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German Pages 267 [272] Year 1972
Aktuelle Dokumente Herausgegeben von Professor Dr. Ingo von Münch
Umweltschutz Zusammengestellt von
Dr. Reinhard Rauball
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1972
Walter de Gruyter • Berlin • New York
© Copyright 1972 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sehe Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit Sc Comp., 1 Berlin 30. — Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomech ani sehen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien sowie der Obersetzung, vorbehalten. — Printed in Germany. Satz und Druck: Max Schönherr KG., 1 Berlin 65
ISBN 3 11 004090 5
Vorwort Die Probleme des Umweltschutzes haben in der öffentlichen Diskussion zunehmend an Bedeutung gewonnen. Gremien unterschiedlichster Fachrichtungen haben dieses Thema aus verschiedenen Blickrichtungen her erörtert. Im vorliegenden Band ist deshalb der Versuch unternommen worden, die wesentlichsten Dokumente zum Umweltschutz zusammenzustellen. Dazu zählen die in viele Rechtsgebiete zerstreuten Vorschriften, die Gesetzesentwürfe im Stadium der parlamentarischen Beratung, einige völkerrechtliche Vereinbarungen, eine Auswahl an Entscheidungen der Geridhte und letztlich zahlreiche Stellungnahmen, die zu Problemen des Umweltschutzes bereits ergangen sind. Das Spektrum umweltbezogener Dokumente vom Strafgesetzbuch aus dem Jahre 1871 über die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes der Weimarer Zeit bis zum Umweltprogramm der Bundesregierung vom Oktober 1971 illustriert eine 100jährige Geschichte des modernen Umweltschutzes. Das machte eine Auswahl unumgänglich. Es ist die Absicht des Verfassers, einen möglichst großen Kreis von Lesern anzusprechen. Die Zusammenstellung soll nicht nur den mit der Vorbereitung der Landschafts- und Städteplanung befaßten Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden Material in die Hand geben; sie soll vielmehr auch Politikern, Lehrern, Journalisten, Tedinikern und allen an Reformen Interessierten eine Orientierungshilfe sein und dazu beitragen, die Probleme des Umweltschutzes zu versachlichen und das Umweltbewußtsein zu wecken und zu vertiefen. Dortmund, im Januar 1972
R. R.
Inhalt Seite
Vorwort I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. II. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.
Geltendes Recht* Grundgesetz vom 23. Mai 1949 Gewerbeordnung vom 26. Juli 1900 Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nadi § 16 der Gewerbeordnung vom 4. August 1960 Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nadi § 16 der Gewerbeordnung vom 7. Juli 1971 Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960 Raumordnungsgesetz vom 8. April 1965 Gesetz zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 Straßenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1952 . . . . Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 6. Dezember 1960 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 16. November 1970 Strafgesetzbuch vom 15. 5.1871 Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 Gesetz über Vorsorgemaßnahme zur Luftreinhaltung vom 17. Mai 1965 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) vom 4. November 1968 . . Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) vom 28. November 1968 Luftverkehrs-Ordnung (LiuftVO) vom 14. November 1969 Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 2. April 1971 . . Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. Dezember 1959 Gesetz über Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln vom 5. September 1961 Pflanzenschutzgesetz vom 10. Mai 1968 Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der Altölbeseitigung (Altölgesetz) vom 23. Dezember 1968
* Sämtliche Gesetze sind in Auszügen abgedruckt
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22. Gesetz zur Verminderung von Luftverunreinigungen durch Bleiverbindungen in Ottokraftstoffen für Kraftfahrzeugmotore (Benzinbleigesetz — BzBIG) vom 5. August 1971 23. Bewertungsgesetz vom 10. Dezember 1965 24. Gesetz über das Meß- und Eichwesen (Eichgesetz) vom 11. Juli 1969 25. Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EstDV 1969) vom 21. April 1970 26. Gaststättengesetz vom 5. Mai 1970 27. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) vom 18. Juli 1961 28. Hamburgisches Gesetz zur Ordnung der Abfallbeseitigung (Abfallbeseitigungsgesetz — HAG) vom 8. Juli 1971 . . II. Gesetzesentwürfe 1. Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 74 — Umweltschutz) vom 20. Oktober 1970 2. Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 74 GG — Abfallbeseitigung) v. 3. Juni 1971 3. Entwurf eines Gesetzes über die Beseitigung von Abfallstoffen (Abfallbeseitigungsgesetz — AbfG) vom 5. Juli 1971 4. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 4. August 1971 5. Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit DDT (DDT-Gesetz) vom 20. August 1971 6. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz — BImSchG) vom 20. August 1971 III. Völkerrechtliche Vereinbarungen 1. Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch ö l vom 12. Mai 1954 . . . . 2. Übereinkommen über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung vom 27. Oktober 1961 3. Protokoll zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und des Großherzogtums Luxemburg über die Errichtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung vom 20. Dezember 1961 (Auszug) . . . . 4. Protokoll zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Er-
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richtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Saar gegen Verunreinigung vom 20. Dezember 1961 (Auszug) 5. Vereinbarung über die Internationale Kommission zium Schutze des Rheins gegen Verunreinigung vom 29. April 1963 (Auszug) 6. Übereinkommen über die Regelung von Wasserentnahmen aus dem Bodensee vom 30. April 1966 (Auszug) . . . . 7. Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Nordsee vom 9. Juni 1969 (Auszug) IV. Entscheidungen* 1. Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 17./18. Juni 1927 (Donauversinkung) 2. Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 9. Juni 1928 (Weserverschmutzung) 3. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. 6. 1971 (Fisdigroßhandlungs-Urteil) 4. Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen vom 2 . 7 . 1 9 7 1 (DELOG-Urteil) 5. Entscheidung des Landgerichts Kleve wegen Rheinverschmutzung von 7. Dezember 1970 V. Programme und Stellungnahmen 1. Umweltprogramm der Bundesregierung vom 14. Oktober 1971 (Auszug) 2. Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 (Auszug) . . . . 3. Vorschlag der Steuerreformkommission beim Parteivorstand der SPD zum Außerordentlichen Parteitag vom 1 8 — 20. November 1971 in Bonn (Auszug) 4. Stellungnahme der CDU auf dem 18. Bundesparteitag vom 2 5 . - 2 7 . Januar 1971 in Düsseldorf (Auszug) . . . 5. Stellungnahme der FDP auf dem Bundesparteitag vom 2 5 . - 2 7 . Oktober 1971 in Freiburg (Auszug) 6. Stellungnahme der Jungsozialisten vom 24./25. April 1971 (Auszug) 7. Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm. Richtlinie V D I 2058 Stand Juli 1960 8. Entschließung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages zum Umweltschutz vom 16. September 1971 . . . 9. Entschließung des Landesvorstandes des Städtetages Nordrhein-Westfalen zum Umweltschutz, insbesondere zur Beseitigung gefährlicher Abfälle vom 6. September 1971 . . *
Sämtliche Entscheidungen sind in Auszügen abgedruckt.
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10. Forderungen des Verbandes der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V. vom 28. Oktober 1971 VI. Ausländische und internationale Dokumente 1. Botschaft über die Lage der Nation (Richard M. Nixon) vom 22. Januar 1970 (Ausaug) 2. Umweltschutz-Programm 1971 — Wortlaut der Botschaft Präsident Nixons an den US-Kongreß (Auszug) . . . . 3. Deklaration über Grundsätze zur Reinhaltung der Luft — Europarat — Ministerausschuß — Entschließung (68) 4 — (Deutsche Fassung) 4. Erste Mitteilung der Kommission über die Politik der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes vom 30. August 1971 (Auszug) 5. Entschließung der Internationalen Parlamentarier-Konferenz zu Umweltfragen vom 4. Juni 1971
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I. G e l t e n d e s I.
Recht
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949* (Auszug)
Art. 74. [Gegenstände der konkurrierenden
Gesetzgebung]
Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: I I . das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen); I I a . die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durdi ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe; 17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung, die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz; 18. den Grundstücksverkehr, das Bodenredit und das landwirtschaftliche Pachtwesen, das Wohnungswesen, das Siedlungs- und Heimstättenwesen; 19. die Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, die Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, den Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungsmitteln und Giften; 20. den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln sowie Bedarfsgegenständen, mit Futtermitteln, mit *
Abdrudc nach Bundesgesetzblatt 1949, S. 1.
2.
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land- und forstwirtschaftlichen Saat- und Pflanzgut und den Schutz der Bäume und Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge; 22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen; Art. 75.
[RahmenvorscbriftenJ
(1) Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über: 3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege; 4. die Bodenverteilung, die Raumordnung und Wasserhaushalt;
2.
Gewerbeordnung vom 26. Juli 1900* (Auszug)
§ 16 (1) Zur Errichtung von Anlagen, welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, ist die Genehmigung der zuständigen Behörde erforderlich. Für Anlagen, die Teile von Anlagen sind, für die eine auf § 24 beruhende Erlaubnis erforderlich ist, wird die Genehmigung zur Errichtung und wesentlichen Veränderung nach den Vorschriften des Erlaubnisverfahrens erteilt. (2) Absatz 1 gilt auch für Anlagen des Bergwesens und für Anlagen, die nichtgewerblichen Zwecken dienen, sofern *
Abdruck nach Reidugesetzblatt 1900, S . 871.
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sie im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. (3) Die Bundesregierung bestimmt durch Reditsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die unter Absatz 1 fallen. Sie erläßt mit Zustimmung des Bundesrates als Technische Anleitung allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Grundsätze, die die Genehmigungsbehörden bei der Prüfung der Genehmigungsanträge zu beachten haben. Die Bundesregierung beruft zu ihrer ständigen Beratung einen Ausschuß, der vor Erlaß der Rechtsverordnungen und der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu hören ist. Dem Ausschuß sollen Vertreter der Behörden, der kommunalen Spitzenverbände, der Wissenschaft und der Technik, der technischen Überwachung, des Gesundheitswesens, des Bergwesens, der gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft sowie des Haus- und Grundbesitzes angehören. Die Mitgliedschaft ist ehrenamtlich. (4) Anlagen, die errichtet worden sind, bevor für die Errichtung von Anlagen dieser Art eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich war, sind spätestens drei Monate nach Einführung der Genehmigungspflicht der zuständigen Behörde anzuzeigen. § 18
Werden keine Einwendungen angegebracht, so hat die Behörde zu prüfen, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeiführen könne. Aufgrund dieser Prüfung, welche sich zugleich auf die Beachtung der bestehenden bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften erstreckt, ist die Genehmigung zu versagen oder, unter Festsetzung der sich als nötig ergebenden Bedingungen, zu erteilen. Zu den letzteren gehören auch diejenigen Anordnungen, welche zum Schutz der Arbeiter gegen Gefahr für Gesundheit und Leben notwendig sind. Der Bescheid ist schriftlich auszufertigen und muß die festgesetzten Bedingungen enthalten; er muß mit Gründen versehen sein, wenn die Genehmigung versagt oder nur unter Bedingungen erteilt wird.
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§ 25 (1) Die Genehmigung zu einer unter § 16 fallenden oder die Erlaubnis zu einer in § 24 bezeichneten Anlage bleibt so lange in Kraft, als keine Änderung in der Lage oder Beschaffenheit der Betriebstätte vorgenommen wird, und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, einer Erneuerung nicht. Wenn eine Veränderung der Betriebstätte vorgenommen wird, ist bei einer unter § 16 fallenden Anlage die Genehmigung der zuständigen Behörde nach Maßgabe der §§ 17 bis 23 notwendig. Eine gleiche Genehmigung ist erforderlich bei wesentlichen Veränderungen in dem Betrieb einer der unter § 16 fallenden Anlagen. Die zuständige Behörde kann jedoch auf Antrag des Unternehmers von der Bekanntmachung (§ 17) Abstand nehmen, wenn sie die Überzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Bewohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeiführen wird. (2) Die zuständige Behörde kann nach der Errichtung oder Änderung einer unter § 16 fallenden Anlage und sodann nach Ablauf von jeweils fünf Jahren anordnen, daß der Unternehmer Art und Ausmaß von Rauch, Ruß, Staub, Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Erschütterungen, Geräuschen, Wärme, Energie, Strahlen und Schwingungen, die von der Anlage ausgehen, durch eine von der obersten Landesbehörde bestimmte Stelle feststellen läßt. Die zuständige Behörde kann solche Feststellungen auch vor Ablauf von fünf Jahren anordnen, wenn erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum überhaupt zu befürchten sind. Die zuständige Behörde kann, soweit erforderlich, außerdem anordnen, daß durch Einbau von geeigneten Meßgeräten in die Anlagen die nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen Feststellungen laufend getroffen werden. Anordnungen nach Satz 1 und 2 sollen nicht getroffen werden, soweit durdi fest eingebaute Meßgeräte laufend die erforderlichen Feststellungen
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in nachweislich einwandfreier Weise gewährleistet sind. Die Ergebnisse der Feststellungen sind der zuständigen Behörde auf Verlangen mitzuteilen. Die Kosten für die Feststellungen an der Anlage, im Betrieb und auf dem Betriebsgelände trägt der Unternehmer. Kosten für außerhalb des Betriebsgeländes vorgenommene Feststellungen trägt der Unternehmer nur insoweit, als er die Auflagen nicht eingehalten hat oder die Feststellungen zu Anordnungen der Behörde gegen ihn geführt haben. (3) Ergibt sich nach der Genehmigung einer unter § 16 Abs. 1 bis 3 fallenden Anlage, daß die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder das Publikum überhaupt vor Gefahren, Nachteilen oder Belästigungen nicht ausreichend geschützt sind, so sollen von der zuständigen Behörde nachträgliche Anordnungen über Anforderungen an die technische Einrichtung und den Betrieb der Anlage getroffen werden. Das gilt auch für die unter § 16 Abs. 4 fallenden Anlagen. Die Anordnungen müssen nach dem jeweiligen Stand der Technik erfüllbar und für Anlagen dieser Art wirtschaftlich vertretbar sein. Sie sollen sich im Rahmen der Grundsätze halten, die in der Technischen Anleitung (§16 Abs. 3) niedergelegt sind. (4) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der in den Absätzen 2 und 3 genannten Behörde finden die Vorschriften des § 139 b Abs. 1, 2 und 4 entsprechende Anwendung. § 27 Die Errichtung oder Verlegung solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusch verbunden ist, muß, sofern sie nicht schon nadi den Vorschriften der §§ 16 bis 25 der Genehmigung bedarf, der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in der Nähe der gewählten Betriebstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde, die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Ausübung des Gewerbes an der gewählten Betrieb-
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Stätte zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten sei. § 33 i (1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33 d Abs. 1 Satz 1 oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmpglichkeit dient, bedarf der Erlaubnis der unteren Verwaltungsbehörde. Die Erlaubnis kann auf Zeit und unter Auflagen erteilt werden. (2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn 3. der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs oder eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt. §51 (1) Wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl kann die fernere Benutzung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit untersagt werden. Doch muß dem Besitzer alsdann für den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden. (2) Gegen die untersagende Verfügung ist der Rekurs zulässig; wegen der Entschädigung steht der Rechtsweg offen. § 120 a (1) Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet. (2) Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen.
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Genehmigungsbedürftige Anlagen
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3. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung vom 4. August 1960* (Auszug) § 1 Einer Genehmigung nach § 16 Abs. 1 der Gewerbeordnung bedarf die Errichtung folgender Anlagen, soweit sie gewerblichen Zwecken oder Zwecken des Bergwesens dienen oder sofern sie im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden: 1. Feuerungsanlagen für feste oder flüssige Brennstoffe mit einer Leistung von 800 000 Kalorien und mehr pro Stunde; bilden mehrere Einzelfeuerungen eine gemeinsame Anlage oder führen mehrere Einzelfeuerungen zu einem gemeinsamen Schornstein mit einem oder mehreren Zügen, so ist die Summe der Leistungen der Einzelfeuerungen maßgebend; 2. Anlagen zur Verwertung, Verbrennung oder zum biologischen Abbau von Müll oder ähnlichen Abfällen; 3. Anlagen zum Brennen oder zum Mahlen von Bauxit, Dolomit, Feldspat, Gips, Kalk, Kieselgur, Magnesit, Pegmatitsand, Schamotte, Quarzit, Speckstein, Talkum und Zement; Ziegelöfen, Schotterwerke und Schlackenmühlen; 4. Anlagen zur Gewinnung von Roheisen und rohen Nichteisenmetallen; 5. Anlagen zum Rösten (Erhitzen unter Luftzufuhr zur Überführung in Oxyde), Schmelzen oder Sintern (Stückigmachen von feinkörnigen Stoffen durch Erhitzen) mineralischer Stoffe; 6. Anlagen zur Stahlerzeugung durch Frisch- oder Lichtbogenverfahren mit Ausnahme von Vakuum-LichtbogenSchmelzanlagen mit einem Fassungsvermögen von höchstens fünf Tonnen; Anlagen zur Feuerraffination von Nichteisenmetallen; Umschmelzanlagen für Nichteisenmetalle; *
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1960 I, S. 690.
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3.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
7. Gießereien, in denen das Schmelzgut durdi unmittelbare Berührung mit der Flamme geschmolzen oder in denen flüssig bezogenes Schmelzgut in nichtmetallische Fertigformen abgegossen wird, ausgenommen Gießereien, in denen ausschließlich Feinguß hergestellt wird; 8. Verbleiungs-, Verzinnungs- und Verzinkun,gsanstalten mit feuerflüssigen Bädern; 9. mechanisch angetriebene Hämmer aller Art einschließlich der Fallwerke, wenn die Schlagenergie des einzelnen Hammers oder Fallwerks 100 Meterkilogramm überschreitet; 10. Anlagen, in denen Nägel, Nieten, Muttern, Schrauben oder Stahlkugeln auf kaltem Wege durch Schlagen hergestellt werden; 11. Anlagen zur Herstellung von Aluminium- und Magnesiumpulver; 12. Fabriken, in denen Dampfkessel, Röhren oder Behälter aus Blech durch Vernieten hergestellt oder durch Hämmern bearbeitet werden; 13. Anlagen, in denen Schiffskörper aus Metall erbaut oder durdi Hämmern bearbeitet werden; Anlagen, in denen Stahlbaukonstruktionen durch Vernieten hergestellt werden; 14. Prüfstände für Verbrennungsmotoren und Verbrennungsturbinen mit mehr als 400 PS Leistung; Prüfstände für Luftschrauben und Rückstoßantriebe; 15. Fabriken, in denen die Ausgangsstoffe chemischen Umwandlungen unterworfen werden (chemische Fabriken), ausgenommen Anlagen zur Erzeugung oder Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe; zu den diemischen Fabriken im Sinne dieser Verordnung gehören insbesondere Fabrikationsanlagen a) zur Herstellung von anorganischen Grundchemikalien, wie Säuren, Basen, Salzen, b) zur Herstellung von Metallen und Nichtmetallen, auch mit Hilfe elektrischer Energie, c) zur Herstellung von Korund und Karbid, d) zur Herstellung von Halogenen und Halqgenerzeugnissen sowie Schwefel und Schwefelerzeugnissen,
3.
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e) zur Herstellung von phosphor- und stickstoffhaltigen Düngemitteln, f) zur Herstellung von unter Druck gelöstem Azetylen (Dissousgasfabriken), g) zur Herstellung von organisdien Grunddiemikalien und Lösemitteln wie Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren, Ester, Azetate, Äther, h) zur Herstellung von Kunststoffen einschließlich Chemiefasern, i) zur Herstellung von Zellhorn, k) zur Herstellung von Kunstharzen, 1) zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen, m) zur Herstellung von synthetischem Kautschuk, n) zum Regenieren von Gummi unter Verwendung von Chemikalien, o) zur Herstellung von Teerfarben und Teerfarbenzwischenprodukten, p) zum Seifensieden, q) zur Reinigung von rohem Tallöl und rohem Sulfatterpentinöl; 16. Kalifabriken; 17. Firnissiedereien, Harzschmelzen und Anlagen zur Herstellung von Lacken unter Erwärmung; 18. Anlagen zur Herstellung von Rohfilmen aus Zellhorn; 19. Zellhornfilmwäschereien mit Ausnahme der Filmentregnungsanstalten; 20. Anlagen zur Herstellung von Kunstleder oder ähnlichen Kunststoffen mittels Zellhorn- oder Nitrozelluloselösung; 21. Gasbereitungs- und Gasbewahrungsanstalten, ausgenommen Anlagen zur unterirdischen Gasspeidierung; 22. Anlagen zur Herstellung, Gewinnung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Vernichtung von Explosivstoffen; hierzu gehören insbesondere: Anlagen zur Herstellung von Sprengstoffen, Schießmitteln, Treibmitteln, Zündmitteln (einschließlich elektrischer Zünder mit Zündpillen) und pyrotechnischen Erzeugnissen, Anlagen zum Laden, Entladen oder Delaborieren von Munition und sonstigen Sprengkörpern; ausgenom2 Akt. Dok., Umweltschutz
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Genehmigungsbedürftige Anlagen
men sind Anlagen zur Herstellung von Sicherheitszündhölzern; 23. öffentliche Schlachthöfe und Schlachthäuser von Fleischwarenfabriken, ausgenommen Schlachthäuser für Geflügel; 24. Tierkörperbeseitigungsanstalten; Anlagen zur Aufarbeitung und zur Lagerung von Knochen, Tierhaaren, Hörnern, Klauen oder sonstigen tierischen Abfällen; 25. Anlagen zur Herstellung von Fischmehl oder Fischöl; Garnelendarren (Krabbendarren) und Kochereien für Futterkrabben; 26. Anlagen zur Zubereitung oder Verarbeitung von tierischen Därmen, Darmentschleimereien, ausgenommen Darmsortierungsanlagen, in denen bereits gereinigte, entschleimte und gesalzene Därme auf Dichtigkeit geprüft, nach Länge und Weite sortiert und verpackt werden; 27. Anlagen zum Trocknen, Einsalzen, Lagern oder Enthaaren ungegerbter Tierhäute und Tierfelle; 28. Gerbereien für Häute und Felle; 29. Anlagen zur Herstellung Lederleim und Knochenleim;
von
Gelatine,
Hautleim,
30. Talgschmelzen mit Ausnahme der Anlagen zur Verarbeitung von selbstgewonnenem Rohtalg zu Speisezwecken in handwerklich betriebenen Schlachtereien und Fleischereien; 31. Anlagen zur Gewinnung von Wolle aus Textilabfallen durch Karbonisieren; 32. Flachs- und Hanfrösten mit Ausnahme der Tau- und Wiesenrösten; 33. Anlagen zum Bleichen von Garnen und Geweben unter Verwendung von alkalischen Stoffen und von Chlor; 34. Anlagen zur Gewinnung von Zellstoff aus Holz, Stroh und ähnlichen Faserstoffen; 35. Hopfen-Schwefeldarren; 36. Anlagen zur Herstellung von Speisewürzen aus tierischen oder pflanzlichen Stoffen unter Verwendung von Säuren;
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Genehmigungsbedürftige Anlagen
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37. Anlagen zur Destillation oder Raffination oder sonstigen Weiterverarbeitung von Erdöl und Erdölerzeugnissen; 38. Anlagen über Tage zur Gewinnung von ö l aus Schiefer und anderen Gesteinen sowie Anlagen zur Destillation oder Weiterverarbeitung solcher ö l e ; 39. Anlagen zur Gewinnung von Koks oder Teer aus Steinkohle, Braunkohle, Holz oder Torf sowie Anlagen zur Gewinnung von Koks aus Pech (Kokereien und Schwelereien); 40. Asphaltschmelzen, Asphaltkochereien, Pechsiedereien und Aufbereitungsanlagen f ü r bituminöse Straßenbaustoffe einschließlich Teersplittanlagen; 41. Fabriken zur Herstellung von Briketts aus Stein- oder Braunkohle; 42. Anlagen zur Herstellung von Kohle- oder Graphitelektroden oder ähnlichen Erzeugnissen; 43. Anlagen zur Herstellung von Kohleanzündern unter Verwendung von Naphtalin, Anthracen oder ähnlichen Stoffen; 44. Anlagen zur Herstellung von Teerdachpappen und Teerdach filzen; 45. Anlagen zum Tränken von Holz mit erhitzten Teerölen; 46. Anlagen zur Destillation oder Weiterverarbeitung von Teer oder Teererzeugnissen und von Teer- oder Gaswasser; 47. Anlagen zur Herstellung von geschweltem Kork; 48. Anlagen zur Herstellung von Firnis-(Wachs)tuch, von Lade- und ö l t u d i sowie von Firnis-, Lack- und Ölpapier; Linoleumfabriken; 49. Anlagen zur Oberflächenbehandlung von Metallen unter Verwendung von Flußsäure; 50. Anlagen zur Gewinnung von R u ß ; 51. Anlagen zur Herstellung von Glas; Anlagen zum Säurepolieren von Glas und Glaswaren unter Verwendung von Flußsäure; 52. Anlagen zur Trocknung von Grünfutter, ausgenommen Anlagen zur Trocknung von selbstgewonnenem Grünfutter im landwirtschaftlichen Betrieb mittels Kaltluft.
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4.
4.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung vom 7. Juli 1971* (Auszug)
§ 1 Einer Genehmigung nach § 16 Abs. 1 der Gewerbeordnung bedarf die Errichtung folgender Anlagen, soweit sie gewerblichen Zwecken oder Zwecken des Bergwesens dienen oder sofern sie im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden: 1. Feuerungsanlagen für feste oder flüssige Brennstoffe mit einer Leistung von 800 000 Kilokalorien pro Stunde und mehr und Feuerungsanlagen für gasförmige Brennstoffe mit einer Leistung von 500 Gigakalorien pro Stunde und mehr; bilden mehrere Einzelfeuerungen eine gemeinsame Anlage oder führen mehrere Einzelfeuerungen zu einem gemeinsamen Schornstein mit einem oder mehreren Zügen, so ist die Summe der Leistungen der Einzelfeuerungen maßgebend; 2. Anlagen, die dazu bestimmt sind, feste oder flüssige Stoffe durch Verbrennen ganz oder teilweise zu beseitigen; Anlagen, die dazu bestimmt sind, durch Verbrennen aus festen Stoffen einzelne Bestandteile zurückzugewinnen; Kompostierungsanlagen; Anlagen, die dazu bestimmt sind, Stoffe aufzubereiten, die in Anlagen nach Halbsatz 1 oder 2 verbrannt, in Anlagen nach Halbsatz 3 kompostiert oder die abgelagert werden sollen; Anlagen zum Zerkleinern von Schrott durch Rotormühlen; 3. Anlagen zum Brechen und Klassieren von in Steinbrüchen gewonnenem Gestein; Anlagen zum Mahlen oder Blähen von Schiefer und Ton; Anlagen zum Brennen oder Mahlen von Bauxit, Dolomit, Feldspat, Gips, Kieselgur, Magnesit, Mineralfarben, Musdielschalen, Pegmatitsand, Quarzit, Schamotte, Schlacke, Speckstein, Talkum, Tuff (Traß) und Kalk, ausgenommen Anlagen *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1971 I, S. 888.
4. Genehmigungsbedürftige Anlagen
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zum Brennen von Kalk, wenn das Abgas in einem geschlossenen Herstellungsverfahren verbraucht wird; Anlagen zur Herstellung von Zementen; Anlagen zum Brennen von grobkeramischen Erzeugnissen, insbesondere von feuerfesten Steinen, Steinzeugrohren und sonstigen Erzeugnissen aus Grobsteinzeug, Mauer-, Decken- und Dachziegeln, Klinkern sowie sonstigen Ziegeleierzeugnissen; 4. Anlagen zur Gewinnung von Roheisen und rohen Nichteisenmetallen; 5. Anlagen zum Rösten (Erhitzen unter Luftzufuhr zur Überführung in (Oxide), Schmelzen oder Sintern (Stückigmachen von feinkörnigen Stoffen durch Erhitzen) mineralischer Stoffe; 6. Anlagen zum Schmelzen von Roheisen oder Rohstahl sowie Anlagen zur Stahlerzeugung, ausgenommen VakuumSchmelzanlagen für einen Einsatz bis zu 5 Tonnen; Anlagen zum maschinellen Flammen von Stahl (Blöcke, Brammen usw.); Schmelzanlagen für Nichteisenmetalle einschließlich der Anlagen zur Raffination, ausgenommen Vakuum-Schmelzanla,gen und Schmelzanlagen für einen Einsatz bis zu 50 Kilogramm Leichtmetall oder 200 Kilogramm Schwermetall und Schmelzanlagen für Edelmetalle oder für Legierungen, die nur aus Edelmetallen bestehen; 7. Eisen-, Temper- und Stahlgießereien; Gießereien für Nichteisenmetalle, ausgenommen Gießereien für Glocken- oder Kunstguß und Gießereien, in denen in metallische Formen abgegossen wird oder in denen das Metall in ortsbeweglichen Tiegeln niedergesdimolzen wird; 8. Verbleiungs-, Verzinnungs- und Verzinkungsanstalten mit feuerflüssigen Bädern; 9. Anlagen, die aus einem oder mehreren maschinell angetriebenen Hämmern bestehen, wenn die Schlagenergie eines Hammers 100 Meterkilogramm überschreitet; den Hämmern stehen Fallwerke gleich; 10. Anlagen zur Herstellung von Bolzen, Nägeln, Nieten, Muttern, Schrauben, Kugeln, Nadeln oder ähnlichen metalli-
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4.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
sdien Normteilen durch Druckumformen auf Automaten; Anlagen zur Herstellung von Kronenkorken; 11. Anlagen zur Herstellung von Metallpulver durch Stampfen; Anlagen zur Herstellung von Aluminium- oder Magnesiumpulver; 12. Fabriken, in denen Dampfkessel, Röhren oder Behälter aus Blech durch Vernieten hergestellt oder durch Hämmern bearbeitet werden; 13. Anlagen zur Herstellung oder Instandsetzung von Schiffskörpern aus Metall; Anlagen zur Herstellung von Stahlbaukonstruktionen, die vernietet oder mit maschinell angetriebenen Hämmern bearbeitet werden; 14. Prüfstände für Verbrennungsmotoren oder Gasturbinen mit mehr als 400 PS Leistung; Prüfstände für Luftschrauben, Rückstoßantriebe oder Strahltriebwerke; 15. Anlagen, die aus einer oder mehreren Gasturbinen zum Antrieb von Kraft- oder Arbeitsmasdiinen bestehen, ausgenommen Gasturbinen mit geschlossenem Kreislauf; 16. Anlagen zur Herstellung von Formstücken unter Verwendung von Zement durch Stampfen, Schocken, Rütteln oder Vibrieren auf Maschinen; 17. Fabriken oder Fabrikationsanlagen, in denen Stoffe durch chemische Umwandlung hergestellt werden, insbesondere Anlagen a) zur Herstellung von anorganischen Grundchemikalien, wie Säuren, Basen, Salze, b) zur Herstellung von Metallen oder Nichtmetallen, auch mit Hilfe elektrischer Energie, c) zur Herstellung von Korund oder Karbid, d) zur Herstellung von Halogenen oder Halogenerzeugnissen sowie Schwefel oder Schwefelerzeugnissen, e) zur Herstellung von phosphor- oder stickstoffhaltigen Düngemitteln,
4.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
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f) zur Herstellung von unter Druck gelöstem Azetylen (Dissousgasfabriken), g) zur Herstellung von organischen Grundchemikalien oder Lösemitteln, wie Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren, Ester, Azetate, Äther, h) zur Herstellung von Kunststoffen oder Chemiefasern, i) zur Herstellung von Zellhorn, k) zur Herstellung von Kunstharzen, 1) zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen, m) zur Herstellung von synthetischem Kautschuk, n) zum Regenerieren von Gummi unter Verwendung von Chemikalien, o) zur Herstellung von Teerfarben oder Teerfarbenzwischenprodukten, p) zur Herstellung von Seifen oder Waschmitteln; hierzu gehören nicht Anlagen zur Erzeugung oder Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe; 18. Anlagen zur Gewinnung von Ruß; 19. Anlagen zur Herstellung von Reibbelägen unter Verwendung von Phenoplasten; 20. Anlagen zum Erschmelzen von Harzen; Anlagen zur Herstellung von Firnis oder von Lacken unter Erwärmen; 21. Anlagen zur Reinigung oder zum Aufbereiten von Sulfatterpentinöl oder Tallöl; 22. Anlagen zur Gewinnung von Wolle aus Textilabfällen durch Karbonisieren; 23. Anlagen zum Bleichen von Garnen und Geweben unter Verwendung von alkalischen Stoffen und von Chlor; 24. Anlagen zur Gewinnung von Zellstoff aus Holz, Stroh und ähnlichen Faserstoffen; 25. Anlagen zur Herstellung von Holzfaserplatten oder Holzspanplatten; 26. Anlagen zur Herstellung von Speisewürzen aus tierischen oder pflanzlichen Stoffen unter Verwendung von Säuren;
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4.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
27. Anlagen zur Destillation oder Raffination oder sonstigen Weiterverarbeitung von Erdöl und Erdölerzeugnissen; 28. Anlagen über Tage zur Gewinnung von ö l aus Schiefer und anderen Gesteinen sowie Anlagen zur Destillation oder Weiterverarbeitung solcher öle; 29. Anlagen zur Trockendestillation von Steinkohle, Braunkohle, Holz, Torf oder Pech (insbesondere Kokereien, Gaswerke und Schwelereien), ausgenommen Holzkohlenmeiler; Anlagen zur Erzeugung von Generator- oder Wassergas aus festen Brennstoffen; Anlagen zur Erzeugung von Stadt- oder Ferngas aus Kohlenwasserstoffen durch Spalten; 30. Anlagen zur Destillation oder Weiterverarbeitung von Teer oder Teererzeugnissen und von Teer- oder Gaswasser; 31. Pechsiedereien; 32. Anlagen zum Schmelzen oder Destillieren von Naturasphalt; 33. Anlagen zur Herstellung oder zum Schmelzen von Mischungen aus Bitumen oder Teer mit Mineralstoffen einschließlich Aufbereitungsanlagen für bituminöse Straßenbaustoffe und Teersplittanlagen; 34. Anlagen zum Brikettieren von Braun- oder Steinkohle; 35. Anlagen zur Herstellung von Hartbrandkohle oder Graphit durch Brennen, z. B. für Elektroden, Stromabnehmer oder Apparateteile; 36. Anlagen zur Herstellung von Kohleanzündern unter Verwendung von Naphtalin, Anthracen oder ähnlichen Stoffen; 37. Anlagen zum Tränken oder Überziehen von Stoffen oder Gegenständen mit heißem Bitumen, Teer oder Teeröl, ausgenommen Anlagen zum Tränken oder Uberziehen von Kabeln mit heißem Bitumen; 38. Anlagen zur Herstellung von geschweltem Kork; 39. Anlagen zur Herstellung von lackierten Faserstoffen oder mit oxidiertem Leinöl beschichteten oder imprägnierten Trägerbahnen aus Textilien oder Papier, z. B. Lackpapier,
4.
Genehmigungsbedürftige Anlagen
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Lackgewebe, Leinölwachstuch, Leinölledertuch, öltuch, Ölpapier, Linoleum und ähnlichen Produkten; 40. Anlagen zur Oberflächenbehandlung von Metallen unter Verwendung von Flußsäure; 41. Anlagen zur Herstellung von Glas; Anlagen zum Säurepolieren von Glas und Glaswaren unter Verwendung von Flußsäure; 42. Anlagen zur Herstellung von Rohfilmen aus Zellhorn; 43. Zellhornfilmwäschereien mit Ausnahme der Filmentregnungsanstalten; 44. Anlagen zur Herstellung von Kunstleder oder ähnlichen Kunststoffen mittels Zellhorn- oder Nitrozelluloselösung; 45. Anlagen zum Herstellen, Bearbeiten, Verarbeiten, Wiedergewinnen oder Vernichten von in der Anlage I des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe vom 25. August 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1358) aufgeführten explosionsgefährlichen Stoffen, von Zündmitteln oder pyrotechnischen Gegenständen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe und von explosionsfähigen Stoffen, die zum Sprengen bestimmt sind; hierzu gehören auch die Anlagen zum Laden, Entladen oder Delaborieren von Munition oder sonstigen Sprengkörpern; ausgenommen sind Anlagen zur Herstellung von Sicherheitszündhölzern; 46. Anlagen zum Speichern von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 1500 Kubikmetern und mehr, bezogen auf 20° Celsius und 760 Torr; 47. Anlagen zum Halten von Legehennen ab 20 000 Stück oder Mastgeflügel ab 30 000 Stück oder Schweinen ab 1250 Stück, ausgenommen Anlagen, in denen Geflügel ausschließlich zu Zucht- oder Vermehrungszwecken, insbesondere zur Erzeugung von Bruteiern gehalten wird; 48. Anlagen zum Schlachten von Tieren mit Ausnahme der Anlagen, in denen in handwerklichem Umfang geschlachtet wird; Räucheranlagen in Fleisch- und Fischfabriken;
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5.
Bundesbaugesetz
49. Tierkörperbeseitigungsanstalten; Anlagen zum Aufbereiten oder Lagern von Knochen, Tierhaaren, Hörnern, Klauen oder sonstigen tierischen Abfällen; Kottrocknungsanlagen; 50. Anlagen zur Herstellung von Fischmehl oder Fischöl; Garnelendarren (Krabbendarren) und Kochereien für Futterkrabben; 51. Anlagen zum Reinigen oder zum Entschieimen von tierischen Därmen oder Mägen; Anlagen zur Zubereitung oder Verarbeitung von Kälbermägen zur Labgewinnung; 52. Anlagen zum Trocknen, Einsalzen, Lagern oder Enthaaren ungegerbter Tierhäute und Tierfelle; 53. Anlagen zum Gerben von Häuten oder Fellen; 54. Anlagen zur Herstellung von Gelatine, Hautleim, Lederleim und Knochenleim; 55. Anlagen zum Schmelzen von tierischen Fetten mit Ausnahme der Anlagen zur Verarbeitung von selbstgewonnenen tierischen Fetten zu Speisefetten in handwerklich betriebenen Fleischereien; 56. Flachs- und Hanfrösten mit Ausnahme der Tau- und Wiesenrösten; 57. Hopfen-Schwefeldarren; 58. Anlagen zur Trocknung von Grünfutter, ausgenommen Anlagen zur Trocknung von selbstgewonnenem Grünfutter im landwirtschaftlichen Betrieb mittels Kaltluft.
5. Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960* (Auszug) § 1. Zweck und Arten der Bauleitplanung (1) Um die städtebauliche Entwicklung in Stadt und Land zu ordnen, ist die bauliche und sonstige Nutzung der Grund*
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1960 I, S. 341.
5.
Bundesbaugesetz
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stücke nach Maßgabe dieses Gesetzes durch Bauleitpläne vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flädiennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). (3) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen. (4) Die Bauleitpläne haben sich nach den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung, ihrer Sicherheit und Gesundheit zu richten. Dabei sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Bauleitpläne sollen den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung dienen und die Eigentumsbildun,g im Wohnungswesen fördern. (5) Die Bauleitpläne haben die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zu berücksichtigen, die Bedürfnisse der Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Jugendförderung, des Verkehrs und der Verteidigung zu beachten sowie den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes und der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes zu dienen. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sollen nur in dem notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen und in Anspruch genommen werden. § 9. Inhalt des Bebauungsplanes (1) Der Bebauungsplan setzt, soweit es erforderlich ist, durch Zeichnung, Farbe, Schrift oder Text fest 7. die Flächen für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen; 8. die Grünflädhen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe; 14. die bei einzelnen Anlagen, welche die Sicherheit oder die Gesundheit der Nachbarschaft gefährden oder erheblich beeinträchtigen, von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung;
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6.
Raumordnungsgesetz
15. das Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern; 16. die Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern.
6.
Baumordnungsgesetz vom 8. April 1965* (Auszug)
§ 1. Aufgaben und Ziele der Raumordnung (1) Das Bundesgebiet ist in seiner allgemeinen räumlichen Struktur einer Entwicklung zuzuführen, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient. Dabei sind die natürlichen Gegebenheiten sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse zu beachten. (2) Das Ziel der Wiedervereinigung des gesamten Deutschlands ist zu berücksichtigen und seine Verwirklichung zu fördern. Dabei ist der räumliche Zusammenhang der Gebiete zu beachten und zu verbessern. (3) Die Raumordnung im Bundesgebiet hat die räumlichen Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im europäischen Raum zu schaffen und sie zu fördern. (4) Die Ordnung der Einzelräume soll sich in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen. Die Ordnung des Gesamtraumes soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen. § 2. Grundsätze der Raumordnung (1) Grundsätze der Raumordnung sind: 1. Die räumliche Struktur der Gebiete mit gesunden Lebens* und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen soll gesichert und weiter entwickelt werden. *
Abdrudc nach Bundesgesetzblatt 1965 I , S . 306.
6.
Raumordnungsgesetz
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In Gebieten, in denen eine solche Struktur nicht besteht, sollen Maßnahmen zur Strukturverbesserung ergriffen werden. Die Verkehrs- und versorgungsmäßige Aufschließung, die Bedienung mit Verkehrs- und Versorgungsleistungen und die angestrebte Entwicklung sind miteinander in Einklang zu bringen. 2. Eine Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten, die dazu beiträgt, räumliche Strukturen mit gesunden Lebensund Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen zu erhalten, zu verbessern oder zu schaffen, soll angestrebt werden. 3. In Gebieten, in denen die Lebensbedingungen in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist, sollen die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie die kulturellen Einrichtungen verbessert werden. In den Gemeinden dieser Gebiete sollen die Lebensbedingungen der Bevölkerung, insbesondere die "Wohnverhältnisse sowie die Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen allgemein verbessert werden. In einer für ihre Bewohner zumutbaren Entfernung sollen Gemeinden mit zentralörtlicher Bedeutung einschließlich der zugehörigen Bildungs-, Kultur- und Verwaltungseinrichtungen gefördert werden. 6. In Verdichtungsräumen mit gesunden räumlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogener Wirtschafts- und Sozialstruktur sollen diese Bedingungen und Strukturen gesichert und, soweit nötig, verbessert werden. Der Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten, die zu ungesunden räumlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie zu unausgewogenen Wirtschafts- und Sozialstrukturen führt, soll entgegengewirkt werden. Wo solche ungesunden Bedingungen und unausgewogenen Strukturen bestehen, soll deren Gesundung gefördert werden. Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele sind eine vorausschauende örtliche und regionale Planung, die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und der der Versorgung der Be-
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6.
Raumordnungsgesetz
völkerung dienenden Einrichtungen sowie die Entwicklung von Gemeinden zu Entlastungsorten für die Aufnahme von Wohn- und Arbeitsstätten in angemessener Entfernung. Art und Umfang dieser Maßnahmen sollen die Verwirklichung der Grundsätze nach den Nummern 1 bis 5 in den anderen Gebieten nicht beeinträchtigen. Sie sollen auch der Erhaltung der den Verdichtungsräumen zugeordneten Landschaft dienen. 7. Für die Erhaltung, den Schutz und die Pflege der Landschaft einschließlich des Waldes sowie für die Sicherung und Gestaltung von Erholungsgebieten ist zu sorgen. Für die Reinhaltung des Wassers, die Sicherung der Wasserversorgung und für die Reinhaltung der Luft sowie für den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen ist ausreichend Sorge zu tragen. § 7. Untersagung raumordnungswidriger Planungen und Maßnahmen (1) Ist die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung eingeleitet, so kann die für die Raumordnung zuständige Landesbehörde raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die Behörden oder sonstige Stellen im Sinne des § 4 Abs. 5 beabsichtigen, für eine bestimmte Zeit untersagen, wenn zu befürchten ist, daß die Durchführung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung unmöglich gemadit oder wesentlich erschwert wird. Dies gilt nur für solche Planungen und Maßnahmen, die von der Rechtswirkung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung nach § 5 erfaßt würden. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung. (3) Das Nähere, auch die Entschädigung für die Folgen einer Untersagung, regeln die Länder; die Höchstdauer der Untersagung darf zwei Jahre nicht überschreiten.
7.
7.
Gesetz zum Schutz gegen Baulärm
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Gesetz zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965* (Auszug) § 2. Pflichten des Betreibers
Wer Baumaschinen betreibt, hat dafür zu sorgen, daß 1. Geräusche der Baumaschinen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und 2. Vorkehrungen getroffen werden, die die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche von der Baustelle auf ein Mindestmaß beschränken, soweit dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen zu schützen. § 3. Anordnungen im Einzelfall, Verwaltungsvorschriften (1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, im Einzelfall die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, die zur Erfüllung der sich aus § 2 ergebenden Pflichten erforderlich sind. (2) Die Bundesregierung erläßt zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Riditwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen von Baumaschinen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. *
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1965 I , S. 1214.
32
8.
Straßen Verkehrsgesetz
§ 5. Untersagung des Betriebes einer Baumaschine Kommt der Betreiber einer Baumaschine einer behördlichen Anordnung nadi § 3 Abs. 1 nicht nach, so kann die zuständige Behörde den Betrieb der Baumaschine bis zur Herstellung des dieser Anordnung entsprechenden Zustandes untersagen. Sie kann den Betrieb von Baumaschinen ferner untersagen, wenn Anordnungen nach § 3 Abs. 1 nicht ausreichen, um die Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen zu schützen.
8. Straßenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1952* (Auszug) §6 (1) 3. die sonstigen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen, für Zwecke der Verteidigung, zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen oder zur Verhütung von Belästigungen erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr, insbesondere a) über die Beschaffenheit, die Ausrüstung, die Prüfung und die Kennzeichnung der Fahrzeuge, d) über den Schutz der Nachtruhe und der Erholungssuchenden gegen Störung durch den Kraftfahrzeugverkehr und über Beschränkungen des Verkehrs an Sonn- und Feiertagen, 5. die Beschaffenheit, Ausrüstung und Prüfung der Fahrzeuge und Beförderungsbehälter, über Verkehrsbeschränkungen und über das Verhalten im Straßenverkehr, das Verhalten nach einem Verkehrsunfall oder einem anderen Schadensfall, um bei der Beförderung wassergefährdender Stoffe im Straßenverkehr Gewässer im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung oder Heilquellen vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen; *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1952 I , S . 837.
9.
9.
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
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Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 6. Dezember 1960* (Auszug) § 30. Beschaffenheit der Fahrzeuge
Fahrzeuge müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß ihr verkehrsüblidher Betrieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt; sie müssen in straßenschonender Bauweise hergestellt sein und in dieser erhalten werden. Für die Verkehrs- oder Betriebssicherheit wichtige Fahrzeugteile, die der Abnutzung oder den Beschädigungen besonders ausgesetzt sind, müssen leicht auswechselbar sein. § 47. Abgase und ihre Ableitung (1) Kraftfahrzeuge müssen so beschaffen sein, daß die Verunreinigung der Luft durch Abgase das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. Kraftfahrzeuge mit Ottomotor müssen hinsichtlich 1. des Gehalts an Kohlenmonoxyd (CO) im Abgas bei Leerlauf den Vorschriften der Anlage X I oder den Vorschriften der Anlage X I V über die Prüfung Typ II, 2. der Kurbelgehäuseentlüftung den Vorschriften der Anlage XII oder den Vorschriften der Anlage X I V über die Prüfung Typ III, 3. des Abgasverhaltens bei den verschiedenen Betriebszuständen den Vorschriften der Anlage XIII oder den Vorschriften der Anlage X I V über die Prüfung Typ I genügen. (2) Die Mündungen von Auspuffrohren dürfen nur nach oben oder nach hinten oder nach hinten links bis zu einem Winkel von 45° zur Fahrzeuglängsachse gerichtet sein; sie müssen so angebracht sein, daß das Eindringen von Abgasen in das Fahrzeuginnere nicht zu erwarten ist. Auspuffrohre dürfen über die seitliche Begrenzung der Fahrzeuge nicht hinausragen. *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1960 I , S. 897.
3 A k t . D o k . , Umweltschutz
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9.
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
§ 49. Geräusdientwicklung (1) Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so beschaffen sein, daß die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. (2) Besteht Anlaß zur Annahme, daß die Geräuschentwicklung des Fahrzeugs dieses Maß übersteigt, so ist der Führer des Fahrzeugs auf Weisung einer zuständigen Person verpflichtet, die Geräuschentwicklung durch ein Geräuschmeßgerät feststellen zu lassen. Liegt die Meßstelle nicht in der Fahrtrichtung des Fahrzeugs, so besteht die Verpflichtung nur, wenn der zurückzulegende Umweg nicht mehr als 6 km beträgt. Nach der Messung ist dem Führer eine Bescheinigung über das Ergebnis der Messung zu erteilen. Die Kosten der Messung fallen dem Halter des Fahrzeugs zur Last, wenn eine zu beanstandende Überschreitung des Geräuschwerts festgestellt wird. § 55. Vorrichtungen für Schallzeichen (1) Kraftfahrzeuge müssen eine Vorrichtung für Schallzeichen haben, deren Klang gefährdete Verkehrsteilnehmer auf das Herannahen eines Kraftfahrzeugs aufmerksam macht, ohne sie zu erschrecken und andere mehr als unvermeidbar zu belästigen. (2) Als Vorrichtungen für Schallzeichen dürfen Hupen und Hörner angebracht sein, die einen in seiner Tonhöhe gleichbleibenden Klang (auch harmonischen Akkord) erzeugen, der frei von Nebengeräuschen ist. Die Lautstärke darf in 7 m Entfernung von dem Anbringungsort der Schallquelle am Fahrzeug und in einem Höhenbereich von 500 mm bis 1500 mm über der Fahrbahn an keiner Stelle 104 DIN-phon übersteigen. Die Messungen sind auf einem freien Platz mit möglichst glatter Oberfläche bei Windstille durchzuführen; Hindernisse (Bäume, Sträucher u. a.), die durch Widerhall oder Dämpfung stören können, müssen von der Schallquelle mindestens doppelt so weit entfernt sein wie der Schallempfänger. (3) Andere als die in den Absätzen 2 und 4 beschriebenen Vorrichtungen für Schallzeichen sowie Sirenen dürfen an Kraftfahrzeugen nicht angebracht sein.
10.
Straßenverkehrs-Ordnung
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(4) Eine Warnvorrichtung mit einer Folge verschieden hoher Töne muß an Fahrzeugen angebracht werden, die auf Grund des § 52 Abs. 3 Kennleuchten führen. Warnvorrichtungen mit einer Folge verschieden hoher Töne dürfen nur an diesen Fahrzeugen geführt werden. § 69 a.
Ordnungswidrigkeiten
(3) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 des Straßenverkehrsgesetzes handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug oder ein Kraftfahrzeug mit Anhänger (Zug) unter Verstoß gegen eine der folgenden Vorschriften in Betrieb nimmt: 1. des § 30 über Bau und Ausrüstung; 15. des § 47 über Abgase und deren Ableitung; 17. des § 49 Abs. 1 über die zulässige Geräuschentwicklung oder des § 49 Abs. 2 Satz 1 über die Verpflichtung zum Messen von Geräuschen;
10.
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 16. November 1970* (Auszug) § 16.
Warnzeichen
(1) Schall- und Leuchtzeichen darf nur geben 1. wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholt (§ 5 Abs. 5) oder 2. wer sich oder andere gefährdet sieht. (3) Schallzeichen dürfen nicht aus einer Folge verschieden hoher Töne bestehen. § 22. Ladung (1) Die Ladung sowie Spannketten, Geräte und sonstige Ladeeinrichtungen sind verkehrssicher zu verstauen und ge*
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1970 I , S . 1565, ber. Bundesgesetzblatt 1971 S . 38.
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10.
Straßenverkehrs-Ordnung
gen Herabfallen und vermeidbares Lärmen besonders zu sichern.
§ 30. Lärmschutz und Sonntagsfahrverbot (1) Bei der Benutzung von Fahrzeugen ist unnötiges Lärmen verboten. Es ist insbesondere verboten, Fahrzeugmotore unnötig laufen zu lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen. Unnützes Hin- und Herfahren ist innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn andere dadurch belästigt werden. (2) Veranstaltungen mit Kraftfahrzeugen bedürfen der Erlaubnis, wenn sie die Nachtruhe stören können. (3) An Sonntagen und Feiertagen dürfen in der Zeit von 0 bis 22 U h r Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen nicht verkehren. Das Verbot gilt nicht f ü r Fahrten von und nach Berlin sowie im Verkehr mit der DDR. (4) Feiertage im Sinne des Absatzes 3 sind Neujahr, 17. Juni, Karfreitag, Allerheiligen (1. November), Ostermontag, jedoch nur in Baden-WürtTag der Arbeit (1. Mai), temberg, Nordrhein-WestfaChristi Himmelfahrt, len, Rheinland-Pfalz, dem Pfingstmontag, Saarland, Fronleichnam, jedoch nur in Büß- und Bettag, jedoch nicht Baden-Württemberg, Hessen, in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rhein- 1. und 2. Weihnachtsfeiertag. land-Pfalz, dem Saarland, § 45. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs, zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum, zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, zum Schutz der Nachtruhe in Wohngebieten sowie zum Schutz der Gewässer und Heil-
11.
Strafgesetzbuch
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quellen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie in Bade- und heilklimatischen Kurorten, in Luftkurorten, in Erholungsorten von besonderer Bedeutung, in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung der Bevölkerung dienen, und in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften, wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können. § 49. Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über 16. die Abgabe von Warnzeichen nach § 16, 25. den Lärmschutz oder das Sonntagsfahrverbot nach § 30 Abs. 1, 2 oder Abs. 3 Satz 1, verstößt.
11. Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871* (Auszug) § 223 (1) Wer vorsätzlich einen anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperverletzung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren zu erkennen. § 230 Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen verursacht, wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. «
Abdruck nach Reichsgesetzblatt 187), S . 127.
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11.
Strafgesetzbuch
§ 303 (1) Wer vorsätzlich und rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. (4) Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig. § 324 Brunnenvergiftung Wer vorsätzlich Brunnen- oder Wasserbehälter, welche zum Gebrauche anderer dienen, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche bestimmt sind, vergiftet oder denselben Stoffe beimischt, von denen ihm bekannt ist, daß sie die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet sind, ingleichen wer solche vergiftete oder mit gefährlichen Stoffen vermischte Sachen wissentlich und mit Verschweigung dieser Eigenschaft verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. § 326 Fahrlässige Begehung Ist eine der in §§ 321 und 324 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden, so ist, wenn durch die Handlung ein Schaden verursacht worden ist, auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Monat zu erkennen. § 360 (1) Mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Deutsche Mark oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen wird bestraft, 11. wer ungebührlicherweise ruhestörenden Lärm erregt oder wer groben Unfug verübt;
12.
Bürgerliches Gesetzbuch
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12. Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896* (Auszug) § 823. (Schadensersatzpflicht) (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpfliditet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nadi dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein. § 906. (Einwirkungen von Nadibargrundstücken) (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. (2) Das gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernadi eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. (3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig. *
Abdruck nadi Reidisgesetzblatt 1896, S. 195.
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13.
Vorsorgemaßnahmen zur Luftreinhaltung
§ 907. (Gefährliche Anlagen) (1) Der Eigentümer eines Grundstüdes kann verlangen, daß auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage den landesgesetzlidien Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung tatsächlich hervortritt. (2) Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften. § 1004. (Unterlassungsanspruch) (1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. (2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist. 13.
Gesetz über Vorsorgemaßnahmen zur Luftreinhaltung vom 17. Mai 1965* (Auszug) § 1. Messungen
Um den Stand und die Entwicklung der Luftverunreinigung in der Bundesrepublik zu erkennen und eine Grundlage für Abhilfe- und Vorsorgemaßnahmen zu ihrer Verminderung zu gewinnen, sind zur Vorbereitung und Durchführung bundesrechtlicher Vorschriften für bestimmte Gebiete Messungen über die Art und den Umfang der staub- und gasförmi•
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1965 I, S. 413.
13. Vorsorgemaßnahmen zur Luftreinhaltung
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gen Luftverunreinigungen in der Atmosphäre sowie Messungen oder Feststellungen über die hierbei vorliegenden meteorologischen Verhältnisse durchzuführen. § 2. Kontrollgebiete Der Bundesminister f ü r Gesundheitswesen bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Gebiete, in denen Messungen oder Feststellungen nach § 1 durchzuführen sind (Kontrollgebiete). Hierbei sind ohne Bindung an die Ländergrenzen insbesondere die Gebiete zu berücksichtigen, in denen erhebliche Luftverunreinigungen auftreten oder zu erwarten sind. § 3. Meßprogramm Der Bundesminister f ü r Gesundheitswesen erläßt zu den in § 1 genannten Zwecken mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über 1. das Meßverfahren und die Meßgeräte, insbesondere über die Verwendung von fortlaufend registrierenden Meßgeräten, 2. die Meßobjekte, 3. die für die Bestimmung der Lage der Meßstellen zu beachtenden Grundsätze. § 4. Auswertung und Maßnahmen (1) Die Meßaufzeichnungen sind unter Berücksichtigung der meteorologischen Verhältnisse auszuwerten und darauf zu überprüfen, ob sich aus Art und Umfang der festgestellten Luftverunreinigungen Hinweise auf die Gefahr nachteiliger Einwirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen oder Sachgüter in dem Kontrollgebiet ergeben. (2) Lassen die Untersuchungen nach Absatz 1 und Feststellungen über die Ursachen der Luftverunreinigungen Maßnahmen zur Verminderung der Luftverunreinigungen angezeigt erscheinen, so sind Empfehlungen f ü r Abhilfe- oder Vorsorgemaßnahmen zur Durchführung bundesrechtlicher Vorschriften an die zuständigen obersten Landesbehörden zu richten.
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14.
Luftverkehrsgesetz
14. Luitverkehrsgesetz (LuftVG) vom 4. November 1968* (Auszug) S 2
(1) Deutsche Luftfahrzeuge dürfen nur verkehren, wenn sie zum Luftverkehr zugelassen (Verkehrszulassung) und — soweit es durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist — in das Verzeichnis der deutschen Luftfahrzeuge (Luftfahrzeugrolle) eingetragen sind. Ein Luftfahrzeug wird zum Verkehr nur zugelassen, wenn 4. die technische Ausrüstung des Luftfahrzeugs so gestaltet ist, daß das durch seinen Betrieb entstehende Geräusch das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. § 6 (1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden und befristet werden. (2) Vor Erteilung der Genehmigung ist insbesondere zu prüfen, ob die geplante Maßnahme die Erfordernisse der Raumordnung, der Landesplanung und des Städtebaues sowie den Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt. Ist das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, ist die Genehmigung zu versagen. Ergeben sich später solche Tatsachen, so kann die Genehmigung widerrufen werden. S 29 (1) Die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) ist Aufgabe der Luftfahrtbehörden. Sie können in Ausübung der Luftaufsicht Verfü*
Abdradt nach Bundesgesetzblatt 1968 I, S. 1113.
14. Luftverkehrsgesetz
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gungen erlassen. Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren, erheblichen Naditeilen oder erheblichen Belästigungen durch Fluglärm oder durdi Luftverunreinigung durdi Luftfahrzeuge in der Umgebung von Flugplätzen dürfen nur im Benehmen mit den für den Immissionsschutz zuständigen Landesbehörden getroffen werden. § 29b (1) Flugplatzhalter, Luftfahrzeughalter und Luftfahrzeugführer sind verpflichtet, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn dies erforderlich ist, um die Bevölkerung vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Lärm zu schützen. Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. (2) Die Luftfahrtbehörden haben auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbaren Fluglärm hinzuwirken. § 32 (1) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Rechtsverordnungen über 15. den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm, insbesondere durch Maßnahmen zur Geräuschminderung am Luftfahrzeug, beim Betrieb von Luftfahrzeugen am Boden, beim Starten und Landen und beim Überfliegen besiedelter Gebiete einschließlich der Anlagen zur Messung des Fluglärms und zur Auswertung der Meßergebnisse. 16. den Schutz vor Luftverunreinigungen durdi Luftfahrzeuge, insbesondere darüber, daß die Verunreinigung der Luft durch Abgase der Luftfahrzeuge das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigen darf. § 33 (1) Wird beim Betrieb eines Luftfahrzeugs durdi Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt
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15.
Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung
oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter des Luftfahrzeugs verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Für die Haftung aus dem Beförderungsvertrag sowie für die Haftung des Halters militärischer Luftfahrzeuge gelten die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54. Wer Personen zu Luftfahrern ausbildet, haftet diesen Personen gegenüber nur nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften. § 53 (1) Für Schäden der in § 33 genannten Art, die durch militärische Luftfahrzeuge verursacht werden, haftet der Halter nach den Vorschriften des ersten Unterabschnitts; jedoch ist § 37 nicht anzuwenden. (3) Bei Verletzung des Körpers oder der Gesundheit kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig ist.
15. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) vom 28. November 1968* (Auszug) § 42. Erteilung und Umfang der Genehmigung, Festlegung des Ausbauplans (1) Die Genehmigung des Flughafens ist für seine Anlegung und seinen Betrieb zu erteilen; sie kann mit Auflagen, insbesondere zur Einschränkung von Lärmauswirkungen auf die Umgebung des Flughafens, verbunden und befristet werden. (2) Die Genehmigungsurkunde muß enthalten 7. die Arten der Luftfahrzeuge, die den Flughafen benutzen dürfen, 8. den Zweck, dem der Flughafen dienen soll. *
Abdruck n a d i Bundesgesetzblatt 1968 I, S. 1263.
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Luftverkehrs-Ordnung
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§ 52. Erteilung und Umfang der Genehmigung (1) Die Genehmigung des Landeplatzes ist für seine Anlegung und seinen Betrieb zu erteilen; sie kann mit Auflagen, insbesondere zur Einschränkung von Lärmauswirkungen auf die Umgebung eines Landeplatzes, verbunden und befristet werden.
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Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) vom 14. November 1969* (Auszug)
§ 1. Grundregeln für das Verhalten im Luftverkehr (1) Jeder Teilnehmer am Luftverkehr hat sich so zu verhalten, daß Sicherheit und Ordnung im Luftverkehr gewährleistet sind und kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird. (2) Der Lärm, der bei dem Betrieb eines Luftfahrzeugs verursacht wird, darf nicht stärker sein, als es die ordnungsgemäße Führung oder Bedienung unvermeidbar erfordert. § 43. Ordnungswidrigkeiten Ordnungswidrig im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 10 des Luftverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. als Teilnehmer am Luftverkehr entgegen § 1 Abs. 1 sich so verhält, daß ein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird; 2. entgegen § 1 Abs. 2 Lärm bei dem Betrieb eines Luftfahrzeugs verursacht, der stärker ist, als es die ordnungsgemäße Führung oder Bedienung unvermeidbar erfordert; •
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1969 I, S. 2117.
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17.
17.
Gesetz zum Sdiutz gegen Fluglärm
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 2. April 1971* (Auszug) Erster Abschnitt § 1. Zweck und Geltungsbereich
Zum Sdiutz der Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen werden für 1. Verkehrsflughäfen, die dem Fluglinienverkehr angeschlossen sind, und 2. militärische Flugplätze, die dem Betrieb von Flugzeugen mit Strahltriebwerken zu dienen bestimmt sind, Lärmschutzbereiche festgesetzt. Wenn der Schutz der Allgemeinheit es erfordert, sollen auch für andere Flugplätze, die dem Betrieb von Flugzeugen mit Strahltriebwerken zu dienen bestimmt sind, Lärmschutzbereiche festgesetzt werden. Lärmschutzbereiche werden auch für geplante Verkehrsflughäfen, die dem Linienverkehr angeschlossen werden sollen, festgesetzt, wenn die Genehmigung für die Anlegung des Verkehrsflughafens nach § 6 des Luftverkehrsgesetzes erteilt ist. § 2. Umfang des Lärmschutzbereichs (1) Der Lärmschutzbereich umfaßt das Gebiet außerhalb des Flugplatzgeländes, in dem der durch Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauerschallpegel 67 dB (A) übersteigt. (2) Der Lärmschutzbereich wird nach dem Maße der Lärmbelastung in zwei Schutzzonen gegliedert. Die Schutzzone 1 umfaßt das Gebiet, in dem der äquivalente Dauerschallpegel 75 dB (A) übersteigt, die Schutzzone 2 das übrige Gebiet des Lärmschutzbereichs. § 3. Ermittlung der Lärmbelastung Der äquivalente Dauerschallpegel wird unter Berücksichtigung von Art und Umfang des voraussehbaren Flugbetriebes *
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1971 I , S. 282.
17. Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
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auf der Grundlage des zu erwartenden Ausbaus des Flugplatzes nach der Anlage zu diesem Gesetz ermittelt. § 4. Festsetzung des Lärmschutzbereichs (1) Der Lärmschutzbereich wird vom Bundesminister des Innern, bei Verkehrsflughäfen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, bei militärischen Flugplätzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Verteidigung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festgesetzt. Karten und Pläne, die Bestandteil der Reditsverordnung sind, können dadurch verkündet werden, daß sie bei einer Amtsstelle zu jedermanns Einsicht archivmäßig gesichert niedergelegt werden. In der Rechtsverordnung ist hierauf hinzuweisen. (2) Der Lärmschutzbereich ist neu festzusetzen, wenn eine Änderung in der Anlage oder im Betrieb des Flugplatzes zu einer wesentlichen Veränderung der Lärmbelastung in der Umgebung des Flugplatzes führen wird. Eine Veränderung der Lärmbelastung ist insbesondere dann als wesentlich anzusehen, wenn sich der äquivalente Dauerschallpegel an der äußeren Grenze des Lärmschutzbereichs um mehr als 4 dB (A) erhöht. (3) Spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit Festsetzung des Lärmschutzbereichs ist zu prüfen, ob sich die Lärmbelastung wesentlich verändert hat oder innerhalb der nächsten zehn Jahre voraussichtlich wesentlich verändern wird. Die Prüfung ist in Abständen von fünf Jahren zu wiederholen, sofern nicht besondere Umstände eine frühere Prüfung erforderlich machen. § 5. Bauverbote (1) Im Lärmschutzbereich dürfen Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime, Sdiulen und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen nicht errichtet werden. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Ausnahmen zulassen, wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Einrichtungen oder sonst im öffentlichen Interesse dringend geboten ist.
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17.
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
(2) In der Schutzzone 1 dürfen Wohnungen nicht errichtet werden. (3) Absatz 2 gilt nicht für Wohnungen, deren Errichtung im Zeitpunkt der Festsetzung des Lärmschutzbereichs auf Grund eines Bebauungsplans oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 des Bundesbaugesetzes zulässig ist, auch wenn die im Zusammenhang bebauten Ortsteile in den Geltungsbereich eines Bebauungsplans einbezogen werden. Absatz 2 gilt ferner nicht für die Errichtung von 1. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen von Betrieben oder öffentlichen Einrichtungen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, 2. Wohnungen, die nach § 35 Abs. 1 des Bundesbaugesetzes im Außenbereich zulässig sind, 3. Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünfte für Angehörige der Bundeswehr und der auf Grund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte. (4) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 gelten nicht für bauliche Anlagen, für die vor Festsetzung des Lärmschutzbereichs eine Baugenehmigung erteilt worden ist. § 6. Sonstige Beschränkungen der baulichen Nutzung Die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 zulässigen baulichen Anlagen sowie Wohnungen in der Schutzzone 2 dürfen nur errichtet werden, sofern sie den nach § 7 festgesetzten Schallschutzanforderungen genügen. § 7. Schallschutz Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Schallsdiutzanforderungen unter Beachtung des Standes der Schallschutztechnik im Hochbau festzusetzen, denen die baulichen Anlagen zum Schutz ihrer Bewohner vor Fluglärm in dem Fall des § 6 genügen müssen.
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§ 8. Entschädigung bei Bauverboten (1) Wird durch ein Bauverbot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 oder Absatz 2 die bisher zulässige bauliche Nutzung aufgehoben und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, so kann der Eigentümer insoweit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Eigentümer kann ferner eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, soweit durch das Bauverbot Aufwendungen für Vorbereitungen zur baulichen Nutzung des Grundstücks an Wert verlieren, die der Eigentümer im Vertrauen auf den Bestand der bisher zulässigen baulichen Nutzung gemacht hat. (2) Die Vorschriften des § 93 Abs. 2, 3 und 4, des § 95 Abs. 1, 2 und 4, der §§ 96, 97, 98 und 99 Abs. 1 des Bundesbaugesetzes sowie die Vorschriften der §§ 17, 18 Abs. 1, 2 Satz 1, Abs. 3 und der §§ 19 bis 25 des Schutzbereichgesetzes vom 7. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 899), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), sind sinngemäß anzuwenden. § 9. Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen (1) Dem Eigentümer eines in der Schutzzone 1 gelegenen Grundstüdes, auf dem bei Festsetzung des Lärmschutzbereichs Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 oder Wohnungen errichtet sind oder auf dem die Errichtung von baulichen Anlagen nach § 5 Abs. 4 zulässig ist, werden auf Antrag Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 und des § 10 erstattet. Stehen das Gebäude oder Teile des Gebäudes im Eigentum eines Erbbauberechtigten oder eines Wohnungseigentümers, so tritt dieser an die Stelle des Eigentümers des Grundstücks. Der Anspruch kann nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach der Festsetzung des Lärmschutzbereichs geltend gemacht werden. Bei Lärmschutzbereichen, die nach § 1 Satz 3 festgesetzt werden, kann der Anspruch auf Erstattung erst vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Flugplatzes an geltend gemacht werden. 4 Akt. Dok., Umweltsdiutz
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(2) Aufwendungen für bauliche Sdiallschutzmaßnahmen bei Wohnungen oder Wohnraum im Sinne des § 3 des Siebenten Bundesmietengesetzes vom 18. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 786) werden nicht erstattet. (3) Die Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen werden nur erstattet, soweit sich die Maßnahmen im Rahmen der nach § 7 erlassenen Rechtsverordnung halten. Bei Wohngebäuden werden Aufwendungen nicht erstattet, soweit sie den Betrag von 100 DM je Quadratmeter Wohnfläche übersteigen. Für die Berechnung der Wohnfläche gelten die §§ 42, 43 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen in der jeweils geltenden Fassung. (4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den in Absatz 3 Satz 2 genannten Höchstbetrag zu ändern, soweit sich die erforderlichen Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen nach § 7 allgemein wesentlich erhöht haben. § 10. Verfahren bei der Erstattung von Aufwendungen Die nach Landesrecht zuständige Behörde setzt nach Anhörung der Beteiligten (Zahlungsempfänger und Zahlungspflichtiger) durch schriftlichen Bescheid fest, in welcher Höhe die Aufwendungen erstattungsfähig sind. Der Bescheid muß eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Er ist den Beteiligten zuzustellen. § 12. Zahlungspflichtiger (1) Zur Zahlung der Entschädigung nach § 8 und zur Erstattung der Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen nach § 9 ist der Flugplatzhalter verpflichtet. (2) Soweit die auf Grund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte Flugplätze im Bundesgebiet benutzen und ein Entsendestaat als Flugplatzhalter zahlungspflichtig ist, steht die Bundesrepublik für die Erfüllung der Zahlungspflicht ein. Rechtsstreitigkeiten wegen der Zahlung einer Entschädigung oder der Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen wer-
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den von der Bundesrepublik Deutschland im eigenen Namen für den Entsendestaat geführt, gegen den sich der Ansprudi richtet. 18. Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. Dezember 1959* (Auszug) § 1. Zweckbestimmung des Gesetzes Zweck dieses Gesetzes ist, 1. die Erforschung, die Entwicklung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu fördern, 2. Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen und durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen verursachte Schäden auszugleichen, 3. zu verhindern, daß durdi Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet wird, 4. die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes zu gewährleisten. § 7. Genehmigung von Anlagen (1) Wer eine Anlage zur Erzeugung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert, bedarf der Genehmigung. (2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn 1. keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1959 I, S. 814.
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Atomgesetz
Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen, 2. die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage .getroffen ist, 3. die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist, 4. der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist, 5. überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der Luft und des Bodens, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen. (3) Im Genehmigungsverfahren sind alle Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften zu beteiligen, deren Zuständigkeitsbereich berührt wird. Bestehen zwischen der Genehmigungsbehörde und einer beteiligten Bundesbehörde Meinungsverschiedenheiten, so hat die Genehmigungsbehörde die Weisung des Bundesministers für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft einzuholen. Im übrigen wird das Genehmigungsverfahren nach den Grundsätzen der §§ 17 bis 19 und 49 der Gewerbeordnung durch Rechtsverordnung geregelt. (4) § 26 der Gewerbeordnung gilt sinngemäß für Einwirkungen, die von einer genehmigten Anlage auf ein anderes Grundstück ausgehen. § 7 a. Vorbescheid (1) Auf Antrag kann zu einzelnen Fragen, von denen die Erteilung der Genehmigung einer Anlage nach § 7 abhängt, insbesondere zur Wahl des Standorts einer Anlage, ein Vorbescheid erlassen werden. Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt;
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Atomgesetz
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die Frist kann auf Antrag bis zu zwei Jahren verlängert werden. (2) § 7 Abs. 3 und 4 sowie die §§ 17 und 18 gelten entsprechend. § 8. Verhältnis zur Gewerbeqrdnung (1) Die Vorschriften der Gewerbeordnung über genehmigungspflichtige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung sowie über die Untersagung der ferneren Benutzung solcher Anlagen finden auf genehmigungspflichtige Anlagen im Sinne des § 7 keine Anwendung. (2) Für überwachungsbedürftige Anlagen nach § 24 der Gewerbeordnung, die in genehmigungspflichtigen Anlagen im Sinne des § 7 Verwendung finden, kann die Genehmigungsbehörde im Einzelfall Ausnahmen von den auf Grund des § 24 der Gewerbeordnung ergangenen Rechtsvorschriften zulassen, soweit dies durch die besondere technische Eigenart der Anlagen nach § 7 bedingt ist. § 9. Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb genehmigungspflichtiger Anlagen (1) Wer Kernbrennstoffe außerhalb von Anlagen der in § 7 bezeichneten Art bearbeitet, verarbeitet oder sonst verwendet, bedarf der Genehmigung. Einer Genehmigung bedarf ferner, wer von dem in der Genehmigungsurkunde festgelegten Verfahren für die Bearbeitung, Verarbeitung oder sonstige Verwendung wesentlich abweicht oder die in der Genehmigungsurkunde bezeichnete Betriebsstätte oder deren Lage wesentlich verändert. (2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn 1. keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Leitung und Beaufsichtigung der Verwendung der Kernbrennstoffe verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Leitung und Beaufsichtigung der Verwendung der Kernbrennstoffe verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen,
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2. die nach dem Stand von Wissenschaft und Tedinik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Verwendung der Kernbrennstoffe getroffen ist, 3. die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist, 4. der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist. § 10. Ausnahmen vom Erfordernis der Genehmigung Durch Rechtsverordnung können zur Erleichterung der wissenschaftlichen Forschung und der Lehre Ausnahmen vom Erfordernis der Genehmigung nach §§ 3 bis 7 und 9 zugelassen werden, soweit es sich um geringe Mengen von Kernbrennstoffen oder um Anlagen handelt, durch welche die in § 1 Nr. 2 und 3 bezeichneten Zwecke des Gesetzes nicht gefährdet werden können.
19. Gesetz über Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln vom 5. September 1961* (Auszug) § 1 (1) Zweck dieses Gesetzes ist es, eine möglichst hohe Abbaubarkeit von grenzflächen- und waschaktiven Stoffen (Detergentien) in Wasch- und Reinigungsmitteln zu erreichen. (2) Wasch- und Reinigungsmittel, die Detergentien enthalten, dürfen vom Hersteller oder Einführer nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn die Abbaubarkeit der Detergentien den Anforderungen der nach § 2 zu erlassenden Rechtsverordnung nicht entspricht. (3) Absatz 2 gilt nicht, wenn Wasch- und Reinigungsmittel als Probe für Untersuchungen oder Versuche an einen anderen abgegeben werden. *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1961 I, S. 1653.
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(4) Absatz 2 gilt ferner nicht für die Ausfuhr und die Durchfuhr von Wasdi- und Reinigungsmitteln. (5) Der Einfuhr und der Ausfuhr steht das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich und aus dem Geltungsbereidi dieses Gesetzes gleich. § 2 (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durdi Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anforderungen an die Abbaubarkeit von Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie das dafür erforderliche Meßverfahren festzusetzen. Die Anforderungen müssen dem Stand von Wissenschaft und Technik auf den Gebieten der Herstellung von Detergentien und der Leistungsfähigkeit von Kläranlagen entsprechen. (2) Die Bundesregierung hat bis zum 30. Juni 1962 erstmalig eine Reditsverordnung nach Absatz 1 zu erlassen. § 3 (1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann bei Einführern oder Herstellern die zur Überwachung notwendige Probe der Wasch- und Reinigungsmittel entnehmen. Auf Verlangen ist ein Teil der Probe amtlich verschlossen und versiegelt zurückzulassen. (2) Die von der zuständigen Behörde beauftragten Personen dürfen Räume und Grundstücke betreten, soweit es ihr Auftrag erfordert. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird insoweit eingeschränkt. (3) Die Bediensteten der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder deren Beauftragte dürfen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgeworden sind, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder wenn ihre Tätigkeit beendet ist. Dies gilt auch für andere Personen, die durch dienstliche Berichterstattung von den in Satz 1 bezeichneten Tatsachen Kenntnis erhalten.
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Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln
§ 4 (1) Wer vorsätzlich die durch § 3 Abs. 3 begründete Verpflichtung verletzt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder jemanden zu schädigen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu zwei Jahren. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. § 5 (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Hersteller oder Einführer vorsätzlich oder fahrlässig Waschmittel oder Reinigungsmittel in den Verkehr bringt, die nicht den Vorschriften des § 1 entsprechen. (2) Eine Ordnungswidrigkeit kann, wenn sie 1. vorsätzlich begangen ist, mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Deutsche Mark, 2. fahrlässig begangen ist, mit einer Geldbuße bis zu 5000 Deutsche Mark geahndet werden. § 6 (1) Die Bußgeldvorschrift des § 5 gilt auch f ü r denjenigen, der als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs oder als gesetzlicher Vertreter eines anderen handelt. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis begründen sollte, unwirksam ist. (2) Den in Absatz 1 bezeichneten Personen steht gleich, wer mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens eines anderen beauftragt oder von diesem ausdrücklich damit betraut ist, in eigener Verantwortung Pflichten zu erfüllen, die dieses Gesetz auferlegt.
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Pflanzenschutzgesetz
Pflanzenschutzgesetz vom 10. Mai 1968* (Auszug)
§ 1 (1) Zweck dieses Gesetzes ist, 1. Pflanzen vor Schadorganismen und Krankheiten zu schützen (Pflanzenschutz), 2. Pflanzcnerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen (Vorratsschutz) und 3. Schäden abzuwenden, die bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder anderen Maßnahmen des Pflanzenschutzes oder Vorratsschutzes, insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier entstehen können. (2) Zum Pflanzenschutz und zum Vorratschutz gehören auch die Verwendung und der Schutz von Tieren, Pflanzen und Viren, durch die Schadorganismen oder Krankheiten bekämpft werden können. Zum Bekämpfen gehört auch das Verhüten des Auftretens oder der Ausbreitung von Schadorganismen oder Krankheiten. § 3 (1) Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bundesminister) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates und in den Fällen der Nummern 4, 5 und 16 auch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit, soweit es unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen erforderlich ist und die in § 1 Abs. 1 genannten Zwecke auf andere Weise nicht erreicht werden können, 1. anzuordnen, das Auftreten oder den Verdacht des Auftretens bestimmter Schadorganismen oder Krankheiten, den Anbau oder das Vorkommen bestimmter Pflanzenarten oder Pflanzensorten, sonstige für das Auftreten oder Bekämpfen von Schadorganismen oder Krankheiten erhebliche Tatsachen *
Abdruck nach Bundesgesetzblatt S. 1161.
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oder die Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel zu melden; 2. Verfügungsberechtigte und Besitzer zu verpflichten, Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse, Anbauflächen, Grundstücke, Gebäude, Räume oder sonstige Gegenstände, die Träger bestimmter Schadorganismen sind oder sein können, zu überwachen oder das Auftreten von Schadorganismen oder Krankheiten zu untersuchen oder untersuchen zu lassen; 3. Verfügungsberechtigte und Besitzer zur Bekämpfung bestimmter Schadorganismen oder Krankheiten zu verpflichten; 4. zur Bekämpfung bestimmter Schadorganismen oder Krankheiten die Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel oder anderer Mittel oder bestimmter Geräte oder Verfahren des Pflanzenschutzes oder des Vorratsschutzes vorzuschreiben oder zu verbieten; 5. das Vernichten, Entseuchen oder Entwesen von Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen oder sonstigen Gegenständen, die Träger bestimmter Schadorganismen sind oder sein können, und das Entseuchen oder Entwesen des Bodens oder von Gebäuden oder Räumen anzuordnen sowie hierfür bestimmte Mittel, Geräte oder Verfahren vorzuschreiben; 6. die Verwendung bestimmter Erden, Nährböden oder Nährlösungen für die Anzucht oder den Anbau von bestimmten Pflanzen vorzuschreiben; 7. die Nutzung befallener, befallsverdächtiger oder befallsgefährdeter Grundstücke oder Anbauflächen zu beschränken sowie Vorschriften über die Sperre solcher Grundstücke oder Anbauflächen zu erlassen; 8. die Verwendung von nicht geeignetem Saat- oder Pflanzgut zu verbieten oder den Anbau bestimmter Pflanzenarten oder Pflanzensorten zu verbieten oder zu beschränken; 9. bei befallenen, befallsverdächtigen oder befallsgefährdeten Grundstücken und Anbauflächen das Freimachen oder Freihalten von bestimmten Pflanzen anzuordnen; 10. den Anbau bestimmter Pflanzenarten oder Pflanzensorten auf Grundstücken und Anbauflächen, deren Böden mit bestimmten Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sind, zu
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beschränken machen;
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einer
Genehmigung
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zu
11. in Gebieten, die für den Anbau bestimmter Pflanzenarten oder Pflanzensorten besonders geeignet sind (Gesundlagen), den Anbau bestimmter Pflanzenarten oder Pflanzensorten zu verbieten oder die Verwendung von Saat- oder Pflanzgut mit bestimmten Eigenschaften vorzuschreiben; 12. die Beförderung von bestimmten Schadorganismen sowie von bestimmten Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen oder sonstigen Gegenständen, die Träger bestimmter Sdiadorganismen sind oder sein können, zu verbieten, zu beschränken, von einer Genehmigung abhängig zu machen, oder hierfür die Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßregeln vorzuschreiben; 13. das Züchten und Halten bestimmter Schadorganismen sowie das Arbeiten mit bestimmten Sdiadorganismen zu verbieten, zu beschränken, von einer Genehmigung oder Anzeige abhängig zu machen oder die Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßregeln vorzuschreiben; 14. anzuordnen, daß Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse nur in bestimmter Art und Weise gelagert werden dürfen; 15. anzuordnen, daß der Lagerung von Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen dienende Grundstücke, Gebäude, Räume oder Behältnisse zu entseudien, zu entwesen oder zu reinigen sind, und hierfür bestimmte Mittel, Geräte oder Verfahren vorzuschreiben; 16. Vorschriften zum Schutze von Tieren, Pflanzen oder Viren der in § 1 Abs. 2 bezeichneten Art vor der Gefährdung mit Pflanzenschutzmitteln oder im Hinblick auf die Bekämpfung bestimmter Sdiadorganismen zu erlassen; 17. Vorschriften über die Verwendung von Tieren, Pflanzen oder Viren der in § 1 Abs. 2 bezeichneten Art zur Bekämpfung oder zur Verhütung des Auftretens oder der Ausbreitung bestimmter Schadorganismen oder Krankheiten zu erlassen; 18. Vorschriften über die Bestellung von Bienenschutzausschüssen und deren Aufgaben sowie über die Redite und Pflichten der Ausschußmitglieder zu erlassen.
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(2) Die Landesregierungen können Rechtsverordnungen nach Absatz 1 erlassen, soweit der Bundesminister von seiner Befugnis keinen Gebrauch macht. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung ihre Befugnis auf oberste Landesbehörden oder andere Behörden übertragen und dabei bestimmen, daß diese ihre Befugnis durch Rechtsverordnung auf nachgeordnete oder ihrer Aufsicht unterstehende Behörden weiter übertragen können. § 4 Der Bundesminister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnun,g mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutze gegen die Gefahr der Einschleppung oder Verschleppung von Schadorganismen und Krankheiten 1. die Einfuhr, Durchfuhr oder Ausfuhr von Schadorganismen sowie von Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen oder sonstigen Gegenständen, die Träger bestimmter Schadorganismen sind oder sein können, a) zu verbieten, zu beschränken, von einer Genehmigung oder Anmeldung oder der Erfüllung bestimmter Anforderungen, insbesondere an Verpackung oder Kennzeichnung, abhängig zu machen; b) von einer Untersuchung, Entseuchung, Entwesung oder von der Beibringung eines amtlichen Pflanzengesundheitszeugnisses abhängig zu machen; 2. Vorschriften über die amtliche Beobachtung oder die Vernichtung der in Nummer 1 genannten Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse und Gegenstände zu erlassen. § 5 (1) Bei Gefahr im Verzuge kann der Bundesminister Rechtsverordnungen nach den § § 3 und 4 ohne Zustimmung des Bundesrates und ohne Einvernehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit erlassen; sie treten spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Ihre Geltungsdauer kann nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.
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(2) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können bei Gefahr im Verzuge Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 und § 4 zur Bekämpfung von Schadorganismen oder Krankheiten durch Verfügung anordnen, soweit ein sofortiges Eingreifen zum Schutze von Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen oder zum Schutze der Gesundheit von Mensch und Tier erforderlich ist. § 6 (1) Der Bundesminister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den Bundesministern für Jugend, Familie und Gesundheit und für Wirtschaft und Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 1. die Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel oder von Pflanzenschutzmitteln mit bestimmten Stoffen zu verbieten oder zu beschränken, 2. die Einfuhr von Saatgut, Pflanzgut und Erde zu verbieten oder zu beschränken, wenn sie mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sind, die unter eine Regelung nach Nummer 1 fallen, soweit dies zum Schutze der menschlichen Gesundheit oder zur Abwehr von Schäden erforderlich ist, die bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder bei der Verwendung von Saatgut, Pflanzgut oder Erde, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sind, insbesondere für die Gesundheit von Tieren entstehen können. (2) Soweit durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln beschränkt wird, können insbesondere Zweck, Art, Zeit und Verfahren der Anwendung des Pflanzenschutzmittels, die aufzuwendende Menge sowie nach der Anwendung einzuhaltende Wartezeiten vorgeschrieben werden. (3) Das bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels vorgesehene Anwendungsgebiet darf durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 nicht ausgeschlossen werden, es sei denn, daß zuvor die Zulassung nach § 9 zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Wird die Zurücknahme oder der Widerruf der Zulassung rechtskräftig aufgehoben, so ist die Rechtsverordnung insoweit nicht mehr anzuwenden.
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§ 8 (1) Die Zulassung wird nach Prüfung des Pflanzenschutzmittels erteilt, wenn 1. das Pflanzenschutzmittel nach dem Stande der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Technik hinreichend wirksam ist, 2. die Erfordernisse des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier beim Verkehr mit gefährlichen Stoffen nidit entgegenstehen und 3. das Pflanzenschutzmittel bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie keine sonstigen schädlichen Auswirkungen hat, die nach dem Stande der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht vertretbar sind. (2) Über die gesundheitlichen Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 entscheidet die Biologische Bundesanstalt im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsamt. (3) Vor der Zulassung ist ein bei der Biologischen Bundesanstalt zu errichtender Sachverständigenausschuß zu hören, dessen Mitglieder vom Bundesminister berufen werden. (4) Die Biologische Bundesanstalt hat dem Antragsteller mit der Zulassung die erforderlichen Auflagen, insbesondere über die Verwendung bestimmter Angaben und Kennzeichnungen, zu erteilen. §11 (1) Der Bundesminister kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erteilte Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln der Zulassung durch die Biologische Bundesanstalt gleichstehen, wenn gewährleistet ist, daß die Pflanzenschutzmittel den Anforderungen des § 8 Abs. 1 entsprechen. Er kann hierbei die Verwendung bestimmter Angaben und Kennzeichnungen auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen, in denen die Pflanzenschutzmittel vertrieben werden, oder auf Packungsbeilagen vorschreiben. (2) Die Biologische Bundesanstalt kann die Einfuhr von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln zu Forschungs-, Un-
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tersudiungs-, Versuchs- oder Ausstellungszwecken sowie bei Gefahr im Verzuge zur Bekämpfung bestimmter Schadorganismen oder Krankheiten genehmigen. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. (3) Der Bundesminister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erleichterung des Verkehrs mit Pflanzenschutzmitteln, soweit es mit dem Schutz des Verbrauchers vereinbar ist, für Kleinpackungen Ausnahmen von Absatz 1 zuzulassen. (4) Unberührt bleiben Kennzeichnungspflichten, die sich aus anderen Vorschriften ergeben. § 14 (1) Wer Pflanzenschutzmittel gewerbsmäßig anwendet, hat dies bei Beginn des Betriebes der zuständigen Behörde anzuzeigen. (2) Betriebe, die Pflanzenschutzmittel gewerbsmäßig anwenden, dürfen Maßnahmen des Pflanzenschutzes und des Vorratsschutzes nur unter sachverständiger Anleitung einer Person durchführen, die die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen sowie die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. (3) Die zuständige Behörde kann für die in Absatz 2 genannten Betriebe die zur Abwehr von Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier erforderlichen Anordnungen, insbesondere über die Verwendung von Mitteln, Geräten oder Verfahren des Pflanzenschutzes oder des Vorratsschutzes, treffen. (4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren Vorschriften zu erlassen. 1. über die Anzeige nach Absatz 1 und das Anzeigeverfahren, 2. über Maßstäbe und Verfahren für den Nachweis der erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen; sie können hierbei die Wirksamkeit und die sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen des Pflanzenschutzes und des Vorratsschutzes und den Arbeitsschutz berücksichtigen. Sie können diese Be-
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fugnis durch Rechtsverordnung auf oberste Landesbehörden übertragen. § 15 (1) Soweit auf Grund dieses Gesetzes oder einer nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnung Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse, die weder befallen noch befallsverdächtig sind, oder sonstige Gegenstände, die weder Träger von Schadorganismen sind noch im Verdacht stehen, Träger von Schadorganismen zu sein, vernichtet werden, ist eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn der vom Eingriff Betroffene oder sein Rechtsvor,gänger zu der Maßnahme durch eine Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz oder gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Rechtsverordnung oder gegen eine Anordnung, die auf Grund dieses Gesetzes oder einer nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnung ergangen ist, Veranlassung gegeben hat.
§ 16 Wird durch eine Maßnahme auf Grund dieses Gesetzes oder einer nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnung dem Betroffenen ein Vermögensnachteil zugefügt, der nicht nach § 1 5 abzugelten ist, so ist eine Entschädigung in Geld zu gewähren, soweit dies zur Abwendung oder zum Ausgleich unbilliger Härten geboten erscheint. § 15 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. § 17 Für Streitigkeiten über Entschädigungsansprüche nach den §§ 15 und 16 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. § 19 (1) In den Ländern obliegt die Durchführung dieses Gesetzes den nach Landesrecht zuständigen Behörden oder Stellen (Pflanzenschutzdienst).
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(2) Der Pflanzenschutzdienst hat in den Ländern auch folgende Aufgaben: 1. Die Überwachung der Pflanzenbestände sowie der Vorräte von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen auf das Auftreten von Schadorganismen und Krankheiten, 2. die Überwachung des Versands von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen im Rahmen des Pflanzenschutzes und des Vorratsschutzes sowie die Ausstellung von Pflanzengesundheitszeugnissen, 3. die Beratung und Aufklärung auf dem Gebiete des Pflanzenschutzes und des Vorratsschutzes sowie die Durchführung des Warndienstes auf diesen Gebieten, 4. die Berichterstattung über das Auftreten und die Verbreitung von Schadorganismen und Krankheiten, 5. die Prüfung von Mitteln, Geräten und Verfahren des Pflanzenschutzes und des Vorratsschutzes und 6. die Durchführung der für die Aufgaben nach den N u m mern 1 bis 5 erforderlichen Untersuchungen und Versuche.
§ 22 (1) Die zuständigen Behörden können zur Durchführung der ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes übertragenen Aufgaben von natürlichen und juristischen Personen und nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen die erforderlichen Auskünfte verlangen. (2) Die von den zuständigen Behörden mit der Einholung von Auskünften beauftragten Personen sind im Rahmen des Absatzes 1 befugt, Grundstücke, Geschäftsräume und zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch Wohnräume des Auskunftspflichtigen zu betreten, dort Untersuchungen auf Schadorganismen und Krankheiten vorzunehmen, Proben zu entnehmen und, soweit dies zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist, die geschäftlichen Unterlagen einzusehen und bei Betrieben, die Pflanzenschutzmittel gewerbsmäßig anwenden, Einrichtungen und Geräte des Pflanzenschutzes sowie die Einhaltung des § 14 Abs. 2 und der auf Grund des § 14 Abs. 3 getroffenen 5 Akt. Dok-, Umweltschutz
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Anordnungen zu überprüfen. Der Auskunftspflichtige hat die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden. Das Grundrecht der U n verletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. (3) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 N r . 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. § 23 (1) Wer vorsätzlich unter Pflanzen Schadorganismen verbreitet und dadurch Pflanzenbestände von bedeutendem Wert, die ihm nicht gehören, gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Führt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr absichtlich herbei, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. (3) Der Versuch ist strafbar. § 25 (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einer Vorschrift einer nach den §§ 3, 4, 5 Abs. 1, dem § 6 oder dem § 11 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, 2. einer Vorschrift einer nach § 3 des Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen vom 5. März 1937 (Reichsgesetzbl. I S. 271) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 308) erlassenen Rechtsverordnun,g zuwiderhandelt,
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3. einer vollziehbaren Anordnung nach § 5 Abs. 2 oder § 14 Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nachkommt, 4. entgegen § 7 Abs. 1 nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel oder entgegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 22a nicht zugelassene Zusatzstoffe einführt oder gewerbsmäßig vertreibt oder eine Auflage nach § 7 Abs. 4 Satz 2, § 8 Abs. 4 oder § 11 Abs. 2 Satz 2, jeweils auch in Verbindung mit § 22a, nicht oder nicht vollständig erfüllt, 5. Pflanzenschutzmittel ohne die in § 12 Abs. 1 oder Zusatzstoffe ohne die in § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 22a vorgeschriebene Kennzeichnung gewerbsmäßig vertreibt, 6. entgegen § 13 Pflanzenschutzmittel oder entgegen § 13 in Verbindung mit § 22a Zusatzstoffe, die für die Ausfuhr bestimmt sind, nicht von den für die Verwendung innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bestimmten Pflanzenschutzmitteln oder Zusatzstoffen getrennt hält oder nicht entsprechend kenntlich macht, 7. die Anzeige nach § 14 Abs. 1 nicht oder nicht rechtzeitig erstattet, 8. entgegen § 22 Abs. 1 eine Auskunft nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder nicht richtig erteilt oder entgegen § 22 Abs. 2 den Zutritt zu Grundstücken, Geschäfts- oder Wohnräumen, die Vornahme von Untersuchungen, die Entnahme von Proben, die Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen oder die Überprüfung von Einrichtungen oder Geräten des Pflanzenschutzes nicht duldet.
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21. Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der Altölbeseitigung (Altölgesetz) vom 23. Dezember 1968* (Auszug) Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Erster Abschnitt Wirtschaftliche Sicherung der Altölbeseitigung § 1. Rückstellungsfonds (1) Zur wirtschaftlichen Sicherung der Altölbeseitigung wird ein Sondervermögen des Bundes mit dem Namen „Rückstellungsfonds zur Sicherung der Altölbeseitigung" (Rückstellungsfonds) gebildet. (2) Die Verwaltung des Rückstellungsfonds obliegt dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft (Bundesamt). Die Kosten der Verwaltung werden aus Fondsmitteln gedeckt. (3) Die Fondsmittel dürfen im übrigen nur für Zuschüsse nach § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes verwendet werden. § 2. Aufgabe (1) Aus Mitteln des Rückstellungsfonds können gewerblichen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die von anderen nach § 3 Abs. 3 übernommene Altöle beseitigen, laufende Zuschüsse zu den anderweitig nicht zu deckenden Kosten gewährt werden, wenn die Altöle gewässer- und bodenunschädlich beseitigt werden und Luftverunreinigungen, vor denen die Allgemeinheit und die Nachbarschaft zu schützen sind, nicht entstehen. Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheitswesen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte, für welche Arten der Beseitigung einschließlich der •
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1968 I, S. 1419.
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Aufarbeitung von Altölen und von welchen Mindestmengen an laufende Zuschüsse gewährt werden können. (2) Die Zuschüsse werden vom Bundesamt nach Richtlinien des Bundesministers für Wirtschaft geleistet. Durch die Richtlinien ist insbesondere sicherzustellen, daß 1. die Zuschußempfänger sich verpflichten, die Altöle nach Maßgabe des § 3 in jeweils vom Bundesamt zu bestimmenden Gebieten abzuholen oder die spätere Abnahme vorzubereiten, 2. die Sammlungs- und Transportkosten Teil der Beseitigungskosten sind, 3. bei den Zuschußsätzen für die einzelnen Beseitigungsarten die Kosten besonders ausgeglichen werden, die durch überdurchschnittlich schwierige Sammlungsbedingungen verursacht werden, 4. sich die Zuschüsse höchstens nach den ungedeckten Kosten ausrichten, die im Durchschnitt der Unternehmen gleicher Art entstehen. 5. für aus Altölen aufgearbeitete Mineralölprodukte (Zweitraffinate), soweit in Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgeführt, gewährte Zuschüsse zurückzuzahlen sind, 6. der Bedarf des Rückstellungsfonds unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze so niedrig wie möglich gehalten wird. (3) Die durch die Richtlinien festgelegten Zuschußsätze gelten in den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes unverändert; danach können sie jährlich zum Beginn eines Kalenderjahres nach vorheriger sechsmonatiger Ankündigung geändert werden. (4) Die Bundesregierung berichtet dem Bundestag bis zum 31. März jedes dritten Jahres, erstmalig bis zum 31. März 1972, über die Tätigkeit des Rückstellungsfonds, insbesondere über die Möglichkeiten einer Ermäßigung der laufenden Zuschüsse (Absatz 1) und der Ausgleichsabgabe (§ 4 Abs. 2).
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§ 3. Abnahme des Altöls (1) Altölbesitzer im Geltungsbereich dieses Gesetzes können gegenüber dem Bundesamt verlangen, daß 1. ihre Altöle in Mengen ab 200 1 abgeholt werden, soweit zur Sammlung und unschädlichen Beseitigung des Altöls erforderliche Einrichtungen vorhanden sind, 2. für Mengen unter 200 1 das spätere Abholen vorbereitet wird. (2) Altöle im Sinne des Absatzes 1 sind gebrauchte Mineralöle und gebrauchte flüssige Mineralölprodukte, ferner mineralölhaltige Rückstände aus Lager-, Betriebs- und Transportbehältern. (3) Altöle werden nach Maßgabe des Absatzes 1 kostenlos abgeholt. Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften über 1. die Ermittlung und Messung der abgenommenen Stoffe, 2. den zulässigen Anteil an Fremdstoffen, der 15 v. H. nicht überschreiten darf, zu erlassen. (4) Die über den zulässigen Anteil (Absatz 3 Nr. 2) hinausgehenden Mengen an Fremdstoffen werden nach Maßgabe des Absatzes 1 entgeltlich abgeholt. Das Entgelt richtet sich nach den beim Bundesamt hinterlegten Preislisten der abnahmepflichtigen Unternehmen. (5) Die Haftung des Altölbesitzers für Schäden, die durch nicht angezeigte Fremdstoffe verursacht werden, bleibt unberührt. § 4. Ausgleichsabgabe (1) Die Mittel des Rückstellungsfonds werden durch eine Ausgleichsabgabe aufgebracht. (2) Der Ausgleichsabgabe unterliegen (abgabepflichtige Waren) 1. die Schmieröle aus der Nummer 27.10 — C — III des Zolltarifs, 2. die Gasöle der Nummer 27.10 — C — I des Zolltarifs, soweit sie wie Schmieröle verwendet werden,
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3. mit ihrem Schwerölanteil die Schmiermittel, alle diese Waren, soweit für sie die Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1964 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Dezember 1963 (Bundesgesetzbl. I S. 1003), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 10. August 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 877), erhoben wird. Die Ausgleichsabgabe beträgt 7,5 Deutsche Mark für 100 kg abgabepflichtige Waren. Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Höhe der Ausgleichsabgabe zu senken, soweit es der Bedarf des Rückstellungsfonds erlaubt. (3) Die Ausgleichsabgabeschuld entsteht, wenn die Mineralölsteuersdiuld für die abgabepflichtigen Waren unbedingt wird. (4) Schuldner der Ausgleichsabgabe ist der Schuldner der unbedingten Mineralölsteuerschuld. (5) Werden abgabepflichtige Waren der zollamtlichen Uberwachung vorenthalten oder entzogen, ist die Ausgleichsabgabeschuld sofort fällig. Im übrigen hat der Schuldner die Ausgleichsabgabe, für die die Abgabeschuld im Laufe eines Kalendermonats entstanden ist, ohne Aufforderung spätestens am 10. des zweiten folgenden Monats zu entrichten. (6) Die Ausgleichsabgabe wird vom Bundesamt erhoben. Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die erforderlichen Bestimmungen über Erhebung und Beitreibung der Ausgleichsabgabe zu erlassen. Die Zollbehörden erteilen dem Bundesamt die für die Verwaltung der Ausgleichsabgabe erforderlichen Auskünfte und stellen ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung.
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22. Gesetz zur Verminderung von Luftverunreinigungen durch Bleiverbindungen in Ottokraftstoffen für Kraftfahrzeugmotore (Benzinbleigesetz — BzBIG) vom 5. August 1971* (Auszug) § 1. Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes (1) Zweck dieses Gesetzes ist es, zum Schutz der Gesundheit den Gehalt an Bleiverbindungen und anderen an Stelle von Blei zugesetzten Metallverbindungen in Ottokraftstoffen zu beschränken. (2) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Ottokraftstoffe, die für Kraftfahrzeugmotore bestimmt sind. § 2. Begrenzung und Verbot von Zusätzen mit Metallverbindungen (1) Ottokraftstoffe, deren Gehalt an Bleiverbindungen, berechnet als Blei, mehr als 0,40 Gramm im Liter beträgt, dürfen vom 1. Januar 1972 an gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nicht hergestellt, eingeführt oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Vom 1. Januar 1976 an darf der Gehalt an Blei Verbindungen, berechnet als Blei, 0,15 Gramm im Liter nicht übersteigen. Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Zusetzen von Bleiverbindungen allein oder von anderen Kraftstoffen mit Bleiverbindungen gleich. (2) Ottokraftstoffe, die an Stelle von Bleiverbindungen nicht zugelassene Zusätze mit anderen Metallverbindungen enthalten, dürfen gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nicht hergestellt, eingeführt oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Absatz 1 Satz 3 gilt für diese Zusätze entsprechend. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Zusätze nach Satz 1 bis zu einem •
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1971 I , S. 1234.
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bestimmten zulässigen Höchstgehalt in Ottokraftstoffen zuzulassen, soweit dies mit dem Schutz der Allgemeinheit vor Luftverunreinigungen vereinbar ist. § 3. Ausnahmen (1) Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft kann auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot des § 2 Abs. 1 bewilligen, soweit die Einhaltung des zulässigen Höchstgehalts an Bleiverbindun,gen zu einer erheblichen Gefährdung der Versorgung führen würde. (2) Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft kann auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 ferner bewilligen, soweit die Einhaltung des zulässigen Höchstgehalts an Bleiverbindungen für den Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten würde und die Ausnahmen dem Zweck des Gesetzes nicht zuwiderlaufen. (3) Die Bewilligung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden; sie kann widerrufen werden. Die Bewilligung ist zu befristen, im Falle des Absatzes 2 längstens bis zum 31. Dezember 1973. (4) Der Bundesminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Verwaltungsvorschriften über die Grundsätze, die bei der Bewilligung der Ausnahmen zu beachten sind. § 4. Erklärung des Herstellers über die Beschaffenheit einzuführender Ottokraftstoffe (1) Bei der Einfuhr oder dem sonstigen Verbringen von Ottokraftstoffen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ist eine schriftliche Erklärung des Herstellers über die Beschaffenheit des Ottokraftstoffes mitzuführen und den Zolldienststellen vorzulegen. Der Einführer oder derjenige, der sonst Ottokraftstoffe in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt, hat diese Erklärung als Teil seiner geschäftlichen Unterlagen aufzubewahren. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben,
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welche Angaben über die Beschaffenheit des Ottokraftstoffs die schriftliche Erklärung nach Absatz 1 enthalten muß. § 5. Überwachung (1) Eigentümer oder Betreiber von Anlagen, in denen Ottokraftstoffe gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen hergestellt werden, Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen Ottokraftstoffe gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen gelagert werden, sowie diejenigen, die Ottokraftstoffe gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen einführen oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringen, haben der nach Landesrecht zuständigen Behörde auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung erforderlich sind. (2) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 N r . 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. (3) Die von der zuständigen Behörde mit der Einholung von Auskünften beauftragten Personen sind im Rahmen des Absatzes 1 befugt, Grundstücke, Anlagen und Geschäftsräume des Auskunftspflichtigen zu betreten, dort Prüfungen mit Besichtigungen vorzunehmen, Stichproben zu entnehmen und in die geschäftlichen Unterlagen des Auskunftspflichtigen Einsicht zu nehmen. Die Kosten, die bei der Entnahme der Proben und deren Untersuchung entstehen, trägt der Auskunftspflichtige. (4) Die nach den Absätzen 1 und 3 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht für ein Besteuerun,gsverfahren, Strafverfahren wegen eines Steuervergehens oder Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit verwendet werden. Die Vorschriften der §§ 175, 179, 188 Abs. 1 und des § 189 der Reichsabgabenordnung über Beistands- und
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Anzeigepfliditen gegenüber den Finanzämtern gelten insoweit nicht. § 7. Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. Ottokraftstoffe, a) die einen höheren als den nach § 2 Abs. 1 zulässigen Gehalt an Bleiverbindungen enthalten, b) die an Stelle von Bleiverbindungen nicht zugelassene Zusätze mit anderen Metallverbindungen enthalten, gewerbsmäßig oder im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung herstellt, einführt oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt, 2. entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 die schriftliche Erklärung des Herstellers nicht aufbewahrt, 3. entgegen § 5 Abs. 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder 4. entgegen § 5 Abs. 3 eine Prüfung oder Besichtigung, die Entnahme von Stichproben oder die Einsicht in geschäftliche Unterlagen nicht gestattet. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. (3) Ottokraftstoffe, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 1 bezieht, können eingezogen werden. § 19 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist anzuwenden. § 8. Einfuhr von Ottokraftstoffen zu Verteidigungszwecken Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die Einfuhr von Ottokraftstoffen mit einem höheren als dem in § 2 Abs. 1 festgelegten Gehalt an Bleiverbindungen, wenn die Einfuhr auf Grund entsprechender internationaler Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland zu Verteidigungszwecken erforderlich ist.
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23.
Bewertungsgesetz
23. Bewertungsgesetz vom 10. Dezember 1965*' (Auszug) § 82. Ermäßigung und Erhöhung (1) Liegen wertmindernde Umstände vor, die weder in der Höhe der Jahresrohmiete noch in der Höhe des Vervielfältigers berücksichtigt sind, so ist der sich nach den §§ 78 bis 81 ergebende Grundstückswert zu ermäßigen. Als solche Umstände kommen z. B. in Betracht 1. ungewöhnlich starke Beeinträchtigungen durch Lärm, Rauch oder Gerüche, 2. behebbare Baumängel und Bauschäden und 3. die Notwendigkeit baldigen Abbruchs. (2) Liegen werterhöhende Umstände vor, die in der Höhe der Jahresrohmiete nicht berücksichtigt sind, so ist der sich nach den §§ 78 bis 81 ergebende Grundstückswert zu erhöhen. Als solche Umstände kommen nur in Betracht 1. die Größe der nicht bebauten Fläche, wenn sich auf dem Grundstück keine Hochhäuser befinden; ein Zuschlag unterbleibt, wenn die gesamte Fläche bei Einfamilienhäusern oder Zweifamilienhäusern nicht mehr als 1500 qm, bei den übrigen Grundstücksarten nicht mehr als das Fünffache der bebauten Fläche beträgt, 2. die nachhaltige Ausnutzung des Grundstückes für Reklamezwecke gegen Entgelt. (3) Die Ermäßigung nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 oder die Erhöhung nach Absatz 2 darf insgesamt 30 vom Hundert des Grundstückswerts (§§ 78 bis 81) nicht übersteigen. Treffen die Voraussetzungen für die Ermäßigung nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 und für die Erhöhung nach Absatz 2 zusammen, so ist der Höchstsatz nur auf das Ergebnis des Ausgleichs anzuwenden. *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1965 I , S . 1861 S . 1118.
und
Bundesgesetzblatt 1970 I ,
25.
24.
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
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Gesetz über das Meß- und Eichwesen (Eichgesetz) vom 11. Juli 1969* (Auszug)
§ 8. Einschränkung und Ausdehnung der Eichpflicht (5) Die Bundesregierung wird ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Eichpflicht vorzuschreiben 2. für Meßgeräte, die zur Feststellung von Geräuschen, Erschütterungen oder Luftverunreinigungen zum Immissionsschutz verwendet werden.
25.
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV 1969) vom 21. April 1970** (Auszug)
§ 82. Bewertungsfreiheit für Anlagen zur Verhinderung, Beseitigung oder Verringerung der Verunreinigung der Luft (1) Steuerpflichtige, die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 des Gesetzes ermitteln, können bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, bei denen die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren neben den nach § 7 des Gesetzes zu bemessenden Absetzungen f ü r Abnutzung bis zu insgesamt 50 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abschreiben. In den folgenden Wirtschaftsjahren bemessen sich die Absetzungen für Abnutzung nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer. § 9a gilt entsprechend. * Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1969 I, S. 759. ** Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1970 I, S. 373.
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25.
Binkommensteuer-Durdiführungsverordnung
(2) Voraussetzung f ü r die Anwendung des Absatzes 1 ist, daß 1. die Wirtschaftsgüter unmittelbar und ausschließlich dazu dienen, die Verunreinigung der Luft zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, 2. die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter im öffentlichen Interesse erforderlich ist und 3. die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle das Vorliegen der Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 bescheinigt. (3) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können auch in Anspruch genommen werden, wenn auf Grund behördlicher Anordnung ausschließlich aus Gründen der Luftreinhaltung 1. bei Feuerungs- oder Dampfkesselanlagen sowie bei Anlagen, bei denen durch chemische Verfahren Luftverunreinigungen entstehen, Umstellungen oder Veränderungen vorgenommen oder 2. Schornsteine errichtet oder aufgestockt oder 3. Anschlüsse an eine Fernwärmeversorgungsanlage vorgenommen werden. Absatz 2 Ziff. 2 und 3 gilt entsprechend. (4) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können bei Wirtschaftsgütern in Anspruch genommen werden, die in der Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 31. Dezember 1974 angeschafft oder hergestellt werden. Bei Wirtschaftsgütern, f ü r die Abschreibungen nach Absatz 1 vorgenommen werden, sind die Absetzungen f ü r Abnutzung nach § 7 des Gesetzes in gleichen Jahresbeträgen vorzunehmen. (5) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können f ü r Anzahlungen auf Anschaffungskosten oder für Teilherstellungskosten im Wirtschaftsjahr der Anzahlung oder Teilherstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden. Dabei treten an die Stelle der Anschaffungsoder Herstellungskosten die Anzahlungen auf Anschaffungskosten oder Teilherstellungskosten. Die Summe der Abschreibungen auf ein Wirtschaftsgut nach den Sätzen 1 und 2 und nach Absatz 1 darf nicht höher sein als die Summe der Abschreibungen, die nach Absatz 1 im Wirtschaftsjahr der An-
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Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
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Schaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren zulässig wären. (6) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können nicht in Anspruch genommen werden für Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Neuerrichtung von Betrieben oder Betriebsstätten angeschafft oder hergestellt werden. § 82 e. Bewertungsfreiheit für Anlagen zur Verhinderung, Beseitigung oder Verringerung von Lärm oder Erschütterungen (1) Steuerpflichtige, die den Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 des Gesetzes ermitteln, können bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, bei denen die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren neben den nach § 7 des Gesetzes zu bemessenden Absetzungen für Abnutzung Abschreibungen vornehmen, und zwar 1. bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bis zur Höhe von insgesamt 50 vom Hundert, 2. bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bis zur Höhe von insgesamt 30 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. In den folgenden Wirtschaftsjahren bemessen sich die Absetzungen für Abnutzung bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer, bei Gebäuden nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 4 des Gesetzes unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Hundertsatz. § 9 a gilt entsprechend. (2) Voraussetzung für die Anwendung des Absatzes 1 ist, daß 1. die Wirtschaftsgüter unmittelbar und ausschließlich dazu dienen, Lärm oder Erschütterungen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, 2. die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter im öffentlichen Interesse erforderlich ist und
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3. die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle das Vorliegen der Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 bescheinigt. (3) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können auch in Anspruch genommen werden, wenn auf Grund behördlicher Anordnung ausschließlich aus Gründen der Beseitigung oder Verringerung von Lärm oder Erschütterungen bei Betriebsanlagen Umstellungen oder Veränderungen vorgenommen werden. Absatz 2 Ziff. 2 und 3 gilt entsprechend. (4) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können bei Wirtschaftsgütern in Anspruch genommen werden, die in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis zum 31. Dezember 1974 angeschafft oder hergestellt werden. Bei Wirtschaftsgütern, für die Abschreibungen nach Absatz 1 vorgenommen werden, sind die Absetzungen für Abnutzung nach § 7 des Gesetzes in gleichen Jahresbeträgen vorzunehmen. (5) Die Abschreibungen nach Absatz 1 können nicht in Anspruch genommen werden für Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Neuerrichtung von Betrieben oder Betriebsstätten angeschafft oder hergestellt werden.
26. Gaststättengesetz vom 28. April 1930* (Auszug) § 5 Auflagen (1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze 3. der Bewohner des Betriebsgrundstüdes oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen erteilt werden. *
Abdruck nadi Reichsgesetzblatt 1930 I , S. 146.
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27. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) vom 18. Juli 1961* (Auszug) §12 (1) Die Gemeinden oder Gemeindeverbände haben darauf hinzuwirken, daß die festen und flüssigen Abfall- oder Schmutzstoffe so beseitigt werden, daß Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Krankheitserreger nicht entstehen. Einrichtungen zur Beseitigung der in Satz 1 genannten Stoffe unterliegen der Überwachung durch das Gesundheitsamt. Die Inhaber dieser Einrichtungen sind verpflichtet, den Beauftragten des Gesundheitsamtes das Betreten ihrer Grundstücke zu gestatten, Räume, Anlagen und Einrichtungen zugänglich zu machen und auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Überwachung erforderlich ist. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) wird insoweit eingeschränkt. § 10 Abs. 1 bis 3 findet Anwendung.
28. Hamburgisches Gesetz zur Ordnung der Abfallbeseitigung (Abfallbeseitigungsgesetz — HAG) vom 8. Juli 1 9 7 1 " (Auszug) § 1. Sachlicher Geltungsbereich (1) Dies Gesetz regelt die Beseitigung von Abfallstoffen, soweit sie nicht durch die Freie und Hansestadt Hamburg im Rahmen der Hausmüllabfuhr nach der Satzung über Müllbeseitigung vom 27. November 1940 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts I 2137-b) erfolgt. (2) Abfallstoffe sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigt hat oder entledigen will oder deren geord* Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1961 I , S. 1012. » * Abdruck nadi Hamburgisdies Gesetz- und Verordnungsblatt 1971, S. 129. 6 A k t . D o k . , Umweltschutz
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nete Beseitigung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit geboten ist. Die Abfallbeseitigung umfaßt das Einsammeln, Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern der Abfallstoffe. (3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für 1. Tierkörper, Altöle, Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe, soweit besondere gesetzliche Regelungen bestehen; 2. Abwasser, mit Ausnahme von solchen Stoffen, die auch nach Vorbehandlung nicht in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet werden dürfen; 3. gasförmige Abfallstoffe; 4. Bauschutt, Erdaushub und Gartenabfälle, soweit sie auf dem Grundstück verbleiben, auf dem sie anfallen; 5. Abfallstoffe, die bei der Aufsuchung, Gewinnung, Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Bodenschätzen in den der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben anfallen. § 2. Grundsätze Abfallstoffe sind so zu beseitigen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere daß a) die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet wird; b) die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gestört werden. Die Erfordernisse zur Reinhaltung der Gewässer und der Luft, der Lärmbekämpfung, der städtebaulichen Ordnung sowie des Natur- und Landschaftsschutzes sind zu beachten. § 3. Ordnung der Beseitigung (1) Zur Beseitigung der Abfallstoffe ist der Besitzer verpflichtet, soweit sie nicht der Freien und Hansestadt H a m burg nach der Satzung über Müllbeseitigung obliegt. Im übrigen kann der Senat durch Rechtsverordnung einen Anschlußund Benutzungszwang für Abfallstoffe begründen, die nach ihrer Beschaffenheit hausmüllähnlich sind und zusammen mit dem Hausmüll beseitigt werden können.
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(2) Abfallstoffe dürfen gewerbsmäßig nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde eingesammelt und befördert werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn gewährleistet ist, daß die Grundsätze des § 2 eingehalten werden. (3) Entstehen bei der Beförderung von gefährlichen Gütern im Sinne des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) vom 18. August 1969 (Bundesgesetzblatt II Seite 1489) durch Beschädigung der Verpackung, durch Verlust oder auf sonstige Weise Abfallstoffe, so hat der Fahrzeugführer dies unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gleiche gilt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Verpackung beschädigt ist und dadurch Abfallstoffe entstehen können. (4) Abfallstoffe dürfen nur in Anlagen oder Einrichtungen behandelt, gelagert oder abgelagert werden, die dafür nach der Gewerbeordnung genehmigt oder nach diesem Gesetz zugelassen worden sind (Abfallbeseitigungsanlagen). Die zuständige Behörde kann widerruflich Ausnahmen zulassen, wenn die Grundsätze des § 2 nicht beeinträchtigt werden. (5) Eigentümer von Anlagen, die den §§ 16 oder 24 der Gewerbeordnung unterliegen, und Personen, die solche Anlagen betreiben, haben der zuständigen Behörde Art, Menge und Art der Beseitigung der in ihrem Betrieb anfallenden Abfallstoffe anzuzeigen. (6) Abfallstoffe dürfen zum Zwecke der Beseitigung nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde in das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg verbracht werden. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn nachgewiesen worden ist, daß die Abfallstoffe unverzüglich in dafür zugelassenen Anlagen beseitigt werden sollen. (7) Der Senat kann durch Rechtsverordnung bestimmen, daß a) Behältnisse, Verpackungen und andere Gegenstände, deren Beseitigung im Rahmen der Hausmüllabfuhr nach Art und Menge besonders schwierig oder aufwendig ist, an Endverbraucher nur ausgegeben werden dürfen, wenn die Rück-
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nähme angeboten wird oder sie von der Hausmüllabfuhr nicht ausgeschlossen worden sind; b) diese Behältnisse, Verpackungen und andere Gegenstände von der Hausmüllabfuhr ausgeschlossen sind und daß auf den Ausschluß und die Rücknahme bei der Ausgabe in bestimmter Weise aufmerksam zu machen ist; c) der zuständigen Behörde Art und Menge solcher Abfallstoffe angezeigt werden müssen, die bei gleichzeitiger Ausgabe besonders große Mengen bestimmter Behältnisse, Verpackungen und anderer Gegenstände an Endverbraucher zu erwarten sind. Werden durch die Verordnung Behältnisse, Verpackungen und andere Gegenstände erfaßt, die sich in der Freien und Hansestadt Hamburg bereits in größerem Ausmaß im Einzelhandel befinden, so soll eine Obergan,gsfrist von drei Monaten vorgesehen werden. (8) Die Genehmigungen nach Absatz 2 und Absatz 6 können unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Wahrung der Grundsätze in § 2 erforderlich ist. Sie können befristet werden. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen ist auch nach Erteilung der Genehmigungen zulässig. Läßt sich zur Zeit der Entscheidung nicht mit genügender Sicherheit feststellen, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen eintreten werden, so kann der Widerruf der Genehmigungen vorbehalten werden. § 4.
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(1) Die Einrichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Deponien zur Lagerung und Ablagerung von Abfallstoffen bedürfen der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn nicht gewährleistet ist, daß die Grundsätze von § 2 eingehalten werden. § 3 Absatz 8 ist entsprechend anzuwenden. (2) Die zuständige Behörde kann verlangen, daß der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchti-
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gungen der Grundsätze des § 2 nach Stillegung der Anlage Sicherheit leistet. (3) Der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage kann durch die zuständige Behörde verpflichtet werden, anderen zur Abfallbeseitigung Verpflichteten die Mitbenutzung der Anlage gegen angemessenes Entgelt zu gestatten, soweit diese die Abfallstoffe anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichen Mehrkosten beseitigen können und die Mitbenutzung für den Inhaber zumutbar ist. Dem zur Abfallbeseitigung Verpflichteten kann durch die zuständige Behörde die Mitbenutzung einer bestimmten Anlage aufgegeben werden, soweit dies zur Wahrung der Grundsätze des § 2 erforderlich ist. Kommt eine Einigung über das Entgelt nicht zustande, so wird es durch die zuständige Behörde festgesetzt. (4) Der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage hat ihre Stillegung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Die zuständige Behörde soll den Inhaber verpflichten, auf seine Kosten das Gelände, das für die Abfallbeseitigung verwandt worden ist, zu rekultivieren und sonstige Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um Beeinträchtigungen der Grundsätze des § 2 zu verhüten. § 5. Bestehende Anlagen (1) Abfallbeseitigungsanlagen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes betrieben werden oder mit deren Errichtung bereits begonnen worden ist, sind der zuständigen Behörde vom Inhaber innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes anzuzeigen. Dies gilt nicht für Abfallbeseitigungsanlagen, die nach § 16 Absatz 1 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung genehmigt oder nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung angezeigt worden sind. (2) Die zuständige Behörde kann für Deponien, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes betrieben werden oder mit deren Einrichtung bereits begonnen worden ist, Befristungen, Bedingungen oder Auflagen anordnen. Sie kann den Betrieb ganz oder teilweise untersagen, wenn Beeinträchtigungen der Grundsätze des § 2 durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht verhindert werden können.
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§ 6. Überwachung (1) Die Beseitigung von Abfallstoffen unterliegt der Überwachung durch die zuständige Behörde. Sie kann die Überwachung auch auf die stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen erstrecken, wenn dies zur Wahrung der Grundsätze des § 2 erforderlich ist. Die zuständige Behörde kann ferner von den Inhabern von Gewerbe- und Industriebetrieben Nachweise über Art, Menge und Beseitigung der in ihrem Betrieb anfallenden Abfallstoffe verlangen. (2) Besitzer von Abfallstoffen und Inhaber von Abfallbeseitigungsanlagen haben den Beauftragten der zuständigen Behörde das Betreten der Grundstücke zu gestatten und Auskunft über Betrieb, Anlagen, Einrichtungen und alle sonstigen der Überwachung unterliegenden Gegenstände zu erteilen. Sie haben die Abfallbeseitigungsanlagen zugänglich zu machen, die zur Überwachung erforderlichen Arbeitskräfte, Werkzeuge und Unterlagen zur Verfügung zu stellen sowie nach Anordnung der zuständigen Behörde Zustand und Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage auf ihre Kosten prüfen zu lassen. (3) Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. § 7. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Angehöriger oder Beauftragter einer mit Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes betreuten Behörde bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
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oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekannt geworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt.
II. G e s e t z e s e n t w ü r f e 1. Entwurf eines . . . Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 74 — Umweltschutz —) vom 20. Oktober 1970« Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten.
Artikel I Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Bundesgesetzbl. S. 1) wird wie folgt geändert: 1. a) In Artikel 74 Nr. 23 wird hinter dem Wort „Bergbahnen" der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt. b) Hinter Artikel 74 Nr. 23 werden folgende Nummern 24 und 25 angefügt: „24. den Wasserhaushalt, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung; 25. den Naturschutz und die Landschaftspflege." 2. a) Artikel 75 Abs. 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: „3. das Jagdwesen;" b) Artikel 75 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „4. die Bodenverteilung und die Raumordnung;".
Artikel II Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. *
Abdruck nach Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache V I / 1 2 9 8 .
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Entwurf — Abfallbeseitigungsgesetz
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2. Entwurf eines . . . Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 74 GG — Abfallbeseitigung —) vom 3. Juni 1971* Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten: Artikel I Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Bundesgesetzbl. S. 1) wird wie folgt geändert: In Artikel 74 wird als neue Nummer 23 a eingefügt: „23 a. die Abfallbeseitigung;" Artikel II Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
3. Entwurf eines Gesetzes über die Beseitigung von Abfallstoffen (Abfallbeseitigungsgesetz) (AbfG) vom 5. Juli 1971** § 1. Grundsatz Abfallstoffe sind so zu beseitigen, daß 1. die Gesundheit von Menschen und Tieren nicht durch Erreger übertragbarer Krankheiten gefährdet wird, 2. die Gesundheit von Menschen und Nutztieren nicht durch gefährliche Stoffe bedroht wird, 3. Lebensmittel nicht in ekelerregender oder die Gesundheit von Menschen gefährdender Weise verunreinigt werden, 4. Futtermittel nicht in die Gesundheit von Tieren gefährdender Weise verunreinigt werden, • Abdruck nadi Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache V I / 2 2 4 9 . * * Abdruck nach Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache V I / 2 4 0 1 .
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5. die Gewässer nicht schädlich verunreinigt werden, 6. die Fruchtbarkeit des Bodens nicht gefährdet wird, 7. Pflanzen durch Schädlinge oder Krankheiten nicht geschädigt werden und 8. die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Städtebaus gewahrt werden. Die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung sind zu beachten. § 2. Geltungsbereich (1) Abfallstoffe im Sinne dieses Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigt hat oder entledigen will oder deren geordnete Beseitigung zum Schutze der in § 1 genannten Rechtsgüter geboten ist. (2) Die Abfallbeseitigung im Sinne dieses Gesetzes umfaßt das Sammeln, Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern der Abfallstoffe. (3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für 1. die nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz vom 1. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 187), nach dem Fleischbeschaugesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Oktober 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1463), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805), nach dem Viehseuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 158), nach dem Pflanzenschutzgesetz vom 10. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 352), geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), und nach den auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen zu beseitigenden Stoffe, 2. Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes vom 23. Dezember 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 814), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805) und der auf Grund des Atomgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen,
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3. Abfallstoffe, die bei der Aufsuchung, Gewinnung, Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Bodenschätzen in den der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben anfallen, 4. gasförmige Abfallstoffe, 5. Abwasser, soweit es in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet wird, 6. Altöle, soweit sie nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 des Altölgesetzes vom 23. Dezember 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1419) abgeholt werden. § 3. Verpflichtung zur Beseitigung (1) Die Gemeinden oder andere durch Landesrecht bestimmte Gebietskörperschaften haben die in ihrem Gebiet angefallenen Abfallstoffe zu beseitigen. Sie können sich zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen. (2) Die zuständige Behörde kann die in Absatz 1 genannten Körperschaften befristet oder widerruflich von der Verpflichtung zur Abfallbeseitigung entbinden. (3) Die in Absatz 1 genannten Körperschaften können mit Zustimmung der zuständigen Behörde solche Abfallstoffe von der Beseitigung ausschließen, die sie nach ihrer Art oder Menge nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen beseitigen können. (4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 ist der Besitzer zur Beseitigung der Abfallstoffe verpflichtet. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (5) Der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage kann durch die zuständige Behörde verpflichtet werden, einem nach Absatz 1 oder 4 zur Abfallbeseitigung Verpflichteten die Mitbenutzung der Abfallbeseitigungsanlage gegen angemessenes Entgelt zu gestatten, soweit dieser die Abfallstoffe anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichen Mehrkosten beseitigen kann und die Mitbenutzung für den Inhaber zumutbar ist. Kommt eine Einigung über das Entgelt nicht zustande, so wird es durch die zuständige Behörde festgesetzt. (6) Die zuständige Behörde kann den Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage, der Abfallstoffe wirtschaftlicher besei-
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tigen kann als eine in Absatz 1 genannte Körperschaft, die Beseitigung dieser Abfallstoffe auf seinen Antrag übertragen, sofern nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Übertragung kann mit der Auflage verbunden werden, daß der Antragsteller alle in dem Gebiet dieser Körperschaft angefallenen Abfallstoffe gegen Erstattung der Kosten beseitigt, wenn die Körperschaft die verbleibenden Abfallstoffe nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand beseitigen kann und die Übernahme der Beseitigung für den Antragsteller zumutbar ist. (7) Der Abbauberechtigte oder Unternehmer eines Mineralgewinnungsbetriebes sowie der Eigentümer, Besitzer oder in sonstiger Weise Verfügungsberechtigte eines zur Mineralgewinnung genutzten Grundstücks kann von der zuständigen Behörde im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet werden, die Beseitigung von Abfallstoffen in freigelegten Bauen in seiner Anlage oder innerhalb seines Grundstücks zu dulden, den Zugang zu ermöglichen und dabei, soweit dies unumgänglich ist, vorhandene Betriebsanlagen oder Einrichtungen oder Teile derselben zur Verfügung zu stellen. Die ihm dadurch entstehenden Kosten hat der Beseitigungspflichtige zu erstatten. Die zuständige Behörde bestimmt den Inhalt dieser Verpflichtung. Der Vorrang der Mineralgewinnung gegenüber der Abfallbeseitigung darf nicht beeinträchtigt werden. § 4. Ordnung der Beseitigung (1) Abfallstoffe dürfen nur in den dazu bestimmten Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert und abgelagert werden. (2) Ist die Beseitigung der Abfallstoffe nach Absatz 1 für den zur Beseitigung Verpflichteten nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten möglich, kann die zuständige Behörde im Einzelfall widerruflich Ausnahmen von dieser Vorschrift zulassen, wenn dadurch der Grundsatz in § 1 nicht beeinträchtigt wird. (3) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beseitigung bestimmter Abfallstoffe oder bestimmter Mengen dieser Abfallstoffe, sofern
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ein Bedürfnis besteht und eine Gefährdung oder Schädigung nicht zu befürchten ist, außerhalb von Beseitigungsanlagen zulassen und die Voraussetzungen und die Art und Weise der Beseitigung festlegen. § 5. Abfallbeseitigungspläne (1) Die Länder stellen für ihren Bereich Pläne zur Abfallbeseitigung nach überörtlichen Gesichtspunkten auf. In diesen Abfallbeseitigungsplänen sind geeignete Standorte für die Abfallbeseitigungsanlagen festzulegen. Ferner kann in den Plänen bestimmt werden, welcher Abfallbeseitigungsanlagen sich die Beseitigungspflichtigen zu bedienen haben. Die Festlegungen in den Abfallbeseitigungsplänen können für die Beseitigungspflichtigen für verbindlich erklärt werden. (2) Die Länder regeln das Verfahren zur Aufstellung der Pläne. § 6. Planfeststellung (1) Die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallbeseitigungsanlagen sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. (2) Bebauungspläne nach § 9 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 341) ersetzen die Planfeststellung nach Absatz 1. Ist eine Ergänzung notwendig, so ist die Planfeststellung insoweit zusätzlich durchzuführen. (3) Anstelle eines Planfeststellungsverfahrens kann die zuständige Behörde für die Errichtung und den Betrieb unbedeutender Abfallbeseitigungsanlagen oder für die wesentliche Änderung einer Abfallbeseitigungsanlage oder ihres Betriebes auf Antrag eine Genehmigung erteilen, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. (4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Abfallbeseitigungsanlagen, die einer Genehmigung nach § 16 der Gewerbeordnung bedürfen. (5) Soll die Abfallbeseitigungsanlage in einem der Bergaufsicht unterliegenden Mineralgewinnungsbetrieb errichtet oder betrieben werden, so nimmt die zuständige Bergbehörde die
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Aufgaben der Planfeststellungsbehörde und der Anhörungsbehörde wahr. § 7. Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes (1) Auf die Durchführung dieses Gesetzes ist das Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden. (2) Das Planfeststellungsverfahren des § 6 Abs. 1 wird nach Teil V Abschnitt 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes durchgeführt, die Genehmigung des § 6 Abs. 2 im förmlichen Verwaltungsverfahren nach Teil V Abschnitt 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes erteilt. § 8. Nebenbestimmungen, Sicherheitsleistung, Versagung (1) Der Planfeststellungsbeschluß nach § 6 Abs. 1 und die Genehmigung nach § 6 Abs. 2 können unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Wahrung des Grundsatzes in § 1 erforderlich ist. Sie können befristet werden. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Abfallbeseitigungsanlagen oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Genehmigung zulässig. Läßt sich zur Zeit der Entscheidung nicht mit genügender Sicherheit feststellen, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen eintreten werden, so kann sich die Behörde den Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses oder der Genehmigung vorbehalten. (2) Die zuständige Behörde kann in der Planfeststellung oder in der Genehmigung verlangen, daß der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Grundsatzes in § 1 nach Stillegung der Anlage Sicherheit leistet. (3) Der Planfeststellungsbeschluß oder die Genehmigung können versagt werden, wenn die Errichtung einer Abfallbeseitigungsanlage den nach § 5 aufgestellten Abfallbeseitigungsplänen zuwiderläuft. Sie sind zu versagen, wenn
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1. von der Errichtung oder dem Betrieb Beeinträchtigungen des Grundsatzes in § 1 zu erwarten sind, die durch Auflagen und Bedingungen nicht verhindert werden können, oder 2. nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind, die durch Auflagen weder verhütet noch ausgeglichen werden können, das Vorhaben nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient und der Betroffene widerspricht. § 9. Bestehende Abfallbeseitigungsanlagen (1) Die Inhaber haben Abfallbeseitigungsanlagen, die sie bei Inkrafttreten dieses Gesetzes betreiben oder mit deren Errichtung sie zu diesem Zeitpunkt begonnen haben, der nach § 6 Abs. 1 zuständigen Behörde innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes anzuzeigen. (2) Die nach § 6 Abs. 1 zuständige Behörde kann für Abfallbeseitigungsanlagen nach Absatz 1 oder für ihren Betrieb Befristungen, Bedingungen und Auflagen anordnen. Sie kann den Betrieb dieser Anlagen ganz oder teilweise untersagen, wenn Beeinträchtigungen des Grundsatzes in § 1 N r . 1 bis 5 durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht verhindert werden können. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Abfallbeseitigungsanlagen, die nach § 16 Abs. 1 oder § 25 Abs. 1 der Gewerbeordnung genehmigt oder nach § 16 Abs. 4 der Gewerbeordnung angezeigt worden sind. § 10.
Stillegung
(1) Der Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage hat ihre Stillegung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. (2) Die zuständige Behörde soll den Inhaber verpflichten, auf seine Kosten das Gelände, das für die Abfallbeseitigung verwandt worden ist, zu rekultivieren und sonstige Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, Beeinträchtigungen des Grundsatzes in § 1 zu verhüten. § 11.
Überwachung
(1) Die Beseitigung von Abfallstoffen unterliegt der Überwachung durch die zuständige Behörde. Diese kann die Uber-
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wachung auch auf stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen erstrecken, wenn dies zur Wahrung des Grundsatzes in § 1 erforderlich ist. (2) Wer Abfälle in Abfallbeseitigungsanlagen oder auf Grund einer Ausnahme nach § 4 Abs. 2 beseitigt, hat den Beauftragten der Überwachungsbehörde das Betreten der Grundstücke zu gestatten und Auskunft über Betrieb, Anlagen, Einrichtungen und alle sonstigen der Überwachung unterliegenden Gegenstände zu erteilen. Er hat ferner die Abfallbeseitigungsanlagen zugänglich zu machen, die zur Überwachung erforderlichen Arbeitskräfte, Werkzeuge und Unterlagen zur Verfügung zu stellen sowie nach Anordnung der zuständigen Behörde Zustand und Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage auf seine Kosten prüfen zu lassen. (3) Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. § 12. Aufbringen von Abwasser und ähnlichen Stoffen auf landwirtschaftlich genutzte Böden (1) Die §§ 1 und 11 gelten entsprechend, wenn Abwasser, Klärschlamm, Fäkalien, Jauche, Gülle, Stallmist und ähnliche Stoffe auch aus anderen als den in § 2 Abs. 1 genannten Gründen auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht werden. Die Vorschriften des Wasserrechts bleiben unberührt. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung des Grundsatzes in § 1 Vorschriften über das Aufbringen der in Absatz 1 genannten Stoffe, insbesondere bei der Erzeugung von Lebens- oder Futtermitteln, zu erlassen. Sie kann dabei das Aufbringen 1. bestimmter Stoffe beschränken oder verbieten,
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2. von einer Untersuchung, Desinfektion oder Entgiftung dieser Stoffe oder von einer anderen geeigneten Maßnahme abhängig machen. § 13. Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 4 Abs. 1 Abfallstoffe außerhalb einer Abfallbeseitigungsanlage behandelt, lagert oder ablagert oder einer Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 3 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, 2. entgegen § 6 Abs. 1 eine Abfallbeseitigungsanlage unbefugt errichtet oder betreibt oder die Anlage oder den Betrieb wesentlich ändert, 3. eine Auflage nach § 8 Abs. 1 Satz 1 oder § 9 Abs. 2 Satz 1 nicht, nicht rechtzeitig oder unvollständig erfüllt oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 9 Absatz 2 Satz 2 zuwiderhandelt, 4. der Anzeigepflicht nach § 9 Abs. 1 oder § 10 Abs. 1 zuwiderhandelt, 5. entgegen § 11 Abs. 2 das Betreten eines Grundstückes nicht gestattet, eine Auskunft nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder nicht richtig erteilt, Abfallbeseitigungsanlagen nicht zugänglich macht, Arbeitskräfte oder Werkzeuge oder Unterlagen nicht zur Verfügung stellt oder eine angeordnete Prüfung nicht vornehmen läßt. 6. einer Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 2 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. § 14. Straftaten (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 7
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3.
Entwurf — Abfallbeseitigungsgesetz
1. entgegen § 4 a) Abfallstoffe, die Gifte oder Erreger übertragbarer Krankheiten enthalten oder hervorbringen können, behandelt, lagert oder ablagert, oder b) Abfallstoffe so in der Nähe von Lebensmitteln behandelt, lagert oder ablagert, daß diese verunreinigt werden können, oder 2. entgegen § 6 eine Abfallbeseitigungsanlage unbefugt errichtet oder betreibt oder die Anlage oder den Betrieb wesentlich ändert und dadurch eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeiführt. (2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe oder eine dieser Strafen. § 15. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Angehöriger oder Beauftragter einer mit Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes betrauten Behörde bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren; daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. Ebenso wird bestraft, wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekannt geworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. § 16. Zuständige Behörden Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen bestimmen die für die Ausführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden.
3.
Entwurf — Abfallbeseitigungsgesetz
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§ 17. Änderung des Bundes-Seuchengesetzes § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) vom 18. Juli 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1012), zuletzt geändert durch Bundesgesetzbl. I S ), erhält folgende Fassung: „Die Gemeinden oder Gemeindeverbände haben darauf hinzuwirken, daß Abwasser, soweit es nicht dazu bestimmt ist, auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht zu werden, so beseitigt wird, daß Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Krankheitserreger nicht entstehen. Einrichtungen zur Beseitigung des in Satz 1 genannten Abwassers unterliegen der Überwachung durch das Gesundheitsamt". § 18. Änderung des Bundesbaugesetzes § 38 Satz 1 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 341), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805), erhält folgende Fassung: „Die Vorschriften des Bundesfernstraßengesetzes vom 6. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 903), des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 955), des Telegraphenwegegesetzes vom 18. Dezember 1899 (Reichsgesetzbl. S. 705), des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1968 (Bundesgesetzblatt I S. 1113), des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 (Bundesgesetzbl. I 5. 241) und des Abfallbeseitigungsgesetzes vom (Bundesgesetzbl. I S ) bleiben von den Vorschriften des Dritten Teiles unberührt." § 19. Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Absatz 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes.
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Entwurf — Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
§ 20. Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
4. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 4. August 1971* Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) vom 27. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1110), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805) wird wie folgt geändert: 1. § 3 Abs. 3 erhält folgende Fassung: „(3) Maßnahmen, die dem Ausbau eines oberirdischen Gewässers dienen, sind keine Benutzungen. Dies gilt auch für Maßnahmen der Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers, soweit hierbei nicht chemische Mittel verwendet werden." 2. In § 4 Abs. 2 wird folgende Nummer 2a angefügt: „2a. Maßnahmen angeordnet werden, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführende Beeinträchtigung der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers erforderlich sind." 3. In § 5 wird folgende Nummer l a eingefügt: „la. Maßnahmen der in § 4 Abs. 2 Nr. 2a und 3 genannten Arten angeordnet,". 4. Nach § 19f wird folgender § 19g eingefügt: „§ 19g. Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe (1) Anlagen zum Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe und ihr Zubehör, wie Rohrleitungen und Anschlüsse, *
Abdruck nadi Bundesrat — Dradtsadie 411/71 (ohne Anlage).
4. Entwurf — Änderung des Wasserhaushai tsgesetEes
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müssen nach Bauart, Werkstoff, Herstellung, Korrosionsschutz und betrieblicher Ausstattung so beschaffen sein und so eingebaut, aufgestellt, unterhalten und betrieben werden, daß dadurch eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften nicht zu besorgen ist. (2) Wassergefährdende Stoffe im Sinne des Absatzes 1 sind die im Anhang zu diesem Gesetz aufgeführten Stoffe. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Anhang zu ändern und um bestimmte andere Stoffe zu erweitern, soweit diese geeignet sind, Gewässer zu verunreinigen oder sonst in ihren Eigenschaften nachteilig zu verändern. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Verhütung nachteiliger Auswirkungen im Sinne des Absatzes 1 f ü r Anlagen zum Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe und deren Zubehör Vorschriften zu erlassen über 1. die Anzeige und die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Anlagen, 2. technische Anforderungen an die Anlagen, die Herstellung, die Errichtung, die Bauart, die Werkstoffe, die Ausrüstung, die Unterhaltung und den Betrieb, 3. die allgemeine Zulassung von Anlagen oder Anlageteilen nach einer Bauartprüfung, 4. die Kennzeichnung der Anlagen, 5. Prüfung der Anlagen vor Inbetriebnahme, wiederkehrende Prüfungen und Prüfungen aufgrund behördlicher Anordnung durch amtliche oder f ü r diesen Zweck amtlich anerkannte Sachverständige oder sachverständige Stellen, 6. das Bedienen der Anlagen, insbesondere das Befüllen und Entleeren, sowie das Verhalten nach einem Schadensfall, 7. die Anwendung der nach den Nummern 1 bis 6 erlassenen Vorschriften auf bestehende Anlagen,
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4. Entwurf — Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
8. Gebühren und Auslagen, die für die vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Prüfungen der Anlagen von dem Eigentümer und Personen, welche die Anlagen herstellen, errichten oder betreiben, zu entrichten sind. Die Gebühren werden nur zur Deckung des mit den Prüfungen verbundenen Personal- und Sachaufwandes erhoben, zu dem insbesondere der Aufwand für die Sachverständigen, die Prüfeinrichtungen und -Stoffe sowie für die Entwicklung geeigneter Prüfverfahren und für den Erfahrungstausch gehört. Es kann bestimmt werden, daß eine Gebühr auch für eine Prüfung erhoben werden kann, die nicht begonnen oder nidit zu Ende geführt worden ist, wenn die Gründe hierfür von den in Satz 1 genannten Personen zu vertreten sind. Die Höhe der Gebührensätze richtet sich nach der Zahl der Stunden, die ein Sachverständiger durchschnittlich für die verschiedenen Prüfungen benötigt. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 821) ist anwendbar. In der Rechtsverordnung können die Kostenbefreiung, die Kostengläubigerschaft, die Kostenschuldnerschaft, der Umfang der zu erstattenden Auslagen und die Kostenerhebung abweichend von den Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes geregelt werden, 9. die Einsetzung von Ausschüssen zur Beratung in technischen Fragen. (4) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten obersten Landesbehörden können Rechtsverordnungen nach Absatz 3 erlassen, soweit die Bundesregierung von ihrer Befugnis keinen Gebrauch macht." 5. § 21 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Sätze 2 und 3 erhalten folgende Fassung: „Er hat zur Prüfung, ob sich die Benutzung in dem zulässigen Rahmen hält, das Betreten von Grundstücken, Anlagen und Geschäftsräumen und zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch von Wohnräumen zu gestatten; das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird insoweit eingeschränkt. Er hat ferner zu dem gleichen Zweck die der Ausübung der Benutzung dienenden Anlagen und Ein-
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Entwurf — Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
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richtungen zugänglich zu machen, Auskünfte zu erteilen, die erforderlichen Arbeitskräfte, Unterlagen und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen und technische Ermittlungen und Prüfungen zu ermöglichen. b) Absatz 2 erhält folgende Fassung: „(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für den, der 1. eine Rohrleitungsanlage nach § 19a errichtet oder betreibt, 2. eine Anlage zum Lagern oder Abfüllen wassergefährdender Stoffe nach § 19g herstellt, einbaut, aufstellt, unterhält oder betreibt. Die Eigentümer und Besitzer der Grundstücke, auf denen die Anlagen hergestellt, errichtet, eingebaut, aufgestellt, unterhalten oder betrieben werden, haben das Betreten der Grundstücke zu gestatten, Auskünfte zu erteilen und technische Ermittlungen und Prüfungen zu ermöglichen. c) Folgender neuer Absatz 2a wird eingefügt: „(2a) Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde." 6. Die Überschrift des Fünften Teiles wird wie folgt geändert: „Wasserwirtschaftliche Planung; Wasserbuch." 7. Nach § 36 wird folgender § 36a eingefügt: „§ 36a. Veränderungssperre zur Sicherung von Planungen (1) Zur Sicherung von Planungen für Vorhaben der Wassergewinnung oder Wasserspeicherung, der Abwasserbehandlung oder Abwassereinleitung, der Wasseranreicherung, der Wasserkraftnutzung, der Bewässerung, des Hochwasserschutzes oder des Ausbaus eines oberirdischen Gewässers, die im öffentlichen Interesse erforderlich sind, können die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung Planungsgebiete festlegen, auf deren Flächen wesent-
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Entwurf — Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
lieh wertsteigernde oder die Durchführung des geplanten Vorhabens erheblich erschwerende Veränderungen nidit vorgenommen werden dürfen (Veränderungssperre). § 4 Abs. 5 des Raumordnungsgesetzes vom 8. April 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 306) bleibt unberührt. (2) Veränderungen, die in rechtlich zulässiger Weise vorher begonnen worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt. (3) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von drei Jahren außer Kraft, sofern die Rechtsverordnung keinen früheren Zeitpunkt bestimmt. Die Frist von drei Jahren kann, wenn besondere Umstände es erfordern, um höchstens ein Jahr verlängert werden. (4) Von der Veränderungssperre können Ausnahmen zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen." 8. §§ 38, 39, 40 und 41 erhalten folgende Fassung: § 38. Schädliche Verunreinigung eines Gewässers (1) Wer ein Gewässer schädlich verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, ohne daß er befugt eine Benutzung im Sinne des § 3 ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. § 39. Gefährdung und Beeinträchtigung durch schädliche Verunreinigung (1) Wer durch eine in § 38 Abs. 1 bezeichnete Handlung 1. das Leben oder die Gesundheit eines anderen, eine fremde Sache von bedeutendem Wert, die öffentliche Wasserversorgung oder eine staatlich anerkannte Heilquelle gefährdet oder 2. die Eigenschaften eines Gewässers derart beeinträchtigt,
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daß es für Nutzungen nicht nur vorübergehend ungeeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wer in den Fällen des Absatzes 1 1. die Gefahr oder die Beeinträchtigung fahrlässig verursacht oder 2. fahrlässig handelt und die Gefahr oder die Beeinträchtigung fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 40. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Angehöriger oder Beauftragter einer mit Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes betrauten Stelle bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren; daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. Ebenso wird bestraft, wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekanntgeworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. § 41. Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer fahrlässig eine in § 38 Abs. 1 bezeichnete Handlung begeht. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 2 eine Benutzung ohne behördliche Erlaubnis oder Bewilligung ausübt oder einer Auflage nadi § 4 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 2a oder § 5 Nr. 1,1a, soweit sie Maßnah-
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men nach § 4 Abs. 2 Nr. 2a betrifft, Nr. 2 oder 3 zuwiderhandelt, 2. einer Rechtsverordnung nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, 3. entgegen § 19a Abs. 1 oder 3 eine Rohrleitungsanlage ohne Genehmigung errichtet oder betreibt oder eine solche Anlage oder den Betrieb wesentlich ändert oder einer Auflage nach § 19b Abs. 1 zuwiderhandelt, 4. einer Rechtsverordnung nach §§ 19d Nr. 1 oder 2, 19g Abs. 3 Nr. 1 bis 7 oder Abs. 4 oder § 36a Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, 5. entgegen § 19e Abs. 2 Satz 1 eine Anlage nicht oder nicht fristgerecht anzeigt oder einer Auflage nach § 19e Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 19b Abs. 1 Satz 3 zuwiderhandelt, 6. entgegen § 21 a) das Betreten von Grundstücken, Anlagen oder Räumen nicht gestattet, Anlagen oder Einrichtungen nicht zugänglich macht oder technische Ermittlungen oder Prüfungen nicht ermöglidit, b) die erforderlichen Arbeitskräfte, Unterlagen oder Werkzeuge nicht zur Verfügung stellt oder c) eine Auskunft nicht, unrichtig, unvollständig oder nicht rechtzeitig erteilt, 7. einer Vorschrift der §§ 26, 32b oder 34 Abs. 2 über das Einbringen, Lagern, Ablagern oder Befördern von Stoffen zuwiderhandelt, 8. einer nach § 27 Abs. 1 als Rechtsvorschrift erlassenen Reinhalteordnung zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder 9. entgegen § 31 Abs. 1 einen Ausbau ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens oder ohne Genehmigung vornimmt. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden."
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Artikel 2 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. Artikel 3 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. 5.
Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit DDT — DDT-Gesetz — vom 20. August 1971* § 1. Verbot (1) Es ist verboten, 1 , 1 , l-Trichlor-2,2-bis (4-chlorphenyl)aethan und seine Isomeren (DDT) und Erzeugnisse, die unter Zusatz von D D T als Wirkstoff hergestellt werden (DDT-Zubereitungen), herzustellen, einzuführen, auszuführen, in den Verkehr zu bringen, zu erwerben und anzuwenden. (2) Das Bundesgesundheitsamt kann in Einzelfällen Ausnahmen vom Verbot des Absatz 1 für Forschungs-, Untersuchungs- und Versuchszwecke sowie zur Synthese anderer Stoffe zulassen. Die Ausnahmegenehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. (3) Dieses Gesetz gilt nicht für die Fälle, in denen D D T und DDT-Zubereitungen auf Grund der Verordnung über Anwendungsverbote und -beschränkungen für Pflanzenschutzmittel vom 23. Juli 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1117) als Pflanzenschutzmittel noch zugelassen sind. § 2. Begriffsbestimmungen (1) Inverkehrbringen im Sinne dieses Gesetzes ist das Anbieten, Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, Feilhalten, der Handel und jedes Abgeben an andere. * Abdruck nach Bundesrat — Drucksadie 436/71.
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Entwurf — Verkehr mit DDT
(2) Der Ein- und Ausfuhr im Sinne dieses Gesetzes steht das sonstige Verbringen in den oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich. § 3. Ausnahmen Das Verbot des § 1 Abs. 1 gilt nicht für D D T und D D T Zubereitungen, die ausschließlich zur Bekämpfung der Flöhe (Siphonoptera), Läuse (Pediculidae), Pharao-Ameise (Monomorium pharaonis) und Bettwanze (Cimex lectularius) und nicht zur Anwendung an Menschen oder Wirbeltieren sowie nicht in Ställen für Tiere, von denen Lebensmittel gewonnen werden, bestimmt sind. § 4. Kennzeichnung (1) Erzeugnisse im Sinne des § 3 dürfen nur eingeführt oder in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen und auf den abgabefertigen Packungen in deutscher Sprache deutlich lesbar und unverwischbar angegeben ist: 1. die Bezeichnung des Erzeugnisses, 2. der Name oder die Firma des im Geltungsbereich des Gesetzes ansässigen Herstellers, Einführers oder Vertriebsunternehmers, 3. die Art und Menge der wirksamen Bestandteile, 4. die ausschließliche Zweckbestimmung (§ 3), 5. der Hinweis, daß die Anwendung an Menschen und Wirbeltieren und in Ställen für Tiere, von denen Lebensmittel gewonnen werden, verboten ist, und 6. die Gebrauchsanweisung. (2) Absatz 1 gilt nicht für Erzeugnisse, die zur Ausfuhr bestimmt sind. (3) Unberührt bleiben Kennzeichnungspflichten, aus anderen Vorschriften ergeben.
die sich
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Entwurf — Verkehr mit D D T
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§ 5. Werbung Für Erzeugnisse im Sinne des § 3 darf nur unter Hinweis auf die Anwendungsmöglichkeiten im Rahmen der dort genannten Zweckbestimmungen geworben werden. § 6. DDT-Höchstmengen (1) Es ist verboten, 1. vom Tier gewonnene Lebensmittel und 2. Mittel zur Reinigung, Pflege, Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares, der Nägel oder der Mundhöhle in den Verkehr zu bringen, wenn in oder auf diesen Erzeugnissen DDT-Rückstände vorhanden sind, die nach Absatz 2 festgesetzte Höchstmengen überschreiten. (2) Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit wird ermächtigt — im Falle des Absatz 1 Nr. 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutz der menschlichen Gesundheit und unter Berücksichtigung des Erfordernisses einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung DDT-Höchstmengen festzusetzen, die in oder auf den in Absatz 1 genannten Erzeugnissen beim Inverkehrbringen noch vorhanden sein dürfen. § 7. Strafvorschriften (1) Mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafen oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. entgegen § 1 Abs. 1 DDT oder DDT-Zubereitungen herstellt, einführt, ausführt, in den Verkehr bringt, erwirbt oder anwendet oder 2. entgegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 vom Tier gewonnene Lebensmittel oder entgegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 ein dort bezeichnetes Mittel in den Verkehr bringt, wenn in oder auf diesen Erzeugnissen DDT-Rüdsstände vorhanden sind, die die festgesetzten Höchstmengen überschreiten. (2) Der Versuch ist strafbar.
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(3) Wer fahrlässig eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet oder einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit bringt. § 8. Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. ein in § 3 bezeichnetes Erzeugnis ohne die in § 4 Abs. 1 vorgeschriebene Kennzeichnung einführt oder in den Verkehr bringt oder 2. entgegen § 5 für ein Erzeugnis a) ohne Hinweis auf die eingeschränkte Zweckbestimmung und Anwendungsmöglichkeit oder b) unter Hinweis auf eine andere Zweckbestimmung oder Anwendungsmöglichkeit wirbt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden. §9 Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach § 7 Abs. 1 oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 8 bezieht, können eingezogen werden. § 40a des Strafgesetzbuches und § 19 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden. § 10. Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes.
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Entwurf —
Bundes-Immissionsschutzgesetz
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§ 11. Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt drei Monate nach der Verkündung in Kraft. (2) Die §§ 3, 4, 5 und 8 treten am 31. Dezember 1975 außer Kraft. (3) DDT-Zubereitungen, die keine Erzeugnisse im Sinne des § 3 sind und vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht worden sind, dürfen bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgeführt, erworben und angewandt werden. (4) Erzeugnisse im Sinne des § 3, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hergestellt worden sind, dürfen bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne die in § 4 Abs. 1 vorgeschriebene Kennzeichnung in den Verkehr gebracht werden. 6. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz — BImSchG) vom 20. August 1971* Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Erster Teil Allgemeine Vorschriften § 1. Zweck des Gesetzes Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen sowie Tiere, Pflanzen und andere Sachen vor schädlichen Umwelteinwirkungen und, soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, auch vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden, zu schützen. *
Abdruck nach Bundesrat — Drucksache 437/71.
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Entwurf —
Bundes-Immissionsschutzgesetz
§ 2. Geltungsbereich (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für 1. die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, 2. das Herstellen, Inverkehrbringen und Einführen von Anlagen, Brennstoffen und Treibstoffen nach Maßgabe der §§ 30 bis 33 und 35 und 3. die Beschaffenheit, die Ausrüstung, den Betrieb und die Prüfung von Kraftfahrzeugen und deren Anhängern und von Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeugen nach Maßgabe der §§ 34 und 35. (2) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für Flugplätze; sie gelten ferner nicht für Anlagen, Geräte, Vorrichtungen sowie Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe, die den Vorschriften des Atomgesetzes vom 23. Dezember 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 814), zuletzt geändert durch das Kostenermächtigungs-Änderungsgesetz vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805), oder einer hiernach erlassenen Reditsverordnung unterliegen, soweit es sich um den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie oder der schädigenden Wirkung ionisierender Strahlung handelt. § 3.
Begriffsbestimmungen
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. (2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen sowie Tiere, Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen. (3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
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Entwurf — Bundes-Immissionssdvutzgesetz
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(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe. (5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, 2. Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 34 Abs. 1 oder 2 unterliegen, und 3. Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen Verkehrswege. (6) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich. § 4. Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes Auf die Durchführung dieses Gesetzes ist das Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden. Die Länder können die in § 38 Abs. 4 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes getroffene Bestimmung des Entschädigungspflichtigen abweichend regeln.
Zweiter Teil Errichtung und Betrieb von Anlagen ERSTER ABSCHNITT Genehmigungsbedürftige Anlagen § 5. Genehmigung (1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, bedürfen einer Genehmigung. Anlagen, 8
Akt. D o k . , Um-weltsdiutz
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die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, bedürfen der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen). (2) Keiner Genehmigung nach diesem Gesetz bedürfen Anlagen des Bergwesens, soweit sie der Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen dienen. § 6. Genehmigungsvoraussetzungen Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden, 2. zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen getroffen werden und 3. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und zum Zwecke des Arbeitsschutzes ergangene behördliche Anordnungen der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. § 7. Teilgenehmigung Auf Antrag soll eine Genehmigung für 1. die Errichtung einer Anlage oder eines Teils einer Anlage oder 2. die Errichtung und den Betrieb eines Teils einer Anlage erteilt werden, wenn eine vorläufige Prüfung ergibt, daß die Voraussetzungen des § 6 im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen werden und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Teilgenehmigung besteht.
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§ 8. Vorbescheid (1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. (2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden. (3) Die Vorschrift des § 6 gilt sinngemäß. § 9. Genehmigungsverfahren (1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, hat der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. (2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muß, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, in einer für die Einsichtnahme nach Absatz 3 Satz 2 geeigneten Form umschrieben werden. (3) Sind die Unterlagen vollständig, ist das Vorhaben in dem Gebiet, in dem sich die Anlage voraussichtlich auswirken wird, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die Unterlagen sind, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen; während dieser Frist können Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben werden. Mit Ablauf dieser Frist werden alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. In der Bekanntmachung nach Satz 1 ist auf Ort und Zeit der Auslegung, die Möglichkeit, innerhalb der Frist Einwendungen zu er-
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heben, und den Ausschluß verspätet erhobener Einwendungen hinzuweisen. (4) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. (5) Für das weitere Verfahren gelten die §§ 52 bis 58 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides. (7) Der Bundesminister der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 6 zu regeln. Der Bundesminister des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für besonders sicherheitsbedürftige Anlagen des Bundesgrenzschutzes abweichend von den Absätzen 1 bis 6 zu regeln. § 10. Erteilung der Genehmigung durch Erlaubnisbehörden nach § 24 der Gewerbeordnung Ist die genehmigungsbedürftige Anlage Teil einer überwachungsbedürftigen Anlage nach § 24 der Gewerbeordnung, für die eine Erlaubnis erforderlich ist, wird die Genehmigung von der Erlaubnisbehörde erteilt. § 11. Einwendungen Dritter bei Teilgenehmigung und Vorbescheid Ist eine Teilgenehmigung oder ein Vorbescheid erteilt worden, können nach Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit im weiteren Verfahren zur Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der Anlage Einwendungen nicht mehr auf Grund von Tat-
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Sachen erhoben werden, die vor Eintritt der Unanfechtbarkeit vorgebracht worden sind oder nach den ausgelegten Unterlagen hätten vorgebracht werden können. § 12. Nebenbestimmungen zur Genehmigung (1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. (2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll. (3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, daß sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann. § 13. Genehmigung und andere behördliche Entscheidungen Die Genehmigung schließt andere, die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen, mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, Zustimmungen sowie von behördlichen Entscheidungen auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften. § 4 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1451), zuletzt geändert durch das Außenwirtschaftsgesetz vom 28. April 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 481), bleibt unberührt. § 14. Ausschluß von privatrechtlichen Abwehransprüchen Auf Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück kann nicht die Einstellung des Betriebs einer Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist, es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die
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benachteiligenden Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich Schadensersatz verlangt werden. § 15. Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen Die wesentliche Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung. Die zuständige Behörde kann vor der Auslegung des Antrags und der Unterlagen sowie von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens absehen, wenn keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft zu besorgen sind. § 16. Nachträgliche Anordnungen (1) Wird nach Erteilung der Genehmigung festgestellt, daß die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen. (2) Die Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn die ihr bekannten Tatsachen ergeben, daß die Anordnung 1. für den Betreiber und für Anlagen der von ihm betriebenen Art wirtschaftlich nicht vertretbar oder 2. nach dem Stand der Technik nicht erfüllbar ist. Ist zu erwarten, daß die in Satz 1 genannten Hinderungsgründe zu einem späteren Zeitpunkt wegfallen werden, so kann die Behörde die Anordnung mit der Bestimmung treffen, daß die Anordnung nach diesem Zeitpunkt zu erfüllen ist. (3) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern, und ist in der Anordnung nicht abschließend
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bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 15. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 52 Abs. 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Abs. 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren. § 17. Erlöschen der Genehmigung (1) Die Genehmigung erlischt, wenn 1. innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen oder 2. eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist. (2) Die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird. (3) Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Fristen nach Absatz 1 aus wichtigem Grunde verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. § 18. Vereinfachtes Verfahren (1) Durch Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, daß die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. (2) In dem vereinfachten Verfahren sind die §§ 7 und 8, § 9 Abs. 2 und 3, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6, § 11, § 12 Abs. 3 und die §§ 13 und 14 nicht anzuwenden. § 19. Untersagung, Stillegung und Beseitigung (1) Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage oder einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde den
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Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage oder Anordnung untersagen. (2) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Sie soll die Beseitigung anordnen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann. (3) Anordnungen nach Absatz 1 oder Absatz 2, die sich gegen Energieanlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes richten, dürfen nur im Einvernehmen mit der zuständigen Energieaufsiditsbehörde getroffen werden. ZWEITER ABSCHNITT Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen § 20. Pflichten des Betreibers Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, daß 1. schädliche Umweltein Wirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und 2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche gerichtet ist. § 21. Anforderungen an die Errichtung, Beschaffenheit und den Betrieb (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, daß die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen, soweit sie der Vorschrift des § 20 unterliegen,
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bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen genügen müssen, insbesondere daß 1. die Anlagen bestimmten technisdien Anforderungen entsprechen müssen, 2. die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen und 3. die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder vornehmen lassen müssen. (2) Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften im Sinne des Absatzes 1 zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf eine oder mehrere oberste Landesbehörden übertragen. § 22. Anordnungen im Einzelfall Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 20 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden. § 23. Untersagung Kommt der Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 22 Satz 1 nicht nach, so kann die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen. DRITTER ABSCHNITT Messungen von Emissionen und Immissionen § 24. Messungen aus besonderem Anlaß Die zuständige Behörde kann anordnen, daß der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 20 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage
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Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage ermittelt oder durch eine der von der zuständigen obersten Landesbehörde bekanntgegebenen Stellen ermitteln läßt, wenn zu befürchten ist, daß durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. § 25. Emissionserklärung (1) Der Betreiber einer in einem Belastungsgebiet (§ 36) gelegenen genehmigungsbedürftigen Anlage ist verpflichtet, der zuständigen Behörde Angaben zu machen über Art, Menge, räumliche und zeitliche Verteilung der Luftverunreinigungen, die von der Anlage in einem bestimmten Zeitraum ausgegangen sind, sowie über die Austrittsbedingungen (Emissionserklärung); er hat die Emissionserklärung jährlich entsprechend dem neuesten Stand zu ergänzen. § 44 Abs. 5 gilt sinngemäß. (2) Die nach Absatz 1 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht f ü r ein Besteuerungsverfahren, ein Strafverfahren wegen eines Steuervergehens oder ein Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit verwendet werden. Die Vorschriften der §§ 175, 179, 188 Abs. 1 und des § 189 der Reichsabgabenordnung über Beistands- und Anzeigepflichten gegenüber den Finanzämtern sind insoweit nicht anzuwenden. (3) Angaben der Emissionserklärung dürfen nicht veröffentlicht werden. (4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Inhalt, Umfang und Form der Emissionserklärung sowie das bei der Ermittlung der Emissionen einzuhaltende Verfahren zu regeln. § 26. Erstmalige und wiederkehrende Messungen bei genehmigungsbedürftigen Anlagen Die zuständige Behörde kann bei genehmigungsbedürftigen Anlagen 1. nach der Inbetriebnahme oder einer wesentlichen Änderung im Sinne von § 15 und sodann 2. nach Ablauf eines Zeitraums von jeweils 5 Jahren
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Anordnungen nach § 24 auch ohne die dort genannten Voraussetzungen treffen. § 27. Kontinuierliche Messungen (1) Die zuständige Behörde kann bei genehmigungsbedürftigen Anlagen anordnen, daß statt durdi Einzelmessungen nach § 24 oder § 26 oder neben soldien Messungen bestimmte Emissionen oder Immissionen unter Verwendung aufzeichnender Meßgeräte fortlaufend ermittelt werden. (2) Die zuständige Behörde kann bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen, soweit § 20 anzuwenden ist, anordnen, daß statt durch Einzelmessungen nach § 24 oder neben solchen Messungen bestimmte Emissionen oder Immissionen unter Verwendung aufzeichnender Meßgeräte fortlaufend ermittelt werden, wenn dies zur Feststellung erforderlich ist, ob durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. § 28. Kosten der Messungen Die Kosten für die Ermittlungen der Emissionen und Immissionen trägt der Betreiber der Anlage. Die Kosten für die Ermittlungen nach § 24 trägt der Betreiber der Anlage nur, wenn die Ermittlungen ergeben, daß 1. Auflagen oder Anordnungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen nicht erfüllt worden sind oder 2. Anordnungen oder Auflagen nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen geboten sind. § 29. Auskunft über ermittelte Emissionen und Immissionen Der Betreiber der Anlage hat das Ergebnis der auf Grund einer Anordnung nach § 24, § 26 oder § 27 getroffenen Ermittlungen der zuständigen Behörde auf Verlangen mitzuteilen und die Aufzeichnungen der Meßgeräte nach § 27 drei Jahre lang aufzubewahren.
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Dritter Teil Beschaffenheit von Anlagen, Brennstoffen, Treibstoffen und von Fahrzeugen § 30. Beschaffenheit von Anlagen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, daß die in § 3 Abs. 5 Nr. 2 bezeichneten Anlagen gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nur in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden dürfen, wenn sie bestimmten Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder Erschütterungen genügen. In den Rechtsverordnungen nach Satz 1 kann insbesondere vorgeschrieben werden, daß 1. die Emissionen der Anlagen bestimmte Werte nicht überschreiten dürfen, 2. die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen zur Begrenzung der Emissionen entsprechen müssen. Emissionswerte nach Satz 2 Nr. 1 können unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung auch für einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung festgesetzt werden. (2) Soweit in einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Emissionswerte festgesetzt werden, kann ferner vorgeschrieben werden, daß die Anlagen gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nur in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden dürfen, wenn sie mit Angaben über die Höhe ihrer Emissionen gekennzeichnet sind. § 31. Bauartzulassung (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) durch Redhitsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 1. zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder Erschütterungen vorzuschreiben, daß die in § 3 Abs. 5 N r . 2 bezeichneten Anlagen gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmun-
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gen nur in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden dürfen, wenn die Bauart der Anlage zugelassen ist und die Anlage dem zugelassenen Muster entspricht; 2. das Verfahren der Bauartzulassung zu regeln; 3. zu bestimmen, welche Gebühren und Auslagen f ü r die Bauartzulassung zu entrichten sind; die Gebühren werden nur zur Deckung des mit den Prüfungen verbundenen Personalund Sachaufwandes erhoben, zu dem insbesondere der Aufwand für die Sachverständigen, die Prüfeinrichtungen und -Stoffe sowie f ü r die Entwicklung geeigneter Prüfverfahren und für den Erfahrungsaustausch gehört; es kann bestimmt werden, daß eine Gebühr auch f ü r eine Prüfung erhoben werden kann, die nicht begonnen oder nicht zu Ende geführt worden ist, wenn die Gründe hierfür von demjenigen zu vertreten sind, der die Prüfung veranlaßt hat; die Höhe der Gebührensätze richtet sich nach der Zahl der Stunden, die ein Sachverständiger durchschnittlich f ü r die verschiedenen Prüfungen der bestimmten Anlagenart benötigt; in der Rechtsverordnung können die Kostenbefreiung, die Kostengläubigerschaft, die Kostenschuldnerschaft, der Umfang der zu erstattenden Auslagen und die Kostenerhebung abweichend von den Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes vom 23. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 821) geregelt werden. (2) Die Zulassung der Bauart darf nur von der Erfüllung der nach § 30 Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Anforderungen abhängig gemacht werden. § 32. Beschaffenheit von Brennstoffen und Treibstoffen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, daß Brennstoffe oder Treibstoffe gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nur hergestellt, in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden dürfen, wenn sie bestimmten Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen genügen. In den Rechtsverordnungen nach Satz 1 kann insbesondere bestimmt werden, daß
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1. natürliche Bestandteile oder Zusätze von Brennstoffen oder Treibstoffen, die bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Brennstoffe oder Treibstoffe Luftverunreinigungen hervorrufen, einen bestimmten Höchstgehalt nicht überschreiten dürfen, 2. Brennstoffe oder Treibstoffe bestimmte Zusätze enthalten müssen, durch die das Entstehen von Luftverunreinigungen begrenzt wird, oder 3. Brennstoffe oder Treibstoffe einer bestimmten Behandlung, durch die das Entstehen von Luftverunreinigungen begrenzt wird, unterworfen werden müssen. Anforderungen nach Satz 2 können unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung auch für einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung festgesetzt werden. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, 1. daß bei der Einfuhr von Brennstoffen oder Treibstoffen, für die Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 festgesetzt worden sind, eine schriftliche Erklärung des Herstellers über die Beschaffenheit der Brennstoffe oder Treibstoffe mitzuführen und den Zolldienststellen vorzulegen ist, 2. daß der Einführer diese Erklärung zu seinen Geschäftspapieren zu nehmen hat und 3. welche Angaben über die Beschaffenheit der Brennstoffe oder Treibstoffe die schriftliche Erklärung enthalten muß. § 33. Ausfuhr In den Rechtsverordnungen nach den §§ 30 bis 32 kann vorgeschrieben werden, daß die Vorschriften über das Herstellen, Einführen und das Inverkehrbringen nicht gelten für Anlagen, Brennstoffe und Treibstoffe, die zur Lieferung in Gebiete außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bestimmt sind. § 34. Beschaffenheit und Betrieb von Fahrzeugen (1) Kraftfahrzeuge und deren Anhänger, Schienen-, Luftund Wasserfahrzeuge müssen, soweit sie den verkehrsrechtli-
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chen Vorschriften des Bundes unterliegen, so beschaffen sein, daß ihre Emissionen das nach dem Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht überschreiten. Sie müssen so betrieben werden, daß unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Das Nähere regeln die verkehrsrechtlichen Vorschriften des Bundes. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen die Beschaffenheit, die Ausrüstung, den Betrieb und die Prüfung von Wasserfahrzeugen zu regeln, soweit sie nicht den verkehrsrechtlichen Vorschriften des Bundes unterliegen; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Uberschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist. § 35. Erfüllung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen und Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften Zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften kann zu dem in § 1 genannten Zweck durch Reditsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt werden, daß 1. Anlagen, Brennstoffe oder Treibstoffe gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie nach Maßgabe der §§ 30 bis 32 bestimmte Anforderungen erfüllen, 2. die in § 34 Abs. 1 oder 2 genannten Fahrzeuge bestimmten Anforderungen an Beschaffenheit, Ausrüstung und Betrieb genügen müssen. Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 1 werden von der Bundesregierung, Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 2 vom Bundesminister für Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen.
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Vierter Teil Überwachung der Luftverunreinigung im Bundesgebiet und Luftreinhaltepläne § 36. Feststellungen in Belastungsgebieten (1) Um den Stand und die Entwicklung der Luftverunreinigung im Bundesgebiet zu erkennen und Grundlagen für Abhilfe- und Yorsorgemaßnahmen zu gewinnen, haben die nach Landesrecht zuständigen Behörden in den nach Absatz 2 festgesetzten Belastungsgebieten Art und Umfang bestimmter Luftverunreinigungen in der Atmosphäre, die schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können, fortlaufend festzustellen sowie die für ihre Entstehung und Ausbreitung bedeutsamen Umstände zu untersuchen. (2) Belastungsgebiete sind Gebiete in Verdichtungsräumen, in denen Luftverunreinigungen auftreten oder zu erwarten sind, die wegen 1. ihres ständigen Auftretens, 2. ihrer hohen Konzentrationen oder 3. der Gefahr des Zusammenwirkens verschiedener Luftverunreinigungen in besonderem Maße schädlidie Umwelteinwirkungen hervorrufen können. Die Belastungsgebiete werden durch Rechtsverordnung der Landesregierungen festgesetzt. § 37. Verfahren der Messung und Auswertung Soweit es zur einheitlichen Beurteilung von Stand und Entwicklung der Luftverunreinigung im Bundesgebiet erforderlich ist, erläßt der Bundesminister des Innern zur Durchführung der Feststellungen nach § 36 Abs. 1 mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die 1. Meßobjekte, 2. Meßverfahren und Meßgeräte, 3. für die Bestimmung der Zahl und der Lage der Meßstellen zu beachtenden Grundsätze und 4. Auswertung der Meßergebnisse.
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§ 38. Emissionskataster (1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben f ü r die Belastungsgebiete (§ 36) ein Emissionskataster aufzustellen, das Angaben enthält über Art, Menge, räumliche und zeitliche Verteilung und die Austrittsbedingungen von Luftverunreinigungen bestimmter Anlagen und Fahrzeuge, insbesondere soweit die Luftverunreinigungen 1. als Meßobjekte nach § 37 N r . 1 festgesetzt oder 2. Gegenstand der Emissionserklärungen (§ 25) sind. Bei der Ermittlung der Angaben für das Emissionskataster sind die Ergebnisse von Messungen nach den §§ 24, 26, 27 und 44 zu berücksichtigen. Die zuständigen Behörden haben in regelmäßigen Zeitabständen die Angaben nach Satz 1 zu überprüfen und das Emissionskataster zu ergänzen. Der Bundesminister des Innern erläßt mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Grundsätze, die bei der Aufstellung von Emissionskatastern zu beachten sind. (2) Die Länder können auch unter anderen als den in Absatz 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen die Aufstellung von Emissionskatastern vorschreiben. § 39. Luftreinhaltepläne Die Feststellungen nach § 36 Abs. 1 und die Emissionskataster sind unter Berücksichtigung der meteorologischen Verhältnisse auszuwerten. Ergibt die Auswertung, daß im gesamten Belastungsgebiet oder Teilen des Gebietes schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen auftreten oder zu erwarten sind, soll die nach Landesrecht zuständige Behörde f ü r dieses Gebiet einen Luftreinhalteplan aufstellen. Der Luftreinhalteplan enthält 1. Art und Umfang der festgestellten und zu erwartenden Luftverunreinigungen sowie der durch diese hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen, 2. Feststellungen über die Ursachen der Luftverunreinigungen und 9
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3. Maßnahmen zur Verminderung der Luftverunreinigungen und zur Vorsorge. Fünfter Teil Gemeinsame Vorschriften § 40. Verwaltungsvorschriften Die Bundesregierung erläßt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 43) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine VerwaltungsVorschriften, die die zuständigen Behörden zu beachten haben, insbesondere über 1. Immissionswerte, die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nicht überschritten werden dürfen, 2. Emissionswerte, deren Oberschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, 3. das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen. § 41. Schutz bestimmter Gebiete (1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, daß in näher zu bestimmenden Gebieten, die eines besonderen Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche bedürfen, bestimmte 1. ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, 2. ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen oder 3. Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen, die mit dem besonderen Schutzbedürfnis dieser Gebiete nicht vereinbar sind, und die Luft-
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Verunreinigungen und Geräusche durch Auflagen nicht verhindert werden können. (2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durdi Rechtsverordnung vorzuschreiben, daß in näher zu bestimmenden Gebieten während austauscharmer Wetterlagen, die ein starkes Anwachsen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen befürchten lassen, 1. ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben oder 2. Brennstoffe, die in besonderem Maße Luftverunreinigungen hervorrufen, in Anlagen nicht, oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, sobald die austauscharme Wetterlage von der zuständigen Behörde bekanntgegeben wird. § 42.
Planung
Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, daß schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die öffentliche Zweckbestimmung des Vorhabens einen bestimmten Standort oder eine bestimmte Linienführung erfordert. § 43. Anhörung beteiligter Kreise (1) Soweit in den §§ 5, 21, 30 bis 32 und 40 die Anhörung beteiligter Kreise vorgeschrieben ist, sind Vertreter der Wissenschaft, der Technik, der technischen Überwachung, des Gesundheitswesens, des Bergwesens, der gewerblichen Wirtschaft, der Verbraucher, der Gewerkschaften, der Kommunalen Spitzenverbände, der Land- und Forstwirtschaft, des Haus- und Grundbesitzes sowie Vertreter der für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden anzuhören. (2) Der Bundesminister des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Zahl der anzuhörenden Vertreter der
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beteiligten Kreise sowie das Nähere über das Anhörungsverfahren zu bestimmen. § 44.
Überwachung
(1) Die zuständigen Behörden haben die Durchführung dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen zu überwachen. (2) Eigentümer und Betreiber von Anlagen sowie Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen Anlagen betrieben werden, sind verpflichtet, den Angehörigen der zuständigen Behörde und deren Beauftragten den Zutritt zu den Grundstücken und die Vornahme von Prüfungen einschließlich der Ermittlung von Emissionen und Immissionen zu gestatten sowie die Auskünfte zu erteilen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Im Rahmen der Pflichten nach Satz 1 haben die Eigentümer und Betreiber der Anlagen Arbeitskräfte sowie Hilfsmittel, insbesondere Treibstoffe und Antriebsaggregate, bereitzustellen. (3) Absatz 2 gilt entsprechend für Eigentümer und Besitzer von Anlagen, Brennstoffen und Treibstoffen, soweit diese der Regelung der nach § 30, § 31, § 32, oder § 35 erlassenen Rechtsverordnung unterliegen. Die Eigentümer und Besitzer haben den Angehörigen der zuständigen Behörde und deren Beauftragten die Entnahme von Stichproben zu gestatten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. (4) Kosten, die durch Prüfungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens entstehen, trägt der Antragsteller. Kosten, die bei der Entnahme von Stichproben nach Absatz 3 und deren Untersuchung entstehen, trägt der Auskunftspflichtige. Im übrigen sind die Kosten, die durch Prüfungen nach den Absätzen 2 und 3 entstehen, den Auskunftspflichtigen nur aufzuerlegen, wenn die Ermittlungen ergeben, daß 1. Auflagen oder Anordnungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen nicht erfüllt worden oder
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2. Anordnungen oder Auflagen nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen geboten sind. (5) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 N r . 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. (6) Soweit zur Durchführung dieses Gesetzes oder der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen Immissionen zu ermitteln sind, haben auch die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen Anlagen nicht betrieben werden, den Angehörigen der zuständigen Behörde und deren Beauftragten den Zutritt zu den Grundstücken und die Vornahme der Prüfungen zu gestatten. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Bei Ausübung der Befugnisse nach Satz 1 ist auf die berechtigten Belange der Eigentümer und Besitzer Rücksicht zu nehmen; f ü r entstandene Schäden hat das Land Ersatz zu leisten. Waren die Schäden unvermeidbare Folgen der Überwachungsmaßnahmen und haben die Überwachungsmaßnahmen zu Anordnungen der zuständigen Behörde gegen den Betreiber einer Anlage geführt, so hat dieser die Ersatzleistung dem Land zu erstatten. (7) Die nach den Absätzen 2, 3 und 6 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht f ü r ein Besteuerungsverfahren, Strafverfahren wegen eines Steuervergehens oder ein Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit verwendet werden. Die Vorschriften der §§ 175, 179, 188 Abs. 1 und des § 189 der Reichsabgabenordnung über Beistands- und Anzeigepflichten gegenüber den Finanzämtern sind insoweit nicht anzuwenden. § 45. Zuständigkeit bei Anlagen der Landesverteidigung und des Bundesgrenzschutzes Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß
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der Vollzug dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen bei Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, und bei besonders sicherheitsbedürftigen Anlagen des Bundesgrenzschutzes Bundesbehörden obliegt. § 46. Ausnahmen für Anlagen der Landesverteidigung und des Bundesgrenzschutzes Der Bundesminister der Verteidigung kann für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, Ausnahmen von den auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen zulassen, soweit dies zwingende Gründe der Verteidigung oder die Erfüllung zwischenstaatlicher Verpflichtungen erfordern. Der Bundesminister des Innern kann für Anlagen, die der Durchführung von Aufgaben des Bundesgrenzschutzes dienen, solche Ausnahmen zulassen, soweit dies die Aufgaben des Bundesgrenzschutzes zwingend erfordern. Bei Zulassung von Ausnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu berücksichtigen. § 47. Bericht der Bundesregierung Die Bundesregierung erstattet dem Deutschen Bundestag erstmals zum 1. März des zweiten auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens folgenden Jahres und sodann im Abstand von vier Jahren Bericht über 1. den Stand und die Entwicklung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen und Geräusche im Bundesgebiet während des Berichtszeitraums sowie über die voraussichtliche weitere Entwicklung, 2. die in Durchführung dieses Gesetzes getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen, 3. die laufenden und die in Aussicht genommenen Forschungsvorhaben über die Wirkung von Luftverunreinigungen und Geräuschen, 4. die Entwicklung technischer Verfahren und Einrichtungen zur Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen und Geräusche und
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5. die für die Forschung und Entwicklung nach Nummern 3 und 4 aufgewendeten, insbesondere die von Bund und Ländern zu diesen Zwecken bereitgestellten Mittel. § 48. Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. eine Anlage ohne die Genehmigung nach § 5 Abs. 1 errichtet oder betreibt, 2. eine vollziehbare Auflage nach § 12 Abs. 1 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt, 3. die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage ohne die Genehmigung nach § 1 5 wesentlich ändert, 4. einer vollziehbaren Anordnung nach § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4, § 22 Satz 1, § 24, § 26 oder § 27 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt, 5. eine Anlage entgegen einer vollziehbaren Anordnung nach § 19 Abs. 1 oder § 23 betreibt, 6. einer auf Grund des § 21, § 30, § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 32, § 34 Abs. 2, § 35 oder des § 41 Abs. 1 oder 2 erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund einer solchen Rechtsverordnung ergangenen vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Ordnungswidrig handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. eine Anzeige nach § 52 Abs. 2 Satz 1 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, 2. entgegen § 52 Abs. 2 Satz 2 Unterlagen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, 3. entgegen § 29 das Ergebnis der Ermittlungen nicht mitteilt oder die Aufzeichnungen der Meßgeräte nicht aufbewahrt,
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Bundes-Immissionsschutzgesetz
4. entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 den Zutritt zu Grundstücken oder die Vornahme von Prüfungen nicht gestattet, 5. entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 oder 3 oder Abs. 3 Satz 1 a) Auskünfte nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder Unterlagen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, b) Arbeitskräfte oder Hilfsmittel nicht bereitstellt, 6. entgegen § 44 Abs. 3 Satz 2 die Entnahme von Stichproben nicht gestattet. (3) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Deutsche Mark, die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Deutsche Mark geahndet werden. § 49. Straftaten (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. eine in § 48 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichnete Handlung begeht oder 2. einer auf Grund des § 41 Abs. 1 oder 2 erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund einer solchen Rechtsverordnung getroffenen vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist, und dadurch das Leben oder die Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. (2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 1. die Gefahr fahrlässig verursacht oder 2. fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen die Gesundheit
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einer großen Zahl von Menschen gefährdet oder einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung der Gesundheit bringt. § 50. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Angehöriger oder Beauftragter einer mit Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes betrauten Behörde bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren; daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. Ebenso wird bestraft, wer ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekanntgeworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt.
Sechster Teil Schluß Vorschriften § 51. Fortgeltung von Vorschriften (1) Bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 gelten für das Genehmigungserfordernis die Vorschriften der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung in der Fassung vom 7. Juli 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 889). (2) Bis zum Inkrafttreten von entsprechenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach diesem Gesetz sind die Vorschriften der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 8. September 1964 (Gemeinsames Ministerialblatt vom 14. September 1964 S. 433), der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 16. Juli 1968 (Beilage zum Bundesanz. Nr. 137 vom 26. Juli 1968), die Allgemeine Verwaltungsvor-
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schrift zum Schutz gegen Baulärm — Geräuschimmissionen — vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanz. Nr. 160 vom 1. September 1970) und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm-Emissionsmeßverfahren — vom 22. Dezember 1970 (Bundesanz. Nr. 242 vom 30. Dezember 1970) maßgebend. (3) Soweit sich die Erste Verordnung der Landesregierung des Landes BadenWürttemberg zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes vom 29. März 1966 (Gesetzbl. S. 67), Erste Landesverordnung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung des Artikels 18b des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (Verordnung über Abfallverbrennungsanlagen — VA VA —) vom 2. Oktober 1967 (GVBl. S. 458), Zweite Landesverordnung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung des Artikels 18b des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (Verordnung zur Verhütung von Luftverunreinigungen durch Feuerungsanlagen — W L F —) vom 16. Juli 1969 (GVBl. S. 229), Dritte Landesverordnung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung des Artikels 18b des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (Verordnung zur Verhütung von Luftverunreinigungen durch Anlagen zur chemischen Reinigung — VChemA —) vom 24. August 1970 (GVBl. S. 440), Erste Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Allgemeine Begrenzung des Rauchauswurfs) vom 26. Februar 1963 (GVNW S. 118), Zweite Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Errichtung und Betrieb von Müllverbrennungsanlagen) vom 24. Juni 1963 (GVNW S. 234), Dritte Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Auswurfbegrenzung bei Feuerungen mit ölbrennern) vom 25. Oktober 1965 (GVNW S. 370),
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Vierte Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Lärmschutz bei Baumaschinen) vom 26. Oktober 1965 (GVNW S. 322), Fünfte Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Auswurfbegrenzung bei Chemischreinigungsanlagen) vom 25. Juli 1967 (GVNW S. 137), Sechste Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionschutzgesetzes (Errichtung und Betrieb von Aufbereitungsanlagen für bituminöse Straßenbaustoffe einschließlich Teersplittanlagen) vom 17. Oktober 1967 (GVNW S. 184), Siebente Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Auswurfbegrenzung bei Trockenöfen) vom 1. Oktober 1968 (GVNW S. 320), Achte Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes (Auswurfbegrenzung bei Feuerungen für feste Brennstoffe) vom 6. Februar 1970 (GVNW S. 171) auf Gegenstände beziehen, die durch Rechtsverordnung auf Grund dieses Gesetzes geregelt werden können, treten diese Vorschriften erst mit Inkrafttreten der entsprechenden Rechtsverordnungen auf Grund dieses Gesetzes außer Kraft. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die in Satz 1 genannten Rechtsverordnungen aufzuheben, soweit sie sidi auf Gegenstände beziehen, die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen. § 52. Übergangsvorschrift (1) Eine Genehmigung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 oder § 25 Abs. 1 der Gewerbeordnung erteilt worden ist, gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort. (2) Eine genehmigungsbedürftige Anlage, die bei Inkrafttreten der Verordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 errichtet oder wesentlich geändert ist, oder mit deren Errichtung oder we-
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sentlichen Änderung begonnen worden ist, muß innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung der zuständigen Behörde angezeigt werden, sofern die Anlage nicht nach § 16 Abs. 1 oder § 25 Abs. 1 der Gewerbeordnung genehmigungsbedürftig war oder nach § 16 Abs. 4 der Gewerbeordnung angezeigt worden ist. Der zuständigen Behörde sind innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige Unterlagen gemäß § 9 Abs. 1 über Art, Lage, Umfang und Betriebsweise der Anlage im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 vorzulegen. (3) Die Anzeigepflicht nach Absatz 2 gilt nicht für ortsveränderliche Anlagen, die im vereinfachten Verfahren (§ 18) genehmigt werden können. (4) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsund Verwaltungsvorschrift zu Ende zu führen. § 53. Änderung gewerberechtlicher Vorschriften (1) Die Gewerbeordnung wird wie folgt geändert: 1. Die §§ 16 bis 28 werden mit Ausnahme der §§ 24 bis 24d aufgehoben; 2. § 33a Abs. 2 Nr. 3 erhält folgende neue Fassung: „3. wenn der beabsichtigte Betrieb des Gewerbes schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine erhebliche Belästigung der Allgemeinheit befürchten läßt." 3. § 33i Abs. 2 Nr. 3 erhält folgende neue Fassung: „3. der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt." 4. § 49 wird wie folgt geändert: a) in Absatz 1 Satz 1 werden die Worte „der in den § § 1 6 und 24 bezeichneten Arten" ersetzt durch die Worte „der in § 24 bezeichneten Art";
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b) Absatz 4 wird gestrichen, der bisherige Absatz 5 wird Absatz 4; 5. In § 51 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt: „Sätze 1 und 2 gelten nicht für Anlagen, die den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen."; 6. In § 145a Abs. 1 werden die Worte „Die in den Fällen der §§ 16, 24 und 25" ersetzt durch die Worte „Die im Falle des § 24"; 7. § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 werden gestrichen; 8. § 155 Abs. 4 wird gestrichen. (2) § 10 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen vom 15. August 1963 (Bundesgesetzbl. I S. 697), zuletzt geändert durch die Zweite Änderungsverordnung vom 29. Januar 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 109), erhält folgende Fassung: „1. den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S . . . . ) über genehmigungsbedürftige Anlagen,". (3) § 18 der Druckgasverordnung vom 20. Juni 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 730) wird wie folgt geändert: 1. Die Überschrift erhält folgende Fassung: „Füllanlagen in Verbindung mit einer nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigungsbedürftigen Anlage"; 2. Satz 1 erhält folgende Fassung: „Für Füllanlagen, die in verfahrenstechnischer Verbindung mit einer nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom (Bundesgesetzbl. I S ) genehmigungsbedürftigen Anlage errichtet oder betrieben werden, gilt die Genehmigung nach § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes als Erlaubnis im Sinne des § 17 dieser Verordnung."; 3. in Satz 2 Nr. 2 werden die Worte „§18 der Gewerbeordnung" durch die Worte „§ 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes" ersetzt. (4) Die Acetylenverordnung vom 5. September 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1593) wird wie folgt geändert:
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1. In § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst, b) werden die Worte „dem § 1 6 der Gewerbeordnung" durch die Worte „den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S .) über genehmigungsbedürftige Anlagen" ersetzt; 2. § 10 wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift erhält folgende Fassung: „Acetylenanlagen in Verbindung mit einer nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigungsbedürftigen Anlage"; b) Satz 1 erhält folgende Fassung: „Für Acetylenanlagen, die in verfahrenstechnischer Verbindung mit einer nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S . . . . ) genehmigungsbedürftigen Anlage errichtet oder betrieben werden, gilt die Genehmigung nach § 5 oder nach § 15 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes als Erlaubnis im Sinne der § § 7 und 9 dieser Verordnung."; c) in Satz 2 Nr. 2 werden die Worte „§ 18 der Gewerbeordnung" durch die Worte „§ 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes" ersetzt. (5) Die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten in der Fassung vom 5. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 689) wird wie folgt geändert: 1. In § 1 Abs. 2 werden die Worte „§ 16 der Gewerbeordnung" durch die Worte „den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S . . . . ) " ersetzt; 2. § 12 wird wie folgt geändert: a) In der Überschrift werden die Worte „§ 16 der Gewerbeordnung" durch die Worte „§ 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes " ersetzt; b) Satz 1 erhält folgende Fassung: „Für Anlagen, die in verfahrenstechnischer Verbindung mit einer nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigungsbedürftigen Anlage errichtet oder betrieben werden (§ 1 Abs. 2), gilt die Genehmigung nach § 5 des
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Bundes-Immissionsschutzgesetzes als Erlaubnis im Sinne dieser Verordnung."; 3. in § 12 Nr. 2 werden die Worte „§ 18 der Gewerbeordnung" durch die Worte „§ 6 des Bundes-Immissionschutzgesetzes" ersetzt. § 54. Änderung des Atomgesetzes und des Gaststättengesetzes (1) Das Atomgesetz wird wie folgt geändert: 1. In § 7 Abs. 5 werden die Worte „§ 26 der Gewerbeordnung" durch die Worte „§14 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S . . . . ) ersetzt. 2. § 8 wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift erhält folgende Fassung: „Verhältnis zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und zur Gewerbeordnung"; b) in Absatz 1 werden die Worte „Die Vorschriften der Gewerbeordnung über genehmigungspflichtige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung" durch die Worte „Die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über genehmigungsbedürftige Anlagen" ersetzt. (2) Das Gaststättengesetz vom 5. Mai 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 465) wird wie folgt geändert: 1. § 4 Abs. 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: „3. der Gewerbetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage oder auf die Verwendung der Räume dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten läßt,". 2. § 5 Abs. 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung: „3. gegen schädliche Umweltein Wirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit".
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§ 55. Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften (1) § 6 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung vom 19. Dezember 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 837), zuletzt geändert durch das Gesetz über das Fahrpersonal im Straßenverkehr vom 30. März 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 277), wird wie folgt geändert: 1. In Absatz 1 Satz 1 werden nach der N u m m e r 5 folgende Nummern 5a und 5b eingefügt: „5a. die Beschaffenheit, Ausrüstung und Prüfung der Fahrzeuge und über das Verhalten im Straßenverkehr zum Schutz vor den von Fahrzeugen ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist; 5b. das Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs bei austauscharmen Wetterlagen, die ein starkes Anwachsen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen befürchten lassen;" 2. In Absatz 1 Satz 1 wird nach der Nummer 6 folgende Nummer 7 eingefügt: „7. die in den N u m m e r n 1 bis 6 vorgesehenen Maßnahmen, soweit sie zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften notwendig sind." 3. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 werden durch folgende Absätze 2 und 3 ersetzt: „(2) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 N r . 5a und 5b sowie N r . 7, soweit sie sich auf Maßnahmen nach N r . 5a und 5b beziehen, und Allgemeine Verwaltungsvorschriften hierzu werden vom Bundesminister f ü r Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen. (3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 bedürfen Rechtsverordnungen zur Durchführung der Vorschriften über die Beschaffenheit, die Ausrüstung und die Prüfung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen sowie Rechtsverordnungen über allgemeine Ausnahmen von den auf diesem Gesetz beruhen-
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den Rechtsvorschriften nicht der Zustimmung des Bundesrates; vor ihrem Erlaß sind die zuständigen obersten Landesbehörden zu hören." (2) An § 57 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 241), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes, des Beurkundungsgesetzes und zur Umwandlung des Offenbarungseides in eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Juni 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 911), werden folgende Sätze 2 und 3 angefügt: „Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 1 können auch Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes enthalten; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Uberschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist. Vorschriften nach Satz 2 werden vom Bundesminister für Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen." (3) § 3 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 29. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 225), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), wird wie folgt geändert: 1. Absatz 1 erhält folgende Fassung: „(1) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates für die dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen Rechtsverordnungen über den Bau, den Betrieb und den Verkehr sowie die Eisenbahnstatistik zu erlassen, welche a) die Anforderungen an Bau, Ausrüstung und Betriebsweise der Eisenbahnen nach den Erfordernissen der Sicherheit, nach den neuesten Erkenntnissen der Technik und nach den internationalen Abmachungen einheitlich regeln, b) einheitliche Vorschriften für die Beförderung der Personen und Güter, auf den Eisenbahnen entsprechend den Bedürfnissen von Verkehr und Wirtschaft und in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Handelsrechts aufstellen, 10
A k t . D o k . , Umweltschutz
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c) die notwendigen Vorschriften zum Schutz der Anlagen und des Betriebes der Eisenbahnen gegen Störungen und Schäden enthalten, d) Art und Umfang der Eisenbahnstatistik einheitlich regeln, e) dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dienen; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist. Rechtsverordnungen nach Buchstabe e) werden vom Bundesminister für Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen." 2. Absatz 2 wird gestrichen; der bisherige Absatz 3 wird Absatz 2. (4) Das Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (Bundesgesetzbl. II S. 317), zuletzt geändert durch das Zweite Änderungsgesetz vom 14. April 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 345), wird wie folgt geändert: 1. § 1 Abs. 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: „2. die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung von der Schiffahrt ausgehender Gefahren (Schiffahrtpolizei) und schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Bundeswasserstraßen; die schiffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben nach Maßgabe einer mit den Ländern zu schließenden Vereinbarung,". 2. § 3 Abs. 1 Satz 4 wird gestrichen. 3. In § 3 wird nach Absatz 1 folgender Absatz la eingefügt: „(la) Vorschriften nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 können auch erlassen werden 1. zur Abwehr von Gefahren für das Wasser, 2. zur Verhütung von der Schiffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist.
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Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 2 werden vom Bundesminister für Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen." 4. In § 4 wird das Wort „Gefahrenabwehr" durch die Worte „Abwehr von Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen" ersetzt. (5) Das Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt vom 24. Mai 1965 (Bundesgesetzbl. II S. 833), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung von Kostenermächtigungen und zur Überleitung gebührenrechtlicher Vorschriften vom 22. Juli 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 901), wird wie folgt geändert: 1. § 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: „2. die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie die Verhütung von der Seeschifffahrt ausgehender Gefahren (Schiffahrtpolizei) und schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Seewasserstraßen und den nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 begrenzten Binnenwasserstraßen sowie in den an ihnen gelegenen bundeseigenen Häfen;". 2. In § 1 Nr. 4 werden nach den Worten „seegängigen Wasserfahrzeuge" die Worte eingefügt: „und zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes". 3. In § 3 werden die Worte „Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" durch die Worte „Abwehr von Gefahren und schädlichen Umwelteinwirkungen" ersetzt. 4. In § 9 wird nach Absatz 1 folgender Absatz l a eingefügt: „(la) Vorschriften nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2, 4, 5 und 6 können auch erlassen werden zur 1. Abwehr von Gefahren für das Wasser, 2. Verhütung von der Seeschiffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; dabei können Emissionsgrenzwerte festgesetzt werden, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist.
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Rechtsverordnungen nach Satz 1 N r . 2 werden vom Bundesminister f ü r Verkehr und vom Bundesminister des Innern erlassen." 5. § 12 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Worte „§ 9 Abs. 1 und 2" durch die Worte „§ 9 Abs. 1, la und 2" ersetzt. b) In Absatz 2 Satz 6 N r . 1 werden die Worte „für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" durch die Worte „und von schädlichen Umwelteinwirkungen" ersetzt und nach den Worten „§ 9 Abs. 1 N r . 2" die Worte „und Abs. l a " eingefügt. (6) § 11 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1113), zuletzt geändert durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 282), erhält folgende Fassung: „Die Vorschrift des § 14 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom . . . gilt f ü r Flughäfen entsprechend." (7) Rechtsverordnungen auf Grund der in den Absätzen 4 und 5 enthaltenen Ermächtigungen bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. § 56. Uberleitung von Verweisungen Soweit in anderen als den durch die §§ 53 bis 55 geänderten Gesetzen und Rechtsverordnungen des Bundes auf die §§16 bis 23 und 25 bis 28 der Gewerbeordnung verwiesen wird, beziehen sich diese Verweisungen auf die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes. § 57. Aufhebung von Vorschriften (1) Es werden aufgehoben: 1. Das Gesetz über Versorgungsmaßnahmen zur Luftreinhaltung vom 27. Mai 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 413), geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I 5. 503),
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2. das Gesetz zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1214), geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503). (2) Der Bundesminister des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates eine dem Gesetz zur Verminderung von Luftverunreinigungen durch Bleiverbindungen in Ottokraftstoffen für Kraftfahrzeugmotore (Benzinbleigesetz — BzBIG) vom 1971 (Bundesgesetzbl. I S. . . . ) * entsprechende Regelung zu treffen. § 43 ist nicht anzuwenden. Das Benzinbleigesetz tritt mit dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach Satz 1 außer Kraft. § 58. Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechts Verordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes. § 59. Inkrafttreten § 43, § 57 Abs. 2 und die Vorschriften dieses Gesetzes, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften ermächtigen, treten am Tage nach der Verkündung in Kraft. Im übrigen tritt das Gesetz am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
*
Das Benzinbleigesetz Verfassers).
ist auszugsweise auf S . 7 2 f f abgedruckt
(Anmerkung
des
III.
Völkerrechtliche
Vereinbarungen
1. Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der S e e durch ö l vom 12. M a i 1954* (Auszug) Die Regierungen, die auf der Internationalen Konferenz für Fragen der Verschmutzung der See durch ö l in London vom 26. April 1954 bis zum 12. Mai 1954 vertreten waren, haben in dem Wunsch, im gemeinsamen Einvernehmen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch ö l , das von Schiffen abgelassen wird, Maßnahmen zu treffen und in der Auffassung, daß dieser Zweck am besten durch den Abschluß eines Übereinkommens erreicht werden kann, die unterzeichneten Bevollmächtigten ernannt, die nach Vorlage ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt übereingekommen sind: Artikel II Dieses Ubereinkommen gilt für Seeschiffe, die im Gebiet einer Vertragschließenden Regierung registriert sind; ausgenommen sind: (i) Schiffe, solange sie als Hilfsschiffe der Kriegsmarine verwendet werden; (ii) Schiffe von weniger als 500 Bruttoregistertonnen; (iii) Schiffe, solange sie im Dienste des Walfangs stehen; (iv) Schiffe, die vorübergehend die Großen Seen von Nordamerika und deren Verbindungen und Zuflüsse östlich bis zum unteren Ausgang des Lachine-Kanals bei Montreal, Provinz Quebec, Kanada, befahren. *
Abdruds der Übersetzung nadi Bundesgesetzblatt 1956 I I , S. 381.
1.
Verschmutzung der See durch ö l
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Artikel III (1) Für Tanker, für die dieses Übereinkommen gilt, ist es vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel IV und V verboten, innerhalb der im Anhang A des Übereinkommens aufgeführten Verbotszonen a) O l ;
b) ölhaltige Gemische, deren ölbestandteile die Meeresoberfläche verschmutzen, abzulassen. ölhaltige Gemische, deren ölgehalt weniger als 0,1 vom Tausend beträgt, fallen nicht unter diese Bestimmung. (2) Andere Schiffe, für die dieses Übereinkommen gilt, dürfen vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel IV und V ölhaltiges Ballastwasser und Tankwaschwasser nur in möglichst weiter Entfernung von der Küste ablassen. Nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Übereinkommens gelten auch für diese Schiffe die Bestimmungen des Absatzes 1 in gleicher Weise wie für Tanker, ausgenommen daß a) die Verbotszonen für andere Schiffe als Tanker die in Anhang A des Übereinkommens genannten Zonen sind; b) das Ablassen von ö l oder ölhaltigen Gemischen aus einem solchen Schiff nicht verboten ist, wenn das Schiff sich auf der Reise nach einem Hafen befindet, der nicht mit den in Artikel VIII genannten Auffanganlagen ausgestattet ist. (3) Jeder Verstoß gegen Absatz 1 und 2 dieses Artikels stellt eine Zuwiderhandlung dar und ist nach den Gesetzen des Gebietes, in dem das Schiff registriert ist, zu bestrafen. Artikel IV (1) Artikel III gilt nicht für a) das Ablassen von ö l oder ölhaltigen Gemischen aus einem Schiff aus Gründen der Schiffssicherheit, zur Verhütung von Schäden an Schiff und Ladung oder zur Rettung von Menschenleben auf See; b) das Ausfließen von ö l oder ölhaltigen Gemischen infolge einer Beschädigung des Schiffes oder unvermeidbarer
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Verschmutzung der See durch ö l
Leckagen, sofern nach Eintritt des Schadensfalls oder Feststellung der Leckage alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind, um das Ausfließen zu verhüten oder einzuschränken; c) das Ablassen von ölrückständen, (1) die infolge ihrer Dichtheit aus den Ladetanks von Tankern nicht ausgepumpt werden können; (ii) die bei Heiz- oder Schmierölreinigungen anfallen, vorausgesetzt, daß das Ablassen soweit wie möglich von der Küste entfernt erfolgt. (2) Ist das Ablassen oder das Ausfließen auf eine der in diesem Artikel genannten Ursachen zurückzuführen, so sind die Umstände und Gründe in das nach Artikel IX vorgeschriebene öltagebuch einzutragen. Artikel V Artikel III gilt nicht, wenn aus den Bilgen eines Schiffes a) ölhaltige Gemische während eines Zeitraums von 12 Monaten nach Inkrafttreten des Übereinkommens f ü r das Gebiet, in dem das Schiff registriert ist, b) ölhaltige Gemische, die lediglich Schmieröl enthalten, nach Ablauf des genannten Zeitraums abgelassen werden. Artikel VI Die Strafen, welche das Recht eines Gebietes einer Vertragschließenden Regierung im Hinblick auf Artikel III f ü r das unerlaubte Ablassen von ö l oder ölhaltigen Gemischen außerhalb der Hoheitsgewässer des betreffenden Gebietes vorsieht, dürfen nicht geringer sein als die Strafen, die nach dem Recht dieses Gebietes für unerlaubtes Ablassen von ö l oder ölhaltigen Gemischen innerhalb der Hoheitsgewässer vorgesehen sind. Artikel VII Zwölf Monate, nachdem dieses Ubereinkommen für das Gebiet einer Vertragschließenden Regierung in Kraft getreten ist, müssen alle in diesem Gebiet registrierten Schiffe so ausgerüstet sein, daß das Eindringen von Heizöl oder schwe-
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rem Dieselöl in die Bilgen verhindert wird, sofern deren Inhalt in die See gepumpt wird, ohne vorher einen ölwasserseparator zu passieren. Artikel VIII Drei Jahre, nachdem dieses Übereinkommen f ü r das Gebiet einer Vertragschließenden Regierung in Kraft getreten ist, hat diese Regierung dafür Sorge zu tragen, daß in allen Haupthäfen des Gebietes geeignete Anlagen vorhanden sind, die es ohne unangemessene Verzögerung für die Schiffe ermöglichen, Rückstände des ölhaltigen Ballast- und Tankwaschwassers aufzunehmen, das an Bord der den Hafen anlaufenden Schiffe — ausgenommen Tanker — verbleibt, nachdem das Wasser durch einen ölseparator, Setztank oder auf andere Weise separiert worden ist. Jede Vertragschließende Regierung hat von Zeit zu Zeit festzulegen, welche Häfen im Sinne dieses Übereinkommens als Haupthäfen ihres Gebietes anzusehen sind; sie hat das Büro schriftlich davon in Kenntnis zu setzen und mitzuteilen, ob angemessene Auffanganlagen eingerichtet worden sind. Artikel IX (1) Jedes Schiff, f ü r das die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten, hat als Teil des amtlich vorgeschriebenen Schiffstagebuchs oder gesondert ein öltagebuch nach dem Muster des Anhangs B zu führen, in das die vorgesehenen Eintragungen zu machen sind; jede Seite, die Eintragungen nach Artikel IV Abs. 2 enthält, ist von den mit der Durchführung der betreffenden Maßnahmen beauftragten Offizieren und dem Kapitän zu unterzeichnen. Die Eintragungen sind in einer Amtssprache des Gebietes, in dem das Schiff registriert ist, oder in englischer oder in französischer Sprache vorzunehmen. (2) Die für die einzelnen Gebiete einer Vertragschließenden Regierung zuständigen Behörden können auf jedem Schiff, für das dieses Ubereinkommen gilt, während des Aufenthalts in einem Hafen des betreffenden Gebietes das nach den Vorschriften dieses Übereinkommens zu führende öltagebuch
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Verschmutzung der See durch ö l
einsehen, daraus genaue Abschriften jeder Eintragung fertigen und die Richtigkeit dieser Abschriften vom Kapitän bescheinigen lassen. Jede so gefertigte und vom Kapitän als richtig bescheinigte Abschrift ist in Gerichtsverfahren als Beweismittel für die in der Eintragung festgestellten Tatsachen zuzulassen. Alle in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen sind von den zuständigen Behörden so schnell wie möglich und ohne Verzögerung für das Schiff durchzuführen. Artikel X (1) Jede Vertragschließende Regierung kann die Tatsachen, aus denen hervorgeht, daß ein Schiff einer Vorschrift dieses Ubereinkommens zuwidergehandelt hat, auf schriftlichem Wege denjenigen Vertragschließenden Regierungen mitteilen, in deren Gebiet das betreffende Schiff registriert ist, ohne Rücksicht darauf, wo die genannte Zuwiderhandlung begangen wurde. Sofern es möglich ist, haben die zuständigen Behörden der erstgenannten Regierung den Schiffsführer von der angegebenen Zuwiderhandlung in Kenntnis zu setzen. (2) Die Regierung, die einen solchen Bericht erhält, hat den Sachverhalt zu prüfen und kann die mitteilende Regierung um weitere und genauere Einzelheiten über die Zuwiderhandlung ersuchen. Gelangt die Regierung, in deren Gebiet das Schiff registriert ist, zu der Ansicht, daß der Tatverdacht ausreicht, um auf Grund bestehender Rechtsvorschriften eine Verfolgung des verantwortlichen Reeders oder Kapitäns einzuleiten, so hat sie dafür zu sorgen, daß die Verfolgung baldmöglichst stattfindet und sowohl die mitteilende Regierung als auch das Büro von dem Ergebnis des Verfahrens zu benachrichtigen. Artikel X I Die Bestimmungen dieses Übereinkommens dürfen nicht so ausgelegt werden, als beeinträchtigten sie die Befugnisse einer Vertragschließenden Regierung, innerhalb ihrer Hoheitsgewalt Maßnahmen bezüglich der in diesem Übereinkommen behandelten Sachgebiete zu treffen, oder als erweiterten sie die Hoheitsgewalt einer Vertragschließenden Regierung.
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Verschmutzung der See durdi ö l
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Artikel X I I Jede Vertragschließende Regierung hat dem Büro und dem zuständigen Organ der Vereinten Nationen zu übersenden: a) den Wortlaut der in ihren Gebieten geltenden Gesetze, Verordnungen, Anordnungen und Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieses Übereinkommens; b) alle amtlichen Berichte oder Zusammenfassungen amtlicher Berichte über die bei der Anwendung dieses Übereinkommens gesammelten Erfahrungen, sofern nicht diese Berichte oder Zusammenfassungen nach Auffassung der betreffenden Regierung vertraulicher Natur sind. Artikel X I I I Jede Streitigkeit zwischen Vertragschließenden Regierungen über die Auslegung oder Anwendung dieses Ubereinkommens, die nicht im Verhandlungswege beigelegt werden kann, ist auf Antrag einer der Parteien dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, es sei denn, daß die streitenden Parteien übereinkommen, den Fall einer Schiedsinstanz vorzulegen. Artikel X I V (1) Dieses Übereinkommen steht für die Dauer von drei Monaten, vom heutigen Tage an gerechnet, zur Unterzeichnung und anschließend zur Annahme offen. (2) Die Regierungen können Parteien des Ubereinkommens werden durch (i) Unterzeichnung ohne Vorbehalt bezüglich der Annahme; (ii) Unterzeichnung unter dem Vorbehalt der Annahme mit nachfolgender Annahme. (iii) Annahme. (3) Die Annahme ist durch Hinterlegung einer Annahmeurkunde bei dem Büro zu bewirken. Das Büro hat alle Regierungen, die das Ubereinkommen bereits unterzeichnet oder angenommen haben, von jeder Unterzeichnung und Hinterlegung einer Annahmeerklärung sowie von dem Zeitpunkt der Unterzeichnung oder Hinterlegung in Kenntnis zu setzen.
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Artikel XV (1) Dieses Übereinkommen tritt zwölf Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem mindestens zehn Regierungen Parteien des Übereinkommens geworden sind, von denen fünf Regierungen von Staaten sein müssen, die je mindestens 500 000 BRT Tankertonnage besitzen. (2) a) Das in Absatz 1 vorgesehene Datum des Inkrafttretens gilt f ü r alle Regierungen, die das Übereinkommen ohne Vorbehalt der Annahme unterzeichnet oder es vor diesem Tage angenommen haben. Für die Regierungen, die das Übereinkommen an diesem Tage oder später annehmen, tritt das Übereinkommen drei Monate nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Annahmeerklärung der betreffenden Regierung in Kraft. b) Das Büro hat alle Regierungen, die das Übereinkommen unterzeichnet oder angenommen haben, möglichst bald von dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens in Kenntnis zu setzen.
Artikel XVI (1) Auf Antrag einer Vertragschließenden Regierung sind Änderungsvorschläge zu diesem Übereinkommen durch das Büro allen Vertragschließenden Regierungen zur Prüfung vorzulegen. (2) Jeder den Vertragschließenden Regierungen nach Absatz 1 zur Prüfung übermittelte Änderungsvorschlag gilt als von sämtlichen Regierungen angenommen und tritt sechs Monate nach der Mitteilung in Kraft, sofern nicht eine der Vertragschließenden Regierungen spätestens zwei Monate vor Ablauf dieses Zeitraums erklärt, daß sie der Änderung nicht zustimmt. (3) a) Auf Antrag eines Drittels der Vertragschließenden Regierungen hat das Büro eine Konferenz der Vertragschließenden Regierungen zur Prüfung von Änderungsvorschlägen einzuberufen. b) Jede auf einer solchen Konferenz mit Zweidrittelmehrheit der vertretenen Vertragschließenden Regierungen ange-
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nommene Änderung ist durch das Büro allen Vertragschließenden Regierungen zur Annahme vorzulegen. (4) Jede den Vertragschließenden Regierungen nach Absatz 3 zur Annahme vorgelegte Änderung tritt für alle Vertragschließenden Regierungen mit Ausnahme derjenigen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung erklären, daß sie dieser nicht zustimmen, zwölf Monate nach dem Tage in Kraft, an dem zwei Drittel der Vertragschließenden Regierungen die Änderung angenommen haben. (5) Jede Erklärung auf Grund dieses Artikels ist dem Büro schriftlich zu übermitteln. Das Büro hat alle Vertragschließenden Regierungen von dem Eingang der Erklärung in Kenntnis zu setzen. (6) Das Büro hat alle Vertragschließenden Regierungen, die das Ubereinkommen unterzeichnet haben, von allen auf Grund dieses Artikels in Kraft tretenden Änderungen unter Angabe des Zeitpunkts ihres Inkrafttretens in Kenntnis zu setzen. Artikel XVII (1) Dieses Übereinkommen kann von jeder Vertragschließenden Regierung nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren, vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens für die betreffende Regierung an gerechnet, jederzeit gekündigt werden. (2) Die Kündigung hat durch schriftliche Mitteilung an das Büro zu erfolgen. Das Büro hat alle Vertragsschließenden Regierungen von jeder Kündigung und dem Tage ihres Eingangs in Kenntnis zu setzen. (3) Eine Kündigung wird zwölf Monate nach dem Tage ihres Eingangs bei dem Büro oder nach Ablauf eines in der Mitteilung angegebenen längeren Zeitraums wirksam. Artikel XVIII (1) a) Jede Regierung kann bei der Unterzeichnung oder der Annahme dieses Ubereinkommens sowie jederzeit danach durch eine an das Büro gerichtete schriftliche Mitteilung erklären, daß das Übereinkommen auf Gebiete, für deren zwi-
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schenstaatliche Beziehungen sie verantwortlich ist, ausgedehnt werden soll. b) das Übereinkommen wird auf die in der Mitteilung genannten Gebiete vom Tage des Eingangs der Mitteilung oder von einem anderen darin angegebenen Zeitpunkt an ausgedehnt. (2) a) Jede Vertragschließende Regierung, die eine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels abgegeben hat, kann jederzeit nadi Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren, vom Zeitpunkt der Ausdehnung des Ubereinkommens auf ein solches Gebiet an gerechnet, jederzeit dem Büro gegenüber schriftlich erklären, daß die Ausdehnung des Ubereinkommens auf die in der Mitteilung genannten Gebiete beendet sein soll. b) Die Ausdehnung des Übereinkommens auf jedes in einer solchen Mitteilung genannte Gebiet endet nach Ablauf von zwölf Monaten oder eines längeren, in der Mitteilung zu bezeichnenden Zeitraums nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung bei dem Büro. (3) Das Büro hat alle Vertragschließenden Regierungen von der nach Absatz 1 dieses Artikels erfolgten Ausdehnung des Übereinkommens auf weitere Gebiete sowie von der Beendigung jeder derartigen Ausdehnung nach Absatz 2 in Kenntnis zu setzen; dabei ist in jedem Falle der Tag des Beginns oder der Beendigung der Ausdehnung anzugeben. Artikel X I X (1) Im Falle eines Krieges oder sonstiger Feindseligkeiten kann eine Vertragschließende Regierung, die sich als kriegführende oder neutrale Macht als betroffen betrachtet, dieses Übereinkommen für alle oder einzelne ihrer Gebiete ganz oder zum Teil zeitweilig außer Kraft setzen. Die betreffende Regierung hat die zeitweilige Außerkraftsetzung dem Büro sofort mitzuteilen. (2) Die Regierung, die das Übereinkommen zeitweilig außer Kraft setzt, kann die Außerkraftsetzung jederzeit beenden; sie muß sie auf jeden Fall beenden, sobald ihre Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr bestehen. Die Beendigung ist
2. Sdiutz des Bodensees gegen Verunreinigung
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dem Büro durch die betreffende Regierung sofort mitzuteilen. (3) Das Büro hat alle Vertragschließenden Regierungen von jeder auf Grund dieses Artikels erfolgten zeitweiligen Außerkraftsetzung des Ubereinkommens oder deren Beendigung in Kenntnis zu setzen. Artikel X X Sobald dieses Übereinkommen in Kraft getreten ist, hat das Büro es beim Generalsekretär der Vereinten Nationen registrieren zu lassen. Artikel XXI Die Aufgaben des Büros werden von der Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland wahrgenommen, bis die Zwischenstaatliche Beratende Maritime Organisation gebildet worden ist und die ihr auf Grund des am 6. März 1948 in Genf unterzeichneten Ubereinkommens übertragenen Aufgaben übernimmt. Von diesem Zeitpunkt an werden die Aufgaben des Büros von dieser Organisation wahrgenommen.
2. Übereinkommen über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung vom 27. Oktober 1961* Das Ubereinkommen über den Sdiutz des Bodensees gegen Verunreinigung wurde am 27. Oktober 1961 zwischen BadenWürttemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz abgeschlossen und trat am 10. November 1961 in Kraft. Das Land Baden-Württemberg, der Freistaat Bayern, die Republik Österreich und die Schweizerische Eidgenossenschaft haben in dem Bestreben, durch gemeinsame Anstrengungen den Bodensee vor Verunreinigung zu schützen, beschlossen, ein Übereinkommen abzuschließen, und zu ihren Bevollmächtigten ernannt: (es folgen die Namen) welche, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und diese *
Abdruck nach Gesetzesblatt f ü r Baden-Württemberg 1962, S. 1.
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2.
Sdiutz des Bodensees gegen Verunreinigung
in guter und gehöriger Form befunden, folgendes vereinbart haben: Artikel 1 (1) Die Anliegerstaaten des Bodensees, das Land BadenWürttemberg, der Freistaat Bayern, die Republik Österreich und die Schweizerische Eidgenossenschaft (Kantone St. Gallen und Thurgau), verpflichten sich zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gewässerschutzes für den Bodensee. (2) Die Anliegerstaaten werden in ihrem Gebiet darauf hinwirken, daß der Bodensee vor weiterer Verunreinigung geschützt und seine Wasserbeschaffenheit nach Möglichkeit verbessert wird. Zu diesem Zweck werden sie die in ihrem Gebiet geltenden Gewässerschutzvorschriften für den Bodensee und seine Zuflüsse mit Nachdruck vollziehen. (3) Die Anliegerstaaten werden insbesondere geplante Wassernutzungen, welche die Interessen eines anderen Anliegerstaates an der Reinhaltung des Bodensees beeinträchtigen können, einander zeitgerecht mitteilen und, außer bei Gefahr im Verzuge oder im Falle ausdrücklichen Einvernehmens, erst nach der gemeinsamen Erörterung ausführen lassen. Artikel 2 Als Bodensee im Sinne dieses Übereinkommens gelten der Obersee und der Untersee. Artikel 3 (1) Der Zusammenarbeit dient die von den Anliegerstaaten gebildete ständige Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (nachstehend Kommission genannt). (2) In der Kommission ist jeder Anliegerstaat durch' eine Delegation vertreten, der jeweils eine Stimme zukommt. (3) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland kann zu den Sitzungen der Kommission Beobachter entsenden. (4) Jede Delegation ist berechtigt, Sachverständige beizuziehen. (5) Mit der Durchführung einzelner, genau bezeichneter Aufgaben kann auch die Kommission Sachverständige beauftragen.
2.
Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung
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Artikel 4 Die Kommission hat folgende Aufgaben: a) Sie stellt den Zustand des Bodensees und die Ursachen seiner Verunreinigung fest. b) Sie beobachtet laufend die Wasserbeschaffenheit des Bodensees. c) Sie berät und empfiehlt den Anliegerstaaten Maßnahmen zur Behebung bestehender Mißstände sowie zur Verhütung künftiger Verunreinigungen. d) Sie erörtert geplante Maßnahmen eines Anliegerstaates im Sinne des Art. 1 Abs. 3. e) Sie prüft die Möglichkeit und den etwaigen Inhalt einer Reinhalteordnung für den Bodensee, die gegebenenfalls den Gegenstand eines weiteren Abkommens der Anliegerstaaten bilden soll. f) Sie behandelt sonstige Fragen, die die Reinhaltung des Bodensees berühren können. Artikel 5 (1) Beschlüsse der Kommission werden bei Anwesenheit aller Delegationen einstimmig gefaßt. In Verfahrensfragen entscheidet die einfache Mehrheit. (2) Der Einstimmigkeit steht nicht entgegen, wenn sich ein Anliegerstaat in Angelegenheiten, die ihn nidit betreffen, der Stimme enthält. Beschlüsse, die ausschließlich den Untersee betreffen, bedürfen nur der Stimmen der Delegationen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Landes BadenWürttemberg. (3) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung; diese bedarf der Einstimmigkeit. (4) Die Leiter der Delegationen verkehren miteinander unmittelbar. Artikel 6 (1) Die Anliegerstaaten verpflichten sich, die von der Kommission empfohlenen, ihr Gebiet betreffenden Gewässersdiutz11
Akt. Dok-, Umweltschutz
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2.
Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung
maßnahmen sorgfältig zu erwägen und sie nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Redits nach besten Kräften durchzusetzen. (2) Die Anliegerstaaten, in denen von der Kommission empfohlene Gewässersdiutzmaßnahmen durchgeführt werden sollen, können im Einzelfall eine Empfehlung der Kommission als für sich verbindlich anerkennen und eine entsprechende Erklärung durch ihre Delegation abgeben. Artikel 7 Jeder Anliegerstaat trägt die Kosten seiner Delegation und seiner Sachverständigen. Sind Sachverständige im Auftrag der Kommission tätig, so werden die hierdurch entstehenden Kosten nach einem jeweils von der Kommission zu beschließenden Verhältnis auf die Anliegerstaaten aufgeteilt. Das gleiche gilt für Veröffentlichungen der Kommission. Artikel 8 (1) Internationale Abkommen über die Schiffahrt und die Fischerei bleiben unberührt. (2) Die Kommission arbeitet auf ihrem Aufgabengebiet mit internationalen Einrichtungen für die Schiffahrt und die Fischerei und mit der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung zusammen. Artikel 9 (1) Das vorliegende Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich bei der Regierung des Landes Baden-Württemberg hinterlegt werden. Es tritt 30 Tage nach Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde in Kraft. (2) Das Ubereinkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem Anliegerstaat mit einer Frist von sechs Monaten auf Jahresende gekündigt worden ist. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der Anliegerstaaten dieses Ubereinkommen unterzeichnet. Geschehen in vierfacher Ausfertigung in Steckborn (Kanton Thurgau) am 27. Oktober 1960.
3.
Sdiutz der Mosel gegen Verunreinigung
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3.
Protokoll zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und des Großherzogtums Luxemburg über die Errichtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung vom 20. Dezember 1961* (Auszug) Artikel 1 Die unterzeichneten Regierungen errichten eine Internationale Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung. Artikel 2 Die nach' Artikel 1 errichtete Kommission hat die Aufgabe, eine Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen der drei unterzeichneten Regierungen herbeizuführen, um die Mosel gegen Verunreinigung zu schützen. Zu diesem Zweck kann die Kommisison a) alle notwendigen Untersuchungen zur Ermittlung von Art, Ausmaß und Ursprung der Verunreinigungen vorbereiten, sie durchführen lassen sowie die Ergebnisse auswerten; b) den unterzeichneten Regierungen alle geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung vorschlagen. Die Kommission befaßt sich ferner mit allen anderen Angelegenheiten, die die unterzeichneten Regierungen ihr in gegenseitigem Einvernehmen zuweisen.
*
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1962 I I , S. 1103.
4.
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Schutz der Saar gegen Verunreinigung
4.
Protokoll zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Bepublik über die Errichtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Saar gegen Verunreinigung vom 20. Dezember 1961* (Auszug) Artikel 1 Die unterzeichneten Regierungen errichten eine Internationale Kommission zum Schutz der Saar gegen Verunreinigung. Artikel 2 Die nach Artikel 1 errichtete Kommission hat die Aufgabe, eine Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen der beiden unterzeichneten Regierungen herbeizuführen, um die Saar gegen Verunreinigung zu schützen. Zu diesem Zweck kann die Kommission a) alle notwendigen Untersuchungen zur Ermittlung von Art, Ausmaß und Ursprung der Verunreinigungen vorbereiten, sie durchführen lassen sowie die Ergebnisse auswerten; b) den unterzeichneten Regierungen alle geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Saar gegen Verunreinigung vorschlagen. Die Kommission befaßt sich ferner mit allen anderen Angelegenheiten, die die unterzeichneten Regierungen ihr in gegenseitigem Einvernehmen zuweisen.
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Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1962 I I , S. 1106.
5.
Schutz des Rheins gegen Verunreinigung
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5. Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung vom 29. April 1963* (Auszug) Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, des Großherzogtums Luxemburg, des Königreiches der Niederlande und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in der Sorge um die Reinhaltung des Rheins, in dem Bestreben, seine weitere Verunreinigung zu verhindern und seinen derzeitigen Zustand zu verbessern, in der Überzeugung von der Dringlichkeit dieser Aufgabe, und in der Absicht, die auf diesem Gebiete bereits seit 1950 bestehende Zusammenarbeit der unterzeichneten Regierungen zu verstärken, sind wie folgt übereingekommen: Artikel 1 Die unterzeichneten Regierungen arbeiten auf dem Gebiete des Gewässerschutzes für den Rhein unterhalb des Untersees in der Internationalen Kommission zum Schutzes des Rheins gegen Verunreinigung weiterhin zusammen. Artikel 2 1. Die Kommission soll a) alle notwendigen Untersuchungen zur Ermittlung von Art, Ausmaß und Ursprung der Verunreinigung des Rheins vorbereiten, sie durchführen lassen und die Ergebnisse auswerten, ib) den unterzeichneten Regierungen geeignete Maßnahmen zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung vorschlagen, c) die Grundlagen für etwaige Abmachungen zwischen den unterzeichneten Regierungen über den Schutz des Rheins gegen Verunreinigung vorbereiten. *
Abdruck nadi Bundesgesetzblatt 1965 II, S. 1433.
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6.
Wasserentnahmen aus dem Bodensee
2. Die Kommission ist außerdem zuständig für alle anderen Angelegenheiten, die die unterzeichneten Regierungen ihr im gemeinsamen Einvernehmen übertragen.
6. Übereinkommen über die Regelung von Wasserentnahmen aus dem Bodensee vom 30. April 1966* (Auszug) Artikel 1 (1) Die Anliegerstaaten des Bodensees, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Österreich und die Schweizerische Eidgenossenschaft, verpflichten sidi, bei Wasserentnahmen aus dem Bodensee die Bestimmungen dieses Übereinkommens zu beachten. (2) Jeder Anliegerstaat wird bestrebt sein, bei Wasserentnahmen den berechtigten Interessen der anderen Anliegerstaaten angemessen Rechnung zu tragen. Artikel 2 (1) Als Bodensee im Sinne dieses Ubereinkommens gelten der Obersee und der Untersee. (2) Als Bodenseeraum im Sinne diese Übereinkommens gelten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das hydrologische Einzugsgebiet des Bodensees, im Gebiet der Republik Österreich das hydrologische Einzugsgebiet des Bodensees, im Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft das hydrologische Einzugsgebiet des Bodensees innerhalb der Kantone Appenzell beider Rhoden, St. Gallen und Thurgau sowie das Einzugsgebiet der Thür im Gebiet des Kantons Thurgau — ohne das Einzugsgebiet der Murg oberhalb der Gemeinde Frauenfeld — sowie das Einzugsgebiet der Sitter. •
Abdruck nach Bundesgesetzblatt 1967 II, S. 2314.
6.
Wasserentnahmen aus dem Bodensee
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(3) Diesem Übereinkommen unterliegen nur Wasserentnahmen von jeweils mehr als 50 1/sec. Artikel 3 (1) Würde eine geplante Wasserentnahme aus dem Bodensee wichtige Interessen anderer Anliegerstaaten beeinträchtigen und kann diese Beeinträchtigung durch zumutbare Ausgleichsmaßnahmen oder Entschädigungen nicht abgewendet oder ausgeglichen werden, so ist das Interesse an der Wasserentnahme gegen die anderen Interessen in angemessener Weise abzuwägen. Bei der Interessenabwägung sind die Interessen an der Sicherung und Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse des Bodenseeraumes besonders zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Interessen auf dem Gebiet der verschiedenen Wassernutzungen am Bodensee, der Schiffahrt, der Fischerei, der Seeregulierung, des Landschaftsschutzes und der Energiewirtschaft. (2) Wasserentnahmen aus dem Bodensee begründen keinen Anspruch auf Zufluß von Wasser einer bestimmten Menge und Beschaffenheit. (3) Die Maßnahmen zur Reinhaltung des Bodensees bestimmen sich nach dem Ubereinkommen vom 27. Oktober 1960 über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung. Artikel 4 Entstehen in der Folge durch Wasserentnahmen nicht vorausgesehene Schäden, die nach Völkerrecht zu ersetzen sind, so verständigen sich die Anliegerstaaten über Art und Ausmaß des Schadenersatzes. Artikel 5 Sind infolge des Zusammenwirkens mehrerer Wasserentnahmen gemäß Artikel 3 oder 4 Ausgleidismaßnahmen zu treffen, Entschädigungen zu gewähren oder Schadenersatz zu leisten, so haben sich daran die Anliegerstaaten nach dem Umfang ihrer hierfür ursächlichen Wasserentnahmen zu beteiligen.
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6.
Wasserentnahmen aus dem Bodensee
Artikel 6 Die Anliegerstaaten werden einander über alle Wasserentnahmen aus dem Bodensee, die nicht gemäß Artikel 7 zu behandeln sind, unverzüglich unterrichten. Die Fachbehörden verkehren hierbei unmittelbar miteinander. Artikel 7 Die Anliegerstaaten werden in folgenden Fällen vor der Zulassung von Wasserentnahmen einander rechtzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme geben: a) bei vorgesehener Verwendung außerhalb des hydrologischen Einzugsgebietes des Bodensees, wenn die zuzulassende Menge jeweils 750 1/sec. übersteigt; b) bei vorgesehener Verwendung innerhalb des hydrologischen Einzugsgebietes des Bodensees, wenn die zuzulassende Menge jeweils 1 500 1/sec. übersteigt. Artikel 8 (1) Werden in Stellungnahmen nach Artikel 7 Einwände gemäß Artikel 3 erhoben, so ist der Fall einem Konsultationsausschuß zur fachlichen Beratung mit dem Ziel zu unterbreiten, eine Einigung vorzubereiten. Ebenso ist in den Fällen der Artikel 4 und 5 zu verfahren. (2) Der Konsultationsausschuß setzt sich aus je einem Vertreter der Anliegerstaaten zusammen. Die Vertreter können von Beratern begleitet sein. (3) In Angelegenheiten, die ausschließlich den Untersee berühren, zählen nur die Stimmen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. (4) Jeder Anliegerstaat kann verlangen, daß der Konsultationsausschuß zur Behandlung sonstiger Fragen von Wasserentnahmen zusammentritt. Artikel 9 (1) Gelangen die Anliegerstaaten auf Grund der Verhandlungen im Konsultationsausschuß über eine Angelegenheit nach
6. Wasserentnahmen aus dem Bodensee
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Artikel 8 Absatz 1 zu keiner Einigung, so soll sie auf diplomatischem Wege gesucht werden. (2) Wird auch auf diplomatischem Wege keine Einigung erzielt, so kann jeder interessierte Anliegerstaat verlangen, daß der Fall einer Schiedskommission unterbreitet wird. Artikel 10 (1) Die Schiedskommission besteht aus drei Mitgliedern. Diese dürfen nicht Angehörige eines der Anliegerstaaten sein; sie dürfen nicht mit dem Fall in anderem Zusammenhang bereits befaßt gewesen sein. (2) Jede der am Schiedsverfahren beteiligten Parteien bestellt ein Mitglied der Schiedskommission. Besteht eine Partei aus zwei Anliegerstaaten, so bestellen diese ein Mitglied im gemeinsamen Einvernehmen. Die beiden von den Parteien bestellten Mitglieder wählen einen Obmann. (3) H a t eine der Parteien ihr Mitglied nicht innerhalb von zwei Monaten nach Notifikation des Antrages auf Einleitung des Schiedsverfahrens bestellt, so wird das Mitglied auf Antrag der Gegenpartei vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bezeichnet. (4) Können sich die beiden Mitglieder nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bestellung auf einen Obmann einigen, so wird dieser auf Antrag einer der Parteien vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bezeichnet. (5) Ist in einem der in den Absätzen 3 und 4 erwähnten Fälle der Präsident des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verhindert oder ist er Angehöriger eines Anliegerstaates, so wird die Bezeichnung vom Vizepräsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Angehöriger eines Anliegerstaates, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Angehöriger eines Anliegerstaates ist, die Bezeichnung vor. Artikel 11 (1) Die Schiedskommission wirkt in jedem Stadium des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung des Falles hin. Erweist sich eine solche Erledigung als nicht möglich, so fällt
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7.
Ölverschmutzungen der Nordsee
die Kommission mit Stimmenmehrheit eine Entscheidung. Diese Entscheidung ist endgültig und für alle Anliegerstaaten verbindlich. (2) Die Schiedskommission legt ihren Vergleichsvorschlägen und Entscheidungen zugrunde: — die Bestimmungen dieses Ubereinkommens; — die zwischen den Anliegerstaaten geltenden einschlägigen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Art; — die allgemeinen Rechtsgrundsätze. Artikel 12 (1) Falls die Parteien nicht etwas anderes vereinbaren, setzt die Schiedskommission ihre eigenen Verfahrensregeln fest. (2) Der am Schiedsverfahren nicht als Partei beteiligte Anliegerstaat kann dem Verfahren jederzeit als Nebenintervenient beitreten. Artikel 13 (1) Das vorliegende Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich bei der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinterlegt werden. Es tritt dreißig Tage nach Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde in Kraft. (2) Das Übereinkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem Anliegerstaat mit einer Frist von sechs Monaten auf Jahresende gekündigt worden ist.
7. Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Nordsee vom 9. Juni 1969* (Auszug) Die Regierungen des Königreichs Belgien *
Abdruck der Obersetzung nadi Bundesgesetzblatt 1969 I I , S . 2073.
7. Ölverschmutzungen der Nordsee
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des Königreichs Dänemark der Bundesrepublik Deutschland der Französischen Republik des Königreichs der Niederlande des Königreichs Norwegen des Königreichs Schweden des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland in der Erkenntnis, daß eine schwere Verschmutzung der Nordsee durch ö l eine Gefahr f ü r die Küstenstaaten bildet, in Anbetracht dessen, daß der Rat der Zwischenstaatlichen Beratenden Seeschiffahrts-Organisation auf seiner dritten außerordentlichen Tagung im Mai 1967 beschlossen hat, als vordringliche Angelegenheit unter anderen „Verfahren zu prüfen, nach denen Staaten regional oder überregional in sofortiger Zusammenarbeit Arbeitskräfte, Material, Ausrüstung und wissenschaftlichen Rat zur Bekämpfung entwichenen Öls oder anderer entwichener schädlicher oder gefährlicher Stoffe zur Verfügung stellen können, und dabei die Möglichkeit der Einrichtung von Wadidiensten zu untersuchen, die feststellen können, welchen Umfang die entwichene Menge hat und wie sie auf See und an Land zu bekämpfen ist" — haben folgendes vereinbart: Artikel 1 Dieses Übereinkommen findet Anwendung, wenn eine Verschmutzung oder drohende Verschmutzung der See durch ö l in der Nordsee — wie in Artikel 2 abgegrenzt — eine schwere und unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Küste oder damit zusammenhängende Interessen einzelner oder mehrerer Vertragsparteien darstellt. Artikel 2 Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet „Nordsee" die Nordsee südlich des 61. nördlichen Breitengrades einschließlich a) des Skagerraks, dessen südliche Begrenzung durch eine Skagen mit der Pater-Noster-Schäre verbindende Linie bestimmt wird,
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7.
Ölverschmutzungen der Nordsee
'b) des Ärmelkanals und seiner Eingangsgewässer östlich einer Linie, die 50 Seemeilen westlich einer die Scilly-Inseln und die Insel Ouessant verbindenden Linie verläuft. Artikel 3 Nach Auffassung der Vertragsparteien erfordert der Schutz gegen Verschmutzungen der in Artikel 1 erwähnten Art eine wirksame Zusammenarbeit zwischen ihnen. Artikel 4 Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Unterrichtung der anderen Vertragsparteien a) über ihre nationale Organisation, der die Bekämpfung von Ölverschmutzungen obliegt; b) über die Behörde, die für die Entgegennahme von Berichten über Ölverschmutzungen sowie für die Behandlung von Fragen des gegenseitigen Beistands der Vertragsparteien zuständig ist, sowie c) über neue Mittel und Wege zur Vermeidung von Ölverschmutzungen und über neue wirksame Maßnahmen zu deren Bekämpfung. Artikel 5 (1) Erfährt eine Vertragspartei, daß sich in der Nordsee ein Unfall ereignet hat oder Ölflächen vorhanden sind, so daß mit einer ernsten Gefahr für die Küste oder damit zusammenhängende Interessen einer anderen Vertragspartei zu rechnen ist, so unterrichtet sie diese Vertragspartei unverzüglich durch ihre zuständige Behörde. (2) Die Vertragsparteien ersuchen die Kapitäne aller unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe sowie die Führer der in ihren Staaten eingetragenen Luftfahrzeuge, auf dem je nach den Umständen geeignetsten Weg unverzüglich folgendes zu melden: a) alle Unfälle, die eine Verschmutzung der See durch ö l verursachen oder voraussichtlich verursachen werden,
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b) das Vorhandensein, die Art und den Umfang von auf der See befindlichen ölflächen, welche voraussiditlidi die Küste oder damit zusammenhängende Interessen einzelner oder mehrerer Vertragsparteien ernstlich gefährden werden. Artikel 6 (1) Für die alleinigen Zwecke dieses Ubereinkommens ist die Nordsee in die in der Anlage zu dem Übereinkommen bezeichneten Zonen eingeteilt. (2) Jede Vertragspartei, in deren Zone ein Fall nach Artikel 1 eintritt, trifft die notwendigen Feststellungen über die Art und das Ausmaß jedes Unfalls sowie über Art und ungefähre Menge des auf der See treibenden Öls und über dessen Richtung und Geschwindigkeit. (3) Die in Betracht kommende Vertragspartei unterrichtet sofort alle anderen Vertragsparteien durch deren zuständige Behörden über ihre Feststellungen und über die Maßnahmen, die sie zur Bekämpfung des treibenden Öls getroffen hat, und beobachtet ständig das ö l , solange es in ihrer Zone treibt. (4) Die Verpflichtungen der Vertragsparteien nach diesem Artikel hinsichtlich der Zonen gemeinsamer Verantwortung werden durch besondere technische Vereinbarungen zwischen den beteiligten Vertragsparteien geregelt. Die anderen Vertragsparteien werden von diesen Vereinbarungen unterrichtet. (5) Die in diesem Artikel erwähnte Zoneneinteilung darf keinesfalls als Vorentscheidung oder Begründung in einer Frage der Gebietshoheit oder von Hoheitsrechten angeführt werden. Artikel 7 Benötigt eine Vertragspartei Beistand, um das auf See treibende oder ihre Küsten verschmutzende ö l zu beseitigen, so kann sie die anderen Vertragsparteien um Hilfe anrufen, und zwar zuerst diejenigen, die voraussichtlich durch das treibende ö l gefährdet sein werden. Die nach diesem Artikel um Hilfe angerufenen Vertragsparteien werden sich nach besten Kräften bemühen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Hilfe zu leisten.
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7.
Ölverschmutzungen der Nordsee
Artikel 8 Hat eine Vertragspartei Maßnahmen nach Artikel 7 ergriffen, so leitet sie den anderen Vertragsparteien und der Zwischenstaatlichen Beratenden Seesdiiffahrts-Organisation einen Bericht hierüber zu.
IV. 1.
Entscheidungen
Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 17./18. Juni 1927* (Donauversinkung) (Auszug)
In der verfassungsrechtlichen Streitsache des Landes Württemberg und des Landes Preußen gegen das Land Baden betreffend die Donauversinkung hat der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich in der öffentlichen Sitzung vom 17./18. Juni 1927 durch Zwischenentscheidung für Recht erkannt: I. Das Land Baden ist verpflichtet, die Vermehrung der natürlichen Versinkung des Donauwassers zu beseitigen, die verursacht wird 1. durch das Stauwehr der Maschinenfabrik Immendingen, 2. durch die Sand- und Kiesfbänke in dem Donaubett auf der Gemarkung von Möhringen bis zum Wehr der früheren Stadtmühle. Zur Verbesserung des Donaubetts durch Schaffung einer regelmäßigen Flußsohle ist es nicht verpflichtet. II. Das Land Württemberg ist verpflichtet, die Verminderung der natürlichen Versinkung des Donauwassers auf der Gemarkung von Fridingen zu beseitigen, die verursacht wird 1. durch das Fridinger Kraftwerk, 2. durch die Schließung der natürlichen Versinkungslöcher, soweit diese über eine ordnungsmäßige Erhaltung des bisherigen Wasserlaufs hinausgeht. *
Abdruck n a d i Entscheidungen des Reidisgeridues Band 116, A n h . S. 18.
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1. Donauversinkung Gründe:
I. Der Oberlauf der vom Schwarzwald kommenden Donau durchbricht, in ostnordöstlicher Richtung fließend, den Jura. Hierbei verliert die Donau auf einer Strecke, die nach den bisherigen Beobachtungen ungefähr durch die badischen Orte Bräunlingen und Hüfingen (oberhalb Donaueschingen) und den württembergischen Ort Fridingen begrenzt wird, Wasser, und zwar zeitweise in sehr erheblichem Maße. Das Wasser sinkt zu dem tiefer liegenden Gebiete des Bodensees und des Rheins ab. Das Land Württemberg folgert aus der Zunahme der Zahl der Versinkungstage eine Zunahme auch der versinkenden Wassermenge und hält sich für berechtigt, von Baden Maßnahmen gegen diese Vermehrung der Versinkungserscheinungen zu fordern. Es führt dazu folgendes aus: Dadurch, daß der Donau auf badischem Gebiet in steigendem Maße Wasser entzogen und der Aach zugeführt werde, vermindere sich das auf württembergischem Gebiet anlangende Wasser mehr und mehr. Die württembergischen Donau-Anlieger und Donauwasser-Interessenten erlitten dadurdi erheblichen Schaden. Diese Veränderung der Verhältnisse zuungunsten Württembergs beruhe nicht auf natürlichen Ursachen, sondern auf den von Baden im Interesse der Aach-Beteiligten vorgenommenen Eingriffen. Das Land Württemberg hält dieses Verhalten des Landes Baden für widerrechtlich, da es gegen die Gewerbeordnung, gegen das eigene badische Wasserrecht und endlich gegen völkerrechtliche Grundsätze verstoße. Baden sei zu einer ordnungsmäßigen Flußpflege auch im Versinkungsgebiet der Donau verpflichtet. Um diese Verpflichtung durchzusetzen, hat sich das Land Württemberg, nachdem langjährige Verhandlungen zwischen ihm und dem Lande Baden ergebnislos geblieben waren, an den Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich gewandt mit dem Antrag: die badische Landesregierung für verpflichtet zu erklären, dafür zu sorgen,
1. Donauversinkung
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1. daß die Wehrwaage des Wassertriebwerks der vorm. Fürstl. Fürstenbergischen Maschinenfabrik Immendingen in Immendingen dicht gemacht und dicht erhalten oder auf andere Weise vor Versinkungen des angestauten Wassers gesichert wird, falls man nicht durch Beseitigung des Wehrs und Wiederherstellung eines vor Versinkungen gesicherten Flußlaufs oder durch Verlegung des Wehrs an eine andere gesicherte Stelle die Versinkungen der Donau in der genannten Wehrwaage beseitigen wolle, 2. daß das Donaubett auf Markung der Stadtgemeinde Möhringen von der Markungsgrenze gegen Immendingen an abwärts bis zu dem Wehr der früheren Stadtmühle in Möhringen von den Hindernissen des regelmäßigen Wasserlaufs, soweit sie sich in den Sand- und Kiesbänken entgegenstellen, geräumt, durch Schaffung einer regelmäßigen Flußsohle verbessert und in diesem Zustand erhalten wird. Das Land Baden hat dagegen beantragt: die Klage der württembergischen Regierung abzuweisen. Den von Württemberg erhobenen Ansprüchen fehlt nach Ansicht Badens auch jede rechtliche Grundlage. Auf die Gewerbeordnung könne kein deutsches Land Ansprüche gegen sein Nachbarland stützen. Dasselbe gelte von dem innerstaatlichen Wasserrecht. Zudem entspreche das, was Baden tue, durchaus den Vorschriften seines Wassergesetzes, ja es sei sogar geboten mit Rücksicht auf die Rechte, welche die Aach-Anlieger durch Verleihung erworben hätten. Aus völkerrechtlichen Grundsätzen könne keine Verpflichtung Badens zu einem positiven Tun abgeleitet werden. VI. Bei Prüfung des von Württemberg mit Unterstützung Preußens erhobenen Anspruchs ergibt sich zunächst, daß die Ansicht Badens unzutreffend ist, jenem Anspruch fehle die rechtliche Grundlage, auch wenn die tatsächlichen Behauptungen Württembergs richtig sein sollten. Allerdings geht die Berufung Württembergs auf Vorschriften der Gewerbeordnung und des badischen Wasserrechts fehl. Dagegen steht ihm das zwischenstaatliche Recht zur Seite. 1. Aus der Gewerbeordnung leitet Württemberg seinen Anspruch auf Dichtmachung und Dichthaltung der Immendinger 12 Akt. Dok., Umweltsdiutz
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1. Donau versinkung
Wehrwaage her, indem es ausführt, daß es sich hier um eine Stauanlage für Wassertriebwerke im Sinne der §§16 bis 23, 25 GewO. handle, die der Genehmigung bedürfe. Diese Stauanlage habe sich allmählich, insbesondere durdi die infolge des ständigen Wasserdrucks eingetretene Vergrößerung der Versinkungsstellen, zu einer künstlichen Donau-Versenkungsanlage entwickelt. Für diesen Zweck sei die nur als Wassertriebwerk errichtete Anlage nicht genehmigt worden. Insofern stelle sie einen rechtswidrigen Zustand dar, zu dessen Beseitigung der Stauwerkinhaber verpflichtet sei. An der Erfüllung dieser Verpflichtung werde er durch die Verbote der badischen Regierung gehindert, so daß nunmehr nicht von ihm, sondern vom Lande Baden Abhilfe gefordert werden könne und müsse. In dem Verhalten Badens sieht Württemberg Verstöße gegen das badische Landeswasserrecht (Bad. Wassergesetz vom 13. April 1913 GVBl. S. 250) und meint, darauf ebenfalls seine Ansprüche stützen zu können. Wie nach der Gewerbeordnung, so sei auch nach badischem Wasserrecht die Wasserversenkung durch die Immendinger Wehranlage ein rechtswidriger Zustand, dessen Beseitigung geboten sei. Das von der badischen Regierung ausgesprochene Verbot einer ordnungsmäßigen Flußpflege im Brühl stehe im Gegensatz zu § 90 BadWasserG., das eine solche Flußunterhaltung ausdrücklich vorschreibe. Es ist nicht Sache des Staatsgerichtshofs, zu prüfen, ob Württemberg das badische Wasserrecht zutreffend auslegt. Denn dessen Geltung ist territorial begrenzt, sie beschränkt sich auf das Land Baden. Die Kraft, zwischenstaatliche Beziehungen zu ordnen, steht ihm nicht zu. Niditbadisdie Beteiligte können ihre Rechte und Interessen an den auf badischem Gebiet liegenden Wasserläufen nach Maßgabe badischen Rechts vor den danach zuständigen Landesbehörden und Landesgerichten geltend machen. Für die Entscheidung des Staatsgerichtshofs über einen Streit zwischen Baden und den ihm benachbarten Ländern bietet das badische Wassergesetz keine Rechtsgrundlage. Abzulehnen ist auch der von Preußen vertretene Gedanke, daß aus dem nahen Verhältnis, in dem die zum Deutschen Reich verbundenen deutschen Länder zueinander ständen, eine staatsrechtliche Pflicht für jedes deutsche Land gegenüber seinem Nachbarland
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folge, auf den Reditsgebieten, die seiner Gesetzgebung und Verwaltung vorbehalten seien, seine Gesetze durch seine Verwaltungsbehörden befolgen zu lassen, insoweit als aus der Nichtanwendung oder der Verletzung dieser Gesetze dem Nachbarland Schaden erwachsen könne. Dieser Versuch, das badische Landeswasserrecht in den gegenwärtigen Rechtsstreit einzuführen, entbehrt der erforderlichen Grundlage im deutschen Verfassungsrecht. Insbesondere kann Art. 19 RVerf. nicht dafür angerufen werden. Gegenüber den am weiteren Lauf der Donau interessierten Ländern kann Baden die Verbote, die es zur Verhinderung von Arbeiten im Donaubett erlassen hat, nicht damit rechtfertigen, daß es auf diese Weise nur die natürlichen Wasserverhältnisse erhalte und daß auf deren Änderung zielende Maßnahmen ihm nicht zugemutet werden könnten. Zwar ist bereits dargelegt worden, daß an sich jeder Flußanlieger den natürlichen Zustand hinnehmen muß, auch soweit er sich aus natürlichen Ursachen verändert. Der daraus abgeleitete weitere Satz, daß ein Staat nicht verpflichtet sei, im Interesse eines anderen Staates in die Naturvorgänge, die einen internationalen Fluß betreffen, hindernd einzugreifen, unterliegt aber einer Einschränkung, die auf der Wasserwirtschaft der heutigen Kulturstaaten beruht. Alle heutigen Flüsse, auch die nicht schiffbaren, sind keine reinen Naturgebilde mehr. Infolge der Besiedlung ihrer Ufer sind sie in das Gebiet der menschlichen Kultur einbezogen worden. Im Interesse ihrer Anwohner, der Ober- wie der Unterlieger, werden die Flußufer befestigt, wird der Wasserablauf nicht bloß für den Fall eines Hochwassers, sondern auch im Hinblick auf die gewöhnlichen Verhältnisse einer Regelung unterworfen. Der Umfang dieser Maßnahmen ist zwar bei den einzelnen Flüssen verschieden. Aber ein gewisses Mindestmaß der Flußunterhaltung findet sich, wenigstens in Deutschland, überall und ist in den deutschen Wasserrechten vielfach ausdrücklich vorgesehen (vgl. z. B. BadWasserG. vom 12. April 1913 § 90; PreußWasserG. vom 7. April 1913 §114). Dieser Rechts- und Kulturzustand führt zwar keineswegs zur unmittelbaren Übertragung der Vorschriften eines innerstaatlichen Wasserrechts auf die zwischenstaatlichen Beziehungen — sie ist oben bereits abgelehnt
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1. Donauversinkung
worden — muß sich aber doch auch in ihnen auswirken. Erkennt man an, daß der Staat einen Fluß, der ihm mit anderen Staaten gemeinsam ist, nicht einseitig in seinem Interesse ausnützen darf, so ist die Folgerung geboten, daß er auch die Vorkehrungen nicht unterlassen darf, die heute ein Kulturstaat üblicherweise bei seinen Flüssen trifft. Wenn die Regierung eines Uferstaates Maßnahmen, die nach allgemein anerkannten wasserwirtschaftlichen und wasserrechtlichen Anschauungen geboten sind, versäumt oder gar untersagt, und zwar zu dem Zweck und mit dem Erfolg, daß die Angehörigen eines anderen Uferstaates zugunsten der Angehörigen des eigenen Staates geschädigt werden, so ist das ein staatliches Verhalten, das mit dem Wesen der Völkergemeinschaft nicht mehr vereinbar ist. Hier liegt dann nicht ein bloßes Gewährenlassen natürlicher Vorgänge, sondern ihre unrechtmäßige Förderung durch das Unterlassen eines nach allgemeiner Auffassung gebotenen Tuns vor. Eine Verpflichtung der Uferstaaten zu einem gewissen positiven Tun hat sich völkerrechtlich bereits unzweifelhaft durchgesetzt, soweit die Schiffahrt auf internationalen Flüssen in Frage kommt. Hier ist den Anliegerstaaten durch die einschlägigen zwischenstaatlichen Verträge regelmäßig eine Unterhaltungspflicht im Interesse der Schiffahrt, also im Interesse aller an dem Fluß beteiligten Staaten, auferlegt. Vom Gesichtspunkt der Schiffahrt aus hat das Völkerrecht zuerst Gelegenheit gehabt, Rechtssätze für die internationalen Flüsse zu entwickeln. Ihrer Übertragung auf die zwischenstaatlichen Verhältnisse, die durch die immer stärker werdende Ausnutzung der Wasserkräfte der gemeinsamen Flüsse entstanden sind und deren rechtliche Bedeutsamkeit erst in neuerer Zeit hervorgetreten ist, steht grundsätzlich nichts im Wege. Mindestens bestehen keine Bedenken dagegen, soweit es sich um die wasserrechtlichen Beziehungen zwischen deutschen Staaten handelt. Hier muß die Gemeinschaft berücksichtigt werden, in der sie als Glieder des Reiches stehen und auf die schon bei den allgemeinen Darlegungen hingewiesen worden ist. Sie macht es den einzelnen Ländern zur gegenseitigen Pflicht, ihre Maßnahmen auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft, soweit es sich um gemeinsame Flüsse handelt, dem gemeindeutschen Kulturstand anzupassen. Jeder deutsche Staat darf erwarten,
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daß jeder andere deutsche Staat im Interesse aller an einem gemeinsamen Fluß beteiligten deutschen Staaten diesem die Pflege zuteil werden läßt, die allgemein in Deutschland üblich ist. Selbst das hierdurch gebotene Mindestmaß an Vorkehrungen zur Flußunterhaltung unterläßt aber Baden auf der hier fraglichen Donaustrecke. Es handelt dabei lediglich im Interesse der Aach-Beteiligten, seiner Staatsangehörigen, und schädigt die übrigen am Wasser der Donau Interessierten. Das Verhalten Badens hinsichtlich der Flußstrecke im Brühl, das Unterlassen jeder geordneten Flußunterhaltung auf dieser Strecke, muß deshalb im Verhältnis zu den anderen deutschen Donaustaaten als rechtswidrig bezeichnet werden. Wie bereits festgestellt ist, haben infolge davon die ihrer natürlichen Bewegung überlassenen Sand- und Kiesbänke eine für Württemberg schädliche vermehrte Versinkung des Donauwassers bewirkt. Baden ist daher zur Beseitigung der durch seine Untätigkeit verursachten Mehrversinkung verpflichtet. Welche Maßnahmen es zu diesem Zweck treffen will, das muß wiederum zunächst ihm überlassen bleiben. Eine Entscheidung über den Umfang der Maßnahmen wird erst nach völliger Klärung der Versickerungsverhältnisse am Brühl möglich sein. Zu erörtern bleiben also nur noch die sonstigen Arbeiten Württembergs im Versinkungsgebiet und die Inbetriebnahme des Fridinger Kraftwerks. Jene Arbeiten bezeichnet Württemberg als Arbeiten der ordnungsmäßigen Flußunterhaltung. T r a gen sie diesen Charakter, dienen sie lediglich der Erhaltung des bisherigen Wasserlaufs, so ist allerdings nichts gegen sie einzuwenden. Bewirken sie dagegen eine darüber hinausgehende Verminderung der natürlichen Donauversinkung, dann kann Baden ihre Rückgängigmachung verlangen. Einen, wie schon jetzt gesagt werden kann, unzulässigen Eingriff in die Rechte Badens an dem in Fridingen versinkenden Donauwasser enthält indessen die Gestattung des Betriebs des Kraftwerks Fridingen. Es verbraucht, von kleinen im Interesse der Fischzucht und mit Rücksicht auf den Heimatschutz angeordneten Beschränkungen abgesehen, das ganze Donauwasser bis zu 10 cbm/sec. N u r bei hohen Wasserständen, die nach Be-
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1. Donauversinkung
hauptung Badens durchschnittlich an 126 Tagen im Jahre vorkommen, fließt also noch Wasser durch die Fridinger Schleife. Erst viel weiter unterhalb gelangt das Werkwasser wieder zur Donau zurück. Es liegt auf der Hand, daß damit die Fridinger Versinkungsstellen für einen großen Teil des Jahrs jeder Wirkungsmöglichkeit beraubt sind und daß eine Verminderung des Versinkungswassers verursacht wird, die Baden zu tragen nicht verpflichtet ist. Württemberg kann sich nicht darauf berufen, daß das K r a f t werk bisher nur vorläufig genehmigt sei und daß die AachBeteiligten in dem der endgültigen Genehmigung vorhergehenden Verfahren noch immer Einspruch erheben könnten. Diese Möglichkeit hindert Baden nicht, seine zwischenstaatlichen Ansprüche, für deren Erörterung im Genehmigungsverfahren kein Raum wäre, in dem dafür vorgesehenen Verfahren vor dem Staatsgerichtshof zu verfolgen. Baden hat allerdings der einstweiligen Inbetriebnahme des Werks zugestimmt, aber nur unter der Bedingung, daß es durch künstliche Versenkung von gewissen Wassermengen entschädigt werde. Eine Einigung in diesem Punkt ist jedoch zwischen den Streitteilen nicht erzielt worden, so daß die vorläufige Zustimmung Badens ihm jetzt jedenfalls nicht mehr entgegengehalten werden kann. I X . Das Ergebnis der bisherigen Erörterung läßt sich dahin zusammenfassen, daß das Land Baden verpflichtet ist, die Vermehrung der natürlichen Versinkung des Donauwassers zu beseitigen, die verursacht wird 1. durch das Stauwehr der Masdiinenfabrik Immendingen, 2. durch die Sand- und Kiesbänke im Donaubett auf der Gemarkung von Möhringen, daß es dagegen nicht verpflichtet ist zur Verbesserung des Donaubetts durch Schaffung einer regelmäßigen Flußsohle, sowie daß das Land Württemberg verpflichtet ist, die Verminderung der natürlichen Versinkung des Donauwassers auf der Gemarkung von Fridingen zu beseitigen, die verursacht wird 1. durch das Fridinger Kraftwerk, 2. durch die Schließung der natürlichen Versinkungslödier, soweit sie über eine ordnungsmäßige Erhaltung des bisherigen Wasserlaufs hinausgeht.
2. Weserverschmutzung
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Diese Sätze ermöglichen jedoch nodi keine sachliche Entscheidung über die von den Streitteilen gestellten Anträge. Dazu bedürfte es nodi weiterer Beweiserhebungen. Nicht widerlegt ist die Behauptung Badens über die wesentliche Beeinflussung der Donauversinkung durch die natürlichen Vorgänge, insbesondere durch eine Verschiebung der Niederschläge in den Winter hinein. Es läßt sich deshalb bisher auch nicht feststellen, in welchem Maße die Aufstauung des Wassers im Immendinger Wehr und die Bildung von Sand- und Kiesbänken im Brühl zur Verstärkung der Wasserverluste beiträgt, wie weit sich also die Pflicht Badens erstreckt, die von ihm verursachte Versinkungsvermehrung zu beseitigen. Dasselbe gilt für Fridingen. Dort bedarf die Art und die Wirkung der von Württemberg im Flußbett ausgeführten Arbeiten noch der Aufklärung. Die Bedeutung der durch das Fridinger Kraftwerk bewirkten Wasserentziehung läßt sich erst ermessen, wenn der Umfang der natürlichen Versinkung in der Fridinger Schleife feststeht. In allen diesen Richtungen beurteilen die Parteien die tatsächlichen Vorgänge verschieden.
2.
Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 9. Juni 1928* (W e s e r v e r s c h m u t z u n g ) (Auszug)
In der verfassungsrechtlichen Streitsache des Landes Bremen gegen a) das Land Preußen, b) das Land Thüringen, c) das Land Braunschweig wegen Feststellung, betreffend die Verunreinigung des Weserwassers (StGH. 5/25), *
Abdruck nach Entscheidungen des Reichsgerichtes Band 121, Anh. S. 1.
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2. Weserversdimutzung
hat der Staatsgerichtshof für lichen Sitzung vom 9. Juni für Recht erkannt: Der Staatsgerichtshof für scheidung über den von dem berufen.
das Deutsche Reich in der öffent1928 durch Zwischenentscheidung das Deutsche Reich ist zur EntAntragsteller erhobenen Anspruch
Gründe: I. Bremen entnimmt sein Trinkwasser der Weser. Es beschwert sich darüber, daß das Weserwasser seit geraumer Zeit durch die Abwässer der Kaliindustrie verunreinigt werde und sich jetzt vielfach nicht mehr zu Trink- und Gebrauchszwecken eigne. Bremen hat beantragt, zu entscheiden, daß die Regierungen der Freistaaten Preußen, Thüringen und Braunschweig — in deren Gebieten die Kaliwerke gelegen sind — dafür zu sorgen haben, daß die in dem Gutachten des Reichsgesundheitsrats über das duldbare Maß der Verunreinigung des Weserwassers durch Kaliabwässer angegebenen Grenzwerte und Maßnahmen . . . innegehalten werden und zur Durchführung kommen. Der Antrag erstreckt sich- weiter auf die Einzelheiten der Vorkehrungen, die zu dem genannten Zwecke getroffen werden müssen. Bremen behauptet, schon seit geraumer Zeit unter den geschilderten Ubelständen gelitten zu haben. Deshalb habe es sich im Jahre 1912 gezwungen gesehen, an den Herrn Reichskanzler den Antrag zu richten, daß der Reichsgesundheitsrat mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt werde, bis zu welchen Höchstzahlen eine Anreicherung mit Kaliabwässern zulässig sei und durch welche Mittel die Nachteile verhütet werden könnten, die von den Kaliwerken den Flußanliegern zugefügt würden. Der Reichsgesundheitsrat hat das gewünschte Gutachten in den Jahren 1914 und 1918 erstattet. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Verunreinigung des Weserwassers durch Kaliabwässer bei Bremen bis zur Erhöhung der Gesamthärte auf 20 Deutsche Grade und des Chlorgehalts bis auf 250 mg im Liter das äußerste sein dürfte, was in Rücksicht auf den Geschmack des Wassers geduldet werden könne. Bei diesem Ergebnis ist er verblieben, trotzdem gegen die Höchstzahlen sowohl
2. Weserverschmutzung
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nach oben als nach unten Einwendungen erhoben wurden. Auf dieses Gutachten stützt Bremen seinen Antrag, wenngleich es nicht verkennt, daß nicht ein bindender Schiedsspruch, sondern nur ein Gutachten vorliege. Preußen hat insbesondere betont, daß es sich durchaus innerhalb des durch die Reichs- und preußischen Gesetze gezogenen Rahmens seiner Zuständigkeit gehalten habe. Die Überschreitung der Grenzzahlen enthalte keine Rechtsverletzung, weil das Gutachten keine rechtsverbindlichen Normen enthalte. Eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs würde nicht einen Rechtsstreit entscheiden, sondern nur über streitige Tatbestände aburteilen, etwa ob das Weserwasser zum Trinken geeignet sei, ob die Stadt Bremen auf die Flußwasserversorgung angewiesen sei und nicht Grundwasserversorgung vornehmen könne usw. Braunschweig hat seinen Antrag in gleicher Weise begründet. Thüringen hat insbesondere geltend gemacht, es handle sich nicht um eine Streitigkeit zwischen verschiedenen Ländern als solchen. Die gewerberechtliche Genehmigung, die das Thüringische Verwaltungsgericht an verschiedene Kaliwerke des Werragebietes gegeben habe, sei in einem ordentlichen Verwaltungsrechtsverfahren erfolgt. Dieses habe seine Grundlage in § 21 der Reichsgewerbeordnung und den danach erlassenen landesrechtlichen Vorschriften. Die seinerzeit zuständig gewesenen thüringischen Bezirksverwaltungsgerichte seien unabhängig und nur den Gesetzen unterworfen. . . . Preußen hat ausgeführt, den Kalifabriken könne die Erlaubnis zur Einleitung ihrer Abwässer in die Flüsse nur durch Konzession auf Grund der §§ 16 ff. R G O . erteilt werden. In Preußen sei daneben auch noch eine „Verleihung" auf Grund des Wassergesetzes vom 7. April 1913 erforderlich'. Durch diese Vorschriften werde der Schutz und gegebenenfalls die Schadloshaltung der Benachteiligten erschöpfend geregelt. Die Entscheidung über die Konzession und über die Verleihung erfolge in besonderem verwaltungsrichterlichem Verfahren. Solange dies geschehe und also die behaupteten Schädigungen Bremens nicht auf Verwaltungsmaßnahmen, sondern auf verwaltungsrichterliche Entscheidungen zurückzuführen seien, liege keine Streitig-
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2. Weserversdimutzung
keit nichtprivatrechtlicher Art zwischen verschiedenen Ländern im Sinne des Art. 19 RVerf. vor. Preußen hatte am 13. März 1926 den Antrag gestellt, eine Vorabentscheidung über die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs abzugeben. Dieser Antrag ist vom Staatsgerichtshof am 16. April 1926 abgelehnt worden. Zur Sache selbst haben die Parteien eingehende Ausführungen gegeben, die sich insbesondere auf folgende Gesichtspunkte erstredeten: einmal darauf, ob Bremen genötigt sei, sein Trink- und Gebrauchswasser der Weser zu entnehmen und nicht vielmehr in der Lage sei, sich aus Grundwasser zu versorgen; weiter darauf, wie groß die Überschreitungen der Höchstzahlen des Reichsgesundheitsrates in den letzten Jahren gewesen seien; sodann darauf, ob diese Höchstzahlen absolut maßgebend seien oder ob geringere Uberschreitungen geduldet werden müßten; endlich darauf, ob für die Kaliwerke die Möglichkeit bestehe, mit der Einhaltung jener Höchstzahlen ohne Schädigung ihrer lebensnotwendigen Interessen auszukommen. In der mündlichen Verhandlung von 9. Juni 1928 hat Bremen erklärt, daß es in Unterhandlungen mit der Kaliindustrie über Verringerung der Versalzung des Weserwassers stehe; diese Verhandlungen schienen Erfolg zu versprechen, so daß es möglicherweise einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs in der Sache selbst nicht bedürfe. Bremen hat deshalb gebeten, von einer Verhandlung und Entscheidung über die sachlichen Punkte abzusehen, um jene Verhandlungen nicht zu stören. Die Antragsgegner haben dieser Anregung beigestimmt. Ferner hat Preußen, wie das Verhandlungsprotokoll ergibt, die Erklärung abgegeben, daß es seinen Antrag auf V o r e n t s c h e i d u n g über die Frage der Zuständigkeit zurückziehe. Der Vertreter Bremens äußerte sich dahin, daß er eine Vorabentscheidung anheimstelle. Der Vertreter Braunschweigs erklärte, sein Land sei an dem Streitfall sachlich nicht mehr beteiligt, da die auf seinem Gebiete
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gelegenen Kaliwerke stillgelegt seien. Der Antragsteller erwiderte, daß eine Verunreinigung des Weserwassers auch nodi von braunsdiweigischem Gebiet ausgehe. II. Der Staatsgerichtshof ist in der Lage, auch wenn kein entsprechender Antrag gestellt wird, von sich aus über eine präjudizielle Frage, die zwischen den Parteien streitig und spruchreif ist, vorab zu entscheiden, da es sich dabei nur um eine Verfahrensmaßregel handelt, deren Zweckmäßigkeit seinem freien Ermessen unterliegt. Während der Staatsgerichtshof eine solche Vorabentscheidung abgelehnt hat, so lange durch den Schriftwechsel der Parteien noch nicht volle Klarheit über die Tragweite des sachlichen Streites geschaffen war, hat er es nunmehr für angezeigt erachtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Der Streitpunkt ist vor ihm in voller Ausführlichkeit verhandelt worden, und es ist anzunehmen, daß eine Entscheidung über die staatsrechtliche Grundlage des Anspruchs die Einigungsverhandlungen nicht nur nicht stören, sondern in erheblichem Grade fördern wird. Die Bedenken, die von Preußen, Thüringen und Braunschweig gegen die staatsrechtliche Grundlage des Anspruchs erhoben werden, sind nicht begründet. Die zur Entscheidung stehende Frage gliedert sich in zwei Teile, einmal, ob die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs gegeben ist, und zweitens, ob ein Anspruch wie der erhobene nach der Reichsverfassung überhaupt zulässig ist. Beide Fragen sind zu bejahen. Die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs richtet sich nach' der Art des geltend gemachten Anspruchs. Entscheidend ist in dieser Hinsicht nicht, welcher Anspruch im Rechte begründet ist, sondern welcher Anspruch vom Antragsteller geltend gemacht wird. Hätte Bremen in der Tat einen privatrechtlichen Anspruch erhoben, so müßte sich der Staatsgerichtshof von vornherein für unzuständig erklären. Nun ergibt sich aber aus der Klageschrift, daß Bremen einen Anspruch geltend machen will, der nicht privatrechtlicher Natur ist. Bremen hat dort nämlich ausgeführt, sein Anspruch beruhe auf seinem Recht auf Nutzung des Weserwassers, das ihm auch nach dem Übergang des Eigentums an
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2. Weserversdimutzung
der Weser auf das Reich durch Staatsvertrag vom 29. Juli 1921 und nach dem Zusatzvertrag vom 20. August 1921 belassen sei, sowie auf der Verpflichtung der Länder, die Gesundheit und die übrigen lebensnotwendigen Interessen der Einwohner anderer Länder des Deutschen Reichs zu berücksichtigen. Dieser Anspruch sei öffentlichrechtlicher Art, denn Bremen beanspruche von den Landesregierungen der in Frage kommenden Länder eine bestimmte Art der Ausübung ihrer Hoheitsrechte zur Verhütung eines Zustandes, der die Bewohner der Stadt Bremen gefährden würde. Bremen appelliere an die selbstverständliche staatsrechtliche Bundespflicht der zu einem Reiche vereinigten Länder, die Lebensinteressen eines anderen Landes zu berücksichtigen. Danach liegt zutage, daß Bremen einen Anspruch geltend machen will, der nach seiner Anschauung in den gegenseitigen Rechten und Pflichten der zum Deutschen Reiche vereinigten Länder als Gemeinwesen öffentlichen Rechts, nicht als Träger von Privatrechten begründet ist. Ein solcher Anspruch ist seinem Wesen nach ein öffentlichrechtlicher, kein privatrechtlicher. Da kein anderer Gerichtshof des Reichs für die Entscheidung über einen derartigen Anspruch zuständig ist, so ist die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs nach Art. 19 RVerf. gegeben. Aus wesentlich gleichem Grunde kann auch der weiteren Einwendung nicht stattgegeben werden, daß die Befugnis zur Einleitung der Abwässer in die Weser den Kaliwerken durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung in Gemäßheit eines Reichsgesetzes, der Gewerbeordnung, und einschlägiger Landesgesetze verliehen worden sei. Was die Landesgesetze angeht, so können durch diese die Normen des zwischenstaatlichen Rechts nicht außer Kraft gesetzt werden, wie keiner näheren Darlegung bedarf. Aber auch die Berufung auf die Gewerbeordnung führt zu keinem anderen Ergebnis. An sich wäre es denkbar, daß durch Reichsgesetz gewisse zwischenstaatliche Normen umgestaltet werden könnten. Das ist aber in der hier streitigen Frage durch die Reichsgewerbeordnung nicht geschehen. Sie bestimmt in § 16 nur, daß zur Errichtung von Anlagen, die . . . erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen
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Behörden erforderlich ist. Nach welchen sachlichen Gesichtspunkten die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen ist, darüber enthält die Gewerbeordnung keine Vorschriften, wenngleich in § 18 einzelne Gesichtspunkte angeführt sind, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind. Die Rechtslage ist also nicht etwa so, daß die Reichsgewerbeordnung festsetzt, in welchen Fällen und unter welchen Bedingungen die Genehmigung zu erteilen ist; vielmehr bleibt die rechtliche Möglichkeit bestehen, daß die Länder je nach ihren Hauptinteressen bei Erteilung von Konzessionen von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen, daß das eine dabei mehr den Nutzen der Industrie, das andere mehr den des gemeinen Gebrauchs, der Fischerei usw. berücksichtigt, und so eines dem andern einen Schaden zufügt, der den völkerrechtlichen Grundsätzen über die Beziehungen der Anliegerstaaten desselben Flußsystems widerspricht und mangels reichsgesetzlicher oder vertragsmäßiger Regelung gerichtlicher Entscheidung bedarf. Hierbei ist nach den vom Staatsgerichtshof festgestellten Grundsätzen von jedem deutschen Lande zu verlangen, daß es die Interessen von Angehörigen des anderen Landes, wenn auch nicht in gleichem Maße wie die Interessen der eigenen Landesangehörigen, so doch jedenfalls stärker berücksichtigt als die anderer, nichtdeutscher Staaten. Man gelangt somit im Verhältnis der deutschen Länder zueinander zu einer stärkeren Einschränkung des Grundsatzes der Gebietshoheit, als wenn sich zwei völlig fremde Staaten gegenüberstehen. Demnach- kann nicht anerkannt werden, daß in der Gewerbeordnung sachliche Normen festgesetzt sind, welche die Normen des zwischenstaatlichen Rechts irgendwie zu beschränken vermöchten, und deshalb ist es nicht von rechtserheblicher Bedeutung, ob die Konzessionen und Verleihungen durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung gemäß der Gewerbeordnung gewährt sind. Bei dieser Sachlage braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob ein Land überhaupt rechtlich in der Lage ist, sich in Streitigkeiten der vorliegenden Art auf die Bestimmungen der Gewerbeordnung zu berufen (RGZ. Bd. 116 S. 27). Aus den dargelegten Gründen geht hervor, daß der von Bremen geltend gemachte Anspruch verfassungsrechtlich- nicht
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3. Fisdigroßhandlungs-Urteil
unzulässig ist und daß die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs für die Entscheidung über den Anspruch bejaht werden muß. 3.
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Juni 1971* — I C 39.67 — (Fischgroßhandlungs-Urteil) (Auszug)
1. Eine Verfügung, durch die Geräuscheinwirkungen auf die Nachbarschaft eines Gewerbebetriebes über eine bestimmte Lautstärke hinaus untersagt werden, ist genügend bestimmt. 2. Durch das Immissionssdiutzrecht wird nicht die Zulassung zum Gewerbe, sondern nur die Art und Weise der Ausübung des Gewerbes geregelt. Landesrechtlichen Vorschriften auf diesem Sachgebiet steht daher § 1 GewO nicht entgegen. 3. Mit dem in § 1 GewO niedergelegten Grundsatz der Gewerbefreiheit ist die Anwendung von Polizei- und Ordnungsrecht auch dann vereinbar, wenn sie im Einzelfall dazu führt, daß der Gewerbebetrieb nicht mehr an der bisherigen Stelle ausgeübt werden kann. 4. Die Ermächtigung des § 21 GewO an die höhere Verwaltungsbehörde, die Benutzung einer gewerblichen Anlage gegen Entschädigung zu untersagen, berührt nicht die Befugnis anderer Behörden, auf Grund des landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsrechts die Gewerbeausübung entschädigungslos einzuschränken. 5. Auf Grund des § 51 GewO können zur Abwehr von Nachteilen und Gefahren für das Gemeinwohl Maßnahmen angeordnet werden, die eine Enteignung bedeuten und ohne diese Vorschrift nicht getroffen werden könnten. Der Kl. betreibt eine Fischgroßhandlung in D. Er hat mit Genehmigung der Baubehörde auf dem Grundstück K.-Str. 152, das damals noch nicht bebaut war, eine Lagerhalle für seinen Gewerbebetrieb und eine Wohnung errichtet. Im Jahre 1957 *
Abdrudc nach Deutsches Verwaltungsblatt 1971, S. 751.
3. Fisdigroßhandlungs-Urteil
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wurde ihm die Errichtung eines weiteren Lagergebäudes genehmigt. Auf diesem Grundstück werden während der Nachtzeit Lastzüge entladen und andere Kraftfahrzeuge mit Ware für die früh beginnenden Märkte (Großmarkt und Wochenmärkte) beladen. Das Grundstück des Kl. liegt in einem Gebiet, das von 1933 bis 1940 als gemischtes Wohngebiet ausgewiesen war, für das danach zunächst keine besondere Ausweisung galt und das Anfang 1952 erneut als gemischtes Wohngebiet ausgewiesen wurde. Bei Erteilung der ersten Baugenehmigung an den Kl. war, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, „die Umgebung des Grundstücks nur lückenhaft mit Wohnhäusern bebaut; auch Kleingewerbe war bereits vorhanden". Später wurden zwei- bis fünfgeschossige Wohnhäuser in geschlossener Bauweise errichtet. Das Grundstück des Kl. liegt jetzt inmitten von Wohngebäuden. Seit dem Jahre 1960 beschwerten sich Bewohner der benachbarten Grundstücke über Störungen der Nachtruhe durch den Betrieb des Kl. Das bekl. Gewerbeaufsichtsamt ließ die Geräuschimmissionen messen und forderte den Kl. daraufhin durch eine Ordnungsverfügung auf, den Verkehrs- und Verladebetrieb auf dem Hof seines Grundstücks zwischen 22 und 7 Uhr derart einzuschränken, daß die Geräuscheinwirkungen aus diesen Arbeiten auf die Nachbarschaft 45 DIN-Phon nicht überschreiten. Die Verfügung wurde vom VG insoweit rechtskräftig aufgehoben, als der Kl. die auf die Nachbarschaft einwirkenden Geräusche in der Zeit von 22 bis 5 Uhr auf weniger als 51 D I N Phon und von 5 bis 7 Uhr auf weniger als 55 DIN-Phon zu beschränken hat. Die Berufung des Kl. wurde zurückgewiesen. In dem Urteil des Berufungsgerichts wird ausgeführt, die Ordnungsverfügung in der Gestalt des verwaltungsgerichtlichen Urteils stimme mit den hierfür geltenden landesrechtlichen Vorschriften überein und sei selbst dann rechtmäßig, wenn der Kl. seinen Betrieb in ein Gebiet verlegen müsse, in dem er durch die nächtlichen Arbeiten die Nachtruhe nicht störe. Der Kl. habe im Jahre 1949 wissen müssen, daß er in einem früheren gemischten Wohngebiet baue und durch seinen Gewerbebetrieb künftige Bewohner der Nachbargrundstücke in unzumutbarer
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3. Fischgroß'handlungs-Urteil
Weise beeinträchtigen könne. E r habe auf eine materielle Baurechtmäßigkeit seiner gewerblichen Anlage nicht vertrauen dürfen und damit rechnen müssen, daß die benachbarten Grundstücke entsprechend der früheren Ausweisung bebaut würden. Mit der vom BVerwG zugelassenen Revision macht der Kl. geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung des Art. 14 GG, des § 51 GewO und des allgemeinen Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Die Revision wurde zurückgewiesen. Aus den Gründen: Die Revision ist nicht begründet. 1. Der Kl. begehrt die Aufhebung einer Verfügung, durch die er in der Ausübung seines Gewerbes eingeschränkt wird. Der Bekl. verbietet ihm Geräuscheinwirkungen auf die Nachbarschaft seines Betriebes, die in der Zeit von 22 bis 5 Uhr eine Lautstärke von 51 D I N - P h o n und in der Zeit von 5 bis 7 Uhr eine Lautstärke von 55 D I N - P h o n überschreiten. Dieser Anordnung liegt die VDI-Riditlinie 2085 „Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm" — Juli 1960 — zugrunde. Hiernach soll in Gebieten, die vorwiegend Wohnzwecken dienen, die Lautstärke von Arbeitsstätten und Anlagen im allgemeinen — soweit dies unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen der Betroffenen im Einzelfall zumutbar ist — vor dem nächst benachbarten Wohnhaus gemessen nachts 45 D I N Phon nicht überschreiten. Die Messung soll 0,5 m vor geöffnetem Fenster erfolgen (zum Meßverfahren vgl. ferner Nr. 2.42 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 16. 7. 1968 [Beilage zum BAnz. Nr. 137]). Sofern dem K l . nicht schon durch die Geräuschmessungen des Bekl. die Ursachen für die Überschreitung der höchstzulässigen Lautstärken bekannt sind, kann er selbst Geräuschmessungen vornehmen lassen und hierdurch feststellen, wie weit die Geräusche des Verkehrs- und Verladebetriebs auf dem H o f seines Grundstücks herabgesetzt werden müssen und in welchem Maße sich die von ihm etwa ergriffenen Lärmbekämpfungsmaßnahmen günstig auswirken. Die Ordnungsverfügung ist daher hinreichend bestimmt (BVerwG E 31, 15).
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2. Nach dem Urteil des Berufungsgerichts durften die Verfügungen an den Kl. auf Grund der §§ 4 und 6 des Gesetzes zum Schutze von Luftverunreinigungen, Geräuschen und Erschütterungen (Immissionsschutzgesetz) vom 30. 4.1962 (GV NW S. 225) — ImschG —, des § 7 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Lärmbekämpfung vom 30.11.1964 (GV NW S. 348) — LärmV — und der §§ 1, 12 und 14 des Gesetzes über den Aufbau und die Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz) vom 16.10.1956 (GV NW S. 289) — OBG — erlassen werden. Gemäß § 4 Abs. 1 ImschG sind die zuständigen Behörden befugt, im Einzelfall die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, die zur Durchführung des in § 2 Abs. 1 enthaltenen Grundsatzes erforderlich und für Anlagen dieser Art wirtschaftlich vertretbar sind. Nach § 2 Abs. 1 ImschG hat derjenige, der eine Anlage betreibt, Feuerungsstätten, Maschinen, Geräte und sonstige Betriebseinrichtungen so zu betreiben, daß die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder Belästigungen durch Immissionen soweit geschützt sind, wie es der jeweilige Stand der Tedinik und die Natur der Anlage gestatten. Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind gewerblichen oder nichtgewerblichen Zwecken dienende Einrichtungen, die Luftverunreinigungen, Geräusche oder Erschütterungen verursachen können. Das Gesetz gilt nicht für die Anlagen, die einer Genehmigung nach § 16 GewO bedürfen, und für die im § 1 Abs. 1 Satz 2 ImsdiG genannten anderen Anlagen. Betätigungen, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind, sind durch § 7 Abs. 1 Lärm V von 22 bis 7 Uhr verboten. Zuständige Behörde für die gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen (mit Ausnahmen der Gaststätten und offenen Verkaufsstellen) sind die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter als Sonderordnungsbehörden (§ 12 Abs. 1 OBG, § 6 Abs. 1 Buchst, a ImschG). Gemäß § 14 OBG können die Ordnungsbehörden in Rechte von Personen eingreifen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr abzuwehren, die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht, oder um Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Weitergehende Befug13
Akt. D o k . , Umweltschutz
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nisse, die den Ordnungsbehörden durch Gesetz oder Verordnung übertragen sind, bleiben hiervon unberührt. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angef. Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die angef. Verfügungen rechtmäßig seien, beruht ausschließlich auf der Anwendung von Landesrecht. Das BVerwG ist daher gemäß § 173 VwGO, § 562 Z P O an diese Entscheidung gebunden. Das von der Vorinstanz angewandte irrevisible Recht ist, wie auch die Revision nidit in Zweifel zieht, mit Bundesrecht vereinbar. 3. Das Berufungsgericht hat dadurch, daß es seine Entscheidung auf Landesrecht gestützt hat, § 1 GewO nicht verletzt. a) Gemäß § 1 Abs. 1 GewO ist der Betrieb eines Gewerbes jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Diese Vorschrift gilt nur für die Zulassung zum Gewerbebetrieb. Sie bestimmt, daß Beginn und Fortsetzung eines Gewerbes als solchem nur durch die Gewerbeordnung selbst oder anderes Bundesrecht, jedoch nicht durch Landesrecht eingeschränkt werden können. Das angef. Urteil beruht auf Vorschriften des allgemeinen und besonderen Ordnungsrechts des Landes Nordrhein-Westfalen. Hiernach dürfen gewisse Immissionen von niemandem — weder von Gewerbetreibenden noch von anderen Personen — herbeigeführt werden; die Ordnungsbehörden sind berechtigt, zur Abwehr von Gefahren für die Gesundheit, erheblichen Belästigungen und Nachteilen gegen jeden Störer einzuschreiten. Durch diese Rechtsvorschriften wird lediglich die Art und Weise der Gewerbeausübung eingeschränkt. Einer landesrechtlichen Regelung der Ausübung des Gewerbes steht nach allgemeiner Auffassung § 1 GewO nicht entgegen (BVerfGE 9, 213 [219 f.] [ = DVB1. 1960, 217]; 28, 364 [373] [ = DVB1. 1971, 313]; Landmann/Rohmer/Eyermann/ Fröhler, GewO, 12. Aufl., § 1 RdNr. 5; Fuhr, GewO, § 1 Erl. 13a). Der Gesetzgeber wollte durch' die Fassung des § 1 GewO, wie sich aus den Motiven zur Gewerbeordnung ergibt (LandmannlRohmer/EyermannlFröhler, aaO § 1 RdNr. 1),
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von vornherein dem Mißverständnis vorbeugen, „als ob ein Gewerbebetrieb, nachdem sein Beginn für zulässig erkannt ist, nun von denjenigen örtlichen und allgemeinen Beschränkungen der Ausübung befreit sein solle, welche sich als Folge der Handhabung der allgemeinen bau-, feuer-, Straßen- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften darstellen, die für alle gelten, sie mögen Gewerbe betreiben oder nicht". Mit § 1 GewO nicht vereinbar wäre allerdings eine landesrechtliche Vorschrift, die nur ihrem Wortlaut nach die Art und Weise der Gewerbeausübung regelt, in Wirklichkeit aber einer generellen Zulassungsschranke oder Ermächtigung zur Gewerbeuntersagung gleichkommt (Landmann/Robmer/Eyermann/Fröhler, aaO § 1 RdNr. 85; Fuhr, aaO § 1 Erl. 13 g; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluß vom 16. 3 . 1 9 7 1 — 1 B v R 52, 665, 667 und 754/66). Eine Rechtsverordnung, durch die etwa die Verwendung von Sprengstoff in Steinbrüchen allgemein verboten würde, ginge über eine Regelung der Ausübung des Gewerbes hinaus; sie müßte als Zulassungsvorsdirift angesehen werden, weil ein Steinbruch in der Regel ohne Sprengarbeiten nicht betrieben werden kann. Daher dürfte auch nicht auf Grund der polizeilichen oder ordnungsrechtlichen Generalermächtigung eines Landes eine Verfügung erlassen werden, die dem Inhaber eines Steinbruchs die Verwendung von Sprengstoff in seinem Gewerbebetrieb auf Dauer untersagt. Hiermit würde nicht nur eine bestimmte Art und Weise der Gewerbeausübung, sondern in Wirklichkeit der Gewerbebetrieb als solcher untersagt werden, weil er seiner Natur nach nicht an einen anderen Ort verlegt werden kann. b) Das Berufungsgericht durfte das Ordnungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen auch dann anwenden, wenn die Maßnahme des Bekl. tatsächlich zur Folge haben sollte, daß der Kl. — wie er vorträgt — die Fischgroßhandlung nicht mehr auf dem derzeitigen Betriebsgrundstück fortführen kann. Nach den tatsächlichen Feststellungen in dem angef. Urteil ist es „denkbar, daß die Durchführung der Vorschriften des Immissionsschutzgesetzes und der Lärmbekämpfungsverordnung dazu führen kann, daß der Kl. seinen Betrieb an eine
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bauplanungsrechtlich unbedenkliche Stelle verlegen muß, wenn er weiterhin nächtliche Verladearbeiten vornehmen will". Eine Verfügung, mit der nach dem Polizei- und Ordnungsrecht eines Landes Immissionen abgewehrt werden dürfen, ist selbst dann keine — gegen Bundesrecht verstoßende — Untersagung des Gewerbebetriebs, wenn der Gewerbetreibende die Anordnung nur dadurch befolgen kann, daß er den Betrieb an der bisherigen Stelle einstellt. Dadurch allein werden die gesetzliche Verpflichtung des Gewerbetreibenden, lästige Immissionen zu unterlassen, und die Ermächtigung der zuständigen Behörde, gegen den Störer einzuschreiten, nicht berührt; seine Befugnis zur Ausübung des Gewerbes als solche bleibt bestehen. Anders als bei den oben erwähnten Beispielen, in denen durch Rechtsvorschriften oder Einzelanordnungen eine bestimmte Art und Weise der Ausübung des Gewerbes verboten wird, ohne die ein Gewerbe dieser Art schlechterdings nicht ausgeübt werden kann, läßt sich eine Fischgroßhandlung im Einklang mit dem geltenden Immissionssdiutzrecht betreiben. Die Ausübung des Gewerbes ist wegen der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft nur nicht an jeder beliebigen, sondern an den hierfür geeigneten Stellen zulässig. Es stand schon immer außer Frage, daß die Einteilung des Gemeindegebietes in Baugebiete mit verschiedener Nutzung sowie Bauvorschriften, die in bestimmten Gebieten kein Gewerbe oder nur Gewerbebetriebe bestimmter Art zulassen, gewerberechtlich bedenkenfrei sind. Das Preußische OVG vertrat daher bei Anlagen, die keiner besonderen gewerberechtlichen Genehmigung bedürfen, in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Anwendung einer polizeilichen Vorschrift sei auch dann rechtmäßig, wenn die Auflage praktisch bewirke, daß die weitere Ausübung des Gewerbebetriebs unmöglich werde. Denn niemand dürfe das Gewerbe so betreiben, daß daraus Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen (Urteile vom 3.12.1888 [Pr. VB1. Bd. 10, 285], vom 16.4.1891 [Pr. VB1. Bd. 12, 415], vom 12.11. 1891 [OVG Bd. 23, 254 ff., 263, 266], vom 2.7.1906 [GewAnh. Bd. 6, 195 /197/], vom 15. 10.1925 [GewArch. Bd. 23, 321 /325/] und vom 22. 2.1934 [Pr.OVG Bd. 92, 99 /160 f . / ] ;
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ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 2. 4.1930, JW 1931, 1748 = GewArch. Bd. 29, 22). Diese Rechtsmeinung wird audi heute allgemein vertreten (BVerwG, Urteile vom 14.1.1965 — BVerwG I C 26.62 — [DVBl. 1965, 768 = GewArch. 1966, 22] und vom 25. 5. 1965 — BVerwG I C 85.63 — [GewArch. 1966, 46 = DVBl. 1965, 766 = JZ 1965, 640]; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. [1953] Bd. I S. 696; Drews-Wacke, Allgemeines Polizeiredit, 7. Aufl. [1961] S. 148 f.; Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in Besonderes Verwaltungsredit [Hrsg. von Münch] 2. Aufl. [1970] S. 235 ff. [280]; Fuhr, aaO § 1 Erl. 13;
Eyermann/Fröhler,
LandmannjRohmer/
aaO § 18 RdNr. 25 und § 143 RdNr. 6).
4. Das angef. Urteil verletzt auch nicht § 51 GewO. Der Kl. meint, die an ihn gerichtete Lärmschutzmaßnahme hätte nicht von einer Sonderordnungsbehörde auf Grund landesrechtlidien Ordnungsrechts, sondern allein von der örtlich zuständigen höheren Verwaltungsbehörde gemäß § 51 Abs. 1 GewO erlassen werden dürfen. Dieser Ansidit kann nicht gefolgt werden. a) Gemäß § 51 Abs. 1 GewO kann wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl die fernere Benutzung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit untersagt, doch muß dem Besitzer alsdann für den erweislichen Sdiaden Ersatz geleistet werden. Die Parteien sind verschiedener Meinung darüber, ob diese Vorschrift nur für Anlagen gilt, die nach §§ 16 ff. GewO genehmigt wurden, oder auch — wie der Kl. in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung annimmt — für Anlagen, die ohne besondere gewerberechtliche Genehmigung errichtet werden durften. Welche Auslegung des Gesetzes den Vorzug verdient, kann in diesem Rechtsstreit unentschieden bleiben, weil die Revision auch dann erfolglos bleiben müßte, wenn der Rechtsauffassung des Kl. gefolgt würde. Zu seinen Gunsten kann ferner angenommen werden, daß der Hof, auf dem der Betriebslärm eingeschränkt werden muß, eine Anlage ist, die für den Gewerbebetrieb wertlos wird, wenn die festgesetzten Lautstärken eingehalten werden müssen, und der Kl.
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deswegen das Gewerbe auf einem anderen Grundstück fortsetzen müßte. Die Vorschrift des § 51 GewO wurde im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb nicht verletzt, weil eine Ordnungsverfügung, mit der die Ausübung des Gewerbes in dem oben dargelegten zulässigen weiten Umfang eingeschränkt wird, die Benutzung einer Anlage nicht im Sinne dieser Bestimmung untersagt. Dieser engbegrenzte sachlidie Geltungsbereich des § 51 GewO ist eine Folge der grundlegenden Regelung des § 1 GewO, die gesetzlichen Einschränkungen der Berufsausübung nicht im Wege steht. Der Gesetzgeber ging, wie sich aus den Motiven zur Gewerbeordnung ersehen läßt, bei der Schaffung des § 51 von der Vorstellung aus, daß ein Gewerbetreibender die allgemeinen polizeilichen Vorschriften beachten müsse. Wenn eine bestimmte Art und Weise der Gewerbeausübung verboten ist und/oder durch die zuständige Polizei- oder Ordnungsbehörde untersagt werden kann, steht somit § 51 GewO einem Einschreiten dieser Behörde nicht entgegen. Eine Maßnahme der Polizei- oder Ordnungsbehörde gegen einen Gewerbetreibenden ist, wie oben ausgeführt wurde, mit § 1 GewO in der Regel selbst dann vereinbar, wenn sie praktisch bewirkt, daß das Gewerbe nicht mehr an der bisherigen Stelle ausgeübt werden kann. Auch in einem solchen Falle muß daher die Polizei- oder Ordnungsverfügung nicht unbedingt als eine Untersagung im Sinne des § 51 GewO angesehen werden, deren Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde vorbehalten ist, oder als eine Entziehung der Berechtigung zum Gewerbebetrieb, die nach § 143 Abs. 1 GewO rechtswidrig wäre. Die Ermächtigung des § 51 GewO an die höheren Verwaltungsbehörden, unter gewissen Voraussetzungen die Benutzung einer Anlage zu untersagen, berührt demnach nicht die Befugnis anderer Behörden, die Ausübung des Gewerbes auf Grund von polizeilichen und ordnungsrechtlichen Vorschriften der Länder einzuschränken. Die Bedeutung des § 51 GewO liegt vielmehr darin, daß er der Verwaltung eine Eingriffsmöglichkeit zur Verfügung stellt, die sie ohne diese Regelung nicht hätte. Es trifft daher nicht zu, wenn Vogel (JuS 1961, 91 [93 Fußnote 21]) meint, § 51 GewO gehe als eine speziälgesetzliche Ermächtigung im Sinne des § 14
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Abs. 2 des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes den Bestimmungen des allgemeinen Polizeirechts vor; eher ist das Gegenteil richtig (ebenso Schenkel, GewO, 2. Aufl. [1892] § 51 Erl. 4, der den „subsidiären Charakter der Vorschrift" hervorhebt, und Janssen in von Brauchitsch/Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder VIII/I. Halbband Absdm. II, GewO § 51 Erl. I 3 b). b) Eine Maßnahme der höheren Verwaltungsbehörde nach: § 51 GewO kommt demnach in Betracht, wenn Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl nicht auf Grund anderer Rechtsvorschriften abgewehrt werden können. Wenn etwa eine nachträgliche Auflage nach § 25 Abs. 3 GewO nicht erteilt werden darf, weil die zur Abwehr von Lärmbelästigungen notwendigen Maßnahmen für Anlagen dieser Art wirtschaftlich nicht vertretbar sind, läßt sich ein ordnungsmäßiger Zustand nur durch Anwendung des § 51 GewO herbeiführen. Diese Vorschrift vermag dadurch, daß sie eine Eingriffsermächtigung und eine dem Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG entsprechende Entschädigungsregelung enthält, in denjenigen Fällen eine „Lücke" auszufüllen, in denen ein Vorgehen gegen den Störer ausnahmsweise — etwa weil sich der Gewerbetreibende auf Grund besonderer Umstände auf den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann — als Enteignung anzusehen wäre und die aus Gründen des Gemeinwohls notwendige Anordnung unterbleiben müßte, weil das einschlägige Polizei- oder Ordnungsrecht solche atypischen Fälle nicht geregelt hat. Aus diesem Grunde hat der erkennende Senat in dem Beschluß vom 4. 9.1967 — BVerwG I C 22.67 — (DÖV 1967, 861 = GewArch. 1967, 248) § 5 1 GewO als Ausnahme von dem Grundsatz bezeichnet, daß die Untersagungen einer nicht ordnungsgemäßen Gewerbebetätigung keinen Entschädigungsanspruch' begründet (ebenso Menger und Erichsen, VerwArch. Bd. 59 [1968], 167 [172 ff.]; Janssen, GewArch. 1968, 1 [2 links unten] ; Kreft in Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des BGH, Anm. unter Nr. 30 zu Art. 14 [Cf] GrundG). c) Der Kl. wird durch die angef. Verfügungen nicht, wie er meint, enteignet. Er übt dadurch, daß er die Nachtruhe anderer Menschen stört, das Gewerbe ordnungswidrig aus. Die Gewerbe-
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tätigkeit überschreitet insoweit die durch verfassungsmäßige Gesetze bestimmten Grenzen seines Eigentumsrechts und verletzt damit zugleich fremde Rechte. Diese Rechtsverletzung — und nur diese — soll durch die Ordnungsverfügung und den Widerspruchsbescheid verhindert werden. Durch das an ihn gerichtete Gebot des Bekl., künftige Störungen der Nachtruhe zu unterlassen, büßt er nichts ein, was ihm rechtlich zusteht. Ihm wird damit nur aufgegeben, die für alle geltenden Schranken einer sozialgerechten Nutzung des Eigentums zu beachten. Die behördliche Maßnahme steht, wie dem Urteil des Berufungsgerichts entnommen werden kann, in keinem Mißverhältnis zu dem erstrebten Erfolg. Der Kl. genießt, wie sich aus den folgenden Darlegungen ergibt, hinsichtlich der von ihm verursachten Lärmbelästigungen keinen Vertrauensschutz. Er muß daher die ihm auferlegte Einschränkung der Gewerbetätigkeit entschädigungslos hinnehmen (vgl. hierzu BVerfGE 10, 89 [114] [ = DVBl. 1959, 660]; 13, 225 [229] [== DVBl. 1962, 608]; 20, 251 [361]; 24, 367 [389] [ = DVBl. 1969, 190]; BVerwG, Urteil vom 25. 5.1965, aaO; BGHZ 45, 23 [28]; H . J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. I 7. Aufl. [1968] § 6 0 I b 2, Bd. III 2. Aufl. [1967] § 130 I a; Kreft, aaO). 5. Selbst wenn der Betrieb des Kl. sich seit seiner Errichtung nicht wesentlich geändert hätte und nur die Umgebung durch die Errichtung von Wohngebäuden verändert worden wäre, könnte sich der Kl. gegenüber der Maßnahme des Bekl. nicht mit Erfolg auf den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Der Kl. betreibt keine Anlage, für die er einer Genehmigung nach § 16 GewO bedurfte. Die Baugenehmigung, die er im Jahre 1949 zur Errichtung eines Gebäudes „für die Fischgroßhandlung" erhalten hat, erstreckte sich nach allgemeiner Auffassung allerdings auch auf die Nutzung des genehmigten Baues. Damit war dem Kl. jedoch nicht erlaubt, durch die gewerbliche Nutzung des Baugrundstücks die Nachtruhe zu stören. Die Erteilung der Baugenehmigung konnte vom Kl. auch nicht dahin mißverstanden werden, daß mit der Genehmigung von Wohnbauten auf den benachbarten Grundstücken nicht zu redinen sei. Eine solche Annahme des Kl. wäre schon deshalb
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unbegründet gewesen, weil ihm selbst der Bau einer Wohnung auf dem verhältnismäßig kleinen Grundstück erlaubt worden war. Er hätte schon aus diesem Grunde in Betracht ziehen müssen, daß in absehbarer Zeit auch die anderen Grundstücke zu Wohnzwecken bebaut werden durften, da er vernünftigerweise nicht annehmen konnte, daß anderen Grundstückseigentümern das versagt werde, was ihm gestattet wurde. Der Rechtsauffassung des Kl. steht ferner die Tatsache entgegen, daß er in einem Gebiet gebaut hat, das damals planungsrechtlich nicht in bestimmter Weise ausgewiesen war. Es war daher auch nicht für Anlagen bestimmt, deren Betrieb Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Nachbarschaft herbeiführen konnte. Abgesehen davon, daß das Gebiet früher als gemischtes Wohngebiet ausgewiesen war, war es bei Baubeginn des Kl. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lückenhaft mit Wohnhäusern bebaut. Der Kl. mußte daher schon im Jahre 1949 damit rechnen, daß die Bebauung des Geländes in der bisherigen Weise fortgesetzt werde. Er hätte daher voraussehen können, daß durch nächtliche Verkehrs- und Verladearbeiten auf seinem Grundstück zukünftige Bewohner der benachbarten Grundstücke im Schlaf gestört werden könnten und er von der zuständigen Behörde veranlaßt werde, die durch seinen Gewerbebetrieb herbeigeführten Störungen der Nachtruhe zu unterlassen. Wenn der Kl. etwa zehn Jahre lang auf keine Bewohner der Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen brauchte und während dieser Zeit die Nachtruhe nicht stören konnte, erwarb er hierdurch keinen eigentumsrechtlich geschützten Besitzstand gegenüber denjenigen, die zeitlich nach ihm bauten und Wohnungen auf den benachbarten Grundstücken bezogen. Er hatte während dieser Zeit nur den tatsächlichen Vorteil, daß er seinen Gewerbebetrieb uneingeschränkt ausüben durfte. Sobald sich die Verhältnisse in der Umgebung des Gewerbebetriebs verändert hatten, hätte er sein Verhalten den neuen Verhältnissen anpassen und Lärmbelästigungen unterlassen müssen.
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4. Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen vom 2. Juli 1971* — 5 K 1064/70 — (DELOG-Urteil)** (Auszug) 1. Die Genehmigung nach §§ 16 ff. GewO, die die Baugenehmigung mitumfaßt, kann von einem Betroffenen nicht nur aus Gründen des Immissionsschutzes, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der baurechtlichen Nachbarklage angefochten werden. 2. Die Genehmigung unterliegt auch dann der Aufhebung, wenn sie zwar keine nachbarschützenden Bauvorschriften verletzt, aber gegen sonstiges Baurecht verstößt und die durch sie zugelassene Bebauung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft (vgl. BVerwGE 32, 173). 3. Zur Bedeutung des Umweltschutzes bei der Ansiedlung eines großen Industriewerks. Am 7. 8.1970 beantragte die DELOG beim Bekl. für sich und ihre zukünftigen Rechtsnachfolger die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Floatgaserzeugungsanlage mit einer Tagesleistung von max. 600 t in Gelsenkirchen-Feldmark. Auf Grund der Bekanntmachung nadi § 17 Abs. 2 GewO erhoben die Kl. als Eigentümer von bebauten Grundstücken, Eigentumswohnungen bzw. Besitzer eines mit einem Erbbaurecht belasteten und einem Wohnhaus bebauten Grundstücks fristgemäß Einwendungen gegen die neue Anlage. Im Rahmen der weiteren Bearbeitung des Antrages äußerten sich die verschiedensten Behörden zu dem Vorhaben. Unter anderem erklärte die Stadt Gelsenkirchen unter dem 29. 9. 1970 zu dem Vorhaben ihr Einvernehmen gemäß §§ 33, 36 des Bundesbaugesetzes — BBauG — und gab die Landesbaubehörde • Abdrudt nadi Deuts dies Verwaltungsblatt 1971, S. 832. ** nicht reditskräftig.
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Ruhr unter dem 16. 1 0 . 1 9 7 0 ihre Zustimmung gemäß §§ 33, 36 BBauG. Planungsrechtlich war das für die Anlage vorgesehene Gelände in dem Gebietsentwicklungsplan für das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk als Wohnsiedlungbereidi und in dem Leitplan der Stadt Gelsenkirdien vom 1 8 . 2 . 1 9 5 2 (Flächennutzungsplan) als Grünfläche und Dauerkleingartengebiet dargestellt. Nachdem der Gebietsentwicklungsplan und der Flächennutzungsplan geändert waren, beschloß die Stadt, das Gelände als Industriegebiet festzusetzen. Daraufhin erteilte der Beschlußausschuß der Beigel. gemäß § 1 6 GewO i. V. m. § 1 Nr. 51 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und § 33 BBauG die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Floatgaserzeugungsanlage mit einer Tagesleistung von max. 600 t. Mit dieser Genehmigung waren 41 Auflagen und 17 Hinweise verbunden. Hiergegen richtete sich die Klage, die zum Erfolg führte. Aus den Gründen: Die Klagen sind zulässig und begründet. Der Beschluß des Bekl. vom 3 0 . 1 0 . 1 9 7 0 , mit dem der Beigel. die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Floatgaserzeugungsanlage in Gelsenkirchen-Feldmark erteilt worden ist, ist wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Bundesbaugesetzes — BBauG — über die Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 ff. BBauG) rechtswidrig und verletzt die Kl. in ihren Rechten. Die von den. Kl. erhobenen Anfechtungsklagen sind zulässig. Die Kl. sind insbesondere klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung — VwGO — ; denn sie machen geltend, durch den Beschluß des Bekl. in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach dem substantierten Vorbringen der Kl. erscheint es vor allem möglich, daß eine nachteilige Beeinträchtigung der eigenen rechtlich geschützten Interessensphäre der Kl. durch den angef. Verwaltungsakt vorliegt (vgl. zu diesem Erfordernis Schunck-De Clerck, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., § 42 Anm. 2 e m. w. N.). Zusammengefaßt tragen die Kl. nämlich vor, daß sich die Genehmigung des Vorhabens der Beigel. für sie nachteilig aus-
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wirke, weil sie als Eigentümer benachbarter Grundstücke (Eigentumswohnungen) und Besitzer eines mit einem Erbbaurecht belasteten und mit einem Haus bebauten benachbarten Grundstücks durch die von der Anlage ausgehenden Emissionen beeinträchtigt würden und ihr Eigentum dadurch, daß in der Nachbarschaft ein Industriebetrieb errichtet werde, in seinem Wert gemindert werde; sie meinen, daß der Bekl. aus diesem Grunde die Genehmigung nidit habe erteilen dürfen. In einer den Erfordernissen des § 42 Abs. 2 V w G O genügenden Weise machen sie damit geltend, durch die gewerberechtliche Seite des angef. Beschlusses in ihrem reditlich anerkannten Interesse an einem Schutz vor nachteiligen Auswirkungen der genehmigungsbedürftigen Anlage (Immissionsschutz) (vgl. hierzu BVerwG, DVB1. 1968, 35 ff.) und durch die baurechtliche Seite des angef. Beschlusses in ihrem durch Art. 14 des Grundgesetzes — GG — geschützten Eigentumsrecht, in das eingegriffen ist, wenn eine rechtswidrige Baugenehmigung bzw. ihre Ausnutzung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft (vgl. BVerwG, DVB1. 1970, 57 ff., Kübler-Speidel, Handbuch des Baunachbarrechts, I Rn. 56 ff.), verletzt zu sein. Die Klagen sind auch begründet. Der angef. Beschluß ist den Kl. gegenüber schon deshalb rechtswidrig, weil die in ihm mitenthaltene Baugenehmigung (vgl. § 18 Satz 2 GewO sowie Landmann-Rohmer-EyertnannFröhler, aaO, § 18 Rn. 12—17) in den Vorschriften des Bundesbaugesetzes über die Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 ff. BBauG) keine Stütze findet und die Genehmigung aus baurechtlicher Sicht für die Kl. enteignende Wirkung hat. Da die gewerbereditliche Genehmigung nach den §§ 16 ff. GewO die Baugenehmigung mitumfaßt, haben die Nachbarn nicht nur die Möglichkeit, die Genehmigung unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes anzufechten, vielmehr können sie sich gegen die Genehmigung auch unter dem Gesichtspunkt der öffentlich-rechtlichen Nachbarklage auf dem Gebiet des Baurechts wenden. (Vgl. Fuhr, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 18 Anm. 4).
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Dies bedeutet einmal, daß die Genehmigung auf die Klage des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks oder des Inhabers eines eigentumsähnlichen dinglichen Rechtes an einem benachbarten Grundstück aufzuheben ist, wenn dem Bauvorhaben — so wie es genehmigt worden ist — zwingendes, dem Nachbarschutz dienendes Baurecht entgegensteht, ein notwendiger Dispens von diesem zwingenden nachbarsdiützenden Baurecht nicht erteilt worden ist oder nicht ohne Rechtsverletzung erteilt werden konnte und das Vorhaben der Nachbarn tatsächlich beeinträchtigt (Vgl. hierzu Geizer, Die Nachbarklage, BBauBl. 1966, 254 ff.). Weiterhin ergibt sidi daraus, daß die Genehmigung auch dann keinen Bestand haben kann, wenn die in ihr mitenthaltene Baugenehmigung zwar keine nachbarschützenden Vorschriften des Baurechts verletzt, jedodi gegen andere materiellrechtliche Vorschriften des Baurechts verstößt, diese unter Verletzung des Baurechts erteilte Genehmigung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft. Auf dem Gebiete der öffentlichrechtlichen Nadibarklage ist nämlich inzwischen anerkannt, daß eine rechtswidrige Baugenehmigung den Nachbarn in seinem auf Art. 14 Abs. 1 GG beruhenden und durch diese Vorschrift geschützten Eigentumsrecht verletzen kann und der Nachbar grobe Mißgriffe der Genehmigungsbehörden, durch die er schwer und unerträglich getroffen wird, nicht hinzunehmen braucht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. 6.1969, a a O ; Kübler-Speidel, aaO, I Rn. 56 ff.). Von dieser zuletzt genannten Grundlage ausgehend ist aber zunächst festzustellen, daß der angef. Beschluß in baurechtlicher Hinsicht weder mit § 33 (§30) noch mit den §§ 34 oder 35 BBauG vereinbar und damit rechtswidrig ist. Nach1 der in dem Beschluß in Bezug genommenen Vorschrift des § 33 BBauG ist in Gebieten, f ü r die die Gemeinde beschlossen hat, einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 BBauG aufzustellen, ein Vorhaben zulässig, wenn — von den übrigen Voraussetzungen einmal abgesehen — nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht entgegenstehen wird.
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Da dies nicht der Fall ist, wenn an dem Zustandekommen der Planung Zweifel bestehen, ist im Rahmen des § 33 BBauG u. a. inzidenter zu prüfen, ob das werdende Ortsrecht an formellen oder materiellen Mängeln leidet (vgl. Schrödter, Bundesbaugesetz, 2. Aufl., § 33 Rn. 2, § 10 Rn. 11). Dementsprechend können und müssen auch hier die im Hinblick auf den Bebauungsplan Nr. 148 ergangenen Planungsentscheidungen und ihre Vereinbarkeit mit dem formellen und materiellen Baulei tplanungsrecht überprüft werden; denn nur so läßt sich feststellen, ob der angef. Beschluß, soweit er die baurechtliche Seite betrifft, in § 33 BBauG bzw., nachdem der Bebauungsplan Nr. 148 sämtliche Verfahrensstufen, einschließlich der des § 12 BBauG durchlaufen hat, in § 30 BBauG eine hinreichende Stütze findet. Dabei ergibt sich aber, daß das Bauleitplanverfahren bezüglich des Bebauungsplans Nr. 148 — und entsprechend hinsichtlich der Änderung Nr. 86 des Flächennutzungsplanes — schon in formeller Hinsicht nicht bedenkenfrei ist. (Wird ausgeführt.) Wenn vorstehend die formellen Bedenken zum überwiegenden Teil offengelassen worden sind, so deshalb, weil der Bebauungsplan Nr. 148 — was schwerwiegender ist — auch mit den materiellrechtlichen Vorschriften des Bauleitplanungsrechts nicht in Einklang zu bringen ist und schon aus diesem Grunde nie Wirksamkeit erlangen konnte. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Bebauungsplan Nr. 148 — und bei der Änderung Nr. 86 des Flächennutzungsplans — um eine den Geboten des § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BBauG nicht gerecht werdende Einzelfallgesetzgebung handelt. (Vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 6.11.1968 — IV B 47.68, DVB1. 1969, 276; VGH Bad.Württ., Beschluß vom 29. 10. 1969 — II 313/68, BRS 22 Nr. 2; OVG Saarland, Urteil vom 17.10. 1969 — H R 46/69, BRS 22 Nr. 50.) Der Bebauungsplan Nr. 148 verstößt nämlich zumindest gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG; er kann, da die Änderung Nr. 86 des Flächennutzungsplanes wegen Verletzung des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG unwirksam ist, nidit als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt angesehen werden. Außerdem ist er
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auch selbst nicht mit den Planungsgrundsätzen des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG zu vereinbaren. § 1 Abs. 4 Satz 1 BBauG bestimmt, daß sich die Bauleitpläne nach den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung, ihrer Sicherheit und Gesundheit zu richten haben. Dabei sind nach § 1 Abs. 4 Satz 2 die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Bauleitpläne sollen den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung dienen und die Eigentumsbildung im Wohnungswesen fördern (§ 1 Abs. 4 Satz 3). Sie haben die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zu berücksichtigen, die Bedürfnisse der Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Jugendförderung, des Verkehrs und der Verteidigung zu beachten sowie den g e langen des Natur- und Landschaftsschutzes und der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes zu dienen (§ 1 Abs. 5 Satz 1). Landwirtschaftlich genutzte Flächen sollen nur in dem notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen und in Anspruch genommen werden (§ 1 Abs. 5 Satz 2). Durch diese Grundregeln der Bauleitplanung wird eine Bindung des Planungsermessens, das das Gesetz den Gemeinden in § 2 Abs. 1 B B a u G einräumt, begründet, wobei hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle folgendes gilt: Bei den in § 1 Abs. 4 Satz 1 und 3 und in Abs. 5 BBauG verwendeten Begriffen handelt es sich um sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe, die sowohl in ihrer Auslegung als auch in ihrer Anwendung einer uneingeschränkten Überprüfung durch die V G unterliegen. Nicht uneingeschränkt nachprüfbar ist hingegen, ob der jeweiligen Planung auch eine gerechte Interessenabwägung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG zugrunde liegt. Insoweit kann vielmehr nur nachgeprüft werden, ob eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mußte, ob die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder ob der Ausgleich' zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. (BVerwG, Urteil vom 1 2 . 1 2 . 1969 X I V C 105.66,
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BBauBl. 1971, 178 ff.; vgl. auch Schröder, aaO, § 10 Rn. 12 ff., Schütz-Frohberg, Kommentar zum Bundesbaugesetz, 3. Aufl., S. 28 ff., Zinkahn-Bielenberg, aaO, § 1 Rn. 59 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen.) Von dieser Grundlage ausgehend ist zunächst festzustellen, daß bei der Änderung Nr. 86 des Flächennutzungsplanes und gleichermaßen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes N r . 148 der in § 1 Abs. 4 Satz 1 BBauG verwandte Begriff „soziale Bedürfnisse der Bevölkerung" zum Teil verkannt und damit nicht zutreffend in die Abwägung eingestellt worden ist, nämlich insoweit, als mit diesem Begriff die in § 1 Abs. 4 Satz 3 BBauG noch ausdrücklich erwähnten Wohnbedürfnisse angesprochen werden. Es gehört, wie das OVG Lüneburg in einem Beschluß vom 22. 5.1969 (VI B 29/69, BRS 22 Nr. 9) ausgeführt hat, zu den erklärten Zielen des Bundesbaugesetzes, die Fehler vergangener Zeiten im Bauwesen, insbesondere im Wohnungsbau für breite Bevölkerungsschiditen, nicht zu wiederholen, sondern nach Möglichkeit gesunde, ruhige Wohnverhältnisse zu sdiaffen; denn die Wohnung ist für den Menschen mehr als eine Stätte, in der man schläft und ißt. Wohngebiete sollten daher, wenn irgend möglich, nidit mit Gewerbegebieten und insbesondere nicht mit Industriegebieten zusammengelegt, miteinander verzahnt werden (vgl. die vorstehend zitierte Entscheidung des OVG Lüneburg; V G H Bad.-Württ., Besdiluß vom 11.10.1965 — V 450/ 65, BRS 16 Nr. 89, Zinkahn-Bielenberg, aaO, § 1 Rn. 30, 32). Dieser Gesichtspunkt ist hier aber — wie die Erläuterungsberichte zu der Änderung N r . 86 des Flächennutzungsplanes, die Begründungen zu dem Bebauungsplan Nr. 148, die Vorlagen der Verwaltung für die Sitzungen des Rates und die Niederschriften über die fraglichen Ratssitzungen zeigen — keinesfalls zutreffend erkannt, geschweige denn ausreichend gewürdigt worden. Soweit wiederholt davon die Rede gewesen ist, daß die angrenzende Wohnbebauung durch die Emissionen, die von dem in dem neuen Industriegebiet anzusiedelnden Betrieb ausgingen, nicht beeinträchtigt werde, ist darauf hinzuweisen, daß damit nur ein Teilaspekt des Problems erfaßt worden ist. Die oben angesprochenen Bedürfnisse erschöpfen sich nämlich nicht
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im Schutz vor unzulässigen Immissionen; wäre dies der Fall, so könnten Industriegebiete an jeder beliebigen Stelle ausgewiesen werden, sofern nur die möglichen Emissionen beherrschbar erscheinen. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die sonstigen Beeinträchtigungen eines Wohngebietes durdi ein angrenzendes Industriegebiet, insbesondere die Verschlechterung des Wohnklimas — ein Gesichtspunkt, der gerade hier besonders bedeutsam ist, denn im vorliegenden Falle wird das vorgesehene Industriegebiet — wie man aus den vorgelegten Plänen ersehen kann und die Ortsbesichtigung ergeben hat — an mehreren Seiten von einer ausgedehnten und durchaus ansprechenden Wohnbebauung umgeben. Wenn im Rahmen der hier umstrittenen Bauleitplanverfahren noch vorgetragen worden ist, f ü r die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und zur Förderung der Eigentumsbildung im Wohnungswesen sei eine Reihe neuer Bebauungspläne aufgestellt worden, so liegt dies neben der Sache; denn es geht nicht darum, ob irgendwo den fraglichen Bedürfnissen Rechnung getragen worden ist, sondern ob dies hier in dieser konkreten Situation geschehen ist. Bei der Änderung N r . 86 des Flächennutzungsplanes und bei der Aufstellung des Bebauungsplanes N r . 148 ist weiterhin die Bedeutung der privaten Belange verkannt worden. Die privaten Belange des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG umfassen alle Interessen, die sich aus dem Eigentum, insbesondere seiner Nutzung, herleiten lassen. Sie können vornehmlich durch die Art und das Maß der im Plan vorgesehenen baulichen Nutzung berührt werden, wobei nicht nur die entsprechenden Festsetzungen f ü r das eigene Grundstück, sondern auch die f ü r die Nachbargrundstücke ¡bedeutsam sein können. Die privaten Belange umfassen ferner auch das Interesse, daß bestehende, den N u t zungswert bestimmende Vorteile nicht geschmälert werden, Vorteile, wie sie sich etwa aus der bisherigen Verkehrs- oder Wohnlage oder dem bisherigen Baugebietscharakter ergeben können. O b das von Einwirkungen auf den Nutzungswert betroffene Grundstück innerhalb oder außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplanes liegt, spielt in diesem Zusammenhang übrigens keine entscheidende Rolle; denn der Bebauungsplan kann durch seine Festsetzungen auch auf die 14
Akt. D o k . , Umweltschutz
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Nutzung der außerhalb seiner Grenzen gelegenen Grundstücke einwirken. (VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 2 2 . 7 . 1 9 6 6 — I 131/65, BRS 17 Nr. 6; vgl. auch Schütz-Frohberg, aaO, S. 28; Zinkahn-Bielenberg, aaO, § 1 Rn. 49.) Daß bei den fraglichen Planungsentscheidungen die privaten Belange in dieser Tragweite erkannt und gewürdigt worden sind, läßt sich aus den bereits oben erwähnten Erläuterungsberichten, Begründungen, Vorlagen der Verwaltung und Niederschriften nidit entnehmen. Es ist zwar wiederholt von den Siedlern an der W.-Straße und den Kleingartenbesitzern die Rede gewesen und gesagt worden, daß für diese Personen, die nach den Planungen weichen müßten, Ersatz geschaffen werde. Auch von der angrenzenden Wohnbebauung, insbesondere von der am G.-Kamp, ist gesprochen worden. Jedoch sind gerade hier die entscheidenden Gesichtspunkte verkannt worden. Es ist nicht berücksichtigt worden, daß der Nutzungswert der angrenzenden Wohngrundstücke schon allein durch die Tatsache beeinträchtigt wird, daß sich in unmittelbarer Nachbarschaft ein Industriegebiet befindet; ob die angrenzende Wahnbebauung — wie immer wieder erklärt worden ist — durch die Emissionen der in dem neuen Industriegebiet zu errichtenden Anlagen nicht beeinträchtigt wird, ist nur ein Teilaspekt der privaten Belange. Es ist weiterhin auch nicht hinreichend beachtet worden, daß nach' den bisherigen Planungen, insbesondere nach den Darstellungen im Flächennutzungsplan sowie den Festsetzungen der für die Feldmark geltenden Durchführungs- und Bebauungspläne, und nach der vorhandenen Bebauung die Feldmark als ausgesprochenes Wohngebiet gelten konnte und daß sich daraus für die Grundstüdeseigentümer in diesem Gebiet Vorteile ergeben haben, die einen in diesem Zusammenhang besonders bedeutsamen privaten Belang darstellen. Schon wegen dieser beiden Verstöße gegen § 1 Abs. 4 BBauG kann der Änderung Nr. 86 des Flächennutzungsplanes keine Wirksamkeit zukommen — und damit ebensowenig dem Bebauungsplan Nr. 148. Ob diese Planungen Bestand haben könnten, wenn in die Abwägung alle wesentlichen Belange zutreffend eingestellt worden wären, ist eine weitere Frage. Sie ist zu verneinen; denn die Belange, die gegen diese Planungen
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sprechen, haben ein solches Gewicht, daß eine Bevorzugung der Belange, die für diese Planungen ins Feld geführt werden können, offensichtlich fehlerhaft wäre und nicht mehr als vom gemeindlichen Plarrungsermessen gedeckt angesehen werden könnte. Neben den privaten Belangen, insbesondere den Belangen der Eigentümer der unmittelbar an das Industriegebiet angrenzenden Grundstücke, spricht eine Vielzahl öffentlicher Belange gegen die umstrittenen Planungen, was vor allem aus der zutreffenden Stellungnahme der Landesbaubehörde Ruhr vom 3 . 4 . 1 9 7 0 ersichtlich ist. Eine herausragende Stellung nimmt dabei die Tatsache ein, daß bei Verwirklichung des Vorhabens die Wohnbebauung in den Ortsteilen F. und H . noch auf einer weiteren Seite an ein Industriegebiet grenzen und den Auswirkungen eines solchen Gebietes ausgesetzt sein würde; das bisher noch verhältnismäßig gute Wohnklima dieses Gebietes wäre mehr als nur in Frage gestellt. Daneben treten als weitere gewichtige Nachteile die Notwendigkeit, einen ganzen Straßenzug mit 27 Einfamilienhäusern und eine ausgedehnte, gepflegte Kleingartenanlage beseitigen zu müssen, und der endgültige Verzicht auf ein Gelände, das wegen seiner Nachbarschaft zum regionalen Grünzug, insbesondere zum N.-Park, und zum Stadtkern für eine Wohnbebauung hervorragend geeignet ist. D a ß demgegenüber auch: erhebliche Belange für die Planung sprechen und daß dabei die Überlegung, mit H i l f e dieser Planung Arbeitsplätze erhalten und die Wirtschaftsstruktur der Stadt verbessern zu können, eine besondere Rolle spielt, liegt auf der H a n d . Dementsprechend ist bei den hier umstrittenen Planungsentscheidungen auch immer wieder hervorgehoben worden, daß die Stadt G . mit Rücksicht auf die durch die Krisen im Montanbereich ausgelösten Verluste und wegen der immer noch montanbestimmten Wirtschaftsstruktur gezwungen sei, verstärkte Anstrengungen im Hinblick auf die Ansiedlung neuer und die Entwicklung vorhandener Unternehmen zu ergreifen, und daß sie insbesondere auf die Beibehaltung und Entwicklung der Flachglasindustrie angewiesen sei. Gleichwohl können es diese Belange nicht rechtfertigen, das fragliche Gelände in der Feldmark unter Hintansetzung der gewichtigeren entgegenstehenden
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Belange als Industriegebiet auszuweisen. Dabei kann dahinstehen, ob dieses Gelände in der Stadt G. tatsächlich das einzig geeignete Gelände für eine Floatglaserzeugungsanlage ist oder ob es nicht möglich ist, eine solche Anlage — u. U. unter Beachtung besonderer Sicherungsmaßnahmen — auch an anderer Stelle unterzubringen; denn selbst wenn nur das Feldmark-Gelände in Frage kommen sollte, stünde eine Entscheidung zugunsten dieser Industrieansiedlung immer noch außer Verhältnis zu der objektiven Gewichtigkeit der entgegenstehenden Belange. Gesunde Lebensverhältnisse zu schaffen, ist nadi den in der Vergangenheit begangenen Fehlern in der heutigen Zeit ein überragendes Anliegen, und es gilt dementsprechend in besonderem Maße, darauf zu achten, daß Wohngebiete und Industriegebiete voneinander getrennt gehalten werden. Ein Vorhaben, das die unerwünschte Gemengelage von Industrie und Wohnbebauung, wie man sie auf Grund der Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten besonders im Ruhrgebiet und nicht zuletzt in der Stadt G. antrifft, noch verstärkt, muß deshalb als ausgesprochen fehlerhaft angesehen werden. Hier würde aber ein Industriegebiet geradezu in ein gutes Wohngebiet und eine zumindest zum Teil ansprechende Grünzone eingebettet und in erheblichem Umfang negative Auswirkungen f ü r die Umgebung haben. Die notwendige Beachtung dieser überragenden Belange mag im übrigen dazu führen, daß eine Gemeinde in bestimmten Fällen wegen Fehlens wirklich geeigneten Geländes darauf verzichten muß, d a ß sich gewisse Industrien in ihren Grenzen ansiedeln oder erweitern. Jedoch muß dies — und das gilt besonders für den vorliegenden Fall — mit Rücksicht auf die überragende Bedeutung der entgegenstehenden Belange in Kauf genommen werden. Die Unmöglichkeit, wirklich geeignetes Gelände f ü r eine Industrieansiedlung anbieten zu können, kann es keinesfalls rechtfertigen, auf ein Gelände zurückzugreifen, in dem sidi eine Industrieansiedlung grundsätzlich verbietet, anderenfalls könne mit dem Hinweis, es gelte die Wirtschaftsstruktur zu verbessern sowie Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen, praktisch jedes Gelände f ü r eine Industrieansiedlung in Anspruch genommen werden.
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Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, daß es hier ohne Belang ist, daß die umstrittenen Bauleitpläne den in dem Gebietsentwicklungsplan 1966 niedergelegten Zielen der Landesplanung entsprechen und als diesen Zielen angepaßt angesehen worden sind; denn eine Bauleitplanung, die sich in der konkreten Situation als mit den Geboten des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG unvereinbar erweist, wird nidit dadurch gerechtfertigt, daß sie den Zielen der Landesplanung entspridit. Im übrigen ist es auch durchaus zweifelhaft, ob die im Hinblick auf die in Rede stehenden Bauleitpläne betriebene Änderung des Gebietsentwicklungsplanes wirksam ist. Diese Bedenken ergeben sich zwar nicht daraus, daß die in § 3 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Landesplanungsgesetz vorgeschriebene Erörterung hier vor Ablauf der in § 2 Abs. 3 der Durchführungsverordnung genannten Dreimonatsfrist stattgefunden hat; da der Kreis der Beteiligten feststeht, erscheint es unbedenklich, daß die Frist mit Einverständnis der Beteiligten unterschritten wird. Sie folgen auch nicht daraus, daß der Ministerpräsident die nach § 16 Abs. 5 und 3 des Landesplanungsgesetzes erforderliche Genehmigung erteilt hat; der Ministerpräsident war hierfür nach § 16 Abs. 3, 2 des Landesplanungsgesetzes, § 4 des Landesorganisationsgesetzes und der Bekanntmachung vom 2 0 . 1 . 1 9 6 7 — GV N W 67, 22 — zuständig. Die Zweifel ergeben sich vielmehr aus der Frage, ob bei dieser nur wegen der Ansiedlung eines einzelnen Industriebetriebes durchgeführten Änderung des Gebietsentwicklungsplanes noch von einer landesplanerischen Entscheidung im Sinne der §§ 1, 8 und 15 des Landesplanungsgesetzes gesprochen werden kann, und insbesondere aus der weiteren Frage, ob bei dieser Änderung das sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung ergebende und allgemein geltende Abwägungsgebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. 4.1969 — IV C 6.68, BRS 22 N r . 3) beachtet worden ist; denn es ist immerhin zweifelhaft, ob von einer gerechten Abwägung noch die Rede sein kann, wenn — wie aus dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Schreiben des Verbandsdirektors des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk vom 1 1 . 6 . 1 9 7 0 ersichtlich ist — bedeutsame Angaben ungeprüft hingenommen werden. D a nach
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alledem die Änderung N r . 86 des Flächennutzungsplanes und insbesondere der Bebauungsplan N r . 148 zu keiner Zeit wirksam werden konnten, findet der angef. -Beschluß, soweit er die baurechtlichen Fragen behandelt, in § 33 (30) BBauG keine Stütze. D a er sich insoweit audi ersichtlich nicht über § 34 oder § 3 5 BBauG rechtfertigen läßt, ist er rechtswidrig. Diesen aus bauplanungsrechtlicher Sicht rechtswidrigen Verwaltungsakt braudien die Kl. aber nicht hinzunehmen; denn die durch die Genehmigung zugelassene Bebauung würde die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändern und dadurch die Kl. als Nachbarn schwer und unerträglich treffen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. 6.1969 — I V C 234.65, a a O ; Urteil vom 19. 9 . 1 9 6 9 — I V C 18.67, DVBl. 1970, 62). Die Grundstückssituation, in die Grundstücke und Eigentumswohnungen der Kl. hineingestellt sind, ist hier gekennzeichnet durch eine ausgedehnte, ansprechende Wohnbebauung am Rande einer größeren Freifläche, die in dem Flächennutzungsplan als Grünfläche, Dauerkleingarten- und Kleinsiedlungsgebiet dargestellt ist. Würde auf dieser Fläche ein umfangreicher Industriekomplex wie die vorgesehene Floatglaserzeugungsanlage mit einem 150 m hohen Schornstein und Gebäuden, die sich über fast 700 m erstrecken und zum Teil zwischen 25 und 35 m hoch sein würden, errichtet, so würde dies die gekennzeichnete Grundstückssituation eindeutig nachhaltig beeinflussen; der jetzt noch vorhandene Charakter eines Wohngebietes am Rande einer Grünzone wäre nicht mehr gegeben. Die Kl., die nach der bisherigen Entwicklung dieses Gebietes mit einem solchen Mißgriff der Behörden nicht im entferntesten zu rechnen brauchten, würde durch diese nachhaltige Veränderung der Grundstücks Situation auch1 schwer und unerträglich getroffen; denn der Wohn- und Verkehrswert ihrer Grundstücke, Eigentumswohnungen und Häuser würde durch die unmittelbare Nachbarschaft zu diesem Industriekomplex gemindert — in den Fällen M. in besonderem Maße, letztlich aber auch in den Fällen B. Zwar liegen die Grundstücke und Eigentumswohnungen der zuletzt Genannten im Schnitt fast 400 m von dem vorgesehenen Betriebsgelände entfernt; jedoch strahlt ein Vorhaben solcher Größe weithin aus.
5. Kleve wegen Rheinversdimutzung
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5. Entscheidung des Landgerichtes Kleve wegen Rheinverschmutzung vom 7. Dezember 1970* — 3 KMS 3/70 I — 48/69 — (Auszug) Der Rhein zwischen Mainz und der deutsch-niederländischen Grenze — nur Einleitungen in den Rhein, und zwar innerhalb dieses Abschnitts, bilden den Gegenstand dieses Urteils — ist ein Gewässer im Sinne des § 38 WHG. Der Begriff „Gewässer" des § 38 WHG korrespondiert mit dem des § 1 WHG, der den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts umreißt. Nach dieser letztgenannten Bestimmung bezeichnet der Gesetzgeber als oberirdisches Gewässer u. a. das ständig in Betten fließende Wasser. Es ist selbstverständlich und bedarf daher keiner Begründung, daß der hier in Rede stehende Teil des Rheinstromes diesem Gewässerbegriff unterfällt. Die Schiffsführer haben die festgestellten Mengen der von C./R. stammenden Schmutzwasserladung auch unbefugt in das Gewässer eingeleitet. Nach § 3 Abs. 1 Ziff. 4 WHG in Verbindung mit § 2 WHG hätte das Einleiten der Schmutzwasserladungen in den Rhein einer behördlichen Erlaubnis oder Bewilligung bedurft. Eine solche Erlaubnis oder Bewilligung ist weder der Firma H . L. noch den Angeklagten jemals erteilt worden. Für die Frage, ob die Einleitungsvorgänge befugt oder unbefugt waren, ist unerheblich, ob eine derartige Erlaubnis oder Genehmigung hätte erteilt werden können oder erteilt worden wäre. Dadurch, daß bei der Firma C. in R. geladene Raffinerieabwasser bzw. Teile der jeweiligen Ladung in den Rhein eingeleitet worden sind, ist eine schädliche Verunreinigung des Gewässers im Sinne des § 38 WHG bewirkt worden. Die Kammer sieht die schädliche Verunreinigung des Gewässers (Rhein) also in den von dem Raffinerieabwasser ausgehenden Langzeitwirkungen. Insoweit haben alle Sachver*
nidit rechtskräftig.
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5. Kleve wegen Rheinversdimutzung
ständigen — auch der im wesentlichen nur hierzu gehörte Sachverständige Dr. K. — übereinstimmend, eindeutig, ohne jeden Zweifel und überzeugend erklärt, daß das hier in Rede stehende Raffinerieabwasser eine schädliche Verunreinigung des Gewässers bewirkt hat und zwar insbesondere unter dem Gesichtspunkt des großen Verbrauchs von Luftsauerstoff und der dadurch bedingten Beeinträchtigung der Selbstreinigung des Rheinwassers sowie unter dem Gesichtspunkt der Verklebung der Flußsohle, die den Austausch zwischen Grundund Flußwasser stören und sogar verhindern kann und damit den natürlichen Wasserhaushalt und die Trinkwassergewinnung beeinträchtigt. Der Begriff „Gewässer" umfaßt neben der Materie des Wassers auch das Gewässerbett bis zur Uferlinie (Witzel, WHG, 5. Aufl. § 1 Anm. 1, Gieseke-Wiedemann, WHG § 1 Anm. 6). Im Rahmen dieser Feststellung ist unerheblich, in welcher Weise jeweils Raffinerieabwasser über Bord in den Rhein gepumpt worden ist. Die nach den übereinstimmenden Gutachten zur Überzeugung der Kammer schädlichen Bestandteile des Raffinerieabwassers gelangten in jedem Fall in den Rhein. Unterschiede ergeben sich aus den verschiedenen Einleitungsmethoden nur insofern, als die Schädlichkeitskonzentration im Rheinwasser unterschiedlich war. Aber auch in dem für die Angeklagten günstigsten Fall, dem Einleiten über den Kofferdamm vom schnellfahrenden Schiff, wobei stündlich nur etwa 60 t eingeleitet wurden, trat lediglich eine schnellere Vermischung der Ablauge mit dem Rheinwasser und Verwirbelung der schädlichen Komponenten des Schmutzwassers ein. Wurden so die schädlichen Stoffe auch rasch in einer großen Wassermenge verteilt, verloren sie doch nicht ihre schädliche Wirkung, sie belasteten, wie ebenfalls alle Sachverständigen überzeugend dargelegt haben, nach wie vor den Sauerstoffhaushalt des Gewässers und trugen in der geschilderten Weise zur Verklebung der Flußsohle bei. Ohne Belang für die Feststellung, daß der Rhein durch das Einleiten des Raffinerieabwassers schädlich verunreinigt worden ist, ist auch die gerichtsbekannte Tatsache, daß der Rhein in seiner hier in Rede stehenden Teilstrecke bereits erheblich
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verschmutzt war und auch ohne die hier festgestellten Einleitungen erheblich mit schädlichen Stoffen belastet wäre. Die Rheinversdimutzung hat zwar, hierauf hat vor allem der Sachverständige Dr. L. überzeugend hingewiesen, ein alarmierendes Ausmaß erreicht, doch ist sie mit Sicherheit nicht so groß, daß eine noch stärkere Verschmutzung nicht mehr möglich wäre. Die Frage, ob in einem solchen Fall die Bestimmung des § 38 W H G noch anwendbar ist, stellt sich damit nicht. Die Kammer ist sich bewußt und bei der Entscheidung davon ausgegangen, daß die von den Angeklagten in den Rhein eingeleiteten Raffinerieabwässer und die darin enthaltenen schädlichen Stoffe die ohnehin bestehende Verschmutzung des Rheins nur in sehr geringem Maße erhöht haben. Dies reicht jedoch f ü r die Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit des Handelns der Angeklagten aus. Sollte den Ausführungen von Wernicke, die Strafrechtsnormen der Bundeswassergesetzgebung, N J W 1961, 2337 ff (2339), eine gegenteilige Auffassung zugrunde liegen, könnte die Kammer dem nicht folgen. Eine solche Interpretation würde dazu führen, daß der Rhein wie wohl alle bedeutsamen deutschen Gewässer weitgehend allen Zuführungen auch schädlicher Stoffe ungeschützt preisgegeben wäre. Ziel und Zweck der Strafbestimmung des § 38 W H G ist entsprechend dem Aufgabenbereich des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts, die Erhaltung, Gestaltung und Benutzung der Gewässer zu ordnen und zu überwachen (vgl. Witzel, a.a.O. Einleitung I a.E.), das Rechtsgut Wasser gegen alle unbefugten schädlichen Einleitungen zu schützen. Daher ist auch nicht erforderlich, daß ein Gewässer in seiner Gesamtheit schädlich verunreinigt wird. Auch solche nur einen räumlich beschränkten Teil eines Gewässers und auch diesen nur vorübergehend belastenden Verunreinigungen unterfallen dem Schutz des § 38 WHG.
V. P r o g r a m m e u n d S t e l l u n g n a h m e n 1. Umweltprogramm der Bundesregierung vom 14. Oktober 1971* (Auszug) Zusammenfassende
Thesen des
Umweltprogramms
1. Umweltpolitik ist die Gesamtheit aller Maßnahmen, die notwendig sind, um dem Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und für ein menschenwürdiges Dasein braucht und um Boden, Luft und Wasser, Pflanzen- und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen menschlicher Eingriffe zu schützen und um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen. 2. Die Kosten der Umweltbelastungen hat grundsätzlich der Verursacher zu tragen (Verursacherprinzip). 3. Die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft wird bei Verwirklichung des Umweltprogramms nicht überfordert werden. Der Umweltschutz soll durch finanz- und steuerpolitische Maßnahmen sowie durch Infrastrukturmaßnahmen unterstützt werden. 4. Der Zustand der Umwelt wird entscheidend bestimmt durch die Technik. Technischer Fortschritt muß umweltschonend verwirklicht werden. „Umweltfreundliche Technik", die durch ihre Anwendung die Umwelt nur wenig oder gar nicht belastet, ist ein Ziel dieses Programms. Technischer Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum brauchen dabei nicht beeinträchtigt zu werden. 5. Umweltschutz ist Sache jeden Bürgers. Die Bundesregierung sieht in der Förderung des Umweltbewußtseins einen wesentlichen Bestandteil ihrer Umweltpolitik. *
A b d r u c k nach D e u t s c h e r B u n d e s t a g , 6. W a h l p e r i o d e , D r u c k s a c h e
VI/2710
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
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6. Die Bundesregierung wird sich für ihre Entscheidungen in Fragen des Umweltschutzes verstärkt der wissenschaftlichen Beratung bedienen. Sie wird hierfür u. a. einen Rat von Sachverständigen für die Umwelt berufen. 7. Alle Umweltbelastungen und ihre Wirkungen müssen systematisch erforscht werden. Die notwendigen Forschungsund Entwicklungskapazitäten für den Umweltschutz werden ausgebaut und die Koordinierung der Forschungsarbeit verstärkt. Ferner ist eine Erfassung aller auf die Umwelt bezogenen Daten sowie deren Zusammenfassung und Aufbereitung in einem Informationssystem erforderlich, das der öffentlichen Hand, der Wissenschaft und der Wirtschaft zur Verfügung steht. 8. Die Möglichkeiten der Ausbildung für die Spezialgebiete des Umweltschutzes sollen, unter anderem durch interdisziplinäre und praxisbezogene Aufbaustudien an Hoch- und Fachschulen vermehrt und verbessert werden. 9. Wirksamer Umweltschutz bedarf enger Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden untereinander und mit Wissenschaft und Wirtschaft. 10. Der Umweltschutz verlangt internationale Zusammenarbeit. Die Bundesregierung ist hierzu in allen Bereichen bereit und setzt sich für internationale Vereinbarungen ein.
2.
Nordrhein-Westfalen — Programm 1975* (Auszug)
8. Wasser, Abfall, Luft und Lärm Wasser in ausreichender Menge und Güte, eine unschädliche Abfallbeseitigung, saubere Luft und wenig Lärm gehören zu den natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Diese Grundlagen sind in der Industriegesellschaft stark gefährdet. Es dürfen daher keine Anstrengungen gescheut werden, um den natürlichen Lebensraum für den Menschen zu sichern. Es ist be*
Abdruck nadi N o r d r h e i n - W e s t f a l e n - P r o g r a m m , Düsseldorf 1970.
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2. Nordrhein-Westfalen-Programm
sonders dringlich, die Gewässer zu schützen, weitere Talsperren zu bauen, durch Bekämpfung von Staub und Abgasen die Luft rein zu halten und den Lärm in erträglichen Grenzen zu halten. 8.1 Wasser Die Wasserwirtschaft ist unlösbar mit den natürlichen Gegebenheiten verbunden, die Niederschlag und Abfluß bestimmen. Sie muß sich zugleich den fortschreitenden menschlichen Eingriffen in die Umwelt und den daraus entstehenden neuen Bedürfnissen und Interessen anpassen. Die Wasserwirtschaft hat die Aufgabe, zwischen Wassermangel und Wasserüberfluß auszugleichen. Die Ballung der Menschen und der Wirtschaft an Rhein und Ruhr madit dies besonders schwierig und kostspielig. Ferner ist die Abwasserbeseitigung und in einigen ländlichen Gebieten auch die Trinkwasserversorgung noch zu verbessern. Für die weitere Landesentwicklung sind die Wasserversorgung, die Abwasserklärung und der Talsperrenbau besonders bedeutsam. 8.11 Wasserversorgung In Nordrhein-Westfalen wird die Bevölkerung durch rund 1300 Unternehmen verschiedener Rechtsform mit Trinkwasser versorgt. Ihre Wasserförderung beträgt zur Zeit jährlich etwa 1,6 Mrd. m 3 . Die Industrie fördert durch Eigengewinnung ein Mehrfaches, so daß der Gesamtwasserverbrauch im Lande bei etwa 6,2 Mrd. m 3 liegt. Die Trinkwasserversorgung wird aus Quellwasser, Grundwasser, uferfiltriertem Grundwasser und Oberflächenwasser gedeckt. Vor allem an Rhein und Ruhr wird die Versorgung aus Uferfiltrat gesichert. Etwa 16 Prozent des Wasserbedarfs werden unmittelbar aus Oberflächenwasser entnommen. Für die Wasserversorgung ist die Reinhaltung der Gewässer, insbesondere im Rhein- und Ruhrgebiet, und der Schutz der Wassergewinnungsgebiete ein dringendes Gebot. Das begonnene Kartenwerk über die Schutzgebiete für die Wasserversorgung wird darum vervollständigt.
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Der Wasserbedarf wird künftig durch die Zunahme der Bevölkerung, durch Produktionssteigerungen und Neuansiedlung von Industrien und durch den ständig zunehmenden Wasserverbrauch der Haushaltungen erheblich ansteigen. Die Möglichkeiten zum Bau weiterer leistungsfähiger Trinkwassertalsperren werden immer geringer. Von den 59 Talsperren des Landes dienen 29 der Trinkwasserversorgung. Die Trinkwassertalsperren in Obernau und Wiehl sind im Bau; an Wehe, Aabach und Dhünn werden zur Zeit 3 weitere geplant. Der Wasserbedarf wird im Landesdurchschnitt um 0,5 bis 1 Prozent jährlich steigen. Unter Einschluß des Rheins werden für diese Zunahme ausreichende Möglichkeiten zur Wasserversorgung geschaffen. Die Wasserversorgung wird durch den Ausbau der Kapazität der Wasserversorgungsanlagen und durch Ausweitung der Verbundnetze weiter verbessert. Neue Wassergroßverbraucher sind an Standorten anzusiedeln, wo sie nicht mit fortdauernden Belastungen durch Wasserbeschaffung und Abwasserklärung zu rechnen haben. Zusätzliche Möglichkeiten der Wasserversorgung werden durch den Ausbau der Pumpwerkskette am Rhein-Herne-Kanal geboten. Dadurch werden zugleich günstige Standortbedingungen für die Ansiedlung und Erweiterung von Industriebetrieben geschaffen. In den letzten fünf Jahren betrug das Jahresbauvolumen für die Wasserversorgung rund 110 Mio DM. Darin sind rund 40 Mio DM Zuschüsse aus dem Landeshaushalt enthalten. Ende 1969 wurde noch an etwa 600 Maßnahmen mit einem Bauvolumen von 2000 Mio DM gearbeitet. Dieses Bauvolumen wird sich auch künftig nicht wesentlich ändern. Langfristiges Ziel Laufende Anpassung der Versorgungskapazitäten und Verbundnetze an den steigenden Bedarf; der Grad des Anschlusses an die zentrale Wasserversorgung wird erhöht. Maßnahmen bis 1975 Neben der laufenden Anpassung wird die Einrichtung zentraler Wasserversorgungsanlagen im Gebiet der Issel, der Ems und der Weser vorrangig gefördert.
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2. Nordrhein-Westfalen-Programm
Landesausgaben im Programmzeitraum 150 Mio DM. 8.12 Abwasserklärung Die Entwicklung und der Stand der Abwasserklärung in Nordrhein-Westfalen ergeben sich aus der Übersicht 53. Die Zahl der an mechanisch-biologische Kläranlagen angeschlossenen Einwohner des Landes betrug 1969 etwa 35 Prozent. Dieser Anteil soll wesentlich erhöht werden. Langfristig sind alle in Kanalisationen geleiteten Abwässer mechanischbiologisch zu klären. Die Gesundung der Gewässer soll durch gezielten Einsatz staatlicher Förderungsmittel im Rahmen von Schwerpunktprogrammen erreicht werden. Schwerpunkte sind die geplanten oder begonnenen Baumaßnahmen zur Reinhaltung des Rheins, der Ruhr und der Wupper. 8.121 Reinhaltung des Rheins Die Wasserbeschaffenheit des Rheins und seiner Nebenflüsse soll in mehreren automatischen Meßstationen überwacht werden. Die Nordstation bei Bimmen an der deutsch-niederländischen Grenze ist bereits fertiggestellt. Dort werden Wasserproben in verschiedenen Tiefen quer über den Strom entnommen. Die Südstation wird an der Landesgrenze mit Rheinland-Pfalz geschaffen. Im Bau sind die Reinhaltungsanlagen: # Klärwerk Emschermündung der Emschergenossenschaft; Bauzeit 1966 bis 1973 # Klärwerk Düsseldorf-Süd; Bauzeit 1968 bis 1972 # Klärwerk Krefeld (Hauptsammler und Schlammbeseitiger); Bauzeit 1968 bis 1971 und 1972 bis 1974. 8.122 Reinhaltung der Ruhr Bei der Reinhaltung der Ruhr sind durch die Inbetriebnahme von 109 Kläranlagen große Fortschritte erzielt worden. Der weiteren Reinhaltung dieses Trinkwasserflusses des Reviers dienen folgende Maßnahmen:
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
223
# Abwasserkanäle und Großklärwerk Mülheim-Oberhausen. Die Abwasserkanäle sind zur Zeit im Bau; Bauzeit 1970 bis 1973 (Großklärwerk) # Kläranlage Duisburg-Kaßler Feld; Bauzeit 1970 bis 1974 # Kläranlage Bochum-Oelbach; Bauzeit 1970 bis 1974 # Kläranlage Essen-Kupferdreh; Bauzeit 1969 bis 1972 # Kläranlage Hagen Hagen-Fley: Bauzeit 1969 bis 1971. Hauptkläranlage Hagen: Bauzeit 1970 bis 1974. Die beiden Funktionen der Abwasserbeseitigung und der Wasserversorgung lassen sich bei der Ruhr nicht voneinander trennen. Die Ruhr ist Wasserspender für die Trink- und Brauchwasserversorgung von Bevölkerung und Industrie in den umliegenden Städten und Gemeinden. Zugleich wird aber auch das gebrauchte Wasser zu einem großen Teil der Ruhr gereinigt wieder zugeführt. Diesem engen Sachzusammenhang sollte organisatorisch durch Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen von Gewässerbenutzern innerhalb eines Verbandes Rechnung getragen werden. Die Landesregierung strebt deshalb den Zusammenschluß von Ruhrverband und Ruhrtalsperrenverein zu einem sondergesetzlichen Einheitsverband an. Diesem neuen Ruhrverband soll sowohl die Reinhaltung als auch die Sicherung ausreichender Wasserführung in der Ruhr obliegen. 8.123 Reinhaltung der Wupper Im Gegensatz zur Ruhr ist die Wupper durch besonders starke Abwassereinleitungen der Industriebetriebe verschmutzt. Dieser Zustand soll mit folgenden Maßnahmen beseitigt werden: # Kläranlage Remscheid-Burg, Erweiterung der Kläranlage durch Bau der biologischen Reinigungsstufe; Bauzeit 1969 bis 1972 # Klärwerk Wuppertal-Buchenhofen, Erweiterung der biologischen Reinigungsstufe; Bauzeit 1971 bis 1976
224
2. Nordrhein-Westfaien-Programm
# Wuppertalsperre Hammerstein; Bauzeit 1967 bis 1974 # Klärwerk Leverkusen; Bauzeit 1967 bis 1973 8.124 Gewässerverunreinigung 1970 und 1975 Neben diesen Schwerpunktmaßnahmen werden bis 1975 zahlreiche kleinere Kläranlagen gebaut werden müssen. Insgesamt ist mit der Fertigstellung von weiteren rund 300 Kläranlagen zu rechnen. Nach ihrer Fertigstellung ist eine wesentliche Verbesserung der Wasserbeschaffenheit — hauptsächlich des Rheins und der Wupper, der Gewässer des Ruhrgebietes sowie der Wurm und der Rur — zu erwarten. Der Grad der gegenwärtigen Gewässerverunreinigung und der im Jahre 1975 voraussichtlich noch bestehenden Verunreinigung ergibt sich aus den Abbildungen 54 und 55. Langfristiges Ziel Die Einleitung ungeklärter Abwässer in die Gewässer muß verhindert werden, so daß die Selbstreinigungskraft nicht überfordert wird; mindestens 60 Prozent der Einwohner des Landes sind an mechanisch-biologische Kläranlagen anzuschließen. Maßnahmen bis 1975 Zur besseren Reinhaltung des Rheins, der Ruhr und der Wupper werden 14 größere Abwasseranlagen und Klärwerke gebaut; im gesamten Landesgebiet sind rund 300 Kläranlagen zu bauen; Einbringung eines Gesetzes über einen einheitlichen Ruhrverband. Landesausgaben im Programmzeitraum 632 Mio DM. 8.13 Talsperren Talsperren ermöglichen in Flußgebieten den Ausgleich zwischen Wasserüberfluß und Wassermangel. Sie dienen hauptsächlich der Sicherung der Trinkwasserversorgung, dem
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
225
Schutz vor Hochwassergefahr und der Anreicherung des Niedrigwassers. Nordrhein-Westfalen verfügt zur Zeit über 59 Talsperren und Stauseen. Die Entwicklung des Gesamtstauraums der Talsperren von 1969 bis 1975 zeigt Abbildung 56. Drei Talsperren mit rund 70 hm 3 Fassungsvermögen sind gegenwärtig im Bau. Für weitere Talsperren, die im wesentlichen den künftigen Trinkwasserbedarf sichern sollen, sind Planungen angelaufen. Die räumliche Lage der im Bau befindlichen, geplanten und in Erwägung gezogenen Talsperren und sonstige Einzelheiten ergeben sich aus Abbildung 57 und Übersicht 58. Die Gesamtbaukosten im Programmzeitraum betragen 260 Mio D M ; dafür werden 180 Mio D M Zusdiüsse des Landes benötigt. Langfristiges Ziel Mitte der achtziger Jahre müssen Talsperren mit einem Gesamtstauraum von rund 1200 hm 3 vorhanden sein. Maßnahmen bis 1975 Die Wupper-Talsperre, die Obernau-Talsperre, die WiehlTalsperre und der Kemnader Stausee werden gebaut: ein Gesamtstauraum von 1000 hm 3 wird erreicht. Landesausgaben im Programmzeitraum 180 Mio DM. 8.2 Abfallbeseitigung Für eine hygienische Abfallbeseitigung bestehen heute drei unterschiedliche Verfahren: die geordnete Ablagerung, die Kompostierung und die Verbrennung. Eine einheitliche Meinung über das beste Verfahren hat sich bisher nicht gebildet. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß eine großräumige Abfallbeseitigung vorteilhaft und daß die geordnete Ablagerung am billigsten ist, wenn ein geeignetes Gelände zur Verfügung steht. 15
Akt. D o k . , Umweltschutz
226
2. Nordrhein-Westfa'len-Programm
Die in Nordrhein-Westfalen vorhandenen Abfallbeseitigungsanlagen sind unter Gesichtspunkten des Gewässerschutzes, der Luftreinhaltung und der Ästhetik vielfach unzureichend. Ungeordnete oder unzureichende Abfallbeseitigungsanlagen müssen daher beseitigt und leistungsfähige, zentrale Anlagen gefördert werden. Von den kreisangehörigen Gemeinden wird erwartet, daß sie bei der Wahl von Standort, Einzugsgebiet und Art ihrer Abfallbeseitigungsanlagen überörtliche und zentrale Lösungen anstreben und zu diesem Zweck den Kreisen weitgehend Planung und Trägerschaft überlassen. Von den Kreisen und benachbarten kreisfreien Städten wird erwartet, daß sie bei der Planung und Durchführung von Abfallbeseitigungsanlagen zusammenarbeiten und sich wechselseitig ergänzen. Von den planbearbeitenden Stellen wird erwartet, daß sie schon im ersten Stadium der Planung neuer Abfallbeseitigungsanlagen nidit nur mit der staatlichen Verwaltung, sondern auch mit Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft zusammenarbeiten und rechtzeitig klären, ob auch die Beseitigung gewerblicher und anderer nicht häuslicher Abfallstoffe übernommen werden kann. Bei den Untersuchungen über die Art der Abfallbeseitigung sollten sie die Merkblätter der Zentralstelle für Abfallbeseitigung beachten und den R a t der Auskunfts- und Beratungsstelle Müll beim Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk in Essen einholen. Im Programmzeitraum sollen jährlich 10 Mio D M bereitgestellt werden, die als Zuschüsse oder Darlehen zu den Kosten solcher kommunalen Abfallbeseitigungsanlagen gewährt werden sollen, die den Zielvorstellungen entsprechen. Langfristiges Ziel Die geordnete Ablagerung von Abfällen muß für Einzugsbereiche von mindestens 20 000 Einwohnern durchgeführt werden; Abfallkompostierung und Müll Verbrennung müssen in zentralen Anlagen für weit größere Einwohnerbereiche durchgeführt werden.
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
227
Maßnahmen bis 1975 Für den Bau oder die Einrichtung kommunaler Abfallbeseitigungsanlagen, die den Zielvorsteilungen entsprechen, gibt das Land erstmalig Zuschüsse oder Darlehen. Landesausgaben im Programmzeitraum 50 Mio DM. 8.3 Reinhaltung der Luft In Nordrhein-Westfalen liegen 90 Prozent der Kohlenzechen und Kokereien, 70 Prozent der Stahlindustrie, 50 Prozent der chemischen Grundstoffindustrie und 35 Prozent der Erdölraffinerien der Bundesrepublik. Die damit zusammenhängenden Luftverunreinigungen bringen außergewöhnliche Probleme mit sich: # Sie beeinträchtigen das Wohlbefinden der Menschen. # Sie gefährden die Gesundheit der Menschen. # Land- und Forstwirtschaft erleiden Ertragseinbußen. 0 Durch Schäden an Bauwerken und sonstigem Eigentum entstehen volkswirtschaftliche Verluste. Luftverunreinigungen finden sich vor allem in den Gebieten mit Industrie-, Siedlungs- oder Verkehrsverdichtung. Die Auswirkungen der Luftverunreinigungen können, wie Erfahrungen im Ausland und in Nordrhein-Westfalen selbst zeigen, die Anziehungskraft solcher Gebiete als Lebens- und Wirtschaftsraum gefährden oder herabsetzen. Daher haben die Maßnahmen zum Immissionsschutz auch hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung. 8.31 Abschluß der bisherigen Reinhaltemaßnahmen Die bisherigen Maßnahmen des Landes gegen die Staubund Gasimmissionen in den Verdichtungsgebieten haben zu beachtlichen Verbesserungen geführt. Der Staubniederschlag und die Schwefeldioxid-Konzentration sind wesentlich zurückgegangen. Diese Erfolge sind u. a. auf die Maßnahmen nach Abschnitt 6.1 des Entwicklungsprogramms Ruhr zurückzu-
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2. Nordrhein-Westfalen-Programm
führen. Die laufenden Luftreinhaltungsprogramme werden bis 1973 abgeschlossen. Sie beziehen sich in erster Linie auf: # 0 # # #
Thomasstahlkonverter Erzsinteranlagen Kokereien Gießereien Dampfkraftwerke
Dafür sind die im Entwicklungsprogramm Ruhr vorgesehenen Mittel in Höhe von rund 130 Mio DM notwendig. Im Programmzeitraum sind in den Jahren 1971 bis 1973 davon noch 46 Mio DM einzusetzen. Durch diese Maßnahmen sollen bis zum Jahr 1973 Verbesserungen bei der Immissionsbelastung erreicht werden, wie sie sich aus dem Vergleich von Abbildung 59 mit Abbildung 60 ergeben. Langfristiges Ziel Verringerung der stark durch Luftverunreinigungen (Staub und Schwefeldioxid) belasteten Gebiete an der Ruhr auf geringe Restgebiete nach Abbildung 60. Maßnahmen bis 1975 Beseitigung oder Verminderung der Luftverschmutzung bei etwa 100 größeren industriellen Anlagen. Landesausgaben im Programmzeitraum 46 Mio DM (bis 1973). 8.32 Neue Quellen der Luftverunreinigung Die Voraussagen der wirtschaftlichen Entwicklung lassen eine deutliche Veränderung der Schwergewichte der Luftverunreinigungen in den nächsten Jahren erwarten. Es werden sich besonders auswirken: # die zunehmende Stromerzeugung durch Kernreaktoren % die hohe Wachstumsrate der chemischen Industrie. Nicht mehr das Schwefeldioxid wird im Mittelpunkt der Sorge um die Luftverunreinigung stehen, sondern Fluor, Kohlenwasserstoffe, Chlor und zahlreiche mit diemischen Prozessen verbundene Geruchsstoffe. Daneben wird sich das
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
229
Staubproblem aus einer ganz anderen Perspektive als bisher zeigen; es geht nicht mehr um die Belästigung durch den Grobstaub, sondern um die durch Feinstäube hervorgerufenen Gesundheitsgefahren. Die bisherigen "Staubniederschlagsmessungen müssen daher durch Staubkonzentrationsmessungen ergänzt werden. Im Rahmen einer neuen modifizierten Luftreinhaltekonzeption muß das „Branchendenken" durch die wirksamere regionale Sicht abgelöst werden. Deshalb wird die Landesregierung im Ruhrgebiet und am Rhein „Luftreinhaltegebiete" festlegen. In diesen Gebieten wird eine Uberprüfung aller industriellen Luftverunreinigungsquellen sowie der hausbrand- und verkehrsbedingten Emissionen durchgeführt. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird als Grundlage f ü r technische Verbesserungsmaßnahmen, für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, für planerische Entscheidungen und für gesetzgeberische Maßnahmen dienen. Die laufende Beobachtung der Entwicklung der Emissionen nach Art und Menge in diesen Gebieten gibt außerdem wichtige Hinweise auf die Entwicklungstendenzen und gestattet langfristige Emissionsprognosen. Mit den Arbeiten ist im Großraum Köln begonnen worden. Als weitere Gebiete sind vorgesehen: 9 Duisburg — Oberhausen — Mülheim 9 Essen — Bottrop # Gelsenkirchen — Wanne-Eickel — Bochum # Castrop-Rauxel # Dortmund Im Jahre 1974 werden die Untersuchungen f ü r alle Gebiete abgeschlossen sein. Zur Durchführung der Untersuchungen sind von 1971 bis 1974 jährlich 1 Mio DM notwendig. Die Abgrenzung der Luftreinhaltegebiete ist in Abbildung 61 dargestellt. Im Programmzeitraum sind 10 Mio DM Zinszuschüsse und 64 Mio DM Kredite f ü r die Durchführung dringlicher Verbesserungsmaßnahmen einzusetzen, die ohne öffentliche Förderung nicht erzwungen werden können. Von 1971 an sind jährlich 2 Mio DM als verlorene Zuschüsse f ü r Entwicklungsaufgaben auf dem Gebiet der Luftreinhaltung
2. Nordrhein-Westfialen-Programm
230
zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Ansatz in gleicher Höhe einzusetzen. Langfristiges Ziel Wesentliche Verringerung der Luftverunreinigung durch Fluor, Kohlenwasserstoffe, Chlor und zahlreiche mit chemischen Prozessen verbundene Geruchsstoffe. Maßnahmen bis 1975 Untersuchungen in sechs Luftreinhaltegebieten und Einsatz von Zinszuschüssen und Krediten für Verbesserungsmaßnahmen; Zuschüsse für Entwicklungsaufgaben auf dem Gebiet der Luftreinhaltung. Landesausgaben im Programmzeitraum 98 Mio DM. 8.33 Laufende Überwachung der Luftqualität Neben der Einrichtung von Luftreinhaltegebieten muß unter Einsatz der Landesanstalt für Immissions- und Bodennutzungsschutz ein neues Meßprogramm eingerichtet werden, das der Ermittlung folgender Luftverunreinigungskomponenten dient: #
Fluor
#
Kohlenwasserstoffe
#
geruchsintensive Schwefelverbindungen
#
geruchsintensive Stickstoffverbindungen
#
Staubkonzentration
#
Chlorwasserstoffe
#
Oxydantien
Ab 1971 werden für das neue Meßprogramm jährlich 1 Mio D M Kosten entstehen. Die Meßprogramme für Staubniederschlag und Schwefeldioxid-Konzentrationen werden fortgeführt. Die Abgrenzung des Meßnetzes für das vierte Meßprogramm ist in Abbildung 62 dargestellt. Die Landesregierung hat zur Ergänzung der seit Jahren bewährten Regelung zum Immissionsschutz bei Ölheizungsanlagen neue Vorschriften zur Luftreinhaltung bei Kokshei-
2. Nordrhein-Westfalen-Programm
231
Zungen und bei kohlebefeuerten Einzelöfen erlassen. Für Koksheizungen ist ab Herbst 1970 eine regelmäßige Überwachung der Feststoffemissionen nach einem einfachen Meßverfahren vorgesehen. Für kohlebefeuerte Einzelöfen ist ab 1973 alternativ die Verwendung raucharmer Brennstoffe wie Koks, Anthrazit, Braunkohlebriketts u. ä. oder der Einsatz von Öfen mit besonders gutem Ausbrandverhalten vorgeschrieben. Damit wird im Programmzeitraum die Luftverschmutzung durch den Hausbrand wirksam bekämpft. Im Programmzeitraum werden Überwachungsstellen für die Abgasreinigung bei Kraftfahrzeugen nach den bundesrechtlichen Vorschriften ausgebaut werden. Die organisatorischen und personellen Maßnahmen hierfür sind im Bereich der Aufsicht der dem Land unterstehenden Technischen Überwachungs-Vereine zu treffen; sie belasten den Landeshaushalt nicht. Langfristiges Ziel Kontrolle aller wichtigen Luftverunreinigungskomponenten. Maßnahmen bis 1975 Durchführung eines neues Meßprogramms ab 1971; Luftreinhaltemaßnahmen bei Koksheizungen und kohlebefeuerten Einzelöfen; Überwachung der Kraftfahrzeugabgase. Landesausgaben im Programmzeitraum 5 Mio DM.
232
3.
3.
A.
Vorschlag der Steuerreformkommission (SPD)
Vorschlag der Steuerreformkommission beim Parteivorstand der SPD zum Außerordentlichen Parteitag vom 18.—20. November 1971 in Bonn-"
Vorschlag
11. B E S T E U E R U N G U M W E L T F E I N D L I C H E R PRODUKTE Produkte, deren Beseitigung als Abfall nicht ohne eine unverhältnismäßig hohe Belastung der Umwelt oder nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist, werden — wo ein Verbot nicht zweckmäßig ist — besteuert. Die Steuer wird beim Produzenten oder für Importwaren vom Importeur erhoben werden. Die Steuer ist so zu bemessen, daß mindestens die Kosten der Beseitigung der Schäden gedeckt und umweltfreundliche Konkurrenzprodukte gefördert werden. Steuerliche Auswirkungen (1974): Steuermehreinnahmen: 200 Mio. DM. B.
Begründung
Der Verbraucher sieht sich einer Flut von Verpackungsmaterialien — angefangen von der Einwegflasche über Kunststoffkartons bis zur sperrigen Styroporverpackung — gegenüber, die nicht nur ihn belasten, sondern auch die Müllabfuhr, und die Müllhalden wachsen läßt. Die Produkte verursachen Kosten, die nicht in die Kalkulation des Produzenten eingehen, sondern den einzelnen und die Allgemeinheit belasten. Dies mögen zwei Beispiele verdeutlichen: Nach einer Untersuchung wird der Anteil der PVC-Abfälle im Gesamtmüll von 1968 (45 000 = 0,25 % ) bis 1980 auf das Vierfache (233 000 t = 1 v. H.) steigen. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß zunehmend mit Müll von Möbeln und Baumaterial aus P V gerechnet werden muß. Der steigende P V C Anteil im Müll führt zu Korrosionsschäden in den öffentlichen Müllverbrennungsanlagen und zur Erhöhung des Giftanteils der Luft. Um dies zu vermeiden oder wenigstens einzuschränken, *
Abdruck nadi S P D , Materialien zum Außerordentlichen Parteitag, Steuerreform I V , herausgegeben vom Vorstand der S P D , Bonn 1971.
4. Stellungnahme der CDU
233
müssen kostspielige Zusatzverfahren (z. B. Rauchgaswäsche) angewendet werden. Die Beseitigung einer Kunststoff-Einwegflasche kostet je nach' Verfahren 1 bis 5 Pfennige. Stellt man alle z. Z. im Umlauf befindlichen 6,6 Milliarden Bierflaschen als Einwegflaschen aus Kunststoff her, so führte dies zu zusätzlichen Beseitigungskosten in Millionenhöhe. Gerade aber die die Allgemeinheit belastenden Kosten müssen auf den Verursadier verlagert werden. Das entspricht der Forderung nach Wettbewerbsneutralität zwischen konkurrierenden umweltfeindlichen und umweltfreundlichen Produkten. Eine solche Steuer sollte beschleunigt eingeführt werden. Sie ist z. B. bei der Einwegflasche wichtig für die Disposition der Unternehmen. Viele kleinere Brauereien z. B. stehen heute vor der Frage, ob sie auf Einwegflasche umstellen sollen. Diesen Unternehmen kann eine rechtzeitige Entscheidung des Steuergesetzgebers ihre eigene Entscheidung wesentlich erleichtern.
4.
Stellungnahme der CDU auf dem 18. Bundesparteitag vom 25. bis 27. Januar 1971 in Düsseldorf 4 '
UMWELTSCHUTZ
126
Wir werden unsere Anstrengungen verstärkt fortsetzen, die Umweltbedingungen zu verbessern. Wir werden dem Anspruch aller Menschen auf Reinhaltung von Luft und Wasser, offene Flächen für Freizeit und Erholung und Schutz vor Lärm Geltung verschaffen. Wir fordern eine wirkungsvollere Organisation und verstärkte Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden, Wirtschaft und Wissenschaft zur Lösung dieser Aufgaben. Der Umweltschutz ist in Bund und Ländern einheitlich zu regeln und durch internationale Abkommen zu sichern. Bei der Standortwahl für Industrieansiedlungen sind ökologische Faktoren zu berücksichtigen. Wir werden durchsetzen, daß *
Abdrudc nadi „ C D U - Berliner Programm, 2. Fassung", herausgegeben von der C D U - Bundesgesdiäftsstelle, Bonn.
234
4. Stellungnahme der CDU
grundsätzlich derjenige Umweltschäden zu beseitigen hat, der sie verursacht. Die Ökologie ist als interdisziplinäre Wissenschaft an den Hochschulen einzuführen. Die Forschungsschwerpunkte sind national und international abzustimmen.
127
Die Wasserversorgung der Bevölkerung ist durch langfristige Planungen sicherzustellen. Der Grundwasserschutz hat Vorrang vor einer anderweitigen Beanspruchung der Landschaft. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Abwässer in Zukunft so zu reinigen, daß sie unsere Gewässer nicht verseuchen oder vergiften können. D a s biologische Gleichgewicht in den Gewässern muß erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Alle Länder müssen die Reinhalteordnungen erlassen, die im Wasserhaushaltsgesetz vorgesehen sind. 128 Der Verschmutzung der L u f t muß durch neue gesetzliche Vorschriften und durch bessere Kontrollen wirksamer begegnet werden. Die Verschmutzung der L u f t durch Abgase darf nicht ein gesundheitsschädliches Maß erreichen. Die Zulassung von K r a f t - , Luft- und Wasserfahrzeugen ist entsprechenden Auflagen zu unterwerfen. Wir werden die Erforschung und Entwicklung abgasfreier Energien und emissionsfreier Maschinen fördern.
129
Wir fordern zum Schutz der Bevölkerung vor dem L ä r m : Verminderung der Lärmbelästigung durch sinnvolle Regionalplanung und Bauleitplanung; die Planung und der Bau von schallgeschützten Wohnungen, Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen und Arbeitsplätzen; Entwicklung und Bau von geräuscharmen Fahrzeugen, technischen Geräten, insbesondere im Hochund Tiefbau und industriellen Anlagen; Beschränkung der durch den Luftverkehr verursachten Lärmbelästigung; Schaffung von Lärmschutzzonen und Schallschutzeinrichtungen; Verbot des zivilen Überschallfluges über der Bundesrepublik.
130 Eine schadlose, geordnete und kontrollierte Beseitigung von Abfallstoffen muß sichergestellt werden. D a s Problem der Ab-
5. Stellungnahme der FDP
235
fallbeseitigung ist durch übergemeindlidie Planung und Organisation zu lösen. Zu diesem Zweck sind Sanierungspläne im gesamten Bundesgebiet aufzustellen. Die Industrie muß Produkte auf den Markt bringen, die im Abfallzustand ohne großen Aufwand wiederverwendet oder dem natürlichen biologischen Kreislauf zugeführt werden können. 131 Die Auswirkungen von Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmitteln und von maschinellen Feldbautediniken auf das biologische Gleichgewicht im Boden und auf die Gesundheit von Mensch und Tier sind verstärkt zu untersuchen. Vermeidbare negative Auswirkungen sind zu unterbinden. Biologische Schädlingsbekämpfung sowie die Forschung nach Substanzen und Techniken, die den Naturhaushalt nicht stören, ist zu fördern. Wer Bodenschätze im Tagebau abbaut, hat die Abbaugebiete für die Erholung und für landwirtschaftliche Zwecke zu rekultivieren.
5. Stellungnahme der FDP auf dem Bundesparteitag vom 25.—27. Oktober 1971 in Freiburg* 1. Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen. Umweltschädigung ist kriminelles Unrecht. Art. 2 GG ist wie folgt zu ergänzen: „Jeder hat ein Recht auf eine menschenwürdige Umwelt. Die Naturgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die Grenze der im Allgemeininteresse zulässigen Umweltbelastung wird durch Gesetz bestimmt. 2.
Die Gesetzgebung für Umweltplanung und Umweltschutz ist Aufgabe des Bundes. Dem für Umweltfragen zuständigen Minister sind die für Umweltplanung erforderlichen klaren Kom•
Abdruck nadi „Liberale Argumente", Ausgabe 2 / Nov. 1971, herausgegeben in Verantwortung der Friedridl-Naumann-Stiftung, Bonn-Bad Godesberg.
236
5. Stellungnahme der FDP
petenzen für „Raumordnung und Städtebau zu geben, die Umweltverträglichkeit aller Gesetze ist von ihm festzustellen. Aufgabe der Länder ist es, zur Durchführung der Bundesgesetze obere Landesbehörden einzurichten, die die Einhaltung der Standards und Richtlinien zum Umweltschutz kontrollieren. Dem Bund ist die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für alle Bereiche von Umweltplanung und Umweltschutz zu übertragen. Er setzt die Normen und Indikatoren zur Beurteilung des Zustandes der Umwelt nach dem neuesten Stand der Technik fest. Ein Bundesamt für Umweltschutz organisiert hierfür die notwendigen vorbereiteten Arbeiten, besonders die wissenschaftliche Forschung für umweltfreundliche Technik. Das Bundesamt überwacht laufend die umweltrelevanten Meßdaten und berät die öffentliche Hand bei allen Umweltschutzmaßnahmen. Dem Bundestag ist regelmäßig eine Umweltbilanz durch ein unabhängiges Gremium von Wissenschaftlern vorzulegen. 3.
Umweltschutz ist eine internationale Aufgabe. Deshalb sind alle Bestrebungen zu unterstützen, ein internationales Umweltrecht zu schaffen. In die Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen muß das Recht aufgenommen werden. Durch internationale Konventionen müssen Meßmethoden, Warnsysteme, Registrierverfahren und Kontrollen harmonisiert werden. Ein internationaler Gerichtshof sollte auf die Einhaltung dieser Konventionen achten. Import und Export von Produkten, die den Umweltgesetzen in der Bundesrepublik Deutschland nicht entsprechen, sind zu unterbinden. Der Hinweis auf schlechteren Umweltschutz in Nachbarländern darf kein Grund für die Verzögerung von eigenen Schutzmaßnahmen sein. Die internationale Umweltpolitik der Bundesregierung muß sich als Beitrag zu internationalen Programmen und Maßnahmen verstehen. Besonders im Bereich der Europäischen Gemeinschaften soll die Bundesregierung für die einheitliche Gesetzgebung initiativ werden.
5. Stellungnahme der FDP
237
Bürgschaften und Kredite aus öffentlichen Mitteln dürfen nicht für Investitionen von Unternehmen gewährt werden, wenn damit gesundheitsgefährdende Produktionen in Drittländern aufgebaut werden sollen. 4. Die Kosten der Umweltbelastung werden grundsätzlich' nach dem Verursacherprinzip aufgebracht. Es gilt Gefährdungshaftung. Die Kosten des Umweltschutzes sind Kasten der Produktion. Jede nach dein jeweiligen Stand der Technik noch nicht vermeidbare Belastung muß abgabepflichtig werden. Technische Möglichkeiten, Umweltbelastungen zu mindern oder ganz zu verhindern, werden zwingend vorgeschrieben, wenn notwendig, auch bei Altanlagen. Die Wiedereinführung von Abfallstoffen in den Produktionsprozeß ist durch Aufträge zur Entwicklung neuer technischer Verfahren zur Wiederverwendung von Abfallstoffen und durch steuerliche Anreize zu begünstigen. Ausnahmen vom Verursacherprinzip gelten nur, wo seine Anwendung nicht oder nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen tritt die öffentliche Hand nach dem Gemeinlastprinzip ein. Für Haftungsfälle wird gesetzliche Versicherungspflicht vorgeschrieben. Die bisher nur theoretisch zurechenbaren „sozialen Kosten" der Umweltbelastung sind in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und in den einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft auszuweisen. 5. Umweltplanung und Umweltschutz werden nur Erfolg haben als Teil einer Struktur- und Raumordnungspolitik. Keine Entsdieidung der öffentlichen Hand oder Wirtschaft darf in Zukunft ohne Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte getroffen werden. Die öffentliche Hand muß dem Rechnung tragen, u. a. durch Vorlage von Berichten, die die Einwirkung der beabsichtigten Maßnahmen auf die Umwelt darstellen. Die Berichte sind zu veröffentlichen. Als Übergangslösung müssen für Ballungsgebiete Katastrophen- und Alarmpläne vorhanden sein, die etwa bei bestimmten
6. Stellungnahme der Jungsozialisten
238
Wetterlagen das Stillegen des Kraftfahrzeugverkehrs und emissionsintensiver Industrien garantieren. Beim Städtebau ist Vorsorge vor Gewässerverunreinigung, Luftverschmutzung und Lärmgefährdung zu treffen. Ziele der Umweltpolitik müssen audi für Verkehr und Bauleitplanung gelten. Umweltfreundliche Verkehrsmittel sind vorrangig zu fördern und einzuführen. Die Agrarwirtschaft ist ebenso wie die Industrieproduktion auf umweltfreundliche Verfahren und Produkte zu orientieren und entsprechenden gesetzlichen Normen zu unterwerfen. Die Landschaftsentwicklung ist umweltschonend zu planen. Daher ist für den ökologischen Ausgleich für Erholungsgebiete und die Rekultivierung belasteter Gebiete zu sorgen; u. a. sind Freizeitflädien und Erholungsgebiete in allen Landschafts- und Flächennutzungsplänen langfristig auszuweisen. 6. Umweltschutz ist die Voraussetzung der Umweltnutzung durch den einzelnen. Eine liberale Umweltpolitik hat auch die Aufgabe, allen Bürgern ein gesundes Leben zu ermöglidien, wachsenden Freizeitbedürfnissen Rechnung zu tragen und bessere Chancen für die Freizeit zu sichern.
6.
Stellungnahme der Jungsozialisten vom 24./25. April 1971*
IX. KOMMUNALPOLITIK U N D UMWELTSCHUTZ Die Probleme des Umweltschutzes können nidit allein auf kommunaler Ebene gelöst werden. Gesamtstaatliche und internationale Regelungen sind erforderlich. Trotzdem müssen die Maßnahmen zum Umweltschutz auch im kommunalen Bereich ihren Ausgangspunkt haben: 1. Für die kommunalen Organisationen wird eine Koordination und Zusammenfassung der Zuständigkeiten gefordert. •
Abdruck nadi „Forderungskatalog der Jungsozialisten zur kommunalen Politik**, beschlossen auf der Arbeitskonferenz am 24./25. April 1971 in Mannheim; herausgegeben v o m Bundesvorstand der Jungsozialisten in der S P D , Bonn, 1971.
7. Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm (VDI)
239
Eindeutige Kompetenzen zur Kontrolle und Ahndung sind notwendig. Eine Gebiets- und Verwaltungsreform ist hierzu unabdingbar. 2. Die Industrie muß für die von ihr erzeugten Umweltbelastungen nadi dem Verursachungsprinzip verantwortlich gemacht werden. 3. Eine laufende und öffentliche Kontrolle der Emissionen, der Abwässer, des Mülls und des Lärms für alle Produktionsbereiche wird gefordert. 4. Will oder kann ein neuanzusiedelndes Unternehmen die Normen des Umweltschutzes nicht erfüllen, so ist auf dessen Ansiedlung zu verzichten. 5. Für den kommunalen Bereich ist zu fordern: a) Kläranlagen mit biologischer und — wenn nötig — chemischer Klärung; b) Müllbeseitigung durch zentrale Verbrennungsanlagen und gesicherte Deponien als Übergangsmaßnahmen und Kompostierungsanlagen. 6. Audi aus Gründen des Umweltschutzes wird eine Einschränkung des Individualverkehrs in den städtischen Zentren zugunsten der öffentlichen Nahverkehrsmittel bzw. weiterer Fußgänger- und Grünbereiche gefordert.
7.
Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm Richtlinie VDI 2058 (Stand Juli 1960)
Inhalt Vorwort I. Lärm am Arbeitsplatz II. Lärmeinwirkung auf die Nachbarschaft III. Allgemeine Grundsätze für Lärmabwehrmaßnahmen Anhang (Erläuterungen) A. Einwirkung von Geräuschen auf den Menschen B. Technische Lärmabwehrmaßnahmen 1. Allgemeine Grundsätze der technischen Lärmabwehr.
240
7.
Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm (VDI)
2. Technische Lärmabwehrmaßnahmen Gestaltung der Arbeitsräume.
bei der Wahl
und
3. Technische Lärmabwehrmaßnahmen bei der Konstruktion und Ausführung von Maschinen, Apparaten usw. 4. Technische Lärmabwehrmaßnahmen bei der Aufstellung und dem Betrieb von Maschinen, Apparaten usw. 5. Technische Lärmabwehrmaßnahmen durch geeignete Arbeitsverfahren und Gestaltung der Arbeitsplätze. C. Persönliche Schutzmaßnahmen Vorwort Die Belastung des Menschen durch den Lärm ist mit der Entwicklung der Technik stark angestiegen. Deshalb sind an alle der Lösung der Lärmfrage Beteiligten verpflichtet, diese Folge der Technik systematisch und mit Nachdruck zu bekämpfen. Das Maß der Einwirkung ist nicht nur von der Stärke, der Einwirkungsdauer und der Zusammensetzung des Lärms abhängig; es spielen auch die physische und psychische Verfassung des Betroffenen sowie seine innere Einstellung zu der Geräuschquelle eine maßgebende Rolle. Die mit der Lärmabwehr zusammenhängenden Fragen sind so komplexer Natur, daß sich für den Gesamtbereich der Technik allgemeingültige Grenzwerte nicht aufstellen lassen. Daher sind auch die nachstehend genannten Lautstärken als Richtwerte aufzufassen. Bei ihrer Beurteilung sind der vom Standpunkt des einzelnen Betroffenen wünschenswerte Zustand und der heutige Stand der Erkenntnisse sowie die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Hierbei ist die Einschaltung technischer Sachverständiger empfehlenswert. Die Richtlinien werden Herstellern und Betreibern von Maschinen und Apparaten, Konstrukteuren, Bauingenieuren und Architekten, Betriebsleitern und allen sonstigen Beteiligten zur Beachtung dringend empfohlen. Sie stellen keine abschließende Lösung des Problems dar und können sich mit dem Fortschreiten der Technik ändern. Sonderfälle werden durch diese Richtlinien nicht erfaßt; hier empfiehlt sich eine sinnvolle Anwendung.
8.
Hauptausschuß des Deutschen Städtetages
241
Diese Richtlinie wurde in der VDI-Fachgruppe Schwingungstechnik, Ausschuß 6, Technische Lärmabwehr, von den Mitgliedern des Unterausschusses „Abwehr von Arbeitslärm" (Obmann Min.-Dirig. H . Stephany, Bonn) zusammengestellt. Dem Unterausschuß gehörten u. a. an Vertreter von Wissenschaft und Technik, der zuständigen Behörden, der Wirtschaft und der Sozialpartner.
8. Entschließung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages zum Umweltschutz vom 16. September 1971 Der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages hat am 16. September 1971 in Berlin Probleme des Umweltschutzes beraten und sich dabei insbesondere mit der Beseitigung industrieller Abfälle und der Verbesserung des Immissionsschutzes durch Einschränkung des Betriebes von Einzelheizungen beschäftigt. I. Die Städte erkennen an, daß Bundesrat und Bundesregierung sich mit den Vorschlägen des Deutschen Städtetages zum Abfallbeseitigungsgesetz sehr eingehend auseinandergesetzt und sie zum Teil sinngemäß übernommen haben. Die jüngsten Entdeckungen der unbefugten und unsachgemäßen Ablagerung giftiger Produktionsrückstände aus I n dustriebetrieben belegen, daß die dem Bundesinnenminister bereits im Dezember 1970 vom Deutschen Städtetag eindringlich nahegebrachten Vorschläge berechtigt waren. Der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages daher diese Forderungen:
wiederholt
1. Es muß klargestellt werden, daß die erste Verantwortung für die Beseitigung von Produktionsabfällen und für die Umweltfreundlichkeit der erzeugten Produkte bei der Wirtschaft selbst liegt. Die iin vorliegenden Entwurf enthaltene grundsätz16
A k t . D o k . , Umweltschutz
242
8.
Hauptatisschuß des Deutschen Städtetages
liehe Verpflichtung der öffentlichen Gebietskörperschaften zur Beseitigung industrieller Abfälle wird abgelehnt. Sie würde die Gemeinden mit bereits eingetretenen Umweltschäden belasten, ohne daß sie Einfluß auf die Entstehung der Schadensursachen nehmen könnten. 2. Genehmigungsvoraussetzung für eine gewerbliche Anlage muß die Regelung der schadlosen Beseitigung aller im Produktionsprozeß anfallender Abfallstoffe sein. Der Betrieb einer gewerblichen Anlage darf erst aufgenommen werden, wenn diese Fragen geklärt sind, wie das für die flüssigen Abfälle, aber auch die Emissionen an Geruch und Geräuschen bereits jetzt der Fall ist. Entsprechend muß die dauernde Überwachung gesetzlich' geregelt werden. Die von der Bundesregierung zugestandene bloße Anzeigenpflidit über das Entstehen solcher Abfälle reicht nicht aus. 3. Die Ermächtigung zur Beschränkung oder zum Verbot der Verwendung von Einwegverpackungen muß ausgedehnt werden auf sonstige Produkte, deren schadlose Beseitigung nicht oder nur mit einem im Verhältnis zu ihrem Nutzen unvertretbaren Aufwand aus öffentlichen Mitteln möglich wäre. Die Städte appellieren an den Deutschen Bundestag, diese Gesichtspunkte in seine Beratungen einzubeziehen. Sie werden Einzelvorschläge hierzu vorlegen. II. Der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages weist ferner auf die wachsende Umweltbeeinträchtigung durch Einzelheizungen und andere emitierende nicht-gewerbliche Anlagen in den Kern- und Wohngebieten der Städte hin. Er bittet den Bundesgesetzgeber, die Beratung des Immissionsschutzgesetzes zum Anlaß einer Regelung zu nehmen. Dies könnte durch Ergänzung des Bundesbaugesetzes geschehen. Die Gemeinden könnten ermächtigt werden, im Bebauungsplan auch die zur Vermeidung einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Sicherheit oder der Gesundheit der Nachbarschaft notwendigen Bindungen festzusetzen. Damit wären die Städte und Gemeinden in die Lage versetzt, dieses wichtige Umweltschutzproblem in eigener Verantwortung einer Lösung zuzuführen.
9. Landesvorstand des Städtetages Nordrhein-Westfalen 243 9. Entschließung des Landesvorstandes des Städtetages Nordrhein-Westfalen zum Umweltschutz insbesondere zur Beseitigung gefährlicher Abfälle vom 6. September 1971 Der Landesvorstand des Städtetages Nordrhein-Westfalen hat in seiner Sitzung vom 6. September 1971 die Probleme des Umweltschutzes, insbesondere die Beseitigung industrieller und gewerblicher Abfallstoffe erörtert. Er hat sich dabei mit den Folgerungen befaßt, die sich aus der Entdeckung gefährlicher Industrieabfälle auf kommunalen und privaten Müllplätzen in Nordrhein-Westfalen ergeben. Die Städte begrüßen zwar die mit der Verordnung über die Wegschaffung gesundheitsgefährdender Abfallstoffe aus Gewerbebetrieben vom 9. August 1971 getroffene vorläufige Regelung des Landes. Sie sind aber der Auffassung, daß die jetzt deutlich gewordenen Mißstände die Notwendigkeit einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Abfallbeseitigung, die sie seit langem gefordert haben, belegen. Im Interesse der Beschleunigung einer Verabschiedung des dem Bundestag vorliegenden Entwurfs würden sie es vorziehen, wenn die Landesregierung ihren Einfluß in diesem Sinne geltend machen würde, statt ein eigenes Landesgesetz über die Abfallbeseitigung einzubringen. In diesem Zusammenhang fühlen sich die Städte in ihrer schon vor Monaten dem Bundesinnenminist *r und dem Bundesrat nachdrücklich vorgetragenen Auffassung bestärkt, daß der Entwurf des Bundes noch wesentlicher Ergänzungen und Änderungen bedarf, um eine brauchbare Grundlage zur Bewältigung dieses Umweltschutzproblems abgeben zu können. Die jüngsten Ereignisse haben deutlich gemacht, daß die Verantwortung für die Beseitigung gewerblicher und industrieller Abfallstoffe zunächst und ursprünglich dem Produzenten dieser Stoffe zufallen muß. Die Städte wehren sich gegen die Absicht des Bundesgesetzgebers, ihnen diese Verpflichtung aufzuerlegen, weil sie das Entstehen dieser Abfällstoffe in keiner Weise beeinflussen können. Auch die im Entwurf des Bundes vorgesehene Möglichkeit, bestimmte Abfallstoffe von
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9. Landesvorstand des Städtetages Nordrhein-Westfalen
der Beseitigung durch die Gemeinden auszuschließen, bietet keinen ausreichenden Schutz, weil diese Entscheidung erst getroffen werden kann, wenn die Abfälle bereits entstanden sind und den Städten zur Beseitigung angedient werden, ihre Beseitigung also irgendwie erfolgen muß. Statt dessen hat der Deutsche Städtetag dem Bundesinnenminister bereits vor Monaten vorgeschlagen, im Abfallbeseitigungsgesetz die §§ 16 und 25 der Gewerbeordnung in dem Sinne zu erweitern, daß „im gewerberechtlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren auch die Beseitigung der bei der Produktion entstehenden Abfälle auf Kosten des Antragstellers verbindlich geregelt werden muß, wobei der Betrieb der Anlage erst nach Klärung dieser Fragen aufgenommen werden darf in ähnlicher Weise, wie das für die flüssigen Abfälle, aber auch für die Emissionen an Geruch u n d Geräuschen bereits jetzt der Fall ist." Auf diese Weise würde die Verantwortung f ü r die Beseitigung der Abfallstoffe dem industriellen Erzeuger unter Aufsicht durch die hierfür besser als die einzelnen Städte und Gemeinden ausgestattete staatliche Gewerbeaufsicht angelastet und dessen Phantasie zur Entwicklung umweltfreundlicher Produktionsweisen angeregt. Die Städte bitten die Landesregierung, gerade auf G r u n d der jüngsten Erfahrungen diese Forderungen im Gesetzgebungsverfahren zu unterstützen. Der Landesvorstand hat sich auch mit Möglichkeiten zu einer besseren behördlichen Koordination im Bereich des U m weltschutzes beschäftigt. E r begrüßt die Bildung eines K o ordinierungsstabes bei den obersten Landesbehörden. Im übrigen glaubt er, daß mit der Bündelung der Umweltschutzaufgaben in der Mittelinstanz bei den Regierungspräsidenten, im örtlichen Bereich bei den kommunalen Gebietskörperschaften ein hohes Maß an Koordinierung möglich ist. Die Einrichtung einer besonderen Oberbehörde f ü r die vielfältig mit anderen Bereichen verzahnten Umweltschutzaufgaben vermag nach Auffassung der Städte das Problem nicht zu lösen. Im Gegenteil wäre eine weitere Komplizierung des
10. Verband der Ärzte Deutschlands
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Verwaltungsvollzugs zu befürchten. Die Städte würden eine Stärkung der Beratungstätigkeit der Landesanstalt für Immissions- und Bodennutzungsschutz begrüßen, meinen aber, daß die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf diese wissenschaftlich ausgerichtete Landesanstalt eher der wissenschaftlichen Arbeit der Anstalt schaden als der Durchsetzung von Umweltschutzbelangen im Lande nützen würde. 10. Forderungen des Verbandes der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V. vom 28. Oktober 1971 UMWELTSCHUTZGENOSSENSCHAFTEN Präambel
Der technische Fortschritt und die Anwendung neuer Produktionsverfahren haben in den letzten Jahrzehnten zu einem bisher undenkbaren Wachstum des Sozialproduktes und des Wohlstandes geführt. Hand in Hand damit ging jedoch eine Zerstörung des ökologischen Gleichgewichtes. Dies macht nunmehr dringend Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft vor Umweltschäden im weitesten Sinne notwendig. Die Gefährdung der Umwelt stellt heute eine der ernstesten Herausforderungen der Gemeinschaft dar. Daher müssen alle dazu beitragen, dieses Problem zu lösen. Der Verband der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V. leistet mit seinem Vorschlag, der Einführung von Umweltschutzgenossenschaften, einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Problems. Der Hartmannbund handelt aus seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus und aus der Verantwortung des Arztes für die Gesundheit seiner Patienten, die heute allein durch die kurative Medizin nicht mehr sichergestellt werden kann, da der Heilerfolg des Arztes durch negative Umwelteinflüsse wieder infrage gestellt wird. I. Aufgaben
der
Urniveltschutzgenossenschaften
These 1: Die Umweltschutzgenossenschaften erlassen Vorschriften zum Umweltschutz und kontrollieren die Einhaltung der Schutzvorschriften.
246
10. Verband der Ärzte Deutschlands
1. Schutzvorschriften Die in den Gesetzen zum Umweltschutz vorgesehenen Mindestanforderungen können von den Umweltschutzgenossenschaften nur als Rahmen betrachtet werden. Die Umweltschutzgenossenschaften müssen eigene Vorschriften erarbeiten, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen. Die U m weltschutzvorschriften müssen branchenbezogen sein, ähnlich wie die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften. 2. Kontrolldienst Die Umweltschutzgenossenschaften müssen einen Kontrolldienst zur Verfügung haben, der imstande ist, die Einhaltung der Schutzvorschriften zu überwachen. Dabei kann man sich bestehender Organisationen bedienen oder neue Organisationen schaffen. 3. Sanktionen Die Umweltschutzgenossenschaften müssen kraft Gesetz Sanktionen und Geldbußen verhängen können, um die Uberwachung effizient zu machen. These 2: Die Umweltschutzgenossenschaften tragen die finanziellen Lasten der Beseitigung von materiellen Umweltschäden, die trotz der Einhaltung der Schutzvorschriften entstanden sind. 1. Zuständigkeit der Umweltschutzgenossenschaften Die Umweltsdiutzgenossenschaften sind nicht zuständig f ü r individuelle gesundheitliche Schäden, die durch Umwelteinflüsse entstehen können. Dafür gibt es schon Versicherungsund Leistungsträger. Die Umweltsdiutzgenossenschaften sind vielmehr leistungspflichtig, wenn Sachschäden entstehen, die nicht durch schuldhaftes Verstoßen der Betriebe gegen die U m weltschutzvorschriften verursacht werden. Im Falle des schuldhaften Verstoßes sind die Betriebe selbst verantwortlich und müssen die entstandenen Schäden beseitigen. 2. Haftung der Umweltschutzgenossenschaften Die Umweltschutzgenossenschaften sind daher keine H a f t pflichtversicherungen. Sie arbeiten jedoch mit Haftpflichtversidie-
10. Verband der Ärzte Deutschlands
247
rern zusammen. Dabei ist denkbar, daß den Betrieben bei der Pflicht zur Versicherung gegen Umweltschäden die Wahl zwischen folgenden Möglichkeiten gelassen wird: nehmens bei Haftpflichtversicherern, a) Individuelle Versicherung eines jeden einzelnen U n t e r b) gemeinsame Versicherung in Form von Gruppenversicherungsverträgen der in den Umweltschutzgenossenschaften zusammengeschlossenen Unternehmen bei Haftpflichtversicherern, c) die Umweltschutzgenossenschaften können audi selbst als Versicherer auftreten u n d schließen entsprechende Rückversicherungsverträge ab. Die Hauptaufgabe der Umweltschutzgenossenschaften wird sicherlich nicht die Übernahme der Haftpflicht aus Umweltschäden sein, sondern die Überwachung der Einhaltung von Umweltschutzvorschriften. These 3: Die Umweltschutzgenossenschaften stellen einen Teil ihres Beitragsaufkommens f ü r Forschungszwecke zur Verfügung. Damit die Umweltschutzgenossenschaften vernünftige Umweltschutzvorschriften erlassen können, müssen Forschungsvorhaben auf allen Gebieten des Umweltschutzes gefördert werden. Im Vordergrund jekte:
stehen dabei folgende
Forschungspro-
Sozial- u n d wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen über die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und U m welt, Forschung in Medizin und Biologie über die Wirkung von Bioziden und Umweltchemikalien, verstärkte Forschung in den N a t u r - und Ingenieurwissenschaften, vor allem bei der Messung und Registrierung von Schadstoffen in der L u f t und im Wasser, die Entwicklung neuer Technologien zur Reinigung der L u f t und des Wassers, zur Abfallbeseitigung und Aufbereitung, zur
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10. V e r b a n d der Ä r z t e Deutschlands
Reduzierung des Lärms, zur Vermeidung v o n radioaktiven Emissionen, zur Sicherung und überlegten N u t z u n g der N a h rungs- und Rohstoffquellen, die Entwicklung und E i n f ü h r u n g umweltfreundlicher Produktionsverfahren, die Entwicklung v o n Produktionsprozessen mit geringer Umweltbelastung und v o n Produkten, die weniger Abfallprobleme mit sich bringen. II. Organisationsform der
Umweltschutzgenossenschaften
These 4 : Alle gewerblichen und landwirtschaftlichen Unternehmen werden Mitglieder der Umweltschutzgenossenschaften. Die Einhaltung des Verursacherprinzips ist absolut notwendig, da sonst auch Privatleute erfaßt werden müßten, beispielsweise Hausbesitzer, Mieter, Autofahrer usw. These 5 : Die Umweltgenossenschaften erhalten den Status von Körperschaften öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsorganen. Die Umweltschutzgenossenschaften sind unabhängige K ö r perschaften. Sie werden f ü r einzelne Wirtschaftszweige gebildet analog zu den Berufsgenossenschaften. T r o t z ihrer unabhängigen Stellung können sie sich selbstverständlich bestehender Überwachungsdienste bedienen. Es ist dabei zu denken an die Technischen Uberwachungsvereine, die ja nicht nur die K r a f t fahrzeuge abnehmen, sondern auch Aufzugsanlagen, Abgasvorriditungen etc. überwachen, und an die Sicherheitsingenieure der Berufsgenossenschaften. Weitere Dienste können sicherlich in Anspruch genommen werden. These 6: Die Organe der Umweltschutzgenossenschaften werden paritätisch von den Arbeitgebern als potentielle Verursacher und von den Arbeitnehmern als Vertreter der potentiell Betroffenen besetzt. Die Arbeitgeber sind als Mitglieder der Umweltschutzgenossenschaften automatisch als Unternehmen vertreten. Die A r beitnehmer als v o n den Umweltbeschädigungen Betroffene müssen ebenfalls in den Organen der Umweltschutzgenossenschaften mitwirken können.
10. Verband der Ärzte Deutschlands
III. Finanzierung der
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Umweltschutzgenossenschaften
These 7: Die Mitglieder der Umweltschutzgenossenschaften leisten einen Basisbeitrag, der nadi Branchen unterschiedlich hoch sein kann. Der Beitrag ermäßigt sich, wenn zusätzliche Schutzvorschriften beachtet werden und keine Schäden eintreten. Die im Umweltschutzprogramm der Bundesregierung vorgesehenen Bußgelder sollen ebenfalls als Finanzquelle für die Umweltschutzgenossenschaften genutzt werden. Folgende Kosten können von den Umweltschutzgenossenschaften sicherlich nicht übernommen werden: 1. Wenn Betriebe bisher f ü r die Umweltverschmutzungsbeseitigung überhaupt nichts getan haben, kann die Umweltschutzgenossenschaft ihnen nicht die Grundeinrichtung bezahlen. 2. Auch Betriebe, die schon etwas gegen die Umweltverschmutzung unternommen haben, deren Ausstattungen jedoch den neu zu erlassenden Schutzvorsdiriften der Umweltschutzgenossenschaften nicht entsprechen, können die zusätzlich notwendigen Einrichtungen nicht durch die Umweltschutzgenossenschaften finanzieren lassen. Hauptkostenart für die Umweltschutzgenossenschaften wird die Regulierung von Umweltschäden sein. Weitere Kosten ergeben sich automatisch durch die Erfüllung der Aufgaben der Umweltschutzgenossenschaften. Schlußbemerkung 1.
Kompetenzen
Da sich heute eine große Zahl von staatlichen und privaten Organisationen mit Umweltforschung und mit der Beseitigung von Umweltverschmutzung beschäftigt, muß durch Gesetz eine Kompetenzabklärung erfolgen. 2. Staatliche Regiebetriebe Die eigenen Unternehmen des Staates, sei es von Bund, Ländern oder Komunen, müssen in die Umweltschutzgenossen-
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10. Verband der Ärzte Deutschlands
sdiaften aufgenommen werden, da sie die gleichen Gefahren in sich bergen wie Privatunternehmen. 3. Förderung von Privatunternehmen Es sollte geprüft werden, ob nicht ein Großteil der Gemeinschaftsaufgaben bei der Beseitigung von Umweltschäden, die bisher vom Staat durchgeführt wurden, auf Privatunternehmer übertragen werden können. Es hat sich herausgestellt, daß private Unternehmer rationeller, wirtschaftlicher und preiswerter arbeiten als Staatsbetriebe. 4. Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit Die Wirtschaft behauptet immer wieder, daß eine Regelung allein in der Bundesrepublik die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Waren auf Auslandsmärkten gefährde. Außerdem führe eine nationale Regelung nicht zu einer Beseitigung der Umweltverschmutzung, da die Reinhaltung der Luft und des Wassers, wie das Beispiel des Rheins zeigt, nur international möglich ist. Eine Regelung des Umweltschutzes auf EWG-Ebene und wenn möglich auf groß-europäischer Ebene muß dringendst angestrebt werden. Die langwierigen Verhandlungen auf internationaler Ebene dürfen jedoch nicht dazu führen, notwendige Maßnahmen auf nationaler Ebene zurückzustellen. Es ist Aufgabe des Staates, auf internationaler Ebene dafür zu sorgen, daß der Umweltverschmutzung Einhalt geboten wird. Sollte sich herausstellen, daß dies kurzfristig nicht möglich ist, dann muß die deutsche Wirtschaft bei der Einführung der Umweltschutzgenossenschaften durch Subventionen so geschützt werden, daß ihre Waren auch weiterhin auf internationalen Märkten konkurrenzfähig bleiben.
und
VI. A u s l ä n d i s c h e internationale Dokumente
1. Botschaft über die Lage der Nation (Richard M. Nixon) vom 22. Januar 1970* (Auszug) Das große Problem der siebziger Jahre lautet: Sollen wir vor unseren Umweltverhältnissen kapitulieren oder sollen wir unseren Frieden mit der Natur machen und mit der Wiedergutmachung der Schäden beginnen, die wir unserer Luft, unserem Boden und unseren Gewässern zugefügt haben? Die Natur wieder in ihren natürlichen Zustand zu versetzen, ist ein Anliegen, das über jedem Partei- und Gruppeninteresse steht. Es ist zu einem gemeinsamen Anliegen aller Menschen in diesem Land geworden. Es ist ein Anliegen, das besonders die jungen Amerikaner betrifft — weil sie mehr noch als wir die bitteren Konsequenzen zu tragen haben werden, die sich aus unserem Versäumnis ergeben, Programme in Angriff zu nehmen, die jetzt notwendig sind, wenn wir katastrophale Folgen für später verhindern wollen. Reine Luft, reines Wasser, unberührte, offene Landschaft — das sollte wieder zum angestammten Recht eines jeden Amerikaners werden. Wenn wir jetzt handeln — dann kann dies so werden. Wir glauben immer noch, daß reine Luft nichts kostet, aber weder reine Luft noch reines Wasser sind umsonst zu haben. Der Preis für die Verschmutzungskontrolle ist hoch. Durch unsere jahrelange Sorglosigkeit haben wir der Natur gegenüber eine Schuld anwachsen lassen, und diese Schuld wird nun eingefordert. •
Abdrudc der Übersetzung nadi „Amerika-Dienst", Bonn - Bad Godesberg 1971.
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1. Botschaft über die Lage der Nation (Nixon)
Das Programm, das ich dem Kongreß vorschlagen werde, wird das umfassendste und kostspieligste Programm auf diesem Gebiet in der amerikanischen Geschichte sein. Es ist kein Programm, das nur auf ein Jahr berechnet ist. Auf diesem Gebiet ist ein Plan für ein Jahr überhaupt kein Plan. Die Zeit ist gekommen, da man nicht nur auf ein Jahr, sondern auf fünf oder zehn Jahre vorausdenken muß — wie groß der Zeitraum auch immer sein mag, der für die Durchführung der Aufgabe erforderlich ist. Ich werde diesem Kongreß ein gesamtamerikanisches ZehnMilliarden-Dollar-Programm zur Reinhaltung des Wassers vorschlagen, um moderne städtische Müllbeseitigungsanlagen überall dort in Amerika zu errichten, wo sie notwendig sind, um unser Wasser wieder sauber zu machen und um dies jetzt zu tun. Wir haben die industrielle Kapazität, dies alles innerhalb von fünf Jahren zu bauen, wenn wir jetzt damit beginnen. Dieses Programm sorgt dafür, daß in fünf Jahren dies alles steht. Mit der unaufhaltsamen Ausbreitung unserer Städte und Vororte geht jenes kostbare, für Erholungszentren notwendige freie Land, das den Menschen zugänglich ist, verloren — oft für immer. Wenn wir diese Flächen nicht erhalten, solange sie noch da sind, werden wir nichts mehr zu erhalten haben. Deshalb werde ich neue Finanzierungsverfahren zum Ankauf von offenen Flächen und Parklandschaften vorschlagen, und zwar jetzt, ehe sie für uns verloren sind. Das Kraftfahrzeug ist unser schlimmster Luftverschmutzer. Eine ausreichende Kontrolle der Luftverschmutzung verlangt weitere Fortschritte im Motorenbau und in der Zusammensetzung der Treibstoffe. Wir werden unsere Forschung intensivieren, immer strengere Maßstäbe anlegen und striktere Durchführungsverordnungen erlassen — und wir werden das jetzt tun. Wir können es uns nicht mehr leisten, Luft und Wasser als Gemeineigentum zu betrachten, das jeder ohne Rücksicht auf die Folgen beliebig mißbrauchen kann. Statt dessen sollten wir
1. Botschaft über die Lage der Nation (Nixon)
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jetzt beginnen, beides als rare Naturschätze zu behandeln, die wir ebensowenig nach Belieben verschmutzen können, wie wir des Nachbars Garten als Müllplatz benutzen dürfen. Dies alles macht umfassende neue Maßnahmen notwendig. D a z u gehört auch, daß, so weit wie nur möglich, in dem Preis v o n Waren sowohl die Produktionskosten als auch die Kosten einbezogen werden, die f ü r ihre Beseitigung ohne Gefährdung der U m w e l t erforderlich sind. Ich bin mir über den o f t vorgebrachten Einwand im klaren, daß ein grundlegender Widerspruch zwischen wirtschaftlichem Wachstum und sauberer U m w e l t bestehe, so daß wir das eine dem anderen opfern müßten. Die A n t w o r t lautet: Das Wachstum nicht aufgeben, aber es in eine neue Richtung lenken. So sollten wir beispielsweise der Beengung und dem S m o g ein Ende bereiten — wobei wir aus dem gleichen Reservoir v o n Erfindungskraft schöpfen müssen, das diese Erscheinungen hervorgebracht hat. Ein andauerndes kräftiges Wirtschaftswachstum verschafft uns die Mittel, das Leben als solches zu bereichern und unseren Planeten mehr als bisher zu einem gastlichen Gestirn f ü r den Menschen zu machen. Jeder einzelne muß sich in diesem K a m p f einsetzen, soll er gewonnen werden. Es ist gesagt worden, wie viele Nationalparks und historische Gedenkstätten wir auch schaffen oder kaufen mögen, die einzig wirklich wichtige U m w e l t f ü r jeden von uns ist jene, in der wir achtzig Prozent unserer Zeit verbringen: unser H e i m , unser Arbeitsplatz und die Straßen, auf denen wir uns bewegen. Schmutzige Straßen, vernachlässigte Parkplätze und H ö f e , verfallene Zäune, zerbrochene Fenster, luftverpestende Automobile, unsaubere Arbeitsplätze — das alles sollten wir mit neuen Augen sehen lernen. Wir waren gegenüber unserer U m w e l t zu nachgiebig und allzu sehr bereit, es anderen zu überlassen, diese U m w e l t f ü r uns zu säubern. Es ist an der Zeit, daß alle jene, die massive Forderungen an die Gesellschaft richten, Mindestforderungen
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2. Umweltschutz-Programm 1971 (US-Kongreß)
an sich selbst stellen. Jeder von uns sollte sich dazu entschließen, sein Heim, seinen Grund und Boden, die öffentlichen Anlagen in seiner Stadt oder in seinem Dorf jeden Tag etwas sauberer, etwas besser, etwas angenehmer für sich und für seine Mitmenschen zu hinterlassen. Wenn die Bevölkerung mithilft, vermögen wir alles zu erreichen, ohne ihre Hilfe nichts. In diesem Geist können wir gemeinsam unser Land für unsere und die nachfolgenden Generationen rekultivieren. Zwischen heute und dem Jahr 2000 werden über 100 Millionen Kinder in den Vereinigten Staaten geboren werden. Wo — und wie — sie aufwachsen, wird mehr als alles andere den Maßstab für die qualitativen Aspekte des amerikanischen Lebens in den vor uns liegenden Jahren abgeben. Das sollte uns eine Warnung sein. 2. Umweltschutz-Programm 1971 Wortlaut der Botschaft Präsident Nixons an den US-Kongreß* (Auszug) Im August vergangenen Jahres übermittelte ich dem Kongreß den ersten Jahresbericht mit einer Bestandsaufnahme der Umweltprobleme in den USA. In meiner Begleitbotschaft hob ich hervor, daß der Bericht „die Grundprobleme beschreibt, denen wir uns jetzt gegenübersehen und die wir in Zukunft zu erwarten haben. Er vermittelt uns Richtlinien, die sie vermutlich lösen helfen und verweist darauf, was wir, so schnell es die Umstände überhaupt erlauben, unternehmen müssen". Das umfassende und weitreichende Aktionsprogramm, ich heute vorlege, baut auf dem 37-Punkte-Programm auf, ich vor einem Jahr dem Kongreß zuleitete. Es gründet sich die Fortschritte und profitiert von den Erfahrungen, die vergangenen Jahr gemacht wurden. Es gibt uns Mittel an *
Abdruck der Übersetzung Dienst, Berlin 1971.
n a d l United
States I n f o r m a t i o n
Service,
das das auf im die
Amerika-
2. Umweltschutz-Programm 1971 (US-Kongreß)
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Hand, sicherzustellen, daß wir als Nation die Initiative behalten, mit der unser aller Feldzug zur Erhaltung und Verbesserung unserer Umwelt so energisch begonnen wurde. Das Programm umfaßt: Maßnahmen zur Verbesserung von Verschmutzungskontrollen — Gebühren auf Schwefeloxyde und eine Steuer auf Blei im Benzin in Ergänzung der Vorschriften zur Kontrolle der Luftverschmutzung. — Wirksamere Kontrolle der Wasserverschmutzung durch ein 12-Milliarden-Dollar-Programm auf Bundesebene. Verschärfung der Bestimmungen über Standardwerte und wirksamere Vollzugsvollmachten. — Umfassende Verbesserungen der Kontrollbefugnisse bei Schädlingsbekämpfungsmitteln. — Einführung eines Bundesprogramms zur Förderung der Altpapierverwertung. Maßnahmen zur Beherrschung künftiger Probleme — Vorschriften für toxische Substanzen. — Vorschriften zur Lärmbekämpfung. — Kontrollen über die Versenkung von Abfällen im Meer. Maßnahmen zum Umweltschutz bei der Nutzung von Grund und Boden — Eine nationale Politik der Nutzung von Grund und Boden. — Ein neues und wesentlich erweitertes Programm für Landschaftsschutz und Erholungszentren, das der Stadtbevölkerung Parkgelände zugänglich macht. — Erhaltung historischer Bauwerke durch steuerpolitische Maßnahmen und andere Anreize. — Wesentliche Ausweitung der Maßnahmen zum Schutz unberührter Landschaft. — Genehmigung für die Anlagen neuer Kraftwerke und Überlandleitungen vor Baubeginn. — Vorschriften zum Umweltschutz bei Tage- und UntertageBergbau.
256
3. Deklaration zur Reinhaltung 'der Luft
Verbesserte Organisation — Schaffung eines Instituts für Umweltfragen, das Studien durchführt und Alternativmaßnahmen empfiehlt. Weltweiter Umweltschutz angestrebt — Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit. — Schaffung eines Welttreuhänderrates zum Schutz von Naturparks und Kulturdenkmälern, die für die gesamte Menschheit von einzigartigem Wert sind. 3.
Deklaration über Grundsätze zur Reinhaltung der Luft Europarat — Ministerausschuß — Entschließung (68)4 (Deutsche Fassung)* Der Ministerausschuß — nach Prüfung des Berichtes über die 2. Tagung des Sachverständigenausschusses Luftverunreinigung [CM (67) 169] — I. billigt die folgende Deklaration über Grundsätze zur Reinhaltung der Luft; II. empfiehlt den Regierungen der Mitgliedstaaten des Europarates: a) die in der Deklaration festgelegten Grundsätze beim Entwurf von Rechtsvorschriften und Verwaltungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Reinhaltung der Luft zu beachten, b) die Deklaration möglichst weitgehend bekanntzumachen; III. ersucht die Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär des Europarates alle 3 Jahre einen Bericht über jene Maßnahmen vorzulegen, die in Übereinstimmung mit den in der Deklaration festgelegten Grundsätzen zur Verhütung oder Verminderung der Luftverunreinigungen ergriffen worden sind. I. Präambel Die Luft ist lebensnotwendig; ihre natürliche Beschaffenheit muß erhalten bleiben, um die Gesundheit des Menschen, sein Wohlbefinden und seine Umwelt zu schützen. *
Abdruck nach Bulletin 1969, N r . 19/S. 155.
3. Deklaration zur Reinhaltung der Luft
257
Die natürliche Beschaffenheit der Luft kann durch Zuführen luftfremder Stoffe oder durch eine wesentliche Veränderung der richtigen Zusammensetzung der Luft beeinträchtigt werden. Eine Luftverunreinigung liegt vor, wenn luftfremde Stoffe oder eine wesentliche Veränderung der richtigen Zusammensetzung der Luft geeignet sind, Schäden, Nachteile oder Belästigungen hervorzurufen. Die Mitgliedstaaten des Europarates sollen in Übereinstimmung mit den folgenden Grundsätzen in Gesetzgebung und Verwaltung die nötigen Maßnahmen ergreifen, um jede Art von Luftverunreinigung zu verhüten oder zu vermindern. II. Grundsätze 1. Verantwortlichkeit
der Urheber von
Luftverunreinigungen
In der Gesetzgebung soll festgelegt werden, daß jeder, der eine Luftverunreinigung verursacht oder zu ihr beiträgt, verpflichtet ist, auch wenn Schädigungen nicht nachgewiesen werden, diese Luftverunreinigung auf ein Mindestmaß einzuschränken und sicherzustellen, daß die verbleibenden Emissionen gut verteilt werden. 2. Grundlegende
Vorschriften
Die Gesetzgebung zur Reinhaltung der Luft muß auf dem Grundsatz der Vorsorge beruhen. Die zuständigen Behörden sollen in der Lage sein, wenn die Umstände im Einzelfall dies erfordern, geeignete und durchführbare technische Maßnahmen anzuordnen; hierbei sind zu berücksichtigen Ausmaß und Häufigkeit der Luftverunreinigungen, geographische Gegebenheiten, gegenwärtige und künftige Bevölkerungsdichte und alle sonst bedeutsamen Faktoren. Je nach der Quelle der Luftverunreinigung soll der Grundsatz der Vorsorge auf verschiedene Weise durchgeführt werden: a) Die Errichtung neuer oder die Änderung bestehender Anlagen, die wesentlich zur Verunreinigung der Luft beitragen können, sollen von der Erteilung einer Einzelgenehmigung abhängig gemacht werden, in der zur Beschränkung der Emis17
A k t . D o k . , Umweltschutz
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3. Deklaration zur Reinhaltung der Luft
sionen Angaben über die Lage, den Bau und die Betriebsweise gemacht werden, wobei für bestehende Anlagen besondere Vorschriften erlassen werden können. b) Anlagen, die für sich allein nur unwesentlich zur Verunreinigung der Luft beitragen, sollen trotzdem allgemeinen Vorschriften über die Betriebsweise unterliegen, wenn z. B. die Häufung der Emissionen solcher Anlagen zu einer wesentlichen Konzentration der Luftverunreinigung in der Umgebung beitragen kann. c) Kraftfahrzeuge und serienmäßig hergestellte Feuerungseinrichtungen sollen allgemeinen Vorschriften über Konstruktion und Betrieb unterliegen; da Kraftfahrzeuge über die Grenzen hinweg verkehren, sollen hierfür möglichst einheitliche europäische Normen eingeführt werden. Solche Normen sollen auch für serienmäßig hergestellte Feuerungseinrichtungen geschaffen werden, die Gegenstand des internationalen Handels sind. 3. Überwachung
und
Durchführung
Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, daß geeignete Verwaltungsorganisationen geschaffen werden, um a) Art und Ausmaß von Luftverunreinigungen zu ermitteln; b) die Einhaltung der Vorschriften für Anlagen, Kraftfahrzeuge und Feuerungseinrichtungen zu überwachen; c) die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um notwendige Verbesserungen zu erzielen. 4. Anpassung an den technisch-wissenschaftlichen
Fortschritt
Die Gesetzgebung soll ermöglichen, daß neue technische Verfahren und Verbesserungen, sowie neue wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden können. 5. Besondere
Maßnahmen
Außer den allgemein vorgeschriebenen Maßnahmen soll die Gesetzgebung auch besondere Maßnahmen für schutzbedürftige Gebiete, für Gebiete mit stark verunreinigter Luft und für Notfälle ermöglichen.
3. Deklaration zur Reinhaltung der Luft
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6. Finanzierung Die Kosten für die Verhütung oder Verminderung der Luftverunreinigungen sollen von denen getragen werden, die die Verunreinigungen verursachen. Dies schließt jedoch eine finanzielle Unterstützung durch öffentliche Stellen nicht aus. 7. Luftverunreinigungen in Grenzgebieten Treten Luftverunreinigungen in Grenzgebieten auf, so soll dies Gegenstand gemeinsamer Prüfungen durch die betroffenen Staaten sein; ein Verfahren hierfür soll noch ausgearbeitet werden. 8. Stadt- und Landplanung Die Beziehung zwischen städtebaulicher und industrieller Entwicklung einerseits und der Luftreinhaltung andererseits sollte bereits bei der Planung berücksichtigt werden; die für die Planung verantwortlichen Stellen sollen der Erhaltung und Schaffung von Grünzonen die nötige Aufmerksamkeit widmen. III. Förderung der Forschung durch die Regierungen Zur wirksameren Bekämpfung der Luftverunreinigungen ist es Aufgabe der Regierungen der Mitgliedstaaten, Studien und Forschungen auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern über technische Möglichkeiten zur Verhütung und Verminderung von Luftverunreinigungen, über die Verteilung der Luftverunreinigungen in der Atmosphäre und über die Wirkung der Luftverunreinigungen auf den Menschen und seine Umwelt.
260
4. Politik der E W G auf dem Gebiet .des Umweltschutzes
4.
Erste Mitteilung der Kommission über Politik der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes vom 30. August 1971* (Auszug)
II. A l l g e m e i n e s
Aktionsprogramm
Die Verwirklichung der vorstehend beschriebenen Ziele und Aufgaben erfordert die Erstellung eines umfassenden und gleichzeitig konkreten Aktionsprogramms der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Dieses Programm müßte im einzelnen folgende Punkte umfassen: 1. Erlaß von Vorschriften auf Gemeinschaftsebene zur Verringerung oder Beseitigung der Gefahren infolge Umweltverschmutzung und Umweltbelästigung für die Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen. Diese Aktion würde den Schutz der öffentlichen Volksgesundheit und der Umweltgüte in der Gemeinschaft ermöglichen, ohne neue Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen. 2. Errichtung eines Beobachtungsnetzes auf Gemeinschaftsebene für Wasser-, Luft- und Bodenverschmutzung auf der Grundlage der bereits bestehenden einzelstaatlichen Einrichtungen und Schaffung einer gemeinsamen Zentralstelle für die Verarbeitung der Beobachtungsergebnisse, um der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten vollständige und vergleichbare Informationen über die Verschmutzungsgrade zu verschaffen und eine wirksame Kontrolle der gemeinsamen Vorschriften zu gewährleisten. 3. Erstellung eines koordinierten Forschungsprogramms und eventuelle finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft an dessen Durchführung zu dem Zweck: — die Kenntnisse über die Verschmutzungsphänomene, die für den Erlaß der unter Punkt 1. vorgesehenen Gemeinschaftsvorschriften erforderlich sind, zu vertiefen; *
Abdruck nach Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksadie V I , S . 2537.
4. Politik der E W G auf dem Gebiet des Umweltschutzes
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— die unter Punkt 2 erwähnten Methoden und Meßtechniken zu verbessern; — neue, weniger oder gar nicht verschmutzungswirksame Produkte und industrielle Verfahren zu erforschen und zu entwickeln. 4. Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit dem Ziel, die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften gegen die Verschmutzung durch die Einzelpersonen sowie die Strafmaßnahmen bei Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften zu harmonisieren und zu verstärken. 5. Gewährung finanzieller Hilfen für Einzelaktionen zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung auf regionaler oder sektorieller Ebene. 6. Erhaltung und Entwicklung des Lebensraums, der Versorgungsquellen und der natürlichen Umwelt der Gemeinschaft, insbesondere im Rahmen der Landwirtschafts- und Regionalpolitik. 7. Förderung der Landschaftsplanung für bestimmte Gebiete, die von allgemeinem Interesse für die Gemeinschaft sind (z. B. das Rheineinzugsgebiet und die Seeküsten), sowie finanzielle Beteiligung an der Errichtung und der Tätigkeit von Kontroll- und Planungsstellen für diese Gebiete. 8. Teilnahme der Gemeinschaft als solcher an den Arbeiten internationaler Organisationen zur Erhaltung der natürlichen Güter der Welt und die Vermeidung von Hemmnissen im internationalen Handel. Eine solche Aktion würde der Gemeinschaft die Möglichkeit geben, ihre spezifischen Interessen geltend zu machen. 9. Studium der Zweckmäßigkeit der Schaffung eines Europäischen Instituts für Umweltschutz unter Berücksichtigung der verschiedenen in den Mitgliedstaaten im Gange befindlichen Initiativen. Die Rolle eines solchen Instituts könnte darin beruhen, auf Gemeinschaftsniveau eine Koordination der Studien und Forschungen sicherzustellen, die in der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes unternommen werden zum Zwecke der:
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5. Entschließung der Intern. Parlamentarier-Konferenz
— Vertiefung der Überlegungen über die Verbesserung der Lebensbedingungen durch Studien oder durch Veranstaltungen von Seminaren und Konferenzen sowie Ausarbeitung eines europäischen Zivilisationsmodells; — Erstellung einer Bilanz der natürlichen Versorgungsquellen der Gemeinschaft und Ausarbeitung eines langfristigen allgemeinen Bewirtschaftungs- und Entwicklungsplans für diese Versorgungsquellen; — Sammlung, Verarbeitung, Vervollständigung und Verteilung der Informationen und Auskünfte über Umweltfragen auf Gemeinschaftsebene, und zwar insbesondere der Informationen über neue Techniken und Verfahren, die zur Einschränkung der Umweltverschmutzung dienen können; — Veranstaltung von — vor allem nachakademischen — Ausbildungskursen auf dem Gebiet des Umweltschutzes.
5. Entschließung der Internationalen Parlamentarier-Konferenz zu Umweltfragen vom 4. Juni 1971* In Anbetracht der Tatsache, daß — effektive Maßnahmen dringend notwendig sind, um die natürlichen Hilfsquellen unserer einzigen Welt mit einer ökologisch gesunden Umwelt und den sozialen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritt der Menschheit zu erhalten; — die bedeutungsvollen Studien, Maßnahmen und Ergebnisse, die in verschiedenen Staaten erreicht wurden, die Notwendigkeit für die Unterrichtung und Bewußtseinsbildung der Öffentlichkeit sowie für die internationalen Maßnahmen bewiesen und geweckt haben, anzuerkennen sind; — zur Zeit die internationalen offiziellen Entscheidungsorgane in erster Linie die Verwaltung der einzelnen Staaten *
Abdruck nach Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache VI/2468 (Anlage).
5. Entschließung der Intern. Parlamentarier-Konferenz
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vertreten, die Parlamentarier jedoch auch auf internationalem Gebiet einen entscheidenden Beitrag bei der Formulierung der Umweltpolitik machen sollten; — wir die positiven Maßnahmen zum Schutze der Umwelt, die von vielen internationalen nichtamtlichen Organisationen, einschließlich der Interparlamentarischen Union, getroffen worden sind, unterstützen und zu diesen Aktionen beitragen möchten; — wir glauben, die weltweiten Anstrengungen, die notwendig sind, um eine vorausschauende Nutzung der Umwelt zu erreichen, mit der Aufstellung einer Prioritätenliste gegenwärtiger und neu auftauchender Probleme und von Vorschlägen zu ihrer Lösung gefördert werden können; Haben wir uns dahingehend geeinigt, daß die folgenden Punkte sofortiger und wirkungsvoller internationaler Maßnahmen bedürfen: — Die Regierungen sollen internationale Verhandlungen beginnen, damit Systeme für strenge Kontrollen gegen Verschmutzung, die den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepaßt sind, errichtet werden. Diese Systeme sollen so beschaffen sein, daß sie den internationalen Wettbewerb nicht verzerren; jedoch sollen allgemeine Umweltstandards entwickelt werden, die von den Vertragsstaaten angewendet werden können. — International vereinbarte Grenzwerte für die Einnahme und Einatmung von bestimmten Substanzen durch Menschen, Tiere und Vegetation (einschließlich jährlicher Mittelwerte, solcher für jeweils 100 Tage und eines absoluten Tagesgrenzwertes) sollten entsprechend angewendet werden können. — Die Regierungen sollen internationale Verhandlungen beginnen und internationale Standards hinsichtlich der Gesundheit, der Produkte, der Emissionen und der Umwelt festlegen, die auf Produkte, die in den internationalen Handel Eingang finden, angewendet werden können. — Sowohl internationale als auch koordinierte nationale Forschungsprogramme zu allen Umweltproblemen müssen durch das System der Vereinten Nationen, ggf. in enger Zusammen-
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arbeit mit den zuständigen internationalen nichtamtlichen Organisationen, unterstützt werden. Die notwendigen organisatorischen Änderungen im System der Vereinten Nationen müssen durchgeführt werden, damit solche Forschungsprogramme so schnell wie möglich eingeleitet werden können. — Die umweltrelevanten Auswirkungen der Entwicklungshilfe und der Investitionsprogramme im Ausland sind sorgfältig zu studieren und von allen Beteiligten zu beraten, bevor solche Projekte in die Tat umgesetzt werden. Den Entwicklungsländern muß technische Hilfe zur Ausbildung von Umweltmanagern und -Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt werden. — Internationale Transporte gefährlicher oder verschmutzter Stoffe müssen einer genauen Regelung unterworfen werden, damit u. a. die Haftung im Falle einer Umweltbeeinträchtigung feststeht. Ein System einer Pflichtversicherung ist zu errichten, um das — die Transportunternehmer betreffende — Risiko abzudecken. Keine gefährlichen Substanzen dürfen ohne ein Begleitpapier transportiert werden, das u. a. aufzeigt, wie man im Falle der Gefahr oder eines Unfalles zu verfahren hat. — Alle Staaten sollten die Internationale Konvention über die Intervention auf Hoher See bei Schäden durch Ölverschmutzung, die Internationale Konvention über die Zivilrechtliche Verantwortung für ölverschmutzungsschäden (IMCO, Brüssel, 1969) und die Abänderungen der Internationalen Konvention zur Verhinderung der Meeresverschmutzung durch ö l des Jahres 1954 ratifizieren. Ein Regierungsabkommen über einen zusätzlichen von den Transporteuren und Eigentümern von ölladungen zu errichtenden Ausgleichsfonds zur Erhöhung der Haftung im Fall des Auslaufens von ö l sollte sobald als möglich von allen Staaten ausgehandelt, unterschrieben und ratifiziert werden. — Ein Recht auf eine Umwelt in bestem Zustand, wie sie unabdingbar ist für das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden sowie die kulturelle Entfaltung des Menschen, sollte als ergänzender Punkt in die Allgemeine Menschenrechtserklärung aufgenommen werden.
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Haben wir uns dahingehend geeinigt, daß die folgenden Punkte dringend internationaler Konsultationen und Maßnahmen bedürfen: — Es sollten internationale Regeln und Verfahrensvorsdiriften festgelegt werden, um internationale Abkommen daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie die Umwelt beeinflussen. Dies sollte sowohl neu vorgesehene Abkommen als auch bereits in Kraft befindliche Abkommen betreffen. — Eine Konvention, die das Verklappen von ö l und toxischen Stoffen auf See verhindert und das Verklappen anderer Abfälle auf See regelt, sollte baldmöglichst ausgearbeitet, unterschrieben und ratifiziert werden. Eine solche Konvention soll internationale Kontrollmaßnahmen und Sanktionen gegen Übertretungen vorsehen. — Für jedes internationale Einzugsgebiet eines Flusses sollten sich die Anliegerstaaten bemühen, eine Vereinbarung zu schließen, die es ihnen ermöglicht, gemeinsam die Umweltprobleme und die Erhaltung der Natur des betreffenden Flusses zu prüfen und zu lösen. Diese Ubereinkommen sollten insbesondere ein internationales Kontroll- und Sanktionssystem vorsehen. — Es sollte ein internationales Abkommen abgeschlossen werden, das alle Staaten verpflichtet, bestimmte Produkte und Verfahren, die mit toxischen und nicht abbaubaren oder nicht wiederverwendbaren Stoffen in Verbindung stehen, daraufhin zu untersuchen, welche möglichen Folgen aus dem Gebrauch für die Umwelt entstehen; dies sollte vor der Einführung auf dem Verbrauchermarkt geschehen. Ein derartiges Abkommen sollte ebenfalls eine Standardisierung der Untersuchungsverfahren vorsehen. — Es sollte ein internationales System für geschützte Gebiete unter internationaler Schirmherrschaft geschaffen werden, um sowohl gefährdete Pflanzen- und Tierarten, als auch bemerkenswerte Pflanzen- und Tiergesellschaften zu schützen. Internationale Ubereinkommen zum Schutz gefährdeter Tierarten, die Wanderungswege einschlagen, sollten abgeschlossen werden. Die Staaten sollten sich festlegen, über die Leistungen
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der nichtamtlichen Stellen hinausgehend die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um weltweite Maßnahmen zur Erhaltung von Flora und Fauna durchzuführen. — Der Entwurf der I U C N für eine „Konvention über die Einfuhr, die Ausfuhr und den Transit gewisser Pflanzen- und Tierarten", der den internationalen Handelsverkehr bedrohter und aussterbender Arten regelt, sollte von allen Staaten baldmöglichst unterzeichnet und ratifiziert werden. — Informationen über öffentliche Umweltprogramme und ihre Durchführung auf nationaler und internationaler Ebene sollten zentral zusammengefaßt werden, um einen leichten Zugang zu den Verfahren und Methoden zu gewährleisten, die für den Umweltschutz von Nutzen sind. — Soweit es die Länder mit Überbevölkerung betrifft, sollten Forschung und Forschungsprogramme über die Bevölkerungsplanung wirkungsvoll auf internationaler Ebene koordiniert und jede mögliche Maßnahme einer tatsächlichen Durchführung der Geburtenkontrolle wahrgenommen werden; zu diesem Zwecke sollte der Erziehung zur Geburtenkontrolle in finanzieller und anderer Hinsicht besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung gewidmet werden. — Die Regierungen sollten solche notwendigen Regelungen treffen, die verhüten, daß industrielle und andere Unternehmen Konzessionen unter nationalen Umweltgesetzen erhalten, weil sie drohen, ihre neuen Investitionen im Ausland zu tätigen. — Ein internationales System zur regelmäßigen Messung der Verschmutzung des Wassers und der Luft sollte errichtet werden. Zu diesem Zweck sollten die zu bestimmenden Stoffe aufgelistet und Ermittlungsmethoden und Normen erstellt werden. — Eine internationale Datenbank über die Verschmutzung ist zu errichten, deren Aufgabe es ist, Informationen über die Verschmutzung zu sammeln, zu erläutern und allen Ländern zur Verfügung zu stellen.
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Haben wir festgestellt, daß die folgenden Punkte dringend der Erforschung und Aussprache bedürfen, damit internationale Maßnahmen getroffen werden können, wenn und sobald dies notwendig ist: — Nationale Raumordnungs- bzw. Landesplanungsprogramme sollten mit den Nachbarstaaten koordiniert werden, wenn Teile derartiger Programme einen Einfluß auf Umweltbedingungen dieser Staaten haben können. — Eine Studie muß angefertigt werden über die rechtlichen Möglichkeiten von Personen, die durch schädliche Umweltmaßnahmen in einem anderen Land geschädigt worden sind, damit rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen eingeleitet werden können. — Größere Projekte, welche die Umweltbedingungen der Erde — insbesondere die klimatischen — negativ beeinflussen könnten, sollten voll und ganz auf ihre Rückwirkungen auf die Umwelt untersucht werden, ehe sie in Angriff genommen werden.
Aktuelle Dokumente de Gruyter Herausgegeben von Prof. Dr. Ingo von Münch
Entwicklung der Berlin-Frage (1944-1971) DM 12,80
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Carl Bruno Bloemertz Wieviel kostet dein Schmerz? Was der Verletzte über das Schmerzensgeld wissen muß. Oktav. IV, 55 Seiten. 1971. Plastik flexibel D M 6,80 ISBN 3 11 003935 4 Ärzte, Anwälte, Gerichte und verantwortungsbewußte Versicherungen wollen dem Verletzten zu seinem Recht verhelfen — zu einem angemessenen Schmerzensgeld. Alle diese Helfer können aber nur tätig werden, wenn der Geschädigte die ersten Schritte hierzu unternimmt. Es liegt also nur am Verletzten selbst, ob etwas geschieht. „Wieviel kostet dein Schmerz?" informiert darüber, wie der Verletzte oder seine Angehörigen diesen ersten Schritt zweckmäßig tun sollten. In leicht verständlicher Weise und ohne schwierige Problematik erfährt jeder wie er zu seinem Schmerzensgeld kommt — in welcher Weise der Anwalt helfen kann — welche entscheidende Rolle der Arzt spielt — daß „Schmerz" viel mehr ist als körperlicher Schmerz — welcher Schmerzensgeldbetrag angemessen ist - daß auch die deutschen Versicherungen gar nicht so übel sind, wie allgemein angenommen wird und vieles mehr. Den ersten Schritt muß der Verletzte tun - den richtigen Schritt — dazu verhilft ihm dieses Buch.
Notizen
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