel gegeben werden. 12. Werden an umschriebener Stelle Schmerzen angegeben, so muß an dieser Stelle ein Fenster in den Gipsverband geschnitten werden. 13. Gipsverband immer beschreiben (mit Tintenstift). Dies erleichtert die Behandlung wesentlich. Aufgeschrieben wird: Tag des Unfalls, Gipsabnahme, Tag der Einrichtung, u. U. Röntgenkontrolle, Anlegen des Gipsverbandes, Name des Behandelnden, bei Knochenbrüchen Zeichnung, und ^war Bruchstellung vor dem Einrichten (Abb. 76—77). 1. T y p i s c h e G i p s v e r b ä n d e
a) D o r s a l e G i p s s c h i e n e (Abb. 66—69). Sie wird aus einer Gipsbinde (15 cm x 5 m) gemacht und dient zur Ruhigstellung für alle Verletzungen im
Abb. 66—69. Dorsale ungepolsterte Gipsschiene beim Speichenbruch an typischer Stelle nach dem Einrichten. Die Binde durch die Hohlhand ist so schmal, daß sie nicht über die Hohlhandfalte hinausreicht. Nur dadurch ist es möglich, daß die Finger voll zur Faust geschlossen werden können. Der Daumenballen ist voll ausgeschnitten, Beweglichkeit des Daumens durch den Verband nicht behindert. Handgelenk leicht ulnar flektiert, die Mittelhand wird von der Ellen- und Speichenseite her gehalten. Der Ellbogen ist frei, Beschriftung. (Sammlung B ö h l er.)
70
Ruhigstellung
Bereiche der Mittelhand, Handwurzel und des unteren Vorderarmendes. Die Schiene reicht dorsal von der Zwischenfingerfalte bis zum Ellbogengelenk und wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, die in Form von Achtern durch die Hohlhand geht. Zwischen Daumen und Zeigefinger wird ein Tupfer eingelegt, damit die Binde hier nicht drückt. Abschluß mit zirkulären Gipsbinden, dazu kommt die Beschriftung. Wichtig: Die Binde darf in der Hohlhand nicht über die Beugefalte hinausgehen (Abb. 69), sonst können die Grundgelenke der Finger nicht voll gebeugt werden. Der Gips muß an der Streckseite bis zu den Zwischenfingerfalten gehen. Ist er zu kurz, so entsteht eine Handrückenschwellung peripher davon, der Gispverband drückt. Das Ellbogengelenk muß selbsttätig frei beweglich sein. Das Handgelenk ist gestreckt, weicht nur beim Bruch der Speiche an typischer Stelle nach der Ellenseite zu ab. Die Modifikation dieser Schiene bei Brüchen des 1. Mittelhandknochens und BENNETTschem Bruch (S. 159, Abb. 213).
b) O b e r a r m g i p s v e r b a n d (Abb. 70—71). 3 Gipsbinden (15 cm x 5 m), für alle Verletzungen des Unterarmes, Ellbogens und unteren Oberarmendes. Der Ellbogen ist immer rechtwinkelig gebeugt, bei Brüchen am oberen Vorderarmende ist
Abb. 70—71. Oberarmgipsverband bei Bruch beider Vorderarmknochen. Ellbogen rechtwinkelig, mittlere Drehung, Schulter und Finger unbehindert beweglich. Beschriftung ! Abb. 70
Abb. 71
der Vorderarm supiniert, bei Brüchen am unteren Oberarmende proniert, immer in mittlerer Drehung, d. h. der Daumen zeigt gegen die Schulter!
sonst
T e c h n i k : (Abb. 72) Der Verletzte liegt; oberhalb des Ellbogengelenkes läuft ein unterpolsterter Gurt, welcher an einem Wandhaken oder einer Türklinke befestigt ist. Ein Assistent hält die Finger. Man kann auch die Finger mit Mädchenfängern senkrecht nach oben befestigen. Dann wird der im Ellbogen rechtwinkelig gebeugte Arm senkrecht vom Körper nach außen gehalten. — Eine dorsale Gipsschiene (aus zwei Gipsbinden) wird angelegt, die von den Zwischenfingerfalten bis drei Querfinger oberhalb des Deltoideusansatzes reicht und die Streckseite des Vorderarmes, Ellbogens und Hinterseite des Oberarmes bedeckt. Sie wird zu beiden Seiten des Ellbogengelenkes eingeschnitten, die Enden übereinandergelegt, darüber kommt beiderseits schräg ein Gipsstreifen von 3 cm Breite und 4 cm Länge als Gelenksverstärkung. Die Gipsschiene wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, wobei man den Gurt freiläßt. Dieser wird dann-herausgezogen, der Polster bleibt und der Rest der dritten Binde wird darübergewickelt.
Gipsverband
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Abb. 72. Oberarmgipsverband bei Bruch der Vorderarmknochen. Ein Querholz hält den Gurt gespreizt. Der Arm ist so gedreht, daß der Daumen gegen die Schulter zeigt. Die dorsale Gipsschiene für Vorderarm und Oberarm ist angelegt. — Diese Art der Lagerung wird gleichzeitig zum Einrichten verschiedener Brüche und Verrenkungen im Bereiche des Ellbogens, Vorderarmes, Handgelenkes, der Finger, die unter Zug stattfinden muß, verwendet. Beschriftung! Wichtig: Die Binde durch die Hohlhand darf nicht über die Beugefalte hinausgehen (Abb. 69), der Gipsverband darf am oberen Ende nicht zu kurz sein (Druck auf den N. radialis). c) U - S c h i e n e ( A b b . 7 3 — 7 4 ) . Sie findet meist bei O b e r a r m b r ü c h e n V e r w e n dung. Nach Polsterung beider Achselhöhlen, der Schulter und des Ellbogens der verletzten Seite ( A b b . 7 3 ) w i r d aus 2 Gipsbinden ( 1 5 c m x 5 m ) eine I m lange
Abb. 73. U-Schiene für Oberarm: Polster beiderseits unter der Achsel, über Schulter und Ellbogen der verletzten Seite. Abb. 74. Fertige U-Schiene bei Oberarmschaf tbruch. Beschriftung!
L o n g e t t e angefertigt, die u m den E l l b o g e n gelegt w i r d , die freien E n d e n w e r d e n über der Schulter gekreuzt. Dabei w i r d der O b e r a r m v o m E l l b o g e n her gegen die Schulter gestaucht, u m eine Diastase zu vermeiden. Befestigung der Gipsschiene u m den O b e r a r m mit einer nassen Mullbinde. D a r ü b e r k o m m t eine zirkuläre Gipsbinde. D i e ganze U-Schiene w i r d mit einer 8 cm breiten, an der A u ß e n s e i t e der Schultergegend angelegten K a l i k o t - B i n d e gegen die A c h s e l h ö h l e der gesunden Seite zu fixiert ( A b b . 74). Beschriftung. A r m s c h l i n g e , die a m Handgelenk u n d am Nacken unterpolstert w i r d . d) U n t e r s c h e n k e l g i p s ( G e h g i p s v e r b a n d ) ( A b b . 7 5 — 7 7 ) . 4 Gipsbinden ( 1 5 cm x 5 m), f ü r alle V e r l e t z u n g e n v o n den Zehen bis knapp oberhalb des Sprunggelenkes. Technik: Der Verletzte sitzt auf dem Tisch, bei Narkose hängt das Bein über das Tischende hinunter. Der Gipsende sitzt und stellt die Außenseite des Vorderfußes des Verletzten auf sein entgegengesetztes Knie (Abb. 75); dadurch wird die Unterschenkelmuskulatur entspannt, Sprunggelenk und Vorfuß werden richtig eingestellt, das Sprunggelenk im rechten Winkel oder in Plantarflexion von einigen Graden. Der Vorfuß steht in Adduktion und Pronation; Fixation in Plattfußstellung (Abduktion und Supination) muß vermieden werden. Am oberen Ende des Unterschenkels, knapp unterhalb des Knies wird ein Flanellstreifen von 3 cm Breite herumgewickelt, ein ebensolcher auf die Basis der Zehen gelegt. Dann wird eine plantare-hintere
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Ruhigstellung
Abb. 75. Typische Anordnung zum Anlegen eines Gehgipsverbandes. Der Versehrte stützt sein verletztes Bein auf das entgegengesetzte Knie des Gipsenden. Durch Voroder Zurückstellen dieses Beines regelt der Gipsende die Winkelstellung des Sprunggelenkes, soweit, daß der Oberschenkel des Verletzten am Tisch aufliegt. Die hintere Gipsschiene ist angelegt und wird mit einer zirkulären Gipsbinde festgewickelt.
Abb. 76 Abb. 76—77. Ungepolsterter Gipsverband nach dem Einrichten bei Bruch des äußeren Knöchels mit Teilverschiebung des Sprungbeines nach außen. Der Fuß in Plantarflexion von 10 bis 15 Grad zwecks besseren Schlusses der Sprunggelenksgabel. Der Gipsverband reicht bis an die Basis der Zehen und bis zum Wadenbeinköpfchen; er ist entsprechend beschriftet.
Schiene von der Spitze der Zehen bis zur Höhe des Wadenbeinköpfchens angelegt und mit 3 zirkulären Gipsbinden angewickelt. Der Gipsverband muß überall gleich stark sein. Mit dem Anwickeln der zirkulären Binde beginnt man am oberen Ende. Die Zehen bleiben frei (Abb. 76—77). Wichtig Kein Spitsjuß, kein Hakenfuß, Vorfuß proniert. Oberes Ende des Gipses knapp oberhalb des Wadenbeinköpfchens (wenn der Gips zu kurz ist, drückt er auf den N. peroneus und kann zur Lähmung desselben führen). Das untere Ende des Gipses reicht am Fußrücken genau bis %ur Basis der Zehen; ist er zu lang, dann können die Zehen nicht bewegt werden, ist er zu kurz, kommt es zum Ödem des Fußrückens, Abb. 78. Wird in den Unterschenkelgips aus irgendeinem Grunde ein Fenster geschnitten, so muß dieses — wenn der Verletzte damit geht — mit genau eingepaßtem Zellstoff ausgefüllt werden, sonst kommt es %um Fensterödem. e) V e r l ä n g e r u n g d e s U n t e r s c h e n k e l g i p s e s b i s M i t t e O b e r s c h e n k e l . 4 Binden (15 cm x 5 m ) ; f ü r Unterschenkelbrüche oder sonstige Verletzungen bis unterhalb des Knies. Knie gestreckt! Eine hintere Gipsschiene w i r d aus einer Binde angelegt, die v o m oberen Unterschenkeldrittel bis zur Oberschenkelmitte reicht und am körpernahen Ende etwas breiter ist. Sie w i r d mit einer zirkulären Gipsbinde angewickelt. A u s einer Gipsbinde w i r d eine Gipsschiene v o n 1 m
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Gipsverband
Abb. 78. Charakteristisches Fußrückenödem bei zu kurzem Gipsverband. Vom Verletzten selbst wurde der Gips am Fußrücken immer weiter nach oben weggenommen.
Abb. 79. Gehwiege aus Vollgummi mit draufgeschraubter Blechplatte. Mit einer Gipsbinde werden die vordere Blechlasche mit Touren über den Rist und die Drähte über die Knöchel fixiert.
Länge gemacht und in 3 gleiche Teile geschnitten, davon kommt eine vorne, eine außen und eine innen als Verstärkung über das Knie. Das Ganze wird mit einer zirkulären Binde festgewickelt. Beschriftung ! f) G e h b ü g e l . Es gibt eine ganze Reihe von Gehbügeln, einen davon zeigt Abb. 79. Wichtig ist, daß die Befestigung im Gipsverband für Röntgenstrahlen durchlässig ist. g) G i p s h ü l s e (Abb. 80). 6 Gipsbinden (15 cm x 5 m), für alle Verletzungen im Bereiche des Knies sowie knapp unterhalb und oberhalb des Knies. Bei schweren Infektionen sowie Trümmerbrüchen des Kniegelenkes genügt die Hülse nicht, es muß ein Beckengipsverband angelegt werden. Bei Seitenband- und Kreuzbandrissen erfolgt die Ruhigstellung des Kniegelenkes in einer Stellung von 160 Grad, sonst immer in Streckstellung. Überstreckung des Knies ist auf jeden Fall zu vermeiden!
Abb. 80. Oberschenkel-Gipshülse. Beschriftung !
Wird die Gipshülse zum Gehen verwendet, was gewöhnlich der Fall ist, dann legt man vorher einen Zinkleimverband an, der vom unteren Ende des Gipsverbandes überdeckt wird. Ferner gibt man einen Hosenträger, der über die Schulter der anderen Seite geht und durch Verteilung des Gewichtes vermeidet, daß der Gipsverband durch Sinken am Knie oder an den Knöcheln drückt. Lagerung zum
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Ruhigstellung
Anlegen der Gipshülse: Der Patient liegt mit dem Becken auf einem Tischende, der Fuß auf einem Tischchen o. ä. Knapp unter der Leistengegend und 2 Querfinger oberhalb des Sprunggelenkes wird eine zirkuläre Flanellbinde angelegt. Dann kommt eine Gipsschiene (aus 2 Binden) an die Hinterseite des Beines, welche am oberen Ende breiter gelegt wird. Sie wird mit 2 Gipsbinden angewikkelt, beginnend am körpernahen Ende. Eine Gipsschiene von 1 m Länge aus einer Binde wird in 3 gleiche Teile geschnitten, die zur Verstärkung des Kniegelenkes vorne und zu beiden Seiten ange_ _ _ _ _ legt werden. Über das Ganze wird noch } 1 zirkuläre Gipsbinde gewickelt. Beschrifh) B e c k e n g i p s (Abb. 81—82). 18 Gipsbinden (9 je 20 cm x 5 m und 9 je 15 cm x 5 m) für Verletzungen im Bereiche von Hüfte und Oberschenkel, schwere Kniegelenksbrüche und -infektionen usw. Die Lagerung erfolgt entweder auf einem Zugtisch oder so, daß das Becken auf einer Stütze und jeder Fuß auf einem Tischchen liegt. Hüfte und Knie sind gestreckt, das Sprunggelenk rechtwinkelig und das Bein in mittlerer Drehung eingestellt —• Fuß senkrecht nach oben. Der Grad der Abduktion der Hüfte richtet sich nach dem Zwecke des Gipsverbandes. Abb. 81 u. 82. Beckengipsverband bei Oberschenkelbruch (vorher 2 MonateZugverband), gut anmodelliert oberhalb des
Darmbeinkammes und zwischen Darmbeinkamm und großem Rollhöcker. Gips geht bis knapp neben die Analfalte.
Polsterung: Sie bedeckt das Kreuzbein soden vorderen oberen Darmbeinstachel
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Zellstoff g e f ü l l t e R o l l e i i i
hegt in der Leistengegend und über dem Sitzbeinhöcker,
Beckenteil aus 9 Gipsbinden (20 cm x 5 m): 3 Gipsbinden werden in Form einer Spica angewickelt, dann kommen 3 Verstärkungen: eine Gispsschiene (1 m lang) vom Darmbeinstachel der gesunden Seite über den Bauch zur Hüfte der verletzten Seite und zirkulär um diese; eine Gispsschiene (1 m lang) vom Darmbeinstachel der gesunden Seite über den Rücken zur Hüfte der verletzten Seite und zirkulär um diese; eine Gipsschiene (1 m lang) wird in 3 gleiche Teile geschnitten und zur Verstärkung der Hüfte vorne, außen und schräg rückwärts aufgelegt. Dann kommen wieder 3 Gipsbinden in Form einer Spica um die Hüfte. Dieser Teil wird gut am Darmbeinkamm und zwischen Darmbeinkamm und großem Rollhöcker anmodelliert. Beinteil: Entspricht einer Gipshülse (Abb. 80, aus 6 Binden, 15 cm x 5 m) und reicht bis knapp oberhalb des Sprunggelenkes. Fußteil 3 Binden (15 cm x 5 m): eine hintere Gipsschiene m lang) beginnt am Unterschenkel Grenze mittleres unteres Drittel, reicht bis zu den Zehenspitzen; sie wird mit 2 Binden zirkulär wie beim Gehgips festgewickelt.
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Gipsverband
i) G i p s m i e d e r (Abb. 83—86). 12 bis 15 Gipsbinden (20 cm x 5 m). Es wird bei Wirbelbrüchen nach dem Einrichten im ventralen (Abb. 115) oder dorsalen Durchhang (Abb. 116) angelegt. Über die Dornfortsätze der stärksten Lendenlordose kommt ein 8 fach zusammengelegtes Stück Gaze, über die vorderen oberen Darmbeinstachel je ein Polster. Dann wird ein Trikot von den Leisten bis
Abb. 83
Abb. 84
Abb. 85
Abb. 86
A b b . 83—86. Gipsmieder nach Aufrichtung eines Kompressionsbruches des 1. Lendenwirbels. Die 3 Haltepunkte sind: Oberes Ende des Brustbeines, Symphyse, über der stärksten Lordose in der Lendengegend. Fenster zwischen Nabel und Schwertfortsatz sowie an der Brust-Lendengrenze über den Dornfortsätzen. Achselhöhle und Hüftbeugen müssen so weit ausgeschnitten werden, daß Arm und Bein unbehindert beweglich sind.
zur Schulter angelegt, darüber kommt der Gispverband. Die Haltepunkte für das Mieder sind: Symphyse, oberes Ende des Brustbeines und hinten an der Stelle des aufgerichteten Gibbus (Abb. 86). T e c h n i k des G i p s e n s : 4 Gipsbinden werden zirkulär angewickelt, wobei wichtig ist, daß die Binden gut bis an das Ende von Stemum und Symphyse reichen. Je eine Gipsschiene von 1 m Länge kommt zirkulär am oberen und unteren Ende des Gipses als Verstärkung. Eine Gipsschiene aus einer Binde 1 m lang wird halbiert, je eine Hälfte kommt als seitliche Stütze. Die restlichen Binden werden wieder zirkulär herumgewickelt. Ausschneiden: Bogenförmig durch die Achselhöhlen und Hüftbeugen, ein Loch zwischen Nabel und Schwertfortsatz, ein kleines Fenster über den Dornfortsätzen an der Stelle der stärksten Lendenlordose; Beschriftung.
k) K o p f - R u m p f - G i p s . 7 bis 9 Binden (15 cm x 5 m) für Brüche und Verrenkungen im Bereiche der Hals- und obersten Brustwirbelsäule. V o r h e r K o p f h a a r e s c h n e i d e n ! Lagerung: Der Verletzte liegt mit dem Rücken auf einer Latte, welche bis zum Hinterhaupthöcker reicht, so daß Oberkörper und Latte über den Tischrand hinausragen. Der Kopf ruht auf einer Stütze. Selbstverständlich kann man auch einen Extensionstisch verwenden. Polsterung: Filzstreifen schräg beiderseits über Achsel und Schlüsselbein bis zum Brustbein und unter das Kinn. Der Gips faßt Kopf und Stirne mit und endet am Rippenbogen. Technik: 3 Gipsbinden kommen in Achterform vom Rücken über den Hals zirkulär um die Stirne. Eine Gipsschiene je 1/2 m lang aus einer Binde wird von
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Ruhigstellung
der Brust schräg über den Nacken auf das Hinterhaupt der anderen Seite gelegt, und zwar beiderseits. Eine Gipsschiene aus einer Binde kommt als Verstärkung vom Scheitel- bis zum unteren Gipsende in der Mitte rückwärts. Ein Fenster wird über dem Kehlkopf ausgeschnitten sowie die Schulterhöhen so weit, daß beide A r m e v o l l s t ä n d i g g e h o b e n w e r d e n können! (Häufig wird hier wenig ausgeschnitten, die Folge sind S c h u l t e r k o n t r a k t u r e n ! ) Beschriftung! 1) F i n g e r g i p s s c h i e n e f ü r den S t r e c k s e h n e n r i ß b z w . - a u s r i ß (Abb. 87). Eine entsprechend zurechtgeschnittene Cellonabinde wird um den verletzten Finger gelegt, dieser wird bei Überstreckung des Endgelenkes unter einem Winkel Abb. 87. Strecksehnenausriß, die Basis des Endgliedes ist nach volar subluxiert. Abb. 88. Gipshülse aus Cellona bei Strecksehnenabriß. Das Fingerendgelenk überstreckt, das Mittelgelenk in Mittelstellung. Der Verrenkungsbruch im Endgelenk eingerichtet. Abb. 87
von 60 Grad auf eine Tischplatte aufgestützt, bis der Gips hart wird. Das leicht gebeugte Mittelgelenk ist noch mitgegipst (Abb. 88). Auf das Endgelenk darf von der Streckseite her nicht gedrückt werden, sonst kommt es zum Dekubitus! C.
Hals-(Schanz)Krawatte
Sie wird bei Zerrungen der Halswirbelsäule, Abriß von Dornfortsätzen im Bereiche der Halswirbelsäule und bei der Schipperkrankheit (S. 113) verwendet. Zellstoff oder genähte Wattepolster werden um den Hals gewickelt und mit Binden befestigt, darüber kommt eine Gipsbinde. Wichtig ist, daß die Krawatte an den Schultern, Kinn und Warzenfortsätzen des Schädels gut abstützt. Beschriftung ! Man kann auch eine 1,75 m lange, 7 cm breite durchsteppte Krawatte aus Kalikotbinden mit eingelegtem Filmulin oder ähnlichem Stoff verwenden; sie ist abnehmbar. D. Zinkleimverband ( a m
Unterschenkel)
Verwendung; Prellung und Zerrung des Sprunggelenkes, nach Gipsabnahme am Unterschenkel zur Verhütung von Schwellungen, für Unterschenkelgeschwüre, Krampfadern, Thrombose, Thrombophlebitis, statische Beinbeschwerden, Arthrosen des Kniegelenkes, ebenso beim sogenannten „Knieschmerz der älteren Frau" u. a. m. Obwohl vielfach durch die modernen Gummistrümpfe überholt, bleiben doch noch immer Fälle, welche auf einen gut angestrichenen Zinkleimverband besser ansprechen. Verwendet wird entweder fertiger Zinkleim oder er wird selbst gemacht: Zinkoxyd (rein, weiß) 100 Teile, Gelatine 200 Teile, Wasser 300 Teile, reines Glyzerin 400 Teile.
Zinkleimverband (am Unterschenkel) - Elastoplastverband
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Herstellung: Zinkoxyd 100 Teile und Wasser 100 Teile werden vermischt, dann Glyzerin 400 Teile dazugegeben; 200 Teile Gelatine und 200 Teile Wasser werden zum Quellen gebracht, dann im Wasserbad verflüssigt. Dann wird alles zusammengeschüttet, umgerührt und ausgekühlt. Die Masse wird in Teile zerschnitten und aufgehoben. Im Bedarfsfalle werden die Zinkleimwürfel im Wasserbad verflüssigt.
Der Zinkleimverband reicht von der Basis der Zehen bis zum Schienbeinknorren. Anlegen des Zinkleimverbandes: Der Fuß wird während des Anstreichens in Dorsalflexion gehalten, um Faltenbildung über dem Sprunggelenk zu vermeiden. Mit einem breiten Pinsel wird zuerst die Ferse angestrichen, darüber kommt doppelt gelegte Gaze als Verstärkung, Anstreichen des Fußes, Bindenführung (10 cm, weitmaschig) folgendermaßen: Außenrand des Fußes — Fußrücken — Fußsohle (2 mal) (Pronation des Fußes); dann unter dem äußeren Knöchel über die Achillessehne auf den inneren Knöchel — Vorderseite des Sprunggelenkes über die Ferse von außen nach innen (im Sinne der Supination); dann Vorderseite des Sprunggelenkes und zirkulär oberhalb des Sprunggelenkes herum. Zinkleimanstrich, dann noch einmal Fersenverstärkung, darüber noch einmal die Bindenführung wie oben, darüber wieder Zinkleimanstrich. So kommt der Vorfuß in Pronation und die Ferse in Supination (Verstärkung der normalen Fußwölbung: Wirkung gegen den Plattfuß). Dann wird der Unterschenkel bis zum Knie mit Zinkleim bestrichen und mit einer 15 cm breiten Binde umwickelt, dann noch einmal Anstrich, noch einmal Bindenführung und noch einmal Anstrich. Nach Fertigmachen Bestreichen mit 4% Formalinspiritus, darüber einpudern, trocknen, eventuell mit Föhn. Wichtig ist, daß die Binden nicht umgeschlagen, sondern immer abgeschnitten werden. Der Zinkleimverband hält 2—4 Wochen; gegen Schwitzen Einpudern und Anstreichen mit 4% Formalinspiritus. Wichtig: a) Anlegen auf möglichst abgeschwollenem Bein b) Es dürfen keine Umschläge mit der Binde gemacht werden, sollte dies notwendig sein, dann Binde abschneiden und neu ansetzen. c) Sprunggelenk möglichst dorsal flektieren. d) Die Binde darf nur gewickelt, nicht angezogen werden.
e) Der Zinkleim beginnt an der Basis der Zehen ; ist der Verband hier zu kurz, dann entsteht Fußrückenödem, der Zinkleimrand schneidet ein. f) Das obere Ende ist in Höhe der Spitze des Wadenbeinköpfchens; ist der Verband zu kurz, dann drückt er auf den N. peroneus.
E. E l a s t o p l a s t v e r b a n d
Für Zerrungen und Prellungen des Sprunggelenkes wird der Elastoplastverband achterförmig angelegt und muß ebenfalls bis zur Basis der Zehen reichen. Zweckmäßigerweise legt man darunter eine Schutzlage (Binde u. ä.), damit der Klebestoff die Haut nicht reizt.
78
Ruhigstellung
F. Einlagen Verwendung S. 85. Es gibt einige Systeme käuflicher, verschieden weicher oder harter Modelle, die auch individuell angefertigt werden. Macht man selbst das Modell, so ist zu achten, daß die Ferse in Supination, der Vorfuß in Pronation und Adduktion kommt.
G . Quengeiverbände (Abb. 89—93) Das Prinzip des Quengelverbandes besteht darin, daß Gelenkkontrakturen ( = Versteifungen) in einer Fehlstellung durch langsamen, stetigen, elastischen und unterschwelligen Zug in die richtige Lage gebracht werden. Es wird z. B. durch den „Streckquengel" ein Finger aus der Beugekontraktur in möglichste Streckstellung gebracht und umgekehrt. Wichtig: Quengeln langsam, so daß weder Schmerzen noch eine Gelenkschwellung auftritt. A b b . 89—90. Kombinationsquengel für Finger Versteifungen.
A b b . 89.
Streckvorrichtung.
10 A b b . 90. Beugevorrichtung: 1. 2. 3. 4.
Dorsale Gipsschiene. Loch in der Gipsschiene zum Durchfuhren der Binde. Polster über den Fingergrundgliedern. Gebogene Cramerschiene, an deren freiem Ende (6) die Schlaufen zum Fingerstrecken (5) befestigt werden. 7. Volare Gipsschiene. 8. Kalikotbinde für die Fingerbeugung. 9. Befestigungsstelle derselben an der Cramerschiene. 10. Ring zum Durchgleiten der Beugeschlinge. 11. Zugrichtung der Schlinge zum Beugen der Finger.
Für Finger: Streckquengel (Abb. 89): Auf den Handrücken kommt ein Filzpolster, der bis zu den Mittelgelenken der Finger reicht, darüber eine dorsale Gipsschiene vom Mittelgelenk der Finger bis zum Ellbogen in Streckstellung der Fingergrundgelenke. Eine aufgebogene Cramer- oder Metellschiene wird auf die Gipsschiene mit einer zirkulären Gipsbinde fixiert. Um den Finger kommt eine Schlinge, welche mit einem Gummizug mit der Metallschiene befestigt ist. Die Zugrichtung der Schlinge soll immer senkrecht zum Finger laufen. Beugequengel (Abb. 90): Unter die dorsale Gipsschiene kommt eine breite Kalikotbinde, welche durch eine Drahtschlinge an der Beugeseite des Handgelenkes durchläuft und über Ell-
Einlagen - Doppelrechtwinkelschiene (=Abduktionsschiene)
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Abb. 91—93. Kombinationsquengel. Abb. 91. Gesamtanordnung, der Ellbogen gestreckt, dadurch Finger gebeugt. Abb. 92. Finger gebeugt, die Schlaufen zum Fingerstrecken hängen locker. Abb. 93. Streckquengel eingehängt.
bogen und Rücken zur Schulter der gesunden Seite geht Mechanismus: Wird der Ellbogen gestreckt, dann werden die Finger passiv gebeugt. Man kann Streck- und Beugequengel kombinieren = Kombinationsquengel (Abb. 91—93), der auch fertig käuflich ist (nach KRÖMER). Wird für den Daumen ein Quengel angelegt, so ist darauf zu sehen, daß der Daumen in Oppositionsstellung zur Hand kommt. Damit der Verband leichter wird, kann man auch Cellonabinden verwenden. Indikation: Teilweise oder ganz versteifte Finger, in der Nachbehandlung von Beugesehnenplastiken u. a. — Von den Handchirurgen werden auch noch kleine Quengelverbände verwendet, eventuell nur für 1 oder 2 Finger. So z. B. ein Lederhandschuh, auf dessen Fingerspitzen je ein Gummi angenäht ist. Dieser wird zu einem an der Beugeseite des Handgelenkes befestigten Knopf gezogen. Er eignet sich besonders als Nachtverband. Für Ellbogen und Knie: Gipshülse für Oberarm bzw. Oberschenkel und Vorderarm bzw. Unterschenkel. Beide Gipshülsen werden mit einem Scharniergelenk verbunden, zum Beugen wird ein Drahtring in jede der beiden Hülsen eingegipst und beide mit einer Schnur verbunden, die dann zugequengelt wird. Zum Strecken wird ein Eisenstab schräg auf die Streckseite der körpernahen Hülse aufgegipst, von dieser zieht eine Schnur zum körperfernen Gips, die Schnur wird langsam zugequengelt. H. Doppelrechtwinkelschiene ( =
Abduktionsschiene)
Zur Hochlagerung gibt es heute fertige Modelle, so daß die Abduktionsschiene heute kaum mehr in der Frakturenbehandlung verwendet wird.
80
Ruhigstellung I.
Schlüsselbeinschiene
Nach B Ö H L E R (Abb. 94—95) ist die Schlüsselbeinschiene ein fertiges Modell, welches nach dem Einrichten des Bruches angelegt wird.
Abb. 94
Abb. 95
A b b . 94—95. Schlüsselbeinbruch eingerichtet und ruhiggestellt mit der Schlüsselbeinschiene nach B ö h l e r . Ein unterpolsterter Gurt hält das innere Bruchstück nieder. Der A r m der verletzten Seite ruht auf einem Querholz. Die 3 durchsteppten Polster sind an die breiten Gurte angenäht.
Wichtig: Gute Polsterung — unter die Querteile und Riemen müssen durchgesteppte Wattepolster kommen, welche dann angenäht werden. Ein leicht schräg verlaufender Gurt hält das innere Bruchstück nieder. Die Hand stützt sich auf ein an der Schiene angebrachtes Querholz (kann später weggenommen werden). Tornisterverband zur Ruhigstellung von Schlüsselbeinbrüchen bei Kindern s. S. 131, Abb. 144—145. K. Streck- =
Extensionsverbände
Nagel- oder Drahtzug. Wir ziehen beim Erwachsenen den Nagel vor, weil er technisch einfacher und weniger infektionsgefährdet ist. Bei Unterschenkelbrüchen schlägt man ihn durch das Fersenbein. Wichtig ist, in respektvoller Entfernung vom unteren Sprunggelenk zu bleiben! Für Oberschenkelbrüche liegt die Extension in der Schienbeinrauhigkeit oder supracondylär; hier ist die richtige Stelle dort, wo der Oberschenkelcondyl in den Schaft übergeht. Bei Kindern wird die Drahtextension an der Schienbeinrauhigkeit weiter nach rückwärts und distal angelegt (Abb. 96). Beim Oberschenkelbruch von Kleinkindern wird an einem Fersenbeindraht senkrecht nach oben gezogen (Abb. 97). Typisch ist noch der Drahtzug durch das Olecranon bei Oberarmbrüchen (Abb. 98). Achtung auf den N. ulnaris !
Verbände
sionsdrahtes beim Kind und Jugendliehen (noch offene Epiphysenfuge!).
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mann). Gegenzug am Oberarm, der Arm in einer Schlinge,
Heftpflasterverbände zur Extension kommen praktisch nicht in Betracht, auch nicht bei Kindern. Zur Hochlagerung des Beines nach Verletzungen oder bei Entzündungen eignet sich am besten die B r a u n j - ^ Schiene, welche entsprechend gewickelt werden muß, damit die Wade gut liegt. Wichtig ist, daß unter die Bettmatrat^e Bretter kommen, sonst wackelt die Schiene. L. Verbände Bezüglich der Verbände sei hier nur auf einige praktisch wichtige Einzelheiten hingewiesen. Erwähnt seien die Schnellverbände. Kopfverbände sollen die Ohren entweder ganz freilassen oder vollkommen bedecken, da bei teilweisem Bedecken der Bindenrand das Ohr schneidet und schmerzt. Rückwärts muß der Verband gut unter die Hinterhauptschuppe fassen und vorne bis zum Augenbrauenbogen laufen, sonst rutscht er. Zum D e s a u l t sehen Verband (Abb. 9 9 ) verwenden wir 3 Kalikotbinden, 20 cm breit, während wir sonst zum Verbinden immer Mullbinden nehmen. In die Achselhöhle, auf die Schulter und über das Olecranon muß ein gut gepuderter Zellstoffpolster kommen (auf Abb. 99 der besseren Darstellung halber weggelassen!), sonst E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
Abb. 99. Desaultscher Verband. Zur Bindenführung Merkwort ASCHE = Achsel-Schulter-Ellbogen. Zum Schluß eine Schlinge von der Hand zum Nacken. Vorher Polsterung mit Zellstoff oder Watte. 6
82
Ruhigstellung
kommt es zu Druckstellen. Das K e n n w o r t für das Anwickeln der Binde ist A s c h e — Achsel-Schulter-Ellbogen. Über den fertigen Verband gibt man eine Gipsbinde, damit er nicht rutscht. Beschriftung. Beim infratuberkulären Oberarmbruch der älteren Leute (S. 131, Abb. 146—147) rollen wir über die Kalikotbinden einige Blaubinden und Cellona-Gipsbinden; der Verband wird dadurch recht leicht, so daß er Kreislauf und Atmung möglichst wenig behindert. Beim Verbinden von Hand und Fingern soll die Binde dorsal bis zur Zwischenfingerfalte gehen und nicht weiter proximal enden, sonst kommt es zur Handrückenschwellung, in der Hohlhand jedoch nur bis zur Falte (Abb. 69). Zinkletm-
und Elastoplastverband
S. 76, 77.
XIV.
Nachbehandlung Grundsatz:
Die N a c h b e h a n d l u n g darf nicht schaden und keine Schmerzen v e r ursachen ! Die heute übliche Nachbehandlung setzt bei den meisten Verletzungen g l e i c h z e i t i g mit der B e h a n d l u n g ein und ist in erster Linie prophylaktisch (Vermeidung von Versteifungen, Muskel- und Kalkschwund ) = funktionelle Bewegungsbehandlung nach BÖHLER, S. 4 8 . Beispiel: Bei einem Speichenbruch an typischer Stelle wird sofort nach dem Einrichten und Anlegen des ruhigstellenden Gipsverbandes mit Bewegungsübungen und möglichst normalem Gebrauch aller nicht ruhiggestellten Gelenke begonnen. In vielen Fällen sind als Folge der richtigen, gleich einsetzenden „Nachbehandlung" weitere Maßnahmen nach Abnahme des Gipsverbandes überflüssig, insbesonders bei Kindern, Jugendlichen und selbständig Erwerbstätigen. Nach der gleichen Richtung geht die nach dem zweiten Weltkriege neuerlich propagierte Beschäjtigungs- und Arbeitstherapie. Von ersterer sprechen wir dann, wenn ein Verletzter irgendeine, mit seinem verletzten Körperteil nicht in Zusammenhang stehende Arbeit macht, z. B. ein Oberschenkelbruch während der Bettruhe Basteln, Nähen usw. Unter Arbeitstherapie dagegen verstehen wir das Arbeiten mit dem verletzten Körperteil zwecks Übung, Stärkung, Beweglicherhaltung bzw. -machung von Gelenken usw., wenn z. B. eine Frau mit einem Speichenbruch an typischer Stelle näht oder ein Mann mit der gleichen Verletzung an einer Handpresse arbeitet o. ä. Schädliche und unterstützende
Nachbehandlungsmittel;
Schädlich: Zandern Pendelapparate, gewaltsame Bewegungsübungen, Massage bei frischen und vielfach bei alten Verletzungen.
Besonders empfindlich sind in dieser Hinsicht: Ellbogen (S. 137) Kniegelenk, Muskelquetschungen (S. 52, Abb. 49—50); Über Myositis ossificans s. S. 52.
Jeder Bluterguß saugt sich von selbst auf, wenn man ihn nicht anrührt! Unterstützende Maßnahmen: Selbsttätige Bewegungsübungen, Widerstandsübungen, Gymnastik, Umschläge, Bäder (in ihrer verschiedenen Form), Packungen und alle Bestrahlungs-
mittel : Heißluft, Blau- und Rotlicht, Diathermie, Kurzwellen, Iontophorese, Elektrotherapie, ferner Bindegewebsmassage u. a. 6*
84
Nachbehandlung
„Zeitfüllende Mittel" bezeichnet B Ö H L E R diese unterstützenden Maßnahmen dann, wenn man sie in der Zeit der Rekonvaleszenz nach Verletzungen, die auch ohne jedwede Nachbehandlung zu demselben Endergebnis führen, anwendet. Wichtigstes Hilfsmittel der Nachbehandlung sind die selbsttätigen Bewegungsübungen. Dabei sollen alle nicht ruhiggestellten Gelenke in vollem Umfange bewegt werden. Am zweckmäßigsten ist es natürlich, wenn der Verletzte seiner bisherigen Beschäftigung mit dem Verband nachgehen kann. Dazu kommt Gymnastik, allgemein oder örtlich angewandt, mit oder ohne Hilfsmittel (Medizinball, Sprossenwand usw.). Fremdtätige Bewegungsübungen (bei allen Gelenkversteifungen bzw. -behinderungen) sind vorsichtig auszuführen und nur soweit sie keine Schmerzen verursachen! Widerstandsübungen tragen sehr zur Kräftigung der Muskulatur bei, sie sollen womöglich mehrmals täglich ausgeführt werden. Apparate zu selbst- und fremdtätigen Bewegungsübungen: Federhantel für Fingerverletzungen, Kniebeugegestell, Bergsteigerapparat nach ANSINN, Bali-Gerät u. a. Wichtig ist der Rollenzug, den sich jeder selbst herstellen kann (Abb. 100). Wir kennen den vertikalen Rollenzug (für Ellbogen und Schulter) und den horizontalen (für Knie und Ellbogen). Er wirkt aktiv und passiv. Der Arm soll dabei nach vorne, seitwärts, rückwärts und nach der anderen Seite gehoben werden. Das Gewicht ist langsam zu steigern. Die Übungen sollen mehrmals täglich und nicht zu oft auf einmal gemacht werden. Umschläge, eventuell Dunstumschläge (nur mit Wasser, keine essigsaure Tonerde wegen der Gefahr einer Dermatitis) werden bei frischen stumpfen Verletzungen und auch bei Reizzuständen sehr wohltuend empfunden. Die beste Behandlung des Blutergusses an jeder Körperstelle besteht in Dunstumschlägen, darüber Thermophor. Bäder (in manchen Gegenden sehr beliebt und zweckmäßig mit Zusatz von Steinsalz, Heublumen u. a.) dienen zur Auflockerung und besseren Durchblutung; zu vermeiden sind sie bei Wunden! Auf die Heilbäder soll nur kurz verwiesen werden. Einreibungen werden vielfach bei Schmerzen angenehm empfunden. Es sind verschiedene Salben (mit Kampfer, Bienen- und Schlangengift usw.) und fabriksmäßig hergestellte Präparate üblich. Bei frischen Verletzungen sind Einreibungen nicht zu empfehlen. Packungen (Schlamm, Paraffin, Schwefel, Heilerden u. a.) sind bei chronischen Beschwerden, z. B. Arthrosen angezeigt. Sehr wichtig in der Nachbehandlung der Beinverletzungen ist der Zinkleimverband (Technik S. 77), die elastische Binde und der Gummistrumpf. Diese Mittel sollen immer unmittelbar nach Abnahme des Gipsverbandes am Bein angelegt werden, um die posttraumatische Schwellung zu vermeiden. Sehr wichtig ist das Gefäßtraining nach Verletzungen des Beines: Hochlagern, Wechselbäder, Bürstenmassage, Unterwassermassage. Hier sind unter Umständen auch Medikamente anzuwenden, welche die arterielle Durchblutung bzw. den venösen Abfluß fördern.
Nachbehandlung
85
Bei manchen Knochenbrüchen (Unterschenkel, Knöchel, Fersenbein, Mittelfuß) wird das Tragen einer Einlage (S. 78) für einige Monate nach Gipsabnahme zu empfehlen sein. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch die täglich 1—2 mal durchzuführende Fußgymnastik, welche die kleinen Fußmuskeln entsprechend stärkt und gegen Senk-, Platt- und Spreizfuß gerichtet ist. Manchmal ist es zweckmäßig, während der Gipsbehandlung am nicht verletzten Bein eine Einlage zu geben (Überbelastung). Heißluft, Blau- und Rotlicht wird man anwenden, wenn eine bessere Oberflächendurchblutung erzielt werden soll; ferner wirkt diese Form der Bestrahlung häufig schmerzlindernd. Man kann sie auch über einen Gipsverband geben. Dauer 15 bis 20 Minuten. Kurzwellen (Mikrowellen) geben wir dann, wenn es auf Tiefendurchwärmung ankommt; mit der Iontophorese kann man verschiedene Medikamente perkutan einbringen. Der sehr zweckmäßige Diathermie-Apparat wird leider nicht mehr erzeugt. Bindegewebsmassage nach D I C K E ist bei Muskelschwund, Gelenkbehinderung, Durchblutungsstörungen arterieller und venöser Natur angezeigt. Die gleiche Indikation hat die Unterwassermassage. Die alte klassische Knetmassage ist auch hier abzulehnen. Schwellstrom und Exponentialstrom wird bei Muskelschwäche und Lähmungen angewandt. Wichtig: Quengelverbände
für Finger (Abb. 89—93), Ellbogen, Knie und Sprunggelenk! (S. 78).
Nachbehandlung von Lähmungen (S. 95). Bei der Nachbehandlung von Amputationen ist darauf zu sehen, daß keine Gelenkskontrakturen entstehen (z. B. wichtig volle Streckung des Kniegelenkes, volle Streckung der Hüfte usw.). Daher beginnt man mit selbsttätigen Bewegungsübungen, sobald die Wundverhältnisse es erlauben. Das endgültige Kunstglied kann man in der Regel erst nach 6 Monaten geben. Am Bein legen wir jedoch schon wesentlich früher, und zwar sobald die Wunde glatt geheilt und die Narbe fest ist (z. B. 4—6 Wochen nach Unterschenkelamputation bei glattem Verlauf), ein Zwischenkunstbein = Immediatprothese an, mit welcher der Verletzte bereits gehen kann. Für die ersten Gehversuche (mit oder ohne Gipsverband) eigenen sich am besten die alten T E U F E eschen Gehbänkchen (mit 4 Füssen). Erst wenn der Verletzte damit sicher geht, sind sie durch 2 und dann durch 1 Stock mit Gummiknauf zu ersetzen. Die Krückstöcke sind vor allem für jene Fälle geeignet, welche ohne Belastung des verletzten Beines aufstehen können, z. B. nach Kniegelenksbrüchen, nach dem Einrichten von Fersenbeinbrüchen (S. 194) u. a.
Besonderer Teil Da die „Unfallpraxis" für den Studenten und Allgemeinpraktiker geschrieben ist, kann dieser Teil nicht auf Einzelfragen eingehen. Dazu ist die Spezialisierung heute schon viel zu weit fortgeschritten.
XV. Schädel A. Wunden Wunden — kommen durch direkte Gewalteinwirkung an allen Stellen des Gesichtes und behaarten Schädels vor. Achtung (S. 26) auf gleichzeitige Knochenverletzungen ( o f f e n e Brüche), vor allem im Bereiche des Schädeldaches bei Darauffallen von Gegenständen, bei Straßenverkehrsunfällen usw. Auch das Gehirn kann mit verletzt sein. Behandlung: (S. 21) — Operative Wundvers orgung, die oft erst die Beteiligung des Knochens, ja sogar des Gehirnes aufdeckt; Heben von Splittern, Achtung vor Entsplitterung, nur Hautnaht, keine Duranaht oder -plastik, außer im frontobasalen Anteil. Bei Wunden im Bereiche des Gesichtes, insbesonders im Bereiche der Lider (S. 106), der Nase und der Lippen ist von vornherein auf die Kosmetik Rücksicht zu nehmen. Die Ausschneidung zerrissener Hautränder kann hier sehr sparsam gemacht werden. B. Infektionen (Abb. 6) Bei schwerer Infektion sind außer umschriebener Schwellung und Rötung (Ödem) des ganzen Gesichtes, eventuell meningitische Erscheinungen (Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel, Erbrechen, hohes Fieber) vorhanden. Behandlung (S. 27).
C. Knochenbrüche Im Bereiche des Schädeldaches entstehen Knochenbrüche durch Sturz (Straßenverkehrsunfall I) oder durch Darauffallen schwerer Gegenstände. Außer eventueller Schwellung ist in der Regel nichts zu sehen, manchmal ist Knochenkrachen zu spüren; je nach den begleitenden Hirnverletzungen besteht klares Bewußtsein bis tiefe Bewußtlosigkeit.
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Schädel
Röntgen! Behandlung: Absolute Bettruhe, symptomatisch operatives Vorgehen nur bei neurologischen Ausfallerscheinungen (Lähmungen usw.). —• Schädelgrundbruch S. 89 und S. 99 (Ohr). Brüche im Bereiche des
Gesichtsschädels:
Häufig sind auch Zähne mitbeteiligt. Sie sind genau untersuchen, Brüche, Abbrüche und Zahnverluste sind unmittelbar nach dem Unfall festzuhalten. Dies ist für die Frage des Kostenersati^es und eventueller Schadenersatzansprüche wichtig. Nasenbeinbrüche: Die Formveränderung ist von außen zu sehen, das Röntgenbild zeigt die Bruchflächen. Am besten in einem kurzen Rausch — besser als i. v. Narkose wegen einer eventuellen Aspiration — wird das verschobene Nasenbein zurechtgebogen bzw. durch Spreizung mit einer Kornzange von der Nasenhöhle aus aufgerichtet. Beide Nasenhöhlen werden dann tamponiert. Der Tampon ist nach 24 bis 48 Stunden zu entfernen. Bei Instabilität kann beiderseits eine Bleiplatte auf die Haut gelegt werden, welche durch die Nase hindurch mit zwei dünnen Metalldrähten fixiert wird. Bei offenen Nasenbeinbrüchen ist es oft zweckmäßiger, zuerst nur die Wunde zu versorgen und das Nasenbein 8—10 Tage später aufzurichten, wobei zunächst die Nähte noch belassen werden, damit die Narbe nicht platzt (s. auch S. 101). Brüche im Bereiche des Ober- und Unterkiefers sowie der Zähne gehören in die Hand eines Kieferchirurgen. Er wird durch entsprechende Schienung mit Drähten, Kunststoff, Gummischläuchen usw. unter genauer Beobachtung des Zahnschlusses den Bruch zur knöchernen Heilung bringen. Impressionen des Jochbeines — die röntgenologische Feststellung ist mittels einer Tagentialaufnahme durchzuführen — werden mit einem Einzinker gehoben und sind dann meist stabil.
Abb. 101
Abb. 102
Abb. 101 ü. 102. Einrichtung einer Kieferverrenkung: Daumen drückt auf die Mahlzähne, während Zeige- und Mittelfinger den aufsteigenden Unterkieferast nach unten und dann nach vorne schieben.
Verrenkungen im Kiefergelenk - Schädelinhalt
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D. Verrenkungen i m Kiefergelenk
Diese Verrenkungen sind sehr selten und in der Regel doppelseitig. Sie entstehen beim Gähnen, Schreien usw. Die Einrichtung ist in der Regel ohne Betäubung möglich (Abb. 101—102). Der Verletzte sitzt, der Arzt faßt zwischen beiden Daumen, die auf den Backenzähnen liegen, und den dreigliedrigen Fingern beide Unterkieferäste, drückt diese nach hinten unten und dann nach vorne, während er mit Zeige- und Mittelfinger die aufsteigenden Unterkieferäste von rückwärts hält und damit die Einrichtung unterstützt. Es wird also zuerst der Mund noch weiter geöffnet und dann das verrenkte Unterkieferköpfchen über das Tuberkulum wieder an seinen Platz gebracht. E. S c h ä d e l i n h a l t , z e n t r a l e N e r v e n Erste Hilfe (S. 5). Über Verletzungen des Gehirnes bei offenen Brüchen (s. u.).
Stumpfe Verletzungen: Grundsätzlich ist bei allen stumpfen Schädelverletzungen mit Bewußtlosigkeit zu prüfen: Tonus der Muskel und Gelenke (Spasmen, schlaffe Lähmungen), alle Reflexe, Verhalten der Pupillen (Reaktion, Seitengleichheit), also e x a k t e n e u r o l o g i s c h e U n t e r s u c h u n g ! Durch Stechen mit einer Nadel im Bereiche des ganzen Körpers prüft man gleichzeitig Abwehrreaktionen und (aktive) Beweglichkeit. Nicht vergessen: sofort katheterisieren, nachsehen, ob keine gleichzeitigen Verletzungen (Bauch, Hüfte, Wirbelsäule usw.) bestehen. Bei Straßenverkehrsunfällen, Verschüttung, Sturz aus größerer Höhe ist grundsätzlich %u röntgen: Beckenübersicht und Seitenaufnahme der Lenden- und Brustwirbelsäule. Wir unterscheiden folgende Formen der stumpfen Schädelhirnverletzung: Kopfprellung (Contusio capitis). Es besteht Kopfschmerz, keine Bewußtlosigkeit, manchmal Erbrechen durch Schock, keinerlei nervöse Erscheinungen. Behandlung: Einige Tage Bettruhe, Kopfumschlag. Die Kopfschmerzen sind in der Regel in einigen Tagen verschwunden; bei fremdem Verschulden können sie oft sehr lange dauern (S. 92). Gehirnerschütterung (Commotio cerebri). Klassische Zeichen: Bewußtlosigkeit, Erbrechen, Erinnerungslücke (retrograde Amnesie), manchmal Pulsveränderung (Beschleunigung oder Verlangsamung), keine Herderscheinungen. Nicht alle Zeichen sind immer vorhanden. Behandlung: s. unten. Schädelgrundbruch. Klassische Zeichen: Blutung oder Liquorfluß aus Nase, Mund und Ohr. Das immer zitierte Brillenhämatom erscheint erst in den nächsten Stunden bis Tagen. Das Bewußtsein kann fehlen oder vorhanden sein. Die Prognose hängt von der Schwere einer eventuell begleitenden Verletzung des Gehirnes ab.
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Schädel
Behandlung: Steriler Verband über eventuelle Blutung aus dem Ohr. Zu unterlassen ist: Inspektion oder Ausspülen des äußeren Gehörganges! (Gefahr der Meningitis) (auch S. 99 [Ohr]). Bei Bewußtlosigkeit katheterisieren, sonst Gefahr eines Blasenrisses. Die röntgenologische Darstellung des Schädelgrundbruches ist technisch sehr schwierig, manchmal ist überhaupt nichts zu finden, auch nicht auf Spezialaufnahmen. Letztere sollen niemals primär gemacht werden! Über Lagophthalmus S. 106. Gehirnprellung (-quetschung) — (Contusio cerebri) = gedeckte Schädelhirnverletzung. Erste Hilfe (S. 11). Tiefe Bewußtlosigkeit, in schwersten Fällen völliges Aussetzen der Atmung und der Herztätigkeit. Ursache ist hier die fehlende Sauerstoffversorgung des Gehirnes. Sofortige Mund-zu-Mund-Beatmung (S. 3, Abb. 3—4) und äußere Herzmassage (S. 2, Abb. 1) und möglichst rasche Bluttransfusion schon im Rahmen der Ersten Hilfe angezeigt. Das Gehirn verträgt eine Unterbrechung der Blutzufuhr nicht länger als 3 Minuten. Dann tritt der Tod ein oder es kommt zu irreparablen Schäden. Bei Fällen, die den Transport bis in das Krankenhaus überleben, ist sofort mit der Bekämpfung von Blutverlust und Schock zu beginnen. Dann folgt die Prüfung auf Herderscheinungen. Sie sind häufig vorhanden, jedoch können auch schwere Hirnquetschungen ohne Herdsymptome ad exitum kommen. Sodann ist die Frage zu entscheiden: Entlastende Trepanation ja oder nein? Auf einer oder auf beiden Seiten ? Behandlung: Nachdem der Verletzte die ersten Tage überlebt, ist sie eines der schwierigsten Vorhaben und kann hier nur kurz angedeutet werden ¡ A u s s c h l a g g e b e n d ist die P f l e g e : Vermeidung des Dekubitus, der durch willkürlichen Abgang von Harn und Stuhl rasch eintritt. Daher muß bei unwillkürlichem Harnabgang im Anfang zweimal täglich katheterisiert und anschließend die Blase gespült werden. Verhütung der Lungenentzündung; in den schwersten Fällen ist daher schon innerhalb der ersten 24 Stunden die Tracheotomie und laufendes Absaugen der Atemwege durch diese nötig. Kontrolle der Flüssigkeitsein- und -ausfuhr. Künstliche Ernährung unter Kontrolle des Mineralstoffwechsels. Stützung von Herz und Kreislauf. Bei starker motorischer Unruhe wird durch Cocktails1) eine Dämpfung erzeugt, die unter C o c k t a i l : Alodan 100 mg (Dolantin), Phenergan 50 mg (Promethazin), Atropin 1 mg, machmal mit Largactil 25 mg (Chlotpromazin). 1
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Schädelinhalt, zentrale Nerven TRAUMA Como l Atem störung
10 | Tage nach Trauma
Transport Behandlung zentral peripher
Beatmung Nasentubus-
-Tracheotomie •
Absaugen der—jKreislauf Störung
Trachea
\
Zentralisation '/iHUmtiB\ Infusionen. Blut (ersatz), Traubenzucker 5-10%
Stabilisierung. Novadral
vegetative
t physikalAbkühlung " '
'••""""—
j (Ventilator) | Eiweiß-Verschiebung !
Albumin-Abfall Blut
—Kalium-Defizit —NNR-Insuffizienz Cortison
Abb. 103. Behandlung schwerer Hirnverletzungen. Aus „Beiträge zur Neurochirurgie" von T ö n n i s — Köln, Heft 1, 1959.
Umständen bis zum künstlichen Winterschlaf (Hibernation) gehen muß. — Die schwersten Fälle benötigen ununterbrochen, Tag und Nacht, eine eigene Sitzwache! Die P r o g n o s e ist daher vielfach sehr schwierig zu stellen, nach tagebis wochenlanger Bewußtlosigkeit kann der Verletzte aus dem Koma herauskommen. Auch die Frage eines Dauerschadens ist schwierig zu beurteilen. Manchmal ist eine spezielle Rehabilitation nötig (S. 203). Ein Schema nach TÖNNIS zeigt die wichtigsten Maßnahmen in der Behandlung schwerer Hirnverletzungen in den ersten Stunden bis Tagen (Abb. 103). Erwähnt sei auch die Contre coup Verletzung des Gehirnes, d. i. die Läsion auf der der Gewalteinwirkung entgegengesetzten Seite. Zerreißung der A. meningea media (Epidurale Blutung). Das klassische Bild ist: kurze Bewußtlosigkeit, u. U. Erbrechen, Wiederkehr des Bewußtseins (Lucides Intervall), neuerliche Bewußtlosigkeit und unter zunehmenden Hirndruckerscheinungen, Pupillendifferenz, auch einseitigen Lähmungen oder Reizerscheinungen Eintritt des Todes. Ähnliche Symptome macht manchmal auch das subdurale Hämatom. Beide können ein- oder beidseitig vorkommen. Behandlung: Operative Aufklappung eines Weichteilknochenlappens und Unterbindung der zerrissenen Arterie. Die Kenntnis der epi- (sub) duralen Blutung ist wichtig für den praktischen Arzt, die Diagnose wird häufig nicht gestellt.
92
Schädel
Ohne Operation ist die Verletzung tödlich ! ! Leider ist das Bild nicht immer so klassisch wie oben beschrieben; dann ist die Diagnose wesentlich schwerer. Bei Bewußtlosigkeit nach stumpfen Schädel-Hirntraumen ist zur Stellung einer Diagnose und zur Frage der Probetrepanation außer dem normalen Röntgenbild (ein-oder beidseitig) unter Umständen eine Echoencephalographie, eine Arteriographie, eventuell eine Lumbalpunktion (blutiger Liquor) nötig. Mit letzterer muß anm wegen der G e f a h r der E i n k l e m m u n g der m e d u l l a o b l o n g a t a in das Foramen occipitale magnum vorsichtig sein! Mit dem EEG (Elektroenzephalogramm) kann nur festgestellt werden, daß Veränderungen der Gehirnsubstanz bestehen; erst aus den weiteren Kontrollen ergibt sich (durch Besserung bzw. Verschlimmerung), ob die Veränderungen posttraumatischer Natur sind. Schwierigkeiten ergeben sich oft, wenn ein Schädeltrauma oder Verdacht auf ein solches gleichzeitig schwer alkoholisiert und bewußtlos ist. Die Entscheidung, ob die Bewußtlosigkeit auf eine traumatische oder alkoholische Hirnschädigung zurückzuführen ist, ist nicht leicht. Am sichersten ist es, z u n ä c h s t den A l k o h o l zu v e r n a c h l ä s s i g e n . Sehr w i c h t i g : Kopfschmerzen nach Schädelverletzungen dürfen nicht kultiviert werden, sondern man soll sie eher dem Verletzten ausreden; besonders wichtig ist dies bei entschädigungspflichtigen Arbeitsunfällen und noch mehr bei fremdem Verschulden, wenn ein Zivilprozeß schwebt. Dann werden die Klagen über Kopfschmerzen und Schwindel sehr häufig übertrieben. Behandlung der Kopfschmerzen: Bettruhe, medikamentös. Manchmal wirkt ein Eisbeutel gut. Hirnnervenlähmungen: Bei der Hirnprellung, am häufigsten im Bereiche des N. facialis, findet man in der Regel 1 oder 2 Äste betroffen. Lähmung aller 3 Äste ist charakteristisch für eine periphere Lähmung, z.B. gleichzeitig bei Schädelgrundbruch. Die Prognose ist in der Regel gut. Eine charakteristische zentrale Nervenlähmung ist ferner die Querschnittslähmung bei Wirbelbrüchen und -Verrenkungen (S. 113).
X V I . Periphere Nerven M a n unterscheidet folgende Verletzungen Offen: o.
c.
Teilweiser Ausfall vollständiger Ausfall
"1 J
je nach Grad der Durchtrennung des Nervens
Parese (teilweise Lähmung) Paralyse (vollständige Lähmung)
) J
je nach der Schwere der Quetschung des Nervens
A . Offen Bei jeder frischen Zufallswunde ist der körperferne Gliedabschnitt auf Bewegungsmöglichkeit und Berührungsempfindung zu prüfen. Bei der operativen Wundvers orgung (S. 21) ist auf Nervenverletzungen genau zu achten. Bei N e r v e n d u r c h t r e n n u n g ist d a s z w e c k m ä ß i g s t e die primäre
Naht
(nicht
in
der
S p r e c h s t u n d e wegen der Infektionsgefahr; denn kommt es dazu, ist auch die Aussicht der sekundären Naht wesentlich ungünstiger), u. U. als „aufgeschobene Primärversorgung" (S. 25). Sonst näht man sekundär nach Abheilen der Wunde. Die Erfolgsaussicht der Naht ist primär besser als sekundär, bei rein motorischen und rein sensiblen Nerven besser als bei gemischten. Die einzelnen Funktionen der gemischten Nerven (Beweglichkeit, Berührungs-, Temperatur-, Schmerz- und Tiefenempfindung) können ganz unabhängig voneinander in verschiedenem Ausmaß wiederkehren, die Trophik kommt nach der Naht immer zurück. Selbst bei Fingernerven ist die Naht angezeigt! B. Stumpf
Stumpfe Nervenverlet^ungen entstehen durch Druck oder Quetschung von außen oder bei Knochenbrüchen und Verrenkungen von innen her. Bei jedem Knochenbruch und jeder Verrenkung ist vor dem Röntgenbild die Motilität und Sensibilität des körperfernen Gliedabschnittes peinlichst zu prüfen! (S. 44). Klinisch besteht bei Paralyse völliger Ausfall des Versorgungsgebietes des betreffenden Nerven, bei Paresen sind die Bewegungen oder Empfindungen vorhanden, aber geschwächt.
C. Typische Lähmungen Am Arm: Plexuslähmung (P. L.) nach Sturz, durch Auffallen von schweren G e g e n s t ä n d e n auf die Schulter, als K o m p l i k a t i o n einer S c h u l t e r v e r r e n k u n g u . a.
Die Lähmung kann vollständig oder teilweise sein, außerdem unterscheidet man eine obere P. L. = ERBsche Lähmung (des Schultergürtels) und eine untere KLUMPKESche Lähmung (im wesentlichen der Hand). Dazu kommt die P. L. als Geburtstrauma. Bei einer P. L. können die Nerven gedehnt oder die Nervenwurzeln ausgerissen sein; ferner gibt es offene Durchtrennungen. Die Auffassung über die Behandlung der frischen, geschlossenen, vollständigen P. L. ist sehr unterschiedlich. Da die
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Periphere Nerven
Prognose zunächst absolut unsicher ist, erscheint es wichtig, eine Diffcrentialdiagnose zwischen einem irreparablen Plexus ausriß und einer vollständigen oder wenigstens teilweise reparablen ~He.rv&a.dehnung zu treffen. Daher ist die „ p r o g n o s t i s c h e o p e r a t i v e F r e i l e g u n g " möglichst bald nach dem Unfall zu propagieren. Bei einer Dehnung kann die Funktion voll oder teilweise wiederkehren, erst nach einer Zeit bis zu 2 Jahren ist ein Endzustand erreicht. Bis dahin muß eine konsequente Behandlung durchgeführt werden, bestehend in entsprechender Lagerung, passiven Bewegungsübungen und Elektrotherapie. Kehrt keine Funktion zurück bzw. zeigt die Operation einen Ausriß der Nervenwurzeln, ist die Amputation des nutzlosen hinderlichen Armes zu empfehlen. Bei teilweiser Rückkehr kommen entsprechende Ersatzoperationen in Betracht. N. axillaris (z. B. bei Schulterverrenkung): Der M. deltoideus spannt sich nicht an, der Arm kann aktiv nicht gehoben werden. Abb. 104—106. Motorische Ausfälle bei Nervenlähmungen der Hand.
Abb. 104
Abb. 105
Abb. 106
Abb. 104. Radialislähmung — Fallhand. Abb. 105. Medianuslähmung — Schwurhand, dazu kommt später Schwund des Daumenballens. Abb. 106. Ulnarislähmung — Krallenstellung des 4. und 5. Fingers mit Überstreckung der Grundgelenke sowie Schwund der Muskeln der 1. Zwischenfingerfalte.
Typische Lähmungen
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N. radialis (z. B. bei Oberarmbrüchen): Charakteristische Fallhandstellung (Abb. 104) und Ausfall der Berührungsempfindung (Abb. 107—108). N. medianus (z. B. bei supracondylärem Oberarmbruch oder nach Schnitt): Fehlende Opposition des Daumens, der Zeigefinger kann nicht gebeugt werden, der Mittelfinger nur teilweise (Schwurhand), Ausfall der Berührungsempfindung (Abb. 107—108), später kommt es zur Atrophie des Daumenballens (Abb. 105). N. ulnaris (die Finger können nicht gespreizt werden, Ausfall der Berührungsempfindung), Abb. 107—108. Später kommt es zur Atrophie des Kleinfingerballens und der Zwischenfingermuskeln und Krallenstellung (Abb. 106). Medianus- und Ulnarislähmung kommen häufig (offen) gleichzeitig vor, z. B. bei einem Schnitt an der Beugeseite des Handgelenkes (Suizidversuch!!). Am Bein: N. ischiadicus (z. B. bei hinteren Verrenkungsbrüchen der Hüfte [S. 167], bei Beckenschüssen). Es besteht Lähmung des ganzen Beines motorisch, mit Ausnahme der Oberschenkelstrecker und Adduktoren — welche vom N. femoralis bzw. N. obturatorius versorgt werden — und sensibel am Fuß und Unterschenkel mit Ausnahme von deren Vorderseite. N. tibialis (z. B. nach Knieverrenkung): Motorischer Ausfall der Unterschenkelbeuger, Fußsenker und Zehenbeuger sowie Ausfall der Berührungsempfindung an der Innenseite des Unterschenkels. N. peroneus (am häufigsten verletzt, z. B. bei Knieverrenkung, Bruch des Wadenbeinköpfchens): Zehen und Sprunggelenk können nicht dorsalflektiert werden (Spitzfuß), fehlende Berührungsempfindung an der Außenseite des Fußes und am Fußrücken. Charakteristisch für diesen Ausfall ist der Steppergang. Behandlung: Immer zuerst Versuch auf konservativem Wege, bei der überwiegenden Mehrzahl der stumpfen Nervenlähmungen kommt die Tätigkeit wieder zurück. Bei Nervenlähmungen nach Knochenbrüchen soll man nie primär eingreifen, frühestens, wenn der Knochenbruch fest ist, in der Regel aber nicht vor 2—3 Monaten. Primär operieren muß man, wenn die Lähmung erst nach dem Einrichten auftritt und vorher nicht vorhanden war. Das Wichtigste ist die Nachbehandlung. Sie setzt unmittelbar nach der Lähmung bzw. nach der Primäroder Sekundämaht ein und ist auch zwischen Lähmung (Unfall) und Zeitpunkt der Sekundärnaht durchzuführen: 1. Alle betroffenen Gelenke müssen fremdtätig in vollem Umfange beweglich erhalten werden! Das heißt, es müssen mehrmals täglich fremdtätige Bewegungsübungen durchgeführt werden — vollkommenes Strecken, vollkommenes Beugen. 2. Die Muskeln müssen vor Überdehnung bzw. Schrumpfung bewahrt werden — durch Anlegen von entsprechenden Apparaten (aus Gips oder Kunststoffen): Bei: Plexus- und Axillarislähmung — Doppelrechtwinkelschiene ; bei der Radialislähmung — Handgelenk in maximaler Dorsalflexion, Finger in Mittelstellung; bei Peroneuslähmung — Sprunggelenk in Rechtwinkelstellung (Peroneusschuh, Nachtschiene).
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Periphere Nerven
N. radialis Ramus palmaris N. median.
Abb. 108 (volar)
Abb. 107 (dorsal)
A b b . 107—108. Sensibilitätsschema der Hand. |
| — N. radialis — N . medianus
Diese Übungen müssen bis %ur Wiederkehr bzw. bis zur Aussichtslosigkeit durchgeführt werden, das heißt, bei den gewöhnlichen Nervenlähmungen 1 Jahr, bei Plexuslähmung 2 Jahre. Daneben kann man noch elektrisieren, eventuell Reizkörpertherapie betreiben; derzeit sind z. B. B-Vitamine und Fiebertherapie modern. Das Wichtigste sind jedoch die oben angeführten Maßnahmen.
XVII.
Hals
Am Hals finden wir alle Arten von Wunden: Stiche, Schnitte („Selbstmörderschnitt") (S. 103), Rißquetschwunden, Schußverletzungen. Die vielen in dieser Gegend zusammengedrängten Weichteile sind häufig mitverletzt, was zu lebensgefährlichen Komplikationen führen kann. Angezeigt ist die operative Wundversorgung einschließlich Naht, auch der tiefen Organe. Manchmal wird eine primäre Tracheotomie nötig sein (S. 103). XVIII. O h r , Obere Luft- und Speisewege Von Doz. Dr. E. H. Majer, Wien Eine richtige Versorgung der Verletzungen in diesem Gebiet ist meist nur durch den Facharzt oder nach Rücksprache mit diesem möglich. Besonders gilt dies natürlich für die schweren Schädelbasisverletzungen mit gleichzeitiger Mitbeteiligung des Ohres bzw. der Nasen-Nebenhöhlen. Wie bei allen Verletzungen ist die V o r g e s c h i c h t e genau aufzunehmen, auf bereits früher bestandene HalsNasen-Ohrenkrankheiten zu achten, der Unfallvorgang und der erste Untersuchungsbefund mit den derzeitigen Beschwerden ausführlich zu vermerken. Für die Untersuchung werden von uns folgende Instrumente verwendet: Ein Stimreflektor und zur Unterscheidung zwischen eine Ohrlupe Schalleitungs (Mittelohr)- und Schallmehrere verschieden weite Ohrtrichter empfindungs(Innenohr)-Störung eine Kniepinzette eine mittlere Stimmgabel (z. B. eine kleine Sonde a 1 = 435 Schwingungen) eine Lärmtrommel nach BARANY eine Nystagmus-(FRENZEL)-Brille (Hörprüfung zur Ausschaltung ein Nasenspekulum des anderen Ohres, Maskierung) eine Sonde Stimmgabeln zur Feststellung kleine Spiegel mit Handgriff des Tongehöres für tiefe Töne für die Kontrolle (C = 64 Schwingungen) des Nasenrachenraumes und hohe Töne und Kehlkopfes (c4 = 20 48,c5 = 4096 Schwingungen) ein Mundspatel A. Ohr
Ohrmuschel — Verletzungen: Auch bei Wunden der Ohrmuschel ist eine operative Wundrevision (S. 21) mit exakter Naht zur Wiederherstellung unbedingt notwendig. Dadurch wird die Gefahr der späteren Verunstaltung der Ohrmuschel verhindert. Der Wundverlauf ist nach entsprechender Versorgung in der Regel günstig. Eine besondere Gefahr bildet die Möglichkeit einer Perichondritis des Ohrmuschelknorpels. Bei richtiger Versorgung können auch fast vollständig abgetrennte Ohren wieder anheilen. Bei größeren Defekten kommen später plastische Operationen in Frage. E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
7
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Ohr, Obere Luft- und Speisewege
Verbrennungen: Behandlung mit Salbenverbänden (Terra-Cortril-Salbe), Brandliniment, TeBeGe. Besondere Sorgfalt ist bei drittgradigen Schädigungen auf das Offenhalten des Gehörganges zur Vermeidung späterer Stenoseribildung zu legen. Erfrierungen: Relativ häufig. Die Prognose ist je nach dem Grad der Schädigung mit Vorsicht zu stellen. Anfangs keinesfalls Wärme, besser Einreiben mit Schnee. Auch hier ist später Salbenverband angezeigt. Gegen Durchblutungsstörung bei chronischen Erfrierungen Wärmebehandlung, gefäßerweiternde Medikamente. Othämatom: Bei Ringern, Boxern, ebenso wie bei Sackträgern als Berufskrankheit. Kugelige, nicht A b b . 109. Othämatom. Aus schmerzhafte, prall elastische Geschwulst im oberen N a g e r - B a r r a u d : Lehrbuch Anteil der Ohrmuschel, von verschiedener Größe, der Hals-, Nasen-, Ohrenund Mundkrankheiten. mir glatter Oberfläche, anfangs häufig mit deutlicher Fluktuation, meist bedingt durch einen serös hämorrhagischen Erguß zwischen Knorpel und Perichondrium (Abb. 109). Gefahr der Schrumpfung und dadurch Verunstaltung der Ohrmuschel, vor allem bei häufig rezidivierenden Othämatomen. Bei Infektion kann es auch zur Perichondritis kommen. Die Behandlung besteht bei kleinen Othämatomen in Kompressionsverbänden, bei größeren sterile Punktion und Absaugen des Hämatoms, anschließend Kompressionsverband. Bei Therapieresistenz ausgedehnte Inzision mit Entfernung von evtl. Granulationen. Bei Rezidiven evtl. CLAUDEN-Injektion in das Hämatom, stets anschließend Druckverband, eventuell Röntgentherapie. Gehörgang — Fremdkörper: Die meisten Fremdkörper (etwa. 90%) lassen sich durch Ausspülen des Ohres mit lauwarmem Wasser mit einer Alexanderspritze (Metallspritze mit Ansatz und Bajonettverschluß) entfernen. Bei jeder Spritze Ansätze kontrollieren, sonst dadurch Verletzungsgefahr! Wichtig ist ein vorheriges Befragen des Patienten, ob das Ohr einmal geflossen ist, wegen der Gefahr einer Otitis durch Eindringen von Wasser ins Mittelohr bei einer trockenen Trommelfellperforation. Vorsicht beim Versuch, glatte Fremdkörper (z. B. Perlen bei Kindern) instrumenteil zu entfernen, da diese nur schwer gefaßt werden können, oft tiefer in den Gehörgang geschoben werden (Trommelfellverletzung !); auch hier Ohrspülung. Bei quellenden Fremdkörpern (Hülsenfrüchte) Gefahr des vollkommenen Verschlusses des Gehörganges bei Spülung mit Wasser; Versuch der Entquellung mit Glyzerin- oder Alkoholeinträufelung. Diese Fremdkörper müssen manchmal stückweise vom Facharzt entfernt werden. Sehr unangenehm sind Insekten im Ohr, die ebenfalls meist durch Spülen entfernt werden können, evtl. nach Öleinträufelung oder Betäubung durch Äthertampon. — Am häufigsten ist das Ohr durch einen Cerumenpfropf verlegt mit der typischen Anamnese: Nach Schwimmen, Baden usw. plötzlich ein- oder beidseitig taub. Auch hier, w e n n f r ü h e r k e i n e O t i t i s bestanden hat,
99
Ohr
Spülung: bei harten Zerumenpfröpfen zuerst Aufweichen durch Einträufelung von Paraffinöl oder einer Lösung von Natr.carbon. 0,5, Glyzerin 5, 0, Aqu.dest. 5,0. — Nur selten ist eine operative Entfernung durch Spaltung des Gehörganges bei verkeiltem Fremdkörper nötig. Verletzungen: Leichte Verletzungen im Gehörgang führen zu geringer Blutung, später häufig durch Infektion zu sehr schmerzhaften Gehörgangentzündungen (Otitis externa) mit typischer Schmerzhaftigkeit: bei Druck auf den Tragus, Zug der Ohrmuschel nach hinten-oben, Druck auf die infraaurikuläre Lymphdrüse. Differentialdiagnose gegen Mastoiditis bei akuter Otitis: äußere Teile des Ohres (eben angeführte Druckpunkte) frei, dagegen Druckempfindlichkeit hinter der Ohrmuschel im Bereiche des Mastoides (Antrumgegend). Die Behandlung der Gehörgangentzündung besteht in Pinselung mit 10% Arg.nitr.-Lösung, Wärmebehandlung, Einlegen von Streifen mit Cehasol pur., Cortisonsalben mit Antibiotikazusatz. Durch Sturz auf den Unterkiefer oder beim Boxen kann es zur Fraktur der knöchernen Gehörgangswand kommen. Ausgedehnte Verletzungen des Gehörganges finden sich meist bei gleichzeitigen Schädelbasisfrakturen, durch Verlauf der Bruchlinie bis in den knöchernen Gehörgang (Stufenbildung oft sichtbar). Schmerzempfindung beim Kauen durch Bewegung des Unterkiefers. Sorgfältige Versorgung und Behandlung der ausgedehnteren Gehörgangsverletzungen wegen der Gefahr von späteren Gehörgangsstenosen. U n b e d i n g t fachärztliche Behandlung! Trommelfellverletzung: Häufig durch Schlag auf das Ohr, bei schweren Kopfverletzungen mit Schädelbasisfraktur oder durch Druckwelleneinwirkung bei Explosionen, durch Sprung ins Wasser, bei Caissonarbeitern, Fliegern usf. Symptome: Heftiger Schmerz im Ohr, geringe Schwerhörigkeit, Ohrensausen, evtl. Schwindel; beim Schneuzen dringt Luft, selten Blut aus dem Ohr. Bei jeder Schädelverletzung mit Blutung aus dem Ohr und Trommelfellverletzung besteht der Verdacht auf Schädelbasisfraktur. Keine Manipulationen im Gehörgang, keine Ohrtropfen, ohrenärztliche Kontrolle! Blutkrusten nicht aus dem Gehörgang entfernen! Wegen einer späteren Begutachtung zur Berentung ist die genaue Feststellung der Trommelfellverletzung und des Hörbefundes (Audiometrie) bald nach dem Unfall durch den Facharzt äußerst wichtig. Nur wenn der Gehörgang selbst frei ist, kein Anhaltspunkt für Blut- oder Liquorabfluß aus dem Ohr besteht, wird diese Untersuchung durchgeführt werden können; sonst ist dies wegen der Infektionsgefahr für das Mittelohr bzw. bei Liqourabfluß für die Meningen erst in einem späteren Zeitpunkt möglich. Zum Unterschied von älteren Trommelfellperforationen, die nach Entzündungen aufgetreten sind, weisen die frischen Trommelfellverletzungen einen unregelmäßigen gezackten Rand mit Blutkrusten bei meist blasser, reaktionsloser Mittelohrschleimhaut auf (Abb. 110). Für die Einschätzung der Verletzungsfolgen ist außerdem die Feststellung des Grades der Schwerhörigkeit wichtig, die bei nur Trommelverletzungen meist nicht erheblich sein wird; die Stimmgabelprüfung ergibt gewöhnlich eine reine Mittel7*
100
Ohr, Obere Luft- und Speisewege
ohrschwerhörigkeit (Schalleitungsstörung). Für eine spätere Begutachtung wird es sich empfehlen, den Sitz der Trommelfellperforation in einer Skizze festzuhalten, wobei zur leichteren Orientierung das Trommelfall durch ein durch den Hammergriff gelegtes Kreuz in 4 Quadranten eingeteilt wird (Abb. 111), um so auch nach Jahren nach Vernarbung eine genaue Lokalisation zu ermöglichen (z. B. Perforation vorne unten oder hinten oben usw.). Bei starker Gewalteinwir-
Pars flaccida Plica malleoiaris ant. Manubrium mallei
l
Umbo
2
Abb. 110
Abb. 111
Abb. 110. Trommelfellruptur. 1 Mittelohrschleimhaut. 2 gezackter blutiger Rand der Perforation. (Aus N a g e r - B a r r a u d , Lehrbuch der Hals-, Nasen-, Ohren- und Mundkrankheiten).
Abb. 111. Rechtes Trommelfell mit Quadranteneinteilung. (Aus W e s s e l y , Hals-, Nasenund OhrenkrankheitenV
kung kann es auch zu Innenohrschädigung, Schwindelanfällen und Gleichgewichtsstörungen kommen, weshalb auf das evtl. Vorhandensein eines Spontanoder Lagenystagmus, dessen Richtung nach der schnellen Schlagrichtung (Komponente) bezeichnet wird, und auf Lageschwindel geachtet werden soll. Therapie: Bei Trommelfellverletzungen Schutz vor Infektionsmöglichkeiten, daher keine unnötigen Manipulationen im Gehörgang, keine Ohrspülung, keine Ohrtropfen. Vorsicht beim Schneuzen (nicht zu stark). Verschluß des Gehörganges mit steriler Watte oder Schutzverband. Falls keine Infektion eintritt, ist die Prognose günstig, ein Spontanverschluß einer kleinen Trommelfellperforation durch Verklebung der Wundränder oder nach Gelitaauflage möglich. Bei größeren Perforationen Trommelfellplastik unter Mikroskop. Kommt es nach der Trommelfellverletzung zu einer Mittelohrinfektion, zum Auftreten einer akuten Mittelohreiterung, so ist diese ebenso wie jede andere Mittelohreiterung zuerst konservativ, unterstützt durch Antibiotika, zu behan-
Nase
101
dein. Bei Vorliegen von Komplikationszeichen (Mastoiditis, Sepsis, Meningitis) Überweisung an den Facharzt bzw. Fachstation. Schläfenbeinfraktur: Jede Schädelbasisfraktur ist als schwere Verletzung aufzufassen, die manchmal infolge des gleichzeitigen schweren Hirntraumas bereits sofort oder kurze Zeit nach dem Unfall zum Tode führen kann (S. 89). Typische Symptome: Längsbrüche: Trommelfellverletzung, Bruch des äußeren Gehörganges mit Blutung (Stufenbildung), Schwerhörigkeit bei meist fehlenden Labyrinthsymptomen (kein Schwindel, kein Spontannystagmus), manchmal Fazialislähmung, Querbrüche: durch die Schnecke oder durch das Vestibulum, manchmal durch den inneren Gehörgang, dadurch bedingt Taubheit, Spontannystagmus, Gleichgewichtsstörungen, Fazialislähmung. Bei Blutungen aus dem Gehörgang und Schläfenbeinfraktur ohne Infektions- und Komplikationszeichen wird es sich empfehlen, das Ohr mit einem sterilen Schutzverband zu verschließen — keine Spülungen durchzuführen (keine Ohrtropfen) und sich unter Antibiotikaschutz beobachtend zu verhalten. Das gleiche gilt bei Liquorabfluß aus dem Ohr, der häufig nach einigen Tagen durch Verklebungen der Durarißstelle ohne Infektion, eventuell unter entsprechendem Antibiotikaschutz versiegt. Bei allen evtl. auftretenden Komplikationen ist immer ein Facharzt zu Rate zu ziehen. B. Nase Fremdkörper: In der Nase, vor allem bei Kindern oder nach Verletzungen führen zu Reizerscheinungen, stärkerem Schnupfen (einseitig!), Nasenbluten. Behandlung: Entfernung aus der Nase instrumentell in Lokalanästhesie, bei Kindern in Narkose (Facharzt), wobei in Narkose darauf zu achten ist, daß der Fremdkörper nicht in den Nasenrachenraum gleitet (Aspirationsgefahr!), daher unter Umständen Operation am hängenden Kopf. Verbrennungen und Erfrierungen sind ebenso wie an anderen Körperstellen zu behandeln (S. 34 u. 37). Verletzungen der äußeren Nase: Am häufigsten finden sich Nasenbeinbrüche durch direkte Gewalteinwirkung, Schlag usw. (S. 88). Blutungen treten schon bei leichten Verletzungen der äußeren Nase auf. Bei leichten Blutungen genügt es häufig, den Nasenflügel der blutenden Seite mit dem Finger fest gegen das Septum zu drücken; gleichzeitig kalte Umschläge auf den Nacken, Hämostyptika (Clauden, Sangostop, u.U. Premarin, Styptanon). Nasentamponade: Man unterscheidet eine vordere und hintere Tamponade. Bei der vorderen Nasentamponade wird die Nase mit einem sterilen Gazestreifen, Jodoform-, Vasenolstreifen schichtweise vom Nasenboden her ausgelegt, ein Streifen auf den anderen gelegt, dieser wird nach unten gedrückt, bis der vordere Anteil der Nase vollkommen austamponiert ist (Abb. 112). Diese Tamponade bleibt mindestens zwei Tage liegen. V e r m e i d u n g von blutdrucksteigernden Getränken, Alkohol, schwarzem Kaffee, Sorge für geregelte Verdauung. TamponadeEntfernung nach Öl- oder H 2 0 2 -Einträufelung.
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Ohr, Obere Luft- und Speisewege
Steht die Blutung trotz vorderer Nasentamponade nicht, kommt es zur weiteren Blutung, besonders in den Nasen-Rachenraum, dann muß die sog. hintere Nasentamponade nach B E L L O C Z durchgeführt werden (Facharzt). Tamponaden mit blutstillender Watte, Stryphnonstreifen usw. führen mit der Zeit zu einer Schleimhautschädigung und sollen daher nicht verwendet werden; bewährt hat sich Spongostan-, Surgicel- oder Gelitaeinlage. Hämatom der Nasenscheidewand: Bei Verletzung Abb. 112. Vordere Nasentamponade. der äußeren Nase kann es manchmal, vor (Aus W e s s e l y : Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten). allem bei Kindern durch Septumfraktur zu einer Blutung zwischen Septumknorpel und Perichondrium kommen und dadurch zu einer ballonartigen Vorwölbung der Schleimhaut mit vollständiger Verlegung der Nase. Die Behandlung gehört in die Hand des Facharztes. Verletzungen der Nebenhöhlen: Bei zahlreichen schweren Verletzungen des Gesichtsschädels kommt es zur Mitbeteiligung der Nebenhöhlen, deren Wände häufig bei stärkerer Gewalteinwirkung frakturieren. Besonders gefährlich sind hier die Schädelbasisverletzungen mit Verletzung der Stirnhöhlenhinterwand und des Siebbeindaches. Schon bei Sturz aus geringer Höhe, Einwirkung stumpfer Gewalt gegen den Gesichtsschädel, Aufschlagen auf das Armaturenbrett, entstehen häufig Impressionsfrakturen im Bereiche der Stirn. Äußerlich findet sich vielfach nur eine kleine Rißquetschwunde im Stirnbereich. Der Röntgenbefund ergibt eine Verletzung der Stirnhöhlenvorderwand. Eine Verletzung der Stirnhöhlenhinterwand ist röntgenologisch in der Regel nicht festzustellen. Vielfach klagen die Verletzten über Kopfschmerzen, Blutungen aus der Nase; Liquorabfluß wird kaum beobachtet. Wegen Mitbeteiligung der Nebenhöhlen ist unbedingt ein Laryngologe zu Rate zu ziehen. C . Rachen
Fremdkörper: Die häufigsten Fremdkörper im Rachen, am Zungengrund, in der Tonsillengegend, sind wohl kleine Knochensplitter, Fischgräten, Borsten usf. Beschwerden: Stärkere Schluckschmerzen, manchmal ins Ohr ausstrahlend, Fremdkörpergefühl, Speichelfluß, Hustenreiz. Bei länger liegendem Fremdkörper durch Infektion Komplikationsgefahr — absteigende Phlegmonen. Behandlung: Nach entsprechender Anästhesie mit 2% Pantocain-Lösung Entfernung durch den Facharzt meist ohne Schwierigkeiten. Verletzungen der Mundhöhle und des Rachens sind bei Unfällen verhältnismäßig selten! Verletzungen mit spitzen Gegenständen können zu Hautemphysem mit absteigender Mediastinitis und schweren septischen Zuständen führen. Bei diesen schweren Verletzungen empfiehlt sich eine sofortige Verlegung an eine Fachabteilung. D. Kehlkopf
Verletzungen: Durch Schlag auf den Kehlkopf, Einwirkung stumpfer Gewalt (Commotio laryngis) kann durch reflektorische Vaguswirkung Bewußtlosigkeit, aber auch Herzstillstand eintreten.
Speiseröhre (Ösophagus)
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Behandlung: Cardiaca, künstliche Atmung. Durch Quetschung, stärkeren Druck gegen den Kehlkopf (Contusio laryngis) kann es aber auch zu Blutaustritten unter die Schleimhaut, in das subkutane Gewebe kommen. Auf Behandlung durch Ruhigstellung, Eiskrawatte, Kalzium-Injektionen meist Rückgang der Beschwerden. Bei zunehmender Atemnot durch ödematöse Schwellung der Schleimhäute evtl. Tracheotomie nötig, jedenfalls wenn möglich Corticoid-Injektion. Luxation der Kehlkopfknorpel ist selten und läßt sich digital reponieren. Bei schweren Verletzungen kann es zu einer Frakturierung des Kehlkopfgerüstes kommen. Die Patienten klagen über starke Schmerzen in der Kehlkopfgegend, Dyspnoe, heftigen Hustenreiz, blutigen Auswurf. Bei der Untersuchung ist vielfach eine deutliche Krepitation der Bruchstücke nachweisbar, manchmal ein Hautemphysem. Bei all diesen Verletzungen sofortige Zuweisung an die Fachabteilung, da bei zunehmendem Schleimhautödem Erstickungsgefahr besteht. Bei hohergradigen Schnittverlet^ungen des Kehlkopfes, z. B. bei Selbstmordversuchen (typischer Schnitt durch die Membrana hyothyreoida, manchmal bis an die Wirbelsäule) sofortige Überweisung an die Fachabteilung nach provisorischer Blutstillung, Tamponade, wenn nötig Tracheotomie. Die Koniotomie (Nottracheotomie) wird in h ö c h s t e r G e f a h r mit irgendeinem Messer (Taschenmesser) ohne Anästhesie durch quere Abb. 113. NottracheotomieDurchtrennung des Ligamentum conicum zwischen Koniotomie. (Aus N a g e r Schildknorpel und Ringknorpel, evtl. nach mediB a r r a u d : Lehrbuch der ansagittalem Hautschnitt über dieser Stelle oder Hals-, Nasen-, Ohren- und mit Trokar nach D E N K E R ausgeführt und eine KaMundkrankheiten). nüle, Gummirohr oder ähnliches eingeführt und fixiert (Abb. 113). Sobald als möglich soll dann eine typische Tracheotomie angeschlossen werden. Verbrühungen und Verätzungen: Die laryngologische Untersuchung ergibt oft eine ödematöse Schwellung der Epiglottis, des Larynxeinganges. Wegen der Ödemgefahr Behandlung mit Kalzium-Injektionen, wenn intern möglich Cortison, kühle flüssige Nahrung, ständige Beobachtung, Spitaleinweisung. Bei Verätzungen Antidota in Form von Natr. bicarbon., Magnesia usta, Essigwasser, Milch. Erste Hilfe (S. 10). Fremdkörper im Kehlkopf, Trachea und Bronchien. Beschwerden: Atemnot, heftiger Hustenreiz, Heiserkeit, Schmerz. Bei Verdacht auf Fremdkörper Untersuchung durch den Facharzt. E. (Speiseröhre) Ösophagus Verletzungen: Stichverletzungen im Halsteile von außen. Beschwerden: Schluckschmerzen, Temperaturanstieg, Hautemphysem. Die häufigsten inneren Verletzungen entstehen durch Fremdkörper oder durch Bougies, z. B. bei alten Stenosen, beim Versuch einer Fremdkörperentfernung usf. Fremdkörperverletzungen der Speiseröhre finden sich besonders häufig in den drei
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Ohr, Obere Luft- und Speisewege
Engstellen der Speiseröhre, vor allem in der sog. 1. Enge (Ringknorpelenge), 2. Aortenenge und 3. an der Cardia. Nie mit Bougie oder Sonde versuchen einen Fremdkörper in der Speiseröhre hinunterzustoßen, da sonst größte Perforationsgefahr besteht. Immer Überweisung an Facharzt. Verätzungen: Nach Trinken von Säuren, Laugen usf. Nach Verabreichung von Antidota möglichst frühzeitige Uberweisung an eine Fachabteilung (Cortison-Therapie bei regelmäßiger endoskopischer Kontrolle). Erste Hilfe
(S. 10).
X I X . Auge Von Doz. Dr. Ernst Purtscher, Wien Die meisten Augenverletzungen sind als schwere Verletzungen anzusehen und gehören möglichst rasch in die Hand des Facharztes. Gerade bei Augenverletzungen ist aber auch die richtige erste Hilfeleistung besonders wichtig. Jedenfalls sollte dem Kranken stets ein kurzes Schreiben mitgegeben werden, in dem die bereits getroffenen Maßnahmen erwähnt werden. Da die Angaben des Verletzten unmittelbar nach dem Unfall oft verläßlicher sind als später, sollen im Interesse einer späteren Begutachtung in dem Schreiben auch der Hergang des Unfalles, die subjektiven Beschwerden des Kranken und womöglich auch das Ergebnis einer kurzen Sehprobe vermerkt werden. Es ist ferner zweckmäßig, dem Facharzt oder der Klinik telefonisch das Eintreffen eines Verletzten anzuzeigen. Bei der folgenden kurzen Anleitung zur ersten Versorgung der häufigsten Augenverletzungen werden nur Befunde erwähnt, die für die erste Beurteilung der Verletzung von Wichtigkeit sind. Fachärztliche Untersuchungsmethoden werden dabei nicht berücksichtigt. Instrumente zur ersten Hilfe bei Augenverletzungen: Taschenlampe (zur seitlichen Beleuchtung), Lupe (6 x bis 10 x ) , zwei Lidhalter (zum schonenden Öffnen der Lidspalte), Fremdkörpernadel, Undine (zur Spülung bei Verätzungen), Zelluloidschale (zum Anlegen eines „Uhrglasverbandes"). Medikamente zur ersten Hilfe bei Augenverletzungen: Es sollen immer nur kleine Mengen (von Augentropfen 10 ccm, von Augensalben 5 g) vorrätig gehalten werden, um sie öfter erneuern zu können. Von Lösungen werden vor allem benötigt: Atropin (1%), Adrenalin (1:1000), Novesin (0,4%), Fluorescein (2%). A l l g e m e i n e s zur U n t e r s u c h u n g eines A u g e n v e r l e t z t e n . Genaue Anamnese des Verletzungsvorganges nicht vergessen! Untersuchung am Liegenden vornehmen! Reinigen der Umgebung der Lidspalte und vorsichtiges Öffnen der Lider. Nicht auf Augapfel drücken. Bei Lidkrampf Eintropfen von Novesin und schonende Verwendung von Lidhaltern. Genaue Untersuchung des vorderen Bulbusabschnittes mit Lupe bei seitlicher Beleuchtung.
Bei Verdacht auf Perforation des Bulbus (wichtigstes Zeichen: Hypotonie des Bulbus) Umdrehen des Oberlides unterlassen. Farblose desinfizierende Salbe einstreichen. Verband anlegen und Verletzten sofort der endgültigen Versorgung zuführen, welche spätestens innerhalb von 12 Stunden erfolgen muß. Begleitbrief!
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Auge A. Lider
1. Bluterguß: a) als direkte Kontusionswirkung, b) fortgeleitet bei Orbitalblutung, Verletzung der knöchernen Orbita, oft als Zeichen eines Schädelgrundbruches (dann meist beidseitig als „Brillenhämatom", S. 89). 2. Luftemphysem: Zeichen: Knistern bei Betastung. Deutet auf Bruch umgebender pneumatisierter Knochen, meist des Siebbeines. Behandlung: Bettruhe, Verbot von Schneuzen. 3. Lagophthalmus: besonders bei Schädelgrundbruch und Bewußtlosigkeit! Wichtig: vor Transport des Verletzten Versorgung des Lagophthalmus, sonst Gefahr schwerer Hornhautschädigung (Keratitis e lagophthalmo)! Behandlung: Am besten wasserdichter „Uhrglasverband" mittels Zelluloidschale, welche durch kurze, seitlich eingeschnittene Pflasterstreifen befestigt wird (Abb. ^ i üflk 114). Oder reichlich Einstreichen vonBorvaseline („Salbenplombe") - '«^v S B und wenn nötig Verband, wobei r "irt M r i P l B peinlich darauf zu achten ist, daß ¿a. j 1 S "SBpN das Auge unter dem Verband tat1 ^ ^ J sächlich geschlossen bleibt. 4. Scharfe Verletzungen, Einrisse: r j | * Ii V o r s i c h t beim Anfrischen von £ • Y* Wundrändern und beim Aus\ • ¿KÜ^T ' jB schneiden gequetschter Teile, da V IiHkW\ n durch Verkürzung der Lider 'ilk schwere Funktionsstörungen ent\i f i L*JEI \ stehen können! Senkrecht auf den ij>mK Lidrand verlaufende Wunden klafY fen sehr stark und müssen zur Verk meidung von Lidrandkerben sorgsf \ " fältig vereinigt werden. Schlechte erste Versorgung zwingt später oft Abb. 114. Uhrglasverband bei Facialisparese. z u auS g e dehnten Plastiken. Bei Abriß des Unterlides mit Durchreißung des Tränenröhrchens soll stets die plastische Vereinigung des Tränenröhrchens versucht werden. — Lidwunden heilen im allgemeinen sehr gut. Nur zartes Nahtmaterial verwenden und die dünne Lidhaut nicht zu tief auffassen! B. Bindehaut
Untersuchung: Darstellung des unteren Fornix durch Abziehen des Unterlides, der Bindehaut des Oberlides durch Umstülpen, des oberen Fornix durch doppeltes Umstülpen mit Lidlöffel oder auf folgende Weise: bei umgestülptem Oberlid (Patient sieht nach unten) wird der Augapfel mit dem Unterlid etwas zurückgedrängt; dadurch wulstet sich die Bindehaut des oberen Fornix vor.
Bindehaut - Hornhaut
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Achtung: Bei Verdacht auf durchbohrende Verletzung des Auges ist das Umdrehen des Oberlides zu unterlassen! 1. Subtarsaler Fremdkörper: Behandlung: bei Reizzustand Eintropfen von Novesin; Umstülpen des Oberlides, Wegwischen des Fremdkörpers mit feuchter Watte. 2. Fremdkörper im oberen Fornix, z. B. Kalkbröckel, verspießte Getreidegranne. Behandlung: Novesin, doppeltes Umstülpen des Oberlides, Entfernung des Fremdkörpers mit feuchtem Wattestäbchen oder anatomischer Pinzette. Achtung: Fremdkörper im Bindehautsack verursachen oft Abschürfungen der Hornhaut (Erosio corneae, s. u.). 3. Wunden: Wunden der Lid- und Fornixbindehaut brauchen meist nicht versorgt zu werden. Klaffende Wunden der Bulbusbindehaut sind zu schließen. 4. Blendungskonjunktivitis (Ophthalmia electrica): durch Höhensonne, Gletscherbrand, Flammenbogen beim elektrischen Schweißen. Meist auch Hornhautepithel geschädigt! Zeichen: Tränenfluß, Schwellung der Bindehaut und Lider, starke Schmerzen (erst mehrere Stunden nach der Einwirkung). Behandlung: Eintropfen von Novesin und Adrenalin, kühle Umschläge. C. Hornhaut Untersuchung: Spiegelnlassen der Oberfläche, seitliche Beleuchtung, Betrachtung mit Lupe. 1. Abschürfung des Hornhautepithels (Erosio corneae): Zeichen: Beim Spiegelnlassen scharf begrenzter Epitheldefekt, der sich mit Fluorescein grün färbt. Es bestehen starke Schmerzen, Lidkrampf, Tränenfluß. Behandlung: Einstreichen einer Augensalbe und Verband für 24 Stunden. Meist glatte Heilung. Bleiben Schmerzen bestehen, ist weitere Kontrolle notwendig, um das Auftreten einer Infiltration (Ulcus corneae traumaticum) nicht zu übersehen. Achtung auf bestehende Tränensackeiterung (Druck auf die Tränensackgegend!) wegen Gefahr eines Ulcus serpens corneae! 2. Fremdkörper der Hornhaut: Meist eingebrannte Metallsplitter (beim Schleifen, Drehen). Oft mit Rostring. Behandlung: Mehrmals Eintropfen von Novesin und Adrenalin. Bei seitlicher Beleuchtung und unter Verwendung einer Lupe wird der Fremdkörper mit der Fremdkörpernadel ausgekratzt. Auch Rost muß entfernt werden. Instrument nicht senkrecht, sondern tangential aufsetzen! Salbenverband usw. wie unter 1. 3. Durchbohrende Wunde der Hornhaut: Zeichen: Schmerzen und Reizzustand anfänglich oft gering. Bei kleinen Wunden Vorderkammer meist vorhanden. Bei größeren Wunden Vorderkammer aufgehoben, Bulbus weich, oft Irisvorfall, Linsentrübung.
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Auge
Behandlung: Beim geringsten Verdacht auf Perforation sofort zum Facharzt (intraokulärer Fremdkörper?). Bei Perforation im Zentrum der Hornhaut und bei Linsenverletzung wird zuvor Atropin eingetropft. Salbenverband (mit Irgamid-, Aureomyzin-Augensalbe o. ä.). N i c h t v e r g e s s e n : Begleitbrief! D. Lederhaut
1. Durchbohrende Verletzung der Sklera: Zeichen: Grund der Wunde dunkel infolge Durchscheinens von uvealem Pigment, Bulbus weich, Vorderkammer oft tief. Achtung: Perforationsstelle oft durch Bindehautblutung verdeckt! Behandlung: wie Hornhautperforation. 2. Ruptur der Sklera: Bei schwerer Prellung (s. u.). Meist nahe dem Hornhautrand. Zeichen und Behandlung wie 1. E. Verletzungen des Auges im ganzen
1. Prellungsverletyung des Auges (Contusio bulbi): z.B. durch Schlag, Steinwurf, Ball. Zeichen: Blutung in die Vorderkammer (Hyphaema), unregelmäßige Erweiterung und Starre der Pupille (Iridoplegia traumatica), Einrisse des Pupillarrandes, Abriß der Iriswurzel (Iridodialyse), Verschiebung der Linse (Luxatio lentis), Glaskörperblutung (Hämophthalmus), Berstung der Lederhaut (Ruptura sclerae). Behandlung: Schwere Fälle mit Salbenverband womöglich liegend an den Facharzt. Auch in leichten Fällen einige Tage strenge Bettruhe wegen Gefahr einer Nachblutung (Durchblutung der Hornhaut!). Kein Atropin! 2. Ausgedehnte Zerreißungen des Auges mit Verlust von Linse und Glaskörper geben Anzeige zur „primären Ausschälung" des Auges (Enucleatio bulbi). Achtung: 1. Es darf nicht der kleinste Rest von uvealem Gewebe zurückgelassen werden (Gefahr der sympathischen Ophthalmie!); 2. Die Bindehaut des Bulbus ist sorgfältig zu schonen und zurückzulassen, da sonst später keine Prothese getragen werden kann. — Am besten zur Vornahme des Eingriffes Überweisung an eine Augenklinik, da die genaue Ausschälung des zusammengefallenen Auges oft schwierig sein kann. F. Verätzungen
1. Laugenverät^ungen (Kalk, Ammoniak), die an der Haut nur wenig schaden, sind für das Auge am gefährlichsten. Hier ist sofortige erste Hilfeleistung besonders wichtig! Zeichen: In leichten Fällen Rötung und Schwellung der Bindehaut. Über die Schädigung der Hornhaut kann man sich rasch durch Eintropfen von Fluorescein (Grünfärbung) unterrichten. In schweren Fällen Ödem der Lider, wulstige blasse Schwellung der Bulbusbindehaut (Chemosis), die Hornhaut ist matt, milchig
Verätzungen
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getrübt, unempfindlich. In den schwersten Fällen erscheint die Bindehaut grauweiß bis Schieferfarben, die Hornhaut porzellanweiß: das Auge sieht aus „wie gekocht". Behandlung: Sehr wichtig: Zuerst sorgfältige mechanische Entfernung aller Fremdkörper (Kalkbröckel, Mörtel) aus dem Bindehautsack! Besonders ist auf den oberen Fornix zu achten (doppeltes Umstülpen, Auswischen mit feuchtem Wattestäbchen). Sind keine Konkremente mehr aufzufinden, dann Spülung des Bindehautsackes (bei umgestülptem Oberlid) mit einer reichlichen Menge körperwarmer Flüssigkeit (Wasser, physiologische Kochsalzlösung, Borwasser). Der Zweck der Spülung ist hauptsächlich die Entfernung feiner ätzender Fremdkörper. In schwereren Fällen kein Anästheticum verwenden! Salbenverband, Überweisung an den Facharzt, Begleitbrief. — Vorsicht bei der Prognose! Sie ist meist erst nach etwa einer Woche mit einer gewissen Sicherheit zu stellen (Spätgeschwüre der Hornhaut!). 2. Säureverät^tmgen geben meist eine günstigere Vorhersage, da sie oberflächliche Schorfe verursachen. Ähnlich zu beurteilen sind auch Verbrennungen. Behandlung: wie 1. 3. Bei Verletzung mit Tintenstift (Methylviolett) ist die etwa abgebrochene und zurückgebliebene Spitze des Stiftes sorgfältig zu entfernen, allenfalls durch Ausschneiden aus der Bindehaut. Die Verfärbung der Bindehaut bildet sich dann rasch zurück. Behandlung: sonst wie 1.
X X . Wirbelsäule Wunden und Infektionen
bieten nichts Wesentliches. A . Zerrungen
Zumeist kommen durch indirekte Gewalteinwirkung, beim Heben, Bücken usw. Zerrungen zustande. Es besteht manchmal Schiefhaltung zur Entlastung der schmerzenden Stelle, Druckschmerz, Dehnungsschmerz bei Neigen oder Drehen des Körpers. Behandlung: Ruhe, Umschläge, Wärme. Zerrungen sind gewöhnlich in einigen Tagen bis Wochen abgeheilt. Unterscheidung, auch in rechtlicher Hinsicht gegenüber der Lumbago (Hexenschuß und dem Zwischenwirbelscheibenprolaps (S. 116). B. Prellungen
Durch direkte Gewalteinwirkung entstehen Prellungen. Es besteht Schwellung, eventuell Bluterguß, Druck- und Bewegungsschmerz. Schwerere Fälle sind von Knochenbrüchen nur durch das Röntgenbild zu unterscheiden. Behandlung: In schwereren Fällen einige Tage Bettruhe, sonst Umschläge, „unterstützende Maßnahmen" (S. 83). Heilung ohne Folgen. C. Knochenbrüche Erste Hilfe (S. 11).
Sturz auf die Füße ( h ä u f i g g l e i c h z e i t i g F e r s e n b e i n b r u c h ! ) oder auf das Gesäß, gewaltsames Zusammenrollen des Körpers (z. B. Überfahren), Straßenverkehrsunfälle usw. führen zu Wirbelbrüchen. Am häufigsten sind die oberen Lenden- und die unteren Brustwirbel betroffen. Klinische Erscheinungen: Bei leichteren bis mittelschweren Brüchen sind die Erscheinungen oft auffallend gering, der Verletzte kann noch gehen, daher wird der Wirbelbruch häufig übersehen, (S. 45, Abb. 39). Bei schweren Brüchen bestehen starke Beschwerden, der Verletzte kann weder sitzen noch stehen oder stützt sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel auf (ähnlich wie bei Asthma). Von außen sieht man den Buckel, es besteht Druckschmerz über dem Dornfortsatz des gebrochenen Wirbels, Stauchungsschmerz von Kopf und Schultern her (nicht immer!). Das Wichtigste bei der klinischen und röntgenologischen Beurteilung ist auch hier die Achsenknickung (Gibbus). Behandlung: Nach Verabreichung eines Muskelrelaxans und Schmerzlinderung durch einen leichten Cocktail (S. 90), eventuell örtliche Betäubung (5 ml 0,5% Novocain-Lösung zwischen die Dornfortsätze, nicht zu tief) erfolgt die Aufrichtung im ventralen oder dorsalen Durchhang (d. i. in Bauch- oder Rückenlage,
111
Knochenbrüche
Abb. 115. Einrichtung eines Wirbelbruches (nach B ö h l e r ) im ventralen, Abb. 116. im dorsalen Durchhang.
Abb. 117 u. 118. Kompressionsbruch des 2. Lendenwirbels bei 20jährigem Hilfsarbeiter; Traverse auf den Rücken gefallen. Keilform des Wirbelkörpers, Bruch und Diastase der Interarticularportion, Gibbus 25 Grad. Behandlung nach B ö h l e r : Aufrichten, Gipsmieder für 4 Monate und Übungsbehandlung. V2 Jahr nach dem Unfall: gebrochener Wirbelkörper hat normale Form, die Wirbelsäule normalen Schwung, voll arbeitsfähig. Abb. 117
Abb. 118
Abb. 115—116). Das Einrichten erfolgt durch das Körpergewicht. Nachdem die Röntgenkontrolle im Durchhang zeigt, daß der oder die gebrochenen Wirbelkörper gut aufgerichtet sind und der Gibbus (Achsenknickung) behoben ist, wird ein Gipsverband angelegt (Abb. 83—86, S. 75). Röntgenkontrolle im Gipsverband. Einige Tage später läßt man den Verletzten aufstehen und beginnt bald mit Gymnastik (Übungen von Armen, Beinen und des Rumpfes) und Sandsacktragen (auf dem Kopf, Gewicht steigern!). Röntgenkontrolle 4 und 8 Wochen nach dem Unfall, Ruhigstellung 3—4 Monate je nach der Schwere der Verletzung und Stärke des Gibbus (Abb. 117—118). N i c h t e i n z u r i c h t e n sind Brüche, die über 3—4 Wochen alt sind, sowie bei Leuten über 50 Jahren. Bei letzteren oder wenn aus anderen Gründen (gleichzeitige andere schwere Verletzungen, schlechter Allgemeinzustand, Schwangerschaft) die sofortige Aufrichtung nicht in Betracht kommt, kann man eine langsame, schonende Reposition in der Rauchfuß schwebe versuchen. Vielfach kann man dann in 1—2 Wochen doch ein Gipsmieder (im Stehen) anlegen und mit der oben beschriebenen Übungsbehandlung beginnen. Bei allen anderen Fällen nur Bettruhe
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Wirbelsäule
für 4—5 Wochen, Üben der Gliedmaßen im Bett, vorsichtige Massage. Nach dem Aufstehen verordnet man in diesen Fällen ein Bauchmieder für etwa 1/2 Jahr. Brüche mit Knickung im Bereiche der Halswirbelsäule werden durch Überstreckung des Halses eingerichtet und mit einem Gipsverband ruhiggestellt, der den Kopf umfaßt und bis zum unteren Rippenbogen reicht (S. 75). In letzterer Zeit besteht die zunehmende Tendenz, auch Brüche der Halswirbelsäule nach dem Einrichten operativ zu fixieren, z. B. durch Fixation der Dornfortsätze. Übungsbehandlung wie oben. Ungünstig — aus psychischen und physischen Gründen! — ist die Verordnung von Stützmiedern bei Wirbelbrüchen. Bei den Wirbelbrüchen muß auch die „ K Ü M M E L sehe Erkrankung" erwähnt werden, das ist die schleichende Entwicklung der Keilform eines Wirbels und Gibbusbildung. Die Ursache ist ein nicht diagnostizierter (z. B. bei einem schlechten Röntgenbild) Bruch des Wirbelkörpers zwischen Grund- und Deckplatte. Durch Resorption der geschädigten Spongiosa entwickelt sich die Keilform. Der Begriff der K Ü M M E L sehen Erkrankung wird langsam historisch. Gar nicht so selten finden wir pathologische und Spontanfrakturen der Wirbelkörper. Ursachen sind: Metastasen (besonders Mamma-, Prostata- und Thyreoidea-Ca; Hypernephrom), Hämangiom-Wirbel u. a. D. Verrenkungen
Reine Verrenkungen kommen im wesentlichen im Bereiche der Halswirbelsäule vor (Abb. 119—120). Eine charakteristische Entstehung ist der Kopfsprung in seichtes Wasser. Die Verrenkung kann reitend sein (Gelenkflächen der beiden
Abb. 119. Verrenkung des 5. auf den 6. Halswirbel bei einem 55iährigen Landwirt, welcher unter ein Fuhrwerk geriet. Tetraplegie = vollständige Querschnittslähmung des Rumpfes sowie beider Arme und beider Beine, Blasen- und Mastdarmlähmung. Abb. 120. Nach dem Einrichten mit der am Schädel ansetzenden Crutchfieldklammer ideale Stellung. Abb. 119
Abb. 120
Wirbel berühren sich noch) oder verhakt (die Gelenkfortsätze des oberen stehen vor denen des unteren Wirbels). Letztere muß man im Bereiche der Brust- und Lendenwirbelsäule manchmal blutig einrichten. Es gibt auch einseitige Verrenkungen. — Auch bei den reinen Verrenkungen kommt eventuell die Osteosynthese nach dem Einrichten in Betracht.
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Verrenkungsbrüche — Querschnittslähmung E. V e r r e n k u n g s b r ü c h e
Häufig handelt es sich in allen Abschnitten der Wirbelsäule um Verrenkungsbrüche. Das Einrichten sowohl der Verrenkungen als auch der Verrenkungsbrüche erfolgt durch Zug und Gegenzug und Überstreckung, Anlegen eines Gipsverbandes oder — im Bereiche der Halswirbelsäule — mit Hilfe der an den Schädelknochen a n g r e i f e n d e n CRUTCHFIELDklammer ( A b b . 120). F. Q u e r s c h n i t t s l ä h m u n g
Bei den Verrenkungen und Verrenkungsbrüchen kann es zum Druck oder zur Abquetschung des Rückenmarkes kommen: Querschnittlähmung (Paraplegte). Besteht nur eine Teillähmung, so spricht man von Parese. Sitzt die Lähmung im Bereiche des Halsmarkes, so sind alle 4 Extremitäten gelähmt oder paretisch (Tetraplegie bzw. Tetraparese). Bei der vollständigen Lähmung besteht auch Blasenund Mastdarmlähmung sowie ein Priapismus. Wichtig: Erste Hilfe (S. 11).
Unmittelbar nach der Einlieferung genaueste klinische, neurologische und röntgenologische Untersuchung, jede auch nur kleinste aktive Bewegung oder Sensibilität ist ein Zeichen einer unvollständigen Lähmung. In diesen Fällen ist sofortige Einrichtung zur Entlastung des Rückenmarkes nötig; der gedrückte Teil kann sich noch erholen, der ^usammengequetschte nicht mehr. Anschließend wird man in manchen Fällen am besten eine operative Fixation vornehmen. Paraplegien, also vollständige Lähmungen, kann man rein konservativ oder operativ (Stabilisierung der Wirbelkörper mit entsprechender Reposition) behandeln. Am zweckmäßigsten erfolgt die primäre Behandlung auf einer S p e z i a l a b t e i l u n g , wo auch die entsprechende Pflegemöglichkeit besteht. Denn der Verletzte muß 2stündlich, Tag und Nacht gedreht und 2mal täglich katheterisiert und anschließend die Blase gespült werden, um die primären Gefahren wie Dekubitus, Pneumonie und Urosepsis zu vermeiden. Ungünstig ist das Anlegen eines Gipsverbandes (führt unweigerlich zum Dekubitus) und der Dauerkatheter (führt unweigerlich zur Zystitis und Zystopyelitis). Nach knöcherner Heilung des Bruches ist eine systematische Rehabilitation — ebenfalls auf einer Spezialabteilung — nötig. Prognose: Bei hohem Sitz meist in einigen Tagen letal durch aufsteigende Lähmung des Atemzentrums; sonst hängt die Prognose vom Alter und der Pflege ab. Etwa 50% der vollständig Querschnittsgelähmten kommen heute mit dem Leben davon. Für sie ergeben sich jedoch später viele menschliche und soziale Schwierigkeiten. G . A b r i s s e und A b b r ü c h e der D o r n - u n d Q u e r f o r t s ä t z e
Der Abriß eines Dornfortsatzes im Bereiche der Halswirbelsäule erfolgt am häufigsten zwischen C6 und Dl durch Muskelzug. Die Schipperkrankheit (besonders aktuell gewesen beim Bau der Reichsautobahnen in Deutschland) ist der E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
8
114
Wirbelsäule
Abb. 121. Abriß des Dornfortsatzes des 7. Halswirbels (Schipperkrankheit) bei 25jährigem Hilfsarbeiter. Beim Schieben eines Wagens stechenden Schmerz im Nacken verspürt. Das abgerissene Stück des Dornfortsatzes um volle Breite nach unten verschoben.
Abb. 122. Abriß des linken Querfortsatzes L 2—4 mit Verschiebung bei 18jährigem Studenten, Sturz beim Rodeln.
Abb. 123. Beiderseits angeborene Lendenrippe an L 1.
Ermüdungsbruch eines Dornfortsatzes (S. 54, Abb. 121). Es besteht Schmerz bei Bewegungen des Kopfes und Druckschmerz über dem betreffenden Dornfortsatz. Röntgen! Behandlung: Umschläge, „unterstützende Maßnahmen" (S. 83), eventuell für kurze Zeit ScHANZkrawatte (S. 76). Die operative Entfernung des abgetrennten Stückes ist nicht zu empfehlen. — Zu Verletzungen der Querfortsät^e der Lendenwirbel-
Abrisse und Abbruche der Dom- und Querfortsätze
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säule (Abb. 122) kommt es durch Muskelzug oder bei direkter Gewalteinwirkung; dann bestehen oft gleichzeitig Rippen- und Wirbelbrüche. Behandlung: Einige Tage Bettruhe, Umschläge, „unterstützende Maßnahmen"; kein Gipsverband! —- Querfortsatzbrüche mit geringer Verschiebung heilen knöchern, bei starker Verschiebung mit Pseudarthrose, was klinisch völlig belanglos ist. Keine operative Entfernung. Am 1. Lendenwirbel wird oft eine Lendenrippe mit einem Querfortsatzbruch verwechselt (Abb. 123).
XXI.
Nierenquetschung
Klinisch ähnliche Erscheinungen wie die Querfortsatzbrüche der Lendenwirbel macht die Nierenquetschung (Nierenruptur), nur daß der Harn blutig ist, auch besteht in der Regel ein stärkerer Schock. Behandlung: Bettruhe, Umschläge, gewöhnlich wird in einigen Tagen der Harn wieder klar. Die operative Entfernung der Niere ist äußerst selten notwendig. XXII.
Zwischenwirbelscheibenprolaps ( N u c l e u s pulposus Hernie)
Er wird meist durch eine Bewegung des täglichen Lebens ausgelöst. Dabei springt der auf Grund von Aufbrauchsvorgängen veränderte Nucleus pulposus der Zwischenwirbelscheibe durch den Faserring nach rückwärts oder seitlich vor und kann unter Umständen durch Druck auf die austretende Nervenwurzel eine Ischialgie verursachen. Allgemein besteht die Auffassung, daß jeder Hexenschuß durch Veränderungen der Zwischenwirbelscheibe verursacht ist. Diese „Hexenschußkette" mit oder ohne neurologische Erscheinungen kann jahrelang andauern. Während dieser Zeit ist das Röntgenbild negativ; erst wenn der ganze Nucleus ausgetreten ist, wird der Zwischenwirbelraum niederer, es kommt zur Bildung von spondylotischen Zacken (verblühte Bandscheibe nach R E I S C H A U E R ) Besonders in der Lenden- und Kreuzgegend spielen sich auch viele „rheumatische" Geschehen ab, die zu ähnlichen Beschwerden, auch zur Wurzelneuralgie führen können. Daneben gibt es die Spondylose, Spondylarthrose und Osteochondrose der Wirbelsäule in allen ihren Abschnitten, hauptsächlich der Lenden- und Halswirbelsäule. Es handelt sich dabei um Aufbraucherscheinungen, die keine Unfallfolgen sind. Über Zusammenhangsfragen S. 213. X X I I I . Kreuzbein —
Steißbein
Brüche des Kreuzbeines und Steißbeines sind relativ selten. Die Feststellung erfolgt im Röntgenbild. Komplikationen kommen äußerst selten vor. Die Behandlung ist konservativ.
X X I V . Brustkorb Erste Hilfe und Wunden (S. 5).
A. Herzstiche erfordern eine sofortige Operation. Bei geschlossenem Perikard kommt es zur Herzbeuteltamponade, bei offenem Perikard und offener Pleura zur Verblutung in den Pleuraraum. Insbesondere bei Stichen oder Schußverlet^ungen besteht die Gefahr der Mitverletzung der Lunge oder Pleura (Hämatothorax, Pneumothorax, Hämatopneumothorax). Sehr selten kommt es zum Ventil- oder Spannungspneumothorax (das Loch in der Brustkorbwand öffnet sich wie ein Ventil beim Einatmen und schließt sich beim Ausatmen) mit Gefahr der Verdrängung von Herz und gesunder Lunge. Die Punktion — mit einer dicken Nadel vorn im 3. Interkostalraum — ist oft lebensrettend! Bei breit offenem Pneumothorax besteht die Gefahr des lebensbedrohlichen Mediastinalflatterns. Die Erste Hilfe besteht im l u f t d i c h t e n A b s c h l u ß (Abb. 8). In Betracht kommt auch noch der „MÜLLER J A Handgriff": Man faßt mit der Hand oder mit einer Zange die zurückgesunkene Lunge, zieht sie an die Brustwand vor und fixiert sie hier (SAUERBRUCH). B. Prellungen — Rippenbrüche Durch Sturz, Schlag oder Stoß entstehen Brustkorbprellungen und Rippenbrüche. Beide zeigen Schmerzen beim Tiefatmen, beim Zusammenpressen des Brustkorbes von beiden Seiten oder von vorne auf hinten sowie lokal; die Rippenbrüche zeigen außerdem noch manchmal Knochenkrachen bei direktem Druck. Rippenbrüche sind gewöhnlich röntgenologisch nachzuweisen, wobei zu beachten ist, daß man im Röntgenbild in der Regel weniger sieht als tatsächlich gebrochen ist. Komplikation bei Rippenbrüchen: Anspießen der Lunge, charakteristisch ist das Hautemphysem (Knistern beim Betasten in der nähereu und weiteren Umgebung der Bruchstelle [n]), in schwereren Fällen kommt es auch zur Blutung in den Pleuraraum (Hämatothorax) oder zur Ansammlung von Blut und Luft (HämatoPneumothorax). Behandlung der Brustkorbprellung und der Rippenbrüche: Zur Ruhigstellung wird ein Zingulum aus etwa 15 cm breiten Leinen- oder Flanellstreifen, eine Laparatomiebinde, der käufliche „Rippengürtel" oder eine elastische Binde angelegt. Das früher übliche Heftpflaster haben wir aufgegeben, da es zu oft die Haut reizt. Dieses Zingulum soll b e i v o l l e r A u s atmung immer z i r k u l ä r um den unteren Rippenr a n d angelegt werden, auch bei Verletzung von nur einer Seite bzw. bei Brüchen der oberen Rippen (Abb. 124). Fer-
Abb. 124. Zingulum bei Rippenbrüchen und Brustkorbprellungen, immer zirkulär um den unteren Rippenbogen.
118
Brustkorb - Bauch
ner verordnet man Schonung, läßt von vornherein inhalieren und setzt mit antibronchitischer Behandlung ein. Gegen die Schmerzen und um eine bessere Durchatmung zu erzielen, kann man die Bruchstelle örtlich betäuben (eventuell Depotanästhetikum) und soweit nötig, auch Sedativa verabreichen. Die Schmerzen bzw. Arbeitsunfähigkeit dauern sowohl bei Rippenbrüchen als auch bei der Kontusion 4—6 Wochen. Die Brustkorbpressung (ohne Rippenbruch) entsteht durch langsames Zusammenpressen, z. B. bei Verschüttung. Kopf und Hals sind blaurot verfärbt, die Venen oberhalb der Pressung gestaut, auffallend ist die Blutunterlaufung besonders an den Bindehäuten der Augen. Behandlung: Sofortige Befreiung, Sedativa, Schockbekämpfung, Sauerstoffzufuhr. Brüche des Brustbeines sind als isolierte Verletzung selten, häufiger als Begleitverletzung bei Wirbelbrüchen. Druckschmerz. Röntgen. Behandlung wie bei Rippenbrüchen. Bei schweren Verletzungen des Brustkorbes soll immer ein Elektrokardiogramm angefertigt werden, um einen traumatischen Herzinfarkt rechtzeitig feststellen oder ausschließen zu können. Wird das EKG später gemacht, ist die Unterscheidung gegenüber einem unfallfremden Infarkt nicht mehr einwandfrei zu treffen.
X X V . Bauch Erste Hilfe (S. 6).
Bei Wunden, insbesondere Stichen, ist immer daran zu denken, daß sie die Bauchdecke durchdringen und das Peritoneum durchtrennen können. Natürlich können bei einer offenen Bauchverletzung, z. B. Schüsse, Granatsplitter auch Bauchorgane mitverletzt sein. Diese Bauchschüsse gehörten auch im 2. Weltkrieg noch zu den lebensgefährlichsten Verwundungen. Bei großen Wunden kann ein Teil des Darmes vorfallen. Stumpfe Bauchverlet^ungen. Sie entstehen durch Stoß, Schlag, Anfahren, bei Straßenverkehrsunfällen usw. Schon eine einfache Prellung kann starke lokale Schmerzen, Übelkeit, Schockerscheinungen verursachen, die sich innerhalb kurzer Zeit bei Bettruhe und kalten Umschlägen beruhigen. Nehmen die Beschwerden dagegen zu, verbreitern sich die Schmerzen über den ganzen Bauch, tritt Bauchdeckenspannung diffus bzw. lokalisiert auf, steigt der Puls an, dann muß eine innere Verletzung angenommen werden. Im wesentlichen kommt in Betracht: 1. Eine Blutung, bedingt durch einen Riß von Leber, Milz oder des Gekröses. 2. Eröffnung des Magen-Darm-Kanals mit der Gefahr der rasch eintretenden Bauchfellentzündung. 3. Eröffnung der Gallenblase, der Gallenwege, Verletzung der Bauchspeicheldrüse oder der Harnblase (S. 121). Auch bei diesen Verletzungen kommt es zur Bauchfellentzündung. Die Diagnose bzw. Differentialdiagnose ist meist recht schwierig. Bei Blutungen ist oft eine Flankendämpfung nachzuweisen, die zunimmt und sich bei Lagewechsel verschiebt. Im weiteren Verlauf der Verletzung von Innenorganen nimmt die Bauchdeckenspannung zu, der Puls wird schneller und leicht unterdrückbar, der Blutdruck sinkt, die Zunge wird trocken, der
Bauch
119
Patient verfällt. Bei Rektaluntersuchung ist der Douglas oft druckempfindlich (kein sicheres Zeichen!). Auch das Absinken der Zahl der roten und das Ansteigen der Zahl der weißen Blutkörperchen soll bei der Diagnose mit verwertet werden. Schon beim Beginn der Erscheinungen oder Verdacht auf innere Bauchverletzung sofortige Abgabe in ein Krankenhaus, wo die Frage der (Probe-)Laparatomie zu entscheiden ist. Kein M o r p h i u m oder sonstige A l k a l o i d e geben, u m das Bild nicht zu verschleiern!
Ähnliche Erscheinungen wie stumpfe Bauchverletzungen machen auch starke retroperitoneale Hämatome bei schweren Wirbel- und Beckenbrüchen. Auch bei schweren Rippenbrüchen, insbesondere in den unteren Partien, sind oft gleichzeitig Bauchsymptome vorhanden. Auch Nierenquetschungen und -risse zeigen mitunter ähnliche Erscheinungen, da^u kommt blutiger Harn (S. 116). Durch eine stumpfe, umschriebene Verletzung der Bauchdecke kann es auch — äußerst selten — zur echten, traumatischen Bauchivandhernie kommen. Die Haut ist intakt, die Muskulatur zerrissen, der Bauchinhalt tritt in die dadurch entstandene Lücke ein und wölbt die Haut außen vor. Die Operation ist angezeigt, bis sich die ersten Erscheinungen beruhigt haben und eine eventuell vorhandene Hautabschürfung abgeheilt ist. Eine echte traumatische Zwerchfellhernie gehört zu den größten Seltenheiten.
X X V I . Becken Erste Hilfe (S. 11).
Bei Beckenverletzungen sofort urinieren lassen, gelingt dies nicht, dann katheterisieren (Gefahr einer gleichzeitigen Verletzung von Harnröhre oder Harnblase). Zustandekommen durch Sturz, Quetschung, Verschüttung, Straßenverkehrsunfall usw. Bei Prellungen ist die Gehfähigkeit behindert oder unmöglich, es besteht spontaner und Druckschmerz an den getroffenen Stellen. A. Beckenbrüche Zeichen schwerer Becken brücke \ Gehunfähigkeit, Schmerzen spontan und beim Zusammenpressen des Beckens, eventuell ist dabei Knochenkrachen zu spüren. Später tritt manchmal Blauverfärbung vom Bluterguß auf. Einteilung der Beckenbrüche (Abb. 125): Abb. 125. Bruchformen im Bereiche des Beckens. A B e c k e n r a n d b r ü c h e : 1 Beckenschaufelabbruch, 1 a Bruch des unteren Schambeinastes, 4 Abriß der spin, iliac, ant. sup., 5 Abriß der spina iliac, ant. inf., 6 Abriß des tuber oss. ischii. B B e c k e n r i n g b r ü c h e ohne Spreng u n g des R i n g e s : 2a oberer und unterer Schambeinast C B e c k e n r i n g b r ü c h e mit S p r e n g u n g d e s R i n g e s : 2b Malgaigne Fraktur D Symphysiolyse
Beckenrandbrüche — Brüche der Darmbeinschaufel (1), Abrißfrakturen bzw. Apophysenlösungen (bei Jugendlichen) an der spina iliaca ant. sup. (4) und inf. (5) und am tuber ossis ischii (6). Es sind dies hauptsächlich Sportverletzungen beim Laufen, Turnen, Schifahren. Beckenringbrüche — sitzen entweder an einer Stelle, so daß die Festigkeit des Ringes nicht leidet = ohne Sprengung des Ringes, z. B. Bruch eines Schambeinastes auf einer Seite (2a). Oder der Ringist gesprengt, z. B. Bruch beider Schambeinäste auf beiden Seiten (Schmetterlingsfraktur). Ist der Ring vorne und rückwärts gebrochen (doppelter Ringbruch), so spricht man von einem M A L G A I G N E sehen Bruch (2b). Dabei kann der Bruch vorne und hinten (neben der Kreuzbein-Darmbeinfuge) erfolgen (2 b) oder vorne im Bereiche eines Sitzbeines und Schambeines und rück-
Pfählungen
121
wärts im Bereiche der Articulat. sacro-iliaca. Wenn dann eine Beckenseite nach kranial verschoben ist, handelt es sich um einen Verrenkungsbruch. Dazu kommt noch die Sprengung der Symphyse = Symphjsioljse (3), eventuell mit Diastase. Ist gleichzeitig die Kreuzbein-Darmbeinfuge einer Seite gesprengt, so kann man auch von einer Verrenkung einer Beckenseite sprechen. Behandlung: Bettruhe, Umschläge, unterstützende Maßnahmen (S. 83). Steht eine Beckenseite höher, z. B. bei einem M A L G A I G N E sehen Bruch, so ist Extension nötig. Bei einer Symphysiolyse mit Diastase legt man eine Beckenschlaufe an, deren vordere Enden gekreuzt und seitlich belastet sind. Auch die Drahtnaht ist möglich. Die Prognose der Beckenbrüche ohne Komplikationen ist sehr gut. Komplikationen: 1. Riß der Harnröhre: Dieser kann auch ohne Beckenbruch bei Rittlingsverletzungen zustande kommen. Das Spontanurinieren ist unmöglich, beim Katheterisieren kommt kein Harn, beim Herausziehen sieht man Blut am Ende des Katheters. Es besteht Druckschmerz, häufig Schwellung der Dammgegend, später sieht man das Schmetterlingshämatom an dieser Stelle. 2. Riß der Harnblase (durch ein Bruchstück oder durch Quetschung oder Zerrung der Blase): Das Ergebnis des Katheterisierens ist gleich wie beim Riß der Harnröhre, nur geht der Katheter tiefer hinein; dazu kommen zunehmende abdominelle Symptome. Behandlung: Risse der Harnröhre bzw. Harnblase müssen operiert werden. Sonst entsteht als Folge des Harnaustrittes die gefährliche Urinphlegmone.
Ermüdungsbrüche im Bereiche des Beckens (Synostosis ischiopubica und oberer Schambeinast) zeigt Abb. 52. Sehr lästig ist unter Umständen die an eine Prellung des Steißbeines sich anschließende Coccygodjnie. Die Behandlung ist rein konservativ, wichtig ist die Entlastung des Steißbeines (Gummiring). B. P f ä h l u n g e n
Diese Verletzungen entstehen durch alle möglichen Gegenstände, welche vom distalen Stammende (Damm- und Analgegend) her in den Körper eindringen. Es besteht die Gefahr der Mitverletzung von Gefäßen, Nerven, insbesondere Darm, Vagina, Blase usw. Sofortige Abgabe in ein Krankenhaus. Erste Hilfe S. 13.
X X V I I . Arme U n t e r s u c h u n g s g a n g f ü r a l l e V e r l e t z u n g e n des A r m e s : Oberkörper völlig entkleiden! Die Prüfung des ganzen Armes soll immer, auch bei Verletzungen, z. B. der Hand oder eines Fingers gemacht werden um festzustellen, ob nicht schon von früher irgendwelche Veränderungen, z. B. eine Bewegungsbeschränkung der Schulter, eine Nervenstörung usw. bestehen. Betrachtung: Formveränderung — Schwellung — Hautverfärbung (Entzündung, Bluterguß usw.) — Wunden — Narben. Beweglichkeit: I m m e r b e i d e A r m e v e r g l e i c h e n ! Finger öffnen und schließen, Ellbogen strecken und beugen, bei gebeugtem Ellbogen das Handgelenk nach der Streck- und Beuge-, Speichen- und Ellenseite zu bewegen. Bei gebeugtem Ellbogen Vorderarm nach innen und außen drehen (Pro- und Supination), beide Arme heben, hinter den Kopf (Außendrehung) und auf das Kreuz legen (Innendrehung der Schulter). Die aktive Streckfähigkeit des Vorderarmes ist bei seitlich rechtwinkelig gehobenem Oberarm und herabhängendem Vorderarm zu prüfen. Puls der Speichenschlagader prüfen, und zwar auf beiden Seiten, falls dort nicht zu tasten, am Oberarm. Nervenprüfung motorisch: N. radialis (Speichennerv: Streckmöglichkeit der Fingergrundgelenke und des Handgelenkes), N. medianus (Mittelnerv: volle Beugung des Zeigefingers und Oppositionsmöglichkeit des Daumens), N. u'lnaris (Ellennerv: Fingerspreizung, Beugung in den Fingergrundgelenken bei Strekkung der Mittel- und Endgelenke) (Lähmungen, S. 93, Abb. 104, 108). Berührungsempfindung: Jeder Finger einzeln, auf der Beuge- und Streck-, sowie Radial- und Ulnarseite, Hohlhand und Handrücken, die einzelnen Seiten des Vorder- und Oberarmes. Sensibilitätsstörungen S. 96, Abb. 107—108. Dazu kommt Wärme- und Kälteprüfung. Betasten der verletzten Stelle (gilt nicht für Wunden /). Am besten konzentrisch beginnend im unverletzten, noch nicht geschwollenen Gebiet, auf die Stelle der stärksten Druckempfindlichkeit vorgehen. Untersuchung bei Knochenbrüchen (S. 40).
A . Schultergürtel 1 . W u n d e n und Infektionen Allgemeiner Teil (S. 18).
Möglichst bald ist auf die Bewegung der Schulter zu sehen, um eine der Schulter vermeiden. Arm nur kurze Zeit in der Schlinge tragen lassen!
Versteifung
Schultergürtel
123
2. S t u m p f e Verletzungen
Die Schulterprellung kommt durch Sturz auf die Schulter oder durch Darauffallen eines Gegenstandes zustande. Man findet manchmal Hautabschürfungen, manchmal eine Schwellung, äußerst selten einen Bluterguß; dieser spricht in der Regel für einen Knochenbruch; manchmal ist überhaupt nichts zu sehen. Das selbsttätige Bewegen ist entweder frei oder verlangsamt oder eingeschränkt. Fremdtätig ist in frischen Fällen die Beweglichkeit frei, häufig aber schmerzhaft. Die Stelle der Prellung ist druckschmerzhaft. a) Zur Schulterzerrung
führt ein Sturz auf die Hand, eine Verdrehung des Armes, ein „Verreißen" der Schulter, z. B. beim Hängenbleiben usw. Äußerlich ist nichts zu sehen, die selbsttätige Beweglichkeit ist entweder frei, meist aber behindert, wobei folgendes charakteristisch ist: der Verletzte hebt den Arm selbsttätig bis knapp unter die Horizontale, weiter geht es aktiv nicht; hilft man über diese Stelle hinweg, dann kann der Arm frei gehoben werden. Druckpunkte: entlang der langen Bizepssehne im Sulcus intertubercularis (zwischen dem großen und kleinen Oberarmhöcker), knapp unter dem Rabenschnabelfortsatz und am Ansatz des Deltamuskels am Oberarm. Behandlung der Schulterprellung und errung: Das wichtigste ist die Erhaltung b^ip. Er^ielung der freien Beweglichkeit: Übungen am Rollenzug (Abb. 100), also selbsttätige Bewegungsübungen, fremdtätige Bewegungsübungen unter Vermeidung von Schmerzen, Umschläge, unterstützende Mittel (S. 83). Bei Druckschmerz im Sulcus intertubercularis kann diese Stelle auch mit einer schmerzstillenden Salbe massiert werden. Gelingt die freie Beweglichkeit innerhalb einiger Tage nicht, dann muß man den Arm auf eine Doppelrechtwinkelschiene (S. 79) hochlagern und von der Schiene aus üben lassen, sonst ist die Schulterversteifung die unweigerliche Folge! Eine lokale schmerzstillende Injektion, am besten als Depot, eventuell mit Zusatz eines Cortisonderivates, hilft manchmal rasch weiter. b) Supraspinatusriß
Eine seltene, schwierig zu diagnostizierende Verletzung ist der Supraspinatusriß. Er zeigt die gleichen Symptome wie eine schwere Schulterprellung oder -zerrung, manchmal sieht man im Röntgenbilde ein kleines abgerissenes Knochenstück zwischen acromion und Oberarmkopf. Er muß operiert werden. c) Zerreißung
Die Schulter^erreißung kommt dadurch zustande, daß der Arm in der Schulter mit großer Gewalt verdreht, eventuell gleichzeitig gequetscht wird, z. B. in einer Transmission. Die Gelenksbänder und einzelne Muskelpartien sind zerrissen. Manchmal kommt es zum Platzen der Haut in der Achselhöhle. Das Röntgenbild kann dabei negativ sein. Die Verletzung ist schwer. Die Behandlung besteht in Ruhigstellung in einer Abduktion von etwa 60 Grad, zusätzlich unterstützende Maßnahmen. Trotzdem ist manchmal eine weitgehende Versteifung nicht vermeidbar.
124
Arme d) Die Schulterverrenkung
(Abb. 126—131). Zur Schulterverrenkung kommt es durch Sturz auf Hand oder Ellbogen bei abgespreiztem Arm oder beim Hängenbleiben des Armes. Sie ist die häufigste Verrenkung überhaupt. Das klassische Bild (Abb. 126) Der Oberarm steht vom Oberkörper ab. Der Verletzte hält mit der gesunden Hand den Vorderarm der verletzten Seite oder stützt diesen auf dem Oberschenkel auf. Die normale Schulterwölbung fehlt. Die Schulterpfanne ist leer, man spürt unter dem Akromion eine Höhle. Die Oberarmachse zielt unter die Schulter, statt auf diese. Bei Bewegungsversuchen ist der Oberarm „federnd" fixiert, d. h. wenn man ihn bewegt, was Schmerzen verursacht, geht er immer wieder in die ursprüngliche Lage zurück. Der Oberarmkopf ist häufig unmittelbar nach der Verletzung unter dem Rabenschnabelfortsatz zu tasten.
A b b . 126
Abb. 127
A b b . 128
A b b . 126. Schulterverrenkung links, typische Haltung bei frischer Verletzung. Die typische Abduktionsstellung des Armes ist durch die Kleider zu sehen. A b b . 127. Röntgenbild dazu, praeglenoidale Verrenkung. A b b . 128. Nach dem Einrichten.
Komplikationen: 1. Druck auf Gefäße (Puls 2. Druck auf Nerven.
prüfen).
Wichtig: Prüfung der Beweglichkeit von Fingern, Handgelenk sowie der Berührungsempfindung.
125
Schultetgürtel
Am häufigsten ist der N. axillaris gelähmt (kann erst nach dem Einrichten geprüft werden), seltener ein anderer Nerv oder der ganze Plexus. Die isolierte Lähmung erholt sich in einigen Wochen bis Monaten, in der Regel vollständig, während die Plexuslähmung eine wesentlich schlechtere Prognose hat (S. 93). 3. Gleichzeitige Knochenabrisse (tubercul. maj., Abb. 129), Bruch unter dem Oberarmkopf (Luxationsfraktur). In letzterem Falle besteht eine sehr starke schmerzhafte Schwellung der Schulter, im Röntgenbild zeigt der Oberarmschaft gegen die Schulterblattpfanne, der Kopf liegt medial vom oberen Ende des Schaftes, teils vor, teils unter der Schulterblattpfanne. Es handelt sich hierbei um eine sehr schwere, schwierig zu behandelnde Verletzung, S. 133.
Abb. 129. Axilläre Schulterverrenkung mit Abbruch des großen Rollhöckers; letzterer steht am normalen Platze, während der Oberarmkopf medial und unter der Pfanne steht, d. h. sich dorthin projiziert.
Das Röntgenbild zeigt die charakteristischen Formen der Verrenkung: Die häufigste ist die Lux. subcoracoidea = praeglenoidalis (Abb. 127). Der Oberarmkopf steht vor der Pfanne unter dem Rabenschnabelfortsatz. Bei der axillären Verrenkung ist in der Regel das Tub. maj. abgerissen (Abb. 129). Sehr selten ist die Lux. posterior, in der Regel durch Schlag von vorne. Der Oberarmkopf steht hinter der Pfanne. Aufschluß gibt die axilläre Aufnahme der Schulter. Äußerst selten ist die Lux. erecta, der Arm steht senkrecht. Behandlung: Vor jeder Einrichtung Prüfung des Radialpulses und der Fingerbeweglichkeit. Auf Lähmungen ist der Verletzte oder seine Angehörigen aufmerksam zu machen! Das Einrichten. Die schonendste Methode ist die nach A R L T (Abb. 130) über eine gepolsterte Sessellehne. Häufig gelingt sie — insbesonders in frischen Fällen — ohne Betäubung durch vorsichtigen Zug an dem rechtwinkelig gebeugten Ellbogen, wobei man nach einigen Minuten den Arm leicht nach außen dreht. Kommt man damit nicht zurecht, so richtet man nach H I P P O K R A T E S ein (Abb. 131). Dazu ist gewöhnlich Allgemeinbetäubung nötig. Der Verletzte wird auf den Boden oder auf einen Tisch gelegt, der Einrichtende setzt sich auf die verletzte Seite, faßt mit beiden Händen die Hand des verletzten Armes, die unbeschuhte Ferse wird in die Achselhöhle gesetzt und der ganze Arm unter Längszug langsam nach außen und dann nach innen gedreht, wobei durch die Ferse als Hypomochlion der Oberarmkopf in seine normale Lage gebracht wird. Wichtig ist, langsam und stetig zu ziehen. Nach jeder Einrichtung läßt man den Arm heben um zu prüfen, ob der N. axillaris funktioniert. Nach dem Einrichten immer Röntgenbild! Nicht durchleuchten (S. 57).
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Verrenkung ohne Betäubung nach A r lt. Der Patient sitzt auf dem Sessel, der verrenkte A r m liegt über der gepolsterten Rückenlehne. Der Arzt sitzt tiefer und zieht v o r s i c h t i g u n d o h n e G e w a l t in der Richtung des abstehenden Armes. Falls die E i n r i c h t u n g n i c h t o h n e S c h m e r z e n g e l i n g t , ist sie abzubrechen.
Arme
Abb. 131. Einrichtung der Schulterverrenkung nach H i p p o k r a t e s . Die unbeschuhte Ferse wird in die Achselhöhle gesetzt und unter langsamen Zug, Adduktion und Drehung des Armes die Verrenkung eingerichtet; die Ferse wirkt als Hypomochlion. Knie und Ellbogen des Einrichtenden müssen gestreckt sein.
Nachbehandlung: In jedem Alter und bei jeder Form der Verrenkung gibt man zunächst für zwei Tage eine Armschlinge und Umschläge über die Schulter. Während dieser Zeit läßt man jedoch bereits Finger, Handgelenk und Ellbogen selbsttätig bewegen. Nach zwei Tagen probiert man, wie weit der Verletzte die Schulter heben kann. Gelingt dies in den nächsten Tagen vollständig und selbsttätig, so ist eine weitere Behandlung nicht notwendig. Kann der Arm nicht vollständig gehoben werden, dann muß er auf Doppelrechtwinkelschiene (S. 79) gelagert werden. Ferner beginnt man sofort mit selbsttätigen (im wesentlichen die Bewegungen des täglichen Lebens wie Kämmen, Rasieren, An- und Ausziehen usw.) und fremdtätigen Bewegungsübungen mit Hilfe des gesunden Armes, eines Stockes und Üben am Rollenzug (Abb. 100). Günstig sind die zusätzlichen Heilmittel (S. 83). Verrenkungen mit Bruch des großen Rollhöckers werden für etwa 14 Tage mit der Armschlinge versorgt, man läßt fleißig aktive Bewegungsübungen von Fingern, Handgelenk und Ellbogen machen. Anschließend selbst- und fremdtätige Bewegungsübungen der Schulter und Üben am Rollenzug. Die gewohnheitsmäßige (habituelle)'Schulterverrenkung. Die erste Verrenkung entsteht meist durch eine stärkere Gewalteinwirkung. Die späteren kommen immer häufiger und bei geringen, belanglosen Bewegungen zustande: Heben des Armes, Ümdrehen im Bett usw. Das Einrichten gelingt häufig sehr leicht ohne Betäubung, manche Verletzte können es auch selbst. — Die zur Verhinderung der Verrenkung angegebenen Apparate sind nicht zweckmäßig, weil sie den Arm an den Oberkörper halten und dadurch seine Beweglichkeit behindern oder wenn sie locker sind, die Verrenkung doch nicht verhindern können. Das zweckmäßigste ist die
Schultergürtel
Operation, die in der Regel zu einem einwandfreien Ergebnis führt. — Ursache für die gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung sind konstitutionelle Momente. Dazu kommt ein Abriß des limbus glenoidalis. Die Ansicht, daß man durch Ruhigstellung nach der Verrenkung die gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung vermeiden kann, ist irrig. e) Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbein = Schultereckgelenk (Lux. acromioclavicularis, A b b . 132—136)
127
_ 4 Jk jk JHHk .
Abb. 132. Stufe bei alter, nicht
Sie entsteht durch Sturz oder Auffallen von Gegen- behandelter Verrenkung im Schultereckgelenk. ständen auf die Schulter. Klinisch besteht mäßige Schwellung und eine mehr oder minder deutliche Stufe über dem Gelenk (Abb. 132). Die Beweglichkeit der Schulter ist schmerzhaft behindert. Komplikationen gibt es praktisch nicht. Im Röntgenbild (Abb. 133—134) springt das Schlüsselbein nach oben vor, manchmal besteht eine Diastase im
Abb. 133
Abb. 134
Abb. 133. Verrenkung im Schultereckgelenk, 45jährig, im Wald ausgerutscht und gestürzt. Konservativ mit der in Abb. 135—136 dargestellten Verbandanordnung behandelt. Abb. 134. 8 Wochen später. Normaler Gelenkschluß, Schulter frei beweglich.
Gelenk, seltener eine Verkürzung in dem Sinne, daß das Schlüsselbein über dem Akromion liegt. Selten ist die Verrenkung des Schlüsselbeines nach rückwärts. Behandlung: Konservativ mit einem Triangel (Abb. 135—136) aus CRAMERschiene, mit einem vorderen Stück, auf dem Vorderarm und Hand aufruhen. Direkt über das Gelenk (die Stufe) zieht ein 3 cm breiter Gurt, welcher an dem Querteil des Triangels vorne und hinten befestigt ist und mit einer Schnalle angezogen werden kann. Auf der Schulterhöhe liegt unter dem Gurt ein Filzpolster. Zeit der Ruhigstellung 6 Wochen. — Für jüngere Leute, insbesonders für das weibliche Geschlecht, ist die operative Fixation mit einem Bohrdraht + Fixation des Schlüsselbeines an den Rabenschnabelfortsatz (des Schulterblattes) mit einem Fascienstreifen vorzuziehen. Der Draht allein gibt keine genügende Fixation. Dann genügt eine Ruhigstellung im DESAULTschen Gipsverband für 2 Wochen. — Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß die konservative Behandlung oft versagt und die operative oft problematisch ist.
128
Arme
Abb. 135
Abb. 136
Abb. 135—136. Verrenkung im Schultereckgelenk, eingerichtet und ruhiggestellt mit Triangel. Der unterpolsterte Gurt zieht über die Schulterhöhe und hält das äußere Ende des Schlüsselbeines nieder. Oberarm fixiert, Ellbogen zur Bewegung frei gelassen.
Die Folge nicht erkannter oder nicht behandelter Verrenkungen ist in der Regel herabgesetzte Kraft, manchmal sind sie auffallend symptomlos. Die Beweglichkeit ist nicht eingeschränkt. f) V e r r e n k u n g im Brustbein-Schlüsselbeingelenk (Lux. sternoclavicularis)
Entstehung durch Sturz oder Schlag auf die Schulter; diese Verletzung ist relativ selten. Am häufigsten kommt es zur Verschiebung des Schlüsselbeines nach vorne und oben, seltener nach unten oder rückwärts. Das Einrichten ist nicht schwierig — Zug an der Schulter und Druck auf das Schlüsselbein — das Halten jedoch sehr. Meist kommt es zur Reluxation. Man gibt dann eine Armschlinge und läßt die Schulter schonen. Es bleibt gewöhnlich eine buckelige Verdickung. Falls sie kosmetisch stört, kann man sie abmeißeln. Bei jüngeren Leuten und bei Frauen kommt auch die operative Fixation in Betracht: Nach dem Einrichten wird ein Draht durch das sternale Ende des Schlüsselbeines in den Brustbeinkörper gebohrt; er wird nach 6 Wochen wieder entfernt. Die Operation ist jedoch gefährlich, es besteht dabei die Gefahr eines (Spannungs-)Pneumothorax. g) Schlüsselbeinbruch
(Abb. 137—145). Entstehung durch Sturz oder Schlag auf die Schulter. Es gibt Biegungs-, Quer- und Drehbrüche. Der häufigste Sitz ist in der Mitte oder an der Grenze mittleres-äußeres Drittel. Klinisch: Es besteht Schwellung und Druckschmerz über dem Schlüsselbein bis zur Schulter, die Formen sind verschwommen, manchmal ist eine Stufe oder ein Knick an der Bruchstelle zu sehen und zu tasten. Nach einigen Tagen tritt manchmal Blauverfärbung der Haut infolge Blutergusses auf. Die Beweglichkeit der Schulter ist eingeschränkt bis aufgehoben. Die Verschiebungen kommen durch die einwirkende Gewalt, das Gewicht des Armes, den Zug des M. sternocleidomastoideus auf das innere Bruchstück (dieses ragt manchmal unter der Haut vor) und die
129
Schultergürte]
Abb. 137
Abb. 138
Abb. 139
Abb. 137—139. Charakteristische Verschiebungen bei Schlüsselbeinbruch rechts ohne ärztliche Behandlung, 6 Wochen nach dem Unfall. 35jähriger Hilfsarbeiter. Deutliche Stufe, die Schulter verkürzt und nach unten und nach vorne abgesunken.
Schultergürtelmuskulatur, insbesonders den M. pectoralis zustande: Die Schulter sinkt nach unten-vorne-innen (Verkürzung) Abb. 137—139. Komplikationen wie Druck auf Gefäße oder Teile des plexus brachialis sind äußerst selten. Über (schlechte) Erste Hilfe (S. 11).
Einrichtung: Nach örtlicher Betäubung (nicht tief stechen, mit der Nadelspitze auf Knochenberührung bleiben) der Bruchstelle wird die Faust in die Achselhöhle gelegt (Abb. 140). Dadurch und durch Zug nach außen wird die Verkürzung ausgeglichen, dann wird die Schulter gehoben und nach rückwärts gezogen, wenn nötig, werden durch Druck mit den Fingern die Bruchstücke aufeinandergestellt. Das Festhalten ist wesentlich schwieriger. Es sind unf - ' "v|jl gefähr 100 Verbände dazu angegeben worden. A.grT Schlecht sind der DESAULTJ-^ Verband und ähnH ,». V liehe Verbände, welche das Schultergelenk ruhig\ KsZ-4 stellen. Sie können eine neuerliche Verschie/ bung doch nicht verhindern und führen bei \f ^^ 1 Schulterversteifung. älteren Leuten in der Regel Bei Erwachsenen ist die Schlüsselheinschiene nach BÖHLER (Abb. 94—95) am zweckmäßigsten. Der Verband muß täglich oder jeden zweiten Tag geprüft werden. Wichtig ist, daß nach guter Einrichtung die Schiene exakt angelegt wird (S. 80). Wichtig ist, daß alle Polster sofort angenäht werden, damit sie nicht herausfallen und Abb. 140. Einrichten eines Schlüsseldas ganze locker wird. Zeit der Ruhigstellung beinbruches mit Verschiebung. Die 4—5 Wochen, sofortiger Beginn mit Bewegungs- Faust wird in die Achselhöhle geder Vorderarm adduziert (Ausübungen aller Gelenke, nach 1—2 Wochen auch der legt, gleich der Verkürzung), die Schulter Schulter ! Ein befriedigendes Ergebnis wird man gehoben. Anschließend Anlegen der erzielen, wenn die Schulter frei beweglich ist Schlüsselbeinschiene nach B ö h l e r . E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
9
130
Arme
Abb. 141—143. Drehbruch des linken Schlüsselbeines Grenze mittleres-äußeres Drittel. Das äußere Bruchstück ist um halbe Breite nach caudal verschoben und um 20 Grad nach unten geknickt. Verkürzung 1 cm. Abb. 142. Nach Einrichten in örtlicher Betäubung ideale Stellung, Verkürzung ausgeglichen; man sieht die Schnalle des Gurtes. Abb. 143. 4 Wochen später ist der Bruch in sehr guter Stellung kallös geheilt. Die Verschiebung des äußeren Bruchstückes um Rindenbreite nach caudal ist belanglos (40jähriger Bauarbeiter, Sturz vom Moped).
Abb. 144
Abb. 145
Abb. 144—145. Tornisterverband für Schlüsselbeinbrüche bei Kindern (nach dem Einrichten). Unter die Knoten am Rücken kann ein Polster gelegt -werden.
und keine Stufe an der Bruchstelle bestehen bleibt. Wichtig ist zu wissen, daß auch beim Schlüsselbeinbruch im Röntgenbild Parallelverschiebung bei guter Achse belanglos ist (Abb. 141—143). Bleibt eine Stufe, so kann man sie bei
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Schultergürtel
kosmetischer Störung sekundär abmeißeln. — Der T o r n i s t e r v e r b a n d ist beim Erwachsenen und bei alten Leuten a b z u l e h n e n , weil er die Stufe an der Bruchstelle vermehrt. Bei Kindern dagegen — a b e r n u r b e i d i e s e n ! — hat sich uns der Tornisterverband am zweckmäßigsten bewährt (Abb. 144—145): Um jede Schulter wird schlingenförmig eine Zellstoffrolle gelegt und beide rückwärts zusammengezogen. Vorne werden beide Rollen locker zusammengebunden, um ein Abgleiten derselben über die Schulter zu vermeiden. Die Rollen müssen rückwärts alle paar Tage nachgezogen werden, da sie sich dehnen. Ruhigstellung für 3 Wochen. Hier kommt es öfter zur Bildung eines Kugelkallus, welcher sich immer rückbildet. Verschiebungen, auch starke, heilen völlig aus. h) Brüche des Schulterblattes
Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung. Klinisch: Schwellung, Bewegungsbehinderung der Schulter, Schmerz, eventuell Knochenkrachen. Behandlung: nach einigen Tagen der Ruhe — Arm in der Schlinge — baldiger Beginn mit Bewegungsübungen der Schulter, eventuell Lagern des Armes auf eine Doppelrechtwinkelschiene, später Rollenzug (s. Abb. 100). i) O b e r a r m b r u c h unter dem Kopf (infratuberkulär) (Abb. 146—147)
Ohne wesentliche Verschiebung (eingekeilt) ist er bei alten Leuten häufig und kann auch vom praktischen Arzt leicht behandelt werden. Entstehung durch Sturz. Klinisch: Schwellung und diffuser Druckschmerz über der Schulter, insbesonders über dem Oberarmkopf. Nach einigen Tagen kommt das Hämatom an die Oberfläche, gewöhnlich an der Außen- und Vorderseite der Schulter, und senkt sich nach distal. Der Arm kann nur einige Grade oder überhaupt nicht gehoben werden, die Bewegung des Ellbogens ist gewöhnlich in den Endlagen schmerzgehemmt; wenn jedoch der Oberarm festgehalten wird, ist sie frei. Komplikationen praktisch nie. — Das Röntgenbild von vorne zeigt eine Bruchfläche unter dem Kopf (collum chirurgicum), gewöhnlich keine Parallelverschiebung, in der Regel keine wesentliche Achsenknickung (Abb. 146—147) oder leichten Valgus. Die Seitenaufnahme macht man am besten „tangential" hinten von der anderen Seite her, die Kassette liegt der verletzten Schulter außen auf oder — falls es die Schmerzen erlauben, eventuell nach örtlicher Betäubung — als „axilläre" Aufnahme bei rechtwinkelig erhobenem Arm von der Achselhöhle her; die Kassette liegt auf der Schulter. Es besteht Abb. 146 Abb. 147 auch in dieser Richtung entweAbb. 146—147. Infratuberkulärer Oberarmbruch der keine Verschiebung oder eine mäßige Antekurvation = (Stauchungsbruch) bei 56jährigem. In der Aufnahme von vorne nach rückwärts und axillär ohne Knickung nach rückwärts offener Winkel. eingestaucht. * Rabenschnabelfortsatz. 9*
132
Atme
Die Behandlung richtet sich nach dem Alter bzw. dem Allgemeinzustand des Verletzten. Ist letzterer nicht gut — wobei es im wesentlichen auf Herz, Kreislauf und Lunge ankommt •— so gibt man nur eine Mitella. Verträgt es der Allgemeinzustand bzw. bestehen starke Schmerzen und der Schlaf ist gestört, so legt man einen leicht gepolsterten DESAULTsehen Verband (S. 81, Abb. 99) für 10—14 Tage an. Man muß aber auch hier laufend kontrollieren und bei Eintreten von Angstgefühl, Herzkopfen usw. den Verband an der dem Bruch gegenüberliegenden Seite spalten, eventuell auch entfernen und durch eine Mitella ersetzen. Finger und Handgelenk läßt man möglichst frühzeitig zum Halten usw. verwenden. Nach Abnahme des D E S A U L T sehen Verbandes, bei Behandlung mit Mitella schon früher, läßt man selbsttätige Übungen des Ellbogens und der Schulter (wie bei der Schulterverrenkung S. 126 beschrieben), femer fremdtätige Bewegungsübungen der Schulter machen und am Rollenzug üben (Abb. 100). Zweckmäßig sind die unterstützenden Maßnahmen (S. 83). Vor Massage ist
warnen !
Die fremdtätigen Bewegungsübungen dürfen nur so weit gemacht werden, daß sie k e i n e S c h m e r z e n v e r u r s a c h e n ! Die Behandlung dieser Brüche mit der Doppelrechtwinkelschiene ist auf alle Fälle zu unterlassen, weil ältere Leute durch dieselbe häufig an Herz und Lunge dekompensiert werden. Die Schulter wird bei diesen Brüchen meistens wieder frei beweglich, manchmal bleibt eine funktionell nicht sehr störende Bewegungsbeschränkung. Die übrigen Gelenke sollen frei beweglich bleiben. Mit Verschiebung. Man unterscheidet den Abduktionshruch — das körperferne Bruchstück ( = Schaft) ist nach außen und rückwärts geknickt und nach innen gedreht, außerdem häufig parallel verschoben — und den wesentlich selteneren Adduktionsbruch — der Schaft ist nach innen und rückwärts geknickt und nach innen verdreht, häufig besteht auch Parallelverschiebung. Behandlung: In örtlicher Betäubung oder im Rausch wird unter Zug am Arm die Reposition durch Beugung in der der Achsenknickung entgegengesetzten Richtung durchgeführt, dann staucht man von der Schulter und vom Ellbogen her den Bruch ein und legt eine U-Schiene (S. 71, Abb. 73—74) oder einen D E S A U L T schen Verband (S. 81, Abb. 99) an. Die früher übliche Behandlung dieser Brüche auf einer Abduktionsschiene oder mit Brust-Armgips ist im wesentlichen überholt. Sofortiger Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern, Handgelenk und Ellbogen (soweit nicht durch den Gipsverband behindert). Ruhigstellung für 4 Wochen. Anschließend Nachbehandlung selbst- und fremdtätig wie S. 126 beschrieben. Schwierigkeiten der Reposition und vor allem der Retention ergeben sich häufig bei den Epiphjsenlösungen am oberen Oberarmende oder stark verschobenen infratuberkulären Oberarmbrüchen der Jugendlichen. Hier ist es am zweckmäßigsten, den Bruch einzurichten und für etwa 3 Wochen an einem Olecranondraht (S. 81 Abb. 98) zu extendieren, dann noch für 2—3 Wochen D E S A U L T oder Brustarmgips.
Schultergürtel
133
Beim (sehr seltenen) Trümmerbruch ist der Oberarmkopf in verschieden große Stücke gebrochen, die Bruchflächen reichen in die dadurch verworfene Gelenksfläche. Die Behandlung ist schwierig; in der Regel bleibt eine vollständige oder teilweise Versteifung der Schulter (S. 134). k) Verrenkungsbruch
Bei dem schon auf Seite 125 erwähnten Verrenkungsbruch am oberen Oberarmende liegt der Oberarmkopf in der axilla. Die unblutige Reposition kann in manchen Fällen gelingen. Die blutige Einrichtung ist nur angezeigt, wenn Nervenstörungen bestehen. Dann wird meist der Oberarmkopf nekrotisch und die Folge ist eine steife Schulter. Daher beläßt man die Stellung, gewöhnlich wird dann die Beweglichkeit noch relativ gut und schmerzfrei. — Die Exstirpation des Kopfes ergibt eine schmerzhafte, in der Regel ebenfalls bewegungsbehinderte Schulter. I) Bruch des Tuberculum majus
Ein Bruch kommt isoliert selten vor, häufiger bei der axillären Schulterverrenkung (Abb. 129). Behandlung: (S. 125). m) Riß der langen Bizepssehne
Gewöhnlich beim Heben einer schweren oder auch leichten Last, manchmal ohne äußeren Anlaß spürt der Betreffende einen Riß in der Schulter. Man sieht dann den typischen Wulst des Bizepsmuskels tiefer sitzen, er ist nicht mehr länglich,
Abb. 148. Riß der langen Bizepssehne rechts bei 66jährigem. Charakteristische Veränderungen des Bizepswulstes.
sondern mehr kugelig (Abb. 148). Der Riß kommt durch langsames Durchscheuern der Sehne im Sulcus intertubercularis, häufig auf Grund rheumatischer oder arthrotischer Veränderungen zustande. In der Regel ist daher dieser Zustand k e i n e U n f a l l s f o l g e (S. 214). Behandlung: Da die Beweglichkeit frei bleibt und die Kraft nicht wesentlich herabgesetzt ist, ist in der Regel eine Behandlung nicht notwendig. Bei jüngeren Leuten und herabgesetzter Kraft kann man die Operation durchführen: Der Rest der langen Bizepssehne wird an die kurze genäht.
134
Arme n) Schulterversteifung (Schulterkontraktur)
Dazu kommt es: nach krankhaften Vorgängen — Rheumatismus, Polyarthritis, Osteochondrose der Halswirbelsäule (S. 213), Entzündungen, nach schweren Weichteilverletzungen der Schulter, Verbrennungen, Verrenkungs- und Trümmerbrüchen des Oberarmkopfes. Häufig finden wir die Schulterkontraktur jedoch nach Verletzungen außerhalb der Schulter: Bei Speichen- und Fingerbrüchen, nach Panaritien und Handverletzungen. Die U r s a c h e ist, daß der Arm in einer Schlinge getragen wird und der Verletzte seine S c h u l t e r n i c h t b e w e g t ! In diesen Fällen ist die Schulterversteifung bei entsprechender Sorgfalt praktisch immer vermeidbar! Klinisch: Der Arm kann nicht voll gehoben werden, manchmal nicht einmal bis zum rechten Winkel. Außen- und Innendrehung sind verschieden stark eingeschränkt, es besteht Schwund der Schultergürtelmuskulatur, die Schulter schmerzt bei Bewegungen, aber auch in Ruhe, der Schlaf ist gestört. Der Betreffende ist nicht arbeitsfähig. Das Wichtigste ist die Vorbeugung: Bei Verletzungen des ganzen Armes darf man keine Armschlinge geben (höchstens vorübergehend!), der Verletzte hat mehrmals am Tage den Arm vollkommen zu heben, hinter den Kopf und auf das Kreuz zu legen! Daher Achtung auf vermeidbare Schulterversteifungen! Behandlung: Kausale Therapie, daneben zeitweise Lagerung des Armes auf Doppelrechtwinkelschiene, Bewegungsübungen der Schulter (selbst- und fremdtätig, mit Rollenzug, [S. 84], dazu die unterstützenden Maßnahmen, [S. 83]). Die Mobilisation in Narkose mit entsprechender Nachbehandlung führt selten zu einem Erfolg. Ein nicht unerheblicher Teil der Bewegungseinschränkungen der Schulter sind auf eine Osteochondrose der Hals Wirbelsäule zurückzuführen. Liegt kein Trauma, welches die Bewegungseinschränkung erklären kann, vor, so ist in jedem Fall die Halswirbelsäule zu röntgenisieren und bei Vorliegen pathologischer Veränderungen in diesem Körperabschnitt mit einer Therapie zu beginnen, welche sowohl die Veränderungen an der Halswirbelsäule (Extensionsbehandlung) als auch die Bewegungseinschränkung der Schulter berücksichtigt. Durch Hydrokortisone können in solchen Fällen ausgezeichnete Erfolge erzielt werden. B. O b e r a r m s c h a f t
Es kommen alle Bruchformen, offen und geschlossen, vor. Entstehung durch Sturz oder direkte Gewalteinwirkung. Komplikation: Radialislähmung (S. 94), Abb. 104. W i c h t i g : P r i m ä r den Puls der A . radialis und die N e r v e n funktion zu prüfen (S. 122).
Klinisch findet man alle Zeichen des frischen Knochenbruches (S. 40).
Ellbogen
135
Behandlung: Einrichten in örtlicher Betäubung — diese ist am besten schon vor der Röntgenaufnahme zu geben — durch Zug und Zurechtrücken der Bruchstücke. Anschließende Ruhigstellung mit einem DESAULT-Gipsverband (Abb. 99) für 3 Wochen. Nach Abnahme desselben für weitere 3 Wochen Anlegen einer USchiene (Abb. 73—74); beim Umgipsen kann eine eventuell bestehende Achsenknickung korrigiert werden. Die nicht ruhiggestellten Gelenke werden während der Zeit des Gipsverbandes wie üblich nach Tunlichkeit benützt. Nach Abnahme des Gipsverbandes beginnt man auch mit aktiven Bewegungsübungen der Schulter sowie mit den unterstützenden Maßnahmen (S. 83). —• In letzter Zeit wird von manchen Seiten wieder die Osteosynthese mit Platte propagiert. Der Bruch braucht in der Regel 6—8 Wochen zum Festwerden. Der suprakondjläre Oberarmbruch wird zweckmäßigerweise bei den Ellbogenverletzungen besprochen (S. 137). C. Ellbogen
Untersuchungsgang S. 122. 1. W u n d e n und Infektionen
Siehe allgemeiner Teil (S. 18). Achtung auf Nervenverletzungen sowie Eröffnung des Ellbogengelenkes. Röntgenaufnahme nicht vergessen, auch bei kleinen Wunden besteht oft ein Knochenbruch ! Achtung auf Beweglichkeit der Schulter, um deren Versteifung zu vermeiden (S. 134). Prellungen und Zerrungen: Durch Sturz, Schlag, Verreißen. Es bestehen verschieden starke Schwellung, Bewegungsbeschränkung, Schmerzen, diffuse oder umschriebene Druckempfindlichkeit. Das Röntgenbild ist negativ. Behandlung: Umschläge, später Wärme und andere unterstützende Maßnahmen (S. 83). Schwere Prellungen stellt man am besten mit einem Gipsverband für 10 bis 14 Tage ruhig. Bei starker Schwellung und Druckschmerz an der Innenseite des Gelenkes ist an Zerreißung des ulnaren Seitenbandes denken ; das in Radial-Abduktion gehaltene Röntgenbild zeigt Klaffen des Gelenkes. Behandlung: Gipsverband für 3 Wochen. 2. Verrenkungen
Die Ellbogenverrenkung kommt durch Sturz zustande. Vor Auftreten der Schwellung sieht man die charakteristische Formveränderung (Abb. 149—150): das Olecranon springt nach rückwärts vor, das Speichenköpfchen nach der Speichenseite zu. Die entsprechenden Gruben sind deutlich zu sehen. Die Olecranonspitze steht über der Verbindungslinie der Epikondylen. Dies gilt für die häufigste Form der Verrenkung: nach rückwärts und speichenwärts. Daneben gibt es noch die rein radiale und rein hintere Verrenkung, äußerst selten ist sie nach der Ellenseite zu. Klinisch findet man außer der charakteristischen Formveränderung bei den frischen Verrenkungen: Federnde Fixation in der Regel bei ungefähr 130 Grad, weiteres
Arme
136
Abb. 149—150. Ellbogenverren-
kung nach der Streck- und Speichenseite zu. Hervorspringen des Olecranon und des Condylus medialis humeri. Abb. 149
Abb. 150
Beugen oder Strecken ist fremdtätig äußerst schmerzhaft. Die selbsttätige Beweglichkeit ist aufgehoben. Später t r t t starke Schwellung, nach einigen Tagen Blauverfärbung der Haut (Bluterguß) auf. Komplikationen 1. Gleichzeitige Knochenabrisse: a) Abscherung des Proc. coronoideus ulnae. b) Abscherung eines beugeseitigen Stückes des Speichenköpfchens, a) und b) kommen häufig gemeinsam vor. c) Abriß des Epicondylus medialis des Oberarmes, der in der Regel handgelenkwärts verschoben ist. Auf keinen Fall sollen die abgerissenen oder abgescherten Knochenstücke operativ entfernt oder fixiert werden. Der abgerissene Epicondylus medialis kann sich beim Einrichten in das Gelenk zwischen Oberarmrolle und Elle einschlagen (Abb. 173—174) (wird sehr häufig übersehen!). Er muß durch Radialabduktion oder operativ möglichst bald herausgeholt werden, sonst kommt es zur schweren irreparablen Behinderung des Ellbogens. 2. Druck auf die A. cubitalis (Zerreißung äußerst selten): Finger blau, Paraesthesien, kein Puls in der Speichenschlagader tastbar, sehr starke Schmerzen (Ischaemie). 3. Druck auf Nerven, am häufigsten auf den N. medianus. Bei 2 und 3 ist die sofortige Einrichtung unbedingt nötig. W i c h t i g : Röntgenbild v o r der Einrichtung, u m Knochen' mitverletzungen zu erkennen. (Abb. 151 — 152). Behandlung: Einrichtung •— in der Regel genügt örtliche Betäubung — durch Zug am Vorderarm in der Stellung, in der sich der Vorderarm befindet, also keine Einrichtung durch Hebelung! Der Oberarm wird mit einem unterpolsterten Gurt an einer Türklinke oder ähnlichem als Gegenhalt befestigt (ähnlich wie Abb. 72). In der Regel springt sofort oder nach einigen Minuten Zug die Verrenkung ein, bei radialer Verrenkung ist häufig noch ein Druck auf den Vorderarm von der Speichenseite her nötig. Sofort wieder Röntgenbild, um die Einrichtung festzustellen und etwaige Knochenabsprengungen bzw. die Lage derselben nach der Einrichtung zu erkennen (eingeschlagener Epicondylus s. obenl). Dann Oberarmgipsverband für 3 Wochen (Abb. 70—71). Nach Anlegen des Gipsverbandes muß
Ellbogen
137
Abb. 151—152. Röntgenbild zu Abb. 149—150. Die Gelenkfläche des Oberarmes steht hinter dem unteren Oberarmende, beide Vorderarmknochen speichenwärts verschoben. Abb. 151
Abb. 152
man noch ein Röntgenbild machen, da es vorkommen kann, daß es während des Anlegens des Gipsverbandes zur neuerlichen Verrenkung kommt. Sofort Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern und Schulter. Nach Gipsabnahme Einsetzen der unterstützenden Maßnahmen (S. 83) ohne Gymnastik oder fremdtätige Bewegungsübungen. M a s s a g e und passive B e w e g u n g s ü b u n g e n sind äußerst schädlich u n d e r z e u g e n M y o s i t i s ossificans. (S. 52.)
3. Knochenbrüche i m Bereiche des Ellbogens a) b) c) d) e) f) g) h)
Der suprakondyläre Oberarmbruch (Abb. 153—169) Diakondyläre Brüche (S. 141) Isolierter Bruch des Condylus radialis (S. 141 A b b . 170) Bruch der Oberarmrolle (S. 1 4 1 ) A b r i ß des Epicondylus medialis (S. 141 Abb. 1 7 1 — 1 7 4 ) Olekranonbruch (S. 142) Bruch (Epiphysenlösung) des Speichenköpfchens (S. 142) Verrenkungsbruch nach MONTEGGIA (S. 142).
Alle diese Knochenbrüche zeigen ein ähnliches klinisches Bild: verschieden starke Schwellung und schmerzgehemmte Bewegungsbehinderung des Ellbogens, selten eine Deformität, außer wenn sie offen sind (Abb. 157—159). Dazu kommt Druckschmerz. Bei Kindern und Jugendlichen, bei denen gerade Brüche im Bereiche des Ellbogens häufig sind und bei denen infolge der verschiedenen Knochenkerne und Epiphysenfugen auch für den Erfahrenen die Diagnose oft nicht einfach ist, hilft eine Vergleichsaufnahme des nicht verletzten Ellbogens gewöhnlich weiter. All diese Brüche werden — falls sie keine Verschiebung oder Diastase haben — mit einem Oberarmgipsverband (Abb. 72) für 3 bis 4 Wochen ruhiggestellt. Nachbehandlung s. S. 83. a) Der suprakondyläre Oberarmbruch (Abb. 153—169). Überstreckungsbruch (Abb. 153—163, 168, 169). Der häufigste Bruch bei Kindern überhaupt (Sturz). Klinisch: Starke Schwellung des Ellbogens, Bewegungsbeschränkung und Schmerzen, manchmal treten nach einigen Tagen Spannungsblasen auf. Im Röntgenbild
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Arme
Abb. 153
Abb. 154
Abb. 155
Abb. 156
Abb. 153—156. Suprakondylärer Oberarmbruch bei lOjährigem Mädchen mit Medianuslähmung. Verschiebung des körperfernen Bruchstückes um nahezu volle Breite nach der Speichen- und um doppelte Breite nach der Streckseite zu, starke Verkürzung, nach der Ellen- und Streckseite zu offener Winkel. Infolge der Verkürzung und Verschiebung drückt die vordere Kante des oberen Bruchstückes auf die Gefäße und den N. medianus. 8 Wochen später knöcherne Heilung ohne Verkürzung mit mäßiger Parallelverschiebung, die völlig belanglos ist. Mäßiger Kalkschwund.
Abb. 157—159. Offener suprakondylärer Oberarmbruch bei Jugendlichem durch Sturz vom Kirschbaum. Medianuslähmung. 2 Jahre später volle Funktion! (Sammlung B ö h l er).
(Abb. 153—156) ist das körperferne Bruchstück nach der Streck- und gewöhnlich Ellenseite zu verschoben, es besteht in der Regel Varusstellung, Antecurvation und Verkürzung. Komplikationen: 1. Die Haut ist verletzt ( o f f e n e r Bruch) (Abb. 157—159). 2. Drückt die vordere Kante des körpernahen Bruchstückes (Abb. 160—163): a) auf die A. cubitalis (Blauverfärbung der Finger, Paraesthesien, kein Puls in der Speichenschlagader zu tasten), b) auf Nerven, insbesonders auf den N. medianus (S. 95). Arterie und Nerven können durch die Bruchstücke auch eingeklemmt werden.
Ellbogen
Abb. 160
Abb. 161
Abb. 162
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Abb. 163
Abb. 160—163.
Überstreckungsbruch am unteren Oberarmende bei Jugendlichem — das körperferne Bruchstück nach rückwärts verschoben, nach rückwärts offener Winkel zwischen den Bruchstücken. Infolge Parallelverschiebung, Verkürzung und Achsenknickung reiten die Gefäße und der N. medianus auf dem oberen Bruchstück und werden außerdem zwischen diesem und dem Vorderarm eingequetscht. Beim Einrichten wird zuerst die Verdrehung ausgeglichen, dann durch Zug die Verkürzung und durch Druck auf das untere Bruchstück von rückwärts mit mäßiger Parallelverschiebung die Achsenknickung und Parallelverschiebung (nach B ö h l e r ) .
Behandlung: Auf jeden Fall sofortige Einrichtung, sonst: Gefahr der ischaemischen Störung (S. 53, Abb. 51). Man richtet in örtlicher Betäubung oder in Narkose folgendermaßen ein: Längszug am Vorderarm knapp unterhalb des Ellbogens, Gegenzug am Oberkörper; der Vorderarm steht in voller Pronation (Ausschaltung des M. pronator teres., welcher die Varusstellung bedingt) und senkrecht (nach vorne) zur Körperachse (Korrektur der Innendrehung). Dann werden noch die Bruchstücke mit den Fingern zurechtgedrückt. Es ist zweckmäßig, vor Anlegen des Gipsverbandes eine Röntgenkontrolle zu machen oder unter Verwendung des „Bildwandlers" einzurichten. Dann wird ein Oberarmgipsverband (Abb. 72) bei voller Pronation des Vorderarmes angelegt. Röntgenkontrolle. Der Gipsverband muß sofort der ganzen Länge nach bis auf die Haut gespalten werden. Genaue Beobachtung des Blutumlaufes (S. 68). Man kann auch nach der englischen cujf-and-collar-Methode einrichten (Abb. 164 a—d). Dabei wird der Vorderarm mit dem distalen Bruchstück unter Zug gleichsam auf das proximale Bruchstück daraufgestellt, bei leicht spitzwinkelig gebeugtem Ellbogen eine hintere Gipsschiene für den ganzen Arm angelegt und das Handgelenk mit einer Schlinge um den Hals gehängt (Abb. 165). Kommt man mit diesen Einrichtungsmethoden nicht zum Ziele oder besteht sehr starke Schwellung oder kommt der Bruch veraltet, so ist die Extension mit einem Olecranondraht nach B A U M A N N (S. 8 1 , Abb. 9 8 ) senkrecht nach oben das beste. Die Einrichtung überläßt man dann dem Dauerzug, eventuell muß mit Seitenzug nachgeholfen werden. — In letzter Zeit wird von manchen Autoren auch nach dem Einiichten die Fixation mit gekreuzten Bohrdrähten empfohlen. Dabei müssen jedoch die Wachstumsfugen peinlich geschont werden, damit es nicht zu einer Wachstumsstörung kommt.
140
Arme
, \ A Vi
Abb. 164a—d. Einrichtung des suprakondylären Extensionsbruc es / / ^ Kindes: a) Ein Assistent C^j K / i umgreift mit beiden Händen die a \ X^TTTi ^ / / Schulter des Kindes, der OperaI I / QP/ / lh / teur mit einer Hand das körper/ws / /Ii ferne Oberarmende, mit der an/ y deren Hand wird an der Hand / / b | des Kindes gezogen, wobei der d I \ / Arm des Kindes im Ellbogen\ \ I c gelenk leicht überstreckt wird. y^-l / l b) Mit dem Daumen der einen Hand drückt man nun auf den Ellenhaken, wobei man denselben nach distal schiebt und nach volar drückt. Dabei wird noch immer mit der anderen Hand gezogen. Nun umgreift man mit beiden Händen den Oberarm am körperfernen Ende und drückt immer noch auf den Ellenhaken mit einem oder beiden Daumen (c). Gleichzeitig beugt man den Arm im Ellbogengelenk, was bei gelungener Einrichtung leicht gelingt. Man tastet die drei typischen Punkte des Ellbogengelenkes (d) ab, wobei beide Kondylen mit dem Ellenhaken ein gleichschenkeliges Dreieck bilden sollten. .,
Abb. 165
Abb. 166
f
/
Abb. 167
Abb. 168
Abb. 165—168. Beugungsbruch am unteren Oberarmende beim Erwachsenen. Das körperferne Bruchstück nach vorne verschoben, nach vorne offener Winkel zwischen den Bruchstücken. Gefäße und Nerven werden hier nicht gedrückt. Beim Einrichten wird zuerst die Verdrehung, dann durch Z u g die Verkürzung und durch Druck auf das obere Bruchstück und Zurückstauchen des Vorderarmes die Parallelverschiebung und Achsenknickung ausgeglichen (nach B ö hl er).
Abb. 169. Versorgung des suprakondylären Oberarmbruches mit einer Gipsschiene, die von der Schulter bis zu den Fingergrundgelenken reicht. Die Beugung des Ellbogengelenkes beträgt rund 70 Grad, der Unterarm ist proniert. Die Schiene ist mit Binden — ähnlich dem anglo-amerikanischen „Cuff and Col lar" — am Körper fixiert, wobei am besten Kalikotbinden verwendet werden. Am Arm wird die Schiene erst mit Mullbinden, später mit leichten Gipsbindentouren fixiert.
D e r Biegungsbruch der Erwachsenen ( A b b . 1 6 6 — 1 6 9 ) . E r entsteht in der R e g e l d u r c h Stur2. D a s körperferne B r u c h s t ü c k ist nach v o r n e verschoben, klinisch findet man die gleichen E r s c h e i n u n g e n w i e bei den K i n d e r n (oben). H ä u f i g sind diese Brüche offen, reichen in das G e l e n k ( = Y , V , T ) . D r u c k auf die G e f ä ß e u n d die G e f a h r der ischaemischen Störungen k o m m e n b e i m B i e g u n g s b r u c h der E r w a c h -
Ellbogen
141
senen nicht vor. Behandlung im wesentlichen wie bei a). Sie ist häufig schwierig, wenn die Bruchstücke im Bereiche der Gelenkflächen gegeneinander gekippt sind. Hier ist nach dem Einrichten die Fixation mit gekreuzten Bohrdrähten zweckmäßig. Zusätzlich ist selbstverständlich die Fixation mit Gipsverband nötig. b) Bei den diakondylären Oberarmbrüchen verläuft die Bruchfläche in der Regel quer knapp proximal der Gelenkfläche. Die Verschiebungen sind in der Regel geringer als beim suprakondylären Oberarmbruch. Daher ist die Einrichtung einfacher Ruhigstellung mit Oberarmgipsverband für 4—6 Wochen.
Abb. 170. Abbruch des Condylus radialis mit Verschiebung und Verdrehung bei einem 6jährigen. Es zeigt sich das abgebrochene Stück der Diaphyse nur als schmaler Knochensaum. Das abgebrochene Knochenstück ist um rund 90 Grad gedreht.
c) Der Bruch des radialen Oberarmk.ond.yls mit einem (im Röntgenbild nicht sichtbaren) Teil des Knorpels des ulnaren Kondyls ist bei Kindern eine relativ häufige Verletzung (Abb. 170). Er muß blutig eingerichtet werden, wobei die verschobenen Gelenkflächen unter Sicht aufeinanderzustellen sind. Fixation mit einem Bohrdraht. Übersehen oder nicht exakt eingerichtet
Abb. 171
Abb. 172
Abb. 171—172. Abriß des Epicondylus medialis vom Oberarm mit Verschiebung. Vergleichsbild zeigt normale Verhältnisse.
führt diese Verletzung zur Pseudarthrose und oft schweren Deformität des Ellbogens. —- Auch beim Erwachsenen kennen wir diese Bruchform. Die Behandlung ist die gleiche wie beim Kind. d) Der Bruch der Oberarmrolle kommt am häufigsten bei älteren schweren Frauen vor. Man kann ihn entweder offen einrichten und mit gekreuzten Bohrdrähten fixieren, vielfach gibt jedoch die Exstirpation des abgebrochenen Teiles eine bessere Funktion. e) Der Abriß des epicondylus medialis wurde schon oben als Komplikation der Ellbogeaverrenkung erwähnt. — Er kann auch isoliert vorkommen (Abb. 171—172).
142
Arme
In der Regel ist das abgerissene Stück um einige Millimeter nach ulnar und distal verschoben. Behandlung: Ruhigstellung mit Oberarmgipsverband bei mittlerer Drehung des Vorderarmes für 3 Wochen. Das Entfernen oder operative Annageln des abgerissenen Stückes ist ungünstig (S. 136). Der Epikondylus kann aber auch hier in das Gelenk eingeschlagen sein (Abb. 173— 174). Die Behandlung ist dann die gleiche wie auf Seite 136 beschrieben. f ) Bruch des Olecranon. Die Behandhing besteht in Osteosynthese, wobei die quere Drahtnaht noch immer das zweckmäßigste ist. g) Bruch des Speichenköpfchens. Falls keine Verschiebung besteht, Oberarmgipsverband für 3 Wochen. Bei der Zertrümmerung ist die Entfernung des Speichenköpfchens das zweckmäßigste; bei jüngeren Leuten kommt eventuell der Ersatz durch ein Vitallium-Köpfchen in Betracht. — Die Epiphysenlösung des Speichenköpfchens ist bei Kindern nicht allzu selten. Besteht eine Knickung über 20 Grad, muß diese konservativ oder blutig aufgerichtet werden. Abb. 173. Eingeschlagener Epicondylus ulnaris (Röntgenbild). Abb. 174. In offener Wunde. 1 = Abrißstelle.
h) Beim Verrenkungsbruch nach M O N T E G G I A (wird öfter übersehen!) handelt es sich um einen Biegungsbruch des Ellenschaftes nahe dem Ellbogengelenk und eine Verrenkung des Speichenköpfchens nach volar, also in die Ellenbeuge. Zur Diagnose ist ein rein seitliches Bild des Ellbogens nötig. Behandlung: Einrichtung, Ruhigstellung mit Oberarmgips bei leicht gebeugtem Ellbogen für 8 Wochen. Öfter wird die Osteosynthese der Elle erforderlich sein. Die Nachbehandlung aller Ellbogenverletzungen wird nach den auf Seite 83 beschriebenen Grundsätzen durchgeführt. Da es oft viele Monate dauert, bis der Ellbogen wieder seine normale Beweglichkeit erlangt (z. B. nach einem suprakondylären Oberarmbruch), sind die Eltern mit aller Eindringlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Weder sie noch der behandelnde Arzt dürfen ungeduldig werden und in Aktivität oder Polypragmasie verfallen. Besonders bei den Verletzungen der Ellbogengegend ist vor Massage und passiven Bewegungen dringend zu warnen, gerade hier kommt es besonders leicht zur Versteifung und zur Myositis ossificans (des M. brachialis). Vornehmlich gilt dies für den suprakondylären Oberarmbruch der Kinder und Jugendlichen. — Ausgebildete Verknöcherungen können operativ entfernt werden, nicht zu früh!
Vorderarm
143
D. Vorderarm 1. W u n d e n — I n f e k t i o n e n — L y m p h g e f ä ß - E n t z ü n d u n g
Unter kleinen Wunden besonders im oberen Vorderarmdrittel verbergen sich oft weitgehende Muskelzerreißungen, insbesondere bei Biß- oder Quetschwunden. Sonst gilt für die Weichteilverletzungen und Infektionen das im allgemeinen Teil Gesagte. Vorderarmphlegmone (S. 19). Lymphgefäßentzündung (Lymphangitis) = die streifenförmige Rötung und Entzündung der Lymphbahn. Lymphdrüsenentzündung (Lymphadenitis) = die schmerzhafte Schwellung der regionären Lymphdrüsen (Ellbogen oberhalb des epicondylus ulnaris, in der Achselhöhle). Die Lymphstreifen können rund um den Vorderarm verlaufen, am Oberarm in der Regel innen über dem Gefäßnervenbündel. Beide sind nur Symptome. Es ist immer der primäre entzündliche Herd zu suchen und dieser entsprechend zu behandeln. Auf die Streifen selbst und auf die vergrößerten Drüsen gibt man Umschläge und lagert den Arm hoch. 2. C h r o n i s c h e S e h n e n s c h e i d e n e n t z ü n d u n g
Zur chronischen Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis crepitans) im Bereiche des M. abductor pollic. long, und des Extensor pollic. brev. kommt es bei Überanstrengung der Hand, insbesondere des Daumens. Man spürt das Reiben bei Bewegungen des Daumens und der Hand über dem Wulst der beiden Muskeln an der Speichenstreckseite des Vorderarmes. Manchmal kann durch Injektion von einigen Millilitern eines Hydrocortonepräparates in die Sehnenscheide schlagartig das Reiben zum Verschwinden gebracht werden. Kommt man damit nicht zurecht, dann Behandlung: Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene für den Daumen für 1—2 Wochen. 3. K n o c h e n b r ü c h e Bruch beider V o r d e r a r m k n o c h e n
Er kommt durch Schlag, Sturz und Quetschung zustande. In Betracht kommen alle Bruchformen, offen und geschlossen. Klinisch findet man die Zeichen des frischen Knochenbruches S. 40 (Abb. 175). Komplikationen (relativ selten): Druck auf Gefäße und Nerven. Behandlungsgmndsätze: Einrichtung in örtlicher Betäubung oder Allgemeinbetäubung unter Zug und Gegenzug, Oberarmgipsverband (Abb. 70—71). Regelmäßige Röntgenkontrollen alle 14 Tage im Gipsverband, sofort Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern und Schulter. Da sich manche Brüche auch im ungepolsterten Gipsverband selbst nach idealer Einrichtung wieder verschieben, ist unter Umständen eine sekundäre Markdrahtung oder Marknagelung nötig. — Konsolidationszeit mindestens 12 Wochen. a) Isolierter Bruch des Speichenschaftes
Er entsteht durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung. Die klinischen Zeichen sind die gleichen wie beim Bruch beider Vorderarmknochen, nur die
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Arme
Verbiegung fehlt. Wichtig ist, daß auch ein Bruch ohne primäre Verschiebung sich sekundär verschieben oder verbiegen kann. Besonders die Brüche an der Grenze mittleres unteres Drittel mit Verschiebung sind oft sehr schwierig zu halten. Behandlung: Einrichten in örtlicher Betäubung, Oberarmgipsverband, nötigenfalls Osteosynthese mit Markdraht oder -nagel; Bewegungsübungen und Röntgenkontrollen auch im Gipsverband wie bei den Brüchen beider Vorderarmknochen. b) Isolierter Bruch des Ellenschaftes
Er entsteht durch direkte Gewalteinwirkung insbesondere bei Sturz und AbwehrParierfraktur. In der Regel ist keine wesentliche Verschiebung vorhanden, auch besteht keine Gefahr, daß es sekundär dazu kommt. Behandlung: Oberarmgipsverband für 6 Wochen. Häufig heilen diese Brüche mit straffer Pseudarthrose; in der Regel ist diese belanglos. Verrenkungsbruch nach MONTEGGIA ( S . 1 4 2 ) . Die offenen Brüche sind nach den im allgemeinen Teil auf S. 44 angeführten Grundsätzen zu versorgen. Hier wird sich öfter die primäre Markdrahtung oder -nagelung als zweckmäßig erweisen. c) Grünholzbrüche beider Vorderarmknochen bzw. der Speiche
(Abb. 175—177). Diese Art Brüche finden sich nur bei Jugendlichen nach Sturz oder durch direkte Gewalteinwirkung. Infolge des straffen Periostschlauches kann es nur zur Knickung der Knochen ohne Parallelverschiebung kommen (Abb. 176—177). Falls der Knick mehr als 10 Grad beträgt, muß er in örtlicher oder besser in Allgemeinbetäubung korrigiert werden. Oberarmgipsverband für 6 Wochen, Röntgenkontrolle im Gipsverband nach dem Einrichten und alle 10 Tage.
Abb. 175
Abb. 176
Abb. 177
Abb. 175. Typischer Bruch beider Vorderarmknochen im mittleren Drittel mit Knick der körperfernen Bruchstücke nach der Dorsalseite. Abb. 176—177. Grünholzbruch beider Vorderarmknochen ohne Parallelverschiebung, aber mit ulnarem Knick von 30 Grad und dorsalem von 40 Grad. lOjähriger, Sturz auf der Straße.
Vorderarm
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d) W u l s t b r u c h
Für den isolierten Wulstbruch der Speiche knapp proximal der Wachstumsfuge mit Knick unter 10 Grad, wie Abb. 178—179 zeigt, genügt eine dorsale Gipsschiene für 14 Tage. Wir kennen aber auch gehackte Querbrüche der Speiche mit Verschiebung um volle Schaftbreite und Verkürzung. Die Einrichtung ist oft
Wulstbruch der Speiche bei lOjährigem mit dorsalem Knick von 10 Grad, Abriß der Spitze des Ellengriffels. Einrichtung nicht nötig. A b b . 178—179.
Abb. 178
Abb. 179
schwierig und muß unter Umständen so durchgeführt werden, daß durch starke Abknickung nach dorsal die beiden Bruchstücke aufeinandergestellt werden. Ruhigstellung mit Oberarmgipsverband für 6 Wochen, Röntgenkontrollen. e) S p e i c h e n b r u c h a n t y p i s c h e r Stelle
Der Bruch der Speiche an typischer Stelle (Abb. 180—184) ist der häufigste Knochenbruch überhaupt; er entsteht in der Regel durch Sturz. — Erste Hilfe (S. 12). — Bei starker Verschiebung besteht eine charakteristische Formveränderung der
Abb. 180. Charakteristische Gabelstellung der Hand bei Speichenbruch an typischer Stelle.
Hand = Gabelstellung (Abb. 180). Außerdem ist die Hand in der Regel auch nach der Speichenseite zu geknickt (manus radioflexa). Ferner besteht Schwellung, Bewegungsbeschränkung des Handgelenkes, häufig auch der Finger, Druckschmerz an der Speiche 1 bis 2 Querfinger oberhalb des Speichengriffels, manchmal über dem Ellengriffel. Dieser ist in etwa 50% der Fälle mit abgerissen. Das Röntgenbild zeigt die verschiedensten Bruchformen mit oder ohne Verschiebung. Komplikationen: Druck auf den Mittelnerv (selten), Druck auf die Speichenschlagader habe ich bei vielen Tausenden von Speichenbrüchen nie gesehen. Behandlung: Bei Brüchen ohne Verschiebung legt man eine dorsale Gipsschiene für 3 Wochen an. Sofort Beginn mit der üblichen aktiven Bewegungstherapie. E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
10
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Arme
Abb. 181
Abb. 182
Abb. 183
Abb. 184
Abb. 181—184. Bruch der Speiche an typischer Stelle mit Ausbruch eines 2 cm langen Biegungskeiles an der Streckseite. Das körperferne Bruchstück ist um 20 Grad nach der Speichen-, um 40 Grad nach der Streckseite zu geknickt und im Speichen-EllenGelenk nach zentral um 3 mm zurückgerutscht = Subluxatio radioulnaris. Abriß des Ellengriffels und Verschiebung um 2 mm nach der Speichenseite zu Abb. 183 u. 184. Nach Einrichten und Anlegen eines Gipsverbandes ideale Stellung von beiden Seiten, die Sublux. radioulnaris ausgeglichen.
Brüche mit Verschiebung — die weitaus häufigste Verschiebung ist der Knick des körperfernen Bruchstückes nach der Speichen- und Streckseite zu (Abb. 181 bis 184); der Punkt der größten Druckempfindlichkeit an der Speiche wird aufgesucht und dort 20 ml 2% ige Novocainlösung eingespritzt (S. 62, Abb. 54). Ist der Ellengriffel druckempfindlich, so spritzt man auch dort 8 bis 10 ml der Lösung ein. Der Ellbogen wird rechtwinkelig gebeugt, der Oberarm mittels einer knapp oberhalb des Ellbogens angelegten unterpolsterten Gurte an einem Wandhaken oder Türschnalle befestigt = fixer Gegenzug (Abb. 72). Die Assistenz zieht an den mit einer Mullbinde umwickelten Fingern, und zwar mit einer Hand am Daumen in der Richtung des Vorderarmes, mit der anderen am 2. bis 4. Finger (Kleinfinger bleibt frei). Nach einigen Minuten Zug faßt man mit der der verletzten Seite entgegengesetzten Hand den Vorderarm, stützt diesen auf das auf eine Treppe gesetzte Knie, mit der gleichseitigen Hand wird die Hand des Verletzten gefaßt und diese mit einem kräftigen Ruck nach der Ellen- und Beugeseite zu gebogen = Ausgleich der typischen Verschiebung nach der Speichen- und
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Vorderarm
Streckseite. Dann wird weitergezogen und eine dorsale Gipsschiene (S. 69, Abb. 66—69) angelegt. Röntgenkontrolle. Ist die Stellung gut, dann wird die Mullbinde an der Beugeseite des Vorderarmes und Hand der Länge nach bis auf die Haut gespalten und eine trockene Mullbinde darübergewickelt. Bei schlechter Stellung wird sofort nochmals eingerichtet. Vorsichtsmaßnahmen für Blutumlauf S. 68. Am Tage nach dem Einrichten wird eine Cellona- odei Gipsbinde zirkulär um den Vorderarm gewickelt. Beschriftung! Armschlinge nur für 2—3 Tage! Dann beginnt man sofort mit selbsttätigen Bewegungsübungen aller nicht ruhiggestellten Gelenke, insbesonders von Fingern und Schulter. Bei Schwellung der Finger lagert man den Arm hoch. Der Verletzte wird unterrichtet, daß er mit dem verletzten Arm möglichst viel machen und ihn bewegen kann und soll! 8 und 14 Tage nach dem Einrichten machen wir eine Röntgenkontrolle; ist es zur neuerlichen Knikkung gekommen, so wird diese korrigiert, was gewöhnlich ohne örtliche Betäubung durch Zurechtbiegen gelingt. Wird der Gipsverband nach Abklingen der Schwellung zu locker, so wird ein neuer in der gleichen Weise angelegt. Der
Abb. 185
Abb. 186
Abb. 187
Abb. 188
Abb. 185—188. Epiphysenlösung am unteren Speichenende bei 12jährigem Mädchen durch Sturz von einem Baum. Die Epiphyse mit einem streckseitigen Keil von der Diaphyse um mehr als die halbe Breite nach der Streckseite zu abgerutscht und um 30 Grad nach der Streckseite zu geknickt. Abb. 187 u. 188. Nach dem Einrichten und Anlegen des Gipsverbandes ideale Stellung. 10'
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Arme
Verband bleibt 4 Wochen. Nach Gipsabnahme Nachbehandlung wie Seite 83 beschrieben. V o r zu häufigen Korrekturen besonders bei älteren Frauen ist z u sonst kann es zur SuDECKSchen Dystrophie kommen! (S. 53).
warnen,
f) Epiphysenlösung a m unteren Speichenende
Bei Jugendlichen (Abb. 185—188) zeigt sich klinisch das gleiche Bild wie der Bruch an typischer Stelle beim Erwachsenen. Die Behandlung ist gleich, Ruhigstellung für 3 Wochen. E. H a n d g e l e n k
Untersuchungsgang: Wie Seite 122 beschrieben. Röntgen: Bei klinisch einwandfreiem Bruch der Speiche an typischer Stelle macht man die Aufnahme rein streck-beugeseits bei gestreckten Fingern und rein seitlich. Bei Verdacht auf Kahnbeinbruch werden außerdem die weiter unten beschriebenen Spezialaufnahmen (Abb. 193—194) durchgeführt. Dann wird man im Röntgenbild keinen Bruch übersehen! 1. W u n d e n — I n f e k t i o n e n
Bei Wunden und Infektionen gilt das im allgemeinen Teil Gesagte, in beiden Fällen — nach operativer Wundversorgung bzw. Spaltung — Ruhigstellung des Handgelenkes, nötigenfalls auch der Finger in Mittelstellung. 2. P r e l l u n g e n u n d Z e r r u n g e n
Klinisch finden sich Schwellung, Bewegungseinschränkung, diffuser oder umschriebener Druckschmerz am Handgelenk. Die Beweglichkeit der Finger ist häufig schmerzgehemmt. Das Röntgenbild ist negativ. In leichteren Fällen verordnet man Bäder und Umschläge, eventuell eine Bandage. In schwereren stellt man am zweckmäßigsten mit einer dorsalen Gipsschiene (S. 69, Abb. 66—69) für 8 bis 10 Tage ruhig und beginnt sofort mit dem Gebrauch der nicht ruhiggestellten Gelenke. 3. B r u c h d e s K a h n b e i n e s
(Abb. 189—196). Der Kahnbeinbruch wird häufig übersehen! (S. 45, Abb. 44). Dabei ist gerade beim Kahnbeinbruch die frühzeitige Erkennung und richtige Behandlung für die weitere Arbeitsfähigkeit des Verletzten äußerst wichtig. Heilt der Bruch knöchern, so wird die Hand normal gebrauchsfähig. Andernfalls kommt es zur Pseudarthrose (S. 150, Abb. 197 bis 198). Entstehung wie beim Speichenbruch an typischer Stelle. Klinisch besteht — in der Regel geringe — Schwellung und Druckschmerz über der speichenseitigen
Handgelenk
Abb. 189
Abb. 190
Abb. 189—192. Stellung eines Kahnbeinbruches bei gestreckten und zur Faust geballten Fingern; bei Faustschluß geht der Zentralstrahl senkrecht durch die Bruchfläche (Bruch deutlich sichtbar), bei Streckstellung überdecken sich die Bruchstücke (Bruch nicht sichtbar). (Sammlung Böhler.)
Abb. 193
Abb. 194
Abb. 193—194. Typische Einstellung zur Röntgenaufnahme des Kahnbeines, streckbeugeseits, Finger zur Faust geballt, dadurch Handgelenk leicht dorsal flektiert, 2. Aufnahme in halber Pronation (Sammlung Böhler).
Hälfte oder über dem ganzen Handgelenk. Wichtig ist die Einstellung zur Röntgenaufnahme (Abb. 189—196). Es wird eine Aufnahme streck-beugeseits gemacht, wobei die Finger zur Faust geschlossen werden sowie eine zweite in halber Pronation und eine dritte in halber Supination. Dann kommt der Bruch röntgenologisch mit Sicherheit zur Darstellung. Behandlung: Dorsale Gipsschiene für 6 Wochen, nach dieser Zeit sind ungefähr 80 bis 90% der Brüche fest — die Entscheidung gibt nur das Röntgenbild (Abb.
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Arme
Abb. 195
Abb. 196
Abb. 195—196. Bruch des Kahnbeines bei 22jährigem Studenten, Sturz beim Fußballspielen, die Aufnahme bei Dorsalflexion des Handgelenkes (Abb. 195) zeigt deutlich den Bruchspalt, während bei gestreckten Fingern (Abb. 196) vom Bruch überhaupt nichts zu sehen ist.
Abb. 197
Abb. 198
Abb. 197—198. 3 Monate alter Bruch des Kahnbeines bei 25jährigem durch Sturz. Bruch nicht erkannt, behandelt mit Umschlägen und Heißluft. Beginnende Pseudarthrose. Breiter Bruchspalt mit Höhlenbildungen in der Mitte. Das körpernahe Bruchstück ist kalkdichter als Zeichen der gestörten Ernährung. — Pseudarthrose des Kahnbeines, breiter Spalt, beide Bruchstücke kalkdichter.
197—198) — der Rest muß noch weitere 6 bis 12 Wochen ruhiggestellt oder operiert werden. Schlecht ist die operative Entfernung eines oder beider Bruchstücke. Wird der Bruch übersehen, so kommt es zur Pseudarthrose und ihren Folgen (Abb. 197—198): Schmerzen, verminderte Kraft, sekundäre Arthrose. Als Vorstufe der Pseudarthrose soll die traumatische Höhle erwähnt werden. Wenn noch keine Arthrose vorhanden ist, kann man auch noch Pseudarthrosen mit Erfolg operieren. Bei bereits bestehender Arthrose, für welche eine spitze Ausziehung des Speichengriffels charakteristisch ist, ist die Operation der Pseudarthrose aussichtslos. Manchmal kann hier durch schärges Abmeißeln des Speichengriffels eine Verminderung der Schmerzen und Besserung der Beweglichkeit erzielt werden. 4. B r ü c h e d e r ü b r i g e n
Handwurzelknochen
Die nächst häufige Verletzung im Bereiche der Handwurzel ist der Abriß des streckseitigen Bandansatzes am Dreieckbein, ferner kann jeder einzelne Handwurzelknochen brechen. In der Regel besteht keine wesentliche Verschiebung. Wichtig zur Diagnose ist ein gutes Röntgenbild. Behandlung: Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene für 3—4 Wochen.
Handgelenk
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5. Perilunäre Verrenkung der Hand
(Abb. 199—202). Eine häufig übersehene Verletzung (S. 45, Abb. 45)! Klinisch ist der Befund wie bei einer schweren Zerrung, es besteht starke Schwellung. Die Verrenkung ist weder äußerlich zu sehen noch zu tasten. Charakteristisch ist das rein seitliche Röntgenbild (Abb. 199): der Kopf des Kopfbeines steht
Abb. 199—202. Verrenkung der Hand um das Mondbein (perilunäre Verrenkung). Charakteristisch das Seitenbild (Abb. 199): die körperferne Gelenkfläche des Mondbeines ist leer, der Kopf des Kopfbeines steht dahinter. Vergleiche dazu Abb. 201, in welcher der Kopf des Kopfbeines in der Gelenkfläche des Mondbeines steht. Charakteristische Dreieckform des nach der Beugeseite zu gekippten Mondbeines in der Aufnahme streckseits-beugeseits (Abb. 200). Gegenüber dem normalen Bilde (Abb. 202).
hinter dem Mondbein, die Gelenksfläche desselben ist leer, das Mondbein selbst ist manchmal hohlhandwärts gekippt. Komplikationen
(selten): Druck auf den Mittelnerv. 6. Verrenkungsbruch nach DE QUERVAIN
Manchmal bestehen gleichzeitig Knochenabrisse (Speichen-, Ellengriffel) oder ein Bruch des Kahnbeines = Verrenkungsbruch nach D E Q U E R V A I N : Das körpernahe Bruchstück des Kahnbeines bleibt mit dem Mondbein in Verbindung, das körperferne wird mit den anderen Handwurzelknochen verrenkt. Behandlung: Einrichtung unter Zug und Gegenzug, dorsale Gipsschiene für 3 Wochen, beim Verrenkungsbruch für 10 Wochen; sofortiger Beginn mit Gebrauch der nicht ruhiggestellten Gelenke. Sollte nach 10—12 Wochen der Kahnbeinbruch nicht knöchern geheilt sein, soll man ihn operieren.
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Arme 7. Mondbeintod
Der M o n d b e i n t o d (Lunatummalazie) (Abb. 203—204) ist k e i n e V e r l e t z u n g s f o l g e , sondern eine Erkrankung (Ernährungsstörung) (S. 215). Klinisch: In leichteren Fällen bestehen oft keinerlei Erscheinungen, die Veränderungen werden manchmal im Röntgenbild als Zufallsbefund entdeckt. In schwereren Fällen findet man Verdickung, Schmerzen und Bewegungseinschränkung des Handgelenkes. Oft löst eine leichte Verletzung des Handgelenkes (Zerrung, A b b . 203—204. Mondbeintod (Lunatummalacie). Das Mondbein ist schollig zerfallen, erscheint in der Aufnahme streck-beugeseits verschmälert und in der Seitenaufnahme verbreitert. Arthrotische Veränderungen im Bereiche der umgebenden Knochen. Abb. 203
Abb. 204
Prellung) die Beschwerden aus. Im Röntgenbild findet man die charakteristische Veränderung: Strukturverdichtung, Formveränderung (Verbreiterung und Zusammensinken) (Abb. 203—204). Später kommt es zur Arthrose. Behandlung: Bei frischen Zerrungen oder Prellungen verschwinden oft die Beschwerden durch Ruhigstellung mit einer dorsalen Gipsschiene. Bei dauernden Beschwerden kann durch eine Ledermanschette um das Handgelenk Besserung bis Beschwerdefreiheit erzielt werden. In manchen Fällen, insbesonders bei Schwerarbeitern, bleiben jedoch dauernde, zeitweise sich steigernde Beschwerden. Durch die operative Entfernung des Mondbeines werden sie auch nicht gebessert. Eine teilweise oder vollständige Arthrodese des Handgelenkes ist in den schwersten Fällen zu überlegen. F. H a n d und Finger
Untersuchungsgang: (S. 122). Immer Vergleich mit der anderen Seite! Bei der Betrachtung ist zu achten auf: Beschwielung, Farbe und Beschaffenheit der Haut (Glanzhaut, Schwitzen usw.), Schwellung, Rötung. Bei der ersten Untersuchung ist grundsätzlich — wegen späterer Rentenansprüche •— festzuhalten, ob es sich um einen Links- oder Rechtshänder handelt, da beim Gutachten erfahrungsgemäß diese Dinge nicht mehr genau abgeklärt werden können, während der Verletzte bei der ersten ärztlichen Untersuchung darüber wahre Angaben macht. 1. Bagatellverletzungen
(S. 18). An der Hand sind diese Verletzungen besonders gefährlich und entsprechend zu beachten, da sie sonst zu schweren Infektionen führen können (Abb. 16—17). Besonders gefährlich sind die Stiche mit Werkzeugen an der Beugeseite der Finger, die oft Schmutz in die Tiefe bringen, eventuell die Beugesehnenscheide oder ein Gelenk eröffnen und zur Sehnenscheidenentzündung (S. 155) oder zum Gelenksempyem (S. 156) Anlaß geben können.
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Hand und Finger
Die Behandlung der Handverletzungen ist teils als Folge ihrer Häufigkeit und damit aus sozialwirtschaftlicher Bedeutung, teils wegen der besonderen Anatomie der Hand und der dadurch bedingten Technik bei operativen Eingriffen bereits ein Sonderfach geworden (Handchirurgie). 2. Z u f a l l s w u n d e n
Neben dem im allgemeinen Teil Gesagten sei hier darauf hingewiesen, daß auch kleine Schnitte und Rißquetschwunden öfter die Beugesehnenscheide oder ein kleines Fingergelenk eröffnen, Fingernerven oder Sehnen durchtrennen. Besonders zu beachten sind in dieser Hinsicht die Wunden über den Fingerknöcheln. Es gelten folgende Grundsätze: Durch die genaue operative Versorgung ist festzustellen, ob Sehnenscheiden oder Gelenke eröffnet, Knochen, Sehnen oder Nerven mitverlet^t sind. Zu unterscheiden ist zwischen Sehnendurchtrennung und Sehnenverletzung = teilweise Durchtrennung bei erhaltener Funktion. Bei Verschmutzung oder starker Quetschung soll primär nur die Haut genäht, die Wiederherstellung von mitbeteiligten Gebilden in der Tiefe erst nach glatter Wundheilung sekundär durchgeführt werden. Durchtrennte Nerven soll man —• wenn irgend möglich — primär nähen. Bei Schnitten, also reinen Wundverhältnissen, kann man durchtrennte Streck- und Beugesehnen (letztere mit Ausnahme des „Niemandslandes") primär nähen. In allen übrigen Fällen kommt die Sekundärnaht in Betracht. Die Prognose der Strecksehnennaht (primär und sekundär) ist günstig. Die Ergebnisse bei durchtrennten Beugesehnen (primäre Naht oder sekundäre Plastik) sind auch nach der Technik von B U N N E L L (dem Begründer der Handchirurgie) mit ihren verschiedenen Modifikationen noch teilweise problematisch. — Die Prognose der Nervennähte ist — subtile Technik vorausgesetzt" — günstig. Erwähnt sei die Kuppenplastik nach T R A N Q U I L L I , L E A L I , E R L E R , die sich bei queren Verlusten bis zum halben Fingerendglied sehr bewährt hat und eine weitere Kürzung des Fingers erspart (Abb. 205—208). Auch verschiedene andere Formen der Plastik sind hier anwendbar (S. 24). Erwähnt werden soll, daß im Rahmen der „aufgeschobenen Dringlichkeit", S. 25, eine „globale" Versorgung möglich ist: Es kann zusammen mit der operativen Wundversorgung die Naht
N/ V
Abb. 205
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Abb. 206
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Q Abb. 207
Abb. 208
Abb. 205—208. Erlerplastik bei querer Fingerabtrennung. Auf Abb. 206 und 208 ist der Finger seitlich, auf Abb. 205 und 207 von der Beugeseite her gesehen, a) Nach distal verschobener Hautlappen. b) Defekt nach Verschiebung des volaren Hautlappens. Dieser Defekt wird durch lockere Hautnähe verkleinert, der Rest granuliert aus.
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Arme
von Nerven, Sehnen, Stabilisierung von Knochenbrüchen und auch eine Hantplastik durchgeführt werden. Wundinfektionen
s. S. 27. 3. N a g e l b e t t e i t e r u n g ( P a r o n y c h i e )
Entstehung durch Verunreinigung infolge kleiner Einrisse, Stichverletzungen, Maniküren usw. Klinisch besteht Schwellung, Rötung und klopfender Schmerz in der Nagelwurzel, später wird eine Stelle gelbeitrig = Einschmelzung. Behandlung: Oft gelingt es, im Beginn durch Ruhigstellung mit Fingerschiene, heißen Bädern und Auflegen von Zugsalben die Entzündung zum Rückgang zu bringen, so daß der Nagel erhalten bleibt. Sehr gut bewährt hat sich die Umsprit^ung der Nagelwurzel mit einem Antibioticum + Ruhigstellung. Besteht bereits eine gelbdurchschimmernde Stelle am Nagelrand oder unter demselben, so eröffnet man mit einem Tenotom diesen kleinen Eiterherd. Ruhigstellung. In der Regel kann man auf diese Weise die Entzündung in wenigen Tagen zum Verschwinden bringen und den Nagel erhalten. Ist der Prozeß schon sehr weit fortgeschritten, so muß der Nagel entfernt werden. Dabei soll er nicht mit der Schere längsgespalten werden, weil dadurch Verletzungen der matrix entstehen können und der nachwachsende Nagel kosmetisch unschön wird. Besser ist es, den Nagel flach mit einem Raspatorium abzuheben und dann in toto zu ziehen. Nach Tunlichkeit soll jedoch die Entfernung des Nagels vermieden werden, weil der über die Granulationen nachwachsende Nagel meistens unschön wird. Versuche, durch Auflegen eines künstlichen Nagels bessere Ergebnisse zu erzielen, sind erfolgversprechend. 4. P a n a r i t i u m c u t a n e u m ( E i t e r b l a s e )
Mit oder ohne Betäubung wird die Blase abgetragen. Salbenverband. Führt nach Abtragen der Blase ein kleines Loch in einen subcutanen Abszeß, so spricht man von einem Knopfloch-Panaritium (Kombination von Panaritium cutaneum und subcutaneum). Dieses muß gespalten werden (S. 28). 5. P a n a r i t i u m s u b c u t a n e u m
Es ist in der Regel die Folge von kleinen Verletzungen, Stichen, Blasen, Schwielen (Schwielenabszeß) usw. Klinisch besteht klopfender Schmerz (Spannung), schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Fingers, umschriebene Rötung und Schwellung, eventuell schimmert die Mitte gelb durch. An der Beugeseite und im Bereiche der Hohlhand sind infolge der schwieligen Haut Rötung und Schwellung oft gering und treten m a n c h m a l z u e r s t a n d e r S t r e c k s e i t e auf. Lymphangitis und Lymphadenitis (S. 143), auch Temperatursteigerung kann dazukommen. Behandlung: Bei Beginn stellt man mit einer Fingerschiene ruhig und läßt darüber heiße Umschläge machen. Wenn der Patient angibt, daß er bei Nacht wegen Schmerzen nicht oder schlecht schlafen konnte, dann macht man die Spaltung in Leitungsbetäubung an der Basis der Finger oder in Allgemeinbetäubung.
Hand und Finger
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Aufspritzen von Chloräthyl ist nicht zweckmäßig! Die Spaltung ist in Blutleere durchzuführen. Man findet dann entweder eine Nekrose, die man exzidiert, oder es besteht ein Abszeß, der dabei eröffnet wird. An der Beugeseite schneidet man einen elliptischen Hautstreifen von 1 bis 2 mm Breite aus, an der Streckseite genügt der Einschnitt. Der Schnitt geht bis zum Ende der infizierten Stelle. Eine Assistenz spreizt mit Haken die Wunde. Achtung auf Gefäße und Nerven! Bestehen Taschen, dann soll man mit einer Kornzange eingehen, macht am Ende der Tasche eine Gegeninzision und legt einen schmalen Gummistreifen ein. Über die Wunde kommt ein Salbenverband, dann wird mit einer Fingerschiene ruhiggestellt, eventuell der Arm hochgelagert. D r i n g e n d a b z u r a t e n ist von feuchten Verbänden nach der Spaltung, weil dadurch das Gewebe quillt und die Öffnungen verschlossen werden. Im weiteren Verlaufe beobachtet man Temperatur, Schmerlen, Lymphstreifen und Drüsen. Falls keine Erscheinungen auftreten und der Patient schmerzfrei ist, wird der Verband jeden 2. bis 3. Tag gewechselt. Hält nach der Spaltung der Schmerz mehr als 1 bis 2 Tage an, besteht Fieber, kommt es zur Drüsenschwellung oder Lymphgefäßentzündung, so muß man nachsehen und eventuell bestehende Taschen spalten. Bei richtiger Behandlung kann man Nachspaltungen in der Regel vermeiden. Baden der Wunde ist erst erlaubt, wenn sie ganz oberflächlich und klein geworden ist. Mit der Verabreichung von Sulfonamiden bzw. Antibiotika soll man äußerst sparsam sein (S. 25)! 6. P a n a r i t i u m o s s e u m
Das Panaritium osseum tritt im wesentlichen im Bereiche der Endglieder der Finger auf, meist als Folge von tiefen Stichverletzungen. Klinisch besteht Schwellung und Rötung des Endgliedes des Fingers, starker Schmerz, Bewegungsbeschränkung. Bei der Spaltung (Längsschnitt, F r o s c h m a u l s c h n i t t v e r m e i d e n ! ) sitzt ein nekrotischer Pfropf unmittelbar dem Knochen auf. Es kommt häufig zur Sequestration eines Teiles oder des ganzen Endgliedes. Der Sequester soll erst entfernt werden, bis sich neuer Knochen = Totenlade gebildet hat. Dann kann sich oft das ganze Glied wiederherstellen. "Während der ganzen Zeit Ruhigstellung des Fingers, um Fortschreiten der Entzündung zu verhüten. 7. Eitrige Sehnenscheidenentzündung
Sie entsteht entweder nach Wunden mit Eröffnung der Beugesehnenscheide, nach einer tiefgehenden Stichverletzung, aus einem verschleppten oder nicht richtig behandelten Panaritium subcutaneum, beim Durchbruch eines Panaritium articulare oder ohne erkennbare äußere Verletzung. Klinisch: Der betreffende Finger steht in Mittelstellung, ist verdickt, eventuell gerötet, die Beweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt, es besteht Druckschmerz entlang der ganzen Beugeseite oder über einem Teil derselben und manchmal Fieber.
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Arme
Die Sehnenscheidenentzündung ist als schwere, gefährliche Verletzung zu werten! Behandlung: In Allgemeinbetäubung, Blutleere und mit Assistenz Spaltung von Haut und Sehnenscheide an der Ellen- oder Speichen-Beugeseite, und zwar an der Stelle des größten Druckschmerzes. Es quillt, insbesonders auf Druck von der Hohlhand her, trübes Sekret oder Eiter aus der Sehnenscheide. Ist beim Spalten die Sehne noch normal, die Oberfläche weiß und glänzend, so ist gewöhnlich die Sehne noch zu retten. Man macht dann eine zweite Spaltung ungefähr am distalen Ende der Beugesehne proximal des Endgelenkes und spült mit einer mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnten antibiotischen Lösung durch. Auf beide Einschnitte legen wir dann einen Salbenverband, stellen mit dorsaler Gispschiene und Fingerschiene für den Daumen und mit ulnarer Fingerschiene (S. 67, Abb. 62) ruhig (also Ruhigstellung aller Finger!). Ist die Sehne grau-grün verfärbt, so ist sie jedenfalls verloren. Man spaltet dann entlang der ganzen Beugesehne, trennt beide Beugesehnen am distalen Ansatz ab und schlägt sie aus der Wunde nach proximal heraus. Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene für alle Finger. Entfernung der Sehne ist nicht anzuraten wegen der Gefahr des Zurückrutschens des Sehnenstumpfes bis oberhalb des Handgelenkes und Fortschreiten des Prozesses auf den Vorderatm. Hochlagerung des Armes, genaue Beobachtung. Hier ist eine Behandlung mit Sulfonamiden oder Antibioticis (S. oder A.) angezeigt. Bei Sehnenscheidenentzündungen des Kleinfingers bzw. Daumens besteht die Gefahr einer V-Phlegmone mit Fortschreiten auf den Vorderarm (die Sehnenscheiden beider Finger sind oft in Verbindung untereinander und mit den tiefen Beugesehnen des Vorderarmes). Bei Sehnenscheidenentzündungen des Daumens den Kleinfinger ebenfalls ruhigstellen und umgekehrt. Wird die bereits verfärbte Beugesehne nicht herausgeklappt, so wird sie nekrotisch und stößt sich ab = Fingerwurm. Nach Verlust beider Beugesehnen kann der Finger nur mehr im Grundgelenk gebeugt werden. 8. P a n a r i t i u m a r t i c u l a r e =
Gelenksempyem
Das Gelenksempyem ist gewöhnlich die Folge eines infizierten Stiches oder einer Zufallswunde mit Gelenkseröffnung. Das betreffende Gelenk ist zirkulär geschwollen, steht in Mittelstellung, jede Bewegung verursacht starken Schmerz, manchmal besteht Fieber. Behandlung: Absolute und ununterbrochene Ruhigstellung (Fingerschiene), wenn nötig Eröffnen des Gelenkes und Drainage. Durchspülen des Gelenkes mit antibiotischer Lösung wie oben beschrieben und Allgemeinbehandlung mit Sulfonamiden oder Antibioticis. Häufig kommt es zur Versteifung des Gelenkes. Mit der Eröffnung darf man nicht zu lange warten, sonst bricht der Prozeß in die Beugesehnenscheide durch (S. 155).
Hand und Finger
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9. Hohlhandinfektionen
Am häufigsten ist der Schwielenabszeß an der Basis der Finger mit Spannung und klopfenden Schmerzen, Störung der Nachtruhe, Schwellung und Rötung am Handrücken, Druckschmerz, Bewegungsbeschränkung der Finger, eventuell auch Lymphangitis, Lymphadenitis, Fieber. Bei der Spaltung findet man oft eine Tasche nach der Streckseite zu, dort macht man eine Gegenincision und zieht eine Gummilasche durch beide Öffnungen. Durchschneiden der Zwischenfingerfalte vermeiden. Oft zieht auch eine Tasche in den nächsten Zwischenknochenraum; dann macht man am Ende derselben ebenfalls eine Gegenspaltung und legt ein Drain ein. Die Weiterbehandlung ist wie beim Panaritium subcutaneum. 10. Oberflächliche und tiefe Hohlhandphlegmone
Die oberflächliche und die tiefe Hohlhandphlegmone sind gekennzeichnet durch pralle Spannung der ganzen Hohlhand, Handrückenschwellung, Rötung, die Finger stehen unbeweglich in Mittelstellung, es besteht starker Bewegungsschmerz, in der Regel Fieber. In den schwersten Fällen — die man erfreulicherweise heute nur mehr selten sieht — ist die eitrige Entzündung bereits auf den Vorderarm fortgeschritten (Vorderarmphlegmone). In diesen Fällen ist knapp oberhalb des Handgelenkes von der Radial- und Ulnarseite her in die Tiefe zu spalten und ein Drain nach beiden Seiten durchzuziehen. Die Eiterung sitzt auf dem M. pronator quadratus. Ruhigstellung und Antibiotika oder Sulfonamide wie oben. Die Behandlung der schweren Entzündungen der Hand, insbesonders der Phlegmonen ist eine sehr schwierige und verantwortungsvolle Angelegenheit. Schwierig wegen der anatomischen Verhältnisse, der Gefahr des Weiterschreitens, der Blutvergiftung, Absterben von Sehnen und Versteifung von Fingern bzw. der ganzen Hand (Abb. 16—17). Verantwortungsvoll, weil die Existenz vieler Menschen von der Gebrauchsfähigkeit der Hand abhängt! Wichtig ist, daß bei Ruhigstellung eines oder mehrerer Finger die übrigen Finger und Gelenke des Armes selbsttätig vom Anfang an bewegt werden, um Versteifungen zu vermeiden, insbesonders ist auf die Schulter zu sehen, S. 134. Schulterkontraktur! Bei Panaritien und Sehnenscheidenphlegmonen ist zu achten auf: Frühspaltung ist günstig, man kann die Nekrose exzidieren. Genügende Betäubung! (Nicht zu empfehlen: Aufspritzen von Chloräthyl.) Blutleere Assistenz Eiterherd genügend öffnen entsprechende Drainage nach der Spaltung ununterbrochene Ruhigstellung
Verabreichung von Sulfonamiden oder Antibioticis nicht zu häufig verbinden Achtung auf die Beweglichkeit der übrigen, nicht verletzten bzw. ruhiggestellten Finger und der Schulter.
158
Arme
Die sekundäre Absetzung von versteiften Fingern wird erst gemacht, wenn die Entzündungserscheinungen voll abgeklungen sind. Besteht noch irgendeine Wunde, so muß die Absetzungsstelle vollkommen offen bleiben. 11. K n o c h e n b r ü c h e
a) Mittelhand: Entstehung durch Sturz, Schlag, Quetschung, am Daumen als typische Boxverletzung. Manchmal sind die Brüche offen mit gleichzeitiger Verletzung von Sehnen, Sehnenscheiden, Nerven, Gefäßen sowie der kleinen Handmuskeln. Klinisch besteht starke Schwellung, eine Formveränderung ist meist nicht zu sehen, bei alten Brüchen wölbt sich die Bruchstelle am Handrücken vor. Die Bewegungen der Finger sind schmerzgehemmt, die Bruchstelle schmerzt bei Druck sowie bei Zug oder Stauchung am betroffenen Finger (nicht immer!). Bei Faustschluß sieht man die Verkürzung am Zurückspringen des betreffenden Fingerknöchels. Röntgenbild! Es gibt alle Bruchformen, am häufigsten Drehbrüche. Neben Parallelverschiebung und Verkürzung zeigen sie in der Regel einen nach volar offenen Abb. 209—210. Typische Knickung der Brüche von Mittelhandknochen (nach der Beugeseite) und (Abb. 210) der Grundgelenke der Finger (nach der Streckseite) durch die Wirkung der Mm. lumbricales und interossei. (Sammlung Böhler.)
Winkel, bedingt durch das Überwiegen der Beugesehne sowie durch die Wirkung der Zwischenfingermuskeln (lumbricales und interossei) (Abb. 209—210). Behandlung: In örtlicher Betäubung Einrichten bei Gegenzug oberhalb des Ellbogens (Abb. 72) sowie Zug an dem betreffenden Finger, wobei dieser im Grundgelenk gestreckt (nicht überstreckt!) und in den übrigen Gelenken in Mittelstellung gehalten wird. Druck auf die Streckseite des Bruches (Einrichten des nach volar offenen Winkels). Bei Brüchen an der Basis genügt eine dorsale Gipsschiene mit Gips-Hohlhandtour. Bei Brüchen im Schaft und unter dem Köpfchen wird auch eine volare Fingerschiene in der oben beschriebenen Stellung des Fingers angelegt, wobei die Gipsbinde auch durch die Hohlhand gezogen wird, damit die Fingerschiene einen Gegenhalt abgibt. An der Gipsschiene wird über der Bruchstelle am Handrücken ohne Druck eine flache Delle einmodelliert. Der Finger wird auf der Fingerschiene mit Heftpflaster fixiert (Abb. 214—215). Fixationsdauer: Bei Brüchen ohne Verschiebung 3, mit Verschiebung 4 Wochen, bei diesen nach 8 und 14 Tagen Röntgenkontrollen. Beschriftung! Sofort Beginn mit Gebrauch aller nicht ruhiggestellten Gelenke! Vom Drahtzug durch die Fingerbeere ist man wieder abgekommen. Die konservative Behandlung stark verschobener Mittelhandbrüche ist schwierig, in manchen Fällen sogar unmöglich. Daher ist in der Hand des Geübten die Einrichtung und Fixation mit 2 percutan gekreuzten Bohrdrähten am besten. Nachbehandlung: Unterstützende Maßnahmen (S. 83).
Hand und Finger
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b) Bennettsche Fraktur. Neben den Brüchen des Schaftes und knapp oberhalb der Basis gibt es am ersten Mittelhandknochen einen typischen Bruch = B E N N E T T scbe Fraktur (Abb. 211—212), Abbruch eines kleinen ellenseitigen Stückes der Basis und Verschiebung des ganzen Mittelhandknochens nach radial und häufig nach zentral. Der Bruch wird unter Zug am Daumen des Verletzten bei leicht gebeugtem Grund- und Endgelenk sowie gleichzeitigem Druck mit dem Daumen
Abb. 211—212. Verrenkungsbruch an der Basis des 1. Mittelhandknochens ( B e n n e t t ) . Ein kleines Stück der Basis ist abgebrochen, der Schaft nach radial und zentral subluxiert. 4 Wochen später unmittelbar nach der Gipsabnahme ideale Stellung, von der Verletzung ist nichts mehr zu sehen. Abb. 213. Gipsverband nach Einrichtung eines Bennettschen Bruches, der 1. Mittelhandknochen leicht abduziert, sein Endgelenk frei. Delle über der Basis des 1. Mittelhandknochens, die übrigen Finger können voll gestreckt und gebeugt werden.
des Operateurs auf die Basis eingerichtet. Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene, welche zwischen Daumen und Zeigefinger gespalten und um den Daumen herumgeschlagen wird. Über der Basis des ersten Mittelhandknochens wird ohne wesentlichen Druck ein flache Delle anmodelliert (Abb. 213). Örtliche Betäubung ist in der Regel nicht notwendig. Ruhigstellung für 4 Wochen. Röntgenkontrolle 8 und 14 Tage nach dem Einrichten. Mit demselben Gipsverband werden Brüche des 1. Mittelhandknochens versorgt. Gelingt bei einer B E N N E T T sehen Fraktur die konservative Behandlung nicht auf den ersten Anlauf, so ist die Osteosynthese durchzuführen. c) Fingergrund- und Mittelglieder. Entstehung durch Sturz, Quetschung, Schlag usw. Diese Brüche sind häufig o f f e n , wobei die durch direkte Gewalteinwirkung entstandenen (Quetschung in Maschinen, Kreissäge usw.) mitunter
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Arme
infolge der gleichzeitigen Verletzung der Weichteile so schwer sind, daß nur die Amputation übrigbleibt. Grundsatz: Um jedes Fingerglied muß gekämpft werden, andererseits dürfen keine wertlosen, schmerzhaften Stümpfe mit anhaftenden dünnen Narben geschaffen werden. Es gelten die Regeln der operativen Wundversorgung (S. 21). Häufig sind mehrere Finger gleichzeitig verletzt. Klinisch bestehen (bei den geschlossenen Brüchen): Schwellung, schmerzhafte Bewegungsbeschränkung. Verbiegung (gewöhnlich streckseitig offener Winkel, bedingt durch die Wirkung der lumbricales und interossei-Sehnen, Abb. 210), häufig auch Verdrehung, eventuell Knochenkrachen, direkter Druckschmerz, Zug- und Stauchungsschmerz (nicht immer!). Röntgen! Es gibt alle Bruchformen mit oder ohne Verschiebung. Behandlung: In örtlicher Betäubung Einrichten durch Zug am verletzten Finger, Gegenzug mit einem Gurt oberhalb des Ellbogens (Abb. 72), Anlegen einer dorsalen Gipsschiene am Vorderarm (S. 69) und einer volaren Fingerschiene, welche an der Gipsschiene mit einer Gipsbinde befestigt wird. Dann wird die Fingerschiene proximal vom Bruch nach volar gebogen und dadurch der dorsale
Abb. 214
Abb. 214—215. Bruch eines Fingergrundgliedes eingerichtet und mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene ruhiggestellt. Die Fingergelenke stehen in Mittelstellung, der Knick der Fingerschiene muß proximal der Bruchstelle liegen, dadurch wird das körperferne Bruchstück nach der Beugeseite zu gebogen und der streckseits offene Winkel ausgeglichen.
Abb. 215
Knick ausgeglichen. Das Fingerendglied wird mit Heftpflaster an die Schiene befestigt (Abb. 214—215). Röntgenkontrolle unmittelbar nach dem Einrichten sowie 8 und 14 Tage später. Ruhigstellung durch 4 Wochen. Sofort Beginn mit Bewegungsübungen aller nicht ruhiggestellten Gelenke. Keine Armschlinge!
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Hand und Finger
Die Behandlung dieser Brüche ist zeitraubend und nicht einfach. Bei starker Verschiebung und insbesonders offenen Brüchen von Mittelhand und Fingergrund- und Mittelgliedern ist die Osteoysnthese mit einem Markdraht oder mit gekreuzten Bohrdrähten zweckmäßig. Verrenkungsbrüche sollten, wenn sie sich im ersten Anlauf nicht ideal reponieren lassen, sofort durch Osteosynthese (Bohrdrähte) stablilisiert werden. S. auch globale Versorgung, S. 25. Nachbehandlung: Unterstützende Maßnahmen, eventuell- Quengelverband (S. 78, Abb. 89—93). d) Fingerendglieder. Entstehung und klinische Erscheinungen sind wie bei den anderen Gliedern mit Ausnahme der Knickung. Röntgen! Bei den häufigen Brüchen der Nagelplatte stellt man den Finger für einige Tage ruhig, macht Umschläge und legt dann Heftpflasterstreifen zirkulär um das Fingerendglied. Wichtig zu wissen ist, daß diese Brüche häufig mit straffen Pseudarthrosen heilen, was praktisch belanglos ist. e) Verrenkungsbrüche. An der Basis eines Fingergliedes hinterlassen Verrenkungsbrüche in der Regel eine bleibende Bewegungsbeschränkung des Gelenkes. Das Einrichten, noch häufiger aber das Festhalten, ist in der Regel schwierig. Bei Quetschungen der Endglieder mit Nagelabhebung oder -einrissen gibt man einen Salbenverband und legt den Finger auf eine Fingerschiene oder ein Schienchen, welches Abb. 64, 65 zeigt. Die Entfernung des Nagels soll soweit als möglich vermieden werden (S. 154, künstlicher Nagel). Beim subungualen Hämatom soll man bei Spannungsschmerzen den Bluterguß durch eine Trepanation des Nagels ablassen. Für offene Brüche des Endgliedes gilt das oben Gesagte. 12. Der Strecksehnenriß
Entstehung: Beim Hängenbleiben der Fingerspitze, z. B. beim Zuknöpfen, Bettenmachen usw. Klinisch hängt die Fingerspitze herab, steht in Mittelstellung und kann nicht selbsttätig gestreckt, wohl aber gebeugt werden. Es gibt den Strecksehnenriß und den Ausriß des Strecksehnenansatzes mit einem Knochenstück vom Endglied (Unterscheidung im Röntgenbild, Abb. 87). Behandlung: Cellonahülse (S. 76, Abb. 88) in Überstreckung des Endgelenkes, beim Strecksehnenriß für 6 Wochen, beim Knochenausriß für 4 Wochen. Beim Anlegen dieser Hülse ist darauf zu achten, daß ein Hautdruck vermieden wird. Die Versorgung der Strecksehnenabrisse mit orthopädischen Apparaten erscheint uns nicht zweckmäßig, da die Ruhigstellung nicht absolut und ununterbrochen ist. Der Erfolg ist auch meist negativ. Bei jüngeren Leuten ist die Naht der Strecksehne mit gleichzeitiger Fixation des Endgelenkes mit gekreuzten Bohrdrähten oder einem längs eingeführten Markdraht zu empfehlen. Zweckmäßigerweise führt man zuerst die Fixation durch und näht im gleichen Akte die Sehne. Fixationsdauer 6 Wochen. 13. Zerrungen und Bänderrisse an den Fingergelenken
Sie entstehen indirekt, meist durch Sturz; das betreffende Gelenk ist geschwollen und in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Das Röntgenbild ist negativ mit AusEhalt, Unfallpraxis, 4. Aufl.
11
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Arme
nähme der Fälle, in denen ein Seitenband völlig zerrissen ist. Dann zeigt das „gehaltene Bild" (Aufklappen nach der gesunden Seite) den Gelenkspalt auf der betroffenen Seite verbreitert. In diesen Fällen stellt man mit einer Cellonahülse für 3—4 Wochen ruhig, dann fixiert man den verletzten Finger zur Schienung an den Nachbarfinger (Aluminiumspange oder Heftpflaster) und läßt mitbewegen. Man hat dann den Vorteil, daß das verletzte Gelenk durch den Nachbarfinger geschient ist, aber trotzdem bereits aktiv und passiv bewegt wird. Die Versteifungen sind dann wesentlich geringer. Bei schwereren Zerrungen der Fingergelenke ist das gleiche Verfahren am zweckmäßigsten. Wichtig zu wissen ist, daß diese Zerrungen häufig lange Zeit Schmerzen und Bewegungsbeschränkungen verursachen und dadurch die Gebrauchsfähigkeit des Fingers und damit der ganzen Hand herabsetzen. Fingerschiene immer in Mittelstellung anlegen! (S. 66, Abb. 63). Häufig wird das Grundgelenk gestreckt, was falsch ist! 14. V e r r e n k u n g e n d e r F i n g e r g l i e d e r
Am häufigsten sind die Endglieder verrenkt, und zwar nach der Streckseite zu. In frischen Fällen sieht und tastet man die Stufe. Röntgen! Die Einrichtung erfolgt durch Zug und Beugung oder Überstrecken, wenn nötig in örtlicher Betäubung. Für einige Tage gibt man eine Fingerschiene in Mittelstellung und Umschläge, später einen Heftpflasterverband um das Gelenk. Manchmal bleiben durch mehrere Wochen eine Bewegungsbeschränkung und Verdickung des Gelenkes, die sich dann zurückbilden. 15. H a n d r ü c k e n ö d e m
Das frische traumatische Handrückenödem im Gefolge von Verletzungen geht immer zurück, außer wenn man es massiert. Das chronische sich über Monate erstreckende Handrückenödem nach kleineren Verletzungen ist ein Zeichen einer neurotischen Veranlagung ( S U D E C K , S . 53) oder ein Artefakt („Klopfer" — der Patient klopft sich mit einem Gegenstand immer wieder auf den Handrücken, bis dort eine Verhärtung entsteht).
X X V I I I . Beine Untersuchung: Im Stehen bei völliger Entkleidung. Betrachtung, ob Formveränderung, Muskelschwund, gleiche Beinlänge (bei einseitiger Verkürzung besteht Beckenschiefstand mit entsprechender Skoliose) (Abb. 216—217). Auf einer Röntgenaufnahme des Beckens (aus 1,50 m Entfernung) im Stehen kann aus dem Höhenunterschied des Beckens die Verkürzung genau ausgemessen werden. Prüfung
Abb. 216
Abb. 217
Abb. 216—217. 7jähriger, Verkürzung des linken Oberschenkels um 3 cm nach auswärts behandeltem Oberschenkelbruch vor 2 Jahren. Beckenschiefstand, Skoliose.
Abb. 218
Abb. 219
Abb. 218—219. Positives T r e n d e l e n b u r g sches Symptom bei angeborener Hüftverrenkung links. Bei Belastung des erkrankten Beines sinkt das Becken ab, während es bei Belastung des gesunden rechten Beines hoch bleibt.
auf Trendelenhurgsches Symptom (Abb. 218—219): der Verletzte steht auf dem gesunden Bein und hebt das kranke und steht auf dem kranken Bein und hebt das gesunde. Bleiben beim Stehen auf dem kranken Bein beide Hüften in gleicher Höhe (negativer Trendelenburg), so ist dies normal. Sinkt jedoch die gesunde Seite ab, so spricht man von „positivem Trendelenburg", Dieser findet sich bei Schenkelhalspseudarthrose, angeborenen Hüftgelenksverrenkungen, Teillähmung von Beckenmuskeln u. a. und ist ein Beweis, daß entweder der knöcherne Halt im Bereiche der kranken (verletzten) Seite fehlt oder daß die Hüftmuskulatur zu lang oder insuffizient ist. u*
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Beine
Prüfung der Beweglichkeit der Hüfte bei Betrachtung von rückwärts: maximales Grätschen, Kreuzen der Beine vorne und hinten, beide Beine nach innen und außen drehen, Kniebeuge. Untersuchung im Liegen: Längenmessung (S. 208, Abb. 297). Prüfungder Beweglichkeit aller Gelenke von den Zehen angefangen, beide Beine abspreizen, beide Beine innen und außen drehen, Beugung jeder einzelnen Hüfte bei Streckung der anderen. In Seiten- bzw. Bauchlage Prüfung der Überstreckbarkeit. Achtung auf vermehrte Lordose der Lendenwirbelsäule (z. B. bei Hüftbeugekontraktur), vergleichende Muskelmessungen am Ober- und Unterschenkel. Untersuchung des Kniegelenkes (S. 173). A. HUfte
Wunden bieten nichts Besonderes. 1. Prellungen und Zerrungen
der Hüfte sind häufig primär nur durch das Röntgenbild von einem (eingekeilten) Schenkelhalsbruch zu unterscheiden. Behandlung: Einige Tage Bettruhe und unterstützende Maßnahmen (S. 83). Bei jedem Verdacht auf einen Knochenbruch muß ein Röntgenbild gemacht werden, da Schenkelhalsbrüche aber auch Verrenkungsbrüche der Hüfte oft übersehen werden (S. 45, Abb. 40—42)! Blutergüsse an der Außenseite der Hüfte bleiben oft sehr lange, werden manchmal serös (Serom). Öfter Punktion, eventuell Redondrainage, Schwammkompression, als ultima ratio Spaltung und Entfernen der Wand des Seroms. 2. Hüftgelenksverrenkungen
(Abb. 220—226). Entstehung durch langsam drehende Gewalteinwirkung (Verschüttung, beim Schilaufen usw.). Erste Hilfe (S. 13). Charakteristisch ist die typische, federnde Stellung des Beines bei den verschiedenen Formen der Verrenkung. a) Lux. iliaca (Hintere obere Hüftgelenksverrenkung, häufigste, Abb. 220, 222). Der Oberschenkelkopf steht hinter und oberhalb der Pfanne, das Bein ist verkürzt, adduziert, nach innen gedreht, in der Hüfte gebeugt, das gebeugte Knie der verletzten Seite liegt über dem gesunden Knie, federnde Fixation, Strecken und Beugung der Hüfte sind unmöglich. b) Lux. pubica (Vordere obere Hüftgelenksverrenkung). Der Kopf sitzt vor dem oberen Schambeinast und ist in frischen Fällen manchmal hier (in der Leistengegend) zu tasten. Das Bein ist nicht wesentlich verkürzt, annähernd in Streckstellung, nach außen gedreht. c) Bei der Lux. ischiadica (Hintere untere Hüftgelenks Verrenkung), steht der Oberschenkelkopf auf dem Sitzbein. Das klinische Bild ist ähnlich wie bei der Lux. iliac a, jedoch besteht keine Verkürzung.
165
Hüfte
Abb. 221
Abb. 220
Abb. 222
Abb. 223
Abb. 220—223. Abb. 220. Hintere obere Hüftgelenksverrenkung (Lux. iliaca) — Bein verkürzt, adduziert, nach innen gedreht. Abb. 222. Röntgenbild dazu. Abb. 221. Untere innere Hüftgelenksverrenkung (Lux. obturatoria) — Hüfte gebeugt, Bein abduziert und nach außen gedreht. Abb. 223. Röntgenbild dazu.
d) Lux. obturatoria (Vordere untere Hüftgelenksverrenkung) (Abb. 221—223). Der Kopf steht am Foramen obturatorium, das Bein ist gebeugt, abduziert und nach außen gedreht, das Knie wird gebeugt gehalten. Komplikationen: Selten, Druck auf den N. ischiadicus mit teilweiser oder vollständiger Lähmung (S. 95). Einrichtung nach D S H A N E L I D Z E (Abb. 224), insbesonders günstig bei den hinteren Verrenkungen: der Verletzte liegt bäuchlings auf dem Tisch, das in der Hüfte gebeugte Bein hängt über den Tischrand herunter. Die Einrichtung eifolgt durch langsamen Zug an dem gebeugten Knie. Manchmal kann man mit dieser Methode ohne Betäubung einrichten. — Nach B Ö H L E R (Abb. 225): Das Becken des Verletzten wird auf einem Brett oder Tisch festgebunden oder durch einen Assistenten niedergehalten. Der Einrichtende kniet über dem Verletzten, bindet ein Leintuch um den Oberschenkel des verletzten Beines oberhalb des Kniegelenkes und
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Beine
Abb. 224. Einrichtung einer Hüftverrenkung nach D s h a n e l i d z e : Der Verletzte liegt auf dem Bauche, das verrenkte Bein hängt über den unteren Rand des Tisches. Der Arzt hält mit einem Arm das untere Beckenende, mit seinem Knie der gleichen Seite drückt er in die Kehle des rechtwinkelig gebeugten Knies. Diese Beugung wird mit der anderen Hand aufrechterhalten. Es kann der Versuch gemacht werden, ohne Narkose einzurichten, gelingt dies nicht leicht, dann Betäubung
Abb. 225. Einrenkung einer Hüftverrenkung. Hände zusammengebunden, Becken mit Gurten auf einem Brett festgemacht. Leintuch oberhalb des Knies um den Oberschenkel und um den Nacken des Einrichtenden gebunden. (Nach B ö h l e r . )
Flasche n~ zug
Abb. 226. Einrichtung einer Hüft Verrenkung nach P e r s c h i . Das rechtwinkelig gebeugte Knie der verrenkten Seite wird mit einem Flaschenzug nach oben gezogen; eine Hand fixiert den rechten Winkel. Narkose ist hier nötig.
Hüfte
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knüpft sich dieses um seinen eigenen Nacken. Auf diese Weise wird ein kräftiger langsamer Längszug ausgeübt. Mit einer Hand wird der Oberschenkel, mit der anderen der Unterschenkel gehalten und geführt, eventuell vorsichtige Drehung des Beines. Man kann auch nach PERSCHL an dem gebeugten Knie mit Hilfe eines Flaschenzuges nach oben ziehen (Abb. 226). Bei der Lux. pubica muß in der Längsachse des Körpers gezogen werden. Nachbehandlung: 14 Tage Bettruhe, dann kann der Verletzte gehen und arbeiten. Abzuraten ist von Massagen und passiven Bewegungsversuchen, die zu schweren Muskelverknöcherungen der ganzen Umgebung der Hüfte führen können. Zur Kopfnekrose kommt es nur bei veralteten, primär nicht erkannten Verrenkungen, insbesonders bei Kindern und Jugendlichen. 3. V e r r e n k u n g s b r ü c h e der Hüfte
Diese sind durch den Straßenverkehrsunfall häufig geworden, sie werden auch sehr oft übersehen (S. 45, Abb. 40, 41), insbesonders wenn schwere Nebenverletzungen, z. B. Schädelhirntraumen (Bewußtlosigkeit), ein gleichzeitiger Oberschenkelschaftbruch der gleichen Seite u. a. vorliegen. Daher die Regel: Bei jedem Bewußtlosen oder schwer schockierten Straßenverkehrsunfall Beckenübersicht! Wir unterscheiden den hinteren Verrenkungsbruch (bei frontalem Zusammenstoß) und den zentralen Verrenkungsbruch = Pfannenbodenbruch (bei seitlicher Gewalteinwirkung). (Abb. 40,41). Auskunft gibt das Röntgenbild (Beckenübersicht). Als Komplikation findet sich beim hinteren Verrenkungsbruch manchmal eine vollständige oder teilweise Lähmung des N. ischiadicus (S. 95). Klinisch: Schmerzhafte Bewegungsbehinderung der Hüfte, wobei die Schmerzen häufig relativ gering sind. Die Behandlung ist schwierig. Bei den hinteren Verrenkungsbrüchen hat die Einrichtung in Narkose zu erfolgen! (Evtl. Dauer extension). Größere Bruchstücke (unstabiler Bruch) sollen angeschraubt werden. Es gibt hier auch irreponible Verrenkungen, bedingt durch Einschlagen eines Knochen-(Kapsel-)stückes in die Pfanne; auch sie müssen blutig eingerichtet werden. Bei den zentralen Verrenkungsbrüchen erfolgt die Einrichtung durch Längs- und Seitenzug (Abb. 227), in letzter Zeitauchoperativ.Trotzidealer Einrichtung kommt es nicht so selten zur posttraumatischen Osteoarthrose mit schmerzhafter Bewegungsbehinderung der verletzten Hüfte.
5 kg
7/5 des Körpergewichtes
Abb. 227. Extensionsbehandlung der zentralen Hüft-Frakturluxationen. Suprakondvlärer Nagelzug mit 1/s des Körpergewichtes, Schlaufenzug am körpernahen Oberschenkelende nach außen und Gegenzug am Becken mit je 5 kg.
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Beine
B. Oberschenkel 1. W u n d e n und Infektionen
(Allgemeiner Teil S. 18) Unbedingte Bettruhe! Stichwunden in die Leiste beim Ablösen vom Knochen bei Metzgern können durch Anstechen einer Vene, insbesonders aber der A. femoralis gefährlich für die Druchblutung des Beines werden. Der Versuch einer primären Arteriennaht ist zu machen. Erste Hilfe (S. 7 Abb. 7). 2. P r e l l u n g e n , Blutergüsse, M u s k e l q u e t s c h u n g e n und -einrisse
Bettruhe, Umschläge, eventuell Punktion und Schwammkompression, nach einigen Tagen Heißluft, später die unterstützenden Maßnahmen (S. 83). Zu warnen ist vor Massage! Es besteht die Gefahr der Verhärtung, eventuell Verknöcherung, insbesonders an der Vorderseite des Oberschenkels, z. B. nach einem Hufschlag, Tritt beim Fußballspielen u. ä. (S. 52, Abb. 49—50). 3. K n o c h e n b r ü c h e
Erste Hilfe (S. 12). Tab. 3 Einteilung der Schenkelhalsbrüche
a) Abduktionstyp (Abb. 228 u. 232) b) Adduktionstyp (Abb. 229 u. 233) c) Lateral (Abb. 230 u. 234) d) Pertrochantär (Abb. 231 u. 235)
{Abb. 228—235)
Verkürzung
Achse
eingekeilt
Außendrehung
Behandlung
nein
Valgus
ja
keine
keine
ja
Varus
nein
45°
Nagelung
ja oder nein ja
Varus od. ohne Knickg. Varus
nein
45—90°
nein
90°
Dauerzug oder Nagelung Dauerzug oder Nagelung
Dazu kommen: e) Epiphysenlösung am oberen Oberschenkelende (in der Regel als Erkrankung) beim eunuchoiden Hochwuchs und hypophysären Fettwuchs (Abb. 236—237). f) Subtrochantär g) Schaftbrüche (Abb. 242—243) h) Suprakondylär (eventuell in das Gelenk reichend Y-T-Y) i) Epiphysenlösung am unteren Oberschenkelende (Abb. 244—247) k) Isolierter Bruch des äußeren oder inneren Oberschenkelkondyls (reicht in das Kniegelenk).
Klinisch: Mit Ausnahme des eingekeilten Abduktionsbruches des Schenkelhalses (a) kann das Bein nicht belastet werden. Häufig besteht Außendrehung des ganzen Beines (b—d). Charakteristisch: Der subkapitale Schenkelhalsbruch (Adduktionsbruch b) ist im frischen Zustand um etwa 45° nach außen gedreht, der laterale (c) und pertrochantäre (d) dagegen um 90° (die Außenseite des Fußes liegt der Unterlage auf.) Bei Schaftbrüchen sieht man häufig eine Verbiegung und Ver-
169
Oberschenkel
Abb. 232
Abb. 233
Abb. 234
Abb. 235
Abb. 228—235. Formen der Schenkelhalsbrüche. Abb. 228 u. 232 Abduktions-Typ = intraarticular, subcapital, eingekeilt mit Valgusstellung. Abb. 229—233. Adduktions-Typ = intraarticular, subcapital nicht eingekeilt mit Varusstellung. Abb. 230 u. 234. Laterial, ohne Verschiebung. Abb. 231 u. 235. Extraarticular, pertrochantär mit Varusstellung und Außendrehung.
kürzung und die typischen Zeichen des Knochenbruches (S. 40), die bei Brüchen am oberen Oberschenkelende nicht so charakteristisch zu finden sind. Wichtig: 1. Es muß sofort die Beweglichkeit der Zehen (Funktion des N. peroneus) und der Puls der Fußrückenschlagader geprüft werden. 2. Vor der Röntgenaufnahme soll durch eine örtliche Betäubung Schmerzfreiheit erzielt werden (S. 61). Der Adduktionsbruch (b) (der klassische Schenkelhalsbruch bei älteren Menschen), früher wegen seiner meist letalen Komplikationen (Dekubitus, Pneumonie, Zystitis) sehr gefürchtet, hat sehr viel von seinem Schrecken verloren. Das zweckmäßigste ist heutzutage die Nagelung (Abb. 238—241). Sie ergibt bei guter Technik eine
170
Beine Abb. 236—237. Eunuchoider Hochwuchs und hypophysärer Fettwuchs als Typen, die zur krankhaften „Epiphysenlösung am oberen Oberschenkelende" neigen.
Abb. 236
Abb. 237
Abb. 238—241. Medialer Schenkelhalsbruch (Adduktionstyp) bei 82jähriger Frau. Starke Außendrehung erkenntlich am voll sichtbaren trochanter minor. Abb. 239. 4 Tage später während der Operation : ideale Einrichtung, aufgelegtes Draht-Netz, die Punkte zum Einsetzen der Nadeln für den Führungsdraht sind markiert. Abb. 240. Nach Einbohren des Führungsdrahtes, der untere sitzt zu tief, der craniale ideal. Die innen in das Netz eingesetzte Nadel ist noch sichtbar, die äußere bereits entfernt. Abb. 241. 3 Monate später — guter Sitz des Nagels, knöcherne Konsolidation.
Abb. 238
Abb. 239
Abb. 240
Abb. 241
Mortalität von etwa 2% und bis zu 98% knöcherne Heilungen. Die schwerwiegendste Komplikation ist heute die Kopfnekrose (Durchblutungsstörung des abgebrochenen Kopfes); sie tritt in etwa 23% der Fälle auf. Die Behandlung im Dauerzug ergibt beim Erwachsenen schlechte Erfolge.
Oberschenkel
171
Schenkelhalsbrüche bei Jugendlichen dürfen nicht genagelt werden. Die Gefahr der Kopfnekrose ist dann wesentlich größer als beim Erwachsenen. Auch der (sehr seltene) laterale Schenkelhalsbruch (c) ist zu nageln. Hier besteht keine Gefahr der Kopfnekrose. zu e) Die Epiphysenlösung (Epiphysenerkrankung) am oberen Oberschenkelende ist auf Störungen der inneren Sekretion zurückzuführen und keine Unfallfolge (S. 215). Wir finden sie hauptsächlich bei Knaben (seltener bei Mädchen) mit eunuchoidem Hochwuchs oder hypophysärem Fettwuchs (Abb. 236 bis 237). Am zweckmäßigsten ist auch hier die Nagelung. zu d) und f) Die per- und subtrochantären Brüche sind Quer-, Biegungs- oder meist Drehbrüche mit Verkürzung und Achsenknickung. Am zweckmäßigsten ist auch hier die metallische Osteosynthese. Es sind eine Reihe von verschiedenen Methoden an— gegeben worden, wir verwenden den dreiflügeligen Nagel (wie beim Scbenkelhalsbruch) mit einer zusätzlichen Platte. (d) Im Bereiche des Schaftes kommen alle Bruchformen vor. Die Behandlung besteht in Extension oder bei Querbrüchen in der Marknagelung (nach KÜNTSCHER S. 51, A b b . 2 4 2 — 2 4 3 ) .
zu h) Die suprakondylären und diakondylären Brüche kann man in Extension bzw. Gipsverband behandeln, eventuell verschrauben. Auf die Gefahr einer Schädigung der A. poplitea bei starken Verschiebungen wurde schon auf S. 44 hingewiesen. Die von manchen Seiten ebenfalls empfohlene Nagelung mit RusH-Nägeln ergibt keine stabile Osteosynthese. Oberschenkel(schaft)brüche bei Kindern bis etwa Abb. 242 Abb. 243 3—4 Jahre sind am zweckmäßigsten mit der vertikalen Suspension nach SCHEDE ZU versorgen Abb. 242—243. Bruch des rechten Oberschenkels vor und nach der (Abb. 97). Nach diesem Alter und bei Jugendlichen Marknagelung. Nachher sieht man verwendet man den Schienbeinkopfdraht (Abb. zwei ausgebrochene Splitter. 37jäh96) oder -nagel (S. 80). Zwischen dem 8.—12. rige Frau, mit dem PKW gegen einen Baum gefahren. Lebensjahr ist m i t e i n e m v e r m e h r t e n W a c h s t u m v o n e t w a 2 cm zu r e c h n e n . Daher soll die Heilung mit einer entsprechenden Verkürzung erfolgen. Wir legen bei allen Brüchen des Oberschenkels (mit Ausnahme der Kinder, s. oben) unmittelbar nach der Einlieferung die Extension mit Hilfe eines Nagels durch die Schienbeinrauhigkeit (S. 80) an. Dann erst wird entschieden, ob eventuell eine Osteosynthese zweckmäßig ist. zu i) Die Epiphysenlösung am unteren Oberschenkelende — auch hier besteht bei starker Verschiebung die Gefahr des Druckes auf die A.poplitea (S.44) — ist ideal einzurichten und wird am zweckmäßigsten im Gipsverband behandelt (Abb. 244—247). Die Nachbehandlung bei allen Oberschenkelbrüchen erfolgt mit den üblichen konservativen, unterstützenden Maßnahmen (S. 83).
172
Beine
Abb. 2 4 4
Abb. 245
A b b . 246
A b b . 247
A b b . 2 4 4 — 2 4 7 . Epiphysenlösung am unteren Oberschenkelende mit Ausbruch eines lateralen Keiles der Diaphyse. Die Epiphyse ist mit dem Schienbein um halbe Breite nach außen und etwa 1/5 Breite nach rückwärts verschoben. Valgus und Antecurvation 30 Grad. 13jähriger Schüler, Sturz beim Fußballspielen. Nach idealer Einrichtung in Allgemeinnarkose Oberschenkelgipsverband f ü r 10 Wochen. A b b . 2 4 6 — 2 4 7 . Bei Nachuntersuchung 5 Jahre nach dem Unfall w a r das Kniegelenk äußerlich unauffällig, der Verl. beschwerdefrei. Das Bein um 0,5 cm kürzer als die Vergleichsseite. Die Röntgenaufnahme zeigt ein normales Kniegelenk. Die früher noch sichtbaren Wachstumsfugen sind bereits geschlossen.
zu k) Typisch ist auch noch der isolierte Abbruch des trochanter major bzw. minor, welcher auch bei Jugendlichen als Apophysenlösung vorkommt. Die Behandlung ist rein konservativ. Pseudarthrosen kennen wir im Bereiche des Schenkelhalses (S. 51) bzw. des Schaftes. Als Behandlung kommt an beiden Stellen im wesentlichen die Nagelung in Betracht, am Schaft nach Aufbohrung. Pathologische Oberschenkelbrüche, besonders subtrochantär sind insbesonders bei Metastasen nicht allzu selten (S. 54).
C. Knie Infolge seines Baues (Abb. 248) und seiner starken Beanspruchung ist das Knie Schädigungen sehr stark ausgesetzt. Die Diagnostik ist vielfach schwierig, insbesonders bei Binnenverletzungen und unklaren Beschwerden. 1. W u n d e n
Typisch ist die Kniehackverlet^ung (Abb. 249). Es besteht in der Regel nur eine kleine Wunde, die häufig das Gelenk eröffnet! Die Diagnose ist oft erst bei der operativen Wundversorgung zu stellen. Zeigt das Röntgenbild Luft im Kniegelenk, so ist dies typisch für eine Gelenkeröffnung; jedoch ist das Röntgenbild nicht verläßlich, da auch bei negativem Röntgenbefund das Gelenk eröffnet sein kann. Wird die Gelenkeröffnung übersehen, kann es zur Infektion kommen. Viele Holzhacker, bei denen die Schwere der Verletzung nicht gleich erkannt wurde, liefen früher mit einem steifen Knie herum oder hatten ein Bein verloren. Manche haben auch das Leben dabei gelassen (Sepsis). Heute kommt dies wohl kaum mehr vor!
Knie
Abb. 248. Kniegelenk mit Darstellung der Seiten- und Kreuzbänder. Der innere Meniskus ist mit dem inneren Seitenband verwachsen, der äußere frei.
173
Abb. 249. Hackverletzung an der Innenseite des Kniegelenkes mit Gelenkseröffhung. Daß das Gelenk offen ist, ist häufig erst bei der operativen Wundversorgung zu sehen.
Behandlung: Operative Wundversorgung, Hautnaht, absolute Ruhigstellung, Bettruhe. Schlecht ist die Naht ohne gründliche operative Wundversorgung sowie •die Unterlassung der Ruhigstellung. In veralteten Fällen wird man ruhigstellen, das Kniegelenk mit einer antibiotischen Lösung ein- bis mehrmals täglich spülen; dazu kommt Allgemeinbehandlung mit einem Sulfonamid oder Antibiotikum. 2. Infektionen
Außer den subkutan und tiefer gelegenen Zellgewebsentzündungen und Abszessen kennen wir den Pjarthros (infiziertes Kniegelenk) entweder nach Wunden mit Kniegelenkseröffnung (s. oben Hackverletzung), nach schweren offenen Gelenkfrakturen (im Kriege nach Kniegelenkschüssen) oder metastatisch. Gefahr von Sepsis und Pyämie! Behandlung mit Sulfonamiden und Antibiotika, unter Umständen sogar operative Eröffnung des Gelenkes, Revision und Drainage, Ruhigstellung mit Beckengips ! 3. B i n n e n v e r l e t z u n g e n
Wegen der Schwierigkeit der Diagnose soll man immer erst alle diagnostischen Hilfsmittel verwenden, dann erst die Diagnose stellen, nicht eines herausgreifen und wenn das gerade stimmt, sich damit begnügen! Untersuchungen des Kniegelenkes: Zuerst soll immer eine genaue Vorgeschichte erhoben iVerden, ob ein Unfall vorliegt oder ob die Beschwerden ohne äußeren Anlaß auftraten. Handelt es sich um einen Unfall, so ist nach dem genauen Unfallhergang,
174
Beine
nach dem Auftreten von Schmerzen, Abhängigkeit von Belastung, eventuell „Herausspringen", Gefühl der Unsicherheit usw. zu fragen. Gang der Untersuchung: Beide Beine freimachen von den Zehen bis zur Leistenbeuge. Immer Vergleich mit der anderen Seite! Im Stehen und Gehen. Den Verletzten normal und auf den Zehenballen gehen lassen. Besichtigung von vorne, rückwärts, auf Achsenknickungen, Zustand der Muskulatur, Senk-, Platt-, Spreiz- und Knickfüße, Krampfadern usw. Besichtigung von beiden Seiten, ob beide Knie voll durchgestreckt werden können. Kniebeuge machen lassen. —• Einbeinstand beiderseits prüfen. Im Liegen. Besichtigung, ob Kniekontur verändert, ob sich die Kniescheibe gut herausmodelliert usw. Oberschenkelmuskulatur beiderseits maximal anspannen lassen. Prüfung der Beweglichkeit von Zehen, oberem und unterem Sprunggelenk sowie der Hüfte. Bein gestreckt heben lassen (Funktion des Streckapparates vom Lig. patell. propr. über Kniescheibe bis Oberschenkelstrecker). Knie abbiegen lassen, Vergleich mit der gesunden Seite. Prüfen, ob fremdtätige (passive) Beugung weiter möglich ist. Angabe der Beweglichkeit in Winkelgraden, normal 180—40 Grad. Prüfen auf Tanzen der Kniescheibe (Ballotement). Prüfen auf Beweglichkeit der Kniescheibe nach allen Richtungen. Prüfung von passivem Ab- und Anspreizen (Ab- und Adduktion) (Abb. 250): Eine Hand hält oberhalb des Kniegelenkes außen bzw. innen, die andere zieht den
Abb. 250. Prüfung auf Abduktion im Kniegelenk. Der Unterschenkel wird nach außen gezogen, der Oberschenkel nach innen gedrückt.
Unterschenkel nach innen bzw. außen; z. B. Halt oberhalb des Kniegelenkes außen und Abspreizen des Unterschenkels. Dabei kann Schmerz innen oder außen auftreten, dementsprechend spricht man von Abduktionsschmerz innen oder außen; dann Halt oberhalb des Kniegelenkes innen und Anspreizen des Unterschenkels (O-Stellung), dementsprechend gibt es Adduktionsschmerz innen oder außen. Außerdem kann beim Ab- oder Anspreizen das Knie auf einer Seite „aufklappbar" sein, z. B. beim Riß des inneren Seitenbandes innen (Abb. 256). Normalerweise ist das Knie in Streckstellung fest, in leichter Beugestellung etwas seitenlocker, bei normalen Verhältnissen ist dies beiderseits gleich. Prüfung auf Schublade (Abb. 251—252): Das Knie steht in einer Winkelstellung von ungefähr 120 Graden bei aufgestelltem Fuße, man faßt mit beiden Händen den Unterschenkel und schiebt ihn gegenüber dem Oberschenkel nach vorne und rückwärts. Damit wird die Festigkeit beider Kreuzbänder geprüft.
Knie
175
Abb. 251—252. Schubladenphänomen bei Kreuzbandriß. Der Unterschenkel läßt sich gegenüber dem Oberschenkel nach vorne und rückwärts verschieben. Abb. 251
Abb. 252
Druckschmerz: Betasten des Kniegelenkspaltes innen, außen, hinten, sowie des oberen und unteren Schienbein- und Oberschenkelendes. Prüfung am besten bei leicht gebeugtem Knie. Prüfung — ebenfalls bei leicht gebeugtem Knie — auf Fernschmerz bei Außenund Innendrehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel eventuell Kombinieren mit Druckschmerzprüfung. Kniegeräusche bei Bewegungen —• Knirschen, Reiben und Krachen bei Arthrose. Dann erfolgt die Röntgenaufnahme, wobei in manchen Fällen zusätzliche Spezialaufnahmen nötig sind. Damit kommen auch intraartikuläre Frakturen am unteren Oberschenkelende (S. 168,181) und oberen Schienbeinende zur Darstellung (Abb. 262—263). A c h t u n g auf a n g e b o r e n e A n o m a l i t ä t e n wie die Fabetta (Abb. 268) und die Patella bi(tri)partita (Abb. 266—267)! 4. Zerrungen und Prellungen
Bei Zerrungen und Prellungen ist das Knie bandfest, es besteht kein Erguß (s. u.), die Beweglichkeit ist häufig endgradig behindert, der Druckschmerz gewöhnlich diffus. Die Behandlung besteht in Schonung, Umschlägen und den „unterstützenden Maßnahmen" (S. 83). In schweren Fällen (besonders bei Jugendlichen) kann eine kurz dauernde Ruhigstellung zweckmäßig sein. a) Knorpelabsprengung: Selten sind kleine (Knochen-) Knorpelabscherungen, deren Diagnose mitunter recht schwierig ist; das Röntgenbild ist dabei negativ. b) Der Kniegelenkserguß. Klinisch: Das Knie ist verdickt, es besteht mäßige Beugeund Streckbehinderung, Tanzen der Kniescheibe, eventuell diffuser Druckschmerz rund um das Knie. Ist der Erguß einige Tage alt, so besteht bereits Muskelschwund des Quadrizeps. Für den chronischen Erguß ist außer dem Muskelschwund das Vorwölben des Recessus suprapatellaris zu beiden Seiten der Quadrizepssehne charakteristisch. Der Inhalt ist blutig oder serös oder blutigschleimig-serös. Entstehung: oc) Traumatisch (Inhalt blutig) bei intraartikulären Knochenbrüchen, dann schwimmen bei der Punktion immer Fetttropfen auf dem Blute, oder durch Einriß der Kapsel oder Bänder (Inhalt Blut ohne Fett). ß) Durch Reiz: Inhalt serös, z. B. beim chronischen Erguß, y) Durch spezifische Infektionen: Rheumatisch, Inhalt gelb-grünserös, schleimig. Beginnender Fungus: Inhalt gelb-grün, schleimig, trüb, flockig.
176
Beine
Traumatische Ergüsse werden insbesonders bei mangelnder Ruhe oft später serös, braun von altem Blut. Behandlung: Bei starkem Erguß Punktion (bei Trauma erst am 2. oder 3. Tag wegen Gefahr einer Nachblutung), Schwammkompression (ein Schwamm kommt in die Kniekehle, je einer seitlich der Kniescheibe, darüber elastische Binde), Bettruhe {das Wichtigste) für einige Tage, dann Aufstehen mit Schwammkompression, Kreuzbandage (aus Filz mit Fenster über der Kniescheibe), später elastische Binde. Kommt der Erguß wieder, dann neuerliche Bettruhe. Dunstumschläge sind günstig. Heißluft ist häufig schädlich. Zur Verhütung bzw. Behebung des Muskelschwundes beginnt man sofort mit aktivem Anspannen des M. quadriceps (Quadrizepsübungen), dazu kommen später Widerstandsübungen und vorsichtige Gymnastik. Kniepunktion: Wichtig: Peinlichste Sterilität
Nach Injektion von einigen Kubikzentimetern örtlicher Betäubung wird eine kurze dicke Nadel am Kreuzungspunkt des oberen und seitlichen Kniescheibenrandes eingestochen (Abb. 253—254), der Erguß abgelassen oder mit einer
Abb. 253—254. Kniegelenkspunktion am äußeren oberen Rande der Kniescheibe (Kreuzungspunkt der oberen und lateralen Begrenzungslinie). Im Liegen!
Spritze abgesaugt. Bei Bluterguß Achtung auf Fetttropfen (intraartikulärer Knochenbruch!). Steriler Verband! Mit der heutzutage vielfach üblichen I n j e k t i o n e i n e s C o r t i s o n d e r i v a t e s muß man ä u ß e r s t v o r s i c h t i g sein, nicht nur vom Standpunkt der Sterilität. Das Präparat kann die Widerstandsfähigkeit herabsetzen und dadurch zur blanden Infektion führen (S. 39). 5. Bandverletzungen
a) Zerrungen des inneren Seitenbandes. Entstehung durch Gewalteinwirkung auf das Knie von außen oder durch Außendrehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel (z. B. als Schiverletzung). Klinisch: Kein Erguß, Streckbehinderung, Durchstreck-, Abduktions- und Druckschmerz am oberen Ansatz des inneren Seitenbandes. Behandlung: Idealbinde, Dunstumschläge, Heißluft. Es dauert gewöhnlich 4—6 Wochen, bis das Knie wieder durchgestreckt werden kann.
Knie
Tabelle 4 Differentialdiagnose Leitsymptom Diagnose
177
der Bandverlet^ungen
des
Kniegelenkes
aufklappbar
Streckbehinderung
nein
gewöhnlich
innen
gewöhnl. nicht
Abduktionsschmerz außen Beschädigung des äußeren Meniskus
nein
manchmal (Korbhenkel)
Gelenkspalt außen
Adduktionsschmerz innen Schädigung des inneren Meniskus
nein
manchmal (Korbhenkel)
Gelenkspalt innen
Adduktionsschmerz außen Zerrung des äußeren Scitenbandcs Riß des äußeren Seitenbandes
nein außen
nein nein
diffus außen diffus außen
Abduktionsschmerz innen Zerrung des inneren Seitenbandes Riß des inneren Seitenbandes
Druckschmerz am inneren Oberschenkelkondyl diffus innen
Z u warnen ist vor gewaltsamen Streckversuchen des Kniegelenkes, passiven Bewegungsübungen, Massage! Sonst kommt es zur Entwicklung des SriEDAschen Schattens (Abb. 255), der bei Unterlassen von „Gewaltmaßnahmen" ausbleibt. Bei Jugendlichen ist eine Gipshülse für 14 Tage das Zweckmäßigste; das gleiche gilt für schwere Zerrungen bei Erwachsenen. b) Riß des inneren Seitenbandes. Entstehung wie bei der Zerrung, jedoch durch stärkere Gewaltein Wirkung. Klinisch: Häufig Erguß, beim Stehen gibt das Knie nach innen nach, gestörte Standfestigkeit, Abduktionsschmerz innen, Abduktionsschlottern, diffuser Druckschmerz entlang dem inneren Seitenband. Der Riß des inneren Seitenbandes ist oft auffallend wenig empfindlich, in der Regel weniger als die Zerrung. Dadurch wird die Schwere der Verletzung häufig übersehen und es kommt zum Schlotterknie, dies besonders dann, wenn gleichzeitig ein Kreuzband gerissen ist. Röntgen: Auf dem in Abduktion gehaltenen Bild ist der Gelenkspalt innen aufklappbar (Abb. 256). Behandlung: Ruhigstellung mit Zinkleim-Gipshülse (S. 73, Abb. 80) für mindestens 12 bis 14 Wochen bei einer Stellung des Kniegelenkes von 160 Grad. Der Verletzte soll mit der Gipshülse fleißig gehen, eventuell Heilgymnastik betreiben. Der größte Teil der Seitenbandrisse wird mit der konservativen Behandlung wieder fest, ein Teil bleibt teilweise locker, besonders bei jenen Fällen, in denen der abgerissene Teil des Bandes in das Knie eingeschlagen ist. Daher ist man vielfach grundsätzlich zur primären b l u t i g e n A d a p t i o n des gerissenen Bandes übergegangen, insbesonders dann, wenn gleichzeitig eine Zerreißung oder Überdehnung eines Kreuzbandes vorhanden ist; leider ist dies in frischen Fällen häufig primär klinisch nicht zu diagnostizieren. Dabei ist wichtig, daß man die einzelnen Teile des Bandes wieder an ihren Platz legt und mit feinsten Nähten fixiert. Eine d i c h t e N a h t i s t u n z w e c k m ä ß i g . Bei der Revision ist vor der Naht das E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
12
178
Beine
Abb. 256
Abb. 255 Abb. 255. Stiedascher Schatten bei 40jährigem Landwirt; vor 3 Monaten Sturz von einem Lastauto, unter Schmerzen weitergearbeitet.
Abb. 257
Abb. 256. Riß des inneren Seitenbandes und Kreuzbandes bei 47jährigem Polizisten, Autounfall. Der Kniegelenkspalt innen auf 23 mm zu erweitern, Abriß des unteren Ansatzes des vorderen Kreuzbandes. Kniegelenk in Abduktion gehalten. Abb. 257. Abriß der Spitze des Wadenbeinköpfchens mit dem äußeren Seitenband bei 56jährigem Ingenieur. Auf Motorrad von Auto niedergestoßen. Kniegelenk außen aufklappbar, Diastase der Bruchstücke. Bild in Adduktion gehalten.
Kreuzband und der mediale Meniskus zu inspizieren, sie können mitverletzt sein! Nach der Naht genügt die Ruhigstellung mit Gipshülse für 6 Wochen, ebenfalls bei einer Stellung des Gelenkes von 160 Grad. Nachbehandlung: unterstützende Maßnahmen, S. 83. Vor gewaltsamen
Bewegungsübungen warnen.
¡st d r i n g e n d
zu
c) Riß der Kreuzbänder. Das vordere Kreuzband ist häufig gemeinsam mit dem inneren Seitenband zerrissen (Abb. 256), z. B. nach Schistürzen. Der isolierte Riß eines Kreuzbandes ist sehr selten, er kommt bei gewaltsamer Drehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel und bei scherender Gewalt von vorne nach rückwärts zustande. Klinisch: Mäßiger Erguß, Schwellung, Gefühl der Unsicherheit im Knie. Charakteristisch ist die „Schublade" (S. 175, Abb. 251—252). Behandlung: Ruhigstellung mit Gipshülse wie beim Riß des inneren Seitenbandes für 8 Wochen, Nachbehandlung wie beim Seitenbandriß. Die Naht des zerrissenen Kreuzbandes beim isolierten Riß halten wir für einen zu großen und zu schwierigen Eingriff. Findet sich bei der Naht eines zerrissenen inneren Seitenbandes (S. 177) gleichzeitig ein Riß des Kreuzbandes, so werden die Rißränder adaptiert, die Naht der Ränder ist technisch nicht durchführbar. d) Riß des äußeren Seitenbandes: Diese Verletzung ist äußerst selten, meistens reißt der Ansatz mit einem Stück des Wadenbeinköpfchens ab.
179
Knie
Klinisch: Schwellung, Erguß, Bewegungsbeschränkung. Adduktionsschmerz außen, Adduktionsschlottern, diffuser Druckschmerz über dem Kniegelenk außen. Der Riß ist im Röntgenbild darstellbar, wenn das Knie in Adduktion gehalten wird (Abb. 257). Behandlung: Naht des Bandes bzw. Knochens. Ruhigstellung mit Oberschenkelgipshülse für 4 bis 6 Wochen, Nachbehandlung wie oben. Gleichzeitig mit einem Riß des äußeren Seitenbandes bzw. einem Abriß des Wadenbeinköpfchens kann der äußere Teil der Gelenkkapsel, sogar der N. peroneus zerrissen sein. Der Nerv muß dann genäht werden, jedoch nicht die Kapsel. Bei alten Rissen des inneren oder äußeren Seitenbandes bzw. der Kombination inneres Seitenband + Kreuzband ist eine Plastik zu empfehlen. e) Ausriß der Eminentia intercondyloidea. Klinisch: Schwellung (Bluterguß), Standunsicherheit bis Standunfähigkeit, schmerzhafte Bewegungsbehinderung des Kniegelenkes, insbesonders der Streckung. Behandlung: Falls das ausgerissene Stück aus dem Bett gehoben ist, was das Röntgenbild zeigt, wird es in Narkose durch Überstreckung des Kniegelenkes eingerichtet und mit Oberschenkelgipshülse für 4 Wochen ruhiggestellt. Falls keine Verschiebung besteht, wird nur die Gipshülse angelegt. 6. Verletzung des inneren Meniskus
Entstehung und Begutachtung S. 213. Die akute Einklemmung ist leicht zu diagnostizieren: starker Schmerz im Knie, Streckbehinderung, kein Erguß, keine Schwellung, Durchstreckschmerz, eventuell Adduktionsschmerz und auch Drehschmerz innen, Druckschmerz im Kniegelenkspalt innen vor dem inneren Seitenband. Wichtig ist die Anamnese mit der Einklemmung! Typisch ist, daß die Beschwerden nach dem Einklemmen in immer kürzerer Zeit verschwinden. Eventuell findet sich ein geringer Reizerguß nach der Einklemmung. Nach einigen Tagen ist der Betreffende meist wieder beschwerdefrei. Risse am Meniskus ohne Einklemmungserscheinungen sind schwerer zu diagnostizieren, sie b e d ü r f e n manchmal längerer Beobachtung, eventuell einer Provokation. 7. Verletzung des äußeren Meniskus
Entstehung und Vorgeschichte ist gleich wie beim inneren Meniskus. Die Symptome sind jedoch im Gelenkspalt außen. Viel diskutiert ist die Frage, ob man mit der Kontrastfüllung des Kniegelenkes — am zweckmäßigsten und unschädlichsten ist die Pneumoradiographie — diagnostisch wesentlich weiterkommt. 8. Behandlung der Meniskusrisse
Operative Entfernung des abgetrennten Stückes. Die Entfernung des ganzen Meniskus halten wir nicht für zweckmäßig, außer beim „Bergmann-Meniskus"; hier ist der Meniskus zerschlissen. Eine Ruhigstellung hat beim gerissenen Meniskus keinen Zweck, da das abgerissene Stück nicht mehr anheilt und im Laufe der Zeit zur Arthrose führt. Nachbehandlung nach der Operation: wie üblich mit unterstützenden Maßnahmen (S. 83). 12»
180
Beine 9. Kniegelenksverrenkungen
Entstehung durch langsame, gewaltsame Verdrehung des Beines. Die Verrenkung ist nach 4 Richtungen möglich, am häufigsten kommt es jedoch zur Verrenkung nach außen vorne (Abb. 258—261) — der Unterschenkel steht in Valgusstellung
A b b . 258—261. Kniegelenksverrenkung links nach außen und vorne mit Verdrehung des Unterschenkels nach außen. (Nach B ö h l e r . )
und Außendrehung — oder nach außen-hinten — der Unterschenkel steht in Varusstellung und Innendrehung. Komplikationen: Offene Verrenkung, bei sehr starker Verschiebung Druck auf die A. poplitea oder deren Zerreißung oder Schädigung der Nerven (am häufigsten Peroneuslähmung). Wichtig: Vor der Einrichtung den Puls der A. dorsalis pedis und die Zehenbeweglichkeit und die Berührungsempfindung des Beines prüfen.
181
Knie
Die Einrichtung erfolgt in allgemeiner Betäubung durch Zug am Unterschenkel in der Längsrichtung bei Gegenhalt am Oberschenkel, während gleichzeitig vorsichtig die Verdrehung und Abweichung aus der Achsenrichtung ausgeglichen wird, z. B. bei der Verrenkung nach außen-vorne durch Längszug und gleichzeitigen Druck am Unterschenkel unterhalb des Knies nach innen-rückwärts. Anschließend wird mit Gipshülse (S. 73, Abb. 80) für 12 Wochen bei einer Winkelstellung von 160 Grad ruhiggestellt. Baldiger Beginn mit Gehen, später GymAbb. 262
Abb. 263
unteres Oberschenkelende. Oberes Schienbeinende. IM
Kniescheibe.
Abb. 264
Abb. 265
Abb. 264—265. Querbruch der Kniescheibe bei 41jährigem durch Sturz. Die Bruchstücke gegeneinander verschoben und geknickt, Diastase von 2 cm vorne. Naht. 1/2 Jahr später Heilung in idealer Stellung, Beweglichkeit praktisch frei, beschwerdefrei.
Abb. 262 u. 263. Kniegelenksfrakturen (intraarticulär).
nastik. Nach Abnahme des Gipsverbandes Zinkleim, Idealbinde und unterstützende Maßnahmen S. 83. Brüche am unteren Oberschenkel- und oberen Schienbeinende werden dann als Kniegelenksfrakturen (Abb. 262—263) bezeichnet, wenn eine Bruchfläche ins Gelenk reicht. Dazu gehört noch der Ausriß der Eminentia intercondyloidea (S. 179) sowie der Bruch der Kniescheibe. 10. B r u c h der Kniescheibe
(Abb. 264—265). Entstehung meist durch Sturz auf das Knie (manchmal offener Bruch). Klinisch besteht starke Schwellung und Erguß, Unfähigkeit, das Bein gestreckt zu heben, in frischen Fällen sieht oder tastet man beim Querbruch eine Diastase der Bruchstücke. Röntgen! Es gibt Quer-, Stück- und Sternbrüche, selten Längsbrüche, die nur in der Tangentialaufnahme der Kniescheibe zu sehen sind. Behandlung: Für Brüche ohne Diastase wird mit einer Gipshülse (S. 73, Abb. 80) bei gestrecktem Knie für 3 Wochen ruhiggestellt, bei Diastase (Abb. 264—265) muß operiert werden — wichtig dabei ist, daß außer der zerbrochenen Kniescheibe
182
Beine
auch der zerrissene seitliche Streckapparat genäht wird. Beim Trümmerbruch der Kniescheibe ist die Patellektomie, also die Entfernung der Bruchstücke das Zweckmäßigste. Nach Wundheilung wird ebenfalls eine Gipshülse angelegt, womit der Verletzte gehen kann und soll. Nachbehandlung:
Wie üblich mit den unterstützenden Maßnahmen (S. 83).
V o r gewaltsamen Beugungsversuchen ist nachdrücklich zu warnen! Bei offenen Brüchen der Kniescheibe ist es meist besser, zunächst nur die operative Wundversorgung durchzuführen und nach Heilung der Wunde den Knochenbruch sekundär zu operieren.
Abb. 266
Abb. 267
Abb. 266—267. Angeborene Patella bipartita und normale Kniescheibe.
W i c h t i g : Die angeborene Patella bipartita ( A b b . 266—267) wird häufig mit einem alten Kniescheibenbruch verwechselt! Für die Unterscheidung ist wichtig, daß die Patella bipartita häufig beiderseitig ist, in der Regel am äußeren oberen Rande sitzt, die Ränder glatt und sklerosiert sind. Bei Jugendlichen kommt es manchmal zum „eierschalenartigen" Ausriß am oberen oder unteren Pol der Kniescheibe. Er muß ebenfalls operiert werden. 11. Verrenkung der Kniescheibe
Zur Kniescheibenverrenkung kommt es am häufigsten bei Mädchen mit lockeren Bändern und X-Beinen. Bei mittlerer Beugung rutscht die Kniescheibe nach außen (äußere Verrenkung) oder sie dreht sich um die Längsachse und stellt sich am inneren Rand so auf, daß die Gelenkfläche nach außen sieht (vertikale Verrenkung). Das Knie steht in leichter Beugung und kann weder gestreckt noch gebeugt werden. Die Einrichtung ist manchmal ohne Narkose durch Strecken des Kniegelenkes und Hinüberdrücken der Kniescheibe möglich. Eine Ruhigstellung ist nicht notwendig, in der Regel genügt das Tragen einer Idealbinde für eine gewisse Zeit. Die habituelle Kniescheibenverrenkung
kann mit Erfolg operiert werden.
183
Unterschenkel 12. Freie K ö r p e r ( G e l e n k s m ä u s e )
Gelenksmäuse sind selten Folge von Absprengungen der harten und weichen Kniegelenksanteile, häufiger krankhafter Natur, z. B. bei Osteochondritis dissecans. Gelenksmäuse ohne Knochenkerne sind zwar klinisch eindeutig und werden vom Patienten selbst diagnostiziert, zur röntgenologischen Darstellung ist jedoch oft die Luftfüllung des Gelenkes (Pneumoradiographie) notwendig. Die freien Körper sollen operativ entfernt werden, sonst führen sie zu sekundärer Arthrose. — Die Fabella (Abb. 268), ein Sesambein im lateralen Gastrokn emiuskopf, wird h ä u f i g mit einem freien Körper verwechselt.
A b b . 268. F a b e l l a als N e b e n b e f u n d b e i P r e l l u n g d e s K n i e g e l e n k e s C41 j ä h r i g ) .
13. R i ß d e r R e k t u s s e h n e o b e r h a l b d e r K n i e s c h e i b e u n d des L i g a m e n t u m patell. p r o p r .
Diese Verletzungen seien nur kurz erwähnt. Bei beiden besteht Unfähigkeit, das Bein gestreckt zu heben, und man spürt den Hoch- bzw. Tiefstand der Kniescheibe und bei frischen Fällen eine entsprechende Grube oberhalb oder unterhalb derselben. Behandlung: Operation. a) Die Meniskus-Zyste: Die Meniskus-Zyste ist keine Unfallfolge; sie zeigt sich als druckschmerzhafte Vorwölbung im Kniegelenkspalt außen, äußerst selten innen. Geklagt wird über ziehende Schmerzen im Knie. Behandlung: Operative Entfernung der Zyste. Häufig findet sich bei der Operation ein Riß im äußeren Meniskus. D.
Unterschenkel
Wunden und Infektionen s. Allgemeiner Teil. Gerade am Unterschenkel, an welchem nach der Hand frische Zufalls wunden am häufigsten vorkommen, ist auf g u t e N a r b e n v e r h ä l t n i s s e b e s o n d e r e r W e r t zu l e g e n , soll es nicht später zu Narbengeschwüren kommen, die im Alter nicht mehr zu heilen sind. Daher sind die auf S. 24 beschriebenen Methoden der Deckung von Hautverlusten auf das Genaueste zu beachten, z. B. die scherengitterartigen Entspannungsschnitte nach TITZE (Abb. 21—23) bzw. die primäre Deckung mit einem Spalthautlappen (Abb. 24). Unbedingte Bettruhe bis zum vollkommenen Abheilen der Wunden. Aufstehen und Gehen begünstigt durch das Auftreten von Schwellung und Stauung die Entstehung einer Infektion bzw. verzögert die Heilung. 1. P r e l l u n g , B l u t e r g ü s s e , M u s k e l q u e t s c h u n g e n
Behandlung: Umschläge, eventuell Bettruhe. Für viele Fälle ist das zweckmäßigste, sofort einen Zinkleim- oder Elastoplastverband anzulegen; dadurch werden die Verletzten mit geringen oder ohne Schmerzen sofort gehfähig. In schweren Fällen
184
Beine
gibt man einen Gipsverband für 2—3 Wochen, um den Betreffenden sofort auf die Beine zu bringen. Nach Gipsabnahme oder auch sonst kommen die unterstützenden Maßnahmen zur Anwendung (S. 83). 2. D e r R i ß d e r A c h i l l e s s e h n e
(S. 214) ist eine häufige Sportverletzung, insbesondere im mittleren Alter und kommt bei scharfem Laufen in unterkühltem Zustand, durch plötzliche örtliche Abkühlung, beim Endspurt usw. zustande; in letzter Zeit sehen wir sie in zunehmendem Maße als typische Schiverletzung beim Sturz nach vorne, bedingt durch die starre Bindung. Wird häufig übersehen! Klinisch: Unfähigkeit, auf den Zehenspitzen zu gehen, die Plantarflexion des Fußes gegen Widerstand ist unmöglich (Vergleich mit der gesunden Seite). In frischen Fällen sieht und tastet man eine Stufe oberhalb der Ferse, wenn ein Querriß an dieser Stelle sitzt. Er kann aber auch weiter proximal sitzen, auch am Übergang zum Muskel. Behandlung: Naht mit anschließender Ruhigstellung im (Geh)gips für 6 Wochen ab Operation. 3. K n o c h e n b r ü c h e Erste
H i l f e (S. 12).
a) Schienbeinkopf. Die Schienbeinkopfbrüche entstehen am häufigsten durch Sturz aus größerer Höhe auf das gestreckte Bein, in letzter Zeit vielfach als Straßenverkehrsunfall. Patient ist unfähig, das Bein zu belasten und gestreckt zu heben, eventuell Verbiegung, das Knie ist geschwollen, in seiner Beweglichkeit stark beschränkt. Es gibt Y-V-T-Brüche mit oder ohne Verschiebung, die Bruchflächen reichen ins Kniegelenk, das Blut mit Fett enthält. Falls keine Verschiebung besteht, legt man Zinkleim-Oberschenkel-Gipshülse (S. 73, Abb. 80) für 6 Wochen an, läßt den Verletzten nach einigen Tagen aufstehen, jedoch nicht belasten. Röntgenkontrolle zur Vermeidung einer sekundären Knickung ist nötig. — Brüche mit Verschiebungen behandelt man entweder in Extension für etwa 6 Wochen (funktionelle Behandlung) oder verschraubt sie nach entsprechender Reposition; in letzterem Fall muß die Devise lauten Stabile Osteosynthese — frühzeitige Mobilisation — späte Belastung (nach etwa 2 Monaten)! b) Isolierte Brüche des inneren bzw. äußeren Schienbeinknorrens. Falls sie nicht verschoben sind, legt man eine Gipshülse für 4 Wochen an; falls nur eine Achsenknickung besteht, richtet man durch Adduktion beim Bruch des äußeren Schienbeinkopfes, durch Abduktion beim Bruch des inneren Kondyls auf und legt ebenfalls Zinkleim-Gipshülse für 6 Wochen an. Relativ häufig sind in letzter Zeit die lateralen Schienbeinkopf brücke geworden, insbesonders als Straßenverkehrsunfall. Man unterscheidet den Spalt- und Impressionsbruch (Abb. 269—271). Falls es der Zustand des Verletzten erlaubt, soll man hier das laterale Gelenkplateau operativ wiederherstellen. Dies geschieht am zweckmäßigsten durch Verschraubung, wobei manchmal eine Unterfütterung des nach Heben der Gelenkfläche entstandenen Knochendefektes nötig ist. Auch hier ist das oben erwähnte
Unterschenkel
Motto — stabile Osteosynthese — frühzeitige Mobilisation — späte Belastung — führend. Kann man aus irgendwelchen Gründen die Form des Schienbeinkopfes nicht wiederherstellen, so bleibt ein unstabiles Knie, das zur sekundären Osteoarthrose führt. Das Wadenbeinköpfchen ist manchmal mitgebrochen, die Stellung desselben ist für die endgültige Heilung gleichgültig, maßgebend ist nur das Schienbein. c) Infrakondylär: Die infrakondylären Brüche sind extraartikulär und können verschoben oder nicht verschoben sein. Die Behandlung besteht je nach Bruchform und Verschiebung in Extension oder Gipsverband bzw. in der Kombination beider.
185
Abb. 269
Abb. 270
Abb. 271
Abb. 269—271. Brüche des äußeren Schienbeinkondyls. Abb. 269. Spaltbruch. Abb. 270.
Impressions- = Depressionsbruch mit breitem Rand.
Abb. 271. Impressions ( = Depressions)bruch mit schmalem Rand. Man vergleiche die verschiedene Höhe des lateralen Kondyls und die verschiedene Länge des inneren Knieseitenbandes. Auf Abb. 270 u. 271 ist dieses Band gedehnt. Während bei Abb. 269 der innere Kniegelenkspalt geschlossen ist, klafft er auf Abb. 270 u. 27t.
d) Brüche der Epiphyse und Epiphysenlösungen am oberen Schienbeinende sind sehr selten. Letztere können bei starker Verschiebung zum Druck oder sogar zur Zerreißung der A. poplitea bzw. A. tibialis post. führen.
e) Schienbeinschaft (isoliert). Falls er quer gebrochen und nicht geknickt ist, legt man einen Oberschenkel-Gehgipsverband für 6—8 Wochen an. Drehbrüche, die wir am häufigsten bei Kindern und Jugendlichen — derzeit als häufigste Schiverletzung — finden, behandelt man am zweckmäßigsten im Zugverband für die ersten Wochen, da sie unstabil sind. Ohne Extension kommt es manchmal zu einer irreparablen Verkürzung. Während der Behandlung ergeben sich manchmal Schwierigkeiten insofern, als das nicht gebrochene Wadenbein als Sperrknochen wirkt, es kommt zur Knickung im Sinne von Varus und Rekurvation. Dann erweist sich das Einbrechen des Wadenbeines oder seine Osteotomie als notwendig f) Bruch beider Unterschenkelknochen. Entstehung: Drehbrüche durch Sturz, alle anderen durch direkte Gewalteinwirkung. Es gibt Quer-, Biegungs-, Dreh-, Stück- und Trümmerbrüche (Abb. 27—32). Klinisch: Alle Unterschenkelbrüche mit Ausnahme der isolierten Brüche des Wadenbeines zeigen aufgehobene Gebrauchsfähigkeit, Unmöglichkeit der Belastung, Schwellung, Bewegungsbeschränkung von Knie und Sprunggelenk (schmerzgehemmt), manchmal Verbiegung, also die charakteristischen Zeichen eines frischen Knochenbruches (S. 40). Röntgen! Bei der Untersuchung ist außer dem auf S. 174 Gesagten sehr wichtig: Prüfung der Zehenbeweglichkeit (N. peroneus), Puls der A. dorsalis pedis und tibialis post. (immer Vergleich mit der anderen Seite).
186
Beine
Behandlung: Alle unstabilen Brüche mit Verkürzung oder Gefahr einer solchen (Dreh- und Biegungsbrüche) gehören zunächst in Streckbehandlung. Diese erzielt auch die Reposition. Bei Quer-, Stück- und Biegungsbrüchen mit Verschiebung und Verkürzung richtet man am besten im Schrauben^ugapparat nach B Ö H L E R ein und schließt einen Dauerzug an. Bei stärkerer Verschiebung ist die Markdrahtung (von der Tuberositas tibiae oder vom inneren Knöchel her) sehr zweckmäßig. Röntgenkontrollen nach 8 und 14 Tagen. Die Extension bleibt 3—4 Wochen, anschließend wird ein ungepolsterter Oberschenkel-Gehgipsverband angelegt, welcher bis zur Oberschenkelmitte reicht (S. 72). Beim Querbruch ohne Verschiebung kann man sofort gipsen, muß aber sofort und vollkommen bis auf die Haut spalten und legt nach Abklingen der Schwellung einen Gehgips verband an. Nach Anlegen des Gehgipses und später alle 14 Tage (Gefahr der sekundären Verbiegung) ist eine Röntgenkontrolle notwendig. Bis zum Festwerden eines Unterschenkelbruches ohne Verschiebung dauert es gewöhnlich mindestens 8 Wochen, bei Verschiebung mindestens 12 Wochen. Trümmerbrüche am unteren Schienbeinende kann man je nach der Verschiebung bzw. Verwerfung im Bereiche des Sprunggelenkes nach Einrichten in Extension behandeln. Manchmal ist nach dem Einrichten (mit dem Bildwandler) eine temporäre Bohrdrahtfixation (für 4—6 Wochen) und Gipsverband zweckmäßig. Bei schweren Trümmerbrüchen mit starker Knorpelschädigung ist an eine Früh-Arthrodese des oberen Sprunggelenkes zu denken. Bei allen Unterschenkelschaftbrüchen muß der Gipsverband bis zur Oberschenkelmitte reichen! Unterschenkelbrüche sind häufig o f f e n (direkt oder indirekt S. 44, Abb. 19—20). Hier ist die exakte operative Wundversorgung das Ausschlaggebende, bei Hautdefekten unter Zuhilfenahme einer primären Hautplastik (S. 24, Abb. 21—24). Meist ist auch die primäre Markdrahtung mit 2—4 KIRSCHNER-Drähten das zweckmäßigste. Sie werden (unter dem Bildwandler) je nach der Höhe des Bruches vom inneren Knöchel oder vom Schienbeinkopf aus eingeschlagen. Ruhigstellung mit Oberschenkelgipsverband, welcher sofort der ganzen Länge nach bis auf die Haut gespalten und breit aufgebogen wird. Hier ist unter Umständen auch die „Aufgeschobene Primärversorgung" (S. 25) anzuwenden, besonders dann, wenn der Verletzte stark schockiert eingeliefert wird. g ) Epiphysenlösung: Epiphjsenlösungen am unteren Schienbeinende (Abb. 272—275) müssen exakt eingerichtet und mit Gipsverband ruhiggestellt werden. Der primäre Gips wird ebenfalls —• wie oben beschrieben — gespalten; nach Abklingen der Schwellung Gehgipsverband. Zeit der Ruhigstellung durchschnittlich 6 Wochen. Über den Bruch der Epiphyse am unteren Schienbeinende S. 192. h) Isolierter Bruch des Wadenbeines: Er entsteht durch direkte Gewalteinwirkung. Klinisch besteht Schwellung, Druckschmerz, manchmal wegen Schmerzen Unmöglichkeit des Auftretens. Röntgen!
187
Unterschenkel
Abb. 272
Abb. 273
Abb. 274
Abb. 275
Abb. 272—275. Epiphysenlösung am unteren Schienbeinende mit einem lateralen Keil der Metaphyse und Bruch des äußeren Knöchels oberhalb der Wachstumsfuge. Einrichtung über einen gepolsterten Keil in Allgemeinnatkose und Unterschenkelgips für 8 Wochen. — 6jähriger Landwirtssohn. Sturz auf einer Wiese. Abb. 274—275. Röntgenkontrolle nach Gipsabnahme: kallöse Heilung in idealer Stellung. Leichte Entkalkung.
Behandlung: Zinkleimverband; falls der Verletzte damit nicht gehfähig ist, wird •ein Gehgips für 2—3 Wochen angelegt. 4. Nachbehandlung nach G i p s a b n a h m e
Nach Abnahme aller Gipsverbände vom Bein —• also nach kallöser Heilung — ist es zunächst am zweckmäßigsten, sofort einen Zinkleimverband anzulegen (S. 76), um die posttraumatische Schwellung, die mit Thrombophlebitis nichts zu tun hat, zu verhüten. Das Bein soll belastet werden. Dazu kommen die unterstützenden Maßnahmen (S. 83). Siehe auch Tabelle 5.
Tabelle 5 N a c h b e h a n d l u n g nach G i p s a b n a h m e 1. H o c h l a g e r u n g , sooft als möglich. 2. D u n s t u m s c h l a g der 1 — 2 Stunden und — falls er nicht stört — die ganze Nacht bleibt. Falls kaltes Wasser unangenehm empfunden wird, kann man auch lauwarmes nehmen, mit elastischer Binde in der Frühe vor dem 3. B a n d a g i e r e n Aufstehen. 4. B a d (mit Heublumen oder sonstigen Zusätzen): Nicht zu konzentriert, warm. 1 x täglich etwa % Stunde, der Haut anschließend an das Bad und leicht 5. E i n k r e m e n einmassieren. 6. Bestrahlung (falls vorhanden) mit Blaulicht, Rotlicht oder Tiefenstrahler 15— 20 Minuten. Entfernung 50 cm.
Beine
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E. S p r u n g g e l e n k Erste Hilfe (S. 12). 1. W u n d e n — Infektionen
Bei Wunden ist während der operativen Versorgung darauf zu achten, ob nicht das Gelenk eröffnet ist. Bei allen Wunden und Infektionen ist mit Gipsverband ruhigzustellen, dieser ist der Länge nach vollständig zu spalten, über der verletzten Stelle wird ein Fenster ausgeschnitten, Hochlagerung, Bettruhe. 2. Z e r r u n g e n
Bei Zerrungen, entstanden durch gewaltsames Verdrehen des Fußes gegenüber dem Unterschenkel oder umgekehrt, besteht Schwellung, schmerzhafte Bewegungsbeschränkung, häufig die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, aufzutreten, meist Druckschmerz, verschieden stark, entweder diffus oder umschrieben, z. B. bei der klassischen Distorsio pedis im Sinus tarsi, das ist vor dem äußeren Knöchel. Sehr wichtig: I m m e r p r i m ä r nachsehen, ob Bandlockerung besteht oder nicht!
3. B a n d l o c k e r u n g
Es gibt zwei charakteristische Formen der Bandlockerung
oder
erreißung:
a) Seitenlockerung (Lateralsubluxation), entsteht durch Pronation des Fußes oder Verdrehung. Charakteristisch ist der „Anschlag". Prüfung (Abb. 276—277):
Abb. 276
Abb. 277
Abb. 276. Prüfung auf „Anschlag" und Haltung zur Röntgenaufnahme bei Außenverschiebung (Lateralsubluxation) des Sprungbeines mit oder ohne Bruch des äußeren Knöchels. Wichtig, daß der Fuß parallel verschoben und nicht geknickt ist. Abb. 277. Prüfung und Haltung zur Röntgenaufnahme bei Supinationslockerung.
189
Sprunggelenk
eine Hand hält den Unterschenkel, die andere die Ferse und schiebt nun ohne Verbiegung und Verdrehung den Fuß rein seitlich hin und her. Man spürt bei entsprechender Verletzung deutlich, daß das Sprungbein bei Innenverschiebung an den inneren Knöchel „anschlägt" ( P r ü f u n g nicht einfach /). Zugrunde liegt dieser Verletzung eine Zerreißung des vorderen, manchmal auch des Abb. 278 Abb. 279 hinteren tibiafibularen Bandes und häufig auch eine Dehnung Abb. 278—279. Drehbruch des äußeren Knöchels oder Zerreißung des Bandes un- mit Subluxation des Sprungbeines um 2 mm nach (in Außenverschiebung gehaltenes Röntgenter dem inneren Knöchel. Diese außen bild). Abb. 279. Im Gipsverband ist der Gelenkspalt Subluxation ist bei gehaltenem wieder normal breit, die Subluxation eingerichtet. Sprunggelenk röntgenologisch 65jähriger, Sturz auf Glatteis. darstellbar (Abb. 278—279). Der „Anschlag" ist nur dann auslösbar, wenn der innere Knöchel nicht gebrochen ist! b) Die Supinationslockerung (Dehnung oder Zerreißung des Bandes zwischen äußeren Knöchel und Fersenbein). Es besteht verschieden starke Schwellung und Druckschmerz unter dem äußeren Knöchel. Das Röntgenbild des in Supination gehaltenen Fußes (Abb. 277) (immer Vergleichsbild mit der anderen Seite) zeigt Klaffen des Sprunggelenkspaltes außen (Abb. 280—281). Abb. 280—281. Supinationslockerung. Das — beiderseits — in Supination gehaltene Röntgenbild zeigt den Sprunggelenkspalt links außen doppelt so weit als innen, im gehaltenen Vergleichsbild (rechts) keine Erweiterung. — Zur Vornahme der Röntgenbilder Bleihandschuhe (auf beiden Abbildungen oben bzw. auf Abb. 280 auch unten zu sehen). Abb. 281
Abb. 280
Behandlung für d) und b): Gehgipsverband für 4—6 Wochen, je nach Schwere; anschließend Zinkleim und unterstützende Maßnahmen. Wird nicht ruhiggestellt, so besteht die Gefahr der dauernden Bandlockerung. Vollständige Zerreißungen, bei welchen das Sprungbein um mehr als 15 mm aus der Sprunggelenksgabel gekippt werden kann, sollten operativ durch Naht vereinigt werden. 4. P r e l l u n g e n des S p r u n g g e l e n k e s und des Fußes
Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung. Die klinischen Symptome sind die gleichen wie bei den Zerrungen, die Gefahr einer Bandschädigung ist sehr gering.
190
Beine
Behandlung: Um den Verletzten möglichst bald gehfähig zu machen und Schwund von Muskeln und Knochen zu vermeiden, ist das Anlegen eines Zinkleimverbandes oder Elastoplastverbandes das zweckmäßigste; falls der Betreffende nicht auftreten kann, gibt man einen Gehgipsverband für 14 Tage. Nach dessen Abnahme Zinkleimverband, unterstützende Maßnahmen S. 83. 5. B r ü c h e i m Bereiche des S p r u n g g e l e n k e s ( A b b . 2 7 8 — 2 7 9 , 2 8 2 — 2 8 6 )
a) Drehbuch des äußeren Knöchels mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach außen (Abb. 278, 284). Dazu eventuell Abriß des inneren Knöchels. b) Pronationsbruch des äußeren oder beider Knöchel mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach außen (Abb. 283, 287—288). Abb. 282—286. Bruchformen im Bereiche des Sprunggelenkes. Abb. 282. Supinationsbruch beider Knöchel mit Verschiebung des Sprungbeines nach innen, Varusstellung. Abb. 283. Pronationsbruch beider Knöchel (Biegungskeil am Wadenbein) mit Verschiebung (Subluxation) des Sprungbeines nach außen. Abb. 284. Drehbuch des äußeren Knöchels mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen. Abb. 285. Bruch eines oder beider Knöchel (nur in der nicht dargestellten ap-Aufnahme zu sehen) mit Abbruch eines „vorderen" Keiles vom unteren Schienbeinende; das Sprungbein ist nach vorne und zentral teilverrenkt. Abb. 286. (Bruch eines oder beider Knöchel, nur in der nicht dargestellten ap-Aufnahme zu sehen) mit Bruch eines „hinteren" Keiles vom unteren Schienbeinende; das Sprungbein ist mit diesem Keil nach rückwärts und zentral teilverrenkt.
c) Supinationsbruch (Abb. 282).
beider Knöchel mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach innen
d) Bruch eines oder beider Knöchel mit Abbruch einer Schale bzw. eines Keiles vom hinteren unteren Schienbeinende und (Teil-)Verrenkung des Sprungbeines nach rückwärts (Abb. 286). e) Bruch eines oder beider Knöchel mit Abbruch eines verschieden großen Keiles vom vorderen unteren Schienbeinende mit Teilverrenkung des Sprungbeines nach vorne (Abb. 285). f) Zerreißung des unteren tibiafibularen Bandes mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen, eventuell Abbruch einer kleinen Knochenschale vom hinteren unteren Schienbeinende, in der Regel ohne Verschiebung, und hoher Bruch des Wadenbeines.
Allen diesen Brüchen ist folgendes gemeinsam: Gangbehinderung bis Gehunfähigkeit, verschieden starke Schwellung, eventuell Verbiegung, Beschränkung bis Aufhebung der Bewegung im Sprunggelenk, Druckschmerz.
191
Sprunggelenk
Abb. 287
Abb. 288
Abb. 289
Abb. 287. Pronationsdrehbruch beider Knöchel mit Verschiebung des Sprungbeines um % Breite nach außen und Valgusstellung. Konservative Behandlung, Gehgips für 12 Wochen. Abb. 288. Nach Gipsabnahme: Die Brüche in idealer Stellung knöchern geheilt, Sprungbein an normalem Platze, mäßige einheitliche Entkalkung (54jährige Landwirtin, Sturz au£ vereistem Boden). Abb. 289. Alter Bruch des inneren und äußeren Knöchels, 10 Jahre nach dem Unfall bei 52jährigem. Das Sprungbein ist nach außen verschoben und steht in Valgusstellung. Straffe Pseudarthrose des inneren Knöchels (belanglos) und sehr starke Arthrose. Heftige Beschwerden. Behandelt mit gepolstertem Gipsverband für 4 Wochen (zu kurz!).
Bei allen Sprunggelenksverletzungen ist die Stellung des Sprungbeines gegenüber dem unteren Schienbeinende (verschoben oder nicht!) das wichtigste; man macht — bei Schmerzen in örtlicher Betäubung — ein Röntgenbild in maximal verschobener Stellung. Dadurch wird das größte Ausmaß der Verschiebung des Sprungbeines dargestellt. Dabei kann das Sprungbein entsprechend dem Bruchtyp nach außen, innen, vorne oder rückwärts zu verschoben sein (Abb. 278, 282—286, 289). Das Ausmaß dieser Verschiebung ist für die Zeit der Ruhigstellung wichtig! Eine Heilung mit Verschiebung des Sprungbeines nach irgendeiner Richtung auch nur um einige Millimeter bedingt Dauerschaden, Schmerzen und sekundäre Arthrose (Abb. 289). Behandlung: Einrichten, RuhigsTllung mit Gipsverband. Zeitpunkt der Einrichtung (S. 44): Sofort eingerichtet werden müssen Brüche mit Druck auf die Haut (Abb. 10—12) und alle offenen Brüche (S. 44). Bei den Brüchen mit stärkerer und starker Verschiebung ist es zweckmäßig, sofort einzurichten und zu gipsen, dann den Gipsverband zu spalten und nach Abklingen der Schwellung (6—10 Tage) einen Gehgipsverband anzulegen (Abb. 75—79). Die Zeitdauer der Ruhigstellung beträgt 6—12 Wochen je nach der Verschiebung des Sprungbeines im gehaltenen Röntgenbild (s. oben). Der Verletzte soll möglichst viel herumgehen. Eine Röntgenkontrolle ist unmittelbar nach dem Einrichten und alle 14 Tage nötig, um eine
192
Beine
etwaige neuerliche Subluxation des Sprungbeines rechtzeitig zu erkennen und korrigieren zu können. Nach Abnahme des Gipsverbandes wird ein Zinkleimverband angelegt. Dazu kommen Einlagen, Gymnastik und unterstützende Maßnahmen S. 83. Beim Einrichten ist die Hauptsache, daß das Sprungbein wieder an seinen normalen Platz gegenüber dem unteren Schienbeinende kommt (Abb. 287 bis 288). Bei der häufigsten Verschiebung, der Subluxation des Sprungbeines nach außen, hält die eine Hand oberhalb des inneren Knöchels, mit der anderen Hand wird der äußere Knöchel samt dem Sprungbein und Fuß nach innen geschoben und dadurch die Knöchelgabel geschlossen. Dabei soll der Fuß nicht supiniert werden. Der Fuß soll im Gips rechtwinkelig oder in einigen Graden Plantarflexion stehen (Abb. 75—77), die Dorsalflexion ist auf jeden Fall schlecht. Der abgebrochene hintere und vordere Keil (Abb. 285, 286) soll — falls es die Hautverhältnisse und das Alter des Verletzten erlauben — angeschraubt werden. Anschließend soll zwar gegipst, aber das Bein 6—8 Wochen nicht belastet werden. Ebenso soll man isolierte Brüche des inneren Knöchels mit Diastase (Interposition!) primär operieren und eine Osteoysnthese durchführen. 6. Offene Knöchelbrüche
Bei offenen Knöchelbrüchen ist die exakte operative Wundbehandlung (S. 21) das Ausschlaggebende, eventuell unter Zuhilfenahme einer primären Hautplastik wie auf S. 24 beschrieben. Nachdem die Tendenz einer neuerlichen Verschiebung sehr groß ist, muß in besonders gelagerten Fällen eine perkutane, temporäre Bohrdrahtfixation bzw. Verschraubung des inneren Knöchels durchgeführt werden. Offene Knöchelbrüche müssen auf alle Fälle bis Oberschenkelmitte eingegipst werden. 7. Knöchelbrüche bei Kindern und Jugendlichen
Bei Kindern und Jugendlichen kennen wir folgende Verletzungen im Bereiche des Sprunggelenkes: Die Epiphjsenlösung am unteren Schienbeinende S. 187, Abb. 272—275. Die Epiphjsenlösung am unteren Wadenbeinende entspricht dem Knöchelbruch des Erwachsenen. In der Regel besteht keine Verschiebung.
Wachstumsstörungen keine
möglich
Abb. 290
Abb. 291
sicher
Abb. 292
Abb. 290—292. Brüche am unteren Schienbeinende bei Kindern mit der Wahrscheinlichkeit einer Wachstumsstörung. Abb. 290. Epiphysenlösung mit lateralem Keil der Diaphyse (Pronations-Dreh-Mechanismus). Abb. 291. Bruch durch die Epiphyse (Stauchungsmechanismus). Abb. 292. Supinationsbruch der Epiphyse und Abscherung eines med. Keiles der Diaphyse.
Den Bruch der Epiphyse am unteren Schienbeinende. Es gibt hier, wie Abbildungen 290—292 zeigen, verschiedene Bruchformen mit verschieden großer G e f a h r e i n e r n a c h f o l g e n d e n W a c h s t u m s s t ö r u n g . Nachbehandlung wie beim Unterschenkelbruch und Tab. 5. S. 187.
193
Fuß
F. Fuß Erste Hilfe (S. 12). 1. W u n d e n , Infektionen
Immer Ruhigstellung und Bettruhe! Bei den im Sommer nicht seltenen Stichwunden an der Fußsohle durch rostige Nägel, eventuell auch durch den Schuh hindurch, kappt man am besten mit einem Tenotom die harte Haut der Umgebung ab, so daß ein Trichter von 1/2 cm Durchmesser und 2—3 mm Tiefe entsteht und läßt einige Tage Bettruhe halten. Wundstarrkrampfprophylaxe!
Häufig kommt aber der Patient erst einige Tage nach der Verletzung zur Behandlung. Es besteht Rötung und Schwellung am Fußrücken proximal der Zehen. Durch Abkappen wie oben beschrieben, Ruhigstellen mit gefenstertem Gipsverband und Hochlagern des Beines geht auch in diesen Fällen die Entzündung in der Regel wieder zurück, die Entwicklung eines Abszesses ist dann sehr selten. 2. Z e r r u n g e n — P r e l l u n g e n
Die Zerrungen und Prellungen des Fußes haben ähnliche Erscheinungen wie im Bereiche des Sprunggelenkes (S. 188), nur ist der Sitz am Fuß. Behandlung wie beim Sprunggelenk. 3. K n o c h e n b r ü c h e , V e r r e n k u n g e n , V e r r e n k u n g s b r ü c h e
Nahezu alle Knochenbrüche im Bereiche des Fußes sind Gelenkbrüche bzw. Verrenkungsbrüche, falls eine Verschiebung besteht. Klinisch haben alle gemeinsam: Erschwerung bzw. Unmöglichkeit der Belastung, Schwellung, selten eine Deformität, Druckschmerz. Aufschluß gibt das Röntgenbild, wobei mitunter Spezialaufnahmen nötig sind. Immer sind auch hier die Beweglichkeit und Berührungsempfindung der Zehen und der Fußrücken- bzw. Knöchelpuls zu prüfen; die Pulse sind oft durch Schwellung nicht eindeutig zu fühlen. a) Die Luxatio pedis cum talo ist eine sehr seltene Verletzung. Im Röntgenbild ist die Knöchelgabel leer. Häufig ist diese Verletzung offen. b) Der Bruch des Sprungbeines kann keine oder eine Verschiebung zeigen; in letzterem Fall ist die Einrichtung mitunter recht schwierig. Es kann zur Nekrose des Sprungbeinkörpers kommen. c) Die Verrenkung des Fußes unter dem Sprungbein (Luxatio pedis sub talo), die gewöhnlich nach außen und rückwärts erfolgt und ein charakteristisches Bild bietet. Die Haut spannt sich über dem inneren Knöchel. Das Einrichten erfolgt bei gebeugtem Knie, so daß der Fuß wieder unter den Unterschenkel zurückgeschoben wird (wie beim Ausziehen eines Stiefels). Vielfach ist diese Verletzung mit einem Bruch des Talus im Bereiche des Halses vergesellschaftet (Fract. tali et lux. pedis sub talo). d) Der Bruch des Fersenbeines (wird häufig übersehen!, S. 45, Abb. 43). Entstehung: Durch Sturz auf die Ferse aus niederer Höhe bei Personen über 40 E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
13
194
Beine
Jahre (Unfallhergang für die Diagnose wichtig). Auch bei Straßenverkehrs- und Schiunfällen kommen heutzutage Fersenbeinbrüche vor. Charakteristisch: Druckschmerz beim Zusammendrücken des Fersenbeines (unter den Knöcheln) mit Daumen und Zeigefinger (Abb. 293). In der Regel besteht stark zunehmende Schwellung. Nach einigen Tagen erscheint ein Hämatom in der Fußsohlenmitte. Es gibt 8 Gruppen von Fersenbeinbrüchen nach B Ö H L E R . Während die Brüche ohne Verschiebung (Gr. 1—3) nur eine Ruhigstellung für 4 Wochen benötigen, ist die Behandlung der Gruppen 4—8 schwierig (Abb. 294—295) und auch heute noch nicht einheitAbb. 293. Typischer Griff bei lich. Sie geht vom Nihilismus bis zur Exstirpation Fersenbeinbruch, Druck mit des Fersenbeines! Wir trachten, den FersenbeinDaumen und Zeigefinger unter den Knöcheln. bruch aufzurichten, was bei gebeugtem Knie und Spitzfußstellung in der Regel manuell möglich ist. Die Stellung wird durch perkutane temporäre Bohrdrähte erhalten. Dazu kommt ein Unterschenkelgips in leichter Spitzfußstellung. Der Verletzte kann aufstehen,
Abb. 294
Abb. 295
Abb. 294—295. Fersenbeinbruch (Gruppe V nach Bö hl er) bei 52jährigem durch Sprung von einem Tisch. Der Fersenbeinhöcker ist gebrochen und hochgeschoben, der Tubergelenkswinkel 0 Grad gegenüber 30 Grad auf dem Vergleichsbild. Das Fußgewölbe abgeflacht (posttraumatischer Plattfuß).
darf das Bein jedoch nicht belasten (Gehen mit Krückstöcken). Nach 6 Wochen werden die Bohrdrähte entfernt und entweder für weitere 6 Wochen ein Gehgipsverband angelegt oder die subtalare Früharthrodese durchgeführt. Nachbehandlung: Zinkleim, Einlagen, Gymnastik, unterstützende Maßnahmen. e) Ein charakteristisches Bild bietet auch die Verrenkung im Chopart (gewöhnlich nach außen) und im Lisfranc (gewöhnl. nach plantar) im frischen Zustand; es springen die entsprechenden Knochenkanten scharf vor, die Haut spannt sich darüber. Später schwillt der ganze Fuß an. Vielfach bestehen aber auch bei diesen reinen Verrenkungen (Ab-)Brüche von Knochen (Verrenkungsbrüche). Bei schwerer Verschiebung wird die Haut von innen her gedrückt bzw. durch das Trauma von außen her. Die Einrichtung dieser Verrenkungsbrüche ist in der
195
Fuß
Regel nicht sehr schwierig. Zur Aufrechterhaltung einer guten Stellung ist meist die temporäre perkutane Bohrdrahtfixation mit Gipsverband nötig. Komplikationen: Haut gleichzeitig zerrissen (offene Verrenkung). Druck oder Zerreißung der Hauptgefäße, so daß die Zehen blaß oder blau werden. Wichtig: Sofortige Einrichtung, damit sich die Gefäße eventuell wieder erholen. f) Brüche der Mittelfußknochen. Entstehung durch Darauffallen von Gegenständen, seltener durch Sturz, an der Basis des 5. Mittelfußknochens durch Umkippen. Klinisch: Schwellung, später Blauverfärbung, manchmal Unfähigkeit aufzutreten, Druckschmerz, Zug- und Stauchungsschmerz an der betreffenden Zehe (nicht immer). Röntgen! Behandlung: Einrichten, Gehgips. Auch bei Brüchen ohne Verschiebung und bei Fissuren muß i m m e r e i n G e h g i p s für mindestens 4 Wochen gegeben werden,
Ä
JÜ,
Abb. 296. Schmerzhafter Kugelkallus nach Bruch des 2. und 3. Mittelfußknochens 10 Wochen nach der Verletzung bei 22jährigem. Behandelt von Anfang an mit Massage und fremdtätigen Bewegungsübungen, Bädern, Heißluft, Diathermie und Höhensonne und ohne Ruhigstellung. 6 Wochen lang mit Krücken, 4 Wochen lang mit 2 Stöcken gegangen. Nach 10 Wochen noch starke Schwellung des Fußes. (Nach B ö h l e r . ) j
sonst entwickelt sich ein Kugelkallus (Abb. 296). Durch Überbeanspruchung beim Marschieren entsteht als Ermüdungsbruch (S. 54, Abb. 52) die sogenannte Marschfraktur, in der Regel am zweiten Mittelfußknochen. Sieht man keine Fissur, sondern nur eine periostale Auflagerung, so spricht man von „Marschschaden". Behandlung: Gehgips. Nachbehandlung: Zinkleim, Einlagen, Gymnastik, unterstützende Maßnahmen, S. 83. g ) Brüche der Zehen. Klinisch: Schwellung, Blauverfärbung, Hinken, Druckschmerz, Röntgen! Der Bruch des Grundgliedes der Groß^ehe mit Verschiebung muß eingerichtet und gegipst werden. Ruhigstellung für 4 Wochen. Die häufigste Bruchform ist der Bruch unterhalb der Rolle des Grundgliedes. Diese ist in der Regel gekippt. Gelingt es 13«
196
Beine
nicht, diese Umkippung zu reponieren, so ist — um eine Hammerzehenbildung zu verhindern — die operative Entfernung der Rolle zu empfehlen. Bei Brüchen aller übrigen Zehen und beim Bruch des Endgliedes der Großzehe fixiert man die betreifende Zehe mit Heftpflaster an die Nachbarzehe. Bei Fußrückenschwellung wird ein Zinkleimverband angelegt. Kann der Verletzte nicht oder schlecht auftreten, dann Anlegen eines Gehgipses für 8—14 Tage. h) Verrenkungen der Zehenglieder bieten in frischem Zustand ein charakteristisches Aussehen, das später durch Schwellung verschwindet. Sie werden ohne oder mit örtlicher Betäubung eingerichtet, dann für einige Tage mit zirkulären Heftpflasterstreifen ruhiggestellt, später Bäder.
X X I X . Versicherungsrechtliche G r u n d l a g e n Mannigfache Einrichtungen sorgen für die Unfallverletzten. Zur Hauptsache sind es die soziale sowie die private Unfallversicherung, die mit der spezifischen Fürsorge für Unfallverletzte betraut sind. Sie alle sind auf die tätige Mithilfe des Arztes angewiesen, der in erster Linie als Behandler und oftmals auch als Berater oder Begutachter in Beziehung zu diesen Institutionen tritt. Es ist daher für den Arzt notwendig, außer den rein fachlichen auch die sozial- und versicherungsrechtlichen Aspekte zu kennen. Eine rechtlich besondere Konstruktion ist die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, s. später unter „private Unfallversicherung". Während früher die Opfer von Unfällen der privaten Mildtätigkeit, der öffentlichen Fürsorge oder bei Arbeitsunfällen der genossenschaftlichen Hilfe bzw. der Hilfe des arbeitgebenden Meisters auf freiwilliger Basis sowie der Armenfürsorge überantwortet blieben, zwangen die zunehmende Maschinenarbeit und die in ihrem Gefolge auftretenden Unfälle zu allgemeinen gesetzlichen Vorsorgen, die, auf Bismarcksche Gedankengänge zurückgehend, erstmalig in der deutschen Sozialversicherung verwirklicht wurden. So wurde die gesetzliche Versorgung der Arbeitsunfälle in dem Unfallversicherungsgesetz des Deutschen Reiches vom Jahre 1884 niedergelegt. Andere Länder folgten bald, Österreich 1887, die Schweiz 1911. In den Versicherungsschutz wurden später die sogenannten Wegunfälle, die Berufskrankheiten und andere, den Arbeitsunfällen gleichgestellte Unfälle, die sich bei Tätigkeiten ereignen, die eines besonderen Schutzes im Interesse der Allgemeinheit bedürfen, einbezogen. Aus der Betriebsversicherung wurde die Personenversicherung bezogen auf eine bestimmte Beschäftigung bzw. Tätigkeit. Die Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgt durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die als „Träger der Unfallversicherung" bezeichnet werden. Sie haben in den verschiedenen deutschsprachigen Ländern verschiedene Bezeichnungen und sind verschieden aufgebaut. A. In Österreich sind dies 1. die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 2. die Land- und Forstwirtschaftliche Sozialversicherungsanstalt, 3. die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und schließlich 4. die Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariats in Wien. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich grob schon aus deren Bezeichnungen mit der Regelung, daß zur Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt alles gehört, soweit nicht ein anderer Träger der Unfallversicherung zuständig ist. B. In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) sind nach wie vor die „Berufsgenossenschaften" die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie gliedern
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sich in die Landwirtschaftlichen und in die Gewerblichen Berufsgenossenschaften, wobei letztere nach Wirtschaftszweigen gegliedert sind, z. B. Tiefbau, Fleischerei, Bergbau usw. (derzeit 35). Dazu kommen die „Träger der Eigen-Unfallversicherung" (Bund, Land, Gemeinden usw.) und die „Gemeinde-Unfallversicherungsverbände" für Großstädte über 500 000 Einwohner. C. Deutsche Demokratische Republik (DDR): Durch die Bildung einer einheitlichen Sozialversicherung im Jahre 1947 wurden in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands die Grundlagen für eine einheitliche Behandlung aller Kranken und Unfallverletzten geschaffen. Im Jahre 1951 wurde die Sozialversicherung in den Staatshaushalt überführt und die verantwortliche Leitung dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund übertragen. Es ist also in der DDR nicht mehr Aufgabe von Rechtskörperschaften, Träger einer Unfallversicherung zu sein, sondern es ist Aufgabe des Staates, die Behandlung und Versorgung Unfallverletzter sicherzustellen. D. In der Schweiz ist auf Grund des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes vom 13. Juni 1911 die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) in Luzern Träger der sozialen Unfallversicherung. Die Krankenversicherung trat am 1. 1. 1914, die Unfallversicherung am 1. 4. 1918 in Kraft. Letztere löste das 1881 eingeführte Schweizerische Bundesgesetz betr. die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb ab. Die SUVA versichert die Arbeitnehmer der ihr unterstellten Betriebe gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle sowie gegen Berufskrankheiten. — In der Nichtbetriebsunfallversicherung erfolgt durch Ausschluß außergewöhnlicher Gefahren und Wagnisse eine geringgradige Einschränkung. — Wenn die Unfallfolgen bzw. die Folgen einer Berufskrankheit durch andere Faktoren (z. B. vorbestehenden krankhaften Zustand) verschlimmert werden, so kommt der wichtige Art. 91 des Unfallgesetzes zur Anwendung: Die Geldleistungen der Anstalt werden entsprechend gekürzt, wenn die Krankheit, die Invalidität oder der Tod nur teilweise die Folge eines versicherten Unfalles sind. Die geldlichen Mittel für die Unfallversicherung werden in Österreich und in der BRD grundsätzlich durch Beiträge der Dienstgeber aufgebracht. In der Schweiz werden die Betriebsunfälle durch die Arbeitgeber finanziert, die Nichtbetriebsunfälle dagegen zu 7/8 durch die Arbeitnehmer; 1/8 geht zu Lasten des Bundes. In der DDR werden die nötigen Mittel vom Staat getragen. Die Versicherungsträger sind verpflichtet, Entscheidungen über die Ansprüche der Unfallverletzten in Form von Bescheiden zu kleiden. Diese Bescheide können seitens des Unfallverletzten mit dem Rechtsmittel der Klage in Österreich beim zuständigen Schiedsgericht der Sozialversicherung angefochten werden, gegen dessen Urteil Berufung an das Oberlandesgericht Wien zulässig ist. In der Deutschen Bundesrepublik ist die Klage beim zuständigen Sozialgericht einzubringen, gegen dessen Urteil Berufung beim Landessozialgericht und — falls dieses in seinem Urteil dies zuläßt — schließlich Revision beim Bundessozialgericht eingelegt werden kann. In der Schweiz sind I. Instanz die kantonalen Versicherungsgerichte, II. Instanz ist das Eidgenössische Versicherungsgericht. In der DDR kann sich der Versicherte bei der Beschwerdekommission bei dem Rat für Sozialversicherung des Kreises beschweren. Die weiteren Instanzwege sind: Rat für Sozialversicherung des Bezirkes; das Versehrtengericht.
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E. Die Kosten für die Behandlung von Unfällen trägt somit 1. entweder der Verletzte selbst dann, wenn er keiner Pflichtkrankenkasse oder gesetzlichen Unfallversicherung angehört. Er kann jedoch eine Privat-Unfallversicherung abschließen. Für Unfälle in der Schule kommt die Schiilerunfallversicherung auf, die ebenfalls zu den privaten Unfallversicherungen zählt. 2. Ist der Verletzte wohl sozialkrankenversichert, der Unfall jedoch nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt, so zahlt seine Krankenkasse genau so, als wenn er erkrankt wäre. 3. Handelt es sich aber um einen Arbeitsunfall oder einen diesem gleichgestellten Unfall, so ist die Krankenkasse, der der Versehrte angehört, vorleistungspflichtig nach den für sie geltenden Bestimmungen und hat gegen den Träger der Unfallversicherung Anspruch auf Rückersatz der Kosten vom Beginn der 5. Woche nach dem Arbeitsunfall. Der Träger der Unfallversicherung kann die Unfallheilbehandlung jederzeit an sich ziehen und hat dann die Kosten von diesem Zeitpunkt an jedenfalls selbst zu tragen. In der Schweiz gehört der Wegunfall zur Nichtbetriebsunfallversicherung. Die Finanzierung erfolgt also hier durch den Versicherten und nicht durch den Arbeitgeber, wie dort, wo die Wegunfälle — mangels einer Nichtbetriebsunfallversicherung — den Betriebsunfällen zugerechnet werden. 4. Bei Unfällen durch fremdes Verschulden kann auf gerichtlichem Wege der Schuldige bzw. dessen Haftpflichtversicherung zur Bezahlung der Kosten der Behandlung oder eines eventuellen Dauerschadens verurteilt werden; er kann sich auch vorher mit dem Geschädigten ausgleichen. Unter gleichen Voraussetzungen gehen die Ansprüche des Verletzten gegen den Schuldner bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Grund einer Legalzession bis zur Höhe der Versicherungsleistungen auf den Unfallversicherungsträger über. — In der Schweiz ist das Rückgriffsrecht der SUVA von Land zu Land verschieden. F. Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründeten Beschäftigung ereignen. Ein Unfall ist ein plötzliches bzw. zeitlich eng begrenztes Ereignis, das von außen her auf den Körper schädigend einwirkt. Die meisten Unfälle entstehen durch eine einmalige plötzliche Gewalteinwirkung, z. B. offener Knochenbruch durch Darauffallen eines Gegenstandes. Darüber hinaus werden nach den versicherungsrechtlichen Entscheidungen jedoch auch schädigende Einwirkungen auf den Körper (z. B. durch Hitze, Nässe) als Arbeitsunfälle anerkannt, wenn sie innerhalb von höchstens einer Arbeitsschicht entstanden sind. In der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung ist folgender Unfallbegriff maßgebend: Es muß sich um eine plötzliche, von außen kommende, unfreiwillige Einwirkung auf den menschlichen Körper handeln, die unter mehr oder weniger ungewöhnlichen Umständen erfolgt. Man spricht derzeit von „versicherten Arbeitsunfällen", womit alle jene Fälle umfaßt werden, die entschädigungspflichtig sind, also die Unfälle im Betrieb, d. h. bei der Arbeit selbst und die Wegunfälle. Der frühere Begriff „Betriebsunfall" wurde aufgegeben, weil er vielfach zu Unklarheiten Anlaß gab, da ja auch die Wegunfälle, versicherungstechnisch gesehen, den Unfällen im Betrieb gleichgestellt sind. Dazu kommt, daß auch Personenkreise unfallversichert sind, bei denen
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man von keiner Arbeit in einem „Betrieb" sprechen kann, z. B. Hausgehilfinnen. Der u r s ä c h l i c h e Z u s a m m e n h a n g muß sich auf die positive Feststellung zumindest der Wahrscheinlichkeit stützen. Die bloße Möglichkeit genügt nicht. K e i n u r s ä c h l i c h e r Z u s a m m e n h a n g ist gegeben a) wenn der Versicherte den Unfall bei einer eigenwirtschaftlichen Betätigung oder Verfolgung persönlicher Interessen erlitten hat, z. B. bei der Herstellung von Gegenständen im Betrieb und mit betrieblichen Einrichtungen, die aber nur privaten Zwecken dienen sollen; b) wenn sich der Versicherte von der die Versicherung begründeten Beschäftigung gelöst, oder wenn er den Zusammenhang mit dieser unterbrochen hat, z. B. Alkoholisierung, Unterbrechung des Heimweges durch länger dauernden Gasthausaufenthalt; c) wenn die Gefahr, der der Versicherte erlegen ist, in seinen persönlichen Verhältnissen begründet war, z. B. Sturz infolge Übelkeit; d) wenn die Schädigung durch allgemein wirkende Gefahren, oder durch Gefahren des täglichen Lebens eintrat, denen der Versicherte glaubhaft im gleichen Umfang auch ausgesetzt gewesen wäre, wenn er zur fraglichen Zeit nicht in der die Versicherung begründeten Beschäftigung tätig gewesen wäre, z. B. Naturkatastrophen. a) bis c) ist in dieser generellen Formulierung für die Schweiz nicht gültig. Entschädigungspflichtig und den Arbeitsunfällen gleichzuhalten sind auch Unfälle, die sich auf dem mit der Beschäftigung zusammenhängenden Weg nach und von der Arbeitsstätte ereignen, sofern der Weg im inneren Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung steht; das ist nicht der Fall, wenn mit dem Weg eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden oder wenn der Weg auf längere Zeit unterbrochen wird. Anders ist dies in der Land- und Forstwirtschaftlichen Sozialversicherung (LUF), bei welcher selbstverständlich „eigenwirtschaftliche Zwecke" zum Betrieb gehören, wenn also z. B. ein Bauer zum Bürgermeister geht oder eine Bäuerin zum Eierverkauf an einen bestimmten Ort usw. Auch der Weg von der Familienwohnung zur Arbeitsstätte und umgekehrt ist in den Versicherungsschutz einbezogen. Neben diesen Wegunfällen gelten auch Unfälle, die sich im Zusammenhang mit der Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes ereignen, als Arbeitsunfälle. Den Arbeitsunfällen sind Unfälle gleichgestellt, keiten ereignen:
die sich bei nachstehenden Tätig-
Bei der Rettung eines Menschen aus tatsächlicher oder vermutlicher Lebensgefahr; bei Herbeiholung eines Arztes oder einer Hebamme zu einer dringenden Hilfeleistung, bei der Suche nach vermißten Personen, bei der Hilfeleistung in sonstigen Unglücksfällen oder allgemeiner Gefahr oder Not, bei der Herbeiholung eines Seelsorgers zu einem in Lebensgefahr befindlichen Erkrankten oder Verunglückten oder bei der Heranziehung zu Blutspenden, in allen diesen Fällen jedoch nur, wenn keine besondere rechtliche Verpflichtung zu diesen Leistungen besteht; ferner in Ausübung der den Mitgliedern von freiwilligen Feuerwehren, freiwilligen Wasserwehren, des Österreichischen Roten Kreuzes, der freiwilligen Rettungsgesellschaften, der Rettungsflugwacht und des Österreichischen Bergrettungsdienstes im Rahmen der Ausbildung, der Übung und des Einsatzfalles ob-
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liegenden Pflichten sowie bei Tätigkeiten von freiwilligen Helfern dieser Organisationen und der Pflichtfeuerwehren im Einsatzfall. Es gibt somit verschiedene Arten von Unfällen: Wie aus dem Obigen ersichtlich, haben die Arbeitsunfälle und die Wegunfälle versicherungsrechtliche Bedeutung. Daneben spricht man noch von verschiedenen Arten von Unfällen, die nach der Art oder nach dem Orte des Unfalles bezeichnet werden: Sportunfälle oder -Verletzungen, Kriegsverletzungen, alpine, Straßen-, Auto-, Fahrrad-, Motorradunfälle, Unfälle im Haushalt, bei Kindern usw. Meldepflicht: Wichtig ist die Bestimmung (in Österreich), daß jeder Arzt verpflichtet ist, bei Verdacht auf fremdes Verschulden eine Anzeige an die zuständige Polizeistelle zu machen (gilt nicht für die BRD und die Schweiz). Arbeitsunfälle müssen vom Betrieb der zuständigen gesetzlichen Unfallversicherung angezeigt werden. G. Aber nicht nur bei Arbeitsunfällen und diesen gleichgestellten Unfällen, sondern auch bei bestimmten Berufskrankheiten tritt der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ein. Als entschädigungspflichtige Berufskrankheit gelten jedoch nur die in der Liste der Berufskrankheiten bezeichneten Krankheiten unter bestimmten angeführten Voraussetzungen. Als Berufskrankheiten sind z. B. angeführt: Erkrankungen durch Blei, Phosphor, Arsen, Kohlenoxyd usw. Hautkrankheiten unter bestimmten Voraussetzungen, Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Preßluftwerkzeugen, Meniskusschäden bei Bergleuten, Staublungen, verschiedene Infektionserkrankungen, Tropenkrankheiten und viele andere. Die Zahl der entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten ist in den einzelnen Ländern verschieden. In Österreich sind es derzeit 39, in der BRD 40, in der DDR 40. In der Schweiz hat der Bundesrat ein Verzeichnis von über 100 Stoffen aufgestellt, deren Erzeugung oder Verwendung bestimmte gefährliche Krankheiten verursachen können; zu dieser „Giftliste" kommen noch verschiedene Erkrankungen durch physikalische Einwirkungen usw. Wichtig ist, daß der Arzt verpflichtet ist, diese Berufskrankheiten anzusteigen (an das Arbeitsinspektorat.)!!! Nach einem Entwurf der 48. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (Genf 1964) soll als neue Terminologie für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten die Bezeichnung Arbeitsschäden eingeführt werden. Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherungsträger sind: H. Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Dazu hat die Unfallversicherung einen Unfallverhütungsdienst bestellt, welcher auch die Erste Hilfe bei Arbeitsunfällen zu organisieren hat. I. Unfallheilbehandlung. Sie hat mit allen geeigneten Mitteln die durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit hervorgerufene Gesundheitsstörung oder Körperbeschädigung sowie die durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen und eine Verschlimmerung der Folgen der Verletzung oder Erkrankung zu verhüten. Sie umfaßt: ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe und Pflege in Kranken-, Kur- und sonstigen Anstalten. K. Berufsfürsorge. Sie hat mit allen geeigneten Mitteln den Versehrten in die Lage zu versetzen, seinen früheren oder, wenn dies nicht möglich ist, einen neuen Beruf auszuüben.
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Zur Sicherung des Erfolges der Heilbehandlung und zur Erleichterung der Folgen des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit ist der Versehrte mit den hierzu erforderlichen Körperersat^stücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln zu versorgen. L. Entschädigung nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Hierher gehören Versehrtenrente, Ubergangsgeld und Ubergangsrente, Versehrtengeld und Witwenbeihilfe sowie im Falle des durch Arbeitsunfall verursachten Todes des Versicherten Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten. Hilflosen^uschuß wird zur Vollrente aus der Unfallversicherung gewährt, wenn der Versehrte wegen der Unfallfolgen ständig der Wartung und Hilfe bedarf, z. B. Ohnhänder, Schwer-Gelähmte usw. In der Kriegsopferversorgung wird Pflege^ulage abgestuft nach Schwere des Leidenszustandes und Höhe des Pflegeaufwandes gewährt, wenn der Dienstbeschädigte so hilflos ist, daß er für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf. Usrprünglich war wohl die Rentengewährung die vordringlichste Aufgabe der Unfallversicherungsträger. So wie jedoch der Gedanke „Unfallverhüten ist besser als Unfälle heilen" die Unfallverhütung an die erste Stelle der Aufgaben der Unfallversicherung rückte, wurde bald auch klar, daß eine Behandlung von Unfällen in personell und materiell hierfür eigens eingerichteten Unfallkrankenhäusern und Unfallstationen zweckmäßig ist. Dadurch ist ein wesentlich besseres Behandlungsergebnis in kürzerer Zeit zu erreichen, manche Dauerfolgen können vermieden oder verringert werden und das Ergebnis ist eine geringere Behinderung sowie bessere Arbeitsfähigkeit des Versehrten, falls er nicht überhaupt völlig wiederhergestellt wird. Das Heilverfahren wird abgekürzt, die Rentenlast geringer. M. Unfallkrankenhäuser. Die Art und Weise, wie die einzelnen Träger der Unfallversicherung das Unfallheilverfahren durchführen bzw. wie weit sie in dasselbe eingreifen, ist in den verschiedenen deutschsprachigen Ländern verschieden. In Österreich wird ein Großteil der Arbeitsunfälle in Unfallkrankenhäusern und Unfallstationen behandelt, deren gesetzlicher Träger die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt bzw. die Land- und Forstwirtschaftliche Sozialversicherung ist. Darüber hinaus haben alle chirurgischen Kliniken und verschiedene andere Krankenhäuser Österreichs Unfallstationen für die Behandlung der Nichtarbeitsunfälle. In der BRD werden manche Fälle von einzelnen Berufsgenossenschaften in das „berufsgenossenschaftliche Heilverfahren" übernommen. Auch hier gibt es eigene Unfallkrankenhäuser. In der Schweiz gibt es eine Universitäts-Unfallklinik. Als besondere Heilmaßnahme für die Heil- und Berufsfürsorge Schwerunfallverletzter, worunter Amputierte, Gelähmte, Schwerhandverletzte usw. zu verstehen sind, wurden in verschiedenen Ländern von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung SonderStationen (Rehabilitationszentren) geschaffen. In diesen soll neben der Berufsfürsorge durch Übung, Sport und Gewöhnung an Arbeiten in den Werkstätten (Arbeitstherapie), eventuell in Feld- und Waldarbeit das Selbstbewußtsein dieser Schwerunfallverletzten gehoben und sie wieder in das Arbeitsleben zurückgeführt werden. Alle bisher erwähnten, von den Versicherungsträgern getroffenen Maßnahmen dienen somit folgenden besonderen Zwecken:
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a) der richtigen frühzeitigen Diagnosestellung b) der Gewährung der zweckmäßigsten Behandlung möglichst bald nach dem Unfall c) der möglichst raschen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, d) der ehesten Klärung von Zusammenhangsfragen e) der geldlichen Leistungen bei vorübergehenden und Dauerschäden. N. An dieser Stelle soll auch kurz der Begriff der Rehabilitation besprochen werden. Er umfaßt alle Maßnahmen, die geeignet sind, einen (in körperlicher und geistiger Hinsicht) Versehrten so weit zu bringen, daß er möglichst selbständig, unabhängig von fremder Hilfe und womöglich arbeitsfähig wird. Dabei kann die körperliche Behinderung angeboren oder erworben sein. Ein eigenes Rehabilitationsgeset£ regelt (z. B. in England, Österreich und anderen Ländern) das Ausmaß dieser Maßnahmen. O. Neben der gesetzlichen Unfallversicherung ist auch die private Unfallversicherung dazu berufen, nach Unfällen eine Entschädigung zu leisten. Das Maßgebliche in der privaten Unfallversicherung ist der Versicherungsvertrag. Dieser enthält die „allgemeinen Versicherungsbedingungen", nach denen die Voraussetzungen und der Umfang der Entschädigung nach Unfällen geregelt wird. Die Begrenzung des Unfalles im Sinne der Versicherungsbedingungen ist enger; ein Unfall ist „jedes vom Willen des Versicherten unabhängige Ereignis, das plötzlich von außen mechanisch auf seinen Körper einwirkend eine Körperschädigung oder den Tod des Versicherten nach sich zieht". Bestimmte Gesundheitsschädigungen werden in der privaten Unfallversicherung regelmäßig als Unfälle ausgeschieden (so z. B. Infektionskrankheiten, Gewerbekrankheiten usw.). Die Versicherungsbedingungen enthalten auch die Maßstäbe für die Bewertung des Grades der Behinderung des Versicherten. Im Falle dauernder Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit ist für die Bemessung des Invaliditätsgrades eine in den Versicherungsbedingungen aufgestellte „Gliedertaxe" maßgebend. Diese Gliedertaxe weicht von den üblichen Entschädigungen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht unwesentlich ab (s. auch „Begutachtung"). P. Von den privaten Versicherungsunternehmungen wird außer der Unfallversicherung auch die Haftpflichtversicherung für Personenschäden durchgeführt, z.B. bei allen motorischen Fahrzeugen. Sie leistet die Entschädigung für die bei ihnen Versicherten gegenüber den Beschädigten, also wenn z.B. ein Privatauto einen Fußgänger niederstößt und dieser dadurch einen Schaden erleidet. Diese Entschädigung basiert auf ärztlichen Gutachten. Soweit den Lenker des Privatautos ein Verschulden trifft, steht dem Geschädigten außer dem Ersatz für vorübergehende und bleibende Behinderung der Erwerbsfähigkeit bzw. Beeinträchtigung gegenüber dem normalen Zustand auch ein Schmerzensgeld zu; die Höhe desselben unterliegt dem richterlichen Ermessen. Im Regelfalle wird für die Bemessung ein medizinischer Sachverständiger gehört. Dieser wird vom Richter befragt, ob und wie lange starke, mittelstarke und leichte Schmerzen bestanden haben, wenn auch diese Gliederung in dem nach einer Gesamtsumme bemessenen Schmerzensgeld nicht zum Ausdruck kommt. R. Da die Entschädigung nur auf Grund von ärztzlichen Befunden erfolgen kann, kommt es immer wieder vor, daß ein Sozialversicherungsträger bzw. bei fremden Verschulden das Gericht solche Befunde verlangt. Der Arzt ist auch ver-
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pflichtet, diese Auskunft zu geben. In diesen Fällen ist er der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Diese besteht jedoch einer Privatversicherung gegenüber; hier ist die Zustimmung des Verletzten notwendig, bevor der behandelnde Arzt den Befund abgeben darf. Über Gutachten s. S. 207. Für den Arzt, und zwar sowohl für den praktischen als auch für den Facharzt, nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in der Sprechstunde, ergibt sich daher die Notwendigkeit, genaue Aufzeichnungen über die von ihm untersuchten und behandelten Verletzten zu führen, wobei der erste Untersuchungsbefund besonders wichtig ist. Es soll auch ja nicht unterlassen werden, wenn nötig eine Röntgenaufnahme anzufertigen. Auch muß immer die Seite der Verletzung genau angeführt werden. S. Zur Duldung einer Operation, auch wenn sie zur Erhaltung des Lebens notwendig ist bzw. einer Narkose, ja sogar einer notwendigen Bluttransfusion kann ein Patient nicht gezwungen werden. Man muß sich jedoch die Ablehnung durch einen Revers zur eigenen Deckung bestätigen lassen. Theoretisch ist ein Verletzter nach einem Arbeitsunfall, für welchen ihm die Gewährung einer Rente zusteht» verpflichtet, eine Operation dann zu dulden, wenn der Eingriff nicht mit nennenswerten Schmerzen verbunden, nach den Erkenntnissen der ärztlichen Wissenschaft gefahrlos ist und eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit erwarten läßt. Der Eingriff darf aber nicht in die Unversehrtheit des Körpers eingreifen. In der Praxis wird kein Arzt und kein Versicherungsträger auf dieser Duldungspflicht bestehen, weil ja dann die nötigen psychologischen Voraussetzungen für das Gelingen der Operation fehlen. Andererseits wird es bei entsprechender seelischer Behandlung des Versehrten selten vorkommen, daß er in eine vorgeschlagene Operation nicht einwilligt. Eine Operationseinwilligung (Narkoseeinwilligung) braucht man auch in der Unfallchirurgie zu Eingriffen an Minderjährigen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, und zwar von der zuständigen Aufsichtsperson (Eltern, Vormund). Lebensnotwendige Eingriffe, z. B. offene Knochenbrüche, Absetzung von Gliedmaßen oder Teilen derselben wird man auch ohne diese Einwilligung vielfach ausführen müssen; wenn irgend möglich, wird man auch in diesen Fällen zumindest versuchen, vorher die Aufsichtsperson zu erreichen (z. B. telefonisch). Die Operationseinwilligung soll aber zumindest telegrafisch, also schriftlich eingeholt werden. In nicht dringenden Fällen wird man die Einwilligung abwarten, z. B. bei manchen Knochenbrüchen. T. Zu erwähnen wäre noch, daß man auch bei Erwachsenen Eingriffe nur mit Einwilligung des Verletzten machen darf (Aufklärungspflicht des Arztes). Diese Aufklärung hat in einer auch für den Laien verständlichen Form zu erfolgen. Auch mit der Absetzung von Körperteilen muß der Verletzte einverstanden sein. Man darf z. B., wenn man bei der Spaltung eines Panaritiums in Narkose sieht, daß der Finger wertlos ist, nicht einfach den Finger absetzen, wenn man nicht vorher vom Patienten die Einwilligung dazu hat (schriftlich!). Schlägt man einem Verletzten einen Eingriff vor, den er ablehnt, so soll man sich dies von ihm in einem Revers unterschreiben lassen, z. B. Ablehnung einer stationären Aufnahme, operativen Wundversorgung, Absetzung von Fingerteilen,. die nicht mehr zu erhalten sind, Durchführung einer Tetanusprophylaxe usw. Da sich in letzter Zeit Klagen gegen Ärzte wegen sogenannter „Kunstfehler" mehren, muß jeder, auch der praktische Arzt, nach allen Richtungen hin vor--
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sichtig sein: die Befunde exakt vermerken, genaue Kartei führen, immer den Verletzten aufklären, was man mit ihm vorhat, in entsprechend gelagerten Fällen auch das Röntgenbild nicht vergessen, unter Umständen einen Facharzt oder älteren Kollegen zu Rate ziehen usw. Wir persönlich lehnen den Ausdruck „Kunstfehler" überhaupt ab, da ja jeder Arzt im wesentlichen das macht, was er gelernt hat, also dann nicht er, sondern sein Lehrer zu belangen wäre. Daß jeder Arzt eine Haftpflichtversicherung eingeht, ist selbstverständlich. U. Alkoholbestimmung im Blut. In manchen Fällen wird beiVerkehrsunfällen von der Polizei (Gendarmerie) die Alkoholbestimmung im Blut gefordert bzw. durchgeführt. Dazu wird Blut aus einer Armvene abgenommen und ein Wassermannröhrchen vollgefüllt. Die Vollfüllung ist nötig, damit kein Alkohol aus dem Blut abraucht. Das Röhrchen muß mit Hilfe eines Klebestreifens genau signiert und in einem ebenfalls mit Klebestreifen verschlossenen üblichen Holzbehälter eingesendet werden. Die Alkoholbestimmung selbst wird sowohl nach der Widmarkals auch nach der wesentlich spezifischeren ADH-Methode vorgenommen. Der Grad der Berauschung ist naturgemäß von der Konstitution des Betreffenden, aber auch von der Alkoholgewöhnung abhängig, jedoch haben die Forschungen ergeben, daß ab 1°/00 praktisch niemand mehr die Voraussetzungen erfüllt, im heutigen Verkehr ein Kraftfahrzeug ordnungsgemäß zu lenken. Der österreichische Gesetzgeber steht auf dem Standpunkt, daß bei 0,8°/00 im Blut der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt gilt. Bei O,80/00 pflegen im allgemeinen für Laien noch nicht erkennbare Alkoholisierungssymptome vorzuliegen, trotzdem können gerade derartige Alkoholkonzentrationen im Blut durch Verminderung der Aufmerksamkeit, Herabsetzung des Reaktionsvermögens und der Kritikfähigkeit, Enthemmung und Beeinträchtigung des Verantwortungsbewußtseins im Straßenverkehr erheblich störend wirken. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit bei l,5°/00 angenommen. Bei Werten von l,5°/00 liegen meistens Alkoholisierungssymptome vor, die auch Laien erkennbar sind. Auch die Schweizer Gerichte nehmen sinngemäß eine Alkoholbeeinträchtigung des Fahrers bei 0,8°/00 an. Wichtig: Reinigen der Haut vor der Blutentnahme nur mit Sublimat oder Oxygenat, da eine Alkoholdesinfektion zu falschen Werten führt. Als Hinweis auf Alkoholisierungssymptome wird derzeit in Osterreich von der Exekutive das Alkoteströhrchen verwendet, welches allerdings keinen Beweis für eine Alkoholisierung darstellt, wohl aber Anlaß gibt, den betreffenden Fahrer dem Arzt vorzustellen. Als Grundregel gilt, daß mindestens 20 Minuten nach dem letzten Alkoholgenuß und dem Genuß der letzten Zigarette in das Röhrchen geatmet wird. Wenn die Grünfärbung des Röhrchens nach der Beatmung über die gelbe Strichmarke hinausreicht, so liegt meistens ein Blutalkoholwert von über 0,8°/00 vor. Die Fehlergrenze dieser Methode liegt sowohl bei den positiven als auch bei den negativen Ergebnissen bei etwa 10—20%. Die Grünfärbung beginnt ab 0,3°/00 Alkohol im Blut. Ein gesetzlicher Zwang zur Vornahme dieser Proben besteht insoweit, als dann, wenn von Exekutivorganen der Verdacht auf Alkoholisierung des Lenkers ausgesprochen wird, die Atemalkoholprobe erzwungen werden kann, wobei bei Weigerung Geldstrafen verhängt werden können. Ein Kraftfahrer, der einen Unfall verursacht hat, bei welchem eine erhebliche Verletzung von Personen eingetre-
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ten ist, ist bei Verdacht der Alkoholisierung auch verpflichtet, sich die Blutprobe abnehmen zu lassen, widrigenfalls hohe Geldstrafen verhängt werden können. Vom versicherungsrechtlichen Standpunkt wäre noch folgendes hinzuzufügen: Ein Unfall verliert grundsätzlich seine Eigenschaft als Arbeitsunfall dann, wenn der Trunkenheitsgrad ein Ausmaß erreicht hat, der den Versicherten zur Leistung der bedungenen Arbeit unfähig macht und die selbst verschuldete Alkoholisierung für den Unfall kausal war. Aber auch sonst wird bei der Untersuchung Frischverletzter immer die Frage der Alkoholisierung zu berücksichtigen und in den Befund aufzunehmen sein, damit die bezüglichen Grundlagen für alle später auftauchenden Fragen sogleich gesichert werden.
X X X . Die Begutachtung Allgemeine
Regeln:
Niemals sollen Bestätigungen über Arbeitsunfähigkeit oder eine bestimmte Arbeit, die verrichtet werden soll oder kann, ausgestellt werden ! Schon das Mitgehen eines Befundes oder eines womöglich mit Pfeilen versehenen Röntgenbildes kann für die behandelnden Ärzte und Begutachter Nachteile haben, letzten Endes aber auch für den Verletzten selbst. Ich habe viele Verletzte gesehen, die mit derlei Bestätigungen jahrelang herumgelaufen sind und Ärzten, Betrieben, Arbeitsämtern, späteren Begutachtern usw. die Arbeit wesentlich erschwerten ! Der Verletzte selbst fühlt sich — insbesondere bei entsprechender Veranlagung — benachteiligt. Auch bei Privatgutachten soll man sich an die allgemein üblichen Spielregeln und Sätze halten, z. B. bei der Bemessung des Schmerzensgeldes. Keine Gefälligkeitsgutachten ! Das Wort Kunstfehler sollte gegenüber dem Patienten überhaupt nicht ausgesprochen und aus dem Sprachschatz der Ärzte gestrichen werden. Darüber hinaus haben aber auch alle negativen Wertschätzungen über durchgeführte Behandlungen im Gespräch mit dem Patienten zu unterbleiben. „Die bisherige Behandlung ist auf alle Fälle richtig." Bei der Abfassung der Gutachten sind medizinische oder technische Fremdworte möglichst zu verdeutschen. Unfallfolgen bei Abschluß der Behandlung sind in der Regel nicht bleibend, sondern bessern sich durch Zeit, Arbeit, Anpassung und Gewöhnung noch weitgehend. Der Endzustand ist meist 2 bis 3 Jahre nach dem Unfall eingetreten. Andererseits ist an Spätfolgen zu denken, z. B. Narbengeschwüre, Arthrosen (in der Regel erst 5 bis 10 Jahre nach dem Unfall) nach Gelenksbrüchen und Brüchen der langen Röhrenknochen, die in Fehlstellung geheilt sind, Kreuzschmerzen und Spondylose insbesonders der Lendenwirbelsäule —, nach nicht aufgerichteten Wirbelbrüchen u. a. Aus diesem Grunde ist bei der Behandlung auf die W i e d e r h e r s t e l l u n g d e r A c h s e u n b e d i n g t e r W e r t zu l e g e n (S. 43). Sowohl der praktische Arzt als auch insbesonders der Facharzt müssen das grobe Rüstzeug der Begutachtung, der Einschätzung und der Zusammenhangsfragen kennen. Das Gutachten kann als sogenanntes Formulargutachten oder als freies Gutachten erstattet werden. In ein Gutachten gehört auf jeden Fall: Name, Alter, Beruf, Unfalltag, Unfallhergang, genaue Diagnose, kurze Angabe und Dauer der Behandlung, Klagen und Beschwerden des Verletzten; dann erst folgt der objektive Befund. Die Untersuchung: Zuerst allgemein: Körpergröße und Gewicht (in Zentimeter und Kilogramm), Prüfung der Reflexe (Pupillen, Kniesehnenreflexe usw.), Zustand von Herz und Lunge!
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Die Begutachtung
Zur Untersuchung eines Gliedes soll immer das ganze Glied entblößt werden und i m m e r auch die a n d e r e S e i t e . Es muß also entweder der Ober- oder Unterkörper freigemacht werden, manchmal beide. Auch wenn es sich z. B. nur um die Untersuchung einer Hand handelt, soll das Hemd ausgezogen werden. Beschreibung der Reihe nach: 1. Grobe sichtbare Verbiegungen, Verdrehungen (z. B. OStellung, Fuß gegenüber dem Knie nach innen verdreht). 2. Aussehen: Formveränderungen, Schwellung, Blauverfärbung, Narbe (Länge, Breite, Farbe, Verschieblichkeit, Druckempfindlichkeit derselben), Arbeitsschwielen an den Händen, Gehschwielen s. auch S. 152. 3. Verkürzung: Beim Messen immer beide Gliedmaßen in gleiche Haltung bringen. Man mißt die Länge der Beine (Abb. 297) vom vorderen oberen Darmbeinstachel bis zur Spitze des inneren Knöchels, die Länge der Arme Abb. 297. Messung der von der Schulterhöhe (Acromion) bis zur Spitze des Beinlänge sowie der UmOlecranon bzw. Spitze des gestreckten Mittelfingers. fangmasse an typischer Stelle (größter WadenumWill man eine ganz genaue Messung der Beinverkürfang, Oberschenkel 10 cm zung, so kann dies auch röntgenologisch geschehen. oberhalb des oberen KnieMan macht eine Fernaufnahme in 1,5 m Abstand. scheibenrandes). Wichtig dabei ist, daß der Patient beiderseits auf den Fersen steht und beide Knie gestreckt sind. 4. Beweglichkeit (selbsttätig = aktiv, dann fremdtätig — passiv): immer Vergleich mit der anderen Seite. Man beginnt am zweckmäßigsten mit den körperfernsten Gelenken (Finger, Zehen) und geht dann herzwärts, z. B. Zehen, oberes, unteres Sprunggelenk, Knie, Hüfte, dann wird niemals ein Gelenk vergessen. Wichtig ist auch das Anführen der negativen Befunde, z. B. „das Kniegelenk zeigt keinen Erguß, ist bandfest". Bei der Beweglichkeit der Gelenke wird angegeben, wie weit diese aktiv oder passiv möglich ist, der Bewegungsumfang wird in Winkelgraden gemessen, z. B. „Selbsttätige Beweglichkeit des linken Kniegelenkes von 170 bis 90 Grad gegenüber 180 bis 45 Grad rechts". Bei Knie und Ellbogen ist die volle Streckung 180 Grad. Bei den Fingern gibt man die Beweglichkeit der einzelnen Gelenke an, bei der Beugung ist es am zweckmäßigsten, den Fingerkuppenhohlhandabstand in Zentimetern anzugeben. Bei der Schulter wird das Ausmaß des selbst- und fremdtätigen Hebens angegeben, wobei der anliegende Arm 0 Grad, der maximal erhobene 180 Grad bedeutet. Messung der Außen- und Innendrehung der Schulter, z. B. 1/2 oder 1/3 frei. Beim Sprunggelenk spricht man von einer Bewegung fußrückenwärts und sohlenwärts und mißt sie in Winkelgraden gegenüber der anderen Seite oder man sagt die Bewegung fußrückenwärts frei, fußsohlenwärts 1/3 eingeschränkt gegenübet der gesunden Seite. — Ähnlich beurteilt man die Bewegungen des Handgelenkes (handrücken- und hohlhandwärts, selbst- und fremdtätig). Die Fußdrehung (Pro- und Supination) wird eingeschätzt gegenüber der anderen Seite, z. B. Innendrehung des Fußes selbst- und fremdtätig 1/2, Außendrehung selbsttätig 2/3, fremdtätig frei. Bei der Hüfte ist die volle Streckung 180, beim rechtwinkelig erhobenen Bein spricht man von
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Die Begutachtung
90 Grad Beugung in der Hüfte. Das Abspreizen wird in Winkelgraden angegeben, die Drehung vergleichsweise mit der anderen Seite geschätzt (z. B. Außen- und Innendrehung 1/3 eingeschränkt). Trendelenburgsches Symptom (S. 163, Abb. 218—219). Normale Gelenksbeweglichkeit: Schulter: Heben (nach vorne und seitwärts) 0—180°, Drehung 120°Ellbogen: 180—45°, Vorderarmdrehung 160°. Handgelenk: hohlhandwärts 60—80°, handrückenwärts 50—60°, speichenwärts 30°, ellenwärts 50°. Finger: Grund- und Mittelgelenk 180—90°, Endgelenk 180 bis 110°, (Grund- und Endgelenk häufig überstreckbar). Daumen: Grundgelenk 180—150°, Endgelenk 180—110°. Hüfte: 180—50°, dazu Überstreckung 10—20°, Abspreizen 70°, Anspreizen 30°, Drehung 90°. Knie: 1 8 0 ^ 5 ° , Drehung 10—20°. Oberes Sprunggelenk: Heben 20°, Senken 70—80° (Gesamtbewegung 70—160°, Gesamtbeweglichkeit 90—100°). Unteres Sprunggelenk: Drehung nach innen und außen je 20°. 5. Prüfung auf abnorme Beweglichkeit (z. B. Pseudarthrose), Prüfung auf abnorme Lockerung der Gelenke, Ergüsse usw., z. B. Kniegelenk (S. 174). 6. Umfangmaße: Fixe Maßstellen sind die Gelenke, z. B. Knie, Sprunggelenk, Fuß über dem Rist, Ellbogen usw., ferner wird der größte Umfang am Unterschenkel, Oberschenkel, Vorderarm, Oberarm, zur Beurteilung von Schwellungen und von Muskelstärke oder Muskelschwund gemessen. Dabei kann ein Gliedumfang größer sein als auf der nicht verletzten Seite und trotzdem ein Muskelschwund bestehen, wenn der größere Umfang durch Schwellung bedingt ist, insbesonders am Unterschenkel und Sprunggelenk. Dies muß dann angegeben werden. Am Oberschenkel mißt man neben dem größten Umfang noch 10 cm oberhalb des oberen Randes der Kniescheibe. Zu diesen fixen Punkten kommen noch in einzelnen Fällen bestimmte Umfangsmaße an Stellen von Weichteilverlust, Vorwölbungen usw. Wichtig ist, daß i m m e r der Ort der M e s s u n g a n g e g e b e n wird, damit der nächste Begutachter an derselben Stelle messen kann, um einen Vergleich zur Besserung oder Verschlechterung zu haben. 7. Röntgenbefunde s. S. 59. 8. Bei Kontrollgutachten genügt in der Regel die Angabe der Veränderung, z. B. der Gelenksbeweglichkeit, der Umfangmaße usw. Zum Schluß soll immer eine kur^e Zusammenfassung der wesentlichen Unfallfolgen gegeben werden. Sie wird z. B. bei Arbeitsunfällen mit dem Rentenbescheid dem Versehrten mitgeteilt. Diese Zusammenfassung soll nur kurz und allgemein gehalten sein, jedoch keine genauen Angaben über Beschwerden, Umfangsmaß, Beweglichkeit usw. enthalten, um dem Verletzten bei späteren Klagen keine Anhaltspunkte zu geben. Beispiel: Als wesentliche Unfallfolgen bestehen: Bewegungsbeschränkung von Fingern und Schulter, Muskelschwund. E h a l t , Unfallpraxis, 4. Aufl.
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Die Begutachtung
9. Vom Unfall unabhängige Erkrankungen und frühere Verletzungen. Bei Beinverletzungen Krampfadern und Plattfüße nicht vergessen! 10. Eventuell kommen zusätzliche fachärztliche Gutachten in Betracht (Nerven, Augen, Ohren usw.). Einschätzung der Verletzungsfolgen am Ohr s. S. 99. Bezüglich der Einschätzung der Erwerbsverminderung durch Unfallfolgen verweise ich auf die diesbezüglichen Bücher1), in welchen alle fixen Sätze für Gliedverluste und Beschränkungen angegeben sind. Als Schonungsrente bezeichnet man kurzdauernde Renten für Fälle ohne voraussichtliche Dauerfolgen. Eine Rente soll nicht kürzer als 3 bis 4 Monate gegeben werden. Aus psychischen Gründen ist das sogenannte „Abhacken" der Renten nicht zu empfehlen. Beim 2. Rentengutachten muß immer angegeben werden, worin die Besserung oder Verschlechterung besteht oder ob Gewöhnung an die Unfallsfolgen infolge Übung, Anpassung oder Abhärtung eingetreten ist. Eine Verminderung oder Erhöhung der Rente ist nur um mindestens 10% möglich. Diese Renten sollen mindestens auf 1/2 bis 3/4 Jahr gegeben werden. Wichtig ist die Bestimmung, daß für die Festsetzung der Dauerrente (frühestens 2 Jahre nach dem Unfall) ein Vergleich mit dem früheren Befund nicht notwendig ist, die Höhe der Rente also unabhängig und objektiv festzusetzen ist. Die Dauerrente muß mindestens für 1 Jahr gegeben werden. Die Arbeitsfähigkeit eines Verletzten vor dem Unfall wird auf jeden Fall voll, das heißt mit 100% eingeschätzt, auch wenn er durch ein Gebrechen, z. B. poliomyelitische Lähmung behindert ist. Derzeit werden in Österreich Renten nur für eine Erwerbsminderung von mindestens 20% bezahlt. Ein Hilflosenzuschuß kann unter entsprechenden gesetzlich geregelten Bedingungen zu einer Vollrente (von 100%) gewährt werden; er entspricht dem Betrage der halben Vollrente. In der Begutachtung der österreichischen Kriegsopferfürsorge
gelten folgende Grundsätze:
1. Die Beurteilung der MdE = Minderung der Erwerbstätigkeit erfolgt nach den ,,Richtsätzen für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des KO VG". Diese Richtsätze sind als Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 1953 erschienen. Diese Richtsätze gliedern sich in 10 Abschnitte, entsprechend den gesonderten Fachrichtungen, beginnend mit den chirurgisch-orthopädischen Krankheiten. Die Einstufung erfolgt aufgeschlüsselt nach den einzelnen Leidenszuständen und wird ausgedrückt in durch 10 teilbaren Hundertsätzen. Es werden alle vollkausalen, teilkausalen und akausalen Leiden erfaßt und abschließend die akausale und die kausale Gesamt-Minderung beurteilt. 2. Die Beurteilung der Kausalität: Grundsätzlich werden selbstverständlich nur kausale Leiden und Folgen entschädigt. Bei Leidenszuständen, die teilweise anlagebedingt oder wehrdienstfremd, teilweise aber durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Belastungen und Einflüsse mitbedingt sind, ist zu beurteilen, welcher Anteil dem WD = Wehrdienst zukommt. Grundsätzlich ist die Kausalität in Bruchform anzugeben. Z. B. das Leiden X ist zu 3/4 WD-unabhängig und nur zu !/4 WD-kausal. Der Bruchteil ist jeweils zu begründen. Es wird derzeit voru n d 2/3;1/3 2 U beurteilen. gezogen nur noch 1/2:1/2> J)
Siehe am Schluß dieses Abschnittes S. 215.
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Die Begutachtung
3. Bei Beurteilung der kausalen Gesamt-MdE soll von der führenden MdE ausgegangen werden. Es ist dann vom Gutachter zu prüfen, ob die anderen Dienstbeschädigungen noch eine zusätzliche Behinderung darstellen oder die führende MdE nicht mehr erhöhen können. Auch die Ges.-MdE ist zu begründen. 4. Grundsätzlich hat der Gutachter bei der Einstufung den Beruf n i c h t zu b e r ü c k s i c h t i g e n , sondern es gilt die Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Amt hat laut § 8 KOVG danach zu prüfen, ob die Eigentümlichkeiten des Berufes eine höhere Einstufung rechtfertigen, z. B. um eine Stufe ( = 10%). 5. Bei besonders schweren Verletzungen, wenn Hilflosigkeit anerkannt wird, kann eine P f l e g e z u l a g e gewährt werden. 6. Der chefärztliche Dienst vidiert die Gutachten und das Amt erläßt einen Bescheid. Mit Zustellung des Bescheides an den Versehrten wird die Einstufung rechtskräftig. Gegen den Bescheid kann innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch erhoben werden. Es entscheidet dann eine Schiedskommission beim Landesinvalidenamt. Rekurs gegen diesen Bescheid ist nur in ganz bestimmten Fällen an das Bundesministerium für Soziale Verwaltung möglich. Für Gutachten an Privatversicherungsgesellschaften ist die Begutachtung im wesentlichen die gleiche, nur die Einschätzung geschieht nicht wie für die gesetzliche Unfallversicherung auf „dem allgemeinen Arbeitsmarkte", sondern nach den „Allgemeinen Versicherungsbedingungen" = Gliedertaxe. Hier wird die Behinderung der Gebrauchsfähigkeit in Prozenten gegenüber einem normalen Glied angegeben, z. B. „das verletzte Bein ist gegenüber einem normalen um 25% in seiner Gebrauchsfähigkeit behindert". So bedeutet z. B. nach der Gliedertaxe der Verlust des Armes oder der Hand, gleichgültig an welcher Stelle und welcher Seite, 60% Invalidität, während für Arbeitsunfälle der Verlust der Hand und des Vorderarmes links 50%, rechts 60%, des Oberarmes in der Mitte links 60%, rechts 66 2 / 3 , der Verlust des ganzen Armes links 662/3%, rechts 75% bedeutet. Dagegen werden von den Privatversicherungen Renten auch von einigen Prozenten ausbezahlt. Wichtig ist, daß in der Privatversicberung Gutachten ohne Zustimmung des Verletzten nicht ausgestellt werden dürfen (Verletzung des ärztlichen Berufsgeheimnisses), was auf Grund gesetzlicher Regelung bei Arbeitsunfällen bzw. in der Sozialversicherung nicht zutrifft. Das Schmerzensgeld wird vom ärztlichen Standpunkt nach sehr starken, starken, mittelschweren und leichten Schmerzen rein zeitlich beurteilt, wobei die Tage bzw. Wochen „zusammengerafft" werden. Der Arzt gibt in der Regel keine Geldsumme bekannt. Dies zu tun ist Sache des Rechtsanwaltes bzw. Richters. Für Entstellungen u. ä. kann eine zusätzliche Entschädigung gewährt werden.
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XXXI.
Zusammenhangsfragen
Wichtig: Genaue Schilderung des Unfallherganges (einwandfreies Trauma?), Stärke und genauer Ort der Gewalteinwirkung, genauer Zeitpunkt der Verletzung, Verhalten unmittelbar nachher. Zeitpunkt der Arbeitseinstellung bzw. der ersten ärztlichen Untersuchung bzw. der Unfallmeldung, genauer erster klinischer und erster Röntgenbefund. Während man früher mangels einer anderen Erklärung einen Unfall als Ursache für viele Erkrankungen, z. B. Tuberkulose, Osteomyelitis usw. annahm, ist man durch genauere Beobachtung und Erfahrung zu der Erkenntnis gekommen, daß dies in den seltensten Fällen tatsächlich stimmt. Es hat sich nämlich gezeigt, daß primär genau beobachtete Prellungen, Zerrungen, aber auch schwere und schwerste Verletzungen praktisch niemals eine dieser Erkrankungen zur Folge hatten, daß aber umgekehrt fast jeder Rentenbewerber z. B. mit einer Knochen- oder Gelenkstuberkulose angibt, er habe sich einmal angestoßen, gezerrt usw. Tatsächlich ist es so, daß jemand, der an einer beginnenden Tuberkulose, z. B. des Sprunggelenkes leidet, auf diese zum erstenmal bei einer kleinen Zerrung oder Prellung aufmerksam wird, die bei einem normalen Gelenk ohne Erscheinungen vorübergehen würde. Ich habe auch eine Reihe von Fällen mit offener Lungentuberkulose gesehen, bei denen die Heilung einer gleichzeitigen, kleineren oder größeren oder sogar schwersten Verletzung glatt erfolgte, ohne daß es je zu einer Tuberkulose an der verletzten Stelle (sogenannter locus minoris resistentiae) gekommen wäre. Es werden daher für die Anerkennung aller Erkrankungen als Unfallfolgen bestimmte Forderungen gestellt, im wesentlichen: 1. Einwandfreier Nachweis des Unfalles (durch Zeugen, Unfallsanzeige des Betriebes), 2. Erheblichkeit des Unfalles, das arbeitsübliche Maß der Anstrengung muß überschritten werden. 3. Direkte Einwirkung des Unfalls auf die später erkrankte Stelle. 4. Sofortige Unterbrechung der Arbeit oder entsprechende Brückensymptome. Wichtig sind diese Zusammenhangsfragen auch für jeden praktischen Arzt, z. B. in der Sprechstunde; es soll von vornherein nicht, wie dies leider noch allzu häufig geschieht, dem Betroffenen von ärztlicher Seite der Zusammenhang bestätigt werden. Hält diese Bestätigung dann später einer wissenschaftlichen Kritik oder der Beurteilung dessen, der die Zusammenhangsfrage zu klären hat, — z. B. ein gerichtlich beeideter Sachverständiger —, nicht stand, dann fühlt sich der Patient immer benachteiligt. Außerdem schädigen verschiedenartige Erklärungen von Seiten der Ä.r%te aufjeden Fall unser ärztliches Ansehen ! Darum sei jeder Ar%t, der nicht absolut mit diesen Dingen bewandert ist, äußerst vorsichtig mit diesbezüglichen Äußerungen, am besten, er unterläßt dies überhaupt. Tuberkulose. Eine Knochen- oder Gelenkstuberkulose (extrapulmonale Tbc) wird als Unfallfolge nur anerkannt, wenn die oben angeführten 4 Punkte erfüllt sind.
Zusammenhangsfragen
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Die ersten Erscheinungen der Tuberkulose müssen in entsprechender Zeit nach dem Unfall auftreten (nach der üblichen Auslegung zwischen 6 Wochen und 6 Monaten). Wichtig sind auch entsprechende Brückensymptome. Eine Knochenoder Gelenks-Tbc wird kaum je Unfallsfolge sein. Osteomyelitis. Für die Anerkennung des Zusammenhanges gelten dieselben Forderungen wie bei der Tuberkulose. Wichtig ist, zwischen der akuten Osteomyelitis der Jugendlichen, die eine akute Infektion darstellt, und der chronischen Osteomyelitis am Ende des Wachstums zu unterscheiden. Nicht zu verwechseln mit diesen Erkrankungen ist die an offene Knochenbrüche, wenn es zur Infektion kommt, sich anschließende Ostitis. Sie spielt sich in der Knochenwand (Corticalis) bzw. um nicht ernährte Knochenfragmente ab, führt zur Sequesterbildung (s. S. 155), ist ein lokalisierter Prozeß und hat mit dem Knochenmark nichts zu tun. Sie ist eine einwandfreie Unfallsfolge. Zur Bildung von Spätsequestern und Aufflackern von Eiterungen, wie dies bei chronischer Osteomyelitis die Regel ist, kommt es bei der Ostitis äußerst selten. Die akute und chronische Osteomyelitis wird kaum je Unfallsfolge sein. Lumbago = Hexenschuß. Die gewöhnliche Lumbago, charakterisiert durch einen „Riß" beim Bücken oder Aufheben eines Gegenstandes, ist in der Regel auf Rheuma, Spondylose oder Osteochondrose der Lendenwirbelsäule zurückzuführen. Sie kann auch im Bereiche der Halswirbelsäule auftreten. Vielfach ist sie schwierig vom Zwischenwirbelscheibenprolaps = Nucleus pulposushernie (s. auch S. 116) zu trennen. Bei letzterer handelt es sich um ein Vorwölben des Nucleus pulposus nach rückwärts oder seitlich gegen den Wirbelkanal oder ein Wirbelloch zu. Der Prolaps kann auf das Rückenmark selbst drücken, was zu Teillähmungen führen kann. Oder der Druck erfolgt auf eine austretende Nervenwurzel, was ischiasartige Erscheinungen = Ischialgie hervorrufen kann. Das Röntgenbild ist in diesem Stadium in der Regel negativ (s. S. 116). Erst Jahre später treten sekundäre Veränderungen in Form von Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes, Zackenbildung an den Kanten der Wirbelkörper usw. ( = Osteochondrose) auf; REISCHAUER nennt diese Veränderung „Grabhügel" der Nucleus pulposus hernie. Dann sind aber auch die von ihr selbst hervorgerufenen Beschwerden bereits weg. Die ersten Erscheinungen treten manchmal nach Husten, Nießen, Heben einer Last, brüsken Bewegungen auf, also durch Leistungen, die das übliche Ausmaß eines Arbeitsganges kaum erreichen oder nicht überschreiten. Es handelt sich bei dieser Erkrankung umDegenerations(Aufbrauchs-)erscheinungen der Zwischenwirbelscheiben. Daher ist der Zwischenwirbelscheibenprolaps als Unfallsfolge abzulehnen. Die als wirklicher Unfall anzusehende Zerrung der langen Rückenmuskel heilt gewöhnlich innerhalb von 4 Wochen ab. Der Meniskus (S. 179). Der früher so heiße Kampf über die Frage der Entstehung und Begutachtung der Meniskusverletzung bzw. -Veränderung hat sich wesentlich beruhigt. Dabei soll hier von gleichzeitigen Meniskusverletzungen bei schweren Kniegelenksbrüchen abgesehen werden. Wir kennen folgende Möglichkeiten der Entstehung eines Meniskusrisses: a) Es gibt sicher einwandfreie frische, traumatische, isolierte Risse des Meniskus bei Arbeit und Sport.
214
Zusammenhangsfragen
b) Manche Meniskusrisse entstehen durch eine Reihe aufeinanderfolgender Traumen, der Einriß erfolgt bei ihnen schubweise oder chronisch-traumatisch. In der Vorgeschichte wird ein Trauma angegeben, z. B. beim Sport (Fußballspielen) oder ein sogenanntes „körpereigenes", z. B. eine scharfe Drehung, Aufstehen aus gebückter Stellung unter Belastung. Später, bei ähnlichen Gelegenheiten wiederholen sich die Attacken, es tritt eventuell ein kleiner Gelenkserguß auf, unter Umständen kommt es zur Einklemmung. c) Ferner ist ein Teil der Meniskusrisse als Ermüdungserscheinung ähnlich wie bei den Ermüdungsbrüchen (S. 54) zu erklären. An der Stelle der Dauerbeanspruchung erfolgt langsam eine Resorption von Meniskussubstanz,' so daß sich schließlich ein Riß herausbildet. In den beiden letztgenannten Fällen (schubweise traumatisch und als Ermüdungserscheinung) kann der Schlußpunkt der Entwicklung und z. B. beim Korbhenkelmeniskus die Verrenkung in das Gelenk (Einklemmung) bei Bewegungen des täglichen Lebens erfolgen, z. B. Stiegensteigen, Aufrichten aus gebückter Stellung oder sogar — oft zitiert, aber äußerst selten — im Schlaf = „Schlafmeniskus". Es ist auch nicht in Abrede zu stellen, daß es in manchen Fällen auf Grund degenerativer Veränderungen am Meniskus durch ein geringfügiges Trauma zu einem Einriß im veränderten Gewebe kommt. Gegen die allgemeine Entstehung auf degenerativer Grundlage spricht u. a. die Tatsache, daß die Degeneration des ganzen Meniskus mit dem Alter zunimmt, während die Zahl der Meniskusrisse mit dem Alter abnimmt und nach dem 50. Lebensjahr selten vorkommt. Erwähnen möchte ich noch die Tatsache, daß die Menisci bei Bergarbeitern, z. B. im Ruhrgebiet ein völlig anderes Aussehen haben als wir sie bei unserem Verletztengut in Osterreich sehen. Der „Bergarbeitermeniskus" ist zerschlissen und zerfranst, ein Bild, welches wir in unseren Gebieten überhaupt nie sehen. Diese Veränderungen gelten im übrigen als Berufskrankheit. Für die Begutachtung ist wichtig: Vorgeschichte, klinischer und Operationsbefund, Art und Farbe des Gelenkergusses, Aussehen des Meniskus bzw. der Rißränder bei der Operation (glatt, fransig, Blutpunkte); die feingewebliche Untersuchung, auf die von manchen Seiten ein großer Wert gelegt wird, ist nicht absolut verwertbar. Denn findet man degenerative Veränderungen, so kann tatsächlich der Riß auf Grund derselben erfolgt sein, es kann aber auch ebensogut bei einem bereits degenerierten Meniskus ein einwandfreies Trauma zum Riß führen oder es können sich auch bei einem einwandfreien traumatisch eingerissenen Meniskus im Laufe der Zeit degenerative Veränderungen, insbesonders am Rißrand einstellen. Riß der langen Bi^epssehne (S. 133, Abb. 148). Er ist in der Regel die Folge von langsamem Durchscheuern in dem verengten Kanal, in dem die Bizepssehne verläuft (sulcus intertubercularis) oder Folge von arthrotischen Veränderungen im Bereiche des Schultergelenkes und ist daher in der Regel keine Unfallsfolge. Der Riß der Achillessehne (S. 184) ist als Unfallsfolge anzuerkennen. Der Leistenbruch. Bei ihm handelt es sich um einen angeboren offenen Leistenkanal, in den zeitweise Bauchinhalt langsam oder auch plötzlich eintritt. Erfolgt das plötzliche Eintreten bei einem Arbeitsvorgang (z. B. Heben einer Last), dann ist dieses Eintreten mit allen seinen Folgen als Betriebsunfall aufzufassen, nicht jedoch der Leistenbruch selbst. Mit dem Zurücktreten oder Zurückschieben des Bacuhinhaltes sind die Unfallsfolgen erledigt. — Durch ein direktes Trauma auf
Zusammenhangsfragen
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die Bauchwand entstandene echte traumatische Hernien sind äußerst selten (S. 119). Knochennekrosen. Um Erkrankungen (Gefäßstörungen), also Nichtunfallfolgen handelt es sich bei dem Mondbeintod = Lunatummalacie (S. 152), beim PERTHES (Teilnekrose des Schenkelkopfes bei Jugendlichen), beim SCHLATTER (Nekrose des vorderen zungenförmigen Fortsatzes der oberen Schienbeinepiphyse = tuberositas tibiae), sowie beim K Ö H L E R 1 (Nekrose des Kahnbeines des Fußes) und beim K Ö H L E R 2 (Nekrose des Köpfchens des 2. Mittelfußknochens). Auf endokrine Störungen zurückzuführen ist die Epiphjsenlösung am Oherschenkelkpof in der Zeit der Pubertät (eunuchoider oder hypophysärer Typus), s. auch S. 171. Dies sind die wesentlichen Zusammenhangsfragen, im übrigen sei auf die betreffenden Bücher verwiesen: H. Bürkle de la Camp — P. Rostock: Handbuch der gesamten Unfallheilkunde, Ferdinand EnkeVerlag, Stuttgart, 1955. A. W. Fischer und G. Molineus: Das ärztliche Gutachten im Versicherungswesen, Verlag J. A. Barth, Leipzig, 1939. E. Günther und R. Hymmen: Unfallbegutachtung, begründet von Paul Rostock, 5. Auflage, Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 (1968). E. Holstein: Grundriß der Arbeitsmedizin, 3. Auflage, Leipzig, 1958. H. Liniger und G. Molineus: Der Unfallmann. Verlag J. A. Barth, München, 1950. A. Lob: Handbuch der Unfallbegutachtung. Ferdinand Enke-Verlag, Stuttgart, 1963. S. Mayr: Praxis der Begutachtung. Wilhelm Maudrich, Wien-Bonn, 1954. P. Rostock: Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes über den Zusammenhang zwischen Unfall und Erkrankungen. Ferdinand Enke-Verlag, Stuttgart, 1931. R. Schütz: Das ärztliche Gutachten im Privat-Versicherungswesen. Wilhelm Maudrich, Wien, 1956.
Sachverzeichnis A Abdruckstellea bei Blutungen 7 Abduktionsschiene 79 Achillessehnenriß 184, 214 Achsenknickung, sekundäre 42, 50 Ätzgifte 10 Ätzschorf 9 Aktinomykose 33 A l k o h o l 4, 6, 9 — Bestimmung im Blut 205 — Delirium 16, 17 — Probe 4 (205) Allergie 33 Allgemeinbetäubung 64 Amnäsie, retrograde 89 Amputation 25 -schéma 25 Ankylose 55 Antecurvation 42 Anschlag 188 Antibiotica 25, 32 Antiséptica 6 Antitetanus-Immun-Gammaglobulin 32 Anurie 15 Apophysenlösung (Oberschenkel) 172 Arbeitstherapie 83 Arbeitsunfall 199 A r m 122 -schlinge 65 Untersuchung bei Verletzungen 122 Armaturenbrettverletzungen 45 Artériographie 9 2 Arthrodese 55 Arthropathie 54 Aspiration 4 Atemspende 3 Atmung — Störungen 5 künstliche Beatmung 5 Auffrischungsimpfung 3 2 Aufgeschobene Primärversorgung frischer Zufallswunden 18, 21, 23, 25, 44, 64, 93, 153, 186
Augen 105 -lid 106 Fremdkörper 107 Verätzungen 108 Verletzungen 105, 108 Audiometrie 99 Ausriß der Eminentia intercondyloidea 179 Avertin-Dämmerschlaf 32
B Bagatellverletzungen 1 8 , 1 5 2 Bandlockerung, Sprunggelenk 188 Bänderisse 38 Ballotement 3 9 , 1 7 4 Bauch -trauma 4, 6, 118 -prellung 118 -Verletzungen 6, 118 Becken -bruch 11, 12, 120 -gips 74 — Prellungen 120 Begleitbrief 105, 108 Begutachtung 207 Bein 163 Bennett'scher Bruch 70, 159 Berufskrankheiten 198, 201 Beschäftigungstherapie 83 Betäubung 48, 61 Allgemein — 64 Bedarf für die örtliche — 61 intravenöse — 64 Leitungs- 6 2 örtliche — 61 Rückenmarks- 63 subaxilläre — 6 2 Bewegungsbehandlung, funktionelle 48, 83 Bildwandelgerät 49, 60 Bindehaut 106 Bißwunde 20, 2 6 Biogramm 2 8 Bizepssehne, R i ß der langen 133 Blechstiefel, n . Petit 2, 10, 12 Blendungskonjunktivitis 107
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Sachverzeichnis
Blitzschlag 9, 37 Blut -eindickung 34 -erbrechen 8 -erguß 13, 38, 83 -husten 8 -leere 21, 62 -sperre 7, 62 -Verlust 4, 6 , 1 4 Blutung Abdruckstellen 7 äußere — 7 epidurale — 4, 91 innere — 8 d. Kopfes 5, 91 Schlagader- 7 Bohrdrähte 50 Bougie 104 Braun'sche Schiene 25, 66, 81 Brillenhämatom 89, 106 Bronchopneumonie 16 Brettlhand 66 Bofors'schiene 2 , 1 0 Bruch, s. Knochenbrüche Brückenkallus 52 Brustkorb — Prellungen 117 — Pressung 118 — Verletzungen 5
C Cellona-Binde 67 -Hülse 76, 161 Cerumenpfropf 98, 99 Coccygodynie 121 Cocktail, lytischer 90, 110 Combustio 34 Commotio cerebri 89 laryngis 102 Congelatio 37 Consolidation 50 Contre Coup 91 Contusio 13, 38 — bulbi 108 — capitis 89 — cerebri 90 — laryngis 103 Crepitatio s. Krepitation Crush-Syndrom 15, 37 Crutchfieldklammer 1113 Cuff-and-collar-Methode 139, 140
D Dauerkatheter 113 Delirium tremens 16, 17 Defekt-Pseudarthrose 22, 51 Dekubitus 17, 90 D e Quervain, Verrenkungsbruch 151 Dermatitis 6, 13, 113 Desault-Verband 81, 127, 129, 132, 135 Diastase 43, 71 Dislocatio 42, 43 Distorsio 13, 38 Distraktion 43, 44, 51 Doppelrechtwinkelschiene 66, 79, 95, 126,131,132,134 Dorsale Gipsschiene 143 Drainage (Redon-, Saug-) 24 Drehaufnahme 58 Dreiecktuch 12 Druckverband 7 Dschanelidze, Einrichtung nach 165 Durchhang 75 Durchleuchtung 60 Dystrophie nach Sudeck 53, 148
123,
E Enzephalographie (Echo-, E l e k t r o - ( E E G ) 92 Einlagen 78, 85 Elastische Binde 84 Elastoplast 38, 77 Elektrische Verletzungen 5, 9, 37 Elektrolythaushalt 14 Ellbogen Infektionen 135 Verrenkungen 135 Wunden 135 Ellenschaftbruch, isoliert 144 Entzündungen, fortschreitende 28 Enucleatio bulbi 108 Epidurale Blutung 4, 91 Epiphysenlösung 148 am oberen (unteren) Oberschenkelende 171 am oberen (unteren) Schienenbeinendel86, 187, 192 am unteren Speichenende 147, 148 am unteren Wadenbeinende 192 Epistaxis 8 , 1 0 1 Erb'sche Lähmung 93 Erler-Plastik 2 5 , 1 5 3 Ermüdungsbrüche 54 Erfrierungen 8, 37 Erosio corneae 107 Erstarrung 37
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Sachverzeichnis Erste Hilfe Hilfsmittel 2 Hinweise 1 Erysipel 29 Erythem 34 Esmarch'sche Binde 7 Extension 45, 49, 54, 80 — Verband 80 F Fabella 175, 183 Fallhand 94 Fazialislähmung 101 Fenster (-ödem) 72 Fersepbeinbruch 55, 193 Fettembolie (primäre, sekundäre) 16 Fettgaze 27 Finger 152 — Bagatellverletzung 152 -endgliedbruch 161 — Gipsschiene 76 -schiene 28, 66, 156 -Versteifung 19 -Verletzung 12
-wurm 156 Fissura (Knochen-) 43 Fistel (Knochen-) 49 Fixation 49, 55 Fleischhauerverletzung, typische 7 Frakturen 40 pathologische 54 Spontan —• 54 Freie Körper 183 Fremdkörper 13, 19 — metallische 20 Fuß 193 — Gymnastik 85 — Ödem 72 — Prellungen 193 — Zerrungen 193 G Gas -brand 27, 30 -brandserum 30 -knistern 30 -Phlegmone 30 Geburtstrauma 93 Gehaltene Röntgenaufnahme 38, 188 Gehbänkchen n. Teufel 85 Gehbügel 73 Gehgips verband 71
Gehirnerschütterung 89 Gehirnprellung (-quetschung) 90 Gehörgang Fremdkörper 98 Spülung 99 Verletzungen 99 Gelenk -beweglichkeit 209 -kontraktur 78 -maus 183 -plastik 55 -Zerreißungen 5 5
Gibbus 110, 111, 112 Giftgase 5 Gipshülse 73 Gipsmieder 75, 111 Gipsschiene, dorsale 69, 143 Gipsverband 66, 67 Becken- 74 Beschriftung des — 69 Kopf-, Rumpf- 75 Oberarm- 70 Regeln 68 Transport- 68 typischer — 69 Unterschenkel- 71 Globale Versorgung 25, 161 Grünholzbruch 42, 144 Gummistrumpf 84 H Hackverletzungen (Knie) 26 Haematom 13, 53 Brillen- 89, 106 retroperitoneales — 119 Schmetterlings- 121 subdural — 91 subungual — 161 Haemarthros 39 Haematopneumothorax 5,117 Haematothorax 5, 117 Haemophthalmus 108 Hakenfuß 72 Hals 97 — Krawatte 76 Hammerzehe 196 Hand Bagatellverletzungen 152 Brettl- 66 -gelenk 148 -rückenödem 162 Harnblase, Riß der 121 Harnröhre, Riß der 121
220
Sachverzeichnis
Hautabschürfung 18 Hautemphysem 44, 117 Hautlappen, gestielt 25 Hautplastik 24, 25 Heftpflasterverband 81 Heißluft 85 Hernie traumatische Bauchwand- 119 Zwerchfell- 119 Herz -beuteltamponade 117 -infarkt, traumatisch 118 -massage 2, 3, 90 -stich 117 Hibernation 91 Hilfsmittel f. d. Erste Hilfe 2 Hirn -nervenlähmung 92 -trauma 101 Hitzeschaden, lokal 34 -trauma 34 Hohlhand 69, 70 -infektion 157 -phlegmone 156,157 Hornhaut durchbohrende Wunde der — 107 Fremdkörper 107 Hüfte — Gelenks Verrenkungen 164 — Prellungen 164 — Zerrungen 164 Hypostatische Pneumonie 4 Hypoxaemie 34 I Immediatprothese 85 Impressionsfraktur 26 — im Stirnbereich 102 Infiltration 61 Initialschock 35 Innere Organe der Körperhöhlen 5 Innere Verblutung 14 Insektenstiche 33 Intoxikation 9 Intubation 2 Ischaemie 7, 53 Ischämische Muskelkontraktur n. Volkmann 53, 54 Ischialgie 116
J Jod 6,18 — Dermatitis 6
K Kahnbeinbruch 45, 148 Kalkschwund 52 Kallusbildung — bildende Mittel 50 Brücken- 52 — luxurians 52 überschüssige — 5 2 , 1 3 1 Karbonisation 34 Kehlkopf Fremdkörper 103 Verätzungen 103 Verbrühungen 103 Verletzungen 102 Kiefergelenksverrenkungen 89 Kirschnerdrähte 186 Klumpke'sche Lähmung 93 Knie — Band Verletzung 176, 177 — Binnenverletzung 173 — Hackverletzung 172 Infektionen 173 Prellungen 175 Verletzung 12 Wunden 172 Zerrungen 175 Kniegelenk Erguß 175 Fraktur 181 Punktion 176 Verrenkung 180 Kniescheibe Bruch 181 Diastase 181 Knochenbank 54 Knochenbrüche Becken 11, 120 Behandlung (n. Böhler) 45, 48 Bennett 70, 159 Bruchformen 41 Brustbein 118 eingekeilte 43 Einrichtung 44 Ellbogen 12,137 Ellenschaft 144 Epiphysenbruch 42 Fersenbein 45, 55, 110, 193 Fingergrund- und -mittelglieder 159 Fingerendglieder 161 Folgen 51 Formen 41, 42 Fuß 12,193 Gelenksbruch 44
Sachverzeichnis Gesichtsschädel 88 Grünholzbruch 42, 144 häufig übersehene — 45 Handwurzelknochen 150 Hüftverrenkungsbruch 45 Jochbein 88 Kahnbein 148, 45 Kniescheibe 181 klinische Zeichen 40 Komplikationen 44 Mittelfuß 195 Mittelhand 158 Nasenbein 88,101 Oberarm infratuberkulär 131 Schaft 12,134 suprakondylär 52, 53, 131 Oberkiefer 88 Oberschenkel 12,168 Oberschenkelhals 45,168 offene — 44 Olecranon 142 pathologische 54 Rippen 12,117 Schädel 87 Schienbeinkopf 184, 185 Schienbeinschaft 185 Schienung 10, 11 Schlüsselbein 12,128 Schulterblatt 12, 131 Schußbruch 44 Speichenköpfchen 142 Speichenschaft 142 Speiche an typischer Stelle 10, 12, 145 Sprungbein 193 Sprunggelenk 12, 190 Unterkiefer 88 Unterschenkel 12, 185 Vorderarm 12,143 Verrenkungsbruch nach Monteggia 142, 144 Verrenkungsbruch nach de Quervain 151 Wadenbein 186 Wirbel 11, 45, 110 Wulstbruch 42,145 Zehen 195 Knochenbruchbehandlung, funktionelle n. Böhler 48, 52 Knochenbruchheilung, Störungen 50 Knochenmetastasen 54 Knochennekrosen 215 Knochensprung 43 Knochensprung 43 .Kollaps 8,14, 15
Koniotomie 103 Kontraktur 55, 78 Kontrastfüllung 179 Kopf 5, 91 -prellung 89 -schmerzen 92 Korsakow, posttraumatisch 17 Krallenhand 94 Krallenstellung, der Zehen 54 Kramerschiene 2 gepolstert 10, 12 Krepitation 40 Kreuzbandriß 73, 178 Kreuzbein 116 Kreuzschnitt bei Schlangenbiß 10 Krückstöcke 85 Kreissägeverletzung 23 Kümmel'sche Erkrankung 112 Künstliche Niere 15 Küntscher, Marknagelung n. 171 Kugelkallus 131, 195 Kuppenplastik 153 Kurzwellen 85 L Lähmung Erb'sche — 93 Klumpke'sche — 93 Nachbehandlung 95 typische — 93 Plexus — 93 N. axillaris 94 N. ischiadicus 95 N. medianus 95 N. peroneus 95 N. radialis 95 N. tibialis 95 N. ulnaris 95 Lagophthalmus 90, 106 Laparotomie 119 Lappen — Spalthaut- 27 Reverdin- 27 Thiersch- 27 Lateralsubluxation 188 Laugenverätzung 9 Lederhaut (Auge) 108 Leichtmetallsplitter 20 Leistenbruch 214 Leitungsbetäubung, nach Oberst 21, 62 Lendenrippe 115 Lid 106 Lig. patellae proprium 174
221
222
Sachverzeichnis
Ligatur 22 Liquor, blutiger 92 Longette 71 Lues 54 Lumbago 110, 213 Lumbalpunktion 92 Lunatummalazie 152 Luxatio(nen) 13 — coxae 164 — der Kehlkopfknorpel 103 — lentis 108 — omi 125 — pedis cum talo 193 — subcoracoidea 125 — sub talo 193 Luxationsfraktur 55 — des Beckens 120 — des Ellbogens 142 — der Hüfte 167 — der Schulter 125 — des Sprunggelenkes 190 Lymphadenitis 28, 143, 157 Lymphangitis 28, 143, 157 Lymphdrüsenentzündung 143 Lyssa 33 M Mädchenfänger 70 Malgaigne'scher Bruch 120, 121 Manus radioflexa 145 Marknagel 49 Marknagelung, n. Küntscher 51, 171 Marschfraktur 54,195 Marschschaden 195 Mastoiditis 99 Medianusblockade 62 Medianuslähmung 94, 95 Meningitis 26, 90, 99 Meniskus Begutachtung 213 -Cyste 183 -riß 179 -Verletzung 179 Metastasen 29, 54 Mitella 65,132 Mittelohr 100 Mondbeintod 152, 215 Monteggia, Verrenkungsbruch n. 142, 144 Müller'scher Handgriff 117 Mund-zu-Mund(Nase)-Beatmung 2, 3, 90 Muskelkontraktur, ischaemische n. Volkmann 53 Muskelschwund 52 Myositis ossificans 52, 137, 142
N Nachbehandlung 65, 83 Nachtschiene 95 Nagelbetteiterung 154 Narbenkontrakturen 36 Narkoseeinwilligung 22, 64 Nase 101 — Bruch 88, 101 — Bluten 8,101 — Nebenhöhlen Verletzung 102 — Scheidewand 102 — Tamponade 101, 102 Nato-Position 3 Nerven N. axillaris 94 N. ischiadicus 95 N. medianus 95 N . femoralis 95 N. obturatorius 95 N. peroneus 95 N. radialis 95 N. tibialis 95 N. ulnaris 95 — Dehnung 94 periphere — 93 •— Verletzungen 93 zentrale — 89 Neunerregel nach Wallace 35 Niere — Quetschung 116,119 — Riß 119 Novocain 61 Nucleus pulposus Hernie 116 O Oberarm -bruch 131, 132, 135, 137, 138, 140, 141 -schaft 12,134 Oberschenkel 12, 168 Ödem 51 — des Fußrückens 72 — des Handrückens 162 malignes — 30 Örtliche Betäubung 21, 61 Oesophagus 103 — Varizen 8 — Verätzungen 104 — Verletzungen 103 O h r 97 -muschel 97, 98 -Spülung 98, 100, 101 Olecranondraht 81, 139 Operationseinwilligung 22, 204
223
Sachverzeichnis Operative Wundversorgung 21 Ophthalmia electrica 107 Opisthotonus 31 Osteoarthrose, posttraumatische 51, 52, 56 Osteochondritis dissecans 183 Osteochondrose 116 Osteomyelitis 213 Osteosynthese 49, 112 Osteotomie 51 Othaematom 98 Otitis 98, 99
Pneumoradiographie 183 Pneumothorax 5, 8, 117 Poliomyelitis 54 Polypragmasie 29, 53, 65, 142 Posttraumatischer Korsakow 17 Prellung 13, 38 (siehe auch die entsprechenden Regionen) Priapismus 113 Primäre Naht 93 Pronationsbruch 190 Pseudarthrose 44, 49, 51, 148, 150, 172, 191 Pyarthros 173
P Panaritium — articulare 156 — cutaneum 154 Knopfloch — 154 — osseum 155 — subcutaneum 154 Paralyse 93 Paraplegie 113 Parese 93 Paronychie 154 Patella bi(tri)partita 175, 182 Pathologische Frakturen 54 Perilunäre Verrenkung 47 Periphere Nerven 93 Peroneusschuh 95 Petechien 16 Pfannenbodenbruch 167 Pfählungen 121 Phenergan 63 Phlegmone Gas- 30 Hohlhand- 157 Urin- 121 V-förmige — 28 Vorderarm- 157 Plasma-Expander 4, 15 Plastik Crossleg- 25 Erler- 25 Gelenk- 55 Reverdin- 25 sekundäre — 27 Tunnel- 25 Platte, Metall- 49 Plattfuß 77 Plexus -ausriß 94 -betäubung 62 -lähmung 93 Pneumonie, hypostatische 4
Q Quengelverband 53, 78, 85, 161 Beuge- 78 Kombinations- 79 Streck- 78 Querschnittslähmung 11, 92, 113 Quetschung Hand- 18 Muskel- 26 R Rachen 102 Radialislähmung 94 Rauchfußschwcbe 111 Rausch 64 -narkose 64 Recurvation 42 Redon-Drainage 24 Rehabilitation 203 -Zentren 202
Reposition 49 Retention 49 Revers 204 Rippenbruch 117 Riß — der Achillessehne 184, 214 — der langen Bizepssehne 214, 133 — des Kreuzbandes 73, 178 — des lig. pat. propr. 103 — der Seitenbänder 73, 177, 178 — der Strecksehne 76 — der Rektussehne 183 Rißquetschwunde 18, 20 Risus sardonicus 31 Röntgen -bild 59 -film 60 -kontrolle 56, 59, 60 -regeln 58
224
Sachverzeichnis
Röntgenschäden 58 -Schutzmaßnahmen 59 -verfahren 57 — , gehaltene Aufnahme 38, 188 Rollenzug 84 Rotlauf 29 Rückenmarksbetäubung 63 Ruhigstellung 21, 24, 26, 49, 65, 66 Ruptura sclerae 108 Rushnägel 49, 8 0 , 1 7 1 S Säureverätzung 9 Salbenplombe 106 Saugdrainage 24 Schädel 87 -grundbruch 8, 89, 99, 101 — Hirntrauma 4, 5, 89 -inhalt 89 Schanzkrawatte 7 6 , 1 1 4 Scheintod 3 Schenkelhals 49 -brach 168 -nagelung 169 Schichtaufnahme 58 Schienbein -knorrenbruch 185 -kopfbruch 184 -schaftbruch 185 Schienung 10 Schipperkrankheit 54, 7 6 , 1 1 3 Schläfenbeinfraktur 101 Schlagaderblutung 7 Schlangenbiß 10 Schlotterknie 177 Schlüsselbeinbrach 12, 1 2 8 , 1 2 9 Schlüsselbeinschiene n. Böhler 80, 129 Schmerzstillung 4 Schnellverband 81 Schock 4, 8, 14, 15 -bekämpfung 15 haemorrhagischer — 14 Initial- 35 irreversibler — 14 kompensierter — 14 traumatischer — 14 Verbrennungs- 14, 35 Schorfe, Lippen- 10 Schrauben 49 Schraubenzugapparat n. Böhler 186 Schublade 174, 175, 178 Schuhdruck 18 Schulterbeweglichkeit 66
Schulter -blattbruch 12, 131 -gürtel 122, 123 -kontraktur, s. -Versteifung -prellung 123 -Verrenkung 124, 125, 126 -Verrenkungsbruch 133 -Versteifung 66, 76, 129, 134 -Zerrung 123 Schußwunde 18, 20 Schwellung, posttraumatische 84 Schwurhand 94, 95 Sehnenscheidenentzündung (-phlegmone) IV, 143, 1 5 2 , 1 5 5 , 1 5 6 Seitenbandriß 73, 177, 178 Seitenlagerang 3, 4 Seitverschiebung 43 Selbstmörderschnitt 97, 103 Sensibilitätsschema der Hand 96 Sepsis 27, 29 Septicopyaemie 29 Sequester (Sequestration) 155 Serom 164 Sims-Position 3 Skoliose 163 Solvaline 23, 27 Spaltung 156 Spalthautlappen 24 Span, n. Phemister 51 Spannungs-Pneumothorax 5, 117 Spannungsblase 137 Speichenbruch, an typ. Stelle (1. t.) 10, 12, 145,146 Speichenschaftbrach, isoliert 143 Spitzfuß 72, 95 Spondylarthrose 116 Spondylose 54, 116 Spondylolysthese 54 Spontanfraktur 54 Sprunggelenk 188 Steißbein 116 Steppergang 95 Stichwunde 18, 20 Stieda'scher Schatten 177, 178 Strecksehnenriß 7 6 , 1 6 1 Streckverband 80 Streptokokken 29 Strombereitschaft 37 Strommarke 9, 37 Subdurales Hämatom 91 Subluxation 55, 56, 190, 192 Subperiostal (Bruch) 42 Subunguales Hämatom 161 Sudeck'sche Dystrophie 51, 53, 148
225
Sachverzeichnis Suizid 9 Sulfonamide 18, 25 Supinationsbruch 190 Supinationslockerung 189 Supraspinatusriß 123 Symphysiolyse 121 Syringomyelic 40, 54
T Tabes (dorsalis) 40, 5 4 Tamponade 8 Nasen- 101, 102 Taubheit 101 Tendovaginitis 143 Tetanus 31, 32 — , aktive Schutzimpfung — Adsorbattoxoid 31 Tetraparese 113 Tetraplegie 112, 113 Thiersch-Lappen 25 Tintenstiftverletzungen 19, 109 Tollwut 27, 33 Tornisterverband 80, 130, 131 Tracheotomie 32, 90, 97, 103 Transportgips 68 Trendelenburg'sches Symptom 163 Trepanation 90 Triangel 127 Trommelfell -perforation 100 -plastik 100 -quadranten 100 -ruptur 100 -Verletzung 98, 99, 100 Trümmerbruch 55 U Uhrglasverband 105, 106 Ulnarislähmung 94, 95 U-Schiene 71 Unterschenkel 183 -bruch 12, 184 -gips 71 -nachbehandlung 187 Untersuchungsvorgang b. Begutachtung 207 Unterwassermassage 85
V Valgus 4 2 Variköser Symptomenkomplex 8 Varus 4 2 E h a l t , Unfallpraxis. 4. Aufl.
Verätzungen 36 äußerliche — 9 innerliche — 10 — mit Lauge 9, 10 — mit Säure 9, 10 Verband Desault- 81 Elastoplast- 77 K o p f - 71 Schnell- 81 Zinkleim- 76 Verbiegung 4 2 Verblutung, innere 14 Verbrennungen 8, 34, 36 Verbrennungskrankheit 34 Verbrennungsschock 35 Verdrehung 4 2 Vergiftungen 9 Vergleichsaufnahme 58 Verkürzung 43 Verletzungen — A u g e 105 Hack- 26 — des inneren (äuß.) Meniskus 179 Kreissäge- 123 Verrenkungen allgemein 55 Brustbein-Schlüsselbeingelenk 128 E l l b o g e n 135 Fingerglieder 162 F u ß 193 Hand (perilunär) 45, 47, 151 Hauptregeln 56 Hüfte 164 im Chopart 194 im Lisfranc 194 Kiefergelenk 89 Kniescheibe 182 Kniegelenk 180 Ruhigstellung 56 Schulter 4 5 , 1 2 4 , 1 2 6 Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk 127 Zehenglieder 196 Verrenkungsbrüche 55, 5 6 , 1 6 1 F u ß 193 Hüfte 167 n. de Quervain 151 Wirbelsäule 113 Versteifungen 55 Vinydanrausch 48 Vollhautplastik 25 V - P h l e g m o n e 28 Vorderarm 143 -phlegmone 157 15
226
Sachverzeichnis W
Wadenbeinbruch 186 Wasserbett 36 Winterschlaf 91 Wirbel -brach 11, 12, 111 -säule 110,112 Wulstbruch 42, 145 Wunde 20 — Ausschneidung n. F r i e d r i c h 20, 21 Behandlung 21, 27 Biß- 20, 26 infizierte — 27 Schuß- 20 Stich- 20 veraltete — 27 Wundbehandlung, verbandlos 24 Wundklammern 26
Wundschock 35 Wundstarrkrampf 19, 31 Wundversorgung, operative 21
Z Zahnprothese 64 Zentrale Nerven 89 Zerrungen 13, 38 (siehe auch die entsprechenden Regionen) Zingulum 117 Zinkleimverband (mit Gipshülse) 38, 73, 76, 177 Zufallswunden (s. auch Wunden) 18, 20 Zugverband 66 Zusammenhangsfragen 212 Zwischenfingerfalte 70 Zwischenwirbelscheibenprolaps 110, 116, 213
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Augen
Allgemeine Mikrobiologie. Leitsätze für Studierende und Ärzte von U L R I C H SCHNEEWEISS unter Mitarbeit von E V A M A R I A FABRICIUS. Groß-Oktav. XVI, 336 Seiten mit 111 Abbildungen und 46 Tabellen. 1968. Plastik flexibel DM 20,—
Augenheilkunde. Leitfaden für Studium und Praxis von HUGO GASTEIGER. 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. GroßOktav. Mit 277, zum großen Teil mehrfarbigen Abbildungen. XVI, 303 Seiten. 1963. Ganzleinen DM 45,—
Spezielle Mikrobiologie. Leitsätze für Studierende und Ärzte von U L R I C H SCHNEEWEISS unter Mitarbeit von E V A - M A R I A FABRICIUS. Groß-Oktav. XVI, 480 Seiten mit 158 Abbildungen und 39 Tabellen. 1968. Plastik flexibel DM 30,—
Klinik der Augensymptome bei Nervenkrankheiten. Ein Leitfaden für die Praxis von W E R N E R KYRIELEIS. Groß-Oktav. Mit 35 Abbildungen. XI, 153 Seiten. 1954. Ganzleinen DM 32,—
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Chirurgie
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Handbuch der Plastischen Chirurgie. Herausgegeben von E. GOHRBANDT, J . G A B K A u n d A . BERNDORFER.
I: Allgemeine Plastische Chirurgie. Lief. 1—5. 1965/67. Subskriptionspreis DM 337,— II: Spezielle Plastische Chirurgie. Lief. 1—12. 1965/68. Subskriptionspreis DM 874 — Hasenscharten und Wolfsrachen. Entstehung, Behandlung und Operationsverfahren von JOACHIM G A B K A . Mit einem Anhang: Das Bundessozialhilfegesetz. 2., erweiterte Auflage. Mit 167 Abbildungen in 632 Einzeldarstellungen und 23 Tabellen. Groß-Oktav. XII, 253 Seiten. 1964. Ganzleinen DM 64,— Instrumentenkunde in der Unfallchirurgie. Ein Lehrbuch für Schwestern von E L S E HOLTER unter Mitarbeit von RUDOLF STRELI. Mit einem Geleitwort von JÖRG BÖHLER. Groß-Oktav. Mit 5 9 Abbildungen. 156 Seiten. 1962. Kunststoffeinband DM18,— Radioaktive Isotope in der Chirurgie von WILHELM
HEIM, WERNER
SCHUMACHER,
Groß-Oktav. Mit 1 8 0 Abbildungen. XVI, 395 Seiten. 1961. Kunststoffeinband DM 48,— D I E T R I C H FROST.
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Dermatologie
Dermatologie. Ein Repertorium von K U R T W I N K L E R . Groß-Oktav. Mit 1 4 1 , teils farbigen Abbildungen. VIII, 187 Seiten. 1967. Kunststoffeinband DM 42,— Hormonbehandlung in der Dermatologie von K U R T W I N K L E R . 2., völlig neubearbeitete Auflage. Groß-Oktav. Mit 55 Abbildungen. XVI, 200 Seiten. 1968. Im Druck.
Geschichte der Medizin
Geschichte der Medizin. Die historische Entwicklung der Heilkunde und des ärztlichen Lebens. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte von P A U L DIEPGEN. Groß-Oktav. 2 Bände. 1949/65. Ganzleinen DM 80,—
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Gynäkologie — Geburtshilfe
Praktische Gynäkologie. Für Studierende und Ärzte von W I L L I B A L D PSCHYREMBEL. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Oktav. Mit 503, teils mehrfarbigen Abbildungen. X X I V , 642 Seiten. 1968. Kunststoffeinband DM 54,— Praktische Geburtshilfe. Für Studierende und Ärzte von W I L L I B A L D PSCHYREMBEL. 12. und 13. Auflage. Oktav. Mit 502, davon 3 mehrfarbigen Abbildungen. X X I V , 807 Seiten. 1967. Kunststoffeinband DM 65,— Praktische Zytologie. Gynäkologische Zytodiagnostik für Klinik, Laboratorium und Praxis von H A N N S - W E R N E R BOSCHANN. Oktav. Mit 108 Abbildungen und ^ m e h r farbigen Bildern. XV, 157 Seiten. 1960. Ganzleinen DM 30,— Gynäkologische Zytodiagnostik. Atlas und Leitfaden von H A N S IGEL. Mit einem Geleitwort von HELMUT K R A A T Z . GroßOktav. Mit 73, meist mehrfarbigen Abbildungen. V I I I , 88 Seiten. 1959. Kunststoffeinband DM 58,— Genitale Chylusfistel und Chyluszyste mit ihren differential-diagnostischen Krankheitsbildern. Diagnose — Differentialdiagnose — Therapie von HELMUT PABST. Groß-Oktav. Mit 24 Abbildungen. V I I I , 84 Seiten. 1960. Ganzleinen DM 18,—
Mamma-Diagnostik im Röntgenbild. Ein Atlas für die Praxis mit histologischen Schnitten von HELMUT W I T T und H E R T A BÜRGER. Unter Mitarbeit von FRIEDRICH STEIN. Quart. Mit 239 Abbildungen. VIII, 148 Seiten. 1968. Ganzleinen DM 118,— Hormontherapie in der Frauenheilkunde. Grundlagen und Praxis von JOACHIM U F E R . 3 . , vollständig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Groß-Oktav. Mit 82 Abbildungen. XII, 159 Seiten. 1966. Kunststoffeinband DM 54,—
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Hals-Nase-Ohren
Ohren-, Nasen-, Rachen- und Kehlkopfkrankheiten. Begründet von A. K N I C K . 35./36., neubearbeitete und ergänzte Auflage von G E R H A R D E I G L E R . Groß-Oktav. Mit 164, teilweise mehrfarbigen Abbildungen. XVI, 261 Seiten. 1966. Kunststoffeinband DM 28,—
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Magenoperation und Magenoperierter. Herausgegeben von H E I N R I C H B A R T E L HEIMER,
HANS-JOACHIM
MAURER
und
Unter Mitwirkung von K U R T M Ü L L E R - W I E L A N D und Mitarbeit zahlreicher Autoren. Groß-Oktav. 400 Seiten mit vielen Abbildungen. 1968. Etwa D M 85,— H A N S W . SCHREIBER.
Pfortaderhochdruck und Eiweißstoffwechsel. Indikation und metabolische Konsequenzen porto-kavaler Anastomosen bei Leberzirrhosekranken von GREGOR E S S E R . Etwa 240 Seiten mit 49 Abbildungen. 1968. Etwa DM 40,—. Im Druck
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Kinderkrankheiten
Die angiokardiographische Darstellung kongenitaler Herzfehler — Ein Atlas von ALOIS
J.
BEUREN.
22,5
X
31 cm.
Mit
285 Abbildungen in 459 Einzeldarstellungen. XVI, 312 Seiten. 1966. Ganzleinen DM 175,—
Innere Medizin
Technik der wichtigsten Eingriffe in der Behandlung innerer Krankheiten. Ein Leitfaden für Studierende und Ärzte von HUGO STURSBERG, fortgeführt von SIEGFRIED W I T T E . 7 . , neubearbeitete Auflage. Oktav. Mit 67 Abbildungen. 200 Seiten. 1961. Kunststoffeinband DM 18,— Grundriß der Perkussion und Auskultation von G. LANDES. Mit einem Geleitwort von G. BODECHTEL. 4 . , neubearbeitete und ergänzte Auflage. Oktav. Mit 53 Abbildungen. 138 Seiten. 1964. DM 9,80 Funktionsprüfungen in der Herz-Kreislaufdiagnostik von HELMUT NEUMANN und K A R L - J O S E F BOEDER. 2 . , neubearbeitete, stark erweiterte und ergänzte Auflage. Groß-Oktav. Mit 94 Abbildungen. 170 Seiten. 1963. Kunststoffeinband DM28,—
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Klinisches Labor
Die Technik und die Bedeutung der Haptoglobine und Gm-Gruppen in Klinik und Gerichtsmedizin von OTTO PROKOP und G E R H A R D BUNDSCHUH. Mit einem Beitrag von HILDEGARD F A L K . Groß-Oktav. Mit 78 Abbildungen und 4 mehrfarbigen Tafeln. VIII, 193 Seiten. 1963. Kunststoffeinband DM 38,— Disk-Elektrophorese. Theorie und Praxis der diskontinuierlichen PolyacrylamidgelElektrophorese von H . R A I N E R M A U R E R . Mit einem Geleitwort von E. H E C K E R . Mit 82 Abbildungen, 15 Tabellen, 1 Ausschlagtafel, 602 Literaturangaben. XVI, 221 Seiten. 1968. Kunststoffeinband D M 36,—
Mikromethoden für das klinisch-chemische und biochemische Laboratorium von H. M A T T E N H E I M E R . 2., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Oktav. Mit 35 Abbildungen. XVI, 223 Seiten. 1966. Kunststoffeinband DM 30,— Tritium-Markierung. Darstellung, Messung und Anwendung nach Wilzbach 3 H-markierter Verbindungen von M A R T I N WENZEL u n d P . EBERHARD SCHULZE.
Mit
62 Abbildungen und 42 Tabellen. Oktav. XII, 176 Seiten. 1962. Kunststoffeinband DM 26,— (Arbeitsmethoden schaften)
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der modernen
Naturwissen-
fer, Med.-techn. Assistentinnen, Krankengymnasten, Masseure, Masseure und mediz. Bademeister und andere medizinische Hilfsberufe) von O T T O H E L F E R unter Mitarbeit von B E R T A K A B O T H . 10., überarbeitete und erweiterte Auflage. Klein-Oktav. 104 Seiten. 1968. DM 4,60; bei Bezug von 10 bis 49 Expl. je DM 4,40; ab 50 Expl. je DM 4,20
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Pharmazie
Pharmazeutisches Wörterbuch von C U R T H U N N I U S . 4., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Mit 15 Tabellen und 140 Abbildungen. Oktav. XII, 858 Seiten. 1966. Ganzleinen DM 46,—
Lehrbücher
Lehrbuch
für Massöre von E R I C H T H U L C K E . 3., völlig neubearbeitete Auflage. Groß-Oktav. Mit 133, meist farbigen Abbildungen für den anatomischen und 24 Tafeln mit Trickzeichnungen für den praktischen Teil. XVI, 517 Seiten. 1967. Kunststoffeinband DM 42,—
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Physiologie
Praktikum der Physiologischen Chemie von
PETER
SIEGMUND,
ERNST
SCHÜTTE
und F R I E D R I C H K Ö R B E R . Oktav. XVI, 287 Seiten. Mit 49 Abbildungen und zahlreichen Formeln. 1968. Plastik flexibel DM 19,80
Lehrbuch der Instrumentenkunde für die Operationspraxis von B E R T A K A B O T H . 7 . , neubearbeitete Auflage. Groß-Oktav. Mit 93 Abbildungen, darunter 41 Operationstische. XII, 238 Seiten. 1966. Kunststoffeinband DM 24,—
Lehrbuch der Physiologischen Chemie von F R A N Z L E U T H A R D T . Begründet von S. E D L B A C H E R . 15., neubearbeitete Auflage. GroßOktav. Mit 76 Abbildungen, 1 Bildtafel. XVI, 912 Seiten. 1963. Kunststoffeinband DM 42,—
Lehrbuch für Krankenpflegeschulen von C L A I R E D I E T R I C H . 3 Bände. Groß-Oktav. 3 - / 6 . Auflage. 1 9 6 6 / 6 7 . Kunststoffeinband
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D M 66
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Männer der Medizin. Illustrierte Kurzbiographien. Zusammengestellt von O T T O H E L F E R unter Mitwirkung von B E R T A KABOTH. 4., erweiterte Auflage mit 171 Porträts. Klein-Oktav. 110 Seiten. 1968. D M 5 , 8 0 ; ab 20 Expl. je D M 5 , 3 0 Kleine Gesetzeskunde für Medizinalhilfspersonen (Krankenschwestern, Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern, Krankenpflegehelferinnen, Krankenpflegehel-
Strahlenkunde
Medizinische Strahlenkunde. Eine Einführung in die physikalischen, technischen und biologischen Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung für Mediziner und medizinisch-technische Assistentinnen von W E R N E R S C H L U N G B A U M . Mit einem Anhang: Rechtliche Grundlagen für Ausbildung und Arbeit der medizinisch-technischen Assistentinnen von G E O R G F A B I A N . 3., neubearbeitete Auflage. Groß-Oktav. Mit 156 Abbildungen und 4 Farbtafeln. XX, 386 Seiten. 1967. Kunststoffeinband DM 36,—