Umsatzsteuerrecht 9783504381158

Das erste echte Lehrbuch zum Umsatzsteuerrecht ist da. Dazu hat es auch Handbuchcharakter und braucht selbst den Verglei

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German Pages 792 Year 2005

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Umsatzsteuerrecht
 9783504381158

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Stadie Umsatzsteuerrecht

.

Umsatzsteuerrecht von

Prof. Dr. Holger Stadie Universität Leipzig

2005

oUs

Verlag Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliiothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen N ationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] ~vww.otto-schmidt.de

© 2005 bJT Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, J\.tikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung; in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus clhlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alteru1ngsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz:: ICS, Bergisch Gladbach Druck und Verarbeitung: Boyens, Heide Printed in Germany

Vorwort Obwohl die Umsatzsteuer demnchst 90 Jahre alt wird (Warenumsatzsteuer von 1916), gab es bislang – wenn ich es richtig sehe – noch kein (echtes) Lehrbuch zum Umsatzsteuerrecht. Es finden sich zwar einige Bcher mit dem Titel „Umsatzsteuer“, sie befassen sich jedoch ausschließlich oder weitgehend nur mit der eher unkritischen Darstellung der jeweiligen Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung. Ihrem Titel entsprechend fragen sie nicht nach dem Recht, sondern beschrnken sich auf die Wiedergabe der vorgefundenen steuerlichen Erkenntnisse. Das vorliegende Werk versteht sich hingegen als klassisches Lehrbuch, fr das der Titel „Umsatzsteuerrecht“ (selbstverstndliches) Programm ist. Es befaßt sich demgemß mit der steuerrechtlichen Sicht der Dinge und fragt nach der richtigen Auslegung des Umsatzsteuergesetzes. Folglich werden in wissenschaftlicher Unabhngigkeit Rechtsprechung (einschließlich der des EuGH), Verwaltungsauffassung und Schrifttum einer kritischen Betrachtung unterzogen und nicht selten als fehlerhaft gebrandmarkt. Wer nur die gerade herrschende Sichtweise nachschlagen will, der greife deshalb nicht zu diesem Buch. Wer hingegen die systematischen und dogmatischen Grundlinien des Umsatzsteuerrechts erkennen mchte, Antworten auf bislang ungeklrte Fragen sucht oder Argumentationshilfen bentigt, um gegen eine verfehlte Verwaltungsauffassung oder Rechtsprechung vorzugehen, der gehrt zum Adressatenkreis dieses Werkes. Selbstverstndlich ist, daß bei der Darstellung des Umsatzsteuerrechts stets die einschlgigen EG-Richtlinien-Vorgaben in ihrer Auslegung durch den EuGH einbezogen worden sind. Das Umsatzsteuerrecht erscheint vielen als besonders schwere Steuerrechtsmaterie. Das drfte vor allem daran liegen, daß die zum Verstndnis des Umsatzsteuerrechts erforderlichen wenigen Grundregeln zwar einfach sind, diese jedoch nicht expressis verbis im Gesetzestext niedergelegt sind. Ein wesentliches Anliegen des Lehrbuches ist es deshalb, diese Prinzipien aufzuzeigen und zu verdeutlichen, wie sie jeweils die Auslegung des Gesetzes bei der Problemlsung im Einzelfall bestimmen. Dazu gehrt auch die Erkenntnis, daß die Unternehmer nur zwangsverpflichtete Gehilfen des Staates bei der Umsatzbesteuerung der Verbraucher sind und folglich nur „als Steuereinnehmer fr Rechnung des Staates ttig“ werden (EuGH). Es ist erschreckend, mit welcher Ignoranz Finanzverwaltung und nationale Rechtsprechung sich weigern, diese elementare Tatsache zu bercksichtigen. So wird es seit jeher als selbstverstndlich angesehen, daß die Unternehmer die Steuer zugunsten des Staates nach dem sog. Soll-Prinzip ber lngere Zeit vorfinanzieren mssen. Ebenso werden die finanziellen Konsequenzen aus unvermeidbaren Fehleinschtzungen des Unternehmers dem allgemeinen Unternehmerrisiko zugewiesen. Diese und weitere Fehlentwicklungen des Umsatzsteuerrechts sind mit dem verfassungsrechtlichen wie gemeinschaftsrechtlichen Verhltnismßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Demgemß finden sich in dieV

Vorwort

sem Buch hufig (siehe Stichwortverzeichnis) die Begriffe „Vertrauensschutz“ und „bermaßverbot“, welche fr die Finanzverwaltung, die nationale Rechtsprechung (nicht fr den EuGH) und o. g. Schrifttum weitgehend Fremdwrter sind. Entsprechendes gilt fr die Ausprgungen des Gleichbehandlungsgebotes in Gestalt der „Wettbewerbsneutralitt“, der „Rechtsformneutralitt“ und des „Willkrverbotes“. Einige neuere Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes (Beispiele: § 3 Abs. 6 Satz 6, § 13 d, § 14 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 5, § 25 d) sind derart fehlerhaft (dilettantisch) formuliert oder sind unsinnig bzw. schlicht berflssig (weil ein Scheinproblem „geregelt“ wird), daß man sich als Lehrbuchschreiber fast dafr entschuldigen mchte, daß man sie erwhnt. Angesichts der rasant zunehmenden, nicht nachvollziehbaren Sucht eines Teils der Deutschen (einschließlich sterreicher), untereinander nicht mehr Deutsch zu sprechen und zu schreiben, sondern sich darin zu berbieten, englische Begriffe zu verwenden, obwohl die entsprechenden deutschen Begriffe genau so przise oder noch aussagekrftiger sind (Beispiele: outsourcing, reverse charge, cross check, missing trader, buffer), mchte ich betonen, daß in diesem Buch (bis auf zwei nicht mehr auszumerzende, wenn auch gleichermaßen berflssige Begriffe) keine derartigen Lcherlichkeiten zu finden sind. Ich danke meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter, Herrn Assessor David Hummel fr die kritische Durchsicht eines Großteils des Werkes und fr viele ntzliche Hinweise und Anregungen. Ebenso danke ich meiner Sekretrin Frau Yvonne Zwicker fr ihre Sorgfalt und Geduld bei der Textverarbeitung, vor allem bezglich der unzhligen nderungen und Einfgungen. Leipzig, im Juni 2005

VI

Holger Stadie

Inhaltsbersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIII Verzeichnis abgekrzt zitierter Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLI

Kapitel 1 Einfhrung, Grundlagen Rz.

Seite

I. Geschichte der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.1

1

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer . . . . . . . . .

1.8

3

III. Umsatzsteuer und Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.26

11

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . .

1.49

19

V. Begriffliches, Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.63

24

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung . . . . . . .

2.1

26

Kapitel 2 Leistung II. Leistung bei Entschdigungszahlungen . . . . . . . . . . . . . . .

2.21

35

III. Fiktionen einer Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.37

41

IV. Personelle Zurechnung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.38

41

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.1

44

II. Tausch und tauschhnliche Vorgnge . . . . . . . . . . . . . . . .

3.11

46

III. Gesellschafterbeitrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.14

48

Kapitel 3 Leistung gegen Entgelt („Leistungsaustausch“)

VII

Inhaltsbersicht

Kapitel 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit Rz.

Seite

I. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1

50

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen . . . . . . . . . . .

4.3

51

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen . . . .

4.27

59

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.1

66

II. Unternehmerfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.9

69

III. Selbstndigkeit natrlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . .

5.20

73

Kapitel 5 Unternehmer, Unternehmen

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit . . . . . . . . . . . . . . .

5.37

77

V. Personelle Zurechnung der Unternehmerttigkeit . . . . . .

5.119

108

VI. Das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.131

112

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft . . . . . . . . .

5.139

115

VIII. Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.163

123

IX. Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.206

137

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.267

160

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.1

172

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.8

174

I. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.1

180

II. Lieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.2

180

III. Sonstige Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.53

196

IV. Einheitlichkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.69

203

Kapitel 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens

Kapitel 7 Lieferung – sonstige Leistung

VIII

Inhaltsbersicht

Kapitel 8 Leistungen im Inland Rz.

Seite

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.1

210

II. Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.4

211

III. Ort der Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.6

211

IV. Ort der sonstigen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.47

225

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.1

260

II. Einfuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.7

262

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.9

262

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.1

278

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . .

10.8

281

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . .

10.67

302

Kapitel 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

Kapitel 10 Steuerbefreiungen

Kapitel 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze I. berblick, Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.1

346

II. Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.3

346

III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.44

366

IV. Sog. Mindest-Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.58

373

V. Steuerstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.64

375

I. Entstehung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.1

378

II. Berichtigung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.33

387

Kapitel 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

IX

Inhaltsbersicht

Kapitel 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers Rz.

I. II. III. IV.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Tatbestnde . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsempfnger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer

. . . .

Seite

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

13.1 13.4 13.36 13.46

404 405 416 420

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen . . . Berechtigung, eine Rechnung auszustellen . . . . . . . Begriff der Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erforderliche Angaben in der Rechnung . . . . . . . . . Berichtigung der Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbewahrungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

14.1 14.8 14.23 14.28 14.44 14.77 14.81 14.83

430 433 437 439 443 455 456 456

.. .. ..

15.1 15.7 15.92

479 481 516

..

15.103 520

..

15.131 531

Kapitel 14 Rechnungen I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.

Kapitel 15 Vorsteuerabzug I. II. III. IV.

Allgemeines, Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer . . . Abziehbarkeit der brigen Vorsteuern . . . . . . . . . . . . . Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs I. II. III. IV.

X

Allgemeines, berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung Ttigung abzugsschdlicher Aufwendungen . . . . . . . . . . . Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung eines Wirtschaftsgutes u. . Werte

16.1 16.7 16.30

556 557 565

16.36

567

Inhaltsbersicht

Kapitel 17 Sonderregelungen I. Befreiung fr Kleinunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pauschalierung der Vorsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besteuerung der Reiseleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

Rz.

Seite

... ...

17.2 17.39

612 626

... ... ...

17.44 17.73 17.85

628 637 641

18.1 18.24

655 664

18.41

670

... ...

19.1 19.9

677 679

... ...

19.15 19.28

681 685

...

19.56

693

...

19.64

696

20.1

698

20.23 20.35

706 710

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge . . . . . . II. Besteuerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer in einem besonderen Verfahren . . . . . . . . . .

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung wegen Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung bei Unternehmensbeteiligung oder Unternehmenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung V. Haftung des Lieferers fr die Vorsteuerberichtigung beim sog. Mietkufer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Haftung fr Umsatzsteuer aus einer vorangegangenen Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . II. Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes . . . . . . . . . . .

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

715 XI

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsbersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIII Verzeichnis abgekrzt zitierter Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLI

Kapitel 1 Einfhrung, Grundlagen Rz.

I. Geschichte der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer 1. Mehrwertsteuer-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer . . 3. Folgerungen a) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klagebefugnis des Steuertrgers (Verbrauchers)

Seite

1.1

1

..... .....

1.8 1.13

3 5

..... .....

1.18 1.23

8 10

.. .. ..

1.26 1.30 1.34

11 13 14

. . . .

1.37 1.42 1.47 1.48

14 16 18 18

1.49

19

1.52 1.54 1.57

20 21 21

1.61

23

1.63

24

III. Umsatzsteuer und Verfassung 1. Umsatzsteuer in der Finanzverfassung a) Gesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ertragshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwaltungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsmßigkeit der Indienstnahme des Unternehmers zur Erhebung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gebot der Wettbewerbsneutralitt . . . . . . . . . . . . . . 4. Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nichtdiskriminierung von Ehe und Familie . . . . . . .

. . . .

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht 1. Harmonisierung durch Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einwirkungen der Richtlinien auf das nationale Recht a) Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorabentscheidungen des Europischen Gerichtshofs c) Unmittelbare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien d) Neutralittsgrundsatz in der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Begriffliches, Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 2 Leistung Rz.

Seite

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwei Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Freiwilligkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.1 2.11 2.17

26 30 33

II. Leistung bei Entschdigungszahlungen 1. Begriffliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorzeitige Vertragsauflsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtswidrige Nutzung einer Sache oder eines Rechts 4. Zerstrung oder Beschdigung einer Sache . . . . . . . . . .

2.21 2.22 2.28 2.33

35 35 37 39

III. Fiktionen einer Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.37

41

IV. Personelle Zurechnung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . .

2.38

41

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.1

44

II. Tausch und tauschhnliche Vorgnge 1. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachleistungen gegenber Arbeitnehmern . . . . . . . . . .

3.11 3.12

46 47

III. Gesellschafterbeitrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.14

48

I. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1

50

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen 1. Gegenstandsentnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuwendungen an das Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unentgeltliche Lieferungen an Dritte . . . . . . . . . . . . .

4.3 4.15 4.16

51 55 56

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen 1. Verwendung eines Gegenstandes fr unternehmensfremde Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unentgeltliche berlassung an das Personal . . . . . . . . 3. Unentgeltliche andere sonstige Leistungen . . . . . . . . .

4.27 4.35 4.37

59 62 62

Kapitel 3 Leistung gegen Entgelt („Leistungsaustausch“)

Kapitel 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

XIV

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 5 Unternehmer, Unternehmen Rz.

I. Allgemeines 1. Funktion des Unternehmers bei der Umsatzsteuer . . . . 2. Begriff des Steuerpflichtigen iS der 6. EG-Richtlinie . . . II. Unternehmerfhigkeit 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemeinschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nicht rechtsfhige Vermgensmassen . . . . . 5. Juristische Personen des ffentlichen Rechts . III. Selbstndigkeit natrlicher Personen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesamtbildbetrachtung . . . . . . . . 3. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personenzusammenschlsse . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Seite

5.1 5.6

66 67

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

5.9 5.12 5.13 5.18 5.19

69 70 70 72 72

. . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

5.20 5.25 5.29 5.36

73 74 75 77

..

5.37

77

. . . .

. . . .

5.38 5.44 5.50 5.52

78 79 82 83

..

5.55

84

.. .. ..

5.57 5.58 5.66

85 86 88

. . . . .

. . . . .

5.67 5.69 5.73 5.78 5.80

89 90 91 93 93

.. ..

5.84 5.87

95 96

. . . .

5.93 5.94 5.100 5.106

98 99 101 103

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit . . . . . . . . . . . . . 1. Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Halten von Beteiligungen, sog. Holding . . . . . . . . c) Innengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organe juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmerbegriff als Typusbegriff a) Untauglichkeit des Merkmals „nachhaltig“ . . . . . b) Typus „Unternehmer“ aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Charakteristische (typische) Merkmale . . . . . cc) Gesamtbildbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fallgruppen aa) Verußerungsttigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erbringung aktiver Dienstleistungen . . . . . . . cc) Nutzungsberlassungen auf Dauer . . . . . . . . dd) Verzicht auf die Ausbung einer Ttigkeit . . . ee) Einmalige Ttigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fehlende Gewinnerzielungsabsicht a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sog. Liebhaberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personenvereinigungen, die nur gegenber ihren Mitgliedern ttig werden a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereine, Verbnde u. . Interessenvereinigungen . . c) Kostenumlegende Kooperationsgesellschaften u. . d) Zuschußfinanzierte Gesellschaften . . . . . . . . . . .

. . . .

XV

Inhaltsverzeichnis Rz.

5. Gesellschafter a) Gesellschafter von Personengesellschaften aa) Allgemeines, Erbringung von Beitrgen bb) Umstze gegenber der Gesellschaft . . cc) Mittelbare Unternehmereigenschaft . . b) Gesellschafter von Kapitalgesellschaften . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

5.107 5.110 5.112 5.118

103 105 106 108

5.119

108

5.123

109

5.131 5.137

112 114

. . . .

5.139 5.142 5.146 5.150

115 116 117 119

..... .....

5.151 5.158

119 121

5.163 5.167 5.174 5.177

123 124 127 128

5.182

129

5.186 5.197 5.203

131 134 136

5.206 5.212 5.220

137 140 144

V. Personelle Zurechnung der Unternehmerttigkeit 1. Grundsatz: Maßgeblichkeit des Außenverhltnisses . . 2. Unternehmensfhrung durch Vertreter, Amtswalter, Treuhnder u. . Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Unternehmen 1. Unternehmenseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nichtunternehmerischer Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft 1. Beginn a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grndung von Gesellschaften . . . . . . . . . . . . c) Gescheiterte Unternehmensgrndung . . . . . . d) Verfahrensrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . 2. Ende der Unternehmereigenschaft a) Einstellung der Ttigkeit . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

VIII. Rechtsnachfolge 1. Gesamtrechtsnachfolge a) Von Todes wegen aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) bergang umsatzsteuerrechtlicher Verhltnisse cc) Miterbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung b) Umwandlungen u. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sog. Geschftsverußerungen im Ganzen (Unternehmensnachfolge unter Lebenden) a) Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen aa) bertragung oder Einbringung eines Unternehmens oder Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im Ganzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Partielle Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Organschaft 1. Allgemeines a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahlrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organtrger, Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI

Seite

Inhaltsverzeichnis Rz.

3. Eingliederungsmerkmale a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftliche Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen a) Nichtsteuerbarkeit der Innenleistungen . . . . . . . . . . b) Zurechnung der Umstze, Leistungsbezge und Vorsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beginn und Ende der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Beschrnkung der Organschaftswirkungen auf das Inland a) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschftsleitung des Organtrgers im Ausland . . . . .

Seite

5.223 5.226 5.229 5.232

145 146 147 148

5.235

150

5.239 5.242

151 152

5.254 5.264

155 159

... ...

5.267 5.271

160 162

. . . .

5.276 5.280 5.282 5.295

163 165 167 171

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.1

172

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.8

174

7.1

180

7.2 7.4

180 181

7.12

184

7.22

185

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Juristische Personen des ffentlichen Rechts . . . . . . 3. Betrieb gewerblicher Art a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausklammerung der Vermgensverwaltung . . . . 4. Sog. Hoheitsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

Kapitel 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens

Kapitel 7 Lieferung – sonstige Leistung I. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Lieferungen 1. Verschaffung der Verfgungsmacht an einem Gegenstand a) Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfgungsmacht aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Trotz Eigentumsbertragung keine Verfgungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

...... ...... ......

7.28 7.37 7.42

187 190 191

...... ......

7.46 7.51

193 195

.....

7.53

196

..... ..... .....

7.59 7.60 7.61

199 199 200

... ...

7.69 7.73

203 204

... ... ...

7.76 7.78 7.80

205 206 206

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.1

210

II. Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.4

211

.

8.6

211

.

8.7

212

.

8.14

214

. .

8.20 8.23

2.16 217

. .

8.29 8.30

220 220

. . . .

8.34 8.38 8.39 8.43

222 223 223 224

cc) Verfgungsmacht ohne Eigentum . . . . . dd) Gebude auf fremdem Grund und Boden 2. Reihengeschft, Streckengeschft . . . . . . . . . . 3. Sonderregelungen a) Kommissionsgeschft . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sog. Gehaltslieferung . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Sonstige Leistung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fiktionen sonstiger Leistungen a) Bei Urhebern und Verwertungsgesellschaften b) Sog. Umtauschmllerei . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sog. Dienstleistungskommission . . . . . . . . .

IV. Einheitlichkeit der Leistung 1. Verbot der Aufteilung einer einheitlichen Leistung 2. Primat der Hauptleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemischte Leistungen a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Restaurationsumstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Werklieferung – Werkleistung . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 8 Leistungen im Inland

III. Ort der Lieferung 1. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Befrderungs- und Versendungslieferung a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reihengeschft, Streckengeschft aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Befrderung oder Versendung durch den ersten Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abholflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sondervorschriften aa) Einfuhrlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sog. Versandhndlerregelung . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Flle a) Lieferung ohne Befrderung oder Versendung . . . . b) Lieferung whrend einer Personenbefrderung . . . . c) Lieferung von Gas und Elektrizitt . . . . . . . . . . . . d) Unentgeltliche Lieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII

Inhaltsverzeichnis

IV. Ort der sonstigen Leistungen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kulturelle, wissenschaftliche, unterhaltende, sportliche u. . Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arbeiten an beweglichen Gegenstnden und deren Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vermittlungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sog. Katalogleistungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmer als Leistungsempfnger . . . . . . . . . . . c) Nichtunternehmer als Leistungsempfnger aa) Ansssigkeit im Drittlandsgebiet . . . . . . . . . . bb) Ansssigkeit im Gemeinschaftsgebiet (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einzelne Katalogleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einrumung, bertragung, Wahrnehmung sowie der Verzicht auf die Ausbung von Schutz- u. . Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungen auf dem Gebiet der Werbung . . . . . cc) Leistungen bestimmter Freiberufler, Beratungsund hnliche Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) berlassung von Informationen . . . . . . . . . . . ff) Bank-, Finanz- und Versicherungsumstze . . . . gg) Gestellung von Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Verzicht, ganz oder teilweise eine unternehmerische Ttigkeit auszuben . . . . . . . . . . . . . . . ii) Vermittlung einer sog. Katalogleistung . . . . . . jj) Vermietung beweglicher Gegenstnde . . . . . . . kk) Telekommunikationsleistungen . . . . . . . . . . . ll) Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen . . . . . mm) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nn) Zugangsgewhrung zu Erdgas- und Elektrizittsnetzen und damit verbundene Dienstleistungen 7. Befrderungsleistungen und damit zusammenhngende Leistungen a) Befrderungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Leistungen, die mit der Befrderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehen . . . . . . . . .

Rz.

Seite

8.47

225

8.52

227

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229

8.62 8.69

230 232

8.74 8.80

234 236

8.87

239

8.89 8.92 8.94

240 241 241

8.95 8.99

242 243

8.100 8.106 8.107 8.110 8.112

243 245 245 246 246

8.113 8.114 8.115 8.116 8.117

246 247 247 247 248

8.119

249

8.128

252

8.129

252

8.134

254 XIX

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

8.139 8.142 8.144

256 257 258

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.1

260

II. Einfuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.7

262

.

9.9

262

. . .

9.12 9.18 9.22

263 265 266

. . .

9.25 9.26 9.32

267 268 270

. . .

9.33 9.45 9.50

270 274 276

I. Allgemeines 1. Systematik, Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.1 10.6 10.7

278 280 280

. . . . .

10.8 10.17 10.20 10.22 10.24

281 283 284 285 286

.....

10.25

287

8. brige sonstige Leistungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermietung von Befrderungsmitteln . . . . . . . . . . . 9. Unentgeltliche sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gelangen eines Gegenstandes bei einer Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen . . . . . . . . . . . . 3. Erwerberkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Lieferer- und Lieferungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Reihengeschft a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschfte . . . . . . c) Sonstige Reihengeschfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erwerbsfiktion: Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens in das Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs . . . . . . . . . 8. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 10 Steuerbefreiungen

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug 1. Ausfuhrlieferungen in das Drittlandsgebiet a) Zweck der Steuerbefreiung, Voraussetzungen b) Reihengeschft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Steuerbefreiung und Ausfuhrverbot . . . . . . . . d) Unentgeltliche Lieferungen . . . . . . . . . . . . . e) Nachweisvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . 2. Innergemeinschaftliche Lieferungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

Inhaltsverzeichnis

b) Reihengeschft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbringen eines Gegenstandes in das brige Gemeinschaftsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unentgeltliche Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Nachweis der Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Lohnveredelungen an Gegenstnden der Ausfuhr in das Drittlandsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Steuerbefreiungen a) Umstze fr die Seeschiffahrt und fr die Luftfahrt . . b) Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit grenzberschreitenden Gterbefrderungen . . . . . . . . . . . c) Grenzberschreitende u. . Vermittlungen . . . . . . . . III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kreditgewhrungen, Umstze im Bankwesen u. . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kreditgewhrungen und Vermittlung von Krediten . . c) Umstze im Geschft mit Forderungen . . . . . . . . . . d) Umstze von Gesellschaftsanteilen und deren Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umstze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundstckslieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begriff des Grundstcks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entnahme eines Grundstcks . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermietung und Verpachtung von Grundstcken a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Andere Nutzungsberlassungen . . . . . . . . . . . . . . . c) Privatnutzung und unentgeltliche berlassung von Gebudeteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausnahmen von der Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . 5. Leistungen der Wohnungseigentmergemeinschaft? . . . 6. Dem Gemeinwohl dienende Ttigkeiten . . . . . . . . . . . 7. Lieferung nichtvorsteuerentlasteter Gegenstnde . . . . . 8. Verzicht auf die Steuerbefreiung a) Allgemeines, Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umsatz fr das Unternehmen des Empfngers . . . . . c) Beabsichtigte, aber nicht ausgefhrte Umstze . . . . . d) Unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschrnkung des Verzichts bezglich eines Teils des Umsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vermietung von Grundstcken . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

10.32

290

10.36 10.40 10.43 10.46

291 293 294 296

10.50

297

10.57

299

10.59 10.61

300 300

10.67

302

10.78 10.81 10.86

306 307 309

10.87

309

10.89 10.92 10.98 10.101

311 312 314 315

10.103 316 10.110 318 10.113 10.115 10.120 10.122 10.129

319 320 322 322 326

10.132 10.141 10.143 10.144

327 331 332 333

10.145 333 10.148 335 XXI

Inhaltsverzeichnis Rz.

g) Durchfhrung des Verzichts aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Form des Verzichts . . . . . . . . . . . . cc) Zeitliche Begrenzung . . . . . . . . . . dd) Rckgngigmachung des Verzichts

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Seite

10.153 10.156 10.161 10.165

338 339 342 343

11.1

346

11.3

346

11.11 11.14 11.18 11.23 11.27 11.33 11.38

350 351 353 355 358 361 363

Kapitel 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze I. berblick, Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entgelt 1. Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufwendungen des Leistungsempfngers fr die Leistung a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahlungen an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Befreiung von einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . d) Zahlungskrzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zahlungen u. . von Seiten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nicht: durchlaufende Posten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tausch- u. . Vorgnge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt 1. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen . . . . . . . . 2. Nutzungsentnahme und unentgeltliche Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.44

366

11.48

368

IV. Sog. Mindest-Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.58

373

V. Steuerstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ermßigter Steuersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. nderung des Steuersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.64 11.65 11.69

375 375 377

.........

12.1

378

. . . .

12.3 12.9 12.13 12.17

379 380 382 383

Kapitel 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer I. Entstehung der Steuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Versteuerung) a) Grundstzliches, Kritik . . . . . . . . . . . . b) Ausfhrung der Leistung . . . . . . . . . . . c) Teilleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Im voraus vereinnahmte Gegenleistung XXII

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Inhaltsverzeichnis

3. Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Versteuerung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entnahmen, unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . II. Berichtigung der Steuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. nderungen der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . a) Minderung der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . b) Erhhung der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . 3. Uneinbringliche Forderungen a) Grundstzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachtrgliche Vereinnahmung . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtausfhrung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rckgngigmachung des Umsatzes . . . . . . . . . . . . 6. Nachtrglicher Wegfall oder Eintritt der Steuerpflicht eines Umsatzes u. . Ereignisse a) Wegfall der Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachtrgliche Verzichtserklrungen . . . . . . . . .

Rz.

Seite

12.24 12.30

385 386

. . . .

. . . .

. . . .

12.33 12.41 12.42 12.52

387 390 390 393

. . . .

. . . .

. . . .

12.55 12.62 12.67 12.70

394 397 398 400

... ...

12.78 12.80

402 403

13.1

404

13.4 13.7

405 406

Kapitel 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die einzelnen Tatbestnde 1. Umstze eines im Ausland ansssigen Unternehmers a) Werklieferungen und sonstige Leistungen . . . . . . . . b) Lieferung von Erdgas und Elektrizitt . . . . . . . . . . . . c) Im Ausland ansssiger Unternehmer aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansssigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zweifelhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lieferungen sicherungsbereigneter Gegenstnde außerhalb eines Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umstze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen 4. Bauleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.8 13.12 13.18

406 408 410

13.20 13.25 13.28

411 412 414

III. Leistungsempfnger 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.36 13.40

416 418

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer 1. Entstehung der Steuer a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.46 13.51

420 422 XXIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

13.53 13.58

423 425

13.59 13.60

426 426

13.61 13.64

427 428

14.1

430

14.4

431

II. Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen 1. Voraussetzungen, Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verpflichteter, Anspruchsberechtigter . . . . . . . . . . . . .

14.8 14.18

433 435

III. Berechtigung, eine Rechnung auszustellen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechnungserteilung vor Ausfhrung der Leistung . . . . 3. Verbilligte und unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . .

14.23 14.24 14.26

437 437 438

.........

14.28

439

......... ......... .........

14.33 14.36 14.40

440 441 442

. .

14.44 14.47

443 444

. .

14.50 14.57

445 448

. . .

14.59 14.61 14.63

448 449 450

2. Bemessungsgrundlage a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Lieferungen sicherungsbereigneter Gegenstnde c) Bei Umstzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Tausch und tauschhnliche Umstze . . . . . . . . . . . e) Steuerberechnung nach Entrichtung der gesamten Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) nderungen der Bemessungsgrundlage u. . . . . . . . .

Kapitel 14 Rechnungen I. Allgemeines 1. berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktion der Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IV. Begriff der Rechnung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abrechnung durch den Leistungsempfnger (sog. Gutschrift) a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorherige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . c) Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechnung in Form mehrerer Dokumente . . . . . . . . . . 3. Regelangaben a) Bezeichnung des Leistenden und des Leistungsempfngers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuernummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechnungsdatum, Rechnungsnummer, Zeitpunkt der Leistung oder der Vorauszahlung . . . . . . . . . . . d) Leistungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIV

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

f) Steuersatz, Steuerbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Hinweis auf Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zustzliche Angaben in besonderen Fllen . . . . . . . . .

14.67 14.73 14.74

451 453 454

VI. Berichtigung der Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.77

455

VII. Aufbewahrungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.81

456

.... .... ....

14.83 14.89 14.99

456 459 462

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

14.103 14.104 14.117 14.119

463 463 468 469

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

14.131 14.132 14.138 14.141

473 474 475 476

I. Allgemeines, Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15.1

479

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer . . . . 1. Leistung eines anderen Unternehmers . . . . . . . . . . . . 2. Leistung fr das Unternehmen des Empfngers . . . . . . a) Leistungsempfnger aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einschaltung einer Mittelsperson . . . . . . . . . . cc) Reparatur oder Wiederbeschaffung eines Gegenstandes durch den Geschdigten . . . . . . . . . . . dd) Ersatz von Rechtsanwalts- u. . Kosten . . . . . . b) Leistung fr das Unternehmen aa) Sachlicher (wirtschaftlicher) Zusammenhang . . bb) Zuordnung von Leistungsbezgen, bei denen sowohl ein Zusammenhang mit dem Unternehmen als auch mit der nichtunternehmerischen („privaten“) Sphre besteht (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nicht teilbare Leistungen . . . . . . . . . . . . . . (3) Teilbare Leistungen, Zuordnungswahlrecht

15.7 15.8 15.12

481 481 483

15.13 15.16

483 484

15.22 15.24

487 488

15.25

489

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abrechnung ber eine (vorgebliche) Leistung . . . 3. Personelle Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unrichtiger Steuerausweis a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entstehung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beseitigung der Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . 5. Unberechtigter Steuerausweis a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerausweis durch Nichtberechtigte . . . . . . c) Nichtausfhrung einer Leistung . . . . . . . . . . d) Beseitigung der Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.33 492 15.35 493 15.44 496 XXV

Inhaltsverzeichnis

3. Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gesetzlich geschuldete Steuer a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorsteuerabzug bei verbilligten und bei unentgeltlich empfangenen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abziehbarkeit der brigen Vorsteuern 1. Einfuhrumsatzsteuer a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abzugsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb 3. Vom Leistungsempfnger geschuldete Steuer . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelheiten a) Geschenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewirtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gstehuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Jagd, Fischerei, Segel- oder Motorjachten u. . . . . e) Die Lebensfhrung berhrende unangemessene Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verletzung von Aufzeichnungspflichten . . . . . . . 3. Unbeachtliche einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorsteuerabzugsschdliche Umstze . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen a) Ausfuhrbezogene und hnliche Umstze . . . . . . b) Finanzierungs- und Versicherungsumstze, die außerhalb des Gemeinschaftsgebiets verbraucht werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwendung a) Wirtschaftliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt- oder Zeitraumbetrachtung? . . . . . . . XXVI

. . . .

. . . .

Rz.

Seite

15.52 15.59 15.62

499 502 504

15.68 15.70

506 506

15.80

510

15.86 15.90

514 515

15.92 15.95 15.100 15.101

516 517 519 520

..

15.103 520

. . . .

15.110 15.116 15.118 15.120

. . . .

523 525 526 527

.. ..

15.123 528 15.129 530

..

15.130 530

... ...

15.131 531 15.133 532

...

15.138 534

...

15.140 535

... ...

15.144 537 15.155 543

Inhaltsverzeichnis Rz.

c) Verwendungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufteilung der Vorsteuern in Mischfllen . . . . . . . . .

Seite

15.158 545 15.168 551

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs I. Allgemeines, berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16.1

556

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung 1. nderung der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nichtzahlung („Uneinbringlichkeit“) der Gegenleistung 3. Nichtausfhrung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rckgngigmachung des Umsatzes . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . .

16.7 16.17 16.24 16.26 16.29

557 560 563 564 564

III. Ttigung abzugsschdlicher Aufwendungen . . . . . . . . . . .

16.30

565

16.36

567

16.40

568

16.46

571

16.52 16.55

573 574

16.60

576

16.62

577

16.67 16.68 16.71

578 578 579

16.75 16.80 16.85 16.86

581 583 585 586

16.97

589

16.99

590

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung eines Wirtschaftsgutes u. . Werte 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftsgut und gleichgestellte Aufwendungen (Werte) a) Begriff des Wirtschaftsgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichgestellte Aufwendungen aa) Nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eingebaute Gegenstnde, sonstige Leistungen an einem Wirtschaftsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eigenstndige sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . 3. Berichtigungszeitraum a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Grundstcken und gleichgestellten Wirtschaftsgtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bei nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und sog. Erhaltungsaufwand . . . . . . . . . . . . . d) Krzere Verwendungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beginn und Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. nderung der Verhltnisse a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) nderung im Erstjahr der Verwendung . . . . . . . . . . . c) Teilweise nderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verußerung oder Entnahme eines Wirtschaftsguts . . e) Entnahme einer sonstigen Leistung, die an einem Wirtschaftsgut ausgefhrt worden war . . . . . . . . . . . f) bergang von der allgemeinen Besteuerung zu einer Sonderregelung und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVII

Inhaltsverzeichnis Rz.

5.

6. 7.

8.

g) Einlage eines Wirtschaftsgutes aus dem nichtunternehmerischen (privaten) Bereich aa) Auf Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitweilige unternehmerische Nutzung . . . . . . h) Gesetzesnderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) nderung in der rechtlichen Beurteilung der Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchfhrung der Berichtigung a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Verußerung und Entnahme . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei sog. Umlaufvermgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bertragung des Vorsteuervolumens bei unentgeltlicher Lieferung oder berlassung durch einen Unternehmer auf den Erwerber bzw. Nutzenden a) Unentgeltliche Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unentgeltliche Nutzungsberlassung . . . . . . . . . . . Unentgeltliche Nutzung eines fremden privaten Wirtschaftsgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Seite

16.101 591 16.107 594 16.110 596 16.112 596 16.113 598 16.123 601 16.125 602

16.130 605 16.134 607 16.135 607

Kapitel 17 Sonderregelungen I. Befreiung fr Kleinunternehmer 1. Zweck, Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umsatzgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesamtumsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verzicht auf die Befreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wechsel von der Nichtbesteuerung zur Besteuerung und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

17.2 17.12 17.18 17.29

612 616 618 622

..

17.36

625

II. Pauschalierung der Vorsteuern 1. Bestimmte Berufs- und Gewerbezweige . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinntzige Krperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17.39 17.42

626 627

. .

17.44 17.52

628 631

. . .

17.58 17.59 17.64

632 633 634

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb . . . . . . . . . . . 3. Umstze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse . . . . b) Landwirtschaftliche Dienstleistungen . . . . . . . . . . XXVIII

Inhaltsverzeichnis

4. Nebeneinander von Betrieben unterschiedlicher Besteuerungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verzicht auf die Durchschnittssatzbesteuerung . . . . . . . IV. Besteuerung der Reiseleistungen 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inanspruchnahme von Reisevorleistungen 3. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unentgeltliche Reiseleistungen . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiederverkufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwerbsarten und -modalitten . . . . . . . . . . . . . c) Nicht- oder differenzbesteuerter Erwerb . . . . . . . d) Modalitten der Weiterlieferung aa) Entgeltliche Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im Rahmen des Unternehmens . . . . . . . . . . cc) Nmlichkeit des Gegenstandes . . . . . . . . . . 3. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ort der Lieferung, Steuerbefreiungen, Steuersatz, Rechnungsgestaltung, Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . 5. Verzicht auf die Differenzbesteuerung . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

17.67 17.71

635 636

. . . .

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. . . .

17.73 17.78 17.80 17.82

637 639 639 640

. . . . .

. . . . .

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17.85 17.89 17.90 17.95 17.99

641 642 643 644 645

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17.105 17.106 17.107 17.108

647 648 648 649

... ...

17.116 651 17.123 653

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verrechnung der Vorsteuerbetrge a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Charakter des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer c) Gleichgestellte Betrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwangsverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umrechnung von Werten in fremder Whrung . . . . . 4. Steuer- und Vorsteuerberechnung fr den jeweiligen Voranmeldungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entstehung des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer . II. Besteuerungsverfahren 1. Voranmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Jahressteuererklrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerfestsetzung, Steuervergtungsfestsetzung 4. Flligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

..

18.1

655

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18.6 18.9 18.13 18.14 18.15

656 657 659 659 660

.. ..

18.17 18.21

660 662

. . . .

18.24 18.28 18.30 18.38

664 665 666 669

. . . .

XXIX

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

18.41

670

18.44 18.46 18.48 18.49 18.54

671 672 673 674 675

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19.1

677

II. Haftung wegen Pflichtverletzung 1. Haftung der gesetzlichen Vertreter, Geschftsfhrer und Vermgensverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung als Tter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19.9

679

19.14

680

19.15 19.17

681 681

19.21 19.23

682 683

...

19.28

685

... ... ...

19.32 19.38 19.40

686 688 688

... ... ...

19.43 19.48 19.49

689 691 691

V. Haftung des Lieferers fr die Vorsteuerberichtigung beim sog. Mietkufer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19.56

693

VI. Haftung fr Umsatzsteuer aus einer vorangegangenen Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19.64

696

III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer in einem besonderen Verfahren 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Ausland ansssiger Unternehmer a) Nachweis der Unternehmereigenschaft . . . . . . . . . . b) Nichtansssigkeit im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nichtausfhrung von Umstzen im Inland . . . . . . . . . 4. Vergtbare Vorsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

III. Haftung bei Unternehmensbeteiligung oder Unternehmenserwerb 1. Haftung des Gesellschafters einer Personengesellschaft 2. Haftung der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung des wesentlich Beteiligten mit den der Gesellschaft berlassenen Gegenstnden . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung des Betriebsbernehmers . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftungsvoraussetzungen a) Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenleistung fr steuerpflichtigen Umsatz . . . c) Festsetzung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichtentrichtung der Steuer aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zahlungen durch den Abtretungsempfnger e) Vereinnahmung der Gegenleistung . . . . . . . . . .

XXX

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsanpassung a) Beiderseitiger Irrtum ber die Umsatzsteuerpflicht oder -hhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nach nderung des Umsatzsteuergesetzes . . . . . . . . c) Umsatzsteuer auf gesetzlich festgelegte Vergtungen 3. Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers a) Krzung der vereinbarten Gegenleistung . . . . . . . . . b) Ausgleichsanspruch bei nachtrglicher Inanspruchnahme als Steuerschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streit ber die Steuerpflicht oder den Steuersatz . . . . . . 3. Zurckbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes 1. Bedeutung der Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschdigten a) Beschdigung oder Zerstrung einer Sache . . . . . . . . b) Ersatz von Rechtsanwalts- u. . Kosten . . . . . . . . . . . 2. Angefallene Umsatzsteuer bei Beschdigung oder wirtschaftlichem Totalschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

20.1

698

20.6 20.14 20.15

699 702 702

20.16

703

20.21

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20.23 20.26 20.34

706 707 710

20.35 20.38

710 711

20.40

712

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

715

XXXI

Abkrzungsverzeichnis a. M. aA., AA. aaO. abl. Anm. ABl. Abs. Abschn. AcP aE. aF. AfA AG AktG allg. Alt. Anm. AO ArbGG arg. Art. Aufl. ausfhrl.

andere/r Meinung anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnende Anmerkung Amtsblatt Absatz Abschnitt Archiv fr die civilistische Praxis (Zeitschrift) am Ende alte Fassung Absetzung fr Abnutzung Aktiengesellschaft Aktiengesetz allgemein Alternative Anmerkung Abgabenordnung Arbeitsgerichtsgesetz argumentum Artikel Auflage ausfhrlich

Baden-Wrtt. BAG BB Bd. Begr. Beil. Beisp. Ber. BewG BFH BFH/NV

Baden-Wrttemberg Bundesarbeitsgericht Der Betriebsberater (Zeitschrift) Band Begrndung Beilage Beispiel Bericht Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht verffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift) Brgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung des BGH (Zeitschrift) Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGB BGBl. BGH BGHReport BGHSt

XXXIII

Abkrzungsverzeichnis

BGHZ BMF BNotO BRAGO BR-Drucks. BReg. BRH BStBl. BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG bzw. d. h. DB DBA ders. DV DStJG

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesministerium fr Finanzen Bundesnotarverordnung Bundesgebhrenordnung fr Rechtsanwlte Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bundesrechnungshof Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Buchstabe Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz beziehungsweise

DStR DStRE DStZ DVBl. DVR

das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung derselbe Die ffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (Verffentlichungen der –) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht, Entscheidungsdienst (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Deutsche Verkehrsteuerrundschau (Zeitschrift)

E EDV EFG EG EG-BGB EG-RL Einf. Einl. Einzelbegr. EL Entsch. ErbbauRVO ErbStG Erkl. EStG

Entwurf Elektronische Datenverarbeitung Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Europische Gemeinschaft Einfhrungsgesetz zum BGB Richtlinie der Europischen Gemeinschaft Einfhrung Einleitung Einzelbegrndung Ergnzungslieferung Entscheidung Erbbaurechtsverordnung Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Erklrung Einkommensteuergesetz

XXXIV

Abkrzungsverzeichnis

EStR

EUStBfrO EWG EWG-RL EWIV

Einkommensteuer-Richtlinien, sog. (Allg. Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung zur Einkommensteuer) et cetera Europische Union Europischer Gerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Europischen Gerichtshofs Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur nderung weiterer Vorschriften (BGBl. I 2004, 3310) Einfuhrumsatzsteuerbefreiungsverordnung Europische Wirtschaftsgemeinschaft Richtlinie der Europischen Wirtschaftsgemeinschaft Europische Wirtschaftliche Interessenvereinigung

f. FAG ff. FG FGO FinAussch. FinSen (Bremen) FinVerw. Fn. FR FS

folgend Finanzausgleichsgesetz fortfolgende Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzausschuß Finanzsenator (Bremen) Finanzverwaltung Fußnote Finanzrundschau (Zeitschrift) Festschrift

GbR gem. GenG GeschmMG GewStG GG ggf. GKG GmbH & Co. KG GmbH GmbHG GrEStG GrS GWB

Gesellschaft brgerlichen Rechts gemß Genossenschaftsgesetz Geschmacksmustergesetz Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Kommanditgesellschaft mit GmbH als Komplementr Gesellschaft mit beschrnkter Haftung Gesetz betreffend die GmbH Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen

h. M. Hess. HFR

herrschende Meinung Hessen/Hessisch Hchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift)

etc. EU EuGH EuGHE EURLUmsG

XXXV

Abkrzungsverzeichnis

HGB Hrsg. HS

Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz

i. E. idR ieS iHv INF InsO iS IStR iVm. iwS

im Ergebnis in der Regel im engeren Sinne in Hhe von Information ber Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Insolvenzordnung im Sinne Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) in Verbindung mit im weiteren Sinne

jPdR JuS

juristische Person des ffentlichen Rechts Juristische Schulung (Zeitschrift)

KAG Kap. Kfz KG KGReport

Kommunalabgabengesetz Kapitel Kraftfahrzeug Kammergericht bzw. Kommanditgesellschaft Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung des KG Berlin (Zeitschrift) Kommission (EU) Klner Steuerdialog (Zeitschrift) Kostenordnung Krperschaftsteuergesetz Krperschaftsteuer-Richtlinie, sog. (Allg. Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung zur Krperschaftsteuer)

Komm. KSDI KostO KStG KStR

l. Sp. LAG Lfg. LG Lkw LS LStDV lt. Ltd.

linke Spalte Landesarbeitsgericht Lieferung Landgericht Lastkraftwagen Leitsatz Lohnsteuerdurchfhrungsverordnung laut Private limited company by shares

m. m. a. W., M. a. W. m. E. m. N. d.

mit mit anderen Worten meines Erachtens mit Nachweisen der/des

XXXVI

Abkrzungsverzeichnis

MarkenG MaßstG max. MDR Mio. mN. mwN. MwSt.

Markengesetz Maßstbegesetz maximal Monatsschrift fr Deutsches Recht (Zeitschrift) Million/Millionen mit Nachweisen mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuer

nF. Nieders. NJW NJW-RR

neue Fassung Niedersachsen/Niederschsisch Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Nummer

Nr. o. . o. g. OECD OFD OHG OLG UStG sterr.

oder hnliches/hnlichen oben genannt (e/ten) Organization for Economic Cooperation and Development Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht sterreichisches Umsatzsteuergesetz sterreich/sterreichisch

PartGG PatG Pkw PrivatrundfunkG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Personenkraftwagen Privatrundfunkgesetz

R r. Sp. RAO rd. RdNr. Reg.-Begr. Reg.-Entw. RegE Rev.-Az. RFH RGBl. Rh.-Pf. RIW Rs.

Abschn. der EStR, KStR u. a. rechte Spalte Reichsabgabenordnung rund Randnummer Regierungsbegrndung Regierungs-Entwurf Regierungsentwurf Revisionsaktenzeichen (BFH) Reichsfinanzhof Reichsgesetzblatt Rheinland-Pfalz Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Rechtssache XXXVII

Abkrzungsverzeichnis

Rspr. RStBl. RVO Rz.

Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichsversicherungsordnung Randzahl/Randziffer

S. s. s. o. Schs. SchiffsRG Schl.-H. SchwarzArbG

StVj StVO

Seite siehe siehe oben Schsisch Schiffsregistergesetz Schleswig-Holstein Gesetz zur Bekmpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschftigung (BGBl. I 2004, 1842) Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz sogenannt/e stndig(e) Steuernderungsgesetz 2001 (BGBl. I 2001, 3794) Steuernderungsgesetz 2003 (BGBl. I 2003, 2645) Steuerberatergebhrenverordnung Steuerberater-Jahrbuch Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl. I 1999, 402) Steuerreform-Gesetz 1990 (BGBl. I 1988, 1093) Strafgesetzbuch Steuerkongreß-Report Mißbrauchsbekmpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (BStBl. I 1993, 2310) Steuern und Wirtschaft (Zeitschrift) Steuerverkrzungsbekmpfungsgesetz (BGBl. I 2001, 3922) Steuerliche Vierteljahresschrift (Zeitschrift) Straßenverkehrsordnung

TVG Tz.

Tarifvertragsgesetz Textziffer

u. u. a. u. . UmwG UmwStG Unterabs. UR UrhG

und und andere; unter anderem und hnliche(s) Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unterabsatz Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Urhebergesetz

SGB SGG sog. st. StndG 2001 StndG 2003 StBGebV StbJb. StEntlG SteuerreformG StGB StKongrRep StMBG StuW StVBG

XXXVIII

Abkrzungsverzeichnis

Urt. USt-ndG UStDB UStDV UStG UStR usw. UVR UWG

Urteil Umsatzsteuer-nderungsgesetz (BStBl. I 1996, 1851) Umsatzsteuerdurchfhrungsbestimmungen (1934–1967) Umsatzsteuerdurchfhrungsverordnung Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Richtlinien, sog. (Allg. Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung zur Umsatzsteuer) und so weiter Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht (Zeitschrift) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. v. H. Verf. VerlG VGH vgl. VO Voraufl. Vorbem. VwGO

von/vom vom Hundert Verfasser Verlagsgesetz Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Vorauflage Vorbemerkung Verwaltungsgerichtsordnung

WEG WHG WRV

Wohnungseigentumsgesetz Wasserhaushaltsgesetz Weimarer Reichsverfassung

z. B. z. T. z. Zt. ZGB-DDR

zum Beispiel zum Teil zur Zeit Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik Zeitschrift fr Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung zustimmend Zwangsversteigerungsgesetz zuzglich

ZMR ZPO zust. ZVG zzgl.

XXXIX

Verzeichnis abgekrzt zitierter Literatur B/G

Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., Mnchen 2003

Birkenfeld

Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Kln (Loseblatt)

Doralt/Ruppe

Doralt/Ruppe, Grundriß des sterreichischen Steuerrechts, Bd. I, 8. Aufl., Wien 2003

H/M

Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Berlin (Loseblatt)

Jakob

Jakob, Umsatzsteuer, 3. Aufl., Mnchen 2005

Lippross

Lippross, Umsatzsteuer, 21. Aufl., Achim 2005

O/S/L

Offerhaus/Shn/Lange, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Heidelberg (Loseblatt)

P/M/W

Plckebaum/Malitzky/Widmann, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Kln, Berlin, Bonn, Mnchen (Loseblatt)

R/D

Rau/Drrwchter, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Kln (Loseblatt)

R/K/L

Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Bonn (Loseblatt)

Reiß, UmsatzsteuerR

Reiß, Umsatzsteuerrecht, 8. Aufl., Kln 2003

Ruppe

Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, Kommentar, 2. Aufl., Wien 1999

S/R

Slch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Mnchen (Loseblatt)

Stadie, Allg. SteuerR

Stadie, Allgemeines Steuerrecht, Kln 2003

Stadie, Vorsteuerabzug

Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, Kln 1989

T/L

Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., Kln 2002

V/S

Vogel/Schwarz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Freiburg i. Br. (Loseblatt)

XLI

Kapitel 1 Einfhrung, Grundlagen I. Geschichte der Umsatzsteuer1 Die erste allgemeine Umsatzsteuer in Deutschland war 1916 zur Finanzierung der Kriegskosten als sog. Warenumsatzstempel im Rahmen des Reichsstempelgesetzes eingefhrt worden.2 Als Warenumstze wurden „Anmeldungen der Gewerbetreibenden ber bezahlte Warenlieferungen“ besteuert. Es bestand die Pflicht zur Selbstveranlagung. Der Steuersatz betrug 1 vom Tausend.

1.1

Bereits 1918 wurde das Umsatzsteuerrecht in ein eigenstndiges Umsatzsteuergesetz gekleidet3, welches nunmehr auch die sonstigen Leistungen erfaßte und einen Entnahmetatbestand einfhrte. Der Regelsteuersatz betrug 5 vom Tausend des vereinnahmten Entgelts. Eine erhhte Steuer von 10 v. H. war fr die Lieferung von Luxusgegenstnden im Kleinhandel vorgesehen. Ausfuhrhndler erhielten neben der Ausfuhrbefreiung eine Art von Vorsteuervergtung zur Gleichstellung mit den unmittelbar exportierenden Herstellern. Bereits mit Wirkung ab 19204 wurde der allgemeine Steuersatz auf 1,5 v. H. verdreifacht. Zugleich wurde die Steuerpflicht auf die selbstndig ausgebte berufliche Ttigkeit ausgedehnt.

1.2

Die geplante Erhhung des Steuersatzes hatte 1919 Wilhelm v. Siemens veranlaßt, auf die Nachteile der Umsatzbesteuerung auf allen Wirtschaftsstufen hinzuweisen. Die Kumulativwirkung frderte die Konzentration in der Wirtschaft. Durch Fusionen der Unternehmen auf den einzelnen Produktions- und Handelsstufen konnte erreicht werden, daß Umsatzstufen wegfielen und die Steuerbelastung der Waren verringert wurde. Zur Vermeidung dieser wettbewerbswidrigen Folgen des Umsatzsteuersystems schlug er eine „veredelte Umsatzsteuer“ vor. Danach sollte nur der Nettoumsatz besteuert werden, indem vom Bruttoumsatz der Vorumsatz abgezogen wird.5 Der Vorschlag wurde in der Folgezeit zwar mehrfach im Reichstag errtert, aber stets vor allem aus fiskalischen Grnden abgelehnt.6

1.3

Die folgenden Jahrzehnte waren von den Versuchen des Gesetzgebers geprgt, die beschriebenen wettbewerbswidrigen Auswirkungen des Umsatzsteuer-

1.4

1 Ausfhrlich zur Geschichte der Umsatzsteuer einschließlich ihrer Vorlufer Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. 1928, S. 115 ff.; Grabower/Herting/ Schwarz, Die Umsatzsteuer, ihre Geschichte und gegenwrtige Gestaltung im Inund Ausland, 2. Aufl. 1962; Stadie in R/D, Einf. Anm. 1 ff. mwN. 2 Gesetz v. 26.6.1916, RGBl. 1916, 639. 3 Gesetz v. 26.7.1918, RGBl. 1918, 779. 4 Umsatzsteuergesetz v. 24.12.1919, RGBl. 1919, 2157. 5 Vgl. dazu die Schrift des Bruders Carl Friedrich v. Siemens, Veredelte Umsatzsteuer, 2. Ausgabe 1921, S. 3 ff. 6 Vgl. dazu Stadie, aaO., Anm. 10 mN.

1

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

Allphasensystems abzumildern.1 Dazu zhlte ua. auch die Einfhrung der sog. Organschaft durch das UStG 19342, welche sich bis heute im Gesetz befindet, obwohl sie seit Einfhrung des Vorsteuerabzugs berflssig ist (Rz. 5.208). Zugleich wurde der Steuerpflichtige erstmals als Unternehmer bezeichnet und dessen noch heute gltige Definition in § 2 Abs. 1 UStG geprgt. Der allgemeine Steuersatz entwickelte sich von 2 v. H. (1932) ber 3 v. H. (1946) auf 4 v. H. im Jahre 1951. 1.5

Nach jeder Steuersatzerhhung verstrkte sich die Kritik an der wettbewerbswidrigen Kumulativwirkung des alten Umsatzsteuersystems (dazu auch Rz. 8). Im Oktober 1963 brachte die Bundesregierung deshalb im Bundestag den Entwurf fr ein Umsatzsteuergesetz nach dem Mehrwertsteuersystem mit Vorsteuerabzug ein.3 Ende 1966 stellte das Bundesverfassungsgericht die mangelnde Wettbewerbsneutralitt des alten Umsatzsteuersystems fest, entschied jedoch, daß diese bis zum Abschluß der vom Gesetzgeber in angemessener Zeit zu verabschiedenden Reform hingenommen werden mßte.4 Im April 1967 hatte der Rat der EWG zwei Richtlinien zur Einfhrung eines gemeinsamen Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuerabzug verabschiedet (Rz. 49), welchem die franzsischen Mehrwertsteuerregelungen als Vorbild dienten.5 Gleichzeitig verabschiedete der Bundestag ein „Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer)“6, welches zum 1.1.1968 in Kraft trat.7 Der allgemeine Steuersatz betrug ursprnglich 10 v. H., weil er in etwa der durchschnittlichen Endbelastung von Waren vor dem Systemwechsel entsprach.

1.6

Im Mai 1977 hatte der Rat der EG die 6. Richtlinie zur weiteren Harmonisierung der Umsatzsteuern in den Mitgliedstaaten erlassen, nach der die Anpassungen sptestens bis zum 1.1.1978 erfolgen sollten (Rz. 49). Die Bundesregierung brachte gleichwohl erst im Mrz 1978 einen Entwurf fr ein entsprechendes UStG 1979 in den Bundestag ein. Obwohl der Rat der EG die Anpassungsfrist fr die Bundesrepublik nur bis zum Ende des Jahres 1978 verlngert hatte, legte der Finanzausschuß des Bundestages erst im Mai 1979 seine Beschlußempfehlung vor. In dem Bericht dazu wird die lange Ausschußberatung damit erklrt, daß ernsthaft diskutiert worden sei, ob mit der EG-Richtlinie die „Grenzen einer Harmonisierung berschritten“ wrden.8 Das entsprechende Umsatzsteuergesetz zur Anpassung an die Richtlinienvorgaben trat erst zum 1.1.1980 in Kraft9 1 2 3 4 5

6 7 8 9

2

Dazu nher Stadie, aaO., Anm. 11 ff. RGBl. I 1934, 942; Begr. dazu, RStBl. 1934, 1549. BT-Drucks. IV/1590. BVerfGE 21, 12. Dazu Grabower/Herting/Schwarz, aaO., S. 236 ff.; Rothstein, Die Mehrwertsteuer in Frankreich, UR 1968, 145 ff.; Zerres, Die Entwicklung der Mehrwertsteuer, 1980, S. 66 ff.; Klenk, 40 Jahre Mehrwertsteuer, StuW 1994, 277. Der Zusatz „(Mehrwertsteuer)“ wurde im UStG 1973 wieder gestrichen; BGBl. I 1973, 1681. BGBl. I 1967, 545. BT-Drucks. 8/2827, Allg. I. BGBl. I 1979, 1953.

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer

(zu den Folgen der nicht rechtzeitigen Umsetzung der 6. EG-Richtlinie s. Rz. 57). Ende 1991 erging zur Verwirklichung des Binnenmarktes die sog. Binnenmarkt-Richtlinie (Rz. 50), wodurch ab 1993 die Kontrollen zu steuerlichen Zwecken an den Binnengrenzen der Gemeinschaft fr alle Umstze abgeschafft wurden. Die Umsetzung erfolgte durch das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz.1 Die Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer zwischen den Mitgliedstaaten entfiel. Insbesondere fr Umstze zwischen Unternehmern trat die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb an die Stelle der Einfuhrumsatzsteuer. Insbesondere Erwerbe durch Privatpersonen sind seitdem mit der Steuer des Ursprungslandes belastet.

1.7

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer 1. Mehrwertsteuer-System Das Umsatzsteuergesetz besteuert seit Anbeginn mit seinem Grundtatbestand die Umstze der Unternehmer, ohne daß es auf die Verwendung beim Empfnger ankommt, so daß auch die Umstze an andere Unternehmer besteuert werden. Die Umsatzbesteuerung findet also grundstzlich auf jeder Wirtschaftsstufe statt (Allphasen-System). Da die Steuer nach den jeweiligen Entgelten berechnet wird, fhrt ein solches Besteuerungssystem als Bruttoallphasensteuer ohne Korrekturen dazu, daß die Steuer um so hher wird, je fter Unternehmer bei der Herstellung und dem Handel von Waren eingeschaltet werden. Es tritt eine Kumulierung der Steuer ein und es wird Steuer auf Steuer erhoben. Ein solches System, welches bis 1967 in Deutschland galt (Rz. 5), frdert die Konzentration (durch Fusionen) in der Wirtschaft, da es diejenigen mit einer geringeren Umsatzsteuerbelastung begnstigt, die mehrere Wirtschaftsstufen in einem Unternehmen vereinigen. Die darin liegende Wettbewerbsverzerrung verstßt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Rz. 42). Sie wird beseitigt durch den Vorsteuerabzug oder den Vorumsatzabzug. Ein Allphasensystem mit Korrektur der Umsatzsteuervorbelastung (Netto-Allphasensystem)2 wird als Mehrwertsteuersystem bezeichnet. Die EG hat sich zu Recht fr das System mit Vorsteuerabzug entschieden, weil mit dem Vorumsatzabzug3 bei verschiedenen Steuerstzen auf der Vorstufe ein exakter Grenzausgleich in Gestalt der Entlastung der Exporteure nicht mglich wre. 1 BGBl. I 1992, 1548. 2 Das Wort „Netto“ bezieht sich auf den Mehrwert, d. h. auf die Differenz zwischen eigenem Umsatz und bezogenen Vorleistungen (vgl. nur Reg.-Begr., BT-Drucks. IV/ 1590, Allg. VI.1) und nicht etwa darauf, daß Bemessungsgrundlage nur der Endpreis abzglich Umsatzsteuer sei; so aber Lippross, 1.4.3 (S. 46); Reiß, UmsatzsteuerR, 1.1 (S. 2); Jakob, Rz. 23. 3 Der Vorumsatzabzug ist lediglich als Ausnahme bei der Differenzbesteuerung nach Art. 26 und 26a der 6. EG-RL (entspricht § 25 und § 25a UStG) vorgesehen (dazu Rz. 17.80 bzw. 17.87).

3

1.8

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

1.9

Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird von Art. 2 der 1. EWG-RL aus dem Jahre 1967 (Rz. 49) wie folgt beschrieben: „Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, daß auf Gegenstnde und Dienstleistungen ungeachtet der Zahl der Umstze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstnde und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist. Bei allen Umstzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstandes oder Dienstleistung errechnet wird, abzglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird bis auf die Einzelhandelsstufe einschließlich angewandt.“

1.10

Der Vorsteuerabzug fhrt dazu, daß im Allphasensystem die Umsatzsteuer materiell wie eine einphasige Steuer auf der letzten Stufe wirkt, da im Ergebnis nur die Umstze gegenber den Verbrauchern besteuert werden. Wenn aber der Zweck des Vorsteuerabzugs darin liegt, die Belastung der Unternehmer mit Umsatzsteuer zu verhindern, dann stellt sich die Frage, warum dann die Umstze gegenber Unternehmern berhaupt erst der Steuer unterworfen werden. Warum wurde keine Einzelhandelsteuer eingefhrt? Der Finanzausschuß des Bundestages beschrnkte sich auf die nichtssagende Begrndung:1 „(. . .) aus wirtschaftlichen, fiskalischen, steuertechnischen und nicht zuletzt psychologischen Grnden (. . .).“ Konkret drften es vor allem folgende Grnde sein: – Durch die fraktionierte Erhebung der Steuer auf den Mehrwert des jeweiligen Unternehmers wird der Eingang der Steuer beim Fiskus sicherer. Wrde bei der Einzelhandelsteuer der Unternehmer zahlungsunfhig, so fiele die gesamte Steuer auf den Wert der Ware aus; bei der fraktionierten Erhebung erfaßt die Insolvenz eines Unternehmers in der Kette nur den Teil der Steuer, der auf den von ihm zu versteuernden Mehrwert entfllt. – Wer den Vorsteuerabzug geltend macht, ist gezwungen, seine Umstze zutreffend zu erklren, da von den Eingangsumstzen auf die Ausgangsumstze geschlossen werden kann. – Die Feststellung, ob der Abnehmer Unternehmer ist, ließe sich fr den leistenden Unternehmer hufig nicht sicher treffen. Das Risiko der Fehleinschtzung lge dem Gesetzeszweck zuwider beim Unternehmer, da er bei einem Irrtum die Steuer selbst tragen mßte. Unlsbare Probleme trten auf, wenn der Abnehmer zwar Unternehmer ist, aber die bezogene Leistung ganz oder zum Teil fr nichtunternehmerische oder gleichgestellte steuerfreie Zwecke verwendet. Bei der Allphasenbesteuerung erfolgt die zutreffende Steuerbelastung hingegen sachgerecht beim Empfnger, da der Vorsteuerabzug bei diesem exakt bestimmt bzw. ber die Entnahmebesteuerung und hnliche Korrekturmechanismen neutralisiert werden kann. 1 Bericht zu BT-Drucks. V/1581, Allg. Nr. 3.

4

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer

Andererseits verleitet das System zum Vorsteuerbetrug, indem fingierte Rechnungen ausgestellt werden oder der leistende Unternehmer nach Ausstellung der Rechnung „verschwindet“ (vgl. Rz. 19.66). Alljhrlich wird auf diese oder hnliche Weise der Staat um zweistellige Milliardenbetrge an Euro betrogen. Eine Koppelung des Rechts zum Vorsteuerabzug an die vorherige Entrichtung der Steuer durch den Rechnungsaussteller ist weder gemeinschaftsrechtlich, da Art. 18 der 6. EG-RL ein derartiges Junktim nicht vorsieht, noch verfassungsrechtlich zulssig.1 Das Mehrwertsteuersystem verlangt deshalb einen erheblichen Kontrollaufwand, der von den Finanzbehrden aufgrund der Personalknappheit nicht geleistet werden kann. Darber hinaus wird der Steuerausfall in Hhe weiterer Milliarden durch das unsinnige Soll-Prinzip beim Vorsteuerabzug (Rz. 15.87 f.) gefrdert.

1.11

Die Richtlinien der EG bezeichnen die Umsatzsteuer als Mehrwertsteuer. Auch das Umsatzsteuergesetz 1968 enthielt noch den Zusatz „(Mehrwertsteuer)“, der jedoch bereits bei der Neufassung des Gesetzes 1973 weggelassen wurde (Rz. 5). In der Wirtschaft wird die Bezeichnung jedoch gleichwohl weiterhin fast durchgngig verwendet. Sie ist mißverstndlich, da sie zu der falschen Annahme verleitet, daß nur der Mehrwert oder die sog. Wertschpfung die Bemessungsgrundlage der Steuer wre. Der Unternehmer hat jedoch jeweils die gesamte Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 UStG)2 zu versteuern. Lediglich durch den Vorsteuerabzug, der nur bei Vorliegen einer ordnungsgemßen Rechnung zulssig ist, tritt das Ergebnis ein, daß nur die eigene Wertschpfung versteuert wird. Aber auch wenn der Unternehmer keinen Mehrwert schafft, weil er unter bzw. zu Selbstkosten seine Leistung erbringt, muß er den erzielten Preis versteuern. Mit der Bezeichnung „Mehrwertsteuer“ wird deshalb nur die typische Wirkung der Steuer beschrieben.

1.12

2. Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer a) ußerer Anknpfungspunkt des Umsatzsteuergesetzes sind die Umstze der Unternehmer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).3 Die Unternehmer sind auch Schuldner der Steuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).4 Das drfte der Grund dafr sein, daß sich bis heute immer noch die Auffassung findet, die Umsatzsteuer sei eine Verkehrsteuer, die an Akte des Rechtsverkehrs anknpfe.5 Dabei hieß es schon in der Begrndung zum UStG 1919: „Denn daß die Umsatzsteuer, wenn sie auch im ußeren Gewande einer Verkehrsteuer erscheint, eine Belastung des allgemeinen Verbrauchs bedeutet, ist zweifellos.“6 Auch die Begrn1 2 3 4 5

Dazu nher Stadie, UR 2004, 136, 141. Bzw. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. Ebenso Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. Ebenso Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der 6. EG-RL. Vgl. nur BFH, BStBl. II 1988, 1017, 1019 (Besteuerung bei „jedem . . . Verkehrsvorgang“); BStBl. II 1989, 580, 582 („maßgebliche Verkehrsvorgang“); Nieders. FG, EFG 2001, 177 („reine Verkehrsteuer“); Walz/Fischer, JuS 2003, 237, 242; weitere Nachweise aus dem Schrifttum bei Stadie in R/D, Einf. Anm. 56. 6 Abgedruckt bei Popitz, UStG, 3. Aufl. 1928, S. 187 f.

5

1.13

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

dung zum UStG 1934 spricht vom „Wesen der Umsatzsteuer als der allgemeinen Verbrauchsteuer“.1 Ebenso heißt es im Bericht des Finanzausschusses 1967: „Die Mehrwertsteuer ist eine nur beim Verkauf an den Letztverbraucher sich realisierende Verbrauchsteuer“.2 In gleicher Weise beschreibt Art. 2 Abs. 1 der 1. EG-RL das gemeinsame Mehrwertsteuersystem: Dieses „beruht auf dem Grundsatz, daß auf Gegenstnde und Dienstleistungen (. . .) eine allgemeine (. . .) Verbrauchsteuer anzuwenden ist.“ Die Besteuerung der Verbraucher ist nicht nur das finanzpolitische Ziel des Gesetzes, sondern prgt auch den Charakter (das Wesen) der Steuer, weil sich das Ziel in der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes wieder spiegelt: 1.14

Der Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG)3 bewirkt, daß der Unternehmer im unternehmerischen Bereich prinzipiell von allen Umsatzsteuerbetrgen, die auf ihn berwlzt worden sind, entlastet wird. Damit wird sichergestellt, daß der Unternehmer nicht zum Trger der Steuer wird, sondern nur den Endverbraucher die Belastung trifft.4 Die berwlzung (Abwlzung) der vom Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer gelingt, weil fr konkurrierende Unternehmer der gleiche Steuersatz gilt und folglich die geschuldete Steuer automatisch als Teil des Preises weitergegeben werden kann. Daß die berwlzung nicht nur vom Gesetzgeber gewollt ist, sondern dieser auch davon ausgeht, daß sie grundstzlich eintritt, zeigt sich auch konkret in der Bestimmung des § 14 Abs. 2 iVm. Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG5, die den Unternehmer berechtigt bzw. verpflichtet, die von ihm in den Preis einkalkulierte Steuer in seiner Rechnung offenzulegen. Der damit ggf. bei Unternehmern als Leistungsempfnger korrespondierende Vorsteuerabzug wre nicht gerechtfertigt, wenn die Steuer nicht als zustzliche Belastung auf diese berwlzt worden wre. Des weiteren besttigen auch die Bestimmungen ber die Besteuerung der Entnahmen fr Zwecke außerhalb des Unternehmens (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG)6, daß das Gesetz die Umsatzsteuerbelastung des Endverbrauchs und nicht etwa die Besteuerung von Verkehrsvorgngen bezweckt. Schließlich sind noch die Bestimmungen des § 3a Abs. 5 UStG7 und des § 1 Abs. 3 Nr. 1–3, 6 und 7 UStG zu erwhnen, welche eine lckenlose Besteuerung des Letztverbrauchs im Inland sicherstellen sollen.

1.15

Die Umsatzsteuer ist nach alledem zweifelsfrei die allgemeine Verbrauchsteuer8 neben den besonderen Verbrauchsteuern. Belastungsgrund (Besteue1 2 3 4 5 6 7 8

6

RStBl. 1934, 1549, Abschn. A. Bericht zu BT-Drucks. V/1581, Allg. 3. Bzw. Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL. EuGH, EuGHE 1996, I-5339 = UR 1997, 265, Tz. 19 ff. Bzw. Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 10 der 6. EG-RL. Bzw. Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL. Bzw. des Art. 9 Abs. 3 der 6. EG-RL. Tipke, UR 1972, 2; ders., Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 893 ff.; Shn, StuW 1975, 1; Reiß, StuW 1979, 343, 345; ders. in T/L, § 14 Rz. 1; Ruppe, Einf. Rz. 35 ff.; Stadie, Vorsteuerabzug, 1; ders. in R/D, Einf. Anm. 85 ff.; EuGH, EuGHE 1997, I-3721 = UR 1997, 357; EuGHE 1997, I-7387 = UR 1998, 102, Tz. 23.

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer

rungsgut) sind die Aufwendungen des Leistungsempfngers bzw. eines Dritten fr die erworbenen Gegenstnde oder die empfangenen Dienstleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 bis 3 UStG1; s. auch Rz. 11.5). Die Charakterisierung der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer ist deshalb eigentlich zu eng, da Gegenstnde nicht stets „verbraucht“ werden.2 Belastungsgrund ist mithin nicht der konkrete Verbrauch (Verzehr) der Gter, sondern die Verwendung von Einkommen bzw. Vermgen fr Gter jedweder Art, die einen Gebrauchs- oder Verbrauchsnutzen haben. Letztendliches Besteuerungsgut ist folglich die – isoliert gesehene3 – Leistungsfhigkeit (Zahlungsfhigkeit) des Nachfragers (Verbrauchers, Konsumenten).4 Da die Besteuerung des Verbrauchs sich als Gesetzesziel konkret im Gesetzestatbestand niederschlgt, bildet dieser Belastungsgrund den alleinigen Auslegungsmaßstab.5 b) Davon zu unterscheiden ist die verfahrensrechtliche Einordnung der Umsatzsteuer durch die Abgabenordnung. Nach § 21 Abs. 1 UStG ist (nur) die Einfuhrumsatzsteuer als Verbrauchsteuer iS der Abgabenordnung anzusehen. Diese Aussage ergibt nur deshalb einen Sinn, weil die Abgabenordnung, obwohl von 1977, die antiquierte Zweiteilung der Reichsabgabenordnung in „Zlle und Verbrauchsteuern“ einerseits und in „Besitz- und Verkehrsteuern“ andererseits gedanklich fortfhrt.6 Nach Wortlaut, systematischer Interpretation und historischem Kontext ist die Umsatzsteuer mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer nicht als Verbrauchsteuer iS des Verfahrensrechts (Beispiele: § 169 Abs. 2, § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO) anzusehen.7

1.16

c) Von der Idee her ist die Umsatzsteuer eine indirekte Steuer, da sie nach den Vorstellungen des Gesetzes vom Unternehmer, der die Steuer schuldet, als Teil des Preises auf den Abnehmer der Leistung (Steuertrger) und ggf. von diesem, wenn er seinerseits Unternehmer ist, auf seinen Abnehmer berwlzt (abgewlzt) werden soll und diese berwlzung auch gelingt (Rz. 14). Das Umsatzsteuergesetz enthlt jedoch auch Tatbestnde, die zu einer direkten Besteuerung fhren. Das kann neben der Einfuhrumsatzsteuer und der Steuer

1.17

1 Bzw. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. 2 Vgl. Rz. 2.4 Fn. 3 Die Beachtung des verfassungsrechtlichen Gebots, das Existenzminimum freizustellen, ist bei der indirekten Besteuerung nicht mglich. Die Umsatzsteuerbelastung muß deshalb bei der Bestimmung des einkommensteuerrechtlichen Grundfreibetrages bzw. bei der Bemessung von Sozialleistungen bercksichtigt werden; vgl. BVerfG, UR 1999, 501; Stadie in R/D, Einf. Anm. 192 ff. 4 Vgl. Reiß in T/L, § 14 Rz. 1; Ruppe, Einf. Rz. 35 ff.; Stadie in R/D, Einf. Anm. 87; ferner BVerfGE 98, 106, 125; 101, 132, 139 = UR 1999, 494, 496 = BStBl. II 2000, 155; BVerfGE 101, 151, 155 = UR 1999, 498, 499 = BStBl. II 2000, 160. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 1996, I-959 = UR 1996, 119, Tz. 20 f.; BVerfGE 101, 151, = UR 1999, 494 = BStBl. II 2000, 155; BVerfGE 101, 151, 155 = UR 1999, 498, 499 = BStBl. II 2000, 160; Stadie in R/D, Einf. Anm. 86. 6 Auch die Verfassung knpft in Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 sowie in Art. 108 Abs. 1 und 2 GG an diese 1949 vorgefundene Einordnung der Umsatzsteuer an; ausfhrlich Stadie in R/D, Einf. Anm. 61 ff. 7 BFH, BStBl. II 1987, 95; ausfhrlich Stadie in R/D, Einf. Anm. 66 f.

7

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) insbesondere dann der Fall sein, wenn der Leistungsempfnger nach § 13b UStG Steuerschuldner ist.1

3. Folgerungen a) Vertrauensschutz 1.18

Da die Umsatzsteuer nicht den Unternehmer belasten will, sondern als indirekte Verbrauchsteuer auf Abwlzung angelegt ist (Rz. 14), erfllt der Unternehmer als „Schuldner“ (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) der Umsatzsteuer nur formal (vordergrndig) mit deren Abfhrung an das Finanzamt eine eigene Schuld. Er hat, wenn die rechtstechnische Ausgestaltung beiseite geschoben wird, nur die Funktion eines zwangsverpflichteten Gehilfen des Staates (Verwaltungshelfer) bei der Besteuerung der Verbraucher. Der Unternehmer wird in Wahrheit lediglich, wie es der EuGH plastisch formuliert, als „Steuereinnehmer fr Rechnung des Staates ttig“2, d. h. hat nur die Rolle des Steuereinsammlers fr den Steuerglubiger (zur verfassungsrechtlichen Zulssigkeit dieser Indienstnahme fr ffentliche Zwecke s. Rz. 37 ff.). Diese Gehilfenstellung ist nicht nur dann gegeben, wenn der Unternehmer Leistungen gegenber Endverbrauchern erbringt, sondern ebenfalls, wenn er seinerseits Abnehmer eines Unternehmers ist und er von der Vorsteuer zu entlasten ist. Der Unternehmer erfllt mithin alle Pflichten, die ihm durch das Umsatzsteuergesetz auferlegt werden, nicht in eigener3, sondern in fremder Sache („fr Rechnung des Staates“). Aus dieser Funktion als zwangsverpflichteter Gehilfe folgt, daß der Unternehmer keine Risiken tragen darf, die unzumutbar sind.

1.19

aa) Mithin darf der Gehilfe bei der umsatzsteuerrechtlichen Wrdigung seiner Geschftsvorflle nicht automatisch jedes Risiko der Fehleinschtzung tragen. Das gilt zum einen fr die Frage, ob eine Person berhaupt als Gehilfe des Staates zu fungieren hat, d. h. hinsichtlich der Frage ihrer Unternehmereigenschaft. Dieser Gedanke kommt des weiteren auch bei der Beurteilung der Steuerpflicht der Vorgnge bzw. des maßgeblichen Steuersatzes zum Tragen. Allerdings kann von einer Person, die im Wirtschaftsleben ttig wird, verlangt werden, daß sie die Grundregeln der Umsatzbesteuerung kennt. Ist danach aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphre eine Umsatzsteuerpflicht hinsichtlich des Geschftsvorfalles nicht ausgeschlossen, so ist es dem Unternehmer (bzw. der Person, die als solche in Betracht kommt), als (potentiellem) Gehilfen des Staates zuzumuten, eine verbindliche Auskunft des Finanzamts einzuholen, wenn das geplante Geschft diesen Aufschub duldet. Anderenfalls muß in Zweifelsfllen mit dem Partner eine Klausel vereinbart werden, der 1 Vgl. Rz. 13.2 Fn. 2 EuGH, EuGHE 1993, I-5105, Tz. 25 = UR 1994, 116 (Zusammenfassung); EuGHE 1996, I-5339 = UR 1997, 265, Tz. 22. 3 Sofern er nicht als Leistungsempfnger die Steuer fr seinen eigenen Verbrauch schuldet (§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG; s. Rz. 13.2 Fn.).

8

II. Wesen und Belastungsgrund der Umsatzsteuer

zufolge eine Nachforderung der Umsatzsteuer mglich ist (Beispiel: „zzgl. etwaiger USt.“), wenn das Finanzamt spter den Vorgang als steuerpflichtig einschtzen sollte. Bei Leistungen gegenber spter nicht erreichbaren Endverbrauchern muß, solange keine verbindliche Auskunft des Finanzamtes eingeholt worden ist, vorsichtshalber Umsatzsteuer in den Preis einkalkuliert werden. Ein Vertrauensschutz kommt folglich hinsichtlich der flschlich angenommenen Nichtsteuerpflicht des Geschftsvorfalles nur dann in Betracht, wenn diesbezglich keine Zweifel bestehen mußten, weil nmlich die Finanzverwaltung in ihren verffentlichten Verwaltungsvorschriften oder die Rechtsprechung1 den entsprechenden Vorgang zuvor als nichtsteuerpflichtig behandelt hatte. Die Finanzverwaltung gewhrt demgemß bei einer verschrfenden nderung ihrer Verwaltungsvorschriften regelmßig Vertrauensschutz. Entsprechendes hat bei einer Rechtsprechungsnderung nach Verwirklichung des Geschftsvorfalles zu gelten. Der gebotene Vertrauensschutz stnde der Behandlung als steuerpflichtig bei der erstmaligen Steuerfestsetzung zwar nicht entgegen (vgl. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO), er mßte dann jedoch im Wege der Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 1 AO gewhrt werden2, so daß das Finanzamt von vornherein von der Festsetzung absehen kann.

1.20

Beispiel: Der geschftsfhrende Gesellschafter G der X-GmbH, welche steuerfreie Umstze ausfhrt, scheidet 1998 aus der Gesellschaft aus und erhlt (umgerechnet) 4 Mio. Euro fr ein Wettbewerbsverbot, wonach er es in den nchsten fnf Jahren unterlassen muß, selbstndig oder unselbstndig in derselben Branche ttig zu sein. G ging bei der Vereinbarung des Betrages auf Grund der Entscheidung des BFH aus dem Jahre 19863, wonach das Unterlassen von Wettbewerb ber mehrere Jahre mangels Nachhaltigkeit nicht unternehmerisch sei, davon aus, daß er keine Umsatzsteuer bercksichtigen msse. Das Finanzamt hingegen ist anderer Auffassung und erhlt im Jahre 2003 vor dem BFH Recht, der nunmehr das Unterlassen von Wettbewerb zutreffend (Rz. 5.78 f.) als unternehmerische Ttigkeit ansieht.4 Richtigerweise htte das Finanzamt dem G Vertrauensschutz gewhren mssen, weil dieser sich auf die frhere BFH-Entscheidung verlassen durfte, da diese im BStBl. verffentlicht worden war, womit die Finanzverwaltung zum Ausdruck gebracht hatte, daß sie gleicher Ansicht wie der BFH war. Um die Frage erneut zum BFH zu bringen, htte die Finanzverwaltung im BStBl. kundtun mssen, daß sie nicht mehr die Auffassung des BFH aus dem Jahre 1986 teile. bb) Im umgekehrten Fall, in dem fehlerhaft Steuer in einer Rechnung ausgewiesen wurde, weil der Unternehmer oder eine Person, die sich dafr hielt, flschlich einen steuerpflichtigen Umsatz angenommen oder einen zu hohen Steuersatz zugrunde gelegt hatte, ist in verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 14c Abs. 2 UStG der gute Glaube des Rechnungsausstellers zu schtzen, wenn dieser meint, einen steuerpflichtigen Umsatz auszufhren und in Befolgung einer vermeintli1 Sofern sie im BStBl. verffentlicht worden war, weil anderenfalls damit gerechnet werden muß, daß die Finanzverwaltung die Rechtsfrage erneut zum BFH bringen will. 2 Dazu nher Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 82, 302 ff., 306 mwN. 3 BFH, BStBl. II 1986, 874. 4 BFH, BStBl. II 2004, 472.

9

1.21

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen chen Rechtspflicht eine Rechnung mit gesondertem Ausweis von Steuer erteilt. Den Schaden hat der Steuerglubiger zu tragen (Rz. 14.143 f.).

1.22

cc) Vertrauensschutz ist auch und nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug geboten. Wenn der Staat bei der Besteuerung der Verbraucher das sog. Mehrwertsteuer-System, d. h. ein Allphasen-System mit Vorsteuerabzug vorsieht, bei dem aus rein erhebungstechnischen Grnden (Rz. 10) auch die Umstze zwischen Unternehmern besteuert werden, dann darf der Staat die Risiken der zutreffenden Abwicklung der Umstze zwischen den Unternehmern nicht in unzumutbarer Weise auf diese abschieben. Der Verhltnismßigkeitsgrundsatz (das bermaßverbot) ist nicht nur bei der Besteuerung der Umstze zu beachten, sondern gilt auch im Zusammenhang mit der Entlastung von der auf die Unternehmer abgewlzten Umsatzsteuer mittels des Vorsteuerabzugs.1 Eine angemessene und damit zumutbare Risikoverteilung zwischen Staat und den als Gehilfen zwangsverpflichteten Unternehmern verlangt, daß letztere nur solche Risiken zu tragen haben, die in ihren Verantwortungsbereich fallen und denen sie ohne unzumutbaren Aufwand begegnen knnen. Es wre insbesondere unzumutbar, den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG davon abhngig zu machen, daß alle Angaben in der Rechnung objektiv richtig sind, und den Rechnungsempfnger das zivilrechtliche Prozeß- und Kostenrisiko einer Klage auf Erteilung einer ordnungsgemßen Rechnung tragen zu lassen, wenn nach Zahlung der Gegenleistung das Finanzamt die Fehlerhaftigkeit der Rechnung feststellt (ausfhrlich zum Vertrauensschutz hinsichtlich der Rechnungsangaben s. Rz. 15.62 ff. und des ausgewiesenen Steuerbetrages s. Rz. 15.70 ff.). Auch hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Vertragspartners und des Vorliegens einer Leistung kann Vertrauensschutz in Betracht kommen (s. Rz. 15.9 f. bzw. 15.11). b) Klagebefugnis des Steuertrgers (Verbrauchers)

1.23

Der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfnger (Steuertrger, Verbraucher) kann, wenn er die Steuerpflicht des Umsatzes oder die Hhe des vom leistenden Unternehmers zugrunde gelegten Steuersatzes bestreitet, der Umsatzsteuerbelastung bei der Preisvereinbarung regelmßig nicht ausweichen, da die Unternehmer im Zweifel von der Steuerpflicht des Umsatzes ausgehen und sich zudem durchgngig nach der Auffassung der Finanzverwaltung richten. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Steuertrger klagebefugt ist bezglich der vom leistenden Unternehmer abgegebenen Steueranmeldung oder der diesem gegenber ergangenen Steuerfestsetzung, die den streitigen Umsatzsteuerbetrag erfaßt. Vordergrndig gesehen mßte die Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO) zu verneinen zu sein, weil der Steuertrger nicht in seinen 1 Auch der Finanzausschuß hat darauf hingewiesen, daß hinsichtlich der Anforderungen an eine Rechnung „der aus der Sicht des Leistungsempfngers bedeutsame Gesichtspunkt der Verhltnismßigkeit der Mittel eine wichtige Rolle spielen“ werde; vgl. Bericht des Finanzausschusses zum StndG 2003, BT-Drucks. 15/1945, zu Art. 4 Nr. 18 (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

10

III. Umsatzsteuer und Verfassung

Rechten verletzt zu sein scheint, da „rechtlich“ der leistende Unternehmer die Steuer schuldet. Dieser ist allerdings trotz der „rechtlichen“ Beschwer nicht wirtschaftlich (tatschlich) belastet, da er die Steuer als Teil des Preises erhalten hat, so daß diese bei ihm wie ein durchlaufender Posten wirkt. Er hat mithin bei dieser Konstellation kein Interesse an der Klrung der Umsatzsteuerrechtsfrage und der Anfechtung der Steuerfestsetzung. Der Steuertrger kann sein steuerrechtliches Problem nicht vor den Zivilgerichten klren. Zwar ist es Geschftsgrundlage bzw. Vertragsinhalt geworden, daß, wenn ein Preis inklusive Umsatzsteuer vereinbart ist, der Umsatz auch tatschlich steuerpflichtig ist bzw. der vereinbarte Steuersatz auch tatschlich anzuwenden ist (Rz. 20.11 f.), so daß ein als Preisbestandteil berechneter Umsatzsteuerbetrag, soweit er steuerrechtlich nicht geschuldet wird, zurckzuzahlen ist, doch befindet ber diese steuerrechtliche Vorfrage nicht das Zivilgericht. Das Alleinentscheidungsrecht ber steuerrechtliche Fragen haben die Finanzbehrden, die mit einem Verwaltungsakt (Steuerbescheid) die Steuer festsetzen. Folglich sind deren Entscheidungen von den Zivilgerichten zu beachten (Rz. 20.13), so daß Steuerfestsetzungen, denen Steueranmeldungen gleichstehen (Rz. 18.30), Bindungswirkung fr die Zivilgerichte haben.

1.24

Dieser Befund kann nicht dazu fhren, daß dem Steuertrger der Rechtsschutz verwehrt wird. Wenn der Staat die Umsatzbesteuerung im Wege der indirekten Besteuerung durch Einschaltung der Unternehmer als Verwaltungshelfer vornimmt, so kann er sich bei dieser Form der mittelbaren Verwaltung nicht der Grundrechtsbindung entziehen.1 Folglich bedarf es zur Gewhrleistung des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) der Klagemglichkeit vor den Finanzgerichten. Da die Umsatzsteuerfestsetzung verbindlich ber den Umsatzsteuerbetrag als Teil des zivilrechtlichen Preises (Rz. 20.1, 20.11 f.) und damit letztlich ber die Umsatzsteuerbelastung des Verbrauchers (Steuertrgers) entscheidet, kann die Umsatzsteuerfestsetzung mittelbar die Rechte des Verbrauchers verletzen. Demgemß ist dieser klagebefugt iS des § 40 Abs. 2 FGO und kann die betreffende Steuerfestsetzung anfechten.2

1.25

III. Umsatzsteuer und Verfassung 1. Umsatzsteuer in der Finanzverfassung a) Gesetzgebungskompetenz Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 72 Abs. 1 GG) ber die Umsatzsteuer, da ihm das Aufkommen dieser Steuer zum Teil zusteht (Art. 105 Abs. 2 iVm. Art. 106 Abs. 3 GG; Rz. 30). Von dieser Kompetenz hat der Bund mit dem Umsatzsteuergesetz in den jeweiligen Fassungen Gebrauch gemacht. Das Gesetz wie auch dessen jeweilige nderungen bedrfen der 1 Vgl. P. Kirchhof, DStJG 18 (1995), 17, 28. 2 Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 20; Seer in T/L, § 22 Rz. 125; unklar Kirchhof, aaO.; ders., UR 2002, 541, 547 f.

11

1.26

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

Zustimmung des Bundesrates, weil das Aufkommen der Umsatzsteuer den Lndern teilweise zufließt (Art. 105 Abs. 3 iVm. Art. 106 Abs. 3 GG). 1.27

Da die Verfassung die Umsatzsteuer nicht definiert, sondern im X. Abschnitt an die traditionellen Begriffe des deutschen Steuerrechts anknpft, mithin den Begriff der Umsatzsteuer der 1949 vorgefundenen Steuerrechtsordnung entlehnt hat1, bestimmt das Wesen dieser Steuer die Gesetzgebungskompetenz. Demgemß wird sie begrenzt auf die Regelung einer allgemeinen Verbrauchsbelastung, d. h. die Besteuerung jeglichen Leistungsaustausches, der im Wirtschaftsleben vorkommt.2 Daraus folgt entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts3 indes nicht, daß die Ttigkeiten der ffentlich-rechtlich organisierten Rundfunkanstalten nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden drfen, denn diese erbringen Dienstleistungen gegen Entgelt.4

1.28

Das Umsatzsteuergesetz enthlt eine Vielzahl von Ermchtigungen an die Bundesregierung zum Erlaß von Rechtsverordnungen (Beispiele: § 3a Abs. 5, § 6 Abs. 4, § 6a Abs. 3, § 14 Abs. 6, § 15 Abs. 5, § 15a Abs. 11, § 26 Abs. 1 und 2 UStG). Diese entsprechen den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermchtigung im Gesetze bestimmt sein mssen. Diese Rechtsverordnungen bedrfen der Zustimmung des Bundesrates (Art. 80 Abs. 2 aE. iVm. Art. 105 Abs. 3 GG). Die Bundesregierung hat von den Ermchtigungen in vielfltiger Weise Gebrauch gemacht. Die einzelnen Rechtsverordnungen sind in der Umsatzsteuerdurchfhrungsverordnung (UStDV)5 zusammengefaßt. Diese Rechtsverordnungen sind zwar Rechtsnormen (materielle Gesetze), stehen aber im Range unter den Parlamentsgesetzen und knnen von den Gerichten auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 80 GG berprft werden. Von derartigen Verordnungen sind Verordnungen des Rates der EG nach Art. 249 Abs. 2 EG zu unterscheiden (Rz. 51).

1.29

Die Lnder haben die Befugnis zur Gesetzgebung ber die rtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind (Art. 105 Abs. 2a GG). Auch diese Steuern sind wie die berrtlichen Verbrauchsteuern auf die Belastung des privaten Konsums, nmlich auf die Besteuerung der Einkommensverwendung gerichtet.6 In Betracht kommt vor allem die Konkurrenz mit der Umsatzsteuer. Indes soll das Gleichartigkeitsverbot nicht fr die bei Inkrafttreten des Art. 105 Abs. 2a GG (1970) bestehenden „herkmmlichen“ (Beispiele: Getrnkesteuer, Vergngungssteuer, Spielautomatensteuer, Jagdsteuer)7, sondern nur fr die danach vom Landesgesetzgeber eingefhrten neuen rtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern gelten.8 1 2 3 4 5

Vgl. Rz. 16 Fn. BVerfGE 31, 314, 331 = BStBl. II 1971, 567, 572. BVerfG, aaO. Rz. 5.284 Fn. Sowie in der Einfuhrumsatzsteuerbefreiungsverordnung (EUStBfrO), deren Ermchtigungsgrundlage sich aus § 5 Abs. 3 UStG ergibt. 6 Vgl. BVerfGE 49, 343, 354; 65, 325, 346; Siekmann in Sachs, GG, Art. 105 Rz. 31 f. 7 Rspr.-Nw. bei Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 32. 8 BVerfGE 65, 325, 351; 98, 106, 125.

12

III. Umsatzsteuer und Verfassung

b) Ertragshoheit Die Umsatzsteuer zhlt zusammen mit der Einkommensteuer und der Krperschaftsteuer zu den Gemeinschaftsteuern, deren Aufkommen Bund und Lndern gemeinsam zusteht, soweit nicht das Aufkommen den Gemeinden zugewiesen wird (Art. 106 Abs. 3 Satz 1 GG). Die Anteile von Bund und Lndern an der Umsatzsteuer sind nicht durch das Grundgesetz festgelegt, sondern werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt (Art. 106 Abs. 3 Satz 3 GG). Bei der Aufteilung sind die in Art. 106 Abs. 3 Satz 4 und 5 GG festgelegten Grundstze zu beachten. Die Aufteilung erfolgt durch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) unter Bercksichtigung des sog. Maßstbegesetzes (MaßstG), welches langfristig anwendbare Maßstbe fr die Zukunft abstrakt-generell bestimmt. Die Anteile sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhltnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Lnder wesentlich anders entwickelt (Art. 106 Abs. 4 GG).

1.30

Der Bund hat von seinem Anteil z. Zt. 0,5 v. H. der Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage an die EG abzufhren.1

1.31

Auch die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer, der von der Lndern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlssels an ihre Gemeinden weitergeleitet wird. Das Nhere bestimmt ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 106 Abs. 5a GG), was durch das FAG geschehen ist. Darber hinaus nehmen die Gemeinden nach Maßgabe der Landesgesetzgebung am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern, und damit auch der Umsatzsteuer, teil (Art. 106 Abs. 7 GG).

1.32

Der Lnderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Lndern grundstzlich nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu (Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 GG). Dieser Verteilungsmaßstab folgt zwingend aus dem Belastungsgrund der Umsatzsteuer. Da diese eine indirekte Verbrauchsteuer ist, welche nur besteuerungstechnisch an die Umstze der Unternehmer anknpft, aber auf Abwlzung angelegt ist, kann es auf die Zuflligkeit der Ansssigkeit der Unternehmer, die die rtliche Besteuerungszustndigkeit begrndet (§ 21 AO), bei der Verteilung des Lnderanteils an der Umsatzsteuer nicht ankommen. Sachgerechter Maßstab kann nur der Ort des mutmaßlichen Verbrauchs sein. Mit der Anknpfung an die Einwohnerzahl wird ein Durchschnittseinkommen der Verbraucher zugrundegelegt, wodurch die kaufkraftschwcheren Lnder begnstigt werden.

1.33

Fr einen Teil, hchstens jedoch fr ein Viertel des Lnderanteils an der Umsatzsteuer knnen durch zustimmungspflichtiges Bundesgesetz Ergnzungsanteile fr ertragschwache Bundeslnder vorgesehen werden (Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 GG). Das ist im Rahmen des FAG geschehen.

1 Sog. Eigenmittelbeschluß des Rates der EG, ABl. L 235/42; dazu nher Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art. 106 Rz. 1488 ff.

13

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

c) Verwaltungskompetenz 1.34

Die Verwaltung der Umsatzsteuer erfolgt, mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer, durch die Lnder als sog. Auftragsverwaltung (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GG). Auftragsverwaltung bedeutet, daß die Landesbehrden der Weisung1 und der Aufsicht des Bundes unterliegen (Art. 85 Abs. 3 und 4 GG).

1.35

Der Bund kann hinsichtlich der Umsatzsteuer mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen (Art. 108 Abs. 7 GG). Als diese sind die sog. Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR)2 ergangen. Sie stellen keine Rechtsnormen dar und binden Brger und Gerichte nicht.3 Als norminterpretierende Vorschriften aus der Sicht der Finanzverwaltung haben sie fr die Gerichte kein grßeres Gewicht als ußerungen in der Literatur. Ihre Bedeutung liegt im wesentlichen darin, die einheitliche Anwendung des Steuerrechts durch die Finanzmter zu gewhrleisten. Durch die Verffentlichung der sog. Richtlinien wird bewirkt, daß die Unternehmer und ihre Steuerberater in vielen Fllen nachlesen knnen, welche Rechtsauffassung die Finanzverwaltung zur Auslegung der einschlgigen Steuerrechtsnormen vertritt. Diese „Richtlinien“ sind von den EG-Richtlinien zu unterscheiden (Rz. 49 ff., 57).

1.36

Die Einfuhrumsatzsteuer wird durch Bundesfinanzbehrden verwaltet (Art. 108 Abs. 1 GG). rtliche Behrden sind die sog. Hauptzollmter.

2. Verfassungsmßigkeit der Indienstnahme des Unternehmers zur Erhebung der Steuer 1.37

Die Umsatzsteuer als indirekte Verbrauchsteuer will nicht den Unternehmer, sondern den Verbraucher belasten (besteuern). Folglich erfllt der Unternehmer als „Schuldner“ (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) der Umsatzsteuer nur formal (vordergrndig) eine eigene Schuld. In Wahrheit ist er nur Gehilfe des Staates bei der Besteuerung der Verbraucher, d. h. er hat nur die Rolle des Steuereinnehmers (Steuereinsammlers) fr den Steuerglubiger (Rz. 18). Daraus ergibt sich zum einen die Frage, ob diese Indienstnahme Privater fr ffentliche Aufgaben als Verwaltungshelfer mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist, weil die durch das Umsatzsteuergesetz dem Unternehmer auferlegten Handlungspflichten in Gestalt insbesondere des Ermittelns, Anmeldens und Abfhrens der Umsatzsteuer Eingriffe in die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) darstellen.

1.38

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu den einkommensteuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Einbehaltungs- und Abfh1 Zu den sog. BMF-„Schreiben“ s. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 56. 2 Derzeit UStR 2005, BStBl. I 2004, Sondernummer 3. 3 Zur Selbstbindung der Finanzverwaltung bei Ermessensentscheidungen auf Grund von Ermessensdirektiven und Billigkeitsbestimmungen s. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 68.

14

III. Umsatzsteuer und Verfassung

rungspflichten soll es sich hierbei um zulssige Berufsausbungsregeln handeln, weil fr sie vernnftige Erwgungen des Gemeinwohls sprchen.1 Fr die umsatzsteuerrechtlichen Pflichten mßte mithin gleiches gelten. Es kann dahinstehen, ob Art. 12 Abs. 1 GG einschlgig ist (es ist zweifelhaft, ob es zur Berufsausbung gehrt, als Hilfsorgan des Staates zu fungieren) oder ob ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) vorliegt. Denn auch dieser Eingriff entspricht dem Verhltnismßigkeitsgrundsatz. Da die Erhebung der Steuer als indirekte Steuer zweifelsfrei verfassungsgemß ist, ist die Erhebung, Anmeldung und Abfhrung der Steuer durch den Unternehmer nicht nur naheliegend, sondern die geradezu zwingende Ausgestaltung, denn die Abholung der Steuer durch den Steuerglubiger bei den jeweiligen Unternehmern wre ußerst verwaltungsaufwendig und kostenintensiv. Daran knpft sich indes sogleich die Frage nach der Kostenerstattungspflicht des Steuerglubigers an. Weder das Umsatzsteuergesetz noch ein anderes Gesetz sieht eine solche vor. Das scheint verfassungsrechtlich bedenklich zu sein, insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 104a Abs. 2 GG, wonach der Bund die Ausgaben trgt, wenn die Lnder in seinem Auftrag ttig werden. Nichts anderes liegt bei der Ttigkeit der Unternehmer vor. Auch § 670 BGB bringt einen entsprechenden allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts soll indes eine entsprechende Indienstnahme Privater bei der Einbehaltung von einkommensteuerrechtlichen Abzugsteuern keine erhebliche Belastung darstellen und deshalb keine Kostenerstattungspflicht auslsen.2 Entsprechendes mßte dann fr die Umsatzsteuer gelten. Das berzeugt allerdings nicht. Die Rechtfertigung ist vielmehr darin zu sehen, daß die Unternehmer die Kosten der Umsatzsteuererhebung auf die Verbraucher bei der Preiskalkulation abwlzen knnen. Eine Belastung auf Grund teilweiser Nichtabwlzbarkeit kann prinzipiell nicht eintreten, da fr die jeweils konkurrierenden Unternehmer die Kosten im Regelfall annhernd gleich hoch sind.3

1.39

Nicht abwlzbar ist hingegen der Zinsaufwand, der dem Unternehmer bei der Versteuerung seiner Umstze nach dem sog. Soll-Prinzip (Rz. 12.3) erwachsen kann. Die Kosten der Vorfinanzierung der Steuer hinsichtlich der noch nicht vereinnahmten Gegenleistungen sind nicht vorweg bestimmbar, da die Dauer der Zahlungsverzgerung durch die jeweiligen Leistungsempfnger nicht prognostiziert werden kann. Folglich sind diese Kosten nicht kalkulierbar und mithin schon deshalb nicht exakt abwlzbar. Im Bericht des Finanzausschusses des Bundestages von 1967 war die Heranziehung der Unternehmer zur Vorfinanzierung der Unternehmer damit gerechtfertigt worden, daß diesem Nachteil gegenberstehe, daß der Unternehmer auch die Vorsteuer bereits absetzen knne, bevor er diese gezahlt habe. Und außerdem stehe in der Unternehmer-

1.40

1 Vgl. BVerfGE 22, 380, 383; 30, 292, 313; 44, 103; 68, 155, 170 f.; 74, 102, 120. 2 Vgl. BVerfGE 22, 380, 385 (Kapitalertragsteuer); 44, 103, 104 (Lohnkirchensteuer); vgl. auch BVerfGE 30, 292, 311. 3 Stadie in R/D, Einf. Anm. 179.

15

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

kette praktisch dem Finanzierungsnachteil des einen Unternehmers ein Finanzierungsvorteil seines Geschftspartners gegenber.1 Beide berlegungen sind unhaltbar und knnen nur Kopfschtteln auslsen. Bei Unternehmen mit hoher Wertschpfungsquote, insbesondere im Dienstleistungsbereich, ist die Differenz zwischen Steuer und Vorsteuer erheblich, so daß auch nicht annherungsweise ein Ausgleich stattfindet. Doch selbst bei geringer Wertschpfungsquote bliebe eine Differenz, bei der der Zwang zur Vorfinanzierung nicht zu rechtfertigen wre. Außerdem darf vom Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß der Unternehmer sich wie seine Schuldner verhlt, d. h. auch seine Rechnungen nicht bei Flligkeit, sondern versptet begleicht! Vllig absurd ist das zweite Argument. Der Nachteil des einen Unternehmers kann doch nicht mit dem Vorteil eines anderen Unternehmers aufgewogen werden. Abgesehen davon ist nicht jeder Leistungsempfnger ein Unternehmer. 1.41

Die Regeln ber die Versteuerung nach dem sog. Soll fhren mithin, soweit sie einem nicht abwlzbaren Zinsaufwand bewirken, zu einem durch nichts zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit bzw. allgemeine Handlungsfreiheit, da die Vorfinanzierung der Steuer zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht erforderlich ist. Das mildere, gleich wirksame Mittel zur Besteuerung des Aufwandes der Verbraucher ist die Versteuerung der jeweils tatschlich vereinnahmten Gegenleistungen. Folglich verstßt das sog. Soll-Prinzip gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz.2 Zudem drfte dem Bund fr die Anordnung des in der Vorfinanzierung liegenden Zwangskredites zugunsten des Staates die Gesetzgebungskompetenz fehlen, da sie sich nicht aus Art. 105 iVm. Art. 106 GG ableiten lßt. Jedenfalls aber verstßt die in dem Zwangskredit liegende Zinsbelastung klar und zweifelsfrei gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil die Unternehmer nicht nach einem gleichen Maßstab belastet werden. Der Umfang des den jeweiligen Unternehmer treffenden Zwangs zur Vorfinanzierung hngt von der Zahlungsmoral seiner jeweiligen Schuldner ab. Das Soll-Prinzip wre mithin nur zu rechtfertigen, wenn den Unternehmern die jeweiligen Kosten der Vorfinanzierung vom Staat ersetzt wrden. Solange das nicht geschieht und auch nicht die Regeln ber die sog. Soll-Versteuerung aufgehoben werden3, ist das Merkmal der Uneinbringlichkeit in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG im Rahmen des mglichen Wortsinnes verfassungskonform extensiv auszulegen (Rz. 12.59).4 3. Gebot der Wettbewerbsneutralitt

1.42

a) Eine Steuer, welche nicht den Unternehmer, sondern als indirekte Steuer dessen Abnehmer belasten will, d. h. auf Abwlzung angelegt ist, muß fr diejenigen Unternehmer, die im Wettbewerb miteinander stehen, relativ gleich 1 Bericht des Finanzausschusses zu BT-Drucks. V/1581, Allg., 3. (Abs. 2). 2 Ausfhrlich dazu bereits Stadie in R/D, Einf. Anm. 180 f.; ders., UR 2004, 136, 139 f.; zust. Birk, SteuerR, 7. Aufl. 2004, Rz. 1320, Fn. 55. 3 Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der 6. EG-RL lßt das zu; Stadie, UR 2004, 136; 137 f. 4 Zum gemeinschaftsrechtlichen Gebot einer entsprechenden Auslegung s. Rz. 12.60.

16

III. Umsatzsteuer und Verfassung

hoch sein, d. h. die Preise proportional gleich belasten. Erfolgt die Umsatzbesteuerung auf jeder Wirtschaftsstufe (Allphasensystem), so verlangt das aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz) entspringende Gebot der Wettbewerbsneutralitt, daß die Umsatzsteuervorbelastung auf der Vorstufe beseitigt wird, damit die Steuer nicht als Kostenfaktor wirkt (zum entsprechenden Neutralittsgrundsatz des EuGH s. Rz. 62). Wird auf jeder Wirtschaftsstufe Umsatzsteuer vom Bruttobetrag (Preis) erhoben, so wird die Steuerbelastung um so hher, je fter Unternehmer vor allem bei der Herstellung und dem Vertrieb von Waren eingeschaltet werden (Rz. 8). Das heutige Umsatzsteuerrecht gewhrleistet die Wettbewerbsneutralitt prinzipiell mit dem Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG). Ein Wettbewerbsnachteil kann durch die Nichtbesteuerung von Personen eintreten, die dieselben Leistungen wie besteuerte Unternehmer erbringen. Die Beschrnkung der Besteuerung auf Umstze von Unternehmern (§ 2 Abs. 1 UStG) ist indes durch Praktikabilittserwgungen gerechtfertigt (vgl. auch Rz. 5.2). Die Erfassung der GelegenheitsLeistenden wre weitgehend von deren Ehrlichkeit abhngig und wrde zu einer Ungleichmßigkeit der Besteuerung fhren. Der geringe Umfang ihrer Umstze fhrt zu keinen merklichen Wettbewerbsnachteilen fr die besteuerten Unternehmer. Hingegen bewirkt die Nichtbesteuerung der sog. Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) einen beachtlichen Wettbewerbsvorteil gegenber solchen konkurrierenden Unternehmern, die die Freigrenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG von 17 500 Euro nicht wesentlich berschreiten (Rz. 17.9 f. mit Beispiel). Auch die Steuerbefreiung fr Blinde (§ 4 Nr. 19 UStG) fhrt zu einem beachtlichen Wettbewerbsvorteil, soweit sie Umstze auf der Endstufe erbringen1 (vgl. Rz. 10.123).

1.43

b) Umsatzsteuervergnstigungen (Befreiungen, ermßigte Steuerstze u. .) sind im Hinblick auf den Besteuerungszweck (Rz. 13 ff.) nur sach- und systemgerecht, wenn sie zugunsten der Verbraucher und nicht einzelner Unternehmergruppen wirken.2 Anderenfalls fhren sie zu einem Wettbewerbsnachteil der nicht begnstigten konkurrierenden Unternehmer. Das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) als Willkrverbot wie auch das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)3 verbieten deshalb eine allein nach der Rechtsform eines Unternehmers unterscheidende Umsatzsteuerbefreiung oder Steuerermßigung. Das Umsatzsteuergesetz muß deshalb bei der Ausgestaltung seiner Tatbestnde das Gebot der Rechtsformneutralitt4 beachten.5 (zum Neutralittsgrundsatz des EuGH s. Rz. 61). Die Steuerbefreiungsvor-

1.44

1 Vgl. Stadie in R/D, Einf. Anm. 198.1. 2 BVerfGE 101, 132 = UR 1999, 494 = BStBl. II 2000, 155; BVerfGE 101, 151 = UR 1999, 498 = BStBl. II 2000, 160; UR 2000, 72 = BStBl. II 2000, 158. 3 Vgl. P. Kirchhof, DStJG 25 (2002), S. 1, 7; ders., StuW 2002, 3, 11; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 107. 4 Die Rechtsformneutralitt soll die wettbewerbsneutrale Wirkung fr die Unternehmer gewhrleisten und nicht etwa, wie der V. Senat des BFH meint (BStBl. II 1999, 630), die gleiche Umsatzsteuerbelastung der Verbraucher, unabhngig davon, ob sie die Leistung von einer natrlichen oder juristischen Person beziehen, sicherstellen. Diese Wirkung tritt von selbst durch den Wettbewerb, d. h. durch die Preisbildung am Markt, ein. 5 BVerfGE 101, 151 = UR 1999, 498 = BStBl. II 2000, 160.

17

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

schriften sind deshalb verfassungskonform so auszulegen, daß gleichartige Leistungen unabhngig von der Rechtsform des Unternehmers, der sie erbringt, befreit sind (vgl. auch zur gemeinschaftsrechtlichen Auslegung des Begriffes der „Einrichtungen“ iS des Art. 13 Teil A der 6. EG-RL Rz. 10.124). 1.45

Das Gebot der Rechtsformneutralitt gilt gleichermaßen fr den Vorsteuerabzug und ist deshalb auch bei der Auslegung des Unternehmerbegriffs im Hinblick auf die Entlastung von Vorsteuern zu beachten. Die Art der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion, welche fr eine wirtschaftliche Bettigung gewhlt wird, darf nicht die Abziehbarkeit von Vorsteuern beeinflussen. Das gilt insbesondere bei sog. Holding-Gesellschaften, die nicht unmittelbar eigene Umstze ausfhren. Die gegenteilige EuGH-Rechtsprechung zur Holding verkennt das in erschreckender Weise (ausfhrlich dazu Rz. 5.45 ff.).

1.46

Wettbewerbsnachteile knnen auch durch das grundstzliche Verbot des § 15 Abs. 2 UStG, bei bestimmten steuerfreien Umstzen die Vorsteuern zu vergten, eintreten. Diese Nachteile haben indes keinen merklichen Einfluß auf die Wettbewerbssituation des betroffenen Unternehmers (Rz. 10.68 ff.).1

4. Berufsfreiheit 1.47

Wettbewerbsneutral (Rz. 42 ff.) ausgestaltete Umsatzsteuertatbestnde greifen nicht in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschtzte Berufsfreiheit ein, da sie sich weder auf das Ob noch auf die Art und Weise der Berufsausbung auswirken knnen (zum sog. Soll-Prinzip bei der Steuerentstehung s. Rz. 40 f.). Soweit das Gesetz Handlungspflichten auferlegt und darin Berufsausbungsregelungen zu sehen sind, werden sie durch grundstzlich das Verhltnismßigkeitsprinzip beachtende Gemeinwohlerwgungen gerechtfertigt (Rz. 38). 5. Nichtdiskriminierung von Ehe und Familie

1.48

Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Art. 6 Abs. 1 GG). Diesem verfassungsrechtlichen Postulat entspringt u. a. das Verbot, Ehe und Familie zu benachteiligen.2 Hieraus folgt, daß eine Gleichbehandlung mit Personen, die einander fremd gegenberstehen, nur gegeben ist, wenn die Besonderheiten bei der Vermgensbertragung und Vermgensnutzung zwischen nahestehenden Personen bercksichtigt werden. Da ein Interessengegensatz im allgemeinen nicht gegeben ist und nicht streng zwischen „Mein“ und „Dein“ getrennt wird, erfolgen Vermgensbertragungen und Nutzungsberlassungen hufig unentgeltlich. Das Umsatzsteuergesetz bercksichtigt diese Besonderheiten nicht ausdrcklich (Ausnahme: § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG; dazu Rz. 16.130 ff.). Die wortlautgetreue Anwendung des Gesetzes, welches nur den Regelfall des unter Fremden blichen entgeltlichen Vorgangs im Auge hat, kann zu Umsatzsteuerbelastungen fhren, 1 Ausfhrlich auch Stadie in R/D, Einf. Anm. 200 ff. 2 Vgl. BVerfGE 55, 114, 127; 66, 84, 94.

18

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht

die gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen. Um eine Gleichbehandlung zu erreichen, ist es nicht erforderlich, daß innerhalb der Familie entgeltliche Vertrge geschlossen werden. Soweit diese nicht dem wirklich Gewollten der Beteiligten entsprechen, wrde der Zwang, nur fr die Steuer entgeltliche Vertrge („auf dem Papier“) abzuschließen, den Besonderheiten der Ehe und Familie nicht gerecht werden und damit Art. 6 Abs. 1 GG verletzen. Vor allem im Bereich des Vorsteuerabzugs sind deshalb im Wege der verfassungskonformen Auslegung des Umsatzsteuergesetzes sachgerechte Ergebnisse zu gewhrleisten (dazu nher Rz. 15.82 ff.; Rz. 16.135 ff.).

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht 1. Harmonisierung durch Richtlinien Nach Art. 93 EG erlßt der Rat die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften ber die Umsatzsteuern, „soweit diese Harmonisierung fr die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes innerhalb der in Art. 14 gesetzten Frist notwendig ist.“ Bereits die ursprngliche Fassung des Art. 99 des EWG-Vertrages von 1957 enthielt einen Harmonisierungsauftrag. Auf dieser Grundlage ergingen mehrere Richtlinien des Rates zur „Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ber die Umsatzsteuer“. Die 1. Richtlinie vom 11.4.19671 schrieb als gemeinsames Umsatzsteuersystem das Mehrwertsteuersystem vor (dazu Rz. 8 ff.). Die 2. Richtlinie, ebenfalls vom 11.4.19672, bestimmte Struktur und Anwendungsmodalitten. Sie wurde ersetzt durch die 6. Richtlinie (77/388/EWG) vom 17.5.19773, die eine „einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage“ in den Mitgliedstaaten zum Ziel hat. Die Anpassung des nationalen Rechts hatte bis zum 1.1.1978 zu erfolgen. Diese Richtlinie enthlt weitgehend detaillierte Vorgaben und lßt den Mitgliedstaaten nur noch geringen Raum fr nationale Eigenheiten. Zu mehreren Artikeln ergingen Protokollerklrungen der Ratsmitglieder.4 Nicht erreicht werden konnte bis heute die Vereinheitlichung der Steuerstze.5

1.49

Zur weitergehenden Verwirklichung des Binnenmarktes erging 1991 die sog. Binnenmarkt-Richtlinie6, wonach ab 1993 die Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer zwischen den Mitgliedstaaten zu entfallen hatte. Insbesondere fr Umstze zwischen Unternehmern trat die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb an die Stelle der Einfuhrumsatzsteuer. Erwerbe insbesondere durch Privatpersonen sind seitdem mit der Steuer des Ursprungslandes belastet.

1.50

1 2 3 4 5 6

ABl. EWG Nr. L 71/1967, 1301. ABl. EWG Nr. L 71/1967, 1303. ABl. EG Nr. L 145/1977, 1. Abgedruckt in R/D, Band VI, zu den jeweiligen Artikeln der 6. EG-Richtlinie. Vgl. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a sowie Art. 28 Abs. 2 der 6. EG-RL. Richtlinie v. 16.12.1991, ABl. EG Nr. L 376/1991, 1.

19

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

Diese Regelungen waren als – ursprnglich bis Ende 1996 befristete, jedoch mit einer Weitergeltungsautomatik versehene (Art. 28l Abs. 4 der 6. EG-RL) – bergangsregelungen gedacht, was sich darin zeigt, daß sie mit entsprechender berschrift als Abschn. XVIa in Gestalt der Art. 28a bis 28m in die 6. EGRichtlinie eingefgt wurden. 1.51

Von den Richtlinien sind Verordnungen des Rates der EG nach Art. 249 Abs. 2 EG zu unterscheiden, welche nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG grundstzlich dem nationalen Recht, und damit auch Parlamentsgesetzen, unmittelbar vorgehen. Fr den Bereich der Umsatzsteuer sind zu erwhnen die – sog. Zusammenarbeits-Verordnung v. 7.10.2003 (VO Nr. 1798/03)1; – der gemeinsame Zolltarif v. 23.7.1987 (VO Nr. 2658/87)2; – der Zollkodex v. 12.10.1992 (VO Nr. 2913/92)3.

2. Einwirkungen der Richtlinien auf das nationale Recht a) Richtlinienkonforme Auslegung 1.52

Die nationalen Gesetze sind richtlinienkonform auszulegen. Das gilt nicht nur dann, wenn der Gesetzgeber in den Materialien zum Ausdruck gebracht hat, daß er eine EG-Richtlinie umsetzen will. Diese Verpflichtung folgt vielmehr stets aus dem in Art. 10 EG niedergelegten Gebot zur Gemeinschaftstreue.4 Folglich sind die Begriffe des Umsatzsteuergesetzes nicht nach Maßgabe des nationalen Zivilrechts zu interpretieren.5 Die richtlinienkonforme Auslegung als Bestandteil der nationalen Auslegungslehre findet wie jede Auslegung ihre Grenze grundstzlich im mglichen Wortsinn des Gesetzes.6 Allerdings kommt noch eine weitergehende richtlinienkonforme Rechtsfortbildung in Gestalt der teleologischen Reduktion in Betracht, da sie eine noch zulssige Rechtsdeutung und Rechtschpfung darstellt.7

1.53

Fr die Ermittlung der Ziele der Richtlinien gelten die allgemeinen Grundstze der Auslegung, so daß das gesamte primre und sekundre Gemeinschaftsrecht in seinem Zusammenhang, insbesondere in Gestalt der Auslegung, die es durch die Rechtsprechung des Europischen Gerichtshofs (EuGH) erfahren hat, einschließlich etwaiger Protokollerklrungen der Ratsmitglieder zu Richtlinienartikeln zu beachten ist. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Aus1 2 3 4

ABl. EU Nr. L 264, S. 1. ABl. EG Nr. L 256, S. 1. ABl. EG Nr. L 302, S. 1. BVerfGE 75, 223, 236 mwN.; EuGH, EuGHE 2002, I-6325 = UR 2002, 436, Tz. 24 mwN.; vgl. auch BFH, UR 1998, 422 mwN.; BFH/NV 2003, 827, 829 mwN.; UR 2004, 648; 2004, 652; Schn, Die Auslegung europischen Steuerrechts, 1993, 35 ff.; Birkenfeld, StuW 1998, 55, 63 f. mwN. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001, 484, Tz. 47.49; EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 25 f.; Schn, DStJG 19 (1996), 167, 171 ff. 6 Grz, NJW 1992, 1849, 1845; Schn, aaO., 43 ff.; Ruppe, Einf. Rz. 27; Reiß in T/L, § 14 Rz. 9; Birkenfeld, § 22 Rz. 8. 7 Dnzer-Vanotti, StVj 1991, 1, 9 ff.; Stadie in R/D, Einf. Anm. 241 u. 311 mwN.

20

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht

legung des Gemeinschaftsrechts, so ist von den letztinstanzlichen Gerichten eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. b) Vorabentscheidungen des Europischen Gerichtshofs Nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung u. a. ber die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft, hier der Richtlinien des Rates. Vorlageberechtigt ist jedes Gericht, wenn es eine Entscheidung des EuGH zum Erlaß seines Urteils fr erforderlich hlt (Art. 234 Abs. 2 EG). Vorlageverpflichtet ist nur ein Gericht, dessen Entscheidung selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (Art. 234 Abs. 3 EG). Nichtletztinstanzliche Gerichte sind nicht zur Vorlage verpflichtet, selbst wenn, wie bei den Entscheidungen der Finanzgerichte, nur die Nichtzulassungsbeschwerde gegeben ist.1

1.54

Die Vorabentscheidung des EuGH hat keine unmittelbare Einwirkung auf das nationale Recht. Der EuGH ist keine europische Superrevisionsinstanz. Die Entscheidung ergeht lediglich zur vorgelegten Auslegungsfrage.2 Sie beschrnkt sich auf die Wirkung, hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie fr die nationalen Gerichte und Behrden3 bei der Auslegung des nationalen Rechts verbindlich zu sein. Die Vorabentscheidung kann indes auch zum Anwendungsvorrang der Richtlinie fhren, wenn der EuGH deren Inhalt fr unbedingt und hinreichend bestimmt erklrt hat (Rz. 57 ff.).

1.55

Der EuGH ist gesetzlicher Richter iS des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG4, so daß ein behaupteter Verstoß gegen die Vorlagepflicht zur Verfassungsbeschwerde berechtigt (Art. 93 Abs. 4a GG). Eine Verletzung der Vorlagepflicht soll indes nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur dann gegeben sein, wenn das Gericht diese willkrlich außer acht gelassen hat, d. h. die Entscheidung nicht vorzulegen, nicht mehr verstndlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist.5 Dem steht es gleich, wenn ein letztinstanzliches Gericht die Bindungswirkung einer von der Vorinstanz eingeholten Vorabentscheidung des EuGH verneint.6

1.56

c) Unmittelbare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien Whrend eine Verordnung des Rates gem. Art. 249 Abs. 2 EG allgemeine Geltung und unmittelbare Wirkung in jedem Mitgliedstaat hat, ist eine Richtlinie 1 BFH, BFH/NV 2002, 1038 mwN. 2 Der EuGH versteht allerdings unter „Auslegung“ der Richtliniennorm zuweilen auch die Bewertung des Sachverhalts, zu dem die Vorlagefrage ergangen ist; vgl. EuGH, EuGHE 2003, I-1317 = UR 2003, 137, Tz. 23, 33 ff. 3 Nicht etwa sind Vorabentscheidungen des EuGH fr die Verwaltung nur verbindlich, wenn dazu ein BMF-Schreiben ergangen ist oder das EuGH-Urteil im BStBl. verffentlicht ist; so aber OFD Hannover, DStR 2004, 1654. 4 BVerfGE 73, 339, 366; 75, 223, 233 f.; 82, 159, 192 f.; NJW 2001, 1267. 5 BVerfG, HFR 1988, 119 = NJW 1988, 1456; BVerfGE 82, 159, 192 ff.; NJW 1992, 678; NJW 2001, 1267. 6 BVerfGE 75, 223.

21

1.57

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

des Rates nach dem Wortlaut des Art. 249 Abs. 3 EG nur fr den Mitgliedstaat hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, berlßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Gleichwohl judiziert der EuGH in stndiger Rechtsprechung, daß sich ein „einzelner“ (wozu auch juristische Personen des ffentlichen Rechts zhlen sollen1) gegenber einer nachteiligen nationalen Vorschrift auf Bestimmungen einer Richtlinie „berufen“ kann, soweit diese „inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen“ und nicht fristgerecht oder unzulnglich in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sind.2 Die gegenteilige Auffassung des BFH, daß sich weder aus Art. 24 Abs. 1 GG noch aus dem Zustimmungsgesetz zum EWG-Vertrag eine derart weitgehende Kompetenz des EuGH zur Rechtsfortbildung (Kompetenzkompetenz) ableiten lasse3, ist vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden.4 1.58

Der EuGH legt damit den nationalen Gerichten sowie der Verwaltung5 die Verpflichtung auf, den Anwendungsvorrang der Richtlinie gegenber dem nationalen Recht auszusprechen. Das Gericht (und erst recht die Verwaltung) hat keine Verwerfungskompetenz dergestalt, daß es das nationale Parlamentsgesetz fr unwirksam (nichtig) erklren kann; diese Befugnis steht nur dem Bundesverfassungsgericht zu. Die nationale Vorschrift bleibt wirksam; sie ist nur insoweit nicht anzuwenden, wie sie dem Gemeinschaftsrecht widerspricht.

1.59

Die Verwerfungskompetenz in diesem Sinne kann grundstzlich nur dann bestehen, wenn der EuGH die inhaltliche Unbedingtheit und hinreichende Genauigkeit der Richtlinie als Voraussetzung fr deren unmittelbare Wirkung (Anwendungsvorrang) ausgesprochen hat. Die Einholung einer Vorabentscheidung ist nur dann nicht erforderlich, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts „derart offenkundig ist, daß fr einen vernnftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“6. Das ist indes nicht der Fall, wenn der Gesetzgeber die fragliche nationale Regelung erst nach Ergehen der Richtlinie erlassen hat. Da wegen der Verpflichtung zur Gemeinschaftstreue (Art. 10 EG) davon auszugehen ist, daß die Mitgliedstaaten richtlinienkonforme Gesetze erlassen wollten, kann die inhaltliche Unvereinbarkeit mit der Richtlinie nicht offenkundig sein, wenn das nationale Parlament auf Vorschlag der Regierung die fragliche Bestim1 EuGH, EuGHE 1989, 3269 = UR 1991, 77. 2 EuGH, EuGHE 1982, 53 = UR 1982, 71; EuGHE 1984, 1075 = UR 1984, 165; EuGHE 1989, 1925 = UR 1989, 373; EuGHE 1993, I-2615 = BStBl. II 1993, 812; EuGHE 2001, I-493 = UR 2001, 153, Tz. 30 ff.; EuGHE 2002, I-6325 = UR 2002, 436, Tz. 25; BStBl. II 2004, 681 = UR 2003, 584, Rz. 78 mwN. 3 BFH, UR 1985, 174. 4 BVerfGE 75, 223 = UR 1987, 355; UR 1988, 24; besttigt durch BVerfGE 85, 191, 204. 5 EuGH, EuGHE 1989, 1839 = RIW 1990, 407, 409; vgl. auch EuGHE 1989, 1925 = UR 1989, 373. 6 EuGH, EuGHE 1982, 3415, 3431; vgl. auch BVerfGE 82, 159, 193.

22

IV. Umsatzsteuer und Gemeinschaftsrecht

mung erlassen hat.1 Folglich bedarf es in diesen Fllen stets einer vorhergehenden Entscheidung des EuGH, welches die Richtlinienwidrigkeit der betreffenden nationalen Vorschrift feststellt.2 Der Anwendungsvorrang der Richtlinie kann nur zugunsten der Brger bestehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 249 Abs. 3 EG kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen fr den einzelnen begrnden.3 Davon zu unterscheiden ist die richtlinienkonforme Auslegung oder teleologische Reduktion der nationalen Vorschrift, die auch zu einer Verschrfung der bisherigen Rechtsanwendungspraxis fhren kann.

1.60

d) Neutralittsgrundsatz in der Rechtsprechung des EuGH Der EuGH betont in stndiger Rechtsprechung den Grundsatz der steuerlichen Neutralitt des Mehrwertsteuersystems und zieht diesen als maßgebende Maxime bei der Auslegung der 6. EG-Richtlinie heran. Da diese die Belastung des Verbrauchers und nicht des Unternehmers (Steuerpflichtigen) bezwecke, verbiete es der Neutralittsgrundsatz, daß – gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen (Berufe) unterschiedlich behandelt werden4; – die Gewhrung einer Steuerbefreiung fr gleichartige Leistungen von der Rechtsform abhngig gemacht wird, in der der Unternehmer (Steuerpflichtige) seine Ttigkeit ausbt5; 1 Demgemß war die Entscheidung des BFH v. 23.11.2000, UR 2001, 65 m. zust. Anm. Nieskens, wonach das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG aF. (bernachtungskosten) nicht mit Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL zu vereinbaren („kein Zweifel“) und deshalb nicht anzuwenden sei, ein skandalser Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG (Bindung der Gerichte an das Parlamentsgesetz) und Art. 100 GG (Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts). Diese Mißachtung des Gesetzgebers ist auch deshalb unfaßbar, weil die Bundesregierung in ihrem Entwurf zur Einfhrung der Vorschrift sich ausdrcklich zu deren Vereinbarkeit mit der 6. EGRichtlinie geußert hatte; s. BT-Drucks. 14/265, zu Art. 8 Nr. 8 Buchst. b; ferner Finanzausschuß, BT-Drucks. 14/443, zu Art. 7 Nr. 11 Buchst. b. Vgl. auch Rz. 7.61 (Fn.) zur BFH-Rspr. zu § 3 Abs. 11 UStG aF. sowie Rz. 15.117 zu BFH, UR 2005, 337 (Unbeachtlichkeit des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG bei Bewirtungsaufwendungen). Schlimm ist auch die Entscheidung des FG Berlin, EFG 2004, 54, 55, wonach nicht die Entscheidung des EuGH abzuwarten sei, sondern bereits das entsprechende Votum des Generalanwalts ausreiche! 2 Reiß in T/L, § 14 Rz. 10 f.; vgl. auch Nieskens, UR 2002, 577, 588. 3 EuGH, EuGHE 1987, 3969, Tz. 9; 1996, I-4705, Tz. 36; aA. BFH, UR 2001, 65, 67 aE. (Richtlinie „Bestandteil des Bundesrechts (sic!) ist und unmittelbare Rechte und Pflichten fr den Einzelnen erzeugen kann“). 4 EuGH, EuGHE 2001, I-3369 = UR 2001, 352, Rz. 21 f.; EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001, 484, Rz. 56; EuGHE 2001, I-7467 = UR 2001, 497, Rz. 36; EuGHE 2003, I-12691 = UR 2004, 34, Rz. 20. 5 EuGH, EuGHE 1999, I-4947 = UR 1999, 419, Rz. 20; EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, Rz. 30; BStBl. II 2004, 681 = UR 2003, 584, Rz. 20.

23

1.61

Kap. 1 Einfhrung, Grundlagen

– der Unternehmer einen hheren Betrag als die tatschlich erhaltene Gegenleistung versteuern muß.1 Dieses Verbot entspricht dem nationalen verfassungsrechtlichen, aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) erwachsenden Gebot zur Wettbewerbsneutralitt der Umsatzbesteuerung (Rz. 42, 44). 1.62

Zugleich gebiete es der Neutralittsgrundsatz nach Auffassung des EuGH, durch den Vorsteuerabzug den Unternehmer vollstndig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Ttigkeit geschuldeten oder entrichteten Umsatzsteuer zu entlasten. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewhrleiste daher vllige Neutralitt hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Ttigkeiten unabhngig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Ttigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen.2 Diese Sichtweise ist zu eng, da sie solche Wirtschaftsteilnehmer vom Vorsteuerabzug ausschließt, welche selbst unmittelbar keine Umstze ausfhren, sondern – wie insbesondere sog. Holdings – nur mittelbar ber die von ihnen beherrschten Gesellschaften wirtschaftlich ttig sind. Die Rechtsprechung des EuGH fhrt insoweit zum einem Verstoß gegen den Neutralittsgrundsatz (Rechtsformneutralitt; ausfhrlich Rz. 5.45 ff.), da sich derjenige, der aus Neutralittsgrnden als wirtschaftlich Ttiger angesehen werden muß, sich nach der Rechtsprechung nicht auf diesen Grund berufen kann!

V. Begriffliches, Gesetzessystematik 1.63

Das deutsche (wie auch das sterreichische) Umsatzsteuergesetz erfaßt „steuerbare Umstze“ (berschrift zu § 1 UStG). Dem Begriff „Umsatz“ ist vom Sprachgebrauch her die Entgeltlichkeit immanent. Gleichwohl preßt das Gesetz auch unentgeltliche Leistungen und Entnahmen durch Fiktionen (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG3; dazu Rz. 4.1 ff.) unter den Tatbestand des (entgeltlichen) Umsatzes iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Darber hinaus werden auch die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb durch § 1 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 UStG als Umstze bezeichnet. Das ist eine Vergewaltigung der Sprache und auch gesetzestechnisch nicht erforderlich (Rz. 9.3). Die 6. EG-Richtlinie verwendet bei der Umschreibung der Besteuerungstatbestnde in Art. 2 („Steueranwendungsbereich“) den Begriff „Umsatz“ nicht, dieser findet sich dann jedoch in spteren Artikeln fast durchgngig (vgl. nur Art. 11 Teil A Abs. 1, Art. 12, Art. 17 Abs. 2).

1 EuGH, EuGHE 1996, I-5339 = UR 1997, 265, Rz. 28 ff.; EuGHE 2001, I-4167 = UR 2001, 349, Rz. 27 f. 2 EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Rz. 19 mwN.; EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164, Rz. 24; EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Rz. 27. 3 Zu weiteren Fiktionen Rz. 2.37.

24

V. Begriffliches, Gesetzessystematik

Ein Umsatz ist „steuerbar“, wenn er den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 11 UStG, d. h. die dort genannten Merkmale erfllt. Folglich ist ein Vorgang (nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz) nicht steuerbar, wenn eines der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht erfllt ist. Das ist der Fall, wenn

1.64

– keine Leistung vorliegt (dazu Rz. 2.1 ff.) und eine solche auch nicht fingiert wird (dazu Rz. 4.3 ff., 4.27; Rz. 7.46 f., 7.61, 7.64; Rz. 10.36) oder – diese nicht gegen Entgelt ausgefhrt wird (dazu Rz. 3.1 ff.) und auch kein Entgelt fingiert wird (dazu Rz. 4.1, 4.15 ff., 4.35 ff.) oder – die Leistung nicht von einem Unternehmer (dazu Rz. 5.1 ff.) oder – nicht im Rahmen seines Unternehmens (dazu Rz. 6.1 ff.) oder – nicht im Inland (dazu Rz. 8.1 ff.) ausgefhrt wird. Steuerbarkeit des Umsatzes heißt lediglich, daß dieser „der Umsatzsteuer“ dem Grunde nach „unterliegt“ (besteuerbar ist), ohne daß deshalb schon Umsatzsteuer dafr geschuldet wird. Die 6. EG-Richtlinie kennt den Begriff „steuerbar“ nicht, sondern spricht in Art. 2 nur von den Vorgngen, die der „Mehrwertsteuer unterliegen“. Fr einen steuerbaren Umsatz wird Umsatzsteuer geschuldet, wenn der Umsatz des weiteren auch steuerpflichtig ist (§ 12 Abs. 1 UStG), d. h. keine Steuerbefreiung (insbesondere nach § 4 UStG; dazu Rz. 10.1 ff.) eingreift. Ein steuerbarer Umsatz kann folglich steuerpflichtig oder steuerfrei sein. Sowohl bei nicht steuerbaren als auch bei steuerfreien Umstzen fllt (nach dem deutschen Gesetz) keine Umsatzsteuer an. Die Unterscheidung kann indes fr den Vorsteuerabzug von erheblicher Bedeutung sein, wenn die Nichtsteuerbarkeit darauf beruht, daß der Ort der Leistung nicht im Inland ist. (vgl. Rz. 15.135). Die 6. EG-Richtlinie kennt neben den „Steuerbefreiungen“ (Art. 13–16) auch den Begriff „steuerpflichtiger Umsatz“ (Art. 12 Abs. 1, Art. 21), verwendet diesen jedoch nicht durchgngig, sondern spricht z. B. statt dessen in Art. 17 Abs. 2 von „besteuerten“ Umstzen.

1 Bzw. der Nr. 4 oder 5.

25

1.65

Kapitel 2 Leistung I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung 1. Allgemeines 2.1

Der Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG1 spricht von Lieferungen und sonstige Leistungen. Oberbegriff ist folglich die Leistung. Im Hinblick auf das Besteuerungsziel, den Aufwand der Abnehmer (Leistungsempfnger, Verbraucher) fr ihnen verschaffte geldwerte Vorteile (Leistungen) zu besteuern (Rz. 1.13 ff.), ist die begriffliche Unterscheidung berflssig. Sie ist insofern nur technischer Natur. Insbesondere fr die Bestimmung des Ortes der Leistung ist die Differenzierung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen von Bedeutung. Auch kann es bei den Steuerbefreiungen und den Steuerstzen auf die Unterscheidung ankommen. Der Abgrenzung bedarf es mithin nicht, wenn die Rechtsfolgen gleich sind. Von elementarer Bedeutung sind hingegen die Merkmale des Leistungsbegriffes als gemeinsame Kriterien der Lieferung und der sonstigen Leistung, da von ihnen die Steuerbarkeit eines Vorgangs abhngt (zur Frage der personalen Zurechnung einer Leistung s. Rz. 38 ff., zur Frage des Leistungsempfngers s. Rz. 13.36 f.; Rz. 14.20, 14.53; Rz. 15.13 ff.).

2.2

Von der Frage, ob eine Leistung vorliegt, ist die nachrangige Frage zu unterscheiden, ob ein Leistungsaustausch, d. h. eine „Leistung gegen Entgelt“ vorliegt (Rz. 3.1). Die Frage, ob eine Zahlung (bzw. eine Lieferung oder sonstige Leistung) „Entgelt“ ist, ergibt sich nur, wenn zuvor eine Leistung des Empfngers bejaht worden ist. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob eine Leistung vorliegt, zuweilen nur, wenn eine Zahlung eines anderen vorliegt, die Gegenleistung wre, wenn eine Leistung anzunehmen wre.

2.3

Der Leistungsbegriff des Umsatzsteuergesetzes entspricht nicht dem des Zivilrechts.2 Die Verweisung auf das Zivilrecht wrde schon deshalb nicht weiterhelfen, weil das BGB die Leistung gar nicht definiert und zudem auch keinen einheitlichen Begriff der Leistung im Auge hat. Vor allem aber sind die Begriffe in Steuergesetzen grundstzlich autonom zu interpretieren3, so daß

1 Ebenso Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. Der dort verwendete Begriff der Dienstleistungen ist ein Synonym fr sonstige Leistungen (Rz. 7.53). 2 So aber noch die Regierungsbegrndung zu § 1 UStG 1967, BT-Drucks. IV/1590, 30: „Oberbegriff ist die dem § 241 BGB entlehnte Leistung (im weiteren Sinne)“; vgl. auch Reiß in T/L, § 14 Rz. 40. 3 Vgl. BVerfG, BStBl. II 1992, 212; BVerfG, NJW 1993, 1189; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 196 mwN.

26

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung

der umsatzsteuerrechtliche Leistungsbegriff1 am Telos des Umsatzsteuerrechts auszurichten ist. Das Zivilrecht kann jedoch – sofern der Leistung ein Vertragsverhltnis zugrunde liegt – dann hilfreich sein, wenn es um die Bestimmung des Umfangs der Leistung oder um die Frage geht, wer an wen leistet (Rz. 39). Im Hinblick auf den Zweck des Umsatzsteuergesetzes (Rz. 1.13, 1.15) ist unter Leistung – wenn die Flle der unfreiwilligen Wertabgnge (Rz. 17 ff.) vorerst ausgeklammert werden – jedes Verhalten zu verstehen, das Gegenstand eines Schuldverhltnisses sein kann2 und einem anderen (und nicht nur der Allgemeinheit, Rz. 15) einen wirtschaftlichen Nutzen bringt. Verbrauchssteuerrechtlich formuliert heißt das, daß eine Leistung die Verschaffung eines „verbrauchbaren“3 Vorteils darstellt4, fr den im Wirtschaftsleben blicherweise (im Rahmen eines schuldrechtlichen Austauschvertrages) etwas aufgewendet wird. Kurz gesagt: Leistung iS des Umsatzsteuerrechts ist die Verschaffung eines geldwerten Nutzens (zu den Fllen, in denen sich der Empfnger den Nutzen verschafft, s. Rz. 28 ff.; zur Beschdigung oder Zerstrung einer Sache s. Rz. 33 ff.). Die Leistung kann, wie § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG klarstellt5, auch in einem Dulden oder Unterlassen (dazu nher Rz. 7.55 f.) bestehen.

2.4

Geldzahlungen sind folglich (obwohl sie zivilrechtliche Leistungen sind) keine umsatzsteuerbaren Leistungen6, da sie als solche dem Empfnger keinen verbrauchbaren Nutzen verschaffen. Eine Geldzahlung bewirkt nur die Mglichkeit, sich einen verbrauchbaren Nutzen zu besorgen.7 Anders liegt es, wenn Mnzen oder Scheine nicht als Zahlungsmittel, sondern zu Sammlero. . Zwecken bereignet werden. Keine Leistung liegt ferner vor, wenn eine Geldforderung verußert wird8, da auch sie dem Empfnger keinen geldwerten

2.5

1 Unverstndlich ist die Aussage in Abschn. 1 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005, wonach „Leistungen im Rechtssinne“ nur insoweit der Umsatzsteuer unterlgen, als sie auch Leistungen im wirtschaftlichen Sinne seien (so auch BFH, BStBl. II 1969, 637). Auch bei den vom UStG gemeinten Leistungen handelt es sich um Leistungen im Rechtssinne, nmlich im Sinne des Umsatzsteuerrechts. 2 Insoweit zutreffend Reiß in T/L, § 14 Rz. 40. 3 Verbrauch ist nicht iS eines tatschlichen Wertverzehrs zu verstehen. Ein Grundstck oder ein Gemlde wird blicherweise nicht verbraucht, gleichwohl ist die Verschaffung der Verfgungsmacht an diesen Gegenstnden zweifelsfrei eine Leistung (Lieferung). 4 Vgl. EuGH, EuGHE 1996, I-959 = UR 1996, 119, Tz. 20–22; EuGH, EuGHE 1997, I-7387 = UR 1998, 102, Tz. 23; BFH, BStBl. II 2002, 782; UR 2004, 470. 5 Vgl. auch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL, der jedoch fehlerhaft nicht auf das Unterlassen bzw. Dulden, sondern auf die Verpflichtung dazu abstellt. 6 Davon zu unterscheiden ist beim Wechseln von Devisen die Dienstleistung des Geldwechslers; vgl. dazu EuGH, EuGHE 1998, I-4387 = UR 1998, 456. 7 Am plastischsten wird dies durch ein altes indianisches Sprichwort: Geld kann man nicht essen. 8 Demgemß erfassen die Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL mit den Umstzen „im Geschft mit Forderungen“ auch nur die bertragung von Nicht-Geldforderungen bzw. die Dienstleistungen Dritter im Zusammenhang mit Forderungsbertragungen (Rz. 10.86).

27

Kap. 2 Leistung

Nutzen verschafft, sondern lediglich einen Anspruch auf Zahlung von Geld1. Auch die Befreiung von einer Geldzahlungs- o. . Verpflichtung ist keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne.2 (zur Tragung des Haftungsrisikos durch den Komplementr einer Personengesellschaft s. Rz. 13). Beispiele: (1) Die berlassung der sog. Bahncard durch die Deutsche Bahn ist keine Leistung, weil der Vorteil allein in der Mglichkeit besteht, Befrderungsleistungen verbilligt zu verlangen (Preisnachlaß).3 (2) Der Verzicht des Arbeitgebers gegenber dem Arbeitnehmer auf die Abtretung von sog. Bonusmeilenguthaben bei Fluggesellschaften ist keine Leistung, da dem Arbeitnehmer kein verbrauchbarer, geldwerter Vorteil, sondern im Ergebnis lediglich ein Geldbetrag zugewendet wird.4

2.6

Der geldwerte Nutzen eines Verhaltens fr einen anderen zeigt sich im Regelfall darin, daß der andere fr das Verhalten etwas zahlt. Eine Leistung durch den Empfnger einer Zahlung liegt deshalb regelmßig dann vor, wenn die Zahlung keine unentgeltliche Zuwendung5 darstellt und auch nicht lediglich einen (Geld-)Vermgensschaden beim Zahlungsempfnger ausgleicht (zum Schadensersatz bei rechtswidriger Nutzung einer Sache oder eines Rechts und bei Beschdigung oder Zerstrung einer Sache s. Rz. 28 ff.) und der Nutzen (Vorteil) nicht nur fr die Allgemeinheit gegeben ist (Rz. 15).

2.7

Aus dem Zweck des Umsatzsteuergesetzes (Rz. 1.13, 1.15) und der daraus abgeleiteten Definition des Leistungsbegriffes folgt ferner, daß es fr das Vorliegen einer Leistung ohne Belang ist, ob ihr ein Vertrag zugrunde liegt bzw. ob dieser wirksam ist (Klarstellung durch § 41 Abs. 1 AO) oder ob das Verhalten erlaubt oder verboten ist bzw. gegen die guten Sitten verstßt6 (Klarstellung durch § 40 AO)7. Auch Handeln auf ffentlich-rechtlicher Grundlage kann zu Leistungen fhren (Rz. 5.267 ff.).

2.8

Der Begriff der Leistung ist folglich sehr weit zu fassen. Beispiele (s. auch Rz. 17 ff., 28 ff. sowie Rz. 7.56 und Rz. 12.54): – Der Entgegennahme von Schmiergeldern liegen (sonstige) Leistungen in Gestalt der Bevorzugung bei der Erteilung von Auftrgen o. . zugrunde.8 1 Das verkennen BFH, BFH/NV 1998, 499; BStBl. II 2004, 375; Abschn. 18 Abs. 9 Satz 5 UStR 2005; Reiß, UmsatzsteuerR, 4.4.4 (S. 158); Heidner in B/G, § 4 Nr. 8 Rz. 16; Klenk in S/R, § 4 Nr. 8 Rz. 32 f. 2 Das verkennen BFH, BFH/NV 1996, 857; EuGH, EuGHE 2001, I-7257 = UR 2001, 494, Tz. 20; zutreffend Reiß, RIW 2002, 286, 296. 3 AA. Lippross, 2.4.1.3, Beisp. a; Flckiger in P/M, § 3 Abs. 9 Rz. 14/1. 4 Im Ergebnis ebenso OFD Dsseldorf, UR 2004, 435. 5 Beispiel: Filmpreis, BFH, UR 1992, 178. 6 Beispiel: Leistungen der Zuhlter gegenber den Prostituierten, BFH, BFH/NV 1992, 277. 7 Die innerstaatliche Lieferung von Drogen und Falschgeld soll allerdings nach Auffassung des EuGH nicht der Umsatzsteuer unterliegen, weil der Handel mit diesen Gegenstnden außerhalb staatlicher berwachung ausnahmslos verboten sei; EuGH, EuGHE 1988, 3655 = UR 1989, 309; EuGHE 1990, I-4477 = UR 1991, 148. 8 Diese sind auch bei Arbeitnehmern und Beamten steuerbar, da diese Personen insoweit selbstndig ttig sind (Rz. 5.33).

28

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung – Das Unterhalten von Sparkonten und das Halten von festverzinslichen Wertpapieren ist entgegen verbreiteter Ansicht1 eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, da es sich um eine Kreditgewhrung handelt, fr die die Zinsen gezahlt werden. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob dieses Verhalten den Inhaber der Papiere zum Unternehmer macht. Das ist zu verneinen (Rz. 5.72). – Beim sog. echten Factoring (Forderungskauf mit voller bernahme des Ausfallwagnisses zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis) erbringt der sog. Factor gegenber dem Forderungsverkufer (sog. Anschlußkunde) Dienstleistungen, indem er die Forderungen vorfinanziert2 und dem Forderungsverkufer die Arbeit und das Risiko der Einziehung der Forderungen nimmt3. – Der Versicherer erbringt gegenber dem Versicherungsnehmer eine Dauerleistung in Gestalt der Gewhrung von Versicherungsschutz. Die Versicherungsleistung liegt nicht etwa in der Zahlung im Schadensfall (vgl. Rz. 5). – Den Mitgliedsbeitrgen, Umlagen u. . der Vereine, Verbnde usw. liegen sonstige Leistungen der Vereine usw. gegenber den Mitgliedern zugrunde (Rz. 5.95 ff.). – Das Bereitstehen, auf gesonderte Anforderung ttig zu werden (Bereitschaftsdienst), ist eine Leistung, wenn die „Leistungsbereitschaft“ als solche Vertragsgegenstand ist (d. h. als solche vergtet wird).4 – Der Betreiber („Aufsteller“) eines Geldspielautomatens erbringt den Benutzern Dienstleistungen, da er diesen das Spielen mit Gewinnchancen ermglicht (Tausch von sonstigen Leistungen).5 – Ein Luftsportverein, der mit „kostenlos“ zur Verfgung gestellten Ballonen, auf denen sich Werbeaufschriften befinden, Flge unternimmt, erbringt damit (entgeltliche) Werbeleistungen gegenber demjenigen, der die Ballone zur Verfgung stellt (Tausch von sonstigen Leistungen).6 Entsprechendes gilt, wenn Vereine o. . Werbefahrzeuge zur Verfgung gestellt bekommen.7 – Verzicht auf die Fortfhrung einer Testamentsvollstreckerttigkeit8; – Unterlassen von Wettbewerb durch einen ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschftsfhrer9; – Zustimmung des Vermieters zur vorzeitigen Vertragsauflsung (Rz. 24).

Eine Leistung liegt auch dann vor, wenn der Zahlende den geldwerten Nutzen tatschlich nicht oder nicht vollstndig erhalten hat, aber zivilrechtlich so 1 BFH, BStBl. II 1973, 172; Abschn. 1 Abs. 3 Satz 7 UStR 2005; Shn, StuW 1975, 166; Lippross, 2.2.2.1 a. 2 Gleichwohl soll nach Auffassung des EuGH der Umsatz – die Gegenleistung liegt regelmßig in der Differenz zwischen Ankaufspreis und Nennwert (Rz. 11.15) – insgesamt als „Einziehung von Forderungen“ nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG / Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL sein (Rz. 10.84). 3 Forgch, DB 1988, 2377; Stadie, Vorsteuerabzug, 32 f.; EuGH, EuGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399; jetzt auch BFH, BFH/NV 2003, 1675. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1971, 6, 8. 5 BFH, BStBl. II 1987, 516, 519; vgl. auch EuGH, EuGHE 1994, I-1679, BStBl. II 1994, 548. 6 BFH, BStBl. II 2003, 438. 7 FG Mnchen, EFG 2004, 1329; FG Baden-Wrtt., EFG 2005, 320. 8 BFH, UR 2004, 470 = BFH/NV 2004, 1352. 9 BFH, BStBl. II 2004, 472.

29

2.9

Kap. 2 Leistung

behandelt wird, als htte er die vereinbarte Leistung erhalten. Das ist der Fall, wenn beim Kauf- oder Werkvertrag zivilrechtlich die Gefahr des zuflligen Untergangs des Gegenstandes auf den Kufer bergegangen ist (§§ 446, 447, 644, 651 Satz 3 BGB), d. h. dieser den Kaufpreis trotz des Untergangs bzw. der Beschdigung des Gegenstandes zu zahlen hat. Diese zivilrechtliche Wertung deckt sich mit der umsatzsteuerrechtlichen, weil der Gegenstand in den Verantwortungsbereich des Kufers gelangt und damit bereits ihm zuzurechnen1 ist2 (vgl. auch Rz. 7.36). Entsprechendes gilt beim Annahmeverzug des Auftraggebers von Dienstleistungen, wenn dieser die Vergtung nach § 615 BGB zu entrichten hat.3 Beispiele: Untergang der Ware auf dem Transport beim Versendungskauf (§ 447 BGB); zuflliger Untergang des zu liefernden Gegenstandes bei Annahmeverzug des Kufers4 (§ 446 Satz 3 BGB).

2.10

Erfolgt ein Verhalten vorrangig im eigenen Interesse, so fhrt der Umstand, daß auch ein anderer daraus ein Nutzen zieht, nicht dazu, daß dem anderen gegenber eine Leistung erbracht wird5 (s. auch Rz. 4.24).

2. Zwei Beteiligte 2.11

Eine Leistung setzt zwei Beteiligte, d. h. einen Leistenden und einen Leistungsempfnger voraus. Folglich kann ein Unternehmer nicht gegenber sich selbst Leistungen erbringen. Bei Gegenstands- und Nutzungsentnahmen wird eine Leistung (gegen Entgelt) fingiert (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Abs. 9a Nr. 1 UStG)6, so daß der Vorgang unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG7 fllt (Rz. 4.1). Zwischen den Mitgliedern eines sog. Organkreises (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) knnen zwar Leistungen erbracht werden, auf Grund der Fiktion eines einheitlichen Unternehmens (Rz. 5.235) sind diese jedoch umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich und werden als „Innenleistungen“ bezeichnet (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). 1 Hierbei handelt es sich um eine Zurechnung iS des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, da dem Kufer bzw. Besteller ab dem Zeitpunkt des Gefahrbergangs die wirtschaftliche Substanz des Gegenstandes (Rz. 7.18, 7.36) zuzurechnen ist; vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 216. 2 Reiß in T/L, § 14 Rz. 81; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 142; Ruppe, § 3 Rz. 159; aA. Schn, StuW 1986, 385, 389 ff.; Nieskens in R/D, § 13 Anm. 70 („Versendungs- und Befrderungslieferung“). 3 BFH, BStBl. II 1971, 6, 8; aA. Nieskens in R/D, § 3 Anm. 430 („Leistungsbereitschaft – Annahmeverzug“). 4 BFH, BStBl. II 1971, 6, 8; aA. Nieskens, aaO.; Schn, StuW 1986, 385, 386 ff. 5 Vgl. BFH, BFH/NV 2000, 994 (berlassung eines Werkstattwagens an einen Arbeitnehmer fr Heimfahrten, damit dieser am nchsten Tag frher bei den Kunden sein kann); BFH, BStBl. II 1998, 635; 1999, 582; BFH/NV 2000, 1314 (Abholung der Arbeitnehmer an der Wohnung aus zwingenden betrieblichen Interessen); vgl. auch EuGH, EuGHE 1997, I-5577 = UR 1998, 61. 6 Entspricht Art. 5 Abs. 6 bzw. Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 Buchst. a der 6. EG-RL. 7 Bzw. Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL.

30

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung

a) Bei der Geschftsfhrungsttigkeit1, die der Gesellschafter einer Personengesellschaft (auch in Gestalt der GmbH & Co. KG) fr diese erbringt, handelt es sich entgegen verfehlter neuerer Auffassung des BFH2 nicht um eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, da sich Gesellschafter und Gesellschaft insoweit nicht als zwei getrennt zu sehende Wirtschaftsbeteiligte gegenberstehen.3 Die Geschftsfhrung nach §§ 709 f. BGB, §§ 114 f. HGB kann bei einer Personengesellschaft – anders als bei Kapitalgesellschaften4 – nur von einem Gesellschafter und nicht von Dritten erbracht werden5 (sog. Selbstorganschaft6) und ist nicht marktfhig, weil sie keinem anderen, sondern nur der jeweiligen Personengesellschaft gegenber erfolgen kann. Sie kann demgemß auch nicht Gegenstand eines zweiseitigen Austauschvertrages sein7; der BFH8 verwechselt Geschftsbesorgung iS der §§ 675 ff. BGB mit der im Gesellschaftsrecht wurzelnden Geschftsfhrung (§§ 709 f. BGB, §§ 114 f. HGB) bei Personengesellschaften.

2.12

Noch weniger eine Leistung ist das Tragen des Haftungsrisikos durch einen Gesellschafter (Komplementr), da es schon an der Verschaffung eines geldwerten Nutzens (Rz. 4) mangelt, denn wenn die Haftung sich verwirklicht, ist es nichts anderes als die Befreiung der Kommanditisten vom Einstehenmssen fr die gemeinsamen Verbindlichkeiten. Jedenfalls aber ist es wie die Geschftsfhrung keine marktfhige Leistung.

2.13

Die Verneinung von Leistungen gegen Entgelt9 ist bei der Geschftsfhrungsttigkeit auch und vor allem im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtsformneutralitt (Rz. 1.44 f., 1.61) geboten. Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umstze bewirken, drfen bei der Besteuerung nicht unterschiedlich behan-

2.14

1 Bei der „Vertretungsttigkeit“ kann sich die Frage, ob damit eine Leistung erbracht wird, berhaupt nicht stellen, da es eine Vertretungsttigkeit gar nicht geben kann, weil diese stets Geschftsfhrungsttigkeit ist. Der geschftsfhrende Gesellschafter bentigt Vertretungsmacht fr solche Geschftsfhrungsmaßnahmen, die den Abschluß von Vertrgen oder andere Rechtsgeschfte darstellen; das verkennen BFH, BStBl. II 2003, 36 und Abschn. 6 Abs. 3 Satz 6 UStR 2005. 2 BFH, BStBl. II 2003, 36; zust. Reiß, UmsatzsteuerR, 3.1 (S. 138). 3 Zutreffend noch BFH, BStBl. II 1980, 622. 4 Zur Frage der Selbstndigkeit der Geschftsfhrer und Vorstnde von Kapitalgesellschaften s. Rz. 5.29; zum geschftsfhrenden Gesellschafter einer von ihm beherrschten GmbH s. Rz. 5.30. 5 So noch zutreffend BFH, BFH/NV 1995, 356. 6 Nicht zu verwechseln mit der vom Gesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gewhlten verfehlten Bezeichnung „Organschaft“ fr die Zusammenfassung mehrerer Unternehmen (dazu Rz. 5.206). 7 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 2 Anm. 428 ff. 8 Ebenso Jakob, Rz. 922. 9 Das BMF differenziert in der Frage, ob eine Gegenleistung vorliegt, vllig willkrlich danach, ob eine gewinnunabhngige, d. h. als Aufwand behandelte Vergtung gezahlt wird, oder ob im Rahmen der Ergebnisverwendung ein Gewinnvoraus vereinbart ist, Abschn. 6 Abs. 4 Satz 4 f. UStR 2005; ebenso Reiß, UmsatzsteuerR 3.1 (S. 138). Damit ist man wieder dort angelangt, wo man vor der BFH-Entscheidung aus 1980 war (Fn. 3); vgl. BFH BStBl. II 1973, 764.

31

Kap. 2 Leistung

delt werden.1 Ist die Personengesellschaft nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, so wrde die auf die Geschftsfhrungsvergtung entfallende nichtabziehbare Umsatzsteuer zum Kostenfaktor. Diese Umsatzsteuerbelastung resultiert allein aus der gewhlten Rechtsform und dem Umstand, daß die Geschftsfhrungsttigkeit gesondert abgegolten wird. Die Sichtweise des BFH bewirkt einen Wettbewerbsnachteil der Personengesellschaft2 gegenber dem Einzelunternehmer, der nicht mit Umsatzsteuer auf seine Geschftsfhrungsttigkeit belastet ist, und gegenber der Kapitalgesellschaft, bei der die Geschftsfhrervergtung nicht der Umsatzsteuer unterliegt (Rz. 5.29 f., 5.53). 2.15

b) Eine umsatzsteuerrechtliche Leistung liegt nur dann vor, wenn der Vorteil einem identifizierbaren Verbraucher und nicht nur der Allgemeinheit in Form des Staates zugute kommt3 (Beispiel: Landwirte schrnken gegen Zahlungen der ffentlichen Hand ihre Produktion ein4). Der Allgemeinheit kann kein geldwerter Vorteil verschafft werden, soweit Personen gegen Zahlungen der ffentlichen Hand ein aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Grnden erwnschtes Verhalten zeigen.5 Folglich stehen auch Zuschssen, Subventionen und anderen Zahlungen seitens der ffentlichen Hand, durch die fr diese Zwecke erwnschte Ttigkeiten gefrdert werden sollen, keine Leistungen der Zahlungsempfnger gegenber.6 Dient hingegen das Verhalten der konkreten Aufgabenerfllung einer juristischen Person des ffentlichen Rechts, so wird dieser ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft, so daß eine Leistung gegeben ist7 (s. auch Rz. 11.32).

1 BVerfGE, 101, 151 = BStBl. II 2000, 160; EuGH, EuGHE 1999, I-4947 = UR 1999, 419, Tz. 20; EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, Tz. 30. 2 Bei einer GmbH & Co. KG kann das Ergebnis entgegen BFM, BStBl. I 2004, 240, durch Annahme eines Organschaftsverhltnisses vermieden werden; Rz. 5.234). 3 EuGH, EuGHE 1996, I-959 = UR 1996, 119; EuGHE 1997, I-7387 = UR 1998, 102; BFH, BStBl. II 2002, 782, 784. 4 EuGH, EuGHE 1996, I-959 = UR 1996, 119; EuGHE 1997, I-7387 = UR 1998, 102; ebenso BFH, BStBl. II 1997, 335 (Brachlegung von Ackerflchen). 5 Die Annahme einer Leistung mit der Folge, daß wegen der Besteuerung die Zahlung des Staates um die Umsatzsteuer erhht werden mßte, widersprche dem Zweck der Steuer. Diese soll nmlich dem Staat Einnahmen verschaffen, was nicht der Fall wre, weil der Staat nur den Betrag an Steuer zurckerhielte, den er zuvor als Teil der ffentlichen Mittel ausgezahlt htte. In Deutschland wrde zudem, da die Umsatzsteuer eine Gemeinschaftsteuer ist (Art. 106 Abs. 3 GG), d. h. Bund und Lndern gemeinsam zusteht (Rz. 1.30), eine ungewollte Finanzausgleichswirkung eintreten. 6 Vgl. BMF, BStBl. I 1999, 828 (Zuwendung zur Frderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben); BFH, BStBl. III 1967, 717 (Filmfrderung); BStBl. II 1998, 169, 170; BFH/NV 2000, 240 (Zuschsse einer Gemeinde an Verkehrsverein); BFH/NV 2001, 400 (Restwertentschdigung fr Gebudeabbruch in Sanierungsgebiet; zweifelhaft); BStBl. II 2002, 782, 784; BFH, BFH/NV 2002, 740. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 1998, 169 (berlassung von Kfz-Stellpltzen an die Allgemeinheit im Auftrag einer Gemeinde); BStBl. II 2002, 782 (Sanierungsaufgaben im Auftrag einer Gemeinde).

32

I. Merkmale der umsatzsteuerrechtlichen Leistung

Keine Leistung liegt vor, wenn Unternehmensvermgen kraft Gesetzes auf einen anderen bergeht (Gesamtrechtsnachfolge). Beispiele: Erbfall (§ 1922 BGB); Verschmelzung und Spaltung u. . Vorgnge nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG). In diesen Fllen erfolgt der bergang des Vermgens als Gesamtheit in einem Akt. Zudem liegen regelmßig keine zwei Beteiligten vor. Der Rechtsnachfolger tritt kraft gesetzlicher Anordnung in alle vermgenswerten fertigen und unfertigen Rechtslagen ein (Rz. 5.167 ff.). Leistungen liegen deshalb auch dann nicht vor, wenn dem Erbanfall ein Erbvertrag (Rz. 5.166) oder den Vermgensbergngen nach dem UmwG Willenserklrungen in Gestalt von Gesellschafterbeschlssen vorangehen, die den gesetzlichen Vermgensbergang auslsen (Rz. 5.178).

2.16

3. Freiwilligkeit? Nach Auffassung des EuGH und des BFH muß der Leistung (gegen Entgelt) ein „Rechtsverhltnis“ zugrunde liegen1, woraus folgt, daß dem Leistungsbegriff das Element der Freiwilligkeit innewohnen soll2. Diese Sichtweise entspricht auch der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum, die einen Leistungswillen verlangt3 und demgemß bei „echtem“ Schadensersatz auch dann eine Leistung des Zahlungsempfngers verneint, wenn bei diesem eine Beeintrchtigung seiner Gter oder ein Nutzenverzehr eingetreten war (dazu ausfhrlich Rz. 28 ff.).

2.17

Fr diese Auffassung knnte § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG sprechen, wonach die Steuerbarkeit nicht entfllt, wenn ein Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behrdlicher Anordnung ausgefhrt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgefhrt gilt.4 Mit dieser unglcklich formulierten Vorschrift soll zum Ausdruck gebracht werden, daß insbesondere die Eigentumsbertragung kraft Gesetzes (z. B. im Falle der Zwangsversteigerung5) genauso besteuert wird, wie die auf vertraglicher Grundlage erfolgende Lieferung. Dasselbe gilt, wenn im Falle der Enteignung das Eigentum durch Gesetz oder Verwaltungsakt gegen den Willen des Betroffenen bertragen wird.

2.18

1 EuGH, EuGHE 1994, I-743 = UR 1994, 399, Tz. 14; EuGHE 1998, I-4387 = UR 1998, 456, Tz. 26; EuGHE 2002, I-7173 = UR 2002, 510, Tz. 18; EuGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399, Tz. 47; BFH, BStBl. II 1998, 169; BStBl. II 2003, 732. 2 Vgl. BFH, BFH/NV 2001, 494 („um der Gegenleistung willen“); Abschn. 1 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. 3 Reiß in T/L, § 14 Rz. 40; Ruppe, § 1 Rz. 20; Jakob, Rz. 178, 183; Husmann in R/D, § 1 Anm. 100; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 361 ff.; Zeuner in B/G, § 1 Rz. 14 f.; ursprnglich auch Stadie, Vorsteuerabzug, 1989, 61 f. 4 In hnlicher Weise bestimmt Art. 5 Abs. 4 Buchst. a der 6. EG-RL, daß die bertragung des Eigentums an einem Gegenstand gegen Zahlung einer Entschdigung aufgrund einer behrdlichen Anordnung oder kraft Gesetzes als Lieferung iS des Art. 5 Abs. 1 gilt. Demgegenber formuliert Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL, daß eine Dienstleistung auch „bestehen kann“ in der Ausfhrung eines Dienstes auf Grund einer behrdlichen Anordnung oder kraft Gesetzes. 5 Bei dieser liefert mit dem Zuschlag (§ 90 ZVG), der den bergang des Eigentums bewirkt, der Vollstreckungsschuldner an den Ersteher, BFH, BStBl. II 1986, 500; 1997, 585, 588.

33

Kap. 2 Leistung

2.19

Auf den ersten Blick scheint im Umkehrschluß aus dieser Vorschrift zu folgen, daß in anderen Fllen der unfreiwilligen Gterabgabe eine Leistung nicht angenommen werden darf. Die Vorschrift steht jedoch seit 1919 unverndert im Gesetz und hatte damals offensichtlich nur die typischen Flle erwhnt, ohne damit die atypischen ausschließen zu wollen.1 Die gegenteilige Auffassung wre auch nicht mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu vereinbaren. Die Vorschrift fingiert deshalb nicht etwa fr die genannten Zwangsvorgnge Leistungen, sondern stellt lediglich klar, daß auch bei unfreiwilligen Gter- und Nutzungsabgngen Leistungen vorliegen („Die Steuerbarkeit entfllt nicht . . .“). Die Besttigung findet sich in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL.

2.20

Entsprechendes gilt fr die Unfreiwilligkeit auf der Seite des Empfngers („aufgedrngte“ Leistungen). Ist dieser kraft Gesetzes (Anschluß- oder Benutzungszwang) oder unter dem Gesichtspunkt der Geschftsfhrung ohne Auftrag (Handeln in seinem mutmaßlichen Willen) zur Entrichtung einer Gegenleistung oder zum Aufwendungsersatz fr den objektiv bei ihm eingetretenen geldwerten Vorteil verpflichtet, so ist sein entgegenstehender Wille fr die Bejahung einer Leistung unbeachtlich.2 Der Gesetzeszweck verlangt diese Interpretation, da der Empfnger Verbraucher des erlangten Vorteils ist und dafr etwas aufwendet. Auf den zivil- oder ffentlich-rechtlichen Unterbau des Vorgangs kommt es nicht an. Beispiele: (1) Ein sog. Abmahnverein macht Unterlassungsansprche nach dem UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) gegenber Unternehmern geltend und erhlt von den Abgemahnten einen sog. Aufwendungsersatz.3 Der Verein erbringt Leistungen (Dienstleistungen) gegenber den abgemahnten Unternehmern, da die Abmahnung diesen einen Vorteil (Vermeidung eines Prozesses) verschafft4, der auch Gegenstand eines auf Beratung gerichteten Vertrages sein kann (Rz. 4). Daß diese Leistungen gegen den Willen der Abgemahnten erfolgten, ist ohne Belang, da diese den Vorteil objektiv erlangten und dafr kraft Gesetzes zu zahlen haben. Aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht ist allein entscheidend, daß die Abgemahnten letztlich die den Kosten des Vereins zugrundeliegenden Werte verbrauchen, weil sie kraft Gesetzes diese Kosten zu tragen haben. Bei Verneinung von Leistungen und damit von steuerbaren Umstzen und damit der Unternehmereigenschaft des Abmahnvereins wre dieser nicht vorsteuerabzugsberechtigt, so daß die abgemahnten Unternehmer gesetzeszielwidrig mit den auf sie abgewlzten Bruttokosten des Vereins belastet wren.5 (2) Entsprechendes hat zu gelten, wenn ein Rechtsanwalt in eigener Sache ttig wird und vom Schuldner Gebhren nach der BRAGO erhlt. Letzterem wird der Vorteil der 1 Das gilt auch fr Art. 5 Abs. 4 Buchst. a der 6. EG-RL. 2 BFH, BStBl. II 1998, 473, 477 („Unerheblich ist, ob die Leistung vom Empfnger erwnscht ist“); BFH, BStBl. II 2003, 732. 3 Nach Auffassung des BGH soll es sich hierbei um Aufwendungsersatz nach § 683 BGB wegen Geschftsfhrung ohne Auftrag im mutmaßlichen Interesse des Abgemahnten handeln; BGHZ 52, 393; BGHZ 115, 210. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 732. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 216.

34

II. Leistung bei Entschdigungszahlungen „Zwangsberatung“ verschafft, fr den er Aufwendungen ttigt, welche unter Verbrauchsteuergesichtspunkten mit Umsatzsteuer belastet werden mssen. Folglich ist eine Leistung anzunehmen, fr die die Gebhren zzgl. Umsatzsteuer die Gegenleistung bilden. Nichts anderes kann fr die Kostenfestsetzung nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO gelten.1

II. Leistung bei Entschdigungszahlungen 1. Begriffliches blicherweise wird bei Entschdigungszahlungen zwischen „echtem“ und „unechtem“ Schadensersatz unterschieden.2 Diese Differenzierung ist schon methodisch unsinnig, da die Schlagwrter keinerlei inhaltliche Aussagekraft haben und das Umsatzsteuergesetz den Begriff des Schadensersatzes berhaupt nicht kennt. Die Unterscheidung ist auch insofern absurd, weil in den Fllen des sog. unechten Schadensersatzes gerade zumeist kein Schadensersatz im zivilrechtlichen Sinne vorliegt. Die gesamte Begrifflichkeit ist mehr als berflssig, da sie keinerlei Erkenntnisgewinn bringt, sondern im Gegenteil die Problematik nur vernebelt. Nach dem Gesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) ist stets schlicht und einfach zu fragen, ob der Entschdigungs- bzw. Ausgleichszahlung, wie auch immer sie im Einzelfall bezeichnet sein mag, eine Leistung (Rz. 4) des Zahlungsempfngers gegenbersteht.3 Bei einem richtigen Verstndnis des Leistungsbegriffes zeigt sich, daß die h. M. zum sog. echten Schadensersatz auch inhaltlich in den meisten Fllen unzutreffend ist (Rz. 28 ff.).

2.21

2. Vorzeitige Vertragsauflsung Bei vorzeitiger Auflsung eines Vertrages (Rcktritt oder einvernehmlicher Aufhebung) erbringt derjenige, der die Entschdigung (Schadensersatz, Abstandszahlung, Abfindung, Vertragsstrafe o. .) erhlt, nur dann eine Leistung, wenn dem anderen Teil fr seine Zahlung ein geldwerter Nutzen verschafft wird (Rz. 4). Das ist nicht der Fall, wenn lediglich die vergeblichen Aufwendungen (Kosten der Vorbereitungshandlungen) oder der entgangene Gewinn des ursprnglich zur Leistung Verpflichteten abgegolten werden.4 Damit wird nur ein (Geld-)Vermgensschaden ersetzt, dem kein geldwerter (verbrauchba1 AA. BGH, UR 2005, 156 mwN. Die bislang ebenfalls gegenteilige Auffassung in R/D, Einf. Anm. 445 ff. gebe ich auf. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 808, 810; BFH, BFH/NV 1998, 1381; Abschn. 3 Abs. 1 UStR 2005; Birkenfeld, § 47 Rz. 474 ff.; Klenk in S/R, § 1 Rz. 60; Jakob, Rz. 345; Lippross, 2.2.6.1 ff.; Husmann in R/D, § 1 Anm. 406 ff.; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 370. 3 Insoweit zutreffend Ruppe, § 1 Rz. 160; vgl. auch Reiß in T/L, § 14 Rz. 67. 4 Gleiches gilt, wenn zur Bereinigung einer bestehenden Unsicherheit, ob ein Vertragsverhltnis besteht, eine Zahlung geleistet wird. Der Zahlungsempfnger verschafft dem anderen keinen verbrauchbaren Nutzen, sondern befreit ihn lediglich von etwaigen weiteren Geldzahlungspflichten; das bersieht der BFH, BFH/NV 1999, 987 (4. Leitsatz).

35

2.22

Kap. 2 Leistung

rer) Nutzen des Zahlenden gegenbersteht, weil er aus den zu entschdigenden Aufwendungen keinen Vorteil erlangt hat. Die Auflsung des Vertrages befreit ihn lediglich von einer hheren Zahlungsverpflichtung. Er spart mithin lediglich Geld. Ebenso verschafft die Entlassung des zu Dienstleistungen Verpflichteten aus seinem Vertrag diesem keinen geldwerten Nutzen, da er lediglich von Schadensersatzverpflichtungen bei Nichtttigwerden befreit wird; anders liegt es bei Freigabe zugunsten eines Dritten. Der Verzicht auf einen Anspruch (Rechtsverzicht) ist deshalb nicht ohne weiteres eine umsatzsteuerrechtliche Leistung1. Beispiele: 1. Stornierung eines Reisevertrages im Interesse des Kunden. Der dafr zu zahlenden Entschdigung (§ 651i Abs. 2 BGB) liegt keine Leistung des Reiseveranstalters zugrunde, weil der Kunde lediglich von der Zahlung des vollen Reisepreises befreit wird; einen verbrauchbaren Nutzen erhlt er nicht.2 2. Fußballverein A zahlt dem Fußballverein B eine sog. Ablse fr die vorzeitige Freigabe des Spielers C aus dem noch zwei Jahre laufenden Vertrag mit C. B erbringt gegenber A eine (sonstige) Leistung, indem er darauf verzichtet, daß C seinen Vertrag gegenber B weiterhin erfllen muß. B erhlt den wirtschaftlichen Vorteil, den C anstellen zu knnen und dessen Ballknste zu nutzen.

2.23

Anders liegt es, soweit3 bei einem vorzeitig aufgelsten Werklieferungsvertrag der Besteller das unfertige Werk, die Materialien, Plne o. . erhlt.4 In diesem Fall erhlt der Besteller das unfertige Werk usw. als „verbrauchbaren“ Vorteil (vgl. Rz. 12.10). Muß beim Rcktritt von einem Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt (Rz. 7.29) oder in hnlichen Fllen (vgl. auch Rz. 12.73) der Kufer fr die Dauer des Besitzes (kraft Gesetzes oder Vereinbarung) eine Nutzungsentschdigung(-vergtung) zahlen, so liegt dieser eine sonstige Leistung zugrunde.5 Unter Verbrauchssteuergesichtspunkten ist von einem Nutzungsverhltnis auszugehen, da fr den erlangten Gebrauchsnutzen etwas gezahlt wird.

2.24

Bei vorzeitiger Auflsung eines Vertrages ber die Nutzung einer bereits bergebenen6 Sache oder eines Rechts liegt eine Leistung vor, wenn die Vertragsauflsung im Interesse des zur Nutzungsberlassung Verpflichteten erfolgt. 1 So aber Birkenfeld, § 47 Rz. 488. 2 Vgl. BFH v. 16.12.1976, zit. nach Birkholz, UR 1977, 85; BMF, BStBl. I 1998, 380, Tz. 9a. 3 Die vorausgezahlte Gegenleistung ist deshalb ggf. aufzuteilen; vgl. BFH BStBl. II 1980, 535, 537 (1c); 1980, 541, 543 aE. (s. auch Rz. 12.68). 4 Vgl. BFH BStBl. II 1971, 6; 1978, 483; 1980, 535; 1980, 541. 5 Reiß in T/L, § 14 Rz. 52 aE.; Stadie in R/D, § 17 Anm. 174; Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, Wien 1992, S. 63; Nieders. FG, DStRE 2003, 427. 6 Ist die Sache noch nicht bergeben, so wird kein Nutzen verschafft, weil der Zahlungsempfnger mangels Besitzes noch nicht die Mglichkeit hatte, dem Vermieter usw. fr die Dauer des Vertrages die Sache und damit die Nutzung vorzuenthalten. In einem solchen Fall steht der Zahlung kein Nutzen gegenber, weil der Zahlende die Sache und damit die Nutzungsmglichkeit noch hatte.

36

II. Leistung bei Entschdigungszahlungen

Der andere Teil verschafft diesem dann einen geldwerten Nutzen, der darin liegt, daß er den Gegenstand wieder selbst nutzen oder anderweitig verwerten kann.1 Beispiele: (1) Ein Mietvertrag ber ein gewerblich genutztes Fahrzeug wird auf Betreiben des Vermieters vorzeitig aufgelst, weil dieser das Fahrzeug selbst bentigt bzw. gnstiger vermieten kann usw. Der Vermieter zahlt dem Mieter dafr eine Entschdigung (Abstandszahlung).

2.25

Der Mieter erbringt dem Vermieter gegenber eine sonstige Leistung, da er diesem einen geldwerten Nutzen (Vorteil) verschafft, der sich darin zeigt, daß er vorzeitig ber das Fahrzeug verfgen kann. (2) E hatte sich dem Autohndler A gegenber verpflichtet, diesem sein Kfz. fr zwei Monate als Alleinvermittler zu berlassen. Nach zwei Wochen mchte E das Fahrzeug an seinen Freund verkaufen. A erklrt sich gegen einen Entschdigungsbetrag zur vorzeitigen Aufhebung des Vermittlungsvertrages bereit.

2.26

A erbringt gegenber E eine sonstige Leistung, weil er diesem die Mglichkeit zur vorzeitigen Verfgung ber das Fahrzeug verschafft.2

Erfolgt die Vertragsauflsung hingegen im Interesse des Nutzungsberechtigten, so erbringt der andere Teil keine Leistung, da kein verbrauchbarer (geldwerter) Nutzen verschafft wird3, sondern lediglich von einer Geldzahlungsverpflichtung befreit wird.4

2.27

Beispiel: Wird ein Mietverhltnis vorzeitig im Interesse des Mieters aufgelst, so erbringt der Vermieter keine Leistung, da dem Mieter kein verbrauchbarer (geldwerter) Vorteil verschafft wird; der Mieter erspart lediglich die weitere Zahlung des Mietzinses.

3. Rechtswidrige Nutzung einer Sache oder eines Rechts Nach der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum soll aus dem behaupteten Erfordernis der Freiwilligkeit (Rz. 17) folgen, daß keine Leistung (gegen Entgelt) vorliege, wenn ein Schaden erlitten wurde und der Schdiger dafr Schadenersatz zu zahlen hat, da der Nutzen (Vorteil) gegen den Willen des Geschdigten beim Schdiger eingetreten sei5 (sog. echter 1 Vgl. Reiß, UmsatzsteuerR, S. 77 f.; EuGH, EuGHE 1993, I-6665 = BStBl. II 1995, 480. 2 So im Ergebnis auch BFH, BStBl. II 1973, 171. 3 Vgl. Reiß, UmsatzsteuerR, S. 78.; ders. in T/L, § 14 Rz. 67; Stadie, Vorsteuerabzug, 62 f.; Martin in S/R, § 3 Rz. 558; BFH, BStBl. II 1995, 808, 810 (Leasing-Vertrag); FG Mnchen, EFG 2001, 465; Hess. FG, EFG 2003, 1421; unklar EuGH, EuGHE 1993, I-6665 = BStBl. II 1995, 480. 4 Das verkennen BFH, BFH/NV 1995, 343; 1998, 1381; 2002, 553; Abschn. 3 Abs. 5 Satz 1 UStR 2005; Birkenfeld, § 47 Rz. 489; Jakob, Rz. 346, 348. 5 BFH, BStBl. II 1972, 403; 1987, 465, 467; Abschn. 3 Abs. 1 UStR 2005; Popitz, UStG, 3. Aufl. 1928, S. 360; Reiß in T/L, § 14 Rz. 67; Ruppe, § 1 Rz. 160 f.; Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, S. 49 f.; Jakob, Rz. 183 f., 345; Doralt/Ruppe, Rz. 1256, 1261; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 370; Zeuner in B/G, § 1 Rz. 28.

37

2.28

Kap. 2 Leistung

Schadensersatz). Diese verkehrsteuerrechtliche (zivilrechtlich geprgte) Sichtweise ist verfehlt. 2.29

Beispiele: (1) Ein „Kunde“ stiehlt in einem Supermarkt eine Tafel Schokolade und ißt sie auf. Er muß (nach § 823 BGB) Schadenersatz zahlen. Nach h. M. soll mangels willentlichem Verhalten des Geschftsinhabers keine Lieferung vorliegen, so daß dieser keine Umsatzsteuer schulde. Folglich wre sein Schaden nur der Nettoverkaufspreis, d. h. ohne Umsatzsteuer. Betrgt der Verkaufspreis 1,07 Euro, so wre der Schaden mithin nur 1 Euro. Htte der „Kunde“ sich rechtmßig verhalten und die Schokolade gekauft, so htte er 1,07 Euro aufwenden mssen. (2) Jemand hat widerrechtlich, d. h. ohne Erlaubnis des Berechtigten ein Patent o. . genutzt und muß dafr Schadensersatz zahlen. Nach ganz h. M. soll dieser Schadenersatz nicht der Umsatzsteuer unterliegen, denn der Geschdigte habe mit Erleiden des Schadens in Gestalt der widerrrechtlichen Nutzung keine Leistung erbracht, da es am Merkmal der Freiwilligkeit mangele. Die Folge wre auch hier, daß der Schaden „netto“ zu berechnen wre, nmlich ohne Umsatzsteuer. Htte sich der Nutzende hingegen rechtmßig verhalten, so htte er einen Vertrag ber eine Lizenz abgeschlossen und zustzlich Umsatzsteuer berechnet bekommen, da in diesem Fall eine Leistung vorlge, die regelmßig auch steuerpflichtig wre, so daß der Patentinhaber fr die Lizenzvergtung die Umsatzsteuer zustzlich verlangt htte.

2.30

Die h. M. verleitet zum rechtswidrigen Verhalten und fhrt zu unversteuertem Verbrauch. Das widerspricht in eklatanter Weise dem Gesetzeszweck, der die Besteuerung der Leistungsfhigkeit (Zahlungsfhigkeit) des Verbrauchers im Auge hat (Rz. 1.13, 1.15). Im Hinblick auf den Gesetzeszweck muß allein maßgebend sein, daß ein Verbrauch stattgefunden hat und daß dafr Ersatz geleistet wird. Ohne Belang muß es sein, auf welcher rechtlichen Grundlage (Vertrag oder Gesetz) die Zahlung erfolgt. Das gebietet vor allem auch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der verlangt, daß wirtschaftlich gleiche Sachverhalte gleich zu besteuern sind und der Rechtsbrecher nicht begnstigt wird.1

2.31

Der Leistungsbegriff muß deshalb umsatzsteuerrechtlich autonom bestimmt werden. Im Hinblick auf das Gesetzesziel ist eine Leistung nicht nur dann anzunehmen, wenn jemand einem anderen einen verbrauchbaren Vorteil freiwillig, d. h. im Rahmen eines Vertragsverhltnisses erbringt (zuwendet), sondern auch dann, wenn ein anderer sich auf Kosten des Berechtigten (rechtswidrig) einen verbrauchbaren Vorteil iS eines geldwerten Nutzens verschafft. Es hlt sich im Rahmen des mglichen Wortsinns, den Begriff der Leistung als Wertabgang zu interpretieren (und die Ersatzzahlung als Abgeltung des erlangten Vorteils unter den Entgeltsbegriff iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu subsumieren). Folglich ist in allen Fllen, in denen wegen rechtswidriger Nutzung einer Sache oder wegen Verletzung eines Rechts (Patent, Urheberrecht o. .) Schadensersatz, Nutzungsentschdigung o. . oder wegen Diebstahls eines Gegenstandes, der wegen Verbrauchs nicht zurckgegeben werden kann, Schadensersatz geleistet wird, eine Leistung (gegen Entgelt) anzunehmen. 1 Ruppe, § 1 Rz. 161, hlt das lediglich „rechtspolitisch“ fr problematisch.

38

II. Leistung bei Entschdigungszahlungen

Diese Sichtweise wird von der Zivilrechtsprechung als selbstverstndlich zugrunde gelegt.

2.32

So hat der BGH fr den Fall der unbefugten Stromentnahme den Wertersatz nach § 818 Abs. 2 oder nach § 251 Abs. 1 BGB in Hhe des blichen Tarifs einschließlich Umsatzsteuer bestimmt1, was nur sachgerecht ist, wenn das Stromunternehmen die Umsatzsteuer auch schuldet, d. h. von einer Leistung (hier Lieferung) gegen Entgelt auszugehen ist. In gleicher Weise hat der BGH entschieden, daß Nutzungsentschdigungen wegen verspteter Rckgabe einer Miet- oder Pachtsache nach § 557 Abs. 1 bzw. § 584b BGB Entgelte fr Leistungen iS des Umsatzsteuergesetzes und deshalb einschließlich Umsatzsteuer zu bestimmen sind2 und daß Gleiches fr Nutzungen iS der §§ 987 Abs. 1, 990 BGB gilt3. 4. Zerstrung oder Beschdigung einer Sache Aber selbst die obige Definition der Leistung (Rz. 31) ist noch zu eng, da es im Falle der Zerstrung oder Beschdigung einer Sache nicht darauf ankommen kann, ob der Schdiger daraus einen Vorteil gezogen hat. Das zeigt sich, wenn ein Gegenstand eines zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmers betroffen ist, der hinsichtlich der Reparatur oder Wiederbeschaffung den Vorsteuerabzug vornehmen kann. Dieser Vorteil soll nach einhelliger Auffassung dem Schdiger zugute kommen, da bei der Schadensberechnung die abziehbare Vorsteuer nach dem Grundsatz des Vorteilsausgleichs zu bercksichtigen sei (Rz. 20.35). Beispiel: A beschdigt ein zum Unternehmen des vorsteuerabzugsberechtigten B gehrendes Kraftfahrzeug und ist zum Schadensersatz verpflichtet. B lßt das Fahrzeug reparieren; die Rechnung der Werkstatt beluft sich auf 5000 Euro + 800 Euro USt. Da B als Leistungsempfnger die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann, betrge nach h. M. der von A zu ersetzende Schaden nur 5000 Euro.

Das Ergebnis ist in mehrfacher Hinsicht sachwidrig. Zum einen wird verkannt, daß wirtschaftlich gesehen der Schdiger die Reparaturleistung bzw. Ersatzleistung verbraucht. Diese erfolgt letztlich fr seine Rechnung, da er die Kosten trgt und damit nur er Einkommen aufwendet. Die Rechtsfolge ist ferner willkrlich, da die Hhe des Schadensersatzes nicht vom Zufall abhngen darf, ob der Geschdigte vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht. Die Folge der h. M. ist, daß sich der Staat mit 16 % am Schaden beteiligt (und alljhrlich die Haftpflichtversicherer mit Millionen-Eurobetrgen subventioniert)! Das Ergebnis ist schließlich auch deshalb willkrlich, weil es fr die Umsatzsteuerbelastung des Schdigers nicht darauf ankommen darf, wer den Reparaturauftrag erteilt bzw. fr die Ersatzbeschaffung gesorgt hat. Htte der Geschdigte 1 BGHZ 117, 29 = UR 1992, 233. 2 BGHZ 104, 285 = UR 1988, 279; BGH, 1995, NJW-RR 1996, 460 = UR 1996, 225. 3 BGH, HFR 1998, 591.

39

2.33

Kap. 2 Leistung

Naturalrestitution verlangt (§ 249 Abs. 1 BGB), so htte der Schdiger die Werkstatt beauftragen bzw. den Ersatzgegenstand beschaffen und dann den Bruttorechnungsbetrag zahlen mssen. Die h. M. fhrt mithin zu Ergebnissen, die nicht mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu vereinbaren sind.1 2.34

Eine Leistung (gegen Entgelt) muß deshalb entgegen der h. M. auch dann angenommen werden, wenn (soweit) im Falle der Zerstrung oder Beschdigung einer Sache der geschdigte (vorsteuerabzugsberechtigte) Unternehmer die Kosten der Wiederbeschaffung oder Reparatur vom Schdiger ersetzt erhlt. Nur so wird erreicht, daß derjenige, der die vom Geschdigten bezogene Ersatzlieferung oder Reparaturleistung ausgelst hat und dessen Gegenleistung letztlich trgt, zutreffend als Verbraucher besteuert wird. Er hat die Substanz der Sache, im Falle der Beschdigung in deren Umfang, verbraucht verwendet dafr Einkommen oder Vermgen auf. Richtigerweise erbringt deshalb der geschdigte Unternehmer im Falle der Zerstrung des Gegenstandes eine Lieferung und im Falle der Beschdigung eine sonstige Leistung2, soweit der Schdiger Schadensersatz leistet. Dieser ist als die Gegenleistung anzusehen (vgl. Rz. 3.6 und 3.10), so daß ein steuerbarer Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt. Die Steuerpflicht des Umsatzes fhrt dann dazu, daß der zu leistende Schadensersatz sich um den vom geschdigten Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuerbetrag erhht, mithin stets „brutto“ zu berechnen ist, so daß der Schdiger dem Gesetzesziel entsprechend mit Umsatzsteuer belastet wird. (Folglich ist Umsatzsteuer iS des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB angefallen; Rz. 20.36, 20.43). Dasselbe gilt, wenn der geschdigte Unternehmer sich den erforderlichen Betrag ersetzen lßt, ohne eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung zu ttigen (sog. abstrakte Schadensberechnung), denn die Annahme einer Leistung des Geschdigten gegenber dem Schdiger wird davon nicht berhrt.3

2.35

Ist der Schdiger Unternehmer und erfolgte die schdigende Handlung im Rahmen seines Unternehmens, so kann er die ihm berechnete Steuer unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen. Beispiel: Im vorhergehenden Beispiel (Rz. 33) fhrt folglich der B eine steuerpflichtige Leistung im Rahmen seines Unternehmens gegenber A aus. Die dafr von B geschuldete Umsatz1 Kritisch bereits, wenn auch noch mit anderem Lsungsansatz, Stadie, Vorsteuerabzug, 301 ff. 2 Stadie in R/D, Einf. Anm. 97 und 436; vgl. auch BFH, UR 2005, 157 = BFH/NV 2005, 483: Duldung der Beschdigung des Grundstcks durch Mieter beim Errichten von Strommasten. 3 Folglich ist dem geschdigten Unternehmer in dem Beispiel auch in diesem Fall der Umsatzsteuerbetrag nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zu ersetzen (Rz. 20.37, 20.43). Ist hingegen der Geschdigte kein Unternehmer oder nicht zum Ausweis der Steuer berechtigt, so verlangt der Zweck des Vorsteuerabzugs, d. h. der Neutralittsgrundsatz des Mehrwertsteuersystems, daß der Schdiger als Leistungsempfnger der Reparaturleistung angesehen wird und zum Vorsteuerabzug aus der Rechnung, die auf den Geschdigten ausgestellt ist, berechtigt ist (Rz. 15.22 f.).

40

IV. Personelle Zurechnung der Leistung steuer erhht den von A zu leistenden Schadensersatz, so daß dieser sich auf 5000 Euro (Netto-Reparaturbetrag) + 800 Euro von B geschuldete Umsatzsteuer = 5800 Euro beluft. Dasselbe gilt, wenn B den Schaden abstrakt berechnet. Ist A vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer und hatte er das Fahrzeug des B auf einer unternehmerischen Fahrt beschdigt, so kann er von B nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung verlangen (Rz. 14.10), soweit er den Schadensersatz geleistet hat, und die ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen.

Ergebnis: Im Falle des Schadensersatzes liegt folglich nach alledem eine Leistung des Zahlungsempfngers nur dann nicht vor, wenn die Geldzahlung einen reinen Geldvermgensschaden (vergebliche Aufwendungen, entgangener Gewinn) abgilt.

2.36

III. Fiktionen einer Leistung In mehreren Fllen fingiert das Gesetz Leistungen, obwohl solche weder zivilrechtlich noch nach obiger Definition (Rz. 4) vorliegen:

2.37

– Bei der Verkaufskommission wird nach § 3 Abs. 3 UStG abweichend von den tatschlichen und zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen eine Lieferung seitens des Kommittenten gegenber dem Kommissionr fingiert (Rz. 7.46 f.); – bei der sog. Leistungskommission in Gestalt des „Dienstleistungsverkaufs“ wird ebenfalls nach § 3 Abs. 11 UStG abweichend von den tatschlichen und zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen fingiert, daß der Auftraggeber eine Dienstleistung gegenber dem Beauftragten erbringt (Rz. 7.61, 7.64); – beim dauerhaften Verbringen eines Unternehmensgegenstandes aus dem Inland in das brige Gemeinschaftsgebiet zur Verfgung des Unternehmers wird von § 3 Abs. 1a UStG eine (entgeltliche) Lieferung fingiert (Rz. 10.36); – bei der Entnahme von Gegenstnden oder Nutzungen werden von § 3 Abs. 1b Nr. 1 und § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (entgeltliche) Lieferungen oder Dienstleistungen fingiert (Rz. 4.1 ff., 4.27 ff.). Von diesen Fiktionen sind solche zu unterscheiden, die den Umfang und/oder die Art der Leistung betreffen (s. § 3 Abs. 3 UStG bei der Einkaufskommission, Rz. 7.48, § 3 Abs. 5 UStG bei der sog. Gehaltslieferung, Rz. 7.51, und § 3 Abs. 10 UStG bei der sog. Umtauschmllerei, Rz. 7.60).

IV. Personelle Zurechnung der Leistung Die personelle Zurechnung der Leistung ist fr die Frage von Bedeutung, welche Person bzw. welches Gebilde die Leistung iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgefhrt hat und damit, soweit die weiteren Voraussetzungen fr die Steuerpflicht eines Umsatzes vorliegen, die dafr entstandene Steuer schuldet (sofern nicht der Empfnger der Leistung Steuerschuldner gem. § 13b UStG ist). Die Zurechnung ist ferner von Bedeutung, wenn das Gesetz in anderem Zusammenhang an „Leistungen“ anknpft, wie insbesondere bei der Pflicht zur Rechnungsausstellung gem. § 14 UStG und bei der Unterneh41

2.38

Kap. 2 Leistung

mereigenschaft des Leistenden als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. In diesen Fllen kann der Zweck des Vorsteuerabzugs bzw. der Vertrauensschutz eine andere Zurechnung, als wie sie im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu erfolgen hat, gebieten (Rz. 15.8, 15.62). Die Frage wer Empfnger der Leistung ist, stellt sich im Rahmen des § 13b UStG (dazu Rz. 13.36 ff.) sowie beim Vorsteuerabzug (dazu Rz. 14.53 ff. und Rz. 15.13 ff.). 2.39

Fr die Zurechnung der Leistung im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG kommt es grundstzlich darauf an, wer nach dem zugrunde liegenden – ggf. konkludent begrndeten – Rechtsverhltnis (Vertrag) die Leistung zu erbringen hat und die Gegenleistung fordern kann.1 Es gilt insoweit dasselbe wie fr die Zurechnung der Unternehmerttigkeit (vgl. Rz. 5.119 ff.; dort auch zu Treundhandverhltnissen u. ., Rz. 126 ff.). Liegt der Leistung kein Rechtsverhltnis zugrunde (Rz. 18, 28 ff.), so erbringt derjenige die Leistung, dem der Anspruch auf Entschdigung, Aufwendungsersatz o. . zusteht. Das ergibt sich aus der Funktion des Unternehmers, der als Gehilfe des Staates (Steuereinsammler, Rz. 1.18) die Steuer als Teil der Gegenleistung vereinnahmt und an das Finanzamt abzufhren hat. Folglich sind ihm nur solche Leistungen zuzurechnen, fr die ihm der Anspruch auf die Gegenleistung zusteht. Seine normative Verankerung findet dieser Grundsatz in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL, wonach Besteuerungsgrundlage der Wert der Gegenleistung ist, die der Leistende erhlt.

2.40

Auf das zugrunde liegende Rechtsverhltnis kommt es ebenfalls an, wenn es darum geht, ob eine Leistung einer Gesellschaft oder einem Gesellschafter zuzurechnen ist. Maßgebend ist auch hier, wer nach dem Vertrag o. . zur Leistung verpflichtet ist und die Gegenleistung fordern kann (vgl. auch Rz. 5.120).

2.41

Das Handeln eines echten Vertreters (mit Vertretungsmacht)2 ist dem Vertretenen zuzurechen (§ 164 Abs. 1 BGB), so daß die in dessen Namen abgeschlossenen Vertrge diesen berechtigen und verpflichten und die entsprechenden Leistungen ihm zuzurechnen sind. Ein Handeln in fremdem Namen kann sich auch aus den Umstnden ergeben; es setzt nicht voraus, daß der Name des Vertretenen bei Vertragsschluß genannt wird.3

2.42

Anders ist es beim Handeln unter fremdem Namen. In diesem Fall, bei dem sich der Handelnde nur des fremden Namens zur Verschleierung seiner eigenen Identitt bedient, ist die Leistung (wie auch im Zivilrecht) dem Handelnden zuzurechnen4 (vgl. auch Rz. 5.124). Ein solches Handeln unter fremdem 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1999, 628; 2004, 622 mwN.; ferner UR 2002, 213 (Tankreinigungstrupp). 2 Hufig flschlich als „Vermittler“ bezeichnet (vgl. Rz. 8.69 f.). 3 BFH, BStBl. II 2000, 361 mwN. (Verkufe fr „Einlieferer“ in sog. Secondhand-Lden). Entsprechendes hat bei Auktionen zu gelten. 4 Vgl. Reiß, UmsatzsteuerR, 2.2.2.2 (S. 39); BFH, BStBl. II 2000, 361; UR 2004, 69 mwN.; FG Baden-Wrtt., DStRE 2005, 388.

42

IV. Personelle Zurechnung der Leistung

Namen liegt auch vor, wenn Geschfte „im Namen“ einer sog. Schein-GmbH oder einer sog. Briefkasten-GmbH (Ltd. o. .), die keinen eigenen Geschftsbetrieb unterhlt, gettigt werden (vgl. auch Rz. 5.130). Auf die Kenntnis oder das Kennenmssen dieser Umstnde seitens des Leistungsempfngers kommt es fr die Zurechnung der Leistung im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht an.1 Dieses subjektive Kriterium ist nur fr die Frage des Vertrauensschutzes beim Vorsteuerabzug von Bedeutung, da es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auf die Sicht des Leistungsempfngers ankommt (Rz. 15.8 f.). Eine Leistung erbringt auch derjenige, der die fr die Leistungsausfhrung erforderlichen Handlungen nicht selbst (bzw. mittels ihm zuzurechnender Mitarbeiter) vornimmt, sondern sie durch Dritte als selbstndige Erfllungsgehilfen (Subunternehmer) ausfhren lßt. Die Leistung ist ihm und nicht den Erfllungsgehilfen zuzurechnen, weil er nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis den Anspruch auf die Gegenleistung hat (die Erfllungsgehilfen erbringen ihrerseits Leistungen gegenber dem Hauptunternehmer als Auftraggeber). Das ist nicht nur bei Lieferungen in Gestalt des Reihengeschfts (Rz. 7.42 ff.) der Fall, sondern auch bei Dienstleistungen und Werklieferungen mglich.

2.43

Bei einem sog. Organschaftsverhltnis folgt aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, daß umsatzsteuerrechtlich die Leistungen, die nach obigem Grundsatz (Rz. 39) einer Organgesellschaft zuzurechnen wren, weil sie aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhltnis zivilrechtlich berechtigt und verpflichtet ist, dem Organtrger zuzurechnen sind. Mithin fhrt dieser die Leistungen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus und ist – sofern kein Fall des § 13b UStG vorliegt – Schuldner der Umsatzsteuer (Rz. 5.239). Das gilt indes nicht aus der Sicht des Leistungsempfngers. Fr dessen Vorsteuerabzug bestimmt sich der Leistende nach dem Zivilrecht, so daß sich der Anspruch auf Erteilung einer Rechnung gegen die Organgesellschaft richtet (Rz. 14.18).

2.44

1 AA. BFH, BStBl. II 2004, 622, 624 f. mwN.; UR 2004, 69 mwN.; Abschn. 16 Abs. 3 Satz 7 UStR 2005.

43

Kapitel 3 Leistung gegen Entgelt („Leistungsaustausch“) I. Allgemeines 3.1

Ein Umsatz nach dem Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG1 setzt voraus, daß die Leistung „gegen Entgelt“, d. h. im sog. Leistungsaustausch erfolgt. Des weiteren ist die (angestrebte) Erbringung von Leistungen gegen Entgelt elementare Voraussetzung der Unternehmereigenschaft (Rz. 5.38 f.). Von der Frage, ob eine Leistung (berhaupt) gegen Entgelt erbracht wird, ist die nachrangige Frage bei der Bemessungsgrundlage zu unterscheiden, welche Zahlungen u. . zur Gegenleistung („Entgelt“) gehren (Rz. 11.11 ff.). Da der Begriff „Entgelt“ durch § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG abweichend vom Sprachgebrauch als Gegenleistung abzglich der Umsatzsteuer, d. h. als reine Rechengrße verstanden wird (Rz. 11.3), kann eine Leistung nicht gegen Entgelt in diesem Sinne erbracht werden. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG versteht den Begriff deshalb im Sinne des Sprachgebrauchs.2

3.2

Die Verwendung des Begriffes „Leistungsaustausch“ ist zwar verfehlt, soweit die „Gegenleistung“ in Geld entrichtet wird, da die Zahlung von Geld umsatzsteuerrechtlich keine Leistung ist (Rz. 2.5), so daß streng genommen nur dann, wenn die „Gegenleistung“ in Gestalt einer Lieferung oder sonstigen Leistung erbracht wird (Rz. 11), von einem Leistungsaustausch gesprochen werden drfte. Der Begriff wird jedoch allgemein in Anlehnung an das Zivilrecht als (unprzises) Schlagwort verwendet.

3.3

Im Regelfall entspricht das Merkmal dem zivilrechtlichen Synallagma, wenn sich also zwei Leistungen im gegenseitigen Vertrag wechselbezglich gegenberstehen, d. h. ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und dem empfangenen Gegenwert besteht.3 Allerdings ist unter Verbrauchsteuergesichtspunkten (Rz. 1.13, 1.15) auch dann ein Leistungsaustausch zu bejahen, wenn zwar keine Gegenleistung vereinbart worden war, der Empfnger jedoch gleichwohl rein kausal fr die bzw. wegen der Leistung etwas aufwendet4, d. h. weil eine Leistung ihm gegenber erbracht worden ist (zur Frage des Leistungsaustausches bei Vereinsbeitrgen s. Rz. 5.94 ff.).

1 Bzw. Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. 2 Fr Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL gilt das ohnehin, weil die EG-RL den Begriff „Entgelt“ in Art. 11 nicht als Besteuerungsgrundlage (vgl. Rz. 11.1 Fn.) verwendet. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 740. 4 Ebenso Reiß in T/L, § 14 Rz. 60; BGH, MDR 1998, 94; UR 2001, 535; vgl. auch zu § 22 Nr. 3 EStG BFH, BFH/NV 2004, 1725 = NJW 2005, 319 (Abgeltung eines „Freundschaftsdienstes“).

44

I. Allgemeines

Demgegenber verlangt die Rechtsprechung ein „Rechtsverhltnis“, in dessen Rahmen gegenseitig Leistungen ausgetauscht werden.1 Diese verkehrsteuerrechtliche Betrachtungsweise (vgl. Rz. 1.13) ist verfehlt. Aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht kann es nicht darauf ankommen, ob auf einer Rechtsgrundlage gezahlt wird2, sondern allein darauf, daß der Empfnger (oder ein Dritter, Rz. 11.30 f.) wegen einer ihm gegenber erbrachten Leistung etwas aufwendet.3 Auf die Motive des Zahlenden kommt es nicht an, da insoweit eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist.

3.4

Beispiele:

3.5

1. Ein Verein behinderter Knstler schickt an ausgewhlte Personen Kunstpostkarten mit der Bitte, einen vorgeschlagenen Betrag dafr zu zahlen; es heißt allerdings ausdrcklich, daß die Karten behalten werden drfen, wenn nichts gezahlt wird. Hat der Verein Leistungen gegen Entgelt erbracht, soweit die Empfnger zahlen? Hierbei handelt es sich nicht um den Fall des Geschenks, welches lediglich ein Gegengeschenk auslst und deshalb nicht steuerbar ist4, sondern um die Zahlung auf Grund eines Kaufvertrages, da das Angebot zum Abschluß eines solchen durch die Zahlung angenommen worden ist. 2. Ein Straßenmusikant erhlt von den Passanten Geldbetrge in unterschiedlicher Hhe. Hat er Umstze erbracht? Nach Auffassung des EuGH erbringt ein Straßenmusikant keine Leistungen gegen Entgelt, weil kein Rechtsverhltnis vorliege.5 Diese Sichtweise verkennt, daß es allein darauf ankommt, ob wegen der Leistung gezahlt wird und daß das der Fall ist. Deshalb ist auch die unterschiedliche Hhe der Zahlungen ohne Belang, da sie nur die unterschiedliche Wertschtzung der Leistung zum Ausdruck bringt. Unerheblich ist ferner, daß z. T. auch Mitleid eine Rolle spielt6, denn anderenfalls mßten auch solche Lieferungen von Gegenstnden nicht versteuert werden, die von den Erwerbern nur aus Mitleid gekauft und anschließend sofort zum Abfall gegeben werden. Auf die Motive des Zahlenden kommt es nicht an, da insoweit eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist.

Auf die Bezeichnung der Gegenleistung kommt es nicht an7, da allein maßgebend ist, ob die Zahlung (o. .) wegen der Leistung erfolgt. Folglich sind auch „Entschdigungen“8, „Schadensersatz“9, „Aufwandsentschdigungen“10, 1 EuGH, EuGHE 1994, I-743 = UR 1994, 399, Tz. 14; EuGHE 1998, I-4387 = UR 1998, 456, Tz. 26; EuGHE 2002, I-7173 = UR 2002, 510, Tz. 18; BFH, BStBl. II 1998, 169; 2003, 210; 2003, 732. 2 Das Kriterium „Rechtsverhltnis“ ist durch die Rechtsprechung auch bereits verwssert worden; vgl. BFH, UR 1998, 382; EuGH EuGHE 2002, I-7173 = UR 2002, 510 (Ehrenschuld), wonach kein Anspruch auf eine Gegenleistung bzw. Leistung bestehen msse; BFH, BStBl. II 2004, 798 (schlssiges Verhalten). 3 Kritisch insoweit auch Reiß in T/L, § 14 Rz. 62. 4 AA. Reiß, UmsatzsteuerR, S. 24. 5 EuGH, EuGHE 1994, I-743 = UR 1994, 399, Tz. 34. 6 AA. Reiß, UmsatzsteuerR, S. 24. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 473, 477; 2004, 854. 8 Vgl. auch BGH, UR 2001, 535. 9 BFH, BStBl. II 2004, 854. 10 BFH, BFH/NV 1990, 465 vgl. auch BGH, UR 2001, 535.

45

3.6

Kap. 3 Leistung gegen Entgelt („Leistungsaustausch“)

„Aufwendungsersatz“1, „Kostenersatz“, „Zuschsse“ (dazu auch Rz. 11.29) u. . Zahlungen, wenn sie fr eine Leistung gettigt werden (dazu Rz. 2.17 ff.), Entgelt iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Das gilt auch bei Zahlungen fr Leistungen, die von juristischen Personen des ffentlichen Rechts (vgl. Rz. 5.267 ff.) auf ffentlich-rechtlicher Grundlage erbracht werden („Gebhren“, „Beitrge“ u. .). 3.7

Die Gegenleistung muß nicht dem Unternehmen zufließen. Deshalb ist es auch ohne Belang, wenn die Gegenleistung nur im nichtunternehmerischen Bereich verwendbar ist2 (Beispiel: Reiseleistung als Gegenleistung, die nur privat verbraucht werden kann).

3.8

Auf die Angemessenheit der Gegenleistung kommt es nicht an. Wird weniger als verkehrsblich vereinbart, so kommt zwischen nahestehenden Personen eine Anhebung der Bemessungsgrundlage in Betracht (§ 10 Abs. 5 UStG, Rz. 11.58 ff.). Bei unentgeltlichen Leistungen wird regelmßig die Entgeltlichkeit fingiert (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG; dazu Rz. 4.1 ff.).

3.9

Kein (erneuter) Leistungsaustausch liegt vor, wenn ein Umsatz rckgngig gemacht wird; in diesem Fall werden lediglich die umsatzsteuerrechtlichen Folgen beseitigt (arg. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG). Anders kann es bei einer nach Durchfhrung einer Lieferung vereinbarten Rckbertragung des Liefergegenstandes sein. Ob eine Rckgngigmachung oder eine Rcklieferung, die einen weiteren Leistungsaustausch begrndet, vorliegt, bestimmt sich nach den Umstnden des einzelnen Falles.3 Kein erneuter Leistungsaustausch ist im Falle des Umtausches gegeben, bei dem nicht der Umsatz rckgngig gemacht wird, sondern lediglich die ursprngliche Lieferung durch eine Neulieferung ersetzt wird.4

3.10

Bei richtiger verbrauchsteuerrechtlicher Sicht muß eine Leistung gegen Entgelt auch in den Fllen angenommen werden, in denen Schadenersatz o. . wegen widerrechtlicher Nutzung oder Zerstrung einer Sache usw. gezahlt wird (Rz. 2.28 ff.).

II. Tausch und tauschhnliche Vorgnge 1. Grundstzliches 3.11

Die Gegenleistung (das Entgelt iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) fr eine Leistung muß nicht aus Geld bestehen, sondern kann auch – ganz oder teilweise (dazu Rz. 11.41 f.) – in Gestalt einer Lieferung oder sonstigen Leistung5 erbracht wer1 BFH, BStBl. II 2002, 782; 2003, 732; 2004, 798. 2 Abschn. 1 Abs. Satz 4 UStR 2005. 3 Zur Abgrenzung BFH, BStBl. II 1982, 233; 1995, 756; FG Hess., EFG 2001, 1244; Birkenfeld, § 54 Rz. 654.1 ff.; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 430. 4 Dazu Birkenfeld, § 54 Rz. 654.6. 5 Klarstellung fr die 6. EG-RL durch den EuGH; EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346, Tz. 17.

46

II. Tausch und tauschhnliche Vorgnge

den. Das wird durch den falsch plazierten § 3 Abs. 12 UStG klargestellt1, der vom Tausch bzw. tauschhnlichen Vorgang spricht (Beispiele: Lieferung gegen Lieferung; Lieferung gegen sonstige Leistung und umgekehrt2; sonstige Leistung gegen sonstige Leistung).3 Kein Tausch ist in den Fllen der sog. Gehaltslieferung (§ 3 Abs. 5 Satz 2 UStG, dazu Rz. 7.51 f.) und der sog. Umtauschmllerei (§ 3 Abs. 10 UStG; dazu Rz. 7.60) anzunehmen. Ist der Leistungsempfnger Unternehmer, so kann die von ihm (im Rahmen des Unternehmens) erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung ebenfalls steuerbar iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sein.

2. Sachleistungen gegenber Arbeitnehmern Ein tauschhnlicher Vorgang liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitgeber gegenber seinen Arbeitnehmern Lieferungen oder sonstige Leistungen (Sachleistungen) aufgrund des Dienstverhltnisses erbringt und die Gegenleistung in der anteiligen Arbeitsleistung der Arbeitnehmer (sonstige Leistungen4) gesehen werden kann. Unproblematisch sind die Flle, in denen die Sachleistungen des Arbeitgebers im Arbeitsvertrag vereinbart sind und deshalb einen Teil der Entlohnung darstellen mit der Folge, daß ihnen eine anteilige Arbeitsleistung gegenbersteht.

3.12

Beispiele: Freie Verpflegung und Unterbringung bei Arbeitnehmern in der Landwirtschaft oder im Beherbergungsgewerbe; im Anstellungsvertrag vereinbarte berlassung eines sog. Firmenwagens an leitende Angestellte.

Die Sachleistungen des Arbeitgebers mssen indes, damit ihnen eine anteilige Arbeitsleistung gegenber steht, nicht ausdrcklich schriftlich im Arbeitsvertrag vereinbart worden sein; vielmehr reichen mndliche oder konkludente Vereinbarungen aus (faktische betriebliche bung)5, wenn sich aus den Umstnden ergibt6, daß die Sachleistung eine zustzliche Entlohnung darstellen soll. Beispiele: Einem Arbeitnehmer wird, obwohl nicht im Arbeitsvertrag vorgesehen, durchgngig und nicht nur gelegentlich ein Fahrzeug fr die Privatnutzung berlassen7; Arbeitnehmer einer Fluggesellschaft erhalten jhrlich Freiflge im Umfang von 20 000 Meilen. 1 Hierbei handelt es sich um eine Definition, die allein fr § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 11.38) von Bedeutung ist und deshalb dort angesiedelt sein mßte. 2 Beispiel: Beratungsleistung gegen bertragung eines GmbH-Anteils; BFH, BFH/NV 2002, 1056. 3 Ein ABC von Tausch- und tauschhnlichen Vorgngen findet sich bei Birkenfeld, § 70 Rz. 71. 4 Der Begriff der sonstigen Leistung umfaßt auch Dienstleistungen von Personen, die unselbstndig ttig sind. 5 BMF, BStBl. I 2004, 864, Tz. 4.2.1.1. (Fahrzeugberlassung). 6 Vgl. BFH BStBl. II 1999, 580 (GmbH-Geschftsfhrer). 7 Vgl. BFH BStBl. II 1999, 580; BMF, BStBl. I 2004, 684, Tz. 4.2.1.1.

47

3.13

Kap. 3 Leistung gegen Entgelt („Leistungsaustausch“)

Kann keine Gegenleistung angenommen werden, weil es sich um spontane, einmalige oder unregelmßige Zuwendungen handelt, so wird regelmßig die Entgeltlichkeit fingiert (§ 3 Abs. 1b Nr. 2 oder § 3 Abs. 9a UStG, dazu Rz. 4.15, 4.35 f.). Die Abgrenzung kann gleichwohl nicht dahinstehen, weil die Bemessungsgrundlagen unterschiedlich sein knnen (Rz. 11.40 Beisp. 1).

III. Gesellschafterbeitrge 3.14

Bei den Beitrgen der Gesellschafter einer Personengesellschaft ist zu unterscheiden (§ 706 Abs. 2 und 3 BGB) zwischen Sacheinlagen (Einbringung von Gegenstnden in das gemeinsame Eigentum) einerseits und Leistungen von Diensten und Nutzungsberlassungen andererseits (Rz. 5.108). Whrend bei Sacheinlagen ein Leistungsaustausch in Gestalt des Tausches vorliegt (Rz. 16), steht den Dienstleistungen und Nutzungsberlassungen lediglich die Beteiligung am Gewinn (und Verlust) der Gesellschaft gegenber.1 Diese ist keine Gegenleistung, sondern Ausfluß des Mitgliedschaftsrechts.2 Bei der Geschftsfhrung liegt schon keine Leistung vor (Rz. 2.12 ff.). Die Gesellschafter knnen mithin durch die Leistung der Beitrge iS des § 706 BGB nicht Unternehmer werden (Rz. 5.108 aE.; zur Vorsteuerentlastung bezglich der Leistungen, die sie zur Erbringung der Beitrge bezogen haben, s. Rz. 5.112 ff.).

3.15

Die Gesellschafter knnen jedoch Leistungen statt in Form des Beitrags (Ausnahme Geschftsfhrung3, Rz. 2.12 ff.), auch gegen gesonderte Gegenleistung und damit gegen Entgelt iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbringen4 (zur Frage, ob sie dadurch Unternehmer werden, s. Rz. 5.110 f.; zur unabhngig davon zu gewhrenden Vorsteuerentlastung s. Rz. 5.112 ff.).

3.16

Bei der Einbringung eines Gegenstandes in eine Gesellschaft (Sacheinlage) liegt – sowohl bei der Personen- als auch bei der Kapitalgesellschaft – ein Tausch vor. Die Gegenleistung liegt in der Erlangung der Vermgensbeteiligung an der Gesellschaft.5 Ohne Belang ist, daß diese zivilrechtlich nur die Mit1 Die Verpflichtung zur Dienstleistung oder Nutzungsberlassung fhrt als solche zu keiner Erhhung des Gesellschaftsvermgens. 2 BFH, BStBl. II 1980, 622; 1993, 529; 1997, 374; vgl. auch EuGH, UR 2004, 292, Tz. 86. 3 Der Gesellschafter kann allerdings Dienstleistungen oder Geschftsbesorgungsleistungen gegen Entgelt, die auch ein Dritter (Nichtgesellschafter) ausfhren kann, fr die Gesellschaft erbringen. Das hat jedoch nichts mit Geschftsfhrung im gesellschaftsrechtlichen Sinne (§§ 709 f. BGB, §§ 114 f. HGB) zu tun; das verkennt der BFH, BStBl. II 2003, 36. 4 BFH, BStBl. II 1980, 622; 1993, 529; 1997, 374; 2003, 36; ferner EuGH, EuGHE 2000, I419 = UR 2000, 121. 5 Dem gegenber soll nach h. M. die Gesellschaft „Gesellschaftsrechte“ bzw. „Gesellschaftsanteile“ einrumen, vgl. BFH, BFH/NV 1986, 500; BStBl. II 1996, 114; 1997, 705; BFH/NV 2000, 607; BFH, UR 2002, 81 (Vorlagebeschluß an EuGH); BFH, BStBl. II 2004, 375, 377; Abschn. 6 Abs. 2 UStR 2005; Jakob, Rz. 932. Das ist verfehlt, da die „Gesellschaftsrechte“ als Bndel von Rechtspositionen nur von den brigen Gesellschaftern eingerumt werden knnen (Rz. 10.87).

48

III. Gesellschafterbeitrge

gesellschafter und nicht die Gesellschaft verschaffen knnen, denn maßgebend ist das wirtschaftliche Ergebnis. Es handelt sich um einen Fall des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (dazu Rz. 11.30). Der Einbringende tauscht den Gegenstand gegen die entsprechende vermgensmßige Beteiligung an der Gesellschaft.1 Fr die Notwendigkeit, einen Leistungsaustausch anzunehmen, spricht zudem die schlichte berlegung, daß es keinen Unterschied machen kann, ob der Gesellschafter eine Sacheinlage erbringt oder sich zu einer Geldeinlage verpflichtet hat und den Gegenstand an die Gesellschaft liefert und seine Kaufpreisforderung mit der Geldeinlageverpflichtung verrechnet.2 Der EuGH hat allerdings entschieden, daß bei einer Bareinlage des Gesellschafters keine Dienstleistung seitens der Gesellschaft erbracht werde3, und zudem die verallgemeinernde Aussage getroffen, daß es nicht darauf ankomme, ob die Aufnahme des neuen Gesellschafters als Handlung der Gesellschaft als solcher oder der Mitgesellschafter anzusehen sei; die Aufnahme eines neuen Gesellschafters stelle „in keinem Fall eine Dienstleistung“ dar.4 Daraus folgt jedoch nicht, daß auch bei einer Sacheinlage kein Leistungsaustausch vorliegen soll. Zur Ehrenrettung des EuGH ist davon auszugehen, daß er lediglich die schlecht formulierte Vorlagefrage des BFH beantworten und mithin nur erklren wollte, daß die „Aufnahme“ keine Dienstleistung darstelle.5 Wenn er gefragt werden wird, ob der Sacheinlage (oder Bareinlage) eine Gegenleistung gegenbersteht, so wird er die Frage aus den o. g. Grnden bejahen.6 Wrde hingegen die Lieferung gegen Entgelt seitens des Gesellschafters als Unternehmer verneint werden, so htte das zur Folge, daß ein Fall der unentgeltlichen Zuwendung iS des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG/Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL vorlge mit der Folge, daß der Gegenstand wieder mit Umsatzsteuer belastet wre, obwohl kein Letztverbrauch vorliegt.7 Soweit die empfangende Gesellschaft den Gegenstand fr Zwecke verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, mßte dann, da keine endgltige Umsatzsteuerbelastung eintreten darf, die Konsequenz sein, daß der Gesellschafter die von ihm geschuldete Steuer in Rechnung stellen und die Gesellschaft den Betrag als Vorsteuer abziehen kann (Rz. 4.21; Rz. 15.82 ff.).

1 Vgl. auch Reiß, UR 1988, 298, 301 f.; ders. in T/L, § 14 Rz. 70 (Wertsteigerung der Beteiligung); aA. Ruppe, § 1 Rz. 82. 2 hnlich Schn, DStJG 13 (1990), 81, 103 ff., 107. 3 EuGH, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443. Die Begrndung ist allerdings von einer erschtternden Unlogik; vgl. Reiß, UR 2003, 428, 434 ff. 4 EuGH, aaO., Rz. 42. 5 Der BFH hatte tatschlich in seinem Vorlagebeschluß die Auffassung vertreten, daß die „Aufnahme“ eine „Dienstleistung“ sei, BFH, UR 2002, 81, 83. Das ist absurd, so daß die Krze der EuGH-Entscheidung insofern gerechtfertigt ist. 6 Vgl. auch BFH, BStBl. II 2004, 375. 7 Das verkennt Ruppe, § 1 Rz. 82 aE.

49

3.17

Kapitel 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit I. Grundstzliches 4.1

Bei bestimmten unentgeltlichen Leistungen wird die Entgeltlichkeit, in Fllen der Entnahme von Gegenstnden, Nutzungen und anderen Vorteilen sogar die Leistung fingiert (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG).1 Mit der Fiktion der Leistung gegen Entgelt bzw. des Entgelts wird erreicht, daß die Vorgnge unter den Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG2 fallen und zu „Umstzen“ fhren.3 Die Regelungen des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG enthalten deshalb keinen vollstndigen Besteuerungstatbestand.4 Der Zweck dieser Regelungen liegt in der Sicherstellung der Besteuerung des Letztverbrauchs durch Neutralisierung eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs.5 Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der § 3 Abs. 1b Satz 2, Abs. 9a Nr. 1, § 4 Nr. 28 und § 15a Abs. 8 UStG6 bzw. der Art. 5 Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 Buchst. b und c, Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und Art. 20 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL. Der Zweck liegt deshalb nicht in der vollstndigen Gleichstellung des Unternehmers mit einer Privatperson (Rz. 39). Folglich sind auch keine fiktiven Leistungen des Unternehmers an sich selbst der wahre Besteuerungsgrund; sie stellen nur das besteuerungstechnische Vehikel dar. Insbesondere liegt auch der Zweck der Regelungen nicht darin, als Bemessungsgrundlage den Wert anzusetzen, den die Leistung htte, wenn sie von einem anderen Unternehmer bezogen wrde (Rz. 11.45 f., 11.48). Schuldner der Umsatzsteuer ist auch bei den unentgeltlichen Leistungen der Unternehmer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Diese werden mithin den Entnahmen des Unternehmers gleich gestellt. Das ist konsequent, weil die Umsatzsteuer den Aufwand der Verbraucher besteuern will, diese bei unentgeltlichen Leistungen jedoch nichts aufwenden. Der Ort dieser Umstze bestimmt sich nach § 3f UStG (Rz. 8.43 ff., 8.144 ff.); zur Anwendbarkeit von Steuerbefreiungen s. Rz. 10.7.

4.2

Eine entgeltliche Leistung wird nicht dadurch zu einer unentgeltlichen iS des § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG, daß die vereinbarte Gegenleistung nicht erbracht wird. Da der Anspruch auf die Gegenleistung bestehen bleibt7, ist die Leistung weiter „gegen (ein vereinbartes) Entgelt“ erfolgt.8 War die Steuer bereits nach dem Soll-Prinzip entrichtet worden, so ist sie nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen (Rz. 12.55). 1 Entspricht Art. 5 Abs. 6 bzw. Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL. 2 Entspricht Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. 3 Bis zum 31.3.1999 wurden die Vorgnge von den gesonderten Umsatztatbestnden des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG aF. (Eigenverbrauch) erfaßt. 4 Das verkennt Zeuner in B/G § 1 Rz. 6a. 5 Vgl. EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149, Rz. 42 ff. mwN. 6 Ferner § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG zur Entnahme sonstiger Leistungen, die an einem Wirtschaftsgut ausgefhrt worden waren (Rz. 16.97 f.). 7 Zum Verzicht auf die Gegenleistung s. Rz. 12.51. 8 BFH, BStBl. II 1989, 913; BFH/NV 1993, 131; 1994, 832; Stadie in R/D, § 17 Anm. 136.

50

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen 1. Gegenstandsentnahmen Nach § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1 UStG wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen fr Zwecke außerhalb des Unternehmens. Eine solche Entnahme liegt vor, wenn der Gegenstand auf Dauer1 (die zeitweilige Nutzungsentnahme wird von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfaßt, Rz. 27) nicht mehr im Unternehmen, sondern fr außerunternehmerische („private“) Zwecke des Unternehmers verwendet wird. Der Tatbestand kann auch noch nach Beendigung des Unternehmens durch den Gesamtrechtsnachfolger (insbesondere Erben) verwirklich werden (Rz. 5.169).

4.3

Da die Entnahme der Lieferung gegen Entgelt gleich gestellt wird, ist der Begriff des Gegenstandes derselbe wie bei der Lieferung (dazu Rz. 7.4 ff.). Eine Gegenstandsentnahme iS des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegt folglich nur vor, wenn bei einer entsprechenden Leistung gegenber einem anderen eine Lieferung gegeben wre. Da § 3 Abs. 9a UStG auch Wertabgaben des Unternehmers an seinen Privatbereich erfaßt, die als fiktive sonstige Leistungen anzusehen sind (Rz. 27 ff.), richtet sich die Abgrenzung nach denselben Regeln, die fr die Unterscheidung von Lieferung und sonstiger Leistung gelten (dazu Rz. 7.53 f., 7.57 f.), sofern es auf die Abgrenzung ankommt.

4.4

Davon zu unterscheiden ist der Umfang des Entnahmegegenstandes. Lge bei einem entsprechenden Vorgang gegenber einem anderen eine Werklieferung vor, so ist im Hinblick auf den Gesetzeszweck, einen Vorsteuerabzug zu neutralisieren (Rz. 1), der Umfang der Entnahme auf die vorsteuerentlasteten Elemente (Gegenstnde) der Werklieferung zu beschrnken2, so daß die Dienstleistungselemente des eigenen Unternehmens nicht einzubeziehen sind. Das deckt sich mit dem Wortlaut der Vorschrift, der von der Entnahme von „Gegenstnden“ und nicht von „Werklieferungen“ spricht.3 Gleiches gilt bei Werkleistungen (Rz. 39).

4.5

Beispiel: Ein Bekleidungshersteller entnimmt einen Anzug, dessen vorsteuerentlastete Materialkosten 200 Euro und dessen Lohnkosten 100 Euro betrugen. Die Entnahme beschrnkt sich auf das Material, so daß die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG 200 Euro betrgt.

Die Entnahme setzt die Zugehrigkeit des Gegenstandes zum Unternehmen voraus. Die Kriterien richten sich nicht nach Handelsrecht oder Einkommen1 BFH, BStBl. II 1988, 205. 2 AA. Abschn. 24b Abs. 5 UStR 2005; Reiß, UmsatzsteuerR, S. 92 (3.2). 3 Vgl. auch EuGH, EuGHE 1993, I-2615 = UR 1993, 309, Tz. 14, wonach der Begriff „Verwendung eines Gegenstandes“ eng auszulegen ist und nur die Verwendung des Gegenstandes selbst umfaßt, so daß Nebenleistungen im Zusammenhang mit dieser Verwendung nicht unter Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL fallen. Entsprechendes hat fr die Auslegung des Art. 5 Abs. 6 zu gelten.

51

4.6

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

steuerrecht. Bei einem Gegenstand, der sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet werden soll, muß der Unternehmer beim Erwerb eine Zuordnungsentscheidung treffen (dazu nher Rz. 6.8 ff.). Hat er lediglich einen (realen oder ideellen) Teil des Gegenstandes dem Unternehmen zugeordnet, so kann auch nur dieser Teil entnommen werden.1 4.7

Der von der Regelung (wie auch von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG, Rz. 15 ff.) verfolgte Zweck der Neutralisierung des bei Erwerb des Gegenstandes vorgenommenen Vorsteuerabzugs kommt in § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG zum Ausdruck, der verlangt, daß der Gegenstand oder seine Bestandteile (Rz. 8) zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug „berechtigt“ haben. Gemeint ist der Vorsteuerabzug iS des § 15 UStG. Folglich liegt kein Fall des § 3 Abs. 1b Satz 1 UStG vor2, wenn ein Gegenstand entnommen (oder einem anderen zugewendet) wird, der nicht3 wenigstens anteilig beim Erwerb von deutscher Umsatzsteuer entlastet4 worden war.5 Bei Entnahmen von Gegenstnden, die ausschließlich fr steuerfreie Umstze (iS des § 4 Nr. 8 bis 27 UStG) verwendet worden waren, bedarf es folglich nicht der Heranziehung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 28 UStG (dazu Rz. 10.130), weil die Entnahme schon nicht steuerbar ist. Bei nur teilweisem Vorsteuerabzug liegt nicht nur eine teilweise, sondern eine vollstndige Entnahme vor, bei der zum Ausgleich nachtrglich ein anteiliger Vorsteuerabzug gewhrt wird (§ 15a Abs. 8 UStG; Rz. 16.86, 16.88).

4.8

Bei der Entnahme eines Gegenstandes, der selbst nicht von der Vorsteuer entlastet worden war, in den aber nachtrglich Bestandteile eingefgt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, beschrnkt sich die Entnahmebesteuerung6 auf diese Bestandteile.7 Der Wert von Werkleistungen (Beispiele: Karosserie- und Lackierungsarbeiten bei einem Kfz), die zur Werterhhung des entnommenen Gegenstandes gefhrt hatten, wird nicht von § 3 Abs. 1b UStG erfaßt. Indes kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG in Betracht (Rz. 16.53 f.). 1 EuGH, EuGHE 1995, I-2775 = UR 1995, 485 = BStBl. II 1996, 390, Tz. 28. 2 Das galt auch fr die Vorgngervorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aF. (bis 31.3.1999), obwohl diese noch keine entsprechende Einschrnkung enthielt; Stadie, Vorsteuerabzug, 1989, S. 15 ff. Lt. BFH sollte sich das nur im Wege richtlinienkonformer Auslegung ergeben; BFH, BStBl. II 1992, 267; 1994, 370; 1994, 668. 3 War der Vorsteuerabzug irrtmlich nicht vorgenommen worden und kann er aus verfahrensrechtlichen Grnden nicht mehr nachgeholt werden, so ist § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG entgegen seinem Wortlaut nicht erfllt, da es wegen des Gesetzeszwecks (Rz. 1) nicht auf die materielle Berechtigung, sondern auf die tatschliche Vornahme ankommt. 4 Ausnahme: Der Gegenstand war auf Dauer in das brige Gemeinschaftsgebiet verbracht worden, so daß der Tatbestand des § 1 Abs. 1a UStG erfllt war (Rz. 8.46). 5 Das trifft auch bei Gegenstnden von Land- und Forstwirten zu, die unter § 24 Abs. 1 UStG fallen (Rz. 17.48). 6 Das BMF hat eine Bagatellgrenze von 20 % der Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts, max. 1000 Euro festgesetzt, bis zu der eine Besteuerung nicht vorzunehmen ist; BMF, BStBl. I 2004, 1127. 7 EuGH, EuGHE 2001, I-4049 = UR 2001, 293 und BFH, BStBl. II 2002, 551; Abschn. 24b Abs. 2 UStR 2005.

52

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen

§ 3 Abs. 1b UStG1 enthlt keine zeitliche Grenze. Danach mßte die Entnahme eines Gegenstandes auch noch nach Jahrzehnten (mit ggf. gestiegenem Wert) besteuert werden. Die zeitliche Grenze ist jedoch § 15a UStG2 zu entnehmen. Aus dieser Vorschrift folgt, daß eine Entnahme nach Ablauf des Berichtigungszeitraums von 5 bzw. 10 Jahren (Rz. 16.60) nicht mehr steuerbar ist, weil der Gegenstand als „verbraucht“ gilt.3 Das ergibt sich aus Folgendem: Bei der Entnahme eines Gegenstandes, der ausschließlich zur Ausfhrung von Umstzen verwendet wurde, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausschlossen, findet eine Besteuerung der Entnahme nicht statt (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) und folglich auch keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs (§ 15a Abs. 8 UStG, Rz. 16.88). Der Gegenstand wird demgemß mit der ursprnglichen Umsatzsteuerbelastung in den Privatbereich bergefhrt. War der Gegenstand nur zum Teil fr Umstze verwendet worden, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, erfolgt eine Vorsteuerberichtigung nur, wenn die Entnahme innerhalb des Berichtigungszeitraums geschah (§ 15a Abs. 8 iVm. Abs. 1 UStG)4, was nur heißen kann, daß nach Ablauf des Berichtigungszeitraums auch die Entnahme nicht mehr besteuert werden darf. Fr die Entnahme von Gegenstnden, die vollen Umfangs vorsteuerentlastet sind, kann nichts anderes gelten, da anderenfalls die Besteuerung der Entnahme nach Ablauf des Berichtigungszeitraums des § 15a UStG von dem Zufall abhinge, ob der Gegenstand zuvor zum Teil oder vollen Umfangs fr steuerpflichtige Zwecke verwendet wurde.5 Das wre willkrlich und nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren (s. auch Rz. 16.39). Diese Erkenntnis ist auch von Bedeutung fr die Bemessungsgrundlage, d. h. fr die Auslegung des § 10 Abs. 4 Satz 1 UStG, der nicht mit § 15a UStG abgestimmt ist (Rz. 11.46).

4.9

Beispiele:

4.10

Der Unternehmer entnimmt einen Pkw aus seinem Unternehmen, den er fr 50 000 Euro + USt. a) vor 1 Jahr gebraucht von einer Privatperson erworben hatte; b) vor 4 Jahren neu erworben und von Beginn an zur Hlfte fr steuerpflichtige und zur Hlfte fr steuerfreie Umstze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet hatte; im Zeitpunkt der Entnahme betrgt der Wert des Fahrzeugs 15 000 Euro (ohne USt.); c) vor 6 Jahren mit vollem Vorsteuerabzug erworben hatte und der jetzt noch einen Restwert von 10 000 Euro (ohne USt.) hat. 1 2 3 4 5

Wie auch Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL. Entspricht Art. 20 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL. Stadie in R/D, Einf. Anm. 150, 1. Entspricht Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. Vgl. auch EuGH, UR 2004, 302, Tz. 90, zu Art. 5 Abs. 7 Buchst. a, wonach ebenso wie nach Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL eine entgeltliche Lieferung fingiert werden kann: „(Bei) der Gleichstellung mit einer entgeltlichen Lieferung gem. Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der 6. EG-RL und der Berichtigung gem. Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL (handelt es sich) um zwei Mechanismen, die die gleiche wirtschaftliche Wirkung haben, nmlich einen Steuerpflichtigen zur Zahlung von Betrgen zu zwingen, die den Vorsteuerabzgen entsprechen, zu deren Vornahme er nicht berechtigt war.“ Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL entspricht § 15a Abs. 1 UStG.

53

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit Im Falle a ist die Entnahme nicht steuerbar, da der Gegenstand beim Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Im Falle b ist die Entnahme steuerbar, da der Gegenstand beim Erwerb zum anteiligen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 4 iVm. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) berechtigt hatte (Rz. 15.168). Sie wird nach dem Gesetzeswortlaut mit dem Zeitwert des Gegenstandes (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) in Hhe von 15 000 Euro besteuert (was allerdings ein Systembruch ist; richtigerweise ist 1/5 von 50 000 Euro = 10 000 Euro anzusetzen; Rz. 11.46). Nach § 15a Abs. 8 iVm. Abs. 1 und 5 UStG (Rz. 16.86 ff.) erhlt der Unternehmer, da der entnommene Gegenstand nur zur Hlfte vorsteuerentlastet ist, einen nachtrglichen Vorsteuerabzug in Hhe von einem Zehntel (50 % von 1/5) der beim Erwerb angefallenen Umsatzsteuer (800 Euro). Im Falle c ist die Entnahme nicht steuerbar, da der Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG von 5 Jahren abgelaufen ist.

4.11

Der Tatbestand des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG erfaßt nur die Entnahme durch den Unternehmer fr seine eigenen nichtunternehmerischen (privaten) Zwecke. Unentgeltliche Lieferungen (Zuwendungen) an Dritte fallen, soweit diese nicht Arbeitnehmer sind (Nr. 2), unter die Nr. 3 der Vorschrift (Rz. 16 ff.).1 Letztlich kann die Frage jedoch dahinstehen, da die Rechtsfolgen gleich sind.

4.12

Sowenig wie die Lieferung einen Leistungswillen voraussetzt (Rz. 2.17 ff.), sowenig ist entgegen dem Wortlaut der Vorschrift („Entnahme . . . fr Zwecke, die . . .“) bei verbrauchsteuerkonformer Auslegung fr die Entnahme ein entsprechender Wille zu fordern.2 Ein finales Element widersprche dem Zweck der Vorschrift, den Vorsteuerabzug bei tatschlich eingetretenem Letztverbrauch zu neutralisieren. Mit dem Begriff der „Entnahme“ ist lediglich der typische Fall genannt, der jedoch aus Gleichbehandlungsgrnden die Erfassung auch der atypischen Flle durch den Gesetzestatbestand verlangt. Folglich ist auch bei einer Zerstrung eines Gegenstandes im Rahmen einer nichtunternehmerischen Verwendung entgegen der h. M.3 eine Entnahme anzunehmen, da in Hhe des Wertes des Gegenstandes ein Verbrauch fr nichtunternehmerische Zwecke erfolgt ist. Nur diese Interpretation stellt die Besteuerung des Letztverbrauchs sicher. Beispiel: Der Unternehmer erleidet mit dem Unternehmens-Pkw auf einer Privatfahrt einen Unfall, der zum Totalschaden am Fahrzeug fhrt. Der Wertabgang erfolgte, unabhngig davon, ob den Unternehmer ein Verschulden an dem Unfall trifft, fr nichtunternehmerische Zwecke, da der Wertverzehr im Rahmen einer nichtunternehmerischen Verwendung eintrat. Es liegt eine Entnahme vor, die nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG mit dem – richtigerweise in Anlehnung an § 15a UStG modifizierten (Rz. 11.46) – Zeitwert vor der Zerstrung zu besteuern ist. Damit wird gesetzeszielkonform der private Verbrauch besteuert. 1 AA. Reiß in T/L, § 14 Rz. 97, 99; Klenk in S/R, § 3 Rz. 328, 340. 2 AA. zur Vorgngervorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aF. BFH, BStBl. II 1984, 169; 1987, 44; 1996, 248. 3 Abschn. 24b Abs. 4 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1980, 309, 311; vgl. auch BFH, BStBl. II 1995, 850.

54

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen

Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (unternehmensfremde Zwecke iS des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der 6. EG-RL), sind solche, die dem nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers dienen. Entnahmen liegen folglich nicht nur bei der berfhrung in den „privaten“ Bereich einer natrlichen Person, sondern auch dann vor, wenn ein Gegenstand bei einer Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft, juristischen Person des ffentlichen Rechts1 u. . Gebilde auf Dauer aus dem unternehmerischen Bereich in den nichtunternehmerischen Bereich verbracht wird.2 Das gilt auch bei Aufgabe der unternehmerischen Ttigkeit (Rz. 5.155 f.), sofern damit nicht eine Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG einhergeht (Rz. 23).

4.13

Die Bestellung eines unentgeltlichen Nießbrauchs an einem bebauten Grundstck fhrt zur Beendigung der unternehmerischen Ttigkeit, die mit dem Gebude ausgebt wurde, und mithin zu einer Entnahme des Grundstcks auf Dauer3, sofern nicht ein Ruhen der unternehmerischen Ttigkeit angenommen werden kann4 (letzterenfalls wre eine unentgeltliche berlassung iS des § 3 Abs. 9a UStG anzunehmen; Rz. 28).

Keine Entnahme fr Zwecke außerhalb des Unternehmens liegt vor, wenn ein Gegenstand von einem Unternehmensteil (Betrieb) in einen anderen Unternehmensteil auf Dauer verbracht wird. Der Gegenstand bleibt innerhalb des Unternehmens, auch wenn der aufnehmende Unternehmensteil im Ausland liegt5 (Rz. 5.135). Entsprechendes gilt, wenn der Gegenstand im Rahmen eines inlndischen Organkreises (Rz. 5.237) vom Organtrger an eine Organgesellschaft und umgekehrt oder zwischen zwei Organgesellschaften auf Dauer berlassen wird. In allen diesen Fllen kann aber gleichwohl eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG in Betracht kommen, wenn sich die fr den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verwendungsverhltnisse gendert haben (Rz. 5.135). Keine Entnahme, sondern eine entgeltliche Lieferung ist die Einlage des Gegenstandes in eine Gesellschaft (Rz. 3.16).

4.14

2. Zuwendungen an das Personal Bei der unentgeltlichen Zuwendung eines Gegenstandes durch einen Unternehmer an sein Personal fr dessen privaten Bedarf wird die Entgeltlichkeit der Lieferung und damit die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fingiert, sofern keine Aufmerksamkeit6 vorliegt (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG). Die Vorschrift soll den vom Unternehmer bei Anschaffung des Gegenstandes vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG; Rz. 1, 7) neutralisie1 Vgl. BFH, BFH/NV 1995, 451: Entnahme von Wasser durch Gemeinde aus ihrem Wasserwerk fr hoheitliche Zwecke. 2 Abschn. 24a Abs. 1 Satz 2 UStR 2005. 3 Welche zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 8 UStG fhren kann (Rz. 16.86, 88). 4 Vgl. BFH; BStBl. II 1988, 205; Stadie, Vorsteuerabzug, 241; Klenk in S/R, § 3 Rz. 336. 5 Davon zu unterscheiden ist der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens iS des § 3 Abs. 1a UStG, der einen anderen Zweck verfolgt (Rz. 10.36 f.). 6 Eine solche ist anzunehmen, wenn zu einem persnlichen Ereignis des Arbeitnehmers ein geringwertiges Geschenk gettigt wird; vgl. Abschn. 12 Abs. 3 UStR 2005.

55

4.15

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

ren, da der Arbeitnehmer Verbraucher des Gegenstandes ist.1 Die Ausfhrungen zum Umfang der Entnahme nach Satz 1 Nr. 1 (Rz. 5, 8) gelten entsprechend. Eine Zuwendung liegt nur dann vor, wenn die Lieferung unentgeltlich erfolgt, d. h. keine Gegenleistung anzunehmen ist. Als diese kommt eine anteilige Arbeitsleistung in Betracht, wenn eine regelmßige Lieferung als Barlohnersatz vereinbart ist (Rz. 3.12). Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhlt zum 25jhrigen Dienstjubilum vom Arbeitgeber eine goldene Uhr im Werte vom 1160 Euro geschenkt. Es handelt sich um eine unentgeltliche Zuwendung, die nicht lediglich eine Aufmerksamkeit darstellt. Wenn der Unternehmer bei der Anschaffung den Vorsteuerabzug vorgenommen hat, fllt die unentgeltliche Lieferung unter § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG.

3. Unentgeltliche Lieferungen an Dritte 4.16

Auch bei jeder anderen Zuwendung, d. h. unentgeltlichen Lieferung eines Gegenstandes, ausgenommen Geschenke von geringem Wert (Rz. 19) und Warenmuster fr Zwecke des Unternehmens, wird die Entgeltlichkeit der Lieferung fingiert (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG). Die Ausfhrungen zum sachlichen Umfang und zur zeitlichen Begrenzung des Entnahmetatbestandes (Rz. 5 ff.) gelten entsprechend. Aus dem zweiten Satzteil der Vorschrift („fr Zwecke des Unternehmens“) folgt, daß es unerheblich ist, ob die unentgeltliche Lieferung aus nicht unternehmerischen (privaten) oder aus unternehmerischen Grnden erfolgt.2 Besteuerungsgrund ist die Unentgeltlichkeit. Das ist sachgerecht, da in beiden Fllen einem anderen ein verbrauchbarer Wert zugewendet wird, so daß zur Vermeidung eines unversteuerten Letztverbrauchs der Vorsteuerabzug neutralisiert werden muß. Auch auf die Art der Verwendung durch den Erwerber kommt es nicht an. Der Tatbestand ist folglich auch dann verwirklicht, wenn der Empfnger Unternehmer ist und den erworbenen Gegenstand fr Zwecke verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigten (Rz. 21).

4.17

Die Vorschrift kann nicht dadurch umgangen werden, daß eine geringfgige Gegenleistung vereinbart wird.3 Es findet dann die Mindest-Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG Anwendung, weil das unter den Kosten liegende Entgelt dazu fhrt, daß der Empfnger der Leistung als nahestehende Person iS der Vorschrift anzusehen ist (Rz. 11.60).

4.18

Erfaßt werden zum einen Geschenke an Kunden (zu Werbe- o. . Zwecken) sowie Lieferungen anlßlich von Preisausschreiben u. . Darber hinaus fllt unter die Vorschrift aber auch jede andere unentgeltliche Lieferung (Zuwen1 Deshalb ist es ohne Belang, ob die Zuwendung an das Personal aus unternehmerischen oder unternehmensfremden Grnden erfolgt; das verkennt Klenk in S/R, § 3 Rz. 352. 2 EuGH, EuGHE 1999, I-2323 = UR 1999, 278, Tz. 22 f., zum insoweit widersprchlichen Wortlaut des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL. 3 AA. Lippross, 2.6.6 (S. 248).

56

II. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen

dung, Schenkung) an fremde oder nahestehende Personen, folglich auch Sachspenden an Vereine u. . Institutionen1, sowie Zuwendungen an Gesellschafter usw. Die Vorschrift soll den vom Unternehmer bei Anschaffung des Gegenstandes vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG, Rz. 7) neutralisieren, um der Gefahr des unversteuerten Letztverbrauchs zu begegnen. Als Geschenke von geringem Wert sind aus Vereinfachungsgrnden solche anzusehen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Grenze des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG nicht berschreiten. Sofern die Grenze berschritten wird, ist bei Geschenken aus unternehmerischem Anlaß bereits der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG ausgeschlossen (Rz. 15.111 ff.), so daß die Lieferung nicht zu besteuern ist (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Bei Geschenken, die fr Zwecke außerhalb des Unternehmens erfolgen, gilt die Bagatellgrenze nicht2, allerdings ist der Vorsteuerabzug schon wegen der Zweckbestimmung nicht gegeben. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG greift mithin in den Fllen ein, in denen der Gegenstand anfnglich fr Nicht-Geschenke-Zwecke erworben worden war. Bei Geschenken aus unternehmerischen Grnden konkurriert die Vorschrift allerdings mit § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG (Rz. 16.33).

4.19

Keine Zuwendung, d. h. keine unentgeltliche Lieferung liegt bei einer Zugabe zu einer entgeltlichen Leistung vor.3 Entsprechendes gilt, wenn Bestechungs-, „Schmier“- o. . Zwecke verfolgt werden, weil dann der Empfnger dafr Leistungen erbringt (Rz. 2.8).

4.20

§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG betrifft nach dem eindeutigen Wortlaut (auch des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL) auch unentgeltliche Lieferungen jeder Art an Unternehmer.4 Das ist entgegen verbreiteter Auffassung sachgerecht, weil es der Zweck des Gesetzes und das zugrundeliegende Mehrwertsteuersystem erfordern (Rz. 16). Es ist auch nicht etwa dann inkonsequent und systemwidrig5, wenn der Zuwendungsempfnger den Gegenstand fr Zwecke verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, d. h. kein Letztverbrauch vorliegt. Wenn Gesetz und Richtlinie sich fr das Allphasen-System entschieden haben und folglich entgeltliche Lieferungen selbst dann besteuern, wenn diese an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erfolgen, so muß dies in gleicher Weise bei unentgeltlichen Lieferungen gelten.6 Bei allen Gegenstnden, welche das Unternehmen auf Dauer verlassen, wird durch die Besteuerung, unabhngig von der Verwendung beim Empfnger, die Umsatzsteuerbelastung fr die Gegenstnde hergestellt. Das ist der grundlegende Gedanke des Mehrwertsteuersystems (Rz. 1.9), der auf dem Umstand beruht, daß der abgebende Unternehmer hufig gar nicht beurteilen kann, ob der Gegenstand vom Erwerber vollen Umfangs oder berhaupt fr Zwecke verwendet wird, die zum Vor-

4.21

1 Abschn. 24b Abs. 8 Satz 8 UStR 2005. 2 Unklar Abschn. 24b Abs. 9 UStR 2005. 3 Abschn. 24b Abs. 15 UStR 2005; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.3.5 (S. 102 f.); W. Widmann, UR 2000, 19, 22; zweifelnd Klenk, UR 2001, 56. Anders liegt es bei der Einlsung von Gutscheinen u. .; vgl. EuGH, EuGHE 1999, I-2323 = UR 1999, 278. 4 Abschn. 24b Abs. 8 Satz 5 UStR 2005. 5 So aber Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1261, 1266 f.; Reiß in T/L, § 14 Rz. 104; ders., UmsatzsteuerR, 2.3.5 (S. 102); Lippross, 2.6.6 (S. 247); Klenk in S/R, § 3 Rz. 372 f.; Jachmann/Thiesen, DStZ 2002, 355; vgl. auch W. Widmann, UR 2000, 19, 20 f. 6 Stadie, StuW 1987, 273, 274.

57

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

steuerabzug berechtigen. Hinzu kommt, daß im Falle der Nichtbesteuerung der Leistung insbesondere bei Wirtschaftsgtern eine eventuell notwendig werdende Nachversteuerung wegen nderung der Nutzung (Verwendung beim Empfnger) nach § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a bzw. nach § 15a UStG nicht mglich wre. Die ggf. gebotene Entlastung von der Steuer kann deshalb sowohl bei entgeltlichen als auch bei unentgeltlichen Umstzen nur beim Empfnger in Gestalt des Vorsteuerabzugs erfolgen. Konsequenterweise muß deshalb der Empfnger, wenn ihm der Lieferer die geschuldete Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat (wozu er zwar nicht verpflichtet, aber befugt ist, Rz. 14.27), berechtigt sein, den Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG vorzunehmen. Gesetz und Richtlinie sind in diesem Sinne auszulegen1 (dazu nher Rz. 15.82 ff., Rz. 16.130). Beispiel:

4.22

Unternehmer V schenkt seiner Tochter T einen vor zwei Jahren angeschafften Pkw seines Unternehmens, den T dann in ihrem neu gegrndeten Unternehmen verwendet. V ttigt eine unentgeltliche Lieferung des Pkw an T und verwirklicht damit den Tatbestand des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, da er der T den Gegenstand unentgeltlich zugewendet hat. Wenn V der T die von ihm geschuldete Steuer in Rechnung stellt, muß T berechtigt sein, den Steuerbetrag als Vorsteuer geltend zu machen (Rz. 15.82 ff.). Damit wird verhindert, daß der Gegenstand, der fr unternehmerische Zwecke verwendet wird, mit Umsatzsteuer belastet wird.

4.23

Die unentgeltliche bereignung ist nicht steuerbar, wenn sie, insbesondere als sog. vorweggenommene Erbfolge, im Rahmen einer sog. Geschftsverußerung stattfindet. Eine solche liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein gesondert gefhrter Betrieb im ganzen bereignet wird (§ 1 Abs. 1a Satz 1 und 2 UStG; Rz. 5.182 ff., 5.190). Das kann auch bei einem einzelnen Gegenstand in Gestalt eines vermieteten Grundstcks der Fall sein (Rz. 5.189). Zur bertragung des Miteigentums s. Rz. 25 aE.

4.24

Keine (unentgeltliche) Lieferung liegt vor, wenn der Unternehmer einem anderen Unternehmer Gegenstnde im vorrangig eigenen Interesse berlßt und die Gegenstnde nach ihrer Verwendung keinen Gebrauchswert mehr haben2, so daß der Nutzen (berwiegend) im eigenen Unternehmen verbleibt.

4.25

Wird ein Gegenstand zwar an eine andere Person unentgeltlich bereignet, aber aufgrund eines bei bereignung vorbehaltenen unentgeltlichen Rechtsverhltnisses (Leihe, Nießbrauchsvorbehalt o. .) weiterhin unverndert im Unternehmen genutzt, so bedarf der Wortlaut im Hinblick auf den Zweck der Norm der teleologischen Reduktion. Der vom Gesetz verwendete Begriff der „Zuwendung“ ist verfehlt, da er dazu verleitet, ihn mit der zivilrechtlichen Schenkung, d. h. mit der unentgeltlichen Eigentumsbertragung gleichzusetzen. Maßgebend ist vielmehr, ob eine Lieferung iS des § 3 Abs. 1 UStG vorliegt, die einerseits nicht notwendig die Eigentumsbertragung verlangt und andererseits trotz Eigentumsbertragung nicht stets gegeben ist (Rz. 7.22 f., 1 Das verkennen Abschn. 24a Abs. 3 Satz 5 und 6 UStR 2005; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1261 mwN. 2 Im Ergebnis ebenso Abschn. 24b Abs. 13 UStR 2005. Beispiel: Hersteller berlßt Einzelhndler fr den Vertrieb seiner Produkte Verkaufshilfen, -stnder u. .

58

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen

7.26). Es kommt deshalb, wie bei der Entnahme (Rz. 3), richtigerweise darauf an, ob die Substanz des Gegenstandes noch im Unternehmen genutzt wird oder auf den anderen bergangen ist1 (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der 6. EG-RL formuliert deshalb plastischer: „Entnahme . . . aus seinem Unternehmen . . . fr unternehmensfremde Zwecke“). Da der Gegenstand beim Empfnger nicht fr private Zwecke genutzt, sondern weiterhin vom Unternehmer verwendet wird, wre die Neutralisierung des Vorsteuerabzugs verfehlt. Der Tatbestand des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist folglich erst dann erfllt, wenn der Gegenstand nicht mehr bzw. nicht mehr unentgeltlich2 fr Zwecke seines Unternehmens genutzt wird.3 Demgemß ist auch die bertragung des Miteigentums an einem Gegenstand keine unentgeltliche Lieferung4, wenn der Gegenstand weiterhin im Unternehmern verwendet wird.5 Die unentgeltliche Lieferung eines Gegenstandes durch einen Gesellschafter an eine Gesellschaft, die nicht Unternehmer ist, aber den unternehmerischen Zwecken des Gesellschafters dient (vgl. Rz. 5.101, 5.103), erfolgt nicht fr Zwecke außerhalb des Unternehmens.6

4.26

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen 1. Verwendung eines Gegenstandes fr unternehmensfremde Zwecke Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 Alt. 1 UStG7 wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, fr Zwecke außerhalb des Unternehmens. Damit wird die zeitweilige Verwendung von Gegenstnden fr diese Zwecke erfaßt (Nutzungsentnahme), whrend die dauerhafte Verwendung dieser Art zu einer Entnahme gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG fhrt (Rz. 3). Die Verwendung eines Fahrzeuges fr Fahrten zwischen Wohnung und Unternehmen erfolgt nicht fr Zwecke außerhalb des Unternehmens8, da diese Fahrten nicht privater Natur sind9, sondern nur wegen des Unternehmens erfolgen.

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 248; BFH/NV 1998, 555. 2 Bei einer Rckvermietung o. . ist hingegen eine Lieferung anzunehmen, weil dann die Substanz auf den Erwerber bergegangen ist, wie sich in der Vermietung zeigt (Rz. 7.27). Der Erwerber verwendet dann den Gegenstand fr eigene unternehmerische Zwecke; vgl. BFH, BStBl. II 1987, 44, 47, zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aF. 3 Vgl. Stadie, Vorsteuerabzug, 242; BFH, BStBl. II 2000, 153. 4 Dazu, daß es sich hierbei entgegen BFH nicht etwa um eine sonstige Leistung handelt, s. Rz. 7.6. 5 Das verkennen BFH, BStBl. II 1995, 30; Abschn. 24b Abs. 6 Satz 2 und Abschn. 215 Abs. 8 Nr. 3 Buchst. c UStR 2005. 6 Vgl. EuGH, UR 2004, 292 Tz. 86. 7 Entspricht Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. 8 Abschn. 177 Abs. 1 UStR 2005. 9 So aber W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 563 (Sept. 2000).

59

4.27

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

4.28

Aus Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL folgt, daß alle Verwendungen eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes fr unternehmensfremde Zwecke von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfaßt werden, d. h. auch solche, die als unentgeltliche berlassungen an Dritte Dienstleistungen darstellen und deshalb eigentlich unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. b der EG-RL) fallen wrden. Fr Dritte in Gestalt der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft gebietet das zudem der Grundsatz der Rechtsformneutralitt (dazu Rz. 1.44 f., 1.61). Folglich trifft insbesondere bei der Pkw-berlassung an Gesellschafter durch eine Gesellschaft nicht § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu (was von Bedeutung ist, wenn nicht die hier vertretene restriktive Interpretation dieser Vorschrift zugrunde gelegt wird, dazu Rz. 38 ff.), so daß dieselbe Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG; Rz. 11.52) wie bei der Verwendung durch einen Einzelunternehmer anzuwenden ist. Beispiele: – Zeitweilige Verwendung eines zum Unternehmen gehrenden Fahrzeugs fr private Zwecke des Unternehmers oder eines Personengesellschafters oder eines beherrschenden Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft; – zeitweilige Verwendung eines dem unternehmerischen Bereich („Betrieb gewerblicher Art“) zugeordneten Gegenstandes durch eine juristische Person des ffentlichen Rechts im sog. hoheitlichen Bereich (Nutzung des gemeindlichen Schwimmbades durch die gemeindliche Schule)1; – unentgeltliche berlassung einer Maschine an einen anderen Unternehmer; – unentgeltliche berlassung von Gerten u. . an gemeinntzige Einrichtungen usw.

4.30

Die unentgeltliche berlassung an Dritte erfolgt stets fr Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Das gilt auch2, wenn die berlassung aus eigenen unternehmerischen Motiven (Werbung o. .) geschieht3, da auch in diesem Fall dem Dritten ein verbrauchbarer Nutzen zugewendet wird, so daß zur Vermeidung eines unversteuerten Letztverbrauchs der Vorsteuerabzug neutralisiert werden muß.4 Ohne Belang ist auch, ob der Dritte Unternehmer ist (Rz. 21). Bei berlassung aus unternehmerischen Grnden ist § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG entsprechend anzuwenden (Rz. 16.35).

4.31

Dem Unternehmern zugeordnet ist ein Gegenstand nicht nur, wenn er vom Unternehmer durch Anschaffung oder Herstellung erworben, sondern auch dann, wenn er lediglich angemietet ist5. Der Wortlaut lßt diese Auslegung zu, wodurch gewhrleistet ist, daß die Flle der Privatnutzung eigener und gemieteter Gegenstnde gleichbehandelt 1 Vgl. Abschn. 24c Abs. 6 UStR 2005. 2 AA. BFH, UR 2004, 203, 205 f. 3 Vgl. EuGH, EuGHE 1999, I-2323 = UR 1999, 278, Tz. 23 f., zu den „unternehmensfremden Zwecken“ iS des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL (vgl. Rz. 16). Fr das gleichlautende Kriterium des Art. 6 Abs. 2 kann nichts anderes gelten. 4 Beispiel: Ein Zigarettenhersteller berlßt dem Gewinner eines Preisausschreibens einen Gelndewagen fr eine Saharadurchquerung. 5 Vgl. Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. a Satz 1 und 2 UStR 2005; aA. Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1520 ff.; Klenk in S/R, § 3 Rz. 608; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.3.3 (S. 94).

60

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen werden. Zum selben Ergebnis wrde die Anwendung des § 15a Abs. 4 UStG fhren (dazu Rz. 16.55 iVm. 16.76, 16.78).

Der von der Regelung verfolgte Zweck der Neutralisierung des bei Erwerb des Gegenstandes vorgenommenen Vorsteuerabzugs (Rz. 1) kommt in § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zum Ausdruck, der – wie § 3 Abs. 1a Satz 2 UStG bei der Entnahme – verlangt, daß der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Entgegen dem Wortlaut reicht nicht die „Berechtigung“ aus, vielmehr ist erforderlich, daß der Vorsteuerabzug auch vorgenommen worden war (Rz. 7). Folglich ist der Tatbestand des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht erfllt, wenn ein Gegenstand fr außerunternehmerische Zwecke verwendet wird, der nicht wenigstens anteilig beim Erwerb von deutscher Vorsteuer entlastet worden war.1

4.32

War beim Erwerb des Gegenstandes nur ein teilweiser Vorsteuerabzug gegeben, so scheint nachtrglich ein anteiliger Vorsteuerabzug gem. § 15a UStG zu gewhren zu sein (sofern die Verwendung fr außerunternehmerische Zwecke nicht bereits beim erstmaligen Vorsteuerabzug bercksichtigt worden war), da die Verwendung steuerpflichtig ist, so daß eine nderung der Verwendungsverhltnisse vorliegt. Da jedoch ohnehin bei der Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG) richtigerweise von den Vorsteuerbetrgen iS des § 15a UStG auszugehen ist (Rz. 11.50 f.), ist der Umstand des nur teilweisen Vorsteuerabzugs sogleich bei der Bemessungsgrundlage zu bercksichtigen. War der verwendete Gegenstand ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben worden, so ist entgegen seinem Wortlaut gleichwohl der Tatbestand des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG verwirklicht, soweit es um die Verwendung eingebauter Teile und der fr den Gegenstand in Anspruch genommenen Dienstleistungen geht, fr die der Vorsteuerabzug vorgenommen worden war. Der Zweck der Vorschrift (Rz. 1) verlangt eine solche Auslegung, die mit dem mglichen Wortsinn zu vereinbaren ist2; der Heranziehung des § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG (dazu Rz. 16.52 f.) bedarf es nicht. In die Bemessungsgrundlage sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG dann nur die entsprechenden Kosten („Ausgaben“) einzubeziehen (Rz. 11.53).

4.33

§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG enthlt keine zeitliche Grenze. Diese ergibt sich jedoch, wie auch im Falle der Entnahme nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (Rz. 9), aus § 15a UStG.3 Nach Ablauf des Berichtigungszeitraums von 5 bzw. 10 Jahren gilt der Gegenstand als „verbraucht“, so daß auch ber die Besteuerung der Nutzungsentnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG keine „Berichtigung“ eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs mehr erfolgen darf. Das ergibt sich aus Folgendem: Wird ein Gegenstand, der bislang ausschließlich fr Umstze verwendet worden war, die den Vorsteuerabzug ausschließen, nunmehr zeitweilig fr außerunternehmerische Zwecke verwendet, so ist der Tatbestand des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht erfllt, weil der Gegenstand beim Erwerb nicht von der Vorsteuer entlastet worden war (Rz. 32). Folglich findet auch keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs statt. Wird ein Gegenstand, der beim

4.34

1 AA. Nieskens in R/D, § 3 f. Anm. 13 (Beispiel). 2 Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 1925 = UR 1989, 373, Tz. 29, zu Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. 3 Entspricht Art. 20 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL.

61

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

Erwerb teilweise von der Vorsteuer entlastet worden war, weil er zum Teil fr steuerfreie Umstze verwendet wird (die den Vorsteuerabzug ausschließen), nunmehr zeitweilig fr Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendet, so wird der Vorsteuerabzug nur berichtigt, wenn der Berichtigungszeitraum des § 15a Abs. 1 UStG noch nicht abgelaufen ist. Das bedeutet, daß die Besteuerung der Nutzungsentnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG unzulssig ist, wenn der Berichtigungszeitraum abgelaufen ist, weil dann die entsprechende anteilige Vorsteuer nicht mehr korrigiert wird. Daraus folgt der zwingende Schluß, daß generell die Nutzungsentnahme hinsichtlich des Gegenstandes als solchem nicht mehr besteuert werden darf, wenn der Berichtigungszeitraum abgelaufen ist1 (s. auch Rz. 16.39). Damit korrespondiert, daß auch fr die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die sich aus § 15a UStG ergebenden Betrge zugrunde zu legen sind (Rz. 11.50 f.). Folglich sind nach Ablauf des Berichtigungszeitraums nur noch die laufenden Kosten einzubeziehen. 2. Unentgeltliche berlassung an das Personal 4.35

Auch die Verwendung eines derartigen Gegenstandes fr den privaten Bedarf des Personals wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich gestellt, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 Alt. 2 UStG).2 In diesem Fall liegt zwar regelmßig (Ausnahme Rz. 2.10) eine sonstige Leistung (Nutzungsberlassung) des Unternehmers gegenber dem Arbeitnehmer vor, so daß der Sachverhalt auch von Nr. 2 der Vorschrift erfaßt wrde, die Nr. 1 hat jedoch als lex specialis Vorrang (Rz. 28).

4.36

§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG betrifft nur die Flle der unentgeltlichen berlassung des Gegenstandes. Liegt eine Gegenleistung in Gestalt einer anteiligen Arbeitsleistung gegenber, so fllt der Vorgang unmittelbar unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (tauschhnlicher Umsatz), was von Bedeutung fr die Bemessungsgrundlage sein kann (Rz. 11.40 Beispiel 1). Das ist insbesondere bei der dauerhaften berlassung eines Fahrzeugs an Arbeitnehmer (sog. Firmenwagen) fr Privatfahrten3 der Fall (Rz. 3.13). Von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird deshalb nur die gelegentliche berlassung eines Kraftfahrzeugs4 und anderer Gegenstnde erfaßt. 3. Unentgeltliche andere sonstige Leistungen

4.37

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG wird ferner einer sonstigen Leistung gegen Entgelt die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens oder fr den privaten Bedarf des Personals (mit Ausnahme von Aufmerksamkeiten) gleichgestellt. Die Vorschrift 1 2 3 4

Stadie in R/D, Einf. Anm. 150, 152. Entspricht Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. Zu Ausnahmen Rz. 2.10 Fn. Vgl. dazu BMF, BStBl. I 2004, 864, Tz. 4.2.2.1.

62

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen

betrifft auch unentgeltliche Dienstleistungen gegenber (anderen) Dritten.1 Nicht von der Nr. 2, sondern von der Nr. 1 des § 3 Abs. 9a UStG werden sonstige Leistungen in Gestalt der berlassung von Gegenstnden an Arbeitnehmer, Gesellschafter und andere Dritte erfaßt (Rz. 28, 35). Beispiel: Unregelmßig gewhrte Freiflge fr Arbeitnehmer einer Fluggesellschaft.

Aus Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL, der von „Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen fr seinen privaten Bedarf“ spricht, scheint zu folgen, daß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG uneingeschrnkt auch fiktive sonstige Leistungen in Gestalt von Wertabgaben des Unternehmens fr den nichtunternehmerischen (privaten) Bereich des Unternehmers im Auge hat, die bei der Erbringung gegenber anderen Personen sonstige Leistungen (Dienstleistungen) wren.2 Des weiteren scheint die Vorschrift auch alle unentgeltlichen sonstigen Leistungen zu erfassen. Sie bedarf jedoch im Hinblick auf den offensichtlichen Zweck der Vorschrift, zur Vermeidung eines unversteuerten Letztverbrauchs einen vorgenommenen Vorsteuerabzug zu neutralisieren (Rz. 1), der teleologischen Reduktion.

4.38

Die Vorschrift kann nicht das Ziel haben, den Unternehmer mit einer Privatperson gleichzustellen, die die entsprechende Dienstleistung mit Umsatzsteuer belastet erhielte.3 Denn dann wre nicht verstndlich, wieso der Unternehmer bei der Verwendung von Unternehmensgegenstnden nicht auch wie ein Mieter behandelt wird und einen fiktiven Mietzins versteuern muß, sondern die Bemessungsgrundlage auf die ihm selbst entstandenen vorsteuerentlasteten Kosten beschrnkt ist (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG). Es kann nicht Wille des Gesetzes und der EG-Richtlinie sein, in dem einen Fall von einer Fiktion auszugehen, im anderen Fall aber nicht. Das wre willkrlich, da ein sachlicher Grund fr die Differenzierung nicht erkennbar wre. Folglich sind im Wege teleologischer Reduktion solche Wertabgaben aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszuklammern, die der Unternehmer als Dienstleistungen auch ohne weiteres (legal) von Privaten beziehen knnte4 (Arbeitsleistungen), denn anderenfalls wre der Unternehmer schlechter gestellt als der Nichtunternehmer, der die entsprechende Dienstleistung von Privat bezieht. Entsprechendes gilt fr Dritten gegenber erbrachte derartige Dienstleistungen. Auszuscheiden sind ferner aus Gleichbehandlungsgrnden solche Dienstleistungen, die der Unternehmer statt durch einen Arbeitnehmer auch selbst htte erbringen knnen, da in letzterem Fall mangels Kosten („Ausgaben“ iS des § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG) keine Besteuerung eintrte. Bei einer Werklei-

4.39

1 AA. wohl Reiß, UmsatzsteuerR, 2.3.3 (S. 96). 2 So BFH, BStBl. II 1993, 885, zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG aF.; vgl. auch Abschn. 24c Abs. 5 UStR 2005. 3 So aber BFH, BStBl. II 1993, 885, 887; Generalanwalt Jakobs, Entscheidungsvorschlag zur Rs. C-193/91, IStR 1992, 102, Rz. 22; Reiß in T/L, § 14 Rz. 94; Klenk in S/R, § 3 Rz. 655; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1325. 4 AA. Klenk in S/R, § 3 Rz. 655; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1325.

63

Kap. 4 Fiktionen der Entgeltlichkeit

stung (Rz. 7.80 f.) ist folglich nur die Materialentnahme bzw. -lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG (Rz. 5) zu besteuern.1 Wird bei einer anderen unentgeltlichen Dienstleistung ein umsatzsteuerentlasteter Gegenstand verwendet, so ist richtigerweise nur die Verwendung (Rz. 27 ff.) zu besteuern. 4.40

Beispiele: (1) Einsatz des betrieblichen Grtners im Privatgarten des Unternehmers oder eines Gesellschafters. Der Unternehmer bzw. der Gesellschafter htte diese Dienstleistung auch von einem als Arbeitnehmer privat angestellten Grtner ohne Umsatzsteuerbelastung beziehen knnen. Dieselbe Wirkung wre eingetreten, wenn mit dem betrieblichen Grtner im Arbeitsvertrag vereinbart wre, daß dieser einen bestimmten Teil seiner Arbeit fr den Privatgarten des Unternehmers bzw. Gesellschafters zu erbringen habe. Insoweit wre die Dienstleistung gar nicht erst fr das Unternehmer bezogen worden und htte folglich auch nicht als Dienstleistung des Unternehmens fr unternehmensfremde Zwecke weitergegeben werden knnen. Eine Besteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG darf nicht erfolgen2, weil kein Vorsteuerabzug zu neutralisieren ist und die Belastung mit Umsatzsteuer zudem willkrlich wre, weil sie vom Zufall, welche Gestaltung gewhlt wurde, abhinge. (2) Ein Rechtsanwalt lßt durch einen bei ihm angestellten Rechtsanwalt einen Rechtsstreit fr eine nahestehende Person fhren, ohne dieser Gebhren zu berechnen. Diese unentgeltliche Dienstleistung darf entgegen dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL und des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG nicht besteuert werden, da es nicht von der Zuflligkeit abhngen kann, ob der Unternehmer die Dienstleistung selbst erbringt oder durch einen Mitarbeiter ausfhren lßt, denn im ersteren Fall trte eine Besteuerung mangels Ausgaben (Rz. 39) nicht ein. (3) Der Unternehmer lßt durch eigene Arbeitnehmer seines Handwerksbetriebes in seinem Privathaus eine Reparatur durchfhren, bei der vorsteuerentlastete Materialien aus dem Unternehmen verwendet werden. Unabhngig davon, ob der Vorgang als Werklieferung oder Werkleistung einzustufen ist (dazu Rz. 7.80 ff.), darf nur die Entnahme der Gegenstnde nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG besteuert werden, da hinsichtlich der Arbeitsleistung kein Vorsteuerabzug zu neutralisieren ist (Rz. 1).

4.41

Die Vorschrift kann nach alledem nur die Weitergabe solcher Dienstleistungen im Auge haben, die von einem anderen Unternehmer fr das Unternehmen erbracht, aber ganz oder teilweise fr Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendet werden, und fr die der Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist. Im Regelfall wird insoweit allerdings schon der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein, weil die Dienstleistung von vornherein nicht fr das Unternehmen bezogen wird.

4.42

Allerdings liegen Zwecke außerhalb des Unternehmens auch dann vor, wenn „eingekaufte“ Dienstleistungen aus unternehmerischen Motiven (Werbung u. .) unentgeltlich weitergegeben werden.3 Da auch in diesem Fall dem Drit1 AA. Abschn. 24b Abs. 3 Satz 2 UStR 2005; Reiß in T/L, § 14 Rz. 94. 2 AA. BFH, BStBl. II 1993, 885, zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG aF.; Abschn. 24c Abs. 5 UStR 2005. 3 Vgl. EuGH, EuGHE 1999, I-2323 = UR 1999, 278, Tz. 22 f., zu den „unternehmensfremden Zwecken“ iS des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL (vgl. Rz. 16). Fr das gleichlautende Kriterium des Art. 6 Abs. 2 kann nichts anderes gelten.

64

III. Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen

ten ein verbrauchbarer Nutzen zugewendet wird, muß zur Vermeidung eines unversteuerten Letztverbrauchs der Vorsteuerabzug neutralisiert werden. Beispiele: – berlassung von Eintrittskarten (Weitergabe von Dienstleistungen, bei denen der Anspruch auf diese in einem Berechtigungspapier verkrpert ist; dazu Rz. 7.57) fr kulturelle, sportliche u. . Veranstaltungen an Kunden; – Erbringung von Reiseleistungen durch Dritte an die Gewinner eines Preisausschreibens o. .

Diese Flle werden indes auch von § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG erfaßt, da unter Geschenken iS der letztgenannten Vorschrift auch unentgeltlich erbrachte Dienstleistungen zu verstehen sind (Rz. 15.114), so daß § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG als lex specialis vorgeht und der Vorsteuerabzug von vornherein ausgeschlossen ist.

65

Kapitel 5 Unternehmer, Unternehmen I. Allgemeines 1. Funktion des Unternehmers bei der Umsatzsteuer 5.1

Das Umsatzsteuergesetz besteuert, wenn von den Einfuhren (Rz. 9.1, 9.7) abgesehen wird, nur die Umstze von Unternehmern (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).1 Der die Umstze ausfhrende Unternehmer ist regelmßig Schuldner der Umsatzsteuer (Rz. 13.1) und damit Steuersubjekt. Da die Umsatzsteuer jedoch als indirekte Steuer konzipiert, d. h. auf Abwlzung angelegt ist (Rz. 1.14, 1.17), soll die Steuer nicht den Unternehmer, der den Umsatz ausgefhrt hat, sondern den Abnehmer, der die Gegenleistung erbringt, belasten. Der Unternehmer ist folglich nur verlngerter Arm des Staates bei der Erhebung der Steuer. Er hat als dessen Gehilfe (Verwaltungshelfer) lediglich die Funktion des „Steuereinnehmers fr Rechnung des Staates“2 (Rz. 1.18). Das ist bei der Auslegung des Gesetzes zu beachten. Insbesondere darf das Risiko der unzutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschftsvorflle nicht unzumutbar auf den Unternehmer abgewlzt werden. Das gilt sowohl hinsichtlich seiner Umstze als auch bezglich des Vorsteuerabzugs (Rz. 1.19 ff.; zum Vertrauensschutz im Einzelnen s. Rz. 12.2; Rz. 13.10, 13.18 f.; Rz. 14.143 f.; Rz. 15.8 ff., 15.62 ff., 15.70 ff.).

5.2

Aus dem Ziel des Gesetzes, den Verbrauch von Gtern und Dienstleistungen durch die Endabnehmer zu besteuern, mßte eigentlich folgen, daß der Steuerzugriff unmittelbar bei diesen geschieht. Da das jedoch praktisch nicht durchfhrbar ist, erfolgt die mittelbare Besteuerung ber die Unternehmer als Verbraucherversorger. Nach dem Gesetzesziel mßte der Unternehmerbegriff weit gefaßt sein, um mglichst alle Vorgnge der entgeltlichen Verbraucherversorgung zu erfassen. Dem stehen jedoch Grnde der Praktikabilitt (Erfassung) und das Gebot der Rechtssicherheit entgegen, die verlangen, daß der Unternehmerbegriff typologisch bestimmt wird (Rz. 57).

5.3

Der Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes ist ein einheitlicher. Das gilt auch im Rahmen des § 15 UStG bei der Frage des Vorsteuerabzugs; allerdings kann der Gutglaubensschutz es im Einzelfall gebieten, den Vorsteuerabzug auch auf Grund der Rechnung eines Nichtunternehmers zuzulassen (Rz. 15.79). Ferner gebieten es der Zweck des Vorsteuerabzugs und das Gebot der Rechtsformneutralitt, die Unternehmereigenschaft einer Personen- oder Kapitalgesellschaft auf die Gesellschafter ausstrahlen zu lassen (Rz. 112 ff.). 1 Entspricht Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. 2 EuGH, EuGHE 1993, I-5105, Tz. 25 = UR 1994, 116 (Zusammenfassung); ferner EuGH, EuGHE 1996, I-5339 = UR 1997, 265, Tz. 22 (Einziehung „fr Rechnung“ der Steuerverwaltung).

66

I. Allgemeines

Whrend bis zur Einfhrung des Vorsteuerabzugs (1968) die Bejahung der Unternehmereigenschaft fr den Betroffenen nicht von Vorteil, sondern allenfalls kostenneutral sein konnte, hat sich seitdem die Interessenlage gewandelt. Erbringt eine Person entgeltliche Leistungen gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern, so hat sie ein Interesse daran, als Unternehmer eingestuft zu werden, weil sie dann, ggf. nach Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung (§ 19 Abs. 1 und 2 UStG), zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und dadurch ihre Leistungen gnstiger anbieten kann (vgl. Rz. 17.29 f.). Auch bei der Anschaffung eines Gegenstandes, der der eigenen privaten Freizeitgestaltung dient, wird, um den Vorsteuerabzug zu erlangen, die Unternehmereigenschaft angestrebt, indem der Gegenstand außerhalb der eigenen privaten Nutzungszeiten Dritten zur Anmietung angeboten wird. Entsprechende Bestrebungen finden sich bei Hobbyttigkeiten, die stndige Verluste bringen (sog. Liebhabereien, Rz. 87 ff.).

5.4

Der von § 2 Abs. 1 UStG umschriebene Unternehmer- bzw. Unternehmensbegriff ist allein aus der Teleologie des Umsatzsteuerrechts heraus zu bestimmen und ist erheblich weiter als der des Sprachgebrauchs und der kaufmnnischen (betriebswirtschaftlichen) Sichtweise des Unternehmers bzw. Unternehmens (der Unternehmung). Auch der ertragsteuerrechtliche Unternehmer- bzw. Unternehmensbegriff (vgl. § 2 Abs. 5 und § 5 GewStG, § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist enger als der des Umsatzsteuergesetzes, da er insbesondere die sog. Vermgensverwaltung (Vermietung u. ., Rz. 65) nicht erfaßt (arg. § 14 AO).1 Der von den §§ 74 und 75 AO (dazu Rz. 19.21 ff.) verwendete Unternehmerbegriff deckt sich hingegen auf Grund der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmungen mit dem umsatzsteuerrechtlichen (Rz. 19.25). Mit den außerhalb des Steuerrechts zu findenden Begriffen des Unternehmers2 bzw. des Unternehmens3 besteht ebenfalls keine Kongruenz. Diese Begriffe, die auch untereinander nicht bereinstimmen, sind aus der jeweiligen Teleologie des Gesetzes heraus zu interpretieren.

5.5

2. Begriff des Steuerpflichtigen iS der 6. EG-Richtlinie Die 6. EG-Richtlinie kennt den Begriff des Unternehmers nicht, sondern spricht in Art. 4 vom „Steuerpflichtigen“, wenngleich an mehreren Stellen vom „Unternehmen“ die Rede ist.4 Nach Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL gilt als Steuerpflichtiger, „wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Ttigkeiten selbstndig und unabhngig von ihrem Ort ausbt, gleichgltig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.“ Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Ttigkeiten sind „alle Ttigkeiten eines Erzeugers, Hndlers oder 1 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 261 f. 2 Vgl. § 14 Abs. 1, § 631 BGB, § 84 HGB, § 636 RVO. 3 Vgl. § 271 HGB, §§ 15 ff. AktG, §§ 152, 185 ff. UmwG, § 1 GWB, §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 265b StGB. 4 Z. B. in Art. 5 Abs. 6 und 7, Art. 6 Abs. 2 und 3, Art. 28a Abs. 5 Buchst. b und Abs. 6 der 6. EG-RL.

67

5.6

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Dienstleistenden einschließlich der Ttigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe“ (Art. 4 Abs. 2 Satz 1). Hierbei handelt es sich um eine typologische Umschreibung, indem Typen (Berufsbilder) von Unternehmern aufgezhlt werden (Rz. 57). Der Begriff der wirtschaftlichen Ttigkeit ist nach Auffassung des EuGH allerdings weit auszulegen.1 5.7

Als wirtschaftliche Ttigkeit „gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von krperlichen oder nicht krperlichen Gegenstnden zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfaßt“ (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL). Diese Formulierung ergibt keinen Sinn. Gemeint kann nur sein: „Als wirtschaftliche Ttigkeit gilt auch die Nutzung von krperlichen oder nichtkrperlichen Gegenstnden zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, auch wenn es sich nur um eine Leistung handelt“. Es geht um die sog. Vermgensverwaltung, insbesondere in der Gestalt der Vermietung oder Verpachtung und hnlichen Nutzungsberlassungen von Grundstcken, die als wirtschaftliche Ttigkeit fingiert wird, weil sie nachhaltig Einnahmen abwirft, obwohl es sich lediglich um eine Duldungsleistung (Dauerleistung) und nicht um eine nachhaltige Ttigkeit handelt.

5.8

Der Unternehmerbegriff des § 2 UStG sowie die dem „Steuerpflichtigen“ iS des Art. 4 der 6. EG-RL entsprechenden Begriffe der Steuersubjekte in den Umsatzsteuergesetzen der Mitgliedstaaten mssen – wie alle anderen Begriffe auch – einheitlich normiert und richtlinienkonform ausgelegt werden (Rz. 1.52 ff.).2 Das verlangt schon das Gebot der Wettbewerbsneutralitt (Rz. 1.42 ff., 1.61 f.), da es zu Wettbewerbsnachteilen fhren kann, wenn ein und dieselbe Ttigkeit in einem Mitgliedstaat als unternehmerisch und in einem anderen Mitgliedstaat als nichtunternehmerisch behandelt wird. Hinzu kommen diejenigen Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie, die Rechtsfolgen an die SteuerpflichtigenEigenschaft des Vertragspartners in einem anderen Mitgliedstaat knpfen (z. B. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e3, 21 Abs. 1 Buchst. a und b4, 28a Abs. 1 Buchst. a5 und Art. 28c Teil A Buchst. a6). Auch insoweit ist es zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen und Nichtbesteuerungen erforderlich, daß die Steuersubjekte bereinstimmend normiert sind. Insbesondere die korrespondierenden Binnenmarktregelungen knnen nur unter dieser Voraussetzung funktionieren.

1 EuGH, EuGHE 1990, I-4363 = UR 1992, 141, Tz. 17; EuGHE 1991, I-3111 = UR 1993, 119, Tz. 12; EuGHE 2000, I-6355 = UR 2000, 518, Tz. 39; EuGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399, Tz. 42. 2 Die Kriterien bzw. Umschreibungen des Steuerpflichtigen in den einzelnen Mitgliedstaaten differieren allerdings z. T. nicht unwesentlich; dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 64 ff. 3 Entspricht § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG (s. Rz. 8.74). 4 Entspricht § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG (s. Rz. 13.1 ff.). 5 Entspricht § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG (s. Rz. 9.9). 6 Entspricht § 6a UStG (s. Rz. 10.25).

68

II. Unternehmerfhigkeit

II. Unternehmerfhigkeit 1. Allgemeines Bei der Unternehmerfhigkeit geht es um die abstrakte Frage, welche Personen oder Gebilde Unternehmer sein knnen. Die Fhigkeit, Unternehmer zu sein, ist nicht an die Rechtsfhigkeit geknpft1 und setzt auch nicht die Ansssigkeit im Inland (Klarstellung durch § 1 Abs. 2 Satz 3 UStG)2 oder im Gemeinschaftsgebiet voraus. Unternehmer kann deshalb neben natrlichen und juristischen Personen jedes (weitere) Gebilde sein3, welches zur Verbraucherversorgung in der Lage ist, d. h. dem die Rechtsordnung die Fhigkeit zuspricht, als solches am Rechtsverkehr (Wirtschaftsleben) teilzunehmen4 (arg. § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG; vgl. auch § 34 Abs. 1 AO: „nicht rechtsfhige Personenvereinigungen und Vermgensmassen“ sowie § 267 AO: „nicht rechtsfhige Personenvereinigungen . . . Zweckvermgen . . . und hnliche steuerpflichtige Gebilde“; s. auch Rz. 18). Folglich kommt es auf die Rechtsform nicht an und ist es ohne Belang, ob eine Kapitalgesellschaft ihre Rechtsfhigkeit nach deutschem oder nach auslndischem Recht erlangt hat.5 Diese weite Auslegung wird auch durch das Gebot richtlinienkonformer Interpretation gefordert, da die Kriterien der Rechtsfhigkeit und die Rechtsformen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sind.

5.9

Zweigniederlassungen (vgl. § 13 HGB) und andere Betriebssttten (§ 12 AO) knnen nicht selbstndig am Rechtsverkehr teilnehmen und folglich auch nicht Unternehmer sein. Dasselbe gilt fr Betriebe einer Person, die unter verschiedenen Firmen (§ 17 HGB) betrieben werden. Sie sind stets nur unselbstndige Teile eines Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, Rz. 131), was es nicht ausschließt, daß an sie bestimmte umsatzsteuerrechtliche Folgen geknpft werden (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, § 6 Abs. 2 Nr. 2, § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG UStG).

5.10

Bei natrlichen Personen erfordert die Unternehmerfhigkeit nicht die zivilrechtliche Geschftsfhigkeit. Fehlt diese oder ist sie eingeschrnkt, so handelt fr die Person bei Abschluß der Vertrge und bei Erfllung der steuerrechtlichen Pflichten ein gesetzlicher Vertreter (§ 34 Abs. 1 AO; s. auch Rz. 123). Ist der Mangel der Geschftsfhigkeit nicht erkannt worden, so ist das fr die Unternehmerfhigkeit und die Zurechnung der Umstze ohne Belang, da im Steuerrecht auf das wirtschaftliche Ergebnis abzustellen ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO). Hinzu kommt, daß der Unternehmer nur als Steuereinsammler (Gehilfe des Staates) fungiert und die Entstehung der Steuer nicht an den Abschluß wirksamer Vertrge, sondern an die „Ausfhrung“ von Umstzen oder an die „Vereinnahmung“ der Gegenleistung anknpft, welches beides tatschliche Vorgnge sind, deren Verwirklichung nicht die

5.11

1 BFH, BStBl. II 1994, 483; BFH/NV 2000, 1505. 2 Vgl. auch Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL: „unabhngig von ihrem Ort“. 3 Zur Unternehmerfhigkeit einer gelschten Kapitalgesellschaft s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 554 mwN. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1970, 833; 1994, 483. 5 BFH, BFH/NV 2000, 1505; vgl. auch BFH, BStBl. II 1994, 670.

69

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Geschftsfhigkeit verlangt. Folglich kann die betroffene Person die Abfhrung der vereinnahmten Umsatzsteuerbetrge nicht unter Berufung auf die fehlende Geschftsfhigkeit verweigern. Auch der bergang der Verfgungsbefugnis ber das Vermgen im Falle der Insolvenz auf den Verwalter nimmt dem Vermgensinhaber nicht die Unternehmerfhigkeit. Das Handeln des Insolvenzverwalters wird dem Schuldner als Vermgensinhaber zugerechnet (Rz. 125). 2. Personengesellschaften 5.12

Personengesellschaften in Gestalt der Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft), Partnerschaftsgesellschaften sowie BGB-Gesellschaften, die als Außengesellschaften auftreten (vgl. § 14 BGB), knnen Unternehmer sein. Ihnen gleichgestellt als nicht rechtsfhige Personenvereinigungen sind die Europische wirtschaftliche Vereinigung (EWIV) und der nicht rechtsfhige Verein. Die stille Gesellschaft kann per definitionem nicht Unternehmer sein, da kein gemeinsames Vermgen besteht und nur der Inhaber des Handelsbetriebes nach außen auftritt (§ 230 HGB).1 Bei Betrachtung der 6. EG-RL knnen Zweifel aufkommen, ob Personengesellschaften (und andere nicht rechtsfhige Gebilde) als Unternehmer in Betracht kommen, denn Art. 4 Abs. 3 und Abs. 4 Unterabs. 22 scheint den Schluß nahezulegen, daß nur „Personen“ Steuerpflichtige sein knnen. Das kann jedoch nicht dem Willen des Richtliniengebers entsprechen, denn der Zweck der Verbrauchsbesteuerung sowie der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen, daß jeder Verbraucherversorger besteuert wird. Die Besttigung findet sich in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL, wonach auch „Zusammenschlsse von Personen“ als Subjekte in Betracht kommen.

3. Gemeinschaften? 5.13

Nach ganz herrschender Meinung soll auch die Bruchteilsgemeinschaft (Miteigentmergemeinschaft iS der §§ 741 ff. BGB), vor allem in Gestalt der Grundstcksgemeinschaft (§§ 1008 ff. BGB), als Unternehmer in Betracht kommen knnen.3 Diese Sichtweise verkennt, daß eine solche schlichte Rechtsgemeinschaft nichts anderes als die zufllige Berechtigung mehrerer an einem gemeinsamen Gegenstand ist; es fehlt jeder Bezug zu einem Zweck und zu einer Ttigkeit.4 Das Gesetz sieht demgemß auch keine Vertretung der 1 Das gilt auch fr eine sog. atypische stille Gesellschaft, die einkommensteuerrechtlich als sog. Mitunternehmerschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Halbs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) angesehen wird; vgl. BFH, BStBl. II 1982, 678. 2 Vgl. ferner zur Steuerschuldnerschaft Art. 21 Abs. 1 Buchst. d und e, Abs. 3 und 4 der 6. EG-RL. 3 BFH, BStBl. II 1991, 649; 1993, 729; 1994, 826; 1995, 30; 1995, 915; UR 1999, 36; BFH/ NV 2002, 1347; Birkenfeld, § 36 Rz. 194; Ruppe, § 2 Rz. 31; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 83; Jakob, Rz. 911; Kruse/Dren in T/K, § 33 FGO Rz. 56. 4 Schn, DStJG 13 (1989), 81, 86 ff.; K. Schmidt in MnchKomm. BGB, § 741 Rz. 3 f.

70

II. Unternehmerfhigkeit

Gemeinschaft vor, so daß diese nicht als solche am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Damit geht einher, daß auch eine zivilrechtliche Haftungsordnung fr die Mitglieder der Gemeinschaft fehlt. Die Bruchteilsgemeinschaft als solche kann folglich mangels der Fhigkeit, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, nicht Unternehmer sein.1 Daran ndert nichts, daß das Umsatzsteuergesetz die „Gemeinschaften“ erwhnt (vgl. § 4 Nr. 14 Satz 2, § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG). Das ist ganz offensichtlich nur deshalb geschehen, weil die Rechtsprechung den Gemeinschaften flschlich die Unternehmerfhigkeit zuerkennt. Verfolgen die Gemeinschafter unter Einsatz des gemeinschaftlichen Gegenstandes gleichgerichtete Zwecke, die ber das bloße Halten und Verwalten des Gegenstandes hinausgehen, so ist ihr Zusammenschluß als BGB-Gesellschaft zu begreifen, die nach außen unternehmerisch ttig werden kann und der die Gesellschafter ihr Bruchteilseigentum als gesellschaftsrechtlichen Beitrag zur Verfgung stellen.2 Entsprechendes hat fr die gemeinschaftliche Vermietung zu gelten.3 Die Bruchteilsgemeinschaft wird folglich von einer BGB-Gesellschaft berlagert, wenn die Gemeinschafter unter Einsatz des gemeinschaftlichen Gegenstandes zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ttig werden. Unternehmer ist dann die Gesellschaft.4

5.14

Keine Ausnahme stellt die Gemeinschaft der Wohnungseigentmer nach dem WEG dar. Auch diese ist schlichte Bruchteilsgemeinschaft, deren Zweck sich auf die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes beschrnkt.5 Demgemß kennt das WEG auch keine Vertretungsregeln und keine Haftungsordnung. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentmer ist deshalb entgegen ganz herrschender Meinung6 nicht unternehmerfhig7. Wenn der Verwalter „im Namen der Gemeinschaft“ Leistungen von Dritten (Handwerker, Versorgungsunternehmen usw.) bezieht, so werden die Wohnungs- bzw. Teileigentmer unmittelbar Vertragspartner der Dritten; die Wohnungseigentmergemeinschaft ist nicht etwa, wie die h. M. annimmt, als Unternehmer, der die Leistungen empfngt und weitergibt, zwischengeschaltet8 (zum Vorsteuerabzug der Mitglieder s. Rz. 15.13, 15.54).

5.15

1 Stadie in /R/D, § 2 Anm. 108; Forgch in R/K/L, § 15 Rz. 119. 2 Schn, DStJG 13 (1989), 81, 89. 3 Schn, DStJG 13 (1989), 81, 90; vgl. auch BGH, NJW 2002, 3389 zur Erbengemeinschaft. 4 Die „Krnung“ der verfehlten, gegenteiligen Rechtsprechung des BFH ist die Entscheidung des V. Senats, BFH/NV 1995, 1042, wonach die Adressierung „GbR“ (fr Gesellschaft brgerlichen Rechts) statt „Gemeinschaft“ den Bescheid nicht nichtig mache! Die Frage knnte sich allenfalls in der umgekehrten Konstellation ergeben. 5 Vgl. BGHZ 99, 90, 93. 6 Abschn. 87 Abs. 2 UStR 2005; Schn, DStJG 13 (1989), 81, 87 (Fn. 28); Birkenfeld, § 105 Rz. 426; Jakob, Rz. 725; Heidner in B/G, § 4 Nr. 13 Rz. 2. Meine entsprechende Auffassung (Stadie, Vorsteuerabzug, 37) habe ich aufgegeben. 7 Aus der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 13 UStG folgt nichts Gegenteiliges. Diese Vorschrift findet schon keine Entsprechung in der 6. EG-RL und stellt deshalb lediglich entsprechend der 7. Protokollerklrung zu Art. 13 der 6. EG-RL klar, daß die in § 4 Nr. 13 UStG genannten Vorgnge nicht zu besteuern sind (Rz. 10.121). 8 Ebenso Ruppe, § 6 Rz. 236.

71

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

5.16

Bei einer Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) sollen die Miterben nach h. M. im Zivilrecht auch ohne gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluß ein ererbtes Handelsgeschft in ungeteilter Erbengemeinschaft ohne zeitliche Begrenzung fortfhren knnen.1 Das gilt jedoch nur fr ein Handelsgeschft; die Aufnahme einer anderen unternehmerischen Ttigkeit verlangt hingegen die (konkludente) Bildung einer BGBGesellschaft.2 Demgegenber kann die eheliche Gtergemeinschaft, die ebenfalls wie die Erbengemeinschaft eine Gesamthandsgemeinschaft ist (§§ 1416, 1419 BGB), als solche Unternehmer sein, da eine berlagernde BGB-Gesellschaft zivilrechtlich nicht mglich ist.3

5.17

In der Alltagssprache findet sich eine Vielzahl von „Gemeinschaften“, die keine Gemeinschaften iS der §§ 741 ff. BGB darstellen, sondern BGB-Gesellschaften nach §§ 705 ff. BGB sind, da sie einen gemeinsamen Zweck verfolgen (Beispiele: Praxis-, Bro-, Verwaltungs-, Apparate- und Arbeitsgemeinschaften) und deshalb unternehmerfhig sein knnen (zur Unternehmereigenschaft im konkreten Fall s. Rz. 103 f.). 4. Nicht rechtsfhige Vermgensmassen

5.18

Nicht rechtsfhige Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermgen des Privatrechts (nicht rechtsfhige Vermgensmassen) knnen ebenfalls Unternehmer sein. Das folgt aus § 34 und § 267 AO (Rz. 9). Sie mssen ein einer juristischen Person hnliches Gebilde darstellen, was jedoch lediglich bedeutet, daß ein auf Dauer separiertes Vermgen vorliegt, welches einem bestimmten Zweck dient und vom zivilrechtlichen Inhaber (Treuhnder) nicht fr eigene Zwecke verwendet werden darf.4 Derjenige, dem das Vermgen zivilrechtlich zusteht, d. h. der Treuhnder, hat die steuerrechtlichen Pflichten zu erfllen (§ 34 Abs. 2 Satz 3 AO).

5. Juristische Personen des ffentlichen Rechts 5.19

Juristische Personen des ffentlichen Rechts (Rz. 273 ff.) sind uneingeschrnkt unternehmerfhig, da auch sie Verbraucherversorgung betreiben knnen. Das gilt auch fr auslndische, zwischenstaatliche und supranationale juristische Personen des ffentlichen Rechts. Nicht rechtsfhige Krperschaften des ffentlichen Rechts sind unselbstndige Teile der bergeordneten juristischen Person und als solche nicht unternehmerfhig. Anders ist es bei teilrechtsfhigen ffentlich-rechtlichen Sondervermgen.5

1 Vgl. BGHZ 92, 259, 262 ff.; K. Schmidt, Handelsrecht, § 5 I 3 f.; P. Ulmer in MnchKomm., § 705 BGB, Rz. 25 mwN. 2 Vgl. BGH, NJW 2002, 3389. 3 Vgl. die Nachw. bei Stadie in R/D, § 2 Anm. 116. 4 Vgl. RFH, RStBl. 1943, 658; Streck, StuW 1975, 135 mwN. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 839.

72

III. Selbstndigkeit natrlicher Personen

III. Selbstndigkeit natrlicher Personen 1. Allgemeines Unternehmer kann nur sein, wer selbstndig ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG).1 Das Gesetz enthlt keine Definition der Selbstndigkeit, sondern beschreibt in § 2 Abs. 2 UStG lediglich die Nichtselbstndigkeit.2 Juristische Personen sind grundstzlich selbstndig; ihre umsatzsteuerrechtliche Selbstndigkeit entfllt nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (sog. Organschaft, Rz. 206 ff.).

5.20

Nach dem Zweck des Gesetzes und der 6. EG-Richtlinie, den Aufwand der Verbraucher fr Lieferungen und Dienstleistungen zu besteuern (Rz. 1.9, 1.13), wre es konsequent gewesen, auch die Dienstleistungen der Unselbstndigen (Lohn- und Gehaltsempfnger, Arbeitnehmer) einzubeziehen. Deren Nichterfassung widerspricht deshalb dem Gedanken einer umfassenden, allgemeinen Verbrauchsteuer. Allerdings geht der Lohn der Arbeitnehmer in den Preis und damit in die Bemessungsgrundlage der von den Arbeitgebern erbrachten Umstze ein und wird auf diese Weise mit Umsatzsteuer belastet. Unversteuerter Letztverbrauch tritt deshalb nur insoweit ein, wie Unternehmer mit steuerfreien Umstzen und Privatpersonen Arbeitnehmer beschftigen. Der Begriff der Selbstndigkeit im Umsatzsteuergesetz stimmt, soweit er natrliche Personen betrifft, nicht nur mit den entsprechenden Begriffen des Einkommensteuerrechts3, sondern entgegen h. M.4 auch mit denen der brigen Rechtsordnung5 berein, da der Begriffsinhalt im gesamten Recht nur einheitlich verstanden werden kann, was es nicht ausschließt, daß die jeweiligen Gesetze unterschiedliche Umschreibungsversuche enthalten. Der Begriff kann nicht abschließend mittels subsumtionsfhiger Tatbestandmerkmale beschrieben werden, so daß er auch nicht auslegbar ist. Er ist nur typologisch erfaßbar (Rz. 26) und kann folglich nicht etwa nach der Teleologie der einzelnen Rechtsgebiete unterschiedlich verstanden werden. Die gegenteilige Auffassung vermengt die Begriffsbestimmung mit gesetzlichen Vermutungen der Arbeitnehmereigenschaft6 oder gesetzlichen Fiktionen, wonach Unselbstndige vom Anwendungsbereich bestimmter, fr Selbstndige geltenden Regelungen ausgeschlossen werden7 oder Selbstndige den fr Nichtselbstndige geltenden Regelungen unterworfen werden.8

5.21

Die Selbstndigkeit wird vom Umsatzsteuergesetz nicht positiv umschrieben, sondern in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG lediglich negativ abgegrenzt.9 Danach ist eine natrliche Person (zum Zusammenschluß mehrerer Personen s. Rz. 36) nicht selbstndig ttig, wenn sie einem Unternehmen so eingegliedert ist, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist. Der Umkehrschluß, daß eine Person, die nicht einem Unternehmen, sondern z. B. einem Privathaushalt als Angestellter eingegliedert ist, nicht

5.22

1 2 3 4

5 6 7 8 9

Ebenso Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL. Ebenso Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-RL. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 1 Abs. 3 LStDV. Vgl. BGHSt 34, 242; BFH, BStBl. II 1979, 188; 1980, 303; 1999, 534, 537; BFH/NV 2002, 957; J. Lang in T/L, § 9 Rz. 552; Reiß in Kirchhof, EStG, 5. Aufl. 2005, Heidelberg, § 15 Rz. 18; Ruppe, § 2 Rz. 74. Vgl. z. B. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 7 Abs. 1 SGB IV. Z. B. § 7 Abs. 4 SGB IV. So z. B. nach § 12a TVG und nach § 92a HGB. So z. B. Vorstnde und Geschftsfhrer nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG und arbeitnehmerhnliche Selbstndige nach § 2 Nr. 9 SGB VI. Ebenso Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL.

73

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen unselbstndig ttig und folglich Unternehmer ist, ist unzulssig, da er offensichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprche und auch nicht mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL zu vereinbaren wre.

5.23

Eine wirtschaftliche Abhngigkeit allein fhrt nicht zur Nichtselbstndigkeit. Selbst die vollstndige wirtschaftliche Abhngigkeit von einem einzigen Auftraggeber, der faktisch die Bedingungen der Vertragsbeziehungen bestimmen kann (z. B. Großkunde), beseitigt nicht die Unternehmereigenschaft.

5.24

Eine natrliche Person kann zum Teil selbstndig und zum Teil nichtselbstndig ttig sein, wenn es sich um unterschiedliche, abgrenzbare Ttigkeitsbereiche handelt. Das gilt auch dann, wenn die selbstndig erbrachten Leistungen nur gegenber dem Arbeitgeber erfolgen.1 2. Gesamtbildbetrachtung

5.25

Kriterium der Nichtselbstndigkeit ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG eine „Eingliederung“ der Person in das Unternehmen (Rz. 28), d. h. in den Ttigkeitsbereich des Auftraggebers dergestalt, daß sie dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dasselbe meint Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, wonach Personen nichtselbstndig sind, „soweit sie an ihren Arbeitgeber . . . durch ein Rechtsverhltnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhltnis der Unterordnung schafft“2. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbstndig, „wer im wesentlichen frei seine Ttigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“.

5.26

Diese unterschiedlichen Umschreibungen zeigen, daß der Begriff „Selbstndigkeit“ bzw. „Nichtselbstndigkeit“ („Arbeitnehmer“) – wie der gesamte Unternehmerbegriff (Rz. 57) – ein Typusbegriff ist3, der nicht durch Ableitung aus einem weiteren Begriff gewonnen werden kann, sondern durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichnet ist, die im Einzelfall in unterschiedlicher Intensitt vorliegen knnen (Rz. 66). Fr die Beurteilung, ob eine natrliche Person selbstndig oder nichtselbstndig ttig ist, kommt es mithin auf das Gesamtbild der Verhltnisse an.4 Die fr und gegen die Weisungsgebundenheit und Eingliederung sprechenden Merkmale und Umstnde, wie sie sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und nach deren tatschlicher Durchfhrung ergeben, mssen gegeneinander abgewogen werden; die gewichtigeren Merkmale sind dann fr die Gesamtbeurteilung maßgebend.5

1 Zur Abgrenzung in diesem Fall Stadie in R/D, § 2 Anm. 146 f. m. Beispielen. 2 Diese Umschreibung ist allerdings insofern unsinnig, da, wenn ein „Arbeitgeber“ usw. vorliegt, ein Verhltnis der Unterordnung zwangslufig gegeben ist. 3 J. Lang, DStJG 9 (1986), 15, 22 f. 4 BFH, BStBl. II 1995, 559; 1996, 493; 1999, 534, 536; BFH/NV 2001, 71. 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1977, 50; 1988, 804; 1996, 493.

74

III. Selbstndigkeit natrlicher Personen

Maßgebend fr die Beurteilung ist das Innenverhltnis zum Auftraggeber.1 Die gegenteilige Auffassung, daß auf das Auftreten nach außen im eigenen Namen (Außenverhltnis) abzustellen sei2, ist mit dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, der auf „Eingliederung“ und die Verpflichtung, „Weisungen zu folgen“, abstellt, nicht zu vereinbaren. Noch deutlicher bestimmt Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, daß Personen nicht selbstndig sind, „soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhltnis gebunden sind, das . . . ein Verhltnis der Unterordnung schafft“. Davon zu unterscheiden ist der Schutz Dritter beim Vorsteuerabzug. Im Rahmen der §§ 14 und 15 UStG ist deshalb auf das Außenverhltnis abzustellen (Rz. 15.8 ff.).

5.27

Die wesentlichen Kriterien der Nichtselbstndigkeit sind mithin Eingliederung, Weisungsgebundenheit iS einer Unterordnung3 und Fehlen eines Unternehmerrisikos.4 Letztes kommt in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL mit „Verantwortlichkeit des Arbeitgebers“ zum Ausdruck. Die Bezeichnung der Ttigkeit oder des Ttigen im zugrundeliegenden Vertragsverhltnis („Arbeitsverhltnis“, „freier Mitarbeiter“, „Subunternehmer“ o. .) ist nicht maßgebend5 und allenfalls ein schwaches Indiz im Rahmen der Gesamtbildbetrachtung. Ebenso wenig ist die Nichteinbehaltung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeitrgen von Bedeutung, auch wenn darber bereinstimmung zwischen den Beteiligten herrscht6, da es auf die objektive Rechtslage und nicht auf die subjektive Einschtzung ankommt.

5.28

3. Fallgruppen7 Die Mitglieder der Vorstnde und die Geschftsfhrer juristischer Personen sind bezglich ihrer Ttigkeit in dieser Eigenschaft grundstzlich als unselbstndig zu qualifizieren, sofern diese Personen unmittelbar oder mittelbar von einem Gremium (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat o. .) abhngig sind, was insbesondere8 bei Kapitalgesellschaften der Fall ist.9 Die Unselbstn1 BFH, BStBl. II 1975, 400; 1997, 188; 1997, 255; Stadie in R/D, § 2 Anm. 133; Doralt/ Ruppe, Rz. 1218. 2 Klenk in S/R, § 2 Rz. 75; W. Wagner, StuW 1995, 154; Heidner, UR 2002, 445, 449. 3 Weisungsgebundenheit aufgrund vertraglicher Bindung allein reicht nicht aus, da auch der selbstndige Beauftragte im Rahmen einer Geschftsbesorgung den Weisungen des Auftraggebers zu folgen hat (§§ 665, 675 BGB); vgl. BGH, UR 1997, 427; BFH, BStBl. II 2003, 565. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 493, 495; 1997, 188; 1999, 534, 536. 5 BFH, BStBl. II 1985, 661; 1988, 804, 807; 1993, 155; BAG, NJW 1997, 2973. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 493, 495; aA. wohl BFH, BStBl. II 1996, 488, 490. 7 Zu weiteren Einzelfllen s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 158. 8 Zu anderen juristischen Personen s. BFH, BStBl. III 1960, 214 (Landesversicherungsanstalt); BFH, BStBl. II 1969, 185 (Genossenschaft) sowie Stadie in R/D, § 2 Anm. 149 mwN. d. Rspr. 9 Das verkennt der BFH, DStR 2005, 919; zutreffend noch BFH, BStBl. II 1986, 874, 876; 1997, 255 (jeweils zum GmbH-Geschftsfhrer); s. auch Rz. 53.

75

5.29

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

digkeit als Vorstand oder Geschftsfhrer schließt es nicht aus, daß daneben auf Grund eines gesonderten Vertrages gegenber der juristischen Person selbstndig Leistungen erbracht werden, die nicht zum Geschftsfhrungsbereich gehren1 (Rz. 24). 5.30

Ist der Geschftsfhrer einer Kapitalgesellschaft beherrschender Gesellschafter, so ist er hingegen als selbstndig anzusehen, da er keinen Weisungen anderer Personen unterliegt, sondern den Willen der Gesellschafterversammlung selbst bestimmen kann.2 Die gegenteilige Sichtweise ist formalistisch und wirklichkeitsfremd. Allerdings verbietet es das Gebot der Rechtsformneutralitt der Umsatzsteuer, den beherrschenden Gesellschafter mit seinen selbstndig erbrachten Geschftsfhrungsleistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen (Rz. 53).

5.31

Gesellschafter bei Personengesellschaften sind mit der Geschftsfhrungsttigkeit iS der §§ 709 f. BGB, 114 ff. HGB zwar zwingend selbstndig ttig – sie knnen, weil sie originr den Willen der Gesellschaft bilden, in der Geschftsfhrung keinen Weisungen unterworfen sein (Bindung an Gesellschafterbeschlsse im Einzelfall ist keine Weisungsunterworfenheit)3 –, da sie mit dieser jedoch entgegen verfehlter BFH-Auffassung keine Leistungen erbringen (Rz. 2.12), unterliegen sie insoweit nicht der Umsatzsteuer. Ein Gesellschafter kann allerdings mit der Gesellschaft einen Arbeitsvertrag schließen. Er ist dann wie ein Dritter nichtselbstndig ttig, da er den Weisungen der geschftsfhrenden Gesellschafter unterworfen ist.

5.32

Das Mitglied eines Aufsichtsrates ist, wie mittelbar durch § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG besttigt wird, selbstndig ttig4, auch als Arbeitnehmervertreter, da auch dieser sein Amt unabhngig ausbt.5 Entsprechendes gilt fr Mitglieder von Beirten und hnlichen Gremien bei anderen Gesellschaften.6

5.33

Die Entgegennahme von Schmiergeldern oder sog. Schutzgeldern durch einen Arbeitnehmer oder Beamten, der stets Dienstleistungen zugrunde liegen (Rz. 2.8), erfolgt nur im ußeren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhltnis und ist eine von der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers losgelste eigenstndige Ttigkeit, die selbstndig ausgebt wird.7 Gleiches gilt bei der Mitwirkung an Diebsthlen zuungunsten des Arbeitgebers gegen Beteiligung am Verußerungserls.8 1 BFH, BStBl. II 1997, 255; BFH/NV 1997, 911; 2000, 352; FG Kln, EFG 2004, 539 (BFH V R 29/03). 2 Ebenso Ruppe, § 2 Rz. 86; aA. BFH, BStBl. II 1975, 358, 359 (l. Sp. oben) zum Gesellschafter-Geschftsfhrer einer Einmann-GmbH (obiter dictum). 3 Das verkennen Reiß, UmsatzsteuerR, 3.1 (S. 138); Heidner, DStR 2002, 1890, 1892; Hundt-Eßwein, UVR 2003, 250, 252; Korn/Strahl, KSDI 2003, 13950; Zugmaier, DStR 2004, 124; Jakob, Rz. 923. 4 BFH, BStBl. II 1972, 810; 1987, 42; 1995, 150. 5 BFH, BStBl. II 1972, 810. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 150. 7 FG Nrnberg, EFG 1995, 502; FG Nds., EFG 1997, 182; FG Mnchen, EFG 2003, 965; aA. fr Schutzgelder FG Rh.-Pf., EFG 1993, 345. 8 FG Nds., EFG 2000, 659.

76

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

Sportler, Knstler u. . Personen sind unselbstndig ttig, wenn sie nach dem Gesamtbild dem Vertragspartner fr eine bestimmte Zeit untergeordnet und in dessen Organisation eingegliedert sind. Fr Selbstndigkeit spricht, wenn sich die Person nur zum Auftreten bei einzelnen Veranstaltungen verpflichtet.1 Unabhngig davon erfolgt die Mitwirkung an Werbeveranstaltungen u. . selbstndig.2

5.34

Handelsvertreter (Reisende, Agenten, Vermittler u. .) knnen je nach den Umstnden des Einzelfalles selbstndig oder nichtselbstndig sein, auch jeweils unterschiedlich gegenber verschiedenen Auftraggebern.3

5.35

4. Personenzusammenschlsse Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG knnen natrliche Personen auch „zusammengeschlossen“ einem Unternehmen so eingegliedert sein, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Damit wird lediglich klargestellt, daß Arbeitnehmer ihren Status als Unselbstndige nicht dadurch verlieren, daß sie sich zwecks Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung ausschließlich gegenber ihrem Arbeitgeber organisatorisch zusammengeschlossen haben.4 Mittels dieser Vorschrift kann nicht die organschaftshnliche Eingliederung einer Personengesellschaft (welche nicht als sog. Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Betracht kommt, weil diese Vorschrift nur juristische Personen im Auge hat, Rz. 206) in ein anderes Unternehmen begrndet werden.5 Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zwingt nicht dazu.6

5.36

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine „gewerbliche oder berufliche Ttigkeit“ selbstndig ausbt. Demgegenber bestimmt Satz 3 dieser Vorschrift, daß gewerblich oder beruflich „jede nachhaltige Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen“ ist. Daraus ergibt sich zum einen die Frage, was unter einer Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen zu verstehen ist, und zum anderen die Frage, welche Bedeutung dem Wort „nachhaltig“ zukommt. Fr juristische Personen des ffentlichen Rechts wird die Grundaussage des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG durch Abs. 3 dieser Vorschrift eingeschrnkt (Rz. 271). bt ein unternehmerfhiges Gebilde mehrere verschiedene Ttigkeiten aus, die jeweils fr sich die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 3 UStG begrnden wrden, so besteht nur ein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, Rz. 131). 1 Vgl. BFH, BStBl. III 1951, 97; 1964, 207; BStBl. II 1970, 867; 1972, 88; 1973, 636; 1979, 182; 1996, 493; UR 1991, 138. Ausfhrlich zu verschiedenen Knstlern, verwandten Berufen und sog. freien Mitarbeitern BMF, BStBl. I 1990, 638. 2 BFH, BStBl. II 1983, 182; 1986, 424. 3 BFH, BStBl. II 1970, 474. 4 BFH, BStBl. II 1979, 356, Tz. 3. 5 BFH, BStBl. II 1979, 356; 1979, 362; 1988, 557, 560; 1989, 122, 125. 6 Stadie in R/D, § 2 Anm. 160.

77

5.37

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

1. Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen a) Allgemeines 5.38

Aus dem Zweck des Umsatzsteuergesetzes (und der 6. EG-Richtlinie), den Aufwand der Verbraucher fr Gter und Dienstleistungen zu besteuern (Rz. 1.13, 1.15) folgt, daß Unternehmer nur sein kann, wer eine wirtschaftliche Ttigkeit in Gestalt der Erbringung von wirtschaftlichen Leistungen gegen Gegenleistungen erbringt oder erbringen wollte (zu letzterem Rz. 146 ff.). Die von § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG geforderte Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen muß deshalb auf die Ausfhrung von Umstzen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG1, d. h. auf die Erbringung von Leistungen (Rz. 2.4 ff.) gegen Entgelt gerichtet sein (zur Ausstrahlung der Unternehmereigenschaft auf die Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft Rz. 112 ff.).

5.39

Dieses elementare Merkmal des Unternehmerbegriffes ist unabhngig von der Rechtsform des Ttigwerdens. Es gilt auch fr Kapitalgesellschaften, die ertragsteuerrechtlich stets als Gewerbetrieb2 und handelsrechtlich stets als Kaufmann (§ 6 HGB) angesehen werden. Sie sind nicht allein schon deshalb umsatzsteuerrechtliche Unternehmer. Das Umsatzsteuerrecht kennt keine Unternehmereigenschaft kraft Rechtsform, so daß auch Kapitalgesellschaften nur dann Unternehmer sein knnen, wenn ihre Ttigkeit auf die Erbringung von Leistungen gegen Entgelt gerichtet ist.

5.40

Das Gesetz verwendet fehlerhaft den Begriff „Ttigkeit“3, worin gemeinhin ein aktives Verhalten4 gesehen wird. Ein derartig enges Verstndnis des Begriffes entsprche jedoch nicht dem Gesetzes- und Richtlinienziel, auch den Verbrauch von Dienstleistungen zu besteuern. Da diese nach § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG (und nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL) auch in einem Unterlassen oder Dulden bestehen knnen (Rz. 2.4) und nicht angenommen werden kann, daß diese nur besteuert werden sollen, wenn sie Hilfsgeschfte (Rz. 6.6) im Rahmen eines bereits bestehenden Unternehmens sind, muß folglich davon ausgegangen werden, daß der Begriff der „Ttigkeit“ in einem weiteren Sinne als „Verhalten“ zu verstehen ist. Dieses erfaßt auch das Unterlassen (Rz. 78 f.) und das Dulden einer Handlung oder eines Zustandes (Rz. 73 ff.). In § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist deshalb zu lesen „. . . jedes nachhaltige Verhalten zur . . .“ Art. 4 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL hat zwar nur „Berufe“ im Auge, deren Ausbung eine Ttigkeit darstellt, aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 2 iVm. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL muß jedoch geschlossen werden, daß auch der Verzicht, eine berufliche Ttigkeit auszuben, als „Verhalten“ in Gestalt des Unterlassens eine 1 Entspricht Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. 2 § 8 Abs. 2 KStG iVm. § 238 HGB, § 3 AktG, § 13 Abs. 3 GmbHG; § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. 3 Ebenso Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL. 4 Die englische und die franzsische Fassung des Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL sprechen von „activity“ bzw. von „activit“.

78

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

wirtschaftliche „Ttigkeit“ darstellt. Das Dulden einer Handlung oder eines Zustandes wird hingegen schon von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL erfaßt (zur sog. Vermgensverwaltung s. Rz. 65). Nach dem Gesetzeswortlaut muß die Ttigkeit „zur“ Erzielung von Einnahmen erfolgen. Darin ist kein finales Moment dergestalt zu sehen, daß die Einnahmeerzielung die primre Motivation der Ttigkeit sein muß. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck hat es unerheblich zu sein, mit welchem Motiv die entgeltliche Verbraucherversorgung stattfindet (s. Rz. 84 ff.) Ausreichend ist deshalb, daß den (beabsichtigten) Leistungen Einnahmen gegenberstehen1 (sollen). Es gilt im Prinzip dasselbe wie fr die Entgeltlichkeit der einzelnen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG („gegen Entgelt“), so daß schlichte Kausalitt zwischen den Leistungen und den Einnahmen ausreicht (Rz. 3.3). Auch ffentlich-rechtliche (Rz. 284 ff.), ideelle, gemeinntzige o. . Ttigkeiten knnen „zur“ Erzielung von Einnahmen erfolgen (zur sog. Liebhaberei s. Rz. 87 ff.).

5.41

Unerheblich ist, ob die Ttigkeit gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstßt (§ 40 AO).2 Unternehmerisch ist deshalb auch die Ttigkeit der gewerblichen Hehler, Diebe, Prostituierten3 usw.

5.42

Demgegenber soll nach Auffassung des EuGH der unerlaubte Handel mit Betubungsmitteln nicht der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) unterliegen, da diese ihrem Wesen nach in allen Mitgliedstaaten einem vollstndigen Verkehrsverbot unterliegen und deshalb nicht vom Anwendungsbereich dieser Steuer erfaßt wrden.4 Diese Sichtweise verstßt gegen das Ziel der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer), die Einkommensverwendung der Verbraucher zu besteuern.5

Auch der Umstand, daß die Ttigkeit im ffentlichen Interesse liegt, steht der Annahme des Leistungsaustausches nicht entgegen.6 Folglich ist auch die Ttigkeit der sog. Beliehenen, die ffentliche Aufgaben wahrnehmen und auf ffentlich-rechtlicher Grundlage ttig werden, unternehmerisch7 bzw. „wirtschaftlich“ iS des Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL (s. auch Rz. 271).

5.43

b) Halten von Beteiligungen, sog. Holding Die Beteiligung an anderen Gesellschaften als solche ist keine unternehmerische Ttigkeit, da mittels der Beteiligung keine Leistungen gegen Entgelt 1 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 732 (Abmahnverein). 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 653; EuGH, EuGHE 1988, 3655 = UR 1989, 309; EuGHE 1998, I-3257 = UR 1998, 341; EuGHE 1998, I-3369 = UR 1998, 384; EuGHE 1999, I-3971 = UR 1999, 364. 3 BFH, BStBl. II 1987, 653. 4 EuGH, EuGHE 1988, 3655 = UR 1989, 309; EuGHE 1988, 3627 = UR 1989, 312; vgl. auch EuGHE 1990, I-4477 = UR 1991, 148 (Einfuhr von Falschgeld). 5 Vgl. Weiß, UR 1989, 311; W. Widmann, UR 1989, 10; Lohse/Spetzler, StVj 1990, 274, 280. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 473, 477; 2002, 782, 784. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 1978, 80, zum Notar; dazu auch EuGH, EuGHE 1987, 1471 = UR 1988, 164.

79

5.44

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

erbracht, sondern lediglich die Chance erworben wird, Gewinnanteile u. . zu erhalten. Diese sind als Ergebnis der Beteiligung Ausfluß der bloßen Innehabung der Beteiligung und nicht Gegenleistung fr eine wirtschaftliche Ttigkeit.1 Das gilt auch fr Beteiligungsgesellschaften in Gestalt von Kapitalgesellschaften2, da es keine Unternehmereigenschaft kraft Rechtsform gibt (Rz. 39). 5.45

Nach ursprnglicher Ansicht des EuGH sollte etwas anderes gelten, d. h. eine wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL vorliegen, „wenn die Beteiligung unbeschadet der Rechte, die der Beteiligungsgesellschaft in ihrer Eigenschaft als Aktionr oder Gesellschafterin zustehen, mit einem unmittelbaren oder mittelbaren Eingreifen in die Verwaltung der Gesellschafen einhergeht, an denen die Beteiligung besteht“3. Diese Formulierung, die fr eine Unternehmereigenschaft einer sog. geschftsleitenden Holding sprach, ist dann spter vom EuGH dahin interpretiert worden, daß solche Eingriffe nur dann vorliegen, wenn sie die Erbringung von administrativen, finanziellen, kaufmnnischen und technischen Dienstleistungen darstellen.4 Der BFH ist dem gefolgt.5

5.46

Diese Rechtsprechung ist verfehlt, da danach dem beherrschenden Gesellschafter, der nicht diese Form der „Verwaltung“ seiner Gesellschaften gewhlt hat, die Vergtung der durch die Verwaltung angefallenen Vorsteuern versagt wird. Schon die Interpretation des „Eingreifens“ muß verwundern. Die vom EuGH geforderten entgeltlichen Dienstleistungen, stellen nmlich kein „Eingreifen in die Verwaltung“, sondern nur Leistungen von schlichten Diensten dar, die auch Dritte erbringen knnen.6 Ein „Eingreifen“ des beherrschenden Gesellschafters in die Verwaltung der Gesellschaft erfolgt nicht mittels schuldrechtlicher Austauschvertrge, sondern mit Hilfe der Machtinstrumente, die das Gesellschaftsrecht gewhrt. – Umgekehrt fhrt nach dieser Rechtsprechung ein Beherrschungsvertrag iS des § 291 AktG, der zum uneingeschrnkten Eingreifen in die Verwaltung der jeweiligen Tochtergesellschaft berechtigt, nicht zur Unternehmereigenschaft der Fhrungsholding! Denn selbst wenn man das Beherrschen als Dienstleistung ansehen wollte, wrde es sich beim Beherrschungsvertrag nicht um einen entgeltlichen Vertrag handeln. 1 Anders ist es bei Investmentgesellschaften (-fonds), da sie gegenber den Zeichnern der Anteile Dienstleistungen erbringen; vgl. EuGH, EuGHE, UR 2004, 642. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 41 f.; EuGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399, Tz. 45 mwN.; EuGH, UR 2004, 292, Tz. 57; BFH, UR 2005, 340. 3 EuGH, EuGHE 1991, I-3111 = UR 1993, 119, Tz. 14. 4 EuGH, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530, Tz. 19; EuGHE 2001, I-5679 = UR 2001, 533, Tz. 16 f.; EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 22; EuGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399, Tz. 46; vgl. auch EuGH, UR 2004, 292, Tz. 68 (Darlehensgewhrung). 5 BFH, BStBl. II 2003, 375, 377. 6 Die Erbringung solcher Dienstleistungen macht die Holding zudem nur insoweit zum Unternehmer, so daß nicht etwa smtliche Vorsteuern abziehbar wren. Beschrnkt die Holding z. B. ihre Dienstleistungen auf die Gewhrung von Darlehen, so ist nur diese Ttigkeit unternehmerisch mit der Folge, daß nur insoweit (bei Verzicht auf die Steuerbefreiung der Kreditgewhrung) die der Kreditgewhrung zuzurechnenden Vorsteuern abziehbar sind (Rz. 15.44 f.); aA. wohl Wger, UR 2004, 301, 302.

80

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

Vor allem verkennt die vom EuGH vorgenommene Verknpfung der Steuerpflichtigen-/Unternehmereigenschaft mit dem Erfordernis der unmittelbaren Erbringung von Umstzen die besondere Funktion der geschftsleitenden Holding, die vornehmlich darin liegt, die jeweiligen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Aktivitten der Tochtergesellschaften zu lenken und zu koordinieren. Eine derartige Holding ist wirtschaftlich ttig, da ihr die Aktivitten – nicht die Umstze – der Tochtergesellschaften zuzurechnen sind. Diese Holding ist folglich richtigerweise als Steuerpflichtige/Unternehmer iS des Art. 17 Abs. 2 iVm. Art. 4 der 6. EG-RL/§ 15 Abs. 1 UStG anzusehen, da sie eine wirtschaftliche (gewerbliche/berufliche) Ttigkeit mittels ihrer Tochtergesellschaften ausbt. Art. 4 der 6. EG-RL (bzw. § 2 Abs. 1 UStG) verlangt fr die wirtschaftliche Ttigkeit nicht zwingend die Erbringung eigener Umstze.1

5.47

Nur eine solche Interpretation des Art. 17 Abs. 2 iVm. Art. 4 der 6. EG-RL wird der Neutralitt des Mehrwertsteuersystems gerecht. Eine geschftsleitende Holding ttigt keinen Letztverbrauch; diese gesellschaftsrechtliche Konstruktion wird vielmehr ausschließlich aus unternehmerischen Grnden gewhlt. Die Neutralitt des Mehrwertsteuersystems verlangt deshalb, daß es ohne Belang sein muß, in welcher zivilrechtlichen Einkleidung (Rechtsform) eine wirtschaftliche Ttigkeit ausgebt wird. Es darf keinen Unterschied machen, ob eine Gesellschaft selbst mittels eigenen Geschftsbetriebs in Gestalt mehrerer unselbstndiger Zweigniederlassungen (festen Niederlassungen) wirtschaftlich ttig ist oder ob sie diese Aktivitten in Form von rechtlich selbstndigen Tochtergesellschaften ausbt. Auch in letzterem Fall muß die Gesellschaft (Holding) grundstzlich von den Vorsteuern, die diesen wirtschaftlichen Bettigungen zuzurechnen sind, entlastet werden. Nur mit einer solchen Interpretation des Art. 4 der 6. EG-RL wird der Grundsatz der Rechtsformneutralitt („alle Vorgnge ohne Rcksicht auf deren Rechtsform“2) verwirklicht3 (Rz. 1.42, 1.44, 1.61 f.). Die Auffassung des EuGH fhrt zu einer Benachteiligung der Holding im Wettbewerb und damit zu einem Verstoß gegen die Rechtsformneutralitt, weil die Holding mit Umsatzsteuerbetrgen belastet wird, die Konkurrenten, welche nicht diese gesellschaftsrechtliche Konstruktion gewhlt haben, abziehen knnen.4 Fr diese

5.48

1 Auch Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL, der offensichtlich nur den Regelfall des unmittelbar ttigen Steuerpflichtigen im Auge hat, ist dergestalt zu interpretieren, daß fr Zwecke des Vorsteuerabzugs als „seine“ Umstze die Umstze der Tochtergesellschaften anzusehen sind. 2 So noch EuGH, EuGHE 1991, I-3111= UR 1993, 119, Tz. 12. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 208. 4 Der EuGH will den Grundsatz der Neutralitt allerdings nur auf Steuerpflichtige (Unternehmer) anwenden, denn das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewhrleiste „vllige Neutralitt hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Ttigkeiten“, EuGH, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 27 mwN. Damit wird der Neutralittsgrundsatz des Mehrwertsteuersystems viel zu eng gefaßt, weil derjenige, der aus Neutralittsgrnden als wirtschaftlich Ttiger angesehen werden muß, sich nicht auf diesen Grundsatz berufen kann (Rz. 1.62).

81

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Ungleichbehandlung gibt es keine sachliche Rechtfertigung; sie ist willkrlich.1 Beispiel: Die natrliche Person U bzw. die U-GmbH ist in Gestalt mehrerer Betriebssttten (fester Niederlassungen) gewerblich ttig. U ist Unternehmer; sein Unternehmen besteht aus den Betriebssttten. Er kann zweifelsfrei die mit der Verwaltung und Koordinierungen seiner Betriebssttten zusammenhngenden Vorsteuern abziehen. Entsprechendes gilt fr die U-GmbH. Wenn U bzw. die U-GmbH smtliche Betriebssttten in Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) umwandelt, die die bisherigen Ttigkeiten nunmehr als selbstndige Unternehmer fortfhren, und sich U bzw. die U-GmbH auf die Verwaltung und Koordinierung der beherrschten Gesellschaften beschrnken, indem den jeweiligen Geschftsfhrern der Gesellschaften telefonisch oder in regelmßigen Besprechungen die geschftlichen Weisungen erteilt werden, so knnen nach der verfehlten EuGH-Rechtsprechung der U bzw. die U-GmbH die mit der Verwaltung und Koordinierung der Gesellschaften zusammenhngenden Vorsteuern nicht vergtet erhalten, obwohl es sich bei ihrer Ttigkeit um eine wirtschaftliche, d. h. unternehmerische Ttigkeit handelt. Das Problem lst sich in Deutschland nicht dadurch, daß Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) angenommen wird, weil nach ebenfalls verfehlter BFH-Rechtsprechung auch fr diese gefordert wird, daß der Organtrger unmittelbar Unternehmer ist (Rz. 221). Zudem wrde das Rechtsinstitut der Organschaft nicht helfen, soweit die beherrschten Gesellschaften im Ausland ansssig sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG, Rz. 254 ff.).

5.49

Richtigerweise ist eine Person (oder Gesellschaft o. .), die eine oder mehrere Gesellschaften beherrscht (durch Mehrheitsbeteiligung oder Beherrschungsvertrag) Steuerpflichtiger/Unternehmer, soweit die Ttigkeiten der beherrschten Gesellschaften unternehmerisch sind. Die Person bt eine wirtschaftliche/ unternehmerische Ttigkeit mittelbar durch die beherrschten Gesellschaften aus (s. auch Rz. 118).2 Der Vorsteuerabzug des beherrschenden Gesellschafters hat sich folglich nach den Umstzen der beherrschten Gesellschaften zu richten, die der Holding fr Zwecke des Vorsteuerabzugs zuzurechnen sind (vgl. auch Rz. 15.148).3 c) Innengesellschaften

5.50

Unter sog. Innengesellschaften sind BGB-Gesellschaften (§ 705 BGB) zu verstehen, die nicht nach außen in Erscheinung treten, d. h. weder gegenber 1 Vgl. auch BVerfG, BVerfGE 101, 151 = BStBl. II 2000, 160; sowie EuGH, EuGHE 1999, I-4947 = UR 1999, 419, Tz. 19f.; EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, Tz. 30, jeweils zur rechtsformneutralen Anwendung von Steuerbefreiungen. 2 Bei einer Mehrheitsbeteiligung muß die Fhrung nicht in institutionalisierten Formen verlaufen. Diese kann vielmehr in unterschiedlichster Art geschehen und wird hufig in informeller Weise vor sich gehen. Zudem werden die Geschftsfhrungsorgane die erforderlichen Weisungen des beherrschenden Gesellschafters regelmßig von sich aus einholen. 3 Die Abziehbarkeit der beim Erwerb einer Beteiligung angefallenen Vorsteuern bestimmt sich mithin, auch insoweit entgegen EuGH, nach den Umstzen, die diese Gesellschaft ausfhrt (Rz. 15.148).

82

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

Dritten noch gegenber den Gesellschaftern Leistungen erbringen. Die Geschfte werden, je nach Art der Vereinbarung, nach außen von einem Gesellschafter oder von allen Gesellschaftern jeweils im eigenen Namen gettigt, gehen aber im Innenverhltnis ganz oder zum Teil auf gemeinsame Rechnung. Gegenstand der Gesellschaft ist allein die Verteilung des Gewinnes oder Verlustes auf die Gesellschafter. Darin liegen keine Leistungen der Gesellschaft im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, da den Beteiligten kein verbrauchbarer, d. h. geldwerter Nutzen (Rz. 2.4) verschafft wird. Typisches Beispiel einer Innengesellschaft ist die stille Gesellschaft, die nicht nach außen auftritt und deshalb nicht Unternehmer sein kann (Rz. 12).1 Gleiches gilt, wenn Unternehmer die Gewinne oder Verluste aus bestimmten risikoreichen Geschften, die sie jeweils im eigenen Namen erwirtschaftet haben, teilen. Auch eine solche Innengesellschaft (sog. Meta-Geschfte oder Gewinnpool) erbringt keine Leistungen.2

5.51

d) Organe juristischer Personen Die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen handeln als deren Organe (das hat nichts mit der sog. Organschaft iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu tun; Rz. 206). Da die juristischen Personen (wie auch nichtrechtsfhige Personenvereinigungen) nicht selbst handlungsfhig sind, verwirklichen sie sich im Handeln ihrer Organe. Soweit – wie insbesondere bei ffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskrperschaften – das Prinzip der Selbstorganschaft gilt, d. h. als Organe nur Mitglieder in Betracht kommen, ist die Ttigkeit des Organs Ausfluß des Gemeinschaftsverhltnisses.3 Das Organ erbringt deshalb gegenber der juristischen Person keine Leistungen, da es am Empfnger mangelt.4 Es gelten dieselben Erwgungen wie bei geschftsfhrenden Gesellschaftern von Personengesellschaften (Rz. 2.12).

5.52

Bei Kapitalgesellschaften, Vereinen und hnlichen juristischen Personen des Zivilrechts ist hingegen Fremdorganschaft mglich, d. h. auch Nichtmitglieder knnen Organ oder Teil eines solchen (Vorstand o. .) sein. Sie erbringen dabei zwar Dienstleistungen, allerdings sind sie regelmßig nichtselbstndig (Rz. 29), so daß sie durch diese Ttigkeit nicht zum Unternehmer werden. Anders ist es zwar beim beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Rz. 30), so daß dieser selbstndig Dienstleistungen gegen Entgelt (Geschftsfhrervergtung) erbringen kann, gleichwohl darf diese Ttigkeit wegen des Gebotes der Rechtsformneutralitt (Rz. 1.44 f., 1.61) nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden. Das Unternehmen, welches die eigentlichen Leistungen am Markt erbringt, ist die Kapitalgesellschaft. Ist diese nicht

5.53

1 2 3 4

Vgl. BFH, BStBl. II 1982, 678. Vgl. BFH, BStBl. II 1970, 477; 1982, 678. Ruppe, § 2 Rz. 35. Vgl. BFH, BStBl. II 1983, 156, fr die Vorstandsmitglieder einer kassenrztlichen Vereinigung.

83

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

oder nicht zu vollen Vorsteuerabzug berechtigt, so wrde die auf die Geschftsfhrervergtung entfallende Umsatzsteuer im Umfang ihrer Nichtabziehbarkeit zu einem Kostenfaktor werden. Es trte ein Wettbewerbsnachteil gegenber dem Einzelunternehmer ein1, was besonders deutlich bei der sog. Ein-Mann-GmbH wird. Das Gesetz bedarf deshalb insoweit der verfassungskonformen und damit zugleich gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung im Wege der teleologischen Reduktion des Wortlauts. 5.54

Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind keine gesetzlichen Vertreter, so daß sie selbstndig (Rz. 32) Dienstleistungen gegen Entgelt (Aufsichtsratsvergtung) erbringen, und da das auch nachhaltig (berwachungsttigkeit fr einen Zeitraum, vgl. Rz. 82) erfolgt, sind sie mit dieser Ttigkeit Unternehmer, was durch § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG besttigt wird. Entsprechendes gilt fr Mitglieder von Beirten und hnlichen Gremien bei anderen Gesellschaften (Rz. 82 aE.). 2. Unternehmerbegriff als Typusbegriff a) Untauglichkeit des Merkmals „nachhaltig“

5.55

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich „jede nachhaltige Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen“. Es scheint deshalb nahezuliegen, das Begriffspaar „gewerblich oder beruflich“ aus Satz 1 wegfallen zu lassen, die beiden Stze 1 und 3 zusammenzufassen und sie wie folgt zu lesen: „Unternehmer ist, wer selbstndig eine nachhaltige Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausbt, auch wenn . . .“2. Demgemß hat die Rechtsprechung – die bis heute keine klare Linie gefunden hat3 – hufig ausschließlich auf das Merkmal Nachhaltigkeit abgestellt und aus diesem Kriterien abgeleitet, die das Wort allerdings nicht hergibt.4 Das Wort „nachhaltig“ bedeutet im Sprachgebrauch „auf lngere Zeit anhaltend und wirkend“. Mehr lßt sich dem Wort nicht entnehmen, so daß es als Grundlage fr einen rechtlichen Erkenntnisgewinn untauglich und nicht auslegbar ist.5 Auch die vom BFH zuweilen gefor1 Das verkennt der BFH, DStR 2005, 919. 2 So audrcklich BFH, BStBl. III 1962, 262; HFR 1963, 188; hnlich auch BFH, BStBl. II 1994, 671; Birk, SteuerR, § 10 Rz. 1291; Reiß in T/L, § 14 Rz. 128; Doralt/Ruppe, Rz. 1221 aE. 3 Vgl. die ausfhrliche Darstellung bei Stadie in R/D, § 2 Anm. 251 ff. 4 Vgl. nur das zusammenhanglose Auflisten von Kriterien, die fr Nachhaltigkeit sprechen knnen sollen, in der BFH-Entscheidung v. 18.7.1991, BStBl. II 1991, 776, bei der es sich nicht um ein Grundsatzurteil, so aber Lange, in FS Offerhaus, 1999, S. 701, 710, sondern um ein Armutszeugnis handelt, weil zum einen der Begriff „nachhaltig“ diese Kriterien berwiegend nicht umfaßt, und zum anderen, weil der BFH das Band, welches diese Kriterien gedanklich zusammenhlt, nicht benennt und offensichtlich auch nicht kennt; so zutreffend Schmidt-Liebig, BB 1994, Beil. 20, 1, 2. Der Entscheidung folgten BFH, BStBl. II 1993, 379; 1994, 54; 1994, 57; 1994, 274; BFH, BFH/NV 1999, 221. 5 Deshalb lßt sich das Merkmal entgegen Reiß in T/L, § 14 Rz. 129, auch nicht „wertend“ anwenden.

84

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

derte Gesamtbildbetrachtung hilft bei alleinigem Abstellen auf die Nachhaltigkeit nicht weiter, denn auch dann kann das Ergebnis nur lauten, daß die zu beurteilende Ttigkeit nachhaltig ist oder nicht. Mehr ist damit nicht gewonnen. Zur Nachhaltigkeit muß noch weiteres hinzukommen, da das alleinige Abstellen auf dieses Merkmal nicht weiterfhrt.1 Beispiel: Wer stndig Briefmarken tauscht oder ber Jahre die Kleidung und das Spielzeug seiner Kinder auf dem Flohmarkt verkauft, ist jeweils nachhaltig ttig, gleichwohl wird er dadurch nicht zum Unternehmer.

Mit der verkrzten Sichtweise, nur auf die Nachhaltigkeit abzustellen, wird verkannt, daß der Gesetzgeber mit den Begriffen „gewerblich oder beruflich“ eine Wertung vorgenommen hat, die nicht einfach beiseite geschoben werden darf. Die stndige Verwendung des Begriffspaares in allen Abstzen des § 2 UStG2 kann nur den Sinn haben, daß es den Unternehmerbegriff prgen soll. Ihre Funktion liegt folglich darin, den Begriff „nachhaltig“ einzugrenzen und ihm Konturen zu geben. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist deshalb wie folgt zu lesen: „Gewerblich oder beruflich ist auch jede andere vergleichbare nachhaltige Ttigkeit“.3 Zur Begrndung der Unternehmereigenschaft reicht es mithin nicht aus, die Nachhaltigkeit der Ttigkeit zu bejahen. Hinzu kommen muß des weiteren, daß die nachhaltige Ttigkeit gewerblich oder beruflich ist oder einer solchen Bettigung vergleichbar ist.4 Diese Interpretation ist auch im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL (Rz. 6) geboten, der eine wirtschaftliche Ttigkeit fordert und als wirtschaftliche Ttigkeiten alle Ttigkeiten der dort aufgezhlten Berufe und der diesen „gleichgestellten Berufe“ erfassen will.

5.56

b) Typus „Unternehmer“ aa) Allgemeines „Gewerblich“ und „beruflich“ sind keine abstrakten Begriffe5, sondern – wie auch die einkommensteuerrechtlichen Begriffe „Gewerbebetrieb“6 oder „Mit-

1 So zutreffend der X. Senat des BFH, BStBl. II 1987, 744, 745 (r. Sp. oben). 2 Sowie in § 3a Abs. 4 Nr. 9, § 16 Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 4 und § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 267 f. 4 Vgl. jetzt auch BFH, BStBl. II 2004, 472: nachhaltige Ttigkeit als „im weiteren Sinne gewerbliche oder berufliche Ttigkeit“. 5 AA. Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 29, 36. 6 Trotz des Definitionsversuchs durch § 15 Abs. 2 EStG mit nur scheinbar subsumtionsfhigen Tatbestandsmerkmalen ist auch dieser Begriff nur typologisch erfaßbar; vgl. Seer, DStR 1992, 1751, 1752, Schmidt-Liebig, BB 1994, Beil. 20, 1, 3 f.; P. Fischer, FR 1995, 803, 804 ff.; v. Groll, StuW 1995, 326, 329 ff.; J. Lang in T/L, § 5 Rz. 45; § 9 Rz. 489; BFH, BStBl. II 1996, 303, 305; 1998, 346; 1999, 448, 449; 2000, 404; 2001, 706; 2001, 809; 2002, 291(GrS).

85

5.57

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

unternehmer“1 – Typusbegriffe.2 Auch Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL beschreibt den Steuerpflichtigen typologisch durch die Aufzhlung verschiedener Berufstypen bzw. Berufsgruppen. Im Gegensatz zum abstrakten (klassifikatorischen) Begriff ist der Typus offen. Whrend ein abstrakter Begriff durch die abschließende Aufzhlung seiner unabdingbaren Merkmale beschrieben wird, unter die der Sachverhalt subsumiert werden kann, lßt sich der Typus nicht definieren, sondern nur durch ein Bild benennen. Die Zugehrigkeit zum Typus kann nicht durch logisch-abstrakte Subsumtion, sondern lediglich nach dem Grad der hnlichkeit mit dem Urbild (Muster) bestimmt werden. Aufgrund einer Gesamtbildbetrachtung wird die Einzelerscheinung dem Typus im Wege des hnlichkeitsvergleichs wertend zugeordnet3 (Rz. 66). Mehrere Entscheidungen des BFH aus den 80er Jahren gingen in diese Richtung.4 Wenn der BFH in seinen neueren Entscheidungen bei der Prfung der Nachhaltigkeit auf das Gesamtbild abstellen will (Rz. 55), so ist das letztlich, ohne daß sich der BFH dessen bewußt zu sein scheint, auch eine typologische Betrachtungsweise, allerdings mit dem falschen Ansatz beim untauglichen Begriff.

bb) Charakteristische (typische) Merkmale 5.58

Die Zuordnung der einzelnen Ttigkeit zum Typus des Unternehmers erfolgt anhand der charakteristischen (typischen) Merkmale, die dessen Erscheinungsbild prgen. Erforderlich ist eine Gesamtbildbetrachtung im Einzelfall (Rz. 66). Die Ttigkeit kann auch nebenberuflich ausgebt werden.5

5.59

(1) Prgendes Merkmal der gewerblichen oder beruflichen, d. h. wirtschaftlichen Ttigkeit ist eine geschftliche (geschftsmßige) Bettigung6, die sich im allgemeinen durch Planmßigkeit auszeichnet.7 Damit ist typischerweise, aber nicht zwingend das Element der Dauer verbunden (vgl. Rz. 62). Gelegentliches Ttigwerden, mit der Absicht, bei sich bietender Gelegenheit erneut ttig zu werden, ist im allgemeinen keine geschftsmßige, wirtschaftliche Ttigkeit.8 Auch regelmßiges Ttigwerden ist als solches noch keine geschftliche bzw. 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1974, 404, 407. 2 Schmidt-Liebig, StuW 1978, 137, 141; J. Lang in T/L, § 5 Rz. 45; Ruppe, § 2 Rz. 44; Stadie in R/D, § 2 Anm. 274 mwN.; aA. W. Wagner, StuW 1991, 61; Klenk in S/R, § 2 Rz. 8; H.-F. Lange, FS Offerhaus, 1999, S. 701, 712; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 35 f. 3 Vgl. zum Typusbegriff Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, 286 ff.; Pawlowski, Methodenlehre fr Juristen, 3. Aufl. 1999, § 5 Rz. 147 ff.; J. Lang in T/L, § 5 Rz. 45 mwN.; BVerfG, NJW 1996, 2644. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1985, 173; 1985, 176, 180; 1987, 512, 515: „wie ein Hndler“. 5 EuGH, UR 2005, 324 Tz. 42. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1985, 173; 1985, 176, 180; 1986, 874, 876; 1987, 512, 515; 1987, 653; 1995, 559, 561. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 274; BFH/NV 1997, 719; 2002, 1503. 8 Das folgt auch im Umkehrschluß aus Art. 4 Abs. 3 der 6. EG-RL, wonach die Mitgliedstaaten auch solche Personen, die gelegentlich eine der Abs. 2 genannten Ttigkeiten ausben, als Steuerpflichtige betrachten knnen; vgl. auch EuGH, EuGHE 1996, I-4517 = UR 1996, 418, Tz. 20.

86

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

wirtschaftliche Ttigkeit. Wer in regelmßigen Abstnden ausgemusterten Hausrat o. . verußert, handelt nicht nach einem an Marktgegebenheiten orientierten Plan, sondern reagiert nur auf den Wechsel eigener Bedrfnisse. Die Geschftlichkeit/Planmßigkeit zeigt sich typischerweise im Unterhalten eines Geschftsbetriebs. Dieses Merkmal ist jedoch nicht zwingend und kann im Rahmen der Gesamtbildbetrachtung vernachlssigt werden, wenn die Geschftlichkeit/Planmßigkeit auf andere Weise und auch weitere Merkmale hinreichend ausgeprgt sind.1

5.60

Die gewerbliche oder berufliche (unternehmerische) Ttigkeit wird im allgemeinen auch durch den Umfang und die Intensitt2 der Ttigkeit geprgt. Je umfangreicher und intensiver eine zur berschußerzielung geeignete Bettigung ist, d. h. je mehr Zeit und Arbeitskraft sie in Anspruch nimmt, desto mehr erhlt sie das Geprge des Gewerblichen/Beruflichen. Die Hhe der Einnahmen, auf die der BFH zuweilen abgestellt hat3, spielt nur dann eine Rolle, wenn die Geschftlichkeit bzw. Intensitt der Bettigung zweifelhaft ist. Sind diese Merkmale ausgeprgt, so ist die Hhe der Einnahmen ohne Bedeutung.4 Anderenfalls kann aus ihr bzw. der Gewinnspanne regelmßig auf die geschftliche Wiederholungsabsicht geschlossen werden.5

5.61

(2) Ein weiteres charakteristisches Merkmal der unternehmerischen Ttigkeit ist, daß sie auf Dauer angelegt ist. Das heißt indes nicht, daß stndig Umstze erbracht werden mssen. Zwischen diesen knnen grßere Abstnde liegen, sofern auf Grund der Eigenart der Umstze die Ttigkeit nach dem Gesamtbild anhand der brigen Merkmale gleichwohl als unternehmerisch gewertet werden kann (Saisonbetriebe u. .). Die Unternehmereigenschaft entfllt dann in der Zwischenzeit nicht (s. auch Rz. 153). Das Dauermoment ist jedoch kein zwingend erforderliches Merkmal, so daß selbst eine kurzfristige Ttigkeit, die intensiv ausgebt wird und fr diese Zeit den brigen typischen Merkmalen der Gewerblichkeit entspricht, unternehmerisch sein kann.6

5.62

(3) Ein charakteristisches Merkmal der gewerblichen/beruflichen, d. h. wirtschaftlichen Ttigkeit ist zwar das Anbieten der Leistungen am Markt7, dieses Merkmal kann jedoch regelmßig vernachlssigt werden8, da es im Hinblick

5.63

1 2 3 4 5 6

7 8

Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 744, 745; BFH/NV 1995, 740; vgl. auch BFH/NV 2002, 1503. Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 274; 1997, 368; BFH/NV 2002, 1503. Vgl. BFH, BStBl. II 1992, 269; 1993, 562; 1993, 810; BFH/NV 1995, 741. Dafr sprechen auch Art. 24 Abs. 2 der 6. EG-RL und § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG (Kleinunternehmerbefreiung; dazu Rz. 17.2). Vgl. EuGH, EuGHE 1996, I-4517 = UR 1996, 418, Tz. 29; Stadie in R/D, § 2 Anm. 297. Vgl. BFH, BFH/NV 1993, 59 (An- und Verkauf nicht unerheblicher Mengen Edelmetall innerhalb eines krzeren Zeitraums); BFH, BStBl. II 1994, 274 (Herausgabe einer Festschrift mit Werbeanzeigen durch einen Karnevalsprinzen). Vgl. BFH, BStBl. II 1985, 176, 180; 1986, 874, 876; 1987, 744; BFH/NV 1997, 719; 2002, 1503. Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 653; 1999, 534, 539; BFH/NV 1994, 832 (Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich).

87

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

auf das Gesetzesziel, die Verbraucherversorgung zu besteuern, keinen Unterschied machen darf, ob die Leistungen mehreren Interessenten angeboten oder von vornherein nur gegenber einem Abnehmer erbracht werden. Beispiele: Ein selbstndiger Rundfunkermittler, der nur fr eine Sendeanstalt ttig ist, ist Unternehmer.1 Dasselbe gilt fr ein Aufsichtsratsmitglied, das nur fr eine Gesellschaft berufen worden ist.

5.64

(4) Ein typisches Merkmal der gewerblichen oder beruflichen, d. h. unternehmerischen Ttigkeit ist des weiteren, auch wenn es auf die Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommt (Rz. 84), daß sie in einer Art und Weise ausgebt wird, die objektiv geeignet ist, auf Dauer einen berschuß abzuwerfen.2 Anderenfalls liegt keine „wirtschaftliche“ bzw. „berufliche“ Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL vor (zur sog. Liebhaberei bei natrlichen Personen Rz. 87 ff.). Das Erfordernis der Geeignetheit zur berschußerzielung ist nur bei nicht natrlichen Personen im Rahmen der Gesamtbildbetrachtung unerheblich (Rz. 84 f.).

5.65

(5) Wesensbestimmendes Merkmal eines Gewerbes bzw. Berufes ist es, daß die Ttigkeit den Rahmen einer Vermgensverwaltung berschreitet. (Fr den einkommensteuerrechtlichen Gewerbebetrieb folgt das im Erst-Recht-Schluß aus § 14 Satz 1 AO3; hierbei handelt es sich letztlich jedoch nur um eine Klarstellung.) Vermgensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermgen lediglich genutzt, insbesondere Kapitalvermgen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermgen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 Satz 3 AO). Diese Wertung mßte auch fr die Begriffe „gewerbliche oder berufliche Ttigkeit“ des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG gelten. Folglich fiele insbesondere die Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermgen nicht unter § 2 Abs. 1 UStG, d. h. sie knnte nicht die Unternehmereigenschaft begrnden. Gleichwohl ist aus § 4 Nr. 12 iVm. § 9 Abs. 1 UStG der Schluß zu ziehen, daß die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermgen als unternehmerisch anzusehen ist (Rz. 74; zur Kapitalberlassung s. Rz 72). cc) Gesamtbildbetrachtung

5.66

Die Zuordnung einer Ttigkeit verlangt eine Gesamtbildbetrachtung im Einzelfall (Rz. 57).4 Die fr den Typus charakteristischen Merkmale brauchen nicht smtlich vorzuliegen, d. h. das eine oder andere Merkmal kann im Einzelfall fehlen oder von schwcherer Bedeutung sein. Die Zuordnung verlangt 1 Vgl. BFH, BFH/NV 1994, 832; BStBl. II 1999, 534, 538 f. 2 Stadie in R/D, § 2 Anm. 293; vgl. auch FG Saarland, EFG 2003, 269; aA. Reiß in R/K/ L, § 2 Rz. 60. 3 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 261 mwN. 4 Auch der BFH spricht hufig von „Gesamtbildbetrachtung“, die er jedoch auf die Beurteilung der Nachhaltigkeit bezieht, bei der diese jedoch nicht weiterhelfen kann (Rz. 55).

88

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

eine Wertung, die die Verkehrsanschauung zu bercksichtigen und auf den Grad der hnlichkeit mit dem Typus (Urbild) abzustellen hat. Dabei sind ggf. noch spezifische Merkmale oder besondere Umstnde zu bercksichtigen, wie z. B. bei einer Nebenttigkeit Kenntnisse und Erfahrungen aus einer unselbstndigen Hauptttigkeit (vgl. Rz. 83). Die Wrdigung des Gesamtbildes ist eine Tatsachenfeststellung, die revisionsrechtlich nur hinsichtlich der Frage berprfbar ist, ob dem Finanzgericht bei der tatschlichen Wrdigung Rechtsverstße unterlaufen sind.1 c) Fallgruppen aa) Verußerungsttigkeiten Die Verußerung von Gegenstnden und anderen Wirtschaftsgtern fhrt nur dann zur Gewerblichkeit, wenn die Gegenstnde zum Zwecke der Verußerung angeschafft, hergestellt oder durch Urproduktion gewonnen worden waren.2 Der planmßige vorherige Erwerb mit auf Gterumschlag gerichteter Absicht ist charakteristisches Merkmal eines Hndlers.3 Folglich wird ein Sammler von Briefmarken, Mnzen, Antiquitten usw., der seine Objekte in mehreren Teilpartien an Hndler oder ber Auktionen verkauft, nicht zum Unternehmer, auch wenn die Sammlung umfangreich ist und einen erheblichen Wert hat.4 Daran ndert sich m. E. auch dann nichts, wenn die Auflsung durch den Sammler selbst unter erheblichem Arbeits- und Zeitaufwand erfolgt, indem er Preislisten versendet und Anzeigen in Fachzeitschriften aufgibt.5 Dasselbe hat zu gelten, wenn eigener Hausrat, Schmuck u. . in grßerem Umfang verußert wird6 (anderenfalls wre die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG anzuwenden; vgl. Rz. 17.97, 17.106).

5.67

Diese Sichtweise wird durch Art. 26a Teil A Buchst. c der 6. EG-RL besttigt, wonach ein steuerpflichtiger Wiederverkufer ist, wer „im Rahmen seiner gewerblichen Ttigkeit Gebrauchtgegenstnde, Kunstgegenstnde, Sammlungsstcke oder Antiquitten kauft . . . oder zum Zwecke des Wiederverkaufs einfhrt“ (ebenso § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UStG, wonach die Gegenstnde „an den Wiederverkufer“ geliefert worden sein mssen; dazu Rz. 17.89). Aus dieser Bestimmung folgt, daß die Unternehmereigenschaft bei der Verußerung der genannten Gegenstnde nur dann begrndet wird, wenn diese zum

5.68

1 2 3 4 5

BFH, BStBl. II 1996, 368; BFH/NV 2004, 540; 2004, 1674. Zum An- und Verkauf von Wertpapieren vgl. EuGH, UR 2004, 292, Tz. 57 ff. BFH, BStBl. II 1987, 521; 1987, 752. Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 521; 1987, 752. AA. Offerhaus, UR 1991, 279, 281; vgl. auch die den BFH-Beschl., BFH/NV 2002, 1503, betreffende FG-Entscheidung. Meine ursprnglich ebenfalls gegenteilige Auffassung (UR 1987, 324; Vorsteuerabzug, 44) habe ich aufgegeben; Stadie in R/D, § 2 Anm. 308 ff. 6 AA. BFH, BStBl. II 1993, 379, fr die Verußerung einer geerbten privaten Kunstsammlung; vgl. auch BFH, BStBl. II 1979, 530; 1991, 776, zur Verußerung von sog. Jahreswagen durch Arbeitnehmer eines Automobilherstellers.

89

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Zweck des Wiederverkaufs erworben worden waren. Dem kuflichen Erwerb ist allerdings der unentgeltliche Erwerb gleichzustellen.1 bb) Erbringung aktiver Dienstleistungen 5.69

Bei der Erbringung von sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) in Gestalt aktiven Verhaltens ist im allgemeinen die Ttigkeit als unternehmerisch anzusehen, wenn sie geschftsmßig erfolgt (Rz. 59), auf eine gewisse Dauer angelegt ist (Rz. 62) und derart ausgebt wird, daß sie geeignet ist, einen berschuß abzuwerfen (Rz. 64). Nur dann liegt nach der Verkehrsauffassung eine „berufliche“ und damit wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL (Rz. 6) vor. Der Leistungsbegriff ist weit zu fassen (vgl. Rz. 2.4 ff.).

5.70

Die Rechtsprechung hat die Unternehmereigenschaft u. a.2 bejaht bei – einer Prostituierten, auch wenn die Dienstleistungen (Rz. 2.4) nur wenige Monate fr den jeweiligen Geldbedarf erfolgen3; – der mehrmaligen Entgegennahme von Schmiergeldern durch Arbeitnehmer4, weil sie damit selbstndig (Rz. 33) Dienstleistungen erbringen (Rz. 2.8); – Kartenspielern, wenn sie die Ttigkeit geschftsmßig (berufsmßig) ausben5; – der berlassung von Werbeflchen auf einem Fahrzeug6.

5.71

Die kurzfristige Vermietung beweglicher und unbeweglicher Gegenstnde an wechselnde Mieter fhrt zur Unternehmereigenschaft, wenn die Ttigkeit geschftsmßig (Rz. 59) betrieben wird. Bei der kurzfristigen Vermietung eines einzelnen Freizeitgegenstandes (Wohnmobil, Segelyacht u. .) fehlt es regelmßig an dieser Voraussetzung, so daß die Unternehmereigenschaft wegen sog. Liebhaberei zu verneinen ist (Rz. 87 f., 91).

5.72

Mit der Gewhrung von Darlehen und hnlichen Formen der Kreditgewhrung werden sonstige Leistungen gegen Entgelt erbracht, weil demjenigen, der die Zinsen dafr zahlt, ein wirtschaftlicher Vorteil in Gestalt der Kapitalnutzung verschafft wird (Rz. 2.8).7 Das gilt auch fr Spareinlagen und das Halten von festverzinslichen Wertpapieren; die gegenteilige Auffassung8 verkennt, 1 Folglich kann ein gemeinntziger Verein, der regelmßig ihm durch Schenkung oder von Todes wegen zugewendete Gegenstnde verußert, dadurch zum Unternehmer werden; vgl. BFH, BStBl. II 1994, 57. 2 Zu weiteren Beispielen s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 325. 3 BFH, BStBl. II 1987, 653; BFH/NV 1988, 128. 4 FG Hamburg, EFG 1990, 542; FG Nrnberg, UR 1995, 334; Nds. FG, EFG 1997, 182; 2000, 659. 5 BFH, BStBl. II 1994, 54. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 810; 2003, 438. 7 Vgl. auch EuGH, EuGHE 1996, I-3695 = UR 1996, 304, Tz. 17; EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530, Tz. 26; EuGH, UR 2004, 292, Tz. 65 ff. 8 AA. Shn, StuW 1975, 166; BFH, BStBl. II 1973, 172; widersprchlich EuGH; EuGHE 1997, I-745 = UR 1997, 141, Tz. 18 f.

90

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

daß auch in diesen Fllen einem anderen Kapital zur Nutzung gegen Zinsen berlassen wird.1 Fr die Unternehmereigenschaft muß allerdings hinzukommen, daß diese Ttigkeit dem Typus des Unternehmers entspricht, d. h. eine wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-RL darstellt. Das ist nicht der Fall, wenn es sich nur um die Vermgensverwaltung eines privaten Anlegers handelt.2 Der stille Gesellschafter wird durch seine Einlage, selbst wenn man eine Dauerleistung gegen Entgelt bejaht, nicht zum Unternehmer, weil er lediglich die Chance erwirbt, einen Gewinnanteil zu erhalten. Das ist keine wirtschaftliche Ttigkeit (vgl. Rz. 44). cc) Nutzungsberlassungen auf Dauer Bei der berlassung eines unbeweglichen oder beweglichen, krperlichen oder unkrperlichen Gegenstandes zur Nutzung auf Dauer in Gestalt der Vermietung, Verpachtung, Einrumung dinglicher Nutzungsrechte, Lizenzgewhrung u. . liegt nach der Rechtsprechung Nachhaltigkeit vor, weil ein langfristiges Dulden fremder Eingriffe in den eigenen Rechtskreis gegeben sei.3 Damit ist jedoch lediglich die Nachhaltigkeit des Verhaltens, nicht aber eine gewerblich/berufliche Ttigkeit begrndet. Die Nutzungsberlassung ist nmlich keine „Ttigkeit“, sondern ein passives Verhalten in Gestalt des Duldens (Rz. 7.56). Allerdings ist § 2 Abs. 1 UStG weit auszulegen, so daß unter Ttigkeit jedes Verhalten, das nach § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG Gegenstand einer sonstigen Leistung sein kann, zu verstehen ist (Rz. 40).

5.73

Problematischer scheint zu sein, daß unter den Begriff „gewerbliche oder berufliche Ttigkeit“ nicht die Vermgensverwaltung fllt (Rz. 65). Es kann indes dahinstehen, ob bereits aus der Formulierung „jede Ttigkeit“ in § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, die als „jedes Verhalten“ zu verstehen ist (Rz. 40), folgt, daß auch die Vermgensverwaltung eine unternehmerische Ttigkeit im Sinne des Gesetzes sein kann, denn jedenfalls ist fr die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermgen aus § 4 Nr. 12 Satz 1 iVm. § 9 Abs. 1 UStG der Wille des Gesetzes abzuleiten, daß diese und hnliche Nutzungsberlassungen (umsatzsteuerrechtlich) unternehmerisch sein knnen.4 Diese Bestimmungen drfen nicht in der Weise ausgelegt werden, daß sie nur die

5.74

1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 236; Ruppe, § 1 Rz. 44. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 1996, I-3695 = UR 1996, 304, Tz. 18; EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530, Tz. 28; ferner EuGH, EuGHE 1996, I-3013 = UR 1996, 423, Tz. 36. 3 Vgl. RFH, RStBl. 1939 (Vermietung, Lizenzvergabe); BFH, HFR 1961, 262; 1966, 94 (Patentlizenz); BFH, BStBl. II 1972, 238 (Nießbrauchseinrumung); 1992, 269 (Vermietung). 4 Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL fingiert zwar fr die Flle der Nutzungsberlassung eine wirtschaftliche Ttigkeit, daraus kann jedoch fr die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermgen nicht das Gebot zur richtlinienkonformen Auslegung des § 2 Abs. 1 UStG folgen, weil die Richtlinie die Umstze als steuerfrei ansieht und den Mitgliedstaaten nicht vorschreibt, die Mglichkeit des Verzichts auf die Steuerbefreiung vorzusehen (Art. 13 Teil B Buchst. b und Teil C Buchst. a der 6. EG-RL).

91

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Vermietungen usw. von solchen Immobilien erfassen sollen, die zu einem echten gewerblichen oder beruflichen Unternehmen gehren. Eine solche restriktive Interpretation wre gleichheitswidrig, weil sie die Mglichkeit zum Verzicht auf die Steuerbefreiung von der Zugehrigkeit der Immobilie zu einem Unternehmen abhngig machen und damit den Nur-Vermieter benachteiligen wrde. 5.75

Die typischen (charakteristischen) Merkmale einer echten gewerblichen/beruflichen Ttigkeit sind bei der langfristigen Nutzungsberlassung von Gegenstnden fr die Bejahung der Unternehmereigenschaft nicht zu fordern. Das zugrunde liegende Dauerschuldverhltnis ist auf die Dauerhaftigkeit der Einnahmeerzielung gerichtet und erfordert keinen Geschftsbetrieb, der lediglich Merkmal einer aktiven Ttigkeit ist und der Vermgensverwaltung fremd ist; ebensowenig kommt es auf die Hhe der Einnahmen an.1

5.76

Die Vermietung oder Verpachtung eines einzelnen Grundstcks, Gebudes oder Raumes ist folglich grundstzlich unternehmerisch.2 Entsprechendes gilt fr die Einrumung eines dinglichen Nutzungsrechts gegen Entgelt.3 Auch die langfristige Vermietung eines beweglichen Gegenstandes ist aus diesen Grnden regelmßig als unternehmerische Ttigkeit anzusehen.4

5.77

Auch die entgeltliche Einrumung einer Lizenz oder eines hnlichen Nutzungsrechts5 durch den Inhaber eines Patentes, Urheberrechtes oder eines hnlichen Rechtes stellt keine Ttigkeit dar, sondern ist lediglich die Erbringung einer Dauerleistung in Gestalt des dauerhaften Duldens (vgl. Rz. 7.55 f.). Sofern diese nicht im Rahmen des Unternehmens, in dem die Erfindung6 usw. gemacht wurde, erfolgt und schon deshalb unternehmerisch ist, fragt sich folglich, ob mit dieser Duldungsleistung die Unternehmereigenschaft begrndet wird. Die Rechtsprechung hat das stets bejaht, ohne darauf einzugehen, daß das Gesetz eine „Ttigkeit“ verlangt.7 Beispiel: Der Erbe eines Unternehmers fhrt das Unternehmen nicht fort, vereinnahmt aber weiterhin Lizenzzahlungen fr Erfindungen des Erblassers. Der Erbe erbringt zwar eine Dauerleistung in Gestalt des Duldens, diese fhrt auch zu nachhaltigen Einnahmen, nur handelt es sich nicht um eine Ttigkeit, wie § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG verlangt, sondern um ein passives Verhalten in Gestalt des Duldens eines Zustandes. 1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 331 f. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1992, 541; 1993, 210; BFH/NV 2000, 1318 = UR 2000, 377 = BStBl. II 2004, 310; EuGH, EuGHE 2000, I-419 = UR 2000, 121. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1972, 238 (Nießbrauch); RFH, RStBl. 1934, 930; 1937, 1059 (beschrnkt persnliche Dienstbarkeit); RFH, RStBl. 1933, 1343; EuGH, EuGHE 1990, I-4363 = UR 1992, 141 (Bestellung eines Erbbaurechts gegen laufenden Erbbauzins). 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1990, 100; 1992, 269; 1993, 530; 1993, 562; 1994, 829. 5 Zur Unternehmereigenschaft des Schriftstellers s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 359 ff. mwN. 6 Die Erfinderttigkeit als solche ist nicht unternehmerisch, da sie ihrer Natur nach nicht derart angelegt ist, daß sie auf Dauer einen berschuß erwarten lßt (vgl. Rz. 64 u. 90). 7 Vgl. RFH, RStBl. 1939, 662; BFH, HFR 1961, 262; 1966, 94; BStBl. III 1962, 264, 265; BStBl. II 1973, 768, 769 aE.

92

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL erfaßt diese Flle durch eine Fiktion, da es sich bei Urheberrechten u. . Rechten um nicht krperliche Gegenstnde handelt (Rz. 7.4). Das deutsche Umsatzsteuergesetz enthlt zwar keine derartige Regelung, gleichwohl muß aus § 3 Abs. 9 Satz 2 iVm. § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG (dazu Rz. 8.97) geschlossen werden, daß auch diese Flle die Unternehmereigenschaft begrnden, so daß der Begriff „Ttigkeit“ in § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG als „Verhalten“ zu verstehen ist (Rz. 40). dd) Verzicht auf die Ausbung einer Ttigkeit Der Verzicht auf die Ausbung einer selbstndigen gewerblichen oder beruflichen, d. h. unternehmerischen Ttigkeit stellt eine Dauerleistung in Gestalt des fortwhrendes Unterlassens dar (§ 3 Abs. 9 Satz 2 UStG), weil dem Vertragspartner dadurch ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft wird (Rz. 2.4). Typischer Fall ist das sog. Wettbewerbsverbot. Dieses dauerhafte Unterlassen ist nach der Verkehrsauffassung als eine unternehmerische „Ttigkeit“ zu werten, da ein solches Verhalten blicherweise nur gegenber anderen Unternehmern erbracht wird und es keinen Unterschied machen kann, ob Einnahmen in der Weise erzielt werden, daß aktiv eine gewerbliche oder berufliche Ttigkeit ausgebt wird, oder ob dasselbe Ergebnis dadurch erreicht wird, daß auf die Ausbung einer solchen Ttigkeit gegen fortwhrendes Entgelt verzichtet wird (vgl. auch Rz. 40). Diese Wertung wird durch § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG1 (Rz. 8.113) besttigt, denn wenn das Gesetz den Ort der sonstigen Leistung in Gestalt eines solchen Verzichts festlegt, so ergibt das nur einen Sinn, wenn das Gesetz davon ausgeht, daß diese Ttigkeit berhaupt steuerbar ist.2

5.78

Beispiel:

5.79

Ein aus einer GmbH ausscheidender Gesellschafter-Geschftsfhrer verpflichtet sich, fr zehn Jahre in der Branche der Gesellschaft weder selbstndig noch unselbstndig ttig zu werden. Dafr erhlt einen Einmalbetrag von 5 Mio. Euro. Die Einhaltung des Wettbewerbsverbots fhrt aus den o. g. Grnden zu einer unternehmerischen Ttigkeit. Das gilt auch, soweit sie die Nichtausbung einer unselbstndigen Ttigkeit betrifft, da nur das Unterlassen sowohl der selbstndigen als auch der unselbstndigen Ttigkeit einen Sinn ergibt und deshalb beide Formen untrennbar miteinander verknpft sind.

ee) Einmalige Ttigkeiten Die Erbringung nur eines einzigen Umsatzes kann eine unternehmerische Ttigkeit darstellen, da das Gesetz nicht auf die Zahl der Umstze abstellt, sondern danach fragt, ob die „Ttigkeit“ gewerblich oder beruflich oder einer solchen vergleichbar ist (Rz. 56 f.). Ziehen sich die Vorbereitungs- und/oder Ausfhrungshandlungen fr diesen einen Umsatz ber einen lngeren Zeitraum hin und erfordern diese einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand 1 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL. 2 Stadie in R/D, § 2 Anm. 347; jetzt auch BFH, BStBl. II 2004, 472, unter Aufgabe von BFH, BStBl. II 1986, 874.

93

5.80

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

(vgl. Rz. 61), so kann es sich nach dem Gesamtbild (Rz. 66) um eine unternehmerische Ttigkeit handeln1 (Beispiel: Erledigung eines Forschungsauftrages durch eine fr diesen Zweck gegrndete und danach wieder aufgelste BGBGesellschaft2). 5.81

Das gilt insbesondere auch fr von Unternehmern gebildete Gelegenheitsgesellschaften, die den unternehmerischen Zwecken der Gesellschafter dienen, d. h. unternehmerische Hilfsfunktionen wahrnehmen. Beispiel: Eine von mehreren Bauunternehmern gebildete sog. Arbeitsgemeinschaft, deren alleiniger Zweck in der Erfllung eines einzigen Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages besteht, ist gleichwohl Unternehmer, weil ihre wirtschaftliche Ttigkeit3 „in den gewerblichen Sektor fllt, also typisch gewerblich ist“4.

5.82

Auch die Verwaltung fremden Vermgens begrndet die Unternehmereigenschaft, wenn die Durchfhrung sich ber einen lngeren Zeitraum erstreckt und einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand verlangt. Ob die Vergtung zeitabschnittsweise (fr Teilleistungen, dazu Rz. 12.13) oder in einem Einmalbetrag gezahlt wird, ist unerheblich. Verwaltende5 Testamentsvollstrecker6, Nachlaßverwalter, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter u. . Vermgensverwalter (Treuhnder) werden folglich durch diese Ttigkeit zum Unternehmer. Entsprechendes gilt fr Aufsichtsrats-7 oder Beiratsmitglieder8.

5.83

Die einmalige Ttigkeit als Prfer in einer Prfungskommission, als Schiedsrichter in einem Schiedsgerichtsverfahren, als Gutachter usw. wrde, da das Dauermoment fehlt, fr sich gesehen nicht die Unternehmereigenschaft begrnden. Eine solche Ttigkeit kann jedoch nur auf Grund der Kenntnisse und Erfahrungen ausgebt werden, die in einem selbstndig oder unselbstndig ausgebten Beruf gewonnen wurden. Nach dem Gesamtbild ist deshalb eine solche Ttigkeit wegen der Ausnutzung beruflicher Erfahrungen und Kenntnisse als beruflich zu werten, ohne daß es auf die Zahl der Auftrge ankommt.9 1 Vgl. Schmidt-Liebig, BB 1984, Beilage 14, S. 9; Stadie, Vorsteuerabzug, 46; Reiß in R/ K/L, § 2 Rz. 54 f.; ferner BFH, BStBl. II 2000, 241. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 2000, 241. 3 Vgl. auch die Fiktion des § 2a GewStG, wonach die Arbeitsgemeinschaft lediglich nicht als Gewerbebetrieb „gilt“, woraus im Umkehrschluß folgt, daß sie eigentlich einen darstellt (vgl. auch § 180 Abs. 4 AO). 4 BFH, HFR 1962, 45. 5 Auch eine Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung begrndet die Unternehmereigenschaft, wenn sich diese Ttigkeit ber einen lngeren Zeitraum hinstreckt und wegen des Umfangs des Nachlasses eine Vielzahl von Handlungen verlangt; BFH, BFH/NV 1992, 418; 1996, 938; 2002, 1504; weitere Nw. bei Stadie in R/D, § 2 Anm. 355. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1976, 57; BFH/NV 1992, 418. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 42; 1995, 150. 8 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 150. 9 Stadie in R/D, § 2 Anm. 366.

94

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

Entsprechendes gilt fr den gelegentlichen Vortrag bzw. Zeitschriftenbeitrag1 und die Mitgliedschaft in Gremien und Kommissionen.2 3. Fehlende Gewinnerzielungsabsicht a) Allgemeines Dem Typus der gewerblichen und beruflichen Ttigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht immanent. Demgegenber bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, daß die Gewinnerzielungsabsicht fehlen kann.3 Auch nach Art. 4 Abs. 1 der 6. EGRL ist es „gleichgltig (,) zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis“ die Ttigkeit ausgebt wird. Das entspricht dem Konzept einer allgemeinen Verbrauchsteuer, bei der es nicht darauf ankommt, ob der Verbraucherversorger gewinnorientiert handelt oder nicht, da dieser nur Gehilfe des Staates bei der Besteuerung der Verbraucher ist (Rz. 1). Das Gebot der Wettbewerbsneutralitt der Umsatzsteuer (Rz. 1.42 ff., 1.61) verlangt zudem, daß alle konkurrierenden Verbraucherversorger in gleicher Weise der Umsatzsteuer unterliegen, da anderenfalls die Abwlzbarkeit auf den Verbraucher bei den mit Gewinnerzielungsabsicht Ttigen nicht gewhrleistet wre. Das Gesetz hat mit § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG neben den juristischen Personen des ffentlichen Rechts (Rz. 271 ff.) primr solche Bettigungen im Auge, die zu gemeinntzigen u. . Zwecken erfolgen, sowie Personenvereinigungen, die nur der Versorgung der Mitglieder dienen.

5.84

Wenngleich die Gewinnerzielungsabsicht fehlen kann, so heißt das nicht, daß prinzipiell das Erzielen von Einnahmen ausreicht. Der Verzicht des Gesetzes auf die Gewinnerzielungsabsicht bedeutet lediglich, daß die Ttigkeit nicht von dem Motiv getragen sein muß, Gewinne zu erzielen. Grundstzlich ist es erforderlich, daß zumindest aber Kostendeckung angestrebt wird, da anderenfalls keine wirtschaftliche (Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL), sondern eine unwirtschaftliche Ttigkeit vorliegt. Bei einer natrlichen Person muß hinzukommen, daß die Ttigkeit derart angelegt ist, daß sie objektiv geeignet ist, auf die Dauer gesehen berschsse abzuwerfen (Rz. 88). Hingegen kommt es bei einer Personengesellschaft, die von mehreren Unternehmern gegrndet ist, nicht auf die Wirtschaftlichkeit der Ttigkeit an, da die Unternehmereigenschaft der Gesellschafter auf die Gesellschaft ausstrahlt und ihr nach der Verkehrsauffassung das unternehmerische Geprge gibt.

5.85

Auf das Ergebnis der wirtschaftlichen Ttigkeit kommt es nicht an (Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL). Folglich stehen mehrjhrige Verluste der Annahme der Unternehmereigenschaft nicht entgegen, sofern bzw. solange sie das Ergebnis einer wirtschaftlichen Ttigkeit sind. Bei Bettigungen natrlicher Personen sind sie jedoch ein starkes Indiz fr eine nicht wirtschaftliche, nicht geschftsmßige Ttigkeit (Rz. 88, 90).

5.86

1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 363. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 2000, 597. 3 Ebenso § 14 Satz 2 AO fr den wirtschaftlichen Geschftsbetrieb.

95

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

b) Sog. Liebhaberei 5.87

Das Einkommensteuerrecht versteht unter dem Schlagwort „Liebhaberei“ eine Bettigung, der die Einknfteerzielungsabsicht fehlt, weil sie keinen Gewinn oder Einnahmeberschuß anstrebt. Verluste aus einer solchen Bettigung werden nicht als negative Einknfte anerkannt, so daß sie nicht mit positiven Einknften verrechnet werden knnen.1 Fr das Umsatzsteuerrecht wird demgegenber aus der Aussage des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, wonach die Gewinnerzielungsabsicht fehlen kann, von der ganz h. M. geschlossen, daß eine derartige Liebhabereibettigung unternehmerisch sein knne, d. h. die fr das Einkommensteuerrecht entwickelten Kriterien unbeachtlich seien.2 Diese Auffassung ist schon insofern verfehlt, als sie von der irrigen Annahme ausgeht, daß einkommensteuerrechtlich die Gewinnerzielungsabsicht positiv festzustellen sei. Da die Anknpfung an Motive im Steuerrecht generell sachwidrig ist und diese zudem nicht nachprfbar sind, handelt es sich bei der Gewinnerzielungsabsicht ohnehin nur um ein Scheinkriterium, von dessen Vorliegen im Regelfall auszugehen ist (siehe auch § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG, wonach die Gewinnerzielungsabsicht nur Nebenzweck zu sein braucht, mithin im allgemeinen anzunehmen ist). Auch die Rechtsprechung zur Einkommensteuer stellt nur darauf ab, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen einen berschuß abwerfen kann.3

5.88

Diese einkommensteuerrechtliche Sichtweise gilt richtigerweise auch fr die umsatzsteuerrechtliche Frage, ob bei einer natrlichen Person eine unternehmerische Ttigkeit vorliegt. Wird eine Ttigkeit in einer Weise ausgebt, die nicht geeignet ist, auf Dauer gesehen einen berschuß abzuwerfen, und werden die Ursachen des dauernden Verlustes, obwohl abstellbar, nicht beseitigt, so spricht das gegen die Gewerblichkeit/Beruflichkeit (wer von einer solchen Ttigkeit leben mßte, wrde sie in dieser Weise gar nicht erst beginnen bzw. sofort einstellen). Eine solche Bettigung erfolgt aus privaten (nichtunternehmerischen) Motiven, d. h. dient der Befriedigung privater Bedrfnisse (Neigungen, Interessen, Hobbies)4, der lediglich der ußere Schein des Unternehmerischen gegeben wird. Eine solche Bettigung ist keine wirkliche unternehmerische, d. h. keine „wirtschaftliche“ bzw. „berufliche“ Ttigkeit (Art. 4 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 der 6. EG-RL). Da der Unternehmerbegriff ein Typusbegriff ist (Rz. 57), ist auch bei dieser Abgrenzungsfrage typologisch vorzugehen.5

1 Vgl. Kirchhof in Kirchhof, EStG, § 2 Rz. 48 f. mwN. 2 BFH, UR 1992, 202; BMF, UR 2000, 399; BStBl. I 2001, 804, Rz. 13; Nds. FG, EFG 2001, 177; Reiß in T/L, § 14 Rz. 129; Klenk in S/R, § 2 Rz. 180 („Liebhaberei“); Birk, Steuerrecht, 7. Aufl. 2004, Rz. 1291 (Beisp. 1); Heidner in B/G, § 2 Rz. 47: vgl. auch BFH, BStBl. II 1999, 104; BFH/NV 2001, 311. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1984, 751, 767; 1997, 202, 205 f.; 1999, 638, 645 f.; 2000, 227. 4 Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BStBl. II 2002, 277; 2002, 861. 5 Vgl. Ruppe, § 2 Rz. 248; aA. Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 60.

96

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit Das sterreichische Umsatzsteuergesetz bestimmt ausdrcklich in § 2 Abs. 5 Nr. 2 UStG, daß eine Ttigkeit nicht als gewerblich oder beruflich gilt, „die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmeberschsse nicht erwarten lßt (Liebhaberei)“. Hierzu ist die sterreichische Liebhabereiverordnung ergangen.1 Angesichts dieser sterreichischen Regelung, die – zu Recht – fr sich in Anspruch nimmt, mit Art. 4 der 6. EG-RL zu vereinbaren zu sein, muß der BFH (oder ein Finanzgericht) die Frage dem EuGH vorlegen, ob die deutsche gegenteilige h. M. Art. 4 der 6. EG-RL entspricht. Die deutsche Finanzverwaltung ist nach Art. 10 EG (Rz. 1.52) verpflichtet, einen geeigneten Fall vor Gericht zu bringen, damit die Frage geklrt werden kann.

Die Blauugigkeit und Lebensfremdheit der gegenteiligen herrschenden Ansicht in Deutschland kulminiert in dem Schreiben des BMF v. 14.7.2000, in dem es heißt: „Wenn Nachhaltigkeit gegeben ist“, kann die Unternehmereigenschaft „auch durch eine – aufgrund von Dauerverlusten [sic!] – ertragsteuerrechtlich als Liebhaberei eingestufte Ttigkeit erlangt werden“2. Diese Formulierung fordert regelrecht dazu auf, intensiv betriebene Hobbyttigkeiten, bei denen die Ausgaben bzw. Aufwendungen stets hher als die Einnahmen sind und deshalb einkommensteuerrechtlich zutreffend der Privatsphre zugeordnet werden, als unternehmerisch zu deklarieren und die dauernden Vorsteuerberschsse als Subventionierung des Hobbies zu kassieren.3

5.89

Wird eine Ttigkeit, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensfhrung begrndete Neigung zurckzufhren ist4, d. h. in den typischen Hobbybereich fllt, auf Dauer derart unwirtschaftlich ausgebt, daß keine berschsse anfallen knnen, so handelt es sich nicht um eine geschftliche (Rz. 59), mithin um eine nicht unternehmerische (wirtschaftliche) Ttigkeit. Die gettigten Umstze bezwecken lediglich, die Kosten des Hobbies zu senken (Beispiele: Pferdezucht5, Tierzucht, Freizeitlandwirtschaft, Erfinderttigkeit6, erfolglose Schriftstellerei7, knstlerische8, sportliche u. . Nebenttigkeiten). Allen diesen Bettigungen ist gemein, daß sie neben einer unselbstndigen oder selbstndigen gewerblichen oder beruflichen Ttigkeit ausgebt werden, aus deren Gewinn bzw. berschuß der Lebensunterhalt bestritten wird.

5.90

Erfolgt die Vermietung eines einzelnen Gegenstandes, der zur Gattung solcher Gegenstnde gehrt, die sich in einem besonders hohen Maße fr eine Nut-

5.91

1 Dazu Doralt/Ruppe, Rz. 1227 f. 2 BMF, UR 2000, 399, Tz. 1, zu Pferdezucht und Teilnahme an Pferderennen; ebenso Lippross, 7.8.2.1.2 g (S. 736). 3 Das Problem lßt sich entgegen Reiß, aaO., Rz. 61; ders. in T/L, § 14 Rz. 129 u. 160, auch nicht dadurch lsen, daß zwar die Umstze aus der Liebhaberei besteuert werden, jedoch der Vorsteuerabzug versagt wird. Das ist inkonsequent, denn wenn – flschlich – die Unternehmereigenschaft bejaht wird, dann mssen auch die damit zusammenhngenden Vorsteuerbetrge abziehbar sein. 4 So § 6 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 sterr. LiebhabereiVO. 5 Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BStBl. II 1991, 333; 2000, 227; BFH/NV 2003, 896; aA. zur Umsatzsteuer RFH, RStBl. 1942, 543; BMF, UR 2000, 399. 6 Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BStBl. II 1985, 424. 7 Vgl. zur Einkommensteuer, BFH, BStBl. II 1985, 515; zur Unternehmereigenschaft des Schriftstellers s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 359 ff. 8 Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BFH/NV 2003, 994.

97

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

zung im Rahmen der Lebensfhrung eignen und typischerweise einer besonderen, in der Lebensfhrung begrndeten Neigung entsprechen1, nicht geschftsmßig, so ist sie nicht unternehmerisch2. Zu diesen Gegenstnden zhlen typischerweise solche, die der Sport- und Freizeitausbung dienen. Die Vermietung erfolgt nicht geschftsmßig, wenn der Gegenstand in grßerem Umfang, vornehmlich whrend der blichen Urlaubszeiten, fr die privaten Zwecke des Vermieters genutzt wird. Beispiele: Entsprechende gelegentliche Vermietung einer Ferienwohnung3, eines Motorbootes4 bzw. einer Motoryacht5, einer Segelyacht6, eines Wohnmobils7 usw. 5.92

Der BFH scheint erkannt zu haben, daß die Bejahung der Unternehmereigenschaft in diesen Fllen zu einer Subventionierung ber den Vorsteuerabzug fhrt. Er hatte deshalb den Vorsteuerabzug bei den unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallenden Gegenstnden (Segelyachten und Motoryachten)8 ber die Besteuerung des Eigenverbrauchs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG aF. neutralisiert.9 Dabei wird § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 EStG in zweifacher Hinsicht fehlerhaft interpretiert, weil diese Bestimmung nur die Reprsentations- u. . Aufwendungen im Auge hat und die genannten Gegenstnde nicht etwa auch dann erfaßt, wenn mit ihnen die – flschlich angenommene – Unternehmerttigkeit ausgebt wird10 (Rz. 15.122). Diese Rechtsprechung fhrt zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß zwar die Umstze zu versteuern sind, aber der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Zudem ist sie willkrlich, da sie nur die Vermietung solcher Gegenstnde erfaßt, die unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallen. Der BFH sollte deshalb diese Rechtsprechung nicht zu dem entsprechenden Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG (dazu Rz. 15.120 ff.) fortfhren, sondern richtigerweise die Unternehmereigenschaft solcher Vermieter verneinen.

4. Personenvereinigungen, die nur gegenber ihren Mitgliedern ttig werden a) Allgemeines 5.93

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 aE. UStG ist eine nachhaltige Ttigkeit einer Personenvereinigung zur Erzielung von Einnahmen auch dann unternehmerisch, wenn diese nur gegenber ihren Mitgliedern ttig wird. Das ist mit Hinblick auf den Zweck der Umsatzsteuer folgerichtig. Wenn eine Personenvereinigung nur ihre Mitglieder versorgt, d. h. nur diesen gegenber Umstze erbringt, so darf die Unternehmereigenschaft der Personenvereinigung nicht deshalb entfallen, weil die Leistungen nicht auch Dritten angeboten werden. Das Gebot der Wettbewerbsneutralitt (Rz. 1.42 ff., 1.61) verlangt, daß auch diese Form der Verbrau1 2 3 4 5 6 7

So § 6 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 1 sterr. LiebhabereiVO. Hess. FG, EFG 2002, 1267; Stadie in R/D, § 2 Anm. 396 mwN. Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BStBl. II 1997, 42. Vgl. zur Einkommensteuer BFH, BStBl. II 1988, 10. AA. BFH, BStBl. II 1999, 104. Hess. FG, EFG 2002, 1267; aA. BFH, BStBl. II 2001, 76. Nur im Ergebnis ebenso BFH, BStBl. II 1997, 368; BFH/NV 1997, 719 = UR 1998, 144; vgl. auch EuGH, EuGHE 1996, I-4517 = UR 1996, 418; aA. noch BFH, BStBl. II 1990, 801; kritisch dazu Stadie, UR 1990, 347. 8 Nicht bei einem Wohnmobil, BFH/NV 2003, 666. 9 Vgl. BFH, UR 1992, 202; BStBl. II 1999, 104; 2001, 76. 10 Stadie in R/D, § 2 Anm. 400.

98

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

cherversorgung besteuert wird, da anderenfalls konkurrierende Unternehmer benachteiligt wren. Derartige Personenvereinigungen knnen sowohl Personengesellschaften (nicht Bruchteils- oder Miteigentmergemeinschaften, insbesondere auch nicht Wohnungs- und Teileigentmergemeinschaften, Rz. 13 ff.) als auch juristische Personen sein. Urtypen sind die Einkaufsgenossenschaften (Konsumvereine) und hnliche Genossenschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5–7 GenG). Handelt es sich bei der Personvereinigung um eine Personengesellschaft, deren Gesellschafter Unternehmer sind, so muß die Ttigkeit der Gesellschaft nicht dem Typus des Gewerblichen oder Beruflichen entsprechen (Rz. 101, 104 f.). b) Vereine, Verbnde u. . Interessenvereinigungen Nach der Rechtsprechung des BFH und der Verwaltungsauffassung soll die Ttigkeit eines Vereins, soweit er sich aus Mitgliedsbeitrgen finanziert, grundstzlich nicht als Erbringung von Leistungen gegenber den Mitgliedern zu werten sein. Daraus wird gefolgert, daß die Vereine regelmßig nicht als Unternehmer anzusehen seien. Zur Begrndung heißt es, die Mitgliedsbeitrge wrden im Gesamtinteresse des Vereins zur Erfllung der satzungsmßigen Zwecke erhoben; sie stnden nicht konkreten Leistungen des Vereins gegenber, weil sie unabhngig davon bemessen wrden, in welchem Umfang das Mitglied von den Einrichtungen und Leistungen des Vereins Gebrauch mache. Das Mitglied erbringe seinen Beitrag nicht, um damit eine konkrete Leistung des Vereins oder dessen Leistungsbereitschaft abzugelten. (Die Formulierungen sind unklar, da sie sowohl die Deutung zulassen, daß keine Leistungen vorliegen, als auch, daß die Beitrge keine Gegenleistungen darstellen sollen.) Ein Leistungsaustausch liege nur insoweit vor, als Leistungen des Vereins den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienten und diese dafr gesonderte Zahlungen erbrchten.1

5.94

Diese Sichtweise wird seit Jahrzehnten vom kritischen, d. h. wissenschaftlichen Schrifttum abgelehnt.2 Sofern die Ttigkeit des Vereins fr die Mitglieder zu geldwerten Vorteilen fhrt, d. h. diesen ein verbrauchbarer Nutzen verschafft wird (Rz. 2.4), liegen Leistungen vor, denen die Mitgliedsbeitrge als Gegenleistung gegenberstehen. Die Verfolgung des Satzungszwecks ndert nichts an der Tatsache, daß das Gesamtinteresse lediglich eine Bndelung gleichgelagerter Einzelinteressen ist, derenthalben sich die Mitglieder im Verein zusammengeschlossen haben.3

5.95

Beispiele: Ein Tennisspieler tritt in einen Tennisverein ein, um die Mglichkeit zu erlangen, Tennis spielen zu knnen; ein Autofahrer wird Mitglied eines Automobilclubs, um dessen Dienste in Anspruch zu nehmen. 1 RFH, RStBl. 1935, 621; BFH, BStBl. II 1974, 530; 1985, 176, 178 f.; 1994, 957; 1995, 753; Abschn. 4 Abs. 1 und 22 Abs. 1 UStR 2005. 2 Tipke, SteuerR, 2. Aufl. 1974, S. 325 (und folgende Aufl.); Shn, StuW 1975, 164, 168; Stadie, Vorsteuerabzug, 38 f.; ders. in R/D, § 2 Anm. 186 ff.; Ruppe, § 1 Rz. 116; Reiß, StuW 1987, 351; ders. in T/L, § 14 Rz. 69. 3 Shn, StuW 1975, 164, 168.

99

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Daß die Beitragshhe unabhngig vom konkreten Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen des Vereins ist, ist fr die Frage der Gegenleistung ohne Bedeutung, denn der feste Beitrag ist lediglich ein pauschaliertes Entgelt.1 Diese Auffassung ist nunmehr durch den EuGH fr Sportvereine besttigt worden.2 5.96

Fr die Sportvereine ist die Bejahung der Unternehmereigenschaft durch den EuGH indes ohne Auswirkung, da die Aufhebung der gegenteiligen Verwaltungsvorschrift3 mit der Einfhrung einer entsprechenden Steuerbefreiung4 in das Gesetz einher gehen wrde.5

5.97

Leistungen des Vereins knnen aber nicht schon deshalb bejaht werden, weil die Verfolgung des Vereinszwecks im Interesse der Mitglieder liegt. Verfolgt der Verein die Frderung rein ideeller Zwecke, so werden dadurch den Mitgliedern gegenber keine Leistungen erbracht, da ihnen kein geldwerter Nutzen (Vorteil) verschafft wird (Rz. 2.4).6 Beispiele: Verein zur Frderung der Sicherheit im Straßenverkehr; zur Verbreitung politischer, religiser oder hnlicher ideologischer Gedanken; Verein zur Frderung eines Studentenheims, von Knstlern, Universittsbibliotheken usw.

5.98

Auch Vereine, Zweckverbnde und Gesellschaften, die die Funktion einer Interessenvereinigung oder eines Berufsverbandes wahrnehmen und die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder vertreten, erbringen dadurch diesen gegenber Dienstleistungen und sind deshalb Unternehmer, auch wenn sie sich nur aus gleich hohen Mitgliedsbeitrgen (Umlagen o. .) finanzieren. Die gegenteilige7 h. M.8 ist verfehlt9 und nunmehr ebenfalls durch die o. g. EuGHEntscheidung10 Makulatur11. 1 2 3 4 5 6 7 8

9 10

11

Stadie, aaO. EuGH, EuGHE 2002, I-3293 = UR 2002, 320, Tz. 40 f. (Golfclub). Abschn. 4 Abs. 1 Satz 1 UStR 2005. Vgl. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL. Eine „Berufung“ auf eine Steuerpflicht zur Erlangung des Vorsteuerabzugs kommt nicht in Betracht; Stadie in R/D, § 2 Anm. 190.1; aA. Strahl, KSDI 2005, 14649. Ausfhrlich Ruppe, § 1 Rz. 116 f.; Stadie in R/D, § 2 Anm. 188 f. Eine Ausnahme wurde z. B. beim sog. Lohnsteuerhilfe-Verein gemacht, BFH, BStBl. II 1974, 530. RFH, RStBl. 1935, 621; BFH, BStBl. III 1964, 114; BStBl. II 1985, 176; 1988, 792; 1994, 957; BFH/NV 1993, 204; Abschn. 22 Abs. 1 und Abs. 10 (Beispiel 1) UStR 2005; Schn, DStJG 13 (1990), 81, 115; unklar Jakob, Rz. 124, 131, 898. Stadie, Vorsteuerabzug, 39; ausfhrlich ders. in R/D, § 2 Anm. 191 ff.; Ruppe, § 1 Rz. 117. EuGH, EuGHE 2002, I-3293 = UR 2002, 320, Tz. 40 f. (Golfclub). Durch diese Entscheidung – vgl. auch EuGH, EuGHE 1998, I-7623 = UR 1999, 209 – sind die gegenteiligen EuGH-Urteile, EuGHE 1982, 1277 = UR 1982, 246, und EuGHE 1988, 1443 = UR 1989, 275, berholt; dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 193 ff. Der BFH scheint seine bisherige Auffassung stillschweigend aufgegeben zu haben; vgl. BFH, BFH/NV 2002, 378 (Verbandsttigkeit gegen Beitrge); vgl. auch Hess. FG, EFG 2002, 1063 (Verein zur Beratung geschdigter Kapitalanleger).

100

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit Bei diesen Vereinigungen wre die Finanzverwaltung gezwungen, sie der Umsatzsteuer zu unterwerfen, sofern nicht Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL (Verfolgung „gewerkschaftlicher“ Ziele) als Befreiung in Betracht kme, auf die sich die Vereinigungen berufen knnten. Ein solches Berufungsrecht wird vom EuGH bejaht, obwohl nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL die Mitgliedstaaten befugt sind, zustzliche Voraussetzungen fr die Befreiung – z. B. eine ehrenamtliche Ttigkeit des Vorstandes – zu fordern (Rz. 10.128). Diese Befreiung kommt aber in keinem Fall fr Automobilclubs u. . Vereinigungen in Betracht, da diese nicht die in der Vorschrift genannten Ziele, auch keine „gewerkschaftlichen“1, verfolgen. Die Bundesregierung wird vermutlich jedoch abwarten, bis sie von der Kommission vor dem EuGH verklagt wird.

5.99

c) Kostenumlegende Kooperationsgesellschaften u. . Werden die Kosten einer BGB-Gesellschaft, die von Dritten Leistungen bezieht, welche ausschließlich den Gesellschaftern zugute kommen, auf diese umgelegt, so kann die Gesellschaft dadurch Unternehmer werden, wenn sie mit der „Weitergabe“ der bezogenen Leistungen an die Gesellschafter Leistungen gegen Entgelt erbringt. Der Unternehmereigenschaft einer solchen Gesellschaft steht nicht von vornherein entgegen, daß sie nur ihre Kosten umlegt (Rz. 85). Das wird besttigt durch Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL, wonach Dienstleistungen von „selbstndigen Zusammenschlssen von Personen“ steuerfrei sein knnen, wenn „diese Zusammenschlsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern“.

5.100

Beschrnkt sich der Zweck der Gesellschaft darauf, lediglich den gemeinsamen Bezug von Leistungen und deren gemeinsame Nutzung durch die Gesellschafter zu organisieren, so handelt es sich um eine schlichte kooperative Gesellschaft, die nicht als Unternehmer zwischengeschaltet ist.2 Empfnger der von den Dritten bezogenen Leistungen sind unmittelbar die Gesellschafter als Glubiger der gemeinsam bezogenen Leistungen (§ 432 BGB) und als Gesamtschuldner der Gegenleistung (§ 427 BGB). Bei der Kostenumlage handelt es sich schlicht um den internen Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 BGB.3 Ein etwaiger Vorsteuerabzug kommt anteilig bei den einzelnen Gesellschaftern in Betracht (Rz. 15.54). Die Gesellschaft ist nur dann als Unternehmer zwischengeschaltet, wenn sie eine eigene Leistungsttigkeit (Wertschpfung) erbringt, nmlich die bezogenen Leistungen „verarbeitet“ (Rz. 104).

5.101

Der gemeinsame Erwerb oder das gemeinsame Anmieten eines Gegenstandes, der von den Gesellschaftern jeweils abwechselnd oder in Teilen allein genutzt

5.102

1 Trotz der durch den EuGH weitgefaßten Definition des Begriffs; vgl. EuGH, EuGHE 1998, I-7623 = UR 1999, 209. 2 Reiß, BB 1987, 448, 450 ff.; Stadie, Vorsteuerabzug, 35 f., 70 f.; BFH, UR 1999, 36; vgl. auch BFH, BStBl. II 2003, 443. 3 Bei einer Wohnungs- oder Teileigentmergemeinschaft gilt das stets, weil eine solche Gemeinschaft entgegen h. M. gar nicht Unternehmer sein kann (Rz. 15); Stadie in R/D, Anm. 423; vgl. auch Ruppe, § 6 Rz. 236.

101

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

wird und dessen Kosten nach einem festen Schlssel oder nach dem Umfang der jeweiligen Nutzung umgelegt werden, fhrt nicht zur Annahme eines zwischengeschalteten Unternehmers in Gestalt der BGB-Gesellschaft.1 Ebensowenig ist von einem zwischengeschalteten Unternehmer auszugehen, wenn Ehegatten gemeinsam einen Gegenstand anmieten oder erwerben, den nur einer von ihnen nutzt.2 5.103

Auch die schlichte Bro- oder Praxisgemeinschaft von Freiberuflern oder Gewerbetreibenden, die lediglich gemeinsam angemietete Rume, Bromaschinen usw. nutzen, ist, auch wenn die Kosten nach dem jeweiligen Umfang der Nutzung umgelegt werden, kein Unternehmer.3 Anders ist es nur dann, wenn die „Gemeinschaft“ (BGB-Gesellschaft) eigenes Personal unterhlt und damit gegenber den Gesellschaftern Dienstleistungen erbringt (Rz. 104). Bei Heilberuflern sind diese Leistungen dann allerdings steuerfrei (§ 4 Nr. 14 Satz 2 UStG); in anderen Fllen kommt eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Buchst. f der 6. EG-RL in Betracht (Rz. 10.127).

5.104

Beschrnkt sich der Zweck der BGB-Gesellschaft – eine Bruchteils- bzw. Miteigentmergemeinschaft kommt entgegen verbreiteter Auffassung nicht, auch nicht als Wohnungs- oder Teileigentmergemeinschaft, als Unternehmer in Betracht (Rz. 13 ff.) – nicht auf den gemeinsamen Bezug von Leistungen, sondern erbringt sie, insbesondere mittels eigenen Personals, eine eigenstndige Leistungsttigkeit in Gestalt einer Wertschpfung, in die die bezogenen Leistungen eingehen („verarbeitet“ werden), so ist die Gesellschaft als Unternehmer zwischengeschaltet.4 Ein Leistungsaustausch liegt vor, da das Handeln der Gesellschaft den konkreten Individualinteressen der Gesellschafter dient, so daß es fr die Annahme der Entgeltlichkeit nicht erforderlich ist, daß die Kosten nach Maßgabe der konkreten Inanspruchnahme auf die Gesellschafter umgelegt werden. Auch die Bezeichnung der Gegenleistung („Umlagen“, „Nachschsse“, „Einlagen“, „Aufwendungsersatz“ o. .) ist ohne Belang (Rz. 3.6).5

5.105

Beispiele: – Von Einzelhndlern gebildete Werbegemeinschaft, die durch einen eigenen Geschftsfhrer ein Werbekonzept fr ein Einkaufszentrum entwickelt6; – Brogemeinschaft, die mittels eigenen Personals Dienstleistungen gegenber den Gesellschaftern erbringt7; 1 Vgl. BFH, UR 1999, 36; BFH, BStBl. II 2003, 443 (gemeinschaftlicher Erwerb eines Mhdreschers bzw. gemeinschaftliche Errichtung einer Lagerhalle durch Landwirte zur gemeinsamen Nutzung). 2 BFH, UR 2001, 118; BFH/NV 2001, 989; 2002, 1346. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 1996, 439. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 443. 5 BFH, BStBl. II 1996, 387; BFH/NV 2002, 378; Stadie in R/D, § 2 Anm. 417. 6 Die diesbezglichen Differenzierungen nach dem Maßstab der Kostenumlage durch den BFH, BStBl. II 1986, 153, sind berholt; Stadie in R/D, § 2 Anm. 421. 7 Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 378, zu einer „Brogemeinschaft“ von Verbnden.

102

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit – von rzten gebildete Praxis- oder Laborgemeinschaft mit eigenen Personal- und Materialkosten1; deren Umstze knnen jedoch nach § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG steuerfrei sein (Rz. 10.127 aE.); – kommunale Datenverarbeitungsgesellschaft2; – BGB-Gesellschaft, die Grundbesitz der Gesellschafter verwaltet3.

d) Zuschußfinanzierte Gesellschaften Eine zum Zwecke der Forschung gegrndete Gesellschaft, deren Ttigkeit ausschließlich durch Zuschsse der Gesellschafter finanziert wird, soll nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht Unternehmer sein, weil die Zuschsse nicht das Entgelt fr Leistungen der Gesellschaft seien.4 Entsprechendes soll gelten, wenn Gesellschaften mit hnlichen Aufgaben – Verwaltungsvereinfachung, Klrung von Grundsatzfragen, Marktbeobachtungen – ausschließlich „Zuschsse“ der Gesellschafter erhalten.5 Diese Auffassung ist abzulehnen. Die Gesellschaft erbringt gegenber den Gesellschaftern sonstige Leistungen, weil ihnen wirtschaftliche Vorteile verschafft werden, fr die sie die Zuschsse aufwenden (die Rz. 95 u. 98 gelten entsprechend). Die gegenteilige Sicht mißachtet den Grundsatz der Neutralitt der Umsatzsteuer, weil anderenfalls die Gesellschafter als Unternehmer in Hhe der bei der Gesellschaft nicht abziehbaren Vorsteuern ber die (entsprechend hheren) Zuschsse belastet wrden.6 Soweit die Gesellschafter nicht Unternehmer oder nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, kann fr die Gesellschaft indes die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Buchst. f der 6. EG-RL in Betracht kommen (Rz. 10.126 f.).

5.106

5. Gesellschafter a) Gesellschafter von Personengesellschaften aa) Allgemeines, Erbringung von Beitrgen Die Gesellschafter einer Personengesellschaft, die unternehmerisch ttig ist, sind nicht allein aufgrund ihrer Gesellschaftereigenschaft Unternehmer. Unternehmer ist allein die Gesellschaft (vgl. Rz. 12), so daß deren Umstze – anders als die Einknfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG – nicht etwa anteilig den Gesellschaftern zuzurechnen sind (zur Ausstrahlung der Unternehmereigenschaft der Gesellschaft auf die Gesellschafter s. Rz. 112 ff.). Die Gesellschafter knnen jedoch neben der Gesellschaft eigenstndig die Unternehmereigenschaft erlangen, auch wenn sie ihre Umstze ausschließlich gegenber der Gesellschaft erbringen (Rz. 110 f.) 1 2 3 4 5

Vgl. BFH, BStBl. II 1972, 656; BFH/NV 1989, 743; UR 1991, 48. Nds. FG, EFG 1982, 207. BFH, BFH/NV 1996, 439; BStBl. II 1996, 387. Abschn. 22 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. Vgl. Abschn. 22 Abs. 10 Beispiel 5 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1988, 792 (Marktbeobachtungs-GmbH). 6 Stadie in R/D, § 2 Anm. 225.

103

5.107

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

5.108

Nach § 705 BGB haben die Gesellschafter die vereinbarten Beitrge zu leisten. Diese knnen auch in der Leistung von Diensten bestehen (§ 706 Abs. 3 BGB). Sind Sachen beizutragen, so mssen diese nicht zwingend in das gemeinschaftliche Eigentum (Gesamthandseigentum) bergehen (arg. § 706 Abs. 2 Satz 1 BGB), so daß auch die bloße berlassung zur Nutzung in Betracht kommt. Entsprechendes gilt fr die Personenhandelsgesellschaften (§ 105 Abs. 2 HGB) und die Partnerschaften (§ 1 Abs. 4 PartGG). Soweit die Beitrge nicht in Geld bestehen, erbringt der Gesellschafter zwar regelmßig Lieferungen bzw. sonstige Leistungen (Ausnahme: Geschftsfhrung, Rz. 109), diesen stehen jedoch nicht stets Gegenleistungen gegenber. Die Beteiligung am Gewinn ist nicht Gegenleistung fr die Beitrge, sondern ist Ausfluß der Gesellschafterstellung (Rz. 3.14).1 Bei Sacheinlagen liegt zwar eine Gegenleistung vor (Rz. 3.16), doch die Erbringung der Sacheinlage als solche ist nicht unternehmerisch. Allein durch die Leistung der Beitrge wird der Gesellschafter mithin nicht zum Unternehmer; gleichwohl ist ihm die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft fr Zwecke des Abzugs der mit den Beitragsleistungen zusammenhngenden Vorsteuern zuzurechnen (Rz. 112 f.).

5.109

Mit der Geschftsfhrung iS der §§ 709 f. BGB, 114 f. HGB erbringt der Gesellschafter schon keine Leistungen (Rz. 2.12).2 Die gegenteilige Auffassung des BFH3, wonach – da der Gesellschafter sowohl als natrliche Person als auch als GmbH bei einer GmbH & Co. KG selbstndig ttig ist (Rz. 31) – steuerpflichtige Umstze vorliegen sollen, verkennt nicht nur den Leistungsbegriff, sondern verstßt insbesondere auch gegen das Gebot der Rechtsformneutralitt. Ist die Personengesellschaft nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, so fhrt die auf die Geschftsfhrungsvergtung entfallende Umsatzteuer im Umfang ihrer Nichtabziehbarkeit zu einem Kostenfaktor. Dadurch tritt ein Wettbewerbsnachteil gegenber einem Einzelunternehmer ein. Dasselbe gilt im Vergleich mit der Kapitalgesellschaft, weil bei dieser die Geschftsfhrervergtung nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die zustzliche Umsatzsteuerbelastung der Personengesellschaft resultiert mithin allein aus ihrer Rechtsform. Das verstßt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Gestalt des Gebotes der Rechtsformneutralitt der Besteuerung (Rz. 1.44 f., 1.61). Darin drfte auch der Grund fr die Protokollerklrung zu Art. 4 der 6. EG-RL zu sehen sein, wonach es den Mitgliedstaaten freisteht, u. a. „Geschftsfhrer“ u. . Personen nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Die verfehlte gegenteilige Entscheidung des BFH war deshalb auch nicht, wie dieser annahm, gemeinschaftsrechtlich geboten. Von der Geschftsfhrung, die nur Gesellschafter erbringen knnen, sind von den Gesellschaftern fr die Gesellschaft ausgefhrte Geschftsbesorgungsleistungen iS der

1 Unklar EuGH, UR 2004, 292, Tz. 86 (Ttigkeit der Mitglieder eines Konsortiums). 2 Dazu zhlt nicht die Ttigkeit als Liquidator, da diese auch von Nichtgesellschaftern ausgebt werden kann (§ 146 Abs. 1 und 2 HGB) und eine schlichte Geschftsbesorgung iS der §§ 675 ff. BGB darstellt; BFH, BStBl. II 1996, 176. 3 BStBl. II 2003, 36; dem folgend BMF, BStBl. I 2004, 240.

104

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

§§ 675 ff. BGB zu unterscheiden, die auch jeder Dritte durchfhren kann1 (Rz. 110). bb) Umstze gegenber der Gesellschaft Umstze zwischen Gesellschafter und Gesellschaft liegen nur insoweit vor, als konkrete Leistungen des Gesellschafters nicht durch die Beteiligung an einem etwaigen Gewinn mittelbar „abgegolten“ werden, sondern auf der Grundlage eines Austauschverhltnisses gegen gesonderte Gegenleistung erbracht werden. Es mssen Leistungen vorliegen, die auch von Nichtgesellschaftern (Dritten) gegenber der Gesellschaft ausgefhrt werden knnten.2 Dem steht nicht entgegen, daß die Vereinbarung darber im Gesellschaftsvertrag enthalten ist.3

5.110

Bei der berlassung von Gegenstnden an die Gesellschaft zur Nutzung gegen gesonderte Vergtung knnen Miet- o. . Vertrge vorliegen, die auch bei der berlassung nur eines einzelnen Gegenstandes zur Unternehmereigenschaft des Gesellschafters fhren knnen (Rz. 76).

5.111

Der Annahme eines Mietvertrages soll nach der Rechtsprechung nicht entgegenstehen, daß lediglich eine Pauschalvergtung vereinbart wird4 oder daß der berlassene Gegenstand innerhalb der Gesellschaft ausschließlich durch den berlassenden Gesellschafter genutzt und der Mietzins auf der Grundlage der tatschlichen Kosten berechnet wird.5 Ein Mietvertrag soll nur dann nicht vorliegen, wenn der Gesellschafter fr den gelegentlichen Einsatz eines eigenen Gegenstandes fr Zwecke der Gesellschaft lediglich die Kosten erstattet erhlt.6 Die Annahme von Mietvertrgen ist geknstelt und erklrt sich als „Hilfskonstruktion“7 nur vor dem Hintergrund, daß der BFH dem Gesellschafter den Vorsteuerabzug hinsichtlich des Gegenstandes verschaffen will. Diese Krcke hilft jedoch nicht weiter, wenn der Gegenstand unentgeltlich berlassen wird und ein Mietvertrag sich auch beim besten Willen nicht konstruieren lßt oder der Gesellschafter andere Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft ttigt, obwohl alle Flle gleichgelagert sind. Eine dem Gesetzeszweck und dem Gleichheitssatz gerecht werdende Lsung lßt sich nur erreichen, wenn die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft den Gesellschaftern insoweit zugerechnet wird (Rz. 112). 1 Solche, und nicht Geschftsfhrungsttigkeiten iS der §§ 709 f. BGB, §§ 114 f. HGB, lagen brigens der Entscheidung des BFH, BStBl. II 2003, 36, zugrunde! 2 So zutreffend noch BFH, BFH/NV 1995, 356 = UR 1995, 304; BStBl. II 1995, 150. 3 BFH, BFH/NV 1995, 356 = UR 1995, 304 (gesellschaftsvertraglich vereinbarte Architektenleistungen gegenber einer Grundstcksverwertungsgesellschaft, welche nach der HOAI abgerechnet wurden); BStBl. II 1995, 150 (Ttigkeit eines Kommanditisten im Beirat der KG). 4 BFH, BStBl. II 1993, 529; vgl. BFH, BStBl. 1993, 562 (Gutschrift auf GesellschafterKapitalkonto). 5 BFH, BStBl. 1993, 530. 6 BFH, BStBl. II 1994, 56; BFH/NV 1995, 644 = UR 1994, 333. 7 W. Wagner, UVR 1999, 296.

105

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

cc) Mittelbare Unternehmereigenschaft 5.112

Ttigen die Gesellschafter im eigenen Namen Aufwendungen im Interesse (fr Zwecke) der Gesellschaft, d. h. nehmen sie Dienstleistungen oder Lieferungen in Anspruch, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihren Beitrgen oder der unternehmerischen Ttigkeit der Gesellschaft stehen, und geben sie die bezogenen Leistungen bzw. deren Nutzungen nicht mittels Umstzen im Rahmen eigener unternehmerischer Ttigkeit an die Gesellschaft weiter, so verlangt der Gesetzeszweck, daß hinsichtlich dieser Aufwendungen der Vorsteuerabzug in Betracht kommt. Soweit der Gesellschafter die Kosten nicht von der Gesellschaft erstattet erhlt, scheitert ein Vorsteuerabzug bei dieser schon daran, daß sie nicht mit der Umsatzsteuer belastet ist (Rz. 15.3).1 Der BFH verneint in stndiger Rechtsprechung auch den „Abzug“ der Vorsteuer beim Gesellschafter.2

5.113

Fallgruppen – Aufwendungen des geschftsfhrenden Gesellschafters (insbesondere der GmbH bei einer GmbH & Co. KG), wenn richtigerweise (Rz. 109) insoweit seine Unternehmereigenschaft verneint wird; – Erwerb von Gegenstnden, die in das Gesellschaftsvermgen eingelegt werden3; – Erwerb oder Anmietung von Gegenstnden, die der Gesellschaft zur Nutzung berlassen werden oder ganz oder teilweise vom Gesellschafter fr deren Zwecke verwendet werden4 (Beispiel: Das Mitglied einer Rechtsanwaltssoziett verwendet den eigenen Pkw fr Fahrten zu Gerichten, Mandanten usw., d. h. im Interesse der Gesellschaft); – Ttigung von (anderen) Reisekosten fr Zwecke der Gesellschaft im eigenen Namen; – Inanspruchnahme von Beratungskosten bei Grndung der Gesellschaft.

5.114

Der BFH verkennt mit seiner gegenteiligen Rechtsprechung den Zweck des Vorsteuerabzugs als tragendes Prinzip des Mehrwertsteuersystems, welches die Neutralitt der Umsatzbesteuerung fr die Unternehmer bewirken soll (Rz. 15.2). Daraus folgt, daß die Gesellschafter hinsichtlich der fr Zwecke des gemeinsamen Unternehmens gettigten Aufwendungen in gleicher Weise wie die Gesellschaft von den Vorsteuern zu entlasten sind. Diese Aufwendungen erfolgen nicht etwa fr den privaten Verbrauch der Gesellschafter.5 Verfehlt ist deshalb der Hinweis des BFH6, daß es Sache der Gesellschafter sei, die entsprechende zivilrechtliche Gestaltung zu whlen, die den Vorsteuerabzug ermgli1 Zur Frage, ob sie anderenfalls als Leistungsempfnger im Rahmen des § 15 UStG in Betracht kme, s. Rz. 15.16 ff. 2 BFH, BStBl. II 1984, 231; 1988, 646; 1989, 580; vgl. auch BFH, BStBl. 1987, 512; UR 1995, 333 = BFH/NV 1995, 644; BFH/NV 2002, 1347; ebenso Abschn. 213 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStR 2005; Reiß, UR 1988, 298, 303; DStJG 13 (1990), 3, 34 f.; StuW 1992, 25, 27; UmsatzsteuerR, 6.1.2 (S. 188). 3 Vorsteuerabzug abgelehnt vom BFH, BStBl. II 1987, 512 (Erwerb eines Einzelunternehmens, das in eine Gesellschaft eingebracht wurde). 4 Vorsteuerabzug abgelehnt vom BFH, BStBl. II 1984, 231; 1988, 646; 1989, 580. 5 Das verkennt der BFH, BStBl. II 1989, 580. 6 BStBl. II 1984, 231, 233.

106

IV. Gewerbliche oder berufliche Ttigkeit

che. Diese Sichtweise ist ein eklatanter Verstoß gegen den Neutralittsgrundsatz (Rz. 1.61 f.), da die Belastungswirkungen der Umsatzsteuer unabhngig von der jeweiligen zivilrechtlichen Gestaltung und den BFH-RechtsprechungsKenntnissen der Beteiligten sein mssen. Eine teleologische Auslegung des § 15 Abs. 1 und des § 2 Abs. 1 UStG verlangt deshalb, daß die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft hinsichtlich derjenigen Aufwendungen, die die Gesellschafter fr Zwecke des Unternehmens ttigen, auf den Gesellschafter ausstrahlt und ihm insoweit die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft fr Zwecke des Vorsteuerabzugs zuzurechnen ist.1 Der mgliche Wortsinn des § 15 Abs. 1 UStG erlaubt eine derartige Auslegung, so daß es nicht einer ausdrcklichen gesetzlichen Regelung bedarf.2 Richtigerweise sind deshalb vom Gesellschafter erworbene Gegenstnde (Wirtschaftsgter)3, die in die Gesellschaft eingebracht, der Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung berlassen oder vom Gesellschafter fr deren unternehmerische Zwecke verwendet werden, „fr sein Unternehmen“ iS des § 15 Abs. 1 UStG angeschafft. Die Verwendung iS des § 15 Abs. 2 und 3 UStG bestimmt sich nach den Umstzen der Gesellschaft. Eine sptere Lieferung (Verußerung an Dritte) oder Entnahme erfolgt dann im Rahmen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) bzw. aus seinem Unternehmen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG). Wird der Gegenstand auch fr nichtunternehmerische Zwecke (insbesondere des Gesellschafters) verwendet, so liegt eine Nutzungsentnahme iS des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor, die vom Gesellschafter zu versteuern ist. Sonstige Leistungen, die der Gesellschafter fr Zweck des Unternehmens der Gesellschaft in Anspruch nimmt, sind ebenfalls fr das (gedachte) Unternehmen des Gesellschafters iS des § 15 Abs. 1 UStG ausgefhrt. Soweit der Gesellschafter Aufwendungen ttigt, die (als einkommensteuerrechtliche sog. Sonderbetriebsausgaben) unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG fallen, so ist der Vorsteuerabzug bei ihm nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen (Rz. 15.103 ff.) oder nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG (Rz. 16.30 ff.) zu berichtigen.

5.115

Ist der Gesellschafter bereits auf Grund einer eigenen, unmittelbaren gewerblichen oder beruflichen Ttigkeit Unternehmer, so gehrt die Gesellschafterstellung bei der Personengesellschaft mit zu seinem Unternehmen iS des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG (dazu Rz. 131 ff.). Bei Beendigung einer einzelunternehmerischen Ttigkeit und Eintritt in eine Gesellschaft darf aus den zuvor genannten Grnden entgegen dem BFH4 keine Entnahme derjenigen Wirtschaftsgter angenommen werden, die der Gesellschaft zur Nutzung berlassen oder vom Gesellschafter fr deren unternehmerische Zwecke verwendet werden.

5.116

Ist ein Unternehmer an einer Gesellschaft beteiligt, die selbst nicht als Unternehmer anzusehen ist, aber den unternehmerischen Zwecken der Gesellschafter dient (Beispiel: Konsortium mit dem Zweck, Bodenschtze u. . zu ent-

5.117

1 So bereits Stadie, UR 1986, 137 ff.; ders., Vorsteuerabzug, S. 47 ff.; ausfhrlich ders. in R/D, § 2 Anm. 435 ff. 2 Das verkennt BFH, BStBl. II 1989, 580; BFH/NV 2002, 1347, 1349. 3 Zur spteren Einlage nach anfnglicher privater Nutzung s. Rz. 16.101 ff. 4 UR 1990, 212; BStBl. II 1992, 267; BFH/NV 1995, 835.

107

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

decken und die Abbaumglichkeiten zu untersuchen), so sind die vom Gesellschafter der Gesellschaft gegenber erbrachten unentgeltlichen Leistungen nicht steuerbar, da die Gesellschaft nicht als Dritter anzusehen ist. Sie erfolgen nicht fr Zwecke außerhalb des Unternehmens.1 b) Gesellschafter von Kapitalgesellschaften 5.118

Fr die Gesellschafter2 von Kapitalgesellschaften haben die vorangegangenen Ausfhrungen (Rz. 112 ff.) entsprechend zu gelten, da auch fr diese der Grundsatz der Neutralitt (Rz. 1.42 ff., 1.61 f.) verlangt, daß sie von den Vorsteuern auf Aufwendungen, die sie fr Zwecke der Gesellschaft ttigen, entlastet werden. Anderenfalls mßte die Gesellschaft einen hheren Gewinn als ein Einzelunternehmer erzielen, damit die bei den Gesellschaftern angefallene Umsatzsteuerbelastung kompensiert wird. Die Aufwendungen der Gesellschafter dienen nicht dem privaten Verbrauch. Auf die Rechtsform der Gesellschafter kann es nicht ankommen, so daß es ohne Belang ist, ob der jeweilige Gesellschafter eine natrliche Person, eine Personengesellschaft oder eine juristische Person jedweder Art (Kapitalgesellschaft, Verein, Stiftung, juristische Person des ffentlichen Rechts) ist. Demgegenber hat der EuGH unter Mißachtung des sonst von ihm beachteten Grundsatzes der Neutralitt des Mehrwertsteuersystems entschieden, daß eine geschftsleitende Holding als beherrschender Gesellschafter von Kapitalgesellschaften nicht als Unternehmer („Steuerpflichtiger“) anzusehen sei und keinen Vorsteuerabzug habe (Rz. 45). Diese Rechtsprechung ist verfehlt (Rz. 46 ff.).

V. Personelle Zurechnung der Unternehmerttigkeit 1. Grundsatz: Maßgeblichkeit des Außenverhltnisses 5.119

Die Zurechnung der unternehmerischen Ttigkeit zu einem unternehmerfhigen Gebilde (Rz. 9 ff.) richtet sich grundstzlich danach, wer Berechtigter und Verpflichteter aus den Leistungen zugrunde liegenden Rechtsverhltnissen ist3, so daß regelmßig allein das Auftreten nach außen (Außenverhltnis) maßgebend ist.4 Es gilt dasselbe wie bei der Zurechnung einzelner Umstze (Rz. 2.39 ff.). Auch bei Ehegatten bestimmt sich nach dem Auftreten nach außen, welchem der Ehegatten eine unternehmerische Ttigkeit zuzurechnen ist oder ob eine aus beiden Ehegatten gebildete Gesellschaft5 Unternehmer ist.6 1 Vgl. EuGH, UR 2004, 292, Tz. 86 ff. 2 Die bisherige Beschrnkung auf beherrschende Gesellschafter (Stadie in R/D, § 2 Anm. 447 ff.) gebe ich auf. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 524; 1991, 381; 1994, 671; BFH/NV 2002, 223 = UR 2002, 213. 4 Vgl. BFH, BFH/NV 1991, 62; 1993, 282; 1993, 757; 2001, 1152. 5 Im Falle der Gtergemeinschaft diese; Stadie in R/D, § 2 Anm. 465. 6 BFH, BStBl. II 1968, 731; BFH/NV 1988, 673 = UR 1989, 86. Zur Vermietung mehrerer Grundstcke durch Miteigentmer-Ehegatten s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 464 m. Rspr.-Nw.

108

V. Personelle Zurechnung der Unternehmerttigkeit

Auf das Außenverhltnis kommt es auch bei der Frage an, ob bei einer Personengesellschaft jeweils die Gesellschafter oder nur die Gesellschaft oder neben dieser auch die Gesellschafter Unternehmer sind1, oder ob, wenn eine Personengruppe verschiedene Ttigkeiten ausbt, mehrere Personengesellschaften und damit mehrere Unternehmer entstehen oder ob smtliche Aktivitten in Gestalt nur einer Gesellschaft vorgenommen werden.2

5.120

Eine Personengesellschaft, die einkommensteuerrechtlich nicht als sog. Mitunternehmerschaft iS des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzuerkennen ist (z. B. Familien-KG), so daß die Einknfte ausschließlich (weiterhin) dem Komplementr (bisherigem Alleininhaber) zuzurechnen sind, ist gleichwohl als zivilrechtlich wirksames Gebilde umsatzsteuerrechtliches Zurechnungssubjekt, wenn sie nach außen aufgetreten ist und unter ihrer Firma die Umstze bewirkt hat.3 Umgekehrt ist bei einer sog. atypischen stillen Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter einkommensteuerrechtlich als sog. Mitunternehmer anzusehen ist4, nicht diese, sondern der Inhaber des Handelsgewerbes, der nach außen auftritt (§ 230 Abs. 2 HGB), der Unternehmer5 (s. auch Rz. 12 u. 51).

5.121

Sind bei mehreren (Personen- und/oder Kapital-)Gesellschaften die Gesellschafter identisch und im gleichen Verhltnis beteiligt, so hatte die ltere Rechtsprechung die jeweilige Unternehmerttigkeit der Gesellschaften im Wege wirtschaftlicher Betrachtungsweise der dahinterstehenden Gesellschaftergruppe zugerechnet.6 Diese Sichtweise war auch auf eine Einmann-GmbH und ihren Alleingesellschafter angewendet worden.7 Diese Rechtsprechung ist nach der Kritik vor allem von K. Vogel 8 und Reiß 9 vom BFH zu Recht10 aufgegeben worden, weil sie nicht mit dem Wortlaut des § 2 UStG zu vereinbaren war und die hinter den Gesellschaften stehende Gruppe verfahrens-, haftungsund vollstreckungsrechtlich nicht faßbar wre.11

5.122

2. Unternehmensfhrung durch Vertreter, Amtswalter, Treuhnder u. . Personen Das Handeln eines (echten) Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 164 Abs. 1 BGB). Das gilt sowohl fr die gewillkrte (aufgrund einer Vollmacht) als auch fr die gesetzliche Vertretung. Wird ein Unternehmen im Namen eines Minderjhrigen oder einer anderen geschftsunfhigen oder in der 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 524; 1996, 114, 117 f.; 2000, 302; BFH/NV 2002, 223 = UR 2002, 213. 2 Vgl. BFH, BFH/NV 1994, 221; 1995, 557. 3 BFH, BStBl. II 1981, 408; 1987, 524; Stadie in R/D, § 2 Anm. 460. 4 § 15 Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Halbs. 2 EStG. 5 BFH, BStBl. II 1982, 678. 6 Zuletzt BFH, BStBl. II 1977, 521 mwN. 7 BFH, BStBl. II 1973, 549. 8 Vogel, Die Rechtswirkungen der Unternehmereinheit, Heft 2 der Reihe „Steuerrecht im Rechtsstaat“, 1966. 9 Reiß, StuW 1978, 126 ff. 10 Ebenso Ruppe, § 2 Rz. 131 ff. 11 BFH, BStBl. II 1979, 347; 1979, 350; 1979, 352; 1979, 354; 1979, 358; vgl. auch BFH/ NV 2001, 656.

109

5.123

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Geschftsfhigkeit beschrnkten Person durch einen gesetzlichen Vertreter (Eltern, Vormund, Pfleger) betrieben, so ist mithin der Vertretene und nicht der Vertreter Unternehmer. 5.124

Beim Handeln unter fremdem Namen liegt keine Vertretung vor. Unternehmer ist der Handelnde, nicht der Namensinhaber, auch wenn dieser mit der Verwendung seines Namens einverstanden ist.1 Als fremder Name kommt auch die Firma einer juristischen Person, insbesondere einer GmbH in Betracht.2

5.125

Bei der Fhrung eines Unternehmens durch einen Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter oder Nachlaßverwalter ist Unternehmer nicht der Amtsinhaber (Amtswalter), sondern der Eigentmer der Vermgensmasse, da dieser durch das Handeln des Amtswalters wie bei der Vertretung berechtigt und verpflichtet wird, so daß dem Inhaber smtliche Umstze des Verwalters zuzurechnen sind3 (zur getrennten Berechnung und Festsetzung s. Rz. 18.27). Fr die Ttigkeit eines Testamentsvollstreckers gilt dasselbe.4

5.126

Wird ein Unternehmen durch einen Treuhnder, d. h. von einer Person zwar im eigenen Namen, aber fr Rechnung des sog. Treugebers gefhrt, so stellt sich die Frage, ob diese unternehmerische Ttigkeit dem Treuhnder oder dem Treugeber zuzurechnen ist. Das Treuhandverhltnis kann nach Außen offen gelegt oder verdeckt sein. In letzterem Fall wird der Treuhnder, wenn der Geschftsherr als „Hintermann“ im Geheimen bleiben will, auch „Strohmann“ genannt. Fr die Zurechnung der Ttigkeit ist das jedoch ohne Bedeutung.

5.127

Fr die Zurechnung der Ttigkeit beim Treugeber knnte sprechen, daß der Unternehmerbegriff ein Typusbegriff ist (Rz. 57) und deshalb nicht verlangt, daß die Leistungen im eigenen Namen erbracht werden. Da der Treuhnder fr Rechnung des Treugebers ttig wird, schlagen sich Erfolg und Mißerfolg der Ttigkeit bei diesem nieder, ihm fließen die Ergebnisse des Handelns letztlich zu. Damit korrespondiert, daß der Treugeber letztlich die unternehmerischen Entscheidungen trifft, da der Treuhnder im Innenverhltnis an die Weisungen des Treugebers gebunden ist (§§ 675 iVm. 665 BGB). Mithin verwirklicht der Treugeber die wesensbestimmenden Merkmale des Unternehmers in seiner Person.5 Gleichwohl ist der Treugeber abweichend vom Einkommensteuerrecht nicht6 als Unternehmer iS des § 2 Abs. 1 UStG anzuse1 BFH, BStBl. II 1987, 746, 752; 1994, 671; FG Baden-Wrtt., DStRE 2005, 388; vgl. auch BFH, UR 2001, 391. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 671. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1986, 579; 1991, 191; 1997, 552; 1998, 634; 2000, 639; 2002, 171. 4 BFH, BStBl. II 1991, 191. 5 So fr das Einkommensteuerrecht Ruppe, DStJG 1 (1979), 7, 30; Reiß in Kirchhof, EStG, § 15 Rz. 151; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 15 Rz. 138; v. Groll, StuW 1995, 326, 331 f.; Stadie, Die persnliche Zurechnung von Einknften, 1983, S. 28, 108; BFH, BStBl. II 1991, 66. 6 Die gegenteilige, noch in R/D, § 2 Anm. 477, 480, vertretene Auffassung gebe ich auf.

110

V. Personelle Zurechnung der Unternehmerttigkeit

hen.1 Whrend das Einkommensteuerrecht die Leistungsfhigkeit in Gestalt der Vermgensmehrung auf Grund wirtschaftlicher Bettigungen besteuern will, so daß dort das Ergebnis der Unternehmerttigkeit dem Treugeber zuzurechnen ist, hat das Umsatzsteuerrecht nicht den Unternehmer im Auge. Dieser fungiert lediglich als Gehilfe (Steuereinsammler) des Staates (Rz. 1). Mithin ist als Unternehmer derjenige anzusehen, der die Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistungen fr die erbrachten Leistungen vereinnahmt. Das ist der Treuhnder. Fr eine abweichende Zurechnung der Ttigkeit besteht aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht kein Anlaß. Diese Wertung wird durch die Bestimmungen der § 3 Abs. 3 und 11 UStG ber die Lieferungs- bzw. Dienstleistungskommission besttigt. Bei der Kommission hat die Mittelsperson (der Kommissionr) eine Treuhnderstellung inne, weil sie fr Rechnung des Auftraggebers ttig wird. Wenn nach diesen Bestimmungen die einzelnen gegenber Dritten ausgefhrten Lieferungen und Dienstleistungen dem Kommissionr (Mittelsperson) als eigene Umstze zugerechnet werden, obwohl sie fr Rechnung des Hintermanns erbracht werden, so kann fr eine dauerhafte Ttigkeit dieser Art in Gestalt eines umfassenden Treuhandverhltnisses („Dauerkommission“) nichts anderes gelten. Aus § 3 Abs. 3 und 11 UStG folgt mithin, daß es auf das Auftreten nach außen ankommt.

5.128

Anders liegt es nur dann, wenn der „Strohmann“ keine Treuhnderfunktion hat, sondern lediglich einem anderen gestattet hat, unter seinem Namen ttig zu werden. In diesem Fall handelt der andere unter fremdem Namen, um seine Identitt zu verschleiern (vgl. Rz. 2.42); er ist der Unternehmer.2 Auf die Erkennbarkeit fr die Leistungsempfnger kommt es fr die Zurechnung der Unternehmerttigkeit nicht – sondern nur fr den Vorsteuerabzug (Rz. 130) – an.3 Folglich ist insbesondere eine sog. Schein-GmbH oder sog. BriefkastenGmbH als Rechtsmantel ohne eigenen Geschftsbetrieb mangels Erbringung eigener Umstze kein Unternehmer.4 Die unter ihrem Namen ausgefhrte Unternehmerttigkeit ist dem Hintermann (bei einer sog. Einmann-GmbH) oder den Hintermnnern (Gesellschafter als BGB-Gesellschaft) zuzurechnen.

5.129

Von der Frage, wer als Unternehmer die Umsatzsteuer aus den erbrachten Umstzen schuldet, ist die Frage zu unterscheiden, wer fr Zwecke des Vorsteuerabzugs aus der Sicht der Leistungsempfnger als leistender Unternehmer anzusehen ist. Nur diese Frage beantwortet sich nach dem Außenverhltnis. Das wird von der herrschenden Meinung verkannt.5 Aus der Sicht der

5.130

1 Nur im Ergebnis ebenso BFH, BFH/NV 1991, 62; BStBl. II 1991, 191; 1999, 628; BFH/ NV 2001, 1152; 2002, 835; BGHZ 134, 212 = UR 1997, 427; Reiß, StuW 1987, 351, 360; Schn, USt-Kongreß-Bericht 1991/92, 138 ff.; Heidner, UR 1995, 122, 124 f; 2002, 445, 447; Ruppe, § 1 Rz. 284. 2 Vgl. BGH, UR 2003, 535; BFH, BFH/NV 2002, 835. 3 Das bersieht der BFH, BFH/NV 2002, 835; 2004, 233; 2004, 235. 4 Vgl. BFH, BFH/NV 1995, 168 = UR 1995, 96; s. aber auch BFH/NV 2002, 835. 5 Vgl. z. B. BFH, BFH/NV 2002, 835; 2004, 233; 2004, 235.

111

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Leistungsempfnger ist leistender Unternehmer diejenige Person, die als Vertragspartner aufgetreten ist. Das ist die Schein- bzw. Briefkasten-GmbH, sofern die Leistungsempfnger nicht erkennen konnten, daß diese nur zum Schein (zur Verschleierung der Identitt) vorgeschoben worden ist und in Wahrheit ein Dritter unter ihrem Namen gehandelt hat.1 Eine solche Sichtweise gebietet der im Rechtsstaatsprinzip (Verhltnismßigkeitsgrundsatz, Rz. 1.22) wurzelnde Vertrauensschutz. Folglich reicht es fr den Vorsteuerabzug des gutglubigen Leistungsempfngers aus, daß die vorgeschobene GmbH in der Rechnung als Leistender genannt ist; sie ist aus der Sicht des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als leistender Unternehmer anzusehen (Rz. 15.8 ff.).

VI. Das Unternehmen 1. Unternehmenseinheit 5.131

Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Ttigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Daraus folgt, daß ein Unternehmer stets nur ein Unternehmen haben kann.2 bt der Unternehmer mehrere Ttigkeiten aus, die jeweils fr sich betrachtet nach § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 33 UStG als gewerblich oder beruflich, d. h. als unternehmerisch anzusehen sind, so bilden diese eine Einheit (Grundsatz der Unternehmenseinheit). Dem Unternehmer entspricht mithin das Unternehmen. Der Unternehmer kann zwar mehrere „Betriebe“, aber nur ein Unternehmen haben. Diese Rechtsfolge ist unabhngig davon, ob die Ttigkeiten einen sachlichen Bezug zueinander haben. Sie gilt auch fr juristische Personen des ffentlichen Rechts. Smtliche Betriebe iS des § 2 Abs. 3 UStG (Rz. 276 ff.) einer solchen juristischen Person bilden ebenfalls nur ein Unternehmen.4 Unerheblich ist es deshalb, ob die Ttigkeiten ertragsteuerrechtlich als verschiedene „Betriebe“ zu behandeln oder verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen sind. Beispiel: Eine Person bt eine gewerbliche, eine freiberufliche und eine landwirtschaftliche Ttigkeit aus und ist außerdem noch Vermieter eines Grundstcks. Umsatzsteuerrechtlich besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG nur ein Unternehmen, obwohl einkommensteuerrechtlich vier verschiedene Einkunftsarten vorliegen.

5.132

Durch § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG wird nur das Unternehmen beschrieben. Welche Umstze im konkreten Fall dazu gehren, bestimmt sich anhand des Kriteriums „im Rahmen des Unternehmens“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Danach knnen auch 1 Insoweit im Ergebnis zutreffend auch BFH, BFH/NV 2002, 835; 2004, 233; 2004, 235. 2 In der 6. EG-RL findet sich eine derartige Aussage nicht ausdrcklich. Allerdings wird an mehreren Stellen der Begriff „sein Unternehmen“ verwendet (z. B. in Art. 5 Abs. 6 und 7, Art. 28a Abs. 5 Buchst. b und Abs. 6; vgl. auch Art. 6 Abs. 2 und 3). Daraus folgt zwingend, daß auch die 6. EG-RL vom Grundsatz der Unternehmenseinheit ausgeht. 3 Bzw. bei juristischen Personen des ffentlichen Rechts iVm. Abs. 3. 4 BFH, BStBl. II 1988, 932; Abschn. 23 Abs. 2 UStR 2005.

112

VI. Das Unternehmen

gelegentliche Umstze, die fr sich gesehen die Unternehmereigenschaft nicht begrnden wrden, steuerbar sein, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Ttigkeit iS des § 2 UStG stehen (Rz. 6.6). Der Grundsatz des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt unabhngig davon, ob die Ttigkeiten im Inland oder Ausland ausgebt werden. Die inlndische Betriebssttte (feste Niederlassung) eines im Ausland ansssigen Unternehmers bildet deshalb kein eigenstndiges Unternehmen, sondern bleibt unselbstndiger Unternehmensteil. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall, so daß auch eine im Ausland belegene Betriebssttte (feste Niederlassung) eines im Inland ansssigen Unternehmers unselbstndiger Teil seines Unternehmens bleibt (zum Grundsatz der Unternehmenseinheit bei der sog. Organschaft s. Rz. 235 f., 257 f., 260, 263).

5.133

Aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG folgt, daß jede Person bzw. jedes Gebilde mit ihren bzw. seinen unternehmerischen Ttigkeiten ein eigenes Unternehmen betreibt, auch wenn die Ttigkeiten mit denen einer beherrschten Gesellschaft oder eines beherrschenden Gesellschafters im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Eine Zusammenfassung kann sich nur im Falle der sog. Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergeben (Rz. 206 ff.).

5.134

Aus dem Grundsatz der Unternehmenseinheit ergeben sich folgende Konsequenzen:

5.135

– Gegenstandsbewegungen zwischen verschieden Unternehmensteilen (Betrieben, Zweigniederlassungen) fhren – auch wenn einkommensteuerrechtlich eine Entnahme gegeben ist oder der Gegenstand in das Ausland gelangt – nicht zu einer Entnahme iS des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG, da die Gegenstnde nicht fr Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, entnommen werden. Bei derartigen Gegenstandsbewegungen zwischen den Gebieten zweier EU-Mitgliedsstaaten kann lediglich der Fall des innergemeinschaftlichen Verbringens iS des § 1a Abs. 2 UStG (Rz. 9.33 ff.) eintreten. – Dienstleistungshnliche Wertabgaben iS des § 3 Abs. 9a UStG zwischen Unternehmensteilen knnen ebenfalls nicht vorliegen, weil sie nicht fr Zwecke erfolgen, die außerhalb des Unternehmens liegen. – Die Verwendung eines Gegenstandes in einem anderen Unternehmensteil kann lediglich bei einer Verwendungsnderung iS des § 15a UStG zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach dieser Vorschrift fhren (Rz. 16.36 ff.) fhren. – Fr die Bestimmung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG (Kleinunternehmerbefreiung, Rz. 17.18 f.)1 ist auf die gesamte unternehmerische Ttigkeit abzustellen (vgl. Rz. 17.68). – Fr das Unternehmen ist – hinsichtlich der in Deutschland steuerbaren Umstze – grundstzlich2 nur eine Umsatzsteuererklrung abzugeben, fr die folglich auch nur ein Finanzamt zustndig ist (§ 21 Abs. 1 AO). 1 Oder nach § 23a Abs. 2 UStG (Rz. 17.42). 2 Ausnahmen: Zwangsverwaltung eines Grundstcks und ggf. Insolvenz (Rz. 18.27).

113

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

5.136

Der Grundsatz der Unternehmenseinheit wird nicht dadurch aufgehoben, daß fr bestimmte Unternehmensteile besondere Besteuerungsformen oder -regeln angewendet werden knnen, insbesondere fr – von der Buchfhrungspflicht befreite Betriebe die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm. Satz 2 UStG; dazu Rz. 12.26); – bestimmte Berufs- und Gewerbezweige die Vorsteuerpauschalierung (§ 23 UStG iVm. §§ 69, 70 UStDV; dazu Rz. 17.39 ff.); – land- und forstwirtschaftliche Betriebe die Besteuerung nach Durchschnittstzen (§ 24 UStG; dazu Rz. 17.44 ff.) oder – fr Gebrauchtwarenumstze eines Hndlers die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG; dazu Rz. 17.85 ff.).

2. Nichtunternehmerischer Bereich 5.137

Aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG folgt, daß jeder Unternehmer einen nichtunternehmerischen Bereich haben kann. Das gilt nicht nur fr natrliche Personen, bei denen auf Grund ihrer privaten Existenz ein solcher Bereich stets gegeben ist, sondern auch fr andere Unternehmer unabhngig von der Rechtsform. Folglich haben auch Personengesellschaften, juristische Personen und andere Unternehmergebilde einen nichtunternehmerischen Bereich, soweit sie nicht gewerblich oder beruflich iS des § 2 Abs. 1 bzw. 3 UStG ttig sind.1 Unerheblich ist, daß diese Gebilde keinen „Privatbereich“ wie eine natrliche Person haben, denn es geht bei der Abgrenzung der unternehmerischen von der nichtunternehmerischen Sphre um die Eingrenzung desjenigen Bereichs, in dem durch unmittelbare oder mittelbare Erbringung von Umstzen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG Verbraucherversorgung erfolgt. Sowenig wie es eine Unternehmereigenschaft kraft Rechtsform gibt (Rz. 39), sowenig folgt aus dem Umstand, daß eine Gesellschaft usw. teilweise unternehmerisch ttig ist, daß dadurch der gesamte Bereich der Gesellschaft usw. zum Unternehmen wird. Die Abgrenzung des unternehmerischen vom nichtunternehmerischen Bereich ist fr alle Unternehmer gleich welcher Rechtsform einheitlich nach dem Maßstab des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG vorzunehmen. Beispiele: (1) Eine GmbH fungiert als sog. gemischte Holding, d. h. sie ist zT geschftsleitend (eingreifend) gegenber den beherrschten Gesellschaften ttig, whrend sie bei den Minderheitsbeteiligungen diese lediglich verwaltet. Soweit die GmbH geschftsleitend ttig ist, ist sie Unternehmer (Rz. 46 ff.), whrend die schlichte Beteiligungsverwaltung (Rz. 44) ihr nichtunternehmerischer Bereich ist.2 (2) Eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist mit einem Betrieb iS des § 2 Abs. 3 UStG (Rz. 267) gewerblich ttig. Der brige Bereich – sog. Hoheitsbereich, ggf. Vermgensverwaltung (Rz. 280) – ist der nichtunternehmerische Bereich der juristischen Person des ffentlichen Rechts.

5.138

Gelangen Gegenstnde vom unternehmerischen in den nichtunternehmerischen Bereich (Entnahme) oder erfolgen dienstleistungshnliche Wertabgaben 1 BFH, BStBl. II 1985, 176. 2 sterr. VGH, IStR 2003, 245; vgl. auch EuGHE 1993, I-3513 = UR 1994, 73.

114

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft

von diesem fr jenen Bereich, so ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b Nr. 1 (Rz. 4.3 ff.) bzw. iVm. § 3 Abs. 9a UStG (Rz. 4.28, 4.29 m. Beispiel) verwirklicht, weil die Gegenstnde fr Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, entnommen oder verwendet werden. Im umgekehrten Fall (Einlage) ist in analoger Anwendung des § 15a bzw. des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG eine anteilige Vorsteuerentlastung zu gewhren (Rz. 15.101 ff.).

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft 1. Beginn a) Allgemeines Die Frage nach dem Beginn der Unternehmereigenschaft stellt sich aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Aus der Sicht der Steuerbarkeit von Umstzen geht es um das Problem, ab wann Leistungen von einem Unternehmer (im Rahmen des Unternehmens) erbracht werden. Fr den Vorsteuerabzug geht es darum, ab wann Leistungen bereits „fr das Unternehmen“ iS des § 15 Abs. 1 UStG bezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn ein Unternehmer seinen Ttigkeitsbereich erweitern will. Die nachfolgenden Ausfhrungen gelten dann sinngemß.

5.139

Die Unternehmereigenschaft beginnt bereits mit den ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmerttigkeit iS des § 2 Abs. 1 bzw. 3 UStG gerichteten Aktivitten und nicht erst mit den ersten Umstzen. Sie wird folglich bereits mit Vorbereitungshandlungen begrndet.1 Alle Leistungen, die im Zusammenhang mit der nachfolgenden bzw. geplanten eigentlichen unternehmerischen Ttigkeit stehen, erfolgen bereits fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG. Diese Auslegung wird durch den Zweck des Vorsteuerabzugs, die Wettbewerbsneutralitt der Umsatzsteuer zu gewhrleisten, gefordert. Die Unternehmer mssen danach vollstndig von der im Rahmen ihrer (geplanten) unternehmerischen Ttigkeit anfallenden Vorsteuern – sofern keine speziellen Abzugsverbrote bestehen – entlastet werden2, da diese anderenfalls zu Kosten wrden, die die Preisgestaltung und damit die Wettbewerbssituation am Markt beeinflussen wrden. Folglich begrnden auch solche Vorbereitungsmaßnahmen, die der Prfung dienen, ob berhaupt ein Unternehmen betrieben werden soll, bereits die Unternehmereigenschaft3, so daß auch schon die Einholung von Marktanalysen, Gutachten, Rentabilittsstudien4 u. . fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG erfolgt. Die zugrunde lie-

5.140

1 EuGH, EuGHE 1985, 655 = UR 1985, 199; EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655; EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208, Tz. 45; EuGHE 2000, I-4321 = BStBl. II 2003, 452, Tz. 34; BFH, BStBl. II 1999, 146; 2000, 241; 2003, 430; Abschn. 19 Abs. 1 UStR 2005. 2 EuGH, EuGHE 1985, 655 = UR 1985, 199; Stadie, Vorsteuerabzug, 54. 3 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 190 f.; EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655; aA. Birkenfeld, UR 1992, 29, 30. 4 Dazu EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655.

115

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

genden Leistungen dienen nicht dem privaten Letztverbrauch, sondern werden fr unternehmerische Zwecke eingeholt. Eine Ausbildung ist hingegen noch keine Vorbereitungsphase einer nach Bestehen der Prfung beabsichtigten unternehmerischen Ttigkeit.1 5.141

Schlgt eine bislang nicht als unternehmerisch zu wertende Bettigung (sog. Liebhaberei, Rz. 87 ff.) in eine Unternehmerttigkeit um, so bleibt die bisherige Bettigung nichtunternehmerisch und wird nicht rckwirkend in eine unternehmerische Vorbereitungsphase umqualifiziert.2 b) Grndung von Gesellschaften

5.142

aa) Nach h. M. soll es sich bei der Grndung einer (als Unternehmer geplanten) Personengesellschaft um einen Vorgang handeln, der noch außerhalb des Unternehmens liege und somit den Vorsteuerabzug hinsichtlich der damit zusammenhngenden Aufwendungen ausschließe.3 Diese Sichtweise verkennt, daß kein Letztverbrauch vorliegt, sondern alle Leistungen, die im Zusammenhang mit der Grndung in Anspruch genommen werden, bereits die Verfolgung unternehmerischer Zweck betreffen. Zudem mißachtet die Gegenansicht das Gebot der Wettbewerbsneutralitt der Umsatzsteuer, weil nichtabziehbare Vorsteuern zu Kosten der Gesellschaft fhren und damit diese gegenber dem Einzelunternehmer benachteiligen wrden.4 Werden die Ausgaben von den Gesellschaftern getragen, so muß ihnen der Vorsteuerabzug zustehen (Rz. 112 ff.). Zwischen einer Personenhandelsgesellschaft und einer in der Vorbereitungsphase vorhergehenden BGB-Gesellschaft besteht Identitt, so daß auch die von dieser bezogenen Leistungen fr das Unternehmen der spteren Handelsgesellschaft ausgefhrt werden.

5.143

bb) Bei Kapitalgesellschaften ist im Grndungsstadium nach deutschem Recht zwischen Vorgrndungsgesellschaft und Vorgesellschaft zu unterscheiden.5 Die sog. Vorgesellschaft, auch bei einer sog. Einmann-GmbH, besteht zwischen Feststellung der Satzung bzw. Abschluß des Gesellschaftsvertrages und Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister. Ihr vorhergehen kann die sog. Vorgrndungsgesellschaft in Gestalt einer BGB-Gesellschaft.

5.144

Zwischen der Vorgesellschaft und der spter durch Eintragung entstandenen Kapitalgesellschaft besteht Identitt6 (analog § 202 UmwG). Folglich ist die 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 561 (Studium); 1999, 146 (Schulung als Rundfunkermittler); BFH/NV 2003, 521 = UR 2003, 392 (Steuerfachgehilfe); BFH/NV 2004, 541 (. . .-Prfer). 2 Ruppe, § 2 Rz. 135; Stadie in R/D, § 2 Anm. 514 m. Beispielen. 3 Reiß, UR 1989, 298, 302 f.; Birkenfeld, UR 1992, 29, 32; Husmann in R/D, § 1 Anm. 241. 4 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 187 f. 5 Vgl. BGHZ 91, 148, 150; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 II 1. 6 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 11 Rz. 133 f. Auf dasselbe luft es hinaus, wenn man mit dem BGH von Gesamtrechtsnachfolge ausgeht; BGHZ 80, 129, 140; 105, 300, 303 f.

116

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft

Vorgesellschaft wegen der spteren (geplanten) unternehmerischen Ttigkeit der Kapitalgesellschaft als Unternehmer anzusehen1, sofern sie nicht schon auf Grund eigener Ttigkeit Unternehmer ist. Hinsichtlich der Notariatsgebhren sind die die Eintragung beantragenden Gesellschafter die Kostenschuldner.2 Auch wenn sie die Gesellschaftsanteile nicht zur Frderung eines eigenen Unternehmens erwerben, muß ihnen der Vorsteuerabzug (nach Maßgabe der geplanten Umstze der Gesellschaft) zustehen (Rz. 118), da die Gesellschafter mit der Inanspruchnahme des Notars keine Leistung fr den Letztverbrauch bezogen haben. Werden die Kosten von der Kapitalgesellschaft getragen, so hat der Grundsatz der wirtschaftlichen Zurechnung zu gelten (Rz. 15.20, Beisp.), so daß die Kapitalgesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.3

Zwischen einer Vorgrndungsgesellschaft (BGB-Gesellschaft) und der nachfolgenden Vorgesellschaft bzw. Kapitalgesellschaft besteht keine Identitt, so daß ein etwaiger Vermgensbergang im Wege der Einzelbertragung erfolgen muß.4 Auf diese zivilrechtliche Sichtweise kommt es jedoch nicht an. Fr die Umsatzbesteuerung hat es ohne Belang zu sein, wie die jeweiligen Entwicklungsstufen eines Unternehmens vom jeweiligen nationalen Zivilrecht eingeordnet werden. Der Grundsatz der Neutralitt der Umsatzsteuer fordert, auch der Vorgrndungsgesellschaft fr Zwecke des Vorsteuerabzugs die Unternehmereigenschaft zuzusprechen, indem ihr die (geplante) unternehmerische Ttigkeit der angestrebten Kapitalgesellschaft zugerechnet wird.5 Die sptere bertragung des Vermgens auf die Kapitalgesellschaft (Vorgesellschaft) ist als sog. Geschftsverußerung zu werten, so daß die Kapitalgesellschaft (Vorgesellschaft) als „Rechtsnachfolgerin“ iS des § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 188) anzusehen ist.6 Hinsichtlich der „Verwendung“ iS des § 15 Abs. 2–4 UStG (Rz. 15.131 ff.) kommt es auf die Umstze der Kapitalgesellschaft an.7

5.145

c) Gescheiterte Unternehmensgrndung Scheitert ein geplantes Unternehmen bereits in der Vorbereitungsphase, weil es nicht zur (geschftsmßigen) Ausfhrung von Umstzen kommt, so entfllt die insbesondere8 fr den Vorsteuerabzug bedeutsame Unternehmereigenschaft 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1978, 486; FG Saarl., EFG 1991, 762 = UR 1992, 374. 2 §§ 2, 141 KostO. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 521; im Ergebnis ebenso OFD Frankfurt/Main, UR 1999, 336, Tz. 2.1.2. Die Rechnung muß nicht auf die Gesellschaft ausgestellt sein (so aber Nieskens, UStB 2000, 50), da diese nicht Vertragspartner ist und folglich keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Rechnungserteilung hat. 4 BGHZ 91, 148, 151; BGH, NJW-RR 01, 1042; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 11 Rz. 20. 5 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 190; ders. in R/D, § 2 Anm. 522; so jetzt auch EuGH, UR 2004, 362; BFH, UR 2004, 650 = BStBl. II 2005, 155. 6 Stadie in R/D, § 2 Anm. 522; BFH, aaO. 7 EuGH, aaO., Tz. 42; aA. BFH, aaO.: „beabsichtigte“ Umstze. 8 Die Bejahung der Unternehmereigenschaft fhrt ferner dazu, daß die Verußerung oder Entnahme der fr das geplante Unternehmen erworbenen Gegenstnde steuerbar ist (Rz. 159).

117

5.146

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

nicht rckwirkend.1 Sowohl § 2 Abs. 1 UStG als Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EGRL sprechen von einer unternehmerischen bzw. wirtschaftlichen „Ttigkeit“. Die Art der Ttigkeit macht eine Person zum Unternehmer (Steuerpflichtigen), nicht erst die ausgefhrten Umstze. Die Ttigkeit beginnt schon mit den ersten Vorbereitungshandlungen. Diese Sichtweise ist durch den Grundsatz der Wettbewerbsneutralitt der Umsatzsteuer (Rz. 1.42 ff., 1.61 f.) geboten, wonach Vorsteuerbetrge nicht zu Kosten der Unternehmer fhren drfen. Das hat auch fr den Versuch, ein Unternehmen zu grnden, zu gelten. Dieser darf nicht mit dem Risiko behaftet sein, daß im Falle des Scheiterns die vergteten Vorsteuern zurck zu zahlen sind. Daß und in welcher Hhe auf Grund der Vorbereitungshandlungen Umsatzsteuer anfllt, darf auf die im Zusammenhang mit der geplanten Unternehmensgrndung zu treffenden Entscheidungen keinen Einfluß haben.2 Es wre willkrlich, zwischen Unternehmen zu unterscheiden, die schon steuerbare Umstze ttigen, und solchen, die durch Investitionen versuchen, Ttigkeiten aufzunehmen, die zu steuerbaren Umstzen fhren sollen.3 5.147

Erforderlich ist, daß die Absicht, eine unternehmerische Ttigkeit auszuben, durch objektive Anhaltspunkte belegt ist.4 Werden nachtrglich das Gegenteil belegende Tatsachen bekannt, so kann das Finanzamt die Festsetzung der Vorsteuervergtung nach § 164 Abs. 2 bzw. § 173 Abs. 1 AO aufheben.5 Vor allem bei solchen behaupteten Unternehmensvorbereitungen, die Ttigkeiten betreffen, die typischerweise private Lebensfhrung sind bzw. die Vermietung eines Gegenstandes beinhalten sollten, der typischerweise privat angeschafft wird, d. h. bei denen typischerweise „Liebhaberei“ anzunehmen wre (Rz. 87 ff.), ist der Nachweis erforderlich, daß die geplante Ttigkeit geschftsmßig ausgefhrt werden sollte. Dieser Nachweis wird im Regelfall nicht erbracht werden knnen, weil die Art der Ttigkeit bzw. des Gegenstandes nach der Verkehrsauffassung prima facie dagegen spricht.

5.148

Ferner muß schlssig dargelegt werden, daß die Kleinunternehmergrenze des § 19 Abs. 1 UStG berschritten worden wre bzw. der gescheiterte Unternehmer auf die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 2 UStG (Rz. 17.6) verzichtet htte.6 Hinsichtlich des Vorsteuerabzugsverbots nach § 15 Abs. 2 UStG bei bestimmten steuer1 Shn, StuW 1976, 1, 25; Stadie, Vorsteuerabzug, 55; ders., DStJG 13 (1990), 179, 186 f.; Reiß, UR 1995, 383; Ruppe, § 2 Rz. 137; EuGH, EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655, Tz. 17 ff.; EuGHE 1998, I-1 = UR 1998, 149, Tz. 19; EuGHE 2000, I-4321 = BStBl. II 2003, 452; jetzt auch BFH, UR 2001, 260 = BStBl. II 2003, 426; UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430; UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; aA. noch BFH, UR 1999, 26. 2 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 186. 3 Vgl. EuGH, EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655, Tz. 22. 4 EuGHE 2000, I-4321 = BStBl. II 2003, 452, Tz. 34. Entgegen der Auffassung des EuGH, aaO., Tz. 39 (ebenso EuGHE 1996, I-857 = BStBl. II 1996, 655, Tz. 24) ist es allerdings ohne Belang, ob die Erklrung, eine unternehmerische (wirtschaftliche) Ttigkeit aufzunehmen, „in gutem Glauben“ abgegeben wurde. Es kommt nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Betroffenen, sondern auf die objektiven Umstnde an. 5 Vgl. auch BMF, BStBl. II 2003, 313, Tz. 1.2. 6 Dazu nher Stadie in R/D, § 19 Anm. 48.

118

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft freien Umstzen (Rz. 15.133 ff.) ist auf die beabsichtigte Verwendung abzustellen.1 Wren die geplanten Umstze grundstzlich steuerfrei, so soll es nach Auffassung des BFH ausreichen, daß beabsichtigt gewesen war, auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG zu verzichten; das ist verfehlt (Rz. 10.143; Rz. 15.163 ff.).

Die fr das geplante Unternehmen erworbenen und von der Vorsteuer entlasteten Gegenstnde (Wirtschaftsgter) gehren zum „Unternehmen“ (Rz. 158 ff.). Werden sie anschließend fr private oder andere nichtunternehmerische Zwecke verwendet, so wird folglich der Entnahmetatbestand (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b UStG) verwirklicht. Werden die Gegenstnde verußert, so finden die Lieferungen im Rahmen des Unternehmens statt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

5.149

d) Verfahrensrechtliche Fragen Die Vergtung der Vorsteuerbetrge hat fr den Zeitpunkt (genauer: Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen (dazu Rz. 15.59). Vermag das Finanzamt noch nicht endgltig zu beurteilen, ob die geplante Ttigkeit unternehmerisch iS des § 2 UStG ist und/ oder ob die Vorsteuerbetrge dieser Ttigkeit zugerechnet werden knnen, so kann, je nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit2, die Steuervergtungsfestsetzung (Rz. 18.32) vorerst ausgesetzt oder unter dem Vorbehalt der Nachprfung bzw. vorlufig erfolgen (§ 155 Abs. 4 iVm. § 164 bzw. § 165 AO). Bei Vorbereitungshandlungen, die typischerweise fr eine Liebhaberei und damit gegen eine unternehmerische Ttigkeit sprechen (Rz. 90 f.), ist die beantragte Vergtung der Vorsteuer auszusetzen (§ 155 Abs. 4 iVm. § 165 Abs. 1 Satz 4 AO) und abzuwarten, ob die geplante Ttigkeit als unternehmerisch zu werten ist.3 Eine vorlufige Festsetzung kann zur Sicherung des potentiellen Rckforderungsanspruchs von einer Sicherheitsleistung abhngig gemacht werden (Rz. 18.34).4

5.150

2. Ende der Unternehmereigenschaft a) Einstellung der Ttigkeit Die Unternehmereigenschaft endet mit der endgltigen Einstellung der von § 2 Abs. 1 UStG geforderten gewerblichen oder beruflichen Ttigkeit.5 Demgegenber soll nach h. M. die Unternehmereigenschaft erst enden, wenn alle Rechtsbeziehungen abgewickelt sind, die mit dem aufgegebenen Unternehmen zusammenhngen.6 Es ist jedoch nicht mehr mit dem Wortsinn des § 2 1 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 209 f.; vgl. auch EuGH, EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 u. EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336. 2 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 537 iVm. Rz. 509. 3 Vgl. auch Abschn. 19 Abs. 3 UStR 2005. 4 Vgl. auch Stadie in R/D, § 2 Anm. 537. 5 So noch zutreffend BFH, BStBl. II 1989, 913, 915; UR 1990, 212. 6 BFH, BStBl. II 1993, 696; Abschn. 19 Abs. 6 Satz 3 UStR 2005; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 91; Ruppe, § 2 Rz. 142; hnlich BFH, BStBl. II 1994, 483; vgl. auch BFH/NV 1996, 270; 1996, 275.

119

5.151

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Abs. 1 Satz 1 UStG zu vereinbaren, eine Person, die keine auf Umsatzerbringung ausgerichtete Ttigkeit mehr „ausbt“, noch als Unternehmer anzusehen. Auch Art. 5 Abs. 7 Buchst. c der 6. EG-RL, der von der „Aufgabe“ der „wirtschaftlichen Ttigkeit“ spricht, erlaubt keine derart weitgehende Auslegung. Vielmehr kann auch „Aufgabe“ nur im Sinne des endgltigen Einstellens der Ttigkeit verstanden werden. Die ehemalige Unternehmereigenschaft kann jedoch noch nachwirken (Rz. 158 ff.). Entsprechendes gilt, wenn ein Unternehmer sein Unternehmen iS des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG (Rz. 131 ff.) lediglich einschrnkt, indem er von mehreren Ttigkeiten eine Ttigkeit einstellt, die fr sich gesehen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 bzw. Abs. 3 UStG erfllt. Die nachfolgenden Ausfhrungen gelten fr diesen Fall sinngemß.

5.152

Die Unternehmereigenschaft endet noch nicht mit der Einstellung der sog. werbenden Ttigkeit. Auch die planmßige Abwicklung des Unternehmens durch Ausverkauf (Liquidation) ist noch unternehmerisch. Hingegen liegt keine unternehmerische Ttigkeit mehr vor, wenn lediglich noch Forderungen eingezogen werden1 oder Umstze nur noch dadurch anzunehmen sind, daß Glubiger ihnen zur Sicherheit bereignete Gegenstnde verußern; gleichwohl sind die umsatzsteuerrechtlichen Folgen noch dem ehemaligen Unternehmer zuzurechnen (Rz. 158 ff.).

5.153

Die Einstellung der unternehmerischen Ttigkeit ist nicht bereits dann gegeben, wenn nur vorbergehend keine Umstze bewirkt werden. Es mssen vielmehr Anhaltspunkte dafr vorliegen, daß die auf Umsatzerbringung gerichtete Ttigkeit endgltig aufgegeben worden ist.2 Auch wenn zeitweilig keine Umstze ausgefhrt werden, liegt keine Beendigung der unternehmerischen Ttigkeit, sondern nur ein ruhendes Unternehmen vor, wenn sich aus den Umstnden die Absicht des Unternehmers ergibt, das Unternehmen weiterzufhren oder in absehbarer Zeit wieder aufleben zu lassen.3 Auf die Grnde oder Ursachen fr das zeitweilige Ruhen kommt es nicht an. Auch bei Saisongeschften, die nur wenige Tage im Jahr ausgebt werden, beginnt die Unternehmerttigkeit nicht in jedem Jahr neu4 (s. auch zur entsprechenden Problematik im Rahmen des § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG Rz. 17.22 f.).

5.154

Mit Erffnung des Insolvenzverfahrens oder mit der Anordnung der Zwangsverwaltung endet nicht die Unternehmereigenschaft; das Handeln des Verwalters wird vielmehr dem Vermgensinhaber zugerechnet (Rz. 125). Wird eine Gesellschaft oder Genossenschaft aufgelst5, so endet damit nicht zugleich die Unternehmereigenschaft; insbesondere die Umstze auf Grund der anschließenden Liquidation erfolgen noch im Rahmen des Unternehmens. 1 2 3 4 5

Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 274, 277 zu § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG. BFH, BStBl. III 1964, 90; 1964, 538; BStBl. II 1989, 913, 915; 1993, 561. BFH, BStBl. III 1964, 90; vgl. auch BFH, UR 1990, 212. Vgl. BFH, BStBl. III 1964, 90; Stadie in R/D, § 2 Anm. 542 f. m. Beispielen. §§ 726, 728 BGB; § 131 HGB; § 262 AktG; § 60 GmbHG; §§ 78 ff. GenG.

120

VII. Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft

Mit dem Tod des Unternehmers endet seine Unternehmereigenschaft (Rz. 163; zum bergang umsatzsteuerrechtlicher Positionen auf den oder die Erben s. Rz. 167 ff.). Mit der Verußerung des Unternehmens einschließlich der Einbringung in eine Gesellschaft endet ebenfalls die Unternehmereigenschaft des Verußerers (zum bergang umsatzsteuerrechtlicher Positionen auf den Erwerber s. Rz. 182, 203; zur mittelbaren Unternehmereigenschaft des Gesellschafters s. Rz. 112 ff.). Bei „Umwandlung“ einer BGB-Gesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft und umgekehrt besteht Identitt zwischen den Gesellschaften. Gleiches gilt bei formwechselnden Umwandlungen nach §§ 190 ff. UmwG (Rz. 180). In den Fllen der Verschmelzung, der Spaltung und der Vermgensbertragung nach dem UmwG sowie der bernahme des Vermgens einer Personengesellschaft durch einen Gesellschafter tritt Gesamtrechtsnachfolge ein (Rz. 177 bzw. 181).

5.155

Gegenstnde (Wirtschaftsgter), die nicht im Rahmen der Abwicklung entgeltlich verußert werden, sind grundstzlich im Zeitpunkt der Beendigung (Aufgabe) des Unternehmens entnommen und unterliegen der Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b UStG1 (Rz. 4.3 ff.). Werden hingegen einzelne Gegenstnde zurckgehalten, um sie bei passender Gelegenheit zu verußern, so endet zwar die Unternehmereigenschaft, die Gegenstnde sind jedoch nicht als entnommen anzusehen, sondern bleiben umsatzsteuerrechtlich verhaftet (Rz. 159).

5.156

Der Besteuerung als Entnahme steht nicht entgegen2, daß die Ermchtigung des Art. 5 Abs. 7 Buchst. c der 6. EG-RL von Deutschland nicht umgesetzt worden ist. Danach knnen die Mitgliedstaaten einer Lieferung gegen Entgelt den Besitz von Gegenstnden durch einen Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsnachfolger bei Aufgabe seiner der Steuer unterliegenden wirtschaftlichen Ttigkeit gleichstellen. Aus dieser Ermchtigung folgt nicht im Umkehrschluß, daß die Entnahme bei Aufgabe der Ttigkeit nicht unter Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL und damit nicht unter § 3 Abs. 1b UStG subsumiert werden darf. Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 7 Buchst. c hat nur klarstellende Funktion, da der beschriebene Tatbestand den der Entnahme erfllt. Zudem steht es den Mitgliedstaaten frei, wie sie EG-Richtlinien umsetzen (Art. 249 Abs. 3 EG). Die Umsetzung muß nicht durch eine ausdrckliche Gesetzesvorschrift erfolgen, sondern kann auch durch Auslegung vorhandener Bestimmungen geschehen.

5.157

b) Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft Die Unternehmereigenschaft endet zwar mit der Einstellung (Aufgabe) der gewerblichen oder beruflichen Ttigkeit; das schließt jedoch nicht aus, daß an die ehemalige Unternehmereigenschaft oder an die vormalige Zuordnung von Gegenstnden (Wirtschaftsgtern) zum Unternehmen Rechtsfolgen anknpfen. Das Gesetzesziel kann es gebieten, daß die Unternehmereigenschaft nachwirkt bzw. daß die vormaligen Unternehmensgegenstnde weiterhin im umsatzsteuerrechtlichen Nexus verbleiben. Mit anderen Worten: die Rechts1 Vgl. zur Vorgngervorschrift § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aF. (sog. Eigenverbrauch) BFH, BStBl. II 1988, 205; UR 1990, 212. 2 AA. Klenk in S/R, § 1 Rz. 480.

121

5.158

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

folgen, die an die whrend der Unternehmereigenschaft verwirklichten Sachverhalte anknpfen, sind unabhngig davon, ob die Unternehmereigenschaft noch fortbesteht. Die diesbezglichen Verpflichtungen oder Berechtigungen, die nach dem Wortlaut der einzelnen Normen nur „Unternehmer“ treffen, gelten auch fr den ehemaligen Unternehmer1 (und dessen Rechtsnachfolger, Rz. 167 ff.). 5.159

Gegenstnde (Wirtschaftsgter), die zurckgehalten worden waren, um sie bei passender Gelegenheit zu verußern, bleiben weiterhin umsatzsteuerrechtlich gebunden (verhaftet), sofern fr sie ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden war. Der Gesetzeszweck, den Letztverbrauch zu besteuern, verlangt, daß, wenn solche Gegenstnde das Unternehmen verlassen, eine Umsatzsteuerbelastung durch die Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, bei einer Entnahme iVm. § 3 Abs. 1b UStG, hergestellt wird. Das Gesetzesziel gebietet deshalb, daß solche Gegenstnde als von einem „Unternehmer im Rahmen des Unternehmens“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) geliefert angesehen werden.2 Dasselbe gilt, wenn sicherungsbereignete Gegenstnde vom Glubiger verwertet werden und damit Lieferungen des Sicherungsgebers anzunehmen sind (dazu Rz. 7.25).3

5.160

ndert sich nachtrglich die Bemessungsgrundlage fr steuerpflichtige Umstze (z. B. durch nachtrgliche Minderung), so kann die Steuer vom ehemaligen Unternehmer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (dazu Rz. 12.33 ff.) berichtigt werden. Wird nachtrglich die Gegenleistung vereinnahmt, fr die die Steuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit berichtigt worden war (dazu Rz. 12.55 ff.), so wird die Steuer erneut vom ehemaligen Unternehmer geschuldet.4 Entsprechendes gilt, wenn bei Umstzen, die der sog. Ist-Versteuerung (§ 20 UStG) unterliegen (dazu Rz. 12.24), die Gegenleistung nachtrglich vereinnahmt wird.

5.161

Nach Beendigung der unternehmerischen Ttigkeit knnen noch nachtrglich Vorsteuerbetrge anfallen, sofern Leistungen bezogen werden, die noch im sachlichen Zusammenhang mit der ehemaligen unternehmerischen Ttigkeit stehen. Derartige Aufwendungen dienen nicht dem privaten Letztverbrauch, so daß das Gesetzesziel es gebietet, solche Leistungen noch als „fr das (ehemalige) Unternehmen“ iS des § 15 Abs. 1 UStG bezogen anzusehen.5 Beispiele: – Steuerberatungsleistungen u. . bezglich der Unternehmenssteuern6; – Beitreibung von eigenen Forderungen bzw. Abwehr von fremden Forderungen durch einen Rechtsanwalt. 1 Zu einer gelschten Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft in Liquidation s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 554 mwN. 2 Nur im Ergebnis ebenso BFH, BFH/NV 1996, 270; 1996, 275 = UR 1996, 265. 3 Im Ergebnis ebenso BFH, BStBl. II 1994, 483. 4 Stadie in R/D, § 17 Anm. 41. 5 EuGH, Urt. v. 3.3.2005 – Rs. C-32/03, IStR 2005, 234. 6 FG BW, EFG 1991, 37; Schl.-H. FG, EFG 1995, 1078.

122

VIII. Rechtsnachfolge

Durch die ehemalige Unternehmereigenschaft begrndete Verpflichtungen sind auch noch nach Einstellung der Ttigkeit zu erfllen. Das gilt nicht nur fr ffentlich-rechtliche Steuererklrungs-, Aufbewahrungs- u. . Pflichten, sondern auch fr die zivilrechtliche Verpflichtung zur Erteilung von Rechnungen. Auch eine sog. Gutschrift iS des § 14 Abs. 2 Satz 3 f. UStG (dazu Rz. 14.33 ff.) kann noch dem ehemaligen Unternehmer erteilt werden. Auch Gestaltungsrechte (z. B. nach § 9 UStG oder nach § 19 Abs. 2 UStG) knnen noch vom ehemaligen Unternehmer nachtrglich ausgebt werden.

5.162

VIII. Rechtsnachfolge 1. Gesamtrechtsnachfolge a) Von Todes wegen aa) Allgemeines Mit dem Tode des Unternehmers endet dessen Unternehmereigenschaft. Diese ist als solche auch nicht vererblich. Der Erbe wird nur dann zum Unternehmer, wenn er die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG in seiner Person verwirklicht, d. h. selbst eine unternehmerische Ttigkeit ausbt.1 Davon zu unterscheiden sind umsatzsteuerrechtliche Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft des Erblassers, die den Erben treffen (Rz. 167 ff.).

5.163

Der Erbe wird allerdings schon mit einer kurzzeitigen Fortfhrung Unternehmer, da es auf die Ttigkeit ankommt und diese nach dem Gesamtbild unter Bercksichtigung der bisherigen Ttigkeit des Erblassers als unternehmerisch anzusehen ist. Unabhngig davon ist die Verußerung des Unternehmensvermgens in einem Akt eine typische unternehmerische Ttigkeit.2 Dasselbe gilt, wenn der Erbe das Unternehmen durch Einzelverkufe liquidiert. Doch selbst wenn man die Unternehmereigenschaft verneinen wrde, wren die Verußerungen steuerbar (Rz. 171). Bestand die unternehmerische „Ttigkeit“ des Erblassers in der Erbringung von Duldungsleistungen in Gestalt von Nutzungsberlassungen (Rz. 73 ff.), so wird der Erbe, der als Gesamtrechtsnachfolger in diese Rechtsverhltnisse eintritt, ohne weiteres Zutun zum Unternehmer.

5.164

Wird die der Erbeinsetzung zugrundeliegende letztwillige Verfgung erfolgreich angefochten oder wird spter eine neueres Testament aufgefunden, so wird die Unternehmereigenschaft des vermeintlichen Erben nicht rckwirkend dem wahren Erben zugerechnet. Da die Unternehmereigenschaft an die Ttigkeit iS des § 2 Abs. 1 UStG und nicht an das Eigentum der dafr verwendeten Gegenstnde anknpft, bleibt der vermeintliche Erbe fr die Zeit seiner Bettigung der Unternehmer, dem die Umstze usw. unabhngig von zivilrechtlichen Herausgabeansprchen zuzurechnen sind. Eine Ttig-

5.165

1 RFH, RStBl. 1939, 662; 1944, 701; BFH, BStBl. II 1971, 121; Stadie, Vorsteuerabzug, 51; Birkenfeld, UR 1992, 29, 35; Ruppe, § 2 Rz. 149; aA. Jakob, Rz. 143; vgl. auch Reiß, StVj 1989, 103, 126. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, 51; aA. Birkenfeld, USt-Hdb., § 50a Rz. 568.42; BGH, UR 1996, 190; OFD Frankfurt/Main, UR 1997, 72.

123

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen keit kann auch steuerrechtlich nicht rckgngig gemacht werden.1 Auf die Herausgabe des Unternehmensvermgens ist § 1 Abs. 1a UStG (Nichtsteuerbarkeit der sog. Geschftsverußerung; Rz. 182 ff.) anzuwenden.

5.166

Das Vermgen des Erblassers einschließlich der Verbindlichkeiten geht beim Tod als Ganzes kraft Gesetzes uno actu auf den Erben ber (Gesamtrechtsnachfolge, §§ 1922, 1967). Dasselbe gilt im Falle des Eintritts der Nacherbfolge; die Erbschaft geht ebenfalls im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nacherben ber (§ 2139 BGB). Hierbei handelt es sich um umsatzsteuerrechtlich irrelevante Vorgnge. Der Vermgensbergang tritt kraft Gesetzes im Zeitpunkt des Todes ein, so daß keine Leistungen des Erblassers vorliegen.2 Es handelt sich deshalb auch nicht um eine unentgeltliche bereignung iS des § 1 Abs. 1a UStG, da diese ein Rechtsgeschft voraussetzt3; ein Eigentumsbergang kraft Gesetzes ist keine „bereignung“. Nichts anderes gilt, wenn die Erbeinsetzung auf Testament oder Erbvertrag beruht. Die gegenteilige Auffassung, daß in diesen Fllen sogar ein Leistungsaustausch iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen knne, wenn die Erbeinsetzung mit Vermchtnissen oder Auflagen (Ausgleichszahlungen) beschwert sei4, bersieht, daß auch in diesen Fllen das Vermgen kraft Gesetzes (§ 1922 BGB) bergeht; die letztwillige Verfgung bestimmte lediglich den Empfnger. Es liegen weder Leistungen des Erblassers noch Gegenleistungen des Erben vor.5 bb) bergang umsatzsteuerrechtlicher Verhltnisse

5.167

(1) Das in den §§ 1922, 1967 BGB niedergelegte Gesamtrechtsnachfolgeprinzip erfaßt nicht nur im Privatrecht begrndete vermgenswerte Rechte und Pflichten, sondern als allgemeiner, rechtsgebietsbergreifender Grundsatz auch solche des ffentlichen Rechts6 und damit auch des Steuerrechts.7 Entgegen verbreiteter Auffassung8 ist nicht § 45 Abs. 1 Satz 1 AO einschlgig, da diese Vorschrift nur deklaratorisch ist9 und zudem viel zu eng formuliert ist. Das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) besagt, daß der Erbe grundstzlich in alle nachfolgefhigen vermgenswerten (mit Ausnahme der hchstpersnlichen) Rechtsbeziehungen des Erblassers von Gesetzes wegen eintritt. Der bergang 1 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 229 ff. 2 Ruppe, § 1 Rz. 186, im Widerspruch zu § 2 Rz. 151, wonach lediglich mangels Entgelts keine steuerbaren Leistungen vorliegen sollen. 3 Im Ergebnis ebenso Abschn. 215 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005; Birkenfeld, § 50a Rz. 568.19; Husmann in R/D, § 1 Anm. 1094; Reiß in T/L, § 14 Rz. 10; unklar ders. in R/K/L, § 2 Rz. 94; aA. Jakob, Rz. 143. 4 Birkenfeld, UR 1992, 29, 36; Husmann in R/D, § 1 Anm. 220. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 572; zust. Tehler in R/K/L, § 1 Rz. 489. 6 Stadie, DVBl. 1990, 501 mwN.; zust. Marotzke in Staudinger, BGB, § 1992 Rz. 351. 7 Stadie in R/D, § 2 Anm. 575; ders., Allg. SteuerR, Rz. 323; vgl. auch BFH, BStBl. II 1969, 520. 8 J. Lang in T/L, § 7 Rz. 4; Birk, Steuerrecht I, 2. Aufl. 1994, § 1 Rz. 58; BFH, BStBl. II 1990, 2; 1993, 346, 347 f.; 1993, 874, 876; 1998, 148; 1999, 653; BFH/NV 1993, 279, 281; unklar Kruse in T/K, § 45 AO Rz. 2 und 11. 9 Ausfhrlich Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 324.

124

VIII. Rechtsnachfolge

der vermgenswerten Rechtsbeziehungen erfolgt in der jeweiligen materiellrechtlichen (und verfahrensrechtlichen1) Ausgestaltung, die das Recht oder die Verpflichtung im Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge hatte. Zu den vermgenswerten Rechten zhlen auch unfertige, noch nicht vollentwickelte Rechtslagen und Anwartschaften. Sie knnen sich in der Person des Rechtsnachfolgers in derselben Weise vollenden, wie dies beim Fortbestehen des Rechtsvorgngers mglich gewesen wre. In gleicher Weise sind als „Verbindlichkeiten“ auch solche unfertigen Rechtslagen zu verstehen, die sich zu einer vermgenswerten Verpflichtung entwickeln knnen. Es handelt sich um potentielle Verpflichtungen, bei denen ein wesentliches Merkmal im Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge bereits gelegt war, aber erst durch Hinzutreten weiterer Umstnde die Verpflichtungen in der Person des Erben (Rechtsnachfolgers) entstehen.2 Folglich gehen auch Gegenstnde (Wirtschaftsgter) in der jeweiligen steuerrechtlichen Einbindung („Verhaftung“), wie sie beim Erblasser bestanden hat, auf den Erben ber. Merkmale und Eigenschaften des jeweiligen Gegenstandes, die nach Hinzutreten weiterer Umstnde einen Steueranspruch begrnden, erhhen oder mindern, wirken als Merkmale einer unfertigen Steuerrechtslage (Tatbestandsvorwirkungen) zu Lasten bzw. zugunsten des Erben.3

5.168

(2) War dem Erblasser die Vorsteuer fr einen Gegenstand vergtet worden, so traf ihn eine potentielle Rckzahlungsverpflichtung fr den Fall, daß der Gegenstand fr Zwecke außerhalb des Unternehmens entnommen oder verwendet wird. Die Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs ist vom Gesetz lediglich technisch als Entnahmebesteuerung (§ 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a UStG) ausgestaltet. Diese potentielle Rckzahlungsverpflichtung geht – unabhngig davon, in welcher Weise die Erbeinsetzung erfolgte4 – auf den Erben ber. Fhrt der Erbe das Unternehmen nicht fort und verwendet er die Gegenstnde auch nicht fr eine bereits bestehende eigene unternehmerische Ttigkeit, sondern fr eigene oder fremde private Zwecke, so verwirklicht er folglich mit Beendigung der Unternehmensbindung den Entnahmetatbestand5 (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b UStG).6

5.169

1 2 3 4

Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 339 ff. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 325 ff. mwN. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 328. Demgegenber soll nach Auffassung von Birkenfeld, UR 1992, 28, 36, und Ruppe, § 2 Rz. 152 u. 155, der Erblasser, wenn er die Erbeinsetzung durch letztwillige Verfgung vorgenommen hat, den Entnahmetatbestand, wohl in der Sekunde des Todes, verwirklichen. Damit wrde gesetzeszielwidrig eine Umsatzsteuerbelastung der Gegenstnde eintreten, wenn der Erbe das Unternehmen fortfhrt oder einzelne Gegenstnde in seinem Unternehmen verwendet. 5 Reiß, StuW 1987, 351, 357; ders., StVj 1989, 103, 126; ders. in T/L, § 14 Rz. 65; Stadie, Vorsteuerabzug, 52; ders. in R/D, § 2 Anm. 580 f.; vgl. auch Jakob, Rz. 342; Tehler in R/K/L, § 2 Rz. 496; aA. Birkenfeld, UR 1992, 28, 37; Husmann in FS Flick, 1997, 293, 302; OFD Frankfurt/Main, UR 1997, 72. 6 Der Entnahmebesteuerung steht nicht entgegen, daß Art. 5 Abs. 7 Buchst. c der 6. EG-RL nicht ausdrcklich in Gesetzesform in das deutsche Recht bernommen worden ist (Rz. 157).

125

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen Die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 UStG (Rz. 17.2 ff.) ist auf den Erben nicht anzuwenden, da er nicht als Unternehmer besteuert wird, sondern ihn lediglich Nachwirkungen der Unternehmerttigkeit des Erblassers treffen.

5.170

Auch die potentielle Rckzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Vorsteuer nach § 15a UStG (Vorsteuerberichtigung, dazu Rz. 16.36 ff.) geht auf den Erben ber, d. h. er erwirbt die Wirtschaftsgter mit der Einbindung nach § 15a UStG, wie sie beim Erblasser begrndet worden war, auch wenn er das Unternehmen nicht fortfhrt. Er setzt mithin die nach § 15a UStG bestehende Rechtslage hinsichtlich aller vom Erblasser begrndeten Merkmale (Vorsteuervolumen, Verwendungsverhltnisse, Verwendungsbeginn) fort1; der Berichtigungszeitraum luft bei ihm weiter. Entsprechendes gilt fr den umgekehrten Fall des potentiellen nachtrglichen Vorsteuervergtungsanspruchs nach § 15a UStG.

5.171

Verußert der Erbe Gegenstnde, die beim Erblasser von der Vorsteuer entlastet worden waren, so verlangt das Gesetzesziel, daß die Gegenstnde nicht unversteuert in den Letztverbrauch gelangen. Die Unternehmensbindung (umsatzsteuerliche „Verhaftung“) ist auf den Erben bergegangen (Rz. 158, 168 f.), so daß die Gegenstnde noch im Rahmen des Unternehmens (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) verußert werden.2 Die aus der Vorsteuerentlastung erwachsene potentielle Rckzahlungsverpflichtung htte sich beim Erblasser nur dann nicht aktualisiert, wenn die Gegenstnde steuerpflichtig verußert worden wren. Mit dieser umsatzsteuerrechtlichen Einbindung sind die Gegenstnde auf den Erben bergegangen.3 Da die Verußerung als im Rahmen des Unternehmens ausgefhrt anzusehen und steuerpflichtig ist (§ 19 UStG ist nicht anzuwenden, Rz. 169 aE.), trifft den Erben die Pflicht zur Rechnungserteilung nach § 14 UStG.

5.172

(3) Hinsichtlich der vom Erblasser ausgefhrten Umstze bestimmen sich Steuerbefreiungen, Steuerstze und Steuerberechnung nach den Verhltnissen beim Erblasser im Zeitpunkt der Umsatzausfhrung.4 Dasselbe gilt fr die Anwendbarkeit des § 19 UStG und der §§ 23 und 24 UStG5, da der Erbe nicht als Unternehmer mit eigenen Umstzen besteuert wird, sondern ihn lediglich die Nachwirkungen der Unternehmerttigkeit des Erblassers treffen. Die Umsatzsteuerschulden gehen mithin in ihrer jeweiligen Ausgestaltung auf den Erben ber, auch wenn sie gesetzestechnisch iS des § 13 UStG noch nicht entstanden sind. Unerheblich ist deshalb, wenn bei der sog. Ist-Versteuerung (Rz. 12.24) die Vereinnahmung der Gegenleistung erst durch den Erben erfolgt.6 nderungen der Bemessungsgrundlagen (§ 17 Abs. 1 UStG), die erst 1 Reiß, StVj 1989, 103, 127; Stadie, Vorsteuerabzug, 52; aA. Husmann in FS Flick, 1997, 293, 300, 303; OFD Frankfurt/Main, UR 1997, 72. 2 Ebenso Reiß, StVj 1989, 103, 126; Jakob, Rz. 342; Doralt/Ruppe, Rz. 1231; Tehler in R/K/L, § 1 Rz. 495 f.; aA. Birkenfeld, § 48 Rz. 135; Heidner in B/G, § 2 Rz. 18; Husmann in FS Flick, 1997, S. 293, 302 ff. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 583. 4 Reiß, StVj 1989, 103, 124; Ruppe, § 2 Rz. 150; aA. wohl Heidner in B/G, § 2 Rz. 20. 5 Zust. Husmann in FS Flick, 1997, S. 293, 300. 6 Stadie in R/D, § 2 Anm. 584 mwN.

126

VIII. Rechtsnachfolge

nach dem Erbfall eintreten, sind – auch hier unabhngig davon, ob er das Unternehmen fortfhrt – beim Erben zu bercksichtigen. Entsprechendes gilt fr die nach § 17 Abs. 2 UStG gleichgestellten Ereignisse (dazu Rz. 12.33, 12.54 ff.). Bei Leistungen, die fr das Unternehmen des Erblassers ausgefhrt worden waren, geht der Anspruch auf Vergtung der Vorsteuer nach § 15 UStG auf den Erben ber, unabhngig davon, ob er das Unternehmen fortfhrt oder nicht.1 Entsprechendes gilt fr den aus § 14 UStG erwachsenen Anspruch auf Erteilung einer ordnungsgemßen Rechnung. Umgekehrt geht auch die Verpflichtung des Erblassers zur Erteilung von Rechnungen fr Umtze des Erblassers auf den Erben ber. Es handelt sich um eine vermgenswerte Verpflichtung, da sie bei Nichterfllung einen Schadensersatzanspruch bzw. ein Zurckbehaltungsrecht des Vertragspartners nach sich zieht (Rz. 20.24 bzw. 20.34).

5.173

cc) Miterbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung Bei mehreren Erben wird der Nachlaß Gesamthandsvermgen der Miterben (§ 2032 BGB). Die obigen Ausfhrungen zum Alleinerben gelten entsprechend. Die umsatzsteuerrechtlichen Nachwirkungen des Unternehmens des Erblassers treffen die Miterbengemeinschaft. Fhren die Miterben in Form der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses das Unternehmen fort, so wird die Miterbengemeinschaft Unternehmer (Rz. 16).

5.174

Soll das Unternehmen auf Grund einer Teilungsanordnung des Erblassers nur von einem Miterben erworben werden und wird es vom Erbfall an von ihm in seinem Namen und auf eigene Rechnung betrieben, so ist dieser von Anfang an Unternehmer, und nicht die Miterbengemeinschaft.2 Wird im Rahmen der Auseinandersetzung unter den Miterben das gesamte Unternehmen oder ein gesondert gefhrter Betrieb auf einen (oder mehrere Miterben) bertragen, so ist eine sog. Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 182 ff.) gegeben. Werden die brigen Miterben durch Unternehmensgegenstnde abgefunden, so verwirklicht der fortfhrende Miterbe, nicht die Miterbengemeinschaft3, den Entnahmetatbestand.4

5.175

Bei der Zerschlagung des Unternehmens im Wege der Realteilung verwirklicht die Miterbengemeinschaft hinsichtlich der vorsteuerentlasteten Wirtschaftsgter nicht5 den Tatbestand der Entnahme.6 Vielmehr ist die Aufgabe der gesamthnderischen Mitberechtigung als Gegenleistung anzusehen, so

5.176

1 2 3 4 5 6

Reiß, StVj 1989, 103, 124; Ruppe, § 2 Rz. 150. Stadie in R/D, § 2 Anm. 593 mwN. auch zu weiteren Gestaltungen. Die gegenteilige Auffassung in R/D, § 2 Anm. 597, gebe ich auf. Birkenfeld, UR 1992, 29, 36. Die gegenteilige Auffassung in R/D, § 2 Anm. 596, gebe ich auf. AA. fr den Fall, daß das Unternehmen zuvor fortgefhrt worden war, Birkenfeld, UR 1992, 29, 37; Husmann in FS Flick, 1997, S. 293, 306.

127

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

daß – auch wenn die Miterbengemeinschaft das Unternehmen nicht fortgefhrt hatte (Rz. 174) – steuerbare entgeltliche Umstze vorliegen.1 Zur Gegenleistung zhlen auch Ausgleichszahlungen.

b) Umwandlungen u. . 5.177

aa) Bei der Verschmelzung von Rechtstrgern (§§ 2, 3 UmwG) geht mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister das Vermgen des bertragenden Rechtstrgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den bernehmenden Rechtstrger ber und der bertragende Rechtstrger erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 36 Abs. 1 UmwG). Ebenso erfolgt bei der Spaltung (§§ 123, 124 UmwG) mit der Eintragung der bergang des Vermgens des bertragenden Rechtstrgers, bei Abspaltung und Ausgliederung der abgespaltenen oder ausgegliederten Teile des Vermgens, einschließlich der Verbindlichkeiten „jeweils als Gesamtheit“ auf die bernehmenden bzw. neuen Rechtstrger (§§ 131 Abs. 1, 135 Abs. 1 UmwG). Auch im Falle der Vermgensbertragung (§§ 174, 175 UmwG) geht mit deren Eintragung das Vermgen der bertragenden Gesellschaft einschließlich der Verbindlichkeiten auf den bernehmenden Rechtstrger ber (§§ 176 Abs. 3, 177 Abs. 2 UmwG). Hierbei handelt es sich – mit Ausnahme der Abspaltung und Ausgliederung2 – um Flle der Gesamtrechtsnachfolge, bei der Spaltung um eine partielle Gesamtrechtsnachfolge, weil kraft Gesetzes das Vermgen (oder ein Teilvermgen) einschließlich der Verbindlichkeiten uno actu auf ein anderes Rechtssubjekt bergeht.3

5.178

Folglich ist auch umsatzsteuerrechtlich von einer Gesamtrechtsnachfolge auszugehen. Gleichwohl hatte der BFH fr die Verschmelzung und die bertragende Umwandlung nach altem Umwandlungsrecht einen Leistungsaustausch angenommen.4 Diese Rechtsprechung verkennt vor allem, daß der alte Rechtstrger untergeht und der neue Rechtstrger erst eine logische Sekunde spter entsteht, so daß es an dem Erfordernis des Leistenden und des Leistungsempfngers mangelt (Ausnahme: Verschmelzung durch Aufnahme) und es deshalb ohne Belang ist, daß die Rechtsfolge des Vermgensberganges durch einem Gesellschafterbeschluß oder einen Vertrag ausgelst worden war.5 Diese Vorgnge fallen folglich entgegen verbreiteter Auffassung nicht unter § 1 Abs. 1a UStG (sog. Geschftsverußerung; Rz. 182, 192). Zudem besteht auch keinerlei Anlaß, die beschriebenen Vorgnge unter diese Vor1 Reiß in T/L, § 17 Rz. 65; Tehler in R/K/L, § 1 Rz. 500; vgl. auch Jakob, Rz. 343; aA. Birkenfeld, UR 1992, 29, 37; Husmann in R/D, § 1 Anm. 560 „Erbauseinandersetzung“. 2 BGH, NJW 2001, 1217; BFH, BFH/NV 2003, 267. 3 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 IV 3; Grnewald in Lutter, UmwG, § 20 UmwG Rz. 7; Teichmann in Lutter, UmwG, § 131 UmwG Rz. 2. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1971, 657; 1976, 518; UR 1980, 185; BFH/NV 1986, 500. 5 Vgl. Tipke, DB 1968, Beil. 17, 1; Schaumburg, StuW 1973, 15; Seer, DStR 1988, 367; B. Schwarz, UR 1994, 185; Ruppe, § 1 Rz. 94 f.

128

VIII. Rechtsnachfolge

schrift zu zwngen und als „bereignungen“ oder „Einbringungen“ zu werten, weil die Rechtsfolgen dieser Vorschrift sich schon aus dem Gesamtrechtsnachfolgeprinzip ergeben. Die zur Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen geltenden Grundstze (Rz. 167 ff.) gelten mithin entsprechend. Die ertragsteuerrechtlich zulssige Rckwirkung der Umwandlung bei Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 8 UmwStG) ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, da die Unternehmereigenschaft und die Zurechnung von Umstzen usw. nicht zur rechtsgeschftlichen Disposition der Beteiligten steht.1

5.179

Im Falle des schlichten Formwechsels nach §§ 190 ff. UmwG (z. B. Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft) findet kein Vermgensbergang statt, vielmehr besteht der formwechselnde Rechtstrger in der in dem Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), so daß keine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt.

5.180

Scheiden der vorletzte oder alle Gesellschafter bis auf den letzten aus einer Personengesellschaft aus und bernimmt der letzte Gesellschafter das Gesellschaftsvermgen, so wandelt sich das bisherige Gesamthandseigentum in Alleineigentum des letzten Gesellschafters um. Hierbei handelt es sich um einen Fall der Anwachsung analog § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB, woraus folgt, daß eine Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes eintritt.2 Die zur Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen geltenden Grundstze greifen auch bei diesem Vermgensbergang ein.

5.181

2. Sog. Geschftsverußerungen im Ganzen (Unternehmensnachfolge unter Lebenden) a) Grundstzliches Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert gefhrter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich bereignet3 oder in eine Gesellschaft eingebracht (sog. Geschftsverußerung, § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG), so liegt nach der Systematik des Gesetzes eine Vielzahl von Lieferungen von Wirtschaftsgtern und ggf. von sonstigen Leistungen (bertragung von Rechten, Rz. 7.4) vor, die zu einer Vielzahl von Umstzen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 (bei Entgeltlichkeit) oder nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b 1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 603; Knoll in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anh. 11, Rz. 21; OFD Frankfurt/Main, UR 1994, 284; OFD Saarbrcken, UR 1994, 409; OFD Erfurt, DStR 1997, 1810. 2 BGHZ 32, 307, 315; 50, 307; Ulmer in MnchKomm., § 738 BGB Rz. 7 mwN.; vgl. auch BFH, BStBl. II 1981, 293. 3 Insoweit ist die Formulierung fast wortwrtlich aus § 75 Abs. 1 Satz 1 AO (Haftung des Betriebsbernehmers) bernommen worden (vgl. Rz. 19.23). Die Begriffe entsprechen dem „Betrieb“ bzw. „Teilbetrieb“ iS des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, dem „Vermgen“ bzw. „selbstndigen Teil des Vermgens“ iS des § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG und dem „Gesamtvermgen“ bzw. „Teilvermgen“ iS des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (Rz. 184).

129

5.182

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

und Abs. 9a UStG (bei Unentgeltlichkeit) fhren mßte.1 Da bei einer solchen Geschftsverußerung im Regelfall2 der Erwerber vorsteuerabzugberechtigt ist3, bestimmt das deutsche Umsatzsteuergesetz4 aus Vereinfachungsgrnden5, daß Umstze im Rahmen einer Geschftsverußerung an einen anderen Unternehmer fr dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer unterliegen (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG), d. h. abweichend von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht steuerbar sind6. § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG ordnet statt dessen an, daß der Erwerber „an die Stelle des Verußerers“ trete (partielle Rechtsnachfolge kraft Gesetzes, Rz. 203), damit eine Vorsteuerkorrektur bezglich der bertragenen Wirtschaftsgter vorgenommen werden kann, wenn sich deren Verwendung durch den Erwerber ndert (Rz. 205). 5.183

Die Vorschrift erfaßt nur (Teil-)Unternehmensbertragungen, die bei Steuerbarkeit zu „Umstzen“ fhrten, in deren Rahmen „bereignungen“ stattfinden. (Teil-)Vermgensbergnge, die kraft Gesetzes eintreten, d. h. Vorgnge, die eine (partielle) Gesamtrechtsnachfolge darstellen, fallen nicht unter die Vorschrift und mssen auch nicht unter diese gezwngt werden, weil die von deren Satz 3 bezweckten Rechtsfolgen schon nach dem Gesamtrechtsnachfolgeprinzip eintreten (Rz. 177 f., 192). Die Tatbestnde der Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG und der Gesamtrechtsnachfolge schließen sich gegenseitig aus und knnen nicht nebeneinander angewendet werden.7

5.184

Die Vorschrift entspricht Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der 6. EG-RL, wonach die „bertragung des Gesamtvermgens oder eines Teilvermgens“, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandelt werden kann, als ob keine Lieferung von Gegenstnden8 vorliegt, und der „Begnstigte“ der bertragung 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 655; 2000, 153. 2 Die Vorschrift gilt allerdings auch bei der bertragung des Vermgens eines Unternehmens bzw. Betriebes, der ausschließlich nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfreie Umstze (ohne Vorsteuerabzug, Rz. 10.67 f.) ausgefhrt hatte. Der Heranziehung des § 4 Nr. 28 Alt. 2 UStG (Rz. 10.130) bedarf es deshalb nicht. 3 Bei einer unentgeltlichen Unternehmensbertragung (insbesondere als sog. vorweggenommene Erbfolge) sollte nach Auffassung der Bundesregierung allerdings kein Vorsteuerabzug seitens des Erwerbers in Betracht kommen, so daß die Vorschrift 1993 vorrangig zur Vermeidung dieses Ergebnisses eingefhrt worden war; Begr. zu Art. 20 Nr. 1 Buchst. b StMBG, BT-Drucks. 12/5630, S. 84. Diese Sichtweise war allerdings verfehlt (vgl. Rz. 15.82 ff.). 4 Das sterreichische UStG enthlt keine derartige Bestimmung. Entsprechend dem deutschen UStG bis 1993 (§ 10 Abs. 3 UStG aF.) findet sich die – berflssige – Definition der sog. Geschftsverußerung in dem nur klarstellenden § 4 Abs. 7 sterrUStG. 5 Obgleich dieses Motiv nicht der Auslser fr die Einfhrung der Vorschrift war, s. Fn. 3. 6 Die Abziehbarkeit der Vorsteuern, die beim Verußerer im Zusammenhang mit der (Teil-)Unternehmensbertragung angefallen sind, bestimmt sich nach den Umstzen, die bislang mit dem bertragenen (Teil-)Unternehmen ausgefhrt worden waren (Rz. 15.153). 7 AA. Reiß, UR 1996, 357, 373. 8 Aus der Nichterwhnung der Dienstleistungen bei der Abtretung (bertragung) von Rechten darf nicht geschlossen werden, daß es insoweit bei der Steuerbarkeit bleibt; vielmehr gilt fr diese Art. 6 Abs. 5 der 6. EG-RL.

130

VIII. Rechtsnachfolge (d. h. den Erwerber) als „Rechtsnachfolger“ des bertragenden angesehen werden kann. Nach Art. 5 Abs. 8 Satz 2 knnen die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um Wettbewerbsverzerrungen fr den Fall zu vermeiden, daß der Erwerber nicht voll steuerpflichtig ist (das ist durch § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG geschehen). Liegen derartige Umstnde nicht vor und hat ein Mitgliedstaat von der Befugnis nach Art. 5 Abs. 8 Satz 1 Gebrauch gemacht, so muß er nach Auffassung des EuGH den Grundsatz der „Nicht-Lieferung“, d. h. der Nichtsteuerbarkeit auf jede bertragung eines Gesamtoder Teilvermgens anwenden.1

Der von der Vorschrift verfolgte Vereinfachungszweck knnte auf Grund der vielen Abgrenzungsprobleme (vgl. Rz. 189, 195 ff.) nicht erreicht werden, wenn der „schwarze Peter“ bei falscher Behandlung des Vorgangs bei den Beteiligten bliebe. Das wre auf Grund der verfehlten Rechtsprechung, wonach der Vorsteuerabzug bei nichtsteuerbaren (bzw. nicht steuerpflichtigen) Umstzen ausgeschlossen sei (Rz. 15.70), der Fall. Diese Rechtsprechung verstßt allerdings bei Gutglubigkeit der Beteiligten in eklatanter Weise gegen den verfassungsrechtlichen (und gemeinschaftsrechtlichen) Verhltnismßigkeitsgrundsatz, der Vertrauensschutz gebietet. Deshalb mssen die Beteiligten den Vorgang in Zweifelsfllen als steuerpflichtig behandeln knnen (faktisches Wahlrecht) mit der Folge, daß die vom Verußerer nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer (Rz. 14.114) als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbar ist2 (Rz. 15.72 ff.). Umgekehrt greift regelmßig kein Gutglaubensschutz ein, wenn der Lieferer flschlich von einer nichtsteuerbaren Geschftsverußerung ausgeht (Rz. 1.19 f.)

5.185

b) Voraussetzungen aa) bertragung oder Einbringung eines Unternehmens oder Betriebes (1) Das umsatzsteuerrechtliche Unternehmen als solches kann nicht bertragen werden, da dieses von § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG (Rz. 131) ttigkeitsbezogen umschrieben wird. § 1 Abs. 1a UStG hat deshalb nur das Unternehmensvermgen (auf welches das Gesetz ansonsten nicht abstellt) im Auge (vgl. Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL), d. h. die dem Unternehmen (der unternehmerischen Ttigkeit) zugeordneten Wirtschaftsgter.

5.186

Die Nichtsteuerbarkeit erfaßt nicht nur die bertragung oder Einbringung des gesamten Unternehmens, sondern gilt auch fr einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert gefhrten Betrieb. An eine „gesonderte Fhrung“ sind im Hinblick darauf, daß Art. 5 Abs. 8 der EG-RL lediglich ein „Teilvermgen“ verlangt, keine großen Anforderungen zu stellen.3 Ein „Betrieb“ in diesem Sinne liegt vor, wenn ein Teil des Unternehmens einen fr sich lebensf-

5.187

1 EuGH, Urt. v. 27.11.2003, UR 2004, 19, Tz. 31. 2 Das verkennt BFH, BStBl. II 2004, 802. 3 Die Bestimmung des § 24 Abs. 3 UStG, wonach ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb als gesondert gefhrter Betrieb zu behandeln ist, wenn der Unternehmer auch andere als land- und forstwirtschaftliche Umstze ausfhrt, ist folglich nur klarstellend.

131

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

higen Organismus bildet1, nmlich die jeweils materiellen und gegebenenfalls immateriellen Bestandteile umfaßt, mit denen eine selbstndige wirtschaftliche Ttigkeit fortgefhrt werden kann2. 5.188

Die Vorschrift greift auch dann ein, wenn das Vermgen eines sich noch in der Grndungsphase befindlichen (umsatzlosen) Unternehmens bzw. Betriebs bertragen wird.3 Entsprechendes gilt fr die bertragung des Vermgens einer Vorgrndungsgesellschaft auf die Vorgesellschaft einer geplanten Kapitalgesellschaft.4

5.189

Die Vermietung eines Grundstcks ist eine unternehmerische Ttigkeit (Rz. 76). Folglich handelt es sich bei der Lieferung eines vermieteten Grundstcks, wenn die Vermietung die einzige unternehmerische Ttigkeit darstellt, um die bertragung eines Unternehmens iS des § 1 Abs. 1a UStG.5 Entsprechend ist, wenn die Vermietung nur einen Teil der unternehmerischen Ttigkeit darstellte, die Lieferung des Grundstcks als bereignung (oder) Einbringung eines gesondert gefhrten Betriebes anzusehen.6 Der Erwerber muß nicht in die Mietvertrge eintreten.7 Ebenso wenig muß das Grundstck schon vermietet gewesen sein8, da auch die bereignung eines Unternehmens erfaßt wird, das sich noch in der Grndungsphase befindet9 (Rz. 188). Der Annahme einer „Geschftsverußerung“ steht nicht entgegen, daß die bereignung zwangsweise erfolgt (vgl. Rz. 2.18).10

5.190

(2) Neben der entgeltlichen bereignung (Satz 2 Alt. 1) wird auch die unentgeltliche bereignung (Satz 2 Alt. 2), insbesondere als sog. vorweggenommene Erbfolge, erfaßt. Vor allem ihretwegen ist die Vorschrift eingefhrt worden, weil die Bundesregierung meinte, daß die anderenfalls auf Grund des Entnahmetatbestandes anfallende Steuer vom Erwerber nicht abziehbar wre11; das trifft jedoch nicht zu, weil auch bei der unentgeltlichen bertragung einzelner Gegenstnde der Vorsteuerabzug bei richtiger Gesetzesauslegung in Betracht kommt (Rz. 15.80 ff.).

5.191

Die Vorschrift erfaßt nur die Vermgensbertragung zwischen Lebenden. Bei dem Eigentumsbergang kraft Gesetzes im Falle der Gesamtrechtsnachfolge treten die von § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG bezweckten Rechtsfolgen schon nach dem Prinzip der Universalsukzession ein, so daß es nicht erforderlich ist, 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Vgl. Abschn. 5 Abs. 3 UStR 2005; Birkenfeld, § 48 Rz. 43. EuGH, Urt. v. 27.11.2003, UR 2004, 19, Rz. 40. Vgl. BFH, UR 2001, 214, 216 = BStBl. II 2003, 430, 432. Vgl. EuGH, Urt. v. 29.4.2004, UR 2004, 362. BFH, BStBl. II 2000, 153, 155; BFH, UR 2001, 214, 216 = BStBl. II 2003, 430; UR 2004, 417; vgl. auch BFH, BStBl. II 1993, 700 (zu § 75 AO). Unklar BFH, BStBl. II 2002, 559. AA. Birkenfeld, § 48 Rz. 47, 52; wohl auch Jakob, Rz. 328. AA. Zeuner in B/G, § 1 Rz. 129. BFH, UR 2001, 214, 216 = BStBl. II 2003, 430, 432. BFH, BStBl. II 2002, 559 (Zwangsversteigerung). S. o. Rz. 182 Fn.

132

VIII. Rechtsnachfolge

diese Vorgnge unter die Vorschrift zu zwngen (Rz. 183). Das gilt zum einen fr den Erbfall (§§ 1922, 1967 BGB)1 und zum anderen fr die bernahme des Gesellschaftsvermgens einer Personengesellschaft durch den letzten Gesellschafter (Anwachsung analog § 738 Abs. 1 BGB), bei dem es sich ebenfalls um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt (Rz. 181). Auch bei Umwandlungen in Gestalt der Verschmelzung (Fusion) von Rechtstrgern, der Spaltung (mit Ausnahme der Abspaltung und Ausgliederung) und der Vermgensbertragung liegen entgegen h. M.2 keine Geschftsverußerungen iS des § 1 Abs. 1a UStG vor. Mit der Eintragung im Handelsregister gehen das Vermgen des bertragenden Rechtstrgers jeweils als Gesamtheit auf die bernehmenden bzw. neuen Rechtstrger ber (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 135 Abs. 1 UmwG). Auch in diesen Fllen3 tritt Gesamtrechtsnachfolge ein, weil das Vermgen bzw. Teilvermgen kraft Gesetzes („jeweils als Gesamtheit“) uno actu und nicht durch rechtsgeschftliche Einzelbertragungen bergeht (Rz. 177 ff.). Von der h. M. wird bersehen, daß daher auch bei diesen Vorgngen weder „Umstze“ noch „bereignungen“ bzw. „Einbringungen“ vorliegen. Es besteht auch nicht – sofern es nicht um die Abspaltung oder Ausgliederung geht – die Notwendigkeit, sie unter den Wortlaut des § 1 Abs. 1a UStG zu pressen, da die von der Vorschrift bezweckten Rechtfolgen auch hier schon nach dem Gesamtrechtsnachfolgeprinzip eintreten (Rz. 183).

5.192

Im Falle des schlichten Formwechsels (§§ 190 ff. UmwG) findet kein Vermgensbergang statt, vielmehr besteht der formwechselnde Rechtstrger in der in dem Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), so daß weder eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt (Rz. 180) noch sich die Frage der Geschftsverußerung stellt.

5.193

(3) Die Einbringung in eine Gesellschaft (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Alt. 3 UStG) betrifft sowohl die Einbringung eines Einzelunternehmens oder eines gesondert gefhrten Betriebes in eine Personengesellschaft als auch in eine Kapitalgesellschaft. Es ist unerheblich, ob die Gesellschaft schon besteht oder im Zusammenhang mit der Einbringung gegrndet wird. Ohne Belang ist auch, wie der Vorgang ertragsteuerrechtlich nach dem Umwandlungssteuergesetz behandelt wird, d. h. ob die sog. stillen Reserven aufgedeckt werden oder nicht. Bei der Verschmelzung und der Abspaltung durch Aufnahme handelt es sich um Flle der Gesamtrechtsnachfolge, so daß es nicht der Heranziehung des § 1 Abs. 1a UStG bedarf (Rz. 177 f.).

5.194

(4) Erforderlich ist, daß die bertragung an einen anderen Unternehmer fr dessen Unternehmen erfolgt (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG). Darin kommt der Ver-

5.195

1 Zur Erbauseinandersetzung s. Rz. 175. 2 Reiß in T/L, § 14 Rz. 110; ders., UR 1996, 357, 367 ff.; Birkenfeld, § 48 Rz. 61; Husmann in R/D, § 1 Anm. 1116 ff.; Klenk in S/R, § 1 Rz. 480; Jakob, Rz. 939; Lippross, 2.7.3 c. 3 Mit Ausnahme der Abspaltung und Ausgliederung, BGH, NJW 2001, 1217; BFH, BFH/NV 2003, 267.

133

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

einfachungszweck der Vorschrift zum Ausdruck, die den Regelfall im Auge hat, daß das Unternehmen (der Betrieb) fortgefhrt wird.1 Der Erwerber muß nicht bereits Unternehmer sein, es reicht vielmehr aus, daß er es durch die Fortfhrung wird.2 5.196

Andererseits ist es nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1a UStG nicht erforderlich, daß eine Fortfhrung tatschlich stattfindet, denn eine bertragung erfolgt auch dann fr das Unternehmen des Erwerbers, wenn dieser den erworbenen Betrieb sogleich liquidiert.3 Dagegen verlangt der EuGH, daß der Erwerber beabsichtigen msse, den bertragenen Geschftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschftsttigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen.4 Das fhrt zu unergiebigen Motivforschungen und Abgrenzungsschwierigkeiten und bewirkt, daß der Verußerer, sofern er, wie regelmßig, die Motive des Erwerbers nicht sicher einschtzen kann, vorerst von der Steuerbarkeit und Steuerpflicht der Geschftsverußerung ausgehen muß. Das widerspricht dem Vereinfachungszweck der Vorschrift. Zweifelsfrei ist aber jedenfalls, daß der Erwerber nicht dieselbe Ttigkeit wie der Verußerer ausben muß.5 bb) Im Ganzen

5.197

Die bertragung „im Ganzen“ verlangt nach neuerer Rechtsprechung des BFH, daß eine organische „Zusammenfassung“ von Sachen und Rechten bertragen wird, die dem Erwerber die Fortfhrung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert gefhrten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermglicht.6 Von einer bertragung des „Unternehmens“ bzw. des „Gesamtvermgens“ kann jedoch richtigerweise nur dann gesprochen werden, wenn die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bereignet werden; Entsprechendes gilt fr die bertragung eines „Betriebes“ bzw. „Teilvermgens“. Die zu § 75 AO und § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG entwickelten Grundstze7 sind deshalb auch8 fr die Auslegung des § 1 Abs. 1a UStG heranzuziehen. Demgegenber leitet der BFH aus dem Gesetzeszweck, der eine Fortfhrung des Unternehmens (Betriebes) im Auge hat (Rz. 195), ab, daß es ausreiche, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mit1 BT-Drucks. 12/5639, 84. 2 Abschn. 5 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. Der Erwerber ist entgegen BFH, BStBl. II 1987, 512; BGH, UR 1996, 190; FG Dsseldorf, EFG 2004, 772, auch dann (kurzzeitig) Unternehmer, wenn er das erworbene Unternehmen sogleich in eine Gesellschaft einbringt; Stadie in R/D, § 2 Anm. 316; ebenso Klenk in S/R, § 1 Rz. 481. 3 Probst in H/M, § 1 Abs. 1a Rz. 65 f. 4 EuGH, UR 2004, 19. 5 Birkenfeld, § 48 Rz. 24. 6 BFH, BFH/NV 2002, 1648 = BStBl. II 2004, 662; UR 2003, 135 = BStBl. II 2004, 665. 7 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 226 mwN. 8 Die deshalb nicht etwa „ertragsteuerrechtliche Kriterien“ sind, wie der BFH, UR 2003, 16, 18 = BStBl. II 2004, 662; UR 2003, 135 = BStBl. II 2004, 665; UR 2004, 417, meint.

134

VIII. Rechtsnachfolge

bereignet, sondern nur langfristig zur Nutzung berlassen werden, sofern dadurch die dauerhafte Fortfhrung des Unternehmens (Betriebes) gewhrleistet ist.1 Das mag zwar im Hinblick auf den Vereinfachungszweck sachgerecht sein, ist aber nicht mit dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1a UStG („im ganzen . . . bereignet“) und des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL zu vereinbaren.2 Zudem fhrt diese Rechtsprechung zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten gegenber der nicht begnstigten Betriebsverpachtung. Auch fr die Einbringung gilt richtigerweise, daß alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw. Betriebes eingebracht (geliefert) werden mssen, so daß es entgegen der Rechtsprechung (Rz. 197) fr die Annahme einer Geschftsverußerung nicht ausreicht, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen (wie z. B. das Betriebsgrundstck) vom Einbringenden der Gesellschaft nur zur Nutzung berlassen werden.

5.198

Zu den wesentlichen Grundlagen gehren nur solche Vermgensgegenstnde (Wirtschaftsgter), die zum „Vermgen“ der Verußerer gehren. Nutzungs-, Lizenz- u. . Rechte mssen deshalb, auch wenn sie der Verußerer als wesentliche Grundlage seines Unternehmens bentigte, nicht bertragen werden.3 Das folgt zudem auch daraus, daß das Unternehmen nicht mit dem bisherigen Inhalt fortgefhrt werden muß (Rz. 196). Demgemß mssen auch nicht gewerbliche Erfahrungen, Kundenstamm u. . bertragen werden.4

5.199

Die bertragung bzw. Einbringung muß an einen anderen Unternehmer erfolgen. Wird das Unternehmensvermgen in Teilen auf verschiedene Erwerber bertragen, so greift § 1 Abs. 1a UStG nur insoweit ein, als die Teile als gesondert gefhrte Betriebe (Rz. 187) anzusehen sind.

5.200

Die bertragung kann auf mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschften beruhen, wenn diese in einem engen und sachlichen Zusammenhang stehen.5

5.201

Hinsichtlich der nicht bertragenen Wirtschaftsgter bleibt es bei den allgemeinen Regeln, so daß insoweit bei Verußerung an Dritte entgeltliche bzw. bei Entnahmen fiktive (Rz. 4.3 ff.) entgeltliche Lieferungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, die noch im Rahmen des Unternehmens erfolgen, auch wenn die eigentliche unternehmerische Ttigkeit beendet ist (Rz. 156, 159). Soweit zurckbehaltene Wirtschaftsgter an den Erwerber iS des § 1 Abs. 1a

5.202

1 BFH, BStBl. II 1999, 41; UR 2003, 16 = BStBl. II 2004, 662; UR 2003, 135 = BStBl. II 2004, 665. 2 Auch der EuGH, UR 2004, 19, Rz. 40, verlangt die bertragung der materiellen und ggf. immateriellen Bestandteile, „die zusammen genommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden“, woraus wohl geschlossen werden muß, daß alle wesentlichen „Bestandteile“ (Grundlagen) bertragen werden mssen. Eine langfristige Nutzungsberlassung kann nicht als „bertragung“ verstanden werden. 3 AA. Abschn. 5 Abs. 2 Satz 6 UStR 2005; Lippross, 2.7.3 c (S. 268); Birkenfeld, § 48 Rz. 26; Zeuner in B/G, § 1 Rz. 129; Probst in H/M, § 1 Abs. 1a Rz. 110. 4 AA. Abschn. 5 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005; Birkenfeld, § 48 Rz. 26; Probst in H/M, § 1 Abs. 1a Rz. 110. 5 Vgl. BFH, UR 2003, 133 = BStBl. II 2004, 626.

135

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

UStG vermietet oder verpachtet werden1, handelt es sich um entgeltliche sonstige Leistungen2. Werden sie unentgeltlich berlassen, so liegen, sofern die berlassung im Rahmen eines fortbestehenden Unternehmens erfolgt, fiktive entgeltliche sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, Rz. 4.37 ff.) vor; anderenfalls handelt es sich um eine Entnahme der Wirtschaftsgter (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG).3

c) Partielle Rechtsnachfolge 5.203

Nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG tritt der erwerbende Unternehmer „an die Stelle des Verußerers“. Diese Formulierung ist verfehlt4, da sie wrtlich genommen bedeuten mßte, daß der Erwerber in jeder Beziehung an die Stelle des Verußerers treten wrde. Das ist offensichtlich nicht der Wille des Gesetzgebers, der nur umsatzsteuerrechtliche Folgen im Auge haben kann und auch nur solche, die mit dem bertragenen Unternehmen bzw. Betrieb im Zusammenhang stehen. § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG bedarf deshalb schon insoweit einer erheblichen Einschrnkung. Doch selbst wenn man hinter „tritt“ gedanklich die Einschrnkung „umsatzsteuerrechtlich insoweit“ einfgte, schsse die Regelung noch weit ber ihr Ziel hinaus.

5.204

Demgegenber soll nach verbreiteter Auffassung der Erwerber Rechtsnachfolger hinsichtlich der Umsatzsteuerschulden werden, die in der Person des Verußerers begrndet waren.5 Dagegen spricht schon § 75 Abs. 1 AO (begrenzte Haftung des Betriebsbernehmers; dazu Rz. 19.23 ff.), der dann berflssig wre, jedenfalls aber in seiner Haftungsbegrenzung unterlaufen wrde. Das kann nicht Wille des Gesetzgebers sein.6 Auch in der Person des Verußerers begrndete Umsatzsteuererstattungsansprche und Vorsteuervergtungsansprche7 gehen folglich nicht auf den Erwerber ber8. Ebenso wenig ist der Erwerber nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG9 an vom Verußerer ausgebte Wahlrechte gebunden.10 Wer allerdings flschlich die Flle der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz unter § 1 Abs. 1a UStG subsumiert 1 Werden sie spter ebenfalls bereignet, so greift m. E. auch insoweit § 1 Abs. 1a UStG ein. 2 Vgl. BFH, UR 2003, 135, 137 = BStBl. II 2004, 665. 3 Vgl. BFH; UR 2003, 16, 18 = BStBl. II 2004, 662; UR 2003, 135, 137 = BStBl. II 2004, 665. 4 Ebenso Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der 6. EG-RL, wonach der Erwerber „als Rechtsnachfolger des bertragenden“ anzusehen sei. 5 Vgl. Klenk in S/R, § 1 Rz. 483; Mßlang in S/R § 19 Rz. 9; Zeuner in B/G § 1 Rz. 134; Probst in H/M, § 1 Abs. 1a Rz. 166, 171. 6 Zust. Husmann in R/D, § 1 Anm. 1124. 7 Zur Abziehbarkeit der mit der Verußerung zusammenhngenden Vorsteuerbetrge s. Rz. 15.153. 8 Stadie in R/D, § 2 Anm. 611 f.; Lippross, 2.7.4 (S. 272). 9 Fr die Option des Land- und Forstwirts zur Regelbesteuerung gilt hinsichtlich der Bindungsfrist die Sonderregelung des § 24 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 UStG. 10 Stadie, in R/D, § 2 Anm. 613 mwN.

136

IX. Organschaft

(Rz. 192), muß notgedrungen die eingangs genannte Ansicht vertreten, um die Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge zu erreichen. Richtigerweise beschrnkt sich die angeordnete Rechtsnachfolge auf die umsatzsteuerrechtliche Einbindung der bernommenen Wirtschaftsgter, wie sie beim Verußerer bestand.1 Nur insoweit tritt der Erwerber an die Stelle des Verußerers; die Besttigung findet sich in dem – allerdings berflssigen – § 15a Abs. 10 Satz 1 UStG2 (dazu auch Rz. 16.61). Mangels Umsatzsteuerbelastung bei der bertragung kann eine etwaige Vorsteuerberichtigung nicht originr beim Erwerber erfolgen. Dieser tritt deshalb in die mit den Wirtschaftsgtern zusammenhngenden potentiellen Vorsteuerrckzahlungsverpflichtungen und Vorsteuervergtungsberechtigungen ein, wie sie beim Verußerer bestanden. Die Wirtschaftsgter gehen hinsichtlich einer Vorsteuerberichtigung in der nach § 15a UStG bestehenden Einbindung auf den Erwerber ber. Dieser setzt deshalb bezglich aller (und nicht etwa nur hinsichtlich des in § 15a Abs. 10 UStG genannten Berichtigungszeitraums) beim Verußerer begrndeten materiell-rechtlichen Merkmale die § 15a UStG-Rechtslage fort3 (also auch hinsichtlich Vorsteuervolumen, anfnglicher Verwendungsverhltnisse und Verwendungsbeginn)4. Entsprechendes gilt fr die mittelbare Vorsteuerberichtigung im Wege der Entnahmebesteuerung. Diese findet nur dann statt, wenn beim Verußerer fr das Wirtschaftsgut ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden war5 (§ 3 Abs. 1b Satz 2, Abs. 9a Nr. 1 UStG; Rz. 4.1, 4.7, 4.32).

5.205

IX. Organschaft 1. Allgemeines a) Bedeutung Wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organtrgers eingegliedert ist, so bt sie ihre gewerbliche oder berufliche Ttigkeit nicht selbstndig aus und es besteht eine sog. Organschaft (§ 2 1 Ebenso Reiß, UR 1996, 357, 364; Theler in R/K/L, § 1 Rz. 351; Lippross, 2.7.4 (S. 272). 2 Aus dieser Vorschrift folgt allerdings entgegen Birkenfeld, § 48 Rz. 95, nicht, daß sich die Rechtsnachfolge auf die Vorsteuerberichtigung begrenze. 3 Hingegen ist der Erwerb nicht an diesbezglich gegenber dem Verußerer ergangene Steuerfestsetzungen gebunden (aA. Lippross, 7.9.4, S. 794; Birkenfeld [Lfg. 7, 9/94], § 197 Rz. 812.2). Da der Erwerber kein Gesamtrechtsnachfolger ist, trte Drittwirkung nach § 166 AO (dazu Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 791) nur dann ein, wenn der Erwerber kraft eigenen Rechts in der Lage gewesen wre, die Steuerfestsetzung anzufechten. Das war indes nicht der Fall, sofern der Erwerber nicht zu einem Rechtsbehelfsverfahren ber die Hhe des Vorsteuerabzugs hinzugezogen worden war (Stadie, aaO., Rz. 782). 4 § 15a Abs. 10 Satz 2 UStG begrndet diesbezglich einen Auskunftsanspruch des Erwerbers. 5 Reiß, UStR 1996, 357, 364; Stadie in R/D, § 2 Anm. 615 ff.

137

5.206

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG).1 Mit dieser unglcklichen2 Bezeichnung3 hat das Gesetz eine Begriffsschpfung des RFH bernommen.4 Aus der Nichtselbstndigkeit der eingegliederten Gesellschaft (blicherweise Organgesellschaft5 genannt) folgt, daß sie nicht Unternehmerin ist. Die weitere und entscheidende Rechtsfolge lßt sich nur aus dem Begriff „eingegliedert“ und aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG ableiten, woraus zu schließen ist, daß die Organgesellschaft – trotz fortbestehender Selbstndigkeit im Zivilrecht und sonstigen ffentlichen Recht – grundstzlich umsatzsteuerrechtlich als unselbstndiger Teil des Unternehmens des Organtrgers anzusehen ist. Daraus folgt, daß innerhalb des Organkreises grundstzlich keine „Umstze“ stattfinden und die Außenumstze, Leistungsbezge und Vorsteuerbetrge der Organgesellschaft dem Organtrger zuzurechnen sind (zu den Einzelheiten Rz. 235 ff.). 5.207

Die Wirkungen der Organschaft beschrnken sich auf die umsatzsteuerrechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten des Organkreises und auf deren Umsatzsteuerrechtsverhltnisse zum Steuerglubiger. Das Vorliegen eines Organschaftsverhltnisses ist ohne Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen der Beteiligten zu Dritten. Gegenber Dritten ist die Organgesellschaft folglich als Unternehmer anzusehen6, was insbesondere im Rahmen der §§ 14 und 15 UStG fr den Vorsteuerabzug der Dritten von Bedeutung ist (Rz. 14.18, 14.56).

5.208

Die Bedeutung der sog. Organschaft lag im alten Umsatzsteuersystem ohne Vorsteuerabzug (dazu Rz. 1.3 ff.). Dieses Rechtsinstitut war 1934 kodifiziert worden, um der Tendenz in der Wirtschaft (insbesondere im Handel und in der verarbeitenden Industrie) entgegen zu wirken, durch Fusionen (Verschmelzungen) von Unternehmen Wirtschaftsstufen einzusparen; diese Wirkung sollte schon bei einer Mehrheitsbeteiligung an einem anderen Unternehmen eintreten. Mit der Einfhrung des Vorsteuerabzugs (1968) verlor die Regelung ihre wirtschaftspolitische Rechtfertigung und wurde berflssig: Bei Umstzen zwischen verbundenen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen ist es 1 Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL erlaubt es den Mitgliedstaaten, im Inland ansssige Personen, die zwar rechtlich unabhngig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln (dazu auch Rz. 216). 2 Unter „Organ“ versteht die brige Rechtsordnung eine Person oder eine Institution, die fr eine Gesellschaft, juristische Person oder ein anderes Gebilde deren Willen bildet und fr diese/dieses handelt (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG; §§ 63 ff. BVerfGG, Art. 7 EG). Der Begriff „Organschaft“ ist seit jeher in der Verbindung „Selbstorganschaft“ (dazu auch Rz. 52) und „Fremd- bzw. Drittorganschaft“ besetzt; vgl. K. Schmidt, GesellschaftsR, 4. Aufl., § 14 II 2; Ulmer in MnchKomm., 4. Aufl., § 709 BGB Rz. 5 f.; Reuter in MnchKomm., 4. Aufl., § 26 BGB Rz. 1 ff. 3 Auch die §§ 14 ff. KStG und § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verwenden diesen Begriff. 4 Zur Geschichte dieser Rechtsfigur BFH, BStBl. III 1953, 234; Stadie in R/D, § 2 Anm. 620. 5 So ausdrcklich § 14 KStG. 6 Das verkennt Jakob, Rz. 151, 153.

138

IX. Organschaft

wegen des Vorsteuerabzugs im Ergebnis ohne Auswirkung, ob Organschaft besteht oder nicht. Liegt eine solche nicht vor, so wird bei Umstzen innerhalb einer Unternehmerkette die jeweilige Umsatzsteuerbelastung durch den Vorsteuerabzug beim Erwerber wieder beseitigt und nur der letzte Umsatz bleibt endgltig mit Umsatzsteuer belastet. Besteht zwischen den Beteiligten Organschaft, so tritt dasselbe Ergebnis ein. Der Vorteil besteht allein darin, daß nicht jeweils Umsatzsteuer an das Finanzamt abgefhrt werden muß, welche die nachfolgende Gesellschaft als Vorsteuer wieder vergtet erhielte, so daß bei den Organgesellschaften die Verwaltungsarbeit im Verhltnis zum Finanzamt entfllt. Nur aus letzterem Grund, nmlich „zur Vermeidung unntiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft“1 wurde die Vorschrift beibehalten. Sie hat mithin lediglich einen Vereinfachungszweck. Vorteile entstehen durch die Organschaft bei Umstzen innerhalb des Organkreises, wenn einer der Beteiligten nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die Umstze zwischen ihnen ohne Organschaft steuerpflichtig wren.

5.209

Beispiele: (1) Ein Bauunternehmer liefert fr 1 000 000 Euro + 160 000 Euro USt ein Gebude an eine Wohnungsvermietungs-GmbH. Die der steuerpflichtigen Gebudelieferung zuzurechnenden Vorsteuern betragen 30 000 Euro. Da die GmbH steuerfreie Umstze ttigt (§ 4 Nr. 12 UStG), sind die 160 000 Euro Umsatzsteuer bei ihr nicht als Vorsteuern abziehbar (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG) und fhren zu Kosten. Ist die GmbH hingegen eine Organgesellschaft des Bauunternehmers, so stellt die Gebudelieferung eine sog. Innenleistung dar (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, Rz. 237), die nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Andererseits sind nunmehr die Vermietungsumstze dem Organtrger zuzurechnen (Rz. 239), so daß die Vorsteuern in Hhe von 30 000 Euro nicht mehr abziehbar sind. Bei Organschaft betrgt die Umsatzsteuerbelastung der beiden Unternehmern folglich nur noch 30 000 Euro, whrend sie sich ansonsten auf 130 000 Euro beluft. (2) Eine Datenverarbeitungs-GmbH erbringt steuerpflichtige Dienstleistungen gegenber einer Versicherungsgesellschaft mit steuerfreien Umstzen (§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG). Gliedert sich die Versicherungsgesellschaft die GmbH als Organtochter ein, so liegen mit den Datenverarbeitungsleistungen nichtsteuerbare Innenleistungen vor und als Kosten fallen nur noch die dann nichtabziehbaren Vorsteuern der GmbH an.

Diese Wettbewerbsvorteile resultieren letztlich nicht aus der Organschaftsregelung, sondern aus der Bestimmung des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ber die Nichtabziehbarkeit von Vorsteuern bei der Erbringung steuerfreier Umstze, denn sie trten auch ein, wenn die Beteiligten fusionieren oder der Unternehmer mit steuerfreien Umstzen die bislang von Dritten in Anspruch genommen steuerpflichtigen Vorleistungen im eigenen Unternehmen erbringt. Beispiele: Die zuvor genannte Wohnungsvermietungs-GmbH errichtet das Gebude mit eigenen Arbeitnehmern. Die obige Versicherungsgesellschaft legt sich eine eigene Datenverarbeitungsabteilung zu. 1 Bericht des FinAussch. von 1967 zu BT-Drucks. V/1581, Einzelbegr. zu § 2 UStG.

139

5.210

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen Folglich verstoßen die mit der Organschaftsregelung verbundenen Wettbewerbsvorteile auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).1 Ebensowenig kann die Begrndung eines Organschaftsverhltnisses, in welcher Gestalt auch immer, ein Mißbrauch iS des § 42 AO sein2, denn die sich daraus ergebenden Vorteile trten in gleicher Weise auch bei einer durch die Rechtsordnung gebilligten Fusion ein3.

5.211

Der wesentliche Nachteil der Organschaftsregelung besteht – neben der Notwendigkeit des zivilrechtlichen Ausgleichs4 fr die Steuerzahlungen und erlangten Vorsteuerbetrge – fr den beherrschenden Gesellschafter (Organtrger) darin, daß er die Umsatzsteuer, die auf die Umstze der Organgesellschaft entfllt, schuldet (Rz. 239).5 Das Rechtsinstitut der Organschaft wird deshalb vom Finanzamt als Haftungsinstrument bemht, um bei zahlungsunfhigen Kapitalgesellschaften die auf deren Umstze entfallende Steuer beim beherrschenden Gesellschafter einfordern zu knnen, auch wenn zuvor keine Organschaft praktiziert worden war. Im Falle der Betriebsaufspaltung haftet der beherrschende Gesellschafter allerdings zumeist schon nach § 74 AO, da er wesentlich beteiligt ist (Rz. 19.21 f.). b) Wahlrecht?

5.212

Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG trten die Rechtsfolgen der Organschaft mit der Verwirklichung der Eingliederungsmerkmale zwingend ein; ein Wahlrecht ist nicht vorgesehen. Der BFH hat ein solches Wahlrecht auch unter Berufung auf den klaren Wortlaut der Norm verneint.6 Der zwingende Eintritt der Rechtsfolge entspricht jedoch nicht dem wirklichen Willen des Gesetzgebers, wre zudem verfassungswidrig und auch nicht durch die Ermchtigung des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL gedeckt.

5.213

Mit der Einfhrung des Vorsteuerabzugs ist der ursprngliche Zweck der Organschaft entfallen; sie ist lediglich auf Wunsch der Wirtschaft aus Grnden der Verwaltungsvereinfachung beibehalten worden (Rz. 208). Ein Haftungszweck ist offensichtlich vom Gesetzgeber nicht gewollt, da er weder in der Gesetzesbegrndung von 1934 noch der von 1967 anklingt.7 Wenn aber das Rechtsinstitut der Organschaft vom Gesetzgeber nur im Interesse der Unternehmen im Gesetz beibehalten wurde, so muß es diesen berlassen bleiben, ob sie von der Regelung Gebrauch machen, oder wegen der Nachteile davon Abstand nehmen. Zudem besitzt der beherrschende Gesellschafter regelmßig nicht die rechtliche Mglichkeit, sich Kenntnis von den ihm zuzurechnenden 1 Vgl. BFH, UR 1996, 266, 268 = BFH/NV 1996, 273, 275; UR 2003, 394, 395 f. = BStBl. II 2004, 434, 436 = BFH/NV 2003, 1131; beachte ferner EuGH, UR 2004, 82, Tz. 70 ff. 2 Vgl. BFH, UR 1996, 266, 268 = BFH/NV 1996, 273, 275; sowie BFH, BFH/NV 1993, 133. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 638. 4 Dazu Stadie in R/D, § 2 Anm. 639. 5 Die Organgesellschaft haftet fr diese Steuer nach § 73 AO (Rz. 19.18). 6 BFH, BStBl. II 2002, 373, 376; BFH/NV 2003, 515; ebenso Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 120. 7 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 2 Anm. 641.1, 641.3.

140

IX. Organschaft

Besteuerungsgrundlagen der beherrschten Gesellschaft zu verschaffen, da weder das Zivilrecht noch das Steuerrecht dem Organtrger einen Auskunftsanspruch geben. Wenn aber der beherrschende Gesellschafter seine steuerrechtliche Anmeldungsverpflichtung insoweit nicht erfllen kann, so darf auch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber ihm eine solche auferlegen will. Schon die Entstehungsgeschichte und der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck zwingen mithin dazu, im Wege teleologischer Reduktion der Norm dem beherrschenden Gesellschafter ein Wahlrecht einzurumen, ob er bei Vorliegen der Voraussetzungen die Organschaftsregelung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung anwenden und damit die Mglichkeit der „Haftung“ in Kauf nehmen will oder nicht. Es darf außerdem nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber gegen den Grundsatz der Rechtsformneutralitt der Besteuerung, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgebot) ergibt (Rz. 1.44)1, verstoßen will. Es trte nmlich eine Ungleichbehandlung ein, wenn § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG automatisch eine „Haftung“ des beherrschenden Gesellschafters einer juristischen Person fr deren Umsatzsteuerschulden bewirken wrde (wenn die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung gegeben ist), whrend eine solche „Haftung“ nicht eintritt, wenn die beherrschte Gesellschaft eine Personengesellschaft, z. B. eine GmbH & Co. KG, ist, da § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG als Organgesellschaft eine juristische Person verlangt. Soweit das Umsatzsteuerrecht nach Unternehmern unterscheidet und daran unterschiedliche Rechtsfolgen knpft, mssen diese ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Grnden finden.2 Das BVerfG3 hat zu Recht entschieden, daß die Rechtsform, in der ein Unternehmer ttig wird, kein hinreichender Differenzierungsgrund fr eine Umsatzsteuerbelastung ist. Das hat auch dann zu gelten, wenn die Belastung dadurch entritt, daß ein zivilrechtlicher Rckgriffsanspruch des Organtrgers gegenber der Organgesellschaft wegen deren Insolvenz nicht durchsetzbar ist.4 Die Verneinung des Wahlrechts bewirkt des weiteren einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 GG. Die danach gegebene Vereinigungsfreiheit, die auch fr juristische Personen gilt (Art. 19 Abs. 3 GG), garantiert des Recht, bei einem gemeinsamen wirtschaftlichen Ttigwerden diejenige Rechtsform zu whlen, die als richtige und angemessene erscheint.5 Die Vereinigungsfreiheit verbietet es mithin, daß die Beteiligten durch das Steuerrecht in eine Rechtsform gedrngt werden, die nicht dem Rechtskleid entspricht, welches sie fr ihre wirtschaftliche Bettigung als am geeignetsten ansehen (Rz. 1.44). Eine Interpretation des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als zwingend 1 2 3 4

Vgl. insbesondere BV erfG, BVerfGE 101, 151 = UR 1999, 498 = BStBl. II 2000, 160. BVerfG, aaO. BVerfG, aaO. Stadie in R/D, § 2 Anm. 642. Das war indes fr den BFH „kein neuer Gesichtspunkt“ gegenber seiner Entscheidung in BStBl. II 2002, 373, 376; vgl. BFH, BFH/NV 2003, 515. 5 Vgl. Hfling in Sachs, GG, Art. 9 Rz. 16 mwN.; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Art. 9 Rz. 6.

141

5.214

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

wirkende „Haftungsvorschrift“ wrde zu einer willkrlichen, weil sachlich nicht zu rechtfertigenden, Ungleichbehandlung des beherrschenden Gesellschafters einer juristischen Personen gegenber dem beherrschenden Gesellschafter einer Personengesellschaft fhren1 und zugleich einen Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit darstellen. Daher ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und 9 Abs. 1 GG verstoßen, sondern vielmehr dem § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG eine verfassungskonforme Rechtsfolge beimessen wollte. 5.215

Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung trte ferner im Verhltnis zu im Ausland ansssigen Organtrgern hinsichtlich der inlndischen Tochtergesellschaften ein. Da nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG die Organschaftswirkungen den im Ausland ansssigen beherrschenden Gesellschafter nicht treffen (Rz. 264), wre der im Inland ansssige beherrschende Gesellschafter gegenber einem solchen Wettbewerber benachteiligt, wenn die „Haftung“ auf Grund der Organschaftsregelung automatisch eintrte. Auch fr diese Ungleichbehandlung gibt es keinen sachlichen Grund. Beide Gesellschafter verwirklichen die gleichen Sachverhalte, denn sie bettigen sich mittels der inlndischen Tochtergesellschaften, die im Inland steuerpflichtige Umstze bewirken. Die Rechtsfolge, daß der im Inland ansssige, nicht jedoch der im Ausland ansssige beherrschende Gesellschafter fr die daraus resultierende Umsatzsteuer einzustehen htte, wre willkrlich. Bei Ablehnung eines Wahlrechts ist der beherrschende Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, denen gegenber die Eingliederungskriterien des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG bestehen, zur Vermeidung der „Haftung“ fr die Umsatzsteuer der inlndischen Tochtergesellschaften, gezwungen, entweder seine Geschftsleitung (Konzernspitze) in das Ausland zu verlegen oder aber die Tochtergesellschaften in das Ausland zu verlagern. Dieser Zwang verstßt in beiden Fllen gegen die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG (Handlungs- und Berufsfreiheit) und aus Art. 9 Abs. 1 GG, nmlich das Recht, im Inland eine Gesellschaft grnden zu knnen.

5.216

Nach Auffassung des BFH2 soll sich auch aus Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL „zweifelsfrei“ ergeben, daß kein Wahlrecht vorgesehen werden msse. Damit wird bersehen, daß auch nach der Rechtsprechung des EuGH der Grundsatz der steuerlichen Neutralitt es verbietet, Wirtschaftsteilnehmer in Abhngigkeit von ihrer Rechtsform unterschiedlich zu behandeln (Rz. 1.61).3 Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 drfen nur im Inland ansssige Personen zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden. Wie oben beschrieben, kann die Zusammenfassung also dadurch vermieden werden, daß das herrschende Unternehmen bzw. die beherrschten Gesellschaften in das Ausland verlegt werden. Folglich wird der EuGH nach Vorlage durch ein 1 So bereits Reiß, StuW 1979, 343, 346. 2 BFH, BStBl. II 2002, 373, 376. 3 EuGH, EuGHE 1999, I-4947 = UR 1999, 419, Tz. 20; EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, Tz. 30.

142

IX. Organschaft

Finanzgericht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 wohl einschrnkend dahin auslegen, daß ein Mitgliedstaat von der Ermchtigung nur dann Gebrauch machen darf, wenn eine Benachteiligung der von der Vorschrift erfaßten im Inland ansssigen Personen gegenber anderen, im Ausland ansssigen Wettbewerbern ausgeschlossen ist. Das wrde bedeuten, daß die Mitgliedstaaten eine Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen nur mit deren Zustimmung vorsehen drfen. Des weiteren kann auch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber die zivilrechtliche Struktur getrennter Haftungsmassen ausschließlich zugunsten seines Steueranspruchs durchbrechen will. Hierin lge ebenfalls ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, nmlich eine sachlich nicht zu rechtfertigende Bevorzugung des Staates als Steuerglubiger gegenber anderen Glubigern der Kapitalgesellschaft, die ihre Ansprche nicht gegenber dem beherrschenden Gesellschafter verfolgen knnen.1

5.217

Schließlich bersieht der BFH, worauf schon Reiß2 hingewiesen hatte, daß der bergang der Ansprche auf Vergtung der bei den Organgesellschaften angefallenen Vorsteuern auf den Organtrger (Rz. 240), soweit diese nicht mit Umsatzsteuer bezglich der Umstze der Organgesellschaften zu verrechnen sind, zu einer Schmlerung des Vermgens dieser Gesellschaften zugunsten des beherrschenden Gesellschafters fhrt.

5.218

Beispiel: Das Handelsunternehmen H-GmbH erwirbt die Mehrheit der Aktien der E-AG, die berwiegend im Exportgeschft ttig ist und deshalb stndig Vorsteuerberschsse hat. Trten die Organschaftswirkungen zwingend kraft Gesetzes ein, so stnden der H die Vorsteueransprche der E-AG zu, was zu einer permanenten Vermgensverschiebung zugunsten der H fhren wrde.

Eine derartige Rechtsfolge greift in die Eigentumsrechte der Minderheitsgesellschafter ein und verstßt deshalb gegen Art. 14 GG. Ihr Schutz verlangt einen finanziellen Ausgleich, wie es das Aktienrecht bei einem Beherrschungs- oder Gewinnabfhrungsvertrag deshalb zwingend vorsieht (ein solcher Vertrag, der einen derartigen Ausgleichsanspruch fr die Minderheitsgesellschafter nicht vorsieht, ist nichtig, § 304 Abs. 3 AktG!). Solange das Umsatzsteuergesetz keinen entsprechenden Ausgleichsanspruch vorsieht oder nicht wenigstens bestimmt, daß die Vorsteuerberschsse den Organgesellschaften zustehen, darf § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auch nicht gegen den Willen der Minderheitsgesellschafter angewendet werden. Beantragt der beherrschende Gesellschafter die Anwendung der Organschaftsbestimmungen, so setzt das mithin voraus, daß er den Minderheitsgesellschaftern einen entsprechenden Ausgleichsanspruch zusagt. Nach alledem ergibt sich als Befund, daß der Gesetzgeber das ab 1968 berflssig gewordene Rechtsinstitut der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ausschließlich im Interesses der Unternehmer beibehalten hat. Zudem wrde 1 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 2 Anm. 643; vgl. Reiß, StuW 1979, 343, 345. 2 StuW 1979, 343, 345 f.

143

5.219

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

eine zwingende „Haftung“ in mehrfacher Hinsicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen, so daß auch nicht angenommen werden darf, daß der heimliche Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet war. Jedenfalls ist aber zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Rechtsfolge die Norm verfassungskonform dergestalt einengend zu interpretieren, daß die Wirkungen der Organschaft nur auf Antrag des beherrschenden Gesellschafters eintreten, nachdem den Minderheitsgesellschaftern der beherrschten Gesellschaft ein Ausgleichsanspruch bezglich der Vorsteuerberschsse gewhrt worden ist. Es ist ferner damit zu rechnen, daß der EuGH – nach einer Vorlage durch ein Finanzgericht – in diesem Sinne Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL auslegen wird. 2. Organtrger, Organgesellschaft 5.220

a) Organtrger kann jedes unternehmerfhige Gebilde (Rz. 9 ff.) sein, auch eine juristische Person des ffentlichen Rechts.1

5.221

Der Organtrger muß ein Unternehmer sein.2 Fraglich ist, ob er unmittelbar eine eigene unternehmerische Ttigkeit ausben muß. Die Frage ist von Bedeutung, wenn ein Gesellschafter (natrliche Person oder Holding) mehrere Tochtergesellschaften beherrscht. Knnen auf Umstze zwischen diesen die Organschaftsregeln angewendet werden? Nach verbreiteter Auffassung im Schrifttum ist die Frage zu verneinen.3 Auch der BFH verlangt nunmehr4 unter Berufung auf die Holding-Rechtsprechung des EuGH (Rz. 45), daß der Organtrger auf Grund eigener Umstze Unternehmer ist, wobei es allerdings ausreichen soll, daß diese gegenber der Organgesellschaft erbracht werden.5 Diese Auffassung bersieht, daß der Unternehmerbegriff ein Typusbegriff ist, der auch eine mittelbare unternehmerische Bettigung ber die beherrschte Gesellschaft erfaßt, so daß auch ein beherrschender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft als mittelbarer Unternehmer anzusehen ist (vgl. Rz. 118) und mithin wegen des vom Gesetz verfolgten Vereinfachungszwecks (Rz. 208) als Organtrger in Betracht kommen muß. Das gilt indes nur fr die Begrndung der Organschaftswirkungen zwischen den beherrschten Gesellschaften, so daß nur die Leistungen zwischen diesen nicht steuerbar sind. Leistungen, die die Organgesellschaften gegenber dem Organtrger erbringen, sind hingeben nicht als nichtsteuerbare Innenumstze anzusehen. Solche drfen nach dem Gesetzeszweck nur dann angenommen werden, wenn sie in Ausgangsumstze 1 BFH, BStBl. II 2003, 375. 2 Eine sog. Mehrmtterorganschaft ist ausgeschlossen; dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 672. 3 Vgl. Klenk in S/R, § 2 Rz. 97; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 109, 151; Birkenfeld, § 37 Rz. 31 f. 4 AA. noch BFH, UR 1996, 266 = BFH/NV 1996, 273. 5 BFH, BStBl. II 2003, 375, 377 f. fr eine juristische Person des ffentlichen Rechts. Der BFH hat die Frage zwar fr eine juristische Person des Privatrechts offengelassen, vgl. BFH, BFH/NV 2003, 1507, die Frage kann jedoch nur einheitlich beantwortet werden.

144

IX. Organschaft

des Organkreises einfließen, da anderenfalls eine endgltige Nichtbesteuerung dieser Leistungen eintrte (Rz. 238). b) Organgesellschaften knnen nur juristische Personen sein, so daß Personengesellschaften und andere nichtrechtsfhige Personenvereinigungen nicht einem anderen Unternehmen, auch nicht nach dem Gedanken eines organschaftshnlichen Verhltnisses (Rz. 36), eingegliedert sein knnen. Als juristische Personen kommen nur solche des Privatrechts in Betracht. Bei juristischen Personen des ffentlichen Rechts ist mangels eines Grundkapitals schon keine finanzielle Eingliederung mglich1; zudem ist auch eine organisatorische Eingliederung ausgeschlossen, da diese Gebilde ihre Aufgaben kraft Gesetzes autonom wahrzunehmen haben. Letztlich kommen nur Kapitalgesellschaften in Betracht, da nur bei ihnen eine Mehrheitsbeteiligung mglich ist. Die Kapitalgesellschaft kann auch bereits dann Organgesellschaft sein, wenn sie eine unternehmerische Ttigkeit erst vorbereitet.2 Eine Vorgesellschaft ist mit der nachfolgenden Kapitalgesellschaft identisch (Rz. 144) und deshalb bereits als juristische Person iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG anzusehen.3

5.222

3. Eingliederungsmerkmale a) Allgemeines Das Gesetz verlangt fr das Vorliegen einer sog. Organschaft, daß die juristische Person nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organtrgers eingegliedert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG). Damit wird eine Unterordnung umschrieben, denn die Rechtsfolge des Vorliegens der Eingliederungsmerkmale ist die umsatzsteuerrechtliche Unselbstndigkeit der juristischen Person. Maßgebend ist mithin letztlich, daß die juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart unterordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat4, d. h. wirtschaftlich gesehen als dessen Betriebsabteilung fungiert.

5.223

Die Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft decken sich nicht mit denen der krperschaftsteuerrechtlichen und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft. Insbesondere ist, anders als nach § 14 Satz 1 bzw. § 17 KStG fr die krperschaftsteuerrechtliche und nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG fr die gewerbesteuerrechtliche Organschaft, fr die umsatzsteuerrechtliche Organschaft kein Gewinnabfhrungsvertrag erforderlich.

5.224

Ob die Eingliederungskriterien erfllt sind, bestimmt sich „nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse“. Daraus soll nach der Rechtsprechung folgen, daß nicht alle Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausge-

5.225

1 Das gilt auch fr eine Anstalt des ffentlichen Rechts, weil auch bei diesen nur eine Kapitalausstattung, nicht aber eine finanzielle Beteiligung, mit denen Stimmrechte verknpft sind, mglich ist; BFH, BStBl. II 1973, 311. 2 BFH, BStBl. II 2002, 373. 3 BFH, BStBl. II 1978, 486. 4 So noch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1934/1951 (vgl. Stadie in R/D, § 2 Anm. 5 und 7).

145

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

prgt sein mssen. Trete auf einem der drei Gebiete die Eingliederung weniger stark in Erscheinung bzw. sei sie nicht vollkommen, so knne gleichwohl Organschaft vorliegen, wenn sich die Eingliederung deutlich auf den beiden anderen Gebieten zeige.1 Es reiche jedoch nicht aus, daß die Eingliederung nur in Beziehung auf zwei der genannten Merkmale bestehe.2 Hierbei handelt es sich um Leerformeln. Unverzichtbares Merkmal ist auf jeden Fall die finanzielle Eingliederung. Diese liegt entweder vor oder nicht, so daß es keine unvollkommene finanzielle Eingliederung geben kann. Der Mangel der finanziellen Beherrschung kann nicht durch die Vollkommenheit der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung ausgeglichen werden. Die Gesamtbildbetrachtung kann sich insoweit nur auf die Mglichkeit einer mittelbaren finanziellen Eingliederung (Rz. 227 f.) beziehen.3 Bei einer unmittelbaren finanziellen Eingliederung ist die wirtschaftliche Eingliederung stets gegeben (Rz. 230). Die organisatorische Eingliederung wird auf Grund der finanziellen Beherrschung vermutet (Rz. 233).4 b) Finanzielle Eingliederung 5.226

Eine finanzielle Eingliederung verlangt nicht, daß dem beherrschenden Gesellschafter smtliche Anteile an der beherrschten Gesellschaft gehren. Erforderlich ist lediglich die entscheidende kapitalmßige Beteiligung, die es nach Satzung oder Gesellschaftsvertrag ermglicht, im Rahmen der Willensbildung der Gesellschaft durch Mehrheitsbeschlsse den eigenen Willen durchzusetzen.5 Entsprechen die Beteiligungsverhltnisse nicht den Stimmrechtsverhltnissen, so kommt es auf die – ggf. von der Satzung geforderte qualifizierte – Mehrheit der Stimmrechte an6 (so ausdrcklich § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG). Dabei sind Stimmrechtsbindungsvertrge und Stimmrechtsvollmachten zu bercksichtigen.7

5.227

Da auf das Gesamtbild der Verhltnisse abzustellen ist (Rz. 225), kann die finanzielle Eingliederung einer Gesellschaft auch durch eine mittelbare Beteiligung ber Tochtergesellschaften (auch in Kombination aus unmittelbarer und mittelbarer Beteiligung) gegeben sein. 1 BFH, BStBl. III 1967, 715; BFH/NV 1993, 133; 2002, 223, 225; UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434. 2 BFH, BStBl. II 1997, 441; BFH/NV 1993, 133; 1998, 1267; 1998, 1534. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 701. 4 Diese Erkenntnisse liegen offensichtlich auch der Neufassung des § 14 KStG zugrunde, der fr die krperschaftsteuerrechtliche Organschaft nur noch das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung verlangt, d. h. gegenber den alten Fassungen auf die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung verzichtet. 5 BFH, BStBl. II 2002, 373. 6 BFH, BFH/NV 1999, 1136; BStBl. II 2002, 167. 7 Die Beteiligungen Minderjhriger sind einem Elternteil auch dann nicht zuzurechnen, wenn dieser alleiniger gesetzlicher Vertreter ist, da er das Vermgen des Kindes in dessen wohlverstandenem Interesse, welches nicht stets dem eigenem entsprechen muß, zu verwalten hat.

146

IX. Organschaft Beispiel:1 Die H-GmbH ist an der A-AG und an der B-AG jeweils mehrheitlich beteiligt. Die A-AG hlt 30 %, die B-AG hlt 25 % der Anteile der C-GmbH. Die C-GmbH ist der H-GmbH mittelbar finanziell eingegliedert, da diese ber die jeweils von ihr beherrschten Gesellschaften A-AG und B-AG ber 55 % der Stimmanteile bei der C-GmbH verfgt.

Eine finanzielle Eingliederung ist auch durch eine mittelbare Beteiligung ber einen oder mehrere2 Gesellschafter (zur GmbH &. Co. KG s. Rz. 234) des Organtrgers mglich.3 Das ist allerdings nicht der Fall, wenn ein Gesellschafter, der unmittelbar keine eigene unternehmerische Ttigkeit ausbt, mehrheitlich an zwei Kapitalgesellschaften beteiligt ist; dann ist nicht die eine Gesellschaft in die andere eingegliedert.4 Jedoch kommt der beherrschende Gesellschafter als Organtrger der Gesellschaften in Betracht (Rz. 221). Ist ein Gesellschafter hingegen jeweils mehrheitlich an einer unternehmerisch ttigen Personengesellschaft und an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, so nimmt die Rechtsprechung – nicht nur in den Fllen der sog. Betriebsaufspaltung5 – an, daß die Kapitalgesellschaft mittelbar ber den beherrschenden Gesellschafter finanziell in die Personengesellschaft eingegliedert sei.6 Dem ist uneingeschrnkt nur fr den Fall der sog. Betriebsaufspaltung zuzustimmen, weil es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, der die Mehrheitsbeteiligung des Gesellschafters dient (Rz. 231; zur GmbH & Co. KG s. Rz. 234). Liegt eine Betriebsaufspaltung nicht vor, so knnen, wenn die Kapitalgesellschaft nicht der Personengesellschaft dient, beide Gesellschaften dem beherrschenden Gesellschafter als Organtrger (hinsichtlich der Kapitalgesellschaft) untergeordnet sein (Rz. 221).

5.228

c) Wirtschaftliche Eingliederung Eine wirtschaftliche Eingliederung kann schon dann vorliegen, wenn zwischen dem Organtrger und der Organgesellschaft ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Ihre Ttigkeiten mssen sich frdern und ergnzen, d. h. in das wirtschaftliche Gesamtkonzept des Organtrgers eingegliedert sein7, was auch der Fall ist, wenn die Ttigkeit des Organtrgers diejenige der Organgesellschaft frdert.8 Die Organgesellschaft kann auch in einem anderen Wirtschaftszweig agieren.9 Eine wirtschaftliche Eingliederung kann schon dann vorliegen, wenn sich die beherrschte Gesellschaft noch im Stadium der Vorbereitungshandlungen befindet.10 1 2 3 4 5 6 7

Zu weiteren Beispielen s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 684 f. Dazu Stadie in R/D, § 2 Anm. 687 f. Vgl. BFH, BStBl. II 2002, 167. Insoweit zutreffend BFH, BStBl. II 1997, 441; Abschn. 21 Abs. 4 Satz 5 UStR 2005. Vgl. BFH, BFH/NV 1994, 277; 1999, 1136. BFH, UR 1996, 229 = BFH/NV 1996, 84; vgl. auch BFH/NV 2002, 376; 2003, 949. BFH, BStBl. II 2002, 373; UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434; Ruppe, § 2 Rz. 113; Stadie in R/D, § 2 Anm. 690 mwN. 8 BFH, UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434. 9 BFH, BStBl. II 1994, 129; UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434. 10 BFH, BStBl. II 2002, 373.

147

5.229

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

5.230

Das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung ist berflssig, da bei finanzieller Eingliederung die wirtschaftliche stets gegeben ist.1 Die beherrschte Gesellschaft dient per se dem wirtschaftlichen Gesamtkonzept des herrschenden Gesellschafters, da er die wirtschaftliche Ausrichtung der Gesellschaft bestimmt. Deshalb ist richtigerweise auch bei einem beherrschenden Gesellschafter ohne eigene unmittelbare unternehmerische Ttigkeit, insbesondere bei der sog. Holding (Rz. 45 ff.), die wirtschaftliche Eingliederung der beherrschten Gesellschaft in sein entgegen der Rechtsprechung anzunehmendes mittelbares Unternehmen (Rz. 221) zu bejahen.

5.231

Im Falle einer sog. Betriebsaufspaltung, bei der der eine Kapitalgesellschaft beherrschende Gesellschafter (auch in Gestalt einer Personengesellschaft)2 dieser eine wesentliche Betriebsgrundlage, zumeist das Betriebsgrundstck, entgeltlich zur Nutzung berlßt und dadurch die Unternehmereigenschaft erlangt (Rz. 73 ff.), wird von der Rechtsprechung eine wirtschaftliche Eingliederung bejaht.3 Die Begrndung, daß mit der entgeltlichen berlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage und der damit verbundenen Kndigungsmglichkeit der beherrschende Gesellschafter Einfluß auf die Gesellschaft nehmen knne4, ist allerdings nicht nachvollziehbar. Vor allem ist nicht zu erkennen, was die Kndigungsmglichkeit mit der wirtschaftlichen Eingliederung zu tun hat. Zudem ergibt sich die Einflußmglichkeit schon aus der Stellung als beherrschender Gesellschafter. Die wirtschaftliche Eingliederung ist bereits deshalb gegeben, weil die Ttigkeit der sog. Betriebsgesellschaft zum wirtschaftlichen Konzept des beherrschenden Gesellschafters gehrt, wie das Schlagwort der Betriebsaufspaltung plastisch beschreibt.5 Letztlich folgt jedoch auch hier die wirtschaftliche Eingliederung schon aus der finanziellen Eingliederung (Rz. 230). Verneint man richtigerweise das Eingreifen der Organschaftsregelung wegen des fehlenden Antrags (Rz. 219), so trfe den beherrschenden Gesellschafter statt der Schuldnerschaft die Haftung nach § 74 AO wegen der berlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage (Rz. 19.21). d) Organisatorische Eingliederung

5.232

Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn sichergestellt ist, daß in der beherrschten Gesellschaft der Wille des beherrschenden Gesellschafters in der laufenden Geschftsfhrung auch tatschlich durchgefhrt wird. Eine organisatorische Eingliederung ist stets bei Vorliegen eines Beherrschungsver1 Vgl. auch BFH, UR 2003, 394 = BStBl. 2004, 434, 436, wonach bei deutlich ausgeprgter finanzieller und organisatorischer Eingliederung „keine hohen Anforderungen“ mehr an die wirtschaftliche Eingliederung zu stellen seien. 2 Vgl. Stadie in R/D, § 2 Anm. 687.1 mwN. 3 BFH, BStBl. II 1994, 129; BFH/NV 1996, 275 = UR 1996, 265; BFH/NV 2002, 823 mwN. 4 Vgl. BFH, BStBl. III 1967, 103; BStBl. II 1968, 421; 1994, 129; BFH/NV 1998, 1272. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 695. Der BFH scheint das erkannt zu haben, da er neuerdings nicht mehr die o. g. kritisierte Begrndung heranzieht; vgl. BFH, BFH/NV 2002, 823; 2002, 1058 = UR 2002, 426.

148

IX. Organschaft

trages (§ 291 AktG) oder bei Eingliederung einer Aktiengesellschaft iS des § 319 AktG gegeben, da die beherrschende bzw. die Hauptgesellschaft berechtigt ist, dem Vorstand der beherrschten bzw. eingegliederten Gesellschaft Weisungen zu erteilen (§ 308 bzw. § 323 AktG). Eine organisatorische Eingliederung ist ferner stets bei Personalunion der Geschftsfhrer1 oder bei Einsetzung von Mitarbeitern des Organtrgers als Geschftsfhrer der Organgesellschaft gegeben. Maßgebend ist jedoch das Gesamtbild der „tatschlichen“ Verhltnisse (Rz. 225)2, so daß die faktische Beherrschung der Gesellschaft ausreicht. Die aktienrechtliche Vermutung, daß eine Gesellschaft von einem Mehrheitsgesellschafter abhngig ist und deshalb von diesem beherrscht wird, ist auch fr die steuerrechtliche Wertung heranzuziehen.3 Die Annahme einer faktischen Beherrschung setzt desalb nicht notwendigerweise formelle Gesellschafterbeschlsse, schriftliche Richtlinien o. . voraus. Aus der finanziellen Beherrschung folgt deshalb regelmßig zugleich die organisatorische Beherrschung. Die organisatorische Eingliederung entfllt indes mit Bestellung eines Insolvenzverwalters fr die finanziell beherrschte Gesellschaft (Rz. 247).

5.233

Fraglich ist, ob bei einer typischen GmbH & Co. KG zwischen KG und der Komplementr-GmbH ein Eingliederungsverhltnis besteht, wenn die – verfehlte – Auffassung des BFH zugrunde gelegt wird, wonach die Geschftsfhrung die GmbH zur Unternehmerin mache (Rz. 109).4 Die Eingliederung scheint auf den ersten Blick nicht vorzuliegen, weil die GmbH als Komplementrin, die kraft Gesetzes selbstndig die Geschfte der KG zu fhren hat (§ 161 Abs. 2 iVm. § 114 HGB), nicht dem Willen der KG unterworfen sein kann, da gerade sie diesen Willen bildet5, so daß die GmbH nicht organisatorisch eingegliedert wre. Das wre jedoch eine rein formale, zivilrechtliche Sichtweise. Bei einer Gesamtbildbetrachtung (Rz. 225) ist die organisatorische Eingliederung anzunehmen, da allein durch die Konstruktion der typischen GmbH & Co. KG stets und zwingend „organisatorisch“ sichergestellt ist, daß in der GmbH der Wille der KG ausgefhrt wird6, denn die Kommanditisten sind die Gesellschafter der GmbH und stellen deren Geschftsfhrer, so daß sie letztlich in der GmbH ihren eigenen Willen bilden. Die wirtschaftliche Eingliederung ergibt sich aus dem beschriebenen Zweck der GmbH und folgt zudem auch aus der 100 %-igen finanziellen Eingliederung (Rz. 230), die mittelbar ber die Kommanditisten, d. h. die Gesellschafter des Organtrgers besteht (Rz. 228).

5.234

1 BFH, BFH/NV 1993, 133; 1996, 273. 2 Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 223, 225; BStBl. II 2002, 373, 375. 3 Vgl. Crezelius in FS Kropff, 1997, S. 37 ff.; FG Berlin, EFG 1999, 93; Stadie in R/D, § 2 Anm. 698. 4 Die Frage ist von praktischer Relevanz, wenn die KG nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil dann bei Annahme eines Organschaftsverhltnisses die vom BFH angenommenen Geschftsfhrungsleistungen nichtsteuerbare Innenleistungen wren. 5 So BFH, BStBl. II 1979, 288; Abschn. 21 Abs. 2 Satz 3 UStR 2005; BMF, BStBl. I 2004, 240. 6 Zutreffend Zugmaier, INF 2003, 309, 312.

149

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

4. Rechtsfolgen a) Nichtsteuerbarkeit der Innenleistungen 5.235

Die Organgesellschaft ist – bei fortbestehender Selbstndigkeit außerhalb des Umsatzsteuerrechts – grundstzlich als Teil des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) des Organtrgers anzusehen, wie wenn sie nur einer seiner Betriebe (Ttigkeitsbereiche) wre (Rz. 131). Das gilt jedoch nur fr die im Inland gelegenen Teile der Organgesellschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG, Rz. 254).

5.236

Die Eingliederung beschrnkt sich entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, wonach stets die gesamte juristische Person eingegliedert wre, nur auf den unternehmerischen Ttigkeitsbereich der Organgesellschaft. Auch das folgt aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG, wonach sich die Wirkungen auf die im Inland gelegenen Unternehmensteile beschrnken. Es kann nicht angenommen werden, daß diese Regelung nur dann gelten soll, wenn zum Organkreis auch ein im Ausland gelegener Unternehmensteil gehrt. Folglich sind Umstze – einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben als fiktiv entgeltliche Umstze iS des § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG (dazu Kap. 4) – des Organtrgers fr den nichtunternehmerischen Bereich der Organgesellschaft keine nichtsteuerbaren Innenleistungen.1

5.237

Entgeltliche Leistungen zwischen den Beteiligten des Organkreises (auch zwischen Organgesellschaften) fhren grundstzlich nicht zu steuerbaren Umstzen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, da sie innerhalb des Unternehmens (Rz. 235) erfolgen, so daß aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht der Leistungsempfnger fehlt. Ebensowenig wird bei unentgeltlichen Wertabgaben zwischen den Beteiligten der Tatbestand des § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG verwirklicht, da keine Zwecke außerhalb des Unternehmens vorliegen. Diese Leistungen zwischen den Beteiligten werden vom Gesetz als „Innenleistungen“ bezeichnet (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). Sie sind umsatzsteuerrechtlich insoweit genau so unbeachtlich2 (nicht steuerbar) wie Vorgnge innerhalb eines Einzelunternehmens. Innenleistungen liegen jedoch nur insoweit vor, wie sie zwischen den Unternehmensteilen stattfinden, d. h. fr den unternehmerischen Bereich des Empfngers erfolgen.3

5.238

Das bedeutet ferner entsprechend dem Zweck der Organschaft (Rz. 208), daß die Innenleistungen in Außenumstze eingehen mssen. Folglich liegen keine Innenleistungen vor, wenn eine Organgesellschaft gegenber einem Organtrger Leistungen erbringt, der keine Umstze gegenber Dritten ausfhrt, sondern Organtrger nur auf Grund seiner mittelbaren Unternehmereigenschaft (Rz. 221) bzw. des Umstandes, daß er Umstze gegenber der Organgesellschaft ttigt (Rz. 45 aE.), ist. Nhme man Innenleistungen an, so trte unversteuerter Letztverbrauch ein.4 Richtigerweise sind diese Leistungen als solche, die fr Zwecke erfolgen, welche außerhalb des Unternehmens liegen, zu behandeln. 1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 647 f. m. Beispiel. 2 Auf Abrechnungen mit Umsatzsteuerausweis ber solche Innenleistungen ist § 14c UStG nicht anzuwenden, Rz. 14.90. 3 Vgl. auch BFH, BStBl. II 2003, 375, 378. 4 Das bersieht BFH, BStBl. II 2003, 375, 377 f.

150

IX. Organschaft

b) Zurechnung der Umstze, Leistungsbezge und Vorsteuern Die Aussage des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, daß die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen „beschrnkt“ seien, ist verfehlt. Es kann nicht Wille des Gesetzes sein, daß Rechtsfolgen nur hinsichtlich der Leistungen zwischen den Beteiligten eintreten sollen. Aus dem Umstand, daß die Ttigkeiten der Organgesellschaften grundstzlich zum Unternehmen des Organtrgers zhlen (Rz. 235) folgt, daß auch die Umstze der Organgesellschaften gegenber Dritten einschließlich der unentgeltlichen Leistungen iS des § 3 Abs. 1b und 9a UStG und die brigen „Umstze“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 UStG dem Organtrger zugerechnet werden.1 Der Organtrger wird Schuldner2 der darauf entfallenden Umsatzsteuer.3 Die materiellrechtliche Qualifizierung der von der Organgesellschaft ausgefhrten Umstze wird durch die Organschaft nicht berhrt.4 Die Pflicht zur Rechnungserteilung trifft die Organgesellschaft (Rz. 14.18).

5.239

Auch die Leistungsbezge der Organgesellschaft sind umsatzsteuerrechtlich dem Organtrger zuzurechnen, so daß auch der Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG dem Organtrger zusteht.5 Die Bezeichnung der Organgesellschaft in der Rechnung als Leistungsempfnger ist unschdlich, da nur die Organgesellschaft einen Anspruch auf Rechnungserteilung hat und § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG folglich auf den Leistungsempfnger im zivilrechtlichen Sinne abstellt (Rz. 14.20 und 14.56). Die Zurechnung der Leistungsbezge und die damit verbundene Vorsteuerabzugsberechtigung betrifft grundstzlich nur die whrend des Bestehens der Organschaft bezogenen Leistungen (zur Abgrenzung im Einzelnen bei Beginn und Ende des Organschaftsverhltnisses Rz. 243 ff.).6

5.240

Die Abziehbarkeit der Vorsteuern gem. § 15 Abs. 1a–4 UStG richtet sich nach der Verwendung der bezogenen Leistungen (und der anderen Bezge iS des § 15 Abs. 1 Nr. 2–5 UStG) durch den Unternehmer, d. h. nach den Außenumstzen des Organkreises, in die die bezogenen Leistungen in Form der Weitergabe durch Innenleistungen einfließen oder einfließen sollten7; Entsprechendes gilt fr die Frage der nderung der Verwendungsverhltnisse iS des § 15a UStG, insbesondere auch bei Beginn oder Beendigung des Organschaftsverhltnisses (Rz. 244). Erbringt der Organtrger Innenleistungen gegenber einer Organgesellschaft, so richtet sich die Abziehbarkeit der diesen Innenleistungen zuzurechnenden Vorsteuerbetrge nach den Umstzen der Organgesellschaft gegenber Dritten.

5.241

1 2 3 4 5

BFH, BStBl. II 1994, 129; 2002, 255, 257; UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434. Das gilt auch fr die nach § 14c UStG geschuldete Steuer (Rz. 14.101). Die Organgesellschaft haftet fr die Steuer nach § 73 AO (Rz. 19.18 f.) Vgl. BFH, UR 2003, 541. BFH, BFH/NV 1996, 273 = UR 1996, 266; BStBl. II 2002, 373, 375; UR 2003, 394 = BStBl. II 2004, 434. 6 Zur Haftung der Organgesellschaft nach § 73 Satz 2 AO fr Vorsteuerberichtigungsbetrge s. Rz. 19.20. 7 Stadie in R/D § 2 Anm. 661.

151

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen Beispiele: (1) Ein Versicherungsunternehmen mit steuerfreien Umstzen (§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG) lßt seine Buchfhrung von seiner Organgesellschaft O-GmbH erstellen, die hierfr Bromaschinen erwirbt. Die Buchfhrungsleistungen sind als Innenleistungen nicht steuerbar (Rz. 235). Die Vorsteuern aus dem Erwerb der Bromaschinen sind nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht abziehbar, weil die Bromaschinen zur Ausfhrung der steuerfreien Versicherungsumstze verwendet werden. (2) Eine steuerfrei ttige Krankenhaus-GmbH (§ 4 Nr. 16 UStG) nimmt Wschereinigungsleistungen ihrer auch gegenber Dritten ttigen Wscherei-GmbH als Organgesellschaft in Anspruch. Die Reinigungsleistungen gegenber dem Organtrger sind nichtsteuerbare Innenleistungen, gegenber Dritten steuerpflichtige Umstze. Die bei der Wscherei-GmbH angefallenen Vorsteuerbetrge sind vom Organtrger anteilig nach § 15 Abs. 4 UStG (Rz. 15.168) abziehbar. Soweit die Reinigungsleistungen gegenber dem Krankenhaus erfolgen, sind die Vorsteuerbetrge den steuerfreien Krankenhausleistungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zuzurechnen (Rz. 15.145).

5. Beginn und Ende der Organschaft 5.242

a) Die Rechtsfolgen der Organschaft treten nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwingend ein, wenn die genannten Eingliederungsmerkmale gegeben sind. Richtigerweise muß jedoch noch ein Antrag hinzukommen (Rz. 212 ff.). Voraussetzung fr den Beginn der Organschaft ist, anders als nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG, nicht, daß die Eingliederungsmerkmale zu Beginn des Kalenderjahres vorgelegen haben. Bei Verneinung eines Wahlrechts (Rz. 212 ff.) treten die Rechtswirkungen der Organschaft folglich unabhngig von der Kenntnis der Beteiligten in dem Zeitpunkt ein, in dem die Eingliederungsmerkmale erfllt sind, so daß die Regeln noch nachtrglich rckwirkend angewendet werden knnen1, solange die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht bestandskrftig sind.

5.243

Die Funktion und die steuerrechtliche Wirkung des Rechtsinstituts Organschaft verlangt bei deren Beginn (und Beendigung, Rz. 253) partiell die Heranziehung des Gesamtrechtsnachfolgegedankens. Da die Organschaft umsatzsteuerrechtlich wie eine Fusion (Verschmelzung) wirkt (Rz. 208) und bei dieser eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt (Rz. 177), muß, da das Gesetz keine ausdrcklichen Regeln fr den bergang umsatzsteuerrechtlicher Positionen vorsieht, bei der Organschaft die Sache so gesehen werden, als lge eine Fusion vor2. Allerdings verliert die Organgesellschaft ihre rechtliche Selbstndigkeit nicht und bleibt Steuerrechtssubjekt. Folglich greift der Gesamtrechtsnachfolgegedanke nur insoweit ein, als aufgrund der Organschaftsregeln die Organgesellschaft nicht mehr Schuldner oder Glubiger von Ansprchen aus dem Steuerschuldverhltnis werden kann. Umsatzsteuerverbindlichkeiten und 1 Zur Anrechnung von Steuerzahlungen der Organgesellschaft beim Organtrger s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 664.1. 2 Stadie in R/D, § 2 Anm. 708 ff. Wer – verfehlt – bei der Fusion keine Gesamtrechtsnachfolge annimmt, sondern § 1 Abs. 1a UStG anwendet (Rz. 192), muß bei Beginn der Organschaft diese Vorschrift sinngemß heranziehen; so BFH, BStBl. II 2003, 784.

152

IX. Organschaft

-forderungen, die bereits vor Beginn der Organschaft durch vollstndige Verwirklichung des Gesetzestatbestandes begrndet1 waren, gehen nicht auf den Organtrger ber. Der Gesamtrechtsnachfolgegedanke erfaßt nur die unfertigen Steuerrechtslagen in Gestalt potentieller Verpflichtungen und Ansprche (dazu Rz. 167 f.), bei denen die vollstndige Tatbestandsverwirklichung erst nach Beginn des Organschaftsverhltnisses eintritt. Insbesondere fr Wirtschaftsgter (Gegenstnde) der Organgesellschaft hat das zur Folge, daß deren umsatzsteuerrechtliche Einbindung, wie sie vor Beginn des Organschaftsverhltnisses bestand, fortwirkt (vgl. Rz. 168). Mithin bleibt fr die Steuerbarkeit bzw. Steuerpflicht einer spteren Entnahme oder Lieferung die bisherige Verwendung bzw. Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 4 Nr. 28 bzw. § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) vor Beginn der Organschaft maßgebend. Entsprechendes gilt fr die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.2 Auch insoweit geht die umsatzsteuerrechtliche Einbindung auf den Organtrger ber, so daß der Berichtigungszeitraum weiterluft3 und das Vorsteuerberichtigungsvolumen sowie die ursprnglichen Verwendungsverhltnisse maßgebend sind. Die weitere Verwendung bestimmt sich nach den Ausgangsumstzen des Organkreises, fr die das Wirtschaftsgut letztlich verwendet wird.4

5.244

Umstze, die die sptere Organgesellschaft vor Beginn des Organschaftsverhltnisses ausgefhrt hatte, sind dieser noch als eigene zuzurechnen, auch wenn der Zeitpunkt der Steuerentstehung iS des § 13 UStG erst nach Beginn des Organschaftsverhltnisses eintritt5, weil Zurechnungsgegenstand bei der Organschaft die Ttigkeit (Umsatzerbringung) ist. Ebenso steht der spteren Organgesellschaft noch der Vorsteuerabzug zu, wenn die Leistung vor Beginn des Organschaftsverhltnisses, die Rechnung jedoch erst danach einging. Folglich ist die Organgesellschaft insoweit noch als Unternehmer anzusehen.

5.245

b) Das Organschaftsverhltnis endet, wenn die Eingliederungsmerkmale nicht mehr gegeben sind, die juristische Person durch Umwandlung wegfllt oder die – richtigerweise erforderliche (Rz. 212 ff.) – Wahl der Organschaft (mit Wirkung fr die Zukunft) widerrufen wird.

5.246

Mit der Erffnung des Insolvenzverfahrens ber das Vermgen der Organgesellschaft6 endet grundstzlich das Organschaftsverhltnis, da damit die Verwaltungs- und Verfgungsbefugnis ber das Vermgen der Gesellschaft auf

5.247

1 Auf die Zuflligkeiten der rechtstechnischen Entstehung nach § 13 UStG (Rz. 12.1 ff.) kommt es nicht an. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 784. 3 Derselbe Gedanke kommt in § 15a Abs. 10 UStG fr die Flle der sog. Geschftsverußerung zum Ausdruck. 4 Stadie in R/D, § 2 Anm. 710; vgl. auch BStBl. II 2003, 784. 5 Das gilt auch fr Umstze zwischen den spteren Beteiligten des Organkreises; Stadie in R/D, § 2 Anm. 711. 6 Mit der Erffnung des Insolvenzverfahrens ber das Vermgen des Organtrgers endet das Organschaftsverhltnis hingegen nicht, da sich lediglich die personelle Zustndigkeit fr die Willensbildung beim Organtrger ndert; zu einer Ausnahme BFH, BStBl. II 1999, 258 (unzutreffend).

153

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

den Insolvenzverwalter bergeht1 und folglich die organisatorische Eingliederung entfllt2. Dasselbe gilt bereits bei Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters, sofern diesem die Verwaltungs- und Verfgungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 InsO) zusteht (sog. starker vorlufiger Verwalter).3 Wird die Erffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse bei der Organgesellschaft abgelehnt, so kann die Eingliederung der vermgenslosen Gesellschaft und damit ein Organschaftsverhltnis noch fortbestehen.4 5.248

Entsteht (iS des § 13 UStG) die Umsatzsteuer fr Umstze (einschließlich Teilleistungen), die die Organgesellschaft ausgefhrt hatte, erst nach Beendigung des Organschaftsverhltnisses, so ist diese nicht mehr dem ehemaligen Organtrger zuzurechnen.5 Zurechnungsgegenstand der Organschaft ist zwar die Ttigkeit (Umsatzerbringung), da die Organschaft jedoch lediglich die Vereinfachung bezweckt (Rz. 208), ist Schuldner nach Wegfall der Organschaftsvoraussetzungen nach der Grundregel wieder derjenige, der die Steuer als Teil des Preises vereinnahmt.

5.249

Geht fr eine Leistung, die die Organgesellschaft bezogen hatte, die Rechnung erst nach Beendigung des Organschaftsverhltnisses ein, so steht der Vorsteuerabzug nicht dem ehemaligen Organtrger, sondern der ehemaligen Organgesellschaft zu.6

5.250

Bei nach Beendigung des Organschaftsverhltnisses eintretenden Minderungen der Bemessungsgrundlage (von Umstzen der ehemaligen Organgesellschaft) und den diesen gleichgestellten Fllen nach § 17 UStG (Rz. 12.33 ff.) steht der sich aus der Umsatzsteuerberichtigung ergebende Erstattungsanspruch dem ehemaligen Organtrger zu, da die vorherige Umsatzsteuerzahlung auf seine Rechnung (§ 37 Abs. 2 AO) erfolgt war.

5.251

Vorsteuerberichtigungsansprche nach § 17 UStG, insbesondere wegen Uneinbringlichkeit (dazu Rz. 16.17 ff. iVm. Rz. 12.55 ff.) gegen die ehemalige Organgesellschaft gerichteter Forderungen, treffen den ehemaligen Organtrger, wenn dieser den Vorsteuerabzug vorgenommen hatte7, weil es sich bei dem Rckforderungsanspruch um einen Erstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO handelt (Rz. 18.13), so daß sich dieser gegen den Empfnger der ursprnglichen Steuervergtung (Leistungsempfnger iS des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO) richtet.8

5.252

Die mit der Beendigung des Organschaftsverhltnisses eintretende Trennung in verschiedene Unternehmen fhrt nicht zu einer Entnahme der Wirtschafts1 Sofern nicht Eigenverwaltung gem. §§ 270 ff. InsO angeordnet ist. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1997, 580; 1999, 258. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1997, 580; BFH/NV 2002, 223; BStBl. II 2004, 905; FG Saarland, EFG 2004, 150. 4 Vgl. BFH, UR 1992, 176 = BFH/NV 1992, 346; UR 1996, 265 = BFH/NV 1996, 275. 5 Die gegenteilige Auffassung, Stadie in R/D, § 2 Anm. 724, gebe ich auf. 6 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 2 Anm. 724; i. E. ebenso Flckiger in P/M/W, § 2 Abs. 2 Rz. 344; aA. Birkenfeld, § 37 Rz. 99; OFD Hannover, UR 2003, 40, Tz. 2.4. 7 BFH, BFH/NV 1992, 140 = UR 1992, 49; BFH/NV 1994, 277; 2002, 1352. 8 Die Zweifel des BFH, BFH/NV 2002, 1267, ob das auch gilt, wenn die Uneinbringlichkeit erst nach Beendigung des Organschaftsverhltnisses eingetreten ist, sind deshalb unberechtigt.

154

IX. Organschaft

gter, sofern sie weiterhin unternehmerisch verwendet werden. Da die Organschaftsregelung umsatzsteuerrechtlich dieselbe Wirkung wie eine Fusion hervorruft (Rz. 208), mssen bei Beendigung eines Organschaftsverhltnisses dieselben Rechtsfolgen wie bei Rckgngigmachung einer Fusion im Wege der Abspaltung oder Ausgliederung (§ 123 Abs. 2 und 3 UmwG) eintreten. Verneint man in diesen Fllen trotz des § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG das Vorliegen einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge1, so ist man gezwungen, § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG (dazu Rz. 192, 203 ff.) sinngemß anzuwenden, um die Wirkung der Rechtsnachfolge zu erreichen.2 Danach gehen die unfertigen Steuerrechtslagen, soweit sie das Vermgen der Organgesellschaft betreffen, auf diese ber und vollenden sich ggf. bei ihr (Rz. 167 ff.). Das bedeutet insbesondere fr Wirtschaftsgter (Gegenstnde), die der ehemaligen Organgesellschaft gehren, daß die umsatzsteuerrechtliche Einbindung, wie sie zu Zeiten der Organschaft bestanden hatte, bei der ehemaligen Organgesellschaft fortwirkt. Folglich bleibt fr die Steuerbarkeit bzw. Steuerpflicht einer spteren Lieferung oder Entnahme die bisherige Verwendung bzw. die Vorsteuerabzugsberechtigung whrend des Organschaftsverhltnisses maßgebend. Entsprechendes gilt fr die Vorsteuerberichtigung des § 15a UStG. Auch insoweit gehen die umsatzsteuerrechtlichen Verhltnisse nach dem Gesamtrechtsnachfolgegedanken bzw. in entsprechender Anwendung des § 15a Abs. 10 UStG auf die ehemalige Organgesellschaft ber3 (die Ausfhrungen zur entsprechenden Problematik bei Beginn des Organschaftsverhltnisses, Rz. 244, gelten sinngemß).

5.253

6. Beschrnkung der Organschaftswirkungen auf das Inland a) Grundstze Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG sind die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschrnkt; diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG).4 Hat der Organtrger seine Geschftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG).5 Die Formulierung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, daß die Wirkungen der Organschaft sich auf „Innenleistungen“ beschrnken, ist verfehlt (Rz. 239)6. Richtigerweise ist die Vorschrift in dem Sinne zu lesen, daß sich die Wirkungen der Organschaft auf die im Inland gelegenen Unternehmensteile beschrnken. 1 2 3 4

So BGH, NJW 2001, 1217; BFH, BFH/NV 2003, 267 mwN. Stadie in R/D, § 2 Anm. 723. Stadie in R/D, § 2 Anm. 727 ff. Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL drfen nur im Inland ansssige Personen zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden. 5 Das sterreichische UStG hat die deutschen Regelungen wortwrtlich in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Unterabs. 2 bernommen. 6 Vgl. auch BFH, UR 1996, 266 = BFH/NV 1996, 273.

155

5.254

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

5.255

Diese Beschrnkung der Organschaftswirkungen auf die im Inland gelegenen Unternehmensteile des Organkreises dient der Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips vor allem innerhalb der EG, weil dadurch bei grenzberschreitenden Leistungen weitgehend sichergestellt ist, daß die Umsatzsteuerbelastung in dem Land erfolgt, in dem die Leistungen verbraucht werden. Beispiel: Eine in Großbritannien ansssige Versicherungsgesellschaft erbringt gegenber ihrer in Deutschland ansssigen Versicherungs-Tochtergesellschaft Datenverarbeitungsleistungen gegen Entgelt. Wrde das Organschaftsverhltnis ber die Grenze wirken, so lgen nichtsteuerbare Innenleistungen vor (Rz. 237). Die britische Muttergesellschaft knnte die der Datenverarbeitung zuzurechnenden Vorsteuern nicht vergtet erhalten, da die zugrunde liegenden Leistungen fr Versicherungsumstze verwendet werden, die den Vorsteuerabzug ausschlssen, wenn sie im britischen Inland ausgefhrt wrden (vgl. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a1 iVm. Art. 13 Teil B Buchst. a2 der 6. EG-RL). Die Folge wre, daß die Dienstleistungen in Deutschland, wo sie verbraucht werden, nicht mit Umsatzsteuer, hingegen in Großbritannien, wo sie nicht verbraucht werden, mit der dortigen nichtabziehbaren Vorsteuer belastet wren. Bei Beschrnkung der Organschaftswirkungen auf im Inland ansssige Personen fhrt die britische Muttergesellschaft hingegen in Deutschland steuerbare (§ 3a Abs. 4 Nr. 4 iVm. Abs. 3 Satz 1 UStG) und steuerpflichtige sonstige Leistungen aus, die sie nunmehr zum Abzug der britischen Vorsteuern berechtigen. Die Tochtergesellschaft ist nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG Schuldner der Umsatzsteuer (Rz. 13.4). Damit ist sichergestellt, daß die sonstigen Leistungen in dem Mitgliedstaat besteuert werden, in dem sie verbraucht werden.3 Die Tochtergesellschaft kann die Steuer nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abziehen, weil sie die von der Mutter bezogenen Datenverarbeitungsleistungen zur Ausfhrung ihrer steuerfreien Versicherungsumstze verwendet (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG).

5.256

Die Kriterien der „im Inland gelegenen Unternehmensteile“ sind richtlinienkonform zu bestimmen. Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL knnen nur „im Inland ansssige Personen“ zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden. Die Ansssigkeitsmerkmale ergeben sich aus Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL4, so daß auf den Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit und auf eine feste Niederlassung5 abzustellen ist (s. auch Rz. 13.14 f.). Eine Person kann folglich nicht nur mit dem Sitz ihrer wirtschaftlichen Ttigkeit (dazu Rz. 8.82), sondern auch mit einer festen Niederlassung (dazu nher Rz. 8.84 f.) im Inland ansssig sein, so daß eine Person sowohl im Ausland als auch im Inland ansssig sein kann. Das bedeutet, daß eine Person mit dem Sitz ihrer wirtschaftlichen Ttigkeit im Inland nur insoweit im Inland ansssig ist, als die wirtschaftliche Ttigkeit nicht durch feste Niederlassungen im Ausland ausgebt wird. Ebenso ist eine Person mit dem Sitz der wirtschaftli1 Entspricht § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG (dazu Rz. 15.135). 2 Entspricht § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG. 3 Anders wre es, wenn die in Deutschland ansssige Versicherungsgesellschaft die Datenverarbeitung in ihrer eigenen britischen Betriebssttte vornimmt. Dann bleibt es bei der oben beschriebenen Rechtsfolge. 4 Sowie aus Art. 1 der 8. EG-RL und Art. 1 der 13. EG-RL. 5 Eine beliebige Betriebssttte iS des § 12 AO reicht deshalb entgegen Abschn. 21a Abs. 2 und 3 UStR 2005 nicht aus.

156

IX. Organschaft

chen Ttigkeit im Ausland insoweit im Inland ansssig, als sie hier eine feste Niederlassung unterhlt. Im Inland gelegene Unternehmensteile sind mithin solche, die dem inlndischen Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit oder einer inlndischen festen Niederlassung zuzurechnen sind. Ob Organschaft zwischen im Ausland und im Inland ansssigen Unternehmen besteht, richtet sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG. Folglich kann auch durch einen im Ausland ansssigen Organtrger ein Organschaftsverhltnis mit im Inland ansssigen Gesellschaften begrndet werden (Klarstellung durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG). Nur die Wirkungen der Organschaft zwischen Organtrger und Organgesellschaft werden durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG beschrnkt. Der Begriff des Unternehmens iS des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG wird nicht berhrt1, so daß der Umfang des – isoliert gesehenen – Unternehmens des jeweiligen Organtrgers oder der jeweiligen Organgesellschaft nicht verndert wird. Im Ausland gelegene Unternehmensteile bleiben folglich unselbstndige Teile des Organtrgers bzw. der Organgesellschaft, dem bzw. der sie zivilrechtlichen zuzurechnen sind; sie werden lediglich von den Wirkungen der Organschaft ausgenommen. Somit bleiben grenzberschreitende Vorgnge innerhalb des – isoliert gesehenen – Unternehmens des Organtrgers oder der Organgesellschaft nicht steuerbare innerunternehmerische Vorgnge nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG2 (Rz. 133, 135).

5.257

Die im Inland gelegenen Unternehmensteile der Organschaft sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG gesondert als ein Unternehmen zu behandeln. Im brigen stehen sich die Beteiligten getrennt als Leistende und Leistungsempfnger gegenber, so daß eine Organgesellschaft insoweit Unternehmer ist.

5.258

Fr die Zurechnung der Umstze, die von der Organschaft erfaßt werden, gelten dieselben wirtschaftlichen Kriterien, die im Rahmen der Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 UStG (vgl. Rz. 8.83, 91) maßgebend sind. Fr die Zurechnung von Leistungsbezgen ist ebenfalls eine wirtschaftliche Zuordnung nach Maßgabe der Verwendung vorzunehmen; die Grundstze zu § 15 Abs. 2–4 UStG (dazu Rz. 15.144 ff., 15.168 ff.) gelten entsprechen.3

5.259

Die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG fhrt dazu, daß der mit Geschftsleitung im Inland ansssige Organtrger ber zwei Unternehmen verfgt, wenn er eine feste Niederlassung im Ausland und zugleich eine Organgesellschaft im Inland hat. Hat der Organtrger seine Geschftsleitung nicht im Inland (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG), so kann eine Organgesellschaft mit Ansssigkeit im Inland ein weiteres Unternehmen haben (Rz. 263). Diese Trennung gilt jedoch nicht im Verhltnis zwischen dem auslndischen Unternehmensteil des Organtrgers und seinem inlndischen Unternehmensteil, der zum Unternehmen iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG gehrt, und ebenfalls nicht zwischen entsprechenden Teilen einer Organgesellschaft, da es insoweit bei dem Grundsatz des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG bleibt (Rz. 257). Inso-

5.260

1 Abschn. 21a Abs. 2 und 8 UStR 2005. 2 Stadie in R/D, § 2 Anm. 741. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 753 m. Beispiel.

157

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

weit berlagern sich das „auslndische“ Unternehmen des Organtrgers bzw. der Organgesellschaft und das inlndische Unternehmen iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG. 5.261

Leistet der im Inland ansssige Organtrger mittels eines auslndischen Unternehmensteils an eine inlndische Organgesellschaft, so liegen gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG steuerbare Umstze vor (Rz. 258); Leistungsempfnger ist die Organgesellschaft. Hinsichtlich der Vorsteuerabzugs greifen indes die Organschaftswirkungen, da die Organgesellschaft zum inlndischen Unternehmen des Organtrgers gehrt. Folglich steht der Vorsteuerabzug dem Organtrger zu (Rz. 240). Beispiel: Die mit Geschftsleitung im Inland ansssige OT-AG hat eine Zweigniederlassung im Ausland. Diese erbringt sonstige Leistungen iS des § 3a Abs. 4 UStG gegenber einer im Inland ansssigen Organgesellschaft OG. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG liegen keine Innenleistungen vor, sondern, da der Ort der sonstigen Leistungen sich im Inland befindet (§ 3a Abs. 3 Satz 1 UStG), steuerbare und steuerpflichtige Umstze der OT-AG gegenber der OG. Die von der auslndischen Zweigniederlassung der OT-AG der OG in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist indes von der OT-AG abziehbar (sofern keine Abzugsbeschrnkung nach § 15 Abs. 2 UStG zutrifft), weil hinsichtlich der Leistungsbezge und Vorsteuerabzugsberechtigung die Organschaftswirkungen (Rz. 240) eingreifen.

5.262

Leistungen einer inlndischen Organgesellschaft an einen auslndischen Unternehmensteil des Organtrgers fhren ebenfalls zu steuerbaren Umstzen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). Deren Wirkungen sind jedoch dem Organtrger zuzurechnen. Beispiel: Die inlndische Organgesellschaft erbringt eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 1 UStG gegenber einer im Ausland belegenen Zweigniederlassung des Organtrgers, dessen Geschftsleitung sich im Inland befindet. Die im Inland steuerbare Leistung der Organgesellschaft wird dem Organtrger zugerechnet; er schuldet bei Steuerpflicht die Umsatzsteuer. Liegen die Voraussetzungen des § 15 UStG vor, so kann der Organtrger die ihm von der Organgesellschaft in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abziehen, da sich insoweit die beiden als getrennte Beteiligte gegenberstehen.

5.263

Im Ausland belegene feste Niederlassungen von Organgesellschaften rechnen nicht zum Unternehmen des Organkreises (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG). Sie bleiben jeweils Teil des Unternehmens der Organgesellschaft iS des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, zu dem auch die inlndischen Teile ungeachtet des Umstandes gehren, daß sie zugleich Teil des Unternehmens des Organtrgers sind (Rz. 235). „Leistungen“ zwischen einem auslndischen und einem inlndischen Teil der Organgesellschaft sind deshalb grundstzlich1 nichtsteuerbare Vorgnge (Rz. 257). Im Verhltnis zum inlndischen Organkreis, mit Ausnahme des Betriebsteils der Organgesellschaft, gelten die allgemeinen Regeln. 1 Ausnahmen: Innergemeinschaftliches Verbringen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a Abs. 2 bzw. des § 3 Abs. 1a UstG (dazu Rz. 9.33 bzw. Rz. 10.36 f.).

158

IX. Organschaft Beispiele: Von der im Ausland belegenen festen Niederlassung der Organgesellschaft T1 (mit Geschftsleitung im Inland) werden (1) Gegenstnde auf Dauer zum inlndischen Betriebsteil der Organgesellschaft verbracht; (2) entgeltliche sonstige Leistungen der in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten Art gegenber dem inlndischen Unternehmensteil des Organtrgers und der im Inland ansssigen Organgesellschaft T2 erbracht. (1) Es handelt sich um einen grundstzlich nichtsteuerbaren Vorgang innerhalb des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) der Organgesellschaft T1. Gelangt der Gegenstand aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland, so ist allerdings der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a Abs. 2 UStG erfllt. (2) Es handelt sich nicht um Innenleistungen iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, da die im Ausland belegene feste Niederlassung der Organgesellschaft T1 nicht zum Organkreis gehrt. Der Ort der sonstigen Leistungen ist nach § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG im Inland. Die Umstze sind steuerbar und steuerpflichtig. Schuldner der Umsatzsteuer ist die T1 und nicht der Leistungsempfnger nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG (dazu Rz. 13.4), weil die T1 im Inland ansssig ist.

b) Geschftsleitung des Organtrgers im Ausland Hat der Organtrger seine Geschftsleitung im Ausland, so gilt hinsichtlich des Unternehmens iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG (Rz. 259) der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG). Der Zweck dieser Fiktion liegt darin, im Interesse der Finanzverwaltung die Steuerpflichtigeneigenschaft auf eine im Inland ansssige und damit leichter „greifbare“ Gesellschaft zu verlagern. Die Formulierung, daß ein Unternehmensteil als Unternehmer gelten soll, ist indes verfehlt (Rz. 266).

5.264

Geschftsleitung ist der Mittelpunkt der geschftlichen Oberleitung (§ 10 AO), welcher dem Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit iS des Art. 9 der 6. EGRL entspricht (Rz. 13.14).1

5.265

Als wirtschaftlich bedeutendster Unternehmensteil kommen nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG alle im Inland belegenen Unternehmensteile des Organkreises in Betracht, so daß dieser eine Zweigniederlassung des Organtrgers, eine mit Geschftsleitung im Inland ansssige Organgesellschaft oder die Zweigniederlassung einer im Ausland mit Geschftsleistung ansssigen Organgesellschaft sein knnte.2 Zweigniederlassungen – und erst

5.266

1 Die Finanzverwaltung stellt statt dessen fehlerhaft auf die „Ansssigkeit“ des Organtrgers im Ausland ab (Abschn. 21a Abs. 7 Satz 1 und 2 UStR 2005) und bersieht damit, daß ein Unternehmer im Ausland ansssig sein (§§ 8, 9 und 11 AO), aber gleichwohl die Geschftsleitung im Inland haben kann und dann auch im Inland ansssig ist. Bei einem solchen Organtrger wrden sich die Aussagen der Finanzverwaltung in Abschn. 21a UStR gegenseitig blockieren. 2 So Ruppe, § 2 Rz. 109, hnlich Abschn. 21a Abs. 7 Satz 3 ff. UStR 2005; Birkenfeld, § 38 Rz. 33.

159

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

recht andere Betriebssttten1 – knnen jedoch nicht Trger von Rechten und Pflichten sein und deshalb auch nicht als Unternehmer fingiert werden. Dafr kommen nur Personen und andere unternehmerfhige Gebilde (Rz. 9 f.) in Betracht.2 Die verfehlt formulierte Bestimmung muß deshalb zumindest wie folgt gelesen werden: „. . . gilt der Trger des wirtschaftlich bedeutendsten Unternehmensteils. . .“ Demgemß kommen nur Organgesellschaften als Unternehmer iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG in Betracht. Voraussetzung ist, daß sie ihre Geschftsleitung im Inland haben. Folglich bleibt entgegen dem Wortlaut der Organtrger Unternehmer hinsichtlich des inlndischen Unternehmens iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG, wenn keine Organgesellschaft ihre Geschftsleitung im Inland hat. Auf den wirtschaftlich bedeutendsten Unternehmensteil3 kommt es nur an, wenn mehrere Organgesellschaften mit Geschftsleitung im Inland ansssig sind.4

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer 1. Allgemeines 5.267

Juristische Personen sind unternehmerfhig, so daß auch solche des ffentlichen Rechts Unternehmer sein knnen (Rz. 9, 19). Ihre Unternehmereigenschaft wrde sich mithin ebenfalls nach § 2 Abs. 1 UStG richten. Demgegenber enthlt § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG die Einschrnkung, daß juristische Personen des ffentlichen Rechts (jPdR) nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich ttig sind. Das bedeutet, daß nicht jede unternehmerische Ttigkeit iS des § 2 Abs. 1 UStG eine jPdR zum Unternehmer macht bzw. zu deren Unternehmen gehrt. Die Prfungsreihenfolge ist mithin dergestalt, daß in einem ersten Schritt zu fragen ist, ob die Ttigkeit unternehmerisch iS des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG ist, und in einem zweiten Schritt dann zu klren ist, ob diese unternehmerische Ttigkeit einen Betrieb gewerblicher Art iS des § 4 KStG oder einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt. Im Ergebnis fhrt die Einschrnkung durch § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG vor allem zu einer faktischen Befreiung der sog. Vermgensverwaltung in Gestalt der Nutzungsberlassung von unbeweglichem Ver1 So aber Ruppe, § 2 Rz. 109, hnlich Abschn. 21a Abs. 7 Satz 3 ff. UStR 2005; Birkenfeld, § 38 Rz. 19, 33 f.; Schmidt/Mller/Stcker, Die Organschaft, 6. Aufl. 2003, Rz. 1563. 2 Stadie in R/D, § 2 Anm. 769 f.; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 118. 3 ber die wirtschaftlich bedeutendste Organgesellschaft soll eine Verstndigung mit den beteiligten Finanzmtern mglich sein, Abschn. 21a Abs. 7 Satz 4 UStR 2005; ebenso Birkenfeld, § 38 Rz. 34. Das ist mit der Gesetzmßigkeit der Besteuerung nur dann zu vereinbaren, wenn die Organschaftsregeln nur auf Antrag (Rz. 219) anzuwenden sind. 4 Richtigerweise htte § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG formulieren mssen: „. . . gilt die im Inland mit Geschftsleitung ansssige Organgesellschaft, bei mehreren die wirtschaftlich bedeutendste, als der Unternehmer.“

160

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer

mgen (Rz. 280 f.). Zur Frage, ob und inwieweit Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL das nach dem nationalen Recht gefundene Ergebnis beeinflußt, s. Rz. 270. Fr bestimmte Ttigkeiten von jPdR normiert § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG, daß sie auch dann als unternehmerische Ttigkeiten gelten, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht gegeben sind. Hierbei handelt es sich lediglich um Klarstellungen.1

In § 4 KStG heißt es (soweit im Rahmen des § 2 Abs. 3 UStG von Bedeutung):

5.268

(1) Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des ffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbettigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. (2) . . . (3) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehren auch Betriebe, die der Versorgung der Bevlkerung mit Wasser, Gas, Elektrizitt oder Wrme, dem ffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. (4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die Verpachtung eines solchen Betriebs. (5) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehren nicht Betriebe, die berwiegend der Ausbung der ffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.

Demgegenber bestimmt Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL, daß Staaten, Lnder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des ffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige gelten, „soweit sie die Ttigkeiten ausben oder2 Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der ffentlichen Gewalt obliegen“3 (Unterabs. 1). Das gilt nach Unterabs. 2 jedoch nicht, „sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu grßeren Wettbewerbsverzerrungen fhren wrde“. Unabhngig davon gelten „in jedem Fall“ als unternehmerische Ttigkeiten von Einrichtungen des ffentlichen Rechts die in Anhang D aufgefhrten Ttigkeiten, sofern deren Umfang „nicht unbedeutend ist“ (Unterabs. 3). Ttigkeiten der ffentlichen Einrichtungen, die nach Art. 13 oder 28 der Richtlinie von der Steuer befreit sind, knnen als Ttigkeiten behandelt werden, die den Einrichtungen im Rahmen der ffentlichen Gewalt obliegen (Unterabs. 4).

5.269

Die von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG vorgenommene Anknpfung an den krperschaftsteuerrechtlichen Begriff des Betriebes gewerblicher Art durch den Klammerzusatz „(§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Krperschaftsteuergesetzes)“ verbietet es, diesen Begriff umsatzsteuerrechtlich auszulegen. Maßgebend ist allein,

5.270

1 Dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 1058 ff. 2 Diese Formulierung ergibt keinen Sinn, da das Mehrwertsteuer/Umsatzsteuerrecht nur die Erbringung von Leistungen erfaßt, so daß eine Ttigkeit, die keine Leistungserbringung darstellt, nicht der Steuer unterliegen kann. 3 Auch der folgende Satzteil „auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Ttigkeiten oder Leistungen Zlle, Gebhren, Beitrge oder sonstige Abgaben erheben“ ergibt keinen Sinn. Er erweckt den Eindruck, als knne ein Rechtssubjekt auch dann Steuerpflichtiger sein, wenn es fr seine Ttigkeiten keine Gegenleistung verlangt.

161

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

wie der Begriff nach ertragsteuerrechtlicher Teleologie und Gesetzessystematik zu verstehen ist.1 Das ist zwar rechtspolitisch verfehlt, da sich die Umsatzbesteuerung der ffentlichen Hand nach den Zielen der Umsatzsteuer richten sollte (Rz. 277), der Gesetzeswortlaut ist jedoch eindeutig. Folglich ist der Begriff auch keiner EG-Richtlinien-konformen Auslegung zugnglich.2 Es kommt allenfalls hinsichtlich des Ausschlusses der sog. Vermgensverwaltung durch § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG iVm. § 4 Abs. 1 KStG eine Berufung auf Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL zugunsten der Betroffenen in Betracht (dazu Rz. 281). 2. Juristische Personen des ffentlichen Rechts 5.271

Die Einschrnkungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG gelten nur fr juristische Personen des ffentlichen Rechts.3 Dazu gehren die rechtsfhigen Krperschaften, Stiftungen und Anstalten des ffentlichen Rechts (vgl. § 89 BGB).4 Natrliche Personen, Personengesellschaften und juristische Personen des Privatrechts, die als sog. Beliehene ffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen (Beispiele: Notare, Bezirksschornsteinfegermeister, ffentlich bestellte Vermessungsingenieure, amtlich anerkannte Sachverstndige und Prfer fr den Kraftfahrzeugverkehr)5 fallen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht unter diese Vorschrift. Dasselbe gilt fr Kapitalgesellschaften, an denen mehrheitlich oder ausschließlich eine oder mehrere jPdR als Gesellschafter beteiligt sind.

5.272

Hat eine jPdR eine ihr obliegende Aufgabe auf eine juristische Person des Privatrechts (Kapitalgesellschaft) bertragen, die diese im eigenen Namen gegenber den Brgern ausfhrt, so besteht das Leistungsverhltnis unmittelbar zwischen der Kapitalgesellschaft und den Brgern, auch wenn die Aufgabenbertragung ffentlich-rechtlich nicht zulssig ist.6 Folglich sind die Leistungen nicht der jPdR zuzurechnen.

5.273

Krperschaften des ffentlichen Rechts sind rechtsfhige, mitgliedschaftlich organisierte Verwaltungseinheiten, die Aufgaben der ffentlichen Verwaltung erfllen. Sie entstehen grundstzlich durch staatlichen Hoheitsakt und zwar in der Regel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes. Zu ihnen zhlen namentlich7 1 AA. H.-F. Lange, UR 1999, 385; 2000, 1, 8; Seer/Wendt, DStR 2001, 825, 832; Httemann, Die Besteuerung der ffentlichen Hand, 2002, 170. 2 Vgl. Reiß, StuW 1994, 323, 324; BFH, UR 1995, 397; aA. BFH, BStBl. II 1998, 410, 412: „Aus Art. 4 Abs. 5 . . . folgt nichts anderes“; 2003, 375, 377; 2004, 431, 433: „Dieses Ergebnis steht im Einklang mit Art. 4 Abs. 5“; BFH/NV 2004, 985; 2004, 1554; 2004, 1577 = UR 2004, 617; Seer/Wendt, DStR 2001, 825, 832. 3 Hierzu zhlen auch auslndische, internationale und supranationale juristische Personen; Stadie in R/D, § 2 Anm. 835 f. 4 Darber erfaßt § 2 Abs. 3 UStG m. E. auch teilrechtsfhige ffentlich-rechtliche Sondervermgen; Stadie in R/D, § 2 Anm. 839. 5 Dazu nher Wolff/Bachof/Stober, Allg. VerwR, § 104; Peine, Allg. VerwR, Rz. 38. 6 BFH, UR 2002, 365 = BStBl. II 2003, 950; BMF, BStBl. I 2003, 785. 7 Ausfhrlich mit Rechtsgrundlagen Hadding in Soergel, BGB, § 89 BGB Rz. 16 ff.; Peine, Allg. VerwR, Rz. 35.

162

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer – Gebietskrperschaften: Bund, Lnder, Gemeinden, Gemeindeverbnde, Landkreise, Landschaftsverbnde u. .; – Berufspezifische Kammern und Innungen; – Trger der Sozialversicherung, wie z. B. Krankenkassen; Berufsgenossenschaften, Versicherungsanstalten sowie Kassenrztliche Vereinigungen; – Hochschulen (rechtsfhige); – Wasser- und Bodenverbnde, sonstige Zweckverbnde. Zu den Krperschaften des ffentlichen Rechts zhlen herkmmlicherweise auch die Religionsgemeinschaften iS des Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 5 WRV, obwohl sie nicht vom Staat geschaffen wurden und weder staatliche Aufgaben wahrnehmen noch staatliche Gewalt ausben.

Eine Anstalt des ffentlichen Rechts ist ein zur Rechtsperson des ffentlichen Rechts erhobener Bestand von schlichen und persnlichen Verwaltungsmitteln, der einem besonderen ffentlichen Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt ist.1 Dazu zhlen insbesondere2

5.274

– bestimmte Geldinstitute, wie z. B. die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt fr Wiederaufbau und kommunale Sparkassen; ffentliche Bausparkassen; – Feuerversicherungsanstalten; – Rundfunkanstalten; Landesanstalten fr privaten Rundfunk; – Bundesanstalten, z. B. fr Landwirtschaft und Ernhrung, fr den Gterverkehr, fr landwirtschaftliche Marktordnung. Hufig werden unselbstndige Einrichtungen von Krperschaften des ffentlichen Rechts als „Anstalten“ bezeichnet, obwohl sie nur Abteilungen bzw. Betriebe (sog. Eigenbetriebe) der Krperschaft sind (Beispiele: Badeanstalten, Strafanstalten, Krankenanstalten). Sie knnen nicht Trger von Rechten und Pflichten und folglich auch nicht Unternehmer sein. Ihr Handeln ist der Krperschaft zuzurechnen, deren unselbstndiger Teil sie sind. Stiftungen des ffentlichen Rechts sind die auf einem Stiftungsakt eines Trgers ffentlicher Gewalt oder auf einem Gesetz beruhenden oder nach ffentlichem Recht anerkannten Verwaltungseinheiten, die mit einem Kapital- oder Sachbestand fr einen ffentlichen Stiftungszweck ttig werden3 (Beispiele: Stiftung „Preußischer Kulturbesitz“; Stiftung „Mutter und Kind“).

5.275

3. Betrieb gewerblicher Art a) Allgemeines Die Definition des Betriebes gewerblicher Art durch § 4 Abs. 1 KStG hat fr die Umsatzsteuer nur insoweit normative Aussagekraft, als sie § 2 Abs. 1 UStG einschrnkt. Da die Grundaussage des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG, daß eine 1 Vgl. O. Mayer, Deutsches VerwaltungsR II, 3. Aufl. 1924, S. 268; Rudolf in Erichsen, Allg. VerwR, § 52 Rz. 15; Peine, Allg. VerwR, Rz. 36. 2 Dazu nher Peine, Allg. VerwR, Rz. 36. 3 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 103 Rz. 1; Rudolf in Erichsen, Allg. VerwR, § 53 Rz. 20.

163

5.276

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

nachhaltige wirtschaftliche Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen vorliegen muß, bereits elementare Voraussetzung des Unternehmerbegriffs nach § 2 Abs. 1 UStG ist (Rz. 38 ff., 55 ff.), ist dieses Merkmal nach der Gesetzessystematik nicht erst im Rahmen des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG iVm. § 4 Abs. 1 KStG zu prfen (Rz. 267). Ohne umsatzsteuerrechtlichen Belang ist auch § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG, da die dort als unbeachtlich genannten Merkmale schon nach dem allgemeinen Unternehmerbegriff nicht erforderlich sind (Rz. 84 ff., 93). Die Anknpfung an den krperschaftsteuerrechtlichen Begriff des Betriebes gewerblicher Art verbietet es, diesen Begriff umsatzsteuerrechtlich auszulegen, so daß allein maßgebend ist, wie dieser Begriff nach ertragsteuerrechtlicher Teleologie und Gesetzessystematik zu verstehen ist. Folglich ist der Begriff auch keiner EG-Richtlinien-konformen Auslegung zugnglich (Rz. 270). 5.277

Die von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG vorgenommene Anknpfung an den krperschaftsteuerrechtlichen Begriff des Betriebes gewerblicher Art (Rz. 270) ist verfehlt, da es aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht um die Besteuerung der jPdR, sondern um die Besteuerung der Verbraucher geht. Dafr ist die Rechtsform der Gehilfen des Steuerglubigers bei der Verbraucherbesteuerung vllig ohne Belang. Auch jPdR mßten deshalb nach den allgemeinen Regeln ohne Einschrnkungen als Unternehmer behandelt werden. Maßgebend drfte allein sein, ob sie Leistungen gegen Entgelt bringen. Dieses Ergebnis wird bei richtiger Interpretation des § 4 KStG weitgehend erreicht (vgl. Rz. 279, 282 ff., 289 ff.)

5.278

Die von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG geforderte Voraussetzung, daß die „Einrichtung“1 sich „innerhalb der Gesamtbettigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben“ msse, ist eine Leerformel, da dem Gesetz ebenfalls keine Anhaltspunkte entnommen werden knnen, was darunter zu verstehen ist. Die Finanzverwaltung verlangt, daß die Ttigkeit von einigem Gewicht sei, was im Regelfall bei einem Jahresumsatz von 30678 Euro der Fall sein soll, wenn die jPdR nicht unmittelbar zu anderen Unternehmen in Wettbewerb trete.2 Der Umsatz ist jedoch kein Merkmal des wirtschaftlichen Heraushebens innerhalb der Gesamtbettigung der jPdR; zudem lßt sich dem Gesetz kein Anhaltspunkt dafr entnehmen, warum gerade diese Grenze gelten soll.3 Des weiteren muß die jPdR zu Beginn ihrer Ttigkeit wissen, ob sie unternehmerisch ttig ist, damit sie bei ihrer Preisgestaltung die Umsatz1 Der von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG verwendete Begriff der „Einrichtung“ ist ohne rechtlichen Aussagewert, da dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkte fr eine Konturierung dieses Begriffes entnommen werden knnen; vgl. Stadie in R/D, § 2 Anm. 849 ff. mwN. der widersprchlichen und z. T. nicht nachvollziehbaren Formulierungsversuche der lteren Rechtsprechung und der Verwaltung. Entsprechend § 14 Satz 1 AO, der fr den wirtschaftlichen „Geschftsbetrieb“ lediglich eine „Ttigkeit“ verlangt, ist eine nachhaltige wirtschaftliche Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen stets eine Einrichtung iS des Gesetzes. 2 Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2005 iVm. Abschn. 6 Abs. 5 KStR 2004. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1990, 868.

164

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer

steuer bercksichtigen kann.1 Schlicht nicht nachvollziehbar ist ferner, was die Frage des Wettbewerbs damit zu tun hat, ob sich die Bettigung „innerhalb“ der juristischen Person heraushebt. Auch die Rechtsprechung ist ohne klare Linie.2 Die von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG geforderte Voraussetzung ist unbeachtlich3, weil sie mangels greifbarer Anhaltspunkte eine Leerformel ist. Sie ist auch berflssig, weil eine nachhaltige wirtschaftliche Ttigkeit sich per se innerhalb der Gesamtbettigung der jPdR wirtschaftlich heraushebt.4 Der Betrieb gewerblicher Art wird von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG mit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Ttigkeit außerhalb der Land- und Forstwirtschaft umschrieben. Wirtschaftliche Ttigkeiten sind jedoch nicht nur ihrer Art nach gewerbliche, sondern neben den ausdrcklich ausgeschlossenen land- und forstwirtschaftlichen auch noch weitere, ihrer Art nach berufliche Ttigkeiten. Der Wortlaut der Vorschrift ist folglich widersprchlich. Nach der Begrndung zu § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1934 soll ein Betrieb gewerblicher Art vorliegen, wenn die Bettigung das ußere Bild eines Gewerbebetriebes biete.5 Das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot der Wettbewerbsneutralitt der Besteuerung verlangt jedoch, daß alle nachhaltigen wirtschaftlichen Ttigkeiten besteuert werden und dem Merkmal „gewerblicher Art“ keine eingrenzende Funktion zukommen darf, denn anderenfalls wren konkurrierende privatrechtlich organisierte Betriebe durch die Besteuerung benachteiligt. Der Betrieb gewerblicher Art muß deshalb grundstzlich im Sinne des wirtschaftlichen Geschftsbetriebs nach § 14 AO verstanden werden, mit dessen Definition § 4 Abs. 1 KStG, vom ausdrcklichen Ausschluß der land- und forstwirtschaftlichen Ttigkeiten abgesehen, bereinstimmt. Dieser umfaßt auch Ttigkeiten, die ihrer Art nach nicht gewerblich, sondern beruflich iS des § 18 EStG sind.6

5.279

b) Ausklammerung der Vermgensverwaltung Die wesentliche Bedeutung des § 4 Abs. 1 KStG liegt im Ausschluß der sog. Vermgensverwaltung aus den unternehmerischen Ttigkeiten iS des § 2 UStG.7 Das folgt zum einen aus der zu § 14 AO fast deckungsgleichen Formulierung, der die Vermgensverwaltung ausdrcklich ausnimmt und des weiteren im Umkehrschluß aus § 4 Abs. 4 KStG, der die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art als einen solchen fingiert.8 Da die Verpachtung eines Betriebes Vermgensverwaltung ist (§ 14 Satz 3 AO, § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG), wre die Fiktion des § 4 Abs. 4 KStG nicht erforderlich, wenn die Vermgensverwaltung unter den Begriff des Betriebes gewerblicher Art nach § 4 Abs. 1 KStG fiele.9 Folglich ist insbesondere die Vermietung oder Verpachtung 1 2 3 4 5 6

Stadie in R/D, § 2 Anm. 883, 887; zust. BRH, BT-Drucks. 15/4081, 14. Vgl. die Nachweise und entsprechende Kritik bei Stadie in R/D, § 2 Anm. 884 ff. AA. Heidner in B/G, § 2 Rz. 148: „entscheidendes“ Abgrenzungsmerkmal. Vgl. BFH, BStBl. II 1974, 391, 394; 1977, 813, 815; FG Dsseldorf, UVR 2000, 262. RStBl. 1935, 81, 82. So auch im Ergebnis BFH, BStBl. II 1990, 246, zu einer Krperschaft des ffentlichen Rechts, die eine auf sie als Alleinerbin bergegangene Steuerberaterkanzlei kurzfristig weiterfhrte. 7 AA. Seer/Wendt, DStR 2001, 825, 832. 8 Dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 1038 ff. 9 Stadie in R/D, § 2 Anm. 861.

165

5.280

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

von Grundstcken und gleichgestellten Wirtschaftsgtern, sofern sie nicht durch die Erbringung zustzlicher Leistungen oder durch die berlassung an stndig und kurzfristig wechselnde Nutzer nach dem Gesamtbild der Ttigkeit einen gewerblichen Charakter hat1, bei juristischen Personen des ffentlichen Rechts abweichend von § 2 Abs. 1 UStG (Rz. 65) keine unternehmerische Ttigkeit. Mithin ist den jPdR mangels Steuerbarkeit vor allem die Mglichkeit verbaut, auf die Steuerfreiheit iS des § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG nach § 9 UStG zu verzichten, um den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten der vermieteten Gebude zu erlangen. 5.281

Diese Rechtsfolge ist richtlinienkonform2, da die Vermietung und Verpachtung von Grundstcken unter Art. 13 (Teil B Buchst. b) fllt und es Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-RL (Rz. 269) erlaubt, die nach dieser Vorschrift befreiten Umstze als Ttigkeiten zu behandeln, die der Einrichtung des ffentlichen Rechts im Rahmen der ffentlichen Gewalt obliegen und mithin nicht unternehmerisch sind. Der EuGH hat jedoch darauf hingewiesen, daß es in den Fllen des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-RL Sache des nationalen Gerichts sei, gegebenenfalls zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des Unterabsatzes 2 (grßere Wettbewerbsverzerrungen) vorliegen.3 Damit rumt der EuGH den jPdR das Recht ein, sich auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL zu berufen.4 Diese Auslegung des Art. 4 Abs. 5 ist in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.5 Zum einen soll die Bestimmung ganz offensichtlich nur dem Schutz privater Wirtschaftsteilnehmer vor Wettbewerbsnachteilen gegenber Einrichtungen des ffentlichen Rechts dienen. Ferner hat Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 nicht den Einzelfall, sondern die abstrakte Ttigkeit im Auge, da im Einzelfall keine „grßeren Wettbewerbsverzerrungen“ eintreten knnen. Vor allem aber bersieht der EuGH, daß Art. 13 Teil C der 6. EG-RL es den Mitgliedstaaten berlßt, ob sie bei den dort genannten Umstzen (insbesondere Vermietung und Verpachtung von Grundstcken) die Mglichkeit einer Option fr die Besteuerung vorsehen, d. h. daß die Richtlinie es nicht fr notwendig erachtet, die Voraussetzungen EG-einheitlich zu regeln. Das zeigt, daß die Richtlinie die Flle fr unbedeutend ansieht und aus ihrer Sicht keine grßeren Wettbewerbsverzerrungen eintreten knnen. Zudem nimmt die Richtlinie in den Fllen des Art. 13 Teil C sogar grenzberschreitende Wettbewerbsverzerrungen hin. Wenn nmlich ein Mitgliedsstaat die Optionsmglichkeit vorsieht, so werden die Konkurrenten in den Nachbarstaaten, die das Optionsrecht nicht eingefhrt haben, benachteiligt. Die Vorschrift enthlt jedoch nicht die Einschrnkung, daß bei grßeren Wettbewerbsverzerrungen ein nationaler Alleingang bei der Einfhrung der Optionsmglichkeit unzulssig ist. Daraus folgt, daß bei der Vermgensverwaltung im Falle des Wettbewerbs auf rein nationaler Ebene nach den 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1976 (Betrieb eines bewachten Parkplatzes); 1983, 80 (Betrieb eines Campingplatzes); 1992, 569 (Vermietung einer Mehrzweckhalle); 1993, 380 (Betrieb eines Parkhauses). 2 Vgl. BFH, UR 1997, 346 = BStBl. II 1999, 418; Reiß, StuW 1994, 323, 325. 3 EuGH, EuGHE 1997, I-779 = UR 1997, 261. 4 Zum Recht, sich auf gnstigere Richtlinienbestimmungen berufen zu knnen, s. Rz. 1.57. 5 Der XI. Senat des BFH, UR 1997, 346 = BStBl. II 1999, 418; UR 1998, 267 = BStBl. II 1999, 420, folgt jedoch dem EuGH. Der V. Senat des BFH hat die Frage, ob sich jPdR auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL berufen knnen, dahinstehen lassen, BFH, BStBl. II 1998, 410, 413; vgl. aber auch BFH/NV 2001, 653. Das FG Mnchen hat fr die Flle der Verpachtung von Gaststttenrumen bzw. Vermietung von Lden im Ergebnis zutreffend grßere Wettbewerbsnachteile verneint; FG Mnchen, UR 1998, 358; EFG 2003, 1054.

166

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer Wertungen der Richtlinie erst recht keine grßeren Wettbewerbsverzerrungen iS des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 vorliegen knnen.1

4. Sog. Hoheitsbetriebe Zu den Betrieben gewerblicher Art gehren nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht Betriebe, die berwiegend der Ausbung der ffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes reichen jedoch Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus (§ 4 Abs. 5 Satz 2 KStG). Hierbei soll es sich nach Auffassung der Bundesregierung um eine Klarstellung handeln, weil sich der Betrieb gewerblicher Art und der Hoheitsbetrieb wesensmßig gegenseitig ausschließen.2 Das ist richtig, gleichwohl bleibt das Problem der Abgrenzung. Dieses ergibt sich nur, wenn die Unternehmereigenschaft dem Grunde nach besteht, d. h. die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG erfllt sind (Rz. 267). Elementares Merkmal der Unternehmerttigkeit ist die Erbringung von Leistungen gegen Entgelt (Rz. 38); was namentlich dann nicht der Fall ist, wenn eine jPdR gebhrenpflichtige Amtshandlungen vornimmt (Rz. 293).

5.282

Keine Ausbung der ffentlichen Gewalt liegt vor, wenn eine jPdR in den Formen des Privatrechts ttig wird. Sie hat sich dann auf die Ebene der Gleichordnung begeben, was die Annahme der Ausbung ffentlicher Gewalt ausschließt. Daß eine jPdR, auch wenn sie verwaltungsprivatrechtlich handelt, ffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen ist, macht ihr Handeln nicht zur Ausbung ffentlicher Gewalt.

5.283

Aber auch dann, wenn staatliche Organe auf ffentlich-rechtlicher Grundlage handeln, liegt nicht stets Ausbung ffentlicher Gewalt vor. Hierfr knnte zwar sprechen, daß der Begriff „ffentliche Gewalt“ in Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG bzw. „Ausbung hoheitlicher Befugnisse“ in Art. 33 Abs. 4 GG weit zu verstehen ist und jedes Handeln staatlicher Organe auf ffentlich-rechtlicher Grundlage und selbst die Wahrnehmung von ffentlichen Aufgaben in privatrechtlicher Form erfaßt3, eine derartige Interpretation entsprche jedoch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Wenn nmlich die Wahrnehmung ffentlicher Aufgaben stets Ausbung der ffentlichen Gewalt iS des § 4 Abs. 5 KStG wre, so liefe damit § 1 Nr. 6 KStG und folglich auch § 2 Abs. 3 UStG leer; denn die Wahrnehmung ffentlicher Aufgaben ist ein Wesensmerkmal der jPdR, so daß stets § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG erfllt wre und es nie zu einer Besteuerung der jPdR kommen knnte. Zudem sollen nach § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht einmal Zwangs- und Monopolrechte fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes ausreichen. Damit wird deutlich, daß das Kriterium der Ausbung der ffentlichen Gewalt iS des § 4 Abs. 5 KStG nicht

5.284

1 Stadie, UR 1997, 262; ders. in R/D, § 2 Anm. 819. 2 Reg.-Begr. zu § 4 Abs. 5 KStG 1977, BT-Drucks. 7/1470, 337. 3 Vgl. Krger in Sachs, GG, Art. 19 Rz. 102 f.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Rz. 24; Art. 33 Rz. 9.

167

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen

nach dem herkmmlichen Verstndnis im ffentlichen Recht1 bestimmt werden darf2 und von einem weitaus engeren Inhalt des Begriffes auszugehen ist.3 Mithin ist es auch unerheblich, ob die Gegenleistung als ffentlich-rechtliche Abgabe, d. h. als Gebhr oder als Beitrag erhoben wird.4 5.285

Bei der Abgrenzung ist das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Grundsatzes der Wettbewerbsneutralitt zu bercksichtigen, der es verbietet, durch die Nichtbesteuerung der ffentlichen Hand Wettbewerbsnachteile fr konkurrierende Private eintreten zu lassen (Rz. 1.44). § 2 Abs. 3 UStG iVm. § 4 KStG muß deshalb verfassungskonform ausgelegt werden, so daß Ausbung der ffentlichen Gewalt nicht angenommen werden darf, wenn private Unternehmer auf demselben Gebiet ttig sind5 oder ttig sein knnten6. Auch wenn tatschlich keine Wettbewerber vorhanden sind, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG eine Besteuerung, damit nicht durch die Nichtbesteuerung das Entstehen von privater Konkurrenz erschwert wird und Marktzugangsschranken errichtet werden. Insoweit ist auch der potentielle Wettbewerber geschtzt. Das gilt nur dann nicht, wenn die jPdR ein gesetzlich gewhrtes Monopol hat.7

5.286

Auch Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL verlangt eine Besteuerung, falls eine Nichtbesteuerung zu grßeren Wettbewerbsverzerrungen fhren wrde. Die Rechtsprechung des EuGH zu dieser Bestimmung muß – entgegen BFH8 – schon deshalb nicht herangezogen werden, weil die verfassungskonforme Auslegung der richtlinienkonformen Auslegung vorgeht. Außerdem kommt eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 KStG nicht in Betracht (Rz. 270). Ferner geht § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG ohnehin weiter, als es das verfassungsrechtliche (und gemeinschaftsrechtliche) Gebot der Wettbewerbsneutralitt verlangt, da es nach dieser Bestimmung nicht einmal auf potentiellen Wettbewerb ankommt (Rz. 289). 1 Verfehlt ist deshalb die Entscheidung des BVerfG, BVerfGE 31, 314 = BStBl. II 1971, 567, wonach die ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht unternehmerisch seien, weil sie ffentliche Gewalt iS des § 2 Abs. 3 UStG ausbten; ausfhrlich Stadie in R/D, § 2 Anm. 1005 ff. mwN. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 473, 476; 1990, 95; Selmer/L. Schulze-Osterloh, DV 1978, 381, 383 f. 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 902 ff. 4 BFH, BStBl. II 1988, 473, 476; 1988, 971, 973; 1990, 95; 1997, 139, 141; 1998, 410, 412. 5 Folglich kann der Wettbewerber eine auf Besteuerung der jPdR gerichtete Konkurrentenklage erheben und zuvor vom Finanzamt Auskunft ber das Ob und Wie der Besteuerung der jPdR verlangen; FG Sachsen-Anhalt, EFG 2003, 910; zweifelnd BFH, BStBl. II 2004, 1034 (Vorlage an den EuGH). 6 Die Herstellung von Wettbewerbsgleichheit zwischen ffentlichen und privaten Betrieben ist jedoch schon das Ziel des Gesetzgebers bei der Einfgung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG gewesen (vgl. Reg.-Begr. zum Entwurf des KStG 1977, BT-Drucks. 7/1470, zu § 4 Abs. 1 KStG), so daß sich bereits danach das Gebot einer wettbewerbsneutralen Auslegung der Norm ergibt. 7 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Monopol verfassungsgemß oder mit dem EG-Recht zu vereinbaren ist. Selbst wenn das zu verneinen wre, stellt sich bis zur Aufhebung des Monopols nicht die verfassungsrechtliche Frage nach der Besteuerung der jPdR. 8 BFH, BStBl. II 1998, 410, 412; BFH/NV 2002, 683 = UR 2002, 372; BStBl. II 2004, 431; BFH/NV 2004, 1577 = UR 2004, 617; ebenso Seer/Wendt, DStR 2001, 825, 833.

168

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer

Nach der stndigen Rechtsprechung des RFH und des BFH soll Ausbung der ffentlichen Gewalt vorliegen, wenn der jPdR eine Ttigkeit „eigentmlich und vorbehalten“ ist.1 Das soll bereits dann der Fall sein, wenn die Ttigkeit der jPdR als Pflichtaufgabe bertragen ist.2 Diese Sichtweise ist seit der Geltung des 1977 eingefhrten § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG verfehlt, denn danach reichen Zwangs- und Monopolrechte fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes nicht mehr aus. Diese sind aber gerade die wesentlichen Merkmale ffentlichrechtlicher Pflichtaufgaben. Letztere kann es ohne Erstere nicht geben. Dem Staat eigentmlich und vorbehalten sind nur die klassischen Staatsaufgaben, insbesondere die der polizei- und ordnungsrechtlichen Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung und der Steuererhebung. Diese Ttigkeiten sind aber ohnehin keine wirtschaftlichen Ttigkeiten iS des § 4 Abs. 1 KStG, so daß die Abgrenzungsformel ins Leere laufen muß.

5.287

Die Rechtsprechung hat ihre zuvor genannte Formel mehrfach dahin interpretiert, daß eine Ttigkeit dann nicht mehr der ffentlichen Hand eigentmlich und vorbehalten sei, wenn die ffentliche Hand in grßerem Umfang Aufgaben wahrnehme, wie sie auch Privatpersonen ausbten, und dadurch in Wettbewerb zur privaten Wirtschaft trete.3 Das ist richtig, aber berflssig, da eine Ttigkeit, die auch von Privaten ausgebt wird, nicht dem Staat vorbehalten ist. Zudem kommt es nach § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG gar nicht auf den Wettbewerb an, denn danach kann ein Hoheitsbetrieb selbst dann zu verneinen sein, wenn die jPdR ein Monopol hat (Zur Bedeutung des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL s. Rz. 286).

5.288

Da nach § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG ein Betrieb gewerblicher Art auch dann vorliegen kann, wenn die jPdR ein Monopol hat, d. h. kein Wettbewerb mglich ist, und mit Zwangsrechten ausgestattet ist, bleibt fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes kein Raum mehr. Wenn eine mit Zwangsrechten ausgestattete jPdR nach dem Gesetz bei der Erbringung ihrer Leistungen selbst dann nicht in Ausbung der ffentlichen Gewalt ttig ist, wenn sie ein Monopol hat, so folgt daraus, daß § 4 Abs. 5 KStG insoweit leerluft. Eine Einrichtung, die eine wirtschaftliche Ttigkeit ausbt, nicht mit Zwangsrechten ausgestattet ist und kein Monopol hat, aber gleichwohl der Ausbung der ffentlichen Gewalt dient, ist nicht denkbar. Ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, bestimmt sich mithin ausschließlich positiv an Hand der Merkmale des § 4 Abs. 1 KStG „wirtschaftliche Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen“.

5.289

Beispiele:4 (1) Mit der Zurverfgungstellung von ffentlichen Parkflchen gegen Gebhren erbringt eine Gemeinde sonstige Leistungen gegen Entgelt. Diese wirtschaftliche Ttigkeit ist auch zweifelsfrei unternehmerisch iS des § 2 Abs. 1 UStG (vgl. Rz. 71). Es handelt sich um einen Betrieb gewerblicher Art, da der Betrieb dem ffentlichen Verkehr dient (Klarstellung durch § 4 Abs. 3 KStG).5 Daran ndert sich nichts, wenn die 1 RFH, RStBl. 1937, 1306; 1938, 743; BFH, BStBl. II 1976, 793; 1988, 910; 1990, 95; 1990, 866; 1997, 139; 1998, 410. 2 BFH, BStBl. II 1997, 139. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 910; 1990, 95; 1990, 866. 4 Zu weiteren Fallgruppen s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 930 ff. 5 BFH, BStBl. II 1990, 242; 1993, 380.

169

5.290

Kap. 5 Unternehmer, Unternehmen Gemeinde die Parkgebhren mittels Parkuhren oder Parkscheinautomaten nach der StVO erhebt.1 Daß ein privater Unternehmer Parkscheinautomaten nach der StVO nicht aufstellen knnte, ist entgegen BFH2 ohne Belang, da es um die berlassung von Parkflchen geht, die auch durch Private erfolgen kann. Ferner mißachtet der BFH § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG, wonach fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes Zwangs- oder Monopolrechte nicht ausreichen. Die Auffassung des BFH verstßt zudem gegen das Gebot der Wettbewerbsneutralitt, da (potentielle) private Parkplatzbetreiber am Ort, die dieselben Dienstleistungen erbringen (wollen), durch die Nichtbesteuerung der Gemeinde benachteiligt werden (Rz. 285).

5.291

(2) Ein ffentlich-rechtlicher Abwasserverband fhrt seit 1993 die Abwasserentsorgung fr mehrere Gemeinden durch. Dafr werden die satzungsmßigen Gebhren erhoben. Hierbei handelt es sich um die Erbringung von sonstigen Leistungen gegen Entgelt. Diese wirtschaftliche Ttigkeit des Verbandes ist, auch wenn sie nur kostendeckend durchgefhrt wird, unternehmerisch iS des § 2 Abs. 1 UStG (Rz. 98). Nach verfehlter Auffassung des BFH zur Rechtlage in 1993 sollte es sich jedoch um einen Hoheitsbetrieb iS des § 4 Abs. 5 KStG handeln, so daß die Ttigkeit gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG damals nicht unternehmerisch gewesen sei, weil die Aufgabe dem Verband als Pflichtaufgabe bertragen und im Streitjahr (1993) die Delegierung dieser Aufgabe auf Private nicht zulssig gewesen sei.3 Darauf kam es jedoch nicht an, da nach § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG Monopolrechte fr die Annahme eines Hoheitsbetriebes nicht ausreichen. Seit der ab 1997 geltenden Fassung des § 18a Abs. 2a WHG knnen auch Private zur Abwasserbeseitigung verpflichtet werden4, so daß auch deshalb keine Ausbung der ffentlichen Gewalt vorliegen kann, wenn die Abwasserentsorgung von jPdR durchgefhrt wird.

5.292

Auch dem Merkmal „berwiegend“ in § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG kommt keine konstitutive Bedeutung zu. Dieses Merkmal ist nicht im quantitativen, sondern im qualitativen Sinne zu verstehen und verlangt eine Bewertung der Ttigkeit.5 Stellt sich eine Ttigkeit im Kern als Verfolgung eines bergeordneten ffentlichen Interesses und primr nicht als Erbringung von Leistungen gegenber den Betroffenen dar, weil in erster Linie eine originr hoheitliche Aufgabe erfllt wird, so dient sie „berwiegend der Ausbung der ffentlichen Gewalt“. Es liegen schon keine Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor. Dazu zhlen nur solche Ttigkeiten, die im polizei- und ordnungsrechtlichen Bereich per se dem Staat vorbehalten sind und nicht privatisiert werden knnen. Solche Bettigungen hingegen, die auch von Privaten erbracht werden knnen, die jedoch vom Staat an sich gezogen worden sind, um die ordnungsgemße Erledigung der Aufgaben sicherzustellen, dienen insoweit zwar ffentlichen Interessen und damit im weiteren Sinne der Ausbung ffentlicher Gewalt, bei ihnen steht jedoch bei wertender Betrachtung der Dienstleistungscharakter im Vor1 So noch zutreffend BFH, BStBl. II 1993, 380; aA. jetzt BFH, BStBl. II 2004, 431. 2 BFH, BStBl. II 2004, 431. 3 BFH, BStBl. II 1998, 410; vgl. auch BFH/NV 2002, 683 = UR 2002, 372. In beiden Fllen waren Klger die Abwasserverbnde, die als Unternehmer behandelt werden wollten, um die hohen Vorsteuerbetrge aus den errichteten Abwasseranlagen zu erlangen. Vgl. ferner zur Krperschaftsteuer BFH, BStBl. II 2001, 773. 4 Der BFH hatte deshalb seine Aussagen in der Entscheidung aus 1998 ausdrcklich auf das Streitjahr 1993 beschrnkt. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 919 ff. mwN.

170

X. Juristische Personen des ffentlichen Rechts als Unternehmer

dergrund.1 Die zunehmende Privatisierung traditionell von der ffentlichen Hand wahrgenommener Dienstleistungsbereiche besttigt das. Einrichtungen, die berwiegend der Ausbung der ffentlichen Gewalt dienen, sind insbesondere Verwaltungsbereiche, die gebhrenpflichtige Amtshandlungen vornehmen. Die Verwaltungsgebhren fr derartige Genehmigungen, Bescheinigungen, Beurkundungen usw. werden zwar von den Kommunalabgabengesetzen (KAG) als „Gegenleistung fr eine besondere Leistung“ der jPdR bezeichnet, gleichwohl liegen keine Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor, weil dem Brger kein geldwerter Vorteil in Gestalt eines verbrauchbaren Nutzens (Rz. 2.4) verschafft wird. Dieser erhlt zwar im weiteren Sinne einen Vorteil, weil sein Vorhaben erst mit der Genehmigung, Bescheinigung usw. zulssig bzw. mglich wird, dieser Vorteil wird ihm jedoch nicht vom Staat verschafft, weil die Handlungsfreiheit grundgesetzlich gewhrleistet ist. Der Staat prft deshalb lediglich, ob bergeordnete Allgemeininteressen entgegenstehen und wird deshalb ausschließlich im ffentlichen Interesse zur Wahrung der ffentlichen Sicherheit ttig. Die zu entrichtende Gebhr ist nicht die Gegenleistung fr die erteilte Genehmigung usw.2, sondern stellt lediglich einen Ausgleich fr die Kosten der Verwaltungsttigkeit als solche dar, die der Antragsteller ausgelst hat.3

5.293

Anders ist es bei Entsorgungseinrichtungen, bei denen aus gesundheits- und anderen polizeilichen Zwecken ein Anschluß- bzw. Benutzungszwang besteht und Benutzungsgebhren erhoben werden4, sowie beim Unterhalten beitragspflichtiger Einrichtungen durch Gemeinden.5

5.294

5. Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb stellt keinen Betrieb gewerblicher Art dar (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG), so daß er ausdrcklich in § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG genannt werden mußte. Seine Merkmale bestimmen sich nach § 24 Abs. 2 UStG (dazu Rz. 17.52 ff.). Die Verpachtung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs ist nicht selbst ein solcher.6 Auch kann § 4 Abs. 4 KStG nicht analog angewendet werden.7 1 Stadie in R/D, § 2 Anm. 926 ff. 2 Anders ist es, wenn der Staat knappe Gter (Ressourcen) gegen gebhrenhnliche Abgaben verteilt, mit denen vorrangig nicht die Amtshandlung, sondern der Wert des Gutes abgegolten wird. Fr die Versteigerung der UMTS-Lizenzen durch den Bund im Jahre 2000 drfte nichts anderes gelten; vgl. dazu Tiedtke, UR 2001, 528; Sedemund, IStR 2004, Heft 24, III; Offerhaus, UR 2005, 117, einerseits und Hidien, UR 2002, 165, andererseits; ferner LG Wien, IStR 2005, 24 (Vorlage an den EuGH). 3 Stadie in R/D, § 2 Anm. 1012. 4 Dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 958 ff. mit Darstellung der uneinheitlichen und widersprchlichen Rechtsprechung und Verwaltungsußerungen. 5 Dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 986 ff. 6 BFH, BStBl. II 1980, 613. 7 Stadie in R/D, § 2 Anm. 1056; aA. Birkenfeld, § 39 Rz. 294; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 170.

171

5.295

Kapitel 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens I. Allgemeines 6.1

Entgeltliche Lieferungen oder sonstige Leistungen eines Unternehmers im Inland sind nur dann steuerbar, wenn er sie im Rahmen seines Unternehmens ausfhrt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).1 Damit werden diejenigen entgeltlichen Leistungen von der Besteuerung ausgenommen, die der Unternehmer nicht in dieser Eigenschaft (nicht als solcher), sondern in seiner nichtunternehmerischen („privaten“) Sphre erbringt. Das Merkmal „im Rahmen seines Unternehmens“ korrespondiert mit dem Unternehmen iS des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG (dazu Rz. 5.131), indem es bestimmt, welche der vom Unternehmer erbrachten Leistungen (Umstze) seinem Unternehmen zuzurechnen sind. Es korrespondiert ferner mit dem Merkmal „fr sein Unternehmen“ iS des § 15 Abs. 1 UStG2, weil Leistungen nur dann bzw. insoweit fr das Unternehmen bezogen werden, wenn bzw. als sie zur Ausfhrung von Umstzen verwendet werden, die im Rahmen des Unternehmens erfolgen.

6.2

Bei den fiktiven entgeltlichen Leistungen gem. § 3 Abs. 1a, 1b und Abs. 9a Nr. 1 UStG ist das von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geforderte Merkmal der Ausfhrung im Rahmen des Unternehmens schon tatbestandlich dadurch erfllt, daß die genannten Vorschriften einen „Gegenstand des Unternehmens“ (§ 3 Abs. 1a UStG) bzw. die Berechtigung zum Vorsteuerabzug hinsichtlich des entnommenen bzw. gelieferten Gegenstandes (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) bzw. einen „dem Unternehmen zugeordneten Gegenstand“ (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) voraussetzen. Lediglich bei der unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG) ist das Tatbestandsmerkmal „im Rahmen seines Unternehmens“ von Bedeutung. Die von § 3 Abs. 1b Nr. 1 und Abs. 9a UStG geforderten „Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen“, bilden deshalb nicht etwa den Gegensatz zu „im Rahmen seines Unternehmens“3, vielmehr kann eine Entnahme oder Leistung nur dann fr Zwecke außerhalb des Unternehmens erfolgen, wenn sie im Rahmen des Unternehmens erbracht wird.

6.3

Das Merkmal „im Rahmen seines Unternehmens“ lßt sich nicht durch eine abstrakte Umschreibung przisieren. Es verlangt vielmehr eine wertende Zuordnung. Die frher gelufige und heute gelegentlich noch anzutreffende Unterscheidung in Grundgeschfte, Hilfsgeschfte (-umstze)4 und Nebenge1 Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL bringt dasselbe mit der Formulierung „die ein Steuerpflichtiger als solcher . . . ausfhrt“ zum Ausdruck. Hingegen verwendet Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der 6. EG-RL ausdrcklich die Formulierung „im Rahmen seines Unternehmens“; vgl. auch Art. 26a Teil A Buchst. e und f der 6. EG-RL („im Rahmen seiner gewerblichen Ttigkeit“). 2 Bzw. „fr dessen Unternehmen“ iS des § 9 Abs. 1 UStG. 3 So aber Reiß in T/L, § 14 Rz. 74; Husmann in R/D, § 1 Anm. 175. 4 Der Begriff „Hilfsumstze“ wird allerdings von § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG (dazu Rz. 17.21) und von Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL verwendet (dazu Rz. 6 Fn.).

172

I. Allgemeines

schfte (-umstze)1 hilft letztlich nicht weiter, da auch bei diesen Schlagworten das Problem der Zuordnung bleibt, d. h. mit ihnen nichts zum verknpfenden Band gesagt wird. Zweifelsfrei werden im Rahmen des Unternehmens diejenigen Umstze ausgefhrt, die die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 bzw. 3 UStG begrnden, d. h. den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Bettigung bilden (blicherweise als Grundgeschfte bezeichnet2). Entsprechendes gilt, wenn der Unternehmer verschiedene Ttigkeitsbereiche („Betriebe“) hat, die jeweils fr sich die Unternehmereigenschaft begrnden wrden (dazu Rz. 5.131).

6.4

Bei einem Gebrauchtwarenhndler erfolgt auch die Verußerung solcher eigener privater Gegenstnde, die zur Gattung derjenigen gehren, die er typischerweise in seinem Unternehmen umsetzt, im Rahmen des Unternehmens, auch wenn er sie nicht innerhalb seines Ladenlokals o. . anbietet (Rz. 17.106; Beispiele: Ein Gebrauchtwagenhndler verkauft seinen privaten Zweitwagen; ein Antiquittenhndler verkauft eine Truhe aus seinem Wohnzimmer).

6.5

Darber hinaus werden im Rahmen des Unternehmens auch diejenigen Umstze ausgefhrt, die zwar fr sich gesehen die Unternehmereigenschaft nicht begrnden wrden, d. h. nicht den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Bettigung bilden, aber mit dieser im wirtschaftlichen (sachlichen) Zusammenhang stehen (hufig als Hilfsumstze3 und Nebenumstze bezeichnet4). Als derartige Umstze kommen insbesondere in Betracht:

6.6

1 Vgl. Reiß in T/L, § 14 Rz. 74; Husmann in R/D, § 1 Anm. 189 ff.; Ruppe, § 1 Rz. 290; Jakob, Rz. 133 ff.; Doralt/Ruppe, Rz. 1244. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 622, 624; Abschn. 20 Abs. 2 Satz 1; Abschn. 251 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005. 3 Nach Auffassung des BFH, BStBl. II 1988, 649; BFH/NV 1999, 832, 833, ist ein Hilfsgeschft jede Ttigkeit, die die Hauptttigkeit mit sich bringt; die Nachhaltigkeit soll sich beim Hilfsgeschft auf Grund der Umstze, zu denen es gehrt, beurteilen. Damit wird verkannt, daß die Nachhaltigkeit kein Kriterium des Hilfsgeschfts, sondern der Unternehmereigenschaft ist. Verfehlt ist deshalb auch die Aussage des BFH, BStBl. II 1991, 35, wonach das Merkmal der Nachhaltigkeit bei Hilfsgeschften „vernachlssigt“ werden knne. 4 Der EuGH versteht als Hilfsumstze iS des Art. 19 Abs. 2 Satz 2 der 6. EG-RL nur solche Umstze, bei denen die Leistungsbezge des Unternehmens „nur in sehr geringem Umfang fr diese Geschfte verwendet werden“. Das soll selbst dann gelten, wenn diese Umstze hher als die brigen Umstze sind; EuGH, UR 2004, 292, Tz. 77 f. Diese Interpretation erklrt sich nur vor dem Hintergrund, daß der von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-RL als Regelfall vorgesehene Vorsteueraufteilungsmaßstab des Art. 19 nach dem Umsatzschlssel sachwidrig ist. Sie gilt deshalb nur fr Art. 19 Abs. 2 der 6. EG-RL und darf nicht zur Auslegung des Begriffs „Hilfsumstze“ in Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL und § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG herangezogen werden. Auch im Rahmen des § 15 Abs. 4 UStG (Rz. 15.168 ff.) ist diese EuGH-Entscheidung prinzipiell ohne Bedeutung, da Deutschland von der Befugnis nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 Buchst. c iVm. d der 6. EG-RL Gebrauch gemacht hat, so daß Art. 19 nicht einschlgig ist (s. auch Rz. 15.172 aE.).

173

Kap. 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens

– gelegentliche Begutachtungen, Vortrge, Verffentlichungen o. . Dienstleistungen, die sich als Ausnutzung der Kenntnisse und Erfahrungen1 aus der eigentlichen beruflichen oder gewerblichen Ttigkeit darstellen, sofern sie nicht selbst schon die Unternehmereigenschaft begrnden wrden (dazu Rz. 5.83); – gelegentliche Kreditgewhrungen an Abnehmer der im Rahmen der eigentlichen unternehmerischen Ttigkeit erbrachten Umstze (Stundung des Kaufpreises usw); – Verußerungen von Inventarstcken (Anlagegegenstnden, Investitionsgtern), so weit sie dem Unternehmen zugeordnet waren (Rz. 8 ff.); – gelegentliche Vermietung beweglichen Inventars; – Verußerung von Produktionsabfllen, Schrott u. . 6.7

Der EuGH differenziert hingegen bei Darlehensumstzen wie folgt: Der Steuerpflichtige handele als solcher, wenn die Darlehensumstze entweder eine wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-RL oder die unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer steuerbaren Ttigkeit darstellen, ohne jedoch in Bezug auf letztere Hilfsumstze iS des Art. 19 Abs. 2 der 6. EG-RL zu sein.2 Das ergibt keinen Sinn, weil die dauerhafte Erweiterung mittels einer anderen Ttigkeit fr sich gesehen ebenfalls eine wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-RL ist.

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind 6.8

Die Lieferung eines Investitionsgutes (Gegenstand des Anlagevermgens) erfolgt dann im Rahmen des Unternehmens, wenn der gelieferte Gegenstand ein solcher des Unternehmens ist, d. h. diesem zugeordnet ist.3 Bei einem Gegenstand (Wirtschaftsgut), der sowohl fr unternehmerische als auch fr nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden soll, hat der Unternehmer nach der Rechtsprechung ein Zuordnungswahlrecht. Danach kann er den Gegenstand zur Gnze dem Unternehmen oder dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. Er kann aber auch nur den Teil des Gegenstandes (Wirt-

1 Das ist entgegen Ruppe, § 1 Rz. 290 (Beispiele), bei der gelegentlichen Vermittlungsttigkeit eines Rechtsanwaltes nicht der Fall. 2 EuGH, EuGHE 1996, I-3695 = UR 1996, 304; EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530, Tz. 27; vgl. auch EuGH, UR 2004, 292, Tz. 66 ff., 74 ff. 3 Der gelegentlich in diesem Zusammenhang anzutreffende Begriff „Unternehmensvermgen“ (vgl. Jakob, Rz. 137; Lippross, 2.10.4; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1170) ist verfehlt, da das Umsatzsteuerrecht nicht Vermgensvernderungen, sondern Umstze (Ttigkeiten) besteuert (vgl. BFH, BStBl. II 1979, 420; 1988, 649) und die Verwendung des Begriffes dazu verleitet, unzutreffende Parallelen zum Bilanzsteuerrecht („notwendiges“ bzw. „gewillkrtes“ Betriebsvermgen) zu ziehen.

174

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind

schaftsgutes), der fr unternehmerische Zwecke verwendet wird, dem Unternehmen zuordnen.1 Nach der Rechtsprechung soll auch bei Gebuden, die nur zum Teil fr unternehmerische Zwecke verwendet werden, die Zuordnung des gesamten Gebudes einschließlich des dazu gehrenden Grund und Bodens zum Unternehmen zulssig sein.2 Das ist nicht sachgerecht, da es nicht einzuleuchten vermag, warum Teile eines wirtschaftlich teilbaren Gegenstandes, die nicht fr das Unternehmen verwendet werden, diesem zugeordnet werden sollten. Grob sachwidrig wird diese Rechtsprechung im Zusammenhang mit der ebenfalls verfehlten Entscheidung des EuGH, wonach die Privatnutzung von Gebudeteilen steuerpflichtig sei (Rz. 10.113). Es ist kein vernnftiger Grund ersichtlich, warum dem Unternehmer beim Erwerb oder der Herstellung des Gebudes ein Kredit in Hhe von bis zu 90 % (Rz. 11) der auf den nichtunternehmerisch genutzten Gebudeteil entfallenden Vorsteuer eingerumt werden soll, den er nur sukzessive in den folgenden 10 Jahren (Rz. 11.50) durch die Besteuerung der Nutzungsentnahme (Rz. 4.27) zinslos zurckzuzahlen hat. Das widerspricht dem Zweck des Vorsteuerabzugs und deshalb auch dem Ziel des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL. Richtigerweise darf nur derjenige Teil des Gebudes dem Unternehmen zugeordnet werden, der fr unternehmerische Zwecke verwendet werden soll. Diese verfehlte Rechtsprechung lßt sich nur durch die Prmisse, daß anderenfalls bei einer Erweiterung der unternehmerischen Nutzung kein nachtrglicher Vorsteuerabzug nach dem Einlagegedanken in Betracht komme, erklren. Eine solche Annahme ist jedoch unzutreffend (Rz. 16.76, 16.101 ff.). Beispiel: Bei einem Gebude, welches im Erdgeschoß fr das Unternehmen und im Obergeschoß fr Wohnzwecke des Unternehmers genutzt wird, lßt sich der Umfang der unternehmerischen Verwendung bestimmen, weil die Nutzungsverhltnisse vorerst feststehen. Dem Unternehmen knnen deshalb entgegen der Rechtsprechung nur das Erdgeschoß sowie etwaige dazugehrige Kellerrume u. . zugeordnet werden (zur Zuordnung des Grund und Bodens s. Rz. 10). Wird innerhalb des Berichtigungszeitraums des § 15a UStG die unternehmerische Nutzung auch auf das Obergeschoß ausgedehnt, so muß richtigerweise nachtrglich ein anteiliger Vorsteuerabzug nach dem Einlagegedanken in Betracht kommen (Rz. 14).

1 BFH, BStBl. II 1988, 649; EuGH, EuGHE 1995, I-2775 = BStBl. II 1996, 392 = UR 1995, 485; EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149; EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 = BStBl. II 2004, 378, Tz. 40 f.; BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813; UR 2002, 263 = BStBl. II 2003, 815; UR 2003, 539 = BStBl. II 2004, 371; ebenso BMF, BStBl. I 2004, 451. 2 EuGH, EuGHE 1995, I-2775 = BStBl. II 1996, 392 = UR 1995, 485; EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 = BStBl. II 2004, 378, Tz. 40; UR 2005, 324, Tz. 46; BFH, UR 2003, 539 = BStBl. II 2004, 371; ebenso BMF, BStBl. I 2004, 469.

175

6.9

Kap. 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens

6.10

Bei der Errichtung eines Gebudes auf einem eigenen Grundstck kann die Zuordnung des Gebudes von der des Grund und Bodens abweichen.1 Bei einem steuerpflichtigen Erwerb eines bebauten Grundstcks2 muß die Zuordnung hingegen zwingend einheitlich erfolgen, da anderenfalls die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG (fr das Unternehmen des Erwerbers) nicht erfllt wren.

6.11

Die Rechtsprechung erlaubt es, daß ein Gegenstand selbst dann zur Gnze dem Unternehmen zugeordnet wird, wenn er berwiegend fr nichtunternehmerische (private) Zwecke verwendet werden wird.3 Das bedeutet zugleich, daß der Gegenstand bei einer entsprechenden Zuordnung als „fr das Unternehmen“ iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG erworben anzusehen ist.4 Eine solche Interpretation widerspricht schon dem Gesetzeswortlaut, denn ein Gegenstand, welcher berwiegend nichtunternehmerisch (privat) verwendet wird, ist bei der nach dem Gesetz erforderlichen Entweder-Oder-Betrachtung, fr die nur die berwiegende Verwendung maßgebend sein kann, fr den Privatbereich und gerade nicht fr das Unternehmen angeschafft.5 Folglich kann in dem umgekehrten Fall, in dem der Gegenstand berwiegend fr das Unternehmen verwendet wird, entgegen der Rechtsprechung kein Zuordnungswahlrecht bestehen. Ein solcher Gegenstand ist richtigerweise zwingend fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG angeschafft und kraft Gesetzes dem Unternehmen zugeordnet.6 Allerdings hat der Gesetzgeber die verfehlte Rechtsprechung durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG (dazu nher Rz. 15.46 ff.) abgesegnet, wonach die Lieferung (usw.) eines Gegenstandes, der zu weniger als 10 v. H. fr das Unternehmen genutzt wird, nicht als fr das Unternehmen ausgefhrt „gilt“ (sic!). Diese Fiktion ist aus dem zuvor genannten Grund

1 Unklar Husmann in R/D, § 1 Anm. 182; Heidner in B/G, § 15 Rz. 116; aA. Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1158 ff. unter Hinweis auf EuGH, EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329, Tz. 50. In der Tat hat der EuGH dort unter Bezugnahme auf Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL formuliert, „daß Gebude und Gebudeteile und der dazugehrige Grund und Boden fr die Zwecke der Mehrwertsteuer nicht voneinander getrennt behandelt werden knnen.“ Dies ist jedoch ersichtlich nur auf die Frage bezogen, ob der Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Lieferung nur einheitlich fr Grundstck und Gebude ausgebt werden kann; vgl. auch EuGH, EuGHE 1992, I-2847 = UR 1994, 309, Tz. 19. 2 Zur Frage, ob der Verzicht (§ 9 UStG) auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG auf den Teil der Gebudelieferung beschrnkt werden kann s. Rz. 10.146. 3 BFH, BStBl. II 1987, 233; 1987, 350; 1988, 649; EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291, Tz. 28 ff. 4 Nach der Auffassung des EuGH, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291, Tz. 35, soll das uneingeschrnkt gelten, nmlich „wie gering auch immer der Anteil der Verwendung fr unternehmerische Zwecke sein mag“! 5 Auch aus der Sicht des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL wird ein solcher Gegenstand nicht „fr Zwecke (der) besteuerten Umstze“, sondern berwiegend nicht fr diese Zweck verwendet, da auch bei der hier gebotenen Entweder-Oder-Betrachtung nur die berwiegende Verwendung maßgebend sein kann. 6 Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, 100, gebe ich auf.

176

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind

absurd.1 Vor allem aber vermag es nicht einzuleuchten, warum dem Unternehmer ein Kredit in Hhe von bis zu 90 % der Vorsteuer eingerumt wird, den er nur sukzessive in den folgenden 5 bzw. 10 Jahren (Rz. 11.50) durch die Besteuerung der Nutzungsentnahme (Rz. 4.27 ff.) zinslos zurckzuzahlen hat. Das widerspricht dem Zweck des Vorsteuerabzugs und damit dem Ziel des Art. 17 der 6. EG-RL. Die Zuordnung nur eines Teils des Gegenstandes (Wirtschaftsgutes) zum Unternehmen darf entgegen der Rechtsprechung richtigerweise nur dann in Betracht kommen, wenn der Umfang der unternehmerischen und nichtunternehmerischen Nutzung (Verwendung) im Zeitpunkt des Erwerbs des Gegenstandes fr einen gewissen Zeitraum feststeht. Das ist insbesondere bei Grundstcken und Gebuden der Fall, bei denen sich das Nutzungsverhltnis nach rumlichen Kriterien bestimmen lßt, weil die unternehmerische und die nichtunternehmerische Verwendung jeweils gleichzeitig (nebeneinander) erfolgen. Hingegen kann bei beweglichen Gegenstnden, bei denen unternehmerische und nichtunternehmerische Nutzung typischerweise alternieren (Beispiele: Kraftfahrzeug, Brogerte) eine teilweise Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmen nicht in Betracht kommen. Die Rechtsprechung2 bersieht, daß das Nutzungsverhltnis sich im Regelfall stndig ndert und mithin der zuknftige Umfang der unternehmerischen Nutzung nicht bestimmbar ist. Bei solchen Gegenstnden fhrt nur eine vollstndige Zuordnung zum Unternehmen3 oder zum nichtunternehmerischen Bereich4 zu sachgerechten Ergebnissen. Beispiel: Bei einem Pkw oder einem anderen beweglichen Gegenstand, der vom Unternehmer auch fr private Zwecke genutzt werden soll, lßt sich im Zeitpunkt des Erwerbs der Umfang der zuknftigen nichtunternehmerischen Nutzung nicht bestimmen und auch nicht mit hinreichender Sicherheit schtzen. Wrde bei einer Schtzung auf die ggf. feststellbaren Nutzungsverhltnisse eines zuvor genutzten Fahrzeugs abgestellt, so blieben die tatschlichen Nutzungsverhltnisse in den folgenden Jahren außer Acht. Insbesondere knnten zuknftige Ereignisse, wie z. B. lngere Krankheit, Entziehung der Fahrerlaubnis oder Erwerb eines weiteren Fahrzeuges, welches nunmehr fr die Privatfahrten benutzt wird, nicht bercksichtigt werden. Der dem Unternehmen zugeordnete Teil des Fahrzeugs wrde mithin regelmßig nicht der tatschlichen unternehmerischen Nutzung entsprechen, so daß auch der anteilige Vorsteuerabzug nicht in zutref1 Zudem mßte aus dieser Formulierung folgen, daß ein Gegenstand schon auf Grund des Umstandes, daß er auch fr das Unternehmen verwendet wird, fr dieses erworben wird, so daß kein Zuordnungswahlrecht besteht. Denn anderenfalls htte das Gesetz in etwa wie folgt formulieren mssen: „Die Lieferung eines Gegenstandes, der zu weniger als 10 v. H. fr das Unternehmen genutzt wird, kann nicht als fr das Unternehmen ausgefhrt behandelt werden.“ 2 EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149; BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813; UR 2002, 263 = BStBl. II 2003, 815. 3 Die Korrektur des Vorsteuerabzugs hinsichtlich der nichtunternehmerischen Verwendung erfolgt ber eine Besteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Rz. 4.27). 4 Hinsichtlich der unternehmerischen Nutzung ist dann ein anteiliger Vorsteuerabzug nach dem Einlagegedanken zu gewhren (Rz. 16.107 f.).

177

6.12

Kap. 6 Leistungen im Rahmen des Unternehmens fender Hhe erfolgte und eine sptere Besteuerung der Lieferung an Dritte oder einer Entnahme gleichfalls nicht im richtigen Umfang geschhe.

6.13

Wird ein Gegenstand nur teilweise dem Unternehmen zugeordnet, so erfolgt eine sptere Lieferung bzw. Entnahme (einschließlich Nutzungsentnahme) nur insoweit im Rahmen des Unternehmens.1

6.14

Ein Gegenstand, der anfnglich nicht oder nur zum Teil dem Unternehmen zugeordnet worden war, kann noch nachtrglich dem Unternehmen zugeordnet werden (Einlage).2 Fr diesen Fall muß innerhalb des Berichtungszeitraums gem. § 15a UStG ein nachtrglicher anteiliger Vorsteuerabzug in Betracht kommen (Rz. 16.101 ff.).

6.15

Ein Investitionsgut (Gegenstand des Anlagevermgens) kann auch dann dem Unternehmen zugeordnet werden3, wenn es gebraucht von einem Nichtunternehmer (oder einem Unternehmer, der nicht zum Ausweis der Steuer berechtigt ist), d. h. ohne Vorsteuerentlastung erworben worden war.4 Das ergibt sich aus § 3 Abs. 1b und Abs. 9a Nr. 1 UStG und Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL, die die Steuerbarkeit der Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes davon abhngig machen, daß dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, woraus folgt, daß auch nicht von der Vorsteuer entlastete Gegenstnde dem Unternehmen zugeordnet sein knnen. Dasselbe gilt fr Gegenstnde, die ausschließlich fr steuerfreie Umstze verwendet werden, welche den Vorsteuerabzug ausschließen. Das folgt aus der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 28 UStG (dazu Rz. 10.130) bzw. Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL, da die Lieferung eines derartigen Gegenstandes nicht steuerfrei sein knnte, wenn sie nicht im Rahmen des Unternehmens erfolgte. Andererseits ergibt sich aus den genannten Vorschriften der Wille des Richtlinien- bzw. Gesetzgebers, daß die entgeltliche5 oder unentgeltliche Lieferung (sowie die Nutzungsentnahme) dieser Gegenstnde nicht steuerbar bzw. steuerfrei ist. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die Besteuerung eines Investitionsgutes6, welches das Unternehmen verlßt, nur dann erforderlich ist, 1 Vgl. zur Lieferung EuGH, EuGHE 1995, I-2775 = BStBl. II 1996, 392 = UR 1995, 485; EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149, Tz. 39. 2 Vgl. BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813. 3 Bei berwiegender unternehmerischer Nutzung eines beweglichen Gegenstandes ist dieser richtigerweise zwingend dem Unternehmen zugeordnet (Rz. 11). 4 EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149, Tz. 40. 5 Der EuGH, EuGHE 2001, I-1831 = UR 2001, 149, Tz. 44, kommt zu diesem Ergebnis nur durch den unntigen Umweg, daß er bei der entgeltlichen Verußerung eine vorherige Entnahme verlangt, so daß die Verußerung dann im nichtunternehmerischen (privaten) Bereich erfolgt. Das ist geknstelt und verkennt, daß auch Richtlinien mittels einer Gesamtschau ihrer Vorschriften, d. h. systematisch auszulegen sind. Der BFH folgt dem EuGH unkritisch; vgl. BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813. Eine vllige Verkennung des Richtlinien- bzw. Gesetzgeberwillens wre es, bei einer der Verußerung vorhergehenden Entnahme einen Mißbrauch iS des § 42 AO anzunehmen; so aber OFD Frankfurt a. M., UR 2002, 482; vgl. auch Husmann in R/D, § 1 Anm. 184 aE. 6 Anders ist es bei der Lieferung von gebrauchten Gegenstnden (Umlaufvermgen) durch Wiederverkufer iS des § 25a UStG bzw. Art. 26a der 6. EG-RL (Rz. 17.85 ff.).

178

II. Lieferung von Anlagegegenstnden, die dem Unternehmen zugeordnet sind

wenn fr das Wirtschaftsgut ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden war. Mit der Besteuerung des Restwertes iS des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG wird die Umsatzsteuerbelastung wiederhergestellt. War kein Vorsteuerabzug vorgenommen worden, so gelangt der Gegenstand hingegen mit der ursprnglichen Umsatzsteuerbelastung (sog. Restmehrwertsteuer) zum Erwerber. Wenn aber die Lieferung solcher Gegenstnde ausnahmslos nicht steuerbar oder steuerfrei ist, so ist es ohne Belang, ob der Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet war oder nicht.1 Auf die vorherige Zuordnung des Gegenstandes (Wirtschaftsgutes) kann es richtigerweise auch dann nicht ankommen, wenn bei einer spteren nderung der Verwendungsverhltnisse ein nachtrglicher Vorsteuerabzug nach § 15a UStG (dazu Rz. 16.101 ff.) geltend gemacht wird. Die Zuordnungsentscheidung erfolgt durch die erfolgreiche Geltendmachung des Vorsteuerabzugs fr den Gegenstand (das Wirtschaftsgut).

6.16

Demgegenber soll nach Ansicht des BFH die Geltendmachung bzw. Nichtgeltendmachung lediglich ein wichtiges Indiz fr bzw. gegen die Zuordnung des Gegenstandes sein.2 Daraus mßte folgen, daß auch bei Nichtgeltendmachung des nach dem Gesetz mglichen Vorsteuerabzugs auf Grund anderer Umstnde eine Zuordnung zum Unternehmen bzw. auch bei Geltendmachung des Vorsteuerabzugs eine Nichtzuordnung in Betracht kommen knnte. Das ergbe jedoch keinen Sinn bzw. verstieße gegen den Richtlinien- und Gesetzeszweck. Wrde bei Nichtgeltendmachung des Vorsteuerabzugs gleichwohl eine Zuordnung zum Unternehmen anzunehmen sein3, so wre das ohne Belang, da die sptere Lieferung dann zwar im Rahmen des Unternehmens erfolgte, aber nicht steuerbar wre (Rz. 15). Wre es umgekehrt trotz erfolgreicher Geltendmachung des Vorsteuerabzugs mglich, daß der Gegenstand nicht dem Unternehmen zuzuordnen ist (auf Grund welcher Umstnde?), so wre eine sptere Lieferung oder Entnahme nicht steuerbar, was ersichtlich dem Richtlinien- und Gesetzeszweck, die Besteuerung des Letztverbrauchs sicherzustellen, widersprche.

Die Zuordnung zum Unternehmen bewirkt bei einem von der Vorsteuer entlasteten Gegenstand, daß dieser auch nach Beendigung des Unternehmens noch im umsatzsteuerrechtlichen Nexus verbleibt (Rz. 5.158) und deshalb vom ehemaligen Unternehmer oder dessen Gesamtrechtsnachfolger noch steuerpflichtig geliefert bzw. entnommen wird (Rz. 5.159, 5.169, 5.171).

1 Folglich ist es auch ohne Belang, worin Beweisanzeichen fr eine Zuordnung gesehen werden knnten; zu diesen aber BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813; UR 2002, 263 = BStBl. II 2003, 815; FG Baden-Wrtt., DStRE 2005, 400 (Rev. V R 35/04). 2 BFH, UR 2002, 211 = BStBl. II 2003, 813; UR 2002, 263 = BStBl. II 2003, 815; ebenso Jakob, Rz. 137. 3 Diese ist indes entgegen der Rechtsprechung zwingend kraft Gesetzes dann gegeben, wenn ein beweglicher Gegenstand berwiegend fr das Unternehmen verwendet wird (Rz. 11).

179

6.17

Kapitel 7 Lieferung – sonstige Leistung I. Grundstzliches 7.1

Das Gesetz unterscheidet zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen. Nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG1 sind sonstige Leistungen solche Leistungen, die keine Lieferungen sind. Ist eine Leistung (Rz. 2.4 ff.) zu bejahen, so sind indes die Kriterien der Lieferung nur dann zu prfen, wenn an die Einordnung als Lieferung oder sonstige Leistung unterschiedliche Rechtsfolgen geknpft sind. Anderenfalls kann die Abgrenzung dahinstehen und es reicht aus, von einer Leistung zu sprechen (Rz. 2.1). Ist eine Lieferung zu verneinen, so ist die Leistung eine sonstige Leistung. Es gibt allerdings Sonderregelungen, wonach statt einer Lieferung eine sonstige Leistung (Rz. 60) oder statt einer sonstigen Leistung eine Lieferung (Rz. 46, 48) fingiert wird. In den Fllen unentgeltlicher Wertabgaben des Unternehmens an den nichtunternehmerischen („privaten“) Bereich des Unternehmers werden Lieferungen bzw. sonstige Leistungen (gegen Entgelt) fingiert (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 bzw. Abs. 9a UStG, Rz. 4.3, 4.27, 4.37). Als Lieferung (gegen Entgelt) wird ferner das Verbringen eines Gegenstandes auf Dauer aus dem Inland in das brige Gemeinschaftsgebiet fingiert (§ 3 Abs. 1a UStG, Rz. 10.36).

II. Lieferungen 1. Verschaffung der Verfgungsmacht an einem Gegenstand 7.2

Nach § 3 Abs. 1 UStG liegt eine Lieferung2 vor, wenn einem anderen die Verfgungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird.3 Sie ist jedoch nur dann als solche zu behandeln, wenn sie nicht lediglich Nebenleistung zu einer sonstigen Leistung als Hauptleistung ist und deren Schicksal teilt (Rz. 73 ff.). Ebenfalls keine Lieferung liegt vor, – wenn bei der Leistung zwar Verfgungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird, der wirtschaftliche Gehalt der Leistung sich jedoch als Dienstleistung darstellt, weil der Gegenstand lediglich das Ergebnis der Dienstleistung (Rz. 58) oder den Anspruch auf die Dienstleistung (Rz. 57) verkrpert oder 1 Vgl. auch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL (dazu Rz. 53 Fn.). 2 Die Erwhnung des Unternehmers in § 3 Abs. 1 UStG ist berflssig und irritierend, denn die Lieferungsdefinition trifft auch auf die bertragung der Verfgungsmacht an einem Gegenstand durch einen Nichtunternehmer zu. Anderenfalls knnte es nach § 3 Abs. 12 UStG (der allerdings ebenfalls berflssig ist, vgl. Rz. 3.11) keinen Tausch mit einem Nichtunternehmer geben. 3 Im Ergebnis ebenso Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-RL.

180

II. Lieferungen

– bei einer gemischten Leistung, die aus Lieferungs- und Dienstleistungselementen besteht, das Lieferungselement hinter dem Dienstleistungselement zurcktritt, weil letzteres der Gesamtleistung das Geprge gibt (Rz. 76 f.). Eine Sonderregelung stellt § 3 Abs. 10 UStG dar, wonach trotz Verschaffung der Verfgungsmacht keine Lieferung vorliegen soll, sondern eine sonstige Leistung fingiert wird (Rz. 60). Keine (Rck-)Lieferung ist trotz (Rck-)Verschaffung der Verfgungsmacht gegeben, wenn eine Lieferung rckgngig gemacht wird (Rz. 12.73). Die Verschaffung der Verfgungsmacht muß, wie sich aus § 3 Abs. 1 UStG ergibt, nicht durch den Lieferer, sondern kann auch durch einen Dritten erfolgen. Ebenso wenig muß danach der Abnehmer (Lieferungsempfnger, Erwerber) selbst die Verfgungsmacht erlangen, denn diese kann in seinem Auftrag auch einem Dritten verschafft werden (Rz. 42). Es liegen dann zwei Lieferungen vor, obwohl nur einmal die Verfgungsmacht verschafft wird. In beiden Fllen spricht man von einem Reihengeschft oder Streckengeschft. Ein solches kann auch aus mehr als drei Beteiligten bestehen, so daß auch mehr als zwei Lieferungen (durch einmalige Verschaffung der Verfgungsmacht) gleichzeitig ausgefhrt werden knnen. Die Lieferungen finden dann jeweils zwischen denjenigen Personen statt, zwischen denen entsprechende Schuldverhltnisse bestehen (dazu Rz. 45 m. Beispiel).

7.3

a) Gegenstand aa) Das Umsatzsteuergesetz definiert den Begriff des Gegenstandes nicht. Dem Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-RL ist zu entnehmen, daß unter diesem nur ein krperlicher Gegenstand (Sache iS des deutschen Zivilrechts) zu verstehen ist. Nichtkrperliche Gegenstnde, die nicht unter die Fiktion des Art. 5 Abs. 2 (Rz. 5) fallen, insbesondere Urheberrechte und Patentrechte, werden mittels Dienstleistung (sonstige Leistung) bertragen (arg. § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL; vgl. dazu Rz. 8.95 f.). Die bertragung eines Gesellschaftsanteils1 ist als „Dienstleistung“ (sonstige Leistung) zu werten, da neben der vermgensmßigen Beteiligung ein Bndel von Rechten bertragen wird.

7.4

Nach Art. 5 Abs. 2 der 6. EG-RL gelten Elektrizitt, Gas, Wrme, Klte und „hnliche Sachen“ als Gegenstnde (vgl. auch § 3g UStG). Diese Fiktion trgt dem Umstand Rechnung, daß derartige „Sachen“ im Wirtschaftsleben wie krperliche Gegenstnde behandelt werden. Folglich sind als „hnliche Sachen“ und damit als Gegenstnde auch alle Wirtschaftsgter (Rz. 7 f.) anzusehen, die im Verkehr wie Sachen behandelt werden.2

7.5

Als „hnliche Sache“ und damit als krperlicher Gegenstand ist auch das Miteigentum zu verstehen, da dieses im Wirtschaftsleben wie ein krperlicher Gegenstand behandelt wird, so daß dessen bertragung entgegen h. M.3 keine

7.6

1 Nicht im Falle des Ersterwerbs (Rz. 10.87). 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 795; 1996, 114, 116 f. mwN.; BFH/NV 1998, 888. 3 BFH, BStBl. II 1994, 826; 1995, 30; Birkenfeld, § 66 Rz. 321; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1153; Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 83; Abschn. 25 Abs. 2 Nr. 2 UStR 2005.

181

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

sonstige Leistung, sondern eine Lieferung ist1. Lieferansprche bzw. Gewichtsguthaben bei Edelmetallen oder entsprechende Zertifikate sind jeweils Gegenstand einer Lieferung und werden nicht etwa durch sonstige Leistungen (Dienstleistungen) bertragen.2 Die Klarstellung findet sich in § 25c Abs. 1 UStG.3 Zur Bestellung und bertragung eines Erbbaurechts s. Rz. 10.95. 7.7

bb) Der Gesetzeszweck verlangt insbesondere im Hinblick auf den Vorsteuerabzug bei Bauten auf fremdem Grund und Boden oder Einbauten in ein fremdes Gebude, daß, wenn der jeweilige Bau (Einbau) zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil des Grundstcks (bzw. des Gebudes) wird (Rz. 37, 40), ein Wirtschaftsgut als Gegenstand iS des § 3 Abs. 1 und 1b UStG anzunehmen ist, sofern, wie regelmßig, ein Wegnahmerecht oder Wertersatzanspruch gegenber dem Grundstckseigentmer (bzw. Gebudeeigentmer) besteht. Es liegt zwar kein krperlicher Gegenstand vor, der dem Hersteller zuzurechnen ist, aber ein Wirtschaftsgut (Vermgensgegenstand iS des HGB), welches im Wirtschaftsleben wie eine „hnliche Sache“ (Rz. 5) behandelt wird. In dem Wegnahmerecht4 oder dem vertraglichen oder gesetzlichen Entschdigungsanspruch5 (des Mieters oder Pchters bzw. des Ehegatten bei Bauten auf dem Grundstck des anderen Ehegatten) spiegeln sich Wert und wirtschaftliche Substanz (Rz. 18) des Baus (der Einbauten) wieder. Sie zeigen, daß das Bauwerk dem Hersteller „gehrt“, weil dieser und nicht der Eigentmer das Risiko des Verlustes und der Wertminderung des Bauwerks trgt und ihm allein eventuelle Wertsteigerungen zugute kommen.6

7.8

Daß das Gesetz insbesondere auch fr Zwecke der unmittelbaren oder mittelbaren Korrektur des Vorsteuerabzugs nicht den zu engen Begriff des krperlichen Gegenstandes, sondern den des Wirtschaftsgutes im Auge hat, besttigt § 15a UStG, der ausdrcklich von „Wirtschaftsgut“7 spricht8, welches „verußert“ bzw. „geliefert“ werden kann (§ 15a Abs. 8 UStG).9 Insbesondere im Hinblick auf eine Vorsteuerkorrektur ist es folglich im Rahmen des § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 1b UStG (Gegenstand einer Lieferung bzw. Entnahme)10 geboten, eine an § 15a UStG orientierte Auslegung des Begriffes Gegenstand vorzunehmen, d. h. diesen als Wirtschaftsgut zu verstehen, welches im Wirtschaftsleben wie eine Sache behandelt wird. Auch der BFH geht in stndiger Rechtspre1 Ruppe, § 3 Rz. 25; Lippross, UR 2002, 496, 497. 2 So aber BFH, BStBl. III 1967, 662; BStBl. II 1991, 192; Birkenfeld, § 75 Rz. 1122; Leonard in B/G, § 3a Rz. 41. 3 Bzw. Art. 26b Teil B der 6. EG-RL. 4 § 539 Abs. 2 BGB (Mieter), auch iVm. § 581 Abs. 2 BGB (Pchter), § 997 BGB (sonstige Besitzer). 5 Z. B. nach § 951 Abs. 1 iVm. § 812 BGB. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 164; 1997, 774; 2002, 741, 743; BFH; BFH/NV 2004, 292; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 218; ferner BFH, BStBl. II 2002, 278; 2002, 281. 7 Vgl. ferner § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG. 8 Art. 20 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL spricht von „Investitionsgtern“. 9 Im Rahmen des § 15a Abs. 1 UStG kommt darber hinaus auch das Ergebnis einer sonstigen Leistung als Wirtschaftsgut in Betracht (vgl. Rz. 16.45). 10 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 248: Entnahme des Wirtschaftsgutes „Gebudeumbau“.

182

II. Lieferungen

chung – jedoch ohne Begrndung und insbesondere ohne den Begriff „Gegenstand“ bzw. „Wirtschaftsgut“ zu verwenden – davon aus, daß der Besteller des Bauwerks Verfgungsmacht an diesem erlangt.1 Beispiele: (1) Mieter M hat vom Eigentmer V ein Grundstck fr die Dauer von 10 Jahren gemietet. Er lßt auf diesem eine Lagerhalle errichten, die eine geschtzte Lebensdauer von 30 Jahren hat. Bei Beendigung des Mietvertrages hat M die Halle nicht zu beseitigen. Durch die feste Verbindung mit dem Grund und Boden wird V nach deutschem Zivilrecht2 Eigentmer der zur Herstellung der Halle eingebauten Gegenstnde, da sie keine Scheinbestandteile (Rz. 38) sind.

7.9

Auf Grund des Wegnahmerechts oder des an dessen Stelle tretenden Wertersatzanspruchs (Rz. 7) gegenber V ist dem M das Wirtschaftsgut Lagerhalle zuzurechnen, so daß M und nicht der V Verfgungsmacht an dieser erlangt hat. M behlt die Verfgungsmacht fr die Dauer des Mietvertrages. Wenn M bei Rumung des Grundstcks nicht von seinem Wegnahmerecht Gebrauch macht, geht die Verfgungsmacht auf V ber, so daß eine Lieferung vorliegt (Rz. 41). (2) Der Ehemann (M) als Unternehmer hatte auf dem Grundstck der Ehefrau (F) mit deren Zustimmung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein Gebude errichten lassen, welches er fr sein Unternehmen nutzte. Nach vier Jahren wird die Ehe geschieden, so daß M das Gebude rumen muß und von F eine Entschdigung fr den Restwert des Gebudes erhlt.

7.10

Die F war zwar nach § 946 iVm. § 94 BGB sogleich Eigentmerin des Gebudes geworden, da dieses wesentlicher Bestandteil des Grundstcks wurde, sie hatte jedoch bei Fertigstellung noch nicht die Verfgungsmacht erlangt, vielmehr hatte M auf Grund des Wegnahmerechts bzw. des Entschdigungsanspruchs die Verfgungsmacht an dem Wirtschaftsgut „Gebude“. Er war zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Baukosten berechtigt, da die Lieferung des Bauunternehmens fr sein Unternehmen erfolgte (Rz. 15.13). Der Vorsteuerabzug bewirkte, daß die Herstellungskosten des Gebudes von der Umsatzsteuer entlastet wurden, was solange gesetzeszielkonform war, wie das Gebude fr unternehmerische Zwecke genutzt wurde. In dem Moment jedoch, in dem das Gebude nicht mehr fr unternehmerische Zwecke verwendet wird, muß eine anteilige Umsatzsteuerbelastung herbeigefhrt werden, damit kein umsatzsteuerunbelasteter Endverbrauch eintritt. Es ist deshalb im Zeitpunkt der Rumung eine Verschaffung der Verfgungsmacht, d. h. eine Lieferung des „Gegenstandes“ Gebude durch den M an die F anzunehmen, da diese nunmehr zur zivilrechtlichen Hlle auch den Wert und die wirtschaftliche Substanz des Gebudes erhlt. Daß die Lieferung nicht freiwillig erfolgte, ist ohne Belang (Rz. 2.19). Der Lieferung steht die Entschdigung als Gegenleistung (Rz. 3.6) gegenber.3 (3) Wie (2), nur daß die Ehe nicht geschieden wird, sondern M seine unternehmerische Ttigkeit einstellt und das Gebude fortan von den Eheleuten fr private Zwecke verwendet wird. Mit Beendigung der unternehmerischen Ttigkeit wird das Wirtschaftsgut Gebude als Gegenstand iS des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG entnommen. Damit wird gesetzesziel1 Vgl. BFH, BStBl. II 1976, 309; 1987, 233; BFH/NV 1993, 634; 1998, 749. 2 §§ 946 iVm. 94 BGB. 3 Die Lieferung ist nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Anderenfalls wre die Vorsteuer nach § 15a Abs. 8 UStG zu berichtigen (im vorliegenden Fall in Hhe von 6/10; vgl. Rz. 16.97 ff., 16.123 f.).

183

7.11

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung konform erreicht, daß beim bergang des vorsteuerentlasteten Gebudes in den nichtunternehmerischen Bereich eine Umsatzsteuernachbelastung erfolgt.

b) Verfgungsmacht aa) Allgemeines 7.12

(1) Im Regelfall entspricht die Verfgungsmacht derjenigen, die der Eigentmer innehat, d. h. Verschaffung der Verfgungsmacht bedeutet im allgemeinen bertragung des Eigentums. Bei beweglichen Sachen erfolgt die Eigentumsbertragung nach den §§ 929–931 BGB, bei unbeweglichen Sachen (Grundstcken und gleichgestellten Gegenstnden) nach § 873 BGB (zum Eigentumserwerb kraft Gesetzes s. Rz. 20).

7.13

Die bereignung einer beweglichen Sache vollzieht sich regelmßig dadurch, daß sich der bisherige Eigentmer und der Erwerber ber den Eigentumsbergang einigen und ersterer letzterem die Sache bergibt, d. h. den unmittelbaren Besitz verschafft (§ 929 Satz 1 BGB)1. Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache, so gengt die Einigung ber den Eigentumsbergang (§ 929 Satz 2 BGB).

7.14

Befindet sich die Sache bei einem Lagerhalter, Frachtfhrer oder Verfrachter, so kann die bergabe der Sache durch die bergabe eines sog. Traditionspapieres (Orderlagerschein, Ladeschein oder Konnossement) ersetzt werden (§§ 363, 448, 475c, 475g, 650 HGB).

7.15

Soll der bisherige Eigentmer im Besitz der Sache bleiben, so erfolgt die bereignung dadurch, daß sich die Beteiligten ber den Eigentumsbergang einigen und ein sog. Besitzmittlungsverhltnis (Miete, Pacht, Verwahrung u. .) vereinbaren (§ 930 BGB), so daß der bisherige Eigentmer den Gegenstand nunmehr nicht mehr als Eigen- sondern als Fremdbesitzer (d. h. als Mieter, Pchter usw.) nutzt.

7.16

Ist der Eigentmer nur mittelbarer Besitzer, weil er den Gegenstand z. B. an einen anderen vermietet oder in Verwahrung gegeben hat, so erfolgt die bereignung durch die Einigung ber den Eigentumsbergang und die Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB). Das gilt auch bei der Lieferung einer verpfndeten Sache, so daß entgegen § 10 Abs. 2 Satz 1 UStG keine „Rechte“ bertragen, sondern der Gegenstand geliefert wird.2

7.17

Die bereignung eines Grundstcks oder eines gleichgestellten Gegenstandes erfordert die Einigung ber den Eigentumsbergang und die Eintragung im Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Eine Lieferung iS des § 3 Abs. 1 UStG liegt jedoch schon (Rz. 34) bzw. erst (Rz. 26) bei Besitzbergabe vor.

7.18

(2) Das Besteuerungsziel des Gesetzes, den Aufwand fr den Verbrauch von Gtern zu besteuern, verlangt jedoch, nicht auf die Erlangung der formalen Eigentmerposition, sondern darauf abzustellen, ob jemand ber die wirtschaftliche Substanz verfgen kann, d. h. ob ihm wirtschaftlich der volle Wert 1 Bei einem Seeschiff, das nicht im Schiffsregister eingetragen ist, bedarf es nicht der bergabe, wenn die Beteiligten sich darber einig sind, daß das Eigentum sofort bergehen soll (§ 929a Abs. 1 BGB). Bei im Schiffsregister eingetragenen Binnenschiffen und Seeschiffen ist die Einigung und die Eintragung im Register erforderlich (§§ 2 und 3 SchiffsRG). 2 AA. Lippross, 5.3.1 (S. 603).

184

II. Lieferungen

des Gegenstandes (Wirtschaftsgutes) zuzurechnen ist1. Demgemß formuliert auch Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-RL, daß es auf die bertragung der „Befhigung, wie ein Eigentmer“ ber den Gegenstand „zu verfgen“, ankommt. Folglich kann trotz bertragung des Eigentums eine Verschaffung der Verfgungsmacht zu verneinen sein, wenn der Erwerber aufgrund vertraglicher Bindungen nicht uneingeschrnkt ber den Gegenstand verfgen kann (Rz. 22 ff.). Umgekehrt kann eine Verschaffung der Verfgungsmacht (schon) zu bejahen sein, obwohl (noch) kein Eigentum bertragen worden ist (Rz. 28 ff.). Das deckt sich mit den in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden Wertungen. Verfehlt ist es, von „wirtschaftlichem Eigentum“ – insbesondere als Gegensatz zum „rechtlichen“ Eigentum2 – zu sprechen3, da dieser Begriff den irrigen Eindruck vermittelt, daß das Steuerrecht einen eigenen, vom Zivilrecht abweichenden Eigentumsbegriff habe.4 Das Steuerrecht stellt jedoch5 in seinen Tatbestnden auf „Eigentum“ gerade nicht ab.

7.19

Mit dem Begriff „Verschaffung“6 wird lediglich der typische Fall der bertragung der Verfgungsmacht erwhnt. Aus ihm folgt nicht, daß eine Lieferung nur bei einem freiwilligen bergang der Verfgungsmacht anzunehmen ist7, wie bereits § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG (Rz. 2.18) besttigt. ber die dort genannten Konstellationen der zwangsweisen Lieferungen auf Grund behrdlicher Anordnung oder kraft Gesetzes (z. B. Enteignung und Zwangsversteigerung) hinaus ist eine Verschaffung der Verfgungsmacht auch in den Fllen der Zerstrung oder des Diebstahls einer Sache anzunehmen (Rz. 2.33 ff.).

7.20

(3) Im Hinblick darauf, daß „Gegenstand“ iS von Wirtschaftsgut zu verstehen ist, muß in den Fllen, in denen berhaupt kein Eigentum an einem Gegenstand, sondern lediglich ein wirtschaftlicher Wert bertragen wird, die Verschaffung der Verfgungsmacht entsprechend interpretiert werden (Rz. 7).

7.21

bb) Trotz Eigentumsbertragung keine Verfgungsmacht Da es fr die Verschaffung der Verfgungsmacht darauf ankommt, daß einem anderen die wirtschaftliche Substanz, d. h. die Befhigung bertragen wird, wie ein Eigentmer ber den Gegenstand (das Wirtschaftsgut) zu verfgen (Rz. 18), liegt eine Verschaffung der Verfgungsmacht trotz bertragung des 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 582; 1988, 153; 1994, 878, 880; 1996, 114; 2000, 153; 2000, 361; BFH/NV 1998, 555; BStBl. II 2004, 627 = UR 2004, 29: Substanz, Wert und Erfolg. 2 So z. B. BFH, BStBl. II 1971, 34, 36; 1998, 542; Reiß in T/L, § 14 Rz. 47; Martin in S/R, § 3 Rz. 72, 94; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 820. Auch das sog. wirtschaftliche Eigentum wre, wollte man diesen verfehlten Begriff verwenden, dann rechtliches, nmlich steuerrechtliches Eigentum als Gegensatz zum zivilrechtlichen! 3 So aber Ruppe, § 3 Rz. 35; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.2.1 (S. 30), 2.3.2.1 (S. 58); Jakob, Rz. 261 ff., 295; Lippross, 2.3.4.1 (S. 126); Leonard in B/G, § 3 Rz. 16; Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 281. 4 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 213. 5 Von § 1 Abs. 1 GrEStG abgesehen. 6 Bzw. „bertragung“ in Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-RL. 7 So aber Reiß, UmsatzsteuerR, 2.2.1 (S. 31).

185

7.22

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

Eigentums nicht vor, wenn der Erwerber auf Grund vertraglicher oder anderer rechtlicher Bindungen nicht die uneingeschrnkte, sondern nur die formale Eigentmerstellung erlangt. 7.23

(1) So ist die Eigentumsbertragung zu treuen Hnden keine Verschaffung der Verfgungsmacht (arg. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alt. 1 AO), weil der Treuhnder auf Grund des Treuhandvertrages den Gegenstand nicht wie ein Eigentmer nach Belieben nutzen kann, sondern die Eigentmerstellung ausschließlich im Interesse des Treugebers ausben muß1 (Ausnahme: Lieferungsfiktion bei der Verkaufskommission, Rz. 46 ff.).

7.24

(2) Auch bei der sog. Sicherungsbereignung erlangt der Sicherungsnehmer mit dem Eigentum nicht Verfgungsmacht an dem Gegenstand (arg. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alt. 2 AO, § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB), weil er auf Grund der schuldrechtlichen Sicherungsabrede nicht wie ein Eigentmer ber den Gegenstand verfgen darf. Es handelt sich um eine besondere Form des Treuhandverhltnisses, weil das Sicherungseigentum im wirtschaftlichen Ergebnis nur pfandrechtsersetzende Wirkung hat. Wert und Substanz des Gegenstandes sind weiterhin dem Sicherungsgeber zuzurechnen, da mit Tilgung der gesicherten Schuld der Sicherungsnehmer (Kreditgeber) auf Grund der Sicherungsabrede zur Rckbertragung des Gegenstandes verpflichtet ist.

7.25

Im Falle der Verwertung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer im Wege der Verußerung an einen Dritten soll nach der stndigen Rechtsprechung des BFH nicht nur eine Lieferung des Sicherungsnehmers an den Dritten, sondern zugleich auch eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer vorliegen2 (Theorie der Doppellieferung). Diese Sichtweise verkennt, daß der Sicherungsnehmer lediglich die Verwertungsbefugnis erlangt hat und damit nicht die uneingeschrnkte Verfgungsmacht auf ihn bergegangen ist. Denn er darf sich lediglich aus dem Verußerungserls im Umfang seiner Kreditforderung befriedigen und muß den bersteigenden Betrag an den Sicherungsgeber auskehren, so daß nicht etwa der Wert und die Substanz des Gegenstandes vollstndig dem Sicherungsnehmer zustehen. Folglich knnte allein nach den Kriterien des § 3 Abs. 1 UStG keine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer angenommen werden. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG diese Rechtsprechung zugrunde gelegt, so daß diese Vorschrift als Fiktion zu verstehen ist (Rz. 13.21). Zudem muß seit 2004 auf Grund der Neufassung des § 3 Abs. 11 UStG (Rz. 61 ff.) davon ausgegangen werden, daß generell beim Handeln im eigenen Namen fr fremde Rechnung die zwischengeschaltete Person als Leistungsempfnger und Leistender anzusehen ist, so daß die Fiktion des § 3 Abs. 3 UStG (Rz. 46 ff.) nunmehr zu verallgemeinern und nicht nur auf echte Kommissionsgeschfte, sondern auf alle Lieferungen im eigenen Namen fr fremde Rechnung durch Treuhnder u. . anzuwenden ist. 1 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 219. 2 BFH, BStBl. II 1978, 684; 1987, 741; 1994, 878; 1995, 564; 1997, 585, 587; BFH/NV 2004, 1125, 1127; 2004, 1302 mwN.

186

II. Lieferungen

(3) Eine Verschaffung der Verfgungsmacht liegt trotz Eigentumsbertragung ebenfalls (noch) nicht vor, wenn der ehemalige Eigentmer auf Grund eines bereits bei der bertragung vorbehaltenen unentgeltlichen Rechtsverhltnisses (Leihe, Vorbehaltsnießbrauch o. .) – oder weil bei einem Grundstck die Besitzbergabe noch nicht erfolgt ist – den Gegenstand weiterhin nutzt. In diesem Fall ist die wirtschaftliche Substanz noch nicht auf den Erwerber bergegangen1, weil diesem noch nicht der Ertrag des Gegenstandes zusteht. Die Verfgungsmacht wird erst mit Beendigung der unentgeltlichen Nutzung – bzw. bei einem Grundstck mit der Besitzbergabe – verschafft.

7.26

Anders liegt es regelmßig bei einer entgeltlichen Nutzung durch den ehemaligen Eigentmer (Rckvermietung o. .). In einem solchen Fall ist im allgemeinen die Verfgungsmacht auf den Erwerber bergegangen, da dieser mit der Vermietung bzw. Verpachtung den Gegenstand wirtschaftlich nutzt, d. h. den Ertrag aus diesem zieht2. Eine Verschaffung der Verfgungsmacht liegt jedoch von vornherein dann nicht vor, wenn es sich bei der „Rckvermietung“ um eine „Mietkaufgestaltung“ handelt, weil nmlich nach Ablauf der Mietzeit das Eigentum an den ursprnglichen Eigentmer zurck fallen soll.3 Da dieser („Mieter/Mietkufer“) weiterhin die Gefahr (das Risiko) des zuflligen Untergangs des Gegenstandes und auch die Kosten der Instandhaltung trgt und das Eigentum auch nur fr die Dauer der „Rckvermietung“ bergehen soll, ist die wirtschaftliche Substanz nicht auf den „Erwerber/Vermieter“ bertragen worden.4 Die Einrumung des Eigentums hat bei einer solchen Konstellation nur Sicherungsfunktion, da der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs sich als schlichte Kreditgewhrung darstellt.5 Folglich erbringt der „Erwerber“ auch keine sonstige Leistung in Gestalt der Vermietung.

7.27

cc) Verfgungsmacht ohne Eigentum Da es fr die Verschaffung der Verfgungsmacht darauf ankommt, daß einem anderen die wirtschaftliche Substanz, d. h. die Befhigung bertragen wird, wie ein Eigentmer ber den Gegenstand zu verfgen (Rz. 18), kann eine Lieferung auch (schon) dann vorliegen, wenn das Eigentum (noch) nicht bergegangen ist.

7.28

(1) Bei einem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) ist eine Lieferung nicht erst bei Eigentumsbergang, sondern bereits bei Besitzverschaffung

7.29

1 BFH, BFH/NV 1996, 270; 1998, 555 = UR 1998, 101; vgl. auch BFH, BStBl. II 1980, 279, 281; 2000, 153; Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 262. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1980, 279; Heuermann, aaO. 3 Im Wirtschaftsleben findet sich fr diese Gestaltung zunehmend die mehr als berflssige Bezeichnung „sale-and-lease-back“-Geschft, die den wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs als schlichte Finanzierung des Erwerbs solcher Gegenstnde vernebelt. 4 FG Berlin, EFG 2003, 887 (Rev. V R 22/03); Martin in S/R, § 3 Rz. 99. 5 Vgl. auch BFH, BFH/NV 2003, 87, wonach einiges fr eine Darlehensgewhrung spreche.

187

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

(bergabe) anzunehmen, da der Kufer ab diesem Zeitpunkt die Gefahr (das Risiko) des zuflligen Untergangs trgt (§ 446 Satz 1 BGB), d. h. trotz des Verlustes den vollstndigen Kaufpreis zahlen muß. Folglich ist dem Kufer schon ab der bergabe die wirtschaftliche Substanz und der Wert des Gegenstandes zuzurechnen, da sich in der Gefahrtragung widerspiegelt, daß ihm der Gegenstand schon im Zeitpunkt der Besitzverschaffung „gehrt“. Die Besttigung findet sich in Art. 5 Abs. 4 Buchst. b Alt. 2 der 6. EG-RL1 sowie2 in § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO3. Die Lieferung ist folglich schon im Zeitpunkt der Besitzbergabe erfolgt.4 Macht der Verkufer wegen Zahlungsverzuges des Kufers von seinem Rcktrittsrecht Gebrauch, so fhrt die Rckgabe des Gegenstandes nicht zu einer Rcklieferung, sondern zu einer Rckgngigmachung des Umsatzes (Rz. 12.73). 7.30

(2) Handelt es sich bei einem sog. Leasing-Vertrag nicht nur um einen modifizierten Mietvertrag, sondern ist der Vertrag dergestalt angelegt, daß der sog. Leasingnehmer wirtschaftlich („praktisch“) den Gegenstand „kauft“, so ist ihm dieser von Anbeginn zuzurechnen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Summe der vereinbarten Mietzinsraten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die sonstigen Kosten und den Gewinnzuschlag des sog. Leasinggebers abdeckt (sog. Finanzierungsleasing) und der Vertrag ber die gewhnliche Nutzungsdauer des Gegenstandes luft oder der Gegenstand speziell auf den sog. Leasingnehmer zugeschnitten ist. Dem steht es gleich, wenn nach Ablauf des Vertrages der sog. Leasingnehmer ein Optionsrecht auf Erwerb des Gegenstandes hat und der aufzuwendende Betrag so gering ist, daß bereits zu Beginn des Vertrages die gesicherte Annahme besteht, daß der sog. Leasingnehmer das Optionsrecht ausben wird.5 Entsprechendes gilt bei sog. Mietkaufvertrgen, wenn der Mieter auf Grund der Vertragsbedingungen vernnftigerweise6 nach Ablauf des Vertrages von seinem Ankaufsrecht Gebrauch machen wird.7 Anderenfalls liegt eine Lieferung erst mit Ausbung der Kaufoption vor.8

7.31

In beiden Fallgruppen ist der Gegenstand von Anbeginn dem sog. Leasingnehmer bzw. Mietkufer zuzurechnen, da dieser iS des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO „im Regelfall“ den Eigentmer fr die gewhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung ausschließen kann, weil, selbst wenn das Eigentum nicht erwor1 Danach gilt als Lieferung die bergabe eines Gegenstandes auf Grund eines Vertrages, der den Ratenverkauf eines Gegenstandes mit der Klausel vorsieht, daß das Eigentum sptestens mit Zahlung der letzten flligen Rate erworben wird. 2 Vgl. auch § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB. 3 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 216, s. auch BFH, BStBl. II 1971, 34, 36. 4 Zur Bemessungsgrundlage und zur Steuerentstehung Rz. 12.12. 5 BFH, BStBl. II 1971, 34; vgl. auch BFH, BStBl. II 1970, 264; 1991, 70. 6 Die Einrumung eines Ankaufsrechts allein reicht deshalb nicht aus; aA. Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 226. 7 BFH, BStBl. III 1955, 94; vgl. auch BFH, BStBl. II 1991, 70, 72; 1992, 18; 2001, 311, 314. 8 Die vorhergehende sonstige Leistung in Gestalt der Vermietung wird dann nicht rckgngig gemacht; aA. Jakob, Rz. 294.

188

II. Lieferungen

ben wird, der Herausgabeanspruch des Eigentmers praktisch ohne Wert ist. Entscheidend ist jedoch, daß dem sog. Leasingnehmer bzw. Mietkufer auf Grund der Summe der zu zahlenden Raten der Wert und die Substanz (wirtschaftlicher Verbrauch) des Gegenstandes zuzurechnen sind und er mithin von der bergabe des Gegenstandes an wie ein Eigentmer ber diesen verfgt.1 Die Frage, ob umsatzsteuerrechtlich Verfgungsmacht verschafft worden ist, richtet sich nicht etwa nach einkommensteuerrechtlichen Grundstzen2, da das Einkommensteuergesetz keinerlei Aussagen zur Zurechnung enthlt, sondern diese sich aus § 39 AO ergeben.

7.32

Auch Art. 5 Abs. 4 Buchst. b Alt. 1 der 6. EG-RL ist nicht einschlgig. Nach dieser Bestimmung gilt als Lieferung die bergabe eines Gegenstandes auf Grund eines Vertrages, der die Vermietung eines Gegenstandes whrend eines bestimmten Zeitraums vorsieht, mit der Klausel, daß das Eigentum sptestens mit Zahlung der letzten flligen Rate erworben wird. Diese Formulierung ergibt keinen Sinn, da bei einer derartigen Klausel kein Mietvertrag, sondern der in der zweiten Alternative dieser Vorschrift erwhnte Ratenkauf vorliegt. Vermutlich soll mit der Erwhnung des Begriffes „Vermietung“ keine rechtliche Wrdigung vorgenommen, sondern lediglich klargestellt werden, daß auch diejenigen Flle erfaßt werden, in denen die Beteiligten das Vertragsverhltnis falsch mit „Vermietung“ bezeichnet haben. Art. 5 Abs. 4 Buchst. b Alt. 1 der 6. EG-RL betrifft mithin nur den Ratenkauf mit Eigentumsvorbehalt (Rz. 29). Fr die vorgenannten Flle ist die Vorschrift nicht einschlgig, da die zugrunde liegenden Vertragsverhltnisse gerade keine ausdrckliche Klausel enthalten, daß das Eigentum sptestens mit Zahlung der letzten Rate bergeht.

7.33

(3) Bei bertragung eines Grundstcks ist die Verfgungsmacht bereits mit bergabe des Grundstcks verschafft, weil ab diesem Zeitpunkt die Gefahr der zuflligen Verschlechterung auf den Kufer bergegangen ist (§ 446 Satz 1 BGB). Auf die zustzliche Eintragung einer Auflassungsvormerkung oder die Beantragung der Eigentumsumschreibung kommt es m. E. nicht an3, da diese nur der Sicherung des Eigentumserwerbs dient, indem sie den Kufer vor vertragswidrigen Verfgungen ber das Grundstck schtzt. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist fr die wirtschaftliche Zurechnung auf den Regelfall abzustellen. Im Regelfall wird sich ein Verkufer jedoch vertragstreu verhalten.4

7.34

1 Zur Bemessungsgrundlage und zur Steuerentstehung nach dem Soll-Prinzip s. Rz. 12.12; zum Vorsteuerabzug des sog. Leasingnehmers s. Rz. 15.3, 15.89 iVm. Rz. 16.21; zur Haftung des sog. Leasinggebers fr die Vorsteuerberichtigung beim Leasingnehmer s. Rz. 19.56 ff. 2 So aber Abschn. 25 Abs. 4 Satz 2 UStR 2005; Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 216; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.3.2.1 (S. 58); Jakob, Rz. 295, 460 (Fn. 233); Doralt/Ruppe, Rz. 1282 aE.; Nieskens in R/D, Rz. 771 f.; Lippross, 2.3.4.4. (S. 134); vgl. auch Leonard in B/G, Rz. 17. 3 AA. Birkenfeld, § 55 Rz. 668; Martin in S/R, § 3 Rz. 84; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 740; unklar BFH, BFH/NV 1990, 741 = UR 1990, 355. 4 Ist die bergabe noch nicht erfolgt, so ist die Auflassungsvormerkung und die Einrumung des mittelbaren Besitzes erforderlich; BFH, BStBl. II 1980, 279; unklar BFH, BFH/NV 1990, 741 = UR 1990, 355.

189

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

7.35

(4) Beim Eigenbesitz ist das Wirtschaftsgut dem Eigenbesitzer zuzurechnen ( 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alt. 3 AO). Entsprechend § 872 BGB ist Eigenbesitzer, wer ein Wirtschaftsgut als ihm gehrig besitzt. Erfaßt wird z. B. der Erwerber von Diebesgut, der auch bei Gutglubigkeit kein Eigentum erlangen kann (§ 935 BGB). Er wird befhigt, wenn auch rechtswidrig, ber die Substanz des Gegenstandes wie ein Eigentmer zu verfgen. Gleiches gilt bei solchen Konstellationen, in denen sich nachtrglich herausstellt, daß die Eigentumsbertragung unwirksam war. Der Erwerber hat den Gegenstand als ihm gehrig erworben, so daß ihm mit der bergabe Verfgungsmacht verschafft worden war (entsprechendes ergibt sich auch aus § 41 Abs. 1 Satz 1 AO1).

7.36

(5) Kann das Eigentum nicht mehr bergehen, weil der Gegenstand whrend des Annahmeverzugs des Kufers oder auf dem Transport untergegangen ist und hat der Kufer gleichwohl den Kaufpreis zu zahlen (sog. Gefahrtragung), so ist damit die wirtschaftliche Substanz (Verfgungsmacht) auf ihn bergegangen (Rz. 2.9). Lag hingegen die Transportgefahr beim Verkufer, so folgt nicht etwa aus der Fiktion des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, daß trotz des Untergangs der Ware eine Lieferung vorliegt.2 Diese Vorschrift bestimmt lediglich den Ort einer Lieferung, wenn eine solche tatschlich vorliegt (zum Zeitpunkt Rz. 12.11). dd) Gebude auf fremdem Grund und Boden

7.37

Bei beweglichen Sachen, die mit einem Grundstck (oder Gebude) fest verbunden werden, tritt ein gesetzlicher Eigentumserwerb nach § 946 iVm. § 94 BGB ein, wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstcks (bzw. Gebudes, wenn dieses nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstcks ist) werden. Obwohl sich in diesem Fall das Eigentum an dem Grundstck bzw. Gebude auch auf die eingebauten Sachen erstreckt, ist nicht stets zugleich von einem bergang der Verfgungsmacht auf den Grundstcks- oder Gebudeeigentmer auszugehen.3 Auch hier ist maßgebend, ob dieser die wirtschaftliche Substanz (Rz. 18) erlangt. Die Problematik ergibt sich insbesondere dann, wenn ein anderer auf fremdem Grund und Boden ein Bauwerk errichtet oder in einem Gebude Einbauten vornimmt. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden oder mit einem Gebude fhrt allerdings nicht in jedem Fall dazu, daß das Eigentum am errichteten Bauwerk bzw. an den eingebauten Sachen kraft Gesetzes auf den Eigentmer des Grund und Bodens oder des Gebudes bergeht.

7.38

Werden derartige Bauten nmlich in Ausbung eines dinglichen Rechts (z. B. Erbbaurecht Nießbrauch, Dienstbarkeit) von dem Berechtigten mit dem Grundstck fest verbunden, so werden sie nur Scheinbestandteile des Grundstcks (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB) und bleiben selbstndige Gegenstnde und 1 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 229. 2 So aber BFH, BStBl. II 1993, 731, 734 zur Vorgngervorschrift § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG aF. 3 BFH, BFH/NV 1993, 634; UR 1998, 184.

190

II. Lieferungen

damit Wirtschaftsgter des Nutzungsberechtigten. Entsprechendes gilt fr Einbauten in ein Gebude (§ 95 Abs. 2 BGB). Dasselbe gilt, wenn ein nur schuldrechtlich Berechtigter (Mieter oder Pchter) derartige Bauten oder Einbauten nur „zu einem vorbergehenden Zweck“ errichtet oder einfgt (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine solche Gestaltung ist insbesondere gegeben, wenn die Lebensdauer (Verwendungs-, Nutzungsdauer) der Bauten lnger als die Laufzeit des Miet- oder Pachtverhltnisses ist und nach dessen Ablauf der Mieter bzw. Pchter verpflichtet ist, den ursprnglichen Zustand wiederherzustellen, d. h. die Bauten zu entfernen hat.1

7.39

Nur wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, werden die Bauten bzw. Einbauten auf Grund der festen Verbindung zivilrechtlich wesentliche Bestandteile des Grundstcks bzw. Gebudes. Gleichwohl ist dem Hersteller (Mieter, Pchter usw., Ehegatte, Gesellschaft usw.) aufgrund des Wegnahmerechts oder eines Entschdigungsrechts regelmßig ein eigenes Wirtschaftsgut („Gebude“ bzw. „Einbauten“) zuzurechnen (Rz. 7), so daß trotz des gesetzlichen Eigentumserwerbs nicht automatisch dem Grundstcks- bzw. Gebudeeigentmer (Vermieter, Verpchter, anderer Ehegatte, Gesellschafter usw.) die Verfgungsmacht an den eingefgten Gegenstnden verschafft wird.2

7.40

Eine Verschaffung der Verfgungsmacht (Lieferung) an den Grundstcks- bzw. Gebudeeigentmer liegt folglich nur dann vor, wenn dieser auch Wert und Substanz (Rz. 18) der Bauten erlangt. Das ist insbesondere dann der Fall,

7.41

– wenn der Mieter (Pchter) schon bei Beginn des Nutzungsverhltnisses auf sein Wegnahmerecht verzichtet, weil der Grundstckseigentmer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Miet-oder Pachtzins verrechnet werden3; oder – wenn auf die Ausbung des Wegnahmerechts und eine Entschdigung verzichtet wird (Fall der unentgeltlichen Lieferung iS des § 3 Abs. 1b UStG; vgl. Rz. 4.16). 2. Reihengeschft, Streckengeschft Die Verschaffung der Verfgungsmacht muß nicht, wie sich aus § 3 Abs. 1 UStG ergibt (Rz. 3), durch den Lieferer, sondern kann auch durch einen Dritten erfolgen4 (vgl. auch Rz. 2.43). Ebensowenig muß nach dieser Vorschrift der Abnehmer (Lieferungsempfnger, Erwerber) selbst die Verfgungsmacht erlangen, denn diese kann in seinem Auftrag auch einem Dritten verschafft werden. In beiden Fllen spricht man von einem Reihengeschft, Streckenge1 Vgl. BFH, BStBl. II 1971, 165, 167; 1994, 164. 2 Entsprechendes gilt, wenn ein Miteigentmer auf dem gemeinsamen Grundstck ein Gebude o. . errichtet, Einbauten vornimmt usw. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 1993, 634; BFM, BStBl. I 1986, 432, Beisp. 1 und 7; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 834. 4 Anders § 3 Abs. 1 sterr. UStG (ebenso noch § 3 Abs. 1 UStG 1951).

191

7.42

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

schft oder Kettengeschft. Es liegen dann zwei Lieferungen vor1, obwohl – so jedenfalls § 3 Abs. 1 UStG – nur einmal die Verfgungsmacht verschafft wird.2 Die Lieferungen finden jeweils zwischen denjenigen Personen statt, zwischen denen entsprechende Schuldverhltnisse bestehen, so daß nicht etwa der erste Beteiligte an den letzten in der Reihe liefert, obwohl er diesem die Verfgungsmacht verschafft.3 7.43

Dritte knnen mithin auf der Liefererseite wie auch auf der Abnehmerseite eingeschaltet werden. Dritte iS des § 3 Abs. 1 UStG sind nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur Personen, die Verfgungsmacht verschaffen bzw. erhalten, d. h. ihrerseits eine Lieferung gegenber demjenigen ttigen, in dessen Auftrag sie als Dritter handeln, bzw. eine Lieferung von demjenigen erhalten, dessen Dritter sie sind. Keine Dritten sind folglich solche Personen, die nur zeitweilig den (Fremd-)Besitz an dem Gegenstand als Lagerhalter (Verwahrer), Handelsvertreter, Frachtfhrer oder Spediteure haben4 oder aber als Arbeitnehmer, d. h. als sog. Besitzdiener (§ 855 BGB) auf seiten der Beteiligten ttig sind (zum Begriff des „Dritten“ iS des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG s. Rz. 8.11).

7.44

Beispiel: Unternehmer A verkauft an B Ware, die dieser an C weiterverkauft hat. Auf entsprechende Vereinbarung hin versendet A unter Einschaltung des Spediteurs S die Ware unmittelbar an C. A hat dem Dritten C die Verfgungsmacht verschafft, jedoch an B (Abnehmer) geliefert, indem er in dessen „Auftrag“ dem C die Verfgungsmacht verschafft hat (§ 3 1 Klarstellung auch durch § 3 Abs. 6 Satz 5 und § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, die von Lieferungen sprechen, wenn mehrere Unternehmer ber denselben Gegenstand Umsatzgeschfte abschließen und der Gegenstand unmittelbar vom ersten Unternehmer (Lieferer) an den letzten Abnehmer gelangt. § 3 Abs. 1 UStG und § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG knnen sich deshalb nicht berschneiden; aA. Lippross, 2.3.5, S. 142; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 950. 2 BFH BStBl. II 1997, 157. Anders die h. M. im deutschen Zivilrecht, die von einer zweimaligen Eigentumsbertragung ausgeht; vgl. BGH, NJW 1999, 425; Bassenge in Palandt, § 929 BGB Rz. 20 mwN.; Henssler in Soergel, § 929 BGB Rz. 63 f. Entsprechendes drfte wohl auch fr das Umsatzsteuerrecht gelten, denn dem zweiten (wie auch jedem weiteren) Lieferer ist die Verfgungsmacht fr eine logische Sekunde zuzurechnen, da auch er ber die wirtschaftliche Substanz (Rz. 18) des Gegenstandes verfgt. Dafr spricht auch Art. 5 Abs. 1 der EG-RL, denn auch der zweite (bzw. jede weitere) Lieferer verfgt wie ein Eigentmer ber den Gegenstand. Das wird der Grund dafr gewesen sein, daß § 3 Abs. 2 UStG aF. bis 1996 (ebenso das sterreichische UStG) bestimmte, daß die Lieferung an den letzten Abnehmer gleichzeitig als Lieferung eines jeden Unternehmers in der Reihe gilt. Diese sich auf eine Klarstellung beschrnkende Bestimmung ist fast durchgngig fehlinterpretiert worden, dazu nher Stadie, UR 1995, 379, 380 f. mwN. Sie ist zum 1.1.1997 gestrichen worden, um wegen des von ihr ausdrcklich verwendeten Begriffes „Reihengeschft“ zuknftig eine „Assoziation zum bisherigen Recht zu vermeiden“, Reg.-Begr. zum USt-ndG 1997, BR-Drucks. 390/96, zu Art. 16 Nr. 2 Buchst. a. Das ist nicht nachvollziehbar, denn die einzige Rechtsfolge, die § 3 Abs. 2 UStG deklaratorisch aussprach, nmlich, daß nicht nur der letzte Unternehmer, sondern auch die vorhergehenden Unternehmer liefern, ergab sich seit je her und ergibt sich weiterhin aus § 3 Abs. 1 UStG! 3 Das verkennt der EuGH, EuGHE 2003, I-1317 = UR 2003, 137, Tz. 32 ff. 4 AA. Martin in S/R, § 3 Rz. 157; Jakob, Rz. 267; Lippross, 2.3.5., S. 141 f.; Heuermann in H/M, § 3 Abs. 1 Rz. 321.

192

II. Lieferungen Abs. 1 UStG). B ist Abnehmer des A, weil zwischen diesen beiden ein Kaufvertrag besteht. B hat an C geliefert, indem in seinem Auftrag ein Dritter (A) dem C die Verfgungsmacht verschafft hat. C ist der Abnehmer des B, weil zwischen beiden ein Kaufvertrag besteht. Es finden also zwei Lieferungen statt (weil zwei Kaufvertrge vorliegen), bei denen nur einmal die Verfgungsmacht verschafft wird. Der eingeschaltete Spediteur hat als zeitweiliger Besitzer nie Verfgungsmacht gehabt und konnte sie deshalb auch nicht verschaffen, so daß er kein Dritter iS des § 3 Abs. 1 UStG ist (Rz. 43).

Ein derartiges Reihengeschft (Streckengeschft) kann auch zwischen mehr als drei Beteiligten erfolgen, so daß auch mehr als zwei Lieferungen durch einmalige Verschaffung der Verfgungsmacht gleichzeitig zwischen den jeweiligen Vertragspartnern ausgefhrt werden knnen.

7.45

Beispiel: Wie vorhergehendes Beispiel, nur daß C die Ware an D weiterverkauft hat und folglich A auf Weisung („im Auftrag“) der B und C unmittelbar dem D die Verfgungsmacht verschafft. In dieser Konstellation liegen drei Lieferungen vor. A liefert an B, dieser an C und jener an D. A hat an seinen Abnehmer B geliefert, indem er in dessen Auftrag und zugleich im Auftrag von dessen Abnehmer C dem Dritten („Vierten“) D (Dritter des Dritten auf der Abnehmerseite) die Verfgungsmacht verschafft hat (§ 3 Abs. 1 UStG). B liefert an C, indem in seinem Auftrag der A dem D im Auftrag des C die Verfgungsmacht verschafft. A ist bei Betrachtung dieser Lieferung Dritter auf der Liefererseite und D ist Dritter auf der Abnehmerseite. C liefert an D, indem in seinem Auftrag und im Auftrag des B der A dem D die Verfgungsmacht verschafft (A ist Dritter des Dritten auf der Liefererseite).

3. Sonderregelungen a) Kommissionsgeschft Beim Kommissionsgeschft kauft oder verkauft der Kommissionr Gegenstnde fr Rechnung eines anderen (des Kommittenten, d. h. des Auftraggebers) im eigenen Namen (§ 383 HGB). Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Geschftsbesorgung (§ 675 BGB), fr die der Kommissionr eine Ver193

7.46

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

gtung erhlt (vgl. § 396 HGB). Daraus mßte umsatzsteuerrechtlich folgen, daß der Kommissionr sonstige Leistungen (Dienstleistungen) erbrchte und nur seine Provision zu versteuern htte. Das wrde dazu fhren, daß keine Eigengeschfte, sondern Kommissionsgeschfte vereinbart wrden, wenn die Abnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Zur Gleichstellung bestimmt deshalb § 3 Abs. 3 Satz 1 UStG, daß zwischen Kommissionr und Kommittent (Auftraggeber) Lieferungen vorliegen. Bei der Verkaufskommission gilt folglich der Kommissionr als Abnehmer, bei der Einkaufskommission der Kommittent (§ 3 Abs. 3 Satz 2 UStG).1 7.47

Im Falle der Verkaufskommission ist diese Fiktion erforderlich, weil in der Ermchtigung, Eigentum im eigenen Namen zu bertragen (§ 185 Abs. 1 BGB), noch keine Verschaffung der Verfgungsmacht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (§ 3 Abs. 1 UStG) liegt, da auf den Kommissionr nur die zivilrechtliche Rechtsmacht, nicht aber die wirtschaftliche Substanz bergeht. Aus dem Zweck der Fiktion des § 3 Abs. 3 UStG folgt, daß eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionr erst und nur dann vorliegt, wenn der Kommissionr an den Abnehmer liefert.2 Entgegen dem zu engen Wortlaut der Vorschrift ist diese nicht nur auf Kommissionsgeschfte im Sinne des HGB, sondern auf alle Lieferungen im eigenen Namen fr fremde Rechnung anzuwenden (vgl. Rz. 25).

7.48

Bei der Einkaufskommission liegt die Bedeutung der Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut nicht in der Fiktion der Lieferung. Eine solche ist berflssig, da dem Kommissionr vom Verkufer Verfgungsmacht verschafft wird und dieser die Verfgungsmacht dem Kommittenten bertrgt, so daß schon nach § 3 Abs. 1 UStG eine Lieferung vorliegt.3 Die Bedeutung des § 3 Abs. 3 UStG liegt deshalb bei der Einkaufskommission zum einen darin, daß die zivilrechtlich anzunehmende Geschftsbesorgung umsatzsteuerrechtlich fr unbeacht1 Entspricht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der 6. EG-RL, wonach die bertragung eines Gegenstands aufgrund eines Vertrages ber eine Einkaufs- oder Verkaufskommission als Lieferung gilt. 2 BFH BStBl. II 1987, 278; Abschn. 24 Abs. 2 Satz 9; 30 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005; aA. Schn, UR 88, 1 ff. 3 Der Unterschied zur Verkaufskommission (dies verkennt Schn, aaO.) zeigt sich bei der Betrachtung der Folgen, die eintreten, wenn der Kommissionr gegen seinen Kommissionsvertrag verstßt. Bei der Verkaufskommission kann der ursprngliche Eigentmer aufgrund der „treuhnderischen Bindung“ (Kommissionsvertrag) des Eigentums Schadensersatz in Form des wirtschaftlichen Wertes der Sache verlangen. Der Einkaufskommissionr dagegen erwirbt vom Verkufer kein treuhnderisch gebundenes Eigentum. Eine Verletzung des Kommissionsvertrages fhrt dann auch nur dazu, daß der Kommittent einen Schadenersatz allenfalls in Form eines Vermgensschadens (entgangener Gewinn, Verzgerungsschaden) nicht aber als Wertersatz bzgl. der betreffenden Sache geltend machen kann. Dies zeigt, daß die wirtschaftliche Substanz der Sache noch nicht auf den Kommittenten bergegangen ist. Letztendlich hat der Einkaufskommissionr im Gegensatz zum Verkaufskommissionr keine andere Stellung als ein Zwischenhndler, der sich durch einen Kaufvertrag ber eine noch nicht selbst erworbene Sache einem Kufer zur Lieferung verpflichtet hat.

194

II. Lieferungen

lich erklrt wird, und zum anderen in der Fiktion des vom Kommittenten an den Kommissionr zu zahlenden Aufwendungsersatzes als Teil der Gegenleistung, wenngleich das im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck kommt. Diese Interpretation ergibt sich jedoch aus dem Normzweck.1 Die zivilrechtlich fr die Geschftsbesorgung zu zahlende Provision ist deshalb umsatzsteuerrechtlich nicht die Gegenleistung fr eine sonstige Leistung, sondern Teil der Gegenleistung fr die Lieferung des Kommissionrs. Beispiele: (1) Unternehmer U beauftragt Kommissionr K, im eigenen Namen einen Gegenstand zu verkaufen; vom Verkaufspreis soll K 10 % als Provision erhalten. K verußert fr 11 600 Euro, so daß er nach Abzug seiner Provision von 1160 Euro an U 10 440 Euro auszahlt.

7.49

K liefert an den Abnehmer, da er im eigenen Namen Eigentum bertrgt und damit dem Abnehmer Verfgungsmacht verschafft (§ 3 Abs. 1 UStG iVm. §§ 929, 185 Abs. 1 BGB). Daß K als Kommissionr zivilrechtlich gegenber dem U (Kommittenten) mit dem Verkauf eine Dienstleistung (Geschftsbesorgung) erbringt, ist umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Vielmehr wird fingiert, daß U an den K geliefert hat. In der Ermchtigung, Eigentum im eigenen Namen zu bertragen, liegt noch keine Verschaffung der Verfgungsmacht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (§ 3 Abs. 1 UStG), da damit nur die zivilrechtliche Befugnis zur bertragung auf einen anderen, nicht aber die volle Eigentmerstellung auf den K bergeht. Gegenleistung fr die fiktive Lieferung des U ist der Betrag von 10 440 Euro, da K diesen Betrag dafr aufwendet (Entgelt gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG mithin 9000 Euro). (2) Unternehmer U beauftragt Kommissionr K, im eigenen Namen einen Gegenstand fr Rechnung des U einzukaufen. Als Provision soll K 10 % des Einkaufspreises erhalten. K kauft fr 11 600 Euro ein, bereignet U den Gegenstand in Erfllung von dessen Herausgabeanspruch (gem. § 667 BGB) und erhlt von diesem als Aufwendungsersatz 11 600 Euro und die Provision in Hhe von 1160 Euro.

7.50

Zwischen K und U wird durch § 3 Abs. 3 UStG eine Lieferung fingiert, was allerdings berflssig ist, da K vom Verkufer Eigentum erworben hatte und dieses dem U bertrgt, so daß schon nach § 3 Abs. 1 UStG eine Lieferung gegeben ist. Die Bedeutung des § 3 Abs. 3 UStG liegt deshalb insoweit vielmehr in der Fiktion des Aufwendungsersatzes als Teil der Gegenleistung fr die Lieferung. Die zivilrechtlich als Provision einer Geschftsbesorgung anzusehenden 1160 Euro sind umsatzsteuerrechtlich nicht die Gegenleistung fr eine sonstige Leistung, sondern ebenfalls Teil der Gegenleistung fr die Lieferung. Gegenleistung fr die Lieferung des K an U ist mithin die Summe von 11 600 Euro und 1160 Euro, d. h. der Betrag von 12 760 Euro (Entgelt folglich 11 000 Euro).

b) Sog. Gehaltslieferung Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abflle, die bei der Be- oder Verarbeitung des ihm bergebenen Gegenstandes entstehen, zurckzugeben, so beschrnkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstandes an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben (§ 3 Abs. 5 Satz 1 UStG). Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Be- oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abflle Gegenstnde gleicher Art 1 Schn, UR 1988, 1 ff.

195

7.51

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

zurckgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmßig anfallen (§ 3 Abs. 5 Satz 2 UStG). Diese Bestimmung ist Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und ist in seinem Satz 1 nur klarstellend. Die Bedeutung (s. Rz. 3.11) der Vorschrift liegt in Satz 2, denn gbe es diesen nicht, so mßten zwei Lieferungen (Tausch) nebst einer Zuzahlung angenommen werden, was Auswirkungen insbesondere im Rahmen des § 24 UStG – Besteuerung der Landwirte nach Durchschnittstzen (Rz. 17.44 ff.) – htte. 7.52

Beispiele: Landwirt L liefert Milch an die Molkerei M und erhlt anschließend die entsprechende Menge Magermilch aus zuvor verarbeiteter Milch anderer Landwirte zurck sowie eine Zahlung fr das „gelieferte“ Fett. Der Umfang der Lieferung des L beschrnkt sich nach § 3 Abs. 5 UStG auf den Fettgehalt der von ihm gelieferten Milch. Gbe es diese Vorschrift nicht, so lge eine Lieferung des L hinsichtlich der Vollmilch vor, der eine Lieferung der M in Gestalt der Magermilch und die Zahlung fr das Fett gegenberstnde (Tausch mit Zuzahlung). Entsprechendes gilt z. B. bei Lieferungen des Zuckergehalts von Zuckerrben, des Strkegehalts von Kartoffeln, des lgehalts von Raps oder des Schwefelgehalts von Schwefelkies.

III. Sonstige Leistung 1. Allgemeines 7.53

Eine sonstige Leistung ist eine Leistung (Rz. 2.4), die keine Lieferung ist (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG)1 und auch nicht als unselbstndige Nebenleistung einer Lieferung anzusehen ist (Rz. 73 ff.).2 Liegt eine Leistung vor (Rz. 2.4 ff.), die keine Nebenleistung ist, so hat mithin – sofern die Rechtsfolgen unterschiedlich sind, je nach dem, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung gegeben ist – eine Negativabgrenzung von der Lieferung zu geschehen (zur Fiktion von sonstigen Leistungen s. Rz. 59 ff.).

7.54

Keine Lieferung liegt vor, wenn – bei der Leistung keine Verschaffung der Verfgungsmacht an einem Gegenstand erfolgt (dazu Rz. 4 ff.) oder – zwar bei der Leistung Verfgungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird, der wirtschaftliche Gehalt der Leistung jedoch nicht in einer Lieferung besteht, sondern sich als Dienstleistung darstellt, weil der Gegenstand lediglich das Ergebnis der Dienstleistung ist oder den Anspruch auf die Dienstleistung verkrpert (Rz. 57 f.) oder 1 Demgegenber bestimmt Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL, daß als Dienstleistung jede Leistung „gilt“, die keine Lieferung eines Gegenstandes iS des Art. 5 ist. Diese Fiktion wurde offensichtlich wegen der Verwendung des Begriffes „Dienstleistung“ gewhlt, weil es mit dem Sprachgebrauch nicht zu vereinbaren wre, darunter alle sonstigen Leistungen fallen zu lassen. 2 Und auch nicht im Falle der Kommission beiseite geschoben wird (Rz. 46 u. 48).

196

III. Sonstige Leistung

– zwar eine gemischte Leistung aus Lieferungs- und Dienstleistungselementen besteht, das Lieferungselement jedoch hinter dem Dienstleistungselement zurcktritt, weil letzteres der Gesamtleistung das Geprge gibt (Rz. 76). Durch § 3 Abs. 9 Satz 2 UStG wird klargestellt, daß die Leistung auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen kann.1 Das ergibt sich bereits aus dem Begriff der Leistung, die als Verschaffung eines „verbrauchbaren“ Vorteils (geldwerten Nutzens) zu verstehen ist (Rz. 2.4), welche durch jedwedes aktive oder passive Verhalten erfolgen kann.

7.55

Beispiele:

7.56

a) Sonstige Leistungen in Gestalt des Unterlassens: – Verzicht auf die vollstndige oder teilweise Ausbung einer unternehmerischen Ttigkeit (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG)2, insbesondere als Unterlassen von Wettbewerb3; nicht: Einschrnkung einer Ttigkeit im ffentlichen Interesse (Rz. 2.15); – Zustimmung des Mieters zur vorzeitigen Vertragsauflsung (Rz. 2.24 f.); der Verzicht auf vertragliche Ansprche bzw. der Rechtsverzicht u. . ist hingegen regelmßig keine Leistung (Rz. 2.22). b) sonstige Leistungen in Gestalt des Duldens der Handlung eines anderen oder eines Zustandes: – Lizenzgewhrung, Einrumung eines Nutzungs- oder Verwertungsrechts (Verzicht auf die Wahrnehmung eines Patents, Urheber- o. . Rechts)4; – Dulden der Nutzung einer Sache durch einen anderen, insbesondere in Gestalt der – Vermietung oder Verpachtung, – Duldung der Alleinnutzung durch einen Miteigentmer oder – Duldung der Nutzung eines Grundstcks auf der Grundlage eines dinglichen Rechts (Grunddienstbarkeit5, Nießbrauch, Erbbaurecht6 o. ); – Dulden einer rechtswidrigen Beeintrchtigung (Verzicht auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs wegen Lrm-, Schadstoff- u. . Immissionen, wegen Grenzverletzungen usw.). 1 Statt dessen spricht Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL flschlich von der „Verpflichtung“, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden. Das Eingehen einer derartigen Verpflichtung verschafft noch keinen geldwerten Vorteil, sondern erst die Erfllung der Verpflichtung, indem die Handlung unterlassen wird bzw. die Handlung des anderen oder der angesprochene Zustand geduldet wird. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 2004, 854 (Verzicht auf Fortfhrung einer Testamentsvollstreckerttigkeit). 3 Vgl. BFH, BStBl. II 2004, 472 (Unterlassen von Wettbewerb durch ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschftsfhrer). 4 Ferner bertragung eines Emissionsrechts, vgl. BMF, BStBl. I 2005, 494, Tz. 5. 5 Beispiel: Dulden einer Hochspannungs-, Gas- o. . Leitung auf dem Grundstck; vgl. BFH, UR 2005, 157 = BFH/NV 2005, 483. 6 Die sonstige Leistung liegt nicht schon in der Bestellung dieser dinglichen Rechte (so aber fehlerhaft § 9 Abs. 2 UStG fr das Erbbaurecht), sondern erst in der tatschlichen Duldung der Nutzung als Dauerleistung (Rz. 10.95).

197

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

7.57

Wird bei einer Leistung Verfgungsmacht an einem Gegenstand verschafft, so ist diese fr die umsatzsteuerrechtliche Einordnung der Leistung ohne Bedeutung, wenn der wirtschaftliche Gehalt der Leistung nicht auf die Lieferung des Gegenstandes, sondern auf eine Dienstleistung gerichtet ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gegenstand lediglich das Ergebnis der Dienstleistung (oder eines Teiles davon) verkrpert (Rz. 58) oder nur den Anspruch auf die Dienstleistung dokumentiert und ggf. dessen bertragung ermglicht. Maßgebend ist die Verkehrsauffassung. Beispiele: – Die Fertigung einer Fotokopie von einer Vorlage ist eine sonstige Leistung, da das zugleich gelieferte Papier nur Trger des Dienstleistungsergebnisses Kopieren ist.1 Hingegen liegt eine Lieferung vor, wenn nicht nur Kopien, sondern daraus anschließend eine Broschre oder ein Buch (z. B. Dissertation) gefertigt wird.2 – Die Ausgabe eines Berechtigungsscheines, Inhaberpapieres o. . (Fahrkarte, Flugschein usw.) stellt keine Lieferung dar; das Papier verkrpert (dokumentiert) vielmehr den Anspruch auf Erbringung der verbrieften Dienstleistung und ermglicht in bestimmten Fllen auch dessen bertragung auf einen Dritten. Die bertragung des Inhaberpapieres (z. B. einer Eintrittskarte) ist deshalb ebenfalls eine sonstige Leistung.3 – Der Knstler, der ein Bild malt, erbringt nach der Verkehrsauffassung keine Dienstleistung, so daß das fertige Bild nicht das Ergebnis einer solchen, sondern eine Lieferung ist, da es dem Auftraggeber nur auf das Werk als solches ankommt.

7.58

Werden geistige Schpfungen, knstlerische, unterhaltende u. . Darbietungen auf einem krperlichen Medium (Papier, Buch, Diskette, CD, DVD u. .) gespeichert, so ist zu unterscheiden zwischen einer speziell (individuell) fr den jeweiligen Leistungsempfnger auf dessen Auftrag hin erbrachten Leistung und Leistungen in Gestalt der Verußerung von Kopien einer gespeicherten Schpfung bzw. Darbietung. Nur ersterenfalls liegt eine sonstige Leistung vor, deren Ergebnis lediglich auf einem Gegenstand gespeichert ist.4 Hingegen handelt es sich bei der Verußerung von Vervielfltigungen, die auf einem krperlichen Medium gespeichert sind und zu einer zeitlich unbegrenzten Nutzung berechtigen, nach der Verkehrsauffassung um Lieferungen, weil diese Vervielfltigungen im Wirtschaftsleben wie Waren gehandelt werden. Beispiele: (1) Bei der bergabe eines Gutachtens, einer Konstruktionszeichnung usw. auf Papier ist Gegenstand (Inhalt) der Leistung nicht die Lieferung des Papiers, sondern die Gutachtenerstellung, die Konstruktionszeichnung usw. als geistige Dienstleistung, deren Ergebnis lediglich auf Papier festgehalten ist.5 (2) Die speziell fr einen Auftraggeber entwickelte, auf einer CD o. . gespeicherte (Individual-)Software ist das Ergebnis einer sonstigen Leistung; hingegen wird die Ver1 2 3 4 5

BFH BStBl. 1992 II, 313. BFH BStBl. 1992 II, 449. FG Rh-Pfalz, EFG 2002, 720. Vgl. BFH, BStBl. II 1974, 261. BFH, BStBl. III 1956, 198.

198

III. Sonstige Leistung ußerung von sog. Standard-Software, die auf einem krperlichen Medium gespeichert ist, wie die Verußerung von Bchern von der Verkehrsauffassung als die Lieferung von Gegenstnden (Waren) angesehen.1 Hingegen handelt es sich bei der berspielung von Software auf elektronischem Wege (insbesondere ber das Internet) stets um sonstige Leistungen.

2. Fiktionen sonstiger Leistungen a) Bei Urhebern und Verwertungsgesellschaften Bei der sog. Bibliotheksabgabe (§ 27 UrhG) und der sog. Leerkassettenabgabe (§ 54 UrhG), die von Verwertungsgesellschaften in Wahrnehmung der Rechte der Urheber erhoben werden, wird – hnlich wie bei der sog. Dienstleistungskommission (Rz. 61 ff.) – jeweils fingiert, daß die Verwertungsgesellschaften gegenber den abgabepflichtigen Nutzern bzw. Herstellern sonstige Leistungen und gleichzeitig die Urheber gegenber den Verwertungsgesellschaften sonstige Leistungen erbringen (§ 3 Abs. 9 Satz 3 UStG).2

7.59

b) Sog. Umtauschmllerei berlßt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstandes bergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstandes einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchen Stoffen herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung3, wenn das Entgelt (richtig: die Gegenleistung) fr die Leistung nach Art eines Werklohns4 unabhngig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des berlassenen Gegenstandes berechnet wird (§ 3 Abs. 10 UStG). Die Vorschrift qualifiziert einen Tauschvorgang mit Zuzahlung, der nach den allgemeinen Regeln (s. Rz. 3.11) anzunehmen wre, wenn es die Vorschrift nicht gbe5, entsprechend dem wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs in eine sonstige Leistung (Be- oder Verarbeitung eines Gegenstandes) um. Praktische Bedeutung hat die Regelung nur in den Fllen, in denen der Auftraggeber nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, wie insbesondere bei Landwirten, die unter § 24 Abs. 1 UStG (Rz. 17.44 ff.) fallen. 1 Vgl. BFH, BStBl. 1997, 372; Abschn. 25 Abs. 2 Nr. 7, 39 Abs. 15 UStR 2005; H.-F. Lange, UR 2000, 409, 412; aA. Nieskens in R/D, § 3 Anm. 590 („Datenverarbeitung“). 2 Dazu nher Birkenfeld, § 66 Rz. 111 ff.; Rabe, UR 1993, 186. 3 Die Vorschrift des § 3 Abs. 10 UStG enthlt nicht etwa die Definition der Werkleistung ieS., nmlich einer gemischten Leistung, bei der das Dienstleistungselement berwiegt (so aber wohl Martin in S/R, § 3 Rz. 33), sondern fingiert lediglich eine Werkleistung iwS, nmlich iS des zivirechtlichen Werkvertrages (§ 631 BGB). Der Begriff der Werkleistung ieS. ergibt sich vielmehr im Umkehrschluß aus § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG (Rz. 81). 4 Dazu BFH, UR 1990, 217 m. Anm. Weiß. 5 Es handelt sich deshalb um eine Fiktion, BFH, BStBl. III 1967, 235; aA. Martin in S/R, § 3 Rz. 705.

199

7.60

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung Beispiel:1 Ein Landwirt bringt zu einem Mhlenbetrieb Weizen und erhlt gegen Bezahlung eines Mahllohnes eine der angelieferten Weizenmenge entsprechende Menge Weizenmehl aus fremdem Weizen. Gbe es die Vorschrift nicht, so mßte von zwei Umstzen ausgegangen werden: Der Lieferung des Landwirtes und seiner Zahlung des Mahllohnes stnde die Lieferung des Weizenmehls gegenber (Tausch mit Zuzahlung). Statt dessen wird der Vorgang auf seinen wirtschaftlichen Gehalt reduziert und so gewertet, wie wenn der Landwirt seinen Weizen zum Mahlen gebracht und der Mhlenbetrieb eine Dienstleistung ausgefhrt htte.

c) Sog. Dienstleistungskommission 7.61

Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch fr fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG).2 Diese Regelung dehnt den Gedanken, der § 3 Abs. 3 UStG fr die Lieferungskommission (Rz. 46 ff.) zugrunde liegt, auf die Zwischenschaltung eines Geschftsbesorgers (sog. Dienstleistungskommissionrs) bei der „Erbringung“ von sonstigen Leistungen gegenber Dritten (sog. Dienstleistungsverkaufskommission) bzw. bei der „Erbringung“ von sonstigen Leistungen durch Dritte (Bezug von Leistungen, sog. Dienstleistungseinkaufskommision)3 aus.

7.62

Die Vorschrift greift nur ein, wenn die eingeschaltete Person im eigenen Namen – d. h. nicht nur als Vertreter eines der Beteiligten beim Vertragsabschluß – auftritt, nmlich als Vertragspartner des Dritten diesem gegenber die Leistung ausfhrt bzw. sie von diesem bezieht. Auch der Vermittler (Makler) wird folglich nicht erfaßt, da er lediglich die Beteiligten einer sonstigen Leistung zusammenfhrt, aber nicht in die Erbringung dieser Leistung eingeschaltet ist. Die eingeschaltete Person muß ferner auf fremde Rechnung ttig werden, d. h. nach dem zugrunde liegenden Vertragsverhltnis mit dem Auftraggeber nach der Dienstleistungsausfhrung zur Herausgabe des Erlangten (abzglich der Provision) verpflichtet sein bzw. beim Bezug einer Dienstleistung einen Aufwendungsersatzanspruch haben. Zivilrechtlich erbringt die eingeschaltete Person mithin gegenber seinem Auftraggeber eine Geschftsbesorgung (§ 675 iVm. §§ 667, 670 BGB). Nicht unter § 3 Abs. 11 UStG fllt die Einschaltung eines Subunternehmers durch einen Auftragnehmer, weil dieser die Leistung selbst schuldet und sie deshalb durch den Dritten auf eigene Rechnung erbringen lßt.

1 Zu weiteren Beispielen s. Birkenfeld, § 68. 2 Ab 2004 geltende Fassung, die Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL umsetzt. 3 Bis 2003 wurde nur diese Konstellation von § 3 Abs. 11 UStG aF. erfaßt. Gleichwohl hatte der BFH unter Mißachtung der nach Art. 20 Abs. 3 GG bestehenden Gesetzesbindung entschieden, daß entgegen dem klaren Wortlaut der Vorschrift („besorgte Leistung“ und „Besorgungsleistung“) auch der Dienstleistungsverkauf darunter fallen sollte; BFH, UR 2000, 377 = BFH/NV 2000, 1318; UR 2002, 600 = BFH/NV 2002, 1686; BFH/NV 2003, 517.

200

III. Sonstige Leistung

§ 3 Abs. 11 UStG bewirkt, daß beim Dienstleistungseinkauf die Geschftsbesorgungsleistung umsatzsteuerrechtlich nicht als solche, sondern von der Art her wie die eingekaufte Dienstleistung behandelt wird („gilt die Leistung als an ihn und von ihm erbracht“). Das ist insbesondere von Bedeutung fr die Bestimmung des Ortes und fhrt ebenfalls dazu, daß eine fr die eingekaufte Dienstleistung geltende Steuerbefreiung auch die fiktive Dienstleistung der eingeschalteten Person (Dienstleistungskommissionr) erfaßt.1 Aus der Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG folgt ferner, daß die Gegenleistung fr die sonstige Leistung des Geschftsbesorgers wie bei der Einkaufskommission iS des § 3 Abs. 3 UStG (Rz. 48, 50) nicht nur seine Vergtung darstellt, sondern auch den Aufwendungsersatz (Bezahlung des Dritten) umfaßt.

7.63

Beispiel: Der in den Niederlanden ansssige Spediteur (S) hat fr seinen Auftraggeber A die Befrderung von Waren aus Deutschland a) in die Schweiz, b) nach Belgien zu besorgen. Er erteilt im eigenen Namen dem Frachtfhrer F den Auftrag, die Befrderung durchzufhren. F erbringt eine Befrderungsleistung gegenber dem S, deren Ort sich im Falle a nach § 3b Abs. 1 UStG (Rz. 8.129) und im Falle b nach § 3b Abs. 3 UStG bestimmt (Rz. 8.130). Da diese Befrderungsleistung des F gegenber S gem. § 3 Abs. 11 UStG zugleich auch als von S gegenber A erbracht gilt, richtet sich der Ort der sonstigen Leistung des S nicht nach § 3a Abs. 1 UStG (Rz. 8.139), sondern ebenfalls nach § 3b Abs. 1 bzw. Abs. 3 UStG. Im Falle b ist nicht nur die Befrderungsleistung des F nach § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG (grenzberschreitende Befrderung eines Gegenstandes der Ausfuhr), sondern wegen § 3 Abs. 11 UStG auch die Besorgungsleistung des S steuerfrei.

Beim sog. Dienstleistungsverkauf bewirkt § 3 Abs. 11 UStG, daß die Leistungsrichtung bei der sonstigen Leistung zwischen der eingeschalteten Person und ihrem Auftraggeber umgekehrt wird. Zivilrechtlich erbringt der sog. Leistungskommissionr eine Dienstleistung gegenber seinem Auftraggeber, umsatzsteuerrechtlich wird er statt dessen so behandelt, als htte er die Dienstleistung, die er im eigenen Namen gegenber Dritten erbringt, eine logische Sekunde zuvor von seinem Auftraggeber erhalten („gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht“). Die Fiktion gilt nur fr die Leistung, nicht fr personenbezogene Merkmale der an der Leistungserbringung Beteiligten. § 3 Abs. 11 UStG bewirkt ferner wie § 3 Abs. 3 UStG (Rz. 49), daß der Betrag, den der Leistungskommissionr an seinen Auftraggeber auskehrt, als Gegenleistung fr die fiktive sonstige Leistung anzusehen ist.

1 Personenbezogene Merkmale der Beteiligten werden von der Fiktion nicht betroffen; Abschn. 32 Abs. 3 UStR 2005.

201

7.64

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung Beispiele:

7.65

(1) T legt als Treuhnder gegen Provision fremde Gelder im eigenen Namen bei inlndischen Banken an.1 T erbringt, da er die Gelder im eigenen Namen anlegt, gegenber den Banken Umstze in Gestalt der Kreditgewhrung, die steuerfrei sind (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG). Die Geschftsbesorgung des T gegenber seinen Auftraggebern wird nach § 3 Abs. 11 UStG umsatzsteuerrechtlich ignoriert; statt dessen werden sonstige Leistungen der Auftraggeber in Gestalt von Kreditgewhrungen an T fingiert, die ebenfalls steuerfrei sind (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG). T muß folglich seine Provision nicht der Umsatzsteuer unterwerfen.

7.66

(2) Der in Irland ansssige Software-Anbieter A „beliefert“ Kunden ber das Internet in der Weise, daß er den in Deutschland ansssigen „Zwischenhndler“ Z einschaltet, der die von A bezogene Software gegen Provision im eigenen Namen an innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft ansssige Privatpersonen berspielt. Bei der „Lieferung“ von Software ber das Internet handelt es sich um eine sonstige Leistung (Rz. 58 Beisp. 2). A erbringt auf Grund der Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG derartige sonstige Leistungen gegenber Z, deren Ort sich nach § 3a Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 4 Nr. 14 UStG in Deutschland befindet. Die von Z berwiesenen Betrge bilden die Gegenleistung fr die von A erbrachten fiktiven sonstigen Leistungen.2 Z erbringt entsprechende Dienstleistungen gegenber seinen Kunden. Der Ort ist je nach Ansssigkeit der Kunden in Deutschland (§ 3a Abs. 1 UStG, Rz. 8.139) oder außerhalb des Gemeinschaftsgebiets (§ 3a Abs. 3 Satz 3 UStG).

7.67

(3) Ferienwohnungseigentmer E beauftragt die V-GmbH, seine Wohnung im eigenen Namen an Feriengste zu vermieten.3 V erhlt eine Provision. Die jeweils kurzfristige Vermietung durch V an Feriengste ist steuerpflichtig nach § 4 Nr. 12 Satz 2 Alt. 1 UStG. Die von § 3 Abs. 11 UStG fingierte Vermietung bewirkt, daß E als Unternehmer anzusehen ist. Diese Vermietung ist zwar nicht steuerpflichtig nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG.4 E kann jedoch auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 iVm. Abs. 2 UStG verzichten, so daß E zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der die Wohnung betreffenden Leistungen ist.

7.68

Bei der berlassung von Gegenstnden an Dritte hat die eingeschaltete Person die Funktion eines Treuhnders. Aus § 3 Abs. 11 nF. iVm. Abs. 3 UStG folgt nunmehr (seit 2004)5 der allgemeine Grundsatz, daß beim Treuhandverhltnis auf das Außenverhltnis abzustellen ist und jeweils Umstze zwischen Treugeber und Treuhnder und zwischen Treuhnder und Dritten anzunehmen sind (s. auch Rz. 25 aE.) und nicht, wie es dem wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs entsprche, von einem direkten Umsatz zwischen Treugeber und Dritten auszugehen ist.

1 Fall nach BFH, UR 2002, 268 = BFH/NV 2002, 883; vgl. auch BFH/NV 2003, 517; Abschn. 32 Abs. 6 Beisp. 4 UStR 2005. 2 Schuldner der Umsatzsteuer ist allerdings der Z nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (Rz. 13.4). 3 Fall nach BFH, UR 2002, 600 = BStBl. II 2004, 320; s. Abschn. 32 Abs. 6, Beisp. 3–5 UStR 2005. 4 AA. Abschn. 32 Abs. 6, Beisp. 3 UStR 2005. 5 Vgl. Rz. 61 Fn.

202

IV. Einheitlichkeit der Leistung

IV. Einheitlichkeit der Leistung 1. Verbot der Aufteilung einer einheitlichen Leistung Ein aus mehreren Leistungselementen bestehendes, aber wirtschaftlich als einheitliche Leistung anzusehendes Leistungsbndel darf grundstzlich nicht knstlich in einzelne Leistungen zerlegt werden. Sie ist vielmehr regelmßig hinsichtlich der Steuerbarkeit, der Steuerpflicht und des Steuersatzes einheitlich zu behandeln.1 Maßgebend fr die Frage, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, oder ob mehrere selbstndige Leistungen anzunehmen sind, ist die Verkehrsauffassung im Einzelfall.2 Die Vereinbarung eines Gesamtpreises ist lediglich ein Indiz fr eine einheitliche Leistung.3 Besteht das Leistungsbndel aus Dienstleistungs- und Lieferungselementen und werden gelieferte Gegenstnde gesondert berechnet, so ist nicht von einer einheitlichen Leistung auszugehen, da die Annahme einer einheitlichen Leistung dann geknstelt wre (Rz. 77).

7.69

Beispiele:

7.70

(1) Die Lieferung eines reetdachgedeckten Hauses kann nicht in eine zu 16 % steuerpflichtige Lieferung des Hauses ohne Dach und eine weitere Lieferung des Reetdaches zu 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG iVm. Nr. 9 der Anlage) aufgeteilt werden. (2) Die stundenweise berlassung einer Sportanlage ist nicht aufzuteilen in eine (steuerfreie) Vermietung des Grundstcks bzw. Gebudes und in (steuerpflichtige) weitere Leistungen, sondern ist als einheitliche (steuerpflichtige) gemischte Dienstleistung anzusehen4 (vgl. auch Rz. 10.108). (3) Eine Grabpflegeleistung ist eine einheitliche sonstige Leistung und nicht aufzuteilen in eine Dienstleistung und eine Lieferung von Blumen u. . (zum ermßigten Steuersatz).5

Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich das aus einer speziellen gesetzlichen Regelung ergibt. Beispiele: – Bei einer grenzberschreitenden Befrderung ist nur der auf das Inland entfallende Teil der Befrderungsleistung steuerbar (§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG); – bei der Lieferung oder Entnahme eines nur z. T. dem Unternehmen zugeordneten Grundstcks ist auch nur der entsprechende Teil der Lieferung steuerbar (Rz. 6.13); – bei Verußerung eines Grundstcks mit sog. Betriebsvorrichtungen gilt die Steuerbefreiung nicht fr den Teil des Umsatzes, der auf letztere entfllt (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, Rz. 10.99); zur entsprechenden Fragestellung bei der Vermietung s. Rz. 10.118 f.); – teilweiser Verzicht nach § 9 Abs. 1 oder 2 UStG (dazu 11.145 f., 11.151). 1 Zur Behandlung von Reiseleistungen s. Rz. 17.73. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 1999, I-973 = UR 1999, 254, Tz. 29 (Sicht des „Durchschnittsverbrauchers“); BFH, BStBl. II 2001, 658, 660. 3 Vgl. EuGH, EuGHE 1999, I-973 = UR 1999, 254, Tz. 31. 4 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-493 = UR 2001, 153; BFH, BStBl. II 2001, 658. 5 BFH, UR 2001, 446 = BStBl. II 2003, 810; BFH/NV 2004, 1677.

203

7.71

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

7.72

Keine einheitliche Leistung kommt in Betracht, wenn mehrere Unternehmer ttig werden, auch wenn diese Leistungen sich ergnzen oder sogar gegenseitig bedingen.1 2. Primat der Hauptleistung

7.73

Der Gedanke der Einheitlichkeit der Leistung greift auch hinsichtlich der Nebenleistungen. Eine Lieferung unterliegt nur dann den Regeln ber Lieferungen, wenn sie eine selbstndige Leistung ist, d. h. nicht als unselbstndige Nebenleistung zu einer sonstigen Leistung anzusehen ist und das Schicksal der Hauptleistung teilt. Entsprechendes gilt fr eine sonstige Leistung; auch sie ist nur als solche zu behandeln, wenn sie nicht unselbstndige Nebenleistung einer Lieferung ist. Eine Nebenleistung liegt vor, wenn sie fr den Leistungsempfnger keinen eigenen Zweck hat, sondern lediglich das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter „optimalen“ Bedingungen in Anspruch zu nehmen.2 Maßgebend ist die Verkehrsauffassung im Einzelfall; die Vereinbarung eines Gesamtpreises ist lediglich ein Indiz fr das Vorliegen einer unselbstndigen Nebenleistung (zu gemischten Leistungen s. Rz. 76 f.). Andererseits liegt regelmßig keine Nebenleistung vor, wenn die Gegenleistung besonders berechnet wird, weil dann eine eigenstndige Leistung vorliegt3, die auch separat oder von Dritten erbracht werden knnte.

7.74

(a) Nebenleistungen sind z. B. – beim Kfz.-lwechsel das Ablassen und Entsorgen des Altls4; – bei einer Seebestattung die notwendige Befrderung der Urnen und der Trauergste5; – bei einer Lieferung die Befrderung oder der Versand des Gegenstandes zum Empfnger6 sowie die Versicherung7 des Gegenstandes (arg. Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. b Satz 2 der 6. EG-RL); das gilt m. E. jedoch nur, wenn die Gegenleistung dafr nicht besonders berechnet wird.8

7.75

(b) Keine Nebenleistungen, sondern als eigenstndige Leistungen zu behandeln sind z. B. – die Verschaffung einer Reparaturkostenversicherung gegen Aufpreis durch den Hndler bei einer Neu- oder Gebrauchtwagenlieferung9; 1 Anders kann es im Grunderwerbsteuerrecht sein; vgl. BFH, BStBl. II 1993, 197; 1995, 331 mwN. (ferner Rz. 10.96). 2 So EuGH, EuGHE 1999, I-973 = UR 1999, 254, Tz. 30; EuGH, EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346, Tz. 20; BFH, BFH/NV 2002, 1622 = UR 2003, 23; BFH/NV 2003, 734 = UR 2003, 247. 3 Vgl. auch Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. b Satz 2 der 6. EG-RL. 4 BFH, BStBl. II 2000, 15; zum lwechsel bei einer Kfz.-Inspektion s. Rz 77. 5 BFH, UR 1995, 305. 6 Vgl. BFH, BStBl. III 1965, 497; EuGH, EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346, Tz. 21. 7 Die Verschaffung von Versicherungsschutz ist ansonsten steuerfrei (§ 4 Nr. 10 Buchst. b UStG). 8 AA. Doralt/Ruppe, Rz. 1250. 9 BFH, BFH/NV 2003, 130 = UR 2003, 21; BStBl. II 2003, 445.

204

IV. Einheitlichkeit der Leistung – die Kreditgewhrung durch den Warenlieferanten1 oder Dienstleistungen in Gestalt der Stundung der Forderung auf die Gegenleistung2; – der Getrnkelieferung in Filmtheatern3 und Restaurationsleistungen bei Kabarettvorstellungen4.

3. Gemischte Leistungen a) Grundsatz Enthlt eine wirtschaftlich als Einheit zu sehende Leistung (Rz. 69) Dienstleistungs- und Lieferungselemente, die nicht im Verhltnis von Haupt- und Nebenleistung (Rz. 73) zueinander stehen, so ist die einheitliche Leistung entweder Lieferung oder sonstige Leistung. Die Abgrenzung richtet sich danach, ob nach der Verkehrsauffassung das Lieferungselement oder das Dienstleistungselement im Vordergrund steht (berwiegt), d. h. den wirtschaftlichen Gehalt (das Wesen) der Leistung ausmacht.5

7.76

Beispiele: (1) Bei einer Angelerlaubnis in Verbindung mit der Lieferung lebender Fische handelt es sich um eine einheitliche Leistung, die als sonstige Leistung zu werten ist, weil das Dienstleistungselement das Wesen der Leistung ausmacht.6 (2) Bei einer Grabpflegeleistung berwiegt das Dienstleistungselement gegenber der Lieferung der dabei verwendeten Pflanzen.7

Werden die gelieferten Gegenstnde gesondert berechnet, so ist nicht von einer einheitlichen Leistung (Rz. 69) auszugehen; vielmehr sind die Dienstleistung und die Lieferungen als selbstndige Leistungen getrennt zu betrachten.8 Das Zusammenzwngen zu einer einheitlichen Leistung ist geknstelt, da sich dessen Wesen nicht bestimmen lßt und die gelieferten Gegenstnde auch vom Auftraggeber htten gestellt werden knnen. Beispiel: Die Kfz.-Inspektion mit lwechsel, Filterwechsel, Austausch der Zndkerzen usw. soll nach Auffassung des BFH eine einheitliche sonstige Leistung darstellen, die nicht in eine Dienstleistung und eine Lieferung von l und Zndkerzen aufzuteilen sei.9 Wer1 Vgl. BFH, BStBl. II 1981, 197; UR 1989, 156, 157; EuGH, EuGHE 1993, I-5405 = UR 1994, 73. 2 Die Eigenstndigkeit dieser Leistung hngt nicht etwa davon ab, daß der Jahreszins in der Vereinbarung ber die Stundung genannt ist; so aber Abschn. 29a Abs. 2 Nr. 2 UStR 2005; Philipowski in R/D, § 4 Nr. 8 Anm. 67. 3 BFH, UR 1996, 63. 4 BFH, UR 1998, 422. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-4049 = UR 2001, 293, Rz. 62; BFH, UR 2003, 143 mwN. 6 BFH, UR 2003, 23 = BFH/NV 2002, 1622. 7 BFH, UR 2001, 447 = BStBl. II 2003, 810; BFH/NV 2004, 1677. 8 Vgl. BFH, UR 2003, 143 = BStBl. II 2004, 470 (getrennte Abrechnung einer ermßigt besteuerten Saatgutlieferung und einer regelbesteuerten Einsaatleistung). 9 Vgl. BFH, BStBl. II 2000, 14; BFH, UR 2002, 123 (125, Tz. 3c,bb).

205

7.77

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung den diese Gegenstnde, wie blich, gesondert berechnet, so liegen jedoch richtigerweise separate Lieferungen vor.

b) Restaurationsumstze 7.78

Die Abgabe von Speisen und Getrnken zum Verzehr an Ort und Stelle ist nach § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG als eine sonstige Leistung anzusehen. Das Gesetz folgt damit der Auffassung des EuGH, der von einer gemischten Leistung ausgeht, bei der das Dienstleistungselement „bei weitem“ berwiege, und damit die frhere deutsche Sichtweise, wonach eine Lieferung mit Bedienungselementen als Nebenleistung vorliege1, verworfen hat.2

7.79

Speisen und Getrnke werden zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben, wenn sie nach den Umstnden der Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Abgabeort in einem rumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen fr den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden (§ 3 Abs. 9 Satz 5 UStG).3 Diese Umschreibung4 entspricht nicht der o. g. EuGH-Entscheidung. Sie erfaßt zwar die typischen Bewirtungsumstze in Gaststtten, Restaurants und Hotels, bercksichtigt aber fr die brigen Abgrenzungsflle nicht, daß es auf das Gewicht der Dienstleistungselemente ankommt. Maßgebend ist, ob Dienstleistungen, welche der Gesamtleistung das Geprge geben5, nicht nur bei der Zubereitung, sondern auch bei der Darreichung zum sofortigen Verzehr vorliegen.6 Ist danach eine sonstige Leistung zu verneinen, so handelt es sich um eine Lieferung von Nahrungsmitteln zum Mitnehmen, die dem ermßigten Steuersatz unterliegen kann (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG iVm. Anlage 2; Rz 11.65). c) Werklieferung – Werkleistung

7.80

Fr die Be- oder Verarbeitung eines fremden Gegenstandes, bei der der Unternehmer selbst beschaffte Stoffe „verwendet“, enthlt § 3 Abs. 4 UStG eine ausdrckliche Regelung. Mit „Verwendung“ ist gemeint, daß die „verwendeten“ Stoffe mit dem be- oder verarbeiteten Gegenstand verbunden werden und damit dem Auftraggeber geliefert werden. Es liegt grundstzlich (Ausnahme Rz. 84) eine gemischte Leistung mit Dienstleistungs- und Lieferungselementen vor.

1 2 3 4

BFH, UR 1993, 476. EuGH, EuGHE 1996, I-2395 = UR 1996, 220 = BStBl. II 1998, 282. Dazu Abschn. 25a Abs. 2 ff. UStR 2005. Welche 1998 wortwrtlich aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 UStG aF. bernommen worden ist. 5 BFH, BStBl. II 2000, 482 (offengelassen fr Bratwurststand). 6 Zu den Abgrenzungsfragen im Einzelnen Birkenfeld, § 66 Rz. 169 ff.; Martin in S/R, § 3 Rz. 544 ff.; Abschn. 25a Abs. 4 UStR 2005 (zum sog. Catering und zum sog. Partyservice).

206

IV. Einheitlichkeit der Leistung Beispiel: Beim Verzinken fremder Eisengegenstnde wird vom Unternehmer eigenes Zink verwendet. Das Eigentum an dem Zink geht auf den Auftraggeber ber, so daß das Zink, isoliert gesehen, geliefert wird. Der Verzinkungsvorgang als solcher ist eine Dienstleistung.

Die Einordnung der Leistung hat gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG danach zu erfolgen, ob diese Stoffe „nur Zutaten oder sonstige Nebensachen“1 darstellen, oder ob auch Hauptstoffe verwendet werden. Ist letzteres der Fall, dann soll eine Lieferung (Werklieferung) vorliegen. Stellen die verwendeten Stoffe hingegen nur Nebensachen dar, so handelt es sich um eine sonstige Leistung. Diese wird blicherweise Werkleistung genannt.2

7.81

Die Kriterien „Hauptstoffe“ und „Nebensachen“ sind zur Abgrenzung nur dann geeignet, wenn sie in der Weise interpretiert werden, daß es auf das Gewicht der Dienstleistung beim Be- oder Verarbeitungsvorgang ankommt. Verfehlt ist deshalb die h. M. die es – was der Wortlaut des § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG allerdings zulßt – fr die Annahme einer Werklieferung ausreichen lßt, daß der Unternehmer nur einen von mehreren Hauptstoffen und der Auftraggeber die brigen Hauptstoffe stellt.3 Das widerspricht schon der Verkehrsauffassung und ist auch nicht mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz zur Beurteilung gemischter Leistungen zu vereinbaren.4 Die Einordnung der Leistung richtet sich mithin danach, ob das Lieferungselement oder das Dienstleistungselement im Vordergrund steht (berwiegt), d. h. den wirtschaftlichen Gehalt (das Wesen) der gemischten Leistung ausmacht (Rz. 76). § 3 Abs. 4 UStG ist deshalb richtlinienkonform in der Weise zu interpretieren, daß die „Verwendung“ von Gegenstnden als die Lieferung von „Nebensachen“ anzusehen ist, wenn die Stofflieferung gegenber der Bedeutung der Dienstleistung zurcktritt, so daß eine sonstige Leistung (Werkleistung) vorliegt. Umgekehrt ist von einer Lieferung auszugehen, wenn der wirtschaftliche Gehalt (Kern) der Leistung in der Verschaffung der Verfgungsmacht an den Gegenstnden liegt und das Dienstleistungselement zurcktritt.

7.82

Die Abgrenzung kann allerdings in den meisten Fllen dahinstehen, weil die Rechtsfolgen bei der berwiegenden Zahl der Sachverhalte sowohl bei der

7.83

1 Diese Formulierung geht zurck auf § 651 Abs. 2 BGB aF., der bestimmte, daß auf die Herstellung eines Werkes, bei dem sich der Unternehmer nur zur „Beschaffung von Zutaten oder sonstigen Nebensachen“ verpflichtet hat, reines Werkvertragsrecht anzuwenden war. Die Neufassung des § 651 BGB enthlt diese Aussage nicht mehr. 2 Prziser mßte es heißen „Werkleistungen im engeren Sinne“, denn eine Vielzahl anderer sonstiger Leistungen stellt auch Werkleistungen dar, denn sie werden ebenfalls auf Grund eines Werkvertrages (§ 631 BGB) erbracht, wenn ein Erfolg und nicht nur Dienste (§ 611 BGB) geschuldet werden (vgl. auch Rz. 60 Fn.). 3 So BFH, BStBl. II 1971, 355; Abschn. 27 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005; Birkenfeld, § 59 Rz. 824; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.4.1 (S. 63); Nieskens in R/D, § 3 Anm. 2641; Leonard in B/G, § 3 Rz. 57; Jakob, Rz. 296; Lippross, 2. 5. 1. 2 (S. 223). 4 Martin in S/R, § 3 Rz. 436.

207

Kap. 7 Lieferung – sonstige Leistung

Annahme einer Werklieferung als auch einer Werkleistung im Ergebnis gleich sind: – Bei Arbeiten an einem Grundstck oder Gebude ist der Ort der Leistung sowohl bei Annahme einer Werklieferung als auch im Falle einer Werkleistung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (Rz. 8.35) bzw. nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 8.52 ff.) dort, wo das Grundstck belegen ist. – Bei der Bearbeitung oder Verarbeitung eines beweglichen Gegenstandes, der im Inland verbleibt, ist der Ort in beiden Fllen nach § 3 Abs. 6 Satz 1 oder Abs. 7 Satz 1 UStG bzw. nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG (Rz. 8.62 ff.) im Inland. – Ist der leistende Unternehmer nicht im Inland ansssig, so kommt es fr die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ebenfalls nicht auf die Abgrenzung an (Rz. 13.6; s. aber Rz. 7.86). – Gelangt der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand anschließend in einen anderen Mitgliedstaat und hat der Auftraggeber eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet, so wird der Umsatz in beiden Fllen nicht im Inland besteuert. Handelt es sich um eine Werklieferung, so ist diese nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 1 UStG steuerfrei (Rz. 10.25 ff.). Handelt es sich um eine Werkleistung, so ist deren Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG im anderen Mitgliedstaat (Rz. 8.66 ff.). – Gelangt der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand vom brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland und hat der Auftraggeber eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, so wird der Umsatz in beiden Fllen im Inland besteuert. Handelt es sich um eine Werklieferung, so hat der Auftraggeber einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG, Rz. 9.14). Handelt es sich um eine Werkleistung, so ist deren Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG im Inland (Rz. 8.66). – Gelangt der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand vom Inland in das Drittlandsgebiet, so ist die Abgrenzung erforderlich, m. E. jedoch nur dann, wenn die „verwendeten“ (gelieferten) Gegenstnde nicht gesondert berechnet werden (Rz. 84). Handelt es sich um eine Werklieferung, so ist diese grundstzlich nach § 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 UStG steuerfrei (Rz. 10.8 ff.), whrend das bei einer Werkleistung nur dann der Fall ist, wenn der be- oder verarbeitete Gegenstand zu diesem Zwecke vom Auftraggeber in das Gemeinschaftsgebiet eingefhrt oder hier erworben wurde (§ 7 Abs. 1 UStG, Rz. 10.50, 10.56).

7.84

Die Abgrenzungsfrage stellt sich m. E. ohnehin dann nicht, wenn die gelieferten („verwendeten“) Gegenstnde und die Dienstleistung gesondert berechnet werden (Rz. 77), wie insbesondere bei Reparaturen. Demgegenber stellt die Finanzverwaltung „aus Vereinfachungsgrnden“ bei diesen darauf ab, ob die Lohn- oder ob die Materialkosten berwiegen.1 Beispiele:

7.85

(1) Der in Norwegen ansssige N muß auf der Rckfahrt aus dem Italienurlaub in Hamburg seinen Pkw reparieren lassen. Die Werkstatt berechnet fr die ausgewechselten Teile 500 Euro und an Lohnkosten (a) 300 Euro (b) 600 Euro. Kann die Werkstatt den Umsatz/die Umstze als steuerfrei behandeln, weil der Wagen anschließend in das Ausland gelangt? 1 Abschn. 144 Abs. 2 UStR 2005.

208

IV. Einheitlichkeit der Leistung Nach Auffassung der Finanzverwaltung, die von einer einheitlichen Leistung ausgeht, kommt die Steuerfreiheit der Auslieferung (§ 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 UStG, Rz. 10.8 und 10.11) in Betracht, wenn eine Werklieferung vorliegt. Handelt es sich hingegen um eine Werkleistung, so kommt keine Steuerbefreiung in Betracht, weil die Voraussetzung des § 7 UStG (Bearbeitung eines in das Gemeinschaftsgebiet eingefhrten oder hier erworbenen Gegenstandes) nicht vorliegt. Die Finanzverwaltung stellt fr die Abgrenzung darauf ab, ob die Lohn- oder die Materialkosten berwiegen. Danach lge im Falle (a) eine steuerfreie Werklieferung (sofern die brigen Voraussetzungen erfllt sind, Rz. 10.24) und im Falle (b) eine steuerpflichtige Werkleistung vor. Die Ergebnisse sind willkrlich. Richtigerweise ist in beiden Fllen von einer gesonderten Lieferung der eingebauten Teile, auf die die Steuerbefreiung nach § 6 UStG angewendet werden kann, und von einer steuerpflichtigen Werkleistung auszugehen. (2) Unternehmer D lßt in seinem Einfamilienhaus in Aachen von dem in Belgien ansssigen Unternehmer B Teppichboden verlegen. B berechnet das Verlegen gesondert. Es liegt keine Werklieferung vor, vielmehr ist von einer Lieferung des Teppichbodens und einer gesonderten Werkleistung in Gestalt des Verlegens auszugehen. D ist folglich Steuerschuldner (§ 13b UStG, Rz. 13.4) nur hinsichtlich der auf die Werkleistung entfallenden Umsatzsteuer.

7.86

§ 3 Abs. 4 Satz 2 UStG stellt klar, daß abweichend von § 946 iVm. § 94 Abs. 1 BGB der Grund und Boden nicht als alleinige Hauptsache gilt, d. h. beim Einbau von Materialien sind diese nicht schon deshalb Nebensache, weil sie wesentliche Bestandteile des Grundstcks werden.1 Entsprechendes hat zu gelten, wenn Gegenstnde mit einem Gebude fest verbunden werden (§ 94 Abs. 2 BGB), welches selbst nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstcks ist (dazu Rz. 38). Die Vorschrift ist jedoch berflssig, weil es auf die Unterscheidung zwischen Hauptstoffen und Nebensachen bei richtlinienkonformer Interpretation nicht ankommt (Rz. 82).

7.87

1 Nach Art. 5 Abs. 5 der 6. EG-RL kann die Erbringung bestimmter Bauleistungen als Lieferung angesehen werden.

209

Kapitel 8 Leistungen im Inland I. Allgemeines 8.1

Die „Steuerbarkeit“ eines Umsatzes verlangt, daß dieser „im Inland“ ausgefhrt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).1 Darin kommt das Gesetzesziel zum Ausdruck, nur den Verbrauch im Inland zu besteuern. Fr die Steuerbarkeit ist – sofern die brigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfllt sind – allein maßgebend, ob der Umsatz im Inland ausgefhrt wird, d. h. ob der Ort der Leistung nach den einschlgigen Bestimmungen im Inland ist.2 Das wird durch § 1 Abs. 2 Satz 3 UStG klargestellt. Danach ist es, wenn der Ort des Umsatzes im Inland ist, dem Gesetzeszweck entsprechend ohne jede Bedeutung, ob der die Leistung erbringende Unternehmer Deutscher ist, seine Ansssigkeit im Inland hat, hier die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfngt.

8.2

Ob eine Leistung im Inland erbracht wird, bestimmt sich nach einem komplizierten Regelwerk ber den Ort der Lieferungen (§ 3 Abs. 5a iVm. Abs. 6–8 und §§ 3c, 3e bis 3g UStG) und den Ort der sonstigen Leistungen (§ 3a UStG iVm. § 1 UStDV, § 3b UStG iVm. §§ 2 ff. UStDV, §§ 3f und 25 Abs. 1 Satz 4 UStG). Auf die Ansssigkeit des die Leistungen erbringenden Unternehmers kommt es dabei regelmßig nicht an. Mit den Regelungen zum Ort der Leistung wird jedoch nicht stets bewirkt, daß dieser sich im Land des (mutmaßlichen) Verbrauchs (Bestimmungsland) befindet. Ist der Ort im Inland, obwohl der Verbrauch im Ausland stattfindet, so wird in bestimmten Fllen, insbesondere bei Exportlieferungen und damit zusammenhngenden Dienstleistungen, die Nichtbesteuerung im Inland erst durch eine Steuerbefreiung hergestellt (Rz. 10.3).

8.3

Bei vollstndiger und zutreffender Umsetzung der Vorgaben der EG-Richtlinie fhren einheitliche Regeln ber den Ort der Lieferungen und sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) dazu, daß – entsprechend ihrem Zweck (arg. Art. 9 Abs. 3 der 6. EG-RL) – Doppelbesteuerungen und Nichtbesteuerungen von Umstzen im Verhltnis der Mitgliedstaaten der EU zueinander vermieden werden. Voraussetzung dafr ist, daß die in der EG-Richtlinie verwendeten Begriffe von den nationalen Regelungen bernommen und von den Mitgliedstaaten einheitlich interpretiert werden. Daraus folgt, daß die Begriffe nicht nach dem nationalen Rechtsverstndnis, sondern gemeinschaftsrechtlich interpretiert werden mssen.

1 Entspricht Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL. 2 Oder nach § 1 Abs. 3 UStG als in diesem ausgefhrt gilt (Rz. 5).

210

III. Ort der Lieferung

II. Inland Der Inlandsbegriff des Umsatzsteuergesetzes entspricht nicht dem staatsrechtlichen Begriff des Inlandes. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG sind bestimmte Gebiete ausgenommen:

8.4

– das Gebiet von Bsingen; – die Insel Helgoland (historisch begrndet); – die Freihfen, nmlich die Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes. Dazu zhlen die in mehreren Seehfen mittels eines zollamtlich berwachten Zaunes abgegrenzten Flchen. Der Umschlag von Waren in diesem Gebiet des Hafens soll nicht mit Umsatzsteuer belastet werden, solange die Waren nicht zum Verbrauch in das Inland gelangen; – die Gewsser und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie (sog. Kstenmeer in der 12-Seemeilenzone); – deutsche Schiffe und deutsche Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehren. Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate gehren selbst bei bestehender Exterritorialitt zum Inland. Das gleiche gilt fr Einrichtungen, die von Truppen anderer Staaten im Inland unterhalten werden.1 Findet in den Freihfen oder im sog. Kstenmeer Letztverbrauch statt, so sind die Umstze als im Inland ausgefhrt zu behandeln (§ 1 Abs. 3 Nr. 1–3, 6 und 7 UStG).2

8.5

III. Ort der Lieferung 1. Vorbemerkungen Der Ort einer Lieferung bestimmt sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e, 3f und 3g UStG nach § 3 Abs. 6 bis 8 (§ 3 Abs. 5a UStG). Die §§ 3c, 3e und 3g UStG enthalten Spezialregelungen und gehen mithin den allgemeinen Bestimmungen des § 3 Abs. 6–8 UStG vor. § 3f UStG regelt den Ort bei unentgeltlichen Leistungen. § 3 Abs. 8 UStG hat nur Bedeutung bei Lieferungen, die aus einem Drittland in das Inland gelangen (Rz. 29). Grundregeln zum Ort der Lieferung sind deshalb nur in § 3 Abs. 6 und 7 UStG enthalten. Whrend die Regelungen zum Ort der sonstigen Leistungen, insbesondere in den Fllen des § 3a Abs. 4 UStG (Rz. 74 ff.) berwiegend bezwecken, daß diese dem Land zugeordnet werden, in dem der mutmaßliche Verbrauch der jeweiligen Dienstleistung stattfindet, ist das bei den Bestimmungen zum Ort der Lieferungen nur beschrnkt der Fall. Insbesondere bei Exportlieferungen, deren Ort nach der Grundregel des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG im Inland liegt, wird das sog. Bestimmungsland-Prinzip erst durch eine Steuerbefreiung verwirklicht (Rz. 10.3, 10.8 ff.).

1 Abschn. 13 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStR 2005. 2 Vgl. Abschn. 14 UStR 2005.

211

8.6

Kap. 8 Leistungen im Inland

2. Befrderungs- und Versendungslieferung a) Grundsatz 8.7

Wird der Gegenstand der Lieferung befrdert oder versendet, so gilt die Lieferung grundstzlich dort als ausgefhrt, wo die Befrderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Dabei kann die Befrderung oder Versendung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten erfolgen (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG).1 Die Vorschrift ist § 447 BGB nachgebildet, wonach grundstzlich die Gefahr bei bergabe an den Beauftragten auf den Kufer bergeht.2 Erfaßt wird jedoch auch der Abholfall3 (der Abnehmer befrdert oder versendet an sich selbst oder an einen Dritten).

8.8

Befrdern ist jede Fortbewegung eines Gegenstandes (§ 3 Abs. 6 Satz 2 UStG). Versenden liegt vor, wenn jemand die Befrderung durch einen selbstndigen Beauftragten ausfhren (d. h. durch einen Frachtfhrer o. .) oder besorgen (d. h. durch einen Spediteur4) lßt.5 Die Versendung beginnt mit der bergabe des Gegenstandes an den Beauftragten (§ 3 Abs. 6 Satz 3 bis 4 UStG).

8.9

Die Regelungen des § 3 Abs. 6 UStG greifen nur dann, wenn der Abnehmer bei Beginn der Befrderung oder bei bergabe an den Beauftragten schon feststeht („an den Abnehmer“), d. h. ein Liefergeschft bereits abgeschlossen ist. Wird Ware in das Ausland verbracht und der Abnehmer erst dort gefunden, so ist der Ort nicht am Beginn der Warenbewegung, sondern erst im Ausland.

8.10

Erforderlich ist ferner, daß der „Gegenstand der Lieferung“ befrdert oder versendet wird. Das ist nicht der Fall, wenn bei einer Werklieferung (Rz. 7.80 ff.) nicht das fertige Werk versendet oder befrdert wird, sondern z. B. nur Einzelteile, die am Bestimmungsort vom Lieferer zusammengebaut werden mssen. Dann bestimmt sich der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG6 (Rz. 35). Entsprechendes gilt, wenn der Gegenstand am Bestimmungsort vom Lieferer (oder durch einen von ihm beauftragten Dritten) einzubauen oder funktionsfertig zu machen ist.7 1 Entspricht Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der 6. EG-RL. 2 Auf die zivilrechtliche Gefahrtragung kommt es zwar nicht an, denn die Vorschrift gilt unabhngig von den vereinbarten Lieferkonditionen. Wenn allerdings die Transportgefahr beim Verkufer liegt und die Ware whrend der Befrderung untergeht, so stellt sich die Frage nach dem Ort der Lieferung nicht, da diese nicht ausgefhrt worden ist und mithin kein Umsatz vorliegt (zum Fall der Gefahrtragung durch den Kufer s. Rz. 7.36). 3 Von der Reg.-Begr. bei Neufassung der Vorschrift 1997 als „Handkauf“ bezeichnet (BR-Drucks. 390/96, zu § 3 Abs. 6 Stze 1 bis 4 UStG). Diese Bezeichnung ist jedoch weder gelufig, noch erfaßt sie die denkbaren Flle. 4 Vgl. § 453 Abs. 1 HGB. 5 Es knnen dabei mehrere Beauftragte hintereinandergeschaltet sein, sofern bei der bergabe an den ersten Beauftragten alles Erforderliche getan ist, um den Gegenstand an den bereits feststehenden Abnehmer gelangen zu lassen; ausfhrlich dazu Birkenfeld, UR 1991, 1, 6; vgl. auch BFH, BFH/NV 1995, 555; Abschn. 30 Abs. 3 UStR 2005. 6 Vgl. auch den berflssigen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der 6. EG-RL. 7 Vgl. Abschn. 30 Abs. 4 UStR 2005.

212

III. Ort der Lieferung Die Befrderung oder Versendung kann auch durch einen vom Lieferer oder Abnehmer beauftragten Dritten erfolgen. Die Erwhnung des „Dritten“ ist allerdings berflssig, denn wenn ein solcher mit der Befrderung oder Versendung beauftragt wird, so ist es selbstverstndlich, daß diese dem Auftraggeber zuzurechnen ist. Richtigerweise ist unter dem Dritten iS des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG der in § 3 Abs. 1 UStG erwhnte Dritte, d. h. der Vorlieferer, der im Auftrag des Lieferers dem Abnehmer Verfgungsmacht verschafft (Rz. 7.43), zu verstehen. Diese Deutung drfte zwar wegen der Sonderregelung fr Reihengeschfte durch § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nicht in Betracht kommen (s. Rz. 15), da diese Vorschrift jedoch nicht EG-Richtlinien-konform ist, ist sie unbeachtlich (Rz. 18 f.). Frachtfhrer und Spediteure sind nach der Systematik des § 3 Abs. 6 UStG keine „beauftragten Dritten“ iS des Satzes 1, sondern „selbstndig Beauftragte“ iS des Satzes 3. Nach den Vorstellungen der Gehilfen des Gesetzgebers kann nur derjenige Dritte gemeint sein, der keine Verfgungsmacht hat, d. h. nicht gleichzeitig liefert, sondern zur Erbringung von Dienstleistungen nur zeitweiligen Besitz an dem Gegenstand hatte (Lohnveredler, Lagerhalter u. .1). Daß auch diese die Warenbewegung veranlassen knnen, ist jedoch mehr als selbstverstndlich.

8.11

Die Befrderung oder Versendung muß nicht zum Abnehmer, sondern kann auch zu einem Dritten erfolgen („an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten“). Hierbei kann es sich sowohl um einen Dritten iS des § 3 Abs. 1 UStG, d. h. um den Abnehmer des Abnehmers (Rz. 42 f.), als auch um einen Dritten handeln, der lediglich zeitweiligen Besitz erhlt (z. B. Lohnveredler oder Lagerhalter).2 Deren Erwhnung ist jedoch ebenfalls mehr als berflssig.

8.12

Beispiel: Unternehmer F aus Frankreich bestellt lackierte Bleche bei Unternehmer A in sterreich mit dem Auftrag, diese unmittelbar zu dem Lagerhalter B in Belgien zu transportieren. A lßt die von ihm gestellten Rohbleche von D in Deutschland lackieren und danach von D zu B nach Belgien transportieren. D beauftragt zu diesem Zweck den Spediteur S, der mit dem Transport einen Frachtfhrer betraut. A liefert an F. Der Ort der Lieferung ist in Deutschland, da der von A beauftragte Dritte D den Gegenstand der Lieferung zu dem von As Abnehmer F genannten Dritten B versendet und der Beginn der Versendung in Deutschland ist. D versendet, da er die Befrderung durch den selbstndigen Beauftragten S besorgen lßt (§ 3 Abs. 6 Stze 1, 3 und 4 UStG). Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Befrderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, so gilt nach § 3 Abs. 8 UStG der Ort der Lieferung dieses Gegenstandes als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist (Rz. 29).

1 Nach der Reg.-Begr., BR-Drucks. 390/96 zu § 3 Abs. 6 Stze 1–4 UStG, S. 83, soll auch der Verkaufskommissionr dazu zhlen. Die Regierung scheint demnach davon auszugehen, daß der Kommittent an den Kufer liefere und der Kommissionr lediglich als beauftragter Dritter befrdere oder versende. Das ist unverstndlich, denn aus § 3 Abs. 3 UStG folgt, daß der Kommittent an den Kommissionr und dieser an den Kufer liefert (Rz. 7.46 f.). 2 Letztere fallen entgegen der Regierungsbegrndung, aaO., jedoch nicht unter § 3 Abs. 1 UStG, da sie keine Verfgungsmacht erhalten.

213

8.13

Kap. 8 Leistungen im Inland

b) Reihengeschft, Streckengeschft aa) Allgemeines 8.14

Schließen mehrere Unternehmer ber denselben Gegenstand Umsatzgeschfte ab und erfllen sie diese Geschfte dadurch, daß der erste Unternehmer dem letzten Abnehmer in der Reihe unmittelbar die Verfgungsmacht verschafft1, so spricht man – auch nach Wegfall des ohnehin stets berflssig gewesenen § 3 Abs. 2 UStG – von einem Reihengeschft (Rz. 7.42). In diesem Fall liegen nach § 3 Abs. 1 UStG so viele Lieferungen vor, wie Umsatzgeschfte gettigt werden (Rz. 7.45).

8.15

Zur Festlegung der Orte der Lieferungen bestimmt § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG, daß, wenn der Gegenstand bei der Befrderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt, die Befrderung oder Versendung des Gegenstandes nur einer der Lieferungen zuzuordnen sei. Aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG wrde demgegenber folgen, daß in dem Fall der Befrderung oder Versendung durch den ersten Unternehmer in der Reihe der Ort aller Lieferungen am Beginn der Befrderung oder Versendung wre, denn fr die folgenden Lieferer wre er ein beauftragter Dritter. Entsprechendes wrde bei der Abholung durch den letzten Abnehmer gelten; er wre aus der Sicht des ersten Lieferers ein von seinem Abnehmer beauftragter Dritter. § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG ordnet statt dessen an (auch fr den Abholfall, Rz. 23), daß nur fr eine der Lieferungen in der Reihe sich der Ort nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG anhand der Befrderung oder Versendung bestimmt.

8.16

Fr die brigen Lieferungen in der Reihe folgt daraus, daß sie nicht als Befrderungs- oder Versendungslieferungen anzusehen sind. Ihr Ort bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 iVm. Satz 1 UStG (Rz. 37). Die Verbindung des Satzes 2 mit dem vorhergehenden Satz 1 ist allerdings verfehlt, denn auch bei diesen Lieferungen wird der Gegenstand befrdert oder versendet. Das Gesetz htte deshalb mit einer Fiktion arbeiten und bestimmen mssen, daß bei diesen Lieferungen der Gegenstand nicht als befrdert oder versendet gilt. Bei ihnen ist, wie sich aus § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG ergibt, gedanklich davon auszugehen, daß sie der Befrderungs- oder Versendungslieferung vorangehen oder folgen. Es handelt sich lediglich um eine Fiktion (juristische, logische Sekunde), denn nach § 3 Abs. 1 UStG werden alle Lieferungen gleichzeitig ausgefhrt, so daß sie nicht etwa, wie es § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG fehlerhaft formuliert, tatschlich „vorangehen“ bzw. „folgen“. Die Bestimmung des § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG ist allerdings nicht mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zu vereinbaren (Rz. 18).

8.17

Die Bundesregierung hat fr diese Lieferungen den Begriff „ruhende Lieferungen“ geprgt, der vom berwiegenden Schrifttum unkritisch bernommen worden ist.2 Diese Begriffsschpfung ist – wie auch die hufig zu findende 1 Kein Reihengeschft in diesem Sinne liegt vor, wenn ein mittlerer Unternehmer den Gegenstand abholt und zum letzten Abnehmer verbringt; dazu Rz. 25. 2 Abschn. 31a Abs. 2 Satz 4 UStR 2005; Birkenfeld, § 64 Rz. 106; Reiß in T/L, § 14 Rz. 82; Martin in S/R, § 3 Rz. 449, 483; Jakob, Rz. 552; Heuermann, UR 1998, 5, 7.

214

III. Ort der Lieferung

Bezeichnung fr die unter § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG fallende Lieferung als „bewegte Lieferung“1 – nicht nur sprachlich mehr als schief, sondern aus den zuvor genannten Grnden auch sachlich falsch, weil der Gegenstand bei allen Lieferungen befrdert oder versendet wird. Die Notwendigkeit dieser 1997 getroffenen Neuregelung soll sich nach Auffassung der Bundesregierung2 aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL ergeben, weil dieser fr derartige Flle nur eine Befrderungs- oder Versendungslieferung annehme. Das ist unverstndlich, denn Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 EG-RL bestimmt (wie der inhaltlich im wesentlichen identische § 3 Abs. 7 UStG aF. bis 1996): „Als Ort der Lieferung gilt fr den Fall, daß der Gegenstand vom Lieferer, vom Erwerber oder von einer dritten Person versandt oder befrdert wird, der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Befrderung an den Erwerber befindet.“ Aus der Sicht des zweiten (und auch der ggf. folgenden Lieferer) ist der erste Lieferer eine „dritte Person“, deren Befrdern oder Versenden mithin auch ihm (bzw. ihnen) zuzurechnen ist.3 Anderenfalls gbe es fr die weiteren Lieferungen keinen Ort, denn Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL, der den Fall erfaßt, „daß der Gegenstand nicht versandt oder befrdert wird“, kann nach dem eindeutigen Wortlaut nicht greifen. Demgegenber meint die Bundesregierung, daß die Aussage des § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG der Regelung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL entspreche.4 Das ist unverstndlich, da bei allen Lieferungen im Reihengeschft der Gegenstand der Lieferung jeweils befrdert oder versendet wird5; denn wie soll er sonst zum jeweiligen Abnehmer gelangen? Alle Lieferungen fallen deshalb nach dem klaren Wortlaut unter Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL.6 Letzte Zweifel werden durch Art. 8 Abs. 2 der 6. EGRL beseitigt, der im Zusammenhang mit Reihengeschften bei einer Einfuhr formuliert: „. . . gelten abweichend von Absatz 1 Buchst. a der Ort der Lieferung, (. . .) sowie der Ort etwaiger nachfolgender Lieferungen . . .“ Diese Vorschrift geht folglich davon aus, daß im Regelfall7 alle Lieferungen bei einem 1 Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1856 ff., 1915; Lippross, 2.3.6.6.1 (S. 153 ff.); Jakob, Rz. 552. 2 Reg.-Begr., BR-Drucks.390/96, zu § 3 Abs. 6 Stze 5 und 6 UStG; ebenso Reiß in T/L, § 14 Rz. 80; Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1843; Birkenfeld, § 64 Rz. 6 f. 3 Daß die Ware nicht krperlich zum „Erwerber“ gelangen muß, sondern auf seine Weisung auch zu einem Dritten (Abnehmer) verbracht werden kann, ist eine pure Selbstverstndlichkeit (Rz. 7.42 f.). 4 Reg.-Begr., aaO.; ebenso Martin in S/R, § 3 Rz. 500 f. 5 So auch ausdrcklich Art. 28c Teil E Abs. 3 Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL, der davon spricht, daß der Gegenstand „unmittelbar an die Person, fr die (der mittlere Unternehmer) die anschließende Lieferung bewirkt, versandt oder befrdert“ wird. 6 Wger, UR 2001, 1, 4. 7 Eine Ausnahme gilt nur beim sog. innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft, fr das wohl aus den Art. 21 Abs. 1 Buchst. c Gedankenstrich 1 („steuerpflichtiger Umsatz“) und Art. 28c Teil E Abs. 3 Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL („im Inland bewirkt“) geschlossen werden muß, daß – obwohl der 3. Gedankenstrich letzterer Regelung davon spricht, daß der Gegenstand an den letzten Abnehmer befrdert oder versendet wird – abweichend von Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der 6. EG-RL der Ort der zweiten Lieferung in dem Mitgliedstaat ist, in dem die Warenbewegung endet.

215

8.18

Kap. 8 Leistungen im Inland

Reihengeschft von Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL erfaßt werden.1 Die Regelungen des § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 und damit auch des Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG verstoßen folglich m. E. gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL und sind nicht richtlinienkonform.2 8.19

Sollten sich die im Folgenden dargestellten Regelungen zum Nachteil eines Betroffenen auswirken, so bedarf es fr den Anwendungsvorrang der EG-Richtlinien einer Entscheidung des EuGH (Rz. 1.59).3 In der Praxis kann die Bestimmung des Ortes bei Reihengeschften zumeist allerdings dahinstehen, weil diese fast ausschließlich nur zwischen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern stattfinden bzw. bei den Exportlieferungen regelmßig eine Steuerbefreiung eingreift. Die verfehlten Ortsbestimmungen knnen allerdings dazu fhren, daß unntige verfahrensmßige Belastungen entstehen (s. Rz. 21 f., 26). bb) Befrderung oder Versendung durch den ersten Unternehmer

8.20

In § 3 Abs. 6 UStG fehlt die ausdrckliche Aussage, welcher der Lieferungen die Befrderung oder Versendung zuzuordnen ist. Wenn Satz 5 der Bestimmung einen Sinn haben soll, so kann das nur heißen, daß bei der Befrderung oder Versendung durch den ersten Unternehmer in der Reihe diese nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG seiner Lieferung zuzurechnen ist.4 Die (allenfalls gedanklich) „folgenden“ Lieferungen (Rz. 16) gelten dort als ausgefhrt, wo die Befrderung oder Versendung endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG). Beispiel: Unternehmer A aus sterreich bestellt Ware bei Unternehmer D1 aus Deutschland, der sie seinerseits bei D2 aus Deutschland ordert. D2 versendet vereinbarungsgemß die Ware unmittelbar zu A durch den von ihm beauftragten Spediteur. Der Ort der Lieferung des D2 an D1 ist gem. § 3 Abs. 6 Satz 5 iVm. Satz 1 und 4 UStG am Beginn der Versendung, d. h. in Deutschland. Der Ort der Lieferung des D1 an A ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in sterreich, da dort die Versendung endet. Die verfehlte Regelung fhrt dazu, daß D1 in sterreich die Lieferung versteuern muß5, weil § 3 Abs. 8 UStG in gleicher Weise ausgelegt wird.6 1 So zutreffend Wger, UR 2001, 1, 4. 2 § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG fhrt allerdings zum selben Ergebnis wie Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der EG-RL. 3 Die Frage liegt dem EuGH bereits vor; vgl. sterr. VwGH, Vorlagebeschluß v. 26.5.2004 – EU 2004/01 – 1 (99/14/44); Az. des EuGH: Rs. C-245/04 (ABl. EU 2004, Nr. 251.2). Allerdings geht es in dem zugrundeliegenden Fall berhaupt nicht um ein Reihengeschft, da bei derjenigen Lieferung, deren Ort zu bestimmen ist, der Lieferer den Gegenstand von seinem Vorlieferer abholen und zu seinem Abnehmer befrdern lßt. Der Ort dieser Lieferung bestimmt sich zweifelsfrei nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL bzw. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG (Rz. 25 f.). 4 So auch Reg.-Begr., aaO.; Abschn. 31a Abs. 8 Satz 1 UStR 2005. 5 Allerdings wird die sterreichische Finanzverwaltung von der Besteuerung absehen, wenn D1 keine Rechnung mit dem Ausweis sterreichischer Umsatzsteuer erteilt hat. 6 Vgl. Ruppe, § 3 UStG Rz. 65/1 u. Art. 3 BMR Rz. 16 u. 17 (Beisp. 2).

216

III. Ort der Lieferung

Bei einem Reihengeschft mit vier (oder mehr) Beteiligten, bei dem der letzte Lieferer nicht im Bestimmungsland ansssig ist, fhren – wenn § 25b UStG nicht anwendbar ist (Rz. 9.32) – diese Ortsbestimmungen dazu, daß ein solcher Lieferer, weil er Empfnger einer steuerpflichtigen Lieferung im Bestimmungsland wird, auf das umstndliche Vorsteuervergtungsverfahren (Rz. 18.41 ff.) im Bestimmungsland angewiesen ist. Das ist unpraktisch und berflssig, da bei der Lieferung dieses Unternehmers, der stets vorsteuerabzugsberechtigt ist, ohnehin keine endgltige Steuerbelastung eintreten wrde, so daß es sachgerecht wre, daß diese Lieferung im Ursprungsland steuerbar (aber steuerfrei) wre. Die 1997 eingefhrten Ortsbestimmungen sind deshalb insoweit auch sachlich verfehlt. Nach der 6. EG-RL (und dem bis 1996 geltenden § 3 Abs. 7 UStG aF) wre hingegen die Lieferung an den letzten Lieferer wohl nicht im Bestimmungsland (Rz. 18 f.).

8.21

Beispiel:

8.22

D aus Deutschland bestellt bei dem Unternehmer F1 aus Frankreich Ware, die dieser seinerseits bei dem in Frankreich ansssigen F2 ordert, welcher sie seinerseits bei F3 bestellt. Letzterer versendet die Ware vereinbarungsgemß unmittelbar zu D. Nach § 3 Abs. 6 Satz 5 iVm. Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG ist der Ort der Lieferung des F2 an F1 in Deutschland. Die Lieferung ist mangels Steuerbefreiung steuerpflichtig. Folglich mßte F2, wenn er sich gesetzeskonform verhalten wollte, die entsprechende Umsatzsteuer in Deutschland entrichten und dem F1 eine Rechnung mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilen. Sollte das tatschlich geschehen sein, mßte F1 die Vergtung dieser Vorsteuer beim Bundesamt fr Finanzen beantragen (Rz. 18.41 ff.). Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der 6. EG-RL wre auch der Ort der Lieferung des F2 in Frankreich, da der Gegenstand von einer dritten Person (F3) fr den Lieferer F2 versendet worden ist. Diese Lieferung wre zudem nach Art. 28c Teil A Buchst. a der 6. EG-RL (entspricht § 6a UStG, s. Rz. 10.25) steuerfrei. Sollte ein deutsches Finanzamt den F2 tatschlich wegen dieses Umsatzes besteuern, so knnte er sich vor einem deutschen Finanzgericht auf den Anwendungsvorrang der EG-RL berufen (Rz. 19).

cc) Abholflle (1) § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG erfaßt nicht nur den Fall der Befrderung oder Versendung durch den ersten Unternehmer in der Reihe, sondern auch die Abholung durch den letzten (oder durch einen mittleren, Rz. 25) Abnehmer, denn die Bestimmung spricht davon, daß der Gegenstand bei der Befrderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt. Das ergibt sich nicht nur aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, der auch die Befrderung oder Versendung durch den Abnehmer erfaßt, sondern wird auch durch § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG besttigt, der davon spricht, daß der Gegenstand „dabei“, d. h. im Falle des Satzes 5, befrdert oder versendet wird.

8.23

In § 3 Abs. 6 UStG fehlt eine ausdrckliche Aussage dazu, welcher Lieferung im Falle der Abholung die Befrderung oder Versendung zuzurechnen ist. Wenn Satz 5 dieser Bestimmung einen Sinn haben soll, so kann das, wie § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG besttigt, nur heißen, daß bei der Abholung durch den letzten Abnehmer die von ihm durchgefhrte Befrderung oder Versen-

8.24

217

Kap. 8 Leistungen im Inland

dung der Lieferung an ihn, d. h. der Lieferung durch den letzten Lieferer in der Reihe, zuzuordnen ist.1 Nur sie gilt als Befrderungs- oder Versendungslieferung. Auch der Ort der gedanklich vorangehenden Lieferungen ist dort, wo die Befrderung oder Versendung durch den letzten Abnehmer nach § 3 Abs. 6 Stze 1 bis 4 UStG beginnt. Denn nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG gelten diese Lieferungen dort als ausgefhrt, wo die Befrderung oder Versendung beginnt. Im Ergebnis ist mithin bei allen Lieferungen der Ort identisch. Diese Rechtsfolge wrde sich bereits aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ergeben (Rz. 15), so daß das umstndliche Regelungswerk mithin insoweit berflssig ist. Beispiel: Unternehmer A aus sterreich bestellt bei Unternehmer D1 in Deutschland Ware, die dieser seinerseits bei D2 in Deutschland ordert. A holt die Ware vereinbarungsgemß bei D2 ab. Der Ort der Lieferung des D1 an A ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 iVm. Satz 1 UStG in Deutschland, da dort die Befrderung durch den Abnehmer A beginnt und diese der Lieferung des D1 zuzuordnen ist. Der Ort der gedanklich vorangehenden Lieferung des D2 an D1 ist ebenfalls in Deutschland. Sie gilt nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nicht als Versendungslieferung, so daß sich der Ort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG bestimmt und dort ist, wo die Befrderung beginnt, d. h. ebenfalls bei D2 in Deutschland.

8.25

(2) Von § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG soll, wie sich aus § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG ergibt, auch die Konstellation erfaßt werden, daß nicht der letzte Abnehmer, sondern ein mittlerer Unternehmer den Gegenstand beim ersten Unternehmer abholt und von dort zum letzten Abnehmer befrdert oder versendet. In diesem Fall – bei dem ein Reihengeschft allerdings nur vorliegt, wenn dem mittleren Unternehmer mehr als ein weiterer Beteiligter folgt (vgl. Rz. 28) – befrdert bzw. versendet der mittlere Unternehmer sowohl als Lieferer an seinen Abnehmer (bzw. an dessen Abnehmer) als auch iS des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG als Abnehmer des vorhergehenden Lieferers. Im ersten Fall ist die Befrderung bzw. Versendung seiner Lieferung zuzurechnen, im zweiten Fall der Lieferung seines Belieferers. Aus § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG scheint hingegen zu folgen, daß auch bei dieser Konstellation nur eine Befrderungs- oder Versendungslieferung vorliegen soll, so daß es der Entscheidung bedrfte, welche der beiden Lieferungen das sein soll. Der Gesetzgeber wollte das (scheinbare) Problem mit § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG lsen, der bestimmt, daß in diesem Fall die Befrderung oder Versendung der Lieferung an ihn als Abnehmer zuzuordnen ist, es sei denn, er weist nach, daß er den Gegenstand als Lieferer befrdert oder versendet hat. Doch schon der Wortlaut der Vorschrift gibt keinen Sinn, denn er knpft tatbestandlich zwingend an die Voraussetzungen des Satzes 5 an („dabei“). Dieser verlangt indes gerade, daß der Gegenstand an den letzten Abnehmer befrdert oder versendet wird, d. h. es muß feststehen, daß der mittlere Unternehmer den Gegenstand als Lieferer befrdert oder versendet. Ist diese Voraussetzung hingegen nicht gegeben, so bedarf es der Regelung des Satzes 6 nicht, da die sptere Lieferung nicht von Satz 5 erfaßt wird, weil der 1 Ebenso Abschn. 31a Abs. 8 Satz 2 UStR 2005.

218

III. Ort der Lieferung

Gegenstand dann nicht „unmittelbar“ vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt. Ist ein Fall des Satzes 5 gegeben, d. h. steht fest, daß der mittlere Unternehmer an den letzten Abnehmer auch als Lieferer befrdert oder versendet, so luft die Regelung des Satzes 6 Halbs. 2 („es sei denn, er weist nach“) ebenfalls leer, da nichts nachzuweisen ist.1 Aus der mißglckten Vorschrift knnte allenfalls der gesetzgeberische Wille entnommen werden, daß die Lieferung des mittleren Unternehmers nicht als Befrderungsoder Versendungslieferung iS des Satz 1 anzusehen sei, so daß sich der Ort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG bestimmen wrde. Eine solche Auslegung verstieße indes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (Rz. 18). Weitere Kritik: Es handelt sich bei § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG – abgesehen davon, daß sie ohnehin gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL verstßt – um eine selten dmliche Regelung, die dem gesunden Menschenverstand widerspricht und ein Scheinproblem konstruiert. Wenn ein Abnehmer den Gegenstand bei seinem Lieferer abholt und sogleich, weil er den Gegenstand schon weiterverkauft hat, zu seinem Abnehmer befrdert oder versendet, so liegen zwei getrennt zu betrachtende Lieferungen vor, die in keinerlei Hinsicht miteinander verknpft sind (außer durch die zufllige Gestaltung, daß der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung nicht erst zu seinem Unternehmen, sondern sogleich zu seinem Abnehmer befrdern lßt). Es ist deshalb schlicht unsinnig, daß – wie aus § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG zu folgern ist – die beiden Lieferungen unter § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG fallen sollen. Richtigerweise ist auf beide Lieferungen jeweils § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG anzuwenden. Die Betroffenen knnen sich auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL berufen.

8.26

Nach Auffassung der Bundesregierung2 soll „regelmßig“ davon ausgegangen werden knnen, daß der mittlere Unternehmer die Befrderung oder Versendung in seiner Eigenschaft als Lieferer gettigt habe, wenn er unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mitgliedstaates auftrete, in dem die Warenbewegung beginnt, und wenn er auf Grund der mit seinem Vorlieferanten und seinem Auftraggeber vereinbarten Lieferkonditionen Gefahr und Kosten der Befrderung oder Versendung bernommen habe.3 Alles das ist ohne Bezug zum Gesetzeswortlaut und erst recht zum Wortlaut des Art. 8 der 6. EG-RL. Auch ist vllig unklar, was – wenn der Gegenstand beim Abnehmer ankommt4 – die Fragen der Gefahr- und Kostentragung mit der Bestimmung des Ortes der Lieferung zu tun haben. Die ußerung der Bundesregierung ist zudem auch insofern unsinnig, weil, wenn der Abnehmer die Ware abholt, er stets die Befrderungsgefahr tragen wird, so daß eine andere Konstellation gar nicht vorkommen wird.

8.27

Beispiel:

8.28

Unternehmer D aus Deutschland hat Ware bei B1 aus Belgien bestellt, der sie seinerseits bei B2 in Belgien ordert. B1 lßt die Ware von eigenen Leuten bei B2 abholen und von dort zu D befrdern. 1 Die Vorschrift kann deshalb auch nicht als Wahlrecht verstanden werden, so aber Jakob, Rz. 552; Martin in S/R, § 3 Rz. 480; Reiß in T/L, § 14 Rz. 82 (S. 597); Nieskens in R/D, § 3 Anm. 1911 ff.; Birkenfeld, § 64 Rz. 96 ff. 2 Abschn. 31a Abs. 10 UStR 2005. 3 Ebenso Heuermann in H/M, § 3 Abs. 6 und 7, Rz. 157 ff. 4 Vgl. Rz. 7 Fn.

219

Kap. 8 Leistungen im Inland Der Ort der Lieferung des B2 an B1 ist nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Belgien, da der Abnehmer (B1) den Gegenstand der Lieferung zu einem Dritten (seinem Abnehmer D) befrdert. Der Ort der Lieferung des B1 an D ist ebenfalls nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG (Rz. 7) in Belgien, da B1 den Gegenstand zu seinem Abnehmer D befrdert. Es sind zwar die Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nach dessen Wortlaut gegeben, da der Gegenstand bei der Befrderung unmittelbar vom ersten Unternehmer (B2) zum letzten Abnehmer (D) gelangt, so daß nach Satz 6 Halbs. 1 nur die Lieferung des B2 als Befrderungslieferung anzusehen wre und sich nur bei dieser der Ort nach Satz 1 bestimmte. Der Ort der Lieferung des B1 an D wre folglich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Deutschland. Das verstieße jedoch gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. Da diese Lieferung auch steuerpflichtig wre, knnte sich B1 auf den Anwendungsvorrang der EG-RL berufen (Rz. 18 f.). Allerdings entfllt das Problem im Regelfall auf Grund der erwhnten Verwaltungsauffassung (Rz. 27). Wenn B1 die Ware bei seinem Lieferer abholt, so trgt er zwingend die Befrderungsgefahr, denn anderenfalls wrde er die Ware nicht abholen.

c) Sondervorschriften aa) Einfuhrlieferung 8.29

Abweichend von § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG bestimmt § 3 Abs. 8 UStG, daß bei einer Befrderung oder Versendung des Gegenstandes der Lieferung aus dem sog. Drittlandsgebiet, d. h. dem Nichtgemeinschaftsgebiet (Rz. 10.9), in das Inland der Ort der Lieferung als im Inland gelegen gilt, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.1 Ist hingegen der Abnehmer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, so bleibt es bei der Regelung des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, d. h. der Ort der Lieferung ist im Drittlandsgebiet. Der Ort der Lieferung ist mithin an die Schuldnerschaft bei der Einfuhrumsatzsteuer gekoppelt. Diese Regelung ist nicht fr die Abziehbarkeit der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer von Bedeutung (Rz. 15.97). Vielmehr soll die Vorschrift mit der Verlagerung des Ortes in das Inland bewirken, daß der Umsatz mit der Steuer belastet wird, die bei einer vergleichbaren echten inlndischen Lieferung anfiele, weil die Einfuhrumsatzsteuer an der Grenze mglicherweise nach einem niedrigeren Gegenstandswert (Zollwert, vgl. § 11 Abs. 1 UStG) bemessen worden ist.2 bb) Sog. Versandhndlerregelung

8.30

Eine Durchbrechung des in § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG aufgestellten Grundsatzes bildet die Regelung des § 3c iVm. § 3 Abs. 5a UStG fr bestimmte Lieferungen innerhalb der EG. Danach verlagert sich der Ort der Lieferung an das Ende der Befrderung oder Versendung, d. h. in das Bestimmungsland, wenn der Abnehmer ein privater oder diesem gleichgestellter Abnehmer ist (Rz. 31) und der Lieferer eine sog. Lieferschwelle berschreitet (Rz. 32). 1 Entspricht Art. 8 Abs. 2 der 6. EG-RL. 2 Vgl. Reg.-Begr. zu § 3 Abs. 8 UStG, BT-Drucks. 8/1779; Abschn. 31 Abs. 2 UStR 2005.

220

III. Ort der Lieferung Mit dieser Regelung soll verhindert werden, daß vor allem Versandhndler, die ihre Waren aus Mitgliedslndern versenden, in denen der Steuersatz niedriger als im Bestimmungsland ist, dadurch Wettbewerbsvorteile gegenber den dort ansssigen Hndlern erlangen.1 Die Vorschrift stellt also eine Durchbrechung des ansonsten bei Lieferungen in das brige Gemeinschaftsgebiet an private und gleichgestellte Abnehmer geltenden Prinzips der Besteuerung im Ursprungsland dar. Durch die Verlagerung des Ortes in das Bestimmungsland wird der Umsatz dort steuerbar und muß, da keine Steuerbefreiung eingreift, nach dem Recht dieses Staates versteuert werden. Die Bestimmung hat zwar primr den Versandhandel im Auge, gleichwohl kann sie auf jeden Unternehmer Anwendung finden, der unter den genannten Voraussetzungen Gegenstnde in ein anderes Mitgliedsland befrdert oder versendet.2

Grundvoraussetzung ist, daß der Abnehmer nicht der sog. Erwerbsbesteuerung unterliegt (§ 3c Abs. 2 UStG). Das ist zum einen der Fall, wenn der Abnehmer nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannten Personen gehrt (§ 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG), d. h. kein Unternehmer ist, oder den Gegenstand nicht fr sein Unternehmen erwirbt oder keine juristische Person ist. Das trifft ferner zu, wenn der Abnehmer zwar zu diesen Personen zhlt, aber von der Erwerbsbesteuerung ausgenommen ist (entspricht § 1a Abs. 3 UStG) und nicht fr die Erwerbsbesteuerung optiert hat (§ 3c Abs. 2 Nr. 2 UStG). Diese Voraussetzungen sind fr den Lieferer nicht nachprfbar. Er kann deshalb davon ausgehen, daß der Abnehmer nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegt, wenn dieser bei der Bestellung keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben hat. Hat der Abnehmer zwar eine solche Nummer angegeben, kann der Gegenstand aber offensichtlich nicht fr das Unternehmen des Abnehmers bestimmt sein, so gehrt er nicht zum Personenkreis des § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG.

8.31

Weitere Voraussetzung ist, daß der Lieferer bei Beendigung der Befrderung oder Versendung im Inland die jhrliche Lieferschwelle von 100 000 Euro (Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UStG), bei entsprechender Warenbewegung in einen anderen Mitgliedstaat die maßgebende Lieferschwelle des Empfngerstaates3 berschreitet (§ 3c Abs. 3 UStG).

8.32

Sie ist berschritten, wenn der Gesamtbetrag der Entgelte iS des § 10 Abs. 1 UStG (Preise abzglich Umsatzsteuer), der den Lieferungen in einen Mitgliedstaat zuzurechnen ist, im vorangegangenen Kalenderjahr den maßgebenden Betrag berstiegen hat oder im laufenden Kalenderjahr bersteigt (Satz 1). Die Verlagerung des Lieferungsorts tritt ein, sobald die Lieferschwelle im laufenden Kalenderjahr berschritten wird.4 Bei der Bestimmung des Gesamtbetrags der Entgelte sind die Lieferungen an solche Abnehmer nicht mit zu bercksichtigen, die nicht unter § 3c Abs. 2 UStG fallen, d. h. die der Erwerbsbesteuerung unterliegen.5 1 Vgl. Art. 28b Teil B Abs. 2. Unterabs. 2 der 6. EG-RL. 2 Das gilt jedoch nicht fr die Lieferungen neuer Fahrzeuge iS des § 1b UStG (§ 3c Abs. 5 Satz 1 UStG), da bei diesen stets die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland stattfindet (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. 1a Abs. 5, 1b UStG). Entsprechendes gilt fr die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die in § 3c Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Personen, da diese solche Waren unabhngig vom berschreiten einer Erwerbsschwelle stets der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen haben (§ 3c Abs. 5 Satz 2 und § 1a Abs. 5 UStG). 3 Zu den Lieferschwellen der einzelnen Lnder s. Abschn. 42j Abs. 3 UStR 2005. 4 Abschn. 42j Abs. 3 Satz 5 UStR 2005; Nieskens, UR 2000, 45, 48 f. 5 Reiß in R/D, § 3c Anm. 65; Birkenfeld, IX, Rz. 1191; Martin in S/R, § 3c, Rz. 20.

221

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.33

berschreitet der Lieferer nicht die sog. Lieferschwelle des Empfngerlandes, so bleibt es bei der Ortsbestimmung des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, und, da diese Lieferungen nicht steuerbefreit sind (Rz. 10.27 ff.), bei der fr private Abnehmer eingreifenden Besteuerung im Ursprungsland. Der Lieferer kann allerdings bei Nichtberschreiten der Lieferschwelle auf die Anwendung des § 3c Abs. 3 verzichten, d. h. zur Besteuerung im Bestimmungsland optieren. Das macht allerdings nur dann Sinn, wenn der Steuersatz dort niedriger ist. Der gegenber der zustndigen Behrde zu erklrende Verzicht bindet den Unternehmer mindestens fr zwei Jahre (§ 3c Abs. 4 UStG).

3. Sonstige Flle a) Lieferung ohne Befrderung oder Versendung 8.34

(aa) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht durch den Lieferer oder Abnehmer befrdert oder versendet, so ist nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG der Ort der Lieferung dort, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfgungsmacht befindet. Es ist mithin zu fragen, wann wurde die Verfgungsmacht verschafft und wo war der Gegenstand zu diesem Zeitpunkt. Da auch die Abholung durch den Abnehmer unter § 3 Abs. 6 UStG fllt1, werden von § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG bei der Lieferung beweglicher Sachen nur wenige Gestaltungen erfaßt.

8.35

Das ist zum einen der Fall der Werklieferung, wenn nicht das fertige Werk versendet oder befrdert, sondern erst vor Ort die Verfgungsmacht am fertigen Gegenstand der Lieferung verschafft wird (Rz. 10). Auch die Flle, in denen die bergabe des Gegenstandes durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhltnisses (Rz. 7.15) oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (Rz. 7.16) ersetzt wird, werden von § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG erfaßt. „Reizvoll“ ist ferner der Fall, bei dem die bergabe des Liefergegenstandes durch die bergabe eines sog. Traditionspapieres (Lagerschein, Ladeschein, Konnossement, Rz. 7.14) ersetzt wird.

8.36

Beispiel: ber Ware, die vom Verkufer in Sdamerika verschifft worden ist, ist ein Konnossement ausgestellt. Dieses gelangt per Luftpost zum Kufer K1 in Hamburg. Bei einem guten Essen in Leipzig wird die Ware von K1 an K2 in der Weise verkauft, daß K2 das Konossement und K1 einen Scheck erhlt. Zu diesem Zeitpunkt kmpft die Ware auf dem Frachtschiff vor den Azoren mit einem Sturm. Eine Woche spter verkauft K2 die Ware an K3 in Warschau. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Ware im Freihafen Hamburg. Bei beiden Lieferungen befand sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Lieferung (§ 929 BGB iVm. § 650 HGB: bergabe des Konnossements) nicht im Inland (sondern auf dem Atlantik bzw. im Freihafen Hamburg, Rz. 4), so daß die Lieferungen jeweils nicht im Inland steuerbar sind. Das ist sachgerecht, da die Ware nicht im Inland verbraucht wird. Falls die Ware vom Freihafen Hamburg nach Polen gelangt, wird Polen bei der Einfuhr polnische Umsatzsteuer erheben. 1 Ausnahme: Der Abnehmer transportiert den Gegenstand nicht, sondern verbraucht ihn sogleich an Ort und Stelle.

222

III. Ort der Lieferung

(bb) Bei einem Reihengeschft gilt der Gegenstand fr diejenigen Lieferungen, denen nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG die Befrderung oder Versendung nicht zuzuordnen ist, nicht als befrdert oder versendet (Rz. 16 ff.). § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG bestimmt deshalb, daß der Ort der Lieferung fr die bei einer (gedanklich) vorangegangenen Lieferung dort ist, wo die Warenbewegung beginnt (Nr. 1), bzw. fr die (gedanklich) folgenden Lieferungen dort sein soll, wo die Warenbewegung endet (Nr. 2). Letztere Bestimmung ist nicht mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zu vereinbaren (Rz. 18).

8.37

b) Lieferung whrend einer Personenbefrderung Wird ein Gegenstand an Bord eines Schiffes, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn whrend einer Befrderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets geliefert, so gilt der Abgangsort des jeweiligen Befrderungsmittels im Gemeinschaftsgebiet als Ort der Lieferung (§ 3e UStG).1

8.38

c) Lieferung von Gas und Elektrizitt Bei der Lieferung von Gas ber das Erdgasnetz (d. h. nicht in Gasflaschen o. .) oder Elektrizitt bestimmt sich der Ort nach § 3g UStG2, der das Empfngerort-Prinzip verwirklicht. Mit der Regelung geht einher, daß bei Nichtansssigkeit des Lieferers im Inland der Abnehmer die Steuer schuldet, wenn er Unternehmer ist (§ 13b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 iVm. Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 UStG; dazu Rz. 13.7). Zur Ortsbestimmung unterscheidet § 3g UStG danach, ob die Lieferung an einen Wiederverkufer oder an sonstige Abnehmer bewirkt wird.

8.39

Im Falle der Lieferung an einen Wiederverkufer, d. h. an einen Unternehmer, dessen Hauptttigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Gegenstnde in deren Lieferung (nmlich im Wiederverkauf) besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Gegenstnde von untergeordneter Bedeutung ist3, gilt als Ort dieser Lieferung der Ort, wo der Abnehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die Lieferung an die Betriebssttte des Abnehmers ausgefhrt, so ist statt dessen der Ort der Betriebssttte maßgebend (§ 3g Abs. 1 UStG). Diese Formulierungen hinsichtlich des Ortes sind § 3a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG entnommen und mithin in gleicher Weise auszulegen. Bei EG-Richtlinien-konformer Auslegung ist auf den Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit bzw. auf eine feste Niederlassung abzustellen (dazu nher Rz. 83 ff.). Allerdings kommt eine Lieferung an eine Betriebssttte (feste Niederlassung) nicht in Betracht, weil diese unkrperliche Gegenstnde weder erwerben noch weiterliefern kann. Die Erwhnung der Betriebssttte in § 3g UStG4 luft deshalb leer.5

8.40

Bei der Lieferung an andere Abnehmer (d. h. an Nichtwiederverkufer) gilt als Ort der Lieferung der Ort, wo der Abnehmer die Gegenstnde tatschlich

8.41

1 2 3 4 5

Entspricht Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. Entspricht Art. 8 Abs. 1 Buchst. d und e der 6. EG-RL. Dazu Stadie in R/D, § 3g Anm. 14 ff. Bzw. in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c und d der 6. EG-RL. Dazu nher Stadie, aaO., Anm. 19 f.

223

Kap. 8 Leistungen im Inland

nutzt oder verbraucht (§ 3g Abs. 2 Satz 1 UStG), d. h. im Regelfall dort, wo sich der Zhler des Abnehmers befindet. Soweit die Gegenstnde von diesem Abnehmer nicht tatschlich genutzt oder verbraucht werden (z. B. beim Weiterverkauf von berkapazitten), gelten sie als an dem Ort genutzt oder verbraucht, wo der Abnehmer seinen Sitz, eine Betriebssttte, an die die Gegenstnde geliefert werden, oder seinen Wohnsitz hat (§ 3g Abs. 2 Satz 2 UStG). Diese Anknpfungspunkte fr die Ansssigkeit des Abnehmers sind ebenfalls § 3a Abs. 3 UStG entnommen und ebenfalls EG-Richtlinien-konform auszulegen (dazu Rz. 83 ff.). 8.42

Aus der Fiktion des Ortes der Lieferung beim Abnehmer folgt, daß in den Fllen des § 3g UStG kein Verbringen iS des § 1a Abs. 2 bzw. des § 3 Abs. 1a UStG gegeben ist (Klarstellung durch § 3g Abs. 3 UStG).1 Auch die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 1 iVm. § 6 und § 6a UStG fr Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen kommen nicht in Betracht, da diese die Steuerbarkeit der Lieferung im Ursprungsland voraussetzen.

d) Unentgeltliche Lieferungen 8.43

Unentgeltliche Lieferungen und diesen gleichgestellte Entnahmen (§ 3 Abs. 1b UStG, dazu Rz. 4.3 ff.) werden an dem Ort ausgefhrt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3f Satz 1 UStG). Werden sie von einer Betriebssttte ausgefhrt, so gilt diese als Ort der Lieferungen (§ 3f Satz 2 UStG). Demgegenber enthlt die 6. EG-Richtlinie keine gesonderten Bestimmungen fr den Ort der unentgeltlichen Lieferungen, so daß sich der Ort auch bei diesen nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der 6. EG-RL (entspricht § 3 Abs. 6 Satz 1 bzw. § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG, Rz. 7, 34) richten mßte.2

8.44

Unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben sich regelmßig nicht, weil der Beginn der Versendung oder Befrderung zum unentgeltlichen Erwerber bzw. die Verschaffung der Verfgungsmacht im allgemeinen am Ort des Unternehmens bzw. der Betriebssttte (iS einer festen Niederlassung, Rz. 84) erfolgen wird. Beginnt die Befrderung oder Versendung des unentgeltlich gelieferten Gegenstandes zum Erwerber indes im Ausland (Beispiel: Nach einer Messe im Ausland werden im Inland vorsteuerentlastete Gegenstnde im Ausland verschenkt), so wre nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL der Ort nicht im Inland. Die Folge wre, daß die Entlastung von der Vorsteuer (Voraussetzung der Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG, Rz. 4.7) nicht von dem Mitgliedstaat rckgngig gemacht werden knnte, der die Vorsteuer vergtet hatte. Das kann nicht dem Willen des Richtliniengebers entsprechen. Es muß deshalb angenommen werden, daß die Richtlinie als selbstverstndlich davon ausgeht, daß der nationale Gesetzgeber zu einer Regelung befugt ist, mit der die in seinem Land erfolgte Vorsteuerentlastung bei unentgeltlichen Lieferungen unabhngig von den Regeln des Art. 8 der 6. EG-RL stets zu neutralisieren ist. 1 Entspricht Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 7 der 6. EG-RL. 2 In Betracht kme auch Art. 8 Abs. 2 der 6. EG-RL (entspricht § 3 Abs. 8 UStG).

224

IV. Ort der sonstigen Leistungen

Folglich sind die Bestimmungen des § 3f UStG hinsichtlich der unentgeltlichen Lieferungen berflssig. Da § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG als Voraussetzung der Besteuerung dieser fiktiven unentgeltlichen Leistungen verlangt, daß der jeweilige Gegenstand ganz oder teilweise von der Vorsteuer entlastet worden ist und es sich bei dieser um deutsche Umsatzsteuer handeln muß, folgt daraus zwingend, daß diese unentgeltlichen Lieferungen in Deutschland zu besteuern sind und sich mithin die Frage des Ortes gar nicht ergibt.1 Deshalb ist § 3f UStG mißverstndlich, soweit er auf die Betriebssttte abstellt. Wird ein vorsteuerentlasteter Gegenstand zu einer vorbergehenden Verwendung in eine auslndische Betriebssttte verbracht und dort, ohne daß das zuvor beabsichtigt war, verschenkt oder entnommen, so ist diese unentgeltliche Lieferung nicht etwa der auslndischen Betriebssttte zuzurechnen, sondern dem inlndischen Unternehmen. Bei teleologischer Auslegung ist unter Betriebssttte nur die inlndische zu verstehen.

8.45

War der Gegenstand auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht und damit der Tatbestand des § 3 Abs. 1a UStG (Rz. 10.36) erfllt worden, so war die steuerliche Verknpfung mit dem Inland beseitigt worden, weil im anderen Mitgliedstaat der innergemeinschaftliche Erwerb zu versteuern war2 (Rz. 9.33). Damit ist die ursprngliche Vorsteuerentlastung bei der Anschaffung im Inland bedeutungslos geworden, so daß der Tatbestand des § 3 Abs. 1b UStG bei einer spteren unentgeltlichen Lieferung nicht mehr verwirklicht werden kann. Das Besteuerungsrecht steht nunmehr dem anderen Mitgliedstaat entsprechend Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL zu.

8.46

IV. Ort der sonstigen Leistungen 1. Allgemeines Regelungen zum Ort der sonstigen Leistungen finden sich in §§ 3a, 3b und 3f UStG, in den §§ 1–7 UStDV sowie in § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG (Spezialregelung fr Reiseleistungen gegenber Nichtunternehmern). § 3b UStG iVm. §§ 2–7 UStDV betrifft Befrderungsleistungen und damit zusammenhngende Dienstleistungen und § 3f UStG enthlt die Regelungen fr unentgeltliche sonstige Leistungen. § 3a UStG bestimmt mithin den Ort bei allen brigen sonstigen Leistungen. Befindet sich der Ort der sonstigen Leistungen nach diesen Regeln im Inland, obwohl der mutmaßliche Verbrauch im Ausland stattfindet, so wird die Rechtsfolge nur in Ausnahmefllen durch eine Steuerbefreiung (insbesondere § 4 Nr. 3 und 5 UStG, Rz. 10.59 ff.) korrigiert.

8.47

§ 3a Abs. 1 UStG ist (entsprechend Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL) als Grundregel formuliert. Danach scheint der Ort grundstzlich dort zu sein, von wo aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt oder wo die Betriebssttte (im Sinn einer festen Niederlassung, Rz. 84) belegen ist, der die sonstige Leistung zuzurechnen ist. Da jedoch § 3a Abs. 2 bis 3a und § 3b UStG fr die weit

8.48

1 Im Ergebnis wohl auch Klenk in S/R, § 3f Rz. 1 u. 3; aA. Reiß in T/L, § 14 Rz. 107; Leonard in B/G, § 3f Rz. 2. 2 Art. 28a Abs. 1 Buchst. a iVm. Abs. 5 der 6. EG-RL (entspricht § 1a Abs. 2 UStG).

225

Kap. 8 Leistungen im Inland

berwiegende Zahl von sonstigen Leistungen Sonderregelungen enthalten, wird das Verhltnis von Regel und Ausnahme umgekehrt, so daß es sich bei § 3a Abs. 1 UStG nur um eine scheinbare Grundregel handelt. Tatschlich fungiert diese Bestimmung nur als Auffangnorm fr diejenigen sonstigen Leistungen, fr die es keine gesonderte Regelung gibt. § 3a UStG ist deshalb schlecht aufgebaut. Besser wre es gewesen, wenn die Aussage des Abs. 1 an das Ende der Vorschrift gestellt worden wre.1 Folglich wird § 3a Abs. 1 UStG erst zum Schluß behandelt (Rz. 139 ff.) 8.49

§ 3a Abs. 1 UStG widerspricht mit der Anknpfung an die Ansssigkeit des leistenden Unternehmers dem Zweck der Umsatzbesteuerung, welcher die Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips verlangt (vgl. Art. 9 Abs. 3 Buchst. a und b der 6. EG-RL: „. . . wenn dort die tatschliche Nutzung oder Auswertung erfolgt“, sowie § 3a Abs. 5 Satz 1 aE. UStG: „. . . wo die sonstigen Leistungen ausgewertet werden“). Die Regelung des § 3a Abs. 1 UStG ist indes insoweit geboten, als die Verlagerung des Ortes in das Bestimmungsland dazu fhren wrde, daß die Dienstleistung im Gemeinschaftsgebiet praktisch nicht besteuert wrde (Rz. 76 f.). Die Regelungen des § 3a Abs. 2 UStG2 enthalten kein gemeinsames Prinzip. Der Ort wird zum Teil in das Bestimmungsland und zum Teil in das Ursprungsland gelegt. Ersterenfalls kann das innerhalb der Gemeinschaft zur Nichtbesteuerung fhren (vgl. z. B. Rz. 52). Dem § 3a Abs. 3 iVm. Abs. 4 UStG3 liegt hingegen das klare Konzept zugrunde, den Ort in das Bestimmungsland zu verlagern, sofern dann auch im Gemeinschafsgebiet die Besteuerung sichergestellt ist (Rz. 76 f.). Sachgerecht wre es, die Regelungen des § 3a Abs. 3 iVm. Abs. 1 UStG (bzw. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e iVm. Abs. 1 der 6. EG-RL) als gemeinsames Prinzip fr alle sonstigen Leistungen zu bestimmen4 (Rz. 141).

8.50

Die Prfungsreihenfolge hinsichtlich der Abstze des § 3a UStG sollte „von hinten nach vorne“ verlaufen, nmlich bei Abs. 4 (Katalog der sonstigen Leistungen iS des Abs. 3) beginnen und ggf. bei Abs. 1 enden, wenn die einschlgige Regelung sich nicht aus Abs. 3a, 3 oder 2 ergibt. Eine Korrektur des Ergebnisses kann sich anhand des Abs. 5 iVm. § 1 UStDV ergeben. Beispiel: Rechtsanwalt R aus Deutschland bert fernmndlich mittels eines Mobiltelefons eine Privatperson aus sterreich. 1 So § 3a Abs. 12 UStG: „In den brigen Fllen . . .“. 2 Entsprechend Art. 9 Abs. 2 Buchst. a und c sowie Art. 28b Teil E Abs. 3 und Teil F der 6. EG-RL. 3 Entsprechend Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL. 4 Das Fehlen eines einheitlichen Regelungskonzepts bei den geltenden Bestimmungen fhrt allerdings entgegen P. Kirchhof und Hidien nicht zur Verfassungswidrigkeit der Umsatzbesteuerung wegen Gleichheitswidrigkeit; Kirchhof, UR 2002, 541, 547; Hidien, RIW 2003, 494, 503. Denn gleiche Sachverhalte werden gleich besteuert, so daß die jeweils konkurrierenden Unternehmer derselben Branche jeweils gleich besteuert werden.

226

IV. Ort der sonstigen Leistungen – Es handelt sich zwar um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, diese fllt jedoch nicht unter Abs. 4 Nr. 14 (Rz. 122 f.). – Unabhngig davon wre Abs. 3a nicht einschlgig, weil der R nicht im Drittlandsgebiet ansssig ist. – Es handelt sich vielmehr um eine sonstige Leistung iS des Abs. 4 Nr. 3, so daß als nchstes Abs. 3 zu betrachten ist. – Der Empfnger der Beratungsleistung ist kein Unternehmer, so daß Abs. 3 Stze 1 und 2 nicht einschlgig sind. – Der Empfnger ist auch nicht im Drittlandsgebiet ansssig, so daß auch Abs. 3 Satz 3 nicht zutrifft. – Die Leistung des R fllt auch nicht unter Abs. 2. – Folglich ist Abs. 1 als Auffangvorschrift anzuwenden, so daß der Ort der sonstigen Leistung danach in Deutschland liegt. – Eine Korrektur des gefundenen Ergebnisses nach Abs. 5 iVm. § 1 UStDV tritt nicht ein, da der Sachverhalt von dieser Bestimmung nicht erfaßt wird.

Enthlt eine einheitliche (Rz. 7.69) sonstige Leistung verschiedene Dienstleistungselemente (Leistungsbndel, komplexe Leistung1), die fr sich gesehen jeweils unter verschiedene Regelungen des § 3a oder des § 3b UStG fallen wrden, so bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung, wenn kein Dienstleistungselement dominiert und der Gesamtleistung das Geprge gibt, nach § 3a Abs. 1 UStG.2 Das gilt auch, wenn fr die einzelnen Leistungsteile Subunternehmer eingeschaltet werden3 (zu einem Beispiel s. Rz. 141).

8.51

2. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck Der Ort einer sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstck ist dort, wo das Grundstck liegt (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG).4 Damit wird zwar das Bestimmungslandprinzip verwirklicht, weil diese sonstigen Leistungen am Belegenheitsort des Grundstcks verbraucht werden, es besteht dann jedoch, wenn der leistende Unternehmer im Ausland ansssig ist und der Leistungsempfnger insbesondere als Nichtunternehmer nicht Steuerschuldner nach § 13b UStG (dazu Rz. 13.1 ff.) ist, die Gefahr der Nichtbesteuerung.

8.52

Der Grundstcksbegriff bestimmt sich nicht nach dem deutschen Zivilrecht, sondern ist EU-einheitlich, d. h. richtlinienkonform zu interpretieren (Rz. 1.52)5 und entspricht dem der Art. 4 Abs. 3 und Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL.6 Folglich kommt es bei Bestandteilen (insbesondere Gebuden) nicht darauf an,

8.53

1 So EuGH, EuGHE 2001, I-637 = UR 2001, 265. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1992, 929; BFH/NV 2001, 939; BFH, BStBl. II 2003, 734 = UR 2003, 446; Stadie in R/D, § 3a Anm. 32, 332 m. Beispielen. 3 EuGH, EuGHE 2001, I-637 = UR 2001, 265. 4 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. 5 Stadie in R/D, § 3a Anm. 45 f.; vgl. auch EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 26 zum Grundstcksbegriff des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL. 6 Vgl. EuGH, aaO., Tz. 34.

227

Kap. 8 Leistungen im Inland

ob sie als wesentliche Bestandteile iS des § 94 BGB (dazu Rz. 7.37) anzusehen sind, sondern allein darauf, ob eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden, d. h. eine tatschliche Unbeweglichkeit besteht.1 Wohncontainer sowie Wohnwagen und Wohnschiffe, die nicht mehr als Befrderungsmittel, sondern zum stationren Gebrauch als Wohnungen o. . verwendet werden, sind zwar keine „Grundstcke“2, ihre Vermietung ist jedoch als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstck anzusehen.3

8.54

Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck sind „insbesondere“ sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art, d. h. Vermietungen und Verpachtungen und diesen gleichgestellte Nutzungsberlassungen (dazu Rz. 10.106, 10.110 ff.), sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Verußerung oder dem Erwerb von Grundstcken, sowie sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstcken oder der Vorbereitung oder der Ausfhrung von Bauleistungen dienen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

8.55

Ein Zusammenhang mit der Verußerung oder dem Erwerb von Grundstcken besteht nicht nur bei den diesbezglichen sonstigen Leistungen der Grundstcksmakler, Grundstckssachverstndigen (beide sind in Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL ausdrcklich genannt) und Notare. Dazu zhlen richtigerweise auch die Finanzierungs- und Rechtsberatung und die Beurkundung von Grundpfandrechtsbestellungen4; ferner die Verffentlichung von Immobilienverkaufsanzeigen5. Zu den sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder der Ausfhrung von Bauleistungen zhlen insbesondere die Leistungen der Architekten, Ingenieure und Handwerker.

8.56

Die Aufzhlung in § 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ist keine abschließende („insbesondere“), so daß ber die Generalklausel des Satzes 1 weitere Dienstleistungen erfaßt werden. Streitig ist, welcher Art der „Zusammenhang mit einem Grundstck“ sein muß. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung6 muß der Zusammenhang nicht notwendig eng sein. Dagegen sprechen sowohl der Gesetzes- als auch vor allem der EG-Richtlinien-Wortlaut. Erforderlich ist auch kein unmittelbarer, sondern lediglich ein sachlicher Zusammenhang.7 Wird die sonstige Leistung durch den Grundstcksbesitzer empfangen, so muß sie sich auf die Nutzung, Unterhaltung, Bebauung, Verußerung oder den Erwerb des Grundstcks beziehen, d. h. fr diese Zwecke verwendet 1 Vgl. auch EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, zum Grundstcksbegriff des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL (aus Fertigteilen montiertes, nur zu einem vorbergehenden Zweck errichtetes Gebude). 2 EuGH, EuGHE 1997, I-3827 = UR 1997, 443. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 341; Abschn. 34 Abs. 4 UStR 2005. 4 Martin in S/R, § 3a Rz. 81; Stadie in R/D, § 3a Anm. 59 f.; differenzierend Ruppe, § 3a Rz. 33 f.; aA. Abschn. 34 Abs. 9 Nr. 3 und 4 UStR 2005. 5 Stadie in R/D, § 3a Anm. 58; zust. Martin in S/R, § 3a Rz. 81; Leonard in B/G, § 3a Rz. 14; aA. Abschn. 34 Abs. 9 Nr. 2 UStR 2005; Birkenfeld, § 72 Rz. 1051; Ruppe, § 3a UStG Rz. 34. 6 Abschn. 34 Abs. 2 UStR 2005. 7 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 3a Anm. 66 ff.; vgl. auch Ruppe, § 3a Rz. 32.

228

IV. Ort der sonstigen Leistungen

werden. Das ist z. B. der Fall bei Beratungsleistungen der Rechtsanwlte bei Baumngeln1, bei Mietstreitigkeiten sowie bei Abfassung eines Mietvertrages2. Wird eine sonstige Leistung mit Hilfe des Grundstcks erbracht, so muß die Gebrauchsberlassung im Vordergrund stehen.3 3. Kulturelle, wissenschaftliche, unterhaltende, sportliche u. . Leistungen Kulturelle, knstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder hnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter (Rz. 60) sowie der damit zusammenhngenden Ttigkeiten, die fr die Ausbung der Leistungen unerlßlich sind, werden dort ausgefhrt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ttig wird (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG).4 Den aufgezhlten Ttigkeiten ist gemein, daß sie typischerweise im Rahmen von Veranstaltungen erbracht werden, so daß sie am Veranstaltungsort bewirkt werden.5 Damit wird zwar das Bestimmungslandprinzip verwirklicht, die Regelung fhrt jedoch dazu, daß die Leistung regelmßig nicht besteuert wird, wenn der leistende Unternehmer im Ausland ansssig ist und der Leistungsempfnger nicht nach § 13b UStG (dazu Rz. 13.1 ff.) Schuldner der Umsatzsteuer ist.

8.57

Nicht von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG wird die Einrumung von Nutzungs- und Verwertungsrechten an aufgezeichneten knstlerischen, unterhaltenden o. . Darbietungen erfaßt. Hierbei handelt es sich um sonstige Leistungen, die unter § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG (Rz. 97) – bzw. bei Einrumung des Verlagsrechts unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG (Rz. 96) – fallen.

8.58

Wissenschaftliche Leistungen, die unter § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG fallen, sind richtigerweise nur solche, die auf Veranstaltungen (Rz. 57) in Gestalt von Vortrgen, Teilnahme an Diskussionen u. . erbracht werden. Entgegen ganz einhelliger Meinung kann deshalb die Erstellung eines wissenschaftlichen Gutachtens nicht von der Vorschrift erfaßt werden, sondern fllt als Beratung stets unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG (Rz. 103). Nach h. M. soll es demgegenber fr die Abgrenzung darauf ankommen, ob das Gutachten fr den Empfnger eine konkrete Entscheidungshilfe darstelle.6 Abgesehen davon, daß dieses der Gutachtenersteller zumeist gar nicht beurteilen knnte und somit im Unklaren ber die Steuerbarkeit seines Umsatzes bliebe, was nicht Wille

8.59

1 AA. Abschn. 34 Abs. 9 UStR 2005; Martin in S/R, § 3a Rz. 75. 2 Stadie in R/D, § 3a Anm. 63, 71; differenzierend Ruppe § 3a Rz. 33 f.; Martin in S/R, § 3a Rz. 75. 3 Zur berlassung von Standflchen auf Messen und Ausstellungen s. BFH, BStBl. II 1995, 151; BFH/NV 1995, 1027; sowie Abschn. 34a UStR 2005 mit „Vereinfachungsbestimmungen“. 4 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. c Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL. 5 Vgl. BFH, BFH/NV 2003, 827, 829. 6 Abschn. 36 Abs. 4 UStR 2005; Martin in S/R, § 3a Rz. 97, 181 aE; Leonard in B/G, § 3a Rz. 21; Pflger in H/M, § 3a Rz. 95; Langer in R/K/L, § 3a Rz. 81; Lippross, 2.4.3.7.2 c; Msbauer, UR 1998, 134; vgl. auch Birkenfeld, § 74 Rz. 1069; Ruppe, § 3a Rz. 53.

229

Kap. 8 Leistungen im Inland

des Gesetz- bzw. Richtliniengebers sein kann, ergibt das vor allem auch keinen Sinn, weil jedes Gutachten eine Entscheidungshilfe und damit eine Beratung darstellt.1 Unabhngig davon wre das Abstellen auf den Ort des Ttigwerdens verfehlt, weil bei einem wissenschaftlichen Gutachten nicht das Ttigwerden, sondern die Mitteilung des Ergebnisses (des Inhalts) die sonstige Leistung darstellt. 8.60

hnliche Leistungen sind solche, die irgendeiner der aufgezhlten Ttigkeiten hnlich sind.2 Veranstalter ist, wer die Knstler, Sportler usw. im eigenen Namen und auf eigene Rechnung engagiert hat und damit deren Leistungen im eigenen Namen gegenber den Teilnehmern der Veranstaltung erbringt. Die mit den Leistungen der Knstler usw. oder den Leistungen der Veranstalter zusammenhngenden Leistungen mssen fr deren Ausbung „unerlßlich“ sein. Das ist z. B. bei tontechnischen Leistungen3, beim Bhnenaufbau, bei Ordnerdiensten u. . der Fall.

8.61

Die zuvor genannten sonstigen Leistungen werden dort ausgefhrt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ttig wird. Das ist der Ort, wo die Leistung erbracht (Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-RL: „tatschlich bewirkt“) wird, d. h. den Teilnehmern der Veranstaltung dargeboten wird. Ohne Belang ist deshalb, wo die Vorbereitungshandlungen, Proben o. . stattfinden. Zweifelhaft ist, ob als „Ort“ auch ein fahrendes Schiff in Betracht kommt.4 4. Arbeiten an beweglichen Gegenstnden und deren Begutachtung

8.62

(a) Bei Arbeiten an beweglichen krperlichen Gegenstnden und bei Begutachtung dieser Gegenstnde gilt als Grundsatz, daß der Ort dieser sonstigen Leistungen dort ist, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ttig wird (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG).5 Bei Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Auftraggeber kann sich der Ort verlagern (Rz. 66 ff.).

8.63

Bewegliche Gegenstnde sind solche, die nicht mit einem Grundstck oder Gebude fest verbunden sind, d. h. nicht unter § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 53) fallen. Arbeiten an beweglichen Gegenstnden sind nicht nur krperliche Eingriffe6 in diese, sondern liegen auch dann vor, wenn der Gegenstand nicht beoder verarbeitet wird, sondern lediglich Objekt der Arbeiten ist. Folglich werden auch das Kennzeichnen, Etikettieren, Ab- oder Umfllen, Reinigen, Warten7, 1 2 3 4

Stadie in R/D, § 3a Anm. 85 f. Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 272, 274; BFH/NV 2003, 827. EuGH; EuGHE 1996, I-4595 = UR 1997, 58 = BStBl. II 1998, 313. Bejahend BMF, BStBl. I 2002, 288, fr ein Seeschiff. Zu Veranstaltungen auf einem grenzberschreitenden Binnenschiff (Musikkapelle auf Rheinkreuzfahrtschiff) s. Stadie in R/D, § 3a Anm. 115. 5 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. c Gedankenstriche 3 und 4 der 6. EG-RL. 6 So aber wohl EuGH, EuGHE 1997, I-1195= UR 1997, 217, Tz. 16. 7 Abschn. 36 Abs. 5 Satz 2 UStR 2005; vgl. auch BFH, BStBl. II 2000, 14.

230

IV. Ort der sonstigen Leistungen

Einsammeln und Sortieren1 sowie die Vernichtung erfaßt. Arbeiten an beweglichen Gegenstnden liegen auch in den Fllen der sog. Umtauschmllerei (§ 3 Abs. 10 UstG; dazu Rz. 7.60) vor. Verwendet der Unternehmer bei den Arbeiten an dem Gegenstand selbst beschaffte Stoffe, die mit dem Gegenstand verbunden werden (und nicht gesondert berechnet werden, so daß eine getrennt zu sehende Lieferung vorlge, Rz. 7.77), so handelt es sich bei der gemischten Leistung um eine sonstige Leistung iS der Vorschrift, wenn das Lieferungselement zurcktritt, weil das Dienstleistungselement der einheitlichen Leistung das Geprge gibt (Rz. 7.82). Der Abgrenzung von der Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) bedarf es jedoch nicht, denn lge eine solche vor, so wre der Ort der Lieferung ebenfalls nach § 3 Abs. 6 Satz 1 oder Abs. 7 Satz 1 UStG dort, wo das Werk fertiggestellt worden war. Verwendet der Auftraggeber der Werklieferung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates und gelangt der Gegenstand vom Inland in das brige Gemeinschaftsgebiet, so greift die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG (Rz. 10.25) ein, die im Ergebnis der Nichtsteuerbarkeit im Falle der Werkleistung entsprche. Der Auftraggeber hat im anderen Mitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL). Im umgekehrten Fall, d. h. wenn die Bearbeitung des Gegenstandes im brigen Gemeinschaftsgebiet erfolgte und der Gegenstand anschließend in das Inland gelangt, ist die Lieferung bei Verwendung einer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Auftraggeber im betreffenden Mitgliedstaat steuerfrei (Art. 28c Teil A Buchst. a der 6. EG-RL) und der Auftraggeber hat einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG, Rz. 9.9, 9.14).

8.64

Der Ort dieser sonstigen Leistungen ist grundstzlich dort, wo der Unternehmer jeweils, d. h. fr die betreffende sonstige Leistung ausschließlich oder zum wesentlichen Teil, ttig wird (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG; Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-RL: „tatschlich bewirkt“ wird), d. h. wo sich der bearbeitete Gegenstand befindet. Bei der Begutachtung eines Gegenstandes liegt entgegen h. M. der Ort der Ttigkeit nicht dort, wo der Gutachter das schriftliche Gutachten abfaßt2, da dieser Ort willkrlich wre, sondern dort, wo sich der zu begutachtende Gegenstand befindet.3

8.65

(b) Verwendet4 der Leistungsempfnger (Auftraggeber) gegenber dem leistenden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer5, so gilt die unter dieser Nummer in Anspruch genommene Leistung als in dem Gebiet des anderen Mitgliedstaates ausgefhrt, sofern nicht der Gegenstand im Anschluß an die Leistung in dem Mitgliedstaat verbleibt, in dem er bearbeitet oder begutachtet wurde (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG).6 Der Zweck dieser

8.66

1 2 3 4

Unklar EuGH, EuGHE 2001, I-637 = UR 2001, 265, Tz. 43 ff. Birkenfeld, § 74 Rz. 1075; Martin in S/R, § 3a Rz. 110; Leonard in B/G, § 3a Rz. 22. Stadie in R/D, § 3a Anm. 137; vgl. auch Ruppe § 3a Rz. 64. Eine „Verwendung“ liegt auch vor, wenn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf dem Auftragsschreiben aufgedruckt ist; aA. Abschn. 42c Abs. 3 Satz 3 Satz 3 UStR 2005. 5 Handelt es sich bei der Nummer um eine ungltige, geflschte oder fremde, so genießt der Leistende in analoger Anwendung des § 6a Abs. 4 UStG (Rz. 10.46) Vertrauensschutz, wenn er den Mangel nicht erkennen konnte und auch keine Anfrage beim Bundesamt fr Finanzen nach § 18e Nr. 1 UStG (Rz. 10.47) angebracht war; Stadie in R/D, § 3a Anm. 141. 6 Entspricht Art. 28b Teil F der 6. EG-RL.

231

Kap. 8 Leistungen im Inland Regelung ist, den Ort in den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Auftraggeber umsatzsteuerrechtlich erfaßt ist, welches regelmßig der Ansssigkeitsstaat ist, in dem der Gegenstand dann vermutlich auch verwendet (verbraucht) wird. Damit wird sachgerecht das Bestimmungslandprinzip umgesetzt. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers (Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL bzw. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, Rz. 13.4 ff.) stellt die Besteuerung sicher. Zudem fhrt die Verlagerung des Ortes in den Ansssigkeitsstaat des Leistungsempfngers dazu, daß dieser die Vergtung der Vorsteuer nicht in dem Mitgliedstaat beantragen muß, in dem die sonstige Leistung tatschlich bewirkt worden war.

8.67

Der Gegenstand darf nicht in dem Mitgliedstaat verbleiben, in dem der leistende Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ttig geworden ist (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 3 UStG). Nicht erforderlich ist mithin, daß der Gegenstand in den Mitgliedstaat gelangt, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet wird, so daß er auch in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland gelangen kann. Unschdlich ist, wenn sich an die Bearbeitung oder Begutachtung eine weitere Werkleistung o. . Leistung durch einen anderen Unternehmer oder eine zwischenzeitliche Lagerung anschließt, bevor der Gegenstand das Land der Bearbeitung usw. verlßt.1

8.68

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer kann auch noch nach Durchfhrung der sonstigen Leistung durch nachtrgliche Mitteilung „verwendet“ werden; der Zweck der Vorschrift (Rz. 66) gebietet diese weite Auslegung2. Rckwirkung tritt richtigerweise nicht ein3, vielmehr ist § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG als Ausdruck eines allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsatzes (Rz. 12.79) anzuwenden, so daß die Berichtigung der Steuer fr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem der Leistungsempfnger dem Leistenden die Nummer mitgeteilt hat.

5. Vermittlungsleistungen 8.69

Eine Vermittlungsleistung wird grundstzlich an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgefhrt wird (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG).4 Unter Vermittlung ist die Herbeifhrung der Abschlußbereitschaft des Vertragspartners des Auftraggebers zu verstehen; dazu gehrt auch der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages. Hingegen liegt keine Vermittlung im Falle der sog. Untervermittlung vor, wenn nmlich nur im Auftrag eines Dritten das Erforderliche getan wird, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen.5

8.70

Der Vermittler ist typischerweise ein Makler, der lediglich den Vertragsschluß vorbereitet und die Vertragsparteien zusammenfhrt, welche dann den Vertrag schließen. Er kann jedoch auch zustzlich als Vertreter fr seinen Auftraggeber fungieren. 1 Stadie in R/D, § 3a Anm. 145 f. 2 Stadie in R/D, § 3a Anm. 142; vgl. auch Ruppe, Art. 3a BMR Rz. 6 (sptestens im Zeitpunkt der Abrechnung); vgl. auch Abschn. 42c Abs. 3 UStR 2005; aA. Leonhard in B/G, § 3a Rz. 23. 3 AA. Abschn. 42c Abs. 3 Satz 5 f. UStR 2005; Birkenfeld, § 74 Rz. 1074.1. 4 Entspricht Art. 28b Teil E Abs. 3 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-10237 = UR 2002, 84, Tz. 39; BFH, BStBl. II 2003, 958.

232

IV. Ort der sonstigen Leistungen Demgegenber spricht Art. 28b Teil E Abs. 1–3 der 6. EG-RL1 von „Vermittlern, die im Namen und fr Rechnung Dritter handeln“. Daraus mßte nach deutschem Zivilrechtsverstndnis geschlossen werden, daß die Person nicht als schlichter Vermittler (ohne Abschlußvollmacht), sondern zugleich auch als Vertreter handeln muß, denn ein schlichter Vermittler handelt nicht im Namen des Auftraggebers und nicht fr dessen Rechnung, da sein Handeln keine Rechtsfolgen in der Person des Auftraggebers eintreten lßt.2 Es ergbe jedoch keinen Sinn, wenn nur der Vertreter erfaßt wrde, so daß angenommen werden muß, daß die Formulierung nicht nur den Vermittler mit Vertretungsmacht, sondern auch den schlichten Vermittler im Auge hat.3 Dafr spricht auch, daß der romanische Rechtskreis und das common law nicht die Trennung zwischen Auftrag und Vertretungsmacht bzw. Vermittler und Vertreter kennen.4 Vermutlich soll mit dem Relativsatz „die im Namen und fr Rechnung Dritter handeln“ nur klargestellt werden, daß „Vermittler“ im weiteren Sinne, die im eigenen Namen, aber fr fremde Rechnung handeln, nicht erfaßt werden. Das sind solche Mittelspersonen, die als sog. Leistungskommissionre (Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL, entspricht § 3 Abs. 11 UStG), d. h. als Geschftsbesorger eine sonstige Leistung im eigenen Namen fr fremde Rechnung „einkaufen“ (Rz. 7.61 ff.).

Die Regeln des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG finden nur dann Anwendung, wenn keine speziellen Bestimmungen eingreifen. Ein solcher Vorrang ist ausdrcklich in Satz 3 dieser Vorschrift angesprochen. Danach bestimmt sich fr die Vermittlung der in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten sog. Katalogleistungen der Ort nach § 3a Abs. 4 Nr. 10 iVm. Abs. 3 bzw. Abs. 1 UStG (Rz. 114). Ferner gelten fr die Vermittlung innergemeinschaftlicher Gterbefrderungen und der damit zusammenhngenden Leistungen die Bestimmungen des § 3b Abs. 5 und 6 UStG (Rz. 135, 137). Außerdem ist § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG nicht auf Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck anzuwenden, da § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG lex specialis ist.5

8.71

Nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG wird die Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgefhrt wird, auch wenn der Empfnger der Vermittlung kein Unternehmer ist.6 Maßgebend sind mithin die Regeln ber den Ort der vermittelten Lieferung, sonstigen Leistung oder des innergemeinschaftlichen Erwerbs. Kommt es nicht zu einem Umsatz oder betrifft die Vermittlung einen Vertrag, dessen Durchfhrung keinen Umsatz darstellt, so richtet sich der Ort der Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 1 UStG.7

8.72

1 Ebenso Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 7 und Art. 15 Nr. 14 der 6. EG-RL. 2 Verfehlt ist deshalb die Definition der „Vermittlung“ in Abschn. 52 Abs. 1 UStR 2005 und bei Birkenfeld, § 92 Rz. 106. 3 So ausdrcklich Art. 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-RL: „Versicherungsmakler und -vertreter“. 4 Vgl. Schlußantrag d. Generalanwalts Mischo in der Rs. C-8/01, Rz. 86, UR 2004, 86 Fn. 1. 5 Das folgt zum einen daraus, daß Grundstcksmakler ausdrcklich in Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL (entspricht § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG) genannt sind, und zum anderen daraus, daß Art. 28b Teil E Abs. 3 der 6. EG-RL die Vermittlungsleistungen abweichend von Art. 9 Abs. 1 regelt, so daß Art. 9 Abs. 2 Buchst. a unberhrt bleibt. 6 EuGH, UR 2004, 355. 7 BFH, BFH/NV 1995, 458; 2003, 830.

233

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.73

Verwendet1 der Leistungsempfnger gegenber dem Vermittler eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer2, so gilt die unter dieser Nummer3 in Anspruch genommene Vermittlungsleistung als in dem Gebiet des anderen Mitgliedstaates ausgefhrt (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG).4 Der Zweck dieser Regelung ist, den Ort in den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Auftraggeber (Leistungsempfnger) umsatzsteuerrechtlich erfaßt ist. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers (Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL bzw. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG, dazu Rz. 13.4 ff.) stellt die Besteuerung sicher. Zudem fhrt die Verlagerung des Ortes in den Ansssigkeitsstaat des Leistungsempfngers dazu, daß dieser die Vergtung der Vorsteuer nicht in dem Mitgliedstaat beantragen muß, in dem die Vermittlungsleistung anderenfalls versteuert worden wre.

6. Sog. Katalogleistungen a) Allgemeines 8.74

Bei den in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen (sog. Katalogleistungen, Rz. 93 ff.) bestimmt sich der Ort nach einem komplizierten Regelwerk. Sofern sie nicht unter § 3a Abs. 2 UStG fallen – weil sie z. B. im Zusammenhang mit einem Grundstck stehen (Rz. 52) –, ergibt sich der Ort aus § 3a Abs. 3 oder Abs. 15 UStG.6

8.75

Ist der Leistungsempfnger Unternehmer, so bestimmt sich der Ort nach dessen Unternehmensansssigkeit (§ 3a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG, Rz. 80 ff.). Ist er kein Unternehmer, so kommt es darauf an, ob er im Drittlandsgebiet (Rz. 87 f.) oder im Gemeinschaftsgebiet (Rz. 89 ff.) ansssig ist. Hat er seine Ansssigkeit im Drittlandsgebiet, so wird die sonstige Leistung dort ausgefhrt (§ 3a Abs. 3 Satz 3 UStG). Anderenfalls richtet sich – da § 3a Abs. 3 UStG dafr keine Regelung enthlt – der Ort grundstzlich nach der Ansssigkeit des leistenden Unternehmers (§ 3a Abs. 1 UStG).

8.76

§ 3a Abs. 3 UStG verfolgt in Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EGRL das Bestimmungsland-Prinzip, d. h. den Ort in das Land zu legen, in dem der Empfnger ansssig ist und mithin typischerweise die Leistung genutzt oder verwertet, d. h. „verbraucht“ wird. Dieses Prinzip kommt jedoch nur insoweit uneingeschrnkt zum Tragen, als der Empfnger außerhalb der Gemeinschaft ansssig ist. Ist der Leistungsempfnger hingegen im Gemeinschaftsgebiet ansssig, so wird das Bestimmungsland-Prinzip nicht angewendet, soweit die Gefahr der Nichtbesteuerung besteht. Die Erhebung der Steuer im Bestimmungsland ist nur dann gewhrleistet, wenn der Empfnger nach 1 2 3 4 5

Zur „Verwendung“ s. Rz. 66 Fn. Zum Vertrauensschutz s. Rz. 66 Fn. Zur nachtrglichen Verwendung s. Rz. 68. Entspricht Art. 28b Teil E Abs. 3 Unterabs. 2 der 6. EG-RL. Letzterer kann in bestimmten Fllen durch § 1 UStDV (Rz. 91 f.) und bei auf elektronischem Wege erbrachten Dienstleistungen durch § 3a Abs. 3a UStG (Rz. 126) modifiziert werden. 6 Die gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen finden sich in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e und f, Abs. 3 und 4 der 6. EG-RL.

234

IV. Ort der sonstigen Leistungen

Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL iVm. den entsprechenden Bestimmungen der Mitgliedstaaten (in Deutschland § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG, dazu Rz. 13.4 ff.) zwingend Schuldner der Steuer ist. Das ist nur bei – „normalen“ (Rz. 13.41) Unternehmern – der Fall. Allein durch die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers erklrt und rechtfertigt sich die Verlagerung des Ortes. Auf Grund dieses Zusammenspiels von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e und Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL sind folglich § 3a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG und § 13b UStG bereinstimmend auszulegen.1 Anderenfalls wird das Bestimmungsland-Prinzip durch das vorrangige Ziel, die Besteuerung im Gemeinschaftsgebiet sicherzustellen, verdrngt. Damit erfolgt zwar die Besteuerung nicht im richtigen Land, aber es ist wenigstens prinzipiell die Besteuerung gewhrleistet, wenn der leistende Unternehmer in der Gemeinschaft ansssig ist, da dieser dann der Kontrolle durch die Steuerverwaltung in seinem Ansssigkeitsstaat unterliegt (oder jedenfalls unterliegen knnte). Wre statt dessen der Ort auch in diesem Fall im Bestimmungsland, so wrde die dortige Steuerverwaltung regelmßig nicht erfahren, daß in ihrem Land ein im brigen Gemeinschaftsgebiet ansssiger Unternehmer eine sonstige Leistung ausgefhrt hat.

8.77

Beispiele:

8.78

Ein Steuerberater bert in seiner Hamburger Kanzlei oder mittels eines Mobiltelefons am Strand von Nizza (1) einen Unternehmer aus (d. h.: mit Ansssigkeit in) Belgien, (2) einen Unternehmer aus der Schweiz, (3) eine Privatperson aus Russland bzw. (4) eine Privatperson aus sterreich. Der Ort der in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG genannten Beratungsleistung ist – in den Fllen (1) und (2) nach § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG in Belgien bzw. in der Schweiz, da der Empfnger jeweils Unternehmer ist, – im Falle (3) nach § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG in Rußland, weil der Empfnger im Drittlandsgebiet ansssig ist, und – im Falle (4) nach § 3a Abs. 1 UStG in Deutschland, da fr diesen Fall § 3a Abs. 3 UStG keine Aussage enthlt, so daß § 3a Abs. 1 UStG eingreift. In den Fllen (1)–(3) ist der Ort verbrauchsteuerkonform im Lande des mutmaßlichen Verbrauchs der sonstigen Leistung (Bestimmungsland-Prinzip). Im Falle (1) ist die Besteuerung im zur Gemeinschaft gehrenden Bestimmungsland dadurch sichergestellt, daß der Empfnger als Unternehmer (aufgrund EG-einheitlicher Vorgabe, Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL) Schuldner der belgischen Umsatzsteuer ist (im umgekehrten Fall griffe die deutsche Regelung des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG, Rz. 13.4 ff.). Der Grundsatz des Bestimmungsland-Prinzips (Verbrauchsortprinzips) wird im Falle (4) durchbrochen, weil anderenfalls die Besteuerung innerhalb der Gemeinschaft nicht sichergestellt wre. Wre der Ort auch in diesem Fall in sterreich, so wrde im Regel1 Stadie in R/D, § 3 a Anm. 27 f.

235

Kap. 8 Leistungen im Inland fall die Besteuerung in sterreich nicht durchgefhrt werden, da den dortigen Behrden der Vorgang so gut wie nie bekannt wrde. Doch selbst wenn das per Zufall geschhe, wre die Besteuerung des Unternehmers aus Deutschland nur im Wege der Amtshilfe mglich. Die Besteuerung in Deutschland erfolgt zwar im falschen Land der EG, sie findet aber wenigstens statt (im Regelfall).

8.79

Die Bestimmung des Ortes bei den sog. Katalogleistungen hngt somit von Eigenschaften (Unternehmer, Nichtunternehmer) und Umstnden (Ansssigkeit, Nutzung im Inland1) auf Seiten des Empfngers ab. Nach den Regeln ber die objektive Beweislast mßte der im Inland ansssige Unternehmer seine Annahme, daß der Ort abweichend von § 3a Abs. 1 UStG nach dessen Absatz 3 nicht im Inland liegt, „nachweisen“. Den Unternehmer treffen jedoch keine Nachforschungspflichten. Auch § 90 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da es nicht um „Vorgnge“ im Ausland, sondern nur um Eigenschaften und Umstnde auf Seiten des Umsatzempfngers geht. Da der Unternehmer nur Gehilfe des Staates bei der Besteuerung der Verbraucher ist (Rz. 1.18), ist es unzumutbar, ihm das Risiko der zutreffenden Besteuerung seiner Umstze aufzuladen. Zumutbar ist es lediglich, daß der Unternehmer sich leicht beschaffbare Belege besorgt. Bei gebotenen Zweifeln an der Unternehmereigenschaft seines im Gemeinschaftsgebiet ansssigen Vertragspartners obliegt es deshalb dem Unternehmer grundstzlich, sich vom Leistungsempfnger eine Besttigung der fr ihn zustndigen auslndischen Steuerbehrde ber seine Unternehmereigenschaft vorlegen zu lassen. Die Verwendung einer durch das Bundesamt fr Finanzen besttigten (§ 18e Nr. 1 UStG) auslndischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer reicht aus (arg. § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2, Nr. 4 Satz 2, § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG2). Bei gebotenen Zweifeln ber die Ansssigkeit des Leistungsempfngers im Drittlandsgebiet gengt die Fertigung einer Kopie des Reisepasses, Personalausweises oder eines hnlichen Dokuments (s. auch Rz. 88). b) Unternehmer als Leistungsempfnger

8.80

Ist der Empfnger einer Katalogleistung Unternehmer, so wird – sofern nicht § 3a Abs. 2 UStG vorgeht – die sonstige Leistung dort ausgefhrt, wo er sein Unternehmen betreibt (Rz. 83). Wird die sonstige Leistung gegenber einer Betriebssttte ausgefhrt, so ist statt dessen3 der Ort der „Betriebssttte“ (Rz. 85 f.) maßgebend (§ 3a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG).

8.81

aa) Die Unternehmereigenschaft bestimmt sich nach § 2 UStG iVm. Art. 4 der 6. EG-RL (dazu Rz. 5.1 ff.). Nach dem Wortlaut des § 3a Abs. 3 UStG wie 1 Voraussetzung des § 1 UStDV (Rz. 92 f.). 2 Bzw. Art. 28b Teil C Abs. 3, Teil E Abs. 3 und Teil F der 6. EG-RL. 3 Aus dem „oder“ in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL folgt nicht etwa ein Wahlrecht der Finanzbehrden der Mitgliedstaaten, den steuerlich zweckdienlichsten Anknpfungspunkt zu bestimmen. Die verfehlte gegenteilige Auffassung des EuGH zur entsprechenden Formulierung des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL drfte inzwischen vom EuGH klammheimlich aufgegeben worden sein; dazu nher Stadie in R/D § 3a Anm. 20 ff. mN. d. EuGH-Rspr.

236

IV. Ort der sonstigen Leistungen

auch des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL mßte es unerheblich sein, ob die Umstze des Leistungsempfngers vollen Umfangs steuerfrei (ohne Vorsteuerabzug) sind oder Sonderregelungen fr Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG, Art. 24 der 6. EG-RL) oder fr pauschalierende Landwirte (§ 24 Abs. 1 UStG, Art. 25 der 6. EG-RL) gelten. Eine derartige Sichtweise wrde jedoch das Junktim zwischen der Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL und der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG bzw. Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL) verkennen. Die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistungen zum im brigen Gemeinschaftsgebiet ansssigen Empfnger oder im umgekehrten Fall, wenn der leistende Unternehmer im Ausland ist, zum Leistungsempfnger im Inland, kommt nur dann in Betracht, wenn der Empfnger Steuerschuldner ist. Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL und § 13b Abs. 2 UStG sprechen zwar ebenfalls nur vom „steuerpflichtigen Empfnger“ bzw. vom „Unternehmer“, so daß auch die oben genannten Unternehmer Steuerschuldner wren, diese Bestimmungen bedrfen jedoch der teleologischen Reduktion dergestalt, daß Unternehmer in Gestalt natrlicher Personen mit ausschließlich steuerfreien Umstzen, Kleinunternehmer und pauschalierende Land- und Forstwirte nicht von der Steuerschuldnerschaft betroffen sind und folglich auch nicht unter § 3a Abs. 3 UStG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL fallen (Rz. 13.40). Nach ganz herrschender Auffassung soll es nicht ausreichen, daß der Leistungsempfnger Unternehmer ist, es msse vielmehr hinzukommen, daß die Leistung auch fr sein Unternehmen bezogen werde.1 Dagegen spricht schon der Gesetzeswortlaut, da § 3a Abs. 3 UStG keine derartige Einschrnkung enthlt und sich ansonsten im Umsatzsteuergesetz stets entsprechende ausdrckliche Zustze finden.2 Ferner folgt aus dem Zusammenspiel zwischen § 3a Abs. 3 UStG und § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG (Rz. 13.4 ff.), daß die Verlagerung des Ortes auch dann eintritt, wenn die Leistung nicht fr das Unternehmen bezogen wird, da § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG und Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL auch fr diesen Fall die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers vorsehen (Rz. 13.42). Das ist auch nur sachgerecht, da damit das Bestimmungsland-Prinzip auch insoweit verwirklicht wird. Hinzu kommt, daß der leistende Unternehmer hufig nicht beurteilen kann, ob bzw. in welchem Umfang der Empfnger die Dienstleistung fr sein Unternehmen bezieht, und diese Ungewißheit nicht zu seinen Lasten gehen darf, da er nur Gehilfe des Staates ist (Rz. 5.1).

8.82

Das Unternehmen wird dort betrieben, wo der Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit ist (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL), d. h. wo sich der Mittelpunkt der geschftlichen Oberleitung (vgl. § 10 AO) befindet, nmlich die wesentlichen geschftlichen Entscheidungen getroffen werden (vgl. Rz. 13.14).

8.83

1 Abschn. 38 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 UStR 2005; Birkenfeld, § 75 Rz. 1138; Martin in S/R, § 3a Rz. 152; Leonard in B/G, § 3a Rz. 25; Ruppe, § 3a Rz. 65. 2 Vgl. z. B. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 9 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 und § 25b Abs. 1 Satz 2 UStG.

237

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.84

bb) Die sonstige Leistung ist an eine1 Betriebssttte (iS einer festen Niederlassung, Rz. 85) ausgefhrt, wenn sie dieser zuzuordnen ist, d. h. in dieser fr deren Zwecke verwendet wird.2 Daß eine Betriebssttte (bzw. feste Niederlassung) nicht im zivilrechtlichen Sinne Auftraggeber und Leistungsempfnger sein kann, ist unerheblich, da es nur auf die Verwendung der Leistung ankommt3 (s. Beispiel zu Rz. 86).

8.85

Der Begriff der Betriebssttte iS des § 3a UStG bestimmt sich nicht nach § 12 AO.4 Danach ist Betriebssttte jede feste Geschftseinrichtung oder Anlage, die der Ttigkeit eines Unternehmens dient. Diese weit gefaßte Definition ist nicht mit dem Begriff der festen Niederlassung, den Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL verwenden, zu vereinbaren. Danach muß die feste Niederlassung eine Einrichtung sein, „von wo aus die Dienstleistung erbracht wird“ (Art. 9 Abs. 1) bzw. „fr welche die Dienstleistung erbracht worden ist“ (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e). Demgemß fordert der EuGH als Voraussetzung einer festen Niederlassung iS des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL ein stndiges Zusammenwirken von persnlichen und Sachmitteln, die fr die Erbringung der betreffenden Leistungen erforderlich sind.5 Die Niederlassung muß mithin ber einen hinreichenden Grad an Bestndigkeit verfgen, in deren Rahmen Vertrge abgefaßt oder Entscheidungen ber die Geschftsfhrung getroffen werden knnen, d. h. eine Struktur haben, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Leistungen ermglicht.6 Diese Umschreibung ist auf die feste Niederlassung iS des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL zu bertragen, so daß die meisten Regelbeispiele des § 12 Satz 2 AO nicht die Voraussetzungen einer festen Niederlassung erfllen. Der Begriff der Betriebsttte iS des § 3a UStG ist folglich richtlinienkonform im Sinne einer festen Niederlassung, wie sie vom EuGH zutreffend umschrieben wird, zu verstehen.7

1 Die Formulierung des § 3a Abs. 3 Satz 2 UStG „an die“ ist verfehlt, da der Unternehmer mehrere Betriebssttten haben kann. Zutreffend hingegen Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL: „eine“ feste Niederlassung. 2 Bei teilweiser Verwendung durch eine Betriebssttte kommt m. E. eine Aufteilung auf das Stammhaus und die Betriebssttte bzw. auf mehrere in Betracht; Stadie in R/D, § 3a Anm. 184; aA. Abschn. 38 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 UStR 2005. 3 Deshalb ist es auch ohne Belang, ob die Betriebssttte den Auftrag „erteilt“ bzw. die sonstige Leistung bezahlt hat. 4 So aber BFH, BStBl. II 1998, 278; Martin in S/R, § 3a Rz. 54; Langer, in R/K/L, § 3a Rz. 24; Kossack in O/S/L, § 3a Rz. 16; widersprchlich Abschn. 33 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStR 2005. 5 EuGH, EuGHE 1985, 2251 = UR 1985, 226, Tz. 17 f.; EuGHE 1996, I-2395 = UR 1996, 220 = BStBl. II 1998, 282, Tz. 17; EuGHE 1997, I-1005 = UR 1997, 179, Tz. 20. 6 EuGH, EuGHE 1997, I-4383 = UR 1998, 185, Tz. 16, 19; EuGHE 1998, I-2553 = UR 1998, 343, Tz. 24, 26. 7 Ebenso H.-F. Lange, UR 1999, 149, 152; Hidien, UR 2000, 232; jetzt auch BFH, BFH/ NV 2003, 830; Leonard in B/G, § 3a Rz. 5; i. E. auch Abschn. 33 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005.

238

IV. Ort der sonstigen Leistungen Eine feste Niederlassung setzt m. E. eine feste Verbindung mit der Erdoberflche voraus, so daß ein Schiff, welches Befrderungszwecken dient, keine feste Niederlassung ist bzw. sich auf diesem keine solche befinden kann.1 Das schließt es nicht aus, die Einrichtung eines Unternehmers auf einem Seeschiff, auf dem er ttig ist, im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL bzw. des § 3a Abs. 3 Satz 2 UStG wie eine feste Niederlassung zu behandeln, da der Verbrauch der ihm gegenber erbrachten Dienstleistungen nicht im Gemeinschaftsgebiet erfolgt.

Eine Tochtergesellschaft ist als feste Niederlassung der Muttergesellschaft anzusehen, wenn sie als Agent (Vertreter) fr diese auf vertraglicher Grundlage als bloße Hilfsperson der Muttergesellschaft handelt2, da es im Hinblick auf das Bestimmungsland-Prinzip und das Gleichbehandlungsgebot keinen Unterschied machen darf, ob sich ein Unternehmer in einem Land mittels einer unselbstndigen Zweigniederlassung oder mittels einer zivilrechtlich selbstndigen Tochtergesellschaft wirtschaftlich bettigt.

8.86

Beispiel: Die in Italien ansssige Versicherungsgesellschaft I hat eine Tochtergesellschaft D in Deutschland, mit der ein sog. Beherrschungsvertrag besteht. Die I lßt von dem in Belgien ansssigen B Werbung fr die Versicherungsprodukte der D in deutschen Fernsehsendungen betreiben. Auftraggeber der Werbeleistungen des B ist zwar die I, gleichwohl ist die Werbung der D zuzuordnen, da sie deren Versicherungsttigkeit dient. Der Ort der Werbeleistungen des B ist folglich nicht in Italien, sondern nach § 3a Abs. 3 Satz 2 UStG in Deutschland, da die D als feste Niederlassung der I fungiert. I ist demgemß Schuldner der deutschen Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG (Rz. 13.4 ff.).

c) Nichtunternehmer als Leistungsempfnger aa) Ansssigkeit im Drittlandsgebiet Ist der Empfnger Nichtunternehmer und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, so wird die sonstige Leistung dort ausgefhrt (§ 3a Abs. 3 Satz 3 UStG), sofern nicht eine der Regelungen des § 3a Abs. 2 UStG vorgeht (Rz. 52 ff.). Damit wird das Bestimmungslandprinzip verwirklicht.

8.87

Bei einer natrlichen Person ist auf ihren Wohnsitz, d. h. auf den Wohnort oder blichen Aufenthaltsort (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL) als rtlicher Mittelpunkt des Lebens abzustellen. Da den Unternehmer keine Nachforschungspflichten treffen (Rz. 79), kann er regelmßig auf die Angaben im Paß, Personalausweis o. . abstellen und zum Nachweis eine Kopie davon aufbewahren (arg. Art. 15 Nr. 2 Unterabs. 3 Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL bzw. § 6 Abs. 3a Nr. 1 UStG iVm. § 17 UStDV). Bei juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Personenvereinigungen bzw. Vermgensmas-

8.88

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1998, 278; FG Dsseldorf, EFG 2002, 1484 (Rev. V R 30/02); aA. BMF, BStBl. I 2002, 288 (Seeschiff); wohl auch EuGH, EuGHE 1985, 2251 = UR 226 (Fhrschiff); unklar auch EuGH, EuGHE 1996, I-2395 = UR 1996, 220 = BStBl. II 1998, 282, Tz. 17 f. (Fhrschiff); offengelassen von BFH, BStBl. II 1999, 108. 2 EuGH, EuGHE 1997, I-1005 = UR 1997, 179, Tz. 25 ff.

239

Kap. 8 Leistungen im Inland

sen ist entgegen § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG nicht der statuarische Sitz iS des § 11 AO maßgebend, sondern in Anlehnung an Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL der Sitz der Ttigkeit, d. h. der Ort der Geschftsleitung (vgl. Rz. 83). bb) Ansssigkeit im Gemeinschaftsgebiet (1) Grundsatz 8.89

Ist der Wohnsitz oder Sitz des Leistungsempfngers im Gemeinschaftsgebiet, so bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistungen grundstzlich nach der Ansssigkeit des leistenden Unternehmers. Der Ort ist grundstzlich dort, von wo aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG), d. h. wo sich der Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit befindet (Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL), nmlich die wesentlichen geschftlichen Entscheidungen getroffen werden (Rz. 83). Das gilt auch, wenn der Unternehmer außerhalb des Gemeinschaftsgebietes ansssig ist. Lediglich in Ausnahmefllen wird der Ort in das Inland verlagert (Rz. 92 f.).

8.90

Wird die sonstige Leistung von einer Betriebssttte ausgefhrt, so gilt die Betriebssttte als Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).1 Der Begriff der Betriebssttte ist nicht gem. § 12 AO zu bestimmen, sondern richtlinienkonform im Sinne einer festen Niederlassung (Art. 9 Abs. 1 der 6. EGRL) zu verstehen (Rz. 85). Unter den Begriff der festen Niederlassung kann auch eine Tochtergesellschaft fallen, wenn sie als bloße Hilfsperson fungiert (Rz. 86), nicht jedoch ein Subunternehmer.2 Ein sog. Internet-Server stellt keine Betriebssttte im Sinne einer festen Niederlassung dar, weil es an der personellen Ausstattung (Rz. 85) mangelt.3

8.91

Die sonstige Leistung wird von einer Betriebssttte (im Sinne einer festen Niederlassung) ausgefhrt, wenn die Leistungserbringung ihr zuzurechnen ist, nmlich durch Mitarbeiter der Betriebssttte erbracht, d. h. angeboten und „verkauft“4 wird.5 Daß die Betriebssttte nicht Vertragspartner der Leistungsempfnger wird, ist ohne Belang, da es nur um die territoriale Zuordnung der sonstigen Leistung geht. Sofern diese einer Betriebssttte zuzurech-

1 Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL bestimmt, daß in Ermangelung eines Sitzes oder einer festen Niederlassung sich der Ort nach dem Wohnort oder dem blichen Aufenthaltsort des Steuerpflichtigen bestimme. Das drfte jedoch berflssig sein, denn wenn der Steuerpflichtige keinen gesonderten Sitz seiner wirtschaftlichen Ttigkeit hat, dann befindet sich dieser automatisch am Wohnort oder gewhnlichen Aufenthaltsort. 2 BFH, BFH/NV 1999, 839. 3 Reg.-Begr. zu § 3a Abs. 3a UStG, BT-Drucks. 15/287. 4 Vgl. zu Reiseleistungen EuGH; EuGHE 1997, I-1005 = UR 1997, 179, Tz. 22. 5 Zur Zurechnung, wenn mehrere Betriebssttten beteiligt sind, s. Abschn. 33 Abs. 1 Satz 9 UStR 2005; Stadie in R/D, § 3a Anm. 305; Lange, UR 1999, 149; Martin in S/R, § 3a Rz. 53.

240

IV. Ort der sonstigen Leistungen

nen ist, befindet sich der Ort der Leistung zwingend dort (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).1 (2) Ausnahme Ist der die Dienstleistung erbringende Unternehmer im Drittlandsgebiet ansssig, so fhrt, wenn der Empfnger der Leistung im Gemeinschaftsgebiet ansssig ist, die Anwendung des § 3a Abs. 1 UStG dazu, daß die Leistung nicht im Gemeinschaftsgebiet besteuert wird, obwohl sie dort verbraucht wird. Nach § 3a Abs. 5 UStG2 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStDV wird deshalb bei den in § 3a Abs. 4 Nr. 1 bis 11 UStG bezeichneten sog. Katalogleistungen der Ort abweichend von § 3a Abs. 1 UStG in das Inland verlegt, wenn der Leistungsempfnger eine im Inland ansssige juristische Person des ffentlichen Rechts ist und die jeweilige Leistung im Inland genutzt oder ausgewertet wird. Diese Regelung erklrt sich vor dem Hintergrund, daß juristische Personen des ffentlichen Rechts nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG als Leistungsempfnger Steuerschuldner sind (Rz. 13.4, 13.45), so daß die Besteuerung sichergestellt ist, weil bei ihnen davon ausgegangen werden kann, daß sie ihren steuerrechtlichen Pflichten nachkommen (sofern sie diese kennen).

8.92

Bei den brigen Katalogleistungen in Gestalt der Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG, Rz. 116) und Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG, Rz. 117) wird der Ort ebenfalls in das Inland verlagert, wenn diese Leistungen hier genutzt oder ausgewertet werden (§ 3a Abs. 5 UStG iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStDV3). Die Versteuerung im Inland hngt aber weitgehend vom guten Willen der im Drittlandsgebiet ansssigen Unternehmer ab, sofern nicht eine juristische Person des ffentlichen Rechts Leistungsempfnger und damit Steuerschuldner ist. Bei auf elektronischem Wege erbrachten sonstigen Leistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG) wird der Ort ebenfalls in das Inland verlagert (§ 3a Abs. 3a UStG, Rz. 126).

8.93

d) Einzelne Katalogleistungen Zu den sonstigen Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG zhlen die in § 3a Abs. 4 UStG abschließend aufgezhlten Dienstleistungen. Wird eine Dienstleistung vom Wortlaut mehrerer Nummern des § 3a Abs. 4 UStG erfaßt, so bedarf es der Abgrenzung nur dann, wenn das fr die Anwendung des § 3a Abs. 3a UStG (Rz. 126) oder des § 1 UStDV (Rz. 92 f.) von Bedeutung ist. Bei einer einheitlichen (komplexen, gemischten) Leistung, die sich aus mehreren Dienstleistungselementen zusammensetzt, die bei isolierter Sicht nicht smtlich unter § 3a Abs. 4 UStG fallen, bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 1 UStG, sofern nicht ein Dienstleistungselement der Gesamtleistung das Geprge gibt, so daß dieses fr die Ortsbestimmung maßgebend ist.

1 Die gegenteilige These des EuGH drfte von diesem wohl aufgegeben sein (Rz. 80 Fn.); ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 3a Anm. 21 f.; aA. BFH, BStBl. II 1999, 108; BFH/NV 1999, 839. 2 Entspricht Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL. 3 Entspricht Art. 9 Abs. 4 iVm. Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL.

241

8.94

Kap. 8 Leistungen im Inland

aa) Einrumung, bertragung, Wahrnehmung sowie der Verzicht auf die Ausbung von Schutz- u. . Rechten 8.95

(1) Als sonstige Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG gelten gemß § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG1 die Einrumung, bertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und hnlichen Rechten. Als letztere kommen insbesondere vergleichbare Rechte wie das Recht am eigenen Bild, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusterrechte sowie das Verlagsrecht in Betracht. Gemeinsames Merkmal dieser Rechte ist die alleinige Befugnis des Inhabers, das jeweilige Recht zu nutzen, zu verwerten und andere davon auszuschließen.2 hnliche Rechte sind auch subjektive ffentliche Rechte in Gestalt von Konzessionen sowie vergleichbare dingliche und schuldrechtlich begrndete Rechtspositionen, soweit sich diese nicht auf Grundstcke beziehen (vgl. Rz. 55).

8.96

Der Begriff der Einrumung bezieht sich nur auf das Verlagsrecht, auf Konzessionen und auf andere vertraglich begrndbare Rechte. bertragung ist die Vollrechtsbertragung, so daß die Einrumung von Nutzungs-, Verwertungs-, Lizenz- u. . Rechten (mit Ausnahme des Verlagsrechts) nicht unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG, sondern unter die Nr. 8 dieser Vorschrift fllt (Rz. 97). Die Wahrnehmung eines Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechts liegt vor, wenn ein Unternehmer fr Rechnung des Inhabers des Rechts zur Wahrung von dessen Interessen ttig wird3, z. B. als sog. Verwertungsgesellschaft (vgl. Rz. 7.59).

8.97

(2) Nach § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG4 zhlt auch der Verzicht auf die Ausbung der in § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG bezeichneten Rechte zu den sonstigen Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG. Hierbei handelt es sich um eine Duldungsleistung (vgl. Rz. 7.56), indem der Inhaber des geschtzten Rechts gegenber dem Vertragspartner auf seine mit dem Urheberrecht usw. verbundene absolute Befugnis verzichtet, jeden von der Nutzung, Verwertung usw. auszuschließen. Es handelt sich insbesondere um die Einrumung von Nutzungs-, Verwertungs-, Lizenz- u. . Rechten, die nicht unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG fllt, da nicht das gesamte Recht bertragen wird. Auch bei der Freigabe eines Berufsfußballspielers gegen Ablsezahlung wird auf die Ausbung eines hnlichen Rechts (vgl. Rz. 2.22) verzichtet.5

8.98

Kein Fall des § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG ist gegeben, wenn der Verzicht auf die Ausbung eines Urheberrechts nur die notwendige Voraussetzung fr die Erbringung einer Liefe1 Erfaßt nur z. T. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL; der restliche Teil wird von § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG umgesetzt. 2 Vgl. §§ 6, 139 PatG, §§ 11, 15, 97 UrhG, §§ 14, 15 MarkenG, § 1 GeschmMG, §§ 8, 9 VerlG. 3 Vgl. § 1 Abs. 1 des Gesetzes ber die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten. 4 Im Ergebnis ebenso Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 4 Halbs. 2 der 6. EG-RL, der allerdings fehlerhaft (Rz. 7.55 Fn.) auf die Verpflichtung, das Recht nicht wahrzunehmen, abstellt. 5 Vgl. Abschn. 39 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005.

242

IV. Ort der sonstigen Leistungen rung (z. B. eines Buches, einer Diskette, CD, DVD o, vgl. Rz. 7.58) oder einer sonstigen Leistung (z. B. bertragung von geschtzten Programmen per Internet) ist und der wirtschaftliche und damit auch rechtliche Gehalt des Vorgangs nicht in der Einrumung eines Nutzungsrechts, sondern in der Erbringung der genannten Leistungen liegt.

bb) Leistungen auf dem Gebiet der Werbung Sonstige Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG sind ferner alle Dienstleistungen, die der Werbung oder der ffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen (§ 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG), d. h. alle Leistungen auf dem Gebiet der Werbung (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL). Maßgebend ist die Art der Dienstleistungen, so daß Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung1 nicht nur dann vorliegen, wenn sie dem Werbetreibenden unmittelbar als Auftraggeber gegenber erbracht werden, sondern auch dann, wenn sie von einem Dritten im eigenen Namen in Auftrag gegeben werden, der sie dem Werbetreibenden berechnet2, so daß die Leistungen dem Werbetreibenden nur mittelbar (indirekt) zugute kommen.3 Die Erwhnung der Werbungsmittler und Werbeagenturen in § 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG ist berflssig.4

8.99

cc) Leistungen bestimmter Freiberufler, Beratungs- und hnliche Leistungen Zu den sonstigen Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG zhlen des weiteren die Dienstleistungen aus der Ttigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmchtigter, Wirtschaftsprfer, vereidigter Buchprfer, Sachverstndiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und bersetzer sowie hnliche Leistungen, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG).5 Bei entsprechenden Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 52 ff.), bei der Begutachtung eines beweglichen Gegenstandes hat § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG Vorrang (Rz. 7.62, 7.65). Werden die Beratungsleistungen auf elektronischem Wege erbracht, so hat § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG keinen Vorrang (Rz. 122 f.). 1 2 3 4

Dazu nher Stadie in R/D, § 3a Anm. 211 ff. EuGH, EuGHE 2001, I-2361 = UR 2001, 204. EuGH, EuGHE 2003, I-5617 = UR 2003, 344. Werbungsmittler soll nach Abschn. 39 Abs. 7 UStR 2005 – ebenso Birkenfeld, § 75 Rz. 1102; Schll in S/R, § 3a Rz. 51 – sein, wer Werbeauftrge fr andere im eigenen Namen und fr eigene Rechnung erteile. Das ergibt keinen Sinn, denn wer Werbeauftrge „fr andere“ erteilt, handelt auf fremde Rechnung. Ein solcher Werbungsmittler erbringt eine Besorgungsleistung iS des § 3 Abs. 11 UStG (Rz. 7.63), die dann unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG fllt. Wird die Person als echter Vermittler oder als Agent im fremden Namen ttig (vgl. Rz. 7.69 f.), so greift bereits § 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG ein (Rz. 114). 5 Entspricht wohl Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 3 Halbs. 1 der 6. EG-RL. Auch das Aufsichtsratsmitglied erbringt beratungshnliche Leistungen iS dieser Vorschrift.

243

8.100

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.101

Eine Leistung erfolgt „aus der Ttigkeit als . . .“, wenn sie berufstypisch ist.1 Auf die Rechtsform des Unternehmers, der die Leistung erbringt, kommt es nicht an, obwohl das Gesetz Berufe aufzhlt. Der Gleichheitssatz in Gestalt des Grundsatzes der Rechtsformneutralitt gebietet die Auslegung, daß auch Personen- und Kapitalgesellschaften, die die berufstypischen Leistungen durch angestellte Berufstrger ausfhren, sonstige Leistungen „aus der Ttigkeit als . . .“ erbringen.

8.102

Bei Rechtsanwlten (und auch bei Steuerberatern, Wirtschaftsprfern2 usw.) zhlt die Insolvenzverwaltung, Zwangsverwaltung oder Testamentsvollstrekkung nicht zu den berufstypischen Ttigkeiten3 und stellt auch keine hnliche Beratungsleistung dar.4 Nach Auffassung des EuGH soll dazu auch nicht die Leistung eines Rechtsanwalts als Schiedsrichter zhlen.5

8.103

Der Begriff des Sachverstndigen ist im Sinne eines Beraters zu verstehen und kann jedes beliebige Gebiet betreffen. Erfaßt wird auch die Anfertigung (wissenschaftlicher) Gutachten (Rz. 59), Wirtschaftlichkeitsprfungen, chemische Untersuchungen6 u. .

8.104

hnliche Leistungen sind zum einen Leistungen, deren Schwergewicht auf der Beratung liegt. Die Beratung kann jedes Gebiet betreffen7, d. h. sie muß nicht rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Natur sein. Eine spezielle berufliche Qualifikation ist nicht erforderlich. hnliche Leistungen knnen auch dann vorliegen, wenn keine Beratungsleistung im Vordergrund steht („insbesondere . . . Beratung“), sie mssen dann jedoch einer der in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 3 der EG-RL aufgezhlten Ttigkeiten hnlich sein8, so daß es nicht ausreicht, daß es sich um eine freiberufliche Ttigkeit handelt.9

8.105

Notare erbringen mit der Beurkundung von Rechtsvorgngen keine Beratungsleistungen, da die Beratung vor der Beurkundung der Leistung des Notars nicht das Geprge gibt.10 Der Ort ihrer Leistungen bestimmt sich deshalb grundstzlich nach § 3a Abs. 1 UStG, sofern nicht die Beurkundungen im Zusammenhang mit einem Grundstck ste1 BFH BStBl. II 2003, 734. Der EuGH meint dasselbe, wenn er verlangt, daß die Leistung hauptschlich und gewhnlich im Rahmen eines der aufgefhrten Berufe erbracht wird; EuGH, EuGHE 1997, I-4857 = UR 1998, 17, Tz. 16. 2 BFH, BStBl. II 2003, 734. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 447. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 734. 5 EuGH, EuGHE 1997, I-4857 = UR 1998, 17, Tz. 17, 22. Das berzeugt nicht; dazu nher Ruppe, § 3a Rz. 86; Stadie in R/D, § 3a Anm. 230. 6 Abschn. 39 Abs. 12 UStR 2005. 7 Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL erwhnt ausdrcklich den „Berater“. 8 EuGH, EuGHE 1997, I-4857 = UR 1998, 17, Tz. 20 (verneint fr Universittsprofessor des Rechts als Schiedsrichter bei der Internationalen Handelskammer); BFH, BStBl. II 2003, 734. 9 EuGH, EuGHE 1997, I-4857 = UR 1997, 217, Tz. 20 (Tierarzt). 10 Ruppe, § 3a Rz. 87; Birkenfeld, § 75 Rz. 1071.

244

IV. Ort der sonstigen Leistungen hen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG, Rz. 52, 55). Beratungsleistungen liegen nur bei der Betreuung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege vor, insbesondere bei der Anfertigung von Urkundsentwrfen und der Beratung der Beteiligten gem. § 24 Abs. 1 BNotO.1

dd) Datenverarbeitung Eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG ist auch die Datenverarbeitung (§ 3a Abs. 4 Nr. 4 UStG).2 Die Datenverarbeitung muß den wirtschaftlichen Gehalt der Dienstleistung darstellen und darf nicht lediglich technisches Hilfsmittel bei der Ermittlung der eigentlichen Dienstleistung sein.3 Zur Erstellung und berlassung von Datenverarbeitungsprogrammen s. Rz. 109.

8.106

ee) berlassung von Informationen Auch die berlassung von Informationen ist eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG (§ 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG).4 Es ist ohne Belang, welcher Art die Informationen sind und in welcher Weise sie erlangt werden. Die Informationen ber gewerbliche Verfahren und gewerbliche Erfahrungen sind ausdrcklich erwhnt. Zu eng ist die Auffassung, daß sie ihrer Art nach geeignet sein mssen, im Betrieb5 des Auftraggebers bzw. technisch oder wirtschaftlich verwendet zu werden.6 Eine solche Beschrnkung lßt sich dem Gesetz und der EG-Richtlinie nicht entnehmen7, so daß die Informationen jedweder Art sein und dem Empfnger fr jeden beliebigen Zweck dienen knnen.8

8.107

Sind die Informationen urheberrechtlich oder hnlich geschtzt, so kann die berlassung unter § 3a Abs. 4 Nr. 8 UStG fallen (Rz. 97). Einer Abgrenzung bedarf es nicht, da die Rechtsfolgen gleich sind. Das gilt auch fr das Verhltnis zur Beratungsleistung iS des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Die berlassung von Informationen in Form einer Unterrichtsveranstaltung fllt unter § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG (Rz. 57).

8.108

Die Erstellung eines nicht standardisierten Datenverarbeitungsprogramms (sog. Individual-Software) nach den speziellen Anforderungen des Auftraggebers ist eine sonstige Leistung in Gestalt der berlassung von Informationen. Hingegen ist die berlassung von Standardprogrammen und Aktualisierungen auf einem Datentrger als Lieferung anzusehen (Rz. 7.58). Werden Standardoder Individualprogramme auf elektronischem Wege bertragen, so fallen diese sonstigen Leistungen unter § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG (Rz. 124).

8.109

1 2 3 4 5 6 7 8

Abschn. 39 Abs. 11 UStR 2005. Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL. Vgl. BFH, BFH/NV 1997, 71. Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL. So Martin in S/R, § 3a Rz. 180. So Abschn. 39 Abs. 15 Satz 5 UStR 2005; Birkenfeld, § 75 Rz. 1116. Ebenso Ruppe, § 3a Rz. 90; Leonard in B/G, § 3a Rz. 30. Zu Einzelheiten Stadie in R/D, § 3a Anm. 246 ff.

245

Kap. 8 Leistungen im Inland

ff) Bank-, Finanz- und Versicherungsumstze 8.110

Zu den sonstigen Leistungen iS des 3a Abs. 3 UStG zhlen ebenfalls die in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG1 bezeichneten typischen2 Bank-, Finanz- und hnliche Leistungen (dazu Rz. 10.78 ff.) sowie Versicherungsdienstleistungen, die im Falle der Steuerbarkeit regelmßig3 nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g bzw. Nr. 10 UStG steuerfrei sind. Die Frage des Ortes stellt sich mithin insbesondere dann4, wenn auf die Steuerfreiheit der gem. § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umstze nach § 9 UStG (Rz. 10.131 ff.) verzichtet werden soll, da die Steuerfreiheit die Steuerbarkeit voraussetzt. Hinzu kommen die sonstigen Leistungen in Gestalt der Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten.

8.111

Die ferner von § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. b UStG genannten sonstigen Leistungen im Geschft mit Gold, Silber und Platin (mit Ausnahme von Mnzen und Medaillen) betrifft nur die Vermittlung solcher Geschfte sowie die Verwaltung von Edelmetallbestnden. Nicht darunter fllt die Verußerung von Gewichtsguthaben, die bertragung von Miteigentumsanteilen an einem Edelmetallbestand, das Optionsgeschft mit diesen Metallen und die Ausgabe von Goldzertifikaten5, da es sich hierbei entgegen der Rechtsprechung nicht um sonstige Leistungen, sondern um Lieferungen handelt (Rz. 7.6).

gg) Gestellung von Personal 8.112

Eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG ist auch die Gestellung von Personal (§ 3a Abs. 4 Nr. 7 UStG).6 Diese liegt vor, wenn ein Unternehmer bei ihm angestellte Arbeitskrfte einem anderen zeitweise berlßt, wobei das Arbeitsverhltnis zum „Verleiher“ fortbestehen oder unterbrochen sein kann. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Arbeitnehmerberlassung den Gegenstand des Unternehmens ausmacht. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Personalgestellung gesetzlich erlaubt ist und wie und wo die Arbeitskrfte eingesetzt werden. hh) Verzicht, ganz oder teilweise eine unternehmerische Ttigkeit auszuben

8.113

Zu einer sonstigen Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG zhlt ferner der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Ttigkeit auszuben (§ 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG). Es handelt sich um eine sonstige Leistung in Gestalt 1 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 5 der 6. EG-RL. 2 Diese Umstze knnen allerdings auch von anderen Unternehmen erbracht werden (Rz. 10.80). 3 Erfaßt werden auch solche Leistungen, die zwar in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG „bezeichnet“, aber von der Steuerbefreiung ausgenommen sind (Abschn. 39 Abs. 16 Satz 2 UStR 2005), wie z. B. die Einziehung von Forderungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. c UStG), was nach Auffassung des EuGH auch beim sog. Factoring der Fall sein soll (Rz. 10.84); vgl. BMF, BStBl. I 2004, 737, Tz. 6. 4 Ferner im Falle des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG (Rz. 15.143). 5 Stadie in R/D, § 3a Anm. 259; Martin in S/R, § 3a Rz. 183; aA. Abschn. 39 Abs. 17 UStR 2005; Birkenfeld, § 75 Rz. 1122; Leonard in B/G, § 3a Rz. 41; Langer in R/K/L, § 3a Rz. 191. 6 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 6 der 6. EG-RL.

246

IV. Ort der sonstigen Leistungen

des Unterlassens (Rz. 7.76). Die Formulierung „gewerbliche oder berufliche“ Ttigkeit ist § 2 Abs. 1 UStG entnommen und als unternehmerische Ttigkeit iS dieser Vorschrift zu verstehen1, so daß nicht nur typische gewerbliche oder berufliche Ttigkeiten erfaßt werden (vgl. Rz. 5.56 ff.). Der Verzicht kann sich sowohl darauf beziehen, jedwede unternehmerische Ttigkeit zu unterlassen („ganz“; zur Unternehmereigenschaft in diesem Fall Rz. 5.78 f.), als auch sich darauf beschrnken, nur bestimmte Umstze nicht auszufhren oder in einem bestimmten Gebiet nicht ttig zu werden („teilweise“). ii) Vermittlung einer sog. Katalogleistung Auch die Vermittlung einer in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten Leistung ist eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG (§ 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG).2 Die Grundregel des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt folglich fr diese Vermittlungen nicht (Klarstellung durch § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 3 UStG, Rz. 71). Ist Auftraggeber des Vermittlers der Empfnger der vermittelten Leistung, so deckt sich der Ort der Vermittlungsleistung mit dem der vermittelten sonstigen Leistung. Ist Auftraggeber des Vermittlers hingegen der Erbringer der vermittelten Leistung, so knnen die Orte auseinanderfallen. Vermittlung ist sowohl die schlichte Vermittlung ohne Abschlußvollmacht als auch die Vertretung (Rz. 69 f.). Dienstleistungskommissionre sind keine Vermittler iS der Vorschrift (Rz. 70 aE).

8.114

jj) Vermietung beweglicher Gegenstnde Eine sonstige Leistung iS des § 3a Abs. 3 UStG ist ferner die Vermietung beweglicher krperlicher Gegenstnde, ausgenommen Befrderungsmittel (§ 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG).3 Die Vermietung unbeweglicher Gegenstnde fllt unter § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 52). Bei der Vermietung von Befrderungsmitteln bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 1 UStG oder nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStDV (Rz. 142 f.). Unter Vermietung ist die entgeltliche Gebrauchsberlassung eines Gegenstandes auf Zeit zu verstehen. Auf die Bezeichnung des Vertragsverhltnisses (z. B. als Leasing) kommt es nicht an. Maßgebend ist allein, ob die Gebrauchsberlassung im Vordergrund steht.

8.115

kk) Telekommunikationsleistungen Zu den sonstigen Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG zhlen des weiteren die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG). Als diese gelten gem. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 10 1 I. E. ebenso Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL, der zwar nur von einer „beruflichen“ Ttigkeit spricht, whrend Art. 4 die unternehmerische Ttigkeit als „wirtschaftliche“ bezeichnet, gleichwohl ist davon auszugehen, daß auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. e jede unternehmerische Ttigkeit im Auge hat. 2 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 7 der 6. EG-RL. 3 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 8 der 6. EG-RL.

247

8.116

Kap. 8 Leistungen im Inland

der 6. EG-RL solche Dienstleistungen, mit denen die bertragung, die Ausstrahlung oder der Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art ber Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien ermglicht werden, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung oder Einrumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur bertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang; zu den Telekommunikationsdienstleistungen iS dieser Vorschrift gehrt auch die Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen.1 Nicht zu den Telekommunikationsdienstleistungen zhlen die – regelmßig von Dritten – mittels dieser erbrachten sonstigen Leistungen (sog. Inhaltsleistungen), insbesondere in Gestalt des Datenaustausches, der Beratung, Informationsverschaffung, Unterhaltung u. .2

ll) Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen 8.117

Auch Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen stellen sonstige Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG dar (§ 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG).3 Hierbei handelt es sich um Dienstleistungen in Gestalt der fr die Allgemeinheit bestimmten Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder lngs oder mittels eines Leiters.4 Unter Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sind nicht die (elektronischen) bertragungsvorgnge selbst (bertragung von Signalen) zu verstehen, da diese bereits unter § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG (Telekommunikationsdienstleistungen) fallen, sondern allein die inhaltlichen Leistungen (Darbietung der Sendungen). Nicht zu den Rundfunkund Fernsehdienstleistungen zhlen auch technische Dienstleistungen Dritter bei der Vorbereitung oder Erbringung dieser sonstigen Leistungen.

8.118

§ 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG geht der Nr. 5 (berlassung von Informationen) als lex specialis vor. Die Abgrenzung kann nicht dahinstehen, wenn der leistende Unternehmer im Drittlandsgebiet ansssig ist und der Empfnger Nichtunternehmer ist, denn nur im Falle der Nr. 13 findet eine Verlagerung des Ortes in das Inland nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV statt. Auch gegenber § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG (Veranstaltung der dort genannten sonstigen Leistungen) besteht Spezialitt. Die Einrumung oder bertragung von Sende- und Verwertungsrechten fllt unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 8 UStG (Rz. 96 f.). Sofern die Rundfunk- oder Fernsehdienstleistungen auf elektronischem Wege erbracht werden, soll § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG nach Auffassung des BMF nur dann 1 2 3 4

Ausfhrlich dazu Abschn. 39a Abs. 2 UStR 2005. Vgl. Abschn. 39a Abs. 3 UStR 2005. Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 11 der 6. EG-RL. Vgl. § 1a Abs. 1 Schs. PrivatrundfunkG; ferner Art. 1 Buchst. a der sog. Fernsehrichtlinie 89/552/EWG v. 3.10.1989, ABl. EG (1989) Nr. L 289. Das BMF bietet folgende, unverstndliche Definition: „Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sind Rundfunk- und Fernsehprogramme (sic!), die ber Kabel, Antenne oder Satellit verbreitet werden. Dies (Anm. d. Verf.: Was?) gilt auch dann, wenn die Verbreitung gleichzeitig ber das Internet oder ein hnliches elektronisches Netz erfolgt“; Abschn. 39b Abs. 1 UStR 2005.

248

IV. Ort der sonstigen Leistungen vorrangig sein, wenn die Verbreitung ausschließlich ber das Internet oder ein hnliches elektronisches Netz erfolge.1

mm) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen (1) Zu den sonstigen Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG zhlen auch die auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG).2 Die genaue Bestimmung dieser Leistungen ist erforderlich, da nur fr diese die gesonderte Ortsbestimmung nach § 3 Abs. 3a UStG eingreifen kann (Rz. 126).3

8.119

Art. 9 Abs. 2 Buchst. e letzter Gedankenstrich der 6. EG-RL nennt Beispiele in Anhang L (Rz. 124), aus denen sich keine gemeinsamen Merkmale ableiten lassen, da die Beispiele keinen gemeinsamen Nenner haben. Die in Anhang L Nr. 1 genannten Dienstleistungen knnen nur auf elektronischem Wege erfolgen, whrend die in Anhang L Nr. 2–4 aufgezhlten Dienstleistungen auch auf anderem Wege erbracht werden knnen: Sog. Software kann auf einer CD, DVD o. . bereitgestellt werden, Bilder, Texte und andere Informationen knnen auf Papier o. . bermittelt werden, Fernunterrichtsleistungen knnen auf Papier erbracht werden, Musik, Filme usw. knnen auf krperlichen Speichermedien bermittelt werden, usw. Folglich mßte es allein darauf ankommen, daß die Erbringung auf elektronischem Wege erfolgt, was jedoch nicht dem Willen des EG-Richtliniengebers und damit auch nicht dem des Gesetzgebers entsprechen kann (Rz. 122 f.).

Die Erbringung einer Dienstleistung erfolgt auf elektronischem Wege, wenn der eigentliche Leistungsvorgang erst mit Zugang der elektronischen Daten beim Empfnger abgeschlossen ist (ggf. in dessen Empfangseinrichtung, so daß er sie abrufen kann) und damit erst der Leistungserfolg beim Empfnger eintritt. Das gilt nicht nur fr Dienstleistungen, die per Internet erbracht werden, sondern fr alle Dienstleistungen, die mittels eines beliebigen elektronischen Mediums (Telefon, Fax, SMS usw.) ausgefhrt werden. Demgegenber soll nach Auffassung des BMF noch zustzlich erforderlich sein, daß die Erbringung in hohem Maße auf Informationstechnologie angewiesen sei, d. h. die Leistung im Wesentlichen automatisiert sei, nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht werde und ohne Informationstechnologie nicht mglich sei.4 Diese Formulierung ist weitgehend nicht nachvollziehbar, da eine Dienstleistung stets ausschließlich von Menschen erbracht wird und Informationstechnologie auch dann angewendet wird, wenn Informationen usw. auf mechanischem Wege bermittelt werden. Gemeint ist wohl die Technologie der Informationsverbreitung mittels digitaler elektronischer Netze. Ferner ist die Beschrnkung auf die Automatisierung der Leistung in dieser Allgemeinheit weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift zu entnehmen. Richtig ist nur soviel, daß eine einschrnkende Anwendung der Norm dann geboten ist, wenn gleichartige Dienstleistungen sowohl auf elektronischem Wege als auch auf andere Art und Weise erbracht werden knnen und sich bei Anwendung des § 3a Abs. 3a UStG ein anderer Ort ergbe (Rz. 122 f.). 1 Abschn. 39b Abs. 2 UStR 2005. Das ist zweifelhaft, vgl. Stadie in R/D, § 3a Anm. 289.1. 2 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e letzter Gedankenstrich der 6. EG-RL, der noch den Zusatz enthlt: „wie unter anderem die in Anhang L aufgefhrten Dienstleistungen“. 3 Und dann die sog. Einlandregistrierung (§ 18 Abs. 4c UStG) in Betracht kommen kann. 4 Abschn. 39c Abs. 1 Satz 1 UStR 2005.

249

8.120

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.121

Ist eine sonstige Leistung (Dienstleistung) bereits an einem anderen Ort erbracht (ausgefhrt), d. h. ist der Leistungserfolg bereits eingetreten, und wird lediglich dem Empfnger das Ergebnis auf elektronischem Wege bermittelt, so ist die Leistung nicht auf elektronischem Weg erbracht.1

8.122

Whrend bislang – dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer entsprechend – nur der Inhalt der jeweiligen Dienstleistung fr ihre umsatzsteuerrechtliche Qualifizierung von Bedeutung war, kommt es nunmehr fr die Ortsbestimmung – vllig sachwidrig – auch auf die Art der Erbringung an. Die Nr. 14 des § 3a Abs. 4 UStG mßte danach insbesondere der Nr. 2 (Werbungsleistungen), Nr. 3 (Beratungs- und hnliche Leistungen) und Nr. 5 (berlassung von Informationen) vorgehen. Das schlichte Abstellen auf die Art der Erbringung kann jedoch gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen, wenn inhaltsgleiche Leistungen je nach der Art der Erbringung auf Grund des § 3a Abs. 3a UStG (Rz. 126) unterschiedlich besteuert werden. Beispiel: Ein in der Schweiz ansssiger Steuerberater bert eine in Deutschland ansssige Privatperson a) persnlich in seiner Kanzlei; b) schriftlich mittels herkmmlichen Briefs; c) telefonisch; d) per E-Post. In den Fllen a und b ist der Ort der Beratungsleistung nach § 3a Abs. 1UStG in der Schweiz (Rz. 89). Eine Verlagerung in das Inland ist in § 1 UStDV (Rz. 92 f.) nicht vorgesehen. In den Fllen c und d ist die Beratungsleistung auf elektronischem Wege erbracht, da der Leistungserfolg mit Zugang der elektronischen Daten beim Empfnger eintritt, so daß der Ort nach § 3a Abs. 3a UStG im Inland lge (Rz. 126). Obwohl der Inhalt der Dienstleistung in allen Fllen derselbe ist (Beratung), hinge die Frage der Umsatzsteuerbelastung von der Art der Erbringung ab. Das wre ein sachfremdes Kriterium und damit willkrlich.

8.123

Knnen inhaltsgleiche, d. h. miteinander konkurrierende Dienstleistungen sowohl auf elektronischem Wege als auch auf andere („herkmmliche“) Weise erbracht werden, so fordert mithin eine am Gleichbehandlungsgebot orientierte verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung (Reduktion) der Norm, daß sie nicht anzuwenden ist, wenn bei Erbringung der Dienstleistung auf nichtelektronischem Wege der Ort nicht im Inland lge. Folglich beschrnkt sich der Anwendungsbereich des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG und damit auch des § 3a Abs. 3a UStG auf solche Dienstleistungen, die wesensgemß nur auf elektronischem Wege erbracht werden knnen.2 1 Klarstellend heißt es dazu in Anhang L der EG-RL: „Kommunizieren der Erbringer einer Dienstleistung und sein Kunde ber E-Mail miteinander, so bedeutet das fr sich gesehen nicht schon, daß die erbrachte Dienstleistung eine auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistung im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe e letzter Gedankenstrich wre.“ 2 AA. Hidien, RIW 2003, 494, 505; Nieskens, UR 2003, 313, 320, 322.

250

IV. Ort der sonstigen Leistungen In Anhang L der EG-RL sind fnf Fallgruppen „exemplarisch“1 aufgelistet. Mit der zuvor genannten Einschrnkung knnen sie herangezogen werden:

8.124

– Bereitstellung von sog. Web-Sites, Bereitstellung von Speicherplatz auf einem „Server“ (sog. Webhosting), Fernwartung von Programmen und Ausrstungen (Anhang L Nr. 1); – Bereitstellung von Rechner-Programmen u. . (sog. Software) und deren Aktualisierung (Anhang L Nr. 2).2 Die Bestimmung des § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG (Rz. 107) tritt zurck; – Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken (Anhang L Nr. 3). Das gilt jedoch nur, soweit diese Dienstleistungen ihrer Art nach nur auf elektronischem Wege bermittelt werden knnen.3 Nur insoweit tritt die Bestimmung des § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG zurck; – Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glcksspielen und Lotterien, sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung (Anhang L Nr. 4).4 Die Bestimmung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG (Rz. 57 ff.) tritt zurck; – Erbringung von Fernunterrichtsleistungen (Anhang L Nr. 5). Nach Auffassung des BMF soll darunter „z. B.“ der automatisierte Unterricht, der auf das Internet oder hnliche elektronische Netze angewiesen ist, fallen.5 M. E. wird wegen der Konkurrenzsituation mit Fernunterricht ber herkmmliche Medien (Rz. 123) der elektronisch erbrachte Fernunterricht nicht von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG erfaßt.

Nicht unter § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG fallen auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen, die mit demselben Inhalt auch auf andere (herkmmliche) Weise erbracht werden knnen. Dazu zhlen z. B.

8.125

– Gutachten, auch wissenschaftliche, die auf elektronischem Wege bermittelt werden. Sie werden damit zwar auch auf elektronischem Wege erbracht, da der Leistungserfolg erst mit Zugang beim Auftraggeber eintritt (Rz. 120); sie knnen jedoch auch z. B. per Post bermittelt werden; – Beratungsleistungen; diese knnen statt auf elektronischem Wege auch auf andere Weise erbracht werden, so daß es bei der Zuordnung zu § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG bleibt; – Vermittlungsleistungen (Rz. 69 f.) und Leistungen aus dem Bankbereich. Diese sonstigen Leistungen knnen schon nicht auf elektronischem Wege erbracht werden. Mittels elektronischer Medien knnen lediglich Vorbereitungshandlungen vorgenommen bzw. die Ergebnisse dieser Dienstleistungen mitgeteilt werden.6 (2) Ist der Empfnger einer auf elektronischem Wege erbrachten sonstigen Leistung kein Unternehmer und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftsgebiet, so wird die sonstige Leistung abweichend von § 3a Absatz 1 UStG dort ausgefhrt, wo er seinen Wohnsitz oder Sitz hat, wenn die sonstige Leistung von einem Unternehmer ausgefhrt wird, der im Drittlandsgebiet ansssig ist oder dort eine Betriebssttte hat, 1 Ebenso Art. 9 Abs. 2 Buchst. e letzter Gedankenstrich der 6. EG-RL: „unter anderem“. 2 Werden diese (Standard-)Programme auf krperlichen Medien „bereitgestellt“, so handelt es sich um Lieferungen (Rz. 7.58), so daß nicht zwei Dienstleistungen konkurrieren. 3 AA. Abschn. 39c Abs. 3 Nr. 3–5 UStR 2005. 4 Werden diese Inhalte auf krperlichen Medien gespeichert „bereitgestellt“, so handelt es sich um Lieferungen (Rz. 7.58), so daß nicht zwei Dienstleistungen konkurrieren. 5 Abschn. 39c Abs. 3 Nr. 9 UStR 2005. 6 Stadie in R/D, § 3a Anm. 295.

251

8.126

Kap. 8 Leistungen im Inland von der die Leistung ausgefhrt wird (§ 3a Abs. 3a UStG).1 Bezieht ein Unternehmer eine solche Dienstleistung fr seine „privaten“ (nichtunternehmerischen) Zwecke, so ist nicht Abs. 3a, sondern Abs. 3 Satz 1 des § 3a UStG anzuwenden, da der Empfnger Unternehmer ist (Rz. 82). Die Regelung ist von der Idee her sachgerecht, da sie den Ort der Dienstleistung in den Mitgliedstaat verlegt, wo der Verbrauch stattfindet. Allerdings ist die Besteuerung nur sichergestellt, wenn der Leistungsempfnger eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist, da diese dann Steuerschuldner ist (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG, Rz. 4, 45). In den brigen Fllen hngt die Besteuerung regelmßig vom guten Willen des im Drittland ansssigen Unternehmers ab, die geschuldete Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet zu entrichten.

8.127

Die Vorschrift (wie auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. f der 6. EG-RL) ist hinsichtlich der Ansssigkeitskriterien fehlerhaft und zudem ußerst umstndlich formuliert. Der Konditionalsatzteil htte krzer wie folgt formuliert werden knnen: „wenn der Ort der sonstigen Leistung bei Anwendung des Absatzes 1 im Drittlandsgebiet lge“.2 Die Vorschrift kann zu einem Wettbewerbsnachteil fr ausschließlich im Inland (Gemeinschaftsgebiet) ansssige Unternehmer gegenber solchen Unternehmern fhren, die im Drittlandsgebiet in Gestalt einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft ansssig sind und von dort die Dienstleistungen erbringen.3

nn) Zugangsgewhrung zu Erdgas- und Elektrizittsnetzen und damit verbundene Dienstleistungen 8.128

Sonstige Leistungen iS des § 3a Abs. 3 UStG sind schließlich auch die Gewhrung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizittsnetzen und die Fernleitung, die bertragung oder Verteilung ber diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhngender sonstiger Leistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 15 UStG).4 7. Befrderungsleistungen und damit zusammenhngende Leistungen a) Befrderungsleistungen

8.129

Fr den Ort einer Befrderungsleistung bestimmt § 3b Abs. 1 Satz 1 UStG als Grundsatz, daß diese dort ausgefhrt wird, wo die Befrderung bewirkt wird. Erstreckt sich die Befrderung nicht nur auf das Inland, so ist nur der Teil der Leistung steuerbar5, der auf das Inland entfllt (§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG)6. Bei Gterbefrderungen gilt diese Regelung nur fr grenzberschreitende Befrderungen von und nach Drittlandsgebieten.

8.130

Bei der Befrderung eines Gegenstandes, die in dem Gebiet von zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beginnt und endet (innergemeinschaftliche Befrderung eines Gegenstandes), bestimmt § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG7 abweichend von 1 2 3 4 5 6 7

Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. f der 6. EG-RL. Ausfhrlich Stadie in R/D, § 3a Anm. 296. 1 f. Ausfhrlich Stadie in R/D, § 3a Anm. 295.2, 298.1. Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 9 der 6. EG-RL. Vereinfachungen ergeben sich aus § 3b Abs. 1 Satz 3 UStG iVm. §§ 2–7 UStDV. Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL. Entspricht Art. 28b Teil C Abs. 2 iVm. Abs. 1 der 6. EG-RL.

252

IV. Ort der sonstigen Leistungen

dem zuvor genannten Grundsatz, daß der Ort dieser sonstigen Leistung dort ist, wo die Befrderung des Gegenstandes beginnt. Da eine solche Befrderung nicht steuerfrei ist (s. fr in Deutschland steuerbare innergemeinschaftliche Befrderungen § 4 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a UStG, Rz. 10.59), erfolgt die Steuerbelastung mithin im Herkunfts(Ursprungs-)land des befrderten Gegenstandes.1 Verwendet jedoch der Leistungsempfnger2 der Befrderungsleistung eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt die unter dieser Nummer in Anspruch genommene Befrderungsleistung als in dem Gebiet des anderen Mitgliedstaates ausgefhrt (§ 3b Abs. 3 Satz 2 UStG).3 Bei der Regelung des Satzes 1 bleibt es mithin nur in den Fllen, in denen der Auftraggeber keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder eine solche des Landes verwendet, in dem die Befrderung beginnt. Verwendet er eine Nummer eines anderen Mitgliedstaates, so unterstellt das Gesetz, daß die Befrderungsleistung in diesem Staat „verbraucht“ wird. Liegt danach der Ort im Inland und ist der Befrderungsunternehmer nicht im Inland ansssig, so ist der Auftraggeber Schuldner der Umsatzsteuer (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG, Rz. 13.4 ff.).

8.131

Beispiel:

8.132

Hndler H aus Hamburg beauftragt den in den Niederlanden ansssigen Frachtfhrer F mit der Befrderung von Ware von Belgien a) nach Deutschland b) nach Rußland. H hat gegenber F seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. a) Der Ort der sonstigen Leistung des F lge nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG, da es sich um eine innergemeinschaftliche Befrderung handelt, in Belgien. Nach § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG ist der Ort jedoch in Deutschland. Die sonstige Leistung ist auch steuerpflichtig. Da F nicht im Inland ansssig ist, ist H Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b UStG. b) Es handelt sich nicht um eine innergemeinschaftliche Befrderung, so daß § 3b Abs. 1 UStG anzuwenden ist. Nach dessen Satz 2 fllt der inlndische Streckenanteil unter das Gesetz. Diese insoweit steuerbare Befrderungsleistung ist jedoch steuerfrei nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG (Rz. 10.59).

Geht einer innergemeinschaftlichen Befrderung eine sich auf das Gebiet eines Mitgliedstaates beschrnkende Befrderungsleistung eines anderen selbstndigen Unternehmers voran oder schließt sie sich an diese an (sog. Voroder Nachlauf)4, so gilt sie ebenfalls als innergemeinschaftliche Befrderung (§ 3b Abs. 3 Satz 3 UStG).5 Ihr Ort liegt folglich in dem Mitgliedstaat, in dem 1 S. dazu auch Abschn. 42d UStR 2005 mit Beispielen. 2 Bei Vereinbarung einer sog. Frachtnachnahme (unfreie Versendung) ist der Rechnungsempfnger der Leistungsempfnger (Rz. 15.20). 3 Entspricht Art. 28b Teil C Abs. 3 der 6. EG-RL. 4 Dazu nher Abschn. 42e UStR 2005. 5 Entspricht Art. 28b Teil C Abs. 1 Gedankenstrich 1 Satz 2 der 6. EG-RL.

253

8.133

Kap. 8 Leistungen im Inland

diese Befrderung beginnt bzw. dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Auftraggeber verwendet hat.

b) Sonstige Leistungen, die mit der Befrderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehen 8.134

Sonstige Leistungen, die das Beladen, Entladen, Umschlagen oder hnliche mit der Befrderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Ttigkeiten zum Inhalt haben, werden grundstzlich dort ausgefhrt1, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil ttig wird (§ 3b Abs. 2 UStG).2 Verwendet3 bei einer solchen sonstigen Leistung, die im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Befrderung eines Gegenstandes steht, der Auftraggeber (Leistungsempfnger) gegenber dem Unternehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (auch nachtrglich, vgl. Rz. 68), die nicht von dem Mitgliedsland erteilt worden ist, in dessen Gebiet der Ort der sonstigen Leistung nach der Grundregel des § 3b Abs. 2 UStG lge, so ist der Ort in dem Land, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet wird4 (§ 3b Abs. 4 iVm. Abs. 3 Satz 2 UStG)5.

8.135

Die Vermittlung der innergemeinschaftlichen Befrderung eines Gegenstandes wird grundstzlich an dem Ort erbracht, an dem die Befrderung beginnt; die Bestimmung des § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG gilt jedoch entsprechend (§ 3b Abs. 5 UStG).6 Damit sind fr die Vermittlung einer solchen Befrderungsleistung dieselben Regeln wie fr die vermittelte Leistung anzuwenden. Unter das Vermitteln fllt auch das Vertreten, d. h. das Handeln im fremden Namen fr fremde Rechnung (Rz. 70).

8.136

Das Besorgen einer solchen Befrderungsleistung im eigenen Namen durch einen Spediteur wird nicht von § 3b Abs. 5 UStG erfaßt. Der Ort der Spediteursleistung bestimmt sich vielmehr unmittelbar nach § 3b Abs. 3 UStG, da gem. § 3 Abs. 11 UStG der Spediteur so zu behandeln ist, als htte er die besorgte Leistung seinerseits gegenber seinem Auftraggeber ausgefhrt (Rz. 7.63). Folglich ist der Ort seiner Dienstleistung ebenfalls grundstzlich dort, wo der Ort der Befrderungsleistung nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG ist; hat jedoch der Auftraggeber des Spediteurs die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet, so ist der Ort der Spediteursleistung in diesem Land (§ 3 Abs. 11 UStG iVm. § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG). 1 Der Ort der Vermittlung einer solchen Leistung bestimmt sich grundstzlich nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG (Rz. 69 ff.); steht die vermittelte sonstige Leistung jedoch im Zusammenhang mit der innergemeinschaftlichen Befrderung eines Gegenstandes, so richtet sich der Ort nach § 3b Abs. 6 UStG (Rz. 137). 2 Entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. c Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL. 3 Zur „Verwendung“ Rz. 66 Fn. 4 S. dazu Abschn. 42f UStR 2005 mit Beispielen. 5 Entspricht Art. 28b Teil D der 6. EG-RL. 6 Entspricht Art. 28b Teil E Abs. 1 der 6. EG-RL.

254

IV. Ort der sonstigen Leistungen

Im Ergebnis werden Vermittler und Leistungsbesorger bei der Ortsbestimmung gleichgestellt. Gleiches gilt fr die Vermittlung der in § 3b Abs. 2 UStG (Rz. 134) bezeichneten und mit der innergemeinschaftlichen Befrderung eines Gegenstandes in Zusammenhang stehenden sonstigen Leistungen; sie wird grundstzlich an dem Ort erbracht, an dem die vermittelte Leistung ausgefhrt wird (§ 3b Abs. 6 Satz 1 UStG).1 Verwendet der Auftraggeber des Vermittlers hingegen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die nicht von dem Mitgliedstaat erteilt worden ist, in dem der Ort nach der Grundregel lge, so wird die Vermittlungsleistung in dem Mitgliedstaat ausgefhrt, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet wurde2 (§ 3b Abs. 6 Satz 2 UStG).3 Wird eine derartige sonstige Leistung im eigenen Namen besorgt, so bestimmt sich der Ort der Besorgungsleistung gem. § 3 Abs. 11 UStG nach § 3b Abs. 4 UStG.

8.137

Beispiel:

8.138

Importeur H aus Hamburg hat Ware aus Irland bestellt. a) Er beauftragt unter seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer den in London ansssigen Spediteur S, die Befrderung der Ware von Irland nach Rotterdam zu besorgen. S beauftragt unter seiner britischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer den in Emden ansssigen Verfrachter V mit der Befrderung der Ware von Irland nach Rotterdam. b) Fr das Umschlagen der Ware in Rotterdam beauftragt H durch Vermittlung des in Hamburg ansssigen Maklers M den in Rotterdam ansssigen Unternehmer R. Gegenber beiden hat H seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Zu a: Nach § 3 Abs. 11 UStG wird die Besorgungsleistung des Spediteurs S so behandelt, als htte er die besorgte Befrderungsleistung seinerseits gegenber seinem Auftraggeber erbracht. Deren Ort lge nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG in Irland, da dort die innergemeinschaftliche Befrderung beginnt; folglich wre auch der Ort der Leistung des S in Irland. H hat jedoch den S unter seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beauftragt. Nach § 3 Abs. 11 iVm. § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG ist der Ort der Spediteursleistung deshalb in Deutschland. Daß S unter seiner britischen Nummer dem V den Auftrag erteilt hat, ist unerheblich. Dieser Umstand ist nur von Bedeutung fr die Bestimmung des Ortes der Befrderungsleistung des V. Zu b: Die von R gegenber H erbrachte Leistung des Umschlagens der Ware wre nach § 3b Abs. 2 UStG in Rotterdam erbracht. Nach § 3b Abs. 4 iVm. Abs. 3 Satz 2 UStG ist der Ort jedoch in Deutschland, da H seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat. Gleiches gilt fr die von M erbrachte Vermittlungsleistung (§ 3b Abs. 6 UStG). Hinsichtlich der steuerpflichtigen Dienstleistungen des S und des R ist, da beide nicht im Inland ansssig sind, der H Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG (Rz. 13. 4).

1 Entspricht Art. 28b Teil E Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. 2 S. dazu Abschn. 42g Abs. 2 UStR 2005 m. Beispiel. 3 Entspricht Art. 28b Teil E Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

255

Kap. 8 Leistungen im Inland

8. brige sonstige Leistungen a) Allgemeines 8.139

Bei den nicht in § 3a Abs. 2 und 4 oder in § 3b UStG bezeichneten sonstigen Leistungen bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 1 UStG1, d. h. nach der Ansssigkeit des leistenden Unternehmers (eine Ausnahme kommt bei der Vermietung von Befrderungsmitteln in Betracht, Rz. 142). Nach dem Gesetzesaufbau erscheint § 3a Abs. 1 UStG als Grundregel; da jedoch fr die weit berwiegende Zahl der sonstigen Leistungen die genannten Sonderbestimmungen gelten, stellt die Vorschrift lediglich einen Auffangtatbestand dar (Rz. 48).2 Allerdings bestimmt sich auch bei den in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen (sog. Katalogleistungen) der Ort grundstzlich nach § 3a Abs. 1 UStG, wenn der Leistungsempfnger im Gemeinschaftsgebiet ansssig ist (Rz. 89 ff.).

8.140

Der Ort ist grundstzlich dort, von wo aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG), d. h. wo sich der Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit befindet (Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL), nmlich die wesentlichen geschftlichen Entscheidungen getroffen werden (Rz. 83). Wird die sonstige Leistung von einer Betriebssttte ausgefhrt, so gilt die Betriebssttte als Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).3 Der Begriff der Betriebssttte ist nicht gem. § 12 AO zu bestimmen, sondern richtlinienkonform im Sinne einer festen Niederlassung (Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL) zu verstehen (Rz. 90). Die sonstige Leistung wird von einer Betriebssttte (im Sinne einer festen Niederlassung) ausgefhrt, wenn die Leistungserbringung ihr zuzurechnen ist (dazu Rz. 91). Ein Schiff kann eigentlich keine Betriebssttte iS einer festen Niederlassung sein bzw. auf ihm kann sich keine solche befinden (Rz. 85 aE). Wird ein Unternehmer jedoch auf einem Schiff ttig und werden seine sonstigen Leistungen dort verbraucht4, so verlangt der Gesetzeszweck, diesen so zu behandeln, als htte er dort eine feste Niederlassung.5

8.141

Die Regelungen des § 3a Abs. 1 UStG (bzw. des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL) widersprechen dem Bestimmungsland-(Verbrauchsort-)Prinzip. Es ist deshalb unverstndlich, wieso die 6. EG-Richtlinie nicht fr alle – und nicht nur fr die in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e (entspricht § 3a Abs. 4 UStG) bezeichneten – sonstigen Leistungen die dem § 3a Abs. 3 UStG entsprechenden Regeln vorsieht. 1 Entspricht Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL. 2 Zu Beispielen fr unter § 3a Abs. 1 UStG fallende sonstige Leistungen s. Stadie in R/D, § 3a Anm. 332, 334. 3 Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL bestimmt, daß in Ermangelung eines Sitzes oder einer festen Niederlassung sich der Ort nach dem Wohnort oder dem blichen Aufenthaltsort des Steuerpflichtigen richte. Das drfte jedoch berflssig sein, denn wenn der Steuerpflichtige keinen gesonderten Sitz seiner wirtschaftlichen Ttigkeit hat, dann befindet sich dieser automatisch an seinem Wohnort oder gewhnlichen Aufenthaltsort. 4 Beispiele: Leistungen der Friseure, Kosmetiker, Masseure usw. auf einem Kreuzfahrschiff. 5 Im Ergebnis ebenso Abschn. 33 Abs. 3 Satz 6 und 7 UStR 2005.

256

IV. Ort der sonstigen Leistungen

Damit wrde zum einen erreicht, daß, wenn der Leistungsempfnger ein im Inland bzw. Gemeinschaftsgebiet ansssiger Unternehmer oder eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist, der Ort der Leistung zu ihm verlagert und er Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG bzw. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a oder b der 6. EG-RL wrde. Die Folge wre, daß die sonstige Leistung, wenn der leistende Unternehmer im Drittlandsgebiet ansssig ist, berhaupt im Gemeinschaftsgebiet bzw. im Inland besteuert wrde, bzw. bei Ansssigkeit des leistenden Unternehmers im Gemeinschaftsgebiet sachgerecht im Land des mutmaßlichen Verbrauchs der Steuer unterlge. Zudem wrde mit einer solchen Regelung bewirkt, daß bei Ansssigkeit des Leistungsempfngers im Drittlandsgebiet die sonstige Leistung nicht im Gemeinschaftsgebiet besteuert wrde. Lediglich bei der Vermietung von Befrderungsmitteln ist eine derartige Regelung vorgesehen (Rz. 142). Beispiel: Eine sdbadische Stadt S beauftragt einen in der Schweiz ansssigen Unternehmer mit der Abfallentsorgung. Der Schweizer Unternehmer lßt den Abfall durch in Deutschland ansssige Subunternehmer einsammeln, sortieren und schließlich zu einer Abfalldeponie in Sdbaden befrdern. Bei dieser Form der Abfallentsorgung handelt es sich um eine komplexe, aus mehreren Leistungselementen zusammengesetzte Dienstleistung, die unter keinen der Tatbestnde des § 3a Abs. 4 UStG fllt und auch nicht als Arbeiten an Gegenstnden iS des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG angesehen werden kann1 (selbst wenn das fr die einzelnen Leistungen der Subunternehmer zutrfe), so daß sich der Ort dieser Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt und mithin in der Schweiz ist, obwohl die gesamte Leistung in Deutschland verbraucht wird.

b) Vermietung von Befrderungsmitteln Die Vermietung von Befrderungsmitteln2 ist ausdrcklich in § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG ausgenommen, so daß sich der Ort dieser sonstigen Leistung grundstzlich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt. Befrderungsmittel sind Gegenstnde, deren Hauptzweck auf die Befrderung von Personen oder Sachen gerichtet ist und die auch tatschlich zu diesem Zweck verwendet werden.3 Die Befrderung ist auch dann Hauptzweck, wenn fr den Mieter nicht die Befrderung, sondern die Sportausbung oder das Vergngen im Vordergrund steht.4 Maßgebend ist nicht die abstrakte Eignung als Befrderungsmittel, so daß Wohnwagen u. . Fahrzeuge, die nur zum stationren Gebrauch bestimmt sind, keine Befrderungsmittel sind. Die Vermietung solcher Gegenstnde fllt unter § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 53). 1 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-637 = UR 2001, 265, Tz. 43 ff. 2 Eine solche kann auch dann vorliegen, wenn vom Vermieter zustzlich Personal gestellt wird und das Fahrzeug von diesem nach Weisung des Leistungsempfngers zu bedienen ist (Beispiel: Vermietung einer Yacht mit Besatzung), zur Abgrenzung von der Befrderungsleistung im Einzelnen s. Ruppe, § 10 Rz. 152; Stadie in R/D, § 3a Anm. 325. 3 Vgl. Abschn. 33a Abs. 2 ff. UStR 2005 mit Beispielen. 4 Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 767 = UR 1989, 184, Tz. 19 (Hochseesegelyacht).

257

8.142

Kap. 8 Leistungen im Inland

8.143

Wird die Vermietung von einem Unternehmer ausgefhrt, der im Drittlandsgebiet ansssig ist, und wird sie im Inland genutzt, so ist der Ort abweichend von § 3a Abs. 1 UStG im Inland (§ 3a Abs. 5 UStG1 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStDV). Damit wird erreicht, daß der Ort im Bestimmungsland liegt und der Leistungsempfnger, wenn er Unternehmer oder juristische Person des ffentlichen Rechts ist, Schuldner der Umsatzsteuer ist (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG, Rz. 13.4 ff.). Bei der Vermietung an andere Personen hngt die Versteuerung der Vermietung in Deutschland regelmßig vom guten Willen des Vermieters ab. Wird das Befrderungsmittel sowohl im Inland als auch im Ausland genutzt, so ist maßgebend, ob die berwiegende Nutzung im Inland stattfindet.2 9. Unentgeltliche sonstige Leistungen

8.144

Unentgeltliche sonstige Leistungen iS des § 3 Abs. 9a UStG (Rz. 4.27 ff.) werden – wie unentgeltliche Lieferungen (Rz. 43 ff.) – an dem Ort ausgefhrt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Werden sie von einer Betriebssttte ausgefhrt, gilt die Betriebssttte als Ort der sonstigen Leistungen (§ 3f UStG). Demgegenber enthlt die 6. EG-Richtlinie keine gesonderten Bestimmungen fr den Ort der unentgeltlichen sonstigen Leistungen. Daraus folgt jedoch nicht, daß sich der Ort auch bei diesen nach Art. 9 und Art. 28b Teil C–F der 6. EG-RL (entsprechen § 3a und § 3b UStG) richten muß. Eine derartige Interpretation wrde nicht dem Willen des Richtliniengebers entsprechen.

8.145

Bei der in Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL bzw. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG angesprochenen Verwendung eines Gegenstandes ist Voraussetzung der Besteuerung, daß der Gegenstand zum Vorsteuerabzug berechtigt hat (Rz. 4.32), so daß diese Bestimmung die (teilweise) Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs bei nichtunternehmerischer Verwendung des Gegenstandes bezweckt. Die Besteuerung kann nur demjenigen Mitgliedstaat zustehen, der den Vorsteuerabzug gewhrt hatte.3 Folglich muß die Besteuerung in den Fllen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zwangslufig in Deutschland erfolgen, so daß sich die Frage des Ortes gar nicht stellt.4 § 3f UStG ist nicht nur berflssig, sondern insofern auch mißverstndlich formuliert, als es nur auf die Ansssigkeit im Inland ankommen kann und insbesondere die Betriebssttte nur eine inlndische sein kann.

8.146

Wo die unternehmensfremde Verwendung tatschlich stattfindet, ist folglich ohne Belang. Das ist auch sachgerecht. Zwar findet bei einer Verwendung im Ausland kein Verbrauch im Inland statt, so daß insoweit die Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs nicht geboten, sondern vielmehr eine Besteuerung im Land der Verwendung angebracht wre. Der betreffende Mitgliedstaat 1 2 3 4

Entspricht Art. 9 Abs. 3 der 6. EG-RL. Abschn. 42 Abs. 1 Satz 4 UStR 2005. AA. Nieskens in R/D, § 3f Anm. 13 (Beispiel). I. E. ebenso Klenk in S/R, § 3f Rz. 3; aA. Reiß in T/L, § 14 Rz. 107; Leonard in B/G, § 3f Rz. 2.

258

IV. Ort der sonstigen Leistungen

wrde jedoch die Verwendung regelmßig nicht erfahren, so daß die Besteuerung nicht durchgefhrt werden knnte. Zudem folgt aus § 3 Abs. 1a UStG1, daß nur bei der dauerhaften Verbringung eines Gegenstandes in einen anderen Mitgliedstaat diesem die Besteuerung der nichtunternehmerischen Verwendung zustehen soll (vgl. Rz. 46). Aus der Fiktion der Entgeltlichkeit durch Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL folgt auch nicht, daß von einer fiktiven Vermietung des Gegenstandes auszugehen ist2, so daß nicht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 8 der 6. EG-RL anzuwenden ist. 8.147

Beispiel: (1) Der in Deutschland ansssige Unternehmer U macht mit seinem UnternehmensPkw, der bei der Anschaffung von der deutschen Umsatzsteuer entlastet worden war, eine Urlaubsreise nach Sdfrankreich. Ferner berlßt er seinen Mobilrechner (sog. Notebook) aus seinem Unternehmen, fr den er ebenfalls den Vorsteuerabzug vorgenommen hatte, fr die Dauer seines Urlaubs seinem in den USA wohnhaften Schwager, der fr drei Wochen nach Deutschland gekommen ist, um das Haus des U zu hten. Es handelt sich um fiktive sonstige Leistungen gegen Entgelt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, da sowohl der Pkw als auch der Mobilrechner, die jeweils zum Abzug der deutschen Vorsteuer berechtigt hatten, zeitweilig fr Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendet worden sind. Beide unentgeltlichen fiktiven sonstigen Leistungen sind, da sie die Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfllen (Abzug der deutschen Umsatzsteuer), per se in Deutschland zu versteuern. Die Frage des Ortes stellt sich richtigerweise nicht. Aus der Fiktion der Entgeltlichkeit folgt nicht, daß von einer fiktiven Vermietung des Mobilrechners an den Schwager auszugehen ist, so daß der Ort auch nicht auf Grund des Anwendungsvorranges des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Gedankenstrich 9 der 6. EG-RL in den USA ist. (2) D aus Dsseldorf vermietet jeweils kurzfristig sein Ferienhaus an der niederlndischen Kste an Urlauber. Beim Erwerb der Immobilie hatte er die niederlndische Umsatzsteuer vergtet erhalten. D berlßt das Ferienhaus unentgeltlich fr drei Wochen an seine Tochter. Die unentgeltliche berlassung (Verwendung fr unternehmensfremde Zwecke) ist in Deutschland nicht steuerbar, weil schon der Tatbestand des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht erfllt ist, da dieser voraussetzt, daß der Gegenstand von deutscher Umsatzsteuer entlastet worden war.3

Fr die in Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL bzw. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG genannten unentgeltlichen Dienstleistungen gilt, wenn darunter richtigerweise nur die Weitergaben von umsatzsteuerentlasteten Dienstleistungen verstanden werden (Rz. 4.39 ff.), ebenfalls, daß die Versteuerung in dem Mitgliedstaat zu erfolgen hat, der den Vorsteuerabzug gewhrt hat. Lediglich dann, wenn fehlerhaft unter diese Vorschrift auch solche unentgeltlichen (fiktiven) sonstigen Leistungen subsumiert wrden, bei denen kein Vorsteuerabzug zu neutralisieren ist, mßten die Art. 9 und Art. 28b Teil C–F der 6. EG-RL angewendet werden, so daß § 3f UStG richtlinienwidrig wre. 1 Bzw. Art. 28a Abs. 5 der 6. EG-RL. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 (dazu auch Rz. 10.113). 3 AA. Nieskens in R/D, § 3f Anm. 13 (Beispiel).

259

8.148

Kapitel 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb I. Allgemeines 9.1

Zur Sicherstellung der Besteuerung des Verbrauchs von Gegenstnden im Inland bestimmen § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, daß die Einfuhr von Gegenstnden aus dem Drittlandsgebiet im Inland, und § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG, daß der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt der Umsatzsteuer unterliegen. Die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ersetzt im Bereich des gewerblichen Warenverkehrs die nach Wegfall der Grenzkontrollen innerhalb der Gemeinschaft seit 1993 nicht mehr mgliche Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer. Whrend die Einfuhrumsatzsteuer grundstzlich alle Gegenstnde erfaßt, die die Grenze berschreiten, setzt die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs eine vorhergehende Lieferung im anderen Mitgliedstaat voraus (Rz. 12) und beschrnkt den Personenkreis, der den Erwerbstatbestand verwirklichen kann, im Wesentlichen auf „normale“ Unternehmer (Rz. 20). Mit der Besteuerung der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs wird erreicht, daß insoweit1 die aus dem Ausland in das Inland gelangenden Gegenstnde mit der inlndischen Umsatzsteuer belastet und dadurch den im Inland produzierten und angebotenen Gegenstnden in der Steuerbelastung gleichgestellt werden. Die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer hat deshalb nicht etwa den Charakter eines Schutzzolles fr die inlndischen Waren, obwohl auf die Steuer die Vorschriften fr Zlle sinngemß gelten und die Erhebung durch die Hauptzollmter erfolgt (§ 21 Abs. 2 UStG, § 23 AO).

9.2

Mit der dadurch verwirklichten Besteuerung im Bestimmungsland korrespondiert bei der Einfuhr durchwegs eine Ausfuhrbefreiung im Ursprungsland (entsprechend der Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 UStG im umgekehrten Fall; dazu Rz. 10.8 ff.).2 Gleiches gilt beim innergemeinschaftlichen Erwerb in Gestalt der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung im anderen Mitgliedstaat (Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 2 iVm. Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 der 6. EG-RL)3, mit der darber hinaus zwingend eine Vorsteuerentlastung hinsichtlich smtli1 Soweit aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet stammende Gegenstnde nicht der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs unterliegen, weil der Erwerber kein „normaler“ Unternehmer (und auch keine juristische Person) ist (Rz. 19), greift im Ursprungsland keine Steuerbefreiung ein und die Gegenstnde gelangen mit der Steuerbelastung des Ursprungslandes in das Inland; s. zum umgekehrten Fall § 6a Abs. 1 UStG (dazu Rz. 10.25, 27). 2 Bei einer Umsatzbesteuerung nach dem Mehrwertsteuersystem im Ursprungsland wird regelmßig noch die Vorsteuerentlastung hinsichtlich aller Vorbezge – entsprechend § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG (dazu Rz. 15.138 f.) im umgekehrten Fall – hinzukommen. 3 Entspricht fr den umgekehrten Fall § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG (dazu Rz. 10.25 ff.).

260

I. Allgemeines

cher Leistungsbezge, die mit der Lieferung zusammenhngen, verbunden ist (Art. 17 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL)1, damit der Gegenstand vollstndig von der Umsatzsteuer des Ursprungslandes entlastet ist (Rz. 15.139). Die Bezeichnung der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch § 1 Abs. 1 UStG2 als „Umstze“ ist eine Vergewaltigung der Sprache, da unter einem Umsatz nach dem Sprachgebrauch der Tausch (das Umsetzen) von Waren (und Dienstleistungen) zu verstehen ist. Hingegen ist die Einfuhr nicht mehr als das Verbringen eines Gegenstandes durch eine Person in das Inland und der (innergemeinschaftliche) Erwerb nicht mehr als der Empfang eines Gegenstandes.3 Das unsinnige Zwngen dieser Vorgnge unter den Begriff des Umsatzes ist auch gesetzestechnisch nicht geboten4, sondern zwingt im Gegenteil zur Klarstellung durch § 15 Abs. 2 Satz 2 UStG, daß, soweit es um die Verwendung von Gegenstnden und sonstigen Leistungen fr Umstze geht, Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe keine solche sind! (Rz. 15.146).

9.3

Whrend die Steuer bei der Einfuhr grundstzlich nach dem Zollwert des eingefhrten Gegenstandes bemessen wird (§ 11 Abs. 1 UStG), gilt als Bemessungsgrundlage fr die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb regelmßig das vom Erwerber aufgewendete Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG; Rz. 50). Allerdings orientiert sich der Zollwert des eingefhrten Gegenstandes ebenfalls an dem Entgelt einer zugrunde liegenden Lieferung.5 Der Steuersatz ist sowohl bei der Einfuhr als auch beim innergemeinschaftlichen Erwerb derselbe wie bei einer Lieferung des Gegenstandes (§ 12 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UStG).

9.4

Auch die Steuerbefreiungen des § 5 UStG6 fr die Einfuhr und des § 4b UStG7 fr den innergemeinschaftlichen Erwerb sind weitgehend deckungsgleich. Die Vereinfachungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 UStG iVm. der EinfuhrumsatzsteuerbefreiungsVO werden von § 4b Nr. 3 UStG8 fr den innergemeinschaftlichen Erwerb bernommen.

9.5

Fr normale, d. h. zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer fhrt die Steuer auf die Einfuhr und auf den inngemeinschaftlichen Erwerb zu keiner Belastung, da die Steuer zeitgleich als Vorsteuer abgezogen werden kann (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG; dazu Rz. 15.92 ff. bzw. 15.100).

9.6

1 Entspricht fr den umgekehrten Fall § 15 Abs. 3 Buchst. a UStG. 2 Auch das sterreichische Umsatzsteuergesetz verwendet diesen Begriff fr die Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), aber nicht fr den innergemeinschaftlichen Erwerb (Art. 1 BMR). 3 Sinnvollerweise htte § 1 Abs. 1 UStG wie folgt formuliert werden knnen: „Der Umsatzsteuer unterliegen: 1. Umstze in Gestalt der Lieferungen und sonstigen Leistungen, die . . .; 2. die Einfuhr . . .; 3. der innergemeinschaftliche Erwerb . . .“ 4 § 1 Abs. 3, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 16 Abs. 1 Satz 2 und § 18 Abs. 4a UStG lassen sich problemlos anders (und zugleich verstndlicher) formulieren! 5 Vgl. Art. 29 ZK. 6 Bzw. Art. 14 der 6. EG-RL. 7 Bzw. Art. 28c Teil B und Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 iVm. Abs. 1a Buchst. a der 6. EG-RL. 8 Bzw. Art. 28c Teil B Buchst. b der 6. EG-RL.

261

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

II. Einfuhr 9.7

Bis 2003 sprach das Gesetz von der „Einfuhr von Gegenstnden aus dem Drittlandsgebiet in das Inland“1 (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG)2. Nunmehr heißt es statt dessen „Einfuhr im Inland“. Diese Formulierung ergibt ohne zustzliche Definitionen oder Fiktionen im Gesetz keinen Sinn, denn nach dem gewhnlichen Sinn des Wortes „Einfuhr“ kann eine solche nicht „im“ Inland gettigt werden. Der Wille des Gesetzes erschließt sich erst bei Heranziehung des § 21 Abs. 2 UStG, wonach die Vorschriften fr Zlle grundstzlich sinngemß fr die Einfuhrumsatzsteuer gelten. § 21 UStG hat entgegen dem ersten Anschein nicht nur das Besteuerungsverfahren im Auge, sondern will als umfassende Generalregelung fr die Einfuhrumsatzsteuer auch materiell-rechtliche Aussagen treffen.3

9.8

Die maßgebenden Vorschriften finden sich im Zollkodex der Gemeinschaft (ZK).4 Der Einfuhrtatbestand ist regelmßig erst mit berfhrung des Gegenstandes in den freien Verkehr verwirklicht, der, wenn keine Steuerbefreiung (§ 5 UStG) eingreift, zur Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer fhrt (Art. 201 Abs. 1 Buchst. a iVm. Art. 79 ZK). Folglich ist der Einfuhrtatbestand nicht verwirklicht, wenn sich der Gegenstand zwar tatschlich im Inland befindet, aber einem Versandverfahren oder einer Zollagerregelung unterliegt. Entfallen dessen Voraussetzungen, so findet die berfhrung in den freien Verkehr und damit die Einfuhr iS des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG „im“ Inland statt.

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb 1. Allgemeines 9.9

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG5 unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt der Umsatzsteuer. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale dieses „Umsatzes“ (dazu Rz. 3) sind in § 1a UStG beschrieben. Ob der Erwerb im Inland stattfindet, bestimmt sich nach § 3d UStG (Rz. 45 ff.). Im Ergebnis wird der Erwerber so behandelt, als schulde er die Steuer fr eine im Inland steuerpflichtige Lieferung (vgl. Rz. 13.1). In den von § 4b UStG genannten Fllen ist der innergemeinschaftliche Erwerb steuerfrei (Rz. 5).

9.10

Die praktische Relevanz dieses Umsatzsteuertatbestandes steht im reziproken Verhltnis zum Umfang der gesetzlichen Regelung6 (und zur Hufigkeit seiner Bercksichtigung in schlechten Klausuren). Da die fr den innergemeinschaft1 2 3 4 5

Oder die sterreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg. In der 6. EG-RL ist die Einfuhr in Art. 2 Nr. 2 iVm. Art. 7 geregelt. Vgl. Weymller in S/R, § 21 Rz. 2; BFHE 161, 260. VO EWG Nr. 2913/92, ABl. EG Nr. L 302/1. In der 6. EG-RL ist der innergemeinschaftliche Erwerb in Art. 28a und in Art. 28b Teil A umschrieben. 6 Noch schlimmer ist die Regelung des Art. 28a der 6. EG-RL, die sich ber mehr als 4 Seiten erstreckt!

262

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb

lichen Erwerb geschuldete Umsatzsteuer von vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern stets zugleich wieder als Vorsteuer verrechnet werden kann (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG; dazu Rz. 15.100) und die Erwerber fast durchgngig diese Voraussetzungen erfllen werden, spielen die Bestimmungen ber den innergemeinschaftlichen Erwerb in der Besteuerungspraxis materiell-rechtlich keine Rolle.1 Kein Betriebsprfer wird eine Nichtversteuerung eines solchen Vorgangs bei normalen Unternehmern aufgreifen. Die nachfolgende Darstellung beschrnkt sich deshalb auf einen berblick.2 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1b Abs. 1 UStG wird ferner der Erwerb von „neuen“ Fahrzeugen aus einem anderen Mitgliedstaat insbesondere durch Privatpersonen als innergemeinschaftlicher Erwerb besteuert, auch wenn der Lieferer kein Unternehmer ist („unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Nr. 1“).3 Die Merkmale der erfaßten Fahrzeuge sind in § 1b Abs. 2 und 3 UStG genannt. Mit dieser Erwerbsbesteuerung korrespondiert auch dann eine Vorsteuerentlastung im Ursprungsland, wenn der Lieferer nicht Unternehmer ist (vgl. zum umgekehrten Fall Rz. 10.27 Fn. 1).

9.11

2. Gelangen eines Gegenstandes bei einer Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen a) Der Grundtatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs kann nur „bei einer Lieferung an den Abnehmer“ verwirklicht werden (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Mithin werden nicht diejenigen Flle erfaßt, bei denen im Rahmen einer sonstigen Leistung Verfgungsmacht an Gegenstnden verschafft wird4, wie z. B. an Materialien bei einer Reparatur in Gestalt einer Werkleistung (vgl. Rz. 7.81 ff.). Beim Gelangen des Gegenstandes von einem Mitgliedstaat in einen anderen muß der Abnehmer bereits feststehen, d. h. es muß ein Kaufo. . Lieferungsvertrag vorliegen.5, 6 Befrdert oder versendet ein Unternehmer einen Gegenstand in das Inland, ohne bereits einen Abnehmer zu haben und findet er diesen erst nach dem Grenzbertritt, so ist fr den Lieferer statt dessen der sog. Verbringenstatbestand des § 1a Abs. 2 UStG verwirklicht (Rz. 33, 37). Bei einer Abholung durch den Abnehmer gelangt der Gegenstand auch dann noch „bei einer Lieferung“ ber die Grenze, wenn der Gegenstand nicht sogleich in das Inland verbracht wird.7

9.12

Wird der Gegenstand nach Ausfhrung der Lieferung im Auftrag des Abnehmers im Ursprungsland von einem anderen Unternehmer bearbeitet oder verarbeitet und erst danach zum Abnehmer befrdert oder versendet, so gelangt der Gegenstand ebenfalls

9.13

1 Allenfalls der sog. Verbringungstatbestand drfte in bestimmten Konstellationen eine Bedeutung haben (vgl. Rz. 34 f.). 2 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 1a Anm. 1 ff. 3 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 1b Anm. 3 ff. 4 Zur Lsung des Konfliktes, wenn die Mitgliedstaaten bei der Beurteilung des Sachverhalts in der Frage, ob eine Lieferung oder eine Dienstleistung vorliegt, divergieren, vgl. Stadie in R/D, § 1a Anm. 12 ff. 5 Zum Kauf auf Probe bzw. zur Ansicht s. Stadie in R/D, § 1a Anm. 22. 6 Zur Annahmeverweigerung und zur Rckgngigmachung der Lieferung s. Stadie in R/D, § 1a Anm. 36 u. 39. 7 Dazu nher Stadie in R/D, § 1a Anm. 30 f.

263

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb noch bei einer Lieferung ber die Grenze.1 Das entspricht dem Zweck der Regelung und wird durch § 6a Abs. 1 Satz 2 UStG besttigt, der im umgekehrten Fall die korrespondierende Steuerbefreiung gewhrt (dazu Rz. 10.31).

9.14

Eine Werklieferung iS des § 3 Abs. 4 UStG (dazu Rz. 7.80 ff.) erfllt nur dann den Tatbestand, wenn das fertige Werk (Gegenstand der Werklieferung) befrdert oder versendet wird. Erfolgt die Fertigstellung des Werkes erst im Inland, d. h. ist der Ort der Lieferung hier (Rz. 8.35), so gelangen die Materialien nicht bei einer Lieferung an den Abnehmer ber die Grenze. Gleichwohl verwirklicht der leistende Unternehmer nicht den Verbringenstatbestand iS des § 1a Abs. 2 UStG (Rz. 40). Ist der Lieferer im Ausland ansssig, so ist der Erwerber Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG (Rz. 13.4 ff.), was im Ergebnis auf dasselbe hinausluft, wie wenn er den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern mßte.

9.15

b) Der Gegenstand muß bei einer Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates2, d. h. nicht notwendig in das Inland gelangen (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Diese Formulierung erklrt sich aus dem Umstand, daß nach § 3d Satz 2 UStG der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs abweichend vom Grundsatz fiktiv auch dann im Inland liegen kann, wenn der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist (Rz. 47 f.). Nicht erforderlich ist, daß der Gegenstand unmittelbar von einem Mitgliedstaat in einen anderen gelangt, so daß dieser auch zwischendurch durch Drittlandsgebiet bewegt werden kann. Der Gegenstand gelangt dann in das Gebiet eines Mitgliedstaates, wenn die Befrderung oder Versendung dort endet (arg. § 3d Satz 1 UStG3).4

9.16

Beginnt die Befrderung im Drittlandsgebiet, so ist der Tatbestand nur dann verwirklicht, wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet „eingefhrt“ hat (§ 1a Abs. 1 Halbs. 2 UStG), d. h. der Gegenstand in einem Mitgliedstaat der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen worden ist, bevor er in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangte. Deshalb liegt kein Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs vor, wenn der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet im Wege der Durchfuhr durch das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates in das Inland gelangt und erst hier der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen wird.5

9.17

Der Erwerber erlangt im Zweifelsfall die Kenntnis darber, daß der Gegenstand aus einem anderen Mitgliedstaat in das Inland gelangt ist, durch die Rechnung, in der der Lieferer nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 11 der 6. EG-RL6 auf 1 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 1a Anm. 33 f. m. Beispiel. 2 Oder aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (dazu Rz. 8.5) gelangen; dazu nher Stadie in R/D, § 1a Anm. 48. 3 Bzw. Art. 28b Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL. 4 Zum Untergang der Ware whrend des Transportes s. Stadie in R/D, § 1a Anm. 50 ff. 5 Vgl. Abschn. 15a Abs. 1 Satz 5 UStR 2005. In diesem Fall ttigt mithin der Lieferer einen steuerbaren Umsatz im Inland, wenn er oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist (§ 3 Abs. 8 UStG; dazu Rz. 8.29). Er ist dann allerdings gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt (Rz. 15.96). 6 Entspricht § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG.

264

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb die Steuerfreiheit, die er fr seine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nimmt (Art. 28c Teil A der 6. EG-RL1), hinzuweisen hat. Aus diesem Hinweis muß der Erwerber entnehmen, daß der Gegenstand aus einem anderen Mitgliedstaat stammt, weil nur dann diese Steuerbefreiung eingreift.

3. Erwerberkriterien Grundstzlich sind alle Unternehmer iS des § 2 UStG, die den Gegenstand fr ihr Unternehmen (dazu nher Rz. 15.25 ff.) erwerben2, verpflichtet, den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). Darber hinaus sind auch juristische Personen betroffen, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht fr ihr Unternehmen erwerben (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG).3 Auf die Ansssigkeit des Erwerbers kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift4 nicht an, was im Umkehrschluß durch § 25b Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG besttigt wird.

9.18

Juristische Personen des Privatrechts sind die Kapitalgesellschaften5 (Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschrnkter Haftung, Kommanditgesellschaft auf Aktien), Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, eingetragene Vereine, Stiftungen und die nach landesrechtlichen Regelungen als juristische Personen nach dem EG-BGB fortbestehenden Verbnde, Genossenschaften, konzessionierten Vereine u. .6

9.19

Nichtrechtsfhige Personenvereinigungen (insbesondere Personengesellschaften) und andere nichtrechtsfhige Gebilde des Privatrechts (vgl. Rz. 5.18) sind keine juristischen Personen und knnen folglich der Erwerbsbesteuerung iS des § 1a UStG nur dann unterliegen, wenn sie Unternehmer sind. Juristische Personen des ffentlichen Rechts sind rechtsfhige Krperschaften, Stiftungen und Anstalten des ffentlichen Rechts (dazu nher Rz. 5.271 ff.).7 Nichtrechtsfhige 1 Entspricht im umgekehrten Fall § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG. 2 Zum Erwerb eines Gegenstandes, der nicht fr das Unternehmen bestimmt ist, unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers sowie zum Erwerb eines Gegenstandes, der nur zum Teil fr das Unternehmen erfolgt, s. Stadie in R/D, § 1a Anm. 118 f. 3 Organgesellschaften sind zwar selbst keine Unternehmer, sie fallen jedoch nicht unter § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG, da der Organtrger Unternehmer ist und sie zu dessen Unternehmen gehren, so daß diesen die Verpflichtung zur Versteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Organgesellschaften trifft (vgl. Rz. 5.235). 4 Wie auch des Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. 5 Die nicht stets Unternehmer iS des § 2 Abs. 1 und des § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG sein mssen (Rz. 5.39). 6 Dazu nher Hadding in Soergel, BGB-Komm., 13. Aufl. 2000, Bd. I, Vor § 21 BGB Rz. 15. 7 Dazu zhlen auch auslndische, internationale (zwischenstaatliche) und supranationale juristische Personen des ffentlichen Rechts. Nach § 1c Abs. 1 UStG sind allerdings im Inland ansssige stndige diplomatische Missionen, berufskonsularische Vertretungen und zwischenstaatliche Einrichtungen sowie im Inland stationierte NATO-Streitkrfte von der Erwerbsbesteuerung ausgenommen, soweit sie Gegenstnde, wie im Regelfall, fr den nichtunternehmerischen Bereich erwerben.

265

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb Krperschaften des ffentlichen Rechts sind Teile der bergeordneten juristischen Person des ffentlichen Rechts.1

9.20

Die Verpflichtung zur Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs entfllt2 bei Unternehmern, die nur steuerfreie Umstze ausfhren, welche nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, Kleinunternehmer (dazu Rz. 17.2 ff.) sind oder den Gegenstand zur Ausfhrung land- und forstwirtschaftlicher Umstze iS des § 24 UStG (Rz. 17.44 ff.) verwenden („anomale“ Unternehmer), sowie bei den zuvor genannten juristischen Personen, wenn die sog. Erwerbsschwelle von 12 500 Euro im Jahr nicht berschritten wird (§ 1a Abs. 3 UStG).3

9.21

Der Erwerber kann jedoch fr die Besteuerung optieren. Diese dem Finanzamt gegenber abzugebende Erklrung bindet ihn mindestens fr zwei Kalenderjahre (§ 1a Abs. 4 UStG). Die Option ist sinnvoll bei Erwerben aus Mitgliedstaaten mit einem Steuersatz, der hher als der deutsche ist. Der Erwerber erhlt im Falle der Option eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, weil er sie nunmehr fr die innergemeinschaftlichen Erwerbe „bentigt“ (§ 27a Abs. 1 Satz 2 UStG). Er kann nmlich mit ihr dem Lieferer gegenber den Nachweis darber erbringen, daß die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung anzuwenden ist, d. h. er nicht unter die Ausnahme des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 2 iVm. Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 iVm. Abs. 1a Buchst. b der 6. EG-RL fllt.4 Damit erreicht der Erwerber, daß er den Gegenstand frei von der hheren Umsatzsteuer des Ursprungslandes erwirbt und die niedrigere deutsche Umsatzsteuer schuldet.

4. Lieferer- und Lieferungskriterien 9.22

Weitere Voraussetzung ist, daß die Lieferung durch einen Unternehmer, welcher nach dem Recht des Mitgliedstaates, der fr seine Besteuerung zustndig ist, nicht Kleinunternehmer ist, gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgefhrt wird (§ 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Gesetzestechnisch sind die Unternehmereigenschaft des Lieferers, seine Nicht-Kleinunternehmereigenschaft sowie die Lieferung im Rahmen des Unternehmens Tatbestandsmerkmale des Umsatzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG, so daß im Falle ihres objektiven Vorliegens der Erwerber unabhngig von seiner Kenntnis nach dem Gesetzeswortlaut den innergemeinschaftlichen Erwerb stets versteuern mßte. Das wre allerdings unzumutbar.

9.23

Selbst in Zweifelsfllen trifft den Erwerber keine Nachforschungspflicht5, so daß er bei berechtigten Zweifeln den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht versteuern muß. Die Zweifel werden indes beseitigt durch die Angaben in der nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL. vom Lieferer zu erteilenden Rechnung.6 Darin sind u. a. die Steuerbefreiung sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Beteiligten anzugeben (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unter1 Vgl. Stadie in R/D, § 2 Anm. 825, 838. 2 Sofern es sich nicht um „neue“ Fahrzeuge (§ 1b Abs. 3 UStG; Rz. 11) oder verbrauchsteuerpflichtige Waren handelt (§ 1a Abs. 5 UStG). 3 Dazu nher Abschn. 15a Abs. 2 UStR 2005; Stadie in R/D, § 1a Anm. 243 ff. 4 Entspricht im umgekehrten Fall § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG (dazu Rz. 10.27 aE.). 5 Stadie in R/D, § 1a Anm. 132 f.; zust. Leonhard in B/G, § 1a Rz. 16. 6 Stadie in R/D, § 1a Anm. 134 f.

266

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb

abs. 1 Gedankenstriche 3, 4 und 11 der 6. EG-RL).1 Aus der Angabe der Nummer des Lieferers muß der Abnehmer schließen, daß der Lieferer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, d. h. kein Kleinunternehmer ist, denn anderenfalls ist ihm keine solche Nummer zu erteilen (vgl. Art. 22 Abs. 1 Buchst. c, 1. Gedankenstrich der 6. EG-RL).2 Der Hinweis auf die Steuerbefreiung besagt, daß der Lieferer nach eigener Einschtzung im Rahmen seines Unternehmens geliefert hat, denn ein nicht steuerbarer Umsatz wre nicht steuerfrei. Darber hinaus ist es ein ungeschriebenes Merkmal, daß der Lieferer die korrespondierende Steuerbefreiung (Art. 28c Teil A Buchst. a der 6. EG-RL) in einem anderen Mitgliedstaat auch in Anspruch nimmt, da anderenfalls eine Doppelbesteuerung eintrte. Deshalb muß hinzukommen, daß der Lieferer auch keine Steuer gesondert berechnet hat.3, 4 Die Lieferung an den Erwerber muß gegen Entgelt erfolgen; das bestimmt sich nach denselben Kriterien wie zu dem entsprechenden Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (dazu Rz. 3.1 ff.). Entgeltlichkeit ist auch dann gegeben, wenn kein angemessener, marktblicher Preis gezahlt wird.5

9.24

Bei unentgeltlichen Lieferungen (z. B. zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft) ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nach seinem Wortlaut nicht erfllt. Dieses Ergebnis widersprche aber der Zielsetzung des Art. 28a Abs. 7 der 6. EG-RL und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Neutralittsgebot).6

5. Reihengeschft a) Allgemeines Im Falle des Reihengeschfts liegen mehrere Lieferungen vor (Rz. 7.3), so daß alle Abnehmer Erwerber iS des § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG sein knnen, da der Gegenstand bei den jeweiligen Lieferungen an sie ber eine innergemeinschaftliche Grenze gelangt. Aus § 3 Abs. 6 Satz 5 iVm. Abs. 7 Satz 2 UStG, wonach fr die Bestimmung des Ortes der jeweiligen Lieferungen das Reihengeschft durch Fiktionen in mehrere gedanklich aufeinander folgende Lieferungen zerlegt wird, folgt nichts Gegenteiliges.7 Der Annahme, daß nur bei der danach gedanklich ersten Lieferung der Gegenstand die innergemein1 Vgl. fr nach deutschem Recht steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG (dazu Rz. 14.73) und § 14a Abs. 3 UStG (dazu Rz. 14.75). 2 Vgl. fr den umgekehrten Fall § 27a Abs. 1 UStG. 3 In der Gesetzesbegrndung (Reg.-Begr. zu § 1a Abs. 1 Nr. 3, BT-Drucks. 12/2463, S. 24) heißt es: Grundstzlich „kann“ der Erwerber davon ausgehen, daß die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG erfllt sind, wenn die Rechnungsangaben vorliegen und keine Steuer ausgewiesen ist. Das ergibt keinen Sinn, da es darum geht, ob den Erwerber eine belastende Rechtsfolge trifft. Statt „kann“ muß es „muß“ heißen und nicht etwa „darf“; so aber Birkenfeld, § 271 Rz. 564; Leonard in B/G, § 1a Rz. 16 aE. 4 Zu unvollstndigen Angaben in der Rechnung Stadie in R/D, § 1a Anm. 137 ff. 5 Zur Anwendung der sog. Mindest-Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG s. Rz. 51. 6 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 1a Anm. 146 ff. 7 AA. Abschn. 31a Abs. 13 UStR 2005; Leonard in B/G, § 1a Rz. 12; Reiß, UmsatzsteuerR, 5.2.6 (S. 121).

267

9.25

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

schaftliche Grenze berschreitet, steht schon die Formulierung des § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG entgegen, die an den tatschlichen Vorgang des Gelangens des Gegenstandes bei einer Lieferung anknpft, was bei allen Lieferungen der Fall ist.1 Fr innergemeinschaftliche Dreiecksgeschfte, bei denen drei Unternehmer aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind, enthlt allerdings § 25b UStG eine „Vereinfachungsregelung“.2 b) Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschfte 9.26

Bei einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft knnen die Beteiligten die Regeln ber den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 25b UStG3 im Ergebnis außer Kraft setzen, indem der letzte Abnehmer zum Schuldner der Steuer bestimmt wird. Ein solches Geschft liegt vor, wenn am Reihengeschft drei Unternehmer4 beteiligt sind, die in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten fr Zwecke der Umsatzsteuer erfaßt sind, und der Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer in der Weise gelangt, daß der erste Lieferer – oder der erste Abnehmer (zweiter Lieferer)5 – den Gegenstand von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat befrdert oder versendet (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 UStG). Die Vorschrift gilt folglich nicht fr den Fall, daß der letzte Abnehmer den Gegenstand abholt. Der Sinn nicht nur dieser Einschrnkung ist nicht erkennbar. Die Beteiligten mssen nicht in verschiedenen Mitgliedstaaten ansssig sein. Maßgebend ist allein6, daß die Beteiligten in verschiedenen Mitgliedstaaten „erfaßt“ sind, d. h. fr Zwecke der Umsatzsteuer durch Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer registriert sind.7 Danach kommen auch Unternehmer aus Drittstaaten als Beteiligte eines solchen innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschfts in Betracht.

9.27

Liegen die Voraussetzungen fr ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft vor, so wird nach § 25b Abs. 2 UStG unter den dort genannten Voraussetzungen (Rz. 28 f.) die Steuer fr die letzte Lieferung vom Abnehmer geschuldet. 1 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 1a Anm. 78 ff. 2 Fr die brigen Reihengeschfte fehlen bislang Sonderregelungen, obwohl der Rat verpflichtet war, auf Vorschlag der Kommission bis zum 30.6.1993 entsprechende Bestimmungen zu verabschieden (Art. 3 der nderungs-RL v. 14.12.1992, ABl. EG Nr. L 384/47). 3 Die Bestimmung beruht auf Art. 28b Teil A Abs. 2, Unterabs. 3, Art. 28c Teil E Abs. 3 und Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-RL, welche jedoch von der fehlerhaften Annahme ausgehen, daß der Ort der zweiten Lieferung im Bestimmungsland ist, und damit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL ignorieren (Rz. 8.18). 4 Als letzter Abnehmer kommt auch eine juristische Person in Betracht, die nicht Unternehmer ist aber im Bestimmungsland fr Zwecke der Umsatzsteuer erfaßt ist (§ 25b Abs. 1 Satz 2 UStG). 5 In diesem Fall liegt kein Reihengeschft vor (Rz. 8.25 u. 8.28), so daß es der Regelung des § 25b UStG schon deshalb nicht bedurfte, weil ein innergemeinschaftlicher Erwerb des („letzten“) Abnehmers vorliegt und er die Steuer schon danach schuldet. 6 Allerdings darf der mittlere Unternehmer (erste Abnehmer) nicht im Bestimmungsland ansssig sein (§ 25b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG). 7 Abschn. 276b Abs. 3 UStR 2005.

268

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb

Mit der Lieferung an den letzten Abnehmer ist die Lieferung des mittleren Unternehmers gemeint, die nach der verfehlten Regelung des § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 iVm. Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG (Rz. 8.16 ff.) im Inland steuerbar ist. Beispiel: Unternehmer D aus Deutschland bestellt bei Unternehmer CH aus der Schweiz einen Gegenstand, den CH seinerseits bei Unternehmer B aus Belgien bestellt. CH ist in Italien umsatzsteuerrechtlich registriert. Die Ware wird von B zu D befrdert. Alle drei Unternehmer sind, wie es § 25b Abs. 1 Nr. 2 UStG verlangt, in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten fr Zwecke der Umsatzsteuer erfaßt. Der Ort der Lieferung des B an CH ist nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Belgien (Rz. 8.20). Der Ort der Lieferung des CH an D ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Deutschland (Rz. 8.20), so daß eine steuerbare und mangels Steuerbefreiung steuerpflichtige Lieferung des CH vorliegt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG und iVm. § 3d UStG (Rz. 45 ff.) htten sowohl CH als auch D den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs verwirklicht (Rz. 25). Unter den Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 UStG geht bei entsprechender Rechnungsgestaltung (Rz. 29) die Steuerschuld fr die Lieferung des CH auf D ber. Zudem gilt der innergemeinschaftliche Erwerb des CH als besteuert (§ 25b Abs. 3 UStG). Der innergemeinschaftliche Erwerb des D entfllt. Voraussetzung fr den bergang der Steuerschuld ist zum einen nach § 25b Abs. 2 Nr. 1 UStG, daß der Lieferung ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorangegangen ist. Das ist, wenn die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 UStG erfllt sind, regelmßig der Fall, da der Gegenstand bei der Lieferung des ersten Unternehmers an den zweiten Unternehmer (erster Abnehmer) von einem Mitgliedstaat in einen anderen gelangt und der Erwerber den Gegenstand fr sein Unternehmen, nmlich fr Zwecke der Weiterlieferung erwirbt, und auch der erste Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens liefern und kein Kleinunternehmer sein wird.

9.28

Weitere Voraussetzung ist, daß der erste Abnehmer (zweiter, mittlerer Unternehmer) in dem Mitgliedstaat, in dem die Befrderung oder Versendung endet (Inland bzw. Bestimmungsland), nicht ansssig ist und gegenber den beiden anderen Beteiligten jeweils dieselbe Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, die nicht vom Bestimmungsland erteilt sein darf (§ 25b Abs. 2 Nr. 2 UStG). Ferner muß der erste Abnehmer dem letzten, d. h. seinem Abnehmer eine Rechnung iS des § 14a Abs. 7 UStG erteilen, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (§ 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG). In der Rechnung ist auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschfts und die Steuerschuld des letzten Abnehmers hinzuweisen; ferner sind die eigene UmsatzsteuerIdentifikationsnummer und die des Abnehmers anzugeben (§ 14a Abs. 7 UStG). Diese Nummer des letzten Abnehmers muß vom Bestimmungsland erteilt worden sein (§ 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG).

9.29

Sind die genannten Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 und 2 UStG erfllt – die Erteilung einer Rechnung mit den Angaben gem. § 14a Abs. 7 UStG hat hier, anders als sonst materiell-rechtliche Wirkung –, so ergeben sich mehrere Rechtsfolgen. Zum einen tritt eine Verlagerung der Steuerschuld ein, indem die Steuer fr die Lieferung des zweiten Unternehmers an den letzten Abnehmer von diesem geschuldet wird (s. auch § 13a Abs. 1 Nr. 5 und § 16 Abs. 1 Satz 3 aE. UStG). Der vom letzten Abnehmer nach dem Wortlaut des § 1a Abs. 1 UStG ebenfalls verwirklichte innergemeinschaftliche Erwerb (Rz. 25) entfllt, da er von der Steuerschuldnerschaft nach § 25b Abs. 2 UStG absorbiert wird. Ferner gilt der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abneh-

9.30

269

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

mers (mittleren Unternehmers) als besteuert (§ 25b Abs. 3 UStG). Damit wird erreicht, daß sich der nicht im Inland (Bestimmungsland) ansssige mittlere Unternehmer hier (dort) nicht fr Zwecke der Umsatzsteuer erfassen lassen muß. 9.31

Im Ergebnis ist mit der komplizierten und umstndlichen Regelung erreicht worden, daß der letzte Abnehmer den Erwerb versteuern muß, denn die Verlagerung der Steuerschuld bewirkt letztlich dasselbe, wie wenn er die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb schulden wrde. Er kann, sofern die brigen Voraussetzungen des § 15 UStG erfllt sind, die von ihm geschuldete Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 25b Abs. 5 UStG). c) Sonstige Reihengeschfte

9.32

Bei Reihengeschften mit drei Beteiligten, die die Voraussetzungen des § 25b UStG nicht erfllen, also solchen, bei denen – die Beteiligten nicht in drei verschiedenen Mitgliedstaaten umsatzsteuerlich erfaßt sind, – der letzte Abnehmer den Gegenstand beim ersten Unternehmer abholt, oder – der letzte Abnehmer kein Unternehmer oder keine juristische Person ist, gelten die allgemeinen Regeln des § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a UStG. Dasselbe gilt grundstzlich auch fr Reihengeschfte mit mehr als drei Beteiligten. Erfllen jedoch bei einem mehrgliedrigen Reihengeschft drei hintereinandergeschaltete Beteiligte die Voraussetzungen des § 25b UStG, so sind dessen Regeln auf diese anzuwenden. Im Hinblick auf den Vereinfachungszweck der Vorschrift muß es ohne Belang sein, ob der „erste Lieferer“ Vorlieferanten vorschaltet oder der „letzte Abnehmer“ weitere Abnehmer nachgeschaltet hat.1 6. Erwerbsfiktion: Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens in das Inland

9.33

a) Als innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt fingiert2 das Gesetz das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch einen Unternehmer zu seiner Verfgung, ausgenommen zu einer nur vorbergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingefhrt hat; der Unternehmer gilt als Erwerber (§ 1a Abs. 2 UStG). Der Zweck dieser Fiktion liegt primr darin, aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet stammende Gegen1 Stadie in R/D, § 25b Anm. 98 ff. m. Beispielen; im Ergebnis ebenso Heuermann, UR 1998, 5, 9 ff.; mit Einschrnkungen jetzt auch Abschn. 276b Abs. 2 Satz 2 UStR 2005; aA. Birkenfeld, § 273 Rz. 822; Reiß in T/L, § 14 Rz. 28. 2 Die Vorschrift fingiert nicht nur den innergemeinschaftlichen Erwerb, sondern auch das fr die Verwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG erforderliche Entgelt.

270

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb

stnde, die endgltig im Inland verbleiben, hier mit der deutschen Umsatzsteuer zu belasten, da der Verbrauch hier stattfindet. Damit soll nach dem zugrundeliegenden System (Rz. 2) eine entsprechende Befreiung mit Vorsteuerentlastung im Herkunftsland (Ursprungsland) korrespondieren1, was bedeutet, daß der Verbringenstatbestand nicht verwirklicht wird, wenn im Ursprungsland eine Vorsteuerentlastung nicht erfolgt (ist).2 Die Grundlage des § 1a Abs. 2 UStG in der 6. EG-RL ist unklar.3 Zwar fingiert Art. 28a Abs. 5 Buchst. b bestimmte Verbringensvorgnge als Lieferungen von Gegenstnden gegen Entgelt, es fehlt jedoch eine ausdrckliche Aussage, wonach damit entsprechende Erwerbstatbestnde im anderen Mitgliedstaat korrespondieren sollen. Als sedes materiae kommen deshalb wohl nur Art. 28a Abs. 6 Unterabs. 1 und Abs. 7 in Betracht. Aus Art. 28e Abs. 1 Satz 2 muß wohl geschlossen werden, daß Art. 28a Abs. 6 Unterabs. 1 der 6. EG-RL einschlgig sein soll.

Die Besteuerung des Verbringens nach § 1a Abs. 2 UStG ist – wie auch beim Grundtatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs – regelmßig nur dann von praktischer Relevanz, wenn der Unternehmer hinsichtlich derjenigen Umstze, fr die er den Gegenstand verwendet hat und zuknftig verwenden wird, nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, da anderenfalls die geschuldete Steuer zeitgleich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG als Vorsteuer verrechnet werden kann (Rz. 15.100). Eine Auswirkung zeigt sich allerdings nur dann, wenn die Steuerstze in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind.4

9.34

Bedeutsam ist die Vorschrift ferner beim Verbringen eines Gegenstandes, der im Ursprungsland auf Grund eines nur dort, aber nicht in Deutschland geltenden speziellen nationalen Vorsteuerabzugsverbots5 bislang nicht von der dortigen Umsatzsteuer entlastet worden war. 9.35

Beispiel: Ein in Deutschland ansssiges Handelsunternehmen hatte in sterreich fr seine dortige Zweigniederlassung einen Kombinationskraftwagen erworben. Nach einem Jahr wird das Fahrzeug auf Dauer zum inlndischen Stammhaus verbracht. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b UStG ist der Vorsteuerabzug bei Anschaffung des Fahrzeugs ausgeschlossen. Im Falle des Verbringens nach Deutschland ist indes nach Art. 28c Teil A Buchst. a iVm. Art. 28a Abs. 5 Buchst. b der 6. EG-RL eine steuerfreie Lieferung gegeben, die nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b nunmehr zum Vorsteuerabzug 1 Art. 28c Teil A Buchst. d iVm. Art. 28a Abs. 5 Buchst. b iVm. Art. 17 Abs. 3 Buchst. b und Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL; vgl. fr den umgekehrten Fall § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1a iVm. § 6a Abs. 2 UStG (dazu Rz. 10.36) sowie § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 15a Abs. 4 UStG (dazu Rz. 10.37). 2 Stadie in R/D, § 1a Anm. 156 f., 166. 3 Dem entsprechend enthlt auch die Regierungsbegrndung (BT-Drucks. 12/2463) zum USt-BinnenmarktG, durch das u. a. § 1a Abs. 2 UStG eingefgt worden war, anders als bei den brigen Vorschriften, keinen Hinweis auf die einschlgigen Regeln der 6. EG-RL. 4 Vgl. das Beispiel in Rz. 10.37 zum umgekehrten Fall des Verbringens in einen anderen Mitgliedstaat. 5 Im Sinne des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

271

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb berechtigt, so daß nach Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs dergestalt vorzunehmen ist, daß nachtrglich 4/5 der ursprnglichen Umsatzsteuer zu vergten sind. Damit ist das Bestimmungslandprinzip verwirklicht und das Fahrzeug gelangt ohne Belastung mit sterreichischer Umsatzsteuer nach Deutschland. Hier unterliegt es dann der Erwerbsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a Abs. 2 UStG mit seinem Wiederbeschaffungswert (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG; s. Rz. 11.44), so daß der Gegenstand entsprechend seinem Zeitwert mit deutscher Umsatzsteuer belastet wird, die jedoch in diesem Fall sogleich als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gegengerechnet werden kann (Rz. 15.100).

9.36

Der Gegenstand des Unternehmens, d. h. diesem zugeordnete Gegenstand (dazu Rz. 6.8), muß aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangen.1 War der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das brige Gemeinschaftsgebiet gelangt und von dort in das Inland verbracht worden, so ist Voraussetzung, daß der Unternehmer den Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet „eingefhrt“ hatte (§ 1a Abs. 2 Satz 1 aE. UStG), d. h. der Gegenstand der Einfuhrumsatzbesteuerung eines Mitgliedstaates unterlegen hat.

9.37

Die Verbringung des Gegenstandes in das Inland muß zur Verfgung des Unternehmers erfolgen, d. h. dieser muß am Ende des Verbringens noch die Verfgungsmacht ber den Gegenstand haben. Geschieht das Verbringen in Ausfhrung einer Lieferung durch Versendung oder Befrderung an den Abnehmer, so erlangt dieser sptestens bei bergabe die Verfgungsmacht und muß, sofern er die brigen Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 UStG erfllt, den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern.2 Ein Verbringen zur Verfgung des Unternehmers liegt jedoch dann vor, wenn dieser den Gegenstand in das Inland befrdert, um ihn hier (iS des § 3 Abs. 6 oder 7 UStG) zu liefern.3 Da die Weiterlieferung jedoch stets steuerpflichtig ist und deshalb die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb sogleich wieder als Vorsteuer abgezogen werden kann, drfte die Nichtversteuerung des Verbringenstatbestandes von der Finanzverwaltung in der Praxis kaum moniert werden. Beispiel: Ein Blumengroßhndler (F) befrdert aus Frankreich Blumen zum Mnchner Blumengroßmarkt, ohne bei Beginn der Befrderung bereits Abnehmer zu haben. Diese findet er erst in Mnchen. F liefert gem. § 3 Abs. 6 oder 7 UStG im Inland und verliert die Verfgungsmacht erst hier. Die Lieferung war nicht bereits nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Frankreich ausgefhrt, da bei Beginn der Befrderung der Abnehmer noch nicht feststand (Rz. 8.9). Damit korrespondiert, daß der Abnehmer nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegt, da der Gegenstand nicht bei einer Lieferung an den Abnehmer (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG) in das Inland gelangte. F muß nach dem Gesetzeswortlaut den innergemeinschaftlichen 1 Bei Verbringung in ein vom staatsrechtlichen Inland ausgenommenes Gebiet (z. B. Freihafen) ist der Tatbestand nicht erfllt; gelangt der Gegenstand spter von dort in das Inland, so liegt regelmßig eine Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) vor. 2 Abweichend davon lßt es die Finanzverwaltung zu, daß Unternehmer, die regelmßig an eine grßere Zahl von Abnehmern im Inland liefern, den Vorgang als Verbringen behandeln und als innergemeinschaftlichen Erwerb und zugleich noch eine Lieferung versteuern; Abschn. 15b Abs. 14 UStR 2005; s. auch Rz. 39. 3 Ebenso Abschn. 15b Abs. 6 UStR 2005.

272

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb Erwerb versteuern, da er die Blumen zu seiner Verfgung in das Inland verbracht hat (§ 1a Abs. 2 UStG); er kann jedoch die Steuer sogleich als Vorsteuer verrechnen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Desweiteren hat er nach dem Gesetzeswortlaut steuerpflichtige Lieferungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) gegenber seinen Abnehmern zu versteuern, was in der Realitt mangels hinreichender Kontrollen seitens der Finanzverwaltung nur selten passieren drfte. Kommissionsware, die der Kommittent vom brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland zum Verkaufskommissionr (vgl. § 3 Abs. 3 UStG, dazu Rz. 7.46 f.) befrdert oder versendet, wird zur Verfgung des Kommittenten in das Inland verbracht, da erst mit Lieferung durch den Kommissionr auch eine Lieferung des Kommittenten an diesen vorliegt (Rz. 7.47). Demgegenber vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, daß fr den innergemeinschaftlichen Erwerb die Lieferung bereits zu dem Zeitpunkt der Zurverfgungstellung als erbracht angesehen werden „kann“ und dementsprechend der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionr der Besteuerung zu unterwerfen sei1. Diese ußerung kann nur als Einrumung eines Wahlrechts verstanden werden, d. h. daß die Beteiligten den Vorgang einvernehmlich nach Abstimmung mit der Finanzbehrde des Ursprungslandes in dieser Weise behandeln knnen2.

9.38

Hinsichtlich derjenigen Gegenstnde, die nicht im Inland geliefert werden und in das Ursprungsland zurckgelangen, bliebe es bei der Verwirklichung des Tatbestandes, da bei Beginn des Verbringens keine nur vorbergehende Verwendung geplant war; die Finanzverwaltung lßt es jedoch aus Vereinfachungsgrnden zu, daß die Versteuerung auf die tatschlich verkaufte Warenmenge beschrnkt wird.3

9.39

Werden Gegenstnde aus dem brigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland verbracht, um mit ihnen hier eine Werklieferung zu erbringen, so ist der Tatbestand des § 1a Abs. 2 UStG entgegen seinem Wortlaut nicht erfllt, da Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL diesen Fall ausnimmt, so daß eine richtlinienkonforme Reduktion des § 1a Abs. 2 UStG geboten ist4. Ist der die Werklieferung ausfhrende Unternehmer nicht im Inland ansssig, so wird die Besteuerung dadurch sichergestellt, daß der Besteller der Werklieferung nach § 13b UStG Schuldner der Steuer ist (Rz. 13.4).

9.40

§ 1a Abs. 2 UStG enthlt keine zeitliche Begrenzung, so daß auch ltere Gegenstnde noch mit ihrem Zeitwert (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen wren. Das widersprche jedoch dem aus Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL abzuleitenden Grundsatz, daß eine unmittelbare oder mittelbare Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei beweglichen Gegenstnden nur innerhalb des Verwendungszeitraums von fnf Jahren vorzunehmen ist (vgl. Rz. 4.9 sowie Rz. 11.46). Folglich kann der Verbringenstatbestand nur solange verwirklicht werden, wie im Ursprungsland der Zeitraum fr eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b iVm. Art. 20 Abs. 2 der 6. EGRL noch nicht abgelaufen ist.

9.41

b) Erfolgt die Verbringung nur zu einer vorbergehenden Verwendung, so ist der Tatbestand nicht verwirklicht. Eine solche ist gegeben, wenn bereits bei dem Verbringen in das Inland aus den Umstnden zu schließen ist, daß der

9.42

1 Abschn. 15b Abs. 7 UStR 2005. 2 Entsprechendes wird fr das Verbringen auf ein sog. Konsignationslager zu gelten haben; Stadie in R/D, § 1a Anm. 175; vgl. auch OFD Karlsruhe, UR 2000, 129. 3 Abschn. 15b Abs. 6 Satz 3 UStR 2005. 4 Im Ergebnis ebenso Abschn. 15b Abs. 9 und 10 UStR 2005.

273

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb

Gegenstand vor dem weitgehenden Aufbrauchen seiner Substanz wieder in das brige Gemeinschaftsgebiet zur Verfgung des Unternehmers zurckgebracht werden wird.1 Ob eine vorbergehende Verwendung vorliegt, lßt sich grundstzlich nicht an absoluten Zeitgrenzen festmachen.2 Auslegungsmaßstab bilden vielmehr die in Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 der 6. EG-RL genannten Flle. 9.43

Wird ein Gegenstand in das Inland verbracht, damit an ihm Arbeiten ausgefhrt werden, so liegt nur eine vorbergehende Verwendung vor.3 Bei solchen Gegenstnden, deren Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet wegen vorbergehender Verwendung vollstndig steuerfrei wre, folgt aus § 22 Abs. 4a Nr. 3 UStG4, daß eine vorbergehende Verwendung iS des § 1a Abs. 2 bzw. § 3 Abs. 1a UStG nur dann vorliegt, wenn die fr die Einfuhrumsatzsteuerbefreiungen geltenden Fristen der Verwendungsdauer nicht berschritten werden. Die Hchstdauer betrgt je nach Art des Gegenstandes 24, 12 oder 6 Monate.5 Werden die genannten Fristen berschritten, so entfllt das Merkmal der vorbergehenden Verwendung und der Tatbestand des dauerhaften Verbringens ist erfllt; entsprechendes gilt, wenn der Gegenstand innerhalb der Frist untergeht oder geliefert wird6.

9.44

War ein Gegenstand ursprnglich nur zum Zwecke der vorbergehenden Verwendung in das Inland verbracht worden, wird er hier jedoch geliefert oder verbleibt er hier auf Dauer zur Nutzung, so ist der Tatbestand zu dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem der Gegenstand geliefert wird oder die ußeren Umstnde auf ein dauerndes Verbleiben schließen lassen; eine Rckwirkung tritt nicht ein (arg. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG7; dazu Rz. 12.79). Gleiches gilt, wenn der Gegenstand im Inland zerstrt, gestohlen usw. wird.8

7. Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs 9.45

Der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG ist nur dann steuerbar, wenn er im Inland erfolgt. § 3d UStG bestimmt deshalb den Ort dieses Umsatzes. Nach dessen Satz 1 wird er in dem Gebiet desjenigen Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Befrderung oder Versendung befindet. Endet die Warenbewegung in Deutschland, so ist der innergemeinschaftliche Erwerb mithin steuerbar, wenn die Befrderung im Inland iS des § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG endet.9 Das Ende der Befrderung oder 1 Stadie in R/D, § 1a Anm. 182. 2 Vgl. Abschn. 15b Abs. 11 UStR 2005. 3 Klarstellung durch § 22 Abs. 4a Nr. 1 UStG und Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL. 4 Und Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 Gedankenstrich 6 der 6. EG-RL. 5 Zusammenstellung in Abschn. 15b Abs. 12 UStR 2005. 6 Abschn. 15b Abs. 13 UStR 2005. 7 Sowie Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 3 der 6. EG-RL. 8 Abschn. 15b Abs. 11 Stze 2 und 3 UStR 2005. 9 Endet die Befrderung in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten, insbesondere in einem Freihafen, so tritt Steuerbarkeit unter den dort genannten Voraussetzungen (Nr. 6 und 7) ein. Nach der Nummer 6 hat eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht fr ihr Unternehmen erwirbt, den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern, soweit der Gegenstand zum dortigen Geoder Verbrauch oder zur Ausrstung oder Versorgung eines Befrderungsmittels bestimmt ist.

274

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb

Versendung ist dort, wo der Gegenstand bestimmungsgemß hingelangt. Wird der Gegenstand im Auftrag des Abnehmers von einem anderen Unternehmer im Ursprungsland be- oder verarbeitet und danach von diesem versendet oder befrdert, so ist maßgebend, wo diese Befrderung oder Versendung endet. Diese Auslegung ist im Hinblick darauf geboten, daß der Lieferer die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung auch in diesem Fall in Anspruch nehmen kann (vgl. zum umkehrten Fall § 6a Abs. 1 Satz 2 UStG; dazu Rz. 10.31), mit der ein innergemeinschaftlicher Erwerb seines Abnehmers korrespondieren muß.1 Eine Befrderung liegt auch dann vor, wenn der Erwerber den Gegenstand abholt (Rz. 8.7 f.). Verbringt der Erwerber in diesem Fall den Gegenstand nicht unmittelbar in das Bestimmungsland, sondern verbleibt dieser vorerst noch im Ursprungsland, z. B. anlßlich des Urlaubs oder einer Geschftsreise, so endet die Befrderung nicht schon am derzeitigen Aufenthaltsort, sondern erst am Ort des Unternehmens oder eines anderen bestimmungsgemßen Verbleibs. Auch insoweit ist eine mit § 1a Abs. 1 Nr. 1 und § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG abgestimmte Auslegung erforderlich.2

9.46

Verwendet der Erwerber gegenber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb so lange (auch) in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber die Besteuerung im Bestimmungsland – bzw. beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft, daß der Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG (Rz. 30 aE.) als besteuert gilt3 – nachweist (§ 3d Satz 2 UStG). Von praktischer Relevanz ist das jedoch nur in den seltenen Fllen, in denen der Erwerber hinsichtlich des Gegenstandes nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

9.47

Beispiele: (1) Unternehmer D mit Sitz in Deutschland erwirbt von dem Unternehmer H aus den Niederlanden Ware, die dieser vereinbarungsgemß zur Betriebssttte des D in Belgien befrdert. D hatte die Ware bei H unter seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bestellt. Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch D ist nach der Grundregel in Belgien (entsprechend Art. 28b Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL; § 3d Satz 1 UStG). Nach § 3d Satz 2 UStG ist der Ort auch in Deutschland. Sofern (wie im Regelfall) kein Vorsteuerabzugsverbot eingreift, wird D den Nachweis nach § 3d Satz 2 UStG nicht fhren, da die geschuldete Steuer durch einen Vorsteuerabzug in gleicher Hhe gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG kompensiert wird (Rz. 15.100). (2) Unternehmer A aus sterreich bestellt bei Unternehmer D aus Deutschland Ware, der sie seinerseits bei PL in Polen ordert. Dieser versendet die Ware unmittelbar zu A. 1 Erfolgt die Be- oder Verarbeitung in einem dritten Mitgliedstaat, so bedarf es dieser Interpretation nicht, d. h. es kann dahinstehen, ob die Befrderung oder Versendung bereits dort endet, denn auch in diesem Fall muß der Erwerber den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern, da der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist. 2 Stadie in R/D, § 1a, Anm. 31. 3 In diesem Fall muß hinzukommen, daß der Erwerber seiner Erklrungspflicht nach § 18a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG im Rahmen der sog. Zusammenfassenden Meldung nachgekommen ist.

275

Kap. 9 Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb Alle Beteiligten haben eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Ansssigkeitsstaates verwendet. Aufgrund der Verwendung der deutschen Nummer hat D auch in Deutschland den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs verwirklicht (§ 3d Satz 2 Halbs. 1 UStG). Weist D das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 UStG (Rz. 28 f.) nach, so daß der Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG in sterreich als besteuert gilt, und ist er seiner Erklrungspflicht nach § 18a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG nachgekommen, so entfllt die Wirkung des § 3d Satz 2 UStG.

9.48

Der Zweck des § 3d Satz 2 UStG liegt darin, die Besteuerung der Erwerbe wenigstens innerhalb der EG sicherzustellen. Da der Lieferer in seiner sog. Zusammenfassenden Meldung u. a. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer jedes Erwerbers, die diesem in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die innergemeinschaftliche Warenlieferungen an ihn ausgefhrt worden sind, anzugeben hat1 und diese Informationen auf Grund der Verordnung ber die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehrden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer2 in das Land gelangt, das die Nummer erteilt hat, ist die Besteuerung in diesem Land gewhrleistet. Demgegenber knnen die Finanzbehrden des Bestimmungslandes die in ihrem Gebiet verwirklichten Erwerbstatbestnde nur auf Grund konkreter Prfungen im Einzelfall erfahren. Erwerber, die nicht vollen Umfangs zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, knnen mithin durch die Wahl der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer die umsatzsteuerliche Belastung beeinflussen.

9.49

§ 3d Satz 2 Halbs. 1 UStG ist keine Ausnahmeregelung, die die Grundaussage des Satzes 1 verdrngt. Das Besteuerungsrecht des Bestimmungslandes bleibt unberhrt.3 Der Ort ist auflsend bedingt nur solange im anderen Land, wie der Erwerber nicht die Besteuerung im erstgenannten Land bzw. die Voraussetzungen des § 25b Abs. 3 UStG nachgewiesen hat. Dadurch wird eine zweifache Besteuerung vermieden. Hat der Erwerber den Nachweis erbracht, so wird die nach § 3d Satz 2 UStG erfolgte Besteuerung im Inland gem. § 17 Abs. 2 Nr. 4 iVm. Abs. 1 UStG ohne Rckwirkung (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG; Rz. 12.35) wieder rckgngig gemacht.

8. Bemessungsgrundlage 9.50

Der steuerpflichtige „Umsatz“ des innergemeinschaftlichen Erwerbs wird grundstzlich nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Dieses bestimmt sich mithin prinzipiell nach denselben Regeln, die auch fr die Umstze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gelten4, d. h. nach § 10 Abs. 1 und 2 UStG. Wird das Entgelt gemindert oder uneinbringlich oder wird der Erwerb rckgngig gemacht, so ist die Steuer nach den Regeln des § 17 UStG (dazu nher Rz. 12.33 ff.) zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG). 1 2 3 4

Gem. Art. 22 Abs. 6 Buchst. b der 6. EG-RL sowie § 18a Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a UStG. Verordnung 1798/2003/EG, ABl. EG 2003 Nr. L 264, S. 1. Vgl. Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL: „unbeschadet“. Unterliegt der Gegenstand der Verbrauchsbesteuerung, so sind die vom Erwerber geschuldeten oder entrichteten Verbrauchsteuern zustzlich in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (§ 10 Abs. 1 Satz 4 UStG); das entspricht der Behandlung bei der Einfuhr (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 UStG).

276

III. Innergemeinschaftlicher Erwerb Beim Verbringen eines Gegenstandes iS des § 1a Abs. 2 UStG bestimmt sich die Bemessungsgrundlage grundstzlich nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG, d. h. nach den aktuellen Wiederbeschaffungskosten (dazu Rz. 11.44). Aus Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL bzw. § 15a UStG folgt jedoch eine Beschrnkung auf die zeitanteiligen ursprnglichen Anschaffungskosten (Rz. 11.46). Fraglich ist, ob die sog. Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG anzuwenden ist. Der Wortlaut scheint dagegenzusprechen, denn danach ist die Bemessungsgrundlage (Rz. 11.58 ff.) des § 10 Abs. 4 UStG nur fr Lieferungen, nicht aber fr den innergemeinschaftlichen Erwerb entsprechend anzuwenden. Dieses Ergebnis widersprche jedoch sowohl der Zielsetzung der EG-Richtlinie als auch der des Umsatzsteuergesetzes, da dann fr den Fall, daß die Beteiligten ein zu geringes Entgelt vereinbaren, im Bestimmungsland keine dem Wert des Gegenstandes entsprechende Belastung herbeigefhrt wrde, wenn richtigerweise im Ursprungsland die Steuerbefreiung fr die Lieferung angewendet wird.

277

9.51

Kapitel 10 Steuerbefreiungen I. Allgemeines 1. Systematik, Wirkungen 10.1

Ein steuerbarer Umsatz, d. h. ein solcher, der den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfllt, ist steuerpflichtig, wenn er nicht steuerbefreit ist.1 Eine Steuerbefreiung ist nach der Gesetzessystematik mithin nur dann zu prfen, wenn ein Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, d. h. die Leistung eines Unternehmers im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens vorliegt. Von der Wirkung her gesehen ist die gesetzestechnische Differenzierung ohne Belang, da es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob die Leistung schon nicht steuerbar ist (weil sie z. B. nicht im Rahmen des Unternehmens erfolgt oder der Ort nicht im Inland ist), oder ob sie zwar steuerbar, aber steuerfrei ist. In beiden Fllen entsteht keine (deutsche) Umsatzsteuer (zur Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips bedient sich das Gesetz mal dieser und mal jener Technik; Rz. 3).

10.2

Fast alle Steuerbefreiungen – fr Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG2 – sind in § 4 UStG aufgezhlt.3 Im Ergebnis bewirkt allerdings auch die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG eine Steuerbefreiung (Rz. 17.2 f.). Die Steuerbefreiungen lassen sich schlagwortartig in zwei Gruppen einteilen: – Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 1–7 UStG4) und – Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 ff., § 19 Abs. 1 UStG). Diese Unterscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 und 3 UStG. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug bei Bezgen von Gegenstnden und sonstigen Leistungen, die zur Ausfhrung steuerfreier Umstze verwendet werden, grundstzlich ausgeschlossen (dazu nher Rz. 15.131 ff.). Davon werden nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG insbesondere solche Umstze ausgenommen, die nach § 4 Nr. 1–7 UStG steuerfrei sind. Bei diesen erhlt der Unternehmer mithin trotz der Steuerfreiheit der Umstze die mit ihnen 1 Entsprechendes gilt fr die „Umstze“ der Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und des innergemeinschaftlichen Erwerbs (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG). 2 Zu Steuerbefreiungen fr die Einfuhr s. § 5 UStG und fr den innergemeinschaftlichen Erwerb s. § 4b UStG (dazu Rz. 9.5). 3 Weitere Steuerbefreiungen enthalten § 25 Abs. 2 UStG fr bestimmte Reiseleistungen (dazu Rz. 17.74), § 25c Abs. 1 UStG (Umstze von Anlagegold) und die in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften (Umstze gegenber Streitkrften anderer Vertragspartner der NATO usw.). 4 Ferner § 25 Abs. 2 UStG und die in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften. Auch § 25c Abs. 4 UStG sieht bei bestimmten Umstzen von Anlagegold trotz der Steuerbefreiung den Vorsteuerabzug vor.

278

I. Allgemeines

zusammenhngenden Vorsteuern vergtet (dazu nher Rz. 15.138 ff.). Fr bestimmte Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug sieht § 9 UStG zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen die Mglichkeit des Verzichtes auf die Steuerbefreiung vor, wenn der Umsatz fr das Unternehmen des Empfngers erfolgt (Rz. 131 ff.). Whrend die Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug die unterschiedlichsten Zwecke verfolgen (Rz. 67 ff.), haben die Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug (Rz. 8 ff.) weitgehend die Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips im Auge. Zur Umsetzung dieses Prinzips bedient sich indes das Gesetz (wie auch die 6. EG-RL) unterschiedlicher Techniken. Zuweilen wird schon der Ort eines Umsatzes in das Bestimmungsland gelegt, so daß der Umsatz gar nicht erst steuerbar ist.1

10.3

Beispiele: – Ort der sonstigen Leistung bei Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2, Nr. 4 Satz 2, § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG); – Ort der sonstigen Leistungen nach § 3a Abs. 3 iVm. Abs. 4 UStG; – Ort der Lieferung an den zweiten (oder weiteren) Abnehmer im Reihengeschft (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG); – Ort der Lieferung der sog. Versandhndler (§ 3c UStG).

Nur wenn der Ort des Umsatzes im Inland ist, weil keine der zuvor genannten oder hnlichen Vorschriften eingreift, wird das Bestimmungslandprinzip – soweit es gelten soll, was nicht stets der Fall ist2 – erst dadurch verwirklicht, daß der steuerbare Umsatz unter eine Steuerbefreiung fllt (insbesondere nach § 4 Nr. 1 iVm. §§ 6, 6a oder § 7 UStG; zu diesen Rz. 8 ff.). Von dem im Gesetz ausdrcklich als solchen bezeichneten Befreiungen sind weitere Ausnahmen von der Besteuerung zu unterscheiden, die materiell, d. h. im Ergebnis wie Steuerbefreiungen wirken. Beim sog. Kleinunternehmer wird die „geschuldete Umsatzsteuer . . . nicht erhoben“ (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). Hierbei handelt es sich materiell um eine Steuerbefreiung (Rz. 17.3). Fr den innergemeinschaftlichen Erwerb bestimmen § 1a Abs. 3 und § 1c UStG, daß unter den genannten Voraussetzungen ein innergemeinschaftlicher Erwerb „nicht vorliegt“, obwohl die Merkmale des Grundtatbestandes verwirklicht sind. Wie eine teilweise Befreiung wirkt auch die Beschrnkung der Bemessungsgrundlage bei der Differenzbesteuerung nach § 25 Abs. 3 UStG (Rz. 17.80) und § 25a Abs. 3 UStG (dazu Rz. 17.87, 17.108).

10.4

Eine wirtschaftlich als Einheit zu sehende Leistung ist auch umsatzsteuerrechtlich generell einheitlich zu beurteilen (Einheitlichkeit der Leistung). Eine solche Leistung (der Umsatz) darf nicht knstlich in verschiedene Leistungselemente aufgespalten werden, sondern ist regelmßig hinsichtlich der

10.5

1 Auch in diesen Fllen ist der Vorsteuerabzug gleichwohl nicht ausgeschlossen, wenn die Umstze bei Steuerbarkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen wrden (arg. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG; dazu Rz. 15.135). 2 Vgl. nur die Ortsbestimmungen des § 3a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG sowie § 6a Abs. 1 Nr. 2 UStG (Rz. 27).

279

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Steuerbarkeit, der Steuerpflicht und des Steuersatzes einheitlich zu behandeln (Rz. 7.69). Dieser Grundsatz erfhrt nicht nur auf der Ebene der Steuerbarkeit – Beispiel: Lieferung eines nur zum Teil dem Unternehmen zugeordneten Grundstcks (Rz. 6.13)1 –, sondern auch bei den Steuerbefreiungen Durchbrechungen, soweit sich aus der jeweiligen Befreiungsvorschrift ergibt, daß diese nur auf einen Teil des Umsatzes anzuwenden ist. Beispiele: – Ausklammerung der sog. Betriebsvorrichtungen aus der Steuerbefreiung fr die Lieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) von Grundstcken (Rz. 99); zur entsprechenden Frage bei der Vermietung (§ 4 Nr. 12 Satz 2 aE. UStG) s. Rz. 118 ff. – Die Mglichkeit, auf eine Steuerbefreiung zu verzichten, kann zwingend nach § 9 Abs. 2 UStG auf einen Teil des Umsatzes beschrnkt sein (Rz. 151); davon zu unterscheiden ist die Beschrnkung des Verzichts durch den Unternehmer auf einen Teil des Umsatzes nach § 9 Abs. 1 UStG (Rz. 145). – Eine Reiseleistung kann teilweise („soweit“) steuerfrei sein (§ 25 Abs. 2 UStG; dazu Rz. 17.74).

2. Konkurrenzen 10.6

Ein Umsatz kann unter mehrere Steuerbefreiungen fallen. Die Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug (insbesondere § 4 Nr. 1–7 UStG) haben dann Vorrang gegenber den Befreiungen ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 ff. UStG).2 Ausnahmen von diesem Grundsatz bestimmt z. B. § 4 Nr. 3 Satz 2 UStG (Rz. 60). Im Verhltnis der in § 4 Nr. 8–28 UStG genannten Befreiungen zueinander geht die speziellere vor. Das gilt namentlich fr die verzichtsfhigen Befreiungen (§ 9 Abs. 1 UStG) im Verhltnis zu der nicht verzichtsfhigen Befreiung nach § 4 Nr. 28 UStG.3 3. Unentgeltliche Leistungen

10.7

Bei unentgeltlichen Leistungen, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG steuerbar sind, ist hinsichtlich der Anwendbarkeit der 1 Mit der Folge, daß auf die Grundstckslieferung auch nur hinsichtlich des steuerbaren Teils die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG angewendet werden kann (Rz. 89 Fn.). 2 Vgl. Abschn. 204 Abs. 4 UStR 2005 m. Beispiel: Die Lieferung von Blutkonserven ist nach § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG steuerfrei (ohne Vorsteuerabzug, § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Bei einer Lieferung in das Ausland kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 iVm. § 6 oder § 6a UStG in Betracht kommen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG). Ferner Birkenfeld, § 91 Rz. 21 f. m. Beispielen. 3 FG Nrnberg, UR 1993, 258. Beispiel: Bei einer Lieferung eines Grundstcks, das bislang zur Ausfhrung von Umstzen verwendet wurde, die nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfrei sind, geht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG der des § 4 Nr. 28 UStG vor, so daß auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG verzichtet werden kann.

280

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Steuerbefreiungen auf den Zweck der jeweiligen Befreiungsvorschrift abzustellen. Aus dem Umstand, daß diese unentgeltlichen Leistungen als fiktiv entgeltliche unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallen und deshalb von dem Einleitungssatz des § 4 UStG in vollem Umfang erfaßt zu sein scheinen, darf nicht geschlossen werden, daß ohne weiteres auf alle unentgeltlichen Leistungen stets die Steuerbefreiungen anzuwenden sind. Vielmehr ist bei jeder einzelnen Befreiungsvorschrift auf deren Zweck abzustellen und zu fragen, ob dieser auch fr den unentgeltlichen Vorgang zutrifft. Das gilt insbesondere bei den Befreiungen nach § 4 Nr. 8–27 UStG (zur Anwendbarkeit der Befreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG auf die unentgeltliche Lieferung oder Entnahme eines Grundstcks s. Rz. 101 f., der Befreiung nach § 4 Nr. 12 UStG auf die Privatnutzung von Gebudeteilen s. Rz. 113 f.). Fr die unentgeltliche Ausfuhrlieferung und die unentgeltliche Lohnveredelung an Gegenstnden der Ausfuhr ist die Anwendung der Steuerbefreiungen durch § 6 Abs. 5 und § 7 Abs. 5 UStG ausdrcklich ausgeschlossen (dazu nher Rz. 22 f. und 54; zur Anwendung der Steuerbefreiung des § 6a UStG auf unentgeltliche innergemeinschaftliche Lieferungen s. Rz. 40 ff.).

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug 1. Ausfuhrlieferungen in das Drittlandsgebiet a) Zweck der Steuerbefreiung, Voraussetzungen Wird der Gegenstand einer Lieferung (auch als Ergebnis einer Werklieferung iS des § 3 Abs. 4 UStG) in das Drittlandsgebiet versendet oder befrdert, so spricht das Gesetz von einer Ausfuhrlieferung, die unter den Voraussetzungen des § 6 UStG1 nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Mit dieser Befreiung wird erreicht, daß nur der Verbrauch von Gegenstnden im Inland besteuert und das weltweit praktizierte Bestimmungslandprinzip verwirklicht wird. Mit der Befreiung im Ursprungsland korrespondiert im Regelfall eine Besteuerung im Bestimmungsland in Gestalt einer Einfuhrumsatzsteuer. Der Zweck dieser Steuerbefreiung im Ursprungsland liegt in der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen fr die Exportwaren gegenber den konkurrierenden heimischen Waren im Bestimmungsland. Um eine vollstndige Entlastung von deutscher Umsatzsteuer zu gewhrleisten, erhlt der Exporteur gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG auch die den Lieferungen zuzurechnenden Vorsteuern vergtet (Rz. 15.138 f.).

10.8

Drittlandsgebiet iS des Umsatzsteuergesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist (§ 1 Abs. 2a Satz 3 UStG); es lßt sich also nur durch eine Negativabgrenzung bestimmen. Das Gemeinschaftsgebiet umfaßt das deutsche Inland iS des § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG2 und das Gebiet der brigen Mit-

10.9

1 Entspricht Art. 15 Nr. 1 und 2 der 6. EG-RL. 2 Die deutschen Freihfen, die sog. Wattenmeere und die Insel Helgoland sind danach Drittlandsgebiet.

281

Kap. 10 Steuerbefreiungen

gliedstaaten der Europischen Gemeinschaft, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (§ 1 Abs. 2a Satz 1 UStG). 10.10

Befrdert oder versendet der Unternehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter den Gegenstand in das Drittlandsgebiet – mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Rz. 12) – so ist nicht erforderlich, daß der Abnehmer im Drittlandsgebiet ansssig ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG); Voraussetzung ist lediglich, daß der Gegenstand in das Drittlandsgebiet gelangt, so daß der Abnehmer auch im Inland ansssig sein kann.

10.11

Transportiert hingegen der Abnehmer (oder ein von ihm beauftragter Dritter1) den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet (Abholfall), so ist erforderlich, daß es sich bei ihm um einen auslndischen Abnehmer handelt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG).

10.12

Gelangt der Gegenstand in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Freihfen, sog. Kstenmeere, Rz. 8.5), so muß hinzukommen, daß der Abnehmer den Gegenstand fr sein Unternehmen erworben hat oder anderenfalls ein auslndischer Abnehmer ist und der Gegenstand anschließend in das Drittlandsgebiet gelangt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

10.13

Auslndischer Abnehmer ist – ein Abnehmer, der seinen Wohnort2 oder Sitz im Ausland3, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, hat4 (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG), oder – eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansssigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschft „im eigenen Namen abgeschlossen“5 hat (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG).6

10.14

Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, daß der Gegenstand im Auftrag des Abnehmers von einem oder mehreren Dritten („Beauftragten“) vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 UStG).

1 Das kann auch eine inlndische Tochtergesellschaft des Abnehmers sein; FG Mnster, UR 2001, 113. 2 Der Begriff des Wohnorts ist nicht mit dem des Wohnsitzes iS des § 8 AO identisch. Eine Person kann nur einen Wohnort iS des § 6 UStG, jedoch mehrere Wohnsitze iS des § 8 AO haben; Wohnort ist der rtliche Mittelpunkt des Lebens; BFH, BStBl. II 1976, 80; UR 1993, 258 = BFH/NV 1993, 631; BStBl. II 1995, 515; BFH/NV 2000, 1370; vgl. auch Art. 4 Abs. 2 Buchst. a OECD-Muster-DBA. 3 Ausland iS des UStG ist das Gebiet, das nicht Inland iS des UStG ist (§ 1 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der auslndische Abnehmer muß mithin nicht im Drittlandsgebiet, sondern kann auch im Gemeinschaftsgebiet ansssig sein. 4 Dazu nher Husmann in R/D, § 6 Anm. 46 ff.; Abschn. 129 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1995, 515. 5 Das ist rechtlich nicht mglich, da die Zweigniederlassung (vgl. § 13 HGB) keine eigene Rechtsfhigkeit besitzt. Gemeint drfte sein, daß die Zweigniederlassung den Gegenstand fr ihre Zwecke bezieht, d. h. die Bestellung ihr zuzurechnen ist (hnlich Art. 7 OECD-Muster-DBA). 6 Der Sinn des § 6 Abs. 2 Satz 2 UStG ist nicht erkennbar.

282

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug Beispiel: N mit Sitz in Norwegen kauft bei H in Hamburg Rohmaterial ein und weist H an, dieses an D in Dresden zu versenden, der das Rohmaterial zu Fertigwaren verarbeitet und dann an N versendet. Fr H kommt die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG in Betracht, da N als auslndischer Abnehmer den Gegenstand nach der Verarbeitung in das Drittlandsgebiet versendet. Die Versendung durch D ist aus der Sicht des § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG dem N als Abnehmer zuzurechnen, da D in seinem Auftrag als Dritter den verarbeiteten Gegenstand in das Drittlandsgebiet versendet. Fr D kommt die Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Betracht (Rz. 50 ff.). Ist der Gegenstand der Lieferung zur Ausrstung oder Versorgung eines Befrderungsmittels bestimmt und wird er vom Abnehmer abgeholt oder vom Lieferer in eines der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Rz. 12) verbracht, so liegt eine steuerbefreite Ausfuhrlieferung nur dann vor, wenn der Abnehmer ein auslndischer Abnehmer ist (Rz. 13) und das Befrderungsmittel den Zwecken seines Unternehmens dient (§ 6 Abs. 3 UStG1).2

10.15

Wird der Gegenstand der Lieferung nicht fr unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persnlichen Reisegepck ausgefhrt, so liegt eine steuerbefreite Ausfuhrlieferung nur dann vor, wenn der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, hat und der Gegenstand vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgefhrt wird (§ 6 Abs. 3a UStG 3).4

10.16

b) Reihengeschft Bei einem Reihengeschft (Rz. 7.42 ff.), bei dem der erste Unternehmer in der Reihe den Gegenstand an den letzten Abnehmer befrdert oder versendet, ist nur der Ort der ersten Lieferung im Inland (Rz. 8.15 ff., 8.20); die Orte der brigen Lieferungen sind im Bestimmungsland (Rz. 8.20) und damit schon nicht steuerbar. Fr die erste Lieferung kommt die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Betracht.

10.17

Wird der Gegenstand hingegen vom letzten Abnehmer in das Drittlandsgebiet befrdert oder versendet (Abholfall) mit der Folge, daß alle Lieferungen steuerbar sind (Rz. 8.23 f.), so kommt die Steuerbefreiung nach dem klaren Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG entgegen h. M.5 fr diejenigen Lieferer in Betracht, deren Abnehmer auslndische iS des § 6 Abs. 2 UStG (Rz. 13) sind. Denn eine Versendung durch den Abnehmer iS des § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG liegt auch dann vor, wenn dieser sie durch einen Dritten, hier seinen Abnehmer besorgen lßt.

10.18

1 2 3 4

Entspricht Art. 15 Nr. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. Dazu nher Abschn. 130 UStR 2005. Entspricht Art. 15 Nr. 2 Unterabs. 2–4 der 6. EG-RL. Fr diesen Fall verlangt § 17 UStDV als Ausfuhrnachweis (Rz. 24) einen Beleg seitens einer Grenzzollstelle eines Mitgliedstaates, der besttigt, daß der Reisende laut vorgelegtem Paß o. . im Drittlandsgebiet ansssig ist. 5 Abschn. 128 Abs. 4 iVm. Abschn. 31a Abs. 14 UStR 2005; Nieskens, UR 1997, 1, 6; Husmann in R/D, § 6 Anm. 184; Heidner in B/G, § 6 Rz. 10; Reiß, UmsatzsteuerR, 2.4.3.2.6 (S. 111); Weymller in S/R, § 6 Rz. 15.

283

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Aus der Fiktion des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG, wonach die Befrderung oder Versendung nur einer Lieferung zuzuordnen ist, folgt entgegen h. M. nichts anderes. Diese Fiktion gilt nur fr die Ortsbestimmung, nicht jedoch im Rahmen des § 6 UStG, der nach seinem klaren Wortlaut auf den tatschlichen Vorgang des Befrderns oder Versendens abstellt. Die gegenteilige Auffassung verkennt zudem den Zweck (Rz. 8) dieser Steuerbefreiung und fhrt zu einer unntigen Steuerbelastung fr einen zwischengeschalteten auslndischen Lieferer, der deshalb das Vorsteuervergtungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG iVm. §§ 59 ff. UStDV, dazu Rz. 18.41 ff.) in Anspruch nehmen muß. 10.19

Beispiele: (1) R aus Rußland hat bei Unternehmer D1 aus Deutschland Ware bestellt, der sie seinerseits bei D2 aus Deutschland einkauft. Vereinbarungsgemß holt R die Ware bei D2 ab und befrdert sie nach Rußland. D1 und D2 ttigen jeweils steuerbare Lieferungen (§ 3 Abs. 6 Satz 5 iVm. Satz 1 bzw. § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG; s. Rz. 8.23 f.). Die Lieferung des D2 ist steuerpflichtig, da D1 kein auslndischer Abnehmer ist. Die Lieferung des D1 ist steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 UStG, da sein Abnehmer den Gegenstand in das Drittlandsgebiet befrdert hat und ein auslndischer Abnehmer ist. (2) Wie (1), nur daß der mittlere Unternehmer (jetzt A statt D1; D statt D2) in sterreich ansssig ist. Auch die Lieferung des D ist richtigerweise steuerfrei, da sein Abnehmer A ein auslndischer ist (Rz. 13) und den Gegenstand durch seinen Abnehmer R in das Drittlandsgebiet befrdern lßt, d. h. versendet. Die gegenteilige Auffassung fhrt dazu, daß A hinsichtlich der von D in Rechnung gestellten Umsatzsteuer in Deutschland die Vorsteuervergtung (Rz. 18.41 ff.) beantragen muß.

c) Steuerbefreiung und Ausfuhrverbot 10.20

Fraglich ist, ob die Steuerbefreiung zu versagen ist, wenn die Lieferung in das Ausland gegen ein Ausfuhrverbot (z. B. nach dem Außenwirtschaftsgesetz) verstßt. Nach frher berwiegend vertretener Auffassung darf die Steuerbefreiung nicht eingreifen, da die Befreiungsvorschrift nicht nur rechtstechnisch wertungsfrei das Bestimmungslandprinzip umsetze, sondern auch wirtschaftspolitisch gleiche Wettbewerbschancen der Ausfuhrhndler im Ausland gewhrleisten soll (Rz. 8), so daß die Regelung im Wege teleologischer Reduktion einschrnkend zu interpretieren sei.1 Die gegenteilige Auffassung, wonach sich aus § 40 AO die steuerrechtliche Wertneutralitt ergebe, so daß die Befreiung nicht versagt werden drfe2, ist durch den EuGH besttigt worden. Danach ist Art. 15 Nr. 1 der 6. EG-RL so auszulegen, daß die Steuerbefreiung nicht versagt werden drfe, da das Umsatzsteuersystem der EG auf dem

1 Vgl. Weiß in Eckhardt/Weiß, UStG 1967, 1974, § 4 Nr. 1, Tz. 27; ferner BFH, BStBl. II 1975, 469; vgl. auch die Rechtsprechung zur Ausfuhrvergtung nach § 16 UStG 1951: BFH, BStBl. III 1960, 433; HFR 1964, 319; BStBl. 1967 III, 406. 2 Birkholz, UR 1975, 109; Milatz, UVR 1989, 321; i. Ergebnis ebenso Felix, DStR 1975, 146; vgl. auch Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 AO, Tz. 10a; BFH, BStBl. II 1990, 251.

284

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Grundsatz der steuerlichen Wertneutralitt beruhe.1 Dem ist zuzustimmen,2 da der verbotswidrig ausgefhrte Gegenstand nicht im Inland verbraucht wird und es dem Staat unbenommen bleibt, Verstße gegen Ausfuhrverbote durch andere finanzielle Sanktionen zu ahnden.3 frei

10.21

d) Unentgeltliche Lieferungen Die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung gilt nicht bei Lieferungen iS des § 3 Abs. 1b UStG, d. h. bei der Entnahme und bei der unentgeltlichen Lieferung von Gegenstnden (§ 6 Abs. 5 UStG).4 Fr die Entnahme iS des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG ist das zur Vermeidung von Mißbruchen sachgerecht. Bei unentgeltlichen Lieferungen an Dritte widerspricht diese Regelung hingegen dem Bestimmungslandprinzip, da der Gegenstand nicht im Ursprungsland verbraucht wird.5 Ferner liegt bei einer unentgeltlichen Lieferung an eine nahestehende Gesellschaft im Drittlandsgebiet ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich wie auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Grundsatz der Rechtsformneutralitt (Rz. 44, 61 f.) vor. Whrend die unentgeltliche Lieferung an eine Tochtergesellschaft, die wirtschaftlich dieselbe Funktion wie eine unselbstndige Zweigniederlassung hat, zu einer Umsatzsteuerbelastung fhrt, tritt bei einem Verbringen des nmlichen Gegenstandes zu einer Niederlassung eine solche Belastung nicht ein, weil der Gegenstand innerhalb des Unternehmens bleibt (Rz. 5.135).

10.22

Beispiel:

10.23

Der Unternehmer liefert unentgeltlich eine vorsteuerentlastete Maschine an eine im Drittlandsgebiet ansssige, 100 %ige Tochtergesellschaft, die den Gegenstand fr eigene unternehmerische Zwecke verwendet.

1 2 3 4

EuGH, EuGHE 1993, 4677 = UR 1994, 47. Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 228, gebe ich auf. So ausdrcklich EuGH, aaO., Tz. 24. Das entspricht der Entscheidung des BFH, UR 1994, 158 = BFH/NV 1994, 590, der meinte, daß keine Lieferung im Rahmen des Unternehmens vorliege, da bei der Entnahme die Lieferung im nichtunternehmerischen Bereich erfolge. Der BFH verwechselte die Tatbestandsmerkmale „im Rahmen seines Unternehmens“ und „fr Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen“, denn geschhe die Lieferung nicht im Rahmen des Unternehmens, so wre sie schon nicht steuerbar, da kein Gegenstand des Unternehmens vorlge (Rz. 6.2). 5 Nach der zutreffenden Interpretation durch den EuGH, EuGHE 1993, I-4677 = UR 1994, 47, Tz. 20, soll Art. 15 Nr. 1 und 2 der 6. EG-RL „verhindern, daß die Verbraucher aus Nichtmitgliedstaaten Mehrwertsteuer zahlen mssen.“ Gleichwohl ist die Sache nicht ganz zweifelsfrei, da Art. 15 Nr. 1 vom „Verkufer“ spricht, was die Annahme einer entgeltlichen Lieferung nahelegt. Es ist indes auch die Interpretation mglich, daß die Richtlinie nur den typischen Fall der Ausfuhrlieferung erwhnt, ohne damit den atypischen ausschließen zu wollen. Der Zweck der Befreiung spricht fr diese Auslegung.

285

Kap. 10 Steuerbefreiungen Es handelt sich um eine unentgeltliche Zuwendung iS des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (Rz. 4.21 f.), die, da der Ort im Inland liegt (Rz. 8.43 ff.) und die Organschaftsregelung nicht eingreift (Rz. 5.254), zu einem steuerbaren Umsatz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) fhrt. Die Versagung der Steuerbefreiung bewirkt, daß die Maschine mit deutscher Umsatzsteuer belastet wird, obwohl ihr Wert nicht im Inland verbraucht wird. Htte der Unternehmer hingegen statt einer rechtlich selbstndigen Tochtergesellschaft eine rechtlich unselbstndige Zweigniederlassung im Drittlandsgebiet, so bildete diese einen Teil seines Unternehmens, so daß die Verbringung der Maschine – trotz Gelangens in das Drittlandsgebiet – keine Entnahme wre, da der Gegenstand das Unternehmen nicht verließe (Rz. 4.14; 5.135) und folglich keine Umsatzsteuerbelastung eintrte. Die Regelung des § 6 Abs. 5 UStG verstßt mithin gegen den verfassungsrechtlich und gemeinschaftsrechtlich gebotenen Grundsatz der Rechtsformneutralitt (Rz. 1.44, 1.61 f.), da die Umsatzsteuerbelastung nicht von dem Rechtskleid abhngig sein darf, in dem der Unternehmer seine wirtschaftliche Ttigkeit ausbt. Eine formal zivilrechtlich selbstndige Tochtergesellschaft hat wirtschaftlich gesehen dieselbe Funktion wie eine Zweigniederlassung.1

e) Nachweisvoraussetzungen 10.24

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind nachzuweisen (§ 6 Abs. 4 UStG iVm. §§ 8 ff. UStDV). Verlangt werden ein Ausfuhrnachweis in Gestalt eines Beleges (§§ 8–11, 17 UStDV) und ein Buchnachweis (§ 13 UStDV).2 Beide Nachweise sollen materiell-rechtliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung sein, weil § 6 Abs. 4 UStG es erlaube, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, „wie“ die Nachweise zu fhren sind.3 Folglich wird die Steuerbefreiung von der Finanzverwaltung auch dann nicht gewhrt, wenn die eigentlichen Voraussetzungen zweifelsfrei erfllt sind.4 Whrend der Buchnachweis durch zeitnahe Aufzeichnungen zu fhren sei5, knne der Ausfuhrnachweis nachgeholt

1 Es ist deshalb anzunehmen, daß der EuGH bei einer entsprechenden Vorlage Art. 15 Nr. 1 und 2 der 6. EG-RL dahin auslegen wird, daß aus Grnden der Rechtsformneutralitt des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems auch unentgeltliche Lieferungen an Tochtergesellschaften erfaßt werden. § 6 Abs. 5 UStG wre dann insoweit aufgrund der EuGH-Rechtsprechung zum Anwendungsvorrang unbeachtlich. Hingegen wrde eine Verfassungsbeschwerde oder eine Richtervorlage (Art. 100 GG) nicht weiterhelfen, weil das BVerfG den Gesetzgeber lediglich zu einer gleichheitssatzkonformen Regelung zwingen knnte, die auch so aussehen knnte, daß das Verbringen eines Gegenstandes zu einer Zweigniederlassung o. . im Drittlandsgebiet als Entnahme zu behandeln wre. 2 Dazu nher Abschn. 131 ff. UStR 2005; FG Hamburg, EFG 1994, 224; BFH, BFH/NV 2000, 1370; Husmann in R/D, § 6, Anm. 208 ff. 3 BFH, BStBl. II 1980, 415; UR 1988, 253; 1991, 259; BFH/NV 1996, 184; 2002, 551; vgl. auch BFH/NV 2000, 1370. 4 Vgl. Abschn. 136 Abs. 1 UStR 2005. 5 Zu Recht zweifelnd BFH, UR 2005, 256 = BFH/NV 2005, 815, zu § 17a UStDV (Rz. 45).

286

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

werden.1 Bei geflschten Ausfuhrbelegen soll lt. BFH kein Vertrauensschutz in Betracht kommen; § 6a Abs. 4 UStG (Rz. 46 ff.) soll nicht entsprechend anwendbar sein.2 Das verstßt gegen den verfassungsrechtlich und gemeinschaftsrechtlich fundierten Verhltnismßigkeitsgrundsatz, der es gebietet, Vertrauensschutz zu gewhren, wenn der lediglich als Gehilfe des Staates fungierende Unternehmer (Rz. 1.18 ff.) die Richtigkeit der vorgelegten Belege nicht berprfen kann und keinen Anlaß zu Zweifeln hat.3 Das Risiko der zutreffenden Besteuerung hat dann der Staat zu tragen; nicht etwa fllt es unter das allgemeine Unternehmerrisiko.4 2. Innergemeinschaftliche Lieferungen a) Allgemeines Gelangt der Gegenstand der Lieferung (auch als Ergebnis einer Werklieferung) in das brige Gemeinschaftsgebiet, so kann die Steuerbefreiung der sog. innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG5 Anwendung finden. Mit dieser Steuerbefreiung korrespondiert nach dem System der 6. EG-RL im Bestimmungsland die Verpflichtung des Abnehmers, den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (Art. 28a der 6. EG-RL). Anders als bei Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG ist die Befreiung bei Lieferungen an private und gleichgestellte Abnehmer grundstzlich ausgeschlossen, so daß insoweit innerhalb der EG trotz unterschiedlicher Steuerstze und fortbestehender nationaler Ertragshoheit das Ursprungslandprinzip verwirklicht ist.

10.25

Das brige Gemeinschaftsgebiet umfaßt die Gebiete der brigen Mitgliedstaaten der Europischen Gemeinschaft, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (§ 1 Abs. 2a Satz 1 Halbs. 2 UStG).

10.26

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1980, 415; 1995, 515, 517; BFH/NV 1996, 184: Nur bis zum Schluß der letzten mndlichen Verhandlung. Richtigerweise ist jedoch der in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG (Satz 3 aF.) zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgrundsatz anzuwenden, so daß entgegen BFH keine Rckwirkung eintritt (Rz. 12.79) und die Steuerentstehung des Jahres der Lieferung gar nicht berhrt wird. Die Steuerbefreiung tritt vielmehr richtigerweise erst im Moment der Nachholung ein, so daß auch ein Erstattungsanspruch erst dann (ex nunc) entsteht. 2 BFH, BStBl. II 2004, 748; vgl. auch Antwort d. BReg auf eine kl. Anfrage, BT-Drs. 15/ 3289, zu Frage 5. 3 Ebenso Dietlein, UR 2004, 531. 4 So aber allen Ernstes die BReg., aaO. 5 Entspricht Art. 28c Teil A der 6. EG-RL.

287

Kap. 10 Steuerbefreiungen

10.27

Hat der Unternehmer1 (oder in seinem Auftrag ein Dritter) oder der Abnehmer den Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet befrdert oder versendet (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG), so liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung vor, wenn auf der Abnehmerseite die folgenden Voraussetzungen erfllt sind: – Der Abnehmer muß zum einen entweder ein Unternehmer sein, der den Gegenstand fr sein Unternehmen erworben hat, oder eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht fr ihr Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG).2 – Des weiteren muß der Erwerb des Gegenstandes beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung „unterliegen“ (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Daß der Erwerber tatschlich besteuert wird, ist nicht Voraussetzung der Steuerbefreiung.

10.28

Dabei ergibt sich das Problem, daß nicht jeder Unternehmer und nicht jede juristische Person stets der Erwerbsbesteuerung unterfllt.3 Des weiteren kann der Lieferer nicht immer zweifelsfrei beurteilen, ob der Abnehmer ein Unternehmer ist und den Gegenstand fr sein Unternehmen erwirbt oder ob er eine juristische Person ist. Nachforschungspflichten bestehen nicht und knnten zudem auch keine verbindliche Klrung bewirken. Andererseits darf der Unternehmer nicht blindlings auf die Angaben des Abnehmers vertrauen, da das objektive Vorliegen der Abnehmerkriterien tatbestandliche Vorausset1 Bei der Lieferung neuer Fahrzeuge iS des § 1b UStG werden Nichtunternehmer nach § 2a Satz 1 UStG als Unternehmer fingiert. Ist der Lieferer zwar Unternehmer, erfolgt die Lieferung jedoch nicht im Rahmen des Unternehmens, so wird durch den verkorkst formulierten § 2a Satz 2 UStG ebenfalls die Steuerbarkeit fingiert. Das scheint keinen Sinn zu ergeben, denn warum wird durch eine Fiktion ein Vorgang fr steuerbar erklrt, der dann sogleich nach § 6a UStG steuerfrei ist? Mit der Qualifizierung als steuerfreie Lieferung eines Unternehmers (auch bei Kleinunternehmern, § 19 Abs. 4 UStG) wird erreicht, daß bei Lieferungen privater neuer Fahrzeuge der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 3 Buchst. a UStG erlangt wird, so daß die Fahrzeuge vorsteuerentlastet in das Bestimmungsland gelangen und dort der Erwerbsbesteuerung unterliegen (Art. 28a Abs. 1 Buchst. a und b der 6. EG-RL; vgl. Fr den umgekehrten Fall § 1a Abs. 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 und § 1b UStG). Die fr die jeweilige Fahrzeuglieferung zu gewhrende Vorsteuervergtung wird durch § 15 Abs. 4a UStG in Umfang und Hhe beschrnkt. Das gesamte, an Kompliziertheit nicht mehr zu berbietende Regelwerk, das sich vorwiegend an Privatpersonen richtet, ist ein Musterbeispiel fr Brgerferne der Gehilfen des Gesetzgebers und deren Unfhigkeit, einen einfachen Gedanken verstndlich umzusetzen. Statt dessen htte in Abschnitt VI des Gesetzes eine Sonderreglung etwa wie folgt formuliert werden knnen: „Wer als Nichtunternehmer oder nicht im Rahmen seines Unternehmens im Inland ein neues Fahrzeug (§ 1b Abs. 2 und 3) liefert, das im Anschluß daran auf Dauer in das brige Gemeinschaftsgebiet verbracht wird, erhlt die beim Erwerb des Fahrzeugs angefallene Umsatzsteuer vergtet, hchstens jedoch den Betrag, der als Steuer bei einer steuerpflichtigen Lieferung entstnde.“ 2 Ausnahme gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG: Bei Lieferungen neuer Fahrzeuge iS des § 1b UStG kommt jeder Erwerber in Betracht. 3 Vgl. Art. 28a Abs. 1a Buchst. b der 6. EG-RL sowie zum umgekehrten Fall § 1a Abs. 3 UStG (dazu Rz. 9.20).

288

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

zung der Steuerbefreiung ist. Dieses Dilemma versucht § 6a Abs. 4 UStG zu lsen. Danach wird dem Unternehmer das Risiko der Fehleinschtzung genommen, wenn er die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (Rz. 46 ff.). Nach der Gesetzesbegrndung soll es fr den Nachweis der Unternehmereigenschaft des Abnehmers im Regelfall (zu Ausnahmen Rz. 47) gengen, wenn der Lieferer sich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers nachweisen lßt.1 Entsprechendes muß fr den Nachweis gelten, daß der Abnehmer eine juristische Person ist. Dieselbe Funktion soll der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hinsichtlich der Frage zukommen, ob der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Auch davon knne in der Regel ausgegangen werden, wenn der Abnehmer den Gegenstand unter Angabe einer ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer2 erwirbt.3 De facto wird damit die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates zum Tatbestandsmerkmal der Vorschrift gemacht. De iure tritt diese Wirkung durch § 6a Abs. 3 UStG iVm. § 17c Abs. 1 UStDV ein (Rz. 43).

10.29

Von der Voraussetzung, daß die Gegenstnde fr das Unternehmen erworben werden, kann der Lieferer ausgehen, wenn sich aus der Art und Menge der erworbenen Gegenstnde keine Zweifel an der unternehmerischen Verwendung ergeben.4 Die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Erwerber berechtigt deshalb entgegen verbreiteter Auffassung5 nicht stets zu dem Schluß, daß der Gegenstand fr unternehmerische Zwecke erworben wird.

10.30

Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, daß der Gegenstand der Lieferung im Auftrag des Abnehmers durch einen oder mehrere Dritte („Beauftragte“) vor dem Transport in das brige Gemeinschaftsgebiet be- oder verarbeitet wird (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG).

10.31

Beispiel: Der in Frankreich ansssige Unternehmer F bestellt unter Verwendung seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei dem in Leipzig ansssigen Unternehmer L Rohmate1 Reg.-Begr. USt-BinnenmarktG, BT-Drucks. 12/2463, zu § 6a Abs. 4 UStG. 2 Die Mitgliedstaaten erteilen eine Umsatzsteuer-Identifkationsnummer auch ohne Ansssigkeit des Unternehmers im betreffenden Mitgliedstaat; vgl. Art. 22 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. Dementsprechend verlangt § 27a Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 UStG lediglich, daß der Antragsteller bei einem Finanzamt „umsatzsteuerlich gefhrt“ wird; vgl. auch Abschn. 282a Abs. 1 und 2 UStR 2005. 3 Reg-.Begr., aaO., zu § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG; ebenso BMF, BStBl. I 1996, 458. 4 Reg.-Begr., aaO., zu § 6a Abs. 1 Nr. 2 UStG. 5 Birkenfeld, § 272 Rz. 760; Weymller in S/R, § 6a Rz. 6; Leonard in B/G, § 6a Rz. 13; Husmann in R/D, § 6a Anm. 96; Schaumburg, Int. SteuerR, 2. Aufl., 9.99; wohl auch Reiß, UmsatzsteuerR, 5.3.2, S. 127 (Beispiel); unklar BMF, BStBl. I 1996, 458.

289

Kap. 10 Steuerbefreiungen rial, das dieser weisungsgemß zu dem in Bochum ansssigen Unternehmer B versendet, der daraus im Auftrag des F Halbfertigerzeugnisse herstellt und diese anschließend zu F versendet. L kann die Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 1 UStG in Anspruch nehmen, da der Abnehmer F die Gegenstnde durch B in das brige Gemeinschaftsgebiet versendet (Satz 1 Nr. 1) und die Verarbeitung durch B1 unschdlich ist (Satz 2).

b) Reihengeschft 10.32

Im Falle des Reihengeschfts liegen mehrere Lieferungen vor (Rz. 7.42 ff.), die jeweils fr sich zu betrachten sind. Versendet oder befrdert der erste Unternehmer in der Reihe den Gegenstand an den letzten Abnehmer, so ist nur der Ort seiner Lieferung im Inland (Rz. 8.15 f., 8.20). Fr diese Lieferung kommt die Steuerbefreiung nach § 6a UStG in Betracht. Voraussetzung ist u. a. nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG, daß die jeweilige Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Rz. 27 f.).

10.33

Beispiele: (1) Unternehmer H aus Ungarn bestellt fr sein Unternehmen Ware bei Unternehmer A aus sterreich, der die Ware seinerseits bei Unternehmer D in Deutschland ordert. Alle Beteiligten haben die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihrer Ansssigkeitsstaaten verwendet. D versendet die Ware auf Anweisung des A unmittelbar zu H. D liefert an A, dieser an H. Der Ort der Lieferung des D ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG (Rz. 8.20) in Deutschland, so daß die Lieferung steuerbar ist. Sie ist nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG steuerfrei, weil der Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet nach Ungarn versendet wird und der Abnehmer A ein Unternehmer ist, der den Gegenstand fr sein Unternehmen verwendet und in sterreich der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Genauer: D kann aufgrund der Verwendung der sterreichischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer davon ausgehen (Rz. 29). Die Lieferung des A an H ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG (Rz. 8.20) in Ungarn und damit in Deutschland nicht steuerbar. (2) Unternehmer D1 mit Sitz in Hamburg bestellt Ware bei dem in Mnchen ansssigen Unternehmer D2. Dieser versendet die Ware auf Weisung des D1 zu dessen Abnehmer B in Belgien. Alle Unternehmer haben eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Landes verwendet. D2 liefert an D1, dieser an B. Der Ort der Lieferung des D2 ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG im Inland (Rz. 8.20). Die steuerbare Lieferung des D2 ist auch steuerpflichtig, da die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht erfllt ist. D2 kann mangels Verwendung einer auslndischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch D1 nicht den Nachweis erbringen, daß dieser in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Rz. 27 ff.). Die Lieferung des D1 an B ist nicht steuerbar, weil der Ort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Belgien ist. 1 Die sonstige Leistung des B ist steuerbar nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG und steuerpflichtig bzw. nicht steuerbar nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 UStG, wenn F ihm gegenber eine franzsische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat (Rz. 8.66).

290

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Wird der Gegenstand vom letzten Abnehmer befrdert oder versendet (Abholfall), so sind alle Lieferungen steuerbar (Rz. 8.24 f.), so daß fr alle Lieferungen die Steuerbefreiung nach § 6a UStG Anwendung finden kann. Demgegenber soll nach Auffassung der Finanzverwaltung1 die Steuerbefreiung nur fr diejenige Lieferung gelten, der nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG die Befrderung oder Versendung zuzurechnen sei, d. h. fr die Lieferung an den letzten Abnehmer (dazu Rz. 8.15, 8.24). Diese Sichtweise verstßt zum einen schon gegen den klaren Gesetzeswortlaut, der auf den tatschlichen Vorgang der Befrderung oder Versendung des Gegenstandes durch den Unternehmer oder Abnehmer abstellt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG); das kann auch durch den Abnehmer des Abnehmers geschehen. Ferner verstßt diese Auslegung des § 6a UStG gegen das Bestimmungslandprinzip und fhrt damit zu einer berflssigen und sachwidrigen Verkomplizierung der Besteuerung im Binnenmarkt. Die Konsequenz ist nmlich, daß die erste Lieferung entgegen dem Gesetzeszweck steuerpflichtig ist und den Abnehmer, wenn er nicht im Inland ansssig ist, dazu zwingt, daß Vorsteuervergtungsverfahren (Rz. 18.41 ff.) in Anspruch nehmen zu mssen.

10.34

Beispiel:

10.35

Unternehmer B aus Belgien bestellt bei dem Unternehmer NL in den Niederlanden eine Maschine. Dieser ordert sie seinerseits bei dem Unternehmer D in Deutschland. B holt die Maschine bei D ab und befrdert sie nach Belgien. Alle Beteiligten treten unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Ansssigkeitsstaates auf. D liefert an NL, dieser an B. Der Ort der Lieferung des NL ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG im Inland (Rz. 8.23 f.). Der Ort der Lieferung des D an NL ist nach § 3 Abs. 7 Nr. 1 UStG ebenfalls im Inland (Rz. 8.23 f.). Nicht nur die Lieferung des NL an B ist steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG, sondern entgegen h. M. auch die des D an NL. Dieser hat als Abnehmer durch den B (als seinen Abnehmer) den Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet befrdert. Daß nach § 3 Abs. 5 Satz 5 UStG nur die Lieferung des NL als Befrderungs- oder Versendungslieferung gilt, ist lediglich fr die Ortsbestimmung von Bedeutung und nach dem klaren Wortlaut des § 6a UStG ohne Belang. D und NL knnen aufgrund der Verwendung der niederlndischen bzw. belgischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern durch ihre Abnehmer NL bzw. B davon ausgehen, daß diese in einem anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegen (Rz. 27 f.). Die verfehlte Auffassung der h. M. fhrt hingegen dazu, daß NL wegen der von D in Rechnung gestellten Steuer in Deutschland das Vorsteuervergtungsverfahren (Rz. 18.41 ff.) betreiben muß.

c) Verbringen eines Gegenstandes in das brige Gemeinschaftsgebiet Nach § 3 Abs. 1a UStG gilt das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das brige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfgung, ausgenommen zu einer nur vorbergehenden Verwendung (auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingefhrt hat), als Lieferung gegen Entgelt; der Unternehmer gilt als 1 Abschn. 31a Abs. 13 UStR 2005; ebenso Husmann in R/D, § 6a Anm. 64; Nieskens, UR 1997, 1, 8; Heuermann, UR 1998, 5; Leonard in B/G, § 6a Rz. 12.

291

10.36

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Lieferer.1 Diese fiktive Lieferung ist steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 2 UStG.2 Damit ist wie bei der tatschlichen innergemeinschaftlichen Lieferung ein Vorsteuerabzug verbunden (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG), sofern der Gegenstand nicht bereits, wie im Regelfall, von der Vorsteuer entlastet war. Die Fiktion des § 3 Abs. 1a UStG bildet das Pendant zu § 1a Abs. 2 UStG, welcher fr den umgekehrten Fall einen innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt fingiert. Hinsichtlich der Einzelheiten gelten deshalb die diesbezglichen Ausfhrungen (Rz. 9.33 ff.) entsprechend. 10.37

Der Zweck dieser Regelung liegt in der Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips, denn mit der durch § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 2 UStG ausgesprochenen Befreiung mit Vorsteuerabzug im Ursprungsland korrespondiert die Erwerbsbesteuerung im anderen Mitgliedstaat (vgl. Art. 28a Abs. 1 iVm. Abs. 5 Buchst. b und Abs. 6 Unterabs. 1 oder3 Abs. 7 der 6. EG-RL4). Von Bedeutung ist dieses Regelungswerk allerdings grundstzlich nur dann, wenn der Unternehmer nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, da er anderenfalls die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsland als Vorsteuer abziehen kann (vgl. Art. 17 Abs. 2 Buchst. d der 6. EG-RL).5 Beispiel: Eine in Deutschland ansssige Bank verbringt eine zuvor 1 Jahr hier im Stammhaus genutzte EDV-Anlage auf Dauer in ihre Zweigniederlassung nach Dnemark. Bei der Anschaffung hatte die Bank keinen Vorsteuerabzug gehabt (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 4 Nr. 8 UStG). Mit der Verwirklichung des Verbringenstatbestandes nach § 3 Abs. 1a greift die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 2 UStG ein, die dazu fhrt, daß nunmehr die Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG eintritt mit der Folge, daß nach § 15a Abs. 8 UStG – die fiktive Lieferung gegen Entgelt iS des § 3 Abs. 1a UStG ist als „Verußerung“ anzusehen (Rz. 16.90) – iVm. § 15a Abs. 1, 5 und 9 UStG (Rz. 16.123) die Bank 4/5 der ursprnglichen Vorsteuern nachtrglich vergtet erhlt. In Dnemark hat die Bank den innergemeinschaftlichen Erwerb mit dem dortigen Steuersatz (z. Zt. 25 %) zu versteuern (entsprechend Art. 28a Abs. 1 iVm. Abs. 5 Buchst. b der 6. EG-RL)6. Die darauf entfallende Steuer ist von der Bank, sofern sie auch mit der dnischen Zweigniederlassung nur steuerfreie Umstze iS des Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL (entspricht § 4 Nr. 8 UStG) ttigt, d. h. die Anlage nicht „fr Zwecke besteuerter Umstze verwendet“ (vgl. Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie), nicht als Vorsteuer abziehbar.7 1 Entspricht Art. 28a Abs. 5 Buchst. b iVm. Abs. 6 der 6. EG-RL. 2 Entspricht Art. 28c Teil A Buchst. d der 6. EG-RL. 3 Aus welcher Bestimmung des Art. 28a sich die Steuerbarkeit des Erwerbs im Falle des Verbringens ergeben soll, ist unklar. 4 Entspricht § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1a Abs. 2 UStG (Rz. 9.33 ff.) fr den umgekehrten Fall. 5 Das Regelungswerk ist ferner von Bedeutung, wenn im Ursprungsland, aber nicht im Bestimmungsland, ein spezielles Vorsteuerabzugsverbot gilt; vgl. das Bespiel in Rz. 9.35. 6 Bemessungsgrundlage ist der Wiederbeschaffungspreis fr die gebrauchte Anlage (entsprechend Art. 28e Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 iVm. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL; vgl. fr den umgekehrten Fall § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG). 7 Entspricht § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 15.131) im umgekehrten Fall.

292

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Der Gegenstand muß zur Verfgung des Unternehmers in das brige Gemeinschaftsgebiet verbracht werden; der Unternehmer muß somit bei Beginn und am Ende des Verbringens die Verfgungsmacht (iS des § 3 Abs. 1 UStG) haben. Der Tatbestand ist folglich nicht verwirklicht, wenn die Verbringung in Ausfhrung einer Lieferung geschieht, d. h. als Befrderung oder Versendung an einen feststehenden Abnehmer, denn dann hat der Abnehmer auf Grund der Fiktion des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG die Verfgungsmacht bereits im Inland erlangt.1 Fr die Lieferung kommt die Befreiung nach § 6a Abs. 1 UStG in Betracht.

10.38

Ein Verbringen zur Verfgung des Unternehmers liegt jedoch dann vor, wenn der Gegenstand von ihm in das brige Gemeinschaftsgebiet befrdert oder versendet wird, um ihn dort zu liefern, d. h. wenn sich der Ort der Lieferung in einem anderen Mitgliedstaat gem. § 3 Abs. 6 oder 7 UStG2 befindet3. Weitere Einzelheiten werden im Zusammenhang mit dem Verbringen als innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1a Abs. 2 UStG) dargestellt, bei dem sich identische Fragestellungen, lediglich mit umgekehrter Blickrichtung, ergeben (Rz. 9.33 ff.).

Der Tatbestand des Verbringens ist – wie auch beim innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a Abs. 2 UStG) – nur dann verwirklicht, wenn der Gegenstand nicht nur zu einer vorbergehenden Verwendung in das brige Gemeinschaftsgebiet gelangt (§ 3 Abs. 1a UStG). Die entsprechenden Ausfhrungen zu § 1a Abs. 2 UStG (Rz. 9.41 f.) gelten folglich sinngemß.

10.39

d) Unentgeltliche Lieferung Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 1 UStG gilt auch bei unentgeltlichen Lieferungen an die in § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG genannten Abnehmer, da die Vorschrift keine entgeltliche Lieferung verlangt.4 Zudem wird die unentgeltliche Lieferung einer entgeltlichen gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG; dazu Rz. 4.16, 4.21). Auch die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist regelmßig erfllt, da auch bei einer unentgeltlichen Lieferung an einen anderen Unternehmer bzw. an eine juristische Person grundstzlich die Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der 6. EG-RL eingreift. Diese Bestimmung spricht zwar in Abs. 1 Buchst. a von einem Erwerb von einem „Verkufer“, doch damit ist nur der typische Fall gemeint, da durch Abs. 5 Buchst. b der Vorschrift das Verbringen einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellt wird5, bei der es auch keinen „Verkufer“ gibt. Zudem muß aus Art. 28a Abs. 7 der 6. EG-RL der Schluß gezogen werden, daß auch bei 1 Abweichend davon wird von den EG-Mitgliedstaaten zugelassen, daß der Lieferer in Abstimmung mit den beteiligten Finanzbehrden der beiden Mitgliedstaaten den Vorgang als Verbringen behandelt und statt des Abnehmers im Bestimmungsland den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuert; vgl. Abschn. 15b Abs. 14 UStR 2005. 2 Nicht gem. § 3c UStG, (dazu Rz. 8.30), da in diesem Fall der Abnehmer bereits feststeht. 3 Vgl. Abschn. 15b Abs. 6 UStR 2005. 4 AA. Husmann in R/D, § 6a Anm. 20. 5 Entspricht § 6a Abs. 2 UStG.

293

10.40

Kap. 10 Steuerbefreiungen

unentgeltlichen Lieferungen die Erwerbsbesteuerung einzugreifen hat. Das folgt aus dem Bestimmungslandprinzip, welches Art. 28a und Art. 28c Teil A der 6. EG-RL zugrunde liegt. Ferner verlangt auch der Neutralittsgrundsatz (Rz. 1.61), daß Gegenstnde, die fr unternehmerische Zwecke verwendet werden, von der Umsatzsteuer eines anderen Mitgliedstaates entlastet werden. 10.41

Schließlich ergibt sich auch aus Art. 28a Abs. 5 Buchst. b in Verbindung mit dem Gebot der Rechtsformneutralitt, daß Art. 28a der 6. EG-RL dahingehend auszulegen ist, daß er auch unentgeltliche Erwerbe erfaßt. Es macht wirtschaftlich keinen Unterschied, ob sich ein Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat mittels einer unselbstndigen Niederlassung oder mittels einer rechtlich selbstndigen Tochtergesellschaft bettigt. Wenn aber im Falle des Verbringens eines Gegenstandes zur unselbstndigen Niederlassung die Steuerbefreiung im Ursprungsland und die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland eingreift, so mssen bei dem wirtschaftlich gleichen Sachverhalt der unentgeltlichen Lieferung dieselben Rechtsfolgen eintreten. Die gegenteilige Sichtweise wre willkrlich.

10.42

Beispiel: Ein in Deutschland ansssiger Unternehmer befrdert eine vorsteuerentlastete, 2 Jahre alte Maschine a) zu seiner unselbstndigen Niederlassung in Tschechien, wo die Maschine auf Dauer verbleiben soll; b) zu seiner Tochtergesellschafter in sterreich, deren Alleingesellschafter er ist, und bereignet sie dieser. a) Es handelt sich um ein sog. innergemeinschaftliches Verbringen gem. § 6a Abs. 2 UStG, welches steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ist. In Tschechien hat die Erwerbsbesteuerung zu erfolgen. Die entstandene Steuer kann als Vorsteuer gegengerechnet werden. Eine Umsatzsteuerbelastung tritt nicht ein. b) Es handelt sich um eine unentgeltliche Lieferung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (Rz. 4.16 u. 4.21), die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 f UStG (Rz. 8.43 ff.) steuerbar ist. Wrde keine Steuerbefreiung eingreifen, so gelnge der Gegenstand mit deutscher Umsatzsteuer belastet nach sterreich; das widersprche zum einem dem Bestimmungslandprinzip. Zudem bleibe der Gegenstand mit Umsatzsteuer belastet, obwohl er fr unternehmerische Zweck verwendet wird; das widersprche dem Neutralittsgrundsatz, welcher dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt. Ferner haben eine Niederlassung und eine Tochtergesellschaft wirtschaftlich dieselbe Funktion, so daß im Kern gleiche Sachverhalte auch gleich behandelt werden mssen. Folglich ist die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 1 UStG auch auf die unentgeltliche Lieferung anzuwenden, weil die Tochtergesellschaft in sterreich entsprechend Art. 28a der 6. EG-RL, welcher bei richtiger Auslegung auch unentgeltliche Erwerbe erfaßt, den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern muß. Voraussetzung fr die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist indes, daß die Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in sterreich nachgewiesen wird.

e) Nachweis der Voraussetzungen 10.43

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind nachzuweisen (§ 6a Abs. 3 UStG iVm. §§ 17a–17c UStDV). Das Gelangen des Gegenstandes in das brige 294

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Gemeinschaftsgebiet ist durch Belege nachzuweisen (dazu nher § 17a Abs. 2–4 UStDV).1 Bei einer vorherigen Bearbeitung oder Verarbeitung durch Dritte sind entsprechende zustzliche Angaben erforderlich (§ 17b UStDV). Hinzukommen muß ein buchmßiger Nachweis, der neben Sollangaben (§ 17c Abs. 2–4 UStDV) zwingend die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers enthalten muß (§ 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV). Damit wird die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Abnehmer gegenber dem Lieferer und deren Aufzeichnung materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung.2 Diese Verknpfung ist durch Art. 28c Teil A der 6. EG-RL3 gedeckt.4 Weitergehende Nachweise sind nicht erforderlich5, insbesondere gehrt die Erteilung einer Rechnung iS der §§ 14 und 14a UStG, in der u. a. auf die Steuerbefreiung hinzuweisen ist (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG; Rz. 14.73) nach dem klaren Wortlaut des § 6a UStG, nicht zu den „Voraussetzungen“ der Steuerbefreiung.6 Zwar soll der Unternehmer nach § 17a Abs. 2 Nr. 1 bzw. Abs. 4 Nr. 1 UStDV den Nachweis, daß der Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, durch das Doppel einer solchen Rechnung fhren; hierbei handelt es sich jedoch um eine Sollvorschrift, so daß der Nachweis auch auf andere Weise erbracht werden kann.7 Zudem wre die Verknpfung8 der Steuerfreiheit mit der Erteilung einer solchen Rechnung nicht durch § 6a Abs. 3 UStG gedeckt, denn diese ermchtigt nur dazu, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie der Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu fhren ist. Die Rechnung hat indes keinerlei Nachweis- oder Indizfunktion fr das Gelangen des Gegenstandes ber die Grenze. Die Nichtausstellung einer ordnungsgemßen Rechnung ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit (Rz. 14.17).

1 Bei einer Abholung durch den Abnehmer ist im Regelfall („soll“) gem. § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet „zu befrdern“, erforderlich. Diese muß schriftlich und vor Beginn der Befrderung erteilt worden sein; BFH, UR 2002, 518 = BStBl. II 2003, 616; vgl. auch FG Mnchen, EFG 2003, 1738 (Rev. V R 52/03). 2 BFH, UR 1997, 224 = BFH/NV 1997, 629; UR 2002, 518, 520 = BStBl. II 2003, 616, 618; BFH/NV 2004, 988. 3 Nach dessen einleitendem Satzteil knnen die Mitgliedstaaten die Bedingungen zur Gewhrleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungsvorschrift festlegen. 4 AA. Leonard in B/G, § 6a Rz. 37. 5 Vgl. BMF, BStBl. I 1996, 458, Tz. 4. 6 Hess. FG, EFG 2004, 1558 (Rev. V R 48/04); FG Kln, EFG 2004, 1802 (Rev. V R 41/ 04); aA. FG Nrnberg, EFG 2004, 530 (Rev. V R 47/03). 7 Reg.-Begr. zu § 17a Abs. 2–4 UStDV, BR-Drucks. 633/92; vgl. auch Birkenfeld, UR 1993, 145. 8 Eine solche Verknpfung wre indes im Hinblick auf die Erwerbsbesteuerung im anderen Mitgliedstaat de lege ferenda angebracht, damit der Erwerber auf Grund der Rechnungsangaben davon ausgehen muß, daß der Lieferer die Voraussetzungen des Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-RL erfllt (s. auch Rz. 14.73 Fn.).

295

10.44

Kap. 10 Steuerbefreiungen

10.45

Der Belegnachweis kann grundstzlich nachgeholt werden.1 Zweifelhaft ist, ob das auch fr den Buchnachweis gilt, oder ob dieser zeitnah erfolgen muß.2

f) Vertrauensschutz 10.46

Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG objektiv nicht vorliegen, so ist der Umsatz gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.3 In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer (§ 6a Abs. 4 UStG).4 Das gilt auch hinsichtlich der Frage, ob der aufgetretene Abnehmer der wirkliche Abnehmer ist.5

10.47

Hat der Abnehmer gegenber dem liefernden Unternehmer die UmsatzsteuerIdentifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet, so kann der Unternehmer im Regelfall davon ausgehen, daß der Abnehmer Unternehmer bzw. eine nichtunternehmerische juristische Person ist, der/die den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung in einem anderen Mitgliedsland unterliegt (Rz. 28). Dieser Vertrauensschutz greift nur dann nicht, wenn der Unternehmer berechtigte Zweifel haben muß, ob die Nummer rechtmßig erteilt worden ist oder noch gltig ist.6 In einem solchen Fall gebietet es die Sorgfaltspflicht, eine Besttigung der Nummer beim Bundesamt fr Finanzen nach § 18e Nr. 1 UStG einzuholen.7 Zweifel sind insbesondere angebracht, wenn der Unternehmer seinen Geschftspartner nicht bereits auf Grund bestehender Geschftsbeziehungen kennt und wenn Art und Umfang der Lieferung keinen sicheren Rckschluß auf die Unternehmereigenschaft zulassen. 1 Vgl. die Rspr.-Nachw. zu § 6 Abs. 4 UStG (Rz. 24) sowie FG Kln, EFG 2004, 1802 (Rev. V R 41/04) und Birkenfeld, HFR 2002, 1114, wonach die Nachweise bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erbracht werden knnten. Richtigerweise ist in einem solchen Fall jedoch der in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgrundsatz anzuwenden, so daß die Steuer des Jahres der Lieferung nicht berhrt wird, diese vielmehr fr das Jahr zu berichtigen ist, in dem die Nachweise vollstndig vorliegen (Rz. 12.79). 2 Vgl. Vorlage des BFH an den EuGH, UR 2005, 256 = BFH/NV 2005, 815. 3 Beim Barkauf eines hochwertigen Gegenstandes muß sich der Unternehmer ber Name und Anschrift des Empfngers und ber die Vollmacht des angeblichen Vertreters vergewissern und die Vorlage entsprechender Belege verlangen; BFH, BFH/NV 2005, 81, 83 = UR 2005, 212; vgl. auch FG Kln, EFG 2005, 822 (Rev.-Az. V R 26/05). 4 berflssige Wiederholung durch § 13a Abs. 1 Nr. 3 UStG. 5 Vgl. FG Rh.-Pfalz, DStRE 2005, 212. Falls der Nachweis nicht gelingt, so muß diese Tatsache nicht etwa dem allgemeinen Unternehmerrisiko zugerechnet werden; so aber OFD Hannover, UR 2002, 282; Birkenfeld, § 109 Rz. 30; Kraeusel, UR 2005, 187, 190 f. 6 Demgegenber meint der BMF, BStBl. I 1996, 458, Tz. 4, daß die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 UStG erfllt sei, „wenn der Erwerber des Gegenstandes gegenber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte UmsatzsteuerIdentifikationsnummer verwendet“. 7 Vgl. BFH, UR 1997, 224 = BFH/NV 1997, 629; Hess. FG, EFG 2003, 890.

296

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Nach Auffassung des BFH ist allerdings zweifelhaft, ob § 6a Abs. 4 UStG auch den guten Glauben an die Richtigkeit der vom Abnehmer genannten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer umfasse, weil unklar sei, ob es sich dabei um eine „Angabe“ ber die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG handele.1 Diese Zweifel sind nicht verstndlich, denn mit der Angabe der Nummer macht der Erwerber die konkludente Aussage, Unternehmer zu sein. Unabhngig davon ist § 6a Abs. 4 UStG jedenfalls im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz weit auszulegen. Selbst wenn es § 6a Abs. 4 UStG nicht gbe, wrde der verfassungsrechtlich (wie auch gemeinschaftsrechtlich) fundierte Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot) es gebieten, dem lediglich als zwangsverpflichteten Gehilfen des Staates (Rz. 1.18) fungierenden Unternehmer Vertrauensschutz hinsichtlich solcher vom Erwerber behaupteter Tatsachen zu gewhren, deren Vorliegen der Unternehmer nach den Umstnde nicht berprfen mußte bzw. er auf dem vom Gesetz vorgesehen Weg berprft hat. Hatte der Lieferer keinen berechtigten Anlaß, an der Richtigkeit der angegebenen Nummer zu zweifeln, oder hatte er eine entsprechende Besttigung nach § 18e UStG erhalten, so ist sein guter Glaube nach § 6a Abs. 4 UStG geschtzt, wenn sich herausstellt, daß die Nummer unrichtig war oder dem Abnehmer nicht htte erteilt werden drfen, weil dieser nicht Unternehmer ist.2 Das Risiko falscher Angaben hat dann der Staat zu tragen.

10.48

Werden Gegenstnde geliefert, die nach Art und/oder Menge blicherweise nicht fr das Unternehmen des Abnehmers bestimmt sein knnen, so gengt der Unternehmer seiner Sorgfaltspflicht nur, wenn er sich vom Abnehmer schriftlich glaubhaft darlegen lßt, daß die Verwendung fr unternehmerische Zwecke erfolgt.3

10.49

3. Lohnveredelungen an Gegenstnden der Ausfuhr in das Drittlandsgebiet Wird ein Gegenstand im Inland be- oder verarbeitet und gelangt dieser danach in das Drittlandsgebiet, so ist, wenn es sich hierbei um eine steuerbare sonstige Leistung (sog. Werkleistung) handelt (Rz. 7.81; Rz. 8.62 ff.), diese unter den Voraussetzungen des § 7 UStG4 steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. a UStG). Erforderlich ist, daß der Gegenstand vom Auftraggeber zum Zweck der Be- oder Verarbeitung in das Gemeinschaftsgebiet, d. h nicht notwendig in das Inland, eingefhrt oder zu diesem Zweck in diesem Gebiet erworben wurde (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 UStG)5 und anschließend wieder „ausgefhrt“ wird (Rz. 52). Das Gesetz nennt diese Dienstleistung mißverstndlich „Lohnveredelung an Gegenstnden der Ausfuhr“. Auch diese Steuerbefreiung dient der Umsetzung des Bestimmungslandprinzips. 1 BFH, UR 1997, 224 = BFH/NV 1997, 629; BFH/NV 2004, 988, 990. 2 Vgl. Husmann in R/D, § 6a Anm. 105; Weymller in S/R, § 6a Rz. 30; Hess. FG, EFG 2003, 890; FG Mnster, EFG 2004, 1172; Nieders. FG, EFG 2004, 1876. 3 Vgl. BMF-Pressemitteilung, UR 1993, 116. 4 Entspricht Art. 15 Nr. 3 der 6. EG-RL. 5 Dazu nher Abschn. 141 UStR 2005.

297

10.50

Kap. 10 Steuerbefreiungen

10.51

Beispiel: Unternehmer D aus Deutschland hat Rohware aus Indien nach Belgien eingefhrt und dort von B, dem er den Auftrag unter seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hatte, bearbeiten lassen. Die bearbeitete Ware verkauft D an R in Rußland. B versendet die Ware auf Anweisung des D unmittelbar von Belgien zu R nach Rußland. B erbringt eine sonstige Leistung („Lohnveredelung“) gegenber D. Der Ort dieser sonstigen Leistung liegt nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG (Rz. 8.66 ff.) in Deutschland, weil D gegenber B eine nichtbelgische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hatte und der bearbeitete Gegenstand nicht in Belgien verblieben ist. Diese mithin in Deutschland steuerbare sonstige Leistung ist – sofern die erforderlichen Nachweise (Rz. 55) erbracht werden – nach § 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerfrei, weil D den zu bearbeitenden Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingefhrt hatte und B den bearbeiteten Gegenstand in das Drittlandsgebiet versendet hat.

10.52

Der bearbeitete oder verarbeitete („lohnveredelte“) Gegenstand muß in das Drittlandsgebiet gelangen. Die dafr von § 7 Abs. 1 und 2 UStG aufgestellten Anforderungen entsprechen denen des § 6 Abs. 1 und 2 UStG (dazu Rz. 9 ff.). Gelangt der Gegenstand in das brige Gemeinschaftsgebiet, so greift keine Steuerbefreiung ein. Es entfllt allerdings die Steuerbarkeit, wenn der Auftrageber eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG; dazu Rz. 8.66 ff.).

10.53

Der be- oder verarbeitete Gegenstand kann durch weitere Beauftragte vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Steuerbefreiung greift auch, wenn der Unternehmer dem Auftraggeber an Stelle des beoder verarbeiteten Gegenstandes einen gleichartigen Gegenstand berlßt (§ 7 Abs. 3 iVm. § 3 Abs. 10 UStG; dazu Rz. 7.60).

10.54

Bei einer unentgeltlichen Werkleistung iS des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG gilt die Steuerbefreiung nicht (§ 7 Abs. 5 UStG). Diese Regelung widerspricht dem Bestimmungslandprinzip, da die Dienstleistung nicht im Inland (Ursprungsland) verbraucht wird. Sie verstßt auch gegen Art. 15 Nr. 3 der 6. EG-RL, der nur von Dienstleistungen spricht und damit auch die unentgeltlichen umfaßt. Ferner liegt bei einer unentgeltlichen Dienstleistung an eine nahestehende Gesellschaft im Drittlandsgebiet ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich wie auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen Grundsatz der Rechtsformneutralitt (Rz. 1.44, 1.61) vor. Whrend bei einer unentgeltlichen Dienstleistung gegenber einer im Drittlandsgebiet ansssigen Tochtergesellschaft gem. § 7 Abs. 5 UStG eine endgltige Umsatzbesteuerbelastung eintritt, ist das nicht der Fall, wenn der Gegenstand fr eine unselbstndige Zweigniederlassung (Rz. 5.135) im Drittlandsgebiet be- oder verarbeitet wird, obwohl eine Tochtergesellschaft wirtschaftlich dieselbe Funktion wie eine unselbstndige Zweigniederlassung hat. Die Regelung des § 7 Abs. 5 UStG verstßt mithin gegen das Gebot der Rechtsformneutralitt, da die Umsatzsteuerbelastung nicht von dem Rechtskleid abhngig sein darf, in dem der Unternehmer seine wirtschaftliche Ttigkeit ausbt (vgl. zur entsprechenden Problematik bei unentgeltlichen Lieferungen Rz. 22 f.).

10.55

Der Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung ist nach § 7 Abs. 4 UStG iVm. § 12 und 13 UStDV in Gestalt eines Ausfuhrnachweises und eines Buchnachweises zu erbringen.1 Die Ausfhrungen zum Nachweis bei Ausfuhrlieferungen (Rz. 24) gelten entsprechend. 1 Dazu nher Abschn. 142 f. UStR 2005.

298

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

Ist die Be- oder Verarbeitung des Gegenstandes hingegen als eine Werklieferung zu qualifizieren, weil der Unternehmer selbst beschaffte Materialien verwendet, die nicht als Nebensachen anzusehen sind (§ 3 Abs. 4 UStG; dazu nher Rz. 7.80 ff.), so kommt die Steuerbefreiung nach § 6 UStG fr Ausfuhrlieferungen in Betracht (Rz. 8 ff.), die anders als die Steuerbefreiung nach § 7 UStG nicht verlangt, daß der Gegenstand zum Zweck der Be- oder Verarbeitung eingefhrt oder erworben worden war. Mithin kann es auf die Abgrenzung der sog. Werkleistung von der Werklieferung ankommen. Die Frage stellt sich entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung1 richtigerweise jedoch dann nicht, wenn – wie im Regelfall – die verwendeten Gegenstnde gesondert berechnet werden (dazu nher Rz. 7.84 ff.).

10.56

4. Weitere Steuerbefreiungen Als weitere Steuerbefreiungen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG) sind zu erwhnen: a) Umstze fr die Seeschiffahrt und fr die Luftfahrt Nach § 4 Nr. 2 UStG sind die in § 8 UStG genannten Umstze fr die Seeschiffahrt (Abs. 1)2 und fr die Luftfahrt (Abs. 2)3 steuerfrei.4 Diese Befreiung fllt aus dem Rahmen des Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuerabzug, da sie eine Vorstufenbefreiung darstellt. Sie dient der Vereinfachung.5 Weil die in § 8 UStG genannten Seeschiffe, Luftfahrzeuge usw. durchgngig von Unternehmern zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze oder aber zur Ausfhrung nicht steuerbarer bzw. steuerfreier Umstze verwendet werden, die gleichwohl jeweils zum Vorsteuerabzug berechtigten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a bzw. Nr. 2 Buchst. a UStG), werden die Umstze von vornherein als steuerfrei behandelt, damit die Abnehmer nicht stndig Vorsteuervergtungen hinsichtlich der anderenfalls in Rechnung gestellten Steuern geltend machen mssen.6

10.57

Die Befreiung gilt grundstzlich nicht nur fr die genannten Umstze, die unmittelbar gegenber Unternehmern der Seeschiffahrt oder des Luftverkehrs ausgefhrt werden, sondern auch fr entsprechende Umstze auf vorhergehenden Stufen sowie vorhergehender Lieferer im Reihengeschft.7 Anders ist es bei den in § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 und Abs. 2 Nr. 3 UStG genannten Lieferun-

10.58

1 2 3 4 5

Abschn. 144 UStR 2005. Entspricht Art. 15 Nr. 4, 5 und 8 der 6. EG-RL. Entspricht Art. 15 Nr. 6, 7 und 9 der 6. EG-RL. Zu den Einzelheiten Abschn. 145 f. UStR 2005; Birkenfeld, § 112. Reg.-Begr. zum Entw. des UStG 1979; BT-Drucks. 8/1779, zu § 4 Nr. 2 und zu § 8 Abs. 2; zuvor bereits Bericht d. Finanzausschusses zum UStG 1967, BT-Drucks. V/ 1581, zu § 4 Nr. 4 UStG aF. (entspricht § 4 Nr. 2 UStG). 6 Es handelt sich deshalb nicht etwa um eine Subventionierung; so aber Birkenfeld, § 91 Rz. 66. 7 Abschn. 145 Abs. 1 und 146 Abs. 1 UStR 2005.

299

Kap. 10 Steuerbefreiungen

gen zur Versorgung der See- und Luftfahrzeuge; diese Lieferungen mssen unmittelbar gegenber den Betreibern der Fahrzeuge erbracht werden.1 b) Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit grenzberschreitenden Gterbefrderungen 10.59

Grenzberschreitende Befrderungen von Gegenstnden, Befrderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf Gegenstnde der Ausfuhr oder auf Gegenstnde der Einfuhr in das Gemeinschaftsgebiet beziehen2, sind steuerfrei (§ 4 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a UStG3).4 Eine grenzberschreitende Befrderung ist eine solche, die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt (§ 3b Abs. 1 Satz 3 UStG).5 Das ist auch der Fall bei Befrderungen aus einem Freihafen in das Inland oder vom Inland in einen Freihafen, da dieser als Ausland zu behandeln ist (§ 1 Abs. 2 Satz 2 UStG). Innergemeinschaftliche Gterbefrderungen und andere sich darauf beziehende sonstige Leistungen sind nicht befreit, weil sie nicht Gegenstnde der „Ausfuhr“ oder der „Einfuhr“ betreffen.

10.60

Die Befreiung gilt nicht fr solche „anderen sonstigen Leistungen“, die in § 4 Nr. 8, 10 und 11 UStG bezeichnet sind (§ 4 Nr. 3 Satz 2 Halbs. 1 UStG). Folglich sind selbstndige Dienstleistungen in Gestalt z. B. der Exportfinanzierung oder -versicherung nicht nach § 4 Nr. 3 UStG sondern nach § 4 Nr. 8 bzw. Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei. Damit wird erreicht, daß der Vorsteuerabzug nur unter den engeren Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b oder Nr. 2 Buchst. b UStG (Rz. 15.140 ff.) in Betracht kommt. Unter § 4 Nr. 3 Satz 1 UStG fallen ferner nicht sog. Werkleistungen (einschließlich solcher iS des § 3 Abs. 10 UStG) in Gestalt der Be- oder Verarbeitung eines Gegenstandes (§ 4 Nr. 3 Satz 2 Halbs. 2 UStG). Fr diese kommt jedoch die Befreiung nach § 4 Nr. 2 iVm. § 7 UStG in Betracht (Rz. 50 ff.).

c) Grenzberschreitende u. . Vermittlungen 10.61

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 5 Satz 1 UStG6 grundstzlich u. a. die folgenden Vermittlungen. Diese Steuerbefreiungen sollen zumeist das Bestimmungslandprinzip (auch) hinsichtlich der Vermittlungsleistungen verwirklichen, soweit das nicht schon durch die Ortsbestimmungen des § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 oder Abs. 4 Nr. 10 iVm. Abs. 3 UStG erreicht wird. Der Begriff der Vermittlung erfaßt sowohl die Ttigkeit des Maklers, der lediglich die Vertrags1 Vgl. EuGH, EuGHE 1990, I-2561 = UR 1991, 352. 2 Bei sonstigen Leistungen, die sich auf Gegenstnde der Einfuhr beziehen, muß hinzukommen, daß die Kosten fr diese Leistungen in der Bemessungsgrundlage fr die Einfuhr (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 3 und 4 UStG) enthalten sind (§ 4 Nr. 3 Buchst. a, bb Satz 1 UStG). 3 Entspricht Art. 15 Nr. 13 der 6. EG-RL. 4 Dazu nher Abschn. 45 ff. UStR 2005; Birkenfeld, § 91 Rz. 71 ff. 5 Steuerbar ist dann der auf das Inland entfallende Teil der Befrderungsleistung (§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG), so daß sich die Steuerbefreiung nach der Gesetzessystematik auch nur auf diesen Teil bezieht. 6 Entspricht Art. 15 Nr. 14 der 6. EG-RL.

300

II. Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug

parteien zusammenfhrt, welche dann den Vertrag schließen1, als auch die des Vertreters, der mit entsprechender Vollmacht den Vertrag im Namen seines Auftraggebers abschließt (Rz. 8.69 f.). Steuerfrei ist namentlich die Vermittlung von Ausfuhrlieferungen und Lohnveredelungen an Gegenstnden der Ausfuhr sowie der sich darauf beziehenden Gterbefrderungen (§ 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a iVm. § 4 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 3 UStG). Nicht befreit sind die Vermittlungen von innergemeinschaftlichen Lieferungen, Werkleistungen, Gterbefrderungen u. . innergemeinschaftlichen Umstzen. Der in einem anderen Mitgliedstaat ansssige Auftraggeber kann indes den Ort der Vermittlungsleistung durch Verwendung seiner Umsatzsteuer-Indentifikationsnummer in seinen Ansssigkeitsstaat verlagern (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG).

10.62

Steuerbefreit ist ferner grundstzlich die Vermittlung der grenzberschreitenden Befrderungen von Personen mit Luftfahrzeugen und Seeschiffen (§ 4 Nr. 5 Satz 1Buchst. b UStG).

10.63

Steuerfrei ist des weiteren grundstzlich die Vermittlung von Umstzen, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden (§ 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c UStG); maßgebend ist, ob der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung sich im Drittlandsgebiet befindet. Da indes der Ort einer Vermittlungsleistung sich nach der Grundregel des § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG ebenfalls am Ort des vermittelten Umsatzes befindet, d. h. schon nicht steuerbar ist, hat die Befreiungsvorschrift nur Bedeutung fr solche Vermittlungen, deren Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG wegen Verwendung einer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland ist, oder die sonstigen Leistungen, die in § 3a Abs. 4 UStG aufgezhlt sind, betreffen (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 3 iVm. Abs. 4 Nr. 10 UStG).

10.64

Steuerbefreit ist schließlich die Vermittlung von sog. Einfuhrlieferungen, die nach § 3 Abs. 8 UStG als im Inland ausgefhrt zu behandeln sind (§ 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. d UStG). Bei einer Lieferung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland ist die Lieferung – je nachdem, ob der Lieferer oder der Abnehmer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist – entweder (im ersten Fall) nach § 3 Abs. 8 UStG im Inland steuerbar (Rz. 8.29) oder (anderenfalls) nicht steuerbar, weil der Ort der Lieferung nach der Grundregel des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG im Drittlandsgebiet liegt (Rz. 8.7). Letzterenfalls ist auch der Ort der Vermittlungsleistung regelmßig nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG im Drittlandsgebiet und schon nicht steuerbar. Durch Die Befreiung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. d UStG wird bewirkt, daß auch die Vermittlung einer unter § 3 Abs. 8 UStG fallenden Lieferung nicht mit Umsatzsteuer belastet wird.

10.65

Nicht befreit ist die Vermittlung von Umstzen durch Reisebros fr Reisende (§ 4 Nr. 5 Satz 2 UStG). Die Vorschrift ist indes ohne große praktische Relevanz, da Reisebros ihre Vermittlungsleistungen regelmßig nicht gegenber den Reisenden, sondern gegenber den Reiseveranstaltern, Hotels, Befrderungsunternehmen usw. erbringen, weil sie von diesen die Provision erhalten. Reiseveranstalter sind keine Vermittler, da

10.66

1 Unsinnig ist deshalb die Formulierung in Abschn. 52 Abs. 1 Satz 1 UStR 2005, wonach die Vermittlungsleistung ein Handeln in fremdem Namen und fr fremde Rechnung erfordere.

301

Kap. 10 Steuerbefreiungen sie die Reiseleistungen im eigenen Namen erbringen. Eine Steuerfreiheit ihrer Leistungen kann sich nach § 25 Abs. 2 UStG ergeben (Rz. 17.74).

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug 1. Allgemeines 10.67

a) Die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8–27 UStG1 (zur Bedeutung der Befreiung nach § 4 Nr. 28 UStG s. Rz. 129 ff.) haben unterschiedliche Zwecke. Sie verfolgen insbesondere soziale und kulturelle Ziele, sollen der Vereinfachung dienen oder bezwecken die Vermeidung einer Doppelbelastung mit Steuern gleicher Funktion (dazu nher bei den einzelnen Befreiungsvorschriften). Es handelt sich fast durchgngig um umsatzbezogene (objektive) Steuerbefreiungen. Lediglich die Steuerbefreiung der Blinden nach § 4 Nr. 19 UStG ist eine personenbezogene (subjektive) Befreiung, welche dem Zweck der auf Abwlzung angelegten Umsatzsteuer widerspricht und deshalb einen Fremdkrper im Gesetz darstellt (Rz. 123). Von der Wirkung her stellt auch die „Nichterhebung“ der Steuer bei den sog. Kleinunternehmern nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG eine Steuerbefreiung dar2 (Rz. 17.3). Zur vom EuGH geforderten engen Auslegung der Befreiungstatbestnde s. Rz. 77.

10.68

b) Bei diesen Steuerbefreiungen ist der Vorsteuerabzug grundstzlich – sofern kein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung vorliegt (Rz. 132 ff.) – ausgeschlossen (§§ 15 Abs. 2, 19 Abs. 1 Satz 4 aE. UStG). Die Folge ist, daß die Umsatzsteuerbetrge, die auf den Eingangsleistungen lasten, fr den Unternehmer zu Kosten werden, die er auf den Leistungsempfnger abzuwlzen versuchen wird. Das wird, wenn es sich um auf der Endstufe befreite, d. h. um Umstze gegenber den Verbrauchern (oder gegenber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern) handelt, im Regelfall gelingen, da alle konkurrierenden Unternehmer unter die Steuerbefreiung fallen und die Umsatzsteuerbelastung aus den Eingangsleistungen zumeist in etwa gleich hoch sind (vgl. auch Rz. 74).

10.69

Der „steuerfreie“ Umsatz ist also nicht wirklich im vollen Umfang von der Umsatzsteuer befreit, sondern bleibt mit heimlicher Steuer belastet (sog. unechte Steuerbefreiung). Die Entlastungswirkung der Steuerbefreiung beschrnkt sich auf die Wertschpfung des Unternehmers, dessen Umsatz von der Steuer befreit ist, so daß im Ergebnis nur eine – im Verhltnis zum Regelsteuersatz – Ermßigung der Besteuerung bewirkt wird, deren Hhe von dem Umfang der Vorsteuerbetrge abhngt.

1 Die gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen finden sich in Art. 13 Teil A und B der 6. EG-RL. 2 Art. 24 Abs. 2, 3, 5 und 6 der 6. EG-RL sprechen ausdrcklich von „Steuerbefreiungen“.

302

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug Beispiel: Vermietung eines Gebudes zu Wohnzwecken fr 10 000 Euro/Zeiteinheit. Pro Zeiteinheit fallen Kosten mit einer Umsatzsteuerbelastung (Vorsteuern) von durchschnittlich a) 100 Euro, b) 800 Euro an. Im Falle a ist die Vermietungsleistung mit rund 1 %, im Falle b mit fast 9 % heimlicher Umsatzsteuer belastet.

Die Versagung des Vorsteuerabzugs wird hufig pauschal als Systembruch bezeichnet.1 Diese Behauptung ist als solche ohne jeglichen rechtlichen Aussagewert, denn dem Gesetzgeber bleibt es grundstzlich berlassen, inwieweit er das von ihm selbst aufgestellte System durchbricht; der „Systembruch“ ist dann Teil des Systems. M.a.W., der Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei den Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 ff. UStG bzw. Art. 13 der 6. EG-RL ist als Subsystem Bestandteil des von der 6. EG-Richtlinie und dem Umsatzsteuergesetz gewhlten Besteuerungssystems. Die These vom Systembruch gewnne nur dann rechtliche Relevanz, wenn dieser einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) darstellen wrde. Das wre der Fall, wenn die nichtabziehbaren Vorsteuern oder deren unterschiedliche Hhe zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen fhren wrden.

10.70

Auszuscheiden sind von vornherein solche Steuerbefreiungen, die auf einer Zwischenstufe eintreten.2 Die ggf. durch die Steuerbefreiung sich ergebenden Wettbewerbsnachteile (dazu nher Rz. 135 ff.) knnen in allen wesentlichen Fllen durch einen Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG vermieden werden (Rz. 76, 132 ff.). Deshalb sind insoweit auch alle Ausfhrungen zur sog. Nachholwirkung und zur Kumulierungswirkung3 des Allphasensystems ohne praktische Relevanz.

10.71

Wird der steuerfreie Umsatz von einem Unternehmer zur Ausfhrung eigener steuerpflichtiger Umstze bezogen, so kommt es zur sog. Nachholwirkung des Allphasensystems. Da auf jeder Stufe der gesamte Umsatz, d. h. die gesamte Gegenleistung und nicht nur der Mehrwert der Steuer unterliegt, wird die Steuer auf den steuerfreien Vorumsatz nacherhoben. Eine weitere denkbare Folge kann sein, daß, soweit die Abwlzung der nicht abziehbaren Vorsteuern gelingt, Steuer auf Steuer erhoben wird (Steuerkumulierung). Letzteres ist jedoch reine Theorie, weil sich nicht feststellen lßt, ob die Abwlzung stattfindet oder ob der Unternehmer die nichtabziehbaren Vorsteuern nicht in seinen Preis einkalkulieren konnte, d. h. selbst tragen mußte.

10.72

1 Friauf, StKongrRep 1968, 139, 165 (Fn. 111); Shn, StuW 1976, 1, 24 ff.; Jakob, Rz. 689; Reiß, in T/L, § 14 Rz. 170; Wagner in S/R, § 15 Rz. 32; Zeuner in B/G, Einl. Rz. 22; Birkenfeld, § 91 Rz. 26; H. F. Lange in H/M, § 15 Abs. 2 und 3, Rz. 13, 16; Crezelius, Steuerrecht II, 2. Auf. 1994, § 26 II Rz. 8. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 10 f. 3 Vgl. Birkenfeld, § 91 Rz. 27; Reiß in T/L, § 14 Rz. 170.

303

Kap. 10 Steuerbefreiungen Beispiel: V vermietet ein Appartementhaus, fr das pro Monat durchschnittliche Kosten von 10 000 Euro + 1600 Euro Umsatzsteuer anfallen, fr 20 000 Euro an H (steuerfrei). Dieser vermietet die einzelnen Rume steuerpflichtig (kurzfristig iS des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) fr insgesamt 60 000 Euro + 9600 Euro Umsatzsteuer im Monat weiter. Die bei V steuerfreie Wertschpfung von 8400 Euro wird bei H nachversteuert, da dieser nicht nur seinen Mehrwert, sondern das gesamte Entgelt fr seine steuerpflichtigen Umstze der Steuer unterwerfen muß. Geht man von der Annahme aus, daß V die bei ihm nicht abziehbaren Vorsteuern iHv. 1600 Euro als Teil des Mietzinses auf H abgewlzt hat, so werden auf diese Umsatzsteuer 16 % = 256 Euro weitere Umsatzsteuer erhoben. Das ist jedoch eine rein modelltheoretische berlegung, da die zugrundeliegende Annahme nicht bewiesen werden kann.

10.73

Bei allen wesentlichen Fllen, insbesondere bei der Vermietung oder Verußerung von bebauten Grundstcken, kann und wird der leistende Unternehmer (wie auch im zuvor genannten Beispiel) nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten (Rz. 76), so daß alle berlegungen zur Nachholwirkung und zur Steuerkumulierung rein theoretischer Natur sind. Auch das immer noch anzutreffende Beispiel, in dem ein Hndler auf der Zwischenstufe steuerfrei an einen Einzelhndler liefert1, ist – abgesehen davon, daß diese seltene Konstellation nur bei einem Blinden (§ 4 Nr. 19 UStG) oder bei einem Kleinunternehmer (Rz. 17.11) gegeben sein kann, weil ansonsten das UStG keine erwhnenswerten Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug fr Lieferungen kennt – realittsfern, weil der blinde Zwischenhndler bzw. der Kleinunternehmer stets auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG bzw. nach § 19 Abs. 2 UStG (Rz. 17.29 ff.) verzichten wird. Selbst wenn man gleichwohl den wirklichkeitsfremden Fall annhme, daß der blinde Unternehmer bzw. der Kleinunternehmer nicht auf die Steuerfreiheit verzichten wrde, so wre die weitere These, daß dann der Einzelhndler wegen der behaupteten Steuerkumulierung teurer an die Endverbraucher liefere, ebenfalls unzutreffend. Da der Einzelhndler wegen des Wettbewerbs mit anderen Hndlern, die von sehenden bzw. nicht unter § 19 Abs. 1 UStG fallenden Zwischenhndlern ihre Ware beziehen, gar nicht in der Lage wre, den hheren Preis am Markt durchzusetzen, wren die Endverbraucher keiner hheren Umsatzsteuerbelastung ausgesetzt (Rz. 138 mit Beispiel).

10.74

Bei denjenigen Steuerbefreiungen, die nicht in § 9 Abs. 1 UStG aufgezhlt sind, weil sie Umstze betreffen, die typischerweise nicht gegenber Unternehmern erbracht werden, liegt, wenn der Umsatz ausnahmsweise gegenber einem Unternehmer erbracht wird (Beispiele: Ein selbstndiger Arzt fhrt nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Untersuchungen der Arbeitnehmer eines Unternehmens aus; nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfreie kulturelle Leistungen fr das Unternehmen des Auftraggebers) kein beachtenswerter Wettbewerb vor.

10.75

Eine gleichheitssatzwidrige Wettbewerbsbeeintrchtigung knnte folglich nur dadurch eintreten, daß Konkurrenten mit zwingend steuerfreien Umstzen in unterschiedlicher Hhe mit nicht abziehbaren Vorsteuern belastet sind.2 Derartige Wettbewerbssituationen sind jedoch nicht erkennbar, weil bei den betreffenden Umstzen kein echter Wett1 Vgl. Reiß in T/L, § 14 Rz. 170; Birkenfeld, § 91 Rz. 27; Wagner in S/R, § 15 Rz. 32 („Ware“). 2 Soweit die nicht abziehbaren Vorsteuern gleich hoch sind, kann keine Benachteiligung eintreten, weil alle Umstze derselben Art unter die Steuerbefreiung fallen und die konkurrierenden Unternehmer mithin gleichmßig mit nichtabziehbaren Vorsteuerbetrgen belastet sind.

304

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug bewerb besteht oder die Nachteile unwesentlich1 sind, so daß, da der Gesetzgeber zudem Praktikabilittserwgungen bercksichtigen darf, kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegt.2

c) Bei bestimmten steuerfreien Umstzen, kann der Unternehmer den jeweiligen Umsatz, wenn dieser an einen anderen Unternehmer ausgefhrt wird, unter den Voraussetzungen des § 9 UStG als steuerpflichtig behandeln, d. h. auf die Steuerfreiheit verzichten, um die nachteiligen Folgen der Nichtabziehbarkeit der Vorsteuern zu vermeiden (Rz. 132 ff.).

10.76

d) Nach Auffassung des EuGH sollen die von Art. 13 der 6. EG-RL umschriebenen Steuerbefreiungen eng auszulegen sein, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellten, daß jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringe, der Umsatzsteuer unterliege.3 Das widerspricht den Zielen der Richtlinie, die mit den einzelnen Befreiungen jeweils bestimmte Zwecke verfolgt. Diese mssen bei der Auslegung der jeweiligen Befreiungsvorschrift bercksichtigt werden. Wenn hingegen die Steuerbefreiungen eng auszulegen wren, so knnte das nur heißen: wortlautgetreu, so daß eine teleologische, d. h. an den Zielen und Zwecken der Vorschrift orientierte Interpretation ausgeschlossen wre und der Grundsatz der Gleichbehandlung wirtschaftlich gleicher, aber zivilrechtlich unterschiedlich normierter Vorgnge nicht bercksichtigt werden drfte. Das wre unhaltbar, da es den elementarsten Regeln der Gesetzesauslegung widersprche. Die Aussage des EuGH ist in dieser Absolutheit nicht akzeptabel und wird auch vom Gericht dann nicht bercksichtigt, wenn anderenfalls das angestrebte Ergebnis nicht erreicht werden kann.4 In Folge dieser Sichtweise hat der EuGH

10.77

1 Daß die unterschiedliche Vorsteuerbelastung im Kreditgewerbe nicht als wesentlich angesehen wird, zeigt die Tatsache, daß die Kreditinstitute von dem Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Umstzen gegenber Unternehmern keinen Gebrauch machen (Rz. 136). 2 Ausfhrlich Stadie, Vorsteuerabzug, S. 11 ff.; ders. in R/D, Einf. Anm. 203 ff. Wenn H. F. Lange in H/M, § 15 Abs. 2 und 3 Rz. 20 f., meint, daß ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG deshalb nicht vorliege, weil die Nichtabziehbarkeit der Vorsteuern im Einklang mit dem Steuerzweck des Gesetzes und der Regelung des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL stehe, so verkennt er, daß das Gesetz an der Verfassung zu messen ist (und nicht umgekehrt!) und auch die 6. EG-Richtlinie den gemeinschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der mit dem verfassungsrechtlichen identisch ist, zu beachten hat. 3 EuGH, EuGHE 1989, 1737 = UR 1991, 28, Tz. 13; EuGHE 2002, I-5811 = UR 2002, 316, Rz. 43 mwN.; EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288, Tz. 44; EuGH, UR 2004, 82, Tz. 36; EuGH, UR 2005, 24, Tz. 17. 4 So wird zwar in der Entscheidung EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001, 484, anfnglich betont, daß die Steuerbefreiungen des Art. 13 der 6. EG-RL eng auszulegen seien (Tz. 46), was den EuGH jedoch nicht hindert, anschließend festzustellen, daß auch der „Nießbrauch“ unter den Begriff der „Vermietung und Verpachtung“ iS des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL falle, weil das gemeinsame Merkmal die Nutzung des Grundstcks sei, so daß Sinn und Zweck dieser Befreiung und der Grundsatz der Neutralitt eine Gleichstellung verlangten (Tz. 50 ff.). Das ist zwar richtig, aber gerade keine enge Auslegung!

305

Kap. 10 Steuerbefreiungen

indes entschieden, daß bei der privaten Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebudes eine entsprechende Anwendung der Befreiungsvorschrift fr die Vermietung (Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL/§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG) nicht in Betracht komme; das ist verfehlt (Rz. 113). 2. Kreditgewhrungen, Umstze im Bankwesen u. . a) Allgemeines 10.78

Nach § 4 Nr. 8 UStG1 sind insbesondere die Gewhrung und die Vermittlung2 von Krediten (Buchst. a) sowie andere banktypische Umstze (Buchst. b–e und g) steuerbefreit. Ausdrcklich ausgenommen ist das sog. Depotgeschft, nmlich die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Buchst. e). Ferner3 sind die Umstze und die Vermittlung von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen (Buchst. f; dazu Rz. 87) befreit sowie die Verwaltung von Sondervermgen durch Kapitalanlagegesellschaften nach dem Investmentgesetz und von Versorgungseinrichtungen iS des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Buchst. h). Bei den Steuerbefreiungen nach Buchst. a–g kann unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichtet werden (Rz. 132 ff.).

10.79

Der Zweck dieser Befreiungen erschließt sich nicht. Von der an sich notwendigen Besteuerung aller Bankumstze wurde insbesondere „aus technischen Grnden“4, die wohl in der Vereinfachung liegen sollen5, abgesehen.6 Verbrauchsteuerteleologische Grnde dergestalt, daß den Vorgngen typischerweise kein privater Letztverbrauch zugrunde liege7, treffen jedenfalls nicht zu, denn die Dienstleistungen der Kreditinstitute sind verbrauchbare Leistungen (Rz. 2.4, 2.6, 2.8).

10.80

Die in § 4 Nr. 8 (Buchst. a–e und g) UStG genannten Umstze sind zwar auf Kreditinstitute zugeschnitten, sie knnen jedoch nicht nur von ihnen erbracht werden, so daß die Steuerbefreiung auch fr entsprechende Umstze anderer Unternehmer in Betracht kommt.8 Beispiel: Ein Hndler stundet dem Kunden den Kaufpreis aus einer Warenlieferung gegen Zinsen. Bei dieser Kreditgewhrung handelt es sich nicht um eine steuerpflichtige Nebenleistung zur steuerpflichtigen Warenlieferung, sondern um eine eigenstndige sonstige Leistung (Rz. 7.73, 7.75). Sie ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei.9 1 Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL. 2 Zur „Vermittlung“ zhlt auch die Vertretung (Rz. 8.70) beim Abschluß der zugrunde liegenden Vertrge; vgl. BFH, UR 2003, 20. 3 Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG wird nicht betrachtet. 4 Reg.-Begr. zum UStG 1967, BT-Drucks. IV/1590, zu § 4 Nr. 7. 5 Vgl. Bericht des Finanzausschusses zu BT-Drucks. V/1581, zu § 4 Nr. 8. 6 Bei der Befreiung der Kreditgewhrung sollen auch soziale Grnde gelten; vgl. Bericht d. Finanzausschusses zu BT-Drucks. V/1581, Allg., 4d. 7 So wohl Reiß in T/L, § 14 Rz. 116. 8 Vgl. EuGH, EuGHE 1993, I-5405, Tz. 13 f. = UR 1994, 73 (Kurzfassung). 9 Vgl. BFH, BStBl. II 1981, 197; UR 1989, 156, 157; EuGH, EuGHE 1993, I-5405, Tz. 13 f. = UR 1994, 73 (Kurzfassung).

306

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

b) Kreditgewhrungen und Vermittlung von Krediten Einer Kreditgewhrung1 ist die Kreditbereitschaft gleichzustellen.2 Die bei Nichtinanspruchnahme eines zugesagten Darlehens zu zahlenden Nichtabnahmeentschdigungen oder bei vorzeitiger Rckzahlung anfallenden Vorflligkeitsentschdigungen sind Schadensersatz und nicht das Entgelt fr Leistungen des Kreditinstituts, da dem Zahlenden kein geldwerter Vorteil verschafft wurde (Rz. 2.4, 2.27); anderenfalls wren die Leistungen steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG.3

10.81

Wird ein Skonto oder ein Barzahlungsrabatt nicht in Anspruch genommen, so ist dieser Betrag richtigerweise die Gegenleistung fr eine steuerfreie Kreditgewhrung. Demgegenber soll es sich nach Auffassung des BFH bei diesem Betrag um einen Teil der Gegenleistung fr die eigentliche Lieferung oder Dienstleistung handeln.4 Dem entspricht es, daß nach ganz h. M. die Inanspruchnahme des Skontos zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage dieses Umsatzes fhren soll (Rz. 11.24). Diese Sichtweise verkennt, daß es keinen Unterschied machen kann, ob ein Barpreis mit Zielzinsen oder ein Zielpreis mit Skontomglichkeit bei Barzahlung vereinbart wird. Wirtschaftlich gleiche Sachverhalte sind auch steuerrechtlich gleich zu behandeln.5 Da der Kaufpreis (die Gegenleistung) grundstzlich sofort fllig ist, handelt es sich bei dem Skonto mithin um die Differenz zwischen Barpreis und Zielpreis, d. h. um den Preis fr die Kreditnutzung bzw. die Vorfinanzierung des Kaufpreises, deren Mglichkeit dem Abnehmer (Kufer) eingerumt wird. Richtigerweise ist deshalb im Skonto- bzw. Barzahlungsrabattbetrag die Gegenleistung fr eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewhrung zu sehen. Folglich ist auch Gegenleistung fr die Warenlieferung usw. stets von vornherein der Barpreis, unabhngig davon, ob das Skonto o. . in Anspruch genommen wird (Rz. 11.24).

10.82

Beim sog. Kreditkartengeschft soll nach Auffassung des EuGH das Kreditkartenunternehmen dem Vertragsunternehmen (Verkufer usw.) gegenber eine Dienstleistung erbringen, die sich aus verschiedenen Komponenten zusam-

10.83

1 Eine solche ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein Geldschuldner den Kredit zwangsweise verschafft, indem er seine Schuld erst versptet begleicht und deshalb Verzugszinsen zu zahlen hat. Er erlangt einen geldwerten Vorteil, so daß von einer sonstigen Leistung auszugehen ist (Rz. 2.31). 2 BFH, BStBl. III 1955, 82; Abschn. 57 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. 3 So BFH, BStBl. II 1980, 538. 4 BFH, BStBl. II 1993, 360; BFH/NV 1994, 416; ebenso Abschn. 29a Abs. 5 UStR 2005; Ruppe, § 6 Rz. 106. 5 Vgl. auch EuGH, EuGHE 1993, I-5405, Tz. 14 = UR 1994, 73 (Kurzfassung), wonach es gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wrde, wenn ein Kufer fr einen von seinem Lieferanten gewhrten Kredit Steuern zahlen mßte, whrend ein Kufer, der einen Kredit bei der Bank oder einem anderen Kreditgeber in Anspruch nehmen wrde, insoweit von der Steuer befreit wre. Dieser Gedanke hat auch fr das Skonto und den Barzahlungsrabatt zu gelten, denn der Kufer usw. htte sich einen Kredit bei einer Bank besorgen und dann bar bezahlen knnen.

307

Kap. 10 Steuerbefreiungen

mensetze (Zahlungsgarantie, Frderung der Geschftsttigkeit u. .), ohne daß sich der EuGH dazu geußert hat, ob und inwieweit diese Dienstleistung dann steuerfrei ist.1 Diese Sichtweise entspricht m. E. nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Richtigerweise erbringt das Kreditkartenunternehmen eine Dienstleistung gegenber dem Kunden (Karteninhaber) in Gestalt der Kreditgewhrung und Zahlungsabwicklung, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a und d UStG steuerfrei ist. Die Gegenleistung liegt in dem Zahlungsabschlag, den das Kreditkartenunternehmen gegenber dem Vertragsunternehmen (Verkufer usw.) – als Minderung der Bemessungsgrundlage iS des § 17 Abs. 1 UStG des Warenumsatzes usw. – zugunsten des Kufers usw. (Karteninhabers) vornimmt und fr die Kreditgewhrung behlt.2 10.84

Beim sog. echten Factoring erwirbt der sog. Factor (regelmßig noch nicht fllige) Forderungen aus Warenlieferungen oder anderen Umstzen anderer Unternehmer (der. sog. Anschlußkunden) unter bernahme des Ausfallrisikos. Hierbei handelt es sich um Dienstleistungen des sog. Factors gegenber den Anschlußkunden (Rz. 2.8; die Gegenleistung liegt regelmßig in der Differenz zwischen Nennbetrag bzw. ggf. niedrigerem Wert der Forderung und dem Ankaufspreis, Rz. 11.15). Die Dienstleistung des sog. Factors soll nach Auffassung des EuGH die Einziehung der Forderung sein, so daß die Ausnahme von der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der EG-RL bzw. § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG zutreffe und die Dienstleistung steuerpflichtig sei.3 Das entspricht nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten, da das Schwergewicht der Dienstleistung in der Vorfinanzierung der Forderungen liegt, so daß richtigerweise von einer steuerfreien Kreditgewhrung auszugehen ist.4 Fr das sog. unechte Factoring, bei dem der sog. Anschlußkunde weiterhin das Ausfallrisiko trgt, so daß es sich bei der Auszahlung des Forderungsbetrages erst recht nur um eine Bevorschussung handelt, hat dasselbe zu gelten.5 Die vorausgehenden Ausfhrungen treffen auch auf das zum selben wirtschaftlichen Ergebnis fhrende sog. Forfaitieren von Forderungen, insbesondere im berseehandel, zu.

10.85

Eine steuerfreie Vermittlung von Krediten iS des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG fhrt nur aus, wer die knftigen Vertragsparteien zusammenfhrt und/oder fr diese als Vertreter den Kreditvertrag abschließt (zum Begriff der Vermittlung auch Rz. 8.69 f.). Eine sog. Untervermittlung fllt folglich nicht unter die Befreiung.6 Die Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 8 UStG, deren Zweck ohnehin nicht ersichtlich ist (Rz. 79), sind eng auszulegen (Rz. 77). 1 EuGH, EuGHE 1993, I-2871 = UR 1994, 72 (Kurzfassung); vgl. auch EuGHE 2001, I-3833 = UR 2001, 308, Tz. 27. 2 Stadie in R/D, § 17 Anm. 108 f. 3 EuGH, EUGHE 2003, I-6729 = UR 2003, 399 = BStBl. II 2004, 688; ihm folgend BFH, BStBl. II 2004, 667. 4 Lt. BMF soll eine solche vorliegen, wenn die Forderung in mehreren Raten zu zahlen oder insgesamt nicht vor Ablauf eines Jahres nach der bertragung fllig ist; Abschn. 18 Abs. 10 Satz 6 UStR 2005. 5 AA. noch BFH, BStBl. II 1982, 200 (Bndel verschiedener steuerfreier und steuerpflichtiger Leistungen). 6 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-10237 = UR 2002, 84, Rz. 39; BFH, BStBl. II 2003, 958.

308

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

c) Umstze im Geschft mit Forderungen Umstze „im Geschft mit“ Forderungen und Handelspapieren (§ 4 Nr. 8 Buchst. c UStG)1 meinen nicht die Abtretung (Verußerung) von Geldforderungen2, da damit dem Empfnger mangels Verschaffung eines geldwerten („verbrauchbaren“) Nutzens – er erhlt lediglich einen Anspruch auf Zahlung von Geld – keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne erbracht wird (Rz. 2.5), so daß schon kein steuerbarer Vorgang gegeben ist.3 Die Steuerbefreiung kann deshalb nur die bertragung von Nicht-Geldforderungen4 (Sachleistungsansprchen) oder die Leistungen Dritter (die Vermittlung ist allerdings gesondert erwhnt) im Zusammenhang mit solchen Geschften betreffen. Ausdrcklich ausgeschlossen ist die Einziehung von Forderungen. Das soll nach Auffassung des EuGH und des BFH beim sog. Factoring der Fall sein (Rz. 84).

10.86

d) Umstze von Gesellschaftsanteilen und deren Vermittlung Nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG sind die Umstze und die Vermittlung (dazu Rz. 8.69 f.)5 der Umstze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei. Umstze von Gesellschaftsanteilen knnen nur die Inhaber der Anteile erbringen. Demgegenber sollte nach bislang ganz h. M. auch beim Ersterwerb des Anteils ein Umsatz in Gestalt der Einrumung der Gesellschaftsrechte bzw. des Gesellschaftsanteils durch die Gesellschaft vorliegen und steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG sein.6 Diese Sichtweise verkannte schon, daß die Gesellschaftsanteile bei einer Personengesellschaft und bei Grndung einer Kapitalgesellschaft nicht etwa durch die Gesellschaft ausgegeben werden7, sondern in der Person der jeweiligen Gesellschafter auf Grund des zwischen ihnen geschlossenen Gesellschaftsvertrages entstehen.8

1 Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL. 2 AA. BFH, UR 1998, 421; 2004, 312, 314; Abschn. 18 Abs. 9 Satz 5, Abschn. 60, Abschn. 210 Abs. 3 f. UStR 2005; Heidner in B/G, § 4 Nr. 8 Rz. 16; Jakob, Rz. 383; Klenk in S/R, § 4 Nr. 8 Rz. 32 f.; Reiß, UmsatzsteuerR, 4.4.4. (S. 158); ders., RIW 2004, 641, 649 f. 3 Folglich luft § 43 Nr. 1 und 2 UStDV leer (Rz. 15.172). 4 Demgegenber sprach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG aF. (bis 2001) unsinnigerweise ausdrcklich (nur) von Geldforderungen. 5 Keine Vermittlungsleistung erbringt, wer einem mit dem Vertrieb von Gesellschaftsanteilen betrauten Unternehmer Abschlußvertreter zufhrt und diese betreut; BFH, BStBl. II 2003, 618 (s. auch Rz. 85). 6 BFH, BStBl. II 1976, 265; 1988, 506; 1996, 250; BFH/NV 1988, 196 = UR 1988, 314; UR 2002, 81 = BFH/NV 2002, 143 (III. 2.); Jakob, Rz. 709 Fn. 17; Doralt/Ruppe, Rz. 1275. 7 Auch die EU-Kommission geht zutreffend davon aus, daß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 4 der 6. EG-RL nicht fr die Schaffung von Gesellschaftsanteilen beim Ersterwerb gilt, sondern nur Umstze von bestehenden Gesellschaftsanteilen betrifft; Erkl. der Komm. vor dem EuGH in der Sache C-442/01, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443, Tz. 33. 8 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 188 f. mwN.; Ruppe, § 1 Rz. 82; Reiß, UR 1996, 357, 361 f.; 2001, 41.

309

10.87

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Folglich liegt schon kein Umsatz der Gesellschaft vor1, der steuerfrei sein knnte. Vor allem aber fhrte die gegenteilige Sichtweise zu einem mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbarenden Ergebnis, denn nach dieser Auffassung sollte bei den mit der Grndung der Gesellschaft oder der Aufnahme weiterer Gesellschafter zusammenhngenden Ausgaben2 der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen sein, weil die zugrunde liegenden Leistungsbezge zur Ausfhrung steuerfreier Umstze verwendet wrden.3 Diese Rechtsfolge wre absurd, da die Ausgaben fr die Grndung der Gesellschaft oder die Aufnahme weiterer Gesellschafter im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der (zuknftigen) Ttigkeit der Gesellschaft stehen, d. h. sog. Gemeinkosten darstellen und folglich fr die zuknftigen Umstze verwendet werden.4 Mithin bestimmt sich die Abziehbarkeit der Vorsteuerbetrge wie bei den brigen Gemeinkosten ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen Umstzen5 (Rz. 15.147). Entsprechendes gilt bei einer Kapitalgesellschaft fr eine Kapitalerhhung durch Ausgabe neuer Aktien6 oder GmbH-Anteile. Fr die Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft hat der BFH nunmehr seine verfehlte gegenteilige Sichtweise aufgegeben.7 10.88

Beim Ausscheiden eines Gesellschafters liegt aus den zuvor genannten Grnden ebenso wenig eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreie „Rckgabe“ des Gesellschaftsanteils an die Gesellschaft vor.8

1 Gleichwohl ist bei der Sacheinlage aus der Sicht des Gesellschafters ein Tausch anzunehmen (Rz. 3.16). 2 Fr Beratung, Werbung, Beurkundung des Gesellschaftsvertrages, Unternehmensbewertung usw. 3 BFH, BStBl. II 1976, 265; 1988, 506; 1996, 250; BFH/NV 1988, 196 = UR 1988, 314; UR 2002, 81 = BFH/NV 2002, 143 (III. 2.). 4 Hinzu kommt, daß es sich insbesondere bei dem Beitritt weiterer Gesellschafter aus der Sicht der Gesellschaft zumeist um die Aufnahme von Eigenkapital handelt, welches nicht anders als die Aufnahme von Fremdkapital behandelt werden darf, bei dem sich der Vorsteuerabzug hinsichtlich der dabei anfallenden Kosten ebenfalls nach der Verwendung im Unternehmen richtet. Die gegenteilige Auffassung wrde zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Gebot der Wettbewerbs- und Rechtsformneutralitt) fhren, da Gesellschaften, die sich nicht durch Fremdkapital, sondern durch Aufnahme weiterer Gesellschafter finanzieren, benachteiligt wrden, ohne daß es dafr einen sachlichen Grund gbe. 5 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 189. 6 Reiß, UR 2001, 41; Wger, UR 2004, 540, 541 f. 7 BFH, BFH/NV 2004, 1355 = UR 2004, 537; ebenso jetzt fr die „Ausgabe“ stiller Beteiligungen durch eine AG BFH, UR 2005, 340. 8 AA. Reiß, UmsatzsteuerR, 4.4.5 (S. 161); Klenk in S/R, § 4 Nr. 8 Anm. 85.

310

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

3. Umstze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen a) Allgemeines Steuerbare1 Umstze2, die unter das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) fallen, sind nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG grundstzlich steuerfrei. Der Zweck dieser Befreiung liegt darin, die Belastung mit zwei gleichartigen Steuern zu vermeiden3, weil die Grunderwerbsteuer eine besondere Umsatzsteuer auf Grundstckslieferungen ist.4 Die Steuerbefreiung kann indes bei Lieferungen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer zu Nachteilen fhren. Der liefernde Unternehmer kann deshalb unter den Voraussetzungen des § 9 UStG auf die Steuerfreiheit des Umsatzes verzichten (Rz. 132 ff.), so daß dieser steuerpflichtig wird. Steuerschuldner ist5 dann nach § 13b UStG der Erwerber (Rz. 13.25 ff.).

10.89

Nach Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EG-RL drfen die Mitgliedstaaten grundstzlich nur die Lieferung von Gebuden und Grundstcken befreien, die nicht unter Art. 4 Abs. 3 der 6. EG-RL fallen, d. h. keine Neubauten oder Baugrundstcke darstellen. Aufgrund der „bergangsbestimmung“ des Art. 28 Abs. 3 Buchst. b iVm. Anhang F Nr. 16 der 6. EG-RL gilt diese Einschrnkung jedoch nicht. Obwohl § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG an Umstze, die unter das GrEStG fallen, anknpft, drfte diese Bestimmung mit der EG-Richtlinie bereinstimmen, da der Grundstcksbegriff der Richtlinie sich mit dem des GrEStG decken drfte (Rz. 98).

10.90

Die Umsatzsteuerbefreiung ist nicht davon abhngig, daß der Vorgang vom Grunderwerbsteuergesetz besteuert wird. Der Umsatz „fllt“ auch dann „unter das Grunderwerbsteuergesetz“, wenn dessen Steuerbefreiungen („Steuervergnstigungen“) nach §§ 3 ff. GrEStG eingreifen6, da anderenfalls die nicht anfallende Grunderwerbsteuer (iHv 3,5 %) durch z. Zt. 16 % Umsatzsteuer ersetzt wrde, was dem Sinn der Grunderwerbsteuerbefreiung zuwiderliefe. Zudem wrde anderenfalls – soweit es sich nicht um die in Art. 4 Abs. 3 bezeichneten Objekte (Rz. 90) handelt – gegen Art. 13 Teil B Buchst. g oder h der 6. EG-RL verstoßen.

10.91

1 Ist ein Grundstck nur mit einem Teil dem Unternehmen zugeordnet (Rz. 6.8 f., 12), so ist nur die Lieferung dieses Teils im Rahmen des Unternehmens und damit steuerbar (Rz. 6.13). 2 Ein steuerbarer Umsatz liegt nicht vor, wenn eine Grundstckslieferung als Geschftsverußerung im Ganzen iS des § 1 Abs. 1a UStG zu werten ist (Rz. 5.189). 3 Vgl. Bericht d. Finanzaussch. zu BT-Drucks. V/1581, Allg., 4d, sowie Einzelbegr. zu § 4 Nr. 9 UStG. 4 Vgl. Stadie in R/D, Einf. Anm. 320 ff. 5 Bei Umstzen, die nach dem 31.3.2004 ausgefhrt worden sind (Rz. 13.25 Fn.). 6 Vgl. Reiß in T/L, § 14 Rz. 117.

311

Kap. 10 Steuerbefreiungen

b) Grundstckslieferungen 10.92

Unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen Umstze, die die Erfllung1 der in § 1 GrEStG aufgezhlten, sich auf inlndische Grundstcke beziehenden Rechtsvorgnge2 darstellen. Derartige Rechtsvorgnge sind insbesondere ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschft, das den Anspruch auf bereignung begrndet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), sowie diesen gleichgestellte Rechtsvorgnge, wozu auch das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren zhlt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG).

10.93

Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstcks erlangt der Ersteher mit dem Zuschlag (§ 90 ZVG) das Eigentum und damit die Verfgungsmacht iS des § 3 Abs. 1 UStG (Rz. 7.20). Darin liegt eine Lieferung des Vollstreckungsschuldners an den Ersteher3, denn nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG entfllt die Steuerbarkeit eines Umsatzes nicht, wenn dieser nach gesetzlicher Vorschrift als ausgefhrt gilt (Rz. 2.18). Im Zwangsversteigerungsverfahren unterliegt das Meistgebot der GrEStG (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG). Folglich fllt die mit dem Zuschlag bewirkte Lieferung unter das GrEStG und ist demnach, soweit sie nicht Betriebsvorrichtungen (Rz. 99) oder Zubehr (Rz. 100) betrifft, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Auch auf diese Steuerbefreiung kann nach § 9 UStG verzichtet werden (dazu auch Rz. 163).

10.94

Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgnge, die es ohne Begrndung eines Anspruchs auf bereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermglichen, ein inlndisches Grundstck auf eigene Rechnung zu verwerten (§ 1 Abs. 2 GrEStG).4 Diese Vorschrift ist eine Spezialregelung zu § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, meint jedoch dasselbe5, so daß in diesen Fllen auch umsatzsteuerrechtlich Lieferungen vorliegen. Umsatzsteuerfrei, weil unter das GrEStG fallend, sind folglich z. B. auch solche Grundstcksberlassungen auf der Grundlage von gemischten Vertrgen mit Elementen (insbesondere) des Miet- und des Kaufvertrages, vor allem also von sog. Mietkauf-Vertrgen oder entsprechenden sog. Leasing-Gestaltungen, bei denen bereits bei bergabe des Grundstcks nach der Zurechnungsregel des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO eine Lieferung anzunehmen ist. Das ist der Fall, wenn bereits bei Beginn des Vertrages die gesicherte Annahme besteht, daß es nicht nur um eine Gebrauchsberlassung geht, sondern es sich, wirtschaftlich gesehen, um die bertragung der Substanz des Grundstcks handelt, so daß davon auszugehen ist, daß der Mieter bzw. sog. Leasingnehmer von dem eingerumten Optionsrecht zum Erwerb (Kaufrecht) Gebrauch machen wird (Rz. 7.30 f.).6

10.95

Unter das Grunderwerbsteuergesetz soll nach Auffassung des GrESt-Senats des BFH auch die Bestellung eines Erbbaurechts gegen laufenden Erbbauzins fallen.7 Das wird 1 Whrend das GrEStG die Steuerentstehung bereits an das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschft (insbesondere Kaufvertrag) oder gleichgestellte Rechtsvorgnge (§ 1 GrEStG) knpft, entsteht die Umsatzsteuer erst mit Ausfhrung der Lieferung (Rz. 12.9). 2 Dazu ausfhrlich P. Fischer, in Boruttau, GrEStG, 15. Aufl. 2002, § 1 Rz. 1 ff.; Klenk in R/D, § 4 Nr. 9 Anm. 22 ff.; ferner Reiß in T/L, § 15 Rz. 7 ff.; Birkenfeld, § 103 Rz. 304 ff. 3 BFH, BStBl. II 1986, 500; 1997, 585, 588; 2002, 559. 4 Dazu ausfhrlich P. Fischer, in Boruttau, GrEStG, 15. Aufl. 2002, § 1 Rz. 661 ff. 5 Vgl. Reiß in T/L, § 15 Rz. 19. 6 Vgl. zur Grunderwerbsteuer BFH, BFH/NV 1996, 579; Birkenfeld, § 103 Rz. 324; Klenk in R/D, § 4 Nr. 9 Buchst. a Anm. 66.5. 7 BFH, BStBl. II 1968, 223; 1982, 625; 1993, 766; Bemessungsgrundlage der GrESt soll danach der Kapitalwert der jhrlichen Erbbauzinsen sein.

312

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug durch § 9 Abs. 2 UStG besttigt, der ausdrcklich von der „Bestellung und bertragung von Erbbaurechten (§ 4 Nr. 9 Buchst. a)“ spricht. Allerdings geht diese Bestimmung andererseits wegen der Gleichsetzung mit den in § 4 Nr. 12 Buchst. a–c UStG bezeichneten Umstzen zutreffend davon aus, daß es sich bei der Bestellung eines Erbbaurechts umsatzsteuerrechtlich nicht um eine Lieferung handelt (das gilt nur fr die bertragung eines auf Grund des Erbbaurechts errichteten Gebudes), sondern vielmehr erst bei Vollzug des Erbbaurechts eine sonstige Leistung in Gestalt der Nutzungsberlassung1 – Dauerleistung in Form von Teilleistungen2 (Rz. 12.13) – vorliegt.3 Diese Diskrepanz zwischen grunderwerbsteuerrechtlicher und umsatzsteuerrechtlicher Sichtweise mßte indes aus nationaler Sicht fr die Interpretation des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ohne Belang sein, denn die Vorschrift spricht von „Umstzen“, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen und wrde danach auch sonstige Leistungen erfassen. Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EG-RL sehen jedoch nur die Befreiung von Lieferungen vor. Folglich fllt, da § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG richtlinienkonform ausgelegt werden muß, die dauernde Nutzungsberlassung (sonstige Leistung, Dienstleistung) in Gestalt der „Bestellung“ eines Erbbaurechts nicht unter § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Gleichwohl ist der Vorgang steuerbefreit, da er von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG (und Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL) erfaßt wird (Rz. 112).

Nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen Bauleistungen u. . Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebudes, die umsatzsteuerrechtlich und zivilrechtlich als eigenstndige Werklieferungen, Werkleistungen oder andere Dienstleistungen zu betrachten sind, auch wenn sie grunderwerbsteuerrechtlich als Teile eines einheitlichen, auf den Erwerb eines bebauten Grundstcks gerichteten Vertragswerks anzusehen sind und deshalb grunderwerbsteuerrechtlich4 in die Bemessungsgrundlage der Grundstckslieferung einbezogen werden.5 Die dadurch eintretende Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer ist sachgerecht, denn sie trte auch ein, wenn der Erwerber ein bebautes Grundstck erworben htte6, so daß kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.7 Nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen auch vom Verußerer zustzlich erbrachte bauvorbereitende Leistungen.8

10.96

Unter das Grunderwerbsteuergesetz fllt ferner nicht die unmittelbare Weiterlieferung eines Gebudes durch einen Mieter oder Pchter an den Grundstckseigentmer (Vermieter oder Verpchter), das der Nutzungsberechtigte auf dem fremden Boden hat

10.97

1 Bis 1979 war die Bestellung des Erbbaurechts zutreffend noch in § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG 1967/1973 der Vermietung gleichgestellt. Die verfehlte Streichung erfolgte durch das UStG 1980 offensichtlich zwecks Umsetzung der o. g. BFH-Entscheidung (BStBl. II 1968, 223) zum GrEStG; vgl. RegE UStG 1979, BT-Drucks. 8/1779, zu § 4 Nr. 12. 2 Wird der Erbbaurechtszins als Einmalbetrag im voraus geleistet, so liegen m. E. gleichwohl Teilleistungen vor. Es handelt sich um die Vorauszahlung (Rz. 12.17 f.) der jeweiligen Zinsbetrge. 3 Ebenso BFH, BStBl. II 1988, 744; EuGH, EuGHE 1990, I-4363 = UR 1991, 75 (Kurzfassung); ferner zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung BFH, BStBl. II 1983, 413; 1985, 617; 1991, 175; BFH/NV 2002, 18; 2004, 126; BFH/NV 2004, 580. 4 Dazu BFH, BStBl. II 2000, 34 mwN. 5 BFH, BStBl. II 1987, 145; 1991, 737;1993, 316. 6 Stadie in R/D, Einf. Anm. 328; aA. Reiß in T/L, § 15 Rz. 10. 7 BVerfG, UR 1988, 280 = HFR 1989, 153; vgl. auch BVerfG, BStBl. II 1992, 212. 8 Vgl. BFH, BStBl. II 2000, 278.

313

Kap. 10 Steuerbefreiungen errichten lassen (dazu Rz. 7.41). Vom wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs her gesehen ist der Mieter bzw. Pchter mit einem Bauunternehmer zu vergleichen, der fr den Grundstckseigentmer durch Subunternehmer ein Gebude errichten lßt und folglich keine Verwertungsbefugnis iS des § 1 Abs. 2 GrEStG an dem Gebude erlangt (vgl. Rz. 94), die er weiter bertragen knnte.1

c) Begriff des Grundstcks 10.98

Der Begriff des Grundstcks iS des Grunderwerbsteuergesetzes bestimmt sich nach dem Zivilrecht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Erfaßt wird danach auch die bertragung2 des Miteigentums (§ 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG), auch in Verbindung mit Wohnungs- oder Teileigentum (§ 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG iVm. §§ 1, 3 und 7 WEG). Den Grundstcken werden Erbbaurechte gleichgestellt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, § 11 ErbbauRVO; zur Bestellung eines Erbbaurechts s. Rz. 95), ebenso Gebude auf fremdem Boden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG; s. aber Rz. 97), dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte iS des § 15 WEG und des § 1010 BGB (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG) und das Gebudeeigentum im Beitrittsgebiet (§ 288 Abs. 4 und § 292 Abs. 3 ZGB-DDR iVm. Art. 233 § 3 Abs. 1 EGBGB). Diese Ausdehnung auf grundstcksgleiche Rechte entspricht dem gemeinschaftsrechtlichen Grundstcksbegriff, da Art. 5 Abs. 3 Buchst. a und b der 6. EG-RL es erlaubt, Rechte an Grundstcken als krperliche Gegenstnde zu behandeln, was nur bedeuten kann, daß sie dann auch wie Grundstcke zu betrachten sind.

10.99

Zum Grundstck gehren auch dessen wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB). Deren ertragsteuerrechtliche oder handelsrechtliche Einordnung als selbstndige Wirtschaftsgter (Vermgensgegenstnde) ist ohne Belang. Nicht unter das GrEStG fallen hingegen gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GrEStG wesentliche Bestandteile des Grundstcks in Gestalt von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehren (sog. Betriebsvorrichtungen, vgl. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, Rz. 118 f.). Abweichend vom Grundsatz der einheitlichen Behandlung einer Leistung (Rz. 7.69) ist mithin der Teil der steuerbaren Lieferung, der sich auf die sog. Betriebsvorrichtungen erstreckt, steuerpflichtig.3 Ob diese Beschrnkung der Steuerbefreiung mit Art. 13 Teil B Buchst. g der 6. EG-RL zu vereinbaren ist, ist zweifelhaft, da die Vorschrift keine derartige Einschrnkung enthlt. Eine solche findet sich zwar in Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 3 der 6. EG-RL fr die Vermietung, es ist jedoch unklar, ob daraus geschlossen werden muß, daß die Richtlinie „auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen“ generell wie bewegliche Sachen behandelt sehen will, oder ob das wortlautgetreu nur fr deren Vermietung, nicht aber auch fr deren Lieferung gelten soll. 1 BFH, BFH/NV 1993, 634; vgl. auch BMF, BStBl. I 1986, 43, Tz. F I iVm. C II 1 iVm. H Beispiele 1 und 7; Klenk in R/D, § 4 Nr. 9 Buchst. a Anm. 65 f.; Birkenfeld, § 103 Rz. 314 ff. 2 Dabei handelt es sich entgegen h. M. nicht etwa um eine sonstige Leistung (Dienstleistung!), sondern um eine Lieferung (Rz. 7.6). 3 Insoweit ist der Erwerber nicht Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, weil dieser Teil der Lieferung nicht unter das GrEStG fllt (Rz. 13.27).

314

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstcks werden vom Zuschlag auch die diejenigen beweglichen Gegenstnde, auf welche sich bei einem Grundstck die Hypothek erstreckt (§ 20 Abs. 2, § 90 Abs. 2 ZVG), d. h. auch die Erzeugnisse und Bestandteile sowie das Zubehr im Umfang des § 1120 BGB erfaßt. Da sie nicht zum Grundstck iS des § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG gehren, fllt ihre Lieferung insoweit nicht unter das GrEStG, so daß sie zwingend steuerpflichtig ist. Der Erwerber ist insoweit nicht Steuerschuldner nach § 13b UStG (Rz. 13.27).1

10.100

d) Entnahme eines Grundstcks Bei einer unentgeltlichen Lieferung (Schenkung) eines von der Umsatzsteuer entlasteten Grundstcks oder Gebudes (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 und 3 iVm. Satz 2 UStG) fllt der Umsatz nach dem eindeutigen Wortlaut unter das GrEStG, da die Schenkung ein Rechtsgeschft ist, das einen Anspruch auf bereignung des Grundstcks begrndet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Folglich ist dieser Umsatz nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Daß der Rechtsvorgang nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei ist, ist ohne Belang. Aus Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EG-RL folgt nichts Gegenteiliges, denn danach ist die „Lieferung“, also auch die unentgeltliche, von Gebuden, Gebudeteilen und Grundstcken steuerfrei. Folglich ist die Vorsteuer, sofern die Schenkung vor Ablauf von zehn Jahren nach der erstmaligen Verwendung erfolgte, nach § 15a Abs. 8 UStG zu berichtigen (Rz. 16.86 ff.).

10.101

Die Entnahme (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 iVm. Satz 2 UStG) des Grundstcks (Gebudes) oder eines Teils desselben durch den Unternehmer fr seine eigenen privaten (nichtunternehmerischen) Zwecke fllt nicht unter das GrEStG. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist jedoch entsprechend anzuwenden.2 Das folgt aus dem Gebot der richtlinienkonformen Anwendung des nationalen Rechts. Nach Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL wird auch die Entnahme als eine entgeltliche Lieferung fingiert und fllt deshalb ebenfalls unter die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EG-RL3 (das gilt indes nicht fr die in Art. 4 Abs. 3 Buchst. a und b bezeichneten Neubauten und Baugrundstcke4).

10.102

1 Anders ist es m. E. bei einer Lieferung vor dem 1.4.2004; Stadie in R/D, § 13b Anm. 85. 2 So auch zur Entnahme nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aF. BFH, BStBl. II 1987, 44; 1988, 205, 207; 2000, 153, 154 f.; aA. jetzt Abschn. 71 Abs. 1 Satz 1; Abschn. 24b Abs. 5 Satz 4 UStR 2005. 3 Klenk, UR 2004, 145, 149; Birkenfeld, UR 2004, 265, 270 f.; aA. BMF, BStBl. I 2004, 469, 470. 4 Die Steuerpflicht dieser Lieferungen fhrt jedoch im Ergebnis zur selben Belastung wie die Berichtigung der vollstndigen Vorsteuer nach § 15a UStG.

315

Kap. 10 Steuerbefreiungen

4. Vermietung und Verpachtung von Grundstcken a) Allgemeines 10.103

Nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstcken grundstzlich steuerfrei.1 Der Zweck dieser Befreiung liegt vorrangig in der Begnstigung der Wohnraummieten2, ohne daß deshalb die Vermietung von Grundstcken, die nicht Wohnzwecken dienen, von der Befreiung ausgeschlossen sind (bei diesen kommt ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG in Betracht; Rz. 132 ff.). Die Auslegung der Begriffe „Vermietung und Verpachtung“ und „Grundstck“ richtet sich nicht nach dem deutschen Zivilrecht. Sie sind vielmehr wegen der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung (Rz. 1.52) in dem Sinne zu verstehen, wie die entsprechenden Begriffe des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL gemeinschaftsrechtlich zu definieren sind.3

10.104

Der Grundstcksbegriff – der innerhalb der 6. EG-Richtlinie4 und damit auch des Umsatzsteuergesetzes einheitlich zu definieren ist5 – ist als Gegensatz zu den beweglichen Sachen zu verstehen.6 Ob ein Gebude nach deutschem Zivilrechtsverstndnis wesentlicher Bestandteil ist oder nicht (dazu Rz. 7.37 ff.), ist ohne Belang. Der Grundstcksbegriff erfaßt auch alle Gebude, die nicht leicht demontiert und versetzt werden knnen.7 Nicht zum Grundstck gehrt dessen Zubehr.8 Jedoch wird dessen Mitvermietung regelmßig Nebenleistung (Rz. 7.73) zur Vermietung des Grundstcks und folglich dann von deren Steuerfreiheit miterfaßt sein.9 Das ist m. E. dann nicht der Fall, wenn fr die Vermietung des Zubehrs eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten ist10 (zu sog. Betriebsvorrichtungen s. Rz. 118). 1 Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 der 6. EG-RL. 2 Vgl. Ber. d. Finanzausschusses zu BT-Drucks. V/1581, Allg. 4.d, sowie zu § 4 Nr. 12. Demgegenber hieß es im Regierungsentwurf zum UStG 1967, BT-Drucks. IV/1590, zu § 4 Nr. 9, noch, daß die Besteuerung aller Verpachtungen und Vermietungen von Grundstcken die Erfassung aller privaten Verpchter und Vermieter voraussetze, die damit verbundene Verwaltungsarbeit jedoch in keinem Verhltnis zum steuerlichen Erfolg stehe. In der Begrndung des Kommissionsentwurfs zur 6. EG-RL heißt es zu Art. 14 (BT-Drucks. 7/913, S. 43), daß die Vermietung von Grundstcken in den Mitgliedstaaten aus technischen, wirtschaftlichen und sozialen Grnden im allgemeinen steuerbefreit ist. 3 EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 25 f.; EuGH, UR 2005, 24, Tz. 16. 4 Insbesondere in Art. 4 Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b, g und h, Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 34. 6 Vgl. EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 29 ff. 7 EuGH, EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86, Tz. 32 ff. Folglich werden Wohncontainer und Wohnwagen, die zum stationren Gebrauch als Wohnungen und nicht mehr als Befrderungsmittel verwendet werden, nicht erfaßt; EuGH, EuGHE 1997, I-3827 = UR 1997, 443. 8 AA. EuGH, EuGHE 1989, 2763 = UR 1991, 42, Tz. 14. 9 Vgl. EG-Komm., UR 2002, 364. 10 AA. wohl EuGH, EuGHE 1989, 2763 = UR 1991, 42, Tz. 15.

316

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

Als Grundstcke in diesem Sinne sind auch die in § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG genannten grundstcksgleichen Rechte zu verstehen, die nach dem Zivilrecht wie Grundstcke behandelt werden (Beispiele: Wohnungseigentum, Erbbaurecht, vgl. Rz. 98), da auch deren Vermietung dem Mieter die zeitlich begrenzte Befugnis verschafft, das Grundstck, an dem das Recht des Vermieters besteht, zu gebrauchen (Rz. 106).

10.105

Die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstcks iS des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL ist die zeitlich begrenzte Einrumung des Rechts, das Grundstck zu gebrauchen und andere davon auszuschließen.1 Dabei soll nach Auffassung des EuGH die Dauer der Grundstcksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrages bilden2; die Dauer muß indes nicht bei Vertragsschluß festgelegt sein.3 Die Vermietung eines Grundstcks liegt auch dann vor, wenn nur das Gebude oder ein Gebudeteil vermietet wird (arg. Art. 13 Teil B Buchst. g der 6. EG-RL).4 Auf die Bezeichnung des Rechtsverhltnisses kommt es nicht an, so daß auch die berlassung in Gestalt der Einrumung eines dinglichen Nutzungsrechts, wie z. B. eines Nießbrauchs, erfaßt wird.5 Das galt und gilt auch fr § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Die Bestimmungen des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstaben b und c UStG sind – sofern sie Nutzungsberlassungen betreffen (Rz. 111 f.) – aus den zuvor genannten Grnden nur deklaratorisch (Rz. 110).

10.106

Da es auf den Inhalt der sonstigen Leistung (Dienstleistung) und nicht auf deren Bezeichnung ankommt, handelt es sich auch bei der vorzeitigen Auflsung eines Mietvertrages im Interesse des Vermieters um eine steuerfreie Vermietungsleistung iS des § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG, weil dem Vermieter mit der vorzeitigen Rckgabe wieder die Mglichkeit verschafft wird, sein Grundstck zu nutzen.6 Im umgekehrten Fall der vorzeitigen Auflsung im Interesse des Mieters liegt schon keine Leistung vor (Rz. 2.27). Die Steuerfreiheit der Vermietung des Grundstcks erfaßt auch die blichen Nebenleistungen des Vermieters wie z. B. die Strom- und Wrmelieferungen7, m. E. jedoch nur dann, wenn sie nicht gesondert abgerechnet werden.

10.107

Bei einer gemischten, als Einheit zu sehenden (Rz. 7.69) Leistung, die auch Elemente der Nutzungsberlassung hinsichtlich eines Grundstcks (Gebudes) enthlt, kommt die Steuerbefreiung nur dann in Betracht, wenn die dauerhafte berlassung des Grundstcks im Vordergrund steht, d. h. den Kern der

10.108

1 EuGH, EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001, 484, Tz. 54 f.; EuGHE 2001, I-7257 = UR 2001, 494, Rz. 21; EuGHE 2003, I-5965 = UR 2003, 348, Tz. 25; EuGH, UR 2005, 24, Tz. 19. 2 EuGH, EuGHE 2001, I-493 = UR 2001, 153, Tz. 27. 3 EuGH, UR 2005, 24, Tz. 22. 4 Vgl. EuGH, EuGHE 1998, I-481 = UR 1998, 189; auch EuGHE 2003, I-563 = UR 2003, 86. 5 EuGH, EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001, 484, Tz. 54 f. 6 Im Ergebnis ebenso EuGH, EuGHE 1993, I-6697 = BStBl. II 1995, 480; aA. Heidner in B/G, § 4 Nr. 12 Rz. 14 (Rechtsverzicht), der den wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs außer acht lßt. 7 Abschn. 76 Abs. 5 UStR 2005.

317

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Leistung ausmacht. Das ist insbesondere bei der kurzzeitigen berlassung von Sport-, sog. Fitneß- o. . Einrichtungen nicht der Fall.1 10.109

Keine Vermietung eines Grundstcks liegt vor, wenn dieses zwar zur Erbringung der Leistung verwendet wird, der wirtschaftliche Gehalt der sonstigen Leistung jedoch nicht in der berlassung des Grundstcks- bzw. Gebudeteils liegt. Beispiele: (1) Vermietung von Schließfchern. Fr diese ist durch Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 4 der 6. EG-RL die Steuerfreiheit ausdrcklich ausgeschlossen. Auch wenn die Schließfcher fest mit einem Gebude verbunden sind, liegt der Kern der Dienstleistung nicht in der berlassung eines Gebudeteils, sondern in der des Schließfaches, welches auch Teil einer grßeren beweglichen Anlage sein knnte, die jedoch Kraft ihrer Schwere auf dem Boden unverrckbar lastet und damit die gleiche Sicherheit bietet. (2) Bei der berlassung von Hauswnden oder Dachflchen eines Hauses zu Reklamezwecken ist der Kern der Dienstleistung nicht die berlassung von Gebudeteilen zur Nutzung, sondern die Verschaffung der Reklamemglichkeit.2 (3) Bei der Gestattung der Aufstellung von Automaten in einem Gebude tritt die Grundstcksberlassung in den Hintergrund und ist nur Mittel zum Zweck, so daß der Kern der Dienstleistung in der Verschaffung der Verkaufsmglichkeit liegt.3

b) Andere Nutzungsberlassungen 10.110

Die Bestimmungen des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstaben b und c UStG wollen weitere Formen der Nutzungsberlassung erfassen. Sie gehen auf die frhere, verfehlte stndige Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate4 des BFH zurck, wonach die Begriffe „Vermietung und Verpachtung“ iS des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ausschließlich nach brgerlichem Recht zu beurteilen seien.5 Bei einer am Zweck des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG orientieren Auslegung ist es indes selbstverstndlich, daß das Gesetz, obwohl es mit den Begriffen „Vermietung und Verpachtung“ nur die typischen Flle der Nutzungsberlassung genannt hat, im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG auch die atypischen Flle erfassen will. Die Aussagen des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. b und c UStG sind folglich nur deklaratorisch (s. auch Rz. 106), sofern sie berhaupt einen Sinn haben.

10.111

§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. b UStG befreit die berlassung von Grundstcken und Grundstcksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf bertragung des Eigentums gerichteten Vertrages oder Vorvertrages. Voraussetzung ist, daß die fr die Nutzung geleisteten Zahlungen keine Raten fr den spteren Eigentumserwerb sind, da anderenfalls von Anbe1 BFH, BStBl. II 2001, 658; vgl. auch EuGH, EuGHE 2001, I-493 = UR 2001, 153, Tz. 26 f. (Golfanlage); BFH/NV 2002, 1345 u. 2003, 211 (kurzzeitige berlassung von Rumen zur Prostitution). 2 Vgl. BFH, BStBl. III 1957, 457. 3 Vgl. EuGH, EuGHE 2003, I-5965 = UR 2003, 348, Tz. 30. 4 Hingegen hatte ein Einkommensteuersenat des BFH schon 1978 entschieden, daß der entsprechende Begriff des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch den Nießbrauch erfaßt; vgl. BFH, BStBl. II 1979, 332. 5 BFH, BStBl. II 1971, 473; 1981, 231; 1992, 108; 1992, 369; 1994, 775; 1995, 750.

318

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug ginn eine Lieferung des Grundstcks vorlge (Rz. 94). Das ist bei der ersten Alternative („auf Grund eines auf bertragung des Eigentums gerichteten Vertrages“) stets der Fall.1 Die Vorschrift kann deshalb nur fr die zweite Alternative („auf Grund eines . . . Vorvertrages“) klarstellen, daß die fr die Zeit bis zur bergabe des Grundstcks auf Grund eines Kaufvertrages gegebene entgeltliche Nutzungsberlassung steuerfrei ist. Nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG soll die Bestellung, die bertragung und die berlassung der Ausbung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstcken steuerfrei sein. Dingliche Nutzungsrechte sind insbesondere der Nießbrauch (§ 1030 BGB), die Grunddienstbarkeit2 (§ 1018 BGB), die beschrnkt persnliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) sowie das Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht (§ 31 WEG). Auch das Erbbaurecht gehrt hierzu, soweit es ein Nutzungsrecht gewhrt. Die Formulierung „Bestellung“ ergibt indes keinen Sinn. Nicht die Bestellung ist die sonstige Leistung, sondern das auf Grund des eingerumten Rechts dauernde Dulden der Nutzung des Grundstcks (Rz. 95).

10.112

c) Privatnutzung und unentgeltliche berlassung von Gebudeteilen Nach Auffassung des EuGH soll auf die Privatnutzung (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL/§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) eines Teiles eines Gebudes, welches insgesamt dem Unternehmen zugeordnet ist, nicht die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL/§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG anzuwenden sein, weil dieser Vorgang keine Vermietung sei und die Bestimmung auch nicht entsprechend angewendet werden knne, da Art. 13 eng auszulegen sei.3 Diese Entscheidung, bei der der EuGH ausschließlich auf den Wortlaut abstellt, ist verfehlt, weil der Zweck der Befreiungsvorschrift und des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL/§ 15 Abs. 1 UStG mißachtet wird. Die Entscheidung fhrt dazu, daß die Verwendung ein steuerpflichtiger Umsatz ist und verschafft damit dem Steuerpflichtigen/Unternehmer die Mglichkeit, seine private Wohnung bei Herstellung oder Erwerb vorerst vollen Umfangs von der Vorsteuer zu entlasten. Voraussetzung ist lediglich, daß sich die Wohnung in einem Gebude befindet, welches – in Deutschland zu wenigstens 10 % (Rz. 15.46)4 – fr Umstze verwendet wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, denn dann kann nach ebenfalls verfehlter Gesetzeslage und EuGH-Rechtsprechung das ganze Gebude dem Unternehmen zugeordnet werden (Rz. 6.9) mit der Folge, daß der volle Vorsteuerabzug vorgenommen werden kann (Rz. 15.47 ff.). Das ist eine Ungleichbehandlung gegenber denjenigen Personen, die ihr Haus oder ihre Wohnung nicht einem Unternehmen zuordnen knnen und folglich die Umsatzsteuer, die bei der Herstellung des Gebudes anfiel, nicht als Vorsteuer vergtet erhalten. Die EuGH-Entscheidung verstßt mithin gegen den Zweck des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL/§ 15 Abs. 1 UStG, den Privat1 Unklar Abschn. 82 UStR 2005. 2 Beispiel: Recht, ber das Grundstck eine Strom-, Gas- o. . Leitung zu legen; vgl. BFH, BFH/NV 2005, 483 = UR 2005, 157. 3 EuGH, EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 = BStBl. II 2004, 378, Tz. 48 ff. Der BFH folgt dem; UR 2003, 539 = BStBl. II 2004, 371. 4 Nach Auffassung des EuGH gibt es nicht einmal diese Bagatellgrenze, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291, Tz. 35.

319

10.113

Kap. 10 Steuerbefreiungen

verbrauch nicht von der Umsatzsteuer zu entlasten,1 und ist willkrlich. Zwar wird der Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren durch die Versteuerung der Privatnutzung nach Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL bzw. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG sukzessive wieder neutralisiert, es bleibt jedoch ein erheblicher Zinsvorteil (s. Rz. 11.51 Beispiel). Der entscheidende Fehler des EuGH ist indes seine Rechtsprechung, wonach ein Gebude auch hinsichtlich der nichtunternehmerisch genutzten Teile dem Unternehmen zugeordnet werden darf (Rz. 6.9). Um deren Folgen fr den Vorsteuerabzug zu vermeiden, htte der EuGH die private Verwendung analog Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL fr steuerfrei erklren mssen, weil dann wegen der steuerfreien Verwendung kein Vorsteuerabzug in Betracht gekommen wre. 10.114

Aus der Begrndung der o. g. EuGH-Entscheidung2 muß geschlossen werden, daß auch auf die unentgeltliche berlassung an Dritte die Steuerbefreiung nicht entsprechend anzuwenden ist.3 Das ist aus den zuvor genannten Grnden sachwidrig. d) Ausnahmen von der Steuerbefreiung

10.115

aa) Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 Alt. 1 UStG ist nicht befreit die Vermietung von Wohn- und Schlafrumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithlt.4 Maßgebend fr die Frage, ob eine Bereithaltung fr eine kurzfristige oder eine auf Dauer angelegte berlassung vorliegt, ist nicht die tatschliche Dauer, sondern die aus den Gesamtumstnden abzuleitende Absicht des Vermieters.5 Von einer Absicht zur kurzfristigen Beherbergung ist auszugehen, wenn diese nicht lnger als sechs Monate6 dauern soll.7 Abzustellen ist auf den jeweiligen Raum.8 Wird dieser sowohl zur kurzfristigen als auch zur langfristigen Beherbergung bereitgehalten, so sind alle Umstze steuerpflichtig.9

10.116

bb) Nicht befreit ist ferner die Vermietung von Pltzen fr das Abstellen von Fahrzeugen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 Alt. 2 UStG).10 Auf die Zeitdauer kommt es nicht an. Stellpltze sind auch Garagen11 und auch Bootsliegepltze.12 Der 1 2 3 4 5 6

7 8 9 10 11 12

Ebenso Reiß, UR 2003, 428, 439 ff. EuGH, EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 = BStBl. II 2004, 378, Tz. 49. So auch FG Mnchen, EFG 2004, 608 (Rev. V R 6/04). Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 1 der 6. EG-RL. BFH, UR 1997, 181; BFH/NV 1999, 84 mwN. Nach § 9 Satz 2 Halbs. 1 AO ist bei einem zeitlich zusammenhngenden Aufenthalt von mehr als 6 Monaten von einem „gewhnlichen“ Aufenthalt auszugehen mit der Folge der Ansssigkeit iS der unbeschrnkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG); vgl. auch Art. 15 Abs. 2 Buchst. a OECD-Muster-DBA (183 Tage). BFH/NV 1994, 744; 1999, 84. Diese Auslegung ist mit Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 1 der 6. EG-RL zu vereinbaren; EuGH, EuGHE 1998, I-481 = UR 1998, 189, Tz. 25. Vgl. BFH, UR 1995, 20 = BFH/NV 1994, 744. BFH, BStBl. II 1988, 795. Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 2 der 6. EG-RL. EuGH, EuGHE 1989, 2763 = UR 1991, 42, Tz. 12. Vgl. EuGH v. 3.3.2005 – Rs. C-428/02, IStR 2005, 315; Abschn. 77 Abs. 1 UStR 2005.

320

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

Ausschluß von der Steuerbefreiung gilt dann nicht, wenn der Stellplatz zusammen mit einem Haus vermietet wird. Es handelt sich dann um eine einheitliche steuerfreie Grundstcksvermietung, selbst wenn die Vermietung des Stellplatzes in einem gesonderten Vertrag geregelt wird.1 cc) Nicht befreit ist auch die kurzfristige Vermietung auf Campingpltzen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 Alt. 3 UStG).2 Die Finanzverwaltung geht – offensichtlich in Anlehnung an § 9 Satz 2 Halbs. 1 AO3 – davon aus, daß die Vermietung kurzfristig ist, wenn die tatschliche Dauer nicht mindestens sechs Monate betrgt.4

10.117

dd) Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 Alt. 4 UStG ist schließlich ebenfalls nicht befreit die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehren (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstcks sind.5 Derartige Betriebsvorrichtungen werden im Steuerrecht generell als selbstndige Wirtschaftsgter behandelt6, vor allem deshalb, weil das steuerrechtliche Schicksal nicht von dem Zufall abhngen darf, ob die Gegenstnde beweglich oder (wegen der festen Verbindung mit dem Grundstck bzw. Gebude) unbeweglich sind, obwohl ihre Funktion dieselbe ist (s. aber Rz. 16.66 zu § 15a UStG).

10.118

Der Begriff der Betriebsvorrichtung iS des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist nicht etwa in Anlehnung an die Kriterien zu bestimmen, die fr das Bewertungsrecht entwickelt worden sind, welches dieselbe Umschreibung enthlt (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG).7 Die Auslegung hat sich vielmehr an der von Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 3 der 6. EGRL vorgegebenen Formulierung zu orientieren, zu der es allerdings noch keine ußerungen des EuGH gibt.

Die Steuerbefreiung entfllt m. E. jedoch nur dann, wenn die Betriebsvorrichtungen gesondert vermietet werden. Werden sie hingegen zusammen mit dem Grundstck oder Gebude berlassen, so handelt es sich um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang, so daß die Steuerfreiheit der Grundstcksvermietung auch die berlassung der Betriebsvorrichtungen umfaßt.8 Der einheitliche Umsatz ist mithin nicht in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufzuspalten.9 1 2 3 4 5

6 7 8

9

EuGH, EuGHE 1989, 2763 = UR 1991, 42; Abschn. 77 Abs. 3 Satz 3 ff. UStR 2005. Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 1 aE. der 6. EG-RL. Vgl. Rz. 115 Fn. Vgl. Abschn. 78 Abs. 2 UStR 2005. Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 Nr. 3 der 6. EG-RL. Aus der Formulierung „auf Dauer eingebaut“ folgt nicht im Umkehrschluß, daß die Vermietung von nur vorrbergehend eingebauten Vorrichtungen steuerfrei sein soll. Vielmehr sind diese schon nicht als Teile des Grundstcks, sondern als bewegliche Sachen zu behandeln, deren Vermietung ohnehin steuerpflichtig ist. Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 211 aE. So aber BFH, BStBl. II 1981, 228; Abschn. 85 UStR 2005. Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 2763 = UR 1991, 42, Tz. 14 ff., zur parallelen Fragestellung bei der Vermietung eines Gebudes zusammen mit einer Garage; ferner Klenk in S/R, § 4 Nr. 12 Rz. 19. AA. BFH, BFH/NV 1998, 1445.

321

10.119

Kap. 10 Steuerbefreiungen

5. Leistungen der Wohnungseigentmergemeinschaft? 10.120

Nach § 4 Nr. 13 UStG sollen die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentmer an die Wohnungseigentmer und Teileigentmer erbringen, steuerfrei sein, soweit die Leistungen in der berlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wrme und hnlichen Gegenstnden bestehen. Diese Steuerbefreiung luft indes leer. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentmer ist als schlichte Bruchteilsgemeinschaft, die zivilrechtlich nicht nach außen und damit auch nicht gegenber ihren Mitgliedern ttig werden kann und folglich auch umsatzsteuerrechtlich keine Leistungen zu erbringen vermag, nicht unternehmerfhig (Rz. 5.13 ff.). Die Vorschrift ist daher mehr als berflssig und hat zu Recht auch kein Pendant in der 6. EGRichtlinie.1 Sie stellt allenfalls entsprechend der 7. Protokollerklrung zu Art. 13 der 6. EG-RL2 klar, daß die genannten Vorgnge nicht zu besteuern sind.

10.121

Gleichermaßen leer luft deshalb die Erwhnung des § 4 Nr. 13 UStG in § 9 Abs. 1 UStG. Soweit Teileigentum zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze verwendet wird, bedarf es hinsichtlich der Umlage der gemeinsamen Kosten der Gemeinschaft nicht der Konstruktion („Krcke“) von Umstzen der Gemeinschaft gegenber den Teileigentmern, um mittels Verzichts auf die Steuerbefreiung diesen den Vorsteuerabzug zu verschaffen.3 Die gegenber der „Gemeinschaft“ (Gesamtheit der Miteigentmer) erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen werden vielmehr unmittelbar anteilig gegenber den einzelnen Miteigentmern ausgefhrt, so daß diese zu einem anteiligen Vorsteuerabzug aus der auf die „Gemeinschaft“ ausgestellten Rechnung befugt sind (Rz. 15.54). 6. Dem Gemeinwohl dienende Ttigkeiten

10.122

a) Nach § 4 Nr. 14–27 UStG sind eine Vielzahl von Leistungen aus dem Gemeinwohlbereich steuerbefreit. Diese Befreiungsvorschriften finden ihre Entsprechungen in Art. 13 Teil A der 6. EG-RL.4 Zu erwhnen sind die Steuerbefreiungen fr

1 Die Vorschrift ist deshalb entgegen Weymller in S/R, § 4 Nr. 13 Rz. 4, nicht etwa gemeinschaftswidrig. 2 Abgedruckt in R/D, Bd. VI, zu Art. 13, S. 6/3. 3 So aber Heidner in B/G, § 4 Nr. 13 Rz. 2; Reiß, UmsatzsteuerR, 4.4.8 (S. 169); Kraeusel in R/K/L, § 9 Rz. 115; Jakob, Rz. 725. 4 Nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL knnen die Mitgliedstaaten die in Anhang E aufgefhrten, an sich nach Art. 13 befreiten Umstze weiterhin besteuern. Davon hat Deutschland hinsichtlich des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL – Leistungen der Zahntechniker und Lieferung von Zahnersatz durch Zahnrzte – Gebrauch gemacht. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG werden diese Umstze lediglich ermßigt besteuert.

322

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

– die Heilbehandlungen im Bereicht der Humanmedizin, die im Rahmen rztlicher und arzthnlicher Berufe erbracht werden (§ 4 Nr. 14 UStG)1; – die Krankenhausbehandlung und die Heilbehandlung in vergleichbaren Einrichtungen (§ 4 Nr. 16 UStG)2; – die Leistungen bestimmter kultureller Einrichtungen und Veranstalter (§ 4 Nr. 20 UStG).3 b) Aus dem Rahmen fllt die personenbezogene Steuerbefreiung der Blinden und Blindenwerksttten nach § 4 Nr. 19 UStG.4 Sie fhrt bei Umstzen gegenber privaten und nicht vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmern zu einer Subvention, da die blinden Unternehmer den gleichen Preis wie die sehenden Konkurrenten verlangen knnen, aber Umsatzsteuer nicht abfhren mssen. Der Vorteil ist abhngig von der Hhe der Wertschpfung5 (dasselbe gilt fr die Steuerbefreiung der Kleinunternehmer, vgl. Rz. 17.9). Eine Steuerbefreiung mit einer solchen Wirkung ist ein Fremdkrper in einem Gesetz, welches auf berwlzung der Steuer angelegt ist und deshalb Vergnstigungen fr einzelne Unternehmergruppen nicht enthalten drfte. Systemgerecht sind nur Vergnstigungen im Interesse der Verbraucher. Bei Umstzen gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmern schlgt die Befreiung in einen Nachteil um, so daß das Gesetz einen Verzicht auf die Steuerbefreiung vorsieht (Rz. 138).

10.123

c) Die Steuerbefreiungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i, l, m, n und o der 6. EG-RL verwenden den Begriff der „Einrichtungen“. Aus dem Gebot der Rechtsformneutralitt (Rz. 1.61) folgt, daß darunter auch natrliche Personen zu verstehen sind, die die genannten Ttigkeiten ausben.6 Das ist bei der Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des § 4 UStG zu bercksichtigen.7 Entsprechendes gilt fr den umgekehrten Fall, daß eine Befreiungsvorschrift von einem „Beruf“ spricht. Der Grundsatz der Rechtsformneutralitt gebietet es ebenfalls, daß diese Steuerbefreiung auch juristischen Personen,

10.124

1 Dazu nher Abschn. 88 ff. UStR 2005; Heidner, UR 2004, 559 mwN. d. Rspr; Birkenfeld, § 98 Rz. 1 ff.; BFH, BStBl. II 2005, 106 (Dentalhygienikerin); BStBl. II 2005, 227 (beruflicher Befhigungsnachweis, Fußreflexzonenmassage); BStBl. II 2005, 316 (beruflicher Befhigungsnachweis, Heileurythmist); BStBl. II 2005, 190 = UR 2005, 252 m. Anm. Heidner (Rehabilitationseinrichtung). 2 Dazu nher Abschn. 96 ff. UStR 2005; Birkenfeld, § 98 Rz. 171 ff.; BFH, UR 2005, 254 (Personalgestellung durch Krankenhaus). 3 Dazu nher Abschn. 106 ff. UStR 2005. 4 Art. 28 Abs. 3 Buchst. b iVm. Anhang F Nr. 7 der 6. EG-RL erlaubt die Beibehaltung dieser Befreiung bis zum Ablauf der unbestimmten bergangszeit (Art. 28 Abs. 4). 5 Dieser Wettbewerbsvorteil wurde vom Gesetzgeber als unbedeutend angesehen; vgl. Reg.-Begr. zum UStG 1967, BT-Drucks. IV/1590, Allg., VI. 4; Bericht des Finanzausschusses zu BT-Drucks. V/1581, Allg., 4d; kritisch zu Recht BFH, BStBl. II 1971, 430. 6 EuGH, EuGHE 1999, I-4947 = UR 1999, 419; EuGHE 2003, I-2921 = BStBl. II 2003, 679; anders noch EuGHE 1995, I-2341 = UR 1995, 476. 7 Vgl. BGH, UR 2003, 545: Gesangssolist als „kulturelle Einrichtung“ iS von § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG.

323

Kap. 10 Steuerbefreiungen

insbesondere in Gestalt von Kapitalgesellschaften, zusteht, die mit entsprechend beruflich ausgebildetem Personal die Leistungen erbringen.1 10.125

d) Einige der in Art. 13 Teil A der 6. EG-RL genannten Befreiungen sind vom deutschen Umsatzsteuergesetz nicht bernommen worden. Dazu zhlt die Steuerbefreiung nach Buchst. l fr Einrichtungen ohne Gewinnstreben, welche politische, gewerkschaftliche, religise, patriotische, weltanschauliche, philantropische oder staatsbrgerliche Ziele verfolgen, ihren Mitgliedern in deren gemeinsamen Interesse gegen einen satzungsmßig festgelegten Beitrag erbringen, vorausgesetzt, daß diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen fhrt. bernommen wurde auch nicht die Steuerbefreiung nach Buchst. m fr bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Krperertchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Krperertchtigung ausben. In Deutschland sind diese Befreiungen von Rechtsprechung und Finanzverwaltung faktisch dadurch umgesetzt worden, daß die Ttigkeiten derartiger Einrichtungen, die typischerweise in Gestalt von Vereinen auftreten, als nicht steuerbar angesehen werden (Rz. 5.94 ff.).

10.126

e) Nach Art. 13 Teil A Buchst. f der 6. EG-RL sind steuerfrei „die Dienstleistungen, die die selbstndigen Zusammenschlsse von Personen, die eine Ttigkeit ausben, die von der Steuer befreit ist, oder fr die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder fr unmittelbare Zwecke der Ausbung dieser Ttigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, daß diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen fhrt.“ Aus dieser Bestimmung folgt indes nicht, daß jeder Zusammenschluß dieser Art per se Unternehmer ist. Das ist richtigerweise nur dann der Fall, wenn diese kostenumlegende Kooperationsgesellschaft eine eigene Wertschpfung erbringt (Rz. 5.104). Der Zweck der Vorschrift scheint darin zu liegen, die aus Rationalisierungsgrnden erfolgte Auslagerung und Zusammenfassung von Vorbereitungshandlungen, Hilfsttigkeiten u. . durch steuerfrei oder nichtunternehmerisch Ttige, die sich zu diesem Zweck in einer Gesellschaft zusammengeschlossen haben, nicht mit Umsatzsteuer hinsichtlich der Personalkosten der Gesellschaft zu belasten; denn diese Umsatzsteuerbelastung wre nicht angefallen, wenn die Arbeiten durch eigenes Personal des jeweiligen Mitglieds des Zusammenschlusses erbracht wrden.2 Der Wortlaut gibt jedoch keine Anhaltspunkte fr eine derartige Eingrenzung, auch nicht in Gestalt des Merkmals „unmittelbar“. Mithin kommt prinzipiell jede Dienstleistung in Betracht. Darber hinaus hat der EuGH die Vorschrift entgegen der durch die Ansiedelung in Art. 13 Teil A der 6. EG-RL eindeutigen Begrenzung auf dem Gemeinwohl dienende Ttigkeiten und entgegen seiner sonst vertretenen These, daß die Befreiungsvorschriften eng auszulegen seien (Rz. 77), auch fr Zusammenschlsse von nach Art. 13 Teil B befreiten Unternehmern fr anwendbar erklrt.3 1 EuGH, EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, und EuGH, UR 2003, 584, beide zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL („rztliche und arzthnliche Berufe“). 2 Die Umsatzsteuer auf die brigen Kosten wre auch angefallen, wenn die einzelnen Mitglieder die Leistungen Dritter selbst unmittelbar in Anspruch genommen htten. 3 EuGH, UR 2004, 82.

324

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug Beispiele: (1) Laborgemeinschaft von rzten. (2) Eine sog. Spitzenvereinigung von Verbnden (Mitglieder der Vereinigung), die selbst nicht Unternehmer sind, vertritt diese in Prozessen und fhrt fr sie Tarifverhandlungen.1 (3) Bewertung von Versicherungsschden durch eine von Versicherungsunternehmen gebildete Gesellschaft.2

Eine Eingrenzung der Steuerbefreiung erfolgt indes durch den Vorbehalt, daß die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen fhren darf. Das ist der Fall, wenn die reale Gefahr besteht, daß die Befreiung fr sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen fhren kann.3 Diese Gefahr ist bei solchen Dienstleistungen, die von Dritten erbracht steuerpflichtig wren, stets anzunehmen.4

10.127

Beispiele: (1) Von selbstndigen Laborrzten erbrachte Laborleistungen wren ebenfalls steuerfrei (§ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG/Art. 13 Teil A Buchst. c der 6. EG-RL), so daß durch die Umsatzsteuerbefreiung kein Wettbewerbsvorteil eintreten kann. (2) Im vorhergehenden Beispiel (2) trifft das jedenfalls auf die Fhrung von Prozessen zu, da diese blicherweise von Rechtsanwlten erbracht wird und deren Dienstleistungen steuerpflichtig sind. (3) Die Bewertung von Versicherungsschden ist steuerpflichtig, wenn sie von Dritten erbracht wird. Folglich wrde die Steuerbefreiung der entsprechenden Ttigkeit durch die im o. g. Beispiel (3) genannte Gesellschaft dieser Wettbewerbsvorteile verschaffen. Das deutsche UStG hat die Befreiung lediglich fr den Zusammenschluß von Heilberuflern durch § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG umgesetzt. Zusammenschlsse anderer Personen knnen sich auf Art. 13 Teil A Buchst. f der 6. EG-RL berufen5 (Zum Berufungsrecht Rz. 1.57 f.), wenn sie dadurch keinen Wettbewerbsvorteil erlangen. f) Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL knnen die Mitgliedstaaten die Gewhrung der in Abs. 1 Buchst. b, g, h, i, l, m, n und o angesprochenen Befreiungen fr Einrichtungen, die keine Einrichtungen des ffentlichen Rechts sind, von bestimmten Bedingungen (z. B. keine systematische Gewinnerzielung, ehrenamtliche Leitung) abhngig machen. Das soll gleichwohl nach Auffassung des EuGH dem von ihm kreierten Recht zur Berufung auf den Anwendungsvorrang der Richtlinie gegenber dem nationalen Recht (Rz. 1.57) nicht entgegenstehen, da diese Beschrnkungen der Befreiungsregeln nur Eventualcharakter htten, so daß sich der Mitgliedstaat nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen knne.6

1 2 3 4 5

Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 378. Vgl. EuGH, UR 2004, 82. EuGH, UR 2004, 82. AA. Reiß, R/W 2004, 641, 655. Nach Auffassung des BFH wohl erst nach Auslegung der Vorschrift durch den EuGH; vgl. BFH, BFH/NV 2002, 378. 6 EuGH, EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513, Rz. 59 f.; EuGH, UR 2003, 584, Rz. 79; der BFH folgt dem; BFH, UR 2004, 358 = BFH/NV 2004, 1049.

325

10.128

Kap. 10 Steuerbefreiungen

7. Lieferung nichtvorsteuerentlasteter Gegenstnde 10.129

a) Die Lieferung von Gegenstnden, fr die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG ausgeschlossen war, weil fr sie beim Erwerb einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote galten, insbesondere die Lieferung von Gstehusern (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG, Rz. 15.118 f.) und Segel- oder Motorjachten (§ 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG, Rz. 15.120 f.), ist zwar steuerbar (Rz. 6.15), aber steuerfrei (§ 4 Nr. 28 Alt. 1 UStG). Beispiel: Ein Handelsunternehmen verußert eine Segeljacht, die zuvor der Kundenbetreuung auf dem Bodensee gedient hatte. Beim Erwerb des Bootes war der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG ausgeschlossen gewesen. Folglich ist die Lieferung nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei.

10.130

b) Dasselbe gilt bei der – steuerbaren (Rz. 6.15) – Lieferung von Gegenstnden, die ausschließlich fr Umstze („Ttigkeiten“) verwendet worden waren, die nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfrei sind (§ 4 Nr. 28 Alt. 2 UStG)1, so daß der Vorsteuerabzug bei Erwerb der Gegenstnde nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen war. Eine Befreiung der unentgeltlichen Lieferungen ist nicht erforderlich, weil diese mangels Vorsteuerentlastung schon nicht steuerbar sind (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG dient der Vereinfachung, weil anderenfalls, wenn die Lieferung steuerpflichtig wre, nachtrglich die anteilige Vorsteuer nach § 15a Abs. 8 UStG (Rz. 16.86 ff.) zu vergten wre. Letztlich bewirkt die Vorschrift, daß die „Gegenstnde“ mit der Restumsatzsteuer belastet, die rechnerisch in ihrem Restwert enthalten ist, verußert werden. Ein Verzicht auf die Befreiung bei Lieferungen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ist nicht vorgesehen2 und wre auch gemeinschaftsrechtlich nicht zulssig.3 Etwas anderes gilt indes, wenn eine spezielle Befreiung eingreift, auf die nach § 9 UStG verzichtet werden kann, wie insbesondere bei Grundstcken (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; s. o. Rz. 6). Beispiel: Ein Kreditinstitut mit ausschließlich steuerfreien Umstzen nach § 4 Nr. 8 UStG verußert ausgemusterte Bromaschinen. Die Lieferungen sind nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei, weil die Bromaschinen ausschließlich zur Ausfhrung von Umstzen verwendet wurden, die nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sind und den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen hatten.

10.131

Voraussetzung ist, daß wegen der Art der Verwendung fr den Gegenstand keinerlei Vorsteuerabzug vorgenommen werden konnte („ausschließlich“).4 War 1 Entspricht Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL. 2 Zur Mglichkeit nach § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG, bei einer unentgeltlichen Lieferung diese Restumsatzsteuer auf den Erwerber zu bertragen, damit jener sie als Vorsteuer abziehen kann, s. Rz. 16.133. 3 Art. 13 Teil C erwhnt Teil B Buchst. c der 6. EG-RL nicht. 4 Bei einer geringfgigen Verwendung (im Umfang von hchstens 5 v. H.) fr Umstze, die nicht nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfrei sind, verzichtet die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgrnden auf die Besteuerung, wenn der anteilige Vorsteuerabzug nicht vorgenommen worden ist; Abschn. 122 Abs. 2 UStR 2005.

326

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

hingegen ein anteiliger Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4 UStG erfolgt, so ist die Lieferung des Gegenstandes (grundstzlich) steuerpflichtig und der Vorsteuerabzug ist nach § 15a Abs. 8 UStG zu berichtigen (Rz. 16.86 ff.). Aus dem Zusammenspiel von § 15a Abs. 8 und § 4 Nr. 28 UStG folgt, daß der Gegenstand iS von „Wirtschaftsgut“ zu verstehen ist (Rz. 7.7 ff.; Rz. 16.40) und nach Ablauf des Berichtigungszeitraums die Verußerung eines solchen Gegenstandes nicht mehr steuerpflichtig ist (s. auch Rz. 4.7; Rz. 6.15). 8. Verzicht auf die Steuerbefreiung a) Allgemeines, Zweck aa) Bei bestimmten steuerfreien Umstzen kann der Unternehmer1 den jeweiligen Umsatz als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer fr dessen Unternehmen ausgefhrt wird (§ 9 Abs. 1 UStG).2 Einschrnkungen ergeben sich aus § 9 Abs. 2 (Rz. 148 ff.) und § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG (Rz. 163). Mit der Behandlung des Umsatzes als steuerpflichtig erlangt der leistende Unternehmer den Vorsteuerabzug, weil das Abzugsverbot des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht eingreift. Die Vorschrift des § 9 UStG erhlt ihren Sinn einzig und allein durch die Existenz des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG und htte daher eigentlich in § 15 UStG hinter dessen Absatz 3 angesiedelt werden mssen (zum Zweck des Verzichts Rz. 134 ff.). Verzichtsfhige Umstze sind – Kreditgewhrungen, Umstze im Bankwesen u. . (§ 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG; dazu Rz. 78 ff.); – Lieferungen von Grundstcken und Gebuden, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; dazu Rz. 89 ff.); – Vermietung und Verpachtung von Grundstcken (§ 4 Nr. 12 UStG; dazu Rz. 103 ff.); – Leistungen der Wohnungseigentmergemeinschaften (§ 4 Nr. 13 UStG). Solche knnen jedoch mangels Unternehmereigenschaft dieser Gemeinschaften nicht vorliegen (Rz. 121), so daß die Erwhnung des § 4 Nr. 13 UStG in § 9 Abs. 1 UStG leerluft; – Umstze der Blinden und Blindenwerksttten (§ 4 Nr. 19 UStG).

1 Ausnahmen: Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG) und pauschalierende Landund Forstwirte (§ 24 Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese knnen grundstzlich nur dann auf die Steuerbefreiungen verzichten, wenn sie auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG bzw. des § 24 Abs. 1 UStG nach § 19 Abs. 2 UStG (dazu Rz. 17.29 f. bzw. § 24 Abs. 4 UStG (dazu Rz. 17.50, 17.71) verzichtet haben. 2 Entspricht Art. 13 Teil C iVm. Art. 28 Abs. 3 Buchst. c iVm. Anhang G Nr. 1 Buchst. b iVm. Anhang F Nr. 7 und Nr. 16 der 6. EG-RL. Nach Art. 13 Teil C Satz 2 der 6. EG-RL knnen die Mitgliedstaaten den Umfang des Optionsrechts einschrnken und die Modalitten seiner Ausbung bestimmen.

327

10.132

Kap. 10 Steuerbefreiungen

10.133

Bei den brigen Steuerbefreiungen1 ist ein Verzicht auch dann nicht mglich, wenn der Umsatz atypischerweise gegenber einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer erbracht wird. Hat der Unternehmer bei einem nicht verzichtsfhigen steuerfreien Umsatz Steuer in der Rechnung gesondert ausgewiesen, so schuldet er diese nach § 14c Abs. 1 UStG (Rz. 14.109). Zum Verzicht auf die sog. Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 2 UStG s. Rz. 17.29 ff.

10.134

bb) Zum Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung finden sich die unterschiedlichsten Erklrungsversuche. Nach Auffassung des BFH2 sei der Verzicht vom Gesetz im Interesse des Leistungsempfngers vorgesehen, um diesem den Vorsteuerabzug zu verschaffen. Der Leistungsempfnger erhlt durch den Verzicht auf die Steuerbefreiung jedoch keinen Vorteil, sondern allenfalls einen Nachteil3, da die bei ihm als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer in gleicher Hhe den Kaufpreis, Mietzins usw. erhht hat (Rz. 140). Gleichermaßen verfehlt ist die Auffassung, daß § 9 UStG ein Wahlrecht einrume, mit dem der Unternehmer bestimme, ob der Verbraucher mit einer Steuer belastet werde oder nicht.4 Diese Sichtweise geht von der irrigen Annahme aus, daß der leistende Unternehmer, wenn er nicht auf die Steuerfreiheit verzichtet, die bei ihm nicht abziehbaren Vorsteuern auf den folgenden Unternehmer abwlzen und dieser sie an den Endverbraucher als Preiserhhung weitergeben knnte. Der Preis wird jedoch durch den Wettbewerb am Markt bestimmt, der in diesen Fllen eine Abwlzung ausschließt (Rz. 73). Die Wirkung des Verzichts liegt auch nicht etwa darin, daß durch ihn die Belastung des Endverbrauchs eintritt5, denn der Aufwand des Verbrauchers wird auf der letzten Stufe besteuert. Der Preis fr den Verbraucher – und damit die darin enthaltene Umsatzsteuerbelastung – ist unabhngig davon, ob innerhalb der Unternehmerkette ein Unternehmer auf eine Steuerbefreiung verzichtet hat oder nicht. Der Verzicht bezweckt schließlich auch nicht, eine Steuerkumulierung 1 Zur Frage, ob das Finanzamt den faktischen Verzicht des Unternehmers auf die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a, Nr. 21 Buchst. b und Nr. 25 UStG durch Nichtbeibringung der erforderlichen Bescheinigung dadurch unterlaufen kann, daß es die Bescheinigung bei der zustndigen Behrde mit Rckwirkung beantragt, s. BFH, BStBl. II 1995, 913; BFH/NV 1999, 573; 1999, 993 (bejahend), Stadie in R/D, Vor §§ 4–9 Anm. 62 mwN. (verneinend). Es ist auch hier der in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zum Ausdruck kommende allgemeine umsatzsteuerrechtliche Grundsatz anzuwenden (Rz. 12.79), so daß schon danach keine Rckwirkung eintritt. 2 BFH, BStBl. II 1991, 866, 868; 1993, 736; 1993, 854; 1994, 487; BFH/NV 1995, 743; UR 2003, 190, 192; BFH/NV 2003, 1224; UR 2004, 238, 240. 3 Wenn nmlich der Erwerber ein Grundstck steuerpflichtig erwirbt, so muß er dieses wegen § 15a UStG 10 Jahre lang zur Ausfhrung von Umstzen verwenden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Anderenfalls muß er die abgezogene Vorsteuer anteilig zurckzahlen, die erheblich hher sein kann als die beim Verußerer im Falle der Steuerfreiheit der Lieferung angefallene nichtabziehbare Vorsteuer, welche im Kaufpreis auf den Erwerber abgewlzt worden wre. 4 So Teichmann, StuW 1975, 189, 197; Shn, StuW 1976, 1, 20; Reiß in T/L, § 14 Rz. 178. 5 So aber Crezelius, Steuerrecht II, 2. Aufl. 1994, § 26 Rz. 10.

328

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

zu verhindern1, denn dann htte das Gesetz die Mglichkeit des Verzichts bei allen Steuerbefreiungen vorsehen mssen. Zudem ist die behauptete Kumulierungswirkung reine Theorie (Rz. 72 f.). Der Zweck des Verzichts liegt vielmehr allein in der Verhinderung von Wettbewerbsnachteilen.2 Die Steuerfreiheit kann nmlich bei den meisten3 der in § 9 Abs. 1 UStG genannten Umstze, die gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern ausgefhrt werden, durch den Ausschluß des Vorsteuerabzugs zu Beeintrchtigungen im Wettbewerb fhren. Diese Beeintrchtigungen sind auf zwei unterschiedlichen Ebenen mglich.

10.135

Bei den in § 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG genannten Umstzen ist wegen unterschiedlich hoher Vorsteuerbetrge, die mit diesen Umstzen zusammenhngen, eine Wettbewerbsbeeintrchtigung der einzelnen Kreditinstitute untereinander denkbar. Dieser Nachteil wird jedoch offensichtlich nicht als bedeutsam empfunden, weil die Kreditinstitute durchweg von der Verzichtsmglichkeit keinen Gebrauch machen.4

10.136

Bei der Lieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) und der Vermietung oder Verpachtung (§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG) von Grundstcken liegt der Zweck des Verzichts indes nicht vorrangig in der Beseitigung von Wettbewerbsbeeintrchtigungen unter den Verkufern bzw. unter den Vermietern aufgrund unterschiedlich hoher Vorsteuerbetrge, da diese bei konkurrierenden Objekten in etwa gleich hoch sein werden. Die Wettbewerbssituation besteht vielmehr zwischen dem potentiellen Verkufer und dem potentiellen Kufer bzw. dem potentiellen Vermieter und dem potentiellen Mieter. Ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer, der langfristig ein Gebude bentigt und berlegt, ob er dieses anmieten, kaufen oder selbst errichten soll, wrde sich im Regelfall dafr entscheiden, das Gebude auf eigenem Grundstck selbst herzustellen, weil er dann smtliche damit zusammenhngenden Vorsteuern abziehen knnte. Wrde er hingegen ein entsprechendes, fr ihn hergestelltes Gebude steuerfrei anmieten oder kaufen, so wre er mit den beim Vermieter bzw. Verkufer nicht abziehbaren Vorsteuern, die in die Summe der Mietzinszahlungen bzw. in den Kaufpreis einkalkuliert wren, belastet. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung soll folglich der Gefahr der Ausschaltung, der potentielle Vermieter und Verkufer auf dem Markt gewerblicher Immobilien ausgesetzt wren, begegnen.5 Entsprechendes gilt fr die Lieferung oder Vermietung von weniger als zehn Jahre alten Gebuden, die zuvor fr Umstze verwendet worden waren, die zum Vorsteuerabzug berechtigten. Der Verzicht auf die Steuerbe-

10.137

1 So aber Brockmann in H/M. § 9 Rz. 1 f.; Birkenfeld, § 113 Rz. 6; Lippross, 3.3.1 (S. 509); Jakob, Rz. 689. 2 So jetzt wohl im Ergebnis auch BFH, UR 2004, 628, 630. 3 Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 UStG luft leer (Rz. 121). 4 Andererseits ist ohnehin zweifelhaft, ob diese Wettbewerbssituation der Anlaß fr den Gesetzgeber war, den Banken die Verzichtsmglichkeit zu geben, denn diese Situation besteht auch gegenber Nichtunternehmern. Dann allerdings bleibt der Zweck des Verzichts vllig im Dunklen. 5 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 182 f.

329

Kap. 10 Steuerbefreiungen

freiung vermeidet die ansonsten erforderliche Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.1 10.138

Die Befreiung nach § 4 Nr. 19 UStG fhrt fr den Blinden (bzw. die Blindenwerkstatt), wenn er die Leistung gegenber einem vorsteuerabzugsberechtigten Empfnger erbringt, zu einem Wettbewerbsnachteil gegenber dem sehenden Konkurrenten, da er mit der nicht abziehbaren Vorsteuer belastet bleibt (dasselbe gilt fr den Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG; s. Rz. 17.29). Diese Benachteiligung wird durch den Verzicht auf die Steuerbefreiung vermieden.2 Beispiel: Die Unternehmer A, B und C ttigen nacheinander Lieferungen ber denselben Gegenstand. Die Umstze des B sind nach § 4 Nr. 19 UStG steuerfrei. Wenn A fr den Gegenstand 100 Euro netto erlsen will und B und C jeweils 100 Euro netto auf ihren jeweiligen Einkaufspreis aufschlagen wollen, so scheint sich der Preis wie folgt zu entwickeln: A verkauft fr 100 Euro + 16 Euro USt. = 116 Euro. B hat keinen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) und sein Umsatz ist steuerfrei, so daß er fr 216 Euro verkaufen wrde. C mßte demnach vom Endverbraucher einen Preis von 316 Euro + 50,56 Euro USt. (= 16 % von 316 Euro) = 366,56 Euro fordern. Diese Rechnung bersieht jedoch, daß der Endverbraucher den Gegenstand nicht fr diesen Preis kaufen wird, wenn er nach Marktbeobachtung feststellt, daß der nmliche Gegenstand blicherweise fr 348 Euro (300 Euro + 48 Euro USt.) zu erwerben ist. MaW: C wird den Gegenstand nicht bei B fr 216 Euro einkaufen, weil er den nmlichen Gegenstand fr 200 Euro + 32 Euro USt. bei nichtblinden, d. h. steuerpflichtig liefernden Anbietern erwerben knnte. Da C die 32 Euro in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen knnte, wre sein fr die Preiskalkulation interessierender Einkaufspreis nur 200 Euro, so daß er dann seinerseits fr 300 Euro + 48 Euro USt. anbieten knnte. Bliebe es bei der Steuerfreiheit des Umsatzes von B, so mßte dieser die nichtabziehbare Vorsteuer von 16 Euro zu Lasten seines Gewinnes tragen, um seine Ware zu einem marktgerechten Preis anbieten zu knnen.

10.139

Der Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung liegt nach alledem allein in der Beseitigung der beschriebenen Wettbewerbsnachteile beim leistenden Unternehmer, indem ihm der Abzug der Vorsteuer ermglicht wird, die er anderenfalls mangels Abwlzbarkeit selbst tragen mßte. Dieser Zweck ist bei der Auslegung des § 9 UStG der alleinige Maßstab.

10.140

Aus diesem alleinigen Zweck des Verzichts folgt zwingend die Notwendigkeit, daß dem Empfnger – sofern dieser nicht, wie bei einer Grundstckslieferung, nach § 13b UStG Steuerschuldner wrde (Rz. 13.25 ff.) – die durch den Verzicht begrndete Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird (Rz. 157). Dieser 1 Deshalb mßte es vom Gesetzeszweck her ausreichen, daß der Verußerer dem Erwerber lediglich die bei Steuerfreiheit der Lieferung nach § 15a UStG zurckzuzahlende Umsatzsteuer in Rechnung stellt (Stadie, Vorsteuerabzug, 194). Unverstndlicherweise sieht § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG (Abs. 7 Nr. 3 aF.) eine entsprechende Verordnungsermchtigung nur fr den Fall einer unentgeltlichen bertragung vor (dazu Rz. 16.133). 2 Darber hinaus ist der Verzicht im Regelfall auch dann zweckmßig, wenn der Empfnger die Leistung zwar fr sein Unternehmen bezieht, aber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, soweit dieser die Leistung bei einem sehenden Konkurrenten ebenfalls nur mit Umsatzsteuer belastet beziehen knnte.

330

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

ist mit der zustzlichen Berechnung der Steuer, die mithin zu einer Preiserhhung fhrt, nur dann einverstanden1, wenn der Steuerbetrag in einer ordnungsgemßen Rechnung nach § 14 UStG gesondert ausgewiesen ist, so daß er ihn als Vorsteuer vergtet erhlt und die vordergrndige Preiserhhung ihn nicht belastet.2 Ein Verzicht kommt folglich praktisch nur in Frage, wenn bzw. soweit der Leistungsempfnger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. b) Umsatz fr das Unternehmen des Empfngers aa) Der Verzicht auf die Steuerbefreiung setzt voraus, daß der Umsatz an einen anderen Unternehmer fr dessen Unternehmen ausgefhrt wird (§ 9 Abs. 1 UStG). Nicht erforderlich ist, daß die Lieferung oder sonstige Leistung vom Empfnger zur Ausfhrung von Umstzen verwendet wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Diese Voraussetzung entspricht zwar dem Zweck des Verzichts (Rz. 135 ff.) und ergibt sich deshalb im Regelfall von selbst; bei der Vermietung und hnlichen Nutzungsberlassungen von Neubauten knnte sich indes ein Verzicht auch gegenber nichtvorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfngern „rechnen“ (Rz. 148 f.). Zur Vermeidung dieses Mißbrauchs des Verzichts hat der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 2 UStG bestimmt, daß in derartigen Fllen der Verzicht nur zulssig ist, soweit der Leistungsempfnger das Grundstck fr Umstze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (Rz. 148 ff.).

10.141

Soweit es nicht um die Vermietung usw. von Grundstcken geht, d. h. in den nicht von § 9 Abs. 2 UStG erfaßten Fllen, bedarf es der Prfung, ob bzw. inwieweit der Umsatz fr das Unternehmen des Empfngers ausgefhrt wird, nicht, weil der Empfnger mit dem Verzicht und der damit verbundenen zustzlichen Berechnung von Umsatzsteuer nur dann einverstanden ist, wenn er diese als Vorsteuer abziehen kann (Rz. 140).

10.142

Nach verfehlter EuGH-Auffassung kann beim Erwerb eines Grundstcks auch der fr eigene Wohnzwecke genutzte Teil dem Unternehmen zugeordnet werden (Rz. 6.9) und soll die Privatnutzung in einem solchen Fall zu steuerpflichtigen fiktiven Dienstleistungen fhren (Rz. 113). Folglich kann bei der Lieferung eines solchen Grundstcks hinsichtlich der gesamten Lieferung auf deren Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verzichtet werden. Entsprechendes mßte dann konsequenterweise fr die Vermietung eines derartig vom Mieter genutzten Grundstcks gelten.

1 Im Regelfall wird der Leistungsempfnger verlangen, an dem Vorteil des leistenden Unternehmers zu partizipieren, der aus der Abziehbarkeit der Vorsteuern bzw. der Nichtvorsteuerberichtigung resultiert. 2 Bei der Lieferung eines Grundstcks gilt das nur unter der Voraussetzung, daß das Grundstck 10 Jahre lang zur Ausfhrung von Umstzen verwendet wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, weil anderenfalls nach § 15a UStG die Vorsteuer zeitanteilig zurckzuzahlen ist (Rz. 16.36 ff.)

331

Kap. 10 Steuerbefreiungen

c) Beabsichtigte, aber nicht ausgefhrte Umstze 10.143

Der Verzicht verlangt nach dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG, daß tatschlich ein Umsatz „ausgefhrt wird“, und zwar gegenber einem anderen Unternehmer fr dessen Unternehmen. Folglich kommt ein Verzicht nicht in Betracht, wenn zwar verzichtsfhige Umstze beabsichtigt waren, aber nicht ausgefhrt werden. Demgegenber soll es nach Auffassung des BFH fr die Erlangung des Vorsteuerabzugs ausreichen, wenn beabsichtigt war, auf die Steuerfreiheit der nicht ausgefhrten Umstze zu verzichten.1 Der BFH meinte, diese Erkenntnis aus zwei EuGH-Entscheidungen2 ableiten zu mssen, wonach es fr den Vorsteuerabzug auf die beabsichtigten Umstze ankomme. Dabei hat der BFH bersehen, daß fr diese Frage das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung nicht bestehen kann, da die 6. EG-Richtlinie kein Recht zum Verzicht auf die Steuerbefreiung enthlt, sondern den Mitgliedstaaten lediglich die Befugnis einrumt, die Mglichkeit eines solchen Verzichts vorzusehen (Art. 13 Teil C der 6. EG-RL). Mithin liegt es allein im Ermessen des nationalen Gesetzgebers festzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verzicht auf die Steuerbefreiung mglich ist.3 Die BFHRechtsprechung verstßt deshalb, da kein Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts in Betracht kommt, gegen den Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG, denn danach treten die Wirkungen des Verzichts nur dann ein4, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen.5 Der BFH verkennt ferner, daß die Steuerfreiheit die Regel und die Steuerpflicht die Ausnahme ist, welche nur unter den Voraussetzungen des § 9 UStG gilt. Die Erfllung dieser Kriterien, d. h. die Ausnahme von der Regel, darf deshalb nicht etwa zugunsten des Unternehmers unterstellt werden, weil sonst § 9 UStG leerliefe.6 Denn anderenfalls mßte mit der Erst-Recht-Argumentation jedem Unternehmer, der die Absicht hatte (und weiterhin hat), einen Broneubau o. . steuerpflichtig zu vermieten, diese aber nicht verwirklichen kann, weil er keinen vorsteuerabzugsberechtigten Mieter findet und deshalb notgedrungen steuerfrei (an z. B. eine gemeinntzige Organisation o. .) vermietet, der Vorsteuerabzug gewhrt werden. Dem steht jedoch § 15 Abs. 2 UStG entgegen, der auf die tatschliche Verwendung abstellt. Die Auffassung des BFH verstßt deshalb auch gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie verkennt 1 BFH, UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430; UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434; UR 2002, 470; 2002, 472 = BStBl. II 2003, 435; UR 2002, 603; zust. Reiß, UmsatzsteuerR, 4.2 (S. 153); Lippross, 7.8.4.1 (S. 749). 2 EuGH, EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446. 3 Vgl. EuGH, UR 2004, 533, Tz. 21: „weites Ermessen“. 4 So noch zutreffend BFH, BStBl. II 1979, 394, 396. 5 Aus § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG, der von „zu verwenden beabsichtigt“ spricht, folgt nichts Gegenteiliges, da damit nur zum Ausdruck gebracht werden soll, daß der Leistende mit seinem Vorsteuerabzug nicht warten muß, bis der Leistungsempfnger die empfangene Leistung verwendet, er mithin schon einen vorlufigen Vorsteuerabzug erhalten kann (s. auch Rz. 15.158 ff.). 6 Stadie, DStJG 13 (1990), S. 178, 210.

332

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

schließlich auch vllig den Zweck des Verzichts, der darin liegt, den Unternehmer vor Wettbewerbsnachteilen (Ausschaltungsgefahr) bei Umstzen gegenber potentiellen vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmern zu bewahren (Rz. 137). Wenn der Unternehmer aber keinen derartigen Abnehmer findet, so ist auch der Zweck des Verzichts nicht erfllt und es besteht kein Anlaß, § 9 Abs. 1 UStG entgegen seinem Wortlaut auszulegen. Die verfehlte Auffassung des BFH fhrt zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Subvention in Gestalt des Vorsteuerabzugs aus den Herstellungskosten der Gebude gescheiterter Vermieter gewerblicher Immobilien.1 d) Unentgeltliche Leistungen Auch bei unentgeltlichen Leistungen, die fr das Unternehmen des Dritten ausgefhrt werden, kme nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG ein Verzicht in Betracht, denn die unentgeltliche Leistung ist ein Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 9a Nr. 2 UStG (Rz. 4.1), der nach einer der in § 9 Abs. 1 UStG genannten Bestimmungen steuerfrei sein kann (zur Steuerfreiheit der unentgeltlichen Grundstckslieferung s. Rz. 101, der unentgeltlichen Grundstcksberlassung s. Rz. 114). Allerdings trifft der Zweck des Verzichts, den leistenden Unternehmer vor Wettbewerbsnachteilen zu schtzen (Rz. 135 ff.), bei einer unentgeltlichen Leistung nicht zu, so daß die Vorschrift restriktiv zu interpretieren ist und unentgeltliche Leistungen nicht erfaßt.2 Entsprechendes gilt bei verbilligten Leistungen, bei denen die sog. Mindest-Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG (Rz. 11.58) anzuwenden ist. Das Problem der unentgeltlichen Leistung liegt vielmehr darin, daß insbesondere bei der steuerfreien unentgeltlichen bereignung oder berlassung (wenn man sie entgegen EuGH richtigerweise als steuerfrei ansieht, Rz. 113) eines Grundstcks, welches der Leistungsempfnger fr Zwecke verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, beim Leistenden der Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen ist, obwohl keine vorsteuerabzugsschdliche Verwendung stattfindet. Sachgerecht ist es deshalb, die Vorsteuerberichtigung dadurch rckgngig zu machen, daß dem Leistungsempfnger in Hhe dieses Betrages der Vorsteuerabzug gewhrt wird. Eine derartige Mglichkeit sieht § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG vor (Rz. 16.130 ff.).

10.144

e) Beschrnkung des Verzichts bezglich eines Teils des Umsatzes Entgegen dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG muß der Unternehmer nicht den ganzen Umsatz als steuerpflichtig behandeln; entsprechendes gilt bei Teilleistungen, die vom Gesetz den Umstzen gleichgestellt werden (Rz. 12.16). Darber hinaus kann der Verzicht abweichend vom Grundsatz der Einheitlichkeit 1 Es ist deshalb unverstndlich, daß die Finanzverwaltung (Abschn. 148 Abs. 5, 203 Abs. 1 Satz 12, Abs. 2, Abs. 3 Beispiel 3 UStR 2005) dem BFH folgt, und nicht den Gesetzgeber zu einer gegenteiligen Klarstellung veranlaßt. 2 Das verkennt Abschn. 24a Abs. 3 Satz 4 UStR 2005.

333

10.145

Kap. 10 Steuerbefreiungen

der Leistung (Rz. 7.69) auf einen Teil des Umsatzes (der Teilleistung) beschrnkt werden1, ohne daß dafr die Gegenleistung vertraglich aufgeteilt sein muß.2 Das ergibt sich bei einer Grundstckslieferung schon aus dem Umstand, daß, wenn das Grundstck nur zum Teil dem Unternehmen zugeordnet ist, der Umsatz dann auch nur insoweit steuerbar ist (Rz. 6.13). Entsprechendes gilt, wenn der Leistungsempfnger ein geliefertes oder gemietetes Grundstck nur zum Teil fr Zwecke verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen und er deshalb nur insoweit mit einem Verzicht und entsprechender zustzlicher Inrechnungstellung von Umsatzsteuer bzw. mit einer entsprechenden Steuerschuldnerschaft (§ 13b UStG) einverstanden ist. Die Besttigung findet sich in § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG („soweit“). 10.146

Bei der Lieferung eines bebauten Grundstcks soll nach Auffassung des EuGH eine Beschrnkung des Verzichts auf den Teil der Lieferung, der das Gebude betrifft, nicht zulssig sein, weil sich aus Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL ergebe, daß Gebude und Grund und Boden stets als Einheit anzusehen seien.3 Damit wird der Zweck des Verzichts verkannt, da nur hinsichtlich der auf die Gebudeherstellungskosten entfallenden, andernfalls nicht abziehbaren Vorsteuern die Ausschaltungsgefahr (Rz. 137) besteht. Die verfehlte Sichtweise bewirkt, daß vllig sinnwidrig auch der auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil der Umsatzsteuer unterliegt. Das bedeutet zum einen, daß es dem Erwerber nicht mglich ist, nur das Gebude seinem Unternehmen zuzuordnen, weil dann der Verzicht nicht mglich wre, da dieser bei Zugrundelegung der Einheitsthese verlangt, daß die gesamte Lieferung fr das Unternehmen des Erwerbers erfolgt. Das ist schon nicht mit der stndigen Rechtsprechung des EuGH zu vereinbaren, wonach ein Gegenstand teilweise dem Unternehmen zugeordnet werden kann (Rz. 6.9). Die o.g. EuGH-Auffassung fhrt zudem zu willkrlichen Ergebnissen. Htte nmlich der Unternehmer ein unbebautes Grundstck erworben und anschließend darauf ein Gebude errichtet, so htte er dieses allein dem Unternehmen zuordnen knnen, ohne zugleich den Grund und Boden einlegen zu mssen. Doch selbst wenn er auch den Grund und Boden fr sein Unternehmen erwerben wollte, so fhrt die Einheitsbetrachtung gleichwohl dazu, daß ein hheres Vorsteuerberichtigungsvolumen geschaffen wird. Verwendet der Erwerber das Grundstck nicht zehn Jahre lang zur Ausfhrung von Umstzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, oder liefert oder entnimmt er das Grundstck 1 Nach Auffassung des BFH, BFH/NV 1998, 1381; zust. Birkenfeld, § 113, Rz. 166, umfaßt, wenn auf die Steuerfreiheit der Vermietung verzichtet worden war, der Verzicht auch die Abfindungszahlung des Mieters fr die vorzeitige Vertragsbeendigung. Das ist in zweifacher Hinsicht unzutreffend. Es liegt insoweit schon keine Leistung vor (Rz. 2.27), so daß sich die Frage nach dem Verzicht gar nicht stellt. Selbst wenn es anders wre, bestimmt der Unternehmer den Umfang des Verzichts. Zudem gebte auch der Zweck des Verzichts (Rz. 137, 139) nicht die o. g. Auslegung. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 189 ff.; BFH, BStBl. II 1996, 459; 1997, 98; Abschn. 148 Abs. 6 UStR 2005. 3 EuGH, EuGHE 2000, I-4321= UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452.

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III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

steuerfrei, so ist der Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 8 UStG (Rz. 16.86 ff.) zu berichtigen, was zu einer endgltigen Belastung des Grund und Bodens mit Umsatzsteuer fhrt. Alles das steht im diametralen Gegensatz zum Zweck der Steuerbefreiung und des Verzichts auf diese. Ein Erwerber, der sich nicht sicher ist, ob er das bebaute Grundstck zehn Jahre lang vorsteuerunschdlich verwenden wird, wird nicht das bebaute Grundstck erwerben, sondern auf eigenem Grundstck bauen oder aber eine Senkung des Kaufpreises um die auf den Grund und Boden entfallende Umsatzsteuer durchsetzen. Die EuGHEntscheidung bewirkt mithin genau das, was der Verzicht auf die Steuerbefreiung verhindern soll, nmlich daß die Anbieter von Neubauten benachteiligt werden (Rz. 137). 10.147

Beispiel: Unternehmer V hatte Ende 2004 ein Gebude auf eigenem Grundstck fr 1 Mio. Euro + 160 000 Euro Vorsteuern hergestellt. Der Wert des Grund und Bodens betrgt 200 000 Euro. Anfang 2005 verußert er das Grundstck fr 1,2 Mio. Euro netto an den Unternehmer K, der dieses fr gewerbliche Zwecke nutzen will. Es wird deshalb vereinbart, daß V auf die Steuerfreiheit der Lieferung verzichtet. K ist mithin nach § 13b (Rz. 13.25) UStG Schuldner von 192 000 Euro Umsatzsteuer, die dieser indes sogleich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG wieder als Vorsteuer gegenrechnen kann, so daß vorerst kein Problem erkennbar ist. Nach drei Jahren muß allerdings K seine unternehmerische Ttigkeit einstellen. Es gelingt ihm nicht, das Grundstck steuerpflichtig zu verkaufen, so daß er es fr 600 000 Euro an eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte gemeinntzige Institution verußert. Die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Lieferung bewirkt, daß K einem Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 15a Abs. 4 UStG in Hhe von 7/10 von 192 000 Euro = 134 400 Euro ausgesetzt ist. Davon entfallen 22 400 Euro (=7/10 von 32 000 Euro) auf den Grund und Boden. Htte K ein entsprechendes Gebude mit denselben Herstellungskosten auf eigenem Grundstck errichtet, so htte ihn lediglich ein Vorsteuerberichtigungsanspruch von 7/10 von 160 000 Euro = 112 000 Euro getroffen. Folglich werden vorsichtige Unternehmer keine Neubauten kaufen, sondern selbst errichten oder den Kaufpreis um den auf den Grund und Boden entfallenden Umsatzsteueranteil drcken. Das widerspricht dem Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung, der genau das verhindern soll (Rz. 137).

f) Vermietung von Grundstcken Bei der Vermietung von Grundstcken und gleichgestellten Nutzungsberlassungen iS des § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG (Rz. 106 ff.) einschließlich solcher auf Grund eines Erbbaurechts (Rz. 95, 112) muß zu den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG noch hinzukommen, daß der Leistungsempfnger das Grundstck ausschließlich fr Umstze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 Abs. 2 UStG).1 Diese Einschrnkung ergibt sich bereits aus dem Zweck des Verzichts auf die Steuerbe1 Die Vorschrift hat seit 1985 unterschiedliche Fassungen gehabt. Eine bergangsregelung enthlt § 27 Abs. 2 UStG; dazu Abschn. 148a Abs. 5 ff. UStR 2005; Birkenfeld, § 113 Rz. 276 ff.

335

10.148

Kap. 10 Steuerbefreiungen

freiung (Rz. 135 ff.), so daß es sich letztlich nur um eine Klarstellung handelt. Die Vorschrift soll insbesondere die sog. Zwischenvermietung im Wohnungsbau und anderen Bereichen, bei denen die letztendlichen Nutzer nicht Unternehmer sind (z. B. Kommunen) zur Erlangung des gesetzeszweckwidrigen Vorsteuerabzugs verhindern.1 Beispiel: E hat ein Wohngebude fr 1 Mio. Euro + 160 000 Euro USt. hergestellt. Er vermietet dieses fr insgesamt 80 000 Euro jhrlich an eine GmbH, die die Wohnungen an Wohnungssuchende fr insgesamt 90 000 Euro jhrlich weiter vermietet. Nach § 9 Abs. 1 UStG knnte E auf die Steuerfreiheit der Vermietung gegenber der GmbH verzichten, da diese mit der Weitervermietung Unternehmer ist (Rz. 5.74 ff.). Er mßte dann zwar aus den erzielten 80 000 Euro Miete 16/116 = rd. 11 000 Euro Umsatzsteuer an das Finanzamt abfhren, jedoch nur 10 Jahre lang, weil dann der Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG abgelaufen wre, so daß er danach steuerfrei – direkt an die Wohnungssuchenden, weil die zwischengeschaltete GmbH ihren „Sinn“ verloren htte – vermieten knnte. E htte aufgrund der steuerpflichtigen Vermietung sofort den Vorsteuerabzug in Hhe von 160 000 Euro, dem lediglich 10 6 rd. 11 000 Euro = rd. 110 000 Euro zu zahlende Umsatzsteuer entgegenstnden (hinzu kmen Zins und Zinseszins auf die 160 000 Euro). Diese Subventionierung widersprche dem Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Deshalb bestimmt § 9 Abs. 2 UStG, daß der Verzicht in diesen u. . Fllen nicht zulssig ist, weil die GmbH das angemietete Gebude zur Ausfhrung steuerfreier Vermietungsumstze verwendet, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausschließen.

10.149

Ferner sollen Konstruktionen erfaßt werden, in denen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer (z. B. Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften, rzte, Krankenhausbetreiber) fr ihre Zwecke bentigte Gebude nicht selbst herstellen, sondern durch nur fr diesen Zweck gegrndete Gesellschaften oder nahestehende Personen errichten lassen und von diesen dann zu einem niedrigen Mietzins anmieten. Diese Gesellschaften bzw. Personen knnten nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten, da die Mieter Unternehmer sind, so daß sie den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten htten, denen lediglich die geringere Umsatzsteuer fr eine zehn Jahre lang steuerpflichtige Vermietung gegenberstnde.2 Nach § 9 Abs. 2 UStG ist indes der Verzicht unzulssig, da die Mieter (Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften, rzte usw.) die angemieteten Gebude fr steuerfreie Umstze (§ 4 Nr. 8, § 4 Nr. 10 Buchst. a bzw. § 4 Nr. 14 UStG) verwenden, die den Vorsteuerabzug ausschließen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). 1 Diese Konstruktionen wie auch die im Folgenden beschriebenen sind ohnehin schon mißbruchliche rechtliche Gestaltungen iS des § 42 Abs. 1 AO, da es einen anderen Grund fr diese wirtschaftlich unsinnigen und geknstelten Konstruktionen als die Erlangung des Vorsteuerabzugs nicht gibt. Das wird ganz augenscheinlich dadurch belegt, daß es vor Einfhrung des Vorsteuerabzugs (1968) diese Gestaltungen nicht gab, sie – bei Anerkennung durch die Finanzverwaltung – nach Ablauf des Berichtigungszeitraums des § 15a UStG aufgehoben wurden und seit Wirksamwerden des § 9 Abs. 2 UStG nicht mehr gewhlt werden; vgl. Stadie, Vorsteuerabzug, 200 m. Rspr.Nw.; Zusammenfassung der Rspr. durch BFH, BStBl. II 1992, 931. 2 Vgl. den Sachverhalt im Urt. d. Hess. FG, EFG 2005, 68.

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III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug Nach Auffassung der Finanzverwaltung schließt § 9 Abs. 2 UStG nicht den Verzicht bei Vermietungen usw. an Unternehmer aus, die zwar steuerpflichtige Umstze ausfhren, aber die abziehbaren Vorsteuern nach Durchschnittstzen berechnen (§§ 23, 23a UStG) oder die Umstze nach den Durchschnittstzen fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 1 UStG) versteuern.1 Das widerspricht dem Zweck des Verzichts (Rz. 135 ff.), da bei Vermietungen an diese Leistungsempfnger kein Wettbewerbsnachteil droht. Aus diesem Grund gilt die Vorschrift auch bei Vermietungen an sog. Kleinunternehmer2, da diese nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG) und mithin ebenfalls die bezogene Leistung fr Umstze verwenden, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

10.150

Der Verzicht ist unzulssig, „soweit“ der Leistungsempfnger das Grundstck „ausschließlich“ fr vorsteuerabzugsschdliche Umstze verwendet. Damit wird zum einen klargestellt, daß hinsichtlich der Grundstcksberlassung ein teilweiser Verzicht in Betracht kommt (Rz. 145), in dem Umfang wie („soweit“) das Grundstck (Gebude, Rume) vom Leistungsempfnger fr Zwecke eingesetzt wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Mit dem Zusatz „ausschließlich“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß der Teil des Grundstcks (Gebudes), fr dessen Vermietung usw. auf die Steuerfreiheit verzichtet werden soll, dann insoweit vollen Umfangs fr Umstze verwendet werden muß, die den Vorsteuerabzug zulassen.

10.151

Die Finanzverwaltung wendet diese Kriterien auch in solchen Fllen an, in denen ein Mißbrauch des Verzichts nicht vorliegen kann, nmlich bei Vermietungen an fremde Unternehmer. Sie sieht lediglich eine Bagatellgrenze von 5 % vor, bis zu der vorsteuerschdliche Umstze des Leistungsempfngers einem Verzicht nicht entgegenstehen sollen.3 Die Regelung ist schon unverhltnismßig, weil der Vermieter die Voraussetzungen bei einem fremden Mieter nicht berprfen kann. Sie ist vor allem aber auch realittsfern, weil der Mieter, da er gleichwohl keinen vollen Vorsteuerabzug haben soll4, selbst in dem Bagatellfall nicht mit einem vollen Verzicht einverstanden sein wird5, so daß sich die Problematik gar nicht ergeben kann6 und folglich auch nicht erkennbar ist, welche Hrten, wie der BMF meint, mit der Bagatellregelung vermieden wrden. In der Praxis muß mithin der Umfang des Verzichts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums von den Beteiligten festgelegt werden.

10.152

1 Abschn. 148a Abs. 2 Satz 1 UStR 2005; ebenso Klenk in S/R, § 9 Rz. 180. 2 Insoweit zutreffend Abschn. 148a Abs. 2 Satz 2 UStR 2005; FG Baden-Wrtt., EFG 2002, 1126. 3 Abschn. 148a Abs. 3 UStR 2005 mit Beispielen. 4 Abschn. 148a Abs. 3 Satz 3 UStR 2005. 5 Bzw. vereinbaren wird, daß am Jahresende der Verzichtsumfang an die tatschlichen Verwendungsverhltnisse angepaßt wird. 6 Der Hinweis von Birkenfeld, § 113 Rz. 248, daß fast jeder Unternehmer als Mieter eines Gebudes in geringerem Umfang auch steuerfreie Umstze durch Geldeinlagen bei Kreditinstituten ttige, geht fehl, weil das gemietete Gebude dafr nicht iS des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG „verwendet“ wird und folglich kein Fall des § 15 Abs. 4 UStG (Vorsteueraufteilung) vorliegt.

337

Kap. 10 Steuerbefreiungen

g) Durchfhrung des Verzichts aa) Allgemeines 10.153

Da die Mglichkeit zum Verzicht auf die Steuerbefreiung ausschließlich im Interesse des leistenden Unternehmers vorgesehen ist (Rz. 134 ff.), steht die Entscheidung, ob und inwieweit er auf die Steuerbefreiung verzichtet, in seinem Ermessen1 (Wrde der Leistungsempfnger durch den Verzicht Steuerschuldner, so muß regelmßig seine Zustimmung hinzukommen, Rz. 154 f.). Die Frage einer zivilrechtlichen Verpflichtung des Leistenden gegenber dem Leistungsempfnger zur Vornahme des Verzichts kann sich deshalb entgegen verbreiteter Auffassung2 gar nicht stellen. Gegenstand einer Vereinbarung kann allein die Frage sein, ob Umsatzsteuer zustzlich geschuldet wird. Haben die Parteien einen Preis zuzglich Umsatzsteuer vereinbart, so kann der Leistungsempfnger gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 4 Nr. 8 UStG eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer verlangen (in dem Ausweis der Steuer liegt zugleich konkludent der Verzicht auf die Steuerbefreiung, Rz. 157). Solange der Leistungsempfnger den Gesamtpreis noch nicht entrichtet hat, kann er bis zum Erhalt einer ordnungsgemßen Rechnung ein Zurckbehaltungsrecht in Hhe des Steuerbetrages ausben (Rz. 20.34).

10.154

Wrde der Leistungsempfnger bei einem steuerpflichtigen Umsatz nach § 13b UStG Steuerschuldner, so kann der leistende Unternehmer nur dann einseitig (gegen den Willen des Leistungsempfngers) den Verzicht auf die Steuerbefreiung des Umsatzes erklren und dadurch die (ffentlich-rechtliche) Steuerschuld in der Person des Leistungsempfngers begrnden, wenn der Leistungsempfnger die Gegenleistung noch nicht entrichtet hat und mithin diese um den geschuldeten Steuerbetrag krzen kann3 (zur Zwangsversteigerung Rz. 155). Anderenfalls wrde der nachtrglich erklrte einseitige Verzicht faktisch4 zu einer Erhhung der Gegenleistung fhren, was gegen die Privatautonomie als Ausfluß der Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verstoßen wrde.5 Nach Entrichtung der Gegenleistung bedarf deshalb der Verzicht auf jeden Fall der Zustimmung des Leistungsempfngers.

10.155

Demgegenber bestimmt § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG fr die Lieferung eines Grundstcks im Zwangsversteigerungsverfahren, daß der Verzicht nur bis zur 1 OLG Naumburg, ZMR 2000, 291. 2 BFH, BStBl. II 1991, 866; BGH, NJW-RR 1991, 647 = UR 1991, 223; DB 1994, 1410 = UR 1994, 472; OLG Stuttgart, NJW-RR 1993, 1365 = UR 1994, 319; OLG Hamm, UR 1999, 34; W. Wagner, StuW 1993, 260, 266; W. Widmann, UR 1991, 224; Birkenfeld, § 113 Rz. 48; Klenk in S/R, § 9 Rz. 27; wohl auch BFH, BStBl. II 1993, 777, 779. 3 Doch selbst dann bestehen Zweifel, ob der leistende Unternehmer einseitig eine ffentlich-rechtliche Verpflichtung in der Person des Leistungsempfngers begrnden kann. 4 Ein Bereicherungsanspruch ist wegen der regelmßig gegebenen Insolvenz des leistenden Unternehmers ohne Wert. 5 Stadie in R/D, § 18 UStG aF. Anm. 778 ff.; § 13b Anm. 90 ff.; vgl. auch BGH, BGHR § 51 Abs. 1 Nr. 3 UStDV/§ 81 ZVG Umsatzsteuer 1.

338

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulssig sei. Dem liegt die verfehlte Annahme zugrunde, daß der Vollstreckungsschuldner einseitig den Verzicht erklren und den Ersteher mit der Umsatzsteuer zustzlich zum Meistgebot belasten knne.1 Das verstieße indes eklatant gegen die Handlungsfreiheit, so daß der Vollstreckungsschuldner nicht durch einseitige Erklrung eine ffentlich-rechtliche Schuld des Erstehers begrnden kann, von der dieser, wenn er das Grundstck fr vorsteuerschdliche Umstze verwendet, nicht durch den Vorsteuerabzug entlastet wrde. Dieser potentielle Ersteher mßte die Umsatzsteuerbelastung bei der Hhe seines Gebotes bercksichtigen und wre damit gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Bietern, welche die zustzliche Umsatzsteuer prinzipiell nicht belastet, und gegenber Nichtunternehmern als Bietern, bei denen ein Verzicht nicht in Betracht kommt, in Hhe der Umsatzsteuer benachteiligt. Das wre auch ein grober Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.2 Eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Satz 1 UStG verlangt mithin, daß der vom Vollstreckungsschuldner erklrte Verzicht nur mit Zustimmung des Erstehers wirksam wird (zum nachtrglichen Verzicht s. Rz. 163). bb) Form des Verzichts (1) Der Verzicht auf die Steuerbefreiung wird dadurch ausgebt, daß der Unternehmer den betreffenden Umsatz als steuerpflichtig behandelt (§ 9 Abs. 1 UStG). Fraglich ist, in welcher Form diese „Behandlung als steuerpflichtig“ erfolgen kann bzw. muß. Es scheint nahezuliegen, dafr eine entsprechende Erklrung gegenber dem Finanzamt zu fordern3, weil der Verzicht ffentlich-rechtliche Wirkung (Begrndung der Umsatzsteuerschuld) hat. Dagegen sprechen jedoch schon § 1a Abs. 4 Satz 1, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 1, 23a Abs. 3 Satz 1 und § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG, die fr die dort genannten Verzichte ausdrcklich jeweils eine Erklrung gegenber dem Finanzamt verlangen, sowie die vorhergehenden Fassungen des § 9 UStG 1967/1973, die ebenfalls eine Erklrung gegenber dem Finanzamt vorsahen. Folglich ist der Umkehrschluß zwingend, daß die Wirksamkeit des Verzichts nach § 9 UStG nicht dessen Erklrung gegenber dem Finanzamt voraussetzt. Nach Auffassung des BFH wird der Verzicht regelmßig dadurch ausgebt, daß dem Leistungsempfnger Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wird; der Verzicht knne indes auch durch Behandlung des Umsatzes in der

1 Vgl. RegE zum StndG 2001, BR-Drucks. 399/01, Begr. zu Art. 14 Nr. 2 (§ 9 Abs. 3 UStG), wonach die zeitliche Begrenzung den Ersteher vor unerwarteten finanziellen Mehrbelastungen schtzen solle; ebenso Birkenfeld, § 156 Rz. 72 f.; Nieskens, UR 2002, 53, 67 f.; Hidien, RIW 2002, 208. 2 Sind alle Bieter Unternehmer, die das Grundstck jeweils fr Zwecke verwenden wollen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, so trte ein verfassungswidriger Eingriff in die durch Art. 14 GG geschtzten Vermgenspositionen der Grundpfandglubiger ein; Stadie in R/D, § 13b Anm. 92. 3 So Reiß in T/L, § 14 Rz. 177; W. Widmann, UR 1995, 401.

339

10.156

Kap. 10 Steuerbefreiungen

Steuererklrung als steuerpflichtig oder in anderer Weise durch schlssiges Verhalten erklrt werden1 (zum vorlufigen Verzicht s. Rz. 15.163 ff.). 10.157

Richtigerweise kann der Verzicht – wenn dadurch der leistende Unternehmer Steuerschuldner wrde – nur dadurch wirksam werden, daß fr den Umsatz Steuer in Rechnung2 gestellt wird.3 Das folgt aus Zweck und Wirkungsweise des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Da dieser ausschließlich dazu dient, den leistenden Unternehmer vor Wettbewerbsnachteilen bei Umstzen gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmern zu schtzen (Rz. 135 ff.), setzt der Verzicht zwingend voraus, daß dem Abnehmer die durch den Verzicht begrndete Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird. Der Abnehmer ist mit der zustzlichen Berechnung der Steuer, die mithin zu einer Preiserhhung fhrt, nur dann einverstanden, wenn diese in einer ordnungsgemßen Rechnung nach § 14 UStG gesondert ausgewiesen ist, so daß er sie als Vorsteuer vergtet erhlt und die vordergrndige Preiserhhung ihn nicht belastet. Bei einem Verzicht, der seinen gesetzlichen Zweck erreichen soll, ist mithin die zustzliche gesonderte Inrechnungstellung der Steuer conditio sine qua non. Ein Verzicht ohne zustzliche Inrechnungstellung der Steuer dient nicht der Beseitigung eines Wettbewerbsnachteils und widerspricht damit dem Zweck des Verzichts. Er knnte nur die Erlangung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich der Herstellungskosten eines Gebudes, welches an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer vermietet wird, im Auge haben. Da in diesem Fall der Verzicht indes ausdrcklich nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist (Rz. 148 ff.), kann ein Verzicht ohne zustzliche Inrechnungstellung der Steuer – wenn der leistende Unternehmer Steuerschuldner wrde – nicht mehr vorkommen.4

10.158

(2) Fr die Lieferung von Grundstcken und die anderen Umstze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; dazu Rz. 13.25 ff.) – mit Ausnahme die Lieferung in der Zwangsversteigerung – und bei denen der Erwerber Schuldner der Umsatzsteuer wrde (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG; dazu Rz. 13.25 ff.), bestimmt § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG, daß der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur in dem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag erklrt werden knne. Der Sinn dieser Regelung ist nicht erkennbar.5 Vermutlich liegt ihr dasselbe Motiv 1 BFH, BStBl. II 1995, 426; 1997, 670; 1998, 695; ebenso Abschn. 148 Abs. 3 Satz 4 UStR 2005. 2 Oder in einer sog. Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 14.33 ff.) ausgewiesen wird. 3 Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, 275, gebe ich auf. 4 Denkbar war bis 31.3.2004 (Einfhrung der Steuerschuldnerschaft des Erwerbers bei Grundstckslieferungen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, dazu Rz. 13.25 ff.) wohl nur noch der seltene Fall, in dem ein bebautes Grundstck an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Erwerber zu einem derartig niedrigen Preis verußert wurde, daß die anfallende Steuer niedriger als die nach § 15a UStG zu berichtigende Vorsteuer war. Richtigerweise war jedoch diesem Verzicht die Wirksamkeit zu versagen, da er dem Gesetzeszweck widersprach, so daß § 9 Abs. 1 UStG restriktiv auszulegen war. 5 Sie ist auf Empfehlung des Vermittlungsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 eingefgt worden; BT-Drucks. 15/2261, zu Art. 8 Nr. 01.

340

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

wie bei Einfgung des § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG (Rz. 155) zugrunde, daß nmlich der Erwerber davor geschtzt werden msse, durch eine einseitige Verzichtserklrung des leistenden Unternehmers eine zustzliche Belastung mit der nach § 13b UStG geschuldeten Umsatzsteuer zu erfahren. Auch hier gehen die Gehilfen des Gesetzgebers von der verfehlten Annahme aus, daß der leistende Unternehmer nachtrglich, d. h. nach Entrichtung der Gegenleistung den Leistungsempfnger einseitig durch den Verzicht auf die Steuerbefreiung mit der Umsatzsteuer belasten knne. Das widersprche indes in eklatanter Weise der Privatautonomie (Handlungsfreiheit), welche es nicht erlaubt, durch einseitige Erklrung die aufzubringende Gegenleistung gegen den Willen des Erwerbers zu erhhen (Rz. 154). Ein solcher Verzicht wre unwirksam und wrde nicht zur Steuerpflicht des Umsatzes fhren. Im Anwendungsbereich des § 13b UStG kann folglich schon nach allgemeinen Grundstzen der Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht einseitig, sondern nur mit Zustimmung des Leistungsempfngers ausgebt werden, wenn jener die Gegenleistung bereits vollstndig entrichtet hatte und diese mithin nicht mehr um den Umsatzsteuerbetrag krzen (dazu Rz. 20.17) knnte. Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG ist deshalb – wie die des Satzes 1 (Rz. 163 f.) – berflssig. Sie enthlt auch keine zeitliche Grenze (Rz. 164). Die Erklrung des Verzichts wie auch die Zustimmung sind richtigerweise vielmehr dem Finanzamt gegenber abzugeben. Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG ist nicht nur berflssig, sondern auch noch hchst lckenhaft und damit unsinnig, weil zum einen unter § 311b Abs. 1 BGB nur Eigentumsbertragungen von Grundstcken fallen, whrend das Umsatzsteuergesetz Lieferungen erfaßt, die nicht notwendig die bertragung des Eigentums voraussetzen (Beispiel: atypischer Miet- oder Leasing-Vertrag ber ein Grundstck dergestalt, daß nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO dem „Mieter“ das Grundstck zuzurechnen ist, Rz. 94). Ferner erfaßt § 311b Abs. 1 BGB nicht die bertragung eines Gebudes auf einem fremden Grundstck, obwohl eine Lieferung vorliegen kann, die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist (Rz. 98). Und schließlich: Ein Kauf- o. . Vertrag ber ein inlndisches Grundstck kann auch im Ausland geschlossen werden und unterliegt dann den dortigen Formvorschriften (Art. 11 EGBGB). In allen diesen u. . Fllen, in denen keine notarielle Beurkundung nach § 311b Abs. 1 BGB vorzunehmen ist, ist die Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG deshalb ohnehin unbeachtlich. Indes ist nicht der Umkehrschluß zulssig, daß in derartigen Konstellationen der Lieferer einseitig den Verzicht zu Lasten des Erwerbers aussprechen kann. Vielmehr ist die Vorschrift verfassungskonform dergestalt zu verstehen, daß der Verzicht in allen Fllen der Grundstckslieferungen einer Vereinbarung („Vertrag“) bedarf, so daß sie nur eine Klarstellung zum Inhalt hat.

10.159

Auch im Falle der Zwangsversteigerung eines Grundstcks wird der Verzicht auf die Steuerfreiheit der Lieferung erst mit der Zustimmung des Erstehers wirksam (Rz. 155), so daß die Erklrung des leistenden Unternehmers entgegen § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG nicht etwa nur im Versteigerungstermin abgegeben werden kann. Sie ist vielmehr wie die Zustimmung des Erstehers dem Finanzamt gegenber nachtrglich (Rz. 163) abzugeben.

10.160

341

Kap. 10 Steuerbefreiungen

cc) Zeitliche Begrenzung 10.161

(1) Nach dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG unterliegt der Verzicht keiner zeitlichen Begrenzung. Das wird durch den Umkehrschluß aus § 19 Abs. 2 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 1, 23a Abs. 3 Satz 1 und § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG besttigt, die fr die dort genannten Verzichte ausdrcklich jeweils zeitliche Grenzen vorsehen. Gleichwohl soll nach Auffassung des BFH ein Verzicht nur solange zulssig sein, wie die Steuerfestsetzung noch nicht unanfechtbar geworden ist oder noch unter dem Vorbehalt der Nachprfung (§ 164 AO) steht.1 Dem liegt die Annahme zugrunde, daß der Verzicht zurckwirke.2 Diese Rechtsprechung ist in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Fehlerhaft ist zum einen schon die Vermengung materiellen Rechts mit dem Verfahrensrecht. Der Verzicht bewirkt ausschließlich eine materiell-rechtliche Folge. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob diese noch durchsetzbar ist. Die Antwort darauf gibt das Verfahrensrecht. Wenn der Verzicht nach Auffassung des BFH zurckwirken soll, dann wre er ein rckwirkendes Ereignis, welches nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm. Satz 2 AO stets zur nderung der ursprnglichen Steuerfestsetzung fhren mßte3, ohne daß es auf die Anfechtbarkeit o. . ankme.

10.162

Vor allem aber ist die Annahme der Rckwirkung fehlerhaft. Hierfr scheinen zwar § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und des § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG zu sprechen, die fr die Steuerentstehung auf die Ausfhrung der Leistung abstellen, diese Bestimmungen haben jedoch offensichtlich nur den Regelfall im Auge, daß der Umsatz von Anbeginn an steuerpflichtig ist. Bei einem nachtrglichen Verzicht auf die Steuerbefreiung wrde die Rckwirkung auf den Kalendermonat der Leistungsausfhrung eklatant gegen den Zweck des Umsatzsteuergesetzes verstoßen und zu einem absurden Ergebnis fhren. Da nicht der Unternehmer besteuert werden soll, sondern dieser nur als Gehilfe (Steuereinsammler) des Staates fungiert (Rz. 1.18), darf die Steuerschuld erst entstehen, wenn der Unternehmer den entsprechenden Betrag vereinnahmt hat (vgl. auch Rz. 12.5, 12.7, 12.9). Trte bei einem nachtrglichen Verzicht Rckwirkung ein, so mßte der Unternehmer ggf. fr Jahre die Steuer „vor“finanzieren4, obwohl er sie erst mit Ausbung des Verzichts dem Leistungsempfnger in Rechnung gestellt hat und erst ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Zahlung des entsprechenden Betrages hat. Damit korrespondierend hat auch der Leistungsempfnger erst ab dem Zeitpunkt der Inrechnungstellung gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen Anspruch auf Abzug der 1 BFH, UR 1990, 151; BStBl. II 1998, 695; BFH/NV 1999, 223; BStBl. II 2003, 175; im Ergebnis ebenso Abschn. 148 Abs. 3 UStR 2005. 2 BFH, BStBl. II 1996, 338; 1998, 695; 2003, 175; 2003, 673 = UR 2001, 253; zust. Jakob, Rz. 698 Fn. 10. 3 AA. mit nicht nachvollziehbarer Begrndung BFH, BStBl. II 1998, 695 = UR 1998, 349 m. Anm. Stadie; BStBl. II 2003, 175. 4 Nach Auffassung des BFH sollen entsprechend dem Wortlaut des § 233a AO rckwirkend Zinsen entstehen, die nicht zu erlassen seien; BFH/NV 2004, 239 = UR 2004, 201. Das ist absurd; vgl. auch W. Wagner (Vorsitzender des Umsatzsteuer-Senats des BFH), INF 2004, 81 („schwer zu verstehen“).

342

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

Steuer als Vorsteuer (Rz. 15.60), so daß mit der verfehlten BFH-Sichtweise auch das tragende Prinzip des Mehrwertsteuersystems vom Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuer in zeitlicher Hinsicht mißachtet wrde. Der BFH verkennt den in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG (Satz 3 aF.) zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz des Umsatzsteuergesetzes, wonach nachtrgliche Ereignisse nicht auf den Besteuerungszeitraum zurckwirken, in dem der Umsatz ausgefhrt worden war, sondern fr den Besteuerungszeitraum zu bercksichtigen sind, in dem das Ereignis eingetreten ist (Rz. 12.79). Folglich entsteht richtigerweise die Steuer entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG grundstzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Verzicht durch gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung wirksam geworden ist, so daß sich die Frage der zeitlichen Begrenzung des Verzichts gar nicht stellt.1 (2) Demgegenber scheint § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG eine zeitliche Grenze fr den Verzicht bei Grundstckslieferungen im Zwangsversteigerungsverfahren zu enthalten. Der Verzicht ist danach nur zulssig bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin. Diese Regelung, die dem Schutz des Erstehers dienen soll2, beruht auf der verfehlten Annahme, daß der Vollstreckungsschuldner die Steuerschuld beim Ersteher einseitig begrnden knne (Rz. 155). Sie fhrt zu einer Ungleichbehandlung des Vollstreckungsschuldners gegenber einem Lieferer, der ein Grundstck freihndig verußert und nicht dieser zeitlichen Beschrnkung unterliegt (Rz. 164). Auch dem Vollstreckungsschuldner muß es mglich sein, in Absprache mit einem vorsteuerabzugsberechtigten Ersteher die Lieferung noch nachtrglich als steuerpflichtig zu behandeln, um die Vorsteuerberichtigung (Rz. 137 aE.) vermeiden zu knnen.3 Da es keinen sachlichen Grund fr die Ungleichbehandlung gibt, ist sie willkrlich, und die Vorschrift verstßt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

10.163

Keine zeitliche Grenze enthlt § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG. Da der nachtrgliche Verzicht eine Erhhung der Gegenleistung voraussetzt (Rz. 158) und damit zu einer Vertragsnderung fhrt, muß auch diese als weiterer „Vertrag“ nach § 311b Abs. 1 BGB beurkundet werden. Folglich kommt auch noch ein nachtrglicher Verzicht in Gestalt einer Vertragsnderung- bzw. Ergnzung in Betracht.4

10.164

dd) Rckgngigmachung des Verzichts Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung kann – auch teilweise – zurckgenommen (rckgngig gemacht) werden (Klarstellung durch § 14c Abs. 1 Satz 3 1 Stadie, Vorsteuerabzug, 275 f.; ders. in R/D, § 17 Anm. 130.4; zust. B. Schwarz in V/S, § 17 Rz. 104. 2 Rz. 155 Fn. 3 Das verkennt BFH, BStBl. II 2002, 559, wonach auch schon vor Einfgung des § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG ein Verzicht nach dem Verteilungstermin nicht mehr zulssig gewesen sei. 4 So im Ergebnis auch Abschn. 182a Abs. 2 Satz 6 UStR 2005.

343

10.165

Kap. 10 Steuerbefreiungen

UStG). Nach Auffassung des BFH soll auch die Rckgngigmachung (Rcknahme) des Verzichts nur bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung fr das Kalenderjahr mglich sein, in dem der Umsatz ausgefhrt worden war1, so daß auch der Rcknahme Rckwirkung beigemessen wird.2 Auch diese Auffassung ist verfehlt. Abzulehnen ist schon die vom BFH3 gezogene Parallele zum Widerruf des Verzichts auf die Kleinunternehmerbefreiung gem. § 19 Abs. 2 Satz 4 UStG (dazu Rz. 17.34). Die Vergleichbarkeit ist nicht gegeben, weil der Verzicht nach § 9 UStG den einzelnen Umsatz betrifft, hingegen der Verzicht nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG sich auf alle Umstze eines Kalenderjahres bezieht (ebenso § 23 Abs. 3 und § 23a Abs. 3 UStG) und mithin Rechtsklarheit fr die Finanzverwaltung verlangt. Da § 9 UStG keinerlei Aussagen zur Rckwirkung und zu den zeitlichen Grenzen des Verzichts und seiner Rcknahme enthlt, ist richtigerweise deshalb auch hier diejenige Regelung des Gesetzes heranzuziehen, die nachtrglich eintretende Ereignisse bei einzelnen Umstzen im Auge hat. Insoweit ist nmlich § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG (Satz 3 aF.) als Ausdruck eines allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsatzes (Rz. 12.79) entsprechend anzuwenden.4 Folglich hat die Rcknahme keine Rckwirkung. Sie ist zeitlich unbegrenzt mglich. Ihre Rechtsfolgen sind fr den Besteuerungszeitraum zu ziehen, in dem die Rcknahme des Verzichts erfolgte. Von der Wirkung her unterscheidet sich die Rcknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung nicht von der nderung der Bemessungsgrundlage auf Null bei einem steuerpflichtigen Umsatz. Der Wegfall der Steuerpflicht ist materiell der Rckgngigmachung des Umsatzes iS des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG gleichzusetzen (Rz. 12.79). Hinzu kommt, daß der betroffene Unternehmer nicht schlechter gestellt werden darf als derjenige, der einen steuerfreien Umsatz zu Unrecht als steuerpflichtig behandelt und die Steuer gesondert in einer Rechnung ausgewiesen hatte. Dieser kann nmlich auf Grund der ausdrcklichen Verweisung in § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG auf § 17 Abs. 1 UStG die Steuer zeitlich unbegrenzt berichtigen (Rz. 14.121, 128). 10.166

Ist der leistende Unternehmer der Steuerschuldner, so erfordert die Rckgngigmachung (Rcknahme) des Verzichts die Berichtigung des in der Rechnung gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages gegenber dem Leistungsempfnger (Rz. 14.111). Die Zustimmung des Leistungsempfngers zur Rckgngigmachung des Verzichts ist zwar nicht erforderlich, jedoch verlangt der § 17 UStG zugrunde liegende Gedanke, wonach tatschlich eine Minderung der Gegenleistung eingetreten ist (Rz. 12.45, 12.69 u. 12.71), auch hier, daß der auf den Steuerbetrag entfallende Teil der Gegenleistung an den Leistungsempfnger zurckgezahlt worden ist (s. auch Rz. 14.125). Solange das nicht geschehen ist, liegt keine wirksame Rckgngigmachung des Verzichts vor, so daß der 1 BFH, BFH/NV 1995, 665; 1999, 223; vgl. auch Abschn. 148 Abs. 4 iVm. Abs. 3 UStR 2005. 2 BFH, BStBl. II 1979, 394; 1993, 777; 2003, 673 = UR 2001, 253; Birkenfeld, § 113 Rz. 181 ff. 3 BFH/NV 1999, 223. 4 Stadie in R/D, § 17 Anm. 130.3; zust. B. Schwarz in V/S, § 17 Rz. 103 f.

344

III. Steuerbefreiungen ohne Vorsteuerabzug

Umsatzsteuerbetrag vom Finanzamt noch nicht an den leistenden Unternehmer zu erstatten ist. Der Staat darf nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des leistenden Unternehmers auf Kosten des Leistungsempfngers beitragen, insbesondere wenn ersterer insolvent ist.1 Der Umsatzsteuerbetrag muß im letzteren Fall vom Finanzamt an den Leistungsempfnger erstattet werden (vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Berichtigung von zu Unrecht ausgewiesener Steuer Rz. 14.125 f.). Ist der Leistungsempfnger Steuerschuldner, so kann die Rckgngigmachung des Verzichts nur mit Zustimmung des Leistungsempfngers erfolgen, die jedoch nicht der Form des § 311b Abs. 1 BGB bedarf.

1 Das verkennen der BFH, BStBl. II 1993, 777, 779; sowie Birkenfeld, § 113 Rz. 189.

345

Kapitel 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze I. berblick, Allgemeines 11.1

Bei steuerpflichtigen Umstzen bedarf es der in Geld ausgedrckten Bemessungsgrundlage1, auf die der jeweilige Steuersatz anzuwenden ist. Fr entgeltliche Umstze (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und fr den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) ist die Bemessungsgrundlage im Allgemeinen das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Bei unentgeltlichen Leistungen und Entnahmen bestimmt sich die Bemessungsgrundlage regelmßig nach dem Wiederbeschaffungswert oder den Kosten (§ 10 Abs. 4 UStG). Diese Bemessungsgrundlage kommt auch dann in Betracht, wenn bei entgeltlichen Leistungen das Entgelt niedriger als diese ist (§ 10 Abs. 5 UStG). Bei bestimmten Reiseleistungen und bei der Lieferung von Gebrauchtwaren greift die sog. Differenzbesteuerung ein, indem abweichend vom Grundsatz nur der vom Unternehmer geschaffene Mehrwert besteuert wird (§ 25 Abs. 3 Satz 1 und § 25a Abs. 3 UStG). Fr den „Umsatz“ der Einfuhr ist die Bemessungsgrundlage in § 11 UStG geregelt.

11.2

Da bei entgeltlichen Umstzen als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG das gesamte Entgelt zugrunde gelegt wird, ist die Bezeichnung der Umsatzsteuer durch die 6. EG-Richtlinie als „Mehrwertsteuer“ mißverstndlich (s. auch Rz. 1.12). Die Bezeichnung suggeriert, daß der Unternehmer nur den vom ihm geschaffenen Mehrwert versteuern mßte, indem er insbesondere bei Lieferungen von der Gegenleistung den Wert des Vorumsatzes abziehen knnte. Dieses Ergebnis wird lediglich durch den Vorsteuerabzug erreicht, der jedoch nicht automatisch vorgenommen werden kann, sondern gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG grundstzlich nur dann, wenn eine ordnungsgemße Rechnung vorliegt (Rz. 15.52). Anders ist es bei der sog. Differenzbesteuerung, bei der der Vorumsatz abzuziehen ist (Rz. 17.80 bzw. 17.87).

II. Entgelt 1. Grundstzliches 11.3

Bei entgeltlichen Umstzen – und beim innergemeinschaftlichen Erwerb (Rz. 9.9) – ist Bemessungsgrundlage grundstzlich2 das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Das Entgelt ist definiert als alles, was der Leistungsempfnger 1 Die 6. EG-Richtlinie spricht in Art. 11 von „Besteuerungsgrundlage“. Fr das deutsche Steuerrecht ist dieser Begriff durch die Legaldefinition des § 199 Abs. 1 AO mit einem anderen Inhalt besetzt. Danach sind Besteuerungsgrundlagen die „tatschlichen und rechtlichen Verhltnisse, die fr die Steuerpflicht und fr die Bemessung der Steuer maßgebend sind“. 2 Ausnahmen: Anwendung der sog. Mindest-Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG (Rz. 58 ff.) oder der Differenzbesteuerung nach § 25 Abs. 3 (Rz. 17.73, 17.80) bzw. § 25a UStG (Rz. 17.85, 17.108).

346

II. Entgelt

aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dieser Entgeltsbegriff deckt sich – sofern nicht der Leistungsempfnger die Steuer schuldet (Rz. 13.53) – nicht mit dem des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, der als Gegenleistung iS des Sprachgebrauchs zu verstehen ist (Rz. 3.1). Hingegen ist das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 UStG eine reine umsatzsteuerrechtliche Rechengrße. Folglich sind Formulierungen des Gesetzes, die von der „Vereinnahmung des Entgelts“ (z. B. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 und Buchst. b, § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 5, § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG) oder von „vereinbarten Entgelten“ (z. B. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1, § 16 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG) sprechen, verfehlt, da das „Entgelt“ iS des § 10 Abs. 1 UStG als reine Rechengrße nicht vereinnahmt bzw. vereinbart werden kann. Richtigerweise muß es Vereinnahmung bzw. Vereinbarung der „Gegenleistung“ heißen (zutreffend § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG: Abtretung des Anspruchs auf die Gegenleistung). Die 6. EG-Richtlinie macht diese Fehler nicht, sondern spricht bei der Besteuerungsgrundlage zutreffend vom „Wert der Gegenleistung“ bzw. „Preis“ abzglich Steuer1, von „Preisnachlssen“2 bzw. von „Preisminderung“3. Die Formulierung des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG „aufwendet“ erklrt sich aus dem Umstand, daß das Gesetz die Steuerberechnung nach „vereinbarten Entgelten“ (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) – sog. Soll-Prinzip – und nach „vereinnahmten Entgelten“ § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG) – sog. Ist-Prinzip – kennt (Rz. 12.3 bzw. 12.24), so daß die Formulierung sowohl die Vergangenheitsform „aufgewendet hat“ als auch die Zukunftsform „aufwenden wird (soll)“ umfaßt.4 Insbesondere zur Korrektur des Soll-Prinzips bestimmt § 17 UStG, daß bei einer nderung der Bemessungsgrundlage und gleichzustellenden Vorgngen die Steuerberechnung an die tatschlich gettigte Gegenleistung anzupassen ist (Rz. 12.33 ff.).

11.4

In der Definition des Entgelts durch § 10 Abs. 1 Satz 2 (und Satz 3) UStG kommt in Verbindung mit § 17 UStG der Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer (Rz. 1.13 ff.) besonders klar zum Ausdruck. Indem fr die Steuerberechnung darauf abgestellt wird, was der Leistungsempfnger oder ein Dritter fr die Leistung letztendlich aufwendet (Wert der Gegenleistung)5 abzglich der Umsatzsteuer, wird der tatschliche Aufwand fr die erbrachte Leistung besteuert, indem aus diesem Wert die Umsatzsteuer herausgerechnet wird. Dadurch ist ausgeschlossen, daß die Umsatzsteuer den Unternehmer belastet.

11.5

1 2 3 4

Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a iVm. Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. a und Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 8 der 6. EG-RL. Vgl. auch Art. 11 Teil A Buchst. a der 6. EG-RL: Gegenleistung, die der Leistende „erhlt oder erhalten soll“. 5 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a iVm. Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL.

347

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

11.6

Die Ausklammerung der Umsatzsteuer aus der Bemessungsgrundlage ist indes kein Systemmerkmal der Mehrwertsteuer und auch nicht Ausdruck eines Verbots der doppelten Besteuerung mit Umsatzsteuer.1 Die Umsatzsteuer knnte auch nach dem Bruttowert der Gegenleistung berechnet werden, wenn der anzuwendende Steuersatz entsprechend niedriger wre (Beispiel: Wenn die Gegenleistung 1160 Euro betrgt, so entsprechen 16 % des Entgelts von 1000 Euro einer Steuer iHv. 16/116 = rd. 13,79 % von 1160 Euro, so daß das Gesetz auch bestimmen knnte, daß die Steuer 13,79 vom Hundert der Gegenleistung betrgt). Mit der Vermeidung einer Doppelbesteuerung hat das nichts zu tun; das gilt nur fr § 10 Abs. 4 Satz 2 UStG (Rz. 56).

11.7

Das Entgelt bestimmt sich nach den Aufwendungen des Leistungsempfngers. Damit wird der Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer deutlich (Rz. 1.15). Folglich kommt es nicht auf den objektiven Wert (gemeinen Wert, Verkehrswert, blichen Marktpreis) der erbrachten Leistung an.2 Unterschreitet das Entgelt indes diejenige Bemessungsgrundlage, welche bei einer unentgeltlichen Leistung nach § 10 Abs. 4 UStG anzusetzen wre, so ist grundstzlich diese nach § 10 Abs. 5 UStG als sog. Mindest-Bemessungsgrundlage anzusetzen (Rz. 58 ff.). berschreitet die vereinbarte Gegenleistung den objektiven Wert der Leistung, so ist das fr die Umsatzbesteuerung im allgemeinen unbeachtlich.3 Auf die Motive oder Ursachen fr die Hherbewertung bzw. Fehlbewertung der Leistung kommt es grundstzlich nicht an. Anders liegt es indes, wenn zwischen nahestehenden Personen eine berhhte Gegenleistung vereinbart wird und die Erhhung eine unentgeltliche Zuwendung oder verdeckte Gewinnausschttung darstellt und mithin der den Marktpreis bersteigende Betrag insoweit nicht „fr die Leistung“, sondern aus anderen Grnden gezahlt wird.4

11.8

Die Umsatzsteuer ist (bei Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers) stets5 in der nach dem Gesetz entstandenen Hhe rechnerisch als integraler Bestandteil in der Gegenleistung („alles, was der Leistungsempfnger aufwendet“) enthalten. Auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten kommt es nicht an. Auch wenn der Leistende – sich nicht fr einen Unternehmer gehalten hat oder – keinen Umsatz angenommen, sondern die Zahlung als Schadensersatz angesehen hat oder – den Umsatz fr steuerfrei gehalten hat oder 1 So aber W. Wagner in S/R, § 10 Rz. 20. 2 Vgl. auch EuGH, EuGHE 1997, I-5577 = UR 1998, 61, Tz. 13 mwN.; EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346, Tz. 22. 3 BFH, BStBl. II 1989, 205. 4 Bunjes, UR 1991, 39; aA. BFH, BStBl. II 1988, 210; 1990, 757, zur (verdeckten) Gewinnausschttung. 5 Auch im Falle der Zwangsversteigerung eines beweglichen Gegenstandes, so daß die Umsatzsteuer aus dem Meistgebot herauszurechnen ist; das verkennen BGH, UR 2003, 295 = BFH/NV Beil. 2003, 240 = NJW 2003, 2228 (zutreffend hingegen die Vorinstanz OLG Karlsruhe, DB 2002, 1828); sowie W. Wagner in S/R, § 14 Rz. 368, da es keine Rechtsgrundlage gibt, wonach der Ersteher verpflichtet wre, die Umsatzsteuer zustzlich zu tragen (Rz. 20.4).

348

II. Entgelt

– einen falschen Steuersatz seiner Preiskalkulation zugrunde gelegt hat oder – von einem falschen Entgelt ausgegangen ist oder – ein „Schwarzgeschft“ vereinbart hatte, ist die Steuer in der objektiv entstandenen Hhe in der Gegenleistung enthalten.1 Das Entgelt ist mithin (bei Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers) stets der um die Steuer geminderte Teil der Gegenleistung; der Steuersatz ist nie auf die Gegenleistung anzuwenden.2 Es gelten folgende Brche zur Bestimmung des Entgelts bzw. der Steuer: Entgelt = 100/116 der Gegenleistung (bzw. 100/107 beim ermßigten Steuersatz); Umsatzsteuer = 16/116 der Gegenleistung (bzw. 7/107). 11.9

Beispiel3: Der Unternehmer hat Ware verkauft und berechnet dem Kunden Ware XYZ + 7 % USt. + Auslagen fr Transport

1000 P 70 P 20 P 1090 P

Die berechneten „Auslagen“ fr Transportkosten sind Teil der Gegenleistung fr die Warenlieferung, da sie kein durchlaufender Posten sind (Rz. 34) und der Transport eine Nebenleistung darstellt, die das Schicksal der Hauptleistung teilt (Rz. 7.74). Der zutreffende Steuersatz soll 16 v. H. sein. Alles, was der Leistungsempfnger fr die Leistung aufwendet, sind 1090 Euro. Das Entgelt betrgt folglich 1090 Euro 6 100/116 = 939,66 Euro, die Steuer mithin 16 v. H. davon oder 16/116 von 1090 Euro = 150,34 Euro. Nicht etwa ist die Steuer mit 16 v. H. von 1020 Euro (= 163,20 Euro) zu berechnen, denn der Kufer hat nur 1090 Euro und nicht 1020 Euro + 163, 20 Euro = 1183,20 Euro aufgewendet.

Eine umsatzsteuerrechtliche Fehleinschtzung geht als Kalkulationsirrtum grundstzlich zu Lasten des leistenden Unternehmers. Ein zivilrechtlicher Nachforderungsanspruch besteht regelmßig nicht, denn der vereinbarte Preis wird durch den einseitigen Irrtum des Unternehmers nicht beeinflußt (zur Problematik bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers Rz. 20.21 f.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn bei der Preisvereinbarung eine etwaige Umsatzsteuer bercksichtigt wurde (Rz. 20.1 ff.) oder ein beiderseitiger (gemeinsamer) Irrtum vorliegt, so daß eine Vertragsanpassung in Betracht kommt (Rz. 20.6 ff.). Besteht kein zivilrechtlicher Nachforderungsanspruch, so kann, da der Unternehmer nur Gehilfe des Staates bei der Umsatzbesteuerung ist (Rz. 1.18), unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ein Anspruch (Ermessensreduzierung auf Null) auf Nichtfestsetzung (§ 163 Satz 1 AO) der Umsatzsteuer bestehen, sofern bzw. soweit der Leistende in den o. g. Fllen (Rz. 8) nicht von der Steuerpflicht usw. ausgehen oder diese in Betracht ziehen und mithin bei der Vertragsgestaltung bercksichtigen mußte (Rz. 1.19; 12.2). 1 Vgl. auch BFH, BStBl. II 1997, 716, 717 f. 2 Zur Bemessungsgrundlage bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers s. Rz. 13.53 ff. 3 Siehe auch die Beispiele zu Rz. 14.104.

349

11.10

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

2. Aufwendungen des Leistungsempfngers fr die Leistung a) Allgemeines 11.11

Die Formulierung des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG, wonach maßgebend ist, was der Leistungsempfnger „aufwendet, um die Leistung zu erhalten“, ist zu eng, denn danach wre nur zu erfassen, was der Leistungsempfnger nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis als Gegenleistung aufwenden muß. Das entsprche nicht dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer, die den Aufwand des Empfngers fr die Leistung erfassen will. Daß die mit dem Gesetzesziel nicht kongruente Gesetzesformulierung nicht so gemeint ist, zeigt § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, denn danach sind auch Zahlungen Dritter „fr die Leistung“ zu bercksichtigen. Auch § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist folglich so zu lesen: „Entgelt ist alles, was der Leistungsempfnger fr die Leistung aufwendet (. . .)“.1

11.12

Folglich kommt es nur darauf an, daß die Aufwendungen fr die Leistung gettigt werden, unabhngig davon, ob eine rechtliche Verpflichtung bestand oder ob sie freiwillig erfolgten. Maßgebend ist allein, ob die Aufwendungen erfolgen, weil die Leistung erbracht wurde oder erbracht werden wird. Die Leistung muß die Aufwendungen ausgelst haben, d. h. die Aufwendungen mssen ihren Grund in der empfangenen bzw. noch zu empfangenden Leistung finden.2 Damit werden dann gesetzeszielkonform auch freiwillige Aufwendungen – in Geld oder Sachwerten (Lieferung, sonstige Leistung3, dazu auch Rz. 38 ff.) – in Gestalt von Zusatzhonoraren, Trinkgeldern an den Unternehmer selbst4 u. . erfaßt5. Folgerichtig mssen selbst versehentliche Doppelzahlungen zur Bemessungsgrundlage rechnen (solange sie nicht rckgngig gemacht worden sind), da sie nur wegen der erbrachten Leistung gettigt wrden.6

11.13

Nicht als Teil der Gegenleistung zu erfassen sind solche Zahlungen, die zwar im urschlichen Zusammenhang mit dem Umsatz stehen, d. h. ohne diesen 1 Das entspricht Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL: „Wert der Gegenleistung . . . fr die(se) Umstze . . .“ 2 Zur Bemessungsgrundlage der Lieferung eines sicherungsbereigneten Gegenstandes durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer (Kreditglubiger) bei Verwertung durch diesen innerhalb eines Insolvenzverfahrens s. Stadie in R/D, § 18 Anm. 1206 ff.; ders. in Bork/Koschmieder (Hrsg.), Fachanwaltshandbuch Insolvenzrecht, Kln, 2003, Teil 20, Rz. 45 ff. zur Bemessungsgrundlage bei Verwertung durch diesen außerhalb eines Insolvenzverfahrens, so daß der Sicherungsnehmer Steuerschuldner nach § 13b UStG wird, s. Rz. 13.58. 3 Beispiel: Ein Tankstellenpchter gewinnt eine vom Verpchter (Minerallgesellschaft) im Rahmen eines Verkaufswettbewerbs ausgelobte Reise. Deren Wert ist gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 38) Teil der Gegenleistung fr die sonstigen Leistungen des Pchters, die er als Agent (Vertreter) gegenber der Minerallgesellschaft erbracht hat; BFH, BStBl. II 1995, 274. 4 BFH, BStBl. II 1972, 405. 5 BFH, BStBl. II 1975, 274; 1996, 206. 6 BFH, BStBl. II 1996, 208.

350

II. Entgelt

nicht angefallen wren, aber auf einem daneben oder zeitlich danach verwirklichten Sachverhalt beruhen und deshalb diesem zuzuordnen sind. Hierunter fallen vor allem solche Zahlungen des Leistungsempfngers, die wegen der verspteten Entrichtung der Gegenleistung oder der Verletzung anderer vertraglicher Pflichten erfolgten. Sie werden nicht „fr die Leistung“ aufgewendet und fhren folglich nicht zu einer Erhhung der Bemessungsgrundlage (Rz. 12.53 f.; dort auch zu der Frage, ob sie Gegenleistungen fr eigenstndige weitere Leistungen sind). b) Zahlungen an Dritte Aus der Formulierung „alles, was der Leistungsempfnger aufwendet“ scheint im Umkehrschluß zu folgen, daß es nicht darauf ankommt, was der Leistende erhlt. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG scheint deshalb im Widerspruch zu Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zu stehen, wonach die „Gegenleistung . . ., die der Lieferer oder Dienstleistende . . . erhlt“, maßgebend ist. Eine Diskrepanz hinsichtlich der Rechtsfolgen zwischen den beiden Formulierungen besteht jedoch nicht, wenn der Begriff „erhlt“ nicht eng im Sinne eines unmittelbaren Geldzuflusses, sondern richtigerweise wirtschaftlich iS von „zugute kommt“ verstanden wird. Auch Zahlungen, die der Leistungsempfnger auf Grund einer Abtretung oder Pfndung der Forderung auf die Gegenleistung oder in anderen Fllen kraft Gesetzes1 an Dritte ttigt, erfolgen fr Rechnung des Leistenden, so daß er auch diese Zahlungen „erhlt“2. Der Aufwand des Verbrauchers (bzw. eines Dritten) fr die Leistung ist mithin prinzipiell identisch mit dem, was der Leistende „erhlt“ (zu einer Durchbrechung dieses Prinzips in der Unternehmerkette s. Rz. 12.50). Darin spiegeln sich nicht nur der Charakter der Steuer als Verbrauchsteuer, sondern zugleich auch die Funktion des Unternehmers als Gehilfe des Staates („Steuereinsammler“, Rz. 1.18) wieder. Der Unternehmer kann nur diejenige Steuer an den Staat weiterleiten, die er als Teil der Gegenleistung vom Leistungsempfnger erhalten hat.

11.14

Auch im Falle der Abtretung der auf die Gegenleistung gerichteten Forderung unter Nennwert, bei der der Forderungskufer das Ausfallrisiko trgt (auch echtes Factoring genannt, dazu Rz. 2.8 und Rz. 10.84), gilt der zuvor genannte Grundsatz. Gegenleistung ist nicht, was der Forderungskufer an den leistenden Unternehmer (beim sog. Factoring auch Anschlußkunde genannt) fr die Forderung zahlt3, sondern auch insoweit bleibt gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG

11.15

1 Beispiele: (1) Einbehaltung und Abfhrung von Abzugsteuern gem. § 48 oder 50a EStG. (2) Zahlung des Bargebots bei der Zwangsversteigerung an das Gericht, welches dieses an die Glubiger des liefernden Unternehmers verteilt. (3) Zahlung an eine Pensionskasse zugunsten des leistenden Unternehmers (freien Mitarbeiters); vgl. BFH, BStBl. II 2003, 217. 2 Vgl. W. Wagner in S/R, § 10 Rz. 33. 3 Der Forderungsverkauf ist entgegen verbreiteter Auffassung keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (Rz. 2.5; 2.8), so daß mangels Vorliegens eines Umsatzes dieser auch nicht steuerfrei sein kann (Rz. 10.86).

351

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

maßgebend, was der Leistungsempfnger fr die Leistung aufwendet.1 Auch wenn dieser auf Grund der Abtretung an den Zessionar (Forderungskufer) zahlt, „erhlt“ der leistende Unternehmer diesen Betrag fr die von ihm erbrachte, der Forderung zugrunde liegende Leistung. Das ist unabhngig davon, was er vom Forderungskufer fr die Forderung erhalten hat. Ist dieser Betrag – wie im Regelfall – niedriger als der Betrag, den der Leistungsempfnger an den Forderungskufer zahlt, so hat der leistende Unternehmer auch die Differenz erhalten, weil diese die Gegenleistung fr die vom Forderungskufer gegenber dem leistenden Unternehmer erbrachte sonstige Leistung (Rz. 2.8) ist.2 Insoweit liegt eine „Verrechnung“ vor, so daß der leistende Unternehmer auch diesen Betrag erhalten hat (Rz. 23). 11.16

Ist der Ankaufspreis der Forderung hher als der Betrag, den der Leistungsempfnger an den Forderungskufer zahlt, so ist auch in diesem Fall nicht der Ankaufspreis maßgebend, da der Leistungsempfnger diesen Betrag nicht aufgewendet hat. Der Forderungskufer ist auch nicht Dritter iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, da er nicht fr die der Forderung zugrunde liegende Leistung zahlt (Rz. 30), sondern den Kaufpreis fr die Forderung entrichtet. Es liegt eine teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) vor, die zu einer Berichtigung der Steuer, sofern sie zuvor in voller Hhe entsprechend dem Soll-Prinzip entrichtet worden war, berechtigt (Rz. 12.55 ff.) und den Leistungsempfnger zur Berichtigung eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs verpflichtet (Rz. 16.17 ff.).3

11.17

Beispiel: Unternehmer U hat Waren zum Preis von 10 000 Euro + 1600 Euro USt. an K geliefert. U verkauft die Forderung an den gewerblichen Forderungskufer Max Factor (F), der das volle Ausfallrisiko trgt, fr 10 440 Euro und erhlt diesen Betrag sogleich ausgezahlt. F gelingt es, die Forderung gegenber K a) in voller Hhe, b) nur in Hhe von 3480 Euro, bevor K kurz darauf berraschend insolvent wurde, durchzusetzen. 1 BFH, BStBl. II 1987, 739; BGH, UR 1997, 399 = BB 1997, 856. 2 Nach Auffassung des BMF soll hingegen die Differenz zwischen dem Wert der Forderung und dem Ankaufspreis die Gegenleistung sein, Abschn. 18 Abs. 11 UStR 2005. Diese kann indes nur fr die vorlufige Soll-Versteuerung maßgebend sein. Zahlt der Leistungsempfnger weniger als erwartet, so tritt fr den Forderungskufer eine nderung der Bemessungsgrundlage iS des § 17 Abs. 1 UStG ein. 3 Die gegenteilige Auffassung von W. Wagner in S/R, § 10 Rz. 74, und von Reiß, RIW 2004, 641, 650 mißachtet den eindeutigen Gesetzeswortlaut und verkennt, daß der Aufwand des Leistungsempfngers (Verbrauchers) zu besteuern ist. Wrde statt dessen das besteuert werden, was der Unternehmer vom Forderungskufer erhlt, so wrde, wenn der Aufwand des Leistungsempfngers geringer wre (oder Null betrge), die Vermgensmehrung beim Unternehmer besteuert, die allein auf den risikobehafteten Forderungsverkauf zurckzufhren ist. Zudem wrde der Leistungsempfnger subventioniert, wenn er vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer wre, weil er dann den Vorsteuerabzug nicht berichtigen mßte, obwohl er mit der Steuer nicht in voller Hhe (oder gar nicht) belastet wre.

352

II. Entgelt Im Falle a hat der Leistungsempfnger K 11 600 Euro durch Zahlung gegenber F aufgewendet, die U auch erhalten hat, da die Differenz von 1160 Euro die Gegenleistung fr die Dienstleistung des F darstellt. Das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG fr die Warenlieferung des U betrgt mithin 10 000 Euro. Im Falle b hat der Leistungsempfnger K fr die ihm gegenber erbrachte Warenlieferung nur 3480 Euro durch Zahlung an den F aufgewendet. Das Entgelt fr die Lieferung betrgt mithin 100/116 von 3480 Euro = 3000 Euro, die U letztlich versteuern muß. Nach dem Prinzip der Soll-Versteuerung htte U zunchst das „vereinbarte Entgelt“ von 10 000 Euro versteuern mssen (Rz. 12.3 ff.). Er kann jedoch wegen teilweiser Uneinbringlichkeit der Forderung die Steuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigen (zum genauen Zeitpunkt s. Rz. 12.55 ff.).

c) Befreiung von einer Verbindlichkeit Auch die Befreiung von einer (Geld-) Verbindlichkeit kommt als (Teil der) Gegenleistung in Betracht, da sie im Ergebnis der Zahlung des entsprechenden Betrages an den leistenden Unternehmer gleichsteht.1 Dabei handelt es sich entgegen der Rechtsprechung2 nicht um einen tauschhnlichen Vorgang (dazu Rz. 3.11), weil die Befreiung von einer Geldschuld keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinn ist (Rz. 2.5).

11.18

Bei der Lieferung einer verpfndeten Sache durch Abtretung des Herausgabeanspruchs in Gestalt der bergabe des Pfandscheins (Rz. 7.16) besteht mithin die Gegenleistung aus dem fr den Pfandschein gezahlten Betrag und dem an den Pfandglubiger gezahlten Auslsungsbetrag (Pfandsumme). Bei letzterer Zahlung handelt es sich um die Befreiung des Lieferers von seiner Darlehensverbindlichkeit usw. gegenber dem Pfandglubiger (Klarstellung durch § 10 Abs. 2 Satz 1 UStG).

11.19

Bei einer steuerpflichtigen Grundstckslieferung (Rz. 13.25) soll, wenn der Erwerber vertraglich die Grunderwerbsteuer „bernommen“ hat, nach Auffassung des BFH die Hlfte der Grunderwerbsteuer zur umsatzsteuerrechtlichen3 Bemessungsgrundlage zhlen, weil der Erwerber den Verußerer wegen der zwischen ihnen bestehenden Gesamtschuld hinsichtlich der Grunderwerbsteuer (§ 13 Nr. 1 GrEStG iVm. § 44 Abs. 1 AO) zur Hlfte (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB)

11.20

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 44, 46; BFH/NV 1996, 857; BStBl. II 1997, 705, 707. 2 BFH, BFH/NV 1996, 857; BStBl. II 1997, 705, 707. 3 Nach Auffassung des BFH sollte auch umgekehrt die Umsatzsteuer als Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) zhlen; BFH, BStBl. II 1973, 126; BFH/NV 1998, 1256; 2001, 642. Auch diese Ansicht ist verfehlt, weil sie vllig den Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung verkennt und bersieht, daß sich zwar vordergrndig der Kaufpreis erhht, aber nicht der Wert des Grundstcks. Darber hinaus wird Grunderwerbsteuer auf Umsatzsteuer erhoben, was gegen das Ziel des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG verstßt. Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist nach dem Gesetzeszweck nur insoweit gerechtfertigt, als sie auch bei steuerfreier Lieferung des Grundstcks in Gestalt der nichtabziehbaren Vorsteuern des Verußerers enthalten wre; ausfhrlich dazu Stadie, Vorsteuerabzug, 194 f.; ders. in R/D, Einf. Anm. 330 f. Bei Lieferungen, die nach dem 31.3.2004 ausgefhrt werden, ist nach § 13b UStG Steuerschuldner der Erwerber, so daß die von ihm geschuldete Umsatzsteuer nicht mehr Teil des Kaufpreises ist und die verfehlte BFH-Rechtsprechung obsolet geworden ist.

353

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

von einer Verbindlichkeit befreie.1 Diese Auffassung ist in mehrfacher Hinsicht abzulehnen.2 Die verfehlte Rechtsfolge wird zwar solange nicht virulent, wie der Erwerber das Grundstck fr Umstze verwendet, die vollen Umfangs zum Vorsteuerabzug berechtigen, sie zeigt sich jedoch, wenn spter eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen ist. Die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer in die Bemessungsgrundlage fhrt zu einer Aufblhung des Vorsteuerberichtigungsvolumens, zu einer endgltigen Umsatzsteuerbelastung des Grundstcks und zur Erhebung von Umsatzsteuer auf Grunderwerbsteuer. Das verstßt schon gegen den eindeutigen Willen des Gesetzes, mit der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG eine doppelte Besteuerung mit zwei gleichartigen Steuern zu vermeiden (Rz. 10.89). Unabhngig davon ist die Auffassung des BFH gleichheitssatzwidrig (willkrlich), weil die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bei einer zwangsweisen Lieferung in Gestalt der Enteignung oder der Zwangsversteigerung nicht in Betracht kommt, da in diesen Fllen nur der Erwerber Schuldner der Grunderwerbsteuer ist (§ 13 Nr. 3 und 4 GrEStG), so daß der Verußerer von keiner Verbindlichkeit befreit werden kann. 11.21

Vor allem aber verkennt der BFH den Zweck der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG und des Verzichts auf diese nach § 9 UStG. Da das Ziel dieser Steuerbefreiung darin liegt, die Besteuerung der Grundstckslieferung mit zwei gleichartigen Steuern zu verhindern, bezweckt die nach § 9 UStG mgliche Behandlung der Grundstckslieferung als umsatzsteuerpflichtig nicht etwa, die endgltige Belastung des Grundstcks mit Umsatzsteuer nach seinem Wert einschließlich Grunderwerbsteuer sicherzustellen. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung hat lediglich die Funktion, den Verußerer vor Wettbewerbsnachteilen zu schtzen (Rz. 10.136), indem ihm der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebudes verschafft wird bzw. erhalten bleibt.3 Eine am Zweck des § 4 Nr. 9 Buchst. a und des § 9 UStG orientierte Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG verlangt mithin eine teleologische Reduktion des Wortlauts dergestalt, daß zur Vermeidung einer Aufblhung des Vorsteuerberichtigungsvolumens beim Erwerber die Grunderwerbsteuer nicht in die Bemessungsgrundlage der Grundstckslieferung einzubeziehen ist.4 1 BFH, BStBl. II 1980, 620; ebenso Abschn. 149 Abs. 7 Satz 5 ff. UStR 2005; Jakob, Rz. 374, 716; Schwarz in V/S, UStG, § 10 Rz. 123; Tehler in R/K/L, § 10 Rz. 148; Leonard in B/G, § 10 Rz. 14. 2 Ausfhrlich bereits Stadie, Vorsteuerabzug, 195 ff.; ders. in R/D, Einf. Anm. 332 ff. 3 So daß es nach dem Gesetzesziel ausreichen mßte, wenn der Verußerer dem Erwerber lediglich die bei Steuerfreiheit der Lieferung nach § 15a UStG zurckzuzahlende Umsatzsteuer in Rechnung stellt und nur diese an das Finanzamt abfhrt (Rz. 10.137 Fn.). 4 Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL, wonach die Steuern in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, steht schon deshalb nicht entgegen, weil es sich nur um eine Klarstellung hinsichtlich der vom leistenden Unternehmer im Preis abgewlzten Steuern handelt. Zudem folgt aus Art. 13 Teil C der 6. EG-RL, daß die Mitgliedstaaten bei einem Verzicht auf die Steuerbefreiung den Umfang der Besteuerung bestimmen knnen.

354

II. Entgelt

Darber hinaus ist schon die zivilrechtliche Prmisse des BFH nicht zutreffend. Aus § 448 Abs. 2 BGB (= § 449 Abs. 1 BGB aF) folgt, daß der Kufer des Grundstcks die Erwerbskosten zu tragen hat, wozu nach ganz herrschender Ansicht auch die Grunderwerbsteuer zhlt.1 Folglich greift entgegen der Annahme des BFH nicht die Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ein, weil nmlich „ein anderes bestimmt ist“, so daß der Erwerber im Innenverhltnis der Gesamtschuldner die gesamte Grunderwerbsteuer zu tragen hat. Mithin kann der Verußerer gar nicht von einer Verbindlichkeit befreit werden.2

11.22

d) Zahlungskrzungen aa) Bei einer wirksamen Aufrechnung (Verrechnung) mit einer Gegenforderung tritt Tilgungswirkung ein, so daß in Hhe der Aufrechnung Aufwendungen des Leistungsempfngers vorliegen.3 Das gilt auch, wenn die Gegenforderung darauf beruht, daß der Leistungsempfnger Schadensersatz wegen Verzuges, Verletzung von Nebenpflichten (sog. positive Vertragsverletzung, Begleit- und Mangelfolgeschaden) o. . verlangen kann; die Aufrechnung fhrt nicht zu einer Minderung der Gegenleistung und damit der Bemessungsgrundlage.4 Gleiches gilt, wenn aus den zuvor genannten Grnden eine Verrechnung mit einer Vertragsstrafe stattfindet5, da sie ebenfalls einen gesonderten Schaden abgelten soll, der nichts mit der Leistung als solcher zu tun hat.6 Anders ist es bei Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Mangelhaftigkeit der Leistung selbst, da eine Minderung aufgrund eines Mangels die Gegenleistung fr die mangelhafte Leistung reduziert (vgl. § 441 Abs. 3 BGB) und eine Aufrechnung mit Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit wirtschaftlich nicht anders behandelt werden kann. Auch hier wird fr die (mangelhafte) Leistung nur eine verringerte Gegenleistung erbracht, da sich diese Schadensersatzforderung auf den Zustand der Leistung, im Gegensatz zu Schadensersatzansprchen aufgrund Verzuges etc., bezieht.7

1 Hans. OLG Bremen, DNotZ 1975, 95; Putzo in Palandt, BGB, § 448 Rz. 7; Westermann in MnchKomm., § 448 Rz. 11 (Verkehrssitte); Beckmann in Staudinger, § 448 Rz. 26; Huber in Soergel, § 449 Rz. 6. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, 196 f. Zum selben Ergebnis kommt Sigloch in Boruttau/Egly/ Sigloch, GrEStG, 12. Aufl. 1986, Vorbem. Rz. 706 ff., 711, wonach die Grunderwerbsteuer auf dem Erwerb laste und sich (schon) aus dem GrEStG die abweichende Regel fr das Innenverhltnis ergebe; zust. Klenk in R/D, § 4 Nr. 9 Anm. 124; jetzt auch W. Wagner, UR 1999, 361, 363. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1980, 618, 620. 4 AA. Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, 121, 161. 5 BFH, BStBl. II 1994, 589; Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 37; Abschn. 3 Abs. 2, 151 Abs. 2 Satz 10 UStR 2005. 6 Das verkennt die gegenteilige Ansicht von Reiß in /T/L, § 14 Rz. 68; Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, S. 129; Ruppe, § 1 Rz. 252; Jakob, Rz. 352. 7 Stadie in R/D, § 17 Anm. 91; BFH, BStBl. II 2003, 620, 622.

355

11.23

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

11.24

bb) Nach ganz h. M. fhrt die Inanspruchnahme eines Skontos zu einer Minderung der Gegenleistung.1 Hierfr scheint auch Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL zu sprechen, wonach „Preisnachlsse durch Skonto fr Vorauszahlungen“ nicht in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen sind. Bei dem blichen Skonto handelt es sich indes nicht um einen Betrag, der fr eine Vorauszahlung gewhrt wird. Da der Kaufpreis usw. grundstzlich sofort fllig ist, handelt es sich bei dem Skonto vielmehr um die Differenz zwischen Barpreis und Zielpreis, d. h. um den Preis fr die Kreditnutzung bzw. Finanzierung des Kaufpreises, die dem Abnehmer eingerumt wird. Gegenleistung fr die Lieferung usw. ist deshalb richtigerweise stets von vornherein der Barpreis, unabhngig davon, ob das Skonto in Anspruch genommen wird. Demgegenber soll nach Auffassung des BFH auch bei Nichtinanspruchnahme eines Barzahlungsrabattes dieser Betrag Teil der Gegenleistung fr die Warenlieferung usw. und nicht Gegenleistung fr eine gesonderte Kreditgewhrung sein, weil die Vereinbarung ber die Kaufpreisstreckung hinter dem Warenverkauf derart zurcktrete, daß eine einheitliche Warenlieferung anzunehmen sei.2 Diese Sichtweise verkennt, daß es keinen Unterschied machen kann, ob ein Barpreis mit Zielzinsen oder ein Zielpreis mit Barzahlungsrabatt bzw. Skontomglichkeit angeboten wird. Wirtschaftlich gleiche Sachverhalte sind steuerrechtlich gleich zu behandeln. Hierfr spricht auch die Entscheidung des EuGH, wonach es gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wrde, wenn ein Kufer fr einen von seinem Lieferanten gewhrten Kredit Steuern zahlen mßte, whrend ein Kufer, der einen Kredit bei einer Bank oder einem anderen Kreditgeber in Anspruch nehmen wrde, insoweit nicht mit Umsatzsteuer belastet wrde.3 Richtigerweise ist deshalb im Skonto- bzw. Barzahlungsrabattbetrag die Gegenleistung fr eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewhrung (Rz. 10.82) zu sehen.4 Folglich ist auch Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL wortlautgetreu nur auf solche Skontobetrge anzuwenden, die fr die Vorauszahlung des Kaufpreises usw. vor Ausfhrung der Lieferung abgezogen werden, da anderenfalls diese Richtlinienbestimmung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen wrde (zu nachtrglich gewhrten Boni, Rckvergtungen und Rabatten s. Rz. 12.46).

11.25

cc) Der Zahlungsabzug beim Kreditkartengeschft, den der Kreditkartenherausgeber bei Zahlungen unter Verwendung seiner Karte gegenber dem Verkufer usw. (Vertragsunternehmen) vornimmt, mindert nach Auffassung des EuGH nicht die Gegenleistung, die das Vertragsunternehmen gegenber dem Kunden (Karteninhaber) erbracht hat. Der Kreditkartenherausgeber erbringe 1 Abschn. 29a Abs. 5, 151 Abs. 1 Satz 1, 223 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1983, 389, 391 (obiter dictum); 1993, 360, 362; Devermann in O/S/L, § 17 Rz. 30; Mßlang in S/R, § 17 Rz. 36 f.; Birkenfeld, § 207 Rz. 66; Zeuner in B/G, § 17 Rz. 21. 2 BFH, BStBl. II 1993, 360. 3 EuGH, EuGHE 1993, I-5405 = UR 1994, 73 = IStR 1993, 567, Tz. 14. 4 Zu den Folgerungen Stadie in R/D, § 17 Anm. 103.

356

II. Entgelt

vielmehr dem Verkufer gegenber eine Dienstleistung, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetze (ua. einer Zahlungsgarantie und Frderung der Geschftsttigkeit des Verkufers); der Zahlungsabzug sei die Provision dafr.1 Diese Sichtweise entspricht nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Richtigerweise erbringt der Kreditkartenherausgeber eine Dienstleistung gegenber dem Karteninhaber (Kunden) in Gestalt der Kreditgewhrung und Zahlungsabwicklung. Die Vergtung liegt in dem Zahlungsabschlag, den der Kreditkartenherausgeber mit dem Vertragsunternehmen (Verkufer usw.) zugunsten des Kunden vereinbart hat. Folglich liegt richtigerweise eine Minderung der Bemessungsgrundlage vor, bei der der Zahlungsabschlag nicht an den Kunden weitergegeben, sondern als Provision fr die eigene Dienstleistung behalten wird. Im Ergebnis fhren indes beide Auffassungen von der Belastungswirkung her gesehen fr den Verkufer usw. (Vertragsunternehmen) zum selben Ergebnis. Bei Zugrundelegung der EuGH-Auffassung ist der Verkufer (Vertragsunternehmer) zum Abzug der in der Provisionsabrechnung ausgewiesenen Steuer als Vorsteuer berechtigt, was im Ergebnis auf dasselbe wie eine Minderung der Bemessungsgrundlage der von ihm erbrachten Lieferung oder Dienstleistung hinausluft. Ist der Kunde zum Vorsteuerabzug berechtigt, so tritt auch bei der richtigerweise anzunehmenden Minderung der Gegenleistung fr ihn keine Krzung des Vorsteuerabzugs ein, d. h. er kann den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag in voller Hhe als Vorsteuer geltend machen, weil ein Fall des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG vorliegt (dazu Rz. 16.12 ff.), wenn der Kreditkartenherausgeber den Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet.2 dd) Der bei der Diskontierung eines Wechsels von dem Kreditinstitut von der Wechselsumme abgezogene Diskontbetrag (Wechselvorzinsen) soll nach Auffassung der Finanzverwaltung die Bemessungsgrundlage des zugrunde liegenden Umsatzes mindern.3 Sie beruft sich auf ein Urteil des BFH4 zum alten Umsatzsteuerrecht nach dem UStG 1951. Dieses ist indes nicht mehr einschlgig, weil der damalige § 51 UStDB ausdrcklich bestimmte, daß bei Weitergabe eines Wechsels das Entgelt fr die Leistung als vereinnahmt „gilt“, und zwar „in Hhe des bei der Weitergabe vereinnahmten Betrages“. Eine derartige Fiktion kennt das heutige Umsatzsteuerrecht und auch die 6. EG-Richtlinie nicht, so daß uneingeschrnkt der Grundsatz des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt und maßgebend ist, was der Leistungsempfnger aufwendet. Dieser schuldet weiterhin die gesamte Gegenleistung, so daß die Diskontierung des 1 EuGH, EuGHE 1993, I-2871 = UR 1994, 72; vgl. auch EuGHE 2001, I-3833 = UR 2001, 308, Tz. 27. 2 Falsa demonstratio non nocet, d. h. es ist ohne Belang, wenn der Kreditkartenherausgeber die Umsatzsteuer fr eine vermeintliche (entsprechend der EuGH-Auffassung) gegenber dem Vertragsunternehmer erbrachte Dienstleistung abfhrt. Darin liegt dann zugleich der konkludente Verzicht auf die Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 8 Buchst. a und d UStG) der richtigerweise anzunehmenden Dienstleistung gegenber dem Kunden. 3 Abschn. 151 Abs. 4 UStR 2005; zust. Mßlang in S/R, § 17 Rz. 51 ff.; Widmann in P/M/W, § 10 Rz. 106 ff.; Devermann in O/S/L, § 17 Rz. 61; Zeuner in B/G, § 17 Rz. 23; Pflger in H/M, § 17 Rz. 30; Jakob, Rz. 384. 4 BFH, BStBl. II 1968, 128.

357

11.26

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

Wechsels im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage1 vllig bedeutungslos ist.2 Die Diskontierung des Wechsels ist lediglich die Vorfinanzierung der zugrunde liegenden Forderung (aus der Warenlieferung usw.) durch das Kreditinstitut. Dieses erbringt gegenber dem Wechseleinreicher (Unternehmer)3 eine sonstige Leistung in Gestalt der Kreditgewhrung, fr die der Diskontbetrag und die Spesen die Gegenleistung darstellen.4 Reicht der Unternehmer die Belastung mit den ihm berechneten Kreditkosten an seinen Abnehmer weiter, so fhrt das nicht zu einer Erhhung der Bemessungsgrundlage des eigentlichen Umsatzes (Warenlieferung usw.). Es liegt vielmehr eine selbstndige Kreditgewhrung gegenber dem Abnehmer vor, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei ist. 3. Zahlungen u. . von Seiten Dritter 11.27

Zum Entgelt (richtig: zur Gegenleistung) gehrt auch, was ein anderer als der Leistungsempfnger dem Unternehmer fr die Leistung gewhrt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG).5 Da im Wert der Gegenleistung die Steuer stets rechnerisch enthalten ist, gilt auch insoweit die Einschrnkung des Satzes 2: „abzglich der Umsatzsteuer“. Bei diesen Aufwendungen kann es sich auch um Dienstleistungen oder Lieferungen handeln (dazu Rz. 38 ff.). Im Falle des § 13b UStG ist der Dritte im Umfang seiner Zahlung Leistungsempfnger und Schuldner der Steuer (Rz. 13.37). Zum Vorsteuerabzug des Dritten s. Rz. 15.14.

11.28

Zahlungen Dritter, die diese fr den Leistungsempfnger ttigen, sind kein Fall des Abs. 1 Satz 3, sondern werden schon von Satz 2 der Vorschrift erfaßt, weil sie fr Rechnung des Leistungsempfngers erfolgen und damit diesem als eigene Zahlungen zuzurechnen sind. Das ist der Fall, wenn der Dritte auf Grund eines Rechtsverhltnisses mit dem Leistungsempfnger zur Zahlung 1 Die Nichtzahlung bei Flligkeit der Forderung und die statt dessen erfolgte Hereinnahme des Wechsels durch den Unternehmer fhrt indes zur vorlufigen Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG und damit dazu, daß die Umsatzsteuer vorerst nicht geschuldet wird (Rz. 12.59, 12.61). Die Steuer entsteht dann erst, wenn der Abnehmer den Wechsel einlst (Rz. 12.28 u. 12.62). Anderenfalls tritt endgltige Uneinbringlichkeit ein. 2 Philipowski, Die Umsatzbesteuerung der Bank- und Geldgeschfte, 1973, S. 75 ff.; Stadie in R/D, § 17 Anm. 105 mwN.; W. Wagner in S/R, § 10 Rz. 80; B. Schwarz in V/ S, UStG, § 10 Rz. 159; Leonard in B/G, § 10 Rz. 33; vgl. auch Birkenfeld, § 207 Rz. 72. 3 Nicht etwa ttigt dieser einen Umsatz gegenber dem Kreditinstitut, indem er an dieses eine Geldforderung bzw. den Wechsel verußert, da darin keine Leistung iS des Umsatzsteuerrechts liegt (Rz. 2.5), die mithin auch nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG sein kann (Rz. 10.86); das verkennen § 43 Nr. 1 und 2 UStDV, Abschn. 210 Abs. 4 UStR 2005; Devermann in O/S/L, § 17 Rz. 61. 4 Philipowski, Die Umsatzbesteuerung der Bank- und Geldgeschfte, 1973, S. 75 ff.; Vlkel/Karg, UR 1983, 104 f.; vgl. auch BFH, BStBl. II 1990, 1098. 5 Das entspricht Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL: Wert der Gegenleistung, die der Leistende „fr die(se) Umstze“ vom Leistungsempfnger „oder von einem Dritten erhlt (. . .), einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umstze zusammenhngenden Subventionen“.

358

II. Entgelt

an den Leistenden verpflichtet ist, insbesondere auf Grund eines Versicherungsvertrages1, einer Schuldbernahme, eines Zahlungsversprechens2, einer Brgschaft (Rz. 12.63) o. . Dasselbe gilt, wenn der Dritte ohne eine solche Verpflichtung die Schuld ganz oder teilweise begleicht und damit dem Leistungsempfnger den Betrag zuwenden3 oder jedenfalls darlehensweise gewhren will4. Ebenfalls von § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG und nicht von dessen Satz 3 wird die Zahlung eines Dritten als Schuldner einer zahlungshalber abgetretenen Forderung (z. B. beim verlngerten Eigentumsvorbehalt) erfaßt; seine Zahlung gilt als Zahlung des Leistungsempfngers (Zedenten).5 Gleichfalls nicht um einen Fall des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG handelt es sich, wenn der Zahlung6 (auch wenn sie flschlich als „Zuschuß“ o. . bezeichnet wird) eine eigenstndige Leistung des Unternehmers (Zahlungsempfngers) gegenber dem Dritten („Zuschussgeber“) zugrunde liegt, so daß die Zahlung Gegenleistung und damit (abzglich Umsatzsteuer) Bemessungsgrundlage dieses Umsatzes gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist.7 Beispiele: (1) Ein Unternehmer errichtet in der Innenstadt ein grßeres Geschftshaus mit einer Tiefgarage. Er erhlt von der Stadt einen „Zuschuß“ zu den Herstellungskosten. Dafr verpflichtet er sich, einen Teil der Stellpltze der Allgemeinheit fr 50 Jahre zur Verfgung zu stellen. Mit der Zurverfgungstellung der Stellpltze fr die Allgemeinheit erbringt der Unternehmer eine sonstige Leistung (Dauerleistung) gegenber der Gemeinde, da dieser der Vorteil verschafft wird, die ffentliche Verpflichtung zur Schaffung ausreichenden ffentlichen Parkraums zu erfllen. Der „Zuschuß“ stellt die Gegenleistung iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG fr diese – steuerpflichtige8 – sonstige Leistung dar9 und ist keine kumulierte Zuzahlung iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zu den Vermietungsleistungen in Gestalt der Stellplatzberlassungen durch den Unternehmer. (2) Ein Apotheker ist zur Frderung seines Umsatzes daran interessiert, daß Rume im Nachbargebude an einen Arzt fr dessen Praxis vermietet werden. Er vereinbart deshalb mit dem Vermieter, daß dieser die Rume zu gnstigen Konditionen an einen Arzt vermietet und die Differenz zum erzielbaren Mietzins ersetzt erhlt. 1 Beispiel: Der Transportversicherer des Kufers zahlt im Schadensfall unmittelbar an den Lieferer. 2 Vgl. EuGHE 2003, I-427 = UR 2003, 89. 3 Vgl. EuGHE 2003, I-6289 = UR 2003, 456 (teilweiser Provisionsverzicht des Agenten/ Vermittlers zugunsten des Kunden). 4 Beispiel: Ehefrau bezahlt eine Rechnung des Ehemanns. 5 BFH, UR 2003, 497 = BFH/NV 2003, 667. 6 Oder Sachleistung. 7 Vgl. BFH, BFH/NV2002, 740 („Zuschuß“ zum Bau einer Klranlage als Gegenleistung fr die bernahme der Verpflichtung zur Abwasserbeseitigung) einerseits und BFH, BFH/NV 2000, 240 (Zuschuß der Stadt an sog. Verkehrsverein, dessen Zweck die Frderung des Fremdenverkehrs ist, ist keine Gegenleistung fr Leistungen des Vereins gegenber der Stadt) andererseits. 8 Die sonstige Leistung ist nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG, da keine unmittelbare Gebrauchsberlassung vorliegt. 9 BFH, BStBl. II 1998, 169.

359

11.29

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze Die Zahlung des Apothekers ist keine Zuzahlung iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, die die Bemessungsgrundlage der steuerfreien Vermietung (§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG) der Rume erhht, sondern Gegenleistung fr eine eigenstndige sonstige Leistung des Vermieters gegenber dem Apotheker, die in der Verschaffung des Vorteils der Ansiedelung eines Arztes neben der Apotheke liegt.1

11.30

Eine Zahlung bzw. Zuzahlung (Zuschuß) iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG liegt nur dann vor2, wenn diese (dieser) fr eine konkrete Leistung erfolgt, dem Leistungsempfnger zugute kommt und der leistende Unternehmer einen Anspruch auf die (Zu-)Zahlung hat.3 Damit geht einher, daß der Dritte ein Interesse an der Ausfhrung der Leistung hat.4 Der Dritte kann auch die gesamte Gegenleistung aufwenden.5 Beispiele: (1) Ein Verein, dessen Mitglieder landwirtschaftliche Unternehmer sind, fhrt bei seinen Mitgliedsbetrieben jhrlich Milchleistungsprfungen durch. Die Hhe der Vereinsbeitrge richtet sich nach Art und Umfang der durchgefhrten Milchleistungsprfungen. Fr jede dieser Prfungen erhlt der Verein von einer ffentlichen Stelle einen Zuschuß von 10 Euro pro Jahr und Kuh. Die Zuschsse werden fr die vom Verein jeweils erbrachten Leistungen gezahlt, weil sich die Hhe nach deren Art und Umfang richtet und die Zuschsse den Leistungsempfngern unmittelbar zugute kommen.6 (2) Arbeitgeber B gibt seinen Arbeitnehmern tglich je eine Essenmarke im Werte von 2 Euro, die sie in nahegelegenen Gaststtten einlsen knnen. Arbeitnehmer A speist in der Gaststtte des G fr 7 Euro und zahlt unter Hingabe einer Essenmarke 5 Euro. G lst die Essenmarke am Monatsende bei B ein. G hat gegenber A eine Leistung in Gestalt der Bekstigung erbracht. A als eigentlicher Leistungsempfnger wendet dafr iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 5 Euro auf. Mit der Einlsung der Essenmarke erhlt G von B weitere 2 Euro, die B dem G fr die gegenber A erbrachte Leistung zahlt und die deshalb die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG erfllen. B hat einen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung iS des § 14 UStG, da auch er als Leistungsempfnger anzusehen ist (Rz. 14.22, 14.54) und ist grundstzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt (Rz. 15.14).

11.31

Kein Fall des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG liegt vor, wenn ein Dritter zwar im Zusammenhang mit einer konkreten Leistung, aber nicht fr diese, weil er nmlich kein Interesse an der Leistung hat, sondern wegen des Ausfalls der Forderung auf die Gegenleistung (dazu nher Rz. 12.64 ff.) zahlt. 1 BFH, BStBl. II 1992, 705; vgl. auch BFH, UR 1995, 25. 2 Entsprechendes gilt fr Sachleistungen (Rz. 27 aE.). 3 BFH, BStBl. II 2004, 322; vgl. auch EuGHE 2001, I-9115 = UR 2002, 177, Tz. 11 ff.; EuGHE 2002, I-5419 = UR 2002, 333; EuGH, Urt. v. 15.7.2004 – Rs. C-144/02, UR 2004, 625, Tz. 28 f. 4 Der Dritte ist insoweit als (mittelbarer) Leistungsempfnger anzusehen, so daß er einen Anspruch auf eine entsprechende Rechnung haben (Rz. 14.22, 14.54) und zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann (Rz. 15.54). 5 Beispiel: Erstattung von Fahrgeldausfllen nach dem Schwerbehindertengesetz fr die „unentgeltliche“ Befrderung von Schwerbehinderten; vgl. Abschn. 150 Abs. 6 Beispiel 1 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1986, 723. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 2004, 322.

360

II. Entgelt

Auch Zahlungen (insbesondere aus ffentlichen Kassen), durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Grnden erwnschte Ttigkeit des Zahlungsempfngers gefrdert werden soll, sind nicht gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG anteilig den Bemessungsgrundlagen der von ihm erbrachten Leistungen zuzuschlagen, da diese Zuwendungen nicht fr die konkreten Leistungen des Zahlungsempfngers erfolgen. Sie sollen nicht den Empfngern seiner Leistungen, sondern ihm als Untersttzung zugute kommen.1 Derartige Subventionen fhren nicht, wie es Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL formuliert, zu „unmittelbar mit dem Preis (der) Umstze zusammenhngenden Subventionen“. Daß sich die Subvention auch auf die Preise der subventionierten Unternehmer auswirkt, reicht nicht aus.2 Maßgebend fr die Einordnung der Zahlung des Dritten als eine solche iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG ist, daß sie „fr die Leistung“ gettigt wird, d. h. vorrangig dem Leistungsempfnger zugute kommen soll und nicht in erster Linie den leistenden Unternehmer untersttzen soll.3

11.32

4. Nicht: durchlaufende Posten Nicht zur Gegenleistung gehren die sog. durchlaufenden Posten, d. h. die Betrge, die der Unternehmer im Namen und fr Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG). Hierbei handelt es sich nur um eine Klarstellung, denn eine Zahlung, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfnger deshalb erhlt, weil er den Betrag fr diesen in dessen Namen verauslagt hat oder verauslagen soll, erfolgen nicht fr die vom Unternehmer erbrachte (oder zu erbringende) Leistung. Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. c Satz 1 der 6. EG-RL umschreibt die durchlaufenden Posten plastischer als Betrge, die der Steuerpflichtige von den Leistungsempfngern „als Erstattung der in ihrem Namen und fr ihre Rechnung verauslagten Betrge erhlt“.4

11.33

Ein durchlaufender Posten kann nur dann vorliegen, wenn der Unternehmer im Namen, d. h. als Vertreter (§ 164 BGB) des Leistungsempfngers die Auslagen gegenber dem Dritten geleistet hat oder leisten wird. Schuldner der Betrge gegenber dem Dritten muß mithin der Leistungsempfnger sein,

11.34

1 2 3 4

Vgl. Abschn. 150 Abs. 7 und 8 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1998, 169. BFH, BStBl. II 1976, 105, 107; EuGHE 2001, I-9115 = UR 2002, 177, Tz. 12. Vgl. BFH, BStBl. II 1976, 105; 1990, 708. Hinzukommen muß nach dieser Bestimmung, daß sie in der Buchfhrung als durchlaufende Posten behandelt sind. Damit hat der Unternehmer ein Wahlrecht, ob er die Betrge bei Leistungen gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern aus Vereinfachungsgrnden in die Bemessungsgrundlage mit einbezieht oder nicht; BFH, BStBl. II 2000, 100, 102. Dasselbe hat zu gelten, wenn die Betrge umsatzbesteuerte Leistungen betreffen; auch in diesem Fall kann der Unternehmer sie als Teil der Bemessungsgrundlage behandeln. Aus Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. c Satz 2 der 6. EG-RL folgt dann, daß er in diesem Fall so zu behandeln ist, als sei er der Empfnger der den Betrgen zugrunde liegenden Leistungen und mithin zum Vorsteuerabzug berechtigt; unklar Wagner in S/R, § 10 Rz. 163.

361

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

weil zwischen ihnen eine entsprechende Rechtsbeziehung besteht, die durch den Unternehmer als Vertreter hergestellt worden ist.1 Das weitere Merkmal „fr Rechnung“ des anderen (des Leistungsempfngers) ist berflssig, denn wer im Namen eines anderen handelt, wird stets auch fr dessen Rechnung ttig, weil diesen als Vertretenen die Rechtsfolgen treffen. Anderenfalls liegt kein Handeln „im Namen“ des anderen vor. Beispiele: (1) Ein Rechtsanwalt verauslagt einen Gerichtskostenvorschuß bei Klageerhebung im Namen des Mandanten und erhlt den Betrag spter von diesem erstattet. Schuldner der Gerichtskosten ist nach dem GKG der Mandant. Der Rechtsanwalt zahlt mithin die Gerichtskosten im Namen des Mandanten ein. Die sptere Erstattung des Betrages ist nicht Teil der Gegenleistung fr die Dienstleistung des Rechtsanwalts, sondern lediglich Ersatz der Aufwendungen (Auslagen). (2) Ein Autohndler meldet fr den Kufer eines Fahrzeuges dieses bei der Zulassungsstelle an und verauslagt dabei die Kfz.-Steuer und Anmeldegebhren im Namen des Kufers, da dieser Schuldner der Kfz.-Steuer und Gebhren ist. Die Erstattung der Betrge zusammen mit dem Kaufpreis fhrt nicht zu einer Erhhung des Kaufpreises fr das Fahrzeug, da die Betrge nicht fr die Fahrzeuglieferung gezahlt werden, sondern durchlaufende Posten sind.

11.35

Ein durchlaufender Posten iS des § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG liegt mithin nicht schon dann vor, wenn Betrge als „Auslagen“, „Aufwendungsersatz“ o. . oder umgangssprachlich als durchlaufende Posten bezeichnet werden. Fr deren rechtliche Einordnung ist nicht die Bezeichnung der Betrge maßgebend, sondern allein, ob der Leistungsempfnger oder der leistende Unternehmer Schuldner dieser Betrge gegenber dem Dritten ist. Ebensowenig ist es ausreichend, daß Betrge von der wirtschaftlichen Wirkung her durchlaufende Posten sind, weil sie ohne Gewinnaufschlag weiterberechnet werden. Entstehen dem Unternehmer Porto-, Telefon-, Reise- o. . Kosten, die er als „Auslagenersatz“ weiterberechnet, so sind diese folglich keine durchlaufenden Posten, weil der Unternehmer die zugrunde liegenden Leistungen der Dritten (Telekommunikation, Befrderung usw.) im eigenen Namen in Anspruch genommen hatte und mithin Schuldner der Betrge war. Bezieht der Unternehmer Leistungen im eigenen Namen aber fr fremde Rechnung (sog. Kommission), so wird er vom Umsatzsteuergesetz so behandelt, als wenn er die „eingekaufte“ (besorgte) Leistung als eigene Leistung gegenber seinem Auftraggeber erbracht htte (§ 3 Abs. 3 und 11 UStG; dazu Rz. 7.46 ff. u. 7.61 ff.), so daß der Ersatz der an den Dritten gezahlten Betrge – der nicht zu durchlaufenden Posten fhrt, weil der Unternehmer diese im eigenen Namen verausgabt hatte – einen Teil der Gegenleistung bildet.

11.36

Das Handeln des Unternehmers im Namen seines Leistungsempfngers setzt voraus, daß der Dritte erkennt, daß der Unternehmer nicht im eigenen Namen, sondern als echter (unmittelbarer) Vertreter fungiert. Erforderlich ist mithin grundstzlich, daß der Dritte den Namen des Vertretenen, d. h. seines vorgeblichen Vertragspartners, erfhrt.2 Ausnahmen kommen in Bagatellfl1 Vgl. BFH, BStBl. II 1970, 191; 2000, 100. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1970, 191; 2000, 100.

362

II. Entgelt

len in Betracht, insbesondere wenn der Dritte kein Interesse an der Kenntnisnahme hat.1 Entsprechendes gilt, wenn der Unternehmer als Vertreter eines Dritten auftritt (Beispiel: Ein Hotel erhebt von den Gsten eine sog. Kurtaxe o. . im Namen der Gemeinde auf Grund einer entsprechenden gemeindlichen Satzung als zwangsverpflichteter Verwaltungshelfer und fhrt die Betrge an die Gemeinde ab). Keine durchlaufenden Posten sind Steuern, Zlle u. . Abgaben, die der Unternehmer schuldet und auf den Leistungsempfnger als Kosten ber den Preis abwlzt.2 Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer vor allem bei den besonderen Verbrauchsteuern (namentlich bei der Minerallsteuer) als zwangsverpflichteter Gehilfe des Staates – wie bei der Umsatzsteuer (vgl. Rz. 1.18) – diese Steuer nur erhebt und an den Staat weiterleitet. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG liegt kein durchlaufender Posten vor, weil Schuldner dieser indirekten Steuern gegenber dem Staat der Unternehmer ist, so daß er sie im eigenen Namen vereinnahmt und verausgabt.

11.37

5. Tausch- u. . Vorgnge Die Gegenleistung kann auch ganz – oder teilweise (dazu Rz. 41 f.) – in einer Lieferung oder sonstigen Leistung (Dienstleistung) bestehen (Rz. 3.11). Das Gesetz spricht dann von einem Tausch oder tauschhnlichen Vorgang (§ 3 Abs. 12 UStG3). Dem steht der Fall gleich, daß statt der ursprnglich vereinbarten Geldleistung eine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wird (Hingabe an Zahlungs Statt). In diesen Fllen muß die Gegenleistung bewertet, d. h. in Geld ausgedrckt werden. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG „gilt“4 der Wert jedes Umsatzes abzglich Umsatzsteuer als Entgelt fr den anderen Umsatz. M.a.W.: besteht die Gegenleistung aus einer Lieferung oder sonstigen Leistung, stellt deren Wert abzglich der darin rechnerisch enthaltenen Umsatzsteuer das Entgelt fr die zu beurteilende Leistung dar. Maßgebend ist also stets der Wert der Gegenleistung und nicht der Wert der eigenen Leistung. Das entspricht dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer, die den Aufwand des Empfngers fr die ihm gegenber erbrachte Leistung besteuern will.

11.38

Bei einem reinen Tausch oder tauschhnlichen Vorgang fließt mithin kein Geld. Gleichwohl wird die Umsatzsteuer mit 16/116 bzw. 7/107 des Wertes der Gegenleistung als Geldbetrag geschuldet. Damit geht einher, daß der leistende Unternehmer in den Fllen des § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG zur Ausstel-

11.39

1 Vgl. BFH/NV 1989, 744; BStBl. II 2000, 100 (Deponiegebhren); 2000, 361 (Agenturgeschft mit gebrauchter Kleidung); Abschn. 152 Abs. 2 Satz 2 ff. UStR 2005 (Gebhren und andere Abgaben). 2 Klarstellung durch Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. 3 Diese Vorschrift ist eine reine Definitionsnorm, welche nur Bedeutung fr § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG hat und deshalb in § 3 UStG vllig falsch plaziert ist (s. auch Rz. 3.11). 4 Warum das Gesetz von einer Fiktion spricht, ist unverstndlich, denn unter Verbrauchsteuergesichtspunkten kommt nur der Wert der Gegenleistung in Betracht; so auch Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL.

363

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

lung einer Rechnung verpflichtet ist, in der er den Wert der Gegenleistung in Entgelt und Umsatzsteuer aufzuschlsseln hat, so daß der Leistungsempfnger, wenn er seinerseits vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist, den ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer vergtet erhlt, obwohl er ihn nicht in Gestalt von Geld entrichtet hat. Entsprechendes gilt fr die Leistung, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfnger erhlt. 11.40

Wert der Gegenleistung ist, wenn diese in der Lieferung von Gegenstnden besteht, deren Verkehrswert (Marktwert, gemeiner Wert). Auch wenn es nicht auf den Wert der erbrachten Leistung ankommt (Rz. 38), so muß gleichwohl zur Bewertung der Gegenleistung, wenn andere Anhaltspunkte fehlen, auf die Aufwendungen abgestellt werden, die dem leistenden Unternehmer fr die Leistung, deren Bemessungsgrundlage zu bestimmen ist, entstanden sind.1 Es greift dann die Vermutung ein, daß die Beteiligten von der Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen ausgehen. Das gilt regelmßig bei der Bewertung von Dienstleistungen2, insbesondere Arbeitsleistungen (als Gegenleistungen fr Sachzuwendungen des Arbeitgebers3), kann aber auch bei der Verschaffung eines Wirtschaftgutes angebracht sein. Beispiele: (1) Der Geschftsfhrer (oder ein anderer Arbeitnehmer) einer GmbH erhlt einen Pkw der Gesellschaft zur Verfgung gestellt, den er auch privat nutzen darf. Hierbei handelt es sich um einen tauschhnlichen Vorgang, bei der der sonstigen Leistung Pkw-berlassung die anteilige Arbeitsleistung (sonstige Leistung) des Geschftsfhrers gegenbersteht (Rz. 3.12 f.). Mangels anderer Anhaltspunkte fr die Bewertung dieser Gegenleistung ist davon auszugehen, daß der Wert den auf die Privatfahrten entfallenden Kosten4 des Pkw entspricht.5 (2) Bei der Einbringung eines Wirtschaftsgutes in eine Gesellschaft (Sacheinlage) handelt es sich um einen entgeltlichen Vorgang in Gestalt des Tausches. Die Gegenleistung liegt in der Erlangung der entsprechenden Vermgensbeteiligung an der Gesellschaft 1 Vgl. EuGH, EuGHE 1994, I-2329 = UR 1995, 64, Tz. 19; EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346 Tz. 24; BFH, BFH/NV 1996, 936 = UR 1997, 29; BStBl. II 1996, 114 (118); 1997, 668; 1999, 580; BFH/NV 2000, 607, 609; BStBl. II 2003, 438; FG Baden-Wrtt., EFG 2005, 320 (Werbung). 2 Wird fr eine empfangene Dienstleistung eine Lieferung erbracht, so bestimmt sich mithin der Wert der Dienstleistung nicht nach dem blichen Endverkaufspreis des gelieferten Gegenstandes, sondern nach dessen Einkaufspreis; vgl. EuGH, EuGHE 1994, I-2329 = UR 1995, 64, Tz. 19; EuGHE 2001, I-5163 = UR 2001, 346 Tz. 23 f.; BFH, UR 1997, 29. 3 Die Finanzverwaltung legt statt dessen bei Gewhrung freier Verpflegung, Unterkunft oder Wohnung die Werte der Sachbezugsverordnung zugrunde; Abschn. 12 Abs. 9 ff. UStR 2005. 4 Dazu zhlen auch solche Kosten, die nicht vorsteuerentlastet sind, da es um den Wert der Leistung geht; vgl. BFH, BStBl. II 1999, 580; FG Mnchen, DStRE 2004, 1299. Stellt sich die berlassung an den Arbeitnehmer hingegen als unentgeltliche Leistung dar (Rz. 4.36), so sind in die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG nur die vorsteuerentlasteten Kosten einzubeziehen (Rz. 52). 5 BFH, BStBl. II 1999, 580. Die Finanzverwaltung lßt es indes zu, daß die lohnsteuerrechtliche sog. 1 %-Regelung angewendet wird; BMF, BStBl. I 2000, 819, Rz. 26.

364

II. Entgelt (Rz. 3.16). Deren Wert bestimmt sich nicht nach dem Bilanzansatz des Wirtschaftsguts bei der empfangenden Gesellschaft, sondern nach dem Wert des eingebrachten Gegenstandes.1

Besteht die Gegenleistung nur zum Teil aus einer Lieferung oder sonstigen Leistung (Dienstleistung)2, so ist deren Wert der Geldzahlung hinzuzurechnen.3 Entgelt ist dann die Summe beider Betrge abzglich Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG). Hufiger Anwendungsfall ist die Inzahlungsnahme.

11.41

Beispiel: Autohndler U hat dem Kunden K ein Auto zum sog. Listenpreis von „40 000 Euro + 6400 Euro USt. = 46 400 Euro“ verkauft. Dabei wird vereinbart, daß das Altfahrzeug des K mit 11 600 Euro in Zahlung genommen wird, so daß K 34 800 Euro in bar zahlt. Dem Hndler gelingt es, das Altfahrzeug kurze Zeit spter, ohne daß Reparaturen oder andere Wertverbesserungen vorgenommen worden waren, fr 9280 Euro weiterzuverkaufen.

11.42

Die Bemessungsgrundlage fr die Lieferung des Neufahrzeugs betrgt: Barzahlung + Wert des eingetauschten Altfahrzeugs (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) = Wert der Gegenleistung ./. Umsatzsteuer 16/116 Bemessungsgrundlage (Entgelt, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG)

34 800 P 9 280 P 44 080 P 6 080 P 38 000 P

Der wirkliche Wert des Altfahrzeuges ist bei zeitnahem Weiterverkauf anhand des Verkaufserlses zu bestimmen.4 Er ergibt sich nicht aus der Differenz zwischen Listenpreis und Barzahlung, da der Listenpreis nicht notwendig den gemeinen, d h. den wirklichen Wert des gelieferten Gegenstandes wiederspiegelt. Es handelt sich im vorliegenden Fall um einen verdeckten Preisnachlaß im Wege der berhhten Inzahlungnahme des Altfahrzeugs.5 In diesem Fall mindert sich nicht etwa das Entgelt fr die Lieferung des Neufahrzeugs6, da von Anfang an die Inzahlungnahme vereinbart war und der Wert des eingetauschten Fahrzeugs objektiv feststand. Ist der Kunde seinerseits Unternehmer und hat er das Altfahrzeug im Rahmen seines Unternehmens geliefert, so ist die Bemessungsgrundlage fr diese Lieferung wie folgt zu bestimmen: 1 BFH, BStBl. II 1996, 114 (118); BFH/NV 2000, 607, 609. 2 blicherweise Tausch oder tauschhnlicher Umsatz „mit Baraufgabe“ genannt; Abschn. 153 Abs. 1 Satz 6 UStR 2005; Lippross, 5.3.1 (S. 606); Wagner in S/R, § 10 Rz. 216 ff.; Leonard in B/G, § 10 Rz. 56; Jakob, Rz. 392. Die Bezeichnung ist nicht nur sprachlich unverstndlich („-aufgabe“), sondern zudem auch wenig sinnvoll; vor allem dann, wenn die Gegenleistung berwiegend aus Geld besteht. 3 Nicht etwa ist der Wert der Sachleistung um den Geldbetrag zu mindern; so aber Abschn. 153 Abs. 1 Satz 7 UStR 2005. 4 Abschn. 153 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2 UStR 2005 erlaubt als großzgige Vereinfachungsregelung neben der Minderung um Reparaturkosten den Abzug eines Verkaufskostenabschlags von 15 % des Verkaufserlses. Dieser „Wert“ darf allerdings entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung im Rahmen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht als „Einkaufspreis“ angesetzt werden (Rz. 17.113). 5 Wenn der Hndler eine Rechnung entsprechend dem Listenpreis ausstellt und die Umsatzsteuer gesondert ausweist, so schuldet er die zuviel ausgewiesene Steuer iHv 320 Euro nach § 14c Abs. 1 UStG (Rz. 14.104 f.). 6 So aber Abschn. 153 Abs. 4 Satz 3 UStR 2005; Reiß, Umsatzsteuerrecht, 5.2.3 (S. 177).

365

11.43

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze Es handelt sich um einen Tausch, da dieser Lieferung ein Teil der Lieferung des Neufahrzeugs gegenbersteht. Mithin ist der Wert dieser Lieferung zu bestimmen. Dieser entspricht nicht dem Listenpreis des Neufahrzeugs, da dieses zu dem Preis nicht absetzbar war.1 Im Beispiel betrgt der gemeine Wert des Neufahrzeugs vielmehr 44 080 Euro. Davon entfallen 9280 Euro (= 44 080 Euro – 34 800 Euro) auf den Teil des Neufahrzeugs, der der Lieferung des Altfahrzeugs gegenbersteht. Folglich ist die Bemessungsgrundlage fr die Lieferung des Altfahrzeugs gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG 8000 Euro.

III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt 1. Entnahmen und unentgeltliche Lieferungen 11.44

Bei der fiktiven Lieferung gegen Entgelt gem. § 3 Abs. 1b UStG (Entnahme und unentgeltliche Lieferung)2 sind als Bemessungsgrundlage anzusetzen der Einkaufspreis zuzglich Nebenkosten fr den Gegenstand3 oder fr einen gleichartigen Gegenstand oder anderenfalls die Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes, abzglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 iVm. Satz 2 UStG)4, d. h. die Wiederbeschaffungskosten ohne Umsatzsteuer.

11.45

Das Abstellen auf die Wiederbeschaffungskosten im Zeitpunkt der Entnahme bzw. der unentgeltlichen Lieferung ist inkonsequent, da es bei der Besteuerung dieser Vorgnge lediglich um die Neutralisierung eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs geht (Rz. 4.1). Der Ansatz der Wiederbeschaffungskosten entspricht einkommensteuerrechtlicher Sichtweise5, die bei einer Entnahme die Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts whrend der Dauer der Zugehrigkeit zum Unternehmen erfassen will. Die bertragung dieses Gedankens auf die Umsatzsteuer ist verfehlt, denn diese ist eine Steuer auf die tatschliche6 Vermgensverwendung und nicht auf das, was der sich selbst versorgende Unternehmer (bzw. der von diesem beschenkte Dritte) im Zeitpunkt der Entnahme fr das nmliche Wirtschaftsgut bei Erwerb von einem anderen Unternehmer

1 Das bersieht Reiß, Umsatzsteuerrecht, 5.2.3 (S. 176 f.). Der gemeine Wert des Lkw in seinem Fall 28 betrgt deshalb nur 114 000 Euro, da das Fahrzeug nur mit einem Abschlag von 2000 Euro verkaufbar war. Auch in dem von Birkenfeld, § 70 Rz. 32, gebildeten Beispiel betrgt aus demselben Grund der gemeine Wert des Neuwagens nur 18 000 Euro. 2 Sowie beim Verbringen eines Gegenstandes iS des § 1a Abs. 2 UStG (Rz. 9.33 ff.). 3 Bzw. der Bestandteile, soweit nur fr diese ein Vorsteuerabzugsrecht bestand und mithin der Tatbestand des § 3 Abs. 1b UStG nur insoweit erfllt ist (dazu Rz. 4.8); EuGH, EuGHE 2001, I-4049 = UR 2001, 293; BFH, BStBl. II 2002, 551. 4 Entspricht Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b iVm. Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. 5 Die Anknpfung an die Wiederbeschaffungskosten ist deshalb entgegen Reiß in T/L, § 14 Rz. 137, genauso wenig verbrauchsteuerkonform wie die frhere Anknpfung an den Teilwert (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG aF. bis 1989). 6 Unverstndlich ist die Aussage von Reiß, aaO., daß der Unternehmer in Hhe der Wiederbeschaffungskosten fr seinen nichtunternehmerischen Verbrauch Einkommen aufwende. Das ist gerade nicht der Fall, denn Aufwendungen waren dem Unternehmer nur bei der ursprnglichen Anschaffung des Wirtschaftsguts erwachsen.

366

III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt

aufwenden mßte.1 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL steht deshalb im Widerspruch zu der von Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL aufgestellten Prmisse, daß der entnommene Gegenstand von der Umsatzsteuer entlastet worden war, so daß nur die Neutralisierung des Vorsteuerabzugs das Ziel der EGRichtlinie2 und damit des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG sein kann. Der Ansatz der Wiederbeschaffungskosten steht bei Investitionsgtern (Anlagegegenstnden) folglich auch im Widerspruch zu § 15a Abs. 1 UStG3, wonach bei einer nderung der Verwendungsverhltnisse nur die auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbetrge zu berichtigen sind. Zwischen steuerfreier und nichtunternehmerischer Verwendung besteht nur gesetzestechnisch, nicht jedoch inhaltlich ein Unterschied. Auch ist nicht einzusehen, wieso bei einer Grundstcksentnahme, die steuerfrei ist (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG), nach § 15a Abs. 8 iVm. Abs. 9 UStG4 nur die ursprngliche Vorsteuer zu korrigieren ist, hingegen bei einer steuerpflichtigen Entnahme eines anderen Wirtschaftsguts die Umsatzsteuer fr den Wiederbeschaffungswert entrichtet werden soll. Gleichermaßen unverstndlich ist, weshalb bei der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem steuerfreien Bereich es bei der Belastung mit der zeitanteiligen ursprnglichen, nichtabziehbaren Vorsteuer bleibt (mangels Vorsteuerabzug beim Erwerb ist der Tatbestand des § 3 Abs. 1b UStG5 nicht erfllt; Rz. 4.7)6, hingegen fr den Fall der Entnahme aus dem „steuerpflichtigen“ Bereich die Umsatzsteuerbelastung sich nach dem Wiederbeschaffungspreis richten soll. Die Rechtsfolge des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 17 UStG ist deshalb bei Anlagegegenstnden willkrlich und verstßt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.8 Des weiteren ist § 3 Abs. 1b UStG bei Anlagegegenstnden eine zeitliche Begrenzung analog § 15a UStG immanent. Da bei der Entnahme iS des § 15a Abs. 8 iVm. Abs. 9 UStG das Wirtschaftsgut nach 5 bzw. 10 Jahren umsatzsteuerrecht1 Stadie in R/D, Einf. Anm. 111, 149; vgl. auch W. Wagner in S/R, § 10 Rz. 271 f. (allerdings im Widerspruch zu Rz. 245 u. 251); aA. Shn, BB 1975, 219, 220 ff.; ders., StuW 1975, 164, 172 f. 2 Davon geht offensichtlich auch der EuGH aus. So fhrt er zur Bedeutung des Art. 5 Abs. 7 Buchst. a, der ebenfalls in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL genannt ist, aus: „(Bei) der Gleichstellung mit einer entgeltlichen Lieferung gem. Art. 5 Abs. 7 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie (handelt es sich) um zwei Mechanismen, die die gleiche wirtschaftliche Wirkung haben, nmlich einen Steuerpflichtigen zur Zahlung von Betrgen zu zwingen, die den Vorsteuerabzgen entsprechen, zu deren Vornahme er nicht berechtigt war“ (EuGH, UR 2004, 302, Tz. 90; Hervorhebungen vom Verf.). Es muß deshalb angenommen werden, daß der EuGH Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL einschrnkend interpretieren wird. 3 Und zu Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL. 4 Bzw. Art. 20 Abs. 3 iVm. Abs. 2 der 6. EG-RL. 5 Bzw. Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL. 6 Entsprechendes folgt aus der Steuerbefreiung § 4 Nr. 28 UStG bzw. Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL (Rz. 10.129). 7 Bzw. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL. 8 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gehrt auch zu den ungeschriebenen Grundstzen des Gemeinschaftsrechts, so daß auch Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL insoweit gegen hherrangiges Gemeinschaftsrecht verstßt.

367

11.46

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

lich als „verbraucht“ gilt, hat bei einer steuerpflichtigen Entnahme Entsprechendes zu gelten (Rz. 4.9). Das bedeutet, daß das in sich schlssige Konzept des § 15a UStG auf die Entnahme von Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens (Investitionsgter) zu bertragen ist (s. auch Rz. 16.39) und der § 3 Abs. 1b iVm. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG einer teleologischen Reduktion des Wortlauts zu unterwerfen ist. Entgegen § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG drfen analog § 15a Abs. 5 UStG bei Anlagegegenstnden nur die auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbetrge korrigiert werden, indem die auf den Restberichtigungszeitraum (analog § 15a Abs. 9 UStG) entfallende Vorsteuer zurckzuzahlen ist1. Die Besttigung findet sich in § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG, der bei einer nicht unter § 15a Abs. 8 UStG fallenden unentgeltlichen Verußerung eines Wirtschaftsgutes auch nur auf das Restvorsteuerberichtigungsvolumen abstellt. 11.47

Bei anderen Gegenstnden (sog. Umlaufvermgen) wre nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG der aktuelle („jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes“), d. h. fr den Zeitpunkt der Entnahme bzw. der unentgeltlichen Lieferung zu bestimmende Wiederbeschaffungswert (Einkaufspreis oder Selbstkosten2) abzglich Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 4 Satz 2 UStG) als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Einkaufspreis ist der Preis, den der Unternehmer fr die Wiederbeschaffung des entnommenen bzw. zugewendeten Gegenstandes beim Großhndler oder Hersteller zu zahlen hat. Auch diese Bestimmung ist indes inkonsequent, da der Zweck des Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL (Neutralisierung des Vorsteuerabzugs) verlangt, auf den Zeitpunkt des Erwerbs bzw. der Herstellung abzustellen. Auch § 15a Abs. 2 UStG3 sieht bei Umlaufvermgen nur die Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor (Rz. 16.125 ff.).

2. Nutzungsentnahme und unentgeltliche Dienstleistungen 11.48

a) Bei der Verwendung eines Gegenstandes fr außerunternehmerische Zwecke (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG; dazu Rz. 4.27) sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG grundstzlich die „bei der Ausfhrung entstandenen Ausgaben“4 als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Damit wird das Gesetzesziel deutlich, bei unentgeltlichen Leistungen und Wertabgaben nur den vorgenommenen Vorsteuerabzug zu korrigieren (Rz. 4.1) und nicht etwa den sich selbst versorgenden Unternehmer mit einer Privatperson gleichzustellen, die die nmliche Leistung von einem Dritten bezieht. Andererseits ist die Formulierung zu eng, denn danach wrden z. B. die fixen, d. h. die nutzungsunabhngi1 Stadie in R/D, Einf. Anm. 150 ff.; vgl. auch EuGH, aaO., Tz. 90 (Rz. 45 Fn.). 2 Entspricht dem „Selbstkostenpreis“ iS des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EGRL, d. h. dem Preis auf Selbstkostenbasis ohne Gewinnaufschlag. 3 Bzw. Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL. 4 Bis 2004 hieß es sachgerecht „Kosten“. Die Ersetzung des Begriffs durch „Ausgaben“ ergibt wenig Sinn und war berflssig, auch wenn es sich dabei um die bernahme des betreffenden Begriffs aus der deutschen Fassung des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL handelt, da dessen Bedeutung unklar ist. So heißt es in der englischen Fassung „full cost“, was offensichtlich etwas anderes als Ausgaben meint.

368

III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt

gen Kosten, die auch „entstehen“, wenn der Gegenstand nicht genutzt wird, nicht erfaßt werden. Entsprechend dem Gesetzesziel, die Besteuerung des Letztverbrauchs sicherzustellen, mssen als „entstandene Ausgaben“ alle Kosten erfaßt werden, die der nichtunternehmerischen Nutzung zuzurechnen sind. Der mgliche Sinn des Wortes „entstanden“ lßt diese Auslegung zu. Folglich sind auch Abschreibungen zu bercksichtigen, wie § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG klarstellt (Rz. 50). Allerdings spricht Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL von den „Ausgaben des Steuerpflichtigen fr die Erbringung der Dienstleistung“, was die Einbeziehung der fixen Kosten verbte, weil sie nicht „fr“ die Erbringung der Dienstleistung ausgegeben werden. Eine derartige enge Sichtweise wrde jedoch nicht dem Ziel der Richtlinie, nur den unternehmerischen Verbrauch von der Umsatzsteuer zu entlasten, entsprechen. Es ist deshalb anzunehmen, daß der EuGH bei einer Vorlage der Frage in Anlehnung an den Begriff der „Selbstkosten“ (Abs. 1 Buchst. b) die Formulierung des Abs. 1 Buchst. c iS von Kosten, die der Erbringung der Dienstleistung zuzurechnen sind, auslegen wrde.1

Da der Gesetzeszweck die Erfassung aller Kosten verlangt, die der nichtunternehmerischen Nutzung zuzurechnen sind2, ist statt des verfehlten Begriffs „Ausgaben“ weiterhin von Kosten zu sprechen. Die eigene Arbeitskraft fhrt nicht zu Kosten, ebenso wenig gehrt ein Gewinnaufschlag dazu. Nicht maßgebend sind die bei der Einkommensteuer angesetzten Werte fr die Nutzungsentnahme3, da das Einkommensteuerrecht und das Umsatzsteuerrecht unterschiedliche Ziele verfolgen und zudem Art. 11 Teil A Abs. 1 der 6. EGRL eine EG-einheitliche Bemessungsgrundlage bezweckt, die nicht von den etwaigen Besonderheiten der jeweiligen nationalen Einkommensteuerrechte beeinflußt werden darf. 1 So ist der EuGH in einem obiter dictum ohne weiteres davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c die „Ausgaben heranzuziehen (sind), die – wie die Abschreibungen fr die Abnutzung des Gegenstands (. . .) – mit dem Gegenstand selbst verknpft sind“; EuGHE 1996, I-4517 = UR 1996, 418, Tz. 36. Der EuGH geht mithin, ohne sich mit dem gegenteiligen Wortlaut auseinanderzusetzen, davon aus, daß die Abschreibungen als wesentlicher Teil der fixen Kosten „Ausgaben“ iS der Vorschrift sind; vgl. auch EuGHE 1989, 1925 = UR 1989, 373, Tz. 11 u. 29. 2 Nach Auffassung des BFH, BStBl. II 2001, 76, soll bei der privaten Nutzung eines Freizeitgegenstandes nur der Teil der Kosten zu bercksichtigen sein, der zu den Gesamtausgaben im selben Verhltnis stehe wie die Dauer der tatschlichen Verwendung des Gegenstandes fr unternehmerische Zwecke zur Gesamtdauer seiner tatschlichen Verwendung (ebenso Abschn. 156 Abs. 4 UStR 2005 m. Beispiel Yacht). Diese Sichtweise ist verfehlt, da sie zu einer Subventionierung der Privatnutzung solcher Gegenstnde fhrt, wie das Beispiel zeigt. Richtigerweise muß auch fr die Zeitrume, in denen der Gegenstand fr private Zwecke jederzeit zur Verfgung steht, von einer Verwendung fr außerunternehmerische Zwecke gesprochen werden (Stadie, UR 1990, 347, 348 aE.; Reiß in T/L, § 14 Rz. 160 aE.). Allerdings liegt in dem von dem UStR gebildeten Beispiel schon gar keine unternehmerische Ttigkeit vor (Rz. 5.91 f.), so daß bei Erwerb und Nutzung kein Vorsteuerabzug in Betracht kam, der zu neutralisieren wre. 3 AA. BFH, BStBl. II 1980, 309; 1995, 850, 852, zu den Kosten iS des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG aF.

369

11.49

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

11.50

Insbesondere war auch vor dem 1.7.20041 hinsichtlich der als Abschreibung anzusetzenden Kosten unbeachtlich, welche AfA-Stze einkommensteuerrechtlich zugrunde gelegt worden waren.2 Anzusetzen gewesen wren vielmehr als planmßige Abschreibungen die Betrge, die dem jhrlichen mutmaßlichen Wertverzehr entsprchen, so daß auf die zu erwartende Lebensdauer des Gegenstandes – nicht auf die betriebsgewhnliche Nutzungsdauer iS des § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG – abzustellen gewesen wre. Allerdings folgte seit Anbeginn aus § 15a Abs. 1 UStG und Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL die gesetzgeberische Wertung, daß bei beweglichen Wirtschaftsgtern typisierend von einer fnfjhrigen und bei unbeweglichen Wirtschaftsgtern von einer zehnjhrigen Nutzungsdauer auszugehen ist3, denn die Besteuerung der Nutzungsentnahme ist ebenfalls nichts anderes als die Berichtigung des Vorsteuerabzugs, der beim Erwerb des Gegenstandes vorgenommen worden war. Der Unterschied liegt nur in der Gesetzestechnik, so daß Vorgnge, die vom materiellen Gehalt her gleich sind, auch rechtlich gleich zu behandeln sind (Rz. 16.39). Nach § 15a UStG gilt der Gegenstand nach fnf bzw. zehn Jahren als verbraucht (Rz. 4.9, 4.34). Die Besttigung findet sich in § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG, wonach es bei einer unentgeltlichen berlassung eines Wirtschaftsgutes nur um das Restvorsteuerberichtigungsvolumen iS des § 15a Abs. 9 UStG geht. Mithin ist auch fr die Bestimmung der Abschreibungen im Rahmen der Kostenbestimmung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG bei beweglichen Wirtschaftsgtern eine fnfjhrige und bei unbeweglichen Wirtschaftsgtern eine zehnjhrige Nutzungsdauer zugrunde zu legen.4 Das ist lediglich das Ergebnis einer systematischen Auslegung des Gesetzes bzw. der Richtlinie. Ab dem 1.7.2004 wird das durch die Neufassung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in Gestalt der angefgten Stze 2 und 3 klargestellt. Danach gehren zu den Ausgaben auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten („Kosten“!) eines Wirtschaftsguts, soweit dieses dem Unternehmen zugeordnet ist und fr die Erbringung5 der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro, sind sie gleichmßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem fr das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht.

11.51

Nach Ablauf des Berichtigungszeitraums iS des § 15a UStG sind demgemß keine Abschreibungsbetrge mehr bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu bercksichtigen, sondern nur noch laufende Kosten. 1 Die Neufassung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG erfolgte rckwirkend zum 1.7.2004; Art. 21 Abs. 3 EURLUmsG. 2 Demgegenber sollten lt. BFH, BStBl. II 1997, 374, 376 (Tz. 2 c) die ertragsteuerlich zulssigen Methoden der AfA zugrunde zu legen gewesen sein. Dafr gab § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG aF. nichts her. 3 Stadie in R/D, Einf. Anm. 147, 150, 152. 4 So jetzt (fr die Zeit vor dem 1.7.2004) auch BMF, BStBl. I 2004, 468, Rz. 2; aA. Nieders. FG, EFG 2005, 72 =UR 2005, 162 (Rev.-Az. V R 56/04); zweifelnd FG Mnchen, EFG 2005, 148 = UR 2005, 160; EFG 2005, 649 (Vorlage beim EuGH). 5 Der Begriff „Erbringung“ ist Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL entnommen und erfaßt auch die Verwendung des Gegenstandes fr private Zwecke.

370

III. Bemessungsgrundlagen bei fiktiven Leistungen gegen Entgelt Beispiel: Steuerberater S hat ein zweigeschossiges Gebude errichtet, in dessen Erdgeschoß sich seine Praxis und in dessen Obergeschoß sich die Wohnung befindet. Die Herstellungskosten (ohne Umsatzsteuer) betragen 1 Mio. Euro. Er ordnet auch das Obergeschoß seinem Unternehmen zu, was nach h. M. zulssig sein soll (Rz. 6.9). Nach verfehlter EuGH-Auffassung soll die Privatnutzung nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG fallen (Rz. 10.13). In die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG ist als Abschreibung nicht entsprechend § 7 Abs. 4 EStG ein Betrag iHv. 2 % von 500 000 Euro = 10 000 Euro einzubeziehen, sondern entsprechend § 15a UStG ein Betrag von 10 % = 50 000 Euro. Nach zehn Jahren ist der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Wohnung wieder neutralisiert. Verblieben ist hingegen ein erheblicher Zinsgewinn hinsichtlich der 80 000 Euro Vorsteuern, die auf die Wohnung entfielen.

Es sind nur solche Kosten („Ausgaben“) einzubeziehen, die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG).1 Das folgt aus dem Zweck der Besteuerung der Nutzungsentnahme, den Vorsteuerabzug neutralisieren.2 Demgemß sind namentlich Versicherungsbeitrge (die zugrunde liegenden Leistungen sind steuerfrei, § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG) und Kraftfahrzeugsteuern sowie alle anderen Kosten, denen steuerfreie oder nicht steuerbare Leistungen o. . zugrunde liegen, nicht zu bercksichtigen.

11.52

Beispiel: Der Unternehmer nutzt einen dem Unternehmen zugeordneten PKW zu 50 % (Jahresdurchschnitt) fr nichtunternehmerische Zwecke. Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs im Kalenderjahr 20 000 km. Anschaffungskosten des Pkws vor 2 Jahren 60 000 Euro + USt. Laufende Kosten im Kalenderjahr: Wartung, Reparaturen Benzin, l Versicherung, Kfz-Steuer

3000 P + 480 P USt., 5000 P + 800 P USt., 2000 P.

Zu den Kosten zhlt zum einen die AfA. Bei einer Nutzungsdauer von 5 Jahren (analog § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG) ergibt sich ein Jahresbetrag von 12 000 Euro. Hinzu kommen als laufende Kosten 8000 Euro (ohne USt). Die Kosten fr die Versicherung und die KfzSteuer sind nicht zu bercksichtigen, da auf ihnen keine Umsatzsteuer lastet, die vom Unternehmer als Vorsteuer abgezogen werden konnte. Die Bemessungsgrundlage fr die Leistungsentnahme betrgt folglich 50 % von 20 000 Euro = 10 000 Euro. War der Gegenstand ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworben worden, so ist entgegen dem Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG gleichwohl dessen Tatbestand verwirklicht, soweit es um die Verwendung eingebauter Teile und der fr den Gegenstand in Anspruch genommenen Lieferungen und Dienstleistungen geht, fr die der Vorsteuer1 Eine derartige Einschrnkung findet sich zwar nicht in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL, ergibt sich jedoch aus dem Zweck der Besteuerung der nichtunternehmerischen Verwendung. Der EuGH folgert diese Einschrnkung aus Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL; EuGHE 1993, I-2615 = BStBl. II 1993, 812. 2 Demgemß galt diese Einschrnkung auch schon vor der entsprechenden nderung des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG (1999) im Wege teleologischer Reduktion der alten Fassung der Vorschrift (Stadie, Vorsteuerabzug, 1989, S. 18; Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, S. 240 f.) und deshalb auch nicht etwa erst seit der Entscheidung des EuGH aus 1993, aaO., im Wege richtlinienkonformer Auslegung.

371

11.53

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze abzug vorgenommen worden war (Rz. 4.33). In die Bemessungsgrundlage sind dann nur diese Kosten einzubeziehen.1

11.54

Unfallkosten bei einem Kraftfahrzeug sollen nach Auffassung des BFH unabhngig davon, ob sie auf einer unternehmerischen oder privaten Fahrt verursacht worden waren, Teil der jhrlichen Gesamtkosten sein und damit in beiden Fllen anteilig in die Bemessungsgrundlage der Privatnutzung nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG eingehen.2 Diese Sichtweise ist unhaltbar. Der Zweck der Besteuerung der privaten Nutzung verbietet es zum einen, daß in die Bemessungsgrundlage Kosten einbezogen werden, die ausschließlich durch eine unternehmerische Nutzung verursacht wurden und deshalb nur dieser zuzurechnen sind. Umgekehrt sind in die Bemessungsgrundlage fr die Besteuerung der Privatnutzung alle Kosten einzubeziehen, die durch die private Nutzung hervorgerufen worden sind und deshalb auch nur dieser – und damit ihr ausschließlich und vollen Umfangs – zuzurechnen sind. Die Umsatzsteuerbelastung der Nutzung von Kraftfahrzeugen und anderen Gegenstnden darf im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Willkrverbot) nicht von dem Zufall abhngen, ob der Gegenstand zum Unternehmen gehrt oder nicht.3 Richtigerweise ist hinsichtlich der durch eine Privatfahrt verursachten Reparaturkosten schon kein Vorsteuerabzug gegeben (Rz. 15.41), so daß die Kosten auch nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG einzubeziehen sind. Bei einem Totalschaden auf einer Privatfahrt ist eine zuvor erfolgte Entnahme des Fahrzeugs anzunehmen (Rz. 4.12).

11.55

Die Finanzverwaltung lßt es bei der Privatnutzung eines Kraftfahrzeugs aus Vereinfachungsgrnden zu, daß die einkommensteuerrechtliche sog. 1-v.H.-des-ListenpreisesMethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 bzw. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG) auch umsatzsteuerrechtlich angewendet wird.4 Sie entspricht indes nicht dem Umsatzsteuergesetz, da dieses keine derartige Methode vorsieht, und kann, da sie zu willkrlichen Ergebnissen fhrt, auch nicht als Schtzungsmethode anerkannt werden.5

11.56

Die fr den Umsatz geschuldete Umsatzsteuer gehrt nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Satz 2 UStG). Die auf die Kosten (Ausgaben) entfallene Umsatzsteuer zhlt nicht zu diesen, da sie als Vorsteuer vergtet worden ist.

11.57

b) Bei unentgeltlichen sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) iS des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Rz. 4.37) sind ebenfalls die bei deren Ausfhrung entstandenen Kosten („Ausgaben“) anzusetzen (§ 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG). Anders als 1 Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 1925 = UR 1989, 373; BMF, BStBl. I 2004, 864, Tz. 2.3 (Abs. 2). 2 BFH, BStBl. II 1980, 309; 1995, 850. 3 Htte der Unternehmer den Unfall mit seinem Privatfahrzeug verursacht, so htte er die Umsatzsteuerbelastung aus der Reparatur vollen Umfangs tragen mssen, wenn es sich um eine Privatfahrt gehandelt htte. Htte er hingegen den Unfall mit seinem Privatfahrzeug auf einer unternehmerischen Fahrt verursacht, so htte er den Vorsteuerabzug in voller Hhe vornehmen knnen, weil die Reparatur fr das Unternehmen ausgefhrt worden wre. 4 BMF, BStBl. I 2004, 864, Tz. 2.1.1 u. 4.2.2.3. 5 BFH, UR 1999, 281.

372

IV. Sog. Mindest-Bemessungsgrundlage

im Falle des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG scheinen nach dem Wortlaut auch solche Kosten mit einzubeziehen sein, die nicht vorsteuerentlastet sind, wie insbesondere Lohnkosten. Diese Rechtsfolge wre jedoch systemwidrig und willkrlich. Richtigerweise ist bereits § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG restriktiv zu interpretieren (Rz. 4.38 ff. mit Beispielen).

IV. Sog. Mindest-Bemessungsgrundlage Nach § 10 Abs. 5 UStG gilt bei entgeltlichen Umstzen in bestimmten Fllen statt des Entgelts die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG (Wiederbeschaffungskosten bzw. „Ausgaben“), wenn das „vereinbarte“ Entgelt iS des § 10 Abs. 1 UStG niedriger ist. Es handelt sich um Flle, in denen typischerweise ein Nheverhltnis zum Leistungsempfnger, d. h. ein nichtunternehmerisches Motiv („ein Kaufmann verschenkt nichts“) die zu niedrige Gegenleistung ausgelst hat. Das Gesetz bestimmt deshalb, daß mindestens die Bemessungsgrundlage anzusetzen ist, die nach § 10 Abs. 4 UStG bei vollstndiger Unentgeltlichkeit gelten wrde.

11.58

Betroffen sind Leistungen von

11.59

– Krperschaften und Personenvereinigungen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KStG sowie nichtrechtsfhigen Personenvereinigungen1 (d. h. insbesondere Personengesellschaften) an ihre Anteilseigner und Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 Alt. 1 UStG); – Einzelunternehmern an nahestehende Personen (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 Alt. 2 UStG); – Arbeitgebern an das Personal oder dessen Angehrige (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG). Eine Definition des Begriffs „nahestehende Person“ ist berflssig und zudem auch nicht mglich.2 Vielmehr indiziert das unter den Kosten iS des § 10 Abs. 4 UStG liegende Entgelt das Nheverhltnis, da ein Unternehmer fremden Personen blicherweise nichts schenkt bzw. an diese nicht verbilligt leistet. Eine nahestehende Person kann auch eine Gesellschaft sein, an der der Gesellschafter oder der Einzelunternehmer beteiligt ist. Letztlich kommt es auf ein Nheverhltnis jedoch nicht an, da grundstzlich jede unentgeltliche Lieferung (Rz. 4.16) und damit auch jede unter den Kosten liegende verbilligte Lieferung zu besteuern ist (Rz. 62).

1 Die des weiteren erwhnten Gemeinschaften kommen nicht in Betracht, das sie nicht Unternehmer sein knnen (Rz. 5.13 ff.). 2 Der Definitionsversuch durch Abschn. 158 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005 ist unbrauchbar. Zum einen muß nicht jeder Angehrige eine nahestehende Person sein und zum anderen ist es ohne Belang, ob Beziehungen „eng“ sind.

373

11.60

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

11.61

Ist das Entgelt (Preis ohne Umsatzsteuer) fr eine Dienstleistung1 marktblich, so verlangt das Gesetzesziel eine teleologische Reduktion dergestalt, daß es bei dem Entgelt als Bemessungsgrundlage bleibt, obwohl die Kosten iS des § 10 Abs. 4 UStG hher sind.2

11.62

Die 6. EG-Richtlinie kennt keine entsprechende Vorschrift3; sie wre – entgegen EuGH (Rz. 63) – auch berflssig. Da Unternehmer blicherweise nichts verschenken, folgt bereits aus dem Umstand, daß fr eine Leistung ein Entgelt (Preis ohne Umsatzsteuer) gefordert wird, welches unter den Kosten liegt, die Vermutung, daß die Verbilligung aus Grnden erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen. Schon aus § 3 Abs. 1b und Abs. 9a iVm. § 10 Abs. 4 UStG ergibt sich mithin, daß derartige Leistungen wie voll unentgeltliche zu behandeln sind, da es keinen Unterschied macht, ob eine Leistung unentgeltlich oder gegen ein zu geringes, nicht kostendeckendes Entgelt erbracht wird.4 Das entspricht einem elementaren Gedanken, der dem Mehrwertsteuersystem der 6. EG-RL innewohnt: Aus den Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG) folgt das Prinzip, daß bei Gegenstnden und Leistungen, die das Unternehmen verlassen, zumindest die Belastung mit derjenigen Umsatzsteuer wiederhergestellt wird, die zuvor bei ihrem Bezug von anderen Unternehmern auf ihnen lastete (bei Gegenstnden im Verhltnis zu ihrem „Restwert“ entsprechend § 15a UStG; Rz. 46). Anderenfalls knnte die Belastung des Endverbrauchs dadurch umgangen werden, daß statt einer Entnahme der Unternehmer den Gegenstand an eine nahestehende Person zu einem geringfgigen Preis liefert. Die Bestimmung des § 10 Abs. 5 UStG ist mithin bei richtiger Sicht berflssig.

11.63

Allerdings hat nunmehr der EuGH entschieden, daß es nach der 6. EG-Richtlinie unzulssig sei, Umstze, fr die eine tatschliche Gegenleistung gezahlt werde, als unentgeltliche Wertabgaben iS des Art. 5 Abs. 6 oder Art. 6 Abs. 2 anzusehen, wenn die Gegenleistung unter dem Selbstkostenpreis liege.5 Das ist verfehlt, da der EuGH das zuvor genannte Prinzip und den sich aufdrngenden logischen Schluß als einfache Auslegungsmethode6 nicht erkannt hat. Seine nur am Wortlaut der Bestimmungen orientierte Sichtweise lßt jedwedes umsatzsteuerrechtliches Problembewußtsein vermissen und ffnet der Umgehung Tr und Tor. Zu dessen Vermeidung mssen die Mitgliedstaaten 1 Bei einer Lieferung kann sich die Frage nicht ergeben, weil dann auch der marktbliche Wiederbeschaffungswert (Rz. 44) entsprechend niedrig wre. 2 Im Ergebnis ebenso EuGH, EuGHE 1997, I-2847 = BStBl. II 1997, 841; BFH, BStBl. II 1997, 840, wonach in diesem Fall § 10 Abs. 5 UStG nicht durch die 6. EG-RL gedeckt wre. 3 Die Bundesregierung versteht § 10 Abs. 5 UStG als Sondermaßnahme iS des Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-RL zum Zwecke der Verhinderung von Steuerumgehungen (vgl. Protokollerklrung zu Art. 27) und hatte 1978 eine entsprechende Ermchtigung des Rates herbeigefhrt; vgl. BFH, UR 1995, 155. 4 Vgl. auch Ruppe, § 1 Rz. 324. 5 EuGH, UR 2005, 98. 6 Es handelt sich deshalb nicht etwa, wie der Generalanwalt in seinem Schlußantrag, Tz. 42, meint, um unzulssige Analogie!

374

V. Steuerstze

nunmehr, wie es Deutschland bereits getan hatte, eine Sondermaßnahme gem. Art. 27 der 6. EG-RL beantragen.1

V. Steuerstze Auf die jeweilige fr den steuerpflichtigen Umsatz geltende Bemessungsgrundlage ist der einschlgige Steuersatz anzuwenden. Das Umsatzsteuergesetz kennt den allgemeinen Steuersatz von (zZt.) 16 v. H. (§ 12 Abs. 1 UStG) und den ermßigten Steuersatz von (zZt.) 7 v. H. (§ 12 Abs. 2 UStG).2 Der Gemeinschaft ist es bis heute nicht gelungen, die Steuerstze zu harmonisieren, geschweige denn zu vereinheitlichen.3

11.64

1. Ermßigter Steuersatz a) Der ermßigte Steuersatz gilt zum einen fr die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen der in der Anlage 2 zum Gesetz bezeichneten Gegenstnde (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Die dort aufgefhrten Gegenstnde lassen sich grob wie folgt gruppieren:

11.65

– Lebensmittel, auch Zubereitungen (vgl. Nr. 28, 31–33 der Anlage 2), mit Ausnahme einiger Nahrungsmittel des „gehobenen“ Bedarfs (vgl. Nr. 3 und 28); von den Getrnken sind nur Wasser, Milch und Milchmischgetrnke begnstigt (Nr. 4, 34 und 35); – lebende Tiere, land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Futter- und Dngemittel; – Gegenstnde des Buch- und Zeitschriftenhandels, Erzeugnisse des graphischen Gewerbes, Kunstgegenstnde, Sammlungsstcke u. .; – orthopdische Hilfsmittel. Der ermßigte Steuersatz gilt nur fr die Lieferung – sowie fr die Vermietung (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG) – der aufgezhlten Gegenstnde. Mithin ist bei Restaurationsumstzen (Abgaben von Speisen und Getrnken zum Verzehr an Ort und Stelle), die nach § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG als sonstige Leistungen anzusehen sind (Rz. 7.78), der allgemeine Steuersatz anzuwenden. Die Frage, ob an 1 Es heißt zwar in der vorlufigen deutschen Fassung der EuGH-Entscheidung, aaO., unter Tz. 26, daß die Gefahr der Umgehung „nicht“ zu einem auf Art. 27 gesttzten Antrag fhren kann, hierbei handelt es sich jedoch um einen bersetzungsfehler, wie die englische und die franzsische Fassung zeigen: „may be dealt with only by a request“ bzw. „ne pourrait donner lieu qu une demande“ (vgl. auch UR 2005, 194), der in der Fassung der amtlichen Sammlung beseitigt werden wird. 2 Darber hinaus bestimmt § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG besondere Steuerstze fr bestimmte land- und forstwirtschaftliche Betriebe (zur Funktion dieser „Besteuerung“ s. Rz. 17.44 ff.). 3 Es sind lediglich Mindeststeuerstze von 15 v. H. bzw. 5 v. H. festgeschrieben; vgl. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL.

375

11.66

Kap. 11 Bemessungsgrundlagen, Steuerstze

einem Bratwurststand o. . eine Abgabe der Speisen und Getrnke zum Verzehr an Ort und Stelle iS des § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG erfolgt (dazu Rz. 7.79), ist mithin von erheblicher Bedeutung. 11.67

b) Der ermßigte Steuersatz ist ferner – soweit erwhnenswert – anzuwenden auf – die Leistungen im Rahmen kultureller Veranstaltungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG); – die berlassung und Vorfhrung von Filmen (§ 12 Abs. 7 Nr. 7 Buchst. b UStG); – die Einrumung, bertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG). Voraussetzung ist, daß es sich dabei um den wesentlichen Inhalt der Leistung handelt.1 Das ist nicht der Fall, wenn die Einrumung eines Nutzungsrechts nach dem Urheberrechtsgesetz nur Nebenfolge bzw. notwendige Voraussetzung fr die Erbringung der eigentlichen Leistung ist (Beispiel: bertragung von sog. Standard-Software)2; – die Leistungen der Krperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinntzige, mildttige oder kirchliche Zwecke iS der §§ 51–68 AO verfolgen, mit Ausnahme solcher Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschftsbetriebs ausgefhrt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG)3; gemeint ist der wirtschaftliche Geschftsbetrieb iS des § 14 AO, der kein Zweckbetrieb ist (§ 64 Abs. 1 iVm. §§ 65 bis 68 AO); – die kurzen Personenbefrderungen insbesondere im Linienverkehr und mit Kraftdroschken („Taxis“), nmlich innerhalb einer Gemeinde oder anderenfalls, wenn die Befrderungsstrecke nicht mehr als fnfzig Kilometer betrgt (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG).

11.68

c) Die Begnstigungswirkung der Steuerermßigung tritt – wie bei einer Steuerbefreiung (Rz. 10.72) – nur auf der letzten Stufe ein, d. h. nur bei Umstzen gegenber Verbrauchern und anderen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Empfngern.4 Findet der ermßigte Steuersatz auf Umstze einer Zwischenstufe Anwendung, also auf einer vorhergehenden Stufe zwischen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern, so ist die Ermßigung bedeutungslos, da der Empfnger ohnehin von der jeweiligen Steuerbelastung durch den Vorsteuerabzug entlastet wird. Die Belastung des Endverbrauchers hngt davon ab, welcher Steuersatz fr den Umsatz an ihn gilt.

1 2 3 4

BFH, BStBl. II 2002, 114; vgl. auch Abschn. 168 Abs. 1 UStR 2005. Vgl. BFH, BStBl. II 1997, 372; 2002, 114; UR 2002, 133; BFH/NV 2005, 804; 2005, 808. Dazu nher H. F. Lange, UR 2002, 489, 491 ff.; Abschn. 170 UStR 2005. Diese geben, wenn sie steuerfreie oder nicht steuerbare Leistungen o. . gegenber den Brgern erbringen, die Steuerermßigung im Rahmen ihrer Kostenabwlzung an die Endverbraucher weiter.

376

V. Steuerstze

2. nderung des Steuersatzes Bei einer nderung des Steuersatzes ist der genderte Steuersatz auf diejenigen Umstze anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der Gesetzesnderung ausgefhrt worden sind (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). Das gilt auch fr Teilleistungen (Rz. 12.16).1 Maßgebend ist allein der Zeitpunkt der Ausfhrung des Umsatzes (Rz. 12.9 ff.) bzw. der Teilleistung (vgl. Rz. 12.14), so daß die Rechnungserteilung und die Vereinnahmung der Gegenleistung – auch im Falle der sog. IstVersteuerung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG – ohne Belang sind.

11.69

Folglich ist bei der Vereinnahmung der Gegenleistung in Gestalt von Vorauszahlungen, Anzahlungen u. . vor Inkrafttreten der Steuersatznderung die Steuer zu berichtigen (vgl. Rz. 12.20 m. Beispielen), wenn die Leistung (Teilleistung) erst danach ausgefhrt wird. Die Berichtigung erfolgt – entsprechend dem sich aus § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG ergebenden allgemeinen Grundsatz (Rz. 12.79) – nicht rckwirkend, sondern fr den Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung (Teilleistung) ausgefhrt worden ist (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG). Da es auf den Steuersatz im Zeitpunkt der Ausfhrung des Umsatzes ankommt, ist mithin bei nderungen der Bemessungsgrundlage iS des § 17 UStG und gleichgestellten Ereignissen der alte Steuersatz zugrunde zu legen, wenn der betreffende Umsatz vor Inkrafttreten der Steuersatznderung ausgefhrt worden war.

11.70

Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht spter als vier Monate vor dem Inkrafttreten der Steuersatznderung abgeschlossen worden ist, so kann – soweit die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben – der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen zivilrechtlichen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen (§ 29 Abs. 2 iVm. Abs. 1 UStG; dazu nher Rz. 20.14). Diese Mindestfrist von vier Monaten entspricht der des § 309 Nr. 1 BGB und beruht auf der berlegung, daß Steuersatznderungen mindestens vier Monate vor ihrem Inkrafttreten durch den Gesetzgeber bekannt gemacht werden, so daß die Vertragsparteien diese bercksichtigen konnten.

11.71

1 Abschn. 160 Abs. 4 UStR 2005.

377

Kapitel 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer I. Entstehung der Steuer 1. Allgemeines 12.1

Der Entstehungszeitpunkt ist im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes1 fr die Zuordnung der Steuer zu den Besteuerungszeitrumen und Voranmeldungszeitrumen von Bedeutung. Bei der Berechnung der Steuer fr das Kalenderjahr ist von der Summe der Umstze auszugehen, soweit fr sie die Steuer in diesem entstanden ist (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG); Entsprechendes gilt fr den jeweiligen Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Entstehungszeitpunkt der Steuer ist in § 13 und in § 13b Abs. 1 UStG geregelt. Letztere Bestimmung (dazu Rz. 46 ff.) gilt entgegen ihrem Wortlaut nur, wenn der Leistungsempfnger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG ist (Rz. 13.46 Fn.). Von der Entstehung ist die Flligkeit der Steuer zu unterscheiden (Rz. 18.38 ff.). Die Steuer entsteht regelmßig mit Ablauf eines Voranmeldungszeitraums (insbesondere in den Fllen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG). Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer von der Abgabe von Voranmeldungen nach § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG befreit ist. Voranmeldungszeitraum kann nach § 18 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 oder Abs. 2a Satz 1 UStG das Kalendervierteljahr oder der Kalendermonat sein (dazu Rz. 18.19).

12.2

Nach dem Gesetzeswortlaut entsteht die Steuer zu den in §§ 13 bzw. 13b UStG genannten Zeitpunkten, wenn die Voraussetzungen fr einen steuerpflichtigen Umsatz nach dem Umsatzsteuergesetz objektiv vorliegen. Auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten kommt es danach nicht an. Das kann bei einem unverschuldeten Irrtum des Unternehmers ber seine Unternehmereigenschaft, die Steuerpflicht des Umsatzes, den Umfang der Bemessungsgrundlage oder die Hhe des Steuersatzes gegen das bermaßverbot als Ausfluß des verfassungsrechtlich fundierten Verhltnismßigkeitsgrundsatzes verstoßen. Da der Unternehmer nur als Gehilfe (Steuereinsammler) des Staates fungiert (Rz. 1.18), darf das Risiko der zutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Sachverhalte nicht in unzumutbarer Weise vom Staat auf den Gehilfen abgeschoben werden. Allerdings muß dieser bei Zweifelsfllen eine verbindliche Auskunft des Finanzamts einholen oder den Vorgang vorsorglich als steuerpflichtig behandeln (Rz. 1.19).

1 Insolvenzrechtlich ist die Entstehung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ohne Belang, maßgebend ist vielmehr die Begrndetheit des Steueranspruchs iS des § 38 InsO; dazu Stadie in R/D, § 18 Anm. 1195 ff. Die Abgabenordnung knpft insbesondere mit den Haftungstatbestnden der §§ 74 und 75 AO (Rz. 19.21, 19.23) sowie fr den Beginn der Festsetzungsfrist (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und den Beginn des Zinslaufes (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO) an die Entstehung der Steuer an.

378

I. Entstehung der Steuer

2. Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Versteuerung) a) Grundstzliches, Kritik Die Steuer ist bei entgeltlichen Umstzen grundstzlich nach vereinbarten „Entgelten“1 zu berechnen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG; sog. Soll-Versteuerung; Soll-Prinzip). Lediglich in den Fllen des § 20 UStG darf die Berechnung nach vereinnahmten „Entgelten“ erfolgen (Rz. 24). Damit korrespondieren die Regeln ber die Steuerentstehung. Im Falle der Soll-Versteuerung entsteht, wenn der leistende Unternehmer Steuerschuldner ist, die Steuer grundstzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgefhrt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG)2; auf die Vereinnahmung der Gegenleistung kommt es nicht an (zur Steuerentstehung, wenn der Leistungsempfnger Steuerschuldner ist, s. Rz. 13.46 ff.). Die danach entstandene Steuer ist nach den Vorstellungen des Gesetzes grundstzlich zehn Tage spter fllig (§ 18 Abs. 1 Satz 3 UStG; dazu Rz. 18.38).

12.3

Soweit der Leistung keine Vereinbarung zugrunde liegt, sondern diese kraft Gesetzes ausgefhrt wird oder als ausgefhrt anzusehen ist (Rz. 2.18 ff.), findet ebenfalls das SollPrinzip Anwendung, da § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG nur den Regelfall benennt, ohne damit den atypischen ausschließen zu wollen, und § 20 UStG diesen nicht erfaßt.

12.4

Die Verpflichtung der Unternehmer, ihre Umstze nach dem Soll zu versteuern, d. h. zehn Tage nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Umsatz ausgefhrt worden ist, unabhngig davon, ob die Gegenleistung bis dahin eingegangen ist, steht im diametralen Gegensatz zum Zweck der Umsatzsteuer. Diese will als allgemeine, indirekte Verbrauchsteuer den Aufwand des jeweiligen Empfngers der Leistung belasten. Die Unternehmer haben folglich als zwangsverpflichtete Gehilfen des Staates nur die Funktion von Steuereinsammlern (Rz. 1.18). Mssen sie hingegen ihre Umstze nach dem Soll versteuern, so werden sie zur Vorfinanzierung der Steuer gezwungen, soweit ihre Kunden die Gegenleistung nicht – was in einigen Branchen durchgngig der Fall ist – bis zum Flligkeitstermin der Steuer entrichtet haben.

12.5

Soweit das sog. Soll-Prinzip den Unternehmer zur Vorfinanzierung der Steuer zugunsten des Staates zwingt, fhrt es zu einer finanziellen Belastung und damit zu einem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. die Berufsausbungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Ein solcher Eingriff ist verfassungswidrig, weil er gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz verstßt3 (Rz. 1.41). Dieses im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot verlangt fr staatliches Handeln, daß belastende Maßnahmen zur Erreichung eines Gesetzesziels geeignet, erforderlich und angemessen sein mssen.4 Es ist schon zu

12.6

1 Entgelte (iS des § 10 Abs. 1 UStG) knnen nicht vereinbart werden, sondern nur Gegenleistungen (Rz. 11.3). 2 Entspricht Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 iVm. Art. 22 Abs. 4 Buchst. a Satz 3 der 6. EG-RL. 3 Dazu bereits Stadie, UR 2004, 136, 140; zust. Birk, SteuerR, 7. Aufl. 2004, Rz. 1320 Fn. 55. 4 Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rz. 83 ff. mN. der BVerfG-Rspr.

379

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

bezweifeln, ob die Steuererhebung beim Unternehmer vor Vereinnahmung des Preises berhaupt geeignet ist, den Gesetzeszweck zu erreichen, da bis dahin nmlich der Unternehmer und nicht der Umsatzempfnger besteuert wird. Jedenfalls aber ist die Soll-Versteuerung nicht notwendig, um die Besteuerung des Aufwandes des Umsatzempfngers zu bewirken, d. h. die Vorfinanzierung der Steuer durch den Unternehmer ist nicht erforderlich, um den Gesetzeszweck zu erreichen. Das mildere und einfachere, gleich wirksame Mittel ist die Besteuerung der jeweils tatschlich vereinnahmten Gegenleistungen. 12.7

Bezeichnenderweise findet sich in den Gesetzesmaterialien auch kein Hinweis zur Rechtfertigung des Soll-Prinzips. Es wird lediglich vom Finanzausschuß mit unhaltbaren bis absurden Argumenten versucht, die in der Vorfinanzierung liegende Belastung zu leugnen (ausfhrlich Rz. 1.40). Zum Verstoß gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz drfte noch hinzukommen, daß dem Bund fr die Anordnung des in der Vorfinanzierung der Steuer liegenden Zwangskredits zugunsten des Staates die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Unabhngig davon verstßt die in dem Zwangskredit liegende Zinsbelastung jedenfalls deutlich gegen den Gleichheitssatz, weil die Unternehmer nicht nach einem gleichen Maßstab belastet werden, sondern der Umfang der Vorfinanzierung der Steuer von der Zahlungsmoral der Schuldner des jeweiligen Unternehmers abhngt (dazu bereits Rz. 1.41).

12.8

Die Verfassungswidrigkeit des Zwangs zur Vorfinanzierung der Steuer fhrt indes nicht dazu, daß das Bundesverfassungsgericht angerufen werden muß. Vielmehr kann das Gesetz verfassungskonform (und richtlinienkonform) ausgelegt werden, indem (vorlufige) Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG als Nichtvereinnahmung der Gegenleistung im Zeitpunkt der Flligkeit der Steuer verstanden wird (Rz. 59 f.). Folglich ist die Steuer gar nicht erst abzufhren, wenn zum Zeitpunkt der Flligkeit der Steuer die Gegenleistung noch nicht vereinnahmt worden ist.1 b) Ausfhrung der Leistung

12.9

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer grundstzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgefhrt ist, sofern keine Teilleistungen vorliegen (Rz. 13) und soweit nicht die Gegenleistung ganz oder zum Teil in einem frheren Voranmeldungszeitraum vereinnahmt worden ist (Rz. 17). Auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung kommt es bei der Steuerentstehung nicht2 an3, erst recht nicht auf die Vereinnahmung der Gegenleistung. Die Leistung ist ausgefhrt, wenn (sofern sie auf 1 Stadie, UR 2004, 136, 140. 2 Ausnahmen: § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG (innergemeinschaftlicher Erwerb); § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG (Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers; dazu Rz. 13.46). 3 Entsprechend der Logik der Soll-Versteuerung verlangt die Finanzverwaltung allen Ernstes die Schtzung des Entgelts, wenn ber Bauleistungen erst einige Zeit nach deren Ausfhrung abgerechnet wird; Abschn. 178 Satz 3 UStR 2005.

380

I. Entstehung der Steuer

vertraglicher Grundlage erbracht wird) das nach dem Vertrag geschuldete Verhalten, von unwesentlichen Mngeln abgesehen, erfolgt (ausgefhrt, erbracht, „bewirkt“1) ist, indem dem Vertragspartner der Leistungsinhalt verschafft worden ist. Entsprechendes gilt bei einer Leistung, die nicht auf vertraglicher Grundlage erfolgt (dazu Rz. 2.18 ff., 2.28 ff.). Sie ist ausgefhrt („bewirkt“), wenn der andere den Vorteil, der die Leistung ausmacht (Rz. 2.4, 2.31, 2.34), empfangen hat. Eine Lieferung ist in dem Zeitpunkt ausgefhrt, zu dem dem Abnehmer die Verfgungsmacht an dem Gegenstand verschafft worden ist (dazu Rz. 7.12 ff.).2 Das ist bei einer Werklieferung (Rz. 7.80 ff.) regelmßig der Zeitpunkt der Abnahme des fertigen, allenfalls mit nur unwesentlichen Mngeln versehenen Werks. Eine solche liegt konkludent auch in der Ingebrauchnahme des Werkes. Bei einer vorzeitigen Beendigung des Werkvertrages durch Kndigung beschrnkt sich der Lieferungsumfang auf das unfertige Werk, wenn dieses beim Auftraggeber verbleibt; die Lieferung ist dann im Zeitpunkt der Kndigung ausgefhrt. Entsprechendes gilt im Falle der Insolvenz des Unternehmers oder Auftraggebers bei Ablehnung der weiteren Erfllung des Vertrages seitens des Insolvenzverwalters. Die Lieferung beschrnkt sich auf das unfertige Werk, welches im Zeitpunkt der Insolvenzerffnung ausgefhrt worden ist3 (vgl. Rz. 2.23).

12.10

Bei einer Versendungs- oder Befrderungslieferung bestimmt sich der Zeitpunkt der Ausfhrung der Lieferung ebenfalls danach, ob und wann dem Abnehmer Verfgungsmacht iS des § 3 Abs. 1 UStG verschafft worden ist, und nicht nach § 3 Abs. 6 und 7 UStG. Diese Vorschriften bestimmen den Ort der Lieferung, wenn eine solche vorliegt, nicht etwa fingieren sie eine solche und deren Zeitpunkt.4 Ob und wann eine Lieferung vorliegt, bestimmt sich danach, wer die Gefahr des Untergangs der Ware whrend des Transportes ab welchem Zeitpunkt trgt (Rz. 2.9 u. Rz. 7.36). Das gilt folglich auch bei Reihengeschften.5

12.11

Ist bei einem Ratenkauf, einem sog. Mietkauf oder einem sog. Leasingverhltnis der Gegenstand von Anbeginn dem Kufer bzw. sog. Leasingnehmer zuzurechnen, so daß (schon) eine Lieferung vorliegt, so ist diese mit bergabe der Sache ausgefhrt (Rz. 7.29 ff.). Folglich stellt sich die Gegenleistung fr die Lieferung als Summe aller zu erbringenden Raten-, „Miete-“ bzw. „Leasing“Zahlungen einschließlich der Sonderzahlungen dar. Die Steuer entsteht mithin nach Maßgabe dieser Gegenleistung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Lieferung, was, wenn sie auch dann schon geschuldet wrde, zu

12.12

1 So Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL. 2 Eine Grundstckslieferung ist regelmßig mit der bergabe ausgefhrt (Rz. 7.34 und 7.26). Wird der Verzicht auf die Steuerbefreiung (§ 9 UStG) jedoch erst nachtrglich ausgebt, so entsteht die Steuer richtigerweise erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Verzicht ausgesprochen wurde (Rz. 10.161 f.). 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1978, 483, 485; 1980, 535, 537; 1980, 541; Abschn. 28 UStR 2005. 4 So aber Nieskens in R/D, § 13 Anm. 70 („Versendungs- und Befrderungslieferungen“); Martin in S/R, § 3 Rz. 459; Lippross, 2.3.6.3 (S. 148). 5 AA. Nieskens in R/D, § 13 Anm. 70 („Versendungs- und Befrderungslieferungen“); Birkenfeld, § 151 Rz. 41.

381

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

einem erheblichen Vorfinanzierungseffekt fhren wrde. Richtigerweise ist indes hinsichtlich der noch ausstehenden Raten von vorlufiger Uneinbringlichkeit auszugehen, so daß die Raten letztlich nach dem sog. Ist-Prinzip zu versteuern sind (Rz. 61). Entsprechendes gilt auch fr den Vorsteuerabzug des Erwerbers (Rz. 16.21). c) Teilleistungen 12.13

Bei Teilleistungen entsteht die Steuer nicht erst mit Ausfhrung der gesamten Leistung, sondern bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung ausgefhrt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 iVm. Satz 1 UStG).1 Teilleistungen liegen vor, wenn fr bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das „Entgelt“ (richtig: die Gegenleistung) gesondert vereinbart wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG). Typischer Fall ist die Erbringung einer Gesamtleistung sukzessive (in Teilen) und die Vereinbarung, daß fr die jeweiligen Teile der Leistung eine entsprechende Gegenleistung gesondert geschuldet ist. Der Umfang der Gesamtleistung und der Gesamtgegenleistung muß nicht feststehen (Beispiel: Dauerschuldverhltnisse, deren Laufzeit ungewiß ist und die durch Kndigung beendet werden).

12.14

Die einzelnen Teilleistungen werden von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG wie eigenstndige Leistungen (Umstze) behandelt, weil sie auch jeweils Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung sein, d. h. auch als eigenstndige Leistung htten erbracht werden knnen.2 Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß bei der Soll-Versteuerung der Zeitpunkt der Steuerentstehung nicht von dem Zufall abhngen soll (Gleichbehandlungsgrundsatz), ob durch einen Vertrag eine Gesamtleistung (ein Umsatz) vereinbart wird, dessen Teile jedoch sukzessive abgerechnet und abgegolten werden, oder ob ber die Teile jeweils sukzessive gesonderte Vertrge geschlossen werden, so daß jeweils gesonderte Umstze gegeben sind. Beispiele3: (1) In einem Mietvertrag sind monatliche Mietzinszahlungen vereinbart. Die monatlichen Nutzungsberlassungen stellen Teilleistungen dar, weil fr sie die entsprechenden Gegenleistungen gesondert vereinbart sind. Sie sind mit Ablauf des jeweiligen Monats ausgefhrt.4 (2) Ein Bauunternehmer hat sich verpflichtet, zu sog. Einheitspreisen die Maurer- und Betonarbeiten sowie den Innen- und Außenputz bei einem zu errichtenden Bauwerk 1 Entspricht Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL, wonach Leistungen, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlaß geben, jeweils mit Ablauf des Zeitraums als bewirkt gelten, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. 2 Folglich kann die Abgrenzung dahinstehen, ob im Einzelfall von einem Vertrag mit mehreren Leistungsteilen (ein Umsatz mit mehreren Teilleistungen) oder von einem Bndel mehrerer Vertrge (mehrerer Umstze) auszugehen ist. 3 Zu weiteren Beispielen s. Nieskens in R/D, § 13 Anm. 145. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 269.

382

I. Entstehung der Steuer auszufhren. Es ist vereinbart, daß die Maurer- und Betonarbeiten gesondert abgenommen und abgerechnet werden. Es handelt sich um eine Teilleistung, da sie einen Teil einer wirtschaftlichen teilbaren Leistung (Ausfhrung der gesamten Werklieferung des Bauunternehmers) darstellt, fr den die Gegenleistung gesondert vereinbart ist. Diese Teilleistung der Werklieferung ist mit Abnahme (Rz. 11) der Maurer- und Betonarbeiten ausgefhrt. Entsprechendes gilt fr die spter ausgefhrten Putzarbeiten.

Keine Teilleistungen liegen vor, wenn zwar whrend der Ausfhrung der Gesamtleistung Zahlungen zu erbringen sind, diese jedoch nicht bestimmten Teilen der Gesamtleistung zuzuordnen sind, sondern lediglich Abschlagszahlungen (Vorauszahlungen) auf die Gesamtgegenleistung darstellen. Whrend bei einer Teilleistung die Steuer schon mit deren Ausfhrung entsteht, unterliegen die Abschlagszahlungen der sog. Ist-Versteuerung (Rz. 17 f.).

12.15

Die Behandlung der Teilleistungen wie eigenstndige Leistungen (Umstze) ist vom Umsatzsteuergesetz zwar nur fr die Steuerentstehung vorgesehen, aus dem zugrunde liegenden Gedanken, daß es keinen Unterschied machen kann, ob eine Gesamtleistung, d. h. nur ein Umsatz vereinbart wird, dessen Teile gesondert abgerechnet werden, oder ob ber die Teile gesonderte Vertrge abgeschlossen werden, so daß mehrere Umstze vorliegen (Rz. 14), folgt indes, daß dieser Grundsatz fr das gesamte Umsatzsteuerrecht gilt.1 Folglich ist stets dann, wenn eine Regelung von einer Lieferung, sonstigen Leistung oder einem Umsatz spricht, diese Vorschrift auch auf Teilleistungen anzuwenden (Beispiele: § 14 und § 15 UStG). Das gilt insbesondere auch bei nderungen des Gesetzes. Umstze iS des § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG sind auch Teilleistungen.

12.16

d) Im voraus vereinnahmte Gegenleistung Wird die Gegenleistung oder ein Teil davon vor Ausfhrung der Leistung oder Teilleistung vereinnahmt (zur Vereinnahmung Rz. 27), so entsteht die Steuer insoweit bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG)2, sofern nicht die Leistung bzw. Teilleistung noch in demselben Voranmeldungszeitraum ausgefhrt wird. Betroffen sind insbesondere Anzahlungen, Abschlagszahlungen und Vorauszahlungen fr noch zu erbringende Leistungen, auch wenn die Zahlungen freiwillig erfolgen. Erfaßt werden indes nicht nur Zahlungen, sondern auch Lieferungen oder sonstige Leistungen als vorausentrichtete Gegenleistungen fr noch zu erbringende Leistungen im Rahmen eines vereinbarten Tausches oder einer tauschhnlichen Leistung (dazu Rz. 3.11).

12.17

Beispiele:

12.18

(1) Ein Mieter von Gewerberumen leistet einen sog. verlorenen Baukostenzuschuß. Hierbei handelt es sich um die Vorauszahlung eines Teils des Mietzinses fr die Dauer des Mietverhltnisses. 1 Vgl. Abschn. 160 Abs. 4 UStR 2005; aA. Birkenfeld, § 152 Rz. 6, allerdings im Widerspruch zu Rz. 51 (Vorsteuerabzug). 2 Entspricht Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

383

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer (2) Der Mieter (sog. Leasingnehmer) eines beweglichen Gegenstandes entrichtet eine Sonderzahlung. Auch hierbei handelt es sich um eine Vorauszahlung eines Teils des Mietzinses fr die Dauer des Mietverhltnisses. (3) Mit dem Erwerb einer aktivierten Guthabenkarte im Mobilfunkbereich wird eine Vorauszahlung fr zu erbringende Telekommunikationsleistungen des Kartenherausgebers gettigt.1 (4) Der Kufer eines Kraftfahrzeuges mit einer Lieferzeit von drei Monaten gibt bereits bei Vertragsabschluß ein Altfahrzeug in Zahlung. Insoweit liegt ein anteiliger Tausch vor (vgl. Rz. 11.41). Mit der Erlangung der Verfgungsmacht an dem Altfahrzeug wird ein Teil der Gegenleistung vereinnahmt, so daß die in dem Wert des Fahrzeugs (Rz. 11.42) enthaltene Steuer bereits entsteht.2

12.19

Der Zweck der Regelung liegt nicht in der Beseitigung von Zinsvorteilen beim Unternehmer3, die dieser aufgrund der vorausentrichteten Gegenleistung anderenfalls htte4, sondern dient der Herstellung des Gleichgewichts von Steuerentrichtung und Vorsteuerabzug bei den Beteiligten. Da der Zweck des Umsatzsteuergesetzes eine sofortige Entlastung des vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmers von der Umsatzsteuer verlangt (Neutralitt der Steuer, Rz. 15.2), ist der zahlende Unternehmer (wenn er vorsteuerabzugsberechtigt ist) nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG bei Vorliegen einer entsprechenden Rechnung zum Vorsteuerabzug hinsichtlich des in der Zahlung enthaltenen Steuerbetrages berechtigt (Rz. 22). Die Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG ist mithin die notwendige Konsequenz aus der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG.5

12.20

Hat sich bis zur Ausfhrung der Leistung bzw. Teilleistung (Rz. 16) der Steuersatz gendert, so ist die Steuer fr den Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung (Teilleistung) ausgefhrt worden ist, zu berichtigen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStG). Beispiele: In den vorhergehenden Beispielen (1) und (2) sind mithin die Vorauszahlungen (Baukostenzuschuß bzw. Leasing-Sonderzahlung) auf die Dauer des Mietverhltnisses zu verteilen.6 Fr die jeweiligen auf die Steuersatznderung folgenden Voranmeldungszeitrume ist dann entsprechend dem auf diese jeweils entfallenden Anteil der Vorauszahlung die Steuer zu berichtigen. Entsprechendes gilt im Beispiel (3). 1 Vgl. BMF, BStBl. I 2001, 1010. 2 Vgl. auch Birkenfeld, § 153 Rz. 53. 3 Das wre auch blanker Zynismus des Gesetzgebers angesichts des Umstandes, daß die Unternehmer ansonsten nach dem Soll-Prinzip durchgngig die Steuer vorfinanzieren mssen. 4 So aber BFH, BStBl. II 2002, 255; W. Wagner in S/R, § 13 Rz. 47; Nieskens in R/D, § 13 Anm. 155. 5 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG ist deshalb nicht etwa, wie Nieskens, aaO., meint, ein Systemverstoß und eine unzulssige Kombinierung von Soll- und Ist-Prinzip, sondern im Gegenteil – abgesehen davon, daß ein System kein Selbstzweck ist – die sachgerechte Umsetzung des Neutralittsgedankens und zudem die Anwendung der allein mit dem Wesen der Umsatzsteuer zu vereinbarenden Ist-Besteuerung! 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 848.

384

I. Entstehung der Steuer Bei einer Einmalzahlung fr eine Vielzahl von Leistungen, die ber einen lngeren Zeitraum zu erbringen sind, kann ein Darlehen vorliegen mit der Befugnis, dieses sukzessive um die jeweiligen Gegenleistungen nach Ausfhrung der entsprechenden Leistungen zu krzen.1

12.21

Der Zahlungsempfnger ist verpflichtet, dem Zahlenden eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der im Zahlungsbetrag rechnerisch enthaltenen Steuer zu erteilen (§ 14 Abs. 5 Satz 1 iVm. Abs. 4 UStG; dazu Rz. 14.14), damit dieser ggf. den Vorsteuerabzug vornehmen kann (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG; dazu Rz. 15.90). Ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer wird deshalb Zahlungen erst nach Erhalt einer entsprechenden Rechnung leisten.

12.22

Kommt es nicht zur Ausfhrung der Leistung bzw. der Teilleistung, so ist die Steuer2 zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG; Rz. 67 ff.).

12.23

3. Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Versteuerung) Die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten „Entgelten“ (richtig: Gegenleistungen)3 ist nach dem verfehlten § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG die Ausnahme, obwohl diese Methode die Regel sein mßte (Rz. 5 ff.) und kann – nach Genehmigung durch das Finanzamt4 – vom Unternehmer nur dann vorgenommen werden, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 20 UStG5 erfllt sind. Insoweit entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Gegenleistung vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG). Das gilt auch fr Vorauszahlungen.

12.24

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG kann der Unternehmer die Ist-Versteuerung anwenden, wenn

12.25

– sein Gesamtumsatz iS des § 19 Abs. 3 UStG (Rz. 17.18 ff.) im vorangegangenen6 Kalenderjahr nicht mehr als 125 000 Euro 7 betragen hat (Nr. 1), oder – er von der Buchfhrungspflicht nach § 148 AO befreit ist (Nr. 2) oder – soweit er Umstze aus der Ttigkeit als Angehriger eines freien Berufes iS des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausfhrt (Nr. 3), weil er nmlich insoweit nicht buchfhrungsverpflichtet ist (vgl. § 141 AO). In den Fllen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG kann sich die Befugnis zur Ist-Versteuerung auf Teile des Unternehmens beschrnken (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 UStG). Ein 1 2 3 4

Vgl. BFH, UR 2001, 446. Wie auch der vorgenommene Vorsteuerabzug beim Zahlenden, Rz. 16.24 f. Entgelte knnen nicht vereinnahmt werden, sondern nur Gegenleistungen (Rz. 11.3). Entgegen der Gesetzesformulierung („Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten“) hat das Finanzamt kein Ermessen, sondern muß dem Antrag stattgeben, wenn die Voraussetzungen des § 20 UStG vorliegen (Ermessensreduzierung auf Null). 5 Entspricht Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der 6. EG-RL. 6 Bei Beginn des Unternehmens ist maßgebend, ob im laufenden Kalenderjahr der Gesamtumsatz voraussichtlich nicht 125 000 Euro bersteigen wird. Bei einem Beginn im Laufe des Jahres ist ein entsprechend anteiliger Betrag maßgebend (§ 19 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG; dazu Rz. 17.22 ff.). 7 Fr in den sog. neuen Bundeslndern ansssige Unternehmer gilt der Betrag von 500 000 Euro (§ 20 Abs. 2 UStG).

385

12.26

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer Wechsel der Steuerberechnung ist mglich, jedoch nur zum Beginn eines Kalenderjahres (arg. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Bei einem Wechsel drfen Umstze nicht doppelt erfaßt werden oder unversteuert bleiben (§ 20 Abs. 1 Satz 3 UStG).1

12.27

Eine Vereinnahmung der Gegenleistung (oder von Teilen davon) liegt vor, wenn der Unternehmer darber wirtschaftlich verfgen kann. Eine wirksame Aufrechung mit einer Gegenforderung fhrt mithin zur Vereinnahmung der Hauptforderung.2 Die Abtretung einer Forderung des Leistungsempfngers bewirkt – unabhngig davon, ob sie erfllungshalber oder an Erfllungs statt erfolgte – als solche beim leistenden Unternehmer noch keine Vereinnahmung; diese tritt erst mit Zahlung des Dritten ein3, weil bis dahin der Leistungsempfnger nichts iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG aufgewendet hat und auch kein Fall des § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG (Tausch o. .) vorliegt.

12.28

Zahlungen Dritter fhren nur dann zur Vereinnahmung der Gegenleistung, wenn sie fr den Leistungsempfnger (Rz. 11.28; Rz. 12.63) oder fr die Leistung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) erfolgen (Rz. 11.30 f.; vgl. auch Rz. 12.64). Bei Hereinnahme eines Wechsels tritt Vereinnahmung folglich erst mit Einlsung durch den sog. Akzeptanten und nicht schon bei Diskontierung durch ein Kreditinstitut ein.4 Dieses zahlt nicht fr den Leistungsempfnger, sondern gewhrt mit der Diskontierung dem leistenden Unternehmer einen Kredit (Rz. 11.26). Hat der leistende Unternehmer seine Forderung auf die Gegenleistung gegen Entgelt abgetreten (verkauft; sog. Factoring), so liegt in der Erlangung des Kaufpreises keine Vereinnahmung der Gegenleistung, sondern lediglich eine Vorfinanzierung der Forderung. Da maßgebend ist, was der Leistungsempfnger aufwendet, erfolgt die Vereinnahmung der Gegenleistung erst im Zeitpunkt der Zahlung des Schuldners (Leistungsempfngers) und auch nur in Hhe seiner Zahlung (Rz. 11.15 ff.).

12.29

Unterschlagungen durch Personen aus dem Risikobereich des Unternehmers ndern nichts an der Vereinnahmung durch den Unternehmer.

4. Entnahmen, unentgeltliche Leistungen 12.30

Fr Leistungen iS des § 3 Abs. 1b und 9a UStG entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgefhrt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Eine Entnahme ist ausgefhrt, wenn der Gegenstand dergestalt dem nichtunternehmerischen Bereich zugefhrt ist, daß er auf Dauer nicht mehr dem Unternehmen dienen soll. Eine unentgeltliche Lieferung (Zuwendung) ist ausgefhrt, wenn der Dritte die Verfgungsmacht an dem Gegenstand erlangt hat. Eine unentgeltliche sonstige Leistung ist ausgefhrt, wenn dem Dritten der Vorteil verschafft worden ist (Rz. 10 aE.). 1 Dazu BFH, BStBl. II 2003, 817; Abschn. 182 Abs. 3 UStR 2005. 2 Es tritt keine Rckwirkung auf den Zeitpunkt (vgl. § 389 BGB) ein, zu welchem die Forderungen erstmals htten aufgerechnet werden knnen; Nieskens in R/D, § 13 Anm. 201. 3 Vgl. BFH, UR 2003, 497; aA. Abschn. 182 Abs. 1 Satz 10 und 11 UStR 2005; Lippross, 8.1.3.1 (S. 798); W. Wagner in S/R, § 13 Rz. 54; Nieskens in R/D, § 13 Anm. 201. 4 AA. Abschn. 182 Abs. 1 Satz 8 UStR 2005.

386

II. Berichtigung der Steuer

Im Fall der Verwendung eines Unternehmensgegenstandes iS des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Nutzungsentnahme) ist diese mit der jeweiligen Nutzung des Gegenstandes fr außerunternehmerische Zwecke ausgefhrt. Folglich entsteht die Steuer mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand entsprechend verwendet wurde. Das gilt auch fr die nichtunternehmerische Verwendung von Kraftfahrzeugen. Deren Besteuerung mit einem geschtzten Jahreswert ist eine grobe Vereinfachung, die mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren ist.

12.31

Problematisch scheint die durchgngige nichtunternehmerische Nutzung von Gebudeteilen zu sein, die nach verfehlter EuGH-Auffassung steuerpflichtig ist. Ginge man von einer (fiktiven) sonstigen Leistung aus, die erst mit Beendigung der nichtunternehmerischen Nutzung ausgefhrt wre, so entstnde bis dahin nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG keine Steuer. Von Teilleistungen (Rz. 13) kann schon deshalb nicht ausgegangen werden1, weil sie von der Vorschrift nicht erwhnt werden. Zudem wre der Weg, eine Vermietung mit monatlichen Mietzinszahlungen zu fingieren, durch die EuGH-Entscheidung, wonach die Fiktion einer Vermietung unzulssig sei2, verbaut. Die Annahme einer durchgngigen fiktiven sonstigen Leistung ist indes nicht angebracht, da die Entscheidung, die Gebudeteile privat zu nutzen, tagtglich neu getroffen wird, so daß auch insoweit der zuvor genannte Grundsatz gilt (Rz. 31).

12.32

II. Berichtigung der Steuer 1. Allgemeines Hat sich die Bemessungsgrundlage fr einen steuerpflichtigen Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gendert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgefhrt hat, den dafr geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG).3 Die Vorschrift ist nur deklaratorisch, da sie lediglich die Grundaussage des § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStG konkretisiert, wonach sich die Bemessungsgrundlage danach bestimmt, was letztendlich fr die Leistung aufgewendet wird (Rz. 11.5).4 Zur Gewhrleistung dieses Prinzips bestimmt § 17 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 UStG5 darber hinaus, daß auch in den Fllen, in denen die Forderung auf die Gegenleistung uneinbringlich wird (Nr. 1) oder der Umsatz nicht ausgefhrt wird (Nr. 2) oder wieder entfllt (Nr. 3 und Nr. 46), die Umsatzsteuer7 entsprechend zu berichtigen ist.8

1 AA. W. Wagner in S/R, § 13 Rz. 83. 2 EuGHE 2003, I-4101 = UR 2003, 288 = BStBl. II 2004, 378, Tz. 48 ff. 3 Der Leistungsempfnger hat ggf. den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG; dazu Rz. 16.7 ff.). 4 BFH, BFH/NV 1989, 199 = UR 1989, 198; EuGH, EuGHE 1997, I-3801 = UR 1997, 397, Tz. 15 f.; EuGHE 2001, I-4167 = UR 2001, 349, Tz. 33. 5 Zur Bedeutung des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG s. Rz. 16.30 ff. 6 Zum Nachweis der Erwerbsbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat gem. § 3d Satz 2 UStG s. Rz. 78 f.; Rz. 9.49 sowie Stadie in R/D, § 17 Anm. 178. 7 Und die Vorsteuer durch den Leistungsempfnger (Rz. 16.17 ff.). 8 Die entsprechenden Bestimmungen der 6. EG-RL finden sich in Art. 11 Teil C.

387

12.33

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

12.34

„Umsatz“ iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist auch die Entnahme oder unentgeltliche Leistung gem. § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a UStG, so daß auch bei diesen eine nderung der Bemessungsgrundlage o. . in Betracht kommt.1 Die Bestimmungen des § 17 Abs. 1 UStG gelten nach dessen Abs. 1 Satz 5 sinngemß bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb iS des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG (Rz. 9.47) und in den Fllen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers gem. § 13 b UStG (dazu Rz. 13.64).

12.35

Die von § 17 UStG angesprochene „Berichtigung“ ist nach Abs. 1 Satz 7 fr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die nderung der Bemessungsgrundlage bzw. der gleichgestellte Umstand iS des Abs. 2 eingetreten ist. Es erfolgt mithin keine Rckwirkung, so daß der ursprnglich entstandene Steueranspruch (bzw. Steuervergtungsanspruch) nicht berhrt wird.2 Die „Berichtigung“ betrifft lediglich die Korrektur der ursprnglich entstandenen Steuer (und Vorsteuer), d. h. der nach § 16 Abs. 1 und 2 UStG „berechneten“ Betrge. Die Vorschrift des § 17 UStG ist (von Abs. 4 abgesehen) eine rein materiell-rechtliche Norm.3 Ihr Abs. 1 Satz 7 setzt den in § 41 Abs. 1 Satz 1 AO niedergelegten Besteuerungsgrundsatz um, daß Vernderungen hinsichtlich eines Rechtsgeschfts „fr die Besteuerung unerheblich (sind), soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis bestehen lassen“. Das entspricht dem handelsrechtlichen Grundsatz, daß Geschftsvorflle nicht rckwirkend ungeschehen gemacht werden knnen. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG bringt demgemß darber hinaus einen allgemeinen Grundsatz des Umsatzsteuerrechts zum Ausdruck, wonach nachtrgliche Ereignisse nicht auf den Besteuerungszeitraum zurckwirken, in dem der Umsatz ausgefhrt worden war (Rz. 79).

12.36

§ 17 UStG betrifft nur die Berichtigung einer ursprnglich zu Recht entstandenen Steuer. Davon zu unterscheiden ist die nachtrgliche Erkenntnis, daß bei der Steuerfestsetzung eine falsche Bemessungsgrundlage o. . bei einem Umsatz zugrundegelegt worden war. In diesem Fall tritt eine „Rckwirkung“ dergestalt ein, daß die fehlerhafte Steuerfestsetzung nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§ 164 Abs. 2, § 173) korrigiert wird.4

12.37

§ 17 UStG ist nicht erst bei der Steuerberechnung fr das Kalenderjahr (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG), sondern bereits bei der Steuerberechnung fr die Voranmeldungszeitrume zu bercksichtigen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG). Da die Steuerentstehung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums eintritt (Rz. 2), folgt daraus, daß nderungen der Bemessungsgrundlage usw., die vor dem Entstehungszeitpunkt der Steuer erfolgten, sich ber § 10 Abs. 1 UStG unmittelbar auf die Entstehung der Steuer gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG auswirken. § 17 UStG erfaßt mithin nur Ereignisse und Umstnde, die nach der erstmaligen Entstehung der Steuer eintreten (zur Vorsteuer s. Rz. 15.3). 1 Dazu nher Stadie in R/D, § 17 Anm. 126 ff. 2 Folglich ist § 17 Abs. 1 Satz 7 (= Satz 3 aF.) UStG nicht etwa eine verfahrensrechtliche Sonderregelung gegenber § 164 Abs. 2 und § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO; so aber BFH, BStBl. II 2002, 562, 565; Seer in T/L, § 21 Rz. 445; Reiß, UmsatzsteuerR, 5.5 (S. 184). 3 Stadie in R/D, § 17 Anm. 5 f., 23; dort (Anm. 26 ff.) auch zu den aus der Vorschrift erwachsenden Ansprchen aus dem Steuerschuldverhltnis. 4 Stadie in R/D, § 17 Anm. 16.

388

II. Berichtigung der Steuer

Die Vorschrift enthlt keine zeitliche Begrenzung. Der Abstand zwischen dem Entstehungszeitpunkt der ursprnglichen Steuer und dem Eintritt des Ereignisses iS des § 17 UStG ist ohne Belang, da keine Rckwirkung eintritt, sondern die Berichtigungsbetrge fr den Besteuerungszeitraum zu bercksichtigen sind, in den dieses Ereignis fllt (§ 17 Abs. 1 Satz 7 iVm. § 18 Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 1 Satz 2 UStG).

12.38

Die Berechtigung („Verpflichtung“) des leistenden Unternehmers zur Berichtigung der Steuer ist nicht von einer Mitteilung an den Leistungsempfnger abhngig, d. h. es ist nicht erforderlich, daß diesem ber die nderung ein Beleg oder eine berichtigte Rechnung erteilt wird. Eine solche Information ist nicht vonnten, weil die nderung der Bemessungsgrundlage bzw. der Eintritt der gleichgestellten Ereignisse dem Leistungsempfnger in gleicher Weise wie dem leistenden Unternehmer bekannt geworden sein mssen1, da diese Umstnde nicht ohne Zutun oder Wissen des Leistungsempfngers eingetreten sein knnen. Folglich hat das Gesetz keine Verpflichtung zur Erteilung von Belegen vorgesehen.2 Die Pflicht des Leistungsempfngers zur Berichtigung seines Vorsteuerabzugs (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG) wird mithin nicht erst durch den Zugang eines solchen Beleges ausgelst3, da der Leistungsempfnger weiß, daß die Voraussetzung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorliegt (Rz. 16.9).

12.39

Damit korrespondiert, daß fr den leistenden Unternehmer hinsichtlich der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer auf Grund der nderung der Bemessungsgrundlage, des Uneinbringlichwerdens4 der Gegenleistung usw. kein Fall des § 14c Abs. 1 UStG eintritt.5 Er hat in der Rechnung entsprechend seiner Verpflichtung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG die ursprnglich geschuldete Steuer und mithin nicht, wie es § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG voraussetzt, einen hheren Steuerbetrag, als er nach dem Gesetz schuldet, ausgewiesen. Eine ursprnglich richtige Rechnung bleibt richtig6 (Rz. 14.88).

12.40

1 Ausnahme: Flle des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG; dazu Rz. 16.12 ff. 2 Ausnahme: Flle des § 17 Abs. 4 UStG (Jahresboni, Jahresrckvergtungen u. .); dazu Rz. 46. 3 BFH, BStBl. II 1996, 206. 4 Wre der Glubiger im Falle des Uneinbringlichwerdens der Gegenleistung zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 14c Abs. 1 UStG gezwungen, den Steuerbetrag und damit den Forderungsbetrag zu berichtigen, so wrde er, da seine Forderung weiterhin besteht, nicht mehr, wie es § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG verlangen, Entgelt und Steuer in zutreffender Hhe ausweisen. Zudem wrde das vom Schuldner als Forderungsverzicht gewertet werden. Alles das verkennt FG Saarland, EFG 2000, 1152 (LS). 5 So jetzt auch BFH, BStBl. II 1996, 206; aA. aber wohl BFH/NV 1998, 499 = UR 1998, 421; vgl. auch Abschn. 223 Abs. 3 Satz 3 UStR 2005 im Widerspruch zu Abschn. 151 Abs. 4 UStR 2005 (Wechseldiskontierung; dazu Rz. 14.107). 6 Stadie in R/D, § 14c Anm. 23 f.; § 17 Anm. 50 ff.

389

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

2. nderungen der Bemessungsgrundlage 12.41

Als nderung der Bemessungsgrundlage kommt nicht nur eine Minderung, sondern auch eine Erhhung in Betracht. Bei einem entgeltlichen Umsatz liegt eine solche nderung vor, wenn sich die aufzuwendende oder aufgewendete Gegenleistung einschließlich der Zahlungen Dritter fr die Leistung (Rz. 11.30) gegenber dem Zeitpunkt der Steuerentstehung vermindert oder erhht hat. Die Modifikation der Gegenleistung beruht regelmßig1 auf einer (zumindest konkludenten) Vereinbarung zwischen Leistendem und Leistungsempfnger bzw. Dritten oder auf einer gesetzlichen Regelung. a) Minderung der Bemessungsgrundlage

12.42

aa) Die Minderung muß die fr die Leistung zu erbringende oder erbrachte Gegenleistung (oder Zahlung des Dritten) betreffen.2 Auf die Bezeichnung des Minderungsbetrages kommt es nicht an.3 Zur Minderung der Bemessungsgrundlage beim Verkauf der Forderung unter Nennwert (sog. Factoring) s. Rz. 11.15 ff., bei Inanspruchnahme eines Skontos s. Rz. 11.24, bei der Wechseldiskontierung s. Rz. 11.26, beim Kreditkartengeschft s. Rz. 11.25.

12.43

Keine Minderung der Gegenleistung liegt vor, wenn mit einer Schadensersatzforderung (Vertragsstrafenforderung o. .) nicht wegen der Mangelhaftigkeit der Leistung selbst, sondern wegen verspteter Leistung, der Verletzung von Nebenpflichten oder wegen eines Mangelfolgeschadens aufgerechnet wird (Rz. 11.23). Ebensowenig handelt es sich um eine Minderung der Gegenleistung, wenn der Leistungsempfnger auf Rechnung des Leistenden oder nach einer Abtretung o. . an einen Dritten zahlt (Rz. 11.14).

12.44

Die Lieferung unberechneter Mehrstcke oder die zustzliche Lieferung anderer unberechneter Gegenstnde fhrt nicht zu einer Minderung des Entgelts fr die Lieferung der vereinbarten Menge, sondern zu einer Erweiterung des Umfangs der entgeltlichen Lieferung.4 Entsprechendes gilt fr Zugaben o. . bei sonstigen Leistungen.

12.45

bb) Eine Minderung kann auch noch nach Vereinnahmung der Gegenleistung erfolgen. Fr diesen Fall reicht jedoch nicht die Vereinbarung einer Reduzierung und die Erteilung einer Gutschrift aus5, sondern es ist die tatschliche

1 Darber hinaus werden von § 17 Abs. 1 UStG richtigerweise entgegen Abschn. 222 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005 auch Wechselkursnderungen erfaßt (Rz. 18.16). 2 Ein ABC der Einzelflle findet sich bei Stadie in R/D, § 17 Anm. 111. 3 Folglich liegt eine Minderung der Gegenleistung iS des UStG auch dann vor, wenn bei einer mangelhaften Lieferung (Werklieferung) nicht die Minderung des Kaufpreises (der Vergtung) nach §§ 441 bzw. 638 BGB vorgenommen, sondern Schadensersatz wegen Nichterfllung geltend gemacht wird; BFH, BStBl. II 2003, 620. 4 Vgl. Abschn. 24b Abs. 15 f. UStR 2005. 5 So aber BFH, BStBl. II 1995, 208; Abschn. 223 Abs. 2 Satz 3 UStR 2005; Zeuner in B/G, § 17 Rz. 17; Reiß, UmsatzsteuerR, 5.5 (S. 184); vgl. auch BFH, BStBl. II 1995, 206 („jedenfalls“, wenn Sicherheit gestellt).

390

II. Berichtigung der Steuer

Rckgewhr des vereinbarten Minderungsbetrages erforderlich.1 Die Gegenauffassung, die offensichtlich das ohnehin verfehlte Soll-Prinzip (Rz. 5 ff.) auch auf diese Konstellation ausdehnen will, bersieht, daß dieses nur fr die erstmalige Entstehung der Steuer, aber nicht mehr bei Vernderungen der Bemessungsgrundlage gelten soll (arg. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG), und verkennt, daß die Bemessungsgrundlage sich nach dem tatschlichen Aufwand des Leistungsempfngers zu bestimmen hat (Rz. 11.5). Sie bersieht ferner, daß im Falle der Nichtrckzahlung der Unternehmer auf Kosten des Leistungsempfngers in Hhe des auf den Minderungsbetrag entfallenden Steuerbetrages bereichert wre, wenn er gleichwohl die Umsatzsteuer gegenber dem Finanzamt berichtigen knnte (entsprechendes gilt in den Fllen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UStG; Rz. 69 ff.). Umsatzabhngige Boni, Rckvergtungen, Rabatte o. . fhren daher erst im Zeitpunkt ihrer Gewhrung (Verrechnung, Auszahlung) zur Minderung der Bemessungsgrundlagen der betreffenden Umstze. Werden diese zusammengefaßt fr unterschiedlich besteuerte Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts vorgenommen (z. B. Jahresboni, -rckvergtungen), so muß darber ein aufschlsselnder Beleg erteilt werden (§ 17 Abs. 4 UStG). In analoger Anwendung des § 14c Abs. 1 UStG ist dem leistenden Unternehmer die Berichtigung der Steuer solange zu versagen, wie er den Beleg nicht erteilt hat, weil der Leistungsempfnger bis dahin seiner Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht nachkommen kann.2

12.46

Werden nach der Entrichtung der Gegenleistung „Nachlsse“, „Gutschriften“, „Vergtungen“ o. . gewhrt, so handelt es sich dabei nicht zwingend um Minderungen der Gegenleistung. Es kann sich dahinter auch die Abgeltung einer Leistung des Empfngers verbergen. Maßgebend ist, ob nach dem Willen der Beteiligten eine nachtrgliche Reduzierung des Preises fr die Leistung desjenigen, der den „Nachlaß“ usw. einrumt, oder die Gegenleistung fr eine Dienstleistung des Zahlungsempfngers vorliegt. Dieselbe Fragestellung ergibt sich, wenn der Lieferer (Hersteller) dem Abnehmer (Hndler) „Zuschsse“ oder hnlich bezeichnete Zahlungen gewhrt. Diese knnen die Gegenleistung fr Werbemaßnahmen, Verkaufsfrderungen o. . Dienstleistungen des Hndlers sein.

12.47

Hingegen sind Sachprmien und Gewinne, die Hndler bei Teilnahme an Verkaufsfrderungsaktionen (-wettbewerben o. .) ihrer Lieferanten erhalten, nicht Gegenleistungen fr sonstige Leistungen der Hndler. Nach Auffassung des BFH sollen sie jedoch als Preisnachlaß zu behandeln sein, der zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage aller Lieferungen eines bestimmten Zeitabschnitts fhre.3 Dem ist nicht zu folgen, weil kein hinreichender Zusammenhang zwischen den Lieferungen und der Sachprmie bzw. dem Gewinn besteht.4

12.48

1 EuGH, EuGHE 2001, I-4167 = UR 2001, 349, Tz. 31 und 35; Stadie in R/D, § 17 Anm. 86 mwN.; insoweit zutreffend auch Abschn. 223 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005 fr die Mngelrge. 2 Stadie in R/D, § 17 Anm. 47. 3 BFH, BStBl. II 1995, 227. 4 Husmann, UR 1995, 60, 61.

391

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

12.49

cc) Eine Minderung der Gegenleistung verlangt nicht, daß diese wieder an denjenigen herausgegeben wird, der sie gezahlt hatte, so daß Rckzahlungsempfnger auch eine dritte Person sein kann. Zahlungen des Leistenden an einen Dritten stellen jedoch grundstzlich nur dann eine Minderung dar, wenn sie wirtschaftlich als Zahlung an den Leistungsempfnger anzusehen sind.1

12.50

Dieser Grundsatz gilt indes nicht bei Vergtungen des Herstellers einer Ware an den letzten Abnehmer in der Abnehmerkette. Der EuGH hat zutreffend entschieden, daß die Einlsung von auf der Warenverpackung eingedruckten Gutscheinen o. . durch den Hersteller unmittelbar gegenber den Kunden zu einer Minderung der Bemessungsgrundlagen der Lieferungen des Herstellers an die Groß- bzw. Einzelhndler fhrt, obwohl diesen gegenber keine Minderung der Gegenleistung eintritt. Der EuGH legt Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zu Recht dahin aus, daß der Staat letztlich keinen Betrag erheben darf, der den vom Endverbraucher gezahlten bersteigt. Damit korrespondiert der Neutralittsgrundsatz, demzufolge sich beim Hersteller die Bemessungsgrundlage nach dem Betrag bestimmen muß, den er letztlich erhalten hat.2 Anderenfalls wre die Umsatzsteuer keine Verbrauchsteuer, sondern wrde den Unternehmer, der nur als Gehilfe des Staates die Steuer fr dessen Rechnung einzieht (Rz. 1.18), belasten.3 Entsprechendes gilt bei anderen Vergtungen des Herstellers an Endkunden.4

12.51

dd) Bei einem vlligen oder teilweisen Verzicht auf die Gegenleistung ist danach zu unterscheiden, ob dieser aus nichtunternehmerischen (privaten) oder aus unternehmerischen Grnden erfolgte. Der Verzicht aus nichtunternehmerischen Erwgungen – was auch der Fall ist, wenn der leistende Unternehmer Gesellschafter des Leistungsempfngers ist – muß so gesehen werden, wie wenn ab dem Zeitpunkt des Verzichts eine unentgeltliche oder teilentgeltliche Leistung vorliegt. Es tritt dann zwar eine vollstndige oder teilweise Minderung der Gegenleistung ein5, gleichzeitig ist jedoch von einer unentgeltlichen Leistung iS des § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a UStG oder von einem Fall der sog. Mindest-Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG (Rz. 11.58) auszugehen, so daß die Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG (Rz. 11.44 ff.) eingreifen.6 Bei einem Verzicht aus unternehmerischen Grnden liegt, soweit kein Fall der endgltigen Uneinbringlichkeit gegeben ist, d. h. die Forderung 1 Beispiel: Einlsung von an Kunden ausgegebenen sog. Parkchips gegenber Parkhausbetreiber oder Befrderungsunternehmer, der diese in Zahlung genommen hatte, vgl. FG Baden-Wrtt., EFG 2004, 68 (Rev.-Az. V R 33/03). 2 EuGH, EuGHE 1996, I-5339 = UR 1997, 265 Tz. 24 u. 28; vgl. auch EuGHE 2002, I-8315 = UR 2002, 523. 3 Der Vorsteuerabzug des unmittelbaren Abnehmers ist nicht zu berichtigen, da sich dessen Aufwand nicht gemindert hat; EuGH, aaO., Tz. 33 (§ 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG; dazu Rz. 16.11). 4 FG Kln, EFG 2003, 1503 (Rev.-Az. V R 50/03). 5 Insoweit zutreffend BFH, BStBl. II 1968, 466; BFH/NV 2001, 491. 6 Vgl. Ruppe, § 16 Rz. 31 u. 77.

392

II. Berichtigung der Steuer

ohnehin nicht realisiert werden knnte, ebenfalls eine Minderung der Bemessungsgrundlage vor. Indes ist dann insoweit von einer nachtrglichen unentgeltlichen Zuwendung des Gegenstandes oder der sonstigen Leistung aus unternehmerischen Grnden auszugehen, so daß gem. § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG der Vorsteuerabzug zu berichtigen ist (dazu Rz. 16.88). Im Ergebnis treten mithin bei beiden Arten des Verzichts dieselben Rechtsfolgen ein. b) Erhhung der Bemessungsgrundlage Ob eine Erhhung der Gegenleistung vorliegt, bestimmt sich danach, ob der Leistungsempfnger oder ein Dritter ber die ursprnglich vereinbarte oder kraft Gesetzes geschuldete Gegenleistung hinaus zustzlich etwas „fr die Leistung“ aufwendet (Rz. 11.11, 30). Demnach erhhen auch freiwillige Zuzahlungen und versehentliche Doppelzahlungen die Bemessungsgrundlage (Rz. 11.12).1

12.52

Nicht einzubeziehen sind solche Zahlungen, die zwar auch im kausalen Zusammenhang mit dem Umsatz stehen, d. h. ohne diesen nicht angefallen wren, aber auf einem zeitlich danach verwirklichten Sachverhalt beruhen und deshalb diesem zuzuordnen sind (Rz. 11.13). Hierunter fallen insbesondere solche Zahlungen des Leistungsempfngers, die fr die versptete Entrichtung der Gegenleistung oder die Verletzung von Nebenpflichten zu entrichten sind. Folglich werden Mahnkosten und Beitreibungskosten nicht fr die Leistung, die der beigetriebenen Forderung zugrunde liegt, sondern als Schadensersatz gezahlt.2 Dasselbe gilt fr Verzugs- u. . Zinsen, die wegen verspteter Zahlung der Gegenleistung zu entrichten sind. Sie gelten den beim Leistenden eingetretenen Verzgerungsschaden (Ausfall der Kapitalnutzung, Zinsverlust) ab und werden nicht fr die Leistung gezahlt.3 Auch eine wegen verspteter Annahme (Abnahme) oder Mitwirkung verwirkte Vertragstrafe hat Schadensersatzcharakter und wird nicht zustzlich fr die Leistung aufgewendet.4

12.53

Zustzliche Zahlungen knnen indes auch gesonderte Leistungen abgelten. So sind Stundungszinsen die Gegenleistung fr eine eigenstndige sonstige Leistung (Rz. 7.75) in Gestalt der steuerfreien Kreditgewhrung (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG).5 Auch Verwahrungskosten u. . Kosten, die der Abnehmer

12.54

1 Ein ABC der Entgeltserhhungen findet sich bei Stadie in R/D, § 17 Anm. 125. 2 Abschn. 3 Abs. 3 UStR 2005; Birkenfeld, § 207 Rz. 60; aA. fr Mahnkosten Mßlang in S/R, § 17 Rz. 34; Zeuner in B/G, § 17 Rz. 16; Brockmann in H/M, § 17 Rz. 35. 3 Abschn. 149 Abs. 3 Satz 7 UStR 2005; EuGH, EuGHE 1982, 2527 = UR 1982, 159; OLG Frankfurt/Main, UR 1983, 14. 4 Abschn. 149 Abs. 3 Satz 6 iVm. Abschn. 3 Abs. 2 UStR 2005; Reiß in T/L, § 14 Rz. 68; Ruppe, § 16 Rz. 57; Achatz, Schadensersatz und Umsatzsteuer, Wien 1992, S. 129. 5 Entsprechendes gilt fr Verzugszinsen, da ihnen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht ebenfalls eine Leistung (Zwangskredit) zugrunde liegt, weil der Zahlende einen geldwerten Vorteil erlangt hat (Rz. 2.31; Rz. 10.81 Fn.).

393

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

einer Lieferung wegen Annahmeverzuges ersetzt, liegt trotz fehlender Vereinbarung eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne zugrunde1, da dem Abnehmer mit der Verwahrung des Gegenstandes ein Verbrauchsnutzen verschafft wurde (Rz. 2.20). 3. Uneinbringliche Forderungen a) Grundstzliches 12.55

Wenn das vereinbarte „Entgelt“ (richtig: die vereinbarte Gegenleistung)2 fr eine steuerpflichtige Leistung oder einen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist, so „hat“ der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgefhrt hat, den dafr geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen3 (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 UStG).4 Das Uneinbringlichwerden der Gegenleistung ist nicht unmittelbar unter § 17 Abs. 1 UStG zu subsumieren, weil die Bemessungsgrundlage sich nicht gendert hat. Da die Forderung bei Uneinbringlichkeit weiterhin in voller Hhe bestehen bleibt, hat sich die vereinbarte Gegenleistung iS des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 16 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 10 Abs. 1 UStG nicht gendert. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bestimmt deshalb, das Abs. 1 sinngemß gilt. Wird die Gegenleistung nachtrglich vereinnahmt, so ist der Steuerbetrag erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG; Rz. 62).

12.56

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 USG ist das notwendige Korrektiv zur Steuerentstehung nach dem Soll-Prinzip, weil danach die Steuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistung ausgefhrt worden ist, ohne daß es auf die Vereinnahmung der Gegenleistung ankommt (Rz. 3), und zehn Tage spter 1 Ebenso Ruppe, § 16 Rz. 58. 2 Dazu Rz. 11.3. 3 Der Leistungsempfnger hat den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG); dazu Rz. 16.17 ff. 4 Entspricht Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL („vollstndige oder teilweise Nichtbezahlung“). Nach dessen Unterabs. 2 knnen die Mitgliedstaaten im Falle der vollstndigen oder teilweisen Nichtbezahlung von dieser Regel abweichen. Der Sinn dieser Bestimmung erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Nicht gemeint kann sein, daß dem Unternehmer in diesen Fllen die Berichtigung der geschuldeten Steuer verwehrt werden darf, denn dann wrde gegen den fundamentalen Grundsatz der Richtlinie verstoßen werden, wonach Besteuerungsgrundlage die tatschlich erhaltene Gegenleistung ist und der Staat als Steuer keinen Betrag erheben darf, den der Unternehmer nicht erhalten hat. Nach Ansicht des EuGH soll die Bestimmung auf der Erwgung beruhen, daß es unter bestimmten Umstnden und aufgrund der Rechtslage in dem betreffenden Mitgliedstaat „schwierig sein kann, nachzuprfen, ob die Gegenleistung endgltig oder nur vorlufig nicht erbracht worden ist“, EuGH, EuGHE 1997, I-3801 = UR 1997, 397, Tz. 18. Das kann nur bedeuten, daß der EuGH den 1. Unterabsatz dieser Bestimmung zutreffend dergestalt interpretiert, daß „Nichtzahlung“ auch die „vorlufige“, d. h. die Nichtzahlung bei Flligkeit ist, und der 2. Unterabsatz der Bestimmung die Mitgliedstaaten ermchtigt, als Nichtzahlung nur die endgltige zu verstehen, weil anderenfalls die Gefahr besteht, daß die sptere Vereinnahmung seitens der Finanzverwaltung nicht mehr kontrollierbar ist.

394

II. Berichtigung der Steuer

fllig wird, d. h. an das Finanzamt abzufhren ist (§ 18 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Vorschrift bewirkt, daß die Steuer ihrem Zweck entsprechend (Rz. 11.5) nur nach der tatschlich erhaltenen Gegenleistung erhoben wird.1 Mithin wird entgegen dem Wortlaut („wenn“) auch die teilweise Uneinbringlichkeit erfaßt. Der Begriff der Uneinbringlichkeit ist umsatzsteuerrechtlich autonom zu interpretieren. Nicht etwa ist die Frage, ob eine Forderung uneinbringlich ist, fr das Umsatzsteuerrecht und das Ertragsteuerrecht einheitlich zu entscheiden2, schon deshalb nicht, weil das Einkommensteuerrecht den Begriff der Uneinbringlichkeit gar nicht kennt, sondern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf den Wert („Teilwert“) abstellt, vor allem aber, weil beide Steuerrechtsgebiete vllig unterschiedliche Zwecke verfolgen. Die Auslegung des Merkmals „uneinbringlich“ wird allein durch den Zweck des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bestimmt. Schon der Wortlaut der Vorschrift im Zusammenspiel ihrer beiden Stze zeigt, daß Uneinbringlichkeit nicht erst dann gegeben ist, wenn die Forderung schlechthin keinen Wert mehr hat,3 denn Satz 2 der Bestimmung belegt, daß trotz „Uneinbringlichkeit“ noch Zahlungen eingehen knnen.4 Schon deshalb richtet sich Uneinbringlichkeit nicht nach kaufmnnischen Gesichtspunkten5, denn eine aus kaufmnnischer Warte werthaltige Forderung kann aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht gleichwohl uneinbringlich sein.

12.57

Der BFH geht von Uneinbringlichkeit erst und nur dann aus, wenn die Forderung rechtlich, wie im Falle der Erffnung des Insolvenzverfahrens6, oder tatschlich auf unabsehbare Zeit nicht durchsetzbar ist.7 Die Nichtdurchsetzbarkeit sei auch bei Zahlungsunwilligkeit des Schuldners gegeben, wenn dieser sich erfolgreich der Zahlungsverpflichtung entziehe.8 Dem sei der Fall der Zahlungsverweigerung gleichzusetzen, wenn der Schuldner das Bestehen der Forderung selbst oder deren Hhe substantiiert bestreite, so daß die Mglichkeit bestehe, daß die Forderung nicht oder nicht in voller Hhe durchsetzbar sei.9 Das ergibt keinen Sinn. Ob die Zahlungsverweigerung begrndet wird, geschweige denn, ob sie zu Recht erfolgt, ist ohne Belang. Es macht keinen Unterschied, ob der Leistungsempfnger berechtigte Einwnde vorbringt, an den Haaren herbeigezogene Mngel geltend macht oder auf das Zahlungsverlangen gar nicht reagiert. Vom Gesetzeszweck her kommt es allein darauf an, daß der Leistungsempfnger, aus welchen Grnden auch immer, nicht zahlt.

12.58

1 Vgl. zu Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a iVm. Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL EuGH, EuGHE 1997, I-3801 = UR 1997, 397, Tz. 15 f. 2 So aber Devermann in O/S/L, § 17 Rz. 120; W. Widmann, UR 2004, 177, 179. 3 So aber Doralt/Ruppe, Rz. 1359. 4 BFH, BStBl. II 1987, 226; zutreffend insoweit auch BFH, UR 2002, 98, 99 = BStBl. II 2003, 206, 207. 5 So aber Mßlang in S/R, § 17 Rz. 60; Birkenfeld, § 208 Rz. 80; Pflger in H/M, § 17 Rz. 56; Lippross, 5.9.4 (S. 648); zutreffend Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 125, 135. 6 BFH, BStBl. II 1987, 226; UR 2003, 497, 499; BStBl. II 2003, 546. 7 BFH, UR 2002, 98 = BStBl. II 2003, 206; BStBl. II 2004, 684; BFH/NV 2005, 928. 8 BFH, BStBl. II 1983, 389, 391. 9 BFH, UR 2002, 98 = BStBl. II 2003, 206; BStBl. II 2004, 684.

395

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

Das Abstellen auf die Durchsetzbarkeit der Forderung und damit auf die Erfolgsaussichten eines zivilgerichtlichen Prozesses hat mit dem Gesetzeszweck rein gar nichts zu tun.1 Es ist ein bilanzrechtliches und einkommensteuerrechtliches Kriterium, welches auf den Wert der Forderung abstellt und deshalb bei der Auslegung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG nichts zu suchen hat. Eine Handwerkerforderung gegenber einer zahlungsfhigen Gemeinde, welche die Zahlung mit allen mglichen Vorwnden ber viele Monate hinauszgert, ist zwar werthaltig, so daß einkommensteuerrechtlich eine Bewertung mit einem niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) nicht in Betracht kommt, jedoch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht (vorerst) uneinbringlich. 12.59

Zur Vermeidung einer Vorfinanzierung der Steuer zu Gunsten des Staates, welche zur Erreichung des Gesetzeszwecks (Besteuerung der Leistungsempfnger) nicht erforderlich, deshalb unverhltnismßig und damit verfassungswidrig wre (Rz. 6 f.), ist eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffes „uneinbringlich“ erforderlich. Es hlt sich im Rahmen des mglichen Wortsinnes, unter (vorlufiger) Uneinbringlichkeit die Nichtvereinnahmung der Forderung im Zeitpunkt der grundstzlichen – d. h. bei rechtzeitiger Abgabe der Voranmeldung eintretenden (Rz. 18.38) – Flligkeit der Steuer (10 Tage nach Steuerentstehung, § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG) zu verstehen. Folglich ist die nach dem Soll-Prinzip entstandene Steuer zwar in die Steuererklrung fr den betreffenden Voranmeldungszeitraum aufzunehmen, aber noch nicht abzufhren, wenn bzw. soweit die Gegenleistung zum genannten Termin noch nicht eingegangen ist.2 Die Steuer wird mithin bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes erst dann geschuldet, wenn bzw. soweit der Umsatzempfnger gezahlt hat (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).3 Das Soll-Prinzip des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG iVm. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG gilt folglich nur zehn Tage lang. Diese Sichtweise entsprach zwar nicht den Vorstellungen des ursprnglichen Gesetzgebers von 1967 (Rz. 6), aber darauf kommt es bei einer verfassungskonformen Auslegung nicht an, da davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber verfassungskonforme Gesetze erlassen und in diesem Sinne ausgelegt sehen will.

12.60

Auch Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL verlangt eine derartige Auslegung, denn danach ist die Besteuerungsgrundlage im Falle der„vollstndigen oder teilweisen Nichtbezahlung (. . .) nach Bewirkung des Umsatzes“ zu 1 Diese Sichtweise mßte nmlich bedeuten, daß, wenn der Unternehmer das Risiko eines Zivilprozesses scheut, niemals Uneinbringlichkeit angenommen werden drfte, wenn die Forderung objektiv gesehen durchsetzbar ist; das wre absurd; Stadie in R/D, § 17 Anm. 139.2; ders., UR 2004, 482. 2 Daß die derzeitigen Steuererklrungsvordrucke entsprechende Zeilen nicht vorsehen, ist ohne Belang, da nicht die Vordrucke das materielle Recht bestimmen, sondern dieses jene. 3 Bilanz- und einkommensteuerrechtlich ist, wenn eine Teilwertabschreibung der Forderung nicht in Betracht kommt, weil diese werthaltig ist (s. Rz. 58 aE.), hinsichtlich des Umsatzsteuerbetrages eine Rckstellung zu bilden, da anderenfalls wegen der Bilanzierung des Bruttobetrages der Forderung ein unzulssiger Ertrag anfallen wrde.

396

II. Berichtigung der Steuer

vermindern. Der EuGH1 versteht unter „Nichtbezahlung“ zu Recht auch die „vorlufige“ Nichterbringung der Gegenleistung.2 Folglich ist dem Wortlaut des Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL entsprechend die Besteuerungsgrundlage zu mindern bzw. die entstandene Steuer zu berichtigen, wenn „nach Bewirkung des Umsatzes“ die Gegenleistung nicht bezahlt wird. Auf die Grnde der Nichtzahlung kommt es nicht an (Rz. 58), so daß auch bei einer freiwilligen Zielgewhrung oder Stundung vorlufige Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG gegeben ist. Demgemß ist auch bei einem Ratenkauf, Mietkauf o. . Rechtsverhltnis (z. B. Spezial-Leasing usw.), bei dem bereits im Zeitpunkt der bergabe des Gegenstandes eine Lieferung anzunehmen ist (Rz. 7.29 ff.) und folglich sogleich die Steuer hinsichtlich der gesamten Gegenleistung entstnde (Rz. 12.12), bezglich der noch ausstehenden Raten u. . jeweils vorlufige Uneinbringlichkeit anzunehmen. Auch wenn eine Forderung aus einer Lieferung oder sonstigen Leistung in eine Darlehensforderung umgewandelt wird, ndert das nichts an der vorlufigen Uneinbringlichkeit der Forderung auf die Gegenleistung, selbst wenn diese zivilrechtlich durch die Novation erloschen ist. In der Umwandlung dokumentiert sich die Uneinbringlichkeit.3 Unter verbrauchsteuerrechtlicher Sicht ist maßgebend, was der Leistungsempfnger tatschlich fr die Leistung aufwendet (Rz. 11.5). Wird das Darlehen zurckgezahlt, so liegt mithin dann ein Fall des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG vor (Rz. 62), weil es sich wirtschaftlich gesehen nur um eine Stundung der Forderung aus dem Umsatz handelte (zur Wechseldiskontierung s. Rz. 28).

12.61

b) Nachtrgliche Vereinnahmung Wird der Forderungsbetrag („das Entgelt“) nachtrglich ganz oder zum Teil „vereinnahmt“, so ist der Steuerbetrag4 erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Diese Bestimmung stellt klar, was sich schon aus § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStG ergibt, daß nmlich der Besteuerung zugrunde zu legen ist, was letztlich fr die Leistung aufgewendet wird (Rz. 11.5). Vereinnahmung ist nicht im wortwrtlichen Sinne zu verstehen; auch Zahlungen an Dritte werden vom Unternehmer „vereinnahmt“, wenn sie ihm zugute kommen, d. h. auf seine Rechnung erfolgen (Rz. 11.28). Die Zahlungen knnen auch durch Dritte erfolgen; Voraussetzung ist indes, daß sie „fr die Leistung“ erfolgen (Rz. 11.30 f.).

12.62

Zahlungen eines Dritten als Brge o. . sind als Zahlungen des Leistungsempfngers anzusehen, da sie fr ihn erfolgen (Rz. 11.28). Entsprechendes gilt bei einer gesetzlichen Haftung des Geschftsfhrers einer GmbH bei deren Insolvenz, da er kraft Gesetzes fr die GmbH zahlt.

12.63

1 2 3 4

EuGHE 1997, I-3801 = UR 1997, 397, Tz. 18. S. o. Rz. 55 Fn. Dort auch zur Bedeutung des Unterabs. 2 der Vorschrift. Stadie in R/D, § 17 Anm. 151 mwN.; vgl. auch BFH, BFH/NV 2005, 928. Sowie der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfnger (Rz. 16.22 f.).

397

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

12.64

Hingegen werden Zahlungen eines Dritten, die dieser auf Grund einer Verpflichtung gegenber dem leistenden Unternehmer (oder aus anderen Grnden) in dessen Interesse wegen des Ausfalls der Forderung (auf die Gegenleistung) ttigt, nicht fr die Leistung erbracht und folglich nicht von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (Rz. 11.30) und damit auch nicht von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erfaßt, so daß sie nicht die Bemessungsgrundlage beeinflussen. Das gilt namentlich fr Zahlungen auf Grund einer Warenkreditversicherung1 oder bei einer Delkrederehaftung des Handelvertreters (Agenten, „Vermittlers“) fr die Nichtzahlung der Gegenleistung durch den vermittelten Kunden.2 Beispiele:

12.65

(1) Der Unternehmer hat sich durch eine sog. Warenkreditversicherung gegen Forderungsausfall abgesichert. Die Zahlung des Versicherungsunternehmens bei Ausfall einer Forderung ist keine Zahlung iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG und fhrt damit nicht zu einer nachtrglichen Vereinnahmung iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG, weil die Zahlung nicht fr die der Forderung zugrunde liegende Lieferung oder Dienstleistung gettigt wird, sondern weil nach dem Versicherungsvertrag der Versicherungsfall (Schadensfall) und damit die Zahlungspflicht eingetreten ist. Der Unternehmer hatte sich lediglich auf eigene Kosten gegen einen Vermgensschaden abgesichert. Die Forderung des Unternehmers aus der Lieferung bzw. Dienstleistung bleibt mithin uneinbringlich, so daß der Unternehmer die Umsatzsteuer nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG erneut berichtigen muß.

12.66

(2) Handwerker hatten Bauleistungen fr eine Bautrger-GmbH ausgefhrt, die anschließend insolvent wurde. Die Finanzierungsbank des Bautrgers beglich die Handwerkerforderungen. Motiv fr die Bank war die Kritik in der ffentlichkeit daran, daß die Bank hinsichtlich ihrer Darlehen, die sie dem Bautrger gegeben hatte, durch Grundpfandrechte am Grundstck gesichert war, whrend die Handwerker mangels Sicherheiten leer ausgingen. Motiv der Bank war mithin, der Rufschdigung des Bankgewerbes entgegenzuwirken. Der BFH bejahte einen Fall des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG und damit eine nachtrgliche Vereinnahmung iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG.3 Er verkennt damit, daß die Bank allein deshalb gezahlt hat, um den Vermgensschaden der Handwerker, der durch den Ausfall ihrer Forderungen eingetreten war, zu beseitigen. Sie hat nicht fr die Leistungen der Handwerker gezahlt, weil diese bereits erbracht waren, und wollte auch nicht den Leistungsempfnger begnstigen, was Voraussetzung einer Zahlung iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG ist (Rz. 11.30). Die verfehlte Sichtweise muß dazu fhren, daß der Leistungsempfnger (Bautrger) den vorgenommenen Vorsteuerabzug hinsichtlich der Handwerkerrechnungen nicht berichtigen muß. Dieses Ergebnis ist unhaltbar, denn der Leistungsempfnger hat nichts fr die Handwerkerleistungen aufgewendet und ist mithin nicht mit der Umsatzsteuer belastet (Rz. 15.2 f.), so daß der Vorsteuerabzug zu einer Subvention fhrt!

4. Nichtausfhrung der Leistung 12.67

Ist fr eine noch zu erbringende Leistung die Gegenleistung bereits ganz oder zum Teil erbracht worden, wird jedoch die Leistung nicht ausgefhrt, so ist in 1 Ruppe, § 16 Rz. 83; Stadie in R/D, § 17 Anm. 162.3; Reiß, UmsatzsteuerR, 5.5 (S. 185 f.); vgl. auch Abschn. 3 Abs. 6 UStR 2005. 2 Stadie in R/D, § 17 Anm. 162.5 u. 111 („Delkrederehaftung“). 3 BFH, UR 2002, 25 = BStBl. II 2003, 210; UR 2002, 217.

398

II. Berichtigung der Steuer

sinngemßer Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG die Steuer1 zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Dieses Bestimmung ist die notwendige Ergnzung zur Ist-Besteuerung bei An- und Vorauszahlungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 und Buchst. b UStG; dazu Rz. 17, 24 aE.). Die Berichtigung erfolgt nicht rckwirkend, sondern fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorliegen (Abs. 1 Satz 7; Rz. 35 u. 37). Wird die vereinbarte Leistung nur teilweise bzw. unvollstndig erbracht, so kann sich, auch wenn keine Teilleistungen (Rz. 13) vorliegen, der Leistungsinhalt auf den erbrachten Teil reduzieren (Rz. 10). Geleistete Vorauszahlungen stellen mithin in dem Umfang die Gegenleistung dar, wie sie der unvollstndigen Leistung bzw. dem halbfertigen Werk zuzurechnen sind. Hinsichtlich eines bersteigenden Betrags greift § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ein.

12.68

Das Recht zur Berichtigung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht davon abhngig, daß die Vorauszahlung zurckgewhrt worden ist.2 Richtigerweise setzt jedoch die Berichtigung der Steuer (und der Vorsteuer) die Rckzahlung (oder Verrechnung) der Vorauszahlung voraus, da es nicht Wille des Gesetzes sein kann, daß der zahlungsunfhige Unternehmer die Steuer vom Finanzamt erstattet erhlt, ohne sie zuvor an den Vertragspartner mittels Rckzahlung der Vorauszahlung zurckgewhrt zu haben, da er dann auf dessen Kosten hinsichtlich des Steuerbetrages bereichert wre. Auch der EuGH hat betont, daß wegen des Neutralittsgrundsatzes bei einer Gutschrift eine Minderung der Bemessungsgrundlage erst mit Auszahlung des Gutschriftsbetrages eintritt.3 Dieser Grundsatz hat auch fr die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu gelten.4 Ist der Vertragspartner nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, so muß diesem bei Zahlungsunfhigkeit des Vorauszahlungsempfngers zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Enteignung ein Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 AO gegenber dem Finanzamt zustehen.5 Das Risiko der Insolvenz seines Gehilfen bei der Besteuerung der Verbraucher hat der Staat zu tragen (Rz. 1.18; vgl. ausfhrlich zur entsprechenden Problematik im Rahmen des § 14c UStG Rz. 14.127).

12.69

1 Entsprechendes gilt fr den Vorsteuerabzug des Zahlenden; dazu Rz. 16.24 f. 2 So auch Mßlang in S/R, § 17 Rz. 29; Birkenfeld, § 208 Rz. 87; Heuermann, UR 1995, 294, 296; ferner BFH, BStBl. II 1995, 808. 3 EuGH, EuGHE 2001, I-4167 = UR 2001, 349. 4 Im Ergebnis ebenso Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 145. Auch der BFH scheint nunmehr von dieser Sichtweise auszugehen, wenn er ausfhrt, daß im Falle des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG der Vorsteuerabzug im Jahr der Rckerstattung zu berichtigen sei, BFH, UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434, was nur heißen kann, daß auch die Steuer erst und nur unter dieser Voraussetzung berichtigt werden kann. 5 Stadie in R/D, § 17 Anm. 167.

399

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

5. Rckgngigmachung des Umsatzes 12.70

Ist eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rckgngig gemacht worden1, so ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG die Steuer zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG.).2 Eine Vereinbarung ber die Rckgngigmachung reicht nicht aus; erforderlich ist deren tatschliche Durchfhrung („rckgngig gemacht worden“).3 Die Berichtigung erfolgt nicht rckwirkend, sondern fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG vorliegen (Abs. 1 Satz 7; Rz. 35, 37). Entsprechendes gilt, wenn nicht der Umsatz, aber dessen Steuerpflicht durch ein nachtrgliches Ereignis wegfllt4 (Rz. 79).

12.71

Das Gesetz spricht zwar von der Rckgngigmachung der „Leistung“, gemeint ist jedoch der Umsatz, wie Art. 11 Teil C Abs. 1 („Rckgngigmachung . . . nach der Bewirkung des Umsatzes“) und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EGRL („bei rckgngig gemachten Kufen“) besttigen. Die Berichtigung ist deshalb entgegen BFH5 erst bzw. nur in dem Umfang durchzufhren, wenn bzw. wie auch die Gegenleistung zurckgewhrt worden ist.6 Es gelten dieselben berlegungen wie zu § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (Rz. 69). Anderenfalls knnte der zahlungsunfhige vormalige Lieferer die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet verlangen und wre dadurch erneut auf Kosten des Vertragspartners bereichert. Die gegenteilige Auffassung des BFH fhrt zu dem absurden Ergebnis, daß der in der Gegenleistung enthaltene Umsatzsteueranteil, der nur wegen der Steuerpflicht des Umsatzes die Gegenleistung erhht hatte, dem vormaligen Lieferer auszuzahlen ist, obwohl nach Wegfall der Steuerpflicht der Betrag wieder dem anderen zusteht. Zweck der Vorschrift ist allein, bei den Beteiligten die umsatzsteuerrechtlichen Folgen zu beseitigen, nicht jedoch eine ungerechtfertigte Vermgensverschiebung in Hhe des Umsatzsteuerbetrages herbeizufhren. Ist der Vertragspartner nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, so muß ihm (wie im Falle des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG, Rz. 69) bei Zahlungsunfhigkeit des Vorauszahlungsempfngers zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Enteignung ein Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 AO gegenber dem Finanzamt zustehen.7 Das Risiko der Insolvenz seines Gehilfen bei der Besteuerung der Verbraucher hat der Staat zu tragen (vgl. ausfhrlich zur entsprechenden Problematik im Rahmen des § 14c UStG Rz. 14.127).

12.72

Die Rckgngigmachung einer sonstigen Leistung ist nur mglich, soweit sie zur bertragung oder Begrndung eines Rechts oder eines anderen immate1 2 3 4 5

Oder ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Entsprechendes gilt fr den Vorsteuerabzug des Leistungsempfngers (Rz. 16.26 ff.). BFH, BFH/NV 1997, 811, 813. Stadie in R/D, § 17 Anm. 177; zust. B. Schwarz in V/S, § 17 Rz. 174. BFH, BFH/NV 2000, 243; ebenso Birkenfeld, § 208 Rz. 88; Heuermann, UR 1995, 294, 296. 6 Stadie in R/D, § 17 Anm. 170.1; zust. Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 160; ebenso jetzt Zeuner in B/G, § 17 Rz. 35. 7 Stadie in R/D, § 17 Anm. 170.2.

400

II. Berichtigung der Steuer

riellen Wirtschaftsguts (vgl. Rz. 7.4, 7.56) gefhrt hat. Eine reine Dienstleistung kann nicht rckgngig gemacht werden, da sie sich mit ihrer Erbringung verbraucht hat. Die Rckgngigmachung einer Lieferung ist von dem Fall der Rcklieferung abzugrenzen, bei dem ein weiterer Umsatz erfolgt. Eine Rckgngigmachung liegt stets vor, wenn, die Rckverschaffung der Verfgungsmacht auf Grund eines vertraglich vorbehaltenen Rcktrittsrechts (§ 346 BGB) bzw. bei Eintritt einer auflsenden Bedingung oder kraft Gesetzes, wie z. B: im Falle der Mangelhaftigkeit der Sache (§ 437 Nr. 3 BGB) oder des Rcktritts beim Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) oder Abzahlungsgeschft (§ 503 Abs. 2 BGB), gefordert werden konnte. Gleiches gilt bei Ablehnung der Vertragserfllung durch den Insolvenzverwalter nach § 103 InsO. In den drei zuletzt genannten Fllen war jedoch hinsichtlich der noch ausstehenden Forderung bereits der Tatbestand der Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG (Rz. 59) erfllt gewesen1, so daß die Steuer schon frher berichtigt werden konnte. Richtigerweise war sie allerdings hinsichtlich der ausstehenden Raten noch gar nicht abzufhren gewesen (Rz. 61).

12.73

Beruht die Rckgabe des Gegenstandes auf einer nach der Lieferung getroffenen Vereinbarung, so kann eine Rcklieferung in Betracht kommen, bei der nicht die Wirkungen der ursprnglichen Lieferung ex nunc beseitigt werden, sondern eine weitere Lieferung in umgekehrte Richtung erfolgt. Eine solche ist anzunehmen, wenn die erlangte Zahlung hher als die ursprnglich hingegebene Gegenleistung ist, denn dann kann es sich nicht mehr um die Beseitigung des Leistungsaustausches handeln.2

12.74

Auch beim Umtausch wird nicht die Lieferung rckgngig gemacht, sondern lediglich der Lieferungsgegenstand ausgetauscht. Eine Kaufpreisnderung (Zuzahlung oder Minderung) fhrt zu einer nderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG.3

12.75

§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG erfaßt auch unentgeltliche Leistungen iS des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG. Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 9a UStG kann jedoch regelmßig nicht rckgngig gemacht werden (Rz. 72). Insbesondere kann die Verwendung eines Gegenstandes bzw. dessen berlassung an Dritte nicht ungeschehen gemacht werden.

12.76

An die Stelle einer rckgngig gemachten Lieferung kann eine sonstige Leistung treten. Wird nach dem Rcktritt von einem Kaufvertrag und der Rckgngigmachung der Lieferung eine Nutzungsvergtung oder -entschdigung fr die Dauer der Besitzzeit gezahlt (einbehalten), so handelt es sich hierbei zwar zivilrechtlich um den Ersatz eines Geldschadens, umsatzsteuerrechtlich jedoch um die Gegenleistung fr eine sonstige Leistung in Gestalt der Gebrauchsberlassung. Das gilt auch dann, wenn die Zahlung kraft Gesetzes

12.77

1 Vgl. BFH, BStBl. II 2003, 953. 2 FG Hessen, EFG 2001, 1244. 3 B. Schwarz in V/S, UStG, § 17 Rz. 169; Reiß in T/L, § 14 Rz. 52.

401

Kap. 12 Entstehung der Steuer, Berichtigung der Steuer

erfolgt, da es aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht nicht darauf ankommt, auf welcher Rechtsgrundlage eine Zahlung erfolgt, sondern allein darauf, daß die Zahlung einen Gebrauchs-(Nutzungs-)vorteil abgilt (Rz. 2.23).1 Diese Dauerleistung ist ausgefhrt mit Rckgabe des Gegenstandes. 6. Nachtrglicher Wegfall oder Eintritt der Steuerpflicht eines Umsatzes u. . Ereignisse a) Wegfall der Steuerpflicht 12.78

Es liegt auf der Hand, daß nicht nur bei den in § 17 Abs. 2 Nr. 2–5 UStG genannten nachtrglichen Ereignissen gem. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG keine Rckwirkung eintreten soll, sondern daß dieser Grundsatz auch bei den gleichgelagerten Fllen des Wegfalls der Steuerpflicht Geltung verlangt. Ein bislang steuerpflichtiger Umsatz kann durch ein nachtrgliches Ereignis steuerfrei oder nicht steuerbar werden. Das ist zum einen der Fall, wenn der vom Gesetz in einer bestimmten Form geforderte Nachweis der Voraussetzungen einer Steuerbefreiung erst in einem spteren Besteuerungszeitraum erbracht wird als in dem, in dem die Leistung (Teilleistung) ausgefhrt worden war (Beispiele: Belegnachweise bei Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen, dazu Rz. 10.24 u. Rz. 10.45; behrdliche Bescheinigungen bei bestimmten dem Gemeinwohl dienenden Ttigkeiten, vgl. Rz. 10.132 Fn.). Auch durch die Rcknahme eines Verzichts auf die Steuerbefreiung (dazu Rz. 10.165) wird ein steuerpflichtiger Umsatz im Nachhinein steuerfrei. Zu erwhnen ist ferner die nachtrgliche Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Leistungsempfnger, wodurch eine ursprnglich steuerpflichtige sonstige Leistung nichtsteuerbar wird (Flle des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 sowie des § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG; dazu Rz. 8.68, 8.73 bzw. 8.134), sowie den Nachweis der Besteuerung im anderen Mitgliedstaat beim innergemeinschaftlichen Erwerb im Falle des § 3d Satz 2 UStG, wodurch dessen Steuerbarkeit entfllt (Rz. 9.47 ff.).

12.79

Nach ganz herrschender Auffassung soll indes – mit Ausnahme des Falles § 3d Satz 2 UStG, fr den § 17 Abs. 2 Nr. 4 iVm. Abs. 1 Satz 7 UStG ausdrcklich die Rckwirkung verneint – in den genannten Fllen Rckwirkung2 eintreten.3 1 Zust. Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 155. 2 Ein rckwirkendes Ereignis iS des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO soll indes nicht vorliegen, so daß eine nderung der betreffenden Steuerfestsetzung nur solange mglich sein soll, wie diese noch nicht unanfechtbar sei; vgl. BFH, BFH/NV 1995, 665; 1999, 223 (zur Rckgngigmachung des Verzichts); BStBl. II 1980, 415; 1995, 515; BFH/NV 1996, 184 (zur Nachholung des Ausfuhrnachweises). Das ist nicht nachvollziehbar, da bei Rckwirkung eines Ereignisses zwingend stets ein Fall des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegt; vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 661 f. Seit Ende 2004 bestimmt nunmehr § 175 Abs. 2 Satz 2 AO, daß die nachtrgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Besttigung nicht als rckwirkendes Ereignis gilt. 3 Vgl. zum Ausfuhrnachweis Rz. 10.24 Fn., zum Belegnachweis bei der innergemeinschaftlichen Lieferung Rz. 10.45 Fn., zur Rcknahme des Verzichts Rz. 10.165 und zur nachtrglichen Verwendung (Mitteilung) einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Rz. 8.68, 8.73, 8.134.

402

II. Berichtigung der Steuer

Diese Rechtsfolge widerspricht jedoch dem Gedanken, der den Tatbestnden des § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis 5 iVm. Abs. 1 Satz 7 UStG zugrunde liegt, daß nmlich bei den dort genannten nderungen und Ereignissen die Berichtigung der Steuer fr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die nderung bzw. das Ereignis eingetreten ist. Mithin kommt in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG ein allgemeiner Grundsatz des Umsatzsteuerrechts zum Ausdruck, wonach Ereignisse keine Rckwirkung haben, sondern die Rechtsfolgen sich fr den Besteuerungszeitraum ergeben, in dem auch das Ereignis eingetreten ist.1 Zwischen dem nachtrglichen Wegfall der Steuerpflicht eines Umsatzes und der Rckgngigmachung eines Umsatzes und den anderen in § 17 Abs. 1 und 2 UStG genannten Ereignissen besteht vom materiellen Gehalt her kein Unterschied. Der Wegfall der Steuerpflicht steht der nderung der Bemessungsgrundlage auf Null und der Rckgngigmachung eines steuerpflichtigen Umsatzes gleich (zur Nichtanwendbarkeit des § 14c UStG s. Rz. 14.88). Hinzu kommt, daß der Unternehmer nicht schlechter gestellt werden darf als derjenige, der einen steuerfreien Umsatz zu Unrecht als steuerpflichtig behandelt hat und die Steuer gesondert in einer Rechnung ausgewiesen hatte. Fr diesen Fall verweist § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG ausdrcklich auf § 17 Abs. 1 UStG, so daß nach dessen Satz 7 die Berichtigung der Steuer keine Rckwirkung hat und zeitlich unbegrenzt mglich ist. b) Nachtrgliche Verzichtserklrungen Der Verzicht auf eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG kann noch nachtrglich ausgebt werden. Entgegen der Rechtsprechung tritt keine Rckwirkung ein, weil der dem § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zugrunde liegende allgemeine umsatzsteuerrechtliche Grundsatz (Rz. 79) auch in diesem Fall eingreift (Rz. 10.162 f.). Entsprechendes gilt fr den nachtrglichen Verzicht auf die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 8 UStG (Rz. 17.123).2

12.80

Der dem § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zugrunde liegende Rechtsgrundsatz gilt nicht, soweit das Gesetz etwas anderes bestimmt hat. Das ist beim Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung (§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG) und auf die verschiedenen Arten der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 23 Abs. 3 Satz 1, § 23a Abs. 3 Satz 1 und § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG) der Fall.

12.81

1 Stadie in R/D, § 17 Anm. 25 und Anm. 130.2 f.; zust. B. Schwarz in V/S, UStG, § 17 Rz. 103; vgl. auch BFH, BStBl. II 1993, 779, 781, wonach dem § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG aF. (= Satz 7 nF.) der Regelungsplan des Gesetzes zugrunde liege, wonach nachtrgliche Ereignisse sich nicht auf die Besteuerungszeitrume, in denen die Leistungen ausgefhrt worden sind, auswirken sollen. 2 Stadie in R/D, § 25a Anm. 137.

403

Kapitel 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers I. Allgemeines 13.1

Schuldner der Umsatzsteuer fr steuerpflichtige entgeltliche Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (einschließlich der diesen gleichgestellten fiktiven entgeltlichen Umstzen nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG) ist regelmßig der Unternehmer, der die Leistung erbringt oder zu erbringen hat (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Das Gesetz enthlt jedoch mehrere Ausnahmen, in denen der Empfnger der Leistung die Steuer fr den Umsatz schuldet. Neben den in § 13b UStG geregelten Tatbestnden, die anschließend dargestellt werden, sind dies insbesondere1 die Regelungen ber den innergemeinschaftlichen Erwerb. Bei diesem verwirklicht der Erwerber zwar gesetzestechnisch einen „Umsatz“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG; dazu Rz. 9.3, 9.9 ff.) fr den er die Steuer schuldet (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG), von der materiellen Wirkung her wird er jedoch so behandelt, als sei er – wie in den Fllen des § 13b UStG – als Abnehmer Schuldner der Umsatzsteuer fr eine im Inland steuerpflichtige Lieferung.2

13.2

Fr verschiedene Umstze ordnet § 13b UStG3 an, daß unter bestimmten Voraussetzungen nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer ist4, wenn er ein Unternehmer ist. In den Fllen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 UStG gilt das darber hinaus auch, wenn der Empfnger eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist. Die Umsatzsteuer wirkt dann als direkte Steuer, welche indes vom Leistungsempfnger, wenn er Unternehmer ist und sie nicht als Vorsteuer abziehen kann, indirekt im Preis weitergegeben wird.5 Der Zweck der Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfnger liegt in der Sicherstellung der Besteuerung, da in den von § 13b UStG erfaßten Fllen die Besteuerung des leistenden Unternehmers 1 Hinzu kommt noch folgender Tatbestand: Hat ein Unternehmer eine Lieferung auf Grund unrichtiger Angaben des Abnehmers zu Unrecht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt und mußte er die Unrichtigkeit nicht erkennen, so schuldet der Abnehmer die Steuer (§ 6a Abs. 4 iVm. § 13a Abs. 1 Nr. 3 UStG; dazu Rz. 10.46). 2 Beim sog. innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft (dazu Rz. 9.26 ff.) ist das ausdrcklich bestimmt (§ 25b Abs. 2 UStG). 3 Auf die Vereinbarkeit mit Art. 21 der 6. EG-RL wird jeweils bei den einzelnen Tatbestnden des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 UStG eingegangen. 4 Das gilt nicht, wenn der Leistende Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) ist und Steuer bei ihm nicht erhoben wird (§ 13b Abs. 2 Satz 4 UStG). 5 Die Steuer wirkt als endgltige direkte Steuer, wenn der Leistungsempfnger die Leistung nicht, auch nicht ber die Gemeinkosten, weitergibt, was dann der Fall ist, wenn er als Unternehmer die Leistung fr seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht (§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG) oder als Nichtunternehmer eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist.

404

II. Einzelne Tatbestnde

Schwierigkeiten bereitet oder wegen dessen Zahlungsunfhigkeit unmglich ist.1 Wenn der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer ist, so ist von Anfang an insoweit2 eine solche in der Person des leistenden Unternehmers entstanden. Obwohl § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG unverstndlicherweise keine Einschrnkung hinsichtlich der Flle des § 13b UStG enthlt, hat der Gesetzgeber ersichtlich keine Gesamtschuldnerschaft im Auge, wie § 14a Abs. 5 UStG besttigt. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers tritt kraft Gesetzes ein, wenn die von § 13b UStG geforderten Voraussetzungen vorliegen (zur Einschrnkung beim Tausch und tauschhnlichen Umsatz s. Rz. 61). Sie ist folglich nicht davon abhngig, daß in der Rechnung der Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers enthalten ist3, zu dem der leistende Unternehmer nach § 14a Abs. 5 UStG (dazu Rz. 14.74) verpflichtet ist. Ist der Leistungsempfnger Unternehmer und bezieht er die Leistung fr sein Unternehmen, so kann er (sofern kein Vorsteuerabzugsverbot eingreift) die geschuldete Steuer in derselben Voranmeldung als Vorsteuer gegenrechnen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG), so daß die Liquiditt nicht beeintrchtigt wird (Rz. 15.101).

13.3

II. Die einzelnen Tatbestnde 1. Umstze eines im Ausland ansssigen Unternehmers a) Werklieferungen und sonstige Leistungen Bei steuerpflichtigen Werklieferungen und sonstigen Leistungen4 eines im Ausland ansssigen Unternehmers schuldet grundstzlich der Leistungsempfnger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des ffentlichen Rechts ist (§ 13b Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG).5

13.4

Die Beschrnkung auf Werklieferungen erklrt sich durch den Umstand, daß bei den brigen („normalen“) Lieferungen6 eine Umsatzsteuerbelastung entweder bereits durch die Einfuhrumsatzsteuer auf den eingefhrten Gegenstand bzw. die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb oder durch den vorherigen Erwerb seitens des Lieferers im Inland eintritt. Bei Werklieferungen verlangt hingegen die Sicherstellung der Besteuerung, daß die im Dienstleistungsanteil liegende erhebliche Wertschpfung erfaßt wird.

13.5

1 2 3 4 5

Vgl. Stadie in R/D, § 13b Anm. 2 f. Ausnahme: Fall der Mindest-Bemessungsgrundlage (Rz. 56). Stadie in R/D, § 13b Anm. 7; Abschn. 182a Abs. 31 Satz 4 UStR 2005. Mit Ausnahme der in § 13b Abs. 3 UStG genannten Personenbefrderungen. Die Bestimmung entspricht Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 bzw. Buchst. b der 6. EGRL, wonach es zulssig bzw. in den Fllen des Buchst. b (erfaßt die in § 3a Abs. 2 Nr. 3 und 4 und Abs. 4 sowie die in § 3b Abs. 3 bis 6 UStG genannten sonstigen Leistungen) zwingend ist, daß der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer ist. 6 Bei der Lieferung von Gas und Elektrizitt ist allerdings der Leistungsempfnger, wenn er Unternehmer ist, Schuldner der Steuer (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG; Rz. 7).

405

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

13.6

Die Abgrenzung der Werklieferung von der Werkleistung (dazu Rz. 7.80 ff.) kann dahinstehen, wenn in beiden Fllen der Ort der Leistung im Inland ist, da auch die Werkleistung von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erfaßt wird. Der Abgrenzung bedarf es in der Praxis ebenfalls nicht, wenn die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstandes im brigen Gemeinschaftsgebiet erfolgt, der Gegenstand anschließend zurck in das Inland befrdert wird und der Leistungsempfnger (Auftraggeber) eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Handelt es sich um eine Werklieferung, so liegt der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG im Ausland, der Auftraggeber muß jedoch einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern (Rz. 9.9, 9.14). Handelt es sich um eine Werkleistung, so ist deren Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 UStG im Inland (Rz. 8.66), so daß der Leistungsempfnger die Steuer nach § 13b UStG schuldet. Beides luft im Ergebnis auf dasselbe hinaus. Zur Abgrenzung der sonstigen Leistung von der Lieferung s. Rz. 7.53 ff. Handelt es sich bei der Werklieferung oder Werkleistung um Bauleistungen, so gelten die Einschrnkungen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 30, 33) nicht, da Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 unberhrt bleibt (Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2), d. h. vorgeht (Rz. 28). b) Lieferung von Erdgas und Elektrizitt

13.7

Auch bei Lieferungen von Erdgas und Elektrizitt eines im Ausland ansssigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g UStG ist der Leistungsempfnger Schuldner der Umsatzsteuer, wenn er Unternehmer ist (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 iVm. Abs. 2 Satz 1 und 3 UStG).1 Die Formulierung „unter den Bedingungen des § 3g“ ergibt wenig Sinn, da diese Bestimmung zum Ort der Lieferung lediglich die Bedingung enthlt, daß das Gas ber das Erdgasnetz geliefert wird, so daß diese Einschrnkung auch unmittelbar in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG htte genannt werden knnen. Daß fr die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers nach § 13b UStG der Ort der Lieferung nach § 3g UStG (dazu Rz. 8.39 ff.) im Inland sein muß, ergibt sich schon aus der Voraussetzung eines steuerpflichtigen Umsatzes (§ 13b Abs. 1 Satz 1 UStG). c) Im Ausland ansssiger Unternehmer aa) Allgemeines

13.8

Nach § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG soll ein im Ausland ansssiger Unternehmer ein Unternehmer sein, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland noch in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (dazu Rz. 8.5) „einen“ Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Maßgebend soll mithin sein, daß der leistende Unternehmer im Geltungsbereich des Gesetzes, d. h. auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland keines der genannten Ansssigkeitskriterien erfllt. Besser wre 1 Entspricht Art. 21 Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL.

406

II. Einzelne Tatbestnde

es deshalb gewesen, wenn von einem nicht im Geltungsbereich des Gesetzes ansssigen Unternehmer gesprochen wrde, da es nicht darauf ankommt, daß der leistende Unternehmer im Ausland, sondern allein darauf, daß dieser nicht im staatsrechtlichen Inland ansssig ist1 und damit fr den Steuerglubiger schwer oder nicht erreichbar ist. Auch ein Unternehmer, der nirgends ansssig ist, erfllt deshalb die Voraussetzungen. Im Hinblick auf den Zweck der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft, die Besteuerung sicherzustellen, mßte nicht nur maßgebend sein, ob der leistende Unternehmer fr den Steuerglubiger erreichbar ist, sondern vor allem auch, ob dieser im Inland ber Vermgen verfgt, in das zur Verwirklichung des Steueranspruchs vollstreckt werden knnte. Die von § 13b Abs. 4 UStG und von Art. 21 Nr. 1 iVm. Art. 9 der 6. EG-RL (Rz. 12) gewhlten Kriterien stellen darauf jedoch nicht ab, da die genannten Ansssigkeitsformen nicht notwendig mit inlndischem Vermgen verbunden sein mssen. Sie indizieren lediglich die (leichtere) Erreichbarkeit und die Mglichkeit der Erfassung des Unternehmers durch die inlndische Steuerverwaltung. Allerdings kann das Vorliegen inlndischen Vermgens ein gewichtiger Anknpfungspunkt fr die Bestimmung der „Zweigniederlassung“ sein (Rz. 16 f.).

13.9

Maßgebend ist die Ansssigkeit desjenigen Unternehmers, dem die Leistung zuzurechnen ist (dazu Rz. 2.38 ff. und Rz. 5.119 ff.). War fr den Leistungsempfnger nicht erkennbar, daß sein im Inland ansssiger vermeintlicher Vertragspartner nicht der Leistende ist, sondern lediglich eine Schein- bzw. Briefkasten-GmbH oder nur ein Strohmann o. . ist, unter dessen Namen ein im Ausland ansssiger Hintermann gehandelt hat, so ist er nicht2 Steuerschuldner (§ 13b Abs. 4 Satz 3 UStG), da fr ihn keine Zweifel an der Ansssigkeit des Leistenden bestehen (Rz. 19). Den Leistungsempfnger treffen keine Nachforschungspflichten hinsichtlich der Frage, wer der wahre leistende Unternehmer ist. Mußte der Leistungsempfnger hingegen Zweifel haben, ob nicht statt seines im Inland ansssigen (vermeintlichen) Vertragspartners ein im Ausland ansssiger Hintermann der Leistende ist, so schuldet der Leistungsempfnger die Steuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG nur dann nicht, wenn ihm sein im Inland ansssiger Vertragspartner durch eine Bescheinigung des fr ihn zustndigen Finanzamts nachweist, daß er der leistende Unternehmer ist (§ 13b Abs. 4 Satz 3 UStG; dazu Rz. 18). Kommen als leistende Unternehmer nur Personen in Betracht, die jeweils nicht im Inland ansssig sind, so kann die Frage, wem die Leistung zuzurechnen ist, dahinstehen.3

13.10

Fr die Frage, ob der leistende Unternehmer im Inland ansssig ist, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die Leistung ausgefhrt wird (§ 13b Abs. 4 Satz 2

13.11

1 Unverstndlich ist, daß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL von einem „im Ausland ansssigen“ Steuerpflichtigen spricht, whrend ansonsten durchgngig in Art. 21 richtig von einem „nicht im Inland ansssigen“ Steuerpflichtigen die Rede ist. 2 Sofern es sich nicht um Bauleistungen iS des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 iVm. Abs. 2 Satz 2 UStG handelt. 3 Vgl. BFH, UR 2004, 39 (zu §§ 51 ff. UStDV aF.).

407

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

UStG). Bei Teilleistungen, die wie Leistungen behandelt werden (Rz. 12.13 ff.), ist deren Ausfhrung maßgebend. Bei An- oder Vorauszahlungen besteht damit keine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers, wenn der leistende Unternehmer zu diesem Zeitpunkt zwar noch, aber bei Leistungsausfhrung nicht mehr im Inland ansssig ist (Rz. 51). Die Anknpfung an den Zeitpunkt der Leistungsausfhrung ist deshalb verfehlt. Richtigerweise htte1 auf den Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung abgestellt werden sollen. bb) Ansssigkeitskriterien 13.12

Die von § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG genannten Ansssigkeitskriterien sind zum Teil ungeeignet und mssen EG-Richlinien-konform ausgelegt werden. Art. 21 der 6. EG-RL spricht zwar nur von Ansssigkeit und definiert diesen Begriff nicht, die Ansssigkeitskriterien ergeben sich jedoch aus Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL sowie aus Art. 1 Abs. 1 der 8. EG-RL und Art. 1 Nr. 1 der 13. EG-RL2, da keine Anhaltspunkte bestehen, daß Art. 21 der 6. EG-RL andere als die dort genannten Ansssigkeitskriterien im Auge hat. Die Besttigung findet sich in Art. 21 Abs. 1 Buchst. b, der auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL (entspricht § 3a Abs. 3 und 4 UStG) Bezug nimmt. Dieses Zusammenspiel von Leistungsort und Steuerschuldnerschaft des Empfngers (Rz. 8.76) erfordert bereinstimmende Ansssigkeitskriterien. Folglich sind die Merkmale des § 3a UStG und des § 13b UStG einheitlich und richlinienkonform auszulegen.

13.13

§ 13b Abs. 4 Satz 1 UStG stellt auf „einen“3 Wohnsitz ab. Das ist schon aus nationaler Sicht verfehlt, da eine Person nach § 8 AO mehrere Wohnsitze haben kann und folglich ein beliebiger Zweitwohnsitz des leistenden Unternehmers im Inland ausreichen wrde, um dessen Ansssigkeit im Inland zu begrnden.4 Bei richtlinienkonformer Auslegung ist der Begriff hingegen als Wohnort oder blicher Aufenthaltsort iS des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL zu interpretieren, so daß auf den rtlichen Mittelpunkt des Lebens abzustellen ist (Rz. 8.88).

13.14

Auch der von § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG herangezogene Sitz wre aus nationaler Sicht iS des § 11 AO zu verstehen, so daß ein formaler, statuarischer Sitz im Inland zur Begrndung der Ansssigkeit im Inland ausreichen mßte. Nach Art. 9 der 6. EG-RL ist hingegen auf den „Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit“ abzustellen5, der sich allein nach dem Ort der Unternehmenslei1 Wie bis 2001 bei der Vorgngervorschrift des § 51 Abs. 3 Satz 2 UStDV aF. (Abzugsverfahren). 2 Zu diesen Rz. 18.46. 3 Es handelt sich nicht etwa um ein Redaktionsversehen, da die Ansssigkeitskriterien unverndert aus § 51 Abs. 3 UStDV aF. bernommen worden sind, sondern um schlichte Ignoranz der Gehilfen des Gesetzgebers, da auf diesen Fehler schon viele Jahre zuvor hingewiesen worden war. 4 Das verkennt Mßlang in S/R, § 13b Rz. 14. 5 Stadie in R/D, § 13b Anm. 39; vgl. auch BFH, BStBl. II 2003, 819, zu § 18 Abs. 9 UStG iVm. § 59 UStDV (Rz. 18.46).

408

II. Einzelne Tatbestnde

tung richten kann. Mithin ist die Erwhnung des Sitzes in § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG verfehlt. Der Begriff der des weiteren genannten Geschftsleitung als Synonym fr den Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit kann iS des § 10 AO als Mittelpunkt der geschftlichen Oberleitung verstanden werden1, ohne daß jedoch die nationale Auslegung stets bernommen werden darf. Maßgebend ist, wo der fr die Fhrung der Geschfte maßgebliche Wille gebildet wird. Die 6. EG-RL scheint indes auf den ersten Blick den Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit nicht als Ort der Geschftsleitung zu verstehen, da in Ermanglung eines solchen Sitzes auf den Wohnort abzustellen sei (Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e), was berflssig wre, wenn es auf den Ort der Geschftsleitung ankme, da dieser dann automatisch am Wohnort wre. Eine solche Auslegung ergbe jedoch keinen Sinn, denn wonach soll sich der Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit bestimmen, wenn nicht danach, wo die Geschfte gefhrt werden, so daß anzunehmen ist, daß die Erwhnung des Wohnortes nur der Klarstellung dient.

Der von § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG verwendete Begriff der Zweigniederlassung ist schon deshalb nicht iS des § 13 HGB – der ohnehin den Begriff nicht definiert – zu verstehen2, da auch Nichtkaufleute Unternehmer iS des Umsatzsteuerrechts sein knnen, und folglich bereits aus diesem Grunde umsatzsteuerrechtlich autonom zu interpretieren.3 Zudem ist der Begriff richtlinienkonform auszulegen und mithin iS einer festen Niederlassung (Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL) zu verstehen (dazu Rz. 8.85). Diese entspricht indes dem Typus der Zweigniederlassung.

13.15

Ein vermietetes Grundstck ist vom Gesetzeszweck (Rz. 2) her als eine „Zweigniederlassung“ iS einer festen Niederlassung zu verstehen4, da auf Grund des inlndischen Vermgens der leistende Unternehmer erfaßbar ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll der leistende Unternehmer jedoch nur insoweit, d. h. nur mit steuerpflichtigen Vermietungsumstzen als im Inland ansssig zu behandeln sein.5 Das ist inkonsequent, denn wenn der Unternehmer im Inland ansssig ist, dann entfllt fr smtliche Umstze die Steuerschuldnerschaft seiner Leistungsempfnger.

13.16

Eine im Inland ansssige Tochtergesellschaft begrndet nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 4 UStG keine Ansssigkeit des beherrschenden Gesellschafters im Inland, da eine Tochtergesellschaft auf Grund ihrer Rechtsfhigkeit keine Zweigniederlassung ist. Die Ansssigkeit des beherrschenden Gesellschafters wrde auch nicht bei Vorliegen der Organschaftsvoraussetzungen gegeben sein, da sich die Wirkungen der Organschaft nur auf die im Inland belegenen Unternehmensteile erstrecken (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). Eine Verneinung der Ansssigkeit des beherrschenden Gesellschafters im Inland wre jedoch vom Zweck des § 13b UStG her gesehen wenig einleuchtend, da die Beteiligung an der Tochtergesellschaft Vermgen des beherrschenden Gesellschafters darstellt, welches fr die Verwirklichung des Steueranspruchs dem Vollstrek-

13.17

1 AA. BFH, BStBl. II 2004, 630. 2 AA. Birkenfeld, § 156 Rz. 117; BFH, BFH/NV 1997, 817. 3 Stadie in R/D, § 13b Anm. 43; zust. Hidien, UR 2000, 232; Monfort, UR 2002, 245, 252 f. 4 AA. Monfort, UR 2002, 245, 255. 5 Abschn. 182a Abs. 22 Satz 2 UStR 2005.

409

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

kungszugriff unterliegt (Rz. 2). Zudem kann es keinen Unterschied machen, ob sich ein Unternehmer mittels einer unselbstndigen Zweigniederlassung oder mittels einer zivilrechtlich selbstndigen Tochtergesellschaft im Inland bettigt, auch deshalb, weil der Leistungsempfnger hufig nicht erkennen kann, wie das Gebilde zivilrechtlich einzuordnen ist. Die Entscheidung des EuGH, wonach eine Tochtergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen als feste Niederlassung bei der Ortsbestimmung nach Art. 9 Abs. 1 der 6. EGRL gelte1, ist m. E. ohne die vom EuGH fr die Ortsbestimmung gemachten Einschrnkungen (Rz. 8.86) auch im Rahmen des Art. 21 Abs. 1 der 6. EG-RL und damit auch fr § 13b UStG zu beachten, so daß auch eine Tochtergesellschaft als „Zweigniederlassung“ anzusehen ist. cc) Zweifelhaftigkeit 13.18

Ist es zweifelhaft, ob der leistende Unternehmer im staatsrechtlichen Inland (Rz. 8) ansssig ist, so schuldet der Leistungsempfnger die Steuer nur dann nicht2, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung3 des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften fr die Besteuerung seiner Umstze zustndigen Finanzamts nachweist, daß er im staatsrechtlichen Inland ansssig ist (§ 13b Abs. 4 Satz 3 UStG). Die Zweifelhaftigkeit bestimmt sich nach den subjektiven Verhltnissen und Kenntnissen des Leistungsempfngers. Sie liegt nur dann vor, wenn dieser bei Bercksichtigung der gegebenen Umstnde Zweifel htte haben, d. h. zu Zweifeln fhrende tatschliche Umstnde htte kennen und Zweifel begrndende Schlußfolgerungen htte ziehen mssen.4 Die Zweifelhaftigkeit kann auch in rechtlicher Hinsicht bestehen, z. B. wenn unklar ist, welche Ansssigkeitskriterien maßgebend sind. Entsprechendes gilt, wenn unklar ist, ob der statt des vordergrndigen Vertragspartners maßgebende tatschliche Leistende (Rz. 11) im Inland ansssig ist. Druckmittel zur Beibringung der Bescheinigung ist die Krzung der vereinbarten Gegenleistung um die mglicherweise geschuldete Steuer (Rz. 67).

13.19

Ist der leistende Unternehmer im maßgeblichen Zeitpunkt (Rz. 11) tatschlich im staatsrechtlichen Inland ansssig, so schuldet der Leistungsempfnger die Steuer selbst dann nicht, wenn er diesbezglich Zweifel hatte.5 War hingegen der leistende Unternehmer zwar nicht im Inland ansssig, ging der Leistungsempfnger jedoch vom Gegenteil aus und mußte er diesbezglich keine Zweifel haben, so ist er nicht Steuerschuldner. Aus dem dem § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG zugrunde liegenden Rechtsgedanken in Verbindung mit dem Ver1 EuGH, EuGHE 1997, I-1005 = UR 1997, 179, Tz. 25 f. 2 Sofern er nicht bei Bauleistungen (Rz. 28 ff.) die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG erfllt (Rz. 33 ff.). 3 Dazu nher Abschn. 182 a Abs. 23 f. UStR 2005; BMF, BStBl. I 2005, 629; Stadie in R/D, § 13b Anm. 57 ff. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1990, 1095; BFH/NV 1992, 344, jeweils zur Vorgngervorschrift § 51 Abs. 3 UStDV aF. 5 Vgl. BFH, UR 1985, 155; BStBl. II 1990, 1095, zu § 51 Abs. 3 UStDV aF.

410

II. Einzelne Tatbestnde

hltnismßigkeitsgrundsatz folgt, daß den Leistungsempfnger als Gehilfe des Staates (Rz. 1.18) mangels Erkennbarkeit keine steuerrechtliche Pflicht treffen darf, auf die er sich nicht einstellen konnte.1 Folglich ist in diesem Fall der leistende Unternehmer Schuldner der Steuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). 2. Lieferungen sicherungsbereigneter Gegenstnde außerhalb eines Insolvenzverfahrens Bei der steuerpflichtigen Lieferung sicherungsbereigneter Gegenstnde durch den Sicherungsgeber (Kreditnehmer) an den Sicherungsnehmer (Kreditgeber) außerhalb des Insolvenzverfahrens ist der Sicherungsnehmer als Lieferungsempfnger Schuldner der Umsatzsteuer, wenn er Unternehmer oder juristische Person des ffentlichen Rechts ist (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG).2 Der Zweck der Regelung liegt in der Sicherung des Steueranspruchs, da dieser gegenber dem Sicherungsgeber (Lieferer) außerhalb der Insolvenz (Rz. 23) regelmßig nicht durchsetzbar wre.

13.20

Die Vorschrift hat zum einen den Fall im Auge, daß der Sicherungsnehmer endgltiges Eigentum erlangt, indem er den Gegenstand wegen der Nichtrckzahlung des Kredits an Erfllungs Statt annimmt; in diesem Fall liegt eine Lieferung an ihn vor. Zum anderen geht es um die Flle der Verwertung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer, bei der nach der Rechtsprechung des BFH eine Lieferung des Sicherungsnehmers an den Dritten und (eine logische Sekunde zuvor) eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer vorliegen soll (Theorie des Doppelumsatzes). Da fr letztere Annahme die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 UStG nicht erfllt sind (Rz. 7.25), enthlt § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG eine Fiktion dieser Lieferung. Seit 2004 folgt diese Fiktion auch aus § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG (Rz. 7.25 aE.).

13.21

Hat hingegen der Sicherungsgeber den Gegenstand an einen Dritten verußert und die volle Forderung an den Sicherungsnehmer abgetreten, so haftet dieser nach § 13c UStG fr die Umsatzsteuer aus der Lieferung (Rz. 19.28 ff.).

13.22

Außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt die Lieferung des Sicherungsgebers, wenn die daraus resultierende Umsatzsteuer nicht zu Massekosten fhrt.3 Wird nmlich insolvenzbefangenes Vermgen whrend eines Insolvenzverfahrens geliefert, so werden hinsichtlich der Umsatzsteuer Massekosten (§ 53 iVm. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) begrndet4, so daß der Steueranspruch regelmßig

13.23

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1990, 1095, 1097 (r. Sp.) zu § 51 Abs. 3 UStDV aF. 2 In Art. 21 der 6. EG-RL findet sich keine explizite Ermchtigung fr diese Regelung. Dessen Abs. 3 erlaubt lediglich eine Bestimmung, wonach eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten habe. Die Bundesregierung sieht darin keine hinreichende Grundlage und hat deshalb einen Beschluß des Rates nach Art. 27 erwirkt, dessen Ermchtigung bis Ende 2006 gilt; Entsch. v. 4.6.2002, ABl. EG Nr. L 151/2002, 12. 3 Vgl. auch BFH, UR 1998, 397. 4 Vgl. zum ehemaligen Konkursverfahren BFH, BStBl. II 1978, 684; 1987, 741; 1994, 878, 880; UR 1998, 397.

411

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

befriedigt werden wird und es der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Lieferungsempfnger nicht bedarf. Außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgen deshalb Lieferungen, die vor Erffnung oder nach Einstellung oder Aufhebung eines solchen Verfahrens durchgefhrt werden. 13.24

War der Gegenstand vor Erffnung des Insolvenzverfahrens an den Sicherungsnehmer (Kreditglubiger) herausgegeben worden und erst nach Erffnung des Verfahrens von diesem verußert worden, so erfolgte die nach der Theorie der Doppellieferung (Rz. 21) anzunehmende Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer erst im Zeitpunkt der Weiterlieferung („Verwertung“) durch diesen1, so daß die Lieferung nicht außerhalb des Insolvenzverfahrens ausgefhrt wurde. In diesem Fall ist richtigerweise § 170 Abs. 2 InsO analog anzuwenden2, so daß der Sicherungsnehmer (Kreditglubiger) zur Abfhrung der Umsatzsteuer an die Masse verpflichtet ist. Wollte man die analoge Anwendung verneinen, so mßte der bei einer Gesamtschau der §§ 170 Abs. 2, 171 Abs. 2 Satz 3 InsO und des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erkennbare gesetzgeberische Plan, die Masse nicht mit der Umsatzsteuer zu belasten, gebieten, doch von einer Lieferung außerhalb des Insolvenzverfahrens auszugehen.3 3. Umstze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen

13.25

Auch bei steuerpflichtigen Umstzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen4, ist der Erwerber5 Schuldner der Umsatzsteuer (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG).6 Mit der Formulierung knpft das Gesetz an 1 2 3 4

BFH, BStBl. II 1994, 878, 880; BFH/NV 1999, 680. Stadie in R/D, § 18 Anm. 1210 mwN. Stadie in R/D, § 13b Anm. 70. Bis 31.3.2004 erfaßte die Bestimmung nur die „Lieferung von Grundstcken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher“. Bei einem freihndigen Umsatz, der vor dem 1.4.2004 ausgefhrt (zum Zeitpunkt einer Grundstckslieferung s. Rz. 7.34), bei dem der Verzicht auf die Steuerbefreiung jedoch erst nach dem 31.3.2004 ausgesprochen worden war, wrde die Rechtsprechung des BFH, wonach der Verzicht zurckwirke (Rz. 10.161), dazu fhren, daß der Erwerber noch nicht Steuerschuldner wrde. Richtigerweise kommt dem Verzicht jedoch keine Rckwirkung zu, da § 17 Abs. 1 Satz 7 (= 3 aF.) UStG anzuwenden ist (Rz. 10.162). Folglich ist auch § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG dergestalt zu interpretieren, daß „ausgefhrter Umsatz“ iS dieser Vorschrift der nunmehr steuerpflichtig gewordene Umsatz ist; Stadie in R/D, § 13b Anm. 74.2. 5 Der Erwhnung, daß der Erwerber Unternehmer sein muß, bedarf es nicht, da die Umstze nur bei einem Verzicht nach § 9 Abs. 1 UStG steuerpflichtig sind und dieser nach Wortlaut und Zweck (Rz. 10.134, 10.136) voraussetzt, daß der Leistungsempfnger Unternehmer ist und den Gegenstand fr sein Unternehmen erwirbt. 6 In Art. 21 der 6. EG-RL findet sich keine explizite Ermchtigung fr diese Regelung. Dessen Abs. 3 erlaubt lediglich eine Bestimmung, wonach eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten habe. Die Bundesregierung sieht darin keine hinreichende Grundlage und hat deshalb einen Beschluß des Rates nach Art. 27 erwirkt, dessen Ermchtigung bis Ende 2008 gilt; Entsch. v. 30.3.2004, ABl. EU Nr. L 94/2004, 59 = UR 2004, 219.

412

II. Einzelne Tatbestnde

§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG an, wonach derartige Umstze grundstzlich steuerfrei sind. Folglich bestimmen sich die von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG erfaßten Umstze1 danach, ob sie unter § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG fallen (dazu Rz. 10.92 ff.). Diese Umstze werden nur durch einen Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 und 3 UStG (dazu nher Rz. 10.131 ff.) steuerpflichtig.2 Der Zweck der Steuerschuldnerschaft des Erwerbers liegt in der Sicherstellung der Besteuerung der Grundstcksumstze, weil nicht nur bei Grundstckbertragungen im Rahmen einer Zwangsversteigerung die Gefahr besteht, daß der liefernde Unternehmer nicht zur Entrichtung der anfallenden Umsatzsteuer in der Lage wre. Auch beim freihndigen Verkauf durch einen illiquiden Eigentmer, insbesondere dann, wenn er auf Druck eines Kreditgebers handelte, wrde, wenn der liefernde Unternehmer (wie bis zum 31.3.2004) Steuerschuldner wre, das Finanzamt „leer ausgehen“. Wenn in diesen Fllen nmlich die gesamte Gegenleistung auf Grund einer Abtretung oder Zahlungsanweisung seitens des Verkufers vom Erwerber an den Kreditgeber gezahlt wird, so erhlt der Verkufer keinerlei Liquiditt und knnte die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt zahlen. Der Kreditgeber wrde hingegen in Hhe des Teils der Forderung, der dem Umsatzsteuerbetrag entspricht, einen Vermgenswert erlangen, der nicht dem Kreditnehmer (Lieferer), sondern dem Steuerglubiger „gehren“ wrde und folglich bei interessengerechter Wertung nicht der Sicherung des Kreditgebers htte dienen drfen. Ist hingegen der Erwerber Steuerschuldner, so ist er berechtigt, die Gegenleistung in Hhe der geschuldeten Steuer zu krzen (Rz. 65 ff.).

13.26

Nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fllt die Lieferung von sog. Betriebsvorrichtungen (Rz. 10.99), so daß insoweit Steuerschuldner der liefernde Unternehmer ist.3 Das ist wenig praktikabel und vermutlich vom Gesetzgeber auch nicht gewollt, der Fehler lßt sich jedoch wegen des eindeutigen Wortlauts nicht durch Auslegung korrigieren. Ebensowenig erstreckt sich bei der Zwangsversteigerung eines Grundstcks die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers auf die Lieferung des Zubehrs4, obwohl dieses von der Zwangsversteigerung mit erfaßt wird5, da die Lieferung des Zubehrs nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fllt (Rz. 10.100).

13.27

1 Kein solcher steuerbarer Umsatz liegt vor, wenn die Grundstckslieferung als sog. Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG anzusehen ist (Rz. 5.189). 2 Zum Zeitpunkt der Steuerentstehung Rz. 12.10 Fn. 3 Anders war es bis zum 31.3.2004 bei der Zwangsversteigerung; Stadie in R/D, § 13b Anm. 79. 4 Zur Rechtslage vor dem 1.4.2004 Stadie in R/D, § 13b Anm. 85. 5 § 20 Abs. 2, § 90 Abs. 2 ZVG.

413

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

4. Bauleistungen 13.28

Nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 iVm. Abs. 2 Satz 2 UStG1 knnen auch Bauleistungen, die von im Inland ansssigen Unternehmern ausgefhrt werden, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers begrnden, wenn dieser nicht nur Unternehmer ist, sondern auch seinerseits Bauleistungen erbringt (Rz. 33 ff.). Bei diesen Werklieferungen und sonstigen Leistungen besteht ein Konkurrenzverhltnis zwischen der Nr. 1 und der Nr. 4 des Abs. 1 Satz 1 des § 13b UStG, wenn der leistende Unternehmer nicht im Inland ansssig ist. Da Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 bestimmt, daß die Nr. 1 unberhrt bleibt, hat diese Vorrang. Das bedeutet, daß, wenn ein nicht im Inland ansssiger Unternehmer Bauleistungen erbringt, fr die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers die Einschrnkungen der Nr. 4 fr Planungs- und berwachungsleistungen (Rz. 30) und des Abs. 2 Satz 2, wonach der Leistungsempfnger selbst Bauleistungen erbringen muß (Rz. 33), nicht gelten.

13.29

§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erfaßt Werklieferungen (dazu Rz. 7.80 ff.) und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, nderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und berwachungsleistungen. Bis auf diese Einschrnkung entspricht die Umschreibung der Definition der Bauleistungen durch § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III.2 Bauwerke sind nicht nur Gebude, sondern auch smtliche andere irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte (bauliche) Anlagen.3

13.30

Zu den Bauleistungen zhlt auch der Einbau von Einrichtungsgegenstnden u. ., wenn sie mit einem Gebude fest verbunden werden.4 Ausdrcklich ausgeschlossen sind Planungs- und berwachungsleistungen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Halbs. 2 UStG). Keine Bauleistungen sind insbesondere Materiallieferungen, das Vermieten von Baugerten, die Entsorgung von Bauschutt und Gartenarbeiten. Auch reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen davon stellen keine Bauleistungen dar, solange nicht Teile verndert, bearbeitet oder ausgetauscht werden; anderenfalls handelt es sich um eine Instandsetzung bzw. Instandhaltung (Reparatur).5 Eine Reinigungsleistung ist dann eine

1 In Art. 21 der 6. EG-RL findet sich keine explizite Ermchtigung fr diese Regelung. Dessen Abs. 3 erlaubt lediglich eine Bestimmung, wonach eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten habe. Die Bundesregierung sieht darin keine hinreichende Grundlage und hat deshalb einen Beschluß des Rates nach Art. 27 erwirkt, dessen Ermchtigung bis Ende 2008 gilt; Entsch. v. 30.3.2004, ABl. EU Nr. L 94/2004, 59 = UR 2004, 219. 2 BMF, BStBl. I 2004, 1129, Tz. 1. 3 Vgl. Abschn. 182a Abs. 3 Satz 1 UStR 2005. 4 Abschn. 182a Abs. 3 Satz 2 UStR 2005. 5 Die Finanzverwaltung hat eine Bagatellgrenze fr Reparatur- und Wartungsarbeiten in Hhe von 500 Euro (Netto-Entgelt) bestimmt; Abschn. 182a Abs. 8 aE. UStR 2005.

414

II. Einzelne Tatbestnde

Bauleistung, wenn die zu reinigende Oberflche verndert, z. B. abgeschliffen oder abgestrahlt wird.1 Eine gemischte Leistung, die auch Elemente von Bauleistungen enthlt, ist als einheitliche Bauleistung zu behandeln, wenn die Elemente der Bauleistungen der Gesamtleistung das Geprge geben (vgl. Rz. 7.76).2

13.31

Bauleistungen erbringt auch derjenige, der diese durch Dritte ausfhren lßt (vgl. Rz. 2.43). Folglich erbringen sowohl der sog. Generalunternehmer gegenber seinem Auftraggeber als auch die sog. Subunternehmer, die die Bauleistungen unmittelbar ausfhren, gegenber dem Generalunternehmer jeweils derartige Leistungen. Die Arbeitnehmerberlassung stellt hingegen keine Bauleistung dar, auch wenn die berlassenen Arbeitnehmer fr den Entleiher Bauleistungen erbringen.3 Es ist unverstndlich, daß das Gesetz diese nicht mit einbezogen hat.

13.32

Abweichend von der Grundregel des § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG, wonach der Leistungsempfnger Unternehmer oder juristische Person sein muß, schrnkt Abs. 2 Satz 2 den Kreis der in Betracht kommenden Leistungsempfnger auf Unternehmer ein, die Leistungen iS des Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 erbringen. Der Leistungsempfnger muß mithin als Unternehmer4 ebenfalls Bauleistungen erbringen, die nicht ausschließlich Planungs- oder berwachungsleistungen darstellen drfen. Die Regelung zielt auf die Einschaltung von Subunternehmern im Baugewerbe ab.

13.33

Nach dem Gesetzeswortlaut muß der Leistungsempfnger lediglich Bauleistungen erbringen, so daß es ausreichen mßte, wenn nur gelegentlich im Rahmen einer anderen unternehmerischen Ttigkeit Bauleistungen erbracht werden. Der Schutz des leistenden Unternehmers als Gehilfe des Staates (Rz. 1.18) verlangt indes, daß dieser die Voraussetzungen fr den bergang der Steuerschuld ohne weiteres erkennen kann (Bestimmtheitsgebot und Verhltnismßigkeitsprinzip). Folglich ist das ußere Erscheinungsbild maßgebend. Der Leistungsempfnger muß mithin zumindest mit einem Teilbereich seines Unternehmens derartig Bauleistungen erbringen, daß diese Ttigkeit fr sich betrachtet nachhaltig, d. h. unternehmerisch ist, nmlich den Leistungsempfnger zu einem solchen machen wrde.5 Die Auffassung der Finanzverwaltung, daß von einer nachhaltigen Ttigkeit dann auszugehen sei, wenn der Leistungsempfnger im vorangegangenen Jahr Bauleistungen erbracht hat, die mehr als 10 % seine Umstze betragen haben6, ist mehr als verfehlt, da der lei-

13.34

1 2 3 4

Abschn. 182a Abs. 6 UStR 2005. Vgl. auch Abschn. 182a Abs. 9 UStR 2005. Abschn. 182a Abs. 8 Gedankenstrich 12 UStR 2005. Bei einem Leistungsempfnger, der zu einem Organkreis gehrt, sind die Organschaftswirkungen beiseite zu schieben, so daß es auf die Verhltnisse bei demjenigen ankommt, der die Bauleistungen empfngt; Abschn. 182a Abs. 12 UStR 2005; Stadie in R/D, § 13b Anm. 106.3. 5 Stadie in R/D, § 13b Anm. 105.2 und 105.4. 6 Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005.

415

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

stende Unternehmer nicht beurteilen kann, ob diese Grenze berschritten ist.1 13.35

Erfllt der Leistungsempfnger die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, so mssen die bezogenen Bauleistungen nicht in die Erbringung eigener Bauleistungen eingehen. Der Unternehmer wird auch dann Steuerschuldner, wenn er die Bauleistungen fr seine brigen Unternehmensteile oder fr seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht (§ 13b Abs. 2 Satz 3 UStG). Ist der Leistungsempfnger zwar nicht selbst ein derartiger Unternehmer, aber Gesellschafter einer Personengesellschaft oder beherrschender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die Bauleistungen erbringt, so ist es vom Zweck der Vorschrift her sachgerecht und hlt sich im Rahmen zulssiger Auslegung2, dieses Merkmal auf den Gesellschafter ausstrahlen zu lassen (vgl. Rz. 43 f.).

III. Leistungsempfnger 1. Allgemeines 13.36

Empfnger der Leistung iS des § 13b UStG ist grundstzlich derjenige, der nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis, insbesondere als Vertragspartner (Auftraggeber), oder bei der Zwangsversteigerung kraft Gesetzes die Gegenleistung schuldet (s. auch Rz. 14.53). Leistungsempfnger ist folglich auch derjenige, der die Leistung von einem Dritten (Subunternehmer) als sog. Generalunternehmer bezieht und sie damit zugleich als eigene gegenber seinem Auftraggeber erbringt oder als sog. Leistungskommissionr (Rz. 7.61, 7.64) eingeschaltet ist.

13.37

Ein Dritter iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (Rz. 11.27 ff.) ist – auch hinsichtlich des Vorsteuerabzugs (Rz. 15.14) – Leistungsempfnger, soweit er auf Grund eigener Rechtsbeziehungen zum Leistenden eine Zuzahlung schuldet3, denn nur er kann im Verhltnis zum Leistenden insoweit die Zahlung um die geschuldete Steuer krzen (dazu 1 Nach Auffassung des BMF sollen die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG ferner dann vorliegen, wenn der Auftraggeber dem leistenden Unternehmer eine gltige Freistellungsbescheinigung nach § 48 EStG vorlege; Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005. Damit erlangt zwar der leistende Unternehmer Vertrauensschutz, doch steht damit nicht fest, daß der Auftraggeber tatschlich auch Steuerschuldner iS des § 13b UStG ist, so daß Steuerausflle eintreten knnen. Demgegenber soll lt. BMF, BStBl. I 2004, 1129, Tz. 2.1.2 aE., der Leistungsempfnger, der eine solche Bescheinigung vorlegt, auch dann Steuerschuldner sein, wenn er keine Bauleistungen erbringt. Das ist unhaltbar, da allein das Gesetz maßgebend ist. Erforderlich ist deshalb eine den Gedanken des § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG (Rz. 18) aufgreifende Schutzvorschrift in Verbindung mit der weitergehenden Anordnung, daß, wenn der Leistungsempfnger eine entsprechende Bescheinigung vorlegt, er auch dann Steuerschuldner ist, wenn er die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG tatschlich nicht erfllt. 2 Ein solcher Gesellschafter erbringt mittelbar Bauleistungen. 3 Darber hinaus bestimmt § 30a UStDV (Ermchtigungsgrundlage § 13b Abs. 6 UStG), daß bei einer unfreien Versendung nicht der Absender, sondern der Empfnger die Steuer schuldet.

416

III. Leistungsempfnger Rz. 65 ff.). Wre der Auftraggeber der Leistung auch hinsichtlich der Zahlung des Dritten Schuldner der Steuer, so wre er, soweit er von der Vereinbarung des Dritten mit dem Leistenden nichts wßte, nicht in der Lage, seine Zahlung auch um diesen Steuerbetrag zu krzen, so daß er gegen seinen Willen mit einem zustzlichen Steuerbetrag belastet wre, was gegen die Privatautonomie verstoßen wrde. Anders ist es bei solchen Zahlungen Dritter, die fr Rechnung des Auftraggebers (Leistungsempfnger) erfolgen und als dessen Zahlungen anzusehen sind (Rz. 11.28).

Der Leistungsempfnger muß nicht im Inland ansssig sein, da § 13b UStG keine derartige Einschrnkung enthlt1; die Besttigung findet sich in § 15 Abs. 4b UStG. Seine Steuerschuldnerschaft hngt grundstzlich auch nicht davon ab, daß er im Inland fr Umsatzsteuerzwecke registriert ist.2

13.38

Sind mehrere Personen gemeinsam Auftraggeber der Leistung, so ist die Gemeinschaft Leistungsempfnger in Gestalt einer BGB-Gesellschaft, wenn sie Unternehmer ist (dazu Rz. 5.100 ff.). Anderenfalls – wie insbesondere bei einer Wohnungseigentmergemeinschaft (Rz. 5.15) – sind die Beteiligten jeweils anteilig Leistungsempfnger im Umfang der von ihnen getragenen Gegenleistung.

13.39

Beispiele: (1) Die Rechtsanwlte A und B betreiben eine Gemeinschaftspraxis in gemieteten Rumen. Sie beziehen eine sonstige Leistung iS des § 13b UStG fr die Kanzlei. A und B sind gemeinsam in Gestalt einer BGB-Gesellschaft als Unternehmer ttig, so daß Leistungsempfnger die BGB-Gesellschaft ist. (2) A und B haben ferner Bauleistungen eines im Ausland ansssigen Unternehmers fr das ihnen als Miteigentmer gehrende Wohnhaus bezogen. Den Auftrag hatten sie in beider Namen erteilt. Leistungsempfnger sind jeweils anteilig A und B, nicht die zwischen ihnen bestehende BGB-Gesellschaft, denn diese beschrnkt sich auf ihre gemeinsame Rechtsanwaltsttigkeit, so daß die Bauleistungen nicht fr den nichtunternehmerischen Bereich dieses Unternehmers erbracht wurden. Da A und B nicht unmittelbar selbst Unternehmer sind, wren sie nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 2 UStG nicht Steuerschuldner. Richtigerweise strahlt jedoch die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft insoweit jeweils auf die einzelnen Gesellschafter aus (Rz. 43). Nichts anderes gilt, wenn A (oder B) allein fr sein Einfamilienhaus Bauleistungen in Anspruch nimmt. (3) Eine Wohnungs- und Teileigentmergemeinschaft bezieht Bauleistungen von einem im Ausland ansssigen Bauunternehmer. Leistungsempfnger sind, da die Gemeinschaft als solche nicht Unternehmer ist, die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft jeweils anteilig. Soweit die Teileigentmer Unternehmer sind, sind sie jeweils anteilig Steuerschuldner.

1 Im Hinblick auf den Zweck des § 13b UStG wre es in einem solchen Fall indes sinnvoller gewesen, Gesamtschuldnerschaft vorzusehen, was Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL zuließe. 2 Allerdings verlangt Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL bei den in Art. 28b Teil C, D, E und F genannten Dienstleistungen, daß der Empfnger im Inland fr Zwecke der Mehrwertsteuer erfaßt ist (vgl. auch Art. 21 Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL).

417

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

2. Unternehmer 13.40

a) Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers setzt voraus, daß dieser Unternehmer – in den Fllen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 UStG sind auch juristische Personen des ffentlichen Rechts betroffen (Rz. 45) – ist (§ 13b Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG). Die Unternehmereigenschaft bestimmt sich nach dem – EG-Richtlinien-konform zu interpretierenden – § 2 UStG (dazu Rz. 5.6 ff.).

13.41

Nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 2 UStG mßte es unerheblich sein, ob die Umstze des Leistungsempfngers vollen Umfangs steuerfrei (ohne Vorsteuerabzug) sind oder Sonderregelungen fr Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) oder fr pauschalierende Landwirte- und Forstwirte (§ 24 Abs. 1 UStG) gelten (Klarstellung fr Kleinunternehmer durch § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Vorschrift – wie auch Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL – bedarf jedoch der teleologischen Reduktion dergestalt, daß die oben genannten Unternehmer, soweit sie natrliche Personen sind, nicht von der Steuerschuldnerschaft betroffen sind (und deshalb auch nicht unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 3 UStG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL fallen, Rz. 8.41). Das gebietet der Verhltnismßigkeitsgrundsatz, weil fr diesen Personenkreis die Steuerschuldnerschaft unzumutbar ist. Wenn das Gesetz und die EG-Richtlinie diese Unternehmer ganz bzw. weitgehend aus der Umsatzbesteuerung herausnehmen und praktisch wie Nichtunternehmer („Privatpersonen“) behandelt, dann ist es unzumutbar, sie gleichwohl mit Hilfspflichten zu belasten und die Kenntnis der komplizierten Regeln des Umsatzsteuergesetzes (insbesondere zum Ort der sonstigen Leistungen nach § 3a UStG) zu verlangen (Verstoß gegen das bermaßverbot1, Wertungswiderspruch). Die Besttigung findet sich fr Land- und Forstwirte und fr Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umstzen (ohne Vorsteuerabzug) gemeinschaftsrechtlich auch in Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 iVm. Abs. 1a Buchst. b der 6. EG-RL, wonach diese Unternehmer grundstzlich keine innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern haben. Da die Pflicht zur Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenstnden und die Steuerschuldnerschaft beim Empfang von Dienstleistungen materiell-rechtlich im Ergebnis keinen Unterschied macht (vgl. Rz. 1) und die Abgrenzung von Werklieferung und Werkleistung hufig schwierig ist (vgl. Rz. 6), muß davon ausgegangen werden, daß auch bei Dienstleistungen fr den genannten Personenkreis die Steuerschuldnerschaft nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL nicht eintritt. Juristischen Personen ist hingegen die Kenntnis umsatzsteuerrechtlicher Regeln grundstzlich zuzumuten. Nach alledem ist § 13b Abs. 2 UStG verfassungskonform und richtlinienkonform restriktiv im obigen Sinne auszulegen. § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG verstßt mithin gegen das verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche bermaßverbot.

13.42

b) Erforderlich ist lediglich, daß der Leistungsempfnger Unternehmer ist, so daß dieser auch dann Steuerschuldner wird, wenn er die Leistung fr den nicht1 So wohl auch Hidien, RIW 2002, 208, 213 f.

418

III. Leistungsempfnger

unternehmerischen Bereich bezieht (§ 13b Abs. 2 Satz 3 UStG). Damit nicht zu vereinbaren ist die ganz herrschende Auffassung zu § 3a Abs. 3 UStG, wonach fr die Verlagerung des Ortes zum Leistungsempfnger die sonstige Leistung fr das Unternehmen des Empfngers ausgefhrt sein msse; diese Sichtweise verkennt das Zusammenspiel von § 3a Abs. 3 UStG und § 13b UStG (Rz. 8.82). Die Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 3 UStG ist auch sachgerecht1, da der Leistungsempfnger schon bei entsprechenden Umstzen fr seinen unternehmerischen Bereich Steuerschuldner ist und ihm selbst unabhngig davon die Steuerschuldnerschaft in Verbindung mit der Anmeldungsund Abfhrungspflicht bereits deshalb zuzumuten ist, weil ihn entsprechende Pflichten ohnehin schon als Unternehmer treffen. Zudem geht es insoweit um die direkte Besteuerung des eigenen Verbrauchs und nicht etwa um die Erfllung von Pflichten in fremden Angelegenheiten, so daß sich die Frage der Zumutbarkeit prinzipiell gar nicht stellt. § 13b Abs. 2 Satz 3 UStG steht auch nicht im Widerspruch zu Art. 21 Abs. 1 Buchst. a, b und f der 6. EG-RL, da diese Bestimmungen nur von einem „Empfnger“ bzw. „steuerpflichtigen Empfnger“ der Leistungen sprechen und nicht – wie namentlich Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 1 und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-RL – die Einschrnkung „als Steuerpflichtiger handelnd“ enthalten. Da Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL zusammen mit Art. 28a in die 6. EG-RL eingefgt worden war, muß davon ausgegangen werden, daß es sich um eine bewußte Differenzierung handelt.

c) Ist ein Leistungsempfnger zwar nicht selbst Unternehmer, aber Gesellschafter einer Personengesellschaft, die Unternehmer ist, so strahlt m. E. deren Unternehmereigenschaft auf den Gesellschafter aus (vgl. auch Rz. 5.112 ff.), sofern dieser nicht nur einfacher Kommanditist o. . ist. Eine derartige Auslegung hlt sich im Rahmen des mglichen Wortsinns und ist im Hinblick auf den Gleichheitssatz geboten, da es willkrlich wre, wenn eine natrliche Person bei einer fr den nichtunternehmerischen Bereich bezogenen Leistung Steuerschuldner wird, wenn sie (Einzel-)Unternehmer ist, nicht jedoch, wenn sie sich mit einer weiteren Person zu einer gemeinsamen unternehmerischen Bettigung zusammenschließt und damit nicht mehr selbst Unternehmer iS des § 2 UStG ist (vgl. das Beispiel 2 zu Rz. 39).

13.43

Ist der beherrschende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht selbst Unternehmer, aber die Gesellschaft, so ist es ebenfalls sachgerecht und hlt sich im Rahmen des mglichen Wortsinns der Vorschrift, die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft auf den Gesellschafter ausstrahlen zu lassen und ihn als (mittelbaren) Unternehmer zu behandeln (vgl. auch Rz. 5.118). Die steuerrechtlichen Folgen bei wirtschaftlich gleichen Sachverhalten drfen nicht von dem Zufall abhngen, in welches zivilrechtliche Gewand Personen ihre unternehmerische Bettigung kleiden (Willkrverbot und Grundsatz der Rechtsformneutralitt als Ausprgungen des Gleichheitssatzes).

13.44

1 AA. Hidien, RIW 2002, 208, 214.

419

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers Beispiel: A bezieht fr sein privates Wohnhaus von einem im Ausland ansssigen Unternehmer Bauleistungen. A ist (1) Unternehmer, (2) Alleingesellschafter und -geschftsfhrer einer GmbH (oder GmbH & Co. KG). Im Falle (1) ist A Schuldner der Steuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 iVm. § 13b Abs. 2 Satz 1 und 3 UStG, im Falle (2) nach dem Wortlaut dieser Vorschriften nicht, da A nicht Unternehmer iS des § 2 UStG ist (im wirtschaftlichen und im gesellschaftlichen Leben wird er sich indes stets als „Unternehmer“ vorstellen). Eine am Gleichheitssatz orientierte Auslegung verlangt es, die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft auf ihn ausstrahlen zu lassen und ihn im Rahmen des § 13b UStG als Unternehmer zu behandeln.

13.45

d) In den Fllen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 UStG sind auch juristische Personen des ffentlichen Rechts als Leistungsempfnger Steuerschuldner. Anders als im Rahmen des innergemeinschaftlichen Erwerbs (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG) und des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschfts (§ 25b Abs. 1 Satz 2 UStG) sind juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, als Leistungsempfnger nur dann Steuerschuldner, wenn sie solche des ffentlichen Rechts (dazu Rz. 5.271 ff.) sind.

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer 1. Entstehung der Steuer a) Grundsatz 13.46

Nach § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG entsteht1 die Steuer bei den aufgezhlten Umstzen mit Ausstellung der Rechnung, sptestens jedoch mit Ablauf des der Ausfhrung2 der Leistung3 folgenden Kalendermonats.4 Diese Regelung entspricht der des § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG fr den innergemeinschaftlichen 1 Die Steuer entsteht nicht in der Person des Leistungsempfngers, wenn der Leistende Kleinunternehmer ist und die Steuer bei diesem nicht erhoben wird (§ 13b Abs. 2 Satz 4 UStG). 2 Bei einer Grundstckslieferung u. . kommt es entgegen dem Wortlaut nicht auf die Ausfhrung der Lieferung, sondern auf den Zeitpunkt des Verzichts an, der richtigerweise nicht zurckwirkt (Rz. 12.10 Fn. iVm. Rz. 10.161). 3 Entsprechendes gilt gem. § 13b Abs. 1 Satz 2 UStG fr Teilleistungen (zu diesen Rz. 12.13 f.). 4 Danach mßte diese Entstehungsregel nicht nur fr den Fall gelten, daß der Leistungsempfnger, sondern auch dann, wenn der leistende Unternehmer im Falle des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 5 UStG ausnahmsweise Steuerschuldner ist, weil fr den Leistungsempfnger nicht erkennbar ist, daß der Leistende nicht im Inland ansssig ist (Rz. 19). Dafr knnte auch § 14a Abs. 5 Satz 1 UStG sprechen. Daß das jedoch nicht der Wille des Gesetzgebers ist, folgt aus der berschrift des § 13b UStG, aus dessen Abs. 3 („Die Abstze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn . . .“) sowie aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, der offensichtlich nur die nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Steuer im Auge hat. Die Entstehungsregeln des § 13b Abs. 1 UStG sollen mithin nur gelten, wenn der Leistungsempfnger Steuerschuldner ist.

420

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer

Erwerbs und gilt unabhngig davon, ob der Leistungsempfnger fr seine eigenen Umstze die Steuer nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten versteuert (dazu Rz. 12.3 bzw. 12.24). Rechnung iS des § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG ist nur eine solche, die die Voraussetzungen des § 14a Abs. 5 UStG erfllt, d. h. den Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfnger enthlt und keine Steuer ausweist. Entgegen dem Gesetzeswortlaut kann es nicht auf die Ausstellung, sondern nur auf den Zugang der Rechnung ankommen. Der Sinn dieser Entstehungsregelung ist nicht erkennbar.1 Da die Steuer unabhngig davon entstehen soll, ob das Entgelt bereits entrichtet ist, handelt es sich um eine modifizierte Sollbesteuerung beim Leistungsempfnger, die genau so wie die Sollbesteuerung beim leistenden Unternehmer (Rz. 12.5 ff.) gegen das Wesen der Umsatzsteuer verstßt, welche den Aufwand des Leistungsempfngers fr die Leistung belasten will.2 Insbesondere die als Grundregel gemeinte Bestimmung, daß die Steuer mit Ausstellung der Rechnung entstehe, ist schlicht absurd, weil danach der leistende Unternehmer mit Erteilung der Rechnung vor Ausfhrung der Leistung willkrlich die Entstehung der Steuer bei seinem Auftraggeber beeinflussen knnte. Die Bestimmung verstßt auch gegen Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL, wonach die Steuerentstehung „sptestens“ mit Ausstellung der Rechnung eintreten darf. Schon bei richtlinienkonformer Auslegung kann die Steuer folglich frhestens dann entstehen, wenn die Rechnung ausgestellt und die Leistung ausgefhrt worden ist.

13.47

Aber auch mit dieser einschrnkenden Auslegung fhrt die Regelung zu einer Ungleichbehandlung des nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfngers gegenber einem solchen Auftraggeber, der die gleiche Leistung nicht von einem unter § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 5 UStG fallenden, d. h. von einem im Inland ansssigen Unternehmer bezieht und daher nicht Steuerschuldner wird. In diesem Fall wird er mit der Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung erst dann belastet, wenn er diese entrichtet. Fr die Ungleichbehandlung ist kein sachlicher Grund erkennbar, so daß sie willkrlich ist. Zur Vermeidung einer solchen ist § 17 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 iVm. Abs. 2 Nr. 1 UStG sachgerecht zu interpretieren (Rz. 50).

13.48

Die Entstehungsregelung fhrt bei den in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 UStG genannten Umstzen ferner zu einer Diskriminierung der nicht im Inland ansssigen Unternehmer, da die Gefahr besteht, daß nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfnger zur Vermeidung einer eigenen Steuerschuldnerschaft den Auftrag an im Inland ansssige Unternehmer vergeben. Die Vorschrift verstßt mithin gegen primres Gemeinschaftsrecht (Diskriminierungsverbot), so daß es ohne Belang ist, daß Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der 6. EG-RL nach seinem Wortlaut eine solche Entstehungsregelung zuließe.

13.49

1 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 13b Anm. 133 ff. 2 Demgegenber hatte die Vorgngervorschrift zum sog. Abzugsverfahren, welches bis 2001 galt, noch zutreffend auf die Entrichtung der Gegenleistung abgestellt (§ 51 Abs. 1 iVm. § 54 Abs. 1 UStDV aF.).

421

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers

13.50

Allerdings wird der von § 13b Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG angeordnete Grundsatz der Sollbesteuerung im Ergebnis bei richtiger Auslegung des § 17 UStG durch das dieser Norm zugrunde liegende Prinzip wieder beseitigt. Diese Vorschrift ist sinngemß anzuwenden (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG; dazu auch Rz. 64), so daß auch die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG sinngemß gilt, wonach bei Uneinbringlichkeit der Gegenleistung die geschuldete Steuer zu berichtigen ist. Auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers bertragen bedeutet das, daß (vorlufige) „Uneinbringlichkeit“ von vornherein gegeben ist, solange (bzw. soweit) von der Nichtzahlung durch den Leistungsempfnger auszugehen ist. Da der Zweck des § 17 UStG darin liegt, die Umsatzsteuerbelastung nach dem Aufwand des Leistungsempfngers zu bestimmen (Rz. 12.56), folgt aus dieser Vorschrift, daß die Steuer gar nicht erst entsteht, wenn schon in dem fr die Entstehung maßgeblichen Zeitpunkt feststeht, daß der Leistungsempfnger die geschuldete Gegenleistung nicht entrichten wird. Auf die Ursache oder das Motiv der Nichtzahlung kommt es – abgesehen davon, daß es an der Nachprfbarkeit scheitern wrde – nicht an, so daß nicht nur bei Zahlungsunfhigkeit, sondern auch bei bloßer Zahlungsunwilligkeit (Hinauszgern der Zahlung) die Steuer vorerst nicht entsteht. Entsprechendes gilt bei nur teilweiser Zahlung. Die Bercksichtigung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG fhrt mithin dazu, daß die Entstehungsregeln des § 13b Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG leerlaufen und die Steuer sachgerecht erst bei Zahlung des Entgelts entsteht (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). b) Vorauszahlungen

13.51

Wird vor Ausfhrung der Leistung oder Teilleistung eine Voraus- oder Anzahlung gettigt, so entsteht – insofern anders als beim innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG) – insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der leistende Unternehmer die Zahlung vereinnahmt1 hat (§ 13b Abs. 1 Satz 3 UStG). In den Fllen des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 UStG muß hinzukommen, daß der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Leistungsfhrung nicht im Inland ansssig ist (§ 13b Abs. 4 Satz 2 UStG). War das im Zeitpunkt der Vorauszahlung noch nicht der Fall, so tritt grundstzlich keine Rckwirkung ein.2 Wird die Leistung spter nicht ausgefhrt, so ist die Steuer (und Vorsteuer) zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 5 iVm. Abs. 2 Nr. 2 UStG). Entsprechendes hat zu gelten, wenn im Falle des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 5 UStG der leistende Unternehmer bei Ausfhrung der Leistung im Inland ansssig ist, so daß die Voraussetzung des § 13b Abs. 4 Satz 2 UStG (Rz. 11) nicht mehr erfllt ist; § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG ist analog anzuwenden. 1 Diese Regelung ist blind aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG (dazu Rz. 12.17 f.) bernommen worden. Das Abstellen auf die Vereinnahmung durch den leistenden Unternehmer ist unsinnig, da es vom Zweck des Gesetzes her nur auf die Zahlung seitens des Leistungsempfngers ankommen kann. Fr den Vorsteuerabzug stellt indes § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 UStG zutreffend auf die Zahlung ab. 2 Stadie in R/D, § 13b Anm. 142.

422

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer

Die Entstehungsregeln des § 13b Abs. 1 Satz 1 (und 2) UStG sind nicht mit der Anordnung des Satzes 3 abgestimmt, da die aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG bernommene sog. Istbesteuerung nur im Zusammenspiel mit dem Grundsatz, wonach die Steuer mit Ausfhrung der Leistung entsteht (Rz. 12.3), Sinn ergibt. Dieser Grundsatz gilt jedoch nach § 13b Abs. 1 Satz 1 (und 2) UStG nicht. Bei wortlautgetreuer Anwendung knnen ungereimte Ergebnisse eintreten.

13.52

Beispiel: Die steuerpflichtige Leistung wurde am 2. Mai ausgefhrt. Der Empfnger hatte das Entgelt (a) am 30. April vorausgezahlt, (b) am 2. Mai entrichtet. Die Rechnung ging erst am 1. Juni ein. Voranmeldungszeitraum soll der Kalendermonat sein. Im Falle (a) entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums April (§ 13b Abs. 1 Satz 3 UStG). Im Falle (b) entstnde die Steuer nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG erst mit Ablauf des Juni.

Das kann nicht dem Willen des Gesetzes entsprechen, so daß im Wege eines Erst-Recht-Schlusses § 13b Abs. 1 Satz 3 UStG analog auch dann anzuwenden ist, wenn das Entgelt erst bei oder nach Ausfhrung der Leistung entrichtet wird, sofern die Steuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 UStG erst zu einem spteren Zeitpunkt entstehen wrde. 2. Bemessungsgrundlage a) Allgemeines Die Bemessungsgrundlage ist auch bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG) und nicht etwa der in der Rechnung des leistenden Unternehmers genannte Betrag.1 Entgelt ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfnger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzglich der Umsatzsteuer. Diese Umschreibung ist zu eng, so daß maßgebend ist, was fr die Leistung aufgewendet wird (Rz. 11.11). Dazu gehrt auch die vom Leistungsempfnger geschuldete und an das Finanzamt zu entrichtende Steuer, da auch diese fr die Leistung (wegen der Leistung) aufgewendet wird. Folglich stellt im Falle des § 13b UStG die an den leistenden Unternehmer erbrachte oder zu erbringende Gegenleistung das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG dar. Zum Entgelt gehren auch Zahlungen Dritter fr die Leistung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG; dazu Rz. 11.30), insoweit wird allerdings der Dritte Schuldner der Steuer (Rz. 37). Nicht zum Entgelt zhlen sog. durchlaufende Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG; dazu Rz. 11.33 ff.).

13.53

Fr die Steuerentstehung (Rz. 46 ff.) soll zwar nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG das vereinbarte Entgelt maßgebend sein, wegen § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist jedoch auf die tatschliche Zahlung abzustellen (Rz. 50).

13.54

1 So aber Abschn. 182a Abs. 27 Satz 1 UStR 2005; Nieskens, UR 2002, 53, 58; Birkenfeld, § 156 Rz. 155 (Beisp. b).

423

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers Unabhngig davon ist jedenfalls vereinbartes Entgelt die vereinbarte – und nicht etwa die vom leistenden Unternehmer mit der Rechnung geforderte1 – Gegenleistung, wenn zwischen den Beteiligten Einigkeit darber besteht, daß der Leistungsempfnger die Umsatzsteuer zu tragen hat (zur Zwangsversteigerung s. Rz. 10.155). Haben die Beteiligten hingegen lediglich einen Bruttobetrag vereinbart und keine Abrede ber die zustzliche Tragung der Umsatzsteuer durch den Leistungsempfnger getroffen, so stellt dieser Betrag entgegen h. M.2 grundstzlich den Gesamtaufwand iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG dar, in der die Umsatzsteuer als integraler Bestandteil enthalten ist (Rz. 11.8). Das vereinbarte Entgelt betrgt dann gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (z. Zt.) 100/116 dieses Betrages. Der Leistungsempfnger ist in diesem Fall zivilrechtlich berechtigt, die vereinbarte Gegenleistung um den geschuldeten Steuerbetrag (16/116) zu krzen (Rz. 20.17 ff.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Leistungsempfnger zivilrechtlich ganz oder teilweise zur zustzlichen Tragung der Umsatzsteuer verpflichtet ist (Rz. 20.19 f.). Diese Frage kann jedoch fr die Bestimmung der Bemessungsgrundlage dahinstehen, da es nicht auf die zivilrechtliche Verpflichtung, sondern auf den tatschlichen Aufwand des Leistungsempfngers ankommt (Rz. 50). Zur Bemessungsgrundlage nach Entrichtung der gesamten vereinbarten Gegenleistung s. Rz. 61.

13.55

Das Entgelt umfaßt ferner die vom Leistungsempfnger einbehaltenen und abgefhrten Abzugssteuern nach § 50a EStG bei beschrnkter Steuerpflicht und nach § 48 EStG3 bei Bauleistungen, denn die Einkommensteuer wird fr Rechnung des leistenden Unternehmers (Schuldner der Einkommensteuer) entrichtet (§ 50a Abs. 5 Satz 2, § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG), so daß von einer Zahlung an diesen auszugehen ist (Rz. 11.14).

13.56

Die sog. Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG; dazu Rz. 11.58 ff.) ist im Rahmen des § 13b UStG grundstzlich nicht anwendbar4, da der anderenfalls geschuldete Steuermehrbetrag zu einer gesetzlichen Erhhung der Gegenleistung und damit zu einem unzulssigen Eingriff in die Privatautonomie (Handlungsfreiheit) fhren wrde. Die Regelung des § 10 Abs. 5 UStG bezweckt zudem lediglich die Gleichstellung mit den voll unentgeltlichen Leistungen, bei denen der Steuerschuldner stets der leistende Unternehmer ist, weil § 13b UStG nur entgeltliche Umstze im Auge hat (§ 13b Abs. 1 Satz 1 UStG knpft an die „Rechnung“ an, zu deren Ausstellung der leistende Unter1 So aber Abschn. 182a Abs. 27 Satz 1 UStR 2005; Mßlang in S/R, § 13b Rz. 41. 2 Abschn. 182a Abs. 27 Satz 1 UStR 2005; Nieskens, UR 2002, 53, 58; Birkenfeld, § 156 Rz. 155 (Beisp. b); Mßlang in S/R, § 13b Rz. 41. 3 § 48 Abs. 3 EStG bestimmt, daß die Gegenleistung iS des § 48 Abs. 1 EStG das Entgelt zuzglich Umsatzsteuer sei. Das ist nicht nur berflssig, da Gegenleistung per se der Bruttobetrag ist, sondern vor allem unsinnig. Da mit „Entgelt“ nur das umsatzsteuerrechtliche gemeint sein kann, wird von den Gehilfen des Gesetzgebers bersehen, daß sich das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG durch Herausrechnen der Umsatzsteuer aus der Gegenleistung ergibt. Die Aussage des § 48 Abs. 3 EStG ist mithin schlichtweg unsinnig, da sich das Entgelt als reine Rechengrße (Rz. 11.3, 11.8) erst nach Kenntnis der Gegenleistung bestimmen lßt! Ist der Leistungsempfnger Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13b UStG, so zhlt die Umsatzsteuer eigentlich nicht zur Gegenleistung, da der Leistungsempfnger eine eigene Schuld erfllt und nicht eine solche des Leistenden. Andererseits wrde dann die Hhe der Abzugssteuer davon abhngen, ob der Leistungsempfnger unter § 13b UStG fllt; das wre nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren. Folglich muß die nach § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung iS des § 48 EStG angesehen werden (Stadie in R/D, Einf. Anm. 342). 4 AA Abschn. 182a Abs. 27 Satz 4 und 5 UStR 2005; Birkenfeld, § 156 Rz. 158.

424

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer nehmer nach § 14a Abs. 5 Satz 1 UStG verpflichtet ist). Folglich ist der leistende Unternehmer Schuldner der Steuer auf die Differenz. Die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage kommt nur dann in Betracht, wenn der Leistungsempfnger sich zur Tragung der gesamten Steuer verpflichtet hat oder – was selten der Fall sein drfte – er die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG kennt, so daß er die geschuldete Gegenleistung um den Steuerbetrag krzen kann.

Bei einer Mehrzahl von Leistungsempfngern (Rz. 39) bestimmt sich die Bemessungsgrundlage fr den einzelnen Leistungsempfnger nach dem von ihm getragenen Teil des Entgelts.

13.57

b) Bei Lieferungen sicherungsbereigneter Gegenstnde Bei der Lieferung eines sicherungsbereigneten Gegenstandes ergibt sich das Entgelt im Regelfall aus dem Betrag, um den die Darlehensschuld des Sicherungsgebers getilgt wird. Das ist im Falle der Weiterlieferung durch den Sicherungsnehmer (Rz. 21) der Verußerungserls abzglich der dafr geschuldeten Umsatzsteuer und etwaiger Verwertungskosten.1 Letztere sind mit dem Nettobetrag anzusetzen, da die Weiterlieferung auch bei Kreditinstituten steuerpflichtig ist2, so daß auch diese insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Wegen der steuerpflichtigen Weiterlieferung besteht auch hinsichtlich der fr den Erwerb des Gegenstandes geschuldeten Steuer der Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG), so daß auch dieser Betrag zur Darlehenstilgung verwendet werden muß und mithin zu dem gehrt, was der Leistungsempfnger fr die Lieferung aufwendet. Folglich ist die Steuer nicht mit 16/116 aus obigem Betrag herauszurechnen, sondern mit 16 v. H. von diesem zu berechnen.3 Wird bei der Verußerung durch den Sicherungsnehmer ein die Darlehensschuld bersteigender Netto-Mehrerls erzielt, so ist die Differenz an den Sicherungsgeber auszuzahlen und gehrt damit ebenfalls zum Entgelt. Wendet der Sicherungsgeber die sog. Differenzbesteuerung an, so bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach § 25a Abs. 3 UStG; dazu Rz. 17.108). Beispiel: Eine Bank als Sicherungsnehmer (Kreditglubiger) verußert den Gegenstand fr 23 200 Euro. Die Verußerungskosten betragen 300 Euro + 48 Euro USt. Die Lieferung des Sicherungsnehmers ist steuerbar (zumindest als Hilfsgeschft, Rz. 6.6) und steuerpflichtig, so daß er fr diese Lieferung an den Dritten 3200 Euro Umsatzsteuer schuldet. Hinsichtlich der Verußerungskosten ist wegen der steuerpflichtigen Lieferung der Vorsteuerabzug gegeben, so daß nur der Nettobetrag von 300 Euro abzusetzen ist. Der Sicherungsnehmer wendet mithin zur Darlehenstilgung den Betrag von 19 700 Euro auf. Dieser ist das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG fr 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1972, 809; 1987, 741, 743. 2 Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 UStG erfaßt nur die dort genannten banktypischen Umstze. 3 Wrde die Steuer mit 16/116 des fr die Darlehenstilgung verbleibenden Verußerungserlses berechnet werden, so mßte die aus dem Vorsteuerabzug sich ergebende Bereicherung des Sicherungsnehmers ebenfalls zur Darlehenstilgung verwendet werden und mithin Gegenleistung und Entgelt wieder um diesen Betrag erhhen.

425

13.58

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers die Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer, da die vom Sicherungsnehmer nach § 13b UStG geschuldete Steuer sogleich wieder als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG verrechnet werden kann und mithin dieser Vorsteuerbetrag ebenfalls zu dem gehrt, was der Leistungsempfnger insgesamt fr die Leistung aufwendet („alles, was . . .“ iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG; Rz. 53). Gesamtaufwand des Sicherungsnehmers: 19 700 P + 3 152 P = 22 852 P 6 100/116 = 19 700 P

Darlehenstilgung Vorsteuerabzug Gesamtaufwand („alles, was . . .“) = Entgelt.

c) Bei Umstzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen 13.59

Bei Umstzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, berhrt die Umsatzsteuerpflicht nicht die Grunderwerbsteuerpflicht.1 Bei freihndiger Lieferung soll, wenn der Erwerber die Grunderwerbsteuer bernommen hat, nach der Rechtsprechung des BFH die Hlfte der Grunderwerbsteuer zur umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage zhlen. Diese Sichtweise verkennt schon die zivilrechtliche Prmisse, verstßt ferner unabhngig davon gegen den Zweck des Umsatzsteuergesetzes, eine doppelte Besteuerung zu vermeiden, sowie gegen den Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung und schließlich auch gegen den Gleichheitssatz (Rz. 11.20 ff.) Bei einer Lieferung in der Zwangsversteigerung ist „vereinbartes“ Entgelt das Meistgebot bzw. ein Teil desselben, wenn die Lieferung nur zum Teil steuerpflichtig ist (dazu Rz. 10.145). d) Tausch und tauschhnliche Umstze

13.60

Besteht die Gegenleistung ausschließlich aus einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung (Tausch oder tauschhnlicher Umsatz), so wird der Leistungsempfnger grundstzlich nicht zum Schuldner der Steuer.2 Bei diesen Umstzen gilt der Wert der Gegenleistung, d. h. der erhaltenen Lieferung oder sonstigen Leistung abzglich der Umsatzsteuer als Entgelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG; dazu Rz. 11.38). Darin spiegelt sich der elementare Grundsatz des Umsatzsteuerrechts wieder, daß die Steuer in der Gegenleistung stets als integraler, untrennbarer Bestandteil enthalten ist (Rz. 11.8). § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG geht mithin von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers aus, der mit der Gegenleistung auch die von ihm geschuldete Steuer in Gestalt eines Teils (zZt. 16/116 bzw. 7/107) der Lieferung oder sonstigen Leistung erhlt und diese dann in Geld an das Finanzamt abfhren muß. Wre hingegen der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer, so knnte er die Gegenleistung, da diese nicht aus 1 Die Umsatzsteuer gehrt nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, weil der Erwerber nach § 13b UStG eine eigene Steuerschuld erfllt, die mithin nicht Teil der Gegenleistung iS des § 9 GrEStG ist. Aber auch vor Einfhrung des § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG war die vom BFH geforderte Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verfehlt (Rz. 11.20 Fn.). 2 AA. Reg.-Entw. StndG 2001, BR-Drucks. 399/01, Begr. zu Art. 14 Nr. 4 (zu § 13b Abs. 1 UStG); Abschn. 182a Abs. 18 UStR 2005.

426

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer Geld besteht, nicht um die Steuer krzen und mßte folglich die Steuer noch zustzlich aufwenden. Das wrde, wenn der Leistungsempfnger nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, so daß ihn die Steuerschuld wirtschaftlich trfe, zu einer gesetzlich angeordneten Erhhung der Gegenleistung und damit zu einem unzulssigen Eingriff in die Privatautonomie (Handlungsfreiheit) fhren. Im Falle des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kme noch die Ungleichbehandlung gegenber demjenigen Leistungsempfnger hinzu, der die gleiche Leistung im Tausch von einem im Inland ansssigen Unternehmer bezieht. Eine verfassungskonforme Auslegung (Reduktion) des § 13b UStG fhrt deshalb dazu, daß die Flle des Tausches und des tauschhnlichen Umsatzes grundstzlich ausgenommen werden, so daß der leistende Unternehmer Steuerschuldner ist (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien vereinbart haben, daß die Umsatzsteuer vom Leistungsempfnger getragen wird oder diese Verpflichtung zivilrechtlich auch ohne ausdrckliche Vereinbarung besteht (dazu Rz. 20.20). Ist eine Zuzahlung vereinbart, so besteht die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG nur insoweit, wie die Steuer aus der Zuzahlung bestritten werden kann. Der Leistungsempfnger ist zu einer entsprechenden Krzung berechtigt, sofern er nicht zivilrechtlich verpflichtet ist, die Umsatzsteuer zustzlich zu tragen (Rz. 20.16 ff.).

e) Steuerberechnung nach Entrichtung der gesamten Gegenleistung Hat der Leistungsempfnger in Unkenntnis seiner Steuerschuldnerschaft die vereinbarte Gegenleistung in voller Hhe entrichtet, obwohl er zur Krzung um den Steuerbetrag berechtigt gewesen wre (Rz. 20 ff.), so wird die entrichtete Gegenleistung zum Entgelt. Die geschuldete Steuer ist nicht mit (z. Zt.) 16/116 (bzw. 7/107) aus dem Zahlungsbetrag herauszurechnen1, obwohl damit genau die Steuer geschuldet wrde, die bei Zugrundelegung des vereinbarten Entgelts entstnde. Ein solcher Ansatz verkennt, daß auch die vom Leistungsempfnger geschuldete und an das Finanzamt zu zahlende Steuer zum Gesamtaufwand iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gehrt (Rz. 53) und folglich die Bemessungsgrundlage erhht. Demgemß betrgt die geschuldete Steuer 16/116 der Summe aus der an den leistenden Unternehmer gezahlten Gegenleistung und der geschuldeten Steuer, so daß sie mit 16 v. H. der gezahlten Gegenleistung zu berechnen ist. Dabei ist es ohne Belang, ob die vereinbarte Gegenleistung als ein Betrag dargestellt oder in einen Nettobetrag und (deutsche oder auslndische) Umsatzsteuer aufgegliedert war. Nach Durchsetzung eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs mindert sich die Steuerschuld (Rz. 20.21 f.). Beispiele: (1) Die vereinbarte Vergtung betrgt 10 000 Euro und ist vom Leistungsempfnger in voller Hhe an den leistenden Unternehmer entrichtet worden. Wrde die Umsatzsteuer fehlerhaft mit 16/116 von 10 000 Euro = 1379,71 Euro berechnet und entrichtet werden, so htte der Leistungsempfnger insgesamt 11 379,71 Euro fr die Leistung aufgewendet, so daß nach der Regel des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG die geschuldete Steuer 16/ 116 davon, d. h. 1569,51 Euro ausmachen wrde. Dann aber htte der Leistungsempfnger 11 569,51 Euro aufgewendet, so daß die geschuldete Steuer nunmehr 16/116 davon, d. h. 1595,74 Euro betrge. Dann aber . . . usw. usw. Nur bei einer Steuerschuld von

1 AA. Birkenfeld, § 156 Rz. 156.

427

13.61

Kap. 13 Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 1600 Euro, also 16 % der vereinbarten Vergtung, geht die Rechnung auf, d. h. stimmt die Aussage des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. (2) Nichts anderes gilt, wenn die vereinbarte Vergtung „10 000 Euro + 1600 Euro USt.“ betrgt und in voller Hhe (11 600 Euro) an den leistenden Unternehmer in der fehlerhaften Annahme, daß dieser Steuerschuldner sei, berwiesen worden ist. Die Steuerschuld des Leistungsempfngers betrgt (vorerst, d. h. bis zur Durchsetzung eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs) 16 % von 11 600 Euro = 1856 Euro.

13.62

Entsprechendes gilt, wenn der Leistungsempfnger von der vereinbarten Gegenleistung einen zu niedrigen Betrag zurckbehalten hat. Beispiel: Hat der Leistungsempfnger von der vereinbarten Vergtung in Hhe von 10 700 Euro in der Annahme, daß der ermßigte Steuersatz maßgebend sei, nur einen Betrag von 700 Euro zurckgehalten und demgemß 10 000 Euro an den leistenden Unternehmer berwiesen, ist jedoch der zutreffende Steuersatz 16 v. H., so ist die vorerst geschuldete Steuer nicht 16/116 von 10 700 Euro (= 1475,86 Euro), sondern 16 % von 10 000 Euro (= 1600 Euro).

13.63

Hat der Leistungsempfnger nicht nur seine Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG, sondern auch seine einkommensteuerrechtliche Abzugsverpflichtung nach § 48 EStG oder § 50a EStG mißachtet, so zhlt auch der einkommensteuerrechtliche Haftungsbetrag1 zum Entgelt, da auch dieser Betrag fr die Leistung (wegen der Leistung) iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG aufgewendet wird (Rz. 55) und mithin – solange kein zivilrechtlicher Regreßanspruch durchgesetzt worden ist – nach § 17 Abs. 1 UStG das Entgelt erhht.2 Beispiel: Fr die Bauleistung eines Handwerkers (ohne Freistellungsbescheinigung) hat der Leistungsempfnger die vereinbarte Gegenleistung von 20 000 Euro in voller Hhe ausgezahlt. Der Leistungsempfnger haftet nach § 48a Abs. 3 Satz 1 EStG fr den Einkommensteuerabzugsbetrag in Hhe von 3000 Euro, der folglich ebenfalls fr die Leistung aufgewendet wird. Bemessungsgrundlage fr die Umsatzsteuer ist mithin der Betrag von 23 000 Euro. Wird der Haftungsbetrag vom leistenden Unternehmer erstattet, so vermindert sich die Bemessungsgrundlage auf 20 000 Euro.

f) nderungen der Bemessungsgrundlage u. . 13.64

Die Bestimmungen des § 17 UStG ber die nderung der Bemessungsgrundlage sind auch bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers sinngemß zu bercksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG). Folglich sind nicht nur bei einer Minderung oder Erhhung der Bemessungsgrundlage, sondern auch in den Fllen des § 17 Abs. 2 Nr. 1–3 UStG (Nichtzahlung, Nichtausfhrung oder Rckgngigmachung des Umsatzes) in sinngemßer Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG Steuerschuld und Vorsteuerabzug ohne Rckwirkung (Rz. 12.35) zu berichtigen. Der Begriff der Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 1 Nach § 48a Abs. 3 Satz 1 oder § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG. 2 Hingegen wird die „Gegenleistung“ iS des § 48 Abs. 3 EStG m. E. nicht durch die Erhhung des umsatzsteuerrechtlichen Entgelts beeinflußt.

428

IV. Entstehung und Bemessungsgrundlage der Steuer

Satz 1 UStG ist als Nichtzahlung zu verstehen, so daß die Steuer entgegen § 13b Abs. 1 Satz 1 (und 2) UStG erst bei Zahlung entsteht (Rz. 50) und es mithin bei einer am Zweck der Steuer orientierten Auslegung des Gesetzes zu einer „Berichtigung“ der Steuer nicht kommt. Die Steuer entsteht erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Zahlung erfolgt (analog § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

429

Kapitel 14 Rechnungen I. Allgemeines 1. berblick 14.1

Unternehmer, die steuerpflichtige Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausfhren, sind, wenn sie diese gegenber anderen Unternehmern fr deren Unternehmen erbringen, verpflichtet, Rechnungen mit einem bestimmten Inhalt, vornehmlich mit Ausweis der Umsatzsteuer, auszustellen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 iVm. Abs. 4 UStG). Die Bedeutung einer solchen Rechnung liegt in erster Linie (Rz. 4 ff.; zu den weiteren Zwecken Rz. 2, 45 ff.) darin, daß der Leistungsempfnger sie fr den Vorsteuerabzug bentigt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Der in einer ordnungsgemßen Rechnung gesondert ausgewiesene Steuerbetrag ist grundstzlich1 Entstehungsvoraussetzung des Rechts auf Vorsteuerabzug (Rz. 15.60, 15.86; Rz. 18.6). Die Verpflichtung zur Erteilung einer solchen Rechnung ist zivilrechtlicher Natur (Rz. 10).

14.2

Darber hinaus ist der Unternehmer auch noch in weiteren Fllen zur Ausstellung einer Rechnung mit den Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG verpflichtet, obwohl beim Empfnger kein Vorsteuerabzug in Betracht kommt. Das gilt zum einen, wenn der Leistungsempfnger eine juristische Person ist, welche nicht Unternehmer ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG; Rz. 8, 10) oder wenn es sich um Werklieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck handelt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG; Rz. 11). Ferner besteht selbst bei steuerfreien Umstzen die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung, wenn der Leistungsempfnger die Leistung fr sein Unternehmen bezieht oder eine juristische Person ist, da § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG keine steuerpflichtige Leistung voraussetzt (Rz. 8). Darber hinaus werden zustzliche Rechnungserteilungspflichten bzw. zustzliche Rechnungsangaben in bestimmten Fllen durch § 14a UStG normiert (Rz. 8 aE., 74 f.). Alle diese Verpflichtungen sind durchwegs rein ffentlich-rechtlicher Natur, da sie nur Kontrollzwecken des Steuerglubigers oder Mitteilungszwecken im Zusammenhang mit der Besteuerung des Leistungsempfngers dienen. Der Leistungsempfnger bentigt in diesen Fllen regelmßig keine Rechnung.2

14.3

„Rechnungen“ knnen unter bestimmten Voraussetzungen statt vom leistenden Unternehmer auch vom Leistungsempfnger als sog. Gutschriften ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG; Rz. 33 ff.). Rechnungen iS des § 14 bzw. § 14a UStG sind nach nherer Maßgabe des § 14b UStG aufzubewahren (Rz. 81 f.). Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen hheren Steuer1 Sofern das Gesetz nicht in Bagatellfllen auf den gesonderten Ausweis der Steuer verzichtet; dazu Rz. 15.52 Fn. 2 Zu einer Ausnahme Rz. 73 Fn.

430

I. Allgemeines

betrag als den gesetzlich geschuldeten ausgewiesen, so schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 UStG; Rz. 103 ff.). Entsprechendes gilt, wenn jemand einen Steuerbetrag ausweist, obwohl dies nicht zulssig ist (§ 14c Abs. 2 UStG; Rz. 130 ff.). 2. Funktion der Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer Die Bedeutung der Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erschließt sich nicht so ohne weiteres. Warum macht das Gesetz mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG sowie die 6. EG-Richtinie mit Art. 18 Abs. 1 Buchst. a den Vorsteuerabzug davon abhngig, daß der Umsatzsteuerbetrag vom leistenden Unternehmer in seiner Rechnung benannt worden ist (zur Bedeutung der weiteren Rechnungsangaben des § 14 Abs. 4 UStG s. Rz. 45, 58 f., 62)? Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll die Rechnung ein Beleg sein, mit dem die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nachgewiesen werden.1 Das ist verfehlt, denn die Voraussetzungen des Rechts zum Abzug der Vorsteuer richten sich ausschließlich nach dem Gesetz. Die Rechnung beweist lediglich die Inrechnungstellung der Steuer, mehr nicht. Gleichermaßen verfehlt ist die Auffassung des EuGH2, daß die Rechnung ein Beweismittel dafr sei, daß der Umsatz, auf den sich der Antrag auf Vorsteuerabzug beziehe, tatschlich stattgefunden habe.3 Darber sagt die Rechnung jedoch berhaupt nichts aus.

14.4

Die Rechnung enthlt lediglich die Mitteilung von Rechtsansichten und von Tatsachenbehauptungen durch den Rechnungsaussteller. Die mitgeteilten umsatzsteuerrechtlichen Rechtsansichten betreffen die eigene Unternehmereigenschaft, das Vorliegen eines Umsatzes, dessen Steuerpflicht, die Hhe des Entgelts, des anzuwendenden Steuersatzes und die Hhe der von ihm geschuldeten, d. h. als Teil des Preises kalkulierten (insoweit handelt es sich um die Mitteilung einer Tatsache) Steuer. Diese Rechtsansichten des Rechnungsausstellers sind fr den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfngers ohne Bedeutung, da es fr den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG auf die objektive Rechtslage ankommt (zum Vertrauensschutz beim Vorsteuerabzug s. Rz. 15.9 f., 15.62 ff., 15.70 ff.). Die Tatsachenbehauptungen beziehen sich insbesondere auf Namen und Anschrift der Beteiligten, die eigene Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, das Ausstellungsdatum, die fortlaufende Rechnungsnummer, sowie auf Umfang, Art und Zeitpunkt der Leistung. Fr den Nachweis der Vorsteuerabzugsberechtigung sind diese Angaben ohne Bedeutung, da sie keinerlei Nachweis erbringen knnen. Ob eine Leistung vorliegt und wann sie ausgefhrt worden ist, bestimmt sich nicht nach der Rechnung. Die Leistung ist auch nicht deshalb fr den Empfnger der Rechnung erbracht, weil dieser in ihr benannt ist. Abwegig ist deshalb auch die Ansicht der Finanzverwaltung4, wonach zutreffende Angaben des leistenden Unter-

14.5

1 2 3 4

Abschn. 202 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStR 2005. EuGH, EuGHE 1996, I-6257 = UR 1997, 144, Tz. 29. Vgl. auch Tipke, UR 1983, 105; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 162 AO Tz. 28. Abschn. 192 Abs. 18 Satz 1 UStR 2005.

431

Kap. 14 Rechnungen

nehmers ber Art und Umfang der Leistung als „Nachweis“ dafr erforderlich seien, daß die Leistung fr das Unternehmen des Empfngers bezogen wurde. Zur Bedeutung der Angaben iS des § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG im Einzelnen s. Rz. 50 ff. 14.6

Indem das Gesetz mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG den Vorsteuerabzug vom Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung und damit insbesondere vom gesonderten Ausweis der Steuer abhngig macht, will es das Gleichgewicht von Steuerschuld und Vorsteuerabzug gewhrleisten. Wre der Leistungsempfnger berechtigt, die Vorsteuer aus der Gegenleistung herauszurechnen, so entstnde die Gefahr des Ungleichgewichts bei unterschiedlicher Beurteilung der Steuerpflicht, des anzuwendenden Steuersatzes oder der Hhe der Bemessungsgrundlage. Indem der Leistende durch den Ausweis des seiner Ansicht nach geschuldeten Steuerbetrages die Hhe des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfnger begrenzt und er nach § 14c UStG (Rz. 83 ff.) auch zu Unrecht ausgewiesene Steuer schuldet, wird prinzipiell das Gleichgewicht gewhrleistet. Vom Empfnger kann kein hherer Betrag an Vorsteuer abgezogen werden, als Steuer vom Leistenden geschuldet wird (ist in der Rechnung ein niedrigerer Betrag als vereinbart und objektiv geschuldet ausgewiesen, so kommt fr den Empfnger ein Anspruch auf eine entsprechend berichtigte Rechnung in Betracht; Rz. 10). Der Zweck des gesonderten Steuerausweises in der Rechnung liegt folglich darin, daß der leistende Unternehmer (vorlufig) die Hhe des mglichen Vorsteuerabzugs beim Empfnger auf die vermeintlich von ihm geschuldete Steuer begrenzt, um das Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu gewhrleisten. Mithin beschrnkt sich der Gehalt des gesonderten Steuerausweises in der Rechnung auf die Mitteilung der Rechtsansicht des Ausstellers hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Einschtzung der erbrachten Leistung, d. h. der Hhe der von ihm vermeintlich geschuldeten und damit in den Preis einkalkulierten und auf den Leistungsempfnger abgewlzten Steuer.1 Da es sich lediglich um eine Mitteilung handelt, kann diese jederzeit gendert oder widerrufen werden, woraus auch die grundstzliche Berechtigung zum Widerruf des Steuerausweises folgt (Rz. 77 f.; s. aber Rz. 80).

14.7

Die Berechtigung des Empfngers der Rechnung zum Vorsteuerabzug bestimmt sich allein nach dem Gesetz. Die Angaben in der Rechnung haben keine prjudizielle Wirkung. Lediglich das Vorliegen (der Besitz) einer ordnungsgemßen Rechnung iS der §§ 14, 14a UStG ist Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG und damit Voraussetzung des Vorsteuerabzugs. Der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag in der Rechnung begrenzt lediglich die Hhe des nach § 15 UStG mglichen Vorsteuerabzugs.

1 Weiß, BB 1980, 1433, 1436; UR 1980, 249; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 104, 281; aA. Zeuner, B/G, § 14 Rz. 8.

432

II. Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen

II. Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen 1. Voraussetzungen, Zweck Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG ist der Unternehmer bei Ausfhrung einer Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, wenn der Leistungsempfnger ein Unternehmer ist, der die Leistung fr sein Unternehmen bezieht, oder eine juristische Person ist.1 Da nur auf eine Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, d. h. auf eine steuerbare Leistung abgestellt wird, besteht die Verpflichtung auch bei steuerfreien Leistungen (zum Sinn dieser Verpflichtung Rz. 73).

14.8

Bei steuerpflichtigen Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck ist der Unternehmer auch dann zur Erteilung von Rechnungen verpflichtet, wenn die Empfnger Privatpersonen sind (Rz. 11). Darber hinaus besteht eine Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen auch noch in den Fllen des § 14a Abs. 12, 23, 34 und 55 UStG, sofern die Verpflichtung nicht bereits – was regelmßig der Fall ist – nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG besteht.6 Die Einschrnkung, daß bei Unternehmern eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG nur dann besteht, wenn der Umsatz fr dessen Unternehmen ausgefhrt wird, ist praktisch bedeutungslos. Der leistende Unternehmer wird, wenn er den Umsatz fr steuerpflichtig hlt, ohnehin stets auf Verlangen des Empfngers eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erteilen. Zudem kann er hufig nicht beurteilen, ob der Empfnger den Umsatz fr sein Unternehmen bezieht. Der Sinn der Verpflichtung, juristischen Personen stets eine Rechnung zu erteilen, liegt im Dunkeln.

14.9

Fr den Vorsteuerabzug bentigt der Leistungsempfnger eine ordnungsgemße Rechnung iS des § 14 UStG (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Folglich steht diesem grundstzlich ein zivilrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Rechnung zu, welcher auch die Berichtigung oder Ergnzung einer fehlerhaften oder unvollstndigen Rechnung mit umfaßt (Rz. 77 ff.). Die Verpflichtung des Unternehmers ergibt sich als zivilrechtliche Nebenpflicht des Vertragsverhltnisses, richtigerweise jedoch nur dann, wenn die Vertragsparteien von einem steuerpflichtigen Umsatz ausgegangen waren.7 § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG bestimmt fr diesen Fall deklara-

14.10

1 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL. 2 Erbringung von sonstigen Leistungen, deren Ort nur wegen der Verwendung einer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland ist (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst c Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 oder § 3b Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 UStG; dazu Rz. 8.66, 8.73 bzw. 8.131). 3 Lieferung nach § 3c UStG im Inland (dazu Rz. 8.30 ff.). Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 Satz 2 iVm. Art. 28 b Teil B Abs. 1 der 6. EG-RL. 4 Innergemeinschaftliche Lieferung iS des § 6a UStG (dazu Rz. 10.25 ff., 10.44). 5 Leistungen, bei denen der Empfnger Steuerschuldner nach § 13b UStG ist (dazu Rz. 13.2 ff.). 6 Zum geringen Anwendungsbereich der genannten Vorschriften des § 14a UStG und zu deren Zweck Stadie in R/D, § 14a UStG Anm. 14 f., 18 f., 21 ff.; 40 ff. 7 Sofern es sich nicht um ein gesetzliches Schuldverhltnis handelt, wie z. B. im Falles des „Schadensersatzes“ (dazu Rz. 2.33 ff.).

433

Kap. 14 Rechnungen

torisch eine zivilrechtliche Verpflichtung und Berechtigung (ausfhrlich dazu Rz. 20.23 f.). Liegt dem Umsatz hingegen kein Vertragsverhltnis zugrunde, so hat § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG konstitutive Wirkung und begrndet einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rechnungserteilung. Unabhngig davon normiert § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auch eine ffentlich-rechtliche Verpflichtung. 14.11

Bei steuerpflichtigen Werklieferungen (dazu Rz. 7.80 ff.) und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck besteht die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung auch dann, wenn der Leistungsempfnger kein Unternehmer ist oder die Leistung nicht fr sein Unternehmen bezieht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).1 Der Zusammenhang mit einem Grundstck (die Formulierung ist aus § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG bernommen worden) muß ein sachlicher sein, d. h. die Leistung muß sich auf die Nutzung des Grundstcks durch den Eigentmer oder Mieter beziehen. Das ist außer bei den in § 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a bis c UStG genannten sonstigen Leistungen (dazu Rz. 8.52 ff.) auch z. B. bei Reinigungs-, Wartungs- und grtnerischen Leistungen der Fall. M. E. werden auch Leistungen, die sich auf Zubehr (dazu Rz. 10.100) des Grundstcks beziehen, erfaßt2, da es nicht darauf ankommt, ob Sachen wesentliche Bestandteile des Grundstcks (Gebudes) sind, sondern allein darauf, ob sie dessen Zweck, d. h. Nutzung dienen. Folglich werden auch Leistungen, die sich auf entsprechende Sachen des Mieters (Beispiel: Einbaukche) beziehen, erfaßt.

14.12

Sofern der Leistungsempfnger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und mithin kein Interesse an der Erteilung einer Rechnung iS des § 14 UStG hat, ist die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung ausschließlich ffentlichrechtlicher Natur. Der Sinn dieser Verpflichtung, eine Rechnung auch dann auszustellen, wenn der Leistungsempfnger diese nicht verlangt, liegt in der Verhinderung von Steuerhinterziehung (sog. Schwarzarbeit). Die unaufgefordert zu erfllende Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung erzieht zu mehr Steuerehrlichkeit, da bei einer natrlichen Person als Leistungsempfnger hufig nicht erkennbar ist, ob sie Unternehmer ist oder ob sie die Leistung fr ihr Unternehmen bezieht. Die Hemmschwelle fr die Frage, ob eine Rechnung bentigt wird, ist erhht. Das gilt in besonderem Maße bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstck. Mit der Rechnungserteilungspflicht des Unternehmers korrespondiert seine Aufbewahrungspflicht hinsichtlich eines Doppels der Rechnung sowie eine Aufbewahrungspflicht des Rechnungsempfngers hinsichtlich des Originals nach § 14b UStG (Rz. 81).

14.13

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht entgegen dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG bereits bei Teilleistungen, da diese den Leistungen gleichgestellt werden (Rz. 12.16).

14.14

Nach Vereinnahmung einer Voraus- oder Anzahlung eines vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmers ist der Unternehmer ebenfalls zur Ausstellung einer 1 Diese Erweiterung der Rechnungserteilungspflichten ist durch Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-RL abgedeckt. 2 AA. Reg.-Begr. zu E-SchwarzArbG, BR-Drucks. 155/04, zu Art. 12 Nr. 1 (zu § 14 Abs. 2 UStG); Birkenfeld, § 161 Rz. 52.

434

II. Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen

Rechnung verpflichtet (§ 14 Abs. 5 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG1)2. Da der Zweck darin liegt, dem Zahlenden sogleich eine Rechnung zu verschaffen, die ihn hinsichtlich des im Zahlungsbetrag enthaltenen Umsatzsteuerbetrages zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG berechtigt (Rz. 15.90 f.), gilt die Verpflichtung auch nur im Umfang der vereinnahmten Zahlung. Zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 14c Abs. 2 UStG bei Nichtausfhrung der Leistung muß eine solche Rechnung als Vorausrechnung erkennbar sein (Rz. 140). Wird eine Endrechnung erteilt, so muß in dieser zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG (Rz. 106) die bereits ausgewiesene Steuer abgesetzt werden (Klarstellung durch § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG). Die Vorschrift verpflichtet zur „Ausstellung“ von Rechnungen. Eine Rechnung ist ausgestellt, wenn dem Rechnungsadressaten bzw. dem fr diesen handelnden berechtigten Dritten das erstellte Dokument zur Empfangnahme angeboten wird. Lehnt dieser die Annahme ab3, so ist die Rechnung gleichwohl „ausgestellt“.4

14.15

Die Verpflichtung ist innerhalb von sechs Monaten nach Ausfhrung der Leistung bzw. Teilleistung (Rz. 13) zu erfllen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 2 UStG).5 Diese Frist gilt indes nur fr die ffentlich-rechtliche Verpflichtung. Hingegen ist die zivilrechtliche Verpflichtung (Rz. 10) Zug um Zug gegen Erhalt der Gegenleistung zu erfllen, da ansonsten hinsichtlich des Teils der Gegenleistung, die dem Steuerbetrag entspricht, ein Zurckbehaltungsrecht besteht (Rz. 20.34).

14.16

Die Nichterfllung der ffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Ausstellung einer ordnungsgemßen Rechnung mit den Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 und ggf. des § 14a UStG ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG geahndet werden. Das gilt entgegen BMF6 auch dann, wenn nur einzelne Angaben fehlen, da die Verpflichtung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG nur dann erfllt ist, wenn die Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG und des § 14a UStG („zustzliche Pflichten“) beachtet sind. Zur Durchsetzung der zivilrechtlichen Verpflichtung s. Rz. 20.26 ff.

14.17

2. Verpflichteter, Anspruchsberechtigter Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG trifft die Verpflichtung zur Ausstellung der Rechnung den Unternehmer. Das gilt indes nicht bei Umstzen einer Organgesellschaft iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die zivilrechtliche Verpflichtung bleibt bei der Organgesellschaft als Vertragspartner des Leistungsempfngers, so daß diese und nicht der Organtrger als Unternehmer und Schuldner der Umsatzsteuer (Rz. 5.239) verpflichtet ist. Gegenber dem 1 Die brigen von § 14 Abs. 5 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 UStG erfaßten Konstellationen sind ohne praktische Relevanz. 2 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 der 6. EG-RL. 3 Ist der Rechnungsadressat zur Aufbewahrung der Rechnung nach § 14b UStG verpflichtet, so ist er auch zu deren Annahme verpflichtet. 4 Nicht jedoch „ausgegeben“ iS des § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UStG. Der Tatbestand des § 14c UStG ist folglich nur dann verwirklicht, wenn das Dokument in den Verkehr gebracht ist (Rz. 92). 5 Bei Vorauszahlungen beginnt die Frist bereits mit der Vereinnahmung der Vorauszahlung, da nach § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG der Abs. 1 entsprechend gilt. 6 BMF, BStBl. I 2004, 1122, Tz. 8 u. 23.

435

14.18

Kap. 14 Rechnungen

Organtrger besteht kein durchsetzbarer Anspruch. Lediglich die ffentlichrechtlichen Verpflichtungen treffen den Organtrger als Unternehmer. 14.19

Die zivilrechtliche Verpflichtung endet nicht mit Einstellung der unternehmerischen Ttigkeit (Rz. 5.162). Nach Lschung einer Kapitalgesellschaft ist die Verpflichtung von einem Nachtragsliquidator zu erfllen.1 Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge geht die Verpflichtung auf den Rechtsnachfolger ber (Rz. 5.173, 5.178 aE.).

14.20

Die personelle Anspruchsberechtigung richtet sich ebenfalls nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis, d. h. der Anspruch auf Erteilung steht demjenigen zu, der als Vertragspartner zivilrechtlich oder auf Grund eines anderen Rechtsverhltnisses die Gegenleistung schuldet. Nur er kann die Erfllung der vertraglichen Nebenpflicht bzw. der aus dem anderen Rechtsverhltnis entspringenden Verpflichtung verlangen (Rz. 10), damit er von der in der Gegenleistung enthaltenen Steuer entlastet wird. Das gilt auch in dem Fall, in dem Leistungsempfnger eine Organgesellschaft ist, da sie Vertragspartner des leistenden Unternehmers ist. Sie kann mithin nicht verlangen, daß der Organtrger (als ggf. Vorsteuerabzugsberechtigter, Rz. 5.240) in der Rechnung als Leistungsempfnger genannt ist.2 Folglich handelt es sich um eine ordnungsgemße Rechnung iS des § 14 UStG, wenn die Organgesellschaft als Leistungsempfnger in dieser genannt ist (Rz. 56). Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge geht der Anspruch auf den Rechtsnachfolger ber (Rz. 5.173).

14.21

Bei einer Mehrzahl von Leistungsempfngern besteht nur Anspruch auf Erteilung einer Rechnung an die Gesamtheit (s. auch Rz. 55). Eine Mehrzahl von Leistungsempfngern ist gegeben, wenn mehrere Personen gemeinsam Auftraggeber, auch in Gestalt einer BGB-Gesellschaft, und Glubiger der zu erbringenden Leistung und Schuldner der Gegenleistung sind3 (Rz. 5.101 ff.; zum Vorsteuerabzug Rz. 15.54). Anders liegt es, wenn eine sie verbindende, ggf. nur die Kosten umlegende, BGB-Gesellschaft Unternehmer ist (dazu Rz. 5.100, 5.104 ff.); dann ist sie der Leistungsempfnger und Anspruchsberechtigter4.

14.22

Soweit ein Dritter iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG einen Teil der Gegenleistung entrichtet, ist er in entsprechendem Umfang mittelbarer Leistungsempfnger (Rz. 54). Da ein Rechtsverhltnis zwischen ihm und dem Leistenden besteht (Rz. 11.30), entspringt daraus die Berechtigung, eine Rechnung zu fordern, in der die in seiner Zahlung enthaltene Umsatzsteuer ausgewiesen ist, damit er ggf. von dieser durch den Vorsteuerabzug entlastet wird (s. dazu Rz. 54 Beispiel).5 1 2 3 4

Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 483. BFH, BStBl. II 1979, 358, 361. Vgl. BFH, UR 2001, 118; 2001, 251 = BFH/NV 2001, 989; BStBl. II 2003, 443. Vgl. Reiß, BB 1987, 448, 450, 452; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 70 f.; BFH, UR 1999, 36; BFH/NV 2002, 1346; EuGH, DStR 2005, 775. 5 Dem gleichzustellen ist der Fall der unfreien Versendung, fr den § 40 UStDV lediglich die Vorsteuerabzugsberechtigung des Empfngers der Frachtsendung klarstellt (Rz. 15.20). Da mit der Annahme der Frachtsendung die Verpflichtung zur Entrichtung der Frachtkosten entsteht, erwchst aus diesem „Rechtsverhltnis“ auch der Anspruch auf Erteilung einer Rechnung.

436

III. Berechtigung, eine Rechnung auszustellen

III. Berechtigung, eine Rechnung auszustellen 1. Allgemeines Sofern keine Verpflichtung besteht, ist der Unternehmer zur Ausstellung von Rechnungen berechtigt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG). Diese Gesetzesaussage ist berflssig, da jedermann, insbesondere auch eine Privatperson, berechtigt ist, Rechnungen mit beliebigem Inhalt auszustellen. Die Frage der Berechtigung ist lediglich fr den Ausweis von Steuer von Bedeutung; dazu enthlt das Gesetz hingegen keine klare Aussage. Indes muß aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG das Verbot des Steuerausweises abgeleitet werden, wenn kein steuerpflichtiger Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgefhrt wird. Die Berechtigung entfllt des weiteren, wenn die geschuldete Steuer wegen Verjhrung erloschen ist (Rz. 108). Auch Kleinunternehmern fehlt die Berechtigung (Rz. 135 sowie Rz. 17.4). Entsprechendes gilt, wenn der Leistungsempfnger der Steuerschuldner ist (§ 14a Abs. 5 Satz 3 UStG). In den genannten Fllen wird die in der Rechnung ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 oder Abs. 2 UStG geschuldet (Rz. 108 f., 112 ff., 135). Kein Verbot des Steuerausweises enthalten hingegen § 14a Abs. 6 Satz 2 und Abs. 7 Satz 3 UStG fr die Flle der Differenzbesteuerung (Rz. 68, 109). Zur Berechtigung, bei verbilligten oder unentgeltlichen Leistungen eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer zu erstellen, s. Rz. 26 f.).

14.23

2. Rechnungserteilung vor Ausfhrung der Leistung Die Berechtigung zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung entsteht nicht erst nach oder bei Ausfhrung der Leistung. Die Befugnis zur Erteilung einer solchen Rechnung erwchst bereits mit Abschluß des Vertrages, so daß schon vor Ausfhrung der Leistung eine Rechnung erteilt werden darf. Aus § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG folgt nicht die Einschrnkung, daß das erst und nur insoweit gelte, wenn bzw. als eine Vorauszahlung der Gegenleistung erfolgt ist. Diese Bestimmung will nicht die Berechtigung, sondern die Verpflichtung zur Rechnungserteilung mit gesondertem Ausweis der Steuer bei Vorauszahlungen regeln (Rz. 14), so daß sich die Verweisung auf § 14 Abs. 2 UStG nur auf die dort genannte Verpflichtung bezieht und nicht die Berechtigung einschrnken will. Die Besttigung findet sich in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG, der davon ausgeht, daß eine Rechnung nicht nur vor Ausfhrung der Leistung, sondern auch schon vor Vereinnahmung der Vorauszahlung zulssig ist („wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist“).

14.24

Der Zweck einer solchen Rechnung liegt insbesondere darin, bei angeforderten Voraus- oder Anzahlungen dem Zahlenden sogleich eine Rechnung zu verschaffen, die nach Zahlung zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG berechtigt (Rz. 15.90 f.). Zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 14c Abs. 2 UStG bei Nichtausfhrung der Leistung muß eine solche Rechnung als Vorausrechnung erkennbar sein (Rz. 140). Wird eine Endrechnung erteilt, so muß in dieser zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 14c Abs. 1

14.25

437

Kap. 14 Rechnungen

Satz 1 UStG (Rz. 106) die bereits ausgewiesene Steuer abgesetzt werden (Klarstellung durch § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG).

3. Verbilligte und unentgeltliche Leistungen 14.26

Fr den Fall, daß bei verbilligten Leistungen zwischen nahestehenden Personen die sog. Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG (Rz. 11.58) anzuwenden ist, bestimmt § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG, daß in der Rechnung grundstzlich – Ausnahme: Leistungen von Land- und Forstwirten, die unter § 24 UStG fallen (§ 14 Abs. 4 Satz 3 UStG) – statt des Entgelts die hhere Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG (dazu Rz. 11.44 ff.) und die darauf entfallende Steuer anzugeben „sind“. Diese Verpflichtung ist unverstndlich. Es ist nicht ersichtlich, warum der verbilligt Leistende verpflichtet sein soll, auch den nicht auf den Abnehmer abgewlzten Teil der Steuer in der Rechnung auszuweisen. Die Gesetzesbegrndung, wonach es zu „systemwidrigen Wettbewerbsnachteilen“ in Gestalt der „Steuerkumulierung“ fhren wrde, wenn der Vorsteuerabzug nur bis zur Hhe der auf das Entgelt entfallenden Steuer gegeben wre, ist – freundlich formuliert – nicht nachvollziehbar, da der Abnehmer gar nicht mit dem Mehr an Steuer belastet ist. Zudem ist nicht erkennbar, bei wem die Steuerkumulierung bzw. der Wettbewerbsnachteil anderenfalls eintreten wrde. Wenn der Gesetzgeber von der Notwendigkeit des vollen Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfnger ausgeht, so verkennt er die Binsenweisheit, daß ungeschriebenes – weil selbstverstndliches – Tatbestandsmerkmal des Vorsteuerabzugs die Belastung mit der Steuer ist (Rz. 15.3). Hat sich der Leistungsempfnger nicht zur Tragung der gesamten Steuer verpflichtet, so liegt bei ihm hinsichtlich des Mehrbetrages keine Belastung vor, die den Vorsteuerabzug rechtfertigen knnte. Belastet ist vielmehr insoweit der leistende Unternehmer, da er die Steuer durch den zu niedrigen Preis insoweit nicht auf den Empfnger der Leistung abgewlzt hat. § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG ist deshalb grundstzlich nur als Berechtigung zu verstehen (zum Vorsteuerabzug des Leistungsempfngers Rz. 15.80 f.).

14.27

Bei unentgeltlichen Leistungen scheint im Umkehrschluß aus § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG zu folgen, daß die Steuer nicht gesondert in einer „Rechnung“1 ausgewiesen werden darf.2 Ein Verstoß dagegen knnte, wenn dieser Schluß zutreffend wre, allerdings keine Rechtsfolgen nach sich ziehen. Da der Unternehmer nur die Steuer in „Rechnung“ stellt, die er nach dem Gesetz schuldet, knnen weder § 14c Abs. 1 UStG – schon nach seinem Wortlaut – noch § 14c Abs. 2 UStG nach seinem Zweck Anwendung finden, denn es ist kein sachlicher Grund erkennbar, den Rechnungsaussteller die Steuer doppelt schulden zu lassen (s. auch Rz. 116). Von der Befugnis zur Erteilung einer „Rechnung“ ist die Frage nach der Berechtigung des Empfngers der unentgeltlichen Lei1 Der Begriff „Rechnung“ ist unpassend, weil mit einer Rechnung ein zu zahlender Betrag mitgeteilt wird. 2 So Abschn. 24 a Abs. 3 Satz 5 UStR 2005.

438

IV. Begriff der Rechnung

stung zum Abzug der ausgewiesenen Steuer als Vorsteuer zu unterscheiden (dazu Rz. 15.82 ff.).

IV. Begriff der Rechnung 1. Allgemeines Rechnung ist jedes Dokument, mit dem ber eine Lieferung oder sonstige Leistung (oder eine Teilleistung, Rz. 12.16) abgerechnet wird, gleichgltig, wie dieses Dokument im Geschftsverkehr bezeichnet wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG). Das Dokument kann auch in einer fremden Sprache verfaßt werden.1 Eine Unterschrift ist nicht erforderlich.2

14.28

Letzteres ergibt sich daraus, daß die Rechnung keine rechtsgeschftliche Erklrung ist, sondern lediglich eine Mitteilung der Leistungs- und Preisberechnung darstellt3 und zustzlich die vom Gesetz erzwungene Mitteilung von Rechtsansichten und Tatsachenbehauptungen (Rz. 6 u. 45), die keinen rechtsgeschftlichen Charakter haben (zur analogen Anwendung bestimmter Vorschriften ber Rechtsgeschfte zum Schutz des Rechnungsausstellers im Anwendungsbereich des § 14c s. Rz. 99).

14.29

Eine Rechnung kann aus mehreren Dokumenten bestehen, wenn in einem Dokument alle anderen Dokumente bezeichnet sind, aus denen sich die brigen Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG ergeben (Rz. 47). Eine unvollstndige Rechnung des Leistenden kann m. E. bei entsprechender Vereinbarung durch eine sog. Gutschrift des Leistungsempfngers ergnzt werden (Rz. 34).

14.30

Rechnungen sind auf Papier4 oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfngers auf elektronischem Weg zu bermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese Zustimmung bedarf keiner Form und kann auch konkludent oder nachtrglich erfolgen. Bei einer auf elektronischem Weg bermittelten Rechnung mssen die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts gewhrleistet sein. Das ist bei Verwendung einer elektronischen Signatur oder einem elektronischen Datenaustausch unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG5 der Fall.6

14.31

Eine Rechnung kann auch im Namen und fr Rechnung des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfngers (in diesem Fall als Gutschrift) von einem Dritten ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG).7 Dritte sind

14.32

1 Die Finanzbehrde kann dann allerdings eine bersetzung verlangen; § 87 Abs. 2 AO und Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 5 der 6. EG-RL. 2 Klarstellung durch Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 3 der 6. EG-RL. 3 Vgl. Rother, AcP 164, 97, 98; Ratz in Großkomm. HGB, 3. Aufl. 1978, § 346 HGB Rz. 133; BFH, BStBl. II 1982, 309; 1983, 525; aA. Zeuner in B/G, § 14 Rz. 9; unklar Wagner in S/R, § 14 Rz. 18. 4 Die Fernkopie mittels zweier Standard-Telefax-Gerte ist eine bermittlung auf Papier. 5 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. c Unterabs. 2 ff. der 6. EG-RL. 6 Dazu nher Abschn. 184a UStR 2005. 7 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL.

439

Kap. 14 Rechnungen

namentlich unselbstndige und selbstndige Beauftragte, insbesondere Handelsvertreter (Agenten). Die Abrechnung durch einen Dritten erfolgt „fr Rechnung“1 eines anderen, wenn diesem die Abrechnung zuzurechnen ist, weil er einen entsprechenden Auftrag oder eine nachtrgliche Genehmigung erteilt hat (von Bedeutung ist das insbesondere dann, wenn bzw. soweit Steuer zu Unrecht ausgewiesen worden ist; dazu Rz. 102). Keine Dritten sind gesetzliche Vertreter und Personen kraft Amtes, soweit sie in dieser Eigenschaft handeln, da ihr Handeln der vertretenen Person kraft Gesetzes zuzurechnen ist (§§ 34, 35 AO). 2. Abrechnung durch den Leistungsempfnger (sog. Gutschrift) a) Allgemeines 14.33

Eine Rechnung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kann auch vom Leistungsempfnger ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG).2 Die Charakterisierung einer Abrechnung durch den Leistungsempfnger als „Rechnung“ ist indes unsinnig, da sie dem Sprachgebrauch widerspricht. Gleichermaßen unverstndlich ist, daß das Gesetz an der verfehlten, weil ebenfalls dem Sprachgebrauch widersprechenden, Bezeichnung „Gutschrift“ festhlt.3 Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und der EG-Richtlinie (Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 und 8: „Rechnung von seinem Kunden“) muß die Abrechnung nicht als Gutschrift, sondern kann auch als Rechnung bezeichnet werden. Allerdings ergibt sich aus der Natur der Sache, daß in dieser deutlich gemacht werden muß, daß ber eine Leistung des Empfngers der Abrechnung abgerechnet wird, da anderenfalls den Aussteller die Rechtsfolge des § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 138) trifft.

14.34

Die Zweckmßigkeit bzw. Notwendigkeit der Abrechnung durch den Leistungsempfnger ist vor allem bei solchen Leistungsbeziehungen gegeben, bei denen nur der Leistungsempfnger den Umfang der erbrachten Leistung kennt. Beispiele: – Abrechnung des Verlages gegenber dem Autor (vgl. auch Rz. 17.39); – Abrechnung des Lizenznehmers gegenber dem Lizenzgeber, wenn der Umfang der Vergtung von dem Umfang der Inanspruchnahme der Lizenz abhngt; – Abrechnung der Molkerei gegenber den Milch anliefernden Landwirten.

Der Anwendungsbereich der Abrechnung mittels Gutschrift ist jedoch nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht auf derartige Konstellationen beschrnkt, so daß die Beteiligten diese Form der Abrechnung auch in anderen 1 Diese aus Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-RL bernommene Formulierung ist nicht sachgerecht, da sie nur im Zusammenhang mit rechtsgeschftlichem Handeln Sinn ergibt, welches bei der Rechnungserteilung nicht vorliegt (Rz. 29; s. aber Rz. 99). 2 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 Satz 1 iVm. Unterabs. 8 und 9 der 6. EG-RL. 3 Richtigerweise htte es heißen mssen: „Als Rechnung gilt auch eine Abrechnung durch den Leistungsempfnger, wenn . . .“.

440

IV. Begriff der Rechnung

Fllen vereinbaren knnen.1 Mittels Gutschrift kann bei entsprechender Vereinbarung auch die unvollstndige oder fehlerhafte Rechnung des Leistenden ergnzt oder berichtigt werden2 (s. auch Rz. 47). Die Mglichkeit zur Ausstellung einer Gutschrift besteht „unbeschadet der Verpflichtung nach Satz 1“ (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), so daß die zivilrechtliche und ffentlichrechtliche Verpflichtung des leistenden Unternehmers trotz der Vereinbarung, daß der Leistungsempfnger abrechne, bestehen bleibt. Die zustzliche Abrechnung des Leistenden mit Ausweis der Steuer, nachdem der Leistungsempfnger vereinbarungsgemß mittels entsprechender Gutschrift abgerechnet hat, ist nicht etwa unbeachtlich3, sondern fhrt, sofern in der Rechnung kein Widerspruch gegenber der Gutschrift zu sehen ist (Rz. 41), grundstzlich zur Rechtsfolge des § 14c Abs. 1 UStG (Rz. 106).

14.35

b) Vorherige Vereinbarung Die Abrechnung mittels Gutschrift muß „vorher vereinbart“ worden sein (§ 14 Abs. 2 Satz 2 aE. UStG). Dieses Erfordernis soll zusammen mit der Widerspruchsmglichkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG (Rz. 40) den leistenden Unternehmer vor den Rechtsfolgen des § 14c UStG (Rz. 96 f.) schtzen. Des weiteren kommt hierin zum Ausdruck, daß der leistende Unternehmer Herr der Abrechnung bleibt und damit prinzipiell bestimmt, ob und in welcher Hhe berhaupt ein Vorsteuerabzug beim Leistungsempfnger in Betracht kommt (Rz. 6). Verweigert der Leistende die Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer (berhaupt oder in der geforderten Hhe), so kann sich mithin der Leistungsempfnger nicht durch Zusendung einer Gutschrift den gewnschten Vorsteuerabzug verschaffen (s. auch Rz. 39). Er muß vielmehr Klage auf Erteilung einer Rechnung erheben, die aber nur Erfolg haben kann, wenn die zugrunde liegende Preisvereinbarung „inkl. USt“ o. . lautet (Rz. 20.26 ff.). Eine Vereinbarung ist auch dann erforderlich, wenn der Leistungsempfnger gesetzlich4 zur Abrechnung verpflichtet ist.

14.36

Der Sinn der durch Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 8 der 6. EG-RL vorgegebenen Einschrnkung5, daß die Vereinbarung „vorher“ getroffen worden sein muß, ist nicht erkennbar, da damit dem leistenden Unternehmer die Mglichkeit genommen wird, eine ohne Einverstndnis bermittelte Abrechnung

14.37

1 Auf die vom BFH zur Vorgngervorschrift kreierte, seit Anbeginn nicht nachvollziehbare (ausfhrlich dazu Stadie, Vorsteuerabzug, S. 119 ff.) sog. Abrechnunglast (BFH, BStBl. II 1982, 309) kam es und kommt es nicht an; aA. Nieskens, UR 2004, 105, 117. Auch die Finanzverwaltung stellt nicht mehr auf die Abrechnungslast ab und weist darauf hin, daß die Beteiligten „frei vereinbaren“ knnen, wer abrechnet; Abschn. 184 Abs. 1 Satz 4 UStR 2005. 2 Vgl. BFH, UR 2001, 118, 120 aE.: „iVm. § 14 Abs. 5 UStG“ (aF., entspricht § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG); aA. Abschn. 188a Abs. 2 Satz 1 UStR 2005. 3 So aber Nieskens, UR 2004, 105, 117. 4 Z. B. nach § 315 BGB; § 87c Abs. 1 HGB; § 384 Abs. 2 HGB; § 24 VerlG. 5 Danach knnen Rechnungen von einem Kunden des Steuerpflichtigen ausgestellt werden, „sofern dies zwischen den Parteien in einer vorherigen Vereinbarung festgelegt wurde und sofern jede Rechnung Gegenstand eines Verfahrens zur Akzeptierung jeder Rechnung durch den Steuerpflichtigen ist.“

441

Kap. 14 Rechnungen

nachtrglich zu genehmigen. Allerdings ist keine Schriftform gefordert, so daß auch eine mndliche1 oder konkludente Vereinbarung mglich ist. Das „vorher“ bezieht sich auf die Erteilung der Gutschrift und nicht auf die Ausfhrung der zugrunde liegenden Leistung, so daß auch danach noch die Abrechnung mittels Gutschrift vereinbart werden kann. 14.38

Diese Vereinbarung ist kein Rechtsgeschft. Soweit auf Grund des gesonderten Steuerausweises beim Gutschriftsempfnger die Rechtsfolgen des § 14c UStG (Rz. 97) eintrten, sind allerdings zu seinem Schutz die Regeln des BGB ber Rechtsgeschfte analog anzuwenden, sofern er den Steuerbetrag nicht vereinnahmt hat (Rz. 99).

14.39

Schweigen ist keine Zustimmung und kann auch wegen des klaren Gesetzeswortlautes („vorher vereinbart“) nicht nach den Grundstzen zum kaufmnnischen Besttigungsschreiben zu einer wirksamen Gutschrift fhren. Folglich muß, wenn keine Vereinbarung vorliegt, der leistende Unternehmer einer ihm vom Leistungsempfnger zugesandten Abrechnung nicht widersprechen2 (s. auch Rz. 40). c) Widerspruch

14.40

Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfnger der Gutschrift dem ihm bermittelten Dokument widerspricht (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG). Diese Regelung dient zusammen mit dem Erfordernis der vorherigen Vereinbarung dem Schutz des Leistenden vor den Rechtsfolgen des § 14c UStG, da der Steuerausweis in einer wirksamen Gutschrift dem Gutschriftsempfnger zuzurechnen ist (Rz. 96 f.). Die Notwendigkeit des Widerspruches ergibt sich nur bei wirksamen Gutschriften („verliert die Wirkung einer Rechnung“), so daß einem bersandten Dokument nicht widersprochen werden muß, wenn keine Vereinbarung ber diese Abrechnungsform vorliegt. Der Widerspruch kann, wie der Widerruf einer Rechnung, wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unbeachtlich sein, wenn dem Gutschriftsaussteller ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit demselben Inhalt zusteht (Rz. 80).

14.41

Wie die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG (Rz. 121) muß auch der Widerspruch nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG schriftlich erfolgen und dem Gutschriftsaussteller zugehen. Der Widerspruch muß nicht als solcher bezeichnet sein. Es muß aber deutlich werden, daß der Ausweis der Steuer oder eine andere Angabe nicht anerkannt wird. Der Widerspruch kann auch durch Erteilung einer Rechnung geschehen, wenn deutlich wird, daß die Gutschrift ihre Wirkung verlieren soll (Beispiel: „Anstelle Ihrer Gutschrift erteilen wir folgende Rechnung.“).

14.42

Eine Frist fr den Widerspruch sieht das Gesetz nicht vor. Die Regeln ber das sog. kaufmnnische Besttigungsschreiben, wonach der Empfnger unverzg1 Abschn. 184 Abs. 2 Satz 2 UStR 2005. 2 AA. Birkenfeld, § 161 Rz. 142 (anders Rz. 173).

442

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung

lich widersprechen muß, wenn er mit dessen Inhalt nicht einverstanden ist, sind, auch wenn die Beteiligten Kaufleute sind, nicht entsprechend anzuwenden.1 Da der Widerspruch in Funktion und Wirkung der Berichtigung des Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG entspricht, ist er wie diese zeitlich unbegrenzt mglich (Rz. 121). Der wirksame Widerspruch hat zur Folge, daß die Gutschrift ihre Wirkung vollstndig verliert. Ein teilweiser Widerspruch ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht mglich. Rckwirkung tritt nicht ein, denn die Gutschrift verliert ihre Wirkung, „sobald“ der Empfnger der Gutschrift widerspricht. Das deckt sich mit dem in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zum Ausdruck kommenden allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsatz, wonach Ereignisse nicht zurckwirken (Rz. 12.79). Zur Bedeutung des Widerspruchs fr die Beseitigung der Rechtsfolgen nach § 14c UStG s. Rz. 98.

14.43

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung 1. Allgemeines Die Rechnung muß grundstzlich2 die in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1–9 UStG genannten Angaben enthalten.3 Das gilt auch bei Rechnungen ber Teilleistungen (Rz. 13) oder Vorauszahlungen (Rz. 14, 24). Da auch eine Gutschrift eine Rechnung iS des § 14 UStG ist (Rz. 33), muß auch eine solche Abrechnung die von § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG geforderten Angaben enthalten. Darber hinaus verlangt § 14a UStG bei bestimmten Umstzen noch weitere zustzliche Angaben.4

14.44

Der Zweck der Angaben nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG ergibt sich vorrangig aus der Funktion der Rechnung fr den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfngers. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG verlangt als materiell-rechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzugs den Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung (Rz. 15.52 ff.). Indem der Vorsteuerabzug von einer Rechnung mit den insbesondere von § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG geforderten Angaben abhngig gemacht wird, erhlt die Finanzverwaltung Informationen ber den leistenden Unternehmer und die von ihm ausgefhrten Umstze, die seine steuerrechtliche berprfung (berwachung) erleichtern. Des weiteren wird dieser zur Mitteilung seiner Rechtsansicht, wie er die Leistung umsatzsteuerrechtlich einschtzt, gezwungen (Rz. 5 f.), was ebenfalls seiner Besteuerung dienlich sein kann. Mit dem Steuerausweis begrenzt der Rechnungsaussteller schließlich die Hhe des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfngers (Rz. 6).

14.45

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 779 zu § 14 Abs. 5 UStG aF. 2 § 14 Abs. 6 Nr. 3 und 4 UStG erlaubt es, durch Rechtsverordnung Vereinfachungen vorzusehen. Diese enthalten § 31 Abs. 2–4, §§ 32–35 UStDV. 3 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 der 6. EG-RL. Danach muß die Rechnung fr Mehrwertsteuerzwecke „nur“ die folgenden Angaben enthalten! 4 Dazu nher Stadie in R/D, § 14a UStG Anm. 13 ff.

443

Kap. 14 Rechnungen

14.46

Soweit eine Rechnung auf Grund ffentlich-rechtlicher Verpflichtung (Rz. 12) auch dann ausgestellt werden muß, wenn der Leistungsempfnger keine Rechnung mit den vollstndigen Angaben nach § 14 Abs. 4 bzw. § 14a UStG bentigt, weil er nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, dienen die Angaben zumeist nur der Kontrolle des Rechnungsausstellers. Bestimmte Angaben sind als Hinweise fr den Leistungsempfnger gedacht; das ist berwiegend bei den von § 14a UStG geforderten Angaben der Fall. Der Zweck dieser Hinweise liegt jedoch zuweilen im Dunklen (vgl. Rz. 73 f.). 2. Rechnung in Form mehrerer Dokumente

14.47

Eine Rechnung kann aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben insgesamt ergeben, sofern in einem dieser Dokumente alle anderen Dokumente bezeichnet sind, aus denen sich die brigen Angaben ergeben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 Halbs. 2 UStDV).1 Das gilt auch fr Gutschriften, da auch diese „Rechnungen“ darstellen. Die Bestimmung erlaubt auch eine Kombination von Rechnung und Gutschrift, indem die eine Abrechnung die andere ergnzt.2

14.48

Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 UStDV sind in einem dieser Dokumente „das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag jeweils zusammengefaßt anzugeben“. Der Sinn dieser Regelung ist nicht erkennbar. Auch die Bedeutung des Wortes „jeweils“ ist nicht ersichtlich. Das Ziel dieser verkorksten Vorschrift erschließt sich erst nach Studium der Gesetzesbegrndung. Danach soll diese Bestimmung fr die Abrechnung bei Dauerschuldverhltnissen von Bedeutung sein3 (warum bringt man das nicht in der Verordnung zum Ausdruck?). Ist in einem Vertrag ber eine Dauerleistung (z. B. Mietvertrag), der regelmßige Zahlungen fr bestimmte Zeitabschnitte, d. h. fr Teilleistungen (Rz. 12.16) vorsieht, nur das Teilentgelt fr den abstrakten Teil der Dauerleistung (Zeitabschnitt) genannt (z. B. „pro Monat“), so kann der Vertrag allein (schon deshalb) nicht als Rechnung angesehen werden, weil nicht ber konkrete Teilleistungen abgerechnet wird. Da das jeweilige Erstellen von Rechnungen fr die einzelnen Zeitabschnitte (Teilleistungen) unzumutbar ist, erlaubt es § 31 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 UStDV, die Rechnung fr die jeweilige Teilleistung in den beiden Dokumenten Vertrag (z. B. Mietvertrag) und Zahlungsaufforderung oder Abbuchungs- bzw. berweisungsbeleg4 zu sehen. Vor1 Nach § 31 Abs. 1 Satz 3 UStDV mssen die Angaben „leicht und eindeutig nachprfbar sein“. Gemeint ist von den Gehilfen des Gesetzgebers wohl (wie es noch richtig in der alten, bis 2003 geltenden Fassung hieß), daß die Angaben eindeutig sein mssen und eine leichte Nachprfbarkeit gewhrleistet sein muß. 2 Vgl. BFH, UR 2001, 118, 120 aE.: „iVm. § 14 Abs. 5 UStG“ (aF., entspricht § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG); aA. Abschn. 185 Abs. 1 Satz 8 u. 9 UStR 2005. 3 RegE StndG 2003, BR-Drucks. 630/03, Begr. zu Art. 4 Nr. 14 (zu § 14 Abs. 6 UStG), S. 82. 4 In diesem Fall handelt es sich um eine Kombination aus Rechnung und Gutschrift (Rz. 47); vgl. BFH, UR 2001, 118 (120 aE.). Demgegenber „beanstandet“ es Abschn. 185 Abs. 16 Satz 3 UStR 2005 lediglich nicht, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfnger ausgestellt wird.

444

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung

aussetzung ist allerdings, daß sich auf dem Beleg ber den Zahlungsbetrag ein Hinweis auf den Vertrag, der die brigen Angaben enthlt (§ 31 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 UStDV)1, und die Angabe des Zeitabschnitts befindet. § 31 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 UStDV ist folglich auch noch insofern unsinnig formuliert, als er nicht etwa eine Verpflichtung enthlt, das Teilentgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag zusammengefaßt anzugeben, sondern lediglich von der ansonsten bestehenden Verpflichtung befreit, diese Betrge jeweils gesondert im Beleg zu nennen! 14.49

Beispiele: (1) Betrgt lt. Mietvertrag v. 23.3.2004 ber das Gebude ABC-Str. 1 in Leipzig der monatliche Mietzins 2000 Euro + 320 Euro USt. = 2320 Euro und sind in dem Vertrag die Angaben iS des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 2, 5, 7 und 8 UStG enthalten, so kann der Abbuchungsbeleg fr z. B. den Monat Juli 2005 folgenden Text enthalten: „Miete Juli 2005 fr ABC-Str. 1 lt. Vertrag v. 23.3.2004: 2320 Euro.“ Die Angaben iS des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und 6 UStG ergeben sich aus dem Beleg, der auf den Vertrag verweist, der die brigen Angaben enthlt. Es fehlt zwar die fortlaufende Rechnungsnummer (Nr. 4), die Finanzverwaltung verzichtet jedoch auf diese Angabe, wenn der zugrunde liegende Vertrag eine einmalige Nummer enthlt.2 (2) Ist im Vertrag der auf das Teilentgelt entfallende Steuerbetrag nicht angegeben, sondern enthlt dieser lediglich die Angabe „zzgl. USt“, so muß in dem og. Beleg der konkrete Steuerbetrag genannt sein (z. B. „Miete Juli 2005 fr ABC-Str. 1 lt. Vertrag v. 23.3.2004: 2000 Euro + 320 Euro USt. = 2320 Euro“).

3. Regelangaben a) Bezeichnung des Leistenden und des Leistungsempfngers Die Rechnung muß grundstzlich den vollstndigen Namen und die vollstndige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfngers enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG). Dafr reicht es aus, wenn sich diese Merkmale auf Grund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen eindeutig feststellen lassen (§ 31 Abs. 2 UStDV). Der Rechnungsaussteller ist nicht verpflichtet, die Angaben des Leistungsempfngers hinsichtlich seines Namens und seiner Anschrift zu berprfen. Nur wenn diese offensichtlich falsch sind, muß er die Nennung der richtigen Angaben verlangen (zur Anwendung des § 14c UStG bei Nennung eines unzutreffenden Leistungsempfngers s. Rz. 139).

14.50

Die Bundesregierung lßt es zu, wenn bei mehreren Zweigniederlassungen, Betriebssttten oder Betriebsteilen eine beliebige von diesen mit ihrer

14.51

1 Diese gesetzliche Vorgabe wird von Abschn. 183 Abs. 2 Satz 2 UStR 2005 ignoriert, wonach im Vertrag fehlende Unterlagen in anderen Unterlagen enthalten sein knnen, auf die im Vertrag hinzuweisen ist. Das ist rein tatschlich nicht mglich, weil auf den jeweiligen konkreten Beleg fr den einzelnen Zeitabschnitt verwiesen werden mßte. 2 Abschn. 185 Abs. 11 Satz 3 und 4 UStR 2005.

445

Kap. 14 Rechnungen

Anschrift genannt wird.1 Damit wird der Zweck dieser Rechnungsangabe verkannt, der auch darin liegt, der Bestimmung der Steuerbarkeit des Umsatzes zu dienen. Bei sonstigen Leistungen kann der Ort des Umsatzes davon abhngen, welcher „Betriebssttte“ (festen Niederlassung) des Leistenden (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG) bzw. des Leistungsempfngers (§ 3a Abs. 4 Satz 2 UStG) die Leistung zuzurechnen ist. 14.52

Leistender Unternehmer iS des § 14 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 UStG ist derjenige, dem die Leistung, ber die abgerechnet wird, zuzurechnen ist (dazu Rz. 2.38 ff.). Ist nicht der zutreffende Leistende in der Rechnung genannt, so kann es im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG der Vertrauensschutz gebieten, daß der Leistungsempfnger gleichwohl den Vorsteuerabzug erhlt (Rz. 15.8 f.).

14.53

Leistungsempfnger iS des § 14 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 UStG (und auch iS des § 13b UStG s. Rz. 13.36) und damit Rechnungsadressat (Klarstellung durch § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG2) ist derjenige, der nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis die Gegenleistung schuldet3, da er (bei steuerpflichtigen Umstzen) mit der Steuer (als Teil der Gegenleistung) belastet wird und mithin ggf. von dieser mittels des Vorsteuerabzugs zu entlasten ist. Vom Leistungsempfnger iS des § 14 UStG ist derjenige iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG hinsichtlich des Vorsteuerabzugs zu unterscheiden. Letzterer ist wirtschaftlich zu bestimmen. Wird die Leistung von einem Dritten fr sein Unternehmen verwendet („verbraucht“), der dem zuvor genannten Leistungsempfnger iS des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG dessen Aufwand ersetzt, so kommt der Dritte als wirtschaftlicher Leistungsempfnger und Vorsteuerabzugsberechtigter in Betracht, wenn kein steuerpflichtiger Umsatz in Gestalt der entgeltlichen Weitergabe der Leistung angenommen werden kann (Rz. 15.16 ff.).

14.54

Soweit ein Dritter auf Grund eines Rechtsverhltnisses mit dem Leistenden die Gegenleistung erbringt (Dritter iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, dazu Rz. 11.30), wird auch er zum Leistungsempfnger, da er insoweit mit der Steuer als Teil der von ihm entrichteten Gegenleistung belastet ist. Derjenige, dem die Leistung unmittelbar zugute kommt, ist unmittelbarer Leistungsempfnger, der Dritte, dessen Zwecken die Leistung ebenfalls dient, ist mittelbarer Leistungsempfnger im Umfang der von ihm erbrachten Gegenleistung. Folglich hat er insoweit einen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung (Rz. 22), in der zur Identifizierung der Leistung auch der unmittelbare Leistungsempfnger zu benennen ist. Hingegen muß in der Rechnung gegenber dem unmittelbaren Leistungsempfnger der Dritte – wie auch dessen Zuzahlung (Rz. 65) – nicht genannt werden, weil der Zweck der Rechnung dies nicht erfordert.

1 Abschn. 185 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005. 2 Danach ist die in der Rechnung unrichtig ausgewiesene Steuer gegenber dem Leistungsempfnger zu berichtigen. 3 Vgl. BFH, UR 2001, 118 mwN.; BFH/NV 2001, 1619.

446

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung Beispiel: In dem zu Rz. 11.30 beschriebenen 2. Beispiel kann der Arbeitgeber hinsichtlich der Zahlungen an den Gastwirt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer verlangen, die ihn unter den brigen Voraussetzungen der §§ 14, 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt (Rz. 15.14). Die Rechnung knnte – auszugsweise – lauten: „Gaststtte XY ... Fa. Z Wir erbrachten im Monat Mai 2005 gegenber ihren Angestellten 395 Essenslieferungen. Dabei nahmen wir in entsprechender Zahl Essenmarken im Werte von jeweils 2 Euro entgegen. Wir berechnen Ihnen mithin 395 6 2 Euro. Diese Zuzahlung setzt sich zusammen aus: Entgelt +16 % USt.

681,03 P 108,97 P = 790,00 P “

Bei einer Mehrzahl von Leistungsempfngern (Rz. 21) muß nicht jeder einzelne genannt sein, wenn sich die Leistungsempfnger aus der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnung eindeutig feststellen lassen (§ 31 Abs. 2 UStDV). Eine Sammel- o. . Bezeichnung1 reicht aus, wenn sich auf Grund dieser die Beteiligten zweifelsfrei bestimmen lassen2 (zum anteiligen Vorsteuerabzug der Beteiligten s. Rz. 15.54).

14.55

Im Falle der Organschaft soll nach Auffassung der Bundesregierung der Name und die Anschrift der Organgesellschaft angegeben werden „knnen“, wenn der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfnger unter dem Namen und Anschrift der Organgesellschaft die Leistung erbracht bzw. bezogen habe.3 Die Gehilfen der Bundesregierung gehen folglich davon aus, daß eigentlich Name und Anschrift des Organtrgers anzugeben seien. Das ist verfehlt, da offensichtlich nicht der Fall des Handelns unter fremdem Namen (dazu Rz. 2.42) gemeint ist. Der Organtrger leistet nicht etwa durch die Organgesellschaft. Leistende bleibt diese, dem Organtrger werden lediglich die Umstze zugerechnet (Rz. 5.207, 5.239). Folglich ist auch nur die Organgesellschaft zivilrechtlich verpflichtet, eine Rechnung auszustellen, in der sie ihren Namen und ihre Anschrift anzugeben hat.4 Entsprechendes gilt, wenn eine Organgesellschaft Leistungsempfnger ist. Hier wird die Auffassung der Bundesregierung schlicht absurd, denn der leistende Unternehmer ist nur seinem Vertragspartner gegenber verpflichtet

14.56

1 Beispiele: „Grundstcksgemeinschaft XY-Straße 5“; „Teileigentmergemeinschaft ABC-Straße 9“. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 112; BFH, BStBl. II 1994, 488; EuGH v. 21.4.2005 – Rs. C-25/03, DStR 2005, 775, Tz. 81 ff.; Abschn. 192 Abs. 20 Satz 6 UStR 2005. 3 Abschn. 185 Abs. 3 Satz 1 UStR 2005. 4 Anders knnte es allenfalls sein, wenn es sich bei der Rechnungserteilungspflicht um eine ausschließlich ffentlich-rechtliche (Rz. 12) handelt. In diesem Fall scheint die Verpflichtung den Organtrger zu treffen. Da jedoch der Leistungsempfnger regelmßig keine Kenntnis davon hat, daß sein Vertragspartner Teil eines Organkreises ist, wrde eine derartige vom Organtrger ausgestellte Rechnung hufig Verwirrung stiften und den mit der Rechnungserteilung vom Gesetz verfolgten Zwecken zuwiderlaufen. Folglich trifft die Rechnungserteilungspflicht auch in diesem Fall die Organgesellschaft, so daß sie stets ihren Namen und ihre Anschrift anzugeben hat.

447

Kap. 14 Rechnungen und wird im Regelfall zudem auch gar nicht wissen, daß sein Vertragspartner einem Organkreis angehrt. Eine zivilrechtliche Verpflichtung, statt des Vertragspartners dessen beherrschenden Gesellschafter in der Rechnung zu benennen, gibt es nicht.

b) Steuernummer 14.57

In der Rechnung muß die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt1 erteilte Steuernummer2 oder die ihm vom Bundesamt fr Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 27a UStG) angegeben werden (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG).3 Auch ein im Ausland ansssiger Unternehmer muß sich folglich bei einer deutschen Finanzbehrde registrieren lassen, um dem Leistungsempfnger den Vorsteuerabzug verschaffen zu knnen. Dieses Wahlrecht zwischen Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer entspricht m. E. nicht den Vorgaben der 6. EG-RL. Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL verlangt die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Nur fr den Fall, daß dem Unternehmer keine solche zugeteilt worden ist, bestimmt Art. 22 Abs. 9 Buchst. e Unterabs. 1 der 6. EG-RL, daß die Steuerregisternummer anzugeben ist.

14.58

Der Zweck der Verpflichtung liegt in der Erleichterung der Erfassung bzw. Kontrolle des leistenden Unternehmers. Bei Umstzen gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern verfolgt die Bestimmung auch den Zwang zum Sich-Registrieren-Lassen, weil der Empfnger eine Rechnung ohne Angabe einer solchen Nummer zurckweisen wird, da er ohne diese keinen Vorsteuerabzug erhlt (Rz. 15.52, 15.64). Folglich muß auch bei Abrechnung mittels Gutschrift die entsprechende Nummer des leistenden Unternehmers genannt werden.4 c) Rechnungsdatum, Rechnungsnummer, Zeitpunkt der Leistung oder der Vorauszahlung

14.59

Die Rechnung muß das Ausstellungsdatum und eine Rechnungsnummer enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und 4 UStG) und grundstzlich auch den Zeitpunkt der Leistung bzw. der Vorauszahlung (Rz. 60). Als Rechnungsnummer fordert das Gesetz eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller5 1 Gemeint ist ein deutsches Finanzamt (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 AO). 2 Nach § 139a Abs. 1 AO soll zuknftig – der Zeitpunkt wird durch Rechtsverordnung bestimmt (Art. 97 § 5 EGAO) – das Bundesamt fr Finanzen jedem Steuerpflichtigen ein einheitliches, unvernderbares und dauerhaftes steuerliches Identifikationsmerkmal zuteilen, welches bei wirtschaftlich Ttigen Wirtschafts-Identifikationsnummer heißt. Diese wird dann die Steuernummer ersetzen. 3 Zu Einzelheiten s. die entsprechenden Anm. von Stadie in R/D, § 14 UStG; ferner Abschn. 185 Abs. 4 ff. UStR 2005. 4 Abschn. 185 Abs. 4 Satz 6 UStR 2005. 5 Das ist im Falle der Gutschrift der Gutschriftaussteller und bei einer Abrechnung durch einen Dritten dieser; Abschn. 185 Abs. 12 UStR 2005.

448

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung

einmalig vergeben wird. Der Zweck dieser Rechnungsangabe liegt darin, der Kontrolle des leistenden Unternehmers hinsichtlich der vollstndigen Erfassung seiner Umstze zu dienen. Der Vorsteuerabzug durch den Empfnger ist bei einer Rechnung ohne Rechnungsnummer nicht mglich (Rz. 15.52, 15.64), so daß dieser stets eine numerierte Rechnung verlangen wird. Dieser Zweck der Rechnungsnummer wird durch die Bundesregierung konterkariert, indem sie es zulßt, daß fr jeden einzelnen Tag ein neuer Nummernkreis begonnen wird und auch fr verschiedene Filialen u. . gesonderte Nummernkreise verwendet werden.1 Der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung einer Vorauszahlung (iS des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG, Rz. 14) ist anzugeben, sofern dieser feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG). Es reicht indes aus, daß der Kalendermonat angegeben wird, in dem die Leistung ausgefhrt wird (§ 31 Abs. 4 UStDV).

14.60

d) Leistungsbeschreibung Die Rechnung muß ferner die Menge und die Art (handelsbliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstnde oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung bezeichnen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG). Dafr knnen Abkrzungen, Buchstaben, Zahlen und andere Symbole verwendet werden, wenn ihre Bedeutung in der Rechnung oder anderen Unterlagen, die bei beiden Beteiligten vorhanden sind, eindeutig festgelegt ist (§ 31 Abs. 3 UStDV).2

14.61

Nach Ansicht der Bundesregierung soll es bei sonstigen Leistungen nicht zu beanstanden sein, wenn statt der Leistungshandlung der beim Empfnger eintretende Erfolg der Handlung bezeichnet werde.3 Diese Auffassung, die frher vom BFH4 in einer Vielzahl von Entscheidungen vertreten worden war5, verstßt gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes6 („Art der sonstigen Leistung“) und vor allem auch gegen dessen Zweck. Dieser liegt ersichtlich darin, die

14.62

1 Abschn. 185 Abs. 10 Satz 2 UStR 2005. 2 Darber hinaus lßt es die Finanzverwaltung zu, daß fr die Leistungsbeschreibung auf den Lieferschein Bezug genommen wird; Abschn. 185 Abs. 1 Satz 11 UStR 2005. 3 Folglich soll es gengen, wenn bei Arbeitnehmerberlassungen die Gewerke angegeben werden, die mit Hilfe der berlassenen Arbeitskrfte erstellt werden; Abschn. 192 Abs. 18 Satz 5 und 6 UStR 2005 unter Hinweis auf BFH, BStBl. II 1993, 384. Das ist schon insofern nicht nachvollziehbar, weil der Erfolg dieser Arbeitnehmerberlassung nicht etwa die von den Arbeitnehmern erstellten Gewerke sind, sondern der Erfolg der Dienstleistung die Verfgungsmglichkeit des Entleihers ber die Arbeitskrfte ist. 4 Der BFH hatte 2001 Zweifel an dieser Auffassung bekommen und deshalb die Frage dem EuGH vorgelegt (UR 2002, 226, 209), der die Frage jedoch nicht zu beantworten brauchte; EuGH, UR 2004, 367 Tz. 54. 5 Nachweise bei Stadie in R/D, § 14 UStG aF. Anm. 241 (Stand Febr. 2003). 6 Wie auch des Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 6 der 6. EG-RL.

449

Kap. 14 Rechnungen

berprfung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfnger zu erleichtern und der zutreffenden Besteuerung des leistenden Unternehmers zu dienen.1 Beispiel: Ein nicht im Inland ansssiger Unternehmer berlßt einem im Inland ansssigen Unternehmer Arbeitnehmer fr eine Baustelle in einem Freihafen. Der Ort der sonstigen Leistung Personalgestellung ist dann nach § 3a Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 4 Nr. 7 UStG im Inland (Rz. 8.75 iVm. Rz. 8.112). Der Leistungsempfnger ist Schuldner der Steuer nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 2 UStG (Rz. 13.8 ff.). Wird die Personalgestellung hingegen als Werkleistung in der Rechnung umschrieben, so wird vorgetuscht, daß der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c UStG im Freihafen liege und die Leistung nicht steuerbar sei.

e) Entgelt 14.63

In der Rechnung ist das Entgelt fr die Leistung anzugeben, welches nach Steuerstzen und Steuerbefreiungen aufgeschlsselt sein muß2 (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 Halbs. 1 UStG). Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG der Wert dessen, was der Leistungsempfnger fr die Leistung aufwendet, abzglich der darin rechnerisch enthaltenen Umsatzsteuer (dazu Rz. 11.8, 11.11 ff.). Soweit die Gegenleistung nicht in Geld besteht, ist deren gemeiner Wert abzglich der darin rechnerisch enthaltenen Steuer anzusetzen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG; dazu Rz. 11.38 ff.). Das Entgelt muß nicht in Euro angegeben werden (arg. § 16 Abs. 6 UStG).3 Im Falle der verbilligten oder unentgeltlichen Leistung kann die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG angegeben werden (Rz. 26 f.).

14.64

Nach Auffassung des BFH soll die Angabe des Entgelts zwingend erforderlich sein, so daß es fr den Vorsteuerabzug des Empfngers nicht ausreichen soll, wenn die Gegenleistung und der darin enthaltene Steuerbetrag angegeben werde4 (Beispiel: „Preis 2000 Euro, darin enthalten 275,86 Euro USt.“). Der BFH beruft sich auf den EuGH, wonach die von Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL geforderte Angabe „Preis ohne Steuer“ eine Mindestanforderung an eine Rechnung sei.5 Der EuGH hatte diese allgemeine Aussage jedoch in ganz anderem Zusammenhang getroffen und offensichtlich die hier zu beurteilende Konstellation gar nicht im Auge. Bei dieser ergibt sich das Entgelt ohne weiteres als Differenz zwischen Bruttobetrag (Preis) und Steuerbetrag, so daß dem Zweck der Rechnung genge getan ist. Die BFH-Auffassung ist purer Formalismus. 1 Stadie in R/D, § 14 UStG aF. Anm. 243 ff. (Stand Febr. 2003). 2 Dieser Relativsatz betrifft nur den seltenen Fall, in dem ein Umsatz verschiedenen Steuerstzen unterliegt oder nur z. T. steuerfrei ist. Beispiele: Vermietung oder Verußerung eines Grundstcks einschließlich Betriebsvorrichtungen (dazu Rz. 10.99 bzw. Rz. 10.118 ff.) oder teilweiser Verzicht auf eine Steuerbefreiung (dazu Rz. 10.145 u. 10.151). Bei Abrechnung ber mehrere Umstze in einem Dokument ergibt sich die Verpflichtung zur Aufschlsselung in steuerfreie und steuerpflichtige bzw. unterschiedlichen Steuerstzen unterliegende Umstze aus § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG, der fr jeden Umsatz grundstzlich eine Rechnung mit den Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG verlangt. 3 Bzw. Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 4 der 6. EG-RL. 4 BFH, BStBl. II 2001, 426; UR 2001, 426; BFH/NV 2002, 1620; ebenso jetzt Abschn. 202 Abs. 4 Satz 1 UStR 2005. 5 EuGH, EuGHE 1997, I-5073, Tz. 16 f.

450

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung

Zum Entgelt gehrt gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG auch die Zahlung eines Dritten fr die Leistung (dazu Rz. 11.27, 11.30 f.). Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 4 Nr. 7 UStG1 ist auch diese Zahlung in der Rechnung anzugeben. Das ergibt indes keinen Sinn, da nicht ersichtlich ist, warum der Rechnungsempfnger darber informiert werden sollte. Dieser hat nmlich keinen Vorsteuerabzug hinsichtlich des auf die Zahlung des Dritten entfallenden Steuerbetrages, welcher folglich auch nicht in der Rechnung auszuweisen ist (Rz. 72). Davon zu unterscheiden sind solche Zahlungen Dritter, welche fr Rechnung der Leistungsempfnger erfolgen und mithin als dessen Zahlungen gelten (Rz. 11.28).

14.65

Ferner muß jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts angegeben werden, sofern sie nicht bereits im Entgelt bercksichtigt ist (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 Halbs. 2 UStG). Richtigerweise kann es sich nur um bereits verwirklichte Preisminderungen handeln.2 Folglich ist nicht schon dann auf Rabatt- oder Bonivereinbarungen hinzuweisen, wenn diese bestehen3, sondern erst und nur dann, wenn der Rabatt- oder Bonustatbestand verwirklicht ist. Die Einrumung einer Skontomglichkeit (Beispiel: „2 % Skonto bei Zahlung bis zum . . .“) muß unabhngig davon, daß das Skonto richtigerweise entgegen h. M. ohnehin keine Preisminderung darstellt, Rz. 11.24), auch deshalb nicht angegeben werden4, weil es sich nicht um die „Vereinbarung einer Minderung“ handelt, denn dem Rechnungsempfnger ist lediglich einseitig die Mglichkeit zur Inanspruchnahme eingerumt.

14.66

f) Steuersatz, Steuerbetrag aa) Die Rechnung muß bei einer steuerpflichtigen Leistung des weiteren den „anzuwendenden“5 Steuersatz enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Halbs. 1 UStG). Die Angabe des Steuersatzes in der Rechnung dient lediglich steuerrechtlichen berprfungszwecken und bewirkt nicht, daß damit dieser zur Geschftsgrundlage des Vertrages (vgl. Rz. 20.8) wird und den leistenden 1 Sowie des Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 8 der 6. EG-RL, der ausdrcklich von der Angabe der Besteuerungsgrundlage spricht, die nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a auch die Zahlung Dritter einschließlich der unmittelbar mit dem Preis zusammenhngenden Subventionen umfaßt. 2 Dafr spricht auch Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 8 der 6. EGRL, wonach „jede Preisminderung oder Rckerstattung (anzugeben ist), sofern sie nicht im Preis je Einheit enthalten ist.“ 3 So aber BMF, BStBl. I 2004, 739 Tz. 2, der zudem abwegig davon ausgeht, daß die Vereinbarung Bestandteil der Abrechnung iS des § 31 Abs. 1 UStDV sei (ebenso Abschn. 185 Abs. 18 Satz 2 UStR 2005). 4 AA. BMF, BStBl. I 2004, 739, Tz. 2.2; W. Wagner in S/R, § 14 Rz. 341. 5 Die Formulierung „anzuwendender“ Steuersatz (ebenso Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 9 der 6. EG-RL) ist unverstndlich, da sich der anzuwendende Steuersatz nach dem Gesetz und nicht nach der subjektiven Einschtzung des Rechungsausstellers richtet. Die Angabe in der Rechnung ist lediglich die Mitteilung seiner Rechtsansicht zu dem anzuwendenden Steuersatz. Richtigerweise muß es deshalb „angewendeter“ Steuersatz heißen.

451

14.67

Kap. 14 Rechnungen

Unternehmer zivilrechtlich zu einer Nachforderung berechtigt, wenn vom Finanzamt ein hherer Steuersatz zugrunde gelegt wird. Die Erteilung der Rechnung ist ein einseitiger Vorgang, mit dem der leistende Unternehmer nicht nachtrglich die Geschftsgrundlage verndern kann. 14.68

bb) Von besonderer Bedeutung ist die grundstzlich erforderliche Angabe des Steuerbetrages (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Halbs. 1 UStG). Zum Zweck dieser Angabe s. Rz. 6. Die Angabe des Steuerbetrages ist nicht erforderlich bei – einer sog. Kleinbetragsrechnung (Rechnungssumme bis 200 Euro) und bei Fahrausweisen, bei denen die Angabe des Entgelts und des Steuerbetrages in einer Summe ausreicht, sofern der anzuwendende (angewendete) Steuersatz angegeben ist (§ 33 Satz 1 Nr. 4 bzw. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 UStDV); – Anwendung der Differenzbesteuerung iS des § 25 bzw. des § 25a UStG (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG); hierbei handelt es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten des Unternehmers, so daß im Falle des Steuerausweises § 14c UStG nicht eingreift (Rz. 109; Rz. 17.120). Die Angabe des Steuerbetrages ist verboten, – wenn der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer nach § 13b UStG ist (§ 14a Abs. 5 Satz 3 UStG); verstßt der Unternehmer dagegen, so schuldet er die Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (Rz. 112); – wenn der Unternehmer Kleinunternehmer ist (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG); bei einem Verstoß schuldet er die Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG (Rz. 135).

14.69

Der Steuerbetrag muß als solcher gekennzeichnet sein; die Bezeichnung „Steuer“ reicht aus.1 Ferner muß sich aus den ußeren Umstnden ergeben, daß es sich bei dem Betrag um nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz geschuldete Steuer handeln soll, wenn eine eindeutige Kennzeichnung (Beispiele: „deutsche USt“, „TVA allemande“; „german VAT“) fehlt. Weder die Ansssigkeit des Rechnungsausstellers, noch die in der Rechnung verwendete Sprache, noch die Whrungsangabe (bei Euro ohnehin nicht) sind allein fr die Bestimmung der „Nationalitt“ des Steuerbetrages aussagekrftig. Indizwirkung haben eher der angegebene Steuersatz oder der Ort der Leistung. Kann die Nationalitt des Steuerbetrages nicht eindeutig bestimmt werden, so liegt keine „nach § 14 ausgestellte Rechnung“ (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG) vor. Der Empfnger der Rechnung hat kein Recht zum Vorsteuerabzug, solange der Aussteller keine entsprechende Ergnzung oder schriftliche Klarstellung vornimmt.

14.70

Der Steuerbetrag kann auch in fremder Whrung angegeben werden (arg. § 16 Abs. 6 UStG).2 1 BFH, BStBl. II 1998, 367, 368. 2 Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 4 der 6. EG-RL schreibt zwar die Angabe des Steuerbetrages in der Whrung des Mitgliedstaates vor, in dem die Leistung ausgefhrt wird, Deutschland hat jedoch auf eine derartige berflssige Bestimmung zu Recht verzichtet, was nach Art. 22 Abs. 9 Buchst. d der 6. EG-RL zulssig ist.

452

V. Erforderliche Angaben in der Rechnung

Wird eine Rechnung gegenber einer Mehrzahl von Leistungsempfngern erteilt (Rz. 21, 55), so kann in der einheitlichen Rechnung der gesamte Steuerbetrag fr die Gesamtleistung angegeben werden. Der auf die einzelnen Leistungsempfnger entfallende Steuerbetrag braucht nicht jeweils gesondert ausgewiesen zu sein, vielmehr ist jeder Beteiligte anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt (Rz. 15.54).

14.71

Bei Zahlungen Dritter iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (dazu Rz. 11.30) mßte nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG auch die auf das entsprechende Entgelt (Rz. 65) entfallende Steuer in der Rechnung angegeben sein.1 Das ergibt jedoch keinen Sinn, weil der Leistungsempfnger ber Zuzahlungen Dritter nicht informiert werden muß und er vor allem insoweit kein Recht zum Vorsteuerabzug hat, weil dieser eine Belastung mit der Steuer voraussetzt (Rz. 15.3). Wrde dem Rechnungsempfnger auch insoweit der Vorsteuerabzug gewhrt, so lge insoweit eine Subvention vor.2 Der Vorsteuerabzug kann lediglich fr den Dritten in Betracht kommen (Rz. 15.14). Folglich gebietet eine am Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung, daß in der Rechnung fr den (unmittelbaren) Leistungsempfnger lediglich die von ihm – und ggf. fr seine Rechnung von Dritten (Rz. 11.28) – gettigten (zu ttigenden) Zahlungen und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Letzteres wird durch Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 10 der 6. EGRL besttigt, der vom „zu zahlenden“ Steuerbetrag spricht. Dieser kann nur der vom Rechnungsempfnger als Teil des Preises zu zahlende Steuerbetrag sein. Der Dritte, der insoweit mittelbarer Leistungsempfnger ist (Rz. 54), hat einen Anspruch auf eine gesonderte, eigene Rechnung, in der die von ihm gettigte Zahlung in Entgelt und Steuerbetrag aufgeschlsselt wird.3

14.72

g) Hinweis auf Steuerbefreiung Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG ist der Unternehmer nicht nur bei steuerpflichtigen, sondern auch bei steuerfreien Umstzen zur Erteilung einer Rechnung verpflichtet, wenn diese Umstze gegenber einem Unternehmer fr dessen Unternehmen oder fr eine juristische Person ausgefhrt werden (Rz. 8). Er muß dann nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Halbs. 2 UStG auf die Steuerbefreiung fr den Umsatz hinweisen.4 Der Sinn dieses Hinweises und damit auch der Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung ist nur im Falle einer Abrechnung ber eine innergemeinschaftliche Lieferung iS des § 6a UStG (Rz. 10.25 ff.) erkennbar.5 Der Hinweis erinnert den Erwerber daran, daß er die Lieferung der Erwerbsbesteuerung (Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL) zu 1 So auch Abschn. 188 Abs. 1 Satz 1 UStR 2005. 2 Das verkennen Abschn. 188 Abs. 1 Satz 1 u. 2, 192 Abs. 10 Satz 2 UStR 2005; W. Wagner, UVR 2004, 209, 210. 3 AA. W. Wagner in S/R, § 14 Rz. 334. 4 Ebenso Abschn. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 11 der 6. EG-RL. 5 Vgl. auch Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL (Lieferungen nach Art. 28c Teil A).

453

14.73

Kap. 14 Rechnungen

unterwerfen hat.1 Das Unterlassen eines solchen Hinweises auf die Steuerbefreiung steht zwar der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht entgegen (Rz. 10.44), stellt allerdings eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG; Rz. 17). 4. Zustzliche Angaben in besonderen Fllen 14.74

a) Bei bestimmten Umstzen ist der Unternehmer zu Hinweisen in der Rechnung verpflichtet. Neben dem Hinweis auf die Steuerbefreiung im Falle der innergemeinschaftlichen Lieferung (Rz. 73) ist ein Hinweis geboten – auf die Aufbewahrungspflicht des privaten Auftraggebers (Rz. 81) bei einer Rechnung ber eine Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstck (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG); – auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers nach § 13b UStG (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG)2; – auf die Anwendung der Regeln ber die Differenzbesteuerung bei Reiseleistungen (§ 25 UStG) und bei Lieferung gebrauchter Gegenstnde gem. § 25a UStG (§ 14a Abs. 6 Satz 1 UStG)3; – auf die Steuerschuldnerschaft beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft iS des § 25b Abs. 2 UStG (§ 14a Abs. 7 Satz 1 UStG)4.

14.75

b) Bei Erbringung von sonstigen Leistungen, deren Ort wegen Verwendung einer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland ist (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst c Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 oder § 3b Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 UStG; dazu Rz. 8.66, 8.73 bzw. Rz. 8.131, 8.137), mssen in der Rechnung sowohl die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfngers angegeben werden (§ 14a Abs. 1 UStG). Dasselbe gilt bei der Abrechnung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 14a Abs. 3 Satz 2 UStG) sowie im Falle der Abrechnung 1 Daneben kann eine solche Rechnung fr den Erwerber im anderen Mitgliedstaat fr den Abzug der von ihm geschuldeten Erwerbsumsatzsteuer als Vorsteuer erforderlich sein. Denn nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL muß der Steuerpflichtige als Erwerber eine nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL ausgestellte Rechnung, die u. a. auch den Hinweis auf die Steuerbefreiung enthalten muß, besitzen. Deutschland hat mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf das Erfordernis einer solchen Rechnung verzichtet (Rz. 15.100). Soweit die Rechnung im anderen Mitgliedstaat fr den Vorsteuerabzug erforderlich ist, handelt es sich nicht nur um eine ffentlich-rechtlich, sondern auch um eine zivilrechtliche Verpflichtung, so daß, wenn die Rechnung nicht ordnungsgemß ist, der Erwerber ein Zurckbehaltungsrecht in Hhe des im anderen Staat mglichen Vorsteuerabzugsbetrages hat (vgl. Rz. 20.34). 2 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 11 der 6. EG-RL. 3 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 13 der 6. EG-RL. 4 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 Gedankenstrich 11 der 6. EG-RL. Hierbei handelt es sich indes um keine Verpflichtung, da es der Unternehmer in der Hand hat, durch die Rechnungsgestaltung nach § 14a Abs. 7 UStG die Voraussetzungen und damit die Rechtsfolgen des § 25b Abs. 2 und 3 UStG herbeizufhren.

454

VI. Berichtigung der Rechnung

ber die letzte Lieferung im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft (§ 14a Abs. 7 Satz 2 UStG).1 Die Nichterfllung dieser Verpflichtungen hat keine Auswirkungen bei den materiellen Steuerrechtsfolgen, so daß insbesondere die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG auch dann auf den Leistungsempfnger bergeht, wenn der Hinweis in der Rechnung fehlt (Rz. 13.3), oder die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann in Betracht kommt, wenn die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in der Rechnung fehlt.2 Die Nichtausstellung einer ordnungsgemßen Rechnung stellt allerdings eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG; Rz. 17).

14.76

VI. Berichtigung der Rechnung Der Rechnungsaussteller kann das Dokument als dessen Verfasser grundstzlich uneingeschrnkt berichtigen oder ergnzen. Da es sich bei dem Dokument um ihm zuzurechnende Mitteilungen von Tatsachen (Tatsachenbehauptungen) und von Rechtsansichten handelt (Rz. 6), kann er folglich diese als deren Urheber grundstzlich jederzeit (Rz. 78) nach Belieben korrigieren (davon geht auch § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG aus; Rz. 120).

14.77

Demgegenber heißt es in § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG, daß durch Rechtsverordnung bestimmt werden knne, in welchen Fllen und unter welchen Voraussetzungen Rechnungen berichtigt werden knnen. In Umsetzung dieser „Ermchtigung“ bestimmt § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV allen Ernstes, daß eine Rechnung berichtigt werden knne, wenn sie nicht alle erforderlichen Angaben enthlt oder die Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Daraus muß im Umkehrschluß folgen, daß eine Ergnzung oder Berichtigung einer Rechnung nach Auffassung der Gehilfen des Gesetzgebers nicht zulssig wre, wenn sie das Gesetz nicht vorgesehen htte. Das ist aus den zuvor genannten Grnden kaum zu bertreffender Unsinn. Dies zudem auch deshalb, weil der Unternehmer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG zivilrechtlich und ffentlich-rechtlich verpflichtet ist, eine Rechnung mit allen Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 und ggf. des § 14a UStG zu erstellen, was bedeutet, daß er zur Berichtigung oder Ergnzung verpflichtet ist, wenn das Dokument fehlerhaft bzw. unvollstndig ist.

Die Mglichkeit zur Berichtigung oder Ergnzung der Rechnung ist wie die Berechtigung zur erstmaligen Ausstellung grundstzlich zeitlich unbegrenzt. Die Berichtigung einer unzutreffenden Rechnung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Ausstellung zurck (§ 14c Abs. 1 Satz 2 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG, Rz. 128). Entsprechendes gilt fr Ergnzungen einer unvollstndigen Rechnung, da insoweit der in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgrundsatz eingreift (Rz. 12.79); das gilt insbesondere auch fr den erstmaligen Ausweis der Steuer (Rz. 15.60). Wird indes erstmalig 1 Hierbei handelt es sich indes um keine Verpflichtung, da es der Unternehmer in der Hand hat, durch die Rechnungsgestaltung nach § 14a Abs. 7 UStG die Voraussetzungen und damit die Rechtsfolgen des § 25b Abs. 2 und 3 UStG herbeizufhren. 2 Davon zu unterscheiden ist der buchmßige Nachweis der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers (Rz. 10.43).

455

14.78

Kap. 14 Rechnungen

ein Steuerbetrag gesondert ausgewiesen, nachdem fr die betreffende Steuer die Verjhrung eingetreten ist, so wird der Tatbestand des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG verwirklicht (Rz. 108). 14.79

Die Berichtigung oder Ergnzung einer Rechnung verlangt nicht die Ausstellung einer vollstndig neuen Rechnung. Ausreichend ist die bermittlung eines Dokuments, welches die Berichtigung oder Ergnzung enthlt und eindeutig auf die zu korrigierende Rechnung bezogen ist (Klarstellung durch § 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV).

14.80

Von der Berichtigung einer unzutreffenden Rechnung ist der Widerruf einer ordnungsgemßen Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer zu unterscheiden. Ein solcher Widerruf ist zivilrechtlich wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unbeachtlich, wenn der Adressat einen Anspruch auf Ausstellung einer solchen Rechnung einschließlich der ausgewiesenen Steuer hat (dazu Rz. 20.23 ff.). Das Finanzamt hat die Unbeachtlichkeit eines solchen Widerrufs zu beachten.1

VII. Aufbewahrungspflichten 14.81

Der Unternehmer hat jeweils ein Doppel2 der Rechnungen, welche er selbst oder ein beauftragter Dritter ausgestellt hat, und alle Gutschriften, die er erhalten hat (Ausgangsrechnungen), sowie alle empfangen Rechnungen (Eingangsrechnungen)3 zehn Jahre aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 Satz 1 bis 3 UStG)4. Darber hinaus sind auch Auftraggeber, die eine Werklieferung oder eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstck als Nichtunternehmer oder fr ihren nichtunternehmerischen Bereich beziehen (Rz. 11), verpflichtet, die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskrftige Unterlage zwei Jahre aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 Satz 5 UStG).

14.82

Ort und Art der Aufbewahrung bestimmen sich nach § 14b Abs. 2–45 UStG.6 Die Nichterfllung der Aufbewahrungspflicht ist eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 und 3 iVm. Abs. 2 UStG).

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer 1. Allgemeines 14.83

a) Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen hheren Steuerbetrag, als er nach dem Umsatzsteuergesetz fr den Umsatz schuldet, gesondert ausgewie1 Im Ergebnis ebenso Ruppe, § 11 Rz. 41/4. 2 Die Verpflichtung, ein Doppel der Ausgangsrechnung aufzubewahren, beinhaltet auch die Verpflichtung, ein Doppel zu fertigen, da anderenfalls die Vorschrift mit der Behauptung, kein Doppel gefertigt zu haben, unterlaufen werden knnte; Stadie in R/D, § 14b Anm. 4. 3 Sofern juristische Personen als letzte Abnehmer eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschftes nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 25b Abs. 2 UStG (dazu Rz. 9.26 ff.) oder juristische Personen des ffentlichen Rechts nach § 13b Abs. 2 UStG (dazu Rz. 13.2 ff., 45) als Leistungsempfnger Steuerschuldner sind, haben sie ebenfalls die erhaltenen Rechnungen aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 bzw. 3 UStG). 4 Entspricht Art. 22 Abs. 3 Buchst. d der 6. EG-RL. 5 Abs. 4 entspricht Art. 22a der 6. EG-RL. 6 Dazu nher Abschn. 190b UStR 2005; Stadie in R/D, § 14b UStG.

456

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

sen (unrichtiger Steuerausweis), so schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Leistung nicht ausfhrt (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Diese Rechtsfolge kann unter bestimmten Voraussetzungen wieder beseitigt werden (§ 14c Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG), bei Gutglubigkeit ohne die gesetzlichen Einschrnkungen (Rz. 124, 143 f.). Die 6. EG-RL bestimmt in Art. 21 Abs. 1 Buchst. d (Buchst. c aF.), daß „jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist“, die Steuer schuldet. Dazu hat der EuGH entschieden, daß ein als Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausgewiesener Betrag nur dann Mehrwertsteuer darstellt, wenn der Betrag fr Leistungen berechnet wird, die nach Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL der Mehrwertsteuer unterliegen.1 Folglich stellen Mehrwertsteuer iS des Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL nur solche Betrge dar, die fr Umstze iS des Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL, nmlich fr Leistungen, „die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausfhrt“, in Rechnung gestellt werden. Die brigen Flle (Steuerausweis durch Nichtunternehmer bzw. fr nichtsteuerbare Leistungen) werden nicht von Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL (und der dazu ergangenen und ergehenden Rechtsprechung des EuGH) erfaßt und knnen mithin von den Mitgliedstaaten autonom geregelt werden.2

14.84

b) Der Zweck beider Abstze des § 14c UStG liegt darin, einer Gefhrdung des Steueraufkommens (vgl. § 14c Abs. 2 Satz 3 und 4 UStG) zu begegnen, welche dadurch eintreten kann, daß der Rechnungsempfnger durch den ausgewiesenen Steuerbetrag berechtigt (bei Gutglubigkeit, Rz. 15.73 ff.), jedenfalls aber verleitet werden kann, diesen als Vorsteuer abzuziehen. Die Vorschrift will mithin in beiden Abstzen das Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug gewhrleisten.

14.85

Die Tatbestnde des § 14c UStG sind als Steuertatbestnde formuliert, denn der Rechnungsaussteller schuldet die ausgewiesenen Steuerbetrge als „Steuerschuldner“ (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 und 4 UStG), die demgemß als „Steuer“ bezeichnet und behandelt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 4, § 18 Abs. 4b UStG). Das ist vom Zweck der Vorschrift her gesehen sachgerecht, obwohl von der Wirkung her eine Haftung eintritt (vgl. Rz. 19.2). Indem das Gesetz die Entstehung dieser Steuerschuld nicht an einen tatschlich vom Rechnungsempfnger vorgenommenen Vorsteuerabzug knpft, formuliert es Gefhrdungstatbestnde3, deren Verwirklichung nicht einmal davon abhngig ist, ob der Empfnger berhaupt Unternehmer ist. Dagegen 1 EuGH, Urt. v. 6.11.2003 – Rs. C-78/02 bis C-80/02, UR 2003, 595, Tz. 40 f. 2 Stadie in R/D, § 14c An. 5 f.; aA. W. Wagner, UVR 2004, 76. 3 Ebenso Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL.

457

14.86

Kap. 14 Rechnungen

bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die berschießende Tendenz der Norm durch Berichtigung bzw. „Billigkeitsmaßnahmen“ beseitigt werden kann.1 Das ist der Fall, da in den Konstellationen des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG und des § 14c Abs. 2 UStG die verfassungsrechtlich nach dem Verhltnismßigkeitsprinzip gebotene Berichtigungsmglichkeit bei Gutglubigkeit des Rechnungsausstellers unabhngig davon, ob der Vorsteuerabzug beim Empfnger rckgngig gemacht worden ist, durch eine verfassungskonforme Reduktion des § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG erreicht werden kann (Rz. 143 ff.). Hat der gutglubige Rechnungsaussteller den Steuerbetrag nicht erhalten, so muß darber hinaus die Steuer rckwirkend erlassen werden (Rz. 129, 145). 14.87

Das Gesetz unterscheidet in den beiden Abstzen zwischen dem unrichtigen und dem unberechtigten Steuerausweis und knpft daran grundstzlich unterschiedliche Rechtsfolgen. Nur in den Fllen des § 14c Abs. 2 UStG (und den durch Abs. 1 Satz 3 gleichgestellten Fllen) soll die Berichtigung der Steuer davon abhngen, daß die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (Abs. 2 Satz 3). Dieser Differenzierung kann nur eine Typisierung nach dem Grad der Mißbrauchsanflligkeit zugrunde liegen.2 Das ist jedoch angesichts des gemeinsamen Zwecks beider Abstze kein sachliches Kriterium und vor allem deshalb willkrlich, weil die generelle „Ausfallhaftung“ in den Fllen des § 14c Abs. 2 UStG an kein subjektives Kriterium anknpft, obwohl nicht stets ein Mißbrauch vorliegt. Wenn nach dem Wortlaut dieser Bestimmung eine Berichtigung der Steuer nur dann mglich sein soll, wenn die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist, so verstßt das bei Gutglubigkeit des Rechnungsausstellers gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (Rz. 143). Anderseits ist es schlicht unverstndlich, warum die Berichtigungsmglichkeit in den Fllen des § 14c Abs. 1 UStG grundstzlich auch bei Bsglubigkeit gegeben sein soll, ohne daß die Gefhrdung des Steueraufkommens entfallen sein muß. Die gebotene Ausfallhaftung wird deshalb erst durch die Heranziehung der Haftungsvorschrift des § 71 AO erreicht (Rz. 130). Letztlich laufen mithin bei richtiger Sichtweise und bei Einbeziehung des § 71 AO in die Betrachtung beide Abstze des § 14c UStG auf dasselbe hinaus. Solange sich allerdings die hier vertretene, am Verhltnismßigkeitsgebot orientierte Auslegung nicht durchgesetzt hat, ist die Abgrenzung der beiden Abstze von praktischer Relevanz. Richtigerweise htten alle Flle des unzulssigen Steuerausweises einheitlich geregelt werden mssen. Die Berichtigung der Steuerschuld mßte, wenn eine Schmlerung des Steueraufkommens nicht rckgngig gemacht werden kann, die Gutglubigkeit des Rechnungsausstellers voraussetzen.

14.88

c) § 14c UStG greift nur dann Platz, wenn die ausgewiesene Steuer im Zeitpunkt der Rechnungserteilung unzutreffend ist. Wird die zu diesem Zeitpunkt 1 Vgl. zu § 14 Abs. 3 UStG aF. (Vorgngervorschrift des § 14c Abs. 2 UStG) BVerfG, StRK UStG 1980 § 14 R. 14 = INF 1992, 431. 2 Dazu nher Stadie in R/D, § 14 UStG Anm. 17 f.

458

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

gesetzlich geschuldete Steuer ausgewiesen, so kann, wenn spter ein nachtrgliches Ereignis iS des § 17 UStG (dazu Rz. 12.41 ff.) eintritt, dieses nicht im Nachhinein zur Anwendung des § 14c UStG fhren, weil der Unternehmer entsprechend seiner ursprnglichen Verpflichtung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG (Rz. 8) die zutreffende Steuer ausgewiesen hatte. Ob eine unrichtige Steuer ausgewiesen ist, kann sich folglich nur nach dem Zeitpunkt der Rechnungserteilung richten, da anderenfalls dem Unternehmer die Verpflichtung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG nicht zuzumuten wre. Eine Pflicht zur Berichtigung der Rechnung wre zudem im Anwendungsbereich des § 17 UStG auch nicht erforderlich, da die Ereignisse iS dieser Vorschrift nicht ohne Zutun, jedenfalls aber mit Kenntnis des Leistungsempfngers eintreten, so daß er nicht informiert werden muß. Folglich bestimmt auch § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG, daß der Leistungsempfnger von sich aus den vorgenommenen Vorsteuerabzug berichtigen muß (Rz. 16.9). § 14c und § 17 UStG schließen sich mithin gegenseitig aus, was durch § 14c Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 5 UStG besttigt wird, wonach bei Berichtigung des Steuerbetrages § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden ist, was keinen Sinn ergbe, wenn die Flle des § 17 UStG unter § 14c UStG fielen. Zum Anwendungsbereich des § 17 (Abs. 2 Nr. 1) UStG (Rz. 12.55 ff.) zhlen auch die Flle, in denen Streit ber das Vorliegen einer Gegenleistungsverpflichtung berhaupt oder ber die Hhe der geschuldeten Gegenleistung besteht.1 Nicht von § 14c UStG werden auch diejenigen Konstellationen erfaßt, in denen die Steuerpflicht nachtrglich wegfllt, da auch sie unter § 17 UStG zu subsumieren sind (Rz. 110, 115). 2. Abrechnung ber eine (vorgebliche) Leistung a) Eine Rechnung ist ein Dokument, mit dem ber eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG). Folglich liegt im Falle des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG keine Rechnung in diesem Sinne, sondern ein anderes Dokument vor. Gleichwohl wird nachfolgend von einer „Rechnung“ gesprochen. Eine Abrechnung (iS der §§ 14 ff. UStG) kann nur vorliegen, wenn sie gegenber einem anderen erfolgt, der umsatzsteuerrechtlich Empfnger der (vorgeblichen) Leistung sein kann. Eine Leistung setzt einen Leistenden und einen Leistungsempfnger voraus. „Rechnungen“ ber sog. Innenleistungen („Innenumstze“) zwischen Teilen eines Unternehmens oder des Unternehmers an sich selbst als Privatperson sind folglich keine Rechnungen, sondern unbeachtliche Eigenbelege.

14.89

Folglich kann auch durch Abrechnungen innerhalb eines Organkreises der Tatbestand des § 14c UStG nicht verwirklicht werden.2 Die zivilrechtlich beachtlichen Rechnungen zwischen Organtrger und Organgesellschaften oder zwischen diesen sind umsatzsteuerrechtlich ohne Belang, weil den Organgesellschaften umsatzsteuerrechtlich durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die

14.90

1 Dazu nher Stadie in R/D, § 14c UStG Anm. 26. 2 Abschn. 183 Abs. 4 UStR 2005.

459

Kap. 14 Rechnungen

Selbstndigkeit genommen wird (Rz. 5.235). Umsatzsteuerrechtlich liegt ein Unternehmen vor, so daß keine Leistungen vorliegen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG spricht ausdrcklich von „Innenleistungen“, Rz. 5.237), es mithin am Leistungsempfnger mangelt und die Gefahr des endgltigen1 Vorsteuerabzugs nicht bestehen kann.2 14.91

b) Die Tatbestnde des § 14c UStG knnen nur verwirklicht werden, wenn das Dokument ber eine (vermeintliche) Leistung abrechnet. Das ist nicht der Fall, wenn in einem Angebot oder Finanzierungsplan Umsatzsteuer genannt wird.3

14.92

c) Die Wirkung einer ausgestellten Rechnung kann erst mit ihrem Zugang beim Empfnger oder einem von diesem beauftragten Dritten eintreten. Der Zugang bzw. die „Ausgabe“ (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UStG) bzw. die „bermittlung“ (§ 14 Abs. 1 Satz 2 UStG) muß mit dem Willen des Ausstellers erfolgen.4 Dabei reicht es aus, daß der Aussteller in Kauf nimmt, daß der Adressat von dem Papier Gebrauch macht.5

14.93

d) Die Abrechnung iS des § 14c UStG muß kein Dokument sein, das die von § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG geforderten Angaben vollstndig enthlt.6 Die gegenteilige Auffassung des BFH, daß das Dokument „alle“ fr den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben enthalten msse7, verkennt den Zweck der Vorschrift. Deren Ziel, der Gefhrdung des Steueraufkommens zu begegnen (Rz. 85), gebietet es vielmehr, ein Abrechnungsdokument ausreichen zu lassen, welches die elementaren Merkmale einer Rechnung enthlt oder den Schein einer solchen erweckt und damit zur Gefhrdung des Steueraufkommens geeignet ist, weil der Empfnger durch den gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag zur Vornahme des Vorsteuerabzugs verleitet werden kann.

14.94

Eine unzureichende Beschreibung der (vorgeblichen) Leistung steht folglich der Tatbestandsverwirklichung nicht entgegen.8 Selbst wenn das Dokument keinerlei Hinweis auf eine Leistung enthlt, ist grundstzlich eine Abrechnung iS des § 14c UStG anzunehmen, da der Ausweis der Steuer konkludent zum Ausdruck bringt, daß ber eine vorgebliche Leistung abgerechnet wird. Anderenfalls ergbe die Angabe des Steuerbetrages keinen Sinn, denn dieser ist fr den Empfnger nur dann von Interesse, wenn der Rechnungsaussteller als Unternehmer ihm gegenber eine Leistung erbringt. Zudem wre der Empfnger der Abrechnung zur Krzung des Rechnungsbetrages in Hhe des Steuerbetrages berechtigt, wenn keine Leistung vorlge (Rz. 20.11), so daß der 1 Wird vom Organtrger der Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer Organgesellschaft vorgenommen, so ist dieser zu berichtigen. 2 Das bersehen W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 190; Birkenfeld, § 37 Rz. 81; Doralt/ Ruppe, Rz. 1443 aE. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 2000, 241. 4 Vgl. BFH, UR 1987, 364; BStBl. II 1993, 531. 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 747, 749. Dazu nher Stadie in R/D, § 14c UStG Anm. 56 mwN. 6 Absch. 190d Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. 7 BFH, UR 1997, 353; 2003, 298 zu § 14 Abs. 3 UStG aF.; ebenso W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 20. 8 AA. zu § 14 Abs. 3 UStG aF. BFH, BFH, UR 1997, 353; BFH/NV 1999, 683.

460

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

Rechnungsaussteller zum Ausdruck bringen will, daß er ber eine steuerpflichtige Leistung abrechne. Folglich sind auch gegenteilige Angaben wie „Schadensersatz“, „Entschdigung“, „Garantiebetrag“ o. . unerheblich, da die Inrechnungstellung von Umsatzsteuer zum Ausdruck bringt, daß dem angeforderten Geldbetrag entgegen der Bezeichnung eine steuerpflichtige Leistung zugrunde liegen soll, was den Empfnger, insbesondere wenn er davon ausgeht, daß eine steuerpflichtige Leistung vorliegt, verleiten kann, den Vorsteuerabzug vorzunehmen. Ebensowenig ist entgegen BFH1 die Angabe des Entgelts erforderlich (Beispiel: „Umsatzsteuer fr Verkufe im Mai 2005: 5000 Euro“). Die Angabe des Steuerbetrages reicht fr die Gefhrdung des Steueraufkommens aus, da ein solches Papier lediglich den Zweck haben kann, dem Empfnger den Vorsteuerabzug zu verschaffen. Aus demselben Grund ist auch die Auffassung des BFH2 abzulehnen, daß die Angabe des Entgelts selbst dann erforderlich sei, wenn nur der Preis und die Steuer genannt seien. Die Gefahr, daß anhand einer solchen Rechnung der Vorsteuerabzug vorgenommen wird, ist kaum geringer als bei Rechnungen, in denen zustzlich noch das Entgelt genannt ist.

14.95

e) Als Rechnung iS des § 14c UStG kommt auch eine Gutschrift als vereinbarungsgemße Abrechnung durch den Leistungsempfnger in Betracht, solange der Empfnger dieser Abrechnung nicht widerspricht (§ 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG; Rz. 33 ff.). Voraussetzung ist indes, daß ber eine Leistung eines Unternehmers abgerechnet wird (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Folglich fallen Gutschriften gegenber Nichtunternehmern und ber nicht ausgefhrte Leistungen nicht unter § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG. Zudem verlangt diese Bestimmung eine Abrechnung „wie ein leistender Unternehmer“, so daß auch nicht im Wege der Auslegung die beiden Konstellationen einbezogen werden knnen. Das ist wenig einleuchtend, da die Gefhrdung des Steueraufkommens die gleiche wie in den brigen Fllen ist.3

14.96

Schuldner der im Falle einer vereinbarten Gutschrift anfallenden Steuer gem. § 14c UStG ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 UStG der Empfnger (leistender Unternehmer), da diesem wegen des Erfordernisses der vorherigen Vereinbarung und des Widerspruchsrechts (§ 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG) die Abrechnung durch den Leistungsempfnger wie eine eigene Abrechnung zuzurechnen ist (Rz. 36). Aussteller der Rechnung iS des § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG ist folglich der Gutschriftsempfnger.

14.97

Entgegen dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG entfllt nicht stets mit dem Widerspruch die Wirkung der Gutschrift. Das wre, soweit ein Mißbrauch vorliegt, nicht mit dem Zweck des § 14c Abs. 2 UStG zu vereinbaren,. In diesem Fall hat folglich § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG (dazu Rz. 140 f.) Vorrang,

14.98

1 BFH, BStBl. II 1994, 342, zu § 14 Abs. 3 UStG aF.; ebenso Abschn. 190c Abs. 1 Satz 3, 190d Abs. 1 Satz 4 UStR 2005. 2 BFH, UR 2001, 257. 3 Der Gesetzgeber sollte deshalb umgehend § 14c Abs. 2 UStG ndern. Eine Koppelung an den Rechnungsbegriff des § 14 UStG ist – auch gemeinschaftsrechtlich (Rz. 84) – nicht geboten.

461

Kap. 14 Rechnungen

der die Wirkung des Widerspruchs erst eintreten lßt, wenn die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. 3. Personelle Zurechnung 14.99

Durch die Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis von Steuer erfllt der Aussteller im allgemeinen eine zivilrechtliche, jedenfalls aber eine ffentlich-rechtliche Verpflichtung (Rz. 10, 12). Eine derartige Inrechnungstellung von Steuer ist zwar Tatbestandsmerkmal des steuerrechtlichen Anspruchs auf Vorsteuerabzug beim Leistungsempfnger (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, Rz. 15.52), gleichwohl wird mit der Inrechnungstellung grundstzlich keine ffentlich-rechtliche Beziehung zum Steuerglubiger begrndet; denn der Unternehmer schuldet die Steuer, von den Fllen des § 14c UStG abgesehen, nicht auf Grund der Rechnungsausstellung, sondern auf Grund der Umsatzerbringung (Rz. 12.9). Soweit der Unternehmer nur die objektiv von ihm fr den Umsatz geschuldete Steuer ausweist, tritt dadurch keine ffentlich-rechtliche Rechtsfolge ein1 und es ergibt sich die Frage des Schutzes des Rechnungsausstellers nicht. Wird hingegen ein Tatbestand des § 14c UStG verwirklicht, so begrndete der unrichtige oder unberechtigte Steuerausweis eine Steuerschuld. Zum Schutz des Rechnungsausstellers mssen hier die Regeln ber Willenserklrungen grundstzlich analog angewendet werden, da insoweit der gesonderte Steuerausweis einer geschftshnlichen Handlung gleichzustellen ist. Andererseits darf der Schutz des nicht (voll) Geschftsfhigen nicht ber den Normzweck hinausgehen. Hat der Unternehmer den zu Unrecht ausgewiesenen Steuerbetrag vereinnahmt, so kann er sich nicht darauf berufen, daß zu seinem Schutz § 14c UStG nicht eingreife, weil er im Zeitpunkt der Rechnungserteilung nicht geschftsfhig gewesen sei.2 Da er als (vermeintlicher) Gehilfe des Steuerglubigers nur den zu Unrecht vereinnahmten Betrag an das Finanzamt weiterzuleiten hat (Rz. 1.18), trifft ihn keine Belastung, auch wenn ihn das Gesetz als „Schuldner“ bezeichnet.3

14.100

Die zivilrechtlichen Bestimmungen ber Scheingeschfte und Anfechtung von Willenserklrungen (insbesondere wegen Irrtums) sind nicht analog anwendbar. Gegenber dem Finanzamt als gutglubigem Dritten greift der § 172 Abs. 2 und § 405 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke ein: Wer eine Urkunde ausstellt, die einem Dritten vorgelegt werden kann, muß den im Verhltnis zu diesem durch die Urkunde hervorgerufenen Rechtsschein der Wirksamkeit gegen sich gelten lassen.

14.101

Wird ein Tatbestand des § 14c UStG von einer Organgesellschaft durch Erteilung einer Rechnung gegenber einem Dritten – nicht bei Abrechnungen ber Innenleistungen (Rz. 90) und nicht bei zutreffender Abrechnung ber eigene steuerpflichtige Umstze (Rz. 137) – verwirklicht, so ist Schuldner des Steuer1 Ausnahme: Ausweis der Steuer durch einen Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG); dazu Rz. 17.4. 2 Nur im Ergebnis ebenso zu § 14 Abs. 3 UStG aF. BFH, UR 2003, 298. 3 Das wird besttigt durch den – analog anzuwendenden – § 682 BGB, da eine Parallele zur Geschftsfhrung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) besteht.

462

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

betrags der Organtrger (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG), weil die Organgesellschaft Teil seines Unternehmens ist (Rz. 5.239) und ihm deshalb auch die Rechtsfolgen des § 14c UStG zuzurechnen sind.1 Auch Abrechnungen durch Dritte knnen die Tatbestnde des § 14c UStG in der Person des in der Abrechnung genannten (vermeintlichen) Unternehmers verwirklichen. Das ist der Fall, wenn der Dritte im Namen und „fr Rechnung“ des (vermeintlichen) Unternehmers gehandelt hat.2

14.102

4. Unrichtiger Steuerausweis a) Allgemeines Hat der Unternehmer in einer Rechnung fr eine Leistung einen hheren Steuerbetrag, als er nach dem Umsatzsteuergesetz fr den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1). Diese Formulierung lßt die Auslegung zu, daß ein solcher Fall auch dann vorliegt, wenn fr einen steuerfreien oder nicht steuerbaren Umsatz Steuer in Rechnung gestellt wird. Die Abgrenzung gegenber § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG hat in typisierender Weise nach dem Grad der Mißbrauchsanflligkeit zu geschehen; die daran anknpfende Differenzierung hinsichtlich der Rechtsfolgen ergibt jedoch wenig Sinn und ist willkrlich (Rz. 87). Die Berichtigung der Steuerschuld wird nach § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG grundstzlich (Ausnahmen: Satz 2) anders als in den Fllen des § 14c Abs. 2 UStG nicht daran geknpft, daß eine etwaige Gefhrdung des Steueraufkommens wieder beseitigt worden ist. Das ist fr den Fall der mißbruchlichen (bsglubigen) Rechnungsausstellung unverstndlich. Allerdings trifft den Rechnungsaussteller als Teilnehmer einer Steuerhinterziehung die Haftung nach § 71 AO (Rz. 130). Da andererseits § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG verfassungskonform einschrnkend dergestalt ausgelegt werden muß, daß er nur bei mißbruchlicher Rechnungserteilung gilt (Rz. 143 f.), laufen beide Abstze der Vorschrift letztlich auf dasselbe hinaus. Solange sich indes die hier vertretene Sichtweise nicht durchgesetzt hat, ist die Abgrenzung der beiden Abstze von großer praktischer Relevanz.

14.103

b) Fallgruppen aa) Beim Grundfall des berhhten Steuerausweises ergibt sich die nach dem Gesetz geschuldete Steuer durch die Anwendung des zutreffenden Steuersatzes auf die zutreffende Bemessungsgrundlage (dazu Rz. 11.8 f.). Zur Gegenleistung (Gesamtaufwand iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG), aus der die zutreffende Steuer herauszurechnen ist, gehrt auch die zuviel berechnete und vom Lei-

1 Vgl. Stadie in R/D, § 14c Anm. 99. 2 Dazu nher Stadie in R/D, § 14c Anm. 91 ff.

463

14.104

Kap. 14 Rechnungen

stungsempfnger entrichtete Steuer1, so daß nicht etwa die zutreffende Steuer anhand des in der Rechnung genannten, falschen Entgelts2 zu bestimmen ist.3 Beispiele: (1) der vereinbarte Preis betrgt „1000 Euro + USt.“. Die Rechnung lautet „Ware XY USt. 16 % Gesamtbetrag

1000,00 P 160,00 P 1160,00 P“

Der Gesamtbetrag wird vom Rechnungsempfnger gezahlt. Betrgt der zutreffende Steuersatz 7 %, so beluft sich die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 12 Abs. 2 UStG geschuldete Steuer auf 7/107 von 1160 Euro („vereinbarte“ Gegenleistung bzw. alles, was der Leistungsempfnger aufwendet) = 75,89 Euro bzw. das Entgelt auf 1084,11 Euro. Die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer betrgt mithin (160,00 Euro – 75,89 Euro =) 84,11 Euro und entspricht der Erhhung des Entgelts. (2) Wie Beispiel (1), nur daß der Rechnungsempfnger lediglich 1070 Euro zahlt. In diesem Fall bleibt es bei dem vereinbarten Nettopreis als Entgelt, so daß die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG geschuldete Steuer 70 Euro betrgt. Der nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrbetrag beluft sich mithin auf 90 Euro. (3) Eine Rechnung lautet „Ware XY USt. 16 % Auslagen Gesamtbetrag

1000,00 P 160,00 P 1285,71 P 2445,71 P“

Handelt es sich bei den „Auslagen“ entgegen der Annahme des Unternehmers nicht um einen durchlaufenden Posten iS des § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG (dazu Rz. 11.33 ff.), sondern um einen Teil der Gegenleistung, und ist des weiteren der zutreffende Steuersatz 7 %, so beluft sich das zutreffende Entgelt auf 2285,71 Euro, so daß die Steuer darauf 160 Euro betrgt. In der Rechnung ist die zutreffende Steuer ausgewiesen, so daß kein Fall des § 14c Abs. 1 vorliegt.

14.105

Der berhhte Steuerausweis kann insbesondere zurckzufhren sein auf: – Rechen- oder Schreibfehler; – Anwendung eines zu hohen Steuersatzes bei der Berechnung des ausgewiesenen Steuerbetrages; – Zugrundelegung einer zu hohen Bemessungsgrundlage durch Einbeziehung von durchlaufenden Posten iS des § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG (Rz. 11.33 f.), Subventionen (Rz. 11.32), Schadensersatzbetrgen u. . (Rz. 11.13 u. Rz. 12.53) als Entgelt; Steuerberechnung nach dem Bruttopreis; 1 Deshalb ist es auch ohne Belang, ob eine sog. Netto- oder eine Bruttopreisvereinbarung getroffen wurde. 2 Die Bestimmung des zutreffenden Entgelts ist nur dann von Bedeutung, wenn es darum geht, ob eine Umsatzgrenze, die nach den Entgelten zu bestimmen ist (§ 19 Abs. 3, § 23a Abs. 2 UStG oder § 69 Abs. 3 UStDV), berschritten wird, oder wenn die Vorsteuer nach dem Umsatzschlssel (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG; dazu Rz. 15.176) aufgeteilt wird. 3 Ebenso W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 92; BFH, BStBl. II 1998, 418.

464

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

– Berechnung eines Gesamtentgelts fr zwei Leistungen, von denen jedoch nur eine in der Rechnung genannt ist1; – berhhte Bewertung eines in Zahlung genommenen Gegenstandes2 als Form des verdeckten Preisnachlasses (Rz. 11.42 m. Beispiel). Ein Fall des berhhten Steuerausweises liegt ferner bei Erteilung mehrerer Rechnungen fr einen Umsatz vor, in denen die Summe der Steuerbetrge die fr den Umsatz insgesamt geschuldete Steuer bersteigt3; das gilt auch, wenn sowohl mittels Rechnung als auch mittels wirksamer Gutschrift abgerechnet wird (Rz. 35). Auch mit Erteilung einer Endrechung, in der entgegen § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG (Rz. 14, 25) die Steuerbetrge, die in Rechnungen ber Vorauszahlungen ausgewiesen sind (Rz. 14, 24), nicht abgesetzt wurden, wird der Tatbestand des § 14c Abs. 1 UStG verwirklicht.4 Entsprechendes gilt, wenn nach Rechnungen ber Teilleistungen (Rz. 13) eine abschließende Gesamtrechnung erteilt wird.5

14.106

Kein Fall des berhhten Steuerausweises liegt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung6 bei einer Wechseldiskontierung vor, wenn der Unternehmer es unterlßt, den Abnehmer von den „Minderungsbetrgen“ zu unterrichten. Diese Auffassung ist in doppelter Hinsicht fehlerhaft. Es liegt weder eine Minderung der Bemessungsgrundlage iS des § 17 Abs. 1 UStG vor (Rz. 11.26) noch fnde in einem solchen Fall § 14c Abs. 1 UStG Anwendung (Rz. 88).

14.107

bb) Wird nach Eintritt der Verjhrung des Anspruchs des Steuerglubigers auf die fr einen Umsatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 UStG geschuldete Steuer diese erstmals in einer Rechnung ausgewiesen, so ist der Tatbestand des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG verwirklicht, weil die fr den Umsatz ursprnglich entstandene Steuer nicht (mehr) geschuldet wird.7 Das ist der Fall, wenn die Festsetzungsverjhrung nach den §§ 169 ff. AO oder die Zahlungsverjhrung nach den §§ 228 ff. AO eingetreten ist. Mit dem Eintritt dieser oder jener Verjhrung erlischt der Anspruch aus dem Steuerschuldverhltnis (§§ 47, 232 AO), so daß die fr den Umsatz bis dahin noch nicht festgesetzte bzw. noch nicht entrichtete Steuer nicht mehr geschuldet wird. Der Rechnungsempfnger ist zwar nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nicht berechtigt, die ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abzuziehen, da sie nicht (mehr) „gesetzlich geschuldet“ wird, ob ein Erlschen des Steueranspruchs durch Verjhrung eingetreten ist, kann der Rechnungsempfnger jedoch hufig nicht beurteilen. Folglich ist die Anwendung des § 14c Abs. 1 UStG geboten, um der Gefhrdung des Steuerauf-

14.108

1 Beispiel: Verschleierung einer Schmiergeldzahlung als Gegenleistung fr eine gesonderte Bevorzugungsleistung neben der in der Rechnung nur genannten offiziellen Dienstleistung; vgl. FG Kln, EFG 2002, 56. 2 Entsprechendes gilt bei der Inzahlungnahme einer sonstigen Leistung. 3 Vgl. Abschn. 190c Abs. 4 UStR 2005; offengelassen von BFH, BStBl. II 1994, 718. 4 Der BFH hat offengelassen, ob die Steuer nach § 14 Abs. 2 oder Abs. 3 UStG aF. (entspricht § 14c Abs. 1 bzw. Abs. 2 UStG) geschuldet wird; BFH, UR 2002, 338. 5 Stadie in R/D, § 14c UStG Anm. 114. 6 Abschn. 151 Abs. 4 Satz 4 UStR 2005. 7 Insoweit zutreffend BFH, BStBl. II 2004, 375.

465

Kap. 14 Rechnungen

kommens zu begegnen und das Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuer zu gewhrleisten (Rz. 85). Damit korrespondierend ist mit Eintritt der Verjhrung der Anspruch des Leistungsempfngers nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG auf Erteilung einer Rechnung entfallen, weil die Umsatzsteuer vom leistenden Unternehmer nicht mehr dem Steuerglubiger geschuldet und folglich auch der entsprechende Betrag vom Leistungsempfnger nicht mehr als Teil des Preises geschuldet wird (vgl. Rz. 20.11). Mangels Belastung mit der Steuer ist auch kein Vorsteuerabzug zulssig1, so daß der Zweck der Rechnung mit Ausweis der Steuer entfallen ist. 14.109

cc) Wird fr eine steuerfreie Leistung Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, so ist dieser Fall unter § 14c Abs. 1 UStG und nicht unter dessen Abs. 2 zu subsumieren2, weil regelmßig kein Mißbrauch, sondern zumeist ein Irrtum ber die Steuerpflicht vorliegen wird3 (vgl. Rz. 87). Es ist mithin ein „hherer“ Steuerbetrag, als nach dem Gesetz geschuldet, ausgewiesen. Nicht von § 14c UStG wird der Ausweis der Steuer in den Fllen der Differenzbesteuerung erfaßt, obwohl nach § 14a Abs. 6 Satz 2 bzw. Abs. 7 Satz 3 UStG die Vorschriften ber den gesonderten Steuerausweis keine Anwendung finden. Hierbei handelt es sich nach dem klaren Wortlaut nicht um Verbote, sondern lediglich um Vorschriften zum Schutze des Unternehmers.4 Unabhngig davon ist auch der Zweck des § 14c Abs. 1 (und Abs. 2) UStG nicht erfllt (Rz. 85), wenn nur die gesetzlich geschuldete Steuer ausgewiesen ist. Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung5 fhrt dazu, daß die Steuer doppelt geschuldet wird. Das ist ein klarer Verstoß gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (Rz. 17.119 f.).

14.110

Ist fr einen anfnglich steuerpflichtigen Umsatz Steuer gesondert ausgewiesen, und wird der Umsatz spter steuerfrei, weil die Voraussetzungen der Steuerfreiheit im nachhinein nachgewiesen werden (Rz. 12.78), so fllt die ausgewiesene Steuer entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung6 nicht unter § 14c Abs. 1 UStG (und erst recht nicht unter Abs. 2). Vielmehr ist § 17 Abs. 1 UStG als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes entsprechend anzuwenden, so daß – entgegen der h. M. – in analoger Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG keine Rckwirkung auf den Zeitpunkt der Umsatzausfhrung eintritt, sondern die Steuerfreiheit ex nunc wirkt (Rz. 12.79). Dem entspricht es, daß § 14c UStG keine Konstellationen erfaßt, in denen die im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zutreffende Steuer ausgewiesen ist (Rz. 88), da anderenfalls ein gesetzlicher Wertungswiderspruch vorlge.

1 Die von W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 82, geforderte Rckwirkung der nachtrglichen Rechnungserteilung wre sachwidrig, da ein rckwirkender Vorsteuerabzug mangels bislang nicht eingetretener Belastung mit der Steuer zu durch nichts zu rechtfertigenden Zinsvorteilen fhren wrde (vgl. Rz. 15.60). 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1981, 547; 1993, 210 (212); 1993, 383; 2004, 375, zu § 14 Abs. 2 UStG aF. 3 So zu § 14 Abs. 2 und Abs. 3 UStG aF. BFH, BStBl. II 1981, 547. 4 Stadie in R/D, § 14a Anm. 35. 5 Abschn. 276a Abs. 16 Satz 2 und 3 UStR 2005. 6 BMF, BStBl. I 2000, 818 zu § 14 Abs. 2 UStG aF.

466

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer Bei einer Rcknahme (Rckgngigmachung) des Verzichts auf eine Steuerbefreiung gem. § 9 UStG (dazu Rz. 10.165 f.) folgt aus § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG, daß ein Fall des unrichtigen Steuerausweises vorliegen soll. Diese Sichtweise, die offensichtlich von einer Rckwirkung der Rcknahme ausgeht, ist aus den zuvor genannten Grnden verfehlt. Richtigerweise ist auch in diesem Fall § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes entsprechend anzuwenden (Rz. 10.165). Die Bedeutung des verfehlt plazierten § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG liegt deshalb zum einen darin, daß er fr die Rcknahme des Verzichts vorschreibt, daß entsprechend § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG die Steuer gegenber dem Rechnungsempfnger berichtigt wird. Das ist sachgerecht, weil der Leistungsempfnger informiert werden muß. Des weiteren soll die Berichtigung der Steuerschuld davon abhngig gemacht werden, daß – im Falle der mißbruchlichen Rechnungserteilung (Rz. 141 ff.) – die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist.1

14.111

dd) Wenn der Leistungsempfnger Steuerschuldner ist (§ 13b Abs. 2 UStG), so fhrt der Ausweis der Steuer durch den leistenden Unternehmer in seiner Rechnung dazu, daß er den ausgewiesenen Betrag nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schuldet2, da „er“ die Steuer fr den Umsatz nicht schuldet. Der Sachverhalt ist nicht unter § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG zu subsumieren, weil sich aus § 14a Abs. 5 Satz 3 UStG (Rz. 68) keine generelle persnliche Nichtberechtigung zum Ausweis der Steuer, sondern nur ein umsatzbezogenes Verbot ergibt. Zudem wird regelmßig kein Mißbrauch (vgl. Rz. 87) vorliegen, sondern der Steuerausweis auf Unkenntnis beruhen.

14.112

ee) Wird von einem Unternehmer fr einen nicht steuerbaren Umsatz Steuer in Rechnung gestellt, so ist ebenfalls § 14c Abs. 1 UStG und nicht dessen Abs. 2 anzuwenden.3 Auch in diesem Fall wird regelmßig kein Mißbrauch (vgl. Rz. 87), sondern nur ein Irrtum ber die Steuerbarkeit vorliegen. Ein nicht steuerbarer Umsatz ist gegeben, wenn der Ort nicht im Inland liegt (Rz. 8.1 ff.) oder wenn die Leistung nicht im Rahmen des Unternehmens (dazu Rz. 6.1 ff.) ausgefhrt wird (Rz. 133). Die Inrechnungstellung von Steuer bei Zahlungen, denen keine Leistung zugrunde liegt (Schadensersatz, Auslagenersatz o. .), fllt nach dem klaren Wortlaut unter § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG (Rz. 137); das ist sachwidrig, da im Regelfall kein Mißbrauch vorliegt.

14.113

Unter § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG fllt auch der Ausweis von Steuer im Falle einer sog. Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG (arg. § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG). Das ist sachgerecht, da das Inrechnungstellen der Steuer im Regelfall wegen Unkenntnis der Rechtslage oder wegen Zweifel, ob eine Geschftsverußerung vorliegt (vgl. auch Rz. 5.185), erfolgte. Damit nicht zu

14.114

1 Die Bestimmung des § 14c Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 UStG ist ohne praktische Relevanz, da sie insbesondere Grundstckslieferungen treffen sollte. Bei nach dem 31.3.2004 ausgefhrten Lieferungen wird der Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht mehr durch den Ausweis der Steuer in der Rechnung ausgebt, weil der Erwerber Steuerschuldner ist (Rz. 10.158), so daß die – erst zum 1.1.2004 eingefhrte – Regelung weitgehend leerluft. 2 Abschn. 182a Abs. 31 Satz 5 UStR 2005. 3 Vgl. Abschn. 190c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 UStR 2005; ferner zu § 14 Abs. 2 UStG aF. BFH, BStBl. II 1981, 547; 1993, 210, 212; UR 1997, 149 = BStBl. II 1999, 249; BStBl. II 2004, 375.

467

Kap. 14 Rechnungen

vereinbaren ist die Bestimmung des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG, wonach die Berichtigung der Steuerschuld erst nach Beseitigung der Gefhrdung des Steueraufkommens mglich sein soll (dazu Rz. 142). Wenn kein Mißbrauch vorliegt, verstßt das gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (Rz. 124). 14.115

Wird eine anfnglich steuerpflichtige sonstige Leistung durch nachtrgliche Mitteilung einer auslndischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht steuerbar (Rz. 12.78 aE.), so wird dadurch nicht der Tatbestand des § 14c Abs. 1 UStG verwirklicht (Rz. 110 gilt entsprechend).

14.116

Wer im Falle einer steuerpflichtigen unentgeltlichen Leistung die Steuer, die auf die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG entfllt, in einer Rechnung gegenber dem Leistungsempfnger ausweist, fllt nicht unter § 14c Abs. 1 UStG, da er fr die Leistung nur die Steuer ausweist, die er nach dem Gesetz „fr den Umsatz“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a UStG; vgl. Rz. 4.1) „schuldet“1 (ebenso wenig ist der Tatbestand des § 14c Abs. 2 UStG erfllt; Rz. 134).

c) Entstehung der Steuer 14.117

Die nach § 14c Abs. 1 Satz 1 geschuldete Steuer entsteht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer fr die Leistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b2 UStG entsteht, sptestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Der erste Teil der Bestimmung, der nur die echten Flle des berhhten Steuerausweises (Rz. 105) im Auge haben kann, geht von der Annahme aus, daß die entsprechende Rechnung im selben Voranmeldungszeitraum erteilt worden ist, in dem der Umsatz ausgefhrt (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG) oder bei der sog. Ist-Versteuerung die Gegenleistung vereinnahmt worden war (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG). Nur auf diesen Fall ist die erste Alternative anzuwenden. Wird die Rechnung mit dem berhhten Steuerausweis erst spter erteilt, so entsteht die Steuer (iS des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) erst im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Nicht etwa stellt, wie der BFH3 annimmt, die nachtrgliche Rechnungserteilung ein rckwirkendes Ereignis dar, welches auf den Zeitpunkt der Leistung zurckwirke. Diese Sichtweise verstßt gegen den allgemeinen Grundsatz des § 38 AO, wonach die Steuer (erst) mit Verwirklichung des Gesetzestatbestandes entsteht.4 Das ist der berhhte Ausweis der Steuer in einer Rechnung. Die BFH-Auffassung verstßt deshalb darber hinaus gegen das rechtsstaatliche Rckwirkungsverbot und ist verfassungswidrig. Folglich entsteht auch in den brigen Fllen des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG die Steuer bei verfassungskonformer Auslegung ebenfalls erst mit der Erteilung der Rechnung.5

14.118

Die Entstehung der Steuer tritt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG auch dann ein, wenn der Rechnungsaussteller den Steuerbetrag nicht vereinnahmt hat. Bei einem gutglubigen Rechnungsaussteller verstßt das jedoch gegen den verfassungsrechtlichen Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot). Die Steuer ist 1 Unverstndlich deshalb Abschn. 190c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 UStR 2005, wonach § 14c Abs. 1 UStG auch den Steuerausweis fr „nicht steuerbare Leistungen (unentgeltliche Leistungen, . . .)“ erfasse. Unentgeltliche Leistungen sind steuerbare Leistungen! 2 Die Erwhnung des Satzes 1 hinter Buchst. b ist ein Redaktionsversehen, da der frhere Satz 2 bereits zum 1. 4. 1999 gestrichen worden war. 3 BStBl. II 2004, 375, 378 zu § 14 Abs. 2 UStG aF. 4 Reiß, StuW 1983, 364, 377; Stadie in R/D, § 14 UStG aF. Anm. 393 (frher Anm. 220); W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 121; Nieskens in R/D, § 13 Anm. 287. 5 AA. fr den Fall des Ausweises verjhrter Steuer BFH, BStBl. II 2004, 375, 378.

468

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer deshalb abweichend vom Grundsatz des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG rckwirkend zu erlassen (Rz. 129).

d) Beseitigung der Rechtsfolge aa) Die Beseitigung der Rechtsfolge verlangt nach dem Gesetzeswortlaut (sofern kein Fall des Satzes 3 vorliegt; dazu Rz. 124) lediglich die Berichtigung des Steuerbetrages gegenber dem Leistungsempfnger (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG). Hinzu kommen muß jedoch, wie sich aus dem ausdrcklich fr entsprechend anwendbar erklrten § 17 Abs. 1 UStG ergibt, daß der vereinnahmte Steuerbetrag an den Leistungsempfnger zurckgezahlt worden ist (Rz. 125 f.). Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann der Unternehmer in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG den geschuldeten Steuerbetrag gegenber dem Finanzamt „berichtigen“ (Rz. 128), sofern die Berichtigung nicht wegen rckwirkenden Erlasses der Steuer (Rz. 129) berflssig ist. Bei mißbruchlicher Rechnungserteilung kommt, sofern kein Fall des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG vorliegt, eine Haftung nach § 71 AO in Betracht (Rz. 130).

14.119

Zu unterscheiden sind mithin die Berichtigung des „Steuerbetrages“ (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG) gegenber dem Rechnungsempfnger und die Berichtigung des „geschuldeten Steuerbetrages“ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG) gegenber dem Finanzamt. Das Recht zur Berichtigung des Steuerbetrages gegenber dem Rechnungsempfnger folgt nicht erst aus § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG1, sondern aus dem Umstand, daß es sich bei den Angaben in der Rechnung um Mitteilungen des Ausstellers handelt, die er als deren Urheber jederzeit berichtigen kann (Rz. 77 f.).2 Davon zu unterscheiden ist die umsatzsteuerrechtliche Folge der Berichtigung; nur darauf bezieht sich § 14c Abs. 1 Satz 2 (und 3) UStG.

14.120

bb) Die Berichtigung des Steuerbetrages ist aus dem zuvor genannten Grund zeitlich unbegrenzt mglich. Sie hat in derselben Form wie bei der Erteilung einer Rechnung zu geschehen (Klarstellung durch § 31 Abs. 5 Satz 3 UStDV). Die Berichtigung muß allerdings nicht in Gestalt einer vollstndig neuen Rechnung erfolgen (Klarstellung durch § 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV). Ebenso wenig ist die Berichtigung des Steuerbetrages auf der ursprnglichen Rechnung erforderlich. Eine gesonderte Mitteilung reicht aus, die zum Ausdruck bringt, daß der bisherige Steuerausweis auf einen niedrigeren Betrag reduziert oder vollen Umfangs widerrufen wird.3 Nach dem klaren Wortlaut des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG, der nur die Berichtigung des Steuerbetrages verlangt, ist folglich die Zurckerlangung des Originals der Rechnung nicht erforderlich.4

14.121

1 So aber Zeuner in B/G, § 14 Rz. 62. 2 Deshalb fehlt entgegen W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 95, auch keine Abstimmung mit § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG iVm. § 31 Abs. 1 Nr. 5 UStDV, da diese Bestimmungen mehr als berflssig sind (Rz. 77). 3 Dazu nher Stadie in R/D, § 14c Anm. 137f mwN. 4 BFH, UR 1997, 149 = BStBl. II 1999, 249, zu § 14 Abs. 2 UStG aF.

469

Kap. 14 Rechnungen

14.122

Ist der Leistungsempfnger nicht mehr existent oder nicht mehr auffindbar, so kann nach dem Wortlaut des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG dessen Rechtsfolge nicht mehr herbeigefhrt werden. Hat indes der Rechnungsaussteller den Mehrbetrag vom Rechnungsempfnger nicht erhalten, so verstieße es gegen das bermaßverbot, den Rechnungsaussteller den Mehrbetrag weiterhin schulden zu lassen; er muß deshalb die Steuerschuld nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigen knnen, sofern nicht ohnehin wegen Gutglubigkeit die Steuerschuld rckwirkend zu erlassen ist (Rz. 129). Hatte der Rechnungsaussteller hingegen den Mehrbetrag erhalten, so besteht fr ihn kein berechtigter Anlaß, die nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG geschuldete Steuer zu berichtigen, da er nicht belastet ist (s. auch Rz. 125). Der Mehrbetrag verbleibt dann beim Steuerglubiger, fr den der Unternehmer die erhhte Steuer als Gehilfe (Rz. 1.18) erhoben hat.

14.123

cc) Die Rckgngigmachung des vom Empfnger vorgenommenen Vorsteuerabzugs ist nach dem klaren Wortlaut des § 14c Abs. 1 UStG grundstzlich keine Voraussetzung fr die Berichtigung der Steuerschuld1, wie der Umkehrschluß aus § 14c Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 UStG besttigt. Allerdings wre dies im Falle der mißbruchlichen Rechnungserteilung zu fordern. Eine Ausfallhaftung tritt indes nach § 71 AO ein (Rz. 130).

14.124

Lediglich fr den Fall des Steuerausweises bei einer Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 114) und der Rckgngigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung (Rz. 111) bestimmt § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG, daß § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG entsprechend gelte. Danach soll der geschuldete Steuerbetrag erst und nur dann berichtigt werden knnen, wenn die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei (Rz. 141 f.). Diese rigide Regelung ist, wie auch im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG nur verfassungskonform, wenn der Rechnungsaussteller mißbruchlich gehandelt hat. Bei Gutglubigkeit wrde die „Ausfallhaftung“ des Rechnungsausstellers gegen das bermaßverbot verstoßen (Rz. 143 f.). Da beide Flle des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG von Art. 21 Nr. 1 Buchst. d der 6. EG-RL erfaßt werden (Rz. 84), liegt insoweit auch ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vor, da der EuGH ebenfalls aus dem Verhltnismßigkeitsgrundsatz zu Recht die uneingeschrnkte Berichtungsmglichkeit bei Gutglubigkeit ableitet (Rz. 144 aE.).

14.125

dd) Aus der von § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG folgt, daß nicht ohne weiteres nach Berichtigung des Steuerbetrages gegenber dem Rechnungsempfnger der geschuldete Steuerbetrag gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt werden kann.2 Vielmehr ist der dieser Vorschrift zugrunde liegende Gedanke, daß eine entsprechende Minderung der Gegenleistung (Zahlung) eingetreten sein muß (Rz. 12.45, 12.69 und 12.71), zu bercksichtigen.3 Das bedeutet: Hat der Rechnungsaus1 Die gegenteilige Auffassung des BFH, UR 2001, 355 (vgl. auch BFH, BFH/NV 2002, 545; UR 2002, 338), zu § 14 Abs. 2 UStG aF., wonach eine „richtlinienkonforme Beurteilung“ erfordere, daß die Berichtigung nur zugelassen werden drfe, wenn der Rechnungsaussteller nachgewiesen habe, daß der Vorsteuerabzug nicht vorgenommen, versagt oder rckgngig gemacht worden sei, war ein klarer Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die Gerichte an das Gesetz gebunden sind. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift war nicht auslegbar. Dasselbe gilt fr § 14c Abs. 1 UStG. 2 So aber wohl die Rechtsprechung und das (berwiegende) Schrifttum zu § 14 Abs. 2 UStG aF., die das Problem nie aufgeworfen hatten. 3 Zust. FG BW, EFG 2001, 597; aA. Ruppe, § 11 Rz. 137; vgl. auch Reiß, UR 1999, 170, 172.

470

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

steller den gesamten Rechnungsbetrag einschließlich des Steuermehrbetrags iS des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG erhalten, so kann er die Steuer gegenber dem Finanzamt erst dann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigen, wenn er zuvor den Mehrbetrag dem Rechnungsempfnger zurckgewhrt hat. Es besteht kein Anlaß, dem Rechnungsaussteller den Steuerbetrag zu erstatten, solange er diesen nicht an den Rechnungsempfnger zurckgezahlt hat, weil er anderenfalls auf dessen Kosten bereichert wre. Diese Bereicherung wrde zu einer endgltigen, wenn der zivilrechtliche Rckforderungsanspruch (Rz. 20.11) des Rechnungsempfngers wegen Insolvenz o. . nicht durchsetzbar ist. Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 14 GG verlangen deshalb eine verfassungskonforme Auslegung des § 14c Abs. 1 Satz 2 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG im zuvor genannten Sinne, damit eine derartige Bereicherung beim Rechnungsaussteller verhindert wird und ein sachgerechter Interessenausgleich stattfindet. Andererseits darf auch keine endgltige Bereicherung des Steuerglubigers eintreten. Art. 14 GG gebietet die Rckgngigmachung der Bereicherung, so daß, wenn der Rechnungsempfnger dem Grunde nach vorsteuerabzugsberechtigt ist, ihm der Vorsteuerabzug zu gewhren ist (Rz. 15.72 ff.). Anderenfalls steht ihm ein Erstattungsanspruch gegenber dem Steuerglubiger zu, der sich auf Rckzahlung des Steuerbetrages richtet (Rz. 127). 14.126

Beispiel: Die A-GmbH erbringt gegenber B eine Dienstleistung fr 1 Mio. Euro zuzglich 160 000 Euro gesondert berechnete Umsatzsteuer. B zahlt den gesamten Rechnungsbetrag. Die A-GmbH fhrt die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Die Parteien waren davon ausgegangen, daß der Umsatz steuerpflichtig sei, objektiv ist er jedoch nicht steuerbar bzw. steuerfrei. Als B davon erfhrt, fordert er von der A-GmbH 160 000 Euro zurck, kann jedoch diesen Anspruch nicht realisieren, weil fr die A-GmbH zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren erffnet worden war. Der Insolvenzverwalter berichtigt gleichwohl den Steuerbetrag gegenber dem Finanzamt und verlangt Auszahlung des Erstattungsanspruchs an die Insolvenzmasse. Das Finanzamt darf dem Begehren nicht stattgeben, da die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG – Minderung der Gegenleistung durch Rckzahlung des Steuerbetrags an den Rechnungsempfnger – nicht erfllt ist. Anderenfalls wren die A-GmbH bzw. deren brige Glubiger endgltig auf Kosten des B bereichert. Ist der B dem Grunde nach vorsteuerabzugsberechtigt, so ist ihm der Vorsteuerabzug zu gewhren (Rz. 15.72 ff.). Anderenfalls ist ihm die Steuer gesondert zu erstatten (Rz. 127).

Ist der Rechnungsempfnger nicht vorsteuerabzugsberechtigt und hat der Rechnungsaussteller den Steuerbetrag nicht an ihn zurckgezahlt, so verlangt Art. 14 GG die Rckgngigmachung der beim Steuerglubiger eingetretenen Bereicherung (Rz. 125). Wenn der Steuerglubiger zur Durchfhrung einer indirekten Besteuerung die Unternehmer als Verwaltungshelfer (Steuereinsammler) zwischenschaltet (Rz. 1.18), so kann sich der Staat bei dieser Form der mittelbaren Verwaltung nicht der Grundrechtsbindung entziehen1. Das Steuerrecht muß mithin verfassungskonform dergestalt ausgelegt werden, daß 1 P. Kirchhof, DStJG 18 (1995), 17, 18.

471

14.127

Kap. 14 Rechnungen

die Rckzahlung gewhrleistet ist. Folglich darf die mangelnde Bereitschaft oder Unfhigkeit des Verwaltungshelfers zur Rckabwicklung der Zahlungsvorgnge nicht dazu fhren, daß eine ungewollte Steuerbelastung aufrechterhalten und der Steuerglubiger bereichert bleibt. Der Anspruch auf Erstattung zuviel gezahlter Steuer ist ein vermgenswertes Recht, das als „Eigentum“ in den Schutzbereich des Art. 14 GG fllt1. Zur Vermeidung einer mithin nicht nur gesetzeszweckwidrigen Rechtsfolge, sondern auch einer verfassungswidrigen Enteignung dieses Anspruchs muß folglich § 37 Abs. 2 AO als Anspruchsgrundlage fr einen Erstattungsanspruch entsprechend verfassungskonform ausgelegt werden. Bei einer indirekten Steuer ist die Steuer „auf Rechnung“ des Steuertrgers (Rechnungsempfngers) gezahlt worden, wenn der vom Steuerglubiger eingeschaltete Gehilfe zur Rckgewhr des flschlich vereinnahmten Steuerbetrages nicht bereit oder nicht in der Lage ist (einer gerichtlichen Verfolgung des zivilrechtlichen Rckzahlungsanspruchs bedarf es nicht). Ohne Belang hat es dabei zu sein, ob der vereinnahmte Steuerbetrag vom Rechnungsaussteller an das Finanzamt abgefhrt worden ist. Auch wenn das nicht geschehen ist, hat der Rechnungsempfnger an den Steuerglubiger geleistet, weil der Rechnungsaussteller als sein Gehilfe gehandelt hat und die Nichtweiterleitung deshalb nicht zu Lasten des Zahlenden gehen darf. Der Erstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 2 AO (Rz. 128) muß mithin dann dem Rechnungsempfnger zustehen (vgl. auch Rz. 12.69 u. 12.71 zur entsprechenden Problematik im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 17 UStG). Auf das von § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG geforderte formale Kriterium der Berichtigung des Steuerbetrages durch den Rechnungsaussteller (Rz. 119) kommt es nicht an, da eine Information des Rechnungsausstellers in diesem Fall nicht geboten ist. Zur Verwirklichung des Erstattungsanspruchs (§ 218 Abs. 1 AO) bedarf es eines Verwaltungsaktes, auf den zweckmßigerweise die Vorschriften ber Steuervergtungsbescheide (§ 155 Abs. 4 AO) analog anzuwenden sind. Erhlt spter der Rechnungsempfnger den Steuerbetrag vom Rechnungsaussteller zurckgezahlt, so liegt ein rckwirkendes Ereignis vor, welches zur Aufhebung des Bescheides berechtigt (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Der Rechnungsempfnger ist zur Anzeige der Rckzahlung verpflichtet (§ 153 Abs. 2 AO).

14.128

ee) Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages hat auf Grund des gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG entsprechend anzuwendenden § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG keine Rckwirkung (Rz. 12.35)2, da sie fr den Voranmeldungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die beschriebenen Berichtigungsvoraussetzungen vorliegen. Die „Berichtigung“ ist mithin keine Verfahrenshandlung, vielmehr entsteht mit Vorliegen der Berichtigungsvoraussetzungen ein Erstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 2 AO auf Rckzahlung des entrichteten Steuerbetrages (anderenfalls erlischt die Steuerschuld mit Wirkung fr die Zukunft).

14.129

Ist der Rechnungsaussteller gutglubig und hat er den Steuerbetrag nicht vereinnahmt, so verstieße es gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot), an der Steu1 Vgl. BVerfGE 70, 278, 285. 2 Ferner zu § 14 Abs. 2 aF. BFH, BStBl. II 1990, 401; BFH/NV 2002, 545; 2003, 591.

472

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer erschuld bis zu deren Berichtigung festzuhalten, da der Unternehmer nur als Gehilfe des Steuerglubigers fungiert (Rz. 1.18). Die Steuer muß, insbesondere im Hinblick auf etwaige Zinsen nach § 233a AO, entgegen dem Grundsatz des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG rckwirkend durch abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO erlassen werden. Das hat auch dann zu gelten, wenn der Rechnungsempfnger (trotz Krzung der Rechnung um den Steuerbetrag) gleichwohl den Vorsteuerabzug vorgenommen hat.1 Die Finanzverwaltung sieht eine Rckwirkung nur in den Fllen des § 14c Abs. 2 UStG (das ist unverstndlich, denn was fr diese Vorschrift gilt, muß erst recht fr die Flle des § 14c Abs. 1 UStG gelten) und auch nur dann vor, wenn der Rechnungsempfnger keinen Vorsteuerabzug vorgenommen hat2 (s. auch Rz. 145).

Sofern kein Fall des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG (Rz. 124) vorliegt, ist es, anders als im Anwendungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG, fr die Berichtigung der Steuerschuld nicht erforderlich, daß ein vorgenommener Vorsteuerabzug seitens des Rechnungsempfngers beseitigt worden ist. Die Ausfallhaftung tritt bei Bsglubigkeit jedoch regelmßig nach § 71 AO ein (Rz. 19.14). Danach haftet der Teilnehmer einer Steuerhinterziehung fr zu Unrecht gewhrte Steuervorteile (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 iVm. Abs. 4 Satz 2 AO). Bei vorstzlicher Ausstellung einer unrichtigen Rechnung und vorstzlicher Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist der Rechnungsempfnger Tter und der Rechnungsaussteller Mittter oder Gehilfe einer Steuerhinterziehung.

14.130

5. Unberechtigter Steuerausweis a) Allgemeines § 14c Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG unterscheidet drei verschiedene Tatbestnde des unberechtigten Steuerausweises, nmlich den gesonderten Ausweis in einer Rechnung bzw. anderen Abrechnung – durch eine Person o. . („wer“), die dazu nicht berechtigt ist (Satz 1), – durch einen Nichtunternehmer (Satz 2 Alt. 1), oder – durch einen Unternehmer, ohne eine Leistung auszufhren (Satz 2 Alt. 1). Die Abgrenzung dieser verschiedenen Tatbestandsalternativen voneinander ist letztlich nicht erforderlich, da die Rechtsfolgen gleich sind. Die geschuldete Steuer entsteht mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG). Die Abgrenzung dieser Tatbestnde vom Tatbestand des § 14c Abs. 2 UStG richtet sich in typisierender Weise nach dem Grad der Mißbrauchsanflligkeit. Von § 14c Abs. 2 UStG werden diejenigen Flle des Steuerausweises erfaßt, die regelmßig mißbruchlich erfolgen. Diese Differenzierung ergibt jedoch wenig Sinn (Rz. 87). Die Berichtigung der Steuerschuld ist ausnahmslos daran geknpft, daß eine Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG). Das verstßt im Falle der Gutglubigkeit gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (Rz. 142 ff.). 1 Stadie in R/D, § 14c Anm. 160. 2 Abschn. 190d Abs. 4 Satz 6 UStR 2005.

473

14.131

Kap. 14 Rechnungen

b) Steuerausweis durch Nichtberechtigte 14.132

aa) Von § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG wird erfaßt, wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer „nicht berechtigt“ ist. Aus § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG folgt, daß die Person ein Unternehmer sein muß, der ber eine Leistung abrechnet. Eine Nichtberechtigung zum Steuerausweis kann in persnlicher als auch in sachlicher Hinsicht bestehen. Letztere, nmlich die auf bestimmte Umsatzarten bezogene Nichtberechtigung bei steuerfreien und nichtsteuerbaren Umstzen oder wenn der Leistungsempfnger Steuerschuldner ist, fllt indes unter § 14c Abs. 1 UStG, weil im Regelfall keine Mißbruchlichkeit vorliegt (Rz. 109, 112 f.).

14.133

Demgegenber soll nach h. M. die Nichtberechtigung zum Ausweis der Steuer bei einem Umsatz, der nicht im Rahmen des Unternehmens ausgefhrt wird, von § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG erfaßt werden.1 Auch hierbei handelt es sich jedoch um einen nichtsteuerbaren Umsatz, bei dem im Regelfall der Ausweis der Steuer nicht mißbruchlich, sondern irrtmlich oder vorsichtshalber erfolgte, weil unklar war ob die Leistung innerhalb oder außerhalb des Unternehmens erbracht wurde. Der Sachverhalt ist deshalb richtigerweise unter § 14c Abs. 1 UStG zu subsumieren.

14.134

Kein Fall der sachlichen Nichtberechtigung liegt vor, wenn Steuer fr eine unentgeltliche Leistung ausgewiesen wird. Die unentgeltliche Lieferung oder sonstige Leistung fhrt auf Grund der Fiktion des § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a UStG zu einem Umsatz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, so daß der Unternehmer nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG zur Erteilung einer „Rechnung“ mit dem Ausweis der Steuer berechtigt ist. Aus § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG (Rz. 26) folgt nichts Gegenteiliges. Zudem kann es keinen Unterschied machen, ob von vornherein keine Gegenleistung vereinbart wird oder diese im Nachhinein erlassen wird. Unabhngig von alledem darf § 14c Abs. 2 UStG schon deshalb nicht angewendet werden, weil es keinen sachlichen Grund gibt den Unternehmer die Steuer zweimal schulden zu lassen. Eine solche Rechtsfolge verstieße gegen das bermaßverbot.

14.135

Eine persnliche Nichtberechtigung besteht fr den Kleinunternehmer, da nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG die Vorschrift ber den gesonderten Steuerausweis (§ 14 Abs. 4 UStG) keine Anwendung findet. Der von dieser Bestimmung in Bezug genommene § 14 Abs. 4 UStG regelt zwar nur, welche Angaben Rechnungen enthalten mssen, so daß seine Nichtanwendbarkeit nicht den Ausweis von Steuer verbietet, der Zweck des § 14c UStG verlangt jedoch, § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG als Verbot zu verstehen. Da der Kleinunternehmer die Steuer fr seine Umstze „schuldet“, diese nur nicht erhoben wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG; dazu Rz. 17.3), liegt beim Ausweis der Steuer kein Fall des § 14c Abs. 1 UStG vor, so daß der Sachverhalt unter § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG fllt.2 Wird nachtrglich auf die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 2 UStG verzichtet (Rz. 17.33), so entfllt die Tatbestandsverwirklichung rckwirkend (vgl. Rz. 12.81). 1 Abschn. 190d Abs. 2 Nr. 4 UStR 2005; BFH, UR 2001, 399, zu § 14 Abs. 3 Satz 1 UStG aF. 2 Vgl. Reg.-Begr. zu Art. 4 Nr. 17 StndG 2003, BR-Drucks. 630/03, S. 84 (zu § 14c Abs. 2 UStG); Abschn. 190d Abs. 1 Satz 2 UStR 2005.

474

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer

bb) Mit der umstndlichen Formulierung des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 UStG ist der Nichtunternehmer gemeint. Nach dem Wortlaut wre nur der Fall erfaßt, daß er ber eine (eigene) Leistung abrechnet. Die Rechtsfolge muß jedoch erst recht eintreten, wenn er keine Leistung erbringt. Der Tatbestand ist auch dann verwirklicht, wenn ein Dritter die abgerechnete Leistung ausfhrt und versteuert1 oder ein Nichtunternehmer als Vertreter ohne Vertretungsmacht eine Rechnung mit Steuerausweis fr einen anderen erteilt.

14.136

Rechnungen einer Organgesellschaft ber von ihr erbrachte steuerpflichtige Leistungen gegenber Dritten fallen, obwohl die Organgesellschaft nicht Unternehmer ist und ihre Umstze dem Organtrger zuzurechnen sind, nicht unter § 14c UStG, da die Abrechnungsverpflichtung iS des § 14 Abs. 2 UStG und damit die Berechtigung iS des § 14c Abs. 2 UStG bei der Organgesellschaft verblieben ist. Bei der Rechnungserteilung fungiert die Organgesellschaft als Unternehmerin (Rz. 18).

14.137

c) Nichtausfhrung einer Leistung Nach dem Wortlaut des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG ist der Tatbestand erfllt, wenn ein Unternehmer in einem Abrechnungsdokument – eine „Rechnung“ iS des § 14 Abs. 1 UStG liegt nicht vor, da nicht ber eine Leistung abgerechnet wird – einen Steuerbetrag gesondert ausweist, „obwohl er . . . eine . . . Leistung nicht ausfhrt“. Gemeint ist jedoch nicht, daß er berhaupt keine Leistungen ausfhrt, sondern daß er die in der Abrechnung beschriebene Leistung nicht ausfhrt.

14.138

Das gilt insbesondere fr

14.139

– Schein- oder Geflligkeitsrechnungen, auch wenn sie nicht der Vorsteuererschleichung, sondern der Vortuschung von Kreditfhigkeit gegenber Banken, Lieferanten usw. dienen sollen2; – Abrechnungen ber Schadensersatz u. . (Rz. 113 aE.); – Abrechnungen, bei denen die beschriebene Leistung nicht ausgefhrt wird und die statt dessen ausgefhrte Leistung sich mit der beschriebenen weder der Art noch dem Wesen nach deckt (Beispiele: „Antriebsmotoren“ statt „Schrott“3; „Sßwaren“ statt „Getrnke“4)5; – Rechnungen, in denen ein falscher, nicht nur ungenau beschriebener Leistungsempfnger genannt ist; – Rechnungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht. 1 2 3 4 5

Vgl. BFH, BFH/NV 1993, 200, zu § 14 Abs. 3 UStG aF. Vgl. zu § 14 Abs. 3 UStG aF. BFH, UR 1988, 187; BFH/NV 1989, 134. Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 652. Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 32. Zu weiteren Beispielen Abschn. 190d Abs. 2 Nr. 3 UStR 2005; Stadie in R/D, § 14c Anm. 192 f.

475

Kap. 14 Rechnungen

14.140

Nach dem Wortlaut des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG wre der Tatbestand auch dann stets erfllt, wenn zwar eine Leistung vereinbart war, diese nach Erteilung einer Rechnung aber nicht ausgefhrt wird. Der Zweck der Norm gebietet jedoch eine einschrnkende Interpretation. Dieser verlangt lediglich, daß eine im voraus erteilte Rechnung nicht den Eindruck erweckt, als werde ber eine bereits erbrachte Leistung abgerechnet. Die Rechnung muß folglich zur Vermeidung der Rechtsfolge des § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG fr den Fall der Nichtausfhrung der Leistung auf Grund ihrer Aufmachung (z. B. durch die Bezeichnung) oder ihres Inhalts (z. B. durch den Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) eindeutig als Vorausrechnung erkennbar sein.1 d) Beseitigung der Rechtsfolge

14.141

Der geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 UStG). Diese Einschrnkung gilt indes nur fr den bsglubigen Rechnungsaussteller (Rz. 142 f.). Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages ist dann beim Finanzamt gesondert zu beantragen und erfordert dessen Zustimmung (§ 14c Abs. 2 Satz 4 und 5 UStG). Wie bei § 14c Abs. 1 UStG folgt aus dem entsprechend anzuwendenden § 17 Abs. 1 UStG (§ 14c Abs. 1 Satz 5 UStG) als weitere Voraussetzung, daß der als Steuerbetrag berechnete und vereinnahmte Teil der (vermeintlichen) Gegenleistung an den Rechnungsempfnger zurckgezahlt worden ist (Rz. 125 f.).

14.142

Die Gefhrdung des Steueraufkommens ist nach dem Gesetz beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfnger der Rechnung nicht durchgefhrt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehrde zurckgezahlt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 4 UStG). Nicht erforderlich ist, daß der Rechnungsaussteller das Abrechnungspapier zurckerhlt. Selbst die Berichtigung des Steuerbetrages gegenber dem Rechnungsempfnger wird vom Gesetz nicht verlangt.2 Alles das ist wenig durchdacht.3

14.143

Soweit das Gesetz fr die Berichtigung der Steuerschuld auch bei einem gutglubigen Rechnungsaussteller voraussetzt, daß der Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfnger rckgngig gemacht worden ist, verstßt das gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz und das Willkrverbot. Der Unternehmer als Rechnungsaussteller fungiert lediglich als Gehilfe des Staates (Steuerglubigers) bei der Erhebung der Umsatzsteuer (Rz. 1.18). Wenn der Staat auch die Umstze zwischen Unternehmern besteuert und dabei das Mehrwertsteuersystem, d. h. eine Allphasenbesteuerung mit Vorsteuerabzug vorsieht, so hat der Staat die mit diesem System verbundenen Risiken zu tragen. Folglich ist dem 1 BFH, BStBl. II 1998, 415; Abschn. 190d Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 ff. UStR 2005; Stadie in R/D, § 14c Anm. 190 f. 2 Wenn Abschn. 190d Abs. 3 Satz 1 UStR 2005 verlangt, daß der unberechtigte Steuerausweis gegenber dem Belegempfnger fr ungltig erklrt worden ist, so ist das zwar sachgerecht, aber nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht erforderlich. 3 Dazu nher Stadie in R/D, § 14c Anm. 210, 213, 229.

476

VIII. Unrichtiger und unberechtigter Ausweis von Steuer eingeschalteten Unternehmer, der meint, einen steuerpflichtigen Umsatz auszufhren und nicht nur Schadensersatz zu erhalten, und deshalb oder aus anderen Grnden in Befolgung einer vermeintlichen Rechtspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG eine Rechnung mit Ausweis von Umsatzsteuer erteilt, der Schaden des Steuerglubigers nicht zuzurechen. Das mit dem Mehrwertsteuersystem verbundene Risiko, daß die zwangsverpflichteten Gehilfen die Sachverhalte umsatzsteuerrechtlich falsch wrdigen, zu Unrecht Steuer in der Rechnung ausweisen und darauf hin die Rechnungsempfnger zu Unrecht den Vorsteuerabzug vornehmen, hat derjenige zu tragen, der die Gehilfen einsetzt. Die gegenteilige Sichtweise des Gesetzes verstßt gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz und das Willkrverbot, die einen belastenden Eingriff nur dann erlauben, wenn dieser dem Betroffenen zuzumuten ist und ein angemessener Zurechnungsgrund besteht. Ein solcher liegt nur dann vor, d. h. das Einstehenmssen des Rechnungsausstellers fr den Steuerausfall des Steuerglubigers ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Steuerausfall (auch) in den Verantwortungsbereich des Rechnungsausstellers fllt, weil er in vorwerfbarer Weise bei der Schdigung des Steuerglubigers mitgewirkt hat (vgl. auch Rz. 19.3). Das ist der Fall, wenn er beim Ausweis der Steuer bsglubig war, nmlich mißbruchlich gehandelt hatte, um dem Rechnungsempfnger die Mglichkeit des Vorsteuerabzugs zu verschaffen. Der Verhltnismßigkeitsgrundsatz und das Willkrverbot verlangen mithin eine verfassungskonforme Reduktion des Wortlauts des § 14c Abs. 2 Satz 3 und 4 UStG dergestalt, daß eine Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs keine Voraussetzung fr die Berichtigung der Steuerschuld ist, wenn der Rechnungsaussteller nicht bsglubig gehandelt hat1; das entspricht der Rechtsprechung des EuGH2. Der Rechnungsaussteller fllt dann unter das Regime des § 14c Abs. 1 UStG, der die typischerweise nicht mißbruchlichen Konstellationen im Auge hat (Rz. 87). Danach setzt die Berichtigung der Steuerschuld die Berichtigung des Steuerbetrages gegenber dem Rechnungsempfnger voraus (Rz. 119). Der Zustimmung des Finanzamts bedarf es dann entgegen § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG nicht.

14.144

Mit Vorliegen der Berichtigungsvoraussetzungen entsteht ein Erstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 2 AO, wenn der nach § 14c Abs. 2 Satz 1 oder 2 UStG geschuldete Steuerbetrag an das Finanzamt abgefhrt worden war; anderenfalls beschrnkt sich die Wirkung auf das Erlschen der Steuerschuld fr die Zukunft. Eine Rckwirkung auf den Besteuerungszeitraum der Steuerentstehung (Rechnungsausgabe, § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) tritt grundstzlich nicht ein. Hat der gutglubige Rechnungsaussteller den Steuerbetrag nicht erhalten, so verstieße es allerdings gegen den Verhltnismßigkeitgrundsatz (bermaßverbot), wenn an der Steuerschuld bis zu deren Berichtigung festgehalten wrde. Die Steuer ist dann vielmehr abweichend von § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG mit Rckwirkung nach § 163 Satz 1 AO zu „erlassen“3 (s. auch Rz. 129).

14.145

1 Nicht etwa kommt nur eine in das Ermessen der Finanzverwaltung gestellte Billigkeitsentscheidung in Betracht; so aber W. Wagner in S/R, § 14c Rz. 107 aE., der allerdings selbst eine solche fr nicht angebracht hlt. 2 Danach haben die Mitgliedstaaten zur Gewhrleistung der Neutralitt der Mehrwertsteuer in ihrem innerstaatlichen Recht vorzusehen, daß jede zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer berichtigt werden kann, wenn der Aussteller der Rechnung seinen guten Glauben nachweist; EuGH, EuGHE 1989, 4227 = UR 1991, 83, Rz. 18. Eine Ausfallhaftung kommt nur in Betracht, wenn der Aussteller seinen guten Glauben nicht nachweist; EuGH, EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000, 470, Rz. 61; vgl. auch EuGH, Urt. v. 6.11.2003 – Rs. C-78/0, UR 2003, 595, Rz. 50. 3 Stadie in R/D, § 14c Anm. 231 f. Die Finanzverwaltung lßt die Rckwirkung nur dann eintreten, wenn der Rechnungsempfnger den Vorsteuerabzug nicht vorgenommen hat; Abschn. 190d Abs. 4 Satz 6 UStR 2005.

477

Kap. 14 Rechnungen

14.146

Bei Bsglubigkeit des Rechnungsausstellers bedarf die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages der Zustimmung1 des Finanzamts; sie ist fr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefhrdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 1 Satz 5 UStG). Hat der Rechnungsempfnger keinen Vorsteuerabzug vorgenommen, so gebietet es der Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot), daß die Steuer rckwirkend erlassen wird.2

1 Dazu nher Stadie in R/D, § 14c Anm. 222 ff. 2 Insoweit zutreffend Abschn. 190d Abs. 4 Satz 6 UStR 2005.

478

Kapitel 15 Vorsteuerabzug I. Allgemeines, Zweck Die von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer fr Lieferungen oder sonstige Leistungen kann der Unternehmer (zum Unternehmerbegriff des § 15 UStG s. Rz. 4) grundstzlich als Vorsteuer „abziehen“, sofern die Leistungen fr sein Unternehmen ausgefhrt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Auch die vom Unternehmer als Leistungsempfnger (§ 13b UStG) geschuldete Steuer fr Leistungen, die fr sein Unternehmen ausgefhrt werden, ist grundstzlich abziehbar (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Entsprechendes gilt fr die beim innergemeinschaftlichen Erwerb geschuldete Steuer und fr die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG).1 Zur Pauschalierung der abziehbaren Vorsteuer s. Rz. 17.39 ff. u. 17.44 ff.

15.1

Der Zweck des Vorsteuerabzugs liegt darin, die Wettbewerbsneutralitt sicherzustellen, indem der Unternehmer von der Umsatzsteuer, die auf den Bezgen fr das Unternehmen ruht, entlastet wird.2 Damit wird erreicht, daß die Umsatzsteuer nicht zum Kostenfaktor fr den Unternehmer wird (Neutralittsgrundsatz des Mehrwertsteuersystems; s. Rz. 1.9, 1.14, 1.42, 1.45, 1.61 f.). Gbe es den Vorsteuerabzug nicht, so wre insbesondere bei Warenlieferungen die Umsatzsteuervorbelastung in Abhngigkeit von der Zahl der Handelsstufen (Vorstufen) unterschiedlich, was zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen fhren und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Neutralittsgrundsatz) verstoßen knnte (Rz. 1.42 ff.). Bei Exporten bewirkt der Vorsteuerabzug eine exakte Entlastung des Preises der Waren von inlndischen Umsatzsteuerbetrgen und gewhrleistet zusammen mit der Steuerbefreiung der Lieferung selbst (Rz. 10.8, 10.25) und damit zusammenhngender Dienstleistungen (vgl. Rz. 10.59 ff.), daß die Waren im Importland (Bestimmungsland) gegenber den dort konkurrierenden Produkten keinen (umsatzsteuerrechtlichen) Wettbewerbsnachteil haben (Rz. 139).

15.2

Aus dem Entlastungszweck folgt, daß der Vorsteuerabzug nur bzw. nur insoweit in Betracht kommt, wenn bzw. als der Leistungsempfnger mit der Steuer belastet ist oder jedenfalls sein wird. Hierbei handelt es sich um eine ungeschriebene, weil selbstverstndliche Voraussetzung.3 Der Vorsteuerabzug bezweckt nicht die Subventionierung des Leistungsempfngers. Folglich entsteht der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer gar nicht erst, wenn bereits zum

15.3

1 Sowie fr die vom Auslagerer iS des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 2 UStG geschuldete Steuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 iVm. § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG). 2 Vgl. EuGH st. Rspr.; zuletzt EuGH, Urt. v. 1.4.2004 – Rs. C-90/02, UR 2004, 367, Tz. 39 mwN.; BFH, BFH/NV 2004, 1612. 3 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 130.

479

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

maßgeblichen Zeitpunkt (Rz. 86) feststeht, daß der Leistungsempfnger die Rechnung nicht begleichen will oder auf Grund seiner Insolvenz nicht begleichen kann. Mithin ist die erfolgreiche Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in diesen Fllen eine Steuerhinterziehung. Aus dem Entlastungszweck des Vorsteuerabzugs folgt des weiteren, daß dieser ebenfalls nicht vorgenommen werden darf, soweit und solange die Gegenleistung noch nicht gezahlt worden ist; der Begriff der Uneinbringlichkeit (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) ist in diesem Sinne weit auszulegen (Rz. 89; Rz. 16.19 ff.). Mangels Belastung entfllt ein Vorsteuerabzug ferner in dem Umfang, wie die in der Rechnung ausgewiesene Steuer auf die Zuzahlung eines Dritten iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG entfllt.1 Insoweit kommt allenfalls ein Vorsteuerabzug beim Dritten in Betracht (Rz. 14; Rz. 14.72). Zum Vorsteuerabzug in den Fllen der sog. Mindest-Bemessungsgrundlage und bei unentgeltlich erlangten Leistungen s. Rz. 80 ff.; zum Vorsteuerabzug bei unentgeltlicher Nutzung eines Gegenstandes eines Dritten, der nicht Unternehmer oder nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, s. Rz. 16.134 ff., und zum unentgeltlichen Erwerb eines Gegenstandes von einer solchen Person s. Rz. 16.101 ff., 16.130 ff.

15.4

Der Unternehmerbegriff des § 15 Abs. 1 UStG entspricht prinzipiell dem des § 2 UStG. Allerdings verlangt der Neutralittsgrundsatz, d. h. der Entlastungszweck des Vorsteuerabzugs (Rz. 2) eine erweiterte Sichtweise beim gescheiterten Unternehmer (Rz. 5.146 ff.) und beim Gesellschafter (als mittelbarem Unternehmer) einer unternehmerisch ttigen Gesellschaft (Rz. 5.112 ff.), insbesondere auch bei der sog. Holding (Rz. 5.44 ff.).

15.5

Das Gesetz spricht vom „Abzug“ der Vorsteuerbetrge.2 Damit wird indes nur der typische Fall angesprochen, in dem der Unternehmer fr den betreffenden Voranmeldungszeitraum (Rz. 18.19) auch Umsatzsteuer schuldet, von der die Betrge abgezogen werden knnen. Ein derartiges Junktim besteht aber nicht, so daß auch bersteigende Betrge vergtet bzw. erstattet werden (vgl. auch Rz. 18.8). Besonders deutlich wird das beim reinen Exporteur, der keine Umsatzsteuer schuldet. Der „Abzug“ der Vorsteuer bei diesem mangels Verrechnung ist stets eine vollstndige Auszahlung der Vergtungs- bzw. Erstattungsbetrge. Nicht im Inland ansssigen Unternehmern wird die Vorsteuer in einem gesonderten Verfahren vergtet (Rz. 18.41 ff.).

15.6

Nicht abziehbar sind die Vorsteuerbetrge, die auf Aufwendungen entfallen, welche bestimmten einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten unterliegen (§ 15 Abs. 1a UStG; dazu nher Rz. 103 ff.). Werden die bezogenen Leistungen zur Ausfhrung von steuerfreien Umstzen iS des § 4 Nr. 8 ff. UStG verwendet, so ist der Vorsteuerabzug regelmßig ebenfalls ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 iVm. Abs. 3 UStG; dazu nher Rz. 131 ff.). Bei nicht im Inland ansssigen Unternehmern kommt noch hinzu, daß der Vorsteuerabzug auch nicht nach dem Recht des Ansssigkeitsstaates ausgeschlossen sein darf (Rz. 18.50). 1 Das verkennen die Finanzverwaltung in Abschn. 188 Abs. 1 Satz 1 f. und 192 Abs. 10 Satz 2 UStR 2005; sowie W. Wagner, UVR 2004, 20, 210. 2 Ebenso Art. 17 ff. der 6. EG-RL.

480

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer Abzugsverbote gelten ferner z. B. fr – Umzugskosten bei einem Wohnungswechsel (§ 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG; dazu Rz. 103 Fn.); – Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG; dazu Rz. 17.5); – Unternehmer, die die abziehbaren Vorsteuern nach Durchschnittstzen gem. §§ 23 oder 23a UStG ermitteln (dazu nher Rz. 17.39 ff.); insoweit ist ein weiterer Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 70 Abs. 1 Satz 2 UStDV; § 23a Abs. 1 Satz 2 UStG). Entsprechendes gilt bei Land- und Forstwirten, die der Besteuerung nach Durchschnittsstzen unterliegen (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG; dazu Rz. 17.47); – Unternehmer, soweit sie Reiseleistungen iS des § 25 Abs. 1 UStG ausfhren, hinsichtlich der fr Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbetrge (§ 25 Abs. 4 Satz 1 UStG; dazu Rz. 17.74); – Wiederverkufer, die fr die in § 25a Abs. 2 UStG genannten Kunstgegenstnde usw. die Differenzbesteuerung anwenden (§ 25a Abs. 5 Satz 3 UStG; dazu Rz. 17.89 Fn.); – nicht im Gemeinschaftsgebiet ansssige Unternehmer, die im Inland keine Umstze ausfhren, bei denen sie Steuerschuldner sind, hinsichtlich derjenigen Vorsteuern, fr die im umgekehrten Fall im Ansssigkeitsstaat keine Gegenseitigkeit besteht, sowie hinsichtlich der Vorsteuern, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen (§ 18 Abs. 9 Satz 1, 6 und 7 UStG iVm. § 59 UStDV; dazu Rz. 18.51 f.; sowie § 15 Abs. 4b1 iVm. § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG). Abzugsverbote ergeben sich des weiteren aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 iVm. § 14a UStG (Rz. 55).

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer fr Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer fr sein Unternehmen ausgefhrt worden sind, grundstzlich als Vorsteuer abziehen.2 Die Ausbung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, daß der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG).3 Entsprechendes gilt bei geleisteten Vorauszahlungen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG; Rz. 90).

15.7

1. Leistung eines anderen Unternehmers Nach dem Gesetzeswortlaut ist es erforderlich, daß objektiv eine Leistung eines anderen Unternehmers vorliegt.4 Ist das nicht der Fall, so scheint ein Vor1 Der Sinn dieser Bestimmung ergibt sich aus dem Umstand, daß Unternehmer, die nur Steuer als Leistungsempfnger nach § 13b Abs. 2 UStG schulden, Voranmeldungen abzugeben haben (§ 18 Abs. 4a UStG) und deshalb sonst nach § 18 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 16 Abs. 2 UStG alle abziehbaren Vorsteuern geltend machen knnten. 2 Entspricht Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. 3 Entspricht Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL. 4 Nicht erforderlich scheint zu sein, daß die Leistung im Rahmen des Unternehmens erbracht wird. Diese Voraussetzung ergibt sich jedoch aus dem Erfordernis der gesetzlich geschuldeten Steuer, da eine solche nur entsteht, wenn eine Leistung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt, d. h. im Rahmen des Unternehmens ausgefhrt wird.

481

15.8

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

steuerabzug nicht in Betracht zu kommen. Das kann jedoch gegen den verfassungsrechtlichen Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot) verstoßen, da der Unternehmer als Gehilfe des Staates fungiert und ihn keine unzumutbaren Risiken treffen drfen (Rz. 1.18), so daß Vertrauensschutz geboten sein kann.1 Deshalb kann die Frage nicht einfach mit dem Hinweis, daß § 15 Abs. 1 UStG keinen Gutglaubensschutz vorsehe2, abgetan werden, da ein solcher sich aus dem Gebot verfassungskonformer Auslegung ergibt (Rz. 62, 70 ff.).3 Das gilt auch fr die personelle Zurechnung der Leistung (vgl. Rz. 5.130). 15.9

Hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Vertragspartners kommt Vertrauensschutz in Betracht, wenn die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG geforderte Rechnung die Angabe der Steuernummer enthlt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Da in Deutschland keine eigenstndige umsatzsteuerliche Steuernummer erteilt wird, kann es sich bei der angegebenen Steuernummer um die fr die Einkommensteuerveranlagung vergebene handeln. Der Rechnungsempfnger kann mithin anhand der Steuernummer nicht erkennen, ob der Rechnungsaussteller Unternehmer ist. Da fr den Rechnungsempfnger keine Nachforschungspflicht (Nachfrage beim Finanzamt) besteht, ist sein guter Glaube geschtzt, wenn nicht offensichtlich ist, daß der Rechnungsaussteller kein Unternehmer sein kann. Entsprechendes gilt, wenn eine fremde oder fingierte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet wird (zum Vertrauensschutz bei einer Rechnung eines Kleinunternehmers s. Rz. 79).

15.10

Hat der Rechnungsaussteller hingegen keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, so kommt kein Vertrauensschutz in Betracht, da von einem Unternehmer die Kenntnis verlangt werden kann, daß fr den Vorsteuerabzug in den Rechnungen die Angabe einer steuerlichen Nummer erforderlich ist. Folglich muß der Rechnungsempfnger bis zur Vervollstndigung der Rechnung davon ausgehen, daß sein Vertragspartner kein (in Deutschland registrierter) Unternehmer ist, so daß er berechtigt ist, den Rechnungsbetrag um den Steuerbetrag zu krzen (Rz. 20.34). bt er dieses Zurckbehaltungsrecht nicht aus, so ist sein Vertrauen nicht schutzwrdig.

15.11

Wird fr eine Zahlung, die reinen Entschdigungscharakter hat, weil ihr keine Leistung zugrunde liegt (Rz. 2.22, 2.27), flschlich Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, so ist im Regelfall Vertrauensschutz zu gewhren, weil die umsatzsteuerrechtliche Abgrenzung der Leistung von der Nichtleistung hufig schwierig ist und selbst vom BFH nicht beherrscht wird (Beispiel: Abfindungszahlung des Mieters an den Vermieter fr die vorzeitige Auflsung des Mietverhltnisses, Rz. 2.27). Der Vertrauensschutz ist unabhngig davon zu gewhren, ob der Unternehmer (Rechnungsempfnger) versucht hat, seinen zivilrechtlichen Rckforderungsanspruch (Rz. 20.11) gegenber seinem Ver1 Vgl. auch Heidner, UR 2002, 445, 451. Nicht etwa gehrt die Frage der Unternehmereigenschaft zum Risikobereich des Vertragspartners; so aber W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 101; Reiß, UmsatzsteuerR, 6.1.4 (S. 199). 2 So aber W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 96; ferner BFH, BStBl. II 1989, 250. 3 Wer diesen Weg nicht gehen will, muß dann den Vorsteuerabzug als „Billigkeitsmaßnahme“ nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO gewhren (dazu Rz. 57); auch das ablehnend Reiß, UmsatzsteuerR, 6.1.4 (S. 199).

482

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

tragspartner durchzusetzen1, da der Staat sich das Fehlverhalten seines einen Gehilfens (Rechnungsausstellers) im Verhltnis zu seinen weiteren Gehilfen zurechnen lassen muß. Folglich gebietet es der Verhltnismßigkeitsgrundsatz, daß der Staat das Risiko trgt, die vom Rechnungsaussteller nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Steuer2 beitreiben zu knnen, so daß dem gutglubigen Rechnungsempfnger der Vorsteuerabzug zu gewhren ist (vgl. Rz. 73 f.). 2. Leistung fr das Unternehmen des Empfngers Der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer muß die Leistung des anderen Unternehmers „fr sein Unternehmen“ beziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Diese Formulierung enthlt zwei getrennt zu prfende Tatbestandsmerkmale. Zum einen ist zum Vorsteuerabzug nur der Empfnger der Leistung berechtigt („fr sein Unternehmen“); zum zweiten ist Voraussetzung, daß die an ihn ausgefhrte Leistung fr den unternehmerischen Bereich erfolgt („fr sein Unternehmen“; zu Vorbereitungsmaßnahmen s. Rz. 5.139 ff.; zu nachtrglichen Aufwendungen nach Beendigung der unternehmerischen Ttigkeit s. Rz. 5.161). Zur Vorsteuerabzugsberechtigung des gescheiterten Unternehmers s. Rz. 5.146 ff; des Gesellschafters als mittelbarer Unternehmer s. Rz. 5.112 ff.; einer sog. Holding s. Rz. 5.44 ff.3 Zum Vorsteuerabzug nach Einlage eines Gegenstandes oder bei zeitweiliger Nutzung eines privaten Gegenstandes (Nutzungseinlage) s. Rz. 16.101 ff., 16.130 ff. bzw. Rz. 107 ff., 135.

15.12

a) Leistungsempfnger aa) Grundsatz Zum Abzug der Vorsteuer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG derjenige berechtigt, fr dessen („sein“) Unternehmen die Leistung ausgefhrt wird. Leistungsempfnger ist grundstzlich derjenige, der aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhltnis, d. h. bei einem Vertragsverhltnis als Auftraggeber, berechtigt und verpflichtet ist4 (zur Mehrzahl von Leistungsempfngern Rz. 54). Er schuldet die Gegenleistung und wird dadurch mit der Umsatzsteuer belastet, von der er durch den Vorsteuerabzug entlastet werden soll. Wird die Leistung auf gesetzlicher Grundlage erbracht oder wird die Gegenleistung kraft Gesetzes geschuldet, so ist Leistungsempfnger der Schuldner der Gegenleistung. Beispiel: Der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter erbringt seine Leistung gegenber dem Insolvenzschuldner, da die Ttigkeit der sog. Masse und damit deren Rechtstrger zugute kommt und dieser die Vergtung schuldet.5 Entsprechendes gilt fr Leistungen anderer gerichtlich oder behrdlich bestellter Personen. 1 2 3 4 5

Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, S. 59 u. 63, habe ich aufgegeben. Dazu Rz. 14.138 iVm. Rz. 113 aE. Sowie Rz. 25 Fn. Vgl. BFH, BStBl. II 1987, 233; 1988, 158; BFH/NV 1996, 185; 1999, 1648. Vgl. BFH, BStBl. II 1986, 579.

483

15.13

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.14

Bei einer Zuzahlung eines Dritten iS des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (Rz. 11.27 ff.) ist dieser im Umfang seiner Zuzahlung (mittelbarer) Leistungsempfnger (Rz. 14.54), weil ihm die Leistung zugute kommt und er im Umfang seiner Zuzahlung die Gegenleistung aufwendet und folglich mit der darin enthaltenen Umsatzsteuer belastet ist. Die Verordnungsermchtigung des § 15 Abs. 5 Nr. 2 UStG ist deshalb berflssig.

15.15

Die Eigentumslage ist fr die Bestimmung des Leistungsempfngers unerheblich. Der Auftraggeber ist auch dann Leistungsempfnger, wenn er nicht Eigentmer des Lieferungsgegenstandes wird, weil ein Dritter kraft Gesetzes das Eigentum erlangt. Bei der Errichtung eines Gebudes auf fremdem Grund und Boden wird mithin der Auftraggeber Empfnger der Leistungen der Handwerker und nicht der Eigentmer des Grundstcks, dessen wesentlicher Bestandteil das Gebude wird (vgl. Rz. 7.37). Dasselbe gilt bei sog. Mietereinbauten (vgl. Rz. 7.40) sowie bei Bauten eines Miteigentmers auf dem gemeinsamen Grundstck. Im Falle einer Weiterlieferung im Reihengeschft erlangt nach § 3 Abs. 1 UStG der mittlere Lieferer nicht einmal Verfgungsmacht (Rz. 7.42), gleichwohl ist nach dieser Bestimmung zweifelsfrei, daß er Empfnger einer Lieferung ist. Gleiches gilt bei der unmittelbaren Weiterlieferung von Mietereinbauten o. . (vgl. dazu Rz. 7.41). bb) Einschaltung einer Mittelsperson

15.16

(1) Bei Einschaltung einer Mittelsperson, welche die Leistung im eigenen Namen besorgt („einkauft“), mithin zivilrechtlich Auftraggeber gegenber dem die Leistung erbringenden Unternehmer ist, kann das Abstellen auf das zugrunde liegende Rechtsverhltnis zur Bestimmung des Leistungsempfngers zu sachwidrigen Ergebnissen fhren. Die Mittelsperson, schuldet zwar die Gegenleistung, ist mit dieser jedoch nicht belastet, weil sie fr fremde Rechnung handelt, nmlich einen Aufwendungsersatzanspruch gegenber ihrem Auftraggeber hat. Soweit allerdings die Mittelsperson Unternehmer ist, fhrt eine Weitergabe im Rahmen des Unternehmens zu steuerpflichtigen Umstzen (Beispiele: gewerblicher Kommissionr, Spediteur), so daß sie Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bleibt, da sie ihrerseits gegenber den Auftraggebern Leistungen erbringt (§ 3 Abs. 3 bzw. Abs. 11 UStG; Rz. 7.46 ff. bzw. 7.61 ff.), welche diese zum Vorsteuerabzug berechtigen.

15.17

Stellt die Weitergabe der besorgten („eingekauften“) Leistungen durch die Mittelsperson keine unternehmerische Ttigkeit dar, so verlangt der Zweck des Vorsteuerabzugs, den Unternehmer von der Umsatzsteuer, die auf den bezogenen Leistungen ruht, zu entlasten (Rz. 2), so daß der Auftraggeber der Mittelsperson als Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusehen ist. Schaltet ein Unternehmer beim Bezug von Leistungen eine dritte Person ein, so kann es bei der Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht darauf ankommen, ob der Dritte die Leistung im eigenen oder 484

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

fremden Namen besorgt. Maßgebend ist nur, daß er fr fremde Rechnung handelt und die bezogene Leistung dem Auftraggeber im Ergebnis zugute kommt. Dieser trgt die Gegenleistung, indem er der Mittelsperson die Aufwendungen ersetzt, und verbraucht die Leistung in seinem Unternehmen. Entsprechendes gilt, wenn der Aufwendungsersatz kraft Gesetzes o. . zu erfolgen hat (Rz. 22 ff.). Der Leistungsempfnger ist mithin bei diesen Konstellationen aus der Sicht des Vorsteuerabzugs wirtschaftlich zu bestimmen1 (unschdlich ist, daß der zivilrechtliche Leistungsempfnger in der Rechnung genannt ist, Rz. 53). (2) Das gilt insbesondere auch in den Fllen, in denen Arbeitnehmer oder Gesellschafter Ausgaben im eigenen Namen fr Rechnung des Arbeitgebers bzw. der Gesellschaft ttigen und ihre Ausgaben erstattet bekommen. Zivilrechtliche Leistungsempfnger und damit auch iS des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG (Rz. 14.10 u. 14.53) sind der Arbeitnehmer bzw. der Gesellschafter, aus der Sicht des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG sind es hingegen der Arbeitgeber bzw. die Gesellschaft.2

15.18

Beispiele: (1) Bei der Schulung von Betriebsrten durch Dritte ist der Arbeitgeber wirtschaftlicher Leistungsempfnger, wenn er den Betriebsrten die Kosten der Schulung ersetzt.3 (2) Bei Reiseleistungen, die ein Arbeitnehmer im eigenen Namen in Anspruch genommen hat, ist der Arbeitgeber wirtschaftlicher Leistungsempfnger, wenn er dem Arbeitnehmer die Kosten erstattet. Fr deren Vorsteuerabzug reicht die auf den Arbeitnehmer bzw. Gesellschafter ausgestellte Rechnung aus.4

Demgegenber hat der EuGH entschieden, daß ein Vorsteuerabzug aus Kosten, die Arbeitnehmern erstattet werden, nicht in Betracht komme, weil Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL eine zwischen Steuerpflichtigen vorgenommene Lieferung oder Dienstleistung voraussetze. Das stehe zwar nicht im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift und den Zielen der Richtlinie, wie z. B. der Steuerneutralitt und der Vermeidung der Doppelbesteuerung, msse jedoch auf Grund des Wortlauts des Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL hingenommen werden.5 Diese Zurckhaltung des EuGH verwundert, da er sonst bei der Auslegung der 6. EG-Richtlinie zu Recht auf die beiden genannten Ziele abstellt und handwerkliche Mngel der Richtlinie korrigiert. Die Formulierung des Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL hat doch ersichtlich nur den Regelfall im Auge, ohne damit atypische Konstellationen, die gleich zu behan1 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 65 f. mwN.; vgl. auch Jakob, § 10 Rz. 62 ff.; H.-F. Lange, UR 1999, 17, 20. 2 Erhlt ein Gesellschafter die Kosten einer fr Zwecke der Gesellschaft in Anspruch genommenen Leistung nicht von der Gesellschaft erstattet, so muß bei ihm der Vorsteuerabzug in Betracht kommen (Rz. 5.112 ff.). 3 Das verkennt der BFH, UR 2001, 257, m. abl. Anm. Stadie. 4 AA. BMF, BStBl. I 2001, 251. 5 EuGH, EuGHE 2001, I-8265 = UR 2001, 544, Tz. 54 f.

485

15.19

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

deln sind, ausschließen zu wollen. Diese Auffassung des EuGH fhrt zu willkrlichen Ergebnissen1 und ist nunmehr wesentlich relativiert worden.2 Unabhngig davon ist aber jedenfalls die Gewhrung des Vorsteuerabzugs als „Billigkeitsmaßnahme“ nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO zur Herstellung einer gleichheitsgerechten und dem Gesetzeszweck entsprechenden Besteuerung zulssig und geboten. 15.20

(3) Der o. g. Grundsatz (Rz. 17) hat auch fr solche Flle zu gelten, in denen ein Dritter Auftraggeber der Leistung ist, aber der wirtschaftliche Leistungsempfnger – ohne daß eine Vertragsbernahme angenommen werden kann – die Gegenleistung kraft Gesetzes oder vertraglich im Innenverhltnis in voller Hhe trgt oder an Stelle des Dritten unmittelbar gegenber dem leistenden Unternehmer entrichtet. Fr die unfreie Versendung enthlt § 40 UStDV eine ausdrckliche Klarstellung.3 Beispiele: (1) Ein Eigenbetrieb einer Gemeinde wird im Auftrag der Aufsichtsbehrde (Land) von einem Wirtschaftsprfer geprft, dessen Kosten die Gemeinde zu tragen hat. Die Gemeinde ist wirtschaftlicher Leistungsempfnger, da sie die Gegenleistung fr die Prfung zu tragen hat. Folglich kann sie richtigerweise, sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen, den Vorsteuerabzug fr den Eigenbetrieb vornehmen.4 (2) Bei Beurkundung eines GmbH-Vertrages ist die Gesellschaft, obwohl die beantragenden Gesellschafter Kostenschuldner sind, wirtschaftlicher Leistungsempfnger, wenn sie die Kosten trgt (s. auch Rz. 5.144).5 (3) Wenn die vor Gericht unterliegende Partei die Kosten eines vom Gericht beauftragten Sachverstndigen zu tragen hat, so ist sie als Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusehen.

15.21

(4) Erteilt ein Ehegatte einen Auftrag im eigenen Namen, wird die Leistung aber im Unternehmen des anderen Ehegatten oder der Ehegattengemeinschaft verwendet und bezahlt dieser bzw. diese die Rechnung, so darf der Vorsteuerabzug ebenfalls nicht daran scheitern, daß nicht der Unternehmer die Leistung in Auftrag gegeben hatte und in der Rechnung als Leistungsempfnger genannt ist. Die gegenteilige Auffassung des BFH6 widerspricht in eklatanter 1 Worauf die niederlndische Regierung zu Recht hingewiesen hatte; vgl. EuGH, aaO., Tz. 33 ff. 2 In der Entscheidung vom 10.3.2005, UR 2005, 334, Tz. 22, heißt es jetzt, daß eine Regelung mit Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL nicht vereinbar sei, „soweit sie einen Steuerpflichtigen, nmlich den Arbeitgeber, zum Abzug der Mehrwertsteuer fr Kraftstoff, der an Nichtsteuerpflichtige, nmlich seine Arbeitnehmer, geliefert wurde, unter Voraussetzungen berechtigen, die nicht gewhrleisten, daß die abgezogene Mehrwertsteuer sich ausschließlich auf fr Zwecke der besteuerten Umstze des Steuerpflichtigen verwendete Kraftstoffe bezieht.“ 3 Vgl. auch Abschn. 42c Abs. 1 und Abschn. 198 Abs. 3 UStR 2005, wonach „aus Vereinfachungsgrnden“ bei Leistungen iS des § 3b Abs. 3 bis 6 UStG (dazu Rz. 8.130 ff.) der Rechnungsempfnger als Leistungsempfnger anzusehen sei. 4 AA. BMF, UR 1988, 198 = DB 1988, 938; BFH, BFH/NV 1995, 459. 5 Vgl. OFD Saarbrcken, UR 1996, 27, 28; OFD Frankfurt/M, UR 1999, 336, Tz. 2.1.2. 6 BFH, BFH/NV 1986, 121; BStBl. II 1988, 158; vgl. auch BFH, BFH/NV 1992, 569.

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II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

Weise dem Zweck des Vorsteuerabzugs, der die Neutralitt der Umsatzsteuer gewhrleisten soll (Rz. 2), und dem Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot), da der Unternehmer keinen Anspruch gegenber dem Leistenden auf Erteilung einer Rechnung hat. Zudem verkennt der BFH das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschtzte Wesen der Ehe, dem eine strikte Trennung der Leistungsbezge widerspricht, da die Eheleute nicht streng zwischen „Mein“ und „Dein“ unterscheiden (Rz. 16.135). Gleiches hat zu gelten, wenn Ehegatten den Auftrag gemeinsam erteilt haben, aber nur ein Ehegatte als Unternehmer die Leistung1 verwendet und die gesamte2 Gegenleistung trgt.3 Dieselbe Betrachtung ist im Verhltnis zwischen zwei Gesellschaften bzw. Gesellschafter und Gesellschaft4 geboten. cc) Reparatur oder Wiederbeschaffung eines Gegenstandes durch den Geschdigten Der Leistungsempfnger (iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) ist ferner dann wirtschaftlich zu bestimmen, wenn im Falle der Reparatur eines beschdigten oder der Wiederbeschaffung eines zerstrten Gegenstandes ein Dritter Schadensersatz leistet und der Geschdigte kein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist (anderenfalls ist eine Lieferung bzw. sonstige Leistung des geschdigten Unternehmers an den Schdiger anzunehmen, Rz. 23). In diesen Fllen ist richtigerweise nicht der Geschdigte, sondern der Schdiger der Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, weil der Geschdigte als zivilrechtlicher Auftraggeber der Leistung die Gegenleistung nicht trgt. Die allseits als selbstverstndlich praktizierte gegenteilige Sichtweise verkennt, daß nicht der Geschdigte, sondern der Schdiger den Verbrauchsvor1 Beim Erwerb eines Gebudes durch Ehegatten als Miteigentmer soll nach Auffassung des EuGH im Falle der Nutzung eines Raumes (Arbeitszimmer) dem nutzenden Ehegatten der Vorsteuerabzug, der auf den Raum entfllt, zustehen, „sofern der Abzugsbetrag (Anm. d. Verf.: gemeint kann nur „Nutzungsanteil“ sein) nicht ber den Miteigentumsanteil (. . .) hinausgeht“ (EuGH, UR 2005, 324). Das ergibt keinen Sinn, weil pfel durch Birnen geteilt werden. Wie soll zudem der Vorsteuerabzug berichtigt werden, wenn die Ehegatten-Miteigentmergemeinschaft aufgelst wird? Richtigerweise steht dem nutzenden Unternehmer-Ehegatten der anteilige Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu (im entschiedenen Fall folglich nur 25 % von 12 % = 3 %). Hinsichtlich der brigen Vorsteuer (im entschiedenen Fall 75 % von 12 %) ist richtigerweise § 15a UStG (= Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL) analog anzuwenden (Rz. 16.135 ff.). 2 Hat er nicht die gesamte Gegenleistung getragen, so muß er gleichwohl auch hinsichtlich des vom anderen Ehegatten getragenen Teils in analoger Anwendung des § 15a UStG sukzessive vorsteuerabzugsberechtigt sein (Rz. 16.135 ff.). 3 AA. BFH, UR 2001, 118 = BFH/NV 2001, 402, wonach dem Alleinunternehmer-Ehegatten nur der hlftige Vorsteuerabzug zustehen soll. 4 AA. BFH, BStBl. II 1985, 21 (Bestellung eines Pkw durch einen Gesellschafter, Bezahlung der auf diesen ausgestellten Rechnung und Bilanzierung des Pkw durch die Gesellschaft); BStBl. II 1996, 111 (Beauftragung eines Bauunternehmers durch einen Gesellschafter, Bezahlung der auf diesen ausgestellten Rechnung und Bilanzierung des Bauwerks durch die Gesellschaft); Abschn. 192 Abs. 20 Satz 4 UStR 2005.

487

15.22

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

gang ausgelst hat und er in Gestalt des Schadensersatzes Einkommen oder Vermgen fr die Reparaturleistung bzw. die Wiederbeschaffung des Gegenstandes aufwendet. Der Schdiger ist, wenn er die schdigende Handlung im Rahmen seines Unternehmens vorgenommen hat, zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Reparaturleistung bzw. der Ersatzgegenstand werden fr sein Unternehmen ausgefhrt bzw. geliefert, da sie zur Beseitigung des unternehmerisch veranlaßten Schadens verwendet werden (Rz. 31). 15.23

Ist der Geschdigte ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, so ist hinsichtlich der Zerstrung bzw. Beschdigung der Sache eine steuerpflichtige Lieferung bzw. sonstige Leistung an den Schdiger anzunehmen (Rz. 2.33 ff.). Folglich ist dem Geschdigten auch dann der Umsatzsteuerbetrag nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zu ersetzen, wenn er keine Ersatzbeschaffung ttigt bzw. keine Reparatur ausfhren lßt (abstrakte Schadensberechnung; Rz. 20.37, 20.43). Eine Ersatzbeschaffung bzw. Reparaturleistung wird fr sein Unternehmen ausgefhrt.1 dd) Ersatz von Rechtsanwalts- u. . Kosten

15.24

Werden die Kosten eines Rechtsanwalts bei Geltendmachung eines Anspruch durch den Glubiger diesem vom Schuldner ersetzt oder die Kosten eines Prozeßbevollmchtigten nach den Kostenvorschriften der Gerichtsverfahrensordnungen2 von der unterlegenen Partei erstattet, so ist der Leistungsempfnger aus der Sicht des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ebenfalls wirtschaftlich zu bestimmen. Da der Glubiger bzw. die obsiegende Partei mit den Kosten nicht belastet ist, sondern der Erstattungsverpflichtete sie trgt, muß dieser als Leistungsempfnger angesehen werden. Folglich ist der zivilrechtliche Auftraggeber des Rechtsanwalts nicht berechtigt (sofern er dem Grunde nach vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist), die Vorsteuer abzuziehen, soweit er die Rechtsanwaltskosten erstattet erhlt. Der Vorsteuerabzug kommt nur fr den Erstattungsverpflichteten in Betracht. Folglich luft § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO, wonach bei der Kostenerstattung zur Bercksichtigung von Umsatzsteuerbetrgen die Erklrung des Antragstellers genge, daß er die Betrge nicht als Vorsteuer abziehen kann, leer, weil diese Voraussetzung stets gegeben ist.3

15.24a

Die allseits als selbstverstndlich angenommene und auch § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO zugrunde liegende4 gegenteilige Sichtweise, wonach der Vorsteuerabzug nur dem zivilrechtlichen Auftraggeber zustehen knne5, verkennt elementare 1 Hat der Schdiger Ersatz geleistet, indem er den beschdigten Gegenstand reparieren lassen bzw. fr die Ersatzbeschaffung gesorgt hat (Naturalrestitution), so ist der geschdigte Unternehmer im Hinblick auf eine sptere Entnahme bzw. Vorsteuerberichtigung zu behandeln, als htte er diesbezglich den Vorsteuerabzug vorgenommen. 2 § 91 ZPO, § 162 VwGO, § 139 FGO, § 193 SGG. 3 Stadie in R/D, Einf. Anm. 443 f. 4 Vgl. BGH, BFH/NV 2004, Beil., 188. 5 BFH, BStBl. II 1990, 584.

488

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

Prinzipien des Umsatzsteuerrechts. Die Umsatzsteuer will den Aufwand des Verbrauchers belasten (Rz. 1.13, 1.15). Verbraucher der Dienstleistung des Rechtsanwalts ist der Erstattungsverpflichtete, weil er mit der Erstattung der Kosten die Gegenleistung des Rechtsanwalts trgt. Gewhrt man hingegen dem Auftraggeber des Rechtsanwalts den Vorsteuerabzug, so sind die zu erstattenden Kosten dem Gesetzesziel zuwider nicht mit Umsatzsteuer belastet. Die Folge ist, daß die Umsatzsteuerbelastung des nicht seinerseits zum Vorsteuerabzug berechtigten Erstattungsverpflichteten als Endverbraucher gesetzeszweckwidrig von dem Zufall abhngt, ob sein Gegner vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist oder nicht. Die gegenteilige Auffassung basiert deshalb auf einem erschreckenden Zirkelschluß. Die Annahme, daß, soweit der Glubiger/Kostenglubiger zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, keine Aufwendungen vorlgen, die zu erstatten seien, verkennt nmlich, daß, wenn dem Glubiger die Umsatzsteuer erstattet wrde, er mangels Belastung mit der Steuer keinen Vorsteuerabzug vornehmen drfte (Rz. 3). Folglich bedarf es der Klrung der vorrangigen Frage, wer die Umsatzsteuer aus der Dienstleistung des Rechtsanwalts zu tragen hat. Das ist, wie zuvor ausgefhrt, der Erstattungsverpflichtete. b) Leistung fr das Unternehmen aa) Sachlicher (wirtschaftlicher) Zusammenhang Mit dem Erfordernis, daß die Leistung fr das Unternehmen ausgefhrt wird, sollen solche Leistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden, die fr Zwecke außerhalb des Unternehmens bezogen werden. Das sind insbesondere solche, die den nichtunternehmerischen („privaten“) Bereich betreffen. Einen derartigen Bereich knnen nicht nur natrliche, sondern auch juristische Personen u. . Gebilde haben. Es ist der Bereich, welcher nicht der – bei Gesellschaftern der mittelbaren (Rz. 5.115)1 – Umsatzerbringung dient (vgl. Rz. 5.137). Fr Zwecke außerhalb des Unternehmens werden ferner solche Leistungen bezogen, die sogleich Dritten unentgeltlich zugute kommen (vgl. Rz. 4.16, 4.41 f.).

15.25

Das Verhltniswort (Prposition) „fr“ verlangt einen objektiven Zusammenhang der Leistung mit dem (geplanten) Unternehmen, so daß die subjektive Vorstellung des Unternehmers, er habe die Leistung fr sein Unternehmen bezogen, nicht ausreicht. Fraglich bleibt jedoch, wie dieser objektive Zusammenhang zu verstehen ist. Er knnte zweckbezogen (final) gesehen werden. Dafr scheint Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL zu sprechen, der verlangt, daß die bezogenen Leistungen „fr Zwecke“ seiner besteuerten Umstze verwendet werden. Eine derartige Zweckgerichtetheit zu verlangen, kann jedoch nicht Wille der EG-Richtlinie sein. Ein solchermaßen enger Zusammenhang mit

15.26

1 Zum Vorsteuerabzug einer sog. Holding allgemein s. Rz. 5.44 ff.; hinsichtlich der Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen s. unten Rz. 147.

489

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

dem Unternehmen als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs wre nicht mit dessen Ziel der Kostenneutralitt der Umsatzsteuer (Rz. 2) zu vereinbaren. Dieses verlangt, daß auch solche Leistungen als fr das Unternehmen bezogen anzusehen sind, die der unternehmerischen Ttigkeit (Umsatzerbringung) zwar nicht dienen, aber gleichwohl mit ihr zusammenhngen. Beispiele: Die Leistung eines Steuerberaters in Gestalt der Erstellung von Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklrungen erfolgt nicht fr Zwecke des Unternehmens, hngt aber mit diesem zusammen. Gleiches gilt, wenn der Unternehmer auf einer unternehmerischen Fahrt ein fremdes Fahrzeug beschdigt und dieses im eigenen Namen reparieren lßt. Die Leistung der Reparaturwerkstatt erfolgt nicht „fr Zwecke“ des Unternehmens, ist aber durch dieses ausgelst worden.

15.27

Selbst ein kausaler Zusammenhang ist nicht erforderlich, da der Zweck des Vorsteuerabzugs nicht verlangt, daß die Auftragserteilung durch das Unternehmen ausgelst worden war. Maßgebend ist allein, daß die Leistung fr das Unternehmen verwendet wird. Ein kausaler Zusammenhang wird zwar regelmßig gegeben sein; er verbietet sich jedoch als zwingendes Kriterium bei solchen Leistungen, die sowohl im unternehmerischen als auch im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzt werden knnen. Bei diesem muß der Unternehmer noch nach der Auftragserteilung die Zweckbestimmung der Leistung ndern und einen ursprnglich nichtunternehmerisch motivierten (verursachten) Leistungsbezug dem Unternehmen zuordnen knnen. Daß es nicht auf die Kausalitt, sondern nur auf die Verwendung ankommt, zeigen auch Art. 17 Abs. 2 und 5 der 6. EG-RL und § 15 Abs. 2 und 4 UStG (zur „Verwendung“ auch Rz. 144 ff.). Beispiel: Ein Unternehmer errichtet ein Gebude, welches er ursprnglich fr ausschließlich private Zwecke nutzen wollte. Nach Fertigstellung entschließt er sich, einige Rume fr unternehmerische Zwecke zu verwenden. Die Leistungen der Bauhandwerker waren nicht durch das Unternehmen verursacht (ausgelst) worden. Gleichwohl sind sie in dem Umfang, wie das Gebude unternehmerisch genutzt werden soll, fr das Unternehmen des Auftraggebers ausgefhrt.

15.27a

Die objektive Verknpfung der Leistung mit dem Unternehmen wird blicherweise als wirtschaftlicher Zusammenhang bezeichnet.1 Auch das Gesetz geht in § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG („wirtschaftlich zuzurechnen“) davon aus. Da nicht zweifelhaft sein kann, daß der Zurechnungsmaßstab innerhalb des § 15 UStG einheitlich ist, muß das, was auf der Ebene des § 15 Abs. 2 bis 4 UStG gilt (dazu Rz. 144 ff.), auch bereits auf der Ebene des § 15 Abs. 1 UStG Anwendung finden. Der Zusammenhang einer bezogenen Leistung mit dem (geplanten, bestehenden oder ehemaligen) Unternehmen ist folglich zu bejahen, wenn sie diesem nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zuzurechnen ist. 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1979, 530; 1987, 350; 1987, 685; 1987, 688; 1994, 335; Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. a Satz 4 UStR 2005; frher auch Stadie, Vorsteuerabzug, S. 78.

490

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

Damit ist jedoch wenig gewonnen, da unternehmerisches Handeln ohnehin wirtschaftliches Handeln ist (vgl. Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-RL). Letztlich ist der wirtschaftliche Zusammenhang nichts anderes als der sachliche Zusammenhang. Da es allein auf die sachliche (wirtschaftliche) Verknpfung mit dem Unternehmen ankommt, knnen Leistungen bereits vor Beginn der eigentlichen unternehmerischen Ttigkeit als Vorbereitungsmaßnahmen fr das geplante Unternehmen bezogen werden (Rz. 5.140 ff.). Der Vorsteuerabzug entfllt nicht, wenn das geplante Unternehmen scheitert (Rz. 5.146 ff.). Umgekehrt knnen Leistung auch noch nach Einstellung des Unternehmens fr dieses bezogen werden und zum Vorsteuerabzug berechtigen, wenn sie mit der ehemaligen unternehmerischen Ttigkeit zusammenhngen (s. auch Rz. 5.152 ff.).

15.28

Die Kriterien „objektiv“, „wirtschaftlich“ und „sachlich“ drfen nicht iS von kaufmnnisch rentabel, wirtschaftlich zweckmßig, vernnftig, angemessen usw. verstanden werden. Besteht ein sachlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen, so bestimmt der Unternehmer, welche Leistungen den unternehmerischen Zwecken dienen. Das Tatbestandsmerkmal „fr sein Unternehmen“ will nur den Vorsteuerabzug bei solchen Leistungen ausschließen, die fr Zwecke außerhalb des Unternehmens bezogen werden. Folglich sind auch Leistungen fr Fehlmaßnahmen und andere Leistungen, die objektiv nicht zweckmßig oder unangemessen waren, aber nach den Vorstellungen des Unternehmers geeignet waren, fr das Unternehmen ausgefhrt1 (vgl. auch Rz. 126).

15.29

Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL beschreibt allerdings den erforderlichen Zusammenhang zwischen Leistungsbezgen und Unternehmen mit der Formulierung: „Soweit (sie) fr Zwecke“ der besteuerten „Umstze verwendet werden“. In gleicher Weise will § 15 Abs. 2 UStG die Leistungsbezge den steuerfreien Umstzen, welche nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, zuordnen (Rz. 144). Eine bezogene Leistung fr Zwecke bzw. zur Ausfhrung von Umstzen „verwenden“ hieße, daß jene diesen wenigstens im weitesten Sinne tatschlich dienen, frderlich usw. sind, d. h. in diese einfließen (eingehen). Danach wren Leistungen nicht fr Umstze verwendet, wenn es sich um die erwhnten Fehlmaßnahmen o. . bzw. um Vorbereitungsmaßnahmen fr ein gescheitertes Unternehmen (Rz. 28) handelt. Dasselbe glte bei Gegenstnden, die vor ihrer erstmaligen Verwendung zerstrt oder gestohlen werden. Eine solche Sichtweise verstieße gegen den Zweck des Vorsteuerabzugs, die Umsatzsteuer nicht zum Kostenfaktor fr das Unternehmen werden zu lassen (Rz. 2). Die beschriebenen Leistungsbezge sind durch die (beabsichtigte) unternehmerische Ttigkeit veranlaßt gewesen und nicht fr einen privaten Verbrauch in Anspruch genommen worden. Im Wege teleologischer Auslegung ist eine Verwendung fr Umstze iS des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL zu bejahen, wenn ein sachlicher (wirtschaftlicher) Zusammenhang mit den Umstzen besteht, so daß im Falle der tatschlichen Nichtverwendung die beabsichtigte Verwendung ausreichend und maßgebend ist.2 Fr die Flle des Verlustes durch Zerstrung, Diebstahl o. . wird das durch Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL klargestellt. Denn danach unterbleibt in diesen Fllen eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs.

15.30

1 Vgl. EuGH, EuGHE 1998, I-1 = UR 1998, 149. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 79.

491

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.31

Leistungen zum Zwecke der Reparatur oder Ersatzbeschaffung eines nicht zum Unternehmen gehrenden Fahrzeuges1 (eigenes privates oder fremdes), welches auf einer unternehmerischen Fahrt beschdigt oder zerstrt wurde, sind fr das Unternehmen ausgefhrt. Die Reparatur oder Ersatzbeschaffung wurde durch das Unternehmen ausgelst und wird damit fr dieses verwendet (s. auch Rz. 23; zur Reparatur eines auf einer Privatfahrt beschdigten Fahrzeugs des Unternehmers s. Rz. 41).

15.32

Mit der Formulierung „fr sein Unternehmen“ meint das Umsatzsteuergesetz in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (gleiches gilt fr die Nr. 2 bis 5) grundstzlich dasselbe wie das Einkommensteuergesetz in § 4 Abs. 4 EStG mit „durch den Betrieb veranlaßt“ (bzw. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG mit nicht „fr betriebsfremde Zwecke“). Zwar ist der einkommensteuerrechtliche Begriff des Betriebes nicht deckungsgleich mit dem des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmens, doch in beiden Fllen geht es um die sachliche (wirtschaftliche) Verknpfung mit dem Unternehmen bzw. Betrieb. Diese Kriterien sind identisch. Daraus erklrt sich auch, daß es kaum Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Seite der Fragestellung gibt. Die Praxis orientiert sich an der umfnglichen Kasuistik der einkommensteuerrechtlichen Rechtsprechung. bb) Zuordnung von Leistungsbezgen, bei denen sowohl ein Zusammenhang mit dem Unternehmen als auch mit der nichtunternehmerischen („privaten“) Sphre besteht (1) Allgemeines

15.33

Ist bei einer in Anspruch genommenen Leistung ein Zusammenhang sowohl mit dem Unternehmen als auch mit dem nichtunternehmerischen Bereich („Privatsphre“) gegeben, so bedarf es der zuordnenden Entscheidung, fr welchen Bereich die Leistung bezogen wurde. Als Ergebnis der Zuordnung kommt in Betracht, daß die Leistung entweder ausschließlich dem Unternehmen bzw. der Privatsphre zugerechnet wird oder aber, daß die Leistung anteilig beiden Bereichen zugeordnet wird und die Vorsteuer entsprechend anteilig abziehbar ist. Die Mglichkeit der Aufteilung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG von Leistungen spricht, „die . . . fr sein Unternehmen ausgefhrt worden sind“ und nicht die Formulierung „soweit diese“ bzw. „in dem Umfang, wie“ verwendet. Da Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL jedoch diese Einschrnkung enthlt („soweit“), ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG richtlinienkonform auszulegen. Doch selbst wenn Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL nicht diese Formulierung enthielte, ergbe sich eine derartige Auslegung aus dem Zweck des Vorsteuerabzugs.

15.34

Die aufteilende Zuordnung setzt nicht die reale Teilbarkeit der bezogenen Leistung voraus2, wohl aber einen Aufteilungsmaßstab. Ist der Umfang der Ver1 Fr andere Gegenstnde gilt Entsprechendes. 2 Beispiel: der Unternehmer benutzt ein Taxi, um am Zielort sowohl einen unternehmerischen als auch einen privaten Termin wahrzunehmen. Die Befrderungsleistung ist zwar nicht teilbar, aber gleichwohl zur Hlfte fr das Unternehmern ausgefhrt.

492

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

wendung oder Veranlassung des Leistungsbezuges durch das Unternehmen nicht bestimmbar, so ist eine sachgerechte Aufteilung nicht mglich. Das ist der Fall, wenn sich die Veranlassungen berlagern und untrennbar miteinander verknpft sind. Gleichwohl wird die Auffassung vertreten, daß bei nicht quantifizierbarer gemischter Verwendung (Veranlassung, Kausalitt) eine Aufteilung im Wege der Schtzung in Betracht komme.1 Dabei wird bersehen, daß die Schtzung nur der Vereinfachung dient und mithin Voraussetzung einer Schtzung die grundstzlich (theoretisch) exakte Bestimmbarkeit des zu Schtzenden ist. Anderenfalls ist eine Schtzung nicht mglich; sie wre willkrlich.2 Eine aufteilende Zuordnung fr untrennbar gemischt veranlaßte Leistungsbezge kann in Ermangelung eines Aufteilungsmaßstabes nicht erfolgen.3 Beispiele: In welchem Umfang wird die Leistung einer Pilotenschule beim Erwerb einer Privatflugerlaubnis durch den Unternehmer fr sein Unternehmen bezogen? Wie soll der Umfang des unternehmerischen Lesens in den Zeitschriften „Capital“, „ManagerMagazin“ usw. bestimmt werden? Wonach bestimmt sich die Quantifizierung des unternehmerischen Zusammenhangs, wenn ein Unternehmer zum 65. Geburtstag Geschftsfreunde in einem Restaurant bewirtet? (dazu auch Rz. 39).

(2) Nicht teilbare Leistungen Ist bei derartigen Leistungsbezgen eine Aufteilung mangels eines Maßstabes nicht mglich, so kommt nur ein Entweder-Oder in Betracht. Der gemischt veranlaßte Leistungsbezug ist entweder dem Unternehmen oder dem Privatbereich zuzuordnen. Regelmßig ist eine solche Leistung jedoch nicht „fr das Unternehmen“ ausgefhrt, da die gegenteilige Aussage („nicht fr das Unternehmen“) gleichermaßen zutrifft.4 Es gibt keine plausible Erklrung dafr, daß eine solche Leistung per se als fr das Unternehmen ausgefhrt anzusehen ist. Auch dem Gesetz ist kein derartiger Wille zu entnehmen. Daraus folgt als Zwischenergebnis: Eine nicht quantifizierbare Mitveranlassung durch die Privatsphre schließt vom Grundsatz her eine Zuordnung des Lei-

1 So fr die „gemischten“ Aufwendungen im Einkommensteuerrecht Ruppe, DStJG 3 (1980), S. 103, 141 ff.; Arndt in Kirchhof/Shn, EStG, § 12 Rz. A 75 ff., 96, B 13, 15; P. Fischer in Kirchhof, EStG, § 12 Rz. 5 f.; wohl auch Lang in T/L, § 9 Rz. 250. 2 Aus § 162 Abs. 1 Satz 1 AO folgt nichts Gegenteiliges, da die dort vorausgesetzte Nichtermittelbarkeit der Besteuerungsgrundlagen auf der Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen beruht (§ 162 Abs. 2 AO). 3 So zutreffend fr die Einkommensteuer Shn, DStJG 3 (1980), S. 13, 35 ff., 57 ff.; fr die Umsatzsteuer Reiß, StuW 1987, 351, 362; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 83 f. 4 Das verkannte der BFH in den Entscheidungen BStBl. II 1986, 216 (Feier zum 65. Geburtstag des Unternehmers) und BStBl. II 1987, 688 (Errichtung eines Brunnens auf einem ffentlichen Platz mit einer Inschrift, die an den Firmengrnder erinnert), in denen er Leistungen fr das Unternehmen bejahte, weil „ein hinreichender Zusammenhang“ bestehe bzw. der Verwendung fr das Unternehmen nicht „eine nur unwesentliche Bedeutung“ zukomme (dazu nher Rz. 40).

493

15.35

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

stungsbezugs zum Unternehmen aus1 (die Erwhnung des § 12 Nr. 1 EStG in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG ist deshalb berflssig; Rz. 107 ff.). 15.36

Der zuvor entwickelte Grundsatz beruht auf der Prmisse, daß die unternehmerische und die private Mitveranlassung in etwa gleichwertig sind. Indes mssen die Veranlassungen, Ursachen bzw. Zusammenhnge gewertet werden. Ob bei derartig gemischten Leistungsbezgen eine Leistung fr das Unternehmen vorliegt, bedarf mithin einer qualifizierenden Zuordnung, eines wertenden Inbeziehungsetzens.2 Das Ergebnis dieser Wertung kann sein, daß die private Mitveranlassung als unwesentlich (unerheblich, von untergeordneter Bedeutung) vernachlssig wird.3 Bei dieser Wertung ist es indes geboten, gesellschaftliche Normalittsvorstellungen und Typisierungen einfließen zu lassen.4 Leistungen, die typischerweise fr private Zwecke bezogen werden, sind folglich auch dann nicht fr das Unternehmen ausgefhrt, wenn ihre Inanspruchnahme nicht unerheblich von diesem mitveranlaßt war. Die private Mitveranlassung ist nur dann unwesentlich, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise (der Gegenbeweis durch den Unternehmer im Einzelfall, daß es nmlich in seinem Fall anders lge, ist deshalb unbeachtlich!) als unwesentlich vernachlssigt werden kann (Beispiel5: schwarzer Anzug des Leichenbestatters; die Mglichkeit, daß er auch mal privat getragen werden kann, ist als unwesentlich außer acht zu lassen).

15.37

Beispiele: (1) Beim Erwerb der Privatpilotenflugerlaubnis ndert der Umstand, daß der Unternehmer aus unternehmerischen Grnden schneller zu geschftlichen Terminen kommen will, nichts an der Tatsache, daß der Erwerb der Flugerlaubnis typischerweise fr private Zwecke (Hobby) erfolgt. Die Behauptung des Unternehmers, daß er fr private Flge gar keine Zeit habe und praktisch nur fr sein Unternehmen in der Luft sei, ist deshalb, selbst wenn sie zutrfe, unbeachtlich.6

15.38

(2) Auch der Bezug der Zeitschriften „Capital“, „Manager-Magazin“ u. . Bltter erfolgt nicht fr das Unternehmen, weil diese Zeitschriften zu einem erheblichen Teil Artikel enthalten, die von allgemeinem Interesse sind, so daß die private Veranlassung nicht als unbedeutend angesehen werden kann. Das gilt z. B. auch fr das „Handelsblatt“7 und die „Financial Times Deutschland“. 1 So zutreffend zur einkommensteuerrechtlichen Problematik bereits Shn, aaO., S. 13, 38, 42, 50, 56; ders., StuW 1983, 193, 197 f. 2 Vgl. zur Einkommensteuer Ruppe, DStJG 3 (1980), S. 103, 135, 147; Shn, DStJG 3 (1980), S. 13, 75. 3 Vgl. zur Einkommensteuer Shn, DStJG 3 (1980), S. 13, 73 ff.; v. Beckerath in Kirchhof, EStG, § 9 Rz. 69 aE.; BFH (GrS), BStBl. II 1979 II, 213; BFH, BStBl. II 1987, 208; 1988, 771. 4 Vgl. zur Einkommensteuer Kirchhof, DStJG 3 (1980), 201, 204 f.; Walz, StuW 1986, 21, 29 ff., 39 ff. 5 Nicht: Arbeitszimmer in einer Durchschnittswohnung; aA. EuGH, UR 2005, 324. 6 Das verkennen FG Nrnberg, EFG 1980, 102; FG Mnchen, EFG 1989, 144; wie hier fr die entsprechende einkommensteuerrechtliche Frage BFH, BStBl. II 1990, 306; BFH/NV 1992, 725; 1997, 107; 2004, 167. 7 Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung vgl. BFH, BFH/NV 1996, 402; FG Brandenburg, EFG 2002, 1085; FG Hessen, EFG 2002, 1289 (Rev.-Az. VI R 65/02).

494

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer (3) Bei der Bewirtung von Geschftsfreunden zum 65. Geburtstag des Unternehmers in einer Gaststtte sah der Umsatzsteuer-Senat des BFH einen „hinreichenden Zusammenhang“ mit dem Unternehmen als gegeben an, weil die Bewirtung der Pflege der Geschftsbeziehungen diene, und bejahte demgemß, daß die Leistungen der Gaststtte fr das Unternehmen ausgefhrt wurden.1 Diese Entscheidung ist verfehlt, da es sich um den klassischen Fall der doppelten Veranlassung handelt.2 Die Feier des Geburtstages ist der private Auslser, die Pflege der Geschftsbeziehungen der unternehmerische Anlaß fr die Bewirtung. Der Geburtstag als privater Anlaß kann nicht als unwesentlich beiseite geschoben werden, weil der Unternehmer damit, daß er zu diesem Anlaß einldt, kundtut, welche Bedeutung fr ihn der 65. Geburtstag hat. Wenn es letztlich nur um die Pflege der Geschftsbeziehungen ginge, so htte zu jedem beliebigen Tag eingeladen werden knnen. Auch eine Aufteilung der Kosten kommt nicht in Betracht, weil es wegen der sich berlagernden, untrennbar miteinander verknpften privaten und unternehmerischen Veranlassungen keinen Aufteilungsmaßstab geben kann (Rz. 34). Entsprechendes gilt fr Bewirtungen und hnliche Veranstaltungen zu entsprechenden privaten Anlssen.

15.39

(4) Eine Kommanditgesellschaft, welche eine Weingroßhandlung betrieb, errichtete auf einem ffentlichen Platz im Zentrum der Gemeinde einen sog. Weinbrunnen mit der Inschrift „Ein Leben fr den Wein – 1896 Josef Maier 1962“. Der BFH bejahte den Vorsteuerabzug hinsichtlich der Herstellungskosten des Brunnens, weil die Verwendung des Brunnens fr das Unternehmen (Werbung) die privaten Interessen der Gesellschafter der KG, den verstorbenen Familienvater zu ehren, berwge.3 Auch hierbei wurde vom BFH verkannt, daß es sich um einen Fall der doppelten Veranlassung handelt, bei der das private Motiv nach der Lebenserfahrung nicht als unbedeutend beiseite geschoben werden durfte.4

15.40

(5) Wird ein dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand (z. B. Pkw) anlßlich einer privaten Verwendung (Privatfahrt) beschdigt, so wird die Reparaturleistung nicht fr das Unternehmen ausgefhrt. Demgegenber geht der BFH ohne weiteres vom Gegenteil aus, da er meint, daß die Reparaturkosten Teil der Gesamtkosten des Gegenstandes seien und mithin anteilig in die Bemessungsgrundlage der Privatnutzung nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG einflssen.5 Dem ist nicht zu folgen. Die die Reparatur auslsende Beschdigung erfolgte whrend der privaten Verwendung, so daß die Reparaturleistung nicht fr das Unternehmen ausgefhrt wurde. Zwar ist auch das Interesse des Unternehmers an der Widerherstellung des beschdigten Gegenstandes eine Ursache fr die Inanspruchnahme der Reparaturleistung, dieser Zusammenhang wird jedoch von dem privaten Zusammenhang berlagert und tritt bei wertender Betrachtung zurck.6 Die Reparaturleistung wird im nichtunternehmerischen Bereich verbraucht, da sie die Folge einer privaten Verwendung des Wirtschaftsgutes ist.7 Htte der Unternehmer einen fremden Gegenstand ge-

15.41

1 BFH, BStBl. II 1986, 216. 2 Die Einkommensteuer- bzw. Krperschaftsteuer-Senate haben demgemß auch stets den Betriebsausgabenabzug verneint bzw. eine Entnahme oder bei einer Krperschaft eine verdeckte Gewinnausschttung bejaht; BFH, BStBl. II 1969, 239; 1981, 108; 1992, 359; 1992, 524, BFH/NV 1997, 560; 1999, 467 mwN. 3 BFH, BStBl. II 1987, 688. 4 Gleichermaßen verfehlt ist die Schwimmbad-Entscheidung des BFH, BStBl. II 1987, 350. 5 BFH, BStBl. II 1980, 309. 6 Im Ergebnis ebenso fr die einkommensteuerrechtliche Zuordnung Shn, DStJG 3 (1980), S. 13, 86 ff. mwN.; Arndt in Kirchhof/Shn, EStG, § 12 RdNr. B 48; BFH, BStBl. II 1974, 185; 1978, 212. 7 Ob die Beschdigung auf ein Fehlverhalten des Unternehmers oder eines Dritten oder auf hhere Gewalt zurckgeht, ist unerheblich; Shn, DStJG 3 (1980), S. 13, 91 mwN.

495

Kapitel 15 Vorsteuerabzug nutzt und nach der Beschdigung reparieren lassen, so wre er mit der Umsatzsteuer auf die Reparaturleistung dem Ziel des Gesetzes entsprechend belastet; bei der Verwendung eines eigenen Gegenstandes kann nichts anderes gelten1 (s. auch Rz. 11.54).

15.42

(6) Wird ein Fahrzeug whrend einer unternehmerischen Fahrt durch grobfahrlssiges Verhalten des Unternehmers beschdigt, so sind die Reparaturkosten nicht allein deshalb der Privatsphre zuzuordnen.2 Demgegenber wird fr die Einkommensteuer die Bercksichtigung der Reparaturkosten auf Grund eines Unfalls der auf eine alkholbedingte Beeintrchtigung der Fahrtchtigkeit zurckgeht, mit der Begrndung verneint, daß in diesem Fall zu der betrieblichen Veranlassung der Fahrt der Alkoholeinfluß als weiterer Anlaß hinzutrete, welcher der privaten Sphre zuzurechnen sei. Damit sei der Unfall jedenfalls privat mitveranlaßt, so daß die betriebliche Veranlassung abzulehnen sei.3 Dem ist auch fr die Umsatzsteuer nicht zu folgen, da es sich bei dem Alkoholgenuß lediglich um ein Fehlverhalten handelt, welches sich von anderen Arten vorwerfbaren Verursachens von Fahruntchtigkeit (z. B. privat veranlaßter extremer bermdung) nicht unterscheidet.4

15.43

(7) Die Leistung eines Rechtsanwalts fr die Verteidigung in einem Straf- oder Bußgeldverfahren ist fr das Unternehmen ausgefhrt, wenn die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit den Zwecken des Unternehmens dienen sollte.5 Die Vorwerfbarkeit der Tat beseitigt nicht den Zusammenhang mit dem Unternehmen (Beispiele: Verfolgung wegen Verstoßes gegen die Gewerbeordnung, wegen Verkehrsbertretungen bei Geschftsfahrten, wegen Wettbewerbsverstßen, Einfuhrvergehen u. .). Das gilt indes nicht bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und anderen betrieblichen Steuern6, da Steuerhinterziehung unabhngig von der Art der Steuern nur der persnlichen Bereicherung und nicht etwa der Frderung der Umstze dient. Dieses nichtunternehmerische (private) Motiv verdrngt den vordergrndigen (ußerlichen, formalen) Zusammenhang mit dem Unternehmen.

(3) Teilbare Leistungen, Zuordnungswahlrecht 15.44

Ist die bezogene Leistung oder Teilleistung (dazu Rz. 12.13) wirtschaftlich teilbar, so scheint aus Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL („soweit“) zu folgen, daß ein Vorsteuerabzug nur in Betracht kommt, „soweit“ die Leistung „fr Zwecke (der) besteuerten Umstze verwendet wird“. Zu den besteuerten Umstzen gehren indes auch die fiktiv entgeltlichen Umstze, die einen vorgenommenen Vorsteuerabzug neutralisieren sollen (Rz. 4.1), so daß die EG-Richtlinie 1 Ausfhrlich Stadie, Vorsteuerabzug, S. 91 f. Gegen den BFH auch Reiß, StuW 1980, 342, 344; ders., StuW 1984, 175, 179; Shn, DStZ 1987, 367, 374, die fr eine volle Einbeziehung der Unfallkosten in die Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG) sind. Das fhrt zwar zum selben Ergebnis, ist aber inkonsequent, weil dann die Reparaturleistung gar nicht erst fr das Unternehmen bezogen wird; so wohl auch Reiß, DVR 1986, 130, 133. 2 So fr die Einkommensteuer BFH (GrS), BStBl. II 1978, 105, 108 f.; BFH, BStBl. II 1984, 43. 3 BFH, BStBl. II 1984, 43; vgl. auch GrS, BStBl. II 1978, 105, 108 f. 4 Vgl. Tiedtke, FR 1978, 493, 498 f.; Offerhaus, BB 1979, 667, 671; Arndt in Kirchhof/ Shn, § 12 Rz. B 58; Wassermeyer, StuW 1981, 245, 253. 5 Vgl. FinSen. Bremen, DStR 1984, 689; OFD Kln, BB 1985, 1183. Ebenso fr die Einkommensteuer BFH, BStBl. II 1982, 467; 1984, 160, 166 (GrS); 1986, 845, 848. 6 AA. FinSen. Bremen, DStR 1984, 689.

496

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

keinen ausdrcklichen Zwang zur Aufteilung vorsieht. Indes ergibt sich ein solcher aus dem Zweck des Vorsteuerabzugs, den Unternehmer von der Steuer zu entlasten, die seine unternehmerische Ttigkeit betrifft. Folglich ist ein Vorsteuerabzug sachlich nur insoweit gerechtfertigt, als die bezogene Leistung in die unternehmerische Leistungserbringung eingehen soll. Es wrde ber das Richtlinien- und Gesetzesziel hinausgehen, dem Unternehmer durch die Gewhrung des vollen Vorsteuerabzugs, der nur sukzessive durch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben wieder kompensiert wrde, einen Kredit zu gewhren. Demnach verlangen Richtlinien- und Gesetzeszweck, daß eine wirtschaftlich teilbare Leistung, die nur zum Teil unternehmerischen Zwecken dienen soll, grundstzlich (Ausnahme Rz. 48) auch nur insoweit als fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgefhrt angesehen werden darf. Das gilt uneingeschrnkt bei Leistungen, die sich real teilen lassen (Beispiel: Eine Lieferung umfaßt mehrere Gegenstnde). Das Aufteilungsgebot greift ferner bei solchen Leistungen ein, die nicht die dauerhafte Nutzung eines Gegenstandes (Wirtschaftsgutes) betreffen, sondern bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Vorsteuerabzug erstmalig geltend gemacht werden kann (Rz. 86), „verbraucht“ wurden, so daß der Umfang der unternehmerischen Verwendung feststeht.

15.45

Anders ist es bei Gegenstnden, die dauerhaft – nmlich ber den Zeitpunkt hinaus, zu dem erstmals der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann – genutzt werden. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG1 bestimmt, daß die Lieferung (bzw. der Erwerb oder die Einfuhr) eines Gegenstandes, der zu weniger als 10 vom Hundert fr das Unternehmen genutzt wird, nicht als fr das Unternehmen ausgefhrt gilt.2 Diese Bestimmung ist absurd. Wenn sie nmlich fingiert, daß bei einem Gegenstand, der zu weniger als 10 vom Hundert fr das Unternehmen genutzt wird, die Lieferung nicht als fr das Unternehmen ausgefhrt „gilt“, so folgt daraus im Umkehrschluß, daß selbst ein solcher Gegenstand eigentlich fr das Unternehmen geliefert wird. Das ist nicht nachvollziehbar, da ein Gegenstand, der berwiegend fr private (nichtunternehmerische) Zwecke genutzt wird, fr den Privatbereich (und gerade nicht fr das Unternehmen) erworben wird (Rz. 48 sowie Rz. 6.11).

15.46

Dagegen soll nach Auffassung des EuGH und des BFH der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht haben. Danach kann er den Gegenstand zur Gnze dem Unternehmen, zur Gnze dem nichtunternehmerischen Bereich oder nur den Teil des Gegenstandes, der fr unternehmerische Zwecke verwendet werden soll, dem Unternehmen zuordnen (Rz. 6.8 ff.) mit der Folge, daß die Lieferung

15.47

1 Ebenso § 12 Abs. 2 Satz 2 sterr. UStG. 2 Die Bundesregierung hat hierzu Ermchtigungen des Rates der EU nach Art. 27 der 6. EG-RL eingeholt, weil der EuGH entschieden hatte, daß selbst bei geringfgigster Nutzung fr das Unternehmen eine vollstndige Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmen zulssig sei; EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291, Tz. 35. Die jngste Ermchtigung gilt bis zum 31.12.2009 (ABl. EU 2004, Nr. L 357, S. 33 = UR 2005, 19).

497

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

des Gegenstandes ganz, gar nicht oder teilweise fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgefhrt wird und in entsprechendem Umfang ein Vorsteuerabzug in Betracht kommt. Mithin ist § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG dahin auszulegen, daß er nur von einem Wahlrecht ausgeht.1 15.48

Dieses Wahlrecht ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt, weil es dem Zweck des Vorsteuerabzugs widerspricht und auch nicht mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu vereinbaren ist. Das gilt zum einen bei Gegenstnden, die berwiegend fr das Unternehmen verwendet werden (sollen). Bei der erforderlichen Entweder-Oder-Betrachtung kann nur die berwiegende Nutzung maßgebend sein, so daß ein solcher Gegenstand vom Unternehmer kraft Gesetzes zwingend „fr sein Unternehmen“2 erworben wird (Rz. 6.11).3 Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Ein Gegenstand, der berwiegend fr private Zwecke verwendet werden soll, ist gerade nicht fr das Unternehmen, sondern fr den Privatbereich angeschafft. Ein Wahlrecht ist in diesem Fall vor allem deshalb nicht angebracht, weil es dem Zweck des Vorsteuerabzugs widerspricht, dem Unternehmer in Hhe der auf die private Nutzung entfallenden Vorsteuer einen Kredit zu gewhren, der erst in den folgenden Jahren durch die Besteuerung der Nutzungsentnahme zinslos zurckzuzahlen ist (Rz. 6.11).4

15.49

Grob sachwidrig ist dieses Wahlrecht, soweit es erlaubt, insbesondere Grundstcke oder Gebude, die nur in einem abgrenzbaren Bereich, d. h. nur zum Teil fr unternehmerische Zwecke verwendet werden, zur Gnze als fr das Unternehmen erworben zu behandeln. Es ist schon kein vernnftiger Grund fr eine vollstndige Zuordnung erkennbar.5 Vor allem aber fhrt das Wahlrecht in Verbindung mit der ebenfalls verfehlten Auffassung des EuGH, daß die Privatnutzung von Gebudeteilen steuerpflichtig sei, zu einem Steuersparmodell, welches dem Gesetzeszweck zuwiderluft (ausfhrlich Rz. 6.9 iVm. Rz. 10.113). Richtigerweise ist nur der Teil des Gebudes fr das Unternehmen erworben, welcher unternehmerisch verwendet werden soll.

15.50

Wird ein Gegenstand vollstndig dem Unternehmen zugeordnet und mithin fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG erworben, so sind grundstzlich

1 Und deshalb wie folgt zu lesen ist: „Die Lieferung (usw.) eines Gegenstandes, der zu weniger als 10 vom Hundert fr das Unternehmen genutzt wird, kann nicht als fr das Unternehmen ausgefhrt behandelt werden.“ 2 Bzw. „fr Zwecke seiner besteuerten Umstze“ (Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL). 3 Die gegenteilige Auffassung (Stadie, Vorsteuerabzug, S. 100) habe ich aufgegeben; Stadie, UR 2004, 597 f. 4 Allein sachgerecht wre es vielmehr, nach dem Gedanken der Nutzungseinlage lediglich analog § 15a UStG jhrlich einen entsprechend anteiligen Vorsteuerabzug im Umfang der unternehmerischen Nutzung zu gewhren (Rz. 16.107 ff.). 5 Vermutlich liegt der verfehlten Rechtsprechung die Annahme zugrunde, daß bei einer spteren Erweiterung des Umfangs der unternehmerischen Nutzung kein nachtrglicher zustzlicher Vorsteuerabzug in Betracht komme. Eine solche Annahme ist jedoch unzutreffend (Rz. 16.101 ff.).

498

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

auch alle Leistungen, die der Unterhaltung und Erhaltung1 des Gegenstandes dienen, zur Gnze fr das Unternehmen bezogen. Die Korrektur des Vorsteuerabzugs erfolgt ber die Besteuerung der Privatnutzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a Nr. 1 und § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG (Rz. 4.27 ff. iVm. Rz. 11.48 ff.). Wird die 10-v.H.-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG in den folgenden Jahren berschritten, so kommt fr die betreffenden Jahre ein anteiliger Vorsteuerabzug nach § 15a UStG in Betracht (Rz. 16.76 f.).

15.51

3. Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung a) Allgemeines Der Vorsteuerabzug setzt den Besitz einer „nach den §§ 14, 14a ausgestellten Rechnung“ voraus. Diese an Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL angelehnte Formulierung soll zum Ausdruck bringen, daß fr den Vorsteuerabzug eine Rechnung vorliegen muß, die den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht, d. h. die von dessen Satz 1 Nr. 1 bis 82 geforderten Angaben enthlt (dazu Rz. 14.44 ff.). Ferner muß die Rechnung ggf. den Anforderungen des § 14a UStG entsprechen (Rz. 55 aE.) Als nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung gilt auch eine sog. Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG; dazu Rz. 14.33 ff.).

15.52

Die Angabe nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG ist nur bei einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Empfnger erforderlich. Die Angaben nach § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG im Falle der Mindest-Bemessungsgrundlage sind entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht zwingend (Rz. 80).

Ist der Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wirtschaftlich zu bestimmen (Rz. 16 ff.), so reicht eine Rechnung aus, in der der entsprechend § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG angegebene (Rz. 14.53) zivilrechtliche Leistungsempfnger (Auftraggeber) genannt ist3, da der wirtschaftliche Leistungsempfnger gegenber dem Leistenden keinen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung hat und das Gesetz nichts fordern darf, was der Betroffene nicht umsetzen kann. Auch der Zweck der Rechnung, der vorrangig in der berprfung des Rechnungsausstellers liegt, verlangt nicht, daß dem nicht in der Rechnung genannten, wirtschaftlichen Leistungsempfnger der Vorsteuerabzug versagt wird. Die Gefahr der Mehrfachverwendung besteht nicht, da bei 1 Ausnahme: Reparatur wegen einer whrend der Privatnutzung erfolgten Beschdigung des Gegenstandes (Rz. 41). 2 Bei Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweisen ist der gesonderte Ausweis der Steuer nicht erforderlich; die Angabe des Steuersatzes reicht aus, sofern nicht beim Fahrausweis auch dessen Angabe berflssig ist, weil die Befrderungsleistung dem ermßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt (§ 33 Satz 1 Nr. 4 bzw. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStDV). Folglich ist die abziehbare Vorsteuer anhand des Steuersatzes aus dem Preis herauszurechnen (§ 35 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UStDV). Zum Vorsteuerabzug bei Fahrausweisen nher Abschn. 195 UStR 2005. 3 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 111; vgl. auch H.-F. Lange, UR 1999, 17, 20; Lippross, UR 2002, 496, 499; EuGH, UR 2005, 324, Tz. 83.

499

15.53

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

dem in der Rechnung genannten zivilrechtlichen Leistungsempfnger mangels Belastung ein Vorsteuerabzug unzulssig ist (Rz. 3). 15.54

Bei einer Mehrzahl von Leistungsempfngern besteht nur ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung an die Gesamtheit (Rz. 14.21, 14.55). Folglich kann nur einer der Beteiligten im Besitz der Rechnung sein, so daß es ausreicht, wenn die brigen ber eine Kopie verfgen. In der Rechnung muß nicht der auf jeden Beteiligten entfallende anteilige Steuerbetrag genannt sein. Das ist schon nicht erforderlich; vor allem aber kennt der Rechnungsaussteller die Verteilung nicht. Mithin ist jeder Beteiligte ohne weiteres hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils am Steuerbetrag vorsteuerabzugsberechtigt.1 Der Vorsteuerabzug kommt regelmßig in dem Umfang in Betracht, wie der Beteiligte die Gegenleistung trgt.2 Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der auf die Beteiligten entfallenden Vorsteuerbetrge gem. § 1 Abs. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO ist nicht erforderlich3 und wrde insbesondere wegen der zeitlichen Verzgerung eines solchen Verfahrens gegen das Gebot der sofortigen Abziehbarkeit (Rz. 158) der Vorsteuer verstoßen.

15.55

Ist der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer nach § 13b UStG (dazu Rz. 13.1 ff.), hat jedoch der leistende Unternehmer gleichwohl die Steuer in seiner Rechnung ausgewiesen, so liegt keine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung vor, weil die Vorschriften ber den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) keine Anwendung finden (§ 14a Abs. 5 Satz 3 UStG). Bei einem Verstoß gegen die Bestimmung ist die Rechnung mithin nicht nach § 14a UStG ausgestellt und folglich keine Rechnung iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG gegeben.4 Gleiches gilt bei Rechnungen ber die Lieferung von Gebrauchtgegenstnden, auf die die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 3 oder 4 UStG angewendet wird (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG5; dazu Rz. 17.104).6 Fr Rechnungen von Kleinunternehmern findet sich die entsprechende Bestimmung in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG. Bei diesen kann jedoch Vertrauensschutz in Betracht kommen (Rz. 79). Zustzliche Angaben nach § 14a UStG als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs sind nur im Falle des § 14a Abs. 1 UStG (sonstige Leistungen, deren Ort wegen Verwendung einer USt-Identifikationsnummer im Inland ist; dazu Rz. 14.75) erforderlich. 1 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 123; BFH, UR 1999, 36; 2001, 118; BFH/NV 2002, 1346; UR 2003, 148, 149. 2 Zu einem weitergehenden Vorsteuerabzug insbesondere bei Leistungsempfngern in Gestalt einer Ehegattengemeinschaft s. Rz. 16.135 ff. 3 Die Rechtsprechung ist insoweit unklar; vgl. BFH, UR 1999, 36; BFH/NV 2001, 1619; 2002, 1346; dazu H.-F. Lange, UR 1999, 17. 4 Hat der Leistungsempfnger die Rechnung um die ausgewiesene Steuer gekrzt, so scheitert der Vorsteuerabzug zudem an der fehlenden Belastung mit der Steuer (Rz. 3). 5 Bei den ebenfalls in dieser Vorschrift genannten Reiseleistungen kommt ein Vorsteuerabzug schon deshalb nicht in Betracht, weil Voraussetzung fr die Anwendung der Differenzbesteuerung ist, daß der Empfnger die Leistung nicht fr das Unternehmen bezieht (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG). 6 Die weitere Vorschrift des § 14a Abs. 7 Satz 3 UStG luft leer, da, wenn die Steuer gesondert ausgewiesen ist, kein Fall des § 25b vorliegt (§ 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG).

500

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

Der Zweck der Verknpfung des Rechts auf Vorsteuerabzug mit dem Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung mit den Angaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 UStG liegt vorrangig darin, dem Finanzamt die Mglichkeit zur Prfung zu verschaffen, ob der leistende Unternehmer den entsprechenden Umsatz versteuert hat (Rz. 14.45, 14.58 f., 14.62). Solange der Leistungsempfnger keine ordnungsgemße Rechnung mit allen Angaben erhalten hat, kann dieser die Entrichtung der Gegenleistung in Hhe des Steuerbetrages verweigern (Rz. 20.34), so daß der leistende Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung mit den vom Gesetz geforderten Angaben gezwungen ist. Mit der Leistungsbeschreibung und der Angabe des Entgelts wird der Rechnungsaussteller zur Mitteilung seiner Rechtsansicht, wie er den Sachverhalt umsatzsteuerrechtlich einschtzt, gezwungen (Rz. 14.5 f., 14.45). Mit dem Steuerausweis begrndet er den Vorsteuerabzug und begrenzt ihn zugleich in der Hhe (Rz. 14.6).

15.56

Wurde dem Leistungsempfnger keine ordnungsgemße Rechnung iS der §§ 14, 14a UStG erteilt, so ist ein Anspruch auf Abzug der Vorsteuer iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (Steuervergtungsanspruch) niemals entstanden (Rz. 18.6). Dieses fehlende Tatbestandsmerkmal kann nicht durch Schtzung nach § 155 Abs. 4 iVm. § 162 AO ersetzt werden1 (zur Schtzung der gesamten Vorsteuern eines Zeitabschnitts s. Rz. 58). Es kommt jedoch eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht.2 Der Vorsteuerabzug stellt eine Steuervergtung dar (Rz. 18.10 ff.), auf die gem. § 155 Abs. 4 AO auch § 163 Satz 1 AO entsprechend anzuwenden ist.3 Dessen entsprechende Anwendung bedeutet, daß eine Steuervergtung hher festgesetzt werden kann, wenn die Nichtvergtung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wre. Eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 1 AO dient der Korrektur einer Rechtsfolge, die nach dem Einzelsteuergesetz eintreten wrde, aber dem erkennbaren Zweck des Gesetzes oder der Verfassung zuwiderliefe (berhang des gesetzlichen Tatbestandes).4 Bei einer nachgewiesenen Umsatzsteuerbelastung widersprche die Versagung des Vorsteuerabzugs dem Ziel des § 15 UStG (und des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL), den Unternehmer von der Steuer, die auf den Kostenelementen lastet, zu entlasten (Neutralittsgedanke, Rz. 2).5 Ist die Beschaffung einer ordnungsgemßen Rechnung unmglich oder bereitet sie unzumutbare Schwierigkeiten und kann der Unternehmer durch Vorlage eines Vertrages, einer Auftragsbesttigung o. . den Nachweis der Umsatzsteuerbelastung erbringen, d. h. belegen, daß ein Preis mit Umsatzsteuer vereinbart (und

15.57

1 2 3 4 5

Vgl. BFH, BStBl. II 1979, 345; 1986, 721. BFH, BFH/NV 2003, 829, 830. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 308. Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 3; 1994, 833; 1995, 754; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 304. AA. W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 95.

501

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

gezahlt worden) war, so ist die Versagung des Vorsteuerabzugs unbillig.1 Entgegen dem Wortlaut des § 163 Satz 1 AO („kann“) besteht dann ein Rechtsanspruch auf eine derartige Billigkeitsmaßnahme.2 15.58

Werden die Umstze eines Besteuerungszeitraums geschtzt, so sind grundstzlich auch die damit zusammenhngenden Vorsteuerbetrge zu schtzen (§ 155 Abs. 4 iVm. § 162 AO), da die Nichtbercksichtigung von Vorsteuern gegen das bermaßverbot verstoßen wrde. In Betracht kommen jedoch nur solche Vorsteuerbetrge, bei denen davon ausgegangen werden kann, daß bei Erfllung der Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Erklrungspflichten ordnungsgemße Rechnungen mit Steuerausweis vorgelegen htten. Folglich sind insbesondere Leistungsbezge aus sog. Schwarzgeschften auszuscheiden, weil bei diesen keine Umsatzsteuer einkalkuliert worden war, so daß der Leistungsempfnger auch nicht mit Vorsteuern belastet war. b) Zeitpunkt

15.59

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG3 muß der Leistungsempfnger fr die „Ausbung“ des Vorsteuerabzugs eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung „besitzen“. Ausgebt wird der Vorsteuerabzug durch Geltendmachung (Verrechnung) im Rahmen einer Umsatzsteuervoranmeldung bzw. einer Steuervergtungsanmeldung (Rz. 18.25). Folglich muß innerhalb desjenigen Voranmeldungszeitraums, fr den der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, eine ordnungsgemße Rechnung vorliegen. Der Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung ist Tatbestandsmerkmal und damit Entstehungsvoraussetzung des Steuervergtungsanspruchs.

15.60

Bei einer nachtrglichen Erteilung einer Rechnung oder bei einer Berichtigung oder Ergnzung einer fehlerhaften oder unvollstndigen Rechnung tritt keine Rckwirkung auf den Zeitpunkt ein, zu dem erstmals der Vorsteuerabzug htte vorgenommen werden knnen. Da der Besitz der Rechnung Ausbungsvoraussetzung und damit Entstehungsvoraussetzung fr den Anspruch ist, folgt schon aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, daß keine Rckwirkung eintritt. Die Klarstellung findet sich in § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG, denn danach sind die „in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 abziehbaren“ Vorsteuerbetrge absetzbar. Mithin ist der Vorsteuerabzug fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG) vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen, d. h. im Falle von 1 Die Aussagen der Finanzverwaltung sind widersprchlich. So heißt es einerseits wie hier anfnglich in Abschn. 202 Abs. 7 Nr. 1 UStR 2005, daß eine Billigkeitsmaßnahme bei Fehlen ordnungsgemßer „Unterlagen“ in Betracht komme, auch wenn sie nicht vorhanden waren. Im letzten Satz ist dann jedoch zu lesen, daß die Voraussetzungen fr eine Billigkeitsmaßnahme nicht vorlgen, wenn der Unternehmer ber die empfangene Leistung keine ordnungsgemße Rechnung erhalten habe. Das ergibt keinen Sinn, denn dann kme eine Billigkeitsmaßnahme nie in Betracht. 2 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 303. 3 Wie auch des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL.

502

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Unternehmer eine ordnungsgemße Rechnung iS des § 14 UStG besitzt.1 Zudem gilt der in § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgrundsatz des Umsatzsteuergesetzes, daß Ereignisse nicht zurckwirken (Rz. 12.79), was fr die Rechnungsberichtigung noch durch § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG untermauert wird (Rz. 14.128). Eine Rckwirkung wre auch sachwidrig, da der Leistungsempfnger, solange er keine ordnungsgemße Rechnung besitzt, die geschuldete Gegenleistung um den Steuerbetrag krzen wird (Rz. 20.34) und folglich mit diesem noch nicht belastet ist, so daß die Rckwirkung und die daraus resultierende rckwirkende Vergtung der Steuer zu einer sinnwidrigen Subvention (in Hhe der Zinsen auf diesen Betrag) fhren wrde. Aus Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug „entsteht“, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, folgt nichts Gegenteiliges. Vielmehr ergibt sich auch aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. a iVm. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, daß der Vorsteuerabzug erst fr den Erklrungszeitraum ausgebt werden kann, in dem eine ordnungsgemße Rechnung vorliegt.2 Diese Auffassung ist durch den EuGH besttigt worden, der ebenfalls darauf abstellt, daß eine Rckwirkung nicht sachgerecht wre, weil der Steuerpflichtige bislang nicht mit der Steuer belastet ist.3 Dieser Besitz der Rechnung muß nicht andauern, da der sptere Verlust des Dokuments den einmal entstandenen Anspruch nicht wieder zum Erlschen bringt. Bei Verlust der einzelnen Rechnung muß der vormalige Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung bewiesen werden. Der Nachweis kann mit allen zulssigen Beweismitteln gefhrt werden.4 Sofern keine Zweitschrift oder Kopie der Rechnung beschafft werden kann, weil der Aussteller nicht mehr existent oder nicht auffindbar ist, so kommen auch der Zeugenbeweis und die eidesstattliche Versicherung des Unternehmers in Betracht. Erforderlich ist dann jedoch, daß der wesentliche Inhalt der Rechnung, insbesondere der gesonderte Ausweis der Steuer zur berzeugung der Behrde bzw. des Gerichts dargelegt wird.5

1 2 3 4

Vgl. BFH, BStBl. II 1979, 530; 1989, 120; 1997, 582; 2004, 861; UR 2005, 220, 221 f. Ausfhrlich Stadie, UR 2004, 49, 50. EuGH = UR 2004, 323, Tz. 35 u. 37 aE. BFH, BStBl. II 1989, 120; 1997, 582; 1999, 324; BFH/NV 2003, 1226; vgl. auch EuGH, EuGHE 1996, I-6257 = UR 1997, 144; EuGHE 1998, I-3495 = UR 1998, 309. 5 Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll in diesen Fllen auch eine „Schtzung“ der Vorsteuer in Betracht kommen, wenn davon ausgegangen werden kann, daß vollstndige Unterlagen fr den Vorsteuerabzug vorhanden waren; Abschn. 202 Abs. 6 UStR 2005. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Schtzung iS des § 162 AO, da deren Voraussetzung, daß die Behrden die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln, nicht vorliegt. Das Finanzamt verzichtet dann lediglich im Rahmen des § 88 AO auf die Heranziehung von Beweismitteln und unterstellt zugunsten des Unternehmers die Voraussetzungen fr den Vorsteuerabzug.

503

15.61

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

c) Vertrauensschutz 15.62

Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Vorsteuerabzug nur dann gegeben, wenn die Rechnungsangaben zutreffend sind, denn die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG erforderlichen Angaben sind die objektiv richtigen. Die Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG muß sich jedoch am verfassungsrechtlich fundierten Verhltnismßigkeitsgrundsatz orientieren. Dieser verlangt fr die Verfolgung eines legitimen Zwecks nicht nur ein geeignetes und erforderliches Mittel (Vorlage einer Rechnung)1, sondern ein solches muß auch angemessen (verhltnismßig im engeren Sinne) sein, d. h. dem Betroffenen bei Abwgung der kollidierenden Rechtsgter zuzumuten sein (bermaßverbot).2 Wenn der Staat bei der Besteuerung der Verbraucher das sog. MehrwertsteuerSystem, d. h. ein Allphasen-System mit Vorsteuerabzug vorsieht, bei dem aus rein erhebungstechnischen Grnden (Rz. 1.10) auch die Umstze zwischen Unternehmern besteuert werden, dann sind die Unternehmer auch insoweit nur als zwangsverpflichtete Verwaltungshelfer fr den Staat, d. h. in fremder Sache ttig (Rz. 1.18). Risiken drfen folglich nicht in unzumutbarer Weise vom Staat auf die eingeschalteten Gehilfen abgeschoben werden. Das hat auch fr die Entlastung von der auf die Unternehmer abgewlzten Umsatzsteuer mittels des Vorsteuerabzugs zu gelten.3 Eine angemessene und damit zumutbare Risikoverteilung zwischen dem Staat und den als Gehilfen zwangsverpflichteten Unternehmern verlangt, daß letztere nur solche Risiken zu tragen haben, die in ihren Verantwortungsbereich fallen und denen sie ohne unzumutbaren Aufwand begegnen knnen.4 Im brigen drfen sie auf die Richtigkeit der Rechnungsangaben vertrauen. Es wre unzumutbar, den Vorsteuerabzug davon abhngig zu machen, daß alle Angaben in der Rechnung objektiv richtig sind, und den Rechnungsempfnger das zivilrechtliche Prozeß- und Kostenrisiko einer Klage auf Erteilung einer ordnungsgemßen Rechnung tragen zu lassen, wenn nach Zahlung der Gegenleistung das Finanzamt die Fehlerhaftigkeit der Rechnung feststellt. Die gegenteilige Sichtweise mßte dazu fhren, daß der Leistungsempfnger die Begleichung der Rech1 Die Verknpfung des Vorsteuerabzugs mit der Vorlage einer Rechnung ist erforderlich, weil es im Rahmen des Allphasen-Systems mit Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer-System) kein milderes, aber gleichermaßen effektives Mittel zur Kontrolle der Unternehmer gibt. 2 Vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rz. 80 ff. m. N. d. BVerfG-Rspr.; vgl. auch EuGH, EuGHE 1988, I-4517 = UR 1989, 380. 3 Auch der Finanzausschuß hat darauf hingewiesen, daß hinsichtlich der Anforderungen an eine Rechnung „der aus der Sicht des Leistungsempfngers bedeutsame Gesichtspunkt der Verhltnismßigkeit der Mittel eine wichtige Rolle spielen“ werde; vgl. Bericht des Finanzausschusses zum StndG 2003, BT-Drucks. 15/1945, zu Art. 4 Nr. 18 (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). 4 Deshalb kann der Vertrauensschutz nicht einfach mit dem Hinweis abgetan werden (so aber W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 96), daß § 15 Abs. 1 UStG keinen Gutglaubensschutz vorsehe. Auch kommt es fr den Vertrauensschutz nicht etwa auf ein treuwidriges Verhalten des Finanzamts gegenber dem Unternehmen an; so aber W. Wagner, aaO., Rz. 97.

504

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

nung stets in Hhe des Steuerbetrages verweigern, d. h. insoweit ein Zurckbehaltungsrecht (vgl. Rz. 20.34) gelten machen mßte, solange nicht die Richtigkeit aller Angaben in der Rechnung festgestellt ist. Das wre absurd. Daraus folgt: Bei fehlenden Angaben in der Rechnung oder bei unrichtigen Angaben, deren Fehlerhaftigkeit offensichtlich ist, ist diese nicht „nach den §§ 14, 14a ausgestellt“. Dem Rechnungsempfnger ist zuzumuten, die jeweilige Rechnung bezglich der vom Gesetz geforderten Angaben auf ihre Vollstndigkeit zu berprfen. Er muß deshalb eine Vervollstndigung (Ergnzung) der Rechnung durch den Aussteller verlangen (Rz. 14.10, 14.77 ff.). Bis dahin kann er bei der Begleichung der Rechnung ein Zurckbehaltungsrecht in Hhe des Steuerbetrages als Druckmittel ausben (Rz. 20.34).

15.63

Bei solchen Angaben, die der Rechnungsempfnger nicht auf ihre Richtigkeit berprfen kann (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG: Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer; Nr. 3: Ausstellungsdatum; Nr. 4: Rechnungsnummer), reicht es fr den Vorsteuerabzug aus, daß Angaben dieser Art in der Rechnung enthalten sind, sofern sie nicht offensichtlich falsch sind1 (Beispiel: Angabe einer auslndischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer). Die angegebene deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer kann nicht berprft werden, da die von § 18e UStG vorgesehene Besttigung durch das Bundesamt fr Finanzen nur fr auslndische Nummern gilt.

15.64

Bei Angaben ber tatschliche Verhltnisse beim Rechnungsaussteller (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG: Name und Anschrift des leistenden Unternehmers; Abs. 4 Nr. 6: Zeitpunkt der Vereinnahmung der Vorauszahlung), die der Rechnungsempfnger theoretisch auf ihre Richtigkeit berprfen knnte, ist eine berprfung nicht zuzumuten2 und deshalb nicht erforderlich. Sofern die Angaben nicht offensichtlich falsch sind, drfen deshalb derartige unrichtige Angaben den Vorsteuerabzug nicht beeintrchtigen.

15.65

Ist in der Rechnung ein zu niedriges Entgelt oder ein zu niedriger Steuerbetrag genannt, so ist die Rechnung zwar unrichtig, gleichwohl kann der ausgewiesene Steuerbetrag als Vorsteuer abgezogen werden. Demgegenber sollen nach Ansicht des BMF Rechenfehler, unrichtige Angaben des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrages eine Versagung des Vorsteuerabzugs zur Folge haben.3 Das ist in dieser Absolutheit unhaltbar, da vom Rechnungsempfnger als zwangsverpflichteten Gehilfen des Staates (Rz. 1.18 ff.) keine Steuerrechtskenntnisse erwartet werden knnen. Lediglich bei offensichtlichen Fehlern ist es erforderlich, daß der Rechnungsempfnger eine berichtigte Rechnung verlangt. Ist ein zu hoher Steuerbetrag ausgewiesen, so kann jedenfalls der

15.66

1 Ebenso hinsichtlich der steuerlichen Nummer und der Rechnungsnummer Abschn. 192 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStR 2005. 2 AA. BFH, BStBl. II 1996, 620; BFH/NV 2003, 670 mwN.; 2005, 80; Abschn. 192 Abs. 3 Satz 7 UStR 2005. 3 Abschn. 192 Abs. 3 Satz 10 UStR 2005.

505

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

zutreffende Steuerbetrag abgezogen werden.1 Zum Vorsteuerabzug hinsichtlich des (vom Rechnungsaussteller nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeten) Mehrbetrags s. Rz. 70 ff. 15.67

Fehlende oder unrichtige Angaben, die dazu fhren, daß die Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt, knnen nicht durch Schtzung der Vorsteuer ersetzt werden (Rz. 57). Der Vorsteuerabzug kommt erst nach Berichtigung oder Ergnzung der Rechnung durch den Rechnungsaussteller (Rz. 14.10) – ohne Rckwirkung (Rz. 60) – in Betracht. 4. Gesetzlich geschuldete Steuer a) Grundsatz

15.68

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist – sofern die brigen Voraussetzungen vorliegen – die gesetzlich geschuldete Steuer als Vorsteuer abziehbar. Gemeint ist die vom leistenden Unternehmer fr den steuerpflichtigen Umsatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 iVm. § 10 und § 12 UStG objektiv geschuldete Steuer. Die Steuer muß „fr Lieferungen und sonstige Leistungen“ geschuldet werden, so daß die nach § 14 c UStG gesetzlich geschuldete Steuer keine derartige Steuer ist, weil sie nicht fr Leistungen, sondern allein deshalb, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen ist, geschuldet wird. Folglich ist nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die in den Fllen des § 14c Abs. 1 und 2 UStG (dazu Rz. 14.83 ff.) vom Rechnungsaussteller geschuldete Steuer nicht als Vorsteuer abziehbar (indes kann eine erweiternde Auslegung zum Zwecke des Vertrauensschutzes erforderlich sein, Rz. 70 ff.).

15.69

Gesetzlich geschuldete Steuer ist nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG auch diejenige Steuer, die bei einem Kleinunternehmer nach dieser Vorschrift nicht erhoben wird (zum Sinn dieser eigentmlichen Differenzierung s. Rz. 17.3). Vom Ergebnis her wird sie indes nicht geschuldet. Da zudem die Kleinunternehmerbefreiung von der Wirkung her eine Steuerbefreiung ist (Rz. 17.2), muß die von einem Kleinunternehmer in Rechnung gestellte Steuer als gesetzlich nicht geschuldete Steuer angesehen werden, so daß der Vorsteuerabzug grundstzlich nicht in Betracht kommt (zum Vertrauensschutz Rz. 79). b) Vertrauensschutz

15.70

aa) Mit der Neufassung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG2 hat der Gesetzgeber eine entsprechende Judikatur des EuGH zu Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EGRL umgesetzt. Nach Auffassung des EuGH soll aus dieser Bestimmung folgen, daß das Recht auf Vorsteuerabzug nur fr diejenige Steuer bestehe, die fr 1 Insoweit zutreffend Abschn. 192 Abs. 3 Satz 11 UStR 2005. 2 Zum 1.1.2004. Zur Entwicklungsgeschichte der neuen Fassung Stadie in R/D, § 14c Anm. 233.

506

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

einen der Umsatzsteuer unterworfenen Umsatz, d. h. nicht ausschließlich deshalb, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist1, geschuldet werde (s. aber Rz. 75). Diese Beschrnkung des Vorsteuerabzugs auf die objektiv nach dem Gesetz geschuldete Steuer ist nicht nur rechtspolitisch verfehlt (Rz. 71), sondern im Falle der Gutglubigkeit des Rechnungsempfngers auch wegen Verstoßes gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz verfassungsrechtlich – und gemeinschaftsrechtlich – nicht haltbar (Rz. 72 ff.), so daß der Vorsteuerabzug durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bzw. im Billigkeitsweg zu gewhren ist (Rz. 78 f.). Der Vorsteuerabzug setzt allerdings voraus, daß der in der Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag auch an den Rechnungsaussteller gezahlt worden ist, denn der Zweck des Vorsteuerabzugs liegt allein in der Entlastung von der Belastung mit in Rechnung gestellter Umsatzsteuer (Rz. 3). Hat der Rechnungsempfnger die Rechnung um den Steuerbetrag iS des § 14c UStG gekrzt oder die Rechnung berhaupt nicht beglichen, so kommt kein Vorsteuerabzug in Betracht und die Frage des Vertrauensschutzes stellt sich nicht. Das generelle Abzugsverbot hinsichtlich der Steuer iS des § 14c UStG nimmt dem Mehrwertsteuer-System die Einfachheit der Besteuerung bei Umstzen zwischen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern. Nur wenn von diesen auch die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer abgezogen werden darf, knnen die beteiligten Unternehmer zweifelhafte Flle einvernehmlich als steuerpflichtig zum Regelsteuersatz behandeln. Nur dann hat die Umsatzsteuer den wirtschaftlichen Charakter eines durchlaufenden Postens, womit die einfache Handhabung der Umsatzbesteuerung im unternehmerischen Bereich, d. h. die fr das Mehrwertsteuersystem notwendige Praktikabilitt gewhrleistet ist. Ein generelles Abzugsverbot der zu Unrecht ausgewiesenen Steuer muß hingegen dazu fhren, daß Rechnungsempfnger bei Zweifeln ber die vom Rechnungsaussteller angenommene Steuerpflicht des Umsatzes, den Umfang der Bemessungsgrundlage oder den zugrunde gelegten Steuersatz die Rechnung um den zweifelhaften Steuerbetrag krzen oder jedenfalls Sicherheit in dieser Hhe verlangen werden. Das hat zur Folge, daß unntige Streitigkeiten ber die Umsatzsteuer entstehen und diese zudem noch vor die Zivilgerichte gelangen, wo sie nicht hingehren.

15.71

Ein generelles Abzugsverbot ist jedoch nicht nur unzweckmßig, sondern verstßt auch gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot), da es von den Beteiligten Unmgliches verlangt, nmlich im Besitz der objektiven Umsatzsteuerwahrheit zu sein. Das fhrt zu einer unzumutbaren Risikoverteilung zwischen Steuerglubiger und Unternehmern, die lediglich als Gehilfen bei der Besteuerung der Endverbraucher fungieren (Rz. 1.18). Folglich darf auch bei der Entlastung von der Umsatzsteuer, die auf den zwischen den Unternehmern ausgefhrten Umstzen ruht, diesen grundstzlich nicht das

15.72

1 EuGH, EuGHE 1989, 4227 = UR 1991, 83 m. abl. Anm. Reiß; EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000, 470, Rz. 53. Der BFH ist dem unter Aufgabe seiner frheren Auffassung gefolgt; BFH, BStBl. II 1998, 695 = UR 1998, 349 m. abl. Anm. Stadie.

507

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

Risiko der zutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der zwischen ihnen verwirklichten Geschftsvorflle aufgebrdet werden.1 15.73

Das wird besonders deutlich, wenn der Rechnungsempfnger gutglubig ist und auf die umsatzsteuerrechtliche Einschtzung des Geschftsvorfalles durch den Rechnungsaussteller vertrauen muß, weil er die Verhltnisse auf Seiten des Vertragspartners nicht beurteilen kann (Beispiel: Ort der Lieferung). Es ist unverhltnismßig, dem gutglubigen Rechnungsempfnger den Vorsteuerabzug zu versagen und ihn zu zwingen, seinen zivilrechtlichen Rckforderungsanspruch (Rz. 20.11) gegen den Rechnungsaussteller durchzusetzen. Der verfassungsrechtlich fundierte Verhltnismßigkeitsgrundsatz gebietet vielmehr, Vertrauensschutz zu gewhren. Das Risiko, den entsprechenden (nach § 14c UStG geschuldeten) Steuerbetrag bei seinem Gehilfen dem Rechnungsaussteller beizutreiben, hat auch insoweit der Staat zu tragen. Knnte der Rechnungsempfnger seinen zivilrechtlichen Regreßanspruch ohnehin nicht realisieren, so wrde die Versagung des Vorsteuerabzugs zudem zu einer Bereicherung des Steuerglubigers auf Kosten des Rechnungsempfngers fhren, wenn der Rechnungsaussteller den nach § 14c UStG geschuldeten Steuerbetrag an das Finanzamt abgefhrt hat (der insolvente Rechnungsaussteller ist nicht zur Berichtigung der Steuerschuld nach § 14c UStG berechtigt, solange er den entsprechenden Betrag nicht an den Rechnungsempfnger zurckgezahlt hat, Rz. 14.125 f., 14.141). Das wrde erst Recht gegen das bermaßverbot und Willkrverbot verstoßen und eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende enteignende Wirkung haben.

15.74

Indem das generelle Abzugsverbot dem Mehrwertsteuersystem die Einfachheit und Praktikabilitt nimmt (Rz. 71), ist es nicht nur sachwidrig, sondern bei Zweifeln oder Streit ber die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Geschftsvorflle unzumutbar und verstßt deshalb auch aus dieser Sicht gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz. Wegen der Vielzahl der in Betracht kommenden Zweifelsflle ist nmlich die mehr oder minder hufige Einholung verbindlicher Ausknfte beim Finanzamt weder durchfhrbar noch zumutbar (schon die Beantwortung eines einzelnen schriftlichen Auskunftsersuchens dauert zumeist mehrere Wochen). Vor allem wrde dadurch eine erhebliche und damit unzumutbare Verzgerung in der Abwicklung der Umstze eintreten. Ebenso wenig ist es dem Rechnungsempfnger zuzumuten, wegen des zweifelhaften Umsatzsteuerbetrages Sicherheit zu verlangen oder einen Zivilrechtsstreit zu fhren, da das die Geschftsbeziehungen beeintrchtigen kann. Der Rechnungsempfnger muß deshalb, wenn die Beteiligten wegen umsatzsteuerrechtlicher Zweifel oder Irrtums hinsichtlich der Steuerpflicht, der Bemessungsgrundlage oder des zutreffenden Steuersatzes den Geschftsvorfall bereinstimmend vollen Umfangs als steuerpflichtig zum Regelsteuersatz behandelt haben, grundstzlich berechtigt sein, die in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abzuziehen (sofern auch die brigen Voraussetzungen fr den Abzug vorliegen). 1 Vgl. Reiß, UR 1989, 178 ff.

508

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

Auch das Gemeinschaftsrecht verlangt eine derartige Sichtweise, da der Verhltnismßigkeitsgrundsatz ebenfalls Bestandteil des Gemeinschaftsrechts ist.1 So hat der EuGH mehrfach im Zusammenhang mit der Auslegung der 6. EG-Richtlinie in Anlehnung an Art. 22 Abs. 8 betont, daß eine Maßnahme nur dann mit dem Grundsatz der Verhltnismßigkeit vereinbar ist, wenn sie zur Erreichung des Zieles, die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, erforderlich ist.2 Die Versagung des Vorsteuerabzugs ist nicht erforderlich, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt, sondern der Rechnungsempfnger gutglubig ist. So kann deshalb auch nicht etwa aus der EuGH-Entscheidung vom 13.12.1989 zur Auslegung des Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL (Rz. 70) der Schluß gezogen werden, daß das Gemeinschaftsrecht bei Gutglubigkeit des Rechnungsempfngers die Vergtung der Vorsteuer verbiete3, denn der EuGH hatte offensichtlich nur die Vermeidung von Steuerhinterziehung im Auge.4 Vielmehr muß im Gegenteil angenommen werden, daß der EuGH, wenn er danach gefragt wrde, die Mitgliedstaaten verpflichten wrde, zur Umsetzung des Verhltnismßigkeitsgrundsatzes bei Gutglubigkeit des Rechnungsempfngers diesem die Vorsteuer zu vergten. Die Form der Umsetzung bleibt den Mitgliedstaaten berlassen. Der verfassungsrechtlich wie auch gemeinschaftsrechtlich zu beachtende Verhltnismßigkeitsgrundsatz verlangt nach alledem zum Zwecke des Vertrauensschutzes eine verfassungskonforme bzw. gemeinschaftskonforme Anwendung des Steuerrechts in der Weise, daß dem gutglubigen Rechnungsempfnger, soweit er mit einem Umsatzsteuerbetrag belastet ist (Rz. 3), der Vorsteuerabzug zu gewhren ist.5

15.75

bb) In den Fllen des § 14c Abs. 1 UStG kommt eine entsprechende verfassungskonforme und EG-Richtlinien-konforme Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in Betracht, da stets die Leistung eines Unternehmers vorliegt. Der mgliche Wortsinn erlaubt es, unter „gesetzlich geschuldete Steuer fr Lieferungen und sonstige Leistungen“ auch die nach § 14c Abs. 1 UStG gesetzlich geschuldete Steuer zu verstehen, da sie vom Rechnungsaussteller fr eine Lieferung oder sonstige Leistung berechnet worden ist. Im Hinblick darauf, daß Vertrauensschutz nur bei einem gutglubigen Rechnungsempfnger in Betracht kommt, ist die Gutglubigkeit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Der Vorsteuerabzug ist nach § 14c Abs. 1 Satz 2 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG rckgngig zu machen (vgl. Rz. 14.125 f. iVm.

15.76

1 Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 2237, Rz. 21; EuGHE 1997, I-1847, Rz. 17; EuGHE 2000, I7013 = UR 2000, 474, Rz. 42. 2 EuGH, EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208, Rz. 52; EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000, 470, Rz. 59. 3 Auch Art. 17 Abs. 4 Buchst. c der 6. EG-RL ergibt nur dann einen Sinn, wenn die Richtlinie davon ausgeht, daß eine fr steuerfreie Lieferungen in Rechnung gestellte Steuer grundstzlich abziehbar ist. 4 Vgl. EuGH, EuGHE 1989, 4227 = UR 1991, 83, Rz. 17; sowie EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000, 470, Rz. 54. 5 Vgl. auch Rz. 1825 f. sterr. UStR, wonach der Vorsteuerabzug nur zu versagen ist, wenn der Rechnungsempfnger weiß, daß der ausgewiesene Steuerbetrag zu hoch ist.

509

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

Rz. 16.7 f.), wenn der Rechnungsaussteller den Steuerbetrag an den Rechnungsempfnger zurckgezahlt hat. 15.77

Ist bei einer Einfuhrlieferung der Ort nach § 3 Abs. 6 UStG (Rz. 8.7) im Drittlandsgebiet und hat der Abnehmer (bzw. dessen Beauftragter) die angefallene Einfuhrumsatzsteuer entrichtet, so kann der Abnehmer fr diesen nichtsteuerbaren Umsatz in Rechnung gestellte deutsche Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehen. Da er die Einfuhrumsatzsteuer zu tragen hat, muß er davon ausgehen, daß der Lieferer seinen Umsatz nicht in Deutschland zu versteuern hat. Die Geltendmachung der Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG schließt den Vorsteuerabzug hinsichtlich der in Rechnung gestellten Steuer aus.1

15.78

cc) In den Fllen des § 14c Abs. 2 UStG ist der Vorsteuerabzug als sog. Billigkeitsmaßnahme zu gewhren, wenn der Rechnungsempfnger davon ausgehen durfte, daß ihm zu Recht Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden war. Nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO knnen Steuervergtungen hher festgesetzt werden, als sie nach dem Gesetzeswortlaut entstanden sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierbei handelt es sich letztlich nicht um eine Ermessensentscheidung, da bei Gutglubigkeit des Rechnungsempfngers stets eine Ermessensreduzierung auf Null eintritt (Rz. 57). Eine derartige Regelung verlangt entgegen dem Wortlaut des § 163 AO nicht notwendig jeweils eine Einzelfallentscheidung, die wie ein Grundlagenbescheid wirken wrde2, sondern kann auch abstrakt-generell, d. h. im Rahmen einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift ergehen, die dann gleichsam wie eine gesetzliche Regelung wirkt.

15.79

Gutglaubensschutz kommt bei der Rechnung eines Kleinunternehmers oder eines Nichtunternehmers in Betracht, wenn die Rechnung eine Steuernummer enthlt (Rz. 9 f.). Wird fr eine Entschdigungszahlung, der keine umsatzsteuerrechtliche Leistung zugrunde liegt, Steuer in Rechnung gestellt, so ist regelmßig Vertrauensschutz geboten (Rz. 11). Erfolgte die Leistung nicht im Rahmen des Unternehmens, so ist der Vorsteuerabzug zu gewhren, wenn der Rechnungsempfnger, wie im Regelfall, nicht beurteilen kann, ob die Leistung innerhalb oder außerhalb des Unternehmens erbracht wurde. c) Vorsteuerabzug bei verbilligten und bei unentgeltlich empfangenen Leistungen

15.80

aa) Bei einer verbilligten Leistung gegenber einer nahestehenden Person, d. h. bei Anwendung der sog. Mindest-Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 5 UStG (dazu Rz. 11.58 ff.) folgt aus § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG die Berechtigung, nicht etwa die Verpflichtung, die Bemessungsgrundlage iS des § 10 Abs. 4 UStG und die darauf entfallende Steuer dem Leistungsempfnger in „Rechnung“ zu stellen (Rz. 14.26). Eine derartige nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung berechtigt mithin den Leistungsempfnger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStG zum Vorsteuerabzug. Die sachliche Rechtfertigung fr die 1 Vgl. Abschn. 199 Abs. 10 UStR 2005. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 2001, 178, 182; Stadie, Allg. SteuerR, 2003, Rz. 312 mwN.

510

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

durch § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG vorgesehene Mglichkeit, dem Abnehmer den vollen Vorsteuerabzug zu verschaffen, liegt darin, daß kein Letztverbrauch vorliegt, wenn der Abnehmer der Leistung diese fr sein Unternehmen verwendet.1 Folglich verstieße die endgltige Belastung der Leistung gegen das Besteuerungsziel des Umsatzsteuergesetzes. Eine Nichtbesteuerung kommt nicht in Betracht (Rz. 4.21), so daß die Rckgngigmachung der Besteuerung nur beim Erwerber auf dem Weg ber den Vorsteuerabzug erfolgen kann. Da der Erwerber jedoch vorerst nicht mit der Steuer belastet ist (vgl. Rz. 3), bedarf es der bertragung der Belastung auf ihn. Diese erfolgt durch Aushndigung einer „Rechnung“, in der die gesamte Steuer ausgewiesen ist (zur Gestaltung dieser Rechnung s. Rz. 81). Mit der „Inrechnungstellung“ der Mehrsteuer bringt der Unternehmer zum Ausdruck, daß er den Empfnger so stellen will, als htte dieser eine Gegenleistung in der Mindesthhe des § 10 Abs. 4 UStG zuzglich Steuer erbracht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß es keinen Unterschied macht, ob eine Gegenleistung aufgewendet wird und spter ganz oder zum Teil zurckgeschenkt wird, oder ob von vornherein ganz oder zum Teil auf eine Zahlung verzichtet wird. Der Empfnger ist mithin zu sehen, als htte er mit geschenkten Mitteln einen Teil der Gegenleistung aufgewendet. In dem gesonderten Ausweis der Mehrsteuer in der Rechnung kommt diese Zuwendung zum Ausdruck. Der Empfnger ist danach als mit der gesamten Steuer belastet anzusehen, da auch aus geschenkten Mitteln gettigte Aufwendungen zu einer Belastung fhren.2 Darin liegt die innere Rechtfertigung fr den Vorsteuerabzug des Empfngers.3 Die Versagung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich des Mehrbetrages wrde anderenfalls Leistungen zwischen nahestehenden Personen (einschließlich beherrschendem Gesellschafter und Gesellschaft) allein deshalb benachteiligen, weil sie keine angemessene Gegenleistung vereinbart haben, obwohl der zwischen Fremden gegebene Interessengegensatz nicht besteht. In dem Verzicht auf die angemessene Gegenleistung liegt deshalb nicht etwa ein nichtunternehmerischer Verbrauch.4 15.81

Beispiel: Die X-AG hatte im Jahre 2002 ihrer Tochtergesellschaft Y-GmbH eine Maschine zum Buchwert von 10 000 Euro + 1600 Euro USt. verkauft. Die damalige Rechnung lautete auszugsweise: „X-AG ...

14.6.2002

an Y-GmbH ... Rechnung Nr. 02–4711 Lieferung der Maschine Nr. . . . am 13.6.2002 zum Preise von + 16 % USt.

1 2 3 4

10 000 P 1 600 P 11 600 P“

AA. Reiß in T/L, § 14 Rz. 165. Stadie, Vorsteuerabzug, S. 128 f. AA. Reiß, StVj 1989, 103, 122: „geradezu grotesk“. So aber Reiß in T/L, § 14 Rz. 165.

511

Kapitel 15 Vorsteuerabzug Nach einer Betriebsprfung im Frhjahr 2005 kam das Finanzamt zu der zutreffenden Feststellung, daß die Wiederbeschaffungskosten der Maschine im Zeitpunkt der damaligen Lieferung 50 000 Euro ohne Umsatzsteuer betrugen und setzte demgemß eine Mehrsteuer von (8000 Euro – 1600 Euro =) 6400 Euro bestandskrftig fest. Die X-AG knnte der Y-GmbH eine Zusatz-„Rechnung“ etwa folgenden Inhalts erteilen: „X-AG ...

30.5.2005

an Y-GmbH ... Zusatz-„Rechnung“ Nr. 02–4711 Fr die Lieferung der Maschine Nr. . . . vom 13.6.2002, Rechnung Nr. 02–4711 betrgt die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage 50 000 Euro, die darauf entfallende, von uns geschuldete Umsatzsteuer 8000 Euro. Hinweis: Der Differenzbetrag von 6400 Euro kann von Ihnen gemß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG zustzlich als Vorsteuer abgezogen werden, ohne daß es der berweisung dieses Betrages bedarf.“

15.82

bb) Bei unentgeltlichen Leistungen ist der leistende Unternehmer berechtigt, eine „Rechnung“ auszustellen, in der die auf die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG entfallende Umsatzsteuer ausgewiesen ist (Rz. 14.27). Von der Befugnis zur Erteilung einer „Rechnung“ ist die Frage nach der Berechtigung des Empfngers der unentgeltlichen Leistung zum Abzug der ausgewiesenen Steuer als Vorsteuer zu unterscheiden. Die Bundesregierung ging bei Einfgung der Vorgngervorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 2 UStG davon aus, daß bei unentgeltlichen Leistungen kein Vorsteuerabzug in Betracht komme.1 Diese Sichtweise verstßt jedoch gegen den Zweck des Umsatzsteuergesetzes. Wenn die unentgeltlich erbrachte Leistung vom Empfnger in seinem Unternehmen verwendet wird, so tritt kein Letztverbrauch ein2, so daß der Besteuerungszweck nicht erfllt ist. Es ist auch nicht zu erkennen, wo der sachliche Unterschied zur verbilligten Leistung gegenber nahestehenden Personen (Rz. 80 f.) liegen soll. In jenem Fall wird auf einen Teil der marktblichen Gegenleistung aus nichtunternehmerischen Grnden – nmlich wegen des Nahestehens des Empfngers – verzichtet, bei einer voll unentgeltlichen Leistung wird aus demselben Motiv heraus auf die Gegenleistung zur Gnze verzichtet; das ist der einzige Unterschied. Es ist deshalb kein plausibler Grund erkennbar, warum nur bei teilweise unentgeltlichen Leistungen, d. h. bei Anwendung der sog. Mindestbemessungsgrundlage dem Erwerber der volle Vorsteuerabzug zustehen soll, nicht aber im Falle der vllig unentgeltlichen Leistungen. In beiden Fllen wird eine Leistung mit Umsatzsteuer belastet, obwohl kein Letztverbrauch eintritt, sondern diese in einem Unternehmen verwendet wird.

15.83

Der Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei unentgeltlichen Leistungen ist auch nicht mit der in § 1 Abs. 1a UStG und in § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG zu Tage 1 Vgl. Reg.-Begr. zu E-SteuerreformG 1990, BT-Drucks. 11/2157, zu Art. 12 Nr. 4, S. 190 (zu § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG aF.). 2 AA. Reiß, DStJG 13 (1990), 3, 32; ders., UR 1990, 243, 245 f.

512

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

tretenden Konzeption des Gesetzes zu vereinbaren. Nach § 1 Abs. 1a UStG1 ist die unentgeltliche bereignung eines Unternehmens oder eines gesondert gefhrten Betriebes (sog. Geschftsverußerung im Ganzen) nicht steuerbar, obgleich es sich um eine Vielzahl unentgeltlicher Lieferungen handelt, die ohne diese Regelung als Entnahmen zu besteuern wren (Rz. 5.182). Die Vorschrift bewirkt, daß die Wirtschaftsgter ohne Umsatzsteuerbelastung auf den Erwerber bergehen.2 Es kann aber keinen Unterschied machen, ob nur einzelne Wirtschaftsgter unentgeltlich bertragen werden, oder ob diese Wirtschaftsgter zusammen ein Unternehmen oder einen gesondert gefhrten Betrieb darstellen (bei einem vermieteten Gebude als gesondert gefhrtem Betrieb – Rz. 5.189 – liegt nur ein Wirtschaftsgut vor!), so daß es willkrlich wre, wenn in dem einen Fall die Wirtschaftsgter mit Umsatzsteuer belastet, in dem anderen Fall aber unbelastet auf den erwerbenden Unternehmer bergingen.3 Denselben Gedanken wie § 1 Abs. 1a UStG verfolgt § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG4 (dazu Rz. 16.130 ff.). Auch in dieser Bestimmung zeigt sich der gesetzgeberische Wille, daß bei einer unentgeltlicher Verußerung (oder berlassung) eines Wirtschaftsguts an einen anderen Unternehmer keine endgltige Belastung mit Umsatzsteuer eintreten soll, weil kein Letztverbrauch vorliegt. Die Versagung des Vorsteuerabzugs bei unentgeltlichen Leistungen wre mithin in mehrfacher Hinsicht willkrlich, weil es keinen sachlichen Grund fr die unterschiedliche Behandlung gegenber den gleichgelagerten Sachverhalten gibt. Neben dem Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) wren zudem in den meisten Fllen auch noch Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 9 Abs. 1 GG verletzt. Unentgeltliche Leistungen kommen in der Regel nur zwischen Familienangehrigen oder zwischen beherrschendem Gesellschafter und Gesellschaft vor. Zwischen Familienangehrigen entspricht der Abschluß entgeltlicher Vertrge hufig nicht den Zielen und Vorstellungen der Beteiligten. Der Zwang, nur um den Vorsteuerabzug zu erlangen, solche Vertrge abschließen zu mssen, wrde deshalb den Besonderheiten der Ehe und Familie nicht gerecht werden und damit gegen das Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. Rz. 16.135). Entsprechendes gilt bei unentgeltlichen Leistungen zwischen beherrschendem Gesellschafter und Gesellschaft. Htte jener keine rechtlich selbstndige Tochtergesellschaft gegrndet, sondern statt dieser lediglich eine unselbstndige Zweigniederlassung gebildet, so wrden „unentgeltliche Leistungen“ gegenber dieser (und umgekehrt) keinerlei Umsatzsteuerfolgen auslsen, weil es sich um einen innerunternehmerischen Vorgang handelte (Rz. 5.135). Wrde statt dessen bei unentgeltlichen Leistungen gegenber einer Tochtergesellschaft (und umgekehrt) eine endgltige Umsatz1 Vgl. auch Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL. 2 Diesen trifft lediglich eine potentielle Berichtigungspflicht (Rz. 5.205). 3 § 1 Abs. 1a UStG war allerdings 1993 eingefgt worden, weil die Gehilfen des Gesetzgebers davon ausgingen, daß bei einer unentgeltlichen bertragung keine Vorsteuerabzug in Betracht komme (Rz. 5.182)! 4 S. auch Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

513

15.84

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

steuerbelastung eintreten, weil der Vorsteuerabzug versagt wrde, so wre das ein Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralitt sowie gegen die Vereinigungsfreiheit iS des Art. 9 GG. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG verlangt mithin, daß als nach § 14 UStG ausgestellte „Rechnung“ auch eine solche gilt, in der die Steuer ausgewiesen ist, die auf eine unentgeltliche Leistung entfllt.1 15.85

Die fr den Vorsteuerabzug erforderliche Belastung mit der Steuer (Rz. 3) tritt durch die Erteilung der „Rechnung“ ein. Die obigen Ausfhrungen zur Mindest-Bemessungsgrundlage (Rz. 80 f.) gelten entsprechend, so daß es fr den Vorsteuerabzug nicht darauf ankommt, daß der Empfnger der unentgeltlichen Leistung einen Betrag in Hhe der Steuer an den Leistenden zahlt (zum Vorsteuerabzug bei unentgeltlicher Nutzung eines Gegenstandes eines Nichtunternehmers s. Rz. 16.135 ff.). 5. Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs a) Grundsatz

15.86

Der Vorsteuerabzug ist nach der Grundregel des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStG zulssig (sofern die brigen Voraussetzungen vorliegen), wenn die Leistung ausgefhrt worden ist2 (zum Zeitpunkt der Ausfhrung der Leistung s. Rz. 12.9 ff.). Der Leistung ist die Teilleistung gleichgestellt (Rz. 12.16 iVm. Rz. 12.13 f.). Der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer, d. h. der Steuervergtungsanspruch (Rz. 18.10 ff.) entsteht3 folglich (vorerst) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die beiden Voraussetzungen Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung (Rz. 59 f.) und Ausfhrung der Leistung (Teilleistung)4 vorliegen (Rz. 18.22). Die Entrichtung der Gegenleistung muß – bei 1 Wer diesen Weg nicht gehen will, muß zur Erreichung eines verfassungskonformen Ergebnisses zum Mittel der Billigkeitsmaßnahme nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO greifen (dazu Rz. 57). 2 Aus der 6. EG-RL ergibt sich das nicht in dieser Deutlichkeit. Indes muß die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL an erster Stelle verwendete Formulierung „geliefert wurden . . . bzw. erbracht wurden“ als Beschreibung der Regelvoraussetzung verstanden werden, so daß die zweite Zeitform „geliefert werden . . . bzw. erbracht werden“ nur den Ausnahmefall der Vorauszahlung im Auge hat, fr die nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 der 6. EG-RL bereits vor Bewirkung der Lieferung oder Dienstleistung eine Rechnung auszustellen ist, die dann nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt. 3 Auch Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL spricht von der „Entstehung“ des Rechts auf Vorsteuerabzug, meint damit jedoch nicht die Entstehung iS des § 38 AO iS einer vollstndigen Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale. Vielmehr will diese Bestimmung lediglich den Grundsatz des Gleichgewichts von Steuer und Vorsteuer zum Ausdruck bringen, da die Mitgliedstaaten unterschiedliche Entstehungszeitpunkte der Steuer nach Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der 6. EG-RL vorsehen knnen. Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL will lediglich sicherstellen, daß das Recht auf Vorsteuerabzug nicht vor dem jeweiligen nach Art. 10 Abs. 2 der 6. EG-RL bestimmten Zeitpunkt der Steuerentstehung erwachsen soll; Stadie, UR 2004, 49, 50 f. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 269.

514

II. Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer

isolierter Betrachtung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG – noch nicht erfolgt sein.1 Fr den Vorsteuerabzug gilt danach mithin ebenfalls ein sog. Soll-Prinzip, auch wenn der Unternehmer die eigenen Umstze nach dem sog. Ist-Prinzip (Rz. 12.24) versteuert. Diese Regelung ist indes verfehlt, da ein sachlicher Grund dafr nicht erkennbar ist. Der Zweck des Vorsteuerabzugs liegt in der Entlastung von einer Steuerbelastung (Rz. 3). Diese Belastung tritt erst mit Zahlung der Gegenleistung (Preis) ein, so daß eine vorherige Vergtung der in Rechnung gestellten Vorsteuer durch nichts zu rechtfertigen ist. Sie fhrt vielmehr zu einer Subventionierung in Hhe des Zinsvorteils, der bis zum Zeitpunkt der tatschlichen Zahlung der Gegenleistung eintritt. Wird der Leistungsempfnger insolvent oder entzieht er sich auf andere Weise seiner Zahlungsverpflichtung, so fhrt der Vorsteuerabzug nach dem Soll-Prinzip zu einer endgltigen staatlichen Subvention in Hhe des Umsatzsteuerbetrages aus der offenen Rechnung.

15.87

Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG beruht offensichtlich auf der Annahme, daß Unternehmer ihre Rechnungen sogleich bei Erhalt der Leistung begleichen. Diese Prmisse war schon 1968 bei Einfhrung des Vorsteuerabzugs mehr als realittsfern und ist es heute allemal. Angesichts der Tatsache, daß jhrlich rund 40 000 Unternehmer, weit berwiegend solche in Gestalt der GmbH, insolvent werden, was zu einem jhrlichen Steuerausfall in Gestalt der nicht zurckgezahlten Vorsteuerbetrge in Milliardenhhe fhrt, ist es schlicht unverstndlich, weshalb der Gesetzgeber immer noch nicht ausdrcklich vorschreibt, daß der Vorsteuerabzug erst nach Begleichung der Rechnung in Betracht kommt. Die 6. EG-Richtlinie steht einer solchen nderung nicht entgegen.2

15.88

Indes entfallen die beschriebenen Wirkungen der verfehlten Regelung bei einer sachgerechten Interpretation des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG. Nach dieser Vorschrift ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die Gegenleistung „uneinbringlich“ geworden ist. Dieser Begriff ist dem Zweck des Vorsteuerabzugs entsprechend so auszulegen, daß die Vorsteuer nur dann (bzw. soweit) abgezogen werden darf, wenn (bzw. als) im Zeitpunkt der Abgabe der Voranmeldung die Rechnung auch beglichen ist (Rz. 16.19 ff.).

15.89

b) Bei Vorauszahlungen Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausfhrung des Umsatzes entfllt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG).3 Sind die Voraussetzungen nicht gleichzeitig gegeben, so kommt der 1 Das entspricht der Grundregel des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 Unterabs. 1 iVm. Art. 17 Abs. 1 iVm. Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL. 2 Ausfhrlich dazu Stadie, UR 2004, 136, 137 f. 3 Entspricht Art. 17 Abs. 2 Buchst. a iVm. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a iVm. Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

515

15.90

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

Vorsteuerabzug fr den Voranmeldungszeitraum in Betracht, in dem erstmals beide Voraussetzungen erfllt sind. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG erfordert selbstverstndlich, daß auch die Voraussetzungen der vorhergehenden Stze 1 und 2 (mit Ausnahme der Ausfhrung der Leistung) vorliegen. Die Regelung bewirkt, daß der Unternehmer dem Zweck des Vorsteuerabzugs entsprechend (Rz. 3) sogleich von der im Vorauszahlungsbetrag stets rechnerisch enthaltenen Umsatzsteuer entlastet wird. Mit der Vorschrift korrespondiert, daß beim leistenden Unternehmer die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung der Vorauszahlung entsteht (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG; Rz. 12.14) und er verpflichtet ist, eine entsprechende Rechnung zu erteilen (§ 14 Abs. 5 Satz 1 UStG; Rz. 14.14). 15.91

Ist der Gesamtbetrag der im voraus erteilten Rechnung hher als der Vorauszahlungsbetrag (bzw. der Summe mehrerer Vorauszahlungen), so kann nur (jeweils) der Teil der ausgewiesenen Steuer nach dieser Vorschrift, d. h. in einem Voranmeldungszeitraum vor Ausfhrung der Leistung, abgezogen werden, der rechnerisch im (jeweiligen) Vorauszahlungsbetrag enthalten ist.1 Aus einer Endrechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 2 UStG) ist nur noch der Teil des Steuerbetrages als Vorsteuer abziehbar, der als gesetzlich geschuldete Steuer in der verbliebenen Restzahlung enthalten ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).

III. Abziehbarkeit der brigen Vorsteuern 1. Einfuhrumsatzsteuer a) Allgemeines 15.92

Der Unternehmer kann die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer fr Gegenstnde, die fr sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingefhrt worden sind, als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG).2 Ein Gegenstand ist „nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 eingefhrt“, wenn er aus einem Drittland in das Inland3 verbracht und hier in den zoll- und damit auch einfuhrumsatzsteuerrechtlich freien Verkehr bergefhrt worden ist (Rz. 9.8).4

15.93

Der Abzug als Vorsteuer setzt die Entrichtung5 der Einfuhrumsatzsteuer voraus, so daß sie folglich fr den Voranmeldungszeitraum abgezogen werden kann, in dem sie entrichtet worden ist (§ 18 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 16 Abs. 2 Satz 3 UStG).6 Der berechtigte Unter1 2 3 4

Vgl. Abschn. 193 Abs. 4 UStR 2005. Entspricht Art. 17 Abs. 2 Buchst. b iVm. Art. 18 Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL. Oder in die sterreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg. Das gilt auch bei Einfuhren ber Freihfen und die sog. Wattenmeere, da diese Gebiete als Drittlandsgebiete gelten (Rz. 10.9 Fn.), sofern die Gegenstnde nicht schon im Freihafen einfuhrumsatzsteuerrechtlich abgefertigt worden sind; vgl. Abschn. 199 Abs. 3 UStR 2005. 5 Zum Nachweis der Entrichtung Abschn. 202 Abs. 1 Nr. 2 UStR 2005. 6 Allerdings lßt es § 18 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 16 Abs. 2 Satz 4 UStG zu, daß die bis zum 16. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer bereits fr diesen Voranmeldungszeitraum abgesetzt wird, wenn sie in ihm entstanden ist (Beispiel: Zahlungsaufschub).

516

III. Abziehbarkeit der brigen Vorsteuern nehmer (Rz. 95 ff.) muß die Steuer nicht selbst entrichtet haben; die Zahlung kann auch durch einen selbstndigen Beauftragten (z. B. Frachtfhrer, Spediteur) erfolgt sein.

Der Gegenstand muß vom Unternehmer fr sein Unternehmen eingefhrt worden sein (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Damit sind zwei Fragen verbunden, nmlich zum einen die nach der Person, fr die der Gegenstand eingefhrt wird (personelle Abzugsberechtigung) und zum zweiten die daran anknpfende Frage, ob der Gegenstand fr das Unternehmen dieser Person eingefhrt wird (sachliche Abzugsberechtigung). Fr die zweite Frage gelten die zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entwickelten Kriterien (Rz. 25 ff.) entsprechend. Nach Auffassung des BFH msse hinzukommen, daß der Unternehmer den Gegenstand seinem im Inland belegenen Unternehmensbereich zuordne.1 Das ist verfehlt, da der Unternehmer nicht im Inland ansssig sein, d. h. hier keine Niederlassung o. . haben muß (Beispiel: Ein im Drittlandsgebiet ansssiger Unternehmer fhrt mittels eingefhrter Gegenstnde im Inland eine Werklieferung aus).

15.94

b) Abzugsberechtigter Die Frage der personellen Abzugsberechtigung2 stellt sich, wenn (wie regelmßig) die Einfuhr im Rahmen einer Lieferung erfolgt, denn in diesem Fall kommen nach dem Wortlaut der Vorschrift mehrere Unternehmer als abzugsberechtigt in Betracht. Aus der Sicht des Lieferers wird der Gegenstand fr sein Unternehmen eingefhrt, weil er seiner Lieferverpflichtung nachkommen will, aus der Sicht des Abnehmers hingegen fr sein Unternehmen, weil er den Gegenstand zuknftig fr seine Umstze verwenden will. Beim Reihengeschft (Rz. 7.42 ff.) kmen alle Beteiligten in Frage, weil jeder von ihnen den Gegenstand unternehmerisch verwendet.3 Fr die Vorsteuerabzugsberechtigung muß deshalb ein weiteres Kriterium hinzutreten, welches eine eindeutige Zuordnung des eingefhrten Gegenstandes zu einer Person ermglicht. Der Gegenstand kann nur fr denjenigen eingefhrt sein, dem der Gegenstand bei der Einfuhr als „sein“ Gegenstand zuzurechnen ist. Nicht maßgebend ist die Eigentmerstellung, da das Umsatzsteuerrecht durchgngig bei Lieferungen an die Erlangung der Verfgungsmacht anknpft, welche nicht mit dem Eigentum gleichzusetzen ist (Rz. 7.18). 1 BFH, BStBl. II 1980, 615, 617; 1991, 937; 1993, 473. 2 Frachtfhrer, Spediteure, Agenten o. . Personen, die die Einfuhrumsatzsteuer fr Rechnung ihres Auftraggebers im eigenen Namen, d. h. als Schuldner entrichtet haben, kommen nicht als Abzugsberechtigte in Betracht, da sie den Gegenstand nicht fr eigene unternehmerische Zwecke einfhren, nmlich nicht in ihrem Unternehmen verwenden wollen. Eine vorbergehende Lagerung fr den Auftraggeber ndert daran nichts (Abschn. 199 Abs. 5 Satz 3 UStR 2005). Sie knnen die Einfuhrumsatzsteuer deshalb auch dann nicht als Vorsteuer abziehen, wenn sie die verauslagte Steuer von ihrem Auftraggeber nicht erstattet erhalten. Auch fr eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO besteht kein Anlaß, da es sich um den Ausfall eines zivilrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs handelt; vgl. auch BFH, BFH/NV 2005, 259. 3 BFH, BStBl. II 1980, 615, 617.

517

15.95

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.96

Das Gesetz knpft deshalb auch die Zurechnung des Gegenstandes bei der Einfuhr an die Verfgungsmacht (dazu Rz. 7.18 ff.)1 im Zeitpunkt der Einfuhr.2 Daraus folgt: Versendet oder befrdert der Lieferer den Gegenstand zum Abnehmer und trgt dieser die Transportgefahr, so hat dieser die Verfgungsmacht bereits mit Beginn des Transports erlangt (Rz. 2.9; Rz. 7.36) und fhrt deshalb den Gegenstand fr sein Unternehmen ein. Mit der Tragung der Transportgefahr ist verknpft, daß den Abnehmer auch die Einfuhrumsatzsteuer trifft3, sei es, daß er sie selbst schuldet, sei es, daß sie fr seine Rechnung entrichtet wird. Da der Gegenstand fr sein Unternehmen eingefhrt worden ist, ist mithin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG sachgerecht derjenige zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, der sie trgt.

15.97

Trgt hingegen der Lieferer die Transportgefahr, so erlangt der Abnehmer die Verfgungsmacht erst mit bergabe des Gegenstandes (Rz. 7.36 iVm. Rz. 12.11). Folglich hatte der Lieferer im Zeitpunkt der Einfuhr noch die Verfgungsmacht, so daß der Gegenstand noch fr sein Unternehmen eingefhrt wurde.4 Da der Lieferer mit der Transportgefahr auch die Einfuhrumsatzsteuer zu tragen hat, ist auch in diesem Fall sachgerecht derjenige zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, der sie entrichtet hat. Zu diesem Ergebnis fhrt auch § 3 Abs. 8 UStG, wonach der Ort der Lieferung als im Inland gelegen gilt, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist (Rz. 8.29). Diese Regelung beruht auf der verfehlten Annahme (Rz. 7.36, Rz. 12.11), daß die Fiktion des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, wonach die Lieferung bereits bei Beginn des Transportes als ausgefhrt gilt, nicht nur den Ort, sondern auch den Zeitpunkt der Lieferung betreffe und des weiteren auch im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu bercksichtigen sei.5 Wenn der Zeitpunkt der Lieferung fehlerhaft mit dessen Ort auf den Beginn der Befrderung gelegt wird, obwohl (wenn der Lieferer die Transportgefahr trgt) erst mit bergabe des Gegenstandes an den Abnehmer feststeht, ob berhaupt eine Lieferung vorliegt, so ist die Regelung des § 3 Abs. 8 UStG erforderlich. Indem der Ort der Lieferung in das Inland verlegt wird, wird damit zugleich bewirkt, daß die Lieferung als erst im Inland ausgefhrt gilt und mithin der Lieferer noch die Verfgungsmacht bei der Einfuhr hatte und folglich zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt ist.6

15.98

Entsprechendes gilt beim Reihengeschft (zu diesem Rz. 7.42 ff.). Nicht etwa sind die unsinnigen und zudem EG-Richtlinien-widrigen Fiktionen des § 3 Abs. 6 Satz 5 f. und 1 Keine Verfgungsmacht hat der Mieter oder der auf Grund eines anderen Rechtsverhltnisses lediglich zur Nutzung Berechtigte; BFH, BStBl. II 1980, 615; 1993, 473. 2 Insoweit zutreffend BFH, BStBl. II 1980, 615, 617; 1991, 937; 1993, 473; Abschn. 199 Abs. 4 Satz 2 UStR 2005. 3 Eine Lieferkondition, wonach der Abnehmer zwar die Transportgefahr, aber der Lieferer die Einfuhrumsatzsteuer trgt, drfte kaum vorkommen. 4 Mangels Abzugsberechtigung des Kufers kann deshalb kein zivilrechtlicher Anspruch des vom auslndischen Lieferer beauftragten Frachtfhrers oder Spediteurs gegen den Kufer bestehen, ihm die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer zu erstatten; vgl. BGH, RIW 1991, 613 = UR 1992, 18. 5 So BFH, BStBl. II 1980, 615, 617; 1991, 937, zur Vorgngervorschrift § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG aF. 6 Im Ergebnis ebenso Abschn. 199 Abs. 6 Satz 2 UStR 2005.

518

III. Abziehbarkeit der brigen Vorsteuern § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG (Rz. 8. 15 ff.) heranzuziehen. Trgt der letzte Abnehmer die Transportgefahr, so hat er bei zutreffender Auslegung des § 3 Abs. 1 UStG (Rz. 7.36 iVm. Rz. 2.9) bereits bei Beginn der Befrderung die Verfgungsmacht erlangt, so daß sie kein vorhergehender Lieferer mehr haben kann und der Gegenstand mithin iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG fr sein Unternehmen eingefhrt wird. Mit der Transportgefahr korrespondiert die Tragung der Einfuhrumsatzsteuer, so daß sachgerecht der letzte Abnehmer als derjenige zum Abzug berechtigt ist, der sie auch entrichtet bzw. auf seine Rechnung entrichten lßt.1 Trgt hingegen der erste Lieferer die Transportgefahr, so wird dem letzten Abnehmer die Verfgungsmacht erst mit der bergabe des Gegenstandes verschafft (Rz. 7.36). Folglich hat der erste Lieferer die Verfgungsmacht noch bei der Einfuhr, so daß er zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt ist, die er auf Grund der Lieferkonditionen auch regelmßig trgt. Zum selben Ergebnis fhrt die Heranziehung des § 3 Abs. 8 UStG.2

Lehnt der vorgesehene Empfnger die Annahme des an ihn versandten Gegenstandes zu Recht ab, z. B. wegen Verzuges, Nichtbestellung („Lieferung“ eines aliuds) oder Mangelhaftigkeit, so liegt trotz der Fiktion des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG keine Lieferung vor, da der Abnehmer keine Verfgungsmacht an dem Gegenstand erlangt hat.3 Die Vorschrift bestimmt lediglich den Ort einer Lieferung, wenn diese tatschlich stattgefunden hat. Das ist nicht der Fall, wenn der Gegenstand als nicht vertragsgemß zurckgewiesen und der Kaufpreis nicht gezahlt wird (vgl. Rz. 7.36 iVm. Rz. 12.11). Daraus mßte folgen, daß nicht der vorgesehene Empfnger, obwohl er bzw. sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer war, sondern der Lieferer zum Abzug berechtigt wre, weil er noch die Verfgungsmacht bei der Einfuhr hatte.4 Die Abzugberechtigung bestimmt sich jedoch nach der Verfgungsmacht im Zeitpunkt der Einfuhr, fr die nur eine Regelfallbetrachtung maßgebend sein kann. Sollte nach den Lieferkonditionen der vorgesehene Empfnger die Transportgefahr tragen, so htte dieser bei ordentlichem Verlauf der Dinge, d. h. bei mangelfreier Lieferung, bereits bei der Einfuhr die Verfgungsmacht gehabt. Folglich ist der vorgesehene Abnehmer der Abzugsberechtigte. Das ist auch nur sachgerecht, da er die Einfuhrumsatzsteuer getragen hat. Die sachliche Abzugsberechtigung bestimmt sich nach der beabsichtigten Verwendung.

15.99

2. Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb Der Unternehmer kann die Steuer fr den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenstnden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG; dazu Rz. 9.9 ff.) fr sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 3 UStG). Zum Merkmal „fr sein 1 Nur im Ergebnis ebenso Abschn. 31a Abs. 16 UStR 2005 (Beispiel). 2 Vgl. Abschn. 199 Abs. 6 Satz 3 UStR 2005. 3 Demgegenber sollte nach Auffassung des BFH § 3 Abs. 7 UStG aF. als Vorgngervorschrift des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG eine Lieferung auch dann fingieren, wenn der Gegenstand vom vorgesehenen Abnehmer nicht angenommen wird (BFH, BStBl. II 1993, 731). 4 So Abschn. 199 Abs. 11 Nr. 1 Buchst. a UStR 2005. Ebenso bislang der Verfasser, Vorsteuerabzug, S. 143; diese Ansicht wird aufgegeben.

519

15.100

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

Unternehmen“ s. Rz. 25 ff. Eine Rechnung des Lieferanten ist nicht erforderlich.1 Abziehbar ist die nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG entstandene Steuer2, so daß die Verrechnung stets in derselben Voranmeldung erfolgt und mithin die Steuer fr den innergemeinschaftlichen Erwerb liquidittsneutral ist. 3. Vom Leistungsempfnger geschuldete Steuer 15.101

Der Unternehmer kann die Steuer fr Leistungen iS des § 13b Abs. 1 UStG (dazu Rz. 13.4 ff.), die fr sein Unternehmen (dazu Rz. 12 ff., 25 ff.) ausgefhrt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausfhrung dieser Leistungen entfllt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG).3 Eine Rechnung des leistenden Unternehmers gem. § 14a Abs. 5 UStG ist nicht Voraussetzung fr den Vorsteuerabzug4; das ergbe auch keinen Sinn. Abziehbar ist die nach § 13b UStG entstandene (und zugleich geschuldete) Steuer, so daß die Verrechnung stets in derselben Voranmeldung erfolgt und mithin die Steuer liquidittsneutral ist.

15.102

Wird bei einem sog. innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft die Steuer fr die Lieferung an den letzten Abnehmer von diesem geschuldet (§ 25b Abs. 2 UStG; dazu Rz. 9.27), so ist der Abnehmer grundstzlich zum Abzug der geschuldeten Steuer als Vorsteuer berechtigt (§ 25b Abs. 5 UStG).

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten 1. Allgemeines 15.103

a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbetrge, die auf Aufwendungen entfallen, fr welche das Abzugsverbot5 des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 Abs. 7 oder

1 Anders Art. 17 Abs. 2 Buchst. d iVm. Art. 18 Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL. 2 Abschn. 192a Abs. 2 UStR 2005. 3 Die Formulierung der Bestimmung ist verfehlt, da sie an die ebenfalls mißratene Formulierung des § 13b Abs. 1 UStG anknpft. Entgegen ihrem Wortlaut gilt diese Vorschrift nmlich nicht, wenn in den Fllen ihres Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 5 der im Ausland ansssige Unternehmer Steuerschuldner ist, weil der Leistungsempfnger nicht erkennen konnte, daß dieser nicht im Inland ansssig ist (Rz. 13.46 Fn.). Dann bestimmt sich der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. 4 Entspricht Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL, der lex specialis zu der Grundregel des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a ist; vgl. EuGH, Urt. v. 1.4.2004 – Rs. C-90/02, UR 2004, 367; vgl. auch Art. 18 Abs. 3a der 6. EG-RL. 5 Nach Auffassung des EuGH kann bei nicht im Inland ansssigen Unternehmern der Vorsteuerabzug auch auf Grund eines im Ansssigkeitsstaat geltenden Abzugsverbotes ausgeschlossen sein (Rz. 18.50).

520

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten

des § 12 Nr. 1 EStG gilt (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG).1 Diese einkommensteuerrechtlichen Abzugsverbote – § 12 Nr. 1 EStG enthlt kein Abzugsverbot, sondern lediglich eine Klarstellung (Rz. 107) – betreffen: – Aufwendungen fr Geschenke (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, Rz. 110 ff.); – Bewirtungsaufwendungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, Rz. 116 f.); – Aufwendungen fr Gstehuser (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG, Rz. 118 f.); – Aufwendungen fr Jagd oder Fischerei, fr Segel- oder Motorjachten sowie fr hnliche Zwecke und fr die hiermit zusammenhngenden Bewirtungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG, Rz. 120 ff.); – Aufwendungen, die die Lebensfhrung berhren und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, Rz. 123 ff.); – Aufwendungen, bei denen gegen die Aufzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG verstoßen wurde (§ 4 Abs. 7 Satz 2 EStG, Rz. 129). Der Zweck dieser Abzugsverbote liegt ersichtlich darin, bei sog. Reprsentationsaufwendungen den Vorsteuerabzug vllig auszuschließen oder zu beschrnken, weil sie keinen streng geschftlichen Charakter haben2 und die Lebensfhrung in einem besonderen Maße berhren.

15.104

Die in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG aufgezhlten einkommensteuerrechtlichen „Abzugsverbote“ gelten auch fr Unternehmer, die den Gewinn durch Betriebsvermgensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermitteln, bei dem mithin nicht Ausgaben (Aufwendungen) abgezogen, sondern Vermgensminderungen bercksichtigt werden. Gemeint sind die Aufwendungen, welche nach § 4 Abs. 1 Satz 6 iVm. Abs. 5 und 7 EStG den Gewinn nicht mindern drfen. Die Abzugsverbote treffen auch solche Unternehmer, die dem Krperschaftsteuerrecht unterfallen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG), auch wenn ihre Ttigkeit von der Krperschaftsteuer befreit ist3. Sie gelten ber den Wortlaut des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG hinaus auch fr solche Unternehmer, deren Einknfte nicht in Gestalt des Gewinns

15.105

1 Ferner sind Vorsteuerbetrge, die auf Umzugskosten fr einen Wohnungswechsel entfallen, nicht abziehbar (§ 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG). Der Vorsteuerabzug ist indes schon nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (bzw. Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL) ausgeschlossen, weil es sich um gemischte Aufwendungen handelt, bei denen die private Mitveranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist (Rz. 34 ff.), so daß § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG nur klarstellend wirkt (ebenso Reiß in T/L, § 13 Rz. 169 aE.). Das gilt auch fr Umzugskosten des Personals anlßlich einer Betriebsverlegung. Es liegt zwar ein urschlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen vor, ein Wohnungsumzug ist jedoch stets auch eine private Angelegenheit der Arbeitnehmer, die auch bei einer betrieblich veranlaßten Wohnsitzverlegung nicht als unbedeutend vernachlssigt werden kann. 2 So die Formulierung des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL, der allerdings nur programmatischer Natur ist, nmlich nur vorschreibt, welche Ausgaben auf jeden Fall vom Vorsteuerabzugsrecht auszuschließen sind, wenn es der Rat schaffen sollte, entsprechend Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 Satz 1 der 6. EG-RL eine entsprechende Richtlinie ber Vorsteuerausschlsse zu erlassen. 3 Vgl. Abschn. 197 Abs. 3 UStR 2005.

521

Kapitel 15 Vorsteuerabzug nach § 4 EStG zu ermitteln sind, nmlich bei solchen, die unter die Einkunftsart § 21 EStG (Vermietung und Verpachtung) oder § 22 Nr. 3 EStG (sonstige Leistungen) fallen. Zwar gelten fr diese Unternehmer die o. g. Abzugsverbote (mit Ausnahme des § 4 Abs. 7 EStG) einkommensteuerrechtlich nur auf Grund der Verweisung des § 9 Abs. 5 EStG, es ist jedoch davon auszugehen, daß es sich um ein Versehen des Gesetzgebers handelt, da es keinen sachlichen Grund gibt, diese Unternehmer auszunehmen.

15.106

§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG erfaßt nur solche Leistungen, bei denen bereits im Zeitpunkt, zu dem der Vorsteuerabzug geltend zu machen wre, die Verwendung fr die abzugsschdlichen Zwecke erfolgt ist bzw. feststeht. Erfolgt die Verwendung bzw. die Zweckbestimmung erst in einem spteren Voranmeldungszeitraum, so ist der vorgenommene Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG zu berichtigen (Rz. 16.30 ff.).

15.107

b) Den genannten Aufwendungen mssen Leistungen zugrunde liegen, die fr das Unternehmen bezogen werden, da anderenfalls der Vorsteuerabzug schon nach § 15 Abs. 1 UStG ausgeschlossen ist. Die Erwhnung des § 12 Nr. 1 EStG ist demgemß berflssig. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind die Ausgaben fr den Haushalt des Steuerpflichtigen und fr den Unterhalt seiner Familienangehrigen nicht abziehbar. Dazu gehren nach Satz 2 auch die Aufwendungen fr die Lebensfhrung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Frderung des Berufs oder der Ttigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Die in § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Aufwendungen stehen in keinerlei Beziehung zum Unternehmen, so daß die zugrunde liegenden Leistungen niemals fr das Unternehmern ausgefhrt werden knnen und folglich stets und ausnahmslos schon nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG den Vorsteuerabzug ausschließen. Nichts anderes gilt fr die von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG umschriebenen „gemischten“ Aufwendungen. Auch die diesen zugrunde liegenden Leistungen sind schon nicht fr das Unternehmen bezogen, so daß auch bei ihnen der Vorsteuerabzug bereits nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG ausgeschlossen ist (Rz. 35 ff.).1 Die Erwhnung des § 12 Nr. 1 EStG in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG luft folglich leer.2 Die Bestimmung ist auch nur deshalb aufgenommen worden, weil der BFH mehrfach die These vertreten hatte, daß, da das Umsatzsteuergesetz eine dem § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entsprechende Vorschrift nicht enthalte, die von ihr genannten Aufwendungen nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen seien.3 Diese Ansicht basiert auf der verfehlten Annahme, daß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG konstituierende Wirkung habe. Richtigerweise stellt diese Bestimmung jedoch nur klar4, was sich ohnehin bereits aus dem Entnahme-, Betriebsausgabenbzw. Werbungskostenbegriff ergibt. Auch die Erwhnung des § 12 Nr. 1 EStG in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG hat mithin im Ergebnis nur klarstellende Wirkung, 1 Vgl. auch Reiß, UmsatzsteuerR, 6.2.2.1.2d (S. 211). 2 Sie ist deshalb nicht etwa wegen Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL (dazu Rz. 109) gemeinschaftswidrig, so aber Nieders. FG, EFG 2001, 177. 3 BFH, BStBl. II 1986, 216; 1987, 350, 353; vgl. auch BFH, BStBl. 1987, 688, 691; BFH/ NV 1987, 536. 4 Begr. zu § 12 EStG 1934, RStBl. 1935, S. 33, 41.

522

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten

da ein auf Grund der verfehlten Rechsprechung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG abziehbarer Vorsteuerbetrag dann doch nicht abziehbar ist. Entsprechendes gilt fr die in § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG genannten Umzugskosten.1 Nach Ansicht des BMF sollen Aufwendungen im Zusammenhang mit einer ertragsteuerrechtlichen sog. Liebhaberei nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG fallen, weil sie bereits aus den bergeordneten Gesichtspunkten des § 2 EStG ertragsteuerrechtlich unbeachtlich seien. Daraus soll aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht folgen, daß die Vorsteuern aus Vorbezgen fr sog. Liebhabereibettigungen nicht unter das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 12 Nr. 1 EStG fallen.2 Das fhrt zu einer Subventionierung privater Hobbies und beruht auf der verfehlten Annahme, daß, anders als im Einkommensteuerrecht, Liebhabereibettigungen unternehmerisch sein knnten (ausfhrlich dazu Rz. 5.87 ff.).

15.108

c) Die Abzugsverbote des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG sind weitgehend mit der 6. EG-RL zu vereinbaren. Nach deren Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 knnen die Mitgliedstaaten alle Vorsteuerausschlsse beibehalten, die innerstaatlich bereits bei Inkrafttreten der 6. EGRichtlinie galten. § 15 Abs. 1a UStG ist zwar erst zum 1.4.1999 eingefhrt worden, zuvor galt jedoch seit 1968 eine Regelung, die hinsichtlich der meisten Tatbestnde im Ergebnis dieselbe Wirkung hatte. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c iVm. § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG 1973 war nmlich ursprnglich bei Ttigung der meisten jetzt in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG genannten Aufwendungen ein sog. Eigenverbrauch in Hhe dieser Aufwendungen zu versteuern, wodurch der Vorsteuerabzug wieder neutralisiert wurde. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG aF. wirkte folglich wie ein mittelbares Vorsteuerabzugsverbot.3 Mit § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG hat sich lediglich die Gesetzestechnik gendert. Aus der Sicht des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL kann nur das materielle Ergebnis einer Regelung maßgebend sein, so daß eine genderte Gesetzestechnik keinen Verstoß gegen diese Bestimmung enthlt, wenn der Umfang des Vorsteuerausschlusses sich im Ergebnis nicht gendert hat.4 Das ist indes im Falle der Bewirtungsaufwendungen geschehen (Rz. 117). Auch der Verstoß gegen Aufzeichnungspflichten (§ 4 Abs. 7 EStG) war in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 nicht genannt (Rz. 129).

15.109

2. Einzelheiten a) Geschenke Bei Aufwendungen fr Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmers sind, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn die Anschaf-

1 S. Rz. 103 Fn. 2 BMF, UR 2000, 399; zust. W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 517; Nieders. FG, EFG 2001, 177. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 2003, 666, 667 aE.: „nur eine andere Form des Vorsteuerausschlusses gem. Art. 17 Abs. 6“. 4 Demgemß ist der EuGH in seiner Entscheidung EuGHE 1999, I-6671 = UR 1999, 456, auf den Einwand der Kommission, der nationale Gesetzgeber habe seine Berechtigung nach Art, 17 Abs. 6 der 6. EG-RL zur Beibehaltung eines Vorsteuerausschlusses durch die nderung des nationalen Rechts verloren (Tz. 19), gar nicht eingegangen, was nur heißen kann, daß er ihn fr unbeachtlich hlt.

523

15.110

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

fungs- oder Herstellungskosten1 der dem Empfnger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstnde insgesamt 35 Euro nicht bersteigen (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Das Geschenk muß dem Empfnger fr Zwecke des Unternehmens des Schenkenden zugewendet werden, da anderenfalls der Erwerb des zu verschenkenden Gegenstandes schon nicht fr das Unternehmen erfolgt und der Vorsteuerabzug bereits nach § 15 Abs. 1 UStG ausgeschlossen ist. 15.111

Echte Geschenke an Arbeitnehmer, denen mithin keine Gegenleistung in Gestalt anteiliger Arbeitsleistung gegenbersteht, werden, soweit es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt, von § 3 Abs. 1b Nr. 2 bzw. Abs. 9a Nr. 1 UStG erfaßt (Rz. 4.15 u. 4.36), wenn die Verwendung im Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht feststeht. Anderenfalls ist der Vorsteuerabzug schon nach § 15 Abs. 1 UStG ausgeschlossen2, weil die fr die Geschenke verwendeten Leistungsbezge nicht fr das Unternehmen erworben werden. Ist bei einem Geschenk an Nicht-Arbeitnehmer der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeschlossen, so kann die Schenkung nicht den Tatbestand der unentgeltlichen Zuwendung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG erfllen, da Satz 2 dieser Bestimmung nicht zutrifft (s. auch Rz. 4.19).

15.112

Bei einem Geschenk handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung. Mithin liegt ein solches nicht vor, wenn der Unternehmer eine Gegenleistung des Empfngers der Zuwendung erhlt oder erwartet.3 Der BMF geht bei der Hingabe von Preisen anlßlich eines Preisausschreibens nicht von Geschenken iS des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG aus.4 Das ist im Hinblick auf den Zweck des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG, den Vorsteuerabzug auszuschließen, weil Letztverbrauch beim Empfnger eintritt, nicht sachgerecht. Diese Sichtweise steht auch im Widerspruch zu der (zutreffenden) Auffassung des BMF, daß Warenabgaben anlßlich von Preisausschreiben u. . unter § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG fallen5 (s. auch Rz. 4.18). Danach kme es darauf an, ob der abgegebene Gegenstand von vornherein fr diesen Zweck erworben worden war oder nicht; diese Unterscheidung wre willkrlich.

15.113

Der Begriff des Geschenks iS des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG erfaßt auch die Zuwendung von Dienstleistungen (sonstigen Leistungen).6 Das gilt auch im Rahmen des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG, denn gerade wegen diesen ist erstgenannte Vorschrift in letztere eingefgt worden.7 Bewirtungen werden indes von § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG als lex specialis erfaßt. Beispiele: – Erwerb von Konzertkarten oder Eintrittskarten (vgl. Rz. 7.57) fr sportliche, unterhaltende u. . Veranstaltungen zum Zwecke der berlassung an Geschftsfreunde8; 1 2 3 4 5 6 7

Dazu nher R 21 Abs. 3 iVm. R 86 Abs. 4 Satz 3 EStR 2003. Soweit es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt. Vgl. Abschn. 24b Abs. 10 Satz 3 f. UStR 2005. Absch. 197 Abs. 2 Satz 1 UStR 2005 iVm. R 21 Abs. 4 Satz 5 Nr. 3 EStR 2003. Abschn. 24b Abs. 8 Satz 8 UStR 2005. BFH, BStBl. II 1993, 806; Shn in Kirchhof/Shn, EStG, § 4 Rz. G 42 f. mwN. Vgl. 3. Bericht des FinAussch. zum StEntlG 1999/2000/2002, BT-Drucks. 14/443, zu Art. 7 Nr. 11 Buchst. b (zu § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG). 8 Abschn. 197 Abs. 4 Satz 5 UStR 2005.

524

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten – Inanspruchnahme von Reiseleistungen zwecks Weitergabe an den Gewinner eines Preisausschreibens. Besteht das Geschenk in der zeitweisen Nutzungsberlassung eines Gegenstandes des Unternehmens (Beispiel: berlassung eines Fahrzeuges fr eine mehrwchige Probefahrt), so konkurrieren die Tatbestnde des § 3 Abs. 9a UStG und des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG (Rz. 16.35).

Der Vorsteuerabzug ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Freigrenze von 35 Euro Anschaffungs- oder Herstellungskosten1 der dem jeweiligen Empfnger im Wirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 EStG)2 zugewendeten „Gegenstnde“3 berschritten wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Bei der Prfung, ob die Freigrenze berschritten wird, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung Geldgeschenke einzubeziehen.4 Das entspricht zwar dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, ist aber aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht sachgerecht, weil es zum Vorsteuerausschluß bei Bagatellgeschenken fhrt, da sich bei Geld die Frage des Vorsteuerabzugs nicht stellt.

15.114

Wird die Freigrenze erst durch ein weiteres Geschenk im Wirtschaftsjahr berschritten, so entfllt der Vorsteuerabzug nicht rckwirkend fr das erste Geschenk; vielmehr ist der Vorsteuerabzug fr denjenigen Voranmeldungszeitraum nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 iVm. Abs. 1 Satz 7 UStG zu berichtigen, in dem das zweite Geschenk und damit Aufwendungen iS des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG gettigt werden (Rz. 16.33).

15.115

b) Bewirtungen Nichtabziehbar sind ferner Vorsteuern, die auf Aufwendungen fr die Bewirtung von Personen aus geschftlichem Anlaß entfallen, soweit die Aufwendungen 70 vom Hundert der Aufwendungen bersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Hhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Der Nachweis hat in der von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 EStG vorgeschriebenen Weise zu erfolgen. Die Beschrnkung des Vorsteuerabzugs gilt auch bei Bewirtungen in unternehmenseigenen Einrichtungen5, sofern der Vorsteuerabzug nicht schon nach spezielleren Vorschriften vollstndig ausgeschlossen ist (Rz. 118, 120). Das Abzugsverbot gilt (natrlich) nicht, wenn die Bewirtung Gegenstand einer mit „Gewinnabsicht“ (dazu Rz. 121) ausgebten unternehmerischen Bettigung ist (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG), wie insbesondere bei Hotels, Gaststtten, Bars u. .

1 Ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer. 2 Umsatzsteuerrechtlich ist nicht etwa vom Kalenderjahr auszugehen; so aber Abschn. 197 Abs. 4 Satz 3 UStR 2005. 3 „Gegenstand“ ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift nicht als krperlicher Gegenstand, sondern als Gegenstand (Objekt) der Schenkung zu verstehen und erfaßt deshalb auch Dienstleistungen. 4 Abschn. 1997 Abs. 4 Satz 4 UStR 2005. 5 Abschn. 197 Abs. 7 UStR 2005.

525

15.116

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.117

Die Begrenzung der abziehbaren Vorsteuer auf 70 vom Hundert der angemessenen und nachgewiesenen Aufwendungen ist mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren. Die Beschrnkung des Vorsteuerabzugs bei Bewirtungsaufwendungen war zwar schon in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 enthalten und entsprach deshalb Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL (Rz. 109), die Beschrnkung betraf jedoch nur den unangemessen Teil der Aufwendungen. Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL verlangt nicht nur, daß ein Vorsteuerausschluß der Art nach vorlag, sondert verbietet auch sptere Verschrfungen durch die Mitgliedstaaten1, so daß der Vorsteuerausschluß nur in dem Umfang weitergilt, in dem er bei Erlaß der 6. EG-Richtlinie bestanden hatte. Nach Auffassung des BFH soll deshalb § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG insoweit wegen des Anwendungsvorranges des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL nicht zu beachten sein.2 Das verstßt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, weil der Gesetzgeber die Sache anders sieht, so daß die Unvereinbarkeit nicht zweifelsfrei ist und der BFH zuvor eine Entscheidung des EuGH htte einholen mssen (Rz. 1.59). Entgegen der Ansicht des BFH hat sich der EuGH nicht explizit mit der Frage beschftigt, ob eine prozentuale Beschneidung des Vorsteuerabzugs nicht doch nach Art. 17 Abs. 2 der EG-RL („soweit“) wegen des gemischten Charakters der Aufwendungen in Betracht kommt. c) Gstehuser

15.118

Bei Aufwendungen fr Einrichtungen des Unternehmers, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmers sind, dienen (Gstehuser) und sich außerhalb des Ortes eines Betriebes des Unternehmers befinden, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG). Eine sptere entgeltliche oder unentgeltliche Lieferung – einschließlich der Entnahme (§ 3 Abs. 1b UStG) – ist dann steuerfrei (§ 4 Nr. 28 UStG; Rz. 10.129). Das Abzugsverbot gilt (natrlich) nicht, soweit die genannten Zwecke Gegenstand einer mit „Gewinnabsicht“ (dazu Rz. 121) ausgebten unternehmerischen Bettigung sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG), wie insbesondere beim Betrieb eines Hotels, Restaurants usw.

15.119

Hinsichtlich der Einrichtungen selbst sind einkommensteuerrechtliche Aufwendungen vor allem die jhrlichen Abschreibungsbetrge (Absetzungen fr Abnutzung). Das bedeutet indes nicht, daß der Vorsteuerabzug bei Erwerb dieser Einrichtungen erst einmal zu gewhren und spter nur sukzessive in Hhe der anteilig auf die Abschreibungsbetrge entfallenden Vorsteuern zu neutralisieren wre. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG ist keine Vorschrift zur Berichtigung eines vorgenommenen Vorsteuerabzugs, sondern formuliert ein von vornherein greifendes Abzugsverbot. Folglich ist der Ausschluß gegenstandsbezogen und fhrt dazu, daß der Vorsteuerabzug sogleich in voller Hhe beim Erwerb 1 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-4539 = UR 2001, 407, Tz. 17; EuGHE 2002, I-81 = UR 2002, 220, Tz. 46. 2 BFH, UR 2005, 337.

526

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten

dieser Einrichtungen ausgeschlossen ist.1 Das ist auch nur sachgerecht, denn wenn nach dem eindeutigen Zweck der Vorschrift der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein soll, so ergbe es wenig Sinn, dem Unternehmer gleichwohl den erheblichen Zinsvorteil aus dem vorlufigen Vorsteuerabzug zu gewhren.2 Wird ein Gebude anfnglich nicht fr abzugsschdliche Zwecke verwendet, so ist bei einer spteren Nutzungsnderung der Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall (Rz. 16.32).

d) Jagd, Fischerei, Segel- oder Motorjachten u. . Auch bei Aufwendungen fr die Jagd oder Fischerei, fr Segeljachten oder Motorjachten sowie fr hnliche Zwecke und fr die hiermit zusammenhngenden Bewirtungen ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG). Bei der Anschaffung von Gegenstnden fr diese Zwecke ist der Vorsteuerabzug von vornherein in voller Hhe ausgeschlossen (Rz. 119). Eine sptere entgeltliche oder unentgeltliche Lieferung – einschließlich der Entnahme (§ 3 Abs. 1b UStG) – ist dann steuerfrei (§ 4 Nr. 28 UStG; Rz. 10.129).

15.120

Das Abzugsverbot gilt (natrlich) nicht, soweit die genannten Zwecke Gegenstand einer mit „Gewinnabsicht“ ausgebten Bettigung sind, wie insbesondere beim Handel mit oder beim Vermieten von Segeljachten, Motorjachten u. . Gegenstnden. Die Klarstellung findet sich in § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG.3 Auch die Erwhnung der Gewinnabsicht soll lediglich klarstellen, daß bei ohne Gewinnabsicht ausgebten Bettigungen (sog. Liebhaberei) es bei dem Abzugsverbot bereits deshalb verbleibt, weil mangels Vorliegen einer unter das Einkommensteuergesetz fallenden Bettigung schon nicht die Voraussetzungen des Betriebsausausgabenbegriffs erfllt sind. Auf das Umsatzsteuerrecht bertragen heißt das, daß ein Vorsteuerabzugsverbot selbstverstndlich nicht gilt, soweit die genannten Zwecke Gegenstand einer unternehmerischen Ttigkeit im o.g. Sinne sind. Umgekehrt bedeutet es, daß bei Verneinung einer unternehmerischen Ttigkeit in den sog. Liebhaberei-Fllen (Rz. 5.87 ff.) der Vorsteuerabzug bereits nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG ausgeschlossen ist, weil schon kein Unternehmen vorliegt.

15.121

1 Birkenfeld in H/M, § 15 Abs. 1a Rz. 104 f.; Lippross, 7.8.2.1.2c (S. 733 f.); die gegenteilige Auffassung in R/D, § 17 Anm. 191 f. (Febr. 2003), gebe ich auf. 2 Indes wirkte die Vorgngervorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG aF. in dieser Weise, da nur die jhrlichen Aufwendungen (Abschreibung) besteuert wurden. Mithin handelt es sich bei § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 (und 4) EStG streng genommen um eine Verschrfung der ursprnglichen Regelung und wre dann insoweit nicht mit Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL zu vereinbaren (Rz. 109). Es ist jedoch zu vermuten, daß der EuGH keinen Verstoß annehmen wird, da die Regelung letztlich den Intentionen des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL entspricht und nur eine nderung der Gesetzestechnik vorliegt, ohne daß ein neues Vorsteuerabzugsverbot eingefhrt wurde. 3 BFH, BStBl. II 1993, 367.

527

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.122

Dagegen hat der V. Senat des BFH zur Umsatzsteuer im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG aF. (Rz. 109) entschieden, daß bei einer „unternehmerischen“ Ttigkeit ohne Gewinnabsicht (Beispiel: verlustbringende Vermietung einer einzelnen Segeljacht oder Motorjacht, die offensichtlich fr die private Freizeitausbung des Eigners angeschafft worden war; dazu nher Rz. 5.91) der Tatbestand des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG erfllt sei, weil nur bei Ttigkeiten mit Gewinnabsicht nach § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG das Abzugsverbot nicht gelte.1 Damit wird der ausschließlich in einer Klarstellung liegende Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG verkannt und mißachtet, daß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 (wie auch Nr. 2 und Nr. 3) EStG nur die Reprsentationsaufwendungen im Auge hat. Zudem liegt bei einer Bettigung ohne Gewinnabsicht (Liebhaberei) einkommensteuerrechtlich keine einknfterelevante Ttigkeit vor, so daß schon keine Betriebsausgaben vorliegen und folglich die Aufwendungen nicht unter § 4 Abs. 5 EStG fallen knnen. Diese eklatante Verbiegung des Gesetzes lßt sich nur mit dem Bestreben erklren, die Folgen der verfehlten Liebhaberei-Rechtsprechung (Rz. 5.87 ff.) zu kompensieren. Die grob fehlerhafte Heranziehung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fhrt zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß zwar die Umstze aus der – vom BFH angenommenen – Unternehmerttigkeit zu versteuern sind, aber der Vorsteuerabzug hinsichtlich des Gegenstandes, der dafr verwendet wird, ausgeschlossen ist. Zudem ist die Rechtsprechung willkrlich, da sie nur die Vermietung solcher Gegenstnde erfaßt, die unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallen.2 e) Die Lebensfhrung berhrende unangemessene Aufwendungen

15.123

Bei Aufwendungen, die die Lebensfhrung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berhren, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG). Anders als bei „gemischten“ Aufwendungen (Rz. 35 ff., 107), welche durch die Lebensfhrung bereits dem Grunde nach mitveranlaßt sind (vgl. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG: „Aufwendungen fr die Lebensfhrung, die . . . auch“), handelt es sich bei den unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG fallenden Aufwendungen um solche, die dem Grunde nach ausschließlich3 durch den Betrieb/das Unternehmen veranlaßt sind; sie „berhren“ lediglich die Lebensfhrung. Das ist der Fall, wenn sie auch dem Steuerpflichtigen/Unternehmer oder einem Dritten in ihrer Eigenschaft als Privatperson zugute kommen und die Hhe der Aufwendungen durch private Motive beeinflußt wird.

1 BFH, UR 1992, 202; BStBl. II 1999, 104; 2001, 76. 2 Das soll lt. BFH, BFH/NV 2003, 666, bei einem Wohnmobil nicht der Fall sein. 3 Bei Gegenstnden, die auch privat genutzt werden, bezieht sich die Betrachtung nur auf den Teil der Aufwendungen, der die betriebliche/unternehmerische Verwendung betrifft.

528

IV. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei einkommensteuerrechtlichen Abzugsverboten

15.124

Beispiele: – bernachtungskosten auf einer Geschftsreise; – Anschaffungskosten eines unternehmerisch genutzten Personenkraftfahrzeugs; – Anschaffungskosten fr Kunstwerke zur Ausstattung des Chefzimmers. Diese Aufwendungen sind dem Grunde nach ausschließlich unternehmerisch veranlaßt, da – wegen der Geschftsreise in einem Hotel bernachtet werden muß; – das Fahrzeug fr unternehmerische Zwecke erforderlich ist; – eine reprsentative Ausstattung des Chefzimmers der Umsatzsteigerung dienlich sein kann. Alle Aufwendungen berhren aber zugleich auch die Lebensfhrung, da – bernachtungen private Grundbedrfnisse sind; – das Fahrzeug selbst auf einer unternehmerischen Fahrt immer zugleich auch den Fahrer als solchen reprsentiert; – Kunstwerke immer zugleich auch einen Bezug zu dem Menschen haben, der im Chefzimmer sitzt.

Hinzukommen muß des weiteren, daß die Aufwendungen zur Gnze oder in der Hhe nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Die Entscheidung darber hngt von vielen Faktoren ab, wie insbesondere Art der unternehmerischen Ttigkeit, Bedeutung und Erforderlichkeit („blichkeit“) der Reprsentation in dieser Branche, Grße des Unternehmens (Hhe der Umstze, des Gewinns), Grad der Berhrung der Lebensfhrung u. . (auffllige Demonstration der Eitelkeit). Der Umstand, daß der Unternehmer auch im Privatleben einen vergleichbaren Aufwand betreibt, ist ohne Belang, da es nicht darum geht, was er als angemessen (in seinen Kreisen „blich“) ansieht, sondern was nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen ist.

15.125

Beispiele: – bernachtungen im Luxushotel, da dieser Umstand regelmßig ohne Einfluß auf die Umstze ist; – Anschaffung oder Anmietung eines „exotischen“ Sportwagens oder einer „Luxuskarosse“1, da ein solches Gefhrt die Umstze im Regelfall nicht frdern kann; – Anschaffung wertvoller Kunstwerke, die ersichtlich wesentlich von der Sammelleidenschaft des Unternehmers mit beeinflußt wird.

Beide Voraussetzungen mssen zusammen vorliegen, so daß allein der Umstand, daß die Aufwendungen unangemessen sind, nicht unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG fallen (s. auch Rz. 29), wenn die Lebensfhrung des Unternehmers oder anderen Personen nicht berhrt wird (Beispiele: protzige Empfangshalle einer Kapitalgesellschaft ohne beherrschenden Gesellschafter als Geschftsfhrer; maßloser oder unsinniger Werbeaufwand). 1 Vgl. BFH, BFH/NV 2002, 1145.

529

15.126

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.127

Das Merkmal „nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar grundstzlich eine Einzelfallentscheidung verlangt, es aber gleichwohl nicht verbietet, fr typische Flle (Regelflle) durch allgemeine Verwaltungsvorschrift Leitlinien aufzustellen. Wenn nmlich der Gesetzgeber unbestritten durch Rechtsnormen zu einer Typisierung berechtigt ist, so ist es auch der Finanzverwaltung erlaubt, zur Konkretisierung der Norm des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG Leitlinien aufzustellen.1

15.128

Der Vorsteuerabzug ist in Hhe der unangemessenen Aufwendungen ausgeschlossen („soweit“). Bei der Anschaffung eines Gegenstandes gilt das hinsichtlich des entsprechenden Anteils an den Anschaffungskosten, so daß nicht etwa der Vorsteuerabzug nur sukzessive entsprechend den einkommensteuerrechtlich Betrgen zu korrigieren ist. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG enthlt ein Abzugsverbot (Rz. 119). f) Verletzung von Aufzeichnungspflichten

15.129

Nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 7 Satz 2 EStG sollen ferner Vorsteuerbetrge, die auf Aufwendungen entfallen, welche nach § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG gesondert aufzuzeichnen sind, ebenfalls nicht abziehbar sein. Dieser Vorsteuerausschluß ist nicht durch Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL abgedeckt, da eine entsprechende Vorschrift 1977 nicht in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG aF. enthalten war (Rz. 109). Er ist ebensowenig als Sondermaßnahme iS des Art. 27 Abs. 5 der 6. EG-RL anzusehen, da diese nicht der Kommission vor dem 1.1.1978 mitgeteilt worden war. Folglich ist § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 7 Satz 2 EStG nicht anwendbar.2

3. Unbeachtliche einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote 15.130

Bei den nicht in § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG aufgezhlten weiteren Abzugsverboten des § 4 Abs. 5 EStG ist der Vorsteuerabzug grundstzlich nicht ausgeschlossen. Zu erwhnen sind folgende Tatbestnde, denen umsatzsteuerbelastete Lieferungen oder sonstige Leistungen zugrunde liegen bzw. knnen: – Mehraufwendungen fr Verpflegungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG). Die Finanzverwaltung lßt grundstzlich, sofern kein Fall der Unangemessenheit vorliegt (Rz. 123 ff.), die gesamten Vorsteuern zum Abzug zu.3 Das ist verfehlt. Richtigerweise muß der Teil der Vorsteuer, der auf die sog. Haushaltsersparnis entfllt, ausgenommen werden, da insoweit die Restaurationsleistung nicht fr das Unternehmen erfolgt4 (wenn der Unternehmer nicht auswrts ttig gewesen wre, htte er auch essen mssen); 1 So knnte durch allgemeine Verwaltungsvorschrift etwa bestimmt werden: „Anschaffungskosten eines Personenkraftwagens sind, soweit sie 50 000 Euro bersteigen, regelmßig als unangemessen iS des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG anzusehen, sofern nicht der Unternehmer plausibel darlegt, daß in seiner Branche ein teureres Fahrzeug blicherweise der Umsatzsteigerung frderlich ist.“ 2 BFH, BStBl. II 2004,1090, 1091 aE. 3 BMF, BStBl. I 2001, 251. 4 Ebenso Reiß in T/L, § 14 Rz. 169; ders., UmsatzsteuerR, 6.1.5.4 (S. 206).

530

V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

– Aufwendungen fr Fahrten zwischen Wohnung und Betriebssttte und fr Familienheimfahrten (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG). Diese Fahrten sind nicht etwa typisch privat1, sondern ausschließlich durch das Unternehmen veranlaßt2, da der Unternehmer, wenn er das Unternehmen nicht htte, nicht dort hinfahren mßte.3 Die entsprechende gesetzgeberische Wertung ergibt sich aus eben diesem § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG, da die Vorschrift davon ausgeht, daß Betriebsausgaben vorliegen („die folgenden Betriebsausgaben“), und deren Kriterien nach § 4 Abs. 4 EStG (bzw. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) dieselben sind, welche § 15 Abs. 1 UStG mit „fr sein Unternehmen“ umschreibt (Rz. 32); – Aufwendungen fr ein husliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG)4; – strafbare Zuwendungen von Vorteilen (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG). Es handelt sich bei derartigen Lieferungen von Gegenstnden bzw. Dienstleistungen nicht um Geschenke iS des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG (Rz. 111 ff.), da sie nicht unentgeltlich erfolgen, sondern sich der Unternehmer davon eine Gegenleistung verspricht.

V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze 1. Allgemeines Wird die Eingangsleistung5 fr bestimmte steuerfreie oder nicht steuerbare Umstze verwendet, so ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 iVm. Abs. 3 UStG). § 15 Abs. 2 UStG stellt zwar die Regel auf, daß bei allen steuerfreien und fiktiv steuerfreien Umstzen der Vorsteuerabzug entfllt, dieser Grundsatz wird jedoch von § 15 Abs. 3 UStG (Rz. 138 ff.) wieder durchbrochen, wonach trotz der Steuerfreiheit der dort genannten Umstze der Vorsteuerabzug bestehen bleibt. § 15 Abs. 2 UStG betrifft nur solche Leistungen (und Einfuhren), die fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG bezogen werden (Rz. 12 ff.) und bei denen der Vorsteuerabzug nicht schon nach § 15 Abs. 1a UStG (Rz. 103 ff.) ausgeschlossen ist. Werden Bezge sowohl zur Ausfhrung von steuerfreien Umstzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen (Umstzen iS des § 15 Abs. 2 UStG), als auch zur Ausfhrung von steuerfreien 1 So aber W. Wagner in S/R, § 15 Rz. 563 (EL 44 Sept. 2000); Reiß, UmsatzsteuerR, 6.2.2.1.3 (S. 212); Nieders. FG, EFG 2005, 490 (Rev. V R 1/05). 2 So auch Abschn. 197 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005. 3 Aus der EuGH-Entscheidung, EuGHE 1997, I-5577 = UR 1998, 61, wonach die Befrderung von Arbeitnehmern durch den Unternehmer den privaten Zwecken der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken diene, folgt nichts anderes. Arbeitnehmer sind keine Unternehmer. Htten sie ihren eigenen PKW fr die Fahrten zur Arbeitssttte eingesetzt (oder einen Bus o. . benutzt), so wre ihr Aufwand dafr ebenfalls mit Umsatzsteuer belastet gewesen. 4 Vgl. aber Rz. 36 Fn. 5 Oder der eingefhrte bzw. innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand.

531

15.131

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

Umstzen, bei denen der Vorsteuerabzug gegeben ist (Umstze iS des § 15 Abs. 3 UStG), verwendet (sog. gemischte Verwendung), so ist nur der Teil der Vorsteuer abziehbar, der letzteren Umstzen zuzuordnen ist (§ 15 Abs. 4 UStG; Rz. 167 ff.). Von der Wirkung her handelt es sich auch bei der Kleinunternehmer-Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG um eine Steuerbefreiung in Gestalt einer Freigrenze. Der Ausschluß des Vorsteuerabzugs ist gesondert in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG bestimmt (Rz. 17.5).

15.132

Der Ausschluß des Vorsteuerabzugs bewirkt, daß die vom Gesetz als „steuerfrei“ bezeichneten Umstze regelmßig nicht vollen Umfangs steuerentlastet sind, weil der Unternehmer die nicht abziehbaren Vorsteuern als Kostenbestandteile durchweg im Preis auf die Abnehmer abwlzen wird. Die Umstze sind mithin nur in unterschiedlicher Hhe ermßigt besteuert (Rz. 10.68 f.). Innerhalb der Unternehmerkette kann das Vorsteuerabzugsverbot zu Wettbewerbsnachteilen fhren, zu deren Vermeidung der Unternehmer nach § 9 UStG in den wesentlichen Fllen auf die Steuerfreiheit verzichten kann (Rz. 10.71, 10.131 ff.). 2. Vorsteuerabzugsschdliche Umstze

15.133

a) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer fr die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenstnden sowie fr die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausfhrung von solchen steuerfreien Umstzen verwendet, die nicht in § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG benannt sind (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 3 Nr. 1 UStG).1 Das sind insbesondere die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. h und i, Nr. 9, 10 Buchst. b und Nr. 11 bis 28 UStG, sowie regelmßig auch die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 Buchst. a UStG, sofern nicht die Ausnahmen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG eingreifen (Rz. 140 ff.). Durch einen wirksamen Verzicht nach § 9 UStG knnen die in dieser Vorschrift genannten Umstze als steuerpflichtig behandelt werden mit der Folge, daß das Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG entfllt (Rz. 10.131 ff.).

15.134

Zu „Umstzen“ fhren auch unentgeltliche Leistungen iS des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Rz. 4.1), die auch steuerfrei sein knnen (Rz. 10.7). Bei diesen kommt ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht in Betracht (Rz. 10.144). Zur Frage der abweichenden Zurechnung der Vorsteuerbetrge, wenn die unentgeltliche Leistung die eigentlichen, entgeltlichen Umstze des Unternehmers frdern soll s. Rz. 150 f.

15.135

b) Den steuerfreien Umstzen werden Umstze im Ausland, die steuerfrei wren, wenn sie im Inland ausgefhrt wrden, gleichgestellt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG), sofern nicht die Ausnahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 UStG 1 Entspricht Art. 17 Abs. 2 („fr Zwecke seiner besteuerten Umstze“) iVm. Abs. 3 Buchst. b („darber hinaus“) der 6. EG-RL.

532

V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

(Rz. 143) eingreifen.1 Ein Umsatz wird im Ausland ausgefhrt, wenn der Ort nach den Regeln des § 3 Abs. 6–8 und der §§ 3a–3g UStG (dazu Rz. 8.1 ff.) im Ausland liegt und auch nicht nach § 1 Abs. 3 UStG (Rz. 8.5) als im Inland ausgefhrt gilt. Der Ausschluß vom Vorsteuerabzug tritt unabhngig davon ein, ob der Umsatz nach dem Umsatzsteuerrecht des Staates2, in dem er bewirkt wird, steuerpflichtig ist oder als steuerfreier Umsatz zum Vorsteuerabzug berechtigt.3 Nach Auffassung des BFH soll indes ein fiktiver Verzicht nach § 9 UStG in Betracht kommen, wenn bei Ausfhrung des Umsatzes im Inland dieser als steuerpflichtig behandelt werden knnte und der Umsatz im Ausland nach einer entsprechenden Vorschrift als steuerpflichtig behandelt worden ist.4 Diese Sichtweise ist unzutreffend.5 Schon die Begrndung, daß die gegenteilige Auslegung dem Grundelement des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems, wonach der Staat keinen Steuerbetrag erheben drfe, der den vom Endverbraucher gezahlten bersteige, widerspreche, und daß dieses Neutralittsprinzip, welches durch § 15 Abs. 2 UStG durchbrochen werde, gerade durch die Mglichkeit des Verzichts auf die Steuerbefreiung wiederhergestellt werde, geht fehl. Diese vom BFH angenommene scheinbare Durchbrechung des Prinzips ist von der 6. EG-Richtlinie in Art. 17 Abs. 2 gerade ausdrcklich vorgeschrieben, ohne daß die Mitgliedstaaten die Mglichkeit des Verzichts vorsehen mssen. Da es den Mitgliedstaaten berlassen ist, ob und bei welchen Umstzen sie die Mglichkeit zum Verzicht einrumen (Art. 13 Teil C der 6. EG-RL), kann insoweit das nationale Recht nicht anhand eines vom Gemeinschaftsrecht nicht verwirklichten Grundgedankens richtlinienkonform ausgelegt werden. Mithin hat der BFH den Zweck des nur im nationalen Recht vorgesehenen Verzichts auf die Steuerbefreiung verkannt, der darin liegt, den Unternehmer vor Wettbewerbsnachteilen zu bewahren (Rz. 10.135 ff.). Im Falle des § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG erbringt dieser den steuerfreien Umsatz jedoch im Ausland, whrend § 9 UStG nur die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen im Inland im Auge hat. Die Herstellung grenzberschreitender Wettbewerbsgleichheit ist Aufgabe der Gemeinschaft; Art. 13 Teil C der 6. EG-RL schreibt jedoch gerade nicht fr alle Mitgliedstaaten die Einfhrung der Verzichtsmglichkeit vor. Weder § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 noch § 9 UStG kennen einen fiktiven Verzicht. Beispiel: Eine in Deutschland ansssige GmbH vermietet in den Niederlanden ein Brogebude und verzichtet, was nach niederlndischem Recht ebenfalls mglich ist, auf die Steuer1 Entspricht Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-RL. 2 In Betracht kommt nur ein Nicht-EU-Mitgliedstaat, da innerhalb der EU auf Grund der Vorgaben der 6. EG-Richtlinie der Umsatz im anderen Land steuerfrei sein muß. 3 Abschn. 205 Abs. 1 Satz 3 UStR 2005; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 153 f. 4 BFH, UR 2004, 628, zu einer Gebudevermietung in den Niederlanden, die ebenfalls den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung kennen; ebenso FG Hamburg, EFG 2005, 240. 5 So bereits Stadie, Vorsteuerabzug, S. 154.

533

15.136

Kapitel 15 Vorsteuerabzug befreiung. Sie nimmt Beratungsleistungen eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der nderung des Gesellschaftsvertrages in Anspruch. Der Ort der Vermietungsleistungen ist in den Niederlanden (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL; § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG; Rz. 8.52), so daß diese in Deutschland nicht steuerbar sind. Die fr die in Deutschland steuerbare (§ 3a Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 4 Nr. 3 UStG; Rz. 8.100 ff.) und steuerpflichtige Beratungsleistung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer soll nach Auffassung des BFH als Vorsteuer nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG zu vergten („abziehbar“) sein, weil die GmbH bei einer Vermietung in Deutschland ebenfalls nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichtet htte. Das deutsche UStG kennt jedoch keinen fiktiven Verzicht, dessen Notwendigkeit sich aus den o. g. Grnden auch nicht im Wege der Auslegung oder eines etwaigen Anwendungsvorranges ergibt.

15.137

c) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG sollen des weiteren unentgeltliche Leistungen, die steuerfrei wren, wenn sie gegen Entgelt ausgefhrt wrden, den Vorsteuerabzug ausschließen. Diese Bestimmung luft jedoch leer.1 Unentgeltliche Leistungen iS des § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG stellen Umstze dar und knnen deshalb nur von § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG erfaßt werden (Rz. 150). Sollte § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG nichtsteuerbare unentgeltliche Leistungen meinen, die bei Entgeltlichkeit steuerbar und steuerfrei wren, so wrden auch diese nicht erfaßt. Fr derartige Leistungen werden keine Leistungsbezge verwendet; diese sind vielmehr den entgeltlichen Umstzen des Unternehmers zuzurechnen (Rz. 151). Die Vorschrift verstßt auch gegen Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL, denn danach kann der Unternehmer die Vorsteuerbetrge fr Gegenstnde und Dienstleistungen abziehen, soweit diese „fr Zwecke seiner besteuerten Umstze verwendet werden“2. Aus der Vorschrift knnte allenfalls herausgelesen werden, daß fr steuerpflichtige unentgeltliche Leistungen, die bei Entgeltlichkeit steuerfrei wren, der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein soll. Das ergibt indes keinen Sinn, da das Umsatzsteuerrecht eine derartige Konstellation nicht kennt.

3. Ausnahmen a) Ausfuhrbezogene und hnliche Umstze 15.138

Der nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UStG grundstzlich geltende Ausschluß vom Vorsteuerabzug tritt bei den in § 15 Abs. 3 UStG genannten steuerfreien bzw. fiktiv steuerfreien Umstzen nicht ein. Dazu zhlen gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a3 und Nr. 2 Buchst. a4 UStG insbesondere 1 Ausfhrlich dazu bereits Stadie, Vorsteuerabzug, S. 154 ff.; zust. Reiß, UmsatzsteuerR, 6.2.2 (S. 216). 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 156; jetzt auch BFH, UR 2004, 203 = BFH/NV 2004, 595. In dem vom BFH entschiedenen Fall stellte sich die Frage allerdings gar nicht. Die anfngliche, fr drei Jahre unentgeltliche berlassung eines Hotels an den Ehegatten mit Verpachtung ab dem vierten Jahr ist bis dahin keine unternehmerische Ttigkeit. Vielmehr ist dem nutzenden Ehegatten fr die ersten drei Jahre in analoger Anwendung des § 15a UStG der Vorsteuerabzug nach dem Gedanken des Drittaufwandes zu gewhren (Rz. 16.135 ff.) und mit dem Beginn der Verpachtung beim verpachtenden Ehegatten eine Einlage in analoger Anwendung des § 15a UStG anzunehmen (Rz. 16.101 ff.). 3 Entspricht Art. 17 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL. 4 Entspricht Art. 17 Abs. 3 Buchst. a iVm. Buchst. b der 6. EG-RL.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

– die Ausfuhrlieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 UStG; dazu Rz. 10.8 ff.); – die sog. Lohnveredelungen an Gegenstnden der Ausfuhr (§ 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 7 UStG; dazu Rz. 10.50 ff.); – die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG; dazu Rz. 10.25 ff.) einschließlich des innergemeinschaftlichen Verbringens iS des § 3 Abs. 1a iVm. § 6a Abs. 2 UStG (dazu Rz. 10.36 ff.); – die Umstze fr die Seeschiffahrt und die Luftfahrt (§ 4 Nr. 2 iVm. § 8 UStG; dazu Rz. 10.57 f.); – bestimmte sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr (§ 4 Nr. 3 und 5 UStG; dazu Rz. 10.59 ff.); – die steuerfreien Reiseleistungen (§ 25 Abs. 2 UStG; dazu Rz. 17.74); – bestimmte Umstze an die sog. Stationierungsstreitkrfte (Umstze, die nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind). Fllt ein Umsatz sowohl unter eine der in § 15 Abs. 3 UStG bezeichneten Befreiungsvorschriften als auch unter eine andere Befreiungsvorschrift, so geht erstere vor (Rz. 10.6). Indem bei den in § 15 Abs. 3 UStG genannten steuerbefreiten Umstzen mit Auslandsbezug der Vorsteuerabzug gewhrt wird, verwirklicht das Gesetz bei solchen Umstzen, bei denen nicht schon der Ort des Umsatzes in das Ausland verlagert ist, das Bestimmungslandprinzip, wonach Waren und Dienstleistungen im Land des Verbrauchs zu besteuern und deshalb im Ursprungsland aus Grnden der Wettbewerbsneutralitt von jeglicher, nmlich auch von der auf den Kosten ruhenden Umsatzsteuer, zu entlasten sind (dazu bereits Rz. 10.8). Nicht maßgebend ist, ob die Leistungen im Bestimmungsland besteuert werden. Bei anderen Steuerbefreiungen (z. B. nach § 4 Nr. 2 iVm. § 8 UStG) wird der Vorsteuerabzug wie auch die Steuerbefreiung aus Vereinfachungsgrnden gewhrt (Rz. 10.57).1 Nur bei diesen in § 15 Abs. 3 UStG genannten Steuerbefreiungen kann von vollstndigen (echten) Steuerbefreiungen gesprochen werden, weil die Umstze von jedweder deutschen Umsatzsteuer befreit sind.

15.139

b) Finanzierungs- und Versicherungsumstze, die außerhalb des Gemeinschaftsgebiets verbraucht werden aa) Soweit sich nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG steuerfreie Umstze (z. B. Kreditgewhrungen) oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfreie Versicherungsleistungen unmittelbar auf Gegenstnde beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgefhrt werden, 1 Bei den nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfreien Reiseleistungen geht es um den Verbrauch von Dienstleistungen im Drittlandsgebiet, die deshalb nicht mit deutscher Umsatzsteuer auf die damit zusammenhngenden Kosten belastet werden sollen. Bei den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Umstzen wird der Vorsteuerabzug wie auch die Steuerbefreiung aus politischen Grnden gewhrt.

535

15.140

Kapitel 15 Vorsteuerabzug ist bei ihnen abweichend vom Grundsatz des § 15 Abs. 2 UStG der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG).1 Eine Ausfuhr iS dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Gegenstand endgltig in das Drittlandsgebiet gelangt; die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung iS des § 6 UStG (dazu Rz. 10.8 ff.) mssen nicht vorliegen2.

15.141

Die vom Gesetz geforderte unmittelbare Beziehung zum Ausfuhrgegenstand soll nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht gegeben sein, wenn diese Umstze nur in Verbindung mit solchen betrieblichen Vorgngen des Unternehmens stehen, die ihrerseits erst dazu dienen, die Ausfuhr zu bewirken. Danach soll die Finanzierung der Anschaffung einer Maschine, mit der Exportgter hergestellt werden, die Bank nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.3 Ebenso wird der unmittelbare Zusammenhang verneint bei der Finanzierung des Einkaufs des Ausfuhrgegenstandes.4 Diese einengende Interpretation der Vorschrift drfte nicht dem Zweck der Vorschrift entsprechen, der doch ersichtlich darin liegt, eine mglichst vollstndige Entlastung der Ausfuhrgegenstnde herbeizufhren, welche in Drittlnder gelangen. Das erfordert die Entlastung insoweit, wie die Belastung konkretisierbar ist. Die Grenze liegt bei den Leistungen, die den Ausfuhrgegenstnden nicht mehr als Einzelkosten direkt zugerechnet werden knnen.5

15.142

Das Problem ist jedoch letztlich nur theoretischer Natur, weil in Deutschland bei derartigen Finanzierungen die Kreditinstitute ohnehin nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten6 und dadurch den Vorsteuerabzug erlangen knnten. Die zuvor genannten Argumente sind mithin nur in solchen Lndern von Interesse, die keinen Verzicht auf die Steuerfreiheit der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 bis 5 der 6. EG-RL kennen.

15.143

bb) Umstze im Ausland, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG (z. B. Kreditgewhrungen) oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG (Versicherungsleistungen) steuerfrei wren, wenn sie im Inland ausgefhrt wrden, schließen den Vorsteuerabzug nicht aus, wenn der Leistungsempfnger im Drittlandsgebiet ansssig ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b iVm. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG).7 Da sich der Ort der genannten Leistungen nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a iVm. Abs. 3 UStG bestimmt, ist auch fr die Ansssigkeit iS des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG auf die in § 3a Abs. 3 UStG genannten Kriterien abzustellen, die EG-Richtlinien-konform bei einem Unternehmer als Leistungsempfnger als Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit bzw. feste Niederlassung zu interpretieren sind (Rz. 8.83 ff.). Bei Nichtunternehmern ist auf den Wohnsitz iS von Wohnort bzw. auf den Sitz der Ttigkeit abzustellen (Rz. 8.88). Ist der Leistungsempfnger danach im Drittlandsgebiet ansssig, so ist nicht erforderlich, daß sich die Umstze auf Ausfuhrgegenstnde beziehen. Hierauf kommt es nur an, wenn der Leistungsempfnger innerhalb der Gemeinschaft ansssig ist. Es greift dann § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG mit dem argumentum a 1 2 3 4

Entspricht Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-RL. Abschn. 204 Abs. 3 Satz 5 ff. UStR 2005. Abschn. 204 Abs. 3 Satz 4 iVm. Beispiel 2 UStR 2005. Besprechungsergebnis der FinVerw., UR 1983, 79 = DB 1983, 424; FinSen. Bremen, DStR 1983, 510. 5 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 158 f. 6 Die Exporteure usw. wren nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG zum Abzug der in Rechnung gestellten Steuer berechtigt. 7 Entspricht Art. 17 Abs. 3 Buchst. c iVm. Buchst. a der 6. EG-RL.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

maiore ad minus: Soll der Vorsteuerabzug bei steuerfreien Leistungen dieser Art gegeben sein, so erst recht, wenn die entsprechenden Leistungen gar nicht erst steuerbar sind.1 4. Verwendung a) Wirtschaftliche Zurechnung aa) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UStG ist die Vorsteuer bei denjenigen Leistungsbezgen und eingefhrten Gegenstnden vom Abzug ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausfhrung der in den Nr. 1 und 2 der Vorschrift2 genannten steuerfreien Umstze (sofern keine Ausnahme nach § 15 Abs. 3 UStG eingreift) „verwendet“.3 Auf die Verwendung kommt es an, wenn der Unternehmer sowohl Umstze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch solche Umstze ausfhrt, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Das Gesetz verlangt hierbei eine wirtschaftliche Sichtweise. Besonders deutlich kommt das in § 15 Abs. 4 Satz 1 aE. und Satz 3 aE. UStG (Rz. 167, 174 f.) zum Ausdruck, wonach Kriterium der Verwendung die wirtschaftliche Zurechnung zu Ausgangsleistungen ist.4 Wenn nmlich bei einer gemischten Verwendung die Vorsteuerbetrge den beiden Umsatzarten anteilig wirtschaftlich zuzurechnen sind, so hat dieser Maßstab auch schon fr die vorrangige Frage zu gelten, ob Leistungsbezge berhaupt fr Ausschlußumstze verwendet werden.

15.144

Aus dem Begriff „verwendet“ folgt, daß es auf den direkten und unmittelbaren Zusammenhang5 der bezogenen Gegenstnde oder Dienstleistungen mit den in § 15 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 UStG genannten Umstzen ankommt. Das entspricht dem bereits in Art. 2 Abs. 2 der 1. EG-RL von 1967 zu findenden Grundsatz, wonach die Vorsteuer abziehbar ist, welche „die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat“. Daraus ergibt sich, daß eine Verwendung der Leistungsbezge fr Umstze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur dann vorliegt, wenn die Aufwendungen fr die Leistungsbezge Teil der Kosten (Einzel- oder Gemeinkosten) dieser Ausgangsumstze sind.6 Daher mssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor die Umstze ausgefhrt werden, denen sie zuzurechnen sind7 (zu Ausnahmen Rz. 152 ff.).

15.145

1 Im Ergebnis ebenso Abschn. 205 Abs. 4 UStR 2005. 2 Die Nr. 3 luft leer (Rz. 137). 3 Ebenso Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL: „fr Zwecke seiner besteuerten Umstze verwendet werden“. 4 Die 6. EG-RL schreibt hingegen diesen Maßstab nicht zwingend vor; vgl. Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2. 5 So EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 20; EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164, Tz. 25; EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 29. 6 Bei Leistungsbezgen einer Organgesellschaft kommt es auf die Ausgangsumstze des Organkreises an, in die die Leistungsbezge letztlich eingehen (Rz. 5.241). 7 EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 30; EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164, Tz. 28; BFH, BStBl. II 1997, 552, 555; Abschn. 203 Abs. 1 Satz 9 UStR 2005.

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Kapitel 15 Vorsteuerabzug Beispiele: (1) Ein Unternehmer verußert ein Betriebsgrundstck an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Erwerber mit der Verpflichtung, zuvor das auf dem Grundstck stehende Gebude zu beseitigen. Er lßt das Gebude durch einen anderen Unternehmer abreißen. Die Abbruchleistungen werden zur Ausfhrung der steuerfreien Grundstckslieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verwendet, da der Aufwand fr den Abbruch Kosten der Grundstckslieferung darstellt und nicht den brigen steuerpflichtigen Umstzen des Unternehmers zuzurechnen ist.1 (2) Ein Unternehmer lßt ein von ihm mit Chemikalien verseuchtes Betriebsgrundstck von einem Spezialunternehmen sanieren und verußert das Grundstck anschließend an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Erwerber. Der Sanierungsaufwand ist Folge der bisherigen unternehmerischen Ttigkeit und fiele (auf Grund ffentlich-rechtlicher Beseitigungspflicht) auch dann an, wenn das Grundstck nicht verußert wrde. Der Aufwand fhrt deshalb zu Kosten der fortbestehenden unternehmerischen Ttigkeit und ist nicht der steuerfreien Grundstckslieferung zuzurechnen.2 Nichts anderes wrde gelten, wenn die unternehmerische Ttigkeit mit der Grundstckslieferung beendet wre (vgl. Rz. 153).

15.146

Der Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung nach Kostengesichtspunkten wird auch durch § 15 Abs. 2 Satz 2 UStG klargestellt, wonach Leistungsbezge, die der Unternehmer formal zur Ausfhrung eines „Umsatzes“ (Rz. 9.3) Einfuhr oder innergemeinschaftlicher Erwerb verwendet, denjenigen Umstzen zuzurechnen sind, fr deren Zwecke der eingefhrte oder erworbene Gegenstand verwendet wird.

15.147

Bei Grndung einer Gesellschaft oder Aufnahme weiterer Gesellschafter werden die im Zusammenhang damit in Anspruch genommenen Dienstleistungen (Beratungen, Vermittlungen, notarielle Beurkundung u. .) fr die zuknftigen Umstze der Gesellschaft verwendet, weil die Aufwendungen fr diese Dienstleistungen in die Gemeinkosten der Umstze eingehen3 (nicht etwa erbringt, wie es bislang fast einhellige Meinung war, die Gesellschaft steuerfreie Umstze in Gestalt der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen bzw. -rechten; Rz. 10.87). Fraglich ist, ob bei diesen Dienstleistungen eine Verwendung ber einen Zeitraum vorliegt, so daß ggf. eine Verwendungsnderung iS des § 15a Abs. 4 UStG eintreten knnte. Fr Beratungsleistungen ist das ohne weiteres zu verneinen, da sie sich im Augenblick ihrer Erbringung verbrauchen (Kenntnisnahme durch den Beratenen; Rz. 16.56). Bei Beurkundungsleistungen und Vermittlungsleistungen ließe sich hingegen zwar ein Fortwirken bis zum Ende der Gesellschaft bzw. der Mitgliedschaft konstruieren; das wre jedoch geknstelt, so daß nur von einer kurzzeitigen Verwendung auszugehen ist und § 15a UStG mithin nicht eingreift. Maßgebend sind die beabsichtigten Umstze bzw. ausgefhrten Umstze im Besteuerungszeitraum der Inanspruchnahme der Dienstleistungen (vgl. Rz. 156), so daß eine nderung der Verwen1 BFH, UR 1991, 111. Vgl. aber auch BFH, BStBl. II 1997, 552 (Sanierung eines steuerpflichtig vermieteten Grundstcks, welches anschließend steuerfrei verußert wurde: Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG). 2 Lippross, 7.8.4.1 (S. 747). 3 Stadie, DStJG 13 (1990), 179, 188 f.; jetzt auch BFH; BFH/NV 2004, 1355 = UR 2004, 537.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

dung in diesem Zeitraum zu bercksichtigen ist. Bei grundstzlich steuerfreien Umstzen ist es entgegen der Rechtsprechung erforderlich, daß ein beabsichtigter Verzicht auf die Steuerbefreiung auch verwirklicht wird (Rz. 162). Entsprechendes gilt fr die Grndung eines Einzelunternehmens und die Umwandlungen von Gesellschaften. Vorsteuern einer Holding – welche die vom EuGH fr die Anerkennung der Unternehmereigenschaft geforderten Dienstleistungen (Rz. 5.45), insbesondere in Gestalt sog. Managementleistungen, erbringt – aus solchen Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen angefallen sind (z. B. Beratungsleistungen), sollen nach Auffassung des EuGH, da die Kosten fr diese Dienstleistungen nicht die Kosten der sog. Managementleistungen unmittelbar belasten, allgemeine Kosten sein, die mit der wirtschaftlichen Gesamtttigkeit des Steuerpflichtigen zusammenhngen. Wenn die Holding deshalb sowohl Umstze ttige, fr die ein Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, als auch Umstze, fr die dieses Recht nicht bestehe, so sei der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Erwerbskosten nur in entsprechendem Umfang gegeben.1 Das ist schon insofern verwunderlich2, als der EuGH zuvor – insoweit zutreffend – festgestellt hatte, daß der Erwerb von Beteiligungen und der Bezug von Dividenden keine wirtschaftliche (unternehmerische) Ttigkeit ist.3 Gleichermaßen nicht nachvollziehbar ist, daß sich der Vorsteuerabzug damit doch nach der Qualifizierung der Managementdienstleistungen richten soll (finanzielle knnen z. B. steuerfrei sein), obwohl – wie der EuGH anfnglich selbst, insoweit zu Recht, feststellt – die Dienstleistungen, die beim Erwerb der Beteiligung in Anspruch genommen wurden, nicht im Zusammenhang mit den spter ausgefhrten Managementdienstleistungen stehen, da diese auch gegenber vllig fremden Gesellschaften erbracht werden knnen. Die Fehlerhaftigkeit der EuGH-Sichtweise zeigt sich besonders deutlich, wenn die Holding nicht nur Managementdienstleistungen gegenber den eigenen Tochtergesellschaften, sondern auch noch steuerfreie Umstze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, gegenber Dritten erbringt (z. B. Vermietungsumstze). Die EuGH-Auffassung fhrt zu dem sachwidrigen, ja absurden Ergebnis, daß die Hhe der abziehbaren Vorsteuern aus dem Beteiligungserwerb von diesen steuerfreien Umstzen beeinflußt wird, obwohl sie mit diesen nichts zu tun haben. Entsprechendes gilt, wenn die Holding auch einen nichtunternehmerischen Bereich hat, z. B. in Gestalt von Beteiligungen, dem gegenber sie keine Managementdienstleistungen erbringt. Richtigerweise hat sich der Vorsteuerabzug der Holding nach den Umstzen der beherrschten Gesellschaften zu richten, die der Holding fr Zwecke des Vorsteuerabzugs zuzurechnen sind (Rz. 5.47, 5.49). Die Abziehbarkeit der beim Erwerb einer Beteiligung (beherrschten Gesellschaft) angefallenen Vorsteuern bestimmt sich mithin nach den Umstzen, die diese Gesellschaft ausfhrt. 1 EuGH, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 32–35. 2 Kritisch insoweit auch Reiß, RIW 2002, 286, 294; ders., in T/L, § 14 Rz. 128; Lippross, 7.3.5.1 (S. 709); vgl. auch FK, DStR 2001, 1799. 3 EuGH, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 19.

539

15.148

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

15.149

Werden steuerfreie Umstze nur zu dem Zwecke erbracht, um andere, steuerpflichtige – die „eigentlichen“ – Umstze zu frdern, so fhrt dieses Motiv nicht dazu, daß die mit den steuerfreien Umstzen zusammenhngenden Leistungsbezge den eigentlichen Umstzen zuzurechnen sind1 (Beispiele: Hotelpersonal werden Zimmer unter Anrechnung auf den Lohn berlassen2; ein Apotheker vermietet ber der Apotheke liegende Geschosse an rzte, weil er sich davon eine Frderung seiner Apothekenumstze verspricht3). Zu aus diesem Motiv unentgeltlich erbrachten Leistungen, insbesondere in Gestalt der Vermietung oder Verußerung eines Gegenstandes s. Rz. 150 f., zu entsprechenden verbilligten Leistungen s. Rz. 171.

15.150

bb) Ausgangsumstze sind auch unentgeltliche Leistungen, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG (dazu Rz. 4.1 ff.) zu „Umstzen“ fhren (Rz. 134). Wenn diese unentgeltlichen Leistungen der Frderung der eigentlichen, eigenen entgeltlichen Umstze dienen sollen, so fragt sich, ob dann die Vorsteuerbetrge, die mit den unentgeltlichen Leistungen zusammenhngen, wirtschaftlich den entgeltlichen Umstzen zuzurechnen sind. Hierfr spricht, daß der Verzicht auf die Gegenleistung zu einer Erhhung der Kosten der entgeltlichen Umstze fhrt. Dagegen spricht, daß die unentgeltlichen Leistungen, weil sie zu Letztverbrauch bei den Empfngern fhren, als Umstze behandelt werden und das Gesetz wie auch die EG-Richtlinie keine Anhaltspunkte dafr enthlt, daß im Rahmen des § 15 Abs. 2 UStG bzw. des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL („fr Zwecke seiner besteuerten Umstze“) derartige unentgeltliche Leistungen nicht als Umstze anzusehen sind. Deshalb muß auch davon ausgegangen werden, daß die Zurechnungsformel des EuGH vom direkten und unmittelbaren Zusammenhang (Rz. 145) uneingeschrnkt gelten soll und mithin bei derartigen Konstellationen nur ein indirekter und mittelbarer Zusammenhang der in die unentgeltlichen Leistungen eingeflossenen Eingangsumstze mit den entgeltlichen Leistungen des Unternehmens besteht. Die vom Unternehmer mit den unentgeltlichen Leistungen verfolgten Motive sind unerheblich4, da auf die objektive Natur des Umsatzes abzustellen ist und Motivforschungen mit den Zielen des Mehrwertsteuersystems (Rechtssicherheit und einfache Handhabung) nicht zu vereinbaren sind.5 Folg1 Vgl. EuGH, EuGHE 1995, I-983 = UR 1996, 427, Tz. 19; EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 20; EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164, Tz. 25; EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 28, wonach der mit den Umstzen letztlich verfolgte Zweck unerheblich ist. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1986, 877, 879; 1988, 88. 3 Vgl. auch BFH, BStBl. II 1987, 754: steuerfreie Verpachtung einer Gaststtte unter Koppelung an eine Bierabnahmeverpflichtung (warum in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nicht auf die Steuerfreiheit der Verpachtung nach § 9 UStG verzichtet worden war, bleibt unerfindlich). 4 Vgl. EuGH, EuGHE 1995, I-983 = UR 1996, 427, Tz. 19; EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 20; EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164, Tz. 25; EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 28, wonach der mit den Umstzen letztlich verfolgte Zweck unerheblich ist. 5 Vgl. EuGH, EuGHE 1995, I-983 = UR 1996, 427, Tz. 24.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

lich richtet sich die Abziehbarkeit der mit den unentgeltlichen Leistungen zusammenhngenden Vorsteuerbetrge nicht nach der Qualifizierung der eigentlichen entgeltlichen Umstze, die gefrdert werden sollen1, sondern nach der Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit der unentgeltlichen Umstze. Beispiel: Ein Apotheker errichtet ein dreigeschossiges Gebude, in dessen Erdgeschoß er seine Apotheke betreibt. ber die beiden fr Arztpraxen hergerichteten Obergeschosse schloß er mit rzten langfristige Mietvertrge ab; die ersten fnf Jahre waren mietzinsfrei. Die unentgeltliche berlassung der Rume fhrt auch whrend der ersten fnf Jahre nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG zu steuerfreien Umstzen (aA. mglicherweise der EuGH, vgl. Rz. 10.114; dann entfiele das Problem dieses Falles). Folglich werden die fr die Herstellung des Gebudes bezogenen Bauleistungen hinsichtlich der beiden Obergeschosse von Anfang an zur Ausfhrung von steuerfreien Umstzen. Daß der Verzicht auf einen Mietzins, d. h. die unentgeltliche berlassung auf dem Motiv beruhte, die rzte als Mieter zu gewinnen, weil der Unternehmer sich dadurch eine erhebliche Umsatzsteigerung fr seine Apotheke verspricht, ist ohne Belang, weil das nichts an der Tatsache ndert, daß den rzten Verbrauchsvorteile zugewendet werden. Diese mssen dem Gesetzesziel entsprechend mit Umsatzsteuer belastet werden, da die rzte wegen ihrer nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Umstze nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Lediglich dann, wenn diese unentgeltlichen Leistungen aus Bagatellgrnden nicht besteuert werden, sind die Leistungsbezge den entgeltlichen Umstzen zuzurechnen.

15.151

Beispiele: (1) Ein Kreditinstitut stellt seinen Kunden unentgeltlich Parkpltze zur Verfgung. Die unentgeltliche berlassung der Parkpltze fhrt grundstzlich zu steuerpflichtigen Umstzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a iVm. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG), jedoch bewirkt die analog anzuwendende Bagatellgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG regelmßig die Nichtsteuerbarkeit der berlassungen. Da in diesen Bagatellfllen das Gesetz auf die Besteuerung der unentgeltlichen berlassungen an die Verbraucher verzichtet, ist die Verwendung fr die Umstze des Kreditinstituts maßgebend, welche regelmßig steuerfrei sind (§ 4 Nr. 8 UStG). Folglich werden die fr die Herstellung des Parkplatzes bezogenen Leistungen zur Ausfhrung dieser Umstze verwendet werden, so daß sie nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind.2 (2) Ein Kreditinstitut verteilt Werbeartikel an seine Kunden. Die Anschaffungskosten betragen jeweils weniger als 35 Euro, so daß der Vorsteuerabzug nicht schon nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (Rz. 115) ausgeschlossen ist. Es liegen keine unentgeltlichen Zuwendungen iS des § 3 Abs. 1b Satz 1 UStG vor, da es sich um Geschenke von geringem Wert handelt (Rz. 4.19). Die Verwendung bestimmt sich deshalb nach den Umstzen des Kreditinstituts, so daß, wenn diese vollen Umfangs nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sind, der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Anschaffung der Werbeartikel nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.3

cc) Aus dem Begriff „verwendet“ und dem obigem Grundsatz, wonach es auf die Zurechnung zu Ausgangsumstzen unter Kostengesichtspunkten ankommt (Rz. 145), folgt indes nicht, daß der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, 1 Die gegenteilige Auffassung (Stadie, Vorsteuerabzug, S. 156), gebe ich auf. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 525. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 527.

541

15.152

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

wenn Leistungen erst nach Ausfhrung von Umstzen bezogen werden, denen sie zwar kausal zugerechnet werden knnen, weil sie deren Folge sind, bei denen sie jedoch nicht zu Kostenelementen gefhrt haben. Diese Leistungsbezge werden zwar nicht im eigentlichen Sinne fr Umstze „verwendet“, da sie jedoch fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 UStG in Anspruch genommen werden, muß sich die Abziehbarkeit der Vorsteuern nach den Umstzen richten, die die in Anspruch genommenen Leistungen verursacht hatten. Demgegenber sollen nach Auffassung des EuGH diese Kosten mangels direkter Zurechenbarkeit Gemeinkosten der Gesamtttigkeit des Unternehmers (d. h. der folgenden Umstze) und ggf. nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen sein1 (dazu Rz. 168 ff.). Eine direkte Zurechnung zu vergangenen Umstzen solle jedoch dann in Betracht kommen, wenn von vornherein mgliche Folgekosten einkalkuliert worden seien2, d. h. bilanziell eine Rckstellung gebildet worden sei. Diese Sichtweise fhrt zu willkrlichen Ergebnissen und entspricht keiner sachgerechten Zuordnung, da die Abziehbarkeit der Vorsteuer von Zuflligkeiten abhinge. Beispiel3: Die in Deutschland ansssige Bank D mit zu 95 % steuerfreien Umstzen vermittelt fr die in Japan ansssige J-AG den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an einer in Deutschland ansssigen Gesellschaft. Die J macht spter wegen angeblicher fehlerhafter Angaben der D ber den Wert der Beteiligung Schadensersatzansprche gegenber der D geltend. Diese nimmt zur Abwehr die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch und mchte die Vorsteuer aus seiner Rechnung vergtet erhalten. Der Vorsteuerabzug ist berechtigt, wenn die Dienstleistung des Rechtsanwalts zur Ausfhrung des Vermittlungsumsatzes „verwendet“ worden war. Davon ist richtigerweise auszugehen, da sie nur mit diesem im sachlichen Zusammenhang steht. Der Ort der Vermittlungsleistung (Vermittlung von Gesellschaftsanteilen iS des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG) ist nach § 3a Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in Japan (Drittlandsgebiet). Folglich ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 iVm. Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG nicht ausgeschlossen (Rz. 143). Lsung des EuGH: Die Rechtsanwaltsleistung wird nicht fr die Vermittlungsleistung verwendet, weil sie wegen der nachtrglichen Erbringung nicht deren Kosten belastet hat. Da sie lediglich Folge dieser Vermittlungsleistung ist, zhlen ihre Kosten zu den Gemeinkosten. Mithin ist die Vorsteuer zu 95 % vom Abzug ausgeschlossen. Dieses Ergebnis ist sachwidrig, da die Abziehbarkeit der Vorsteuer sich nach Umstzen bestimmt, mit denen die Rechtsanwaltsleistung nichts zu tun hat.

15.153

Entsprechendes gilt fr Leistungsbezge, die im Zusammenhang mit der Verußerung des Unternehmens oder eines Teils davon anfallen (z. B. Beratungsleistungen). Da die Verußerung oder die gleichgestellte Einbringung in eine Gesellschaft als sog. Geschftsverußerung ein nicht steuerbarer Vorgang ist (§ 1 Abs. 1a UStG; dazu Rz. 5.182 ff.), liegen keine Ausgangsumstze vor, fr die die Dienstleistungen verwendet werden. Diese sind jedoch fr das Unternehmen bezogen, da sie im Zusammenhang mit diesem stehen. Folglich wer1 Vgl. EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 31. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 32. 3 Nach EuGH, EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

den sie grundstzlich fr die gesamte unternehmerische Ttigkeit vor der bertragung „verwendet“1, so daß sich die Abziehbarkeit der Vorsteuern nach dem Charakter der Umstze des verußerten Unternehmens bzw. Betriebes vor der bertragung richtet.2 Bei „gemischten“ Umstzen ist fr die Aufteilung m. E. auf die Verhltnisse der letzten zwlf Monate abzustellen (arg. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL: „auf Jahresbasis“; Rz. 157). Werden nach Einstellung der unternehmerischen Ttigkeit noch Leistungen bezogen, die mit dieser zusammenhngen, so werden sie noch fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG ausgefhrt (Rz. 28). Ihre Abziehbarkeit iS des § 15 Abs. 2 und 3 UStG, d. h. ihre „Verwendung“ bestimmt sich ebenfalls grundstzlich nach dem Verhltnis der vorherigen Umstze, sofern die bezogene Leistung nicht im direkten Zusammenhang mit bestimmten Umstzen steht (Beispiel: Beitreibung einer Forderung aus einem steuerpflichtigen Umsatz durch einen Rechtsanwalt).

15.154

b) Zeitpunkt- oder Zeitraumbetrachtung? Fraglich ist, ob bei Leistungen, die sich nicht im Moment ihrer Erbringung verbrauchen, fr die Bestimmung der Verwendung iS des § 15 Abs. 2 UStG auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung abzustellen ist oder ob ein gewisser Zeitraum zugrunde zu legen ist. Aus dem natrlichen Sinn des Wortes „verwendet“ folgt, daß eine Leistung, deren Gehalt sich nicht im Augenblick der Erbringung verbraucht, sondern die einen fortwirkenden Nutzen verschafft (Beispiel: Lieferung eines Gegenstandes des Anlagevermgens), ber den Zeitraum dieses Nutzens verwendet wird. Auch die Formulierung des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG: „verwendet der Unternehmer einen (. . .) Gegenstand oder eine (. . .) sonstige Leistung (. . .) zur Ausfhrung von Umstzen“ zeigt mit der Verwendung des Plurals, daß ein Zeitraum zu betrachten wre. Aus § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG folgt allerdings (seit dessen Neufassung zum 1.1.2002), daß der Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung maßgebend sein soll, so daß regelmßig auf die erste Leistung abzustellen ist, in die die bezogene Leistung Eingang findet.3 Demgemß ist der Vorsteuerabzug bereits im Besteuerungszeitraum der erstmaligen Verwendung nach den Regeln des § 15a UStG zu berichtigen, wenn sich die Verwendung in diesem Zeitraum gendert hat (Rz. 16.80 m. Beispiel).

15.155

Die Neuregelung ist zum einen sachwidrig, da damit der Vorsteuerabzug von dem Zufall der erstmaligen Verwendung abhngig gemacht wird. Das kann zu willkrlichen Ergebnissen fhren und erffnet die Mglichkeit zu Manipula-

15.156

1 EuGH, EuGHE 2001, I-1361 = UR 2001, 164. 2 Bei der bertragung eines Teils des Unternehmens („gesondert gefhrter Betrieb“ iS des § 1 Abs. 1a UStG; dazu Rz. 5.187) kommt es auf die Umstze an, die von diesem ausgefhrt worden waren; EuGH, aaO. 3 Abschn. 203 Abs. 1 Satz 8 UStR 2005 im Widerspruch zu Abschn. 215 Abs. 4 UStR 2005 (s. u. Rz. 169 Fn.).

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Kapitel 15 Vorsteuerabzug

tionen, weil der Unternehmer mit gemischten Umstzen durch den erstmaligen Einsatz eines Gegenstandes die Hhe des Vorsteuerabzugs bestimmen kann.1 Zugrunde gelegt werden mßte deshalb – wie vor der Neufassung des § 15a Abs. 1 UStG (bis 2001) – richtigerweise die Verwendung innerhalb eines Zeitraums, die Schlsse auf die mutmaßliche zuknftige Verwendung zulßt. Maßgebender Beurteilungszeitraum mßte folglich der Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) sein, in dem die erstmalige Verwendung geschieht.2 Mithin lge ein Fall der gemischten Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG vor; wenn sich bis zum Ende des Besteuerungszeitraums die Verwendung ndert (Rz. 168), so daß § 15a UStG sachgerecht erst in den Folgejahren eingriffe. 15.157

Das ist auch das offensichtliche Konzept des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, der eine Jahresbetrachtung im Auge hat und in seinem Satz 3 von dem Anspruch auf Vorsteuerabzug „fr das Jahr“ des Erwerbs eines Investitionsgutes spricht. Da in den folgenden Jahren hinsichtlich der Verwendung die Verhltnisse des jeweiligen Jahres maßgebend sind, kann nicht ernsthaft angenommen werden, daß die Richtlinie hinsichtlich des ersten Jahres auf den Zufall der erstmaligen Verwendung abstellen will. Auch Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 iVm. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL („auf Jahresbasis“) geht von einer Jahresbetrachtung aus. Demgegenber hatte die Bundesregierung die Neufassung des § 15a UStG gerade damit gerechtfertigt, daß sie zur Anpassung an die neuere EuGH-Rechtsprechung3 erforderlich sei.4 Den genannten Entscheidungen des EuGH kann indes nicht entnommen werden, daß es fr die Beurteilung der Verwendung iS des Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 der 6. EG-RL auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung ankommen soll. Diese Frage spielte in beiden Entscheidungen nicht die geringste Rolle, da es um zwei Ausnahmeflle ging, in denen es berhaupt nicht zu einer Verwendung kam bzw. die beabsichtigte Verwendung auf Grund einer Gesetzesnderung nicht mehr mglich war. Vor allem aber hat die Bundesregierung bersehen, daß nach dem klaren Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3 der 6. EG-RL eine Berichtigung nach dieser Bestimmung nur „in den folgenden Jahren“ zu geschehen hat, d. h. nicht schon im Jahre des Erwerbes des Investitionsgutes. Die gegenteilige Bestimmung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG verstßt mithin insoweit gegen Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL und lßt sich auch nicht auf andere Regelungen des Art. 20 der 6. EG-RL sttzen (Rz. 16.82). Auf Grund seines klaren Wortlautes lßt sich § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG allerdings nicht richtlinienkonform auslegen; es kommt nur ein Anwendungsvorrang zugunsten eines Unternehmers in Betracht (Rz. 1.60).

1 Lippross, DStR 2003, 1593, 1596. 2 Beginnt die Verwendung erst gegen Ende des Jahres, so ist indes der Beurteilungszeitraum sehr kurz. 3 EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446. 4 Begr. zum RegE StndG 2001, BT-Drucks. 14/6877, S. 62.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

c) Verwendungsabsicht aa) Der Zweck des Vorsteuerabzugs (Rz. 2) verlangt die sofortige Entlastung1, so daß nicht die tatschliche Verwendung abgewartet werden muß, wenn die Voraussetzungen fr die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG bereits in einem frheren Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum vorliegen. Es ist dann insoweit auf die beabsichtigte Verwendung abzustellen.2

15.158

Nach Auffassung des BFH soll es grundstzlich3 auf die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs ankommen4, weil zu diesem Zeitpunkt das Recht auf Abzug der Vorsteuer iS des Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL entstehe.5 Damit wird verkannt, daß diese mißverstndlich formulierte Vorschrift mit der „Entstehung“ nicht etwa die Entstehung des Anspruchs im materiellrechtlichen Sinne meint6, sondern lediglich die Leitlinie zum Ausdruck bringen will, daß der Vorsteueranspruch des Leistungsempfngers grundstzlich nicht vor Entstehung der Steuer beim leistenden Unternehmer entstehen soll (Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuer).7 Der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer (Steuervergtungsanspruch) aus Leistungen eines anderen Unternehmers entsteht grundstzlich erst, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStG erfllt sind8, d. h. die Leistung ausgefhrt ist und eine ordnungsgemße Rechnung vorliegt (Rz. 86).9 Der BFH bersieht mithin, daß vorher die Frage nach dem Ausschluß des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 2 UStG gar nicht zu entscheiden ist, so daß das Abstellen auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs keinen Sinn ergibt.

15.159

Es kann deshalb frhestens auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem der Vorsteuerabzug dem Grunde nach geltend gemacht werden kann, weil die Vor-

15.160

1 EuGH, EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208, Tz. 44 f.; EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452, Tz. 34; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446, Tz. 36. 2 Insoweit zutreffend BFH, UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430; UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; UR 2002, 472 = BStBl. II 2003, 435. 3 Bei Vorauszahlungen soll es auf den Zeitpunkt der Anzahlung ankommen, BFH, UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434. 4 Vgl. auch Abschn. 203 Abs. 1 Satz 5 und 6 sowie Abschn. 214 Abs. 1 Satz 1 UStR 2005. 5 BFH, UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430; UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; UR 2001, 550 = BStBl. 2003 II, 434; UR 2002, 472 = BStBl. II 2003, 435, 437; UR 2003, 197 = BFH/NV 2003, 513, jeweils unter Berufung auf den EuGH, EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452, Tz. 36; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446, Tz. 38. 6 Anderenfalls trten gerade nach deutschen Recht Ungereimtheiten ein, wenn nmlich der leistende Unternehmer seine Umstze nach dem sog. Ist-Prinzip, d. h. nach vereinnahmten Entgelten versteuert (Rz. 12.24 f.), whrend § 15 Abs. 1 UStG fr den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs nicht auf die Zahlung abstellt. 7 Rz. 86 Fn. 8 Bei Vorauszahlungen (Anzahlungen) ist erforderlich, daß diese gettigt sind und darber Rechnungen vorliegen (Rz. 90). 9 Besttigt durch EuGH, UR 2004, 323.

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Kapitel 15 Vorsteuerabzug

aussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gegeben sind. Das ist der Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Voraussetzungen eingetreten sind. Es wre allerdings sachwidrig, den Vorsteuerabzug fr den Besteuerungszeitraum bereits endgltig nach Maßgabe der Verwendungsabsicht, die in einem Voranmeldungszeitraum besteht, zu gewhren, da die fr den Voranmeldungszeitraum eintretenden Rechtsfolgen nur vorlufiger Natur sind (vgl. Rz. 18.32). ber den Vorsteuerabzug ist „endgltig“ erst mit Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG: Kalenderjahr) zu entscheiden. Richtigerweise ist deshalb auf die Lage am Ende des Besteuerungszeitraums abzustellen, damit bessere Erkenntnisse ber die beabsichtigte oder die tatschliche erstmalige Verwendung bercksichtigt werden knnen.1 Es ist kein vernnftiger Grund ersichtlich, warum der Unternehmer bei beabsichtigter, aber nicht verwirklichter Verwendung fr steuerpflichtige Umstze den Vorsteuerabzug erhalten soll, wenn im maßgebenden Besteuerungszeitraum bereits feststeht, daß ihm wegen tatschlicher Verwendung fr steuerfreie Umstze dieser nicht zusteht. Die gegenteilige Sichtweise mßte dazu fhren, daß, wenn die tatschliche Verwendung noch im selben Besteuerungszeitraum geschieht, eine pro-rata-temporis-Berichtigung nach § 15a UStG erfolgen mßte. Fr diese Subvention in Gestalt von Zinsertrgen auf den Vorsteuerbetrag gibt es keine Rechtfertigung. Erfolgt die erstmalige Verwendung im Jahr des Bezugs der Leistung, liegt folglich kein Fall des § 15a Abs. 1 UStG vor, weil die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung gegebenen Verhltnisse die fr den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse sind. 15.161

Beispiel: Der Unternehmer erhlt im Januar und Februar 2005 ordnungsgemße Rechnungen ber im Juni bis Dezember 2004 ausgefhrte Bauleistungen zur Herstellung eines Gebudes, welches er unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG steuerpflichtig vermieten wollte. Da er bis November 2005 keinen gewerblichen Mieter gefunden hatte, vermietete er das Gebude a) mit Vertrag vom Dezember 2005 ab Januar 2006, b) ab Dezember 2005 steuerfrei an eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte gemeinntzige Organisation. Nach verfehlter BFH-Auffassung wre das Recht auf Vorsteuerabzug nach Maßgabe der beabsichtigen steuerpflichtigen Vermietung in 2004 entstanden, weil der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgebend sein soll (Rz. 159), obwohl der Vorsteuerabzug erst in 2005 nach Erhalt einer ordnungsgemßen Rechnung mglich ist. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, warum auf eine weiter zurckliegende Absicht abzustellen ist, wenn zur Zeit der erstmaligen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs bessere Erkenntnisse bestehen. Richtigerweise ist deshalb im Falle a fr die Beurteilung der Verwendungsabsicht auf den Besteuerungszeitraum 2005 abzustellen, so daß der vorlufig mittels der Voranmeldungen erlangte Vorsteuerabzug im Rahmen der Steuerfestsetzung fr den Besteuerungszeitraum 2005 wieder rckgngig zu machen ist. Entsprechendes gilt erst Recht im Falle b, da die tatschliche Verwendung in diesem Besteuerungszeitraum erfolgt. 1 Lippross, DStR 2003, 1593, 1596 f.; Klenk, UR 2002, 306 f.; zust. Reiß, UmsatzsteuerR, 6.2.2.8 (S. 219); vgl. auch Forgch, UR 2004, 231.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze Wird die Verwendungsabsicht erst im Jahre 2006 gendert, so erfolgt die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG (Rz. 16.75 ff.).

Nach gleichermaßen verfehlter Auffassung des BFH muß der Unternehmer sich sofort entscheiden, fr welche Ausgangsumstze er die empfangenen Eingangsleistungen verwenden wolle.1 Das hat mit dem Wortlaut und dem Zweck des § 15 Abs. 2 UStG nichts mehr zu tun und ist schlicht falsch.2 Wenn ein Unternehmer Lieferungen fr sein Unternehmen empfngt, aber noch nicht weiß, ob er die Gegenstnde fr seine steuerpflichtigen oder fr seine steuerfreien Umstze verwenden will, so ist deshalb nicht etwa der Vorsteuerabzug endgltig ausgeschlossen. Die gegenteilige Auffassung des BFH ist eine eklatante Mißachtung des Zwecks des Vorsteuerabzugs. Richtigerweise ist der Vorsteuerabzug in dem Zeitpunkt zu gewhren, in dem die Absicht zur Verwendung fr Umstze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, feststeht. Eine Rckwirkung tritt nicht ein, vielmehr ist nach dem allgemeinen Grundsatz des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG (Rz. 12.79) der Vorsteuerabzug fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum zu bercksichtigen, in dem die Verwendungsabsicht feststeht.

15.162

Beispiel: Unternehmer B lßt sich im Dezember 2004 grßere Mengen an Baumaterial auf Vorrat liefern. Er weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob bzw. in welchem Umfang er das Baumaterial fr steuerpflichtige Bauleistungen oder fr die geplante Errichtung von Gebuden auf eigenen Grundstcken, welche er dann steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verußern wrde, verwenden wird. Das Material wird dann in der Zeit vom Mrz 2005 bis zum Juni 2006 sukzessive in unterschiedlichem Umfang mal fr steuerpflichtige Bauleistungen und mal fr die Errichtungen von steuerfrei verußerten Gebuden eingesetzt. Die BFH-Auffassung, wonach der Unternehmer sofort ber die Verwendung entscheiden msse, fhrt zu dem sinnwidrigen Ergebnis, daß in dem Umfang, wie das Baumaterial spter dann fr steuerpflichtige Bauleistungen verwendet wird, kein Vorsteuerabzug gegeben ist. Richtigerweise ist fr jeden Voranmeldungszeitraum, in dem jeweils fr Teile des Materials die Verwendung fr steuerpflichtige Bauleistungen feststeht, in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG ein anteiliger Vorsteuerabzug zu gewhren.

bb) Bei steuerfreien Umstzen (insbesondere Grundstcksvermietungen und Grundstckslieferungen) soll es nach Ansicht des BFH fr die Erlangung des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG ausreichen, wenn beabsichtigt war, nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Umstze zu verzichten. Dabei soll es auch dann bleiben, wenn der tatschlich ausgefhrte Umsatz steuerfrei ist (weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG fr einen Verzicht nicht erfllt werden) oder es gar nicht zu Umstzen kommt; es soll allenfalls eine Berichtigung

1 BFH, UR 2003, 197 = BFH/NV 2003, 513; ebenso FG Bremen, EFG 2004, 1724; Abschn. 203 Abs. 1 Satz 7, Abs. 5 UStR 2005. 2 Ebenso Lippross, DStR 2003, 1593, 1595 f.

547

15.163

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

nach § 15a UStG (Rz. 16.83) in Betracht kommen.1 Diese Auffassung verstßt schon gegen den klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 UStG, der verlangt, daß der Umsatz an einen anderen Unternehmer ausgefhrt wird, so daß die Wirkungen des Verzichts nur dann eintreten, wenn die genannten Voraussetzungen tatschlich vorliegen.2 Der BFH bersieht ferner, daß die Steuerfreiheit die Regel und die Steuerpflicht die Ausnahme ist, welche nur unter den Voraussetzungen des § 9 UStG gilt. Die Erfllung dieser Kriterien, d. h. die Ausnahme von der Regel, darf deshalb nicht etwa zugunsten des Unternehmers unterstellt werden, weil sonst § 9 UStG leerliefe. Schließlich verkennt der BFH vllig den Zweck des Verzichts, der nur erreicht werden kann, wenn die Leistung tatschlich gegenber einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer erbracht wird, so daß auch kein Anlaß besteht, § 9 Abs. 1 UStG entgegen seinem Wortlaut auszulegen (ausfhrlich zu alledem Rz. 10.143). Die verfehlte Auffassung des BFH fhrt zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Subvention. Sie bewirkt zudem willkrliche Rechtsfolgen und verstßt deshalb auch gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Wenn es ausreichen wrde, die Absicht zum Verzicht auf die Steuerbefreiung zu haben, so mßte mit der Erst-Recht-Argumentation jedem Unternehmer, der die Absicht hatte und weiterhin hat, einen Broneubau o. . steuerpflichtig zu vermieten, diese aber nicht verwirklichen kann, weil er keinen vorsteuerabzugsberechtigten Mieter findet und deshalb notgedrungen steuerfrei vermietet, der Vorsteuerabzug gewhrt werden. Nach Auffassung des BFH soll indes bei diesem Unternehmer eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG vorgenommen werden.3 15.164

Beispiele: Die Unternehmer U1, U2 und U3 stellen jeweils im Jahre 2004 ein Brogebude (NettoHerstellungskosten 10 Mio. Euro) her mit der Absicht, dieses an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer unter Verzicht auf die grundstzliche Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG) zu vermieten. Sie finden jedoch bis zur Fertigstellung des Gebudes (Dezember 2004) trotz entsprechender Zeitungsanzeigen keine derartigen Mieter. (1) U1 vermietet deshalb das Gebude ab Januar 2005 mittels kurzfristiger Vertrge an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte gemeinntzige Organisationen u. ., gibt allerdings gleichwohl weiterhin regelmßig Vermietungsanzeigen auf, mit denen er vorsteuerabzugsberechtigte Mieter sucht. (2) U2 lßt das Gebude 4 Jahre lang leerstehen, gibt jedoch regelmßig Vermietungsanzeigen auf, mit denen er vorsteuerabzugsberechtigte Mieter sucht. Zum 1.1.2009 ver1 BFH, UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430; UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434; UR 2002, 470; 2002, 472 = BStBl. II 2003, 435; UR 2002, 603; BFH/NV 2005, 484 mwN.; zust. Reiß, UmsatzsteuerR, 4.2 (S. 153); Lippross, 7.8.4.1 (S. 749). 2 Aus § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG, der von „zu verwenden beabsichtigt“ spricht, folgt nichts Gegenteiliges, da damit nur zum Ausdruck gebracht werden soll, daß der Leistende mit seinem Vorsteuerabzug nicht warten muß, bis der Leistungsempfnger die empfangene Leistung verwendet, er mithin schon einen vorlufigen Vorsteuerabzug erhalten kann (Rz. 158). 3 BFH, UR 2002, 470; BFH/NV 2004, 381.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze ußert er das Objekt steuerfrei an eine gemeinntzige Organisation, die darin ihre Verwaltung unterbringt. (3) U3 lßt das Gebude ebenfalls 4 Jahre lang leerstehen und gibt auch regelmßig Vermietungsanzeigen auf, mit denen er vorsteuerabzugsberechtigte Mieter sucht. Zum 1.1.2009 wird das Objekt durch eine Explosion zerstrt. Lsungen: (1) U1 erhlt auf Grund der Absicht, auf die Steuerfreiheit zu verzichten, in 2004 den Vorsteuerabzug in Hhe von 1,6 Mio. Euro. Richtigerweise ist dieser rckgngig zu machen, da die Voraussetzungen des § 9 UStG tatschlich nicht erfllt werden (Rz. 163). Bei Zugrundelegung der BFH-Auffassung ist hingegen lediglich auf Grund der tatschlichen Verwendung in den folgenden Jahren eine Berichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen, die dazu fhrt, daß U1 fr die Jahre 2005–2014 jhrlich ein Zehntel, d. h. 160 000 Euro an Vorsteuern zurckzuzahlen hat. Die in dem Zinsertrag (bei 4 % Zinsen jhrlich sind das fr 10 Jahre rd. 350 000 Euro) liegende Subvention hat mit dem Zweck des Verzichts nach § 9 UStG (Rz. 10.137, 10.143 aE.) rein gar nichts zu tun und ist auch durch keine andere berlegung zu rechtfertigen. Die verfehlte BFH-Sichtweise zu Ende gedacht mßte indes dazu fhren, daß dem U1 der gesamte Vorsteuerbetrag verbleibt, weil er niemals die Absicht aufgegeben hatte, vorsteuerabzugsberechtigte Mieter zu finden und er nicht dafr bestraft werden darf, daß er, um wenigstens Einnahmen zu erzielen, notgedrungen vorerst steuerfrei vermietet! (2) U2 erhlt ebenfalls auf Grund der Absicht, auf die Steuerfreiheit zu verzichten, in 2004 den Vorsteuerabzug in Hhe von 1,6 Mio. Euro. Richtigerweise ist dieser im Zeitpunkt der Fertigstellung rckgngig zu machen, da die Voraussetzungen des § 9 UStG tatschlich nicht erfllt werden. Nach Auffassung des BFH hingegen behlt U2 den Vorsteuerabzug, solange er die Absicht zum Verzicht auf die Steuerbefreiung hat und keine Verwendung fr Umstze eintritt, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Ein solcher erstmaliger Umsatz soll nach Ansicht des BFH die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Verußerung sein1, so daß U2 auf der Grundlage dieser Rechtsprechung gem. § 15a Abs. 2 UStG den Vorsteuerbetrag zurckzuzahlen htte (Rz. 16.125), jedoch die erheblichen Zinsvorteile hinsichtlich des Betrages von 1,6 Mio. Euro fr 4 Jahre behielte. Diese Subvention (bei 4 % Zinsen wren das 256 000 Euro) wre durch nichts zu rechtfertigen. Richtigerweise ist ab Fertigstellung des Gebudes von einer Verwendung auszugehen (Rz. 16.72), so daß bereits ab diesem Zeitpunkt eine Verwendung zur Ausfhrung steuerfreier Vermietungsumstze vorliegt und die Vorsteuer schon zu diesem Zeitpunkt zu berichtigen ist. (3) U3 erhlt nach der Rechtsprechung wie U2 den Vorsteuerabzug in Hhe von 1,6 Mio. Euro. Da tatschliche keine Verwendung stattfindet, muß er die Vorsteuer nicht zurckzahlen. Der Staat hatte sich folglich mit einer Subvention von 1,6 Mio. Euro an der Errichtung des Gebudes beteiligt!

Die beabsichtigte Verwendung darf allenfalls vorlufig herangezogen werden, um dem Gebot des Sofortabzugs (Rz. 158) gerecht zu werden.2 Fr die endgltige Entscheidung ist nach dem klaren Wortlaut des § 15 Abs. 2 und 4 UStG 1 Vgl. BFH, UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430. 2 Der Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung gebietet indes selbst das nicht, denn danach ist die Entlastung erst und nur dann geboten, wenn die Wettbewerbssituation sich realisiert hat, d. h. erst und nur bei steuerpflichtiger Vermietung oder Verußerung (Rz. 10.137, 10.143). So zutreffend § 6 Abs. 2 Unterabs. 2 UStG, wonach der Vorsteuerabzug erst abgezogen werden kann, wenn der Unternehmer den Umsatz als steuerpflichtig behandelt.

549

15.165

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

und des Art. 17 Abs. 2 und 5 der 6. EG-RL nicht die beabsichtigte, sondern die tatschliche erstmalige Verwendung maßgebend. Ist diese eine steuerfreie Vermietung (bzw. Grundstckslieferung), so ist richtigerweise der beabsichtigte Verzicht ohne Wirkung (Rz. 163) und der vorlufige Vorsteuerabzug ist durch nderung der betreffenden Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO (oder nach § 165 Abs. 2 AO, sofern der Steuervergtungsfestsetzung ein entsprechender Vorlufigkeitsvermerk beigefgt war) rckgngig zu machen. Bei der Verwendungsabsicht bleibt es nur ausnahmsweise dann, wenn es zu keiner Verwendung gekommen ist und der beabsichtigte Umsatz kraft Gesetzes steuerpflichtig ist oder der Vertrauensschutz es gebietet, bei einer Gesetzesnderung die beabsichtigte Verwendung ausreichen zu lassen.1 15.166

Der BFH hat bersehen, daß der EuGH nur in diesen beiden Fllen2 auf die beabsichtige Verwendung abstellt. So heißt es in der Entscheidung des EuGH v. 8.6.2000 – Rs. C-98/98: „Diese Rechtsprechung lßt also ausnahmsweise und unter bestimmten Voraussetzungen auch dann ein Recht auf Vorsteuerabzug zu, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumstzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nicht hergestellt werden kann.“3 Der Vorsteuerabzug nach Maßgabe der Verwendungsabsicht ist mithin aus der Sicht der 6. EG-Richtlinie und des EuGH nicht etwa das Grundprinzip, sondern die Ausnahme von der Regel, wonach es auf die tatschliche Verwendung ankommt.4 Das hat der V. Senat des BFH in seinem bereifer, vermeintliche EuGH-Vorgaben umzusetzen, bersehen. Die genderte BFH-Rechtsprechung ist mithin nicht etwa gemeinschaftsrechtskonform, sondern verstßt nunmehr gegen die 6. EG-Richtlinie!

15.167

cc) Werden Leistungsbezge nicht verwendet, weil es sich um eine Fehlmaßnahme handelt (zur Verwendung fr einen anderen Umsatz s. Rz. 164 Beisp. 2) oder weil erworbene Gegenstnde vor ihrer Verwendung untergehen (Diebstahl, Zerstrung) oder unbrauchbar werden, so sind sie gleichwohl fr das Unternehmen iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG ausgefhrt worden (Rz. 29). Die Abziehbarkeit der Vorsteuern richtet sich folglich nach der beabsichtigten Verwendung.5 Der Umstand, daß die bezogene Leistung mangels Verwendung nicht zur Ausfhrung von Umstzen iS des § 15 Abs. 2 UStG verwendet wird, berechtigt mithin nicht schon deshalb zum Vorsteuerabzug (ein beabsichtigter Verzicht auf die Steuerbefreiung der beabsichtigten Umstze ist entgegen h. M. ohne Bedeutung, Rz. 163; Rz. 10.143).

1 Vgl. EuGH, EuGHE 2001,I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446. 2 EuGH, EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446. 3 EuGHE 2000, I-4177 = UR 2000, 342, Tz. 23. 4 So zutreffend Lippross, DStR 2003, 1593, 1595; Forgch, UR 2004, 231, 234. 5 BFH, UR 2001, 360 = BStBl. II 2003, 433; UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434.

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V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

d) Aufteilung der Vorsteuern in Mischfllen aa) Werden Eingangsleistungen1 nur zum Teil zur Ausfhrung von Umstzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbetrge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug fhrenden Umstzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG).2 Die Eingangsleistungen sind mithin jeweils im Einzelnen danach zu untersuchen, welchen Ausgangsumstzen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind. Vorsteuerbetrge, die die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfllen (Rz. 12 ff.) und nicht nach § 15 Abs. 1a UStG (Rz. 103 ff.) vom Abzug ausgeschlossen sind, lassen sich folglich in drei Gruppen einteilen:

15.168

– Vorsteuerbetrge, die in voller Hhe abziehbar sind, weil die zugrunde liegenden Leistungen bzw. eingefhrten oder erworbenen Gegenstnde ausschließlich im wirtschaftlichem Zusammenhang mit Umstzen stehen, die den Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 3 UStG versagen; – Vorsteuerbetrge, die in voller Hhe vom Abzug ausgeschlossen sind, weil sie ausschließlich Umstzen zuzurechnen sind, die nach § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 3 UStG den Abzug verbieten; – die brigen Vorsteuerbetrge, die keiner der beiden vorherigen Gruppen ausschließlich zugeordnet werden knnen, weil sie sowohl mit Umstzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch mit Umstzen, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 3 UStG ausschließen, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (Mischflle; gemischte Verwendung). Der Ausschluß vom bzw. die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergibt sich in den beiden ersten Fallgruppen unmittelbar aus § 15 Abs. 2 und 3 UStG. Diese Vorsteuerbetrge drfen nicht in die Aufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG einbezogen werden.3 Ein Mischfall liegt vor, wenn die Eingangsleistung gleichzeitig fr Umstze, die den Vorsteuerabzug ausschließen und fr Umstze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, verwendet wird. Wird hingegen die Eingangsleistung innerhalb des Besteuerungszeitraums der erstmaligen Verwendung zeitlich aufeinanderfolgend mal fr diese und mal fr jene Umsatzart verwendet, so liegt seit 1 Sowie eingefhrte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstnde. 2 Nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 iVm. Art. 19 der 6. EG-RL ist hingegen als Grundregel eine Aufteilung nach einem Umsatzschlssel in Gestalt eines Pro-rata-Satzes auf Jahresbasis vorgesehen. Diese grob vereinfachende Methode ist wenig sachgerecht; das verkennt der BFH, BStBl. II 2002, 832, 834 (Rz. 176 Fn.). Deshalb erlaubt Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 den Mitgliedstaaten verschiedene andere Methoden vorzusehen. Dazu gehrt z. B. die Methode, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstnde oder Dienstleistungen vorzunehmen. Das ist die von § 15 Abs. 4 UStG vorgeschriebene Methode der wirtschaftlichen Zuordnung. 3 Eine Ausnahme lßt die Finanzverwaltung bei der Aufteilung der auf die Verwaltungsgemeinkosten entfallenden Vorsteuerbetrge zu; Abschn. 210 Abs. 6 UStR 2005.

551

15.169

Kapitel 15 Vorsteuerabzug

der verfehlten und EG-RL-widrigen Neufassung des § 15a Abs. 1 UStG (zum 1.1.2002) keine gemischte Verwendung vor, weil danach auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung abzustellen ist (Rz. 156 f.).1 Geschieht die zeitlich aufeinanderfolgende unterschiedliche Verwendung hingegen in einem spteren Besteuerungszeitraum, so liegt eine gemischte Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG vor (vgl. Rz. 16.85). 15.170

Fr die Frage, ob eine gleichzeitige Verwendung fr beide Umsatzarten vorliegt, kommt es grundstzlich auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Denn wenn diese nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG fr den Umfang der Zurechnung gilt, so ist sie regelmßig auch fr die vorrangige Frage maßgebend, ob Vorsteuerbetrge einer Umsatzart berhaupt zuzurechnen sind (Rz. 144). Folglich ist im allgemeinen darauf abzustellen, ob bei kaufmnnischer (betriebswirtschaftlicher) Kostenrechnung oder Preiskalkulation die Kosten der bezogenen Leistung beiden Umsatzarten anteilig zugeordnet werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn – konkrete Teile eines Gegenstandes (Wirtschaftsgutes, Investitionsgutes) jeweils unterschiedlich verwendet werden (Beispiel: Ein Gebude wird geschoß- oder raumweise z. T. steuerfrei und z. T. steuerpflichtig vermietet); – ein Gegenstand zur Gnze gleichzeitig beiden Umsatzarten dient, ohne daß konkrete Teile den beiden Umsatzarten jeweils ausschließlich zugeordnet werden knnen. Der Gegenstand dient mithin der Gesamtttigkeit des Unternehmers (Beispiel: Gebude, Rume, Bromaschinen usw. werden fr beide Umsatzarten verwendet); – sonstige Leistungen der Gesamtttigkeit des Unternehmers dienen, d. h. sog. Verwaltungsgemeinkosten darstellen (Beispiele: Beratungsleistungen, die bei Grndung oder Umstrukturierung des Unternehmens oder beim Erwerb von Beteiligungen2 in Anspruch genommen werden).

15.171

Ein doppelter Verwendungszweck iS des § 15 Abs. 4 UStG scheint auch dann vorzuliegen, wenn ein Wirtschaftsgut zwar unmittelbar zur Erzielung von Einnahmen durch seine Vermietung oder Verußerung verwendet wird, die marktbliche Gegenleistung jedoch erheblich unterschritten wird und die Verbilligung ausschließlich im Interesse einer anderen Umsatzart erfolgt. Beispiele: (1) Verbilligte Vermietung einer Werkswohnung auf dem Betriebsgelnde an Arbeitnehmer (Hausmeister, Hotelpersonal u. .) mit der Auflage, außerhalb der regulren Arbeitszeit bestimmte Anlagen zu kontrollieren, in Notfllen sofort einsatzbereit zu sein usw. 1 Allerdings geht die Finanzverwaltung in Abschn. 215 Abs. 4 UStR 2005 (Beispiel) davon aus, daß auf die Verwendung whrend des Besteuerungszeitraums der erstmaligen Verwendung abzustellen ist. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500, Tz. 32 f.

552

V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze (2) Ein Apotheker vermietet ber der Apotheke liegende Geschosse verbilligt an rzte (vgl. Rz. 150 Beispiel). (3) Ein sog. Bautrger vermietet ein Musterhaus verbilligt unter der Auflage, daß das Haus von potentiellen Kunden des Bautrgers (Bauinteressenten) besichtigt werden kann.1

Es liegt nahe, die Vorsteuerbetrge in dem Umfang, wie die Reduzierung der Gegenleistung durch die eigentlichen Umstze verursacht ist, diesen Umstzen zuzurechnen und eine gemischte Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG anzunehmen.2 Es gelten indes dieselben Grnde, die bei vollen Umfangs unentgeltlichen Leistungen einer entsprechen Zuordnung entgegenstehen (Rz. 150). Folglich sind die Vorsteuerbetrge ausschließlich den verbilligten Umstzen zuzurechnen. Fr „Umstze“ von Geldforderungen und Wechseln sieht § 43 Nr. 1 und 2 UStDV unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen bei der Aufteilung von Vorsteuern vor. Die Vorschrift ist mehr als berflssig, weil es sich bei diesen Vorgngen mangels Verschaffung eines geldwerten (verbrauchbaren) Vorteils (Rz. 2.5) nicht um Umstze des die Forderung oder den Wechsel Abtretenden handelt (s. auch Rz. 10.86), sondern weil allenfalls der Empfnger dem Abtretenden einen Kredit verschafft. Da keine Umstze vorliegen, knnen diesen auch keine Vorsteuern zugerechnet werden. Bedeutung hat nur die Bestimmung des § 43 Nr. 3 UStDV. Danach sind Vorsteuerbetrge, die den „Lieferungen“ von im Inland gltigen amtlichen Wertzeichen3 sowie Einlagen bei Kreditinstituten zuzurechnen sind4 (diese Umstze sind steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. i bzw. a UStG), nur dann vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn sie diesen Umstzen, sofern sie Hilfsumstze (dazu Rz. 6.6) sind, ausschließlich zuzurechnen sind. Anderenfalls ist nicht von Mischfllen iS des § 15 Abs. 4 UStG auszugehen. Den Einlagen bei Kreditinstituten sind Kreditgewhrungen anderer Art gleichzustellen.5

15.172

bb) Die Aufteilung der Vorsteuern bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen erfolgt mittels wirtschaftlicher Zurechnung (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Diese Zurechnung ist grundstzlich fr jeden einzelnen erworbenen Gegenstand und jede einzelne in Anspruch genommene sonstige Leistung gesondert vorzunehmen („einen“ Gegenstand, „eine“ sonstige Leistung; die „jeweiligen“ Vorsteuerbetrge). Diese Methode fhrt – anders als die von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 iVm. Art. 19 der EG-RL als Regel vorgesehene Aufteilung nach einem Jahresumsatzschlssel6 – zu einer exakten und sachgerechten Zuordnung der Vorsteuerbetrge zu den Umstzen, mit denen sie im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

15.173

Auch die betriebliche Kostenrechnung nimmt die Zurechnung der Kosten unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Zurechnung vor. Die dafr entwickelten Grund-

15.174

1 Fall nach BFH, BStBl. II 1994, 269. 2 So BFH, BStBl. II 1994, 269; 1994, 271; frher auch der Verf., Vorsteuerabzug, 169 f. 3 Es handelt sich indes nicht um eine Lieferung, sondern um eine sonstige Leistung (Rz. 7.57). 4 Die des weiteren erwhnte „Lieferung“ von gesetzlichen Zahlungsmitteln ist kein Umsatz, da dem Erwerber kein geldwerter (verbrauchbarer) Vorteil verschafft wird (Rz. 2.5). 5 Vgl. EuGH, UR 2004, 292, Tz. 78 (dazu auch Rz. 6.6). 6 Vgl. Rz. 168 Fn.

553

Kapitel 15 Vorsteuerabzug stze knnen sinngemß angewendet werden. Die Gemeinkosten werden durch Verwendung eines sog. Betriebsabrechnungsbogens und der Kostentrgerrechnung mit Hilfe von Schlsseln bzw. Zuschlgen, die dem Prinzip der Verursachung Rechnung tragen, auf Kostenstellen verteilt und Kostentrgern zugerechnet. Fr die Vorsteueraufteilung knnen jedoch lediglich die dort verwendeten Schlssel bzw. Zuschlagsstze, nicht aber die aufgeteilten Kosten selbst bernommen werden, denn die zu verteilenden Kosten stimmen regelmßig nicht mit den Eingangsleistungen berein, ber deren Vorsteuern zu entscheiden ist. Kein geeigneter Anhaltspunkt ist hingegen die Aufwandsund Ertragsrechnung1, da sie nur Kostenarten enthlt, aber keine Kriterien fr deren anteilige Zurechnung zu bestimmten Leistungen (Ausgangsumstze) bietet.

15.175

Aufteilungskriterium ist bei unterschiedlich verwendeten Gebuden oder Gebudeteilen grundstzlich das Verhltnis der jeweils genutzten Flchen.2 Weicht jedoch die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Rume erheblich voneinander ab, so muß der entsprechende Bauaufwand den jeweiligen Umsatzarten zugeordnet und die Vorsteuer danach aufgeteilt werden.3 Beim Erwerb, nicht jedoch bei der Herstellung, eines Gebudes kann die auf den Gesamtkaufpreis entfallende Vorsteuer auch nach dem Verhltnis der Ertragswerte der unterschiedlich genutzten Gebudeteile aufgeteilt werden.4 Die Aufteilung nach dem Umsatzschlssel (Verhltnis der mit den unterschiedlich genutzten Gebudeteilen erzielten Umstze) ist grundstzlich keine wirtschaftliche Zuordnung (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG; Rz. 176).

15.176

Die nicht abziehbaren Vorsteuerteilbetrge knnen vom Unternehmer im Wege einer sachgerechten Schtzung ermittelt werden (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Diese Mglichkeit dient der Vereinfachung. Gleichwohl muß die Schtzung sachgerecht sein, d. h. der angewandte Maßstab muß eine wirtschaftliche Zuordnung der Teilbetrge anstreben. Der Schtzung ist immanent, daß dem Schtzenden ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht. Die Schtzung durch Aufteilung nach dem Umsatzschlssel ist grundstzlich keine wirtschaftliche Zurechnung.5 Sie stellt nur dann eine sachgerechte Schtzung dar, wenn der Umsatzschlssel der einzige Aufteilungsmaßstab ist6, weil es andere sachgerechte Kriterien nicht gibt.7 Dann ist die Aufteilung nach dem Umsatzschlssel (ausnahmsweise) zwangslufig die wirtschaftliche

1 2 3 4 5 6 7

So aber Abschn. 208 Abs. 2 Satz 3 UStR 2005. BFH, BStBl. II 1992, 755. Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 1012. Vgl. BFH, BStBl. II 1998, 492; 1998, 525. Vgl. BFH, BStBl. II 1980, 533. Vgl. FG Hamburg, EFG 2005, 406. Deshalb folgt entgegen BFH, BStBl. II 2002, 832, nicht etwa aus Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 iVm. Art. 19 der 6. EG-RL, daß es sich bei der Aufteilung nach dem Umsatzschlssel um eine sachgerechte, wirtschaftliche Zuordnung handelt. Die Aufteilung nach dem Umsatzschlssel iS des Art. 19 ist grob vereinfachend, da sie im Nenner alle Umstze, d. h. auch solche mit einbezieht, fr die die gemischt verwendeten Eingangsumstze gar nicht verwendet werden.

554

V. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Verwendung fr bestimmte steuerfreie Umstze

Zurechnung (Klarstellung durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG1). Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe sind keine Umstze in diesem Sinne (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UStG, Rz. 146) und folglich nicht in den Umsatzschlssel mit einzubeziehen. Dienen Eingangsleistungen der Gesamtttigkeit des Unternehmers, d. h. fhren sie zu Verwaltungsgemeinkosten, so knnen sie nur nach dem Umsatzschlssel aufgeteilt werden.

1 Eingefgt mit Wirkung vom 1.1.2004. Fr vorhergehende Zeitrume soll nach verfehlter Auffassung des BFH, aaO., uneingeschrnkt der Umsatzschlssel in Betracht kommen; dazu BMF, BStBl. I 2004, 1125.

555

15.177

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs I. Allgemeines, berblick 16.1

Das Gesetz kennt zwei Arten der Berichtigung des Vorsteuerabzugs, die in § 15a und in § 17 UStG – wenn auch nicht sauber (Rz. 4) – getrennt geregelt sind.1 Beide Vorschriften sprechen ausdrcklich von der „Berichtigung“ des Vorsteuerabzugs. Es ist deshalb mehr als unglcklich, wenn das Gesetz dem § 15a UStG die berschrift „Berichtigung des Vorsteuerabzugs“ gibt, weil damit der flschliche Eindruck erweckt wird, als wrde diese Vorschrift alle Flle erfassen.

16.2

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG ist bei einer nderung der Bemessungsgrundlage fr den Umsatz grundstzlich der Vorsteuerabzug beim Empfnger zu berichtigen (Rz. 7 ff.). Dem gleich gestellt wird durch § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Uneinbringlichkeit, d. h. die vllige oder teilweise Nichtzahlung der Gegenleistung (Rz. 17 ff.), durch § 17 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UStG2 (zur Bedeutung des Abs. 2 Nr. 5 s. Rz. 4) die Nichtausfhrung (Rz. 24 f.) bzw. Rckgngigmachung des Umsatzes (Rz. 26 f.) und durch § 17 Abs. 3 UStG die Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer (Rz. 29). Allen Bestimmungen ist gemein, daß sie der Anpassung des Vorsteuerabzugs an die tatschliche bzw. endgltige Belastung mit der Steuer dienen. Die Flle des § 17 UStG betreffen (mit Ausnahme des Abs. 2 Nr. 5, Rz. 4) folglich Vernderungen der Verhltnisse hinsichtlich geschriebener bzw. ungeschriebener Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG (Ausfhrung einer Leistung, Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs, Belastung mit der Steuer). Vom Fall des § 17 Abs. 3 UStG abgesehen korrespondiert damit jeweils zugleich eine Vernderung bezglich der Bemessungsgrundlage iS des § 10 UStG fr den Umsatz.

16.3

Davon zu unterscheiden ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG (Rz. 36 ff.) wegen Vernderung der Verhltnisse, die fr den erstmaligen Vorsteuerabzug maßgebend waren. Im Unterschied zu den Fllen des § 17 UStG (mit Ausnahme von dessen Abs. 2 Nr. 5, Rz. 4) geht es bei den Berichtigungen nach § 15a UStG um die Anpassung des Vorsteuerabzugs auf Grund genderter Verwendung der Eingangsumstze, weil die fr den erstmaligen Vorsteuerabzug als dauerhaft unterstellte Art der Verwendung tatschlich nicht fr den gesamten Beurteilungszeitraum gleich geblieben ist.3 § 15a UStG betrifft in erster Linie die nderung der Verwendung iS des § 15 Abs. 2 1 Die 6. EG-Richtlinie hat hingegen beide Arten der Vorsteuerberichtigung in Art. 20 zusammengefaßt. 2 Zur Bedeutung des § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG s. Rz. 12.33 Fn. 3 Einen Sonderfall betrifft § 15a Abs. 2 UStG, der die nicht realisierte Verwendungsabsicht bei Wirtschaftsgtern des Umlaufvermgens im Auge hat (Rz. 125).

556

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung

UStG. Bei einer Einlage u. . geht es um die nderung der Verwendung iS des § 15 Abs. 1 UStG, auf die ebenfalls § 15a UStG anzuwenden ist (Rz. 101 ff.). Von der Wirkung her ist auch die Besteuerung der Gegenstandsentnahmen, Nutzungsentnahmen und der unentgeltlichen Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a iVm. § 10 Abs. 4 UStG als fiktiv entgeltliche Leistungen eine „Berichtigung“ des Vorsteuerabzugs; das Gesetz whlt lediglich eine andere Technik. Da nicht die Gesetzestechnik, sondern der Gesetzeszweck entscheidet, sind diese Vorschriften durch eine entsprechende Auslegung mit § 15a UStG abzustimmen (Rz. 4.9, 4.34; Rz. 11.46, 11.50). Eine hnliche Funktion wie die Berichtigung nach § 15a UStG hat die Korrektur des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG, die erfolgt, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, daß Aufwendungen vorliegen, die unter bestimmte einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote und damit unter das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG fallen (Rz. 30 ff.). Diese Berichtigungsvorschrift ist deshalb in § 17 UStG falsch plaziert, da sie anders als die brigen Tatbestnde dieser Vorschrift nicht die Anpassung des Vorsteuerabzugs an die tatschliche, endgltige Belastung, sondern an die tatschliche Verwendung der bezogenen Leistung bezweckt. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgtern erfolgt die Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG (Rz. 32).

16.4

Allen Berichtigungsvorschriften ist gemein, daß sie rein materiell-rechtliche Regelungen darstellen, die keine Rckwirkung entfalten (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG, Rz. 8, bzw. § 16 Abs. 2 Satz 2 UStG, Rz. 122) und mithin verfahrensrechtlich nicht zu einer Berichtigung der Steuervergtungsfestsetzung hinsichtlich des Besteuerungszeitraums fhren, fr den ber den erstmaligen Vorsteuerabzug zu entscheiden war.

16.5

Sowohl die Berichtigungen nach § 17 UStG als auch die nach § 15a UStG betreffen nur die ursprnglich zu Recht gewhrte bzw. nicht gewhrte Vorsteuer. Wurde hingegen der Vorsteuerabzug rechtswidrig, d. h. insbesondere unter Verstoß gegen § 15 UStG vorgenommen bzw. abgelehnt, so ist die betreffende Steuerfestsetzung (Steuervergtungsfestsetzung, Rz. 18.33) nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 164 Abs. 2, 173) zu korrigieren. Sofern eine solche Korrektur nicht mehr mglich ist, kann indes im Rahmen der Berichtigung nach § 15a UStG eine teilweise Kompensation des Fehlers erfolgen (Rz. 112, 114).

16.6

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung 1. nderung der Bemessungsgrundlage a) Hat sich die Bemessungsgrundlage fr einen steuerpflichtigen Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gendert (dazu ausfhrlich Rz. 12.41 ff.), so ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgefhrt wurde, grundstzlich zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Koppelung an die nderung der Bemessungsgrundlage ergibt sich daraus, daß in einem solchen Fall die Steuer beim leistenden Unternehmer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt wird, weil fr die Besteuerung maßgebend ist, was letztend557

16.7

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

lich fr die Leistung aufgewendet wird (Rz. 11.5; Rz. 12.33). Damit korrespondiert, daß der Vorsteuerabzug an die tatschliche Belastung des Leistungsempfngers anzupassen ist (Rz. 2 f.). Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 Halbs. 1 der 6. EG-RL1 bestimmt, daß der Vorsteuerabzug zu berichtigen ist, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugs bercksichtigt werden, nach der Abgabe der Erklrung gendert haben, insbesondere bei (rckgngig gemachten Kufen2 oder) erlangten Rabatten. Ein solcher Faktor iS des Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL ist vor allem die vom leistenden Unternehmer geschuldete Steuer, die nach Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL zu berichtigen ist.

16.8

Die Berichtigung ist fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum (Rz. 9) vorzunehmen, in dem die nderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG), so daß keine Rckwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Entstehung des Steuervergtungsanspruchs eintritt (Rz. 12.35). Die Vorschrift ist deshalb rein materiell-rechtlicher Natur und nicht etwa eine verfahrensrechtliche Sonderregelung.3 Mit Eintritt des Berichtigungstatbestandes entsteht zum Ende des Voranmeldungszeitraums ein Erstattungsanspruch des Finanzamts iS des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO (Rckforderungsanspruch) gerichtet auf Rckzahlung einer Steuervergtung, weil der rechtliche Grund fr deren Zahlung spter weggefallen ist.4

16.9

Die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs (im Falle der Minderung der Bemessungsgrundlage), d. h. zur Bercksichtigung der Rckzahlungsbetrge (dazu nher Rz. 18.5) bei der Steuerberechnung fr den Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG) und den Besteuerungszeitraum (§ 18 Abs. 3 Satz 1 aE. UStG) trifft den Leistungsempfnger kraft Gesetzes. Nicht etwa ist die Verpflichtung von dem Eingang einer Mitteilung geschweige denn einer berichtigten Rechnung seitens des leistenden Unternehmers abhngig5 (Ausnahme: Flle des § 17 Abs. 4 UStG: Jahresboni, Jahresrckvergtungen u. .; dazu Rz. 12.46), weil die nderung der Bemessungsgrundlage dem Leistungsempfnger bekannt ist, d. h. dieser weiß, daß die Voraussetzung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorliegt (vgl. Rz. 12.39).

16.10

Bei einer Erhhung der Bemessungsgrundlage (Rz. 12.52) entsteht der auf den Erhhungsbetrag entfallende Anspruch auf Abzug der Vorsteuer nicht bereits mit Vereinbarung bzw. Zahlung des Erhhungsbetrages. Voraussetzung ist auch in diesem Fall der gesonderte Ausweis der Steuer in einer Rechnung. Dieser systemtragende Grundsatz 1 Buchst. a dieser Bestimmung, wonach der ursprngliche Vorsteuerabzug zu berichtigen ist, wenn dieser hher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war, betrifft wohl nur die Selbstverstndlichkeit der Korrektur eines rechtswidrig abgelehnten bzw. gewhrten Vorsteuerabzugs (dazu Rz. 6). 2 Entspricht § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG (Rz. 26). 3 So aber BFH, BStBl. II 2002, 562, 565; Seer in T/L, § 21 Rz. 445; Reiß, UmsatzsteuerR, 5.5 (S. 184). 4 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 150; ders. in R/D, § 17 Anm. 28; vgl. auch BFH, BStBl. II 2002, 562. 5 BFH, BStBl. II 1996, 206.

558

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG wird durch § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht durchbrochen.1

b) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs unterbleibt trotz nderung der Bemessungsgrundlage und Berichtigung der Steuer beim leistenden Unternehmer, wenn der Leistungsempfnger „wirtschaftlich nicht begnstigt ist“ (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG), d. h. bei ihm keine Minderung der Belastung erfolgt, weil die nderung der Bemessungsgrundlage beim leistenden Unternehmer durch eine Zuwendung (Gutscheineinlsung o. .) an den letzten Abnehmer in der Lieferkette eingetreten ist (dazu Rz. 12.50). Folglich muß nur ggf. der Vorsteuerabzug beim Zuwendungsempfnger, wenn dieser Unternehmer ist, berichtigt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG).2

16.11

c) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet (§ 17 Abs. 1 Satz 6 Halbs. 1 UStG). Mit dieser Vereinfachungsvorschrift (dazu genauer Rz. 16) ist insbesondere an die Flle gedacht, in denen Unternehmer die Abwicklung ihres Zahlungsverkehrs mit ihren Lieferanten von einer Vereinigung (idR Genossenschaft), zu der sie sich zu diesem Zwecke zusammengeschlossen haben, vornehmen lassen. Dieser sog. Zentralregulierer bezahlt die Rechnungen fr die Mitglieder unter Inanspruchnahme von Abzgen (Skonto, Rabatten u. .), whrend die Mitglieder den Rechnungsbetrag in voller Hhe oder unter Inanspruchnahme eines geringeren Abzugs an den Zentralregulierer begleichen. Letzterer zahlt im Namen und fr Rechnung der Mitglieder und erbringt damit diesen gegenber sonstige Leistungen, die ihn trotz der Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG: Umstze im Zahlungs- und berweisungsverkehr) zum Unternehmer machen (Rz. 16). In Hhe des Abzugs gegenber den Lieferanten tritt fr das einzelne Mitglied jeweils eine Minderung der Gegenleistung (des Entgelts) iS des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG ein. Die danach gebotene Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann gem. § 17 Abs. 1 Satz 6 Halbs. 1 UStG unterbleiben, soweit der Zentralregulierer (als dritter Unternehmer) den auf die Minderung des Entgelts entfallenden „Steuerbetrag“ an das Finanzamt entrichtet (dazu Rz. 15).

16.12

Die Vorschrift kann bei richtiger Auslegung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG nur den Fall der nach Bezahlung des vollen Rechnungsbetrages nachtrglich eintretenden Minderung der Gegenleistung (durch Jahresboni, Jahresrckvergtungen u. .) betreffen, da bei Inanspruchnahme eines Skontos – wenn man mit der h. M. davon ausgeht, daß berhaupt eine Minderung der Bemessungsgrundlage eintritt (Rz. 11.24) – bis zur Bezahlung der Rechnung noch kein Vorsteuerabzug in Betracht kam (Rz. 19 f.). Indes folgt im Erst-Recht-Schluß, daß

16.13

1 Stadie in R/D, § 17 Anm. 36 mwN. 2 Die Berichtigung ist fr den Besteuerungszeitraum – und Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG) – vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begnstigt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 8 UStG), d. h. der Gutschein o. . vom Hersteller eingelst wird.

559

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG auch bei erstmaliger Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gilt. 16.14

Beispiel: Die Einkaufsgenossenschaft Z begleicht die Rechnung, die das Mitglied M vom Lieferanten in Hhe von 1000 Euro + 160 Euro USt. im Mai erhalten hatte, unter Inanspruchnahme eines Abzugs von 5 % Mitte Juni. M zahlt an Z den Rechnungsbetrag mit einem Abzug von 2 %. Es gibt drei Mglichkeiten: (1) M berichtigt den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug um 8 Euro entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG fr den Voranmeldungszeitraum Juni, wenn verfehlterweise bereits fr den Mai der Vorsteuerabzug gewhrt worden war, bzw. nimmt richtigerweise fr Juni nur einen um 8 Euro geminderten Vorsteuerabzug vor. (2) M kann es beim Vorsteuerabzug von 160 Euro belassen, wenn Z 8 Euro an das Finanzamt entrichtet. (3) M berichtigt seinen Vorsteuerabzug nach Maßgabe seiner Zahlung an Z um 2 % (3,20 Euro) bzw. nimmt richtigerweise im Juni einen um diesen Betrag geminderten Vorsteuerabzug vor. Z muß dann 3 % (4,80 Euro) an das Finanzamt entrichten.

16.15

Gem. § 17 Abs. 1 Satz 6 Halbs. 2 UStG soll „in diesem Fall“, d. h. soweit der Leistungsempfnger den Vorsteuerabzug nicht mindert bzw. berichtigt, der dritte Unternehmer Schuldner der „Steuer“ sein.1 Bei der berichtigten Vorsteuer handelt es sich indes nicht um eine geschuldete Steuer, sondern um eine zu erstattende Steuervergtung2, die gleichwohl auch bei der „Steuerberechnung“ wie eine Steuer behandelt wird (§ 16 Abs. 1 Satz 4 UStG).

16.16

Die „Steuerschuld“ des Zentralregulierers wird hufig von einer eigenen Steuerschuld verdrngt sein. Da der Zentralregulierer mit seiner Ttigkeit entgeltliche Dienstleistungen auf dem Gebiet des Zahlungs- und berweisungsverkehrs gegenber den Mitgliedern erbringt (die Gegenleistung liegt in den Differenzbetrgen, die nicht an die Mitglieder ausgekehrt werden), bt er eine unternehmerische Ttigkeit aus. Diese sonstigen Leistungen sind zwar nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei, auf die Steuerfreiheit kann jedoch nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet werden. Soweit die Mitglieder vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer sind, wird der Zentralregulierer auf die Steuerfreiheit verzichten, um den Vorsteuerabzug hinsichtlich seiner eigenen Kosten zu erlangen. Insoweit handelt es sich bei der geschuldeten Steuer um die Steuer fr eigene steuerpflichtige Umstze. Die Vereinfachung des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG liegt dann vor allem darin, daß das Mitglied nicht in einem Schritt seinen Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Lieferanten mindern bzw. berichtigen muß und dann aus einer Rechnung des Zentralregulierers in gleicher Hhe einen Vorsteuerabzug vornehmen kann. Des weiteren muß der Zentralregulierer den Mitgliedern nicht jeweils Rechnungen iS des § 14 UStG fr Zwecke des Vorsteuerabzugs erteilen.

2. Nichtzahlung („Uneinbringlichkeit“) der Gegenleistung 16.17

a) Der Vorsteuerabzug ist ferner zu berichtigen, wenn die vereinbarte Gegenleistung („das vereinbarte Entgelt“3) uneinbringlich geworden ist (§ 17 Abs. 2 1 Sie entsteht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 5 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die nderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. 2 Stadie in R/D, § 17 Anm. 117 iVm. Anm. 28. 3 Dazu Rz. 11.3.

560

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung

Nr. 1 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Nichtzahlung der Gegenleistung (das Uneinbringlichwerden aus der Sicht des Glubigers) ist nicht unmittelbar unter § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu subsumieren, weil die Bemessungsgrundlage fr den dem Vorsteuerabzug zugrunde liegenden Umsatz nicht beeinflußt wird. Da die Forderung auf die Gegenleistung bei Uneinbringlichkeit weiterhin in voller Hhe bestehen bleibt, hat sich die vereinbarte Gegenleistung iS des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 16 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 10 Abs. 1 UStG nicht gendert. Damit korrespondiert, daß auch die Rechnung mit ihren Angaben gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG richtig bleibt, weil sie weiterhin den Forderungsbetrag beziffert. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bestimmt deshalb, das Abs. 1 sinngemß gilt. Wird die Gegenleistung nachtrglich entrichtet, d. h. vom Glubiger vereinnahmt, so ist der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG; Rz. 22 f.). In Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 Halbs. 2 der 6. EG-RL heißt es, daß die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Umstzen unterbleibe, bei denen keine oder eine nicht vollstndige Zahlung geleistet wurde. Diese Aussage betrifft allerdings nicht den Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers hinsichtlich seiner Leistungsbezge, die er fr Umstze verwendet, die von seinen Abnehmern nicht bezahlt werden.1 Der Sinn erschließt sich unter Einbeziehung des Satzes 2 dieser Bestimmung, wonach bei Umstzen, bei denen keine oder eine nicht vollstndige Zahlung erfolgt sei, die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen knnen, und den korrespondierenden Aussagen des Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 der 6. EG-RL. Letztere Bestimmungen besagen, daß grundstzlich schon die vorlufige Nichtzahlung den leistenden Unternehmer zur Berichtigung der von ihm geschuldeten Steuer berechtigt, die Mitgliedstaaten jedoch unter bestimmten Voraussetzungen befugt sind, auf die endgltige Nichtzahlung abzustellen2 (Rz. 12.55 Fn.). Folglich will Art. 20 Abs. 1 Buchst. Satz 2 der 6. EG-RL nicht etwa anordnen, daß der Vorsteuerabzug im Falle der Nichtzahlung grundstzlich nicht zu berichtigen ist, sondern bestimmen, daß die Mitgliedstaaten lediglich befugt sind, bis zur endgltigen Nichtbezahlung zu warten. Der in Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL niedergelegte Grundsatz des Gleichgewichts von Steuer und Vorsteuer verlangt mithin, daß der Vorsteuerabzug in demselben Umfang berichtigt wird, wie sich beim leistenden Unternehmer die geschuldete Steuer nach Art. 11 Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL verringert. Die Mitgliedstaaten knnen lediglich den Zeitpunkt bestimmen. Indes ist bei einer Zusammenschau von Art. 11 Teil C Abs. 1 und von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EGRL unter Einbeziehung der in letzterer Vorschrift zu findenden Formulierung „Faktoren . . . nach Abgabe der Erklrung gendert“ der Wille der EG-Richtlinie zu erkennen, daß grundstzlich schon bei vorlufiger Nichtzahlung der Vorsteuerabzug sogleich nach Abgabe der Erklrung berichtigt werden sollte.

16.18

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG ist das notwendige Korrektiv zu der verfehlten Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, die fr den Vorsteuerabzug nicht die Entrichtung der Gegenleistung verlangt (Rz. 15.86 f.). Da der Zweck des Vorsteuerabzugs nur in der Entlastung von einer Steuerbelastung (Rz. 15.2 f.) und nicht in einer Subventionierung in Gestalt von Zinsvorteilen oder bei einer Insolvenz o. . in Hhe des gesamten Vorsteuerbetrages besteht, ist eine an diesem Zweck ausgerichtete Interpretation des Begriffes

16.19

1 So aber Wachweger, UR 1977, 165, 166, und bislang auch Verf. in R/D, § 17 Anm. 3. 2 Vgl. EuGH, EuGHE 1997, I-3801 = UR 1997, 397, Tz. 18.

561

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

„uneinbringlich“ erforderlich. Dieser ist mithin umsatzsteuerrechtlich autonom und nicht etwa wie im Ertragsteuerrecht nach kaufmnnischen Gesichtspunkten zu bestimmen. Im Hinblick auf den Zweck des Vorsteuerabzugs ist es entgegen der BFH-Rechtsprechung ohne Belang, weshalb der Schuldner (Leistungsempfnger) nicht zahlt, insbesondere ob er bei einer Zahlungsverweigerung, wie der BFH verlangt1, das Bestehen der Forderung substantiiert bestreitet. Vom Gesetzeszweck her kommt es allein darauf an, daß der Schuldner, aus welchen Grnden auch immer, nicht zahlt. Ebensowenig darf entgegen dem BFH2 auf die Durchsetzbarkeit der Forderung abgestellt werden (ausfhrlich zur parallelen Fragestellung bei der Berichtigung der Steuerschuld des leistenden Unternehmers, d. h. des Glubigers Rz. 12.57 ff.). 16.20

Der Zweck des Vorsteuerabzugs verlangt mithin, daß der Begriff der (vorlufigen, Rz. 22) „Uneinbringlichkeit“ im Rahmen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG umsatzsteuerrechtlich autonom als Nichtzahlung im Zeitpunkt der Flligkeit des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer, d. h. des Steuervergtungsanspruchs (zehn Tage nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStG vorliegen; Rz. 18.22 iVm. Rz. 18.38 u. 18.40.) verstanden wird. Eine solche Auslegung hlt sich im Rahmen des mglichen Wortsinns. Der Vorsteuerabzug darf folglich nur geltend gemacht werden, wenn bzw. soweit im Zeitpunkt der Abgabe der Voranmeldung die Rechnung beglichen ist.

16.21

Da es auf die Grnde der Nichtzahlung nicht ankommt (Rz. 19), liegt Uneinbringlichkeit auch dann vor, wenn die Forderung gestundet worden ist. Auch bei einem Ratenkauf, Mietkauf oder hnlichen Rechtsverhltnis (z. B. SpezialLeasing u. .) besteht folglich hinsichtlich der ausstehenden Raten jeweils bis zu ihrer Zahlung vorlufige Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG (Rz. 12.61), so daß richtigerweise nicht die gesamte Vorsteuer sogleich ausgezahlt werden darf und es (auch) aus diesem Grund der verfehlten Haftungsvorschrift des § 13d UStG nicht bedarf (Rz. 19.58).

16.22

b) Wird der Forderungsbetrag („das Entgelt“) nachtrglich ganz oder zum Teil vereinnahmt, so ist der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Diese Regelung stellt klar, daß es fr den Vorsteuerabzug auf die tatschliche, endgltige Belastung mit der Steuer ankommt. Vereinnahmung ist nicht im wortwrtlichen Sinne zu verstehen; auch Zahlungen an Dritte werden vom Unternehmer vereinnahmt, wenn sie ihm zugute kommen, d. h. auf seine Rechnung erfolgen (Rz. 11.14).

16.23

Zahlungen eines Dritten berechtigen den Leistungsempfnger nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn sie fr seine Rechnung erfolgen (dazu Rz. 11.28). Folglich werden Zahlungen eines Dritten, die dieser auf Grund einer Verpflichtung gegenber dem leistenden Unternehmer oder aus anderen Grnden in dessen Interesse wegen des Ausfalls der Forderung (auf die Gegenleistung) ttigt, 1 BFH, UR 2002, 98 = BStBl. II 2003, 206; BStBl. II 2004, 684. 2 BFH, BFH/NV 2004, 1122 = UR 2004, 484.

562

II. Anpassung des Vorsteuerabzugs an die endgltige Belastung

nicht fr die Leistung erbracht und stellen damit auch keine Zahlungen des Leistungsempfngers dar, so daß sie nicht von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erfaßt werden. Das gilt namentlich fr Zahlungen auf Grund einer Warenkreditversicherung oder bei einer Delkrederehaftung des Handelvertreters (Agenten, „Vermittlers“) fr die Nichtzahlung der Gegenleistung durch den vermittelten Kunden (ausfhrlich Rz. 12.64 f. m. Beispiel). Dem Leistungsempfnger steht ebenfalls kein Vorsteuerabzug zu, weil kein Fall des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG vorliegt, wenn der Dritte ausschließlich im eigenen Interesse Schulden des Leistungsempfngers begleicht (Beispiel: die Finanzierungsbank eines insolventen Bautrgers begleicht Handwerkerrechnungen, um der Rufschdigung des Bankgewerbes entgegenzuwirken; dazu nher Rz. 12.66). 3. Nichtausfhrung der Leistung Ist fr eine noch auszufhrende Leistung die Gegenleistung bereits ganz oder zum Teil erbracht worden, wird jedoch die Leistung nicht ausgefhrt, so ist in sinngemßer Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG der vorgenommene Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Diese Bestimmung ist die notwendige Ergnzung zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG, der bereits bei Anund Vorauszahlungen den Vorsteuerabzug ermglicht (dazu Rz. 15.90). Die Berichtigung erfolgt nicht rckwirkend, sondern fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorliegen (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG; Rz. 8; Rz. 12.35, 12.37; zur teilweisen oder unvollstndigen Erbringung der Leistung s. Rz. 12.68).

16.24

Die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht davon abhngig, daß die Vorauszahlung zurckgewhrt wurde.1 Richtigerweise setzt jedoch die Berichtigungspflicht die Rckzahlung (oder Verrechnung) der Vorauszahlung voraus, da es nicht Wille des Gesetzes sein kann, daß der zahlungsunfhige Unternehmer die Steuer vom Finanzamt erstattet erhlt, ohne sie zuvor an den Vertragspartner mittels Rckzahlung der Vorauszahlung zurckgewhrt zu haben, da er dann auf dessen Kosten hinsichtlich des Steuerbetrages bereichert wre. Auch der EuGH hat betont, daß wegen des Neutralittsgrundsatzes bei einer Gutschrift eine Minderung der Bemessungsgrundlage erst mit Auszahlung des Gutschriftsbetrages eintritt.2 Dieser Grundsatz hat auch fr die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu gelten (ausfhrl. Rz. 12.69).3

16.25

1 So auch Mßlang in S/R, § 17 Rz. 29; Birkenfeld, § 208 Rz. 87; Heuermann, UR 1995, 294, 296; ferner BFH, BStBl. II 1995, 808. 2 EuGH, EuGHE 2001, I-4167 = UR 2001, 349. 3 Im Ergebnis ebenso Tehler in R/K/L, § 17 Rz. 145. Auch der BFH scheint nunmehr von dieser Sichtweise auszugehen, wenn er ausfhrt, daß im Falle des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG der Vorsteuerabzug im Jahr der Rckerstattung zu berichtigen sei; BFH, UR 2001, 550 = BStBl. II 2003, 434.

563

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

4. Rckgngigmachung des Umsatzes 16.26

Ist eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rckgngig gemacht worden1, so ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG der vorgenommene Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG).2 Eine Vereinbarung ber die Rckgngigmachung reicht nicht aus; erforderlich ist deren tatschliche Durchfhrung („rckgngig gemacht worden“).3 Die Berichtigung hat nicht rckwirkend, sondern fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum zu erfolgen, in dem die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG vorliegen (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG; Rz. 8; Rz. 12.35, 12.37); Entsprechendes gilt, wenn nicht der Umsatz, aber dessen Steuerpflicht durch ein nachtrgliches Ereignis wegfllt (Rz. 12.79). Zur Rckgngigmachung einer sonstigen Leistung s. Rz. 12.72, zur Rckgngigmachung einer Lieferung und zur Abgrenzung von der Rcklieferung und vom Umtausch s. Rz. 12.73 ff.; zur Annahme einer sonstigen Leistung bei Zahlung (Einbehaltung) einer Nutzungsvergtung s. Rz. 12.77.

16.27

Im Falle des Rcktritts beim Eigentumsvorbehalt oder Abzahlungszahlungsgeschft sowie bei Ablehnung der Vertragserfllung durch den Insolvenzverwalter (§ 103 InsO) war hinsichtlich der noch ausstehenden Forderung schon frher der Tatbestand der Uneinbringlichkeit iS des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG erfllt gewesen (Rz. 19 iVm. Rz. 12.58 f.), so daß die Vorsteuer nicht erst mit Ausbung des Rcktritts oder Ablehnungserklrung zu berichtigen war.4 Richtigerweise htte der Vorsteuerabzug indes noch gar nicht vorgenommen werden drfen (Rz. 20).

16.28

Das Gesetz spricht zwar von der Rckgngigmachung der „Leistung“, meint jedoch den Umsatz, wie Art. 11 Teil C Abs. 1 („Rckgngigmachung . . . nach der Bewirkung des Umsatzes“) und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL („bei rckgngig gemachten Kufen“) besttigen. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist deshalb erst bzw. nur in dem Umfang durchzufhren, wenn bzw. wie auch die Gegenleistung zurckgewhrt worden ist (ausfhrlich Rz. 12.71). Es gelten dieselben berlegungen wie zu § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (Rz. 25). 5. Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer

16.29

Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden5, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 UStG). Auch hierbei handelt es sich lediglich um eine Klarstellung, da sich die Rechtsfolge bereits aus § 15 1 2 3 4 5

Oder ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Zur Bedeutung des § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG s. Rz. 12.33 Fn. BFH, BFH/NV 1997, 811, 813. Zu insolvenzrechtlichen Fragen Stadie in R/D, § 18 Anm. 1240 ff. Die Erwhnung der Herabsetzung und des Erlasses der Einfuhrumsatzsteuer ist berflssig, da die Erstattung einen auf Herabsetzung oder Erlaß der Steuer gerichteten Verwaltungsakt voraussetzt (§ 218 Abs. 1 Satz 1 AO); vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 281.

564

III. Ttigung abzugsschdlicher Aufwendungen

Abs. 1 Nr. 2 UStG ergibt, der ausdrcklich eine Entrichtung der Steuer voraussetzt (zur Abziehbarkeit der Einfuhrumsatzsteuer bei Rckgngigmachung der der Einfuhr zugrunde liegenden Lieferung s. Rz. 15.99). Von Bedeutung ist deshalb nur § 17 Abs. 3 Satz 2 UStG, wonach Abs. 1 Satz 7 sinngemß gilt. Folglich muß der Vorsteuerabzug auch in diesem Fall nicht rckwirkend, sondern fr den Besteuerungszeitraum (Voranmeldungszeitraum), in dem die Erstattung erfolgte (Rz. 8), zu berichtigt werden.

III. Ttigung abzugsschdlicher Aufwendungen Werden Aufwendungen iS des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG gettigt, so ist der dafr in Anspruch genommene Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 5 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG. Bei diesen Aufwendungen handelt es sich um solche, die unter bestimmte einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote fallen und deshalb nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein sollen (dazu Rz. 15.103 ff.). Die abzugsschdlichen Aufwendungen werden nicht bereits mit dem Bezug der zugrunde liegenden Leistungen gettigt, sondern erst dann, wenn die bezogenen Leistungen fr die abzugsschdlichen Zwecke verwendet werden. Die Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG betrifft mithin die Flle, in denen im Zeitpunkt des mglichen Vorsteuerabzugs (Rz. 15.86, 15.90) die abzugsschdliche Verwendung noch nicht feststand. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs erfolgt nicht rckwirkend, sondern gem. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG (Rz. 8) fr den Besteuerungszeitraum bzw. Voranmeldungszeitraum (Rz. 9), in dem die abzugsschdliche Verwendung geschieht.

16.30

§ 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG ist entsprechend auf den umgekehrten Fall anzuwenden, in dem ein Gegenstand fr abzugsschdliche Zwecke (z. B. als geplantes Geschenk iS des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG) angeschafft und spter jedoch fr unschdliche Zwecke verwendet wird.

16.31

§ 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG erfaßt nicht entsprechende Nutzungsnderungen bei abnutzbaren Wirtschaftsgtern, weil die Vorschrift nur die Berichtigung des gesamten Vorsteuerabzugs im Auge hat. War ein abnutzbares Wirtschaftsgut anfnglich fr abzugsschdliche Zwecke (z. B. als Gstehaus iS des § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG) verwendet worden und wird es spter fr abzugsunschdliche Zwecke genutzt, so ist folglich der Vorsteuerabzug gem. § 15a UStG (Rz. 36 ff., 77) zu berichtigen, da diese Bestimmung alle Flle erfaßt, in denen sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse in der Folgezeit ndern. Entsprechendes gilt fr den umgekehrten Fall, in dem ein Gebude oder ein anderes Objekt erst spter fr abzugsschdliche Zwecke verwendet wird.

16.32

Steht im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung eines Gegenstandes seine sptere Verwendung als Geschenk iS des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG noch nicht fest, so bestimmt sich der Vorsteuerabzug zunchst nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG. Bei der spteren Verwendung als

16.33

565

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

Geschenk wird der Sachverhalt sowohl von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (Rz. 4.18 f.) als auch von § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG erfaßt. Letztere Vorschrift ist als lex specialis anzusehen, da § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG auf eine Wertgrenze abstellt, die ggf. erst durch ein weiteres Geschenk (Rz. 15.115), auch in Gestalt einer Dienstleistung (Rz. 15.114), berschritten wird und diese Konstellationen durch § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG nicht in den Griff zu kriegen sind.1 Bei einem derartigen Geschenk konkurriert § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG des weiteren mit § 15a Abs. 2 UStG (vgl. dazu Rz. 125 ff.). Aus den zuvor genannten Grnden ist erstere Norm auch gegenber dieser Bestimmung lex specialis. 16.34

Die nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG eintretende Rechtsfolge in Gestalt der Berichtigung des gesamten Vorsteuerabzugs ist indes unverhltnismßig und widerspricht dem Gesetzeszweck (dazu Rz. 15.104), wenn ein im Wert gesunkener Gegenstand des Umlaufvermgens („Ladenhter“) verschenkt wird. Hinsichtlich des Teils der Aufwendungen, der im Unternehmen fr nicht abzugsschdliche Zwecke „verbraucht“ wurde, darf eine Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs nicht erfolgen, da hinsichtlich dieses Wertverlustes keine Verwendung fr abzugsschdliche Zwecke stattfindet. § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG muß deshalb restriktiv in Anlehnung an § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG (dazu Rz. 11.44 ff.) interpretiert werden, so daß nur noch die im Wiederbeschaffungswert rechnerisch enthaltene Umsatzsteuer zu berichtigen ist. Damit tritt insoweit im Ergebnis dieselbe Rechtsfolge wie bei Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 UStG ein. Beispiel: Wird ein Ladenhter verschenkt, dessen ursprngliche Anschaffungskosten 1000 Euro + 160 Euro betrugen und dessen heutiger Wert sich auf 116 Euro beluft, so mßte nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG die ursprngliche Vorsteuer von 160 Euro in voller Hhe berichtigt werden. Das widerspricht dem Gesetzeszweck, so daß nur noch die auf die anteiligen Aufwendungen (Wiederbeschaffungswert) entfallende Vorsteuer von 16 Euro zu berichtigen ist.

16.35

Da ein Geschenk iS des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG auch in einer unentgeltlichen Dienstleistung bestehen kann (Rz. 15.114), mßte von § 17 Abs. 2 Nr. 5 iVm. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG auch die zeitweilige Nutzungsberlassung eines Gegenstandes erfaßt werden (Beispiel: berlassung eines Fahrzeugs fr eine einwchige Probefahrt). Diese fllt indes auch unter § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Rz. 4.28 ff., 4.37). Es ist mßig der Frage nachzugehen, ob auf erstere Vorschrift die fr letztere Vorschrift geltende Bestimmung zur Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG; dazu Rz. 11.48 ff.) analog anzuwenden ist, oder ob § 3 Abs. 9 Nr. 1 UStG durch die analog anzuwendende Bagatellgrenze des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG beschrnkt wird. Aus einer Gesamtschau aller Bestimmungen ergibt sich jedenfalls, daß bei einer zeitweiligen unentgeltlichen berlassung eines Gegenstandes fr Zwecke des Unternehmens der Vorsteuerabzug, der auf die entsprechenden Ausgaben iS des § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG entfllt, zu neutralisieren ist, wenn diese Ausgaben die Grenze von 35 Euro berschreiten.

1 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 17 Anm. 184 mwN.

566

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung eines Wirtschaftsgutes u. . Werte 1. Allgemeines Die nach § 15 UStG zu treffende Entscheidung ber den Vorsteuerabzug beim Erwerb von Wirtschaftsgtern legt die Verhltnisse bei der erstmaligen Verwendung zugrunde (Rz. 15.155 ff.), weil der Zweck des Vorsteuerabzugs auch bei Investitionsgtern die sofortige und vollstndige Entlastung von der Vorsteuer verlangt (Rz. 15.158). Dabei beruht die Entscheidung nach § 15 UStG auf der Annahme, daß die Verwendung des Wirtschaftsgutes sich nicht verndert. Diese Entscheidung bedarf der Anpassung, wenn sich die Annahme als unzutreffend erweist. Der den Vorsteuerabzug beherrschende Gedanke der wirtschaftlichen Zuordnung verlangt dann eine Verteilung des Vorsteuervolumens auf die Zeitdauer der Verwendung und die Koppelung der endgltigen Abziehbarkeit der auf die jeweiligen Jahre entfallenden anteiligen Vorsteuerbetrge an die Umstze der betreffenden Zeitrume. ndert sich die Verwendung des Wirtschaftsguts aus der Sicht des § 15 UStG, so bedarf es folglich einer periodengerechten Verteilung des auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuervolumens. Diese Anpassung des Vorsteuerabzugs bei Wirtschaftsgtern, die ber einen Zeitraum verwendet werden (Investitionsgter) hat nach (den Grundregeln des) § 15a UStG durch „Berichtigung des Vorsteuerabzugs“1 zu erfolgen. Als Verteilungsperiode sieht die Vorschrift einen sog. Berichtigungszeitraum von fnf bzw. zehn Jahren vor (§ 15a Abs. 1 UStG Rz. 60 ff.). Die Entscheidung ber den erstmaligen Vorsteuerabzug (Gewhrung wie Versagung) steht folglich nach § 15a Abs. 1 UStG unter dem Vorbehalt, daß die ursprngliche Verwendung sich whrend dieses Zeitraums fortsetzt. Entsprechendes gilt nach § 15a Abs. 3 und 4 UStG fr sonstige Leistungen, die ber einen Zeitraum verwendet werden (Rz. 52 ff.). § 15a Abs. 2 UStG schreibt die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei Wirtschaftsgtern des Umlaufvermgens vor (Rz. 125 ff.).

16.36

§ 15a UStG will mit seinen Grundregeln die Vorgaben des Art. 20 Abs. 2 ff. der 6. EG-RL umsetzen. Seit der Neufassung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG zum 1.1.2002, wonach maßgebliche Verwendung iS des § 15 Abs. 2 und des § 15a UStG diejenige im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung sein soll, ist die Vorschrift allerdings nicht mehr richtlinienkonform (Rz. 80 ff.).

16.37

Die Regelungen des § 15a Abs. 3 und 4 UStG (Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei sonstigen Leistungen) finden ihre Grundlage in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL, wonach der ursprngliche Vorsteuerabzug berichtigt werden kann, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrages bercksichtigt werden, nach Abgabe der Erklrung gendert haben. Die Bestimmung des – teilweise berflssigen – § 15a Abs. 2 UStG (Rz. 125 ff.) lßt sich ebenfalls auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EGRL sttzen. 1 Die berschrift zu § 15a UStG ist unglcklich gewhlt, weil sie den flschlichen Eindruck erweckt, daß die Vorschrift alle Flle der Vorsteuerberichtigung erfasse (Rz. 1).

567

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

16.38

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs kommt sowohl zuungunsten als auch zugunsten des Unternehmers in Betracht. § 15a UStG ist eine rein materiellrechtliche Regelung ohne Rckwirkung. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UStG ist § 15a UStG bei der Steuerberechnung zu bercksichtigen, d. h. die jeweiligen auf den Besteuerungszeitraum (bzw. Voranmeldungszeitraum) der nderung der Verwendung entfallenden anteiligen Vorsteuerbetrge sind in die „Steuerberechnung“ einzubeziehen (dazu nher Rz. 122). Die Berichtigungen nach § 15a UStG betreffen nur die ursprnglich zu Recht gewhrte bzw. nicht gewhrte Vorsteuer. Wurde hingegen der Vorsteuerabzug rechtswidrig, d. h. unter Nichtbeachtung der Vorgaben des § 15 UStG vorgenommen (gewhrt) bzw. abgelehnt, so ist die betreffende „Steuerfestsetzung“ (richtig: Steuervergtungsfestsetzung bzw. deren Ablehnung, Rz. 18.33) nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§ 164 Abs. 2, § 173) zu korrigieren. Sofern eine solche Korrektur nicht mehr mglich ist, kann indes im Rahmen der Berichtigung nach § 15a UStG eine teilweise Kompensation des Fehlers erfolgen (Rz. 112, 114).

16.39

Von der Wirkung her ist auch die Besteuerung der Gegenstandsentnahmen, Nutzungsentnahmen fr Zwecke außerhalb des Unternehmens und der entsprechenden unentgeltlichen Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a iVm. § 10 Abs. 4 UStG eine „Berichtigung“ des Vorsteuerabzugs (Rz. 4.1, 4.41); das Gesetz whlt lediglich eine andere Technik (s. auch Rz. 78). Da nicht die Gesetzestechnik, sondern der Gesetzeszweck entscheidet, sind diese Vorschriften durch eine entsprechende Auslegung mit § 15a UStG abzustimmen (Rz. 4.9, 4.34; Rz. 11.46, 11.50). In § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG ist nunmehr sogar unmittelbar ein Fall der Entnahme einer sonstigen Leistung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens geregelt (Rz. 97), was zustzlich die Notwendigkeit einer abgestimmten Auslegung unterstreicht, damit willkrliche Unterschiede in den Rechtsfolgen vermieden werden. Auch § 15a Abs. 4 UStG erfaßt den Fall der Verwendung einer Nutzungsberlassung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens (Rz. 59). 2. Wirtschaftsgut und gleichgestellte Aufwendungen (Werte) a) Begriff des Wirtschaftsgutes

16.40

Der Begriff „Wirtschaftsgut“ wird vom Umsatzsteuergesetz nur1 im Rahmen des § 15a UStG verwendet. Er erscheint als Fremdkrper in einem Gesetz, das ansonsten durchgehend an die Vorgnge Lieferung und sonstige Leistung anknpft. Whrend § 15 UStG den einzelnen Leistungsbezug im Auge hat und vor allem ber den Begriff der Lieferung auf den „Gegenstand“ abstellt (s. aber Rz. 7.7 ff.), lst sich § 15a UStG2 insbesondere in seinem Absatz 1 in bereinstimmung mit Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL, der von „Investitionsgut“ spricht, 1 Wenn von der Erwhnung des Begriffs in § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG abgesehen wird. 2 Anders die Parallelvorschrift im sterreichischen UStG (§ 12 Abs. 10), die von „Gegenstand“ spricht, indes daneben auch „aktivierungspflichtige Aufwendungen“ erwhnt.

568

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

von dem einzelnen Leistungsbezug. Die Vorschrift betrachtet typischerweise, was sich insbesondere bei selbst hergestellten Gebuden zeigt, das Ergebnis mehrerer Lieferungen und sonstiger Leistungen, d. h. das wirtschaftliche Resultat eines Bndels von Leistungen, die von verschiedenen anderen Unternehmern erbracht worden waren (auch § 15 Abs. 2 UStG stellt bei der Frage nach der Verwendung der einzelnen Leistungen auf die Verwendung des Wirtschaftsgutes ab, in welches die einzelnen Leistungen eingeflossen sind). Das Ergebnis dieses Leistungsbndels ist nicht stets ein Gegenstand, der dem Auftraggeber zugerechnet werden knnte, was sich insbesondere bei Gebuden auf fremdem Boden und Mieteinbauten zeigt. Deshalb hat das Gesetz zu Recht statt des Gegenstandes den Begriff Wirtschaftsgut gewhlt.1 Der vom Reichsfinanzhof2 fr das Bewertungsrecht geschpfte Kunstbegriff Wirtschaftsgut, welcher dann in die §§ 2 ff. BewG und §§ 4 ff. EStG bernommen worden ist und auch von der Zurechnungsregel des § 39 AO verwendet wird, ist im Rahmen des § 15a UStG mit demselben Begriffsinhalt zu verstehen. Der Gesetzgeber dachte3 bei der Schaffung des § 15a UStG in einkommensteuerrechtlichen Kategorien, was sich schon in der Verwendung des Begriffes „Anschaffungs- und Herstellungskosten“ durch § 15a Abs. 1 und 6 UStG zeigt und endgltig durch § 9b Abs. 2 EStG besttigt wird, der offensichtlich von der Identitt des jeweils im Einkommensteuergesetz und im Umsatzsteuergesetz verwendeten Begriffes „Wirtschaftsgut“ ausgeht. Der Begriff deckt sich mit dem Wirtschaftsgut iS des § 39 AO4 und entspricht jedenfalls im Prinzip dem „Vermgensgegenstand“ iS der §§ 240 ff. HGB.5

16.41

Nach der stndigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Wirtschaftsgter nicht nur Gegenstnde iS des brgerlichen Rechts (Sache und Rechte), sondern auch tatschliche Zustnde, konkrete Mglichkeiten oder Vorteile fr den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lßt und die fr mehrere Jahre einen Nutzen bringen und selbstndig bewertbar sind.6 Es muß mithin ein bewertbarer (verbrauchbarer) Vermgenswert vorliegen, der auch noch im

16.42

1 Folglich ist die Verwendung des Begriffes „Gegenstand“ in § 4 Nr. 28 UStG verfehlt, da der Zweck dieser Vorschrift in ihrer zweiten Alternative darin liegt, eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu vermeiden (Rz. 10.130). Gegenstand iS des § 4 Nr. 28 UStG ist mithin das Wirtschaftsgut iS des § 15a UStG, da anderenfalls die auf die Herstellung oder Anschaffung des Wirtschaftsgutes entfallenden Vorsteuerbetrge, sofern sie sonstige Leistungen betreffen, nach § 15a Abs. 8 UStG berichtigt werden mßten, was ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzes, mit § 4 Nr. 28 UStG eine Vereinfachungsvorschrift zu schaffen, entsprche. 2 RStBl. 1928, 260. 3 Was auch die Vorgngervorschrift § 15 Abs. 7 UStG 1967 sowie § 30 UStG 1967/1973 belegen. 4 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 210. 5 Vgl. fr das Einkommensteuerrecht BFH (GrS), BStBl. II 2000, 632, 635. Ob die beiden Begriffe vollstndig deckungsgleich sind (dazu Lang in T/L, § 9 Rz. 339 f.), kann hier dahinstehen. 6 BFH, BStBl. II 1975, 809; 1979, 734; 1984, 723; 1987, 14; 1992, 893; 1997, 808; 2000, 632, 635 (GrS); BFH/NV 2003, 21.

569

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

folgenden Kalenderjahr vorhanden ist. Diese fr das Einkommensteuerrecht entwickelte, weitgefaßte Definition des Wirtschaftsguts ist fr das Umsatzsteuerrecht zu bernehmen, da sie dem Primrzweck des § 15a UStG gerecht wird, bei Leistungsbezgen, die ber das Jahr hinaus verwendet werden1, eine periodengerechte Zuordnung des Vorsteuervolumens vorzunehmen und den endgltigen Umfang der Abziehbarkeit von den Verhltnissen des jeweiligen Jahres der Verwendung abhngig zu machen. Vorgaben der 6. EG-Richtlinie sind insoweit nicht zu beachten, da nach Art. 20 Abs. 4 Gedankenstrich 1 der 6. EG-RL die Mitgliedstaaten den Begriff „Investitionsgter“ bestimmen knnen. 16.43

§ 15a UStG erfaßt nicht etwa nur Wirtschaftsgter, die als Anlagevermgen zu einem Betriebsvermgen iS des Einkommensteuerrechts gehren2, sondern auch solche entsprechenden Vermgenswerte, die einer unternehmerischen Ttigkeit dienen, die kein Betriebsvermgen iS des Einkommensteuerrechts3 kennt4, wie insbesondere die Vermietung von unbeweglichem Vermgen. § 15a Abs. 2 UStG betrifft Wirtschaftsgter des Umlaufvermgens (Rz. 125).

16.44

Beispiele fr materielle Wirtschaftsgter, die nicht schon als krperliche Gegenstnde (zu diesen Rz. 7.38 f.) dem Unternehmer zuzurechnen sind: – Gebude auf fremdem Grund und Boden (Rz. 7.7, 7.37); diese sind zudem ausdrcklich in § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG erwhnt; – Mietereinbauten und Mieterumbauten, die zwar wesentliche Bestandteile des Grundstcks- bzw. Gebudeeigentmers geworden sind, bei denen jedoch ein Wegnahmerecht oder ein Entschdigungsanspruch besteht (Rz. 7.7, 7.40).

16.45

In Betracht kommen auch immaterielle Wirtschaftsgter, so daß es, soweit sie das Ergebnis einer sonstigen Leistung sind (Beispiel: individuelle5 EDV-Programme6), nicht der Heranziehung des § 15a Abs. 4 UStG (Rz. 55 ff.) bedarf.7

1 Ausnahme: Wirtschaftsgter iS des § 15a Abs. 2 UStG. 2 So aber doch tatschlich die Gehilfen der Bundesregierung in der Begrndung zum Gesetzesentwurf fr ein Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG), BR-Drucks. 605/04, zu Art. 5 Nr. 11 (zu § 15a Abs. 1 und 3 UStG): „einkommensteuerrechtliches Anlagevermgen“. Diese Formulierung kann nur Kopfschtteln hervorrufen, denn wre diese enge Sichtweise maßgebend, so wrde die Masse der Flle, die § 15a UStG im Auge hat (Vermietung von Immobilien), nicht erfaßt werden! 3 Selbst das Einkommensteuerrecht verwendet den Begriff des Wirtschaftsgutes nicht nur bei den betrieblichen Einkunftsarten; vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2, § 10b Abs. 3, § 23 Abs. 1 EStG. 4 Zutreffend Abschn. 214 Abs. 2 Satz 2 UStR 2005. 5 Standardprogramme, die auf einem krperlichen Medium gespeichert werden, sind Gegenstand einer Lieferung und stellen mithin materielle Wirtschaftsgter dar (Rz. 7.58). Bei ihnen kommt jedoch regelmßig keine Berichtigung in Betracht, weil sie unter die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV (Rz. 119) fallen werden. 6 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 873; BFH/NV 1996, 643. 7 AA. Reg.-Begr. zum Entwurf des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes (EURLUmsG), BRDrucks. 605/04, zu Art. 5 Nr. 11 (zu § 15a Abs. 4 UStG).

570

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

b) Gleichgestellte Aufwendungen aa) Nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten Auch Vorsteuerbetrge, die auf nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallen, unterliegen den Regeln ber die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Wirtschaftsgtern (§ 15a Abs. 6 UStG1). Obwohl diese Aufwendungen nicht zu einem selbstndigen Wirtschaftsgut fhren, sondern Teile eines solchen werden, ist im Rahmen des § 15a UStG fiktiv von einem eigenstndigen Wirtschaftsgut auszugehen. § 15a Abs. 6 UStG konkurriert mit § 15a Abs. 3 UStG hinsichtlich der nachtrglichen Herstellungskosten.

16.46

Der Begriff der nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten stammt aus dem Einkommensteuerrecht.2 Insbesondere bei Gebuden ergibt sich einkommensteuerrechtlich das Problem der Abgrenzung der nachtrglichen Herstellungskosten vom sog. Erhaltungsaufwand. Durch § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB werden nachtrgliche Herstellungskosten als Aufwendungen fr eine „Erweiterung oder fr eine ber seinen ursprnglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung“ des Vermgensgegenstandes definiert. Dem entspricht die Rechtsprechung des BFH zum Einkommensteuerrecht, nachtrgliche Herstellungskosten nur anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut in seiner Substanz vermehrt, seinem Wesen verndert oder ber seinen bisherigen Zustand hinaus verbessert wird und demgemß sog. Erhaltungsaufwand grundstzlich so lange zu bejahen, wie nur unselbstndige Teile eines einheitlichen Wirtschaftsgutes ersetzt oder modernisiert werden, ohne dabei ihre Funktion zu ndern.3

16.47

Diese einkommensteuerrechtliche Betrachtungsweise soll nach h. M. auch im Rahmen des § 15a Abs. 3 UStG aF. gelten4 (ab 2005 wird der sog. Erhaltungsaufwand durch § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG erfaßt; Rz. 54). Das verstßt gegen den Zweck dieser Vorschrift. Fr die Frage, ob die Abziehbarkeit von Vorsteuerbetrgen sich nur nach der Verwendung des Leistungsbezugs im Erstjahr oder auch der in den folgenden Jahren richten soll, darf es nicht darauf ankommen, ob die Aufwendungen fr das Wirtschaftsgut einkommensteuerrechtlich als nachtrgliche Herstellungskosten oder als sog. Erhaltungsaufwand qualifiziert werden. Spezifisch einkommensteuerrechtliche Erwgungen5 zur Sofortabsetzbarkeit, denen auch Vereinfachungsberlegungen zugrunde liegen, sind fr die umsatzsteuerrechtliche Betrachtung schon deshalb ohne Bedeutung, weil sich einkommensteuerrechtlich die Bercksichtigung als sofortiger Aufwand lediglich als Zinsvorteil auswirkt, aber nicht zu Steuervorteilen fhrt. Die umsatzsteuerrechtliche Sichtweise hat hingegen die Art der Verwendung whrend eines Zeitraums im Auge. § 15a UStG verlangt deshalb die zeitanteilige Korrektur der Vorsteuerbetrge, die einem Wirtschaftsgut zuzurechnen sind, wenn sich dessen Verwendung aus der Sicht des

16.48

1 Entspricht § 15a Abs. 3 UStG in der bis 2004 geltenden Fassung. 2 Erwhnung durch § 7a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG. 3 Rspr.-Nw. durch Glanegger in Schmidt, EStG, § 6 Rz. 197 f.; vgl. auch R 157 Abs. 1 EStR 2003. 4 BFH, BStBl. II 2004, 28, 29 f.; Abschn. 214 Abs. 3 UStR 2005; zust. Lippross, 7.9.2.2. (S. 770 f.); Birkenfeld, § 196 Rz. 796.1; Heidner in B/G, § 15a Rz. 23. 5 Dazu BFH, BStBl. III 1966, 672, 674 (GrS); BStBl. II 1977, 306, 308.

571

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

§ 15 UStG ndert. Maßgebend ist deshalb allein, ob Leistungen bezogen werden, deren Verwendung sich ber mehrere Jahre erstreckt. Die einkommensteuerrechtliche oder handelsrechtliche Einordnung der Aufwendungen ist mithin ohne Belang. 16.49

Das Merkmal „nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten“ ist umsatzsteuerrechtlich autonom und dabei EG-Richtlinien-konform zu interpretieren. Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL stellt nicht auf die Vorsteuerbetrge ab, die auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten (einschließlich nachtrglicher) iS des Einkommensteuerrechts der jeweiligen Mitgliedstaaten entfallen, sondern auf die „Steuer, mit der diese Gter belastet waren“. Das sind alle Vorsteuerbetrge, die dem jeweiligen Investitionsgut unmittelbar und direkt zuzurechnen sind und nicht Leistungen betreffen, die sich nur auf dessen Nutzung beziehen und sich kurzzeitig verbrauchen (Unterhaltungskosten). Die Mitgliedstaaten sind zwar nach Art. 20 Abs. 4 Gedankenstrich 2 der 6. EG-RL befugt, den Steuerbetrag festzulegen, der bei der Berichtigung zu bercksichtigen ist, dies darf jedoch nicht in vllig willkrlicher Weise geschehen, was bei Zugrundelegung der h. M. der Fall wre (Rz. 50 f.). Eine am Zweck des § 15a UStG und des Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL orientierte Auslegung verlangt deshalb, unter nachtrglichen Herstellungskosten auch Wiederherstellungskosten1 zu verstehen.2 Ohne Belang sind deshalb auch die Grenzen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fr den sog. anschaffungsnahen Aufwand.

16.50

Die gegenteilige Auffassung verstßt gegen den Zweck des § 15a UStG aF. (bis 2004) und kann zu grob willkrlichen, vom Zufall abhngigen Ergebnissen fhren. Es vermag nicht einzuleuchten, warum bei Modernisierungsmaßnahmen und die Substanz erhaltenden oder diese wiederherstellenden Maßnahmen, die einkommensteuerrechtlich jeweils als sog. Erhaltungsaufwand zu behandeln sind, deren „Verwendung“ sich aber ber viele Jahre erstreckt, die Abziehbarkeit der – der Hhe nach unbegrenzten! – Vorsteuern sich ausschließlich nach der erstmaligen Verwendung richten soll, whrend bei Erwerb eines Wirtschaftsguts oder Ttigung von Aufwendungen, die einkommensteuerrechtlich als nachtrgliche Herstellungskosten zu qualifizieren sind, hingegen eine Berichtigung schon dann vorgenommen werden soll, wenn die Netto-Anschaffungs- oder Herstellungskosten (bis 2004) 1563 Euro3 bersteigen. Die jeweiligen Ergebnisse sind im hchsten Maße willkrlich, wie die folgenden Beispiele zeigen, so daß die Auffassung der h. M. gegen das verfassungsrechtliche (und gemeinschaftsrechtliche) Gleichbehandlungsgebot verstßt.

1 Das sterr. UStG erfaßt mit § 12 Abs. 10 Unterabs. 3 auch „Großreparaturen“ bei Gebuden. 2 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 229. 3 Bei einem Steuersatz von 16 % war damit die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV aF. (bis 2004) iHv. 250 Euro berschritten (vgl. zur Neufassung Rz. 119).

572

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

16.51

Beispiele: (1) Ein Gebude wird in den Jahren 2003 und 2004 fr 1 Mio. Euro + 160 000 Euro USt. modernisiert und ab Mitte bis Ende des Jahres 2004 steuerpflichtig vermietet. Die Aufwendungen sind einkommensteuerrechtlich als sog. Erhaltungsaufwand zu behandeln. Ab dem Jahre 2005 wird das Gebude durchgngig steuerfrei vermietet. Bei Zugrundelegung der verfehlten h. M. muß die Vorsteuer nicht nach § 15a UStG aF. berichtigt werden, obwohl in den folgenden 9 1/2 Jahren eine vorsteuerabzugsschdliche Verwendung iS des § 15 Abs. 2 UStG erfolgt. Der Unternehmer erhlt eine Subvention iHv. 152 000 Euro (= 95 % von 160 000 Euro). (2) Umgekehrter Fall. Das Gebude wird bis Ende 2004 steuerfrei und ab dem Jahre 2005 durchgngig steuerpflichtig vermietet. Bei Zugrundelegung der verfehlten h. M. kann fr die Jahre 2005 ff. kein nachtrglicher Vorsteuerabzug nach § 15a UStG aF. gewhrt werden, obwohl in den folgenden 9 1/2 Jahren eine Verwendung erfolgt, die zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem Unternehmer werden 9,5 6 16 000 Euro = 152 000 Euro Vorsteuern vorenthalten, obwohl der Zweck des § 15a UStG auch in der sukzessiven Gewhrung eines nachtrglichen Vorsteuerabzugs liegt. (3) Bei dem Gebude aus Beispiel 1 bzw. 2 war auf dem Grundstck im Jahre 2004 ein Parkplatz erstmalig hergestellt worden. Die Herstellungskosten betrugen 3000 Euro, die darauf entfallende Umsatzsteuer 480 Euro. Auf Grund der erstmaligen Herstellung liegen einkommensteuerrechtlich Herstellungskosten fr ein Wirtschaftsgut Parkplatz vor, so daß die Vorsteuern mit jhrlich 48 Euro (im Beispiel 1 zu Gunsten und im Beispiel 2 zu Ungunsten) zu berichtigen sind, da die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV aF.1 berschritten war.

bb) Eingebaute Gegenstnde, sonstige Leistungen an einem Wirtschaftsgut Geht in ein Wirtschaftsgut nachtrglich ein anderer Gegenstand ein und verliert dieser dabei seine krperliche und wirtschaftliche Eigenart endgltig, so ist bei nderung der fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse ebenfalls eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen (§ 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 iVm. Abs. 1 oder 2 UStG).2 Das betrifft den Einbau eines Gegenstandes (Wirtschaftsgutes) in ein anderes Wirtschaftsgut, wenn der Gegenstand damit seine Eigenstndigkeit verliert, weil er Bestandteil des anderen Wirtschaftsgutes wird. § 15a Abs. 1 oder 2 UStG knnen in diesem Fall nicht unmittelbar angewendet werden, weil das eingebaute Wirtschaftsgut seine Existenz als eigenstndiges Wirtschaftsgut verloren hat. Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG wird es so behandelt, als htte es seine Eigenstndigkeit 1 Vgl. vorhergehende Fn. 2 Nach Auffassung der Bundesregierung soll § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG den Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL „umsetzen“; Begr. zu Art. 5 Nr. 11 E-EURLUmsG, BRDrucks. 605/04 (zu § 15a Abs. 3 UStG). Das ist schon insofern schlecht formuliert, als diese RL-Bestimmung insoweit berhaupt keine Vorgaben enthlt, sondern nur allgemein von der nderung der Faktoren spricht. Vor allem aber fhrt der Einbau eines Gegenstandes in ein Wirtschaftsgut dazu, daß der Gegenstand dessen Bestandteil wird, so daß Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL einschlgig ist, wenn es sich bei dem Wirtschaftsgut um ein Investitionsgut handelt. Nur bei einem Einbau in ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermgens ist Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL heranzuziehen.

573

16.52

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

nicht verloren (Fiktion des selbstndigen Wirtschaftsgutes). Ohne Belang ist es deshalb, wenn bei Einbau in ein Wirtschaftsgut iS des § 15a Abs. 1 UStG (Typus: Wirtschaftsgut des Anlagevermgens) fr dieses Hauptwirtschaftsgut der Berichtigungszeitraum abgelaufen ist. Da nach § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG auch dessen Abs. 2 entsprechend gilt, wird auch der Einbau von Gegenstnden in Wirtschaftsgter des Umlaufvermgens erfaßt (dazu Rz. 126). 16.53

Entsprechendes gilt, wenn an einem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgefhrt wird (§ 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UStG).1 Eine sonstige Leistung wird „an“ einem Wirtschaftsgut ausfhrt, wenn dieses bearbeitet wird, d. h. an ihm Arbeiten vorgenommen werden. Beispiele: – Malerarbeiten, Reparaturleistungen u. . an einem Gebude; – Karosserie- und Lackierarbeiten an einem Fahrzeug (von Bedeutung im Falle der Entnahme iS des § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG; Rz. 97 f.); – nicht: schlichte Reinigungsarbeiten, die die Oberflche des Wirtschaftsgutes nicht verndern.

16.54

Soweit der Einbau und/oder die sonstige Leistung zu nachtrglichen Herstellungskosten fhren, konkurriert die Vorschrift mit § 15a Abs. 6 UStG, der indes zu denselben Rechtsfolgen fhrt. Durch § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG wird deshalb insbesondere der sog. Erhaltungsaufwand (Rz. 47) erfaßt, der bis 2004 nur durch richtlinienkonforme Auslegung des § 15a Abs. 3 UStG aF. zu einer Vorsteuerberichtigung fhren konnte (Rz. 48 ff.). Beim Ersetzen von Teilen oder bei der Modernisierung eines Wirtschaftsgutes gehen in dieses nachtrglich Gegenstnde ein, die ihre Eigenart verlieren und/oder werden sonstige Leistungen an diesem Wirtschaftsgut ausgefhrt. cc) Eigenstndige sonstige Leistungen

16.55

Auf sonstige Leistungen, die nicht unter § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG fallen, d. h. nicht an einem Wirtschaftsgut ausgefhrt werden (Rz. 53), sind die Abstze 1 und 2 des § 15a UStG entsprechend anzuwenden (§ 15a Abs. 4 UStG).2 In Betracht kommen mithin nicht nur alle sonstigen Leistungen, die ber einen Zeitraum verwendet („verbraucht“) werden (so daß § 15a Abs. 1 UStG entsprechend gilt), sondern im Zusammenhang mit sog. Umlaufvermgen auch solche, die nur einmalig verwendet werden (so daß § 15a Abs. 2 UStG entsprechend anzuwenden ist; Rz. 57). Die entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen bedeutet mithin, daß der Erfolg (die Wirkung, der Gehalt) der sonstigen Leistung so behandelt wird, wie wenn sie zu einem Wirtschaftsgut 1 Nach Auffassung der Bundesregierung (aaO.) soll auch insoweit Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL umgesetzt werden. M. E. handelt es sich jedoch auch hierbei um einen Fall des Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL, weil es sich um Steuer handelt, mit der das Investitionsgut belastet ist. 2 Die Bestimmung kann sich auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL sttzen.

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

gefhrt htte. Fhren sonstige Leistungen zu einem Wirtschaftsgut, so ist indes bereits § 15a Abs. 1 UStG unmittelbar anwendbar (Rz. 45). Nach Auffassung der Bundesregierung soll § 15a Abs. 4 UStG z. B. Beratungsleistungen fr ein Unternehmenskonzept erfassen.1 Sie geht mithin davon aus, daß solche Dienstleistungen ber einen Zeitraum „verwendet“ werden. Das ist unzutreffend, da die Verwendung (der Verbrauch) sich in der Kenntnisnahme des Rates erschpft. Dieser hat zwar, wenn bzw. soweit er umgesetzt wird (wie soll das zudem ermittelt werden?!), regelmßig eine Auswirkung ber einen Zeitraum, gleichwohl wird die sonstige Leistung nicht fr dessen Dauer „verwendet“. Auch § 15a Abs. 2 UStG ist nicht entsprechend anwendbar, da eine Beratungsleistung fr ein Unternehmenskonzept nicht „nur einmalig zur Ausfhrung eines Umsatzes“ verwendet wird. Es knnen deshalb allenfalls Anzahlungen fr zuknftige Beratungsleistungen in Betracht kommen. Zur Verwendung von Vermittlungsleistungen und Beurkundungsleistungen bei Grndung von Gesellschaften, Aufnahmen von Gesellschaftern usw. s. Rz. 15.147.

16.56

Des weiteren soll § 15a Abs. 4 UStG nach Auffassung der Bundesregierung z. B. Reinigungsleistungen fr ein Wirtschaftsgut iS des § 15a Abs. 2 UStG erfassen2 (zu einem Beispiel s. Rz. 126). Das erklrt sich nur vor dem Hintergrund der verfehlten Auffassung, wonach es fr den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UStG auf die Verwendungsabsicht ankomme (Rz. 15.158 ff.). § 15a Abs. 4 UStG ist bei Zugrundelegung dieser Auffassung dann die erforderliche Berichtigungsvorschrift fr alle sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Gegenstnden des Umlaufvermgens, die nicht schon von § 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UStG (Rz. 53) erfaßt werden, weil sie nicht „an“ einem solchen Wirtschaftsgut ausgefhrt werden. Richtigerweise ist fr den erstmaligen Vorsteuerabzug auf die tatschliche Verwendung abzustellen.

16.57

Unter die Vorschrift fallen insbesondere Anzahlungen und Vorauszahlungen fr Dauerleistungen, insbesondere in Gestalt von Nutzungsberlassungen.

16.58

Beispiele: (1) Bei Anmietung eines Gegenstandes (z. B. Kraftfahrzeugs) in Form des sog. Leasings3 im Jahre 2005 wird eine sog. Sonderzahlung gettigt. Die Laufzeit des Mietvertrages betrgt 3 Jahre. Der Gegenstand wird im Erstjahr zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze und ab dem Jahre 2006 zur Ausfhrung von Umstzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet. Der Vorsteuerabzug fr die auf die Sonderzahlung entfallende Umsatzsteuer gem. § 15 UStG bestimmte sich nach der erstmaligen Verwendung des angemieteten Gegenstandes im Besteuerungszeitraum 2005 (vgl. Rz. 15.155 ff.) und erfolgte deshalb in voller Hhe. Die Sonderzahlung ist jedoch Teil der Gegenleistung fr die Gesamtdauer des Mietvertrages. Folglich ist insoweit die zugrunde liegende sonstige Leistung auch fr die Gesamtdauer aus der Sicht des § 15a Abs. 1 UStG zu betrachten. Ab 2006 wird diese sonstige Leistung zur Ausfhrung von Umstzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so daß die auf die Sonderzahlung entfallende Vorsteuer gem. § 15a Abs. 4 UStG in entsprechender Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 und 2 UStG mit jhrlich einem Drittel zu berichtigen ist. 1 AaO., zu § 15a Abs. 4 UStG; ebenso Nieskens, UR 2005, 57, 78. 2 AaO., zu § 15a Abs. 4 UStG. 3 Die Gehilfen der Bundesregierung haben den unsinnigen Begriff „Mietleasing“ geschpft (vgl. Reg.-Begr. zu Art. 5 Nr. 11 E-EURLUmsG, BR-Drucks. 605/04, zu § 15a Abs. 4 UStG). Das ist nicht nachvollziehbar, denn „Leasing“ ist Miete!

575

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs (2) Fr die steuerpflichtige Bestellung eines Erbbaurechts (§ 4 Nr. 12 UStG iVm. § 9 UStG; dazu Rz. 10.95, 10.112 u. 10.148) wird der Erbbauzins als Einmalbetrag vorausgezahlt. Das Gebude wird im Erstjahr zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze, in den Folgejahren hingegen fr Umstze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet. Wegen der „steuerpflichtigen“ Verwendung wurde der Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG im Erstjahr in voller Hhe gewhrt. Der Ausbung des Erbbaurechts liegt eine Nutzungsberlassung auf Dauer zugrunde, so daß die auf die Vorauszahlung entfallende Vorsteuer in entsprechender Anwendung des § 15a Abs. 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 UStG mit jhrlich einem Zehntel zu berichtigen ist. Aus der entsprechenden Anwendung des § 15a Abs. 1 UStG folgt, daß auch dessen Satz 2 („bei Grundstcken“) sinngemß heranzuziehen ist, wenn die sonstige Leistung ein Nutzungsrecht an einem Grundstck darstellt.

16.59

Die entsprechende Anwendung des § 15a Abs. 1 UStG erfaßt auch die Flle, in denen der genutzte Gegenstand, fr den die Anzahlung bzw. Vorauszahlung gettigt worden war, in den folgenden Jahren nicht mehr fr unternehmerische Zwecke oder im Rahmen einer Sonderregelung iS des § 15a Abs. 7 UStG (Rz. 99) verwendet wird, weil sich auch in diesen Konstellationen die fr den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse gendert haben. Beispiele: Wie die vorhergehenden Beispiele 1 bzw. 2, nur daß das Fahrzeug bzw. das Gebude in einem Folgejahr fr Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendet wird, oder der Unternehmer die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 1 UStG in Anspruch nimmt oder als Landwirt zur Nichtbesteuerung nach § 24 UStG bergeht. Die auf die Anzahlung bzw. Vorauszahlung entfallende Vorsteuer ist wie in den vorhergehenden Beispielen 1 bzw. 2 zu berichtigen. Allerdings ist, wenn die genderte Verwendung auf Dauer feststeht, die Berichtigung gem. § 44 Abs. 5 iVm. Abs. 4 Satz 3 UStDV hinsichtlich des gesamten Berichtigungsvolumens bereits im Voranmeldungszeitraum der Entnahme bzw. des bergangs durchzufhren.

3. Berichtigungszeitraum a) Allgemeines 16.60

Der Zeitraum, fr den der Vorsteuerabzug ggf. anzupassen ist, betrgt typisierend fnf oder zehn Jahre, selbst wenn die tatschliche Verwendung des Wirtschaftsgutes lnger andauert. Lediglich eine krzere Verwendungsdauer ist zu bercksichtigen (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG; dazu Rz. 68 ff.). Grundstzlich betrgt der Berichtigungszeitraum fnf Jahre (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG).1 Der Zeitraum von zehn Jahren gilt bei Grundstcken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile (Rz. 62), bei Berechtigungen, fr die Vorschriften des brgerlichen Rechts ber Grundstcke gelten (Rz. 63), und bei Gebuden auf fremdem Boden (Rz. 64) zugrunde zu legen (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).2

16.61

Bei einer Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 5.182 ff.) wird der Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen (§ 15a Abs. 10 Satz 1 UStG), was 1 Entspricht Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. 2 Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-RL erlaubt es, bei Grundstcken, die als Investitionsgter erworben wurden, den Zeitraum auf bis zu 20 Jahre zu verlngern.

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

heißen soll, daß die Geschftsverußerung kein Fall des § 15a Abs. 8 UStG ist (Rz. 89) und der beim Verußerer usw. begonnene Berichtigungszeitraum beim Erwerber weiterluft. Hierbei handelt es sich nur um eine Klarstellung, weil diese Rechtsfolge sich bereits aus § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG ergibt. Aus dieser Bestimmung folgt ferner, daß auch die brigen Verhltnisse der Wirtschaftsgter (insbesondere Vorsteuervolumen und ursprngliche Verwendung) mit auf den Erwerber bergehen (Rz. 5.205). Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge ist nicht etwa § 1 Abs. 1a iVm. § 15a Abs. 10 UStG anzuwenden. Vielmehr gehen alle Verhltnisse des Wirtschaftsguts auf Grund des Gesamtrechtsnachfolgeprinzips ber (Rz. 5.170, 5.178).

b) Bei Grundstcken und gleichgestellten Wirtschaftsgtern Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstcks gehren insbesondere das Gebude sowie die brigen mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Zu den wesentlichen Bestandteilen des Gebudes zhlen die zur Herstellung des Gebudes eingefgten Sachen (§ 94 BGB). Nicht zu den wesentlichen Bestandteilen gehren als sog. Scheinbestandteile solche Sachen, die nur zu einem vorbergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind oder in das Gebude eingefgt worden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB); gleichwohl hat fr sie der zehnjhrige Berichtigungszeitraum zu gelten (Rz. 65). Entsprechendes gilt fr ein Gebude, das in Ausbung eines dinglichen Rechts (Nießbrauch, Grunddienstbarkeit) an einem Grundstck von dem Berechtigten errichtet worden ist (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es handelt sich um ein Gebude auf fremdem Boden (Rz. 64), fr das aufgrund gesonderter Erwhnung in § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG ausdrcklich der zehnjhrige Berichtigungszeitraum gilt.

16.62

Zu den Berechtigungen, fr die Vorschriften des brgerlichen Rechts ber Grundstcke gelten, zhlt insbesondere das Erbbaurecht, auf das die sich auf das Grundstck beziehenden Vorschriften entsprechenden anzuwenden sind (§ 11 ErbbRVO). Das von dem Erbbauberechtigten auf dem Grundstck errichteten Gebude gilt als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 ErbbRVO). Kein grundstcksgleiches Recht ist das Wohnungs- und Teileigentum; es wird vielmehr als eine Form des Miteigentums unmittelbar vom Grundstcksbegriff erfaßt (§§ 1, 6 WEG).

16.63

Zu den Gebuden auf fremdem Grund und Boden zhlen zum einen Bauwerke, die nicht nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB wesentliche Bestandteile des Grundstcks werden, weil sie in Ausbung eines dingliches Rechts errichtet worden sind. Eigentmer ist der Nießbraucher oder der aus der Dienstbarkeit Berechtigte. Entsprechendes gilt fr ein Gebude, welches nur zu einem vorbergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden ist (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), insbesondere in Ausbung eines zeitlich begrenzten schuldrechtlichen Nutzungsrechts in Gestalt der Miete oder Pacht, weil z. B. das Gebude nach Ablauf dieses Rechtsverhltnisses beseitigt werden muß (vgl. Rz. 7.39).

16.64

577

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs Ist einem Bauherren ein Wirtschaftsgut als Nichteigentmer zuzurechnen, weil er ein Wegnahmerecht oder einen Entschdigungsanspruch hat, wie z. B. im Falle der sog. Ehegattenbauten (dazu Rz. 7.7 ff.), so ergibt sich der zehnjhrige Berichtigungszeitraum schon daraus, daß das Gebude wesentlicher Bestandteil des Grundstcks wurde.

16.65

Darber hinaus unterliegen auch sog. Mietereinbauten und -umbauten, die fest mit dem Grundstck oder Gebude verbunden sind, unabhngig davon, ob sie zivilrechtlich wesentliche Bestandteile des Grundstcks bzw. Gebudes werden, und auch unabhngig von der ertragsteuerrechtlichen Behandlung dem zehnjhrigen Berichtigungszeitraum. Maßgebend ist das Wesen der Einbauten als Teil des Grundstcks bzw. Gebudes. Die Lnge des Berichtigungszeitraums darf – wie bei einem kompletten Gebude (auf fremdem Boden) – nicht von der Zuflligkeit der zivilrechtlichen und/oder ertragsteuerrechtlichen Einordnung abhngen, da diese lediglich die ggf. abweichende personelle Zurechnung betreffen, aber nichts am Wesen der Gegenstnde ndern.

16.66

Betriebsvorrichtungen, die zivilrechtlich wesentliche Bestandteile eines Grundstcks oder Gebudes sind, werden im Steuerrecht allgemein als selbstndige Wirtschaftsgter angesehen (Rz. 10.118). Das gilt indes wohl nicht im Rahmen des § 15a UStG1, da dieser keine Ausnahme vorsieht, so daß fr sie der zehnjhrige Berichtungszeitraum eingreift.2 Dieser greift auch ein, wenn die Betriebsvorrichtung aufgrund einer zivilrechtlichen Beseitigungspflicht mit Ablauf des Mietvertrages als Scheinbestandteil iS von § 95 BGB anzusehen ist. c) Bei nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und sog. Erhaltungsaufwand

16.67

Fr nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Rz. 47) luft ein vom „Hauptwirtschaftsgut“ grundstzlich unabhngiger eigener Berichtigungszeitraum, weil nach § 15a Abs. 6 UStG ein selbstndiges Wirtschaftsgut fingiert wird (Rz. 46). Entsprechendes gilt fr den sog. Erhaltungsaufwand iS des § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG (Rz. 54). Ob der fnf- oder zehnjhrige Zeitraum gilt, richtet sich nach dem Charakter des Hauptwirtschaftsgutes. Betrgt dessen tatschliche Restverwendungsdauer weniger als fnf bzw. zehn Jahre, so ist diese als verkrzter Berichtigungszeitraum (Rz. 68) den nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem Erhaltungsaufwand zugrunde zu legen.3 d) Krzere Verwendungsdauer

16.68

Nach § 15a Abs. 5 Satz 2 UStG ist eine krzere Verwendungsdauer zu bercksichtigen, so daß ein von dem typisierten Berichtigungszeitraum abweichen1 Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, S. 230 f., gebe ich auf. 2 AA. Wagner in S/R, § 15a Rz. 180; Lippross, 7.9.2.2 (S. 770); offengelassen von BFH, BFH/NV 1996, 276. 3 Vgl. zu Anschaffungs- und Herstellungskosten Abschn. 216 Abs. 2 UStR 2005.

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

der gilt, wenn die konkrete Verwendungsdauer krzer ist. Verwendungsdauer ist der Zeitraum, fr den das Wirtschaftsgut berhaupt (objektiv) verwendungsfhig ist, nicht der Zeitraum, in dem der Unternehmer das Wirtschaftsgut zur Ausfhrung von Umstzen verwendet. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll sich die Frage, ob eine krzere Verwendungsdauer vorliege, nach der betriebsgewhnlichen Nutzungsdauer beurteilen, die nach einkommensteuerrechtlichen Grundstzen fr das Wirtschaftsgut anzusetzen sei.1 Das mag zumeist aus Vereinfachungsgrnden hinnehmbar sein, kann jedoch dem Zweck des § 15a UStG widersprechen.2 Eine krzere Verwendungsdauer liegt insbesondere dann vor, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der gesetzlich unterstellten Verwendungsdauer infolge Verlustes, Zerstrung, Unbrauchbarkeit oder hnlichen Grnden nicht mehr verwendet werden kann.3 Eine Verußerung oder Entnahme eines verwendungsfhigen Wirtschaftsguts fhrt hingegen nicht zu einer Verkrzung des Berichtigungszeitraums (arg. § 15a Abs. 8 UStG).

16.69

Die Verwendungsdauer verkrzt sich auch nicht dadurch, daß das Wirtschaftsgut in ein anderes einbezogen wird (§ 15a Abs. 5 Satz 3 UStG). Vielmehr ist weiterhin von dem Berichtigungszeitraum auszugehen, der bei einem selbstndigen Fortbestehen des Wirtschaftsgutes gegolten htte. Entsprechendes gilt bei Erhaltungsaufwand iS des § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG (dazu Rz. 54, 67). Die entsprechende Anwendung des § 15a Abs. 1 UStG bedeutet, daß es auf die Verwendungsdauer der Einbauten und/oder der Dienstleistungen (Arbeiten an dem Gegenstand) ankommt, unabhngig davon, wann der Berichtigungszeitraum des Hauptwirtschaftsgutes endet. Die Verwendungsdauer des fiktiven Wirtschaftsgutes „Erhaltungsaufwand“ verkrzt sich jedoch ggf. dann, wenn das Hauptwirtschaftsgut unbrauchbar wird. Von einer krzeren Verwendungsdauer des Erhaltungsaufwandes insbesondere an Gebuden, fr den grundstzlich der zehnjhrige Berichtigungszeitraum zugrunde zu legen ist, ist ferner auszugehen, wenn sich der Erhaltungsaufwand vorher verbraucht (abgenutzt) hat.

16.70

e) Beginn und Ende Der Beginn des Berichtigungszeitraums bestimmt sich nach dem „Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung“ (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG) des Wirtschaftsgutes.4 Das htte zur Folge, daß der Berichtigungszeitraum mit dem Tag der erstmaligen Verwendung zu laufen begnne. Indes ist die Vereinfachungsvor1 2 3 4

Abschn. 216 Abs. 1 Satz 4 UStR 2005. Vgl. Stadie, Vorsteuerabzug, S. 232 f. Vgl. Abschn. 216 Abs. 4 Satz 1 UStR 2005. Nach der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des § 15a Abs. 1 UStG begann der Berichtigungszeitraum erst mit dem Kalenderjahr, welches auf das Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung folgte. Das entsprach der Grundregel des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL. Die ab 2002 geltende Fassung des § 15a Abs. 1 UStG sttzt sich auf Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-RL.

579

16.71

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

schrift des § 45 UStDV (Rz. 74) nicht nur zum Zwecke der Vereinfachung, sondern auch zur Gewhrleistung eines vollen Berichtigungszeitraums analog anzuwenden1, so daß der Berichtigungszeitraum mit dem 1. eines Kalendermonats beginnt, wenn die erstmalige Verwendung vor dem 16. dieses Monats erfolgte. Geschah die erstmalige Verwendung nach dem 15. eines Kalendermonats, so beginnt der Berichtigungszeitraum mit dem folgenden Kalendermonat. 16.72

Wird ein fertiges Wirtschaftsgut nur teilweise in Gebrauch genommen oder nicht voll genutzt, so wird grundstzlich mit der teilweisen Ingebrauchnahme das gesamte Wirtschaftsgut zur Ausfhrung von Umstzen „verwendet“.2 Bei einem Gebude, das zur Vermietung (o. .) bestimmt ist, soll hingegen nach herrschender Ansicht whrend des Leerstandes noch keine Verwendung vorliegen, sondern die erstmalige Verwendung erst mit der Vermietung3 bzw. der Verußerung4 eintreten. Entsprechendes soll bei teilweisem Leerstehen des Gebudes gelten.5 Dem ist nicht zu folgen. Steht ein Gebude, welches fr eigene gewerbliche Zwecke hergestellt worden war, aber wegen Verschlechterung der Auftragslage von Anbeginn nicht oder nur teilweise genutzt wird, in der Hoffnung auf Besserung der wirtschaftlichen Situation einige Jahre leer, so wird das Gebude aus der Sicht des § 15 Abs. 2 und des § 15a Abs. 1 UStG (vollen Umfangs) „verwendet“. Diese Fehlmaßnahme ist bei wirtschaftlicher Betrachtung der steuerpflichtigen gewerblichen Ttigkeit zuzurechnen, denn auch das Bereitstehen ist bei wirtschaftlicher Sicht, die allein maßgebend ist, eine Verwendung.6 Bei einer steuerfreien Verußerung eines solchen Gebudes (Grundstcks) darf folglich nur die auf den restlichen Berichtigungszeitraum entfallende Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Gebudes berichtigt werden. Fr ein Gebude, welches vermietet werden sollte, kann nichts anderes gelten. Folglich ist richtigerweise die beabsichtigte Nutzung die Verwendung iS des § 15a UStG, so daß mit Fertigstellung des Gebudes die Verwendung beginnt.7

16.73

Wird ein Gebude entsprechend dem Baufortschritt sukzessive in Verwendung genommen, bevor es insgesamt fertiggestellt ist, so beginnt fr jeden gesondert in Verwendung genommenen Teil des Gebudes ein besonderer Berichtigungszeitraum zu laufen.8 1 2 3 4 5 6 7

Wagner in S/R, § 15a Rz. 191. Abschn. 216 Abs. 3 Satz 4 UStR 2005. Abschn. 215 Abs. 6 UStR 2005; BFH, BStBl. II 1988, 468; Lippross, 7.9.2.4. (S. 772). BFH, BStBl. II 1988, 468; UR 2001, 214 = BStBl. II 2003, 430. BFH, BStBl. II 1988, 468. Stadie, Vorsteuerabzug, S. 165 f. Sollte auf die Steuerfreiheit der Vermietung verzichtet werden, so darf allerdings hinsichtlich des Vorsteuerabzugs nicht von einem fiktiven Verzicht ausgegangen werden; Rz. 10.143; Rz. 15.163 ff. Folglich kommt ein anteiliger nachtrglicher Vorsteuerabzug erst bei einer tatschlichen steuerpflichtigen Vermietung in Betracht. 8 Abschn. 216 Abs. 3 Satz 1 bis 3 UStR 2005.

580

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

Da der Berichtigungszeitraum mit dem Tag der erstmaligen Verwendung beginnt, knnte das Ende im Laufe eines Kalendermonats liegen. Zur Vereinfachung bestimmt § 45 UStDV eine Ab- oder Aufrundung, je nach dem, ob der Zeitraum vor dem 16. bzw. nach dem 15. des Kalendermonats endet. Entsprechendes gilt fr den Beginn des Berichtigungszeitraums.

16.74

4. nderung der Verhltnisse a) Allgemeines aa) Nach der Grundregel des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, wenn sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (innerhalb des Berichtigungszeitraums) ndern. Mithin sind die bei der Entscheidung ber den erstmaligen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG zugrunde zu legenden (ggf.: gelegten, Rz. 112, 114) Verhltnisse mit den Verhltnissen ab dem Zeitpunkt (Rz. 80 ff.) der erstmaligen Verwendung (bis zum Ende des Berichtigungszeitraums) zu vergleichen. Dieser Vergleich ist „fr jedes Kalenderjahr“ (§ 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 UStG), welches vom Berichtigungszeitraum ganz oder teilweise erfaßt wird, vorzunehmen. Eine nderung der Verhltnisse liegt vor1, wenn sich ein hherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug ergbe, sofern fr den erstmaligen Vorsteuerabzug die Verhltnisse des jeweiligen Kalenderjahres bzw. desjenigen Teils, der in den Berichtigungszeitraum fllt, zugrunde zu legen wren (Rz. 115).

16.75

Die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse iS des § 15a Abs. 1 UStG sind nicht nur solche iS des § 15 Abs. 2 und 3 UStG.2 Fr eine derartige Einschrnkung gibt der Gesetzeswortlaut nichts her. Sie verstieße auch gegen Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3 der 6. EG-RL, der neutral von den „nderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenber dem Anspruch fr das Jahr, in dem die Gter erworben oder hergestellt wurden“, spricht. Mithin zhlen zu den maßgeblichen Verhltnissen auch solche iS des § 15 Abs. 1 UStG. Das wird besttigt durch Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL, der nicht die von § 15 UStG in seinen Abstzen 1 und 2 UStG vorgenommene Trennung (Verwendung fr das Unternehmen – Verwendung fr steuerfreie/steuerpflichtige Umstze) kennt, sondern diese Kriterien zusammenfaßt und von der Verwendung „fr Zwecke der besteuerten Umstze“ spricht. Folglich liegt richtigerweise eine nderung der Verhltnisse auch dann vor, wenn die Verwendung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens nicht von § 3 Abs. 1b oder 9a UStG erfaßt wird (Rz. 78 f.), bei der Einlage eines Wirtschaftsgutes in das Unternehmen (Rz. 101 ff.) sowie beim bergang von der Besteuerung nach den allgemeinen Regeln zur Besteuerung oder Nichtbesteue-

16.76

1 Zur nderung der Verhltnisse bei Organgesellschaften und bei Beginn oder Beendigung eines Organschaftsverhltnisses s. Rz. 5.241 bzw. Rz. 5.244. 2 So aber Abschn. 215 Abs. 3 Satz 1 UStR 2005; Lippross, 7.9.2.5 (S. 773 f.); Wagner in S/R, § 15a Rz. 93 f.

581

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

rung nach einer Sonderregelung und umgekehrt (Klarstellung durch § 15a Abs. 7 UStG, Rz. 99 f.). 16.77

Bei nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 1a UStG (Aufwendungen, die unter bestimmte einkommensteuerrechtliche Abzugsverbote nach § 4 Abs. 5 EStG fallen) findet eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs grundstzlich nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG statt (Rz. 30 ff.). Diese Bestimmung erfaßt indes nicht entsprechende Nutzungsnderungen bei abnutzbaren Wirtschaftsgtern, weil die Vorschrift nur die Berichtigung des gesamten Vorsteuerabzugs im Auge hat. War ein abnutzbares Wirtschaftsgut anfnglich fr abzugsschdliche Zwecke (z. B. als Gstehaus iS des § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG) verwendet worden und wird es spter fr abzugsunschdliche Zwecke genutzt, so ist folglich eine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 1 (oder Abs. 8) UStG gegeben, da sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse gendert haben. Entsprechendes gilt fr den umgekehrten Fall, in dem ein Gebude oder ein anderes Objekt erst spter fr abzugsschdliche Zwecke verwendet wird.

16.78

bb) ndert sich das Verhltnis der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Verwendung eines vollstndig1 von der Vorsteuer entlasteten Wirtschaftsgutes, so wre das eigentlich auch eine nderung der Verwendungsverhltnisse iS des § 15a UStG2, da sich auch in diesem Fall die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse gendert haben. Es gehen jedoch die Spezialregelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b bzw. Abs. 9a iVm. § 10 Abs. 4 UStG3 zu den unentgeltlichen Wertabgaben vor. Danach wird bei einer Entnahme bzw. einer unentgeltlichen Lieferung oder einer Nutzungsentnahme auf Zeit der Vorsteuerabzug durch die Besteuerung eines fiktiven Umsatzes „berichtigt“. Allerdings ist bei diesen Vorschriften § 15a UStG4 als Auslegungsmaßstab zu beachten (Rz. 4.9 u. 4.34 iVm. Rz. 11.46 u. 11.50 f.).

16.79

Zur unmittelbaren Anwendung des § 15a UStG kann es in diesen Fllen nur dann kommen, – wenn der fiktive Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG steuerfrei iS des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist, was indes bei dem im Bereich des § 3 Abs. 9a UStG (Nutzungsentnahme) einzig relevanten Fall der privaten Nutzung eines Grundstcks (Gebudes) nach verfehlter Auffassung des EuGH nicht zutreffen soll (Rz. 10.113). Fr die steuerfreie unentgeltliche Lieferung oder Entnahme eines von der Vorsteuer entlasteten Grundstcks sieht § 15a Abs. 8 UStG grundstzlich eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor (Rz. 88); oder – wenn die Wertabgabe nicht von § 3 Abs. 1b oder 9a UStG erfaßt wird. In diesen Fllen findet eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 4 UStG statt (Rz. 97 f. bzw. Rz. 59). 1 Zum Fall der teilweisen Entlastung s. Rz. 4.32 aE. 2 Bzw. des Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL. 3 Bzw. Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 Buchst. a iVm. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL. 4 Bzw. Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL.

582

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

b) nderung im Erstjahr der Verwendung Eine nderung der Verhltnisse kann nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG bereits im Erstjahr der Verwendung eintreten, weil die Vorschrift seit ihrer Neufassung (zum 1.1.2002) auf die nderungen „ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung“ abstellt.

16.80

Beispiel: Der Unternehmer U erwirbt zum 1.2. ein bebautes Grundstck mittels einer steuerpflichtigen Lieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a iVm. § 9 UStG), welches er sogleich steuerpflichtig vermietet. Er erhlt im Mrz die Vorsteuer aus dem Erwerb des Grundstcks vergtet. Zum 1.5. kndigt der Mieter. Ab dem 1.6. vermietet U das Grundstck langfristig steuerfrei. Nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (1.2.) haben sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse ab dem 1.5. (Rz. 84) gendert, da nunmehr eine Verwendung fr Umstze vorliegt, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Folglich ist der Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 1 iVm. 5 UStG bereits im Erstjahr zu berichtigen. Die Folge ist, daß U erst einmal den vollen Vorsteuerbetrag behlt und diesen in den folgenden Jahren nur sukzessive zurckzahlen muß (vgl. auch die Beispiele zu Rz. 15.164). Richtigerweise wre (entsprechend der Rechtslage bis 2001) fr das Erstjahr von einer gemischten Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG auszugehen, so daß mit der Jahressteuerfestsetzung ein Vorsteuerabzug iHv 3/11 zu gewhren wre. Nur dieser Betrag wre dann in den Folgejahren pro-rata-temporis nach § 15a Abs. 1 UStG zu berichtigen.

Die Neufassung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG ist zum einen schon sachwidrig, da damit der erstmalige Vorsteuerabzug nach § 15 UStG von dem Zufall der erstmaligen Verwendung abhngig gemacht wird. Zugrunde gelegt werden mßte deshalb – wie vor der Neufassung (bis 2001) – richtigerweise die Verwendung innerhalb des Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr), in dem die Verwendung geschieht (Rz. 15.156). Das ist auch das offensichtliche Konzept des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, der eine Jahresbetrachtung im Auge hat und in seinem Satz 3 von dem Anspruch auf Vorsteuerabzug „fr das Jahr“ des Erwerbs des Investitionsgutes spricht. Da in den folgenden Jahren hinsichtlich der Verwendung die Verhltnisse des jeweiligen Jahres maßgebend sind, kann nicht ernsthaft angenommen werden, daß die Richtlinie hinsichtlich des ersten Jahres auf den Zufall der erstmaligen Verwendung abstellen will.1 Demgegenber hatte die Bundesregierung die Neufassung des § 15a UStG gerade damit gerechtfertigt, daß sie zur Anpassung an zwei EuGHUrteile2 erforderlich sei3; diese Annahme ist indes verfehlt (Rz. 15.157).

16.81

Vor allem aber hat die Bundesregierung bersehen, daß nach dem klaren Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3 der 6. EG-RL eine Berichtigung nach dieser Bestimmung nur „in den folgenden Jahren“ zu geschehen hat, d. h.

16.82

1 Auch Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 iVm. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL („auf Jahresbasis“) geht von einer Jahresbetrachtung aus. 2 EuGHE 2000, I-4321 = UR 2000, 329 = BStBl. II 2003, 452; EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446. 3 Begr. RegE-SteuerndG 2001, BT- Drucks. 14/6877, S. 62.

583

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

nicht schon im Jahr des Erwerbs. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG verstßt mithin insoweit, als auch schon eine Berichtigung im Erstjahr erfolgen soll, gegen Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, obwohl die Bundesregierung gerade diese Bestimmung mit der Neufassung des § 15a Abs. 1 UStG umsetzen wollte.1 Aus Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-RL folgt nichts Gegenteiliges, weil diese Bestimmung lediglich erlaubt, abweichend von Unterabs. 1 Satz 1 (wonach sich im Extremfall, nmlich beim Erwerb am 30.12., der Berichtigungszeitraum auf vier Jahre und einen Tag verkrzt), einen Berichtigungszeitraum von vollen fnf Jahren vorzusehen. Die Regelungen des Unterabs. 2 Satz 2 und 3 werden davon nicht berhrt. Mithin ist auch im Falle des Unterabs. 2 die Berichtigung gem. Unterabs. 1 Satz 2 und 3 erst in einem Folgejahr vorzunehmen. Die Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG im Erstjahr knnte sich deshalb allenfalls auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL sttzen. Dieser verlangt jedoch, daß sich die Faktoren „nach Abgabe der Erklrung gendert haben“, so daß bis dahin eingetretene nderungen im Erstjahr bereits bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugs zu bercksichtigen sind. Ferner hat die Bestimmung die sofortige und nicht die sukzessive Berichtigung im Auge. Folglich ist § 15a Abs. 1 UStG, soweit er die pro-rata-temporis-Berichtigung im Erstjahr in Verbindung mit einer sukzessiven Berichtigung in den Folgejahren betrifft, nicht mit der 6. EG-Richtlinie zu vereinbaren. Auf Grund seines klaren Wortlauts kann § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG allerdings nicht richtlinienkonform ausgelegt werden. Soweit sich die Vorschrift indes zuungunsten des Unternehmers auswirkt, kann er sich auf den Anwendungsvorrang des Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL berufen. Obwohl dessen Wortlaut eindeutig ist, bedarf es gleichwohl einer Einholung einer EuGH-Entscheidung (Rz. 1.59). 16.83

Nach verfehlter Auffassung des BFH soll als fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebendes Verhltnis auch die Verwendungsabsicht in Betracht kommen (Rz. 15.158 ff.). Die Zugrundelegung dieser Ansicht fhrt zu dem sachwidrigen Ergebnis, daß, wenn die gegenteilige tatschliche Verwendung noch im selben Jahr stattfindet, eine nderung der Verhltnisse iS des § 15a UStG angenommen werden muß. Richtigerweise ist fr den erstmaligen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG auf die Lage am Ende des Besteuerungszeitraums abzustellen (Rz. 15.161 m. Beispiel). Auf die Verwendungsabsicht soll es nach Auffassung des BFH auch dann ankommen, wenn beabsichtigt war, auf die Steuerfreiheit des Umsatzes nach § 9 UStG zu verzichten, diese Absicht jedoch nicht realisiert wird (Rz. 15.163 f.). Das ist erst Recht verfehlt, weil damit der Zweck des Verzichts verkannt wird und eine durch nichts zu rechtfertigende Subventionierung eintritt (Rz. 10.143). Richtigerweise hat die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht nach § 15a UStG zu erfolgen; dieser ist vielmehr durch nderung der Steuerfestsetzung, mit der der Vorsteuerabzug vorlufig gewhrt worden war, rckgngig zu machen (Rz. 15.165 f.).

1 Vgl. Begr. RegE-EURLUmsG, BR-Drucks. 605/04 = BT-Drucks. 15/3677, zu Art. 5 Nr. 11 (zu § 15a Abs. 1 UStG).

584

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

Wird das Wirtschaftsgut nach der erstmaligen Verwendung ganz oder teilweise nicht zur Ausfhrung von Umstzen genutzt, so ist fraglich, wie diese Zeiten, insbesondere Leerstandszeiten bei einem Gebude, im Rahmen des § 15a UStG zu behandeln sind. Ist die bisherige Verwendung zu fingieren, auf die beabsichtigte abzustellen, die sptere tatschliche Nutzung zurckzubeziehen oder verlngert sich mangels Verwendung der Berichtigungszeitraum um diese Zeiten? Richtigerweise muß das Bereitstehen als Verwendung angesehen werden (Rz. 72), so daß fr die Vorsteuerabzugsberechtigung auf die Verwendungsabsicht abzustellen ist.1 Allerdings drfen auch insoweit bei einem beabsichtigten Verzicht auf die Steuerbefreiung der nicht realisierten Vermietung nicht etwa steuerpflichtige Umstze fingiert werden2, da anderenfalls wiederum der Zweck des Verzichts verkannt und eine ebenfalls nicht zu rechtfertigende Subvention gewhrt wrde (Rz. 10.143; Rz. 15.163 ff.).

16.84

c) Teilweise nderung Die Verhltnisse, welche fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren, knnen sich auch nur teilweise ndern. Das ist der Fall, wenn – bei einer ursprnglich ausschließlichen Verwendung3 des Wirtschaftsgutes u. . zur Ausfhrung von Umstzen, die den Vorsteuerabzug zulassen bzw. ausschließen, spter eine gemischte Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG (Rz. 15.169 ff.) sowohl fr diese als auch fr jene Umstze erfolgt; – bei einer ursprnglich gemischten Verwendung iS des § 15 Abs. 4 UStG spter eine ausschließliche Verwendung fr Umstze, bei denen der Vorsteuerabzug zugelassen bzw. ausgeschlossen ist, geschieht; oder – sich bei einer von Beginn an gemischten Verwendung das Aufteilungsverhltnis iS des § 15 Abs. 4 UStG ndert.4 Beispiel: Ein Gebude, welches anfnglich im Jahre 2004 zu einem Viertel steuerfrei iS des § 15 Abs. 2 UStG (und im brigen steuerpflichtig) vermietet wurde, wird ab dem Jahr 2005 zur Hlfte steuerfrei und ab dem 1.7.2007 vollstndig steuerfrei vermietet. Die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse berechtigten nach § 15 Abs. 4 UStG zu 75 % zum Vorsteuerabzug. In den Jahren 2005 und 2006 betrgt das Aufteilungsverhltnis 50:50, so daß sich die Verhltnisse jeweils um 25 Prozentpunkte gegenber dem Erstjahr gendert haben. Im Jahre 2007 betrgt das Verwendungsverhltnis in der ersten Jahreshlfte 50:50, whrend nach den Verhltnissen der 1 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 167; insoweit zutreffend auch BFH, BFH/NV 2002, 1059 = BStBl. II 2003, 435; Abschn. 215 Abs. 10 UStR 2005; Lippross, 7.9.2.5 (S. 775 f.). 2 So aber BFH, BFH/NV 2002, 1059 = BStBl. II 2003, 435; Abschn. 215 Abs. 10 UStR 2005; Lippross, 7.9.2.5 (S. 775 f.). 3 Bzw. bei einer entsprechenden Verwendungsabsicht, soweit die Rechtsprechung – unzutreffend – auf diese abstellt (Rz. 83). 4 Ein einmal gewhlter Aufteilungsmaßstab muß beibehalten werden; BFH, BFH/NV 2005, 584 mwN.

585

16.85

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs zweiten Jahreshlfte ein Vorsteuerabzug vollstndig ausgeschlossen ist. Nach dem Jahresverwendungsverhltnis (Aufteilungsverhltnis iS des § 15 Abs. 4 UStG) ist mithin ein Vorsteuerabzug nur noch zu 25 % gegeben. Folglich haben sich fr das Jahr 2007 die Verhltnisse um 50 Prozentpunkte im Vergleich zum Erstjahr gendert.

d) Verußerung oder Entnahme eines Wirtschaftsguts 16.86

Eine nderung der Verhltnisse liegt auch vor, wenn das noch verwendungsfhige Wirtschaftsgut, welches nicht nur einmalig zur Ausfhrung eines Umsatzes verwendet wird, vor Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums verußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert wird und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist als die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung (§ 15a Abs. 8 UStG).1 Sofern die Entnahme eines Wirtschaftsgutes mangels Vorsteuerentlastung nicht unter § 3 Abs. 1b UStG fllt, kommt nach § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG auf Grund der Entnahme eine Vorsteuerberichtigung bezglich sonstiger Leistungen in Betracht, die an dem Wirtschaftsgut ausgefhrt worden waren (Rz. 97 f.).

16.87

Ist die Verußerung oder Entnahme die erste und damit einmalige Verwendung des Wirtschaftsgutes, so ist der Vorsteuerabzug ggf. nach § 15a Abs. 2 UStG zu berichtigen; das gilt indes nur bei einem Wirtschaftsgut des Umlaufvermgens (Rz. 125 ff.). Bei einem Wirtschaftsgut des Anlagevermgens oder einem gleichzustellenden Wirtschaftsgut, insbesondere einem leerstehenden Gebude, welches selbst genutzt oder vermietet werden sollte (Beispiel 2 Rz. 15.164), ist entgegen der herrschenden Meinung dessen Verußerung bzw. Entnahme nicht die erste und damit einmalige Verwendung des Wirtschaftsgutes zur Ausfhrung eines Umsatzes. Richtigerweise liegt bereits ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. des Erwerbs eine Verwendung vor, da das Bereitstehen fr Zwecke beabsichtigter Umstze eine Verwendung ist (Rz. 72).

16.88

aa) Eine nderung der Verhltnisse kann nach § 15a Abs. 8 UStG eintreten, wenn das Wirtschaftsgut „verußert oder nach § 3 Abs. 1b geliefert wird“. Mit Verußerung eines Wirtschaftsgutes ist die entgeltliche Lieferung (zu den Voraussetzungen einer Lieferung s. Rz. 7.2 ff.) gemeint (zur fiktiven Lieferung des Verbringens iS des § 3 Abs. 1a UStG s. Rz. 90), da die unentgeltliche eine Lieferung nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 oder 3 UStG ist. Von der Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG wird auch die Entnahme (dazu Rz. 4.3 ff.) erfaßt, obwohl sie keine Lieferung darstellt, sondern nur als solche fingiert wird. Ist das unentgeltlich gelieferte oder entnommene Wirtschaftsgut nicht (wenigstens teilweise) von der Vorsteuer entlastet, so wird der Tatbestand des § 3 Abs. 1b UStG wegen dessen Satz 2 nicht erfllt. Folglich liegt kein „Umsatz“ vor und die Frage nach der nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG stellt sich nicht.

16.89

Ebensowenig liegt ein Umsatz vor, wenn Wirtschaftsgter im Rahmen einer Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG geliefert werden, da diese nicht 1 Entspricht Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 1 der 6. EG-RL.

586

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

steuerbar ist (dazu Rz. 5.182 ff.). Eine entgeltliche oder unentgeltliche Geschftsverußerung in diesem Sinne liegt nicht nur bei der bertragung des gesamten Unternehmens, sondern auch bei bertragung eines gesondert gefhrten Betriebes sowie bei einer Einbringung in eine Gesellschaft vor (Rz. 5.187 ff.). Ein vermietetes Gebude ist ein Unternehmen bzw. ein gesondert gefhrter Betrieb iS des § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 5.189). Folglich findet auch bei dessen entgeltlicher oder unentgeltlicher bertragung keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 8 UStG statt, weil der Erwerber nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG alle Verhltnisse der Wirtschaftsgter bernimmt und der Berichtigungszeitraum bei ihm nach § 15a Abs. 10 UStG weiterluft (Rz. 61). Als Verußerung iS des § 15a Abs. 8 UStG ist auch die fiktive Lieferung nach § 3 Abs. 1a UStG in Gestalt des dauerhaften Verbringens eines Gegenstandes in das brige Gemeinschaftsgebiet zu verstehen. Das gebietet der Zweck dieser Bestimmung, welche ihren Sinn allein im Zusammenwirken mit der Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 2 UStG erhlt und die vollstndige Vorsteuerentlastung des Gegenstandes nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG bewirken soll (Rz. 10.36 f. m. Beispiel). Zudem ist eine richtlinienkonforme Auslegung erforderlich, weil Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 1 der 6. EG-RL von Lieferung spricht und Art. 28c Teil A Buchst. d der 6. EG-RL auch das Verbringen als Lieferung bezeichnet.

16.90

bb) Eine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG ist gegeben, wenn die Verußerung oder Entnahme hinsichtlich des Vorsteuerabzugs anders zu beurteilen ist als die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung des Wirtschaftsgutes. Demnach ist zu fragen, ob die Verußerung oder Entnahme ein Umsatz ist, der zum Ausschluß des Vorsteuerabzugs fhrt oder nicht. Diese Verwendung ist mit der fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verwendung zu vergleichen. Unerheblich sind (aus der Sicht des § 15a Abs. 8 UStG) nachfolgende nderungen der Verwendungsverhltnisse (stellt die Verußerung oder Entnahme keine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG dar, so kann indes gleichwohl fr die vorhergehenden Zeitrume eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach den brigen Bestimmungen des § 15a UStG vorzunehmen gewesen sein, wenn sich die Verhltnisse aus deren Sicht gendert hatten).

16.91

Beispiele:

16.92

(1) Ein Ende 2004 fertiggestelltes Gebude war bis zum Jahre 2007 steuerpflichtig vermietet worden (§ 4 Nr. 12 iVm. § 9 UStG). Nach anschließender steuerfreier Vermietung wird es Anfang 2009 verkauft. Der Erwerber fhrt die steuerfreie Vermietung fort. Die Lieferung eines Grundstcks ist grundstzlich steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Sie wre fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen als die erstmalige steuerpflichtige Verwendung, die zum Vorsteuerabzug berechtigte, da eine steuerfreie Grundstckslieferung einen Vorsteuerabzug ausschlsse (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Es liegt jedoch keine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG vor, weil die Verußerung eines vermieteten Gebudes eine nichtsteuerbare Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG ist und folglich kein Umsatz gegeben ist, der hinsichtlich des Vorsteuer-

587

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs abzugs anders beurteilt werden knnte. Vielmehr gehen auf den Erwerber als partiellen Rechtsnachfolger smtliche Verhltnisse iS des § 15a UStG ber (Rz. 89). (2) Wie Beispiel 1, nur daß das Grundstck an die Tochter verschenkt wird, die die Vermietung fortfhrt. Auch diese unentgeltliche Lieferung fllt unter § 1 Abs. 1a UStG, da die Tochter durch die zuknftige Vermietung Unternehmerin wird (Rz. 5.195). Folglich gilt dasselbe wie zu Beispiel 1.

16.93

(3) Ein zum 1.7.2004 fertiggestelltes Gebude war bis zum Jahre 2007 steuerpflichtig vermietet worden (§ 4 Nr. 12 iVm. § 9 UStG). Nach anschließender steuerfreier Vermietung wird es nach Auszug des Mieters zum 1.1.2009 verkauft. Der Erwerber nutzt das Gebude fortan fr eigene Wohnzwecke. Die Lieferung des Grundstcks ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Sie ist fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen als die erstmalige steuerpflichtige Verwendung, die zum Vorsteuerabzug berechtigte, da eine steuerfreie Grundstckslieferung einen Vorsteuerabzug ausschließt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Daß die letzte, vor der Verußerung liegende Verwendung „steuerfrei“ war, ist insoweit ohne Belang, da es auf die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung ankommt. Es liegt mithin eine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG vor, die zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 9 UStG fhrt (Rz. 123 f. Beispiel 1).

16.94

(4) Ein zum 1.10.2004 fertiggestelltes Gebude wird bis Mai 2009 durchgngig zur Hlfte steuerfrei und zur Hlfte steuerpflichtig vermietet (§ 4 Nr. 12 iVm. § 9 UStG). Ab Juni 2009 wird es fr eigene Wohnzwecke umgebaut und anschließend privat genutzt. Die Entnahme des Grundstcks ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; Rz. 10.102). Dieser Umsatz ist fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen als die erstmalige Verwendung des Grundstcks, die gem. § 15 Abs. 4 UStG zur Hlfte zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte (die hlftige steuerfreie Vermietung schloß einen Vorsteuerabzug aus; § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Folglich liegt eine nderung der Verhltnisse um 50 % vor und es ist der Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 9 UStG zu berichtigen (Rz. 123 f. Beispiel 2).

16.95

(5) Ein bislang fr steuerpflichtige Umstze genutztes, im Jahre 2004 hergestelltes Betriebsgebude (fr welches der Vorsteuerabzug vorgenommen worden war) wird im Jahre 2009 einem Angehrigen geschenkt, der dieses fortan fr eigene steuerpflichtige Umstze verwendet. Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG steuerbare (Rz. 4.16, 21 f.) unentgeltliche Grundstckslieferung ist nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei (Rz. 10.101); ein Verzicht nach § 9 UStG kommt bei einem unentgeltlichen Umsatz nicht in Betracht (Rz. 10.144). Folglich liegt eine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG vor, da der Umsatz nach (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm.) § 3 Abs. 1b UStG fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung (zur Mglichkeit, den Berichtigungsbetrag dem Erwerber durch Inrechnungstellung zuzuwenden, so daß diesen ihn als Vorsteuer abziehen kann, s. Rz. 131 f.). (6) Ein Arzt verußert Praxisinventar. Er hatte bei dessen Erwerb wegen seiner steuerfreien Umstze (§ 4 Nr. 14 UStG) keinen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Verußerung ist deshalb steuerfrei nach § 4 Nr. 28 Alt. 2 UStG (Rz. 10.130), so daß keine nderung der Verhltnisse iS des § 15a Abs. 8 UStG vorliegt.

588

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

cc) Von § 15a Abs. 8 UStG werden auch die fiktiven Wirtschaftsgter auf Grund nachtrglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten iS des § 15a Abs. 6 UStG (Rz. 46 f.) erfaßt. Entsprechendes gilt fr den sog. Erhaltungsaufwand iS des § 15a Abs. 3 UStG, da dieser in das Wirtschaftsgut eingeht bzw. an diesem ausgefhrt wird und damit Teil desselben ist (Rz. 54). Bei diesen Aufwendungen ist die Prfung, ob eine nderung der Verhltnisse vorliegt, unabhngig von den Verhltnissen, die fr den Vorsteuerabzug des Hauptwirtschaftsgutes maßgebend waren, vorzunehmen.

16.96

Beispiel: Wie vorhergehendes Beispiel 4. Ende September 2008 waren im steuerpflichtig vermieteten Teil des Gebudes Erhaltungsmaßnahmen durchgefhrt worden. Die dafr in Rechnung gestellte Vorsteuer war in voller Hhe abziehbar, da die in Anspruch genommenen Leistungen ausschließlich zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze verwendet wurden (vgl. Rz. 15.145). Auf Grund der steuerfreien Entnahme haben sich insoweit die Verhltnisse zu 100 % gendert.

e) Entnahme einer sonstigen Leistung, die an einem Wirtschaftsgut ausgefhrt worden war Wird ein Wirtschaftsgut, an dem eine sonstige Leistung ausgefhrt worden war, fr Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, entnommen1 und ist diese unentgeltliche Wertabgabe nicht nach § 3 Abs. 1b UStG zu besteuern, so liegt eine nderung der Verhltnisse hinsichtlich dieser sonstigen Leistung vor, auf die § 15a Abs. 1 und 2 UStG entsprechend anzuwenden ist (§ 15a Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 1 UStG).2 Die Entnahme eines Wirtschaftgutes ist nicht als unentgeltliche Wertabgabe nach (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm.) § 3 Abs. 1b UStG zu besteuern, wenn das Wirtschaftsgut nicht wenigstens teilweise von der Vorsteuer entlastet war (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). § 15a Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 1 UStG bezieht sich nicht nur auf dauerhaft dem Unternehmen zu dienen bestimmte Wirtschaftsgter (Typus Anlagevermgen), sondern durch die Bezugnahme auf § 15a Abs. 2 UStG auch auf Wirtschaftsgter des Umlaufvermgens.

16.97

Waren in das Wirtschaftsgut vorsteuerentlastete Bestandteile eingebaut worden, so liegt hinsichtlich dieser eine steuerbare Entnahme iS des § 3 Abs. 1b UStG vor (Rz. 4.8), so daß sich § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG nur auf sonstige Leistungen und nicht auf die Einbauten iS von § 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UStG bezieht.

16.98

Beispiele: (1) Der Unternehmer lßt ein von einer Privatperson gekauftes, fr sein gewerbliches Unternehmen als Gegenstand des Anlagevermgens erworbenes Fahrzeug im Juni 2005 fr 8000 Euro + 1280 Euro USt. lackieren und lßt ein Neuteil fr 3000 Euro + 480 Euro USt. einbauen. Er nimmt den Vorsteuerabzug in voller Hhe vor. Im Juni 2006 entnimmt er das Fahrzeug auf Dauer fr private Zwecke. 1 Oder liegt ein bergang iS des § 15a Abs. 7 UStG vor (Rz. 99). 2 Diese Regelung kann sich auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL sttzen.

589

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs Die Entnahme des Fahrzeuges als solches ist nicht steuerbar, weil bei dessen Erwerb kein Vorsteuerabzug mglich war (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG); allerdings liegt eine nach § 3 Abs. 1b UStG steuerbare Entnahme des eingebauten Neuteils als Bestandteil vor (Rz. 4.8). Die Lackierungsarbeiten stellen eine sonstige Leistung dar, die an dem Fahrzeug ausgefhrt worden war (§ 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UStG; Rz. 53). Die Entnahme des Fahrzeuges fhrt zu einer nderung der Verhltnisse hinsichtlich der Verwendung der Lackierungsarbeiten, so daß die darauf entfallende Vorsteuer entsprechend § 15a Abs. 1 UStG zu berichtigen ist. Die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 5 iVm. Abs. 1 UStDV (Rz. 119) ist berschritten. Folglich ist die Vorsteuer entsprechend § 15a Abs. 5 Satz 1 UStG in Hhe von 4/5 von 1280 Euro fr den Voranmeldungszeitraum Juni 2006 in einem Betrag (§ 44 Abs. 5 iVm. Abs. 4 Satz 3 UStDV)1 zu berichtigen. (2) Wie (1), nur daß der Unternehmer als Gebrauchtwagenhndler das Fahrzeug zum Weiterverkauf erworben hatte. In diesem Fall ist die Vorsteuer hinsichtlich der Lackierungsarbeiten an einem Wirtschaftsgut des Umlaufvermgens nach § 15a Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 1 iVm. Abs. 2 UStG fr den Voranmeldungszeitraum der Entnahme in einem Betrag zu berichtigen (Rz. 125 f.).

f) bergang von der allgemeinen Besteuerung zu einer Sonderregelung und umgekehrt 16.99

Eine nderung der Verhltnisse ist auch beim bergang von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG – Kleinunternehmerbefreiung – und umgekehrt und beim bergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG und umgekehrt gegeben (§ 15a Abs. 7 UStG).2 Hierbei handelt es sich nur um eine Klarstellung3, da bei Anwendung einer solchen Sonderregelung ein Vorsteuerabzug hinsichtlich der konkreten Eingangsleistungen ausgeschlossen ist (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG) bzw. der pauschalierte Vorsteuerabzug sich nicht an diesen orientiert (vgl. zu § 24 Abs. 1 UStG Rz. 17.48). Folglich liegt in den Fllen des bergangs eine nderung der Verhltnisse, die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren, vor4, so daß der Vorgang schon von § 15a Abs. 1 und Abs. 2 UStG erfaßt wird.5 § 15a Abs. 7 UStG stellt klar, daß nicht nur diese Bestimmungen fr Wirt1 Die von § 44 Abs. 5 UStDV angeordnete entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV bewirkt, daß die sonstige Leistung wie ein Wirtschaftsgut anzusehen ist, welches entnommen (sinngemß: „nach § 3 Abs. 1b des Gesetzes geliefert“) wurde (vgl. Rz. 113). 2 Nach Art. 20 Abs. 6 der 6. EG-RL knnen die Mitgliedstaaten fr diese Flle die erforderlichen Bestimmungen erlassen, um zu gewhrleisten, daß dem Steuerpflichtigen weder ungerechtfertigte Vorteile noch ungerechtfertigte Nachteile entstehen. 3 Vgl. Reg.-Begr. zu Art. 5 Nr. 11 E-EURLUmsG, BR-Drucks. 605/04 (zu § 15a Abs. 7 UStG). 4 So bereits Stadie, Vorsteuerabzug, S. 248, 250. 5 Bei Gegenstnden des Anlagevermgens galt das auch schon nach § 15a Abs. 1 UStG aF., d. h. vor 2005; vgl. BFH, BStBl. II 2004, 582 (zu § 19 UStG); BStBl. II 1994, 339; 2002, 555 (zu § 24 UStG).

590

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

schaftsgter des Anlage- und Umlaufvermgens gelten, sondern daß auch § 15a Abs. 3 UStG anzuwenden ist. Folglich ist auch bei den dort genannten Einbauten und sonstigen Leistungen an einem Wirtschaftsgut, insbesondere Erhaltungsaufwendungen (Rz. 52 ff.) eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Da § 15a Abs. 7 UStG bestimmt, daß (auch) in den bergangsfllen eine nderung der Verhltnisse iS der Abstze 1 bis 3 gegeben ist, hat eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei den sonstigen Leistungen iS des Absatzes 4 (Rz. 55 ff.) und den nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten iS des Absatzes 6 (Rz. 46 f.) zu erfolgen. Der Vorsteuerabzug ist nicht nur beim bergang von der allgemeinen Besteuerung zur Nichtbesteuerung oder zur Durchschnittssatzbesteuerung zu berichtigen, sondern auch im umgekehrten Fall des bergangs von der Nichtbesteuerung der Kleinunternehmer bzw. von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung. In diesen Fllen ist der Vorsteuerabzug nach den Regeln des § 15a Abs. 5 bzw. Abs. 2 UStG nachzuholen (Rz. 113 ff. bzw. 128). Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach den Regeln des § 15 a UStG hat ferner dann zu erfolgen, wenn ein Wirtschaftsgut oder gleichgestellter Wert von einem Betrieb, der der allgemeinen Besteuerung unterliegt, in einen Betrieb, fr den eine Sonderregelung gilt, „verlagert“ wird, weil es nicht mehr fr diesen, sondern fr jenen verwendet wird (vgl. Rz. 17.70).

16.100

g) Einlage eines Wirtschaftsgutes aus dem nichtunternehmerischen (privaten) Bereich aa) Auf Dauer Verwendet der Unternehmer ein eigenes (oder geschenkt erworbenes) Wirtschaftsgut nach anfnglicher privater (nichtunternehmerischer) Nutzung zuknftig auf Dauer im Unternehmen (Einlage), so stellt sich umsatzsteuerrechtlich die Frage, ob auch in diesem Fall eine nderung der fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhltnisse vorliegt, d. h. ob der Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 1 UStG anteilig nachgeholt werden kann. Die gleiche Frage stellt sich, wenn ein Wirtschaftsgut (insbesondere Gebude) nur zum Teil dem Unternehmen zugeordnet worden war und spter auch der brige Teil fr unternehmerische Zwecke verwendet wird. Obwohl das nach dem Wortlaut der Vorschrift bejaht werden mßte, wird die Frage gleichwohl fast einhellig verneint.1 Die Begrndung – sofern berhaupt eine gegeben wird – lautet, daß die ursprngliche Zugehrigkeit des Gegenstandes zum privaten Bereich eine endgltige Umsatzsteuerbelastung bewirke, die nicht rckgngig 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 582, 584; FG Dsseldorf, DStRE 2000, 765; Abschn. 192 Abs. 14 Satz 2, Abschn. 212 Abs. 2 Satz 4, Abschn. 214 Abs. 7 UStR 2005; Ruppe, § 12 UStG Rz. 27, 83, 205; Lippross, 2.10.4.3 (S. 348), 7.9.2.3 (S. 771); vgl. auch BFH, BStBl. II 1971, 36; 1971, 509; 1979, 530, 533; 1987, 744; 1988, 916, 920; aA. BFH, BStBl. II 1987, 233, 236.

591

16.101

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

gemacht werden knne.1 Der Begrndungsgehalt dieser Aussage ist gleich Null, weil die Umkehrung genau so richtig sein kann. 16.102

Nach einer Entscheidung des EuGH2 aus dem Jahre 1991 komme eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL nicht in Betracht, wenn beim Erwerb des Gegenstandes nicht „als Steuerpflichtiger“ gehandelt wurde, d. h. der Gegenstand nicht fr das Unternehmern erworben wurde. Die vom EuGH gegebene Begrndung ist nur beschrnkt nachvollziehbar. Aus Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL soll sich ergeben, daß ein Recht auf Vorsteuerabzug nur entstehe, soweit der Gegenstand fr Zwecke „besteuerter“ Umstze verwendet werde. Hingegen sei Art. 20 Abs. 2 keine Vorschrift, die die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug betreffe. Sie knne „daher kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen lassen oder die von einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit seinen nicht besteuerten Umstzen entrichtete Steuer in eine abzugsfhige Steuer iS von Art. 17 verwandeln“3. Das mßte bedeuten, daß auch bei einer anfnglichen Verwendung fr steuerfreie, d. h. ebenfalls nicht besteuerte Umstze keine Nachholung eines anteiligen Vorsteuerabzugs gem. Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL in Betracht kme, was indes nicht ernsthaft gewollt sein kann. Die Interpretation des Art. 20 Abs. 2 durch den EuGH hat schon mit dem Wortlaut rein gar nichts zu tun. Darber hinaus muß erschrekken, daß der EuGH mit keiner Silbe auf den mit Hnden zu greifenden Zweck der Vorschrift abstellte.4

16.103

Wre es richtig, daß mit der erstmaligen privaten Nutzung (Verwendung) des Wirtschaftsgutes der zu besteuernde Verbrauchsvorgang abgeschlossen und die Umsatzsteuerbelastung endgltig wre, so zwnge der Umkehrschluß dazu, daß gleichermaßen nach einer erstmaligen unternehmerischen Verwendung eines Wirtschaftsgutes der Verbrauchsvorgang im Unternehmen abgeschlossen und die Umsatzsteuerentlastung endgltig wre und nicht mehr korrigiert werden drfte. Dem stehen jedoch die Regeln ber die Entnahmebesteuerung (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a iVm. § 10 Abs. 4 UStG bzw. Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 iVm. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL) entgegen, wonach bei spterer privater (nichtunternehmerischer) Verwendung (auf Zeit oder auf Dauer) der ursprngliche Vorsteuerabzug wieder teilweise ausgeglichen, d. h. das Wirtschaftsgut im Umfang der privaten Verwendung (des nichtunternehmerischen Gebrauchs) nachtrglich wieder mit Umsatzsteuer belastet wird. Es ist kein sachlicher Grund dafr ersichtlich, daß die Umkehrung dieses Prinzips nicht gelten soll. Da das Umsatzsteuergesetz wie auch die 6. EG-Richtlinie nicht Motive, sondern den tatschlichen Verbrauch besteu1 2 3 4

BFH, BStBl. II 1971, 36; 1971, 509; 1979, 530, 533. EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291. EuGH, aaO., Tz. 8, 11 f. Welcher Rechtstradition der EuGH mit einer solchen „Auslegungsmethode“, die den offensichtlichen Zweck einer Norm ignoriert, folgte, ist mir schleierhaft. Jedenfalls ist dieses Urteil auf Steinzeitniveau. Es muß davon ausgegangen werden, daß der EuGH heute unter Bercksichtigung des Neutralittsgedankens (vgl. Rz. 1.62) zu einem anderen Ergebnis kme (Rz. 106).

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

ern will, kann es nicht Wille des Gesetzgebers sein, danach zu unterscheiden, ob ein Wirtschaftsgut von vornherein fr unternehmerische Zwecke oder ursprnglich fr eine private Verwendung angeschafft worden war. So wie beim Erwerb des Wirtschaftsgutes fr das Unternehmen die vollstndige Entlastung von der Umsatzsteuer auf Grund der Regeln ber die Entnahmebesteuerung unter dem Vorbehalt steht, daß das Wirtschaftsgut auch nur im Unternehmen verwendet wird, so steht umgekehrt die Umsatzsteuerbelastung unter dem Vorbehalt, daß das Wirtschaftsgut auch tatschlich nur im privaten Bereich verbraucht wird. Es vermag nicht einzuleuchten, warum nur bei einer nderung der Verhltnisse aus der Sicht des § 15 Abs. 2 UStG1 („steuerpflichtige“ statt „steuerfreier“ Verwendung) sowie beim bergang von der Nichtbesteuerung der Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung eine Nachholung eines anteiligen Vorsteuerabzugs mglich sein soll, nicht jedoch beim Wechsel zwischen privater und unternehmerischer Verwendung, obwohl zwischen privatem Gebrauch und der Verwendung iS des § 15 Abs. 2 bzw. § 19 Abs. 1 UStG im Ergebnis kein Unterschied besteht. 16.104

Beispiele: (1) Die Person A erwirbt im Januar 2005 ein Kraftfahrzeug. Im Mrz 2005 macht sich A als Unternehmer (Handelsvertreter) selbstndig und verwendet das Fahrzeug in den nchsten 5 Jahren weit berwiegend fr unternehmerische Zwecke. (2) Die Person B macht sich ebenfalls im Mrz 2005 als Unternehmer selbstndig und erwirbt im selben Monat ein Kraftfahrzeug, welches es in den nchsten 5 Jahren weit berwiegend fr unternehmerische Zwecke verwendet. (3) Unternehmer C errichtet im Jahre 2005 ein zweigeschossiges Gebude, welches er zur Hlfte fr sein gewerbliches Unternehmen verwendet; die zweite Hlfte nutzt er als eigene Wohnung. Da sein Unternehmen expandiert, verwendet er ab 2007 auch die zweite Gebudehlfte fr sein Unternehmen. (4) Unternehmer D errichtet im Jahre 2005 ein zweigeschossiges Gebude, welches er zur Hlfte fr sein gewerbliches Unternehmen verwendet; die zweite Hlfte hat er als Wohnung vermietet. Da sein gewerbliches Unternehmen expandiert, kndigt er dem Mieter und verwendet ab 2007 auch die zweite Gebudehlfte fr sein gewerbliches Unternehmen. Soll in den Beispielen 1 und 2 die Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich des Fahrzeuges von dem Zufall des Anschaffungszeitpunktes abhngen? Das wre willkrlich und verstieße gegen den dem Recht auf Vorsteuerabzug zugrunde liegenden Neutralittsgedanken. Soll im Beispiel 3 der nachtrgliche Vorsteuerabzug nur deshalb scheitern, weil die zweite Hlfte des Gebudes nicht sogleich dem Unternehmen zugeordnet worden war, was bei zutreffender Auslegung der 6. EG-Richtlinie ohnehin nicht zulssig gewesen wre (Rz. 6.9)? Soll im Beispiel 4 der nachtrgliche Vorsteuerabzug nur deshalb mglich sein, weil die steuerfreie Vermietung nach der Gesetzessystematik eine unternehmerische Verwendung ist, obwohl die Umstze nicht besteuert werden? Diese Differenzierungen wren willkrlich, da die Sachverhalte in allen Fllen gleich sind: Ein mit Vorsteuer belastetes Wirtschaftsgut wird zur Ausfhrung steuerpflichtiger Umstze verwendet. Ein Letztverbrauch findet nicht statt.

1 Bzw. Art. 17 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL.

593

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

16.105

Der Zweck der Umsatzbesteuerung und des Vorsteuerabzugs verlangen, daß als nderung der Verhltnisse iS des § 15a UStG auch die Verwendung eines ursprnglich privat erworbenen Wirtschaftsgutes fr unternehmerische Zwecke verstanden wird.1 Das entspricht dem klaren Wortlaut des § 15a Abs. 1 UStG (nderung der „fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhltnisse“) bzw. Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-RL („Berichtigung . . . unter Bercksichtigung der nderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenber dem Anspruch fr das Jahr“ des Erwerbs). Es ist kein Grund ersichtlich, der fr eine restriktive Auslegung sprechen knnte. Vielmehr verbietet das Gebot der Wettbewerbsneutralitt (Rz. 1.45; in der Sprache des EuGH: Neutralittsgrundsatz, Rz. 1.62) der Umsatzsteuer, daß die Umsatzsteuer zu einer Kostenbelastung des Unternehmers fhrt. Die Umsatzsteuerentlastung darf nicht von der Zuflligkeit der erstmaligen Verwendung (unternehmerisch oder privat) abhngen; das wre willkrlich. Wrde der Unternehmer bei der Einlage eines Wirtschaftsgutes nicht von der anteiligen Umsatzsteuer entlastet werden, so mßte er diese bei seiner Preiskalkulation bercksichtigen und wre damit gegenber demjenigen Konkurrenten benachteiligt, der ein entsprechendes Wirtschaftsgut von Anfang an fr das Unternehmen bezogen hatte (zur Einlage von Wirtschaftsgtern, die unentgeltlich von anderen Unternehmern erworben wurden, s. Rz. 130 ff.).

16.106

Die gegenteilige Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 1991 (Rz. 102) erging zu einer Zeit, als der EuGH den Neutralittsgedanken, der dem Vorsteuerabzug innewohnt (Rz. 1.62), noch nicht betonte. Es ist deshalb anzunehmen, daß der EuGH an dieser Entscheidung nicht mehr festhalten wrde, wenn ihm die Frage erneut vorlge. Dies auch deshalb, weil die 6. EG-RL in Art. 20 Abs. 6 den Grundsatz erwhnt, der allen Berichtigungstatbestnden ungeschrieben zugrunde liegt. Die Vorsteuerberichtigungen sollen nmlich „gewhrleisten, daß dem Steuerpflichtigen weder ungerechtfertigte Vorteile noch ungerechtfertigte Nachteile entstehen.“

bb) Zeitweilige unternehmerische Nutzung 16.107

Wird ein Wirtschaftsgut aus dem Privatbereich (nichtunternehmerischen Bereich) nicht auf Dauer in das Unternehmen eingelegt, sondern nur zeitweilig fr das Unternehmen genutzt (sog. Nutzungseinlage), oder wird ein Wirtschaftsgut beim Erwerb nicht dem Unternehmen zugeordnet, weil der Umfang der unternehmerischen Verwendung geringer ist als das Maß der nichtunternehmerischen Nutzung (entgegen h. M. darf in diesem Fall ohnehin keine Zuordnung zum Unternehmen in Betracht kommen; Rz. 6.11 f.; Rz. 15.47 ff.), so erfordert der Neutralittsgrundsatz (Rz. 1.62), daß ein zeitanteiliger Abzug der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuern in Betracht 1 Stadie, Vorsteuerabzug, S. 243 ff.; ders., DStJG 13 (1990), 179, 193 ff.; zust. Lechner, DStJG 13 (1990), 39, 52; Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, 215.

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

kommt. Demgegenber gewhrt die Finanzverwaltung einen Abzug nur hinsichtlich der unmittelbar durch die unternehmerische Nutzung anfallenden Vorsteuern, insbesondere solche, die beim gesonderten Kraftstoffbezug fr ein Fahrzeug in Rechnung gestellt werden.1 Dieser Auffassung ist aus den gleichen Grnden wie bei der dauerhaften Einlage eines Wirtschaftsgutes (Rz. 103 ff.) abzulehnen. Sie verkennt, daß im Umfang der unternehmerischen Verwendung kein Letztverbrauch vorliegt, so daß insoweit keine Umsatzsteuerbelastung gerechtfertigt ist. Richtigerweise ist hinsichtlich der gesamten vorsteuerbelasteten variablen und fixen Kosten grundstzlich eine Berichtigung der auf diese entfallenden Vorsteuerbetrge nach Maßgabe des § 15a UStG vorzunehmen, indem ein entsprechender anteiliger Vorsteuerabzug nachtrglich vorgenommen werden darf. Bezglich der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbetrge ist die Berichtigung gem. § 15a Abs. 1, 2 oder 6 UStG, hinsichtlich der Vorsteuerbetrge, die auf sonstige Leistungen entfallen, deren Verwendung sich ber einen Zeitraum erstreckt, ist die Berichtigung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 bzw. Abs. 4 UStG vorzunehmen. Aus dem § 45 UStDV zugrunde liegenden Gedanken folgt allerdings, daß nur fr volle Kalendermonate eine Berichtigung in Betracht kommt.

16.108

Fr Zeitrume vor 2005 (Neufassung des § 15a UStG) greift, soweit es nicht um die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuern geht, bei denen auch schon die alten Fassungen des § 15a UStG anwendbar waren, die Umkehrung des Gedankens, welcher der Besteuerung der Nutzungsentnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG2 (Rz. 4.27) zugrunde liegt. Das Gesetz will damit eine exakte Umsatzbesteuerung des Letztverbrauchs sicherstellen, indem auch bei der gelegentlichen, selbst geringfgigen Nutzung eines Unternehmensgegenstandes fr private (nichtunternehmerische) Zwecke der Vorsteuerabzug in entsprechendem Umfang wieder rckgngig gemacht wird. Es kann nicht angenommen werden, daß die Umkehrung dieses Prinzips nicht gelten soll, da es fr die Nichtgeltung keinen sachlichen Grund gibt und nicht angenommen werden kann, daß der Gesetzgeber einseitig profiskalisch gedacht hat. Es muß vielmehr angenommen werden, daß der Gesetzgeber das Problem nicht gesehen hat, so daß die Lcke durch Analogie zu schließen ist. Als sachgerechte Lsung drngt sich auf, die Bestimmungen ber die Besteuerung der Nutzungsentnahme sinngemß, d. h. umgekehrt anzuwenden. So wie bei zeitweiliger privater (nichtunternehmerischer) Verwendung eines Unternehmensgegenstandes der Vorsteuerabzug nach Maßgabe der zuzurechnenden Ausgaben anteilig wieder rckgngig gemacht wird, so ist umgekehrt bei unternehmerischer Verwendung eines privaten (nichtunternehmerischen) Wirtschafsgutes ein anteiliger Vorsteuerabzug entsprechend dem Umfang der zuzurechnenden Ausgaben zu gewhren. Das ergibt sich aus der analogen Anwendung, sprich: Umkehrung, des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG.3

16.109

1 Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. a Satz 6 UStR 2005. 2 Bzw. Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL. 3 So bereits Stadie, DStJG 13 (1990), 197, 199 f.; Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, Wien 1992, S. 215.

595

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

h) Gesetzesnderung 16.110

Eine nderung der Verhltnisse, die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren, kann nicht nur auf tatschlichem Gebiet, d. h. durch die Art der Nutzung des Wirtschaftsgutes, sondern auch durch Gesetzesnderungen eintreten1, namentlich in Form der Einschrnkungen oder Erweiterungen von Steuerbefreiungstatbestnden, Vorsteuerabzugsverboten oder des Unternehmerbegriffes.

16.111

Auch bei der Einfhrung einer Steuerbefreiung oder der Beschrnkung der Verzichtsmglichkeiten nach § 9 UStG darf im Rahmen des § 15a UStG grundstzlich von einer nderung der Verhltnisse ausgegangen werden.2 Es handelt sich um eine zulssige sog. unechte Rckwirkung, bei der in einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt fr die Zukunft eingewirkt wird.3 Vertrauensschutz ist grundstzlich nicht angebracht (sofern nicht das Gesetz einen solchen, wie insbesondere nach § 27 Abs. 2, 5 oder 6 UStG, vorsieht), weil der ursprngliche Vorsteuerabzug4 nach Maßgabe der steuerpflichtigen Verwendung im ersten Jahr auf Grund des § 15a UStG unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Verwendung in den folgenden Jahren stand und demgemß mit einer potentiellen Rckzahlungsverpflichtung hinsichtlich der anteiligen jhrlichen Vorsteuer fr die Folgezeit behaftet war. Ein Vertrauen in den unvernderten Fortbestand einer gnstigen Gesetzeslage ist nicht schtzenswert, da der Gesetzgeber auf den Wandel der Lebensverhltnisse, insbesondere auf Fehl- u. . Entwicklungen reagieren knnen muß.5 Erforderlich ist lediglich eine gewisse Vorlaufzeit zwischen Ankndigung der Gesetzesnderung und Wirksamwerden, um dem Betroffenen eine Anpassung der Vertrge zu ermglichen.6 Der Vorsteuerabzug ist keine Subvention mit Lenkungswirkung, bei der Vertrauensschutz (Dispositionsschutz) in Betracht kme.7 i) nderung in der rechtlichen Beurteilung der Verwendung

16.112

Hatte der Unternehmer in seiner Steueranmeldung bzw. das Finanzamt in seiner abweichenden Steuerfestsetzung hinsichtlich des ursprnglichen Vorsteuerabzugs eine fehlerhafte Rechtsauffassung oder einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, so ist die Steuerfestsetzung nach den nderungsvorschriften der Abgabenordnung zu korrigieren. Ist das nicht mehr mglich, so stellt sich die Frage, ob eine Berichtigung in den Folgejahren nach § 15a 1 BFH, BStBl. II 1992, 983; vgl. auch BFH, UR 2001, 260, 264 aE. = BStBl. II 2003, 426, 430 aE.; ferner zu Art. 20 der 6. EG-RL EuGH, UR 2004, 302, Tz. 51 ff. 2 BFH, BStBl. II 1992, 983; vgl. auch BFH, UR 2001, 260, 264 aE. = BStBl. II 2003, 426, 430 aE. Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, S. 251 f., gebe ich auf. 3 Vgl. dazu BVerfGE 72, 200, 242 f.; 97, 67, 79. 4 Zum diesbezglichen Vertrauensschutz EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336 = BStBl. II 2003, 446; BFH, UR 2001, 260 = BStBl. II 2003, 426. 5 Vgl. BVerfGE 72, 200, 254; 105, 17, 40, 44; vgl. auch EuGH, UR 2004, 302, Tz. 65 ff. 6 Vgl. EuGH, UR 2004, 302, Tz. 81. 7 Dazu BVerfGE 97, 67, 80; 105, 17; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 79 f.

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IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

UStG mglich ist. Voraussetzung einer derartigen Berichtigung ist, daß sich die „fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhltnisse gendert“ haben. Wenn ein Gesetz von „maßgeblichen Verhltnissen“ spricht, so meint es grundstzlich die objektiven tatschlichen und rechtlichen Verhltnisse, die fr die Besteuerung bzw. den Vorsteuerabzug maßgebend sind.1 Folglich htten sich bei einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung oder bei Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhalts die Verhltnisse iS des § 15a UStG nicht gendert, wenn diese Fehler in einem Folgejahr bekannt werden. Gleichwohl soll nach der Rechtsprechung eine nderung der Verhltnisse vorliegen, wenn bei tatschlich gleichbleibenden Verwendungsumstzen die rechtliche Beurteilung der Verwendung, die der Gewhrung des Vorsteuerabzugs zugrunde lag, sich in einem der folgenden Jahre als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung fr das Abzugsjahr nicht mehr nderbar ist.2 Gemeint sind die Flle, in denen flschlich statt einer Verwendung fr Umstze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschließen (insbesondere steuerfreie Vermietung iS des § 4 Nr. 12 UStG), eine Verwendung fr Umstze angenommen wird, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (insbesondere Annahme eines wirksamen Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG). Wenn in diesen Fllen richtigerweise von Beginn an eine Verwendung iS des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG vorlag, so hat sich die Verwendung objektiv nicht gendert; gendert hat sich lediglich die rechtliche Wrdigung. Es hlt sich indes im Rahmen des mglichen Wortsinns, auch darin eine nderung der fr den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhltnisse nach § 15a Abs. 1 UStG zu sehen3, da der Sinn dieser Vorschrift insbesondere bei Investitionsgtern darin liegt, den Sofortabzug der Vorsteuer unter den Vorbehalt zu stellen, daß in den folgenden Jahren keine abzugsschdliche Verwendung des Wirtschaftsgutes iS des § 15 Abs. 2 UStG4 erfolgt5 (Rz. 36). Folglich liegt keine Umgehung der verfahrensrechtlichen Korrekturvorschriften vor, weil die Bestandskraft der Steuerfestsetzung fr das Abzugsjahr nicht berhrt wird und diese Steuerfestsetzung auch keine verbindliche Aussage fr die Folgejahre enthlt.

1 Besteuerungsgrundlagen iS der Legaldefinition des § 199 Abs. 1 AO. 2 BFH, BStBl. II 1998, 361; UR 1998, 27; 2000, 386; dazu nher Lippross, 7.9.3.4 (S. 791 ff.). 3 Die Berichtigung lßt sich zwar insoweit nicht auf Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL sttzen, weil danach die Berichtigung unter „Bercksichtigung der nderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug“ im Erwerbsjahr zu erfolgen hat, die (Mit-)Korrektur des fehlerhaften Vorsteuerabzugs lßt sich jedoch auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL sttzen, wonach der fehlerhafte Vorsteuerabzug nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt wird. 4 Entsprechendes hat m. E. zu gelten, wenn die rechtliche Beurteilung aus der Sicht des § 15 Abs. 1 UStG fehlerhaft war; aA. BFH, BStBl. II 1991, 860; vgl. auch BFH, UR 1998, 27, 28 (aE.). 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1997, 370. Die gegenteilige Auffassung, Stadie, Vorsteuerabzug, S. 255, habe ich aufgegeben.

597

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

5. Durchfhrung der Berichtigung a) Allgemeines 16.113

aa) Zu berichtigen sind die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten1 des Wirtschaftsguts entfallenden Vorsteuerbetrge (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG). Entsprechendes gilt bei nachtrglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 15a Abs. 6 UStG), bei Erhaltungsaufwand iS des § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG, sonstigen Leistungen iS des § 15a Abs. 4 UStG, sowie bei der Entnahme von sonstigen Leistungen gem. § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG. Auf das Wirtschaftsgut usw. „entfallende“ Vorsteuerbetrge sind die nach § 15 Abs. 1 und 1a UStG grundstzlich abziehbaren Betrge. Das gilt auch beim bergang von der Durchschnittsatzbesteuerung zur allgemeinen Besteuerung.

16.114

Bei einer Berichtigung zu ungunsten des Unternehmers ist Voraussetzung, daß die abziehbaren Vorsteuern auch „abgezogen“ (vergtet) worden sind, denn zu berichtigen ist der „Abzug“ (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG).2 Vorsteuerbetrge, deren Abzug zu Unrecht erfolgt war, weil die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG – z. B. mangels ordnungsgemßer Rechnung – nicht vorlagen, sind, sofern eine Korrektur der betreffenden Steuerfestsetzung nach der Abgabenordnung nicht mehr mglich ist, als auf das Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuerbetrge zu behandeln. Fr die Berichtigung zu Gunsten des Unternehmers in Gestalt eines erstmaligen nachtrglichen Vorsteuerabzugs ist grundstzlich der Besitz der ordnungsgemßen Rechnung iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlich, sofern eine Aufbewahrungspflicht nach § 14b UStG besteht.

16.115

bb) Bei der Berichtigung ist fr jedes Kalenderjahr der nderung je nach der Lnge des Berichtigungszeitraums von einem Fnftel oder einem Zehntel, bei einer krzeren Verwendungsdauer von einem entsprechenden Bruchteil der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbetrge auszugehen (§ 15a Abs. 5 Satz 1 und 2 UStG). Fr jedes Kalenderjahr sind die Verwendungsverhltnisse zu bestimmen und mit denen zu vergleichen, die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG). Weichen sie voneinander ab, so ist entsprechend dem Grad der nderung ein Ausgleich durch Berichtigung des auf das betreffende Kalenderjahr entfallenden anteiligen Vorsteuerbetrages vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 UStG). Jedes Kalenderjahr (Folgejahr) ist gesondert zu betrachten, so daß fr jedes Jahr eine eigenstndige Berichtigung in Frage kommt. Fr jedes Jahr sind die Verwendungsverhltnisse mit denen des Jahres des Vorsteuerabzugs, nicht mit denen des vorhergehenden Jahres zu vergleichen.

1 Unerheblich ist, wie diese einkommensteuerrechtlich behandelt worden sind; Abschn. 214 Abs. 5 UStR 2005. 2 Unprzise deshalb Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3 der 6. EG-RL: „Anspruch“. Allerdings knpft diese Bestimmung an Abs. 1 an, der von der Berichtigung des „Vorsteuerabzugs“ spricht.

598

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung Die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse sind diejenigen, welche im Erstjahr der Verwendung vorlagen. Das gilt auch insoweit, als der Vorsteuerabzug erst in einem spteren Kalenderjahr vorgenommen werden konnte, weil der Unternehmer erst dann ber eine ordnungsgemße Rechnung verfgte. Hatten sich bis dahin bereits die Verwendungsverhltnisse gendert, so ist der erstmalige Vorsteuerabzug zugleich um die entsprechenden Berichtigungsbetrge nach § 15a UStG zu krzen.1

16.116

Endet der Berichtigungszeitraum im Laufe des Kalenderjahres, so sind nur die Verwendungsverhltnisse bis zum Ende des Berichtigungszeitraums maßgebend. Dementsprechend ist der auf das Kalenderjahr entfallende Vorsteuerbetrag auf entsprechende Zwlftel zu krzen.

16.117

Endet die Verwendungsfhigkeit des Wirtschaftsgutes oder gleichgestellten Wertes vor Ablauf des bislang zugrunde gelegten Berichtigungszeitraums, so verkrzt sich der Berichtigungszeitraum auf die Dauer der tatschlichen Verwendung. Waren fr die vorangegangenen Jahre bereits Berichtigungen nach § 15a UStG durchgefhrt worden, so hat die Verkrzung des Berichtigungszeitraums im Regelfall Auswirkungen auf diese Berichtigungen. Gleichwohl sind deren Steuerfestsetzungen nicht zu ndern. Aus dem § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG zugrundeliegenden Prinzip (Rz. 12.79) folgt, daß die Auswirkungen fr den Besteuerungszeitraum zu bercksichtigen sind, in dem der verkrzte Berichtigungszeitraum endet.2

16.118

cc) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG – zuungunsten wie zugunsten – unterbleibt, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des einzelnen Wirtschaftsgutes oder des gleichgestellten Wertes entfallende gesamte Vorsteuer von 1000 Euro nicht bersteigt (§ 44 Abs. 1 iVm. Abs. 5 UStDV). Dem entsprechen bei einem Steuersatz von 16 % Nettoanschaffungs- oder Herstellungskosten von 6250 Euro. Hierbei handelt es sich indes nicht mehr um eine Bagatellgrenze, welche sich auf die Verordnungsermchtigung des § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG sttzen knnte, wonach durch Rechtsverordnung bestimmt werden kann, daß zur „Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens“ eine Berichtigung unterbleibt. Dies um so mehr, als die Regelung unabhngig vom Grad der nderung der Verhltnisse gelten soll. Soweit es um die Berichtigung der Vorsteuer bei Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens und gleichgestellten Werten geht (zur Anwendung der Vorschrift bei Umlaufvermgen und gleichgestellten Werten s. Rz. 129) fhrt die Vorschrift zu willkrlichen Ergebnissen, die dem Betroffenen nicht zuzumuten sind. Allenfalls eine Grenze von 250 Euro (wie sie bis 2004 nach § 44 Abs. 1 UStDV aF. galt) lßt sich noch durch einen Vereinfachungszweck rechtfertigen.

16.119

Beispiel:

16.120

Kleinunternehmer U 1 erwirbt im Juli 2005 eine Maschine fr 6250 Euro + 1000 Euro USt. Wegen berschreitens der Umsatzgrenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG (Rz. 17.1) geht er ab 2006 zur allgemeinen Besteuerung ber. Der konkurrierende Unternehmer U 2 erwirbt die gleiche Maschine im Januar 2006. Es ist schlicht willkrlich und durch keinen Vereinfachungszweck zu rechtfertigen, wenn dem Unternehmer U 1 durch § 44 Abs. 1 UStDV die wegen des bergangs nach 1 Vgl. Abschn. 217 Abs. 2 UStR 2005 m. Beispiel. 2 Im Ergebnis ebenso Abschn. 218 Abs. 5 UStR 2005.

599

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs § 15a Abs. 7 UStG grundstzliche Mglichkeit zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs iHv 900 Euro hinsichtlich der Maschine versagt wird, whrend seinem Konkurrenten der Vorsteuerabzug gewhrt wird.

16.121

Eine Berichtigung unterbleibt ferner, wenn die Verhltnisse sich um weniger als zehn Prozentpunkte ndern und der Betrag, um den der Vorsteuerabzug zu berichtigen wre, 1000 Euro nicht bersteigt (§ 44 Abs. 2 iVm. Abs. 5 UStDV). Auch diese Grenzen sind nicht durch den Vereinfachungszweck des § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG zu rechtfertigen. Zudem knnen sie zu willkrlichen Ergebnissen fhren. Beispiele: (1) Bei einer nderung der Verhltnisse um 9,9 % ab Beginn des zweiten Jahres bis zum Ende des Berichtigungszeitraums kann die Vorschrift bei einem Gebude, auf welches insgesamt etwas mehr als 100 000 Euro Vorsteuern entfallen, dazu fhren, daß insgesamt 9000 Euro (9 Jahre zu je 1000 Euro) an Vorsteuern nicht entsprechend den Verwendungsverhltnissen vergtet werden. (2) Bei einer nderung der Verhltnisse um 10 % wird hingegen die Vorsteuer berichtigt, wenn die gesamte auf das Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuer 1000,01 Euro betrgt. Bei einem Erhaltungsaufwand an einem Gebude in Hhe von 6250,01 Euro kann mithin der jhrliche Berichtigungsbetrag 10 Euro (= 10 % von 1/10 von 1000 Euro) betragen, der laut Gesetz auch zu bercksichtigen ist!

16.122

dd) Die fr das jeweilige Kalenderjahr der nderung ermittelten Berichtigungsbetrge sind (sofern keine Berichtigung nach § 44 Abs. 1 oder 2 UStDV unterbleibt) nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UStG bei der „Steuerberechnung“ fr den Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) der nderung1 zu bercksichtigen (Rz. 18.5). Indes bestimmt § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG, daß bei der Steuerberechnung fr den Voranmeldungszeitraum unter anderem § 16 Abs. 2 UStG entsprechend anzuwenden ist, so daß demgemß die auf den Kalendermonat bzw. das Kalendervierteljahr entfallenden, nach den Verwendungsverhltnissen dieses Zeitraums bestimmten Berichtigungsbetrge iS des § 15a UStG grundstzlich bereits in der jeweiligen Voranmeldung zu bercksichtigen sind. Ausnahmen: – bersteigt der Betrag, um den der Vorsteuerabzug bei einem Wirtschaftsgut oder gleichgestellten Wert fr das Kalenderjahr zu berichtigen ist, nicht 6000 Euro2, so ist die Berichtigung erst bei der Steuerberechnung und Festsetzung fr den Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) zu bercksichtigen (§ 44 Abs. 4 Satz 1 iVm. Abs. 5 UStDV).3 1 Es tritt mithin keine Rckwirkung ein, die nach Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL wohl zulssig wre; vgl. EuGH, EuGHE 2000, I-4279 = UR 2000, 336, Tz. 51 = BStBl. II 2003, 446. 2 Das verlangt eine Prognose, die insbesondere bei einem vermieteten Gebude problematisch sein kann; vgl. dazu Nieskens, UR 2000, 45, 55 f. 3 Ermchtigungsgrundlage ist § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG („wie der Ausgleich nach den Abstzen 1 bis 9 durchzufhren ist“). Vgl. auch Art. 20 Abs. 4 Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL, wonach die Mitgliedstaaten „verwaltungsmßige Vereinfachungen ermglichen knnen“.

600

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung – Betrgt die gesamte auf das Wirtschaftsgut oder den gleichgestellten Wert entfallende Vorsteuer nicht mehr als 2500 Euro, so ist die Berichtigung fr alle in Betracht kommenden Kalenderjahre einheitlich bei der Steuerberechnung fr das Kalenderjahr vorzunehmen, in dem der Berichtigungszeitraum endet (§ 44 Abs. 3 iVm. Abs. 5 UStDV).1

b) Bei Verußerung und Entnahme Im Falle der entgeltlichen oder unentgeltlichen Lieferung bzw. Entnahme iS des § 15a Abs. 8 UStG (Rz. 86 ff.) ist die Berichtigung so vorzunehmen, als wren das Wirtschaftsgut bzw. die diesem gleichgestellten Werte in der Zeit von der Lieferung bzw. Entnahme bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums unter entsprechend genderten Verhltnissen weiterhin fr das Unternehmen verwendet worden (§ 15a Abs. 9 UStG2). Es ist demnach hinsichtlich des ausgeschiedenen Wirtschaftsgutes zweierlei zu fingieren: erstens das Verbleiben im Unternehmen und zweitens das Verwenden zur Ausfhrung von Umstzen, die fr den Vorsteuerabzug im Hinblick auf § 15 Abs. 2 UStG genau so zu beurteilen sind wie die Lieferung oder Entnahme (dazu Rz. 91 ff.). Da mit der Lieferung bzw. Entnahme ein endgltiges Ausscheiden des Wirtschaftsgutes vorliegt und die fiktive Verwendung bis zum Ende des Berichtigungszeitraums feststeht, bestimmt § 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV3, daß die Berichtigung fr den gesamten Restzeitraum bereits bei der Steuerberechnung fr denjenigen Voranmeldungszeitraum durchzufhren ist, in dem die Lieferung oder Entnahme erfolgte.

16.123

Beispiele:

16.124

(1) Wie Beispiel (3) zu Rz. 93. Entfielen auf die Herstellungskosten des Gebudes 40 000 Euro Vorsteuern, so waren diese ursprnglich wegen der steuerpflichtigen Vermietung vollen Umfangs als Vorsteuer abgezogen worden. Die steuerfreie Lieferung des Grundstcks (Gebudes) schließt den Vorsteuerabzug aus und ist folglich fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen. Nach § 15a Abs. 9 UStG ist der Verbleib des Grundstcks im Unternehmen sowie eine Verwendung fr Umstze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu fingieren. Der Berichtigungszeitraum luft bis zum 30.6.2014. Folglich ist fr die Zeit vom 1.1.2009 bis zum 30.6.2014 fr jedes Kalenderjahr von einer nderung der Verwendungsverhltnisse um 100 % auszugehen. Der jhrliche Berichtigungsbetrag beluft sich auf 4000 Euro, so daß fr den fiktiven Verwendungszeitraum von 5 1/2 Jahren 22 000 Euro Vorsteuern zurckzuzahlen sind. Dieser Betrag ist nach § 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV mit der Voranmeldung fr den Monat Januar 2009 anzumelden. (2) Wie Beispiel (4) zu Rz. 94. Entfielen auf die Herstellungskosten des Gebudes 54 000 Euro Vorsteuern, so waren diese ursprnglich zu 50 % abziehbar. Die steuerfreie Entnahme schließt den Vorsteuerabzug aus und ist mithin fr den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen. Die nderung der Verhltnisse betrgt 50 %. Folglich ist fr die Zeit vom 1.6.2009 bis zum 30.9.2014 fr jedes Kalenderjahr von einer nderung der Verwendungsverhltnisse um 50 % auszugehen. Der jhrliche Berichtigungsbetrag beluft 1 Ermchtigungsgrundlage ist § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG. 2 Entspricht Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1 und 2 der 6. EG-RL. 3 Ermchtigungsgrundlage ist § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG, welche insoweit Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der 6. EG-RL entspricht.

601

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs sich auf 2700 Euro, so daß gem. § 15a Abs. 9 UStG fr den fiktiven Verwendungszeitraum von 5 1/3 Jahren 14 400 Euro Vorsteuern zurckzuzahlen sind. Dieser Betrag ist nach § 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV mit der Voranmeldung fr den Monat Juni 2009 anzumelden. (3) Wie Beispiel zu Rz. 96. Fr die Ende September 2008 im steuerpflichtig vermieteten Teil des Gebudes ausgefhrten Erhaltungsmaßnahmen war die Vorsteuer von angenommen 9000 Euro in voller Hhe abziehbar. Auf Grund der steuerfreien Entnahme des Grundstcks am 1.6.2009 haben sich insoweit die Verhltnisse zu 100 % gendert. Sofern die Erhaltungsmaßnahmen eine Lebensdauer von 10 Jahren haben, ist folglich fr den fiktiven Verwendungszeitraum vom 1.6.2009 bis 30.9.2018 (= 9 1/3 Jahre) die Vorsteuer iHv 8400 Euro fr den Voranmeldungszeitraum Juni 2009 zu berichtigen.

6. Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei sog. Umlaufvermgen 16.125

a) § 15a Abs. 2 UStG1 sieht die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei einem Wirtschaftsgut vor, das nur einmalig zur Ausfhrung eines Umsatzes verwendet wird (Gegenstand des sog. Umlaufvermgens; zur Verußerung eines nicht genutzten Anlagegegenstandes s. Rz. 87), wenn sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse ndern. Die Vorschrift ist in erster Linie (zu weiteren Anwendungsfllen Rz. 128) die Konsequenz2 aus der verfehlten Rechtsprechung, wonach bei einem beabsichtigten Verzicht auf die Steuerfreiheit einer Grundstckslieferung der erstmalige Vorsteuerabzug unberhrt bleibe, auch wenn es nicht zu einer steuerpflichtigen Lieferung kommt (Rz. 15.163 ff.). Die Berichtung des gesamten Vorsteuerabzugs ist fr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird (§ 15a Abs. 2 Satz 2 UStG).3 Richtigerweise ist der Vorsteuerabzug indes in der Weise zu „berichtigen“, daß die Steuerfestsetzung, mit der der Vorsteuerabzug gewhrt worden war, rckwirkend nach § 164 Abs. 2 AO gendert wird (Rz. 15.165). Beispiel: Unternehmer U erwirbt in 2005 ein bebautes Grundstck von einem anderen Unternehmer mittels einer steuerpflichtigen Lieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a iVm. § 9 UStG), welches er in gleicher Weise weiterzuliefern beabsichtigt. Auf Grund dieser glaubhaft gemachten Absicht erhlt er den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb. Ihm gelingt es jedoch nicht, das Grundstck steuerpflichtig zu verußern, so daß er es in 2006 steuerfrei an einen anderen liefert bzw. fr eigene private Zwecke entnimmt. Nach verfehlter BFH-Rechtsprechung soll fr den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG die Absicht der steuerpflichtigen Lieferung ausreichen (Rz. 15.163 ff.). Mithin ndern sich im Falle der steuerfreien Lieferung die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse, so daß fr den Besteuerungszeitraum 2006 der Vorsteuerabzug 1 Die Vorschrift kann sich auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL sttzen. 2 Vgl. Reg.-Begr. zu Art. 5 Nr. 11 E-EURLUmsG, BR-Drucks. 605/04 (zu § 15a Abs. 2 UStG). 3 Die Vorschrift enthlt keine zeitliche Begrenzung und knnte deshalb noch nach Jahrzehnten eingreifen. Sie unterstreicht damit die Absurditt der Auffassung des BFH, daß fr den Vorsteuerabzug der beabsichtigte Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ausreiche.

602

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung hinsichtlich des gesamten Betrages nach § 15a Abs. 2 UStG zu berichtigen ist. Auch die Entnahme des Grundstcks ist eine steuerfreie Lieferung (Rz. 10.102). § 15a Abs. 8 UStG ist nicht einschlgig, weil diese Vorschrift nur Wirtschafsgter betrifft, die nicht nur einmalig zur Ausfhrung von Umstzen verwendet werden.

Von der Berichtigung mit umfaßt werden auch Vorsteuerbetrge, die nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten betreffen (§ 15a Abs. 6 iVm. Abs. 2 UStG) oder auf sog. Erhaltungsaufwand, nmlich auf Einbauten sowie auf sonstige Leistungen entfallen (Rz. 52 ff.), die an dem Wirtschaftsgut des Umlaufvermgens ausgefhrt worden waren (§ 15a Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 2 UStG; zur Entnahme einer solchen sonstigen Leistung gem. § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG s. Rz. 98 Beispiel 2). Sonstige Leistungen, die nicht „an“ dem Wirtschaftsgut ausgefhrt werden (Beispiel: Reinigung des erworbenen Gebudes im zuvor, Rz. 125, genannten Beispiel), fhren nach § 15a Abs. 4 UStG zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs (Rz. 57).

16.126

§ 15a Abs. 2 UStG greift nicht im umgekehrten Fall ein, in dem das als Umlaufvermgen steuerfrei erworbene Wirtschaftsgut (Grundstck) entgegen der ursprnglichen Absicht nicht steuerfrei, sondern steuerpflichtig verußert wird. Bei dieser Konstellation liegt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer als Voraussetzung fr den erstmaligen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG erst im Besteuerungszeitraum der Verwendung vor, so daß sich die Verhltnisse iS des § 15a Abs. 2 UStG nicht ndern.

16.127

Beispiel: Unternehmer U 1 erwirbt in 2005 ein bebautes Grundstck von einem anderen Unternehmer U 2 mittels einer steuerfreien Lieferung, welches er in gleicher Weise weiterzuliefern beabsichtigte. Ihm gelingt es jedoch, das Grundstck in 2006 steuerpflichtig zu verußern (§ 4 Nr. 9 Buchst. a iVm. § 9 UStG), und vereinbart deshalb mit seinem Verkufer U 2, daß dieser nachtrglich auf die Steuerfreiheit der Lieferung verzichtet (dazu Rz. 10.161, 10.164) und daß dabei der ursprngliche Kaufpreis um die Hlfte der nunmehr beim Verkufer abziehbaren Vorsteuern herabgesetzt wird. U 2 erteilt dem U 1 in 2006 eine entsprechende Rechnung mit der ausgewiesenen Steuer. U 1 kann den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG erst fr den Besteuerungszeitraum 2006 vornehmen, da die Rechnungserteilung keine Rckwirkung hat (Rz. 15.60). Folglich haben sich die fr den ursprnglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhltnisse nicht gendert.

b) Darber hinaus hat § 15a Abs. 2 UStG auch Bedeutung1 beim bergang von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG (Kleinunternehmer und umgekehrt und beim bergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG und umgekehrt (Rz. 99 f.). Auch bei einer Einlage ist aus den o. g. Grnden (Rz. 101 ff.) ein nachtrglicher Vorsteuerabzug gemß § 15a Abs. 2 UStG mglich.

16.128

c) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG – zuungunsten wie zugunsten – unterbleibt, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des einzelnen Wirtschaftsgutes oder des gleichgestellten Wertes entfal-

16.129

1 AA. Nieskens, UR 2005, 57, 76.

603

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

lende gesamte Vorsteuer 1000 Euro nicht bersteigt (§ 44 Abs. 1 iVm. Abs. 5 UStDV). Dem entsprechen bei einem Steuersatz von 16 % Nettoanschaffungsoder Herstellungskosten von 6250 Euro. Hierbei handelt es sich indes nicht mehr um eine Bagatellgrenze, welche sich auf die Verordnungsermchtigung des § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG sttzen knnte, wonach durch Rechtsverordnung bestimmt werden kann, daß zur „Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens“ eine Berichtigung unterbleibt. Dies um so mehr, als die Regelung unabhngig vom Grad der nderung der Verhltnisse gelten soll. Sie wrde dazu fhren, daß im Falle des bergangs von der Nicht- bzw. Durchschnittssatzbesteuerung zur allgemeinen Besteuerung und umgekehrt eine Berichtigung hinsichtlich des Umlaufvermgens so gut wie nicht stattfnde. Gleiches glte fr die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei den sonstigen Leistungen iS des § 15a Abs. 3 und 4 UStG (dazu Rz. 52 ff. bzw. 55), soweit es um eine Einmalberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG geht. Sofern in diesen Fllen nach § 44 Abs. 1 UStDV eine Berichtigung zugunsten des Unternehmers ausgeschlossen wre, ist die Vorschrift unwirksam, soweit sie nicht mehr durch einen Vereinfachungszweck und damit nicht mehr durch die Ermchtigung des § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG gedeckt ist.1 § 44 Abs. 1 UStDV steht auch im Widerspruch zu § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG, der eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nur bei „Aufmerksamkeiten“ bzw. „Geschenken von geringem Wert“2 ausschließt. Aus diesen Vorgaben folgt der gesetzgeberische Wille, daß auch im Rahmen des § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG fr die Einmalberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG als Bagatellgrenze nur ein entsprechender Betrag anzusetzen ist. Dieser ergibt sich aus § 15 Abs. 1a UStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 EStG (Rz. 15.115) und beluft sich demnach auf (16 % von 35 Euro Anschaffungs- oder Herstellungskosten =) 5,60 Euro (zur Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 UStDV bei der Berichtigung der Vorsteuer, die auf Wirtschaftsgter des Anlagevermgens und gleichgestellte Werte entfllt, s. Rz. 119 f.). Beispiel: Ein Kleinunternehmer hat am Jahresende 2005 einen Material- und Warenbestand von 3000 Euro (+ 480 Euro USt.). Wegen berschreitens der Umsatzgrenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG (Rz. 17.1) geht er ab 2006 zur allgemeinen Besteuerung ber. Im Februar 2006 entnimmt er einen im Januar erworbenen Gegenstand mit Anschaffungskosten von 40 Euro (USt: 6,40 Euro). Es ist schlicht willkrlich und durch keinen Vereinfachungszweck zu rechtfertigen, wenn dem Unternehmer durch § 44 Abs. 1 UStDV die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich des Material- und Warenbestandes (§ 15a Abs. 7 iVm. Abs. 2 UStG) iHv 480 Euro versagt wird, er jedoch die Entnahme nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b und § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG mit 6,40 Euro versteuern muß.

1 Diesen Verstoß gegen das frmliche Gesetz und die daraus folgende Unbeachtlichkeit des § 44 Abs. 1 UStDV kann das Finanzgericht aussprechen. 2 Ebenso Art. 5 Abs. 6 Satz 2 der 6. EG-RL.

604

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

7. bertragung des Vorsteuervolumens bei unentgeltlicher Lieferung oder berlassung durch einen Unternehmer auf den Erwerber bzw. Nutzenden a) Unentgeltliche Lieferung aa) Wird ein durch Schenkung o. . von einem anderen Unternehmer erworbenes Wirtschaftsgut, fr welches dieser den Vorsteuerabzug vorgenommen hatte, vom Erwerber fr steuerpflichtige Umstze verwendet, so fhrt die unentgeltliche Lieferung beim anderen Unternehmer gleichwohl zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG (Rz. 4.19, 4.21 f.). Die darin liegende Rckgngigmachung des Vorsteuerabzugs ist allerdings sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Erwerber das Wirtschaftsgut seinerseits fr unternehmerische Zwecke verwendet, welche zum Vorsteuerabzug berechtigen. Davon geht auch Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 2 der 6. EG-RL aus. Im Falle des Erwerbes durch Gesamtrechtsnachfolge wre keine Berichtigung des Vorsteuerabzuges erfolgt (Rz. 61 aE.).1 Es wre deshalb willkrlich (Verstoß gegen das verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot), im Falle der Schenkung unter Lebenden eine andere Rechtsfolge eintreten zu lassen. Das Gesetz enthlt demgemß seit 1973 (!) in § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG2 eine Ermchtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung, mittels welcher bestimmt werden knnte, daß das Vorsteuerberichtigungsvolumen iS des § 15a Abs. 9 UStG (§ 15a Abs. 11 Nr. 2 Buchst. a UStG: „auch dann . . ., wenn eine nderung der Verhltnisse nicht vorliegt“) dem Erwerber „in Rechnung gestellt“ (zugewendet) werden kann und dieser den Betrag als Vorsteuer abziehen darf. Solange diese Rechtsverordnung nicht ergangen ist, gebietet es der Neutralittsgedanke (Rz. 1.61 f.), daß dem Erwerber die nach der Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG geschuldete Steuer, welche richtigerweise dem Vorsteuerberichtigungsvolumen iS des § 15a Abs. 9 UStG entspricht (Rz. 11.46), nach § 14 UStG in Rechnung gestellt werden kann (Rz. 14.27) und den Erwerber nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt (Rz. 15.82 ff.).

16.130

bb) Ist die unentgeltliche Lieferung („Entnahme“) steuerfrei, wie im Falle der Grundstcksschenkung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (Rz. 10.101), bei der kein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG mglich ist (Rz. 10.144), so hat der Schenker bei einem Grundstck mit einem Gebude, das jnger als zehn Jahre ist, die Vorsteuer nach § 15a Abs. 8 UStG zu berichtigen (Beispiel: Schenkung eines Betriebsgebudes an einen Angehrigen, welcher das Gebude fortan fr eigene steuerpflichtige Umstze nutzt; Rz. 94 Beispiel 5), sofern es sich nicht um einen gesondert gefhrten Betrieb iS des § 1 Abs. 1a UStG (z. B. ein vermietetes Gebude) handelt (Rz. 89). Diese Rechtsfolge verstßt gegen den Gesetzeszweck, da kein Letztverbrauch stattfindet, sondern das Wirtschaftsgut weiterhin fr steuerpflichtige (besteuerte) Umstze verwendet

16.131

1 Dasselbe wrde gelten, wenn ein Fall der sog. Geschftsverußerung iS des § 1 Abs. 1a UStG vorlge (Rz. 89). 2 Bis 2004: § 15a Abs. 7 Nr. 3 UStG aF.

605

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

wird. Im Falle des Erwerbes durch Gesamtrechtsnachfolge wre der Rechtsnachfolger ohne weiteres zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges berechtigt. Es wre willkrlich, im Falle der Schenkung unter Lebenden eine andere Rechtsfolge eintreten zu lassen. Das Gesetz enthlt deshalb auch fr diesen Fall seit 1973 (!) in § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG1 eine Ermchtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung, mittels der bestimmt werden knnte, daß das Vorsteuerberichtigungsvolumen iS des § 15a Abs. 9 UStG dem Erwerber „in Rechnung gestellt“ (zugewendet)2 werden kann und dieser den Betrag als Vorsteuer abziehen darf (§ 15a Abs. 11 Nr. 2 Buchst. c UStG). Art. 20 Abs. 3 Unterabs. 2 der 6. EG-RL bestimmt zudem ausdrcklich, daß die Mitgliedstaaten von der Vorsteuerberichtigung absehen knnen, wenn der Abnehmer das Investitionsgut ausschließlich zu Umstzen verwendet, bei denen die Vorsteuer abgezogen werden kann.3 16.132

Solange die Rechtsverordnung nach § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG nicht ergangen ist, besteht ein Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme iS des § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO.4 Da auf Grund der genau beschriebenen Voraussetzungen die Verordnungsermchtigung in Wahrheit einen Befehl enthlt, besteht kein Ermessensspielraum fr die Bundesregierung5, so daß auch der Finanzverwaltung kein Ermessensspielraum im Rahmen des § 163 AO erwchst.6 Wenn der Schenker den an das Finanzamt abgefhrten Vorsteuerberichtigungsbetrag iS des § 15a Abs. 9 UStG dem Erwerber „in Rechnung“ stellt, d. h. schriftlich mitteilt, so muß dem Erwerber der Abzug dieses Betrages als Vorsteuer (§ 15a Abs. 11 Nr. 2 Buchst. c UStG) gem. § 163 Satz 1 AO zugebilligt werden. Entsprechend dem § 15a Abs. 10 UStG zugrunde liegenden Gedanken luft der Berichtigungszeitraum beim Erwerber weiter, wie wenn eine Rechtsnachfolge vorlge, so daß beim Erwerber eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 ff. UStG in Betracht kommt, wenn whrend des Restberichtigungszeitraums eine nderung der Verwendung eintritt.

16.133

cc) Entsprechendes hat zu gelten, wenn die unentgeltliche Lieferung eines Wirtschaftsgutes mangels Vorsteuerabzuges nicht steuerbar ist (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG; Rz. 4.7). Auch fr diesen Fall hat § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG die bertragung des Berichtigungsvolumens iS des § 15a Abs. 9 UStG auf den 1 Bis 2004: § 15a Abs. 7 Nr. 3 UStG aF. 2 Die Zahlung dieses Betrages ist nicht erforderlich, weil anderenfalls keine unentgeltliche Lieferung (Schenkung) mehr vorlge. 3 Der Verzicht auf die Vorsteuerberichtigung ist zwar nicht der sachgerechte Weg, weil dann die nderung der Verwendung beim Erwerber nicht erfaßt werden knnte, die Bestimmung zeigt jedoch, daß auch nach Auffassung des Richtliniengebers der aus einer Vorsteuerberichtigung resultierende Nachteil dem Zweck der Vorsteuerberichtigung widerspricht. 4 Vgl. dazu Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 308 iVm. 303 f. 5 Vgl. zur Verpflichtung, eine Rechtsverordnung zu erlassen, auch BVerwG, NVwZ 2002, 1505, wonach die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Unterlassens erreicht werden kann. 6 Stadie, DStjG 13 (1990), 179, 194.

606

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

Erwerber im Auge (Buchst. a: „auch dann . . ., wenn eine nderung der Verhltnisse nicht vorliegt“). Beispiel: Arzt A schenkt sein im Jahre 2004 errichtetes Praxisgebude im Jahre 2009 zur Hlfte (nach Grundstcksteilung) seiner Tochter T, welche dieses fortan fr eigene steuerpflichtige Umstze verwendet. Die unentgeltliche Lieferung ist nicht steuerbar, weil das Gebude wegen der nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Verwendung durch A nicht von der Vorsteuer entlastet worden war (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG hat bei A nicht zu erfolgen, weil kein steuerbarer Umsatz vorliegt (Rz. 88). Da jedoch T das Gebude nunmehr zur Ausfhrung von Umstzen verwendet, welche zum Vorsteuerabzug berechtigen, hat T einen Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO, wenn A ihr das Vorsteuerberichtigungsvolumen iS des § 15 Abs. 9 UStG „in Rechnung“ stellt.

b) Unentgeltliche Nutzungsberlassung Die vorangegangenen Ausfhrungen gelten entsprechend bei der unentgeltlichen berlassung eines Wirtschaftsgutes zur zeitweiligen Nutzung. Ist diese steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a UStG (Rz. 4.28 ff.), so kann die auf die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG entfallende Steuer, welche dem Vorsteuerberichtigungsvolumen des § 15a Abs. 1 ff. UStG entspricht (Rz. 11.50 f.), dem Nutzenden „in Rechnung“ gestellt werden (Rz. 14.27), welche dieser dann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG als Vorsteuer abziehen kann (Rz. 15.82 ff.). Das gilt solange, wie die Rechtsverordnung nach § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG, die auch den Fall der unentgeltlichen berlassung im Auge hat und zum selben Ergebnis fhren wrde, nicht ergangen ist. Ist die unentgeltliche Nutzungsberlassung steuerfrei oder nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 9a UStG steuerbar, weil der Gegenstand nicht von der Vorsteuer entlastet war (Rz. 4.32), dann besteht ein Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 163 AO iVm. § 15a Abs. 11 Nr. 2 UStG (Rz. 131 ff.)

16.134

8. Unentgeltliche Nutzung eines fremden privaten Wirtschaftsgutes Nutzt der Unternehmer ein fremdes privates Wirtschaftsgut zur Ausfhrung von steuerpflichtigen Umstzen, so dient dieses insoweit nicht dem Letztverbrauch, und es stellt sich die Frage, ob der Unternehmer zum zeitanteiligen Vorsteuerabzug berechtigt ist (zur Nutzung eines Wirtschaftsgutes des Gesellschafters durch die Gesellschaft s. Rz. 5.112 ff.). Beispiele: (1) Unternehmer U 1 betreibt sein Unternehmen in einem im Jahre 2005 hergestellten Gebude, welches seinem Ehegatten F gehrt und fr welches dieser Auftraggeber der der Herstellung zugrunde liegenden Leistungen war (auch die Rechnungen wurden von F bezahlt). Ein Nutzungsausgleich findet nicht statt. Der Ehegatte F trgt auch die laufenden Kosten des Gebudes.

607

16.135

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs (2) Unternehmer U 2 verwendet ein im Jahre 2005 hergestelltes Gebude, welches zur Hlfte als Miteigentum seinem Ehegatten F gehrt, vollen Umfangs (alternativ: zu 40 %) fr seine unternehmerischen Zwecke. Die Auftrge zur Herstellung des Gebudes waren von beiden Ehegatten gemeinsam erteilt worden, die auch jeweils hlftig die an beide Ehegatten adressierten Rechnungen beglichen. (3) Unternehmer U 3 verwendet ein seinem Ehegatten F gehrendes privates Kraftfahrzeug fr steuerpflichtige Umstze.

Die Frage darf nicht mit der Begrndung verneint werden, daß der Unternehmer nicht mit der Steuer belastet und deshalb der Abschluß eines Miet- o. . Vertrages erforderlich sei. Eine solche Sichtweise wre nicht mit Art. 6 Abs. 1 GG zu vereinbaren. Die unentgeltliche Nutzung fremden Eigentums erfolgt im allgemeinen nur zwischen Angehrigen. Vor allem bei Ehegatten wird zumeist nicht streng zwischen „Mein“ und „Dein“ getrennt, so daß die jeweiligen Vermgensgegenstnde der Eheleute bei intakter Ehe regelmßig als gemeinsame angesehen und ber deren gegenseitige Nutzung im allgemeinen keine Vereinbarungen getroffen werden. Miet-, Pacht- o. . Vertrge zwischen Eheleuten widersprechen dem Wesen der Ehe. Entsprechendes gilt fr derartige Vertrge zwischen Eltern und Kindern oder anderen nahen Angehrigen; solche Vertrge widersprechen dem Wesen der Familie. Da Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen und demgemß Art. 6 Abs. 1 GG ein Benachteiligungsverbot enthlt1, mssen bei der Auslegung des Steuerrechts die Eigenheiten der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft und die Besonderheiten der Familie im Zusammenhang mit der gegenseitigen Vermgensnutzung beachtet werden. Die steuerrechtlichen Vorschriften sind typisierend nur auf den Regelfall der entgeltlichen Nutzungsberlassung unter Fremden zugeschnitten. Art. 6 Abs. 1 iVm. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es mithin, Ehe und Familie umsatzsteuerrechtlich zu benachteiligen, indem nur fr steuerrechtliche Zwecke der Abschluß von Vertrgen verlangt wird2, die von den Beteiligten wegen fehlender Interessengegenstze nicht fr erforderlich gehalten werden. Die Zuflligkeiten der zivilrechtlichen Gestaltungen und Eigentumsverhltnisse zwischen Angehrigen drfen bei der Vermgensnutzung nicht ber den Vorsteuerabzug entscheiden. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet mithin eine verfassungskonforme Anwendung des Umsatzsteuergesetzes, wonach es allein darauf ankommt, daß ein mit Umsatzsteuer belastetes Wirtschaftsgut fr unternehmerische Zwecke verwendet wird und mithin nicht dem privaten Endverbrauch dient. 16.136

Der BFH hat das Problem dadurch zu lsen versucht, daß er bei der berlassung von Wirtschaftsgtern zwischen Ehegatten die Entgeltlichkeit der Vertrge und damit die Unternehmereigenschaft des berlassenden selbst dann 1 Vgl. BVerfGE 6, 55, 72 ff.; 55, 114, 126 f.; 69, 188, 205 f.; 99, 216, 232 mwN. 2 Zwischen Eheleuten kann es sogar gem. § 1360 BGB zur Unterhaltsverpflichtung gehren, eigenes Vermgen dem Partner zur Nutzung in dessen Erwerbsgeschft zu berlassen, wenn es der Sicherstellung des Lebensunterhaltes der Familie dient; vgl. BGHZ 47, 157, 163; vgl. auch BFH, BStBl. II 1981, 68, 69 aE. Dann wre ein entgeltlicher Vertrag nicht einmal durchsetzbar.

608

IV. Anpassung (Berichtigung) des Vorsteuerabzugs wegen genderter Verwendung

bejaht, wenn zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht entsprechend vollzogen werden oder wenn die Vereinbarungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden blich ist.1 Unregelmßige Zahlungen, nachtrgliche langfristige Stundung der Gegenleistung oder selbst eine drei Jahre lange anfngliche unentgeltliche berlassung sollen unschdlich sein.2 Diese Rechtsprechung ist unhaltbar, weil bei den genannten Umstnden eine von Anfang nicht gegebene Ernstlichkeit der Vereinbarungen anzunehmen ist. Sie sprechen dafr, daß die Beteiligten keine wirklichen, zivilrechtlich verbindlichen Austauschvertrge gewollt hatten und deshalb keine Leistungen gegen Entgelt iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen. Derartige „Mietvertrge“ o. ., die „nur der Steuer wegen“ zu Papier gebracht werden und nicht dem wirklich Gewollten entsprechen, weil kein zivilrechtlicher Bindungswille besteht, sind folglich unbeachtlich und knnen die Unternehmereigenschaft des berlassenden nicht begrnden. Richtigerweise ist die Lcke im Gesetz verfassungskonform durch die analoge Anwendung des § 15a Abs. 1 ff. UStG3 wie bei der Nutzung eigener nichtunternehmerischer Wirtschaftsgter (Nutzungseinlage, Rz. 107 ff.) zu schließen.4 Durch die berlassung der Rechnung(en) wird dem Nutzenden das auf das Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuervolumen zugewendet. Daß die Rechnung iS des § 14 UStG nicht auf den Unternehmer lautet, ist bei verfassungskonformer Auslegung des Umsatzsteuergesetzes unbeachtlich. Berechtigte Interessen der Finanzverwaltung stehen nicht entgegen, da eine doppelte Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nicht mglich ist. Beispiele: Im o. g. Beispiel 1 kann mithin U 1 bei berlassung der erforderlichen Rechnungen an ihn entsprechend § 15a Abs. 1 iVm. Abs. 5 UStG jhrlich ein Zehntel der auf die Herstellungskosten des Gebudes entfallenden Vorsteuern als Vorsteuer geltend machen. Hinsichtlich der Vorsteuern, die auf die laufenden Kosten entfallen, steht ihm der Vorsteuerabzug entsprechend § 15a Abs. 4 iVm. Abs. 1 oder 2 UStG zu. Im o. g. Beispiel 2 kann U 2 auch hinsichtlich der auf den im Miteigentum des Ehegatten F stehenden Gebudeteil entfallenden Vorsteuern den Abzug entsprechend § 15a Abs. 1 iVm. Abs. 5 UStG vornehmen. In der Alternative wre hingegen nach verfehlter EuGH-Auffassung (Rz. 15.21 Fn.) U 2 schon nach § 15 Abs. 1 UStG hinsichtlich der 40 % zum Vorsteuerabzug berechtigt.

1 Vgl. BFH, BStBl. II 1989, 913; 1992, 859; 1993, 562; 1994, 826; BFH/NV 1993, 61; 1994, 832; 1995, 552. 2 Vgl. BFH, BStBl. II 1989, 913; 1993, 562; BFH/NV 1994, 832; 2004, 595. 3 Fr Zeitrume vor 2005 (Neufassung des § 15a UStG) greift, soweit es nicht um die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuern geht, auf die auch schon die alten Fassungen des § 15a UStG anwendbar waren, die Umkehrung des Gedankens, welcher der Besteuerung der Nutzungsentnahme zugrunde liegt. Folglich ist § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG sinngemß (umgekehrt) anzuwenden (Rz. 109). 4 Auf dasselbe liefe eine Billigkeitsmaßnahme nach § 155 Abs. 4 iVm. § 163 Satz 1 AO hinaus, auf die dann ein Rechtsanspruch bestnde (Ermessensreduzierung auf Null).

609

16.137

Kapitel 16 Berichtigung des Vorsteuerabzugs Im o. g. Beispiel 3 kann U3 bei berlassung der erforderlichen Rechnungen an ihn entsprechend § 15a Abs. 1 iVm. Abs. 5 UStG jhrlich ein Fnftel der auf die Anschaffungskosten des Fahrzeugs entfallenden Vorsteuern abziehen, sofern die Verwendung vollen Umfangs fr steuerpflichtige Zwecke erfolgt (anderenfalls ist eine entsprechende Krzung erforderlich). Hinsichtlich der Vorsteuern, die auf die laufenden Kosten entfallen, steht ihm der Vorsteuerabzug entsprechend § 15a Abs. 4 iVm. Abs. 1 oder 2 UStG zu.

610

Kapitel 17 Sonderregelungen Der sechste Abschnitt des Umsatzsteuergesetzes enthlt in den §§ 23 bis 25d UStG „Sonderregelungen“ ber: – allgemeine Durchschnittstze (§ 23 UStG; dazu Rz. 39 ff.); – Durchschnittstze fr Krperschaften, Personenvereinigungen und Vermgensmassen iS des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Krperschaftsteuergesetzes (§ 23a UStG; dazu Rz. 42 f.); – Durchschnittstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 UStG; dazu Rz. 44 ff.); – die Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG; dazu Rz. 73 ff.); – die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG; dazu Rz. 85 ff.); – innergemeinschaftliche Dreiecksgeschfte (§ 25b UStG; dazu Rz. 9.26 ff.); – die Besteuerung von Umstzen mit Anlagegold (§ 25c UStG). Hierbei handelt es sich um eine Steuerbefreiung, auf die in bestimmten Fllen verzichtet werden kann, sowie um Regelungen zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit diesen Umstzen; – die Haftung fr die schuldhaft nicht abgefhrte Steuer (§ 25d UStG; dazu Rz. 19.64 ff.). Eine Sonderregelung enthlt auch der im fnften Abschnitt falsch plazierte § 19 UStG ber die „Besteuerung“ (richtig: Befreiung) der Kleinunternehmer (dazu Rz. 2 ff.). Die 6. EG-Richtlinie enthlt in Abschnitt XIV ebenfalls Sonderregelungen fr: – Kleinunternehmen (Art. 24, 24a); – landwirtschaftliche Erzeuger (Art. 25); – „Reisebros“ (Art. 26)1; – Gebrauchtgegenstnde u. . (Art. 26a); – Anlagegold (Art. 26b); – nicht in der Gemeinschaft ansssige Steuerpflichtige, die elektronische Dienstleistungen an nicht steuerpflichtige Personen erbringen (Art. 26c). Die entsprechenden Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes finden sich in § 16 Abs. 1a und § 18 Abs. 4c und 4d UStG).

1 Gemeint sind Reiseveranstalter, Rz. 77 Fn.

611

17.1

Kapitel 17 Sonderregelungen

I. Befreiung fr Kleinunternehmer 1. Zweck, Wirkung 17.2

a) Die fr Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Steuer wird nicht erhoben, wenn – vereinfacht formuliert – der Bruttogesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht berstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht bersteigen wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG).1 Damit geht einher, daß dieser Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 19 Abs. 1 Satz 4 aE. UStG). Die Regelungen wirken wie eine umsatzabhngige Steuerbefreiung in Gestalt einer Freigrenze. Sie ist eine Bagatellgrenze, die der Verwaltungsvereinfachung dient, um im wesentlichen Nebenttigkeiten (nur solche, die die Unternehmereigenschaft begrnden) aus der Umsatzbesteuerung herauszunehmen.2 Der Begriff „Kleinunternehmer“ ist indes nicht stets zutreffend, weil von der Vorschrift auch Unternehmer (iS des § 2 UStG) grßeren Zuschnitts – auch in Form einer juristischen Person – erfaßt werden, wenn ihre Umstze weit berwiegend nicht zum Gesamtumsatz iS des § 19 Abs. 3 UStG (Rz. 18, 21) zhlen, weil diese z. B. steuerfrei nach § 4 Nr. 11, 12 oder 14 UStG sind.

17.3

Die fr Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Steuer wird von Unternehmern, die im Inland3 ansssig sind4, grundstzlich5 nicht erhoben6, wenn der Gesamtumsatz (Rz. 18 ff.) zuzglich der darauf entfallenden Steuer die genannten Grenzen (dazu nher Rz. 12 ff.) nicht bersteigt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Nichterhebung betrifft nur die fr die Umstze, d. h. die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG geschuldete, nicht die nach § 14c Abs. 2 UStG (Rz. 4) geschuldete Steuer (Klarstellung durch § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die eigentmliche Formulierung, daß die „geschuldete Steuer nicht erhoben wird“, vernebelt den wahren Charakter der Vorschrift. Sie wirkt wie eine umsatzabhngige Steuerbefreiung7 ohne Vorsteuerabzug iS des § 4 Nr. 8–27 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. Die Gleichstellung zeigt sich auch darin, 1 Art. 24 Abs. 2 der 6. EG-RL erlaubt neben einer degressiven Steuerermßigung eine Steuerbefreiung fr Kleinunternehmer. Die dort vorgegebene Obergrenze von 5000 Euro braucht von Deutschland aufgrund einer sog. Protokollerklrung (abgedruckt bei Lohse in R/D, Bd. VI, zu Art. 24 der 6. EG-RL) nicht eingehalten zu werden. 2 Stadie in R/D, § 19 Anm. 2 mwN. 3 Oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten (dazu Rz. 8.5). 4 Fr die Ansssigkeit gelten die Kriterien des § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG; dazu Rz. 13.13 ff. 5 Die Nichterhebung gilt nach § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG u. a. nicht fr die nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Steuer, wenn der Kleinunternehmer als Leistungsempfnger Steuerschuldner ist. Diese Regelung verstßt m. E., soweit sie natrliche Personen betrifft, gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz (Rz. 13.41). 6 Die Nichterhebung erfaßt mithin nicht die Einfuhrumsatzsteuer (Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und auch nicht die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG). 7 Art. 24 Abs. 2 ff. der 6. EG-RL spricht ausdrcklich von einer „Steuerbefreiung“.

612

I. Befreiung fr Kleinunternehmer

daß wie bei einigen von diesen (§ 9 UStG) ebenfalls auf die Steuerbefreiung (sprich: „Anwendung des Absatzes 1“) verzichtet werden kann (§ 19 Abs. 2 UStG; Rz. 29). Die Formulierung, daß die geschuldete Steuer „nicht erhoben“ wird, ist vermutlich zum einen deshalb gewhlt worden, damit die Kleinunternehmer fr Kontrollzwecke zur Abgabe von Steuererklrungen verpflichtet bleiben1, obwohl das dem Vereinfachungszweck der Vorschrift widerspricht (in der Praxis werden auch keine Steuererklrungen von diesem Personenkreis abgegeben). Jedenfalls aber liegt der Grund fr diese Formulierung in § 19 Abs. 2 UStG. Wenn nmlich noch nach Ablauf des Kalenderjahres auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet werden kann (Rz. 33), so verlangt die Einbeziehung in die Besteuerung, daß die Steuer bereits nach den dafr geltenden Regeln (§ 13 UStG) dem Grunde nach entstanden ist, da eine rckwirkende Entstehung dem Abgabenrecht fremd ist.

b) Mit der Nichterhebung der Steuer geht insbesondere einher, daß die Vorschrift ber den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG)2 keine Anwendung findet (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Diese eigentmliche Formulierung soll ein Verbot des Ausweises von Steuer in der Rechnung ausdrcken, so daß bei einem Verstoß gegen die Vorschrift der Kleinunternehmer die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet (Rz. 14.135). Der Leistungsempfnger ist grundstzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil die vom Kleinunternehmer in Rechnung gestellte Steuer so zu sehen ist, als sei sie keine gesetzlich geschuldete Steuer iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (Rz. 15.69). Es kommt indes Vertrauensschutz in Betracht, wenn der Leistungsempfnger nicht erkennen konnte, daß sein Vertragspartner Kleinunternehmer ist (Rz. 15.79).

17.4

Ferner ist der Kleinunternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 19 Abs. 1 Satz 4 aE. UStG; zur Abgrenzung beim Wechsel von der Nichtbesteuerung zur Besteuerung und umgekehrt s. Rz. 38; zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in diesen Fllen s. Rz. 16.99 f., 16.128). Wenn bei einer geplanten unternehmerischen Ttigkeit der Vorsteuerabzug bereits in der Vorbereitungsphase in Betracht kommt (dazu Rz. 5.140), so ist auch fr diesen § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG zu beachten. Ob der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder nicht, bestimmt sich danach, ob der voraussichtliche Umsatz des Kalenderjahres in dem erstmalig Umstze erbracht werden, die Grenze von 17 500 Euro bersteigen wird (Rz. 17). Statt dessen kann auch bereits fr das Jahr, in dem nur Vorbereitungsmaßnahmen, d. h. nur Vorsteuer-

17.5

1 Aus § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG („zu entrichtende“ Steuer) mßte zwar folgen, daß keine Steuererklrung abzugeben ist, da eine nicht zu erhebende keine zu entrichtende Steuer ist, dann aber ergbe § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG, wonach ein Verzicht auf die Nichtanwendung des Abs. 1 bis zur Unanfechtbarkeit der „Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4)“ erklrt werden kann (Rz. 33), keinen Sinn. Folglich muß davon ausgegangen werden, daß das Gesetz die Erklrung der geschuldeten, aber nicht zu erhebenden Steuer verlangt; Stadie in R/D, § 19 Anm. 22. 2 Unklar ist, weshalb das Gesetz hier abweichend von der sonst verwendeten Formulierung (§ 14a Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 und Abs. 7 Satz 3 UStG) den gesamten Abs. 4 des § 14 UStG nennt und nicht nur auf dessen Satz 1 Nr. 8 Bezug nimmt.

613

Kapitel 17 Sonderregelungen

betrge angefallen sind, der Verzicht nach § 19 Abs. 2 UStG (dazu Rz. 29 ff.) erklrt werden.1 17.6

Scheitert das geplante Unternehmen bereits in der Vorbereitungsphase, so lag gleichwohl aus der Sicht des § 15 UStG ein „Unternehmen“ vor (Rz. 5.146 f.). Sollte die geplante Ttigkeit weit berwiegend gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern erbracht werden2, so ist ein fiktiver Verzicht nach § 19 Abs. 2 UStG (Rz. 29) zulssig.3 Kann das nicht glaubhaft gemacht werden, so ist darauf abzustellen, ob der voraussichtliche Jahresumsatz 17 500 Euro berstiegen htte. Art und Umfang der Vorbereitungshandlungen mssen den Schluß zulassen, daß das geplante Unternehmen bei Realisierung diese Umsatzgrenze berschritten htte.

17.7

Des weiteren4 sind die Vorschriften ber die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a UStG)5 und ber die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in einer Rechnung (§ 14a UStG) nicht anzuwenden (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Damit korrespondiert, daß der Empfnger der Lieferung nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegt (Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 1 iVm. Art. 24 der 6. EG-RL).

17.8

Wenngleich der Betroffene im Ergebnis wie ein Nichtunternehmer behandelt wird, so bleibt er doch innerhalb des Gesetzessystems Unternehmer. Das ist insbesondere von Bedeutung, wenn es um Pflichten geht, die an die Unternehmereigenschaft anknpfen.6 Die Auferlegung von Pflichten kann jedoch gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz verstoßen.7

17.9

c) Diese Befreiung („Nichterhebung“) nach § 19 Abs. 1 UStG fhrt8 zu einer Ungleichbehandlung im Verhltnis zu anderen konkurrierenden Unternehmern, die nicht unter diese Vorschrift fallen, soweit es um Leistungen an Endverbraucher (und nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer) geht, da die Kleinunternehmer ihre Leistungen um die Differenz zwischen der nicht zu entrichtenden Steuer und den nicht abziehbaren Vorsteuern billiger anbieten knnen bzw. bei gleichem Preis in dieser Hhe einen Mehrgewinn erzielen. Diese Subventionierung widerspricht dem Wesen einer indirekten Steuer.

1 Die Fnfjahresfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG beginnt jedoch erst mit dem Kalenderjahr, in dem erstmals Umstze gettigt werden, da sie sich auf die eigentliche unternehmerische Ttigkeit bezieht und nicht durch eine ggf. lngerdauernde Vorbereitungsphase verkrzt werden darf (Rz. 34). 2 Bei geplanten Gebudevermietungen reicht es entgegen der ganz herrschenden Meinung nicht aus, daß auch auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG verzichtet werden sollte (Rz. 10.143; Rz. 15.163 ff.) 3 Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 29; Stadie in R/D, § 19 Rz. 48. 4 Zur Bedeutung der weiteren Aussage in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG, daß auch ein Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG ausgeschlossen ist, s. Rz. 30. 5 Ausnahme: Lieferung neuer Fahrzeuge (§ 19 Abs. 4 Satz 1 UStG). 6 Zur Verpflichtung, Umsatzsteuererklrungen abzugeben s. Rz. 3. 7 Zur Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfnger nach § 13b UStG s. Rz. 3 Fn. 8 Ebenso wie die Befreiung der Blinden nach § 4 Nr. 19 UStG (Rz. 10.123).

614

I. Befreiung fr Kleinunternehmer Beispiel:

Kosten Vorsteuer

Kleinunternehmer

Regelversteuernder Unternehmer

100

100

16

– (abziehbar)

Gesamtkosten

116

100

Gewinnaufschlag

500

500

USt. 16 v. H. Preis



96

616

696

Der darin liegende Wettbewerbsvorteil ist vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG mit dem Vereinfachungszweck (Rz. 1) zu rechtfertigen, soweit der Kleinunternehmer mit grßeren Unternehmern im Wettbewerb steht, weil der Vorteil dann unwesentlich ist und die grßeren Unternehmer den Nachteil durch Rationalisierung auffangen. Der Wettbewerbsvorteil ist jedoch erheblich im Verhltnis zu denjenigen Unternehmern, deren Gesamtumsatz nicht wesentlich ber der Freigrenze liegt und die ebenfalls ihre Leistungen an Endverbraucher (und nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer) erbringen. Bei berschreiten der Freigrenze setzt die Besteuerung bei diesen Unternehmern bergangslos ein. Wird die Grenze um 1 Euro berschritten, so tritt, wenn keine Vorsteuern angefallen sind, eine Steuerlast von 2414 Euro (= 16/116 von 17 501 Euro) ein! Selbst bei vorsteuerbelasteten Kosten von 25 % der Einnahmen hat der Kleinunternehmer mit einem Umsatz von 17 500 Euro noch einen Vorteil von mehr als 1700 Euro. Allerdings ist die Kostenquote regelmßig niedriger, da die typischen Kleinunternehmer im Bereich der Dienstleistungsbranchen ttig sind, bei denen die Kosten gering und die eigene Wertschpfung relativ hoch ist. Dieses bergangslose Eingreifen der vollen Besteuerung stellt einen eklatanten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.1 Folglich ist bei Umstzen gegenber Endverbrauchern eine stufenweise Heranfhrung an die volle Besteuerung durch gestaffelte Steuerabzugsbetrge (degressive Steuerermßigung iS des Art. 24 Abs. 2 der 6. EG-RL) erforderlich2, um der Vorschrift 1 Entsprechendes hatte bereits 1974 das BVerfG zur selben Problematik beim bergangslosen Wechsel von der alten Bruttoumsatzsteuer zur Regelbesteuerung ausgesprochen: „erhebliche Wettbewerbsverzerrungen im Grenzbereich, die auf Dauer nicht . . . in Kauf genommen werden knnen“, BVerfGE 37, 38, 55 (IV 2 b) = BStBl. II 1974, 273, 278. In den Nichtannahmebeschlssen des BVerfG, UVR 1994, 85 und UR 1997, 387, zugrunde liegenden Sachverhalten ging es nicht um derartige Konstellationen; das verkennen Widmann in P/M/W, § 19 Tz. 6/3, und Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 6. 2 Bis 1989 enthielt § 19 Abs. 3 UStG aF. eine derartige Regelung, die jedoch den Fehler hatte, daß sie auch fr Unternehmer galt, die ihre Umstze gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmern erbrachten, und folglich insoweit zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Subvention fhrte. Aus diesem Grunde war die Regelung gestrichen worden. Richtigerweise htte sie aus den o. g. Grnden lediglich eingeschrnkt werden drfen.

615

17.10

Kapitel 17 Sonderregelungen

insoweit ihre wettbewerbsverzerrende und damit verfassungswidrige Wirkung zu nehmen.1 Bis zur Einfhrung eines entsprechenden gestaffelten Steuerabzugsbetrages besteht ein Anspruch (Ermessensreduzierung auf Null) auf eine sog. Billigkeitsentscheidung gem. § 163 AO2 in Form der Nichterhebung der Steuer in entsprechendem Umfang.3 17.11

Soweit der Kleinunternehmer seine Umstze gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern erbringt, schlgt der Vorteil der Steuerbefreiung in einen Wettbewerbsnachteil um. Der Unternehmer kann deshalb nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung des Absatzes verzichten (Rz. 29 ff.).

2. Umsatzgrenzen 17.12

Umsatz iS des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der nach vereinnahmten „Entgelten“ bemessene Gesamtumsatz, gekrzt um die darin enthaltenen Umstze von Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Gesamtumsatz bestimmt sich nach § 19 Abs. 3 UStG (Rz. 18 ff.) und ist stets mit den Ist-Einnahmen anzusetzen, so daß es auf den Zeitpunkt der Ausfhrung der zugrunde liegenden Umstze nicht ankommt.4 Fr die Bestimmung der Umsatzgrenzen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG ist dem Umsatz die darauf entfallende Umsatzsteuer hinzuzurechnen, weil der Gesamtumsatz nach den „Entgelten“ bestimmt wird (Rz. 20). Folglich sind (soweit der Unternehmer Steuerschuldner ist) die im Kalenderjahr zugeflossenen Bruttoeinnahmen maßgebend5; soweit die Leistungsempfnger Steuerschuldner sind (§ 13b UStG), muß die von diesen geschuldete Steuer hinzugerechnet werden.

17.13

Zu den Umstzen von Wirtschaftsgtern (zum Begriff Rz. 16.41 f.)6 des Anlagevermgens, um die der Gesamtumsatz zu krzen ist, zhlen auch unentgeltliche Lieferungen und Entnahmen iS des § 3 Abs. 1b UStG, sofern sie der Umsatzsteuer unterlagen (dazu Rz. 4.7). Der Begriff des Anlagevermgens ist nicht im engen einkommensteuerrechtlichen Sinne zu verstehen, sondern erfaßt alle Wirtschaftsgter, die einer unternehmerischen Ttigkeit auf Dauer zu dienen bestimmt sind.7

17.14

Der Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahres ist das grundstzlich maßgebende Kriterium. Wenngleich das Gesetz eine eindeutige Umsatzfreigrenze von 17 500 Euro im Auge hat, so kann es gleichwohl nicht auf den Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres abstellen, weil der Unternehmer bereits zu Beginn des Kalenderjahres wissen muß, ob er der Besteuerung unterliegt. 1 Ausfhrlich zur Problematik Stadie in R/D, § 19 Anm. 14 ff. 2 Dazu Stadie, Allg. Steuerrecht, Rz. 303 f. 3 Die degressive Steuerermßigung in Gestalt eines gestaffelten Steuerabzugsbetrages sollte mit 80 % beginnen und bei einem Gesamtumsatz von 50 000 Euro auslaufen. 4 Stadie in R/D, § 19 Anm. 25; aA. Birkenfeld, § 223 Rz. 121. 5 Vgl. BFH, UR 2003, 551. 6 Dazu gehren auch nicht krperliche Investitionsgter (Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-RL). 7 Vgl. Abschn. 246 Abs. 6 Satz 4 UStR 2005.

616

I. Befreiung fr Kleinunternehmer

bersteigt der Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahres die Grenze von 17 500 Euro, so ist nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG die Steuer fr das laufende Kalenderjahr auch dann zu erheben, wenn der Umsatz in diesem die Grenze voraussichtlich nicht berschreiten wird. Diese Rechtsfolge ist vom Gesetz nicht gewollt, da eindeutiger Zweck der Vorschrift (Rz. 1) die Nichterhebung der Steuer bis zu einem Gesamtumsatz von 17 500 Euro ist. Das Gesetz unterstellt, daß, wenn der Umsatz im vorangegangenen Jahr die Grenze berstiegen hat, er auch im laufenden Jahr darber liegen wird. Folglich darf die Steuer entgegen der h. M. nur erhoben werden, wenn auch der Umsatz im laufenden Kalenderjahr auf Grund einer Prognose zu Beginn des Jahres voraussichtlich die Freigrenze von 17 500 Euro bersteigen wird. Anderenfalls trten sinnwidrige Ergebnisse ein, die das Gesetz nicht in Kauf genommen haben kann.1

17.15

Beispiel: Jahr

Gesamtumsatz

Erhebung der Steuer nach Wortlaut Zweck

6 000 P

nein

2

18 000 P

nein

nein

3

10 000 P

ja

nein

4

18 000 P

nein

nein

5

12 000 P

ja

nein

1

nein

(Der tatschliche Umsatz entspricht jeweils annhernd dem voraussichtlichen)

Erst wenn voraussichtlich zweimal hintereinander die Grenze berschritten wird, ist es sachgerecht, die Nichtbesteuerung aufzugeben, weil dann eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafr spricht, daß der Unternehmer den Kleinunternehmerstatus auf Dauer verlßt. Bei dieser Auslegung des Gesetzes wirken sich einmalige berschreitungen der Grenze dem Zweck der Vorschrift entsprechend nicht aus. Voraussetzung fr die Nichterhebung der Steuer ist nicht nur, daß der Gesamtumsatz des vorangegangen Kalenderjahres 17 500 Euro nicht berschritten hat, sondern des weiteren, daß auch der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht bersteigen wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die erfordert eine Prognose zu Beginn des Jahres ber die zu erwartende Umsatzentwicklung. berschreitet der tatschliche Umsatz des laufenden Kalenderjahres entgegen der Prognose des Unternehmers diese Grenze, so bleibt es bei der Nichtbesteuerung, wenn die Prognose vertretbar war.2

1 AA. Widmann in P/M/W, § 19 Tz. 23; Birkenfeld, § 222 Rz. 483; § 223 Rz. 71; Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 16; Lippross, 8.2.2 (S. 803 f.); offengelassen von BFH, BFH/NV 1999, 227. 2 Abschn. 246 Abs. 3 Satz 4 UStR 2005.

617

17.16

Kapitel 17 Sonderregelungen

17.17

Bei Beginn einer unternehmerischen Ttigkeit1 ist darauf abzustellen, ob die Grenze von 17 500 Euro – ggf. nach Umrechnung gem. § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG (Rz. 22 f.) – berschritten wird.2 Maßgebend ist nicht das Jahr, in dem mit Vorbereitungshandlungen begonnen wurde, sondern das Jahr, in dem erstmals Umstze erbracht werden.3 Beim Erwerb4 eines Unternehmens unter Lebenden oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sind die Umstze des Rechtsvorgngers nicht unmittelbar maßgebend; sie knnen jedoch bei unvernderter Fortfhrung eine erhebliche Indizfunktion fr die Bestimmung des voraussichtlichen Umsatzes des Erwerbers haben.5 3. Gesamtumsatz

17.18

a) Die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nehmen als Ausgangsgrße den Gesamtumsatz. Dieser bestimmt sich nach § 19 Abs. 3 UStG6, der indes auch im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten; Rz. 12.25) von Bedeutung ist, wodurch sich die Existenz des Satzes 2 in § 19 Abs. 3 UStG erklrt (Rz. 20).

17.19

Ausgangswert fr die Ermittlung des Gesamtumsatzes ist die Summe aller vom Unternehmer ausgefhrten steuerbaren (d. h. einschließlich der steuerfreien) Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG7 (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 UStG). Vom Unternehmer ausgefhrte Umstze sind auch solche, bei denen die Leistungsempfnger Steuerschuldner nach § 13b UStG (dazu Rz. 13.1 ff.) wren, wenn der Leistende nicht Kleinunternehmer wre (§ 13 b Abs. 2 Satz 4 UStG). Zu den steuerbaren Umstzen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gehren auch die sog. Hilfsumstze (Rz. 6.6). Soweit diese allerdings die Verußerung von Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens betreffen, sind sie zur Ermittlung der Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG nach dessen Satz 2 nicht zu bercksichtigen (Rz. 13). Weitere Hilfsumstze sind nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG auszuscheiden (Rz. 21). 1 Eine unternehmerische Ttigkeit liegt auch dann vor, wenn nur steuerfreie Umstze (z. B. Vermietungen) ausgefhrt werden, die nicht zum Gesamtumsatz (Rz. 21) zhlen. Beim Wechsel zu einer steuerpflichtigen Ttigkeit ist folglich darauf abzustellen, ob die Grenze von 50 000 Euro voraussichtlich berschritten wird; vgl. BFH, BStBl. II 1995, 562. 2 BFH, BStBl. II 1985, 142; Abschn. 246 Abs. 4 UStR 2005; ausfhrl. Stadie in R/D, § 19 Anm. 33; aA. FG Mnchen, EFG 2003, 1580. 3 Hess. FG, EFG 1989, 544 = UR 1990, 222; aA. FG Mnchen, EFG 2003, 1580. 4 Zum Hinzuerwerb eines weiteren Unternehmens im Laufe des Kalenderjahres s. Stadie in R/D, § 19 Anm. 37 u. 40; Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 19 u. 22. 5 Ausfhrlich Stadie in R/D, § 19 Anm. 33.2 (Erwerb unter Lebenden) und Anm. 38 f. (Gesamtrechtsnachfolge). 6 Entspricht Art. 24 Abs. 4 der 6. EG-RL. 7 Nicht einzubeziehen sind mithin die „Umstze“ iS des § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 UStG (Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe), die nur gesetzestechnisch als Umstze behandelt werden. Sie betreffen die Eingangsseite des Unternehmens und sagen nichts ber dessen Grße aus. Dasselbe gilt fr die an den Unternehmer ausgefhrten Umstze, fr die der Unternehmer die Steuer als Leistungsempfnger nach § 13b oder § 25b Abs. 2 UStG schuldet.

618

I. Befreiung fr Kleinunternehmer Zu den „steuerbaren“ Umstzen zhlen m. E. die unentgeltlichen Umstze und Entnahmen iS des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG (dazu Rz. 4.1 ff.) auch dann, wenn sie mangels Vorsteuerabzug eigentlich nicht steuerbar sind, sofern die Nichtentlastung von der Vorsteuer lediglich darauf beruht, daß der Unternehmer als Kleinunternehmer gem. § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.1

Als „Umstze“ sind die Entgelte iS des § 10 Abs. 1 und 2 UStG (dazu Rz. 11.3 ff.) bzw. die Bemessungsgrundlagen iS des § 10 Abs. 4 UStG (dazu Rz. 11.44 ff.) anzusetzen. Zu den Entgelten zhlen stets auch die im betreffenden Kalenderjahr vereinnahmten An- bzw. Vorauszahlungen, unabhngig vom Zeitpunkt der Ausfhrung der Leistung. Das ergibt sich fr den Gesamtumsatz iS des § 19 Abs. 1 UStG bereits aus dessen Satz 22, so daß die entsprechende Aussage des § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG nur fr den Gesamtumsatz iS des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG von Bedeutung ist.

17.20

Im Falle der sog. Differenzbesteuerung nach § 25 UStG (Reiseleistungen; Rz. 73 ff.) und nach § 25a UStG (Lieferung von gebrauchten Gegenstnden; Rz. 85 ff.) soll nach Ansicht der Finanzverwaltung nur die Bemessungsgrundlage nach diesen Bestimmungen, d. h. nur die sog. Marge iS des § 25 Abs. 3 bzw. § 25a Abs. 3 UStG, und nicht das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 UStG anzusetzen sein.3 Das ist nicht sachgerecht, da § 19 UStG auf den Umsatz und nicht auf die Wertschpfung abstellt.

Von der Summe der steuerbaren Umstze sind bestimmte steuerfreie – nicht nach § 9 UStG als steuerpflichtig behandelte4 – Umstze abzuziehen. Das sind stets alle Umstze, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. i, Nr. 9 Buchst. b und Nr. 11 bis 28 UStG steuerfrei sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG). Ferner sind die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h (insbesondere Kreditgewhrungen), Nr. 9 Buchst. a (Grundstcksgeschfte)5 und Nr. 10 UStG (Versicherungsleistungen, Verschaffung von Versicherungsschutz) steuerfreien Umstze auszuscheiden, wenn sie Hilfsumstze (dazu Rz. 6.6)6 sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG). Letztere Regelung 1 AA. wohl Widmann in P/M/W, § 19 Rz. 56 iVm. Rz. 9/1; unklar Birkenfeld, § 223 Rz. 122; vgl. auch Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 UStR 2005, der fr die anzusetzenden Bemessungsgrundlagen auch auf Abschn. 155 UStR 2005 (Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertabgaben) hinweist. 2 AA. BFH, BStBl. II 2000, 241. 3 Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 iVm. Abschn. 274 und Abschn. 276a Abs. 8 ff. UStR 2005; ebenso Mßlang in S/R, § 19 Rz. 52. 4 BFH, BStBl. II 1993, 209. 5 Grundstcksgeschfte als Hilfsgeschfte sind als Umstze von Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens auch nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG auszuscheiden. 6 Die 6. EG-RL verwendet den Begriff „Hilfsumstze“ nicht nur in Art. 24 Abs. 4 Unterabs. 1, sondern auch in Art. 19 Abs. 2 Satz 2 im Zusammenhang mit der Vorsteueraufteilung. Der EuGH versteht als Hilfsumstze iS letzterer Bestimmung solche Umstze, bei denen die Leistungsbezge des Unternehmens „nur in sehr geringem Umfang fr diese Geschfte verwendet werden“. Das soll selbst dann gelten, wenn diese Umstze hher als die brigen Umstze sind; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 – Rs. C-77/01, UR 2004, 292, Tz. 77 f. Diese Interpretation erklrt sich nur vor dem Hintergrund, daß der von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-RL als Regelfall vorgesehene Vorsteueraufteilungsmaßstab des Art. 19 nach dem Umsatzschlssel sachwidrig ist. Sie gilt deshalb nur fr Art. 19 Abs. 2 der 6. EG-RL und darf nicht zur Auslegung des § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG herangezogen werden.

619

17.21

Kapitel 17 Sonderregelungen bewirkt, daß vor allem Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen die Kleinunternehmerbefreiung fr ihre geringfgigen steuerpflichtigen Umstze nicht in Anspruch nehmen knnen. Positiv formuliert erfaßt der Gesamtumsatz die Summe aller steuerpflichtigen Umstze, aller steuerfreien Umstze mit Vorsteuerabzug nach § 4 Nr. 1 bis 7 UStG und aller steuerfreien Umstze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h, Nr. 9 Buchst. a und Nr. 10 UStG, die keine Hilfsumstze sind.

17.22

b) Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche, d. h. seine unternehmerische Ttigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgebt, so ist der tatschliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG). Da die von § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG vorgesehene Freigrenze auf der Annahme basiert, daß das Unternehmen das ganze Jahr ber ausgebt wird, liegt der Zweck der Umrechnung folglich darin, zu vermeiden, daß sinnwidrige Ergebnisse bei der Anwendung der Freigrenze eintreten.1 Es soll verhindert werden, daß die Freigrenze ihrem Zweck zuwider auf solche Flle angewendet wird, die nur wegen der nicht ganzjhrigen Ausbung die Grenze unterschreiten. In Betracht kommen zum einen die Flle, in denen der Unternehmer seine Ttigkeit im Laufe des Jahres begonnen hat und im folgenden Jahr die Grenze berschreiten wird, oder sein Unternehmen eingestellt hat und in den vorhergehenden Jahren mit seinen Umstzen jeweils ber der Grenze lag. Entsprechendes gilt, wenn der Unternehmer die Art der unternehmerischen Ttigkeit wechselt und zwischen beiden Ttigkeiten eine Pause liegt.

17.23

Hingegen wird die Ttigkeit ganzjhrig „ausgebt“, so daß keine Umrechnung zu erfolgen hat, wenn betriebs-, krankheits- oder durch hnliche Umstnde bedingt zeitweilig keine Umstze ausgefhrt werden, die Absicht der Umsatzerbringung jedoch fortbesteht.2 Das gilt entgegen der Auffassung des BFH3 auch, wenn die Ttigkeit von vornherein auf einen Teil des Jahres beschrnkt ist (sofern es sich nicht um den Fall des Beginns oder der Beendigung der Ttigkeit handelt), insbesondere auch fr sog. Saisonbetriebe (Beispiele: Weihnachtsbaumverkauf, Strandkorbvermietung, Ski-, Tennis-, Surflehrer). Derartige Ttigkeiten werden das ganze Jahr ber „ausgebt“4, weil die Absicht der Fortsetzung durchgngig besteht; es werden nur zeitweilig keine Umstze erbracht5 (vgl. auch Rz. 5.153). Die gegenteilige Auffassung6 fhrt zu sachwidrigen Ergebnissen. Zum einen schon deshalb, weil dann fr jede Saison jeweils Unternehmensbeginn und -ende bestimmt werden mßten und jeweils jhrlich neu die Einlage- und Entnahmeproblematik entstnde. Vor allem aber wird bersehen, daß die Umstze der jeweiligen Saison das jeweilige Jahresergebnis dieser Unternehmer darstellen. Der Saisonunternehmer unterschei1 Insoweit zutreffend BFH, BStBl. II 1994, 274, 277. 2 FG Dsseldorf, EFG 1988, 495. 3 BFH, BStBl. II 1994, 274, 276 (Karnevalsprinz fr eine Saison); ebenso Abschn. 251 Abs. 3 Satz 1 UStR 2005. 4 Ebenso Widmann in P/M/W, § 19 Tz. 70. 5 Vgl. BFH, BStBl. III 1964, 90; 1964, 538, 539 aE. 6 Birkenfeld, § 223 Rz. 130; vgl. auch BFH, BStBl. II 1994, 274, 276.

620

I. Befreiung fr Kleinunternehmer

det sich nicht von demjenigen, der nur an wenigen Tagen ber das Jahr verstreut Umstze ttigt und zweifelsfrei gleichwohl durchgngig seine unternehmerische Ttigkeit ausbt. Beim Beginn der unternehmerischen Ttigkeit sollen nach Auffassung des BFH auch bereits diejenigen Zeitrume bercksichtigt werden, in denen Vorbereitungshandlungen in Form von Leistungsbezgen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, gettigt werden.1 Diese Verknpfung ist verfehlt, da der Unternehmerbegriff lediglich fr Zwecke des Vorsteuerabzugs weit ausgelegt werden muß und nur insoweit, d. h. nur aus der Sicht des § 15 UStG bereits Vorbereitungshandlungen als fr das (geplante) Unternehmen ausgefhrt anzusehen sind (Rz. 5.140). Fr die Frage, ab wann ein Unternehmen „ausgebt“ wird, ist diese Sichtweise hingegen ohne Belang. Der BFH verkennt den Zweck der Umrechnung (Rz. 22). Die Krze oder Lnge der Vorbereitungszeiten, in denen nur Leistungen Dritter bezogen werden, sagen nichts ber die Hhe der spteren Umstze aus; ihre Bercksichtigung ist willkrlich.2 Die verfehlte Sichtweise kann bei einer lngeren Vorbereitungsphase und erstmaligen Umstzen gegen Ende des Jahres zur sinnwidrigen Anwendung der Freigrenze des § 19 Abs. 1 UStG fhren. Richtigerweise kann von einer „Ausbung“ der unternehmerischen Ttigkeit erst dann gesprochen werden, wenn mit der Erbringung konkreter Umstze begonnen wurde und nicht schon dann, wenn lediglich Vorbereitungshandlungen fr das geplante Unternehmen als solches vorliegen.

17.24

Entsprechendes gilt fr das Ende des Unternehmens. Dieses tritt mit der Ausfhrung des letzten Umsatzes ein. Davon zu unterscheiden sind Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft (dazu Rz. 5.158 ff.). Die Vereinnahmung noch ausstehender Forderungen aus einer eingestellten Ttigkeit fhrt mithin nicht dazu, daß diese noch als ausgebt iS des § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG anzusehen ist.3

17.25

Beispiel:

17.26

X bereitet sich in der Zeit vom 1.2. bis zum 30.11.2004 a) mittels eines Praktikums, b) mittels eines Lehrganges, fr den er 3000 Euro + 480 Euro USt. zahlt, auf seine unternehmerische Ttigkeit vor. Im Dezember 2004 ttigt er Umstze in Hohe von 16 000 Euro, in den folgenden drei Jahren Umstze in Hhe von jeweils rd. 200 000 Euro. Im Januar 2008 (Umstze: 2000 Euro) stellt er sein Unternehmen ein. Bis Ende September 2008 vereinnahmt er die noch ausstehenden Forderungen iHv. 10 000 Euro.

1 BFH, BStBl. II 1999, 146; 2000, 241; ebenso FG Mnchen, EFG 2003, 1580. 2 Bezeichnend dafr ist die Urteilsanmerkung von FK, DStR 2000, 327, wonach die Klgerin mit der Lnge der Vorbereitungsphase „Glck gehabt“ habe. Rechtsfolgen drfen jedoch keine vom Zufall abhngige Glckssachen sein! 3 BFH, BStBl. II 1994, 274, 277; aA. Widmann in P/M/W, § 19 Tz. 72; Blow in S/V, § 19 Rz. 89.

621

Kapitel 17 Sonderregelungen Nach Auffassung des BFH ist im Falle b von Vorbereitungshandlungen fr das Unternehmen und damit vom Beginn des Unternehmens auszugehen, weil in Gestalt der Schulung durch den Lehrgang eine Dienstleistung eines Dritten vorliege, die zum Vorsteuerabzug berechtige.1 Letzteres ist zwar richtig, hat jedoch nichts mit der Frage zu tun, ab wann die unternehmerische Ttigkeit ausgebt wird. Die BFH-Auffassung fhrt zu willkrlichen Ergebnissen. Im Falle a wre hingegen nach der Auffassung des BFH fr die Zeit vom 1.2. bis 30.11.2004 noch nicht von Vorbereitungshandlungen auszugehen, da keine vorsteuerbelasteten Leistungen von Dritten bezogen werden, so daß die unternehmerische Ttigkeit erst mit dem Dezember begnne und folglich eine Umrechnung stattzufinden htte, wonach die Freigrenze berschritten wre. Im Falle b wre der Beginn der unternehmerischen Ttigkeit bereits im Februar, so daß die Umrechnung dazu fhren wrde, daß die Freigrenze nicht berschritten wre (16 000 Euro 6 12/11 = 17 455 Euro). Die Ergebnisse sind willkrlich, weil sie vom Zufall abhngen, nmlich von der Art der Vorbereitungshandlungen und deren Dauer. Sachliche, am Zweck des Umrechungsgebotes orientierte Kriterien sind das nicht. Richtigerweise ist auf den Beginn der Umsatzerbringung abzustellen. Das ist in beiden Fllen der Dezember, so daß in beiden Fllen zu Recht die Freigrenze berschritten ist, denn die Hhe der Dezember-Umstze indiziert, daß im folgenden Jahr die Freigrenze berschritten wird und daß, wenn die Ttigkeit bereits zu Beginn des Jahres 2004 ausgebt worden wre, auch in diesem Jahr bereits die Freigrenze berschritten worden wre.

17.27

Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn daß die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz fhrt2 (§ 19 Abs. 3 Satz 4 UStG).

17.28

Die Regeln des § 19 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG fingieren gleichbleibende Umsatzverhltnisse und bestimmen deshalb schematisch die Umrechnung nach Zeitanteilen. Folglich drfen nur solche Umstze in die Umrechnung einbezogen werden, die zu den laufenden Umstzen zhlen. Umstze aus der Verußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgtern des Anlagevermgens sind daher, sofern sie nicht ohnehin nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG auszuscheiden sind, nicht in die Umrechnung einzubeziehen, sondern nach der Umrechnung des restlichen Umsatzes dem ermittelten Betrag hinzuzurechnen (von Bedeutung im Rahmen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG).

4. Verzicht auf die Befreiung 17.29

a) Der Unternehmer kann auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichten (§ 19 Abs. 2 UStG). Der Zweck dieses Verzichts liegt in der Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen bei Umstzen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer. Denn in diesen Fllen schlgt der Vorteil der Nichtbesteuerung in einen Nachteil um. Besteuerte, d. h. nicht unter § 19 Abs. 1 UStG fallende Unternehmer knnen nmlich solchen Abnehmern gegenber die gleichen Leistungen um den Betrag der bei ihnen abziehbaren Vorsteuern gnstiger anbieten. Zwar mssen sie die Steuer auf die Umstze entrichten, diese ist jedoch abwlzbar, da sie in der Rechnung gesondert ausgewiesen und somit vom Abnehmer als Vorsteuer abgezogen werden kann.

1 BFH, BStBl. II 1999, 146. 2 Dazu nher Stadie in R/D, § 19 Anm. 59.

622

I. Befreiung fr Kleinunternehmer Beispiel: Im obigen Beispiel (Rz. 9) kann der regelversteuernde Unternehmer die Umsatzsteuer von 96 Euro dem Abnehmer in Rechnung stellen. Ist dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt, so betragen seine Kosten lediglich 600 Euro. Der Preis des Kleinunternehmers iHv. 616 Euro fr die konkurrierende Leistung wird deshalb am Markt nicht durchsetzbar sein. Der Nachteil ist noch grßer, wenn die Vorsteuern hher sind. Verzichtet der Kleinunternehmer auf seinen Status, so kann er die Leistung ebenfalls fr 600 Euro „netto“ anbieten.

Soll bei der Vermietung von Gebuden1 an andere Unternehmer auf die Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 12 Satz 1 UStG) nach § 9 UStG verzichtet werden, so muß, wenn die Grenze von 17 500 Euro nicht bereits durch steuerpflichtige oder gleichgestellte Umstze berschritten wird, zuvor der Verzicht nach § 19 Abs. 2 UStG erklrt worden sein, weil fr Kleinunternehmer die Mglichkeit des Verzichts auf die Steuerbefreiungen ausgeschlossen ist (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).2 Der Sinn der Suspendierung des § 9 UStG erschließt sich nicht ohne weiteres, denn der Zweck des Verzichts auf die Steuerbefreiung liegt in der Erlangung des Vorsteuerabzugs, der jedoch gerade nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen ist. Der Sinn der Regelung liegt auch nicht darin, zu verhindern, daß der Empfnger des Umsatzes anderenfalls einen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer htte3; denn dieser ist ebenfalls nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen (Rz. 4). Die Suspendierung des § 9 UStG bezweckt vielmehr, die Umgehung des § 19 Abs. 2 UStG zu verhindern4, da der Verzicht nach dieser Bestimmung fr fnf Jahre bindet, whrend der Verzicht nach § 9 UStG keine Bindungsfristen kennt. Wre die Mglichkeit des Verzichts nach letzterer Vorschrift nicht suspendiert, so knnte ein Unternehmer, dessen steuerpflichtige Umstze die Grenze von 17 500 Euro nicht bersteigen, mit einem Verzicht auf die Steuerfreiheit seiner unter § 9 UStG fallenden Umstze erreichen, daß diese Grenze berschritten wird. Da fr diesen Verzicht keine Bindungsfristen bestehen, knnte der Unternehmer seine Umsatzverhltnisse von Jahr zu Jahr je nach Interessenlage (Anwendung oder Nichtanwendung des § 19 Abs. 1 UStG) gestalten.

17.30

Der Verzicht nach § 19 Abs. 2 UStG kann (anders als der nach § 9 UStG) nur fr alle Umstze des Unternehmers ausgesprochen und nicht auf diejenigen beschrnkt werden, die gegenber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern erfolgen. Werden die Umstze auch gegenber nicht zum Vorsteuerab-

17.31

1 Oder bei den anderen in § 9 UStG genannten steuerfreien Umstzen. 2 Vom Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG her wrde zwar ein Unternehmer, der nur steuerfreie Umstze ttigt, nicht unter diese Vorschrift fallen, weil er keine Umsatzsteuer schuldet; das ergbe jedoch keinen Sinn. Zum einen wirkt § 19 Abs. 1 UStG ohnehin wie eine Steuerbefreiung (Rz. 2) und zum anderen kann es keinen Unterschied machen, ob nur steuerfreie oder daneben auch geringe steuerpflichtige Umstze gettigt werden. 3 So aber Widmann in P/M/W, § 19 Rz. 27; Birkenfeld, § 223 Rz. 163; Blow in S/V, § 19 Rz. 45. 4 Stadie in R/D, § 19 Rz. 44.

623

Kapitel 17 Sonderregelungen

zug berechtigten Empfngern erbracht, so muß der Unternehmer die Vor- und Nachteile abwgen. 17.32

b) Der Verzicht ist dem Finanzamt zu erklren (§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG) und stellt folglich eine empfangsbedrftige ffentlich-rechtliche Willenserklrung dar1, so daß der gesonderte Ausweis von Umsatzsteuer – anders als im Falle des § 9 UStG (Rz. 10.157) – nicht ausreicht. Die Erklrung ist an keine Form gebunden und kann mithin auch durch schlssiges Verhalten in Gestalt der Abgabe von Voranmeldungen oder einer Jahressteuererklrung erfolgen.2

17.33

Die Verzichtserklrung muß bis zur Unanfechtbarkeit der „Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4)“ erklrt werden (§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG). Unter Unanfechtbarkeit ist die formelle Bestandskraft einer Steuerfestsetzung zu verstehen.3 Unanfechtbarkeit tritt mithin ein, wenn die Steuerfestsetzung nicht mehr mit ordentlichen Rechtsbehelfen angegriffen werden kann.4 Maßgebend ist die Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung fr das betreffende Kalenderjahr.5 Eine Steueranmeldung nach § 18 Abs. 3 UStG gilt als Steuerfestsetzung (§ 168 AO; Rz. 18.30). Daß diese kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der Nachprfung steht (§ 168 Satz 1 AO), schließt den Eintritt der Unanfechtbarkeit nicht aus.6 Hat der Unternehmer, wie im Regelfall, keine Steueranmeldung abgegeben, so entfllt die Verzichtsmglichkeit mit Eintritt der Festsetzungsverjhrung, d. h. mit Ablauf des siebten Jahres, das auf das betreffende Jahr folgt (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 iVm. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO), da eine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklrung bestand.7 Hatte der Unternehmer bereits Steuer in Rechnungen gesondert ausgewiesen, so entfllt die Verwirklichung des Tatbestandes des § 14c Abs. 2 UStG (Rz. 14.135) bei einer nachtrglichen wirksamen Verzichtserklrung rckwirkend.

17.34

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Verzichtserklrung den Unternehmer mindestens fr fnf Jahre (§ 19 Abs. 2 Satz 2 UStG).8 Die Bindungsfrist beginnt mit dem Kalenderjahr, fr das der Verzicht gilt. Bei Grndung eines Unternehmens luft die Frist erst ab dem Kalenderjahr, in dem erstmals Umstze gettigt werden, da die Frist sich auf die eigentliche unternehmerische Ttigkeit bezieht und nicht durch eine ggf. lnger dauernde Vorbereitungsphase verkrzt werden darf. Nach Ablauf von fnf Jahren entfllt die Bindung nicht von selbst, der Verzicht muß vielmehr widerrufen werden. Die Erklrung kann nur mit Wirkung vom Beginn eines 1 Vgl. BFH, BStBl. II 1985, 173; 1995, 805. 2 BFH, BStBl. II 1986, 420, 423 f.; BFH/NV 2003, 1467 = UR 2003, 601; Abschn. 247 Abs. 1 Nr. 2 UStR 2005. 3 BFH, BStBl. II 1986, 420, 424; 1998, 420. 4 Stadie, Allg. Steuerrecht, Rz. 598; Abschn. 247 Abs. 6 UStR 2005. 5 BFH, BStBl. II 1986, 420, 424; BFH/NV 1993, 202. 6 BFH, BStBl. II 1986, 420, 424; 1998, 420. 7 Rz. 3. 8 Bis zur Unanfechtbarkeit kann die Erklrung wieder zurckgenommen werden; BFH, BStBl. II 1986, 420, 424; Abschn. 247 Abs. 2 Satz 1 UStR 2005.

624

I. Befreiung fr Kleinunternehmer

Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist sptestens bis zur Unanfechtbarkeit (Rz. 33) der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, fr das er gelten soll, zu erklren (§ 19 Abs. 2 Satz 3 und 4 UStG). Fr den Widerruf gelten dieselben Regeln wie fr die Erklrung des Verzichts.1 Der Gesamtrechtsnachfolger ist hinsichtlich der eigenen Umstze nicht an einen vom Rechtsvorgnger erklrten Verzicht gebunden2, denn die Wirkungen der Universalsukzession gelten nur fr die einzelnen, in der Person des Rechtsvorgngers begrndeten vermgenswerten Positionen (Rz. 5.167 ff.). Dasselbe gilt erst recht bei der Einzelrechtsnachfolge im Falle der Geschftsverußerung3; aus § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG folgt nichts Gegenteiliges (Rz. 5.203 ff.).

17.35

5. Wechsel von der Nichtbesteuerung zur Besteuerung und umgekehrt Ein Wechsel von der Nichtbesteuerung zur Besteuerung tritt ein, wenn die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG berschritten werden oder der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Zu einem bergang von der Besteuerung zur Nichtbesteuerung kommt es, wenn die Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG unterschritten werden oder der Verzicht nach § 19 Abs. 2 UStG wirksam widerrufen worden ist. Die nachfolgenden Grundstze gelten auch, wenn es sich bei der Besteuerung um eine solche nach den Sonderregelungen der §§ 23, 23a oder 24 UStG handelt. Der Wechsel kann grundstzlich4 nur mit Ablauf eines Kalenderjahres eintreten, da § 19 Abs. 1 UStG sich auf das Kalenderjahr bezieht.

17.36

Die Zuordnung der Umstze hat analog § 27 Abs. 1 UStG, der einen allgemeinen Grundsatz fr die zeitliche und sachliche Zuordnung von Umstzen einschließlich Teilleistungen (Rz. 12.16) zum Ausdruck bringt5, zu erfolgen. Maßgebend ist mithin der Zeitpunkt der Ausfhrung (dazu Rz. 12.9 ff.) des Umsatzes (der Teilleistung).6 Entsprechendes gilt fr die Berechtigung zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung. Das Verbot des Steuerausweises nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG (Rz. 4) knpft mithin nicht an den Zeitpunkt der Rechnungserteilung, sondern ausschließlich daran an, ob die Umstze (Teilleistungen) in einem Zeitraum ausgefhrt wurden bzw. werden, der von § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG erfaßt wird.7 Auch bei einer nderung der Bemessungsgrundlage, Uneinbringlichwerden von Forderungen u. . Fllen

17.37

1 BFH, BStBl. II 1995, 805. 2 Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 40; Birkenfeld, § 223 Rz. 257; Stadie in R/D, § 19 Anm. 70; Lippross, 8.2.3 (S. 806); aA. Blow in S/V, § 19 Rz. 75. 3 Birkenfeld, § 223 Rz. 258; unklar Zeuner in B/G, § 1 Rz. 134; Husmann in R/D, § 1 Anm. 1127. 4 Eine Ausnahme gilt beim Hinzuerwerb eines weiteren Unternehmens durch Kauf oder Gesamtrechtsnachfolge; Stadie in R/D, § 19 Rz. 37 bzw. 40. 5 AA. Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 43. 6 Zur Behandlung von Vorauszahlungen Stadie in R/D, § 19 Anm. 75 f. 7 Ebenso Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 45.

625

Kapitel 17 Sonderregelungen

des § 17 UStG kommt es fr die Anwendung dieser Vorschrift darauf an, wann der betreffende Umsatz ausgefhrt worden war.1 17.38

Fr die Zuordnung der Vorsteuerbetrge soll nach ganz herrschender Meinung der Zeitpunkt maßgebend sein, zu dem die bezogene Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt oder im Fall der Einfuhrumsatzsteuer der Gegenstand eingefhrt wurde.2 Diese Auffassung ist abzulehnen, da ein Anknpfen an diese Merkmale willkrlich wre und der Zeitpunkt des Leistungsbezugs bzw. der Einfuhr beeinflußt werden kann. Maßgebend ist vielmehr eine wirtschaftliche Zuordnung. § 19 Abs. 1 UStG wirkt wie eine Steuerbefreiung ohne Vorsteuerabzug, so daß fr das Vorsteuerabzugsverbot des § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG derselbe Zuordnungsgrundsatz wie im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 bis 4 UStG eingreift. Zuordnungskriterium ist folglich die Verwendung (dazu nher Rz. 15.144 ff.). Der Ausschluß des Vorsteuerabzugs betrifft mithin diejenigen Leistungsbezge, die im Besteuerungszeitraum verwendet werden, fr den § 19 Abs. 1 UStG gilt.3 Wird ein Leistungsbezug in beiden Besteuerungszeitrumen verwendet, so ist die Vorsteuer nach § 15a Abs. 7 UStG zu berichtigen (Rz. 16.99 f.). Beim Umlaufvermgen ist der Vorsteuerabzug ebenfalls nach § 15 Abs. 7 UStG zu berichtigen (Rz. 16.128 f.).

II. Pauschalierung der Vorsteuern 1. Bestimmte Berufs- und Gewerbezweige 17.39

Unternehmer, die in einem der Anlage A und B zur UStDV genannten Berufsund Gewerbezweige (Handwerk, Handel, sonstige Gewerbetreibende, bestimmte freie Berufe4) ttig sind und nicht verpflichtet sind, Bcher zu fhren, knnen insoweit5 einen pauschalierten Vorsteuerabzug (nach Durchschnittstzen) vornehmen, wenn ihr Umsatz („netto“, d. h. ohne Umsatzsteuer) im vorangegangenen Kalenderjahr 61 356 Euro nicht berstiegen hat (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 UStG iVm. §§ 69, 70 UStDV).6 Beispiel: Richter R ist Mitautor eines Kommentars zum BGB und erhlt im Jahre 2004 vom Verlag 10 000 Euro berwiesen. R hatte dem Verlag gegenber erklrt, daß er Kleinunternehmer sei. Das war verkehrt.7 Da er mit dieser schriftstellerischen Ttigkeit Unter1 Ausfhrlich dazu Stadie in R/D, § 19 Anm. 78 f. 2 BFH, BStBl. II 1982, 198; Abschn. 191 Abs. 5 u. 6 UStR 2005; Wagner in S/R, § 15 Rz. 718; Mßlang in S/R, § 19 Rz. 59; Widmann in P/M/W, § 19 Rz. 76. 3 Ebenso Reiß in R/K/L, § 19 Rz. 47. 4 Knstler u. ., Hochschullehrer, Journalisten und Schriftsteller. 5 ben sie eine weitere unternehmerische Ttigkeit aus, so knnen sie fr diese, sofern nicht auch sie unter die Anlage zur UStDV fllt, die Vorsteuer nach den allgemeinen Regeln geltend machen. Fr die aus dem Nebeneinander der beiden Betriebe sich ergebenden Abgrenzungsfragen gelten die Rz. 67 ff. entsprechend. 6 Dazu nher Stadie in R/D, § 23; Abschn. 260 ff. UStR 2005. 7 Sofern er dem Finanzamt diese Einnahmen aus schriftstellerischer Ttigkeit, die unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallen, nicht etwa zu verschweigen gedenkt, was eine Steuerhinterziehung wre.

626

II. Pauschalierung der Vorsteuern nehmer iS des § 2 Abs. 1 UStG ist (vgl. Rz. 5.77)1 und seine sonstigen Leistungen (Rz. 7.55) gegenber einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer (Verlag) erbringt, sollte er besser gem. § 19 Abs. 2 UStG (Rz. 29) auf seinen Kleinunternehmerstatus (Grenze gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG: 17 500 Euro Bruttoeinnahmen) verzichten und die dann von ihm geschuldete Umsatzsteuer iHv. 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG) dem Verlag zustzlich in Rechnung stellen bzw. diesen veranlassen, eine entsprechend genderte Abrechnung (sog. Gutschrift iS des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG; Rz. 14.33 ff.) zu erstellen. R kann dann, da er als Schriftsteller in Anlage A (zur UStDV) Teil IV Nr. 5 genannt ist und sein Umsatz unter 61 356 Euro (§ 69 Abs. 3 UStDV) liegt, in seiner Umsatzsteuererklrung pauschalierte Vorsteuern in Hhe von 2,9 % seines Umsatzes (10 000 Euro), d. h. 290 Euro von seiner Steuerschuld abziehen. Folglich hat er nur 700 Euro (= 7 % von 10 000 Euro) – 290 Euro = 410 Euro an das Finanzamt zu entrichten (obwohl er vom Verlag 700 Euro zustzlich erhalten hatte).2

Die in der Anlage B genannten Unternehmer (insbesondere Architekten, Anwlte, Steuerberater) knnen daneben unter den Voraussetzungen des § 15 UStG (d. h. Einzelnachweis) den Vorsteuerabzug u. a. fr den Erwerb, die Herstellung, die Anmietung und die Erhaltung von Gebuden vornehmen (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 UStDV).

17.40

Der Antrag kann bis zur Unanfechtbarkeit (dazu nher Rz. 33) der Steuerfestsetzung fr das betreffende Jahr gestellt werden und nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden. Bei einem Widerruf kommt eine Pauschalierung des Vorsteuerabzugs erst nach fnf Jahren wieder in Betracht (§ 23 Abs. 3 UStG). Fr die Zuordnung und die Berichtigung der Vorsteuerbetrge bzw. des Vorsteuerabzugs beim Wechsel von der Pauschalierung zu den allgemeinen Regeln und umgekehrt gilt Rz. 38 entsprechend.

17.41

2. Gemeinntzige Krperschaften Gemeinntzige u. . Krperschaften, Personenvereinigungen und Vermgensmassen iS des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (d. h. solche, die die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfllen), die nicht verpflichtet sind, Bcher zu fhren und deren steuerpflichtiger Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 30 678 Euro nicht berstiegen hat, knnen ihren Vorsteuerabzug mit 7 % dieses Umsatzes pauschalieren (§ 23a Abs. 1 und 2 UStG).3 Soweit die Umstze dieser Krperschaften usw. gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 UStG dem ermßigten Steuersatz von 7 % unterliegen4, gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus; darin liegt ein Vereinfachungseffekt. Hinzu kommt – wie bei der „Besteuerung“ der Land- und 1 Dazu nher Stadie in R/D, § 2 Anm. 359 ff. 2 Sofern R auch schon in der Vergangenheit schriftstellerisch ttig gewesen war, kann er auch noch fr die vergangenen Jahre den Vorteil aus der Vorsteuerpauschalierung erlangen. Da er bislang keine Umsatzsteuererklrungen abgegeben haben wird, ist der Verzicht auf den Kleinunternehmerstatus nach § 19 Abs. 2 UStG noch bis zum Ablauf des siebten Jahres, das auf das Jahr der Steuerentstehung folgt, mglich (Rz. 33). 3 Dazu nher Stadie in R/D, § 23a. 4 Die gemeinntzige Krperschaft kann auch Umstze aus einem sog. wirtschaftlichen Geschftsbetrieb (§§ 64 ff. AO) haben, die dem Regelsteuersatz unterliegen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 UStG).

627

17.42

Kapitel 17 Sonderregelungen

Forstwirte durch § 24 Abs. 1 UStG (Rz. 44 ff.) – eine versteckte Subventionierung, soweit tatschlich keine Vorsteuern angefallen sind. Andererseits sind mit der Vorsteuerpauschalierung auch die Vorsteuern aus Investitionen abgegolten. 17.43

Die Erklrung ber die Inanspruchnahme der Vorsteuerpauschalierung bindet fr mindestens fnf Kalenderjahre (§ 23a Abs. 3 Satz 2 UStG). Nach einem Widerruf ist eine erneute Anwendung frhestens nach Ablauf von fnf Jahren zulssig (§ 23a Abs. 3 Satz 4 UStG).

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe 1. Allgemeines 17.44

a) Fr die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgefhrten Umstze wird scheinbar Umsatzsteuer erhoben, denn in § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG heißt es, daß fr die dort aufgefhrten drei unterschiedlichen Umsatzgruppen (Nr. 1 bis 3) die dort genannten Steuerstze gelten („wird die Steuer auf fnf bzw. 16 bzw. 9 vom Hundert der Bemessungsgrundlage festgesetzt“). Das ist jedoch (mit Ausnahme der unter die Nr. 2 fallenden Umstze) reine Augenwischerei (Scheinbesteuerung1), denn nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG werden die Vorsteuerbetrge, soweit sie den in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Umstzen zuzurechnen sind, auf fnf vom Hundert, in den brigen Fllen (Satz 1 Nr. 2 und 3) auf neun vom Hundert der Bemessungsgrundlage dieser Umstze festgesetzt. Folglich wird fr die Umstze des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UStG stets keine Umsatzsteuer erhoben, weil die Steuerschuld durch die zu verrechnende pauschalierte Vorsteuer getilgt wird. Eine Umsatzsteuerzahllast entsteht nur bei den in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG genannten Lieferungen von Sgewerkserzeugnissen2, Frucht- u. . Sften sowie von alkoholischen Getrnken in Hhe von 7 vom Hundert der Bemessungsgrundlage. Damit unterliegen die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mit ihren typischen Umstzen (Nr. 1: Lieferung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse; Nr. 3: landwirtschaftliche Umstze) nicht der Umsatzbesteuerung.

17.45

Dasselbe Ergebnis htte technisch einfacher durch Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzug (bzw. im Falle der in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG genannten Umstze durch eine offene Reduzierung des Steuersatzes auf sieben vom Hundert) herbeigefhrt werden knnen. Dann wre jedoch die beabsichtigte Subventionierung nicht erreicht worden, weil der Vorsteuerabzug nur in Hhe der tatschlichen Belastung in Betracht kme. Indem die Land- und Forstwirte statt dessen die „Steuer“ in ihre Preise einkalkulieren, erhalten sie die Steuerbetrge von den jeweiligen Abnehmern ihrer Umstze, mssen die „Steuer“ jedoch nicht an das Finanzamt abfhren. Auf diese Weise wird eine „Steuer“ berwlzt, die in Wahrheit als Zahllast nicht besteht. 1 Klenk, UR 2002, 597, 598. 2 Insbesondere Balken, Bohlen, Kanthlzer, Bretter.

628

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Sind die Abnehmer – wie regelmßig – vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, so sind die Land- und Forstwirte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG verpflichtet, in ihren Rechnungen die „Steuer“ gesondert auszuweisen (Rz. 14.8), so daß die Abnehmer bei einer ordnungsgemßen Rechnung1 die Steuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehen knnen. Insoweit erfolgt die Subventionierung letztlich ber das Steueraufkommen. Sind die Abnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, so erfolgt die Subventionierung durch die Abnehmer.

17.46

Fr den Land- bzw. Forstwirt sind durch die Pauschalierung alle Vorsteuern abgegolten (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). Das bedeutet, daß abweichend vom Grundsatz (Umkehrschluß aus § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG) auch kein Vorsteuerabzug fr im Ausland erbrachte Umstze (mit Ausnahme der in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichneten) in Betracht kommt, denn § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UStG erfaßt auch die im Ausland ausgefhrten Umstze (arg. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG, da anderenfalls die Einschrnkung „ausgenommen . . . die im Ausland bewirkten Umstze“ keinen Sinn ergbe).

17.47

Die Vorsteuerpauschalierung bewirkt indes nicht, daß erworbene Anlagegegenstnde von der Vorsteuer entlastet sind, weil der pauschalierte „Vorsteuerabzug“ nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG gar nicht die mutmaßlichen Vorsteuern abgelten soll, sondern lediglich das gesetzestechnische Vehikel zur Subventionierung (Rz. 45) der Land- und Forstwirte darstellt. Die Besttigung findet sich in § 15a Abs. 7 UStG, der beim bergang von der Besteuerung nach § 24 UStG zur allgemeinen Besteuerung eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorsieht (Rz. 16.99), was keinen Sinn ergbe, wenn die Gegenstnde als vorsteuerentlastet anzusehen wren. Folglich ist die Entnahme – wie auch bei Umlaufvermgen – mangels Vorsteuerabzugs nicht steuerbar (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Auch die Lieferung dieser Anlagegegenstnde ist mithin nicht steuerbar (Rz. 63). Entsprechendes gilt fr Nutzungsentnahmen und unentgeltliche Leistungen.

17.48

Abweichend vom Grundsatz sind Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei, denn die Befreiungen des § 4 Nr. 1 bis 7 UStG gelten nicht (§ 24 Abs. 1 Satz 2 UStG). Folglich gibt es auch fr diese Lieferungen keinen weiteren Vorsteuerabzug.2 Da diese Lieferungen steuerpflichtig sind, kann die Steuer dafr den Abnehmern in Rechnung gestellt werden, die mithin, sofern sie die brigen Voraussetzungen erfllen, zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (bei Nichtansssigkeit im Inland erfolgt die Vergtung in dem Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG iVm. §§ 59 ff. UStDV; dazu Rz. 18.41 ff.).

17.49

Die brigen Steuerbefreiungen (§ 4 Nr. 8 ff. UStG) bleiben unberhrt; ein Verzicht nach § 9 UStG auf die dort genannten Steuerbefreiungen ist nicht mg-

17.50

1 Nach § 24 Abs. 1 Satz 5 UStG ist in der Rechnung der fr den Umsatz maßgebliche Durchschnittssteuersatz (gem. Satz 1 Nr. 1 bis 3) zustzlich anzugeben, obwohl sich diese Verpflichtung schon aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG ergibt. 2 Abschn. 267 Abs. 1 UStR 2005.

629

Kapitel 17 Sonderregelungen

lich (§ 24 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das gilt indes nur fr die im Rahmen des landund forstwirtschaftlichen Betriebes ausgefhrten Umstze und kann deshalb nur steuerfreie Hilfsumstze (dazu Rz. 6.6) betreffen, da steuerfreie Umstze, die fr sich gesehen die Unternehmereigenschaft begrnden, nicht in den Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes fallen1 (Beispiele: Umstze aus der Ttigkeit als Versicherungsvertreter oder Arzt, Vermietung von Grundstcken oder Gebuden; s. Rz. 65). 17.51

b) Die deutsche Regelung drfte vom Ansatz her den Vorgaben des Art. 25 der 6. EG-RL entsprechen. Es heißt nmlich in dessen Abs. 1 iVm. Abs. 2, daß auf landwirtschaftliche Erzeuger (Steuerpflichtige mit landwirtschaftlichem, forstwirtschaftlichem oder Fischereibetrieb) die normale Mehrwertsteuerregelung nicht angewendet werden muß – was wohl heißen soll, daß sie dann grundstzlich nicht besteuert werden – und vielmehr „als Ausgleich fr die Belastung2 durch die Mehrwertsteuer, die auf die von (diesen) bezogenen Gegenstnde und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung“ vorgesehen werden kann. Die Pauschalausgleichprozentstze sind auf die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Rz. 59 ff.) und auf landwirtschaftliche Dienstleistungen (Rz. 64 ff.) anzuwenden, soweit diese nicht gegenber Steuerpflichtigen erfolgen, die ebenfalls unter Art. 25 fallen (Art. 25 Abs. 5 der 6. EG-RL). Art. 25 Abs. 6 Buchst. a und Abs. 8 bestimmt, daß die Zahlung des Pauschalausgleichs3 durch den Leistungsempfnger4 geschieht, welcher, sofern er Steuerpflichtiger ist, dann zum Abzug dieses Betrages von seiner Steuerschuld unter den Bedingungen des Art. 17 berechtigt ist. Als hchst zweifelhaft erscheint allerdings, ob die Subventionierung durch § 24 UStG mit den weiteren Vorgaben des Art. 25 zu vereinbaren ist. Nach dessen Abs. 3 Satz 3 darf die Pauschalregelung „nicht dazu fhren“, daß die Pauschallandwirte „insgesamt Erstattungen erhalten, die ber die Mehrwertsteuer-Vorbelastung hinausgehen“. Gegen diese Vorgabe verstoßen die von § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG festgesetzten Vorsteuerbetrge ganz offensichtlich.5

1 Ausnahme: steuerfreie Umstze der Blinden (§ 4 Nr. 19 UStG). 2 Diese Prmisse ist indes falsch, weil die Belastung ber den Preis abgewlzt werden knnte, da alle Anbieter in der gleichen Ausgangsposition sind. 3 Sofern die Zahlung nicht gem. Art. 25 Abs. 6 Buchst. b – wie in Frankreich, dazu Klenk, UR 2002, 597, 598 – durch den Fiskus erfolgt. 4 Das ist auch der Fall, wenn der Leistungsempfnger Pauschallandwirt oder Nichtunternehmer ist, weil Art. 25 Abs. 8 der 6. EG-RL davon ausgeht, daß die Zahlung des Pauschalausgleichs durch den Leistungsempfnger geschieht, da der entsprechende Betrag vom Landwirt in den Preis einkalkuliert worden ist. Aus dieser Bestimmung folgt nicht iVm. Abs. 5, daß Umstze gegenber Nichtunternehmern und Pauschallandwirten der Regelbesteuerung unterliegen; zweifelnd BFH, BStBl. II 2002, 701, 704 f. 5 Der BFH hat deshalb dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Mitgliedstaaten, welche eine Pauschalregelung auf der Grundlage des Art. 25 der 6. EG-RL praktizieren, die Pauschallandwirte im Ergebnis von der Zahlung von Umsatzsteuer freistellen drfen oder mssen; BFH, UR 2004, 208.

630

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe

2. Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemsebau, die Saatzucht, nmlich alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkrfte gewinnen, sowie die Betriebe der Fischwirtschaft und die Imkerei und die Wanderschferei und ferner Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestnde nach den §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehren (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG in Anlehnung an § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG).

17.52

Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll die Bestimmung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in der Regel nach den Grundstzen des Einkommensteuer- und Gewerbesteuerrechts erfolgen.1 Das ist so schlicht falsch, weil es keinen Vorrang der Ertragsteuerrechts gegenber dem Umsatzsteuerrecht gibt; zudem verlangt Art. 25 der 6. EG-RL eine richtlinienkonforme Auslegung des § 24 UStG (Rz. 58). Die Umschreibung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs stimmt allerdings im wesentlichen mit den Vorgaben des Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 2 iVm. Anhang A der 6. EG-RL berein.

17.53

b) Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehren auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UStG). Diese dem Einkommensteuerrecht entnommene Formulierung (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG), die nur vor dem Hintergrund der einkommensteuerrechtlichen Systematik der Einkunftsarten einen Sinn ergibt (die Nebenbetriebe wren bei isolierter Sicht Gewerbebetriebe), ist richtlinienkonform auszulegen.2 Nach Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 4 iVm. Anhang A Abschn. V der 6. EG-RL gelten nur solche Verarbeitungsttigkeiten auch als landwirtschaftliche Erzeugung, die ein Landwirt bei „im wesentlichen“ aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit normalerweise in land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Betrieben verwendeten Mitteln ausbt. Folglich sind nur die Lieferungen solcher verarbeiteten Erzeugnisse Umstze im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Nebenbetriebes. Dem Anhang B der 6. EG-RL knnen keine Dienstleistungen entnommen werden, deren Erbringung zu einem Nebenbetrieb im o. g. Sinne fhren wrde.

17.54

Beispiele: Forellenrucherei eines Forellenteichwirtschaftsbetriebes3; Kserei eines landwirtschaftlichen Betriebes; Sgewerk eines Forstbetriebes; Brennerei eines Weinbaubetriebes.

Die im Nebenbetrieb verußerten Verarbeitungserzeugnisse mssen „im wesentlichen“ aus der eigenen landwirtschaftlichen Produktion stammen (Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 4 iVm. Anhang V der 6. EG-RL). Nach Auffas1 Abschn. 264 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005. 2 Folglich sind nicht die ertragsteuerrechtlichen Grundstze zur Auslegung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG maßgebend; so aber noch BFH, BStBl. II 1998, 359. 3 Vgl. BFH, UR 1994, 327.

631

17.55

Kapitel 17 Sonderregelungen

sung des BFH soll es hingegen ausreichen, daß „berwiegend“ eigene Produkte verarbeitet werden.1 17.56

c) Ein Gewerbetrieb kraft Rechtsform gilt auch dann nicht als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, wenn im brigen die Merkmale eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vorliegen (§ 24 Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Formulierung muß verwundern, da weder das Umsatzsteuergesetz noch andere Gesetze diesen Begriff kennen. Es handelt sich dabei lediglich um ein unprzises, steuerbeamtenumgangssprachliches Schlagwort aus dem Ertragsteuerrecht. Gemeint ist offensichtlich, daß solche Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG als Gewerbebetriebe gelten, sowie die typische GmbH & Co. KG, die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt, nicht die Vergnstigungen nach § 24 Abs. 1 UStG in Anspruch nehmen knnen.2

17.57

Darin liegt nicht schon per se ein Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralitt der Umsatzbesteuerung (dazu Rz. 1.42 f., 1.61), denn hier geht es nicht um die Besteuerung von Umstzen gegenber den Verbrauchern, sondern um die Subventionierung von land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen. Aber auch bei der Subventionierung sind Differenzierungen nach der Rechtsform des Empfngers grundstzlich nicht zu rechtfertigen, wenn die Betroffenen dieselbe Ttigkeit ausben. Es vermag auf den ersten Blick nicht einzuleuchten, warum eine echte Personengesellschaft mit landwirtschaftlichen Umstzen die Vergnstigung erhalten soll, nicht jedoch eine GmbH & Co. KG oder eine GmbH mit den gleichen Umstzen, so daß die Differenzierung willkrlich erscheint. Sie ist indes bei nherem Hinsehen sachlich gerechtfertigt. Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und die typische GmbH & Co. KG unterscheiden sich von der echten (typischen) Personengesellschaft durch ihre kapitalistische und krperschaftliche Struktur. Whrend diese Personenzusammenschlsse vom Bestand der Mitglieder (Gesellschafter, Genossen) unabhngig sind, stehen bei der Personengesellschaft die typischerweise mitarbeitenden Gesellschafter im Vordergrund. Folglich liegt kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) vor3, da es ein sachlicher Grund ist, nur diese echten Personengesellschaften in der Landwirtschaft zu frdern.

3. Umstze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes 17.58

Die Vergnstigungen des § 24 Abs. 1 UStG kommen fr die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgefhrten Umstze (Satz 1) in Betracht. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll die Bestimmung dieser Umstze in der Regel nach den Grundstzen des Einkommensteuer- und

1 BFH, BStBl. II 1998, 359; ebenso Abschn. 264 Abs. 2 Satz 2 UStR 2005. 2 So auch Abschn. 264 Abs. 3 UStR 2005. 3 Die Einschrnkung durch § 24 Abs. 2 Satz 3 UStG ist auch mit Art. 25 Abs. 9 der 6. EG-RL zu vereinbaren. Danach knnen „bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger“ ausgenommen werden. Die genannten Gewerbebetriebe kraft Rechtsform knnen aus den o. g. Grnden als eine Gruppe verstanden werden. Die zweite Alternative kommt hingegen nicht in Betracht, denn die „verwaltungstechnischen Schwierigkeiten“ mssen bei einer GmbH nicht geringer als bei einer Personengesellschaft sein.

632

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Gewerbesteuerrechts erfolgen.1 Das ist so schlicht falsch, weil es keinen Vorrang der Ertragsteuerrechts gegenber dem Umsatzsteuerrecht gibt, vielmehr jedes Rechtsgebiet seine Begriffe autonom nach Maßgabe eigener Teleologie auslegt. Insbesondere verlangt Art. 25 der 6. EG-RL eine richtlinienkonforme Auslegung des § 24 UStG.2 Nach Art. 25 Abs. 3 der 6. EG-RL knnen der Pauschalregelung die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die landwirtschaftlichen Dienstleistungen unterworfen werden. a) Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind Gegenstnde, die aus den in Anhang A der 6. EG-RL aufgezhlten landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder fischereibetrieblichen Erzeugerttigkeiten hervorgehen und die von den entsprechenden Betrieben des einzelnen Mitgliedstaats erzeugt werden (Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL).

17.59

Aus dem letzten Satzteil des Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 4 der 6. EG-RL folgt, daß die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht vollen Umfangs im eigenen Betrieb erzeugt worden sein mssen, es vielmehr ausreicht, daß sie von anderen inlndischen Erzeugern stammen (das ergibt sich auch im Umkehrschluß aus Anhang A Abschn. V, wonach es lediglich bei Verarbeitungsttigkeiten darauf ankommt, daß die verarbeiteten Erzeugnisse im wesentlichen aus „seiner“ Produktion stammen; Rz. 62). Mithin ist der Zukauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse von inlndischen Erzeugern unschdlich. Die EGRichtlinie enthlt keine Grenze fr den Umfang des Zukaufs, so daß auch ein Pauschallandwirt, der berwiegend mit fremden Erzeugnissen (selbst aus anderen Erzeugungsbereichen) handelt, noch unter Art. 25 der 6. EG-RL fllt, obwohl das nicht dem Zweck der Bestimmung entspricht. Der Wortlaut erscheint jedoch als eindeutig. Allerdings knnen die Mitgliedstaaten bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger von der Pauschalregelung ausnehmen (Art. 25 Abs. 9 der 6. EG-RL).

17.60

Das deutsche Umsatzsteuergesetz sieht zwar keine ausdrckliche Zukaufsgrenze vor, diese ist jedoch durch Auslegung des Satzteiles „im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgefhrten Umstze“ (§ 24 Abs. 1 Satz 1 UStG) zu gewinnen. Werden in wesentlichem Umfang fremde Erzeugnisse hinzu gekauft, so werden diese nicht mehr im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgefhrt3, so daß der Betrieb das ußere Bild

17.61

1 Abschn. 264 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005; so auch noch BFH BStBl. II 1996, 550. 2 So jetzt auch die neuere BFH-Rechtsprechung; vgl. BFH, BStBl. II 2002, 701, sowie die Vorlagebeschlsse UR 2002, 606; 2004, 208; 2004, 244. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 2002, 701, 703 f. (Hofladen) ohne Festlegung auf bestimmte prozentuale Grenzen (Zukauf „in begrenztem Umfang“ unschdlich). Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist der Zukauf von nicht mehr als 30 v. H. regelmßig unschdlich; Abschn. 264 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005 iVm. R 135 Abs. 5 EStR 2003.

633

Kapitel 17 Sonderregelungen

eines gewerblichen Handelsbetriebes gewinnt. Beim Zukauf von nicht betriebstypischen Produkten ist deren Verußerung unabhngig vom Umfang stets eine eigenstndige gewerbliche Ttigkeit, die nicht nach § 24 Abs. 1 UStG begnstigt ist.1 17.62

Zu den Erzeugerttigkeiten zhlen auch Verarbeitungsttigkeiten, die ein Landwirt bei „im wesentlichen“ aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit normalerweise in land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Betrieben verwendeten Mitteln ausbt (Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 4 iVm. Anhang A Abschn. V; vgl. Rz. 54).

17.63

Hilfsgeschfte in Gestalt der Verußerung gebrauchter Maschinen und anderer Anlagegegenstnde wren nach allgemeinen Grundstzen (Rz. 6.6) zwar brige Umstze im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs iS des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, sie werden jedoch bei richtlinienkonformer Auslegung nicht von der Vorschrift erfaßt, da diese Gegenstnde keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse iS des Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 der 6. EG-RL sind.2 Diese Lieferungen sind berhaupt nicht steuerbar, da mangels eines Vorsteuerabzugs beim Erwerb auch eine Entnahme nicht steuerbar wre (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG, Rz. 48) und fr die entgeltlichen Lieferungen nichts anderes gelten kann (Rz. 6.15). Derartige Gegenstnde sind nicht von der Vorsteuer entlastet, weil der pauschalierte „Vorsteuerabzug“ nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG gar nicht die mutmaßlichen Vorsteuern abgelten soll, sondern die Subventionierung der Land- und Forstwirte bezweckt (Rz. 45, 48). b) Landwirtschaftliche Dienstleistungen

17.64

Landwirtschaftliche Dienstleistungen sind die in Anhang B aufgefhrten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskrfte und/oder der normalen Ausrstung seines Betriebes vorgenommen werden (Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 der 6. EG-RL). Nach Anhang B gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen solche, die „normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen“, mithin gegenber Landwirten erbracht werden.3

17.65

Zu den landwirtschaftlichen Dienstleistungen gehrt auch die Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter 1 BFH, BStBl. II 2002, 701. 2 BFH, UR 2004, 208, 211 (cc); aA. Abschn. 265 Abs. 3 u. Abschn. 276a Abs. 5 Satz 3 UStR 2005. 3 Damit scheint nicht die Einschrnkung durch Art. 25 Abs. 5 Buchst. c der 6. EG-RL zu vereinbaren zu sein, wonach der Pauschalausgleich nicht zu gewhren ist, wenn der Leistungsempfnger seinerseits Pauschallandwirt ist, so daß nur solche Dienstleistungen in Betracht kmen, die gegenber solchen Landwirten erbracht werden, welche entsprechend Art. 25 Abs. 9 der 6. EG-RL von dem Mitgliedstaat aus der Pauschalregelung ausgenommen worden sind. Indes fallen die Pauschallandwirte unter die in Art. 25 Abs. 8 der 6. EG-RL genannten Empfnger, die den Pauschalausgleich folglich als Teil des Preises zahlen.

634

III. Durchschnittsstze fr land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken (Anhang B Gedankenstrich 5). Gemeint ist nur die kurzzeitige Vermietung beweglicher Gegenstnde. Nicht von der Vorschrift wird die Vermietung oder Verpachtung von Grundstcken oder Gebuden erfaßt (entsprechendes gilt fr die Einrumung eines Nießbrauchs).1 Folglich gilt dafr nicht § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG, so daß ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG in Betracht kommt (Rz. 50). Gleiches gilt fr die langfristige Vermietung aller anderen Bestandteile des Betriebes.2 Derartige Nutzungsberlassungen werden nicht von Art. 25 der 6. EG-RL bzw. § 24 UStG erfaßt und unterliegen den normalen Bestimmungen des UStG. Zu den landwirtschaftlichen Dienstleistungen zhlen ferner z. B. nicht, weil sie nicht (wie es Anhang B fordert) „zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen“,

17.66

– die Beherbergung und Bekstigung von Feriengsten3; – die zeitweise Abgabe von Speisen und Getrnken in sog. Buschwirtschaften oder bei „Hoffesten“4; – die Dienstleistungen im Rahmen eines Reiterhofs5; – die Jagdverpachtung6; – das Dulden von Erdaufschttungen (Betreiben einer Erddeponie)7; – die berlassung einer Milchquote8. Die genannten Umstze sind den normalen Bestimmungen des UStG zu unterwerfen.9 4. Nebeneinander von Betrieben unterschiedlicher Besteuerungsformen Unterhlt der Unternehmer neben seiner land- und forstwirtschaftlichen Ttigkeit noch einen anderen unternehmerischen Betrieb, der fr sich gesehen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG erfllt, so liegt zwar nur ein 1 EuGH, Urt. v. 15.7.2004 – Rs. C-321/02, UR 2004, 543, Tz. 34; BFH, UR 2005, 264. Damit ist auch die ohnehin wohl berflssige Vorlagefrage des BFH, UR 2004, 244 (Verpachtung eines Grundstcks mit Hhnchenmaststall) beantwortet. 2 EuGH, Urt. v. 15.7.2004 – Rs. C-321/02, UR 2004, 543, Tz. 34. 3 BFH, UR 2004, 208, 211 (unter cc); aA. Abschn. 264 Abs. 4 UStR 2005 (wenn weniger als vier Zimmer und weniger als sechs Betten). 4 BFH, UR 2004, 208, 211 (unter cc); s. aber Vereinfachungsregelung des Abschn. 264 Abs. 2 Satz 4 UStR 2005 iVm. R 135 Abs. 8 EStR 2003. 5 BFH, UR 2004, 208, 211 (unter cc). 6 BStBl. II 1999, 378. Der BFH hat allerdings nunmehr Zweifel bekommen und die Frage dem EuGH vorgelegt; BFH, UR 2004, 208. 7 BFH, UR 2002, 235, 236 (aE.). 8 BFH, UR 2005, 264. 9 EuGH, UR 2004, 543; zweifelnd noch BFH, UR 2004, 208, 211 f., fr den auch die Nichtbesteuerung in Betracht kommt, was jedoch aus Grnden der Wettbewerbsneutralitt auszuschließen ist.

635

17.67

Kapitel 17 Sonderregelungen

Unternehmen vor (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG; vgl. Rz. 5.131), da die beiden Unternehmensteile (Betriebe) jedoch unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen unterliegen1, gibt es Abgrenzungsfragen. 17.68

Bei der Frage, ob auf den anderen Betrieb die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 1 UStG (Rz. 1 ff.) anzuwenden ist, sind fr die Ermittlung des Gesamtumsatzes iS des § 19 Abs. 3 UStG auch die Umstze aus der land- und forstwirtschaftlichen Ttigkeit zu bercksichtigen. Die Rechtsfolgen des § 19 Abs. 1 UStG beschrnken sich aber auf die Umstze außerhalb der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.2

17.69

Die Abziehbarkeit der Vorsteuerbetrge richtet sich nach der Verwendung der zugrunde liegenden Eingangsleistungen; die zu § 15 Abs. 2 und 3 UStG entwickelten Zuordnungsregeln (Rz. 15.144 ff.) gelten entsprechend. Werden Eingangsleistungen in beiden Betrieben verwendet, oder sollen sie in beiden verwendet werden, so sind die Vorsteuerbetrge entsprechend der Verwendung bzw. der beabsichtigten Verwendung aufzuteilen3; die zu § 15 Abs. 4 UStG entwickelten Aufteilungsregeln (Rz. 15.168 ff.) gelten entsprechend.

17.70

Wertabgaben von einem Betrieb an den anderen sind, da sie innerhalb des einen Unternehmens erfolgen (Rz. 5.135), keine Umstze und fhren auch nicht zu fiktiven Umstzen in Gestalt von Entnahmen iS des § 3 Abs. 1b Nr. 1 bzw. Abs. 9a Nr. 1 UStG, da sie nicht fr Zwecke außerhalb des Unternehmens erfolgen. Statt dessen kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in Betracht, wenn ein Gegenstand (Wirtschaftsgut, Investitionsgut) von dem einen Betrieb in den anderen verbracht wird, so daß eine nderung der Verwendungsverhltnisse iS des § 15a UStG vorliegt4 (vgl. Rz. 16.100 aE.). 5. Verzicht auf die Durchschnittssatzbesteuerung

17.71

Der Unternehmer kann auf die Anwendung der „Besteuerung“ nach Durchschnittsstzen verzichten. Ein solcher Verzicht kann vorteilhaft sein, wenn infolge von Investitionen erhebliche Vorsteuern anfallen. Der Verzicht kann rckwirkend nur5 bis zum zehnten Tag des folgenden Kalenderjahres erklrt 1 Das folgt nicht etwa aus § 24 Abs. 3 UStG, wonach der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als ein gesondert gefhrter Betrieb anzusehen ist, so aber Abschn. 269 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStR 2005; Lippross, 8.4.8 (S. 830), sondern daraus, daß fr den anderen Unternehmensteil (Betrieb) die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 UStG nicht erfllt sind und umgekehrt. Die Bedeutung des § 24 Abs. 3 UStG beschrnkt sich auf die Klarstellung, daß bei der Verußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ein gesondert gefhrter Betrieb iS des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, so daß eine nicht steuerbare Geschftsverußerung (Rz. 5.182 ff., 187) vorliegt. 2 Abschn. 269 Abs. 4 UStR 2005. 3 BFH, BStBl. II 1994, 339. 4 Bunjes, UR 1985, 172; Stadie, Vorsteuerabzug, S. 211; BFH, BStBl. II 1994, 339, 341 f.; UR 2002, 233; dazu auch BMF, BStBl. I 1995, 831. 5 Anders als beim Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 2 UStG (dazu Rz. 33) oder beim Verzicht nach § 23 Abs. 3 UStG (Rz. 41). Die davon abweichende Regelung des § 24 Abs. 4 UStG verstßt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da sie sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers hlt; vgl. auch BFH, UR 2001, 315.

636

IV. Besteuerung der Reiseleistungen

werden (§ 24 Abs. 4 Satz 1 UStG). Hat der Unternehmer mehrere land- und forstwirtschaftliche Betriebe, so kann der Verzicht nur einheitlich fr alle Betriebe erklrt werden.1 Da die Pauschalierungsregelung des § 24 Abs. 1 UStG auch bereits fr die Vorsteuer aus Vorbereitungshandlungen gilt, muß zur Erlangung des Vorsteuerabzugs auch schon fr das betreffende Kalenderjahr der Verzicht unter Wahrung der Frist des § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG erklrt werden.2 Ggf. muß zustzlich noch auf die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 2 UStG verzichtet werden (Rz. 29 ff.). Die Erklrung bindet den Unternehmer grundstzlich3 mindestens fr fnf Kalenderjahre; im Falle der Geschftsverußerung (§ 1 Abs. 1a UStG; dazu Rz. 5.182 ff.) ist der Erwerber an diese Frist gebunden (§ 24 Abs. 4 Satz 2 UStG). Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge folgt die Bindung aus dem Gesamtrechtsnachfolgeprinzip (Rz. 5.167). Der Verzicht kann mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden (dazu nher § 24 Abs. 4 Satz 3 bis 6 UStG).

17.72

IV. Besteuerung der Reiseleistungen 1. Allgemeines Fr Reiseleistungen, die nicht fr das Unternehmen des Empfngers bestimmt sind, und bei denen der Unternehmer gegenber dem Empfnger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen (Rz. 78) in Anspruch nimmt, gelten die Sonderregelungen des § 25 UStG.4 Die Bestimmung gilt fr alle Unternehmer, soweit sie derartige Reiseleistungen erbringen, wenn auch die Vorschrift vorrangig die Veranstalter von Pauschalreisen im Auge hat. Keine Reiseleistungen iS des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG liegen vor, wenn der Unternehmer die Leistungen mit eigenen Mitteln bewirkt, d. h. keine Reisevorleistungen Dritter in Anspruch nimmt. Die Vorschrift bezweckt vor allem die vereinfachte Besteuerung der Reiseveranstalter, die Auslandsreisen anbieten und fr deren Durchfhrung typischerweise verschiedene Leistungen Dritter im Ausland in Anspruch nehmen. Das Gesetz behandelt dieses vom Reiseveranstalter mit Hilfe Dritter erbrachte Leistungsbndel als eine einheitliche sonstige Leistung (§ 25 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStG), deren Ort sich nach § 3a Abs. 1 UStG, d. h. nach der Ansssigkeit (Rz. 8.140 ff.) des Reiseveranstalters bestimmt (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG).

1 2 3 4

BFH, BStBl. II 1998, 494. Vgl. BFH, UR 2001, 315. Ausnahme Kleinunternehmer (§ 71 UStDV). Entspricht Art. 26 der 6. EG-RL.

637

17.73

Kapitel 17 Sonderregelungen

17.74

Die Vereinfachung besteht ferner darin, daß – die Reiseleistung steuerfrei ist, soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet bewirkt werden (§ 25 Abs. 2 UStG)1; – die Bemessungsgrundlage fr die Reiseleistung sich nach dem Unterschied (der sog. Marge) zwischen dem Reisepreis und den Aufwendungen fr die Reisevorleistungen bestimmt; die Umsatzsteuer gehrt nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 25 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG); es handelt sich mithin um eine sog. Differenzbesteuerung (Rz. 80); – damit geht einher, daß die fr die Reisevorleistungen in Rechnung gestellte Vorsteuer nicht abziehbar ist (§ 25 Abs. 4 Satz 1 UStG). Hinsichtlich der brigen Vorsteuern bleibt es bei den allgemeinen Regeln (§ 25 Abs. 4 Satz 2 UStG). Der Umstand, daß die Reiseleistung nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei ist, weil sie im Drittland bewirkt wird, bzw. aus diesem Grund steuerfrei wre, wenn die Reiseleistung im Inland steuerbar wre, schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a bzw. Nr. 2 Buchst. a UStG; Rz. 15.138 bzw. Rz. 15.135).

17.75

Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn die Reiseleistung nicht fr das Unternehmen des Empfngers bestimmt ist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG).2 Den Unternehmer treffen keine Nachforschungspflichten. Sofern sich nicht aus den Umstnden ergibt, daß die Reiseleistung fr das Unternehmen des Auftraggebers bestimmt ist, kann der Unternehmer vom Gegenteil ausgehen.3

17.76

§ 25 UStG betrifft nur Reiseleistungen, die der Unternehmer im eigenen Namen – fr eigene oder fr fremde Rechnung (Rz. 78 aE.) – erbringt (und dafr Reisevorleistungen in Anspruch nimmt). Das ist der Fall, wenn er Partner des Reisevertrages ist, d. h. dem Reisenden die Erbringung der Reiseleistungen schuldet und Glubiger des Reisepreises ist.

17.77

Nicht von der Vorschrift erfaßt werden Vertreter (Agenten) und Vermittler (dazu Rz. 2.37 u. Rz. 8.69 f.), die lediglich im Namen eines Beteiligten (mit dessen Vollmacht) ttig werden oder die Vertragsparteien zusammenfhren. Derartige Funktionen werden typischerweise von sog. Reisebros wahrgenommen.4 Diese erbringen eigene sonstige Leistungen, deren Ort sich nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 oder 4 UStG richtet (Rz. 8.54 bzw. 8.69 ff.) und die nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b und c UStG steuerfrei sein knnen, wenn Leistungsempfnger (Auftraggeber) nicht der Reisende ist (§ 4 Nr. 5 Satz 2 UStG; dazu auch Rz. 10.66). 1 Dazu nher Abschn. 273 UStR 2005 auch mit Vereinfachungen bei Personenbefrderungen, die sich nur z. T. auf das Drittlandsgebiet erstrecken. 2 Art. 26 der 6. EG-RL ist diese Einschrnkung m. E. nicht zu entnehmen. 3 Vgl. Abschn. 272 Abs. 3 UStR 2005. 4 Vllig unsinnig sind deshalb die Formulierungen des Art. 26 Abs. 1 der 6. EG-RL, die von „Reisebros“ sprechen, „die gegenber den Reisenden im eigenen Namen auftreten“, und ferner bestimmen, daß als Reisebros auch Reiseveranstalter „gelten“.

638

IV. Besteuerung der Reiseleistungen

2. Inanspruchnahme von Reisevorleistungen Die Sonderregelung des § 25 UStG gilt nur fr solche Reiseleistungen (die nicht fr das Unternehmen des Empfngers bestimmt sind), bei denen der Unternehmer Reisevorleistungen in Anspruch nimmt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG). Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute kommen (§ 25 Abs. 1 Satz 5 UStG). Das sind insbesondere Dienstleistungen Dritter in Gestalt der Befrderung, Unterbringung, Verpflegung und Unterhaltung der Reisenden. Es reicht aus, wenn der Unternehmer nur eine Reisevorleistung in Anspruch nimmt1 (Beispiel: Vermietung einer Ferienwohnung ohne Besorgung der Anreise).

17.78

Eine Inanspruchnahme von Reisevorleistungen liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer als „Kommissionr“ fr sonstige Leistungen iS des § 3 Abs. 11 UStG (Rz. 7.64 f.), d. h. im eigenen Namen, aber fr fremde Rechnung handelt (Beispiel: Vermietung von Ferienwohnungen der Muttergesellschaft durch Tochtergesellschaft im eigenen Namen und fr Rechnung der Muttergesellschaft2).

Soweit der Unternehmer die Reiseleistungen durch Einsatz eigener Mittel (Beispiele: eigene Befrderungsmittel, eigene Ferienwohnungen, eigene Hotels, Betreuung durch angestellte Reiseleiter) erbringt, gelten fr diese Leistungen die allgemeinen Vorschriften, so daß sich unterschiedliche Orte nach § 3a und § 3b UStG ergeben knnen. Erbringt der Unternehmer eine gemischte Reiseleistung, d. h. fhrt er diese teilweise mit eigenen Mitteln und teilweise unter Inanspruchnahme von Reisevorleistungen durch, so ist § 25 UStG nur hinsichtlich des letztgenannten Teils der Reiseleistung anwendbar, so daß der einheitliche Reisepreis aufzuteilen ist.3

17.79

3. Bemessungsgrundlage Die Reiseleistung bemißt sich nach dem Unterschied (hufig Marge genannt) zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfnger (Reisende) aufwendet, um die Leistung zu erhalten (Reisepreis), und dem Betrag, den der Unternehmer fr die Reisevorleistungen aufwendet; die Umsatzsteuer gehrt nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 25 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG). Es handelt sich mithin um einen Fall der Differenzbesteuerung (Abzug des Vorumsatzes). Fr die Ermittlung des Reisepreises gelten die zu § 10 Abs. 1 Satz 2, 3 und 6 UStG entwickelten Grundstze (Rz. 11.4 ff.) entsprechend. Sind die Reisevorleistungen hher, so kann die negative Marge nicht mit positiven Margen aus anderen Reiseleistungen verrechnet werden.

17.80

Der Unternehmer kann allerdings die Bemessungsgrundlage statt fr jede einzelne Reiseleistung entweder fr Gruppen von Reiseleistungen oder fr die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Reiseleistungen ermitteln (§ 25 Abs. 3 Satz 3 UStG). Davon machen fast alle Reiseveranstalter

17.81

1 Abschn. 272 Abs. 1 Satz 4 UStR 2005. 2 Vgl. BFH, UR 2000, 26 = BStBl. II 2004, 309. 3 Abschn. 272 Abs. 11 iVm. Abschn. 274 Abs. 2 UStR 2005.

639

Kapitel 17 Sonderregelungen

Gebrauch, weil dadurch negative mit positiven Einzelmargen verrechnet werden knnen. Dadurch wirken sich auch Aufwendungen fr Reisevorleistungen in Gestalt nicht ausgenutzter Kapazitten aus.

4. Unentgeltliche Reiseleistungen 17.82

Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll § 25 UStG auch bei unentgeltlichen Reiseleistungen gegenber den eigenen Arbeitnehmern (Beispiel: Unternehmer „kauft“ Reisen bei Reiseveranstaltern ein und wendet sie bestimmten Arbeitnehmern zur Motivationssteigerung zu1) anzuwenden sein.2 Die Bemessungsgrundlage soll nach § 25 Abs. 3 UStG Null betragen, weil die Aufwendungen („Ausgaben“) nach § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG sich mit den Aufwendungen fr die Reisevorleistungen deckten. Da der Vorsteuerabzug fr letztere nach § 25 Abs. 3 Satz 1 UStG ausgeschlossen ist, tritt zwar ein sachgerechtes Ergebnis ein, weil der Letztverbrauch durch die Arbeitnehmer mit der Umsatzsteuer belastet bleibt, dem Gesetzeswortlaut entspricht diese Lsung indes nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut seines Absatzes 3 („Betrag, den der Leistungsempfnger aufwendet“)3 hat § 25 UStG nur die entgeltlichen Reiseleistungen im Auge.4 Richtigerweise fllt der Vorgang nur insoweit unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, wie die zugrunde liegenden Ausgaben vorsteuerentlastet sind (Rz. 4.41).

17.83

Wird eine Reise einem sog. Geschftsfreund zur Pflege der Geschftsbeziehungen oder einem Kunden als Gewinn bei einem Preisausschreiben unentgeltlich zugewendet, so ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG iVm. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG (Geschenk5) ausgeschlossen.

17.84

Steht der dem Arbeitnehmer zugewendeten Reiseleistung – wie im Regelfall – eine Gegenleistung in Gestalt anteiliger Arbeitsleistung gegenber (Rz. 3.13), so findet zwar § 25a UStG Anwendung, die Bemessungsgrundlage iS des Absatzes 3 ist jedoch stets Null, weil der Wert der Gegenleistung (anteilige Arbeitsleistung als Betrag der Aufwendungen des Leistungsempfngers) den Aufwendungen fr die Reisevorleistungen entspricht (Rz. 11.40). Durch den Ausschluß des Vorsteuerabzugs nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG (Rz. 74) tritt die Belastung des Letztverbrauchs ein.

1 Von manchen berflssig als „Incentive“-Reisen bezeichnet. 2 Abschn. 272 Abs. 1 Satz 6, 274 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 6 UStR 2005; Lippross, 8.6.2.3 (S. 841) Beispiel 5; Reiss, UmsatzsteuerR, 5.2.6 (S. 182); Wagner in S/R, § 25 Rz. 28 f. 3 Ebenso Art. 26 Abs. 2 Satz 3 der 6. EG-RL: „vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag“. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 651. 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 806.

640

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. . 1. Allgemeines Fr Lieferungen von beweglichen krperlichen Gegenstnden, bei deren Erwerb kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand, bestimmt § 25a UStG1, daß abweichend von § 10 Abs. 1 UStG nur die Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterworfen wird.2 Zweck dieser Regelung ist es, die Wettbewerbsnachteile zu beseitigen, die insbesondere Hndler von Gebrauchtwaren und von Kunstgegenstnden, Sammlungsstcken und Antiquitten im Verhltnis zu privaten (nichtunternehmerischen) Anbietern oder gleichgestellten Unternehmern (Rz. 99 f.) beim Verkauf an Verbraucher erwachsen knnen.

17.85

Beispiel: Eine Privatperson verußert einen gebrauchten Gegenstand fr 20 000 Euro an eine andere Privatperson. Wollte ein Hndler einen nmlichen Gegenstand verußern und gbe es die Regelung des § 25a UStG nicht, so mßte er fr 20 000 Euro + 3200 Euro verkaufen, um auf denselben Erls zu kommen. Das gelnge regelmßig nicht. Verkaufte er den Gegenstand fr 20 000 Euro, so mßte er, wenn es § 25a UStG nicht gbe, 16/116 davon, d. h. rd. 2759 Euro als Umsatzsteuer an das Finanzamt abfhren, so daß er in Hhe dieses Betrages gegenber der mit ihm am Verbrauchermarkt konkurrierenden Privatperson benachteiligt wre. Der Zweck der Vorschrift liegt entgegen der Ansicht des EuGH3 nicht4 in dem prinzipiellen Verbot jeglicher Doppelbesteuerung. Die Mehrfachbesteuerung von gebrauchten Gegenstnden, Kunstgegenstnden usw. ist vom Prinzip her verbrauchsteuerkonform, weil Belastungsgrund der jeweilige Aufwand des Verbrauchers ist. Mit dem erneuten Umsatz des Gegenstandes wird von einem weiteren Verbraucher erneut Vermgen aufgewendet. Besteuerungsgut der Umsatzsteuer ist nicht der Gegenstand bzw. dessen Verbrauch (Rz. 1.13 ff.).

17.86

Die Vorschrift bewirkt, daß der Hndler (Wiederverkufer) insoweit mit dem privaten Anbieter gleichgestellt wird, als bis zur Hhe des Preises, den der private Anbieter bei einer Verußerung erzielt htte, auch der Wiederverkaufspreis des Hndlers nicht der Umsatzsteuer unterworfen wird. Das Gesetz unterstellt dabei, daß der Einkaufspreis des Hndlers in etwa dem Preis entspricht, den der private Verkufer auch bei einer Verußerung an einen privaten Abnehmer erzielen knnte. Es handelt sich um eine Umsatzbesteuerung mit Vorumsatzabzug, so daß der Hndler so gestellt wird, als htte ihm hinsichtlich des Erwerbs des Gegenstandes ein Vorsteuerabzug zugestanden. Im Ergebnis wird nur der vom Hndler geschaffene Mehrwert besteuert. Zur Erreichung dieses Zieles wird auch der Erwerb von einem anderen Wiederver-

17.87

1 Entspricht Art. 26a der 6. EG-RL. 2 Auch fr Reiseleistungen sieht das Gesetz in § 25 Abs. 3 UStG eine Differenzbesteuerung vor (Rz. 80), so daß die berschrift zu § 25a UStG unglcklich gewhlt ist, da sie suggeriert, daß nur diese Bestimmung die Differenzbesteuerung regele. 3 EuGH, Urt. v. 1.4.2004 – Rs. C-320/02, UR 2004, 253, Tz. 25. 4 Zu weiteren unzutreffenden Erklrungsversuchen zum Zweck der Vorschrift bzw. des Art. 26a der 6. EG-RL s. ausfhrlich Stadie in R/D, § 25a Anm. 9 f.

641

Kapitel 17 Sonderregelungen

kufer erfaßt, der den Gegenstand von einer Privatperson o. . erworben hatte (Rz. 103). 17.88

Mit der Differenzbesteuerung wird das Eigengeschft einschließlich Kommissionsgeschft (Rz. 7.46 ff.) im Ergebnis dem sog. Agenturgeschft gleichgestellt, bei dem der „Hndler“ als Vertreter, d. h. im fremden Namen fr fremde Rechnung handelt. Bei diesem Geschft erbringt er eine sonstige Leistung gegenber seinem Auftraggeber in Gestalt der Vertretung (Vermittlung) und ggf. eine weitere in Gestalt von Pflege- und Reparaturarbeiten. Der vom Vertreter (Agenten) vereinnahmte Verkaufspreis ist ein durchlaufender Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG; vgl. Rz. 11.33), so daß er lediglich die davon einbehaltene Provision und ggf. den ebenfalls davon einbehaltenen Werklohn fr die Pflege- und Reparaturarbeiten zu versteuern hat. Der an den Auftraggeber ausgekehrte Restbetrag entspricht dem Einkaufspreis iS des § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG.

2. Voraussetzungen 17.89

Fr die Lieferung beweglicher krperlicher Gegenstnde gilt gem. § 25a Abs. 1 UStG die Differenzbesteuerung1, wenn – der liefernde Unternehmer ein Wiederverkufer ist (Nr. 1), – die Gegenstnde an ihn im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden (Nr. 2 Satz 1), – fr diese Lieferung – keine Umsatzsteuer geschuldet wurde2 (Nr. 2 Satz 2 Buchst. a) oder – die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (Nr. 2 Satz 2 Buchst. b) – und die Gegenstnde keine Edelsteine oder Edelmetalle sind (Nr. 3).

1 Ausnahme: innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge iS des § 1b Abs. 2 und 3 UStG (§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG). Diese Lieferungen sind stets steuerfrei gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b iVm. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und Nr. 3 UStG, da der Kufer stets der Erwerbsbesteuerung unterliegt (Art. 28a Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL; entspricht § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 1b UStG). Das fhrt zu keiner Diskriminierung der Hndler gegenber Privatpersonen als Fahrzeuglieferer nach § 2a UStG (so aber Reiß, UmsatzsteuerR, 5.2.5, S. 180 f.), da im Wege des Erst-Recht-Schlusses § 15 Abs. 4a UStG analog anzuwenden ist. Denn wenn private Fahrzeuglieferer iS des § 2a UStG und Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 4 UStG) nach dieser Vorschrift die Entlastung (Vergtung) der auf den Preis entfallenden Vorsteuer erhalten (dazu Rz. 10.27 Fn.), so muß dies erst recht fr Hndler gelten (Stadie in R/D, § 25a Anm. 142 f.). 2 Bzw. der Lieferer ein Kleinunternehmer war, bei dem die geschuldete Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.

642

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

Darber hinaus kann bei Kunstgegenstnden, Sammlungsstcken und Antiquitten in bestimmten Fllen die Differenzbesteuerung gewhlt werden, auch wenn die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 UStG nicht erfllt sind (§ 25a Abs. 2 UStG).1

a) Wiederverkufer Als Wiederverkufer „gilt“2 zum einen, wer gewerbsmßig mit beweglichen krperlichen Gegenstnden handelt (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 1 UStG). Wenn das Gesetz von gewerblichem Handel spricht, so ist das eine Tautologie, denn der Handel ist die Urform des Gewerbes, d. h. wer mit Gegenstnden handelt, tut dies stets gewerbsmßig. Erfaßt werden nicht nur die typischen Hndler, die in erster Linie oder ausschließlich mit „gebrauchten“3 Gegenstnden handeln (Beispiele: Antiquittenhndler, Antiquariate, Gebrauchtfahrzeughndler, sog. Second-Hand-Geschfte), sondern auch solche Hndler, die in erster Linie neue Gegenstnde umsetzen und lediglich zur Frderung des Geschfts in Einzel- oder Ausnahmefllen gebrauchte Gegenstnde in

1 Bei Kunstgegenstnden, Sammlungsstcken und Antiquitten kann der Wiederverkufer die Differenzbesteuerung auch anwenden, wenn er diese selbst eingefhrt hat (§ 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Bei Kunstgegenstnden kommt die Differenzbesteuerung darber hinaus auch dann in Betracht, wenn deren Lieferung an den Wiederverkufer steuerpflichtig war und nicht von einem Wiederverkufer ausgefhrt wurde (§ 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). In diesen Fllen ist der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer bzw. der Steuer fr die Lieferung an den Wiederverkufer ausgeschlossen (§ 25a Abs. 5 Satz 3 UStG), so daß der „Einkaufspreis“ die Einfuhrumsatzsteuer bzw. Umsatzsteuer mit einschließt (§ 25a Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG). Dadurch wird der Wiederverkufer so gestellt, als htte er die Gegenstnde von einer Privatperson erworben. Der Sinn dieser Regelung, die auf Art. 26a Teil B Abs. 4 der 6. EG-RL zurckgeht, liegt im Dunklen (vgl. aber Ammann, UR 1995, 88). Die gegenber dem Finanzamt abzugebende Erklrung bindet fr mindestens zwei Jahre (§ 25a Abs. 2 Satz 2 UStG). Gleichwohl kann fr einzelne Lieferungen auf die Differenzbesteuerung verzichtet werden (§ 25a Abs. 8 UStG). 2 Der Sinn der vom Gesetz verwendeten Fiktion ist nicht erkennbar, denn wer gewerbsmßig Handel treibt, ist der Prototyp des Wiederverkufers. 3 Die der Vorschrift unterfallenden Gegenstnde mssen nicht notwendig „gebraucht“ sein, wenngleich das regelmßig der Fall sein wird. Art. 26a Teil A Buchst. d der 6. EG-RL spricht zwar von „Gebrauchtgegenstnden“, eine einschrnkende Interpretation widersprche jedoch der Zielsetzung der Richtlinie, wonach Wettbewerbsverzerrungen begegnet werden soll (vgl. die Begrndungserwgungen zu Art. 26a der 6. EG-RL, abgedruckt bei Lohse in R/D, Bd. VI, zu Art. 26a). Bei ohne Vorsteuerabzug erworbenen „neuen“ (ungebrauchten) Gegenstnden ist die Wettbewerbssituation des Hndlers nicht anders als bei gebrauchten Gegenstnden (Beispiel: eine Person ohne Fahrerlaubnis gewinnt ein fabrikneues Fahrzeug und verkauft es an einen Gebrauchtwagenhndler).

643

17.90

Kapitel 17 Sonderregelungen

Zahlung nehmen. Auch deren Weiterverußerung durch den Hndler ist gewerbsmßig.1 17.91

Der gewerbsmßige Handel kann auch fr fremde Rechnung erfolgen (Kommissionsgeschft).2 Die Voraussetzungen der Lieferungen an bzw. durch den Kommissionr werden durch die Fiktion des § 3 Abs. 3 UStG geschaffen (Rz. 7.46 ff.). Allerdings wird durch die Differenzbesteuerung im Ergebnis diese Fiktion wieder beseitigt und der Kommissionr entsprechend seiner handelsrechtlichen Qualifizierung nur mit dem Entgelt fr seine Dienstleistung besteuert.

17.92

Unternehmer, die nicht mit Gegenstnden handeln und nur im Einzelfall gebrauchte Gegenstnde als (Teil der) Gegenleistung erwerben, knnen auf deren Weiterlieferung die Differenzbesteuerung nicht anwenden (Beispiel: ein Freiberufler nimmt von einem Mandanten einen Gegenstand in Zahlung und verußert ihn anschließend). In diesem Fall ist der Umsatz (sog. Hilfsgeschft, Rz. 6.6) jedoch bereits wegen des fehlenden Vorsteuerabzugs beim Erwerb nicht steuerbar, weil auch eine Entnahme nicht steuerbar (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG; Rz. 4.7), jedenfalls aber in analoger Anwendung des § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei wre (Rz. 6.15; Rz. 10.130).

17.93

Verußern Kreditinstitute sicherungsbereignete Gegenstnde nach Eintritt der Verwertungsbefugnis, so liegen jeweils zwei Lieferungen vor (Rz. 7.25). Sofern fr die Lieferung des Sicherungsgebers (Kreditnehmers) keine Umsatzsteuer geschuldet wird, ist das Kreditinstitut als Wiederverkufer iS des § 25a UStG anzusehen, da die Verwertung von Sicherungsgut hufig im Gefolge von Kreditgewhrungen vorkommt und deshalb als Handel im Rahmen der gewerblichen Ttigkeit des Kreditinstituts anzusehen ist.

17.94

Als Wiederverkufer gelten des weiteren Unternehmer, die bewegliche krperliche Gegenstnde im eigenen Namen ffentlich versteigern (§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 UStG). Erfolgt die Versteigerung fr eigene Rechnung, so ist der Unternehmer bereits „normaler“ Hndler im o. g. Sinne. Gemeint ist nur die Versteigerung im eigenen Namen fr fremde Rechnung, die sich indes als Verkaufskommission darstellt3 und deshalb ebenfalls als Handelsttigkeit zu werten ist, so daß die Erwhnung des ffentlichen Versteigerers nur klarstellend ist.4

b) Erwerbsarten und -modalitten 17.95

Die Lieferung an den Wiederverkufer kann auch im Wege des Tausches erfolgen (Rz. 3.11), insbesondere in Gestalt der Inzahlungnahme (zur Bemessungsgrundlage Rz. 112 f.). Da § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UStG keine entgeltliche Lieferung verlangt, kann der Erwerb auch im Wege der Schenkung erfolgen, der vom Gesetzeszweck her die Zuwendung von Todes wegen gleichzustellen ist.5 1 Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 276a Abs. 2 UStR 2005 ist nicht erforderlich, daß der Hndler „blicherweise“ Gebrauchtgegenstnde erwirbt und daß es sich insoweit um einen Teil- oder Nebenbetrieb handelt. Diese Einschrnkung ist unsinnig, weil sie dem Gesetzeszweck widerspricht, und ist weder durch den Gesetzeswortlaut noch durch Art. 26a Teil A Buchst. e der 6. EG-RL gedeckt, der lediglich verlangt, daß der Erwerb „im Rahmen seiner gewerblichen Ttigkeit“ erfolgt. 2 So ausdrcklich Art. 26a Teil A Buchst. e der 6. EG-RL. 3 Zu gewerblichen Pfandleihern s. Stadie in R/D, § 25a Anm. 33 ff. 4 Anders Art. 26a Teil A Buchst. e und f sowie Teil B und C der 6. EG-RL. 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1994, 57, 59.

644

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

Der Gegenstand muß im Gemeinschaftsgebiet an den Wiederverkufer geliefert worden sein (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UStG). Der Ort der Lieferung muß folglich gemß § 3 Abs. 6 bis 8 UStG (Rz. 8.4 ff.) im Inland oder entsprechend Art. 8 Abs. 1 Buchst. a oder b oder Abs. 2 der 6. EG-RL im brigen Gemeinschaftsgebiet gelegen haben.

17.96

Die Lieferung muß nicht fr das Unternehmen des Wiederverkufers erfolgt sein, da der Zweck der Vorschrift (Rz. 85 f.) die Anwendung der Vorschrift auch auf die Verußerung von aus dem Privatbereich eingelegten Gegenstnden verlangt1 (Rz. 106). Fr diese Interpretation spricht auch Art. 26a Teil A Buchst. e der 6. EG-RL. Die Formulierung „Gebrauchtgegenstnde . . . zur Deckung seines unternehmerischen Bedarfs verwendet“ kann m. E. nur den Fall meinen, daß der Wiederverkufer privat erworbene Gegenstnde zum Zwecke des Verkaufs einlegt.

17.97

Die Gegenstnde mssen nicht fr Zwecke des Wiederverkaufs erworben worden sein, so daß von der Vorschrift auch die Lieferung von gebraucht erworbenen Anlagegegenstnden erfaßt wird. Das gilt jedoch nur fr solche Gegenstnde, die blicherweise im Rahmen des Unternehmens umgesetzt werden (Beispiel: Erwerb eines gebrauchten Pkw als Betriebsfahrzeug durch einen Fahrzeughndler).2 Bei der Umwidmung eines Gegenstandes vom Anlagezum Umlaufvermgen des Hndlers ist deshalb ein fiktiver Erwerb anzunehmen.3 Die Verußerung anderer Anlagegegenstnde, mit denen der Wiederverkufer nicht handelt (Beispiel: Broeinrichtung des Gebrauchtwagenhndlers), ist schon nicht steuerbar (Rz. 6.15), da mangels Vorsteuerentlastung der Gegenstnde auch eine Entnahme nicht steuerbar wre (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG). Auf dasselbe luft die analoge Anwendung des § 4 Nr. 28 UStG (Rz. 10.130) hinaus.

17.98

c) Nicht- oder differenzbesteuerter Erwerb aa) Elementare Voraussetzung der Differenzbesteuerung ist, daß fr die Lieferung an den Unternehmer – oder an den vorhergehenden Unternehmer (Rz. 103) – Umsatzsteuer nicht geschuldet wird (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG). Das ist zum einen der Fall, wenn der Umsatz nicht im Inland steuerbar ist und auch nicht im brigen Gemeinschaftsgebiet der Steuer unterliegt, weil der Lieferer kein Unternehmer (bzw. kein Steuerpflichtiger) ist oder die Lieferung nicht im Rahmen des Unternehmens erfolgt (bzw. der Steuerpflichtige nicht als solcher handelt). Umsatzsteuer wird ebenfalls nicht geschuldet, wenn die steuerbare Lieferung nach § 4 Nr. 19 UStG (Blindenprivi1 Stadie in R/D, § 25a Anm. 61; aA. Abschn. 276a Abs. 4 Satz 2 UStR 2005; Birkenfeld, § 236 Rz. 61; Lippross, 8.7.2 (S. 852). 2 Ebenso Nieskens, UR 1994, 373, 382; Birkenfeld, § 236 Rz. 47; aA. Abschn. 276a Abs. 4 Satz 3 UStR 2005; Lippross, 8.7.2 (S. 852). 3 Stadie in R/D, § 25a Anm. 62.

645

17.99

Kapitel 17 Sonderregelungen

leg) oder nach § 4 Nr. 28 UStG (dazu Rz. 10.129 f.) bzw. Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL steuerfrei ist.1 17.100

Gleichgestellt ist die Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG bei Lieferungen von Kleinunternehmern (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG). Entgegen dem Gesetzeswortlaut ist nicht nur auf die Kleinunternehmerbefreiung nach § 19 Abs. 1 UStG, sondern entsprechend Art. 26a Teil B Abs. 2 Gedankenstrich 3 der 6. EG-RL2 auch auf die korrespondierenden Bestimmungen der brigen Mitgliedstaaten abzustellen.3 Ebenfalls von § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfaßt wird der Erwerb von Land- und Forstwirten, die die Durchschnittsstze nach § 24 Abs. 1 UStG anwenden4, denn sie schulden fr den Umsatz wegen des identischen Vorsteuerabzugs tatschlich keine Steuer (Rz. 44, 48, 63).5

17.101

In allen diesen Fllen haben die Lieferer keinen Vorsteuerabzug, so daß sie die anteilige nichtabziehbare Umsatzsteuer aus dem Ersterwerb im Verkaufspreis des gebrauchten Gegenstandes auf den Hndler abwlzen. Damit korrespondiert, daß die Lieferer nicht berechtigt sind, Umsatzsteuer in einer Rechnung auszuweisen und der Hndler keinen Vorsteuerabzug hat (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 iVm. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 bzw. § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).6 Ob die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG vorliegen, kann der Hndler indes nicht beurteilen bzw. berprfen. Wird ihm keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erteilt (bzw. seiner Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG widersprochen), so verlangt der Zweck der Vorschrift wie auch das Gebot des Vertrauensschutzes, daß der Hndler davon ausgehen kann, daß die Lieferung unter § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG fllt.7

17.102

Hat umgekehrt der Lieferer Steuer in seiner Rechnung ausgewiesen, obwohl er dazu nicht berechtigt ist, so kann fr den Wiederverkufer hinsichtlich des Vorsteuerabzugs Vertrauensschutz in Betracht kommen (Rz. 15.9 f., 15.79) mit der Folge, daß er dann allerdings auch nicht die Differenzbesteuerung vornehmen darf.

17.103

bb) Die Differenzbesteuerung kommt ferner nach einem vorherigen Erwerb von einem anderen Wiederverkufer in Betracht, wenn nmlich fr dessen Lieferung an den Wiederverkufer ebenfalls die Differenzbesteuerung vorgenommen worden war (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG). Mßte statt dessen der zweite Wiederverkufer bei seiner Weiterlieferung den gesamten 1 Ausgenommen sind die innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstnde, auf deren Lieferung die Steuerbefreiung fr innergemeinschaftliche Lieferungen im brigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden ist (§ 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG). Diese Einschrnkung ergibt sich aus der Natur der Sache, weil der Wiederverkufer den Gegenstand dann vorsteuerentlastet erwirbt und die bei ihm anfallende Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb als Vorsteuer abziehen kann (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). 2 Unklar ist allerdings die dortige Beschrnkung auf Investitionsgter. 3 So auch Abschn. 276a Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 UStR 2005. 4 AA. Abschn. 276a Abs. 5 Satz 3 UStR 2005; Birkenfeld, § 236 Rz. 63. 5 Entsprechendes gilt fr Lieferungen durch Krperschaften u. ., die unter § 12 Abs. 2 Nr. 8 iVm. § 23a UStG (dazu Rz. 42) fallen. 6 Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Gedankenstrich 10 bzw. Art. 24 Abs. 5 der 6. EG-RL. 7 AA. FG Berlin, EFG 2000, 521 (nur Indiz); vgl. auch Mßlang in S/R, § 25a Rz. 11.

646

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

Verkaufspreis versteuern, so bliebe der Wettbewerbsnachteil bestehen, weil er auf den nicht voll von der Steuer entlasteten Einkaufspreis Umsatzsteuer zu entrichten htte. Indem er ebenfalls die Differenzbesteuerung vornehmen kann, versteuert auch er nur den von ihm geschaffenen Mehrwert, so daß im Ergebnis nur der von beiden Unternehmern erwirtschaftete Mehrwert mit Umsatzsteuer belastet wird. Beispiel: Gebrauchtwagenhndler B erwirbt von Gebrauchtwagenhndler A ein Fahrzeug fr 30 000 Euro + 4800 Euro Umsatzsteuer, welches A fr 28 000 Euro von einem Arzt gekauft hatte. B verußert das Fahrzeug fr 33 000 Euro weiter. Mßte B diesen Betrag der Steuer unterwerfen, so beliefe sich das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 UStG auf 28 448,28 Euro und die geschuldete Umsatzsteuer auf 4551,72 Euro. Der Nachteil des B gegenber einem privaten (oder gleich gestellten) Anbieter eines vergleichbaren Fahrzeugs bestnde in Hhe von 16/116 von 28 000 Euro = 3862,07 Euro, nmlich der Umsatzsteuer, die der private Anbieter nicht schuldet. Bei Anwendung der Differenzbesteuerung wird A das Fahrzeug fr 30 320 Euro (= 30 000 Euro + 320 Euro als Umsatzsteuer von 16 % auf die Marge des A von 2000 Euro) verkaufen. B versteuert nur die Differenz zwischen 33 000 Euro und seinem Einkaufspreis von 30 320 Euro = 2680 Euro; die Bemessungsgrundlage iS des § 25a Abs. 3 UStG (Rz. 108) betrgt 2310,34 Euro, die Umsatzsteuer 369,66 Euro. Der von den beiden Hndlern (Wiederverkufern) geschaffene Mehrwert von 5000 Euro ist mit 16/116 = 689,66 Euro (= 320 Euro + 369,66 Euro) belastet worden.

Diese Wirkung tritt nur dann ein, wenn der Lieferer (erster Wiederverkufer) die auf seine Marge entfallende Umsatzsteuer nicht vorsteuerabzugsbegrndend in seiner Rechnung gesondert ausweisen darf, weil anderenfalls der zweite Wiederverkufer die Steuer nicht mehr auf seinen Abnehmer abwlzen mßte, wenn er diese als Vorsteuer abziehen knnte. § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG ist deshalb dergestalt zu interpretieren, daß im Falle des gesonderten Ausweises von Steuer keine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung vorliegt, wie sie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG fr den Vorsteuerabzug verlangt1 (Rz. 15.55).

17.104

d) Modalitten der Weiterlieferung aa) Entgeltliche Lieferung Nach seinem Wortlaut will § 25a Abs. 1 UStG alle Lieferungen iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfassen. Folglich mßten auch unentgeltliche Lieferungen iS des § 3 Abs. 1b UStG einschließlich der Entnahmen darunter fallen, wofr § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG spricht, der ausdrcklich § 3 Abs. 1b UStG erwhnt. Das ergibt indes keinen Sinn, weil die Steuerbarkeit dieser Umstze nach § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG erfordert, daß der Gegenstand zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, Voraussetzung des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG aber gerade ist, daß fr die Lieferung des Gegenstandes keine Umsatzsteuer ge1 Art. 26a Teil B Abs. 6 der 6. EG-RL sieht ein ausdrckliches Abzugsverbot vor.

647

17.105

Kapitel 17 Sonderregelungen

schuldet wird.1 Mithin kann die Vorschrift nur entgeltliche Weiterlieferungen erfassen.2 bb) Im Rahmen des Unternehmens 17.106

Eine Lieferung iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß sie im Rahmen des Unternehmens erfolgt (Rz. 6.1 ff.). Das trifft fr den Wiederverkufer auch hinsichtlich der Lieferung derjenigen Gegenstnde zu, die er zuvor fr seinen privaten (nichtunternehmerischen) Bereich erworben hatte3 (dazu bereits Rz. 97), die aber zur Gattung von Gegenstnden gehren, die er typischerweise in seinem Unternehmen umsetzt (Beispiele: ein Gebrauchfahrzeughndler verkauft seinen privaten Zweitwagen; ein Antiquittenhndler verkauft eine Truhe aus seinem Wohnzimmer). Die Nichtsteuerbarkeit kann nicht damit begrndet werden, daß auch ein Unternehmer einen Privatbereich habe, so daß er die diesem Bereich zugehrigen Gegenstnde auch privat verußern knnen msse. Das Umsatzsteuergesetz besteuert nicht den Unternehmer, sondern die Verbraucherversorgung durch den Unternehmer. Folglich werden diese Gegenstnde selbst dann im Rahmen seines Unternehmens geliefert, wenn er sie nicht innerhalb seines Unternehmens anbietet; eine Einlagehandlung ist mithin nicht erforderlich. Fr diese Auslegung spricht nicht nur der Wortlaut des § 25a Abs. 1 UStG, sondern auch die berlegung, daß es anderenfalls der Unternehmer in der Hand htte, durch die rumliche Zuordnung der Gegenstnde zu bestimmen, ob ihre Verußerung der Besteuerung unterliegt oder nicht. cc) Nmlichkeit des Gegenstandes

17.107

Es muß der nmliche Gegenstand weiterverkauft werden, d. h. der Gegenstand darf vor der Weiterlieferung nur instand gesetzt worden sein (so ausdrcklich Art. 26a Teil A Buchst. d der 6. EG-RL, der Gebrauchtgegenstnde als Gegenstnde definiert, die „in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung“ erneut verwendbar sind). Folglich schließen die Umgestaltung des Gegenstandes, seine Verbindung mit anderen Gegenstnden zu einem neuen Gegenstand oder die Herstellung eines „neuen“ Gegenstandes aus Einzelgegenstnden, die jeweils fr sich die Voraussetzungen des § 25a UStG erfllen wrden, die Differenzbesteuerung aus.4 Insoweit besteht fr derartige 1 Soweit vorsteuerentlastete Bestandteile in den entnommen oder unentgeltlich gelieferten Gegenstand eingefgt worden waren, liegt hinsichtlich dieser Bestandteile ein steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1b UStG vor (Rz. 4.8), der mit der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG zu versteuern ist. Soweit der Unternehmer vorsteuerentlastete Dienstleistungen (Beispiel: Karosserie- und Lackierungsarbeiten bei einem Fahrzeug) fr das Fahrzeug in Anspruch genommen hatte, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG in Betracht (Rz. 16.97 f.). 2 Die Besttigung findet sich in Art. 26a Teil B Abs. 3 der 6. EG-RL, der nur den „Verkaufspreis“ kennt und keine Fiktion desselben in den Fllen des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der 6. EG-RL vorsieht. 3 AA. Abschn. 276a Abs. 4 Satz 2 UStR 2005; Birkenfeld, § 236 Rz. 61. 4 Abschn. 276a Abs. 4 Satz 4 UStR 2005; FG Mnster, EFG 1999, 1000; FG Brandenburg, EFG 2003, 127; aA. Birkenfeld, § 236 Rz. 66 f.

648

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. . Hndler keine beachtliche private Konkurrenz, so daß es der Ausdehnung der Vorschrift auf diese Flle nicht bedarf.1 Entsprechendes gilt, wenn jeweils einzelne Teile des erworbenen Gegenstandes weitergeliefert werden („Ausschlachten“).2

3. Bemessungsgrundlage a) Der Umsatz wird nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis fr den Gegenstand bersteigt (Differenz, sog. Marge); die Umsatzsteuer gehrt nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 25a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 und Satz 2 UStG). Bei einem Minusgeschft ergibt sich kein Steuerguthaben o. . Ebensowenig kommt eine Verrechnung mit positiven Margen aus anderen Umstzen in Betracht, da das Gesetz jeweils auf den einzelnen Umsatz abstellt (Ausnahme: Flle der Gesamtdifferenz nach § 25a Abs. 4 UStG; Rz. 115). Verndern sich Einkaufpreis oder Verkaufspreis nachtrglich (nderung der Bemessungsgrundlage), so ist die Steuer gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 7 UStG zu berichtigen (Rz. 12.33 ff.); entsprechendes gilt bei Nichtzahlung, Rckgngigmachung der Lieferung u. . (Flle des § 17 Abs. 2 UStG; dazu Rz. 12.55 ff.).

17.108

Die Bestimmung des § 25a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 UStG, wonach bei unentgeltlichen Lieferungen und Entnahmen iS des § 3Abs. 1b UStG der Wert nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG an die Stelle des Verkaufspreises trete, luft leer, weil diese Umstze gar nicht von § 25a Abs. 1 UStG erfaßt werden knnen (Rz. 105). Dasselbe gilt fr die Flle des § 10 Abs. 5 UStG (sog. Mindest-Bemessungsgrundlage). Da diese Vorschrift verbilligte Leistungen zwischen nahestehenden Personen wenigstens mit der Bemessungsgrundlage besteuern will, die bei voll unentgeltlichen Leistungen anzusetzen wre (Rz. 11.62), fallen entsprechende verbilligte Lieferungen mangels Vorsteuerabzugs (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) ebenfalls nicht unter § 25a UStG.3

17.109

b) Verkaufspreis ist alles, was der Kufer fr den Gegenstand aufwendet. Bei der Einkaufskommission, bei der die Gegenleistung fingiert wird (Rz. 7.48), ist als Verkaufspreis der Betrag anzusehen, den der Kommittent an den Kommissionr zahlt, d. h. die Summe aus dessen Einkaufspreis, den zu ersetzenden Aufwendungen und der Provision.

17.110

Zum Verkaufspreis gehrt nicht die Zahlung des Kfz.-Kufers fr eine Gebrauchtwagengarantie des Hndlers, wenn dieser eine Garantieversicherung abgeschlossen hat und seinen Anspruch daraus an den Kufer abtritt, oder fr die Verschaffung einer Garantieversicherung, da es sich hierbei jeweils um selbstndige (nach § 4 Nr. 10 UStG steuerfreie) Leistungen handelt.4

1 Stadie in R/D, § 25a Anm. 65. 2 Abschn. 276a Abs. 4 Satz 5 UStR 2005. 3 Stadie in R/D, § 25a Anm. 92; Lippross, 8.7.3 (S. 859); aA. Reiß, UmsatzsteuerR, 5.2.5 (S. 180). 4 BFH, BStBl. II 2003, 445; BFH/NV 2003, 669.

649

Kapitel 17 Sonderregelungen

17.111

c) Einkaufspreis ist der Betrag, den der Hndler dem Verkufer des Gegenstandes als Kaufpreis gezahlt hat.1 bliche Nebenkosten des Erwerbs (z. B. Transportkosten), die an Dritte entrichtet wurden, welche nicht zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sind, sind hinzuzurechnen.2 Andere Nebenkosten, die nach dem Erwerb anfallen (Reparaturkosten u. .) mindern hingegen nicht die Bemessungsgrundlage.3 Im Falle der Verkaufskommission wird eine Lieferung zwischen Kommittent und Kommissionr fingiert (Rz. 7.46 f.). Als Einkaufspreis ist folglich der Betrag anzusetzen, den der Kommittent erhlt, d. h. der Verkaufspreis abzglich Provision und Aufwendungen.4

17.112

Wird der Gegenstand im Wege des Tausches erworben, z. B. durch Inzahlungnahme, so ist als Einkaufspreis der anteilige Wert des dafr hingegebenen Wirtschaftsgutes gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG und nicht etwa der Wert des erworbenen Gegenstandes anzusetzen.5

17.113

Bei der Inzahlungnahme eines Gebrauchtfahrzeugs soll nach Auffassung der Finanzverwaltung als Einkaufspreis der Wert maßgebend sein, der bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage fr den Neuwagenverkauf zugrunde gelegt wird. Dieser sei regelmßig in der Weise zu ermitteln, daß der beim Weiterverkauf (innerhalb von drei Monaten) erzielte Erls abzglich etwaiger Reparaturkosten und eines Pauschalabschlags von bis zu 15 v. H. fr Verkaufskosten angesetzt wird.6 Fr den Abzug pauschalierter Verkaufskosten zur Bestimmung des Einkaufspreises im Rahmen des § 25a UStG besteht keine Rechtsgrundlage, da auch der private Anbieter auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt in etwa den gleichen Preis erlangen wrde. Wenn die Finanzverwaltung fr die Bestimmung der Bemessungsgrundlage des Neufahrzeugverkaufs nach § 10 Abs. 1 iVm. Abs. 2 UStG einen vom tatschlichen gemeinen Wert abweichenden Ansatz zugunsten des Unternehmers zulßt, so besteht dadurch kein Junktim mit der Bemessungsgrundlage iS des § 25a Abs. 3 UStG.7 Wenn der Hndler an dem Gebrauchtfahrzeug keine Wertverbesserungen vornimmt und dieses zeitnah weiterverkauft, so entspricht der Einkaufspreis regelmßig dem Verkaufspreis.

1 Dazu gehrt nicht der Provisionsverzicht, den der Hndler als Vertreter (Agent) bei einem gleichzeitig abgeschlossenen Kaufvertrag ber ein Neufahrzeug zugunsten des Kufers (Verkufer des Gebrauchtfahrzeuges) vornimmt; OFD Koblenz, UR 2004, 176. 2 Ohne diese Einschrnkung Birkenfeld, § 236 Rz. 126; Langer in R/K/L, § 25a Rz. 127; aA. Widmann in P/M/W, § 25a Rz. 95; Lippross, 8.7.3 (S. 858). 3 Abschn. 276a Abs. 8 Satz 2 UStR 2005. 4 Zum „Einkaufspreis“ des gewerblichen Pfandleihers s. Stadie in R/D, § 25a Anm. 104 ff. 5 So aber Abschn. 276a Abs. 10 Satz 1 UStR 2005. 6 Abschn. 276a Abs. 10 Satz 3 iVm. Abschn. 153 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2 UStR 2005. 7 Stadie in R/D, § 25a Anm. 100; vgl. auch Lippross, 8.7.3 (S. 861); Reiß, UVR 1991, 163; Widmann, UR 1991, 273, 278.

650

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. . Beispiel: In dem zu Rz. 11.42 genannten Beispiel wre nach der Verwaltungsauffassung fr die Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Neufahrzeugverkaufs der Inzahlungnahmewert (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) des Altfahrzeuges mit 9280 Euro abzglich 15 v. H. Verkaufskosten = 7888 Euro anzusetzen (so daß der Wert der Gegenleistung nur 34 800 Euro + 7888 Euro = 42 688 Euro und die Bemessungsgrundlage nur 36 800 Euro betrge). Dieser Betrag ist nicht zugleich der Einkaufspreis iS des § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG, so daß der Hndler nicht etwa 9280 Euro (Verkaufspreis) – 7888 Euro (Einkaufspreis) = 1392 Euro als Differenz zu versteuern hat. Vielmehr sind richtigerweise Verkaufspreis und Einkaufspreis deckungsgleich, so daß sich keine Differenz ergibt.

In den Fllen des unentgeltlichen Erwerbs (Rz. 95), der „Einlage“ des Gegenstandes aus dem nichtunternehmerischen Bereich (Rz. 106) und der Umwidmung eines bislang als Anlagevermgen genutzten Gegenstandes (Rz. 98) darf nicht der ursprngliche Einkaufspreis zugrunde gelegt werden. Fr den Zeitpunkt des Erwerbs, der „Einlage“ bzw. der Umwidmung (der regelmßig dem Zeitpunkt des Verkaufs entspricht) ist statt dessen ein fiktiver Einkaufspreis in Analogie zu § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG zu bestimmen, weil der Zweck der Norm es gebietet, den Unternehmer so zu stellen, als htte er den Gegenstand zuvor entgeltlich von dritter Seite erworben.1

17.114

d) Der Wiederverkufer kann die Bemessungsgrundlage statt nach der Einzeldifferenz (§ 25a Abs. 3 UStG) auch nach der Gesamtdifferenz fr alle innerhalb eines Besteuerungszeitraums (grundstzlich Kalenderjahr, § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) ausgefhrten Umstze ermitteln. Diese Methode ist jedoch nur bei Gegenstnden zulssig, deren Einkaufspreis 500 Euro nicht bersteigt (§ 25a Abs. 4 UStG2).3

17.115

4. Ort der Lieferung, Steuerbefreiungen, Steuersatz, Rechnungsgestaltung, Vorsteuerabzug Der Ort der Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 oder Abs. 8 UStG (dazu Rz. 8.7 ff. bzw. Rz. 8.29), da § 3c UStG (dazu Rz. 8.30) nicht anzuwenden ist (§ 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG). Folglich ist der Ort bei differenzbesteuerten Lieferungen im Gemeinschaftsgebiet stets im Ursprungsland.

17.116

Die Steuerbefreiungen werden durch die Differenzbesteuerung grundstzlich nicht berhrt, insbesondere nicht die Steuerbefreiung fr Ausfuhrlieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. a iVm. § 6 UStG). Ausgenommen ist lediglich die Steuerbefreiung fr innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 25a Abs. 5 Satz 2 und Abs. 7 Nr. 3 UStG).4 Damit wird fr die der Differenzbesteuerung unterliegenden Gegenstnde bei Lieferungen in das brige Gemeinschaftsgebiet das Ursprungslandprinzip verwirklicht.

17.117

1 Das verkennen FG Berlin, EFG 2000, 521; Langer in R/K/L, § 25a Rz. 129, wonach als Einkaufspreis der Betrag von Null anzusetzen sei. 2 Entspricht Art. 26a Teil B Abs. 10 der 6. EG-RL. 3 Dazu nher Stadie in R/D, § 25a Anm. 106 ff.; Abschn. 276a Abs. 12 ff. UStR 2005. 4 Entspricht Art. 26a Teil D Buchst. c der 6. EG-RL.

651

Kapitel 17 Sonderregelungen

17.118

Die Steuer ist bei der Differenzbesteuerung stets mit dem allgemeinen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu berechnen (§ 25a Abs. 5 Satz 1 UStG), d. h. auch bei der Lieferung solcher Gegenstnde, fr die bei der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften der ermßigte Steuersatz gelten wrde. Bei einem erheblichen Auseinanderklaffen von Einkaufspreis und Verkaufspreis kann es bei solchen Gegenstnden angebracht sein, auf die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 8 Satz 1 UStG zu verzichten.1

17.119

In den Fllen der Differenzbesteuerung findet die Vorschrift ber den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) keine Anwendung (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Folglich ist der Unternehmer bei Lieferung des Gebrauchtgegenstandes fr das Unternehmen des Empfngers nicht verpflichtet, eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer auszustellen. Das dient dem Schutz des Hndlers, damit er nicht seinen Gewinn aus dem Geschft offenlegen muß.2

17.120

Weist der Unternehmer gleichwohl die in der Differenz3 enthaltene Steuer aus, so soll er nach verfehlter Auffassung der Finanzverwaltung den ausgewiesenen Betrag nach § 14c Abs. 2 UStG zustzlich schulden.4 § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG befreit jedoch nach seinem klaren Wortlaut lediglich den Unternehmer von der Verpflichtung, die Steuer auszuweisen, und enthlt kein Verbot des Steuerausweises.5 § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG bestimmt nmlich „Eine Rechnung muß folgende Angaben enthalten“. Wenn diese Vorschrift keine Anwendung findet, so entfllt damit nicht die Berechtigung zum Ausweis der Steuer. Unabhngig davon ist aber jedenfalls der Zweck des § 14c UStG nicht erfllt (Rz. 14.85, 14.109). Die Rechtsfolge, daß die Steuer doppelt geschuldet wrde, wre ein klarer Verstoß gegen das bermaßverbot6, weil kein plausibler Grund ersichtlich ist, warum der Unternehmer den bereits nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldeten Steuerbetrag nochmals entrichten sollte. Erst recht nicht ist der Tatbestand des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG erfllt, da der Unternehmer keinen hheren Steuerbetrag, als er nach dem Gesetz schuldet, gesondert ausweist.7

17.121

Der Vorsteuerabzug des Kufers ist ausgeschlossen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG ist dergestalt auszulegen, daß wegen der Regelung des § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG keine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung vorliegt (Rz. 15.55). Diese Auslegung wird durch § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG (Rz. 104) und Art. 26a Teil B Abs. 6 der 6. EG-RL, der ein ausdrckliches Vorsteuerabzugsverbot enthlt, gefordert.

1 Rz. 123 Fn. 2 Stadie, aaO., Anm. 124. 3 Weist der Unternehmer die Steuer auf das volle Entgelt aus, so ist darin, sofern die Lieferung nicht von § 25a Abs. 4 UStG (Gesamtdifferenz) erfaßt wird, ein Verzicht auf die Differenzbesteuerung zu sehen (§ 25a Abs. 8 Satz 1 UStG; Rz. 123 f.). Anderenfalls greift § 14c Abs. 1 UStG hinsichtlich derjenigen Steuer ein, die nicht schon nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldet wird. 4 Abschn. 276a Abs. 16 Satz 2 und 3 UStR 2005; ebenso Birkenfeld, § 236 Rz. 204. 5 Ein solches sieht lediglich Art. 26a Teil B Abs. 9 der 6. EG-RL vor. 6 Stadie, aaO., Anm. 125; insoweit auch zutreffend Lippross, 8.7.3 (S. 862). 7 Das verkennen Lippross, 8.7.3 (S. 862); Reiß, UmsatzsteuerR, 5.2.5 (S. 180) und BFH, BStBl. II 1997, 579 (zur Vorgngervorschrift § 14 Abs. 2 UStG aF.).

652

V. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden u. .

Der Vorsteuerabzug des Wiederverkufers wird durch die Differenzbesteuerung grundstzlich1 nicht berhrt. So sind auch Vorsteuerbetrge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gegenstandes anfallen (z. B. Transportkosten), abziehbar, obgleich der Einkaufspreis aus der Bemessungsgrundlage herausgenommen wird. Ebenso wenig sind die Vorsteuern, die auf die Gemeinkosten des Hndlers entfallen, zu krzen. Auch die Vorsteuern aus Reparaturen der Gegenstnde sind nach den allgemeinen Grundstzen abziehbar.

17.122

5. Verzicht auf die Differenzbesteuerung Der Wiederverkufer kann bei jeder einzelnen Lieferung auf die Differenzbesteuerung verzichten, soweit er nicht die Gesamtdifferenzmethode (Rz. 115) anwendet (§ 25a Abs. 8 Satz 1 UStG). Bei einem Verzicht sind die allgemeinen Vorschriften anzuwenden. Die Notwendigkeit des Verzichts2 ist vor allem dann gegeben, wenn die Lieferung an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer erfolgt (der kein Wiederverkufer ist). Mßte der Unternehmer bei Anwendung der Differenzbesteuerung die Steuer gesondert in der Rechnung ausweisen, so wre er gezwungen, seinen Einkaufspreis offenzulegen. Da ihm das nicht zuzumuten ist, beseitigt § 14a Abs. 6 Satz 2 UStG die Verpflichtung dazu. Statt dessen rumt ihm § 25a Abs. 8 UStG die Mglichkeit ein, die Lieferung nach der vollen Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 1 UStG zu versteuern und die die darauf entfallende Steuer in der Rechnung auszuweisen. Ohne diesen Verzicht wre die Umsatzsteuer, die auf die Wertschpfung des Hndlers entfllt, beim Kufer nicht als Vorsteuer abziehbar. Das knnte diesen veranlassen, den gebrauchten Gegenstand unmittelbar von privater Hand zu erwerben. Mit dem Verzicht auf die Differenzbesteuerung erhht sich zwar der zivilrechtliche Kaufpreis fr den Erwerber, nicht jedoch der Aufwand, so daß der Hndler den Gegenstand dem vorsteuerabzugsberechtigten Kufer im Ergebnis gnstiger anbieten kann.3 Beispiel: Betrgt der Einkaufspreis des Gegenstandes 20 000 Euro und wrde der Unternehmer diesen fr 22 000 Euro an eine Privatperson verkaufen knnen, so betrge die nach § 25a Abs. 3 UStG sich ergebende Umsatzsteuer 16/116 von 2000 Euro = 275,86 Euro, der Nettoerls mithin 21 724,14 Euro. An einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer knnte der Hndler das nmliche Fahrzeug fr 21 724,14 Euro + 3475,86 Euro USt. = 25 200 Euro verkaufen, um auf denselben Nettoerls zu kommen. Fr den Erwerber erhht sich zwar der zivilrechtliche Preis, nicht jedoch sein Aufwand, wenn er eine ord1 Ausnahmen: § 25a Abs. 5 Satz 3 UStG (Rz. 89 Fn.). 2 Dieser kann ferner zweckmßig bei Lieferungen sein, die bei Anwendung der allgemeinen Besteuerungsregeln dem ermßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG unterliegen. Bei einer erheblichen Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis kann die Anwendung des ermßigten Steuersatzes auf den Verkaufspreis zu einer geringeren Steuer als bei Anwendung des allgemeinen Steuersatzes auf die Differenz fhren; vgl. das Beispiel bei Stadie in R/D, § 25a Anm. 134. 3 Zur Problematik des nur zum Teil vorsteuerabzugsberechtigten Erwerbers s. Stadie in R/D, § 25a Anm. 132.

653

17.123

Kapitel 17 Sonderregelungen nungsgemße Rechnung erhlt, so daß er die 3475,86 Euro als Vorsteuer abziehen kann. Der Hndler kann mithin den Gegenstand um 275,86 Euro gnstiger als bei Anwendung der Differenzbesteuerung anbieten. Der Vorteil liegt in dem Umsatzsteuerbetrag, der in der Marge des Hndlers enthalten wre.

17.124

Der Verzicht ist an keine Form gebunden und muß nicht gegenber dem Finanzamt erklrt werden. Er wird dadurch ausgebt, daß der Unternehmer die Lieferung mit der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG versteuert und gegenber dem vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmer die Steuer in der Rechnung gesondert ausweist.

17.125

Die im Einkaufspreis des Wiederverkufers ggf. enthaltene anteilige Umsatzsteuer aus der ursprnglichen Neulieferung wird auch beim Verzicht auf die Differenzbesteuerung verdeckt als Teil des Preises an den unternehmerischen Kufer weitergegeben. In diesem Fall ist m. E. eine Steuerentlastung durch (analoge) Anwendung des § 15a UStG geboten.1

1 Ausfhrlich dazu Stadie, aaO., Anm. 133 iVm. 157 ff.

654

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge 1. Allgemeines a) Die Steuer ist grundstzlich „nach vereinbarten Entgelten“1 zu berechnen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG). Es gilt mithin das – verfehlte – sog. Soll-Prinzip (ausfhrlich Rz. 12.3 ff.). Lediglich unter den Voraussetzungen des § 20 UStG ist als Ausnahme die Steuerberechnung „nach den vereinnahmten Entgelten“, d. h. nach dem sog. Ist-Prinzip zulssig (Rz. 12.24 ff.). Besteuerungszeitraum ist grundstzlich das Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG).2 Die Regelungen des § 16 UStG ber die Steuerberechnung sind entsprechend bei der Berechnung der Steuervorauszahlungen fr die jeweiligen Voranmeldungszeitrume anzuwenden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG; Rz. 17).

18.1

Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umstze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 UStG3 auszugehen, soweit fr sie die Steuer in dem Besteuerungszeitraum entstanden (dazu Rz. 12.1 ff.; Rz. 13.46 ff.) und die Steuerschuldnerschaft gegeben4 ist (§ 16 Abs. 1 Satz 3 UStG). Mit Berechnung der Steuer ist die vom Unternehmer fr den gesamten Besteuerungszeitraum geschuldete Jahressteuer gemeint. Sie ist die Zusammenfassung aller Steuerbetrge, die fr die einzelnen, dem Unternehmer als Steuerschuldner zuzurechnenden Umstze nach Maßgabe der Bemessungsgrundlagen einschließlich der An- und Vorauszahlungen (Rz. 12.17 ff., 12.24; Rz. 13.51 f.) im Besteuerungszeitraum entstanden sind.

18.2

Da jeder Unternehmer nur ein Unternehmen haben kann (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG; Rz. 5.13), sind in die Steuerberechnung iS des § 16 Abs. 1 UStG auch dann smtliche Umstze einzubeziehen, wenn ein Teil davon im Rahmen

18.3

1 Das iS des § 10 Abs. 1 UStG gemeinte „Entgelt“ kann nicht vereinbart werden; Rz. 11.3. 2 Ist die unternehmerische Ttigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgebt worden, so tritt dieser Teil an die Stelle des Kalenderjahres (§ 16 Abs. 3 UStG). Unabhngig davon kann das Finanzamt einen krzeren Besteuerungszeitraum bestimmen, wenn der Eingang der Steuer gefhrdet erscheint (§ 16 Abs. 4 UStG). 3 Bei den „Umstzen“ iS des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG handelt es sich um die innergemeinschaftlichen Erwerbe; dazu Rz. 9.1 ff., 9.9 ff. Die Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG (Einfuhren, dazu Rz. 9.1 ff., 9.7) werden nicht in die Steuerberechnung iS des § 16 Abs. 1 UStG, welche einer Steuererklrung iS des § 18 Abs. 3 UStG zugrunde zu legen ist (Rz. 28), einbezogen, weil die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer nach den zollrechtlichen Vorschriften erfolgt (§ 16 Abs. 7 iVm. § 21 Abs. 2 UStG; s. auch Rz. 9.7 f.). 4 Mit der letztgenannten Einschrnkung wird die pure Selbstverstndlichkeit klargestellt, daß, soweit der Leistungsempfnger Schuldner der Steuer ist (dazu Rz. 13.1), diese natrlich nicht in die Steuerberechnung beim leistenden Unternehmer einzubeziehen ist.

655

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

einer Insolvenz- oder Zwangsverwaltung ausgefhrt wurde, da auch diese Umstze dem Inhaber des Vermgens zuzurechnen sind (Rz. 2.125). Davon zu unterscheiden ist die gesonderte Berechnung dieser Umstze zwecks separater Festsetzung der darauf entfallenden Steuer (Rz. 27). 18.4

b) Der Steuer sind die nach § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG („Haftung“ des Abnehmers wegen unrichtiger Angaben; dazu Rz. 10.46), nach § 14c Abs. 1 und 2 UStG (in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbetrge; dazu Rz. 14.83 ff.) sowie nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG (Zentralregulierer; dazu Rz. 17.12 f.) geschuldeten Steuerbetrge hinzuzurechnen (§ 16 Abs. 1 Satz 4 UStG).

18.5

Des weiteren sind die nach § 17 Abs. 1 Satz 2, 4 und 5 bzw. Abs. 2 UStG (dazu Rz. 16.7 ff.) zu berichtigenden Vorsteuerbetrge in die Steuerberechnung einzubeziehen. Hierbei handelt es sich um Ansprche des Steuerglubigers auf Erstattung (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO)1 von Steuervergtungen (Rz. 11 f.), fr deren Zahlung der rechtliche Grund spter weggefallen ist.2 Diese Erstattungsbetrge sind im Rahmen der §§ 16 und 18 UStG3 wie Steuerbetrge zu behandeln (arg. § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG aE).4 Dasselbe gilt fr die nach § 15a UStG (Rz. 16.36 ff.) zu berichtigenden (zurckzuzahlenden) Vorsteuerbetrge (§ 16 Abs. 2 Satz 2 UStG). Sie entstehen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Voraussetzung fr die Berichtigung eingetreten ist. 2. Verrechnung der Vorsteuerbetrge a) Allgemeines

18.6

Von der Summe der Steuerbetrge und der gleichgestellten Betrge sind die in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbetrge abzusetzen5; § 15a UStG ist zu bercksichtigen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG)6. „Abziehbar“ sind Vorsteuerbetrge, wenn sie die Voraussetzungen des § 15 UStG fr den Vorsteuerabzug erfllen. Der Abziehbarkeit entspricht mithin die Entstehung des Anspruchs (zum Zeitpunkt Rz. 21 f.). Zu den Voraussetzungen zhlen zum einen diejenigen des § 15 Abs. 1 UStG (Rz. 15.7 ff.). 1 Der Erstattungsanspruch des Steuerglubigers wird auch Rckforderungsanspruch genannt; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 150. 2 BFH, BStBl. II 2002, 562; Stadie in R/D, § 17 Anm. 28. 3 Hingegen bezeichnet die Abgabenordnung diese Ansprche zutreffend als Ansprche auf Erstattung von Steuervergtungen (§ 73 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 3, § 75 Abs. 1 Satz 3 AO; Rz. 19.4.) 4 Auch § 13d UStG spricht von „Steuer“. 5 Die Einfuhrumsatzsteuer ist fr den Besteuerungszeitraum abzusetzen, in dem sie entrichtet worden ist (§ 16 Abs. 2 Satz 3 UStG). Dieser Satz ist berflssig, da sich seine Aussage bereits aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ergibt, der von der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer spricht. Abweichend davon kann die Einfuhrumsatzsteuer, die bis zum 16. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums zu entrichten ist, bereits fr diesen Besteuerungszeitraum bercksichtigt werden, wenn sie in ihm entstanden ist. 6 Ausnahme: Vorsteuerbetrge, welche im besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG iVm. §§ 59 ff. UStDV (Rz. 41 ff.) an einen nicht im Inland ansssigen Unternehmer vergtet worden sind (§ 62 Abs. 1 UStDV).

656

I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge

Insbesondere bei Leistungen anderer Unternehmer, welche auch Steuerschuldner sind, ist mithin erforderlich, daß eine ordnungsgemße Rechnung iS der §§ 14 und 14a UStG vorliegt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Deren nachtrgliche Erteilung oder Berichtigung fhrt nicht zu einer Rckwirkung auf den Besteuerungszeitraum, in dem der Vorsteuerabzug erstmals htte vorgenommen werden knnen (Rz. 15.59 f.). Die Abziehbarkeit verlangt ferner, daß kein Abzugsverbot nach § 15 Abs. 1a oder Abs. 2 UStG (dazu Rz. 15.103 ff. bzw. Rz. 15.131 ff.)1 besteht. Bei wortlautgetreuer Sichtweise mßte deshalb die tatschliche Verwendung der Leistungsbezge abgewartet werden. Dem widersprche jedoch das Gebot des Sofortabzugs (Rz. 15.2, 15.158), mit dem es nicht zu vereinbaren wre, wegen der ggf. nur entfernt bestehenden Mglichkeit der erstmaligen Verwendung zur Ausfhrung schdlicher Umstze den Vorsteuerabzug hinauszuschieben. § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG ist deshalb einschrnkend dahingehend zu interpretieren, daß hinsichtlich des negativen Tatbestandsmerkmales des § 15 Abs. 1a bzw. Abs. 2 UStG auf die Verwendungsabsicht abzustellen ist (vgl. Rz. 15.158). Deckt sich diese nicht mit der spteren tatschlichen Verwendung, so soll nach verfehlter Auffassung des BFH der Vorsteuerabzug nur sukzessive nach § 15a UStG berichtigt werden (Rz. 15.159 ff.).2

18.7

Entgegen dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG („absetzen“) knnen Vorsteuerbetrge nicht nur bis zur Hhe der Steuer verrechnet werden. Bei Unternehmern, die ausschließlich oder berwiegend steuerfreie Umstze ttigen, welche zum Vorsteuerabzug berechtigen (Rz. 15.138; Beispiel: Exporteure), ist das zwingend, da anderenfalls der Zweck des Vorsteuerabzugs in diesen Fllen (Rz. 15.139) konterkariert wrde. Aber auch bei „normalen“ Unternehmern ist das „Absetzen“ der Vorsteuerbetrge nicht durch die geschuldete Steuer begrenzt3, da auch insoweit der Entlastungszweck des Vorsteuerabzugs die sofortige Auszahlung (Vergtung) der Steuerbetrge verlangt (Rz. 15.2). Das Absetzen kann mithin dazu fhren, daß ein Vorsteuerberhang fr den Besteuerungszeitraum zu bercksichtigen ist (Klarstellung durch § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG: „berschuß . . . zu seinen Gunsten“).

18.8

b) Charakter des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer Nach Auffassung des BFH sind die Vorsteuerbetrge unselbstndige „negative“ Besteuerungsgrundlagen4 der Umsatzsteuerfestsetzung bzw. fhren zu einem „negativen Steueranspruch“, so daß der Vorsteuerberschuß eine

1 Und auch kein spezielles Abzugsverbot (Rz. 15.6) eingreift. 2 Hinsichtlich der Verwendung/Nichtverwendung iS des § 15 Abs. 1a UStG ist fr die Berichtigung § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG einschlgig (Rz. 16.30 f.). 3 Art. 18 Abs. 4 der 6. EG-RL ließe eine solche Begrenzung zu. 4 BFH, BStBl. II 1977, 227; 1985, 194; 1988, 557, 559; 1990, 201, 204; 1998, 634; 1999, 423, 425.

657

18.9

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

„negative Steuerzahlungsschuld“ sein soll.1 Hierbei handelt es sich um freie Rechtsschpfung, die die Grundlagen des allgemeinen Steuerrechts ignoriert und die Systematik der Abgabenordnung mißachtet. Diese kennt keine „negative Steuer“; sie ist ein Unding. 18.10

Nach der Systematik der Abgabenordnung kann der Anspruch auf „Abzug“ (Entlastung von) der Vorsteuer ein Erstattungsanspruch oder ein Steuervergtungsanspruch sein. Ein Erstattungsanspruch liegt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO vor, wenn eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist oder der rechtliche Grund fr die Zahlung spter weggefallen ist. Das ist bei der Vorsteuer nicht der Fall, da diese vom Steuerschuldner mit rechtlichem Grund an das Finanzamt gezahlt worden war (bzw. zu zahlen ist) und der rechtliche Grund auch nicht spter wegfllt.2 Wenn die Praxis deshalb den Anspruch auf Abzug der Vorsteuer auf Grund einer Rechnung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) als Erstattungsanspruch bezeichnet3, so ist das schlicht falsch4 und muß angesichts der seit 1977 von der Abgabenordnung vorgegebenen klaren Systematik verwundern. Das Umsatzsteuergesetz spricht hingegen seit 1980 in § 4a Abs. 1 Satz 1 UStG von einer „Steuervergtung zum Ausgleich der Steuer . . ., die auf der . . . Lieferung eines Gegenstandes (. . .) lastet“ und in § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG (Rz. 41 ff.) von der „Vergtung der Vorsteuerbetrge (§ 15)“5. Diese einheitliche Charakterisierung des Anspruchs als Steuervergtungsanspruch6 ist hinsichtlich des Hauptanwendungsfalles (Anspruch auf Abzug der in Rechnung gestellten Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) zutreffend.

18.11

Ein Steuervergtungsanspruch ist nmlich auf die Auszahlung einer Steuer gerichtet, die ein Dritter mit rechtlichem Grund schuldet(e). Die Steuervergtung wird (typischerweise) gewhrt, um eine Person von einer Steuer zu entlasten, mit der sie wirtschaftlich belastet ist, weil der formelle Schuldner die Steuer als Teil des Preises auf sie abgewlzt hat.7 Diese Konstellation ist lediglich beim Anspruch auf Abzug der Vorsteuer auf Grund einer Rechnung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) gegeben. Nur dieser Anspruch ist ein Steuervergtungsanspruch, weil er auf Entlastung von der Steuer gerichtet ist, die der leistende Unternehmer als Teil des Preises (offen oder verdeckt) auf den Leistungsempfnger abgewlzt hat. 1 BFH, BStBl. II 1986, 500; 1986, 776; 1989, 563, 565; 1995, 817; 1998, 634; 2000, 46, 53; 2000, 486, 490; 2002, 705; ebenso Birkenfeld, § 211a Rz. 171; Lippross, 10.1.1 (S. 916). 2 Lediglich der Steuerschuldner kann einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 oder 2 AO haben, wenn er von vornherein zu viel Steuer an das Finanzamt gezahlt hat (Satz 1) oder ein Fall des § 17 UStG (Minderung der Bemessungsgrundlage, Uneinbringlichwerden der Gegenleistung usw.) vorliegt, so daß der rechtliche Grund fr die Steuerzahlung spter weggefallen ist (Satz 2). 3 So auch zuweilen der BFH; vgl. BStBl. II 1995, 862; 1999, 423, 424 f. 4 Daß auch Art. 17 Abs. 3 und 4 und Art. 18 Abs. 4 der 6. EG-RL von „Erstattung“ sprechen, ist ohne Belang, da es um die Systematik der nationalen Abgabenordnung geht. 5 Dagegen spricht § 18f Satz 2 UStG fehlerhaft von „Erstattung“! 6 So auch J. Lang in T/L, § 7 Rz. 69; Reiß in T/L, § 14 Rz. 150; Wagner in S/R, § 15 Rz. 43. 7 J. Lang in T/L, § 7 Rz. 69 f.; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 127 f.

658

I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge Hingegen kann der Anspruch auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG entgegen § 4a Abs. 1 UStG nicht als Steuervergtungsanspruch qualifiziert werden, da die Einfuhrumsatzsteuer nicht von einem anderen Unternehmer auf den Abzugsberechtigten abgewlzt worden ist. Dieser hat die Steuer entweder selbst geschuldet oder aber sie ist von einem Beauftragten (Spediteur o. .) fr seine Rechnung entrichtet worden. Demzufolge handelt es sich bei der Entlastung (Rckzahlung) der Einfuhrumsatzsteuer nicht um eine Vergtung, sondern um eine Erstattung. Da die Zahlung bei der Einfuhr mit rechtlichem Grund erfolgte und dieser auch nicht spter wegfllt, ist nicht der Tatbestand des § 37 Abs. 2 AO fr einen allgemeinen Erstattungsanspruch erfllt; es handelt sich vielmehr um einen in einem Einzelsteuergesetz (UStG) geregelten Steuererstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 1 AO (zur verfahrensrechtlichen Einordnung Rz. 26). Auch der Anspruch auf Abzug der Steuer fr den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist entgegen § 4a Abs. 1 Satz 1 UStG kein Steuervergtungsanspruch, da eine vom Unternehmer mit rechtlichem Grund geschuldete Steuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG) an diesen zurckgezahlt wird, und ist deshalb ebenfalls ein Erstattungsanspruch im zuvor beschriebenen Sinne. Entsprechendes gilt fr den Anspruch auf Abzug der nach § 13b UStG vom Leistungsempfnger geschuldeten Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG.1

18.12

c) Gleichgestellte Betrge Von der Steuer sind ferner Vorsteuerberichtigungsbetrge iS des § 15a UStG (Rz. 16.36 ff.) abzusetzen, die zu einem nachtrglichen Vorsteuerabzug fhren (§ 16 Abs. 2 Satz 2 UStG). Des weiteren sind die Erstattungsbetrge des Unternehmers, die sich aus der Berichtigung der Steuer nach § 17 UStG (Rz. 12.33 ff.) ergeben2, mit der Steuer zu verrechnen (Klarstellung durch § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG: „nach § 16 . . . und § 17 . . . zu berechnen“).

18.13

d) Zwangsverrechnung Aus der Bestimmung des § 16 Abs. 2 UStG, wonach die Vorsteuerbetrge und gleichgestellten Betrge von der Steuer und den gleichgestellten Betrgen (Rz. 4 f.) des Besteuerungszeitraums abzusetzen sind, folgt eine gesetzliche Zwangsverrechnung. Insoweit ist den einzelnen Ansprchen die Selbstndigkeit genommen worden, so daß ber sie nicht durch Abtretung usw. verfgt werden kann.3 Eine Abtretung, Pfndung, Verpfndung gem. § 46 AO sowie eine Aufrechnung (§ 226 AO) kommt mithin nur hinsichtlich des nicht zu verrechnenden Teils dieser Ansprche, d. h. hinsichtlich des berschusses in Betracht4 (s. auch Rz. 21 ff.). Das gilt auch fr berschsse der Voranmeldungszeitrume (Rz. 23). Im Falle der Insolvenz wird der Grundsatz des § 16 Abs. 2 UStG durch das Insolvenzrecht eingeschrnkt.5 1 Sowie fr den Anspruch des Auslagerers bzw. Lagerhalters nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG auf Abzug der nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG geschuldeten Steuer. 2 Es handelt sich um einen Erstattungsanspruch iS des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO, weil der rechtliche Grund fr die Steuerzahlung spter weggefallen ist. 3 Vgl. BFH, BStBl. II 1983, 612; BFH/NV 1993, 583 = UR 1994, 238; BFH/NV 1995, 491. 4 Stadie in R/D, Einf. Anm. 406. 5 Dazu nher Stadie in R/D, § 18 Anm. 1298 ff.

659

18.14

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

3. Umrechnung von Werten in fremder Whrung 18.15

Werte in fremder Whrung sind zur Berechnung der Steuer nach dem sog. SollPrinzip (Rz. 12.3 ff.) und der abziehbaren Vorsteuerbetrge auf Euro nach den Durchschnittskursen umzurechnen, die das Bundesministerium der Finanzen fr den Monat ffentlich bekanntgibt, in dem die Leistung ausgefhrt wird oder vorher die Gegenleistung vereinnahmt bzw. entrichtet wird (§ 16 Abs. 6 Satz 1 UStG). Soweit der leistende Unternehmer die Steuer nach dem sog. IstPrinzip berechnen darf (Rz. 12.24 f.), sind hingegen die Entgelte nach den Durchschnittskursen des Monats umzurechnen, in dem sie vereinnahmt werden (§ 16 Abs. 6 Satz 2 UStG). Das Finanzamt kann die Umrechnung nach dem Tageskurs gestatten (§ 16 Abs. 6 Satz 3 UStG).

18.16

Das Abstellen auf den Zeitpunkt bzw. den Monat der Leistung bei der Versteuerung nach dem sog. Soll-Prinzip ist nur dann sachgerecht, wenn die in fremder Whrung vereinbarte Gegenleistung zur gleichen Zeit vereinnahmt wird. Folglich fhrt eine Wechselkursnderung fr den Zeitpunkt der spteren Vereinnahmung entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung1 zu einer nderung der Bemessungsgrundlage iS des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG.2 Die gegenteilige Sicht verkennt den Charakter der Umsatzsteuer und die Funktion des Unternehmers als Gehilfen des Staates (dazu Rz. 1.18). Ist der Wechselkurs im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Gegenleistung gefallen, so mßte der Unternehmer nach dieser Auffassung eine Steuer an das Finanzamt abfhren, die er in dieser Hhe nicht als Teil der Gegenleistung erhalten hat. Das widersprche in eklatanter Weise dem Grundsatz, der in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zum Ausdruck kommt, wonach endgltige Bemessungsgrundlage (Besteuerungsgrundlage) der „Wert der Gegenleistung“ ist, die der Leistende „erhlt“. Entsprechendes hat fr den Vorsteuerabzug zu gelten, wenn im Zeitpunkt der spteren Zahlung der Wechselkurs gesunken ist. Wrde dem Unternehmer statt dessen der Vorsteuerabzug nach dem Wechselkurs belassen, der im Zeitpunkt (Monat) des Bezuges der Leistung galt, so widersprche das dem Entlastungszweck des Vorsteuerabzugs (Rz. 15.2 f.).

4. Steuer- und Vorsteuerberechnung fr den jeweiligen Voranmeldungszeitraum 18.17

a) Der Unternehmer hat regelmßig Voranmeldungen abzugeben (Rz. 24 ff.) und fr die jeweiligen Voranmeldungszeitrume bereits Vorauszahlungen zu leisten, die er selbst zu berechnen hat (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Fr die Berechnung sind die fr das Kalenderjahr geltenden Regeln (Rz. 1 ff., 6 ff.) entsprechend anzuwenden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG). Daraus wie auch aus § 18 Abs. 2a UStG folgt, daß nicht nur Vorauszahlungen auf die zu entrichtende Jahressteuer zu ttigen sind, sondern daß auch Vorsteuerberschsse als vom 1 Abschn. 222 Abs. 1 Satz 2 UStR 2005; ebenso Wagner in S/R, § 16 Rz. 124. 2 Stadie in R/D, § 17 Anm. 82.2.; ebenso Ruppe, § 16 Rz. 25.

660

I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge

Finanzamt zu ttigende Vorauszahlungen auf die Jahressteuervergtung in Betracht kommen. Die fr den jeweiligen Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer bzw. der fr diesen entstandene Vorsteuerberschuß sind nur vorlufiger Natur und demgemß auflsend bedingt durch die endgltige Entstehung1 der Steuer2 bzw. Vorsteuer fr das Kalenderjahr.3 Ferner ist im Rahmen der Zwangsverrechnung nach § 16 Abs. 2 UStG (Rz. 14) fr das Kalenderjahr ein Vorsteuerberschuß ggf. mit geschuldeter Steuer aus anderen Voranmeldungszeitrumen zu verrechnen und umgekehrt. Soweit die Zwangsverrechnung dazu fhrt, daß die fr einen Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer oder der Vorsteuerberschuß entfllt, tritt dadurch keine Rckwirkung ein. Folglich entfallen auch nicht die daran anknpfenden Sekundrfolgen in Gestalt verwirkter Sumniszuschlge o. .4

18.18

b) Voranmeldungszeitraum ist regelmßig das Kalendervierteljahr. Betrgt die Steuer fr das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 6136 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG). Bei Beginn der unternehmerischen Ttigkeit ist im laufenden und im folgenden Kalenderjahr der Kalendermonat stets der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG).

18.19

„Steuer“ wre bei isolierter Sicht der Gesamtbetrag der Steuer vor Verrechnung mit Vorsteuer- und gleichgestellten Betrgen. Das mßte aus dem Begriff der Steuer sowie auch im Umkehrschluß aus § 18 Abs. 3 und Abs. 4 UStG folgen, der von „zu entrichtender Steuer“ spricht. Die Praxis der Finanzverwaltung versteht jedoch auch im Rahmen des § 18 Abs. 2 UStG „Steuer“ als zu entrichtende Steuer. Das scheint dem klaren Gesetzeswortlaut zu widersprechen, gleichwohl muß ein entsprechender Gesetzeswille aus § 18 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 2a UStG abgeleitet werden. Die Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG ergbe keinen Sinn, denn 512 Euro Steuer entsprchen einem Umsatz von 3200 Euro, d. h. nur einem Bruchteil der Kleinunternehmer-Bagatellgrenze von 17 500, bis zu der keine Steuer erhoben wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). Mithin muß das Gesetz einen Unternehmer im Auge haben, der diese Umsatzgrenze berschreitet. Des weiteren folgt aus § 18 Abs. 2a UStG, daß eine monatliche Vergtung von Vorsteuerbetrgen nur erfolgen soll, wenn der Vorsteuerberschuß im vergangenen Jahr 6136 Euro berstiegen hatte. Folglich knnen Unternehmer den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum nicht whlen, wenn sie nicht die Voraussetzung des § 18 Abs. 2a Satz 1 UStG (Rz. 20) erfllen, aber die geschuldete Steuer im vorangegangenen Jahr 6136 Euro berschritten hatte. 1 Nicht etwa „Festsetzung“, so aber BFH, BStBl. II 1987, 8; 2000, 486, 490, da es sich um eine Frage des materiellen Rechts handelt. 2 Folglich entsteht, wenn die Jahressteuer niedriger ist als die Summe der entrichteten Vorauszahlungen, mit Ablauf des Besteuerungszeitraums und nicht erst mit Festsetzung der Jahressteuer ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO. Die Frage der Entstehung, welche insbesondere fr den Zeitpunkt der erstmaligen Abtretbarkeit des Erstattungsanspruchs von Bedeutung ist (§ 46 Abs. 2 AO; s. auch Rz. 21), ist indes hchst umstritten; ausfhrlich dazu Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 176 ff. mN. 3 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 293. 4 Dieser Grundsatz wird fr die Aufrechnung iS des § 226 AO hinsichtlich der Zinsen und Sumniszuschlge durch § 238 Abs. 1 Satz 3 bzw. § 240 Abs. 1 Satz 5 AO ausdrcklich normiert.

661

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

18.20

Bei einem Vorsteuerberschuß von mehr als 6136 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr kann der Unternehmer anstelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum whlen (§ 18 Abs. 2a UStG).

5. Entstehung des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer 18.21

Die Entstehung der Steuer fr Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG tritt nach § 13 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG1 mit Ablauf des betreffenden Voranmeldungszeitraums ein (Rz. 12.3 ff.). Dagegen schweigt das Gesetz zum Entstehungszeitpunkt des Anspruchs auf Abzug der Vorsteuer (Steuervergtungsanspruch bzw. Erstattungsanspruch, Rz. 10 ff.). Die Frage ist vor allem von Bedeutung2 fr die Abtretbarkeit, Pfndbarkeit und Aufrechenbarkeit des Anspruchs3, da diese nur die Entstehung des Anspruchs voraussetzt (§ 46 Abs. 1, 2 und 6 AO). Von der Entstehung ist die Flligkeit zu unterscheiden (Rz. 38 ff.). Die Aussagen des BFH zum Entstehungszeitpunkt sind widersprchlich. Nach einer mehrfach geußerten Auffassung soll der Anspruch auf Vorsteuerabzug in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 1 UStG mit Ablauf des Besteuerungszeitraums (gemeint kann nur sein: Voranmeldungszeitraums) entstehen, in welchem die „umsatzbezogenen“ Merkmale des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen.4 Das ist verfehlt, weil danach der Anspruch bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung bezogen worden ist, entstnde und mithin schon nach § 46 AO abgetreten und gepfndet werden knnte. Diesen Fehler vermeiden diejenigen Entscheidungen5, welche fr die Entstehung auf die „anspruchsbegrndenden“ Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG im Veranlagungszeitraum abstellen. Allerdings ist die Verknpfung mit dem „Veranlagungszeitraum“ unhaltbar, denn wenn § 13 Abs. 1 UStG analog anzuwenden wre, dann kme nur der Voranmeldungszeitraum in Betracht.6 Die analoge Anwendung des § 13 Abs. 1 UStG ist indes abenteuerlich, da diese Vorschrift lediglich auf die Ausfhrung der Leistung abstellt, whrend § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG den Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung voraussetzt. Auch die 6. EG-Richtlinie hilft nicht weiter. Diese spricht zwar in Art. 17 Abs. 1 von „Entstehung“ der Steuer, damit ist jedoch nicht die Entstehung iS der deutschen Abgabenordnung gemeint (Rz. 15.86 Fn., Rz. 15.159).

18.22

Richtigerweise ist der Entstehungszeitpunkt nach § 38 AO iVm. § 16 Abs. 2 und § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG zu bestimmen. Die tatbestandlichen Vorausset1 Sofern nicht der Leistungsempfnger nach § 13b UStG Schuldner der Steuer ist. Zur Entstehung in diesem Fall s. Rz. 13.46 ff. 2 Ferner z. B. fr den Beginn der Festsetzungsfrist (§ 155 Abs. 4 iVm. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). 3 Fr das Begrndetsein iS des § 96 Nr. 1 InsO bei der Aufrechnung im Insolvenzverfahren kommt es nicht auf die steuerrechtliche Entstehung an; Stadie in R/D, § 18 Anm. 1309 ff.; BFH, BFH/NV 2005, 397; FG Mnchen, EFG 2004, 1193. 4 BFH, BStBl. II 1987, 521, 523; 1988, 622, 625; 1988, 694, 695; 2000, 46, 55 f. 5 BFH, BStBl. II 1995, 233; UR 2002, 336. 6 Insoweit folgerichtig BFH, BStBl. II 1977, 448; 1979, 530; vgl. auch BFH, BStBl. II 1994, 269.

662

I. Steuerberechnung, Absetzung der Vorsteuerbetrge

zungen des Vorsteuerabzugs ergeben sich aus § 15 UStG, so daß nach § 38 AO der Anspruch jeweils in dem Zeitpunkt entstehen wrde, in dem alle Tatbestandsmerkmale des § 15 UStG erfllt wren. Diese Rechtsfolge wird jedoch durch den Verrechnungszwang nach § 16 Abs. 2 UStG (Rz. 14) modifiziert. Wegen der kraft Gesetzes eintretenden Verrechnung kann der Steuervergtungsanspruch erst entstehen, wenn auch die Hhe der Steuer feststeht, mit der die Vorsteuerbetrge zu saldieren sind. Anderenfalls wrde wegen der vorherigen Abtretbarkeit und Pfndbarkeit des Anspruchs die Zwangsverrechnung leerlaufen, was ganz offensichtlich dem Zweck des § 16 Abs. 2 UStG zuwiderliefe. Entstehungszeitpunkt ist mithin der Ablauf des Besteuerungszeitraums, in den die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbetrge fallen, denn zu diesem Zeitpunkt steht die Hhe der in diesem Zeitraum entstandenen Steuer fest. Da indes die Steuer bereits fr den Voranmeldungszeitraum zu berechnen ist und dabei auch die Vorschrift des § 16 Abs. 2 UStG entsprechend anzuwenden ist (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG), entsteht folglich der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Voraussetzungen des § 15 UStG fr die Abziehbarkeit (Rz. 6 ff.) erfllt sind. ber den nach Verrechnung mit der Steuer verbleibenden Vorsteuerberschuß des jeweiligen Voranmeldungszeitraums kann mithin durch Abtretung, Pfndung oder Aufrechnung verfgt werden (arg. § 18 Abs. 2a Satz 1 UStG).1 Da der Vorsteuerberschuß jedoch auflsend bedingt durch die Steuerberechnung fr das Kalenderjahr ist, fllt bei der Abtretung oder Pfndung der rechtliche Grund fr die Zahlung an den Empfnger (Zessionar, Glubiger) spter ohne Rckwirkung weg (Rz. 18), wenn der Vorsteuerberschuß mit geschuldeter Steuer aus anderen Voranmeldungszeitrumen zu verrechnen ist. Entsprechendes gilt, wenn ein der abgetretenen Steuervergtung zugrundeliegender Vorsteuerbetrag nach § 17 UStG (Rz. 16.7 ff.) zu berichtigen ist. Den Zahlungsempfnger2 trifft dann ein Erstattungsanspruch (Rckforderungsanspruch) des Finanzamts (§ 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO), der sich allerdings auch gegen den Unternehmer als Abtretenden bzw. Pfndungsschuldner richtet (§ 37 Abs. 2 Satz 3 AO), so daß Gesamtschuldnerschaft (§ 44 AO) vorliegt.3 Die Verwirklichung (Umsetzung) des Anspruchs setzt die abweichende Festsetzung (Rz. 31) der Jahressteuer voraus (§ 218 Abs. 1 AO).4 Entsprechendes gilt fr den Berichtigungsbetrag iS des § 17 UStG. Er muß in einer Festsetzung bercksichtigt worden sein5, da auch er wie ein Steueranspruch behandelt wird (Rz. 17 iVm. Rz. 5).

1 Vgl. auch BFH, BStBl. II 1995, 862, 866; 2000, 486, 488. 2 „Leistungsempfnger“ iS des § 37 Abs. 2 AO, der nicht mit dem Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 UStG verwechselt werden darf. 3 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 152. 4 Dazu nher Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 285 iVm. Rz. 281; im Ergebnis ebenso BFH, BStBl. II 1995, 862, 866; BFH/NV 1995, 853, 856. 5 Vgl. BFH, UR 2002, 433.

663

18.23

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

II. Besteuerungsverfahren 1. Voranmeldungen 18.24

Der Unternehmer hat grundstzlich1 bis zum 10. Tag nach Ablauf2 jedes Voranmeldungszeitraums (Rz. 19 f.) eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektronischem Weg abzugeben, in der er die Steuer fr diesen Zeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat3; auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Hrten auf eine elektronische bermittlung verzichten4 (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Bei diesen Voranmeldungen handelt es sich um Steuererklrungen in Gestalt von Steueranmeldungen iS des § 150 Abs. 1 Satz 3 AO. Die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen besteht grundstzlich auch fr solche Voranmeldungszeitrume, fr die keine Steuer entstanden ist5 (Umkehrschluß aus § 18 Abs. 4a Satz 2 UStG).6

18.25

Die Berechnung der „Steuer“ in der Voranmeldung hat auch die Vorsteuerbetrge zu erfassen (Rz. 17). Der Anspruch auf Abzug der Vorsteuer iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist ein Steuervergtungsanspruch (Rz. 11). Auf diesen sind die Vorschriften ber die Steuerfestsetzung sinngemß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO), folglich fhrt die Anmeldung dieser Ansprche zu einer Steuervergtungsanmeldung.7 Das ist zweifelsfrei, soweit nur Vorsteuerbetrge angefallen sind (wie z. B. bei reinen Exportunternehmern u. . oder bei Unternehmern in der Grndungsphase). Nichts anderes gilt, wenn sowohl Steuerbetrge (und/oder gleichgestellte Betrge, Rz. 4 f.) als auch Vorsteuerbetrge (und/oder gleichgestellte Betrge, Rz. 13) mittels einer „Steueranmeldung“ dem Finanzamt erklrt werden. Auch in diesem Fall wird nicht lediglich die Differenz als zu entrichtende Steuer bzw. als Vorsteuerberschuß angemeldet, sondern es liegen dann sowohl eine Steueranmeldung als auch 1 Betrgt die „Steuer“ (Rz. 19) fr das vorangegangene Jahr nicht mehr als 512 Euro, so kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung befreien. 2 Nach den §§ 46 ff. UStDV kann das Finanzamt eine Dauerfristverlngerung von einem Monat gewhren, wenn eine Sondervorauszahlung in Hhe von einem Elftel der Summe der Vorauszahlungen fr das vorangegangene Kalenderjahr geleistet wird. 3 Darber hinaus sind die Bemessungsgrundlagen der innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG; dazu Rz. 10.25 ff.) und der Lieferungen an den letzten Abnehmer im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft iS des § 25b Abs. 2 UStG (dazu Rz. 9.26 ff.) gesondert zu erklren (§ 18b UStG). Des weiteren sind diese Angaben nebst den Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Beteiligten fr jedes Kalendervierteljahr durch eine sog. Zusammenfassende Meldung dem Bundesamt fr Finanzen mitzuteilen (§ 18a UStG). 4 Dem Antrag ist stattzugeben, wenn der Unternehmer nicht ber die technischen Mglichkeiten verfgt. 5 Vgl. BFH, UR 2003, 548 = BFH/NV 2003, 1097; BFH/NV 2004, 829. 6 Soweit in bestimmten Voranmeldungszeitrumen regelmßig keine Steuer entsteht, befreit das Finanzamt von der Verpflichtung; Abschn. 230 Abs. 1 UStR 2005. Zur Befreiung der Land- und Forstwirte s. Abschn. 230 Abs. 2 und 3 UStR 2005. 7 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 538.

664

II. Besteuerungsverfahren

eine Steuervergtungsanmeldung vor, die nur scheinbar zu einer Anmeldung verschmolzen sind. Aus § 16 Abs. 2 UStG folgt nichts Gegenteiliges, da die danach angeordnete Zwangsverrechnung eine rein materiell-rechtliche Regelung zur „Steuerberechnung“ darstellt und keinerlei Aussage zur verfahrensrechtlichen Behandlung der Vorsteuerbetrge enthlt.1 Hinsichtlich der Ansprche des Unternehmers auf Erstattung von Vorsteuern (Rz. 12) ist nach der Abgabenordnung eine Festsetzung und damit auch eine Anmeldung nicht vorgesehen (arg. § 218 Abs. 1 AO).2 Da jedoch das Umsatzsteuergesetz auch diese Ansprche flschlich als Steuervergtungsansprche versteht (Rz. 10) und ihre „Anmeldung“ vorschreibt (§ 18 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 16 Abs. 2 UStG, Rz. 25), sind auch auf sie die fr Steuervergtungsansprche geltenden Regelungen entsprechend anzuwenden. Die Besttigung findet sich in § 168 Satz 2 AO, der nur von einer Steuervergtung spricht.

18.26

Soweit dem Unternehmer die Verfgungsbefugnis ber sein Unternehmen genommen ist und durch einen amtlich eingesetzten Vermgensverwalter (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter u. .) wahrgenommen wird, treffen diesen die steuerlichen Pflichten und Rechte (§ 34 Abs. 3 iVm. Abs. 1 AO). Folglich hat er insoweit die Steuer- und Vorsteuerbetrge (und gleichgestellten Betrge, Rz. 4 f., 13) anzumelden. Insbesondere im Fall der Zwangsverwaltung von Grundstcken fhrt dies nach § 155 ZVG dazu, daß fr jedes Grundstck eine getrennte Berechnung und Anmeldung der Betrge zu erfolgen hat.3

18.27

2. Jahressteuererklrung Der Unternehmer hat fr das Kalenderjahr eine Steuererklrung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer oder den berschuß, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Abs. 1 bis 4 und § 17 UStG selbst zu berechnen hat (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG; zur Berechnung Rz. 1 ff.). Hierbei handelt es sich ebenfalls (wie bei der Voranmeldung) um eine Steueranmeldung iS des § 150 Abs. 1 Satz 3 AO, die vom Unternehmer eigenhndig zu unterschreiben ist (§ 18 Abs. 3 Satz 3 UStG).4 Die Steuerklrung ist grundstzlich bis zum 31.5. des folgenden Kalenderjahres abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Eine Verlngerung der Frist ist mglich (§ 109 Abs. 1 AO).

18.28

Eine Jahressteuererklrung haben auch Unternehmer und juristische Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer als Leistungsempfnger oder im Falle des innergemeinschaftlichen Erwerbs schulden (§ 18 Abs. 4a Satz 1 UStG).

Da in der Steueranmeldung auch etwaige Vorsteuerbetrge (einschließlich der gleichgestellten Betrge, Rz. 13) und ggf. ein berschuß zu berechnen sind, 1 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 540. 2 Lediglich bei einer Streitigkeit ber den Erstattungsanspruch hat ein Verwaltungsakt nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO zu ergehen. 3 BFH, BStBl. II 2002, 171; vgl. auch BFH, BStBl. II 1988, 920; 1997, 552; ferner zur Insolvenz, wenn der Unternehmer neben dem insolvenzbefangenen Teil-Unternehmen eine unternehmerische Ttigkeit ausbt, BFH, BStBl. II 2000, 639. 4 Zur Unterzeichnung durch einen Bevollmchtigten s. § 150 Abs. 3 AO.

665

18.29

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

liegt in einem solchen Fall wie bei der Voranmeldung (Rz. 25) eine Kombination von Steueranmeldung und Steuervergtungsanmeldung vor, die nur ußerlich zu scheinbar einer Anmeldung verschmolzen sind1, welche nicht etwa nur die „zu entrichtende Steuer“ (berschuß der Steuer ber die Vorsteuer) oder den „berschuß“ der sich zu Gunsten des Unternehmers ergibt, anmeldet. Daß § 18 Abs. 3 und 4 UStG fehlerhaft in dieser Weise formuliert ist und nur von „Steueranmeldung“ und „berschuß“ spricht, zeigt lediglich, daß die Gehilfen des Umsatzsteuer-Gesetzgebers die Grundregeln der Abgabenordnung nicht beherrschen. Auf eine gewollte Abweichung des abstrakten, objektivierten Gesetzgebers kann daraus nicht geschlossen werden, zumal dafr auch kein vernnftiger Grund spricht und anderenfalls verfahrensrechtlich unhaltbare Verbiegungen der Abgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung erforderlich wren (Rz. 34 ff.). 3. Steuerfestsetzung, Steuervergtungsfestsetzung 18.30

a) Eine Steueranmeldung steht grundstzlich einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprfung gleich (§ 168 Satz 1 iVm. § 164 AO), d. h. die Steueranmeldung wird als Steuerfestsetzung (Steuerbescheid) fingiert, die (der) nach § 164 Abs. 2 AO abnderbar ist.2 Das gilt sowohl fr die Voranmeldung als auch fr die Jahressteueranmeldung. Fhrt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer (Beispiele: die mit der Jahresanmeldung erklrte Steuer ist niedriger als die Summe der mit den Voranmeldungen erklrten Steuerbetrge; Abgabe einer berichtigten Steueranmeldung), so tritt diese Wirkung erst mit Zustimmung des Finanzamts ein, die keiner besonderen Form bedarf (§ 168 Satz 2 und 3 AO).3 In der Auszahlung des Erstattungsbetrages liegt die konkludente Zustimmung.4

18.31

Gibt der Unternehmer die Steueranmeldung nicht ab oder ist diese nach Auffassung des Finanzamts zu niedrig, so ist die Steuer durch Steuerbescheid festzusetzen (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Festsetzung einer Vorauszahlung fr einen Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlungsbescheid) steht kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachprfung (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO). Bei einer Jahresfestsetzung muß dieser Vorbehalt dem Bescheid ausdrcklich beigefgt werden (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO).

18.32

Mit der Steuerfestsetzung fr das Kalenderjahr wird nicht nur der Unterschiedsbetrag5 zwischen Jahressteuer und Summe der Vorauszahlungen, sondern die gesamte Jahressteuer festgesetzt. Folglich erledigen sich mit Wirksamwerden der Jahresteuerfestsetzung gem. § 124 Abs. 2 AO („auf andere 1 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 542; ders. in R/D, Einf. Anm. 406 f. 2 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 526 ff. 3 Die Zustimmung kann im Einvernehmen mit dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhngig gemacht werden (§ 18f UStG). 4 BFH, BStBl. II 1996, 660, 661. 5 So aber Birkenfeld, § 210 Rz. 272, unter Hinweis auf § 18 Abs. 4 UStG, der indes nur die Flligkeit regelt (Rz. 39).

666

II. Besteuerungsverfahren

Weise“) die Voranmeldungen (bzw. Vorauszahlungsbescheide), ohne daß deren Aufhebung ausdrcklich ausgesprochen werden muß.1 Die Erledigung hat keine Rckwirkung, da die Voranmeldungen (Vorauszahlungsbescheide) nicht aufgehoben2, sondern lediglich fr die Zukunft durch die Jahressteuerfestsetzung abgelst werden.3 Folglich entfallen dadurch nicht die materiell-rechtlichen4 Wirkungen, die die Voranmeldungen (Vorauszahlungsbescheide) in der Vergangenheit ausgelst hatten5, wie z. B. die Flligkeit der Vorauszahlungen (Klarstellung durch § 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). b) Auch eine Steuervergtungsanmeldung (Rz. 25) steht grundstzlich einer Steuervergtungsfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprfung gleich (§ 155 Abs. 4 iVm. § 168 Satz 1 AO), d. h. die Steuervergtungsanmeldung wird als Steuervergtungsfestsetzung (Steuervergtungsbescheid) fingiert, die (der) nach § 164 Abs. 2 AO abnderbar ist.6 Voraussetzung ist indes die Zustimmung des Finanzamts, die formlos ergehen kann (§ 168 Satz 2 und 3 AO). In der Auszahlung des Steuervergtungsbetrages liegt die konkludente Zustimmung.7 Wird ein Antrag auf Festsetzung der Steuervergtung abgelehnt, so gelten fr die Ablehnung die Regeln ber Steuervergtungsbescheide (§ 155 Abs. 4 iVm. Abs. 1 Satz 3 AO).8 Will das Finanzamt eine niedrigere Steuervergtung gewhren, so hat es eine abweichende Steuervergtungsfestsetzung durch Steuervergtungsbescheid vorzunehmen (§ 155 Abs. 4 iVm. § 167 Abs. 1 Satz 1 AO) und die teilweise Ablehnung des Antrags auszusprechen. Mit der Steuervergtungsfestsetzung fr das Kalenderjahr erledigen sich die Steuervergtungsvoranmeldungen (entsprechend Rz. 32). Die Steuervergtungsfestsetzung kann mit einem Vorbehalt der Nachprfung verbunden werden (§ 155 Abs. 4 iVm. § 164 AO). Die Festsetzung einer Steuervergtung fr einen Voranmeldungszeitraum steht als Festsetzung einer Vorauszahlung kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der Nachprfung (§ 155 Abs. 4 iVm. § 164 Abs. 1 Satz 2 AO).

18.33

Die Zustimmung zu einer Steuervergtungsanmeldung kann im Einvernehmen mit dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhngig gemacht werden (§ 18 f Satz 1 UStG). Entsprechendes gilt, wenn die beantragte Steuervergtung durch abweichende Festsetzung niedriger festgesetzt werden soll (§ 18f Satz 2 UStG). Mit dem Angebot der Sicherheitsleistung kann der Unternehmer die schnellere Auszahlung der Steuervergtung erreichen, wenn das Finanzamt anderenfalls lngere Zeit zur Prfung des Antrags bentigen wird.9

18.34

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH, BStBl. II 1985, 370; 2000, 454; 2000, 486, 489; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 464. BFH, BStBl. II 2000, 486, 488. Insoweit zutreffend Birkenfeld, § 210 Rz. 261. AA. BFH, BStBl. II 2000, 454, 455 aE., wonach nur die verfahrensrechtlichen Wirkungen bestehen blieben. BFH, BStBl. II 1985, 370; 2000, 46, 50 mwN.; BFH/NV 2004, 502. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 538. BFH, BStBl. II 1996, 660, 661. Stadie, Allg. SteuerR, Rz 539. Vgl. Abschn. 245k Abs. 3 UStR 2005.

667

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren Die Vorschrift ist allerdings berflssig, da die Steuervergtung seit jeher vorlufig festgesetzt und die Festsetzung von einer Sicherheitsleistung abhngig gemacht werden kann (§ 155 Abs. 4 iVm. § 165 Abs. 1 Satz 1 und 4 AO; s. auch Rz. 5.150 aE.).1

18.35

Ist Steuer mit Vorsteuer zu verrechnen, so folgt aus dem Vorhergehenden, daß nicht etwa nur die zu entrichtende Steuer oder der berschuß zugunsten des Unternehmers (insbesondere entgegen BFH nicht als negative Steuer, Rz. 9) festgesetzt wird, sondern daß die geschuldete Umsatzsteuer durch Steuerbescheid und die zu verrechnende Vorsteuer durch Steuervergtungsbescheid festgesetzt werden. Es liegen mithin zwei Bescheide vor, die in der Praxis zusammengefaßt werden und nur rein ußerlich auf einem Schriftstck scheinbar zu einem Bescheid verschmelzen. Der Tenor der Festsetzung erfaßt deshalb nicht nur die nach der Verrechnung sich ergebende Differenz (Umsatzsteuer- oder Vorsteuerberschuß), sondern enthlt konkludent zwei getrennte Regelungen (Entscheidungsstze). Die materiell-rechtliche Verrechnung der Umsatzsteuer und Vorsteuer (Steuervergtung) ist eine Frage der Erhebung bzw. Verwirklichung (§ 218 AO) der Ansprche und betrifft den sog. „Abrechnungsteil“, der einen eigenstndigen Verwaltungsakt darstellt.2

18.36

Beispiele: (1) Die geschuldete Umsatzsteuer (einschließlich etwaiger gleichgestellter Betrge) beluft sich auf 6000 Euro, die „abziehbare“ Vorsteuer (einschließlich gleichgestellter Betrge) auf 7000 Euro. Der in der Praxis erlassene „Umsatzsteuer“-Bescheid ber – 1000 Euro („negative Umsatzsteuer“) stellt sich in rechtlicher Wahrheit als zwei Bescheide dar, nmlich als Umsatzsteuerbescheid ber 6000 Euro und als Steuervergtungsbescheid ber 7000 Euro. Die rein steuerschuldrechtliche Zwangsverrechnung (Rz. 14) der beiden Ansprche iS des § 37 Abs. 1 AO drfte erst im sog. Abrechnungsteil erfolgen, geschieht in der Praxis jedoch fehlerhaft und damit nur scheinbar im Tenor. Diese Vorgehensweise kann nicht bewirken, daß nur eine Steuervergtungsfestsetzung ber 1000 Euro vorliegt. Der Tenor des „Umsatzsteuer“-Bescheides ist bei zutreffender Wrdigung der Tenor des Abrechnungsbescheides! (2) Wie Beispiel 1, nur mit umgekehrten Zahlen. Der „Umsatzsteuer“-Bescheid ber 1000 Euro stellt in Wahrheit zwei Bescheide dar, nmlich einen Umsatzsteuerbescheid ber 7000 Euro und einen Steuervergtungsbescheid ber 6000 Euro. Der Tenor des „Umsatzsteuer“-Bescheides ist bei zutreffender Wrdigung der Tenor des Abrechnungsbescheides.

18.37

Die verfehlte Sichtweise des BFH, daß der Vorsteuerberschuß als „negative Steuer“ durch Steuerbescheid festgesetzt werde, wird von ihm bei der Bestimmung der zutreffenden Klageart fortgefhrt. Beim Begehren einer hheren Steuervergtung soll die Anfechtungsklage (als Abnderungsklage) die statthafte Klageart sein, obwohl fr ein Leistungsverlangen nach allgemeinen Grundstzen nur die Verpflichtungsklage die richtige Klageart sein kann3 (zur Klagebefugnis des Steuertrgers/Verbrauchers s. Rz. 1.23 ff.).

1 Dazu nher Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 537. 2 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 541 iVm. Rz. 591 f. 3 Ausfhrlich Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 803; dort auch zur analogen Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO auf die Verpflichtungsklage.

668

II. Besteuerungsverfahren

4. Flligkeit Die Vorauszahlung fr den Voranmeldungszeitraum ist am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fllig (§ 18 Abs. 1 Satz 3 UStG). Voraussetzung ist allerdings, daß die Voranmeldung auch bis zu diesem Zeitpunkt beim Finanzamt eingegangen ist. Anderenfalls tritt die Flligkeit1 erst mit Eingang der Anmeldung bzw. Bekanntgabe einer Festsetzung seitens des Finanzamtes ein.2 Die gegenteilige Ansicht3 bersieht, daß nach § 218 Abs. 1 AO Grundlage fr die Verwirklichung der Ansprche aus dem Steuerschuldverhltnis die dort genannten Verwaltungsakte einschließlich der Steueranmeldungen sind, so daß erst nach deren Ergehen der jeweilige Anspruch fllig sein kann. Hinzu kommt, daß die Flligkeit Voraussetzung der Zwangsvollstrekkung ist (§ 254 Abs. 1 Satz 1 AO), welche ebenfalls einen Verwaltungsakt oder eine Steueranmeldung voraussetzt (§ 249 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO). Folglich tritt entgegen dem verkorksten § 220 Abs. 2 AO die steuerrechtliche4 Flligkeit nicht vor Festsetzung der Steuer ein.5 Die Besttigung findet sich fr die Verwirkung von Sumniszuschlgen in § 240 Abs. 1 Satz 3 AO.

18.38

Bei einer Abweichung der Jahresteueranmeldung von der Summe der angemeldeten Vorauszahlungen ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts (sog. Abschlußzahlung) einen Monat nach Eingang der Steueranmeldung fllig. Setzt das Finanzamt die Steuer oder die Steuervergtung abweichend fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheides bzw. Steuervergtungsbescheides (Rz. 31, 33) fllig (§ 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStG). Indes bleibt die Flligkeit rckstndiger – angemeldeter bzw. festgesetzter (Rz. 38) – Vorauszahlungen davon unberhrt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG).

18.39

Zur Flligkeit der Steuervergtung bzw. eines berschusses zugunsten des Unternehmers schweigt das Umsatzsteuergesetz. Folglich tritt die Flligkeit mit Wirksamwerden der Steuervergtungsfestsetzung, d. h. mit Zustimmung zur Steuervergtungsanmeldung bzw. mit Bekanntgabe einer entsprechenden Festsetzung (Rz. 33) ein, da auch die Verwirklichung des Steuervergtungsanspruchs nach § 218 Abs. 1 AO dessen vorherige Festsetzung verlangt (insoweit gelten die Ausfhrungen in Rz. 38 entsprechend).

18.40

1 Die Flligkeit ist eine materiell-rechtliche (steuerschuldrechtliche) Frage und keine des Besteuerungsverfahrens; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 351. 2 BFH, BStBl. II 1975, 755; Birkenfeld, § 210 Rz. 172; § 211 Rz. 131; Stadie in R/D, § 18 Anm. 1303. 3 BFH, BStBl. II 2000, 46, 55; Rsken in Klein, AO, § 220 Rz. 14; Mßlang in S/R, § 18 Rz. 30. In der Entscheidung BFH/NV 2004, 1127 hat der BFH die Frage dahinstehen lassen. 4 Fr die insolvenzrechtliche Flligkeit iS des § 95 InsO kommt es entgegen BMF, BStBl. I 1998, 1500, Tz. 7 (Beisp. 1) nicht auf die steuerrechtliche Flligkeit, sondern auf die steuerrechtliche Entstehung an; Stadie in R/D, § 18 Anm. 1302 iVm. 1305; so i. E. jetzt auch BFH, BFH/NV 2004, 1127. 5 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 274 ff.

669

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer in einem besonderen Verfahren 1. Allgemeines 18.41

Die Ansssigkeit des Unternehmers im Inland ist weder Voraussetzung fr die Steuerpflicht der Umstze noch fr die Vergtung der Vorsteuern. Auch wenn ein nur im Ausland ansssiger Unternehmer keine Umstze im Inland ttigt, kann er nach der Konzeption des Umsatzsteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG) und der 6. EG-Richtlinie (Art. 17 Abs. 4) eine Vergtung der nach dem deutschen bzw. dem Umsatzsteuerrecht des jeweiligen Mitgliedstaates entstandenen Vorsteuern verlangen. Die Formulierungen des § 16 Abs. 2 UStG („absetzen“) und des § 18 Abs. 3 und 4 UStG („berschuß“) haben zwar nur den Regelfall des Unternehmers im Auge, der im Inland auch Umstze ausfhrt, sie schlssen aber den Ausnahmefall des Unternehmers, der im Inland nur Leistungen bezieht, nicht aus. Indes wre die Vergtung der darauf entfallenden Vorsteuern im allgemeinen Besteuerungsverfahren nicht sachgerecht. § 18 Abs. 9 Satz 1 und 2 UStG ermchtigt deshalb zum Erlaß einer Rechtsverordnung, mit der zur Vereinfachung die Vergtung der Vorsteuerbetrge iS des § 15 UStG an im Ausland ansssige Unternehmer in einem besonderen Verfahren geregelt werden kann. Hierzu sind die §§ 59–62 UStDV ergangen. Weitere Bestimmungen sind in § 18 Abs. 9 Satz 3 bis 8 UStG enthalten, was die Verstndlichkeit des Regelungskomplexes nicht gerade frdert. Da in Gestalt der 8. EG-Richtlinie1 und der 13. EG-Richtlinie2 gemeinschaftsrechtliche Vorgaben3 bestehen, sind deren Bestimmungen zur Auslegung der nationalen Vorschriften heranzuziehen.

18.42

§ 18 Abs. 9 UStG und § 59 UStDV sprechen – wie auch § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 UStG – vom „im Ausland ansssigen“ Unternehmer, obwohl es allein darauf ankommt, daß dieser nicht im Inland ansssig ist (so auch zutreffend Art. 1 der 8. EG-RL). Mithin ist zur Vermeidung von Fehlern (vgl. Rz. 47) vom nicht im Inland ansssigen Unternehmer zu sprechen (Rz. 13.8).

18.43

Liegen die Voraussetzungen des § 59 UStDV vor, so sind die betroffenen Vorsteuerbetrge zwingend in dem besonderen Verfahren zu vergten. Ein Wahlrecht, diese statt dessen im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen zu knnen4, besteht nicht5, denn sowohl § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG als auch § 59 UStDV sprechen davon, daß „abweichend“ von den Bestimmungen des § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG die Vergtung in dem besonderen Verfahren zu erfolgen hat, wenn die Voraussetzungen dafr vorliegen. Indes kann 1 Richtlinie 79/1072/EWG v. 6.12.1979, ABl. Nr. L 331, S. 11 („Erstattung“ der Mehrwertsteuer an in anderen Mitgliedstaaten ansssige Steuerpflichtige). 2 Richtlinie 86/560/EWG v. 17.11.1986, ABl. Nr. L 326, S. 40 („Erstattung“ der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansssige Steuerpflichtige). 3 Dazu nher Stadie in R/D, § 18 Anm. 872 ff. 4 Fr dieses gelten keine Ausschlußfristen wie die des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG (Rz. 55) und nicht die materiell-rechtlichen Einschrnkungen des § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG (Rz. 51 f.). 5 Stadie in R/D, § 18 Anm. 870.3; FG Saarland, EFG 2004, 1486.

670

III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer

mit der Ttigkeit eines einzigen iS des § 59 UStDV „schdlichen“ (Rz. 48) steuerbaren Umsatzes in einem Voranmeldungszeitraum erreicht werden, daß fr diesen Zeitraum die allgemeinen Regeln gelten. 2. Im Ausland ansssiger Unternehmer a) Nachweis der Unternehmereigenschaft Hinsichtlich des Nachweises, daß der Antragsteller Unternehmer ist, ist zweifelhaft, ob die Bescheinigung gem. § 61 Abs. 3 UStDV, die von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde, bindend ist. Nach dieser Bestimmung hat der Unternehmer durch behrdliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansssig ist, nachzuweisen, daß er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (entspricht Art. 3 Buchst. b Satz 1 der 8. EG-RL1). Der Wortlaut der Vorschrift lßt zum einen die Auslegung zu, daß mit der Bescheinigung nur der Nachweis erbracht wird, daß er als Unternehmer registriert ist, d. h. gewhrleistet ist, daß der betreffende Mitgliedstaat die Umstze der als Unternehmer angesehenen Person, fr die der Vorsteuerabzug im anderen Mitgliedstaat geltend gemacht wird, besteuern kann. Es ist jedoch auch die Auslegung mglich, daß der Ansssigkeitsstaat mittels der Bescheinigung verbindlich die Unternehmereigenschaft feststellt.2 Gegen letztere Auslegung spricht allerdings schon, daß die Bescheinigung eine Gltigkeitsdauer von einem Jahr hat (Art. 3 Buchst. b Satz 2 der 8. EG-RL) und die Steuerpflichtigeneigenschaft (Unternehmereigenschaft) zwischenzeitlich weggefallen sein kann, so daß ggf. Vorsteuerbetrge an einen Nichtunternehmer zu vergten wren, was nicht iS der EG-Richtlinie sein kann. Ferner muß der Begriff des Steuerpflichtigen EGeinheitlich interpretiert werden, so daß es nicht angeht, daß eine Behrde des Ansssigkeitsstaates mittels einer Bescheinigung, der ggf. nur eine oberflchliche oder gar keine Prfung zugrunde lag, die Behrden und Gerichte des anderen Mitgliedstaates bindet und zur Vergtung der Vorsteuern zwingt. Diesen muß es deshalb mglich sein, bei Zweifeln an der Steuerpflichtigeneigenschaft (Unternehmereigenschaft) des Antragstellers die Verbindlichkeit der Bescheinigung zu verneinen3, eigene Sachverhaltsermittlungen anzustellen und in diesem Zusammenhang ggf. eine Entscheidung des EuGH (Rz. 1.54) zur Auslegung des Begriffs des Steuerpflichtigen iS des Art. 4 der 6. EG-RL herbeizufhren.4 Die Bezeichnung der Bescheinigung als sog. Unternehmerbescheinigung5 ist deshalb verfehlt; richtigerweise sollte sie Registrierungsbescheinigung genannt werden (Rz. 57).

18.44

Fr nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansssige Antragsteller hat die Bescheinigung iS des § 61 Abs. 3 UStDV bei richtlinienkonformer Auslegung schon deshalb keine Bindungswir-

18.45

1 Danach hat der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der zustndigen Behrde des Staates, in dem er ansssig ist, den „Nachweis (zu) erbringen, daß er Mehrwertsteuerpflichtiger dieses Staates ist“. 2 So Birkenfeld, § 214 Rz. 107. 3 Vgl. BFH, BFH/NV 2004, 297. 4 Stadie in R/D, § 18 Anm. 873.1. 5 Vgl. BFH, BFH/NV 2004, 297; 2004, 1046; BStBl. II 2003, 819; 2004, 630.

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Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren kung, weil Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der 13. EG-RL es dem Mitgliedstaat berlßt, in welcher Weise es den Nachweis, daß der Antragsteller eine wirtschaftliche Ttigkeit iS des Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL ausbt, d. h. Unternehmer ist, fordert. Von diesem Nachweis kann nicht etwa abgesehen werden, wenn der Drittlandsstaat keine Umsatzsteuer erhebt.1

b) Nichtansssigkeit im Inland 18.46

Der die Vorsteuervergtung beantragende Unternehmer muß ein im Ausland ansssiger Unternehmer sein; das soll sich nach § 13b Abs. 4 UStG bestimmen (§ 59 Halbs. 1 UStDV). Richtigerweise kommt es indes darauf an, daß der Unternehmer nicht im Inland ansssig ist (Rz. 42). Nach § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG ist ein im Ausland ansssiger Unternehmer ein solcher, welcher im staatsrechtlichen Inland weder einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschftsleitung noch eine Zweigniederlassung hat. Diese Definition ist schon aus nationaler Sicht verfehlt (vgl. zum Wohnsitz Rz. 13.13). Unabhngig davon sind die Ansssigkeitskriterien richtlinienkonform auszulegen, so daß es entsprechend Art. 1 der 8. EG-RL und Art. 1 Nr. 1 der 13. EG-RL sowie entsprechend Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. e der 6. EG-RL insbesondere nicht auf den statuarischen Sitz iS des § 11 AO, sondern auf den Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit ankommt (Rz. 13.12 ff.)2, der m. E. entgegen der Auffassung des BFH3 dem Ort der Geschftsleitung entspricht (Rz. 13.14). Die Zweigniederlassung ist als feste Niederlassung zu verstehen (dazu nher Rz. 13.15 ff.). Eine Tochtergesellschaft begrndet keine Ansssigkeit im Inland, da dem beherrschenden Gesellschafter im Ausland nicht deren Umstze zuzurechnen sind (vgl. Rz. 5.254 ff.).4

18.47

Hinsichtlich des Nachweises der Nichtansssigkeit im Inland scheint zweifelhaft zu sein, inwieweit der Bescheinigung gem. § 61 Abs. 3 UStDV, die von einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist, Bedeutung zukommt. Nach dieser Bestimmung hat der Unternehmer durch behrdliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansssig ist, nachzuweisen, daß er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (entspricht Art. 3 Buchst. b Satz 1 der 8. EG-RL5). Dem BFH zufolge soll ein Unternehmer (Steuerpflichtiger), der eine solche Bescheinigung vorlegt, nur dann nicht in dem Mitgliedstaat als ansssig anzusehen sein, wenn gewichtige Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der Bescheinigung sprchen. Das sei z. B. dann der Fall, wenn anderslautende Ausknfte aus dem Mitgliedstaat vorliegen, der die Bescheinigung ausgestellt hatte, oder wenn Tatschen die Annahme rechtfertigen, daß der Unternehmer in dem Mitgliedstaat nur seinen „rechtlichen“ Sitz habe.6 Das 1 2 3 4

So aber Birkenfeld, § 214 Rz. 142. Vgl. ferner BFH, BStBl. II 2003, 819; BFH/NV 2004, 828. BStBl. II 2004, 630. Zur Behandlung der Tochtergesellschaft als feste Niederlassung („Zweigniederlassung“) im Rahmen des § 3a UStG und des § 13b UStG s. Rz. 8.86, 8.90 bzw. Rz. 13.17. 5 Danach hat der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der zustndigen Behrde des Staates, in dem er ansssig ist, den „Nachweis (zu) erbringen, daß er Mehrwertsteuerpflichtiger dieses Staates ist“. 6 BFH, BStBl. II 2004, 630.

672

III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer

ist schon vom Ansatz her verfehlt, da eine solche Bescheinung nur die Auffassung der ausstellenden Behrde des Mitgliedstaates zum Ausdruck bringt, daß der Aussteller in diesem Mitgliedstaat ansssig sei. Voraussetzung der Vorsteuervergtung in dem besonderen Verfahren ist jedoch nicht die Ansssigkeit im Ausland, sondern die Nichtansssigkeit im Inland (Rz. 42). Folglich ist richtigerweise die sog. Unternehmerbescheinigung fr die Frage der Ansssigkeit iS des § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG und § 59 UStDV ohne Belang1, denn auch wenn ein Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat mit dem Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit ansssig ist, so kann er gleichwohl im Inland eine feste Niederlassung haben, die dazu fhrt, daß er auch im Inland ansssig ist! 3. Nichtausfhrung von Umstzen im Inland Die Vergtung der Vorsteuern in dem besonderen Verfahren verlangt des weiteren, daß der Unternehmer im jeweiligen Vergtungszeitraum, der im Regelfall mindestens drei Monate betrgt (Rz. 54), keine steuerbaren2 – d. h. keine steuerfreien3 oder steuerpflichtigen4 – Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ttigt, bei denen er Steuerschuldner wre (§ 59 UStDV). Unschdlich sind nmlich solche Umstze, bei denen der Leistungsempfnger Steuerschuldner gem. § 13b UStG (dazu Rz. 13.2 ff.) oder als letzter Abnehmer im sog. innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschft gem. § 25b Abs. 2 UStG (dazu Rz. 9.27) ist (§ 59 Nr. 2 und 3 UStDV). Schdlich sind hingegen „Umstze“ in Gestalt von innergemeinschaftlichen Erwerben, da § 59 Nr. 1 UStDV voraussetzt, daß auch keine Umstze iS des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG (dazu Rz. 9.9 ff.) gettigt werden.5 1 Ihr kann allenfalls dann eine Bedeutung zukommen, wenn es um die Anwendung des § 18 Abs. 9 Satz 6 oder 7 UStG (Rz. 51), d. h. um die Frage geht, ob der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat oder außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansssig ist. 2 Maßgebend ist allein der Ort der Umstze des Unternehmers, nicht der Ort der Umstze der von ihm eingeschalteten Subunternehmer; EUGH, EuGHE 2001, I-637 = UR 2001, 265. 3 Ausnahme: grenzberschreitende Befrderung von Gegenstnden in ein oder aus einem Drittland und damit zusammenhngende Umstze (§ 59 Nr. 1 Alt. 2 UStDV iVm. § 4 Nr. 3 UStG). 4 Ausnahmen: (1) Umstze, die der Befrderungseinzelbesteuerung unterliegen (§ 59 Nr. 2 Alt. 2 UStDV); zur Richtlinienkonformitt dieser Ausnahme s. Stadie in R/D, § 18 Anm. 874.9. (2) Auf elektronischem Wege erbrachte sonstige Leistungen von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansssigen Unternehmern unter den weiteren Voraussetzungen des § 59 Nr. 4 UStDV. 5 Damit korrespondiert, daß Steueranmeldungen auch dann abzugeben sind, wenn ausschließlich Steuer fr derartige Umstze „zu entrichten“ ist (§ 18 Abs. 4a UStG). Das ist indes nicht der Fall, wenn die Steuer sogleich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG als Vorsteuer gegengerechnet werden kann. Folglich folgt aus dieser Bestimmung die Einschrnkung, daß innergemeinschaftliche Erwerbe fr die Anwendbarkeit des Vorsteuervergtungsverfahrens unschdlich sind, wenn der Unternehmer die dadurch anfallende Vorsteuer in voller Hhe gegenrechnen kann.

673

18.48

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

4. Vergtbare Vorsteuern 18.49

Vergtet werden grundstzlich die nach § 15 UStG, „abziehbaren“ Vorsteuerbetrge (§ 18 Abs. 9 Satz 1 UStG; § 59 UStDV).1 Es muß sich mithin um nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht entstandene Vorsteuervergtungsansprche handeln, weil der Ort der zugrunde liegenden Leistungen im Inland2 liegt3 und dafr auch deutsche Umsatzsteuer in Rechnung gestellt ist (dazu Rz. 14.69). Die „Abziehbarkeit“ (Vergtbarkeit) richtet sich nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht4 (dazu Rz. 15.7 ff.).

18.50

Aus der Zielsetzung des Systems der MwSt-Richtlinien5 folgert indes der EuGH, daß das Vorsteuerabzugsrecht darber hinaus auch nicht nach dem Recht des Ansssigkeitsstaates auf Grund einer Steuerbefreiung ausgeschlossen sein darf.6 Entsprechendes muß dann auch fr andere Vorsteuerabzugsbeschrnkungen, insbesondere solche iS des Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL, gelten. Diese EuGH-Rechtsprechung zwingt zu einer richtlinienkonformen Auslegung (teleologische Reduktion) des § 15 UStG, so daß nicht nur im Rahmen des besonderen Vorsteuervergtungsverfahrens, sondern generell ein solches Vorsteuerabzugsverbot zu beachten ist.7 Der EuGH hat allerdings bersehen, daß es nicht auf den Mitgliedstaat der Ansssigkeit des Steuerpflichtigen ankommen darf, sondern auf den Mitgliedstaat, in dem die Umstze erbracht werden, denen die betreffenden Vorsteuerbetrge zuzurechnen sind.

18.51

Fr Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansssig (zur Ansssigkeit s. Rz. 46) sind8, ist die Vergtung der Vorsteuern, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen, regelmßig ausgeschlossen (§ 18 Abs. 9 Satz 7 UStG).9

18.52

Bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansssig sind, wird die Vorsteuer nur dann vergtet, wenn Gegenseitigkeit besteht10, d. h. wenn in dem Drittland, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder hnliche Steuer erhoben 1 Mit Ausnahme der Vorsteuern nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG (innergemeinschaftlicher Erwerb; s. vorhergehende Fn.). 2 Bzw. es sich um deutsche Einfuhrumsatzsteuer handelt. 3 Vgl. Art. 2 der 8. EG-RL und Art. 2 Abs. 1 der 13. EG-RL. 4 Vgl. Art. 5 Abs. 1 der 8. EG-RL bzw. Art. 4 Abs. 1 der 13. EG-RL. 5 Aufgrund der fnften Begrndungserwgung zur 8. EG-RL darf das besondere Vergtungsverfahrens nicht dazu fhren, daß die Steuerpflichtigen, je nachdem, in welchem Mitgliedstaat sie ansssig sind, unterschiedlich behandelt werden. 6 EuGH, EuGHE 1996, I-4495 = UR 1996, 430, Tz. 15 ff.; EuGHE 2000, I-6109 = UR 2000, 390, Tz. 23. 7 AA. Reiß, RIW 2001, 258, 262 f. Meine bislang ebenfalls ablehnende Auffassung in R/D, § 18 Anm. 875, habe ich aufgegeben. 8 Wenn eine Ansssigkeit sowohl in einem anderen Mitgliedstaat als auch außerhalb des Gemeinschaftsgebiets in Betracht kommt, kann einer Bescheinigung iS des § 61 Abs. 3 UStDV (Rz. 47), die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist, eine Indizwirkung zukommen; der BFH hat die Frage bislang offengelassen; vgl. BFH, BStBl. II 2003, 819; BFH/NV 2004, 828. 9 Das drfte indes nicht bei der Befrderungseinzelbesteuerung gelten; vgl. Stadie in R/D, § 18 Anm. 875.3. 10 Entspricht Art. 2 Abs. 2 der 13. EG-RL.

674

III. Vergtung der Vorsteuern an im Ausland ansssige Unternehmer oder im Fall der Erhebung den im Inland ansssigen Unternehmern vergtet wird1 (§ 18 Abs. 9 Satz 6 UStG).2

Die vergtbaren Vorsteuern mssen in den Vergtungszeitraum (Rz. 54) fallen (arg. § 60 Satz 3 UStDV), d. h. sie mssen in diesem entstanden sein (zur Entstehung Rz. 21 f.). Sie drfen nicht „schdlichen“ Umstzen zuzurechnen sein, d. h. solchen, die die Vorsteuervergtung im besonderen Verfahren nach § 59 UStDV ausschließen (Rz. 48). Anderenfalls ist nicht das besondere Verfahren anzuwenden, sondern es gelten die allgemeinen Regeln (Rz. 1 ff.), auch wenn im als Vergtungszeitraum in Betracht kommenden Zeitraum keine schdlichen Umstze ausgefhrt werden.3

18.53

5. Verfahren Der Vergtungszeitraum muß grundstzlich mindestens drei Kalendermonate umfassen und kann nach Wahl des Unternehmers auf hchstens ein Jahr ausgedehnt werden (§ 60 Satz 1 UStDV).4 Voraussetzung ist, daß in diesem Zeitraum keine schdlichen Umstze iS des § 59 UStDV ausgefhrt worden sind (Rz. 48). Der Zeitraum kann weniger als drei Monate umfassen, wenn es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt. In den Antrag fr diesen Zeitraum knnen auch abziehbare Vorsteuerbetrge aufgenommen werden, die in vorangegangene Vergtungszeitrume des betreffenden Kalenderjahres fallen (§ 60 Satz 2 und 3 UStDV).5 Fr diejenigen Zeitrume, in denen die Voraussetzungen des § 59 UStV (Rz. 48) nicht vorliegen, sind die Vorsteuerbetrge nach den allgemeinen Regeln (§ 16 Abs. 2 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG; Rz. 6 ff., 17 ff.) zu vergten.

18.54

Der Unternehmer hat die Vergtung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei dem Bundesamt fr Finanzen6 zu beantragen (§ 61 Abs. 1 UStDV). Der Vergtungsbetrag muß die in § 61 Abs. 2 UStDV genannten Mindesthhen erreichen. Der Antrag ist binnen7 sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergtungsanspruch entstanden ist (§ 18 Abs. 9 Satz 3 UStG). Bei der Frist handelt es sich um eine Ausschlußfrist, die nicht verlngert werden kann.8 Es kommt jedoch unter den Voraussetzungen

18.55

1 Das BMF gibt regelmßig ein Verzeichnis heraus (zuletzt BStBl. I 2004, 457), in dem diejenigen Drittstaaten aufgezhlt sind, welche nach Auffassung des BMF diese Voraussetzung erfllen, sowie eine Vielzahl von Drittstaaten genannt sind, bei denen die Gegenseitigkeit nicht gegeben sei. 2 Dazu nher Stadie in R/D, § 18 Anm. 876 ff. 3 Vgl. Abschn. 241 Abs. 1 Beisp. 1 und 3 UStR 2005. 4 Entspricht Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der 8. EG-RL. 5 Dazu nher Stadie in R/D, § 18 Anm. 879 ff. 6 Oder bei einem Finanzamt, wenn dieses zustimmt (§ 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 FVG). 7 Gemeint ist: „sptestens sechs Monate nach“ Ablauf des Kalenderjahres, so daß der Antrag auch schon vor Ende des Kalenderjahres gestellt werden kann, wenn der Vergtungszeitraum vorher endete; Stadie in R/D, § 18 Anm. 881.1. 8 BFH, BStBl. II 2000, 214; 2004, 196.

675

Kapitel 18 Steuerberechnung, Besteuerungsverfahren

des § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, wenn die Frist ohne Verschulden versumt worden war.1 18.56

Der Unternehmer hat die Vergtung selbst zu berechnen und die Vorsteuerbetrge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Es reicht indes die Vorlage von Zweitschriften (Ablichtungen) aus.2

18.57

Dem Antrag ist eine behrdliche Bescheinigung des Ansssigkeitsstaates beizufgen, mit dem nachzuweisen ist, daß der Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (§ 61 Abs. 3 UStDV). Fr Vergtungsantrge, die spter als ein Jahr nach dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung gestellt werden, ist eine neue Bescheinigung vorzulegen.3 Mit dieser Bescheinigung wird lediglich die Registrierung in einem Staat nachgewiesen und nicht etwa die Unternehmereigenschaft (Rz. 44 f.); die Bezeichnung als „Unternehmerbescheinigung“4 ist deshalb verfehlt. Sie soll eine gewisse Gewhr dafr bieten, daß die Umstze, mit denen die vergteten Vorsteuern im Zusammenhang stehen, auch im anderen Staat besteuert werden, mithin verhindern, daß der Antragsteller die Vorsteuern vereinnahmt, aber nicht seine Umstze versteuert. Die Bescheinigung kann auch keinen Nachweis ber die Nichtansssigkeit im Inland erbringen (Rz. 47).

18.58

Der Vergtungsantrag ist entgegen h. M.5 keine Steuervergtungsanmeldung6, denn eine solche setzt eine Steuervergtungserklrung voraus (§ 155 Abs. 4 iVm. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO). § 18 Abs. 9 Satz 3 und 4 UStG spricht jedoch lediglich von einem „Antrag“, in dem die Steuer selbst zu berechnen ist. Demgemß unterscheidet auch die Abgabenordnung zwischen Steuervergtungserklrung (§ 155 Abs. 4 iVm. § 170 Abs. 1 Nr. 1 AO) und Steuervergtung auf Antrag (§ 170 Abs. 3 AO). Folglich ist § 168 AO nicht anwendbar und der Antrag fhrt bei Auszahlung der Steuervergtung, in der anderenfalls eine konkludente Zustimmung lge (Rz. 33), nicht zu einer Steuervergtungsfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprfung. ber den Antrag muß deshalb stets durch schriftlichen Bescheid entschieden werden (so auch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 der 8. EG-RL, der eine „Zustellung“ des Bescheides verlangt).

18.59

Bei dem stattgebenden Bescheid handelt es sich um einen Steuervergtungsbescheid (§ 155 Abs. 4 iVm. Abs. 1 Satz 1 AO), der unter dem Vorbehalt der Nachprfung ergehen kann (§ 155 Abs. 4 iVm. § 164 AO). Wird der Antrag abgelehnt, so erfolgt die Ablehnung in der Gestalt eines Steuervergtungsbescheides (Rz. 33).

1 BFH, aaO.; Abschn. 243 Abs. 5 UStR 2005. 2 BFH, BStBl. II 1999, 255; 1999, 324; vgl. auch EuGH, EuGHE 1998, I-3510 = UR 1998, 309. 3 Art. 3 Buchst. b Satz 2 der 8. EG-RL; Abschn. 243 Abs. 6 Satz 3 UStR 2005. 4 Vgl. BFH, BFH/NV 2004, 297; 2004, 1046; BStBl. II 2003, 819; 2004, 630; FG Kln, EFG 2004, 382. 5 Birkenfeld, § 214 Rz. 116; Mßlang in S/R, § 18 Rz. 175; Lippross, 10.4.5 (S. 928); FG Schl.-H., EFG 1992, 426; FG Kln, EFG 1998, 1367, die zudem alle fehlerhaft von einer „Steueranmeldung“ sprechen. 6 Der BMF hat seine gegenteilige Auffassung offensichtlich aufgegeben, da sich die entsprechende frhere Aussage (Abschn. 243 Abs. 4 UStR 2000) nicht mehr in den UStR 2005 findet.

676

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche I. Allgemeines Das Steuerrecht kennt das Rechtsinstitut der Haftung als Einstehenmssen fr fremde Steuerschulden und steuerrechtliche Rckzahlungsverpflichtungen (und ggf. andere Ansprche aus dem Steuerschuldverhltnis iS des § 37 AO). Diese Haftung Dritter hat Sicherungsfunktion fr den Steuerglubiger. Sie setzt deshalb eine Primrschuld, d. h. die Steuerschuld oder gleichgestellte Schuld (Rz. 4) eines anderen voraus (Akzessoriett der Haftung). Eine Haftungsschuld entsteht mithin nur in dem Umfang, in welchem objektiv nach dem Gesetz eine Steuerschuld oder gleichgestellte Schuld entstanden ist.1

19.1

Kein Fall der steuerrechtlichen Haftung ist die zivilrechtliche „Haftung“ des Erben nach § 1967 BGB und nach § 27 HGB. Der Erbe schuldet die geerbten Steuern, so daß der gegen ihn gerichtete Anspruch kein Haftungsanspruch, sondern ein Steueranspruch ist.2

Die Haftung fr Umsatzsteuerschulden und gleichgestellte Schulden kann sich aus der Abgabenordnung (§§ 69–75 AO) ergeben (Rz. 9 ff., 17 ff.), auf Vorschriften aus dem Zivilrecht (insbesondere § 25, § 28 oder § 128 HGB) beruhen (Rz. 27 bzw. 15 f.) oder sich auf besondere Vorschriften aus dem Umsatzsteuergesetz (§ 13c, § 13d und § 25d UStG) sttzen (Rz. 28 ff.).

19.2

Eine Haftung wird auch durch § 14c UStG begrndet, der bei unzulssigem Ausweis von Umsatzsteuer in einer Rechnung eine vorlufige Gefhrdungshaftung des Rechnungsausstellers vorsieht. Die Haftungsschuld wird vom Gesetz zwar als Steuerschuld bezeichnet (§ 14c iVm. § 13a Abs. 1 Nr. 1 und 4 UStG), es handelt sich jedoch um das Einstehenmssen fr eine fremde Schuld, nmlich fr die Verpflichtung des Rechnungsempfngers zur Rckzahlung des zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzugs (Rz. 14.85). Hat der Rechnungsaussteller den nach § 14c UStG „geschuldeten“ Steuerbetrag nicht erhalten, so tritt eine endgltige Ausfallhaftung nur bei Verschulden ein (Rz. 14.129 bzw. 14.143 f.).

Steuerrechtliche Haftung als Einstehenmssen fr eine fremde Schuld setzt einen Zurechnungsgrund voraus, der die Zahlungspflicht rechtfertigt, da anderenfalls die Haftung gegen das verfassungsrechtliche Willkrverbot verstieße. Der Zurechnungsgrund kann eine schuldhafte Pflichtverletzung sein, sich aus der Beteiligung an einem Unternehmen bzw. dessen Erwerb ergeben (dazu Rz. 15, 17, 22 bzw. 24) oder in ungerechtfertigten Vermgensvorteilen liegen. Ein solcher Zurechnungsgrund fehlt bei den Tatbestnden des § 13d UStG (Rz. 62) und des § 25d UStG (Rz. 67). 1 BFH, BStBl. II 1997, 171; 2000, 486; P. Fischer in Hbschmann/Hepp/Spitaler, AO/ FGO, § 38 AO Rz. 84; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 Rz. 15, Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 132. 2 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 147, 337 iVm. 321 ff.

677

19.3

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

19.4

Die Haftung nach der Abgabenordnung betrifft nicht nur Steueransprche, sondern insbesondere auch Ansprche aus der Berichtigung von Vorsteuerabzgen nach § 17 oder § 15a UStG (dazu Rz. 16.7 ff., 16.36 ff.), welche nach der Systematik des allgemeinen Steuerrechts Ansprche auf Erstattung von Steuervergtungen sind (§ 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO; Rz. 18.5). Diese werden ausdrcklich in § 73 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 3 und in § 75 Abs. 1 Satz 3 AO als solche genannt. Auch die Haftung nach den §§ 25, 28 und 128 HGB erfaßt diese Ansprche.

19.5

Die Haftung fr von Anfang an zu Unrecht gewhrte Steuervergtungen (Vorsteuerabzge) kommt (außerhalb des § 14c UStG) nach § 69 Abs. 1 AO („Ansprche aus dem Steuerschuldverhltnis“, § 37 Abs. 1 iVm. Abs. 2 AO) und nach § 71 AO („zu Unrecht gewhrte Steuervorteile“) in Betracht.1 Auch die Haftung nach den §§ 25, 28 und 128 HGB erfaßt diese Ansprche.

19.6

Primrschuldner (Steuerschuldner usw.) und Haftungsschuldner sind ab Entstehung – und nicht etwa erst ab Festsetzung2 – der Haftungsschuld Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Nachtrgliche Zahlungen des Primrschuldners fhren wegen der Akzessoriett der Haftungsschuld zu deren Erlschen in entsprechendem Umfang (§ 44 Abs. 2 Satz 1 AO).

19.7

Die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners erfolgt durch Haftungsbescheid (§ 191 AO). Die Vorschrift ist zwar zu eng formuliert („fr eine Steuer haftet“), erfaßt aber gleichwohl auch alle anderen Ansprche, fr die nach dem Gesetz gehaftet wird.3 Der Haftungsbescheid4 ist Grundlage fr die Verwirklichung des Haftungsanspruchs (§ 218 Abs. 1 AO). Indes gilt der Subsidiarittsgrundsatz des § 219 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach der Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermgen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, daß die Vollstreckung aussichtslos sein wrde.5 Diese gesonderte Zahlungsaufforderung hat flligkeitsauslsende Funktion.6

19.8

Die Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) des gegenber dem Steuerschuldner ergangenen Steuerbescheides hindert den Haftungsschuldner grundstzlich nicht, den Haftungsbescheid anzufechten und die Rechtswidrigkeit der aus dem Steuerbescheid bernommenen Betrge geltend zu machen, da keine Bin1 Zur Haftung nach § 73 AO (Organgesellschaft) s. Rz. 20 Fn. 2 So aber Abschn. 182b Abs. 32 UStR 2005 zu § 13c UStG. 3 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 581; vgl. auch Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 AO, Rz. 17. 4 Die Rechtmßigkeit des Haftungsbescheides entfllt nicht dadurch, daß in der Begrndung eine falsche Haftungsvorschrift genannt worden ist, wenn sich die Haftung auf eine andere (richtige) Haftungsnorm sttzen lßt, denn die Rechtmßigkeit eines Verwaltungsaktes bestimmt sich nur nach dessen Tenor; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 819. 5 Ausnahmen: Haftung des Abtretungsempfngers (§ 13c Abs. 2 Satz 1 UStG); Haftung fr die Steuer des vorangegangenen Lieferers (§ 25d Abs. 4 UStG). 6 Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 280, 586.

678

II. Haftung wegen Pflichtverletzung

dungswirkung vorgesehen ist. Der Steuerbescheid ist kein Grundlagenbescheid fr den Haftungsbescheid. Eine Bindungswirkung in Gestalt der Drittwirkung der unanfechtbaren Steuerfestsetzung tritt jedoch nach § 166 AO dann ein, wenn der Haftungsschuldner in der Lage gewesen wre, den Steuerbescheid als Vertreter des Steuerschuldners (z. B. als Geschftsfhrer, Vorstand1, alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter2) oder kraft eigenen Rechts (z. B. als Insolvenz- oder Zwangsverwalter) anzufechten.3

II. Haftung wegen Pflichtverletzung 1. Haftung der gesetzlichen Vertreter, Geschftsfhrer und Vermgensverwalter Nach § 69 AO haften insbesondere die gesetzlichen Vertreter natrlicher oder juristischer Personen4 und die „Geschftsfhrer“5 von nichtrechtsfhigen Personenvereinigungen und Vermgensmassen, die nach § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfllen haben, soweit Ansprche aus dem Steuerschuldverhltnis infolge vorstzlicher oder grob fahrlssiger Verletzung ihrer Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfllt werden oder soweit infolgedessen Steuervergtungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Entsprechendes gilt fr Vermgensverwalter iS des § 34 Abs. 3 AO (z. B. Insolvenz- oder Zwangsverwalter).

19.9

Es handelt sich um eine Schadensersatzhaftung, so daß sich die Hhe der Haftung allein aus der Urschlichkeit der Pflichtverletzung fr den beim Fiskus eingetretenen Schaden ergibt. Am haftungsbegrndenden Ursachenzusammenhang fehlt es daher, wenn der Steuerausfall auch bei pflichtgemßem Verhalten eingetreten wre.6

19.10

Bei unzureichenden Zahlungsmitteln, die nicht zur gleichzeitigen Bezahlung aller flligen Schulden ausreichen, soll auch fr die Umsatzsteuerschulden der Grundsatz der anteiligen Tilgung gelten, d. h. die Verpflichtung bestehen, diese Forderungen des Steuerglubigers wie die Forderungen anderer Glubiger anteilig zu befriedigen.7 Diese Sichtweise verkennt, daß der Unternehmer nur Gehilfe des Staates bei der Besteuerung der Verbraucher ist und mithin die Umsatzsteuer fr fremde Rechnung erhebt (Rz. 1.18). Folglich sind die als integraler Teil der Gegenleistung vereinnahmten Umsatzsteuerbetrge kein

19.11

1 2 3 4

BFH, BStBl. II 2003, 556, 559. BFH, BStBl. II 1998, 319, 321. Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 166 AO Rz. 15; Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 791. Insbesondere GmbH-Geschftsfhrer und Vorstnde von Vereinen, Aktiengesellschaften und Genossenschaften. 5 Gemeint sind die geschftsfhrenden Gesellschafter von Personengesellschaften. 6 BFH, BStBl. II 1993, 8; 1995, 230, 231; 2001, 271, 272; BFH/NV 2003, 537, 540; 2004, 555 = UR 2004, 238, 242. 7 BFH, BStBl. II 1991, 678; 1993, 8; 1995, 230; 2001, 271; BFH/NV 2004, 555 = UR 2004, 238, 242.

679

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

eigenes Vermgen des Unternehmers, sondern werden im Ergebnis nur treuhnderisch als Fremdgelder fr den Staat verwaltet. Mithin drfen sie nicht zur Befriedigung der brigen Glubiger verwendet werden und mssen vom Unternehmer in voller Hhe an das Finanzamt abgefhrt werden. Unverstndlicherweise wird diese Sichtweise von der Rechtsprechung nur fr die Lohnsteuer angewendet.1 19.12

Der Grundsatz der anteiligen Tilgung gilt auch nach der Rechtsprechung nicht, wenn die der Haftung zugrunde liegenden Umsatzsteuerrckstnde darauf beruhen, daß zu Unrecht Vorsteuervergtungen geltend gemacht worden waren, die bei ordnungsgemßer Erfllung der Anmeldeverpflichtungen mit den Umsatzsteuerbetrgen htten verrechnet werden mssen.2

19.13

Mehrere Geschftsfhrer haben grundstzlich jeder fr sich die Pflicht, die steuerrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erledigen.3 Eine Aufgabenverteilung auf einen oder einzelne Geschftsfhrer kann nur bei eindeutigen Vereinbarungen befreien, und auch nur solange, wie kein Anlaß zur berprfung des/der mit den steuerrechtlich Aufgaben Betrauten bestand.4 Bei ehrenamtlich ttigen Vereinsvorstnden u. . gelten dieselben Maßstbe.5 2. Haftung als Tter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung

19.14

Tter und Teilnehmer einer Steuerhinterziehung haften gem. § 71 AO fr die dadurch verkrzten Steuern und zu Unrecht gewhrten Steuervorteile6, soweit sie nicht schon Schuldner der Steuer oder des Rckforderungsanspruchs sind. In Betracht kommen mithin insbesondere Geschftsfhrer und Angestellte des Steuerschuldners oder sein Steuerberater, aber auch Mittter bzw. Gehilfen beim gemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrug7 in Gestalt z. B. eines Umsatzsteuerkarussells (vgl. Rz. 65 f.). Der Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) muß in objektiver und subjektiver Hinsicht erfllt sein8; eine Verurteilung ist nicht Voraussetzung9. Auch diese Haftung hat, wie die nach § 69 AO (Rz. 10), Schadensersatzcharakter.10 Der Grundsatz der Verpflichtung zur anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer soll nach der Rechtsprechung auch im Rahmen des § 71 AO gelten11; das ist verfehlt (Rz. 11).

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Vgl. BFH, BStBl. II 1982, 521; 1988, 859; 2001, 271, 272. BFH, BFH/NV 1996, 97. BFH, BStBl. II 1998, 761, 763. BFH, BStBl. II 1984, 776; 1986, 384; 1998, 761, 763; 2003, 556, 559 f.; BFH/NV 2001, 413; 2004, 157. BFH, BStBl. II 1998, 761; 2003, 556. Zu Unrecht gewhrte Steuervorteile sind insbesondere rechtswidrig als Steuervergtungen ausgezahlte Vorsteuerbetrge (§ 370 Abs. 4 Satz 2 AO). S. auch Rz. 14.130. BFH, BStBl. II 1997, 308, 311. Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 198. BFH, BStBl. II 1993, 8; 1995, 198; 1998, 2, 6. BFH, BStBl. II 1995, 198.

680

III. Haftung bei Unternehmensbeteiligung oder Unternehmenserwerb

III. Haftung bei Unternehmensbeteiligung oder Unternehmenserwerb 1. Haftung des Gesellschafters einer Personengesellschaft Die Haftungstatbestnde des HGB greifen auch hinsichtlich der Ansprche der Steuerglubiger ein, da § 191 Abs. 1 AO von der Haftung „kraft Gesetzes“ (nicht: Steuergesetzes) spricht. Folglich kommt eine Haftung als Gesellschafter einer OHG oder als Komplementr einer KG nach den §§ 128, 161 HGB fr die Umsatzsteuer und die gleichgestellten umsatzsteuerrechtlichen Schulden der Gesellschaft in Betracht.1 Haftungsgrund ist die Beteiligung am Vermgen der Gesellschaft und der daraus resultierende Vorteil der von der Gesellschaft nicht gezahlten Steuer.

19.15

Nach Auffassung des BFH sollen auch die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) fr die Steuern usw., bei denen die Gesellschaft Schuldner ist, insbesondere also bei der Umsatzsteuer, „haften“; die Haftung soll sich aus dem Rechtsgedanken der §§ 421, 427 BGB ergeben.2 Seitdem der BGH die Teilrechtsfhigkeit einer Außengesellschaft annimmt und deshalb § 128 HGB analog anwendet3, ist die Haftung richtigerweise darauf zu sttzen.4

19.16

2. Haftung der Organgesellschaft Im Falle der Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; Rz. 5.206 ff.) haftet die Organgesellschaft gem. § 73 Satz 1 AO fr solche Steuern des Organtrgers, fr welche die Organschaft zwischen ihnen von Bedeutung ist. Die Haftung erstreckt sich auch auf zu erstattende Steuervergtungen (§ 73 Satz 2 AO), d. h. auf zurckzuzahlende Vorsteuerbetrge (Rz. 4, 20). Diese Haftungsvorschrift rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß der Organtrger zwar Schuldner der Steuern ist, die die jeweilige Organgesellschaft ausgelst hat (Rz. 5.239), diese aber zivilrechtlich selbstndig bleibt, so daß ihr Vermgen nicht der Vollstreckung aus den Steuerbescheiden gegen den Organtrger unterliegt.

19.17

Die Haftung beschrnkt sich schon nach dem klaren Wortlaut des § 73 Satz 1 AO („Steuern des Organtrgers, fr welche die Organschaft zwischen ihnen von Bedeutung ist“) auf diejenigen Umsatzsteuerschulden und zurckzuzahlenden Vorsteuerbetrge, welche die Organgesellschaft betreffen, d. h. bei unterstellter Selbstndigkeit bei ihr angefallen wren.5 Folglich ist diese Haf-

19.18

1 BFH, BStBl. II 1987, 363; 1995, 395; BFH/NV 2001, 1467; BStBl. II 2002, 73; vgl. auch BGH, BStBl. II 2002, 786. 2 BFH BStBl. II 1986, 156; 1989, 952; 1990, 939; 1997, 745; ebenso BVerwG, BFH/NV 2002, Beilage, 168. 3 BGHZ 146, 341. 4 Offengelassen von BFH/NV 2005, 827. 5 Stadie in R/D, § 2 Anm. 667 mwN.; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 104; Klenk in S/R, § 2 Rz. 142; Schmidt/Mller/Stcker, Die Organschaft, Rz. 1469; aA. BGH, BB 1993, 22; Birkenfeld, § 37 Rz. 100; Rsken in Klein, AO, § 73 Rz. 7.

681

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

tungsbeschrnkung nicht erst bei der Ermessensausbung vorzunehmen.1 Die gegenteilige Auffassung in der Regierungsbegrndung, daß die Haftung sich auf smtliche Umsatzsteuerschulden des Organkreises erstrecken soll2, ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu vereinbaren und schon deshalb unbeachtlich. Zudem wrde sie zu einer enteignungshnlichen Schmlerung der Vermgenspositionen der Minderheitsgesellschafter und Glubiger der Organgesellschaft fhren3, die verfassungswidrig wre, weil es dafr keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund gbe. 19.19

Von der Haftung werden nur solche Steuern erfaßt, die whrend des Bestehens des Organschaftsverhltnisses entstanden sind.4 Fr Rckforderungsansprche (Erstattungsansprche iS des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO), welche Steuern betreffen, die dem Organtrger zu Unrecht erstattet worden waren, greift die Haftung nach § 73 AO nicht ein.5

19.20

Die Haftung nach § 73 Satz 2 AO betrifft nur die Erstattungsansprche bezglich solcher Steuervergtungen, fr welche die Organschaft von Bedeutung ist, d. h. nur solche, die bei Nichtbestehen des Organschaftsverhltnisses an die (Nicht-) Organgesellschaft auszuzahlen gewesen wren, so daß sich der entsprechende Erstattungsanspruch dann gegen diese gerichtet htte.6 Daraus folgt, daß die Vorschrift entgegen h. M.7 auch solche Ansprche erfaßt, die erst nach Beendigung des Organschaftsverhltnisses entstanden sind8 (Beispiele: Erstattungsansprche des Steuerglubigers aus Vorsteuerberichtigungen nach § 15a und § 17 UStG; Rz. 4). 3. Haftung des wesentlich Beteiligten mit den der Gesellschaft berlassenen Gegenstnden

19.21

Wer einer Gesellschaft, an der er wesentlich beteiligt ist, als Eigentmer Gegenstnde berlßt, die dem Unternehmen der Gesellschaft dienen, haftet mit den Gegenstnden fr diejenigen Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens grndet (insbesondere Umsatzsteuer) und die whrend der wesentlichen Beteiligung entstanden9 sind (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO). Die Haftung umfaßt auch die Erstattung von Steuervergtungen (§ 74 Abs. 1 Satz 3 AO), d. h. Vorsteuerberichtigungsbetrge (Rz. 4). 1 So aber Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 73 AO Rz. 6 mwN.; Boeker in Hbschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 73 AO Rz. 23. 2 BT-Drucks. VI/1982, zu § 73 AO. 3 Vgl. auch Reiß, aaO. 4 Stadie in R/D, § 2 Anm. 668 mwN. 5 Boeker, aaO., Rz. 17; aA. Loose, aaO., Rz. 7. 6 Zur Haftung fr zu Unrecht an den Organtrger vergtete Vorsteuerbetrge s. Stadie in R/D, § 2 Anm. 668.1. 7 Boeker, aaO., Rz. 20; Loose, aaO., Rz. 4; Schmidt/Mller/Stcker, Die Organschaft, Rz. 1469; Reiß in R/K/L, § 2 Rz. 104 aE. 8 Stadie in R/D, § 2 Anm. 668.1. 9 Zur Entstehung s. Rz. 12.3 ff.

682

III. Haftung bei Unternehmensbeteiligung oder Unternehmenserwerb

Eine wesentliche Beteiligung liegt vor bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung zu mehr als einem Viertel am Grundkapital oder am Vermgen der Gesellschaft. Dem steht die Ausbung eines beherrschenden Einflusses gleich, wenn diese dazu beitrgt, daß die Steuern oder Erstattungsbetrge nicht entrichtet werden (§ 74 Abs. 2 AO). Die Vorschrift rechtfertigt sich1 aus dem Umstand, daß der wesentlich Beteiligte mittelbar („wirtschaftlich“) ber die Gesellschaft unternehmerisch ttig wird und die berlassenen Gegenstnde dazu beitragen, aber, da sie im Eigentum des Gesellschafters stehen, nicht der Vollstreckung aus den Steuerbescheiden gegen die Gesellschaft unterliegen. Ein typischer Fall ist die sog. Betriebsaufspaltung (Rz. 5.231).

19.22

4. Haftung des Betriebsbernehmers a) Wer ein „Unternehmen oder einen in der Gliederung eines Unternehmens gesondert gefhrten Betrieb im Ganzen“ (eine wortwrtlich identische Formulierung enthlt § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG; Rz. 5.182 2)3 erwirbt, haftet4 gem. § 75 Abs. 1 AO grundstzlich fr Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens grndet, was insbesondere bei der Umsatzsteuer der Fall ist. Voraussetzung ist jedoch, daß die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der bereignung liegenden Kalenderjahres entstanden (dazu Rz. 12.3 ff.) sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung (§ 138 AO) des Betriebes durch den Erwerber festgesetzt (§ 155 Abs. 1 AO) oder angemeldet (§ 168 AO) werden (§ 75 Abs. 1 Satz 1 AO).

19.23

Die Haftung rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß die in dem Unternehmensvermgen liegende Sicherheit fr die betrieblichen Steuer- u. . Schulden durch die Verußerung entfllt und der Erwerber in die Lage versetzt wird, mit dem Betrieb die erforderlichen Gewinne zu erzielen, um die Steuerschulden usw. zu begleichen.5 Die Haftung beschrnkt sich demgemß auf den Bestand des bernommenen Vermgens (§ 75 Abs. 1 Satz 2 AO).6 Sie wird hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht durch § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG verdrngt (Rz. 5.204).

19.24

1 Vgl. auch BVerfGE 21, 6, 10, zur Vorgngervorschrift 115 RAO. 2 Gleichwohl soll nach Auffassung des V. Senats des BFH, BFH/NV 2002, 1684 = BStBl. II 2004, 662; UR 2003, 135 = BStBl. II 2004, 665; UR 2004, 417, § 1 Abs. 1a UStG nicht nach nationalen ertragsteuerrechtlichen (warum auch?) Kriterien, sondern unter Bercksichtigung des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (Rz. 5.184) auszulegen sein, obwohl dort auch nur vom „Gesamtvermgen oder Teilvermgen“ gesprochen wird. 3 Die Begriffe entsprechen dem „Betrieb“ bzw. „Teilbetrieb“ iS des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und dem „Vermgen“ bzw. „selbstndigen Teil des Vermgens“ iS des § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG; vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1 UmwStG; § 13a Abs. 4 Nr. 1, § 19a Abs. 2 Nr 1 ErbStG. 4 Sofern es sich nicht um einen Erwerb aus einer Insolvenzmasse u. . und im Vollstreckungsverfahren handelt (§ 75 Abs. 2 AO). 5 Vgl. BFH, BStBl. II 1982, 483; 1986, 654; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 1 mwN. 6 Dazu Kruse, aaO., Rz. 63.

683

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

19.25

Voraussetzung ist der Erwerb „im Ganzen“, so daß das Unternehmen bzw. der gesondert gefhrte Betrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen bergehen muß, d. h. der Erwerber dieses bzw. diesen ohne nennenswerte Investitionen fortfhren kann1; die tatschliche Fortfhrung ist nicht erforderlich2. Der Unternehmensbegriff entspricht dem des § 2 Abs. 1 UStG, so daß auch Praxisbertragungen von Freiberuflern und die bereignung steuerpflichtig vermieteter Grundstcke erfaßt werden.3

19.26

Von der Haftung werden auch zu erstattende Steuervergtungen (Rz. 4) erfaßt, da sie den Steuern gleich stehen (§ 75 Abs. 1 Satz 3 AO). Auch sie mssen folglich seit dem Beginn des letzten, vor der bereignung liegenden Kalenderjahres entstanden und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebes durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet worden sein (dazu Rz. 18.5 iVm. Rz. 18.24 ff.). Nach der bereignung entstehende Vorsteuerberichtigungsansprche gem. § 15a UStG treffen hingegen den Erwerber nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG (Rz. 5.205; Rz. 16.61).

19.27

b) Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschft unter der bisherigen Firma4 mit oder ohne Beifgung eines das Nachfolgeverhltnis andeutenden Zusatzes fortfhrt, haftet fr alle im Betrieb des Geschfts begrndeten Verbindlichkeiten des frheren Inhabers (§ 25 Abs. 1 Satz 1 HGB). Diese Haftung gilt auch fr die betrieblichen Steuerschulden5, insbesondere die Umsatzsteuer und gleichgestellte Rckzahlungsverpflichtungen (Rz. 4). Die Haftung kann beschrnkt oder ausgeschlossen werden, wenn die abweichende Vereinbarung im Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht oder dem Dritten mitgeteilt worden ist (§ 25 Abs. 2 HGB). Dadurch wird die Haftung nach § 75 AO nicht beseitigt.6 Entsprechendes gilt, wenn jemand als persnlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschft eines Einzelkaufmanns eintritt. Es haftet dann die neu entstehende Gesellschaft (OHG, KG) in entsprechendem Umfang (§ 28 HGB).

1 Vgl. BFH BStBl. II 1986, 654; II 1993, 700; BFH/NV 2003, 361; BStBl. II 2003, 226. Demgegenber soll es nach verfehlter Auffassung des V. Senats des BFH zu § 1 Abs. 1a UStG unschdlich sein, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht bereignet, sondern nur zur Nutzung berlassen werden (Rz. 5.197 ff.). 2 Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 10, 12; aA. zu Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL der EuGH (Rz. 5.196). 3 BFH BStBl. II 1993, 700 mwN.; Rsken in Klein, AO, § 75 Rz. 8 f. 4 Die Firma ist der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschfte betreibt und die Unterschrift abgibt (§§ 17 ff. HGB). 5 BFH, BStBl. II 1986, 383; BFH/NV 1992, 360; 1998, 342. 6 Boeker in Hbschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Vor §§ 69–75 AO Rz. 16.

684

IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung

IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung 1. Allgemeines Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung fr einen steuerpflichtigen Umsatz abgetreten und die darauf entfallende Umsatzsteuer bei Flligkeit nicht entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfnger, wenn er Unternehmer ist1, fr die in der vereinnahmten Forderung enthaltene Umsatzsteuer (§ 13c Abs. 1 UStG).2 Entsprechendes gilt in den Fllen der Verpfndung und Pfndung von Forderungen (§ 13c Abs. 3 UStG).3

19.28

Der Zweck der Haftung liegt in der Vermeidung von Umsatzsteuerausfllen, die entstnden, wenn Unternehmer auf Grund mangelnder Liquiditt nicht in der Lage sind, die geschuldete Umsatzsteuer an das Finanzamt zu entrichten, weil die Forderungen – in denen stets jeweils ein Betrag in Hhe der nach dem Gesetz entstandenen Umsatzsteuer enthalten ist (Rz. 11.8; Rz. 20.1) – von den Abtretungsempfngern eingezogen werden und diese auf Grund verfehlter Zivilrechtsprechung nicht verpflichtet sind, den Umsatzsteuerbetrag an den Unternehmer auszuzahlen.4 Die Regelung zielt insbesondere auf die Flle der Sicherungsabtretung ab, in denen sich ein Kreditglubiger (Abtretungsempfnger, sog. Zessionar) vom Kreditnehmer (Abtretender, sog. Zedent) zur Sicherung von Krediten einzelne Forderungen oder als sog. Globalzession alle gegenwrtigen und zuknftigen Forderungen in Hhe des Bruttobetrages abtreten lßt.

19.29

Die Haftung des Abtretungsempfngers fr die Umsatzsteuer bei Vereinnahmung der Forderung ist sachgerecht, da der leistende Unternehmer wegen des Charakters der Umsatzsteuer als indirekter Steuer nur Gehilfe des Steuerglubigers ist und die Steuer nur fr dessen Rechnung vereinnahmt (Rz. 1.18). Folglich ist die Steuer vom Ergebnis her ein durchlaufender Posten und der in der Forderung auf die Gegenleistung enthaltene Umsatzsteuerbetrag kein Vermgenswert des Unternehmers (Abtretenden), so daß er nicht zur Sicherung und Befriedigung des Glubigers (Kreditgebers, Abtretungsempfngers) dienen darf.5 Dieser erlangt mit der Abtretung der Bruttoforderung in Hhe des darin enthaltenen Umsatzsteuerbetrages einen ihm nicht gebhrenden und damit

19.30

1 Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift (Rz. 29 f.) ist diese Einschrnkung nicht nachvollziehbar, auch wenn in der Praxis die Abtretungsempfnger durchweg diesen Status haben. Das muß indes nicht bei der Pfndung der Fall sein (Beispiel: privater Glubiger pfndet Forderungen des Unternehmers). 2 § 13c Abs. 2 Satz 1 und 3 UStG enthlt berflssige Wiederholungen. Nicht minder berflssig ist § 13c Abs. 2 Satz 4 UStG, denn soweit der Abtretungsempfnger als Dritter auf die Steuerschuld Zahlungen leistet, erlischt die Steuerschuld, so daß insoweit keine Haftung nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG eintritt oder sie wieder erlischt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 AO); Stadie in R/D, § 13c Anm. 43, 60. 3 Dazu Stadie in R/D, § 13c Anm. 58. 4 Vgl. BGH, BGHZ 58, 292; 77, 139; UR 1987, 296. 5 § 13c UStG begrndet deshalb entgegen Reiß, BB 2004, 1371, 1374, kein sachwidriges „Absonderungsrecht“ oder Insolvenzvorrecht des Fiskus.

685

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

nicht zu rechtfertigenden Vermgensvorteil.1 Die gleiche Wertung hat der Gesetzgeber auch in § 170 Abs. 2 iVm. § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO und in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG fr die Verwertung von sicherungsbereigneten Gegenstnden (dazu Rz. 13.20 ff.) zum Ausdruck gebracht. Damit ist den Kreditglubigern die Mglichkeit, ihr Kreditsicherungsvolumen auf Kosten des Steuerglubigers und damit auf Kosten der Allgemeinheit in Hhe der Umsatzsteuer (derzeit 16 %) auszudehnen, auch bei der Verwertung von Forderungen innerhalb und außerhalb2 des Insolvenzverfahrens genommen.3 19.31

Die Vorschrift ist mit Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL zu vereinbaren, denn danach kann bestimmt werden, daß eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer „gesamtschuldnerisch“ zu entrichten hat. Der Umstand, daß § 13c UStG von „Haftung“ spricht, ist ohne Belang, da die deutsche Unterscheidung zwischen Schuldnerschaft und Haftung nur eine nationale Eigenheit der rechtstechnischen Ausgestaltung ist; zudem sind nach § 44 AO Steuerschuldner und Haftender Gesamtschuldner.4

2. Haftungsvoraussetzungen a) Abtretung 19.32

Das Gesetz stellt auf eine Abtretung (bertragung der Forderung auf einen anderen durch Vertrag, § 398 BGB) ab, so daß es ohne Belang ist, welcher Art das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschft (die causa) ist. Die Haftung tritt nach dem Wortlaut folglich nicht nur bei Sicherungsabtretungen (Rz. 29; zur sog. stillen bzw. verdeckten Abtretung s. Rz. 50), sondern auch dann ein, wenn die Abtretung entgeltlich erfolgte. Letzterenfalls bedarf die Vorschrift jedoch der teleologischen Reduktion (Rz. 36).

19.33

Nach ihrem Wortlaut („soweit“) greift die Vorschrift auch ein, wenn lediglich ein Teil der Forderung abgetreten worden ist. Eine Haftung wrde jedoch gegen den Zweck der Vorschrift (Rz. 29 f.) und damit gegen das bermaßverbot verstoßen, wenn der dem leistenden Unternehmer verbleibende Teil der Forderung die Umsatzsteuer abdeckt. Bei verfassungskonformer, restriktiver Auslegung darf die Vorschrift in dieser Konstellation entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung5 grundstzlich nicht angewendet werden, da der Haftungszweck nicht erfllt ist. Anders liegt es lediglich dann, wenn der leistende

1 Diese Binsenwahrheit hatte der BGH, aaO., verkannt. 2 Deshalb ist die Vorschrift zu Recht im Umsatzsteuergesetz angesiedelt worden. Sie gehrt nicht in die Insolvenzordnung, wie Nieskens, UR 2004, 105, 125, und Reiß, BB 2004, 1371, 1374, meinen, weil anderenfalls nicht die Flle erfaßt wrden, in denen – wie so hufig – mangels Masse kein Insolvenzverfahren erffnet wird! 3 Dem Zweck der Vorschrift entsprechend gilt abweichend von § 219 Abs. 1 Satz 1 AO (Rz. 7) zu Recht nicht der Subsidiarittsgrundsatz (§ 13c Abs. 2 Satz 1 UStG), so daß der Abtretungsempfnger sogleich bei Vereinnahmung der Forderung in Anspruch genommen werden kann. 4 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 188, zur Haftung des Leistungsempfngers nach § 18 Abs. 8 UStG aF. iVm. § 55 UStDV (Vorgngerregelung zu § 13b UStG). 5 Abschn. 182b Abs. 7 UStR 2005.

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IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung

Unternehmer den in seiner Verfgungsmacht verbliebenen Teil der Forderung nicht wenigstens in Hhe des Umsatzsteuerbetrages realisieren kann. Entsprechendes gilt, d. h. eine Teilabtretung liegt auch dann vor, wenn lediglich der sog. Nettobetrag der Forderung abgetreten worden ist (in diesem ist dann gleichwohl rechnerisch ein Umsatzsteuerbetrag in Hhe von z. Zt. 16/116 bzw. 7/107 des „Nettobetrages“ enthalten; vgl. Rz. 11.8 und Rz. 20.1). Eine Haftung wrde auch in diesem Fall regelmßig gegen den Zweck der Vorschrift (Rz. 29 f.) und damit gegen das bermaßverbot verstoßen, da der leistende Unternehmer in Hhe des Umsatzsteuerbetrages die Forderung beim Schuldner einziehen kann, so daß bei verfassungskonformer, restriktiver Auslegung die Vorschrift in dieser Konstellation entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung1 grundstzlich nicht angewendet werden darf. Dies gilt auch, wenn der Abtretende den nicht abgetretenen Teil der Forderung nicht zur Tilgung seiner Steuerschulden verwendet. Insoweit liegt dieses Ausfallrisiko (wie sonst auch) beim Steuerglubiger. Anders liegt es lediglich dann, wenn der leistende Unternehmer die Forderung in Hhe des Umsatzsteuerbetrages nicht realisieren kann.

19.34

Beispiele:

19.35

Unternehmer A hat eine Forderung ber 11 600 Euro aus einem steuerpflichtigen Umsatz gegenber seinem Kunden K in Hhe des sog. Nettobetrages, d. h. in Hhe von 10 000 Euro an eine Bank B zur Sicherheit abgetreten. a) K zahlt 10 000 Euro an B und 1600 Euro an A, der danach insolvent wird und die geschuldete Umsatzsteuer nicht mehr an das Finanzamt abfhren kann. Die B haftet nicht, da A den „Umsatzsteuerbetrag“ erhalten hatte. b) K zahlt lediglich 7000 Euro an B, bevor er auf Dauer insolvent wird. Auch A wird insolvent und entrichtet keine Umsatzsteuer fr den Umsatz an das Finanzamt. Die B haftet in Hhe von 16/116 von 7000 Euro = 965,72 Euro.

Bei einem Forderungsverkauf, insbesondere in Gestalt des sog. echten Factorings, der sog. echten Forfaitierung (vgl. Rz. 10.84 u. Rz. 11.15) oder der sog. ABS-Transaktion, bei dem der abtretende Unternehmer den Gegenwert fr die abgetretene Forderung ganz oder teilweise erhalten hat, bedarf die Vorschrift der einschrnkenden Interpretation. Soweit der Forderungskufer an den abtretenden Unternehmer den Gegenwert der Forderung ausgezahlt hat, verstieße seine Haftung gegen das Willkrverbot, da insoweit der Gesetzeszweck (Rz. 29 f.) nicht zutrifft.2 Weil der abtretende Unternehmer in entsprechendem Umfang Liquiditt zur Entrichtung der anteiligen Umsatzsteuer erhalten hat, besteht kein rechtfertigender Grund fr eine Haftung, so daß diese folglich willkrlich wre. Insoweit hat es bei dem Grundsatz zu bleiben, daß das Risiko der Steuererhebung beim Steuerglubiger liegt.

19.36

Erfolgte die Abtretung lediglich zum Zweck der Einziehung der Forderung, so daß der Abtretende das Risiko der Zahlungsunfhigkeit weiterhin trgt – und eine etwaige Aus-

19.37

1 Abschn. 182b Abs. 7 und 22 UStR 2005. 2 Stadie in R/D, § 13c Anm. 20; ebenso Abschn. 182b Abs. 20 UStR 2005.

687

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche zahlung des Forderungsbetrages nur eine Bevorschussung (Kreditgewhrung) darstellt (sog. unechtes Factoring bzw. unechte Forfaitierung) –, so haftet der Abtretungsempfnger grundstzlich nicht nach § 13c UStG, da ihm die Forderung wirtschaftlich nicht gehrt und er diese nicht fr eigene Rechnung einzieht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Abtretungsempfnger den vereinnahmten Betrag nicht an den Unternehmer abfhrt.

b) Gegenleistung fr steuerpflichtigen Umsatz 19.38

Die Abtretung muß den Anspruch auf die Gegenleistung fr einen steuerpflichtigen Umsatz iS des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG betreffen. Maßgebend ist die objektive Rechtslage, so daß es nicht auf die subjektive Einschtzung durch die Beteiligten ankommt. Folglich greift die Haftung auch, wenn die Beteiligten die Forderung aus einem vermeintlich nicht steuerpflichtigen Umsatz abtreten. Die Haftung wird dadurch nicht berhrt, denn § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG spricht von der in der Forderung enthaltenen Umsatzsteuer, womit die nach dem Gesetz entstandene gemeint ist. Entsprechendes gilt, wenn von einem zu niedrigen Steuersatz ausgegangen worden war. Andererseits wird nach dem klaren Wortlaut des § 13c UStG nicht die ausschließlich fr nichtsteuerbare oder steuerfreie Umstze zu Unrecht ausgewiesene Steuer erfaßt, die nach § 14c Abs. 1 oder 2 UStG geschuldet wird. Das ist indes nicht sachgerecht, da auch dieser „Steuerbetrag“ dem Abtretungsempfnger nicht gebhrt.

19.39

Ist bei einem steuerpflichtigen Umsatz in der Rechnung ein hherer Steuerbetrag, als fr diesen nach dem Gesetz geschuldet, ausgewiesen, so umfaßt die Haftung auch den nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG geschuldeten Mehrbetrag. Das ergibt sich aus dem Zweck der Haftung (Rz. 29 f.) und ist durch den Wortlaut gedeckt, denn auch bei dem Mehrbetrag handelt es sich um „Steuer“, wie § 16 Abs. 1 Satz 4 UStG besttigt. Auch der Mehrbetrag gehrt zur Gegenleistung. Auf diesen besteht zwar kein zivilrechtlicher Anspruch (Rz. 20.5, 20.11), darauf kommt es nach dem Zweck des § 13c UStG jedoch nicht an, da auch der Mehrbetrag dem Abtretungsempfnger nicht zusteht (Rz. 30).

c) Festsetzung der Steuer 19.40

Die Umsatzsteuer muß gegenber dem leistenden Unternehmer (Abtretenden) festgesetzt sein, d. h. der Umsatzsteuerbetrag, fr den gehaftet werden soll, muß in eine Steuerfestsetzung eingegangen sein (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG: „festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz bercksichtigt worden ist“). Steuerfestsetzung ist nicht nur ein Jahressteuerbescheid oder ein Vorauszahlungsbescheid, sondern auch eine Steueranmeldung, die als Steuerfestsetzung (unter dem Vorbehalt der Nachprfung) gilt (§ 168 Satz 1 AO; Rz. 18.30). Soweit die in der abgetretenen Forderung enthaltene Steuer in einer Voranmeldung (Rz. 18.24) bzw. einem Vorauszahlungsbescheid) fr einen Voranmeldungszeitraum bercksichtigt worden ist, ist diese und nicht die Jahresfestsetzung die von § 13c UStG gemeinte Festsetzung (Rz. 45).

19.41

Festgesetzte Steuer ist nicht nur die erstmalig festgesetzte, sondern auch diejenige Steuer, die nach Berichtigung der Steuerschuld wegen Uneinbringlichkeit der Forderung spter wegen nachtrglicher Vereinnahmung erneut (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG; Rz. 12.62) festgesetzt worden ist.

688

IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung

Vom Erfordernis der Festsetzung gibt es nach dem eindeutigen Wortlaut keine Ausnahme. Der Festsetzung bedarf es folglich auch dann, wenn diese sinnlos ist, weil ein Insolvenzverfahren „mangels Masse“ nicht erffnet worden ist oder der leistende Unternehmer als Gesellschaft schon erloschen ist. Nach der Systematik der Abgabenordnung wre hingegen weder die Verwirklichung des Haftungstatbestandes noch der Erlaß eines Haftungsbescheides von der vorherigen Festsetzung der Steuer abhngig (arg. § 191 Abs. 3 Satz 4, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO)1. Whrend eines Insolvenzverfahrens kommt die Festsetzung durch Bescheid allerdings nicht in Betracht; die Anmeldung zur sog. Tabelle reicht deshalb aus.2

19.42

d) Nichtentrichtung der Steuer aa) Allgemeines Die festgesetzte Steuer muß bei Flligkeit nicht oder nicht vollstndig entrichtet worden sein (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG).3 Die Flligkeitsregelung des § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG, wonach Vorauszahlungen am 10. Tag nach Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums fllig sind, greift – abgesehen davon, daß sie ohnehin nicht mit der Abgabenordnung zu vereinbaren ist (Rz. 18.38) – nicht ein4, weil § 13c Abs. 1 UStG ausdrcklich die Festsetzung (Rz. 40) verlangt. Die Flligkeit tritt mit Festsetzung (Voranmeldung) ein (Rz. 18.38 aE.).5 Bei einer Jahressteuerfestsetzung tritt die Flligkeit einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides ein (§ 18 Abs. 4 Satz 2 UStG).6

19.43

Soweit die festgesetzte Umsatzsteuerschuld mit gleichzeitig festgesetzten (Rz. 18.35) Vorsteuerbetrgen verrechnet worden ist (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG; Rz. 18.6, 18.14), ist sie erloschen. Die Tilgungswirkung ist keine quotale, so daß nicht in entsprechendem Umfang die in der Steuerberechnung enthaltene Umsatzsteuer fr den der abgetretenen Forderung zugrunde liegenden Umsatz entrichtet worden ist. Vielmehr bezieht sich die Haftung jeweils auf die verbleibende Umsatzsteuerschuld, denn nach § 13c Abs. 2 Satz 3 iVm. Satz 1 UStG betrifft die Haftung die nicht entrichtete festgesetzte Steuer. Entsprechendes gilt, wenn der Umsatzsteuer-berschuß bzw. die Steuerschuld nur teilweise getilgt werden. Das ist sachgerecht, weil durch die Abtretung der in der Forderung enthaltene Umsatzsteuerbetrag nicht fr die Tilgung der Umsatzsteuerschuld zur Ver-

19.44

1 Vgl. auch Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 581. 2 Vgl. Stadie in § 18 UStG Anm. 1272, 1278 f.; i. E. ebenso Abschn. 182b Abs. 17 Satz 3 f. UStR 2005. 3 Die Feststellung des § 13c Abs. 2 Satz 3 UStG, daß die Haftung der Hhe nach begrenzt ist auf die im Zeitpunkt der Flligkeit nicht entrichtete Steuer, wiederholt nur die Grundaussage des § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG und ist deshalb berflssig. 4 AA. Abschn. 182b Abs. 14 UStR 2005; wohl auch Nieskens, UR 2004, 105, 126. 5 Das gilt auch bei Anmeldungen durch Insolvenzverwalter. Nicht etwa gilt die Umsatzsteuer nur gem. § 41 Abs. 1 InsO als fllig; so aber Abschn. 182b Abs. 17 Satz 2 UStR 2005. 6 Ist die Vollziehung der Steuerfestsetzung in Bezug auf die in der abgetretenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer gegenber dem leistenden Unternehmer ausgesetzt (§ 361 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 FGO), so gilt die Steuer insoweit als nicht fllig (§ 13c Abs. 1 Satz 2 UStG).

689

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche fgung steht und deshalb davon auszugehen ist, daß die Abtretung (und Vereinnahmung durch den Zessionar) urschlich fr die Nichttilgung der Umsatzsteuerschuld durch den Abtretenden ist. Beispiel: Unternehmer A schuldet 2000 Euro Umsatzsteuer aus einer Lieferung an X. Er tritt die zugrunde liegende Forderung in voller Hhe an B ab. Im Voranmeldungszeitraum wird seine gesamte Umsatzsteuerschuld auf 5000 Euro festgesetzt; gleichzeitig wird ein Vorsteuervergtungsanspruch iHv. 2500 Euro festgesetzt und verrechnet. Die Verrechnung mit dem Vorsteuervergtungsanspruch fhrt nicht dazu, daß die Umsatzsteuer aus der abgetretenen Forderung iHv. 50 % getilgt wurde und B nur noch fr 1000 Euro haftet, sondern die Haftung des B bleibt in voller Hhe (2000 Euro) bestehen. An der Haftung des B wrde sich auch nichts ndern, wenn A 500 Euro seiner Umsatzsteuerschulden bezahlt. Erst wenn A darber hinaus zahlt, entfllt eine Haftung des B in dem jeweiligen Umfang.

19.45

War die in der abgetretenen Forderung enthaltene Steuer bereits in einer Voranmeldung erfaßt, so ist trotz Verrechnung mit Vorsteuerbetrgen bei richtiger Sichtweise die gesamte Umsatzsteuer des Voranmeldungszeitraums festgesetzt (Rz. 18.35 f.). Die in der Voranmeldung zu sehende Festsetzung (bzw. ein an ihre Stelle tretender Vorauszahlungbescheid) bleibt auch nach Ergehen einer Umsatzsteuerjahresfestsetzung fr die Frage maßgebend, ob die festgesetzte Steuer bei Flligkeit nicht entrichtet worden ist. Die Jahressteuerfestsetzung (Steuerbescheid bzw. Steueranmeldung) ersetzt zwar grundstzlich die Voranmeldungen (bzw. Vorauszahlungsbescheide), deren in der Vergangenheit eingetretenen Wirkungen, wie insbesondere die Auslsung der Flligkeit (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG), entfallen jedoch nicht (Rz. 18.32). Ist die mit der Voranmeldung angemeldete Steuer auch entrichtet bzw. durch Verrechnung mit Vorsteuern getilgt worden, so kann grundstzlich keine Haftung mehr fr die durch Jahressteuerbescheid (bzw. Anmeldung) festgesetzte Steuer eintreten, weil sie keine Haftung „fr die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer“ (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG) – denn diese ist vom leistenden Unternehmer entrichtet worden –, sondern fr andere Umsatzsteuerbetrge wre1.

19.46

Beispiel: In der Voranmeldung des Unternehmers A fr Januar war ein Umsatzsteuerbetrag von 10 000 Euro, in dem 5000 Euro Umsatzsteuer aus an B abgetretenen Forderungen enthalten sind, mit Vorsteuern von 8000 Euro verrechnet und ein „Umsatzsteuerberschuß“ von 2000 Euro angemeldet worden. Dieser Betrag ist auch entrichtet worden. Die Umsatzsteuer- und Vorsteuerbetrge fr den Voranmeldungszeitraum Januar sind in der fr das Kalenderjahr ergangenen Jahressteuerberechnung unverndert bercksichtigt worden. Die sich aus dem Jahressteuerbescheid gegenber A ergebende Abschlußzahlung von 20 000 Euro ist nur in Hhe von 15 000 Euro entrichtet worden, weil A zum Jahresende zahlungsunfhig geworden war. Eine Haftung des B in Hhe von 5000 Euro (nach Vereinnahmung der abgetretenen Forderungen) kommt nicht in Betracht. Die den abgetretenen Forderungen zugrunde liegenden Umstze sind zwar bei der Berechnung der Jahressteuer bercksichtigt worden und die Abschlußzahlung ist in Hhe von 5000 Euro nicht entrichtet worden, diese Umsatzsteuerschuld resultiert jedoch aus anderen Umstzen des A. Die Umsatzsteuer 1 Stadie in R/D, § 13c Anm. 39; ebenso Abschn. 182b Abs. 13 UStR 2005.

690

IV. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung aus den an B abgetretenen Forderungen hatte das Finanzamt erhalten. Die mittels der Voranmeldung fr Januar festgesetzte und fllige Steuer in Hhe von 10 000 Euro (Rz. 45 iVm. Rz. 18.35 f.) ist durch Verrechnung mit den Vorsteuerbetrgen und durch Zahlung von 2000 Euro entrichtet worden.

Anders ist es nur dann, wenn in der Jahresfestsetzung Vorsteuerbetrge, die in der betreffenden Voranmeldung verrechnet worden waren, nicht bercksichtigt werden und dadurch fr den betreffenden Voranmeldungszeitraum ein hherer Umsatzsteuerberschuß oder erstmalig ein solcher entsteht.

19.47

Beispiel: Wie vorhergehendes Beispiel, nur daß bei der Jahresfestsetzung von den in den Voranmeldungszeitraum Januar fallenden Vorsteuern lediglich 5000 Euro bercksichtigt und sich folglich 23 000 Euro als Abschlußzahlung ergeben. B haftet in Hhe von 3000 Euro, weil die fr den Voranmeldungszeitraum festgesetzte (Rz. 45) Steuer in dieser Hhe nicht entrichtet worden ist.

bb) Zahlungen durch den Abtretungsempfnger Die Haftung tritt nicht ein, soweit der Abtretungsempfnger auf die nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG festgesetzte Steuer Zahlungen iS des § 48 AO geleistet hat (§ 13c Abs. 2 Satz 4 UStG). Hierbei handelt es sich lediglich um eine Klarstellung, denn auch Zahlungen Dritter fr den Steuerschuldner fhren zum Erlschen der Steuerschuld (§ 48 Abs. 1 iVm. § 47 AO), so daß auch insoweit die Haftungsschuld erlischt oder gar nicht erst entsteht. War die Haftung bereits eingetreten, so erlischt diese nicht nur soweit der Steuerschuldner, sondern auch soweit der Abtretungsempfnger als Gesamtschuldner auf die Steuerschuld Zahlungen leistet (§ 44 Abs. 2 Satz 1 AO).

19.48

e) Vereinnahmung der Gegenleistung aa) Der Haftungstatbestand kann erst und nur dann verwirklicht sein, wenn die Forderung durch den Abtretungsempfnger – ggf. durch einen Dritten (Rz. 55) – vereinnahmt worden ist (§ 13c Abs. 1 Satz 1 aE., Abs. 2 Satz 1 UStG). Vereinnahmung durch den Abtretungsempfnger setzt voraus, daß dieser sie als Glubiger geltend gemacht oder der leistende Unternehmer den Schuldner zur Zahlung an den Abtretungsempfnger aufgefordert hat.

19.49

Eine Vereinnahmung durch den Abtretungsempfnger liegt vom wirtschaftlichen Ergebnis her auch dann vor, wenn der leistende Unternehmer bei einer stillen (verdeckten) Abtretung die Forderung zwar selbst einzieht, die Zahlungen des Schuldners aber auf ein Konto erfolgen, das der leistende Unternehmer bei dem Abtretungsempfnger unterhalten muß, welcher den Geldeingang (die Guthabenforderung) mit einer eigenen Kreditforderung verrechnet, zu deren Sicherung die Forderung abgetreten war. Dem gleichzusetzen ist der Fall, daß der leistende Unternehmer die Forderung einzieht, aber gemß der der Abtretung zu Grunde liegenden Vereinbarung den vereinnahmten Forderungsbetrag einschließlich der Umsatzsteuer an den Zessionar weiterleitet.1

19.50

1 Stadie in R/D, § 13c Anm. 47; insoweit ebenso Abschn. 182b Abs. 19 UStR 2005.

691

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

19.51

Zahlt der Abtretungsempfnger (oder der Schuldner der Forderung) den in der Forderung enthaltenen Umsatzsteuerbetrag an den leistenden Unternehmer (Abtretenden), so verlangt der Gesetzeszweck (Rz. 29 f.) und das bermaßverbot, daß die Haftung nicht eintritt bzw. wieder entfllt.

19.52

Zieht ein Insolvenzverwalter die vom Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung ein (§ 166 Abs. 2 InsO), so gehrt der Umsatzsteuerbetrag zu den Kosten der Verwertung1 der Forderung iS des § 170 Abs. 1 iVm. § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO und ist mithin vom Insolvenzverwalter einzubehalten und nicht an den absonderungsberechtigten Glubiger auszukehren.2 Folglich haftet der Glubiger nicht nach § 13c UStG, da er den Umsatzsteuerbetrag nicht vereinnahmt hat. Die Haftung tritt nur in dem Umfang ein, in dem die Umsatzsteuer im vereinnahmten Betrag enthalten ist (§ 13c Abs. 1 Satz 1 aE. UStG). Diese ist je nach Steuersatz stets mit 16 /116 bzw. 7/107 Bestandteil des jeweiligen Zahlungsbetrages (Rz. 11.8); nicht etwa wird bei gestreckter Zahlung die Steuer erst mit dem letzten Teilbetrag mitentrichtet (arg. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Vereinnahmung liegt auch dann vor, wenn der Abtretungsempfnger gegenber dem Schuldner der Gegenleistung mit einer eigenen Forderung aufrechnet. Gleiches gilt, wenn der Abtretungsempfnger an Zahlungs Statt eine Lieferung oder Dienstleistung annimmt. Deren Wert ist dann als vereinnahmter Betrag anzusehen, in dem die Umsatzsteuer enthalten ist (§ 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG). bb) Soweit der Abtretungsempfnger die Forderung an einen Dritten3 abgetreten hat, gilt sie in voller Hhe als vereinnahmt (§ 13c Abs. 1 Satz 3 UStG). Diese Fiktion soll nach Auffassung der Bundesregierung unabhngig davon eingreifen, welche Gegenleistung der ursprngliche Abtretungsempfnger fr die bertragung der Forderung erhalten habe4, d. h. auch gelten, wenn die Abtretung unentgeltlich erfolgte. Richtigerweise ist jedoch zu differenzieren: Erfolgte die Weiterabtretung aus unternehmerischen Grnden, um z. B. eine eigene Refinanzierung zu besichern, so verstßt die Vorschrift gegen das bermaßverbot und darf nicht angewendet werden. Die Haftung greift deshalb auch in diesem Fall nur dann ein, wenn und soweit der Dritte die Forderung vereinnahmt hat.5 Das Gesetz verlangt nicht die Vereinnahmung durch den ersten Abtretungsempfnger (der Dritte ist gem. § 93 Abs. 1 Satz 1 AO zur Auskunft verpflichtet). Die Vorschrift darf bei verfassungskonformer Interpretation nur als Mißbrauchsverhtungsvorschrift verstanden und deshalb nur dann angewendet werden, wenn die Abtretung offensichtlich nur bezwecken soll, die Haftung zu vermeiden, indem dem Finanzamt praktisch die Nachprfung erschwert wird oder ihm z. B. bei einer Kettenabtretung sogar unmglich gemacht wird zu ermitteln, in welcher Hhe die Forderung vom letzten Abtretungsempfnger vereinnahmt worden ist.

19.53

19.54

19.55

1 Richtigerweise war die Forderung bei Nichtzahlung uneinbringlich geworden, so daß die Umsatzsteuer erst bei Vereinnahmung entstand (Rz. 12.59). 2 AA. Abschn. 182b Abs. 21 UStR 2005. 3 Dritte sind auch Personen und Gesellschaften, mit denen ein umsatzsteuerrechtliches Organschaftsverhltnis iS des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG besteht. 4 Reg.-Begr. zu Art. 4 Nr. 13 StndG 2003, BR-Drucks. 630/03, zu § 13c UStG, S. 78; ebenso Abschn. 182b Abs. 23 Satz 2 UStR 2005. 5 Die Absurditt der Regelung wrde sich anderenfalls besonders deutlich im Falle der Nichtzahlung durch den Schuldner zeigen. Der Unternehmer, der die der Forderung zugrundeliegende Leistung erbracht hatte, knnte die Umsatzsteuerschuld nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berichtigen (Rz. 12.55 ff.), whrend nach dem Wortlaut des § 13c Abs. 1 Satz 3 UStG die Haftung des Abtretungsempfngers fortbestnde! Allerdings entfllt mit Erlschen der Umsatzsteuerschuld nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG wegen des Grundsatzes der Akzessoriett der Haftung (Rz. 1) auch diese.

692

V. Haftung des Lieferers fr die Vorsteuerberichtigung beim sog. Mietkufer?

V. Haftung des Lieferers fr die Vorsteuerberichtigung beim sog. Mietkufer? Nach § 13d UStG soll der leistende Unternehmer „in den Fllen einer“ steuerpflichtigen „Lieferung“ eines beweglichen Gegenstandes an einen anderen Unternehmer „auf Grund eines Mietvertrages oder miethnlichen Vertrages“, wenn beim Leistungsempfnger der „Vorsteuerabzug“ aus diesem Umsatz nach § 17 UStG „berichtigt“ und die hierauf festgesetzte „Steuer“ bei Flligkeit nicht entrichtet worden ist, fr diese „Steuer“ haften (Abs. 1 Satz 1). Die Vorschrift ist – abgesehen davon, daß sie ohnehin verfassungswidrig ist (Rz. 60 f.) – sowohl textlich1 als auch inhaltlich ein Armutszeugnis fr die Gehilfen des Gesetzgebers. Eine „Lieferung auf Grund eines Mietvertrages oder eines miethnlichen Vertrages“ gibt es nicht; das ist ein Unding. Auf Grund solcher Vertrge kann nur die Gebrauchs- oder Nutzungsberlassung eines Gegenstandes, d. h. eine sonstige Leistung (Dienstleistung) erfolgen.2 Gemeint sind gemischte Vertrge mit Elementen (insbesondere) des Miet- und des Kaufvertrages, vor allem sog. Mietkauf-Vertrge oder entsprechende Gestaltungen, bei denen bereits mit bergabe des Gegenstandes eine Lieferung anzunehmen ist (dazu Rz. 7.30 f.).

19.56

Der Zweck der Haftung soll in der Vermeidung von Umsatzsteuerausfllen liegen, die sich bei derartigen Vertragsgestaltungen daraus ergeben, daß die Finanzmter fehlerhaft (Rz. 58) dem Leistungsempfnger bei Vorliegen einer ordnungsgemßen Rechnung, in der die gesamte Umsatzsteuer ausgewiesen ist, welche auf die gesamte Gegenleistung (Summe aller zu erbringenden Zahlungen, Rz. 11.12) entfllt, bereits bei bergabe des Gegenstandes den gesamten Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gewhren, obwohl der Leistungsempfnger nur sukzessive ber Jahre gestreckt die monatlichen „Miet-“, „Leasing-“ o. . Raten zu zahlen hat. Wenn dann nach wenigen Monaten der Leistungsempfnger (zumeist eine GmbH) insolvent wird, so kann der – allerdings richtigerweise nicht auf § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Uneinbringlichkeit, Rz. 16.17 ff.) beruhende (Rz. 58) – Vorsteuerberichtigungsanspruch von der Finanzverwaltung nicht mehr realisiert werden, whrend der Lieferer gleichwohl seine Umsatzsteuerschuld berichtigen darf.

19.57

Indes ist die Praxis, bereits nach bergabe des Gegenstandes den gesamten Vorsteuerbetrag zu vergten, gesetzeswidrig, weil eine am Entlastungszweck des Vorsteuerabzugs orientierte Auslegung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gebietet, daß der Vorsteuerabzug nur entsprechend dem Umfang der jeweiligen Belastung sukzessive mit den einzelnen Ratenzahlungen zu gewhren ist (Rz. 15.89 iVm. Rz. 16.21). Folglich ist die „Berichtigung“ des rechtswidrig in einem Betrag zugelassenen Vorsteuerabzugs keine Berichtigung nach § 17 UStG (sondern kann nur auf § 164 Abs. 2 AO gesttzt werden), so daß schon

19.58

1 „(. . .) in den Fllen einer Lieferung (. . .)“. 2 Folglich ist auch Art. 5 Abs. 4 Buchst. b der 6. EG-RL fehlerhaft formuliert (Rz. 7.33).

693

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

deshalb der Tatbestand des § 13d UStG nicht erfllt sein kann und die Vorschrift leerluft. 19.59

Die Vorschrift soll nach Ansicht der Bundesregierung auf Art. 22 Abs. 8 der 6. EG-RL beruhen.1 Das ist unhaltbar. Nach dieser Bestimmung knnen die Mitgliedstaaten „weitere Pflichten“ vorsehen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden. Als derartige Pflichten kommen, wie eine Gesamtschau aller Abstze des Art. 22 zeigt, offensichtlich nur Mitwirkungspflichten in Betracht. Art. 22 Abs. 8 will deshalb nicht etwa die Mitgliedstaaten ermchtigen, andere Personen zu Steuerschuldnern oder Zahlungspflichtigen bestimmen zu drfen. Die Voraussetzungen dafr sind ganz offensichtlich abschließend in Art. 21 der 6. EGRL festgelegt. Demgemß ist auch der Abschn. XIII, zu dem Art. 22 gehrt, mit „Pflichten der Steuerschuldner“ berschrieben, was besttigt, daß Art. 22 keine Grundlage dafr bietet, weitere Personen zu Steuerschuldnern o. . zu bestimmen. Die Norm knnte sich deshalb allenfalls auf Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL sttzen, wonach eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten hat. Die Bezeichnung als Haftung wre zwar unschdlich (Rz. 31), jedoch wrde die Haftung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht in gleicher Weise wie aus verfassungsrechtlicher Sicht gegen den Verhltnismßigkeitsgrundsatz und das Willkrverbot verstoßen.2

19.60

Unabhngig davon, daß bei richtiger Sichtweise schon der Tatbestand der Norm nicht erfllt werden kann (Rz. 58), verstßt diese jedenfalls gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Verhltnismßigkeit staatlicher Eingriffe in die Handlungsfreiheit (hier: grundstzliche Freiheit von der Belastung mit Zahlungspflichten). Der Verhltnismßigkeitsgrundsatz verlangt fr die Verfolgung eines legitimen Zwecks nicht nur ein geeignetes Mittel, sondern dieses muß auch erforderlich und darber hinaus auch angemessen (verhltnismßig im engeren Sinne) sein, d. h. dem Betroffenen bei Abwgung der kollidierenden Rechtsgter zuzumuten sein (bermaßverbot).3 Die vorgesehene Haftung des leistenden Unternehmers fr den vom Leistungsempfnger geschuldeten Vorsteuerberichtigungsbetrag ist zwar ein geeignetes Mittel zur Vermeidung des Umsatzsteuerausfalles, sie ist jedoch schon nicht erforderlich zur Erreichung dieses Zieles, da es ein milderes Mittel gibt (Rz. 61). Jedenfalls aber ist die Regelung offensichtlich unangemessen, weil sie unzumutbar ist; zugleich verstßt sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie willkrlich ist (Rz. 62).

19.61

Die Ursache fr den Umsatzsteuerausfall liegt einzig und allein in den Bestimmungen ber das Soll-Prinzip beim Vorsteuerabzug und deren verfehlter Interpretation durch die Finanzverwaltung, wonach die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer unabhngig vom Zeitpunkt der Entrichtung der 1 Reg.-Begr. zu Art. 4 Nr. 13 StndG 2003, BR-Drucks. 630/03, zu § 13d UStG, S. 80. 2 Der Verhltnismßigkeitsgrundsatz ist auch Bestandteil des Gemeinschaftsrechts. So hat der EuGH z. B. entschieden, daß Maßnahmen nach Art. 22 Abs. 8 der 6. EG-RL, um die genaue Erhebung der Steuer zu gewhrleisten, nicht ber das hinausgehen drfen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; EuGHE 2000, I-1595 = UR 2000, 208, Rz. 52; EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000, 470, Rz. 59. Diese Aussage bezog sich auf die Auslegung des Art. 17 bzw. des Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL. 3 Vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rz. 80 ff. m.N.d. BVerfG-Rspr.

694

V. Haftung des Lieferers fr die Vorsteuerberichtigung beim sog. Mietkufer?

Gegenleistung bereits fr den Voranmeldungszeitraum „abziehbar“ sein soll (Rz. 57 f.). Die Ursache fr den Steuerausfall liegt folglich allein in dem Fehler des Gesetzgebers begrndet, der an dem durch nichts zu rechtfertigenden SollPrinzip, wie es von der Finanzverwaltung praktiziert wird, festhlt. Die 6. EGRichtlinie steht der Streichung des Soll-Prinzips ebensowenig entgegen (Rz. 15.88) wie einer sachgerechten Interpretation des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Rz. 15.89 iVm. Rz. 16.19 ff.). Der Gesetzgeber htte folglich fr die von § 13d UStG erfaßten (oder sogar fr alle) Umstze ohne weiteres durch nderung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug an die Vereinnahmung bzw. Zahlung der jeweiligen Raten knpfen knnen. Eine solche Gesetzesnderung wre gegenber der Haftung das bei weitem mildere Mittel zur Vermeidung des Steuerausfalles.1 § 13d UStG ist folglich schon deshalb verfassungswidrig und gemeinschaftswidrig, weil die Norm als nicht erforderlicher Eingriff in die Handlungsfreiheit gegen das rechtsstaatliche Verhltnismßigkeitsprinzip verstßt. Doch selbst wenn dem Gesetzgeber nicht vorgeschrieben werden knnte, die Ursache des Steuerausfalles, d. h. den Vorsteuerabzug nach dem Sollprinzip, zu beseitigen, und mithin die Erforderlichkeit einer Haftung angenommen werden mßte, wre die Haftung des leistenden Unternehmers jedenfalls ein unangemessener, weil unzumutbarer Eingriff. Die Vermeidung von Steuerausfllen ist zwar ein gewichtiges Ziel, dieses rechtfertigt jedoch nicht die Haftung von Dritten, wenn kein Zurechnungsgrund vorliegt (Rz. 3), d. h. wenn diese hinsichtlich der Nichtrckzahlung der Vorsteuerbetrge keine Pflichtverletzung trifft und sie aus der Nichtrckzahlung auch keinen Vorteil gezogen haben. Der Steuerausfall ist allein dem Gesetzgeber zuzurechnen, weil er das sachlich durch nichts zu rechtfertigende Soll-Prinzip im Gesetz aufrechterhlt und damit die alleinige Ursache gesetzt hat. Die Haftung des leistenden Unternehmers ist deshalb zugleich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil diese Inanspruchnahme willkrlich ist. Es gibt keinen sachlichen Grund, der das Einstehenmssen fr den Steuerausfall rechtfertigen knnte.2 Ebensogut htte der Gesetzgeber den Nachbarn des Leistungsempfngers haften lassen knnen, denn diesen trifft ebenso wie den Leistenden keine Verantwortung fr die Nichtdurchsetzbarkeit der Vorsteuerberichtigung.

19.62

Auch wenn die Vorschrift nach einer Verfassungsbeschwerde oder Richtervorlage vom Bundesverfassungsgericht fr verfassungswidrig erklrt worden ist oder der EuGH nach einer Vorlage eines Finanzgerichts ausgesprochen hat, daß Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL eine derartige Haftung nicht erlaube, so kommt gleichwohl bei dolosem Verhalten eine Haftung des leistenden Unternehmers nach § 71 AO als Mittter einer Steuerhinterziehung (Rz. 14) in Betracht.

19.63

1 Eine weitere Mglichkeit wre es, fr derartige Flle die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers nach § 13b UStG vorzusehen. 2 Dieser liegt auch nicht im Ausweis der Steuer, denn der leistende Unternehmer war dazu nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG verpflichtet.

695

Kapitel 19 Haftung fr Umsatzsteueransprche

VI. Haftung fr Umsatzsteuer aus einer vorangegangenen Lieferung 19.64

Ein Unternehmer haftet gem. § 25d Abs. 1 Satz 1 UStG fr die Steuer aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit – diese in einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ausgewiesen wurde, – der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefaßten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet oder sich vorstzlich außer Stande gesetzt hat, diese Steuer zu entrichten und – der Unternehmer bei Abschluß des Vertrages ber seinen Eingangsumsatz davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns htte haben mssen (dazu Rz. 65). Trifft dies auf mehrere Unternehmer zu, so haften sie als Gesamtschuldner (§ 25d Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Vorschrift will insbesondere die sog. Karussellgeschfte treffen, bei denen zwischengeschaltete „Lieferer“ nach Erteilung von „Rechnungen“ verschwinden1 und die geschuldete Umsatzsteuer nicht abfhren. Die Haftung des Leistungsempfngers fr diese Steuer soll dessen Vorsteuerabzug kompensieren, um zu verhindern, daß der Staat gezwungen wird, Steuerbetrge auszuzahlen, die er nicht erhalten hat.2

19.65

Von der Kenntnis oder dem Kennenmssen ist insbesondere auszugehen, wenn zwischen den Beteiligten marktunbliche Preise vereinbart werden und nicht nachgewiesen wird, daß die Preisgestaltung kaufmnnisch („betriebswirtschaftlich“) begrndet ist (§ 25d Abs. 2 UStG).

19.66

Beispiel: Der in den Niederlanden ansssige Unternehmer NL „verkauft“ an die D1-GmbH mit Briefkopfanschrift in Deutschland Gegenstnde fr 1 000 000 Euro. D1 „verkauft“ die Gegenstnde weiter an die in Deutschland ansssige D2-GmbH fr 900 000 Euro + 144 000 Euro USt. und erteilt darber eine dem ußeren Schein nach die Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfllende Rechnung. D2 „verkauft“ die Gegenstnde fr 950 000 Euro an NL. Die Gegenstnde sind die ganze Zeit ber nicht zwischen den Beteiligten bewegt worden. NL behandelt die „Lieferung“ an D1 als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. D1 fhrt keine Steuer an das Finanzamt ab, weil sie insolvent geworden bzw. „verschwunden“ ist. D2 behandelt die „Lieferung“ an NL als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung und erhlt den Vorsteuerabzug aus der Rechnung iHv. 144 000 Euro. Der Schaden fr den Fiskus betrgt 144 000 Euro, weil der ausgezahlten Vorsteuer nicht der Eingang der entsprechenden Steuer aus der „Lieferung“ gegenbersteht. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll D2 fr die ausgefallene Steuer nach § 25d UStG haften, weil der ihm in Rechnung gestellte Preis unter dem dem D1 berechneten Preis liege und deshalb vermutet werde, daß D2 Kenntnis von der Absicht des D1 habe, die 1 Diese werden hufig in dem nicht nachvollziehbaren Drang, englische Begriffe verwenden zu mssen, „missing traders“ genannt; vgl. nur BFH, UR 2005, 214 = BFH/ NV 2005, 650, mit weiteren Lcherlichkeiten („buffer“, „distributor“). 2 Bericht d. FinAussch. zum E-StVBG, BT-Drucks. 14/7471, zu Art. 1 Nr. 5 (§ 25d UStG).

696

VI. Haftung fr Umsatzsteuer aus einer vorangegangenen Lieferung Steuer nicht zu entrichten. Eine darauf gesttzte Haftung verstieße indes, abgesehen davon, daß nur Scheingeschfte vorliegen und der Tatbestand nicht verwirklicht werden kann (Rz. 68), gegen das verfassungsrechtliche Willkrverbot (Rz. 67).

Haftungsgrund soll allein die Kenntnis oder das Kennenmssen von der Absicht des leistenden (oder eines vorangegangenen) Unternehmers sein, die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht zu entrichten. Das ist absurd. Einstehenmssen fr eine fremde Steuerschuld setzt einen Zurechnungsgrund voraus, der in einem pflichtwidrigen Verhalten in Bezug auf die Nichtentrichtung der Steuer bestehen oder in einem daraus resultierenden Vorteil liegen kann (Rz. 3). Die Kenntnis oder das Kennenmssen fremder Steuerhinterziehungsplne rechtfertigt allein keine Haftung fr den Steuerausfall. Die Vorschrift verstßt deshalb bei wortlautgetreuer Anwendung gegen das verfassungsrechtliche Willkrverbot1 und stellt ein weiteres Armutszeugnis fr die Gehilfen des Gesetzgebers dar. Eine verfassungskonforme Reduktion des Tatbestandes mßte ber die Kenntnis hinaus ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten verlangen. Dann aber liegt – wie offensichtlich im o. g. Beispiel – Mittterschaft oder Teilnahme an einer Steuerhinterziehung vor, die bereits nach § 71 AO zur Haftung fhrt (Rz. 14). Die Vorschrift des § 25d UStG luft mithin leer.2

19.67

Da Voraussetzung der Haftung nach dieser Vorschrift ist, daß die Steuer in einer „nach § 14 (UStG) ausgestellten Rechnung“ ausgewiesen ist, knnten ohnehin nur diejenigen Flle erfaßt werden, in denen eine ordnungsgemße Rechnung, die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, vorliegt. Handelt es sich hingegen um Steuer, die der Aussteller der Rechnung nach § 14c UStG (Rz. 14.83 ff.) schuldet, so greift der Haftungstatbestand des § 25d UStG nicht ein3, weil der Vorsteuerabzug rckgngig gemacht werden kann. In den von der Vorschrift ins Auge gefaßten Fllen der sog. Karussellgeschfte liegen jedoch keine ordnungsgemßen Rechnungen vor, weil keine Lieferungen stattfinden, sondern diese zum Zwecke der Vorsteuererschleichung nur vorgetuscht werden.4 Es handelt sich mithin um Scheingeschfte, so daß, da ber keine Lieferungen abgerechnet wird (Rz. 14.138), die Rechnungen nicht „nach § 14 UStG“ ausgestellt sind und die ausgewiesene Steuer schon nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehbar ist.5 Auch insofern luft die Vorschrift folglich leer.

19.68

1 Die Norm kann deshalb auch nicht auf Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL gesttzt werden, wonach bestimmt werden kann, daß eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten hat. Die Bezeichnung als Haftung wre zwar unschdlich (Rz. 31), jedoch wrde die Haftung auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht in gleicher Weise wie aus verfassungsrechtlicher Sicht gegen das Willkrverbot verstoßen; das verkennt Nieskens in R/D, § 25d Anm. 13 Fn. 4. 2 Entsprechens gilt fr die Ordnungswidrigkeiten- und Straftatbestnde der §§ 26b und 26c UStG; Bielefeld, BB 2004, 2441. 3 Vgl. Abschn. 276d Abs. 3 UStR 2005. 4 Das verkennt FG Baden-Wrtt., EFG 2004, 1405, 1407. 5 Vgl. BGH, UR 2002, 465, zu einem inlndischen Karussell von Scheingeschften.

697

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung 1. Grundsatz 20.1

Die Umsatzsteuer wird im Regelfall nach dem Entgelt bemessen. Dieses ist, soweit nicht der Leistungsempfnger iS des § 13b UStG (dazu § 13) die Umsatzsteuer zustzlich schuldet (Rz. 16 ff.), abweichend vom Sprachgebrauch die Gegenleistung („alles, was der Leistungsempfnger aufwendet“) abzglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die objektiv nach dem Gesetz entstandene Umsatzsteuer ist mithin, wenn der leistende Unternehmer Steuerschuldner ist, stets in der vereinbarten1 Gegenleistung (Preis, Vergtung2 usw.) – sowie in jedem Zahlungsbetrag3 – enthalten (vgl. auch Rz. 11.8), unabhngig davon, ob4 und in welcher Hhe der zur Leistung Verpflichtete einen Umsatzsteuerbetrag als Preisbestandteil kalkuliert (bercksichtigt) hat.5 Hiervon ist auch bei Angeboten an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer auszugehen.6 Anderes gilt nur dann, wenn die Beteiligten Abweichendes vereinbart haben (Rz. 5) oder sich dieses aus einem Handelsbrauch bzw. einer Verkehrssitte ergbe. Ist der Leistungsempfnger Steuerschuldner nach § 13b UStG, so gilt grundstzlich Entsprechendes (Rz. 17).

20.2

Ein Handelsbrauch, daß zwischen Kaufleuten der angegebene Preis die Umsatzsteuer nicht erfasse, hat sich nicht herausgebildet7 und kann sich auch nicht entwickeln, da nicht jeder Kaufmann automatisch Unternehmer iS des Umsatzsteuerrechts bzw. zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Deshalb kann auch keine derartige Verkehrssitte bestehen.

1 Ist eine Schadensersatz-, Entschdigungs- o. . Zahlung als Gegenleistung fr eine steuerpflichtige Leistung anzusehen (Rz. 2.21 ff.), so ist die anfallende Umsatzsteuer Teil des zu ersetzenden Schadens. Mithin kann ein entsprechender Betrag durch den Geschdigten nachgefordert werden, wenn das Finanzamt die Umsatzsteuer geltend macht. 2 Fr die bliche Vergtung iS des § 612 Abs. 2 BGB gilt Entsprechendes; vgl. BAG, DB 1987, 441; LAG Schl-H., DB 1995, 1282. 3 Die Parteien knnen deshalb nicht etwa vereinbaren, daß eine Abschlagszahlung oder Teilzahlung keine Umsatzsteuer enthalte (Rz. 12.17). 4 Folglich ist auch dann, wenn Arbeiten vereinbarungsgemß „schwarz ohne Rechnung und Umsatzsteuer“ bezahlt werden, in dem gezahlten Betrag die Umsatzsteuer enthalten (Rz. 11.8). 5 BGHZ 58, 292, 295; 60, 199, 203; 103, 284, 287; 115, 47, 40; UR 2000, 247; 2001, 538 = NJW 2001, 2464; BGHReport 2002, 666 = NJW 2002, 2312. 6 BGH, UR 1973, 294; 2001, 538 = NJW 2001, 2464. 7 Vgl. BGH, UR 1973, 294; 2001, 538; OLG Dsseldorf, NJW 1976, 1268; OLG Mnchen, UR 1993, 231 = NJW-RR 1993, 415; aA. OLG Kln, NJW 1971, 895; LG Kln, DB 1989, 722, fr den Raum Kln.

698

I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung

Bei einem einseitigen Irrtum ber die Umsatzsteuerpflicht oder die Hhe der anfallenden Umsatzsteuer kommt folglich eine Anpassung oder Ergnzung des Vertrages des Inhalts, daß ein Betrag in Hhe der Umsatzsteuer zustzlich geschuldet wird, grundstzlich nicht in Betracht. Ein solcher Kalkulationsirrtum fllt – auch bei einem Vergleich1 – im allgemeinen in den Risikobereich des Leistenden.2 Das ergibt sich auch im Umkehrschluß aus § 29 UStG (Rz. 14).

20.3

Bei der Zwangsversteigerung von beweglichen Sachen und Betriebsvorrichtungen (vgl. Rz. 10.99) gilt nichts anderes, so daß entgegen dem BGH im Meistgebot die Umsatzsteuer enthalten ist und nicht etwa den Erwerber zivilrechtlich die Verpflichtung trifft, die Umsatzsteuer zustzlich zu tragen.3 Dafr gibt es keine Rechtsgrundlage. Des weiteren bersieht der BGH, daß bei einem freihndigen Verkauf die Glubiger ebenfalls nur mit dem Nettoerls befriedigt wrden4 (zur Problematik bei Grundstcken s. Rz. 10.154 f.).

20.4

Ist ein Preis (Vergtung usw.) „zuzglich Umsatzsteuer“ o. . ausdrcklich oder stillschweigend vereinbart5, so ist die wirklich geschuldete Umsatzsteuer gemeint (Rz. 11 f.). In der Bezeichnung „Nettopreise“ kommt entgegen BGH6 eine derartige Vereinbarung nicht zum Ausdruck, da dieser Begriff mehrdeutig ist7, nmlich auch bedeuten kann, daß der Betrag ohne Skontoabzug zu zahlen ist8; hinzu kommen mßte etwa der Zusatz „ohne Umsatzsteuer“.

20.5

2. Vertragsanpassung a) Beiderseitiger Irrtum ber die Umsatzsteuerpflicht oder -hhe aa) Der Irrtum des leistenden Unternehmers ber die Umsatzsteuerpflicht oder die Hhe der anfallenden Steuer geht grundstzlich zu seinen Lasten (Rz. 1 u. 5). Gingen hingegen beide Beteiligten davon aus, daß der Umsatz nicht steuerpflichtig sei, und stellt sich diese Annahme als unzutreffend heraus, so kommt eine Anpassung des Vertrages wegen Fehlens (Strung) der Geschftsgrundlage gem. § 313 Abs. 2 BGB in Betracht. Das setzt eine gemeinsame Vorstellung der Beteiligten ber die umsatzsteuerrechtliche Seite des Geschfts (Vorganges) voraus.9 Zum selben Ergebnis fhrt die – dogmatisch 1 OLG Mnchen, BB 1994, 1104; 1998, 609. 2 BGH, UR 1978, 111; 2000, 247; BGHReport 2002, 666 = NJW 2002, 2312. 3 Das verkennt BGH, UR 2003, 295 = NJW 2003, 2228; zutreffend noch die Vorinstanz OLG Karlsruhe, DB 2002, 1828. 4 Vgl. auch § 170 Abs. 1 und 2 iVm. § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO. 5 Genau genommen wird nicht die Umsatzsteuer zustzlich geschuldet, denn diese ist stets integraler Bestandteil der Gegenleistung (Rz. 1), sondern ein zustzlicher Betrag in Hhe des zutreffenden Umsatzsteuer-Vomhundertsatzes. 6 BGH, UR 2001, 538, 539. 7 Das gilt auch fr die Klausel „Preise sind Nettopreise plus Umsatzsteuer“; OLG Mnchen, NJW 1970, 661. 8 Vgl. OLG Oldenburg, NJW 1969, 1486. 9 BGH, UR 2001, 538, 540; BGHReport 2002, 666 = NJW 2002, 2312.

699

20.6

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

vorrangige – ergnzende Vertragsauslegung, wenn die Beteiligten irrtmlich von der Nichtsteuerpflicht des Geschfts ausgegangen sind.1 20.7

Die Nichtsteuerpflicht des Geschfts ist nicht schon deshalb Geschftsgrundlage des Vertrages bzw. die Steuerpflicht fhrt nicht bereits deshalb zu einer ausfllungsbedrftigen Lcke, weil keine Umsatzsteuer vereinbart worden war. Erforderlich ist vielmehr, daß die Beteiligten bereinstimmend von der Nichtsteuerpflicht2 ausgegangen sind. Dafr reicht es nicht aus, daß die eine Seite ihre Kalkulationsgrundlagen, die keine Umsatzsteuer enthielten, vor Vertragsschluß offengelegt hatte.3

20.8

Entsprechendes hat zu gelten, wenn die Parteien bereinstimmend von einem zu niedrigen Steuersatz ausgegangen waren. Nicht ausreichend ist, daß ein bestimmter Steuersatz vom Leistenden bei Vertragsschluß genannt worden war und dieser den Preis in Entgelt und Steuer aufgeschlsselt hatte. Hinzu kommen muß, daß der Steuersatz Gegenstand konkreter Errterungen war.

20.9

Diese Restriktion bei der Annahme einer bereinstimmenden Annahme der Nichtsteuerpflicht mit der Mglichkeit der Anpassung im Wege der ergnzenden Vertragsauslegung gilt jedoch nicht fr einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer. Dieser ist aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung ebenso als Gehilfe des Steuerglubigers (Rz. 1.18) in die Steuererhebung beim Endverbraucher eingebunden, wie der leistende Unternehmer, so daß fr ihn ein anderer Maßstab als fr Verbraucher bzw. nichtvorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer, die keine Gehilfen bei der Steuererhebung sind, gilt. Von einer bereinstimmenden Annahme der Nichtsteuerpflicht des Vorganges (beiderseitiger Irrtum) ist daher insbesondere dann auszugehen, wenn der Leistungsempfnger ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist und nicht nur bei Vertragsschluß, sondern selbst bei Zahlung keine Aufschlsselung des Preises in Entgelt und Umsatzsteuer verlangt.4 Er bringt dann damit zum Ausdruck, daß er davon ausgegangen ist, daß die Leistung seines Vertragspartners nicht umsatzsteuerpflichtig, d. h. nicht mit Umsatzsteuer5 belastet sei; anderenfalls htte er bis zur Erteilung einer Rechnung mit Steuerausweis ein Zurckbehaltungsrecht in Hhe des von ihm angenommenen Steuerbetrages ausgebt (Rz. 34). Folglich liegt eine stillschweigende bereinstimmung hinsichtlich der Nichtsteuerpflicht des Geschfts vor.

1 Vgl. BGH, UR 2000, 247; 2001, 538, 540; NJW 2002, 2312; OLG Dsseldorf, NJW-RR 1995, 1520. 2 Dem steht es gleich, wenn den Beteiligten zwar die Steuerpflicht bekannt war, sie jedoch ein Schwarzgeschft vereinbart haben. 3 BGH, UR 2001, 538. 4 Vgl. BGH, UR 2000, 247, 248 aE.: „. . . wird das Berufungsgericht auch zu wrdigen haben, daß die Klgerin eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis von der Beklagten erst mit zeitlicher Verzgerung verlangte . . .“ (nmlich erst Jahre nach der vollstndigen Zahlung des Preises). Das Berufungsgericht hat dem indes keine Bedeutung beigemessen; vgl. KGReport Berlin 2002, 107. 5 Mit Ausnahme der beim Leistenden nicht abziehbaren Vorsteuer.

700

I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung

Die Vertragsanpassung bzw. ergnzende Vertragsauslegung im Falle des beiderseitigen Irrtums fhrt dazu, daß eine hlftige Teilung des Steuermehrbetrages zwischen den Parteien die angemessene Rechtsfolge ist, wenn der Leistungsempfnger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Anderenfalls hat der Leistungsempfnger den gesamten Mehrbetrag zustzlich zu zahlen (bis zur Erteilung einer entsprechend genderten Rechnung hat er ein Zurckbehaltungsrecht, Rz. 34), da ihn dieser wegen des Vorsteuerabzugs nicht belastet.1

20.10

bb) Mit Vereinbarung eines Preises „zuzglich Umsatzsteuer“ o. .2 war Vertragsinhalt geworden, daß der Umsatz steuerpflichtig sei und vom Leistenden Umsatzsteuer auch geschuldet werde. Die bereinstimmenden umsatzsteuerrechtlichen Vorstellungen der Parteien gingen dahin, daß dem Leistenden ein bestimmter Betrag nach Abzug der Umsatzsteuer verbleiben sollte; nicht etwa sollte er bei tatschlicher Nichtsteuerpflicht auch noch zustzlich einen Betrag in Hhe des Regelsteuersatzes erhalten. Die Vereinbarung der Parteien soll deshalb nach Ansicht des BGH dahin „auszulegen“ sein, daß die in Wahrheit nicht anfallende Umsatzsteuer auch nicht zu zahlen sei.3 Das ist vom Ansatz her zutreffend, bercksichtigt jedoch nicht, daß bei Nichtsteuerpflicht des Umsatzes der Leistende die dann bei ihm nicht abziehbaren Vorsteuerbetrge in den Preis einkalkuliert htte. Es ist deshalb von einer Strung der Geschftsgrundlage auszugehen und die nicht abziehbare Vorsteuer gegen den Minderungsbetrag gegenzurechnen.4

20.11

Entsprechendes gilt, wenn ein fester Steuersatz vereinbart worden war, aber tatschlich ein niedrigerer anzuwenden ist. In diesem Fall war Vertragsinhalt geworden, daß der Umsatz dem vereinbarten Steuersatz unterliegt und damit der leistende Unternehmer objektiv die entsprechende Steuer schuldet.

20.12

cc) ber die Steuerpflicht des Vorganges oder den zutreffenden Steuersatz drfen die Zivilgerichte nicht als Vorfrage befinden, da das Alleinentscheidungsrecht darber den Finanzbehrden bzw. Finanzgerichten zusteht.5 Die gegenteilige Auffassung des V. Senates des BGH, wonach die steuerrechtlichen Vorfragen von den Zivilgerichten beantwortet werden drften, wenn diese „ohne Schwierigkeiten“ geklrt werden knnten und nicht „ernsthaft die Gefahr besteht, daß die Finanzbehrden die Frage der Steuerpflicht abweichend von der Einschtzung der Zivilgerichte beurteilen“,6 verkennt schon, daß vermeintlich einfache Umsatzsteuerrechtsfragen schwieriger sind, als sie

20.13

1 Vgl. OLG Nrnberg, BB 1995, 1924 = NJW 1996, 1479; BGH, UR 2000, 247. 2 Beispiel: „Der Preis enthlt 16 % USt./MwSt.“ 3 BGH, NJW-RR 1990, 1199 (Tz. 2a, aa); vgl. auch BGH, UR 2002, 91, 95 f.; aA. LG Dresden, NJW-RR 1997, 242. 4 Vgl. BGH, BFH/NV 2005, Beil., 66, 68. 5 BGH (X. Senat), UR 2002, 37, 39 f. 6 BGH (V. Senat), UR 2002, 91, 93.

701

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

sich mglicherweise ein Zivilrichter vorstellen kann.1 Entscheidend ist allein, daß ber die Steuerpflicht eines Vorgangs nach der Abgabenordnung ausschließlich die Finanzbehrden durch ffentlich-rechtlichen Akt, nmlich mittels Steuerbescheides befinden, so daß aus § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nichts Gegenteiliges folgt. Damit geht einher, daß die Finanzbehrden an Entscheidungen der Zivilgerichte nicht gebunden wren.2 Auch knnte der Konflikt widerstreitender Entscheidungen der Zivilgerichte und der Finanzbehrden nicht aufgelst werden, weil es keine bergeordnete Instanz gibt. b) Nach nderung des Umsatzsteuergesetzes 20.14

Bei einer nderung des Umsatzsteuergesetzes hinsichtlich des Steuersatzes oder der Steuerpflicht des Umsatzes entsteht nach § 29 Abs. 2 iVm. Abs. 1 UStG grundstzlich ein Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Mehr- oder Minderbelastung, wenn der der Leistung zugrunde liegende Vertrag nicht spter als vier Monate vor dem Inkrafttreten der Gesetzesnderung abgeschlossen worden ist. Abweichende Vereinbarungen sind grundstzlich zulssig (§ 29 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG). Nur fr allgemeine Geschftsbedingungen verbietet § 309 Nr. 1 BGB eine Klausel, die in Vertrgen mit insbesondere Verbrauchern (§ 310 Abs. 1 BGB) bei einer Lieferfrist von nicht mehr als vier Monaten im Falle der nderung des Umsatzsteuergesetzes eine Preisanpassung vorsieht. Diese Vier-Monats-Frist rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß bei Vertrgen mit krzeren Leistungsfristen die zu erwartende Gesetzesnderung bereits bei der Preisvereinbarung bercksichtigt werden konnte. c) Umsatzsteuer auf gesetzlich festgelegte Vergtungen

20.15

Fr bestimmte Berufsgruppen ist die privatautonome Festlegung der Vergtung kraft Gesetzes ausgeschlossen oder eingeschrnkt und die Vergtung durch Gebhren-, Honorar- o. . Ordnungen vorgegeben. Diese bestimmen berwiegend, daß der Unternehmer Anspruch auf Ersatz der auf seine Verg1 Beispiele: BGH, UR 2003, 295 (dazu Rz. 4); BGH, HFR 2004, 393 = ZfIR 2004, 288. Letztere Entscheidung zeugt von erschreckender Unkenntnis einfachster umsatzsteuerrechtlicher Systematik. Auszug: „Dem Vermieter eines Gebudes, der dieses errichtet hat, erlaubt die Option etwa, die Vorsteuer auf die Bauleistungen von dem bezogenen Mietzins (sic!) abzuziehen (§ 15 Abs. 1 UStG). Der Vorsteuerabzug ist aber nicht auf objektgebundene Leistungen beschrnkt. Grundstzlich ist sowohl der steuerliche Umsatz wie der Vorsteuerabzug nicht objekt-, sondern unternehmensbezogen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 15 UStG); die Einzelbesteuerung (vgl. § 16 Abs. 5 UStG) bildet den Ausnahmefall. Die Option des Unternehmers, der ein Grundstck vermietet, zur Umsatzsteuer ermglicht es diesem, die Gesamtheit der Gter seines Anlageund Umlaufvermgens (sic!) von der Umsatzsteuer zu entlasten. Dies kann zu einer Reduzierung des steuerpflichtigen Umsatzes (sic!) auf Null oder, in speziell gelagerten Fllen, zu einem Vorsteuerberhang mit der Folge einer Umsatzsteuererstattung fhren, die die Liquiditt des Unternehmens erhht.“ (S. 394 bzw. S. 290). An diesen Stzen ist fast alles falsch. Im brigen ist auch die Entscheidung falsch. 2 BGH (X. Senat), UR 2002, 37, 39.

702

I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung

tung/Kosten/Gebhren usw. entfallende Umsatzsteuer hat, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 UStG (Rz. 17.2) unerhoben bleibt.1 Danach2 kann der Unternehmer zustzlich zu der Vergtung usw. einen Betrag, der sich aus der Anwendung des Steuersatzes nach § 12 UStG auf die sonstige (eigentliche) Vergtung usw. ergibt, fordern, d. h. den Umsatzsteuerbetrag, der sich errechnet, wenn die eigentliche Vergtung usw. als umsatzsteuerrechtliches Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG) angesehen wird. 3. Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers a) Krzung der vereinbarten Gegenleistung Ist abweichend vom Grundsatz nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfnger nach § 13b UStG (dazu Rz. 13.1 ff.) Schuldner der Umsatzsteuer, so ist, wenn die Parteien das beachtet haben, die Umsatzsteuer nicht integraler Bestandteil der Gegenleistung. Letztere stellt dann das Entgelt iS des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG dar. Sind die Beteiligten hingegen flschlich davon ausgegangen, daß der leistende Unternehmer der Schuldner der Steuer sei und haben sie demgemß einen Umsatzsteuerbetrag als Teil der Gegenleistung ausdrcklich vereinbart („zuzglich USt.“, oder „inkl. MwSt.“ o. .), so ist der Leistungsempfnger berechtigt, die vereinbarte Gegenleistung in Hhe des geschuldeten Umsatzsteuerbetrages zu krzen, wenn er zivilrechtlich nicht verpflichtet ist, die Umsatzsteuer zustzlich zu tragen. Der Vertrag ist dann dahin auszulegen, daß ein Betrag in Hhe der Umsatzsteuer nicht als Gegenleistung geschuldet wird, wenn der leistende Unternehmer nicht Steuerschuldner ist (Rz. 10). Das gilt – sofern kein Fall der Doppelbesteuerung vorliegt3 – auch, wenn flschlich auslndische Umsatzsteuer gemeint war, da es allein darauf ankommt, daß der Leistungsempfnger die anfallende Umsatzsteuer zu tragen hat.

20.16

Das Recht zur Krzung der Gegenleistung besteht auch dann, wenn lediglich ein (Brutto-)Betrag als Gegenleistung vereinbart ist und die Beteiligten ber die Steuerpflicht des Umsatzes oder ber die Person des Steuerschuldners nicht gesprochen haben. Solange die Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers die Regel ist (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG4), gilt auch bei Anwendung des § 13b UStG der Grundsatz5, daß bei Fehlen einer gegenteiligen Vereinbarung der geschuldete Umsatzsteuerbetrag integraler Bestandteil der Gegenleistung ist (Rz. 1). Folglich gebhrt dieser Teil der vereinbarten Gegen-

20.17

1 So z. B. § 25 Abs. 2 BRAGO; § 151a KostO fr Notare; § 25 Abs. 2 SchornsteinfegerG; § 15 StBGebV; § 1 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes ber die Vergtung von Berufsvormndern; hnlich § 7 InsVV und § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes ber die Entschdigung von Zeugen und Sachverstndigen. 2 Zum widersprchlich formulierten § 9 der Honorarordnung fr Architekten und Ingenieure s. Stadie in R/D, Einf. Anm. 428. 3 Vgl. Stadie in R/D, Einf. UStG Anm. 277 ff. 4 Bzw. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der 6. EG-RL. 5 AA. Birkenfeld, § 156 Rz. 147, 155 (Beisp. b); Nieskens, UR 2002, 53, 58.

703

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

leistung dem leistenden Unternehmer nicht, wenn er nicht Schuldner der Umsatzsteuer ist. 20.18

Der Leistungsempfnger darf auch dann die Gegenleistung krzen, wenn fr ihn zweifelhaft ist, ob er die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet1, weil fr ihn z. B. unklar ist, ob sich der Ort der sonstigen Leistung im Inland befindet oder ob sein Vertragspartner Unternehmer ist. Der Leistende kann die Frage, ob der Leistungsempfnger Schuldner der Umsatzsteuer ist, nicht als Vorfrage in einem Zivilprozeß klren, da das Alleinentscheidungsrecht ber die Steuerschuldnerschaft bei den Finanzbehrden liegt (Rz. 13). Rechtsschutzgegner fr den Leistenden ist deshalb das fr den Leistungsempfnger zustndige Finanzamt, bei dem ein feststellender Verwaltungsakt (analog § 155 Abs. 1 Satz 3 AO) mit dem Inhalt, daß der Leistungsempfnger nicht Steuerschuldner ist, erwirkt werden muß.2 Hat der Leistungsempfnger die Umsatzsteuer angemeldet oder ist eine entsprechende Steuerfestsetzung seitens des Finanzamts ergangen, so kann der Leistende diese anfechten. Er ist insoweit beschwert (klagebefugt), da die Steuerfestsetzung als Verwaltungsakt Bindungswirkung fr das Zivilgericht hat (die Ausfhrungen zur Klagebefugnis des Steuertrgers im umgekehrten Fall, Rz. 1.23 ff., gelten entsprechend).

20.19

Die Berechtigung zur Krzung der Gegenleistung besteht nicht, wenn bzw. soweit der Leistungsempfnger auch ohne eine entsprechende ausdrckliche Vereinbarung eine zivilrechtliche Verpflichtung zur vollstndigen oder teilweisen Tragung der Umsatzsteuer trifft. Eine solche ergibt sich bei Kaufleuten indes nicht schon als Handelsbrauch (Rz. 2). Auch die Existenz der Vorschriften ber die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers (§ 13b UStG bzw. Art. 21 Abs. 1 der 6. EG-RL) berechtigt, solange die Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers die Regel ist nicht zu einer Auslegung des Vertrages dahin, daß die Parteien von der Verpflichtung des Leistungsempfngers zur Tragung der Steuer ausgegangen sind.3 Schon die Kenntnis dieser Ausnahmeregelung kann nicht stets unterstellt werden. Jedenfalls aber kann nicht eine bereinstimmende umsatzsteuerrechtliche Wrdigung des Umsatzes durch beide Beteiligte als steuerbar (vor allem bei den komplizierten Regeln ber den Ort der sonstigen Leistungen) und steuerpflichtig angenommen werden.4 Erst recht fhrt der Hinweis durch den leistenden Unternehmer in seiner Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG) nicht dazu, daß dieser die Steuer zustzlich zur vereinbarten Gegenleistung schuldet, da der leistende Unternehmer nicht mittels der Rechnung einseitig die Gegenleistung erhhen kann; Schweigen ist grundstzlich keine Zustimmung. 1 Vgl. BGH, UR 2002, 37 (zum sog. USt.-Abzugsverfahren nach §§ 51 ff UStDV aF.). 2 Vgl. Stadie, Allg. SteuerR, Rz. 521, zur parallelen Fragestellung bei Einbehaltung von Abzugsteuern. 3 AA. Birkenfeld, § 156 Rz. 147. 4 Anders ist es beim innergemeinschaftlichen Erwerb (Rz. 9.9 ff.), da es allgemein bekannt ist, daß Waren aus dem Ausland in Deutschland versteuert werden mssen.

704

I. Umsatzsteuer als Teil der Gegenleistung

Die Verpflichtung zur zustzlichen Tragung der Umsatzsteuer kann sich nur im Wege ergnzender Vertragsauslegung oder durch Anpassung des Vertrages wegen Strung der Geschftsgrundlage ergeben. Gingen die Parteien bereinstimmend irrtmlich davon aus, daß der Umsatz nicht steuerpflichtig sei, so ergibt sich auf Grund ergnzender Vertragsauslegung bzw. nach § 313 BGB eine Verpflichtung zur Anpassung des Vertrages (Rz. 6). Ist der Leistungsempfnger zum Vorsteuerabzug berechtigt, so hat er die Steuer allein zu tragen. Soweit er die Vorsteuer nicht abziehen kann, ist die Steuer von beiden zur Hlfte zu tragen (Rz. 10), so daß der Leistungsempfnger dann die vereinbarte Gegenleistung in Hhe des halben Steuerbetrages krzen kann.

20.20

b) Ausgleichsanspruch bei nachtrglicher Inanspruchnahme als Steuerschuldner Hat der Leistungsempfnger in Unkenntnis seiner Steuerschuldnerschaft die gesamte vereinbarte Gegenleistung an den leistenden Unternehmer entrichtet und wird er danach vom Finanzamt als Steuerschuldner in Anspruch genommen, so kann ihm ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegenber dem leistenden Unternehmer nach Bereicherungsrecht zustehen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Beteiligten als Gegenleistung einen Betrag „zuzglich USt.“ o. . vereinbart hatten. Der Vertrag ist dann dahin auszulegen, daß bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers der Steuerbetrag nicht als Teil der Gegenleistung geschuldet war (Rz. 16). Folglich ist der leistende Unternehmer um den Steuerbetrag bereichert. Der Bereicherungsanspruch besteht nicht in Hhe der (ursprnglichen) Steuerschuld (Rz. 13.61) des Leistungsempfngers, sondern – wenn deutsche Umsatzsteuer vereinbart worden war – nur in Hhe von (zZt.) 16/116 (bzw. 7/107) der vereinbarten Gegenleistung, da mit Zahlung des Ausgleichsbetrages eine Minderung der Bemessungsgrundlage eintritt.

20.21

Beispiel: Die vereinbarte Gegenleistung von 10 000 + 1600 Euro USt. war vom Leistungsempfnger in voller Hhe an den leistenden Unternehmer in der Annahme, daß dieser Steuerschuldner sei, gezahlt worden. Die Steuerschuld des Leistungsempfngers betrgt vorerst 16 % von 11 600 Euro = 1856 Euro (Rz. 13.61). Der zivilrechtliche Bereicherungsanspruch gegenber dem leistenden Unternehmer beluft sich nur auf 16/116 von 11 600 Euro, da sich nach Durchsetzung des Anspruchs die Bemessungsgrundlage auf 10 000 Euro vermindert hat und dem Leistungsempfnger ein Erstattungsanspruch iHv. 256 Euro gegenber dem Finanzamt zusteht.

Entsprechendes gilt, wenn lediglich ein (Brutto-)Betrag vereinbart war, sofern nicht der Leistungsempfnger zivilrechtlich zur vollstndigen oder teilweisen Tragung der Umsatzsteuer verpflichtet ist (Rz. 6 ff.).

705

20.22

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

II. Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer 1. Allgemeines 20.23

Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 2 UStG normierte Verpflichtung (Rz. 14.8 ff.) des leistenden Unternehmers (Rz. 14.18 ff.) zur Ausstellung von Rechnungen mit den in § 14 Abs. 4 UStG genannten Angaben (Rz. 14.50 ff.), insbesondere dem Ausweis von Steuer bei steuerpflichtigen Umstzen1, ist im Kern zivilrechtlicher Natur. Da der Leistungsempfnger eine solche Rechnung fr den Vorsteuerabzug bentigt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG), ergibt sich die Verpflichtung indes bereits aus dem zugrunde liegenden Schuldrechtsverhltnis als zivilrechtliche, sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebende, Nebenpflicht, die fr die Entlastung des Vertragspartners erforderliche Rechnung auszustellen.2 Mithin ist § 14 UStG insoweit nur deklaratorisch. Eine konstitutive Wirkung kommt den Bestimmungen des § 14 UStG hingegen zu, wenn die Leistung nicht auf vertraglicher Grundlage erbracht wird. Auch in diesem Fall ist die Verpflichtung zivilrechtlicher Natur. Darber hinaus enthlt § 14 UStG zugleich auch eine ffentlich-rechtliche Verpflichtung, die hinsichtlich des Ausweises von Steuer indes nicht weiter gehen kann als die zivilrechtliche Verpflichtung (zu ausschließlich ffentlich-rechtlichen Rechnungserteilungspflichten s. Rz. 14.8, 14.11 f.).

20.24

Die Verpflichtung betrifft die Erteilung einer ordnungsgemßen Rechnung, welche zum Vorsteuerabzug berechtigt, d. h. „nach den §§ 14, 14a UStG“ ausgestellt ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG; Rz. 15.52). Folglich ergibt sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auch die zivilrechtliche Verpflichtung zur Berichtigung oder Ergnzung einer fehlerhaften oder unvollstndigen Rechnung (Rz. 14.77 f.).3 Bei Nichterfllung dieser Verpflichtung ist, sofern kein Zurckbehaltungsrecht hinsichtlich des vereinbarten Steuerbetrages mehr in Betracht kommt (Rz. 34), Schadensersatz in dieser Hhe zu leisten.

20.25

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung, in der die Steuer ausgewiesen ist, erlischt, wenn der Unternehmer die Steuer wegen Verjhrung nicht mehr schuldet, weil dann der Umsatzsteuerbetrag als zivilrechtlich nicht mehr geschuldet zurckgefordert werden kann (Rz. 11; Rz. 14.108) und wegen der danach entfallenden Belastung mit der Steuer ein Vorsteuerabzug ausscheidet (Rz. 15.3).

1 Zur Frage, ob eine zivilrechtliche Verpflichtung zum Verzicht auf eine Steuerbefreiung nach § 9 UStG bestehen kann, s. Rz. 10.153. 2 BGH, UR 1975, 87 = NJW 1975, 310; UR 1980, 247 = NJW 1980, 2710; BGHZ 103, 284, 287 = UR 1988, 183 = NJW 1988, 2042; UR 1997, 427, 429; 2002, 91. 3 Die Regelung des § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG, wonach durch Rechtsverordnung bestimmt werden knne, in welchen Fllen und unter welchen Voraussetzungen Rechnungen berichtigt werden knnen, ist mithin bldsinnig (Rz. 14.77).

706

II. Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer

2. Streit ber die Steuerpflicht oder den Steuersatz Streit ber die Verpflichtung, eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer zu erteilen, kann entstehen, wenn der dazu Aufgeforderte der Ansicht ist, kein Unternehmer (bzw. nur Kleinunternehmer, § 19 Abs. 1 UStG) zu sein, oder meint, daß die von ihm ausgefhrte Leistung nicht steuerbar bzw. steuerfrei sei oder daß gar keine Leistung vorliege (weil die Zahlung des Anspruchstellers Schadensersatz sei). Dem gleichgelagert ist der Fall, daß in der Rechnung die Steuer nach Maßgabe eines ermßigten Steuersatzes ausgewiesen ist, der Anspruchsteller jedoch den Ausweis in Hhe des Regelsteuersatzes begehrt. Regelmßig kommt es zu einem Streit ber die Steuerpflicht erst nach Abwicklung des Umsatzes, weil anderenfalls der Dissens bereits bei Vertragsschluß durch Verwendung einer Klausel („zzgl. etwaige Umsatzsteuer“ o. .) „geklrt“ worden wre.1

20.26

Beispiel: Der Bund hatte im Jahre 2000 mehreren Mobilfunkbetreibern sog. UMTS-Lizenzen fr insgesamt umgerechnet rd. 50 Mrd. Euro eingerumt. Erwerber war u. a. auch die DMobiltel-AG (D), die umgerechnet 5 Mrd. Euro gezahlt hatte. Im Jahre 2002 verlangte die D vom Bund, vertreten durch die sog. Regulierungsbehrde, eine Rechnung, in der der Kaufpreis in rd. 4 310 345 000 Euro Entgelt und rd. 689 655 000 Euro Umsatzsteuer aufzuschlsseln sei. Die D war im nachhinein auf Grund von eingeholten Gutachten zu der Auffassung gekommen, daß die Einrumung der Lizenzen steuerpflichtige sonstige Leistungen des Bundes gewesen seien und ihr eine entsprechende Rechnung mit Ausweis der Steuer zustehe.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes soll der Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer nicht davon abhngen, daß die Parteien ausdrcklich einen Preis inklusive Umsatzsteuer vereinbart haben. Die Beurteilung der steuerrechtlichen Fragen stehe jedoch nicht den Zivilgerichten zu, so daß bei zweifelhafter Rechtslage eine Klage nur Erfolg haben knne, wenn eine bestandskrftige Steuerfestsetzung vorliege; bis dahin sei dem Beklagten die Erteilung der Rechnung wegen der mglichen Sanktionen nach § 14c UStG2 nicht zuzumuten.3 Entsprechendes gelte, wenn der anzuwendende Steuersatz streitig sei.4 Als Konsequenz dieser verfehlten (Rz. 28 ff.) BGH-Rechtsprechung lßt der BFH eine Feststellungsklage (§ 41 FGO) beim Finanzgericht zu, mit der die Feststellung erreicht werden knne, daß ein

1 Allerdings ist auch die Konstellation denkbar, daß der Leistungsempfnger von vornherein von der Umsatzsteuerpflicht ausgeht, dies jedoch nicht kundtut und nach Empfang der Leistung vom anderen Teil, der Nichtsteuerpflicht annahm, die Aufschlsselung des vereinbarten Preises in Entgelt und Umsatzsteuer verlangt, um mittels des Vorsteuerabzugs seinen Nettopreis zu senken. 2 Frher § 14 Abs. 2 und 3 UStG aF. 3 BGHZ 103, 284 = UR 1988, 183 = NJW 1988, 2042; UR 1989, 121 = NJW 1989, 302. Zweifelnd BGH, UR 2002, 91, wonach die Zivilgerichte jedenfalls steuerrechtliche Vorfragen abschließend beantworten knnten, wenn deren Beurteilung keinen besonderen Schwierigkeiten begegne (zur Kritik daran Rz. 13). 4 BGH, UR 1980, 247 = NJW 1980, 2710.

707

20.27

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

steuerpflichtiger Umsatz vorliege bzw. dieser dem Regelsteuersatz unterliege, auch wenn das Finanzamt gegenteiliger Ansicht sei.1 20.28

Die Rechtsprechung verkennt schon das Wesen und die Funktion der Rechnung, die bezglich der Steuerpflicht oder der Hhe des Steuersatzes nur die Mitteilung der Rechtsansicht des Ausstellers beinhaltet (Rz. 14.5 f.). Durch ein Urteil kann nicht die nderung der Rechtsansicht des Beklagten ber die Steuerpflicht oder den anzuwendenden Steuersatz erreicht werden. Wrde der Beklagte zur Erteilung einer Rechnung mit Steuerausweis bzw. mit einem hheren als dem von ihm genannten Steuerbetrag verurteilt werden, so handelte es sich hierbei um die Mitteilung der Rechtsansicht des Gerichtes, nicht des Beklagten. Des weiteren bildet der Ausweis der Steuer in der Rechnung die Mitteilung einer Tatsache, nmlich der Hhe der als Teil des Preises vom Rechnungsaussteller kalkulierten Steuer (Rz. 14.5). Hat dieser keine Steuer in den Preis einkalkuliert, weil er den Vorgang nicht fr steuerpflichtig hielt, so wrde er bei einer Verurteilung zum Ausstellen einer Rechnung mit Steuerausweis zu einer wahrheitswidrigen Behauptung gezwungen werden. Folglich mßte er sogleich wieder diese ihm zuzurechnende Rechnung berichtigen (wozu er berechtigt bleibt, Rz. 14.77), mit der Konsequenz, daß die Wirkung des Urteils wieder entfiele!

20.29

Vor allem aber verkennt die Rechtsprechung den Zweck des Vorsteuerabzugs und damit des gesonderten Ausweises der Steuer in der Rechnung. Der Vorsteuerabzug soll den Empfnger der Rechnung von der Umsatzsteuer, die als Teil des Preises auf der erbrachten Leistung ruht, entlasten (Rz. 15.3). Hat der Leistende keine von ihm geschuldete Umsatzsteuer in den Preis einkalkuliert, so wird der Empfnger nicht mit einer solchen belastet und es besteht kein Anlaß, ihm einen Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung mit Ausweis von Steuer zuzusprechen. Mangels Belastung mit Umsatzsteuer ist der Zweck des Vorsteuerabzugs nicht erfllt. Die Auszahlung des Steuerbetrages wrde zu keiner Entlastung von einer Belastung, sondern schlicht zu einer durch nichts gerechtfertigten Subvention fhren.

20.30

Die Rechtsprechung fußt offensichtlich auf der fehlerhaften Annahme, daß der Leistungsempfnger schon dann mit der Umsatzsteuer belastet sei, wenn die Steuerpflicht des Umsatzes behrdlicherseits festgestellt ist. Dieser Befund seitens des Finanzamtes sagt jedoch ber die Belastung des Leistungsempfngers mit Umsatzsteuer berhaupt nichts aus, sondern fhrt lediglich dazu, daß sein Vertragspartner verpflichtet ist, entgegen seiner Kalkulation Umsatzsteuer an das Finanzamt abzufhren! Nur dieser ist dann mit Umsatzsteuer belastet! (zur Nachforderung der Umsatzsteuer vom Leistungsempfnger Rz. 32).

20.31

Ein Vorsteuerabzug ist nur dann (bzw. nur in der Hhe) geboten, wenn (bzw. wie) Umsatzsteuer als Teil des Preises gemeinsame Geschftsgrundlage ist. 1 BFH, BStBl. II 1997, 707; dem folgend FG Sachsen, EFG 2001, 1577; ferner FG Sachsen-Anhalt, EFG 2005, 405.

708

II. Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Ausweis der Steuer

Vereinbart ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer einen Preis, ohne festzulegen, daß darin ein bestimmter Umsatzsteuerbetrag enthalten ist, so geht er davon aus, daß der andere nicht Unternehmer ist bzw. keinen steuerpflichtigen Umsatz erbringt und dieser mithin keine Umsatzsteuer in den Preis einkalkuliert hat. Folglich liegt eine stillschweigende bereinstimmung hinsichtlich der Nichtsteuerpflicht des Geschfts vor. Entsprechendes gilt, wenn zweifelhaft ist, ob der leistende Unternehmer vom Regelsteuersatz ausgeht. In diesem Fall muß der Leistungsempfnger bei Vertragsschluß fr Klarheit hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes sorgen. Anderenfalls nimmt er in Kauf, daß in der Rechnung nur die Steuer entsprechend dem ermßigten Steuersatz ausgewiesen wird, d. h. geht nur von einer Belastung in dieser Hhe aus.

§ 14 Abs. 2 Satz 1 UStG ist folglich einschrnkend dahin gehend zu interpretieren, daß eine Verpflichtung zum gesonderten Ausweis der Steuer nur (bzw. insoweit) besteht, wenn (bzw. als) ein Steuerbetrag ausdrcklich (Beispiele: „plus 16 % USt.“, „inkl. 16 % USt.“) oder stillschweigend vereinbart war.1 Sofern das nicht geschehen war, darf dem Leistungsempfnger richtigerweise nicht im Nachhinein ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer zugestanden werden, wenn er erfhrt, daß das Finanzamt den Umsatz bestandskrftig als steuerpflichtig behandelt hat (oder wenn das Finanzgericht auf seinen Antrag die Steuerpflicht festgestellt hat2). Liegt eine derartige bestandskrftige Steuerfestsetzung vor, so kann vielmehr richtigerweise der betroffene Unternehmer vom Vertragspartner die Zahlung eines Betrages in Hhe der Umsatzsteuer (auf den ursprnglich vereinbarten Preis als Entgelt) im Wege ergnzender Vertragsauslegung bzw. wegen Strung der Geschftsgrundlage verlangen, da beide die Nichtsteuerpflicht des Vorganges angenommen hatten (Rz. 8 f.). Dann besteht auch eine Verpflichtung zur Erteilung einer entsprechenden Rechnung.

20.32

Beispiel:

20.33

Im obigen Beispiel (Rz. 26) steht, auch wenn zu Recht von der Steuerpflicht der UMTSLizenzvergabe ausgegangen wird (vgl. Rz. 5.293 Fn.), der D mithin kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Rechnung zu, da sie bei Vertragsschluß von der Nichtsteuerpflicht des Vorganges und damit nicht von einer Belastung mit Umsatzsteuer ausgegangen war. Anderenfalls htte sie nicht den vollen Betrag von 5 Mrd. Euro entrichtet, sondern sogleich eine Rechnung mit Ausweis der Steuer gefordert und bis zu deren Erteilung ein Zurckbehaltungsrecht (Rz. 34) in Hhe des vermeintlichen Steuerbetrages ausgebt. Die Erteilung einer solchen Rechnung wrde zu einem Vorsteuerabzug fhren, der vllig dessen Zweck (Rz. 15.3) zuwiderlufe. Mangels Belastung mit Umsatzsteuer trte durch den Vorsteuerabzug keine Entlastung von dieser, sondern eine Subvention in Gestalt eines nachtrglichen Preisnachlasses ein. Sollte das zustndige Finanzamt gegenber dem Bund bestandskrftig Umsatzsteuer wegen der Lizenzvergaben festgesetzt haben, so knnte dieser von den Erwerbern 1 Ebensowenig kann nach § 242 BGB eine vertragliche Nebenpflicht bestehen, die Voraussetzungen fr eine Entlastung des Vertragspartners zu schaffen, wenn dieser mit Umsatzsteuer gar nicht belastet ist. 2 Folglich besteht richtigerweise entgegen BFH, aaO., kein Rechtsschutzbedrfnis (iS des § 1 Abs. 1 FGO) fr eine derartige Feststellungsklage.

709

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer zustzlich einen Betrag in Hhe von 16 % der jeweils gezahlten Preise, d. h. von der D 800 Mio. Euro verlangen (Rz. 8 f.). Dann steht der D auch ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung zu, in der die Steuer mit 800 Mio. Euro ausgewiesen ist.

3. Zurckbehaltungsrecht 20.34

Bis zur Erteilung einer ordnungsgemßen Rechnung iS des § 14 UStG, d. h. einer Rechnung mit den fr den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben, hat der Leistungsempfnger ein Zurckbehaltungsrecht1 nach § 273 Abs. 1 BGB, soweit er die Gegenleistung noch nicht erbracht hat.2 Nach verbreiteter Auffassung soll die gesamte Gegenleistung verweigert werden knnen, nicht nur der Anteil, der dem Betrag der Umsatzsteuer entspricht.3 Dem ist nur zu folgen, wenn die Gegenleistung im Falle des Tausches oder Hingabe an Zahlungs Statt nicht teilbar ist. Ansonsten verstßt die Verweigerung der gesamten Gegenleistung gegen Treu und Glauben (arg. § 320 Abs. 2 BGB), da der Nachteil nur in Hhe des nicht als Vorsteuer abziehbaren Betrages besteht. Richtigerweise darf folglich bei einer teilbaren, insbesondere in Geld bestehenden Gegenleistung nur der der Umsatzsteuer entsprechende Betrag zurckgehalten werden.4

III. Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes 1. Bedeutung der Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschdigten a) Beschdigung oder Zerstrung einer Sache 20.35

Ist bei einer Beschdigung oder Zerstrung einer Sache der Geschdigte ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, so soll im Falle der Reparatur oder Ersatzbeschaffung des Gegenstandes der in diesem Zusammenhang vorgenommene (oder vorzunehmende) Vorsteuerabzug nach ganz herrschender Meinung bei der Schadensberechnung nach dem Grundsatz des Vorteilsausgleichs mindernd zu bercksichtigen sein und mithin dem Schdiger zugute kommen.5 Das Ergebnis ist willkrlich, weil die Hhe des Schadens nicht 1 AA. wohl Wagner in S/R, § 14 Rz. 391. 2 Das gilt entgegen Birkenfeld, § 160 Rz. 41, nicht nur beim Handelskauf, sondern bei jedem Leistungsaustausch. 3 Peusquens, NJW 1974, 683, 864; ders., BB 1976, 84; Seltmann, BB 1975, 648, 650; Langel, StbJb. 1981/82, 314, 331; Kemper, Umsatzsteuer und zivilrechtlicher Vertrag, 1984, 103; Walz, BB 1991, 880, 881; Zeuner in B/G, § 14 Rz. 45; OLG Mnchen, NJW 1988, 270; vgl. auch AG Essen, DB 1986, 1116: Hlfte der Gegenleistung. 4 Weiß, UR 1968, 309, 313; Stadie in R/D, § 14 UStG aF. Anm. 178; Widmann in P/M/W, § 14 Rz. 77. 5 BGH, UR 1972, 286 = NJW 1972, 1460; NJW 1982, 1864; 1985, 1222; UR 1990, 128 = NJW-RR 1990, 32; BFH/NV 2005, Beil., 54 = UR 2005, 154; Oetker in MnchKomm. BGB, § 249 Rz. 364; Medicus in Staudinger, BGB, 12. Aufl., § 249 Rz. 174; Schiemann in Staudinger, BGB, 13. Aufl., § 249 Rz. 172; Heinrichs in Palandt, BGB, Vorbem. § 249 Rz. 144.

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III. Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes

vom Zufall abhngen darf, ob der Geschdigte vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht, denn der Schdiger verbraucht die Reparaturleistung bzw. Ersatzbeschaffung, indem er Einkommen (bzw. Vermgen) dafr aufwendet. Die Sichtweise der herrschenden Meinung fhrt zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß sich der Staat mit 16 % am Schaden beteiligt (und folglich die Haftpflichtversicherungsgesellschaften mit vermutlich mehrstelligen Millionen-Eurobetrgen subventioniert), wenn der Schdiger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die Rechtsfolge ist schließlich auch insofern willkrlich, als es fr die Umsatzsteuerbelastung des Schdigers nicht darauf ankommen kann, wer den Reparaturauftrag erteilt hat. Die h. M. fhrt zu Ergebnissen, die in eklatanter Weise gegen das Ziel des Umsatzsteuergesetzes und den Gleichheitssatz verstoßen (dazu bereits Rz. 2.33). Zur Vermeidung dieser in mehrfacher Hinsicht unhaltbaren Rechtsfolge ist umsatzsteuerrechtlich von einer steuerpflichtigen Leistung (sonstige Leistung bzw. Lieferung) gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) des geschdigten Unternehmers an den Schdiger auszugehen, soweit dieser Schadensersatz leistet (Rz. 2.34). Die durch diesen Umsatz ausgelste Umsatzsteuer fhrt dazu, daß der zu leistende Schadensersatz sich um den Steuerbetrag erhht, mithin stets „brutto“ zu berechnen ist.1 Folglich ist iS des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB Umsatzsteuer angefallen. Damit wird erreicht, daß der Schdiger, der Einkommen fr die Zerstrung bzw. Beschdigung aufwendet, dem Ziel des Umsatzsteuergesetzes entsprechend mit der Steuer belastet wird.2

20.36

Das hat auch im Falle der sog. abstrakten Schadensberechnung, wenn der geschdigte Unternehmer sich nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den erforderlichen Betrag ersetzen lßt, ohne eine Reparatur ausfhren zu lassen oder eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen, zu gelten, denn die Annahme einer Leistung des Geschdigten gegenber dem Schdiger ist davon unabhngig (Rz. 2.34 aE.). Folglich ist dem geschdigten Unternehmer entgegen der hM. auch in diesem Fall der Umsatzsteuerbetrag nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zu ersetzen, weil die Umsatzsteuer tatschlich angefallen ist (Rz. 43).

20.37

b) Ersatz von Rechtsanwalts- u. . Kosten Sind die Kosten eines Prozeßbevollmchtigten nach den Kostenvorschriften der Gerichtsverfahrensordnungen3 von der unterlegenen Partei zu erstatten, so bestimmt § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO, daß bei der Kostenfestsetzung zur 1 Einem Zivilrechtler muß man es wohl nachsehen, daß er den Vorsteuerabzug des Geschdigten als eine „verbilligte Einkaufsmglichkeit“ betrachtet (so Oetker, aaO.; ebenso bereits Grunsky, in der Voraufl., Rz. 19); schlicht unbegreiflich ist indes, daß die Finanzverwaltung seit 1968 diese durch nichts zu rechtfertigende Subventionierung der Haftpflichtversicherer akzeptiert! 2 Ist der Schdiger vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer und erfolgt die schdigende Handlung im Rahmen seines Unternehmens, so kann er die ihm in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abziehen (Rz. 2.35). 3 § 91 ZPO, § 162 VwGO, § 139 FGO, § 193 SGG.

711

20.38

Kapitel 20 Zivilrecht und Umsatzsteuer

Bercksichtigung von Umsatzsteuerbetrgen1 die Erklrung des Antragstellers genge, daß er die Betrge nicht als Vorsteuer abziehen knne. Diese Regelung basiert auf der Prmisse, daß der Kostenglubiger, wenn er dem Grunde nach vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist, als Auftraggeber des Prozeßbevollmchtigten hinsichtlich der von diesem in Rechnung gestellten Steuer zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Diese Annahme verkennt jedoch elementare umsatzsteuerrechtliche Prinzipien. Richtigerweise ist als (wirtschaftlicher) Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG der Kostenschuldner anzusehen, weil er die Aufwendungen fr den Prozeßbevollmchtigten trgt (Rz. 15.24 f.). Folglich luft § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO leer, weil der Kostenglubiger hinsichtlich der Rechnung des Prozeßbevollmchtigten nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.2 Die Kosten sind mithin stets einschließlich des Umsatzsteuerbetrages, d. h. „brutto“ festzusetzen. Der Vorsteuerabzug kommt nur fr den Kostenschuldner in Betracht, wenn dieser die Voraussetzungen des § 15 UStG erfllt. In diesem Fall hat er hinsichtlich des Umsatzsteuerbetrages gegenber dem Kostenglubiger ein Zurckbehaltungsrecht, bis ihm die Rechnung des Prozeßbevollmchtigten ausgehndigt worden ist.3 20.39

Entsprechendes hat zu gelten, wenn die Kosten eines Rechtsanwalts bei Geltendmachung eines Anspruchs durch den Glubiger diesem vom Schuldner als Schaden nach § 280 BGB ersetzt werden. Auch in diesem Fall ist der Glubiger als Auftraggeber des Rechtsanwalts nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da Leistungsempfnger iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG der Schuldner ist (Rz. 15.24 f.). 2. Angefallene Umsatzsteuer bei Beschdigung oder wirtschaftlichem Totalschaden

20.40

Im Falle der Beschdigung einer Sache schließt der als Schadensersatz zu leistende Geldbetrag, welcher zur Wiederherstellung erforderlich ist, die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatschlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Das gilt auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens, weil die Ersatzbeschaffung eine Form der Wiederherstellung ist.4 Eine zunchst auf Gutachtenbasis erfolgte Abrechnung des Schadens schließt eine Nachforderung von Umsatzsteuer nicht aus, soweit spter bei einer Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatschlich Umsatzsteuer anfllt.5

20.41

Im Falle der Ersatzbeschaffung eines gebrauchten Gegenstandes bei einem Hndler, der die Differenzbesteuerung iS des § 25a UStG anwendet (dazu 1 Zur Frage, ob ein Umsatzsteuerbetrag bei der Kostenfestsetzung zu bercksichtigen ist, wenn ein Rechtsanwalt o. . in eigener Sache ttig wird, s. Rz. 2.20 (Beisp. 2). 2 Stadie in R/D, Einf. Anm. 443 f. 3 Dem Vorsteuerabzug steht nicht entgegen, daß der Kostenglubiger in der Rechnung als zivilrechtlicher Leistungsempfnger genannt ist (Rz. 14.53; Rz. 15.16 f.). 4 BGH, NJW 2004, 1943 = BFH/NV 2004, Beil., 392 mwN.; BFH/NV 2004, Beil, 393. 5 BGH, NJW 2004, 1943 = BFH/NV 2004, Beil., 392.

712

III. Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes

Rz. 17.85 ff.), ist Umsatzsteuer „tatschlich angefallen“, weil die Lieferung regelmßig1 steuerpflichtig ist. Ein Nachweis der Umsatzsteuer kann nicht erbracht werden, weil der Hndler, damit er nicht seine Gewinnspanne offen legen muß, nicht verpflichtet ist, die Umsatzsteuer auf die Differenz in einer Rechnung auszuweisen (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG; Rz. 17.119). Bei abstrakter Schadensberechnung entspricht der von einem Sachverstndigen ermittelte Bruttowiederbeschaffungswert eines Kraftfahrzeuges regelmßig dem Verkaufspreis eines Gebrauchtwagenhndlers. Folglich ist in diesem Schtzwert Umsatzsteuer nur hinsichtlich der Gewinnspanne enthalten. Da sich diese nicht bestimmen lßt, kann sie nur geschtzt werden. Die darin enthaltene Umsatzsteuer wird von den Zivilgerichten grundstzlich pauschal mit 2 % des Wiederbeschaffungspreises angenommen, so daß dieser Schtzwert gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB um einen solchen Betrag zu krzen ist.2 Das gilt nicht bei Fahrzeugen, die wegen ihres Alters blicherweise nicht mehr von Hndlern, sondern nur noch auf dem privaten Gebrauchtwagenmarkt erworben werden knnen, so daß eine Krzung um einen Umsatzsteuerbetrag nicht zulssig ist.3

20.42

Ist der Geschdigte ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, so fhrt das nicht dazu, daß Umsatzsteuer iS des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht angefallen ist, weil richtigerweise eine steuerpflichtige Lieferung bzw. sonstige Leistung des geschdigten Unternehmers an den Schdiger anzunehmen ist, die zu einer Umsatzsteuerbelastung fhrt (Rz. 35 ff.).

20.43

Ist der Geschdigte eine Gebietskrperschaft, die nach den finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen am Umsatzsteueraufkommen teilhat (Bund, Land oder Gemeinde; Rz. 1.30), so mindert sich die im Schadensersatz enthaltene Umsatzsteuer nicht prozentual in dem Verhltnis, in dem die Geschdigte Krperschaft am Umsatzsteueraufkommen partizipiert.4 Da die Aufwendungen des Schdigers mit der Umsatzsteuer belastet werden sollen (Rz. 36 aE.), ist es ohne Belang, daß diese Steuer dem Geschdigten in seiner Eigenschaft als Steuerglubiger anteilig zufließt, der sie fr seine ffentlichen Aufgaben verwendet.

20.44

1 Ausnahmen: der Hndler ist blind (§ 4 Nr. 19 UStG) oder Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG). 2 Vgl. LG Oldenburg, NJW 2003, 3494; LG Bochum, NJW 2004, 235 mwN.; OLG Kln, NJW 2004, 1465. 3 OLG Kln, NJW 2004, 1465. 4 Vgl. BGH, BFH/NV 2005, Beil., 54 = UR 2005, 154.

713

Stichwortverzeichnis Abrechnung, s. Rechnung und Gutschrift Abschlagszahlung, s. Vorauszahlung Abspaltung 5.177, 192 Abtretung einer Forderung – Bemessungsgrundlage, s. Entgelt und Forderungsverkauf – Haftung des Empfngers, s. dort – Leistung 2.5, 10.86 Abwlzung – Kosten der Steuererhebung 1.39 – Steuer 1.14, 17, 10.68 – Zinsaufwand bei Soll-Versteuerung 1.40 Agentur, s. Vermittlung, Vertretung Alleinentscheidungsrecht der Finanzbehrden ber Steuerfragen 20.13, 18 aE., 27 nderung der Bemessungsgrundlage, s. auch Berichtigung der Steuer – Allgemeines 12.41 – Berichtigung der Steuer, s. dort – Berichtigung des Vorsteuerabzugs, s. dort – Erhhung, s. dort – Minderung, s. dort – nach nderung des Steuersatzes 11.70 – nach Beendigung einer Organschaft 5.250 – nach Beendigung des Unternehmens 5.160 – tatschliche Rckgewhrung der Gegenleistung 12.45, 69, 71 – vor Entstehung der Steuer 12.37 – Wechselkursnderung 18.16 nderung der Verhltnisse (Vorsteuerberichtigung) – Allgemeines 16.75 ff. – Einlage 16.101 ff., 130 ff. – Entnahme einer sonstigen Leistung 16.97 f. – Entnahme eines Wirtschaftsgutes 16.86 ff., 94, 123 f. – Erhaltungsaufwand 16.96 – im Erstjahr 16.80 ff. – Geschftsverußerung 16.89, 92 – Gesetzesnderung 16.110 f. – Kleinunternehmer 17.38 – Leerstandszeiten 16.84 – maßgebende Verhltnisse 16.76, 116

– nachtrgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten 16.96 – Nutzungseinlage 16.107 ff. – Organschaft 5.241, 244 – rechtliche Beurteilung, nderung 16.112 – teilweise 16.85, 94, 123 f. – bergang zur Besteuerung/Nichtbesteuerung u. umgekehrt 16.99 f., 128 f. – Umlaufvermgen 16.97 f. – unentgeltliche Lieferung (Schenkung) 16.88, 95 – Verußerung 16.86 ff., 93, 123 f. – Verbringen in das brige Gemeinschaftsgebiet 16.90 – Verwendung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens 16.59, 78 f., 97 f. Ansssigkeit – im Ausland, s. Ausland, im – ansssiger Unternehmer – Betriebssttte 8.85 f. – feste Niederlassung, s. dort – Sitz der wirtschaftlichen Ttigkeit 8.83, 13.14 – Wohnort 8.88, 10.13, 13.13 – Zweifel 8.79, 13.18 f. – Zweigniederlassung 13.15, s. auch feste Niederlassung Anstalt des ffentl. Rechts, s. juristische Person d. ffentl. Rechts Anwachsung 5.181, 192 Anzahlung, s. Vorauszahlung Arbeitnehmer, Kostenerstattung an 15,18 ff. Arbeitnehmer, Leistungen an – Aufmerksamkeiten 4.15 – Bemessungsgrundlage 11.40, 44 ff. – Fahrzeugberlassung 3.13, 36 f., 11.40 – freie Verpflegung, Unterkunft 11.40 Fn. – Freiflge 3.13, 37 – Geschenke, Vorsteuerabzug 15.110 f. – Reiseleistungen 17.83 – Sachleistungen 3.12 f. – verbilligte Leistungen 11.58 ff. – Zuwendungen 4.15 Arbeitnehmer, Leistungen durch – Aufsichtsratsmitglied 5.32 – Mitwirkung an Diebsthlen 5.33

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Stichwortverzeichnis – Nebenttigkeit, unternehmerische 5.24 – Nichtselbstndigkeit, s. Selbstndigkeit – Schmiergelder, Empfang 2.8, 5.33, 70 Aufsichtsratsmitglied – Arbeitnehmervertreter 5.32 – Ort der sonstigen Leistung 8.100 – Selbstndigkeit 5.32 – Unternehmer 5.54, 63, 82 Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens, s. Ertragshoheit Aufteilung der Vorsteuern, s. Vorsteueraufteilung Aufwendungsersatz 3.6, 7.48, 63 Ausfuhrlieferung, Steuerbefreiung – Abholung 10.11 ff. – bei Ausfuhrverbot 10.20 f. – auslndischer Abnehmer 10.13 – Ausrstung oder Versorgung eines Befrderungsmittels 10.15 – Be- oder Verarbeitung vor Ausfuhr 10.14 – bei Differenzbesteuerung 17.117 – Drittlandsgebiet 10.9 – Nachweise 10.16 Fn., 24 – persnliches Reisegepck, Gegenstand im 10.16 – Reihengeschft 10.17 ff. – unentgeltliche Lieferung 10.22 f. – Vertrauensschutz 10.24 – Werklieferung 10.8 Ausfhrung der Leistung (Zeitpunkt) – Allgemeines 12.9 – Grundstckslieferung 12.10 Fn. – Lieferung 12.10 – Miet-, Ratenkauf 12.12 – Reihengeschft 12.11 – unfertiges Werk 12.10 – Versendungs-, Befrderungslieferung 12.11 – Werklieferung 12.10 Ausgliederung 5.177, 192 Auskunft, verbindliche 1.19, 15.74 Ausland, im – ansssiger Unternehmer – Ansssigkeitskriterien 13.12 ff. – Bauleistungen 13.4 ff. – Bescheinigung 13.10, 18 – Elektrizitts- und Gaslieferungen 13.7 – Nichtansssigkeit im Inland 13.8, 12 ff., 18.42, 46 – sonstige Leistungen 13.4 ff.

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– Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 13.4 ff. – Vergtung der Vorsteuern an, s. dort – Vertrauensschutz des Leistungsempfngers 13.10, 18 f. – Vorsteuerabzugsverbote 15.6 aE., 18.50 ff. – Werklieferung 13.4 ff. – Zeitpunkt 13.11 – Zweifelhaftigkeit 13.18 f. Auslegung – richtlinienkonforme 1.52 ff., 5.270 – Steuerbefreiungen 10.77 – teleologische Reduktion 1.52, 5.213, 11.46, 61, 13.41 – verfassungskonforme 5.219, 285, 10.159, 12.59, 13.60, 14.86, 124, 143 ff., 15.76, 19.55, 20.34 – Vorabentscheidung durch EuGH 1.54 f. – zivilrechtliche Begriffe 1.52 – zivilrechtlicher Vertrag 20.5 f., 11 f. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei steuerfreien Umstzen – abzugsschdliche Umstze 15.133 ff. – Allgemeines 15.131 f. – Ausnahmen 15.138 f. – beabsichtigter Verzicht auf die Steuerbefreiung 15.163 ff. – fiktiver Verzicht 15.136 f. – gemischte Verwendung 15.168 ff. – Holding 15.148 – nachtrgliche Aufwendungen 15.152 ff. – Organkreis 5.241 – steuerfreie Umstze zur Frderung steuerpflichtiger 15.149 – teilweiser 15.168 ff. – Umstze im Ausland 15.135 – unentgeltliche steuerfreie Umstze zur Frderung steuerpflichtiger Umstze 15.134, 137, 150 f. – Unternehmensverußerung 15.153 – verbilligte Vermietung 15.171 – Verwendung, s. dort – Wertzeichen-„Lieferung“ 15.172 – Zeitraumbetrachtung 15.155 ff. – Zurechnung von Leistungen (Vorsteuerbetrgen) 15.168 Bauleistungen – Begriff 13.29 ff. – durch Dritte 13.32

Stichwortverzeichnis – Generalunternehmer 13.32 – im Ausland ansssiger Unternehmer, s. dort – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.6 aE., 28 ff. – Ort 8.54, 62 ff. – Rechnungserteilungspflicht 14.11 – Subunternehmer 13.32 – Steuerentstehung 12.9 Fn., 14 – Teilleistungen 12.14 – Zusammenhang mit Grundstckslieferung 10.96 Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstandes – Bauleistungen, s. dort – Lieferung oder sonstige Leistung 7.80 ff. – Ort der Leistung 8.62 ff. – Steuerbefreiung 10.14, 31, 50 ff. Befrderungsleistungen, s. auch Spediteur – Ort 7.63 (Beisp.), 8.129 f. – Steuerbefreiungen 10.59 Befreiung von Geldzahlungsverpflichtung 2.5, 22 Fn., 11.18 Beherrschender Gesellschafter – Holding, sog., s. dort – als Leistungsempfnger Steuerschuldner 13.44 – unentgeltliche Leistung an Gesellschaft und umgekehrt, Vorsteuerabzug 15.84 – Unternehmereigenschaft 5.30, 44 f., 53 – Vorsteuerabzug 5.45 ff., 118, 15.84 Beiratsmitglied, s. Aufsichtsratsmitglied Beitrge des Gesellschafters 3.14 ff. Belastungsgrund der Umsatzsteuer 1.15 Bemessungsgrundlagen, s. auch Entgelt und nderung der Bemessungsgrundlage – als „Besteuerungsgrundlage“ 11.1 Fn. – Differenzbesteuerung 17.108 ff. – Entgelt, s. dort – Entnahme 11.44 ff. – Erhhung, s. Erhhung der – – falsche 12.36 – Gebrauchtwaren 17.108 ff. – bei Inzahlungnahme 11.41 f. – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.53 ff., 61 ff. – Minderung, s. Minderung der – – Mindest-Bemessungsgrundlage, sog. 11.58 ff. – Nutzungsentnahme 11.48 ff.

– ohne Umsatzsteuer 11.5, 8, 56 – Reiseleistungen 17.80 ff. – Tausch u. . Vorgnge 11.38 ff. – berblick 11.1 – unentgeltliche Leistung 11.48 ff. – unentgeltliche Lieferung 11.44 ff. – verbilligte Leistung 11.58 ff. Berichtigung der Steuer – Allgemeines 12.33 ff. – nderung der Bemessungsgrundlage, s. dort – Begriff 12.35 – Erhhung der Bemessungsgrundlage, s. dort – innergemeinschaftlichen Erwerb 9.47 – keine Rckwirkung 12.35 – Minderung der Bemessungsgrundlage, s. dort – Mitteilungspflicht, keine 12.39 – Nichtausfhrung der Leistung 12.67 ff. – Rckgngigmachung des Umsatzes 12.70 ff. – bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 13.64 – tatschliche Rckgewhrung der Gegenleistung 12.45, 69, 71 – uneinbringliche Gegenleistung (Forderung), s. Uneinbringlichkeit der Gegenleistung – unzulssiger Steuerausweis, s. dort – Vorauszahlungen 12.67 ff. – zeitliche Begrenzung, keine 12.38 Berichtigung des Vorsteuerabzugs – Allgemeines, berblick 16.1 ff. – nderung der Gegenleistung, s. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der Bemessungsgrundlage – nderung der rechtlichen Beurteilung 16.112 – nderung der Verwendung eines Wirtschaftsgutes u. , s. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der Verwendung – Charakter des Anspruchs 18.5 – bei Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer 16.29 – Haftung fr 19.4 – keine Rckwirkung 16.5, 8, 122 – materiell-rechtlich 16.5, 8, 38 – Nichtausfhrung des Umsatzes 16.24 f. – Nichtzahlung, s. Uneinbringlichkeit

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Stichwortverzeichnis – Rckgngigmachung des Umsatzes 16.26 ff. – Ttigung abzugsschdlicher Aufwendungen 16.30 ff. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der Bemessungsgrundlage (Gegenleistung) – nderung der Bemessungsgrundlage (Gegenleistung) 16.7 – Erhhung der Bemessungsgrundlage 16.11 – Gutscheineinlsung u. . durch Hersteller 16.11 – keine Rckwirkung 16.8 – Nichtausfhrung des Umsatzes 16.24 f. – Nichtzahlung, s. Uneinbringlichkeit – Organschaftsverhltnis, nach Beendigung 5.251 – Rckgngigmachung des Umsatzes 16.26 ff. – Verpflichtung 16.9 – Wechselkursnderung 18.16 – Zentralregulierung, sog. 16.12 ff. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der (beabsichtigten) Verwendung – Allgemeines 16.36 ff. – nderung der Verhltnisse, s. dort – Bagatellgrenzen 16.119 ff., 129 – Beratungsleistungen u. . 16.56 – Berichtigungszeitraum, s. dort – Bestandteile 16.52 – Dienstleistungen an einem Gegenstand 16.55, 17.105 Fn. – Dienstleistungen, eigenstndige 16.55 ff. – Durchfhrung 16.113 ff. – Einbauten 16.52 – Einlagen 16.101 ff. – Erbbauzins, Einmalzahlung 16.58 – durch Erben 5.170 – Erhaltungsaufwand 16.47 ff., 53 f., 96, 124 – im Erstjahr 16.80 ff. – durch Gesamtrechtsnachfolger 5.170 – Geschftsverußerung, nach 5.205, 16.61, 89, 92 – Leasingsonderzahlung 16.58 – keine Rckwirkung 16.38 – nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten 16.46 ff., 54 – Nutzungseinlage 16.107 ff.

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– Organschaftsverhltnis, nach Beendigung 5.253 – sonstige Leistung an einem Wirtschaftsgut 16.55, 17.105 Fn. – sonstige Leistung, eigenstndige 16.55 ff. – berschreiten der Bagatellgrenze 15.51 – Umlaufvermgen 16.57, 125 ff. – Verwendung zur Ausfhrung steuerfreier Umstze, s. dort – Vorauszahlungen fr Dauerleistungen 16.58 – Wirtschaftsgut, s. dort – zu Unrecht gewhrter oder abgelehnter Vorsteuerabzug 16.6, 38, 112, 114 Berichtigungszeitraum – Beginn 16.71 ff. – Betriebsvorrichtungen 16.66 – Ehegattenbauten 16.64 – Ende 16.74 – Erbbaurecht 16.63 – Erhaltungsaufwand 16.67 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 16.64 – Gesamtrechtsnachfolge 16.61 – Geschftsverußerung 16.61 – Grundstck 16.62 ff. – krzere Verwendungsdauer 16.68 ff. – Lieferung nach Ablauf 10.131 – Mietereinbauten 16.65 – nachtrgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten 16.67 – nachtrgliche Verkrzung 16.118 – Organschaft 5.244 – Wohnungs-, Teileigentum 16.63 Berufsfreiheit 1.48 Besorgen einer sonstigen Leistung 7.61 ff. Bestandteile – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 16.62 – Entnahme 4.8, 11.44 Fn., 17.105 Fn. – wesentliche 10.99 Bestechenlassen 4.20 Besteuerungsgrundlage, s. Bemessungsgrundlage Besteuerungsverfahren – Abrechnungsteil d. Bescheides 18.35 f. – Auskunft, verbindl. 1.19, 15.74 – Aussetzung einer Steuervergtungsfestsetzung 5.150 – Billigkeitsmaßnahme 1.20

Stichwortverzeichnis – Dauerfristverlngerung 18.24 Fn. – Drittwirkung der Steuerfestsetzung 5.205 Fn. – Erledigung Voranmeldung/Vorauszahlungsbescheid 18.32 – Haftung, s. dort – Herabsetzung der bisherigen Steuer 18.30 – Klage auf Feststellung d. Steuerpflicht eines Umsatzes 20.27 aE. – Klagearten 18.37 – Klagebefugnis Steuertrger 1.23 ff. – Kombination Steuer-/Steuervergtungsanmeldung 18.29 – Kombination Steuer-/Steuervergtungsfestsetzung (-bescheid) 18.35 – Sicherheitsleistung 5.150, 18.34 – Steueranmeldung 18.28 ff. – Steuerbescheid 18.30 f. – Steuererklrung 17.3 aE., 18.24, 28 – Steuervergtungsfestsetzung, s. Steuervergtung – Voranmeldung, s. dort – Vorauszahlungsbescheid 18.31 f. – Vorbehalt d. Nachprfung 18.30 f. – Zusammenarbeits-VO 1.51, 9.48 Besteuerungszweck 1.13 ff. Bestimmungslandprinzip 8.2, 6, 49, 76, 78, 87, 141, 9.2, 33, 10.3, 8, 22 f., 25, 34, 40, 15.2, 139 Betriebsaufspaltung – Haftung 19.22 – Organschaft 5.228, 231 Betriebssttte, s. feste Niederlassung Betriebsvorrichtung – Lieferung 10.99, 12.27 – Vermietung und Verpachtung 10.119 Bibliotheksabgabe 7.59 Billigkeitsmaßnahme 1.20, 14.131, 145, 15.57, 78, 16.132, 134 Binnenmarkt 1.7 Bruchteilsgemeinschaft, s. Miteigentum Brutto-Allphasenumsatzsteuer 1.3, 8 Datenverarbeitungsprogramm, s. Software, sog. Diebstahl 2.29 ff. Dienstleistung, s. sonstige Leistung Dienstleistungskommission 7.61 ff. Differenzbesteuerung 17.74, 80, 85 ff. Differenzbesteuerung bei Gebrauchtgegenstnden – Allgemeines, Zweck 17.85 ff

– nderung der Bemessungsgrundlage u. . 17.108 – Anlagegegenstnde 17.98, 114 – Antiquitten 17.89 – Bemessungsgrundlage 17.108 ff. – eingelegter Gegenstand 17.97, 106, 114 – Einkaufspreis 17.111 ff. – Erwerb im Gemeinschaftsgebiet 17.96 – Erwerb ohne Vorsteuerabzug 17.99 ff. – Erwerb von anderem Wiederverkufer 17.103 f. – Garantieversicherung 17.110 – gebrauchter Gegenstand 17.90 – Gesamtdifferenz 17.115 – in Zahlung genommene Gegenstnde 17.90, 92, 95, 112 f. – Kommissionsgeschft 17.91, 94, 111 – Kunstgegenstnde, Sammlungsstcke 17.89 – Mindestbemessungsgrundlage 17.109 – Nmlichkeit des Gegenstandes 17.107 – Nebenkosten 17.111 – Ort der Lieferung 17.116 – Pfandleiher 17.94 Fn., 111 Fn. – Provisionsverzicht 17.111 Fn. – Steuerbefreiungen 17.117 – Steuersatz 17.118 – unentgeltlicher Erwerb 17.95, 114 – unentgeltliche Lieferung 17.105, 109 – ungebrauchter (neuer) Gegenstand 17.90 Fn. – unzulssiger Steuerausweis 17.119 f. – Verkaufspreis 17.110 – Versteigerung 17.94 – Verzicht auf 17.118, 120 Fn., 123 ff. – Voraussetzungen 17.89 – Vorsteuerabzug 17.122 – Vorsteuerabzugsverbote 17.89 Fn., 104, 121 – Wiederverkufer 17.90 Direkte Steuer, Umsatzsteuer als 13.2 Fn., 42 Doppelbesteuerung, Vermeidung 5.8, 8.3 Dritte – Abrechnung durch 14.32 – bei einer Lieferung 7.3, 42 ff., 8.11 f., 15, 18 – Leistungsempfnger 14.22, 54, 15.14, 16 ff., 53 – Zahlungen an 11.14 ff.

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Stichwortverzeichnis – Zahlungen durch 11.27 ff. – Zuschuß 11.29 – Zuzahlung 11.30 Drittlandsgebiet 10.9 Drittwirkung der Steuerfestsetzung 5.205 Fn., 19.8 Durchlaufende Posten 11.33 ff. Durchschnittsstze – Land- und Forstwirte 17.44 ff. – Vorsteuer 17.39 ff. Edelmetall, Umstze im Zusammenhang mit 7.6, 8.111 EG-Richtlinien – Anwendungsvorrang 1.57 ff. – Auslegung durch EuGH 1.54 f. – Begriff 1.57 – Neutralittsgrundsatz bei der Umsatzsteuer 1.61 f. – richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts 1.52 ff. – Umsatzsteuer 1.49 ff. – unmittelbare Wirkung 1.57 ff. Ehe- und Familie, Benachteiligungsverbot 1.48, 15.21, 84, 16.135 f. Ehegattengemeinschaft 5.102, 119 Fn., 15.21, s. auch Miteigentum Einbringung eines Unternehmens (Betriebes) 5.155, 194 Einfuhrumsatzsteuer – Bemessungsgrundlage 9.4 – Einfuhr 9.7 f. – Steuerbefreiung 9.5 – Verwaltung 1.36 – Vorsteuerabzug, s. Einfuhrumsatzsteuer, Vorsteuerabzug – Zweck 9.1 ff. Einfuhrumsatzsteuer, Vorsteuerabzug – Allgemeines 15.92 ff. – Annahmeverweigerung 15.99 – bei Zahlungsaufschub 15.93 Fn. – Berichtigung 16.29 – Einfuhr fr das Unternehmen 15.94 – Entrichtung 15.93 Einheitlichkeit der Leistung 7.69 ff., 10.5 Einlagen – der Gesellschafter 3.14 ff., 5.113 ff., 11.40 – in das Unternehmen, Vorsteuerabzug 16.101 ff. – Kreditinstitut 15.172 Einzelhandelsteuer 1.10

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Emissionsrechte, bertragung 7.56 Fn. Enteignung 2.18 Entgelt – bei Abtretung u. . 11.14 ff., 28 aE. – Abzugssteuern, einbehaltene 11.14 Fn., 13.55 – Allgemeines 11.3 ff. – nderung, s. nderung der Bemessungsgrundlage – Arbeitnehmer, Leistungen an 11.40 – Aufrechnung 1.23 – Aufschlsselung in Rechnung 14.63 – Aufwand (Aufwendungen) des Leistungsempfngers 11.5, 7, 11 ff. – Aufwendungsersatz 2.20 Fn., 11.35 – Auslagen 11.34 ff. – Befreiung von einer Verbindlichkeit 11.18 ff. – Begriffliches 3.1, 11.3 f. – Bezeichnung, Unbeachtlichkeit 3.6, 5.104, 11.29, 35 – Doppelzahlung 11.12 – durchlaufende Posten 11.33 ff. – Entschdigungszahlung 2.21 ff. – bei Erbauseinandersetzung 5.176 – Erhhung, s. Erhhung der Bemessungsgrundlage – Factoring, sog. 11.15 ff. – bei Fahrzeugberlassung 11.40 – Fiktionen 4.1 ff. – Filmpreis 2.6 – freiwillige Aufwendungen 11.12 – Funktion 11.5 – „fr die Leistung“ 11.11 ff. – Grunderwerbsteuer, bernahme 11.20 ff. – Hingabe an Zahlungs Statt 11.38 – marktbliches 10.61 – Minderung, s. Minderung der Bemessungsgrundlage – Provisionsverzicht des Agenten 11.28 Fn. – als reine Rechengrße 11.4, 6, 8, 13.55 Fn. – bei Sacheinlagen der Gesellschafter 11.40 – bei Sachzuwendungen an Arbeitnehmer 11.40 – Schadensersatz 2.34, 3.6, 10 – Schmiergeld 2.8 – Steuern als Teil des 11.37 – Subvention 2.15, 11.32 – Tausch u. . Vorgnge 11.38 ff.

Stichwortverzeichnis – berhhtes 11.7 – Verbrauchsteuern als Teil des 11.37 – Wert (Kosten) der Leistung 11.40 – Zahlungen Dritter 11.27 ff., 31 – Zahlungen an Dritte 11.14 ff. – zustzliche Vorteile 11.12 – Zuschuß 11.29 – Zuzahlung Dritter 11.30 Entnahme(-besteuerung), s. auch unentgeltliche Leistung – Anlagegegenstand 4.9 f., 11.46 – nderung der Bemessungsgrundlage 12.34 – als nderung der Verwendungsverhltnisse 16.86 ff., 94, 97 f., 123 f. – Beendigung des Unternehmens 5.156 f., 159 – Bemessungsgrundlage 11.44 ff. – Bestandteile eines Gegenstandes 4.8, 11.44 Fn. – Entnahmewille 4.12 – Erbfall 5.169 – gescheiterte Unternehmensgrndung 5.149 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 7.8, 11 – Gegenstandsentnahme 4.3 ff. – bei Gesellschaften 4.13 – Grundstck 10.101 f. – bei jur. Pers. d. ffentl. Rechts 4.13 – bei Land- und Forstwirten 17.48 – nach Naturalrestitution 15.23 Fn. – Neutralisierung des Vorsteuerabzugs 4.1, 7, 11.46 f., 16.3 aE. – durch Nießbrauchsbestellung 4.13 – Nutzung, s. Nutzungsentnahme – Ort 8.43 ff. – Steuerbefreiung 10.101 – Totalschaden bei Privatnutzung 4.12 – Umfang des Entnahmegegenstandes 4.5 – Umlaufvermgen 11.47 – Verbringen in das Ausland 4.14 – Verwendung fr außerunternehmerische Zwecke, s. Nutzungsentnahme – Werkleistung 4.8, 39 f., 16.53 f. – zeitliche Grenze 4.9 f. – Zerstrung eines Gegenstandes 4.12 – Zweck der Besteuerung 4.1, 7 – Zwecke außerhalb des Unternehmens 4.13 f. Entschdigungszahlung 2.21, 7.10

Entstehung der Steuer – Abschlagszahlung, Anzahlung 12.15, 17 f. – Ausfhrung der Leistung, s. dort – Bauleistungen 12.9 Fn., 14 – Bedeutung 12.1 – Dauerschuldverhltnis 12.13 f. – Entnahme 12.30 – Grundstckslieferung 12.10 Fn. – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.46 ff. – Mietverhltnis u. . 12.14 – nach vereinbarten Entgelten 12.3 ff., s. auch Soll-Versteuerung – nach vereinnahmten Entgelten, s. Ist-Versteuerung – Nutzungsentnahme 12.31 f. – Soll-Versteuerung, Verfassungswidrigkeit, s. Soll-Versteuerung – Teilleistungen 12.13 ff. – unentgeltliche Leistungen 12.30 – unzulssig ausgewiesene Steuer 14.117 f. – Vorauszahlungen 12.15, 17 f. Erbbaurecht – Einrumung, Bestellung 5.76 Fn., 10.95, 112 – Erbbauzins, Einmalzahlung, Vorsteuerberichtigung 16.58 – bertragung 10.95, 98 Erbe, Erbfall, s. auch Gesamtrechtsnachfolge – Entnahme 5.169 – Kleinunternehmer 5.169 aE., 172, 17.95 – Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft des Erblassers 5.167 ff. – Rechnungserteilung 5.171 aE., 173 – Schuldner der Umsatzsteuer 5.172, 19.1 – Unternehmer 5.164 – Verußerung des Nachlasses 5.164, 171 – Vereinnahmung der Gegenleistung, nachtrgliche 5.172 – vermeintlicher Erbe 5.165 – Vorsteuerabzug 5.173 – Vorsteuerberichtigung 5.170 Erbengemeinschaft, s. auch Erbe – Auseinandersetzung 5.175 f. – Teilungsanordnung 5.175 – Unternehmerfhigkeit 5.16

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Stichwortverzeichnis Erhhung der Bemessungsgrundlage, s. auch nderung der Bemessungsgrundlage – Doppelzahlung 11.12 – durchlaufende Posten 11.33 ff. – freiwillige Aufwendungen 11.12 – Mahnkosten, nicht 12.53 – Stundungszinsen, nicht 12.54 – Vertragsstrafe, nicht 12.53 – Verwahrungskosten, nicht 12.54 – Verzugszinsen, nicht 12.53 f. – Wechselkursnderung 18.16 Erstattung, Erstattungsanspruch, s. auch Steuervergtung – Begriff 18.10 – Festsetzung 18.26 – Steuer 18.13 – Steuervergtung 18.5, 23 – Vorsteuer 18.12 – Zwangsverrechnung 18.14 Ertragshoheit, Umsatzsteuer – Aufteilung 1.30 – EG-Anteil 1.31 – Gemeinden 1.32 – Gemeinschaftsteuer 1.30 – Lnderanteil 1.33 EuGH (Europischer Gerichtshof) – gesetzlicher Richter 1.56 – Vorabentscheidung 1.54 f. – Vorlagepflicht nationaler Gerichte 1.54 Europische Gemeinschaft – Diskriminierungsverbot 13.49 – Gemeinschaftsgebiet 10.9 – Gemeinschaftstreue, Gebot der 1.52, 5.88 – Harmonisierung der Umsatzsteuer 1.49 – Mindeststeuerstze 11.64 Fn. – Richtlinien, s. EG-Richtlinien – Umsatzsteuereigenmittel 1.31 – Verordnungen 1.51 – Zusammenarbeits-VO 1.51, 9.48 Factoring, sog. – Forderungsverkauf, s. dort – Leistungen des Forderungserwerbers 2.8, 11.15, 17 – Ort 8.110 Fn. – Steuerbefreiung 10.84, 86 Fahrzeugnutzung – durch Arbeitnehmer 3.13, 36 f., 11.40 – Bemessungsgrundlage bei Nutzungsentnahme, -berlassung 11.48 ff.

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– Beschdigung auf Privatfahrt, Vorsteuerabzug 15.41 – Entstehung der Steuer bei Privatnutzung 12.31 – Erhaltungs-, Unterhaltungskosten, Vorsteuerabzug 15.50 – Fahrten zwischen Wohnung und Betriebssttte 15.130 – Fahrzeug des Ehegatten 16.135 ff. – Fahrzeug des Gesellschafters 5.112 f. – grobfahrl. Beschdigung, Vorsteuerabzug 15.42 – Leasingsonderzahlung, Vorsteuerberichtigung 16.58 f. – Motor-, Segeljacht 15.120 ff. – Nutzungseinlage 16.107 ff. – Nutzungsentnahme, -berlassung 4.27 ff., 37, 16.35 – privates Fahrzeug, Beschdigung 15.31 – Totalschaden bei Privatnutzung 4.12 – unangemessene Aufwendungen 15.124 f. – Unfallkosten, Teil der Bemessungsgrundlage 11.54 – Vorsteuerabzug bei Nutzung eines privaten Fahrzeugs 16.107 ff., 135 ff. Flligkeit der Steuer 18.38 f. Feste Niederlassung – Betriebssttte 8.85 – Internetserver, sog. 8.90 – Schiff 8.85 aE., 140 – Tochtergesellschaft 8.86, 13.17 – vermietetes Grundstck 13.16 – Zweigniederlassung 13.15 Fiktion – Art der Leistung 7.48, 60 – Entgelt 4.1, 15, ff., 35 ff. – Leistung 4.3 ff., 27 ff., 7.46 f., 61, 64, 10.36 – Umfang der Leistung 7.48, 60 – Unternehmer 10.27 Fn. Forderungseinziehung, s. Factoring Forderungsverkauf – und Bemessungsgrundlage 11.15 ff. – Haftung 19.36 – Leistungen des Kufers, s. Factoring – Uneinbringlichkeit der Forderung 11.16 f. Forfaitieren, s. Forderungsverkauf Formwechsel 5.180, 193 Freihfen 8.4 f., 10.9 Fn., 12

Stichwortverzeichnis Gebude, s. Grundstck Gebude auf fremdem Grund und Boden – Berichtigungszeitraum 16.64 – Lieferung 7.37 ff. – Vorsteuerabzug 15.15 – Weiterlieferung, Steuerfreiheit 10.97 f. – Wirtschaftsgut 7.7 ff., Gegenleistung, s. auch Entgelt u. Leistungsaustausch – Abtretung u. . 11.14 ff. – Allgemeines 3.1 ff. – Angemessenheit 3.8 – Arbeitsleistung als 3.12 ff. – Aufteilung in Entgelt und Steuer 11.8 f. – Aufwand (Aufwendungen) des Leistungsempfngers 11.5, 7, 11 f. – Aufwendungsersatz 3.6, 7.48, 63 – bei Besorgungsleistung 7.63 – Bezeichnung 3.6, 5.104, 11.29 – Dienstleistung als – 3.12 ff. – Einlagen der Gesellschafter 3.16 f. – Entschdigung 2.21 ff., 7.10 – Kausalitt 3.3 – bei Kommissionsgeschft 7.48, 63 – Schadensersatz 2.4, 3.6, 10 – Subvention 2.15 – Tausch 3.11 ff., 11.38 ff. – Umsatzsteuer integraler Bestandteil 11.8 f., 20.1 – Verzicht auf 12.51 – Zahlung an Dritte 11.14 ff. – Zahlungen Dritter 11.27 ff., 31 – zivilrechtliche Fragen 20.1 ff. – Zuzahlung Dritter 11.30 Gegenstand – Bauten auf fremdem Grund und Boden 7.7, 9 ff. – Berechtigungsschein, Inhaberpapier u. . 7.57 – der Lieferung 8.10 – Gewichtsguthaben 7.6 – krperlicher 7.4 – Lieferanspruch 7.6 – Mietereinbauten 7.7, 9 – Miteigentumsanteil 7.6 – nichtkrperlicher 7.4 – nicht vorsteuerentlasteter 4.7 f., 32, 6.15, 10.130 – Software, sog. 7.58 – Wirtschaftsgut, s. dort – Zuordnung zum Unternehmen, s. dort

Gehaltslieferung, sog. 7.51 f. Gemeinschaftsgebiet 10.9 Gemeinschaftsteuer 1.30 Gemischt (untern. – privat) veranlaßte Aufwendungen, Vorsteuerabzug – Allgemeines 15.33 ff. – Aufteilung 15.33 ff., 44 ff. – Ehrung des Firmengrnders 15.40 – Flugzeugfhrerschein 15.34, 37 – Geburtstagsfeier 15.34, 39 – grobfahrlssig verursachte Reparaturkosten 15.42 – nicht teilbare Aufwendungen 15.35 ff. – Schwimmbad 15.40 Fn. – Strafverteidigungskosten 15.43 – teilbare 15.44 ff. – Typisierung 15.36 – Unfall auf Privatfahrt 15.41 – unwesentliche private Mitveranlassung 15.36 – Zeitschriften 15.34, 38 – Zuordnungswahlrecht bei Gegenstnden 15.46 ff. Gemischte Leistungen 7.76 ff., 10.108 Gemischte (steuerpfl. – steuerfreie) Verwendung, s. Vorsteueraufteilung Genossenschaften 5.93, 154 Gesamtrechtsnachfolge – Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters 5.181 – Berichtigungszeitraum 5.170, 16.61 – Erbe, s. dort – Erbengemeinschaft, s. dort – Erbvertrag 5.166 – Gegenstnde (Wirtschaftsgter) 5.168 – keine Leistung 5.166 – partielle 5.177 – potentielle Verpflichtungen 5.167 – Rechnungserteilung 5.173, 178, 14.19 – Umwandlungen, s. dort – unfertige Rechtslagen 5.167 f. – Verwendungsverhltnisse Wirtschaftsgut 5.170 Gesamtumsatz 17.18 ff. Geschftsbesorgung 2.12, 3.15 Fn., 5.109 f., 7.46, 62 f., 8.70 aE. Geschftsfhrer, Geschftsfhrungsttigkeit – Fremdorganschaft 5.53 – Haftung 19.8 ff. – bei Kapitalgesellschaft 2.12, 5.29 f. – Leistung 2.12 ff.

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Stichwortverzeichnis – bei Personengesellschaft 2.12 ff., 5.31, 109 – Selbstndigkeit 5.29 ff. – Selbstorganschaft 5.52 – Selbstverwaltungskrperschaft 5.52 – Wettbewerbsverbot 5.78 f. Geschftsverußerung im Ganzen – Abspaltung, Ausgliederung 5.192 – Auskunftsanspruch des Erwerbers 5.205 Fn. – Beratungsleistungen, u. ., Vorsteuerabzug 15.154 – Berichtungszeitraum 16.61, 92 – Bindung des Erwerbers an Wahlrechte 5.204 – Einbringung in Gesellschaft 5.194, 198 – Erbauseinandersetzung 5.175 – gesondert ausgewiesene Steuer 14.114 – gesondert gefhrter Betrieb 5.187 – Grundstck, vermietetes 5.189 – Grndungsphase, in der 5.188 – Gutglaubensschutz 5.185 – im Ganzen 5.197 ff. – Nichtsteuerbarkeit 5.182 ff. – Rechtsfolgen 5.203 ff. – unentgeltliche 4.24, 5.190 – Unternehmereigenschaft des Erwerbers 5.195 – Vorsteuerberichtigung beim Erwerber 5.205, 16.89, 92 – Wahlrechte, Bindung des Erwerbers 5.204 – zurckbehaltene Wirtschaftsgter 5.202 – Zwangsversteigerung 5.189 aE. Geschenke s. unentgeltliche Leistungen und Vorsteuerabzug (Geschenke) Geschichte der Umsatzsteuer 1.1 ff. Gesellschaft – Anteilsbertragung 7.4 – Aufnahme von Gesellschaftern 10.87 – Ausstrahlung der Unternehmereigenschaft auf Gesellschafter 5.112 ff., 13.43 f. – Gesellschafter, s. dort – oder Gesellschafter als Leistungsempfnger 15.21 aE. – Grndung 5.113, 142 ff., 10.87, 15.147 – Kapitalgesellschaft, s. dort – Kostenerstattung an Gesellschafter, Vorsteuerabzug 15.18

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– nichtunternehmerischer Bereich 5.137 – Personengesellschaft, s. dort – unentgeltliche Leistungen an Gesellschafter 15.84 – verbilligte Leistungen an Gesellschafter 11.58 ff. – Zurechnung von Leistungen 2.40, 42, 44 Gesellschafter – Anteilsbertragung 7.4, 10.87 – Ausscheiden 10.88 – beherrschender s. dort – Beitrge 3.14 ff., 5.108 f. – Dienstleistungen 3.14 – Einlagen 3.14, 16 f., 5.113 ff., 16.101 ff. – Entnahmen 4.13, 5.115 f. – Geschftsbesorgung 2.12, 3.15 Fn., 5.109 f. – Geschftsfhrung 2.12 ff., 5.29 ff.,109 – Haftung fr Steueransprche 19.15 f., 21 f. – Haftungsrisiko, Tragung 2.13 – als Leistungsempfnger Steuerschuldner 13.43 f. – mittelbarer Unternehmer 5.112 ff. – Nutzungsberlassungen 3.14 f. – Reisekosten 5.113 – unentgeltliche Leistung an Gesellschaft 5.115, 117, 15.84 – Unternehmer 5.107 ff., 116 – verbilligte Leistungen an – 11.58 ff., 15.80 ff. – Vermietung an Gesellschaft 5.111 – Vorsteuerabzug 5.112 ff. – Wettbewerbsverbot 5.79 Gesetzgebungskompetenz 1.26 ff. Gesonderter Steuerausweis – Bedeutung 14.5 ff. – „deutsche“ Steuer 14.69 – Differenzbesteuerung 17.119 f. – fremde Whrung 14.70 – geschftshnliche Handlung 14.99 f. – mehrere Rechnungen/Gutschriften 14.106 – Mehrzahl von Leistungsempfngern 14.71 ff. – „Nationalitt“ 14.69 – Nichterforderlichkeit 14.68, 15.52 Fn. – durch Organgesellschaft 14.101 – Organkreis, innerhalb 14.90 – Rechnungsangabe, notwendige 14.68 ff.

Stichwortverzeichnis – unberechtigter, s. unzulssiger Steuerausweis – unzulssiger, s. unzulssiger Steuerausweis – Verbot 14.23, 68 – Verjhrung, nach 14.108 – Widerruf 14.77, 80 – Zurechnung 14.99 ff. – bei Zuzahlung Dritter 14.72 Gleichbehandlungsgebot s. Wettbewerbsneutralitt und Willkrverbot und Rechtsformneutralitt Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuer 12.19, 14.6, 85, 15.86 Fn. GmbH & Co. KG, s. auch Gesellschafter und Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft – Geschftsfhrung 2.14 Fn. – Organschaftsverhltnis 5.234 Grunddienstbarkeit 7.56, 10.112 Grundgeschfte 6.3 ff. Grundstck (Gebude) – Abbruchleistungen, Vorsteuerabzug 15.145 – Begriff 8.53, 10.98, 104 f. – Berichtigungszeitraum, s. dort – Entnahme 10.101 – Gebude auf fremdem Grund und Boden, s. dort – Miteigentum, s. dort – Nießbrauch, s. dort – Privatnutzung 10.113 – Sanierung, Vorsteuerabzug 15.145, 153 – unentgeltliche berlassung 10.114 – Vermietung und Verpachtung, s. dort – Vorsteueraufteilung 15.170, 175 f. – Vorsteuerberichtigung, s. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der Verwendung – Zuordnung zum Unternehmen 15.46 ff. Grundstckslieferung, Steuerfreiheit – Allgemeines 10.89 ff. – Bauleistungen im Zusammenhang mit 10.96 – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 16.125 ff. – Betriebsvorrichtungen 10.99 – Erbbaurecht 10.95, 98 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 10.97 f. – Geschftsverußerung 5.189 – Grundstcksbegriff 10.98

– Mietkauf 10.94 – Schenkung 10.101, 16.95 – bertragung Vorsteuervolumen 16.131 ff. – Umfang 10.6 – Verzicht auf Steuerbefreiung, s. dort – wesentliche Bestandteile 10.99 – Zubehr 10.100 – Zwangsversteigerung 10.93 Grundstckslieferung, steuerpflichtige – Betriebsvorrichtung 10.99, 13.27 – Haftung des Kufers 19.25 – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.25 ff. – Steuerentstehung 12.10 Fn. – bernahme Grunderwerbsteuer 11.20 ff. – Zeitpunkt 7.26, 34, 12.10 Fn. Gutachten 7.58, 8.59, 62, 65, 103 Gutglaubensschutz, s. Vertrauensschutz Gutschrift, s. auch Rechnung – Abrechnungslast, sog. 14.34 Fn. – Begriff 14.33 – als Berichtigung/Ergnzung einer Rechnung 14.34, 47 – gesonderter Steuerausweis, s. dort – unzulssiger Steuerausweis 14.96 ff. – Vereinbarung 14.36 ff. – Widerspruch 14.40 ff., 98 – Zweck 14.34 Haftung fr Steuer- u. . Ansprche – Abtretungsempfnger, s. Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung – Akzessoriett 19.6 – Allgemeines, berblick 19.1 ff. – Begriff 19.1 – Betriebsbernehmer 19.23 ff – Drittwirkung der Steuerfestsetzung 19.8 – fr Erstattungsansprche 19.4, 17, 20 f., 26, 56 ff. – Firmenfortfhrung 19.27 – Gesamtschuldnerschaft 19.6 – Geschftsfhrer, ges. Vertreter 19.9 ff. – Gesellschafter einer Personengesellschaft 19.15 f., 27 – Haftungsbescheid 19.7 – Handelsgeschft, Erwerb bzw. Eintritt 19.27 – Karussellgeschfte 19.14, 64 ff. – Miet-, Ratenkauf 19.56 ff.

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Stichwortverzeichnis – – – –

Organgesellschaft 19.17 ff. Praxiserwerber 19.25 Schadensersatzcharakter 19.10, 14 bei Steuerhinterziehung, Mittter, Gehilfen 14.103, 130, 19.14 – Subsidiaritt 19.7 – fr zu Unrecht gewhrte Steuervergtung (Vorsteuer) 19.6 – bei unzulssigem Steuerausweis 14.85 f., 130 – Vereinsvorstand 19.13 – fr Vorsteuerberichtigungsbetrge 19.4, 17, 20f., 26, 56 ff. – wesentlich Beteiligter 19.21 f. – Zurechnungsgrund 19.3, 15, 17, 22, 24 Haftung des Empfngers einer abgetretenen Forderung – Abtretung zum Zwecke der Einziehung 19.37 – Allgemeines, Zweck 19.28 ff. – Einziehung durch Abtretenden 19.50 – Einziehung durch Insolvenzverwalter 19.52 – entgeltliche Abtretung, Forderungsverkauf 19.36 – Factoring, sog. 19.36 f. – festgesetzte Steuer 19.40 ff. – Forderung aus steuerpflichtigem Umsatz 19.38 f. – Forfaitierung 19.36 f. – Nettoabtretung 19.34 f., 51 – Nichtentrichtung der Steuer 19.43 ff. – Sicherungsabtretung 19.29, 32 – stille (verdeckte) Abtretung 19.50 – Teilabtretung 19.33 – Umfang 19.53 – Vereinnahmung der Gegenleistung 19.49 ff. – Weiterabtretung 19.55 – Zahlung durch Abtretungsempfnger 19.48 Handeln fr fremde Rechnung 5.126 ff., 7.46 ff., 61 ff., 68 Hauptleistung 7.73 ff. Hilfsumstze (-geschfte) 6.3, 6 f., 15.172, 17.21 Holding, sog. – gemischte 5.137 – als Organtrger 5.221 – Unternehmereigenschaft 5.45 f. – Vorsteuerabzug 5.45 ff., 118, 15.148

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Im Ausland ansssiger Unternehmer, s. Ausland, im – ansssiger Unternehmer Indirekte Steuer 1.17 Inland – Ausschlsse 8.4 – Begriff 8.4 – Botschaftsgelnde 8.4 – Freihfen 8.4 f. – Kstenmeer (Wattenmeer), sog. 8.4 f. – Luftfahrzeuge, Schiffe 8.4 Innenleistungen (-umstze) 5.221, 257, 14.90 Innergemeinschaftliche Lieferung, Steuerbefreiung – Allgemeines 10.25 ff. – Lieferung fr das Unternehmen des Abnehmers 10.30, 49 – Meldepflicht 18.24 Fn. – Nachforschungspflicht 10.28 – Nachweis 10.43 ff. – neuer Fahrzeuge 10.27 Fn. – Rechnungserteilung 14.73, 75 f. – Reihengeschft 10.32 ff. – Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers, Bedeutung 10.29, 43, 48 – unentgeltliche 10.40 f. – Unternehmereigenschaft des Abnehmers 10.29 – Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens, s. dort – Vertrauensschutz 10.28, 46 ff. – Voraussetzungen 10.25 ff. – vorherige Be- oder Verarbeitung des Gegenstandes 10.31 – Werklieferung 10.25 Innergemeinschaftlicher Erwerb – Abholung 9.46 – Bemessungsgrundlage 9.50 f. – Besteuerungstechnik 9.9 – Erwerberkriterien 9.18 ff. – Fiktion 9.33 ff. – und innergemeinschaftl. Dreiecksgeschft 9.26 ff., 30 – durch jur. Person als Nichtunternehmer 9.18 ff., 45 Fn. – Kenntniserlangung 9.17 – Kleinunternehmer 9.20 – Land- und Forstwirte 9.20 – Liefererkriterien 9.22 f. – Lieferungskriterien 9.23 f. – Mindestbemessungsgrundlage 9.51

Stichwortverzeichnis – neuer Fahrzeuge 9.11, 20 Fn. – nichtunternehmerischer Erwerb 9.18 Fn. – Organgesellschaft 9.18 Fn. – Ort 9.45 ff. – Reihengeschft 9.25 ff. – Steuerbefreiungen 9.5 – Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 9.21, 23, 26, 29, 47 ff. – unentgeltlicher 9.24 – Untergang der Ware 9.15 Fn. – Unternehmer mit steuerfreien Umstzen 9.20 – verbrauchsteuerpflichtige Waren 9.20 Fn., 50 Fn. – Verbringen eines Unternehmensgegenstandes in das Inland, s. dort – Verzicht auf die Nichtbesteuerung 9.21 – Voraussetzungen 9.12 ff. – Vorsteuerabzug 15.100 – Werklieferung 9.14 – Zweck 9.1 – Zweifelsflle 9.23 Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 9.26 ff. Insolvenz – Aufrechnung (Verrechnung) von Vorsteuerbetrgen 18.14 Fn., 21 Fn. – Begrndetheit des Steueranspruchs 12.1 Fn. – Erfllungsablehnung 12.10, 73 – Haftung des Erwerbers einer abgetretenen Forderung, s. dort – Organschaft 5.247 – Schuldner als Unternehmer 5.11, 125, 154 – Verwertung von Sicherungsgut, s. Sicherungseigentum, Verwertung Insolvenzverwalter – Leistung gegenber der „Masse“ 15.13 – Ort der Leistung 8.102 – Unternehmer 4.82 Interessenvereinigung, Unternehmereigenschaft 5.98 Inzahlunggabe/-nahme 11.41 f., 12.18, 14.105 Irrtum ber Steuerpflicht/Steuersatz – Vertrauensschutz, s. dort – zivilrechtlicher Ausgleich 20.1 ff. Ist-Versteuerung, sog. – Allgemeines 12.74 f.

– Beschrnkung auf Teil des Unternehmens 12.26 – Gesamtumsatz, maßgeblicher 12.25 – Wechsel 12.26 Juristische Personen des ffentlichen Rechts – Abwasserentsorgung 5.291 – Anstalt 5.274 – auslndische 5.19 – Ausbung ffentlicher Gewalt 5.282 ff., 292 f. – Begriff 5.271 ff. – beitragspflichtige Einrichtungen 5.294 – Benutzungsgebhren 5.294 – Betrieb gewerblicher Art 5.276 ff. – Entsorgungseinrichtungen 5.294 – gebhrenpflichtige Amtshandlungen 5.293 – Hoheitsbetriebe 5.282 ff. – Krperschaft 5.273 – Konkurrentenklage 5.285 Fn. – land- und forstwirtschaftlicher Betrieb 5.295 – als Leistungsempfnger, Ort 8.92, 126 – als Leistungsempfnger Steuerschuldner 13.40, 45 – nichtunternehmerischer Bereich 5.127 – Rundfunkanstalten 5.284 Fn. – Unternehmer 5.267 ff. – Unternehmerfhigkeit 5.9, 19 – Vergabe von Funklizenzen 5.293 Fn. – Vermgensverwaltung 5.280 f. – Verteilung knapper Gter 5.293 Fn. – Zwangs- und Monopolrechte 5.287 ff. – Zweckverbnde 5.273 Kapitalgesellschaft – Aufnahme weiterer Gesellschafter 10.87 – Aufsichtsratsmitglied, s. dort – beherrschender Gesellschafter, s. dort – Einlagen 3.14 f. – Fahrzeugberlassung an Geschftsfhrer u. . 11.40 – gelschte 5.9 Fn. – Geschftsfhrung 2.12, 5.29, 53 – gescheiterte Grndung 5.146 ff. – Gesellschafter, s. dort – Grndung 5.144, 15.147 – Haftung des wesentlich Beteiligten 19.21 f.

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Stichwortverzeichnis – Holding, sog. 5.44 f., 118 – Kapitalerhhung 10.87, 15.147 – Notariatsgebhren bei Grndung 5.144, 15.20, 147 – ffentlich-rechtliche Aufgaben, Wahrnehmung 5.272 – Organschaft, s. dort – Selbstndigkeit 5.20, 206 ff. – Steuerbefreiungen 10.124 – Vorgesellschaft 5.144 – Vorgrndungsgesellschaft 5.145 – Vorstand 5.29,53 Kettengeschft, s. Reihengeschft Klagebefugnis Steuertrger (Verbraucher) 1.23 ff. Kleinunternehmer – Erbe 5.169 aE., 172, 17.35 – Gesamtumsatz 17.18 ff., 68 – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.20 – als Leistungsempfnger Steuerschuldner 13.41 – Nichterhebung der Steuer, Wirkung, Zweck 17.2 ff., 9 – Steuererklrungspflicht 17.3 aE. – bergang (Wechsel) zur Besteuerung/ Nichtbesteuerung 16.99 f., 17.36 ff. – Umsatzgrenzen 17.91 – unzulssiger Steuerausweis 14.135, 17.4 – Verzicht auf Kleinunternehmerstatus 17.6, 29 ff. – Verzicht auf Steuerbefreiung 17.30 – Wettbewerbsvorteil 17.9 f. Kommissionsgeschft – Allgemeines 7.46 ff., 61 – Bemessungsgrundlage 7.48 ff., 11.35 aE. – Dienstleistungskommission 7.61 ff. – Differenzbesteuerung 17.91 – Einkaufskommission 7.48, 50 – Verkaufskommission 7.47, 49 Konkurrentenklage 5.285 Fn. Krperschaft des ffentlichen Rechts, s. juristische Person des ff. Rechts Kostenerstattung, Vorsteuerabzug 15.16 ff. Kostenfestsetzung und Umsatzsteuer 2.20, 20.38 Kraftfahrzeugnutzung, s. Fahrzeugnutzung Kreditkartengeschft 10.83, 11.25 Kstenmeer 8.4 f., 10.9 Fn., 12

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Land- und Forstwirte – Anlagegegenstnde, Lieferung 17.63 – Beherbergungs- und Bekstigungsleistungen 17.66 – Durchschnittstze 17.44 ff. – Entnahmen 17.48 – gesondert gefhrter Betrieb 5.187 Fn., 17.67 Fn. – Gewerbebetrieb kraft Rechtsform 17.56 f. – Hilfsgeschfte 17.63 – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.20 – land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen 17.64 ff. – land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Lieferung 17.59 ff. – land- und forstwirtschaftlicher Betrieb 17.52 – als Leistungsempfnger Steuerschuldner 13.41 – Milchquotenberlassung 17.66 – Nebenbetrieb 17.54 f. – Nebeneinander verschiedener Betriebe 17.67 ff. – Steuerbefreiungen 17.49 f. – Subventionierung 17.45 ff. – bergang (Wechsel) zur allgemeinen Besteuerung und umgekehrt, Vorsteuerberichtigung 16.99 f. – unentgeltliche Leistungen 17.48 – Verarbeitungsttigkeiten 17.62 – Verpachtungen 17.65 f. – Verzicht auf Durchschnittsatzbesteuerung 17.71 f. – Verzicht auf Steuerbefreiungen 17.50, 65 – Vorsteuerpauschalierung 17.44, 47 f. – weitere unternehmerische Ttigkeit 17.67 ff. – Zukauf fremder Erzeugnisse 17.61 Leasing, sog., s. Vermietung und Mietkauf Leerkassettenabgabe 7.59 Leistender, s. Zurechnung, personelle und Vertrauensschutz Leistung, s. auch Leistungsaustausch – Abmahnung 2.20 – bei Annahmeverzug 2.9 – aufgedrngte 2.20 – Aufteilungsverbot 7.69 ff. – Ausfhrungszeitpunkt 12.9 ff. – Befreiung von Geldzahlungsverpflichtung 2.5, 22 Fn., 11.18 – Begriff 2.4, 31

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Bereinigung einer Unsicherheit 2.22 Fn. Bereitschaftsdienst 2.8 Bevorzugung bei Auftragsvergabe 2.8 Drogenlieferung 2.7 Dulden 2.4, 7.56 Eigeninteresse 2.10 Einheitlichkeit 7.69 Enteignung 2.18 Erbfall 5.166 Erleiden eines Schadens 2.33 ff. beim Factoring, sog. 2.8 Falschgeldlieferung 2.7 Fiktionen 2.37 Forderungseinziehung 2.8 Freigabe, vorzeitige 2.22 Freiwilligkeit 2.17 ff. Geldforderung, bertragung 2.5, 10.86 Geldspielautomat 2.8 Geldzahlung 2.5 gemischte 7.2, 54, 76 ff. Gesamtrechtsnachfolge 5.166 Geschftsfhrung 2.12 ff. Geschmiertwerden 2.8 Hauptleistung 7.73 ff. Innenleistung 2.11 Leistungsbereitschaft 2.8 Leistungsbndel 7.69 ff. Lizenzgewhrung 7.56 Merkmale 2.1 ff., 10 Nutzungsberlassung 7.56 ohne Rechtsverhltnis 2.7, 18 ff., 28 ff., 33 ff., 39 Organkreis, im 2.11 Restauration 7.78 f. Schmiergeldannahme (Geschmiertwerden) 2.8 sittenwidrige Ttigkeit 2.7 Sparen 2.8 Stornierung eines Vertrages 2.22, 10.81 Subvention, bei 2.15 Ttigwerden eines Rechtsanwalts in eigener Sache 2.20 unfreiwillige 2.19 Unterlassen 2.4, 8, 5.78 f., 7.56 unwirksamer Vertrag 2.7 verbotenes Verhalten 2.7 Verein 2.8 Versicherungsschutz 2.8 Vertragsauflsung (vorzeitige) 2.22 ff., 7.56, 10.81 Verwertungsrecht, Einrumung 7.56 Verzicht 2.8, 5.78 f., 7.56

– Werbefahrten u. . 2.8 – Zeitpunkt 12.9 ff. – Zuhlter 2.7 – Zurechnung, personelle s. dort – Zurechnung, sachliche, zeitliche s. dort – Zuschuß, bei 2.15, 11.29 – Zwangskredit (Verzug) 2.31 – Zwangsversteigerung 2.18 Leistung gegen Entgelt, s. Leistungsaustausch Leistungsaustausch, s. auch Leistung – Angemessenheit der Gegenleistung 3.8 – Begriff 3.2 – Bezeichnung 3.6 – Geschftsfhrung durch Gesellschafter 3.14 – Gesellschaftereinlagen, -beitrge 3.14 ff. – Kausalitt 3.3 – Nutzungsentschdigung 2.23 – Rechtsverhltnis 3.4 f. – Rckgngigmachung (Rckabwicklung) 3.9 – Rcklieferung 3.9 – Schadensersatz 2.28 ff. – Umtausch 3.9 – Umwandlungsvorgnge 5.178 – unfreiwilliger 2.17 ff. – Vereinsbeitrge 5.94 ff. – Vertragsauflsung 2.22 ff. Leistungsbereitschaft 2.8 Leistungsbndel 7.69 ff. Leistungsempfnger – Allgemeinheit 2.15 – Beurkundung GmbH-Vertrag 15.20 – Dritter 14.53 f., 15.16 ff. – bei Ehegatten 15.21 – bei Einschaltung einer Mittelsperson 15.16 ff. – Erstattung von Rechtsanwaltskosten 15.24 f. – Gebude auf fremdem Grund und Boden 7.37 ff., 15.15 – gerichtlich beauftragter Sachverstndiger 15.20 – Gesellschaft oder Gesellschafter 15.21 – identifizierbarer 2.15 – kraft Gesetzes 15.13 – mehrere 13.39, 57, 14.21, 55, 15.54 – Mietereinbauten 7.40 f., 15.15 – mittelbarer 14.54, 15.16 ff.

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Stichwortverzeichnis – Rechnungsangabe 14.50 f, 53 – Reihengeschft 15.15 – Reparatur einer Sache durch Geschdigten 15.22 f. – aus Sicht des Vorsteuerabzugs 14.53, 15.13 ff. – Steuerschuldner, s. Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers – unfreie Versendung 15.20 – unfreiwilliger 2.20 – Vertrauensschutz 5.130 – Wiederbeschaffung eines Ersatzgegenstandes durch Geschdigten 15.22 f. – wirtschaftlicher 14.53, 15.16 ff. Leistungswille 2.17 ff. Liebhaberei 5.4, 87 ff., 141, 147, 150 Lieferung, s. auch Verschaffung der Verfgungsmacht – Abgrenzung von sonstiger Leistung 7.1, 54, 57 f., 60 – Annahmeverzug 2.9, 7.36 – Ausfhrung 12.10 ff. – Beteiligung Dritter 7.3, 42 ff., 8.11 f., 18 – „bewegte“ 8.17 – CD, DVD 7.58 – Diebesgut 7.35 – Eigentumsvorbehalt 7.29, 33 – Enteignung 2.18, 7.20 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 2.7 ff., 7.37 ff. – Gefahrbergang 2.9, 7.29, 36, 8.7 Fn., 12.11 – Gegenstand, s. dort – Gegenstand der Lieferung 8.10 – Gegenstand, nicht vorsteuerentlasteter 4.7 f., 6.15 – Gehaltslieferung, sog. 7.51 f. – Kommissionsgeschft 7.46 ff. – Leasing, sog. 7.30 f. – Miet-, Ratenkauf 7.27, 30 f. – Nebenleistung 7.2, 53, 73 ff. – bei Nießbrauchsvorbehalt 4.25, 7.26 – Ort, s. dort – Reihengeschft, Streckengeschft 7.3, 42 ff. – bei Rckvermietung 7.27 – „ruhende“ 8.17 – Sicherungsbereignung, Verwertung 7.24 f. – unfertiges Werk 12.10 – Untergang der Ware auf dem Transport 2.9, 7.36, 12.11

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– Verschaffung der Verfgungsmacht, s. dort – Werklieferung 7.80 ff. – Zeitpunkt 12.10 ff. – bei Zerstrung einer Sache 2.33 ff., 7.20 – Zwangsversteigerung 2.18, 7.20 Lohnveredelung an Gegenstand der Ausfuhr 10.50 ff. Mehrwertsteuer (-system) – Allgemeines 1.8 ff. – Begriff 1.12, 11.2 – Betrugsanflligkeit 1.11 – Geschichte 1.5 – Nachholwirkung 10.72 – Wirkung von Steuerbefreiungen 10.70 ff. – Wirkung von Steuerermßigungen 11.68 – Zweck 1.10 Mietereinbauten 7.7, 37 ff., s. auch Gebude auf fremdem Grund und Boden Mietkauf, sog. – Ausfhrungszeitpunkt 12.12 – Grundstck 10.94 – Haftung des Lieferers 19.56 ff. – Lieferung 7.27, 30 f. – Steuerentstehung 12.61 Mietvertrag, s. Vermietung und Verpachtung Minderung der Bemessungsgrundlage (Gegenleistung), s. auch nderung der Bemessungsgrundlage – Aufrechnung 11.23, 12.43 – Abzugssteuer, nicht durch 11.14 Fn. – Berichtigung der Steuer, s. dort – Bonusgewhrung 12.46 – bei Entnahme 12.34 – beim Erben 5.172 – Forderungsverkauf (sog. Factoring) 11.15 ff. – Gutscheine, Einlsung durch Hersteller 12.50 – Gutschrift 12.47 – Herstellervergtung an Endkunden 12.50 – Kreditkartenabschlag 11.25, 42 – Lieferung unberechneter Mehrstcke 12.44 – Mahnkosten 12.53 – nach nderung des Steuersatzes 11.70 – nach Beendigung einer Organschaft 5.250

Stichwortverzeichnis – nach Beendigung des Unternehmens 5.160 – nach Vereinnahmung der Gegenleistung 12.45 ff. – oder Abgeltung gesonderter Leistung 12.47 – Prmien, Gewinne 12.48 – Rabatt, Rckvergtung 12.46 – Rckzahlung an Dritte 12.49 ff – Schadensersatzanspruch 11.23 – Skonto 11.24 – tatschliche Rckgewhrung 12.45 – uneinbringliche Gegenleistung (Forderung), s. dort – unentgeltliche Leistung 12.34 – Verkaufsfrderungsaktion, Gewinne bei 12.48 – Vertragsstrafe 11.23 – Verzicht auf Gegenleistung 12.51 – vor Entstehung der Steuer 12.37 – Wechseldiskontierung 11.26 – Wechselkursnderung 18.16 – Zahlung des Leistungsempfngers an Dritten 11.14, 12.43 – Zugaben 12.44 Mindest-Bemessungsgrundlage, sog. – Bemessungsgrundlage 11.58 ff. – bei Differenzbesteuerung 17.109 – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.56 – Rechnungserteilung, -gestaltung 14.26, 15.81 – Vorsteuerabzug 15.80 f. Miteigentum – Duldung der Nutzung durch einen Miteigentmer 7.56 – Gebudeerrichtung durch einen Miteigentmer 7.40 Fn. – bertragung 4.25 aE., 7.6, 8.111 – Vorsteuerabzug bei Gebudeerrichtung 15.21 Fn., 16.135 ff. Miteigentmergemeinschaft – mehrere bei identischen Personen 5.119 Fn. – Unternehmerfhigkeit 5.13 ff. Nachtrgliche Ereignisse 10.162, 164, 12.79 f. Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft – nderung der Bemessungsgrundlage u. . 5.160 – beim Erben 5.167 ff.

– Rechnungserteilung 5.162 – Sicherungseigentum, Verwertung 5.159 – Vorsteuerabzug 5.161 – zurckgehaltene Gegenstnde 5.159 Nebeneinander von Betrieben unterschiedlicher Besteuerungsformen 17.67 ff. Nebenleistung 7.2, 53, 73 ff., 10.107, 11.9 Nebenttigkeit 5.24, 58, 66, 90 Nebenumstze (-geschfte) 6.3, 6 Neues Fahrzeug – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.11 – innergemeinschaftliche Lieferung 10.27 Fn. – Vorsteuervergtung 10.27 Fn., 17.89 Fn. Neutralittsgebot (-grundsatz) 1.42 ff., 61 f., 5.114, 216, 14.144 Fn., 15.2, 136, 16.104 f., 107, s. auch Wettbewerbsneutralitt Nicht im Inland ansssiger Unternehmer, s. Ausland, im – ansssiger Unternehmer Nichtselbstndigkeit, s. Selbstndigkeit Nichtunternehmerischer Bereich 5.137 Nießbrauch, Einrumung (Bestellung), s. auch Vermietung und Verpachtung – Steuerbefreiung 10.106, 112, 114 – unentgeltliche 4.13 aE., 25 – unternehmerische Ttigkeit 5.73, 76 – vorbehaltener 4.25 Nutzung, rechtswidrige 2.78 ff. Nutzungseinlage 16.107 ff., 135 ff. Nutzungsentnahme (-berlassung) – Bemessungsgrundlage 11.48 ff. – Besteuerung 4.27 ff., 37 – Entstehung der Steuer 12.31 – Fahrzeug, s. Fahrzeugnutzung – Freizeitgegenstand 11.49 Fn. – Grundstck/Gebude, Steuerbefreiung 10.113 f. – Land- und Forstwirtschaft 17.48 – Neutralisierung des Vorsteuerabzugs 11.50 ff. – Nutzungsberlassung 4.28 ff., 37, 16.35 – Ort 8.144 ff. – Vorsteuerberichtigung bei Vorauszahlung 16.59 – zeitliche Begrenzung der Besteuerung 4.34, 11.50 f.

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Stichwortverzeichnis Nutzungsentschdigung 2.23, 31 f., 12.77 Nutzungsberlassung – entgeltliche, s. Vermietung und Verpachtung – unentgeltliche, s. Nutzungsentnahme Option, s. Verzicht Organgesellschaft – Anstalt d. ffentl. Rechts 5.222 Fn. – auslndische Niederlassung 5.263 – Haftung 19.17 ff. – juristische Person 5.222 – Rechnungsadressat 5.240, 14.20, 56 – Rechnungserteilungspflicht 14.18, 56, 137 – Schutz der Minderheitsgesellschafter 5.218 f. – bergang umsatzsteuerrechtlicher Verhltnisse 5.243 f., 252 – Umfang der Eingliederung 5.236 – als Unternehmer 5.207, 263, 266, 14.18, 137 – unzulssiger Steuerausweis 14.101 – Vorbereitungsstadium 5.223 – Vorgesellschaft 5.223 – Zurechnung der Leistungen (Umstze) 2.44 Organschaft (Organkreis) – Ansssigkeitsmerkmale 5.256, 265 – Außenumstze, Maßgeblichkeit 5.238, 241, 244 – Bedeutung 5.206 ff. – Beginn 5.242 ff. – Beherrschungsvertrag 5.232 – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 5.251, 253 – Beschrnkung auf Inland 5.254 ff. – Beteiligung ber Gesellschafter 5.228 – Eingliederungsmerkmale 5.223 ff. – Ende 5.246 ff. – finanzielle Eingliederung 5.226 ff. – Gesamtbildbetrachtung 5.225, 233 – Geschichte 1.4 – gesonderter Steuerausweis innerhalb 14.90 – GmbH & Co. KG 5.234 – Innenleistungen (-umstze) 2.11, 4.14, 5.209, 221, 237 f., 241 – Insolvenz 5.247 – Mehrmtter- 5.221 Fn. – Minderheitsgesellschafter 5.218 f. – mittelbare Beteiligung 5.227 f.

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– organisatorische Eingliederung 5.232 ff. – Umfang der Eingliederung 5.236, 254 ff. – Unternehmensteile 5.236, 256 – Verwendungsverhltnisse, maßgebliche 5.209, 241, 244 – Vorsteuerabzug 5.209, 240 f., 249, 259, 261 – Wahlrecht 5.212 ff. – Wirkungen 5.209 ff. – wirtschaftliche Eingliederung 5.229 ff. – Zurechnung der Leistungsbezge 5.240 – Zurechnung der Umstze 5.239, 259 – Zweck 5.208 Organtrger, s. auch Organschaft – Ansssigkeit im Ausland 5.254 ff., 264 ff. – auslndischer Unternehmensteil 5.260 f. – Beteiligung ber Gesellschafter 5.228 – mittelbarer Unternehmer 5.221, 230, 238 – Unternehmer 5.220 f. – Vorsteuerabzug 5.240 – zwei Unternehmen 5.260 Ort der Lieferung – Abholung 8.7, 23 ff., 34 – Befrderung des Gegenstandes 8.7 ff., 20 ff., 37 – „bewegte“ Lieferung 8.17 – an Bord eines Befrderungsmittels 8.38 – Einfuhrlieferung, sog. 8.29 – Elektrizitt, Gas 8.39 ff. – Entnahme 8.43 ff. – innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 8.18 Fn. – Konnossement 8.35 f. – und Lieferkonditionen 8.27 f. – Reihengeschft, Streckengeschft 8.14 ff., 37 – „ruhende“ Lieferung 8.17, 35 – Traditionspapier, bergabe 8.35 f. – berblick 8.6 – unentgeltliche Lieferung 8.43 ff. – Versandhandel 8.30 ff. – Versendung des Gegenstandes 8.7 ff., 20 ff., 37 – Werklieferung 8.10, 35 Ort der sonstigen Leistung – Abfallentsorgung 8.142

Stichwortverzeichnis – Allgemeines, berblick 8.47 ff., 74 ff. – Ansssigkeitskriterien, s. Ansssigkeit – Arbeiten an beweglichen Gegenstnden 8.62 ff. – Auffangnorm 8.48, 139 ff. – Aufteilung 8.84 Fn. – Bankdienstleistungen 8.110 f. – Befrderungsleistungen und damit zusammenhngende L. 8.129 ff. – Beratung 8.50 (Beisp.), 55 f., 78 (Beisp.), 100 ff., 108, 122 f., 125 – Betriebssttte (feste Niederlassung) des leistenden Unternehmers 8.90 – Betriebssttte (feste Niederlassung) des Leistungsempfngers 8.84 ff. – Datenverarbeitung 8.106 – Datenverarbeitungsprogramm, Erstellung 8.109 – Einrumung, bertragung von Schutzrechten 8.95 f. – Einziehung von Forderungen 8.110 Fn. – elektronische Dienstleistungen 8.119 ff. – Factoring, sog. 8.110 Fn. – Finanzdienstleistungen 8.110 – Gutachten (Begutachtung) 8.59, 62, 65, 103, 125 – Grundstck, Zusammenhang mit 8.52 ff., 100 – Informationsberlassung 8.107 f. – Insolvenzverwaltung 8.102 – jur. Person d. ffentlichen Rechts als Leistungsempfnger 8.92, 126 – komplexe Leistung (Leistungsbndel) 8.51, 94, 142 – kulturelle u. . Leistungen 8.57 ff. – Leistung fr den nichtunternehmerischen Bereich 8.82 – Lizenzgewhrung 8.97 – Makler 8.55, 70 – Nichtunternehmer als Leistungsempfnger 8.87 ff. – Notare 8.52, 55, 105 – Nutzungsrecht, Einrumung 8.58, 96 – Nutzungsberlassungen (Grundstck u. .) 8.54 – Personalgestellung 8.112 – Prfungsreihenfolge 8.50 – Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen 8.93, 117 f. – Sachverstndiger 8.103 – Schiedsrichter 8.102

– Spediteur 8.136, 138 – sportliche Leistungen 8.57 ff. – und Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 8.81 – Subunternehmer, Einschaltung 8.51, 141 – Telekommunikationsleistungen 8.93, 116 – Testamentsvollstreckung 8.102 – Tochtergesellschaft des Leistungsempfngers 8.86 – unentgeltliche sonstige Leistungen 8.144 ff. – unterhaltende Leistungen 8.57 ff. – Unternehmereigenschaft des Empfngers 8.79 – Veranstalter 8.57, 60 – Verbrauch im Inland 8.92 f. – Vermietung beweglicher Gegenstnde 8.115 – Vermietung von Befrderungsmitteln 8.142 f. – Vermittlungs- und Vertretungsleistungen 8.69 ff., 99, 114, 125, 134 Fn., 137 f. – Versicherungsdienstleistungen 8.110 – Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 8.66 ff., 73, 131, 134, 136 ff. – Verwertungsrecht, Einrumung 8.58 – Verzicht auf Ausbung einer Ttigkeit (Wettbewerbsverbot) 8.113 – Verzicht auf Ausbung eines Schutzrechtes 8.97 f. – Wahrnehmung von Schutzrechten 8.96 – Werbeleistungen 8.99 – wissenschaftliche Leistung 8.59 – Zugangsgewhrung zu Gas- und Elektrizittsnetzen 8.128 Pauschalierung der Vorsteuern – bestimmte Berufs- und Gewerbezweige 17.39 f. – gemeinntzige Krperschaften u. . 17.42 f. – Land- und Forstwirte 17.44 ff. Personengesellschaft, s. auch Gesellschafter – Arbeitsgemeinschaft 5.81 – Auflsung 5.154 – Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters 5.181

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Stichwortverzeichnis – – – – –

Beitrge (Einlagen) 5.14 ff. Brogemeinschaft 5.17, 103 ff. Ehegattengemeinschaft 5.102 Gelegenheitsgesellschaft 5.81 gemeinsame Nutzung von Gegenstnden 5.101 ff. – Geschftsfhrung 2.12 ff., 5.31 – Gewinnpool 5.51 – GmbH & Co. KG, s. dort – Grndung 5.113, 142 – Haftung fr Steueransprche 19.15 f., 27 – Haftungsrisiko, Tragen des – 2.13 – Innengesellschaften 5.50 f. – konkludente (stillschweigende, verdeckte) 5.14 – Konsortium 5,117 – kostenumlegende 5.100 ff. – Liquidation 5.154 – Liquidator 5.109 Fn. – Praxisgemeinschaften 5.17, 103 ff. – Sacheinlagen 3.14, 16 f. – Selbstndigkeit 5.36 – stille Gesellschaft 5.12, 51, 72, 121 – Ttigkeit ausschl. gegenber Mitgliedern 5.93 ff. – aus Unternehmern 5.85, 100 ff. – Unternehmerfhigkeit 5.12 – Vertretung 2.12 Fn. – zuschußfinanzierte 5.107 Pfand – Pfandscheinbertragung 7.16, 11.19 – Versteigerung 17.95 Fn., 111 Fn. Rahmen des Unternehmens, im 5.132, 149, 159, 171, 6.1 ff. Ratenkauf, s. Mietkauf Rechnung – Abrechnungslast 14.34 Fn. – Angaben, erforderliche, s. Rechnungsangaben – Aufbewahrungspflicht 14.13, 81 f. – Bedeutung, Funktion 14.1 f., 4 ff., 45 f., 15.56 – Berechtigung zur Ausstellung 14.23 ff. – Berichtigung, Ergnzung 14.27 ff., 15.60 f. – bei Dauerschuldverhltnis 14.48 f. – durch Dritte 14.32 – elektronische 14.31 – Ergnzung durch Gutschrift 14.30, 34, 47 – Fahrausweis 14.68

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– – – – – – –

gesonderter Steuerausweis, s. dort Gutschrift, s. dort Inhalt, s. Rechnungsangaben Kleinbetragsrechnung 14.68 Kombination mit Gutschrift 14.47 f. mehrere Dokumente 14.47 ff. Mehrzahl von Leistungsempfngern 14.21 – Merkmale 14.28 ff. – Mindest-Bemessungsgrundlage 14.26, 15.80 f. – Mitteilung von Rechtsansichten 14.5 f., 29, 45, 67 Fn. – nachtrgliche 15.60 f. – Sprache, bersetzung 14.28 – Tatsachenbehauptungen 14.5, 20.28 – unberechtigter/unrichtiger Steuerausweis, s. unzulssiger Steuerausweis – bei unentgeltlichen Leistungen 14.27 – unfreie Versendung 14.22 Fn. – Unmglichkeit der Beschaffung 15.57 – Unterschrift 14.28 – bei verbilligten Leistungen 14.26, 15.80 f. – Verbot des Steuerausweises 14.23 – Verlust 15.61 – Verpflichtung zur Erteilung, s. Rechnungsausstellung, Verpflichtung – Vorausrechnung 14.25, 140 – Zurechnung bei unzulssigem Steuerausweis 14.99 ff. Rechnungsangaben – Allgemeines 14.44 ff. – Aufschlsselung des Entgelts 14.63 – Berichtigung/Ergnzung 14.77 ff., 15.67 – Beschreibung der Leistung 14.61 f. – Entgelt 14.63 ff. – bei Fahrausweisen 14.68 – Hinweis auf Aufbewahrungspflicht 14.74 – Hinweis auf Steuerbefreiung 14.73 – Hinweis auf Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 14.74, 76 – bei Kleinbetragsrechnung 14.68 – Leistender 14.50 ff. – Leistungsempfnger 14.50 f., 53 – in mehreren Dokumenten 14.47 ff. – Mehrzahl von Leistungsempfngern 14.55 – Mindest-Bemessungsgrundlage 14.26, 15.80 f.

Stichwortverzeichnis – Mitteilung von Rechtsansichten 14.5 f., 29, 45 – Organgesellschaft 14.56 – Rabatt-, Skontovereinbarung 14.66 – Rechnungsnummer 14.59 – Steuerbetrag, s. gesonderter Steuerausweis – Steuernummer 14.57 ff. – Steuersatz 14.67 – Tatsachenbehauptungen 14.5, 20.28 – Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beteiligten 14.75 – im Vertrag 14.48 f. – Zeitpunkt der Leistung bzw. Vereinnahmung 14.60 – Zuzahlung Dritter 14.54, 65, 72 Rechnungsausstellung (Verpflichtung) – Anspruchsberechtigter 14.20 ff. – Ausstellung 14.15 – nach Beendigung des Unternehmens 5.162 – Berichtigung, Ergnzung 14.77 ff. – durch/gegenber Erben/Gesamtrechtsnachfolger 5.171 aE., 173, 178 – Frist 14.16 – Inhalt, s. Rechnungsangaben – innergemeinschaftliche Lieferung 10.44 – juristische Person als Leistungsempfnger 14.9 – Klage auf 20.26 ff. – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 14.8 Fn. – Mehrzahl von Leistungsempfngern 14.21 – Mindestbemessungsgrundlage, sog. 14.27 – Nichterfllung 14.17, 76 – ffentlich-rechtlicher Natur 14.2, 11 f., 17 – durch/gegenber Organgesellschaft 14.18, 20, 56 – Sanktionierung 14.76 – Sonderflle 14.8 aE. – steuerfreie Leistung 14.8, 73 – Streit ber Steuerpflicht oder Steuersatz 20.26 ff. – Tausch 11.39 – Teilleistungen 14.3 – unfreie Versendung 14.22 Fn. – bei verjhrtem Steueranspruch 14.108, 20.25 – Verpflichteter 14.18 ff.

– – – –

vor Ausfhrung der Leistung 14.24 f. Voraussetzungen 14.1 f, 8 ff. Vorauszahlung 14.25 zivilrechtlicher Natur 14.10, 73 Fn., 20.23 f. – zuzahlendem Dritten gegenber 14.22, 72 Rechtsformneutralitt, Gebot der 1.44 f., 61 f., 5.48, 53, 109, 214, 8.101, 10.22 f., 41, 54, 87 Fn., 124, 13.43 f., 15.84, 17.57 Rechtsnachfolge, s. Gesamtrechtsnachfolge und Geschftsverußerung Rechtsverhltnis, Leistung ohne 2.7,18 ff., 28 ff., 33 ff., 39, 3.4 f. Rechtsverordnung 1.28 Reihengeschft – Abholung durch Abnehmer, Ort 8.23 ff. – innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 9.26 ff. – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.25 ff. – Leistungsempfnger 15.15 – Lieferungen 7.3, 42 ff. – Lieferungszeitpunkt 12.11 – Ort 8.14 ff. – Steuerbefreiungen 10.17 ff., 32 ff. – Verschaffung der Verfgungsmacht 7.3, 42 ff. Reiseleistungen – Agenten, Reisebros 17.77 – Allgemeines 17.73 ff. – Begriff 17.76 – Bemessungsgrundlage 17.80 ff. – gemischte 17.79 – Kommission 17.78 aE. – Preisausschreiben, Gewinn 17.83 – Reisevorleistungen 17.78 f. – unentgeltliche 17.82 ff. – Vorsteuerabzug 17.74, 83 – Zuwendung an Arbeitnehmer 17.83 Reparatur – Art der Leistung 7.81 ff. – Leistungsempfnger 15.22 f. – Ort der Leistung 8.62 ff. – Steuerbefreiung 7.82, 85, 10.50 ff. Restaurationsumstze 7.78 f., 11.66 Restmehrwertsteuer 6.15 Richtlinien – allgemeine Verwaltungsvorschriften 1.35 – EG-Richtlinien, s. dort

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Stichwortverzeichnis Rckgngigmachung eines Umsatzes – Abgrenzung von Rcklieferung 3.9, 12.73 f. – Berichtigung der Steuer 12.70 ff. – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 16.26 ff. – Kauf unter Eigentumsvorbehalt 7.29, 12.73, 77 – Nutzungsentschdigung 2.23, 12.77 – Rckgewhrung der Gegenleistung 12.71 – Rcktritt 12.73 – sonstige Leistung 12.72, 76 – unentgeltliche Leistung 12.76 Rcklieferung 3.9, 7.29, 12.73 f. Rckwirkung, keine bei nachtrglichen Ereignissen 10.162, 164, 12.35, 37, 79, 14.110 f., 16.5, 8, 122 Rcktritt, s. Rckgngigmachung eines Umsatzes Rundfunkanstalten 1.27, 5.284 Fn. Sachspende 4.18 Schadensersatz – Ablseentschdigung 2.22 – Allgemeines 2.6 – Aufrechnung mit -forderung 11.23, 12.43 – Aufwendungen, vergebliche 2.22 – Beschdigung einer Sache 2.33 ff. – Diebstahl 2.28 ff. – „echter“ 2.17, 21, 28 ff. – entgangener Gewinn 2.22 – Gegenleistung 2.34, 3.6 – Geldvermgensschaden 2.6, 36 – Leistungsempfnger bei Reparatur oder Wiederbeschaffung durch Geschdigten 15.22 f. – Naturalrestitution durch Schdiger 15.23 Fn. – Nutzung, rechtswidrige 2.28 ff. – Nutzungsentschdigung 2.23 – Umsatz (Leistung) des Geschdigten 2.28 ff. – „unechter“ 2.21 – Vertragsauflsung 2.22 ff. – Vertragsstrafe 12.53 – Vorsteuerabzug 15.22 f. – Zerstrung einer Sache 2.33 ff. – zivilrechtliche Fragen, s. Zivilrecht und Umsatzsteuer Schenkung, s. Zuwendung und unentgeltliche Leistung

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Schmiergelder u. . 2.8, 4.20, 14.105 Fn. Selbstndigkeit – Allgemeines 5.20 ff. – Bezeichnung, Unmaßgeblichkeit der 5.28 – Gesamtbildbetrachtung 5.25 ff. – geschftsfhrender Gesellschafter 5.31 – Geschftsfhrer 5.29 – Handelsvertreter 5.25 – juristische Person 5.20 – Knstler 5.34 – Nebenttigkeit 5.24 – Personenzusammenschluß 5.36 – Sportler 5.34 – teilweise 5.24 – typologische Betrachtung 5.26 – Vermittler, Vertreter 5.35 – Vertrauensschutz 5.27, 15.8 ff. – Vorstandsmitglied 5.29 – wirtschaftliche Abhngigkeit 5.23 Sicherungseigentum, Verwertung – außerhalb des Insolvenzverfahrens 13.23 f. – Bemessungsgrundlage 11.12 Fn., 13.58 – Differenzbesteuerung 17.93 – Doppellieferung 7.25, 13.21 – innerhalb des Insolvenzverfahrens 13.23 f. – Lieferung nach Beendigung des Unternehmens 5.159 – Massekosten 13.23 – Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 13.20 ff. v. Siemens 1.3 Skonto 10.82, 11.24 Software, sog. 7.58, 63, 8.109, 124, 11.67, 16.45 Soll-Versteuerung, sog. (Soll-Prinzip) – Abwlzbarkeit des Zinsaufwandes 1.40 – Bauleistungen 12.9 Fn. – Gesetzgebungskompetenz 1.41 – Unverhltnismßigkeit, Verfassungswidrigkeit 1.40, 12.6 f. – Vorfinanzierung, Zwangskredit 1.40 f., 12.5, 7 – Wechsel zur sog. Ist-Versteuerung 12.26 Sonstige Leistung, s. auch Leistung – Abgrenzung von der Lieferung 7.54, 57 f., 60

Stichwortverzeichnis – Besorgen einer sonstigen Leistung 7.62 ff. – Dienstleistungskommission 7.61 ff. – Dulden 7.55 f. – Fiktionen 7.59 ff. – gespeichert auf krperlichen Medien 7.58 – bei Inhaberpapier, Berechtigungsschein u. . 7.57 – Nebenleistung 7.53, 73 ff. – Reparatur 7.81 ff. – Unterlassen 7.55 f. – Verzicht 7.56 – Werkleistung 7.81 ff. – Wertzeichen-„Lieferung“ 15.172 Fn. Spaltung 5.177 Spediteur 7.63 (Beisp.), 8.12 (Beisp.), 136, 138, 15.95 (Fn. Einfuhrumsatzsteuer), s. auch Befrderungsleistungen Sportanlage, berlassung von 7.70, 10.108 Steueranmeldung, s. Besteuerungsverfahren und Steuervergtung Steuerausweis, s. gesonderter – Steuerbarkeit 1.63 ff., 8.1 Steuerbefreiungen – Anlagegold, Lieferung 10.2 Fn. – Ausfuhrlieferungen, s. dort – Auslegung 10.77, 126 – banktypische Umstze 10.78 ff. – Begriffliches 10.1, 4 – Blinde 10.76, 73, 123 – „echte“ 15.139 – Einfuhr 9.5 – einheitliche Beurteilung 10.5 – Einrichtungen, Begriff 10.124 – Einrichtungen mit staatsbrgerl., religisen u. . Zielen 10.125 – Exportfinanzierung, -versicherung 10.60 – Factoring, sog., Forfaitieren 10.84, 86 – Geldforderung, Abtretung, Verußerung 10.86 – Gesellschaftsanteil, Umsatz 10.87 f. – grenzberschreitende Befrderungen u. damit zusammenh. Umstze 1059 – grenzberschreitende u. . Vermittlungen 10.61 ff. – Grunderwerbsteuergesetz, Umstze unter – fallend, s. Grundstckslieferung – Grundstcks-/Gebudelieferung s. Grundstckslieferung

– Heilbehandlungen 10.122 – Hinweis auf – in Rechnung 14.73 – innergemeinschaftliche Lieferung, s. dort – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.5 – Kleinunternehmer 17.3 – Konkurrenzen 10.6, 60 – kostenumlegende Kooperationsgesellschaft 10.126 f. – Krankenhausbehandlung 10.122 – Kreditgewhrung, -vermittlung 10.78 ff., 85, 11.26 – Kreditkartengeschft 10.83 – kulturelle Leistungen 10.122 – Kumulierungswirkung 10.71 ff. – Laborgemeinschaft, rztliche 10126 f. – Lieferung nach Ablauf Berichtigungszeitraum 10.131 – Lieferung nichtvorsteuerentlasteter Gegenstnde 10.129 ff., 16.95 – Lohnveredelung an Gegenstnden der Ausfuhr 10.50 ff. – Luftfahrt, Umstze fr 10.57 ff. – mit Vorsteuerabzug 10.1, 8 ff. – Nato-Streitkrfte u. ., Umstze gegenber 10.2 Fn., 15.138, 139 Fn. – ohne Vorsteuerabzug 10.2, 67 ff. – Reiseleistungen 10.2 Fn. – Seeschiffahrt, Umstze fr 10.57 ff. – Skontogewhrung 10.82, 11.24 – Sport u. ., Dienstleistungen im Zusammenhang mit 10.125 – Stundung 10.80 – subjektive 10.67 – System 10.1 ff., 67 ff. – teilweise 10.5, 59 Fn. – unechte 10.69 – unentgeltliche Leistungen 10.7, 22 f., 40 ff., 54 – Vermietung und Verpachtung von Grundstcken, s. dort – Verzicht, s. Verzicht auf Steuerbefreiungen – Verzicht durch Nichtbeibringung einer Bescheinigung 10.137 Fn. – Verzugszinsen 10.81 Fn. – Vorsteuerabzug 15.131 ff. – Vorstufenbefreiung 10.57 f. – Wechseldiskontierung 11.26 – Werkleistungen 10.50 ff., 60 – Wettbewerbsbeeintrchtigung 10.74 f. – Wirkung 10.1 ff.

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Stichwortverzeichnis – Zusammenschlsse von Heilberuflern 10.127 – Zwecke 10.3, 79 – Zwischenstufe, auf 10.71 ff. Steuerberechnung – Absetzung der Vorsteuerbetrge 18.6 ff. – Allgemeines 18.1 ff. – Berichtigungsbetrge, Einbeziehung 12.37, 16.122, 18.5, 13 – Besteuerungszeitraum 18.1 – Erstattungsbetrge, Einbeziehung 18.12 f. – Insolvenz 18.27 – nach vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Prinzip) 18.1 – nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Prinzip) 18.1 – Voranmeldungszeitrume 18.17 ff. – Vorauszahlungen 18.17 ff. – Vorsteuerberhang 18.8 – Whrung, fremde 18.15 f. – Zwangsverrechnung 18.14 – Zwangsverwaltung 18.27 Steuerbetrag, s. gesonderter Steuerausweis Steuerentstehung, s. Entstehung Steuererklrung 17.3 aE., 18.24, 28 Steuerkumulierung 10.71 f. Steuerpflichtiger iS der EG-Richtlinien 5.6 ff., 269 Steuersatz, nderung des – nderung der Bemessungsgrundlage 11.70 – Ist-Versteuerung 11.69 – Teilleistungen 11.69 – Vorauszahlungen 11.70, 12.20 – zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch 11.71, 20.14 Steuerstze – allgemeiner 11.64 – nderung, s. Steuersatz, nderung – Differenzbesteuerung 17.118 – ermßigte, s. dort – Land- und Forstwirte 17.44 – Restaurationsumstze 11.66 Steuerstze, ermßigte – Bcher, Zeitschriften, Kunstgegenstnde u. . 11.65 – gemeinntzige u. . Leistungen 11.67 – kulturelle Veranstaltungen 11.67 – land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse 11.65

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– Lebensmittel 11.65 f. – Personenbefrderung, kurze 11.67 – urheberrechtliche Leistungen 11.67 – Wirkung auf Zwischenstufe 11.68 – Zahnersatz 10.122 Fn. Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers – Allgemeines, Zweck 13.1 ff. – Ansssigkeit des Leistungsempfngers 13.38 – Bauleistungen 13.6 aE., 28 ff. – Bemessungsgrundlage 13.53 ff., 61 ff. – Dritter als Leistungsempfnger 13.37 – Elektrizitts- und Gaslieferungen 13.7 – Entrichtung der gesamten Gegenleistung 13.61 ff. – Entstehung der Steuer 13.46 ff. – Gesellschafter 13.43 f. – Grundstckslieferungen u. . 13.25 ff., 59 – Hinweis in Rechnung 13.3, 14.74 – im Ausland ansssiger Unternehmer, s. Ausland, im – – innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 9.26 ff. – jur. Person d. ffentl. Rechts 13.40, 45 – Klagebefugnis des Leistenden 20.18 aE. – Kleinunternehmer als Leistender 13.1 Fn., 46 Fn. – Kleinunternehmer als Leistungsempfnger 13.41 – Krzung der Gegenleistung 20.16 ff. – Land- und Forstwirte als Leistungsempfnger 13.41 – Leistung fr den nichtunternehmerischen Bereich 13.42 – Leistungsempfnger 13.36 ff. – Lieferung sicherungsbereigneter Gegenstnde 13.20 ff., 58 – mehrere Personen als Leistungsempfnger 13.39, 57 – Mindest-Bemessungsgrundlage 13.56 – sonstige Leistungen eines im Ausland ansssigen Unternehmers 13.4 ff. – Steuerausweis in Rechnung 14.112 – Tausch, tauschhnlicher Umsatz 13.60 – Umstze, die unter Grunderwerbsteuergesetz fallen 13.25 ff., 59 – Vorauszahlungen 13.51 ff. – Vorsteuerabzug 13.3, 15.101

Stichwortverzeichnis – Werklieferung eines im Ausland ansss. Unternehmers 13.4 ff. – Wohnungseigentumsgemeinschaft 13.39 – zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch 20.21 f. – Zumutbarkeit 13.41 Steuertrger – Begriff 1.17 – Klagebefugnis 1.23 ff. Steuervergtung, Steuervergtungsanspruch – Ablehnung der Festsetzung 18.33 – Abtretung 18.14, 21 ff. – Aufrechnung 18.14, 21 ff. – Aussetzung der Festsetzung 5.150 – Begriff 18.10 f. – Entstehung 15.86, 18.21 f. – Erstattung einer – 18.5, 23 – Erstattungsanspruch als – 18.12 – Flligkeit 18.40 – Festsetzung 18.33 f. – Pfndung, Verpfndung 18.14, 21 ff. – Rckforderungsanspruch des Steuerglubigers 18.5, 23 – Sicherheitsleistung 18.34 – Steuervergtungsanmeldung 18.25 – Steuervergtungsbescheid 18.33 – Vergtung an im Ausland ansssige Unternehmer, s. Vergtung der Vorsteuer an . . . – Zustimmung zur Anmeldung 18.30, 34 – Zwangsverrechnung 18.14 Streckengeschft, s. Reihengeschft Subunternehmer – Bauleistungen 13.32 – Leistungszurechnung 2.43 Subvention als Gegenleistung 2.15, 11.32 Tausch – Allgemeines 3.11 – Bemessungsgrundlage 11.38 ff. – Fiktion einer sonstigen Leistung 7.60 – Inzahlunggabe 11.43 – Inzahlungnahme 11.41 f., 12.18 – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.60 – Rechnungserteilung, Vorsteuerabzug 11.39 – Vermutung der Gleichwertigkeit 11.40

– Zuzahlung („mit Baraufgabe“) 11.41 Fn. Tauschhnlicher Umsatz, s. auch Tausch – Allgemeines, Begriff 3.11 – Bemessungsgrundlage 11.38 ff. – Gesellschafterbeitrag 3.14 ff. – Rechnungserteilung, Vorsteuerabzug 11.39 – Sachleistungen gegenber Arbeitnehmern 3.12 ff. Teilleistungen – nderung des Steuersatzes 1.69, 12.16 – Bauleistungen 12.14 – Begriff 12.13 – Behandlung als Umsatz 12.16 – Dauerschuldverhltnis 12.13 f. – Entstehung der Steuer 12.13 ff., 13.47 – Rechnungserteilung 14.13 Treuhnder – bei Dienstleistungen 7.65, 68 – bei Lieferungen 7.23, 25 aE. – Zurechnung der Ttigkeit 2.39, 5.126 ff. bermaßverbot s. Verhltnismßigkeitgrundsatz berwlzung s. Abwlzung Umsatz – Begriff 1.63, 9.3 – Gesamtumsatz 17.18 ff. – Teilleistung 12.16 Umsatzsteuergesetz – Entwicklung, Geschichte 1.1 ff. – Systematik 1.63 ff. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – Angabe in Rechnung 14.57, 75 – Besttigung durch Bundesamt fr Finanzen 8.79, 10.47 – Erteilung 10.29 Fn. – innergemeinschaftliche Lieferung 10.29, 43, 48 – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.21, 23, 47 ff. – innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 9.26, 29 – nachtrgliche Verwendung 8.68 – bei sonstigen Leistungen 8.66 ff, 73, 131, 134, 136 ff. – Vertrauensschutz 8.66 Fn., 79, 10.47 f. – Verwendung 8.66 Fn. Umtausch 3.9, 12.75 Umtauschmllerei, sog. 7.60

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Stichwortverzeichnis Umwandlungen – Abspaltung 5.177, 192 – Ausgliederung 5.177, 192 – Rckwirkung, keine 5.179 – Spaltung 5.177, 192 – Vermgensbertragung 5.177, 192 – Verschmelzung 5.177, 192 Unberechtigter Steuerausweis, s. unzulssiger Uneinbringlichkeit (Nichtzahlung) der Gegenleistung – Begriff, Voraussetzungen 12.57 ff., 16.19 f. – Berichtigung der Steuer 12.55 ff. – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 16.17 ff. – Delkrederehaftung 12.64, 16.23 – gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung 12.60 – Miet-, Ratenkauf 12.61, 16.21 – nachtrgliche Vereinnahmung/Zahlung s. Vereinnahmung – Organschaftsverhltnis, nach Beendigung 5.251 – Stundung 12.61, 16.21 – Umwandlung in Darlehensforderung 12.61 – verfassungskonforme Auslegung 12.59 – Versicherung gegen Forderungsausfall (Warenkreditvers.) 12.64 f., 16.23 – Wechselhereinnahme 11.26 Fn. – Zahlung durch Brgen/Dritte 12.63 ff. Unentgeltliche Leistungen (Umstze), s. auch Entnahmen und Nutzungsentnahmen – nderung der Bemessungsgrundlage 12.34 – im Ausland 8.45 f., 144 ff. – Ausschluß des Vorsteuerabzugs 15.134, 137, 150 ff. – Bemessungsgrundlage 11.44 ff. – Differenzbesteuerung 17.105, 109 – Eigeninteresse, vorrangiges 4.24 – zur Frderung entgeltlicher Umstze 15.150 ff. – Geschftsverußerung 4.23, 5.190 – Geschenke an Kunden 4.18 f., 42, 15.110 ff., 151 – an Gesellschafter 4.18, 28 – Gesellschafter gegenber Gesellschaft 4.26, 5.115, 117 – Land- und Forstwirte 17.48

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– Lieferungen 4.16 ff. – Miteigentumseinrumung 4.25 aE. – Neutralisierung des Vorsteuerabzugs 4.1, 21, 38 ff., 11.46 f., 50 ff. – Nießbrauchseinrumung 4.13 aE., 25 – Nutzungsberlassung 4.28 ff. – Ort 8.43 ff., 144 ff. – an Personal 4.16, 35 f. – Preisausschreiben 4.42 – Rechnung mit Ausweis der Steuer 14.27, 116 – Rckgngigmachung 12.76 – sonstige Leistungen 4.37 ff. – Steuerbefreiung 10.7, 27 f., 40 ff., 54, 101 f., 113 f., 130 – strafbare Zuwendung von Vorteilen 15.130 – an Unternehmer 4.16, 21 f., 30 – aus unternehmerischen Grnden 4.16, 19, 30 – Verzicht auf Steuerbefreiung 10.144 – Vorsteuerabzug des Empfngers 15.82 ff., 16.130 ff. – zu Werbezwecken 4.42 – zeitliche Begrenzung der Besteuerung 4.9 f., 34, 11.46, 50 f. – Zweck der Besteuerung 4.1, 21, 32 Unrichtiger Steuerausweis, s. unzulssiger Unselbstndigkeit s. Selbstndigkeit Unterlassen von Wettbewerb 2.8, 5.78 f. Unternehmen – Abwicklung 5.152, 164 – Betriebssttte, auslndische 5.133 – Einbringung 5.155, 194 – Einschrnkung des 5.151 aE. – Erweiterung 5.139 – Erwerb fr das –, s. Vorsteuerabzug – mehrere Betriebe 5.131 – mehrere Ttigkeiten 5.131 – Organschaft, s. dort – Rahmen des, s. dort – ruhendes 5.153 – Saisonbetrieb 5.62, 153 – bertragung, Verußerung 5.155, 164, 182 ff., 15.153 – Umfang 5.131 ff. – Verbringen innerhalb des 4.14, 5.135, 257 – Wertabgaben innerhalb 5.135 Unternehmenseinheit 5.131ff. Unternehmensvermgen 5.186, 6.8 Fn.

Stichwortverzeichnis Unternehmer, unternehmerische Ttigkeit, s. auch Unternehmerbegriff – Allgemeines 5.1 ff. – Ansssigkeit, s. Ansssigkeitskriterien – Aufsichtsratsmitglied, s. dort – Automobilclub 5.99 – Beginn, s. Beginn der Unternehmereigenschaft – Begriff, s. Unternehmerbegriff – Beiratsmitglied, s. Aufsichtsratsmitglied – Beliehener 5.43, 271 – Beteiligung an Gesellschaften 5.44, 15.148 – Brogemeinschaft 5.103 ff. – Dienstleistungen, Erbringung von 5.69 ff. – dingliches Nutzungsrecht, Einrumung 5.73, 76 – Ehegatte oder Ehegattengemeinschaft 5.102 – ehemaliger 5.138 – einmalige Ttigkeit 5.80 ff. – Erbbaurechtsbestellung 5.76 Fn. – Erbe, s. dort – Erfinder 5.77 Fn., 90 – Fiktion 10.27 Fn. – Gehilfe des Staates 1.18 ff., 37 ff.; 5.1 – Gelegenheitsgesellschaft 5.81 – Geschftsfhrungsttigkeit, s. dort – Gesellschafter 5.107 ff. – Gewinnpool 5.51 – Gtergemeinschaft 5.119 Fn. – Handeln unter fremdem Namen 5.124 – Hobbyttigkeit 5.90 – Holding 5.44 ff. – Innengesellschaft 5.50 f. – Insolvenzschuldner 5.11, 125 – Insolvenzverwalter 5.82 – Interessenvereinigung 5.98 f. – Investmentgesellschaft 5.44 Fn. – jur. Person d. ffentl. Rechts, s. dort – Kapitalgesellschaft, s. dort – Kartenspieler 5.70 – Kommissionsmitglied 5.83 – Kosten der Umsatzsteuererhebung 1.39 – kostenumlegende Gesellschaft 5.100 ff. – Kreditgewhrung 5.72 – Liebhaberei, s. dort – Lizenzvergabe 5.73, 77

– mittelbarer 5.49, 112 ff. – Nachforschungspflichten, s. Sorgfaltspflichten – Nebenttigkeit, Arbeitnehmer 5.24 – Nebenttigkeit, knstlerische, sportliche usw. 5.90 – Nießbrauchseinrumung 5.76 – Nutzungsberlassung 5.73 ff. – Organe jur. Personen 5.52 ff. – Organgesellschaft 5.207 – Pferdezucht 5.90 – Praxisgemeinschaft 5.103 ff. – Prostituierte 5.70 – Prfer, Schiedsrichter 5.83 – Rechtsform, nicht kraft 5.39 – Saisonbetrieb 5.62 – Schriftsteller 5.77 Fn., 83, 90 – Selbstndigkeit, s. dort – Sorgfaltspflichten 1.19, 8.79, 10.24, 28 ff., 46 ff., 15.9, 65 – Sparkonto, Unterhalten von 5.72 – Steuereinnehmer (-sammler) 1.18 – Streben nach Unternehmerstatus 5.4 – Strohmann 5.129 – Testamentsvollstrecker 5.82, 125 – Treuhnder 5.82, 125 – Unterlassen 5.78 f. – Unternehmerfhigkeit, s. dort – Verußerungsttigkeiten 5.67 f. – Verbnde 5.98 f. – verbotene Ttigkeiten 5.42 – Vereine 5.94 ff. – Verfassungsmßigkeit der Indienstnahme 1.37 ff. – Vermietung, Freizeitgegenstand 5.91 – Vermietung, kurzfristige 5.71 – Vermietung, langfristige 5.73 ff. – Vermgensverwalter 5.82 – Vermgensverwaltung, sog. 5.65, 74 f., 280 f. – Vertrauensschutz, s. dort – Verwaltungshelfer, als 1.18 – Verzicht auf Ausbung einer Ttigkeit 5.78 f. – Voraussetzungen, s. Unternehmerbegriff – Vorbereitungshandlungen 5.140 f. – Vortrag 5.83 – Werbeflchenberlassung auf Fahrzeug 5.70 – Werbegemeinschaft 5.105 – Wettbewerbsverbot, Einhalten 5.78 f. – Zurechnung der Ttigkeit 5.119 ff.

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Stichwortverzeichnis – zuschußfinanzierte Gesellschaft 5.106 – Zweckverband 5.98 f. Unternehmerbegriff – anderer Rechtsgebiete 5.5 – charakteristische Merkmale 5.58 ff. – Dauermoment 5.62 – EG-einheitlicher 5.8 – einheitlicher 5.3 – einmalige Ttigkeit 5.80 – ertragsteuerrechtlicher 5.5 – Gesamtbildbetrachtung 5.57, 66 – Geschftsbetrieb 5.60 – gewerbliche oder berufliche Ttigkeit 5.37, 56 f. – Gewinnerzielungsabsicht, Fehlen der 5.84 ff. – Gutglaubensschutz 15.79 – Nachhaltigkeit 5.55 ff. – Planmßigkeit 5.59 – Steuerpflichtiger iS der EG-Richtlinien 5.6 ff., 56, 64 – Ttigkeit (Verhalten) 5.38, 40 f., 73 f., 77 – Typusbegriff 5.2, 6, 27, 57 ff., 88 – berschußerzielung 5.64, 84 f., 88 – Vermgensverwaltung, sog. 5.65, 74 – Vorsteuerabzug 5.3 – wirtschaftliche Ttigkeit 5.56, 64, 86, 88 Unternehmereigenschaft – Beginn, s. Unternehmereigenschaft, Beginn – Ende, s. Unternehmereigenschaft, Ende – des Leistungsempfngers, Zweifel 8.79 – Nachwirkungen 5.158 ff. – Unvererblichkeit 5.163 – Vertrauensschutz, s. dort – Voraussetzungen, s. Unternehmer und Unternehmerbegriff Unternehmereigenschaft, Beginn – Ausbildung 5.140 aE. – gescheiterte Grndung 5.146 ff. – Grndung Personengesellschaft 5.142 – Kleinunternehmergrenze 17.17 – Marktanalyse u. ., Einholung einer 5.140 – Rentabilittsstudie 5.140 – Vorbereitungshandlungen 5.140 – Vorgrndungsgesellschaft 5.145 Unternehmereigenschaft, Ende – Abwicklung 5.152

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– Einbringung des Unternehmens in Gesellschaft 5.155 – Einstellung der Ttigkeit 5.151 – Liquidation 5.152, 154 – nachtrglicher Vorsteuerabzug 15.154 – Nachwirkungen der Unternehmereigenschaft 5.158 ff., 6.17 – Tod 5.155, 163 – Verußerung 5.155 Unternehmerfhigkeit – Betrieb, Betriebssttte 5.10 – Erbengemeinschaft 5.16 – Europische wirtschaftliche Vereinigung 5.12 – gelschte Kapitalgesellschaft 5.9 Fn. – Geschftsfhigkeit, mangelnde 5.11 – Gtergemeinschaft, eheliche 5.16 – Insolvenzschuldner 5.11 – juristische Personen d. ffentl. Rechts 5.19 – Miteigentmergemeinschaft 5.13 ff. – nichtrechtsfhige Gebilde 5.9 – nichtrechtsfhiger Verein 5.12 – ffentlich-rechtliche Sondervermgen 5.19 aE. – Personengesellschaften 5.12 – stille Gesellschaft (typische und atypische) 5.12 – Vermgensmassen, Zweckvermgen 5.18 Unzulssiger Steuerausweis, Steuerschuldnerschaft – Abgrenzung 14.87, 103, 131 – Allgemeines 14.83 ff., 131 – nderung der Bemessungsgrundlage 12.40, 14.88, 107 – Berichtigung der Steuerschuld, Vorauss. 14.103, 119 f., 122 ff., 128, 141 ff. – Berichtigung gegenber Rechnungsempfnger 14.119 ff. – Beseitigung der Steuergefhrdung 14.123 f., 131, 142 ff. – Differenzbesteuerung 14.109, 17.119 f. – Einfuhrlieferung 15.77 – Endrechnung 14.106 – Entstehung der Steuer 14.117 f. – Erstattungsanspruch des Rechnungsempfngers 14.127 – falsche Leistungsbeschreibung 14.139 – fehlende Entgeltsangabe 14.95 – fehlende Leistungsbeschreibung 14.94 – Gefhrdungstatbestand 14.86

Stichwortverzeichnis – – – – – – – –

Geflligkeitsrechnung 14.139 Geschftsverußerung 14.114, 124 Gutglubigkeit 14.124, 143 ff. Gutschrift 14.96 ff. Haftung 14.130 Kleinunternehmer 14.135 maßgeblicher Zeitpunkt 14.88 mehrere Rechnungen (Gutschriften) 14.106 – missbruchlicher 14.124, 143 – durch nachtrgliches Ereignis 14.88, 110, 115 – Nichtausfhrung einer Leistung 14.138 ff. – nichtsteuerbarer Umsatz 14.113 – Organgesellschaft 14.101, 137 – Organkreis, innerhalb 14.90 – Rechnungsbegriff 14.89 ff. – Rcknahme d. Verzichts auf Steuerbefr. 14.111, 124 – rckwirkender Erlaß 14.129, 145 – Rckzahlung an Rechnungsempfnger 14.125, 141 – bei Schadensersatz 14.113, 139 – steuerfreie Umstze 14.109 f. – Steuerschuldnerschaft („Haftung“) 14.85 – bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfngers 14.112 – Streit ber Gegenleistung 14.88 – berhhte Bewertung bei Inzahlungnahme 14.105 – berhhter 14.104 ff. – Umsatz außerhalb des Unternehmens 14.133 – unberechtigter 14.131 ff. – unentgeltliche Leistung 14.116, 134 – unrichtiger 14.103 ff. – unvollstndige Abrechnung 14.94 – verdeckter Preisnachlaß 14.105 – nach Verjhrung 14.108 – Vertreter ohne Vertretungsmacht 14.136, 140 – im Voraus erteilte Rechnung 14.140 – Voraussetzungen 14.88 ff., 132 ff. – Vorsteuerabzug des Rechnungsempfngers 14.125 f., 15.72 ff. – Wechseldiskontierung 12.40 Fn., 14.107 – Wegfall der Steuerpflicht 14.110, 115 – Zurechnung, personelle 14.99 f. Ursprungslandprinzip 10.25, 17.117

Verarbeitung, s. Bearbeitung oder Verarbeitung Verbnde 5.94 ff. Verbilligte Leistungen – Bemessungsgrundlage 11.58 ff. – Rechnung 14.26, 63 – steuerfreie, zur Frderung entgeltlicher Umstze 15.171 – Vorsteuerabzug des Empfngers 15.80 f. Verbrauchsteuer(-charakter) 1.9, 13 ff., 11.5, 7, 14 Verbrauch- und Aufwandsteuer, rtliche 1.29 Verbringen eines Unternehmensgegenstandes in das Ausland – Entnahme, keine 4.14, 5.133, 135, 257, 8.45 f. – Fiktion einer Lieferung, Zweck 10.36 f. – Steuerbefreiung 10.36 ff. – vorbergehendes 10.39 – Vorsteuerentlastung 10.36 f., 16.90 Verbringen eines Unternehmensgegenstandes in das Inland – Bemessungsgrundlage 9.50 – Fiktion des innergem. Erwerbs 9.33 ff. – Kommissionsware 9.38 – nachtrglicher Vorsteuerabzug im Ursprungsland 9.35 – ohne Abnehmer 9.37 f. – vorbergehendes 9.42 ff. – bei Werklieferung 9.40 – zeitliche Begrenzung 9.41 Vereine 2.8, 5.94 ff. Vereinigungsfreiheit 1.44, 5.214 Vereinnahmung, Zahlung der Gegenleistung – Abtretung der Forderung 12.27 – Aufrechnung 12.27 – nach Beendigung des Unternehmens 5.160 – Hereinnahme eines Wechsels 12.28 – nachtrgliche 12.62 ff., 16.22 f. – nachtrgliche durch Erben 5.172 – Unterschlagung durch Personal 12.29 – Vorauszahlung 12.17 ff. – Zahlungen Dritter 12.28, 64 ff., 16.23 Verfahrensrechtliche Einordnung der Umsatzsteuer 1.16 Verfassungsrecht – Aufteilung der Umsatzsteuer 1.30 ff. – Auftragverwaltung 1.34

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Stichwortverzeichnis – Berufsfreiheit 1.38, 47 – Ehe und Familie, Benachteiligungsverbot, s. dort – Eigentumsschutz, Enteignungsverbot 5.218, 10.155 Fn., 12.69, 71, 14.125, 127, 15.73 aE., 19.18 – Einordnung der Umsatzsteuer 1.27 – Ertragshoheit 1.30 ff. – EuGH als gesetzlicher Richter 1.56 – Gesetzgebungskompetenz 1.26 f., 41 – Gleichbehandlungsgebot, s. Willkrverbot – Handlungsfreiheit, 10.157 f., 158, 13.56, 60 – Indienstnahme der Unternehmer 1.37 ff. – Rechtsformneutralitt, s. dort – Rckwirkungsverbot 14.117, 16.111 – Vereinigungsfreiheit 1.44, 5.214, 15.84 – verfassungskonforme Auslegung, s. Auslegung – Verhltnismßigkeitsgrundsatz, s. dort – Verwaltungskompetenz 1.34 ff. – Wettbewerbsneutralitt, s. dort – Willkrverbot, s. dort Verfgungsmacht, s. auch Verschaffung der – – Allgemeines 7.12, 18 ff., 32 – Annahmeverzug 2.9, 7.36 – Dritter 7.43 f. – Eigenbesitz 7.35 – Eigentum 7.12 ff., 22 ff., 37 ff. – ohne Eigentum 7.28 ff. – bei Eigentumsvorbehalt 7.29, 33 – bei Entschdigungsanspruch 7.7, 40 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 7.7 ff., 37 ff. – Gefahrbergang 2.9, 7.36 – Grundstck 7.17, 26, 34 – Mietereinbauten 7.7,37 ff. – Sicherungseigentum 7.24 f. – Treuhandeigentum 7.23 – Vorbehaltsnießbrauch 7.26 – Wegnahmerecht 7.7, 40 – wirtschaftliche Substanz 7.18 f., 22, 28 Vergtung der Vorsteuer an im Ausland ansssige Unternehmer – Allgemeines 18.41 ff. – Antragsfrist 18.55 – Gegenseitigkeit 18.52 – bei Kraftstoffen 18.51

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– Nachweis der Unternehmereigenschaft 18.44 f. – Nichtansssigkeit im Gemeinschaftsgebiet 18.51 f. – Nichtansssigkeit im Inland 18.42, 46 f. – Nichtausfhrung von Umstzen im Inland 18.48 – Unternehmerbescheinigung, sog. 18.44, 47, 57 – Verfahren 18.58 f. – vergtbare Vorsteuern 18.49 – Vergtungszeitraum 18.53 f. – Vorsteuerabzugsverbot des Ansssigkeitsstaates 18.50 – Wahlrecht, kein 18.43 Verhltnismßigkeitsgrundsatz (bermaßverbot) 1.22, 38, 41, 5.130, 10.48, 13.19, 34, 41, 14.86 f., 109, 122, 124, 143 f., 15.8, 21, 58, 62, 72 ff., 17.120, 19.33 f., 51, 55, 59 ff. Verkehrsteuer 1.13 Vermietung und Verpachtung – Abstellplatz fr Fahrzeuge 10.116 – Betriebsvorrichtung 10.118 f. – Bootsliegepltze 10.116 – auf Campingpltzen 10.117 – durch Dritte 7.67 – durch Ehegattengemeinschaft 5.119 Fn. – Freizeitgegenstand, keine unternehmerische Ttigkeit 5.91 – Garage 10.116 – Grundstck, unternehmerische Ttigkeit 5.76 – kurzfristige, unternehmerische Ttigkeit 5.71 – Leasing, sog. 7.30 – Leasingsonderzahlung 12.18, 16.58 – Leerstandszeiten 16.72, 84 – Ort 8.54, 115, 142 f. – Rechnungsgestaltung 14.48 f. – Rckvermietung 7.27 – Steuerbefreiung, s. Vermietung und Verpachtung von Grundstcken – Verzicht auf Steuerbefreiung, s. dort – vorzeitige Auflsung des Mietvertrages 2.24 ff., 10.106 Vermietung und Verpachtung von Grundstcken, Steuerbefreiung – Abstellpltze fr Fahrzeuge 10.116 – Allgemeines 10.103 ff. – Ausnahmen 10.115 ff.

Stichwortverzeichnis – Automatenaufstellung, Gestattung 10.109 – Begriff 10.106 ff., 110, 113 f. – Betriebsvorrichtung 10.119 – dingliches Nutzungsrecht, Einrumung 10.106, 112 – gemischte Leistung 10.108 – Grundstcksbegriff 10.104 f. – kurzfristige Beherbergung 10.115 – Leerstandszeiten 16.72, 84 – Nebenleistungen 10.104, 107 – Nießbrauch 10.106, 112 – Nutzungsberlassungen 10.110 ff. – Sporteinrichtungen u. . 10.108 – verbilligte – zur Frderung entgeltlicher Umstze 15.171 – Verzicht auf die Steuerbefreiung, s. dort – vorzeitige Auflsung des Vertrages 10.106 – Zubehr 10.104 Vermittlung, Vertretung – Begriff 8.69 f. – Ort 8.69 ff., 99, 114, 125, 134 Fn., 137 f. – Reisebro 10.66, 17.77 – Steuerbefreiungen 10.61 ff., 78, 85 Verordnungen – EG-Verordnung 1.51 – Rechtsverordnung 1.28 Verschaffung der Verfgungsmacht, s. auch Lieferung – Allgemeines 7.2 f., 12 ff. – Annahmeverzug 2.9 – Diebesgut 7.35 – an Dritte 7.3, 42 ff., 8.12 – durch Dritte 7.3, 42 ff., 8.11 – Eigentumsbergang kraft Gesetzes 7.20, 37 – Eigentumsverschaffung 7.12 ff., 35 – bei Eigentumsvorbehalt 7.29, 33 – Gefahrbergang 2.9, 7.36, 12.11 – Grundstck 7.17, 26, 34 – Nebenleistung zu sonstiger Leistung 7.2 – Reihengeschft, Streckengeschft 7.3, 42 ff. – Rckvermietung 7.27 – Sicherungsbereignung 7.24 ff, 27 – Traditionspapier 7.14, 8.36 – Transportgefahr, Tragen der 2.9, 7.36, 12.11 – Untergang der Ware auf dem Transport 2.9

– Verfgungsmacht, s. dort – Verschaffung 7.20 – vorbehaltene Nutzung 7.26 – Vorbehaltsnießbrauch 7.26 – Zeitpunkt 12.10 ff. Versenden, Begriff 8.8 Versicherungsschutz, Verschaffung 7.74 Fn. Vertragsauflsung – Leistung 2.22 ff., 7.56, 10.81 – Rckgngigmachung des Umsatzes, s. dort Vertrauensschutz – Angaben des Abnehmers, Steuerbefreiung 10.46 ff. – Ansssigkeit des leistenden Unternehmers 13.18 f. – Ansssigkeit des Leistungsempfngers 8.79, 88 – Ausfuhrbeleg, geflschter 10.24 – bei Bauleistungen 13.34 – Billigkeitsmaßnahme 15.57, 78 – Geschftsverußerung 5.185 – Gesetzesnderung 16.111 – Leistung, Vorliegen einer 15.11 – Rechnungsangaben 15.62 ff. – Rechtsprechungsnderung 1.20 – Steuerpflicht des Vorgangs 1.19 f., 11.10, 12.2 – Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 8.66 Fn., 79, 10.47 f. – Unternehmereigenschaft, eigene 1.19 f. – Unternehmereigenschaft des Vertragspartners 5.27, 8.79, 13.10, 15.8 ff. – unzulssiger Steuerausweis, Berichtigung der Steuer 14.124, 143 ff. – Vorsteuerabzug bei unzulssigem Steuerausweis 15.72 ff. – Wiederverkufer, Vorauss. fr Differenzbesteuerung 17.101 – Zurechnung der Leistung 5.130, 14.52, 15.8 Verwaltungsvorschriften 1.35 Verwendung fr Zwecke außerhalb des Unternehmens, s. Nutzungsentnahme Verwendung zur Ausfhrung steuerfreier Umstze – nderung der Verhltnisse, s. dort – beabsichtigter Verzicht auf die Steuerbefreiung 15.163 ff. – Bereitstehen als Verwendung 16.72 – Fehlmaßnahmen 15.167

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Stichwortverzeichnis – gemischte Verwendung 15.168 ff. – Holding 15.148 – Leerstehen als Verwendung 16.72, 84, 87 – nachtrgliche Aufwendungen 15.152 ff. – bei Organschaft 5.209, 241, 244 – steuerfreie Umstze zur Frderung steuerpflichtiger Umstze 15.149 – teilweiser 15.168 ff. – unentgeltliche Umstze zur Frderung steuerpflichtiger Umstze 15.150 f. – verbilligte Vermietung 15.171 – Verwendungsabsicht 15.158 ff., 16.83, 18.7 – Vorauszahlung 15.159 Fn. – Wertzeichen-„Lieferung“ 15.172 – wirtschaftliche Zurechnung 15.144 ff., 173 – Zeitraumbetrachtung 15.155 ff. – Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung 15.155 ff. – Zurechnung von Leistungen (Vorsteuerbetrgen) 15.168 Verzehr an Ort und Stelle 7.79, 11.66 Verzicht auf – Anspruch (Recht) 2.22, 7.56 – Ausbung einer Ttigkeit 2.8, 7.56, s. auch Wettbewerbsverbot – Durchschnittssatzbesteuerung Landund Forstwirtschaft 17.71 f. – Gegenleistung 12.51 – Kleinunternehmerstatus (-befreiung), s. Kleinunternehmer – Nichtbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs 9.21 – Steuerbefreiung, s. dort – Vertragsdurchfhrung 2.22 – Wahrnehmung eines Schutzrechtes 7.56 Verzicht auf Steuerbefreiung – beabsichtigter 10.143, 15.163 ff. – Beschrnkung auf Gebudelieferung 10.146 f. – Blinde 10.138 – Ermessen 10.153 – faktischer 10.133 Fn. – fiktiver bei Umstzen im Ausland 15.136 – Form 10.156 ff. – Grundstckslieferung 10.132, 137, 140 ff., 145 ff., 153 ff. – Kleinunternehmer 10.132 Fn., 17.29 f.

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– – – – –

Kreditinstitut 10.75, 136 Land- und Forstwirte 17.50 nachtrglicher 12.80 Preiserhhung 10.140 Rckgngigmachung, Rcknahme 10.165 ff., 14.111, 124 – Rckwirkung? 10.161 ff. – teilweiser 10.142, 145 ff., 151 f. – Umfang 10.142, 145 ff., 151 f. – unentgeltliche Leistungen 10.144 – Vermietung und Verpachtung 10.148 ff. – verzichtsfhige Umstze 10.132 f. – vorsteuerabzugsberechtigter Umsatzempfnger 10.141, 148 ff. – zeitliche Begrenzung? 10.161 ff. – Zustimmung des Leistungsempfngers 10.154 f., 158 – Zwangsversteigerung 10.155, 160, 163 – Zweck 10.71, 73, 132 ff., 15.163 ff. – Zwischenvermietung 10.148 Voranmeldung – Abgabeverpflichtung 15.6 Fn., 18.24 – Berechnung der Vorauszahlung 18.17 ff., 25 – Dauerfristverlngerung 18.24 Fn. – elektronische 18.24 – Erledigung 18.32 – Steueranmeldung 18.24 – Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprfung 18.30 – Steuervergtungsanmeldung 18.25 – Voranmeldungszeitrume 18.19 f. – Wirkung 18.30 Vorauszahlung – nderung des Steuersatzes 11.70, 12.20 – Baukostenzuschuß 12.18 – Berichtigung der Steuer 12.67 ff. – Berichtigung des Vorsteuerabzugs 16.24 f. – Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei – fr Dauerleistungen 16.58 – als Darlehen 12.21 – bei Dauerleistung 12.21 – Entstehung der Steuer 12.15, 17 ff. – Guthabenkarte 12.18 – Leasingsonderzahlung 12.18 – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.51 ff. – Nichtausfhrung der Leistung 12.23, 67 ff. – Rechnungserteilung 14.14

Stichwortverzeichnis – teilweise Ausfhrung der Leistung 12.68 – der Umsatzsteuer 18.17 ff. – Vorsteuerabzug 15.90, 159 Fn. Vorsteuerabzug, Vorsteuer – „Abzug“ 15.5, 18.8, 10 – Abzugsverbote, s. Vorsteuerabzugsverbote – Allgemeines, Zweck 15.1 ff. – Anspruch, s. Steuervergtungsanspruch – Arbeitszimmer 15.21 Fn., 36 Fn., 130 – Aufteilung, s. gemischt veranlaßte Aufwendungen und Vorsteueraufteilung – Aufwendungsersatz 15.16 ff. – Ausbildungskosten 5.140 – Ausschluß bei Verwendung fr steuerfreie Umstze, s. Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei steuerfreien Umstzen – nach Beendigung der unternehmerischen Bettigung 5.161, 15.28, 154 – Berichtigung, s.dort – Besitz einer ordnungsgemßen Rechnung, Zeitpunkt 15.52, 56 f., 59 ff. – Bewirtung 15.116 f. – Billigkeitsmaßnahme 15.57, 78, 16.132, 134 – Charakter des Anspruchs 18.9 ff. – Diebstahl, Untergang 15.30, 167 – bei Differenzbesteuerung, s. dort – Drittaufwand, sog. 15.137 Fn. – Durchschnittstze, s. Pauschalierung und Land- und Forstwirte – Einfuhrlieferung 15.77 – Einfuhrumsatzsteuer, s. dort – Einlage aus dem nichtunternehmerischen Bereich 16.101 ff., 130 ff. – Einlage durch Gesellschafter 5.115 – bei Einschaltung einer Mittelsperson 15.16 ff., 53 – Endrechnung 15.91 – Entlastungszweck 15.3, 70, 80, 85, 87, 89 f., 16.19, 20.29 – Entstehung des Anspruchs 15.86, 159, 18.21 ff. – Erstattungsanspruch, s. Steuervergtungsanspruch – Fahrausweise 15.52 Fn. – Fahrzeugkosten, s. Fahrzeugnutzung – Fehlmaßnahme 15.29, 167

– Finanzierungsumstze an Empfnger im Drittland 15.143 – Finanzierungsumstze im Zusammenhang mit Ausfuhrgegenstnden 15.140 ff. – Gstehaus 15.118 f. – Gebudeabbruch 15.145 – gemischt (untern. – privat) veranlaßte Aufwendungen, s. dort – gemischte (steuerpfl. – steuerfreie) Verwendung, s. Vorsteueraufteilung – gescheiterte Grndung 5.146 ff. – Geschenke 15.110 ff., 151, 16.33 ff. – Gesellschafter 5.112 ff. – Gesellschaftsgrndung 5.142 ff., 15.147, 170 – gesetzlich geschuldete Steuer 15.68 ff., 91 – Grundstckssanierung 15.145, 153 – Grndung 5.140 ff., 15.147, 170 – Gutschrift 15.52 – Holding 5.44 ff., 118, 15.148 – innergemeinschaftliches Dreiecksgeschft 15.102 – innergemeinschaftlicher Erwerb 15.100 – Jagd, Fischerei 15.120 ff. – Kapitalerhhung 15.147 – Kleinbetragsrechnung 15.52 Fn. – Kostenerstattung an Dritte 15.16 ff. – Land- und Forstwirte 17.44 ff. – Lebensfhrung, Berhrung der 15.104, 123 ff. – Leistung fr das Unternehmen 15.25 ff., 107 – Leistungsempfnger, s. dort – Leistungsempfnger Steuerschuldner 15.55, 101 – Liebhaberei 15.108 – Marktanalyse 5.140 – Mehrzahl von Leistungsempfngern 15.54 – Mindest-Bemessungsgrundlage 15.80 f. – Motorjacht, Segeljacht 15.120 ff. – nachtrgliche Rechnungserteilung 15.60 f. – nachtrgliche Zahlung 16.22 f. – negatives Tatbestandsmerkmal 18.7 – neues Fahrzeug, Lieferung in anderen Mitgliedstaat 10.27 Fn., 17.89 Fn. – Neutralisierung 4.1

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Stichwortverzeichnis – Neutralittsgrundsatz 1.42, 45,62, 5.48, 114, 15.2, 16.104 f., 107 – Nutzungseinlage 16.107 ff., 134 ff. – Organschaft 5.240 f., 249 – Pauschalierung, s. dort – private Mitveranlassung 15.33 ff. – Rechnung, ordnungsgemße 15.52 ff. – Rechnung, Tatbestandsmerkmal 15.59 – Reisekosten 5.113, 15.124 f., 130 – Reprsentationsaufwendungen 15.104 – rckwirkender, kein 15.60 f., 67 – Schadensbeseitigung 15.22 f., 31, 41 – Schadensersatz 2.35 – Schtzung 15.57 f., 67 – Sicherheitsleistung 5.150, 18.33 – Sofortabzug 15.2, 158, 165, 18.7 – Soll-Prinzip, verfehltes 15.87 ff. – Steuervergtungsanspruch, s. dort – als Subvention 15.87, 160.163 f., 17.45 ff., 20.29 – Tausch 11.39 – teilweiser 15.44 ff., 116, 168 ff. – Typisierung 15.127 – berhhte Steuer 15.66, 70 ff. – bernachtungskosten 15.124 f. – bertragung 16.130 ff. – Umwandlungsvorgnge 15.147 aE., 170 – Umzugskosten 15.103 Fn. – unangemessene Aufwendungen 15.29, 123 ff. – unentgeltlich bezogene Leistung 15.82 ff., 16.130 ff. – unentgeltlich erbrachte Leistungen 15.134, 137, 150 f. – unfreie Versendung 15.20 – Unternehmensgrndung 5.140 ff. – Unternehmerbegriff, erweiterter 15.4 – unzulssig ausgewiesene Steuer 15.70 ff. – verbilligte Vermietung 15.171 – Vergtung an im Ausland ansssige Unternehmer, s. Vergtung der Vorsteuer . . . – Verlust der Rechnung 15.61 – Verpflegungskosten 15.130 – Versicherungsumstze an Empfnger im Drittland 15.153 – Versicherungsumstze im Zusammenhang mit Ausfuhrgegenstnden 15.140 ff. – Verteidigerkosten 15.43

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– Vertrauensschutz, s. dort – Verwendung zur Ausfhrung steuerfreier Umstze, s. dort – Vorauszahlungen 15.90 – Vorbereitungshandlungen 5.140, 15.18, 17.5 f. – Vorgrndungsgesellschaft 5.145 – vorlufiger 5.150, 15.165 – Vorteilszuwendung, strafbare 15.130 – Werbeartikel 15.151 – wirtschaftlicher Leistungsempfnger 15.16 ff., 53 – bei Zahlung Dritter 12.64 ff. – Zeitpunkt 15.86 ff. – bzgl. Zuzahlung Dritter 15.14 – Zweck 1.14, 42, 15. Vorsteuerabzugsverbote – Bewirtungsaufwendungen 15.116 ff., 120 – differenzbesteuerte Gegenstnde 17.104, 121 – Differenzbesteuerung Kunstgegenstnde u. . 17.89 Fn. – einkommensteuerrechtlich nichtabziehbare Aufwendungen 15.103 ff., 16.30 ff. – Gstehaus 15.118 f. – Geschenke 15.110 ff. – Jagd, Fischerei 15.120 ff. – Kleinunternehmer 17.5 – Land- und Forstwirte 17.47 – Motor-, Segeljacht 15.120 ff. – nicht im Gemeinschaftsgebiet ansssige Unternehmer 18.51 f. – nicht im Inland ansssige Unternehmer 15.6 aE., 18.50 ff. – Rechnung eines Kleinunternehmers 15.55 aE., 69, 79 – Rechnungsaussteller nicht Steuerschuldner 15.55 – Reisevorleistungen 17.74 – steuerfreie Umstze, s. Verwendung fr steuerfreie Umstze – Umzugskosten 15.103 Fn. – unangemessene Aufwendungen 15.123 ff. – unzulssig ausgewiesene Steuer 15.170 ff. – Verletzung von Aufzeichnungspflichten 15.129 Vorsteueraufteilung, s. auch gemischt (untern. – privat) veranlaßte Aufwendungen

Stichwortverzeichnis – Gebude 15.170 f., 175 – gleichzeitige gemischte Verwendung 15.170 – Hilfsumstze 15.172 – Maßstbe 15.173 f. – Mischflle 15.168 ff. – Schtzung 15.176 – Umsatzschlssel 15.168 Fn., 175 ff. – verbilligte Vermietung 15.171 – Verwaltungsgemeinkosten 15.168 Fn., 170 – zeitlich aufeinander folgende gemischte Verwendung 15.169 Vorsteuervolumen, bertragung 15.80 ff., 16.130 ff. Vorstufenbefreiung 10.57 f. Vorumsatzabzug 1.8, 11.2, 17.80, 87 Vorweggenommene Erbfolge 5.190 Warenumsatzstempel 1.1 Wattenmeer, s. Kstenmeer Wechsel – Diskontierung 11.26, 14.107 – Hereinnahme 11.26 Fn. – Verußerung 2.5, 10.86, 11.26 Fn., 15.172 – Weiterberechnung der Kosten 11.26 aE. Wegfall der Steuerpflicht 12.78 f. Werkleistung – Abgrenzung, Begriff 7.81 ff. – „Entnahme“ 4.8, 16.53 f. – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.4, 28 ff. – Ort 8.10, 35, 62 ff. – Steuerbefreiung 10.50 ff., 60 – unentgeltliche 4.39 f. Werklieferung – Abgrenzung, Begriff 7.80 ff., 8.64, 10.56 – Ausfhrungszeitpunkt 12.10 – innergemeinschaftlicher Erwerb 9.14, 40 – Kndigung des Vertrages, vorzeitige 2.23, 12.10 – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 13.4, 28 ff. – Ort 8.10, 35 – Steuerbefreiungen 10.8, 25, 56 – Teilleistungen 12.24 Wertabgabe, s. Entnahme und unentgeltliche Leistungen

Wettbewerbsneutralitt 1.42 ff., 61 f., 2.14, 5.8, 48, 53, 93, 215, 285, 10.8, 74 f., 87 Fn., 135 f, 15.2, 139, 16.105, 17.9 ff., 85 Wettbewerbsverbot 2.8, 5.78 f., 7.56, 8.113 Willkrverbot 1.44, 2.33, 4.39, 5.48, 215, 10.41, 113, 146, 163, 11.20, 46, 54 f., 13.43 f., 47 f., 14.143 f., 15.73, 83 f., 163, 16.50, 104 f., 119 ff., 130, 17.24 ff., 19.3, 36, 59, 62, 67 Wirtschaftsgut – Begriff, Allg. 16.40 ff. – Berichtigung des Vorsteuerabzugs, s. Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nderung der Verwendung – Einbauten 16.52 – bei Entschdigungsanspruch 7.7 ff., 40 – Gebude auf fremdem Grund und Boden 16.44 – und Gegenstandsbegriff 7.7 f., 16.44 – immaterielles 16.45 – Mietereinbauten 16.44 – bei Wegnahmerecht 7.7 ff., 40 Wohnungseigentmergemeinschaft 5.13, 101 Fn., 104, 10.120 f., 132 aE., 13.39 Zentralregulierung, sog. 16.12 ff. Zivilrecht und Umsatzsteuer – abstrakte Schadensberechnung 2.34, 20.37, 42 – Alleinentscheidungsrecht der Finanzbehrden ber Steuerfragen 20.13, 18 aE., 27 – Allgemeine Geschftsbedingungen 20.14 – nderung des Steuersatzes 11.71, 20.14 – Angebot an vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer 20.1 – angefallene Umsatzsteuer 2.34, 20.36 f., 40 ff. – Anpassung des Vertrages 20.6 ff., 14 – Auslegung des Vertrages 20.5 ff., 11 f., 19 f. – Auslegung zivilrechtlicher Begriffe im Umsatzsteuergesetz 1.52 – beiderseitiger Irrtum 20.6 ff., 14 – einseitiger Irrtum 20.3 – ergnzende Vertragsauslegung 20.7, 20 – Ersatzbeschaffung 20.35 f., 41, 43 f.

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Stichwortverzeichnis – gesetzlich festgelegte Vergtungen 20.15 – Handelsbrauch, Verkehrssitte 20.2 – Kalkulationsirrtum 20.3 – Kostenfestsetzung 20.38 – Krzung der Gegenleistung durch Leistungsempfnger 20.11 f., 16 ff. – Leistungsempfnger als Steuerschuldner 20.16 ff. – Meistgebot 20.4 – nachtrgliche Inanspruchnahme des Leistungsempfngers als Steuerschuldner 20.21 f. – Nichtsteuerpflicht als Geschftsgrundlage 20.7, 9 – niedriger Steuersatz als Geschftsgrundlage 20.8 f. – Reparatur 20.35 f. – Strung (Wegfall) der Geschftsgrundlage 20.6 ff., 20 – Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes 20.1 Fn., 35 ff., 39 – Umsatzsteuer als Teil des vereinbarten Preises usw., 20.1 ff., 5, 17, 31 ff. – Umsatzsteuerklauseln, Auslegung 20.5, 11 – Umsatzsteuerpflicht als gemeinsame Geschftsgrundlage 20.31 ff. – Verpflichtung zum Verzicht auf eine Steuerbefreiung 10.153 – Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung mit Steuerausweis, s. Rechnungsausstellung, Verpflichtung – Zurckbehaltungsrecht 20.34 Zubehr 10.100, 13.27 Zugabe 4.20 Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen – alternierende Nutzung 6.12 f. – Bagatellgrenze 6.11, 15.46, 51 – Form 6.16 – Gebude 6.9 – Gegenstand ohne Vorsteuerabzug 6.15 f. – Grund und Boden 6.10 – Grundstze 6.8 ff. – nachtrgliche 6.14 – teilweise 6.12 – Wahlrecht 6.8, 15.46 ff. Zurechnung, personelle – Auktionen, Leistungen bei 2.41 Fn.

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Briefkastenfirma, sog. 2.42 Eigenbetrieb 5.274 aE. Erfllungsgehilfe 2.43 Gegenstand (Wirtschaftsgut) 7.30 f., 10.94 – Gesellschaft oder Gesellschafter 2.40, 5.120 ff. – Handeln unter fremdem Namen 2.42, 5.124 – im Ausland ansssiger Unternehmer 13.10 – Insolvenzverwaltung 5.125 – Leistungserbringung 2.38 ff. – bei Organschaft 5.239 ff. – Schein-GmbH 2.42, 5.124, 130 – Strohmannttigkeit 5.129 f. – Subunternehmer, Leistungen der 2.43, 13.32 – Treuhnderttigkeit 5.126 ff. – unzulssiger Steuerausweis 14.99 ff. – unternehmerische Ttigkeit 5.119 ff. – Vertretung 2.41, 5.123 – Zwangsverwaltung u. . 5.125 Zurechnung, sachliche (wirtschaftliche, zeitliche) – Betriebssttte (feste Niederlassung), Umstze 8.84, 91 – Nebeneinander von Betrieben unterschiedlicher Besteuerungsformen 17.69 f. – Vorsteuern (Verwendung) 15.144 ff., 168, 173 – Wechsel Nichtbesteuerung/Besteuerung 17.36 ff. Zusammenfassende Meldung 9.48, 18.24 Zuschuß 2.15, 3.6, 11.29 f., 32 Zuwendung, s. unentgeltliche Leistungen Zwangsversteigerung – Bemessungsgrundlage, Lieferung 11.8 Fn. – Grundstckslieferung, Verzicht auf Steuerbefreiung 10.93, 155, 160 – Lieferung 2.18 – Zubehr 10.100 Zwangsverwalter, -ung – getrennte Steuerfestsetzung 18.27 – Unternehmer 5.125, 154 Zwecke außerhalb des Unternehmens 4.13, 16, 30, 42