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German Pages 449 Year 2012
Martin Berg Verwaltung von lnvestment-Sondervermögen
im Umsatzsteuerrecht
Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 27
Herausgegeben vom Umsatzsteuerforum -Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V.-
Verwaltung von lnvestmentSondervermögen im deutschen und europäischen Umsatzsteuerrecht
von
Dr. Martin Berg Rechtsanwalt, Berlln
2012
Verl~
Dr.OftoSchmidt
Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/937 38-01, Fax 0221/937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-62227-5 ©2012 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für V ervielfältigungen, Beazbeitungen, Übersetzungen. Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druck und Verazbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde durch ein Elsa-Neumann-Stipendium des Landes Berlin gefördert und im Sommersemester 2010 von der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurden geringfügige Überarbeitungen vorgenommen sowie die bis zum Anfang des Jahres 2012 erschienene Literatur und Rechtsprechung berücksichtigt. Mein Interesse an der umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Fonds und insbesondere von Investmentfonds weckte mein Kollege, Herr Dr. Till Fock, dem ich für die anregenden Diskussionen und Gedanken zur Entwicklung dieser Arbeit danken möchte. Herrn Prof. Dr. Markus Heintzen gilt mein besonderer Dank für die Betreuung dieser Arbeit. Er war stets für meine Fragen offen, verfolgte die Abfassung der Dissertationsschrift intensiv und ließ mir bei der inhaltlichen Gestaltung dieser Arbeit großen Freiraum. Für die Zweitkorrektur danke ich Herrn Prof. Dr. Thomas Stapperfend. Entscheidend für den Erfolg dieses Dissertationsvorhabens war jedoch die Unterstützung und Geduld meiner Familie. Berlin, im April 2012
Martin Berg
V
.
Inhaltsübersicht Seite Vorwort...................................................................................................V Inhaltsverzeichnis ................................................................................. XI Abkürzungsverzeichnis ..................................................................... XXV Literaturverzeichnis ......................................................................... XXXI
Erster Teil: Einführung und Grundlagen ............................................ 1 1. Kapitel: Einführende Bemerkungen.................................................. 1 A.
Gegenstand der Untersuchung ........................................................1
B.
Bedeutung des Themas...................................................................4
C.
Ziel und Aufbau der Untersuchung...............................................10
2. Kapitel: Umsätze im Investment-Dreieck....................................... 13 A.
Investment-Dreieck ......................................................................13
B.
Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft ........................................17
C.
Umsätze der Depotbank ...............................................................20
D.
Umsätze des externen Leistungsbezugs ........................................24
Zweiter Teil: Steuerbarkeit der Umsätze im InvestmentDreieck ........................................................................................................ 35 3. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft ................................................................................................. 35 A.
Kapitalanlagegesellschaft als Unternehmer ..................................35
B.
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn........................................37
C.
Leistungsaustausch.......................................................................44
D.
Ort der Verwaltungsleistung .........................................................46
VII
Inhaltsübersicht
E.
Ergebnis .......................................................................................99
F.
Exkurs: Steuerbarkeit des externen Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft ...........................................100
4. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank ................. 101 A.
Problemstellung .........................................................................101
B.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank ............................103
C.
Leistungsaustausch.....................................................................137
D.
Ort der Leistung .........................................................................139
E.
Ergebnis .....................................................................................146
5. Kapitel: Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs ............... 149 A.
Problemstellung .........................................................................149
B.
Organschaft................................................................................151
C.
Ort der Leistung .........................................................................154
D.
Ergebnis .....................................................................................176
E.
Exkurs: Steuerbarkeit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft...........................................................177
Dritter Teil: Steuerfreiheit der Umsätze im InvestmentDreieck ...................................................................................................... 181 6. Kapitel: Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck ......................................................... 181 A.
Problemstellung .........................................................................181
B.
Grundsätze der Befreiung von Bank- und Finanzdienstleistungen...................................................................................184
C.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ................................... 211
VIII
Inhaltsübersicht
7. Kapitel: Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ..................................................................... 241 A.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG............................................................241
B.
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ............................................................246
C.
Option zur Steuerpflicht .............................................................258
D.
Ergebnis .....................................................................................266
8. Kapitel: Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs ............... 267 A.
Einleitung...................................................................................267
B.
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung ....................................269
C.
Portfolio-Management-Leistungen .............................................275
D.
Controlling-Leistungen ..............................................................306
E.
Buchhaltungsleistungen ............................................................. 311
F.
Steuerfreie Zusammenschlüsse...................................................318
G.
Option zur Steuerpflicht .............................................................327
H.
Ergebnis .....................................................................................330
I.
Exkurs: Steuerfreiheit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft...........................................................332
9. Kapitel: Steuerfreiheit der Depotbankleistungen ....................... 333 A.
Problemstellung .........................................................................333
B.
§ 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG ..................................................334
C.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG............................................................336
D.
Vorschläge zur Neuregelung.......................................................375
IX
Inhaltsübersicht
Vierter Teil: Schlussbetrachtung ........................................................ 385 10. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit ............ 385 A.
Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck .....................385
B.
Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck ....................391
C.
Vorschläge zur Neuregelung.......................................................396
D.
Fazit und Ausblick .....................................................................400
Stichwortverzeichnis................................................................................... 403
X
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort...................................................................................................V Inhaltsübersicht.................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ..................................................................... XXV Literaturverzeichnis ......................................................................... XXXI
Erster Teil: Einführung und Grundlagen ............................................ 1 1. Kapitel: Einführende Bemerkungen.................................................. 1 A.
Gegenstand der Untersuchung ........................................................1
B. I. II.
Bedeutung des Themas...................................................................4 Gesellschaftliche und wirtschaftliche Gesichtspunkte ....................4 Rechtswissenschaftliche Gesichtspunkte ........................................6
C.
Ziel und Aufbau der Untersuchung...............................................10
2. Kapitel: Umsätze im Investment-Dreieck....................................... 13 A.
Investment-Dreieck ......................................................................13
B.
Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft ........................................17
C.
Umsätze der Depotbank ...............................................................20
D. I.
Umsätze des externen Leistungsbezugs ........................................24 Grundlagen ..................................................................................24 1. Ursachen des externen Leistungsbezugs..................................... 24 2. Externer Leistungsbezug und Investment-Dreieck ..................... 24 Der Begriff des externen Leistungsbezugs....................................25 1. Herausarbeitung des maßgeblichen Kriteriums .......................... 25 2. Anwendung des Kriteriums ........................................................ 27 3. Zusammenfassung....................................................................... 29 Aufsichtsrechtliche Aspekte .........................................................30 Erscheinungsformen des externen Leistungsbezugs .....................31
II.
III. IV.
XI
Inhaltsverzeichnis
Zweiter Teil: Steuerbarkeit der Umsätze im InvestmentDreieck ........................................................................................................ 35 3. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft ....................................................................... 35 A.
Kapitalanlagegesellschaft als Unternehmer ..................................35
B. I. II. III.
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn........................................37 Umsatzsteuerlicher Leistungsbegriff ............................................37 Anwendung auf die Kapitalanlagegesellschaft .............................38 Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung .......................................40
C.
Leistungsaustausch.......................................................................44
D. I. II.
Ort der Verwaltungsleistung .........................................................46 Einführung ...................................................................................46 Verwaltungsleistungen vor dem 1. Januar 2010 ............................48 1. Systematik der nationalen und europäischen Regelungen.......... 48 2. Kapitalanlage als unternehmerische Tätigkeit ............................ 49 3. Inhalt der nationalen Regelungen ............................................... 52 a) Zeitraum vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 ................................................................................52 b) Zeitraum nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 ...............................................55 c) Richtlinienwidrigkeit der nationalen Regelungen ............56 4. Inhalt der europäischen Regelungen ........................................... 56 a) Schwerpunkt der Untersuchung.......................................56 b) Begriff des Bank- und Finanzumsatzes ...........................57 aa) Keine Definition............................................................ 57 bb) Personenunabhängigkeit ............................................... 58 cc) Einheitlicher Begriff...................................................... 59 dd) Keine ausschließlich begriffliche Abgrenzung ............. 60 ee) Kein Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften ................................................................... 60 ff) Sachliche Abgrenzung .................................................. 65 gg) Ergebnis......................................................................... 67 c) Verwendung für das Unternehmen...................................67 aa) Problemstellung............................................................. 67 bb) Rechtssache „TRR“....................................................... 69 cc) Persönliche Leistungsverwendung................................ 71 dd) Ergebnis......................................................................... 73
XII
Inhaltsverzeichnis
III.
IV. V. VI.
d) Ergebnis ..........................................................................73 5. Folgen des Umsetzungsdefizits................................................... 73 a) § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F..............................73 b) Bezug für das Unternehmen ............................................76 6. Ergebnis....................................................................................... 76 Verwaltungsleistungen nach dem 31. Dezember 2009 ..................77 1. Grundsatzregelungen................................................................... 77 2. Katalogleistungen........................................................................ 78 3. Verwendung für das Unternehmen ............................................. 79 a) Nationale Regelungen .....................................................79 b) Europäische Regelungen .................................................79 aa) Problemstellung............................................................. 79 bb) Enge Auffassung des Bestimmungslandprinzips.......... 81 cc) Weite Auffassung des Bestimmungslandprinzips......... 86 dd) Vermittelnde Ansicht / Durchführungsverordnung ......................................................................... 87 c) Folgen des Umsetzungsdefizits .......................................88 4. Ergebnis....................................................................................... 90 Vergleich der alten und neuen Rechtslage.....................................90 Beurteilung der Neuregelung........................................................92 1. Richtlinienregelung ..................................................................... 92 2. Nationale Umsetzungsregelung .................................................. 95 Regelungsvorschlag .....................................................................96 1. Art. 43 ff. MwStSystRL .............................................................. 96 2. § 3a UStG .................................................................................... 97
E.
Ergebnis .......................................................................................99
F.
Exkurs: Steuerbarkeit des externen Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft ...........................................100
4. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank ................. 101 A.
Problemstellung .........................................................................101
B. I. II.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank ............................103 Anwendung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs ...............103 Bestimmung des Leistungsempfängers.......................................103 1. Umsatzsteuerrecht und Zivilrecht ............................................. 103 2. Umsatzsteuerlich autonome Betrachtung.................................. 104 a) Kontroll- vs. Verwaltungstätigkeit.................................105 b) Eigenes Abgrenzungskriterium......................................108 XIII
Inhaltsverzeichnis
III.
IV.
XIV
c) Anwendung des eigenen Abgrenzungskriteriums .......... 110 aa) Ausgabe und Rücknahme der Anteile und Unterschrift der Anteilsscheine................................... 110 bb) Ermittlung der Anteilswerte........................................ 111 cc) Verwahrung von Wertpapieren und Guthaben ........... 112 dd) Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft................................. 112 ee) Ausschüttung von Gewinnanteilen ............................. 114 ff) Kontrolle nach § 27 InvG und allgemeine Kontrollpflicht............................................................. 114 (1) Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft..................................... 114 (2) Anderweitige Kontrolle........................................ 115 gg) Überwachung nicht verwahrfähiger Anlagegegenstände ................................................................. 116 hh) Auszahlung von Vergütungen und Aufwendungsersatz .................................................................... 116 ii) Geltendmachung von Anlegeransprüchen .................. 117 jj) Abwicklung des Sondervermögens............................. 117 d) Ergebnis ........................................................................ 117 3. Zivilrechtliche Betrachtung....................................................... 118 a) Problemstellung ............................................................ 118 b) Untersuchungsmaßstab.................................................. 119 c) Schuldverhältnisse der Depotbank im InvestmentDreieck .........................................................................120 aa) Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft .................. 120 bb) Depotbank und Anleger .............................................. 121 d) Primäre Leistungsansprüche gegenüber der Depotbank.....................................................................124 e) Die Zuordnung der Primäransprüche.............................126 f) Ergebnis der zivilrechtlichen Betrachtung .....................128 4. Ergebnis..................................................................................... 129 Einheitlichkeit der Leistung .......................................................129 1. Einführung................................................................................. 129 2. Leistungen gegenüber den Anteilinhabern ............................... 130 3. Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft ............... 131 Organschaft................................................................................132 1. Wirkung der Organschaft.......................................................... 132 2. Voraussetzungen der Organschaft ............................................ 133 a) Finanzielle Eingliederung .............................................133 b) Wirtschaftliche Eingliederung .......................................134
Inhaltsverzeichnis
3.
c) Organisatorische Eingliederung.....................................134 Ergebnis zur Organschaft.......................................................... 136
C.
Leistungsaustausch.....................................................................137
D. I. II.
Ort der Leistung .........................................................................139 Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft..................139 Leistungen gegenüber den Anteilinhabern ..................................140 1. Leistungen vor dem 1. Januar 2010 .......................................... 140 a) Nationale Regelungen ...................................................140 b) Europäische Regelungen ...............................................141 c) Die Folgen des Umsetzungsdefizits...............................142 d) Ergebnis ........................................................................144 2. Leistungen nach dem 1. Januar 2010 ........................................ 144 3. Vergleich der alten und der neuen Rechtslage.......................... 145
E.
Ergebnis .....................................................................................146
5. Kapitel: Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs ............... 149 A.
Problemstellung .........................................................................149
B. I. II. III.
Organschaft................................................................................151 Wirkung der Organschaft ...........................................................151 Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank ..................................151 Kapitalanlagegesellschaft und Dienstleister ...............................151
C. I. II.
Ort der Leistung .........................................................................154 Problemstellung .........................................................................154 Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2010 .....................................155 1. Nationale Regelungen ............................................................... 155 a) Portfolio-Management-Leistungen ................................155 aa) Bezug des gesamten Portfolio-Managements ............. 155 bb) Research-Leistungen ................................................... 158 cc) Beratungsleistungen .................................................... 158 b) Controlling-Leistungen .................................................161 c) Buchhaltungsleistungen ................................................162 d) Ergebnis ........................................................................163 2. Europäische Regelungen........................................................... 164 a) Portfolio-Management-Leistungen ................................164 aa) Bezug des gesamten Portfolio-Managements ............. 164 bb) Beratungsleistungen .................................................... 165 (1) Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. ........ 165 XV
Inhaltsverzeichnis
III. IV.
(2) Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. ........ 167 cc) Research-Leistungen ................................................... 169 b) Controlling-Leistungen .................................................170 c) Buchhaltungsleistungen ................................................171 d) Ergebnis ........................................................................172 3. Folgen des Umsetzungsdefizits................................................. 172 4. Ergebnis..................................................................................... 173 Leistungsbezug nach dem 31. Dezember 2009 ...........................174 Vergleich der alten und neuen Rechtslage...................................174
D.
Ergebnis .....................................................................................176
E.
Exkurs: Steuerbarkeit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft...........................................................177
Dritter Teil: Steuerfreiheit der Umsätze im InvestmentDreieck ...................................................................................................... 181 6. Kapitel: Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck ......................................................... 181 A.
Problemstellung .........................................................................181
B.
Grundsätze der Befreiung von Bank- und Finanzdienstleistungen .........................................................................184 Enge Auslegung .........................................................................184 Autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts .............................185 Personenunabhängigkeit.............................................................185 Unerheblichkeit der Zivilrechtsbeziehungen ..............................186 Befreiung von Teilleistungen......................................................187 1. Überblick................................................................................... 187 2. Voraussetzungen im Einzelnen ................................................. 188 a) Formel des Europäischen Gerichtshofs..........................188 aa) Spezifität ..................................................................... 189 bb) Wesentlichkeit............................................................. 189 cc) Eigenständiges Ganzes................................................ 191 (1) Eigenständiger Charakter ..................................... 191 (2) Keine Einheitlichkeit der Leistung ...................... 192 dd) Abweichende Sichtweisen .......................................... 192 ee) Zusammenfassung....................................................... 193 b) Weitere Aussagen des Europäischen Gerichtshofs .........193
I. II. III. IV. V.
XVI
Inhaltsverzeichnis
aa) Notwendigkeit bzw. Unerlässlichkeit der Teilleistung.................................................................. 194 bb) Keine rein technischen oder materiellen Leistungen ................................................................... 195 cc) Verantwortlichkeit des Dienstleisters ......................... 196 (1) Problemstellung.................................................... 196 (2) Verantwortlichkeit als allgemeine Voraussetzung ...................................................... 197 (3) Keine Verantwortlichkeit gegenüber dem Anleger ................................................................. 198 (4) Verantwortungsbegriff ......................................... 199 (5) Der Anwendungsbereich des Verantwortlichkeitskriteriums ............................. 202 (6) Zusammenfassung................................................ 202 c) Bewirken rechtlicher und finanzieller Änderungen........203 3. Ergebnis..................................................................................... 206 4. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 206 a) Eckpunkte der Neuregelung ..........................................206 b) Anwendungsbereich ......................................................207 c) Anforderungen an die Befreiung einer Teilleistung .......208 d) Durchführungsverordnung ............................................210 C. I. II.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ................................... 211 Einleitung................................................................................... 211 Begriff der Verwaltung ............................................................... 211 1. Gesetzliche Regelungen ............................................................ 211 a) Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ........................ 211 b) Investmentgesetz........................................................... 211 c) Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL .........................212 d) OGAW-RL ....................................................................213 2. Ziel der Befreiung ..................................................................... 215 a) Bedeutung des Ziels ......................................................215 b) Vergleichsmaßstab Direktanlage ...................................216 c) Keine Beschränkung auf Kleinanleger ..........................218 d) Zusammenfassung.........................................................219 3. Keine Transaktionsbezogenheit ................................................ 220 4. Definitionen der Literatur ......................................................... 221 5. Zusammenfassung und eigene Sichtweise ................................ 222 6. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 223 a) Die Definition des Art. 135a MwStSystRL....................223 b) Funktion der Durchführungsverordnung........................224
XVII
Inhaltsverzeichnis
III.
c) Teilleistungen als Verwaltung eines Investmentfonds .............................................................................224 d) Abweichende Sichtweise des schwedischen Vorsitzes .......................................................................226 e) Zusammenfassung.........................................................227 Begriff des Investmentvermögens ..............................................228 1. Problemstellung......................................................................... 228 2. Rechtsform und operative Form des Investmentvermögens ................................................................................. 228 3. Belegenheitsort des Investmentvermögens ............................... 230 4. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 233 a) Vorschläge der Kommission und des Rates der EU .......233 b) Orts-, Rechtsform- und Operationsformunabhängigkeit..............................................................234 c) Beschränkung auf bestimmte Anlagegegenstände..........235 d) Ausschluss von Spezialfonds ........................................236 e) Risikodiversifikation und Anlegerschutz .......................238 f) Zusammenfassung.........................................................238
7. Kapitel: Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ..................................................................... 241 A.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG............................................................241
B. I. II. III.
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ............................................................246 Problemstellung .........................................................................246 Portfolio-Management als Wertpapierumsatz .............................247 Bewirken von rechtlichen Veränderungen ..................................250 1. Rechtsänderungen auf Seiten der Anteilinhaber....................... 251 a) Miteigentumslösung......................................................251 b) Treuhandlösung.............................................................252 2. Rechtsänderungen auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft ................................................................................ 253 3. Mitwirkungsbedürfnis der Depotbank ...................................... 254 Anwendung auf die originären Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft...........................................................255 1. Asset-Manager-Kapitalanlagegesellschaft................................ 255 2. Full-Service-Kapitalanlagegesellschaft .................................... 256 3. Master-Kapitalanlagegesellschaft ............................................. 256 Ergebnis .....................................................................................257
IV.
V.
XVIII
Inhaltsverzeichnis
C. I. II.
III. IV. V.
D.
Option zur Steuerpflicht .............................................................258 Problemstellung .........................................................................258 Rechtliche Voraussetzungen .......................................................258 1. Keine einheitliche Ausübung .................................................... 258 2. Kein Ausschluss des Optionsrechts durch § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG.......................................................................... 259 3. Grenzüberschreitende Konstellationen ..................................... 260 Faktische Voraussetzungen des Optionsrechts ............................262 Ergebnis zum Optionsrecht der Kapitalanlagegesellschaft..........262 Vorschläge zur Neuregelung.......................................................263 1. Ausweitung des Rechts auf Vorsteuerabzug............................. 263 2. Ausweitung des Optionsrechts.................................................. 264 3. Umsetzung erst in ferner Zukunft ............................................. 264 4. Kritik ......................................................................................... 265 Ergebnis .....................................................................................266
8. Kapitel: Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs ............... 267 A.
Einleitung...................................................................................267
B. I. II.
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung ....................................269 Bedeutung der Formel des Europäischen Gerichtshofs ...............269 Konkretisierung der Formel des Europäischen Gerichtshofs.......271 1. Keine weitere Konkretisierung durch den Europäischen Gerichtshof ................................................................................ 271 2. Kein Gleichlauf mit dem Verwaltungsbegriff .......................... 272 3. Eigenständige Bedeutung der Spezifität ................................... 273 4. Ergebnis..................................................................................... 274
C. I.
Portfolio-Management-Leistungen .............................................275 Bezug des gesamten Portfolio-Managements .............................275 1. Formelle oder faktische Entscheidungsbefugnis....................... 275 2. Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG.............................. 275 a) Allgemeine Sichtweise ..................................................275 b) Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ...........276 c) Befreiung einer Teilleistung ..........................................277 3. Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.............................. 277 a) Handeln im eigenen und im fremden Namen.................278 b) Bewirken von rechtlichen Veränderungen .....................279 4. Ergebnis..................................................................................... 280 5. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 281 XIX
Inhaltsverzeichnis
IV.
a) Vorschlag der Kommission............................................281 b) Vorschlag des schwedischen Vorsitzes...........................281 c) Ergebnis ........................................................................282 Research-Leistungen ..................................................................282 1. Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens..................... 282 2. Befreiung einer Teilleistung...................................................... 285 3. Ergebnis..................................................................................... 286 4. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 286 a) Vorschlag der Kommission............................................286 b) Vorschlag des schwedischen Vorsitzes...........................287 c) Ergebnis ........................................................................288 Beratungsleistungen ...................................................................289 1. Einführende Bemerkungen........................................................ 289 2. Keine Entscheidungsbefugnis ................................................... 290 3. Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens..................... 291 a) Keine Beschränkung auf „qualifizierte“ Anlageberatungsleistungen ...........................................291 b) Beratung als funktionaler Teil der Verwaltung...............292 c) Abgrenzung gegenüber ergänzenden Beratungsleistungen ......................................................292 d) Kriterien des Europäischen Gerichtshofs.......................293 e) Ergebnis ........................................................................294 4. Befreiung einer Teilleistung...................................................... 295 a) Eigenständiges Ganzes ..................................................295 b) Wesentlichkeit...............................................................295 c) Spezifität.......................................................................296 5. Sichtweise der Rechtsprechung und Finanzverwaltung ........... 297 a) Rechtsprechung.............................................................297 b) Finanzverwaltung..........................................................299 6. Ergebnis..................................................................................... 300 7. Vorschläge zur Neuregelung..................................................... 301 a) Definition des Verwaltungsbegriffs ...............................301 b) Vorschlag der Kommission............................................301 c) Modifikation des Kommissionsvorschlags ....................302 d) Vorschlag des schwedischen Vorsitzes...........................304 e) Ergebnis ........................................................................305 Ergebnis .....................................................................................305
D. I. II.
Controlling-Leistungen ..............................................................306 Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ........................306 Befreiung einer Teilleistung .......................................................306
II.
III.
XX
Inhaltsverzeichnis
III. IV.
Einschränkungen der Finanzverwaltung .....................................307 Vorschläge zur Neuregelung.......................................................308 1. Inhalt der Durchführungsverordnung........................................ 308 2. Der gesetzliche Verwaltungsbegriff.......................................... 309 3. Ergebnis..................................................................................... 310
E. I. II. III. IV.
Buchhaltungsleistungen ............................................................. 311 Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ........................ 311 Befreiung einer Teilleistung .......................................................312 Einschränkungen der Finanzverwaltung .....................................313 Vorschläge zur Neuregelung.......................................................314 1. Der gesetzliche Verwaltungsbegriff.......................................... 314 2. Inhalt der Durchführungsverordnung........................................ 315 a) Kommissionsvorschlag .................................................315 b) Vorschlag des schwedischen Vorsitzes...........................316 3. Ergebnis..................................................................................... 316
F. I. II. III.
IV. V. VI.
Steuerfreie Zusammenschlüsse...................................................318 Einführende Bemerkungen .........................................................318 Lediglich teilweise nationale Umsetzungsregelung ....................318 Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ..............................................................................319 1. Zusammenschluss ..................................................................... 319 2. Tätigkeit der Mitglieder ............................................................ 319 3. Leistungen zur Ausübung der befreiten Tätigkeit..................... 320 4. Keine Wettbewerbsverzerrung.................................................. 321 5. Kostenteilung ............................................................................ 322 Praktische Hindernisse ...............................................................322 Zusammenfassung......................................................................324 Vorschläge zur Neuregelung.......................................................324
G. I. II. III. IV.
Option zur Steuerpflicht .............................................................327 Rechtliche Voraussetzungen des Optionsrechts ..........................327 Faktische Voraussetzungen des Optionsrechts ............................328 Ergebnis .....................................................................................329 Vorschläge zur Neuregelung.......................................................329
H.
Ergebnis .....................................................................................330
I.
Exkurs: Steuerfreiheit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft...........................................................332
XXI
Inhaltsverzeichnis
9. Kapitel: Steuerfreiheit der Depotbankleistungen ....................... 333 A.
Problemstellung .........................................................................333
B.
§ 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG ..................................................334
C. I. II.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG............................................................336 Gang der Untersuchung..............................................................336 Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ........................336 1. Behandlung in Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur..................................................................................... 336 a) Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs ....................336 b) Sichtweise der Finanzverwaltung ..................................338 c) Sichtweise der Literatur ................................................339 2. Anwendung der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs und der deutschen Finanzverwaltung .................. 340 a) Verwahrung von Wertpapieren und Guthaben des Sondervermögens..........................................................340 b) Kontrolle und Überwachung .........................................342 c) Ausgabe und Rücknahme der Anteile am Investment-Sondervermögen.........................................343 d) Ermittlung der Anteilswerte ..........................................346 e) Ausschüttung von Gewinnanteilen ................................347 f) Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft........................................347 g) Auszahlung von Aufwendungsersatz und Vergütungen an die Kapitalanlagegesellschaft...............350 h) Abwicklung des Sondervermögens................................351 i) Zusammenfassung.........................................................351 3. Kritik an der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs .............................................................................. 352 a) OGAW-RL vs. Ziel der Befreiung .................................352 b) Kontroll- vs. Verwaltungstätigkeit.................................352 4. Eigene Sichtweise ..................................................................... 354 a) Depotbank als Verwalter neben der Kapitalanlagegesellschaft ...................................................................354 b) Anwendung auf die einzelnen Depotbanktätigkeiten ....................................................356 aa) Problemstellung........................................................... 356 bb) Anteilsausgabe und -rücknahme, Anteilswertermittlung und Ausschüttungsvornahme........................ 357
XXII
Inhaltsverzeichnis
III.
IV.
cc) Mitwirkung und Zustimmung zu Verfügungen, Vergütungsauszahlung und Abwicklung .................... 358 dd) Kontrolle, Überwachung und Verwahrung ................. 361 5. Ergebnis..................................................................................... 363 Befreiung von Teilleistungen......................................................365 1. Anwendung der Formel des Europäischen Gerichtshofs.......... 365 2. Betrachtung der Depotbankleistungen in Gruppen................... 366 3. Anteilsausgabe und -rücknahme, Ermittlung der Anteilswerte .............................................................................. 367 4. Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft.......................................................... 369 5. Zahlungsbezogene Dienstleistungen der Depotbank ................ 370 6. Kontroll- und Überwachungs- sowie Verwahrungsleistungen............................................................. 372 7. Ergebnis..................................................................................... 373 Ergebnis .....................................................................................374
D. I. II.
Vorschläge zur Neuregelung.......................................................375 Überwachungs- und Kontrollaufgaben .......................................375 Verwahrung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens.................................................................377 III. Vornahme von Ausschüttungen ..................................................379 IV. Anteilswertermittlung ................................................................380 V. Mitwirkungs- und Zustimmungspflicht ......................................380 VI. Ausgabe und Rücknahme der Anteilsscheine..............................382 VII. Tätigkeiten nach § 29 Abs. 1 und § 39 Abs. 2 InvG....................383 VIII. Ergebnis zu den Vorschlägen zur Neuregelung ...........................384
Vierter Teil: Schlussbetrachtung ........................................................ 385 10. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit ............ 385 A. I. II. III.
Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck .....................385 Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft ...........385 Steuerbarkeit der Depotbankumsätze..........................................386 Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs ...............................389
B. I. II. III.
Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck ....................391 Allgemeine Grundsätze ..............................................................391 Begriff der Verwaltung ...............................................................391 Begriff des Investmentvermögens ..............................................392
XXIII
Inhaltsverzeichnis
IV. V. VI.
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ......................................................................392 Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs ..............................393 Steuerfreiheit der Depotbankleistungen......................................395
C.
Vorschläge zur Neuregelung.......................................................396
D.
Fazit und Ausblick .....................................................................400
Stichwortverzeichnis................................................................................... 403
XXIV
Abkürzungsverzeichnis 6. EG-RL
Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG)
a. A. a. a. O. Abb. Abl. Abs. Abschn. a. E. a. F. AG AktG Anh. Anm. AO Art. Aufl. AuslInvestmG
anderer Ansicht am angegebenen Ort Abbildung Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Abschnitt am Ende alte(r) Fassung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Anhang Anmerkung Abgabenordnung Artikel Auflage Auslandinvestment-Gesetz
BaFin BAKred BB Bd. Beschl. BFH BFHE BFH/NV
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Beschluss Bundesfinanzhof Entscheidungssammlung des Bundesfinanzhofs Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I Bundesministerium der Finanzen
BFuP BGB BGBl. I BMF
XXV
Abkürzungsverzeichnis
BStBl. I (II) BT-Drucks Buchst. bzw.
Bundessteuerblatt Teil I (Teil II) Bundestags- Drucksache Buchstabe beziehungsweise
ca.
circa
DB DBW d. h. ders. Diss. Dok. DStR DStRE
Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) das heißt derselbe/dieselbe Dissertation Dokument(e) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst (Zeitschrift) Deutsche-Steuer-Zeitung (Zeitschrift)
DStZ EFG EGV
EUV e. V.
Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Vertrag zur Gründung der europäischen Gemeinschaft Ergänzungslieferung Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungssammlung des Europäischen Gerichtshofs Vertrag über die Europäische Union eingetragener Verein
f. ff. FG FinMin Bayern
folgende und die folgenden Finanzgericht Bayerisches Staatsministerium der Finanzen
GA GA’in GStB
Generalanwalt Generalanwältin Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift)
Habil. Hdb. HFR
Habilitation Handbuch Höchtsrichterliche Finanzrechtsprechung
EL EU EuGH EuGHE
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
Hrsg. hrsg. v.
Herausgeber herausgegeben von
i. d. F. i. E. InvG InvStG i. S. d. IStR IWB
in der Fassung im Ergebnis Investmentgesetz Investmentsteuergesetz im Sinne der/des Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Internationale Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift)
JStG JZ
Jahressteuergesetz JuristenZeitung (Zeitschrift)
KAG KAGen KAGG Kap. KWG
Kapitalanlagegesellschaft Kapitalanlagegesellschaften Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften Kapitel Gesetz über das Kreditwesen
MüKo z. BGB m. w. N. MwSt MwStSystRL MwStSystRL-E-KOM
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuer Mehrwertsteuersystemrichtlinie Entwurf der Kommission für eine Neufassung der MwStSystRL vom 20. Februar 2008 (COM (2007) 747)
n. F. NJW Nr. NWB
neuer Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer(n) Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift)
OFD OGAW-RL
Oberfinanzdirektion Richtlinie 2009/65/EWG des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
XXVII
Abkürzungsverzeichnis
OGAW-III-RL
OLG ÖStZ
Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (85/611/EWG) Oberlandesgericht Österreichische Steuerzeitung (Zeitschrift)
PIS
Praxis Internationale Steuerberatung (Zeitschrift)
Rn. Rs.
Randnummer(n) Rechtssache(n)
S. SA Schr. SICAV sog. StuB StuW SWI
Seite(n) Schlussanträge Schreiben Société d’Investment à Capital Variable so genannte(r/s) Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft International (Zeitschrift)
u. a. Univ. UR Urt. USt. UStAE UStB UStG USt-Hdb UStR UVR
unter anderem Universität Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Urteil Umsatzsteuer Umsatzsteuer-Anwendungserlass Umsatz-Steuer-Berater (Zeitschrift) Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Handbuch Umsatzsteuer-Richtlinien Umsatzsteuer- und Verkehrssteuer-Recht (Zeitschrift)
v. Verf. vgl. VO-E-KOM
von/vom Verfasser vergleiche Entwurf der Kommission für eine Verordnung zur Durchführung der Art. 135 Abs. 1 Buchst. a
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis
bis g, Art. 135 Abs. 1a und Art. 135a der MwStSystRL (COM (2007) 746) WM WuB
Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift)
z. z. B. ZBB
zum zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zivilprozessordnung zugleich
ZfgK ZIP ZPO zugl.
XXIX
.
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XLIV
Erster Teil: Einführung und Grundlagen 1. Kapitel: Einführende Bemerkungen A.
Gegenstand der Untersuchung
Der Begriff des Investment-Dreiecks steht für ein Charakteristikum des Investmentrechts, das dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Anleger sein Kapital zusammen mit anderen Anlegern in einen „Topf“ (sog. Sondervermögen) legt, der von einem Dienstleister (sog. Kapitalanlagegesellschaft, folgend auch als KAG bezeichnet) gegen die Zahlung einer Gebühr und den Ersatz seiner Aufwendungen verwaltet wird. In dieses Verhältnis zwischen Anleger und Verwalter ist mit dem Verwahrer von Gesetzes wegen eine dritte Kraft eingebunden (sog. Depotbank), die für ihre Leistungen im Hinblick auf die Verwaltung des Vermögens ebenso die Zahlung einer Vergütung sowie den Ersatz ihrer Aufwendungen verlangt. Innerhalb des sich zwischen Anleger, Verwalter und Verwahrer aufspannenden Dreiecks fließen somit entgeltliche Dienstleistungen, die sich mit der Verwaltung des nicht rechtsfähigen Sondervermögens beschäftigen1. Die Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft werden durch eine so genannte Verwaltungsvergütung abgegolten. Sie entspricht einem bestimmten Prozentsatz des verwalteten Anlagevermögens und wird direkt aus dem Sondervermögen entnommen. Zusätzlich werden teilweise so genannte Performance-Gebühren vereinbart, die an den Erfolg des Managements in Bezug auf die Wertentwicklung des Anlagevermögens gekoppelt sind. Die so genannte Depotbankvergütung wird ebenfalls direkt aus dem Sondervermögen entnommen. Die beschriebene vertragliche Konstruktion des Investment-Dreiecks hat sich vor allem in Deutschland durchgesetzt. Während in anderen Ländern vorrangig Investmentkonstruktionen des Gesellschafts- und Trustrechts anzutreffen sind, ist in Deutschland das angedeutete Modell der Verwaltung eines Sondervermögens auf der Basis einer vertraglichen Beziehung (sog. Treuhandstruktur) die Regel2. Zwar kennt auch das deutsche Investmentrecht solche Investmentgesellschaften, die eine Gesellschafterstellung des Anlegers voraussetzen, jedoch konnte sich diese Anlageform in Deutschland
1 2
Vgl. zum Aufbau des Investment-Dreiecks die Ausführungen und die Abbildung in Abschn. A des zweiten Kapitels. Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/4.
1
Einführende Bemerkungen
im Gegensatz zu anderen Ländern zumindest bisher nicht vollständig durchsetzen. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich deshalb im Großen und Ganzen auf den Anwendungsbereich der deutschen Investmentgesetzgebung3. Gegenstand sind in Deutschland ansässige Kapitalanlagegesellschaften und die von ihnen verwalteten Sondervermögen sowie die in das InvestmentDreieck eingebundene Depotbank. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Untersuchung keine internationalen Bezüge aufweist. Anleger aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet sowie der ganzen Welt können ihr Vermögen in ein solches Sondervermögen investieren. Des Weiteren steht es dem in Deutschland ansässigen Verwalter frei, Leistungen gegenüber den in anderen Ländern ansässigen Verwaltern ausländischer Investmentvermögen zu erbringen und derartige Leistungen wiederum von anderen im Ausland ansässigen Dienstleistern zur Verwaltung „seines“ Sondervermögens zu beziehen. Des Weiteren führte die Überarbeitung der so genannten OGAW-RL4 dazu, dass ab der Mitte des Jahres 2011 Kapitalanlagegesellschaften auch Sondervermögen auflegen und verwalten können, die in einem anderen Mitgliedstaat als die Kapitalanlagegesellschaft sitzen. Diese internationalen Bezüge gilt es zu berücksichtigen. Die Investment-Sondervermögen können sowohl nach den Vermögensgegenständen, in die sie investieren, als auch nach den Anlegern, denen sie den Zugang ermöglichen, unterschieden werden. In Bezug auf die zuletzt genannte Unterscheidung besteht der Ausgangspunkt darin, dass Investment3
4
2
Das Investmentgesetz stellt den aufsichtsrechtlichen Rahmen, das Investmentsteuergesetz die steuerliche Grundlage des deutschen Investmentrechts dar. Beide Gesetze wurden durch das Investmentmodernisierungsgesetz (Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und der Besteuerung von Investmentvermögen v. 15.12.2003, vgl. BGBl. I 2003, 2676 ff.) mit Wirkung vom 1.1.2004 eingeführt und lösten das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandinvestment-Gesetz ab, vgl. Art. 17 Investmentmodernisierungsgesetz. Richtlinie 2009/65/EWG des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, Abl., L 302/32 v. 17. November 2009. Hierbei handelt es sich um eine Neufassung der Richtlinie 85/611/EWG vom 20. Dezember 1985, die zu großen Teilen die Regelungen der alten Fassung lediglich neu ordnet. Darüber hinaus enthält sie jedoch einige Neuregelungen, wie z. B. die geschilderte Möglichkeit, auch Sondervermögen in anderen Mitgliedstaaten aufzulegen und zu verwalten, ohne in diesem Mitgliedstaat zumindest eine Zweigniederlassung begründen zu müssen. Am 27. Mai 2011 stimmte der Bundestag dem von der Bundesregierung am 08. April 2011 verabschiedeten Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren zu. Am 1. Juli 2011 traten die Änderungen in Kraft.
Gegenstand der Untersuchung
Sondervermögen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie quer durch Gesellschaft und Wirtschaft von den verschiedensten Gruppen und Personen zur Vermögensanlage in Anspruch genommen werden. Während sich sog. Spezial-Sondervermögen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 InvG) ausschließlich an Anleger richten, die keine natürlichen Personen sind5, stehen PublikumsSondervermögen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 InvG) grundsätzlich jedem Anleger offen. Hinsichtlich der Anlagegegenstände kann grundlegend zwischen richtlinienkonformen und nicht-richtlinienkonformen Sondervermögen unterschieden werden. Richtlinienkonforme Sondervermögen sind dabei solche Vermögen im Sinne der §§ 46 bis 65 InvG, die den Vorgaben der OGAW-RL entsprechend in die in den §§ 46 bis 65 InvG genannten Vermögensgegenstände unter Berücksichtigung der weiteren dort genannten Beschränkungen investieren. Die Gruppe der nicht richtlinienkonformen Sondervermögen setzt sich im Hinblick auf die Anlagegegenstände wiederum aus Immobilien-Sondervermögen (§§ 66 bis 82 InvG), gemischten Sondervermögen (§§ 83 bis 86 InvG), den Altersvorsorge-Sondervermögen (§§ 87 bis 90 InvG), den Infrastruktur-Sondervermögen (§§ 90a bis 90f InvG) sowie den sonstigen Sondervermögen im Sinne der §§ 90g bis 90k InvG zusammen. Unabhängig von den Anlagegegenständen zählen auch die Spezial-Sondervermögen zu den nicht richtlinienkonformen Sondervermögen.
5
Solche Fonds wenden sich vor allem an so genannte institutionelle Anleger, d. h. zum Beispiel Versicherungen, Versorgungswerke, Unternehmen oder Stiftungen.
3
Einführende Bemerkung
B.
Bedeutung des Themas
I.
Gesellschaftliche und wirtschaftliche Gesichtspunkte
Die umsatzsteuerliche Behandlung der Vergütungen im Investment-Dreieck kennzeichnet eine besondere gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz. Demografischer Wandel in der Altersstruktur unserer Gesellschaft und gestiegene Erwartungen der Menschen an die individuellen finanziellen Spielräume für den Lebensabschnitt nach Beendigung des aktiven Erwerbslebens stellen die gesetzlichen Rentenversicherungssysteme vor eine unlösbare Aufgabe und lassen sie allenfalls noch zur Sicherung der Grundversorgung als geeignet erscheinen. Folglich treten vermehrt sog. „Kleinsparer“ auf den Finanzmärkten bei der Suche nach einer Anlagemöglichkeit für ihre Ersparnisse in Erscheinung. Die so genannte Finanzkrise der letzten vier Jahre rückt ein wesentliches Problem der Teilnahme von Kleinanlegern an den Finanzmärkten in den Fokus. Wenn selbst einige professionelle Akteure scheinbar kaum in der Lage sind, Chancen und Risiken einer bestimmten Anlage ausreichend abzuschätzen und gegeneinander abzuwägen, wie kann es dann ein einzelner Privatanleger? Viele Menschen, die nach den erheblichen Kurszuwächsen der Börsen in den neuziger Jahren ihr Vermögen auf eigene Faust in Wertpapiere investierten, erlebten im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ein böses Erwachen. Aktien namhafter Konzerne büßten erhebliche Teile ihres Kurswertes ein oder unterlagen erheblichen Schwankungen. Anleger, die ihr Vermögen in diese Werte investiert hatten, waren kaum mehr in der Lage, ohne erhebliche Verluste zu bleiben, geschweige denn, Gewinne zu erzielen. Dabei fehlt es den Kleinsparern in der Regel nicht nur an dem notwendigen Know-how und der erforderlichen Zeit, um Anlage- und Umschichtungsentscheidungen hinsichtlich ihres persönlichen Anlageportfolios ausreichend vorzubereiten, sondern vor allem auch an einer ausreichenden Kapitalbasis, um eine entsprechende Risikodiversifikation zu erreichen6. Weil diese Schwierigkeiten der Direktanlage in den letzten Jahren auf teilweise dramatische Art und Weise deutlich wurden, kann man davon ausgehen, dass sich das Volumen der gemeinsamen Kapitalanlage mittels Investmentfonds in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht verringern, sondern eher vergrößern wird.
6
4
Vgl. Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 9 (EL 184, 1/2011).
Bedeutung des Themas
Für die Altersvorsorge spielen jedoch nicht allein Publikumsfonds, sondern vor allem auch Spezialfonds eine wichtige Rolle, weil Alterssicherungseinrichtungen wie Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke usw. erhebliche Teile des von ihnen verwalteten Vermögens in Spezialfonds investieren7. Aber auch außerhalb dieses Wirtschaftsbereiches suchen Kreditinstitute, Stiftungen, Kommunen sowie kirchliche Einrichtungen einen Vorteil aus dem professionellen Vermögensmanagement unter Wahrung eines Mindestmaßes an gesetzlichem Schutz durch das Investmentgesetz zu ziehen8. Dazu gesellen sich steuerliche Anreize, Bilanzierungs- und Kostenvorteile sowie Aufwandsminderungen durch zunehmende Skalenerträge9. Um überhaupt einen Eindruck von der Größenordnung der in Deutschland nach dem Investmentgesetz aufgelegten Investmentfonds bzw. der zumindest von Deutschland aus verwalteten Fonds zu bekommen, genügt ein kurzer Blick auf wenige Zahlen: Am 31. Januar 2012 betrug die Summe des in in Deutschland aufgelegte Publikumsfonds im Sinne des Investmentgesetzes investierten Vermögens ungefähr 319,671 Milliarden Euro (davon ca. 235,098 Milliarden Euro in Wertpapierfonds und ca. 84,573 Milliarden Euro in Immobilienfonds)10. „Gemanagt“ wurden in Deutschland bzw. von Deutschland aus zum gleichen Zeitpunkt Publikumsfonds mit Vermögenswerten in Höhe von ungefähr 537,824 Milliarden Euro (Wertpapierfonds: ca. 453,826 Milliarden Euro, Immobilienfonds: ca. 83,998 Milliarden Euro)11. Zum gleichen Zeitpunkt betrug das in in Deutschland aufgelegte Spezialfonds investierte Vermögen ca. 836,412 Milliarden Euro gegenüber einem von Deutschland aus verwalteten Vermögen von ungefähr 609,669 Milliarden Euro12. Stellt man diesen Werten den Betrag des Bundeshaushaltes des Jahres 2011 von ca. 305 Milliarden Euro gegenüber, so erkennt man die finanzwirtschaftliche Bedeutung dieser Anlageform. Bei Annahme einer Verwaltungsvergütung in Höhe von 1,5 % des verwalteten Vermögens, ergibt sich allein bezüglich der in Deutschland aufgelegten Spezial- und
7 Vgl. Laux/Päsler, Spezialfonds, S. 20. Ursprünglich waren Spezialfonds sogar nur für solche Investoren zulässig, die selbst eine Vielzahl von Berechtigten vertraten, d. h. Pensionskassen, Lebensversicherungen, Unterstützungskassen usw. (sog. DestinärTheorie), vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, Anh § 1 KAGG, Rn. 1. 8 Vgl. Arnswald/Weth, Spezialfonds, S. 3; Otterbach, Spezialfonds, S. 8. 9 Vgl. Arnswald/Weth, Spezialfonds, S. 3. Ausführlich zu den Vorteilen von Spezialfonds: Baur, Investmentgesetze, Bd. I, Anh. § 1 KAGG, Rn. 5 ff. 10 Quelle: Bundesverband Investment und Asset Management e. V.: BVIInvestmentstatistik, die aktuelle Investmentstatistik kann aufgerufen werden unter: www.bvi.de => Statistikwelt => Investmentstatistik. 11 Quelle: vgl. Fn. 10. 12 Quelle: vgl. Fn. 10.
5
Einführende Bemerkung
Publikumsfonds im Sinne des Investmentgesetzes ein Gebührenvolumen von ca. 17,34 Milliarden Euro13. Die Frage der Umsatzbesteuerung dieser Gebühren hat folglich sowohl für den Fiskus als auch für den Anleger erhebliche Bedeutung14. Des Weiteren lässt sich aus den Differenzen zwischen dem in Deutschland aufgelegten und dem in Deutschland tatsächlich gemanagten Vermögen erkennen, dass die bereits angesprochene internationale Komponente eine wichtige Rolle spielt.
II.
Rechtswissenschaftliche Gesichtspunkte
Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive war das Investment-Dreieck bisher vor allem in zivil- und aufsichtsrechtlicher Hinsicht Gegenstand diverser Untersuchungen. Neben dem Schutz des Anlegers durch das Investmentgesetzes bzw. dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, ging es dabei vorrangig um die hiermit unmittelbar zusammenhängende Frage der Einordnung der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen der Depotbank und den anderen Beteiligten des Investment-Dreiecks15. Eine umfassende Darstellung der umsatzsteuerlichen Behandlungen dieser Beziehungen ist bisher nicht erschienen. Zwar existieren diverse Fachaufsätze zu den Fragen der Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaften sowie externer Verwaltungskräfte gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG16. Jedoch handelt es sich hierbei zum einen lediglich um einen Teil der Leistungen im Investment-Dreieck und zum anderen stellt sich die Frage der Steuerfreiheit erst im Anschluss an die Steuerbarkeit dieser Umsätze. Während sich zu dem Aspekt der Steuerfreiheit der Depotbankleistungen einige (in der Regel) kurze Stellungnahmen der Literatur entnehmen lassen17, ist die Steuerbarkeit ihrer Leistungen bisher unberücksichtigt geblieben. Der Umstand, dass das Umsatzsteuerrecht innerhalb der Europäischen Union weitestgehend harmonisiert ist, bedeutet für diese Untersuchung, dass sie sich nicht auf die Betrachtung der Regelungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes beschränken kann. Vielmehr müssen auch die entsprechenden eu13 319,671 Milliarden + 836,412 Milliarden = 1.156,083 Milliarden * 0,015 = 17,34 Milliarden. Dabei sind noch weitere Gebühren zu beachten, wie z. B. die Depotbankvergütung oder eine etwaige Performance-Gebühr. 14 Geht man von einem Umsatzsteuersatz von 19 % aus, ergibt sich allein aus dem genannten Gebührenvolumen ein Umsatzsteuerpotential in Höhe von 3,29 Milliarden Euro unter der Prämisse, dass eine etwaige Umsatzsteuerlast zu dem genannten Gebührenvolumen hinzuaddiert wird. 15 Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 3 c) und d). 16 Vgl. hierzu die Nachweise im siebten und achten Kapitel. 17 Vgl. die Nachweise im neunten Kapitel.
6
Bedeutung des Themas
ropäischen Regelungen berücksichtigt werden Dementsprechend dienen die Normen des Umsatzsteuergesetzes der Umsetzung der Vorgaben der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG) (folgend als 6. EG-RL bezeichnet) und ihrer Nachfolgeregelung, der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Letztere löste die 6. EG-RL mit Wirkung vom 1. Januar 2007 ab, ohne dabei wesentliche inhaltliche Veränderungen vorzunehmen18. In dieser engen Verknüpfung des nationalen Umsatzsteuerrechts der Mitgliedstaaten mit dem europäischen Richtlinienrecht liegt auch die Ursache für die besondere Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für das deutsche Umsatzsteuerrecht. Letztlich geben die Urteile des Europäischen Gerichtshofs die Richtschnur für die Auslegung und Anwendung des Richtlinienrechts und damit mittelbar auch des deutschen Umsatzsteuerrechts vor. Im Hinblick auf die hier zu untersuchende Frage existieren lediglich zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, die sich unmittelbar mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Investmentvermögen befassen. Die Entscheidungen in der Rechtssache „Abbey National“19 und in der Rechtssache „Claverhouse“20 finden im Rahmen der Untersuchung der Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausführlich Berücksichtigung. Der Bundesfinanzhof befasste sich in einer Entscheidung aus dem Jahr 1981 unter anderem mit der Frage des umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches im Investment-Dreieck21 und legte im Mai des Jahres 2011 dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von durch eine Kapitalanlagegesellschaft ausgelagerten Beratungsleistungen vor22. Das Finanzgericht Düsseldorf erließ im Jahr 200423 eine Entscheidung zur Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, die durch den Bundesfinanzhof am 11. Oktober 2007 wieder aufgehoben wurde24. Diese Ent-
18 Vgl. die 3. Begründungserwägung zur MwStSystRL; BMF, Schr. v. 11.1.2007, IV A 2 - S 7056 - 6/07, UR 2007, 178 f.; Protokollerklärung zur MwStSystRL, abgedruckt als Anlage 2 zu dem genannten BMF-Schr. 19 EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), UR 2006, 353 ff. 20 EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), UR 2007, 727 ff. 21 BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. 22 BFH, Beschl. v. 5.5.2011, V R 51/10, DStRE 2011, 906 ff. 23 FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00, UR 2004, 524 ff. 24 BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff.
7
Einführende Bemerkung
scheidungen zeitigten darüber hinaus auch Auswirkungen auf die Bestimmung des Orts der Leistung. Im Jahr 2005 befasste sich das Finanzgericht Hamburg mit der Bestimmung des Leistungsorts und der Befreiung von Verwaltungsleistungen25. Ein weiteres Indiz für die Aktualität der hier behandelten Fragen ist der Umstand, dass – nachdem sich das Bundesfinanzministerium trotz der erheblichen Rechtsunsicherheit und der genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen „Abbey National“ und „Claverhouse“ über einen langen Zeitraum zu dieser Frage nicht geäußert hatte – nun mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 6. Mai 2010 eine aktuelle Stellungnahme der deutschen Finanzverwaltung zu dieser Thematik vorliegt26. Auch folgt die rechtswissenschaftliche Brisanz dieses Themas nicht allein aus den ungeklärten Rechtsfragen zur althergebrachten Rechtslage. Sie ergibt sich zudem aus den tiefgreifenden umsatzsteuerlichen Veränderungen in Bezug auf Dienstleistungen im Allgemeinen und Finanzdienstleistungen im Besonderen. So trat am 1. Januar 2010 das so genannte Mehrwertsteuerpaket in Kraft und brachte eine vollständige Überarbeitung der Ortsbestimmungen für sonstige Leistungen mit sich27. Des Weiteren stehen die Befreiungsregelungen für Versicherungs- und Finanzumsätze der Art. 135 ff. MwStSystRL vor einer umfangreichen Überarbeitung. Nachdem die Europäische Kommission Ende des Jahres 2007 einen Vorschlag unterbreitet und an den Rat der Europäischen Union weitergeleitet hat, sind die Beratungen über den endgültigen Wortlaut in vollem Gange. Dabei wird diese Neuregelung die Ergebnisse der Untersuchung zur geltenden Rechtslage nicht entbehrlich werden lassen. Vielmehr baut die Neuregelung auf der geltenden Rechtslage und damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf. Ausdrückliches Ziel dieses Reformvorhabens ist es, die geltende durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprägte Rechtslage in
25 FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. 26 BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, BStBl. I 2010, 563 ff. Die Aussagen dieses Schreibens fanden zudem auch Eingang in Abschnitt 4.8.13 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE), der mit Wirkung vom 1.11.2010 an die Stelle der UStR 2008 trat. 27 Das Mehrwertsteuerpaket setzt sich aus zwei EG-Richtlinien und einer EGVerordnung zusammen. Die hier maßgebliche Richtlinie zur Änderung des Orts der Dienstleistung ist die Richtlinie 2008/8/EG v. 12.2.2008, vgl. ABl. Nr. L 44,S. 11 ff. v. 20.2.2008. Die Umsetzung in das deutsche Recht erfolgte durch das JStG 2009 (BGBl. I 2008, 2794) mit Wirkung vom 1.1.2010 (vgl. § 27 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 39 Abs. 9 JStG 2009).
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Bedeutung des Themas
ein neues Regelungswerk zu überführen28. Soll also zu den bisherigen Vorschlägen der Kommission und der verschiedenen Vorsitzenden der mit den Beratungen betrauten Gruppe „Steuerfragen“ (indirekte Besteuerung – MwSt) Stellung bezogen werden, so bedarf es als Grundlage hierfür einer genauen Kenntnis der geltenden Rechtslage und bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
28 Vgl. z. B. die Ausführungen des schwedischen Vorsitzes in Dokument 11584/09 v. 30.6.2009, S. 4, Punkt 5, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/.
9
Einführende Bemerkungen
C.
Ziel und Aufbau der Untersuchung
Das Ziel dieser Untersuchung besteht darin, die umsatzsteuerliche Behandlung der geschilderten Vergütungs- und Aufwandsersatzleistungen im Investment-Dreieck darzustellen. Dabei beschränken sich die Ausführungen nicht auf das Investment-Dreieck selbst, sondern beschäftigen sich auch mit den Fragen der umsatzsteuerlichen Auswirkung des Bezugs externer Leistungen durch die Kapitalanlagegesellschaft und des Verkaufes solcher Verwaltungsleistungen durch sie. Die Neuregelungen zum Ort der Dienstleistung sowie die geplanten Änderungen zur Behandlung von Bank- und Finanzumsätzen gilt es der bisherigen bzw. der geltenden Rechtslage gegenüberzustellen. Das den ersten Teil (Einführung und Grundlagen) beschließende zweite Kapitel stellt die zu untersuchenden Umsätze im Investment-Dreieck dar. Nachdem die Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft (Abschn. B) und der Depotbank (Abschn. C) umrissen wurden, werden die Grundsätze des externen Leistungsbezugs durch die Kapitalanlagegesellschaft erläutert (Abschn. D). Entsprechend der umsatzsteuerlichen Systematik beschäftigt sich der zweite Teil dieser Untersuchung mit der Steuerbarkeit der Umsätze im InvestmentDreieck. Den Mittelpunkt der Darstellung zur Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft (Kap. 3) bildet die Bestimmung des Orts ihrer Leistungen, wobei bereits die Grundlagen für die Ortsbestimmung der Leistungen der Depotbank sowie der Umsätze externer Dienstleister gelegt werden. Im Fokus des vierten Kapitels, das sich mit der Steuerbarkeit der Depotbankumsätze befasst, steht die Frage, wer als Empfänger dieser Leistungen anzusehen ist. Das fünfte Kapitel beschließt den zweiten Teil der Untersuchung, indem es die Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs durch die Kapitalanlagegesellschaft thematisiert. Das Ende dieses Kapitels bilden kurze Ausführungen zur Steuerbarkeit des Leistungsverkaufes durch die Kapitalanlagegesellschaft. Die Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck ist Gegenstand des dritten Teils. Der Behandlung der Umsätze der einzelnen Beteiligten werden mit dem sechsten Kapitel allgemeine Grundsätze zur Befreiung von Bankund Finanzumsätzen vorangestellt (Abschn. B), bevor sich Abschn. C dieses Kapitels mit den Grundsätzen der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. ihrer europäischen Grundlage (Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bzw. vormals Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL) befasst. Den Inhalt des siebten Kapitels bildet die Frage der Steuerfreiheit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft, bevor sich das achte Kapitel der 10
Ziel und Aufbau der Untersuchung
Befreiung des externen Leistungsbezugs und des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft widmet. Der dritte Teil wird durch Kapitel 9 beschlossen, das die Steuerfreiheit der Depotbank-Leistungen im Investment-Dreieck zum Inhalt hat. Den Abschluss der Untersuchung bildet der vierte Teil, der in seinem einzigen Kapitel die zuvor gefundenen Ergebnisse zusammenstellt und einem Gesamtfazit zuführt.
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2. Kapitel: Umsätze im Investment-Dreieck A.
Investment-Dreieck
Die rechtliche Konstruktion von Investment-Sondervermögen basiert auf der so genannten Vertragslösung. Die Kapitalanlagegesellschaft betreibt ihr Investmentgeschäft, indem sie Kapital von Anlegern sammelt und im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände nach § 2 Abs. 4 InvG (zum Beispiel Wertpapiere oder Grundstücke nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 5 InvG) anlegt29. Der Anleger schließt mit der Kapitalanlagegesellschaft, die gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 InvG ausschließlich als Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung30 konzipiert sein darf, einen Vertrag (sog. Investmentvertrag) über die Verwaltung des von ihm investierten Vermögens. Das Kapital eines Anlegers bildet zusammen mit dem der anderen Anleger ein eigenständiges, nicht rechtsfähiges Sondervermögen31, wobei der Anteil eines jeden Anlegers am Sondervermögen gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 InvG durch Anteilsscheine verbrieft wird. Der Anteilinhaber erwirbt hierbei jedoch keine Anteile an der Kapitalanlagegesellschaft, sondern allein an dem eigenständigen Sondervermögen. Im Gegensatz zur Gesellschaftslösung erlangt er keine Gesellschafterstellung32, da jedes Sondervermögen von dem Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft getrennt ist33. Dennoch kann nicht pauschal von einer Verwaltung rechtlich fremden Vermögens durch die Kapitalanlagegesellschaft gesprochen werden, da in Bezug auf die rechtliche Eigentümerstellung an dem Sondervermögen zwischen der Treuhand- und der Miteigentumslösung unterschieden werden muss34. Allein bei der Treuhandlösung ist die Kapitalanlagegesellschaft Inhaberin des rechtlichen Eigentums am Sondervermögen und verwaltet somit
29 Vgl. Förster/Hertrampf, Investmentfonds, Rn. 105. 30 Die KAGen sind in Deutschland weit überwiegend als GmbH konzipiert, vgl. Baur, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 20, Rn. 201; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/75; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 11. 31 Gemäß § 30 Abs. 3 InvG kann eine KAG verschiedene Investment-Sondervermögen initiieren und verwalten, um so verschiedene Arten, wie z. B. richtlinienkonforme Sondervermögen (§§ 46 ff. InvG), Immobilien-Sondervermögen (§§ 66 ff. InvG) und gemischte Sondervermögen (§§ 83 ff. InvG), für verschiedene Investorengruppen anzubieten. 32 Vgl. Päsler, Investmentsparen, S. 7 f. 33 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2332; Päsler, Investmentsparen, S. 8. 34 Vgl. § 30 Abs. 1 S. 1 InvG.
13
Umsätze im Investment-Dreieck
eigenes Vermögen treuhänderisch für die Anleger35. Im Gegensatz hierzu erwerben die Anleger im Rahmen der Miteigentumslösung, im Umfang des von ihnen geleisteten Kapitals, auch rechtliches Eigentum an dem Sondervermögen, weshalb die Kapitalanlagegesellschaft nur in diesem Fall rechtlich fremdes Vermögen verwaltet36. Diese rechtskonstruktive Unterscheidung darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei der Treuhandlösung die strenge Trennung zwischen dem Sondervermögen und dem Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft aufgeweicht oder gar aufgehoben wäre37. Sowohl bei der Treuhand- als auch bei der Miteigentumslösung sind diese beiden Vermögensmassen streng voneinander getrennt38. Die Trennung der Vermögensmassen wird flankiert von einer Vielzahl von Vorschriften zum Schutz des Sondervermögens vor Zugriffen der Kapitalanlagegesellschaft oder Dritter39. Im Zentrum dieses Schutzsystems stehen die Regelungen der §§ 20 ff. InvG über die Depotbank40. Sie weisen verschiedene Aufgaben, wie zum Beispiel die Verwahrung des Sondervermögens (§ 24 InvG), die Ausgabe und Rücknahme der Anteile des Sondervermögens (§ 23 InvG) oder die Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft (§ 27
35 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 30, Rn. 4 (EL 2/07). 36 Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das rechtliche vom wirtschaftlichen Eigentum abweichen kann. Bedeutung erlangt diese Unterscheidung im Rahmen des Leistungsaustausches zwischen KAG und Anleger (vgl. Kap. 3, Abschn. C). 37 Man kann hier deshalb von einer lediglich „rechtskonstruktiven“ Unterscheidung sprechen, weil sie kaum praktische Auswirkungen zeitigt. Miteigentums- und Treuhandlösung werden in den wesentlichen Bereichen (v. a. beim Schutz der Anleger) gleich behandelt (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2394). Dort, wo sich aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion Unterschiede ergeben würden, schaffen gesetzliche Sonderregelungen den Ausgleich. So stellt z. B. § 31 Abs. 1 InvG die KAG im Rahmen der Miteigentumslösung hinsichtlich der Verfügungsmacht über die Gegenstände des Sondervermögens mit der Treuhandlösung gleich. Vgl. auch die Ausführungen der nächsten Fußnote zum Schutz des Sondervermögens. 38 Bei der Treuhandlösung kommt es dadurch zu einer Abweichung von der „gewöhnlichen“ Treuhand, dass zwischen dem Sondervermögen und dem Vermögen des Treuhänders (KAG) eine dingliche Trennung aufrechterhalten wird, vgl. zu den damit verbundenen dogmatischen Schwierigkeiten: Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2395. 39 So haftet das Sondervermögen gemäß § 31 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. InvG auch nicht für Verbindlichkeiten der KAG, die sie für die gemeinschaftliche Rechnung der Anleger eingegangen ist. Während dieses Ergebnis für die Miteigentumslösung aus der rechtlichen Konstruktion selbst folgt (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2411), bedarf es hierfür bei der Treuhandlösung der angesprochenen Regelung. Darüber hinaus ordnet § 30 Abs. 2 InvG eine dingliche Surrogation an, während gemäß § 31 Abs. 5 InvG eine Pfändung und Sicherungsübereignung von Gegenständen des Sondervermögens ausgeschlossen ist. 40 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2334, 2394, der die Einschaltung einer Depotbank für ein prägendes bzw. das prägende Charakteristikum des Investmentrechts hält.
14
Investment-Dreieck
InvG), zwingend der Depotbank zu. Die Integration der Depotbank in das Investmentverhältnis erfolgt gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 InvG mittels einer Beauftragung durch die Kapitalanlagegesellschaft (sog. Depotbankvertrag)41. Wie bereits die gesetzlich festgelegten Aufgaben der Depotbank zeigen, erbringt sie diese Aufgaben nicht aufgrund der Beauftragung im ausschließlichen Interesse der Kapitalanlagegesellschaft, sondern – dem Schutzzweck der Einschaltung der Depotbank entsprechend – im Interesse der Anleger42. Man spricht insoweit von einem Investment-Dreieck zwischen Anteilinhaber bzw. Anleger, Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank43. Die Abbildung auf der nächsten Seite stellt das Investment-Dreieck dar. Die durchgezogenen Linien geben die zivilrechtlichen Beziehungen wieder. Während die Natur der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank (Depotbankvertrag) und zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Anleger (Investmentvertrag) weitestgehend unstrittig sind, ist diese Frage in Bezug auf das Verhältnis zwischen Depotbank und Anleger sehr umstritten44. Die hier zu untersuchenden umsatzsteuerrechtlichen Beziehungen des Investment-Dreiecks werden durch die gestrichelten Pfeile dargestellt. Es gilt herauszuarbeiten, wie sich die umsatzsteuerlichen Beziehungen zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Anteilinhaber, zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft sowie zwischen Depotbank und Anleger gestalten. Wie sich anhand der Richtungen der gestrichelten Pfeile erkennen lässt, geht es dabei um die Frage, ob und in welchem Umfang steuerbare und steuerpflichtige Leistungen von der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern und der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft und den Anteilinhabern erbracht werden.
41 Die Beauftragung durch die KAG erfolgt bereits vor dem Abschluss der Investmentverträge mit den einzelnen Anlegern, weil die Anteilsscheine gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 InvG nur durch die Depotbank an die Anleger ausgeben werden können. 42 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2335, 2462. 43 Vgl. z. B. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 18. 44 Vgl. zu dieser Streitfrage und deren Bedeutung für diese umsatzsteuerliche Untersuchung die Ausführungen in Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 1 und 3. Die Vertreter der beiden Hauptmeinungen gehen entweder von einem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Depotbank und Anteilinhaber aus oder interpretieren einen Teil des Vertrages zwischen KAG und Depotbank als echten (bzw. berechtigenden) Vertrag zugunsten der Anteilinhaber (§ 328 Abs. 1 BGB).
15
Umsätze im Investment-Dreieck
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Depotbank
KAG Depotbankvertrag
Sondervermögen
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Investmentvertrag
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Anteilinhaber bzw. Anleger
Investment-Dreieck45
45 Eigene Abb. in Anlehnung an Einsele (Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16).
16
Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft
B.
Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft
Umsätze erzielt die Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen des InvestmentDreiecks dadurch, dass sie ein oder mehrere Investment-Sondervermögen verwaltet (vgl. § 6 Abs. 1 S. 1 InvG) und dafür Vergütungen und Aufwendungserstattung aus dem Sondervermögen erlangt (vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 InvG). Diese Verwaltungstätigkeit lässt sich auf verschiedene Arten unterteilen. Häufig trifft man auf die Unterscheidung anhand der einzelnen Elemente der Verwaltungstätigkeit nach dem Portfolio-Management, dem Fonds-Controlling, der Fonds-Buchhaltung und den sonstigen Verwaltungsleistungen46. Der Begriff des Portfolio-Managements umschreibt die das Herzstück der Fonds-Administration ausmachenden Tätigkeiten der Vermögensanlage, der planmäßige Umschichtung von Vermögensgegenständen und der laufenden Überprüfung der vorhandenen Anlagegegenstände47. Am Beginn dieser Leistungskette steht das so genannte „Research“, das heißt die Sammlung und Aufbereitung aller entscheidungsrelevanten Informationen über Märkte, Produkte, Unternehmen sowie wirtschaftliche und politische Entwicklungen in verschiedenen Branchen, Staaten, Regionen und Währungszonen48. An das Research setzt das so genannte „Advisory“ dadurch an, dass anhand der gesammelten Informationen konkrete Anlagevorschläge unter Berücksichtigung der Anlageziele und -grenzen erarbeitet werden49. Die Entscheidung für einen bzw. mehrere dieser Vorschläge kennzeichnet den Bereich „Decision“. „Realisation“ bezeichnet die Umsetzung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen50. Die Besonderheit des Bereiches „Realisation“ besteht in der Zusammenarbeit von Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank. Weil die verwahrfähigen Vermögensgegenstände gemäß § 24 Abs. 1, 2 InvG von der Depotbank verwahrt werden und diese darüber hinaus nach § 25 S. 2 Nr. 2 InvG für die Lieferung verkaufter Vermögensgegenstände zuständig ist, kann das Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft die Realisation der von ihr getroffenen Anlage- und Umsetzungsentscheidungen nicht allein bewerkstelligen. Hierfür bedarf es zwingend der Mit46 Vgl. z.B. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2008]; Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 712; so ähnlich auch Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1066 f.]. 47 Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2008]. 48 Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237]. 49 Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2008]. Hahne bezeichnet diesen Bereich an anderer Stelle als „Selection“, vgl. Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 717. 50 Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2008].
17
Umsätze im Investment-Dreieck
wirkung der Depotbank. Dennoch beschränken sich die Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft nicht auf die Weisungserteilung gegenüber der Depotbank (vgl. § 25 S. 2 InvG). Das Portfolio-Management schließt die notwendigen Rechtsgeschäfte im Namen der Kapitalanlagegesellschaft ab. So erfolgt die Beauftragung eines Brokers im Zusammenhang mit Wertpapierkäufen und -verkäufen durch die Kapitalanlagegesellschaft. Sie ist alleinige Inhaberin der Verfügungsmacht nach § 31 Abs. 1 InvG51. Auch wenn sie zur Vollendung der Übertragung der Mitwirkung der Depotbank bedarf, so ist es die Kapitalanlagegesellschaft, die im Rahmen der Realisation die Rechtsänderung auf der Basis eigener Verfügungsmacht einleitet und anstößt. Im Rahmen des Fonds-Controlling werden die Risiken in Bezug auf das Sondervermögen überwacht, indem die An- und Verkäufe von Anlagegegenständen, die Kreditaufnahmen und die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrenzen und -grundsätze verfolgt werden52. Nicht Gegenstand des Controlling sind eigenen Risiken der Kapitalanlagegesellschaft53. Dabei greifen die Mitarbeiter der Controlling-Abteilung auch auf die Daten und Zahlenwerke der Fonds-Buchhaltung, wie zum Beispiel Vermögensaufstellungen, Ertrags- und Aufwandrechnungen usw., zurück54. Der Bereich der so genannten Fonds-Buchhaltung beschränkt sich nicht auf die Abbildung der Geschäftsvorfälle, sondern geht weit über die eigentliche Buchhaltung im engeren Sinn hinaus. Vielmehr fußt die Bewertung des Fondsvermögens und des Anteilswertes nach § 36 Abs. 1 InvG auf den Daten der Fonds-Buchhaltung im engeren Sinn 55. Ein weiteres wesentliches Aufgabenfeld der Fonds-Buchhaltung ist die Erbringung gesetzlich vorgeschriebener Rechnungslegungsleistungen im Sinne des § 44 InvG, deren Grundlage ebenfalls die Daten der Buchhaltung im engeren Sinne bilden56. Die Kapitalanlagegesellschaft ist gemäß § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 InvG verpflichtet, für jedes Sondervermögen einen Jahres- und einen Halbjahresbe51 Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/336; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 31, Rn. 3 ff. (EL 3/07); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2396. 52 Vgl. Hanten, ZBB 2003, 291 ff. [292]; Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]. Neben der Controlling-Abteilung (§ 9a S. 2 Nr. 1 InvG) ist des Weiteren auch eine Innenrevision gemäß § 9a S. 2 Nr. 6 InvG gesetzlich vorgeschrieben, die sich mit der Organisation und Sicherheit von internen Betriebsabläufen befasst, vgl. Philipowski, a. a. O. 53 Vgl. Hanten, ZBB 2003, 291 ff. [292]. 54 Vgl. Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 177. 55 An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, dass die Anteilswertermittlung gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InvG auch durch die Depotbank unter Mitwirkung der KAG erfolgen kann. 56 Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1239, a. E. der rechten Spalte].
18
Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft
richt zu erstellen, der unter anderem die Zusammensetzung des Sondervermögens (bzw. der einzelnen Anteile), die Anzahl der Anteile und deren Wert sowie eine Aufstellung über Erträge und Aufwendungen enthält57. Das Tätigkeitsfeld der Kapitalanlagegesellschaft im Zusammenhang mit der Fonds-Buchhaltung besteht insoweit aus verschiedenen Bereichen: Die Buchhaltung im engeren Sinn, die Berechnung des Wertes des Sondervermögens sowie die Rechnungslegung inklusive des Berichtswesens. Es handelt sich um eine Geschmacksfrage, ob man diese drei Leistungsbereiche unter dem Begriff der Fondsbuchhaltung zusammenfasst oder jeden Bereich gesondert betrachtet. Wichtig ist, dass die Kapitalanlagegesellschaft bei Weitem nicht auf die bloße Buchhaltung im Sinne des Abbildens von Geschäftsvorfällen beschränkt ist. Die Verwaltungstätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft lassen sich darüber hinaus auch danach einteilen, ob sie aus dem Bereich des „FrontOffice“, des „Middle-Office“ oder des „Back-Office“ stammen58. Während die Buchhaltung dem Back-Office zuzurechnen ist, besteht das Front-Office aus den Bereichen des Fonds-Managements und des Vertriebs59. Zwischen diesen Bereichen besetzt das Fonds-Controlling das Middle-Office60.
57 Vgl. zu den Einzelheiten der Rechnungslegungsleistungen: Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 24a KAGG, Rn. 9 ff.; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 44, Rn. 6 ff. (EL 1/06); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1239 f.]. 58 So z. B. Hanten, ZBB 2003, 291 ff. 59 Vgl. Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 177. 60 Vgl. Hanten, ZBB 2003, 291 ff.
19
Umsätze im Investment-Dreieck
C.
Umsätze der Depotbank
Die Kapitalanlagegesellschaft kann zwar unter der Bedingung einer Genehmigung im Sinne des § 21 Abs. 1 InvG die Depotbank selbst auswählen und somit die Pflichten der Depotbank durch die Beauftragung in Gang setzen, den Inhalt dieser Pflichten geben jedoch die §§ 20 ff. InvG vor. Folgende gesetzliche Tätigkeiten erbringt eine Depotbank im Investment-Dreieck gegen Zahlung einer Vergütung und/oder Aufwandserstattung (vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 InvG)61: Gemäß § 23 Abs. 1 InvG kommt der Depotbank die Aufgabe der Ausgabe und Rücknahme der Anteile des Sondervermögens zu. Die Anteile werden durch Anteilsscheine, die gemäß § 33 Abs. 1 S. 5 InvG – neben der Kapitalanlagegesellschaft – auch von der Depotbank zu unterzeichnen sind, verbrieft. Dabei wird der Abschluss des Investmentvertrages zwischen Anleger und Kapitalanlagegesellschaft durch die Hausbank des Anlegers (bzw. ihn selbst) gegebenenfalls auch mit der Depotbank direkt abgewickelt. Die Kapitalanlagegesellschaft wird in diesen Fällen von der Depotbank vertreten, so dass sie weder in den Vorgang der Anteilsrückgabe noch in den des Anteilserwerbes eingebunden ist62. Nachdem der Ausgabepreis vom Anleger direkt an die Depotbank gezahlt wurde, verbucht diese ihn gemäß § 23 Abs. 2 S. 2 InvG auf einem für das Sondervermögen eingerichteten Sperrkonto. Dementsprechend gestaltet sich auch der Ablauf bei der Anteilsrücknahme. Die Depotbank zahlt den Rücknahmepreis von dem gesperrten Konto direkt an den Anleger (§ 23 Abs. 2 S. 4 InvG), wobei der Rücknahmepreis (ebenso wie der Ausgabepreis) gemäß § 36 Abs. 1 InvG von der Depotbank unter Mitwirkung der Kapitalanlagegesellschaft oder von der Kapitalanlagegesellschaft selbst börsentäglich bestimmt wird. Die Verwahrung der zum Investmentvermögen gehörenden Wertpapiere und Einlagezertifikate wird gemäß § 20 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1 InvG von der Depotbank erbracht. Ebenso verwahrt sie die zum Investmentvermögen gehörenden Guthaben auf Sperrkonten (§ 24 Abs. 2 InvG)63. Sind nicht ver-
61 Über die gesetzlich vorgegebenen Aufgabenzuweisungen hinaus ist auch eine rechtsgeschäftliche Aufgabenübertragung von der KAG auf die Depotbank möglich. Hierbei handelt es sich um einen Fall des externen Leistungsbezugs durch die KAG, der in Abschn. D dieses Kapitels vorgestellt wird. 62 Gemäß § 33 Abs. 1 S. 4 InvG kann hierbei die Unterzeichnung auch durch eine mechanische Vervielfältigung erfolgen. 63 § 24 InvG betrifft die Verwahrung der Gegenstände des Investmentvermögens. So handelt es sich bei dem Guthaben i. S. d. § 24 Abs. 2 InvG um eine Kapitalanlage i. S. d. § 1 S. 2, § 2 Abs. 4 Nr. 4 InvG. Hiervon ist die Regelung des § 25 InvG abzugren-
20
Umsätze der Depotbank
wahrfähige Vermögensgüter, wie zum Beispiel Immobilien und Beteiligungen, Gegenstand des Sondervermögens, ist es gemäß § 24 Abs. 3 InvG eine Aufgabe der Depotbank, diese Güter laufend zu überwachen. Der Abschluss von Vereinbarungen in Bezug auf den Verkauf von Vermögensgegenständen des Investmentvermögens bzw. den Kauf mit Mitteln des Investmentvermögens ist eine wesentliche Aufgabe der Kapitalanlagegesellschaft. Sämtliche Transaktionen werden jedoch gemäß § 25 S. 1, 2 Nr. 1, 2 InvG von der Depotbank durchgeführt64. Sie begleicht Zahlungsverpflichtungen aus dem Investmentvermögen (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG), liefert verkaufte Vermögensgegenstände (§ 25 S. 2 Nr. 2 InvG), verbucht eingehende Entgelte aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen auf Sperrkonten des Investmentvermögens (§ 25 S. 1 InvG) und legt neu eingehende Vermögensgegenstände in Sperrdepots ein. Dabei ist sie jedoch nicht auf die rein technische Abwicklung beschränkt. Neben der allgemeinen Kontrolle der jeweiligen Verfügung auf ihre Gesetzes- und Vertragskonformität (dazu sogleich) obliegt der Depotbank der Abgleich der ihr von der Kapitalanlagegesellschaft übermittelten Verkaufs- und Kaufdaten mit den Daten, die ihr von dem entsprechenden Broker zu Verfügung gestellt wurden (sog. Broker Matching). Über diese Prüfungen hinaus löst die Depotbank die Bestandveränderungen zudem erst dann aus, wenn sichergestellt ist, dass die jeweilige Gegenleistung rechtzeitig in ihre Verwahrung gelangt (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG). Entsprechend § 25 InvG führt die Depotbank nicht nur die Transaktionen von Gegenständen des Sondervermögens durch, sondern wickelt den Zahlungsverkehr rund um das Investmentvermögen bezüglich Zinsen, Dividenden und sonstiger Erträge ab. Gemäß § 25 S. 2 Nr. 3 InvG schüttet sie außerdem die Gewinnanteile an die Anleger aus. Auch wenn die Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 31 Abs. 1 InvG selbst im Rahmen der Miteigentumslösung verfügungsberechtigt ist, bedarf sie entsprechend § 26 Abs. 1 InvG zur Vornahme der dort aufgezählten Rechtsgeschäfte der Zustimmung der Depotbank. Es handelt sich hierbei um Rechtsgeschäfte über nicht verwahrfähige Vermögensgüter, an deren Transaktion die Depotbank mangels Verwahrung nicht entsprechend der §§ 24, 25 InvG beteiligt ist. Das Zustimmungsbedürfnis ergänzt insoweit die Überwachung der nicht verwahrfähigen Vermögensgegenstände nach § 24 Abs. 3 InvG65. zen, die das laufende Geschäftskonto betrifft (vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 1 [3/06]). 64 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 2 (3/06). 65 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 26, Rn. 2 f. (3/06).
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Umsätze im Investment-Dreieck
Die Zustimmung steht jedoch nicht im Belieben der Depotbank, sondern ist gemäß § 26 Abs. 2 InvG zu erteilen, wenn das betreffende Geschäft den Anforderungen des Abs. 1 und den weiteren gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen genügt. § 27 InvG spricht einen zentralen Bereich der Depotbankaufgaben an. Die aktive Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft dient dem Schutz des Sondervermögens – und damit der Anleger – vor gesetzesund vertragswidrigen Geschäften. Die Depotbank hat zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die Ausgabe und Rücknahme der Anteile und die Ermittlung der Anteilswerte den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspricht (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 InvG), dass die Erträge des Investmentvermögens entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen verwendet werden (Nr. 3) und dass die Anlagegrenzen des jeweiligen Sondervermögens eingehalten werden (Nr. 5). § 27 InvG kann aber nicht als abschließende Regelung der Kontrollaufgaben der Depotbank angesehen werden. Er stellt lediglich eine Konkretisierung der allgemeinen Kontrollfunktion der Depotbank dar66. Weil die Weisungsgebundenheit der Depotbank gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 InvG nur bei einer Gesetzes- und Vertragskonformität der betreffenden Weisung besteht, muss der Depotbank zum Beispiel auch die Befugnis zur Überprüfung der Verfügungen über Vermögensgegenstände auf ihre Gesetzes- und Vertragskonformität zustehen (§§ 25, 26 InvG). Sie ist deshalb nicht auf die nachträgliche Geltendmachung von Schäden nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 InvG beschränkt, sondern kann vorbeugend eingreifen, indem sie zum Beispiel die Ausführung rechtswidriger Weisungen verweigert67. Der Depotbank kommt eine allgemeine Kontroll- und Überwachungspflicht gegenüber der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft zu. Wie sich bereits aus den Ausführungen zur Mitwirkungspflicht an der Umsetzung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft ergibt, normiert § 27 InvG nicht ausschließlich Kontrollpflichten in Bezug auf die Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft, sondern auch hin66 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 27, Rn. 2 (3/06); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2474; Müller, DB 1975, 485 ff. [487 f.]. 67 Vgl. BGH, Urt. v. 18.9.2001, XI ZR 337/00, WM 2001, 2053 f.; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.1996, 16 U 109/96, ZIP 1997, 319 ff. [321]. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 27, Rn. 1 (3/06); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2475. Nach überwiegender Ansicht erfasst das Kontrollrecht der Depotbank dabei jedoch nicht die Zweckmäßigkeit, sondern lediglich die Rechtmäßigkeit des Handelns der KAG. Anderer Ansicht: Köndgen, WuB I G 4. Investmentgeschäft 1.02.; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 134; Müller, DB 1975, 485 ff. [486] für eine Plausibilitätskontrolle.
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Umsätze der Depotbank
sichtlich der eigenen Mitwirkungselemente. So muss die Depotbank zum Beispiel gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG unter anderem dafür Sorge tragen, dass sie die Erfüllung der Verpflichtungen erst auslöst, wenn die vertragsgemäße Erbringung der jeweiligen Gegenleistung sichergestellt ist68. Aus der Geltendmachung von Anlegeransprüchen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft wegen der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvG), gegenüber dem Erwerber von Gegenständen eines Immobilien-Sondervermögens infolge der Verfügung der Kapitalanlagegesellschaft ohne die Zustimmung der Depotbank (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2) und der Erhebung von Drittwiderspruchsklagen nach § 771 ZPO (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3) ergeben sich weitere Schutzaufgaben der Depotbank. Des Weiteren zahlt die Depotbank der Kapitalanlagegesellschaft die ihr zustehende Vergütung und den ihr zustehenden Aufwendungsersatz aus dem Sondervermögen aus (§ 29 Abs. 1 InvG)69. Erlischt das Verwaltungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft, so kommt der Depotbank gemäß § 39 Abs. 2 InvG die Aufgabe der Abwicklung und Verteilung des Sondervermögens zu.
68 § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG enthält jedoch auch Kontrollelemente, die sich auf die Geschäftsführung der KAG beziehen, indem er der Depotbank z. B. auferlegt, dafür Sorge zu tragen, dass die durch das Portfolio-Management mit dem jeweiligen Geschäftspartner vereinbarte Gegenleistung dem tatsächlichen Gegenwert entspricht. 69 Der Umstand, dass die Depotbank der KAG nur die ihr „zustehende“ Vergütung auszahlt, wird als weiteres Argument für die allgemeine Kontrollpflicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Handelns der KAG angesehen (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2471, 2439).
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Umsätze im Investment-Dreieck
D.
Umsätze des externen Leistungsbezugs
I.
Grundlagen
1.
Ursachen des externen Leistungsbezugs
In der Finanzdienstleistungsbranche im Allgemeinen und im Bereich der Kapitalanlagegesellschaften im Besonderen ist die verstärkte Tendenz, bestimmte Leistungen nicht selbst zu erbringen, sondern von einem externen Dienstleister zu beziehen, zu beobachten70. Der sich fortwährend verschärfende Wettbewerb verlangt zum einen nach einer Kostenreduktion und zum anderen nach einer verstärkten Konzentration auf eigene Kernkompetenzen71. Der Bezug solcher Leistungen, die ein externer Dienstleister günstiger zu erbringen vermag, wird hierbei als Mittel angesehen, um die eigenen Kosten zu senken, sich auf die Erbringung der Leistungen zu konzentrieren, die man weiterhin selbst erbringen möchte, und die Produktqualität durch die verstärkte Verwendung externen Fachwissens zu erhöhen72. Darüber hinaus eröffnet diese Entwicklung dadurch neue Geschäftsfelder, dass Leistungen aus dem Bereich der eigenen Kernkompetenzen, die wiederum andere Marktteilnehmer extern beziehen möchten, auf dem Markt angeboten werden können73. Ziel der Einbeziehung des externen Leistungsbezugs in diese Untersuchung ist es nicht, zu hinterfragen, ob diese Tendenzen aus betriebswirtschaftlicher Sicht tatsächlich geboten sind. Vielmehr sollen die umsatzsteuerlichen Folgen der unternehmerischen Entscheidung einer Kapitalanlagegesellschaft, Leistungen extern zu beziehen, herausgearbeitet werden. 2.
Externer Leistungsbezug und Investment-Dreieck
Beschäftigt man sich mit dem Bezug externer Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investment-Sondervermögen, so sind 70 Vgl. Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1066]; Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [302]; Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 158; Ley, Finanzbranche, S. 16; Schiller, UR 2006, 500 ff. [500]; Wagner, ZfgK 2003, 902 ff. [902] für die sog. Master-KAG. 71 Vgl. z. B. Diehlmann/Toll, Outsourcing, S. 11 f.; Wagner, ZfgK 2003, 902 ff. [902]. Neben dem Wettbewerbsdruck sind aber auch aufsichtsrechtliche Veränderungen (vgl. hierzu Punkt III dieses Abschnitts) und die Fortentwicklung moderner Informationsund Kommunikationstechnologien als Ursachen des verstärkten externen Leistungsbezugs zu erwähnen. 72 Vgl. Eisenbach, StuB 2003, 1082 ff. [1083]; Hofmann, Outsourcing, S. 42; Horchler, Outsourcing, S. 4 ff.; Philipowski, UR 2004, 501 ff. [501]. 73 Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [353]; Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 432 f.; Wagner, ZfgK 2003, 902 ff. [902].
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Umsätze des externen Leistungsbezugs
grundsätzlich zwei verschiedene Konstellationen denkbar. Die betreffenden Leistungen können zum einen von einem außerhalb des InvestmentDreiecks stehenden Dritten und zum anderen – unter Berücksichtigung bestimmter aufsichtrechtlicher Beschränkungen – von der Depotbank als Bestandteil des Investment-Dreiecks bezogen werden. Obwohl die Depotbank Teil des beschriebenen Investment-Dreiecks ist, betreffen beide Konstellationen Dienstleistungen, die nicht innerhalb des Investment-Dreiecks erbracht werden, sondern von einer Position außerhalb des Investment-Dreiecks in dasselbige hineinfließen. Zwar unterscheiden sich beide Konstellationen dadurch, dass in der einen ein Mitglied des Investment-Dreiecks (Depotbank) die Leistungen erbringt, während in der anderen ein außenstehender Dritter die Leistungen ausführt, so dass man scheinbar lediglich bei letzterer nicht von einer Leistung „innerhalb des Investment-Dreiecks“ sprechen kann. Jedoch erfolgt die Leistungserbringung durch die Depotbank in Bezug auf Tätigkeiten, die ihr zuvor von der Kapitalanlagegesellschaft aus ihrem Leistungsprogramm übertragen wurden, ebenso nicht innerhalb des in Abschnitt A geschilderten InvestmentDreiecks. Vielmehr nimmt auch die Depotbank bezüglich der Erbringung solcher Dienstleistungen die Stellung eines außerhalb des InvestmentDreiecks stehenden Dritten ein. Die das Investment-Dreieck ausmachenden rechtsdogmatischen Schwierigkeiten betreffen die gesetzlichen Depotbankaufgaben der §§ 20 ff. InvG und werden im Rahmen einer zusätzlichen Leistungsübertragung von der Kapitalanlagegesellschaft auf die Depotbank zudem gerade nicht berührt.
II.
Der Begriff des externen Leistungsbezugs
1.
Herausarbeitung des maßgeblichen Kriteriums
Sollen die umsatzsteuerlichen Auswirkungen des externen Leistungsbezugs untersucht werden, gilt es zuerst herauszuarbeiten, welche Konstellationen unter diesem Begriff im Rahmen dieser Untersuchung zu fassen sind. Im Zusammenhang mit dem Bezug externer Dienstleistungen trifft man in der Regel auf Begriffe wie zum Beispiel „Outsourcing“, „Make-or-Buy“ oder Beratungsleistung. Folgend soll jedoch weder eine Definition, noch ein Beitrag zu einer begrifflichen Diskussion entstehen. Vielmehr geht es darum, eine Bezeichnung festzulegen, die – ohne Fehlinterpretationen hervorzurufen – sämtliche hier zu betrachtenden Konstellationen umfasst. Die Begriffsbestimmung muss sich somit daran orientieren, welche Strukturen des externen Dienstleistungsbezugs geeignet sind, umsatzsteuerliche Auswirkungen hervorzurufen. Jeder Unternehmer muss infolge der Allpha-
25
Umsätze im Investment-Dreieck
sen-Besteuerung im deutschen Umsatzsteuerrecht – ebenso wie ein NichtUnternehmer – Umsatzsteuer auf die von ihm in Anspruch genommenen Leistungen entrichten. Zu einer wirtschaftlichen Belastung kommt es bei dem die Leistung empfangenden Unternehmer aber nur dann, wenn er die entrichtete Umsatzsteuer nicht entsprechend § 15 Abs. 1 UStG zum Abzug bringen kann. Weil die Ausgangsumsätze im Rahmen des Bank- und Finanzwesens gemäß § 4 Nr. 8 UStG in der Regel steuerfrei sind, führt der daraus resultierende Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 15 Abs. 2 UStG dazu, dass der Empfänger, die auf den zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendeten Eingangsleistungen lastende Umsatzsteuersteuer nicht zum Abzug bringen kann. Auch der Ausschluss des Vorsteuerabzugsverbotes nach § 15 Abs. 3 UStG ist grundsätzlich nicht einschlägig. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. a UStG umfassen keine Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 8 UStG, § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG betrifft Umsätze, die sich unmittelbar auf die Ausfuhr von Gegenständen in das Drittlandsgebiet beziehen, und § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG umfasst zum einen nicht die Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und betrifft zum anderen nur solche Umsätze, deren Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist. Dabei hat eine Kapitalanlagegesellschaft grundsätzlich auch nicht das Recht, sich den Vorsteuerabzug durch die Option zur Steuerpflicht ihrer Verwaltungsleistung zu ermöglichen. § 9 Abs. 1 UStG gilt ausschließlich für die Umsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG, während sich die Befreiung der Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft grundsätzlich aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ergibt74. Die Vorsteuer wird insoweit zu einem endgültigen Kostenfaktor, weshalb man bei der Steuerbefreiung für Bank- und Finanzumsätze von einer so genannten unechten Steuerbefreiung spricht75. Gelingt es der Kapitalanlagegesellschaft also nicht, die betreffende Dienstleistung als Umsatz zu beziehen, der entweder nicht steuerbar oder steuerfrei ist oder zumindest einen Vorsteuerabzug zulässt, so führt die Umsatzsteuerbelastung der Eingangsleistung zu einen Hindernis im Hinblick auf den Einkauf externer Leistungen76. 74 Vgl. im Einzelnen die Ausführungen zum Optionsrecht der KAG (Kap. 7, Abschn. C) und eines externen Dienstleisters (Kap. 8, Abschn. G). 75 Als unecht werden solche Steuerbefreiungen bezeichnet, die zu einem Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen, indem sie nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 UStG erfüllen. Vgl. ausführlich zur gesamten Problematik: Friedrich-Vache, Umsatzbesteuerung, S. 38 ff. 76 Vgl. Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 441; Kilches, ÖStZ 2001, 497 ff.; Weber/Hamacher, Bank- und Finanzgeschäft, S. 89. Vgl. ausführlich mit Rechenbeispielen: Schiller, Outsourcing, S. 29 ff. Vgl. einführend zur Problematik: Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14, Rn. 170.
26
Umsätze des externen Leistungsbezugs
Dieses Hindernis besteht entweder darin, dass die Kapitalanlagegesellschaft die durch die Umsatzsteuerbelastung entstandenen Kosten an den Anleger weiterreicht und damit ihr Angebot gegenüber anderen Anbietern verschlechtert, die die gesamte Wertschöpfung selbst vornehmen77, oder darin, dass die Kapitalanlagegesellschaft die zusätzlich entstandenen Kosten – soweit ihr das überhaupt möglich ist – selbst trägt und damit ihren Ertrag schmälert78. Folglich sind sämtliche Dienstleistungsbezüge zu untersuchen, die in die Ausgangsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft einfließen und grundsätzlich geeignet sind, steuerbare Umsätze des externen Dienstleisters zu begründen. Maßgebliches Kriterium muss demnach die mögliche Steuerbarkeit einer durch die Kapitalanlagegesellschaft in Anspruch genommen Dienstleistung sein79. 2.
Anwendung des Kriteriums
Wendet man dieses Kriterium an, so fällt einerseits auf, dass solche Fälle nicht zu betrachten sind, in denen Leistungen lediglich auf eine Abteilung innerhalb desselben Unternehmen übertragen werden, da hierbei keine steuerbaren Umsätze entstehen können80. Weil eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn einen Leistenden und einen Leistungsempfänger voraussetzt, kann eine Abteilung eines Unternehmens keine Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn gegenüber einer anderen Abteilung ein und desselben Unternehmens erbringen81.
77 Man spricht insoweit auch von „versteckter“ Umsatzsteuer, weil der steuerfreie Umsatz nicht abziehbare Vorsteuer enthält, vgl. Friedrich-Vache, Umsatzbesteuerung, S. 43, 45. Der Effekt der versteckten Umsatzsteuer ist aber nicht auf Endverbraucher beschränkt, sondern betrifft ebenso Unternehmer, vgl. Schiller, Outsourcing, S. 31. 78 Dies würde jedoch einen Verstoß gegen einen der Grundpfeiler des Mehrwertsteuersystems bedeuten, wonach wirtschaftlich Belasteter allein der Endverbraucher ist, vgl. EuGH, Urt. v. 24.10.1996, Rs. C-317/94 (Elida Gibbs), Rn. 19, UR 1997, 265 ff. Vgl. einführend: Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14, Rn. 1 ff. m. w. N. 79 Die potentielle Begründung der Steuerbarkeit rechtfertigt deshalb die Untersuchung eines Umsatzes, weil die Steuerbarkeit eines Umsatzes die Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich in Bezug auf diesen Umsatz weitere Frage wie z. B. die der Steuerpflicht bzw. -freiheit stellen. 80 Vgl. Schubert/Jaster (Fragestellungen, S. 75). Schiller bezeichnet dies als internes Outsourcing (Outsourcing, S. 5 m. w. N.). Teilweise wird dieser Vorgang als betriebliche Umstrukturierungsmaßnahme nicht zum Outsourcing gezählt. 81 Vgl. Stadie, UStG, § 1, Rn. 34.
27
Umsätze im Investment-Dreieck
Andererseits ist eine Beschränkung auf das „Outsourcing“82 entsprechend dem erarbeiteten Abgrenzungskriterium dann zu eng, wenn man Outsourcing als Auslagerung von bisher selbst erbrachten Leistungen versteht83. Im Hinblick auf die Steuerbarkeit einer eingekauften Leistung kommt es nicht darauf an, ob die Leistung bereits von Anfang an – ohne jemals zuvor selbst erbracht worden zu sein – eingekauft wurde oder ob die Entscheidung zum Fremdbezug erst im Laufe der unternehmerischen Tätigkeit getroffen und umgesetzt wurde. Anhand dieses zeitlichen Aspekts erfolgt oftmals die Abgrenzung zu der so genannten Make-or-Buy-Entscheidung, die auf einen Leistungseinkauf von Anfang an, also noch bevor die betreffende Leistung jemals selbst erbracht wurde, abzielt84. Für die steuerlichen Auswirkungen des Bezugs externer Dienstleistungen macht es aber keinen Unterschied, ob die Leistung von Anfang an fremdbezogen wurde (Make-or-Buy-Situation) oder erst selbst erbracht wurde, um dann später ausgelagert zu werden (Outsourcing). Weil der Begriff des externen Leistungsbezugs beide Konstellationen umfasst, wird folgend dieser Begriff sowohl für das Outsourcing als auch die Makeor-Buy-Situation verwendet85. Ebenso kommt es für den Begriff des externen Leistungsbezugs auch nicht auf die Dauer des Leistungsbezugs an. Den Situationen des Outsourcings und des Make-or-Buys wohnt regelmäßig auch eine zeitliche Komponente in der Gestalt inne, dass der Fremdbezug sich gerade nicht auf eine einmalige oder gelegentliche Zusammenarbeit beschränkt, sondern die Übertragung 82 Der Begriff des Outsorcings gilt als Kunstwort, das sich aus den Begriffen outside, resource und using zusammensetzt, vgl. Schiller, Outsourcing, S. 3 m. w. N. in Fn. 2. 83 Vgl. z. B. Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Rn. 3; Diehlmann/Toll, Outsourcing, S. 10; Horchler, Outsourcing, S. 1; Jorczyk, Outsourcing, S. 4.; Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 6; Schiller, Outsourcing, S. 3 m. w. N. 84 Vgl. Bliesener, BFuP 1994, 277 ff. [278]; Koppelmann, Überlegungen, S. 2; Mülbert, Funktionsauslagerung, S. 6. Bliesener (a. a. O.) sieht „Make-or-Buy“ deshalb auch als Oberbegriff bzw. Outsourcing als spezielle Form des „Make-or-Buy“ an. Der These des „Make-or-Buy“ als Oberbegriff scheint wiederum Koppelmann (a. a. O.) zu widersprechen, wenn er andeutet, dass sich die „Make-or-Buy-Frage“ im Gegensatz zum Outsourcing nicht auf Dienstleistungen beziehe. 85 Dieterich (Outsourcing bei KAGen, S. 9) spricht in Fn. 7 beim „Leistungseinkauf von Anfang an“ von einem Sonderfall des Outsourcings. Diese zeitliche Komponente spricht ebenso Hahne (in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer) in Rn. 431 an und definiert den Outsourcing-Begriff aus umsatzsteuerlichen Erwägungen für seine Untersuchung in Rn. 434 so, dass auch solche Leistungen umfasst sind, die von Anfang an fremdbezogen wurden (so auch ausdrücklich: Grambeck, UR 2009, 541 ff. [542, Fn. 3]). Ley (Finanzbranche, S. 15 ff.) verwendet im Zusammenhang mit KAGen sowohl den Begriff des Outsourcings als auch den des „Make-or-Buy“, ohne einer Unterscheidung zu folgen.
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Umsätze des externen Leistungsbezugs
einer konkreten Aufgabe bzw. Funktion dauerhaft oder zumindest für eine bestimmte Dauer erfolgt86. Die im Rahmen dieser Untersuchung maßgebliche umsatzsteuerliche Sicht zwingt jedoch dazu, auch den Leistungsbezug miteinzubeziehen, der nur einmalig bzw. unregelmäßig oder gelegentlich erfolgt, da es für die Steuerbarkeit eines Umsatzes unerheblich ist, wann und wie oft er erbracht wird87. Ebenso kommt es für den Umfang der Untersuchung nicht auf die Abgrenzung zwischen der Auslagerung einer kompletten Aufgabe und dem Bezug einer (bloßen) Beratungsleistung an88. Der Bezug einer Beratungsleistung kann zwar in umsatzsteuerlicher Hinsicht nicht mit dem externen Bezug eines zuvor vollständig ausgelagerten Aufgabenbereiches gleichgesetzt werden, jedoch ist diese Abgrenzung zumindest für die Frage unergiebig, ob eine extern bezogene Leistung möglicherweise steuerbar und damit umsatzsteuerliche Wirkungen zu zeitigen im Stande ist89. 3.
Zusammenfassung
Im Rahmen der folgenden Untersuchung wird von einem externen Leistungsbezug gesprochen, wenn es um den Bezug einer Leistung von einer rechtlich selbständigen Einheit geht. Ob es sich hierbei um ein „Outsourcing“, eine „Buy-Entscheidung“ im Rahmen des „Make-or-Buy“ oder um eine bloße Beratungsleistung handelt, ist für die potentielle Steuerbarkeit nicht entscheidungserheblich.
86 So z. B. Bliesener, BFuP 1994, 277 ff. [279]; Dieterich, Outsourcing bei KAGen, S. 9. Bühner/Tuschke (DBW 1997, 20 ff. [21]) weisen darauf hin, dass Outsourcing nicht für unbefristete Zeit erfolgen muss, sondern als sog. Übergangs-Outsourcing auch für einen vertraglich von vornherein befristeten Zeitraum erfolgen kann. 87 Nach Balze/Rebel/Schuck (Outsourcing und Arbeitsrecht, Rn. 3) grenzt sich das Outsourcing auch durch eine zeitliche Komponente in der Hinsicht vom „Make-or-Buy“ ab, dass es einen mittel- bis langfristigen Fremdbezug voraussetzt. 88 Diese Abgrenzung ist insofern schwierig, als das Outsourcing nicht zwangsläufig einen kompletten Aufgabenbereich, sondern auch einzelne Teile eines Aufgabenbereiches umfassen kann, vgl. z. B. Bühner/Tuschke, DBW 1997, 20 ff. [21]. 89 Vgl. Hamacher/Grundt (DStR 2007, 283 ff. [283]), die im Hinblick auf die Problematik der Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs selbst den Begriff des Outsourcings benutzen, dabei aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass dies zu eng ist, weil es allgemein um den Leistungseinkauf bei Dritten geht.
29
Umsätze im Investment-Dreieck
III.
Aufsichtsrechtliche Aspekte
Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive ist ein Bezug externer Leistungen durch eine Kapitalanlagegesellschaft nicht grenzenlos zulässig90. Auch in diesem Bereich vollzogen sich im Laufe der letzten Jahre umfassende Änderungen. So entfiel mit Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes91 die Kreditinstituts- und Finanzinstitutseigenschaft der Kapitalanlagegesellschaften, weshalb die Regelung des § 25a Abs. 2 Kreditwesengesetz (KWG) auf die Auslagerung durch eine Kapitalanlagegesellschaft keine Anwendung mehr findet92. Dementsprechend wurde auch der Verweis auf § 25a Abs. 2 KWG in der investmentrechtlichen Auslagerungsregelung des § 16 InvG durch konkrete inhaltliche Anforderungen an die Auslagerung ersetzt93. Bereits zuvor hatte das Investmentmodernisierungsgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 200494 durch die Einführung des Investmentgesetzes als Ersatz für das zuvor geltende Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften wesentliche Veränderungen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Auslagerung von Kernaufgaben, wie zum Beispiel dem Portfolio-Management, bewirkt. Während bereits durch das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften der Bezug von Beratungsleistungen durch die Kapitalanlagegesellschaft als allgemein zulässig erachtet wurde, sah man die Auslagerung der Fondsverwaltung entsprechend der damaligen Rechtslage als unzulässig an95. Gemäß der heutigen Gesetzeslage ist auch die Auslagerung der Portfolio-Verwaltung zulässig, wobei jedoch die Einschränkung des § 16 Abs. 2 S. 3 InvG zu beachten ist. Demnach darf diese Kerntätigkeit nicht auf die Depotbank oder andere Unternehmen, deren Interessen mit denen der Kapitalanlagegesellschaft oder der Anleger kollidieren können, übertragen werden. 90 Vgl. ausführlich zu den regulatorischen Aspekten des „Outsourcings“ bei KAGen: Dieterich, Outsourcing bei KAGen, S. 65 ff. 91 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3089 ff. Gemäß Art. 20 Investmentänderungsgesetz traten die Neuregelungen am Tag nach ihrer Verkündung am 28.12.2007 in Kraft. 92 Vgl. hierzu die Änderungen des InvG in § 2 Abs. 6 InvG durch die Ersetzung des Worts „Kreditinstitut“ durch „Unternehmen“ und im KWG durch die Aufhebung des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG und die Einfügung einer Nr. 3b in Abs. 1 und einer Nr. 5a in Abs. 6 S. 1 des § 2 KWG (vgl. Art. 1 Nr. 3 Buchst. f und Art. 2 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 Buchst. a und Buchst. b, aa) des Investmentänderungsgesetzes). 93 Vgl. Art. 1 Nr. 20 Investmentänderungsgesetz. § 16 InvG setzt damit direkt Art. 13 OGAW-RL (bzw. Art. 5g OGAW-III-RL) um. 94 Vgl. Fn. 3. 95 Vgl. BAKred, Schr. v. 29.9.1997, V 1/02 – 17/97, abgedruckt bei Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 438, Nr. 74, S. 133 ff. [135]; Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 10, Rn. 9 f.; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1799]; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1588]; Schrödermeier/Balzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 10, Rn. 16.
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Umsätze des externen Leistungsbezugs
Dennoch bedarf es im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Betrachtung keiner ausführlichen Anmerkungen zu den einzelnen von § 16 InvG aufgestellten Anforderungen, weil es für den Eintritt umsatzsteuerlicher Wirkungen unerheblich ist, ob aufsichtsrechtliche Vorschriften beachtet wurden96. Dies ergibt sich zum einen bereits aus § 40 Abgabenordnung (AO), wonach es für die steuerliche Bewertung eines Sachverhaltes gerade nicht darauf ankommt, ob gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde, und zum anderen aus § 41 Abs. 1 S. 1 AO, der festlegt, dass auch die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes seine steuerliche Einordnung nicht beeinflusst, solange die Beteiligten die wirtschaftlichen Folgen eintreten und bestehen lassen97. Eine aufsichtsrechtliche Regelung wie § 16 InvG, die dem Schutz des Anteilinhabers vor einer Verlagerung der Verwaltung auf ungeeignete bzw. keiner Kontrolle unterliegende Dritte dient, hat keine Auswirkung auf die umsatzsteuerlichen Wirkungen einer Auslagerung98.
IV.
Erscheinungsformen des externen Leistungsbezugs
Unter Berücksichtigung der Anforderungen und Einschränkungen des § 16 InvG können grundsätzlich alle der in Abschnitt B dieses Kapitels geschilderten Leistungselemente der Verwaltung eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft extern bezogen werden99. Betrachtet man die Auslagerung von Kerntätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft wie das Portfolio-Management, das Fonds-Controlling und die Fonds-Buchhaltung, so ergibt sich folgendes Bild praktischer Erscheinungsformen von Kapitalanlagegesellschaften im Zusammenhang mit dem Bezug externer Leistungen.
96 Vgl. Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1077]; Vgl. Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 37, 41 (EL 184, 1/2011); Philipowski, UR 2005, 672 ff. [674]. 97 So Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1077] in Bezug auf § 40 AO. 98 Die Frage der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen beim Bezug externer Leistungen wurde in der Regel im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG problematisiert, weil Abschnitt 69 Abs. 1 S. 4 UStR 2008 davon sprach, dass sich die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auch auf solche Tätigkeiten im Rahmen der Verwaltung eines Sondervermögens bezieht, die nach § 16 InvG von der KAG auf ein anderes Unternehmen ausgelagert worden sind, vgl.; Philipowski, UR 2005, 672 ff. [674]. Der hier vertretenen Ansicht hat sich nun auch die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 6.5.2010 (IV D 3 - S 7160-h/09/10001, BStBl. I 2010, 563 f., Rn. 4) und in Abschnitt 4.8.13 Abs. 9 S. 5 UStAE ausdrücklich angeschlossen. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kap. 8, Abschn. B, Punkt I. 99 Vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 159.
31
Umsätze im Investment-Dreieck
Ausgangspunkt ist die so genannte „Full-Service-Kapitalanlagegesellschaft“. Dieser Begriff bezeichnet eine Kapitalanlagegesellschaft, die anstatt des Bezugs externer Leistungen alle genannten Kerntätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentvermögen selbst erbringt100. Die verstärkte Tendenz zur Auslagerung und zum Bezug externer Dienstleistungen führte zur Abwandlung der „Urform“ der „Full-ServiceKapitalanlagegesellschaft“ in verschiedenste Gestaltungsformen. Zu nennen ist hier die so genannte „Asset-Manager-Kapitalanlagegesellschaft“, die in der Regel ausschließlich das Portfolio-Management selbst erbringt, während die Tätigkeiten des „Middle-“ und „Back-Office“ extern bezogen werden101. Die von ihr ausgeübte Kerntätigkeit des Portfolio-Managements bietet sie gegebenenfalls auch am Markt gegenüber Dritten an102. Sehr weit verbreitet ist die Konstruktion der „MasterKapitalanlagegesellschaft“, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Kapitalanlagegesellschaft auf die Back-Office-Tätigkeiten konzentriert, während das Portfolio-Management ausgelagert wird103. Hierbei sind verschiedene Ausprägungen zu unterscheiden. Führt die MasterKapitalanlagegesellschaft keine Tätigkeiten auf den Gebiet des PortfolioManagements durch, spricht man von einem so genannten „Rein-MasterModell“, unterhält sie neben der Konstruktion als MasterKapitalanlagegesellschaft außerdem ein Portfolio-Management, wird die Bezeichnung des „Misch-Master-Modells“ verwendet104. Eine weitere Ausprägung ist die so genannte „Service-Kapitalanlagegesellschaft“, die in der Reinform ausschließlich Tätigkeiten des Back- und Middle-Office-Bereichs selbst erbringt und außerdem Dienstleistungen aus diesem Bereich Dritten anbietet105. Unabhängig von den geschilderten Konstellationen des externen Bezugs kompletter Tätigkeitsfelder, ist praktisch jede Form des externen Leistungs100 101 102 103 104
105
32
Vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 161 f. Vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 162. Vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 162. Vgl. Hahne, DStR 2003, 2005 ff. [2005]; Hanten, ZBB 2003, 291 ff. [292]. Vgl. im Einzelnen zu den verschiedenen Ausprägungen dieses Modells: Kempf, Investmentrecht 2004, S. 48. Vgl. Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 178. Eine weitere Unterteilung erfolgt z. B. danach, ob sich die Master-KAG im Hinblick auf das PortfolioManagement nur beraten lässt oder die Management-Tätigkeit gänzlich auslagert, vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 162. Vgl. Herdzina/Hitzer, KAGen, S. 163.
Umsätze des externen Leistungsbezugs
bezugs denkbar. So beziehen Kapitalanlagegesellschaften zum Beispiel auch Teile des Portfolio-Managements von Dienstleistern ohne dabei das gesamte Management inklusive der Entscheidungsbefugnis abzugeben106.
106
Vgl. Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [932 f.].
33
Zweiter Teil: Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck 3. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft Die in Abschnitt B des zweiten Kapitels geschilderten Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Denn die Kapitalanlagegesellschaft erbringt als Unternehmerin bei der Verwaltung eines Investmentvermögens Leistungen im Rahmen ihres Unternehmens im Inland gegen Entgelt.
A.
Kapitalanlagegesellschaft als Unternehmer
Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 UStG ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen als gewerblich oder beruflich einzustufen. Der – oftmals den Mittelpunkt umsatzsteuerlicher Verfahren und Diskussionen darstellende – Aspekt der Unternehmereigenschaft wird in Bezug auf Kapitalanlagegesellschaften kaum bzw. gar nicht problematisiert107. Die Unternehmereigenschaft der Kapitalanlagegesellschaft ergibt sich daraus, dass ihr Geschäftsmodell gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 InvG auf die Erbringung von Dienstleistungen in Gestalt der Verwaltung von Investmentvermögen gerichtet ist108. Dafür erhält sie gemäß § 29 Abs. 1 InvG durch die Depotbank eine Vergütung und einen Aufwendungsersatz aus dem Sondervermögen, deren Höhe und Berechnung gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 InvG bereits in den Vertragsbedingungen festgelegt ist. Sie tritt hierbei zur dauerhaften Erzielung dieser Einnahmen werbend am Markt auf und bietet ihre Verwaltungsleistungen an109.
107
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109
Dementsprechend hat der BFH in seinem Urt. v. 10.12.1981 (V R 36/76, UR 1982, 48 ff.) zum Leistungsaustausch zwischen der KAG und den Anlegern den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nach umfangreichen Ausführungen zu den Fragen der Leistung und des Entgelts bejaht, ist dabei aber mit keinem Wort auf die Unternehmereigenschaft der KAG eingegangen. Vgl. OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 16.6.2009, S 7104 A - 61 - St 110, DStR 2009, 1699; Englisch, UR 2008, 219 ff. [220]; Fock, UR 2006, 558 ff. [559 f.]; Stadie, UStG, § 2, Rn. 45, 84. Vgl. Abschn. B des zweiten Kapitels zu den einzelnen Elementen der Verwaltungsleistung einer KAG. Aufgrund dieses eindeutigen Ergebnisses ist die umfangreiche Argumentation Schillers (Outsorcing, S. 135 bis 139), der zur Begründung der Unternehmereigen-
35
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Die Selbständigkeit der Kapitalanlagegesellschaft folgt bereits aus der in § 6 Abs. 1 S. 2 InvG festgelegten Rechtsform der juristischen Person, sofern sie nicht Organ im Sinne einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist110. Das Sondervermögen ist hingegen kein Unternehmer. Zwar verlangt der Unternehmerbegriff des § 2 UStG keine Rechtsfähigkeit111, jedoch ist das Sondervermögen als zweckgebundene Vermögensmasse lediglich unselbständiger Betriebsteil der Kapitalanlagegesellschaft112. Allein die Kapitalanlagegesellschaft und nicht das Sondervermögen tritt nach außen in Erscheinung. Daran ändert auch die investmentsteuerliche Fiktion des § 11 Abs. 1 S. 1 InvStG nichts, wonach Sondervermögen als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) gelten. Denn diese Fiktion entfaltet gerade keine umsatzsteuerliche Wirkung113.
110 111 112
113
36
schaft der KAG auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache BBL (EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03, UR 2004, 642 ff.) zurückgreift, nicht erforderlich. Diese Entscheidung befasste sich mit der Unternehmereigenschaft einer luxemburgischen SICAV (Société d’Investissement à Capital Variable), welche jedoch nicht mit der Vertragslösung (wie Sondervermögen und KAG), sondern mit der Gesellschaftslösung (Investment-AG, § 2 Abs. 5 InvG) verglichen werden kann (vgl. Fromm, IStR 2005, 227 ff. [230]). Dieses Urteil hat erhebliche Relevanz für die Frage der Unternehmereigenschaft und der Einordnung der Leistungen sich selbst verwaltender Investmentgesellschaften wie der SICAV oder der Investment-AG, nicht aber in Bezug auf KAGen. Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt IV und Kap. 5, Abschn. B zu der Frage, ob eine KAG überhaupt Organ oder Organträger sein kann. Vgl. BFH, Urt. v. 21.4.1994, V R 105/91, BStBl. II 1994, 671 ff. Vgl. FinMin Thüringen, Erlass v. 17.2.1997, S 7520 A - 1 - 202.2, Haufe-Index 50538; Benkert/Menner, UR 1995, 81 ff. [84]; Fock, UR 2006, 558 ff. [559]; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 29 (EL 184, 1/2011).Kerscher, UR 1972, 113 ff. [114]; Krismanek, BB 2010, 471 ff. BMF, Schr. v. 18.8.2009, IV C 1 – S 1980-1/08/10019, Rn. 212, BStBl. I 2009, 931.
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn
B.
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn
I.
Umsatzsteuerlicher Leistungsbegriff
„Leistung“ bezeichnet einen Oberbegriff für Lieferungen nach § 3 Abs. 1 UStG und sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG114. Das Umsatzsteuergesetz definiert den Begriff der Leistung nicht näher. Die umsatzsteuerliche Literatur hat die Elemente der umsatzsteuerlichen Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG so herausgearbeitet, dass eine Leistung ein zielgerichtetes, willentliches Verhalten eines Unternehmers ist, durch welches einem bestimmten Empfänger nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs ein verbrauchbarer Vorteil zugewendet wird115. Die Zielgerichtetheit und Willentlichkeit schließen eine Vermögensübertragung durch Erbfolge, unmittelbaren physischen Zwang, bloßes Nichtstun oder die Hinnahme eines Schadens aus116. Der Empfänger muss eine vom Leistenden zu unterscheidende Person sein, da andernfalls Innenleistungen eines Unternehmens oder eines Organkreises steuerbar wären117. Ferner kann nur eine bestimmbare Person Empfänger sein, das heißt es genügt nicht, dass ein unternehmerisches Verhalten der unbestimmten Allgemeinheit zugute kommt118. Das Erfordernis eines verbrauchbaren Vorteils ist dem Verbrauchssteuergedanken geschuldet119. Verbrauchbarkeit bedeutet hierbei aber nicht, dass der Leistungsgegenstand wie ein Laib Brot oder ein Glas Milch aufgebraucht werden muss120. Es geht vielmehr darum, dass für den Erhalt des betreffenden Wirtschaftgutes im Wirtschaftverkehr üblicherweise etwas aufgewendet wird (in der Regel ein Entgelt), das heißt, dass ein Verbrauch von Einkommen bzw.
114 115
116 117 118 119 120
Vgl. z. B. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 31, Rn. 1 (EL 47, 8/2008). Weil diese Unterscheidung für die Frage der Steuerbarkeit nicht relevant ist, wird nachfolgend der Oberbegriff der Leistung verwendet. Vgl. z. B. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 31, Rn. 11 ff. (EL 47, 8/2008); Jakob, Umsatzsteuer, S. 77 f.; Lippross, Umsatzsteuer, S. 59; Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, (EL 105, 3/2001), Rn. 355; Stadie, Umsatzsteuer, Rn. 2.4. Teilweise wird auf die ausdrückliche Hervorhebung der Verbrauchbarkeit verzichtet, um sie dann im Rahmen des wirtschaftlichen Vorteils zu verorten. Vgl. Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14, Rn. 40 ff.; Ruppe, UStG, § 1, Rn. 20. Vgl. Stadie, Umsatzsteuer, Rn. 2.15. EuGH, Urt. v. 29.2.1996, Rs. C-215/94 (Mohr), Rn. 21 f., UR 1996, 119 ff.; Urt. v. 18.12.1997, Rs. C-384/95 (Landboden-Agrardienste), Rn. 12 ff., UR 1998, 102 ff.; BFH, Urt. v. 30.1.1997, V R 133/93, BStBl. II 1997, 335 f . Vgl. Friedrich-Vache, Umsatzbesteuerung, S. 19 bis 21. Vgl. ausführlich zur Abgrenzung gegenüber der Substitutionstheorie: Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 54 f.
37
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Vermögen erfolgt121. Belastungsgrund der Umsatzsteuer ist die konsumptive Einkommens- bzw. Vermögensverwendung122.
II.
Anwendung auf die Kapitalanlagegesellschaft
Wendet man den umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff auf die in Abschnitt B des zweiten Kapitels dargestellten Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft an, so wird deutlich, dass es sich hierbei um Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn gegenüber den Anteilinhabern handelt123. Ihnen wird ein Vorteil zugewandt, der im Wirtschaftverkehr nur entgeltlich zu erlangen ist. Der einzelne Anleger kann diese Tätigkeiten mangels Vermögensmasse und Kenntnissen nicht selbst erbringen bzw. müsste dafür seine eigene Zeit in erheblichem Umfang einsetzen. Die konsumptive Vermögensverwendung besteht darin, dass die Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 29 Abs. 1 InvG hinsichtlich ihrer investmentvertraglichen Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche von der Depotbank aus den Konten des Sondervermögens befriedigt wird124. Empfänger des wirtschaftlichen Vorteils der Verwaltungsleistung ist dabei sowohl bei der Miteigentums- als auch bei der Treuhandlösung der Anleger125. Im Rahmen der Miteigentumslösung begegnet diese Aussage keinen Bedenken, da die Anleger rechtlich Eigentümer des Sondervermögens bleiben. Aber auch bei der Treuhandlösung kann trotz der rechtlichen Eigentümerstellung der Kapitalanlagegesellschaft nichts anderes gelten. Zwar scheint die Kapitalanlagegesellschaft auf den ersten Blick Leistungen an sich selbst, und damit eine nichtsteuerbare Innenleistung, zu erbringen126.
121
122 123 124 125 126
38
Dziadkowski/Walden, Umsatzsteuer, S. 71; Tehler, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 1, Rn. 70.1 (EL 76, 2/2009). Daher wird bei der Definition der Leistung teilweise auch nicht das Element der Verbrauchbarkeit, sondern der Umstand betont, dass zum Erhalt des betreffenden Wirtschaftgutes im Wirtschaftleben ein Entgelt erwartet wird (so z. B. Probst, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 31 [EL 2/07, 04/2007]). Vgl. Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 894 f. m. w. N. Ausführlich zur konsumptiven Einkommens- bzw. Vermögensverwendung: Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 55 bis 61. So i. E. auch: Abschn. 4.8.13 Abs. 10 S. 3 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 S 7160-h/09/10001, Rn. 3, BStBl. I 2010, 563 f.; Lübbehüsen, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 38, Rn. 52. Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 101. Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 10 S. 3 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 3, BStBl. I 2010, 563 f. So z. B. Kerscher, UR 1972, 113 ff. [115].
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn
Jedoch entschied der Bundesfinanzhof bereits im Jahr 1981127, dass nicht die zivilrechtliche Eigentumslage, sondern die wirtschaftlichen Gegebenheiten maßgeblich seien. Wirtschaftlicher Eigentümer ist gerade nicht der Treuhänder, sondern der Treugeber. Letzterer trägt das wirtschaftliche Risiko und partizipiert allein unmittelbar an den möglichen Gewinnen. Die Folgen der Vermögensverwahrung durch die Kapitalanlagegesellschaft treffen allein den Anleger. Des Weiteren kann die Kapitalanlagegesellschaft als Treuhänderin mit dem Sondervermögen nicht nach freiem Gutdünken verfahren, sondern muss sich an die Vorgaben des Investmentgesetzes und der Investmentvereinbarung halten. Das Sondervermögen ist – ebenso wie im Rahmen der Miteigentumslösung – streng vom Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft getrennt. Gemäß § 31 Abs. 2 InvG haftet das Sondervermögen nicht für Verbindlichkeiten der Kapitalanlagegesellschaft, gemäß § 31 Abs. 5 InvG ist es nicht Gegenstand einer Pfändung und gemäß § 31 Abs. 6 InvG ist eine Aufrechnung von Forderungen gegen die Kapitalanlagegesellschaft mit Forderungen aus einem Sondervermögen nicht möglich. Von einer Verwaltung wirtschaftlich eigenen Vermögens durch die Kapitalanlagegesellschaft kann daher nicht gesprochen werden, weshalb die Verwaltung, unabhängig davon, ob die Treuhand- oder die Miteigentumslösung vorliegt, stets eine Leistung an die Anteilinhaber darstellt.128 Das Sondervermögen hingegen kann bereits deshalb nicht Empfänger der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft sein, weil es ein unselbständiger
127 128
BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]. Vgl. zum Ganzen: BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]. Ein Rückgriff auf das zivilrechtliche Grundverhältnis ist im Hinblick auf die Leistungsbeziehungen zwischen KAG und Anleger – im Gegensatz zu den Leistungsbeziehungen der Depotbank – nicht erforderlich, da die Person des Leistungsempfängers eindeutig ist. Zivilrechtlich handelt es sich bei dem Investmentvertrag zwischen Anleger und KAG hinsichtlich der Verwaltungsleistungen um einen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 611 ff. BGB. Treuhandrechtliche Elemente, die sich ebenfalls nach § 675 BGB richten, treten hinzu. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2358; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 25; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 115; Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 9.152; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 14.94. Nach heute einhelliger Meinung enthält der Investmentvertrag keine kaufrechtlichen Züge (so früher: Gericke, DB 1959, 1276 ff. [1276]). Der Ausgabepreis i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 2 InvG ist kein Kaufpreis, sondern der Beitrag des Anlegers zum Sondervermögen, welcher wiederum durch die Anteilsscheine verbrieft wird. Anders verhält es sich jedoch beim Anteilszweitkauf (vgl. hierzu Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/270; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2354, 2380 ff.).
39
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Betriebsteil der Kapitalanlagegesellschaft ist129. Die Verwaltungsleistung in Bezug auf ein Vermögen wird zudem gerade nicht gegenüber dem Vermögen selbst, sondern vielmehr gegenüber dem wirtschaftlichen Berechtigten erbracht.
III.
Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung
Die verschiedenen Elemente der Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft bilden weder mehrere eigenständige gleichrangige Leistungen noch mehrere eigenständige Leistungen, die zueinander im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistungen stehen, sondern sind umsatzsteuerlich als eine einheitliche (Verwaltungs-)Leistung anzusehen130. Die Bedeutung dieses Aspektes besteht darin, dass verschiedene umsatzsteuerliche Fragestellungen, wie zum Beispiel die der Bestimmung des Leistungsorts und der Steuerfreiheit eines Umsatzes im Fall eigenständiger Leistungen für jede Leistung gesondert zu beantworten sind, während die verschiedenen Leistungselemente einer einheitlichen Leistung ein und dasselbe umsatzsteuerliche Schicksal sowie die Nebenleistungen das der Hauptleistung teilen131. Ausgangspunkt ist der Grundsatz, dass jede sonstige Leistung eine eigenständige Leistung darstellt132. Hiervon wird jedoch dann zugunsten einer einheitlichen Leistung abgewichen, wenn die Einzelleistungen so aufeinander zur Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels abgestimmt sind, dass sie ein neues Ganzes schaffen, hinter dem die Einzelleistungen zurücktreten, so dass eine Aufspaltung in die Einzelelemente als wirklichkeitsfremd bzw. künstlich erscheint133. Die Perspektive der hierfür notwendigen Gesamtbe129 130
131
132
133
40
Vgl. Lübbehüsen, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 38, Rn. 53 sowie die Ausführungen und Nachweise am Ende des Abschnitts A dieses Kapitels. So i.E. auch Becker, UStB 2010. 278 ff. [281], der hierfür auch das BMF-Schr. v. 6.5.2010 als Beleg anführt. Denn dort wird in Rn. 3 von „einer“ Verwaltungsleistung gegenüber den Anlegern gesprochen (so auch Abschn. 4.8.13 Abs. 10 S. 3 UStAE).Vgl. Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 8 UStAE für die Verwaltung fremden Vermögens mit Entscheidungsbefugnis. Vgl. Abschn. 3.10 Abs. 1 S. 1 sowie Abs. 5 S. 1 UStAE; Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 506 (EL 190, 1/2012); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 434 (EL 143, 7/2010); Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14, Rn. 29; Stadie, UStG, § 3, Rn. 197. Vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1999, Rs. C-349/96 (CPP), Rn. 29, UR 1999, 254 ff.; EuGH, Urt. v. 27.10.2005, Rs. C-41/04 (Levob), Rn. 20, UR 2006, 20 ff.; Abschn. 29 Abs. 2 S. 1 UStR 2008; Lange, StuW 1999, 264 ff. [265]; ders., UR 2009, 289 ff. [292]; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3, Rn. 28 (EL 63, 4/2010). Vgl. EuGH, Urt. v. 26.2.1999, Rs. C-349/46 (CPP), Rn. 29; Urt. v. 27.10.2005, Rs. C-41/04 (Levob), Rn. 20, 22, UR 2006, 20 ff.; Leonard, in Bunjes/Geist, UstG, 10.
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn
trachtung aller Umstände zur Ermittlung des Wesens der Leistung ist gemäß dem Europäischen Gerichtshof die eines Durchschnittsverbrauchers134. Der Anleger investiert sein Vermögen in einen bestimmten Investmentfonds in der Erwartung, dass die Fondsverwaltung ihm sämtliche Arbeit im Hinblick auf die Verwaltung seines Vermögens abnimmt und dabei den Wert seines Anteils unter Berücksichtigung einer angemessenen Risikodiversifikation steigert. In die weiteren Entscheidungen will er grundsätzlich nicht eingebunden werden. Aus seiner Sicht stellt die Verwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft ein Leistungspaket dar, für das er die Verwaltungsvergütung entrichtet. Selbst wenn sich einige Anteilinhaber über die einzelnen Elemente der Verwaltungstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft bewusst sind, so treten diese Elemente aus der Sicht eines durchschnittlichen Anlegers hinter dem ganzen Paket der Verwaltungstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft zurück. Die Kapitalanlagegesellschaft schafft durch die Kombination der einzelnen Leistungselemente und deren Abstimmung aufeinander eine einheitliche neue Leistung, deren Aufspaltung und damit getrennte umsatzsteuerliche Beurteilung künstlich und wirklichkeitsfremd erscheinen würde. Die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft bilden deshalb eine einheitliche Leistung135. Die einzelnen Elemente teilen umsatz-
134
135
Aufl., § 3, Rn. 19; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3, Rn. 28, 28c (EL 63, 4/2010); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 432 (EL 143, 7/2010), 460; Stadie, UStG, § 3, Rn. 197. Vgl. EuGH, Urt. v. 22.5.1996, Rs. C-231/94 (Faaborg-Gelting), Rn. 12, UR 1996, 220 f.; Urt. v. 26.2.1999, Rs. C-349/46 (CPP), Rn. 28 f., UR 1999, 254 ff.; Urt. v. 27.10.2005, Rs. C-41/04 (Levob), Rn. 19, 20, UR 2006, 20 ff.; BFH, Urt. v. 9.10.2002, V R 5/02, UR 2003, 143 m.w.N. zur eigenen Rechtsprechung; Lange, StuW 1999, 264 ff. [265]; ders., UR 2009, 289 ff. [291]; Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 460 (EL 143, 7/2010); Stadie, UStG, § 3, Rn. 197. Für diese Sichtweise spricht auch der Umstand, dass die Finanzwaltung (vgl. BMF, Schr. v. 9.12.2008, IV B 9 – S 7117-f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.; OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 14.2.2006, S 7160 A – 68 – St I 2.30, DStR 2006, 946 f. sowie Vfg. v. 8.12.2006, S 7160 A – 68 - St 112, UR 2007, 665 f.; OFD Münster, Rdvfg. v. 10.8.2006, S 7160 – 18 – St 44-32, DB 2006, 1985; OFD Rheinland, Rdvfg. v. 26.2.2007, S 7160a – 1001 – St 434, DB 2007, 660; FinMin Schleswig-Holstein, Vfg. v. 28.11.2006, VI 326 - S 7160 - 114, UR 2007, 235 f.) die individuelle Vermögensverwaltung durch eine Bank und die Ausführung der betreffenden Wertpapiertransaktionen durch dieselbe Bank als einheitliche Leistung ansieht. Im Unterschied zur Verwaltungstätigkeit der KAG verwahrt in diesen Konstellationen der Vermögensverwalter als Bank die Anlagegegenstände selbst und erbringt damit auch die Transaktionsleistungen beim Kauf und Verkauf der Anlagegegenstände (z. B. Wertpapiere) vollumfänglich selbst. Weil bei einem Investmentvermögen die Anlagegegenstände zwingend von der Depotbank verwahrt werden, bedarf es für die Ausführung der jeweiligen Transaktion der Mitwirkung der Depotbank (vgl. Kap. 2,
41
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
steuerlich das Schicksal dieser Verwaltungsleistung im Ganzen136. Der Vergütungsvereinbarung kommt dabei allenfalls Indizwirkung zu. Aus einer getrennten bzw. einer einheitlichen Vergütung lassen sich keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die umsatzsteuerliche Beurteilung als getrennte bzw. einheitliche Leistung ziehen137. Eine Unterscheidung danach, ob alle Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft durch eine Gesamtverwaltungsgebühr oder durch einzelne Gebühren für die verschiedenen Leistungselemente abgegolten werden, kann deshalb unterbleiben138.
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138
42
Abschn. B). Wenn die Finanzverwaltung sogar in der Konstellation, dass von dem Vermögensverwalter die Transaktionen nicht nur eingeleitet (so z.B. im Fall einer KAG), sondern auch selbst vollständig abgeschlossen werden, von einer einheitlichen Gesamtleistung der Vermögensverwaltung ausgeht, so muss dies erst recht für die Verwaltungsleistung einer KAG gelten, weil sie die Transaktion durch den Abschluss der Rechtsgeschäfte und die Weisungserteilung gegenüber der Depotbank lediglich einleitet. Die Sichtweise der Rechtsprechung zu dieser Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Während das FG Kassel (Urt. v. 22.3.2010, 6 K 1930/09, ZIP 2010. 1938 ff.) ausdrücklich von einer einheitlichen Leistung ausgeht, hat der BFH u.a. die Frage der Einheitlichkeit der Leistung im Rahmen des Revisionsverfahrens zu dem vorgenannten Urteil des FG Kassel mit Beschluss vom 28.10.2010 (V R 9/10) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. In seinem Urt. v. 11.10.2007 (V R 22/04, Punkt II. 1. d) bb), UR 2008, 215 ff.) ging der BFH hingegen scheinbar – ohne zu dieser Frage ausdrücklich Stellung zu beziehen – von einer einheitlichen Leistung aus, indem er die gesamte Leistung des Vermögensverwalters unter § 4 Nr. 8 Buchst. c bzw. e UStG subsumierte (vgl. Hamacher, DStZ 2008, 222 ff. [223]; Philipowski, UR 2008, 225 ff. [226 f.], vgl. ausführlich zur Steuerfreiheit der individuellen Vermögensverwaltung die Ausführungen in Kap. 7, Abschn. B, Punkt II). Im Anschluss an die Feststellung der Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung stellt sich die Frage, welchen Charakter diese einheitliche Leistung hat. Dies kann nicht pauschal, sondern muss im Zusammenhang mit der jeweils betrachteten umsatzsteuerlichen Fragestellung (z. B. Ort der Leistung oder Steuerfreiheit) beantwortet werden (vgl. die Ausführungen in Kap. 7, Abschn. B, Punkt II). Vgl. EuGH, Urt. v. 27.10.2005, Rs. C-41/04 (Levob), Rn. 25, 22, UR 2006, 20 ff.; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3, Rn. 31 m.w.N. (EL 63, 4/2010); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 469 (EL 143, 7/2010). Gleiches gilt auch für dem Umstand, dass die Leistungen auf einem einheitlichen Vertrag basieren, vgl. BFH, Urt. v. 31.5.2007, V R 18/05; BFH/NV 2007, 2031 ff. [2032] m. w. N. Vgl. zu der Ausgestaltung der Kostenregelung im Investmentvertrag zwischen KAG und Anleger § 19 der Mustervertragsbedingungen für richtlinienkonforme Sondervermögen bzw. Baustein 7 der besonderen Vertragsbedingungen bei Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/385 bzw. 9/405. Vor diesem Hintergrund ist es auch konsequent, dass der BFH (Urt. v. 11.10.2007, VR 22/04, UR 2008, 215 ff.) und die Finanzverwaltung (BMF, Schr. v. 9.12.2008, IV B 9 – S 7117-f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.) die Frage der Einheitlichkeit unabhängig davon beurteilen, ob eine getrennte Vergütung oder eine sog. „all-in-fee“ vereinbart wurde (kritisch hierzu: Hahne, BB 2007, 240 ff. [241 ff.]; Kunschke, DStR 2007, 1431 ff. [1433 ff.]; Weber, UVR 2007, 46 ff.).
Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn
Dabei ist auch nicht von einer Hauptleistung mit einer oder verschiedenen Nebenleistung auszugehen139. Zum einen nimmt kein Leistungselement eine derart exponierte Stellung ein, dass die anderen Elemente bei einer wirtschaftlichen Betrachtung dahinter zurücktreten140. Und zum anderen setzt die Annahme einer Nebenleistung voraus, dass die betreffende Leistung keinen eigenen Zweck hat, sondern lediglich ein Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können141. Die beschriebenen Elemente der Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft verfolgen jeweils eigenständige Zwecke, die wiederum auf die Verwaltung des Sondervermögens gerichtet sind. Sie sind keine untergeordneten Hilfsleistungen142.
139 140 141 142
So aber ausdrücklich die o. g. Rundverfügungen der OFDen Frankfurt/M., Münster und Rheinland (vgl. Fn. 135). Vgl. zu dieser Voraussetzung Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 491 (EL 143, 7/2010). Vgl. EuGH, Urt. v. 22.10.1998, Rs. C-308/96 und C-94/97 (Madgett und Baldwin), Rn. 24, UR 1999, 38 ff.; Urt. v. 25.2.1999, Rs. C-349/96 (CPP), Rn. 30, UR 1999, 254 ff. Reiß (in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14, Rn. 29) spricht insoweit von einer bloßen Hilfsfunktion der Nebenleistung.
43
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
C.
Leistungsaustausch
Für einen steuerbaren Umsatz genügt nicht allein der Erhalt eines Entgelts als Ausfluss der konsumptiven Einkommens- bzw. Vermögensverwendung. Vielmehr muss die betreffende Leistung auf den Erhalt der Gegenleistung gerichtet sein und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung ausgelöst haben, so dass schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind143. Der Europäische Gerichtshof – und nunmehr auch der Bundesfinanzhof 144 – betont in seiner Rechtsprechung weniger den finalen als den synallagmatischen Gedanken des Leistungsaustauschs145. Maßgeblich ist demnach das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert. Die konkrete Bezeichnung des Entgelts ist nicht maßgeblich, umfasst sind vielmehr alle Zahlungen, die zum Erhalt der jeweiligen Leistung erbracht werden (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG)146. Es ist daher nicht allein die Verwaltungsvergütung, sondern ebenso der Aufwendungsersatz nach § 29 Abs. 1 InvG als Entgelt anzusehen, da auch er zur Erlangung der Verwaltungsdienstleistung entrichtet wird147. Die Kapitalanlagegesellschaft erbringt die Verwaltungsdienstleistungen, um die Vergütung und den Aufwendungsersatz zu erlangen. Zwar wird das Entgelt gemäß § 29 Abs. 1 InvG durch die Depotbank aus dem Sondervermögen an die Kapitalanlagegesellschaft gezahlt, jedoch sind sowohl im Rahmen der Miteigentums- als auch im Rahmen der Treuhandlösung der Anleger und die Kapitalanlagegesellschaft die Parteien des Leistungsaustauschs148. Durch die Entnahme der Vergütung und des Aufwendungsersat143 144 145 146 147
148
44
So der finale Leistungsbegriff, vgl. BFH, Urt. v. 7.5.1981, BStBl. II 1981, 495 [496]; Birkenfeld, USt-Hdb, § 32, Rn. 151 (EL 47, 8/2008). Vgl. BFH, Urt. v. 11.04.2002, V R 65/00, BStBl. II 2002, 782 ff. [783 f.]; Urt. v. 18.03.2004, V R 101/01; BStBl. II 2004, 798 ff. [ 800]. Vgl. EuGH, Urt. v. 3.3.1994, C-16/93 (Tolsma), Rn. 14, UR 1994, 399 ff.; Urt. v. 17.9.2002, Rs. C-498/99 (Town & Country), Rn. 17 f., UR 2002, 510 ff. Vgl. Korn, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 10, Rn. 3 ff.; Stadie, Umsatzsteuer, Rn. 3.6.; ders., UStG, § 10, Rn. 3. Vgl. Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1587]; Weber, Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen, S. 46. Das setzt auch die Verfügung der OFD Frankfurt/M. (11.12.1980, S 7160 A - 3/80 - St V 21, UR 1981, 88) voraus, wenn die OFD erklärt, dass sich der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht nur auf die Verwaltungsvergütung, sondern auch auf den Aufwendungs- und Auslagenersatz erstreckt. Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]; FinMin NRW, Erl. v. 6.3.1981, S 7200 – 31, V C 4, UR 1981, 259; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 29 (EL 184, 1/2011); Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1587].
Leistungsaustausch
zes aus dem Sondervermögen wird der Wert des Sondervermögens gemindert. Weil sich der Anteilswert jedes Anlegers gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 InvG aus der Teilung des gesamten Sondervermögens durch die Gesamtzahl der sich im Verkehr befindlichen Anteile ergibt, kommt es mit der Entnahme des Entgelts aus dem Sondervermögen zu einer entsprechenden Minderung der Anteile aller Anleger. Das Entgelt stammt somit aus dem wirtschaftlichen Eigentum der Anleger. Dass die Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 29 Abs. 1 InvG keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Anleger hat, sondern auf eine Entnahme aus dem Sondervermögen verwiesen wird, ändert nichts daran, dass jenes Entgelt aus dem Vermögen des Anlegers stammt und damit zu einem Leistungsaustausch zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und den Anlegern führt. Vielmehr dient dieser Weg dem Schutz der Anleger vor einer Inanspruchnahme durch die Kapitalanlagegesellschaft149. Es handelt sich lediglich um eine gesetzlich vorgegebene Erfüllungsmodalität, die an der Natur des Entgelts und dessen wirtschaftlichem Träger nichts ändert150.
149 150
Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]. Ergänzend ist anzumerken, dass ein Leistungsaustausch nicht voraussetzt, dass das Entgelt von dem Empfänger der Leistung erbracht wird, solange eine innere Verknüpfung zwischen der Leistung und der Entgeltzahlung des Dritten besteht (vgl. Probst, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 155 m.w.N. [EL 3/07, 06/2007]).
45
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
D.
Ort der Verwaltungsleistung
I.
Einführung
Die Bedeutung der Ortsbestimmung folgt daraus, dass die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur dann steuerbar sind, wenn sie im Inland erbracht werden. In Bezug auf Dienstleistungen, die eine Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern erbringt, sind grundsätzlich zwei Leistungsorte denkbar: der Sitz der Kapitalanlagegesellschaft151 oder der Wohnorts bzw. Sitz des jeweiligen Anteilinhabers. Weil sich diese Untersuchung auf solche Kapitalanlagegesellschaften beschränkt, die ihren Sitz in Deutschland haben, gilt die Verwaltungsleistung zumindest immer dann als in Deutschland ausgeführt, wenn auf den Sitz des Leistenden (sog. Ursprungslandprinzip) abgestellt wird. Bestimmt sich der Leistungsort hingegen nach dem Sitz des Leistungsempfängers (sog. Bestimmungslandprinzip), so führt die Verwaltungsleistung nur dann zu einem steuerbaren Umsatz, wenn sich der Sitz des Anlegers ebenfalls in Deutschland befindet. Trifft also das Bestimmungslandprinzip mit einem Anleger zusammen, der seinen Sitz außerhalb Deutschlands hat, ist der betreffende Umsatz nicht steuerbar152. Die Bestimmung des Orts der Dienstleistung (sonstige Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes) stellt einen der komplexesten Regelungsbereiche des deutschen und europäischen Umsatzsteuerrechts dar153. Diese ohnehin schwierige Ausgangslage wird dadurch erschwert, dass die Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, die sich mit den Bestimmungen des Orts der Dienstleistung befassen (Titel V Kapitel 3, Art. 43 ff.), durch das so genannte Mehrwertsteuer-Paket eine völlige Überarbeitung erfuhren154. Dies
151 152 153
154
46
Auf das Sondervermögen kann bei der Ortsbestimmung nicht abgestellt werden, da es als unselbständiger Betriebsteil der KAG (vgl. hierzu Abschn. A dieses Kapitels) weder Leistungen erbringt noch empfängt. Vgl. Penke (Ort der sonstigen Leistung, S. 51 ff.) zu den Vor- und Nachteilen des Ursprungs- und des Bestimmungslandprinzips. Luuk/Oesterhelt/Winzap (Steuer Revue 2009, 218 ff. [232]) bezeichnen die Ortsbestimmung als „anspruchsvolle Aufgabe“. Matheis/Groß (UVR 2008, 309 ff. [309]) sehen in den Ortsbestimmungen einen wesentlichen Grund dafür, dass die Umsatzsteuer in vielen Unternehmen als unübersichtlich und schwer handhabbar angesehen wird. Nieskens (UR 2008, 677 ff. [677]) bezeichnet die Ortsbestimmung aufgrund ihrer Komplexität als „zunehmend unkalkulierbares Risiko“. Das Mehrwertsteuerpaket setzt sich aus zwei EG-Richtlinien und einer EGVerordnung zusammen. Die hier maßgebliche Richtlinie zur Änderung des Orts der Dienstleistung ist die Richtlinie 2008/8/EG v. 12.2.2008, ABl. Nr. L 44, S. 11 ff. v. 20.2.2008,
Ort der Verwaltungsleistung
brachte wiederum eine Neufassung der Ortsregelungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes (§§ 3a ff. UStG) durch das Jahressteuergesetz 2009155 mit Wirkung vom 1. Januar 2010156 mit sich, obwohl die Ortsbestimmung im Hinblick auf Verwaltungsleistungen im Zusammenhang mit Investmentvermögen erst kürzlich eine gesetzliche Änderung durch das Jahressteuergesetz 2007157 erfuhr. Aufgrund der Komplexität dieses Regelungsbereiches und der dynamischen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung genügt es deshalb nicht, die seit dem 1. Januar 2010 geltende Rechtslage darzustellen (Punkt III). Nicht allein aufgrund der weiteren Gültigkeit von Teilen der Altregelung, die für die vorliegende Untersuchung relevant sind158, ist es geboten, auch die bis zum 31. Dezember 2009 geltende Rechtslage darzustellen (Punkt II). Um die Dynamik der Entwicklungen im Bereich der Ortsbestimmungen aufzuzeigen und den argumentativen Hintergrund der verwendeten Literatur und Rechtsprechung zu verdeutlichen, wird in Bezug auf die Situation vor Inkrafttreten des Mehrwertsteuerpaketes auch auf die Rechtslage vor dem Jahressteuergesetz 2007 hingewiesen (Punkt II 3 a)), weil sich hierdurch wesentliche Veränderungen im Zusammenhang mit den nationalen Regelungen zur Bestimmung des Leistungsorts ergaben159. Die Ausführungen zum Leistungsort schließen mit einem Vergleich der dargestellten Rechtslagen, um aufzuzeigen, was sich durch die dargestellte Entwicklung und insbesondere durch das Mehrwertsteuerpaket im Hinblick auf die Bestimmung des Leistungsorts einer Kapitalanlagegesellschaft im Investment-Dreieck verändert hat (Punkt IV). Darüber hinaus erfolgt eine kritische Bewertung der Neuregelung (Punkt V), die letztlich in einen eigenen Korrekturvorschlag bezüglich des Wortlauts der Richtlinie und des Umsetzungsgesetzes mündet (Punkt VI).
155 156 157 158 159
BGBl. I 2008, 2794. Vgl. § 27 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 39 Abs. 9 JStG 2009. Jahressteuergesetz v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878 ff. So findet z. B. die problembehaftete Katalogregelung des § 3a Abs. 4 UStG a. F. (Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a.F.) weiterhin in § 3a Abs. 4 S. 2 UStG n. F. (Art. 59 MwStSystRL n. F.) Verwendung (vgl. hierzu sogleich). Vgl. Art. 7 Nr. 2 JStG 2007, BGBl. I 2006, 2878 ff.
47
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
II.
Verwaltungsleistungen vor dem 1. Januar 2010
1.
Systematik der nationalen und europäischen Regelungen
Gemäß § 3a Abs. 1 UStG a. F.160 wurden vor dem 1. Januar 2010 ausgeführte sonstige Leistungen dem Ursprungslandprinzip folgend am Sitz des leistenden Unternehmers besteuert. Das Bestimmungslandprinzip durchbrach diese Grundregel gemäß § 3a Abs. 3 S. 1 UStG a. F., wenn ein Unternehmer Empfänger einer Katalogleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG a. F. war. Handelte es sich bei dem Empfänger um einen Nicht-Unternehmer, so kam das Bestimmungslandprinzip lediglich in den Fällen zur Anwendung, in denen der eine Katalogleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG a. F. empfangende Anleger seinen Wohnsitz in einem Drittland unterhielt. Entscheidender Punkt für die Ortsbestimmung der Verwaltungsleistung war daher nicht allein die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers, sondern ebenso, ob sich der jeweilige Umsatz unter den Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F. subsumieren ließ. Das auf europäischer Ebene in Art. 43 MwStSystRL a. F.161 verankerte Ursprungslandprinzip wurde zugunsten des Bestimmungslandprinzips für die in Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F.162 genannten sonstigen Dienstleistungen durchbrochen163. Auch hier kam im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen der Katalogregelung des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL164 eine besondere Bedeutung zu. Weil Richtlinien lediglich hinsichtlich des herbeizuführenden Rechtszustandes und nicht in Bezug auf die anzuwendende Regelungssystematik verbindlich sind165, folgte der deutsche Gesetz-
160
161 162 163
164 165
48
Die Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sowie des Umsatzsteuergesetzes vor der Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets werden im Folgenden mit der Bezeichnung „a. F.“ als alte Fassung gekennzeichnet. Normenzitate die keinen entsprechenden Zusatz tragen, beziehen sich auf die Regelungen nach Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets. Art. 43 MwStSystRL a. F. war die inhaltsgleiche Nachfolgeregelungen zu Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. war die inhaltsgleiche Nachfolgeregelung zu Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL. Das Ursprungslandprinzip genießt dabei aber keinen Vorrang gegenüber dem Bestimmungslandprinzip. Weil es sich bei Letzterem gerade nicht um eine Ausnahme handelt, sind die entsprechenden Vorschriften (z. B. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL) auch nicht eng auszulegen, vgl. EuGH, Urt. v. 26.9.1996, Rs. C-327/94 (Dudda), Rn. 20, UR 1997, 58; Urt. v. 15.3.2001, Rs. C-108/00 (SPI), Rn. 17, UR 2001, 204; Urt. v. 6.12.2007, Rs. C-401/06 (Kommission/Deutschland), Rn. 12, UR 2008, 117 ff.; Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 25, UR 2008, 925 ff. Nachfolgeregelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Spiegelstrich der 6. EG-RL. Vgl. Geiger, EUV/EGV, Art. 249, Rn. 10.
Ort der Verwaltungsleistung
geber dem Regelungsmechanismus des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. nicht. Während diese Regelung das Bestimmungslandprinzip vom Vorliegen eines Bank-, Finanz- und Versicherungsumsatzes166 abhängig macht, verwies § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf die nationalen Steuerbefreiungsvorschriften. Diese Verweisung erfuhr durch das Jahressteuergesetz 2007 eine wesentliche Erweiterung, indem mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 der Verweis von § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG auf § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h UStG erweitert wurde167. Für die Verweisung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf die dort genannten Steuerbefreiungsvorschriften kam es dabei aber nicht auf die tatsächliche Steuerfreiheit dieser Leistung entsprechend der jeweiligen Befreiungsvorschrift an, sondern es genügte, dass die betreffende Leistung in der Befreiungsvorschrift lediglich bezeichnet wurde168. Folglich waren auch solche Leistungen vom Bestimmungslandprinzip umfasst, die zwar nicht steuerfrei, aber in einer der von § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG bezeichneten Befreiungsregelung genannt waren169. 2.
Kapitalanlage als unternehmerische Tätigkeit
Bevor sich diese Untersuchung schwerpunktmäßig mit der Frage beschäftigt, inwiefern die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft eine Katalogleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG alter und neuer Fassung darstellen, gilt es zu untersuchen, unter welchen Umständen der Anteilinhaber allein aufgrund der Kapitalanlage als Unternehmer anzusehen ist170. 166 167 168
169
170
Folgend wird ausschließlich von Bank- und Finanzumsätzen gesprochen, da Versicherungsumsätze nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind. Vgl. Art. 7 Nr. 2 JStG 2007, BGBl. I 2006, 2878 ff. [2895]. Gemäß Art. 20 Abs. 1 JStG 2007 trat die Erweiterung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG am Tag nach der Verkündung (18.12.2006) in Kraft. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00, UR 2004, 524 ff. [525]; Abschn. 39 Abs. 17 S. 2 UStR 2008; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [933]; Stadie, UStG, § 3a, Rn. 76; Weber/Hamacher, Bank- und Finanzgeschäft, S. 22. Gemäß Abschn. 3a.9 Abs. 17 S. 2 UStAE gilt dies auch für die seit dem 1.1.2010 geltende Rechtslage. Als Beispiel lässt sich hier die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG anführen. Diese Leistungen sind zwar ausdrücklich nicht steuerfrei, aber in der Befreiungsregelung bezeichnet. Vgl. ausführlich zu dieser Frage: Punkt II 4 b) ee) dieses Abschnitts. Die europäischen Richtlinien verwenden nicht den Begriff des Unternehmers, sondern den des Steuerpflichtigen (vgl. Art. 9 MwStSystRL). Trotz der inhaltlichen (geringfügigen) Unterschiede zwischen dem Unternehmerbegriff des UStG und dem Begriff des Steuerpflichtigen der MwStSystRL führen beide Regelungen zu denselben Ergebnissen, weil aufgrund ihres dehnbaren Wortlauts eine richtlinienkonforme Auslegung möglich ist, vgl. Reiß, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I,
49
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Würde der Anleger allein durch die Kapitalanlage zu einem Unternehmer, so müsste letztlich jeder Anteilinhaber als Unternehmer gelten. Es besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass ein Anleger nicht allein durch die Vermögensanlage zu einem Unternehmer bzw. Steuerpflichtigen im Sinne des Umsatzsteuerrechts wird171. Anders verhält es sich lediglich dann, wenn der Anleger die Anlage im Rahmen der Verwaltung fremden Vermögens gegen Entgelt als Teil seiner unternehmerischen Tätigkeit vornimmt172. Erfolgt also die Anlage eigenen Kapitals, so muss sich die Unternehmereigenschaft aus einer anderen Tätigkeit ergeben, die der Anteilinhaber ausübt. Dabei ist es für die Begründung der Unternehmereigenschaft selbst nicht erforderlich, dass die Kapitalanlage im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit steht173. Divergenzen bestehen jedoch dahingehend, wie dieses Ergebnis zu begründen ist. Schließlich könnte die Überlassung von Vermögen zur dauerhaften Einnahmeerzielung zum einen als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 UStG und zum anderen als Nutzung eines nichtkörperlichen Gegenstands zur Erzielung von Einnahmen und damit als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 S. 3 MwStSystRL angesehen werden174.
171
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50
§ 2, Rn. 20 (EL 85, 7/2010); Scharpenberg, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 2, Rn. 29, 73 (EL 5/09, 08/2009). Ausführlich zum Vergleich zwischen den beiden Begriffen: Klose, Abgrenzung des Unternehmers vom Nichtunternehmer, S. 121 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Rs. C-77/01 (EDM), Rn. 62, UR 2004, 301 f. [301]; Burhoff, in: Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, Bd. I, § 2, Rn. 91 (EL 67, 2005); Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 2, Rn. 53; differenzierend Korn, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 2, Rn. 78 ff.; Köhler, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 126/2 (EL 177, 5/2009); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 1 (EL 60, 9/2008). Vgl. Abschn. 2.3 Abs. 1 S. 5 UStAE ausdrücklich zu Giro-, Bauspar- und Sparkonten sowie Wertpapieren. Vgl. EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Rs. C-77/01 (EDM), Rn. 59, UR 2004, 301 f. [301]; Stadie, UStG, § 2, Rn. 84 und die Ausführungen zur Unternehmereigenschaft der KAG (Abschn. A. dieses Kapitels). Darauf wird es hingegen bei der Frage ankommen, ob die Leistung für die Anwendung des Bestimmungslandprinzips nicht nur durch einen Unternehmer, sondern auch für das Unternehmen bezogen wird (vgl. Punkt II 3 b) und Punkt II 4 c) dieses Abschnitts). Vgl. Reiß, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 2, Rn. 28 (EL 85, 7/2010). Vgl. EuGH, Urt. v. 4.12.1990, Rs. C- 186/89 (Van Tiem), Rn. 17 ff., UR 1992, 141 zu dem weiten Anwendungsbereich des Art. 4 der 6. EG-RL (bzw. Art. 9 MwStSystRL) und insbesondere dem weiten Verständnis vom Begriff der „Nutzung“, wonach dieser sich rechtsformunabhängig auf alle Vorgänge bezieht, die darauf abzielen, aus dem betroffenen Gegenstand nachhaltig Einnahmen zu erzielen.
Ort der Verwaltungsleistung
Teilweise wird der Unternehmerbegriff durch eine Einschränkung des Leistungsbegriffs auf Leistungen im wirtschaftlichen Sinn begrenzt175. Leistungen, die keine wirtschaftlichen, sondern ausschließlich Leistungen im rechtlichen Sinn darstellen, werden nicht von einem Unternehmer ausgeführt. Maßgeblich sei, dass die Zurverfügungstellung des Kapitals gerade nicht erfolge, um der Bank (oder hier der Kapitalanlagegesellschaft) Kapital zur Verfügung zu stellen, sondern es um die Nutzung des eigenen Vermögens im Rahmen der Privatsphäre geht176. Unabhängig davon, ob man die Anteilsscheine am Investmentvermögen (§ 33 InvG) als Wertpapiere eigener Art oder als Inhaberschuldverschreibungen auffasst177, verfängt darüber hinaus auch das Argument, dass es sich deshalb nicht um eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 S. 3 MwStSystRL mittels einer Nutzungsüberlassung handeln kann, weil die Ausschüttungen der Gewinnanteile (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) kein Entgelt für eine Leistung sind, sondern lediglich aus der Eigentümerstellung an dem Wertpapier bzw. der Inhaberschuldverschreibung folgen178.
175 176 177
178
Vgl. Abschn. 2.3 Abs. 1 UStAE und die Nachweise in der folgenden Fußnote. Vgl. zum Ganzen: BFH, Urt. v. 1.2.1973, V R 2/70, BStBl. II 1973, S. 172 f. [173]; Urt. v. 11.10.1973, V R 14/73, BStBl. II 1974, 47 f. [48]; Burhoff, in Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, Bd. I, § 2, Rn. 91 (EL 67, 2005). Für die Annahme eines Wertpapiers (teilweise eigener Art): BGH, Urt. v. 4.2.1999, III Z R 56/98, NJW 1999, 1393 ff. (ohne Begründung); Baur, Investmentgesetze, Bd. 1, § 18, Rn. 1; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/424; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 33, Rn. 22 ff. (EL 4/07); von Caemmerer, JZ 1958, 41 ff. [48]; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2373; Consbruch, BB 1957, 337 [440]; Gericke, DB 1959, 1276 ff. [1277]; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 136; Kümpel/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, 4, Aufl., Rn. 9.65 f.; Schuler, NJW 1957, 1049 ff. [1051]. Für die Annahme von (Inhaber-)Schuldverschreibungen: Sprau, in: Palandt, Einf. v. § 793, Rn. 7. Vgl. EuGH, Urt. v. 20.6.1991, Rs. C-60/90 (Polysar), Rn. 13; UR 1993, 119 ff.; Urt. v. 14.11.2000, Rs.C-142/99 (Floridienne & Berginvest), Rn. 17 f., UR 2000, 530 ff.; Beschl. v. 12.7.2001, Rs. C-102/00 ( Welthgrove), Rn. 13 f., UR 2001, 533 ff.; Urt. v. 27.9.2001, Rs. C-16/00 (Cibo Participations), Rn. 18, UR 2001, 500 ff.; EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Rs. C-77/01 (EDM), Rn. 63, UR 2004, 292 ff. (ausdrücklichen zum Fall der Anlage in Investmentfonds); Abschn. 2.3 Abs. 2 S. 1 bis 3 UStAE; BMF, Schr. v. 26.1.2007, IV - A 5 - S 7300 - 10/07, UR 2007, 150 ff.zu Dividenden und Erträgen, die einer Holding aus einer Beteiligung zufließen (kritisch hierzu Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. I, § 2, Rn. 249 ff. [EL 147, 7/2011]). Aufgrund der Rechtsformneutralität des Begriffs des Steuerpflichtigen (vgl. EuGH, Urt. v. 4.12.1990, Rs. C- 186/89, Rn. 18., UR 1992, 141) muss für die Beteiligung an Investment-Fonds dasselbe gelten wie für die Beteiligung an einer Gesellschaft (z.B. Investment-Aktiengesellschaft i. S. d §§ 96 ff. InvG). Unterschiede in der zivil-
51
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Des Weiteren wird vertreten, dass der Unternehmerbegriff ein „Typusbegriff“ ist, der es selbst bei Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale erfordere, die unternehmerische Leistung von der privaten Vermögensverschiebung bzw. Vermögensumschichtung nochmals dadurch abzugrenzen, dass die unternehmerische Tätigkeit ein Auftreten „wie ein Händler am Markt“ verlange179. Vom Verbrauchssteuergedanken ausgehend, lässt sich darüber hinaus auch anführen, dass die private Vermögensanlage gerade kein Konsum, sondern ein Sparen darstellt180. Auch wenn der Unternehmerbegriff weit zu verstehen ist, entspricht es nicht dem Ziel des Gesetzgebers, dass selbst jeder Verbraucher dadurch zu einem Unternehmer wird, dass er sein privates Vermögen anlegt181. 3.
Inhalt der nationalen Regelungen
a)
Zeitraum vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007
Bis zum 18. Dezember 2006 galt für Leistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentvermögen das Ursprungslandprinzip aus § 3a Abs. 1 UStG a. F., weil der Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F. diese Leistungen mangels Verweises auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht umfasste182.
179
180 181 182
52
rechtlichen Konstruktion der Beteiligung dürfen umsatzsteuerlich keine Rolle spielen. Vgl. BFH, Urt. v. 13.12.1984, V R 32/74, BStBl. II 1985, 173 ff. [176]; Urt. v. 29.6.1987, X R 23/82, BStBl. II 1987, 744 ff. [744 f.]; Urt. v. 16.7.1987, X R 48/82, BStBl. II 1987, 752 f. [753]; Heidner, in: Bunjes/Geist, 9. Aufl., § 2, Rn. 7 i. V. m. Rn. 47 m. w. N.; Korn, in: Bunjes/Geist, § 2, 10. Aufl., Rn. 5; Reiß, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2, Bd. I, Rn. 35 (EL 85, 7/2010); Scharpenberg, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 2, Rn. 71 (EL 5/09, 08/2009). Mittlerweile scheint die Rechtsprechung diese Überlegungen eher im Rahmen der „Nachhaltigkeit“ der Tätigkeit zu verorten, was am Ergebnis aber nichts ändert (vgl. hierzu mit krit. Anm.: Stadie, UStG, § 2, Rn. 60 ff.). Vgl. Söhn, StuW 1975, 164 ff. [165 f.]. Vgl. BFH, Urt. v. 1.2.1973, V R 2/70, BStBl. II 1973, S. 172 f. [173]; Kensbock, Unternehmerbegriff, S. 121. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [525]; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [668]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [933]; Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 402 (EL 190, 1/2012); Philipowski, UR 2004, 647 ff. [648]; Pick, WuB X. Art. 4 der 6. RL 77/388/EWG 1.05. Diese Urteile und Aufsätze beziehen sich nicht ausdrücklich auf die originäre Leistungserbringung durch die KAG gegenüber den Anlegern, sondern auf den Fall des externen Bezugs des gesamten Portfolio-Managements durch die KAG (vgl. hierzu ausführlich Kap. 4, Abschn. D, Punkt II 1 a)). Inhaltlich
Ort der Verwaltungsleistung
Die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft wurden entsprechend der nationalen Regelungen nicht als Umsätze aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater oder einer ähnlichen beratenden Tätigkeit angesehen (3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F.). Eine Kapitalanlagegesellschaft erbringt gegenüber den Anlegern keine Beratungsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F., weil sie aufgrund einer eigenen Entscheidungsbefugnis konkrete Anlageentscheidungen trifft und deren Umsetzung einleitet. Im Gegensatz hierzu beschränkt sich eine Beratung auf die Überlassung von Informationen und die Abgabe von Handlungsempfehlungen zur Lösung bestimmter Fragestellungen183. Dies würde voraussetzen, dass die Anleger auf der Basis von Anlageempfehlungen der Kapitalanlagegesellschaft eigene Anlageentscheidungen treffen. Im Fall der Vermögensanlage in einen Investment-Fonds geben die Anleger diese Entscheidung jedoch vollumfänglich an das Fonds-Management ab184. Letzteres hält gerade keine Rücksprache mit den Anteilinhabern bezüglich konkreter Anlageentscheidungen185. Auch wurden die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft nicht als Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG eingestuft. Zum einen wäre diese Vorschrift von vornherein nur insoweit anwendbar, als die Kapitalanlagegesellschaft auch in Wertpapiere investiert (vgl. § 2 Abs. 4 InvG zu den weiteren Anlagegegenständen eines Investmentvermögens). Zum anderen bezieht sich § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ausschließlich auf die bankmäßige Depotverwahrung (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG, §§ 2, 5 DepG), die sich von der Verwaltungstätigkeit
183 184
185
geht es dabei aber genau um die hier zu beantwortende Frage, ob diese Leistung vom Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F. umfasst war. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 18.12.1987, II 373/86, UR 1989, 344 f. [344]; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 175 (EL 56, 10/2006). Dies könnte sich jedoch bei einem Spezial-Sondervermögen vor dem Hintergrund anders verhalten, dass dort ein Anlageausschuss besteht, durch den der Anleger erheblichen Einfluss auf die Anlagepolitik nehmen kann. Oftmals wird die Möglichkeit eines solchen Anlageausschusses tatsächlich aber nicht wahrgenommen, so dass die KAG die Verwaltung des Sondervermögens doch ohne die Mitwirkung der Spezialfondsanleger durchführt. Vgl. zur Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Anlageberatung: BGH, Urt. v. 28.10.1997, XI ZR 260/96, NJW 1998, 449 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.3.200, 12 U 127/99, ZIP 2000, 2060 f.; Balzer WM 2000, 441 ff.; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 10.8; Philipowski, UR 2005, 672 ff. [672]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1802]; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 23, Rn. 6; Wäger, DStR 2008, 253 f. [253]; Weber, UVR 2007, 46 ff. [49].
53
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
der Kapitalanlagegesellschaft dadurch unterscheidet, dass kein eigener Entscheidungsspielraum besteht186. Außerdem wurden die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft zur damaligen Zeit selbst dann einhellig nicht als Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG angesehen, wenn es sich um ein Wertpapier-Sondervermögen handelte. Als Wertpapierumsatz gelten ausschließlich solche Dienstleistungen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten in Bezug auf Wertpapiere unmittelbar zu begründen oder zu ändern187. Weil die Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft aber eine einheitliche Gesamtleistung ist (vgl. Abschn. B, Punkt III dieses Kapitels), hing die Einordnung dieser Gesamtleistung als Wertpapierumsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG davon ab, ob man die Verwaltungselemente Research, Advisory, Fonds-Controlling und Fonds-Buchhaltung einerseits oder die transaktionsbezogenen Elemente, wie etwa Decision und Realisation, andererseits als prägend ansah. Finanzverwaltung und Rechtsprechung gingen dabei davon aus, dass das verwaltende Element prägend ist, weshalb § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG keine Anwendung fand188. § 3a Abs. 4 UStG eröffnete somit in der Fassung vor dem 19. Dezember 2006 nach damaliger Ansicht nicht den Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips. Die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesell186
187 188
54
Vgl. zum Ganzen: BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, BStBl. II 1982, 178 ff. [181]; BFH, Urt. v. 29.9.1987, X R 4/81, BFH/NV 1988, 268; FG Düsseldorf, Urt. v. 16.01.2004, 1 K 3363/00 U, UR 524 ff. [525 f.]; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [933]; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 10.12, 11.86. Vgl. BFH, Urt. v. 18.7.2002, V R 44/01, UR 2003, 20 f. [21]; FG Düsseldorf, Urt. v. 16.01.2004, 1 K 3363/00 U, UR 524 ff. [526]; Heidner, in: Bunjes/Geist, 10. Aufl., UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 32. Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [50 f.]; BMF, Schr. v. 9.12.2008, IV B 9 – S 7117-f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.; OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 14.2.2006, S 7160 A – 68 – St I 2.30 sowie die weiteren in Fn. 135 genannten Veröffentlichungen der Finanzverwaltung; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [935]; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 77 (EL 4/09, 07/2009). Diese damals vorherrschende Ansicht könnte sich jedoch durch die bereits in Fn. 135 erwähnte Rechtsprechung des FG Kassel (Urt. v. 22.3.2010, 6 K 1930/09, ZIP 2010. 1938 ff.) geändert haben, wonach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG auf die einheitliche Verwaltungsleistung anzuwenden ist. Denn zumindest in seinem Urteil vom 11.10.2007 (V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [217]) vertrat auch der BFH diese Ansicht, während er diese Frage im Rahmen des nun anhängigen Revisoinsverfahrens zur Entscheidung des FG Kassel dem EuGH vorgelegt hat (Beschl. v. 28.10.2010, V R 9/10,). Vgl. im Einzelnen zu dieser Rechtsprechung und ihren Auswirkungen auf die Steuerfreiheit der Verwaltungslestungen der KAG Kap. 7, Abschn. B, Punkt II.
Ort der Verwaltungsleistung
schaft wurden unabhängig vom persönlichen Status und Sitz der Anteilinhaber in Deutschland ausgeführt. b)
Zeitraum nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007
Durch die Erweiterung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. um den Verweis auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG galt mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 für Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber unternehmerisch tätigen Anteilinhabern bzw. nicht unternehmerisch tätigen Anlegern, die ihren Wohnsitz außerhalb der EU haben, grundsätzlich das Bestimmungslandprinzip189. „Grundsätzlich“ deshalb, weil die deutsche Finanzverwaltung und Rechtsprechung im Fall eines Unternehmers als Anteilinhaber über die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers hinaus verlangte, dass die Leistung auch für das Unternehmen bezogen wird190. Diese Praxis ließ sich vor dem Hintergrund des Wortlauts des § 3a Abs. 3 UStG a. F., der für eine solche Einschränkung des Bestimmungslandprinzips keine Hinweise enthielt, zwar in Frage stellen191, führte aber dazu, dass das Bestimmungslandprinzip nur dann Anwendung fand, wenn die Kapitalanlage für den investierenden Unternehmer Teil seiner unternehmerischen Tätigkeit war192. Folglich galten Verwaltungsleistungen, die innerhalb dieses Zeitraums gegenüber unternehmerischen Anlegern erbracht wurden, dann als am Sitz des 189 190
191
192
Vgl. Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1066]; Hahne, BB 2007, 240 ff. [241]; Wäger, DStR 2008, 253 f. [253]; de Weerth, DB 2008, 550 ff. [550]. Vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29.8.2006, 6 K 2991/01, DStRE 2007, 238 f.; Abschn. 38 Abs. 5 S. 2 UStR 2008; Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, §, 71, Rn. 1140 (EL 21, 10/1999); Leonard, in: Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 3a, Rn. 25; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 152 (EL 56, 10/2006). Das Urt. des FG Rheinland-Pfalz wurde durch den BFH mit Urt. v. 10.12.2009 (XI R 62/06, DStR 2010, 486 ff.) unter Berufung auf das später ergangene Urteil des EuGH in der Rs. “TRR” (vgl. im Einzelnen zu dieser Entscheidung des EuGH Punkt II 4 c) dieses Abschnitts) aufgehoben. Vgl. Korn, UR 2006, 309 ff. [312 f.]; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3a (EL 143, 7/2010), 176; Stadie, UStG, § 3a, Rn. 42. Diese Frage war auch auf europäischer Ebene bis zu der „TRR“-Entscheidung des EuGH Ende des Jahres 2008 ungeklärt, vgl. Punkt II 4 c) dieses Abschnitts. Ein solcher Anleger wird – sofern er eine nicht natürliche Person ist – oftmals einen Spezialfonds zur Anlage auswählen. Das schließt jedoch nicht aus, dass ein Unternehmer eine Kapitalanlage für sein Unternehmen in einen Publikumsfonds tätigt, weil er z. B. das höhere Anlegerschutzniveau wünscht oder keine aktive Beteiligung an der Anlagepolitik leisten kann bzw. will. Ferner steht auch nicht jedem Unternehmer der Weg in einen Spezialfonds offen. So erfordern Spezialfonds in der Regel ein bestimmtes Anlagevolumen und gewähren bereits von Gesetzes wegen natürlichen Personen keinen Eintritt (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 InvG).
55
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Anlegers ausgeführt, wenn dieser die Leistung für seine unternehmerische Tätigkeit bezog (§ 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG). Das Bestimmungslandprinzip fand des Weiteren Anwendung, wenn der Anleger weder Unternehmer war, noch seinen Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet hatte. War der Anleger eine natürliche Person mit Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet oder ein Unternehmer, der die Kapitalanlage nicht im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit vornahm, richtete sich der Ort der Leistung nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Ursprungslandprinzip). c)
Richtlinienwidrigkeit der nationalen Regelungen
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass es durch das Jahressteuergesetz 2007 zu einer grundlegenden Änderung des Prinzips der Leistungsortbestimmung im nationalen Recht im Hinblick auf Verwaltungsleistungen gegenüber unternehmerisch tätigen Anlegern (sofern die Anlage im Rahmen ihrer unternehmerischen Betätigung erfolgte) und gegenüber natürlichen Personen kam, die ihren Wohnsitz im Drittlandsgebiet unterhielten. Während für Verwaltungsleistungen vor dem 1. Januar 2010, die gegenüber nicht unternehmerisch tätigen, im Drittland sitzenden Anlegern oder gegenüber bei der Anlage unternehmerisch agierenden Anteilinhabern erbracht wurden, mit Inkrafttreten des Jahressteuergesetz 2007 das Bestimmungslandprinzip galt, bestimmte sich der Ort für Leistungen vor dem 19. Dezember 2006 nach dem Ursprungslandprinzip. Die maßgebliche Richtlinienbestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL bzw. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL erfuhr in dem fraglichen Zeitraum jedoch keine hierfür relevante inhaltlich Änderung. Folglich müssen die nationalen Regelungen und deren Handhabung durch die Finanzverwaltung entweder vor oder nach dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetz 2007 richtlinienwidrig gewesen sein. Bestimmte sich der Ort der Verwaltungsleistungen, die vor dem 1. Januar 2010 erbracht wurden, entsprechend Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. nach dem Bestimmungslandprinzip, so war die Fassung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG a. F. vor dem 19. Dezember 2006 richtlinienwidrig. Richtete sich die Bestimmung des Orts jener Leistungen aber nach dem Ursprungslandprinzip (Art. 43 MwStSystRL a. F.), so führte die Erweiterung durch das Jahressteuergesetz 2007 zu einer Richtlinienwidrigkeit des § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG a. F. 4.
Inhalt der europäischen Regelungen
a)
Schwerpunkt der Untersuchung
Die Beantwortung der Frage, ob die Ortsbestimmung in Deutschland vor oder nach dem Jahressteuergesetz 2007 richtlinienwidrig war, rückt zwei
56
Ort der Verwaltungsleistung
Aspekte in den Mittelpunkt der Untersuchung. Zum einen gilt es herauszuarbeiten, ob es sich bei den Verwaltungsleistungen um Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL handelte (Punkt b)) und zum anderen muss untersucht werden, ob die Verwaltungsleistung durch den Unternehmer auch für sein Unternehmen bezogen werden musste (Punkt c)). b)
Begriff des Bank- und Finanzumsatzes
aa)
Keine Definition
Weder die Mehrwertsteuersystemrichtlinie noch eine andere europäische Vorschrift enthält eine Definition des Bank- und Finanzumsatzes193. Zwar hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. Oktober 2004194 auf den Begriff des Bank- und Finanzumsatzes bezogen, eine inhaltliche Abgrenzung oder gar Definition erfolgte jedoch nicht195. Auf nationaler Ebene befasste sich das Finanzgericht Düsseldorf mit dieser Problematik, wobei es den Begriff des Bank- und Finanzumsatzes nicht als Einheit, sondern als Bankumsatz einerseits und Finanzumsatz andererseits untersuchte196. Bankumsätze seien solche Umsätze, die allein Banken vorbehalten sind. Finanzumsätze im Zusammenhang mit Wertpapieren seien hingegen solche Umsätze, die in erster Linie Umsätze im Wertpapierhandel betreffen, das heißt unter die Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL197 fallen und geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern und zum Erlöschen zu bringen198.
193
194 195 196 197 198
Diese Problematik hat auch durch die Neufassung der Ortsvorschriften nichts an ihrer Brisanz eingebüßt, weil die Kataloge in § 3a Abs. 4 UStG a. F. und Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. nach dem 31.12.2009 in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a UStG n. F. bzw. Art. 59 Buchst. e MwStSystRL n. F. diesbezüglich unverändert fortbestehen. Lediglich der Anwendungsbereich der Kataloge wurde auf Dienstleistungen gegenüber Nichtsteuerpflichtigen mit Sitz im Drittlandsgebiet reduziert. Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen zu den seit dem 1.1.2010 geltenden Regelungen in Punkt III dieses Abschnitts. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), IStR 2004, 862 ff. Ebenso verwies der BFH in seinem Urt. v. 11.10.2007 (V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [218]) lediglich auf die Entscheidung des EuGH in der Rs. „BBL“, ohne sich mit dem Begriff des Bank- und Finanzumsatzes inhaltlich auseinanderzusetzen. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]. Hierbei handelt es sich um die Nachfolgeregelung zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL, die durch § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in nationales Recht umgesetzt wird. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527].
57
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
bb)
Personenunabhängigkeit
Der Umstand, dass keine Bank, sondern eine Kapitalanlagegesellschaft die betreffenden Umsätze tätigt, steht der Annahme eines Bank- und Finanzumsatzes nicht entgegen. Eine personenbezogene Abgrenzung dieses Begriffs verstieße gegen die Neutralität des Umsatzsteuerrechts199.200 Es kann nicht darauf ankommen, dass der betreffende Umsatz gerade von einer Bank ausgeführt wird, denn Banken stehen nicht nur mit anderen Banken, sondern ebenso mit Finanzdienstleistern, die keine Banken sind, im Wettbewerb201. Weil die Steuersätze in Europa nicht harmonisiert sind, käme es zu einer ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrung, wenn das Angebot einer Bank den Steuersatz enthielte, der am Sitz des Anlegers gilt (Bestimmungslandprinzip), während ein Angebot eines Finanzdienstleisters, der keine Bank ist, den am Sitz des Anbieters geltenden Steuersatz ausweisen müsste (Ursprungslandprinzip), obwohl es sich in sachlicher Hinsicht um ein und dieselbe Dienstleistung handelt202. Die Bezeichnung als Bank- und Finanzumsatz wäre darüber hinaus weder erforderlich noch zielführend gewesen, wenn der europäische Richtlinien199
200
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202
58
Entsprechend diesem Grundsatz ist es u. a. unzulässig, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden, vgl. EuGH, Urt. 16.9.2004, Rs. C-382/02 (Cimber Air A/S), Rn. 24, UR 2004, 528 ff. [530]; Urt. v. 8.12.2005, Rs. C-280/04 (Jyske Finans A/S), Rn. 39, UR 2006, 360 [364]; Birkenfeld, MwSt in der EU, S. 44; Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. I, Einf., Rn. 600 ff. (EL 142, 4/2010) mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH. So i. E. Hahne, DStR 2004, 1376 ff. [1379]; vgl. auch: Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 292 (EL 143, 7/2010). Hahne zieht dabei eine Parallele zu den ebenso nicht personenbezogenen Befreiungsvorschriften (vgl. zu dieser Frage Kap. 6, Abschn. B, Punkt III). Ein Rückgriff auf die Befreiungsvorschriften ist jedoch aufgrund der im Vergleich zu den Ortsvorschriften unterschiedlichen Zweckrichtung kritisch zu bewerten (vgl. Punkt II 4 b) ee) dieses Abschnitts). Andererseits lässt sich dennoch im Sinne Hahnes argumentieren, dass die Ortsvorschriften erst recht nicht personengebunden sein können, wenn bereits die – wesentlich restriktiveren – Befreiungsvorschriften nicht personengebunden sind. Dieses Argument ist allgemeiner Natur, denn KAGen stehen in Bezug auf das Investmentgeschäft nicht unmittelbar in Konkurrenz mit Banken, da letztere das Investmentgeschäft nicht selbst ausüben dürfen, vgl. § 7 Abs. 2, 4, 5 InvG. Dennoch spricht dies allgemein gegen eine personelle Abgrenzung. Ferner treten Banken und sonstige Finanzdienstleister im Rahmen des externen Leistungsbezugs in unmittelbare Konkurrenz zueinander. Das FG Düsseldorf (Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]) argumentiert, dass es bei einer Gleichbehandlung von Banken und Finanzdienstleistern, die keine Banken sind, zu Wettbewerbsverzerrungen käme. Es verhält sich jedoch genau andersherum. Denn Wettbewerbsverzerrungen können nur durch eine Gleichbehandlung vermieden werden, vgl. Schiller, Outsourcing, S. 144.
Ort der Verwaltungsleistung
geber auf eine personelle Begrenzung abgezielt hätte203. Zwar ließe sich das Element des Bankumsatzes auch personell abgrenzen (indem man zum Beispiel auf aufsichtsrechtliche Richtlinien zurückgreift), jedoch ist dies wiederum im Hinblick auf das Element des Finanzumsatzes kaum denkbar. Diese Sichtweise wird auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. gestützt. Obwohl dort ausdrücklich Personen wie Anwälte, Steuerberater, Buchprüfer und Ingenieure aufgezählt werden, geht der Europäische Gerichtshof davon aus, dass sich diese Aufzählung nicht auf Personen, sondern auf deren Leistungen bezieht204. Wenn sich der Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips in Buchst. c nicht an den dort ausdrücklich aufgezählten Personen, sondern an den von diesen Personen erbrachten Leistungen orientiert, so spricht auch dies dafür, dass sich der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes ebenso nicht an Personen, sondern an Tätigkeiten orientiert, zumal Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. – im Gegensatz zu Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. – sogar ausdrücklich Personen aufzählt. cc)
Einheitlicher Begriff
Der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes ist als einheitlicher Begriff zu untersuchen205. Eine – wie vom Finanzgericht Düsseldorf vorgenommene – Unterscheidung oder gar eine Abgrenzung zwischen dem Begriff des Bankumsatzes und dem des Finanzumsatzes bringt keinen Erkenntnisgewinn mit sich, da beide Begriffe zu ein und demselben Ergebnis führen (Anwendung des Bestimmungslandprinzips). Die Umsätze einer Bank sind in der Regel auch Finanzumsätze, weshalb der Unterschied zwischen einem Bankumsatz und einem Finanzumsatz letztlich darin bestünde, dass erstere von einer Bank ausgeführt werden206. Eine solche personelle Abgrenzung ist jedoch – mit den soeben genannten Argumenten – abzulehnen.
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Vgl. Jaster, UStB 2008, 147 ff. [149]. EuGH, Urt. v. 16.9.1997, Rs. C-145/96 (von Hoffmann), UR 1998, 17 f., Rn. 15; EuGH, Urt. v. 6.12.2007, Rs. C-401/06 (Kommission/Deutschland), Rn. 31, UR 2008, 117 ff. Philipowski (UR 2004, 647 f. [648]) spricht davon, dass der europäische Gesetzgeber einen Sammelbegriff verwendet. Auch der EuGH differenziert in der Rs. „BBL“ nicht zwischen Bank- und Finanzumsätzen, sondern verwendet diesen Begriff einheitlich, EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03, Rn. 47, IStR 2004, 862 f.(so auch GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 20, EuGHE 2004 I, 10159 ff). So das FG Düsseldorf in seinem Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527].
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
dd)
Keine ausschließlich begriffliche Abgrenzung
Eine Bestimmung des Bank- und Finanzumsatzes ist nicht allein anhand seines Begriffs möglich. Würde man sich auf eine sprachliche Betrachtung beschränken, so müsste letztlich jede Leistung im Zusammenhang mit dem Bank- und Finanzwesen umfasst sein. Aus dem Wortteil des „Umsatzes“ kann keine Einschränkung entnommen werden, weil der Begriff des Umsatzes dahingehend neutral ist, welche Art von Leistung erbracht wird. Wie sich aus § 1 Abs. 1 UStG ergibt, wird der Begriff des Umsatzes als Oberbegriff für alle Arten von Leistungen aufgefasst, die überhaupt steuerbar sein können. Das Ergebnis dieser rein sprachlichen Betrachtung ändert sich auch dann nicht, wenn man dem Umstand entsprechend, dass es sich bei den Tatbestandsmerkmalen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie um autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts handelt, auf den Wortlaut der Mehrwertsteuersystemrichtlinie abstellt207. Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL fasst den Begriff des Umsatzes ebenso weit wie das deutsche Umsatzsteuergesetz208. Damit wäre der Begriff das Bank- und Finanzumsatzes jedoch völlig konturenlos, weil das Feld der Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Bank- und Finanzwesen stehen, nicht klar umschrieben werden kann. So könnte man z. B. Dienstleistungen eines Software- oder Sicherheitsunternehmens als Bank- und Finanzumsatz ansehen, wenn sie gegenüber einer Bank erbracht werden Eine rein sprachliche Abgrenzung muss daher ausscheiden. ee)
Kein Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften
Häufig wird zur Deutung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Bank- und Finanzumsatzes auf den Inhalt der Steuerbefreiungsvorschriften der Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL, Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSyst-
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Vgl. EuGH, Urt. v. 15.6.1989, Rs. C-348/87 (Stichting Uitvoering), Rn. 11, UR 1991, 28 f.; Urt. v. 11.8.1995, Rs. C-453/93 (Bulthuis-Griffioen), Rn. 18, UR 1995, 476 f; Urt. v. 16.9.1997, Rs. C-145/96 (von Hoffmann), Rn. 17, UR 1998, 17 f.; Urt. v. 8.3.2001, Rs. C-240/99 (Skandia), Rn. 23, UR 2001, 157 ff.; BFH, Urt. v. 5.6.2003, V R 25/02, BStBl. II 2003, 734 ff. [736]; Birkenfeld, MwSt in der EU, S. 26 dazu, dass es sich bei den Tatbestandsmerkmalen der 6. EG-RL um gemeinschaftsrechtliche Begriffe handelt. Insoweit ist der Rückgriff auf § 1 Abs. 1 UStG nicht ganz korrekt, führt aber zum gleichen Ergebnis wie die Untersuchung anhand von Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL. Nichts anderes ergibt sich aus der englischen Übersetzung der MwStSystRL, weil sie in Art. 56 Abs. 1 Buchst. e und in Art. 2 Abs. 1 den Begriff „transaction“ so verwendet, wie die deutsche Übersetzung den des Umsatzes benutzt. Dies gilt auch für die französische Fassung, die den Begriff „les opérations“ in beiden Normen verwendet.
Ort der Verwaltungsleistung
RL oder § 4 Nr. 8 UStG verwiesen209. Auch wenn diese Vorschriften die Steuerfreiheit von Umsätzen aus dem Bank- und Finanzbereich regeln und damit in einem engen thematischen Zusammenhang mit dem Begriff des Bank- und Finanzumsatzes im Sinne der Ortsvorschriften stehen, ist einem derartigen Rückgriff nur in begrenztem Umfang zuzustimmen210. Denn in Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. finden sich keine Hinweise auf einen die Ortsvorschriften begrenzenden Rückgriff auf die Befreiungsvorschriften211. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen deutschen Sonderweg, aus dem ohne eine Verletzung des Grundsatzes der autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts keine Rückschlüsse auf den Inhalt der europäischen Ortsvorschriften gezogen werden können212. Die praktischen 209
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Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]; BMF, Schreiben v. 13.10.2008, IV B 9 – S 7117-f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 188.2 (EL 91, 5/2011); Schiller, Outsourcing, S. 144. So nun auch Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 235 (EL 65, 4/11), anderns noch in § 3a, Rn. 182 (EL 57, 4/07). Gegen einen solchen Rückgriff: GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 20, EuGHE 2004 I, 10159 ff.; Englisch, UR 2008, 219 ff.; Hahne, IStR 2006, 184 ff. [189]; ders., BB 2007, 240 ff. [241]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 196. Dieser Sichtweise scheint auch der BFH in seiner Entscheidung v. 11.10.2007 (V R 22/04, UR 2008, 215 ff.) zu folgen, indem er dort die Ortsbestimmung in Bezug auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL vornimmt, ohne auf die Steuerbefreiungsvorschriften einzugehen (vgl. Punkt II 1 c des Urteils), vgl. Langer, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 188.2 (EL 91, 5/2011); Sedlmaier, UR 2008, 227 ff. [228]. Vgl. Englisch, UR 2008, 219 ff. [222]; Hahne, DStR 2009, 94 ff. [96]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [149]. Das BMF (Schr. v. 13.10.2008, IV B 9 - S 7117 - f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.) führt aus, dass sich aus Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL nicht ergäbe, dass auch weitere Umsätze als die aus Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL vom Begriff des Bank- und Finanzumsatzes umfasst sein sollen. Das stimmt zwar, überzeugt aber deshalb nicht, weil das BMF die Voraussetzungen für den Rückgriff auf einen anderen Bereich eines Gesetzes bzw. einer Richtlinie ins Gegenteil verkehrt. Soll eine Ortsbestimmung mittels einer Steuerbefreiungsvorschrift ausgelegt werden, so müssen sich hierfür Hinweise finden lassen. Es genügt gerade nicht, dass sich aus der Ortsvorschrift keine ausdrückliche Äußerung gegen eine Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften auf die Ortsbestimmung ergibt. Ein Hinweis, dass die Befreiungsvorschriften hinzuzuziehen sind, findet sich in der MwStSystRL aber gerade nicht, vgl. Hahne, DStR 2009, 94 ff. [96]. Dieser Grundsatz besagt, dass zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts keine Vorschriften des nationalen Rechts herangezogen werden dürfen, um die Entstehung eines „nationalen“ europäischen Rechts zu verhindern (vgl. EuGH, Urt. v. 14.1.1982, Rs. C-64/81 (Corman), Rn. 8; EuGHE 1982 I, 13 ff. [24]; Geiger, EUV/EGV, Art. 220, Rn. 12; Streinz, Europarecht, Rn. 572). Bei den in den Richtlinienregelungen verwendeten Begriffen handelt es sich vielmehr um solche des Gemeinschaftsrechts (vgl. Birkenfeld, MwSt in der EU, S. 26 und die Hinweise auf die Rechtsprechung in Fn. 207). Zwar wird hier mit dem Verweis auf die Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL nicht auf eine nati-
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Schwierigkeiten dieses deutschen Sonderweges im Hinblick auf eine Harmonisierung der Ortsbestimmungen lassen sich gut am Beispiel des Urteils des Finanzgerichts Düsseldorf verdeutlichen213. Nach Ansicht des Gerichts sind Finanzumsätze in erster Linie Umsätze des Wertpapierhandels, das heißt solche, die unter die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL, umgesetzt in § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) fallen und geeignet sind, Rechte in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen214. Weil zum Entscheidungszeitpunkt die Erweiterung des Katalogs in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG durch das Jahressteuergesetz 2007 noch nicht erfolgt war, setzte sich das Finanzgericht lediglich mit dem Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL auseinander, obwohl es – neben der individuellen Vermögensverwaltung für Anleger aus Drittstaaten – auch um Verwaltungsleistungen für luxemburgische Kapital-anlagegesellschaften ging. Hätte die Erweiterung des Jahressteuergesetzes 2007 früher stattgefunden, so hätte sich das Gericht auch im Rahmen der Ortsvorschriften mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG befassen müssen, obwohl sich der Wortlaut der Richtlinienvorschrift zur Ortsbestimmung in diesem Zeitraum nicht geändert hatte. Im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit äußerte das Finanzgericht im Anschluss, dass die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nur für Verwaltungsleistungen durch die Kapitalanlagegesellschaft selbst und nicht für die Leistungen Dritter gelten würde215. Die Korrektur dieser Sichtweise führte im Ergebnis damit auch zu einer Änderung der deutschen Ortsbestimmungen, obwohl sich die entsprechende Richtlinienbestimmung in derselben Zeit gerade nicht änderte216. Ein Rückgriff auf die Befreiungsvorschriften ist zur Bestimmung des Begriffs des Bank- und Finanzumsatzes ist auch deshalb ungeeignet, weil § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nur die Verwaltung von Investmentvermögen nach
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onale Vorschrift verwiesen, jedoch basiert der Verweis selbst auf einer nationalen Vorschrift (§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F.), weshalb im Ergebnis dennoch eine „nationale“ europäische Rechtslage erzeugt wird. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]. Diese Sichtweise basierte auf einer fehlerhaften Auslegung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG durch das Gericht anhand der ihrerseits fehlerhaften Übersetzung der entsprechenden Richtlinienregelung, vgl. hierzu Kap. 5, Abschn. C, Punkt II 1 a) aa) a. E. Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [219] (Revisionsentscheidung zum Urt. des FG Düsseldorf v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U); FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670 f.].
Ort der Verwaltungsleistung
dem Investmentgesetz und nicht die individuelle Vermögensverwaltung umfasst. Folglich würde das Bestimmungslandprinzip auf keine Anwendung auf die individuelle Vermögensverwaltung außerhalb des Anwendungsbereiches des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG finden, obwohl nur schwer vorstellbar ist, dass der Europäische Gerichtshof die individuelle Vermögensverwaltung durch Banken oder andere Finanzdienstleister nicht als Bank- und Finanzumsatz ansieht217. Die aus einem Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften folgenden Probleme werden auch nicht dadurch gelöst, dass es für die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG nicht notwendig ist, dass die jeweilige Leistung steuerfrei ist, sondern es genügt, dass sie in der Befreiungsvorschrift lediglich bezeichnet ist218. Denn es folgt bereits aus der Natur eines Befreiungstatbestandes, dass er vorrangig steuerfreie und gerade nicht steuerpflichtige Leistungen bezeichnet219. Zudem wird zur Auslegung der Begriffe, die von den Steuerbefreiungsvorschriften verwendet werden, dennoch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der betreffenden Befreiungsvorschrift zurückgegriffen220. Der Europäische Gerichtshof legt 217
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Dies könnte sich jedoch durch die bereits erwähnten Urt. des FG Kassel (Urt. v. 22.3.2010, 6 K 1930/09, ZIP 2010. 1938 ff.) und des des BFH (Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff.) geändert haben (vgl. Fn. 135 sowie Fn. 188). Würde die Vermögensverwaltung mit eigener Entscheidungsbefugnis – wie in den genannten Entscheidungen – vollständig als Wertpapierumsatz i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG gelten, wäre der Ort der individuellen Vermögensverwaltung doch gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. i. V. m. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG der der Bestimmung, soweit es sich bei den zu verwaltenden Vermögensgegenständen um Wertpapiere handelt. Vgl. FG Köln, Urt. v. 12.12.2005, 2 K 4897/01, EFG 2006, 534 f. m. Anm. Meyer [536]; FG Hessen, Beschl. v. 31.5.2007, 6 V 1258/07, EFG 2007, 1816 ff. [1817]; Abschn. 39 Abs. 17 S. 2 UStR 2008 bzw. Abschn. 3a.9 Abs. 17 S. 2 UStAE. So bezeichnet § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG zwar die steuerpflichtige Verwaltung und Verwahrung von Wertpapieren, bezieht sich dabei aber ausschließlich auf Wertpapiere und bezeichnet lediglich das Depotgeschäft und nicht die Vermögensverwaltung mit eigener Entscheidungsbefugnis. Entsprechendes gilt für § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, weil er ausschließlich die Verwaltung von Investmentvermögen befreit, während er die steuerpflichtige individuelle Vermögensverwaltung nicht einmal bezeichnet. Der Feststellung Langers (in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 188.2 [EL 91, 5/2011]), dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL steuerfreie und steuerpflichtige Bank- und Finanzumsätze definiert, kann deshalb nur mit Abstrichen gefolgt werden. Denn als Befreiungstatbestand definiert diese Regelung nicht Bank- und Finanzumsätze, sondern ledglich steuerfreie Bank- und Finanzumsätze. Vgl. z. B. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [526]; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670]. Beide Gerichte verweisen im Zusammenhang mit der Leistungsortbestimmung nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. i. V. m. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG auf das Urteil des EuGH in
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den Inhalt der Befreiungsvorschriften jedoch wesentlich enger aus als den der Ortsvorschriften. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Befreiungen um Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass alle Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, Gegen-stand der Umsatzbesteuerung sind, handelt, geht das Gericht im Zweifel von einer engen Auslegung der Befreiungsvorschriften aus221. Soll also im Rahmen der Leistungsortbestimmung ermittelt werden, was in der jeweiligen Befreiungsvorschrift „bezeichnet“ ist, so führt diese restriktive Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Steuerbefreiung mittelbar zu einer tendenziell restriktiveren Anwendung des Bestimmungslandprinzips in Deutschland. Im Gegensatz hierzu, hat der Europäische Gerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dass zwischen Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 der 6. EG-RL (das heißt zwischen Ursprungs- und Bestimmungslandprinzip) kein RegelAusnahmeverhältnis besteht, weshalb Abs. 2 auch nicht eng auszulegen sei222. Dem kann auch nicht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Swiss Re“ entgegen gehalten werden, wo das Gericht in Bezug auf die Begriffe „Versicherungsumsatz“ und „Rückversicherungsumsatz“ hervorhob, dass eine einheitliche Auslegung dieser Begriffe sowohl hinsichtlich der Ortsbestimmung als auch der Befreiungstatbestände geboten sei223. Denn die Begriffe „Bankumsatz“ und „Finanzumsatz“ werden von der Richtlinie bei den Befreiungsvorschriften gerade nicht verwendet224. Aber ein Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften ist nicht gänzlich ausgeschlossen, wenn es darum geht, einen Bank- und Finanzumsatz zu bestimmen. Dies darf aber nicht soweit gehen, dass die Bestimmung der Ortsregelungen durch die Befreiungsvorschriften begrenzt werden. So handelt es sich immer dann um einen Bank- und Finanzumsatz, wenn die jeweilige Leistung in der betreffenden Befreiungsvorschrift bezeichnet wird, weil die
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der Rs. „CSC“ (EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00, UR 2002, 84 ff.), das sich seinerseits mit dem Umfang der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL und nicht mit der Ortsbestimmung befasst. Vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2003, Rs. C-275/01 (Sinclair Collis Ltd.), Rn. 23, UR 2003, 348 ff.; Urt. v. 18.11.2004, Rs. C-284/03 (Temco Europe SA), Rn. 17, UR 2005, 24 ff.; Urt. v. 9.2.2006, Rs. C-415/04 (Stichting Kinderopvang Enschede), UR 2006, 470; Beschl. v. 6.7.2006, Rs. C-18/05 u. C-155/05, Rn. 26, UR 2007, 67 ff.; Treiber, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4, Rn. 16 (EL 59, 4/2008); Weimann, in: Weimann/Lang, Umsatzsteuer, S. 499. Vgl. zu den Einschränkungen dieses Grundsatzes: Kap. 6, Abschn. B, Punkt I. Vgl. die Nachweise in Fn. 163. EuGH, Urt. v. 22.10.2009, C-242/08 (Swiss Re), Rn. 31, DStR 2009, 2245. So jedoch Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 235 (EL 65, 4/11).
Ort der Verwaltungsleistung
Befreiungsvorschriften des Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL (bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL) tatsächlich die Steuerfreiheit von bestimmten Bank- und Finanzumsätzen regeln. Sie sind aber keine abschließende Regelung der Bank- und Finanzumsätze, selbst wenn man die lediglich bezeichneten Umsätze hinzuzählt225. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass ein Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Man kann zwar sagen, dass eine nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL steuerfreie (bzw. dort ausdrücklich als steuerpflichtig bezeichnete) Leistung ein Bankund Finanzumsatz im Sinne der Ortsvorschriften darstellt, jedoch gibt es ebenso Umsätze, die – obwohl sie Bank- und Finanzumsätze sind – nicht in den Steuerbefreiungsvorschriften bezeichnet werden226. ff)
Sachliche Abgrenzung
Eine Abgrenzung des Begriffs des Bank- und Finanzumsatzes muss somit anhand von Tätigkeiten nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgen227. Es handelt sich um einen weitzufassenden Sammelbegriff für solche Tätigkeiten, die der Art nach zu den Bank- und Finanzumsätzen gehören, indem sie für das Bank- und Finanzwesen typisch und kennzeichnend sind228. Durch die Begrenzung auf typische und kennzeichnende Umsätze werden solche Leistungen ausgeschlossen, die zwar im Bank- und Finanzwesen nahezu immer vorkommen (z. B. Software-, Sicherheits- oder Reinigungsdienstleistungen), die aber das Bank- und Finanzwesen nicht prägen bzw. kennzeichnen, weil sie auch in anderen Bereichen häufig auftreten. Die Umsätze aus der Verwaltung eines Investmentvermögens sind geradezu typisch und auch kennzeichnend für das Bank- und Finanzwesen. Die Verwaltung fremden Vermögens ist eine klassische Aufgabe dieses Wirt-
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So auch Neubert/Becker (Outsourcing, S. 196), wenn sie ausführen, dass der Anwendungsbereich der Ortsvorschrift des Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. weiter ist als jener der Steuerbefreiungsvorschriften aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL. Insoweit wird auch nicht der Grundsatz der autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts tangiert, weil dieser „beschränkte“ Rückgriff auf die Steuerbefreiungsvorschriften die Ortsbestimmung nicht begrenzt, sondern lediglich unterstützt. Vgl. Hahne, IStR 2006, 184 ff. [189]; ders., BB 2007, 240 ff. [241]. So auch Martin, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 182 (EL 57, 04/07), nun jedoch anders in Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 235 (EL 65, 4/2011). Vgl. hierzu die ähnlichen Ansätze von Hahne, DStR 2004, 1376 ff. [1379]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [149]; Martin, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 182 (EL 57, 04/07).
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schaftsbereiches229, wobei es für eine sachliche Abgrenzung nicht darauf ankommen kann, in welcher Rechtsform das Vermögen verwaltet wird. Die Tätigkeiten der Vermögensverwaltung durch eine Kapitalanlagegesellschaft für ein Sondervermögen gleichen denen einer Bank oder eines anderen Finanzdienstleisters, die sie im Rahmen einer individuellen Vermögensverwaltung erbringen. Sowohl Banken als auch sonstige Finanzdienstleister treten auf dem Markt in Erscheinung, um Einnahmen durch die Verwaltung fremden Vermögens zu erzielen. Ebenso verhält es sich bei der Verwaltung eines InvestmentSondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft. Zwar muss dieses Vermögen nicht zwangsläufig rechtlich fremd sein, jedoch setzt es sich aus den eingezahlten Beträgen der Anleger zusammen. Eine Kapitalanlagegesellschaft bietet somit am Markt die Verwaltung – zumindest wirtschaftlich – fremden Vermögens gegen eine Gebühr an. Sie wird damit in einem Bereich, der für das Bank- und Finanzwesen geradezu typisch ist, auf eine Art und Weise tätig, die für diesen Wirtschaftszweig kennzeichnend ist230. Davon geht auch der Europäische Gerichtshof aus, wenn er die Verwaltung eines Sondervermögens als Finanzgeschäft bezeichnet231. Dabei sind auch sämtliche Verwaltungstätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft als Bank- und Finanzumsatz anzusehen. Auf eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Elementen der Verwaltungstätigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft kommt es hierbei nicht an. Zu den Bank- und Finanzumsätzen gehören sowohl die transaktionsbezogenen Leistungselemente als auch die vor- und nachbereitenden sowie die begleitenden Leistungselemente (Research, Advisory, Controlling und Buchhaltung), da es sich bei der Verwaltungstätigkeit um eine einheitliche Gesamtleistung handelt. Weil diese Gesamtleistung entsprechend der soeben vorgenommenen typisierenden Betrachtung einen Bank- und Finanzumsatz darstellt, teilen alle Elemente dieser einheitlichen Leistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Gesamtleistung232.
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Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [934]. Hahne (BB 2007, 240 ff. [240]) spricht von einem „bedeutenden Geschäftsfeld für Kreditinstitute“. Auch das FG Düsseldorf (Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]) spricht davon, dass die Vermögensverwaltung eine banktypische Dienstleistung darstellt. Gemäß § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG ist die Finanzportfolioverwaltung eine Finanzdienstleistung. Vgl. EuGH, Urt. v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet & Steel), Rn. 22, UR 2007, 379 ff. Vgl. die Ausführungen in Abschn. B, Punkt III dieses Kapitels.
Ort der Verwaltungsleistung
gg)
Ergebnis
Die Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft im Investment-Dreieck sind Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F.233. Denn es handelt sich um einen der Art nach typischerweise im Bank- und Finanzwesen erzielten Umsatz. Darüber hinaus ist die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL) steuerfrei234. c)
Verwendung für das Unternehmen
aa)
Problemstellung
Erbringt eine Kapitalanlagegesellschaft Verwaltungsleistungen gegenüber einem Unternehmer, so sind die aus Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. herauszulesenden Voraussetzungen erfüllt, weil es sich hierbei um einen Bank- und Finanzumsatz handelt. Dennoch war es bis zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. November 2008235 umstritten, ob die Anwendung des Bestimmungslandprinzips voraussetzt, dass der Unternehmer die empfangene Leistung zudem auch für sein Unternehmen bezieht236.
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So i. E. auch: Englisch, UR 2008, 219 ff. [222]; Hahne, IStR 2006, 184 ff. [189]; ders., BB 2007, 240 ff. [241]; Hammer/Neubert, Outsourcing, S. 192; Maunz, DStRE 2005, 1228 f.; Philipowski, UR 2008, 225 ff. [227]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1800]; Wäger, DStR 2008, 253 f.; Weber, UVR, 2007, 46 ff. [50]; Weber/Hamacher, Bank- und Finanzgeschäft, S. 23. Oftmals (so auch teilweise in den angegebenen Fundstellen) findet sich diese Aussage nicht in Bezug auf die Bestimmung des Orts der Leistungen der KAG gegenüber den Anteilinhabern, sondern hinsichtlich des Orts der Leistungen eines externen Dienstleisters gegenüber der KAG (vgl. hierzu Kap. 5 Abschn. D, Punkt II 2). Wenn jedoch die extern bezogenen Leistungen als Bank- und Finanzumsätze bezeichnet werden, so muss dies ebenso für die originäre Leistungserbringung durch die KAG gelten. Schließlich ist der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes gerade nicht personenbezogen. Vgl. zur Steuerfreiheit im Einzelnen die Ausführungen in Kap. 7. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), UR 2008, 925 ff. Vgl. zu dieser Entscheidung auch: Monfort, DStRE 2008, 2458 ff.; Schiess/Connemann, BB 2009, 89 f. Aus der Kommentierung zu Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL ergibt sich kein solches Erfordernis, vgl. Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. III, Art. 9 6. EG-RL, Rn. 33 (EL 55, 7/2005). Vgl. zur Umsetzungsregelung in § 3a UStG die Nachweise in Punkt II 3 b dieses Abschnitts. Im Hinblick auf Abschn. 38 Abs. 5 S. 2 UStR 2008 ist erwähnenswert, dass sich die Bundesregierung in dem Verfahren „TRR“ unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 9 der 6. EG-RL gegen das Erfordernis des Bezugs für das Unternehmen aussprach, obwohl die UStR Gegenteiliges
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, folgende Unterteilung hinsichtlich der Leistungsverwendung im Umsatzsteuerrecht vorzunehmen237. Auf der einen Seite stehen solche Leistungen, die durch das Unternehmen zur Ausführung unternehmerischer Umsätze bezogen werden238. Den Gegensatz hierzu bilden solche Umsätze, die ein Unternehmer für seine persönliche Verwendung oder für die Verwendung durch sein Personal bezieht239. Zwischen diesen beiden Polen stehen solche Leistungen, die weder für die Erbringung unternehmerischer Leistungen, noch für die persönliche Verwendung oder für die Verwendung durch das Personal bezogen werden240.
237 238
239 240
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fordern, vgl. GA Mazák, SA Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 27, EuGHE 2008 I, 8257 ff.; Monfort, DStRE 2008, 2458 ff. [2458]). Eine solche Dreiteilung nehmen auch Huschens (UVR 2008, 272 ff. [273]), Korf (IStR 2008, 876 ff.) sowie Korf/Kurtz (UR 2010, 86 ff.) vor. Dieser Fall betrifft z. B. Verwaltungsleistungen einer KAG gegenüber einem Anleger, dessen Kapitalanlage wiederum im Rahmen einer unternehmerischen Vermögensverwaltungsleistungen im eigenen Namen für Rechnung eines anderen Anlegers erfolgt (vgl. § 3 Abs. 11 UStG). Ob die Anlage in ein Spezial-Sondervermögen oder in einen Publikumsfonds erfolgt, ist für die Ortsbestimmung unerheblich. Ein solcher Leistungsbezug für das Unternehmen liegt grundsätzlich auch immer dann vor, wenn Unternehmensvermögen angelegt wird. Vgl. Stadie, UStG, § 15, Rn. 64 zu den Anforderungen des Leistungsbezugs für das Unternehmen. Diese Konstellation betrifft z. B. den Fall, dass ein Unternehmer sein Privatvermögen in einen Investmentfonds investiert. Hierfür lässt sich z. B. die Kapitalanlage durch eine rechtsfähige Körperschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts anführen. Verfügt eine Gemeinde (bzw. Landkreis oder Land) über einen Betrieb gewerblicher Art (§ 2 Abs. 3 S. 1 UStG i. V. m. § 4 KStG), so ist sie ein Unternehmer i. S. d. UStG. Die hoheitlichen Aufgaben der Körperschaft sind jedoch nichtunternehmerischer Natur (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 UStG), weshalb die Kapitalanlage von Vermögen, das für hoheitliche Aufgaben bestimmt ist, eine Leistung darstellt, die weder für das Unternehmen noch für die persönliche Verwendung bestimmt ist. Weil die betreffende Körperschaft über keine Privatsphäre verfügen kann, muss letztlich jede Verwaltungsleistung in Bezug auf Kapital, dass nicht für den Betrieb gewerblicher Art bestimmt ist, dieser Fallgruppe zugeordnet werden. Gleiches gilt, wenn die Kapitalanlage für einen Bereich des „Unternehmens“ erfolgt, der keine unternehmerischen Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn erbringt. Weil die Anlage in einen Investmentfonds in diesem Fall – im Gegensatz zu der in Fn. 238 geschilderten Konstellation – nicht Teil der unternehmerischen Sphäre ist, wird die Verwaltungsleistung der KAG auch nicht für die unternehmerische Tätigkeit bezogen. Als Beispiel lässt sich hierfür die Kapitalanlage einer gemischten Holding anführen, d. h. einer Holding, die zum einen bloße Beteiligungen hält, ohne steuerbare Leistungen gegenüber dem Beteiligungsunternehmen zu erbringen (keine unternehmerische Betätigung), und zum anderen Beteiligungen an Unternehmen hält, in deren Verwaltung sie mittels steuerbarer Leistungen aktiv eingreift (unternehmerische Betätigung). Investiert sie nun Erträge aus der nichtunternehmerischen Beteiligung für diesen Bereich in einen Investmentfonds, so bezieht sie die Verwaltungsleistungen der KAG für ihren nichtunternehmerischen Bereich.
Ort der Verwaltungsleistung
bb)
Rechtssache „TRR“
Die Entscheidung in der Rechtssache „TRR“241 befasste sich mit der Konstellation, dass eine schwedische Stiftung, die ihrerseits unternehmerische Tätigkeiten in nur sehr geringem Umfang erbrachte, Beratungsleistungen (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL bzw. Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F.) aus Dänemark für ihre nicht unternehmerischen Tätigkeiten bezog. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass es für das Bestimmungslandprinzip keine Rolle spielt, ob eine Leistung durch einen Unternehmer für sein Unternehmen bezogen wird. Er argumentierte hierbei vor allem mit einem Umkehrschluss zu den Regelungen des Art. 2 Nr. 1 und Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 168 MwStSystRL) und den allgemeinen Zielen der Harmonisierung des europäischen Mehrwertsteuerrechts242. Weil die Ortsbestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL bzw. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL im Gegensatz zu den Regelungen der Art. 2 Nr. 1 und 17 Abs. 2 der 6. EG-RL (bzw. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 168 MwStSystRL) keine Einschränkung dahingehend vornehmen, dass die bezogene Leistung für das Unternehmen verwendet werden muss, könne es für die Ortsbestimmung darauf ebenso nicht ankommen243. Aus diesem Grund sei auch ein legislativer Irrtum ausgeschlossen244. Vielmehr entspräche dieses weite Verständnis vom Bestimmungslandprinzip dem Ziel der Vereinfachung der Ortsbestimmung, der Rechtssicherheit, der Verhinderung der Steuerflucht und der Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs245. Für den Leistenden stellt es eine erhebliche Schwierigkeit und Unsicherheit dar, wenn er im Hinblick auf die Besteuerung danach unterscheiden müsste, ob die Leistung für den unternehmerischen oder den nicht unternehmerischen Bereich bestimmt ist246. Oftmals wird er dies nicht eindeutig feststellen können, weshalb die Gefahr einer Doppel- oder Nichtbesteuerung nur durch eine Entscheidung im Sinne
241 242 243 244 245 246
Vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), UR 2008, 925 ff. und die SA des GA Mazák v. 17.6.2008, Rs. C-291/07 (TRR), EuGHE 2008 I, 8257 ff. Der EuGH schloss sich nicht nur in Bezug auf die Entscheidung, sondern auch hinsichtlich der wesentlichen Argumente des GA Mazák (SA v. 17.6.2008, Rs. C291/07 (TRR), EuGHE 2008 I, 8257 ff.) an. Vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 28 f., UR 2008, 925 ff.; GA Mazák, SA v. 17.6.2008, Rs. 291/07 (TRR), Rn. 38 ff., EuGHE 2008 I, 8257 ff. Vgl. GA Mazák, SA v. 17.6.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 40, EuGHE 2008 I, 8257 ff.; Michel, BB 2008, 1936 ff. [1938]. Vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 30 ff., UR 2008, 925 ff.; GA Mazák, SA v. 17.6.2008, Rs. 291/07 (TRR), Rn. 41, 43, 44, EuGHE 2008 I, 8257 ff. Vgl. Michel, BB 2008, 1936 ff. [1938].
69
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
des Europäischen Gerichtshofs wirksam gemindert werden kann247. Darüber hinaus ergibt sich ein gewichtiges Argument aus dem Umstand, dass die Steuersätze in Europa nicht harmonisiert sind. Eine Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer lässt sich deshalb nur erreichen, wenn die Besteuerung für jeden Wettbewerber in dem betreffenden Bestimmungsland erfolgt. Richtete sie sich hingegen nach dem Ursprungsland, so variierte die Umsatzsteuerbelastung je nach dem Land, aus dem der Wettbewerber seine Verwaltungsleistung erbringt248. Ein weiteres Argument für die Ansicht des Europäischen Gerichtshofs ist die Tatsache, dass gemäß Art. 196 MwStSystRL a. F. (bzw. Art. 21 Nr. 1 Buchst. b der 6. EG-RL) die Verschiebung der Steuerschuldnereigenschaft vom Leistenden auf den unternehmerischen Empfänger (sog. Reverse-Charge-Verfahren) ebenso unabhängig von der Leistungsverwendung erfolgt249. Somit brachte die Entscheidung in der Rechtssache „TRR“ insoweit Klarheit, dass es für die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber unternehmerisch tätigen Anlegern nicht darauf ankam, ob die Kapitalanlage im Rahmen der unternehmerischen Betätigung erfolgte. Der Tenor des Europäischen Gerichtshofs bezieht sich zwar ausdrücklich auf den Fall der Beratungsleistungen im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL bzw. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F., jedoch sind seine Aussagen auf die anderen Katalogleistungen im Sinne dieser Vorschriften – wie zum Beispiel Bank- und Finanzumsätze – übertragbar250. Die Frage der Verwendung für das Unternehmen betrifft eine Problematik, die sich für alle Katalogleistungen im Sinne des Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. stellt. Sowohl das Wortlautargument als
247
248
249 250
70
Die Vermeidung von Kompetenzkonflikten ist der vorrangige Zweck der Ortsvorschriften, vgl. EuGH, Urt. v. 4.7.1985, Rs. C-168, 84 (Berkholz), Rn. 14, UR 1985, 226 ff.; Urt. v. 26.9.1996, Rs. C-327/94 (Dudda), Rn. 20, UR 1997, 58 ff.; Urt. v. 6.11.1997, Rs. C-116/96 (Binder), Rn. 12, UR 1998, 146 f.; Urt. v. 9.3.2006, Rs. C114/05 (Gillian Beach Ltd.), Rn. 14, UR 2006, 350 ff.; Urt. v. 6.11.2008, Rs. C291/07 (TRR), Rn. 24 UR 2008, 925 ff.; Birkenfeld, in: Hartmann/Metzenmacher, Bd. II, D 110, S. 58 (EL 4/03). Eine Belastungsdifferenz – und damit tatsächliche Wettbewerbsverzerrung – tritt nur dann ein, wenn die Leistung nicht steuerfrei ist. Vor dem Hintergrund des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG wird – ohne dem Kapitel der Steuerfreiheit vorwegzugreifen – die Steuerfreiheit oftmals eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung verhindern. Weil die Ortsbestimmung sich jedoch nicht am Ergebnis der Steuerfreiheit orientieren kann, handelt es sich dennoch um ein Argument für ein weites Verständnis des Bestimmungslandprinzips. Vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C- 291/07 (TRR), Rn. 34, UR 2008, 925 ff. Vgl. Korf, IStR 2008, 876 ff. [877]; Lohse/Spilker, UR 2009, 325 ff. [328].
Ort der Verwaltungsleistung
auch die teleologischen Anmerkungen des Gerichts treffen ebenso auf die anderen Katalogleistungen zu251. cc)
Persönliche Leistungsverwendung
Unklar blieb jedoch, wie das Gericht zur Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf solche Leistungen steht, die durch den Unternehmer für seine persönliche Verwendung oder für die Verwendung durch sein Personal bezogen werden252. Indem der Europäische Gerichtshof in seinem Tenor formulierte, dass „derjenige, der […] gleichzeitig wirtschaftliche Tätigkeiten und außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie liegende Tätigkeiten ausübt, als Steuerpflichtiger anzusehen ist, selbst wenn die Dienstleistung nur für Zwecke der letztgenannten Tätigkeiten genutzt werden.“ schloss er eine Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf die private Leistungsverwendung bzw. die Verwendung durch das Personal nicht aus253. Die Formulierung „außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie liegende Tätigkeiten“ ist dahingehend neutral, ob es sich um eine außerunternehmerische, aber nicht persönliche oder um eine persönliche Verwendung bzw. Verwendung durch das Personal handelt. Weil sich die Entscheidung um den Leistungsbezug einer juristischen Person drehte, lassen sich die konkreten Ausführungen des Gerichts jedoch auch nicht einfach auf die persönliche Leistungsverwendung übertragen, da bei dieser Rechtsform allenfalls die Verwendung durch das Personal denkbar ist, was wiederum nicht Gegenstand der konkreten Entscheidung war. Weil sich aber alle wesentlichen Argumente, die der Europäische Gerichtshof im Rahmen der Rechtssache „TRR“ vorbrachte, ebenso auf die persönliche Leistungsverwendung bzw. die Verwendung durch das Personal übertragen lassen254, spricht vieles dafür, dass das Gericht auch in dieser Konstellation das Bestimmungslandprinzip angewendet hätte255. Verwal251 252 253 254 255
So zitiert der EuGH im Rahmen seiner Argumentation Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL, ohne zwischen den einzelnen Spiegelstrichen zu differenzieren, vgl. z. B. Rn. 26, 28, 30 und 34. Vgl. Nieskoven, PIS 2009, 94 ff. [97]. So i. E. auch Huschens, NWB, Fach 7, S. 7063 ff. [7065, 7071]; Lohse/Spilker, UR 2009, 325 ff. [327]; Nieskoven, PIS 2009, 94 ff. [97]. So auch Monfort, DStRE 2008, 2458 ff. [2460], der eine Anwendung der TRRGrundsätze auf diesen Fall i. E. dennoch ablehnt. Korf (IStR 2008, 876 ff. [877]) äußert Bedenken dahingehend, dass es auch bei dieser Sichtweise Konstellationen gibt, die eine sichere Steuererhebung eher erschweren. Er bringt dabei das Beispiel eines Kleinunternehmers, der beim Empfang von Dienstleistungen im Sinne des Art. 56 MwStSystRL gemäß Art. 196 Alt. 1 MwStSystRL immer Steuerschuldner ist (so ähnlich auch Monfort, DStRE 2008,
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
tungsleistungen, die ein Unternehmer vor dem 1. Januar 2010 für seine persönliche Verwendung oder die Verwendung durch sein Personal empfangen hat, eröffneten daher ebenso den Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips wie der Bezug für die unternehmerische Verwendung. Auch enthält der Wortlaut des Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL ebenso keine Hinweise auf eine Einschränkung des Bestimmungslandprinzips in Bezug auf die persönliche Leistungsverwendung bzw. die Verwendung durch das Personal. Dafür, dass der Europäische Gerichtshof auch diesen Fall unter das Bestimmungslandprinzip gefasst hätte, spricht insbesondere seine Erwägung in Rn. 31 des Urteils in der Rechtssache „TRR“256. Dort führt das Gericht aus, dass die von ihm vorgenommene Auslegung der Verwaltungsvereinfachung und der Bekämpfung der Steuerflucht dadurch dient, dass der Leistende zur Bestimmung des Leistungsorts lediglich zu ermitteln braucht, ob der Empfänger Steuerpflichtiger ist257. Würde man nun Leistungen zur persönlichen Verwendung bzw. Verwendung durch das Personal vom Bestimmungslandprinzip ausnehmen, so obläge es dem Leistenden in diesem Fall dennoch, neben der Eigenschaft als Steuerpflichtiger zusätzlich zu überprüfen, wofür der Empfänger die Leistung verwendet. Auch die Argumente des Gerichts in den Rn. 32 und 33, dass die Anwendung des Bestimmungslandprinzips eher dem Gedanken der Verbrauchsbesteuerung am Ort des Endverbrauchers entspricht und den freien Binnenmarkt durch die Minderung von Wettbewerbsverzerrung
256 257
72
2458 ff. [2459 f.]). Hat dieser nun keine USt-ID-Nr. (vgl. in Deutschland § 27a Abs. 1 S. 2 UStG a. F.), so ist die Steuererhebung in seinem Sitzland tatsächlich gefährdet (wobei anzumerken ist, dass der Leistende den Empfänger, der keine USt-IDNr. vorweist, oftmals nicht für einen Unternehmer halten wird). Diesem Beispiel Korfs ist aber entgegenzuhalten, dass es nach dem momentanen System der Umsatzbesteuerung keine absolute Sicherheit vor einer Nichtbesteuerung gibt. Es gilt den Weg zu finden, der am ehesten geeignet ist, das Vollzugsdefizit zu verringern. Diesem Ziel kommt die Ausweitung des Bestimmungslandprinzips auf die persönliche Leistungsverwendung bzw. die Verwendung für das Personal am nächsten, weil dadurch die Unterscheidung nach der Leistungsverwendung entbehrlich wird. Diese Unterscheidung stellt sich sonst in dieser Konstellation immer, während das Beispiel Korfs zudem einen Kleinunternehmer als Leistungsempfänger voraussetzt und damit nicht den Regelfall betrifft. Vgl. Korf, IStR 2008, 876 ff. [877]. Vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 31, UR 2008, 925 ff. Ebenso GA Mazák, SA v. 17.6.2008, Rs. C-291/07 (TRR), Rn. 41, EuGHE 2008 I, 8257 ff.
Ort der Verwaltungsleistung
stärkt, lassen sich auf den Fall der persönlichen Leistungsverwendung durch den Unternehmer bzw. durch sein Personal übertragen258. dd)
Ergebnis
Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber Anteilinhabern, die ihrerseits auch unternehmerische Umsätze tätigen, galten als am Bestimmungsort ausgeführt, unabhängig davon, ob die Kapitalanlage in der unternehmerischen, der persönlichen oder in der „nicht unternehmer- ischen nicht persönlichen“ Sphäre erfolgte. d)
Ergebnis
Gemäß Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL galten Verwaltungsleistungen, die eine Kapitalanlagegesellschaft gegenüber Anteilinhabern erbrachte, die Unternehmer sind, und gegenüber solchen Anlegern, die zwar keine Unternehmer sind, aber ihren Wohnsitz im Drittlandsgebiet haben, als am Empfangsort ausgeführt (Bestimmungslandprinzip). Der Ort der Verwaltungsleistungen, die gegenüber den übrigen Anlegern erbracht wurden (Nicht-Unternehmer, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ihren Wohnsitz unterhalten), richteten sich gemäß dem Ursprungslandprinzip nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Deutschland). 5.
Folgen des Umsetzungsdefizits
a)
§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F.
Für den Zeitraum vor dem 19. Dezember 2006 bestand mangels eines Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ein Umsetzungsdefizit, weil Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 5. Spiegelstrich der 6. EG-RL (bzw. Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) das Bestimmungslandprinzip vorschrieb. Erst das Jahressteuergesetz 2007 führte eine insoweit richtlinienkonforme Rechtslage herbei259.
258 259
Vgl. zu der Frage, warum das Bestimmungslandprinzip eher dem Verbrauchssteuergedanken dient und zugleich Wettbewerbsverzerrung mindert, die Ausführungen in Punkt V 1 dieses Abschnitts. Die Betonung liegt bei dieser Aussage auf „insoweit“, weil z. B. auch nach der Erweiterung durch das JStG 2007 der Verwaltungsort solcher Vermögen, die nicht unter das InvG fielen und deshalb nicht von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst waren, der des Ursprungs war, obwohl es sich auch bei diesen Verwaltungsleistungen um Bank- und Finanzumsätze handelte, vgl. Englisch, UR 2008, 219 ff. [222]; Hahne, BB 2007, 240 ff. [241]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]. Die Richtlinienwidrigkeit
73
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Mit Urteil vom 11. Oktober 2007 entschied der Bundesfinanzhof, dass § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. für den Zeitraum vor dem 19. Dezember 2006 dahingehend richtlinienkonform auszulegen sei, dass das Bestimmungslandprinzip auch für Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG gilt260. Der Ansatz des Bundesfinanzhofs, vorrangig eine richtlinienkonforme Auslegung in Betracht zu ziehen, verdient grundsätzlich Zustimmung. Denn hierdurch findet im Gegensatz zur unmittelbaren Anwendung der Richtlinie die nationale Umsetzungsnorm weiterhin Anwendung261. Die Souveränität Deutschlands und seiner Gesetzgebungsorgane wird in geringerem Maße beeinträchtigt als bei einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinienregelung, weil letztere eine Anwendung der nationalen Regelung ersetzt262. Des Weiteren erfolgt eine richtlinienkonforme Auslegung – im Gegenteil zur unmittelbaren Anwendung – auch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen263, weil eine richtlinienkonforme Auslegung nicht unter dem Vorbehalt steht, nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen erfolgen zu dürfen264. Auch wenn eine richtlinienkonforme Auslegung aus diesen Gründen den Vorzug gegenüber einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie genießt, muss in dem hier betrachteten Fall die entsprechende Richtlinienregelung unmittelbar angewandt werden, weil eine richtlinienkonforme Auslegung dort an ihre Grenzen stößt, wo der Wortlaut der Vorschrift so eindeutig ist, dass die methodischen Grenzen der Auslegung überschritten werden265. Die
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264
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konnte nicht durch eine bloße Erweiterung der Verweisungen beseitigt werden, weil die Verweisungstechnik selbst eine Ursache für die Richtlinienwidrigkeit i, vgl. Heidner, UR 2008, 16 ff. [19]. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [217]. Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 191. Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 191. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [671]; Birkenfeld, MwSt in der EU, S. 36; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 249, Rn. 120. Folgende Urt. des BFH enthalten eine Auslegung zu Lasten des Steuerpflichtigen: Urt. v. 20.1.1988, X R 48/81, BFHE 152, 556 ff.; Urt. v. 2.4.1998, V R 34/97, BStBl. II 1998, 695 ff.; Urt. v. 22.5.2003, V R 97/01, BFHE 203, 193 ff.; Urt. v. 9.10.2003, V R 5/03, BFHE 203, 395 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 26.2.1986, Rs. C-152/84 (Marshall), Rn. 48 f., EuGHE, 1986 I, 723 ff. [749]; Urt. v. 12.5.1987, Rs. C-372-374/85 (Traen), Rn. 24, RIW 1988, 231 ff.; Urt. v. 14.7.1994, Rs. C-91/92 (Faccini Dori), Rn. 22 f., EuGHE 1994 I, 3325 [3356]; Urt. v. 8.10.1987, Rs. C-80/86 (Arrondissementsrechtsbank Arnheim), Tenor 1, HFR 1988, 594; Urt. v. 26.9.1996, Rs. C-168/95 (Arcaro), Rn. 36, 38, EuGHE 1996 I, 4705 ff. [4729]; Birkenfeld, MwSt in der EU, S. 31; Geiger, EUV/EGV, Art. 249, Rn. 15. Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein¸ Europarecht, Rn. 193; Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, vor § 1, Rn. 16 (EL 59, 4/2008); Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 249, Rn. 128. Dies wird u. a. aus der Forderung des EuGH gefolgert, die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts sei soweit wie möglich an der
Ort der Verwaltungsleistung
damalige Fassung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. („die sonstigen Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g [...]bezeichneten Art“) verwies ausdrücklich nur auf die Buchstaben a bis g des § 4 Nr. 8 UStG, so dass eine Erweiterung dieses Verweises auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG den Wortlaut des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. nicht auslegt, sondern missachtet. Eine richtlinienkonforme Auslegung kam deshalb nicht Frage266. Somit fand Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL unmittelbar Anwendung, weil die Ortsbestimmungen der 6. EG-RL den Mitgliedstaaten keinen Spielraum bei der Umsetzung in das nationale Recht ließen, das heißt sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau waren267. Dementsprechend wirkte das Bestimmungslandprinzip unmittelbar, soweit sich der Betroffene darauf berief, was letztlich davon abhing, ob sich die unmittelbare Anwendung des Bestimmungslandprinzips für ihn als günstiger darstellte als die Leistungsortbestimmung anhand des Ursprungslandprinzips. Vor dem Hintergrund der betrachteten Steuerwirkung der Verwaltungsleistungen einer in Deutschland ansässigen Kapitalanlagegesellschaft gegenüber im Ausland ansässigen Unternehmern und im Drittland ansässigen Verbrauchern war das Bestimmungslandprinzip vorteilhaft, weil damit eine Steuerbarkeit in Deutschland ausschied268.
266
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Richtlinie auszurichten bzw. ihre Auslegung unter voller Ausschöpfung des durch das nationale Recht eingeräumten Beurteilungsspielraums durchzuführen (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 13.11.1990, Rs. C-106/89 (Marleasing), Rn. 8, EuGHE 1990 I, 4135 ff. [4159]; Urt. v. 26.9.1996, Rs. C-168/95 (Arcaro), Rn. 41, EuGHE 1996 I, 4705 ff. [4730]; Urt. v. 8.10.1997, Rs. C-80/86 (Kolpinghuis Nijmegen), Rn. 13, EuGHE 1987, 3969 ff. [3986]). Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670]; Englisch, UR 2008, 219 ff., [222]; Hahne, UR 2008, 222 ff. [223]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 197; Philipowski, UR 2004, 647 f. [648]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1800]. So ausdrücklich Philipowski, UR 2004, 647 f. [648]. I. E. auch FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03; Englisch, UR 2008, 219 ff., [222]; Hahne, UR 2008, 222 ff. [223]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 197; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1800]. Vgl. Birkenfeld (MwSt in der EU, S. 32) zur 6. EG-RL allgemein. Vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit einer Richtlinie und deren Voraussetzungen: EuGH, Urt. v. 19.1.1982, Rs. C-8/81 (Becker), Rn. 25, 53 ff. [71]; Urt. v. 27.6.1989, Rs. C-50/88 (Kühne), Rn. 23, 1925 ff. [1955]; Urt. v. 10.9.2002, Rs. C-141/00 (Kügler), Rn. 51, EuGHE 2002 I, 6833 ff. [6885]; BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987, 2 BvR 687/85, WM 1987. 1373 ff. [1376]. Letztlich steht es im Ermessen des Steuerpflichtigen, ob er die unmittelbare Anwendung der Richtlinie (Bestimmungslandprinzip) oder die europarechtswidrige nationale Regelung (Ursprungslandprinzip) für günstiger erachtet. Insoweit kommt ihm also ein Wahlrecht zu, vgl. Hahne, IStR 2006, 184 ff. [189]; ders., BB 2007, 240 ff. [241]; Maunz, DStRE 2005, 1228 f.; Philipowski, UR 2004, 647 f. [648]; Schiller, Outsourcing, S. 140 f.; Tehler, UVR 2009, 378 ff. Das Bestimmungsland-
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
b)
Bezug für das Unternehmen
Wie die Entscheidung in der Rechtssache „TRR“ ergab, ist ein Leistungsbezug für das Unternehmen keine Voraussetzung für die Anwendung des Bestimmungslandprinzips, weshalb die deutsche Verwaltungspraxis und Rechtsprechung richtlinienwidrig war. Weil § 3a Abs. 3 UStG a. F. der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs jedoch nicht entgegensteht, sondern sie exakt wiedergibt, bedarf es weder einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinienbestimmung noch einer Auslegung des § 3a Abs. 3 UStG a. F. im Sinne der Richtlinie. Vielmehr müssen Finanzverwaltung und Rechtsprechung diese Norm lediglich richtlinienkonform und wortlautgetreu anwenden269. 6.
Ergebnis
Eine Zusammenschau der nationalen Regelungen mit den europäischen Regelungen ergibt folgende Rechtslage im Hinblick auf den Ort der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft vor dem 1. Januar 2010: War der Anleger Unternehmer, so galt das Bestimmungslandprinzip für alle Verwaltungsleistungen, unabhängig davon, ob die Vermögensanlage in der unternehmerischen, der persönlichen (bzw. der Verwendung durch das Personal diente) oder der nicht unternehmerisch nicht persönlichen Sphäre erfolgte. Das Ursprungslandprinzip kam nur dann zum Zug, wenn es sich um Verwaltungsleistungen handelte, die vor dem 19. Dezember 2006 erbracht wurden und sich der Betroffene nicht unmittelbar auf die Richtlinienregelung berief270.
269 270
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prinzip ist grundsätzlich dann günstiger, wenn das Sitzland des Anlegers solche Dienstleistungen gar nicht bzw. günstiger besteuert oder das Ursprungslandprinzip anwendet. Eine Doppelbesteuerung wäre möglich, wenn Deutschland des Ursprungslandprinzip und der Sitzstaat des Anlegers das Bestimmungslandprinzip anwendet und sich der Steuerpflichtige der Besteuerung in Deutschland nicht widersetzt. Anders verhält es sich jedoch im Zusammenhang mit dem externen Leistungsbezug der KAG aus dem Ausland, weil dort das Ursprungslandprinzip die Steuerbarkeit in Deutschland verhindert (vgl. Kap. 5, Abschn. C, Punkt II 3). Insoweit ergibt sich dann aber auch kein Wahlrecht für den Steuerpflichtigen, weil eine richtlinientreue Anwendung nicht unter der Bedingung steht, dass der Steuerpflichtige sich auf sie beruft. Geht man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – davon aus, dass der Bezug der Verwaltungsleistung durch den Unternehmer für seine persönliche Verwendung oder die Verwendung durch sein Personal nicht vom Bestimmungslandprinzip umfasst war (vgl. Punkt II 4 c) cc)), so galt auch für diesen Fall das Ursprungslandprinzip.
Ort der Verwaltungsleistung
In Bezug auf solche Verwaltungsleistungen, die nach dem 18. Dezember 2006 gegenüber nicht-unternehmerischen Anteilinhabern erbracht wurden, galt das Ursprungslandprinzip, wenn sie ihren Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet hatten, während es bei einem Wohnsitz im Drittlandsgebiet zu einer Anwendung des Bestimmungslandprinzips kam. Bis zu diesem Datum konnte es auch bei Drittlandsansässigen nur dann zu einer Besteuerung an ihrem Sitz kommen, wenn sie sich auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinienregelung beriefen.
III.
Verwaltungsleistungen nach dem 31. Dezember 2009
1.
Grundsatzregelungen
§ 3a UStG hat durch Art. 7 des Jahressteuergesetzes 2009 eine grundlegende Änderung mit Wirkung vom 1. Januar 2010 erfahren. Zwar ergibt sich nach wie vor aus § 3a Abs. 1 UStG271 der Grundsatz, dass der Ort der sonstigen Leistung der Sitz des Dienstleisters ist272. Jedoch tritt mit der Regelung des § 3a Abs. 2 UStG273, wonach sich der Ort für Leistungen an einen Unternehmer nach dem Sitz des Leistungsempfängers bestimmt, eine zweite Grundregel neben § 3a Abs. 1 UStG274. Das Bestimmungslandprinzip findet somit nicht mehr ausschließlich als „Sonderfall“ aufgrund der abschließenden Aufzählung in einem Katalog, wie zum Beispiel § 3a Abs. 4 UStG, Anwendung, sondern infolge der Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG Die grundlegende Weichenstellung zur Leistungsortbestimmung erfolgt nicht mehr anhand der erbrachten Dienstleistung, sondern vielmehr danach, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist275. Im Hinblick auf die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ist somit den Grundsatzregelungen des § 3a Abs. 1 und Abs. 2 UStG folgende Einteilung zu entnehmen. Handelt es sich um einen nicht unternehmerisch tätigen Anleger, so wird die Verwaltungsleistung gemäß § 3a Abs. 1 UStG
271 272 273 274 275
Vgl. Art. 45 MwStSystRL. Vgl. Monfort, DStR 2009, 297 ff. [300]. Vgl. Art. 44 MwStSystRL. Vgl. Englisch, Zuordnung, S. 200; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 18.10 (EL 91, 5/2011); Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299, 304]; ders., in UR 2009, 301 ff. [301]. Vgl. Connemann, UStB 2009, 15 ff. [15, 19]; Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 90 (EL 190, 1/2012); Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299]; ders., UR 2009, 301 ff. [301]; Nieskens, UR 2009, 253 ff. [256, 258]. Zwar spielte die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers auch bei der Ortsbestimmung gemäß der alten Rechtslage nach § 3a Abs. 3, 4 UStG a. F. eine Rolle, jedoch war darüber hinaus eine Katalogleistung nach Abs. 4 notwendig.
77
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
grundsätzlich unabhängig vom Wohnsitz des Anlegers am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Deutschland) erbracht. Im Gegensatz hierzu bestimmt sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 2 S. 1 UStG bei unternehmerisch tätigen Anlegern nach dem Sitz des Anteilinhabers. Des Weiteren ergibt sich aus § 3a Abs. 2 S. 3 UStG276 eine Erweiterung des Bestimmungslandprinzips auf die Konstellationen, in denen der Anleger eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person ist, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde277. 2.
Katalogleistungen
Die Katalogleistungen des § 3a Abs. 4 S. 2 UStG278 haben einen erheblichen Teil ihrer Bedeutung dadurch eingebüßt, dass sie nur noch bei Leistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anlegern, die keine juristischen Personen mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sind, zu einer Durchbrechung des Ursprungslandprinzip zugunsten des Bestimmungslandprinzips führen, wenn sich der Sitz des Anlegers im Drittlandsgebiet befindet279. Im Gegensatz hierzu kam es bei Leistungen, die vor dem 1. Januar 2010 ausgeführt wurden, auf den Katalog immer dann an, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer mit Sitz außerhalb Deutschlands war. Aus inhaltlicher Hinsicht kann dafür auf die Ausführungen zum Katalog in § 3a Abs. 4 UStG in der Fassung nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 verwiesen werden280. Das Bestimmungslandprinzip gilt deshalb gemäß § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a UStG in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ebenso für Leistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anteilinhabern mit Wohnsitz im Drittlandsgebiet, die keine juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sind. Insoweit finden sich die oben geschilderten Mängel der deutschen Katalogregelung auch in den Neuregelungen wieder. Art. 59 Buchst. e MwStSystRL verwendet nach wie vor den Begriff des 276 277
278 279 280
78
Vgl. Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL Hieraus ergibt sich ein faktisches Wahlrecht hinsichtlich des Leistungsorts dadurch, dass es die Leistung der nichtunternehmerisch tätigen juristischen Person in der Hand haben, eine USt-ID-Nr. zu beantragen bzw. darauf zu verzichten (vgl. § 27a Abs. 1 S. 3 UStG). § 3a Abs. 4 UStG n. F. setzt Art. 59 MwStSystRL um. Vgl. Connemann, UStB 2009, 15 ff. [18]; Monfort, DStR 2009, 297 ff. [301]; ders., IWB 2008, 407 ff. [415]. Während die Katalogleistungen nicht verändert wurden, ist § 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG a. F. (Vermittlung der in diesem Absatz genannten Leistungen) entfallen, weil den Vermittlungsleistungen mit § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG nun eine eigenständige Regelung zukommt. Dementsprechend entfiel auch die Regelung des Art. 56 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL a. F. in Art. 59 MwStSystRL, vgl. Monfort, DStR 2009, 297 ff. [301].
Ort der Verwaltungsleistung
Bank- und Finanzumsatzes, während sich § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a UStG weiterhin der Verweisung auf die Befreiungsregelungen des § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h UStG bedient281. 3.
Verwendung für das Unternehmen
a)
Nationale Regelungen
Gemäß § 3a Abs. 2 S.1 UStG bedarf es für die Anwendung des Bestimmungslandprinzips über die Unternehmereigenschaft des Empfängers hinaus eines Leistungsbezugs für das Unternehmen282. Dementsprechend werden Verwaltungsleistungen gegenüber einem Unternehmer gemäß dem Auffangtatbestand283 des § 3a Abs. 1 UStG am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt (Ursprungslandprinzip), wenn die Anlage nicht für seinen unternehmerischen Bereich erfolgte. b)
Europäische Regelungen
aa)
Problemstellung
Art. 43 MwStSystRL beinhaltet eine Neuerung im Rahmen der Ortsbestimmung für Dienstleistungen, indem er den Begriff des Steuerpflichtigen ausschließlich für Zwecke der Ortsbestimmung definiert284. Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL legt dabei fest, dass ein Steuerpflichtiger in Bezug auf sämtliche an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger gilt, das heißt auch hinsichtlich solcher Tätigkeiten und Umsätze, die ihrerseits nicht steuerbar sind. Ein weitere Neuerung schafft Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL damit, dass eine juristische Person, die keiner unternehmerischen Tätigkeit nachgeht, im Rahmen der Ortsbestimmung steuerpflichtig ist, wenn sie über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügt. Betrachtet man die geschilderte Neuregelung des Art. 43 MwStSystRL n. F., so ergibt sich ein Bild, wonach die betreffende Leistung zum einen nicht für das Unternehmen des 281 282
283 284
Vgl. Punkt II 5 dieses Abschnitts zu den Umsetzungsdefiziten und der daraus folgenden richtlinienkonformen Auslegung bzw. teilweisen unmittelbaren Anwendung der Richtlinienregelung. Vgl. Abschn. 3a.2 Abs. 8 S. 1 UStAE; Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299]; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 34.9 (EL 91, 5/2011); Radeisen, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 3a Rn. 236 (EL 9/11, 12/2011); Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 156 ff. (EL 144, 10/2010) mit kritischen Anmerkungen zu diesem Erfordernis. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der deutsche Gesetzgeber die Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG (Ursprungslandprinzip) – im Gegensatz zum Richtliniengeber in Art. 45 MwStSystRL – als Auffangtatbestand ausgestaltet hat. Vgl. Connemann, UStB 2009, 15 ff. [15]; Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299]; ders., UR 2009, 301 ff. [301]; Schiess/Connemann, BB 2009, 89 ff. [90].
79
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
Steuerpflichtigen bestimmt sein muss und zum anderen, dass es im Fall der Leistungserbringung gegenüber einer juristischen Person mit UmsatzsteuerIdentifikationsnummer nicht einmal auf die Unternehmereigenschaft der juristischen Person ankommt. Demnach würden Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber unternehmerisch tätigen Anlegern immer am Ort des Anlegers erbracht, auch wenn es sich um Leistungen für den nicht unternehmerischen oder gar den persönlichen Bereich handelt. Dem scheint jedoch mit Art. 44 MwStSystRL die Regelung zu widersprechen, die den Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips festlegt, indem sie fordert, dass der Leistungsempfänger ein Steuerpflichtiger ist, der „als solcher handelt“285. Fasst man diese Formulierung so auf, wie es der deutsche Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Umsetzung des Art. 44 MwStSystRL tat (vgl. oben Punkt a)), so fände das Bestimmungslandprinzip nur Anwendung, wenn die Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft für die unternehmerische Tätigkeit ausgeführt wird. Gegen eine solch restriktive Anwendung spricht allerdings Satz 2 der 4. Begründungserwägung der Präambel der Richtlinie 2008/8/EG, wenn es dort heißt, dass die Ortsbestimmung bei steuerpflichtigen Leistungsempfängern auch dann nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgen soll, wenn sie teilweise nichtsteuerbare Tätigkeiten erbringen. Dem entspricht auch die bereits geschilderte Regelung des Art. 43 MwStSystRL, wonach ein Steuerpflichtiger, der auch Tätigkeiten ausführt, die nicht als steuerbare Dienstleistungen angesehen werden, in Bezug auf alle an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger gilt. Einer Anwendung des Bestimmungslandprinzips auch auf solche Fälle, in denen die Verwaltungsleistung für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bezogen wird, steht hingegen Satz 4 der 4. Begründungserwägung entgegen, indem er ausdrücklich vorgibt, dass das Bestimmungslandprinzip aber dann keine Anwendung finden soll, wenn die Leistung für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bestimmt ist. Obwohl es ein erklärtes Ziel der Richtlinie 2008/8/EG war, die komplizierten Ortsvorschriften für Dienstleistungen zu vereinfachen, ergeben sich im Hinblick auf die Reichweite des Bestimmungslandprinzips wiederum verschiedene Möglichkeiten286. Eindeutig dem Richtlinienwortlaut zu entneh285 286
80
Vgl. Radeisen, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 3a Rn. 124 (EL 9/11, 12/2011). Korf (IStR 2008, 876 ff. [879]) äußert, dass die Leistungsortbestimmung ab dem 1.1.2010 hoffentlich noch vorher auf europäischer Ebene einvernehmlich geklärt
Ort der Verwaltungsleistung
men ist lediglich, dass Verwaltungsleistungen gegenüber Unternehmern für deren Unternehmen am Ort der Bestimmung und dass Verwaltungsleistungen gegenüber Nichtsteuerpflichtigen, die über keine UmsatzsteuerIdentifikationsnummer verfügen, am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt werden. Insoweit decken sich die Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie und der deutschen Regelung sowie die Aussagen der Begründungserwägungen der Richtlinie miteinander. Hingegen ist nicht eindeutig der Richtlinie zu entnehmen, wie die Fälle der Dienstleistung gegenüber einem Unternehmer zu behandeln sind, der die betreffenden Leistungen nicht für sein Unternehmen bezieht. Entsprechend den Ausführungen zur Rechtlage bis zum 31. Dezember 2009 (vgl. Punkt II 4 c) dieses Abschnitts) gilt es herauszuarbeiten, wie die übrigen Fälle des Leistungsbezugs durch einen Unternehmer zu behandeln sind. Hierbei geht es um die Konstellation, dass die betreffende Dienstleistung einerseits nicht für das Unternehmen und anderseits auch nicht für die persönliche Verwendung bzw. die Verwendung durch das Personal empfangen wird und um solche Sachverhalte, in denen die Leistung für die persönliche Verwendung bzw. die des Personals empfangen wird. Eine Klarstellung des zuletzt genannten Punktes erfolgte letztlich durch die Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011, die am 1. Juli 2011 in Kraft trat287. Demnach gilt ein Steuerpflichtiger nicht hinsichtlich solcher Leistungen als steuerpflichtig, die er ausschließlich für seinen privaten Gebauch, einschließlich zum Gebrauch durch sein Personal empfängt. bb)
Enge Auffassung des Bestimmungslandprinzips
Weil Art. 44 S. 1 MwStSystRL fordert, dass der Steuerpflichtige auch „als solcher handelt“, könnte man auch eine Einengung des Bestimmungslandprinzips im Vergleich zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2010 durch das Mehrwertsteuerpaket auf solche Leistungen gegenüber einem Unternehmer annehmen, die für sein Unternehmen ausgeführt werden288. Dementspre-
287 288
wird. Monfort (UR 2009, 301 ff. [303]) verwendet insoweit die Bezeichnung „irreführend“, Nieskens (UR 2009, 253 ff. [259]) nennt die Neuregelung des Art. 44 MwStSystRL „missverständlich“ und Pichler (SWI 2008, 265 ff. [266]) geht davon aus, dass sich die Ortsbestimmung noch komplizierter gestaltet als bisher. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 77, S. 1 v. 23.3.2011). Vgl. Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2281]; Monfort, UR 2009, 301 ff. [304]. Dieser Auslegung folgen Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 71, Rn. 104 (EL 52, 5/2010); Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 103
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
chend erfolgte auch die Umsetzung in das deutsche Umsatzsteuergesetz, indem § 3a Abs. 2 UStG ausdrücklich fordert, dass die Leistung für das Unternehmen des Empfängers ausgeführt werden muss289. Diese Sichtweise ist jedoch abzulehnen, da sie zu schwerwiegenden Widersprüchen innerhalb der Richtlinienneufassung führt und darüber hinaus auch nicht den Zielen des Richtliniengebers entspricht290. Zuerst fällt auf, dass – wenn man den Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips entsprechend Art. 44 S. 1 MwStSystRL eng auffasst – keine Ortsbestimmung für den Fall besteht, dass ein Unternehmer die Leistung nicht für sein Unternehmen bezieht291. Das Bestimmungslandprinzip (Art. 44 MwStSystRL) umfasst diesen Fall entsprechend der engen Auffassung nicht. Art. 45 MwStSystRL (und auch Art. 59 MwStSystRL als eingeschränkte Nachfolgeregelung des Katalogs aus Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. für Drittlandsansässige) spricht von „Nichtsteuerpflichtigen“ (Verbrauchern), während Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL ausdrücklich festlegt, dass ein Steuerpflichtiger, der auch nichtsteuerbare Tätigkeiten ausführt, für die Anwendung der Ortsregelungen (also die Art. 43 ff. MwStSystRL) in Bezug auf alle an ihn erbrachten Leistungen als Steuerpflichtiger gilt. Folglich kann das Ursprungslandprinzip des Art. 45 MwStSystRL für Leistungen an einen Steuerpflichtigen außerhalb dessen unternehmerischer Sphäre nicht gelten, weil Art. 45 MwStSystRL ausschließlich für Nichtsteuerpflichtige gilt292.
289
290 291 292
82
und 122 (EL 190, 1/2012) sowie Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 18.10 (EL 91, 5/2011). Vgl. Abschn. 3a.2 Abs. 8 S. 1 UStAE; BMF, Schr. v. 4.9.2009, IV B 9 - S 7117/08/10001, Rn. 14, UR 2009, 679 ff. Durch das BMF-Schr. v. 8.12.2009 erfolgte eine Ergänzung der Rn. 14 des genannten Schreibens dahingehend, dass die Ortsbestimmung für solche Leistungen, die sowohl für den unternehmerischen als auch den nicht-unternehmerischen Bereich bezogen werden, einheitlich nach § 3a Abs. 2 UStG zu erfolgen habe, vgl. BMF, Schr. v. 8.12.2009, IV B 9 - S 7117/08/10001, UR 2010, 79 f.; Abschn. 3a.2 Abs. 8 S. 3 UStAE; Nieskens, UR 2009, 253 ff. [259]. So i. E. auch: Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2281 ff.]; Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299]; ders., UR 2009, 301 ff. [305]; Spilker, IStR 2009, 573 ff. [576]; Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 66 (EL 65, 4/2011). Vgl. Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 68 (EL 65, 4/2011). Weil die deutsche Umsetzungsregelung – im Gegensatz zur Richtlinie – das Ursprungslandprinzip in § 3a Abs. 1 UStG als Auffangtatbestand formuliert, tritt dieser Widerspruch im JStG 2009 nicht zu Tage, vgl. BMF, Schr. v. 4.9.2009, IV B 9 S 7117/08/10001, Rn. 2, UR 2009, 679 ff.
Ort der Verwaltungsleistung
Fasst man die Formulierung „der als solcher handelt“ in Art. 44 S. 1 MwStSystRL so auf, wie es der deutsche Gesetzgeber tat293, so ist des Weiteren unklar, welche Funktion der Richtliniengeber Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL zugedacht hat. Die Bezeichnung eines Steuerpflichtigen auch in dieser Hinsicht als steuerpflichtig, soweit er Leistungen für seinen nicht unternehmerischen Bereich bezieht, liefe leer294. Warum sollte der Richtliniengeber in der einen Norm die Steuerpflichtigeneigenschaft eigens für die Ortsbestimmung erweitern, um sie dann bei der konkreten Anwendung im Rahmen des Bestimmungsortsprinzips nicht zu verwenden? Art. 43 MwStSystRL liefe darüber hinaus erst recht leer, wenn man Art. 45 MwStSystRL auch auf solche Fälle anwendet, in denen ein Steuerpflichtiger die Leistung für seine nicht unternehmerische Sphäre bezieht. So müssen die Vertreter der engen Auffassung aber vorgehen, wenn sie auf diesen Fall das Ursprungslandprinzip nach Art. 45 MwStSystRL anwenden wollen. Ein weiterer Widerspruch ergibt sich bei dieser Sichtweise im Verhältnis zu Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL. Letztere Vorschrift fingiert die Steuerpflichtigeneigenschaft nicht unternehmerisch tätiger juristischer Personen mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausschließlich für die Ortsbestimmung mit der Folge, dass das Bestimmungslandprinzip Anwendung findet, obwohl der Leistungsempfänger eigentlich kein Steuerpflichtiger im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist. Fasst man nun aber den Passus „der als solcher handelt“ (Art. 44 S. 1 MwStSystRL) in dem Sinne auf, dass die Leistung für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden muss, so hat Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL überhaupt keinen Anwendungsbereich, weil die Leistung auf keinen Fall für das Unternehmen der nicht unternehmerischen juristischen Person ausgeführt werden kann295. Die juristische Person gilt zwar gemäß Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL im Rahmen der Ortsbestimmung als Steuerpflichtige, führt aber dennoch kein Unternehmen und damit auch kei-
293 294
295
So auch: Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 103 und 122 (EL 190, 1/2012) sowie Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 18.10 (EL 91, 5/2011). Vgl. Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2281 ff.]. Auch diesen Widerspruch kann man aus der deutschen Regelung nicht herauslesen, weil der deutsche Gesetzgeber keine mit Art. 43 MwStSystRL vergleichbare Vorschrift eingeführt hat. Der deutsche Gesetzgeber wich also auch im Rahmen der Neuregelung des § 3a UStG deutlich von der Systematik der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ab, indem er keine gesonderte Definition des Unternehmers vornahm und § 3a Abs. 1 UStG als Auffangtatbestand formulierte. Eine lediglich systematische Abweichung ist zwar nicht zu beanstanden, birgt jedoch ein erhöhtes Risiko der Richtlinienwidrigkeit in sich und bereitet zusätzliche Schwierigkeiten bei der Rechtsauslegung. So auch Monfort, UR 2009, 301 ff. [305]; ders., IWB 2008, 407 ff. [409].
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
ne unternehmerischen Tätigkeiten aus296. Die Fiktion als Unternehmer bzw. Steuerpflichtiger führt nicht dazu, dass der fingierte Unternehmer bzw. Steuerpflichtige eine unternehmerische Tätigkeit ausführt. Selbst wenn man Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL trotz der soeben geschilderten Einschränkung des Art. 44 S. 1 MwStSystRL einen eigenständigen Anwendungsbereich zugesteht, so führte dies zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass das Bestimmungslandprinzip nicht für solche Leistungen an unternehmerisch tätige Steuerpflichtige gelten würde, die für den nicht unternehmerischen Bereich bestimmt sind, während es aber gemäß Art. 43 Nr. 2 MwStSystRL für solche Leistungen gelten würde, die gegenüber „fingierten“ Unternehmern erfolgen, die gar keine unternehmerischen Tätigkeiten im Sinne des Umsatzsteuerrechts ausführen297. Auch wenn den Begründungserwägungen der Präambel nicht das Gewicht einer Richtlinienvorschrift zukommt, müssen sie im Rahmen der Ermittlung der Ziele des Richtliniengebers dann zu Rate gezogen werden, wenn sich Unklarheiten oder Widersprüche aus der Richtlinie ergeben, die sich nicht mittels des Richtlinienwortlauts lösen lassen298. Satz 1 der 4. Begründungserwägung der Richtlinie 2008/8/EG äußert, dass für Leistungen an Steuerpflichtige nicht auf den Ursprungs-, sondern auf den Bestimmungsort abgestellt werden sollte. Satz 2 formuliert, dass aus diesem Grund Steuerpflichtige, die auch nichtsteuerbare Leistungen erbringen, für alle an sie erbrachten Leistungen als Steuerpflichtige gelten sollen. Liest man also Satz 1 und Satz 2 der 4. Begründungserwägung zusammen, so wird deutlich, dass es nicht lediglich darum geht, den Unternehmer hinsichtlich aller an ihn 296
297
298
84
Vgl. Monfort, UR 2009, 301 ff. [305]. Dieser Widerspruch ergibt sich auch dann, wenn man ausschließlich die deutsche Transformationsregelung des § 3a Abs. 2 S. 3 UStG n. F. betrachtet. Diese Vorschrift verweist hinsichtlich einer Leistung an eine nichtunternehmerische juristische Person mit USt-ID-Nr. auf § 3a Abs. 2 S. 1 UStG, wobei diese Norm ausdrücklich eine Leistung fordert, die für das Unternehmen des Empfängers ausgeführt wird (vgl. Monfort, a. a. O., S. 314). Vgl. Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2282]; Monfort, UR 2009, 301 ff. [305]; Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 68 (EL 65, 4/2011). Dieser Widerspruch wird dadurch verstärkt, dass hierbei nicht das nationale Verständnis vom Begriff der juristischen Person, sondern ein einheitliches europäisches Verständnis maßgeblich ist. Folglich muss man jede Personenvereinigung und jedes sonstige Gebilde als juristische Person in diesem Sinne verstehen. Dementsprechend greift der EuGH im Rahmen seiner Entscheidungen auf die Begründungserwägungen zurück: Vgl. EuGH, Urt. 15.6.1989, Rs. 348/87 (Stichting Uitvoering), Rn. 11, EuGHE 1989, 1737 ff.; Urt. v. 2.8.1993, Rs. C-111/92 (Lange), Rn. 20, EuGHE 1993 I, 4699 ff.; Urt. v. 26.9.1996, Rs. C-327/94 (Dudda), Rn. 22, EuGHE 1996 I, 4618 ff.; Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 21, IStR 1997, 397 ff.
Ort der Verwaltungsleistung
gerichteten Leistungen als Steuerpflichtigen zu qualifizieren. Das Ziel ist vielmehr, dass Bestimmungslandprinzip auf all diese Leistungen anzuwenden. Folglich wird durch die Regelung des Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL mit der Steuerpflichtigeneigenschaft nur ein Zwischenziel erreicht, weil der Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips erst durch Art. 44 MwStSystRL bestimmt wird. Das eigentliche Ziel der 4. Begründungserwägung, die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf Leistungen gegenüber einem Unternehmer, die nicht für die unternehmerische Sphäre bestimmt sind, würde aufgrund solch einer einschränkenden Auslegung der streitigen Passage des Art. 44 S. 1 MwStSystRL vereitelt.299 Letztlich missachtet die enge Auffassung des Bestimmungslandprinzips Satz 2 der 4. Begründungserwägung der Präambel der Richtlinie 2008/8/EG, wonach die Ortsbestimmung bei steuerpflichtigen Leistungsempfängern auch dann nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgen soll, wenn sie teilweise nichtsteuerbare Tätigkeiten erbringen. Dem kann auch nicht Art. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011 entgegen gehalten werden300. Denn entsprechend dieser Regelung gilt ein Steuerpflich299
300
Connemann, UStB 2009, 15 ff. [16]; Korf, IStR 2008, 876 ff.; Luuk/Oesterhelt/Winzap, Steuer Revue 2009, 218 ff. [233]; Michel, BB 2008, 1936 ff. [1939 f.]; Nieskoven, PIS 2009, 94 ff. [97] und – zu diesem Zeitpunkt auch noch – Nieskens, UR 2008, 677 ff. sprechen eine solche Einschränkung des Bestimmungslandprinzips durch Art. 44 S. 1 MwStSystRL nicht an. Weil das JStG 2009 erst am 24.12.2008 ausgegeben wurde, kann man davon ausgehen, dass manchen Autoren das JStG 2009 mit den hier besprochenen Änderungen zum Ort der sonstigen Leistung noch nicht vorlag. Die Regelungen zur Umsetzung der durch die Richtlinie 2008/8/EG in Bezug auf § 3a UStG hervorgerufenen Änderungen waren weder im Referentenentwurf zum JStG 2009 v. 28.4.2009 noch im Entwurf der Bundesregierung zum JStG 2009 v. 2.9.2008 (BT-Drucks. 16/10189) enthalten (vgl. z. B. Kraeusel, UVR 2008, 194 f.; Weber, UVR 2008, 235 ff. zu dem Entwurf der Bundesregierung ohne die Umsetzung der Richtlinie 2008/8/EG; vgl. Kraeusel, UVR 2008, 353 ff. [354] zu der späten Aufnahme der Ortsregelungen in das JStG 2009). Aus der Formulierung des Art. 44 S. 1 MwStSystRL „der als solcher handelt“ schlossen die Autoren – zumindest zu diesem Zeitpunkt ohne die deutsche Umsetzungsregelung – nicht auf eine dahingehende Einschränkung, dass Leistungen gegenüber einem Unternehmer nur dann am Bestimmungsort ausgeführt werden, wenn sie für das Unternehmen erfolgen. Auch dies deutet darauf hin, dass in Bezug auf Art. 44 S. 1 MwStSystRL das Wortlautargument auf Basis der Formulierung „der als solcher handelt“ nicht zwingend ist. Einzig Lohse/Spilker (vgl. UR 2009, 325 ff. [333]) gehen ausdrücklich davon aus, dass der Wortlaut des § 3a Abs. 2 UStG n. F. nicht so aufzufassen sei, sondern auch gemäß dieser Regelung alle Leistungen gegenüber einem Unternehmer anhand des Bestimmungslandprinzips zu verorten sind, weil der Leistungsempfänger durch das Auftreten als Unternehmer diese Leistung seinem Unternehmen zuordnet und damit auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 S. 1 UStG n. F. erfüllt. So Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 18.10 (EL 91, 5/2011).
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Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
tiger lediglich hinsichtlich solcher Leistungen als nicht steuerpflichtig, die er ausschließlich für seinen privaten Gebrauch bzw. zum Gebrauch durch sein Personal empfängt. Eine Aussage zu solchen Leistungen, die weder für unternehmerische Zwecke noch für private Zwecke verwendet werden, lässt sich dieser Regelung nicht entnehmen. Es lässt sich allenfalls darauf schließen, dass hinsichtlich einer solchen Leistung der Anwendung des Bestimmungslandprinzips nichts entgegensteht. Denn andernfalls wäre auch dies in Art. 19 der Durchführungsverordnung ausdrücklich klargestellt worden. cc)
Weite Auffassung des Bestimmungslandprinzips
Konzentriert man sich auf Art. 43 MwStSystRL, so gewinnt man den Eindruck, dass das Bestimmungslandprinzip bei Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber steuerpflichtigen Anlegern immer gelten muss. Weil der Anteilinhaber als Unternehmer entsprechend Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL für die Ortsbestimmung unabhängig davon, ob die Vermögensanlage in seiner unternehmerischen, seiner nicht unternehmerischen oder gar seiner persönlichen Sphäre erfolgte, als Steuerpflichtiger gilt, scheint sich der Ort der Leistung gemäß dieser Vorschrift in Verbindung mit dem Grundsatz, dass Leistungen, die an einen Steuerpflichtigen gerichtet sind, am Sitz des Empfängers ausgeführt werden, unabhängig von der Leistungsverwendung nach dem Bestimmungslandprinzip zu richten301. Gegen eine Einschränkung in der Hinsicht, dass Leistungen, die durch einen Steuerpflichtigen für seinen Privatbereich bezogen werden, vom Bestimmungslandprinzip ausgeschlossen sind (vgl. Satz 4 der 4. Begründungserwägung der Richtlinie 2008/8/EG), spricht zum einen, dass Art. 43 MwStSystRL nichts derartiges erkennen lässt, und zum anderen, dass es für den Leistenden kaum feststellbar ist, ob seine Leistung für die persönliche Sphäre oder einen Bereich des Unternehmens bestimmt ist, der selbst keine steuerbaren Umsätze ausführt302. Auch wenn viele Argumente für eine derartig weite Anwendung des Bestimmungslandprinzips sprechen303, wird diese Sichtweise nicht dem Wortlaut des Art. 44 S. 1 MwStSystRL („der als solcher handelt“) und des Satzes 4 der 4. Begründungserwägung zur Richtlinie 2008/8/EG gerecht. 301 302 303
86
Vgl. Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2281]; Korf, IStR 2008, 876 ff. [878]; Monfort, UR 2009, 301 ff. [302]; Nieskoven, PIS 2009, 94 ff. [97]. Vgl. Korf, IStR 2008, 876 ff. [878 f.]; Radeisen, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 3a Rn. 240 (EL 9/11, 12/2011). Vgl. Punkt V 1 dieses Abschnitts zu den weiteren Argumenten für eine Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf alle Leistungen, die gegenüber einem Steuerpflichtigen erbracht werden.
Ort der Verwaltungsleistung
Dementsprechend wurde durch Art. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011 klargestellt, dass ein Steuerpflichtiger, der Dienstleistungen ausschließlich zum privaten Gebrauch, einschließlich zum Gebrauch durch sein Personal empfängt, als nicht steuerpflichtig für Zwecke der Ortsbestimmung gilt. dd)
Vermittelnde Ansicht / Durchführungsverordnung
Die aufgezeigten Widersprüche lassen sich am ehesten dadurch auflösen, dass die Passage des Art. 44 S. 1 MwStSystRL „der als solcher handelt“ dazu dient, Satz 4 der 4. Begründungserwägung dadurch umzusetzen, dass das Bestimmungslandprinzip trotz Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL nicht auf solche Leistungen Anwendung findet, die von einem Steuerpflichtigen für seine persönliche Verwendung oder für die Verwendung durch sein Personal empfangen werden304. Der Gedanke des 4. Satzes der 4. Begründungserwägung, dass Leistungen für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal nicht vom Bestimmungslandprinzip umfasst sein sollen, findet sich an keiner anderen Stelle in der Richtlinie 2008/8/EG, obwohl es sich entsprechend der Begründungserwägung um ein Regelungsziel handelt. Art. 43 Nr. 1 und Art. 44 S. 1 MwStSystRL sind folglich so auszulegen, dass all jene Leistungen als am Bestimmungsort ausgeführt gelten, die gegenüber einem als solchen auftretenden Steuerpflichtigen im Sinne des Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL ausgeführt werden und nicht für dessen persönliche Verwendung oder für die Verwendung durch sein Personal bestimmt sind305. Mittels dieser Auslegung wird der Widerspruch zwischen der Ansicht des deutschen Gesetzgebers auf der einen Seite und Art. 43 Nr. 1, 2 MwStSystRL in Verbindung mit den Sätzen 1 bis 3 der 4. Begründungserwägung auf der anderen Seite aufgelöst und dem Ziel des Satz 4 der 4. Begründungserwägung zu einem gesetzlichen Niederschlag verholfen. Die dementsprechende Klarstellung in Art. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011 deckt sich somit mit dem Ergebnis der hier vorgenommenen Auslegung des Richtlinienwortlauts.
304 305
So auch Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 68 (EL 65, 4/2011). So i. E. auch Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2281 ff.]; Huschens, UVR 2008, 272 ff. [273]; Monfort, DStR 2009, 297 ff. [299]; ders., UR 2009, 301 ff. [303].
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Dieses Ergebnis legt im Übrigen bereits der Regelungsvorschlag der Kommission im Hinblick auf Art. 9 der 6. EG-RL aus dem Jahr 2005 nahe. Der 3. Absatz dieses Vorschlags lautete: „Für Zwecke der Absätze 1 und 2 gilt ein Steuerpflichtiger, der auch Tätigkeiten ausführt oder Umsätze bewirkt, die nicht als steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung angesehen werden, in Bezug auf alle an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger, es sei denn, die Dienstleistungen sind für seine eigenen privaten Zwecke oder die seines Personals bestimmt“306. c)
Folgen des Umsetzungsdefizits
Wie sich aus § 3a Abs. 2 UStG ergibt, ist der deutsche Gesetzgeber der einschränkenden Auffassung gefolgt, indem er den Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips auf solche Leistungen beschränkte, die ein Unternehmer für sein Unternehmen bezieht307. Leistungen, die nicht in eine unternehmerische Tätigkeit einfließen, werden am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt, es sei denn, Leistungsempfänger ist eine juristische Person mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. § 3a Abs. 2 UStG führt zu richtlinienwidrigen Ergebnissen, wenn Leistungen im Mittelpunkt stehen, die zwar gegenüber einem Unternehmer erbracht werden, jedoch weder für sein Unternehmen, noch für seine persönliche Verwendung bzw. die Verwendung durch sein Personal bestimmt sind308. In allen anderen Fällen führt die Neufassung des Umsatzsteuergesetzes zu Ergebnissen, die mit der Neuregelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie übereinstimmen. 306 307 308
88
Vgl. Art. 9 Abs. 3 S. 20, COM (2003) 822 endgültig sowie Art. 9 Abs. 3 COM (2005) 334 endgültig (Unterstreichung durch den Verfasser vorgenommen), abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Vgl. auch Abschn. 3a.2 Abs. 8 UStAE. Vgl. Beuchert/Schell, DStR 2009, 2277 ff. [2282]; Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 103, 122 (EL 190, 1/2012); Monfort, UR 2009, 301 ff. [314]; Nieskoven, PIS 2009, 94 ff. [97]; ders., GStB, 2009, 759 ff. [260 f.]. Nieskens (UR 2009, 253 ff. [259]) geht als Vertreter der Auffassung des deutschen Gesetzgebers konsequenterweise von einer Richtlinienkonformität der deutschen Umsetzung in § 3a Abs. 2 UStG n. F. aus. Obwohl Lohse/Spilker (vgl. UR 2009, 325 ff. [333]) sogar der Auffassung folgen, dass alle Leistungen gegenüber einem Unternehmer anhand des Bestimmungslandprinzips zu verorten sind, verneinen sie eine Europarechtswidrigkeit der deutschen Umsetzung mit der Begründung, dass der Leistungsempfänger durch das Auftreten als Unternehmer diese Leistung seinem Unternehmen zuordnet und damit auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 S. 1 UStG n. F. erfüllt. Im Gegensatz hierzu, geht Spilker an anderer Stelle (IStR 2009, 573 ff. [576]) jedoch von der Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung und damit von einer Europarechtswidrigkeit der deutschen Umsetzungsregelungen aus.
Ort der Verwaltungsleistung
Dabei kann sich die Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Richtlinienwidrigkeit der nationalen Umsetzungsregelungen nicht damit verteidigen, dass die Regelung des Art. 44 S. 1 MwStSystRL aufgrund der Einschränkung „der als solcher handelt“ missverständlich formuliert ist309. Maßgeblich ist gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV (vormals Art. 249 Abs. 3 EG) allein, dass das durch die betreffende Richtlinienvorschrift formulierte Ziel erreicht wird. Die Richtlinienwidrigkeit einer Umsetzung beschreibt einen objektiv nachprüfbaren Zustand. Sie hängt nicht von einer Schuldhaftigkeit des Umsetzungsdefizits ab310. Andernfalls würden in den Mitgliedsstaaten gegebenenfalls unterschiedliche nationale Regelungen gelten, weil der eine Staat die zweideutige Richtlinienregelung zutreffend umgesetzt hat, während der andere Staat sie zwar nicht korrekt in das nationale Recht überführte, dabei aber „schuldlos“ handelte. Jedoch kann § 3a Abs. 2 S. 1 UStG durch eine richtlinienkonforme Auslegung europarechtskonform angewendet werden311. Die Passage „Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird“ kann dahingehend ausgelegt werden, dass lediglich solche Leistungen gegenüber einem unternehmerisch tätigen Anteilinhaber nicht vom Bestimmungslandprinzip umfasst sind, die für dessen persönliche Verwendung bzw. die Verwendung durch sein Personal bestimmt sind. Der Wortlaut dieser Passage steht nicht zwingend der Sichtweise entgegen, dass die besagte Formulierung auch solche Leistungen umfasst, die gegenüber einem Unternehmer erbracht werden, dabei jedoch lediglich für seinen außerunternehmerischen – aber nicht persönlichen – Bereich bestimmt sind. Durch diese Sichtweise werden die Grenzen des Wortlauts nicht derartig überdehnt, dass auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie zurückgegriffen werden muss312.
309 310 311 312
Vgl. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 10, Rn. 24. Vgl. Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 249, Rn. 50 zu diversen anderen Einwänden, die von den Nationalstaaten nicht geltend gemacht werden können. Die Zweideutigkeit der umzusetzenden Richtlinienregelung kann aber Auswirkungen im Rahmen eines eventuellen Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV (vormals Art. 226 EG) haben. Beuchert/Schell (DStR 2009, 2277 ff. [2282 f.]) gehen von einer unmittelbaren Anwendbarkeit aus, ohne sich jedoch zuvor mit der Möglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung zu befassen. Vgl. die Parallelproblematik zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL wegen der Wortlautgrenze des § 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a UStG i. d. F. vor Inkrafttreten des JStG 2007 (Punkt II 5 a) dieses Abschnitts).
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4.
Ergebnis
Nachdem die nationale Regelung des § 3a UStG mittels einer richtlinienkonformen Auslegung anhand einer ihrerseits ausgelegten Richtlinie in eine europarechtskonforme Fassung gebracht wurde, ergibt sich in Bezug auf die aktuelle Ortbestimmung folgendes Bild: Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft, die nach dem 31. Dezember 2009 gegenüber einem Unternehmer ausgeführt wurden, gelten als am Ort des Anlegersitzes ausgeführt (Bestimmungslandprinzip), es sei denn, die Kapitalanlage erfolgte für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal (§ 3a Abs. 2 S. 1 UStG in Verbindung mit einer richtlinienkonformen Auslegung). Darüber hinaus findet das Bestimmungslandprinzip bei Anteilinhabern Anwendung, die keine Unternehmer sind, wenn der Anleger entweder eine juristische Person mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist (§ 3a Abs. 2 S. 3 UStG) oder seinen Wohnsitz im Drittlandsgebiet unterhält (§ 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG). Das Ursprungslandprinzip bestimmt auch heute über den Ort der Verwaltungsleistung einer Kapitalanlagegesellschaft, wenn zum einen ein Unternehmer die Anlage im Rahmen seiner Privatsphäre oder für die Verwendung durch sein Personal tätigt und wenn zum anderen ein Verbraucher mit Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet, der auch keine juristische Person mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist, eine Anlage in einem Investment-Sondervermögen vornimmt.
IV.
Vergleich der alten und neuen Rechtslage
Vergleicht man die Rechtslage vor und nach dem Mehrwertsteuerpaket im Hinblick auf die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern, so erkennt man, dass sich im Ergebnis wenig geändert hat. Folgt man der hier vertretenen Ansicht zur alten Rechtslage, dass Verwaltungsleistungen gegenüber einem Unternehmer, die dieser für seine persönliche Verwendung oder die Verwendung durch sein Personal bezieht, auch vom Bestimmungslandprinzip umfasst waren313, so stellt die Neuregelung sogar einen Rückschritt hinsichtlich des Umfangs des Bestimmungslandprinzips dar314. Selbst wenn man hinsichtlich der alten Rechtslage
313 314
90
Vgl. hierzu Punkt II 4 c) cc) dieses Abschnitts. Eine erhebliche Einschränkung des Anwendungsbereiches des Bestimmungslandprinzips ergibt sich hingegen dann, wenn man der abzulehnenden Auffassung des deutschen Gesetzgebers folgt. Denn dann würden lediglich Leistungen für das Unternehmen an dessen Sitz ausgeführt, während die alte Rechtslage gemäß der Ent-
Ort der Verwaltungsleistung
nicht über den ausdrücklichen Inhalt der Entscheidung „TRR“ hinausgehen möchte (und deshalb Verwaltungsleistungen für private Kapitalanlagen eines Unternehmers dem Ursprungslandprinzip zuordnet), wurde der Umfangs des Bestimmungslandprinzips nicht erweitert. Unter dieser Prämisse wäre der Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips gegenüber unternehmerischen Anlegern gleich geblieben315. Eine wirkliche Erweiterung des Bestimmungslandprinzips erfolgte aber in Bezug auf nicht unternehmerisch tätige juristische Personen. Während Verwaltungsleistungen gegenüber solchen Anteilinhabern vor dem 1. Januar 2010 immer am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt wurden, verlagerte sich der Leistungsort mit dem Mehrwertsteuerpaket an den Sitz der juristischen Person, wenn sie über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügt. Weil der Begriff der juristischen Person hierbei nicht im deutschen zivilrechtlichen Sinn, sondern umfassend als jede Vereinigung von Personen bzw. jedes sonstiges Gebilde zu verstehen ist316, kommt dieser Erweiterung eine erhebliche Bedeutung zu317. Unverändert ist das Verhältnis zwischen Ursprungs- und Bestimmungslandprinzip im Zusammenhang mit nichtsteuerpflichtigen Anteilinhabern, die auch keine juristische Person mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sind. Unterhält der Anleger seinen Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet, so bestimmt sich der Leistungsort nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft, befindet er sich im Drittlandsgebiet, gilt die Verwaltungsleistung als am Sitz des Anlegers ausgeführt, weil es sich bei der Verwaltungsleistung als Bank- und Finanzumsatz um eine Katalogleistung handelt.
315
316 317
scheidung „TRR“ zumindest auch solche nichtunternehmerischen Leistungen mit einbezog, die nicht für die Privatsphäre bestimmt sind. Selbst die deutsche – europarechtswidrige – Praxis ist insoweit gleich geblieben, als nur der Leistungsbezug für das Unternehmen vom Bestimmungslandprinzip umfasst sein soll. Ein Rückschritt erfolgte aber dahingehend, dass die a. F. des § 3a Abs. 3 S. 1 UStG ihrem Wortlaut nach zumindest nicht ausdrücklich eine solche Einschränkung vornahm, während § 3a Abs. 2 S. 1 UStG nun das Bestimmungslandprinzip ausdrücklich europarechtswidrig begrenzt. Vgl. Korf/Kurtz, UR 2010, 86 ff. [88]. Eine rein vermögensverwaltende Holding ist nach h. M. kein Unternehmer, weshalb Leistungen immer am Ort des Ursprungs zu versteuern waren. Durch den Einsatz einer USt-ID-Nr. kann der Leistungsort nun an den Sitz der Holding verlagert werden.
91
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V.
Beurteilung der Neuregelung
1.
Richtlinienregelung
Will man die Neufassung der Ortsbestimmungen im europäischen Recht bewerten, so ergibt sich ein gespaltenes Bild. Der Gedanke die Ortsbestimmung soweit wie möglich von der Art der erbrachten Dienstleistung abzukoppeln ist zu begrüßen. Denn eine Einengung des Anwendungsbereichs der Katalogregelung aus Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. auf die Leistungserbringung gegenüber Drittlandsansässigen (vgl. Art. 59 MwStSystRL) beschränkt entsprechend die bereits geschilderten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer solchen Katalogregelung und ihrer Umsetzung in das nationale Recht318. Die hiermit verbundene Vereinfachung der Ortsbestimmung in Bezug auf die Leistungserbringung gegenüber Unternehmern hätte jedoch durch eine Ausweitung des Bestimmungslandprinzips auf alle Umsätze, die gegenüber einem Unternehmer erbracht werden, flankiert werden müssen. Die Einschränkung des Bestimmungslandprinzips in Bezug auf solche Umsätze, die für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bestimmt sind, ist abzulehnen319. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Probleme wären durch die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf sämtliche Leistungen, die gegenüber einem Unternehmer erbracht werden, zumindest abgemildert worden wären. So obliegt es nun dem Leistenden, danach zu unterscheiden, wofür die fragliche Leistung durch den Empfänger verwendet werden soll, was mit dem Ziel der Vereinfachung der Ortsbestimmung kollidiert320. Für die Bestimmung des Leistungsorts sollte es nicht darauf ankommen, für welche Sphäre die Leistung verwendet wird. Hierbei handelt es sich um eine Frage, die im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug relevant wird. Im Gegensatz zu der Frage der Berechtigung zum Vorsteuerabzug kommt die Aufgabe der Ermittlung des Leistungsorts grund318 319 320
92
Vgl. die Punkte II 3 bis 5 dieses Abschnitts. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich im Zusammenhang mit der Kataloglösung beim externen Leistungsbezug, vgl. Kap. 5, Abschn. C, Punkt II. Vgl. Radeisen, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 3a Rn. 240 (EL 9/11, 12/2011). Vgl. auch Kirchhof (UStGB, Vor §§ 15-20, Rn. 44, 48 ff.) allgemein zur Vorteilhaftigkeit des Bestimmungslandprinzips. Vgl. zum Vereinfachungsziel die 2. Begründungserwägung der Richtlinie 2008/8/EG und die Schlussfolgerung auf S. 11 des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bzgl. des Orts der Dienstleistung COM (2003) 822 endgültig und S. 1 des Folgedokuments COM (2005) 334 endgültig. Diese Dokumente können auf der Seite: http://ec.europa.eu/prelex/ abgerufen werden.
Ort der Verwaltungsleistung
sätzlich dem leistenden Unternehmer zu, weil er ohne diese Kenntnis nicht feststellen kann, ob er mit oder ohne Umsatzsteuer fakturieren muss. Zwar ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Staat zur Erhebung der Umsatzsteuer der leistenden Unternehmer bedient. Jedoch übersteigt es die Möglichkeiten des Leistenden, wenn er über die Unternehmereigenschaft des Empfängers hinaus ermitteln muss, wofür der Empfänger die Leistung verwenden möchte321. Weil dies nicht sicher möglich ist, legt zum Beispiel Abschnitt 3a.2 Abs. 9 S. 4 UStAE fest, dass es keinen Einfluss auf die Ortsbestimmung hat, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Leistungsempfänger die Leistung doch für private Zwecke verwendet hat322. Dementsprechend sieht auch Art. 19 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011 eine Hilfe für den Dienstleistungserbringer in der Art vor, dass er – sofern ihm keine gegenteiligen Informationen vorliegen – davon ausgehen kann, dass es sich um Dienstleistungen für die unternehmerischen Zwecke des Dienstleistungsempfängers handelt, wenn dieser ihm für diesen Umsatz seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hat. Auch entstehen dann aus der Feststellung, dass die Leistung für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bestimmt ist, und der damit verbundenen Anwendung des Ursprungslandprinzips weitere Folgeprobleme. Sitzt der Unternehmer in einem Drittland, so stellen sich die bekannten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Bestimmung der Art der Leistung, weil es in dieser Konstellation auf den Katalog des Art. 59 MwStSystRL ankommt. Sitzt der die Leistung empfangende Unternehmer hingegen im übrigen Gemeinschaftsgebiet, bringt die Anwendung des Ursprungslandprinzips Wettbewerbsverzerrungen mit sich. Aufgrund nicht harmonisierter Umsatzsteuersteuersätze in Europa ist es nämlich möglich, dass ein potentieller Leistungsempfänger einen Dienstleistungsanbieter gegenüber einem Wettbewerber aus einem anderen Land nur deshalb bevorzugt, weil in dem Sitzstaat eines Anbieters ein geringerer Umsatzsteuersatz gilt als in dem Sitzstaat des konkurrierenden Anbieters323. Die Umsatzbesteuerung würde somit gegebenenfalls zu einem entscheidenden Wettbe321 322
323
Vgl. Stadie, UStG, Vorbem., Rn. 41 ff. zur (verfassungsmäßigen) Rechtsfertigung dieser „Indienstnahme“ des Unternehmers. So auch BMF, Schr. v. 4.9.2009, IV B 9 - S 7117/08/10001, Rn. 15, UR 2009, 679 ff. Interessanterweise führt das BMF an dieser Stelle (sowie auch in dem in Abschn. 3a.2 Abs. 9 geschilderten Beispiel) zu dem Fall der nachträglichen anderweitigen Leistungsverwendung ergänzend aus, dass dies aber Auswirkungen auf einen etwaigen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers hätte. Vgl. Friedrich-Vache, Verbrauchssteuerkonforme Umsatzbesteuerung, S. 59; Monfort, UR 2009, 301 ff. [309].
93
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
werbsfaktor. Zwar führt bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen auch die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf den Leistungsbezug für die persönliche Verwendung durch einen Unternehmer zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu dem Leistungsbezug durch einen Verbraucher, obwohl in beiden Fällen ein Leistungsbezug für die Privatsphäre vorliegt. Jedoch überwiegen die geschilderten Nachteile des Ursprungslandprinzips diese eventuelle Ungleichbehandlung. Eine Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf den Leistungsbezug eines Unternehmers für die private Verwendung entspricht auch dem Verbrauchsteuergedanken, wonach eine Besteuerung am Ort des Verbrauchs erfolgen soll. Wenn nämlich der Verbrauch den Vermögensaufwand des Dienstleistungsempfängers bezeichnet, der schließlich an seinem Sitz erfolgt324, so erfordert auch der Verbauchssteuergedanke eine Ausdehnung des Bestimmungslandprinzips325. Der Entwurf der Kommission zur Richtlinie 2008/8/EG schildert ausdrücklich, dass das Bestimmungslandprinzip grundsätzlich auch für Leistungen an Nichtsteuerpflichtige gelten sollte, dies jedoch praktisch zurzeit nicht möglich ist. Denn es ist nicht zu erwarten, dass der Leistungsempfänger die Leistung selbst deklariert und es würde für den Leistenden einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand bedeuten, jede Leistung in dem betreffenden Land anzugeben326. Weil der unternehmerisch tätige Leistungsempfänger in der Regel umsatzsteuerlich erfasst ist, bestehen diese Schwierigkeiten aber dann nicht, wenn er eine Leistung für seine persönliche Verwendung empfängt327. Damit wäre auch dem Ziel der Vereinfachung der Bestimmung des Dienstleistungsorts gedient, weil der Leistende nicht zu prüfen braucht, wofür der Empfänger die Leistung verwendet, sondern es ausreicht, wenn er
324 325
326
327
94
Vgl. Nieskens, UR 2006, 99 ff. [99]; ders., UR 2008, 677 ff. [678]. Vgl. die 3. Begründungserwägung der Richtlinie 2008/8/EG; die Ausführungen auf S. 3 des Kommissionsvorschlags COM (2003) 822 endgültig (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/) und den zuständigen Referatsleiter der Kommission Diemer (IStR 2006, 555 ff. [556]) zur Bedeutung des Verbrauchssteuergedankens für die Kommission. Vgl. Punkt 3.2, S. 4, COM (2003) 822 endgültig (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/). In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob eine Ausweitung des sog. One-Stop-Shop-Verfahrens sinnvoll wäre (bisher: § 18 Abs. 4c UStG a. F., Art. 358 bis 369 MwStSystRL a. F.; ab 1.1.2015: 58 MwStSystRL). Grundidee ist, dass der Leistende nicht in jedem Land, in dem er Leistungen erbringt, eine Umsatzsteuererklärung abzugeben braucht, sondern er eine zentrale Erklärung über alle Umsätze abgeben kann. Vgl. zum Ganzen: Europäische Kommission, UR 2004, 412 ff.; Nieskens, UR 2004, 410 ff. Vgl. Monfort, UR 2009, 301 ff. [304].
Ort der Verwaltungsleistung
Steuerpflichtiger ist328. Auf die Verwendung der Leistung käme es nicht an329. Ein weiterer Mangel der Neuregelung besteht in der Formulierung des Art. 44 S. 1 MwStSystRL („der als solcher handelt“). Liest man diese Vorschrift im Zusammenhang mit den anderen Regelung der Ortsbestimmung (vor allem Art. 43, 45, 59 MwStSystRL), so ergeben sich zwangsläufig Unklarheiten darüber, was diese Passage aussagen soll. Noch verwirrender wird es, wenn die Begründungserwägungen zur Richtlinie 2008/8/EG und die Regelungsentwürfe der Kommission hinzugezogen werden. Letztlich bedurfte es erst einer Klarstellung durch die Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 vom 15. März 2011. 2.
Nationale Umsetzungsregelung
Entsprechend der hier vertretenen vermittelnden Auffassung ist § 3a UStG europarechtswidrig. Zugute halten kann man dem deutschen Gesetzgeber jedoch, dass seine Regelung – im Gegensatz zur Richtlinie – zu weniger gravierenden inhaltlichen Widersprüchen führt. Dies liegt daran, dass § 3a UStG erheblich von der Systematik der Mehrwertsteuersystemrichtlinie abweicht, indem er keine eigenständige Definition des Unternehmers für die Ortsbestimmungen vornimmt und das Ursprungslandprinzip in § 3a Abs. 1 UStG als Auffangtatbestand formuliert. Insoweit kann man zwar sagen, dass der deutsche Gesetzgeber mit der Neufassung des § 3a UStG einige Schwierigkeiten der Richtlinie „geglättet“ hat330. Dennoch handelt es sich um eine
328
329 330
Vgl. Luuk/Oesterhelt/Winzap, Steuer Revue 2009, 218 ff. [234]. Der Nachweis der Unternehmereigenschaft kann mittels einer USt-ID-Nr. geführt werden. Verfügt der Leistungsempfänger über keine solche Nummer (z. B. weil er im Drittlandsgebiet ansässig ist oder ausschließlich Umsätze tätigt, die den Vorsteuerabzug ausschließen), so kann der Nachweis mittels einer Unternehmerbescheinigung entsprechend § 61a Abs. 4 UStDV geführt werden, die von den Behörden des Sitzstaates des Empfängers auszustellen ist. Vgl. hierzu: BMF, Schr. v. 4.9.2009, IV B 9 - S 7117/08/1001, Rn. 9, 11, UR 2009, 679 ff; Huschens, UVR 2008, 272 ff. [273f.]. Vgl. Korf, IStR 2008, 876 ff. [879]. Dieses Argument verwendete der EuGH bereits im Zusammenhang mit der alten Rechtslage (vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2008, Rs. C291/07 (TRR), Rn. 31). Ein Widerspruch ergibt sich aus § 3a Abs. 2 S. 3 UStG, indem dort hinsichtlich der Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf nicht unternehmerisch tätige juristische Personen mit USt-ID-Nr auf § 3a Abs. 2 S. 1 UStG. verwiesen wird, obwohl diese Regelung verlangt, dass die Leistung für das Unternehmen des Empfängers ausgeführt wird. Weil eine Leistung gegenüber einer nicht unternehmerisch tätigen juristischen Person aber nicht für ihr Unternehmen ausgeführt werden kann, stellt dies an und für sich einen Widerspruch dar.
95
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
europarechtswidrige Regelung, weil sie im Ergebnis nicht der ihrerseits auslegungsbedürftigen Richtlinienfassung entspricht.
VI.
Regelungsvorschlag
1.
Art. 43 ff. MwStSystRL
Die geschilderten Mängel der Neuregelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ließen sich durch geringfügige Änderungen beseitigen. Soll ausdrücklich lediglich der private Leistungsbezug durch einen Unternehmer am Ursprungsort besteuert werden, so ließe sich dies zum Beispiel dadurch erreichen, dass die Beschränkung („der als solcher handelt“) aus Art. 44 S. 1 MwStSystRL entfernt und der Begriff des Steuerpflichtigen in Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL derartig einschränkt wird, dass die Steuerpflichtigeneigenschaft in Bezug auf solche Leistungen ausgeschlossen wird, die für die private Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bezogen werden. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass Art. 45 und 59 MwStSystRL nicht verändert werden müssen331. Art. 43 MwStSystRL: „Für die Zwecke der Anwendung der Regeln für die Bestimmung des Orts der Dienstleistung gilt ein Steuerpflichtiger, der auch Tätigkeiten ausführt oder Umsätze bewirkt, die nicht als steuerbare Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 angesehen werden, in Bezug auf alle an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger, es sei denn, die bezogene Dienstleistung dient seiner persönlichen Verwendung oder der Verwendung durch sein Personal;“ Art. 44 MwStSystRL: „Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. […]“ Will man die hier vorgeschlagene Ausweitung des Bestimmungslandprinzips auch auf solche Leistungen, die für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bestimmt sind, in die Richtlinie einarbeiten, so würde es genügen, die Einschränkung aus Art. 44 S. 1 MwStSys331
96
Diese Lösung entspricht dem Vorschlag der Kommission zur Neufassung des Art. 9 der 6. EG-RL als Vorgängerregelung der Art. 43 ff. MwStSystRL und dem Vorschlag des österreichischen Vorsitzes vom 23.12.2005 (vgl. Dok. 16112/05 v. 23.12. 2005, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/).
Ort der Verwaltungsleistung
tRL zu streichen, während der aktuelle Richtlinienwortlaut des Art. 43 Nr. 1 MwStSystRL beibehalten wird. 2.
§ 3a UStG
Dem deutschen Gesetzgeber ist zu raten, die gesamte Neuregelung näher an die Systematik der Richtlinienregelung anzulehnen. Zwar ist es europarechtlich nicht zu beanstanden, wenn der nationale Gesetzgeber eine eigene Systematik verwendet, jedoch erhöht dies die Gefahr einer richtlinienwidrigen Umsetzung und erschwert darüber hinaus die Rechtsanwendung. Aber auch unter Beibehaltung der bestehenden Systematik des § 3a UStG bleiben soll, lässt sich mittels geringfügiger Modifikationen eine richtlinienkonforme Regelung herbeiführen. Legt man die geltende europäische Regelung zugrunde, dass Leistungen gegenüber einem Unternehmer am Bestimmungsort ausgeführt werden, es sei denn, sie dienen der persönlichen Verwendung oder der Verwendung durch das Personal, so könnte eine richtlinienkonforme Regelung des § 3a UStG wie folgt ausgestaltet werden: (1) […] (2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 7 und der §§ 3b, 3e und 3 f an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmer betreibt, es sei denn, die bezogene sonstige Leistung dient seiner persönlichen Verwendung oder der Verwendung für sein Personal. […] (3) […] (4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistung weder ein Unternehmer noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, oder handelt es sich bei dem Leistungsempfänger um einen Unternehmer, der die sonstige Leistung für seine persönliche Verwendung oder für die Verwendung für sein Personal empfängt, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. […] Soll hingegen die hier vorgeschlagene Regelung, dass jede sonstige Leistung, die gegenüber einem Unternehmer erbracht wird, am Ort der Bestimmung ausgeführt wird, umgesetzt werden, so könnte die Fassung des § 3a UStG wie folgt aussehen. § 3a UStG (1) […]
97
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 7 und der §§ 3b, 3e und 3 f an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. […] (3) […] (4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistung weder ein Unternehmer noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. […]
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Ergebnis
E.
Ergebnis
Die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaften sind gegenüber allen Anlegern, die in Deutschland sitzen, steuerbar im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Eine Unterscheidung nach dem persönlichen Status des Anteilinhabers findet nicht statt. Im Hinblick auf Verwaltungsleistungen gegenüber Anteilinhabern, die außerhalb Deutschlands sitzen, ergibt sich folgendes Bild: Verwaltungsleistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anlegern, die ihren Wohnsitz im Drittlandsgebiet unterhalten, sind in Deutschland nicht steuerbar. Im Gegensatz hierzu sind solche Umsätze aber dann Gegenstand der Besteuerung in Deutschland, wenn die Anteilinhaber ihren Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet haben. Diese Unterscheidung gilt unabhängig davon, wann die betreffenden Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt wurden. Eine zeitliche Differenzierung ist aber im Zusammenhang mit Verwaltungsleistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anlegern notwendig, wenn es sich hierbei um juristische Personen mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handelt. Während eine Steuerbarkeit für Leistungen vor dem 1. Januar 2010 zu bejahen ist, muss sie für Verwaltungsleistungen nach dem 31. Dezember 2009 ausscheiden. Verwaltungsleistungen gegenüber Unternehmern sind ebenso unabhängig von dem Zeitpunkt der Leistungserbringung in Deutschland nicht steuerbar, wenn sie für das Unternehmen bezogen werden. Nach der hier vertretenen Ansicht gilt dies für alle Verwaltungsleistungen gegenüber einem Unternehmer, die vor dem 1. Januar 2010 erbracht wurden332. Leistungen, die eine Kapitalanlagegesellschaft nach dem 31. Dezember 2009 gegenüber einem Unternehmer ausführte, sind hingegen in Deutschland steuerbar, wenn sie für die persönliche Verwendung bzw. die Verwendung für das Personal bezogen werden333.
332
333
Vgl. die Ausführungen zum EuGH-Urteil in der Rs. „TRR“ (Abschnitt D, Punkt II 4 c) bb) und cc) dieses Kapitels). Geht man davon aus, dass der Leistungsbezug für die persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal am Ursprungsort erfolgte, so muss man solche Leistung als steuerbar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ansehen. Nach Ansicht des deutschen Gesetzgebers sind alle Verwaltungsleistungen einer KAG, die nicht für die unternehmerische Verwendung bestimmt sind, steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, weil sie gemäß § 3a Abs. 1 UStG in Deutschland ausgeführt werden (vgl. Abschnitt D, Punkt III 3 a) dieses Kapitels).
99
Steuerbarkeit der Umsätze der KAG
F.
Exkurs: Steuerbarkeit des externen Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft
Die Auslagerung von Leistungen eröffnet für die Kapitalanlagegesellschaft nicht nur die Möglichkeit, Teile der von ihr gegenüber den Anteilinhabern geschuldeten Leistung von externen Dienstleistern zu beziehen. Aufgrund der damit verbundenen Spezialisierung auf die bei der Kapitalanlagegsellschaft verbleibenden Leistungselemente können diese Leistungen externen Dritten angeboten werden334. Auch wenn sich die Steuerbarkeit des Leistungsverkaufes mit Umsätzen der Kapitalanlagegesellschaft befasst und somit zur Steuerbarkeit der Leistung der Kapitalanlagegesellschaft gehört, handelt es sich aus umsatzsteuerlicher Perspektive um einen Aspekt, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem externen Leistungsbezug steht. Letztlich handelt es sich hierbei um einen Fall des externen Leistungsbezugs mit umgedrehten Vorzeichen. Weil es hierfür auf die Erläuterungen zur Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs ankommt, wird dieser Aspekt der Tätigkeiten einer Kapitalanlagegesellschaft im letzten Abschnitt des Kapitels zur Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs behandelt (vgl. Kap. 5, Abschn. E).
334
100
Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt I 1.
4. Kapitel: Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank A.
Problemstellung
Die (einzigartige) Stellung der Depotbank im Investment-Dreieck führt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der umsatzsteuerlichen Bewertung der einzelnen Depotbankumsätze innerhalb des Investment-Dreiecks335. Diese Schwierigkeiten lassen sich leicht nachvollziehen, wenn man sich vor Augen führt, dass jeder am Investment-Dreieck Beteiligte nicht nur mit einem, sondern mit den beiden anderen am Investment-Dreieck beteiligten Parteien in einem Verhältnis steht, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben336. So wird die Depotbank einerseits gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 InvG von der Kapitalanlagegesellschaft beauftragt, die Verwahrung des Investmentvermögens und die sonstigen Aufgaben der §§ 24 bis 29 InvG zu erbringen, wobei sie zudem den Weisungen der Auftraggeberin zu folgen hat (§ 22 Abs. 1 S. 2 InvG). Andererseits wird die Depotbank gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 InvG bei der Aufgabenerfüllung ausschließlich im Interesse der Anleger tätig. Dennoch hat der Anleger, obwohl er Nutznießer vieler Depotbanktätigkeiten ist, keinen Einfluss auf deren Bestellung oder Entlassung durch die Kapitalanlagegesellschaft (§§ 20 Abs. 1 S. 1, 21 InvG). Der Kapitalanlagegesellschaft wiederum kommt kein Herausgabeanspruch gegenüber der Verwahrerin zu (§ 24 Abs. 1 InvG), obwohl sie die Depotbank zuvor beauftragt hat. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt dabei nicht auf der Frage, ob die Depotbank als Unternehmerin337 durch die Erfüllung ihrer Aufgaben steuerbare Umsätze in der Gestalt von Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbringt. Im Mittelpunkt steht vielmehr der Aspekt, wer der anderen am Investment-Dreieck Beteiligten (Kapitalanlagegesellschaft und Anteilinhaber) Empfänger der jeweiligen Leistung ist338. Vor dem Hintergrund der geschilderten Verflechtung der Depotbank im Investment-Dreieck ist es nicht überzeugend, dass die Depotbank bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Leistungen 335 336 337 338
Vgl. die einführenden Bemerkungen zu den diesen Umsätzen in Kap. 2, Abschn. D. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 114. Ein Kreditinstitut bietet seine Dienste als Depotbank im Sinne der §§ 20 ff. InvG an, um nachhaltig Einnahmen in Gestalt der Depotbankvergütung (vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 InvG) zu erzielen. Sie ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1, 2 UStG unternehmerisch tätig. In Kap. 3, Abschn. A und Abschn. B, Punkt II wurde dargelegt, dass das Sondervermögen als unselbständiger Betriebsteil der KAG nicht Empfänger etwaiger Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn ist.
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Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
einzig und allein an die Kapitalanlagegesellschaft (als Auftraggeberin) erbringt339. Zur Verdeutlichung sei beispielhaft auf § 39 Abs. 2 InvG und auf § 28 Abs. 1 Nr. 1 InvG hingewiesen. Erstere Vorschrift regelt den Fall, dass das Verwaltungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft endet und auf die Depotbank übergeht. In dieser Konstellation ist eine Kapitalanlagegesellschaft, an die Leistungen durch die Depotbank erbracht werden können, nicht mehr vorhanden. Wenn die Abwicklung des Sondervermögens aber dennoch eine Leistung darstellt, so kann sie kaum an die bereits aus dem InvestmentDreieck ausgeschiedene und eventuell nicht mehr existente Kapitalanlagegesellschaft, sondern allein an die Anleger erbracht werden. Ebenso erscheint es bereits auf den ersten Blick als problematisch, die Verfolgung der Anlegerrechte gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft durch die Depotbank (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 InvG) als Zuwendung eines wirtschaftlichen Vorteils an die Kapitalanlagegesellschaft anzusehen. Dabei kommt der Frage, wer als Empfänger der jeweiligen Leistungen der Depotbank anzusehen ist, erhebliche praktische Bedeutung zu. Wie sich bereits aus dem dritten Kapitel ergibt, ist die Bestimmung des Orts der Verwaltungsleistung eine der wesentlichen Weichenstellungen für die Steuerbarkeit dieser Umsätze. Ohne genaue Kenntnis darüber, wer Empfänger der verschiedenen Depotbankleistungen ist, lässt sich der Leistungsort nicht feststellen, wenn Kapitalanlagegesellschaft und Anteilinhaber als potentielle Empfänger der Leistung in unterschiedlichen Ländern ihren Sitz bzw. Wohnsitz unterhalten. Des Weiteren ist die Feststellung des Leistungsempfängers für einen unternehmerisch tätigen Anleger, der die Verwaltungsleistung für sein Unternehmen bezieht, deshalb wichtig, weil er dann die auf den Depotbankumsätzen lastende Umsatzsteuer unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug bringen kann340.
339
340
102
So könnte man z. B. die Äußerung Sedlmaiers (UR 2007, 401 ff. [405]) verstehen, wenn er schreibt, dass die Leistungsbeziehungen zwischen der Depotbank und KAG bestehen, weil die KAG die Depotbank gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 InvG beauftragt. Des Weiteren wäre die Bestimmung des Leistungsempfängers dann entscheidend, wenn man eine Organschaft zwischen KAG und Depotbank zuließe, weil dann Leistungen der Depotbank gegenüber der KAG als sog. Innenleistungen nicht steuerbar wären. Vgl. Abschnitt B, Punkt IV dieses Kapitels zu der Frage der Organschaft zwischen Depotbank und KAG.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
B.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
I.
Anwendung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs
Wendet man den umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff341 auf die in Abschnitt C des zweiten Kapitels beschriebenen Tätigkeiten der Depotbank an, so wird deutlich, dass es sich hierbei um Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn handelt. Dem Empfänger der jeweiligen Leistung wird einen wirtschaftlicher Vorteil zugwendet, der im Wirtschaftsverkehr nur gegen ein Entgelt zu erlangen ist.
II.
Bestimmung des Leistungsempfängers
Während die Feststellung, dass es sich bei den Depotbankumsätzen um Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn handelt, keinen Schwierigkeiten begegnet, bedarf die Beantwortung der Frage, wer Empfänger der jeweiligen Depotbankleistung ist, einer näheren Untersuchung. 1.
Umsatzsteuerrecht und Zivilrecht
Sollen die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen zwischen der Depotbank und den anderen Beteiligten des Investment-Dreiecks bestimmt werden, so überrascht es nicht, dass hierfür umsatzsteuerliche Erwägungen auf der Basis des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs eine wesentliche Rolle spielen. Will man herausarbeiten, wer Empfänger einer bestimmten Leistung ist, nähert man sich aber ebenso unweigerlich der Frage, welche Rolle dem Zivilrecht im Umsatzsteuerrecht oder im Steuerrecht allgemein zukommt. Schließlich wird im Wirtschaftsverkehr auch nur das erfüllt, was zivilrechtlich geschuldet ist. Eine Leistung gegenüber einer anderen Person beruht regelmäßig auch auf einem schuldrechtlichen Anspruch des Empfängers342. Andererseits setzt eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn nicht zwingend ein zivilrechtliches Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten
341 342
Vgl. Kap. 3, Abschn. B, Punkt I zum umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff. Vgl. BFH, Urt. v. 26.11.1987, V R 85/83, BFHE 151, 479 ff. [482]; Urt. v. 21.9.1988, V R 188/83, 203 f. [204]; Urt. v. 1.6.1989, V R 72/84, BFHE 157, 255 ff. [260]; Urt. v. 3.5.1989, V R 185/84, 331 f.; Urt. v. 16.5.1995, XI R 50/93, BFH-NV 1996, 185 ff. [186]; Urt. v. 30.3.2011, XI R 12/08, DStR 2011, 1270 ff.; Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 31, Rn. 101 ff. (EL 47, 8/2008); Lippross, Umsatzsteuer, S. 58 f.; Probst, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 33, 60, 78 (EL 2/07, 04/2007); Stöcker, in: Peter/Burhoff/Stöcker, Umsatzsteuer, Bd. I, § 1, Rn. 121 (EL 66, 2005); Tehler in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 1, Rn. 176 ff (EL 76, 2/2009).
103
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
voraus343. Letztlich bedarf es an dieser Stelle dennoch keiner Auseinandersetzung oder gar Entscheidung hinsichtlich des genauen Verhältnisses zwischen Umsatzsteuerrecht und Zivilrecht344. Die folgenden Ausführungen werden vielmehr zeigen, dass sowohl eine umsatzsteuerlich autonome Untersuchung als auch eine Untersuchung unter Hinzuziehung der zivilrechtlichen Schuldverhältnisse zwischen den Beteiligten des Investment-Dreiecks zu denselben Ergebnissen hinsichtlich der Bestimmung der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistungen der Depotbank kommen. Dementsprechend ist auch die folgende Untersuchung aufgebaut. Nachdem die Leistungen der Depotbank umsatzsteuerlich darauf untersucht wurden, an wen sie sich richten (Punkt 2), erfolgt die Kontrolle dieser Ergebnisse anhand der zugrunde liegenden zivilrechtlichen Schuldverhältnisse (Punkt 3). 2.
Umsatzsteuerlich autonome Betrachtung
Ziel der umsatzsteuerlich autonomen Betrachtung345 ist es, anhand der gesetzlichen Depotbankaufgaben, unter Zugrundelegung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs, ein Abgrenzungskriterium herauszuarbeiten, das es ermöglicht, jede denkbare Depotbankaufgabe dahingehend eindeutig zuzuordnen, wer Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung zur Erfüllung der betreffenden Aufgabe ist. Weil man im Zusammenhang mit den Depotbanktätigkeiten im Investment-Dreieck verstärkt auf die Unterscheidung zwischen Verwaltungstätigkeiten einerseits und Kontroll- und Überwachungstätigkeiten andererseits stößt, soll zuerst hinterfragt werden, ob diese Abgrenzung auch für die Bestimmung des Empfängers der Depotbankleistungen herangezogen werden kann (Punkt a)). Im Abschluss wird ein eigenes Abgrenzungskriterium entwickelt (Punkt b)) und auf die verschiedenen
343 344
345
104
Vgl. die Ausführungen zum umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff in Kap. 3, Abschn. B, Punkt I. sowie Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 31, Rn. 102 (EL 47, 8/2008); Jakob, Umsatzsteuer, Rn. 179; Ruppe, UStG, § 1, Rn. 19. Vgl. zu diesem Grundsatzstreit: BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90, StuW 1992, 186 ff. m. Anm. Meinicke, S. 188 ff.; Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung, S. 178 ff. [330 ff., insbes. 334]; Grimm, DStZ 1978, 283 ff.; Kirchhof, StuW 1983, 173 ff. [180 f.]; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 1, Rn. 16 ff. m. w. N., § 5, Rn. 77 ff.; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. I, Einf. Rn. 158, 703 ff. (EL 142, 4/2010); Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 49 ff. Die Bezeichnung „umsatzsteuerlich autonome Betrachtung“ ist keine Stellungnahme hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Umsatzsteuerrecht und Zivilrecht, sondern bezeichnet lediglich, dass bei dieser Betrachtung ausschließlich umsatzsteuerliche Erwägungen hinzugezogen werden. Das Zivilrecht bleibt außen vor.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Depotbank-Tätigkeiten zur Ermittlung des Leistungsempfängers aus umsatzsteuerlicher Sicht angewendet (Punkt c)). a)
Kontroll- vs. Verwaltungstätigkeit
Abdala differenziert im Hinblick auf die Pflichten der Depotbank zwischen solchen aus der Position als Überwachungsinstitution und solchen der organisatorischen und administrativen Verwaltung346. Die Abgrenzung erfolgt somit danach, ob die konkrete Pflicht der Kontrolle der Aufgabenerfüllung durch die Kapitalanlagegesellschaft dient oder ob es sich um eine eigene Geschäftsbesorgungs- bzw. Verwaltungsaufgabe der Depotbank handelt. Auf diese Differenzierung stößt man auch im Zusammenhang mit der Frage, ob die Depotbankaufgaben unter die Befreiungsvorschrift des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bzw. seine nationale Umsetzungsregelung in § 4 Nr. 8 Bucht. h UStG fallen, weil entsprechend dieser Vorschriften allein die Verwaltung eines Investmentvermögens von der Besteuerung befreit ist. Dementsprechend differenzierte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache „Abbey National“ hinsichtlich der Steuerfreiheit der Leistungen im Investment-Dreieck unter Zuhilfenahme der aufsichtsrechtlichen OGAW-RL. Nicht befreit seien solche Tätigkeiten, die der Kontrolle und Überwachung dienen, weil diese gerade nicht Teil der Verwaltung eines Organismus zur gemeinsamen Anlage sind347. Auch die Finanzverwaltung und große Teile der umsatzsteuerlichen Literatur greifen im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit vorrangig auf diese Differenzierung zurück348. Unabhängig davon, ob diese Differenzierung im Rahmen der Steuerfreiheit sachgerecht ist, kann sie kaum auf die Bestimmung des Leistungsempfängers als Teil der Steuerbarkeit eines Umsatzes übertragen werden. Die Bestimmung des Empfängers einer Leistung folgt dem umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff, während sich der Umfang einer Steuerbefreiung vor allem an dem Wortlaut und Zweck der konkreten Regelung orientiert349. Aspekte wie die Vereinfachung der Besteuerung oder die Förderung sozialer und
346 347 348 349
Vgl. Abdala, Investmentfonds, S. 123 ff., 175 f. Abdala nimmt diese Differenzierung nicht im Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Betrachtung vor. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. Diese Entscheidung wird Gegenstand der Ausführungen zur Steuerfreiheit der Leistungen im Investment-Dreieck sein. Vgl. die Ausführungen und Nachweise in Kap. 9, Abschn. C, Punkt II 1. Vgl. zur Auslegung der Steuerbefreiungen: Hoffsümmer, Steuerbefreiungen, S. 77 ff und Kap. 3, Abschn. B, Punkt I zum umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff.
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Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
kultureller Zwecke können nicht auf die Bestimmung des Empfängers einer Leistung übertragen werden350. Über diese rechtsdogmatischen Hindernisse hinaus stehen einer Differenzierung zwischen Verwaltungsaufgaben einerseits und Kontroll- bzw. Überwachungstätigkeit andererseits inhaltliche Aspekte entgegen351. Die Einordnung der einzelnen Depotbanktätigkeiten in Kontrollund Verwaltungstätigkeiten bereitet deshalb erhebliche Schwierigkeiten, weil die Einbindung der Depotbank in das Investment-Dreieck überhaupt den Anlegerschutz durch die Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft bezweckt352. Letztlich dient damit jede gesetzliche Depotbanktätigkeit zumindest mittelbar der Kontrolle bzw. Überwachung. Zwar wird dementsprechend durch die Einbindung der Depotbank in das Investment-Dreieck die Überwachung und Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft verwirklicht, jedoch ist die Depotbank dabei nicht auf die bloße Überwachung beschränkt, sondern nimmt aktiv an der Realisation von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen teil. Dies lässt sich an den Beispielen der Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG und § 26 InvG) und der Kontrollpflichten aus § 27 InvG verdeutlichen. Entsprechend § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG ist es die Depotbank, welche – nach einer Kontrolle der konkreten Verfügung auf ihre Rechtmäßigkeit – die aus den Anlage- oder Umschichtungsentscheidung folgenden Zahlungs- und Lieferverpflichtungen erfüllt353. Gleiches gilt für die Zustimmungspflicht aus § 26 InvG. Einerseits dient das Zustimmungserfordernis des § 26 InvG der Sicherung der Überwachung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände nach § 24 Abs. 3 InvG und damit der Kontrolle von Verfügungen über nicht verwahrfähige Vermögensgegenstände354. Andererseits kann die Kapitalanlagegesellschaft ohne diese Zustimmung keine Verfügungen über solche Vermögensgegenstände vornehmen. Sie ist auf eine Aufgabenerfül350 351 352
353 354
106
Vgl. zu den verschiedenen Zwecken der einzelnen Steuerbefreiungstatbestände: Hoffsümmer, Steuerbefreiungen, S. 91 ff., insbes. S. 148 ff. zu den Finanzdienstleistungen m. w. N.; Stadie, UStG, Vor §§ 4-9, Rn. 7 ff. Dieser Gesichtspunkt stellt auch einen Schwerpunkt der Untersuchungen zur Steuerfreiheit der Depotbanktätigkeiten im 9. Kapitel dar. Vgl. zum Grund für die Einbindung der Depotbank: Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2335; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 61, 114; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 14.28; Veltmann, Instrumente, S. 188. Vgl. die einführenden Bemerkungen zu den Umsätzen der Depotbank in Kap. 2, Abschn. C. So ordnet Raab (Grundlagen, S. 47) die Zustimmungspflicht nach § 26 InvG auch der Kontroll- und Anlegerschutzfunktion der Depotbank zu.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
lung durch die Depotbank angewiesen, um die Portfolioverwaltung entsprechend dem Investmentvertrag auszuführen. Die Depotbank wird insoweit Bestandteil der aktiven Vermögensverwaltung, weshalb sich weder die Zustimmungserteilung nach § 26 InvG noch die Mitwirkung durch die Depotbank (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG) eindeutig dem Komplex der Kontrolle oder dem Komplex der Verwaltung zuordnen lässt. Zwar können zum Beispiel anhand von § 27 InvG bestimmte Kontrollaufgaben der Kapitalanlagegesellschaft bestimmt werden, jedoch ist unklar, ob nicht auch solche Tätigkeiten, wie die Mitwirkung an Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft bzw. die Zustimmung zu diesen, Bestandteil der Kontrolle in diesem Sinne sind355. Darüber hinaus wäre selbst mit der abschließenden Bestimmung von Kontrolltätigkeiten nicht viel gewonnen, weil auch damit nicht geklärt wäre, wie sich die Kontrolle zur Verwaltung verhält. Aufgrund der Einbindung der Depotbank in die aktive Verwaltung zur Realisation einer möglichst effektiven Kontrolle und Verwaltung des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft ist es ebenso denkbar, die Kontrolle und Überwachung als Teil der Verwaltung in diesem Sinne anzusehen356. So formuliert § 27 InvG als gesetzliche Regelung der Kontrollfunktion der Depotbank in Abs. 1 Nr. 2 die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Gegenleistungen der Geschäfte der Kapitalanlagegesellschaft innerhalb der üblichen Frist in ihre Verwahrung gelangt. Diese Kontrolle bezieht sich somit nicht ausschließlich auf die Geschäftstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft, sondern vor allem auch auf die rechtzeitige Erfüllung durch die Geschäftspartner. Also eine Tätigkeit, die eigentlich Gegenstand der „normalen“ Verwaltung ist. Nicht nur jeder Vermögensverwalter, sondern jeder Unternehmer prüft vor der Ausführung einer Leistung Zug-um-Zug, ob der rechtzeitige Erhalt der Gegenleistung sichergestellt ist. Diese Art der Kontrolle ist ein Teil jeder Verwaltung357.
355 356
357
So zählen Baur/Ziegler (Investmentgeschäft, Rn. 9/132) die Tätigkeiten aus § 25 InvG zu den Kontrollaufgaben der Depotbank. Mit diesem Aspekt wird sich das Kapitel zur Steuerfreiheit der Depotbanktätigkeiten (vgl. Kap. 9) ausführlich befassen. An dieser Stelle kommt es auf eine Entscheidung dieser Frage nicht an. Vielmehr genügt es festzustellen, dass die Unterteilung zwischen Kontrolle bzw. Überwachung einerseits und Verwaltung andererseits für die Bestimmung des Leistungsempfängers nicht geeignet ist. Gleiches gilt für diverse andere Kontrollaufgaben des § 27 InvG. So bezieht sich z. B. die Kontrollpflicht aus § 27 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. InvG (Anteilsausgabe und -rücknahme) nicht ausschließlich auf die Tätigkeiten der KAG-Geschäftsführung, sondern auch darauf, dass der Ausgabepreis (abzüglich des Ausgabeaufschlages) unverzüglich dem Sperrkonto zufließt (vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12b KAGG, Rn. 3). Weil der Ausgabepreis jedoch direkt an die die Anteile ausgebende
107
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
An diesen Beispielen lässt sich erkennen, dass sich Kontrolltätigkeiten oftmals nicht klar von denen der Verwaltung abgrenzen lassen, weil die Kontrolle Teil der Verwaltung ist. Damit wäre diese Abgrenzung aber für die Leistungsortbestimmung völlig ungeeignet, weil sie zur Folge hätte, dass alle Depotbankleistungen als Teil der Verwaltung dem gleichen Empfänger zufließen müssten. Wie bereits gezeigt, kann dieses Ergebnis nicht zutreffen, weil sowohl Kapitalanlagegesellschaft als auch Anleger Empfänger wirtschaftlicher Zuwendungen aufgrund bestimmter Depotbankleistungen sind. Die Schwierigkeiten bei der Einordnung der Depotbankaufgaben in Kontroll- oder Verwaltungsaufgaben lassen sich darüber hinaus auch am Beispiel der Verwahrtätigkeiten der Depotbank aus § 24 Abs. 1, 2 InvG verdeutlichen. Abdala ordnet sie scheinbar nicht den Verwaltungspflichten zu, wenn er ausführt, dass, obschon die Depotbank hauptsächlich für die Kontroll- und Verwahrpflichten zuständig ist, zu ihrer Kompetenz zugleich auch die Durchführung einiger organisatorischer und administrativer Verwaltungstätigkeiten zählt358. Unklar bleibt, ob er die Verwahrung damit den Kontrolltätigkeiten zuweist oder die Verwahrungsaufgaben eine gänzlich eigenständige Gruppe bilden. Wenn aber die Verwahrungstätigkeiten eine dritte Gruppe bilden, dann wäre die Abgrenzung zwischen Verwaltung und Kontrolle für die Bestimmung des Leistungsempfängers erst recht ungeeignet, weil es hierbei um die Aufteilung der einzelnen Depotbanktätigkeiten zwischen zwei denkbaren Leistungsempfängern geht (Kapitalanlagegesellschaft oder Anteilinhaber). b)
Eigenes Abgrenzungskriterium
Anhand der folgenden Ausführungen soll dargelegt werden, dass in Bezug auf die umsatzsteuerliche Einordnung der Depotbankaufgaben zur Bestimmung des Leistungsempfängers danach unterschieden werden muss, ob die Kapitalanlagegesellschaft auf die Pflichterfüllung durch die Depotbank zum
358
108
Depotbank zu entrichten ist (vgl. § 23 Abs. 2 S. 2 InvG), handelt es sich hierbei eher um ein kontrollierendes Element jeder Verwaltung, nämlich zu überprüfen, ob die Gegenleistung rechtzeitig und in voller Höhe erbracht wird. Ebenso umfasst die Kontrollpflicht des § 27 Abs. 1 Nr. 3 InvG im Fall der Einschaltung von Zahlstellen zur Gewinnanteilsausschüttung die Überwachung dieser Zahlstellen (vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12b KAGG, Rn. 7; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Bd. II, Ziffer 410, § 27, Rn. 16 (3/06); Schrödermaier/Balzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12b, Rn. 8). Auch hierbei handelt es sich zwar um ein kontrollierendes Element, jedoch obliegt es ebenso jedem Verwalter, die ordnungsgemäße Pflichterfüllung eines von ihm eingeschalteten Gehilfen zu überwachen. Vgl. Abdala, Investmentfonds, S. 123.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Betrieb der aktiven Portfolioverwaltung und damit zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflichten gegenüber den Anlegern rechtlich angewiesen ist. Des Weiteren zählen zu dieser Gruppe auch solche Tätigkeiten, die, obwohl sie rechtlich von der Kapitalanlagegesellschaft auch selbst erbracht werden können (und die Kapitalanlagegesellschaft daher auch nicht auf die Erbringung durch die Depotbank rechtlich angewiesen ist), auf die Depotbank übertragen bzw. ausgelagert wurden359. Umsatzsteuerlich führt die Erfüllung der Pflichten dieser Kategorie zu Leistungen an die Kapitalanlagegesellschaft. Der im Wirtschaftsverkehr nur gegen ein Entgelt zu erlangende (das heißt verbrauchbare) Vorteil besteht darin, dass die Kapitalanlagegesellschaft erst durch Pflichterfüllung der Depotbank in die Lage versetzt wird, ihren Verpflichtungen gegenüber den Anlegern aus dem Investmentvertrag nachzukommen. Zwar wird hierdurch auch den Anlegern ein Vermögensvorteil, nämlich dass die Kapitalanlagegesellschaft ihr Portfolio vereinbarungsgemäß verwalten kann, zugewandt, jedoch ist dieser Vorteil lediglich mittelbarer Natur. Solch ein mittelbarer Vorteil ist nicht Ausfluss der willentlichen Zuwendung eines konkreten, verkehrsfähigen Wirtschaftsgutes an den Anleger, sondern lediglich ein Reflex der willentlichen Dienstleistungszuwendung an die Kapitalanlagegesellschaft. Würde dies für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Leistung genügen, so wäre beispielsweise die Erbringung einer Leistung an ein Unternehmen immer gleichzeitig eine Leistung an alle Abnehmer des betreffenden Unternehmens360. Anders verhält es sich in Bezug auf all jene Depotbankpflichten, die nicht zu der soeben beschriebenen Kategorie zählen. Es handelt sich hierbei um Tätigkeiten, die zwingend von der Depotbank zu erbringen sind, ohne, dass die Kapitalanlagegesellschaft jedoch auf deren Erbringung zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflichten unmittelbar angewiesen wäre. Während zur Erfüllung dieser Aufgaben die Bestellung einer Depotbank zwingend vorgeschrieben ist, benötigt die Kapitalanlagegesellschaft diese Leistungen gerade nicht für die tägliche Portfolioverwaltung. Umsatzsteuerlich kommt es zu Leistungen an die Anleger, weil die Depotbank nicht der Kapitalanlagegesellschaft zuwendet, sondern den Anlegern einen wirtschaftlichen Vor-
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360
Hierzu zählen von der KAG auf die Depotbank ausgelagerte Tätigkeiten wie z. B. nach § 36 Abs. 1 S. 2 InvG (der Anteilswert kann sowohl von der KAG als auch der Depotbank unter Mitwirkung der KAG börsentäglich ermittelt werden, vgl. Kap. 5 zur Steuerbarkeit ausgelagerter Leistungen). Die umsatzsteuerliche Einordnung der Aufgabenkategorien erfolgt hier lediglich kursorisch. Der Nachweis ihrer Richtigkeit erfolgt im Zusammenhang mit der Anwendung des eigenen Abgrenzungskriteriums im nächsten Gliederungspunkt.
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Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
teil, der im Wirtschaftsverkehr nur durch die Aufwendung von Einkommen bzw. Vermögen zu erlangen ist. Diese Unterteilung der Depotbankaufgaben ist deshalb vorzuziehen, weil sie eine klare und eindeutige Zuordnung der jeweiligen Depotbankaufgaben zulässt, ohne auf die kaum handhabbare Unterscheidung zwischen Kontrollund Überwachungstätigkeiten einerseits und Verwaltungstätigkeiten andererseits zurückzugreifen. c)
Anwendung des eigenen Abgrenzungskriteriums
Anhand der einzelnen gesetzlichen Depotbanktätigkeiten soll folgend nachgewiesen werden, dass die vorgestellte Unterteilung der Depotbankaufgaben anhand des entwickelten Abgrenzungskriteriums zu eindeutigen und praxisgerechten Ergebnissen führt. Dafür wird die jeweilige Depotbankaufgabe zuerst anhand des vorgeschlagenen Unterscheidungskriteriums ohne Hinzuziehung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs einer der beiden Kategorien zugeordnet (erster Schritt). Anschließend wird durch die Anwendung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs auf das gefundene Ergebnis überprüft, ob die anhand des eigenen Abgrenzungskriteriums gefundenen Resultate dem umsatzsteuerliche Leistungsbegriff entsprechen (zweiter Schritt). aa)
Ausgabe und Rücknahme der Anteile und Unterschrift der Anteilsscheine
Die Ausgabe und Rücknahme der Anteile bzw. Anteilsscheine muss gemäß § 23 InvG allein durch die Depotbank erfolgen. Jenes „DepotbankMonopol“361 wird durch die Regelung des § 33 Abs. 1 S. 4 InvG abgesichert, indem jeder Anteilschein ebenso einer Unterschrift durch die Depotbank bedarf. Weil die Kapitalanlagegesellschaft somit nicht in der Lage ist, die Anteile bzw. Anteilsscheine entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 23, 33 Abs. 1, 37 Abs. 1 InvG auszugeben bzw. zurückzunehmen, ist sie auf die Pflichterfüllung der Depotbank angewiesen. Folglich muss es sich bei den Erfüllungshandlungen der Depotbank – entsprechend der hier vorgeschlagenen Abgrenzung – um umsatzsteuerliche Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft handeln (erster Schritt)362. Hiervon 361 362
110
Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 23, Rn. 1 (11/08). Von dieser steuerbaren Dienstleistung der Depotbank gegenüber der KAG ist die Frage zu unterscheiden, ob die Anteilsausgabe selbst eine steuerbare Dienstleistung gegenüber dem Anleger darstellt, die durch das eingelegte Vermögen abgegolten wird. Dies hat der EuGH in den Rs. „KapHag Renditefonds“ (EuGH, Urt. v. 26.6.2003, Rs. C-442/01, Rn. 39 ff., UR 2003, 443 ff.: Beteiligung an einer Personengesellschaft) und „Kretztechnik AG“ (EuGH, Urt. v. 26.5.2005, Rs. C-465/03,
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
sind auch die Leistungen rund um die Abwicklung der Zeichnung der Fondsanteile durch den Anleger umfasst, falls sie von der Kapitalanlagegesellschaft auf die Depotbank übertragen wurden363. Dieses Ergebnis wird auch durch die Anwendung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs auf diese Depotbanktätigkeit bestätigt (zweiter Schritt). Bei der Erfüllung ihrer Pflichten wendet die Depotbank der Kapitalanlagegesellschaft einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch zu, dass zusätzliches Anlagevermögen in das Sondervermögen fließt. Ohne diese Funktion der Depotbank kann die Kapitalanlagegesellschaft ihrer unternehmerischen Tätigkeit nicht nachkommen. § 1 Abs. 2 S. 2 der Mustervertragsbedingungen für richtlinienkonforme Sondervermögen364 zeigt, dass es sich hierbei gegenüber den Anlegern um die Erfüllung einer Pflicht der Kapitalanlagegesellschaft und nicht der Depotbank handelt. Zwar stellt es auch einen Vorteil der Anleger dar, wenn zum Beispiel die Anteile ausgegeben oder zurückgenommen werden. Jedoch entsteht dieser Vorteil lediglich mittelbar dadurch, dass die Kapitalanlagegesellschaft in die Lage versetzt wird, ihren Verpflichtungen gegenüber den Anlegern aus dem Investmentvertrag nachzukommen365. bb)
Ermittlung der Anteilswerte
Entsprechend dem vorgeschlagenen Abgrenzungskriterium kommt es im Rahmen der Ermittlung des Sondervermögens- und Anteilswertes zu umsatzsteuerlichen Leistungen an die Kapitalanlagegesellschaft, da sie gemäß § 36 Abs. 1 InvG sowohl durch die Kapitalanlagegesellschaft als auch die
363
364 365
Rn. 26, UR 2005, 382 ff.: Beteiligung an einer AG) deshalb verneint, weil die Anteilsaugabe keine Dienstleistung ist, sondern lediglich der Kapitalbeschaffung dient. Auch ist der Ausgabepreis keine Gegenleistung, sondern lediglich eine Vermögensanlage. Vgl. auch: Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 96 (EL 4/09, 07/2009). Hierbei handelt es sich um solche Fälle, in denen die KAG auch in die Zeichnung der Fondanteile durch den Anleger nicht involviert ist, sondern dies durch die Hausbank des Anlegers mit der Depotbank abgewickelt wird. Im Unterschied zur reinen Anteilsausgabe und -rücknahme nach § 23 InvG überträgt das InvG diese Tätigkeiten nicht zwingend der Depotbank. Sie erfolgt vielmehr auf Basis einer individuellen Vereinbarung zwischen KAG und Depotbank (so auch die Anteilswertermittlung, § 36 Abs. 1 S. 2 InvG). Es handelt sich um Musterbedingungen für den Investmentvertrag zwischen KAG und Anleger, abgedruckt bei: Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/316. Dementsprechend führt Canaris (Bankvertragsrecht, Rn. 2466) aus, dass die Anteilsausgabe und Rücknahme nicht in erster Linie das Verhältnis zwischen Depotbank und Anteilinhabern, sondern jenes zwischen KAG und Anteilinhabern betrifft.
111
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
Depotbank (unter Mitwirkung der Kapitalanlagegesellschaft) erfolgen kann (erster Schritt). Hiermit deckt sich auch das Ergebnis der Untersuchung anhand des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs (zweiter Schritt). Ebenso wie die Anteilsausgabe und -rücknahme betrifft diese Tätigkeit das Verhältnis zwischen dem Anleger und der Kapitalanlagegesellschaft, da die Kenntnis des Sondervermögens- und des Anteilswertes Voraussetzung für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen ist. Unmittelbarer Empfänger des wirtschaftlichen Vorteils ist die Kapitalanlagegesellschaft. cc)
Verwahrung von Wertpapieren und Guthaben
Weil die Wertpapiere, Einlagezertifikate und Guthaben des Investmentsondervermögens gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 2 InvG zwingend von der Depotbank zu verwahren sind, ist die Kapitalanlagegesellschaft auf die Pflichterfüllung durch die Depotbank angewiesen. Ohne eine Verwahrung durch die Depotbank könnte die Kapitalanlagegesellschaft ihr Geschäftsmodell nicht verwirklichen, da sie die Vermögensgegenstände rechtlich nicht selbst verwahren kann. Folglich muss es sich hierbei entsprechend dem vorgeschlagenen Abgrenzungskriterium um eine umsatzsteuerliche Leistung an die Kapitalanlagegesellschaft handeln (erster Schritt). Auch dieses Ergebnis hält einer Überprüfung anhand des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs stand (zweiter Schritt), da der wirtschaftliche Vorteil der Kapitalanlagegesellschaft zugewandt wird. Verwahrungsgegenstand sind Gegenstände des Sondervermögens, zu dessen aktiver Verwaltung sich die Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern im Investmentvertrag verpflichtet hat. Will die Kapitalanlagegesellschaft diese Pflicht gegenüber den Anlegern erfüllen, so muss sie auf die Verwahrung durch die Depotbank zurückgreifen. Auch hier besteht der Vermögensvorteil der Kapitalanlagegesellschaft darin, dass es ihr erst durch die Depotbankverwahrung ermöglicht wird, der investmentvertraglichen Pflicht zur aktiven Portfolioverwaltung nachzukommen. Auch der Umstand, dass die gesetzliche Zuweisung dieser Aufgabe letztlich dem Schutz der Anleger dient, kann nicht die Annahme einer umsatzsteuerlichen Leistung an die Anleger begründen, da der wirtschaftliche Vorteil den Anlegern lediglich mittelbar zukommt. dd)
Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft
Die Kapitalanlagegesellschaft muss sich zur Realisation aller transaktionsbezogenen Geschäfte der Depotbank bedienen. Weil die Depotbank das In-
112
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
vestmentvermögen nach § 24 InvG in ihrer Verwahrung hält, kann die Kapitalanlagegesellschaft die Geschäfte ihrer Portfolioverwaltung nicht abwickeln. Die Umsetzung von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen als wesentlicher Teil der Portfolioverwaltung wäre nicht möglich. Sie ist auf die Erfüllung dieser Aufgaben angewiesen, weshalb die Kapitalanlagegesellschaft entsprechend der vorgeschlagenen Abgrenzung auch Empfängerin der Leistungen ist (erster Schritt). Damit korrespondiert das Ergebnis der Betrachtung anhand des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs (zweiter Schritt). Die investmentvertragliche Pflicht der Verwaltung des Sondervermögens mittels Anlage der eingelegten Gelder in Vermögensgegenstände und Umschichtung dieses Anlageportfolios kann ohne die Vornahme der Tätigkeiten aus § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG nicht erfüllt werden. Die Kapitalanlagegesellschaft wird erst durch die Pflichterfüllung der Depotbank in die Lage versetzt, dieser investmentvertraglichen Pflicht gegenüber den Anlegern nachzukommen. Das Abgleichen der hierzu von der Kapitalanlagegesellschaft übermittelten Daten mit denen des Brokers vermeidet Fehler in der Umsetzung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen, die in den Verantwortungsbereich des PortfolioManagements fallen würden. Zudem achtet die Depotbank bei der Auslösung der Bestandveränderungen zur Erfüllung von Verpflichtungen aus den Geschäften des Portfolio-Managements darauf, dass die Erfüllungsmodalitäten (Zug-um-Zug) gewahrt werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG)366. Hierbei handelt es sich um wirtschaftliche Vorteile der Kapitalanlagegesellschaft. Dieses Ergebnis wird dadurch unterstrichen, dass die Depotbank hierbei gemäß § 25 S. 2 InvG auf Weisung der Kapitalanlagegesellschaft handelt. Gleiches gilt für die Zustimmung der Depotbank zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft über nicht verwahrfähige Gegenstände gemäß § 26 Abs. 1 InvG. Aufgrund der Tatsache, dass die Kapitalanlagegesellschaft zur Verfügung über nicht verwahrfähige Gegenstände gemäß § 26 Abs. 1 InvG der Zustimmung der Depotbank bedarf, erbringt die Depotbank durch die Entscheidung über die Zustimmungserteilung und durch die Erteilung selbst eine umsatzsteuerliche Leistung gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft und wendet ihr damit einen Vermögensvorteil zu367. 366
367
Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Bd. II, Ziffer 410, § 25, Rn. 12 (3/06). Obwohl es sich hierbei um eine Kontrollaufgabe i. S. d. § 27 InvG handelt, ist sie ein Teil der Mitwirkung der Depotbank an den Verfügungen der KAG (vgl. oben Punkt II 2 a) dieses Abschnitts). Verfügungen ohne eine Zustimmung sind relativ unwirksam (vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 27, Rn. 2 [3/06]), weshalb die KAG nicht wirksam gegenüber den Anlegern verfügen kann.
113
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
ee)
Ausschüttung von Gewinnanteilen
Weil die Ausschüttung der Gewinnanteile (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) eine Pflicht der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern darstellt und die Kapitalanlagegesellschaft sich zur Erfüllung dieser Aufgabe zwingend der Depotbank bedienen muss368, ist sie Empfängerin dieser Leistung. Die Dienstleistung der Ausschüttungsvornahme richtet sich nicht an die Anleger, sondern an die Kapitalanlagegesellschaft. Erst sie ermöglicht der Kapitalanlagegesellschaft die Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflicht zur Ausschüttung. Dieses Ergebnis wird dadurch unterstrichen, dass die Depotbank hierbei gemäß § 25 S. 2 InvG hierbei auf Weisung der Kapitalanlagegesellschaft handelt369. ff)
Kontrolle nach § 27 InvG und allgemeine Kontrollpflicht
(1)
Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft
Anders verhält es sich hingegen in Bezug auf die Kontrolltätigkeiten der Depotbank, sofern sich die Überwachung auf die Gesetzes- und Vertragskonformität der Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft richtet. Kommt die Depotbank dieser Verpflichtung nicht bzw. nicht ordnungsgemäß nach, so hindert dies die Kapitalanlagegesellschaft nicht daran, ihr Investmentgeschäft entsprechend § 6 Abs. 1 InvG weiterhin fortzuführen. Zwar kann es ohne eine entsprechende Überwachung zu umfangreichen Vermögensabflüssen und damit langfristig sogar zu einer Existenzgefährdung des Sondervermögens kommen, jedoch ist die Kapitalanlagegesellschaft zur Vornahme der täglichen Portfolioverwaltung nicht auf die Überwachung angewiesen. Folglich sind – entsprechend der hier präferierten Abgrenzung – die Anleger als Leistungsempfänger anzusehen (erster Schritt). Dieses Ergebnis wird auch durch die Anwendung des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs bestätigt (zweiter Schritt). Die Überwachung dient dem Schutz des Sondervermögens und damit den Anlegern. Die Kapitalanlage-
368 369
114
Vgl. § 43 Abs. 4 Nr. 6 InvG und den Muster-Baustein 8 der besonderen Vertragsbedingungen für richtlinienkonforme Sondervermögen, abgedruckt bei: Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/406. Die Steuerbarkeit der Dienstleistung der Ausschüttungsvornahme gegenüber der KAG ist wiederum von der Ausschüttung selbst abzugrenzen. Ebenso wie die Kapitalanlage in einen Investmentfonds keine unternehmerische Dienstleistung darstellt, handelt es sich bei den Erträgen aus dieser Beteiligung nicht um eine Gegenleistung im Sinne eines Entgelts. Vgl. die Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 2.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
gesellschaft soll von Verfügungen abgehalten werden, die nicht den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und daher mit den Interessen der Anleger kollidieren. Folglich werden die Interessen der Anleger an einer gesetzmäßigen und vertragsmäßigen Portfolioverwaltung der Kapitalanlagegesellschaft gewahrt. Diese zusätzliche Anlagesicherheit stellt einen wirtschaftlichen Vorteil dar, der aus dem verkehrsfähigen Wirtschaftsgut der Kontroll- und Überwachungsleistung folgt. Sie ist eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn, da sie im Wirtschaftsverkehr nur gegen ein Entgelt zu erlangen ist. Im Gegensatz hierzu wird der Kapitalanlagegesellschaft durch die Überwachung kein wirtschaftlicher Vorteil zugewandt. Die Geschäftsleitungen mancher Kapitalanlagegesellschaften würde es unter Umständen eher begrüßen, wenn die Depotbank nicht „übereifrig“ bei der Überwachung agiert, da ihr hierdurch im Einzelfall größere Freiräume und ein Mehr an Flexibilität hinsichtlich der Portfolioverwaltung erwachsen könnten. Zudem folgt aus der Formulierung des § 29 Abs. 1 InvG („zustehende“ Vergütung bzw. Ersatz von Aufwendungen), dass die Depotbank die Vergütungszahlungen an die Kapitalanlagegesellschaft nur ausführt, wenn diese ihre Pflichten vertrags- und gesetzeskonform erfüllt hat370. Die Kontrolltätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft kann somit Kürzungen des Entgelts der Kapitalanlagegesellschaft zur Folge haben, weshalb sie keinen wirtschaftlichen Vorteil der Kapitalanlagegesellschaft mit sich bringt. (2)
Anderweitige Kontrolle
Dies kann jedoch nicht für alle Kontrollpflichten gelten. Anders verhält es sich vielmehr dann, wenn die Kontrolle und Überwachung nicht auf die Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft gerichtet ist. Zielt sie hingegen zum Beispiel auf die vertragskonforme Erfüllung durch die Geschäftspartner in Bezug auf die Verfügungsgeschäfte der Kapitalanlagegesellschaft für die gemeinschaftliche Rechnung der Anleger ab, so hat die Kapitalanlagegesellschaft nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Erfüllung einer Verpflichtung aus den Geschäften der Kapitalanlagegesellschaft für die gemeinschaftliche Rechnung der Anleger der Gegenwert innerhalb der üblichen Frist in ihre Verwahrung gelangt. Weil die das Sondervermögen betreffenden Geschäfte Zug-um-Zug zu erfüllen sind, führt die Depotbank die Zahlungs- und Lieferverpflichtungen im Sinne des § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG erst dann aus, wenn sichergestellt ist, dass der Gegenwert rechtzeitig in ihre Verwahrung gelangt371. Diese Kontrollaufgabe 370 371
Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2471. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 12 (3/06); Schrödermeier/Balzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12b, Rn. 6.
115
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
bezieht sich nicht auf die Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft, sondern auf die eigene Mitwirkung nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG und ist umsatzsteuerlich dementsprechend einzuordnen372. Diese Leistung ist ein Element der Zahlungs- und Lieferverpflichtungen der Depotbank, die sie gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG erst dann erfüllen darf, wenn sichergestellt ist, dass die jeweiligen Gegenleistungen rechtzeitig in ihre Verwahrung gelangen. Folglich handelt es sich – entsprechend der Mitwirkungs- und Zustimmungspflicht aus § 25 S. 2 Nr. 1, 2 und 26 InvG – um eine Leistung an die Kapitalanlagegesellschaft. Gleiches gilt zum Beispiel für die Kontrollpflicht der Kapitalanlagegesellschaft dahingehend, dass der Ausgabepreis unverzüglich dem Sperrkonto zufließt (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. InvG), sowie die Kontrolle von Zahlstellen bei der Ausschüttung der Gewinnanteile an die Anteilinhaber (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 InvG)373. Hieran lässt sich bereits erkennen, dass die Abgrenzung zwischen Verwaltungs- und Kontrolltätigkeit nicht geeignet ist, den Empfänger der einzelnen Depotbankleistungen zu bestimmen. Denn selbst die ausdrücklich als Kontrollfunktion bezeichneten Aufgaben richten sich an unterschiedliche Empfänger. gg)
Überwachung nicht verwahrfähiger Anlagegegenstände
Entsprechendes gilt für die Überwachung nicht verwahrfähiger Anlagegegenstände nach § 24 Abs. 3 InvG. Auch diese Tätigkeit führt mit derselben Begründung zu Leistungen gegenüber den Anlegern, wenn sich die Überwachung auf die Geschäftsführungstätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft bezieht. Zielt hingegen die Überwachung im Sinne des § 24 Abs. 3 InvG jedoch auf die rechtzeitige Erbringung der jeweiligen Gegenleistung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG ab374, so ist die Kapitalanlagegesellschaft als Leistungsempfängerin anzusehen. hh)
Auszahlung von Vergütungen und Aufwendungsersatz
Weil die Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 29 Abs. 1 InvG weder Vergütungen noch Aufwendungsersatz direkt von den Anlegern, sondern aus dem 372 373 374
116
Hiervon ist wiederum die Kontrolle abzugrenzen, die sich darauf bezieht, dass die durch die KAG vereinbarte Gegenleistung wertmäßig den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Vgl. die Ausführungen in Fn. 357. Vgl. hierzu Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 24, Rn. 29 (11/08).
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Sondervermögen erhält, ist sie auch hierfür auf die Depotbank angewiesen. Zwar ist der Erhalt dieser Zahlungen nicht unmittelbare Bedingung für eine aktive Portfolioverwaltung, jedoch kann die Kapitalanlagegesellschaft ohne Vergütung und Aufwendungsersatz ihr Geschäft mangels Einkommens zur Deckung der laufenden Kosten nicht ausüben. Die Dienstleistung der Auszahlungshandlung ist daher eine umsatzsteuerliche Leistung an die Kapitalanlagegesellschaft. ii)
Geltendmachung von Anlegeransprüchen
Wie bereits in Abschnitt A dieses Kapitels angedeutet, handelt es sich bei der Geltendmachung von Anlegeransprüchen (§ 28 Abs. 1 InvG) nicht um eine Leistung gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft, sondern gegenüber den Anlegern. Es geht um die Fortführung der Geschäftsführungskontrolle dadurch, dass hier-aus resultierende Ansprüche der Anleger geltend gemacht werden. Zum einen ist die Kapitalanlagegesellschaft für die Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflichten auf die Aufgabenerfüllung der Depotbank nicht angewiesen (erster Schritt) und zum anderen handelt es sich um keinen wirtschaftlichen Vorteil der Kapitalanlagegesellschaft, dass gegebenenfalls Ansprüche gegenüber ihr auf Vertragserfüllung oder gar Schadensersatz erhoben werden. jj)
Abwicklung des Sondervermögens
Da im Fall des § 39 Abs. 2 InvG eine Kapitalanlagegesellschaft nicht mehr vorhanden ist (das Investment-Dreieck reduziert sich auf zweiseitige Beziehungen zwischen Depotbank und Anleger), können allein die Anleger Empfänger dieser Dienstleistungen sein. Auch diese Sonderkonstellation lässt sich mit der vorgeschlagenen Unterteilung handhaben. Denn die Dienstleistung der Sondervermögensabwicklung nach § 39 Abs. 2 InvG ist eine Tätigkeit, auf deren Erfüllung die Kapitalanlagegesellschaft zur Realisation einer aktiven Portfolioverwaltung nicht angewiesen ist. d)
Ergebnis
Die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Empfängers der Depotbankleistungen im Investment-Dreieck kann durch die Anwendung des vorgeschlagenen Abgrenzungskriteriums erfolgen, da sie zu denselben Ergebnissen wie eine Untersuchung jeder einzelnen Depotbankaufgabe anhand des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs führt. Die Depotbank erbringt Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn an die Kapitalanlagegesellschaft, soweit es sich um Tätigkeiten handelt, auf welche die Kapitalanlagegesellschaft zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflicht der aktiven Port117
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
folioverwaltung rechtlich angewiesen ist. Hierzu zählen zum Beispiel die Aufgaben aus den §§ 23, 33 Abs. 1 S. 4 InvG (Anteilsausgabe und rücknahme, Unterschrift der Anteilsscheine), § 24 Abs. 1, 2 InvG (Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens), § 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG (Mitwirkungs- und Zustimmungspflicht) und § 29 Abs. 1 InvG (Vergütungs- und Aufwendungsersatzauszahlung) sowie solche Kontrolltätigkeiten, die sich nicht auf die Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft richten, sondern zum Beispiel der Überwachung der vertragsgemäßen Erfüllung durch die Geschäftspartner dienen. Ergänzt wird diese Gruppe durch solche Leistungen der Depotbank, die – obwohl sie rechtlich von der Kapitalanlagegesellschaft auch selbst erbracht werden können – auf die Depotbank ausgelagert wurden (zum Beispiel Anteilswertermittlung gemäß § 36 Abs. 1 InvG). Im Übrigen sind die Anteilinhaber Empfänger umsatzsteuerlicher Leistungen der Depotbank. Hierzu zählen zum Beispiel die Pflichten aus § 24 Abs. 3 InvG (Überwachung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände) und aus § 27 InvG bzw. aus der allgemeinen Kontrollpflicht, soweit sie auf die Vertrags- und Gesetzeskonformität der Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft abzielen. Ergänzt wird diese Gruppe durch die Leistungen aus § 28 Abs. 1 InvG (Geltendmachung von Anlegeransprüchen) und aus § 39 Abs. 2 InvG (Abwicklung des Sondervermögens). Insbesondere die Differenzierung im Zusammenhang mit den Kontrollaufgaben der Depotbank zeigt, dass eine Unterscheidung nach Kontrolle einerseits und Verwaltung andererseits zumindest zur Bestimmung des Leistungsempfängers nicht sinnvoll ist. Der umsatzsteuerliche Leistungsbegriff erfordert eine Betrachtung anhand der wirtschaftlichen Folgen der jeweiligen Leistungen dahingehend, wem ein im Wirtschaftsverkehr nur gegen Entgelt erhältlicher Vermögensvorteil zugewandt wird. Dafür hat sich das vorgeschlagene Abgrenzungskriterium als hilfreich erwiesen. 3.
Zivilrechtliche Betrachtung
a)
Problemstellung
Wie bereits festgestellt, liefert das Zivilrecht Hinweise zur Bestimmung des Empfängers einer umsatzsteuerlichen Leistung375. Ziel der folgenden Ausführungen ist es, nachzuweisen, dass die Hinzuziehung des Zivilrechts im Hinblick auf die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers an den soeben gefundenen Ergebnissen nichts ändert. Folglich kann eine 375
118
Vgl. Punkt II 1 dieses Abschnitts.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Festlegung des Verhältnisses zwischen Umsatzsteuerrecht und Zivilrecht hier dahinstehen. b)
Untersuchungsmaßstab
In der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs findet sich die Aussage, dass Leistungsempfänger im Allgemeinen derjenige ist, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist376. Demnach entfaltet nicht allein das zivilrechtliche Schuldverhältnis die besagte Indizwirkung, sondern die aus dem Schuldverhältnis folgende Berechtigung auf die betreffenden Leistungen. Dabei erscheint jedoch das Abstellen auf die Rolle als Auftraggeber – zumindest im Bereich des Investment-Dreiecks – als irreführend. Denn schließlich wird die Depotbank gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 InvG immer von der Kapitalanlagegesellschaft beauftragt. Dass jene Beauftragung aber nicht pauschal dazu führen kann, dass von vornherein einzig und allein die Kapitalanlagegesellschaft Leistungsempfängerin ist, wurde bereits festgestellt. Das Abstellen auf den Auftraggeber folgt eher aus der Tatsache, dass in der Regel der Auftraggeber auch derjenige ist, der die Leistung an sich zu fordern berechtigt ist. Der Leitsatz der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 3. Mai 1989377 unterstreicht diese Präzisierung, denn er lautet: „[…] Indiz dafür ist insbesondere, daß er (für sich) die Leistung in Auftrag gegeben (bestellt) hat […]“. Treffender ist deshalb die Formulierung Birkenfelds, wonach Leistungsempfänger grundsätzlich derjenige ist, der aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, welches dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, den Anspruch auf die Leistung hat, sofern die Leistung an ihn ausgeführt wird378. Folglich genügt es nicht zu hinterfragen, ob bzw. welche zivilrechtlichen Schuldverhältnisse zwischen den Beteiligten des Investment-Dreiecks bestehen (Punkt c)). Es gilt vielmehr darüber hinaus zu untersuchen, wem welche primären Leistungsansprüche gegenüber der Depotbank auf Basis der festgestellten Schuldverhältnisse zustehen (Punkte d) und e)).
376
377 378
Vgl. BFH, Urt. v. 26.11.1987, V R 85/83, BFHE 151, 479 ff. [482]; Urt. v. 21.9.1988, V R 188/83, 203 f. [204]; Urt. v. 01.06.1989, V R 72/84, BFHE 157, 255 ff. [260]; Urt. v. 3.5.1989, V R 185/84, BFH-NV, 1990, 331 f.; Urt. v. 16.5.1995, XI R 50/93, BFH-NV 1996, 185 ff. [186]; zuletzt: Urt. v. 30.3.2011, XI R 12/08, DStR 2011, 1270 ff. BFH, Urt. v. 3.5.1989, V R 185/84, BFH-NV 1990, 331 f. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. I, § 31, Rn. 241 (EL 47, 8/2008).
119
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
c)
Schuldverhältnisse der Depotbank im Investment-Dreieck
aa)
Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft
In Bezug auf das sich aus der Bestellung nach § 20 Abs. 1 S. 1 InvG ergebende Schuldverhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank, wird überwiegend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Depotbankvertrag um einen typengemischten Vertrag handelt379. Den Schwerpunkt bilden Elemente eines auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrages nach §§ 675, 611 ff. BGB, die durch Teile eines Verwahrungs- bzw. Depotvertrages und eines Girovertrages ergänzt werden380. Einzig Ohl widerspricht dieser Ansicht, indem er ausführt, dass zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank kein dienstvertragliches Verhältnis, sondern eine BGB-Innengesellschaft gemäß §§ 705 ff. BGB besteht381. Als Begründung führt er an, dass zwischen den Beteiligten kein schuldvertragliches Über- und Unterordnungsverhältnis im Sinne eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses, sondern ein gesellschaftsrechtliches Gleichordnungsverhältnis besteht. Der von § 705 BGB geforderte gemeinsame Zweck bestünde in dem Ziel, möglichst viele Anleger anzuwerben, um so das Anlagevermögen zu vergrößern und damit höhere Gebühren zu generieren382. Diese Ansicht ist jedoch unter anderem aus den folgenden Gründen abzulehnen. Zum einen stehen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank gerade nicht in einem Gleichordnungsverhältnis auf Augenhöhe. Die Depotbank ist vielmehr gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 InvG verpflichtet, den Weisungen der Kapitalanlagegesellschaft Folge zu leisten, soweit diese nicht gegen vertragliche oder gesetzliche Regelungen verstoßen. Auch die Pflicht der Depotbank zur Zustimmung zu gesetzmäßigen und vertragskonformen Rechtsgeschäften im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift widerspricht der These eines Gesellschaftsverhältnisses. Letztlich würde die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses dem gesetzlichen Sinn und Zweck der Einbeziehung der Depotbank in das Investment-Dreieck zuwiderlaufen. Ein wesentlicher Teil 379
380 381 382
120
Baur, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 20, Rn. 222; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/120; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 20, Rn. 30 (EL 10/08); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2355, 2458; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 31 bis 33; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 131 f.; Kümpel/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 9.157. Einsele u. Köndgen/Schmies (a. a. O.) gehen jedoch davon aus, dass i. R. d. des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht die dienstvertraglichen, sondern die werkvertraglichen Elemente überwiegen, da ein Erfolg geschuldet wird. Vgl. Ohl, Investment-Dreieck, S. 88 ff. Vgl. Ohl, Investment-Dreieck, S. 87, 89.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
der Aufgaben der Depotbank ist die Kontrolle und Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft. Dementsprechend postuliert § 22 Abs. 1 S. 1 InvG, dass die Depotbank ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln hat. Interessenkonflikte sind gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 InvG durch entsprechende Organisations- und Verfahrensvorschriften zu vermeiden. Darüber hinaus unterbindet § 22 Abs. 2 InvG, dass personelle Verflechtungen auf Leitungsebene entstehen, indem Geschäftsleiter, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte nicht gleichzeitig bei der Depotbank und der Kapitalanlagegesellschaft angestellt sein können. Das gesetzliche Ziel der Entflechtung zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft würde durch die Annahme einer Innengesellschaft konterkariert383.384 bb)
Depotbank und Anleger
Problematisch gestaltet sich die Einordnung der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Depotbank und Anleger. Vorgeschlagen wurden hierzu bisher Lösungen in Gestalt eines eigenständigen Vertrages, eines echten und eines unechten Vertrages zugunsten Dritter, eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und eines gesetzlichen Schuldverhältnisses. Einigkeit besteht insoweit, dass zwischen der Depotbank und den Anlegern kein selbständiger Vertrag geschlossen wird und dass sie sich nicht als lediglich „unverbundene Rechtsgenossen“, wie etwa im Rahmen eines rein deliktsrechtlichen Verhältnisses, gegenüberstehen. Der Abschluss eines selbständigen Vertrages zwischen Depotbank und Anleger wurde vereinzelt in der Ausgabe der Anteilsscheine an die Anleger (§ 23 Abs. 1 S. 1 InvG) nach vorheriger Unterzeichnung der Anteilsscheine durch die Depotbank (§ 33 Abs. 1 S. 4 InvG) gesehen385. Dieser Ansatz ist deshalb abzulehnen, weil er zum einen auf eine Willensfiktion hinausläuft und zum anderen es vor dem Hintergrund des einheitlichen Anlegerschutzniveaus keinesfalls von den Umständen des Einzelfalls abhängen darf, ob und mit welchem Inhalt ein Vertrag zwischen Depotbank und Anleger zustande kommt386.
383 384 385 386
Vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 34; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 132. Im Ergebnis: Reiss, KAG und Depotbank, S. 150. Vgl. ausführlich zu weiteren Argumenten gegen die Ansicht Ohls: König, Anlegerschutz, S. 149 f.; Schäfer, ZBB 1990, 175 f. [176]. Vgl. Boveri, Investment Trusts, S. 17 ff. (für das schweizerische Recht); Klenk, Behandlung des Investmentanteils, S. 13 ff. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2463; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 35; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 12.162 ff.; Le-
121
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
Depotbank und Anleger stehen sich aber auch näher als lediglich „unverbundene Rechtsgenossen“387. Die andernfalls lediglich deliktische Haftung der Depotbank führt aufgrund der deliktsrechtlichen Exkulpationsmöglichkeit (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB) zu einer nicht sachgerechten Haftungsbeschränkung. Vorgänge wie zum Beispiel die Anteilsausgabe, die Entgegennahme des Anteilspreises und die Gewinnauszahlung begründen einen regen, wenn auch nicht zu einem Vertragsschluss führenden, rechtsgeschäftlichen Kontakt388. Auch die vereinzelt anzutreffende Ansicht, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank in Bezug auf die Anleger um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handelt389, ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Zum einen ist dieses auf einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) oder einer richterlichen Rechtsfortbildung (§ 242 BGB) basierende Institut restriktiv anzuwenden390. Dem andernfalls schutzlosen Dritten sollen Schutzrechte aus dem Vertragsverhältnis zuerkannt werden, die im Falle ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche des Dritten begründen. Weil die Depotbank jedoch bereits von Gesetzes wegen dem Schutz der Anlegerinteressen verpflichtet ist, besteht bereits kein Schutzbedürfnis des Anlegers391. Ferner wäre der Schutz des Anlegers vom Inhalt bzw. der Auslegung des Vertrages zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft abhängig. Letztlich abzulehnen ist diese Ansicht jedoch aus dem Grund, dass sie primäre Leistungsansprüche der Anleger gänzlich verneinen muss, da der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter keine Primäransprüche, sondern Schadensersatzansprüche begründet392.
387 388 389 390 391 392
122
nenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 14.164; Müller, DB 1975, 485 ff. [487]; Reiss, KAG und Depotbank, S. 153, 156. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2464. Vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 37; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 12.161; Seegebarth, Depotbank, S. 28. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 20, Rn. 47 ff. (10/08). Vgl. z. B. Gottwald, in: MüKo z. BGB, Bd. 2, § 328, Rn. 119. Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 12.171; Seegebarth, Investment-Dreieck, S. 40. Vgl. Grüneberg, in Palandt, BGB, Einf. v. § 328, Rn. 1; Gottwald, in: MüKo z. BGB, Bd. 2, § 328, Rn. 128 ff. Vgl. den nächsten Gliederungspunkt zu der Frage, warum primäre Leistungsansprüche der Anleger gegenüber der Depotbank nicht gänzlich ausgeschlossen sein können.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Lebhaft umstritten ist, ob es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen Depotbank und Anleger um ein gesetzliches Schuldverhältnis393 oder ob es sich bei dem Vertrag zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft hinsichtlich der Kontrollaufgaben und -befugnisse um einen echten (bzw. berechtigenden) Vertrag zugunsten der Anleger handelt (§§ 328 ff. BGB)394. Für einen echten Vertrag zugunsten Dritter wird angeführt, dass ein gesetzliches Schuldverhältnis aus bloßem rechtsgeschäftlichem Kontakt lediglich als Grundlage für Schadensersatzansprüche und nicht für Primäransprüche anerkannt sei395. Im Gegensatz hierzu verleiht ein echter Vertrag zugunsten Dritter dem Anleger eigene Ansprüche auf Erfüllung der Primärpflichten gegenüber der Depotbank396. Gegen diese Lösung wird jedoch angeführt, dass hiermit der Umfang des Anlegerschutzes von den Vertragsverhandlungen zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank abhinge397. Es erscheint als fraglich, ob die Kapitalanlagegesellschaft dem Anleger tatsächlich Ansprüche gegen die Depotbank bei der Bestellung der Depotbank verschaffen will398. Das Anlegerschutzniveau ist gesetzlich vorgegeben und soll unabhängig von den Verhandlungen zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft für jeden Anleger gleich sein. Des Weiteren passen die Vorschriften der §§ 333, 334 BGB als Teil der gesetzlichen Regelungen des Vertrages zugunsten Dritter nicht in die investmentrechtliche Grundkonzeption. Der Anleger hat nach dem Investmentgesetz gerade keine Einflussmöglichkeit auf die Auswahl der Depotbank, weshalb das Zurückweisungsrecht des § 333 BGB nicht gelten kann. Ebenso soll die Depotbank dem Anleger nicht die Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis mit der Kapitalanlagegesellschaft nach § 334 BGB entgegenhalten können. 393
394
395 396 397 398
So vor allem die neuere Literatur: Abdala, Investmentfonds, S. 183 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2464; Köndgen/Schmies, in: Schimansky, Bankrechts-Hdb, Bd. II, § 133, Rn. 133; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 14.165; Müller, DB 1975, 487; Seegebarth, Investment-Dreieck, S. 41 ff. Ohne weitere Begründung gehen sowohl der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks 15/1553 v. 19.9.2003 zum Investmentmodernisierungsgesetz, S. 85, betreffend § 28 Abs. 2 InvG) als auch die Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.1996, 16 U 109/96, ZIP 1997, 319 ff. [321]) von einem gesetzlichen Schuldverhältnis aus. Vgl. vom Berge und Herrendorf, Schutz, S. 113; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 37; Ebner von Eschenbach, Kapitalanlagegesellschaften, S. 142; Gläbe, Investmentgesellschaften, S. 154; König, Anlegerschutz, S. 153; Schäcker, System des Investmentsparens, S. 70; Tegethoff, Treuhandgeschäft, S. 114. Vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 36. Vgl. z. B. Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328, Rn. 1, § 328, Rn. 5. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2462; Köndgen/Schmies, in: Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 133. Vgl. Abdala, Investmentfonds, S. 183; Klenk, Behandlung des Investmentanteils, S. 14.
123
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
Letztlich kann es für die gegenständliche Untersuchung jedoch dahingestellt bleiben, ob es sich um einen echten (berechtigenden) Vertrag zugunsten Dritter oder um ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt, da beide Lösungsansätze Grundlage für eigene Erfüllungsansprüche der Anleger gegenüber der Depotbank sein können (vgl. die Ausführungen im nächsten Prüfungspunkt). d)
Primäre Leistungsansprüche gegenüber der Depotbank
Mit einer Vielzahl der Stimmen in der Literatur ist von eigenen primären Leistungsansprüchen der Anleger399 gegenüber der Depotbank auszugehen400. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob es sich um einen echten (berechtigenden) Vertrag zugunsten Dritter oder um ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt. Den Anlegern können in beiden Fällen Erfüllungsansprüche zustehen401. Während eigene Primäransprüche der Anleger im Rahmen eines echten Vertrages zugunsten Dritter zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank keinen grundsätzlichen Bedenken begegnen, bedarf es hierfür einiger Anmerkungen in Bezug auf ein gesetzliches Schuldverhältnis. Teilweise wird in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass ein gesetzliches Schuldverhältnis keine primären Leistungspflichten kennt402. Auch wenn
399
400
401
402
124
Aus dem Depotbankvertrag können sich unstrittig Primäransprüche der KAG gegenüber der Depotbank ergeben, weshalb die abstrakte Möglichkeit von Primäransprüchen an dieser Stelle nur zwischen den Anlegern und der Depotbank näher betrachtet werden muss. So auch Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 28, Rn. 10 (2/06); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2481 f.; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 37; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 133; Müller, DB 1975, 485 ff. [487]; Reiss, KAG und Depotbank, S. 339 ff. Canaris scheint seiner eigenen ausführlichen und treffenden Argumentation aus Rn. 2481 f. zu widersprechen, wenn er in Rn. 2464 a. E. ohne weitere Begründung von einem gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungsansprüche ausgeht. Vertreten werden auch solche Lösungen, die einen echten Vertrag zugunsten Dritter mit einem gesetzlichen Schuldverhältnis kombinieren. Nach Baur reicht ein gesetzliches Schuldverhältnis allenfalls so weit, wie das InvG Anlegerschutzregeln aufstellt. Dies wird jedoch durch einen Vertrag zugunsten Dritter dort überlagert, wo keine gesetzlichen Pflichten der Depotbank gegenüber den Anlegern bestehen (vgl. Baur, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 20, Rn. 223; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/121). Nach Reiss liegt grundsätzlich ein echter Vertrag zugunsten Dritter vor, der aber im Falle seiner Unwirksamkeit durch ein gesetzliches Schuldverhältnis ersetzt wird (vgl. Reiss, KAG und Depotbank, S. 161 f.). Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12 ff.; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 10, Rn. 36. Vertreter des echten Vertrages zugunsten Dritter verwenden dies als
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
primäre Erfüllungsansprüche der Schuld- und Bankrechtsdogmatik im Zusammenhang mit gesetzlichen Schuldverhältnissen unbekannt sein sollten403, ergeben sich mit Köndgen/Schmies404 aus der schuldrechtlich vorbildlosen Ausprägung und Einzigartigkeit des Investment-Dreiecks Primäransprüche der Anleger auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Schließlich bezeichnet auch der Gesetzgeber das Rechtsverhältnis zwischen Depotbank und Anleger als gesetzliches Schuldverhältnis405, obwohl er den Anlegern zumindest in den §§ 39 Abs. 2, 28 Abs. 1 Nr. 1 InvG Primäransprüche gewährt406. So ist die Depotbank gemäß § 39 Abs. 2 InvG zur Abwicklung und Verteilung des Sondervermögens an die Anleger verpflichtet, wenn das Verwaltungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft erlischt. Auf die Erfüllung dieser Verpflichtung können in dieser Konstellation aber nur die Anleger mittels eigener Ansprüche drängen, da eine Kapitalanlagegesellschaft gerade nicht mehr in das Investment-Dreieck eingebunden ist. Gleiches muss für den Fall des § 28 Abs. 1 Nr. 1 InvG gelten, wonach die Depotbank zur Geltendmachung der Anlegeransprüche gegen die Kapitalanlagegesellschaft wegen der Verletzung des Gesetzes oder der Vertragsbedingungen verpflichtet ist. Kommt die Depotbank dieser Verpflichtung nicht nach, so müssen die Anleger selbst auf die Erfüllung drängen können. Es ist kaum vorstellbar, dass die Kapitalanlagegesellschaft entsprechend § 28 Abs. 2 InvG gegenüber der Depotbank die Erfüllung dieser Pflicht und damit die Geltendmachung von Ansprüchen gegen sich selbst einfordert. Vor dem Hintergrund des Anlegerschutzes vertritt auch Müller die Ansicht, dass die Anleger gegenüber der Depotbank einen eigenen durchsetzbaren Anspruch auf Erfüllung der Kontrollpflichten haben müssen407. Die Formulierung Beckmanns, dass den Anlegern gegenüber der Depotbank keine eigenen Erfüllungsansprüche zustehen, sondern sie gemäß § 28 Abs. 2 S. 2 InvG auf Schadensersatzansprüche beschränkt wären, bezieht sich auf
403 404 405 406 407
Argument gegen das gesetzliche Schuldverhältnis bzw. für ihren eigenen Standpunkt. Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12 ff. zur Herleitung des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Bank und Bankkunde, welches gemäß seiner dortigen Ausführungen keine primären Leistungsansprüche begründet. Vgl. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 133. BT-Drucks. 15/1553 v. 19.9.2003 zum Investmentmodernisierungsgesetz, S. 85, betreffend § 28 Abs. 2 InvG. Vgl. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 133; Seegebarth, Investment-Dreieck, S. 42, Fn. 247 zum KAGG als Vorgänger des InvG. Vgl. Müller, DB 1975, S. 485 ff. (487).
125
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
die Frage der Geltendmachung der Erfüllungsansprüche408. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Beckmann an anderer Stelle ausdrücklich von eigenen Erfüllungsansprüchen der Anleger ausgeht409, und zum anderen daraus, dass er die fragliche Formulierung im Zusammenhang mit der Einengung des Rechts zur selbständigen Geltendmachung eigener Ansprüche durch § 28 Abs. 2 S. 2 InvG verwendet. Diese Regelung beschränkt entsprechend ihrem Wortlaut die selbständige Geltendmachung von Ansprüchen durch Anleger auf Schadensersatzansprüche, während die Vorgängerregelung des § 12c Abs. 3 S. 2 Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) allgemein von Ansprüchen sprach. Auf die Frage, wem das Recht der Geltendmachung etwaiger Primäransprüche der Anleger zusteht, kommt es für diese Untersuchung aber nicht an, weshalb diese Frage dahinstehen kann410. e)
Die Zuordnung der Primäransprüche
Nachdem soeben festgestellt wurde, dass den Anlegern überhaupt primäre Erfüllungsansprüche gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft zustehen können, gilt es nun herauszuarbeiten, dass sich die Zuordnung dieser Ansprüche mit den Ergebnissen der umsatzsteuerlich autonomen Prüfung deckt. Im Rahmen der Zuordnung der Primäransprüche lässt sich das Abgrenzungskriterium anwenden, das bereits im Rahmen der umsatzsteuerlich autonomen Untersuchung vorgestellt wurde411. Ist die Kapitalanlagegesellschaft auf die Pflichterfüllung durch die Depotbank rechtlich angewiesen, um ihrer investmentvertraglichen Pflicht der aktiven Portfolioverwaltung nachzukommen, so muss sich der entsprechende Primäranspruch auch aus dem Depotbankvertrag zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank
408 409 410
411
126
Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 20, Rn. 38 (EL 10/08). Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 28, Rn. 10 (EL 2/06). Gegen Beckmanns Argument könnte man außerdem anführen, dass der Gesetzgeber in der Begründung zu § 28 Abs. 2 InvG ausführt, dass diese Regelung der Vorgängerregelung des § 12c Abs. 3 KAGG entspricht und nur der Klarstellung dient (vgl. BT-Drucks 15/1553 v. 19.9.2003 zum Investmentmodernisierungsgesetz, S. 85, betreffend § 28 Abs. 2 InvG). Vgl. Punkt II 2 b) dieses Abschnitts. Dabei handelt es sich nicht um einen Zirkelschluss, weil die Übertragung dieses Abgrenzungskriteriums nicht deshalb erfolgt, weil es bereits im Rahmen der rein umsatzsteuerlichen Betrachtung Anwendung fand. Vielmehr erfolgt die Anwendung dieses Abgrenzungskriteriums deshalb, weil es – wie die folgende Begründung zeigen wird – ebenso zur Untersuchung der Frage taugt, wer im Investment-Dreieck Inhaber der zivilrechtlichen Primäransprüche gegenüber der Depotbank ist.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
ergeben412. Hierzu zählen auch solche Tätigkeiten, die – obwohl sie rechtlich auch von der Kapitalanlagegesellschaft selbst erbracht werden könnten (und die Kapitalanlagegesellschaft daher auch nicht auf die Erbringung durch die Depotbank rechtlich angewiesen ist) – auf die Depotbank übertragen bzw. ausgelagert wurden. Die Kapitalanlagegesellschaft muss in der Lage sein, die Erfüllung solcher Aufgaben von der Depotbank einzufordern. Dem steht nicht entgegen, dass es sich hierbei vorrangig um gesetzliche Pflichten der Depotbank handelt, da es gerade die Besonderheit des Depotbankvertrages ausmacht, dass die Kapitalanlagegesellschaft die Depotbank unter der Bedingung der Genehmigung nach § 21 Abs. 1 InvG zwar auswählt, das Investmentgesetz jedoch einen erheblichen Teil des Vertragsinhalts vorgibt. Die Anspruchsinhaberschaft der Kapitalanlagegesellschaft in Bezug auf diese Gruppe von Depotbanktätigkeiten entspricht auch den Anlegerinteressen, da sie aus ihrer Sicht mit dem Abschluss des Investmentvertrages das von ihnen investierte Vermögen in die Hände der Kapitalanlagegesellschaft legen. Mit der weiteren Verwaltung des investierten Vermögens möchten die Kleinanleger, an die sich die richtlinienkonformen Sondervermögen nach den Investmentgesetz richten, nichts weiter zu tun haben. Folglich wäre es auch verfehlt, ihnen Ansprüche gegenüber der Depotbank auf Erfüllung solcher Pflichten zuzuerkennen. Da es sich um Tätigkeiten handelt, die das alltägliche Investmentgeschäft erfordert, müssten sich die Anleger auch mit dem Tagesgeschäft beschäftigen, um diese Ansprüche sinnvoll einzusetzen. Dies widerspräche dem Sinn einer Investition in einen Investmentfonds. Im Hinblick auf die verbleibenden Depotbankaufgaben stehen die dazugehörigen Erfüllungsansprüche den Anlegern zu413. Da die Kapitalanlagegesellschaft auf deren Erfüllung für die Erbringung der aktiven Portfolioverwaltung nicht angewiesen ist, ist es nicht nötig, ihr einen Erfüllungsanspruch zuzugestehen. Wie bereits im Rahmen der umsatzsteuerlich autonomen Betrachtung dargelegt wurde, würde die Kapitalanlagegesellschaft diese Ansprüche kaum selbst geltend machen, da zum Beispiel eine gründli412
413
So z. B. Beckmann (in: Beckmann/Scholtz, Investmentwesen, Ziffer 410, § 23, Rn. 8 [2/08]) ausdrücklich im Zusammenhang mit der Ausgabe und Rücknahme der Anteile nach § 23 InvG, wenn er ausführt, dass die Depotbank hierbei als Vertreterin der KAG handelt. In Bezug auf die Mitwirkungspflichten und Ausschüttungsfunktion der Depotbank wird dies dadurch unterstrichen, dass sie hierbei gemäß § 25 S. 2 InvG auf Weisung der KAG handelt. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche nicht dem einzelnen Anleger, sondern den Anlegern gemeinschaftlich im Sinne des § 741 BGB zustehen, vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 28, Rn. 11 (2/06); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2482.
127
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
che Kontrolle und Überwachung ihrer Geschäftsführung oder gar eine Geltendmachung von Ansprüchen gegen sich selbst nicht in ihrem Interesse liegt. Vielmehr müssen diese Ansprüche den Anlegern zustehen, weil die Kontrolle und Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft einzig und allein ihren Interessen dient. Kommt die Depotbank dieser Aufgabe nicht nach, müssen die Anleger deren Erfüllung einfordern können414. f)
Ergebnis der zivilrechtlichen Betrachtung
Primäre Leistungsansprüche ergeben sich innerhalb des InvestmentDreiecks sowohl aus dem Schuldverhältnis zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank als auch aus dem zwischen der Depotbank und den Anlegern. Dabei kommt es gemäß der hier vertretenen Ansicht nicht darauf an, ob man das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Anleger und Depotbank als gesetzliches Schuldverhältnis oder als Ausfluss eines echten Vertrages zugunsten Dritter zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank ansieht. Die Primäransprüche auf Erfüllung der Depotbankaufgaben aus §§ 23, 33 Abs. 1 S. 4 InvG (Anteilsausgabe und -rücknahme, Unterschrift der Anteilsscheine), § 24 Abs. 1, 2 InvG (Verwahrung der Vermögensgegenstände), § 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG (Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten), § 25 S. 2 Nr. 3 InvG (Ausschüttungsvornahme) und § 29 Abs. 1 InvG (Vergütungs- und Aufwendungsersatzauszahlung) sowie der Anspruch auf Kontrolle der Erfüllung von Verbindlichkeiten durch die Geschäftspartner aus den Verfügungen für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger steht der Kapitalanlagegesellschaft zu, da sie auf diese zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflicht der aktiven Portfolioverwaltung rechtlich angewiesen ist. Hinzu kommen Ansprüche auf die Erbringung solcher Aufgaben, die – obwohl sie rechtlich von der Kapitalanlagegesellschaft auch selbst erbracht werden können – auf die Depotbank ausgelagert wurden (zum Beispiel § 36 Abs. 1 InvG). Hinsichtlich der Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft auf ihre Vertrags- und Gesetzeskonformität hin, der Geltendmachung von Anlegeransprüchen (§ 28 Abs. 1 InvG) und der Ab414
128
Einzig Reiss (KAG und Depotbank, S. 339 ff.) beschäftigt sich im Einzelnen ausdrücklich mit der Frage, wem in Bezug auf welche Depotbankaufgaben Primäransprüche zustehen. Dabei greift er sich jedoch einzelne Aufgaben heraus und untersucht diese getrennt voneinander, ohne ein aufgabenübergreifendes Abgrenzungskriterium zu entwickeln. Reiss kommt dabei (von einem echten Vertrag zugunsten Dritter ausgehend) fast durchgehend zu denselben Ergebnissen wie diese Untersuchung.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
wicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) sind die Anleger Anspruchsinhaber in ihrer Gesamtheit. 4.
Ergebnis
Weil das im Rahmen der umsatzsteuerlich autonomen Betrachtung vorgestellte Abgrenzungskriterium ebenso auf die Zuordnung der zivilrechtlichen Erfüllungsansprüche angewandt werden kann, ergeben sich aus der zivilrechtlichen Untersuchung keine Abweichungen gegenüber den Ergebnissen der umsatzsteuerlich autonomen Betrachtung (vgl. Punkt II 2 d) dieses Abschnitts). Das Ergebnis der zivilrechtlichen Betrachtung stützt die Ergebnisse der rein umsatzsteuerlichen Untersuchung415.
III.
Einheitlichkeit der Leistung
1.
Einführung
Depotbankleistungen, die gegenüber verschiedenen Leistungsempfängern erbracht werden, können nicht Teil einer einheitlichen Leistung sein416. Folglich kann die Frage nach der Einheitlichkeit der Depotbankleistungen 415
416
Geht man mit Teilen der Literatur davon aus, dass die zivilrechtlichen Primäransprüche des Anlegers gegenüber der Depotbank aus einem echten Vertrag zugunsten Dritter zwischen der KAG und der Depotbank folgen, so ergibt sich zuletzt noch ein Problem daraus, dass ein Teil der Literatur pauschal davon ausgeht, dass der Dritte im Rahmen eines echten Vertrages zugunsten Dritter (hier also der Anleger) nicht Empfänger einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn sein kann (vgl. Lippross, Umsatzsteuer, S. 60; Tehler, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 1, Rn. 180 [EL 76, 2/2009]). Diese Ansicht ist zuerst in ihrer Pauschalität deshalb abzulehnen, weil das Umsatzsteuerrecht gerade nicht ein unselbständiges Anhängsel des Zivilrechts ist. Für die Bestimmung einer Leistung und ihres Empfängers ist nicht entscheidend, wie der jeweilige Vorgang zivilrechtsdogmatisch einzuordnen ist, sondern vielmehr der wirtschaftliche Gehalt des jeweiligen Vorgangs. Die Vertreter dieser Ansicht berufen sich auf die regelmäßig zu findende Aussage des BFH, wonach Leistungsempfänger derjenige sei, der aus dem zugrundeliegenden zivilrechtlichen Schuldverhältnis berechtigt und auch verpflichtet sei (vgl. die Nachweise zur Rspr. des BFH in Punkt II 1 dieses Abschnitts). Dem ist entgegenzuhalten, dass der BFH hierbei nicht die Fälle des echten Vertrages zugunsten Dritter im Auge hat (vgl. Weiß, Anm. zum Beschluss des BFH v. 13.9.1984, V B 10/84, UR 1985, 36; vgl. BFH, Urt. v. 1.8.1985, V S 2/85, BFH-NV 1986, 121 ff. [122], wo der BFH die Leistungsempfängereigenschaft des Dritten im Rahmen eines echten Vertrages zugunsten Dritter in einer Nebenbemerkung als zumindest denkbar erachtet). Schließlich verlangt die Steuerbarkeit eines Umsatzes nicht, dass der Leistungsempfänger die Gegenleistung selbst erbringt, sondern es ist ausreichend, dass zwischen Leistung und Entgelterbringung des nicht die Leistung Empfangenden ein rechtlicher Zusammenhang besteht (vgl. Probst, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. I, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 155 m. w. N. (EL 2/07, 04/2007]). Vgl. Nieskens, in: Rau/Dürrwächer, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 462 (EL 143, 7/2010).
129
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
nur für die beiden Leistungsblöcke „Leistungen gegenüber den Anteilinhabern“ (vgl. Punkt 2) und „Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft“ (vgl. Punkt 3) getrennt beurteilt werden. Damit scheidet auch von vornherein eine Einheitlichkeit zwischen den Kontrollleistungen im Hinblick auf die Pflichterfüllung durch die Kapitalanlagegesellschaft und den übrigen Aufgaben der Depotbank aus417. 2.
Leistungen gegenüber den Anteilinhabern
Von den im Zusammenhang mit der Einheitlichkeit der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern dargestellten Grundsätzen bildet das Leistungsprogramm der Depotbank gegenüber den Anlegern keine einheitliche Leistung418. Aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters können zwar die Elemente der Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft nicht voneinander getrennt werden, jedoch sind hiervon die Geltendmachung von Anlegeransprüchen (§ 28 Abs. 1 InvG) sowie die Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) als gesonderte wirtschaftliche Vorgänge zu trennen. Diese Leistungen betreffen selten eintretende Sonderfälle, die auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Anlegers keine Einheit mit den Kontroll- und Überwachungspflichten im engeren Sinne bilden. Der Grundsatz der Selbständigkeit mehrerer Einzelleistungen wird jedoch im Rahmen der Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft zugunsten einer einheitlichen Leistung durchbrochen. Aus der Perspektive eines durchschnittlichen Anteilinhabers sind die Aufgaben im Zusammenhang mit der Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft so auf die Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels (Gesetzes- und Vertragskonformität des PortfolioManagements) abgestimmt, dass eine Aufteilung in die einzelnen Leistungselemente als wirklichkeitsfern erschiene.
417
418
130
Im Gegensatz hierzu findet man auch Stellungnahmen zu der Frage, ob die administrativen Aufgaben der Depotbank mit den Kontroll- und Überwachungsaufgaben eine einheitliche Leistung bilden, ohne sich zuvor mit der Frage auseinander zu setzen, ob diese Leistungen nicht von vornherein gegenüber unterschiedlichen Empfängern erbracht werden (für eine einheitliche Leistung: Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 220 (EL 60, 9/2008); dagegen: Bustorff, in: Keller/Bustorff, UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 454 ff., 475 ff., 519 (EL 68, 11/2007); Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1588 f.]). Vgl. zu diesen Grundsätzen die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. B, Punkt III mit den dortigen Nachweisen.
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
3.
Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft
Anders verhält es sich wiederum im Hinblick auf die Depotbank-Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft. Gemäß dem Grundprinzip, dass mehrere Einzelleistungen selbständig sind, muss der Ausgangspunkt wiederum darin bestehen, dass die von der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbrachten Dienste getrennte Leistungen darstellen419. Entsprechend dem Europäischen Gerichtshof ist auch hierbei auf die Sicht eines „durchschnittlichen Verbrauchers“ abzustellen420. Zwar spricht der Europäische Gerichtshof von der Perspektive eines Durchschnittsverbrauchers, jedoch bedeutet dies nicht, dass die Perspektive eines Verbrauchers auf die Leistungen zwischen zwei Unternehmern angewendet werden soll. Entscheidend ist in diesem Fall vielmehr die Sichtweise eines durchschnittlichen, diese Art von Leistung empfangenden Unternehmers421. Für das Leistungsverhältnis zwischen der Depotbank und der Kapitalanlagegesellschaft ist also nicht die Sicht eines beliebigen Anlegers als Verbraucher entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr die professionelle Sicht der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft als Leistungsempfänger. Im Gegensatz zu den Leistungselementen der Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern (Advisory, Research, Decision und Realisation) sind die Depotbankleistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft nicht so aufeinander zur Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels abgestimmt, dass sie ein neues Ganzes schaffen, hinter dem die Einzelleistungen zurücktreten, so dass eine Aufspaltung in die Einzelelemente als wirklichkeitsfremd bzw. künstlich erscheinen muss422. Vielmehr lässt sich aus diesen Leistungen bereits kein „neues Ganzes“ herauslesen, weil die Depotbankleistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft in verschiedene Richtungen gehen. Zwar lässt sich als „großes Ganzes“ die Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft anführen, jedoch ist dies überhaupt der Grund für die gesetzliche Einbindung der Depotbank in das Investment-Dreieck. Für die Durchbrechung des Grundsatzes der Selbstän419 420 421 422
Vgl. zur Bedeutung dieses Grundsatzes: Lange, UR 2009, 289 ff. [292]. Vgl. die Nachweise in Kap. 3, Abschnitt B, Punkt III. Vgl. Lange, UR 2009, 289 ff. [292]. Vgl. die Nachweise in Kap. 3, Abschnitt B, Punkt III. Der Vergleich mit den Verwaltungsleistungen der KAG verdeutlicht dies auf anschauliche Weise: Die Elemente Research, Advisory, Decision und Realisation bilden eine aufeinander abgestimmte Kette von Leistungen, die ihrerseits ineinander greifen und dadurch ein neues Ganzes in Gestalt des Portfolio-Managements schaffen. Ein solches Bild lässt sich bei den Depotbanktätigkeiten nicht erkennen. Sie setzen an verschiedenen Punkten größtenteils unabhängig voneinander an, um aufsichtsrechtlichen Aspekten zu genügen.
131
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
digkeit mehrerer Einzelleistungen ist dieses allgemeine Ziel zum einen zu vage und zum anderen deswegen ungeeignet, weil es aufsichtsrechtlicher und nicht umsatzsteuerlicher bzw. wirtschaftlicher Natur ist. Die Depotbankleistungen sind nicht derartig wirtschaftlich aufeinander abgestimmt und greifen nicht auf eine Weise ineinander, dass sie ein neues Ganzes bilden. Dies wird ferner dadurch bestätigt, dass auf die Sicht der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft abzustellen ist. Aus deren Sicht haben zwar alle von der Depotbank gegenüber ihr erbrachten Dienstleistungen gemein, dass sie für die Erfüllung der investmentvertraglichen Pflicht zur aktiven Portfolio-Verwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft zwingend erforderlich sind. Jedoch knüpfen sie zu völlig verschiedenen Zeitpunkten an verschiedene Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft an. Sie stellen somit insbesondere aus der Sicht der Kapitalanlagegesellschaft keine wirtschaftliche Einheit dar. So ist zum Beispiel die Verwahrung (§ 24 Abs. 1, 2 InvG) eine Dauerleistung, die von der Depotbank fortwährend erbracht wird, die Mitwirkungs- und Zustimmungsleistungen (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG, § 26 InvG) erfolgen punktuell zur Erfüllung von Verpflichtungsgeschäften und die Anteilsausgabe (§ 23 InvG) dient der Einbringung neuen Kapitals in das Sondervermögen.
IV.
Organschaft
1.
Wirkung der Organschaft
Leistungen der Depotbank müssen aber dann gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft ausscheiden, wenn zwischen den Beteiligten ein Organschaftsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG besteht. Weil das Organ und sein Organträger im Rahmen des Umsatzsteuerrechts als unternehmerische Einheit gelten, fehlt es in dieser Konstellation mangels eines vom Leistenden personenverschiedenen Empfängers an einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn423. Als so genannte Innenumsätze sind die Leistungen nicht steuerbar424. Das Institut der Organschaft zeitigt insbesondere im Bereich der Finanzumsätze Wirkung, da eine Neutralisation der auf die Eingangsleistungen entfallenden Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 2 UStG aufgrund der Steuerfreiheit der Ausgangsleistungen nach § 4 Nr. 8 UStG in der Regel nicht möglich ist425. Weil zudem auch nicht der Anwendungsbereich der
423 424 425
132
Vgl. Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [297]; Stadie, UStG, § 2, Rn. 222. Vgl. Steppert, UR 1994, 343 ff. [344]. Vgl. Müller/Stöcker, Organschaft, Rn. 1151 ff; Slapio, DStR 2000, 999 ff. [999]; Steppert, UR 1994, 343 ff. [345].
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 3 UStG eröffnet ist, verbleibt oftmals nur die Organschaft, um die Vorsteuer auf Eingangsleistungen zu eliminieren426. 2.
Voraussetzungen der Organschaft
Die umsatzsteuerliche Organschaft erfordert gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Kapitalanlagegesellschaft als juristische Person (Organ) in die Depotbank (Organträger). Aus der Formulierung „nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“ wird gefolgert, dass die Eingliederungsmerkmale nicht allesamt gleichermaßen ausgeprägt sein müssen, sondern, dass zwei stark ausgeprägte Merkmale ein weniger ausgeprägtes ausgleichen können427. a)
Finanzielle Eingliederung
Depotbanken sind häufig Gesellschafter der Kapitalanlagegesellschaft, in deren Auftrag sie ein oder mehrere Sondervermögen gemäß §§ 20 Abs. 1 S. 1, 24 InvG verwahren428. Die Regelung des § 22 Abs. 2 InvG untersagt ausdrücklich nur die personelle Verflechtung zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank, eine kapitalmäßige Verflechtung wird hingegen nicht eingeschränkt429. Einer finanziellen Eingliederung steht deshalb nichts entgegen, wenn die Depotbank infolge ihrer kapitalmäßigen Beteiligung über die Stimmenrechtsmehrheit in der Kapitalanlagegesellschaft verfügt430. 426 427
428 429 430
Vgl. zur hierzu die Ausführungen in Kap. 2, Abschn. D, Punkt II 1. Vgl. Abschn. 2.8 Abs. 1 UStAE; Müller/Stöcker, Organschaft, Rn. 1399 mit umfangreichen Verweisen auf die Rechtsprechung. Im Hinblick auf die Herbeiführung einer umsatzsteuerlichen Organschaft besteht kein Wahlrecht (z. B. durch den Abschluss bzw. Nichtabschluss eines Gewinnabführungsvertrages, vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG), vgl. Stadie, UStG, § 2, Rn. 194 ff. m. krit. Anm. Sind die Eingliederungsvoraussetzungen gegeben, treten die Rechtsfolgen der Organschaft ein. Vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12 KAGG, Rn. 1; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/1; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2335; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 61. Vgl. Beckmann, Beckmann/Scholtz, Investmentgeschäft, Ziffer 410, § 22, Rn. 10 (12/08); Schödermeier/Baltzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12, Rn. 14. Vgl. Abschn. 2.8 Abs. 5 UStAE zur finanziellen Eingliederung. In diesem Zusammenhang kann man mit guten Gründen kritisieren, dass überhaupt eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen KAG und Depotbank zugelassen wird. Denn eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem ist dem Kontrollund Überwachungszweck zumindest nicht förderlich (vgl. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 61). Andererseits ist es den Banken wegen § 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 InvG unmöglich, selbst das Investmentgeschäft unmittelbar auszuüben. Weil ihnen darüber hinaus auch eine personelle Verflechtung mit einer KAG (vgl. § 22 Abs. 2 InvG) untersagt ist, könnte eine
133
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
b)
Wirtschaftliche Eingliederung
Die für eine wirtschaftliche Eingliederung geforderte Verflechtung der Geschäftstätigkeiten von Organträger und Organ431 besteht darin, dass die Depotbank die Verwahrung des Sondervermögens übernimmt, das durch die Kapitalanlagegesellschaft verwaltet wird, und dass wiederum die Kapitalanlagegesellschaft ergänzend und fördernd im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Depotbank tätig wird, indem sie mit dem Investmentgeschäft Dienstleistungen im Rahmen des Investment-Dreiecks erbringt, die von der Depotbank wegen § 7 Abs. 2, 4 InvG nicht selbst erbracht werden können432. c)
Organisatorische Eingliederung
Eine Organschaft zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank ein und desselben Investment-Dreiecks scheitert jedoch an dem Mangel einer organisatorischen Eingliederung. Zwar kann ein weniger ausgeprägtes Eingliederungsmerkmal durch eine entsprechende Ausprägung der anderen beiden Merkmale ausgeglichen werden, jedoch ist kein Merkmal verzichtbar433. Eine organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn die Depotbank in der Lage ist, ihren Willen tatsächlich und fortwährend in der Kapitalanlagegesellschaft durchzusetzen434. Letztere muss außer Stande sein, einen vom Organträger abweichenden Willen zu bilden435. Die organisatorische Eingliederung kann hierbei nicht mit der finanziellen Eingliederung gleichgesetzt werden. Sie stellt vielmehr die tatsächliche organisatorische Umsetzung der durch die finanzielle Eingliederung ermöglichten Beherrschung dar436.
431 432 433 434 435 436
134
Untersagung der kapitalmäßigen Beteiligung einen u. U. nicht mehr erforderlichen und damit nicht angemessenen Eingriff in Art. 12 GG darstellen (so zumindest Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2331). Vgl. Korn, in Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 2, Rn. 123 ff. Vgl. zur wirtschaftlichen Eingliederung Abschn. 2.8 Abs. 6 UStAE und Müller/Stöcker, Organschaft, Rn. 1341 mit umfassenden Hinweisen auf die Rechtsprechung. Vgl. Korn, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2, 10. Aufl., Rn. 114 m. w. N.; Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2, Rn. 106 (EL 63, 4/2010). Vgl. Jorczyk, Organschaftsstrukturen, S. 210; Peter, in: Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, Bd. I, § 2, Rn. 143 (EL 74, 2007); Stadie, UStG, § 2, Rn. 217. Vgl. BFH, Urt. v. 28.1.1999, V R 32/98, BStBl. II 1999, 258 ff. [258 f.]; Scharpenberg, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. II, § 2, Rn. 447 (EL 6/09, 09/2009). Vgl. BFH, Urt. v. 20.2.1992, V R 80/85, BFH-NV 1993, 133 ff. [134 f.]; zuletzt Urt. v. 3.4.2008, V R 76/05 m. umfangreichen Verweisen auf die eigene Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung des BFH (a. a. O.) gehen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass die aktienrechtliche Vermutung aus § 17 Abs. 2 AktG, wonach ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen von dem besitzenden
Umsatzsteuerliche Leistungen der Depotbank
Die organisatorische Eingliederung wird oftmals durch eine Personalunion zwischen Organ und Organträger herbeigeführt437. Weil eine solche personelle Verflechtung gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 InvG unzulässig ist, kann die Depotbank durch die Entsendung leitender Angestellter in die Kapitalanlagegesellschaft eine organisatorische Eingliederung nicht verwirklichen, ohne gegen zwingendes Aufsichtsrecht zu verstoßen. Zwar wäre eine solche personelle Verflechtung gemäß § 40 AO umsatzsteuerlich anzuerkennen, jedoch handelt es sich aufgrund der zu erwartenden aufsichtsrechtlichen Konsequenzen nicht um eine ratsame Gestaltungsalternative. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass eine organisatorische Eingliederung der Kapitalanlagegesellschaft ebenso durch die faktische Beherrschung der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft durch die Depotbank bewirkt werden könnte438. So erfordert auch eine faktische Beherrschung, dass sich das Organ dem Willen des Organträgers derart unterordnet, dass es keinen eigenen Willen bilden kann439. Die Depotbank muss einen abweichenden Willen der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft tatsächlich verhindern können440. Diese Voraussetzungen kollidieren mit der aufsichtsrechtlichen Vorschrift des § 9 Abs. 1 S. 2 InvG, wonach die Kapitalanlagegesellschaft bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Depotbank agiert. Die Kapitalanlagegesellschaft darf in Bezug auf die Verwaltung des Sondervermögens nicht weisungsabhängig sein441. Das
437 438 439
440 441
Unternehmen abhängig ist, im Steuerrecht zu der widerlegbaren Vermutung führt, dass aus der finanziellen Beherrschung regelmäßig auch die organisatorische folgt (vgl. FG Berlin, Urt. v. 13.5.1998, 6 K 6294/93, EFG 1999, 82 ff.; FG BadenWürttemberg v. 28.11.2005, 14 K 79/04, EFG, 2006, 1110 f.; Streck/Binnewies, DB 2001, 1578 ff.). In den folgenden Ausführungen wird dargelegt, dass es vorliegend auf eine Entscheidung dieses Streits nicht ankommt, weil eine solche widerlegbare Vermutung durch die investmentgesetzlichen Vorgaben als von Anfang an widerlegt anzusehen ist. Vgl. Abschn. 2.8 Abs. 7 S. 2 UStAE; Müller/Stöcker, Organschaft, Rn.1388. Vgl. ausführlich zur faktischen Beherrschung: Schütze/Winter, UR 2009, 397 ff.; Stadie, UStG, § 2, Rn. 218. § 2 Abs. 2 Nr. 2 des UStG 1934/1951 forderte dies noch ausdrücklich. Durch die Wortlautänderungen und damit verbundene Beseitigung dieser Formulierung durch das UStG 1967 wurde jedoch keine inhaltliche Änderung bewirkt, vgl. Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2, Rn. 105 (EL 63, 4/2010). Vgl. BFH, Urt. v. 5.12.2007, V R 26/06, 2. Leitsatz, UR 2008, 259 ff.; Schütze/Winter, UR 2009, 397 ff. [399 ff.]. Vgl. BAKred, Schr. v. 29.9.1997, V 1/02 – 17/97, abgedruckt bei Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 438, Nr. 74, S. 133 ff. [135]; Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 10 KAGG, Rn. 5; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/335; Beckmann, Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 9, Rn. 17 ff. (12/09); Schödermeier/Baltzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 10, Rn. 18.
135
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
Gegenteil hiervon tritt aber ein, wenn die Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen der Portfolioverwaltung faktisch keinen eigenen Willen mehr bilden kann, sondern den Willen der Depotbank ausführt. Ob man das „Unabhängigkeitspostulat“ der Portfolioverwaltung der Kapitalanlagegesellschaft dadurch wahren kann, dass man die Portfolioverwaltung von einem Weisungsrecht der Depotbank ausnimmt, ist zu bezweifeln, weil es durch die Weisungserteilung gegenüber der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft zumindest mittelbar auch zu einem Weisungsrecht gegenüber dem Portfolio-Management kommt442. Insbesondere im Hinblick auf die Rolle der Depotbank im Investment-Dreieck unterstreicht § 16 Abs. 2 S. 3 InvG dieses Ergebnis. Nach dieser Regelung kann die Portfolioverwaltung nicht auf die Depotbank übertragen werden, da die Überwachungsfunktion der Depotbank andernfalls zu einer bloßen Selbstkontrolle degradiert würde443. Ließe man nun aber eine organisatorische Beherrschung der Geschäftsführung zu, so würde sich auch in dieser Konstellation der Kontrolleur selbst überwachen. Letztlich ist im Falle einer solchen faktischen Beherrschung zwar eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der Folge gegeben (§ 40 AO), dass es zu keinen steuerbaren Leistungen der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft kommt, jedoch stellt diese Gestaltung einen Verstoß gegen die aufsichtsrechtliche Regelung des § 9 Abs. 1 S. 2 InvG dar. 3.
Ergebnis zur Organschaft
Eine Organschaft zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft muss somit ausscheiden, weil eine organisatorische Eingliederung der Kapitalanlagegesellschaft aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Weisungsunabhängigkeit der Kapitalanlagegesellschaft und des Verbotes der personellen Verflechtung nicht realisiert werden kann, ohne gegen aufsichts-rechtliche Bestimmungen zu verstoßen.
442 443
136
Weber/Hamacher (Bank und Finanzgeschäft, S. 33) sehen dieses „Unabhängigkeitspostulat“ nicht gefährdet und halten deshalb eine Organschaft zwischen KAG und Depotbank für zulässig. Vgl. zur Regelung des § 16 Abs. 2 S. 3 InvG die Ausführungen zu den regulatorischen Aspekten des externen Leistungsbezugs in Kap. 2, Abschn. D, Punkt III.
Leistungsaustausch
C.
Leistungsaustausch
Ein Leistungsaustausch findet sowohl bezüglich der Depotbankleistungen, die gegenüber den Anlegern erbracht werden, als auch hinsichtlich der Leistungen, die gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt werden, statt. In beiden Konstellationen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert444. Das Entgelt wird gemäß § 29 Abs. 2 InvG in jedem Fall von der Depotbank aus dem Sondervermögen entnommen. Dafür bedarf sie jedoch der Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft, um einen Vergleich der entnommenen Werte mit den vertraglichen Regelungen zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund der bereits im Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Anleger dargelegten Argumentation, dass die Anleger in jedem Fall zumindest wirtschaftlich Eigentümer ihres Anteils am Sondervermögen verbleiben445, begegnet die Annahme eines Leistungsaustauschs zwischen Depotbank und Anleger mittels der Vergütungsentnahme durch die Depotbank (§ 29 Abs. 2 InvG) keinen Bedenken. Diese Entnahme aus dem Sondervermögen genügt aber auch den Anforderungen eines Leistungsaustausches mit der Kapitalanlagegesellschaft. Zwar erfolgt damit die Entgeltzahlung auch hierbei aus dem wirtschaftlichen Eigentum der Anleger, jedoch ist die Entgeltzahlung durch den Leistungsempfänger nicht Voraussetzung eines Leistungsaustausches. Vielmehr genügt es, wenn zwischen der Leistungserbringung und der Entgeltentnahme nach § 29 Abs. 2 InvG ein unmittelbarer wirtschaftlicher bzw. innerer Zusammenhang besteht446. Gemäß § 41 Abs. 1 InvG in Verbindung mit § 19 der Mustervertragsbedingungen hinsichtlich des Investmentvertrages zwischen Anleger und Kapitalanlagegesellschaft447 werden in den besonderen Vertragsbedingungen (Baustein 7)448 die Vergütungen und Aufwendungen, die dem Sondervermögen durch die Depotbank zu ihrer eigenen Befriedigung belastet 444 445 446
447 448
Vgl. im Einzelnen Kap. 3, Abschn. C zu den Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs. Vgl. Kap. 3, Abschn. C. Vgl. Korn, in Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 10, Rn. 8; Probst, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. I, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 155 (EL 2/07, 04/2007). Vgl. die Regelung des § 10 Abs. 1 S. 3 UStG und als Beispiel das Urt. des BFH v. 26.6.1986 (V R 93/77, 79 ff. [82]) zu der an sich unstrittigen Frage, dass die Entgeltzahlung nicht zwangsläufig durch den Leistungsempfänger selbst erfolgen muss. Abgedruckt bei Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/385. Abgedruckt bei Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/405.
137
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
werden können, in Umfang und Höhe aufgeschlüsselt. Die wirtschaftliche Verknüpfung besteht hierbei darin, dass die Depotbank dieses Entgelt nur in dem Umfang aus dem Sondervermögen und damit dem Vermögen der Anleger entnehmen kann, wie sie die entsprechenden Leistungen an die Kapitalanlagegesellschaft erbringt, was wiederum durch die Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 29 Abs. 2 InvG kontrolliert wird. Weil der Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 31 Abs. 3 InvG keine direkten Ansprüche auf Vergütungsleistung und Aufwendungsersatz gegenüber den Anlegern zustehen, sondern sie sich lediglich aus dem Sondervermögen (unter Mitwirkung der Depotbank nach § 29 Abs. 1 InvG) befriedigen kann449, wäre eine Entgeltzahlung durch die Kapitalanlagegesellschaft eine kaum nachzuvollziehende Hin- und Herzahlung. Sollte sie den Aufwendungsersatz und die Vergütung an die Depotbank selbst leisten, so müsste sie sich diesen anschließend aus dem Sondervermögen unter Mitwirkung der Depotbank als eigene Aufwendungen erstatten lassen. Dieser sinnlose Umweg wird dadurch vermieden, dass sich die Depotbank selbst unmittelbar unter Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft befriedigt (§ 29 Abs. 2 InvG). Des Weiteren könnte man den Leistungsaustausch zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank auch in der Zustimmungserteilung durch die Kapitalanlagegesellschaft nach § 29 Abs. 2 InvG sehen, weil die Kapitalanlagegesellschaft dadurch der Depotbank den unmittelbaren Zugriff auf das Entgelt bzw. den Aufwendungsersatz ermöglicht.
449
138
Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 29, Rn. 1 (4/06).
Ort der Leistung
D.
Ort der Leistung
I.
Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft
Nur wenn die Leistungen durch die Depotbank im Inland ausgeführt werden, können die betreffenden Umsätze auch steuerbar sein (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Gemäß § 20 Abs. 1 S. 2 InvG in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung kommen als Depotbank ausschließlich solche Kreditinstitute in Betracht, die ihren Sitz in Deutschland haben450. Leistungen der Depotbank an eine in Deutschland ansässige Kapitalanlagegesellschaft werden deshalb sowohl nach dem Ursprungsland- als auch nach dem Bestimmungslandprinzip in Deutschland ausgeführt. Dies gilt auch für die Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 2 InvG451, nach welcher deutsche Zweigniederlassungen solcher Kreditinstitute als Depotbank fungieren können, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben. Weil es sich bei einer Zweigniederlassung gemäß § 12 S. 2 Nr. 2 AO um eine Betriebsstätte handelt, ist zur Bestimmung des Leistungsorts auf die in Deutschland gelegene Zweigniederlassung abzustellen452. Die Depotbank führt somit ihre Leistungen gegenüber der in Deutschland ansässigen Kapitalanlagegesellschaft immer in Deutschland aus, weshalb es insoweit auf die Unterscheidung zwischen Ursprungslandund Bestimmungslandprinzip nicht ankommt. Art. 23 OGAW-RL ändert die bisherige Regelung des Art. 8 OGAW-III-RL in der Hinsicht, dass eine Kapitalanlagegesellschaft auch Sondervermögen in anderen Mitgliedstaaten auflegen und verwalten darf, ohne in diesem Staat eine Zweigniederlassung begründen zu müssen. Weil gemäß Art. 23 Abs. 1 OGAW-RL die Depotbank als Verwahrstelle nach wie vor ihren Sitz im Land des Sondervermögens unterhalten oder dort zumindest niedergelassen sein muss, kann es mit der Umsetzung dieser Regelungen der OGAWRL zum 1. Juli 2011 in nationales Recht zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft kommen. Hierbei wird sich die Ortsbestimmung nach dem Bestimmungslandprinzip richten, so dass die Leistungen der Depotbank am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt werden. Denn die Leistungen der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft sind solche eines Unternehmers gegen450 451 452
Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/4. Näheres zur Regelung des § 20 Abs. 2 InvG und dem dortigen Verweis auf das KWG findet sich bei Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 20, Rn. 6 (10/08). Vgl. § 3a Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 UStG a. F. und § 3a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 UStG n. F. bzw. Art. 9 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL, Art. 43, 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. und Art. 44 S. 2, 45 S. 2 MwStSystRL n. F. (die europäischen Regelungen verwenden statt des Begriffs der Betriebstätte den der festen Einrichtung).
139
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
über einem anderen Unternehmer, die dieser für sein Unternehmen bezieht (§ 3a Abs. 2 S. 1 UStG, Art. 44 S. 1 MwStSystRL)453.
II.
Leistungen gegenüber den Anteilinhabern
Weil die Anleger ihren Sitz bzw. Wohnsitz in den verschiedensten Regionen der Welt unterhalten, ist im Hinblick auf die Leistungen der Depotbank gegenüber solchen Anteilinhabern zwischen Ursprungs- und Bestimmungslandprinzip zu unterscheiden, die ihren Sitz bzw. Wohnsitz außerhalb Deutschlands unterhalten. 1.
Leistungen vor dem 1. Januar 2010
a)
Nationale Regelungen
Sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 (19. Dezember 2006) waren die Depotbankleistungen gegenüber den Anlegern, unabhängig davon, ob es sich bei den Anlegern um Unternehmer oder Verbraucher handelte, entsprechend den nationalen Regelungen vom Anwendungsbereich des Bestimmungslandprinzips nicht umfasst. Keine der Katalogleistungen nach § 3a Abs. 4 UStG a. F. umfasste die Tätigkeiten der Depotbank, die sie gegenüber den Anlegern erbringt. Ob Tätigkeiten wie zum Beispiel die Verwahrung nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 InvG oder die Mitwirkung an den Verfügungen des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft nach § 25 InvG unter das Bestimmungslandprinzip nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. d, e UStG fielen, kann an dieser Stelle dahinstehen, weil diese Tätigkeiten nicht gegenüber den Anlegern, sondern gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbracht werden. Tätigkeiten, die der Erfüllung der Pflichten aus § 24 Abs. 3 InvG (Überwachung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände), aus § 27 InvG und der 453
140
Die Frage, ob solche Leistungen, die von der Depotbank gegenüber der KAG erbracht werden vom Katalog des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG umfasst sind, bedarf somit keiner Beantwortung. Denn vor Inkrafttreten des Mehrwertsteuerpakets konnte es entsprechend der OGAW-III-RL nicht zu grenzüberschreitenden Leistungen zwischen Depotbank und KAG kommen und seit dem Inkrafttreten des Mehrwertsteuerpakets ist die Katalogregelung bei Leistungen gegenüber einem Unternehmer nicht mehr einschlägig. Gemäß Philipowski (in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 460 [EL 104, 11/2000]) können zumindest die Leistungen der Depotbank im Zusammenhang mit den von ihr ausgeführten Wertpapiergeschäften unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG und die Tätigkeiten der Abwicklung des Zahlungsverkehrs und des Einlagengeschäfts unter § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG subsumiert werden.
Ort der Leistung
allgemeinen Kontrollpflicht, aus § 28 Abs. 1 InvG (Geltendmachung von Anlegeransprüchen) und aus § 39 Abs. 2 InvG (Abwicklung des Sondervermögens) dienen und damit gegenüber den Anteilinhabern erbracht werden, waren nicht vom Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F.454. umfasst. Im Gegensatz zu den Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft änderte auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bestimmungslandprinzips durch das Jahressteuergesetz 2007 auf solche Leistungen, die in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bezeichnet sind, nicht die Ortsbestimmung der Depotbankleistungen gegenüber den Anteilinhabern. Denn diese Leistungen fielen nach allgemeiner Ansicht ebenso nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank wurden nicht als Teil der Verwaltungstätigkeiten im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und damit nicht als von dieser Regelung bezeichnet angesehen455. Der Ort der Depotbankleistungen, die vor dem 1. Januar 2010 gegenüber den Anteilinhabern erbracht wurden, richtete sich demnach sowohl für Unternehmer als auch Verbraucher nach dem Ursprungslandprinzip, wenn man auf die nationalen Regelungen abstellt. b)
Europäische Regelungen
Ebenso wie bei den Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern ist im Hinblick auf die europäischen Regelungen zu untersuchen, ob die soeben untersuchten nationalen Regelungen den gemeinschaftlichen Vorgaben entsprachen. Weil es sich bei den Depotbankleistungen gegenüber den Anlegern um Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. handelt, muss dies verneint werden. Die bindende Richtlinienregelung gab die Anwendung des Bestimmungslandprin-
454 455
Vgl. Abschn. B. dieses Kapitels zu der Frage, wer Empfänger der einzelnen Depotbankleistungen ist. Vgl. Abschn. 69 Abs. 1 S. 7 UStR 2008; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 4 Nr. 8, Rn. 47; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 461 f. (EL 104, 11/2000); Stadie, UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 32. Diese Sichtweise vertritt die deutsche Finanzverwaltung auch noch heute, vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 19 UStAE sowie BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 10, BStBl. I 2010, 563 ff. Es ist nicht zwingend, die Kontroll- und Überwachungstätigkeit vom Begriff der Verwaltung i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auszuschließen (vgl. Kap. 9, Abschn. C, Punkt II, insbes. Punkt II 3 b und 4). Weil sie aber gemäß Abschn. 69 Abs. 1 S. 7 UStR 2008 (und gemäß dem neuen BMF-Schr.) von der Finanzverwaltung als nicht von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst angesehen werden, muss man im Hinblick auf die Anwendung der nationalen Regelung feststellen, dass sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG a. F. bestimmte.
141
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
zips vor, während die deutsche Transformationsregelung nach allgemeiner Ansicht das Ursprungslandprinzip festlegte. Die Umsätze der Depotbank im Investment-Dreieck sind Bank- und Finanzumsätze, weil sie gemäß Art. 20 Abs. 1, 2 InvG ausschließlich von Kreditinstituten (§ 1 Abs. 1 KWG) erbracht werden können. Wenn ein Kreditinstitut nun aber gemäß § 1 Abs. 1 KWG ein Unternehmen ist, das Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, so muss es sich bei den Depotbanktätigkeiten auch um typische Bankumsätze handeln456. Im Hinblick auf die Frage, ob das Bestimmungslandprinzip einen Leistungsbezug für das Unternehmen voraussetzt, kann auf die Ausführungen zu den Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft verwiesen werden457. Gemäß der Entscheidung in der Rechtsache „TRR“ war es in Bezug auf Leistungen, die vor dem 1. Januar 2010 erbracht wurden, nicht erforderlich, dass sie auch für den unternehmerischen Bereich bezogen wurden. Entsprechend der hier vertretenen Ansicht wurden darüber hinaus selbst solche Leistungen am Ort der Bestimmung ausgeführt, die ein Unternehmer für seine persönliche Verwendung bzw. für sein Personal bezogen hatte458. c)
Die Folgen des Umsetzungsdefizits
Somit führte die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 3, 4 UStG a. F. im Hinblick auf die Depotbankleistungen gegenüber solchen Anlegern, die als Unternehmer ihren Sitz außerhalb Deutschlands oder als Verbraucher ihren Wohnsitz im Drittlandsgebiet hatten, sowohl vor als auch nach dem Jahressteuergesetz 2007 zu richtlinienwidrigen Ergebnissen, weil es sich hierbei um Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL bzw. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. handelte. Eine zeitliche Differenzierung ist jedoch im Hinblick auf die Folgen des Umsetzungsdefizits erforderlich. Während eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in der Fassung bis zum 18. Dezember 2006 aufgrund der unmissverständlichen Begrenzung des Verweises auf § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG ausscheiden musste, kam hinsichtlich der 456
457 458
142
Baur/Ziegler (Investmentgeschäft, Rn. 9/4) bezeichnen die Depotbanktätigkeiten als bankspezifische Tätigkeiten. Selbst nach den – zu restriktiven – Ausführungen des FG Düsseldorf (Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2005, 524 ff. [527], vgl. Kapitel 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) aa)), wonach Bankumsätze solche Umsätze sind, die Banken vorbehalten sind, muss es sich bei den Depotbanktätigkeiten um Bankund Finanzumsätze handeln. Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 c). Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 c) cc).
Ort der Leistung
seit dem 19. Dezember 2006 geltenden Regelung eine richtlinienkonforme Auslegung in Betracht (dazu sogleich). Auf solche Depotbankleistungen, die gegenüber den Anteilinhabern vor dem 19. Dezember 2006 ausgeführt wurden, fand somit das Bestimmungslandprinzip lediglich insoweit Anwendung, als sich die Steuerpflichtigen auf die unmittelbare Anwendung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL beriefen459. Die Verortung der Depotbankleistungen musste seit dem 19. Dezember 2006 anhand des Bestimmungslandprinzips aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung der Ortsbestimmung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG erfolgen. Der Begriff der „Verwaltung“ umfasst auch Kontroll- und Überwachungstätigkeiten. Die Grenzen einer richtlinienkonformen Auslegung werden hierbei nicht überschritten, weil es sich bei den Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank um Aufgaben handelt, die sich auf die Kontrolle und Überwachung der Verwaltung des Investment-Sondervermögens beziehen, so dass sie von der Verwaltung umfasst sind. Die Stellungnahmen aus Finanzverwaltung und Literatur, wonach es sich hierbei nicht um Verwaltungstätigkeiten im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG handelt, erfolgten nicht im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung der Depotbanktätigkeiten, sondern im Hinblick auf die Inhaltsbestimmung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG als Steuerbefreiungstatbestand. Weil aber der deutsche Gesetzgeber die Befreiungsregelungen auch für die Ortsbestimmung heranzieht, muss eine abweichende Auslegung möglich sein. Dies wird ferner dadurch unterstrichen, dass es nach Ansicht der Finanzverwaltung ausreicht, wenn die betreffende Leistung in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bezeichnet ist. Geht man hingegen sogar davon aus, dass der Begriff der Verwaltung in diesem Sinne auch die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank umfasst, so bedarf es nicht einmal einer richtlinienkonformen Auslegung, sondern lediglich einer richtlinienkonformen Anwendung durch die Finanzverwaltung460.
459
460
Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 5 a) zu den Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in der Fassung vor dem 19.12.2006 im Zusammenhang mit den Leistungen der KAG gegenüber den Anlegern sowie zur unmittelbaren Anwendung der Ortsbestimmungen und zum Wahlrecht des Steuerpflichtigen im Hinblick auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinienbestimmungen. Vgl. zum Umfang der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG Kap. 9, Abschn. C, Punkt II 3 b) und 4 a) und b) dd).
143
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
d)
Ergebnis
Der Ort der Depotbankleistungen im Investment-Dreieck bestimmte sich somit für Leistungen gegenüber den Anteilinhabern, die vor dem 1. Januar 2010 ausgeführt wurden, nach dem Bestimmungslandprinzip, wenn der Anteilinhaber entweder ein außerhalb Deutschland ansässiger Unternehmerwar oder als Verbraucher seinen Wohnsitz im Drittlandsgebiet unterhielt. Eine Abweichung vom Bestimmungslandprinzip zugunsten des Ursprungslandprinzips war in diesen Konstellationen nur dann denkbar, wenn sich der Betroffene in Bezug auf Depotbankleistungen, die vor dem 19. Dezember 2006 ausgeführt wurden, auf die Anwendung Ursprungslandprinzips bzw. nicht auf die unmittelbare Geltung des Bestimmungslandprinzips berief. Aufgrund der Möglichkeit der richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Regelung nach der Erweiterung durch das Jahressteuergesetz 2007 bestand ein solches Wahlrecht in diesem Zeitraum nicht mehr. Das Bestimmungslandprinzip fand immer Anwendung. Für Anleger als Verbraucher mit Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet war Deutschland gemäß dem Ursprungslandprinzip Leistungsort. 2.
Leistungen nach dem 1. Januar 2010
Im Hinblick auf die seit dem 1. Januar 2010 geltende Neuregelung des Orts der sonstigen Leistung kann auf die Ausführungen zur Kapitalanlagegesellschaft verwiesen werden, da es für die Ortsbestimmung nicht darauf ankommt, wer die Leistung erbringt. Die Probleme der Neuregelungen bestehen sowohl auf europäischer Ebene (Art. 43 ff. MwStSystRL) als auch auf nationaler Ebene (§ 3a UStG) parallel zu denen bei der Bestimmung des Orts der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft461. Die Leistungen der Depotbank gegenüber einem Anteilinhaber, der Unternehmer ist, werden am Ort der Bestimmung ausgeführt, es sei denn, er bezieht die Leistung für seine persönliche Verwendung bzw. die Verwendung seines Personals. Des Weiteren bestimmt sich der Leistungsort nach dem Sitz des Anlegers, wenn es sich um eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handelt sowie im Fall eines nicht unternehmerisch tätigen Anlegers mit Wohnsitz im Drittlandsgebiet. Wie im Rahmen der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft, ergibt sich diese Rechtslage
461
144
Es kann daher auf den gesamten Komplex, der sich mit der Rechtslage seit dem 1.1.2010 beschäftigt, verwiesen werden (Kap. 3, Abschn. D, Punkt III). Auch die Gedanken zur Beurteilung der Neuregelung (Kap. 3, Abschn. D, Punkt V) sowie die Korrekturvorschläge gelten ebenso für die Depotbankleistungen (Kap. 3, Abschn. D, Punkt VI).
Ort der Leistung
teilweise nicht allein aus der Neufassung der nationalen Transformationsregelung, sondern erst bei einer richtlinienkonformen Auslegung des Katalogs des § 3a Abs. 4 S. 2 UStG. In allen weiteren Fällen richtet sich der Ort der Leistung nach dem Sitz der Depotbank (Ursprungslandprinzip). 3.
Vergleich der alten und der neuen Rechtslage
Das Jahressteuergesetz 2009 führte somit lediglich in Bezug auf Leistungen gegenüber einer juristischen Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu einer Erweiterung des Bestimmungslandprinzips (§ 3a Abs. 2 S. 3 UStG). Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass Verwaltungsleistungen, die vor dem 31. Dezember 2009 erbracht wurden, selbst dann am Ort der Bestimmung ausgeführt wurden, wenn der unternehmerisch tätige Empfänger die Leistung für persönliche Verwendung oder die Verwendung durch das Personal bezog462, so führte die Neufassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie insoweit sogar zu einer Einengung des Bestimmungslandprinzips. Diese Art des Leistungsbezugs wird aufgrund der Einschränkung in Art. 44 S. 1 MwStSystRL am Ort des Ursprungs ausgeführt463.
462 463
Vgl., Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 c) cc). Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt III 3 b) cc).
145
Steuerbarkeit der Umsätze der Depotbank
E.
Ergebnis
Steuerbar sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sämtliche Leistungen, die von der Depotbank im Investment-Dreieck gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbracht werden464. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, auf die die Kapitalanlagegesellschaft zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflicht der aktiven Portfolioverwaltung angewiesen ist. Die Tätigkeiten zur Erfüllung der Aufgaben aus §§ 23, 33 Abs. 1 S. 4 InvG (Anteilsausgabe und -rücknahme, Unterschrift der Anteilsscheine), § 24 Abs. 1, Abs. 2 InvG (Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens), § 25 InvG (Mitwirkung bei Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft), § 26 InvG (Erteilung von Zustimmungen zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft), § 29 Abs. 1 InvG (Vergütungs- und Aufwendungsersatzauszahlung) sowie zur Ausübung der Kontrolle, die sich nicht auf die Pflichterfüllung durch die Kapitalanlagegesellschaft bezieht, sind somit steuerbare Leistungen. Hinzu kommen solche Tätigkeiten, die von der Kapitalanlagegesellschaft auf die Depotbank übertragen wurden, obwohl sie von der Kapitalanlagegesellschaft auch selbst ausgeführt werden können.465 Die Steuerbarkeit der von der Depotbank gegenüber den Anlegern zu erbingenden Leistungen richtet sich nach dem Ort dieser Leistungen. Es handelt sich hierbei um die Leistungen bei der Erfüllung der Pflichten aus § 24 Abs. 3 InvG (Überwachung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände), aus § 28 Abs. 1 InvG (Geltendmachung von Anlegeransprüchen) und aus § 39 Abs. 2 InvG (Abwicklung des Sondervermögens) sowie aus der Erfüllung der Kontrollpflicht in Bezug auf die Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft466. Ist der Anleger Unternehmer mit Sitz außerhalb Deutschlands, so sind die Leistungen in Deutschland nicht steuerbar, es sei denn, die Vermögensanlage erfolgte im Rahmen der persönlichen Sphäre oder für das Personal467. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, wo464
465 466 467
146
Wie bereits in Punkt I dieses Abschnitts erwähnt, werden mit Umsetzung der Neufassung der OGAW-RL (OGAW-IV-RL) auch grenzüberschreitende Leistungen innerhalb eines Investment-Dreiecks zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft möglich. Die Leistungen einer Depotbank gegenüber einer in einem anderen Land ansässigen Kapitalanlagegesellschaft werden gemäß dem Bestimmungslandprinzip am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft besteuert. Vgl. im Einzelnen Abschn. B, Punkt II dieses Kapitels zur Bestimmung der Empfänger der verschiedenen Depotbankleistungen. Vgl. Abschn. B, Punkt II. dieses Kapitels. Dies gilt in jedem Fall für die Rechtslage seit dem 1.1.2010, weil die Einschränkung in Art. 44 S. 1 MwStSystRL eine uneingeschränkte Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf Unternehmer ausschließt (vgl. zu dieser „vermittelnden“ Ansicht Kap. 3, Abschn. D, Punkt III 3 b) dd)).
Ergebnis
nach entsprechend der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „TRR“ auch die persönliche Leistungsverwendung oder die Verwendung durch das Personal die Anwendung des Bestimmungslandprinzips vor dem 1. Januar 2010 nicht ausschloss, waren auch solche Leistungen nicht steuerbar in Deutschland468. Leistungen gegenüber einem nicht unternehmerisch tätigen Anteilinhaber, sind in Deutschland steuerbar, wenn der Anleger seinen Wohnsitz in Deutschland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet unterhält. Unterhält er seinen Wohnsitz hingegen im Drittlandsgebiet, erfolgt die Besteuerung nicht in Deutschland469. Eine zeitliche Differenzierung ist auch im Zusammenhang mit Depotbankleistungen gegenüber einer nicht unternehmerisch tätigen juristischen Person vorzunehmen, die über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügt. Im Gegensatz zur seit dem 1. Januar 2010 geltenden Rechtslage waren solche Leistungen, die vor diesem Zeitpunkt von der Depotbank gegenüber dieser juristischen Person erbracht wurden, in Deutschland steuerbar.
468 469
Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 c) cc) zu dieser Sichtweise auf die Entscheidung in der Rs. „TRR“. Eine Besteuerung in Deutschland war nur ausnahmsweise in Bezug auf Depotbankleistungen möglich, die vor Inkrafttreten des JStG 2007 ausgeführt wurden, wenn sich der Anleger nicht auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie und damit die Anwendung des Bestimmungslandprinzips berief.
147
5. Kapitel: Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs A.
Problemstellung
Die von der Kapitalanlagegesellschaft zur Verwaltung des InvestmentSondervermögens bezogenen Dienstleistungen sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, wenn es sich hierbei um Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn handelt, die von einem Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens im Inland ausgeführt werden470. Während die Unternehmereigenschaft des externen Dienstleisters ebenso wie die Frage, ob dieser die betreffenden Leistungen gegen Zahlung eines Entgelts erbringt, keine Schwierigkeiten bereitet, sind – wie bereits in den beiden vorherigen Kapiteln – vertiefte Ausführungen zum Ort dieser Leistungen erforderlich. Ein Dienstleister, der zur Erzielung von Einnahmen Verwaltungsaufgaben und Beratungsdienstleistungen gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft erbringt, ist unternehmerisch tätig im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG, es sei denn, er ist als Organ in die Kapitalanlagegesellschaft eingegliedert471. Dabei wird der Kapitalanlagegesellschaft ein verbrauchbarer Vorteil zugewandt, für den sie ein zuvor festgelegtes Entgelt entrichtet. Zwischen dem Leistungserbringer und der Kapitalanlagegesellschaft findet ein Leistungsaustausch statt472. Dabei kommt einzig und allein die Kapitalanlagegesellschaft als Leistungsempfänger in Betracht, weil sie Empfängerin des wirtschaftlichen Vorteils ist473. Zwar profitieren auch die Anteilinhaber mittelbar von einer Leistungserbringung durch den externen Dienstleister, jedoch handelt es sich hierbei lediglich um einen Reflex, der bei jeder Form des Bezugs von Eingangsleistungen durch einen Unternehmer im Hinblick auf die Empfänger der von ihm erbrachten Ausgangsleistungen auftritt474. 470 471 472
473
474
Vgl. zu den Umsätzen im Rahmen des externen Leistungsbezugs Kap. 2, Abschn. D. Vgl. Abschn. B dieses Kapitels. Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 12 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 3, BStBl. I 2010, 563 ff. sowie Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 32 (EL 184, 1/2011). Vgl. hierzu das in Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 b) vorgeschlagene Abgrenzungskriterium. Die Finanzverwaltung (vgl. Fn. 472) bringt in diesem Zusammenhang das Argument vor, dass der externe Dienstleister eine der KAG obliegende Pflicht erfüllt. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der zivilrechtlichen Anspruchsinhaberschaft überein. Die KAG beauftragt den externen Dienstleister mittels eines Dienstvertrages,
149
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Weil der externe Dienstleister die von ihm geschuldeten Leistungen außerhalb des Investment-Dreiecks erbringt, bevor sie in das Investment-Dreieck „hineinfließen“, stellen sich hierbei die aus der Konstruktion des Investment-Dreiecks folgenden Schwierigkeiten nicht475.
475
150
aus dem ihr die Erfüllungsansprüche zustehen. Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 1 und 3 zur Bedeutung des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses bei der Bestimmung des Leistungsempfängers. Auch die Finanzverwaltung (vgl. Fn. 472) führt hierzu an, dass der Dritte ausschließlich aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber der KAG tätig wird. Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt I 2.
Organschaft
B.
Organschaft
I.
Wirkung der Organschaft
Nicht nur in Bezug auf die Depotbankleistungen, sondern insbesondere auch im Rahmen des externen Leistungsbezugs wäre die Etablierung eines Organschaftsverhältnisses deshalb aus Perspektive der Beteiligten wünschenswert, weil Organ und Organträger im Umsatzsteuerrecht eine unternehmerische Einheit bilden, so dass es mangels eines vom Leistenden personenverschiedenen Empfängers bereits an einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn fehlt476. Umsätze, die zwischen Organ und Organgesellschaft erbracht werden, sind als so genannten „Innenumsätze“ nicht steuerbar477. Wie bereits im Zusammenhang mit der Organschaft zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank geschildert, kommt diesem steuerlichen Gestaltungsinstrument bei Finanzumsätzen eine besondere Bedeutung zu, weil dem Empfänger der Leistung (Kapitalanlagegesellschaft) in der Regel kein Recht zum Vorsteuerabzug zusteht478.
II.
Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank
Lagert die Kapitalanlagegesellschaft Aufgaben auf die Depotbank aus, so nimmt die Depotbank zwar die Stellung eines externen Dienstleisters ein479. Jedoch ist eine Organschaft zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank keine echte Gestaltungsalternative, weil eine organisatorische Eingliederung gegen zwingende Vorschriften des Investmentrechts verstoßen würde. § 22 Abs. 2 InvG verbietet eine personelle Verflechtung und § 9 Abs. 1 S. 2 InvG legt fest, dass die Kapitalanlagegesellschaft bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Depotbank handeln muss480.
III.
Kapitalanlagegesellschaft und Dienstleister
Zwischen der Kapitalanlagegesellschaft und einem externen Dienstleister ist eine umsatzsteuerliche Organschaft denkbar, so dass Leistungen des externen Dienstleisters nicht steuerbar wären. Rechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Konstruktion eines finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederungsverhältnisses zwischen Kapitalanlagegesell-schaft und Dienstleister. 476 477 478 479 480
Vgl. Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [297]; Stadie, UStG, § 2, Rn. 222. Vgl. Steppert, UR 1994, 343 ff. [344]. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 2, Abschn. D, Punkt II 1. Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt I 2. Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt IV 2 c).
151
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Einer Organschaft stehen oftmals jedoch nicht rechtliche Erwägungen im Weg. Sie lässt sich in vielen Fällen nicht realisieren, weil sie eine in der Regel kapitalintensive Beteiligung an dem externen Dienstleister voraussetzt481 und darüber hinaus das Feld der möglichen Dienstleister erheblich einschränkt. Die Kapitalanlagegesellschaft kann sich gerade nicht den in ihren Augen geeignetsten Dienstleister auswählen und ist zudem anschließend an ihr Organ gebunden482. Im Verhältnis zu einem gewöhnlichen Vertragsverhältnis gestaltet sich die Auflösung eines Organschaftsverhältnisses als schwierig und bringt die Gefahr erheblicher finanzieller Verluste mit sich. Auch führt der Organkreis dazu, dass die nicht abziehbare Eingangsumsatzsteuer des ehemals externen Dienstleisters nun der Kapitalanlagegesellschaft zugerechnet wird. Letztlich entfällt deshalb lediglich die Steuerlast hinsichtlich des durch den Dienstleister geschaffenen Mehrwerts. Obwohl dieser bei personalintensiven Tätigkeiten einen erheblichen Teil der Steuerlast ausmachen kann483, stellt sich trotz der Möglichkeit einer Organschaft immer noch die Frage, ob die Leistung nicht doch als nicht steuerbar (oder zumindest steuerfrei) bezogen werden kann, um die zusätzliche Belastung mit der beim Dienstleister entstehenden nichtabziehbaren Vorsteuer zu eliminieren484. Des Weiteren ist die Beteiligung an dem Dienstleister geeignet, die mit dem Fremdbezug bezweckte Kostensenkung dadurch infrage zu stellen, dass der Organträger durch diese Beteiligung zumindest auch einen Teil der Kosten des Organunternehmens trägt, was auf Seiten des Organs den Anreiz mindern könnte, durch eine effiziente Arbeitsweise Kosten zu senken. Die Kon-
481
482
483 484
152
Vgl. Dahm/Hamacher, UR 2009, 869 ff. [869]. Nachdem der BFH mit Urt. v. 30.4.2009 (V R 3/08, UR 2009, 639 ff.) die sog. Mehrmütterorganschaft im Umsatzsteuerrecht abgelehnt hat, kommt ein Zusammenschluss mehrerer KAGen zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zumindest zur Vermeidung steuerbarer Umsätze nicht in Betracht (vgl. zur Frage der Steuerfreiheit solcher Leistungen eines Gemeinschaftsunternehmens: Kap. 8, Abschn. F). Das Gericht begründet diese Sichtweise zum einen damit, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG von einer Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers spricht, und zum anderen damit, dass eine Behandlung als ein Unternehmen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 UStG) bei mehreren unabhängigen Organträgern nicht möglich ist. Eine erhebliche Beschränkung bei der Auswahl des Dienstleisters ergibt sich des Weiteren bereits aus dem Umstand, dass die Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG auf Leistungen innerhalb Deutschlands beschränkt ist (vgl. Abschn. 2.9 Abs. 1 UStAE). Vgl. Jorczyk, Organschaftsstrukturen, S. 200, 213; Slapio, DStR 2000, 999 ff. [1000 f.]. Die Belastung der KAG verändert sich jedoch dann insgesamt nicht, wenn es ihr gelingt, diese „versteckte Steuer“ durch entsprechende Gebührenerhöhungen auf die Anteilinhaber abzuwälzen. Bei einem umkämpften Markt mit einem entsprechenden Wettbewerb wird ihr dies allerdings schwer fallen.
Organschaft
struktion eines Organschaftsverhältnisses ist deshalb häufig selbst dann, wenn sie rechtlich möglich ist, lediglich zweite Wahl nach der Realisation einer nicht steuerbaren oder zumindest steuerfreien Leistung485.
485
Vgl. zum Ganzen: Schiller, Outsourcing, S. 167 f.
153
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
C.
Ort der Leistung
I.
Problemstellung
Wird die extern bezogene Dienstleistung von einem in Deutschland sitzenden Dienstleister erbracht, liegt der Leistungsort sowohl nach dem Bestimmungs- als auch dem Ursprungslandprinzip in Deutschland, weil in dieser Konstellation Leistender und Leistungsempfänger in Deutschland sitzen. Der Differenzierung zwischen Ursprungs - und Bestimmungslandprinzip kommt somit nur dann eine entscheidende Bedeutung zu, wenn der Dienstleister seinen Sitz außerhalb Deutschlands unterhält. Weil die Leistungen hierbei nicht aus Deutschland heraus, sondern nach Deutschland hinein fließen, führt nicht das Ursprungslandprinzip, sondern das Bestimmungslandprinzip zur Steuerbarkeit der betreffenden Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Anders als im Rahmen der originären Leistungserbringung durch die Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern486 ist es beim Bezug von Leistungen durch die Kapitalanlagegesellschaft erforderlich, nach den verschiedenen Leistungselementen (Portfolio-Management bestehend aus dem Research, Advisory usw., Fonds-Controlling und FondsBuchhaltung) zu unterscheiden, weil hierbei sowohl einzelne Leistungselemente als auch ganze Leistungskomplexe ausgelagert werden können487.
486 487
154
Vgl. Kap. 3, Abschn. D. Die Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung der KAG (vgl. Kap. 3, Abschn. B., Punkt III) kann nicht zu einer einheitlichen Ortsbestimmung führen, wenn die verschiedenen Elemente auf verschiedene Dienstleister übertragen werden, weil Leistungen verschiedener Unternehmer nicht eine einheitliche Leistung bilden (vgl. Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3, Rn. 462 [EL 143, 7/2010]). Anders verhält es sich jedoch, sobald ganze Komplexe auf einen Dienstleister übertragen werden (z. B. das gesamte Portfolio-Management, vgl. Punkt II 1 a) aa) dieses Abschnitts, Fn. 495).
Ort der Leistung
II.
Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2010
1.
Nationale Regelungen
a)
Portfolio-Management-Leistungen
aa)
Bezug des gesamten Portfolio-Managements
Von einem externen Bezug des gesamten Portfolio-Managements soll im Rahmen dieser Untersuchung gesprochen werden, wenn die Kapitalanlagegesellschaft auf den Dienstleister nicht nur die Informationssammlung und aufbereitung sowie die Entwicklung von Anlageempfehlungen auslagert, sondern darüber hinaus auch die Befugnis überträgt, konkrete Anlage- und Umschichtungsentscheidungen zu treffen. Im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Untersuchung ist zu dieser Konstellation auch der Fall zu zählen, dass dem „Berater“ eine faktische Entscheidungsbefugnis zusteht488. Behält sich die Kapitalanlagegesellschaft einerseits in dem zivilrechtlichen Vertrag mit dem externen Dienstleister die formale Entscheidungsbefugnis vor, übernimmt andererseits jedoch praktisch sämtliche Empfehlungen des „Beraters“ ohne weitere eigene Überprüfung oder Erwägung „eins zu eins“, kann man nicht mehr vom Bezug einer Advisory-Leistung als Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung sprechen. Vielmehr ist in diesem Fall im Hinblick auf die umsatzsteuerlichen Folgen von der Auslagerung der Entscheidungsbefugnis auszugehen. Im Fall einer solchen Master-Kapitalanlagegesellschaft489 ist im Hinblick auf die Rechtslage vor dem 1. Januar 2010 danach zu unterscheiden, ob die Leistung vor oder nach dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 (19. Dezember 2006) erbracht wurde. Während sich der Ort der Verwaltungsleistung vor dem 19. Dezember 2006 gemäß § 3a Abs. 1 UStG a. F. nach dem Sitz des Dienstleisters richtete (Ursprungslandprinzip), war für Leistungen, die nach dem 18. Dezember 2006 erbracht wurden, gemäß § 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG das Be-
488
489
Vgl. Bacmeister, IStR 2006, 779 ff. [781]; Philipowski, UR 2005, 672 ff. [672 f.]. Anders jedoch das FG Hamburg (Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff.), indem es auch in einer solchen Konstellation von Beratungsleistungen ausging (vgl. die krit. Anm. Philipowskis a. a. O.). Gemäß Philipowski (DB 2006, 1235 ff. [1238]) und Bacmeister (a. a. O.) wurde diese Gestaltung angewandt, als eine Auslagerung der Entscheidungsbefugnis aufsichtsrechtlich noch nicht zulässig war (vgl. hierzu Kap. 2, Abschn. D, Punkt III). Als Master-KAG bezeichnet man eine KAG, die die Tätigkeiten des PortfolioManagements auf einen externen Dienstleister übertragen hat, vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV.
155
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
stimmungslandprinzip anzuwenden. Der Ort der Verwaltungsleistung lag in Deutschland am Sitz der Kapitalanlagegesellschaft als Leistungsempfängerin490. Ohne den durch das Jahressteuergesetz 2007 eingefügten Verweis auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG konnte das Bestimmungslandprinzip keine Anwendung finden, weil die Verwaltungsleistung mit eigener Entscheidungsbefugnis aus der damaligen Sicht nicht vom Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F. umfasst war491. Eine Beratungsleistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F.) lag bereits deshalb nicht vor, weil hierfür die Entscheidungsbefugnis bei der Kapitalanlagegesellschaft verbleiben muss492. Auch handelt es sich bei der Portfolioverwaltung nicht um eine Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG), weil hiervon ausschließlich die bankmäßige Depotverwahrung umfasst ist. Diese unterscheidet sich von der Portfolioverwaltung aber dadurch, dass gerade keine Entscheidungsbefugnis besteht493. Selbst wenn das Investmentvermögen aus Wertpapieren bestand, wurde die Verwaltungsleistung nicht als Umsatz mit Wertpapieren (§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) angesehen, weil hierzu ausschließlich solche Leistungen zählen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten im Bezug auf Wertpapiere unmittelbar zu begründen oder zu ändern494. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Portfolioverwaltung mit eigener Entscheidungsbefugnis um eine einheitliche Leistung
490
491 492 493
494
156
Vgl. zur Auffassung der nationalen Regelungen vor dem 19.12.2006: FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [525 f.]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [936]; Hahne, IStR 2006, 184 ff. [188]; Philipowski, UR 2004, 647 f. [648]. Vgl. zur Auffassung der nationalen Regelungen nach dem 18.12.2006: Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1066]; Wäger, DStR 2008, 253 f. [253]; de Weerth, DB 2008, 550 ff. [550]. Vgl. zur Unternehmereigenschaft der KAG: Kap. 3, Abschn. A. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [525 f.]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [936]; Hahne, IStR 2006, 184 ff. [188]; Philipowski, UR 2004, 647 f. [648]. Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise zu der Frage, ob die KAG gegenüber den Anteilinhabern Beratungsleistungen erbringt, in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a) und in Punkt II 1 c) dieses Abschnitts. Vgl. die Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a). Darüber hinaus könnten hiervon nur solche Portfolio-Management-Leistungen umfasst sein, die sich auf Wertpapiere und nicht auf die weiteren Anlagegegenstände i. S. d. § 2 Abs. 4 InvG beziehen. Vgl. BFH, Urt. v. 18.7.2002, V R 44/01, UR 2003, 20 f. [21]; FG Düsseldorf, Urt. v. 16.01.2004, 1 K 3363/00 U, UR 524 ff. [526]; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 321/03, UR 667 ff. [670].
Ort der Leistung
handelt495, die jedoch – nach damaliger Ansicht – nicht durch die transaktionsbezogenen Leistungen (zum Beispiel Decision, Realisation), sondern durch die verwaltungsbezogenen Elemente (zum Beispiel Research, Advisory) geprägt wurde, ging man nicht von Wertpapierumsätzen im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG aus496. Erst die Erweiterung des Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG (Jahressteuergesetz 2007) führte dazu, dass Portfolio-Management-Leistungen mit eigener Entscheidungsbefugnis Gegenstand des Kataloges in § 3a Abs. 4 UStG a. F. wurden497. Entgegen früherer Urteile und Verwaltungsverfügungen gingen Rechtsprechung und Literatur bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Jahressteuergesetzes 2007 nicht (mehr) von einer Beschränkung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf die Verwaltungsleistungen aus, die von der Kapitalanlagegesellschaft selbst erbracht wurden498. Vielmehr waren Verwaltungsleistungen Dritter, die nach dem 18. Dezember 2006 ausgeführt wurden, vom Bestimmungslandprinzip umfasst499.
495
496
497 498
499
Die Ausführungen zur Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung der KAG lassen sich auf die Auslagerung des Portfoliomanagements übertragen, wenn das gesamte Porfolio-Management ausgelagert wird (vgl. dazu Kap. 3, Abschn. B, Punkt III). Die einzelnen Elemente (Research, Advisory, Decision, Realisation) treten dann hinter dem Ganzen der Portfolioverwaltung zurück. Vgl. die Nachweise und Ausführungen in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a). Wie bereits im Zusammenhang mit der originären Leistungserbringung durch die KAG stellt sich hier die Frage, ob diese Sichtweise durch neuere Entscheidungen der Rechtsprechungeine Korrektur erfahren hat.Vgl. hierzu ausführlich Kap. 7, Abschn. B, Punkt II sowie die Hinweise in Fn. 135 und Fn. 188). Vgl. Bonertz, DStR 2007, 1066 ff. [1066]; Philipowski, UR 2008, 225 ff. [227]; Wäger, DStR 2008, 253 f. [253]; de Weerth, DB 2008, 550 ff. [550]. Das FG Düsseldorf (Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]) hatte eine derartige Einschränkung mit dem Wortlaut des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL („Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“) begründet, obwohl die deutsche Richtlinienfassung die einzige mit einer solchen Einschränkung war. Es handelte sich vielmehr um einen Übersetzungsfehler. Die Übersetzung der entsprechenden Regelung der MwStSystRL (Art. 135 Abs. 1 Buchst. g) nimmt keine derartige personelle Einschränkung vor. Vgl. zur Finanzverwaltung: FinMin Bayern, Erl. v. 5.12.1983, 36 – S 7160 – 18/5 – 67 171, abgedruckt bei Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 440, Nr. 29. Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [219] (Revisionsentscheidung zum Urt. des FG Düsseldorf v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U); FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670 f.]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [934]; ders., DStR 2007, 1066 ff. [1067]; Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff.; Philipowski, UR 2004, 501 ff. Vgl. ausführlich zum Ganzen die Ausführungen zur Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs unter Berücksichtigung der aktuellen Verwaltungsauffassung Kap. 8, Abschn. C, Punkt I. Auch dieser Fall ist ein Beispiel
157
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
bb)
Research-Leistungen
Beschränkt sich der Dienstleister auf die Überlassung der von ihm ermittelten Informationen (Research), ohne aus diesen Informationen Anlageempfehlungen zu entwickeln, wird er nicht beratend im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. tätig. Dennoch galt das Bestimmungslandprinzip unabhängig davon, ob die Leistungen vor oder nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 ausgeführt wurden. Das Bestimmungslandprinzip fand auf Research-Leistungen auch ohne die Erweiterung des Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG Anwendung500. Denn die Erbringung von Research-Leistungen durch einen externen Dienstleister ist eine Überlassung von Informationen im Sinne von § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG a. F.501. Der externe Dienstleister sammelt und überlässt der Kapitalanlagegesellschaft finanzwirtschaftliche Informationen, die dann in die Entscheidungen des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft einfließen und damit eine wirtschaftliche Verwendung finden502. cc)
Beratungsleistungen
Beschränkt sich der externe Dienstleister nicht auf die Überlassung der gesammelten Informationen, sondern entwickelt aus ihnen Anlage- und Umschichtungsempfehlungen, so bezieht die Kapitalanlagegesellschaft so genannte Beratungs- bzw. Advisory-Leistungen503. Im Gegensatz zur
500
501 502 503
158
für die negativen Auswirkungen der Verweisungslösung des deutschen Gesetzgebers im Rahmen der Ortsbestimmungen für Bank- und Finanzumsätze. Denn die Korrektur der verfehlten Auslegung einer Befreiungsvorschrift führte ebenso zu einer Veränderung der Ortsbestimmung solcher Leistungen in Deutschland. Ob § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG Research-Leistungen umfasst, ist umstritten. Für eine Anwendung von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf Research-Leistungen: Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]. Ablehnend: BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 9, BStBl. I 2010, 563 ff.; Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237]. Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen zur Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs in Kap. 8, Abschn. C, Punkt II. So i. E. Philipowski, UR 2004, 647 f. [647]. Vgl. zur Informationsüberlassung: Abschn. 3a.9 Abs. 16 UStAE; Korn/Leonard, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 3a, Rn. 98; Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a, Rn. 226 (EL 65, 4/2011); Stadie, UStG, § 3a, Rn. 72. Die isolierte Auslagerung des Bereiches Advisory wird hier nicht betrachtet, weil es sich dabei um eine praktisch kaum anzutreffende Konstellation handelt. Die Stelle, die Anlageberatungen vornimmt, ist in der Regel auch mit der Beschaffung der hierfür erforderlichen entsprechenden Informationen betraut (vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, Bd. I, § 4 Nr. 8, Rn. 428 [EL 68, 11/2007]; Hahne/Winkler, DStR 2003 ff. [2009]).
Ort der Leistung
Auslagerung der gesamten Vermögensverwaltung behält sich die Kapitalanlagegesellschaft die Anlage- und Umschichtungsentscheidung vor. Somit gehören auch solche Konstellationen nicht zum Bezug von Beratungsleistungen, in denen dem externen Dienstleister zwar keine formelle, aber eine faktische Entscheidungsbefugnis zukommt. Denn wenn die Kapitalanlagegesellschaft die „Empfehlungen“ des externen Dienstleisters stets eins zu eins umsetzt, ohne sie einer Überprüfung zu unterziehen, behält sie sich tatsächlich gerade nicht die Anlageentscheidung vor504. Vielmehr ist dieser Fall als Auslagerung des Portfolio-Managements inklusive der Entscheidungsbefugnis zu behandeln. Im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Betrachtung kann es nicht auf die Bezeichnung des zivilrechtlichen Auslagerungsvertrages ankommen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Durchführung, die in der geschilderten Konstellation einer Auslagerung der Entscheidung entspricht, weil die „beratene“ Kapitalanlagegesellschaft gerade keine eigenen Entscheidungen trifft. Andernfalls hätten es die Parteien in der Hand, die umsatzsteuerliche Behandlung durch die bloße Bezeichnung der zivilrechtlichen Vereinbarung („Beratungsvertrag“ vs. „Verwaltungsvertrag“) zu beeinflussen505. Vor der Erweiterung des Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ging man einhellig davon aus, dass Beratungsleistungen am Ort des Ursprungs zu besteuern sind, weil sie nach allgemeiner Ansicht nicht unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. fielen506. Beratungsleistungen, die eine Kapitalanlagegesellschaft im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung bezieht, wurden – und werden nach wie vor – überwiegend nicht als Beratungsleistungen im Sinne des 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. angesehen. Dies wurde damit begründet, dass es sich weder um 504
505 506
Vgl. die Kritik Philipowskis (UR 2005, 672 ff. [673]) an der Entscheidung des FG Hamburgs. Das Gericht ging mit der Begründung, dass formell keine Entscheidungsbefugnis übertragen, sondern ein „Beratungsvertrag“ abgeschlossen wurde, von einer Beratungsleistung aus, obwohl sämtliche Anlageempfehlungen über ein Jahrzehnt ohne jegliche Überprüfung sofort umgesetzt wurden (FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]). Vgl. die parallelen Ausführungen zum Bezug des gesamten Portfolio-Managements im vorangehenden Punkt II 1 a) aa). Eine Informationsüberlassung nach § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG a. F. scheidet schon deshalb aus, weil die Beratungsleistung durch die Erarbeitung konkreter Handlungsempfehlungen weit über eine bloße Informationsüberlassung hinausgeht, vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670]. Zwar enthält die Anlageempfehlung ggf. auch die Überlassung der gesammelten Informationen, jedoch ist die Informationsüberlassung dann nicht das prägende Element der Gesamtleistung bzw. nicht die Hauptleistung, vgl. BFH, Urt. v. 25.6.1998, V R 57/97, BStBl. II 1999, 102 f. [103].
159
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
eine sonstige Leistung aus der Tätigkeit eines dort ausdrücklich aufgezählten Berufes noch um eine ähnliche Leistung handelt507. Dabei steht nicht in Frage, dass die Anlageberatung gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft eine Beratungsleistung im Allgemeinen darstellt. Vielmehr erfüllt diese Art der Beratung nicht die weiteren Voraussetzungen des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F., weil sie nicht berufsspezifisch für einen der dort aufgezählten Berufe ist und auch keine ähnliche Leistung darstellt508. Zwar erbringen auch Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Kapitalanlageleistungen, jedoch sind diese Leistungen nicht berufsspezifisch, weil sie von ihnen nicht hauptsächlich und gewöhnlich erbracht werden509. Auch handelt es sich nicht um eine ähnliche Leistung anderer Unternehmer, da die Beratung im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung für keinen der in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. genannten Berufe typisch ist510. Mit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 kam aber das Bestimmungslandprinzip dann in Betracht, wenn man solche Beratungsleistungen als von der Befreiungsnorm des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst ansieht. An die507
508 509 510
160
Vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen dieser Regelung: BFH, Urt. v. 5.6.2003, V R 25/02, UR 2003, 446 ff.; Birkenfeld USt-Hdb, Bd. I, § 76, Rn. 51 ff. (EL 55, 4/2011); Korn/Leonard, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 3, Rn. 92 ff.; Stadie, UStG, § 3a, Rn. 69. Vgl. zum konkreten Fall der Kapitalanlageberatung: BFH, Urt. v. 29.1.1998, V R 67/96, UR 1998, 460 ff. [461f.]; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [935 f.], der eine andere Ansicht jedoch als „nachvollziehbar“ bezeichnet; Hahne, IStR 2006 184 ff. [188]. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [935 f.]; Hahne, IStR 2006 184 ff. [188]; Kemper, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 3a, Rn. 373 (EL 190, 1/2012). Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [936]. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]. Dies kann man mit guten Gründen auch anders sehen, vgl. Stadie, UStG, § 3a, Rn. 69; ders., in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 3a nF, Rn. 532 (EL 144, 10/2010). Aus den Ausführungen am Ende der Sachverhaltsdarstellung im Urt. des FG Hamburg (a. a. O.) ergibt sich, dass das beklagte Finanzamt in seinem Antrag auf Klageabweisung hingegen davon ausging, dass es sich bei dieser Art der Beratung doch um Beratungsleistungen i. S. d. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. handelt. Auch in einer Entscheidung des FG Hamburg aus dem Jahr 1987 (FG Hamburg, Urt. v. 18.2.1987, II 373/86, UR 1989, 344 ff.) ergibt sich, dass das Gericht in diesem Urteil den Begriff der Beratungsleistung weit verstand und ihn nicht durch das Kriterium der Ähnlichkeit zu den aufgezählten Berufen einschränkte. Vgl. ausführlich zu der Frage, ob die herrschende Sichtweise tatsächlich den Richtlinienvorgaben des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL bzw. Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. bzw. Art. 59 Buchst. c MwStSystRL n. F. entspricht, Punkt II 2 a) bb) (1) dieses Kapitels.
Ort der Leistung
ser Stelle wäre deshalb entsprechend der Systematik des deutschen Umsatzsteuergesetzes die Frage zu beantworten, ob die Konstellation der Auslagerung der Informationssammlung und der Entwicklung von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerbefreit erfolgen kann. Gemäß der im Rahmen dieser Untersuchung vertretenen Ansicht fallen solche Leistungen größtenteils unter § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, weshalb es durch das Jahressteuergesetz 2007 zu einem Wechsel zum Bestimmungslandprinzip gekommen sein müsste511. Folgt man jedoch den Vertretern der Ansicht, dass solche Leistungen nicht unter § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG fallen, bestimmte sich der Leistungsort auch über den 19. Dezember 2006 hinaus nach dem Ursprungslandprinzip. Ob der Umstand für das Bestimmungslandprinzip sprach, dass die Verweisungsnorm des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. auch solche Leistungen umfasst, die von der betreffenden Befreiungsregelung nur bezeichnet sind, ist mehr als fraglich. Schließlich soll entsprechend der Vertreter der Ansicht, dass die Beratung nicht von § 4 Nr. 8 Buchst. h umfasst ist, dies vor dem Hintergrund gelten, dass der Begriff der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG gerade nicht Beratungsleistungen umfasst. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass in Deutschland vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 das Ursprungslandprinzip angewandt wurde, während ab diesem Zeitpunkt unklar war, ob es bei der Besteuerung im Land des Dienstleisters blieb512. b)
Controlling-Leistungen
Weil Controlling-Tätigkeiten unter den Begriff der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG fallen, galt das Bestimmungslandprinzip zumindest für Leistungen, die nach dem 18. Dezember 2006 bezogen wurden513.
511 512 513
Vgl. im Einzelnen zur Befreiung des externen Bezugs von Advisory-Leistungen Kap. 8, Abschn. C, Punkt III. An diesem Beispiel lässt sich wiederum gut erkennen, dass die Verweisungstechnik des deutschen Gesetzgebers zur Folge hat, dass die Probleme der Steuerbefreiungen bereits im Rahmen der Ortsbestimmung Auswirkungen zeitigen können. Vgl. zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf das Fonds-Controlling Philipowski (DB 2006, 1235 ff. [1238 f.]) und insbesondere die Ausführungen und Nachweise zur Steuerfreiheit des externen Bezugs von Controlling-Leistungen in Kap. 8, Abschn. D. An dieser Stelle wird auch dargestellt, dass die Finanzverwaltung grundsätzlich davon ausgeht, dass Controlling-Leistungen als Teil der Verwaltung anzusehen sind (vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 UStAE sowie BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.). Zwar setzt das BMF für eine Befreiung darüber hinaus voraus, dass der externe Dienstleister neben dem Controlling wesentliche Teile der administrativen Verwaltung erbringt, jedoch
161
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Im Gegensatz hierzu galt für Controlling-Leistungen, die vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 ausgeführt wurden, entsprechend der nationalen Regelung des § 3a Abs. 1 UStG a. F. das Ursprungslandprinzip. Eine weitere Katalogregelung des § 3a Abs. 4 UStG a. F. war nicht einschlägig. Aufgabe der Controlling-Abteilung ist es, zu überprüfen, ob die vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen bei Geschäften mit Anlagegegenständen eingehalten wurden, um dann die notwendigen Maßnahmen zur Korrektur ermittelter Überschreitungen vertraglicher und gesetzlicher Anlagegrenzen einzuleiten514. Eine Beratungsleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. musste entsprechend der nationalen Sichtweise bereits deshalb ausscheiden, weil es sich hierbei keinesfalls um eine sonstige Leistung aus der Tätigkeit eines dort aufgezählten Berufes oder um eine ähnliche Leistung handelt515. Ebenso beschränkt sich das Fonds-Controlling nicht auf die Überlassung von Informationen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG a. F. c)
Buchhaltungsleistungen
Gemäß der nationalen Rechtslage nach dem 18. Dezember 2006 fand das Bestimmungslandprinzip Anwendung. Weil der Verwaltungsbegriff des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG sowohl die Fonds-Buchhaltung im weitesten Sinne als Ganzes als auch die einzelnen Teilbereiche der Fonds-Buchhaltung (Buchhaltung im engeren Sinn, Bewertungswesen und Rechnungslegung inklusive Berichtswesen, vgl. Kap. 2, Abschn. B) umfasst516, bestimmte sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in Verbindung mit § 4 Nr.
514 515
516
162
dürfte es für das Erfordernis des „Bezeichnetseins“ genügen, dass das Controlling einen Teil der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG darstellt (vgl. zu dem Aspekt, dass ein bloßes „Bezeichnetsein“ für die Ortsverlagerung genügt: Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ee)). Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238 f.]. Vgl. zu dieser nationalen Sichtweise die Ausführungen zu den Beratungsleistungen mit den dortigen Nachweisen in Punkt II. 1 a) cc) dieses Abschnitts. Ferner hinge die Annahme einer Beratungsleistung davon ab, ob der Dienstleister lediglich Handlungsempfehlungen ausspricht oder ob ihm die Befugnis zusteht, Korrekturmaßnahmen eigenständig einzuleiten. Vgl. zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf die Fonds-Buchhaltung die Ausführungen und Nachweise zur Steuerfreiheit des externen Bezugs von Buchhaltungsleistungen in Kap. 8, Abschn. E. Vgl. des Weiteren die Ausführungen in Fn. 513 zu dem Aspekt, dass die deutsche Finanzverwaltung zwar im Hinblick auf Befreiung weitere Voraussetzungen aufstellt, dabei jedoch zumindest davon ausgeht, dass es sich bei diesen Leistungen um einen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens handelt. Damit dürften die Buchhaltungsleistungen in jedem Fall zumindest von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG „bezeichnet“ sein.
Ort der Leistung
8 Buchst. h UStG nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft als Leistungsempfängerin. Damit kam es durch die Erweiterung des Katalogs in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. durch das Jahressteuergesetz 2007 zumindest in weiten Bereichen der Ortsbestimmung zu einer Ablösung des Ursprungslandprinzips. Soweit man die Abbildung von Geschäftsvorfällen (Buchhaltung im engeren Sinn) als Datenverarbeitung im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 4 UStG ansieht, kam es zwar bei der Auslagerung dieses Bereiches bereits vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 zur Anwendung des Bestimmungslandprinzips517, jedoch galt dies jedenfalls nicht für die weiteren Bereiche der Fonds-Buchhaltung. Ohne den Verweis auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG waren Leistungen wie etwa die Ermittlung des Wertes des Sondervermögens und der einzelnen Anteile der Anleger sowie das Erstellen von Berichten im Sinne des § 44 InvG nicht vom Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a. F. umfasst. Datenverarbeitungs- und Informationsüberlassungsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 4 und 5 UStG a. F. sind zwar unter Umständen Bestandteil der genannten Tätigkeiten, stellen jedoch allenfalls Teilbereiche dieser Aufgaben dar und sind nicht geeignet, sie derartig zu prägen, dass eine Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf der Basis dieser Alternativen des Katalogs in § 3a Abs. 4 UStG in Betracht kam. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zog in einem Urteil vom 18. Mai 2011 gar nicht in Erwägung, dass es sich bei Buchhaltungsleistungen um Datenverarbeitungsleistungen bzw. Informationsüberlassungsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 4 bzw. Nr. 5 UStG a. F. handelt. Vielmehr prüfte das Gericht ausschließlich, ob Buchhaltungleistungen den Tatbestand des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. (sonstige Beratungsleistungen) erfüllen, was es im Ergebnis jedoch ablehnte518. d)
Ergebnis
Entsprechend der nationalen Regelungen ergibt sich folgendes Bild hinsichtlich des Orts des externen Leistungsbezugs durch eine Kapitalanlagegesellschaft vor dem 1. Januar 2010: Wurde der gesamte Bereich des Portfolio-
517
518
Als Datenverarbeitung wird hierbei die Speicherung, Umwandlung, Verknüpfung und Verarbeitung von Daten in Datenverarbeitungsanlagen mit anschließender Übermittlung der Ergebnisse an den Auftraggeber bezeichnet, wobei die Daten manuell, elektrisch oder auch mechanisch verarbeitet werden können, vgl. Abschn. 39 Abs. 15 UStR 2008; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 180 (EL 91, 5/2011). Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.52011, 7 K 7226/07, DStRE 2012, 181 ff. Die Revision wurde zum BFH eingelegt (Az: V R 20/11).
163
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Managements ausgelagert, so bestimmte sich der Leistungsort vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 nach dem Sitz des externen Dienstleisters (Ursprungslandprinzip), während er sich seit diesem Zeitpunkt nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft richtete (Bestimmungslandprinzip). Die gleiche Zäsur bildete das Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 im Zusammenhang mit dem externen Bezug von Beratungsleistungen, von Controlling-Tätigkeiten sowie der Auslagerung der Fonds-Buchhaltung. Nachdem zuerst das Ursprungslandprinzip die Ortbestimmung determinierte, wurde dieses Prinzip anschließend durch das Bestimmungslandprinzip verdrängt. Im Gegensatz dazu bestimmte sich der Leistungsort in Bezug auf ResearchLeistungen sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Bestimmungslandprinzip). 2.
Europäische Regelungen
a)
Portfolio-Management-Leistungen
aa)
Bezug des gesamten Portfolio-Managements
Entsprechend der Richtlinienvorgaben ist auf die durch eine MasterKapitalanlagegesellschaft bezogenen Portfolio-Management-Leistungen das Bestimmungslandprinzip anzuwenden. Denn Verwaltungsleistungen mit eigener Entscheidungsbefugnis sind Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F.519. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes nicht personell, sondern sachlich abgegrenzt wird520. Übernimmt ein Dienstleister die originären Portfolio-Management-Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft vollständig, so kann es für die Ortsbestimmung keinen Unterschied machen, ob diese Tätigkeiten von der Kapitalanlagegesellschaft selbst oder von einem Dritten erbracht werden. Dass externe Verwaltungsleistungen mit eigener Entscheidungsbefugnis vom Begriff des Bank- und Finanzumsatzes umfasst sind, ergibt sich auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache 519
520
164
Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, VR 22/04, UR 2008, 215 ff. [218]; Hahne, DStR 2004, 1376 ff. [1278 f.]; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148 f.]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1800]; Schiller, Outsourcing, S. 140 (für den Fall der Leistung eines in Deutschland ansässigen Dienstleisters ins Ausland). Vgl. zur Ablehnung einer personellen Abgrenzung Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) bb).
Ort der Leistung
„BBL“521. Diese Entscheidung befasste sich mit der Konstellation, dass eine belgische Bank (BBL) gegenüber einer luxemburgischen SICAV522 verschiedene Dienstleistungen in Bezug auf die Verwaltung eines Investmentvermögens erbrachte. Sie beschränkte sich dabei nicht auf Beratungsdienstleistungen, sondern übernahm ebenso Verwaltungstätigkeiten, für die eine rechtliche oder faktische Entscheidungsbefugnis kennzeichnend war523. Im Hinblick auf die Ortsbestimmung ließ es der Europäische Gerichtshof dann aber dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Leistungen der BBL lediglich beratend oder doch durch eine Entscheidungsbefugnis geprägt waren, indem er ausführte, dass „Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL (Anm. d. Verf.: Beratungsleistungen, Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. bzw. Art. 59 Buchst. c MwStSystRL) und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL (Anm. d. Verf.: Bank- und Finanzumsätze, Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. bzw. Art. 59 Buchst. e MwStSystRL) sowohl Beratungsleistungen als auch Bank- und Finanzumsätze umfasse“524. Dann müssen aus Sicht des Gerichts aber jene Verwaltungsdienstleistungen, die über den Bereich der Beratungsleistung hinausgehen, Bankund Finanzumsätze sein, um das Bestimmungslandprinzip begründen zu können525. bb)
Beratungsleistungen
(1)
Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F.
Im Gegensatz zur deutschen Transformationsregelung des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG waren Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Vermögensverwaltungsleistungen von Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F.526 umfasst527. Anders als die deutsche Regelung bezeichnet Art. 56 Abs. 1 Buchst.
521 522
523 524 525 526 527
EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03, IStR 2004, 862 ff. Vgl. Philipowski, UR 2004, 647 f. SICAV steht für Société d’Investissement à Capital Variable. Sie entspricht der deutschen Investment-Aktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§§ 96 ff. InvG), vgl. Fromm, IStR 2005, 227 ff. [230]. Weil die Ortsbestimmung rechtsformunabhängig erfolgt, müssen die Aussagen des EuGH zum Ort der Leistung auch für Investment-Sondervermögen gelten. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 12, 46, IStR 2004, 862 ff. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 47, IStR 2004, 862 ff. Vgl. Hahne, IStR 2006, 184 ff. [186]; Pick, WuB X. Art. 4 der 6. RL 77/388/EWG 1.05. Vgl. Philipowski UR 2004, 647 f. Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL und Art. 59 Buchst. c MwStSystRL. So i. E. wohl auch Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. III, Art. 9 6. EGRL, Rn. 34 (EL 55, 7/2005), wenn er ausdrücklich erwähnt, dass auch Beratungs-
165
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
c MwStSystRL a. F. die Tätigkeiten von Beratern ausdrücklich an der ersten Stelle der Aufzählung der Berufe, deren Dienstleistungen entsprechend dem Bestimmungslandprinzip zu verorten sind528. Im Vergleich hierzu nennt § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. die Beratungsleistung nicht als Tätigkeit eines eigenständigen Berufes, sondern als Beispiel („insbesondere“) für eine ähnliche Leistung anderer Unternehmer. Vor dem Hintergrund dieses Wortlautunterschiedes wird deutlich, dass die deutsche Sichtweise zu § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F.529 nicht auf Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. übertragen werden kann. Während eine Beratungsleistung in der deutschen Umsetzung nur dann umfasst ist, wenn sie einer der Tätigkeiten der ausdrücklich aufgezählten Berufe (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw.) ähnlich ist, stellen in der Richtlinie die Tätigkeiten eines Beraters eine eigenständige Kategorie dar530. Die Beratungsleistung braucht insofern gerade nicht typisch oder gewöhnlich für einen der anderen aufgezählten Berufe sein. Das Finanzgericht Hamburg weist zwar ausdrücklich auf diesen Wortlautunterschied hin, verneint aber dennoch unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „von Hoffmann“531 die Anwendung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. auf die Anlageberatung532. In der Rechtssache „von Hoffmann“ ging es aber nicht um Beratungsleistungen, sondern um die Frage, ob Schiedsrichterleistungen von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL umfasst sind. In Bezug auf Schiedsrichterleistungen stimmt die deutsche Regelung mit der Richtlinie überein, weil die Schiedsrichtertätigkeit sowohl in der deutschen als auch in der europäischen Regelung nicht zu den ausdrücklich genannten Berufen zählt. Insoweit kam es also zutreffenderweise auf die Ähnlichkeit der Schiedsrichterleistung mit dem Beruf des Anwalts (bzw. einem anderen aufgezählten Beruf) an. Im Gegensatz hierzu ist jedoch der
528
529 530
531 532
166
leistungen gegenüber Investmentgesellschaften umfasst sind und dabei auf die Entscheidung in der Rechtssache „BBL“ verweist. Die Bezeichnung „Berater“ wird hierbei vom EuGH auch als eine eigenständige Berufsbezeichnung verwendet, vgl. EuGH, Urt. v. 16.9.1997, Rs. C-145/96 (von Hoffmann), Rn. 18, 24 f., UR 1998, 17 f.; EuGH, Urt. v. 6.3.1997, Rs. C-167/95 (Linthorst, Pouwels en Scheres), Rn. 22, UR 1997, 217 f. [218]. Vgl. Punkt II. 1. a) cc) dieses Abschnitts zur nationalen Sichtweise. Ebenso erwähnt der BFH (Urt. v. 5.6.2003, V R 25/02, UR 2003, 446 ff. [447]), dass die Richtlinienregelung – anders als § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG – den Berater aufzählt, beschäftigt sich aber nicht weiter mit diesem Unterschied. In dieser Entscheidung ging es um die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers, der bereits keine Beratungsleistungen im Allgemeinen erbringt. EuGH, Urt. v. 16.9.1997, Rs. C-145/96 (von Hoffmann), UR 1998, 17 f. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [669]. Ebenso Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [936].
Ort der Leistung
Beruf des Beraters in der Richtlinie ausdrücklich genannt, weshalb ein Vergleich mit dem Anwaltsberuf (oder eines anderen aufgezählten Berufes) im Hinblick auf den Inhalt der Richtlinie unerheblich ist. Die Entscheidung in der Rechtssache „von Hoffmann“ ist somit im Fall der Anlageberatung nicht einschlägig. Vielmehr lässt der Richtlinienwortlaut keinen Rückschluss darauf zu, dass es für Beratungsleistungen überhaupt auf die Ähnlichkeit zu einem der anderen Berufe ankäme. Die Beratung in diesem Sinne kann vielmehr jedes Gebiet betreffen533. Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „BBL“534 ergibt sich zudem nicht nur, dass Verwaltungsleistungen mit eigener Entscheidungsbefugnis Bank- und Finanzumsätze sind (vgl. Punkt II. 2. a) aa) dieses Abschnitts), sondern ebenso, dass Beratungsdienstleistungen im Hinblick auf das Portfolio-Management einer Kapitalanlagegesellschaft Beratungsleistungen im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. sind535. Wenn das Gericht im Hinblick auf den Leistungsort offen lässt, ob es sich in dem konkreten Fall um Beratungsleistungen oder Bank- und Finanzumsätze handelt, indem es ausführt, dass Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL sowohl Beratungsleistungen als auch Bank- und Finanzumsätze umfasse536, so scheint es eine genaue Zuordnung der Beratungsumsätze deshalb für unerheblich zu halten, weil die Beratungsleistungen gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft in jedem Fall auch von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL umfasst sind. Andernfalls hätte das Gericht nicht auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL verweisen können. Es hätte vielmehr ausdrücklich klären müssen, ob die Beratungsleistungen der BBL als Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL anzusehen sind. (2)
Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F.
Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentvermögens sind darüber hinaus auch als Bank- und Finanzumsatz anzu533 534 535
536
So ausdrücklich Stadie (UStG, § 3a, Rn. 69, Fn. 6) mit der Begründung, dass Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. ausdrücklich den Beruf des Beraters erwähnt. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), UR 2004, 642 ff. So auch Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. III, Art. 9 6. EG-RL, Rn. 34 (EL 55, 7/2005), wenn er zur Begründung der Aussage, dass Beratungsleistungen gegenüber Investmentgesellschaften ebenso von Art. 9 der 6. EG-RL umfasst sind, auf die BBL-Entscheidung verweist. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 47, UR 2004, 642 ff. Vgl. Hahne, IStR 2006, 184 ff. [186]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 196; Pick, WuB X. Art. 4 der 6. RL 77/388/EWG 1.05.
167
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
sehen. Weil die einzelnen Tatbestände des Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL a. F. nicht in einem Vorrang- oder gar Ausschlussverhältnis zueinander stehen, kann dem auch nicht der Umstand entgegen gehalten werden, dass es sich hierbei bereits um Beratungsleistungen im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. handelt. Folglich musste das Bestimmungslandprinzip selbst dann auf Beratungsleistungen angewendet werden, wenn man sie – entgegen der hier vertretenen Ansicht – nicht unter Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. fasst. Anlageberatungsleistungen zählen zu den Bank- und Finanzumsätzen, weil sie Element der Leistungen sind, die im Bank- und Finanzwesen typischerweise erbracht werden und darüber hinaus für diesen Wirtschaftsbereich kennzeichnend sind537. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Tätigkeiten eine Entscheidungsbefugnis beinhalten. Vielmehr besteht ein Großteil der Umsätze ebenso in Leistungen, die eine Entscheidung des Auftraggebers lediglich vorbereiten. Der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes beschränkt sich gerade nicht auf solche Tätigkeiten, die entsprechend der Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EGRL geeignet sind, Rechtsänderung in Bezug auf die Anlagegegenstände herbeizuführen538. Wie bereits im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung für die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt, ist eine Beschränkung des Begriffs des Bank- und Finanzumsatzes durch die Steuerbefreiungsvorschriften nicht zulässig539. Sie kann allenfalls dadurch unterstützt werden, dass der betreffende Umsatz steuerfrei nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL ist. Darüber hinaus ist nicht verständlich, warum ausschließlich auf Finanzumsätze im Sinne des Befreiungsvorschrift des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL abgestellt werden sollte. Das Bewirken von Rechtsänderungen durch den betreffenden Umsatz ist kein allgemeines Erfordernis der Befreiungsvorschriften, sondern auf die Alternativen des Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL beschränkt540. 537 538
539 540
168
Vgl. bereits die Ausführungen zum Bank- und Finanzumsatz im Zusammenhang mit der originären Leistungserbringung durch die KAG in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ff). Dieses Erfordernis würde im Ergebnis dazu führen, dass nur solche Umsätze umfasst wären, die eine eigene Entscheidungsbefugnis beinhalten. Für einen entsprechenden Rückgriff auf die Befreiungsvorschriften: FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527]; BMF, Schr. v. 13.10.2008, IV B 9 – S 7117-f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 3a, Rn. 188.2 (EL 91, 5/2011); Schiller, Outsourcing, S. 144. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ee). Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 c).
Ort der Leistung
Folgt man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – der Ansicht, dass Beratungsleistungen in Bezug auf die Vermögensverwaltung aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs nicht von Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. umfasst sind541, so muss man im Gegenzug das Urteil in der Rechtssache „BBL“ so auffassen, dass auch Beratungsleistungen Bank- und Finanzumsätze darstellen. Die Äußerung des Europäischen Gerichtshofs, dass Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 5 der 6. EG-RL sowohl Beratungsleistungen als auch Bank- und Finanzumsätze umfasse, würde dann nämlich zwingend bedeuten, dass der Europäische Gerichtshof davon ausgeht, dass Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. (Bank- und Finanzumsätze) auch Beratungsleistungen umfasst542. cc)
Research-Leistungen
Die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf Research-Leistungen folgt bereits daraus, dass es sich hierbei um die Überlassung von Informationen im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst c MwStSystRL a. F. handelt. Der Dienstleister überlässt der Kapitalanlagegesellschaft finanzwirtschaftliche Informationen, die in die Entscheidungen des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft einfließen543. Zudem umfasst auch der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes auch Research-Leistungen eines externen Dienstleisters. Die Sammlung von Informationen über Märkte und mögliche Anlageobjekte ist eine Tätigkeit, die typischerweise von Banken und anderen Finanzdienstleistern gegen Entgelt erbracht werden. Eine Vielzahl von Tätigkeiten ist im Finanzbereich ohne entsprechende Informationsgrundlage nicht denkbar. Weil der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes nicht personenbezogen ist, kann es hierbei keinen Unterschied machen, ob eine Leistung von der Kapitalanlagegesellschaft oder von einem externen Dienstleister erbracht wird, solange es sich um eine Tätigkeit handelt, die für die originäre Leistungserbringung durch
541 542 543
Vgl. hierzu die Ausführungen in Punkt II 2 a) bb) (1) dieses Abschnitts mit den dortigen Nachweisen. Damit steht aber die Frage im Raum, warum der EuGH auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e Spiegelstrich 3 der 6. EG-RL (Beratungsleistungen) verweist. Vgl. Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. III, Art. 9 6. EG-RL, Rn. 34 (EL 55, 7/2005) dazu, dass auch die Informationsüberlassung an Investmentgesellschaften von dieser Regelung umfasst sind (so i. E. auch: Philipowski, UR 2004, 647 f. [647]). Vgl. Stadie, UStG, § 3a, Rn. 72 zu den Voraussetzungen der deutschen Umsetzungsregelung in § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG a. F.
169
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
die Kapitalanlagegesellschaft wesentlich und typisch ist544. Geht man davon aus, dass das Portfolio-Management einer Kapitalanlagegesellschaft einen Bank- und Finanzumsatz darstellt, so gilt dies auch für die Erbringung eines typischen und wesentlichen Teilbereiches wie etwa den des Research545. b)
Controlling-Leistungen
Controlling-Leistungen eines externen Dienstleisters in Bezug auf ein Investment-Sondervermögen fallen unter den Begriff des Bank- und Finanzumsatzes im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. Die Überwachung von Risiken und die Kontrolle der Einhaltung regulatorischer Anforderungen gesetzlicher und vertraglicher Art ist eine Tätigkeit, die in der Regel von jedem Dienstleister im Bank- und Finanzbereich zu erbringen ist. Risiken gilt es stets zu kontrollieren, wofür es gerade auf die Einhaltung regulatorischer Anforderungen ankommt. Es handelt sich mithin um einen typischen Umsatz im Bank- und Finanzwesen. Dem steht nicht entgegen, dass Controlling-Leistungen auch in anderen Bereichen des Wirtschaftslebens erbracht werden. Denn das Fonds-Controlling ist nicht irgendeine Form des Controlling, sondern die Überwachung im Zusammenhang mit der Anlage wirtschaftlich fremden Kapitals546. Ferner handelt es sich hierbei um eine Leistung, die unter den Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fällt547. Zwar wird der Begriff des Bank- und Finanzumsatzes nicht durch den Umfang der Befreiungsvorschriften begrenzt, jedoch ist ein nach Art. 135 Abs.
544 545
546 547
170
Vgl. zur sachlichen Abgrenzung des Bank- und Finanzumsatzes anhand einer typisierenden Betrachtung die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ff). Geht man zutreffenderweise mit Hahne/Winkler (DStR 2003, 2005 ff. [2009]) davon aus, dass solche Leistungen ebenso von der Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL umfasst sind, so ergibt sich die Eigenschaft als Bank- und Finanzumsatz bereits hieraus. Die Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 18 Nr. 2 UStAE sowie BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 9, BStBl. I 2010, 563 ff.) und Philipowski (DB 2006, 1235 ff. [1237]) lehnen die Steuerfreiheit dieser Umsätze ab, woraus jedoch entsprechend der Argumentation aus Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ee) nicht geschlussfolgert werden kann, dass Research-Leistungen keinen Bank- und Finanzumsatz darstellen. Vgl. zur Steuerfreiheit dieser Umsätze im Einzelnen: Kap. 8, Abschn. C, Punkt II. Das Fonds-Controlling ist insoweit vom Controlling der eigenen Geschäftsrisiken der KAG zu unterscheiden. Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]; Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237] sowie die Ausführungen in Fn. 513 zur Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung. Vgl. ausführlich zur Steuerfreiheit dieser Umsätze: Kap. 8, Abschn. D.
Ort der Leistung
1 Buchst. b bis g MwStSystRL befreiter Umsatz stets ein Bank- und Finanzumsatz548. Geht man – wie hier vertreten – davon aus, dass die Beratung im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. nicht eine Ähnlichkeit zur spezifischen Tätigkeit eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters erfordert, sondern jedes Gebiet betreffen kann549, so könnte sich die Ortsbestimmung anhand des Bestimmungslandprinzips bereits daraus ergeben, dass es sich bei den Controlling-Leistungen um Beratungsleistungen in diesem Sinne handelt. Aufgabe der Controlling-Abteilung ist es, zu überprüfen, ob die vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen bei den Geschäften mit den Anlagegegenständen eingehalten wurden. Ob es sich hierbei um eine Beratungsleistung handelt, hängt letztlich davon ab, ob der mit dem Fonds-Controlling betraute Dienstleister über eine Entscheidungsbefugnis dahingehend verfügt, konkrete Handlungsanweisungen zur Korrektur von ihm ermittelter Überschreitungen vertraglicher und gesetzlicher Anlagegrenzen vorzunehmen (dann keine Beratungsleistung) oder ob er ledig-lich auf den betreffenden Missstand hinweist und dazu auch konkrete Handlungsempfehlungen abgibt (dann Beratungsleistung). c)
Buchhaltungsleistungen
Werden die Leistungen der Fonds-Buchhaltung (Back-Office)550 ausgelagert, bestimmt sich der Leistungsort nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Bestimmungslandprinzip), weil es sich hierbei um einen Bank- und Finanzumsatz im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL handelt551. Zur Fonds-Buchhaltung als Bank- und Finanzumsatz kann hierbei im Wesentlichen auf die Ausführungen zum externen Bezug von Research- und Controlling-Leistungen verwiesen werden552. Zwar stehen im Bank- und Finanzwesen oftmals operative Entscheidungen im Mittelpunkt der Wahrnehmung durch Außenstehende, jedoch sind Tätigkeiten, wie etwa die Wer548 549 550 551
552
Vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 4 b) ee). Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen in Punkt II 2 a) bb) (1) dieses Abschnitts. Bezieht die KAG sowohl das Fonds-Controlling als auch die Fonds-Buchhaltung und beschränkt sich damit auf das Portfolio-Management, so spricht man von einer sog. Asset-Manager-KAG, vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV. Soweit man die Buchhaltung i. e. S. als Datenverarbeitung gemäß Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL auffasst, folgt das Bestimmungslandprinzip zudem aus dieser Regelung, wenn allein diese Tätigkeiten extern bezogen werden. Vgl. die Ausführungen zur Buchhaltungsleistung als Datenverarbeitung in Punkt II 1 c) dieses Abschnitts. Vgl. Punkt II 2 a) cc) und Punkt II 2 b) dieses Abschnitts.
171
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
termittlung von Anlageportfolios, die Abbildung von Geschäftsvorfällen sowie die Dokumentation der Geschäfte des Portfolio-Managements, ebenso typische und wesentliche Leistungen des Bank- und Finanzsektors. Kaum ein Kunde würde Dienstleistungen aus diesem Bereich wahrnehmen, wäre nicht gewährleistet, dass der Dienstleister über seine Tätigkeiten und die Wertermittlung der Anlage ausführlich Rechenschaft ablegt553. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung lediglich die Anwendung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, Spiegelstrich 3 (Beratungsleistungen) auf Buchhaltungsleistungen diskutierte und nicht den fünften Spiegelstrich in Erwägung zog. Denn in dem entschiedenen Fall ging es nicht um die Fondsbuchhaltung als Leistung, die für den Bank- und Finanzsektor typisch ist, sondern um die Erbringung von Buchhaltungsleistungen für ein Unternehmen aus der Elektronikbranche554. d)
Ergebnis
Im Unterschied zu den nationalen Regelungen ergibt sich aus den europäischen Regelungen dadurch ein einheitliches Bild, dass bei allen hier untersuchten Formen des externen Leistungsbezugs der Sitz der Kapitalanlagegesellschaft den Leistungsort bestimmte. Art. 56 Abs. 1 Buchst. c und Buchst. e MwStSystRL a. F. gaben das Bestimmungslandprinzip vor. 3.
Folgen des Umsetzungsdefizits
Das Jahressteuergesetz 2007 führte durch die Erweiterung des Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. um § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG zu einer Richtlinienkonformität der Ortbestimmung für die hier untersuchten Konstellationen des externen Leistungsbezugs, soweit man diese einzelnen Leistungen als von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bezeichnet ansah. Während die nationalen Regelungen zur Ortsbestimmung durch die Anwendung des Bestimmungslandprinzips auf den Bezug von Research-Leistungen eine richtlinienkonforme Ortsbestimmung anhand der Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes bereits vor dem 19. Dezember 2006 ermöglichten, blieb die deutsche Umsetzung im Fall des Bezugs des gesamten PortfolioManagements, des Bezugs von Beratungsleistungen sowie des Bezugs von Buchhaltungs- und Controlling-Leistungen vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 hinter den Richtlinienvorgaben zurück. 553 554
172
Ferner gilt auch hier, dass die Steuerfreiheit solcher Dienstleistungen für einen Bank- und Finanzumsatz spricht. Vgl. Kap. 8, Abschn. E zum Meinungsstand im Hinblick auf die Steuerfreiheit des externen Bezugs von Buchhaltungsleistungen. Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.5.2011, 7 K 7226/07, DStRE 2012, 181 ff. (Aktenzeichen der Revision zum BFH: V R 20/11).
Ort der Leistung
Dort, wo es zur Begründung des Bestimmungslandprinzips auf die Verweisung auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ankam (Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements, der Fonds-Buchhaltung sowie des Fonds-Controlling, soweit man dieses nicht als Beratungsleistung ansieht), musste eine richtlinienkonforme Auslegung deshalb ausscheiden, weil der Katalog des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. vor der Erweiterung durch das Jahressteuergesetz 2007 eindeutig nicht auf § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG verwies. Stattdessen kam die Anwendung des Bestimmungslandprinzips nur dann in Betracht, wenn sich der Betroffene auf die unmittelbare Anwendung der Richtlinienregelung berief555. Vor dem Hintergrund, dass in der hier betrachteten Konstellation einer in Deutschland ansässigen Kapitalanlagegesellschaft das Bestimmungslandprinzip zu einer Steuerbarkeit in Deutschland führte, erschien eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie aus der Perspektive des deutschen Umsatzsteuerrechts als ungünstig556. Eine richtlinienkonforme Auslegung war jedoch im Hinblick auf das Umsetzungsdefizit im Zusammenhang mit dem externen Bezug von Beratungsleistungen vor dem 19. Dezember 2006 möglich557. Der Wortlaut des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG a. F. lässt sich auch so auffassen, dass die Leistungen von Beratern ein eigenständiges Tätigkeitsfeld bilden und somit nicht unter der Einschränkung der Ähnlichkeit zu einem der auch in der nationalen Fassung ausdrücklich aufgezählten Berufe stehen. Insoweit fand dann das Bestimmungslandprinzip Anwendung, ohne dass es eines Sichberufens auf die Richtlinienregelungen bedurfte. 4.
Ergebnis
Betrachtet man die nationalen Vorschriften in Verbindung mit den europäischen Regelungen, so ergab sich folgende nationale Rechtslage in Bezug auf Leistungen, die gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft vor dem 1. Januar 2010 erbracht wurden: Der Ort der Research- und der Beratungsleistung bestimmte sich nach dem Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Bestimmungslandprinzip).
555 556
557
Vgl. zu den den Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung sowie zu den Voraussetzungen einer unmittelbaren Anwendung einer Richtlinie: Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 5 a). Letztlich hängt dies von der Besteuerung im Sitzstaat des Dienstleisters ab. Wendet zum Beispiel der Sitzstaat des Dienstleisters das Bestimmungslandprinzip an, so führt eine Anwendung des Ursprungslandprinzips in Deutschland zu einer Nichtbesteuerung der Umsätze (vgl. auch die Ausführungen in Fn. 268). Vgl. zum Verhältnis der richtlinienkonformen Auslegung zur unmittelbaren Anwendung: Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 5 a).
173
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Lediglich bei der Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements, der Fonds-Buchhaltung und/oder des Fonds-Controlling muss nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Jahressteuergesetzes 2007 unterschieden werden. Während seit dem 19. Dezember 2006 uneingeschränkt das Bestimmungslandprinzip galt, kam es zu dessen Anwendung zuvor nur dann, wenn man sich auf die Richtlinienregelung berief.
III.
Leistungsbezug nach dem 31. Dezember 2009
Weil die Kapitalanlagegesellschaft als Unternehmerin die externe Leistung stets für ihre eigene unternehmerische Tätigkeit verwendet, stellt sich die Rechtslage seit dem 1. Januar 2010 erheblich vereinfacht dar. Leistungsort ist in dieser Konstellation gemäß Art. 44 S. 1 MwStSystRL immer der Sitz der Kapitalanlagegesellschaft. Dem entspricht auch die nationale Umsetzungsregelung des § 3a Abs. 2 S. 1 UStG. Auf die Katalogregelungen in Art. 59 MwStSystRL und § 3a Abs. 4 UStG kommt es insoweit nicht an. Es bedarf weder einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Konstellationen des externen Leistungsbezugs noch eines Eingehens auf die Schwierigkeiten der Neuregelung im im Hinblick auf Frage, wofür die Leistungen durch den Unternehmer bezogen werden müssen.
IV.
Vergleich der alten und neuen Rechtslage
Das Ergebnis der Ortsbestimmung hat sich durch das Jahressteuergesetz 2009 und die Richtlinie 2008/8/EG hinsichtlich des externen Leistungsbezugs nicht verändert. Das Bestimmungslandprinzip fand und findet weiterhin uneingeschränkt Anwendung. Lediglich bei der Auslagerung des Fonds-Controlling, der FondsBuchhaltung sowie dem externen Bezug des gesamten PortfolioManagements kam es durch das Jahressteuergesetz 2007 zu geringfügigen Veränderungen im Ergebnis der Ortsbestimmung. Vor dem 19. Dezember 2006 konnte es hierbei zu Abweichungen vom Bestimmungslandprinzip kommen, wenn sich die Betroffenen nicht auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinienregelungen beriefen. Die Folge war dann, dass sich der Ort dieser Leistungen entsprechend dem Ursprungslandprinzip nach dem Sitz des externen Dienstleisters richtete. Gänzlich anders stellt sich das Ergebnis aber im Hinblick auf die Art und Weise der Ortsbestimmung dar. Während das Jahressteuergesetz 2007 lediglich die Verweisung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. erweiterte, brachte das Jahressteuergesetz 2009 in Bezug auf den externen Leistungsbezug eine enorme Vereinfachung der Rechtsanwendung und damit Erhöhung
174
Ort der Leistung
der Rechtssicherheit mit sich. Im Gegensatz zu den Leistungen, die vor dem 1. Januar 2010 ausgeführt wurden, kommt es beim Bezug externer Leistungen auf die Frage, ob es sich um eine Katalogleistung handelt, seit dem 1. Januar 2010 nicht mehr an.
175
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
D.
Ergebnis
Leistungen, die eine in Deutschland ansässige Kapitalanlagegesellschaft nach dem 18. Dezember 2006 für die Verwaltung eines InvestmentSondervermögens bezog, waren in Deutschland steuerbar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Dies gilt grundsätzlich ebenso für Leistungen, die vor diesem Zeitpunkt ausgeführt wurden, es sei denn, es handelte sich um den Bezug des gesamten Portfolio-Managements, der Fonds-Buchhaltung oder des FondsControlling von einem außerhalb Deutschlands sitzenden Dienstleister und die Kapitalanlagegesellschaft berief sich nicht auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinienbestimmungen.
176
Exkurs
E.
Exkurs: Steuerbarkeit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft
Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber anderen Organismen zur gemeinsamen Anlage sind entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Deutschland steuerbar, solange der Leistungsempfänger ebenfalls in Deutschland sitzt558. Handelt es sich jedoch um eine grenzüberschreitende Dienstleistung, weil der Leistungsempfänger seinen Sitz außerhalb Deutschlands unterhält, so richtet sich die Steuerbarkeit im Wesentlichen danach, ob das Bestimmungs- oder das Ursprungslandprinzip Anwendung findet. Hierzu kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zum externen Leistungsbezug verwiesen werden, wobei jedoch zu beachten ist, dass die Ausführungen zur Bestimmung des Orts der Leistung im Fall des Leistungsverkaufes gegenteilige Auswirkungen haben. Während das Bestimmungslandprinzip im Rahmen des Leistungsbezugs dazu führte, dass die Leistungen in Deutschland ausgeführt wurden, bringt es dieses Prinzip im Zusammenhang mit dem Leistungsverkauf mit sich, dass die Leistungen nicht in Deutschland, sondern nur am Sitz des Empfängers der Besteuerung unterworfen werden. Ob dieser Effekt von Vorteil ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Wird die Leistung gegenüber einem Empfänger erbracht, der seinen Sitz ebenso in der EU unterhält, so müsste die Leistung in diesem Land besteuert werden, was die Unterschiede – eine europarechtskonforme nationale Regelung vorausgesetzt – auf die Höhe des Mehrwertsteuersatzes beschränkt559. Unterhält der Leistungsempfänger seinen Sitz im Drittlandsgebiet, so kann es dadurch zu einer Nichtbesteuerung kommen, dass nach dem dortigen Recht das Ursprungslandprinzip anzuwenden ist oder dass es eine Besteuerung solcher Leistung nicht stattfindet bzw. ein Mehrwertsteuersystem überhaupt nicht existiert. Ebenso kann sich die Besteuerung am Sitz des Leistungsempfängers auch als ungünstiger als in Deutschland darstellen560. Aufgrund der Verweisungstechnik des deutschen Gesetzgebers (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. und § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 UStG) ergibt 558
559 560
Thematisch handelt es sich hierbei um eine Frage der Steuerbarkeit der Leistungen der KAG. Weil aus umsatzsteuerlicher Perspektive hierfür jedoch Aspekte des externen Leistungsbezugs maßgeblich sind, wird diese Problematik an dieser Stelle dargestellt (vgl. bereits Kap. 3, Abschn. F). Vgl. Schiller, Outsourcing, S. 153 f. Sind die nationalen Regelungen jedoch Resultat einer mangelhaften Richtlinienumsetzung, so besteht die Gefahr einer Doppelbzw. Nichtbesteuerung. Vgl. zum Ganzen Schiller, Outsourcing, S. 154.
177
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
sich jedoch im Vergleich zum externen Leistungsbezug eine zusätzliche Problematik. Bereits im Rahmen der Ortsbestimmung stellt sich die Frage, welche Arten von Sondervermögen von der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst sind. Zudem ist fraglich, ob von dieser Regelung überhaupt solche Vermögen bezeichnet werden, die außerhalb Deutschlands belegen sind561. Auf grenzüberschreitende Dienstleistungen, die vor dem 1. Januar 2010 ausgeführt wurden, fand in der Regel das Bestimmungslandprinzip Anwendung, weil es sich zum einen entsprechend Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL um Bank- und Finanzumsätze handelte und zum anderen, weil die von der Kapitalanlagegesellschaft erbrachten Leistungen entsprechend § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bezeichnet wurden562. Dabei stand die Anwendung des Bestimmungslandprinzips jedoch unter der Bedingung, dass es sich bei dem die Leistung empfangenen Organismus bzw. der ihn verwaltenden Gesellschaft um einen Unternehmer handelt563. In den Fällen der Leistung an einen Nicht-Unternehmer fand das Bestimmungslandprinzip nur dann Anwendung, wenn der Empfänger seinen Sitz im Drittlandsgebiet unterhielt. Zu einer Steuerbarkeit in Deutschland kam es somit nur dann, wenn sich die Leistung an einen Organismus zur gemeinsamen Kapitalanlage richtete, der zum einen kein Unternehmer war und zum anderen seinen Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet unterhielt. Mit dem Inkrafttreten des Mehrwertsteuerpakets am 1. Januar 2010 blieb es hinsichtlich der Leistungen gegenüber unternehmerischen Organismen zur gemeinsamen Anlage bzw. deren Verwaltungsgesellschaften gemäß § 3a Abs. 2 S. 1 UStG bzw. Art. 44 S. 1 MwStSystRL bei der Anwendung des Bestimmungslandprinzips. Entsprechend § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a UStG und Art. 59 Buchst. e MwStSystRL änderte sich ebenso nichts im
561 562
563
178
Vgl. zum Begriff des Investmentvermögens i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG: Kap. 6, Abschn. C, Punkt III. Vor der Erweiterung des Verweises in § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG a. F. durch das JStG 2007 ergab sich somit eine Richtlinienwidrigkeit der Ortsbestimmung in Deutschland mit der Folge, dass es wiederum zu Wahlrechten der Betroffenen in Bezug auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinienregelung kam (vgl. Abschn. C, Punkt II 3 dieses Kapitels zu den Wahlrechten). Die Unternehmereigenschaft der Leistungsempfänger ist dabei unproblematisch gegeben, wenn es sich ebenfalls um eine KAG handelt, vgl. Kap. 3, Abschn. A. Dies gilt entsprechend der OFD Frankfurt/M. auch für eine InvestmentAktiengesellschaft (Rdvfg. v. 16.6.2009, S 7104 A – 61 – St 110, DStR 2009, 1699). Weil dies aber nicht automatisch für jede Art des Kapitalanlagevehikels zutrifft, würde bei einer Verneinung der Unternehmereigenschaft das Ursprungslandprinzip zur Anwendung kommen.
Exkurs
Hinblick auf die Ortsbestimmung für solche Leistungen gegenüber einem nicht unternehmerisch tätigen Leistungsempfänger. Auch hier ist eine Steuerbarkeit der Leistungen in Deutschland nur dann gegeben, wenn der die Leistung empfangende Organismus zur gemeinsamen Anlage bzw. die Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union unterhalten.
179
Dritter Teil: Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck 6. Kapitel: Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck A.
Problemstellung
Hinsichtlich der in Deutschland steuerbaren Verwaltungsleistungen (vgl. Kap. 3 bis 5) stellt sich nun die Frage, inwieweit diese Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern (Kap. 7), eines externen Dienstleisters gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft (Kap. 8) und der Depotbank gegenüber den Anlegern und der Kapitalanlagegesellschaft (Kap. 9) steuerfrei erbracht werden können564. Weil es sich hierbei um Finanzdienstleistungen handelt, setzt dies eine Beschäftigung mit verschiedenen Alternativen des § 4 Nr. 8 UStG voraus, die ihrerseits die verschiedenen Tatbestände des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g MwStSystRL umsetzen565. Neben dem Schwerpunkt der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und der ihr zugrunde liegende Richtlinienvorschrift des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (vgl. Abschn. C) kommt den Befreiungsregelungen des § 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL im Rahmen dieser Untersuchung lediglich eine ergänzende Nebenrolle zu566. Bevor sich Abschnitt C jedoch mit dem Begriff eines Investmentvermögens sowie dem der Verwaltung eines solchen Vermögens befasst, gilt es die allgemeinen Grundsätze der Befreiung einer Finanzdienstleistung herauszuarbeiten (vgl. Abschn. B). Hierbei handelt es sich um Erwägungen, die nicht auf eine bestimmte Befreiungsregelung beschränkt sind, sondern vielmehr auf jede Alternative des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g MwStSystRL Anwendung finden567.
564 565 566 567
Vgl. Stadie, UStG, Vor §§ 4-9, Rn. 4; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 1 (EL 60, 9/2008). Vgl. die nicht nur inhaltsgleichen, sondern weitestgehend auch wortgleichen Vorgängerregelungen des Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL. Die genannten Normen der MwStSystRL ersetzen seit dem 1.1.2007 die inhaltsgleichen Regelungen des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3, 5 und 6 der 6. EG-RL. Vgl. Hahne, UR 2006, 523 f. [523]; Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [298, 301]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 214 f.; Herbert, in Hatmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1590]; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 130;
181
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Ebenso wie bei der Bestimmung des Dienstleistungsorts stehen im Hinblick auf die Steuerbefreiung von Finanzdienstleistungen gesetzliche Veränderungen an. Seit geraumer Zeit wird auf europäischer Ebene an einer Überarbeitung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen gearbeitet. Der Vorschlag der Kommission vom 20. Februar 2008 (COM (2007) 747 endgültig) befasst sich mit drei Themenbereichen: Der klareren Abfassung der Steuerbefreiungen von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, der Erweiterung des Rechtes, zur Steuerpflicht zu optieren, und der Einführung so genannter Kosten teilender Zusammenschlüsse568. Neben dem Änderungsentwurf der Mehrwertsteuersystemrichtlinie hat die Kommission eine nicht umsetzungsbedürftige Verordnung vorgeschlagen, die nicht abschließende Positiv- und Negativkataloge der von den einzelnen Befreiungsregelungen umfassten und nicht umfassten Konstellationen auflistet569. Nachdem die Kommission die Änderungsanträge des Europäischen Parlaments570 am 25. September 2008 abgelehnt hat, liegt das Verfahren beim Rat der Europäischen Union (Gruppe „Steuerfragen“, indirekte Besteuerung – MwSt). Der bisherige Diskussionsverlauf im Rat der Europäischen Union kann anhand von diversen veröffentlichten Dokumenten verfolgt werden571. Die Darstellung und Diskussion der Kommissionsvorschläge zur Neufassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie und der Durchführungsverordnung erfolgen jeweils im Zusammenhang mit der Erörterung der einzelnen Fragen zur geltenden Rechtslage. Dabei
568
569 570
571
182
Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 29 (EL 60, 9/2008); ders., UR 2006, 359 f. [359]. Vgl. Punkt 3. S. 7 der Begründung des Dokuments COM (2007) 747 endgültig. Dieses Dokument kann auf der Seite http://ec.europa.eu/prelex/ unter der genannten Nummer oder auf der Seite http://register.consilium.europa.eu/ unter Angabe der interinstitutionellen Dokumentennummer 2007/0267 (CNS) aufgerufen werden (dort trägt das Dokument zusätzlich die Nummer 16210/07). Teilweise trägt der Entwurf der Kommission das Datum des 28.11.2007. Inhaltlich handelt es sich hierbei jedoch bis auf geringfügige Veränderungen der Begründung im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip um das gleiche Dokument. Vgl. COM (2007) 746: Entwurf einer Verordnung zur Durchführung der Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g, Art. 135 Abs. 1a und Art. 135a der MwStSystRL (folgend VO-E-KOM genannt), abrufbar auf der Seite: http://ec.europa.eu/prelex/. Die Änderungsanträge basieren auf dem Bericht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15.9.2008, der auf der Seite http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS) in der Übersicht über den Werdegang des Verfahrens aufgerufen werden kann (er trägt auch die Nummer: A6-0344/2008). Die Dokumente der Gruppe Steuerfragen zu diesem Thema können auf der Seite http://register.consilium.europa.eu/ unter Angabe der interinstitutionellen Dokumentennummer 2007/0267(CNS) oder der jeweiligen Dokumentennummer aufgerufen werden.
Problemstellung
wird auch auf einige Diskussionsdokumente des Rates zur Neufassung eingegangen. Weil dieser Diskussionsprozess nach wie vor anhält, können nicht sämtliche verschiedenen Vorschläge aus dem Kreis der Gruppe „Steuerfragen“ dargestellt werden. Vielmehr beschränken diese Ausführungen auf die Darstellungen der wesentlichen verschiedenen Konzepte. Dabei werden den Kommissionsvorschlägen vor allem die Vorschläge des schwedischen Vorsitzes aus der zweiten Hälfte des Jahres 2009 gegenübergestellt, weil deren Konzept erheblich von den Kommissionsvorschlägen abweichen. Zwar erfolgten auch während der folgenden Präsidentschaften Spaniens, Belgiens, Ungarns sowie Polens weitere Vorschläge und Konzepte, jedoch stellen diese Konzepte im Wesentlichen Modifikationen bzw. Kombinationen der früheren Vorschläge bzw. Kompromisse zwischen diesen Vorschlägen dar.
183
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
B.
Grundsätze der Befreiung von Bank- und Finanzdienstleistungen
I.
Enge Auslegung
Die Steuerbefreiungen sind eng auszulegen, weil es sich um Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz handelt, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, steuerpflichtig ist572. Zutreffend weist Stadie jedoch darauf hin, dass eine solche enge Auslegung nicht dem Sinn und Zweck der betreffenden Befreiungsvorschrift und dem zentralen Grundsatz der Neutralität des Umsatzsteuerrechts zuwider laufen dürfe573. Weil der Europäische Gerichtshof diese beiden Grundsätze meistens unmittelbar im Zusammenhang mit der von ihm geforderten engen Auslegung hervorhebt, muss man davon ausgehen, dass das Gericht eine enge Auslegung nicht bedingungslos vornimmt574. Auch die folgenden Ausführungen werden zeigen, dass sich der Europäische Gerichtshof wesentlich vom Zweck der jeweiligen Befreiungsvorschrift und vom Grundsatz der Neutralität des Umsatzsteuerrechts leiten lässt575. Eine enge Auslegung ist somit nur dann angezeigt, wenn es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt, die auch den anderen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts genügen576. 572
573 574
575 576
184
Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 20, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 12.6.2003, Rs. C-275/01 (Sinclair Collis Ltd.), Rn. 23, UR 2003, 348 ff.; Urt. v. 18.11.2004, Rs. C-284/03 (Temco Europe SA), Rn. 17, UR 2005, 24 ff.; Urt. v. 9.2.2006, Rs. C-415/04 (Stichting Kinderopvang Enschede), Rn. 13, UR 2006, 470; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 60, UR 2006, 353 ff.; Beschl. v. 6.7.2006, Rs. C-18/05 u. C-155/05, Rn. 26, UR 2007, 67 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 58, EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4, Rn. 14 (EL 60, 9/2008); Weimann, in: Weimann/Lang, Umsatzsteuer, S. 499. Vgl. Stadie, UStG, Vor §§ 4-9, Rn. 15 ff. Dementsprechend urteilte der EuGH in der Rs. “Claverhouse“ (Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05, IStR 2007, 708 ff.), dass vor dem Hintergrund der Rechtsformneutralität der Befreiungsregelungen auch geschlossene Fonds von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g UStG umfasst sein können (dort insbes. Rn. 29). Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung in der Rs. „Abbey National“ (Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04, UR 2006, 353 ff.), in der das Gericht die Anwendung der Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auf den Bezug externer Leistungen aus dem Ziel der Befreiungsregelung herleitete (dort insbes. Rn. 62 ff.). Vgl. EuGH, Urt. v. 10.6.2010, Rs. C-58/09 (Leo-Libera GmbH), Rn. 23. Dies betont auch GAin Kokott, in: SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 58, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. z. B. die kritischen Ausführungen Philipowskis (UR 2005, 501 ff.) zur personalen Beschränkung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL auf Leistungen der KAG durch das FG Düsseldorf (Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004,
Grundsätze der Befreiung
II.
Autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts
Die von den Steuerbefreiungsregelungen des Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL verwendeten Begriffe sind grundsätzlich solche des autonomen Gemeinschaftsrechts, weshalb ein Rückgriff auf nationale Regelungen zur Auslegung der Befreiungsvorschriften ausscheiden muss577. Ein eigenständiger Auslegungsspielraum kann den Mitgliedstaaten nur dann zukommen, wenn die Richtlinienregelung dies ausdrücklich einräumt, da andernfalls eine Harmonisierung der europäischen Umsatzsteuerbefreiungen gefährdet wäre578.
III.
Personenunabhängigkeit
Die Steuerfreiheit eines Umsatzes bestimmt sich entsprechend dem Europäischen Gerichtshof unabhängig von der Person, die den betreffenden Umsatz ausführt. Maßgeblich ist vielmehr die Art der Leistung579. Dieser Grundsatz entfaltet nicht nur im Rahmen des externen Leistungsbezugs Wirkung, sondern immer auch dann, wenn ein Dienstleister eine Befreiung in Bezug auf
577
578
579
524 ff.). Das FG Düsseldorf hatte in diesem Urteil eine Beschränkung auf Leistungen der KAG mit Argument vorgenommen, dass eine Pflicht zur engen Auslegung von Befreiungsvorschriften bestünde (vgl. Kap. 7, Abschn. B, Punkt II zur Aufhebung dieser Entscheidung durch den BFH mit Urt. v. 11.10.2007). Vgl. EuGH, Urt. v. 26.3.1987, Rs. 235/85 (Kommission/Niederlande), Rn. 18, EuGHE 1987, 1485 ff.; Urt. v. 15.6.1989, Rs. 348/87 (Stichting Uitvoering), Rn. 11, EuGHE 1989, 1749 ff.; Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 21 ff., IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 12.9.2000, Rs. C-358/97 (Kommission/Irland), Rn. 51, EuGHE 2000 I, 6328 ff., Urt. v. 3.3.2005, Rs. C-428/02 (Fonden Marselisborg Lystbadehavn), Rn. 27, EuGHE 2005 I, 1541 ff.; Urt. v. 1.12.2005, Rs. C-394/04 und C-395/04 (Ygeia), Rn. 15, UR 2006, 171 ff.; Urt. v. 4.6.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 38, UR 2006, 353 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 36, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.3.1996, Rs. C-468/93 (Gemeente Emmen), Rn. 25, EuGHE 1996 I, 1748 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 39 ff., UR 2006, 353 ff.; Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 20, UR 2007, 727 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 36, EuGHE 2006 I, 4030 ff. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Tenor 1 und Rn. 30 ff., IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 25.2.1999, Rs. C-349/96 (Card Protection Plan Ltd.), Rn. 22 ff. UR 1999, 254 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 66, UR 2006, 353 ff.; Urt. v. 19.4.2007, Rs. C-455/05 (Velvet & Steel), Rn. 22, UR 2007, 379 ff. Vgl. auch: FG Brandenburg, Urt. v. 24.1.2003, 1 K 1097/01, UR 2003, 492 ff. [493]; GA Colomer, SA v. 4.7.1996, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 31 ff., EuGHE 1997 I, 3020 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 52 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff.; BFH, Urt. v. 27.8.1998, V R 84/97, BStBl. II 1999, 106 ff.; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 10, 41 (EL 184, 1/2011); Wäger, UR 2006, 359 f. [359].
185
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Umsätze geltend macht, die in der Regel von einer bestimmten Personengruppe erbracht werden bzw. erbracht zu werden scheinen. Er basiert letztlich auf der Neutralität des Umsatzsteuerrechts, weil eine Steuerbefreiung nur dann neutral in Bezug auf das von den betroffenen Personen gewählte Organisationsmodell wirken kann, wenn sie nicht danach unterscheidet, wer die betreffende Leistung ausführt oder empfängt580.
IV.
Unerheblichkeit der Zivilrechtsbeziehungen
Der Europäische Gerichtshof leitete mit seinem Urteil in der Rechtssache „SDC“ eine Wende in der Hinsicht ein, dass fortan für die Anwendung einer Steuerbefreiung nicht mehr auf die Frage abzustellen sei, ob der Leistende mit dem Empfänger in einer zivilrechtlichen Beziehung steht581. Der Umstand, dass zwischen demjenigen, der zum Beispiel eine Verwaltungsleistung erbringt, und dem Anleger kein Vertragsverhältnis besteht, sondern der Dienstleister ausschließlich mit der Kapitalanlagegesellschaft in vertraglichen Beziehungen steht, spielt für die Steuerbefreiung keine Rolle582. Aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs ist es nicht maßgeblich, welches zivilrechtliche Verhältnis der betreffenden Leistung zugrunde liegt, sondern vielmehr, ob die jeweilige Leistung den funktionalen Aspekten des betreffenden Befreiungstatbestandes entspricht583. Das Bundesfinanzministerium setzte sich zu diesen Grundsätzen in Widerspruch, indem es in seinem Schreiben vom 30. Mai 2000 eine Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) auf externe Dienstleistungen gegenüber einer Bank im Überweisungsverkehr unter anderem mit der Begründung verneinte, dass ein solcher Dienstleister keine Überweisungs- oder Zahlungsverträge im Sinne der §§ 676a, 676d BGB abschließt584. Diese Sichtweise stieß in der Literatur auf einhellige Ablehnung und wurde auch vom Bundesfinanzhof nicht weiter berücksichtigt585. 580 581
582
583 584 585
186
Vgl. Philipowski, UR 2004, 501 ff. [503]. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Tenor 2 und Rn. 39 ff., IStR 1997, 397 ff. Anders noch GA Colomer, SA v. 4.7. 1996, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 43 ff. und Vorschlag 2, EuGHE 1997 I, 3020 ff. Vgl. auch: Hahne, UR 2005, 353 ff. [354]; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1587]. Auf die Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr im Sinne der Rs. „SDC“ (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) bezogen bedeutet dies, dass das Fehlen eines Überweisungsvertrages zwischen dem Kunden und dem von der Bank beauftragten Rechenzentrum einer Steuerbefreiung dieses Umsatzes nicht entgegensteht. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 53, IStR 1997, 397 ff. Vgl. BMF, Schr. v. 30.5.2000, IV D 2 - S 7160 d - 5/00, DStR 2000, 1059 f. So verwies der BFH in seinen Entscheidungen vom 13.7.2006 (V R 57/04, Punkt II 3, BFHE 214, 451 ff.) und vom 12.6.2008 (V R 32/06, Punkt II. 1. a), DStRE 2008, 1215 ff.) auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs. „SDC“, ohne den Aspekt zu
Grundsätze der Befreiung
Sie widerspricht der funktionalen Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs, indem sie nicht auf die Funktion des Leistenden im Hinblick auf die zu befreiende Leistung (hier: Überweisungsleistung) abstellt, sondern seine vertraglichen Beziehungen in den Mittelpunkt rückt586. Weil die nationalen zivilrechtlichen Regelungen im Gegensatz zum Umsatzsteuerrecht nicht harmonisiert sind, brächte eine solche Rechtsanwendung wiederum eine Zersplitterung des Anwendungsbereiches der Befreiungsregelungen mit sich587.
V.
Befreiung von Teilleistungen
1.
Überblick
An die soeben angesprochenen Aspekte der Personenunabhängigkeit und funktionalen Wirkung der Steuerbefreiungsvorschriften für Bank- und Finanzumsätze schließt sich die Frage an, ob das gesamte von der Befreiungsvorschrift umschriebene Leistungspaket von ein und demselben Leistenden erbracht werden muss oder ob der Gesamtumsatz auch in verschiedene Teilleistungen zerfallen kann, ohne die Befreiung einzubüßen. Der Zusammenhang mit der Frage der Unabhängigkeit von Personen und von Zivilrechtsverhältnissen ergibt sich daraus, dass es auf die Frage der Befreiung von Teilleistungen oftmals im Rahmen des externen Bezugs von solchen Leistungen ankommt, die in den von der Befreiungsvorschrift umschriebenen Umsatz einfließen. Im Hinblick auf die Befreiung dieser extern bezogenen Leistung kommt es dann aber gerade nicht nur darauf an, dass die Befreiungsregelungen personenunabhängig wirkt und nicht auf die zivilrechtlichen Grundverhältnisse abstellt, sondern ebenso darauf, dass auch lediglich ein Teil des befreiten Gesamtumsatzes steuerfrei erbracht werden kann. Entsprechend dem Europäischen Gerichtshof ergibt sich aus den Befreiungsvorschriften nicht, dass ausschließlich die Erbringung des vollständigen von der Befreiungsvorschrift bezeichneten Umsatzes steuerbefreit ist588.
586 587 588
problematisieren, dass der betreffende Dienstleister in keinem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis mit den Kunden der Bank stand. Vgl. zur Literatur: Kugelberg, DB 2003, 1296 ff. [1298]; Menner/Herrmann, UStB 2001, 61 ff. [62 f.]; Philipowski, UR 2003, 466 ff. [insbes. S. 472]; ders., in Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 243 f. (EL 104, 11/2000). Vgl. Menner/Herrmann, UR 2002, 112 ff. [113]. Vgl. Menner/Herrmann, UR 2002, 112 ff. [114]; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 128 f. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 60 ff., IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 23, UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 67, UR 2006, 353 ff.
187
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Dies bedeutet andererseits aber auch nicht, dass jedes Element einer befreiten Leistung automatisch steuerfrei ist. Vielmehr muss eine solche Teilleistung bestimmte Anforderungen erfüllen, um von dem betreffenden Befreiungstatbestand profitieren zu können589. Der Europäische Gerichtshof – und nun auch die nationale Rechtsprechung – formuliert in diesem Zusammenhang die folgenden Anforderungen: Die betreffende Dienstleistung muss ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes und darüber hinaus für die von dem jeweiligen Befreiungstatbestand beschriebene Leistung wesentlich und spezifisch sein590. Die bloße Unerlässlichkeit des betreffenden Leistungselementes für den befreiten Umsatzes genügt nicht591. Ebenso sei es nicht ausreichend, wenn es sich um die Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung handelt592. Dafür kommt es insbesondere darauf an, ob sich die Verantwortung des Dienstleisters gegenüber dem Leistungsempfänger auf rein technische Aspekte beschränkt oder ob sie sich auf die spezifischen und wesentlichen Elemente des von der Befreiung umschriebenen Umsatzes erstreckt593. 2.
Voraussetzungen im Einzelnen
a)
Formel des Europäischen Gerichtshofs
Die formelartige Anforderung des Europäischen Gerichtshofs, dass es sich bei der Teilleistung um ein eigenständiges Ganzes handeln muss, das spezifische und wesentliche Funktionen des von der Befreiungsregelung um589 590
591 592
593
188
Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 57, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. die Bedenken des GA Colomer, in: SA v. 4.7.1996, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 62 f. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 25, UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C169/04 (Abbey National), Rn. 70, UR 2006, 353 ff.; Urt. v. 21.6.2007, Rs. C453/2005 (Ludwig), Rn. 27, EuGHE 2007 I, 5083 ff.; BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, 1. Leitsatz, DStRE 2008, 1215 ff.; FG München, Urt. v. 9.3.2005, 3 K 5039/02, UR 2005, 377 ff. [378]. So auch die Finanzverwaltung: Abschn. 4.8.13 Abs. 14 S. 2 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 17, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 65, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 32, UR 2002, 84 ff.; BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, Punkt II 1 b) (1), DStRE 2008, 1215 ff. Vgl. Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26, UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C169/04 (Abbey National), Rn. 71, UR 2006, 353 ff.; BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, Punkt II 1 b) (1), DStRE 2008, 1215 ff. Der EuGH nennt hierbei stets das Beispiel der Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems. Vgl. Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26, UR 2002, 84 ff.
Grundsätze der Befreiung
schriebenen Umsatzes erfüllt, erfordert es, den Inhalt der Kriterien des eigenständigen Ganzen, der Spezifität und der Wesentlichkeit zu ermitteln und deren Verhältnis zueinander zu klären594. aa)
Spezifität
Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist etwas für eine Sache spezifisch, das sie kennzeichnet und ihr eigen ist. Die Spezifität einer Leistung erfordert somit das Vorliegen charakteristischer Merkmale des von der jeweiligen Befreiungsvorschrift umschriebenen Umsatzes, die ihn geradezu prägen bzw. typisch für ihn sind595. Es handelt sich um Leistungen, die typischerweise im Zusammenhang mit solchen Tätigkeiten auftreten, die von der konkreten Befreiungsvorschrift umschrieben werden596. Nicht spezifisch sind somit solche Leistungen, die allgemeiner Natur sind und deshalb bei einer Vielzahl von verschiedenen befreiten Umsätzen auftreten597. Das bedeutet wiederum aber nicht, dass nur solche Leistungen spezifisch sein können, die nicht auch im Zusammenhang mit anderen Finanzdienstleistungen auftreten. Es ist zum Beispiel nicht erforderlich, dass die betreffende Teilleistung ausschließlich Bestandteil der Verwaltung eines InvestmentSondervermögens ist. Vielmehr kann eine Tätigkeit auch dann spezifisch sein, wenn sie zwar ebenso in anderen Konstellationen auftritt, jedoch insbesondere für die von der betreffenden Befreiungsvorschrift umschriebene Gesamtleistung prägend ist. Tritt eine Leistung hingegen ausschließlich im Zusammenhang mit der betrachteten Konstellation auf, so spricht dies für ihre Spezifität. Umso seltener eine Leistung außerhalb der betrachteten Fallgestaltung in Erscheinung tritt, umso eher ist sie für diese Konstellation typisch und prägend. Ist eine Leistung allgemeiner Natur, das heißt tritt sie besonders häufig auf, so kann sie kaum spezifisch sein. bb)
Wesentlichkeit
Das Merkmal der Wesentlichkeit kann in quantitativer oder in qualitativer Hinsicht verstanden werden. Als wesentlich im quantitativen Sinn sind sol-
594 595 596 597
Wird im Rahmen der folgenden Kapitel von der „Formel des EuGH“ gesprochen, so handelt es sich um die genannte Voraussetzung für die Befreiung einer Teilleistung. Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 56 f., EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [627]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 217. Vgl. Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [301]. Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 56, EuGHE 2006 I, 4030 ff. So fallen z. B. Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer EDV-Anlage in der Regel bei allen Bank- und Finanzumsätzen an.
189
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
che Leistungen aufzufassen, die im Vergleich zu dem von der Befreiungsvorschrift umschriebenen Umsatz einen zumindest erheblichen oder gar einen überwiegenden Teil desselbigen ausmachen598. Dieses quantitative Verständnis vom Begriff der Wesentlichkeit wird vorrangig mit der Begründung abgelehnt, dass der Wortlaut der französischen und der englischen Fassung der Entscheidung „SDC“ anstelle der „Wesentlichkeit“ die Begriffe „essentielle“ bzw. „essential“ verwendet599. Eine qualitative Sichtweise der Wesentlichkeit ergibt sich darüber hinaus bereits aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach die Art der Leistung für eine Befreiung maßgeblich ist600. Weil das Gericht diese Aussage häufig in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung macht, dass sich der von der jeweiligen Befreiungsvorschrift beschriebene Umsatz in die einzelnen Elemente aufteilen lässt, ohne die Befreiung einzubüßen, muss die Wesentlichkeit als qualitatives Merkmal verstanden werden. Dafür spricht vor allem die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“. Denn das Gericht erachtete die Befreiung rein administrativer oder buchhalterischer Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentfonds nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6 EGRL ausdrücklich für möglich601, obwohl diese Leistungen jeweils für sich genommen nicht den überwiegenden Teil der Verwaltung eines Investmentfonds ausmachen. Folglich ist entgegen dem Bundesfinanzministerium eine qualitative Sichtweise der Wesentlichkeit in der Gestalt vorzuziehen, dass die Bedeutung der Teilleistung für die Herbeiführung des von der Befreiungsvorschrift umschriebenen Leistungserfolges maßgeblich ist. Es darf sich nicht um eine lediglich unbedeutende Tätigkeit handeln, die für den Erfolg der Gesamtleistung eine untergeordnete bzw. nachrangige Rolle spielt602.
598 599
600 601 602
190
Von einem solchen quantitativen Verständnis geht die Finanzverwaltung (Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 17, BStBl. I 2010, 563 ff.) aus. Vgl. zur Ablehnung der quantitativen Sichtweise: Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [358]; Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [300]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 217; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 131. Vgl. zum Rückgriff auf die englische und französische Fassung: Hahne, a. a. O.; Hamacher/Frenzel, a. a. O. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 32, IStR 1997, 397 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 70, UR 2006, 353 ff. Vgl. zum Ganzen: GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 91, EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [627 f.]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [358]; ders., in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 464; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 131.
Grundsätze der Befreiung
cc)
Eigenständiges Ganzes
(1)
Eigenständiger Charakter
Das Erfordernis eines eigenständigen Ganzen bezweckt, dass es sich bei der zu befreienden Teilleistung nicht um ein unselbständiges Fragment handelt, das untrennbar mit anderen nicht von dem jeweiligen Dienstleister erbrachten Tätigkeiten zusammenhängt, indem es diese lediglich unterstützt oder ermöglicht. Vielmehr muss der betreffende Umsatz eine Mehrzahl von Elementen beinhalten, die für sich genommen ein abgrenzbares Ganzes bilden603. Er muss eine in sich abgeschlossene Tätigkeit darstellen604. Dies darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass ein bestimmtes Mengenverhältnis zwischen Teilleistung und vom Befreiungstatbestand bezeichnetem Umsatz nicht unterschritten werden darf605. Es gibt gerade keinen Mindestumfang einer Teilleistung. Der Europäische Gerichtshof verwendete dementsprechend in der Rechtssache „SDC“ das Merkmal des eigenständigen Charakters606. Ein eigenständiger Charakter ist nicht vom Umfang einer Leistung abhängig, sondern von ihrer Zusammensetzung. Es reicht nicht aus, dass die einzelnen Leistungen in einem beliebigen losen Zusammenhang zueinander stehen607. Die übertragenen Tätigkeiten müssen durch einen inneren Zusammenhang miteinander verbunden sein608, wobei es jedoch nicht erforderlich ist, dass sie als „monolithischer“ Block erscheinen609. Die Sichtweise des Bundesfinanzministeriums, wonach ein eigenständiges Ganzes die Erbringung einer Gesamtheit von Leistungen verlangt, die einen wesentlichen Teil aller bei der Fondsverwaltung anfallenden Aufgaben verlangt, ist somit abzulehnen610. Der Rechtsprechung des Europäischen
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Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [300]. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1240]. In dieser Richtung äußern sich auch Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 131. So aber das BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 17, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C- 2/95 (SDC), Rn. 67. Ebenso BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, DStRE 2008, 1215 ff. [1219]; GAin Kokott, SA v. 8.9.2001, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 63, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, DStRE 2008, 1215 ff. [1219]. GAin Kokott, SA v. 8.9.2001, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 101, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [300]. Vgl. BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 17, BStBl. I 2010, 563 ff.
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Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Gerichtshofs lassen sich keine Hinweise auf ein solches Verständnis entnehmen611. (2)
Keine Einheitlichkeit der Leistung
Das Erfordernis des eigenständigen Ganzen bzw. eigenständigen Charakters geht nicht so weit, dass es sich um eine einheitliche Leistung handeln muss. Ein eigenständiger Charakter setzt keine Einheitlichkeit der Leistung voraus612. Vielmehr kann eine Vielzahl von verschiedenen Einzelleistungen zusammen ein eigenständiges Ganzes bilden, indem sie erst in ihrer Verbundenheit einen eigenständigen Charakter entwickeln. Der innere Zusammenhang muss nicht so weit gehen, dass es sich um eine einheitliche Leistung bzw. zwei Leistungen handelt, die im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander stehen. Dementsprechend formulierte auch Generalanwältin Kokott, dass es der Annahme eines eigenständigen Ganzen nicht entgegensteht, wenn einzelne der ausgelagerten Aufgaben für sich genommen keinen eigenständigen Charakter haben, soweit die Gesamtheit der übernommenen Leistungen einen solchen bildet613. dd)
Abweichende Sichtweisen
Gemäß der hier vertretenen Ansicht kommt sowohl der Wesentlichkeit als auch der Spezifität sowie dem Merkmal des eigenständigen Ganzen jeweils eine eigenständige Bedeutung zu. Zwar wird teilweise auch vertreten, dass erhebliche Überschneidungen zwischen diesen Merkmalen bestehen, jedoch kommen diese Ansichten inhaltlich zu denselben Ergebnissen wie die hier vertretene Meinung. So leitet Hahne aus dem Merkmal der Spezifität ab, dass die zu befreiende Leistung ein bestimmtes Maß an Bedeutsamkeit für den von der Befreiungsvorschrift bezeichneten Leistungserfolg haben muss
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Die Frage der Gesamtheit von Leistungen wird vielmehr im Rahmen der Beratung der Gruppe „Steuerfragen“ des Rates der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Neuregelung der Befreiung einer Teilverwaltungsleistung diskutiert. Dabei definiert der Begriff der Gesamtheit jedoch nicht den Begriff des eigenständigen Ganzen, sondern steht neben ihm. Er stellt eine weitere Voraussetzung dar, die über das eigenständige Ganze hinausgeht. Vgl. zu diesem Aspekt der geplanten Neuregelung Abschn. C, Punkt II 6 d) dieses Kapitels. Vgl. den Wortlaut der Entscheidung „SDC“: „[…] müssen die Dienstleistungen eines Rechenzentrums ein eigenständiges Ganzes sein, das […]“, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), IStR 1997, 397 ff. Vgl. auch: EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C235/00 (CSC), Rn. 25, UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 71, UR 2006, 353 ff. Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 100, EuGHE 2006 I, 4030 ff.
Grundsätze der Befreiung
und gerade nicht lediglich allgemeiner Natur sein darf614. Dabei handelt es sich jedoch um einen Aspekt der Wesentlichkeit, weshalb Hahne konsequenterweise auch zu dem Ergebnis kommt, dass die Spezifität und Wesentlichkeit eines Leistungsbeitrages ein und dieselben Voraussetzungen verkörpern615. Ob er damit nicht den Aspekt der Spezifität vernachlässigt, der für etwas Charakteristisches, Prägendes bzw. Typisches steht, und ob Hahnes Argument, dass auch der Europäische Gerichtshof diese Begriffe immer zusammen verwendet, tatsächlich zwingend ist, kann hier dahinstehen, weil ein Streit über die begriffliche Zuordnung der einzelnen Merkmale keinen Erkenntnisgewinn mit sich bringt616. Gleiches gilt für die Abweichungen Heidemanns, die keine eigenständige Bedeutung des Merkmals des eigenständigen Ganzen neben der Spezifität erkennen kann617. ee)
Zusammenfassung
Bei der zu befreienden Teilleistung muss es sich somit um eine in sich geschlossene, abgrenzbare Tätigkeit mit einem eigenständigen Charakter handeln (eigenständiges Ganzes), die für die Realisation des von der betreffenden Befreiungsvorschrift umschriebenen Leistungserfolgs eine zumindest nicht untergeordnete bzw. nachrangige Bedeutung hat (Wesentlichkeit) und darüber hinaus für diese Leistung auch charakteristisch bzw. typisch ist (Spezifität). b)
Weitere Aussagen des Europäischen Gerichtshofs
Vergegenwärtigt man sich nochmals die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung von Teilleistungen (vgl. Punkt V 1 dieses Abschnitts), so merkt man, dass das Gericht es nicht bei seiner Formel belässt, sondern darüber hinaus weitere Aussagen macht. Erinnert sei insoweit an die Feststellung des Gerichts, dass die Unerlässlichkeit bzw. Notwendigkeit der betreffenden Teilleistung für den von der Befreiungsregelung umschriebenen Umsatz nicht genügt, dass die Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung gerade nicht umfasst sei und dass es insbesondere darauf ankäme, dass sich die Verantwortung des Dienstleisters gegenüber dem
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Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [358]; ders., in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 464. Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [358]; ders., in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 465. So formuliert Hahne an der zitierten Stelle einige Zeilen später, dass das einheitliche Kriterium der Wesentlichkeit und Spezifität nur dann erfüllt sei, wenn die Leistung auch die charakteristischen Elemente des Befreiungstatbestandes erfüllt. Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 216 a. E.
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Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Leistungsempfänger nicht lediglich auf rein technische Aspekte beschränkt, sondern sich auf die spezifischen und wesentlichen Elemente der Umsätze erstreckt. Nachfolgend soll die Bedeutung dieser weiteren allgemeinen Aussagen dargelegt werden. Es wird aufgezeigt, dass es sich hierbei nicht um weitere, außerhalb der bereits dargestellten Formel stehende Voraussetzungen und Prüfungspunkte handelt. Sie lassen sich vielmehr in die Formel einordnen. aa)
Notwendigkeit bzw. Unerlässlichkeit der Teilleistung
Teilweise wird die Unerlässlichkeit bzw. Notwendigkeit der Teilleistung für die Realisation des von der Befreiungsregelung umschriebenen Leistungserfolges als zwingende Voraussetzung für die Befreiung der Teilleistung angesehen. Während Hahne die Unerlässlichkeit bzw. Notwendigkeit einer Teilleistung als Voraussetzung für eine weitere Untersuchung der betreffenden Leistung anhand der Formel des Europäischen Gerichtshofs betrachtet618, will die Finanzverwaltung die Voraussetzung des eigenständigen Ganzen an der Unerlässlichkeit der Teillleistung für die Durchführung der Geschäfte der Kapitalanlagegesellschaft festmachen619. Dies lässt sich jedoch nicht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entnehmen620. Er sagt gerade nicht, dass eine Leistung notwendig sein muss, sondern lediglich, dass die bloße Notwendigkeit bzw. Unerlässlichkeit nicht von sich aus genügt, um von einer Befreiung auszugehen621. Entscheidend ist vielmehr, dass die betreffende Teilleistung ein eigenständiges Ganzes bildet und dabei für den von der betreffenden Befreiungsregelung umschriebenen Erfolg wesentlich und spezifisch ist. Zum einen kann die Unerlässlichkeit einer Leistung für die Verwaltung des Investment-Sondervermögens keinesfalls die Anwendung der Formel ersetzen. Eine notwendige Leistung ist zwar oft wesentlich, jedoch ist sie damit nicht zwingend auch spezifisch oder ein eigenständiges Ganzes622.
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194
Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [357]. Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 14 S. 4 UStAE. So auch Posegga, DStR 2010, 1418 ff. [1422]; Raab/Jacobs, UR 2010, 437 ff. [438]; Weißbrodt/Michalke, BB 2010, 2604 ff. [2605]. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 65, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 32, UR 2002, 84 ff. So auch der BFH mit Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, Punkt II 1 b) (1), DStRE 2008, 1215 ff. Vgl. Sedlmaier, UR 2010, 442 ff. [443]. Als Beispiel könnten hierfür EDVDienstleistung wie etwa die Zurverfügungstellung und Wartung von Computern und Software dienen. Diese sind für den von der Befreiungsvorschrift beschriebenen Bank- oder Finanzumsatz oftmals unerlässlich und damit auch wesentlich, in der
Grundsätze der Befreiung
Zum anderen spricht es zwar gegen eine Wesentlichkeit der betreffenden Teilleistung, dass sie nicht unerlässlich ist. Aber es schließt sie nicht von vornherein in einer Art und Weise aus, die eine Prüfung der Wesentlichkeit und damit der Formel des Europäischen Gerichtshofs überflüssig werden lässt. So kann man zum Beispiel die Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft durch die Depotbank als nicht unbedingt notwendig bzw. nicht unerlässlich ansehen. Die Verwaltung des Sondervermögens kann bei einem gesetzes- und vertragskonformen Handeln des PortfolioManagements auch ohne diese Depotbankleistungen erfolgreich sein. Dennoch ist sie dadurch wesentlich, dass sie die Einhaltung von gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrenzen sicherstellt und damit der Anlagesicherheit als wesentlichem Grundpfeiler des Investment-Dreiecks dient623. Folglich ist die Aussagekraft und der Nutzen der Feststellung, ob eine Leistung unerlässlich ist, für die weitere Prüfung gering. Die Notwendigkeit der Leistung stellt deshalb keinen eigenen Prüfungsschritt dar. Die Aussage des Europäischen Gerichtshofs, dass sich aus dem Umstand, dass eine Teilleistung für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, nicht die Befreiung dieser Teilleistung herleiten lässt, bringt für die Frage der Befreiung einer Teilleistung keinen Erkenntnisgewinn mit sich. bb)
Keine rein technischen oder materiellen Leistungen
Der Europäische Gerichtshof betont, dass eine rein technische oder materielle Leistung wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems von den durch die 6. EG-RL (bzw. MwStSystRL) befreiten Leistungen abzugrenzen sei624. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine eigenständige Voraussetzung, die es gesondert zu prüfen gilt, sondern lediglich um die Betonung eines Umstandes, der sich bereits aus dem Erfordernis der Spezifität der Leistung ergibt625. Die betreffende Aussage des Gerichts ist vielmehr als Hilfestellung in Gestalt einer negativen Abgrenzung gegenüber einer spezifischen und wesentlichen Leistung aufzufassen626. Eine rein materielle oder technische Leistung kann keine charakteristische und prä-
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Regel aber nicht spezifisch, weil sie ein Element einer jeden Finanzdienstleistung darstellen (Sedlmaier, a. a. O., nennt als Beispiel Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Internetauftritt einer KAG.). Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen am Ende von Kap. 9, Abschn. C, Punkt III 6 (Fn. 1144). Vgl. die Nachweise in Punkt V 1 dieses Abschnitts. Im Gegensatz hierzu scheint Hahne (UR 2005, 353 ff. [357 ff.]; ders., in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 456) diesen Aspekt als eigenes Prüfungskriterium neben der Formel des EuGH anzusehen. Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [625]; Fock, IStR 2006, 379 ff. [379].
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Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
gende Funktion eines Finanzumsatzes im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g MwStSystRL erfüllen und damit auch nicht spezifisch sein. Sie ist letztlich Element eines jeden Bank- oder Finanzumsatzes627. Eine rein technische oder materielle Dienstleistung kann unter Umständen zwar aufgrund ihrer Bedeutung für den Eintritt des betreffenden Leistungserfolges wesentlich, aber nicht prägend oder typisch sein, weil sie im Rahmen eines jeden Finanzumsatzes (und auch darüber hinaus) auftritt. Folglich muss ein Prüfungspunkt „keine rein technischen oder materiellen Leistungen“ leer laufen. Die Befreiung einer rein technischen oder materiellen Leistung scheitert bereits an dem Erfordernis der Spezifität628. Auch ist der Aspekt, dass es sich bei der Teilleistung nicht um rein technische oder materielle Dienstleistungen handeln darf, nicht so zu verstehen, dass eine automatisierte Leistungserbringung von der Steuerfreiheit ausgeschlossen ist629. Gemäß dem Europäischen Gerichtshof kommt es vielmehr auf die Art der Leistung und nicht auf die Art der Leistungserbringung an630. cc)
Verantwortlichkeit des Dienstleisters
(1)
Problemstellung
Im Zusammenhang mit der Aussage, dass eine steuerfreie Leistung von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung zu unterscheiden sei, hat der Europäische Gerichtshof sowohl in der Rechtssache „SDC“ als auch in der Rechtssache „CSC“ angemerkt, dass das nationale Gericht zu diesem Zweck „den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums ge627
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196
Vgl. die Formulierung des BFH im Urt. v. 12.6.2008 (V R 32/06, Punkt II 1 b) (2) DStRE, 2008, 1215 ff.): „Im Hinblick auf die nach dem EuGH-Urteil weiter erforderliche Abgrenzung zu rein materiellen oder technischen Leistungen wie z. B. der Überlassung eines EDV-Systems […] ist aber auch davon auszugehen, dass technische Leistungen nicht als spezifisch und wesentlich anzusehen sind.“ Auch Hahne (vgl. Fn. 625) führt einige Sätze später aus, dass solche rein materiellen oder technischen Leistungen für den Leistungsprozess keine charakteristischen Leistungselemente darstellen. Diesen Eindruck könnte Abschnitt 63 Abs. 2 S. 2 UStR 2008 erwecken, wonach eine Befreiung für Leistungen eines durch Outsourcing entstandenen Rechenzentrums nicht in Betracht kommt, wenn dieses die ihm übertragenen Vorgänge EDVtechnisch abwickelt. So könnte man auch die Ausführungen des BMF (Schr. v. 30.5.2000, IV D 2 – S 7160 d – 5/00, DStR 2000, 1059 f.) verstehen, wo es im Zusammenhang mit der Ablehnung der Steuerfreiheit von Rechenzentren anführt, dass deren Leistungen sich regelmäßig nur auf die technische Ausführung des Zahlungsverkehrs erstrecken. Vgl. zu dieser Problematik: Menner/Herrmann, UStB, 2001, 61 ff. [63]; Philipowski, UR 2003, 466 ff. [472]. So ausdrücklich: EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 32, 37, IStR 1997, 397 ff.
Grundsätze der Befreiung
genüber den Banken untersuchen muss, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt.“631. Im Zusammenhang mit dieser Formulierung ergeben sich verschiedene Fragen632: 1. Handelt es sich bei dem Aspekt der Verantwortung des Dienstleisters vor dem Hintergrund, dass der Europäische Gerichtshof diesen Punkt lediglich im Rahmen der Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ und nicht im Zusammenhang mit der Rechtssache „Abbey National“ ansprach, nicht um eine im Hinblick auf die Befreiung einer Teilleistung generell anzuwendende Feststellung, sondern um eine sich speziell auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL (bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL) beschränkte Aussage (vgl. folgend Punkt (2))? 2. Gegenüber wem muss die maßgebliche Verantwortung bestehen? Gegenüber dem Auftraggeber (zum Beispiel einer Kapitalanlagegesellschaft) oder dem Kunden des Auftraggebers, also dem Anleger (vgl. folgend Punkt (3))? 3. Was ist unter dem Begriff der Verantwortung in diesem Zusammenhang zu verstehen (vgl. folgend Punkt (4))? 4. Bezieht sich der Hinweis des Gerichts, dass auf die Verantwortlichkeit des Dienstleisters abzustellen ist, ausschließlich auf den Gesichtspunkt der negativen Abgrenzung einer befreiten Teilleistung von einer rein materiellen oder technischen Leistung (vgl. folgend Punkt (5))? (2)
Verantwortlichkeit als allgemeine Voraussetzung
Gegen eine Anwendung des Verantwortlichkeitskriteriums auf die Erbringung einer Teilleistung im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Sondervermögens spricht nicht, dass der Europäische Gerichtshof diesen Aspekt nur in den Entscheidungen „SDC“ und „CSC“, die sich mit Überweisungsund Wertpapierumsätzen beschäftigten, ausdrücklich ansprach. In der Entscheidung „Abbey National“, die sich ihrerseits der Verwaltung von Investmentvermögen widmete, ließ er es bei folgender Formulierung bewenden: „Die erbrachten Dienstleistungen müssen daher die spezifischen und wesentlichen Elemente der Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften betreffen. Die rein materiellen oder technischen Dienstleistungen wie z. B. die Zurverfügungstellung eines Datenverarbei-
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EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26, UR 2002, 84 ff. Stadie (UStG, S. 512, Fn. 2) bezeichnet die Äußerung des EuGH im Hinblick auf die Verantwortlichkeit als „nebulös“.
197
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
tungssystems werden von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-Richtlinie nicht erfasst (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-Richtlinie EuGH, Urt. v. 5.6.1997 – Rs. C-2/95 – SDC, […] – Rz. 66).“633 Demnach handelt es sich hierbei nicht um eine spezielle Voraussetzung der Befreiung von Teilleistungen im Zusammenhang mit Zahlungs- und Überweisungsumsätzen bzw. Umsätzen, die sich auf Wertpapiere beziehen (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL), sondern um eine Feststellung, die ebenso auf die Befreiung einer Teilleistung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anzuwenden ist634. Der Aspekt der Verantwortlichkeit des Dienstleisters dient entsprechend dem Europäischen Gerichtshof ausdrücklich dem Zweck, die befreite Leistung im Sinne der Richtlinie von der Erbringung einer rein technischen oder materiellen Dienstleistung zu unterscheiden635. Diese Abgrenzung ist – wie das obige Zitat aus der Entscheidung in der Rechssache „Abbey National“ zeigt – gemäß dem Europäischen Gerichtshof aber auch im Zusammenhang mit Leistungen, die sich auf die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften beziehen, vorzunehmen. (3)
Keine Verantwortlichkeit gegenüber dem Anleger
Wie sich aus den Formulierungen des Europäischen Gerichtshofs ergibt, muss die Verantwortlichkeit allein gegenüber dem Leistungsempfänger bestehen636. In denen den Entscheidungen „SDC“ bzw. „CSC“ zugrundeliegenden Konstellationen ging es um die Verantwortung eines Rechenzentrums bzw. Call-Centers gegenüber einer Bank, während eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Bankkunden keine Rolle spielte637. Andernfalls wäre auch eine Befreiung solcher ausgelagerter Leistungen unmöglich. Denn die Verantwortlichkeit des Dienstleisters besteht nicht ge-
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637
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EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 71, UR 2006, 353 ff. So auch: Hahne, UR 2005, 353 ff. [358 f.]; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 28 (EL 60, 9/2008). Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26, UR 2002, 84 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26, UR 2002, 84 ff. So auch BFH, Urt. v. 13.7.2006, V R 57/04, Punkt II 3 a), BFHE 214, 451 ff. Vgl. aus der Lit.: Hamacher/Grundt, DStR 2005, 1589 ff. [1591); dies., DStR 2007, 283 ff., [284 f.]; Heidner, in: Bunjes/Geist, UstG, 10. Aufl., § 4 Nr. 8, Rn. 26; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 40 (EL 184, 1/2011); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 28 (EL 60, 9/2008). Vgl. Punkt IV dieses Abschnitts.
Grundsätze der Befreiung
genüber den Kunden des Auftraggebers, sondern gegenüber dem Auftraggeber selbst. Dieses Ergebnis folgt auch bereits aus dem Umstand, dass es entsprechend dem Europäischen Gerichtshof für eine Befreiung keiner zivilrechtlichen Beziehung des Dienstleisters zu dem Kunden bedarf 638 (4)
Verantwortungsbegriff
Weitestgehend abgelehnt wird die Sichtweise, die den Begriff der Verantwortung im Sinne einer Dispositionsbefugnis versteht639. Maßgeblich sei nach dieser vereinzelt vertretenen Ansicht, ob sich der externe Dienstleister bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Leistung innerhalb der Vorgaben des Leistungsempfängers hält oder ob er einen eigenen Entscheidungsspielraum besitzt640. Dass der Begriff der Verantwortung durch den Europäischen Gerichtshof in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“ nicht in diesem Sinne verstanden worden sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass es andernfalls in dem vom Europäischen Gerichtshof konkret entschiedenen Fall der Überweisungsdienstleistung nie möglich wäre, eine Teilleistung steuerfrei zu beziehen. Denn eine Bank kann bereits aus aufsichtsrechtlichen Gründen die Dispositionsbefugnis über die Konten ihrer Kunden nicht aus den Händen geben641. Weil sich das Kriterium der Verantwortlichkeit aber nicht auf den Zahlungs- und Überweisungsverkehr beschränkt, sondern ebenso auf die Verwaltung eines Investmentvermögens anzuwenden ist, würde ein solches Erfordernis bedeuten, dass nur solche Teilleistungen befreit bezogen werden könnten, die eine Entscheidungsbefugnis beinhalten. Wie später noch zu zeigen sein wird, lehnte der Europäische Gerichtshof eine solche Sichtweise jedoch in der Rechtssache „Abbey National“ ab, indem er ausführte, dass auch buchhalterische und administrative Dienstleistungen von der Befreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL 638
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Teilweise wird aus dem BMF-Schr. v. 30.5.2000 (IV D 2 – S 7160 d – 5/00, DStR 2000, 1059 f.) darauf geschlossen bzw. die Vermutung geäußert, dass das BMF eine Verantwortung gegenüber dem Kunden verlangt, vgl. BFH, Urt. v. 13.7.2006, V R 57/04, Punkt II 3 a), BFHE 214, 451 ff.; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 4 Nr. 8, Rn. 26. Vgl. BFH, Urt. v. 12.6.2008, V R 32/06, 2. Leitsatz, sowie Punkt II. 1 c) aa), DStRE 2008, 1215 ff. [1219]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]; Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2010]; Hamacher/Grundt, 2005, 1589 ff. [1592]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 221 f.; Wäger, UR 2002, 88 ff. [89]. Vgl. FG München, Urt. v. 9.3.2005, 3 K 5039/02, 1. Leitsatz, UR 2005, 377 ff. für den Fall der Zahlungs- und Überweisungsdienstleistungen durch ein Rechenzentrum. Vgl. Hamacher/Grundt, 2005, 1589 ff. [1592]. Vgl. Heidemann (Umsatzsteuerbefreiungen, S. 221 ff.) zu den weiteren Argumenten gegen die Sichtweise des FG München.
199
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
profitieren können, obwohl solche Leistungen keine dispositive Entscheidungsbefugnis beinhalten642. Teilweise wird davon ausgegangen, dass eine Verantwortlichkeit eine Haftung des Dienstleisters für Fehler bei der Erfüllung seiner Aufgaben erfordert, so dass eine Steuerfreiheit einer Teilleistung zumindest dann ausscheiden muss, wenn eine Haftungsfreistellung vereinbart wurde643. Der Europäische Gerichtshof kann nicht in diesem Sinne interpretiert werden, weil die Frage einer Haftungsbeschränkung oder -freistellung nicht die Art der erbrachten Leistung beeinflusst. Indem das Gericht jedoch wiederholt betonte, dass es für die Befreiung einer Teilleistung auf die Art der Leistung ankomme644, zeigt es, dass es nicht auf solche zivilrechtlichen Vereinbarungen der Parteien ankommen kann, die sich ihrerseits gerade nicht auf die Art der Leistung auswirken645. Die Haftungsfrage betrifft nämlich nicht den Charakter der Primärleistung, die letztlich Gegenstand der Umsatzbesteuerung ist, sondern lediglich die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Dienstleister Schadensersatz für Verletzung von Leistungspflichten zu leisten verpflichtet ist. Dies ändert aber nicht die Art der hier zu betrachtenden Teilleistung. Würde man die Anwendung der Steuerbefreiung von einer vollumfänglichen Haftung abhängig machen, so würde ein und dieselbe Leistung das eine Mal befreit und das andere Mal nicht be642 643
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Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs- C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, Rn. 70, UR 2006, 353 ff. Vgl. Menner/Herrmann, UStB 2001, 61 ff. [65]; Wäger, UR 2002, 88 ff. [89, rechte Spalte]. Ablehnend: Philipowski, UR 2008, 738 ff. [741]. Der BFH führt in seinem Urt. v. 12.6.2008 (V R 32/06, DStRE 2008, 1215 ff.) unter Punkt II. 1. b) (3) und II. 1. c) bb) (4) aus, dass es gegen eine Steuerfreiheit spricht, dass eine Haftungsbeschränkung vereinbart worden war. Welches Gewicht dabei der Haftungsfrage zukommen soll ist unklar, weil das Gericht diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen lassen konnte. Darüber hinaus beruft sich der BFH an dieser Stelle auf seine eigene Entscheidung aus dem Jahr 2006 (Urt. v. 13.7.2006, V R 57/04, BFHE 214, 451 ff.), in der er zwar nicht ausdrücklich von einer Haftung, aber von einer „Verantwortlichkeit für Fehler“ spricht. In diesem Zusammenhang verweist er einerseits auf den Aufsatz Menner/Herrmanns (UStB 2001, 61 ff.), die von einem Haftungserfordernis ausgehen, und andererseits auf die Aufsätze Philipowskis (UR 2003, 466 ff. [473]) und Hamacher/Frenzels (UR 2002, 297 ff. [300]), die wiederum eine Haftung für die Befreiung einer Teilleistung für nicht erforderlich erachten. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 32, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/09 (Abbey National), Rn. 66, UR 2006, 353 ff. Gegen eine solche Sichtweise spricht auch der Wortlaut, weil „Verantwortung“ in der deutschen Rechtssprache nicht zwingend mit „Haftung“ gleichzusetzen ist. Dem entspricht auch die englische Fassung der Entscheidungen „SDC“ (Rn. 66) und „CSC“ (Rn. 26), wo anstelle der Verantwortung der Begriff „responsibility“ und nicht „liability“ verwendet wird.
Grundsätze der Befreiung
freit bezogen werden können, weil für den Fall einer Pflichtverletzung (der übrigens gar nicht einzutreten braucht) nur eine beschränkte Haftung vorgesehen ist. Die hier vertretene Sichtweise entspricht insbesondere der so genannten funktionalen Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs, nach welcher die zivilrechtlichen Beziehungen für die Befreiung unerheblich sind646. Der Umfang der Verantwortung ist vielmehr im Sinne eines Verantwortungsbereiches zu verstehen, der dem Dienstleister zukommt647. Der Rückgriff auf die Verantwortung dient der Feststellung dessen, was vom Leistenden vertraglich geschuldet und damit auch erfüllt wird648. Fallen Tätigkeiten in den Verantwortungsbereich, die ein einheitliches Ganzes darstellen und zugleich für den befreiten Umsatz wesentlich und spezifisch sind, so ist davon auszugehen, dass der Dienstleister diese Verbindlichkeiten auch erfüllen wird und dabei eine befreite Teilleistung erbringt. Es handelt sich hierbei somit lediglich um eine Hilfestellung für die Ermittlung dessen, was der Dienstleister tatsächlich leistet, indem man auf seinen vertraglich vereinbarten Verantwortungsbereich zurückgreift649. Das Gericht hat damit den nationalen Gerichten eher ein Werkzeug an die Hand gegeben, um auf tatsächlicher Ebene zu ermitteln, was Inhalt der Teilleistung ist. Das erklärt auch, warum der Europäische Gerichtshof die Verantwortlichkeit des Dienstleisters gerade im Zusammenhang mit der Abgrenzung gegenüber einer rein technischen und materiellen Leistung ins Spiel bringt. Bei einer solchen Leistung ist der Dienstleister zum Beispiel lediglich für die Überlassung einer EDV-Anlage verantwortlich. Weitere Tätigkeiten mittels dieser Anlage zur Realisation des von der Befreiungsvorschrift umschriebenen Leis-
646 647
648
649
Vgl. Punkt IV dieses Abschnitts zur funktionalen Sichtweise des EuGH. Vgl. die teilweise abweichenden, im Ergebnis aber übereinstimmenden Ansätze von: Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]; Hamacher/Grundt, DStR 2005, 1589 ff. [1591]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 221; Philipowski, UR 2003, 466 ff. [473]; ders., UR 2008, 738 ff. [741]; Weber/Hamacher, Bank- und Finanzgeschäft, S. 94. Vgl. Hamacher/Grundt, DStR 2005, 1589 ff. [1591]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiung, S. 221. Hamacher/Grundt fassen hierbei „Verantwortung“ zwar als Haftung auf, greifen dann aber auf den Haftungsumfang nur deshalb zurück, um so den Umfang der geschuldeten Leistung festzustellen. Sie gelangen über den Begriff der Verantwortung – so wie hier vertreten – zum Umfang der geschuldeten Leistung als Hilfestellung bei der Ermittlung dessen, was tatsächlich erbracht wird. Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]; Hamacher/Grundt, DStR 2005, 1589 ff. [1591]. Dies geht auf die Erwägung zurück, dass in der Regel das, was geschuldet ist, auch erfüllt wird, vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 1. Auch Becker (UStB 2010, 278 ff. [282]) fasst das Verantwortlichkeitskriterium als Teil der Abgrenzung gegenüber rein technischen und materiellen Tätigkeiten auf.
201
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
tungserfolges fallen nicht in seinen Verantwortungsbereich, weshalb er somit keine spezifischen und wesentlichen Tätigkeiten erbringt650. (5)
Der Anwendungsbereich des Verantwortlichkeitskriteriums
Ebenso wie es sich bei dem Gesichtspunkt, dass es sich um keine rein technische oder materielle Leistung handeln darf, nicht um einen eigenständigen Prüfungspunkt außerhalb der Formel des Europäischen Gerichtshofs, sondern um einen Aspekt der Spezifität handelt (vgl. Punkt V 2 b) bb) dieses Abschnitts), ist auch der Anwendungsbereich der Verantwortlichkeit nicht auf die negative Abgrenzung gegenüber einer rein technischen oder materiellen Leistung beschränkt. Dieses Kriterium bietet vielmehr auch über die Feststellung der Spezifität hinaus ein Hilfsinstrument, wenn es darum geht, den Umfang der Pflichten eines Dienstleisters zu ermitteln, um festzustellen, ob diese die Voraussetzungen des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung einer Teilleistung erfüllen651. (6)
Zusammenfassung
Die Bedeutung der Verantwortlichkeit des die Teilleistung erbringenden Dienstleisters beschränkt sich nicht auf die in den Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ behandelten Überweisungs- und Zahlungsumsätze (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) sowie Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL). Das Kriterium der Verantwortlichkeit dient zudem nicht allein dem Ausschluss rein technischer oder materieller Leistungen, sondern ist allgemein dort zurate zu ziehen, wo es gilt, die Wesentlichkeit und Spezifität einer Leistung im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs zu untersuchen. Trotz dieses weiten Anwendungsbereichs des Verantwortlichkeitskriteriums kommt ihm jedoch keine entscheidende Bedeutung in der Hinsicht zu, dass es über die Befreiung einer Teilleistung entscheidet. Die Ermittlung der Verantwortlichkeit des Dienstleisters gegenüber dem Auftraggeber ist lediglich ein Hilfsmittel zur Feststellung, welchen Umfang die schuldrechtliche Verpflichtung des Leistenden hat. Unklar bleibt jedoch, wie sich der Bundesfinanzhof in Zukunft zum Inhalt des Verantwortlichkeitsbegriff positionieren wird. Solange nicht abschließend geklärt ist, dass auch er der Sichtweise eine Absage erteilt, dass eine Haftungsfreistellung bzw. -beschränkung des Dienstleisters eine Steuerbe650 651
202
Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 221. Vgl. Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]; Heidner, in Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 4 Nr. 8, Rn. 26.
Grundsätze der Befreiung
freiung einer Teilleistung ausschließt, muss man eine Besteuerung solcher Teilleistungen allein aus dem Grund zumindest für möglich erachten, dass eine Haftungsfreistellung bzw. eine Haftungsbeschränkung vereinbart wurde. c)
Bewirken rechtlicher und finanzieller Änderungen
In der Rechtssache „SDC“ finden sich folgende Aussagen des Gerichts: „Um als von der Steuer befreite Umsätze i. S. d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 qualifiziert zu werden, müssen die Dienstleistungen eines Rechenzentrums ein im großen und ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer in den vorstehenden Randnummern beschriebenen Leistung erfüllt. Bezüglich eines Umsatzes im Überweisungsverkehr müssen die erbrachten Dienstleistungen daher eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen.“652 „Der Wertpapierhandel umfasst Handlungen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert [sic] und den Handlungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr ähnlich sind.“653 In der Rechtssache „CSC“ folgte: „Wie der Gerichtshof in Randnummer 73 des Urteils SDC ausgeführt hat, umfasst der Wertpapierhandel Handlungen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern und den Handlungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr ähnlich sind.“654 Auch wenn diese Äußerungen geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, dass die Herbeiführung einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage eine allgemeine Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung von Teilleistungen darstellt, beschränkt sich diese Anforderung auf die Befreiungstatbestände des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL. Im Gegensatz hierzu verlangt die Befreiung einer Teilleistung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nicht, dass die betref-
652 653 654
EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 397 ff. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 73, IStR 397 ff. EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C.235/00 (CSC), Rn. 28, UR 2002, 84 ff.
203
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
fende Verwaltungsleistung eine Änderung in der rechtlichen und finanziellen Leistung bewirkt655. Die zitierten Aussagen des Europäischen Gerichtshofs erfolgten vielmehr als Spezifizierung des allgemeinen Grundsatzes, dass es sich um ein eigenständiges Ganzes handeln muss, das wesentliche und spezifische Funktionen des von der Befreiungsregelung beschriebenen Umsatzes erfüllt, im Hinblick auf den speziellen Fall der Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie solcher Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen656. Eine Anwendung dieses Erfordernisses auf die anderen Befreiungsregelungen wie zum Beispiel aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kann nicht automatisch erfolgen, sondern bedarf einer ausdrücklichen Aussage des Europäischen Gerichtshofs. Aus der Formulierung des Gerichts in der Rechtssache „SDC“ („[…] Bezüglich eines Umsatzes im Überweisungsverkehr müssen die erbrachten Dienstleistungen daher […]“) lässt sich vielmehr erkennen, dass es sich bei dem Erfordernis des Bewirkens von rechtlichen und finanziellen Änderungen um eine Spezifizierung der allgemeinen Formel im Hinblick auf Überweisungsumsätze und nicht um eine allgemeine Voraussetzung für die Befreiung einer Teilleistung handelt. Am Beispiel des für diese Untersuchung überaus wichtigen Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL) lässt sich zudem verdeutlichen, warum eine Übertragung auf diese Befreiungsregelung auch nicht der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs entspricht. Während sich die in den Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ behandelten Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und im Handel mit Wertpapieren auf Finanztransaktionen beziehen, machen Transaktionen nur einen geringen Teil der Verwaltungsleistung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL aus657. Die Verwaltung eines Investmentvermögens kann über einen gewissen Zeitraum auch gänzlich ohne Transaktionen auskommen, wenn zum Beispiel die Marktlage gegen eine Umschichtung des Portfolios spricht oder von Anfang an eine langfristige Anlagestrategie verfolgt wurde. Damit könnte von vornherein nur ein kleiner Teil der Verwaltungsleistung auch von einem externen Dienstleister steuerfrei ausgeführt werden, ohne 655 656 657
204
Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 92, EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Bacmeister, IStR 2006, 779 ff. [781]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]; Posegga, DStR 2010, 1418 ff. [1422]. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66, IStR 397 ff.; EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C.235/00 (CSC), Rn. 25, 26, UR 2002, 84 ff. Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 63 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff.
Grundsätze der Befreiung
dass die vom Europäischen Gerichtshof eigens für die Anwendung der Befreiungsregelungen auf die teilweise Leistungserbringung aufgestellten inhaltlichen Anforderungen zur Anwendung kommen würden. Zudem hat sich der Europäische Gerichtshof durch seine Entscheidung in der Rechtssache „Abbey National“ zumindest mittelbar zu der hier vertretenen Ansicht bekannt. Dort entschied er, dass auch Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung befreit sein können, wenn sie die Voraussetzungen der bekannten Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllen658. Weil es durch diese Leistungen aber nicht zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage kommen kann, muss man davon ausgehen, dass es auf ein solches Bewirken nicht ankommt. Auch wenn sich der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung nicht mit dem PortfolioManagement, sondern mit buchhalterischen und sonstigen administrativen Tätigkeiten auseinandersetzte, können seine Ausführungen auf das Portfolio-Management übertragen werden. Schließlich befasste er sich nicht mit dem Begriff der administrativen oder buchhalterischen Verwaltung, sondern mit dem Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 MwStSystRL, der seinerseits auch das Portfolio-Management umfasst. Generalanwalt Maduro hatte hingegen bereits zuvor in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache „BBL“ ergänzend zum Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL ausgeführt, dass „der Begriff „Verwaltung“ nicht nur Verwaltungsdienstleistungen betrifft, die eine Entscheidungsbefugnis voraussetzen, sondern auch die Geschäfte, die sich unmittelbar auf die finanzielle Lage von Kapitalanlagegesellschaften und entsprechenden Organismen auswirken können, so dass sie die Investitions- und die Anlageentscheidungen maßgeblich beeinflussen.“659. Umfasst sind seiner Ansicht nach solche Umsätze, „die eng mit der Führung des Fonds verbunden sind, d.h., mit der Bestimmung der Anlagepolitik, der Käufe und Verkäufe von Aktiva“660. Der Umfang des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL bestimme sich danach, „ob sich die streitigen Leistungen unmittelbar auf die finanzielle Situation des Fonds auswirken und so die Würdigung der finanziellen Risiken oder Investitions- und Anlageentschei658 659
660
Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, UR 2006, 353 ff. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 40, EuGHE 2004 I, 10159 ff. Die Äußerungen waren deshalb ergänzend, weil es auf diese Frage nicht mehr ankam, nachdem die erste Vorlagefrage bejaht wurde. Das Gericht befasste sich nicht mehr mit den Anmerkungen Maduros zu dieser Problematik, vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 47, IStR 2004, 862 ff. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 33, EuGHE 2004 I, 10159 ff.
205
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
dungen entscheidend beeinflussen.“661. Fasst man diese Äußerungen Maduros so auf, dass der Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL ein Bewirken von rechtlichen und finanziellen Änderungen voraussetzt662, so wurde sie durch den Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache „Abbey National“ dadurch abgelehnt, dass das Gericht es auch für möglich erachtete, dass Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung von dieser Bestimmung umfasst sind663. 3.
Ergebnis
Für die Befreiung einer Teilleistung kommt es maßgeblich auf die Formel des Europäischen Gerichtshofs an. Die betreffenden Leistungen müssen ein eigenständiges Ganzes bilden und darüber hinaus für den befreiten Umsatz wesentlich und spezifisch sein. Weitere Aspekte wie etwa die Steuerpflicht einer rein technischen oder materiellen Dienstleistung sind bereits in den Elementen der Formel des Europäischen Gerichtshofs enthalten. Das Bewirken von rechtlichen und finanziellen Änderungen ist nicht Teil der allgemeinen Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung in Bezug auf Bank- und Finanzumsätze. 4.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Eckpunkte der Neuregelung
Die Befreiung von Teilleistungen stellt einen der Schwerpunkte der Diskussion um die Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL dar. Weil es in die661 662
663
206
GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 35, EuGHE 2004 I, 10159 ff. In diesem Sinne werden die Äußerungen Maduros wohl aufgefasst von: GAin Kokott, SA v. 8.9.2001, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 60 f., EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [627]; Hahne, IStR 2006, 383 ff. [384]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen S. 229. Die Äußerungen Maduros sind jedoch nicht ganz eindeutig, weil er einerseits davon spricht, dass sich die Geschäfte unmittelbar auf die finanzielle Lage von KAGen und entsprechenden Organismen auswirken müssen (dies spricht klar für das Verständnis Kokotts, Heidemanns usw.), andererseits aber auch solche Umsätze umfasst wissen will, die eng mit der Bestimmung der Anlagepolitik verbunden sind oder die Würdigung der finanziellen Risiken oder Investitions- und Anlageentscheidungen entscheidend beeinflussen (was wiederum gegen eine solche Auffassung von Maduros Ansicht spricht). Dementsprechend fasst Posegga (DStR 2005, 1799 ff. [1802 f.]) die Äußerungen Maduros auch so weit auf, dass Beratungsleistungen (ohne Entscheidungsbefugnis) steuerfrei bezogen werden können. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, UR 2006, 353 ff. und die Ausführungen im vorherigen Absatz. So auch Posegga, DStR 2010, 1418 ff. [1422].
Grundsätze der Befreiung
sem Bereich an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, wird der Versuch unternommen, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in eine Richtlinienvorschrift zu überführen664. Dementsprechend enthält Art. 135 Abs. 1a des Entwurfes der Kommission für eine Neufassung der MwStSystRL (folgend MwStSystRL-E-KOM genannt) die Formulierung, dass die Steuerbefreiungen auf die Erbringung eines jeden Bestandteils einer Finanzoder Versicherungsdienstleistung anzuwenden sind, „der ein eigenständiges Ganzes bildet und die spezifischen und wesentlichen Eigenschaften der steuerbefreiten Dienstleistung aufweist“665. Entsprechend der Vorgabe, sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu orientieren, käme es somit weiterhin maßgeblich auf die vorstehend angeführten Überlegungen zum konkreten Inhalt dieser Formel an. Weil es damit aber auch bei den besagten Schwierigkeiten in Bezug auf die Anwendung dieser allgemeinen Vorgaben auf die einzelnen Fälle der Erbringung einer Teilleistung bleibt, soll die gleichzeitig zu erlassende, nicht umsetzungsbedürftige Durchführungsverordnung in ihren Art. 13 ff. (folgend VO-E-KOM genannt) zum einen Beispiele für bestimmte Leistungen aufzählen, die den Anforderungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs gerecht werden, und zum anderen auch solche nennen, die diesen Anforderungen jedenfalls nicht genügen666. b)
Anwendungsbereich
Schwierigkeiten bereitete jedoch von Anfang an der Anwendungsbereich dieser Regelung. Der Kommissionsvorschlag vom 28. November 2007 bzw. 20. Februar 2008 beschränkt den Anwendungsbereich der Befreiung von Teilleistungen nach Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM so, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds von vornherein nicht Gegenstand dieser Regelung sein können. Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM sollte ausdrücklich nur für die Befreiungen im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis e MwStSystRL-E-KOM gelten, während sich die Befreiung für die Verwaltung von Investmentfonds in Buchst. g des ersten Absatzes wiederfindet. Nachdem der französische Vorsitz der mit den Beratung des Rates der EU betrauten Gruppe „Steuerfragen“ unter Bezug664
665 666
Hierbei handelt es sich ausdrücklich um ein allgemeines Anliegen der Kommission und der Mitgliedstaaten. Den Neuregelungen soll der aktuelle Anwendungsbereich der Befreiungsregelungen unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zugrunde gelegt werden, vgl. Punkt 5 (S. 4), Dok. 11584/09 v. 30.6.2009, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. COM (2007) 747 endgültig, S. 11, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Das Dokument COM (2007) 746 kann auf der Seite: http://ec.europa.eu/prelex/ abgerufen werden.
207
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
nahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“ die Einbeziehung von Buchst. g ausdrücklich gefordert hatte667, blieb es auch in den folgenden Dokumenten der Gruppe „Steuerfragen“ dabei, dass auch Teilleistungen der Verwaltung eines Investmentfonds unter den Voraussetzungen des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM befreit erbracht werden können668. Erst der schwedische Vorsitz äußerte im September des Jahres 2009 erneut den Vorschlag, die Befreiung von Teilleistungen nach dieser Regelung nicht auf die Verwaltung eines Investmentfonds anzuwenden669. Aber selbst eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-EKOM würde nicht bedeuten, dass jegliche Aufteilung der Verwaltungsleistungen deren Steuerfreiheit ausschließt. Vielmehr soll gleichzeitig der Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens so konzipiert werden, dass er bereits bei der Erbringung bestimmter Teilleistungen erfüllt ist, ohne dass es hierfür auf die weiteren Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung ankäme (vgl. hierzu im Einzelnen Abschn. C, Punkt II 6 c) dieses Kapitels). c)
Anforderungen an die Befreiung einer Teilleistung
Neben diesen Schwierigkeiten hinsichtlich des Anwendungsbereiches des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM bestehen zudem Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gruppe „Steuerfragen“ darüber, unter welchen Bedingungen eine Teilleistung befreit sein soll. Letztlich geht es hierbei um den genauen Inhalt der Formel des Europäischen Gerichtshofs. Teilweise wird die Forderung geäußert, dass die zu befreiende Teilleistung auch zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation führen müsse670. Unter diesen verschärften Anforderungen soll dann aber auch die Verwal-
667 668
669 670
208
Vgl. S. 4 des Dokuments 12546/08 v. 29.8.2008 abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13627/08 v. 29.9.2008 (S. 4); Dok. 14472/08 v. 17.10.2008 (S. 3); Dok. 16967/08 v. 8.12.2008 (S. 3); Dok. 5162/09 v. 9.1.2009 (S. 13); Dok. 7889/09 v. 20.3.2009 (S. 21), abrufbar unter Angabe der jeweiligen Dokumentennummer bzw. der interinstitutionellen Referenz 2007/0267 (CNS) auf der Seite: http://register.consilium.europa.eu/. Zwischenzeitlich wurde eine neue Nummerierung der Neufassung des Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL vorgenommen, so dass die Verwaltung von Investmentfonds unter Buchst. gc zu finden ist. Vgl. Punkt 4 (S. 2) des Dokuments 13057/09 v. 09.9.2009, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13057/09 des schwedischen Vorsitzes v. 9.9.2009 (S. 4). Vgl. bereits das Dok. 12546/08 des französischen Vorsitzes v. 29.8.2008 (S. 4) zu diesen Forderungen, der sich ausdrücklich gegen diese Vorschläge wendet. Beide abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/.
Grundsätze der Befreiung
tung eines Investmentfonds in Teilleistungen befreit erbracht werden können. Hinsichtlich der Einschränkung der Formel des Europäischen Gerichtshofs kann auf die Ausführungen in Punkt V 2 c) dieses Abschnitts verwiesen werden. Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen „SDC“, „CSC“ und „Abbey National“ handelt es sich hierbei gerade nicht um eine allgemeine Voraussetzung zur Befreiung einer Teilleistung, sondern um eine Konkretisierung im Hinblick auf Zahlungsund Finanzumsätze sowie solche Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen671. Will man also tatsächlich die Grundsätze der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigen, so muss man auf das Bewirken von rechtlichen und finanziellen Änderungen als allgemeine Voraussetzung verzichten672. Diese Schwierigkeiten folgen daraus, dass man anscheinend versucht, die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung in Bezug auf einen Zahlungs- und Überweisungsumsatz bzw. einen Umsatz, der sich auf Wertpapiere bezieht (Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL), in Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM abschließend zu erfassen, indem man dort die Anforderung einfügt, dass die Leistung eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage bewirken muss. Dann kann man jedoch auf der anderen Seite Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM nicht mehr als allgemeine Regelung für die Befreiung einer Teilleistung bezeichnen. Soll diese Regelung allgemein gelten, so muss man sich auch damit anfreunden, dass sie nicht die weitergehenden Voraussetzungen bezüglich der speziellen Befreiungstatbestände regelt, sondern sich auf die Gemeinsamkeiten dieser Regelung beschränkt. Gleiches gilt für die Beschränkung des Anwendungsbereiches des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM derart, dass die Verwaltung eines Investmentfonds von vornherein nicht umfasst ist. Der Europäische Gerichtshof hatte in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich geäußert, dass auch die Verwaltung eines Investmentfonds in Teilleistungen zerfallen kann, ohne damit zwangsläufig die Befreiung einzubüßen. 671
672
Vgl. die Argumente und Nachweise in Punkt V 2 c) dieses Abschnitts und die Äußerungen des französischen Vorsitzes in Dok. 12546/08 v. 29.8.2008 (S. 4), Dok 13627/08 v. 29.9.2008 (S. 4). Gegen diese Sichtweise wendet sich auch der tschechische Vorsitz, vgl. Dok. 5162/09 v. 9.1.2009 (S. 13). Alle Dokumente sind abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Gemäß Dok. 11584/09 des schwedischen Vorsitzes v. 30.6.2009 (Punkt 5, S. 4, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/) sind sich Mitgliedstaaten und Kommission einig, den aktuellen Anwendungsbereich der Befreiungsregelungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH dem Gesetzgebungsverfahren zugrundezulegen.
209
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
d)
Durchführungsverordnung
Wie bereits erwähnt, soll parallel zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL eine nicht umsetzungsbedürftige Durchführungsverordnung eingeführt werden, die Beispiele für die Anwendung der einzelnen Regelungen der MwStSystRL enthält673. So beziehen sich die Regelungen der Art. 13 ff. VO-E-KOM auf die Befreiung von Teilleistungen im Sinne des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM, indem sie einerseits Dienstleistungen aufzählen, die den spezifischen und wesentlichen Charakter einer steuerbefreiten Dienstleistung erfüllen, und andererseits solche Leistungen benennen, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen. Während sich die Art. 14 ff. VO-E-KOM mit speziellen Fällen, wie zum Beispiel Teilleistungen in Bezug auf die Gewährung von Krediten oder bezüglich der Kontoführung, befassen, gibt Art. 13 VO-E-KOM einen allgemeinen Überblick. Weil für die Verwaltung eines Investmentfonds keine Spezialregelung existiert, muss somit auf diese allgemeine Vorschrift zurückgegriffen werden, um zu ermitteln, welche Leistungen die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllen.
673
210
Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
C.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
I.
Einleitung
Weil im Folgenden die Anwendung der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf die Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft (Kap. 7), auf die Leistungen eines externen Dienstleisters (Kap. 8) sowie auf die Leistungen der Depotbank (Kap. 9) im Mittelpunkt der Untersuchung stehen wird, sollen bereits an dieser Stelle die Schwerpunkte dieser Regelung losgelöst von der konkreten Anwendung angesprochen werden. Es werden die Begriffe der Verwaltung (Punkt II) und des Investmentvermögens nach dem Investmentgesetz (Punkt III) untersucht. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL) als europäische Grundlage der nationalen Regelung zu richten.
II.
Begriff der Verwaltung
1.
Gesetzliche Regelungen
a)
Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL
Sowohl § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG als auch Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL enthalten keine Definition dessen, was unter dem Begriff der Verwaltung im Sinne der Norm zu verstehen ist. Folglich gilt es diesen Begriff auszulegen, wobei den innerstaatlichen Stellen jedoch kein Spielraum zusteht. Der sich aus der Formulierung der Richtlinienregelung ergebende Spielraum bezieht sich auf den Begriff des Sondervermögens674, während es sich bei dem Begriff der Verwaltung um einen autonomen Begriff des Gemeinschaftsrechts handelt675. b)
Investmentgesetz
Der Verweis des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf das Investmentgesetz bezieht sich auf den Begriff des Investmentvermögens und nicht auf den Begriff der 674
675
Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Tenor 2, UR 2007, 727 ff.; GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 25, EuGHE 2004 I, 10159 ff.; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 15, BStBl. I 2010, 563 ff.; OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 23.2.2006, S 7160 h A – 2 – St I 2.30, DStR 2006, 947. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 43, UR 2006, 353 ff.; GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 25, EuGHE 2004 I, 10159 ff.; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 17, BStBl. I 2010, 563 ff.
211
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Verwaltung. Unabhängig davon, dass das Investmentgesetz keine Definition des Verwaltungsbegriffs bereithält, muss für umsatzsteuerliche Zwecke ein Rückgriff auf ein nationales Gesetz bereits deshalb ausscheiden, weil es sich bei dem Verwaltungsbegriff im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL um einen Begriff des autonomen Gemeinschaftsrechts handelt. Hieraus folgert das Bundesfinanzministerium, dass „andere Tätigkeiten nach dem InvG als die Verwaltung, insbesondere Tätigkeiten der Verwaltung von Investmentvermögen sowie sonstige Aufgaben nach Maßgabe der §§ 24 bis 29 InvG, nicht steuerbegünstigt“ sind676. Es ist zwar zutreffend, dass die Regelungen der §§ 24 bis 29 InvG nicht den Verwaltungsbegriff im Sinne der Befreiungsvorschrift definieren können, jedoch stellt es ebenso einen Verstoß gegen die Autonomie des Gemeinschaftsrechts dar, die Tätigkeiten der §§ 24 bis 24 InvG kategorisch vom Verwaltungsbegriff auszuschließen. Schließlich greift das Bundesfinanzministerium mit dieser Argumentation gerade auf das Investmentgesetz zur Definition des Verwaltungsbegriffs zurück, indem es bestimmte Tätigkeiten aufgrund ihrer Anordnung im Investmentgesetz kategorisch von dem Begriff der Verwaltung im Sinne der europäischen Befreiungsregelung ausschließt. Vielmehr muss man konsequent von dem Standpunkt ausgehen, dass sich dem nationalen Investmentgesetz selbst keine Stellungnahme zum Umfang des Verwaltungsbegriffs im Sinne der Befreiung entnehmen lässt. c)
Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL
Bei der Bestimmung des Verwaltungsbegriffs kann auch nicht auf andere in Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL enthaltene Verwaltungsbegriffe zurückgegriffen werden, weil es sich bei der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL um eine Sonderregelung für Sondervermögen handelt677. So kann auch nicht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL (umgesetzt durch § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) zurückgegriffen werden. Zum einen betrifft diese Regelung die steuerpflichtige Verwaltung (und Verwahrung) und zum anderen das Depotgeschäft, das heißt eine Tätigkeit, die in Abgrenzung zu den steuerfreien Wertpapierumsätzen nicht zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage führt678. Diese Form der Verwaltung unterscheidet sich von der Verwaltung eines Sondervermögens unter anderem 676 677 678
212
BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 1, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. Hahne/Winkler, 2003, 2005 ff. [2007]. Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 30, UR 2002, 84 ff.; Hünnekens, in: Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 93, insbes. Rn. 94 (EL 69, 2006); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 184 (EL 60, 9/2008). Vgl. ausführlich zur Verwaltung und Verwahrung in diesem Sinne: Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 344 ff. (EL 104, 11/2000).
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
dadurch, dass dem Verwalter keine eigene Entscheidungsbefugnis zukommt und von der Verwaltung in diesem Sinne auch nicht die Ausführung von Transaktionen umfasst ist679. Der Verwaltungsbegriff im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL geht nicht nur über den des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL hinaus, sondern bezeichnet vielmehr eine Leistung eigener Art680. d)
OGAW-RL
Der Europäische Gerichtshof hat sich bisher in nur einer Entscheidung mit dem Verwaltungsbegriff im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befasst. An dieser Stelle entwickelte er jedoch keine Definition des Verwaltungsbegriffs, sondern stellte lediglich Folgendes fest: „Somit fallen unter Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-Richtlinie neben den Aufgaben der Portefeuilleverwaltung die administrativen Aufgaben der Organismen für gemeinsame Aufgaben selbst, wie sie in Anhang II Richtlinie 85/611/EWG in der geänderten Fassung unter der Überschrift „Administrative Tätigkeiten“ aufgeführt sind, […].“681 „Dagegen betrifft diese Bestimmung nicht die Aufgaben der Verwahrstellen von Organismen für gemeinsame Anlagen i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 3 und Art. 14 Abs. 1 und 3 der 6. EG-Richtlinie 85/611/EWG. Diese Aufgaben gehören nicht zur Verwaltung dieser Organismen, sondern zur Kontrolle und Überwachung von deren Tätigkeit […]“.682 Dennoch darf die Bedeutung des Verweises auf den Anhang II der OGAWRL für die Bestimmung des Verwaltungsbegriffs nicht überbewertet werden. Zwar lässt sich argumentieren, dass eine Tätigkeit, die dort aufgezählt ist, in der Regel steuerfrei ist, jedoch kann man aus dem Umstand, dass eine Tätigkeit nicht im Anhang II enthalten ist, nicht automatisch darauf schließen, dass sie steuerpflichtig ist. Anhang II der OGAW-RL ist keine abschließende Aufzählung der Tätigkeiten, die von der Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der EG-RL profitieren683. Denn die OGAW-RL ist eine
679 680 681 682 683
Vgl. die Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschnitt D, Punkt II 3 a). Vgl. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. II, § 93, Rn. 594 (EL 39, 10/2005). EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 64, UR 2006, 353 ff. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. In der Neufassung der OGAW-RL (RL 2009/65/EG v. 13.7.2009) nimmt Art. 22 die Stellung des Art. 7 der der OGAW-III-RL ein. Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [627]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1803]. Auch das Urt. des EuGH in der Rs. „Abbey National“ enthält keinen Hin-
213
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
aufsichtsrechtliche Regelung, die anderen Zielen folgt als eine umsatzsteuerliche Vorschrift684. Sie und ihr Anhang II wurden gerade nicht für umsatzsteuerliche Zwecke formuliert685. Des Weiteren umfasst Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auch solche Organismen zur Kapitalanlage, die bereits nicht von der OGAW-RL umfasst sind. Dies bestätigte der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung in der Rechtssache „Claverhouse“, indem er auch die Verwaltung geschlossenen Fonds als von der Befreiungsregelung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL umfasst ansah686. Zudem wurde die gesamte OGAW-RL erst nach der 6. EG-RL ins Leben gerufen687. Dies gilt erst recht für den Anhang II der OGAW-RL, welcher erst nachträglich durch die RL 2001/107/EG vom 21. Januar 2002 eingefügt wurde688. Ferner formuliert Art. 6 Abs. 2 Unterabsatz 2 OGAW-RL ausdrücklich, dass die Tätigkeiten der Verwaltung von Investmentfonds und Investmentgesellschaften in Anhang II in nicht erschöpfender Weise genannt sind. Selbst wenn man also – entgegen der hier vertretenen Ansicht – auf den Anhang II der OGAW-RL zurückgreift, kann somit aus dem Fehlen einer Tätigkeit in Anhang II nicht darauf geschlossen werden, dass diese Tätigkeit zwingend nicht der Verwaltung zuzuordnen ist. Auch die negative Abgrenzung des Verwaltungsbegriffs durch die Feststellung, dass die Tätigkeiten der Kontrolle und Überwachung sowie der Ver-
684
685
686 687 688
214
weis darauf, dass das Gericht den Anhang II der OGAW-RL als abschließend für die hier behandelte Frage ansieht. Vgl. die Ausführungen der GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 73 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff. zu dieser Problematik. Die GAin entschied sich aus diesem Grund dazu, dem Anhang II der OGAW-RL lediglich Indizwirkung zukommen zu lassen. GA Maduro lehnte eine Bezugnahme aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche der beiden Richtlinien sogar gänzlich ab, vgl. SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 39, EuGHE 2004 I, 10159 ff. Dementsprechend formuliert Art. 6 Abs. 2 Unterabsatz 2 der OGAW-RL ausdrücklich, dass Anhang II für die Zwecke dieser Richtlinie bestimmte Tätigkeiten der Verwaltung aufzählt (Art. 6 Abs. 2 UA 2 OGAW-RL ersetzt wortgleich die Regelung des Art. 5 Abs. 2 UA 2 der OGAW-III-RL). Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 31 ff., UR 2007, 727 ff. So auch: GAin Kokott, SA v. 1.3.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 22, EuGHE 2007 I, 5521 ff.; Korf, IStR 2007, 711 ff. [712]. OGAW-RL v. 20.12.1985 (ABl. Nr. L 375 v. 31.12.1985, S. 3 ff.) gegenüber der 6. EG-RL v. 17.5.1977 (Abl. Nr. L 145 v. 13.6.1977, S. 1 ff.). Vgl. ABl. Nr. L 41, S. 20 ff. [34].
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
wahrung nicht Gegenstand der Verwaltung im Sinne der Befreiungsvorschrift sein können, vermag die Schwierigkeiten nicht zu überwinden. Zum einen verbleibt es bei den rechtsdogmatischen und systematischen Argumenten gegen einen Rückgriff auf die OGAW-RL. Und zum anderen ist auch die Aufzählung der Kontrollaufgaben in Art. 7 Abs. 3 Art. OGAW-IIIRL bzw. Art. 22 Abs. 3 OGAW-RL nicht abschließend. Ferner bereitet die Abgrenzung der Kontroll- bzw. Überwachungstätigkeiten von den Verwaltungstätigkeiten erhebliche Schwierigkeiten689. Trotz der Schwächen des Rückgriffs auf die OGAW-RL gilt es diese Regelung zumindest dann hinzuzuziehen, wenn es darum geht, festzustellen, wie der Europäische Gerichtshof eine konkrete Konstellation aller Voraussicht nach bewerten würde. Während sich die Behandlung einer der in Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL sowie in Anhang II aufgezählten Tätigkeiten durch den Europäischen Gerichtshof gut bestimmen lässt, ist die Einordnung der darüber hinaus gehenden Umsätze schwierig. So kann zum Beispiel aus dem Umstand, dass eine bestimmte Tätigkeit nicht ausdrücklich in Anhang II der OGAW-RL aufgezählt wird, nicht darauf geschlossen werden, dass sie nicht vom Begriff der Verwaltung im Sinne der Befreiungsregelung umfasst ist. 2.
Ziel der Befreiung
a)
Bedeutung des Ziels
Nachdem der Europäische Gerichtshof wiederholt die Bedeutung des Normzwecks für die Auslegung einer Befreiungsvorschrift betont hatte690, stellt er auch im Hinblick auf den Befreiungstatbestand des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL Ausführungen zum Zweck der Befreiung in den Mittelpunkt seiner Untersuchung691. Anders als der Rückgriff auf die aufsichtsrechtliche OGAW-RL bietet dieser Weg die Möglichkeit, Erwägungen zu berücksichtigen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der konkreten Befreiungsregelung stehen. So liefert der Verweis auf den Anhang II der OGAW-RL allenfalls Hinweise auf solche Tätigkeiten, die unter den Begriff 689
690
691
Vgl. hierzu bereits die Ausführungen in Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a). Diese Problematik wird zudem einen Schwerpunkt der Ausführungen zur Steuerfreiheit der Depotbanktätigkeiten darstellen, vgl. Kap. 9, Abschn. C, Punkt II, insbesondere Punkt II 2 b) und 3 b). Vgl. EuGH, Urt. v. 4.10.2001, Rs. C-326/99 (Stichting Goed Wonen), Rn. 50, UR 2001, 484 ff.; Urt. v. 18.11.2004, Rs. C-284/03 (Temco Europe), Rn. 18, UR 2005, 24 ff.; Urt. v. 3.3.2005, Rs. C-428/02 (Fonden Marselisborg Lystbadehavn), Rn. 28, UR 2005, 458 ff. Vgl. auch Hoffsümmer (Steuerbefreiungen, S. 77 ff.) zur Auslegung der Befreiungsvorschriften durch den EuGH. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 59 ff., UR 2006, 353 ff.; Urt. v. 28.6.2007, C-363/05 (Claverhouse), Rn. 45, UR 2007, 727 ff.
215
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
der Verwaltung fallen könnten, während ein Ausschluss von nicht aufgezählten Tätigkeiten aufgrund des nicht abschließenden Charakters kaum möglich ist (vgl. hierzu den vorhergehenden Gliederungspunkt). Im Gegensatz hierzu kann anhand des Zwecks einer Regelung auch festgestellt werden, welche Leistungen nicht umfasst sein sollen. Hinsichtlich des Ziels der Befreiung ist somit festzuhalten, dass es für die Bestimmung des Umfangs des Verwaltungsbegriffs wertvollere Hinweise zu geben im Stande ist als die OGAW-RL. b)
Vergleichsmaßstab Direktanlage
Zum Ziel der Befreiung aus Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL führte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Abbey National“ Folgendes aus: „[…]ist es u. a. Ziel der Befreiung […], Kleinanlegern die Geldanlage in Investmentfonds zu erleichtern. Diese Bestimmung soll die steuerliche Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Bezug auf die Wahl zwischen unmittelbarer Geldanlage in Wertpapieren und derjenigen gewährleisten, die durch die Einschaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen erfolgt.“692 In der Rechtssache „Claverhouse“ führte er aus: „[…] u.a. bezweckt wird, den Anlegern die Anlage in Wertpapiere über Organismen für Anlagen durch den Wegfall der Mehrwertsteuerkosten zu erleichtern. Diese Bestimmung soll nämlich die steuerliche Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Bezug auf die Wahl zwischen unmittelbarer Anlage in Wertpapiere gewährleisten, die durch die Einschaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen erfolgt (vgl. Urteil Abbey National, Randnr. 62).“693 Sinn und Zweck der Befreiung ist somit die Gleichstellung der indirekten kollektiven Anlage in eine Mehrzahl von Vermögensgegenständen gegenüber der Direktanlage in Einzelwerte694. Tätigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit der Direktanlage auftreten bzw. hierbei keine umsatzsteuerliche Belastung verursachen, sollen grundsätzlich vom Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL um692
693 694
216
EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 62, UR 2006, 353 ff. Vgl. auch: GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/05 (Abbey National), Rn. 68, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. zu § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG: Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 8/1779. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 45, UR 2007, 727 ff. Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 399 (EL 68, 11/2007).
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
fasst sein. Hingegen sollen solche Leistungen, die ebenso im Rahmen der Direktanlage erforderlich sind und dabei eine umsatzsteuerliche Belastung mit sich bringen, nicht von der Befreiung profitieren, weil die mittelbare Anlage mittels eines Investmentfonds nicht besser gestellt werden darf als die direkte Anlage695. Diesem Maßstab entspricht es jedoch nicht, die individuelle Vermögensverwaltung als Vergleich heranzuziehen696. Die individuelle Vermögensverwaltung betrifft Konstellation, in denen eine Person ihr Vermögen durch einen professionellen Verwalter mit eigener Entscheidungsbefugnis verwalten lässt. Zwar handelt es sich auch hierbei um einen Fall der Direktanlage, jedoch würde damit die gegenständliche Befreiungsregelung zumindest im Hinblick auf Portfolio-Management-Leistungen völlig ausgehöhlt. Denn die Tätigkeiten des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft decken sich mit den Aufgaben eines individuellen Vermögensverwalters weitestgehend. Sinn und Zweck der Befreiung ist gerade nicht die Gleichstellung der gemeinsamen indirekten Anlage mittels eines Fonds mit der individuellen Vermögensverwaltung697. Im Hinblick auf die Anlage eines Kleinanlegers in einen Publikumsfonds ist ferner zu beachten, dass die individuelle Vermögensverwaltung Kleinanlegern gerade nicht offen steht, sondern nur von Personen in Anspruch genommen werden kann, die über ein erhebliches Anlagevermögen verfügen698. Geht man zudem entsprechend einiger neuer Entscheidung der nationalen Finanzrechtsprechung davon aus, dass die individuelle Vermögensverwaltung mit eigener Entscheidungsbefugnis unter die Befreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG fällt699, so kann auch der Vergleich mit der individuellen Vermögensverwaltung keine Unterschiede gegenüber dem Vergleich mit der „echten“ Direktanlage hervorrufen.
695 696 697 698 699
Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/05 (Abbey National), Rn. 69, EuGHE 2006 I, 4030 ff. Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 234. Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 234. Anders verhält es sich jedoch bei Spezialfonds i. S. d. § 2 Abs. 3 S. 1 InvG. Ihren institutionellen Anlegern steht durchaus die Inanspruchnahme eines individuellen Vermögensverwalters offen. Vgl. hierzu die Ausführungen in den Fn. 135 und 188 zum Urteil des FG Kassel v. 22.3.2010 sowie zum Urteil des BFH vom v. 11.10.2007 und seines Vorlagebeschlusses v. 28.10.2010 und im Einzelnen die Anmerkungen in Kap. 7, Abschn. B, Punkt II.
217
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
c)
Keine Beschränkung auf Kleinanleger
Auch wenn der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung „Abbey National“ ausdrücklich die Förderung der Anlagetätigkeiten durch Kleinanleger hervorhob (vgl. das erste Zitat im vorangehenden Gliederungspunkt), kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass ausschließlich die Verwaltung von Publikumsfonds befreit sein soll700. In der Rechtssache „Claverhouse“ stellte er vielmehr unter ausdrücklichem Verweis auf die Entscheidung „Abbey National“ klar, dass das Ziel der Regelung allgemein darin bestünde, den Anlegern die Anlage in Organismen zur gemeinsamen Anlage „durch den Wegfall der Mehrwertsteuerkosten“ zu erleichtern (vgl. das zweite Zitat im vorherigen Gliederungspunkt). Folglich umfasst der Verwaltungsbegriff grundsätzlich auch die Verwaltung von solchen Fonds, die Kleinanlegern nicht offen stehen (Spezialfonds, vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 InvG). Der Sinn und Zweck der Befreiungsregelung beschränkt den Verwaltungsbegriff nicht auf Publikumsfonds im Sinne des § 2 Abs. 3 S. 2 InvG. Dementsprechend legt auch Abschn. 4.8.13 Abs. 9 S. 1 UStAE fest, dass auch die Verwaltung von Spezial-Sondervermögen vom Begriff der Verwaltung umfasst ist. Dafür spricht des Weiteren, dass sowohl Generalanwältin Kokott als auch Generalanwalt Maduro einen weiteren wesentlichen Zweck der Befreiungsregelung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL in der Gleichstellung der Investmentfonds auf Vertragsbasis (Investment-Sondervermögen) mit denen auf Gesellschaftsbasis (Investment-Aktiengesellschaft, vgl. §§ 96 ff. InvG) sehen701. Weil die Anleger im Fall der Gesellschaftslösung keinen schuldrechtlichen Verwaltungsdienstvertrag mit einer Kapitalanlagegesellschaft abschließen, sondern Gesellschafter der Investment-Aktiengesellschaft werden, könnte man annehmen, dass es in diesem Fall bereits an steuerbaren Leistungen gegenüber den Anlegern als Gesellschaftern
700
701
218
Sowohl GA Maduro als auch GAin Kokott sprechen die Förderung von Kleinanlegern in ihren Schlussanträgen an, vgl. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 26, EuGHE 2004 I, 10159 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C169/04 (Abbey National), Rn. 28, EuGHE 2006 I, 4030 ff.; SA v. 1.3.2007, Rs. C363/05 (Claverhouse), Rn. 30, EuGHE 2007 I, 5521 ff. Auch die Begründung des deutschen Gesetzgebers zu § 4 Nr. 8 Bucht. h UStG spricht von „Sparern“, vgl. BTDrucks 8/1779, S. 33. Vgl. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 26, EuGHE 2004 I, 10159 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 29, EuGHE 2006 I, 4030 ff.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
fehlt702. Damit wäre eine Befreiung der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen der Vertragslösung erforderlich, um eine umsatzsteuerliche Gleichbehandlung mit den Investment-Aktiengesellschaften zu erreichen703. Folgt man dieser Sichtweise, so besteht die beschriebene Ungleichbehandlung jedoch unabhängig davon, ob es sich um ein Publikums- oder Spezialsondervermögen handelt. Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Umsatzsteuerrechts erfordert in beiden Fällen eine Befreiung der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft. Ferner wäre der Verwaltungsbegriff der falsche Ort, eine Einschränkung in Bezug auf die Art des Sondervermögens vorzunehmen. Weil aber der Wortlaut der Richtlinie keinen Raum für einen Ausschluss von SpezialSondervermögen lässt, sondern allgemein von Investment-Sondervermögen spricht, würde eine Beschränkung des Verwaltungsbegriffs auf Verwaltungsleistungen gegenüber Kleinanlegern die Einführung einer solchen Einschränkung „durch die Hintertür“ bedeuten704. Dies hätte des Weiteren zur Folge, dass die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber einem institutionellen Anleger, der Anteile an einem Publikumsfonds hält, steuerpflichtig sein müssten, obwohl sich die Art der Leistung nicht von der Verwaltungsleistung gegenüber einem Kleinanleger unterscheidet. Neben der Tatsache, dass es sich hierbei um einen Verstoß gegen die Personenunabhängigkeit der Befreiungsvorschriften handeln würde, wäre völlig unklar, wie der Begriff des Kleinanlegers sachgerecht umrissen werden kann. Eine negative Abgrenzung gegenüber den institutionellen Anlegern im Sinne des § 2 Abs. 3 S. 1 InvG erscheint schon deshalb als nicht zweckmäßig, weil es sich hierbei um eine rein nationale Regelung handelt. d)
Zusammenfassung
Sinn und Zweck der Befreiung ist die Gleichstellung der kollektiven Anlage mittels eines Investmentfonds in eine Vielzahl von Vermögensgegenständen gegenüber der Direktanlage in Einzelwerte. Entsprechend diesem Ziel ist der Verwaltungsbegriff im Rahmen seiner begrifflichen Grenzen so auszu702 703 704
Vgl. zu dieser Problematik: Fock, UR 2006, 558 ff. [565 f.], der jedoch dahingehend argumentiert, dass es dennoch zu steuerbaren Leistungen zwischen Investment-Aktiengesellschaft und Anteilinhaber kommt. In einer vergleichbaren Situation befinden sich jedoch sog. fremdverwaltete Investment-Aktiengesellschaften, weil hierbei die Verwaltungsleistungen von einer KAG erbracht werden (vgl. § 96 Abs. 4 InvG). Vgl. Punkt III dieses Abschnitts zum Begriff des Investmentvermögens i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und dort insbesondere Punkt 4 d) zu den Tendenzen, eine dementsprechende Begrenzung in der Neufassung der Befreiungsregelung einfließen zu lassen.
219
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
legen, dass hiervon Tätigkeiten umfasst werden, die im Zusammenhang mit der Direktanlage nicht anzutreffen sind bzw. bei dieser keine umsatzsteuerliche Belastung verursachen. Solche Umsätze hingegen, die ebenso im Rahmen der Direktanlage erbracht werden und dabei eine umsatzsteuerliche Belastung mit sich bringen, sollten nicht zur Verwaltung. 3.
Keine Transaktionsbezogenheit
Abgelehnt haben dürfte der Europäische Gerichtshof jedoch die von Generalanwalt Maduro vorgeschlagene Definition705, soweit man Maduro so auffasst, dass der Begriff der Verwaltung nur solche Tätigkeiten beinhaltet, die entsprechend Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage des Fonds bewirken. Schließlich hatte das Gericht in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich festgestellt, dass der Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL auch Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung umfassen kann706, obwohl sich solche Dienstleistungen nicht auf die finanzielle Situation des Fonds auswirken. Die Sichtweise Maduros basiert vielmehr auf den Ausführungen in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“, wonach die Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage für eine Befreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f. MwStSystRL vorausgesetzt wird. Dies kann jedoch nicht ohne weiteres auf den Befreiungstatbestand des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL übertragen werden707. Eine Begrenzung auf solche Leistungen, die zu Änderungen in der rechtlichen und finanziellen Lage führen, ist abzulehnen708. Es ist zwar richtig, dass der Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ausschließlich solche Leistungen umfasst, die zu keinen Änderungen in der rechtlichen und finanziellen Situation führen709, jedoch kann man daraus nicht anhand eines Umkehrschlusses folgern, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL lediglich solche Leistungen einschließt, die zu solchen Änderungen führen. Auch wenn die beiden Verwaltungsbegriffe nicht übereinstimmen, heißt das nicht, dass sie sich so gegenüber stehen, 705 706 707 708 709
220
Vgl. zum Inhalt dieser Definition die Ausführungen in Abschn. B, Punkt V 2 c) dieses Kapitels. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, UR 2006, 353 ff. Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschn. B, Punkt V 2 c) dieses Kapitels. Auch Abschn. 4.8.13 UStAE und das Schreiben des BMF v. 6.5.2010 (IV D 3 - S 7160-h/09/10001, BStBl. I 2010, 563 ff.) sehen eine solche Einschränkung nicht vor. Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 30, UR 2002, 84 ff.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
dass keinerlei Schnittmengen bestehen. Vielmehr geht der Verwaltungsbegriff des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL über den des Buchst. f dahingehend hinaus, dass Transaktionsleistungen umfasst sind710. Aber auch eine Beschränkung auf solche Leistungen, die keine derartige Änderung verursachen, lässt sich nicht begründen. Betrachtet man das Tätigkeitsspektrum einer Kapitalanlagegesellschaft (vgl. Kap. 2, Abschn. B), so wird deutlich, dass die eigentliche Transaktionsleistung zum einen nur einen geringen Teil ihrer Verwaltungstätigkeit ausmacht und zum anderen aber dennoch einen wesentlichen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens darstellt. Folglich müssen sowohl transaktionsbezogene Leistungen als auch nicht transaktionsbezogene Leistungen vom Begriff der Verwaltung umfasst sein. 4.
Definitionen der Literatur
In der Literatur wird im Zusammenhang mit der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG teilweise die Definition der Vermögensverwaltung angeführt. Als Vermögensverwaltung wird dabei die Pflege und Mehrung fremden Vermögens nach eigenem Ermessen einschließlich der Vornahme von Bestandveränderungen (Umschichtungen) angesehen, wobei der Verwalter eigenverantwortlich im eigenen Namen tätig wird, ohne unmittelbar wirtschaftlich betroffen zu sein711. Wie sich anhand dieser Definition unschwer erkennen lässt, vermag sie kaum ein konkretes Bild davon zu vermitteln, welche Tätigkeiten umfasst sind. Sie kann lediglich als allgemeiner Ausgangspunkt bei der Untersuchung der verschiedenen Konstellationen dienen. Dennoch wird aus ihr deutlich, dass sowohl transaktionsbezogene als auch nicht-transaktionsbezogene Tätigkeiten umfasst sein müssen. Dies gilt erst recht für die Definition der Verwaltung im Brockhaus und im Duden, wonach die Verwaltung „eine Tätigkeit“ ist, „die im Rahmen vorgegebener Entscheidungen bestimmte Lebensgebiete ordnet und gestaltet“712.
710 711 712
Vgl. Birkenfeld, USt-Hdb., Bd. II, § 93, Rn. 594 (EL 39, 10/2005). Vgl. zum Verhältnis zu Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL Punkt II 1 c) dieses Abschnitts. Vgl. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 462 (EL 104, 11/2000). So auch: Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2008]. Brockhaus, Bd. 29, „Verwaltung“; Duden, Recht, „Verwaltung“. Diese Definitionen verwendet das FG Hamburg als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffs der Verwaltung eines Sondervermögens i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, Punkt 3 b), UR 2005, 667 ff.
221
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
5.
Zusammenfassung und eigene Sichtweise
Will man den Umfang der Befreiungsregelung ermitteln, wie sie vom Europäischen Gerichtshof und somit auch von den nationalen Gerichten und Behörden angewendet wird bzw. angewendet werden muss, so gilt es, sich auf die OGAW-RL inklusive ihres Anhangs II sowie auf das Ziel der Befreiungsregelung zu konzentrieren. Der OGAW-RL kann dabei außerhalb der so genannten Kontroll- und Überwachungstätigkeiten sowie der Verwahrungspflicht der Depotbank allenfalls insoweit Bedeutung zukommen, als sie eine Tätigkeit ausdrücklich positiv umfasst. Auch wenn das Ziel der Befreiungsregelung für die Begriffsbestimmung deutlich geeigneter ist als die OGAW-RL, kann es nicht allein über den Umfang des Verwaltungsbegriffs bestimmen. Entsprechend dem Zweck der umsatzsteuerlichen Neutralität gegenüber der Direktanlage würden dann gegebenenfalls Tätigkeiten im Zusammenhang mit Investmentvermögen von der Freistellung profitieren, die nicht zur Verwaltung gehören. Der Wortlaut der Befreiungsregelung würde im Widerspruch zum Grundsatz der engen Auslegung der Steuerbefreiungsvorschriften überdehnt713. Die in der Literatur und teilweise auch der Rechtsprechung verwendeten Definitionen zeigen, dass es kaum möglich ist, abstrakt eine trennscharfe Definition zu erarbeiten, die ein klares Bild dahingehend abbildet, welche konkreten Leistungen vom Verwaltungsbegriff umfasst sind. Die Verwendung einer solchen abstrakten Definition ist nicht hilfreich. Vielmehr ist die jeweilige zu befreiende Tätigkeit anhand ihrer funktionalen Aspekte daraufhin zu untersuchen, ob sie Bestandteil der Verwaltung eines Investmentvermögens ist714. Auch wenn die funktionale Betrachtungsweise durch den Europäischen Gerichtshof im Zusammenhang mit der Abkehr von der Betrachtung der zivilrechtlichen Grundverhältnisse erfolgte715, bezieht sie sich in ihrem Kern auf die Frage, wie der Inhalt einer Befreiungsregelung zu ermitteln ist. Eine solche „wirtschaftlich-funktionale“ Betrachtung konzentriert sich auf den von der Befreiungsregelung bezeichneten Prozessablauf716. Entscheidend ist demnach, dass die betrachtete Leistung Teil des wirtschaftlichen Leistungsprozesses der Verwaltung eines Investmentvermögens ist. Neben diesen funktionalen Aspekten stellt der Zweck der Regelung einen wesentlichen Anhaltspunkt dar. 713 714 715 716
222
Vgl. zu diesem Grundsatz und v. a. zu seinen Einschränkungen die Ausführungen in Abschn. B, Punkt I dieses Kapitels. Vgl. Abschn. B, Punkt IV dieses Kapitels zur funktionalen Sichtweise. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C. 2/95 (SDC), Rn. 53, IStR 1997, 397 ff. Vgl. Menner/Herrmann, UStB 2001, 61 ff. [62].
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
6.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Die Definition des Art. 135a MwStSystRL
Entsprechend dem Kommissionsentwurf soll ein Art. 135a in die MwStSystRL eingefügt werden, der wesentliche Begriffe der Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL-E-KOM definiert. Die geplante Definition der Verwaltung eines Investmentfonds in Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E lautet: „„Verwaltung von Investmentfonds“ ist das Ausführen von Tätigkeiten, die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Investmentfonds abzielen;“717. Auf Initiative des französischen Vorsitzes der Gruppe „Steuerfragen“ wurde der Wortlaut wie folgt präzisiert: „„Verwaltung von Investmentfonds“ sind Portfolioverwaltungs- und Verwaltungstätigkeiten, die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Investmentfonds abzielen;“718. Diese Änderung dient dem französischen Vorsitz zufolge der Klarstellung entsprechend der Rechtssache „Abbey National“, dass auch Verwaltungsleistungen von der Befreiungsregelung umfasst sind, die nicht der Portfolio-Verwaltung dienen. Wirkliche Neuerungen bringt die Definition des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds somit nicht mit sich. Es wird lediglich klargestellt, dass die Verwaltung nicht das Portfolio-Management, sondern auch verwaltende Dienstleistungen umfasst, was mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf einer Linie liegt. Letztlich kommt es damit maßgeblich darauf an, wie weit bzw. eng die Formulierung „die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Investmentfonds abzielen“ zu verstehen ist. Einerseits wird man sie aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der dementsprechenden Klarstellung des französischen Vorsitzes der Gruppe Steuerfragen, dass nicht nur Portfolio-ManagementLeistungen umfasst sind, nicht so eng auslegen dürfen, dass nur solche Tätigkeiten dazu gehören, die sich unmittelbar auf Anlage- und Umschichtungsentscheidungen beziehen. Andererseits kann jedoch auch nicht jede Tätigkeit Teil der Verwaltung sein, die sich auf die Leistungserbringung der Kapitalanlagegesellschaft auswirkt. So dient zum Beispiel die Installation und Wartung eines neuen Softwaresystems zumindest mittelbar der Wertsteigerung des Sondervermögens und damit der Erreichung der Ziele des Investmentfonds, kann jedoch mit Sicherheit nicht als Teil der Verwaltung in diesem Sinne angesehen werden. 717 718
Vgl. Dokument COM (2007) 747 endgültig, http://ec.europa.eu/prelex/. Vgl. Dokument 12546/08 v. 29.8.2008, S. 8, http://register.consilium.europa.eu/.
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223
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
b)
Funktion der Durchführungsverordnung
Um diesen Problemen zu begegnen, soll es neben der Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL auch eine nicht umsetzungsbedürftige Durchführungsverordnung geben, die Beispiele dafür enthält, was von den jeweiligen Definitionen des Art. 135a MwStSystRL-E-KOM umfasst ist. Im Hinblick auf die Verwaltung eines Investmentvermögens legt Art. 12 VO-E-KOM in seinem ersten Absatz fest, welche Tätigkeiten in jedem Fall der Definition der Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM entsprechen. Der zweite Absatz zählt im Gegensatz hierzu Beispiele für solche Leistungen auf, die keinesfalls vom Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds umfasst sind719. c)
Teilleistungen als Verwaltung eines Investmentfonds
Eine echte Veränderung bringt jedoch der Umstand mit sich, dass Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM eigentlich Teilleistungen aufzählt, die für sich genommen bereits den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds erfüllen und somit gemäß Art. 135 Abs.1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM befreit sind, ohne dass es auf die Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung im Sinne des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM ankommt. So zählt die Regelung zum Beispiel die „operative Vermögensverwaltung einschließlich der Aktienauswahl, der Beschlussfassung und ihrer Umsetzung, der Beschlüsse über den Kauf oder Verkauf von Anlagen […]“ (Buchst. b), „Markt- und Unternehmensanalysen“ (Buchst. g), die „Leistungsmessung einschließlich des Erstellens von Berichten über die Wertentwicklung der Anlagen und Analyse der Renditenallokation“ (Buchst. h) sowie die „Durchführung von Bewertungen, Steuerrückforderungen, die Bereitstellung von Managementinformationen und die Berechnung des Nettoinventarwerts“ (Buchst. i) auf. Entsprechend der geltenden Rechtslage können solche Elemente nur dann befreit erbracht werden, wenn sie darüber hinaus ein eigenständiges Ganzes darstellen und wesentliche sowie spezifische Funktionen der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens erfüllen, weil es sich hierbei lediglich um Teile der Gesamtverwaltungsleistung handelt720. Folglich müsste auf die Befreiung einer solchen Teilleistung die Regelung des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM (Befreiung einer Teilleistung) anzuwenden sein. Dem steht jedoch entgegen, dass sich Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM nicht auf Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM, sondern auf Art. 135 Abs. 1 719 720
224
Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 3.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Buchst. g in Verbindung mit Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM bezieht, indem er festlegt: „Die in Artikel 135a Nr. 11 der Richtlinie 2006/112/EG enthaltene Definition der „Verwaltung von Investmentfonds“ umfasst zumindest Folgendes: […].“ Für eine Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g, Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM genügt es somit vielmehr, dass sich die betreffende Leistung in dem Katalog des Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM wiederfindet721. Zumindest die dort aufgezählten Tätigkeiten fallen unter den Begriff der Verwaltung von Investmentfonds und sind damit als umsatzsteuerfrei anzusehen. Dass Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM nicht so verstanden werden kann, dass er lediglich Teile der Gesamtleistung aufzählt, die ausschließlich als Paket befreit sein können, wenn sie darüber hinaus die Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung erfüllen, ergibt sich auch aus dem Dokument 13055/09 des schwedischen Vorsitzes v. 9. September 2009722. Um nämlich genau den Effekt zu verhindern, dass alle in Art. 12 Abs. 1 VO-EKOM genannten Teilleistungen auch isoliert, ohne weitere Voraussetzungen erfüllen zu müssen, befreit bezogen werden können, wird dort ein anderer Aufbau des Art. 12 VO-E-KOM vorgeschlagen723. Im Umkehrschluss zu Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM kann dann aber die Folge dessen, dass eine Leistung in dem nicht abschließenden Negativkatalog des Art. 12 Abs. 2 VO-E enthalten ist, nur sein, dass sie zwar nicht unmittelbar unter die Befreiung des Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL-E-KOM fällt, jedoch immer noch eine Befreiung unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E (Befreiung einer Teilleistung) denkbar ist. Art. 12 VO-E-KOM führt somit zu einem völlig neuen Verständnis vom Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds, indem er festlegt, dass nicht nur die Gesamtleistung, sondern auch einzelne Teile dieser Leistung bereits unter die Befreiungsregelung fallen, ohne weitere Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Diese Vermengung zwischen dem Begriff der Verwaltung und der Befreiung einer Teilverwaltungsleistung lässt im Gegenzug den Sinn und Zweck des Art. 13 Abs. 1 VO-E-KOM fraglich erscheinen. Hierbei handelt es sich um die Vorschrift der Durchführungsverordnung, die Beispiele für solche Leistungen enthalten soll, die den Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung entsprechen (vgl. Abschn. B, Punkt V 4 d) dieses Kapitels). So bezeichnet Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO-E-KOM die Port721 722 723
Vgl. Grambeck, UR 2009, 541 ff. [549]; Wäger, UR 2008, 102 ff. [107]. Abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Im Dokument der schwedischen Präsidentschaft nimmt Art. 11 die Stellung des Art. 12 VO-E-KOM ein. Dieser Vorschlag wird im nächsten Gliederungspunkt ausführlich geschildert.
225
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
folioverwaltung als befreite Teilleistung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL-E-KOM, obwohl Art. 12 Abs. 1 Buchst. a, b und g VO-EKOM sogar Teile dieser Portfolioverwaltung als befreit ansieht, ohne dass es auf die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung ankäme. d)
Abweichende Sichtweise des schwedischen Vorsitzes
Wie bereits erwähnt hat der schwedische Vorsitz am 9. September 2009 ein modifiziertes Konzept zur Fassung des Art. 12 VO-E-KOM zur Befreiung der Verwaltung von Investmentfonds vorgeschlagen, um die Auswirkungen des Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM einzuschränken724. Abs. 1 nennt weiterhin beispielhaft die „operative Vermögensverwaltung einschließlich der Aktienauswahl, der Beschlussfassung und ihrer Umsetzung, der Beschlüsse über den Kauf oder Verkauf von Anlagen […]“ (Buchst. b) als Leistung, die als Verwaltung eines Investmentfonds nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM anzusehen und damit unmittelbar befreit ist, obwohl es sich hierbei lediglich um einen Teil der tatsächlichen Verwaltungsleistung handelt725. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zum Kommissionsentwurf. Anders verhält es sich jedoch im Hinblick auf einen neu eingefügten Abs. 2, der festlegt, dass jede Gesamtheit der folgend aufgezählten Leistungen der Definition der Verwaltung eines Investmentfonds genügt, wenn diese Gesamtheit von Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bildet und für die Verwaltung der betreffenden Fonds spezifisch und wesentlich ist. Beispiele hierfür seien zum Beispiel „die Bearbeitung der Fondsaufträge, einschließlich der automatisierten Bearbeitung“ (Buchst. a), „Markt- und Unternehmensanalysen“ (Buchst. d), die „Leistungsmessung einschließlich des Erstellens von Berichten über die Wertentwicklung der Anlagen und Analyse der Renditenallokation“ (Buchst. e) sowie die „Durchführung von Bewertungen, Steuerrückforderungen, die Bereitstellung von Managementinformationen und die Berechnung des Nettoinventarwerts“ (Buchst. f). Abs. 3 des schwedischen Vorschlags nimmt systematisch die Stellung des Absatzes 2 des Kommissionsentwurfes ein, indem er solche Leistungen bei-
724 725
226
Vgl. Dok. 13055/09, S. 21 ff., abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein. In den Dokumenten des schwedischen Vorsitzes ist die Verwaltung eines Investmentfonds nicht in Buchst. g, sondern in Buchst. gc des Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL n. F. aufgezählt.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
spielhaft aufgezählt, die nicht von der Definition der Verwaltung eines Investmentfonds umfasst sind. Auch diese Sichtweise führt, ebenso wie der Kommissionsvorschlag, zu einer Vermengung der Definition des Verwaltungsbegriffs mit der Frage der Befreiung einer Teilleistung. Hierbei wird diese Vermengung jedoch dadurch vertieft, dass die Verwaltung eines Investmentfonds einerseits nicht von der Befreiungsregelung für Teilleistung nach Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM profitieren kann (vgl. zu diesem Aspekt des schwedischen Vorschlags die Ausführungen in Abschn. B, Punkt V. 4. b) dieses Kapitels), andererseits jedoch eine „abgeschwächte“ Befreiung von Teilleistungen nach Abs. 2 ihres Vorschlages möglich sein soll, wofür dann wiederum auf die Formel des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung einer Teilleistung zurückzugreifen ist. e)
Zusammenfassung
Die Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL wird aller Voraussicht nach eine Definition des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds enthalten, die den Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entspricht. Nicht nur Portfolio-Management-Leistungen, sondern auch darüber hinausgehende Verwaltungsleistungen sind umfasst. Aber auch diese Definition ist nicht in der Lage, Klarheit über den genauen Umfang des Verwaltungsbegriffs zu schaffen. Die diesem Zweck gewidmete Durchführungsverordnung bringt jedoch eine wesentliche Neuerung in der Hinsicht mit sich, dass auch Teile der tatsächlichen Gesamtverwaltungsleistung befreit erbracht werden können, ohne dass es auf die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs ankäme. Während sich alle bisherigen Vorschläge in dieser Hinsicht systematisch nicht unterscheiden, führt der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes der Gruppe „Steuerfragen“ dazu, dass der Umfang dieser Neuerung nur auf wenige Bestandteile der Verwaltung eines Investmentfonds beschränkt bleibt. Im Unterschied zur Kommission, wird vorgeschlagen, erhebliche Teile des Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM (Buchst. d bis l) in einen Absatz 2 zu verlagern, der eine Befreiung dieser Leistungen zwar nicht gänzlich ausschließt, sie aber unter die Bedingung stellt, dass die Leistungen Teil einer Gesamtheit sind, die darüber hinaus den Anforderungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung von Teilleistungen genügt. Es kommt somit zu einer Vermengung zwischen dem Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds (Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM) einerseits und der Befreiung einer Teilleistung (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRLE-KOM). 227
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
III.
Begriff des Investmentvermögens
1.
Problemstellung
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG befreit gemäß seinem Wortlaut die Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz. Zum einen gilt es zu klären, welche Arten von kollektiven Vermögen hiervon umfasst sind und zum anderen ist der Aspekt des Sitzes des verwalteten Vermögens zu untersuchen726. Diese Fragen sind für eine in Deutschland ansässige Kapitalanlagegesellschaft dann wichtig, wenn sie sich nicht darauf beschränkt, „ihr“ Sondervermögen zu verwalten, sondern ebenso Verwaltungsleistungen für andere Investmentvermögen in Deutschland oder im Ausland erbringt727. 2.
Rechtsform und operative Form des Investmentvermögens
Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 befreite § 4 Nr. 8 UStG gemäß seinem Wortlaut nicht die Verwaltung von Investmentvermögen, sondern von Sondervermögen. Insofern waren Verwaltungsleistungen gegenüber einer Investment-Aktiengesellschaft ebenso nicht vom Wortlaut umfasst wie Leistungen gegenüber anderen Vermögensformen wie zum Beispiel Trusts oder geschlossenen Fonds. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL spricht nach wie vor von der Verwaltung eines Sondervermögens. Hierzu hatte der Europäische Gerichtshof jedoch bereits im Rahmen der Rechtssache „Abbey National“ festgestellt, dass die Befreiung auf der Basis des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität rechtsformunabhängig, das heißt auch für Investmentvermögen in Satzungs- und Trustform gilt728. Darüber hinaus urteilte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Claverhouse“, dass es für die Befreiung der Verwaltungsleistungen nicht auf die operative Form des Fonds ankommt729. Vielmehr gebiete es die steuerliche Neutralität der Befreiungsregelungen, auch die Verwaltung geschlossener 726 727
728
729
228
Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [625 f.]. Vgl. zur Steuerbarkeit des Leistungsverkaufs Kap. 4, Abschn. E. Aufgrund der richtlinienwidrigen Verweisungstechnik des deutschen Gesetzgebers in Bezug auf die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. und n. F.) kommt es u. U. bereits im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung auf diese Fragen an. Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 53 ff., UR 2006, 353 ff. Vgl. zur Anwendung der Befreiung auf eine Investment-Aktiengesellschaft: Fock, UR 2006, 558 ff. [566]; Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [404]; a. A.: Fromm, IStR 2005, 227 ff. [230]. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 27 ff., UR 2007, 727 ff. Die operative Form betrifft die Frage, ob das Investmentvermögen offen gestaltet ist, d. h. ein Rückgaberecht vorsieht, oder ob es als geschlossener Fonds konzipiert ist.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Fonds nicht von vornherein aus ihrem Anwendungsbereich auszuschließen. Entscheidend ist vielmehr, dass der betreffende geschlossene Fonds mit den anderen befreiten Fonds im Wettbewerb steht, indem er Anlegern die Möglichkeit bietet, risikodiversifiziert in eine Vielzahl von Vermögensgegenständen zu investieren730. Unter Beachtung dieser Vorgaben steht den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Bestimmung der umfassten kollektiven Anlagevermögen auch ein Ermessensspielraum zu731. Das Bundesfinanzministerium führt in seinem Schreiben vom 6. Mai 2010 aus, dass geschlossene Fonds nicht von der Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG begünstigt sind, weil geschlossene Fonds nicht unter das Investmentgesetz fallen732. Vielmehr geht das Bundesfinanzministerium davon aus, dass ausschließlich inländische Investmentvermögen sowie ausländische Sondervermögen im Sinne des § 2 Abs. 8 InvG unter diese Regelung fallen. Dieser Argumentation ist zu entgegnen, dass § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG die Befreiung gar nicht auf solche Investmentvermögen beschränkt, auf die das Investmentgesetz anzuwenden ist, sondern lediglich von Investmentvermögen im Sinne des Investmentgesetzes spricht. Die Anwendbarkeit des Investmentgesetzes ist für die Befreiung entsprechend § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG gar nicht erforderlich. Es genügt vielmehr die bloße Erfüllung des Begriffs des Investmentvermögens des Investmentgesetzes. Gemäß § 1 S. 2 InvG sind solche Investmentvermögen jedoch alle Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, die nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände im Sinne des § 2 Abs. 4 InvG angelegt sind. Der eigentliche Anwendungsbereich des Investmentgesetzes wird gerade nicht durch § 1 S. 2 InvG, sondern erst durch § 1 S. 1 InvG in Verbindung mit § 2 InvG festgelegt. Darüber hinaus widerspricht die kategorische Ablehnung der Anwendung der Befreiungsregelung auf geschlossene Fonds der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs733. 730
731 732 733
Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 48, 50, UR 2007, 727 ff.; GAin Kokott, SA v. 1.3.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 45 ff., EuGHE 2007 I, 5521 ff.; Korf, IStR 2007, 711 ff. [712]. GAin Kokott legte in ihren SA besonderes Augenmerk auf das mit der OGAW-RL vergleichbare Schutzniveau des betreffenden Fonds, der nicht unter die OGAW-RL fällt. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 38 ff., IStR 2007, 708 ff; GAin Kokott, SA v. 1.3.2007, Rs. C-363/05, Rn. 50, EuGHE 2007 I, 5521 ff. Vgl. BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 2, BStBl. I 2010, 563 ff. Dies ergibt sich auch aus Abschn. 4.8.13 Abs. 9 S. 2 UStAE. Vgl. Becker, UStB 2010, 278 ff. [279]; Raab/Jacobs, UR 437 ff. [438].
229
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Zudem widerspricht sich die Finanzverwaltung mit dieser Sichtweise selbst. Denn an anderer Stelle desselben Schreibens führt sie zutreffend aus, dass entsprechend dem Gemeinschaftsrecht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Claverhouse“ die Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unabhängig von der Rechtsform – und somit grundsätzlich auch auf geschlossene Fonds – anzuwenden sei, sofern der Neutralitätsgrundatz und der Zweck der Befreiungsregelung dies verlangt734. Selbst wenn man der unzutreffenden Sichtweise des Bundesfinanzministeriums in Bezug auf die Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf den Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 S. 1 InvG folgt, hätte man dann aber aufgrund des sich hieraus ergebenden Widerspruchs zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der europarechtskonformen Auslegung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. einer unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL Stellung beziehen müssen. Folglich muss § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG – entgegen der deutschen Finanzverwaltung – unabhängig von der Rechtsform und der operativen Form angewendet werden. 3.
Belegenheitsort des Investmentvermögens
Im Hinblick auf den Belegenheitsort kommen grundsätzlich drei Kategorien in Betracht: Inlandsgebiet, übriges Gemeinschaftsgebiet und Drittlandsgebiet. Weil § 1 S. 2 InvG jedes Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, das nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände im Sinne des § 2 Abs. 4 InvG angelegt wird, als Investmentvermögen bezeichnet, umfasst der Wortlaut der nationalen Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG die Verwaltung von Investmentvermögen, die in Deutschland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Drittlandsgebiet ansässig sind735. Auch die Finanzverwaltung geht von einer Ortsunabhängigkeit des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG im Hinblick auf das verwaltete Investmentvermögen aus, wenn sie inländische und grundsätzlich auch ausländische Investmentvermögen im Sinne des § 2 Abs. 8 InvG als umfasst ansieht736. Die Regelung des § 2 Abs. 8 InvG umfasst sowohl solche Investmentvermögen, die in an-
734 735 736
230
Vgl. BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 15, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. Neubert/Becker, Outsourcing, S. 183. Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 9 S. 1 UStAE, BMF, Schr v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 2, BStBl. I 2010, 563 ff.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
deren Mitgliedstaaten liegen, als auch solche, die im Drittlandsgebiet belegen sind737. Anders verhielt es sich vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008, wodurch in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG der Begriff des Sondervermögens durch den des Investmentvermögens ersetzt wurde738. Weil die Befreiungsregelung zuvor lediglich die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Investmentgesetz befreite und § 2 Abs. 2 InvG nur inländische Investmentvermögen als Sondervermögen bezeichnet, kam eine Befreiung lediglich im Hinblick auf die Verwaltung gegenüber inländischen Vermögen in Betracht739. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (ebenso wie Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL) befreit die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen von der Besteuerung, so dass teilweise davon ausgegangen wird, dass damit all jene Investmentvermögen umfasst sind, die im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind740. Eine Beschränkung auf Verwaltungsleistungen in Bezug auf ein Investmentvermögen, das in demselben Land wie die betreffende Kapitalanlagegesellschaft ansässig ist, sei deshalb nicht möglich, weil die Befreiungsnorm die Formulierung „durch die Mitgliedstaaten“ und nicht etwa „durch den betreffenden Mitgliedstaat“ (Unterstreichung durch den Verf.) verwendet741. Dies ergibt sich auch aus der Neuerungen der OGAW-RL vom 13. Juli 2009, wonach eine Kapitalanlagegesellschaft nämlich auch ein Sondervermögen in einem anderen Mitgliedsstaat auflegen und verwalten kann, ohne dort eine Zweigniederlassung zu begründen. Wenn diese Verwaltungsleistungen ebenso unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen wie Verwaltungsleistungen im Hinblick auf Investment-Sondervermögen, die im selben Mitgliedsstaat wie die Kapitalanlagegesellschaft belegen sind, so muss die Befreiungsrege-
737
738 739
740 741
Das BMF verlangt über die Voraussetzungen des § 2 Abs. 8 InvG hinaus, dass die von dem ausländischen Investmentvermögen ausgegebenen Anteile den Voraussetzungen des § 2 Abs. 9 InvG genügen (anders noch: OFD Frankfurt, Vfg. v. 23.2.2006, S 7160h A - 2 - St I 2.30). An dieser – nicht ortsbezogenen – Einschränkung wird teilweise kritisiert, dass sich der Begriff des ausländischen Investmentvermögens allein aus § 2 Abs. 8 InvG ergibt, vgl. Becker, UStB 2010, 278 ff. [278]. Vgl. JStG 2008 v. 20.12.2007, Art. 8 Nr. 4 b), BGBl. I 2007, 3150 ff. [3169]. Vgl. Neubert/Becker, Outsourcing, S. 182. Anders sah dies die OFD Frankfurt/M., die bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass auch Verwaltungsleistungen gegenüber ausländischen Sondervermögen umfasst wären, Vfg. v. 23.2. 2006, S 7160 h A – 2 – St I 2.30, DStR 2006, 94. Vgl. Neubert/Becker, Outsourcing, S. 182. Vgl. Becker, UStB 2010, 278 ff. [279]; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [626]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 182.
231
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
lung auch für solche Investmentvermögen gelten, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind. Nicht überzeugend ist jedoch die Ablehnung der Befreiung von Leistungen gegenüber Sondervermögen, die im Drittlandsgebiet ansässig sind. Dies wird teilweise damit begründet, dass ein Mitgliedstaat ein solches Vermögen nicht definieren könnte742. So definiert der deutsche Gesetzgeber in § 2 Abs. 8 InvG den Begriff des ausländischen Investmentvermögens als Investmentvermögen im Sinne des § 1 Satz 2 InvG, die dem Recht eines anderen Staates unterstehen. Weil § 1 S. 2 InvG auch im Drittlandsgebiet ansässige Kapitalanlagevermögen umfasst, muss Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auch Leistungen in Bezug auf die Verwaltung eines solchen Investmentvermögens befreien. Die europäische Befreiungsregelung verlangt lediglich nach einem durch die Mitgliedstaaten „definierten“ Sondervermögen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Befreiung davon abhängig sein soll, dass ein Mitgliedstaat die rechtliche Konstruktion des betreffenden Vermögens im Rahmen seines eigenen Hoheitsgebietes ausgestalten können muss743. Genügt ein im Drittlandsgebiet ansässiges kollektives Anlagevermögen den Bestimmungen eines Mitgliedstaates, so können Verwaltungsleistungen ihm gegenüber befreit erbracht werden. Im Hinblick auf die Umsetzung der europäischen Vorgaben durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ergibt sich somit folgendes Bild: Während der Begriff des Investmentvermögens der Mehrwertsteuersystemrichtlinie über die Fassung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 hinausging, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung notwendig war, führen beide Regelung seit diesem Datum übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Verwaltungsleistungen nicht nur gegenüber inländischen, sondern ebenso gegenüber solchen Investmentvermögen befreit erbracht werden können, die im Drittlandsgebiet oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind. Geht man davon aus, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nicht Verwaltungsleistungen gegenüber Drittlandsansässigen umfasst, so müsste § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG richtlinienkonform eingeschränkt werden744. 742
743 744
232
Vgl. Behrens, BB 2008, 429 f. [430]; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 95 (EL 4/09, 07/2009). Für eine solche Einschränkung der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL: BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, Punkt II 2 a) bb), UR 2008, 215 ff.; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 183. So aber Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]. In diesem Sinne: BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, Punkt II 2 a) bb), UR 2008, 215 ff.; Jaster, UStB 2008, 147 ff. [148]; Neubert/Becker, Outsourcing, S. 183.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
4.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Vorschläge der Kommission und des Rates der EU
Art. 135a Nr. 10 MwStSystRL-E-KOM enthält erstmalig eine Definition des Begriffs des Investmentfonds im Sinne der Befreiungsregelung: „„Investmentfonds“ sind Organismen für gemeinsame Anlagen in die in Artikel 135 Abs. 1 Buchst. a bis e aufgeführten Wertpapiere und in Immobilien“745. Im Zeitraum des französischen Vorsitzes kam in den Beratungen der Gruppe „Steuerfragen“ der Gedanke auf, dass die Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM ausschließlich „reglementierte Fonds“ umfassen sollte746. Reglementierte Fonds seien dabei solche, „Organismen für Anlagen, für die zur Stimulierung der Anlagetätigkeit des Publikums und für die Zwecke des Anlegerschutzes bestimmte Vorschriften gelten“747. Am 20. März 2009 stellte der tschechische Vorsitz seinen Vorschlag zur Definition des Begriffs des Investmentfonds vor, nach dem einige Mitgliedstaaten „Schwierigkeiten mit dem Terminus „reglementierte Investmentfonds““ angemeldet hatten. Demnach seien Investmentfonds solche „[…] Organismen für gemeinsame Anlagen, deren ausschließlicher Zweck es ist,[unmittelbar oder mittelbar] beim Publikum beschaffte Gelder […] nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren, anderen Finanzinstrumenten und Immobilien anzulegen, wobei sie Regeln unterworfen sind, durch die Kleinanlegern die Anlage erleichtert werden soll.“748. Ferner hatte der französische Vorsitz in seinem Vorschlag eine Beschränkung des Anwendungsbereiches auf solche Investmentfonds empfohlen, die im Gemeinschaftsgebiet gelegen sind, es sei denn, man weitet das Recht auf Vorsteuerabzug auf solche Verwaltungsumsätze aus, die gegenüber Investmentfonds im Drittlandsgebiet erbracht werden, indem die Verweisung des Art. 169 Buchst. c MwStSystRL auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erweitert wird749. Nachdem der tschechische Vorsitz die Erweiterung des 745 746 747 748 749
Dok. COM (2007) 747 endgültig, abrufbar unter http://ec.europa.eu/prelex/. Vgl. Dok. 13627/08 v. 29.9.2008, S. 3, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13627/08 v. 29.9.2008, S. 7, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18. Bei dieser Definition ist es bis zum jetzigen Zeitpunkt geblieben, vgl. Dok. 13056/09 v. 9.9.2009 des schwedischen Vorsitzes. Beide abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13627/08 v. 29.9.2008, S. 3, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Damit wird eine vollständige umsatzsteuerliche Neutralität der Verwaltungsleistungen gegenüber Drittlandfonds erreicht. Diese Ausweitung des Vorsteuerabzugsrechtes hatte auch der Berichterstatter des Aus-
233
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
Rechtes auf Vorsteuerabzug für solche Leistungen umgesetzt hatte, wurde die örtliche Beschränkung des Investmentfondsbegriffs auf das Gemeinschaftsgebiet in den Dokumenten der Gruppe „Steuerfragen“ nicht mehr diskutiert750. Alle Vorschläge haben zum einen gemeinsam, dass der Auslegungsspielraum, den Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Begriff des Sondervermögen einräumte, nicht mehr Platz greift751, und zum anderen, dass sich die Durchführungsverordnung mit dem Begriff des Investmentvermögens nicht befasst. b)
Orts-, Rechtsform- und Operationsformunabhängigkeit
Im Gegensatz zur geltenden Fassung würde sich anhand der verschiedenen Vorschläge von Kommission und Rat sowohl die Problematik der rechtlichen Konstruktion des Investmentvermögens (Vertrags-, Gesellschafts- oder Trustlösung) als auch die der operativen Form (offener oder geschlossener Fonds) erübrigen (vgl. zur geltenden Rechtslage Punkt III 2 dieses Abschnitts). Nachdem das Recht zum Vorsteuerabzug auf Verwaltungsleistungen gegenüber Drittlandfonds erweitert wurde, kommt es für die Befreiung auch nicht mehr auf den Belegenheitsort des Investmentvermögens an (vgl. zur geltenden Rechtslage Punkt III 3 dieses Abschnitts). Dementsprechend würde die Befreiung unabhängig von der Rechtsform, der operativen Ausgestaltung und des Belegenheitsorts gelten. Insoweit stimmen die Vorschläge hinsichtlich der Rechts- und Organisationsform mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur geltenden Rechtslage überein. Gleiches gilt, wenn man davon ausgeht, dass bereits zuvor Leistungen gegenüber Drittlandfonds befreit waren. Geht man von einer Beschränkung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auf solche Fonds aus, die in der Gemeinschaft gelegen sind, so geht der Vorschlag der Kommission sogar über die bisherige Rechtslage hinaus.
750 751
234
schusses für Wirtschaft und Währung (Joseph Muscat) in seinem Bericht v. 15.9.2008 vorgeschlagen (Änderungsantrag 27, S. 20, abrufbar auf der Seite http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS) in der Übersicht über den Werdegang des Verfahrens, wo er die Nummer: A6-0344/2008 trägt). Vgl. Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18, abrufbar auf der Seite http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. zum Umfang dieses Spielraums: EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 44 ff., UR 2007, 727 ff.
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
c)
Beschränkung auf bestimmte Anlagegegenstände
Verschiedene Vorschläge beschränken den Begriff des Investmentfonds unter anderem anhand der Gegenstände, in die der betreffende Investmentfonds investiert. Die Kommission geht von Wertpapieren im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis e und von Immobilien aus, während die Vorschläge des tschechischen und des schwedischen Vorsitzes die zulässigen Anlagegegenstände auf Wertpapiere, anderen Finanzinstrumente und Immobilien beschränken752. Unabhängig von den unterschiedlichen Ausprägungen dieser Einschränkungen bringt der Ansatz, auf die Anlagegegenstände abzustellen, verschiedene Probleme mit sich. Zum einen ist fraglich, worauf für diese Abgrenzung abzustellen ist. Auf Prospekte des Fonds, auf Anlageverträge mit den Investoren oder auf die tatsächliche Anlagepolitik? Letzteres wäre praktisch kaum handzuhaben und würde den Portfolio-Manager dazu zwingen, sich den Mehrwertsteuerstatus der von ihm anvisierten Vermögenswerte zu vergegenwärtigen, bevor er eine Investition tätigt753. Zudem stellte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Claverhouse“ in seinen Ausführungen zur Befreiung der Verwaltungsleistungen hinsichtlich eines geschlossenen Fonds zwar auf die Anlage in Wertpapiere ab, betonte dabei jedoch mehrfach, dass es für die Bestimmung des von der Befreiungsregelung umfassten Anlageorganismus darauf ankommt, die Verwaltung solcher Fonds von der Umsatzsteuer zu befreien, die sich im Wettbewerb mit den anderen nach dieser Regelung befreiten Fonds befinden754. Folglich sind auch solche Fonds denkbar, die nicht in Wertpapiere oder Immobilien investieren, sondern in Schiffs-, Film- oder Unternehmensbeteiligungen, soweit sie zum Beispiel mit Wertpapierfonds im Sinne der OGAW-RL im Wettbewerb stehen755. Eine pauschale Begrenzung auf bestimmte Anlagegegenstände ist für
752 753
754 755
Vgl. Dok. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Vgl. Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18 des tschechischen und Dok. 13056/09 v. 9.9.2009, S. 7 des schwedischen Vorsitzes, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Änderungsantrag 17 (S. 14 f.) des Berichterstatters des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (Joseph Muscat) v. 15.9.2008, abrufbar auf der Seite http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS) in der Übersicht über den Werdegang des Verfahrens, wo er die Nummer: A6-0344/2008 trägt. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 46 ff., UR 2007, 727 ff. Vgl. Bacmeister, IStR 2006, 779 ff. [781]; Korf, IStR 2007, 711 ff. [712].
235
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
eine Abgrenzung unter Berücksichtigung der Wettbewerbsneutralität kaum geeignet756. d)
Ausschluss von Spezialfonds
Fraglich ist, ob der im Rahmen der Beratungen der Gruppe „Steuerfragen“ verstärkt geäußerte Gedanke, die Befreiung – im Gegensatz zum Entwurf der Kommission (COM (2007) 747) – auf solche Fonds zu beschränken, die ihre Gelder beim Publikum beschaffen und dabei darauf abzielen, Kleinanlegern die kollektive Anlage zu erleichtern, den Grundsätzen des Europäischen Gerichtshofs entspricht757. Fasst man die Formulierung „beim Publikum“ und die Bezugnahme auf „Kleinanleger“ dahingehend auf, dass ein Investmentfonds grundsätzlich allen Anlegern offen stehen muss, so wären Anlageorganismen wie Spezialfonds, die ihr Vermögen ausschließlich bei nicht natürlichen Personen einsammeln (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 InvG), nicht umfasst. Andererseits könnten Spezialfonds dann von der Befreiung profitieren, wenn sie einer Mehrzahl institutioneller Investoren offen stehen und man dazu auch eine in ihrer Art zwar beschränkte, aber zahlenmäßig größere Gruppe als „Publikum“ in diesem Sinne ansieht. Selbst in dem Fall, dass ein Spezialfonds für einen einzigen Anleger maßgeschneidert ist758, könnte man das Erfordernis der Mittelbeschaffung beim Publikum dadurch als gewahrt ansehen, dass Beschaffung des Kapitals mittelbar beim Publikum erfolgt759. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geht in ihrem Rundschreiben vom 22. Dezember 2008 sogar davon aus, dass ein Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage bereits dann vorliegt, wenn es mehr als einen Anleger haben kann760. Ob ein Spezial-Sondervermögen tatsächlich mehrere Anleger hat, spielt insofern keine Rolle, weil es jedenfalls seiner gesetzlichen Ausgestaltung entsprechend mehrere Anleger haben kann. 756 757 758 759
760
236
Gemäß der französischen Präsidentschaft ist eine solche Spezifizierung der Anlageinstrumente auch nicht notwendig, vgl. Dok. 12546/08 v. 29.8.2008, S. 8, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 5162/09 v. 9.1.2009, S. 10; Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18; Dok. 13056/09 v. 9.9.2009, S. 7, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 2, Rn. 24 (8/11). Vgl. zur Einfügung der Begriffe „unmittelbar oder mittelbar“: Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18; Dok. 13056/09 v. 9.9.2009, S. 7, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. So sammeln z. B. Pensionsfonds, Versorgungswerke oder Versicherungen ihre Mittel oftmals beim Publikum ein, um dann als institutioneller Investor in einen solchen Spezialfonds zu investieren. Vgl. BaFin, Rundschreiben 14/2008 (WA) zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 InvG v. 22.12.2008, WA 41–Wp 2136– 008/0001, abrufbar unter www.bafin.de (Veröffentlichungen).
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Diesen Erwägungen könnte jedoch wiederum die Bezugnahme auf „Kleinanleger“ entgegenstehen, wenn sie bezweckt, dass nur solche Fonds umfasst sind, die ausschließlich Kleinanlegern offen stehen. Dann wäre aber unklar, wie solche Fonds zu behandeln sind, die sich Mittel sowohl von Kleinanlegern als auch von institutionellen Anlegern beschaffen. Ein umfassender Ausschluss dieser Fonds von der Befreiung wäre wettbewerbswidrig, weil dann auch die Verwaltungsleistungen gegenüber Kleinanlegern steuerpflichtig wären, während die gleichen Leistungen reiner Publikumsfonds gegenüber ihren Anlegern steuerfrei sind. Auch geben die Regelungen keinen Raum für eine Aufteilung solcher Fonds in einen Publikums- und einen Spezialteil her. Folglich ist bisher unklar, ob das Erfordernis der (unmittelbaren oder mittelbaren) Mittelbeschaffung beim Publikum auf der einen Seite und die Bezugnahme auf Kleinanleger auf der anderen Seite überhaupt dazu bestimmt und geeignet ist, Spezialfonds von der Befreiung kategorisch auszuschließen. Jedenfalls lässt sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine solche Einschränkung zum Begriff des Sondervermögens entnehmen. Zwar hatte dieser in der Rechtssache „Abbey National“ zur Ermittlung des Begriffs der Verwaltung auf das Ziel abgestellt, die Anlage von Kleinanlegern zu fördern, jedoch hat er dabei nicht geäußert, dass das Ziel ausschließlich in der Förderung der Anlage durch Kleinanleger besteht. Vielmehr gab das Gericht in der Rechtssache „Claverhouse“ – in der es um den Begriff des Investmentvermögens im Sinne der Befreiungsvorschrift ging – an, dass das Ziel der Befreiung darin bestünde, „[…] den Anlegern die Anlage in Wertpapiere über Organismen für Anlagen durch den Wegfall von Mehrwertsteuerkosten zu erleichtern.“, ohne eine kategorische Einschränkung auf Kleinanleger vorzunehmen761. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung in der Rechtssache „Abbey National“ stellte er vielmehr fest, dass diese Befreiungsregelung die umsatzsteuerliche Neutralität hinsichtlich der Wahl zwischen der unmittelbaren Anlage in Wertpapiere und derjenigen, die durch die Einschaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen erfolgt, gewährleisten will762. Die besondere Bezugnahme auf Kleinanleger entsprechend der Rechtssache „Abbey National“ hat für das Gericht somit zumindest keine Beschränkung hinsichtlich der Art des von der Befreiungsregelung umfassten Organismus zur gemeinsamen Anlage zur Folge763. 761 762 763
EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. 363/05 (Claverhouse), Rn. 45, UR 2007, 727 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. 363/05 (Claverhouse), Rn. 45, UR 2007, 727 ff. Fraglich ist jedoch, ob sich dieser Unterschied gemäß dem EuGH auf den Begriff der Verwaltung i. S. d. Befreiungsregelung gegenüber einem Kleinanleger einerseits und einem institutionellen Anleger andererseits auswirkt. So könnte der Vergleichs-
237
Allgemeine Erwägungen zur Steuerfreiheit
e)
Risikodiversifikation und Anlegerschutz
In allen Vorschlägen der Gruppe „Steuerfragen“ findet sich der Gedanke wieder, dass der betreffende Investmentfonds bestimmten Vorschriften unterliegen muss, die dem Schutz der Anleger dienen764. Anhand des Gedankens des Anlegerschutzes ließen sich zumindest völlig unregulierte Anlagevehikel von der Befreiung ausschließen, während daraus jedoch keine Beschränkung auf Publikumsfonds abzuleiten wäre. So gibt das Investmentgesetz eine Vielzahl von Schutzvorschriften vor, deren Netz zwar für Publikumsfonds deutlich enger gewebt ist als für Spezialfonds (vgl. § 91 Abs. 2 InvG), jedoch werden auch die Anleger solcher Spezialfonds durch das Investmentgesetz geschützt (§§ 91 ff. InvG). Vielmehr stellte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Claverhouse“ fest, dass sogar solche geschlossenen Fonds umfasst sein können, die außerhalb des aufsichtsrechtlichen Rahmens der OGAW-RL agieren765. Ein weiterer Aspekt, der als kennzeichnend für die gemeinsame Anlage angesehen wird, ist die gestreute Anlage in verschiedene Investitionsobjekte zur Risikominderung766. Fonds, die zum Beispiel jeweils lediglich in eine Unternehmensbeteiligung, eine Immobilie, ein Schiff oder einen Film investieren, würden diesem Kriterium nicht genügen767. f)
Zusammenfassung
Die von der Kommission in Art. 135 Nr. 10 MwStSystRL-E-KOM vorgeschlagene Definition des Begriffs des Investmentfonds räumt die bisher bestehenden Schwierigkeiten sowohl im Hinblick auf die Rechtsform als auch hinsichtlich der operativen Ausgestaltung sowie bezüglich des Belegenheitsorts des Fonds aus. Darüber hinaus besteht jedoch noch erheblicher Klärungsbedarf. So werden eine Vielzahl verschiedener Ansätze zur Beschränkung des Fondsbegriffs
764 765 766 767
238
maßstab in Bezug auf die Verwaltungsleistungen gegenüber einem institutionellen Anleger ein anderer sein als hinsichtlich der Verwaltungsleistungen gegenüber einem Kleinanleger, mit der Folge, dass sich der Begriff der Verwaltung nach dem Anleger richtet (vgl. zum Vergleichsmaßstab bzgl. eines Kleinanlegers, Punkt II 2 b) dieses Abschnitts). Diesem Gedanken diente auch die ursprüngliche Beschränkung auf „reglementierte“ Investmentfonds. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 31 ff., UR 2007, 727 ff. Vgl. GAin Kokott, SA v. 1.3.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 45, EuGHE 2007 I, 5521 ff.; Korf, IStR 2007, 711 ff. [712]. Vgl. Korf, IStR 2007, 711 ff. [712].
Grundsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
vertreten, deren genauer Umfang zum einen unklar und zum anderen kaum umzusetzen ist, ohne gegen die Grundsätze der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und insbesondere die Wettbewerbsneutralität des Umsatzsteuerrechtes zu verstoßen. Dementsprechend ist eine Abgrenzung anhand der Anlageobjekte ebenso ungeeignet wie eine Unterscheidung zwischen Publikums- und Spezialfonds. Letztlich folgen die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der von der Befreiung umfassten Investmentvermögen daraus, dass der Europäische Gerichtshof all jene Organismen als umfasst ansieht, die mit solchen Fonds im Wettbewerb stehen, die von der Besteuerung befreit sind768. Dies lässt sich gesetzlich jedoch kaum umsetzen, weshalb jedes Abgrenzungskriterium nicht mehr als eine unbefriedigende „Notlösung“ sein kann. Am ehesten würde eine Abgrenzung danach, ob die Anlage risikodiversifiziert erfolgt und der Fonds bestimmten Anlegerschutzvorschriften unterliegt, der Wettbewerbsneutralität entsprechen.
768
Vgl. EuGH, Urt. v. 28.6.2007, Rs. C-363/05 (Claverhouse), Rn. 48, UR 2007, 727 ff.
239
7. Kapitel: Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft A.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Die Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft, die ihr Leistungsprogramm im Investment-Dreieck vollständig selbst erbringt (sog. Full-ServiceKapitalanlagegesellschaft769), sind als Verwaltung eines Investmentvermögens gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei. Dabei bedarf es auch deshalb keiner näheren Beschäftigung mit den einzelnen Elementen der Verwaltungstätigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft, weil es sich hierbei um eine einheitliche Leistung handelt770. Solange eine Kapitalanlagegesellschaft ihr gesamtes Verwaltungsprogramm selbst erbringt, kann deshalb auch kein Zweifel daran bestehen, dass jedes Element dieser einheitlichen Leistung steuerfrei im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist. Wie bereits in Abschnitt B, Punkt V des sechsten Kapitels angesprochen, steht einer Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen grundsätzlich nicht entgegen, dass sie nicht von der Kapitalanlagegesellschaft selbst, sondern von einem externen Dienstleister erbracht werden, sofern die betreffenden Leistungen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das hat aber auf der anderen Seite zur Folge, dass bei der Kapitalanlagegesellschaft nur noch Teile ihres originären Verwaltungsprogramms verbleiben. Fraglich ist, ob diese bei der Kapitalanlagegesellschaft verbleibenden Leistungselemente für die Befreiung ebenso die besonderen Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen müssen (Formel des Europäischen Gerichtshofs). So könnte zu prüfen sein, ob die bei der Kapitalanlagegesellschaft verbleibenden Leistungselemente ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und dabei für die Verwaltung eines Sondervermögens wesentlich und spezifisch sind. Besonders deutlich wird dies, wenn man den Fall betrachtet, dass die Kapitalanlagegesellschaft lediglich rein administrative Aufgaben wie zum Beispiel die Fondsbuchhaltung erbringt, während das Portfolio-Management extern bezogen wird (so zum Beispiel die sog. MasterKapitalanlagegesellschaft771). Letztlich stellt sich damit auch die Frage, ob die Verwaltungstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft so schrumpfen kann, dass sie nicht mehr unter die Befreiungsvorschrift zu subsumieren ist.
769 770 771
Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV. Vgl. hierzu Kap. 3, Abschn. B, Punkt III. Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV.
241
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
Sedlmaier vertritt hierzu, dass es in diesem Zusammenhang dennoch nicht auf die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten besonderen Voraussetzungen ankommt, weil die Leistungserbringung durch die Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern im Zusammenhang mit ihren originären Verwaltungsaufgaben immer steuerbefreit ist772. Die im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgestellten Kriterien zum externen Leistungsbezug von Finanzdienstleistungen (Formel des Europäischen Gerichtshofs) sind nicht auf die originäre Leistungserbringung durch Kapitalanlagegesellschaft anzuwenden773. Auch die Finanzverwaltung geht ausdrücklich davon aus, dass eine Befreiung der Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft in Bezug auf ein ihr zugewiesenes Investmentvermögen auch dann in Betracht kommt, wenn durch die Kapitalanlagegesellschaft nur Teile ihres originären Leistungsprogramms erbracht werden774. Dabei bezieht sie aber nicht ausdrücklich zu der Frage Stellung, ob auch in diesem Fall die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung von Teilleistungen zu prüfen sind. Die Formulierung, dass auch in dieser Konstellation eine Befreiung in Betracht kommen „kann“, spricht jedoch dafür, dass die Befreiung in diesem Fall unter weiteren Voraussetzungen steht775. Der Europäische Gerichtshof hat in den hier einschlägigen Entscheidungen „SDC“, „CSC“ und „Abbey National“ seine Formel zur Befreiung von Teilleistungen stets nur auf die Leistungen eines externen Dienstleisters angewandt. Daraus kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass die Voraussetzung des eigenständigen Ganzen, das wesentliche und spezifische Funktionen erfüllt, nur auf die Fälle des externen Leistungsbezugs anzuwenden ist776. Das Gericht hat diese Formel im Hinblick auf die Erbringung einer Teilleistung im Vergleich zu der von der betreffenden Befreiungsregelung umschriebenen Gesamtleistung entwickelt, weshalb sie grundsätzlich auch auf jeden anderen Fall der Aufteilung der Gesamtleistung auf verschiedene Dienstleister Anwendung finden muss. Die Frage der Steuerfreiheit der bei dem originären Leistungserbringer verbleibenden Leistungen
772 773 774 775 776
242
Vgl. Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [403]. Vgl. Sedlmaier, a. a. O. Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 17 S. 3 UStAE sowie BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 8, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. Becker, UStB 2010. 278 ff. [284]. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), IStR 1997, 397 ff.: Leistungen eines Rechenzentrums; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), UR 2002, 84 ff.: Leistungen eines Callcenters; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), UR 2006, 353 ff.: Auslagerung von Buchhaltungs- und Administrationstätigkeiten.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
war bisher nicht Gegenstand der an den Europäischen Gerichtshof gerichteten Vorfragen. Diese bezogen sich stets auf die Behandlung von ausgelagerten Leistungen777. Hierbei formulierte der Europäische Gerichtshof ausdrücklich, dass eine befreite Leistung in mehrere Teilleistungen zerfallen kann, die ihrerseits ebenso unter die Befreiungsregelung fallen, wenn sie ein eigenständiges Ganzes darstellen, das wesentliche und spezifische Funktionen der von der Befreiungsregelung umschriebenen Leistung erfüllt778. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL personenunabhängig formuliert ist779. Es lassen sich keine Hinweise auf die Person des Leistenden oder des Empfängers finden, weshalb es grundsätzlich auch möglich sein muss, die Rechtsprechung zur Befreiung einer Teilleistung auf die beim originären Leistungserbringer verbleibenden Leistungen anzuwenden. Trotz der Anwendung der Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung auf die Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft ist im Ergebnis dennoch der Ansicht Sedlmaiers zuzustimmen. Die Auslagerung bestimmter Verwaltungselemente durch die Kapitalanlagegesellschaft führt nicht zu einem Abschmelzen ihres Verwaltungsprogramms gegenüber den Anlegern. Im Rahmen der Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs wurde festgestellt, dass ein externer Dienstleister (sog. Insourcer) seine Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbringt. Diese wiederum wendet damit vom Standpunkt des umsatzsteuerlichen Leistungsbegriffs nicht nur die tatsächlich selbst erbrachten Verwaltungselemente, sondern auch die extern bezogenen Teile der Verwaltung den Anteilinhabern zu. Der Insourcer erbringt gegenüber den Anlegern keine Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn780. Die entscheidende Frage ist somit, ob für die Bestimmung der anhand der Formel des Europäischen Gerichtshofs zu betrachtenden Leistung auf den wirtschaftlichen Leistungsumfang, wie er dem Leistungsempfänger zufließt, abzustellen ist oder ob es vielmehr auf den Umfang der tatsächlich durch die Kapitalanlagegesellschaft selbst erbrachten Leistung ankommt. Ausschlaggebend ist hierfür, dass die Kapitalanlagegesellschaft trotz der Auslagerung nach wie vor gegenüber den Anlegern für die Erbringung des extern bezogenen Leistungselements verantwortlich ist und für hierbei auftretende Feh777 778 779 780
Vgl. die Sachverhalte der einschlägigen Urteile des EuGH: Urt. v. 5.6.1997, Rs. C2/95 (SDC), IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), UR 2006, 353 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 64 ff., IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 23 ff., UR 2002, 84 ff.; Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 66, UR 2006, 353 ff. Vgl. Kapitel 6, Abschn. B, Punkt III. Vgl. Kap. 5, Abschn. A.
243
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
ler entsprechend haftet781. Weil die Kapitalanlagegesellschaft unabhängig davon, in welchem Umfang sie Teile ihres ursprünglichen Leistungsprogramms zuvor an Dritte ausgelagert hat, gegenüber den Anteilinhabern auf der Basis des Investmentvertrages für die ordnungsgemäße Leistungserfüllung verantwortlich ist, muss im Hinblick auf die Frage der Erbringung einer Teilleistung gegenüber den Anteilinhabern ihr gesamtes Leistungsprogramm inklusive ausgelagerter Leistungen betrachtet werden. An diesem Ergebnis würde sich sowohl entsprechend dem Kommissionsentwurf als auch gemäß den bisher in der Gruppe Steuerfragen des Rates der EU geäußerten und veröffentlichten Vorschlägen zumindest hinsichtlich der Verwaltung von Publikumsfonds nichts ändern. Die Befreiung der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft im Investment-Dreieck ergäbe sich weiterhin aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM782. Die Verwaltungsdienstleistungen der Kapitalanlagegesellschaft sind auf die Erreichung der Investmentziele des betreffenden Investmentfonds ausgerichtet (vgl. Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM und die Ausführungen zum Verwaltungsbegriff der Neuregelung in Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6). Research, Advisory, Decision und Realisation sind Portfolio-Verwaltungs-dienstleistungen, die als Prozess der Entwicklung von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Fonds ausgerichtet sind. Weil die aktuelle Definition zudem auch klarstellt, dass nicht nur Portfolio-Verwaltungsleistungen, sondern ebenso Verwaltungsdienstleistungen umfasst sind, muss dasselbe für die weiteren Verwaltungsdienstleistungen gelten. Letztlich kommt es auf diese Frage im Zusammenhang mit der Befreiung der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft jedoch nicht an, weil es sich hierbei um eine einheitliche Gesamtleistung handelt (vgl. Kap. 3, Abschn. B, Punkt III). Die zurzeit in der Gruppe „Steuerfragen“ des Rates der EU diskutierten Beschränkungen des Investmentfondsbegriffs (vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 4 d)) sind jedoch geeignet, die bisher geltende Befreiung der Verwaltungsleistungen für Spezial-Sondervermögen infrage zu stellen. Insoweit gilt es die endgültige Fassung abzuwarten. Im Gegensatz zum Begriff der Verwaltung enthält jedoch die Durchführungsverordnung keine Bestimmungen zum 781 782
244
Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 95, EuGHE 2006 I, 4030 ff. An dieser Stelle wendete sie dieses Argument auf den vergleichbaren Fall der Auslagerung einer Leistung durch die Depotbank an. Vgl. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. In Dok. 13056/09 v. 9.9.2009 des schwedischen Vorsitzes (abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/) findet sich diese Befreiungsregelung in Buchst. gc.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Begriff des Investmentfonds, so dass in diesem Zusammenhang zu befürchten ist, dass auch die endgültige Regelung keine Klarheit schaffen wird, sondern es hierfür erst gerichtlicher Entscheidungen bedarf.
245
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
B.
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
I.
Problemstellung
Gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG sind Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren steuerfrei. Diese Regelung dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL, wonach solche Umsätze befreit erbracht werden, die sich auf Wertpapiere beziehen. Entsprechend dem Europäischen Gerichtshof sind Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, solche Umsätze, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen783. Weil im Kollisionsfall die nationale Umsetzungsregelung im Sinne der Richtlinie auszulegen ist, muss für die Ermittlung des Anwendungsbereichs des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL und die dazugehörige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgestellt werden. Die Regelungen sind somit trotz ihrer Unterschiede inhaltsgleich aufzufassen784. Auch der Bundesfinanzhof bedient sich zur Bestimmung des Inhalts von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG der durch den Europäischen Gerichtshof zu Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL vorgegebenen Definition785. Setzt sich das Sondervermögen aus Wertpapieren zusammen, so kommt damit neben § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auch eine Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in Betracht, sofern man die Portfolio-Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft als Umsatz ansieht, der geeignet ist, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Die Verwaltung und Verwahrung von Wertpapieren im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG kann dabei nicht als Anknüpfungspunkt dienen, weil die Verwaltung ausdrücklich als steuerpflichtig bezeichnet wird und weil sie sich auf die Depotverwahrung und verwaltung bezieht, die sich wiederum von den hier betrachteten Leistungen dadurch unterscheidet, dass dem Verwalter keine Entscheidungsbefugnis zukommt786. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG schließt dabei die Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG nicht aus. Beide Befreiungsvorschriften können nebenei783 784 785 786
246
EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 33, UR 2002, 84 ff. Vgl. des Weiteren: EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 73, IStR 1997, 397 ff. Vgl. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 286 (EL 104, 11/2000). BFH, Urt. v. 18.7.2002, V R 44/01, UR 2003, 20 f. [21]; Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. Vgl. auch: FG Düsseldorf, Urt. v. 16.01.2004, 1 K 3363/00 U, UR 524 ff. [526]. Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a).
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
nander wirken787. Zwar ist eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG dann nicht maßgeblich, wenn auch eine Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG im Raum steht. Jedoch stellt sich die Frage nach der Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG immer dann, wenn § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ausscheidet788. Zudem eröffnet die Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG das Recht auf Option zur Steuerpflicht789. Die folgende Untersuchung wird aufzeigen, dass eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG im Hinblick auf die Verwaltung von WertpapierSondervermögen in Betracht kommt. Dafür wird in Punkt II die bereits an anderer Stelle erwähnte neue Tendenz in der Rechtsprechung zur Befreiung von Vermögensverwaltungsleistungen durch § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG dargestellt (vgl. hierzu bereits die Ausführungen in den Fußnoten 135 und 188). Anschließend wird die hierfür wesentliche Voraussetzung (das Bewirken von rechtlichen Veränderungen) auf die Verwaltung eines Sondervermögens angewendet (Punkt III), bevor in Punkt IV die verschiedenen praktischen Erscheinungsformen von Kapitalanlagegesellschaften daraufhin untersucht werden, ob eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG tatsächlich möglich ist.
II.
Portfolio-Management als Wertpapierumsatz
Gegen die Qualifikation der Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft als Wertpapierumsatz könnte jedoch sprechen, dass die eigentliche Transaktionsleistung erst am Ende der Gesamtleistung steht und dabei lediglich einen kleinen Teil der Verwaltungsleistung ausmacht. Die Kapitalanlagegesellschaft beobachtet Märkte, Unternehmen und politische Entwicklungen, sammelt relevante Informationen und wertet dieses aus, um hieraus Anlage- und Umschichtungsoptionen zu entwickeln. Erst dann trifft sie die notwendigen Entscheidungen und leitet die eigentliche Wertpapiertransaktion ein. Sie wird insoweit tätig wie jeder andere Vermögensverwalter, dem eine eigene Entscheidungsbefugnis zusteht.
787
788
789
Ferner würde § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG keinesfalls nutzlos, weil § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG nur die Leistungserbringung in Bezug auf Wertpapiere mit eigener Entscheidungsbefugnis betrifft. Vgl. auch: Wäger, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 60 (EL 60, 9/2008); ders., DStR 2008, 253 f. [254]. Dementsprechend hält Behrens (BB 2008, 429 f. [429]) eine Anwendung von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG z. B. dann für möglich, wenn man § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht auf Leistungen gegenüber Drittlandfonds anwenden möchte (vgl. zu dieser Problematik: Kap. 6, Abschn. C, Punkt III 3). Vgl. zum Optionsrecht Abschnitt C dieses Kapitels.
247
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
Im Hinblick auf die Frage, ob Vermögensverwaltungsleistungen überhaupt als Wertpapierumsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG angesehen werden können, schien die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11. Oktober 2007 eine Kehrtwende zu bedeuten790. Gegenstand der Entscheidung waren die Umsätze eines in Deutschland ansässigen Kreditinstituts, das auf der Basis einer eigenen Entscheidungsbefugnis PortfolioManagement-Leistungen gegenüber zwei luxemburgischen Investmentgesellschaften sowie zwei individuellen Anlegern aus dem Drittlandsgebiet erbrachte. Streitig waren die Portfolio-Management-Gebühren, während die Kosten aus der Umschichtung der Portfolios von Kunden gesondert getragen wurden und damit nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Zwar ging es in dieser Entscheidung vorrangig um den Ort der Leistung, jedoch musste sich das Gericht hierfür aufgrund der Verweisungstechnik des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG auch mit der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG befassen. In Punkt II 1 d) bb) der Entscheidung führte der Bundesfinanzhof aus, dass es sich bei den maßgeblichen Leistungen der Klägerin um Umsätze von Wertpapieren bzw. Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und nicht um deren Verwaltung handelt, weil sie im Rahmen des PortfolioManagements aufgrund eigener Entscheidungsbefugnis Wertpapiere kauft und verkauft und damit unmittelbar Rechte und Pflichten in Bezug auf die gekauften bzw. verkauften Wertpapiere begründet, ändert oder zum Erlöschen bringt791. Der Bundesfinanzhof fasste somit die Portfolioverwaltung mit eigener Entscheidungsbefugnis als Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG, obwohl den Kunden die Kosten, die bei der eigentlichen Wertpapiertransaktion entstanden, gesondert in Rechnung gestellt wurden. Nachdem bisher einhellig davon ausgegangen worden war, dass die Vermögensverwaltung bzw. das Portfolio-Management keinen Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG darstellt792, fasste der Bundesfinanzhof die Gesamttätigkeit der Portfolioverwaltung als Umsatz im Sinne dieser Regelung auf. Die Besonderheit besteht dabei nicht darin, dass der Portfolio-Manager auch Wertpapierumsätze tätigt, sondern dass die Gesamtleistung inklusive vorbereitender Tätigkeiten wie der Beobachtung des Marktes und der Informationsbeschaffung als einheitlicher Wertpapierumsatz angesehen wurde. Finanzverwaltung und Rechtsprechung waren bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass
790 791 792
248
BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [217]. Vgl. Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 77 (EL 4/09, 07/2009); Hünnekens, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 94. Vgl. hierzu die weiteren Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a).
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
das verwaltende Element für die einheitliche Gesamtleistung prägend ist und deshalb § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG keine Anwendung finden könnte793. Ohne diesen Punkt ausdrücklich zu problematisieren, geht der Bundesfinanzhof in diesem Urteil anscheinend davon aus, dass die Wertpapiertransaktion prägend für den Gesamtumsatz des Portfoliomanagements ist794. Mit Urteil vom 22. März 2010 entschied das Finanzgericht Kassel, dass die Vermögenswaltung einer Bank mit eigener Entscheidungsbefugnis als steuerfreier Umsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG einzustufen sei. Im Gegensatz zum Bundesfinanzhof äußerte sich das Gericht auch ausdrücklich zu den Fragen der Einheitlichkeit der Leistung und welches Leistungselement einer solchen einheitlichen Vermögensverwaltungsleistung der Gesamtleistung ihr Gepräge gibt. Die Vermögensverwaltungsleistung sei eine einheitliche Leistung, die durch die Transaktionsleistungen geprägt werde. Die vorbereitenden Leistungen, wie etwa das Sammeln von Informationen oder das Bereitsstellen von Fachwissen, teilen als unselbständige Nebenleistungen das Schicksal der nach Ansicht des Gerichts befreiten Verwaltungsleistung.795 Im Rahmen des Revisionsverfahrens gegen die geschilderte Entscheidung des Finanzgerichts Kassel hat der Bundesfinanzhof nun dem Europäischen Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt. Hierbei möchte das nationale Gericht wissen, ob ausschließlich die Verwaltung von Sondervermögen nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL oder auch die individuelle Vermögensverwaltung nach Art 135 Abs. 1Buchst. f MwStSystRL be-
793
794
795
Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [50 f.]; OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 14.2.2006, S 7160 A – 68 – St I 2.30; Bonertz, DStR 2006, 932 ff. [935]; Hahne, BB 2007, 240 ff. [242]. Dementsprechend erließ das BMF mit Schreiben v. 9.12.2008 (IV B 9 - S 7117 - f/07/10003, BStBl. I 2008, 1086 f.) auch einen sog. Nichtanwendungserlass in Bezug auf die Entscheidung des BFH vom 11.10.2007. So fassen auch Hahne, UR 2008, 222 ff. [223 f.]; ders., DStR 2009, 94 ff. [95]; Hamacher, DStZ 2008, 222 ff. [223]; Lamprecht, WuB I G 9. Vermögensverwaltung 2.08; Philipowski, UR 2008, 225 ff.; Stadie, UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 24; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 57 (EL 60, 9/2008); ders., DStR 2008, 253 f. [253] sowie de Weerth, DB 2008, 550 ff. [550] den BFH auf. Vgl. FG Kassel, Urt. v. 22.3.2010, 6 K 1930/09, ZIP 2010. 1938 ff. Weil die vermögensverwaltende Bank – im Gegensatz zu einer KAG – im Namen der Anleger auftrat, nahm das FG Kassel hierbei eine Vermittlung von Geschäften mit Wertpapieren an. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Übertragbarkeit dieser Entscheidung auf einen im eigenen Namen handelnden Verwalter (wie etwa eine KAG). Denn die Vermittlung ist gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ein Fall des Umsatzes, der sich auf Wertpapiere bezieht. Vgl. ausführlich zur Entscheidung des FG Kassel: Hamm/Höink, DStR 2010, 1925 ff.
249
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
freit ist. Die zweite Vorlagefrage betrifft die Frage der Einheitlichkeit solcher Verwaltungsleistungen.796 Trotz seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2007 scheint sich der Bundesfinanzhof doch nicht ganz sicher über die Einordnung der individuellen Vermögensverwaltung zu sein. Letztlich gilt es hierzu die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs auf Basis dieser Entscheidung abzuwarten.
III.
Bewirken von rechtlichen Veränderungen
Ein Wertpapierumsatz verlangt das Bewirken von rechtlichen Veränderungen der Parteien in Bezug auf Wertpapiere, indem Rechte begründet, geändert oder zum Erlöschen gebracht werden. Nachdem sich der Bundesfinanzhof und das Finanzgericht Kassel mit den Leistungen eines externen Portfolio-Managers befasst hatten, gilt es an dieser Stelle darzulegen, dass es auch durch die Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft zu solchen rechtlichen Veränderungen in Bezug auf die einzelnen Wertpapiere des Sondervermögens kommt. Weil sich diese Veränderungen sowohl auf die Rechtstellung der Kapitalanlagegesellschaft als auch auf die Stellung der Anteilinhaber in Bezug auf die Wertpapiere des Sondervermögens auswirkt (Punkt 1 und 2), kann dahinstehen, ob die Veränderungen bei der Kapitalanlagegesellschaft als Partei des Wertpapiergeschäftes oder bei den Anlegern als Empfänger der zu befreienden Dienstleistung „Wertpapierumsatz“ eintreten müssen797. Zuletzt wird dargestellt, dass der Umstand, dass die Kapitalanlagegesellschaft für die Vollendung der Rechtsänderungen gemäß § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG der Mitwirkung der Depotbank bedarf, der Annahme eines Wertpapierumsatzes nicht entgegensteht (Punkt 3).
796
797
250
Vgl. BFH, Beschl. v. 28.10.2010, V R 9/10. Die dritte Vorlagefrage befasst sich mit dem Ort einer solchen Leistung, selbst wenn die Verwaltung nicht befreit wäre. Weil dann nämlich nicht die nationale Verweisungstechnik Anwendung finden kann, kommt es auf die Frage der Auslegung des Begriffs des Bank- und Finanzumsatzes nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL an. Letztlich geht es hierbei um die Besonderheiten des Investment-Dreiecks, die nicht Gegenstand der Entscheidungen des BFH und des FG Kassel waren. Eine Besonderheit besteht hierbei darin, dass die KAG gemäß §§ 31 Abs. 1, 2 S. 2 InvG stets im eigenen Namen handelt, weshalb die Anleger nicht Partei des Wertpapierumsatzes werden (vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 31, Rn. 2 [3/07]), obwohl sich die zu befreiende Dienstleistung an sie richtet (vgl. Kap. 3, Abschn. B, Punkt II).
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
1.
Rechtsänderungen auf Seiten der Anteilinhaber
Auf den ersten Blick treten die Rechtänderungen durch die Verkäufe und Käufe von Wertpapieren beim Sondervermögen ein. Dementsprechend führt Wäger aus, dass ein Wertpapierumsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern deshalb ausscheiden muss, weil es aufgrund des Handelns der Kapitalanlagegesellschaft „im eigenen Namen und für Rechnung des Sondervermögens“ nicht unmittelbar zu rechtlichen und finanziellen Änderungen beim Anleger kommt, obwohl letzterer Empfänger der zu befreienden Verwaltungsleistung der Kapitalanlagegesellschaft als Wertpapierumsatz ist798. a)
Miteigentumslösung
Diese Sichtweise ist im Hinblick auf die Konstellation, dass die Gegenstände des Sondervermögens im Eigentum der Anleger stehen (sog. Miteigentumslösung) deshalb abzulehnen, weil es hierbei durch den Kauf und Verkauf von Wertpapieren unmittelbar zu einer Änderung in der rechtlichen und finanziellen Lage der Anleger kommt. Dabei findet trotz des Handelns der Kapitalanlagegesellschaft im eigenen Namen auch kein Zwischenerwerb der Kapitalanlagegesellschaft derart statt, dass sie die Wertpapiere erst dem „Sondervermögen“ bzw. den Anteilinhabern übereignen muss. Vielmehr ordnet § 30 Abs. 2 InvG eine dingliche Surrogation an, weshalb der Eigentumserwerb unmittelbar beim Anleger eintritt799. Das Eigentum an den einzelnen Vermögensgegenständen steht im Rahmen der Miteigentumslösung unmittelbar den Anteilinhabern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu. Sie bilden in Bezug auf sämtliche Vermögensgegenstande des Sondervermögens eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB800. Das Sondervermögen bezeichnet hierbei lediglich den Inbegriff dieser Vermögensgegenstände801. Folglich kommt es durch die Veräußerung bzw. den Erwerb 798 799 800
801
Vgl. Wäger, DStR 2008, 253 f. [254 a. E.]. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 30, Rn. 14 (2/07); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2403. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 23, Rn. 2 (2/08). Obwohl Canaris im Gegensatz hierzu von einer Gesamthandsgemeinschaft ausgeht (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2397), kommt er dennoch zu dem Ergebnis, dass es im Rahmen der Miteigentumslösung durch die Surrogationsregelung zu einem unmittelbaren Eigentumserwerb der Anteilinhaber kommt (vgl. Rn. 3403 a. a. O.). Die dogmatische Unterscheidung zwischen Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthand hat auf den unmittelbaren Eigentumserwerb der Anteilinhaber auch vor dem Hintergrund der Rechtsfähigkeit der Gesamtheit als Außengesellschaft keine Auswirkungen, weil das Sondervermögen keinesfalls Inhaber von Rechten und Pflichten sein kann. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 30, Rn. 8 (2/07).
251
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
eines Wertpapiers unmittelbar zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation eines Anlegers im Hinblick auf seinen Bruchteil an dem betreffenden Wertpapier. Dementsprechend spricht § 30 Abs. 1 S. 1 InvG ausdrücklich davon, dass bei der Miteigentumslösung die zum Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen802. Die häufig anzutreffende Formulierung, dass die Anleger Miteigentum am Sondervermögen haben, ist insoweit irreführend. b)
Treuhandlösung
Gleiches muss im Ergebnis auch für die Treuhandlösung gelten. Agiert die Kapitalanlagegesellschaft als Treuhänderin, ändert sich durch die Transaktionsleistung zwar ihre eigene zivilrechtliche Eigentumslage, wirtschaftlich kommt es jedoch zu einer Änderung auf Seiten der Anleger803. Stellt man in dieser Konstellation allein auf die zivilrechtliche Eigentümerstellung der Kapitalanlagegesellschaft ab, so müsste man konsequenterweise auch davon ausgehen, dass die Kapitalanlagegesellschaft die Verwaltungsleistungen gegenüber sich selbst erbringt. Damit würde es im Fall der Treuhandlösung bereits an einer steuerbaren Verwaltungsleistung fehlen. Stellt man aber im Rahmen der Treuhandlösung mit Wäger zutreffend auf die wirtschaftliche Sichtweise des Bundesfinanzhofs ab804 und geht somit davon aus, dass die Verwaltungsleistungen auch bei der Treuhandlösung gegenüber den Anteilinhabern erbracht werden, weil die Veränderungen im Sondervermögen wirtschaftlich allein die Anteilinhaber betreffen, dann muss man diese wirtschaftliche Sichtweise auch auf die Frage des Eintritts von Änderungen im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG anwenden805. Dies bereitet im Hinblick auf die Forderung des Europäischen Gerichtshofs nach finanziellen Änderungen auf Basis der Argumentation des Bundesfinanzhofs keine Schwierigkeiten, weil durch das betreffende Wertpapiergeschäft allein die Anleger finanziell betroffen sind. Zudem darf der Begriff der rechtlichen Änderung in diesem Zusammenhang nicht national zivilrechtlich, sondern muss funktional verstanden werden. Andernfalls würde es zu einer nationalen Zersplit802 803 804
805
252
Vgl. insoweit auch den Wortlaut der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 1 S. 2 KAGG. Vgl. hierzu bereits die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. B, Punkt II. Vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. Vgl. zu den wesentlichen Aussagen dieses Urteils die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. B, Punkt II. In dieser Entscheidung machte eine KAG geltend, dass sie gegenüber den Anteilinhabern keine steuerbaren Leistungen erbringt, weil sie als Treuhänderin selbst Eigentümerin der Gegenstände des Sondervermögens ist. Wäger stellt bei der Bestimmung des Leistungsempfängers auf die wirtschaftliche Situation ab und vernachlässigt die zivilrechtliche Lage, um letztere dann aber für die Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG als maßgeblich zu betrachten.
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
terung der Befreiungsregelungen aufgrund der Unterschiede der nationalen Zivilrechtsordnungen kommen806. Für diese Sichtweise spricht auch der Umstand, dass sich die Treuhandstellung der Kapitalanlagegesellschaft dadurch von einer „normalen“ Treuhand unterscheidet, dass trotz ihres Eigentums an den Gegenständen des Sondervermögens die Trennung des Sondervermögens von ihrem sonstigen Vermögen auf dinglicher Ebene fortbesteht807. Aufgrund der mit dieser Trennung verbundenen besonderen Rechtstellung der Anteilinhaber in Bezug die Vermögensgegenstände des Sondervermögens wird die lediglich obligatorische Rechtsposition der Anteilinhaber quasi dinglich ausgestaltet808. Folglich kommt es auch im Fall der Treuhandlösung zu einer Änderung der Rechte und Pflichten der Anteilinhaber in Bezug auf die einzelnen Wertpapiere des Sondervermögens durch Wertpapierkäufe und -verkäufe der Kapitalanlagegesellschaft. 2.
Rechtsänderungen auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft
Selbst wenn man eine Rechtsänderung nicht nur auf Seiten des Empfängers der zu befreienden Dienstleistung, sondern auch auf Seiten der Partei des zivilrechtlichen Wertpapiergeschäftes verlangt, erfüllen die PortfolioManagement-Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft diese Voraussetzung809. Während die Kapitalanlagegesellschaft im Fall der Treuhandlösung ihre formale Eigentümerstellung durch den Verkauf bzw. Kauf von Wertpapieren verliert bzw. erlangt, kommt es in dem Fall, dass die Gegenstände des Sondervermögens im Miteigentum der Anteilinhaber stehen, zum Verlust bzw. zur Begründung ihrer alleinigen Verfügungsmacht über die betreffenden Wertpapiere. Unabhängig von Miteigentums- oder Treuhandlösung agiert die Kapitalanlagegesellschaft stets als Treuhänderin mit alleiniger Verfügungsmacht810. Die Definition eines Wertpapierumsatzes als Leistung,
806 807 808
809
810
Vgl. zur funktionalen Sichtweise des EuGH: Kap. 6, Abschn. B, Punkt IV. Vgl. hierzu bereits Fn. 38. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 30, Rn. 19 (2/07); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2395. Von Caemmerer spricht von einer „quasi dinglichen Mitberechtigung am Treugut“ (JZ 1958, 41 ff. [48, Fn. 57]). Gemäß Beckmann (a. a. O.) stehen die Gegenstände des Sondervermögens „nur formalrechtlich im Eigentum der KAG“. Hierbei handelt es sich wiederum um eine Folge dessen, dass die KAG die Wertpapiergeschäfte im eigenen Namen abschließt, es jedoch – wie soeben dargelegt - unmittelbar zu Änderungen der Rechte und Pflichten der Anteilinhaber in Bezug auf die Wertpapiere des Sondervermögens kommt. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 30, Rn. 18 f. (2/07).
253
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
die Rechte und Pflichten in Bezug auf Wertpapiere begründet, ändert oder zum Erlöschen bringt, verlangt nicht nach einer Änderung des Vollrechts. Vielmehr genügt auch die Änderung der Verfügungsmacht. Dementsprechend gehen Menner/Hermann davon aus, dass der Begriff der „Rechtänderung“ aufgrund der funktionalen Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs nicht im Sinne der Zivilrechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaates zu verstehen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Partei die Verfügungsgewalt über die Wertpapiere verliert, während ein Dritter sie im Gegenzug gewinnt811. 3.
Mitwirkungsbedürfnis der Depotbank
Dem Bewirken von Rechtsänderungen durch die Kapitalanlagegesellschaft steht auch nicht entgegen, dass sie Änderungen im Bestand des Sondervermögens nicht vollständig selbst, sondern gemäß § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG nur unter Mitwirkung der Depotbank herbeiführen kann. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 31 Abs. 1 InvG unabhängig davon, ob das Sondervermögen nach der Miteigentums- oder der Treuhandlösung konstruiert ist, die volle Verfügungsbefugnis über alle Gegenstände des Sondervermögens zusteht812. Auch wenn sie zur Rechtsübertragung selbst der Mitwirkung der Depotbank bedarf, ist es dennoch die Kapitalanlagegesellschaft die die Rechtsänderung durch ihre Verfügungsmacht einleitet und anstößt. Beachtet sie hierbei alle gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen, so ist die Depotbank grundsätzlich zur Vollendung der Rechtsänderung gemäß §§ 25 S. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 S. 2 InvG verpflichtet813. Dies gilt nicht nur für Veräußerungsgeschäfte der Kapitalanlagegesellschaft, sondern gemäß § 30 Abs. 2 InvG auch für Vermögensgegenstände, die von der Kapitalanlagegesellschaft für das Sondervermögen erworben werden. Sie werden Bestandteil des Sondervermögens, ohne das es hierfür einer weiteren rechtsgeschäftlichen Handlung bedarf814. Insoweit kann auch die vom Bundesfinanzministerium und teilweise in der Literatur vertretene Sichtweise grundsätzlich nicht der hier vertretenen Annahme entgegenstehen, dass eine Kapitalanlagegesellschaft Wertpapierumsätze im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bewirkt. Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 hatte das Bundesfinanzministerium im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Ge811 812 813 814
254
Vgl. Menner/Hermann, UR 2002, 112 ff. [114]. Dem schließt sich auch Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 74 (EL 4/09, 07/2009) an. Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/336; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 410, § 31, Rn. 3 ff. (3/07); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2396. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 410, § 25, Rn. 17 (3/06). Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 410, § 31, Rn. 6 (3/07).
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
richtshofs in der Rechtssache „SDC“ vertreten, dass Rechenzentren unter anderem deshalb keine rechtlichen und finanziellen Änderungen bewirken können, weil sie keine Verfügungsgewalt über die Gelder haben und somit keine Überweisungen im Sinne des § 676a BGB ausführen können815. Auch Widmann äußerte im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Rechtssache „CSC“, dass eine nach deutschen zivilrechtlichen Kategorien als sachenrechtliche Verfügung zu bezeichnende Tätigkeit erforderlich wäre816.
IV.
Anwendung auf die originären Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft
Mittels der vorstehenden Ausführungen wurde zwar dargelegt, dass die Portfolio-Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft auch unter die Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG fallen können. Jedoch ist noch offen, ob dies auch für alle praktischen Konstellationen der Leistungserbringung durch die Kapitalanlagegesellschaft gilt. 1.
Asset-Manager-Kapitalanlagegesellschaft
Handelt es sich hierbei um eine so genannte Asset-ManagerKapitalanlagegesellschaft, das heißt um eine Kapitalanlagegesellschaft, die sich auf das Portfolio-Management beschränkt817, so entspricht ihr Leistungsprogramm im Wesentlichen dem eines externen Dienstleisters. Aufgrund der Personenunabhängigkeit der Befreiungsregelungen kann es für deren Anwendung keinen Unterschied machen, ob die betreffende Leistung durch einen externen Dienstleister oder durch den Organismus zur gemeinsamen Anlage bzw. dessen Verwaltungsgesellschaft selbst erbracht wird. Selbst wenn sich die Kapitalanlagegesellschaft auf den Bereich der Entscheidungsfindung und Umsetzung (Decision und Realisation) beschränkt und die Research- und Advisory-Leistungen auslagert, kommt eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in Betracht, weil sie in dieser Konstella-
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Vgl. BMF, Schr. v. 30.5.2000, IV D 2 - S 7160 d - 5/00, DStR 2000, 1059 f. [1060]. Das Schreiben bezieht sich auf Überweisungsumsätze, die ebenso Gegenstand der Entscheidung „SDC“ waren. Der EuGH wendet jedoch ausdrücklich die gleichen Grundsätze auf Zahlungs- und Überweisungsumsätze einerseits und Wertpapierumsätze andererseits an. Vgl. Widmann, UStB 2002, 117 f. [117]. Die Entscheidung „CSC“ hingegen befasste sich mit Umsätzen, die sich auf Wertpapiere beziehen (Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL). Entscheidungserheblich ist diese Sichtweise jedoch in den Fällen, in denen sich die KAG eines externen Dienstleisters bedient, vgl. Kap. 8, Abschn. C, Punkt I 3. Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV.
255
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
tion gerade die für § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG maßgeblichen Leistungen der Entscheidungsfindung und Umsetzung erbringt, die eine Änderung des Wertpapierbestandes des Sondervermögens bewirken. 2.
Full-Service-Kapitalanlagegesellschaft
Entsprechend dem geschilderten Ansatz der neueren Rechtsprechnung sind auch die Verwaltungsleistungen einer so genannten „Full-ServiceKapitalanlagegesellschaft“ von der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umfasst. Weil sich die Kapitalanlagegesellschaft in dieser Konstellation im Gegensatz zur Asset-Manager-Kapitalanlagegesellschaft nicht auf das Portfolio-Management beschränkt, sondern auch die Aufgaben des Fonds-Controlling, der Fonds-Buchhaltung sowie der sonstigen FondsAdministration selbst erbringt, fallen auch diese Elemente aufgrund der Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG, obwohl sie eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation nicht bewirken können818. 3.
Master-Kapitalanlagegesellschaft
Fraglich ist jedoch, wie es sich im Hinblick auf die Leistungen einer MasterKapitalanlagegesellschaft verhält, das heißt einer Kapitalanlagegesellschaft, die sich auf die Tätigkeiten des Backoffice beschränkt, während das gesamte Portfolio-Management extern bezogen wird819. Weil die Kapitalanlagegesellschaft in dieser Konstellation keine Portfolio-Umschichtungen bewirkt, dürfte § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG nicht anwendbar sein. Andererseits muss in dieser Fallgestaltung ebenso das gelten, was in Punkt II des Abschnitts A dieses Kapitels zur teilweisen Leistungserbringung der Kapitalanlagegesellschaft im Zusammenhang mit der Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ausgeführt wurde. Zwar beschränkt sich die Kapitalanlagegesellschaft tatsächlich auf die Erbringung solcher Verwaltungsleistungen, die keine Änderungen des Portfolios bewirken können. Jedoch wendet sie wirtschaftlich auch die extern bezogenen Leistungselemente den Anteilinhabern zu und ist
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Vgl. Kap. 3, Abschn. B, Punkt III zur Einheitlichkeit der Verwaltungsleistung der KAG und Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV zur Full-Service-KAG. Der BFH und das FG Kassel hatten über Fälle des externen Bezugs von Portfolio-ManagementLeistungen bzw. der individuellen Vermögensverwaltung zu entscheiden. Es kann daher nicht abschließend beurteilt werden, ob der Umstand, dass die KAG noch weitere verwaltende Elemente (Buchhaltung, Controlling usw.) erbringt, die Gerichte dazu bewogen hätte, den Gesamtumsatz nicht mehr als Wertpapierumsatz anzusehen. Vgl. zur Master-KAG Kap. 2, Abschn. D, Punkt IV.
§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
gegenüber ihnen auch für die Gesamtverwaltungsleistung verantwortlich820. Vom umsatzstuerlichen Leistungsbegriff ausgehend, erbringt die Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern immer das gesamte Verwaltungsprogramm, weil ein externer Dienstleister seinerseits die ihm von der Kapitalanlagegesellschaft übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht gegenüber den Anlegern ausführt. Die von der Kapitalanlagegesellschaft fremd bezogenen und dann in Verbindung mit den tatsächlich selbst erbrachten Verwaltungselementen an die Anteilinhaber „weitergeleiteten“ Wertpapierumsätze im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG prägen entsprechend der Argumentation des Finanzgerichts Kassel die einheitliche Leistung der Verwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft auch dann, wenn bestimmte Elemente tatsächlich nicht von der Kapitalanlagegesellschaft selbst erbracht, sondern extern bezogen werden.
V.
Ergebnis
Die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern sind bei Anwendung der Sichtweise des Finanzgerichts Kassel und des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2007 als Wertpapierumsatz anzusehen, soweit sie sich auf ein Sondervermögen beziehen, das sich aus Wertpapieren zusammensetzt. Dies gilt selbst dann, wenn die eigentlichen transaktionsbezogenen Leistungen durch einen externen Dienstleister erbracht werden. Aufgrund des schwebenden Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs und des Revisionsverfahrens gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Kassel lässt sich jedoch nicht abschätzen, welche Sichtweise die Rechtsprechung zu diesen Fragen in Zukunft vertreten wird. Das Bundesfinanzministerium reagierte seinerseits mit einem Nichtanwendungserlass821.
820 821
Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 95, EuGHE 2006 I, 4030 ff. zu dem insoweit vergleichbaren Fall der Auslagerung von Leistungen durch die Depotbank. Vgl. BMF, Schr. v. 9.12.2008, IV B 9 - S 7117f - 07/10003, DStR 2009, 50. Vgl. Hahne, DStR 2009, 94 ff. [96] zur Kritik an diesem Vorgehen des BMF.
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Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
C.
Option zur Steuerpflicht
I.
Problemstellung
Ein Optionsrecht aus § 9 Abs. 1 UStG eröffnet der Kapitalanlagegesellschaft die Möglichkeit, die gegenüber den Anlegern erbrachten Umsätze als steuerpflichtig zu gestalten und sich damit die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu eröffnen. Ohne eine solche Optionsausübung wäre ihr der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 UStG sowohl hinsichtlich ihrer innerdeutschen Umsätze als auch in Bezug auf ihre Auslandsumsätze versagt822. An einem Vorsteuerabzug könnte ihr deshalb gelegen sein, weil sie auf die von einem externen Dienstleister bezogenen Eingangsumsätze Umsatzsteuer zu entrichten verpflichtet ist. Eine Umsatzsteuerbelastung hinsichtlich dieser Eingangsleistungen kann sich zum einen daraus ergeben, dass es sich um originär steuerpflichtige Dienstleistungen handelt, für die kein Befreiungstatbestand besteht, und zum anderen daraus, dass der externe Dienstleister seinerseits zur Steuerpflicht optiert (vgl. Kap. 8, Abschn. G). Die Inanspruchnahme des Optionsrechts aus § 9 Abs. 1 UStG bringt jedoch nicht allein diverse rechtliche Probleme mit sich (vgl. Punkt II), sondern hängt darüber hinaus auch von bestimmten faktischen Zwängen der Kapitalanlagegesellschaft ab (vgl. Punkt III).
II.
Rechtliche Voraussetzungen
1.
Keine einheitliche Ausübung
Gemäß § 9 Abs. 1 UStG muss es sich bei dem die Verwaltungsleistung empfangenden Unternehmer um einen Unternehmer handeln, der die Leistung für sein Unternehmen empfängt823. Hierbei ist es der Kapitalanlagegesellschaft erlaubt, auf die Steuerfreiheit ihrer Verwaltungsleistungen nur gegenüber bestimmten ausgewählten Anlegern zu verzichten, während es bei der Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen gegenüber den übrigen Anlegern bleibt. Die Option muss nicht hinsichtlich sämtlicher Verwaltungsumsätze einheitlich ausgeübt zu werden824.
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824
258
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 2, Abschn. D, Punkt II 1. Die Voraussetzung, dass es sich beim Leistungsempfänger ebenso um einen Unternehmer handeln muss, basiert nicht auf Art. 137 MwStSystRL. Insoweit hat Deutschland von seinem Recht aus Art. 137 Abs. 2 UA 2 MwStSystRL, den Umfang des Wahlrechts einzuschränken, Gebrauch gemacht. Vgl. Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 9, Rn. 23.
Option zur Steuerpflicht
2.
Kein Ausschluss des Optionsrechts durch § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Schwierigkeiten bereitet dabei jedoch der Umstand, dass entsprechend der abschließenden Aufzählung in § 9 Abs. 1 UStG ein Verzicht allein aufgrund der Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in Betracht kommt, während die Befreiung für die Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht verzichtsfähig ist. Es stellt sich die Frage, ob der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 UStG deshalb ins Leere gehen muss, weil immer auch die Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG wirkt, so dass die betreffende Leistung weiterhin steuerfrei ist. Heidner und Klenk gehen ohne weitere Begründung davon aus, dass zur Steuerpflicht nur dann optiert werden kann, wenn die Optionsmöglichkeit von allen verwirklichten Befreiungstatbeständen vorgesehen wird825. Für diese Ansicht ließe sich anführen, dass die Regelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG im Hinblick auf die Verwaltung eines Investmentvermögens die speziellere Regelung darstellt, weshalb der Wille des Gesetzgebers, eine Option zur Steuerpflicht nicht zuzulassen, auch in den Konstellationen durchschlagen sollte, in denen eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG gegeben ist. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber keine Konkurrenzregelung zwischen optionsfähigen und nicht optionsfähigen Steuerbefreiungstatbeständen vorgesehen hat. Sowohl Finanzverwaltung als auch Rechtsprechung gehen sogar davon aus, dass eine optionsfähige Befreiungsregelung der nicht optionsfähigen vorgeht826. Auch Teile der Literatur folgen dieser Ansicht827. Ein Ausschluss des Rechtes zur Option wäre sachlich lediglich dann gerechtfertigt, wenn der Verzicht auf die Steuerfreiheit über § 9 Abs. 1 UStG in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG den Sinn und Zweck der Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG vereiteln würde828. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG dient dem Zweck, dem Anleger die Anlage in In-
825 826 827 828
Vgl. Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 9, Rn. 7; Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 9, Rn. 25 (EL 60, 9/2008). Vgl. FG Nürnberg, Urt. v. 30.7.1991, II 107/89, UR 1993, 259; USt-Kartei der OFDen Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart, S. 7304, Karte 1 (Dezember 1990), abgedruckt in: UR 1991, 210. Vgl. Lippross, Umsatzsteuer, S. 511; Stadie, UStG, Vor §§ 4-9, Rn. 25. Dementsprechend stellt das FG Nürnberg auf die Zwecke der beiden Befreiungsvorschriften ab, um damit zu begründen, dass es keinen Grund gibt, der – in diesem Fall einschlägigen - Befreiungsregelung des § 4 Nr. 28 UStG den Vorrang gegenüber § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG einzuräumen (Urt. v. 30.7.1991, II 107/89, UR 1993, 259).
259
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
vestmentfonds dadurch zu erleichtern, dass sich die Anlage nicht durch eine Umsatzbesteuerung der Verwaltungsleistungen verteuert829. Dafür bedarf es einer Gleichstellung der Anlage mittels eines Investmentfonds gegenüber einer Direktanlage830. Auch wenn die Ausübung des Optionsrechts eine Steuerpflicht der Verwaltungsleistungen zur Folge hat, gefährdet sie dieses Ziel nicht, sondern fördert es. Das Optionsrecht mindert die mit dem Ausschluss des Vorsteuerabzugs verbundene Folge, dass es zu einer umsatzsteuerlichen Belastung auf Seiten eines unternehmerisch tätigen Leistungsempfängers kommt831. Letztlich kommt es erst durch eine Optionsausübung zu einer vollumfänglichen Befreiung auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft. Andernfalls verbleibt immer eine versteckte Umsatzsteuer in der Höhe der von der Kapitalanlagegesellschaft entrichteten nicht abzugsfähigen Eingangsumsatzsteuer. Diese Belastung wird im Ergebnis entweder von der Kapitalanlagegesellschaft selbst getragen oder von dieser an die Anleger in der Verwaltungsvergütung weitergereicht832. Dementsprechend sieht Art. 137 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL auch ein Optionsrecht hinsichtlich der gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreiten Umsätze aus der Verwaltung eines Investmentvermögens vor. Insoweit machte jedoch der deutsche Gesetzgeber von dem durch Art. 137 MwStSystRL gewährten Umsetzungsspielraum Gebrauch und erstreckte das Optionsrecht nicht auf die Verwaltung von Investmentfonds. Weil entsprechend § 9 Abs. 1 UStG eine Optionsausübung in Deutschland ausschließlich gegenüber unternehmerisch tätigen Anlegern möglich ist, besteht dabei auch keine Gefahr, dass Kleinanleger durch eine Optionsausübung entgegen dem Sinn und Zweck der Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG zusätzlichen umsatzsteuerlichen Belastungen ausgesetzt sind. 3.
Grenzüberschreitende Konstellationen
Der Ort der Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber einem Unternehmer, die von dem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen werden, richtet sich nach dem Sitz des Unternehmers. Der Vorsteuerabzug der Kapitalanlagegesellschaft hängt somit in dem Fall, dass der Anleger seinen Sitz im Ausland unterhält, gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG davon ab, dass der betreffende Umsatz, würde er in Deutschland ausgeführt, 829 830 831 832
260
Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 2 zum Zweck dieser Regelung mit weiteren Nachweisen. Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 123. Vgl. BFH, Urt. v. 6.5.2005, V R 73/03, BStBl. II 2004, 856 ff. [858]; Klenk, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 9, Rn. 2 (EL 60, 9/2008). Vgl. zu diesem Effekt der unechten Steuerbefreiungen und der versteckten Umsatzsteuer: Fn. 75 und 77.
Option zur Steuerpflicht
steuerpflichtig wäre833. Sieht das Recht des Sitzstaates des Anlegers ebenso ein Optionsrecht vor, so muss die Kapitalanlagegesellschaft dort zwar zur Steuerpflicht optieren, um ihren Ausgangsumsatz tatsächlich steuerpflichtig zu gestalten, jedoch kann die Optionsausübung im Empfangsland nicht in Deutschland wirken834. Zwar kommt ihr damit auf jeden Fall das Recht zum Vorsteuerabzug am Sitz des betreffenden Anlegers zu, jedoch befindet sich der Ort der durch die Kapitalanlagegesellschaft bezogenen Eingangsleistungen in der Regel an ihrem Sitz in Deutschland (Bestimmungslandprinzip). Der Vorsteuerabzug am Bestimmungsort ihrer Ausgangsleistungen hat für die Kapitalanlagegesellschaft somit keinen Nutzen. Folglich müsste die Kapitalanlagegesellschaft ebenso die deutsche Option im Sinne des § 9 Abs. 1 UStG ausüben, um die Umsatzsteuer auf die von ihr bezogenen Eingangsumsätze gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Deutschland zum Abzug bringen zu können. Einer solchen Option steht jedoch entgegen, dass die betreffenden Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft in Deutschland nicht steuerbar sind, weil sich der Empfangsort im Ausland befindet. Für diesen Fall hatte der Bundesfinanzhof im Jahr 2004 jedoch entschieden, dass eine solche „fiktive“ Option das Recht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG dann eröffnet, wenn die Verwaltungsleistung durch die Kapitalanlagegesellschaft im Bestimmungsland als steuerpflichtig behandelt wird835. Daraus ergibt sich jedoch im Umkehrschluss, dass eine fiktive Option in Deutschland dann nicht möglich ist, wenn die Leistung im Empfangsland mangels Optionsrecht steuerfrei erbracht wird836.
833 834
835 836
Auf die Steuerfreheit der Ausgangsleistung am Bestimmungsort kommt es hierbei nicht an, vgl. Abschn. 15.14 Abs. 1 UStAE; FG Rheinland-Pfalz, 6 K 1562/08, DStRE 2011, 1341 ff. Ein Vorsteuerabzug könnte sich aus § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG lediglich dann ohne Ausübung eines Optionsrechts hinsichtlich solcher Verwaltungsleistungen ergeben, die gegenüber einem im Drittland ansässigen Investor erbracht werden. Weil diese Regelung jedoch nicht § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG aufzählt, käme es wiederum auf die Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG und damit auf die Frage an, ob die Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG blockiert. Dies ist mit den gleichen Argumenten wie bereits im Rahmen des § 9 Abs. 1 UStG zu verneinen. Das Problem des Verhältnisses von § 4 Nr. 8 Buchst. h zu Bucht. e UStG würde sich in diesem Fall jedoch erledigen, wenn sich der Neuregelungsvorschlag durchsetzt, der eine Erweiterung des Art. 169 Buchst. c MwStSystRL auch auf die nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreiten Umsätze vorsieht (vgl. Punkt V 1 dieses Abschnitts). Vgl. BFH, Urt. v. 6.5.2004, BStBl. II 2004, 856 ff. [857 f.]. So jetzt auch in Abschn. 205 Abs. 1 S. 5 UStR 2008 ausdrücklich für den Fall der Grundstücksvermietung. Würde man trotz der Steuerfreiheit des Ausgangsumsatzes der Kapitalanlagegesellschaft einen Vorsteuerabzug in Deutschland zulassen, so würde man aus der unechten Befreiung für Finanzumsätze eine echte Befreiung machen. „Unecht“ deshalb,
261
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
Folglich ist der praktische Anwendungsbereich des Optionsrechts bei Leistungen an unternehmerisch tätige Anleger, die ihren Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet unterhalten, zusätzlich auf die Konstellationen beschränkt, dass der Umsatz auch im Bestimmungsland als steuerpflichtig behandelt werden kann.
III.
Faktische Voraussetzungen des Optionsrechts
Zwar steht an und für sich allein dem Leistenden (Kapitalanlagegesellschaft) die Entscheidung über die Option zur Steuerpflicht zu, jedoch ist es faktisch der Empfänger der Leistung, der über dieses Recht entscheidet. Ist der unternehmerisch tätige Anleger nicht in der Lage, die ihm durch die Ausübung des Optionsrechts durch die Kapitalanlagegesellschaft entstehende Umsatzsteuerlast seinerseits zum Abzug zu bringen, so wird er sein Kapital nicht in dem betreffenden Investmentfonds anlegen. Die Wettbewerbssituation zwingt die Kapitalanlagegesellschaft dazu, von ihrem Optionsrecht nur hinsichtlich solcher Anleger Gebrauch zu machen, die diesem Vorgehen zustimmen, obwohl es sich hierbei nicht um ein rechtliches Erfordernis des § 9 Abs. 1 UStG handelt. Letztlich würden nur solche unternehmerisch tätigen Anleger die Steuerpflicht der Verwaltungsleistung akzeptieren, die die Verwaltungsleistung zwar für ihr Unternehmen, aber gleichzeitig nicht für steuerfreie Umsätze verwenden, weil ihnen sonst der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG verwehrt wäre. Damit kommt diese Option praktisch nur in den Fällen in Frage, dass es sich um Anleger der Kapitalanlagegesellschaft handelt, die Unternehmer sind und die Verwaltungsleistung für einen Bereich ihres Unternehmens beziehen, der keine steuerfreien Umsätze tätigt837.
IV.
Ergebnis zum Optionsrecht der Kapitalanlagegesellschaft
Geht man entgegen der hier vertretenen Ansicht davon aus, dass die gleichzeitige Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG das Optionsrecht ausschließt, so kommt der Kapitalanlagegesellschaft von vornherein kein solches Recht zu.
837
262
weil gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug bei steuerfreien Finanzumsätzen ausgeschlossen ist. Wendete man in der geschilderten Konstellation die Rechtsprechung des BFH zur fiktiven Option an, so wäre die Befreiung i. S. d. § 4 Nr. 8 UStG „echt“, weil der Vorsteuerabzug trotz Steuerfreiheit des Ausgangsumsatzes möglich wäre. Vgl. hierzu das Rechenbeispiel Schillers, Outsourcing, S. 35 f.
Option zur Steuerpflicht
Aber auch dann, wenn man sich der hier vertretenen Ansicht anschließt, ist das Optionsrecht in der Regel keine wirkliche Alternative für die Kapitalanlagegesellschaft. Denn es gibt aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nur sehr wenige Fälle, in denen die Option zur Steuerpflicht Anwendung finden kann. Letztlich kommt sie aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen nur hinsichtlich der Verwaltungsleistungen gegenüber solchen unternehmerisch tätigen Anlegern in Betracht, die die Verwaltungsleistung nicht nur für ihr Unternehmen beziehen, sondern darüber hinaus in der Lage sind, diese Steuerlast ihrerseits zum Abzug zu bringen. Weitere Einschränkungen ergeben sich in den Fällen, wo die Verwaltungsleistungen gegenüber einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Anteilinhaber erbracht werden und das Recht des Empfangslandes kein Optionsrecht kennt.
V.
Vorschläge zur Neuregelung
1.
Ausweitung des Rechts auf Vorsteuerabzug
In Übereinstimmung mit dem Änderungsantrag 27 des Berichtes des Ausschusses für Wirtschaft und Währung vom 15. September 2008838, unterbreitete der französische Vorsitz am 29. September 2008 den Vorschlag, das Recht auf Vorsteuerabzug in Art. 169 Buchst. c MwStSystRL auch auf solche Umsätze gegenüber Drittlandansässigen auszuweiten, die der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unterliegen839. Der tschechische Vorsitz hat diese Erweiterung des Rechtes auf Vorsteuerabzug in seinen Vorschlag vom 20. März 2009 aufgenommen840. Wird dieser Vorschlag tatsächlich in die Richtlinie übernommen, so bedarf es zur Herbeiführung einer vollständigen umsatzsteuerlichen Neutralität der Verwaltungsleistungen gegenüber Drittlandsansässigen nicht mehr der Ausübung des Optionsrechts. Trotz Steuerfreiheit ist der Vorsteuerabzug zulässig. Insoweit würde sich der Anwendungsbereich des Optionsrechts auf solche Verwaltungsleistung beschränken, die gegenüber einem Leistungsempfänger erbracht werden, der seinen Sitz innerhalb des Gemeinschaftsgebietes unterhält.
838 839 840
Abrufbar unter http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS) in der Übersicht über den Werdegang des Verfahrens, wo der Bericht die Nummer A6-0344/2008 trägt. Vgl. Dok. 13627/08 v. 29.9.2008, S. 3, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 7889/09 v. 20.3.2009, S. 18 und 22, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/.
263
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
2.
Ausweitung des Optionsrechts
Der Entwurf der Kommission sieht in Art. 1 Nr. 3 die Streichung der bisherigen Optionsregelung für Finanzumsätze in Art. 137 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL vor841. Art. 1 Nr. 4 dieses Entwurfes empfiehlt die Einführung eines Art. 137a, wonach die Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2012 verpflichtet werden, den in ihrem Land ansässigen Steuerpflichtigen das Optionsrecht für die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL aufgezählten Umsätze einzuräumen. Darüber hinaus soll den Mitgliedstaaten gemäß Art. 137a Abs. 2 MwStSystRL-E-KOM das Recht zur Bestimmung der Einzelheiten der Ausübung des Wahlrechts nur solange zustehen, wie nicht der Rat eine Durchführungsverordnung gemäß Art. 397 MwStSystRL hierzu erlassen hat. Entsprechend dieses Vorschlags soll das Optionsrecht damit in allen Mitgliedsstaaten hinsichtlich aller Finanzumsätze bestehen. Damit entfiele zum einen die Problematik des Nebeneinanders von verzichtsfähiger und nicht verzichtsfähiger Befreiung (vgl. Punkt II 2 dieses Abschnitts) und zum anderen die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Konstellationen innerhalb der Europäischen Union (vgl. Punkt II 3 dieses Abschnitts)842. Eine weitere Folge wäre, dass auch in Deutschland das Optionsrecht hinsichtlich solcher Umsätze bestünde, die gegenüber Nichtunternehmern erbracht werden843. 3.
Umsetzung erst in ferner Zukunft
Wie sich bereits anhand der langen Umsetzungsfrist (1. Januar 2012) feststellen lässt, besteht hinsichtlich dieser Neuerung erheblicher Klärungsbedarf zwischen den Staaten. Schließlich haben viele Mitgliedstaaten bisher keine entsprechende Regelung umgesetzt, weshalb ihnen Erfahrungen in Bezug auf die finanziellen Folgen einer solchen Regelung fehlen. Ein Problempunkt ist derzeit, dass eine Steuerpflicht der Finanzumsätze nach Ansicht einiger Staaten Schwierigkeiten bei Feststellung der korrekten Bemes-
841 842
843
264
Vgl. Dokument COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Die Ausweitung der Optionsmöglichkeit auf Umsätze i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG stellt dabei keine Neuerung der MwStSystRL dar. Aufgrund der Streichung des Rechtes der Mitgliedstaaten aus Art. 137 Abs. 2 UA 2 MwStSystRL, den Umfang dieses Wahlrechts einzuschränken, müsste Deutschland auch diese Umsätze in die Optionsregelung einbeziehen. Ebenso basiert die Beschränkung auf Umsätze, die gegenüber anderen Unternehmern für deren Unternehmen bewirkt werden, nicht auf Art. 137 MwStSystRL, sondern auf dem Recht der Mitgliedstaaten, den Umfang des Wahlrechts einzuschränken (vgl. Art. 137 Abs. 2 UA 2 MwStSystRL).
Option zur Steuerpflicht
sungsgrundlage hervorrufen würde844. Der französische Vorsitz schlug deshalb vor, dem Rat entsprechend des Verfahrens nach Art. 395 Abs. 2 bis 4 MwStSystRL das Recht einzuräumen, die Mitgliedsstaaten zu autorisieren, solche Finanzumsätze einer Differenzbesteuerung zu unterziehen845. Dieser Vorschlag wurde durch den schwedischen Vorsitz kurze Zeit später wieder gestrichen846. Unabhängig davon, wie diese Regelung im Ergebnis aussehen wird, spricht Einiges dafür, dass es nicht zu einer Beseitigung des Wahlrechts zur Umsetzung überhaupt und zum Umfang der Umsetzung kommen wird. Vielmehr wird an der bisherigen Regelung vorerst festgehalten847. 4.
Kritik
Im Hinblick auf den Aspekt der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Feststellung der korrekten Steuerbemessungsgrundlage ist kritisch anzumerken, dass sich dieses Problem gerade nicht im Zusammenhang mit den Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft oder eines externen Dienstleisters stellt, weil sie ihre Leistungen auf Basis einer Vergütung erbringen. Deshalb erfolgte die Befreiung dieser Leistungen auch nicht aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, sondern zur Herbeiführung einer steuerlichen Neutralität gegenüber der Direktanlage mittels Wertpapieren848. Die Ausweitung des Optionsrechts ist nicht nur im Allgemeinen vor dem Hintergrund zu empfehlen, dass nur so die systemgerechte Beseitigung der Belastung der Unternehmer mit nicht abziehbarer Vorsteuer möglich ist849, sondern im Besonderen auch deshalb, weil sich im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds das Problem der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht stellt. Ferner würde eine europaweit verpflichtende Einführung eines Optionsrechts die u.a. aus der momentanen Zersplitterung der verschiedenen nationalen Rechtslagen der Mitgliedsstaaten folgende Wettbewerbsverzerrung mindern. 844 845 846
847 848 849
Vgl. Dokument 13056/09 v. 9.9.2009, S. 12, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dokument 16967/08 v. 8.12.2008, S. 6, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dokument 13056/09 v. 9.9.2009, S. 12, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Die Schweden berufen sich hierbei auf „ihren Eindruck“, dass die meisten Mitgliedstaaten eine Differenzbesteuerung ablehnen würden. Vgl. Dokument 13056/09 v. 9.9.2009, S. 12, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 2. Vgl. zu der hiermit verbundenen Problematik der lediglich „unecht“ wirkenden Befreiungen bzw. der versteckten Umsatzsteuer, Fn. 75 und 77.
265
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der KAG
D.
Ergebnis
Die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft im InvestmentDreieck sind gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG § steuerfrei. Im Hinblick auf die Verwaltung von Wertpapier-Sondervermögen ist zudem auch eine Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG möglich. Die Befreiung gilt unabhängig davon, ob die Kapitalanlagegesellschaft wesentliche Elemente ihrer Verwaltungsleistungen auf einen externen Dienstleister auslagert. In einigen wenigen Fällen steht der Kapitalanlagegesellschaft außerdem die Möglichkeit zu, ihre Verwaltungsleistungen durch die Ausübung der Option nach § 9 Abs. 1 UStG hinsichtlich dieser Umsätze als steuerpflichtig zu gestalten mit der Folge, dass sie die von ihr entrichtete Eingangsumsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Abzug bringen kann. Die von der Kommission geplante Ausweitung und darüber hinaus verpflichtende Festlegung der Option ist zu begrüßen, wird jedoch aller Voraussicht nach so nicht Realität werden bzw. zumindest lange Zeit auf sich warten lassen. Die geplanten Neuregelungen zu den Befreiungsvorschriften der Art. 135 ff. MwStSystRL würden nach dem jetzigen Stand der Verhandlungen keine Veränderungen in Bezug auf die Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anteilinhabern bewirken, es sei denn, es kommt zu den dargestellten Beschränkungen im Hinblick auf den Begriff des Investmentfonds. Insoweit wäre es denkbar, dass SpezialSondervermögen oder zumindest solche Investment-Sondervermögen, die nur für einen einzigen Investor aufgelegt werden, nicht in den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift fallen.
266
8. Kapitel: Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs A.
Einleitung
Den Mittelpunkt der Untersuchung der Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs einer Kapitalanlagegesellschaft für ihr Investmentgeschäft stellt § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL dar. Weil eine Kapitalanlagegesellschaft nicht ihr gesamtes Verwaltungsprogramm, sondern lediglich Teile hiervon auslagert, kommt es für die Befreiung dieser Leistungen darauf an, ob sie Teil der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG sind und ob sie die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen. Nachdem im sechsten Kapitel (Abschn. B, Punkt V) die allgemeinen Grundsätze zur Befreiung einer Teilleistung im Bereich der Finanzdienstleistungen erarbeitet wurden, gilt es in Abschnitt B dieses Kapitels anhand der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“ zu hinterfragen, welche Konkretisierungen sich im Hinblick auf die allgemeinen Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung aus dieser Entscheidung entnehmen lassen. Anschließend (Abschn. C bis E) werden diese Anforderungen auf die konkreten Konstellationen des externen Leistungsbezugs durch eine Kapitalanlagegesellschaft angewendet. Ebenso wie im Zusammenhang mit dem Ort des externen Leistungsbezugs ist dabei die Auslagerung von PortfolioManagement-Leistungen (Abschn. C) mit ihren verschiedenen Unterfällen (Punkte I bis III) vom Bezug von Controlling-Leistungen (Abschn. D) und Buchhaltungsleistungen (Abschn. E) zu unterscheiden. Ergänzend wird in Abschnitt F der Frage nachgegangen, ob sich eine Steuerfreiheit externer Dienstleistungen sinnvoll mittels eines so genannten steuerfreien Zusammenschlusses bewerkstelligen lässt. Parallel zu den Ausführungen zur Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft stellt sich die Frage, ob die Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 UStG eine echte Gestaltungsalternative darstellt (Abschn. G). Den Abschluss dieses Kapitels stellt ein Exkurs in Abschnitt I zur Steuerfreiheit des Leistungsverkaufes durch die Kapitalanlagegesellschaft dar, nachdem in Abschnitt H die Ergebnisse der vorhergehenden Abschnitte dieses achten Kapitels zusammengefasst wurden. Hierbei handelt es sich zwar um einen Aspekt der Steuerfreiheit der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft (dem sich eigentlich das siebte Kapitel widmet), jedoch folgen diese
267
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Konstellationen den Ergebnissen der Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs spiegelbildlich, weshalb eine Darstellung im Zusammenhang mit dem Fremdbezug in diesem achten Kapitel erfolgt. Die Auswirkungen der Vorschläge zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL werden jeweils im Zusammenhang mit der betreffenden Fallkonstellation betrachtet. Dabei gilt es zum einen herauszuarbeiten, ob die Vorschläge zur Neufassung die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprägte geltende Rechtslage abbilden oder ihr widersprechen. Und zum anderen soll betrachtet werden, ob die Vorschläge dem Sinn und Zweck der Befreiung von Verwaltungsleistungen und den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts genügen.
268
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung
B.
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung
I.
Bedeutung der Formel des Europäischen Gerichtshofs
Im Hinblick auf die Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs kommt es maßgeblich auf die Voraussetzungen der so genannten Formel des Europäischen Gerichtshofs an. Weil die Steuerbefreiungsregelungen unabhängig davon gelten, wer die betreffende Leistung erbringt, das heißt allein auf die Art der Leistung abstellen, steht einer Steuerfreiheit nicht der Umstand entgegen, dass die jeweilige von der Kapitalanlagegesellschaft ausgelagerte Leistung nun von einem Dritten erbracht wird850. Entsprechend den Ausführungen in Abschnitt A des fünften Kapitels ist der Empfänger der externen Leistung zwar nicht der Anleger, sondern die Kapitalanlagegesellschaft, jedoch kommt es auch auf diese Unterscheidung vor dem Hintergrund der Personenunabhängigkeit der Befreiungsregelung nicht an. Aus der Personenunabhängigkeit der Befreiungsvorschriften folgt nicht nur die Unabhängigkeit von der konkreten Person des Leistenden, sondern auch, dass es nicht auf die Person des Leistungsempfängers ankommt. Dementsprechend hat es auf die Befreiung des externen Leistungsbezugs keinen Einfluss, dass der externe Dienstleister in keinem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis mit den Anteilinhabern, sondern allein mit der Kapitalanlagegesellschaft als seiner Auftraggeberin steht851. Um die Unabhängigkeit von der Person des Leistenden gab es insbesondere im Zusammenhang mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL Verwirrung, nachdem die europäische Regelung in der deutschen Übersetzung die Passage „durch Kapitalanlagegesellschaften“ enthielt, während alle anderen Sprachfassungen die „Verwaltung von Sondervermögen, die von den Mitgliedstaaten als solche definiert werden“ befreiten852. Zwar hatte sich das Finanzgericht Düsseldorf im Jahr 2004 von der deutschen Fassung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL leiten lassen und verneinte die Anwendung der Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf Verwaltungsleistungen eines Dritten853. Diese Entscheidung wurde jedoch vom Bundesfinanzhof im Jahr 2007 dahinge-
850 851 852 853
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 6, Abschn. B, Punkt III und die dortigen Nachweise. Vgl. zur Unerheblichkeit der Vertragsverhältnisse: Kap. 6, Abschn. B, Punkt IV mit den dortigen Nachweisen. Vgl. zum Ganzen: Hahne, DStR 2004, 1376 ff. [1377 f.]; Hahne/Winkler, DStR 2006, 2005 ff. [2006 f.]; Philipowski, UR 2004, 501 ff. Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 16.1.2004, 1 K 3363/00 U, UR 2004, 524 ff. [527].
269
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
hend korrigiert, dass bereits damals eine steuerfreie Leistungserbringung durch einen Dritten möglich war854. Noch vor dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Jahr 2007 ging das Finanzgericht Hamburg bereits im Jahr 2005 davon aus, dass die sprachliche Abweichung der deutschen Richtlinienfassung unerheblich sei855. Auch kommt es für die Steuerfreiheit einer ausgelagerten Leistung nicht auf die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit der Auslagerung an856. Zwar könnte der Wortlaut des Abschnitts 69 Abs. 1 S. 4 UStR 2008, wonach sich die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auch auf solche Tätigkeiten im Rahmen der Verwaltung eines Sondervermögens bezieht, die nach § 16 InvG von der Kapitalanlagegesellschaft auf ein anderes Unternehmen ausgelagert worden sind, einen anderen Eindruck erwecken. Jedoch muss diese Verlautbarung der Finanzverwaltung vielmehr richtlinienkonform dahingehend verstanden werden, dass der Verweis auf § 16 InvG lediglich darüber informieren soll, dass eine Auslagerung in investmentrechtlicher Sicht bestimmten Voraussetzungen unterliegt857. Dies wurde nun auch durch das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 6. Mai 2010 sowie durch Abschnitt 4.8.13 Abs. 9 S. 5 und Abs. 15 S. 1 und S. 2 UStAE ausdrücklich klargestellt858. Indem die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main bereits im Jahr 2006 klarstellte, dass auch Verwaltungsleistungen gegenüber ausländischen Investmentfonds befreit sein können, brachte sie schon damals zum Ausdruck, dass es auf den in diesem Fall nicht anwendbaren § 16 InvG für die Befreiung nicht ankommen kann859.860
854 855 856
857 858 859 860
270
Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, UR 2008, 215 ff. [219]. Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. [670 f.]. Vgl. Bacmeister, IStR 2006, 779 ff. [781 f.]; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [627]; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Philipowski, UR 2005, 672 ff. [674]; Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [402]. Vgl. Philipowski, UR 2005, 672 ff. [674]. BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 4, BStBl. I 2010, 563 f.,. Vgl. OFD Frankfurt/M., Rdvfg. v. 23.2.2006, S 7160 h A – 2 – St I 2.30, DStR 2006, 947. Vgl. ergänzend die Ausführungen in Kap. 2, Abschn. D, Punkt III zu den weiteren Argumenten gegen eine Berücksichtigung aufsichtsrechtlicher Aspekte im Zusammenhang mit der umsatzsteuerlichen Behandlung der Auslagerung.
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung
II.
Konkretisierung der Formel des Europäischen Gerichtshofs
1.
Keine weitere Konkretisierung durch den Europäischen Gerichtshof
In der Rechtssache „Abbey National“ beschränkte sich der Europäische Gerichtshof in Bezug auf die Befreiung einer Teilverwaltungsleistung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL (bzw. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) darauf, festzustellen, dass eine Befreiung dann möglich ist, wenn die betreffenden Leistungen „ein im großen und ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind“861. Im Gegensatz zu den Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ unterließ es das Gericht, eine weitere Konkretisierung dieser allgemeinen Aussage in Bezug auf die Befreiungsvorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL herauszuarbeiten862. Das Gericht versäumte es zudem auch, den Begriff der Verwaltung im Sinne der Norm zu definieren. Vielmehr verharrte es bei den bekannten allgemeinen Grundsätzen zur Steuerfreiheit einer Teilleistung. Einzig zur Spezifität führt der Europäische Gerichtshof Folgendes aus, nachdem er festgestellt hatte, dass für den Umfang der Befreiungsregelung maßgeblich auf den Zweck der Regelung abzustellen wäre. Wobei der Zweck dieser Regelung darin bestünde, die Geldanlage in Investmentfonds dadurch zu erleichtern, dass eine steuerliche Neutralität gegenüber der unmittelbaren Geldanlage hergestellt wird:
861 862
Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 70 ff., UR 2006, 353 ff. In den Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ befasste sich der EuGH mit dem Begriff des Überweisungs- und Zahlungsumsatzes bzw. des Umsatzes, der sich auf Wertpapiere bezieht (Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d und f MwStSystRL). Er formulierte über die bekannten allgemeinen Grundsätze hinaus, dass die Leistungen eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen müsste (Zahlungs- und Überweisungsverkehr) bzw. die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern und den Handlungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr ähnlich sein müsste (Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen), vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 66 bzw. 73, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26 bzw. 28, UR 2002, 84 ff. Diese Aussagen sind jedoch nicht auf die anderen Befreiungstatbestände übertragbar, vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 c).
271
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
„Daher handelt es sich bei den Umsätzen, für die diese Befreiung gilt, um diejenigen, die für die Tätigkeit der Organismen für gemeinsame Anlagen spezifisch sind.“863 „Somit fallen unter Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-Richtlinie neben den Aufgaben der Portefeuilleverwaltung die administrativen Aufgaben der Organismen für gemeinsame Aufgaben selbst, wie sie in Anhang II Richtlinie 85/611/EWG in der geänderten Fassung unter der Überschrift „Administrative Tätigkeiten“ aufgeführt sind, bei denen es sich um spezifische Aufgaben der Organismen für gemeinsame Anlagen handelt.“864 2.
Kein Gleichlauf mit dem Verwaltungsbegriff
Trotz dieser Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zur Spezifität handelt es sich hierbei nicht um eine echte Konkretisierung der allgemeinen Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Denn das Gericht machte diese Aussagen nicht im Zusammenhang mit der Anwendung der Befreiungsregelung auf ausgelagerte Teilverwaltungsleistungen eines externen Dritten, sondern bereits im Hinblick auf die Bestimmung des Begriffs der Verwaltung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL865. Im Rahmen der Ausführungen zur Anwendung dieser Vorschrift auf Teilleistungen externer Dienstleister blieb das Gericht dann bei seinen allgemeinen, bereits bekannten Ausführungen866. Ginge man davon aus, dass der Europäische Gerichtshof mit seinen Äußerungen zur Spezifität die Spezifität im Sinne der Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung meinte, so käme es zu einem Gleichlauf der allgemeinen Voraussetzung der Befreiungsregelung („Verwaltung eines Investmentvermögens“, vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II) und der besonderen Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung im Hinblick auf die Spezifität (vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) aa)). Weil entsprechend 863 864 865
866
272
EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 63, UR 2006, 353 ff. (Unterstreichungen durch den Verf.). EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 64, UR 2006, 353 ff. (Unterstreichungen durch den Verf.). Der EuGH wählte in der Entscheidung in der Rs. „Abbey National“ einen zweistufigen Aufbau. Zuerst arbeitete er die spezifischen Tätigkeiten anhand des Ziels der Befreiungsregelung heraus, um es dann bei der Frage der Befreiung einer Teilleistung bei dem Verweis auf seine allgemeine Formel zu belassen, vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 61 ff. und 70 ff., UR 2006, 353 ff. Erst in den Rn. 66 ff. der Entscheidung „Abbey National“ befasst sich der EuGH mit der Steuerfreiheit einer Leistung eines Dritten, während er die hier besprochenen Aussagen bereits zuvor in den Rn. 57 bis 65 im Zusammenhang mit dem Begriff der Verwaltung eines Sondervermögens machte.
Befreiung einer Teilverwaltungsleistung
dem Europäischen Gerichtshof eine Tätigkeit nur dann als Verwaltung in diesem Sinne angesehen werden kann, wenn sie spezifisch ist, würde die Prüfung der Spezifität auf der Ebene der Befreiung einer Teilleistung leerlaufen, weil eine nicht spezifische Leistung entsprechend der Entscheidung in der Rechtssache „Abbey National“ bereits von Anfang an nicht befreit sein kann, ohne dass es auf die Frage der Befreiung einer Teilleistung überhaupt ankäme867. Hinsichtlich der Befreiung einer Teilleistung käme es damit allein auf das Vorliegen eines eigenständigen Ganzen und einer Wesentlichkeit im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs an. Diese Sichtweise ist vor allem deshalb problematisch, weil der Europäische Gerichtshof stets betonte, dass an die Befreiung einer Teilleistung weitere Voraussetzungen zu stellen sind. Es genügt nicht, dass die betreffende Leistung lediglich ein Teil der von der Befreiungsregelung umschriebenen Gesamtleistung ist. 3.
Eigenständige Bedeutung der Spezifität
Folglich ist von einer eigenständigen Bedeutung der Spezifität im Sinne der Befreiung einer Teilleistung auszugehen. Die Spezifität im Sinne der Formel des Gerichts zur Befreiung einer Teilleistung bezeichnet charakteristische Merkmale, die für die Verwaltung eines Investmentfonds typisch und prägend sind868. Die Prüfung dieser Kriterien wird nicht dadurch obsolet, dass eine bestimmte Tätigkeit entsprechend der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“ bereits als spezifisch im Sinne der Verwaltung angesehen werden muss, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die im Zusammenhang mit einer Direktanlage nicht ausgeführt wird. Letztlich wäre damit nahezu jede Tätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft oder eines anderen Dienstleisters auch spezifisch, weil es bei der Direktanlage keine zwischengeschaltete Instanz wie eine Kapitalanlagegesellschaft oder Depotbank gibt. Aufgrund der oben geschilderten Schwächen eines Rückgriffs auf die OGAW-RL869 kommt dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift, eine steuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage herzustellen, eine entscheidende Bedeutung in Bezug auf die Feststellung der Spezifität im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs zu. Zwar werden viele Tätigkeiten, die diesen Kriterien genügen, häu867
868 869
Deswegen finden sich die Ausführungen und Verweise zur Bedeutung der OGAWRL und ihres Anhangs II sowie des Zwecks der Befreiungsregelung für die Anwendung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bereits bei den allgemeinen Ausführungen zum Begriff der Verwaltung i. S. d. Vorschrift wieder, vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II. Vgl. zur Spezifität in diesem Sinne: Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) aa). Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 1 d).
273
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
fig für die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens auch prägend und typisch sein, jedoch kann die Prüfung dieser allgemeinen Merkmale der Spezifität im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung von Teilleistungen nicht durch die Feststellungen des Gerichts zum Umfang des Verwaltungsbegriffs anhand der OGAW-RL und ihres Anhangs II sowie dem Ziel der Befreiung ersetzt werden. Erst nachdem festgestellt wurde, dass es sich bei der betreffenden Leistung um einen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens handelt, kann auf die Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung, das heißt auf das eigenständige Ganze, die Wesentlichkeit und die Spezifität eingegangen werden. 4.
Ergebnis
Der Europäische Gerichtshof unterließ es, eine Konkretisierung seiner allgemeinen Formel zur Befreiung von Teilleistungen in Bezug auf den Befreiungstatbestand des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL vorzunehmen. In der Rechtssache „Abbey National“ nahm er zwar Stellung zum Inhalt des Begriffs der Verwaltung, indem er feststellte, dass es hierfür insbesondere auf das Ziel der Befreiungsregelung, die steuerliche Neutralität zwischen einer mittelbaren Anlage durch einen Investmentfonds und einer direkten Anlage herzustellen, und auf die OGAW-RL bzw. ihren Anhang II ankäme. Jedoch lassen diese Kriterien nicht die Prüfung die weiteren Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung entbehrlich werden. Dementsprechend gestaltet sich die nachfolgende Prüfung der Befreiung externer Dienstleistungen: Anhand der Kriterien des Europäischen Gerichtshofs unter Ergänzung der funktionalen Sichtweise wird hinterfragt, ob es sich hierbei um einen Teil der Verwaltung eines Sondervermögens handelt, um anschließend die Spezifität und Wesentlichkeit zu prüfen sowie die Frage zu beantworten, ob es sich hierbei um ein eigenständiges Ganzes handelt.
274
Portfolio-Management-Leistungen
C.
Portfolio-Management-Leistungen
I.
Bezug des gesamten Portfolio-Managements
1.
Formelle oder faktische Entscheidungsbefugnis
Wird von der Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements gesprochen, so geht es um die Konstellation, dass nicht nur der Bereich „Research“ und „Advisory“, sondern außerdem die Entscheidungsfindung selbst („Decision“) von dem externen Dienstleister erbracht wird. Wie bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung des Leistungsorts angesprochen, zählen hierzu auch solche Leistungen, die von einem externen Dienstleister auf Basis einer faktischen Entscheidungsbefugnis erbracht werden870. Diese Sichtweise wird im Zusammenhang mit den Befreiungsregelungen zudem von der funktionalen Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs getragen871. Wenn es im Zusammenhang mit den Steuerbefreiungsregelungen nicht auf das zivilrechtliche Vertragsverhältnis, sondern auf die tatsächliche Funktion des Dienstleisters ankommt, so muss man in diesen Fällen von einer Verwaltungsleistung mit Entscheidungsbefugnis ausgehen. Denn aus funktionaler Sicht handelt es sich gerade nicht um eine bloße Beratungsleistung. 2.
Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
a)
Allgemeine Sichtweise
Die Befreiung der von einem externen Dienstleister gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft erbrachten Portfolio-Management-Leistungen gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG wird übereinstimmend bejaht872. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich eine Kapitalanlagegesellschaft bei der Auslagerung gemäß § 16 Abs. 1a InvG immer das Weisungsrecht gegenüber dem externen Dienstleister und damit auch das Letztentscheidungsrecht vorbehalten muss. Zwar könnte man aus Abschn. 4.8.13 Abs. 14 S. 5 UStAE etwas Gegenteiliges herauslesen. Denn hiernach sind vorbereitende Handlungen, bei 870 871 872
Vgl. Kap. 5, Abschn. C, Punkt II 1 a) aa) und cc). Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt IV zur sog. funktionalen Sichtweise. Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, Punkt II 2 c), UR 2008, 215 ff.; FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, Punkt 3, UR 2005, 667 ff.; Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 1 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.; Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 414 (EL 68, 11/2007); Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 231; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 43 (EL 184, 1/2011); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]; Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [405].
275
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
denen sich die Kapitalanlagesellschaft eine abschließende Entscheidung vorbehält, regelmäßig nicht ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes873. Jedoch hat hierzu das Bundesfinanzministerium in einem nicht veröffentlichten Schreiben vom 7. September 2010 an die Interessenverbände klargestellt, dass ein sich aus § 16 InvG ergebender rein formaler Entscheidungsvorbehalt der Kapitalanlagegesellschaft nicht alleine zur Versagung der Steuerfreiheit führen kann. Diese allgemeine Sichtweise stimmt auch mit dem Ergebnis einer systematischen Prüfung überein. Das Portfolio-Management ist Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens und erfüllt die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs an die Befreiung einer Teilleistung. b)
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
Unumstritten handelt es sich hierbei um einen Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Das Portfolio-Management ist das Herzstück der Verwaltung in diesem Sinne874, weil es all jene Tätigkeiten umfasst, die auf das Treffen von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen gerichtet sind. Das Beobachten von Märkten, Unternehmen sowie politischen Entwicklungen, die Aufbereitung dieser Informationen in Handlungsoptionen, die Entscheidungsfindung sowie das Umsetzen dieser Entscheidungen macht den Kern der Verwaltung eines InvestmentSondervermögens aus. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Ziel der Befreiungsregelung, die Geldanlage in Investmentfonds dadurch zu erleichtern, dass keine Mehrwertsteuer auf solche Leistungen erhoben wird, die bei der Direktanlage in der Regel nicht erbracht werden. Denn im Rahmen der Direktanlage gibt es keine Stelle, die Anlageentscheidungen vorbereitet und koordiniert. Der Blick in den Anhang II der OGAW-RL zeigt, dass es sich hierbei entsprechend dem ersten Spiegelstrich um eine Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft gemäß Art. 1a Nr. 1 der OGAW-RL handelt875.
873 874 875
276
So auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 5 a. E., BStBl. I 2010, 563 ff. Hahne/Winkler (DStR 2003, 2005 ff. [2009]) verwenden die Bezeichnung „Kernbereich“, Heidemann (Umsatzsteuerbefreiungen, S. 231) den Begriff „Kernstück“. Der Anhang II der OGAW-RL spricht von der „Anlageverwaltung“. Weil der zweite Spiegelstrich administrative Tätigkeiten aufzählt und der Begriff der Portfolioverwaltung als Oberbegriff für beide Teilbereiche fungiert, muss es sich bei der Anlageverwaltung um das Portfolio-Management handeln.
Portfolio-Management-Leistungen
c)
Befreiung einer Teilleistung
Auch wenn die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements einen erheblichen Teil der Gesamtverwaltung ausmacht, handelt es sich dennoch lediglich um eine Teilleistung. Sie muss somit für eine Befreiung wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Investmentvermögens erfüllen und ein eigenständiges Ganzes darstellen. Das Portfolio-Management ist kein unselbständiges Fragment des Gesamtkomplexes der Verwaltung eines Sondervermögens. Als eigenständiges Ganzes stellt es einen Block von Tätigkeiten (Research, Advisory, Decision, Realisation) dar, der klar von den anderen Tätigkeitsbereichen, wie etwa dem Fonds-Controlling oder der Fonds-Buchhaltung, abzugrenzen ist, indem er die operative Vermögensverwaltung ausfüllt. Weil es sich hierbei um den Kern der Verwaltungstätigkeiten einer Kapitalanlagegesellschaft handelt, ist das Portfolio-Management auch ein wesentlicher Bestandteil der Verwaltung eines Sondervermögens. Das PortfolioManagement ist vielmehr das Gegenteil einer unbedeutenden Tätigkeit, der im Gesamtkomplex der Verwaltung eines Sondervermögens lediglich eine untergeordnete und nachrangige Bedeutung zukommt. Ohne diese Leistung wäre eine gezielte und an einer aktiven Vermögensverwaltung orientierte Vermögensallokation nicht möglich. Zuletzt ist das Portfolio-Management auch kennzeichnend und typisch für die Verwaltung eines Investmentfonds (Spezifität). Die Vorbereitung und Durchführung von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen anhand von gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben des konkreten Sondervermögens prägt das Bild der Verwaltung in diesem Sinne, obwohl diese eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten umfasst. 3.
Befreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG
Der externe Bezug von Portfolio-Management-Leistungen entspricht der Konstellation, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11. Oktober 2007 war. Ein externer Dienstleister erbrachte PortfolioManagement-Leistungen unter anderem gegenüber zwei luxemburgischen Investmentgesellschaften, wobei er über eine eigene Entscheidungsbefugnis verfügte876. Der Bundesfinanzhof sah diese Leistungen als Wertpapierumsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG an. Ebenso subsumierte das Finanzgericht Kassel die bankmäßige Vermögensverwaltung in seiner Ent-
876
Vgl. zum Inhalt dieser Entscheidung: Kap. 7, Abschn. B, Punkt II.
277
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
scheidung vom 22. März 2010 unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG877. Der Bundesfinanzhof legte diese Frage nun im Rahmen des Revisionsverfahrens hinsichtlich des Urteils des FG Kassels dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor878. a)
Handeln im eigenen und im fremden Namen
Während eine Kapitalanlagegesellschaft stets im eigenen Namen für Rechnung der Anteilinhaber handelt, ist es im Fall des externen Leistungsbezugs möglich, dass der Dienstleister im eigenen oder im fremden Namen auftritt. Weil jedoch Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL lediglich davon spricht, dass sich der Umsatz auf Wertpapiere beziehen muss, ist es nicht erforderlich, dass die Person, die den vermeintlichen Wertpapierumsatz tätigt, zugleich auch Partei des Wertpapiergeschäftes ist879. Die Formulierung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Begriff des Wertpapierumsatzes Handlungen umfasst, „die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert […].“880, kann nicht so aufgefasst werden, dass die Wendung „zwischen den Parteien“ bedeutet, dass der den Wertpapierumsatz Erbringende selbst Partei des Wertpapiergeschäfts sein muss881. Vielmehr reicht es aus, wenn seine Leistung die Rechtslage zwischen zwei anderen Personen in Bezug auf Wertpapiere ändert882. Dementsprechend ordnete der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 die Wertpapierkäufe und verkäufe eines Vermögensverwalters, die dieser im Namen und für Rechnung des Anlegers durchgeführt hatte, als steuerfreien Wertpapierumsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ein883. Diese Rechtsprechung bestätigte er durch die Entscheidung vom 11. Oktober 2007, indem er das Handeln eines externen Portfolio-Verwalters im fremden Namen ausdrücklich unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG subsumierte884.
877 878 879 880 881 882
883 884
278
FG Kassel, Urt. v. 22.3.2010, 6 K 1930/09. BFH, Beschl. v. 28.10.2010, V R 9/10. Vgl. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 285 f. (EL 104, 11/2000). EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 73, IStR 1997, 397 ff.; EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 26 f., UR 2002, 84 ff. So aber wohl Englisch, UR 2008, 219 ff. [219]. Vgl. Dickopf, IStR 1997, 401 f. [402]; Hamacher/Frenzel, UR 2002, 297 ff. [302]; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 74 (EL 4/09, 07/2009); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 286 (EL 104, 11/2000). Vgl. BFH, Urt. v. 18.7.2002, V R 44/01, UR 2003, 20 f. Vgl. BFH, Urt. v. 11.10.2007, V R 22/04, Punkt II 1 d) bb), UR 2008, 115 ff.
Portfolio-Management-Leistungen
b)
Bewirken von rechtlichen Veränderungen
Trifft der externe Dienstleister konkrete Anlage- und Umschichtungsentscheidungen, so bewirkt er rechtliche und finanzielle Änderungen in Bezug auf Wertpapiere885. Diese unmittelbare Einflussnahme besteht nicht nur im Fall der formalen Befugnis des Dienstleisters, konkrete Anlageentscheidungen zu treffen, sondern auch dann, wenn er lediglich Inhaber einer faktischen Entscheidungsbefugnis ist886. Zwar muss sich die Kapitalanlagegesellschaft die Entscheidung des Dienstleisters erst zu Eigen machen und die Transaktion auslösen, jedoch ist es aus wirtschaftlich funktionaler Perspektive der externe Dienstleister, der die rechtliche und finanzielle Situation des Sondervermögens beeinflusst. Für die umsatzsteuerliche Behandlung kann es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob der externen Kraft auch formal die Entscheidungsbefugnis übertragen wurde. Entscheidend ist die tatsächliche Ausführung. In diesem Zusammenhang ist die durch Schreiben vom 30. Mai 2000 geäußerte Sichtweise des Bundesfinanzministeriums abzulehnen. Das Bundesfinanzministerium vertrat in diesem Schreiben im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „SDC“, dass Rechenzentren unter anderem deshalb keine rechtlichen und finanziellen Änderungen bewirken können, weil sie keine Verfügungsgewalt über die Gelder haben und somit keine Überweisungen im Sinne des § 676a BGB ausführen können887. Auch Widmann äußerte im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Rechtssache „CSC“, dass eine nach deutschen zivilrechtlichen Kategorien als sachenrechtliche Verfügung zu bezeichnende Tätigkeit erforderlich wäre888. Es kann für die Befreiung eines Umsatzes nicht auf die zivilrechtliche Verfügungsgewalt ankommen, weil es so aufgrund der unterschiedlichen sachenrechtlichen Bestimmungen zu unterschiedlichen Rechtslagen in den verschiedenen Mitgliedsstaaten käme. Auch würde bei dieser Sichtweise die Steuerfreiheit einer gegenüber einer Bank erbrachten Überweisungs- oder Wertpapiertransaktionsleistung entgegen der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs kaum möglich sein, weil die
885 886 887
888
Vgl. zum Bewirken rechtlicher und finanzieller Änderungen durch das PortfolioManagement mit eigener Entscheidungsbefugnis Kap. 7, Abschn. B, Punkt III. Vgl. zur faktischen Entscheidungsbefugnis die Ausführungen in Punkt I 1 dieses Abschnitts sowie in Kap. 5, Abschn. C, Punkt II 1 a) aa) und cc). Vgl. BMF, Schr. v. 30.5.2000, IV D 2 - S 7160 d - 5/00, DStR 2000, 1059 f. [1060]. Das Schreiben bezieht sich zwar auf Überweisungsumsätze, jedoch wendet der EuGH die Grundsätze der Zahlungs- und Überweisungsumsätze ebenso auf Wertpapierumsätze an. Vgl. Widmann, UStB 2002, 117 f. [117].
279
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
sachenrechtliche Verfügungsgewalt über die Anlagegegenstände bei ausgelagerten Dienstleistungen bei der Bank verbleibt889. Eine Bank wird sich die Verfügungsgewalt über die Konten und Depots vorbehalten. Der Dienstleister ist kaum in der Position, auf die Rechtsverhältnisse zwischen der Bank und ihrem Kunden unmittelbar ändernd einzugreifen890. Deshalb wird überwiegend davon ausgegangen, dass der Europäische Gerichtshof mit dem Bewirken von Änderungen ein Hinwirken auf Änderungen in der Gestalt meint, dass der Dienstleister diese Änderung so vorbereitet, dass sie von der Bank nur noch übernommen wird891. Der Leistungsempfänger darf insofern keine eigene Leistung mehr vornehmen müssen als die Verfügung selbst. Während der Dienstleister die Änderung wirtschaftlich funktional bewirkt, kommt die rechtliche Vollendung der Bank aufgrund ihrer alleinigen Verfügungsmacht zu892. Überträgt man diese Argumentation auf die Leistung eines externen Portfolio-Managers mit faktischer Entscheidungsbefugnis, so muss auch diese Leistung als Wertpapierumsatz angesehen werden. 4.
Ergebnis
Die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements ist aufgrund der Befreiungsregelungen aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und in Bezug auf Wertpapiersondervermögen auch aufgrund von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ohne zusätzliche Umsatzsteuerbelastung möglich. Die Anwendung von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG entspricht auch dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. Oktober 2007 sowie der Entscheidung des Finanzgerichts Kassel vom 22. März 2010. Klarheit über die Sichtweise der Rechtsprechung hierzu wird jedoch erst das Revisionsurteil des Bundesfinanzhofs über die Entscheidung des Finanzgerichts Kassel schaffen, nachdem der Europäische Gerichtshof über das anhängige Vorabentscheidungsersuchen entschieden hat.
889 890 891
892
280
Vgl. Menner/Herrmann, UR 2002, 112 ff. [114]. Vgl. Grambeck, UR 2009, 541 ff. [544]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [359]. Vgl. Ammann, UR 2003, 168 ff. [171 f.]; Hahne, UR 2005, 353 ff. [360]; Kugelberg, DB 2003, 1296 ff. [1298]. So verhielt es sich auch im Urt. des FG Brandenburg v. 24.1.2003 (1 K 1097/01, UR 2003, 492 ff. [494]). Ein Rechenzentrum sendete die von ihm vorbereiteten Datensätze den Rechenzentren seines Auftraggebers, wo sie ohne weitere Überprüfung automatisch Buchungen auslösten. Dennoch ging das Gericht von einem Bewirken von Änderungen an der rechtlichen und finanziellen Lage aus. Vgl. Eisenbach, StuB 2003, 1082 ff. [1083 f.]; Kugelberg, DB 2003, 1296 ff. [1298]. So auch Dickopf, IStR 1997, 401 f., indem sie ausdrücklich darauf hinweist, dass nach Auffassung des EuGH das Rechenzentrum selbst nicht Gläubiger oder Schuldner der Konten zu sein braucht.
Portfolio-Management-Leistungen
5.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Vorschlag der Kommission
Legt man die Definition des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM zugrunde, so fallen die Tätigkeiten des Portfolio-Managements unter den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds. Zum einen, weil diese Definition die Portfolio-Verwaltung ausdrücklich aufzählt, und zum anderen, weil die Tätigkeiten der Bereiche Research, Advisory, Decision und Realisation auf die Erreichung der Ziele des jeweiligen Investmentfonds dienen, indem sie sich auf die Vorbereitung, Durchführung und Umsetzung von Anlageund Umschichtungsentscheidungen entsprechend der konkreten Zielsetzung des Fonds richten. Im Fall der Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements bedarf es somit zur Beantwortung der Frage, ob diese Leistungen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens sind, kaum eines Rückgriffs auf den Kommissionsentwurf zur Durchführungsverordnung. Darüber hinaus führt die ausdrückliche Aufzählung der Portfolio-Management-Leistungen in Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM dazu, dass es im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage auch nicht mehr auf die Voraussetzungen zur Befreiung einer Teilleistung ankäme893. Die strategische und taktische Vermögensverwaltung und Vermögensallokation (Art. 12 Abs. 1 Buchst. a VO-E-KOM), die operative Vermögensverwaltung (Buchst. b) sowie Markt- und Unternehmensanalysen (Buchst. g) erfüllen den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne des Art. 135a Nr. 11 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM, so dass sie von der Befreiung profitieren, ohne die Voraussetzungen des eigenständigen Ganzen, der Wesentlichkeit und Spezifität erfüllen zu müssen894. b)
Vorschlag des schwedischen Vorsitzes
Legt man den im sechsten Kapitel geschilderten abweichenden Vorschlag des schwedischen Vorsitzes zugrunde, so ändert sich am Ergebnis der Befreiung dieser Leistungen nichts895. Unterschiede ergeben sich jedoch hinsichtlich der Durchführungsverordnung deshalb, weil entsprechend dem schwedischen Vorschlag Markt- und Unternehmensanalysen (Research) nur dann den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds erfüllen, wenn sie Teil einer Gesamtheit von Leistungen sind, die ihrerseits ein eigenständiges 893 894 895
Vgl. zu diesem Aspekt der Neuregelung: Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 c). Dies führt jedoch zu keiner Änderungen im Ergebnis, weil das PortfolioManagement die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllt, vgl. Punkt I 2 b) dieses Abschnitts. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 d).
281
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Ganzes darstellen und dabei für die Verwaltung eines Investmentfonds spezifisch und wesentlich sind896. Werden diese Leistungen von der Kapitalanlagegesellschaft als Teil der Portfolioverwaltung erbracht, so bestehen keine Zweifel daran, dass sie diese Voraussetzungen erfüllen. c)
Ergebnis
Im Hinblick auf die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements ergeben sich aus keinem der bisher geäußerten Vorschläge zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL Veränderungen im Ergebnis der Befreiung solcher Leistung, was zum einen der geltenden Rechtslage und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird und zum anderen der allgemeinen Meinung entspricht.
II.
Research-Leistungen
1.
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
Stellt man mit dem Europäischen Gerichtshof das Ziel der Befreiung in den Mittelpunkt, so kommt man nicht umhin, das Beobachten von Unternehmen, Märkten, Währungszonen und politischen Entwicklungen bestimmter Regionen und Staaten sowie das Sammeln und Aufbereiten von relevanten Informationen als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens zu bezeichnen. Denn hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, die durch einen Direktanleger nicht in Anspruch genommen werden897. Das Research ist zudem auch der Anfangspunkt des Leistungsprozesses „PortfolioManagement“, an den sich die Entwicklung konkreter Anlageoptionen anschließt (Advisory). Es ist funktionaler Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens. Die Finanzverwaltung hingegen lehnt eine Befreiung von allgemeinen Rechercheleistungen, wie zum Beispiel der planmäßigen Beobachtung der Wertpapiermärkte, der Beobachtung der Entwicklungen auf den Märkten, der Analyse der wirtschaftlichen Situation in den verschiedenen Währungszonen, Staaten oder Branchen, der Prüfung der Gewinnaussichten einzelner Unternehmen sowie der Aufbereitung der Ergebnisse dieser Analysen, ohne 896 897
282
Vgl. Dok. 13055/09, S. 21 ff., abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein. Zwar nimmt u. U. ein vermögender Einzelanleger solche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der individuellen Vermögensverwaltung in Anspruch. Jedoch kann die individuelle Vermögensverwaltung nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, wenn es darum geht, die kollektive Anlage mit der Direktanlage zu vergleichen, vgl. hierzu Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 2 b).
Portfolio-Management-Leistungen
weitere Begründung ab898. Dabei bezeichnet sie diese Tätigkeiten als Tätigkeiten „im Zusammenhang mit der Portfolioverwaltung“, was darauf schließen lässt, dass das Bundesfinanzministerium diese Tätigkeiten nicht als Teil der Portfolioverwaltung selbst ansieht. Wie bereits gezeigt, handelt es sich hierbei jedoch um den ersten Schritt des Prozesses der Portfolioverwaltung. Aus den Ergebnissen dieser beobachtenden und analytischen Tätigkeiten werden dann im Rahmen des Advisorys Anlageempfehlungen entwickelt. Wenn also die Finanzverwaltung die Tätigkeiten der Portfolioverwaltung als befreit ansieht899, so muss dies konsequenterweise auch für das Research gelten. Auch Philipowski steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei den Aufgaben des Research nicht um einen Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL handelt900. Hierbei beruft er sich auf die Ausführungen des Generalanwalts Maduro in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache „BBL“. Generalanwalt Maduro hatte an dieser Stelle gefordert, dass sich die betreffende Leistung unmittelbar auf die finanzielle Situation des Fonds auswirken muss, um als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens bezeichnet werden zu können901. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Generalanwalt Maduro diese enge Auffassung vom Begriff der Verwaltung unter Rückgriff auf die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“ bezüglich der Befreiungstatbestände des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL entwickelte902. Wie bereits im sechsten Kapitel dargelegt (Abschn. B, Punkt V. 2. c)), kann dieser Weg aufgrund der fundamentalen Unterschiede zwischen den transaktionsbezogenen Umsätzen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie solchen Umsätzen, die sich auf Wertpapiere beziehen, einerseits und der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens andererseits nicht überzeugen. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass sowohl Generalanwältin Kokott als auch der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Abbey National“ den Gedanken Maduros nicht aufgriffen, sondern im Gegensatz dazu feststellten, dass auch buchhalterische und sonstige administra-
898 899 900 901 902
Abschn. 4.8.13 Abs. 18 S. 1 Nr. 2 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 9, BStBl. I 2010, 563 ff. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 1 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237]. Vgl. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 35, EuGHE 2004 I, 10159 ff. Vgl. GA Maduro, SA v. 18.5.2004, Rs. C-8/03 (BBL), Rn. 34, EuGHE 2004 I, 10159 ff.
283
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
tive Leistungen steuerfrei bezogen werden können903. Mit der gleichen Begründung ist das Argument Philipowskis abzulehnen, dass ResearchLeistungen als Informationsüberlassung entsprechend der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“ nicht von dem Verwaltungsbegriff im Sinne der Befreiungsvorschriften umfasst sind, weil das Gericht dort feststellte, dass die Lieferung von finanzwirtschaftlichen Informationen nicht gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-RL befreit sei904. Diese vom Europäischen Gerichtshof im Zusammenhang mit transaktionsbezogenen Umsätzen getätigten Aussagen können nicht auf die Verwaltung eines Investmentvermögens übertragen werden. Denn die Verwaltung eines Investmentvermögens ist bei weitem nicht allein durch transaktionsbezogene Tätigkeiten gekennzeichnet, sondern umfasst darüber hinaus eine Vielzahl nicht transaktionsbezogener Tätigkeiten. Dementsprechend kann eine Verwaltung in diesem Sinne auch erfolgreich ausgeübt werden, ohne eine einzige Transaktion vorzunehmen905. Die Ansicht Philipowskis und Maduros ist von den Erfordernissen eines Zahlungs- und Überweisungsumsatzes bzw. eines Umsatzes, der sich auf Wertpapiere bezieht, geprägt, ohne den Besonderheiten der Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL gerecht zu werden. Die Verwaltung eines Sondervermögens ist eine umfassendere, komplexere Dienstleistung als die Ausführungen einer Zahlungs- oder Überweisungsdienstleistung bzw. eines Wertpapierumsatzes.
903
904 905
284
Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, Rn. 70 ff., UR 2006, 353 ff.; GAin Kokott, SA v. 8.9.2004, Rs. C-169/04, Rn. 59 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff. ausdrücklich GA Maduro widerlegend. Philipowski (DB 2006, 1235 ff. [1237, Fn. 11]) führt an, dass sich GAin Kokott dabei nicht auf Tätigkeiten des Portfolio-Managements (wie eben das Research), sondern auf Tätigkeiten der administrativen und buchhalterischen Verwaltung bezog. Das PortfolioManagement ist jedoch ebenso Bestandteil der Verwaltung eines Fonds wie die buchhalterischen und sonstigen administrativen Tätigkeiten. Die Grundsätze, die durch GAin Kokott und den EuGH für administrative oder buchhalterische Tätigkeiten als Teil der Fondsverwaltung gelten, müssen ebenso für das PortfolioManagement gelten. Vielmehr kann man sogar sagen, dass ein Bestandteil des Portfolio-Managements erst recht Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL sein muss, wenn dies sogar für buchhalterische oder sonstige administrative Tätigkeiten gilt. Vgl. EuGH, Urt. v. 5.6.1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 70, 75, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 31, UR 2002, 84 ff. So z. B. bei einer langfristigen Anlage in Immobilien oder wenn die aktuelle Marktlage Umschichtungen ausschließt. Im Gegensatz hierzu ist ein Zahlungs- oder Überweisungsumsatz sowie Wertpapierumsatz ohne Transaktionsleistung nicht denkbar.
Portfolio-Management-Leistungen
Weil im Anhang II der OGAW-RL die Anlageverwaltung nicht in die Bereiche Research, Advisory, Decision und Realisation unterteilt, sondern allgemein als Teil der Verwaltung bezeichnet wird, lässt sich der OGAW-RL keine ausdrückliche Stellungnahme entnehmen. 2.
Befreiung einer Teilleistung
Die Tätigkeiten des Research bilden ein eigenständiges Ganzes, das sich von den anderen Tätigkeiten des Portfolio-Managements abgrenzen lässt. Es handelt sich um einen in sich geschlossenen Tätigkeitsbereich, dem ein eigenständiger Charakter zukommt. Sie bilden den Beginn des Prozesses „Portfolio-Management“, an den sich die Entwicklung von Anlageoptionen anschließt (Advisory), ohne hiermit untrennbar verbunden zu sein. Der Bereich Research ist kein unselbständiges Fragment des PortfolioManagements. Das Beobachten von Unternehmen, Märkten, Währungszonen und politischen Entwicklungen bestimmter Regionen und Staaten sowie das Sammeln von Informationen ist Grundlage für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen und damit Ausgangspunkt einer erfolgreichen Verwaltung eines Investmentvermögens. Ohne die Zurverfügungstellung von verlässlichen Informationen können weder erfolgsversprechende Anlage- und Umschichtungsoptionen ausgearbeitet und hierauf basierende Entscheidungen getroffen werden noch kann auf bestimmte Anlagen und Umschichtungen mangels Erfolgsaussicht verzichtet werden. Es handelt sich gerade nicht um eine unbedeutende Tätigkeit, der für den Gesamterfolg eine lediglich untergeordnete bzw. nachrangige Bedeutung zukommt. Sie ist wesentlich. Zwar gehört das Beobachten der Märkte und Sammeln von entsprechenden Informationen zu jeder Form der Anlageberatung, jedoch schließt das ihre Spezifität für die Verwaltung eines Investmentvermögens nicht aus. Beschränken sich die Informationen auf solche Vermögensgegenstände, in die aus gesetzlichen und vertraglichen Gründen von einem bestimmten Fonds investiert werden darf, und lässt die Zusammenstellung der Informationen erkennen, dass die besonderen Belange eines bestimmten Sondervermögens berücksichtigt wurden, so handelt es sich hierbei um eine Tätigkeit, die für die Verwaltung eines Investmentvermögens spezifisch ist906. Sie ist typisch und charakteristisch für die Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, wenn sie sich unter Berücksichtigung der aufsichtsrechtlichen oder vertraglichen Beschränkungen auf zulässige Anlageinstrumente beschränkt. Im Gegensatz hierzu fehlt es an einer Spezifität, wenn die Informations906
Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009].
285
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
sammlung eine solche Beschränkung nicht aufweisen kann, sondern sich auf die allgemeine Marktlage bezieht. 3.
Ergebnis
Die Auslagerung des Research ist ohne das Entstehen einer zusätzlichen umsatzsteuerlichen Belastung möglich, soweit sich die Tätigkeiten auf das Sammeln und Aufbereiten solcher Informationen beschränken, die den gesetzlichen und vertraglichen Anlagebeschränkungen sowie den anlagepolitischen Ausrichtungen eines konkreten Sondervermögens entsprechen907. 4.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Vorschlag der Kommission
Legt man die Definition der Verwaltung eines Investmentfonds zugrunde, dass es sich hierbei um Portfolioverwaltungs- und Verwaltungstätigkeiten handelt, die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Investmentfonds abzielen908, so handelt es sich bei der Beobachtung und Analyse von Märkten und Unternehmen um einen Teil der Verwaltung eines Investmentfonds, weil sie die Grundlage bzw. den ersten Schritt zur Ermittlung der Vorgehensweise darstellt, um die den Zielen des konkreten Investmentvermögens entsprechende Anlagestrategie umzusetzen. Dem entspricht auch der Umstand, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst. g VO-EKOM die Durchführung von Markt- und Unternehmensanalysen als Tätigkeit bezeichnet, die als Verwaltung eines Investmentfonds anzusehen ist. Dabei geht der Vorschlag der Kommission sogar insoweit über die bisherige Rechtslage hinaus, als es hierfür nicht auf die Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung ankäme909. Folglich müssten entsprechend diesem Vorschlag sogar allgemeine Markt- und Analysetätigkeiten befreit sein, die sich nicht auf die besonderen Bedürfnisse eines bestimmten Fonds beziehen, sondern allgemeiner Natur sind. Während die Steuerfreiheit des externen Bezugs dieser Leistung nach der geltenden Rechtslage umstritten ist, wäre der Bezug von Markt- und Unternehmensanalysen entsprechend dem Vorschlag der Kommission eindeutig 907
908 909
286
So auch: Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]; Schiller, Outsourcing, S. 132. A. A.: Abschn. 4.8.13 Abs. 18 S. 1 Nr. 2 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 9, BStBl. I 2010, 563 ff.; Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 422 (EL 68, 11/2007); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237]. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a). Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 b) und c) zu der Bedeutung der Duschführungsverordnung und ihren Auswirkungen auf die Befreiung einer Teilleistung.
Portfolio-Management-Leistungen
steuerfrei, ohne dass es weiterer Prüfungsschritte bedürfte. Im Einzelfall kann es damit zu Ergebnissen kommen, die über die geltende Rechtslage hinaus gehen. b)
Vorschlag des schwedischen Vorsitzes
Anders würde sich die Rechtslage darstellen, wenn sich die Änderungen der Art. 135 ff. MwStSystRL und Abfassung der Durchführungsverordnung an dem Vorschlag des schwedischen Vorsitzes orientieren910. Weil dieser Vorschlag Markt- und Unternehmensanalysen nicht als „Verwaltung eines Investmentfonds“ bezeichnet, handelt es sich hierbei nicht um Tätigkeiten, die den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds isoliert erfüllen können, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen ankäme. Die Befreiung von Teilleistungen in Bezug auf die Verwaltung eines Investmentfonds kann zudem entsprechend diesem Vorschlag nicht über die allgemeine Befreiungsregelung für Teilleistungen (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM, vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4) erfolgen, sondern gemäß Art. 11 Abs. 2 der Durchführungsverordnung nur dann, wenn die Markt- und Unternehmensanalyse als Teil einer Gesamtheit der dort genannten Leistungen erbracht wird und diese Gesamtheit dabei ein eigenständiges Ganzes bildet, das für die Verwaltung eines Investmentfonds wesentlich und spezifisch ist911. Somit könnten Research-Leistungen nicht isoliert ausgelagert werden, ohne dabei eine zusätzliche Umsatzsteuerbelastung auszulösen. Dies gilt selbst dann, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass die Research-Tätigkeiten für sich allein bereits die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllen, weil dieser Vorschlag zwingend fordert, dass die zu befreiende Leistung zusammen mit anderen Tätigkeiten als „Gesamtheit“ erbracht werden, um überhaupt in die Prüfung der Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs einzusteigen. Zwar geht der schwedische Vorsitz davon aus, die Rechtsprechung des Gerichtshofs dadurch zu wahren, dass die Erbringung von Teilleistungen nach Art. 11 Abs. 2 seines Vorschlags möglich ist912, jedoch übersieht er dabei, dass das Gericht in der Rechtssache „Abbey National“ die Befreiung eines einzelnen Teiles der Verwaltung eines Investmentfonds für möglich erachtete, der die 910 911 912
Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 d) einführend zum Inhalt dieses Vorschlags, in dem sich die Entsprechung zur Regelung des Art. 12 VO-E-KOM in Art. 11 wiederfindet. Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, S. 21 ff., abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, dritter Absatz der S. 23, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/.
287
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
bekannten Voraussetzungen seiner Formel erfüllt. Indem der schwedische Vorsatz darüber hinaus jedoch für die Leistungen in Art. 11 Abs. 2 generell die Anforderung formuliert, dass sie nur mit anderen Tätigkeiten im Paket befreit erbracht werden können, geht er über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hinaus. Ferner ist dieser Vorschlag insoweit widersprüchlich, als der schwedische Vorsitz angibt, Art. 11 Abs. 1 seines Vorschlags enthalte unter anderem die Tätigkeiten der Portfolioverwaltung, die – übereinstimmend mit dem Vorschlag der Kommission – ohne zusätzliche Anforderungen den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM erfüllen913. Dann müssten jedoch die genannten Analysetätigkeiten auch umfasst sein, weil sie einen Teil der Portfolioverwaltung darstellen. Keinesfalls handelt es sich hierbei um sonstige Verwaltungstätigkeiten. Zuletzt widerspricht dieses Ergebnis der Definition der Verwaltung eines Investmentfonds, auf die sich auch der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes bezieht, weil zumindest solche Markt- und Unternehmensanalysetätigkeiten, die die konkreten Belange eines bestimmten Sondervermögens berücksichtigen, nicht nur Teil der Portfolioverwaltung sind, sondern auch auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Fonds abzielen914. c)
Ergebnis
Der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes führt zu einer noch stärkeren Vermengung der Frage des Umfangs des Verwaltungsbegriffs und der Befreiung einer Teilleistung, als es beim Kommissionsvorschlag der Fall ist, indem er die Frage, ob eine Leistung unter den Verwaltungsbegriff subsumiert werden kann, davon abhängig macht, dass sie zusammen mit anderen Leistungen als Gesamtheit erbracht wird. Zudem führt er dadurch zu einer unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Elemente der Portfolioverwaltung (Research, Advisory, Decision und Realisation), dass er die Befreiung des externen Bezugs von Markt- und Unternehmensanalysetätigkeiten von weiteren Voraussetzungen (Gesamtheit) abhängig macht. Dies widerspricht zum einen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
913 914
288
Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, letzter Absatz der S. 22, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13056/09 v. 9.9.2009 (abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/), in dem der schwedische Vorsitz die bekannte Definition der Verwaltung eines Investmentfonds verwendet. Im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag wird diese Definition dabei in Art. 135 Abs. 1 Buchst. gc (S. 6) verortet.
Portfolio-Management-Leistungen
und steht zum anderen im Widerspruch zur Definition der Verwaltung eines Investmentfonds durch die Vorschläge zur Neuregelung. Zwar kommt der Vorschlag der Kommission der geltenden Rechtslage zumindest im Ergebnis deutlich näher, jedoch zeigen sich am Beispiel der Research-Tätigkeiten die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, dass es für die Befreiung einer Vielzahl von Tätigkeiten nicht mehr auf die Formel des Europäischen Gerichtshofs ankäme, obwohl es sich in tatsächlicher Hinsicht um Teilleistungen handelt. Letztlich ist dies eine Folge des Wunsches, möglichst viele Tätigkeiten ausdrücklich in der Durchführungsverordnung aufzuzählen, um die Rechtsklarheit zu erhöhen. Damit büßt man jedoch zwangsläufig die Möglichkeit ein, eine Betrachtung am Einzelfall vorzunehmen.
III.
Beratungsleistungen
1.
Einführende Bemerkungen
Gegenstand der folgenden Betrachtung ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Konstellation, in welcher der externe Dienstleister über das Research hinaus Anlageempfehlungen erarbeitet915. Geht man von der hier vertretenen Ansicht aus, dass bereits die Auslagerung des Research als Teil der Verwaltung ein eigenständiges Ganzes darstellt, das wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens erfüllt (vgl. Punkt II 2 dieses Abschnitts), so scheint eine Hinzunahme des Bereiches Advisory zusätzlich für eine Steuerfreiheit zu sprechen. Dies setzt jedoch zuerst voraus, dass es sich bei den Beratungsleistungen auch um einen Teil der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens handelt (Punkt 3), bevor untersucht werden kann, ob das so entstehende Paket aus Research und Advisory ein eigenständiges Ganzes darstellt, das wesentliche sowie spezifische Funktionen der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens erfüllt (Punkt 4). Den Ergebnissen dieser eigenen Überlegungen wird in Punkt 5 die Sichtweise der Finanzverwaltung und Rechtsprechung zur Behandlung von Beratungsleistungen gegenübergestellt. Nachdem in Punkt 6 die Ergebnisse der Untersuchung zur derzeitigen nationalen Rechtslage zusammengefasst wurden, gibt Punkt 7 einen Überblick zu den Vorschlägen zur Neufassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Zuvor wird einleitend der Bezug 915
Die isolierte Auslagerung des Bereiches Advisory wird hier nicht betrachtet, weil es sich dabei um eine praktisch kaum anzutreffende Konstellation handelt. Die Stelle, die Anlageberatungen vornimmt, ist in der Regel auch mit der Beschaffung der entsprechenden Informationen betraut, vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 428 (EL 68, 11/2007); Hahne/Winkler, DStR 2003 ff. [2009].
289
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
einer Beratungsleistung vom Bezug des gesamten Portfolio-Managements abgegrenzt (Punkt 2). 2.
Keine Entscheidungsbefugnis
Wie bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung des Orts des externen Leistungsbezugs und der Steuerfreiheit der Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements ausgeführt, sollten nur solche Konstellationen als Bezug von Beratungsleistungen bezeichnet werden, in denen dem externen Dienstleister auch keine lediglich faktische Entscheidungsbefugnis zusteht916. Die Kapitalanlagegesellschaft darf es sich somit auch nicht lediglich formalvertraglich vorbehalten917, die Anlageempfehlungen nicht bzw. in geänderter Form umzusetzen, sondern muss diese Entscheidungsbefugnis auch tatsächlich ausüben918. Andernfalls handelt es sich nicht um den Bezug einer Beratungs-, sondern um den Bezug einer Portfolio-Management-Leistung. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Intensität der Überprüfung der Anlageempfehlungen an. Solange die Empfehlungen nicht über einen langen Zeitraum hinweg ohne eigene Überprüfung unmittelbar umgesetzt werden, sodass es aus wirtschaftlich-funktionaler Sicht so erscheinen muss, als würde der Dienstleister die Anlageentscheidung selbst fällen, ist von einer Beratungsleistung auszugehen. Für die Annahme einer Beratungsleistung ist es auch nicht hinderlich, dass die Empfehlungen des externen Beraters im Ergebnis doch genau umgesetzt werden, solange es sich hierbei auch im konkreten Einzelfall um eine eigene Willensentscheidung der Kapitalanlagegesellschaft aufgrund einer Überprüfung der Empfehlung handelt919. Dabei sind an die Überprüfung keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es genügt zum Beispiel eine ergebnisoffene Kontrolle der Plausibilität der Empfehlungen, bei der die Ablehnung einer Empfehlung zumindest denkbar ist. Als faktische Verwaltungsleistungen werden also nur solche Konstellationen bezeichnet, in denen die Situation mit einer formalen Auslagerung der Entscheidungsbefugnis tatsächlich vergleichbar ist, weil die „Anlageempfehlung“ ohne eine eigene Überprüfung durch die Kapitalanlagesellschaft übernommen wird. 916 917 918 919
290
Vgl. Punkt I 1 dieses Abschnitts und Kap. 5, Abschn. C, Punkt II 1 a) aa) und cc). So verhielt es sich jedoch in dem vom FG Hamburg entschiedenen Fall, vgl. Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff. Vgl. Philipowski, UR 2005, 672 ff. [672 f.]. Der Umstand, dass ein externer Berater stets gute Arbeit leistet, und deshalb aus Perspektive des KAG-Managements zutreffende Anlageempfehlungen abgibt, die sich das Portfolio-Management der KAG zu eigen macht, führt somit nicht dazu, dass eine Verwaltungsleistung vorliegt, wenn die KAG diese Empfehlungen dennoch überprüft und einen eigenen Willen diesbezüglich bildet.
Portfolio-Management-Leistungen
3.
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
a)
Keine Beschränkung auf „qualifizierte“ Anlageberatungsleistungen
Teilweise wird vertreten, dass Beratungsleistungen nur dann als Teil der Verwaltung eines Sondervermögens angesehen werden können, wenn sie so detailliert und konkret sind, dass sie unmittelbar in eine Anlageentscheidung umgesetzt werden können, ohne einer weiteren Anpassung bzw. Weiterentwicklung zu bedürfen (sog. qualifizierte Beratung)920. Die Anlageempfehlung muss nicht nur die Art der zu kaufenden oder verkaufenden Vermögensgegenstände bezeichnen, sondern darüber hinaus unter Berücksichtigung der Vertragsbedingungen und gesetzlichen Anlagegrenzen des konkreten Sondervermögens die exakte Menge festlegen921. Philipowski begründet diese Sichtweise damit, dass es andernfalls an einer unmittelbaren Auswirkung auf die finanzielle Situation des Fonds fehlt922. Anders verhielte es sich bei einer derartig konkretisierten Anlageberatung, weil es in dieser Konstellation faktisch der Berater wäre, der die Anlageentscheidung fällt und damit Einfluss auf die finanzielle Situation des Fonds nimmt923. Diese Ansicht ist mit derselben Argumentation wie bereits im Rahmen der Betrachtung von Research-Leistungen abzulehnen924. Sie ist geprägt von der Anwendung der Grundsätze der Entscheidungen „SDC“ und „CSC“ auf die Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, obwohl sich die Verwaltung von Investmentvermögen deutlich von den Zahlungs-, Überweisungs- und Wertpapierumsätzen unterscheidet. Letztlich läuft diese Sichtweise darauf hinaus, dass Beratungsleistungen nur dann Teil der Verwaltung sein können, wenn dem Berater eine faktische Entscheidungsbefugnis zusteht. Dann handelt es sich jedoch nicht mehr um die Auslagerung von 920
921 922 923 924
Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 429 ff. (EL 68, 11/2007); Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 233; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]; Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [407]; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 218 (EL 60, 9/2008); ders., UR 2006, 359 f. [360]. Folgende Autoren nehmen ausschließlich zu einer solchen konkreten Anlageberatung Stellung, ohne eine allgemeinere Beratung ausdrücklich auszuschließen: Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Posegga, DStR 2005, 1799 ff. [1803]. Für die Befreiung einer allgemeinen Beratungsleistung: Hahne/Winkler, 2003, 2005 ff. [2009]; Schiller, Outsourcing, S. 132; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237 f.]. Vgl. Philipowski, a. a. O. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]. Vgl. Punkt II 1 dieses Abschnitts mit den dortigen Verweisen auf die Sichtweise der GAin Kokott und des EuGH in der Rs. „Abbey National“.
291
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Advisory-Leistungen, sondern des gesamten Portfolio-Managements925. Eine solche Beschränkung auf qualifizierte Beratungsleistungen ist deshalb abzulehnen. b)
Beratung als funktionaler Teil der Verwaltung
Führt die Kapitalanlagegesellschaft sämtliche Verwaltungsleistungen selbst aus, ohne sich der Hilfe eines externen Dienstleisters zu bedienen, so besteht kein Zweifel daran, dass die Entwicklung konkreter Anlage- und Umschichtungsoptionen aus den zuvor im Rahmen des Research ermittelten Informationen Teil der Verwaltungsleistung ist. Weil sich durch die Auslagerung dieses Leistungselements der Charakter dieser Leistung nicht verändert, muss es sich bei einer solchen Beratungsleistung um ein Element der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL handeln926. Ob dieses Element dann auch befreit bezogen werden kann, ist keine Frage des Verwaltungsbegriffs, sondern vielmehr dem Problem zuzuordnen, ob es sich dabei um ein eigenständiges Ganzes handelt, das wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens erfüllt (vgl. hierzu Punkt 4)927. Ebenso wie der externe Bezug von Research-Leistungen ist der Bereich Advisory ein Teil des Leistungsprozesses „Verwaltung eines Investmentvermögens“. c)
Abgrenzung gegenüber ergänzenden Beratungsleistungen
Andererseits kann auch nicht jede Beratungsleistung Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens sein. Schließlich soll die Befreiung nicht für eine zusätzliche, ergänzende Beratungsleistung gelten, sondern nur eine solche umfassen, die auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft zu einer entsprechenden Reduzierung des Verwaltungsaufwands führt. Leistungen, die typischerweise von der Kapitalanlagegesellschaft selbst im Rahmen des Portfolio-Managements erbracht werden, sind auch dann Teil der Verwaltung, wenn sie von einem Dienstleister erbracht werden und damit zu einer entsprechenden Aufwandsreduktion der Kapitalanlagegesellschaft führen928. 925
926 927
928
292
Vgl. z. B. Bustorff (in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 430 f. [EL 68, 11/2007]), der als Vertreter der Ansicht, dass lediglich die „qualifizierte Beratung“ befreit ist, einräumt, dass dieser Sachverhalt faktisch der formalen Auslagerung von Entscheidungsbefugnis entspricht. Vgl. Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]. Stöber (UR 2011, 765 ff. [771]) bezweifelt, ob es für die Befreiung von Anlageberatungsleistungen als Teil des Kernebreichs der Portfolioverwaltung überhaupt auf die durch den EuGH in der Rs. „Abbey National“ aufgestellten Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung ankommt. Vgl. auch in dieser Richtung: Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1590].
Portfolio-Management-Leistungen
Demnach ist zum Beispiel die Hinzuziehung eines externen Beraters, um eine zusätzliche Meinung zu erhalten, nicht Teil der Verwaltungsleistung. Dies gilt ebenso für Beratungsleistungen, die sich nicht unmittelbar auf die Kapitalanlage oder -umschichtung beziehen, sondern sich zum Beispiel mit Aspekten wie der innerbetrieblichen Effizienzsteigerung, der Personalführung, dem Einsatz von EDV-Mitteln oder mit Rechtsfragen beschäftigen. All diese Beratungen stellen keinen Teil der ursprünglich von der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den Anlegern erbrachten Verwaltungsleistung dar. Auf tatsächlicher Seite lässt sich diese Abgrenzung zum Beispiel dadurch bewerkstelligen, dass man darauf abstellt, ob das Portfolio-Management der auslagernden Kapitalanlagegesellschaft durch einen reduzieren Personalbedarf in diesem Bereich gekennzeichnet ist. Sind die Empfehlungen derart allgemein, dass sich der externe Berater zum Beispiel darauf beschränkt, dass eine bestimmte Gruppe von Wertpapieren aufgrund bestimmter Umstände in näherer Zukunft anderen vorzuziehen ist, ohne auch nur teilweise auf bestimmte Anforderungen der von der Kapitalanlagegesellschaft verwalteten Sondervermögen einzugehen, so verbleibt der Kapitalanlagegesellschaft nahezu derselbe Verwaltungsaufwand. Die Empfehlungen mögen vielleicht ein sinnvoller Hinweis sein. Letztlich ergänzen sie jedoch nur die Tätigkeiten des Portfolio-Managements. Anders verhält es sich wiederum, wenn der Berater tatsächlich umsetzbare Anlage- und Umschichtungsoptionen darlegt, wodurch sich der Tätigkeitsbereich des Portfolio-Managements auf die Durchsicht der Optionen, die Kontrolle von deren Plausibilität sowie die Entscheidung für eine konkrete Option beschränkt. Diese Ausführungen machen deutlich, dass sich für die Einstufung von Beratungsleistungen keine Faustformel aufstellen lässt. Vielmehr ist eine Betrachtung jedes Einzelfalls unter dem Aspekt notwendig, ob es sich bei der betreffenden Leistung um einen originären Teil der Verwaltungstätigkeit des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft auf dem Weg zu einer Anlage- oder Umschichtungsentscheidung handelt, deren Fremdbezug zu einer entsprechenden Aufwandsreduktion auf Seiten des PortfolioManagements der Kapitalanlagegesellschaft führt. d)
Kriterien des Europäischen Gerichtshofs
Dieses Ergebnis entspricht auch den Kriterien des Europäischen Gerichtshofs, wonach auf den Zweck der Befreiungsvorschrift abzustellen ist. Die Entwicklung von Anlage- und Umschichtungsoptionen ist eine Tätigkeit, die es bei der Direktanlage nicht gibt. Zum einen existiert in diesem Falle keine Anlagegesellschaft, und zum anderen bezieht ein Anleger im Zusammen293
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
hang mit seiner Direktanlage keine Beratungsleistungen. Das Argument Wägers, dass ebenso ein Direktanleger die Umsatzsteuer auf nicht qualifizierte Beratungsleistungen zu tragen hätte, die er einholt, um seine Anlageentscheidung zu treffen, überzeugt nicht929. Im Hinblick auf Beratungsleistungen gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft, die Publikumsfonds verwaltet, muss dieser Sichtweise bereits deshalb widersprochen werden, weil einem sog. Kleinanleger, den insbesondere geringe Anlagemittel kennzeichnen, eine kommerzielle Anlageberatung im Rahmen seiner Direktanlage bereits aufgrund seines geringen Anlagekapitals nicht offensteht. Im Gegensatz hierzu bedienen sich zwar institutionelle Anleger auch individueller Anlageberater, jedoch handelt es sich hierbei nicht um den im Zusammenhang mit dem Verwaltungsbegriff des Art. 135 Abs.1 Buchst. g MwStSystRL heranzuziehenden Vergleichsmaßstab930. Würde man diesen Vergleich als Maßstab verwenden, so dürfte die gesamte Portfolioverwaltung für einen Spezialfonds nicht vom Begriff der Verwaltung umfasst sein, weil diese Tätigkeiten in weiten Teilen denen eines individuellen Vermögensverwalters entsprechen. Das würde jedoch bedeuten, dass der Begriff der Verwaltung gegenüber einem Publikumsfonds einen anderen Umfang hätte als gegenüber einem Spezialfonds, was wiederum der Neutralität des Mehrwertsteuersystems widerspräche. Will man Spezialfonds von der Befreiung ausschließen, so müsste der Begriff des Investmentfonds im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL beschränkt werden. Dafür gibt die derzeitige Fassung der Befreiungsregelungen jedoch nichts her931. e)
Ergebnis
Beratungsleistungen sind nicht generell Teil der Verwaltung. Sie erfüllen diese Voraussetzung vielmehr nur dann, wenn sie einen Teil des Prozesses „Portfolio-Management“ in Gestalt des Bindegliedes zwischen dem Sammeln von Informationen (Research) und dem Treffen konkreter Anlage- und Umschichtungsentscheidungen (Decision) darstellen. Beratungen, die außerhalb dieses Prozesses erbracht werden, indem sie sich nicht auf das Finden von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen richten oder lediglich ergänzender Natur sind, erfüllen nicht den Verwaltungsbegriff im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
929 930 931
294
Vgl. Wäger, UR 2006, 359 f. [360]. Vgl. hierzu ausführlich Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 2 c). Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt III 4 d) zu den Vorschlägen im Rahmen der Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL, die teilweise eine solche Beschränkung des Investmentfondsbegriffs enthalten, und den damit verbundenen Schwierigkeiten.
Portfolio-Management-Leistungen
4.
Befreiung einer Teilleistung
Weil im Zusammenhang mit der Befreiung einer Teilleistung nicht die einzelnen Elemente, sondern die Gesamtheit der von einem Dienstleister erbrachten Verwaltungsleistungen betrachtet werden muss, hat der Umstand, dass nicht nur der Bereich Advisory, sondern darüber hinaus auch die Beobachtung und Informationsbeschaffung (Research) von dem betreffenden Dienstleister erbracht wird, erheblichen Einfluss auf die Frage, ob diese Teilleistungen von der Umsatzbesteuerung befreit bezogen werden können932. a)
Eigenständiges Ganzes
Die Tätigkeitsbereiche Research und Advisory stellen nicht nur für sich genommen isoliert, sondern erst recht zusammen ein eigenständiges Ganzes dar. Es handelt sich um eine in sich geschlossene Tätigkeit, die sich aus dem Beobachten von Märkten und dem Sammeln von relevanten Informationen einerseits und der Entwicklung konkreter Anlageempfehlungen aus diesen Informationen andererseits zusammensetzt. Ihr kommt ein eigenständiger Charakter zu. Werden lediglich Empfehlungen ausgesprochen, die einer weiteren Konkretisierung seitens des KapitalanlagegesellschaftManagements bedürfen, so bilden diese Leistungen zwar nicht für sich genommen, jedoch in Verbindung mit den ebenso dem betreffenden Dienstleister übertragenen Research-Tätigkeiten ein eigenständiges Ganzes. Die Informationsbeschaffung geht insoweit fließend in die Auswertung und Entwicklung von Anlageoptionen über. Der auswertende Teil ist dabei auch kein unselbständiges Fragment, das untrennbar mit der Fortentwicklung der allgemeinen Anlageempfehlungen zusammenhängt. Vielmehr findet durch die Transformation dieser allgemeinen Anlageberatung in konkrete Kaufund Verkaufsoptionen eine Zäsur statt, anhand derer eine Abgrenzung möglich ist. b)
Wesentlichkeit
Dabei sind diese Leistungen auch für die Herbeiführung des Leistungserfolges wesentlich, weil eine aktive Portfolioverwaltung ohne AdvisoryLeistung nicht möglich wäre933. Entscheidungen zur Anlage und Umschichtung sowie zum Unterlassen einer solchen Umschichtung können nur auf
932 933
Denkbar wäre es an dieser Stelle zu argumentieren, dass die Verbindung aus Research und Advisory erst recht die Voraussetzungen der Formel des EuGH erfüllen muss, wenn dies bereits für das Research gilt, vgl. Schiller, Outsourcing, S. 132. Vgl. Stöber, UR 2011, 765 ff. [771]
295
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Basis einer korrekten Auswertung der Datenbasis getroffen werden. Es handelt es sich gerade nicht um eine unbedeutende Tätigkeit mit untergeordneter, nachrangiger Bedeutung für den Gesamtkomplex der Verwaltung eines Investmentvermögens. Das Sammeln relevanter Informationen ist zwar eine wesentliche Grundlage der Portfolio-Verwaltung, bedarf jedoch einer weitergehenden Auswertung, um Anlage- und Umschichtungsentscheidungen überhaupt zu ermöglichen. Die besondere Sachkenntnis des Dienstleisters kommt insbesondere bei der Vorbereitung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen zum Tragen934. Die Entwicklung von Kauf- und Verkaufsoptionen und deren Vergleich miteinander bildet einen Schwerpunkt der Verwaltung, weil sie letztlich darüber entscheidet, in welchem Maße es dem Management gelingt, eine Wertsteigerung des Anlagevermögens durch die Entscheidung für oder gegen bestimmte Käufe und Verkäufe zu realisieren. Dies gilt nicht nur für die Vorfertigung konkreter Anlage- und Umschichtungsentscheidungen, sondern auch für die Erarbeitung von Anlageoptionen, die noch einer Abstimmung auf das konkrete Sondervermögen bedürfen. Beschränkt sich das insoweit personell reduzierte PortfolioManagement auf die Weiterentwicklung von Empfehlungen in konkrete Entscheidungsoptionen unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des betreffenden Fonds, so kommt der Sammlung von Informationen und Auswertung dieser Daten zur Entwicklung von Handlungsoptionen eine wesentliche Bedeutung für die Verwaltung zu. Sie stellen die Grundlage dar, aus der das Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft die konkreten Kauf- und Verkaufsentscheidungen ableitet. Die beratende Vorarbeit des Dienstleisters entscheidet dadurch über den Erfolg der Anlage, dass das Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft diese Leistungen als Grundlage für die eigenen Tätigkeiten verwendet. c)
Spezifität
Auch die Spezifität setzt nicht voraus, dass die konkrete Anlage- und Umschichtungsentscheidungen vorgefertigt werden935. Vielmehr ist eine Beratungsleistung bereits dann für die Verwaltung eines Sondervermögens spezifisch, wenn sie sich beispielsweise auf die zulässigen Anlageinstrumente beschränkt bzw. die konkrete Anlagestrategie berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass die genaue Anzahl der zu erwerbenden bzw. veräußernden Vermögensgegenstände angegeben wird. Zwar ist eine allgemeine Empfehlung derart, dass zum Beispiel Renten aufgrund bestimmter Entwicklungen
934 935
296
Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]. Vgl. Hahne/Winkler, DStR 2003, 2005 ff. [2009]; Stöber, UR 2011, 765 ff. [771].
Portfolio-Management-Leistungen
auf dem Kapitalmarkt Aktien vorzuziehen sind, nicht spezifisch936, weil sie im Zusammenhang mit jeder Art von Kapitalanlage verwertbar sind. Jedoch überschreitet eine nicht spezifische Anlageempfehlung die Grenze zur Spezifität, wenn sie die Belange eines bestimmten Investmentvermögens bei der Auswertung der allgemeinen Informationen berücksichtigt. Dies erfordert es aber nicht, dass die Entscheidung mitgeliefert wird, indem beispielsweise die genaue Anzahl der zu erwerbenden und zu veräußernden Vermögensgegenstände genannt wird, ohne dass ein tatsächlicher Entscheidungsspielraum bei Portfolio-Management verbleibt. 5.
Sichtweise der Rechtsprechung und Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 6. Mai 2010 erstmalig zur Behandlung von Beratungsleistungen geäußert. Das Finanzgericht Hamburg sowie das Finanzgericht Nürnberg haben sich ebenso mit dieser Frage befasst. Nachfolgend sollen die Sichtweisen der Finanzverwaltung sowie der beiden Finanzgerichte umrissen und vor dem Hintergrund der soeben gefunden Ergebnisse kritisch bewertet werden. a)
Rechtsprechung
Das Finanzgericht Hamburg befasste sich in seiner Entscheidung vom 2. Mai 2005 mit der Konstellation, dass ein externer Dienstleister gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft qualifizierte Anlageempfehlungen abgab, die zudem stets von der Kapitalanlagesellschaft ohne eigene Prüfung umgesetzt wurden937. Entsprechend der hier vertretenen Ansicht sollte diese Konstellation bereits nicht als Beratung, sondern als Portfolioverwaltung angesehen werden (vgl. oben Punkt 2). Unabhängig davon, sah das Finanzgericht diese Leistungen mit der folgenden Begründung als von der Befreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst an: „Denn die Umsetzung der komplexen Anlageregeln des Fonds, die zahlreiche Vorgaben und Beschränkungen enthalten, in wirtschaftlich sinnvolle, d.h. unter Ertrags-, Wertsteigerungs- und Risikogesichtspunkten Erfolg versprechende Vorschläge betrifft den Kerbereich eines Investmentfonds, dessen Hauptaufgabe in der Sicherung und Mehrung des eingesetzten Vermögens liegt.“ Das Finanzgericht Nürnberg entschied am 3. August 2010 über einen ähnlich gelagert Fall, wobei die Kapitalanlagegesellschaft die qualifizierten Anlage- bzw. Umschichtungsempfehlungen des externen Dienstleisters vor 936 937
Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1237 f.]. FG Hamburg, Urt. v. 2.3.2005, VI 231/03, UR 2005, 667 ff.
297
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
ihrer Umsetzung einer eigenen Überprüfung unterzog938. Die Anlageempfehlungen setzte sie dennoch oft innerhalb weniger Minuten um. Abweichungen von den Empfehlungen ergaben sich lediglich dann, wenn sie zu einer Überschreitung von Anlagegrenzen führten. Anders als in der vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Konstellation handelt es sich auch nach der hier vertretenen Ansicht auch um den Bezug einer Beratungsleistung. Denn die Kapitalanlagegesellschaft nahm – wenn scheinbar auch nur kursorisch – eine Überprüfung der qualifizierten Anlageempfehlungen vor, wobei es im Einzelfall auch zu einer Nichtumsetzung der Empfehlungen kam (vgl. oben Punkt 2). Das Finanzgericht Nürnberg sah die Leistungen unter anderem aus dem folgenden Grund, der aus Sicht des Gerichts auch einen wesentlichen Unterschied zu der vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Konstellation darstellt, als steuerpflichtig an: „Selbst wenn die A [die Kapitalanlagegesellschaft] die Anlageempfehlungen der Klägerin [der externe Dienstleister] unverzüglich umsetzte, so behielt sie sich doch die Letzt-Entscheidung im Hinblick auf ihre eigene gesetzliche Verantwortung als Kapitalanlagegesellschaft vor.“ Der Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg überzeugt nicht939. Der Umstand, dass der Leistunsgempfänger die empfangene Leistung einer eigenständigen Prüfung unterzieht, hat auf den Inhalt und den Charakter der empfangenen Leistung keinen Einfluss. Wenn die empfangene Leistung selbst den Anforderungen der Steuerbefreiung entspricht, so kann die Befreiung nicht davon abhängen, ob der Empfänger diese Leistung ohne weitere Überprüfung verwendet. In der vom Finanzgericht Nürnberg entschiedenen Konstellation war die Beratungsleistung ebenso qualifiziert wie in dem von Finanzgericht Hamburg entschiedenen Fall. Sie hätte als qualifizierte Anlageberatung auch befreit sein müssen. Widersprüchlich ist insoweit die Aussage des Finanzgerichts Nürnberg, dass auch eine Teilleistung befreit erbracht werden kann, soweit die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllt sind. Denn es versagt einer sogar qualifizierten Beratungsleistung aus dem Grund die Befreiung, dass die Letztentscheidung beim Leistungsempfänger lag. Spätestens dann, wenn auch die Letztentscheidungsbefugnis – wie scheinbar vom Finanzgericht Nürnberg verlangt – bei dem externen Dienstleister liegt, handelt es sich aber um die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements.
938 939
298
FG Nürnberg, Urt. v. 3.8.2010, 2 K 472/2009. Vgl. zu dieser Entscheidung: Hahne, BB 2011, 1319 ff. So i. E. auch Stöber, UR 2011, 765 ff.
Portfolio-Management-Leistungen
Insoweit ist also fraglich, welche Teilleistung des Portfolio-Managements nach Ansicht des Finanzgerichts Nürnberg befreit erbracht werden kann. Nachdem gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt wurde, hat dieser nun mit Enscheidung vom 5. Mai 2011 verschiedene Rechtsfragen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt940. Das europäische Gericht soll hierbei klären, ob die Leistung des Dienstleisters nur dann hinreichend spezifisch und damit steuerfrei ist, wenn er eine Verwaltungstätigkeit und nicht nur eine Beratungstätigkeit ausübt. Zudem fragt der Bundesfinanzhof, ob nur solche Beratungsleistungen hinreichend spezifisch sind, die ihrer Art nach ausschließlich für Kapitalanlagegesellschaften und nicht für andere Personen erbracht werden können. Zuletzt wird die Frage aufgeworfen, ob nur die aufsichtrechtlich zulässige Auslagerung von der Befreiungsregelung umfasst sein kann.941 b)
Finanzverwaltung
Ensprechend Abschn. 4.8.13 Abs. 18 S. 1 Nr. 3 UStAE sind Beratungsleistungen sowohl ohne als auch mit konkreten Kauf- oder Verkaufsempfehlungen umsatzsteuerpflichtig942. Demnach ist sogar die qualifizierte Beratung, das heißt, die Abgabe konkreter Empfehlungen unter Berücksichtigung von gesetzlichen sowie vertraglichen Beschränkungen in der Art, dass die Kapitalanlagesellschaft diese Empfehlungen bloß noch technisch umzusetzen braucht, umsatzsteuerpflichtig. Unklar ist aber, ob damit auch solche Konstellationen der Besteuerung unterliegen, in denen sich eine Kapitalanlagesellschaft lediglich formal die Entscheidungsbefugnis vorbehält, faktisch aber keine Überprüfung der qualifizierten Empfehlungen vornimmt943. Die Finanzverwaltung scheint auch diesen Fall gemäß Abschn. 4.8.13 Abs. 18 S. 1 Nr. 3 UStAE als steuerpflichtige Beratungsleistung anzusehen. Dieser Eindruck wird durch Abschn. 4.8.13 Abs. 14 S. 5 UStAE verstärkt. Denn hiernach sind vorbereitende Handlungen, bei denen sich die Kapitalanlagesellschaft eine abschließende Entscheidung vorbehält, regelmäßig nicht ein im Großen und
940 941 942 943
BFH, Beschl. v. 5.5.2011, V R 51/10, DStRE 2011, 906 ff. Vgl. die kritischen Anmerkungen Stöbers (UR 2011, 765 ff. [770 ff.])zur Argumentation des BFH in Bezug auf die dem EuGH vorgelegten Fragen. So auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 9, BStBl. I 2010, 563 ff. Entsprechend der hier vertretenen Ansicht handelt es sich eigentlich nicht um eine Beratungs-, sondern um eine Portfolio-Managementleistung (vgl. Punkt 2).
299
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Ganzen eigenständiges Ganzes944. Jedoch hat hierzu das Bundesfinanzministerium in einem nicht veröffentlichten Schreiben vom 7. September 2010 an die Interessenverbände klargestellt, dass ein sich aus § 16 InvG ergebender rein formaler Entscheidungsvorbehalt der Kapitalanlagegesellschaft nicht allein zur Versagung der Steuerfreiheit führen kann. Demnach scheint auch entsprechend der Finanzverwaltung eine solche Konstellation, wie sie der Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg zugrunde lag, einer Befreiung zugänglich zu sein. Gegen diese Auslegung des nicht veröffentlichten Schreibens vom 7. September 2010 spricht jedoch wiederum, dass sich ein solcher formaler Entscheidungsvorbehalt, wie im Fall des Finanzgerichts Hamburg, nicht aus § 16 InvG ergibt. Denn diese Regelung verlangt lediglich, dass sich die Kapitalanlagegesellschaft das Weisungsrecht vertraglich vorbehält. 6.
Ergebnis
Beratungsleistungen, die sich auf die Entwicklung von Anlageentscheidungen beziehen und nicht lediglich ergänzender Natur sind, stellen einen elementaren Bestandteil der Portfolioverwaltung dar. Dies muss erst recht gelten, wenn sie auf Research-Leistungen beruhen, die von dem Berater selbst erbracht wurden. Letztlich wird in dieser Konstellation durch den externen Dienstleister ein erheblicher Teil der Portfolioverwaltung erbracht. Der externe Bezug von Beratungsleistungen ist also auch dann steuerfrei möglich, wenn die konkrete Entscheidung über die Anlage- bzw. Umschichtungsentscheidung erst durch das Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft getroffen wird. Insbesondere die pauschale Ablehnung jeglicher Befreiung für Beratungsleistungen durch das Bundesfinanzministerium und das Finanzgericht Nürnberg ist abzulehnen. Vielmehr ist eine Befreiung unter folgenden Voraussetzungen möglich: Die externe Beratungsleistung ist Teil der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, wenn es zu einer entsprechenden Aufwands- und Personalminderung auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft kommt, weil sie einen Teil ihrer originären Pflicht des Portfolio-Managements auslagert. Ergänzende Beratungsleistungen sowie solche Beratungsleistungen, die sich nicht unmittelbar auf die Entwicklung von Anlage- und Umschichtungsoptionen beziehen, sind nicht Teil der Verwaltung. Soweit sich der Berater auch die notwendigen Informationen selbst verschafft (Research), um aus ihnen die betreffenden Hinweise zu entwickeln, 944
300
So auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 5 a. E., BStBl. I 2010, 563 ff.
Portfolio-Management-Leistungen
handelt es sich hierbei auch um ein eigenständiges Ganzes, das zugleich wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens erfüllt945. 7.
Vorschläge zur Neuregelung
a)
Definition des Verwaltungsbegriffs
Legt man wiederum die von der Kommission sowie den Mitgliedstaaten verwendete Definition der Verwaltung eines Investmentfonds zugrunde, so muss man solche Beratungsleistungen als vom Verwaltungsbegriff umfasst ansehen, die aus den durch die Unternehmens- und Marktanalyse gewonnenen Informationen Anlage- und Umschichtungsoptionen entwickeln und dabei die konkreten Bedürfnisse eines bestimmten Sondervermögens berücksichtigen946. b)
Vorschlag der Kommission
Während Markt- und Unternehmensanalysetätigkeiten (Research) gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. g VO-E-KOM den Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens erfüllen (vgl. Punkt II 4 a) dieses Abschnitts), werden Beratungsleistungen nicht ausdrücklich regelt. Vielmehr sind solche Beratungsleistungen, die jene im Rahmen des Research gesammelten Informationen in Anlage- und Umschichtungsoptionen aufbereiten, Teil der operativen Vermögensverwaltung, wie sie Art. 12 Abs. 1 Buchst. b VO-E-KOM aufzählt. Weil sie aber nur einen Teil der ausdrücklich genannten operativen 945
946
So im Wesentlichen auch: Hahne/Winkler, 2003, 2005 ff. [2009]; Schiller, Outsourcing, S. 132; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]. Für eine Beschränkung der Befreiung auf sog. „qualifizierte“ Beratungsleistungen: Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 428 (EL 68, 11/2007); Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 233; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]; Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [407]; Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 218 (EL 60, 9/2008); ders., UR 2006, 359 f. [360]. Gänzlich ablehnend: BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 9, abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de. Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a) zur bisher einhellig vorgeschlagenen und verwendeten Definition der Verwaltung. Im Änderungsantrag 18 (S. 15) des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments v. 15.9.2008 wird vorgeschlagen, Beratungsdienstleistungen ausdrücklich in der Definition zu erwähnen. In diesem Zusammenhang wird jedoch von Investmententscheidungen des Beraters gesprochen, weshalb auch hier der Verdacht nahe liegt, dass es sich eigentlich um die Konstellation der faktischen Entscheidungsbefugnis handelt. Der Bericht ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS). In der dann erscheinenden Übersicht trägt er auch die Nummer: A6-0344/2008.
301
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Vermögensverwaltung darstellen, müssten sie somit darüber hinaus die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen (Formel des Europäischen Gerichtshofs). Entsprechend der Ausführungen in Punkt 3 ist dies zwar in der hier untersuchten Konstellation der gemeinsamen Ausführung von Research- und Advisory-Leistungen der Fall, jedoch muss dafür die entsprechend der geplanten Neufassung einzuführende ausdrückliche Regelung zur Befreiung einer Teilleistung (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRLE-KOM) auch auf den Fall der Verwaltung eines Investmentfonds anwendbar sein. Gemäß dem Entwurf der Kommission vom 27. Oktober 2007 bzw. 20. Februar 2008 (COM (2007) 747) war jedoch die Regelung zur Befreiung von Teilleistungen nicht auf die Verwaltung von Investmentfonds anwendbar. Dies führt zu dem zweifelhaften Ergebnis, dass zwar Markt- und Unternehmensanalysetätigkeiten nicht nur befreit erbracht werden können, sondern hierfür nicht einmal die Anforderungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen müssen, während eine Befreiung für die hier betrachtete Konstellation, dass darüber hinaus aus den Markt- und Unternehmensanalysen noch Anlagevorschläge entwickelt werden, nicht möglich wäre, obwohl die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllt sind. Das Problem besteht somit nicht in der lediglich beispielhaften Aufzählung der befreiten Leistungen in Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM, sondern darin, dass diese Regelung lediglich eine Hilfestellung bieten kann. Keinesfalls kann sie jedoch verhindern, dass bestimmte Konstellationen, die nach ihrem Sinn und Zweck befreit sein sollten, dort nicht aufgezählt sind. Soll aber dennoch die Möglichkeit einer Befreiung solcher Leistungen bestehen, so muss die Anwendung allgemeiner Grundsätze wie zum Beispiel die Befreiung einer Teilleistung möglich sein. Folglich ist es geboten, die allgemeine Befreiungsregelung für Teilleistungen (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-EKOM) auch auf die Verwaltung von Investmentfonds anzuwenden947. c)
Modifikation des Kommissionsvorschlags
Nachdem die Kommission dies in ihrem Entwurf vom 27. Oktober 2007 bzw. 20. Februar 2008 (COM (2007) 747) nicht berücksichtigt hatte, wurde Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM durch den französischen und tsche947
302
Dabei spricht Einiges dafür, dass es sich hierbei lediglich um ein Versehen handelt, weil Art. 13 VO-E-KOM als Ausführungsvorschrift zu Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM in Abs. 1 Buchst. a ausdrücklich die Portfolioverwaltung als spezifische und wesentliche Dienstleistung i. S. d. Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM bezeichnet, obwohl Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM die Verwaltung eines Investmentfonds nicht aufzählt.
Portfolio-Management-Leistungen
chischen Vorsitz der Gruppe „Steuerfragen“ aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtes in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich so erweitert, dass auch Teilleistung im Hinblick auf die Verwaltung eines Investmentfonds befreit sein können, wenn sie ein eigenständiges Ganzes darstellen und dabei wesentlich und spezifisch sind948. Dabei wäre eine Befreiung dieser Konstellation dennoch ausgeschlossen, wenn man – wie von einigen Mitgliedstaaten vertreten – davon ausgeht, dass die Befreiung einer Teilleistung des Weiteren voraussetzen würde, dass die betreffende Leistung Änderungen der rechtlichen und finanziellen Lage zwischen den Parteien bewirkt (vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4 c)), weil dem Berater weder eine formale noch eine faktische Entscheidungsbefugnis zukommt. Wie bereits dargelegt, handelt sich hierbei um eine durch den Gerichtshof in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“ speziell für die Befreiung eines transaktionsbezogenen Umsatzes im Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie im Geschäft mit Wertpapieren entwickelte Voraussetzung, die nicht als allgemeines Erfordernis auf andere Finanzumsätze angewandt werden kann (vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 c)). Die Regelung des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM muss sich vielmehr darauf beschränken, die allgemeinen Voraussetzungen des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung einer Teilleistung wiederzugeben. Während die hier betrachtete Konstellation die allgemeinen Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-EKOM erfüllt, ist die beispielhafte Aufzählung spezifischer und wesentlicher Leistungen in Art 13 VO-E-KOM kaum hilfreich. Während die Art. 14 ff. VO-E-KOM spezifische und wesentliche Leistungen für spezielle Befreiungstatbestände aufzählen, muss in Bezug auf die Verwaltung eines Investmentfonds mangels spezieller Regelung auf die allgemeine Norm des Art. 13 VO-E-KOM zurückgegriffen werden. Diese bezeichnet in Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO-E-KOM die Portfolioverwaltung als wesentliche und spezifische Leistung. Zwar kann aufgrund des nicht abschließenden Charakters dieser Aufzählung daraus nicht geschlossen werden, dass bloße Teile der Portfolioverwaltung nicht wesentlich und spezifisch sein können, jedoch ist der Nutzen dieser Norm nur schwer erkennbar, wenn Art. 12 Abs. 1 (Buchst. g, a oder b) VO-E-KOM selbst Teile der Portfolioverwaltung als Verwaltung eines Investmentfonds definiert. Art. 13 VO-E-KOM ist als Ausführungsvorschrift zur Befreiung von Teilleistungen somit allgemeiner gehalten als die Ausführungsvorschrift zur Befreiung der Verwaltung eines Investmentfonds selbst. Einen Hinweis bietet jedoch Art. 13 Abs. 2 Buchst. 948
Vgl. hierzu Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4 b).
303
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
d VO-E-KOM, der Rechtsberatungsdienstleistungen ausdrücklich als nicht spezifisch und nicht wesentlich bezeichnet, woran sich erkennen lässt, dass anlagebezogene Beratungsleistungen durchaus spezifischen und wesentlichen Charakter haben können. Dennoch ist im Ergebnis festzuhalten, dass diese Variante der Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entspricht, indem sie zum einen die allgemeine Regelung zur Befreiung einer Teilleistung auf die Verwaltung eines Investmentfonds anwendet und zum anderen sich darauf beschränkt, die allgemeinen Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung wiederzugeben (Formel des Europäischen Gerichtshofs). d)
Vorschlag des schwedischen Vorsitzes
Entsprechend dem Vorschlag des schwedischen Vorsitzes der Gruppe „Steuerfragen“ kann die Befreiung einer Teilleistung nicht auf die Verwaltung eines Investmentfonds angewendet werden949. Auch wenn ihr Vorschlag für eine Durchführungsverordnung die operative Vermögensverwaltung als Verwaltung eines Investmentfonds ansieht (vgl. Art. 11 Abs. 1 Buchst. b)), ist eine Befreiung der Beratung entsprechend dieser Regelung nicht möglich, weil sie lediglich einen Teil der operativen Vermögensverwaltung darstellt950. Damit kommt es für die Befreiung von Beratungsleistungen darauf an, ob die Markt- und Unternehmensanalyse (Research) nach Art. 11 Abs. 2 Buchst. d dieses Vorschlags in Verbindung mit den Beratungsleistungen eine „Gesamtheit“ im Sinne der Regelung darstellt. Bereits festgestellt wurde, dass diese Leistungen eine eigenständiges Ganzes bilden und dabei auch spezifisch und wesentlich sind (vgl. Punkt 3), womit die weiteren Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 erfüllt wären. Die entscheidende Frage ist somit, ob sich die Bezeichnung „Gesamtheit“ auf die in Art. 11 Abs. 2 dieses Vorschlags aufgezählten Leistungen bezieht, mit der Folge, dass nur die Verbindung aus diesen Leistungen eine „Gesamtheit“ in diesem Sinne bilden kann. Dagegen spricht jedoch, dass die dort genannten Leistungen kaum als Paket auf ein und denselben Dienstleister übertragen werden und dabei kaum ein eigenständiges Ganzes bilden können, weil es sich bei den anderen
949 950
304
Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4 b) und Dok. 13057/09 v. 9.9.2009, Punkt 4., S. 2, abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, S. 21 ff., abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein.
Portfolio-Management-Leistungen
an dieser Stelle aufgezählten Leistungen um solche handelt, die im Gegensatz zu den Markt- und Unternehmensanalysen nicht Teil der operativen Verwaltung, sondern der sonstigen Verwaltung sind. e)
Ergebnis
Am Beispiel des externen Bezugs von Research-Leistungen und anlagebezogenen Beratungsleistungen lässt sich erkennen, dass die Regelung der Befreiung einer Teilleistung in der MwStSystRL (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM) zum einen auch die Verwaltung von Investmentfonds umfassen und zum anderen auf das Erfordernis des Bewirkens von rechtlichen und finanziellen Änderungen zwischen den Parteien verzichten sollte. Der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes, dies durch eine andere Systematik der Durchführungsverordnung zumindest teilweise auszugleichen, ist kaum geeignet, die vielfältigen Fallkonstellationen des externen Leistungsbezugs zu regeln, weshalb es zu größeren Unsicherheiten kommen würde. Das Ziel der Neufassung würde klar verfehlt. Allgemein lässt sich festhalten, dass eine Aufzählung von Beispielen in einer Durchführungsverordnung durchaus eine sinnvolle Hilfestellung bieten kann, sie jedoch nicht geeignet ist, eine ergänzende allgemeine Regelung zur Befreiung von Teilleistungen zu ersetzen.
IV.
Ergebnis
Nicht allein die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements, sondern ebenso der Bezug von Teilen dieses Tätigkeitsfelds ist umsatzsteuerneutral möglich. Während sich eine Befreiung des Fremdbezugs des gesamten Portfolio-Managements sowohl aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG als auch aus § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ergibt, ist eine umsatzsteuerneutrale Auslagerung der Bereiche Reserach und Advisory entsprechend § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG möglich, soweit sich die Tätigkeiten auf zulässige Anlageinstrumente beschränken und nicht lediglich ergänzender Natur sind, sondern eine entsprechende Aufwandsverringerung auf Seiten des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft mit sich bringen. Die insoweit gegenteilige Ansicht der Finanzverwaltung ist abzulehnen.
305
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
D.
Controlling-Leistungen
Auch wenn die Tätigkeiten des Fonds-Controlling nicht unmittelbar zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation des Fonds führen, muss man davon ausgehen, dass sie gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei bezogen werden können951. Sie sind zum einen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens und zum anderen ein für diese Tätigkeit spezifisches und wesentliches eigenständiges Ganzes.
I.
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
Der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs folgend muss auch das Fonds-Controlling als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens angesehen werden952. Die Überwachung der Einhaltung von Rechtsvorschriften wird in Buchst. d des zweiten Spiegelstrichs im Anhang II der OGAWRL ausdrücklich als Teil der Verwaltung eines Organismus zur gemeinsamen Anlage bezeichnet. Des Weiteren handelt es sich hierbei um eine Dienstleistung, die im Zusammenhang mit einer Direktanlage nicht in Anspruch genommen wird. Dem entspricht auch, dass § 9a S. 2 Nr. 6 InvG bzw. Art. 12 Abs. 1 S. 2 Buchst. a) OGAW-RL (Art. 5f Abs. 1 Buchst. a OGAW-III-RL) vorschreiben, dass die Verwaltungsstelle angemessene Kontrollverfahren einrichtet. Der Umstand, dass diese Tätigkeiten nicht Teil der operativen Vermögensverwaltung sind, hat hierauf keinen Einfluss. Denn der Begriff der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist nicht auf solche Tätigkeiten beschränkt 953.
II.
Befreiung einer Teilleistung
Das Fonds-Controlling ist eine abgrenzbare Tätigkeit mit einem eigenständigen Charakter954. Sie unterscheidet sich deutlich von den Aufgaben des Portfolio-Managements und ebenso von den administrativen Tätigkeiten wie etwa der Buchhaltung. Sie ist weder Teil des Portfolio-Managements noch Bestandteil der administrativen Verwaltung. In der Regel ist hierfür bereits 951
952 953 954
306
Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 Buchst. d UStAE, BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7 f., BStBl. I 2010, 563 ff.; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 189; Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]. So auch ein Urteil des französischen Conseil d‘État v. 6.4.2001, Nr. 224406 (Sogefonds), UR 2002, 330 f. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1238]. Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 3. Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628].
Controlling-Leistungen
innerhalb der Kapitalanlagegesellschaft eine eigenständige, von der Handelsabteilung getrennte Stelle zuständig955. Das Controlling ist folglich kein somit unselbständiges Fragment, sondern vielmehr ein eigenständiges Ganzes956. Die Überwachung und Steuerung der Risiken des Sondervermögens ist ein charakteristischer Bestandteil der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Die aus dem besonderen Sicherheitsbedürfnis erwachsenden vertraglichen und gesetzlichen Anlagegrenzen bedürfen einer laufenden Kontrolle, die für die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens geradezu typisch ist. Für eine Spezifität spricht zudem der Umstand, dass diese Tätigkeiten gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 6 InvG bzw. Art. 12 Abs. 1 S. 2 Buchst. a) OGAW-RL (Art. 5f Abs. 1 Buchst. a OGAW-III-RL) für Investmentvermögen gesetzlich vorgeschrieben sind. Zudem ist das Fonds-Controlling auch wesentlich, weil eine sichere und damit auch langfristig erfolgversprechende Verwaltung erst durch diese Selbstkontrolle und -überwachung sichergestellt wird957. Schließlich stellt die ausreichende Risikomischung, deren Einhaltung durch das Controlling sichergestellt werden soll, eine Säule des geschäftlichen Grundkonzeptes der Vermögensanlage in Investmentfonds dar958.
III.
Einschränkungen der Finanzverwaltung
Auch die Finanzverwaltung geht davon aus, dass Controlling-Leistungen befreit bezogen werden können. Dabei stellt sie jedoch die weitere Voraussetzung auf, dass alle weiteren in Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 UStAE genannten „administrativen“ Dienstleistungen (zum Beispiel Rechnungslegungsdienstleistungen, Bewertungen, Gewinnausschüttungen, Ausgabe und Rücknahme von Anteilen) von demselben externen Dienstleister erbracht werden müssen, vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 17 S. 2 UStAE959. Dieser Ansatz überzeugt im Hinblick auf das Fonds-Controlling bereits aus dem Grund nicht, dass es sich hierbei nicht um eine administrative Tätigkeit handelt. Vielmehr steht diese Tätigkeit zwischen dem Portfolio-Management und der Fonds-Administration.
955 956 957 958 959
Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1239]. Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1239]. Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]. Vgl. Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 189. Vgl. auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7 f., BStBl. I 2010, 563 ff.
307
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Darüber hinaus muss allgemein gegen diese Sichtweise angeführt werden, dass sich für eine solche quantitative Auslegung der Wesentlichkeit bzw. des eigenständigen Ganzen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Anhaltspunkte entnehmen lassen960. Vielmehr stellt das Bundesfinanzministerium neben der Wesentlichkeit bzw. des eigenständigen Ganzen eine weitere Voraussetzung auf, wonach der externe Dienstleister eine Gesamtheit von Leistungen erbringen muss. Diese Lösung wird zwar im Rahmen der Beratung zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL im Rat der EU diskutiert, geht jedoch über die Anforderungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hinaus961. Sie kann nicht auf die geltende Fassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie angewendet werden. Letztlich verstößt die Finanzverwaltung mit ihrer Sichtweise gegen die Neutralität des Umsatzsteuerrechts, wenn sie vertritt, dass die Leistungserbringung durch einen Dritten nur dann befreit sein kann, wenn er sämtliche an dieser Stelle aufgezählten administrativen Leistungen erbringt, während die Erbringung von Controlling-Leistungen durch die Depotbank auch dann befreit ist, wenn sie daneben keine administrativen Dienstleistungen erbringt (Abschn. 4.8.13 Abs. 17 S. 3 UStAE). Wenn es auf die Person des Leistenden für die Befreiung nicht ankommt, dann kann in Bezug auf ControllingLeistungen auch nicht danach unterschieden werden, ob sie durch die Depotbank oder einen externen Dienstleister erbracht werden962.
IV.
Vorschläge zur Neuregelung
1.
Inhalt der Durchführungsverordnung
Art. 12 Abs. 2 Buchst. c VO-E-KOM legt ausdrücklich fest, dass Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einhaltung regulatorischer Anforderungen nicht Teil der Verwaltung eines Investmentfonds sind. Gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. e VO-E-KOM können solche Tätigkeiten generell nicht als wesentlich und spezifisch angesehen werden963.
960 961 962 963
308
Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) bb) und cc). Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 d). Vgl. zu dieser Sichtweise der Finanzverwaltung auch die Ausführungen in Abschnitt E, Punkt III dieses Kapitels. Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Gleiches gilt für den Vorschlag des schwedischen Vorsitzes, vgl. Art. 11 Abs. 3 Buchst. c des Dok. 13055/09, S. 21 f., abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein.
Controlling-Leistungen
2.
Der gesetzliche Verwaltungsbegriff
Die Verwaltung von Investmentfonds besteht entsprechend der Vorschläge des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes der Gruppe „Steuerfragen“ aus Portfolioverwaltungs- und Verwaltungstätigkeiten, die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Investmentfonds abzielen964. Während die Definition des Kommissionsentwurfes nicht zwischen Portfolioverwaltungs- und Verwaltungstätigkeiten unterscheidet, sondern allgemein von „Tätigkeiten“ spricht, wurde diese Änderung vom französischen Vorsitz aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“ angeregt965. Schwierigkeiten bereitet insoweit jedoch die Einordnung des FondsControlling in diese modifizierte Definition, weil das Fonds-Controlling zum einen kein Element der Verwaltung im engeren Sinne wie zum Beispiel Buchhaltungstätigkeiten oder sonstige administrative Dienstleistungen (sog. Back-Office) und zum anderen auch kein Teil der Portfolioverwaltung (sog. Front-Office) ist. Es handelt es vielmehr um eine der Anlage- bzw. Umschichtungsentscheidung nachgelagerte Überprüfung dahingehend, ob zum Beispiel gesetzliche und vertragliche Anlagegrenzen, das heißt regulatorische Anforderungen, eingehalten werden (sog. Middle-Office). Weil sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass die Modifikation der Verwaltungsdefinition der Eingrenzung des Verwaltungsbegriffs gegenüber der ursprünglichen Fassung der Kommission dienen sollte, sondern vielmehr eine Klarstellung bezweckte, muss auch die aktuelle Definition der Verwaltung die Aufgaben des Fonds-Controlling beinhalten. Das Fonds-Controlling dient zudem auch der Erreichung der Ziele des jeweiligen Investmentvermögens. Es widmet sich unter anderem der Prüfung, ob gesetzliche und vertragliche Anlagegrenzen eingehalten werden, um sicherzustellen, dass eine risikodiversifizierte Anlage durch eine Streuung der Anlagemittel erreicht wird. Hierbei handelt es sich unter anderem deshalb um ein wesentliches Ziel der Verwaltung eines Investmentvermögens, weil dieses Ziel nicht ausschließlich in einer Wertsteigerung durch Anlage- und Umschichtungsentscheidungen sowie der Erzielung von Ausschüttungen besteht, sondern darüber hinaus diese Wertentwicklungen und Ausschüttungen auf einer den vertraglichen und gesetzlichen Anlagevorschriften entsprechenden Portfolioverwaltung fußen sollen. Dies wird durch das FondsControlling sichergestellt, weshalb es sich auch hierbei um eine Tätigkeit 964 965
Vgl. Dokument 12546/08 v. 29.8.2008, http://register.consilium.europa.eu/. Vgl. zum Ganzen: Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a).
S.
8,
abrufbar
unter:
309
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
handelt, die auf die Erreichung der Ziele des jeweiligen Investmentfonds abzielt. Die Bedeutung dieser Aufgabe wird besonders deutlich, wenn man sich die derzeitigen Diskussionen um die Definition des Begriffs des Investmentfonds in der geplanten Neuregelung ins Gedächtnis ruft966. Die Risikodiversifikation durch eine Streuung der Anlagemittel nimmt eine so bedeutsame Rolle ein, dass sie entsprechend der Vorschläge einiger Mitgliedsstaaten Eingang in die Definition des Investmentvermögens finden soll. Das Fonds-Controlling ist somit unabhängig davon, ob man die Definition der Kommission („Tätigkeiten“) oder die modifizierte Fassung („Portfolioverwaltungs- und Verwaltungsdienstleistungen“) bevorzugt, von der Definition der Verwaltung eines Investmentfonds umfasst. 3.
Ergebnis
Entsprechend der geplanten Durchführungsverordnung muss man davon ausgehen, dass Leistungen des Fonds-Controlling zukünftig nicht Bestandteil der Verwaltung im Sinne der Befreiungsregelung sein werden. Dabei besteht ein Widerspruch zwischen der gesetzlichen Definition des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM und seiner Ausführungsvorschrift (Art. 12 VO-E-KOM). Die regulatorischen Anforderungen stellen gerade ein Markenzeichen eines Investmentvermögens dar, deren Einhaltung eine wichtige Aufgabe des Fonds-Managements ist. Ferner steht das Fonds-Controlling der operativen Portfolioverwaltung thematisch wesentlich näher als manch andere verwaltende Tätigkeiten, die auch entsprechend der Neuregelung Bestandteil der Verwaltung eines Investmentfonds sein sollen (vgl. zum Beispiel das Berichts- und Bewertungswesen, Art. 12 Abs. 1 Buchst. h und i VO-E-KOM).
966
310
Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt III 4.
Buchhaltungsleistungen
E.
Buchhaltungsleistungen
Die Auslagerung von Buchhaltungsleistungen im weitesten Sinne, die sich aus den Bereichen der eigentlichen Buchhaltung, der Rechnungslegung inklusive des Berichtswesens und der Anteilswertermittlung zusammensetzen, ist umsatzsteuerneutral möglich967.
I.
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
Wer sein Vermögen anlegt, erwartet nicht allein eine Wertsteigerung seiner Anlage, sondern darüber hinaus auch eine detaillierte Abrechnung über den Stand seiner Investition sowie die Möglichkeit, nachzuvollziehen, welche Vermögensbewegungen stattfanden. Insoweit stellt die Buchhaltung einen Teil der Verwaltung eines Vermögens dar. Dabei ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass es hierbei nicht um die Buchhaltung der Kapitalanlagegesellschaft selbst geht, sondern um die Buchhaltung für das betreffende Sondervermögen. Dem entspricht es, dass das Führen von Aufzeichnungen in Buchst. i des Anhang II der OGAW-RL aufgezählt wird und die Direktanlage keine solche Buchhaltung erfordert. Die Dokumentation der ausgeführten Geschäfte ist gemäß § 9a S. 2 Nr. 5 InvG Teil des gesetzlichen Aufgabenbereiches der Kapitalanlagegesellschaft. Aufgrund des besonderen Sicherheitsbedürfnisses dieser Anlageform schreibt das Investmentgesetz in § 44 detailliert vor, welche Berichtspflichten durch die Kapitalanlagegesellschaft zu erfüllen sind. Dementsprechend sind die Rechungslegungsdienstleistungen in Buchst. a des Anhangs II der OGAW-RL als Teil der Verwaltungstätigkeiten bezeichnet. Gleiches gilt für die börsentägliche Ermittlung des Wertes des Sondervermögens nach § 36 Abs. 1 S. 2 InvG. Während die Aufzählung in Buchst. c des Anhangs II der OGAW-RL diese Aufgabe bereits entsprechend der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs als Verwaltungstätigkeit
967
Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]; Hammer/Neubert, Outsourcing bei KAGen, S. 189; Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 46 (EL 184, 1/2011); Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1239]. In diesem Sinne entschied auch der französische Conseil d‘État mit Urt. v. 6.4.2001, Nr. 224406 (Sogefonds), UR 2002, 330 f. Auch die Finanzverwaltung geht grundsätzlich von der Möglichkeit des steuerfreien Fremdbezugs solcher Leistungen aus, wobei sie jedoch die weitere Voraussetzung aufstellt, dass nicht nur sämtliche der hier angesprochenen Buchhaltungsleistungen durch ein und denselben Dienstleister erbracht werden müssen, sondern darüber hinaus noch weitere Tätigkeiten wie z. B. das Fonds-Controlling und die Vornahme von Gewinnausschüttungen (vgl. bereits Abschn. D, Punkt III dieses Kapitels zu dieser Frage).
311
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
erscheinen lässt, ergibt sich dies auch daraus, dass erst die börsentägliche Wertermittlung den ständigen Mittelabfluss und -zufluss anhand der Ausgabe und Rücknahme von einzelnen Anteilen ermöglicht. Weil es im Zusammenhang mit der Direktanlage kein Sondervermögen gibt, an dem es sich zu beteiligen gilt, erfordert es auch das Ziel der Befreiungsvorschrift, die Ermittlung des Wertes der Beteiligung eines einzelnen Anlegers als Teil der Verwaltung anzusehen. Folglich sind sämtliche Elemente der Buchhaltung im weitesten Sinne Teil der Verwaltung eines Sondervermögens. Dies entspricht auch der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“, wo er allgemein feststellte, dass die Tätigkeiten der buchhalterischen und administrativen Verwaltung unter den Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL fallen können, soweit sie die Voraussetzungen für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen968.
II.
Befreiung einer Teilleistung
Jeder der drei genannten Tätigkeitsbereiche bildet ein sich geschlossenes eigenständiges Ganzes. Die Buchhaltung im engeren Sinn als Abbildung von Geschäftsvorfällen ist kein unselbständiges Fragment des hier betrachteten Pakets von Leistungen. Die Rechnungslegung und das Berichtwesen sowie die Ermittlung der Anteilswerte bauen zwar auf den Daten der Buchhaltung auf, sind mit dieser jedoch nicht untrennbar verbunden. Werden Fonds-Buchhaltung und Berichtwesen jedoch, wie in der Regel auch üblich, zusammen ausgelagert, so bilden sie als Tätigkeiten der Dokumentation zusammen erst recht ein eigenständiges Ganzes969. Ihr darstellender und berichtender Charakter unterscheidet sie von den übrigen Verwaltungsleistungen. Dies gilt auch für die Ermittlung der Anteilswerte nach § 36 Abs. 1 InvG. Das hohe Maß der gesetzlichen Konkretisierung dieser Tätigkeiten zeigt, dass es sich hierbei nicht lediglich um nachrangige Hilfstätigkeiten, sondern um Aufgaben handelt, deren ordnungsgemäße Erfüllung für den Erfolg der Verwaltung wesentlich ist970.
968 969 970
312
Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, Rn. 70 ff., UR 2006, 353 ff. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1240]. Vgl. Philipowski, DB 2006, 1235 ff. [1240].
Buchhaltungsleistungen
Letztlich ergibt sich hieraus auch die Spezifität dieser Tätigkeiten, weil sie aufgrund der gesetzlichen Regelungen für jedes Investmentvermögen vorgeschrieben und somit in dieser Ausgestaltung auch typisch sind.
III.
Einschränkungen der Finanzverwaltung
Im Gegensatz zu der hier vertretenen Ansicht lässt die Finanzverwaltung eine Befreiung nur unter der Bedingung zu, dass der externe Dienstleister über die beschriebenen Buchhaltungsleistungen hinaus weitere administrative Leistungen wie zum Beispiel die Vornahme von Gewinnausschüttung, die Überwachung und Einhaltung der Rechtsvorschriften, die aufsichtsrechtlich vorgeschriebene Prospekterstellung sowie die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen vornimmt, vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16, Abs. 17 S. 2 UStAE971. Letztlich setzt die Finanzverwaltung damit ihre Sichtweise von der Wesentlichkeit bzw. des eigenständigen Ganzen im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung von Teilleistungen fort, wonach es sich hierbei um quantitative Voraussetzungen handelt, die nur dann erfüllt sind, wenn der externe Dienstleister umfangmäßig einen wesentlichen Teil der Verwaltungsleistungen erbringt972. Neben dem Argument, dass sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine solche Einschränkung der Befreiung von Teilleistungen nicht entnehmen lässt, muss der Finanzverwaltung vor allem entgegengehalten werden, dass sie mit der umfassenden Aufzählung von Tätigkeiten, die zwingend von ein und demselben externen Dienstleister zu erbringen sind, die Anwendung der Befreiung auf die Leistungen externer Dienstleister faktisch ausschließt. Die von der Finanzverwaltung genannten Tätigkeiten bilden so verschiedene Bereiche der Verwaltung eines Investmentvermögens ab, dass es kaum möglich erscheint, sie allesamt auf ein und denselben Dienstleister zu übertragen973. Zumindest entfällt eine wesentliche Motivation der Auslagerung, bestimmte Leistungen von hochspezialisierten Dienstleistern erbringen zu lassen, die in Bezug auf diese Tätigkeiten über einen besonderen Erfahrungsschatz verfügen und diese Leistungen besonders günstig anbieten können974. Eine Nutzung von Spezialkenntnissen erscheint kaum machbar, indem man von ein und demselben Dienstleister neben der gesamten 971 972 973 974
Vgl. auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7 f., BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. hierzu Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) bb) und cc). Nach Huschens (in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 46 [EL 184, 1/2011] dürfte eine solche Auslagerung in der Praxis kaum vorkommen. Vgl. zur Motivation der Auslagerung Kap. 2, Abschn. D, Punkt I 1.
313
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Fondsbuchhaltung auch Controlling-Leistungen sowie die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen durchführen lässt. Diese Sichtweise von der Befreiung von Teilleistungen verstößt zudem gegen die Neutralität der Umsatzsteuer. Denn es stünde einer Kapitalanlagegesellschaft demnach gerade nicht mehr frei, das beste Organisationsmodell umzusetzen, ohne dass es zu einer höheren umsatzsteuerlichen Belastung kommt. Die Missachtung der umsatzsteuerlichen Neutralität durch die Finanzverwaltung lässt sich auch bereits daran erkennen, dass die hier diskutierte Beschränkung, dass diese Einschränkung wiederum nicht auf die Konstellation Anwendung finden soll, dass die Depotbank weitere, über das ihr durch das Investmentgesetz zugewiesene Tätigkeitsprogramm hinausgehende Verwaltungsleistungen erbringt (Abschn. 4.8.13 Abs. 17 S. 3 UStAE)975, obwohl die Depotbank in dieser Konstellation dieselbe Position einnimmt wie ein externer Dienstleister976.
IV.
Vorschläge zur Neuregelung
1.
Der gesetzliche Verwaltungsbegriff
Sowohl die Definition der Kommission in Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-EKOM als auch die klarstellende Modifikation des französischen Vorsitzes der Gruppe „Steuerfragen“ umfasst die Tätigkeiten der Fonds-Buchhaltung inklusive des Berichtswesens und der Anteilswertermittlung977. Die Klarstellung dahingehend, dass nicht nur Portfolioverwaltungsleistungen, sondern auch sonstige Verwaltungsdienstleistungen unter den Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens fallen, führte zu keiner inhaltlichen Erweiterung gegenüber dem Kommissionsentwurf, sondern diente ausdrücklich der Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Abbey National“978. Dort stellte das Gericht fest, dass auch Buchhaltungsleistungen unter den Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL fallen können, soweit sie die weiteren Voraussetzungen des eigenständigen Ganzen sowie der Spezifität und Wesentlichkeit erfüllen979. 975 976 977 978 979
314
Vgl. auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 8, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. Kap. 2, Abschn. D, Punkt I 2. Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a) zur geplanten gesetzlichen Definition des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds und ihren Modifikationen. Vgl. die Ausführungen in Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a). Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. 169/04 (Abbey National), Rn. 69 ff., UR 2006, 353 ff.
Buchhaltungsleistungen
Ferner dienen die hier betrachteten Tätigkeiten auch der Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Fonds. Zwar handelt es sich bei der Wertsteigerung um die grundlegende Motivation für eine Kapitalanlage, jedoch ist es dabei für den Anleger ebenso wichtig, dass er genau über die geschäftlichen Tätigkeiten des Portfolio-Managements informiert wird. Dies gilt insbesondere für die Anlage in einen Investmentfonds im Sinne des Investmentgesetzes, was sich zum Beispiel an den umfangreichen gesetzlichen Berichtspflichten des § 44 InvG erkennen lässt. Gleiches gilt für die börsentägliche Ermittlung des Anteilswertes nach § 36 Abs. 1 InvG. Nur so kann der Anleger den Stand seines Investments überprüfen und sich gegebenenfalls Gedanken über die Rückgabe seiner Anteile oder Erweiterung seines Investments machen. Dieser ständige Zu- und Abfluss von Anlagekapital ist eine wesentliche Grundlage offener Investmentvermögen. Als Investmentziel muss man deshalb neben der schlichten Wertsteigerung auch die ständige Möglichkeit der Verringerung bzw. Erweiterung des Investments ansehen sowie die umfangreiche aktuelle Information über die Investment-vorgänge. Diese Tätigkeiten dienen der besonderen Anlagesicherheit, die für richtlinienkonforme Sondervermögen gerade nicht nur eine Nebenbedingung darstellt, sondern einen wesentlichen Grund für die Inanspruchnahme ausmacht. 2.
Inhalt der Durchführungsverordnung
a)
Kommissionsvorschlag
Dementsprechend sind auch erhebliche Teile der Fonds-Buchhaltung in Art. 12 Abs. 1 Buchst. h (Berichtwesen) und i (Bewertungswesen) VO-EKOM ausdrücklich als Teil der Verwaltung eines Investmentfonds benannt980. Zwar ist die Buchhaltung im engeren Sinne, das heißt die Abbildung von Geschäftsvorfällen, in diesem Katalog nicht ausdrücklich aufgezählt, jedoch steht dies ihrer Qualifikation als Teil der Verwaltung nicht zwingend entgegen, weil die Aufzählung lediglich beispielhaft und nicht abschließender Natur ist. Die Befreiung von Buchhaltungsleistungen im engeren Sinn bringt jedoch Probleme mit sich, die zum Teil bereits im Zusammenhang mit dem externen Bezug von Beratungsleistungen angesprochen wurden. Dort wurde zum einen festgestellt, dass die allgemeine Bestimmung zur Befreiung von Teilleistungen des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM auch auf die Verwaltung eines Investmentfonds Anwendung finden muss (Abschn. C, Punkt III 980
Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/.
315
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
7 b) dieses Kapitels), und zum anderen, dass es für die Befreiung einer Teilleistung nicht auf das Bewirken einer rechtlichen und finanziellen Änderung ankommt (Abschn. C, Punkt III 7 c) dieses Kapitels). Über diese Aspekte hinaus ist zudem fraglich, ob die Regelung des Art. 13 Abs. 2 Buchst. d VOE-KOM der Spezifität und Wesentlichkeit der Buchhaltung entgegensteht, weil sie neben Rechtsberatungsdienstleistungen und Dienstleistungen im Rechnungswesen auch solche bei der Abschlussprüfung und Buchhaltung als nicht spezifisch und wesentlich bezeichnet. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dieser Regelung um eine allgemeine Vorschrift der Durchführungsverordnung zur Befreiung von Teilleistungen handelt, erweckt der Umstand, dass sie auch Leistungen im Rechnungswesen als nicht spezifisch und wesentlich bezeichnet, den Eindruck, dass sie sich auf das Rechnungswesen und die Buchhaltung hinsichtlich des Finanzdienstleisters selbst und nicht auf fondsbezogene Rechungswesens- und Buchhaltungsleistungen bezieht. Wenn nämlich zum Beispiel Art. 12 Abs. 1 Buchst. h VO-E-KOM die Leistungsmessung und das Erstellen von Berichten als Teil der Verwaltung bezeichnet, der generell befreit sein soll, so erscheint es als widersprüchlich, das Rechnungswesen auf der anderen Seite als nicht wesentlich und spezifisch von der Befreiung auszuschließen (vgl. Art. 13 Abs. 2 Buchst. d VOE-KOM). b)
Vorschlag des schwedischen Vorsitzes
Der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes unterscheidet sich insoweit von dem der Kommission, als dass die Befreiung der Leistungsmessung, Berichtserstellung sowie der Durchführung von Bewertungen usw. nur dann möglich ist, wenn diese als „Gesamtheit“ und nicht isoliert erbracht werden (vgl. Art. 11 Abs. 2 Buchst. e und f des Verordnungsentwurfes des schwedischen Vorsitzes981). Letztlich wäre anhand dieses Modells die Erbringung der einzelnen geschilderten Elemente der Fondsbuchhaltung im weiteren Sinn (Rechnungslegung, Bewertungswesen, Buchhaltung im engeren Sinn) nur als Paket von der Befreiung umfasst. 3.
Ergebnis
Auch anhand der Neuregelung wäre nach dem Stand der bisher geäußerten Vorschläge eine Befreiung der Fondsbuchhaltung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich möglich. Inwiefern jedoch eine Aufspaltung dieser Tätigkeit in die Buchhaltung im 981
316
Vgl. Dok. 13055 /09 v. 9.9.2009, S. 21 ff., abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein.
Buchhaltungsleistungen
engeren Sinn, das Bewertungswesen und das Berichtwesen eine Umsatzsteuerneutralität der Auslagerung ausschließen, ist unklar. Der Kommissionsvorschlag lässt zumindest einen isolierten Fremdbezug des Bewertungswesens und des Berichtswesen zu, während der schwedische Vorschlag dies nur als Gesamtheit zulässt.
317
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
F.
Steuerfreie Zusammenschlüsse
I.
Einführende Bemerkungen
Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL entbindet die Leistungen so genannter steuerfreier Zusammenschlüsse gegenüber ihren Mitgliedern von der Steuerpflicht. Für eine Kapitalanlagegesellschaft stellt sich somit die Frage, ob Dienstleistungen dadurch steuerfrei bezogen werden können, welches sie auf ein Gemeinschaftsunternehmen übertragen werden, dass zuvor gemeinsam mit anderen Kapitalanlagegesellschaften bzw. Anbietern, die ebenso steuerfreie Leistungen erbringen, gegründet wurde. Ein steuerfreier Zusammenschluss setzt voraus, dass die Mitglieder ihrerseits Tätigkeiten ausüben, die von der Steuer befreit sind, dass die Dienstleistungen des Gemeinschaftsunternehmens durch die Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung der steuerfreien Tätigkeit verwendet werden, dass sich die Entgeltzahlungen an das Gemeinschaftsunternehmen auf eine Kostenerstattung beschränken und dass die Steuerbefreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Hierbei handelt es sich – ebenso wie bei der Organschaft – um eine Möglichkeit, die Steuerbelastung im Zusammenhang mit dem externen Leistungsbezug durch eine Beteiligung am Dienstleister zu eliminieren982. Der steuerfreie Zusammenschluss unterscheidet sich jedoch unter anderem dadurch wesentlich von der Organschaft, dass es mehrerer Beteiligter bedarf, deren individueller Grad der Beteiligung nicht entscheidend ist, sowie dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL eine Vielzahl weiterer Anforderungen stellt983. Des Weiteren findet die umsatzsteuerliche Gestaltung auf Ebene der Steuerfreiheit statt, während die Organschaft bereits einen steuerbaren Leistungsaustausch entfallen lässt.
II.
Lediglich teilweise nationale Umsetzungsregelung
Obwohl Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL den Mitgliedstaaten kein Wahlrecht bei der Umsetzung einräumt, setzte der nationale Gesetzgeber diese Regelung lediglich in Bezug auf Heilberufe um (§ 4 Nr. 14 Buchst. d
982 983
318
Vgl. zur Organschaft zwischen KAG und Depotbank Kap. 4, Abschn. B., Punkt IV sowie zur Organschaft zwischen KAG und externem Dienstleister Kap. 5, Abschn. B. Die Möglichkeit der Beteiligung mehrerer bringt den Vorteil mit sich, dass die Kapitalbelastung der Beteiligung auf mehrere Schultern verteilt werden kann, während eine Mehrmütterorganschaft im Umsatzsteuerrecht nicht anerkannt wird, vgl. Fn. 481.
Steuerfreie Zusammenschlüsse
UStG). Die Richtlinienregelung lässt keine derartige Einschränkung erkennen, weshalb der deutsche Gesetzgeber hinter den Anforderungen der Richtlinie zurückgeblieben ist984. Weil Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL darüber hinaus auch inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist, können sich die Betroffenen auf die unmittelbare Anwendbarkeit dieser Norm berufen985.
III.
Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL
1.
Zusammenschluss
Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL gibt nicht vor, welcher rechtlichen Natur der selbständige Zusammenschluss sein muss. Folglich kann jede Art des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses gewählt werden986. Hierbei muss es sich gemäß dem Wortlaut der Regelung jedoch um den Zusammenschluss mehrerer Personen handeln, das heißt das Gemeinschaftsunternehmen muss mindestens zwei Mitglieder haben. Im Gegensatz zur Organschaft ist ein solcher Zusammenschluss auch grenzüberschreitendend möglich. Aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ergibt sich nicht, dass die Mitglieder oder das Gemeinschaftsunternehmen in ein und demselben Mitgliedstaat ihren Sitz unterhalten müssen987. Es ist nicht einmal erforderlich, dass alle Mitglieder oder das Gemeinschaftsunternehmen ihren Sitz im Gemeinschaftsgebiet haben. 2.
Tätigkeit der Mitglieder
Keinen Schwierigkeiten begegnet die Voraussetzung der Steuerfreiheit der Leistungen der Mitglieder des steuerfreien Zusammenschlusses. Denn die
984
985
986 987
Die Europäische Kommission hat Deutschland im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens am 6.4.2011 förmlich dazu aufgefordert, seine umsatzsteuerlichen Regelungen dementsprechend anzupassen (vgl. http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/11/428&format=HTM L&aged=0&language=de&guiLanguage=de). Vgl. Dahm/Hamacher, UR 2009, 869 ff. [872]; Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 483 ff.; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 104. Vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinienregelungen die Ausführungen in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 5 a). Vgl. Dahm/Hamacher, UR 2009, 869 ff. [873]; Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 491 f.; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 104. Vgl. Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 106. Vgl. Fn. 481 zu dem Aspekt, dass eine Organschaft nicht grenzüberschreitend möglich ist.
319
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaften sind gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der Umsatzsteuer befreit988. Die Überschrift des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL „Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ stellt keine Anforderung an die Tätigkeiten der Mitglieder dar989. Dementsprechend entschied der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Hoffmann“, dass sich Art. 13 Teil A der 6. EG-RL als Vorgängerregelung zu Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL nicht auf gemeinnützige Tätigkeiten beschränkt990. Die einzelnen Tatbestände dieser Regelung legen für sich bereits genau fest, welche Leistungen von der Steuer zu befreien sind991. Obwohl es in der Rechtssache „Taksatorringen“992 um die Befreiung von Gutachterleistungen eines Gemeinschaftsunternehmens gegenüber Versicherungen als Mitgliedern dieses Zusammenschlusses ging, nahm der Europäische Gerichtshof keinen Anstoß daran, dass die Leistungen der Versicherungen nicht dem Gemeinwohl, sondern rein gewerblichen Zwecken dienen. Weder Gericht noch Generalanwalt Mischo993 äußerten sich in diesem Verfahren zu der Frage, ob Gutachterleistungen gegenüber Versicherungen dem Gemeinwohl dienen. Folglich muss man davon ausgehen, dass diese Befreiung alle Mitglieder umfasst, deren Tätigkeiten steuerfrei sind994. Die Tätigkeiten müssen – entgegen der Kapitelüberschrift vor Art. 132 MwStSystRL – nicht dem Gemeinwohl dienen. 3.
Leistungen zur Ausübung der befreiten Tätigkeit
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL muss das Gemeinschaftsunternehmen seine Tätigkeiten gegenüber den Mitgliedern für unmittelbare Zwecke der Ausübung der befreiten Tätigkeit erbringen. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Leistungen des Gemeinschaftsunternehmens seinerseits unter denselben bzw. überhaupt unter einen Befreiungstatbestand fallen müssen, jedoch ist es erforderlich, dass die Leistungen in die Ausgangsumsätze der
988 989 990 991 992 993 994
320
Vgl. zu dieser Frage ausführlich Kap. 7. Vgl. Dahm/Hamacher, UR 2009, 869 ff. [874 f.]; Schiller, Outsourcing, S. 182 f.; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 105. Vgl. EuGH, Urt. v. 3.4.2003, Rs. C-144/00 (Hoffmann), Rn. 37 ff., EuGHE 2003 I, 2948 ff. Vgl. EuGH, Urt. v. 3.4.2003, Rs. C-144/00 (Hoffmann), Rn. 38, EuGHE 2003 I, 2948 ff. EuGH, Urt. v. 20.11.2003, Rs. C-8/01 (Taksatorringen), UR, 2004, 82 ff. GA Mischo, SA v. 3.10.2002, Rs. C-8/01 (Taksatorringen), EuGHE 2003 I, 13714 ff. Vgl. Burgmaier, UR 2004, 89 ff. [90 f.]; ders., UStB 2004, 248 ff. [249]; Schiller, Outsourcing, S. 183; Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 105.
Steuerfreie Zusammenschlüsse
Mitglieder einfließen995. Sie muss Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses der Mitgliedsunternehmen sein996. 4.
Keine Wettbewerbsverzerrung
In der Rechtssache „Taksatorring“ befasste sich der Europäische Gerichtshof ausführlich mit der Frage, welche Anforderungen Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Wettbewerbsverzerrung aufstellt. Dabei kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Befreiung erst dann ausgeschlossen sei, wenn aus ihr unmittelbar die reale Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung folgt. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die Befreiung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könnte, genügt hierfür nicht997. Andernfalls würde diese Befreiungsregelung leerlaufen, weil im Zusammenhang mit einer Steuerbefreiung nahezu immer die theoretische Gefahr der Wettbewerbsverzerrung besteht998. Hierbei handelt es sich um eine Tatfrage, die in jedem Fall gesondert zu betrachten ist. Weil die Antwort hierauf im Voraus kaum sicher gegeben werden kann, führt dieser Aspekt zu einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit. Diese Rechtsunsicherheit wird vor allem dadurch verstärkt, dass sich der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung zu den steuerfreien Zusammenschlüssen im Gesundheitswesen zwar auf die Rechtssache „Taksatorringen“ beruft, eine solche reale Gefahr der Wettbewerbsverzerrung aber bereits daraus schlussfolgert, dass sich die Leistungen des Gemeinschaftsunternehmens nicht von solchen Leistungen anderer außenstehender Anbieter unterscheiden, deren Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind999. Dies läuft im Ergebnis wiederum auf eine theoretische Betrachtung der Wettbewerbssituation hinaus, was der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs widerspricht.
995 996 997 998
999
Vgl. Schubert/Jaster, Fragestellungen, S. 105. Vgl. Hahne, in: Hahne/Eckstein/Witzani, Umsatzsteuer, Rn. 495. Vgl. EuGH, Urt. v. 20.11.2003, Rs. C-8/01 (Taksatorringen), Rn. 63 ff., UR 2004, 82 ff. Vgl. Schiller, Outsourcing, S. 184. Das BMF begründete die Nichtumsetzung der Richtlinienregelung in seinem Schr. v. 10.11.2000 (IV D 1 - S 7171 - 2/00, UR 2001, 177 f.) damit, dass es durch solche Zusammenschlüsse regelmäßig zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könnte. Diese Sichtweise dürfte seit der Entscheidung des EuGH in der Rs. „Taksatorringen“ nicht mehr vertretbar sein. Vgl. BFH, Urt. v. 5.12.2007, V R 60/05, BStBl. II 2009, 486 ff.; Urt. v. 23.4.2009, V R 5/07, UR 2009, 762 ff.
321
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
5.
Kostenteilung
Zuletzt gilt es zu beachten, dass das Gemeinschaftsunternehmen keinen Gewinn erwirtschaften darf. Eine Steuerbefreiung muss ausscheiden, wenn die Entgeltzahlungen das Kostenniveau übersteigen.
IV.
Praktische Hindernisse
Neben den geschilderten rechtlichen Schwierigkeiten aufgrund der fehlenden Umsetzung der Richtlinienregelung ins nationale Recht und der europarechtswidrigen Auffassung des Bundesfinanzhofs hinsichtlich der Wettbewerbsverzerrung ergeben sich im Zusammenhang mit einem steuerfreien Zusammenschluss weitere praktische Hindernisse, die der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens bereits aus betriebswirtschaftlichen Gründen entgegenstehen können. Ob sich mehrere Kapitalanlagegesellschaften zur Etablierung eines Gemeinschaftsunternehmens entschließen, erscheint unter anderem vor dem Hintergrund als problematisch, dass eine Vielzahl der hier im Zusammenhang mit dem externen Leistungsbezug untersuchten Tätigkeiten wie zum Beispiel das Portfolio-Management auf individuellen Anlagestrategien beruhen, die gegebenenfalls nicht mit anderen Wettbewerbern geteilt werden sollen. Schließlich müsste das Gemeinschaftsunternehmen Portfolio-Management-Leistungen auch gegenüber den anderen Mitgliedern erbringen. Vor diesem Hintergrund erscheint es kaum möglich, geheime Geschäftsstrategien durch das Portfolio-Management des Gemeinschaftsunternehmens ausschließlich für die Leistungen gegenüber einer Mitgliedskapitalanlagegesellschaft zu verwenden, während dieses interne Wissen für die Leistungserbringung gegenüber anderen Mitgliedern ausgeblendet wird. Weil die Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft hinsichtlich Renditen und Wertentwicklung des Sondervermögens das wesentliche Aushängeschild im Wettbewerb um die Gunst der Anleger darstellen, entstünde mit dem Leistungsbezug von einem Gemeinschaftsunternehmen die Gefahr der Nivellierung von Unterschieden in der individuellen Leistungsstruktur der Mitgliedskapitalanlagegesellschaften. Diesen Bedenken lässt sich wiederum entgegnen, dass externe Dienstleister, die sich auf die Erbringung von Portfolio-Management-Leistungen spezialisiert haben, ihre Leistungen oftmals ebenso gegenüber verschiedenen Kapitalanlagegesellschaften erbringen, so dass es auch dort zu den geschilderten Gefahren kommen kann. Die besondere Fachkenntnis und Kostenattraktivität eines externen Dienstleisters basiert oftmals auf einer Spezialisierung, die es erfordert, die eigene Leistung gegenüber möglichst vielen Kunden zu erbringen. Die Kapitalanlagegesellschaften als Kunden eines solchen
322
Steuerfreie Zusammenschlüsse
Dienstleisters sind damit notwendigerweise oftmals auch auf demselben Markt tätig. Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Umstand, dass das Gemeinschaftsunternehmen keinen Gewinn erzielen darf. Fraglich ist, ob sich ein Unternehmen, das eine hochspezialisierte Leistung anbietet, auf der Basis der bloßen Kostendeckung erfolgreich führen lässt. Schließlich stellt die Gewinnmaximierung einen nicht unwesentlichen Anreiz dar, die eigene Leistung kostengünstig zu erbringen und die Effizienz weiter auszubauen. Aufgrund der Konstruktion als Gemeinschaftsunternehmen müssten die Mitglieds-Kapitalanlagegesellschaften die Kosten letztlich in jedem Fall tragen, so dass der Anreiz zur maximalen Effizienz so stark nachlassen könnte, dass sich die gewünschten Kostensenkungspotentiale nicht einstellen. Zumindest könnte sich der Effekt einstellen, dass die Suche nach weiteren Einsparungspotentialen unterbleibt, weil aus Sicht des Gemeinschaftsunternehmens die Kosten „sowieso“ gedeckt sind. Ist die Geschäftsleitung einer Kapitalanlagegesellschaft unzufrieden mit den Leistungen des Gemeinschaftsunternehmens, so gestaltet sich der Ausstieg aus einem solchen Gemeinschaftsunternehmen in der Regel deutlich schwieriger als die Auflösung eines Auslagerungsvertrags. Die Kapitalanlagegesellschaft wäre an das Gemeinschaftsunternehmen gebunden. Dieses Problem stellt sich bereits im Zusammenhang mit der Auswahl des geeigneten Dienstleisters. Aufgrund der Entscheidung, ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, ist die Kapitalanlagegesellschaft nicht mehr frei in der Wahl des aus ihrer Perspektive am ehesten geeigneten Dienstleisters. Zudem wirft der Umstand, dass das Gemeinschaftsunternehmen keinen Gewinn erzielen darf, die Frage auf, wie das Kapital für notwendige Innovationen erwirtschaftet werden soll. Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten erscheint die Möglichkeit des steuerfreien Zusammenschlusses im Vergleich zur steuerfreien Auslagerung einzelner Leistungen als eher unattraktiv. Zumindest in den Bereichen, die einen externen Leistungsbezug steuerfrei ermöglichen, wird man in der Regel diese Option nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Des Weiteren stellt sich eine Vielzahl der geschilderten Probleme nicht, wenn das Gemeinschaftsunternehmen nicht mit solch sensiblen Bereichen wie Advisory oder Decision betraut ist, sondern sich auf die Erbringung von Leistungen aus dem Bereich der Fonds-Buchhaltung beschränkt. Zudem gilt es zu berück-
323
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
sichtigen, dass eine Vielzahl der geschilderten praktischen Schwierigkeiten auch im Zusammenhang mit der Organschaft entsteht1000.
V.
Zusammenfassung
Die Bildung eines steuerfreien Zusammenschlusses im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL bringt betriebswirtschaftliche und rechtliche Schwierigkeiten mit sich. Letztlich hängt es vom Einzelfall ab, ob die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens aus strategischer Perspektive favorisiert wird. In bestimmten Einzelfällen kann sie zwar durchaus eine Alternative darstellen, einen wirklichen Ersatz für den steuerfreien Bezug externer Leistungen kann man in Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL jedoch nicht erkennen.
VI.
Vorschläge zur Neuregelung
Die Kommission schlägt die Einfügung eines Art. 137b in die MwStSystRL vor, der sich im Großen und Ganzen an die Regelung des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL anlehnt1001. Weil der steuerfreie Zusammenschluss damit eine eigenständige Regelung erhält und aus Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL herausgelöst wird, erübrigt sich damit die Frage, ob die Mitglieder dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten erbringen müssen. Entsprechend Art. 137b Nr. 1 MwStSystRL-E-KOM müssen alle Mitglieder und der Zusammenschluss selbst ihren Sitz oder Wohnsitz in der Gemeinschaft haben. Damit wird zum einen ausdrücklich klargestellt, dass ein grenzüberschreitender Zusammenschluss möglich ist, zum anderen aber auch deutlich, dass eine Einbindung von Beteiligten aus dem Drittlandsgebiet nicht von der Befreiung profitieren soll. Gegen diese Einschränkung wand sich der Ausschuss für Wirtschaft und Währung in seinen Änderungsanträgen vom 15. September 2008 mit der Begründung, dass auch nicht in der EU ansässige Unternehmen Mitglied eines solchen Zusammenschlusses sein können sollten1002. Lediglich der Zusammenschluss muss seinen Sitz im Gemeinschaftsgebiet unterhalten. Dieser Änderungsantrag hat bisher in den
1000 Vgl. Kap. 5, Abschn. B, Punkt III. 1001 Vgl. Dok. COM (2007) 747 (S. 13), abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1002 Vgl. Änderungsantrag 23 (S. 18), abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/ unter Angabe der interinstitutionellen Verfahrensnummer 2007/0267 (CNS). In der dann erscheinenden Übersicht trägt er auch die Nummer: A6-0344/2008.
324
Steuerfreie Zusammenschlüsse
folgenden Beratungsdokumenten der Gruppe Steuerfragen des Rates der EU keine Berücksichtigung gefunden1003. Die von der Kommission in Art. 137b Nr. 4 MwStSystRL-E-KOM vorgesehene Voraussetzung, dass der Zusammenschluss ausschließlich Leistungen gegenüber seinen Mitgliedern erbringen dürfe, wurde auf Vorschlag des französischen Vorsitzes gestrichen. Damit wäre es dem Gemeinschaftsunternehmen erlaubt, Leistungen auch an Dritte zu erbringen. Diese Leistungen könnten dann der regelmäßigen Besteuerung unterliegen1004. Eine wesentliche Neuerung ergibt sich daraus, dass die Frage der Wettbewerbsverzerrung nicht mehr Gegenstand der Regelung sein soll, womit sich die Schwierigkeiten mit der deutschen Rechtsprechung endgültig verflüchtigen sollten1005. Die nur schwer vorzunehmende Abgrenzung zwischen theoretischer und realer Gefahr der Wettbewerbsverzerrung müsste nicht mehr vorgenommen werden. Des Weiteren wird durch den Kommissionsvorschlag der Anwendungsbereich dieser Steuerbefreiung insoweit erweitert, als dass die Leistung des Zusammenschlusses nicht mehr unmittelbar zur Ausübung der befreiten Tätigkeiten der Mitglieder erbracht werden muss, sondern es genügt, wenn die Leistungen notwendig sind, um die Mitglieder in die Lage zu versetzen, ihre nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g MwStSystRL befreiten Leistungen zu erbringen (vgl. Art. 137b Nr. 4 MwStSystRL-E-KOM)1006. Unklar ist jedoch, wie dieses Merkmal auszulegen ist. Letztlich müsste bei einer weiten Auslegung so gut wie jede Leistung notwendig sein, weil ein Unternehmen kaum ein Entgelt für etwas entrichten wird, was es für seine Leistungserbringung nicht benötigt1007. Allgemeine EDV-Überlassungsdienste und Wartungsarbeiten müssten dann von einem Gemeinschaftsunternehmen steuerfrei bezogen werden können, weil Finanzdienstleistungen heutzutage kaum ohne besondere EDV-Anlagen erbracht werden können1008. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die anvisierte Neuregelung einige Argumente für die verstärkte Inanspruchnahme des Gestaltungsin1003 Vgl. z. B. das aktuellste Dokument der Beratungen: Dok. 13056/09 des schwedischen Vorsitzes v. 9.9.2009, S. 13, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. 1004 Vgl. Dok. 16967/08 v. 8.12.2008, S. 7 f., abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. 1005 Vgl. zu dieser Frage Punkt III 4 dieses Abschnitts. 1006 Vgl. Punkt II 3 dieses Abschnitts. 1007 Vgl. Grambeck¸ UR 2009, 541 ff. [549]. 1008 Grambeck (UR 2009, 541 ff. [549]) geht sogar soweit, dass Reinigungsarbeiten oder allgemeine Wachdienst- oder Hausmeistertätigkeiten befreit sein können.
325
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
struments des steuerfreien Zusammenschlusses enthält. Zwar bleibt es nach wie vor bei den in Punkt IV geschilderten praktischen Hindernissen, jedoch wird die Rechtsunsicherheit im Hinblick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen beseitigt und der allgemeine Anwendungsbereich auf solche Leistungen erweitert, die lediglich notwendig für Erbringung der befreiten Leistungen durch die Mitgliedsunternehmen sind.
326
Option zur Steuerpflic ht
G.
Option zur Steuerpflicht
Geht man entsprechend der hier vertretenen Ansicht von einer überwiegenden Steuerfreiheit der Leistungen eines externen Dienstleisters aus, so ist ihm gemäß § 15 Abs. 2 UStG der Abzug der Umsatzsteuer auf die Leistungen verwehrt, die er von einem anderen Dienstleister zur Ausführung seiner Leistungen empfängt. Die Ausübung der Option nach § 9 Abs. 1 UStG erscheint insoweit als attraktiv, als sie dem externen Dienstleister die Möglichkeit eröffnet, diese Vorsteuern dadurch zum Abzug zu bringen, dass er seine Ausgangsleistungen steuerpflichtig gestaltet. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, ob es sich bei der Optionsausübung um eine echte Alternative für einen externen Dienstleister handelt.
I.
Rechtliche Voraussetzungen des Optionsrechts
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet der Aspekt, dass es sich gemäß § 9 Abs. 1 UStG um die Leistung eines Unternehmers an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen handeln muss1009. Die hier betrachteten steuerfreien Leistungen des externen Dienstleisters als Unternehmer fließen allesamt in die von der Kapitalanlagegesellschaft ausgebübte unternehmerische Tätigkeit der Verwaltung eines Investmentvermögens1010. Weil sich die Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG nicht in der abschließenden Aufzählung des § 9 Abs. 1 UStG wiederfindet, kommt eine Option für einen Dienstleister nur hinsichtlich solcher Dienstleistungen in Betracht, die gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG befreit sind1011. Folglich kann eine Option nur hinsichtlich des gesamten Portfolio-Managements samt Entscheidungsbefugnis als einheitliche Leistung erfolgen. Ebenso wie im Zusammenhang mit der Optionsausübung der Kapitalanlagegesellschaft hinsichtlich solcher Umsätze, die gegenüber Anlegern erbracht werden, die im sonstigen Gemeinschaftsgebiet sitzen, bringen Leistungen eines ausländischen Dienstleisters gegenüber der in Deutschland
1009 Wie bereits erwähnt, handelt es sich hierbei um eine nationale Voraussetzung, die nicht auf Art. 137 MwStSystRL beruht, sondern auf dem Recht eines jeden Mitgliedsstaates aus Art. 137 Abs. 2 UA 2 MwStSystRL, den Anwendungsbereich des Wahlrechts einzuschränken. 1010 Vgl. Kap. 5, Abschn. A zur Unternehmereigenschaft des externen Dienstleisters sowie Kap. 3, Abschn. A. zur Unternehmereigenschaft der KAG. 1011 Vgl. zur Problematik der Optionsausübung auf der Basis der Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG, während die nicht verzichtsfähige Befreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG fortwirkt: Kap. 7, Abschn. C, Punkt II 2.
327
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
ansässigen Kapitalanlagegesellschaft weitere Probleme mit sich1012. Die Ausübung des Optionsrechts nach § 9 Abs. 1 UStG ermöglicht nur den Vorsteuerabzug in Deutschland. Weil sich aber der Ort der Eingangsleistungen in der Regel an seinem Sitz befindet (Ausland), kann er die darauf entrichtete Umsatzsteuer nicht in Deutschland zum Abzug bringen. Die Option nach § 9 Abs. 1 UStG bringt ihm insoweit keinen Vorteil, es sei denn, er kann gleichzeitig in seinem Sitzstaat ein „fiktive“ Option ausüben1013.
II.
Faktische Voraussetzungen des Optionsrechts
Auch wenn das Optionsrecht dem leistenden Unternehmer zusteht, darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der die Leistung empfangenden Kapitalanlagegesellschaft nicht nur ebenso um eine Unternehmerin handeln muss, die die betreffenden Dienstleistungen für ihre unternehmerische Betätigung bezieht, sondern darüber hinaus die Ausübung des Optionsrechts seitens des externen Dienstleisters praktisch der Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft bedarf. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine rechtliche Voraussetzung, jedoch ist es die Kapitalanlagegesellschaft, die den externen Dienstleister beauftragt. Es steht ihm somit aus wirtschaftlicher Perspektive nicht frei, darüber zu entscheiden, ob er auf die Steuerfreiheit seiner Leistungen verzichtet. Die Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft zur Steuerpflicht der externen Dienstleistung stellt somit eine faktische Voraussetzung der Optionsausübung dar. Die Kapitalanlagegesellschaft wird einer Steuerpflicht nur dann zustimmen, wenn sich die dadurch von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer für sie nicht nachteilig auswirkt. Dies erfordert wiederum, dass es der Kapitalanlagegesellschaft gelingt, diesen Umsatzsteuerbetrag entweder an die Anleger als so genannte „versteckte“ Umsatzsteuer1014 in den Verwaltungsgebühren weiterzureichen oder ihrerseits einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG geltend zu machen. Weil es aufgrund des verstärkten Wettbewerbs um die Gunst der Anleger für eine Kapitalanlagegesellschaft in der Regel keine Alternative ist, die von ihr zu entrichtenden Vorsteuerbeträge an die Anleger in der Gestalt von Gebühren weiterzureichen, kommt es damit im Ergebnis darauf an, ob der Kapitalanlagegesellschaft ein Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zusteht. Weil die Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber den 1012 Vgl. zu dieser Problematik hinsichtlich Leistungen der KAG: Kap. 7, Abschn. C, Punkt II 3. 1013 „Fiktiv“ deshalb, weil die Leistungen des Insourcers in dieser Konstellation aufgrund des Bestimmungslandprinzips in seinem Sitzland bereits nicht steuerbar sind, vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 7, Abschn. C, Punkt II 3. 1014 Vgl. zu diesem Begriff Fn. 77.
328
Option zur Steuerpflic ht
Anlegern gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h bzw. e UStG steuerfrei sind, muss sie somit ebenfalls zur Steuerpflicht optieren. Wie im siebten Kapitel ausgeführt, ist dies jedoch bereits aus rechtlichen Gründen nur bedingt möglich. Denn hierfür muss der Anleger ein Unternehmer sein, der die Verwaltungsleistung für sein Unternehmen bezieht und darüber hinaus in einem Land sitzt, das ebenfalls ein Optionsrecht im Sinne des § 9 Abs. 1 UStG kennt1015. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein Anleger aufgrund der Wettbewerbssituation zwischen den verschiedenen Investmentgesellschaften der Ausübung der Option seinerseits nur dann zustimmen wird, wenn er die für ihn dadurch entstehende Eingangsumsatzsteuer selbst zum Abzug bringen kann1016. In allen weiteren Fällen wäre der Insourcer somit gezwungen, den Preis inklusive der durch die Option entstandenen Umsatzsteuer dem sonstigen Preis ohne Umsatzsteuer anzugleichen. Eine Option würde in diesen Fällen für den Dienstleister deshalb nur dann Sinn machen, wenn die von ihm entrichtete (und nicht abziehbare) Eingangsumsatzsteuer höher ist als die Ausgangsumsatzsteuer1017.
III.
Ergebnis
Die Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 UStG stellt für den externen Dienstleister keine echte Gestaltungsalternative dar. Sie ist zum einen aus rechtlichen Gründen in nur wenigen Fällen denkbar und zum anderen in der Regel gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft kaum durchzusetzen. Insoweit bestätigt sich das Ergebnis, das bereits hinsichtlich der Optionsausübung durch die Kapitalanlagegesellschaft gefunden wurde (vgl. Kap. 7, Abschn. C, Punkt IV).
IV.
Vorschläge zur Neuregelung
Zur geplanten Neuregelung des Art. 137 MwStSystRL kann auf die Ausführungen zum Optionsrecht der Kapitalanlagegesellschaft verwiesen werden1018. Zwar würde die Streichung des Umsetzungswahlrechts der Mitgliedsstaaten zur Lösung einiger Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Steuerfreiheit führen, jedoch besteht eher die Tendenz, es bei der Altregelung zu belassen. Damit bliebe es bei europäischen Uneinheitlichkeit des Optionsrechts und den damit verbundenen Pro-blemen.
1015 1016 1017 1018
Vgl. Kap. 7, Abschn. C, Punkt II. Vgl. Kap. 7, Abschn. C, Punkt III. Vgl. hierzu das Rechenbeispiel Schillers, Outsourcing, S. 35 f. Vgl. Kap. 7, Abschn. C, Punkt V.
329
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
H.
Ergebnis
Entsprechend der hier vertretenen Ansicht kann nicht nur das gesamte Portfolio-Management in einem Stück ausgelagert werden, ohne eine zusätzliche umsatzsteuerliche Belastung auszulösen. Vielmehr können auch einzelne Teile hiervon steuerfrei ausgelagert werden. So sind auch die ResearchLeistungen eines externen Dienstleisters steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG, soweit sich diese Informationen auf zulässige und der Anlagepolitik entsprechende Anlage-instrumente beschränken. Übernimmt es der Dienstleister zudem, aus diesen Informationen anlagebezogene Empfehlungen zu entwickeln, die ebenso die besonderen Bedürfnisse eines konkreten Investmentvermögens berücksichtigen, so nehmen auch diese Tätigkeiten als Teil der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG an der Befreiung teil. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Empfehlungen eine Anlagebzw. Umschichtungsentscheidung faktisch vorgeben, die keiner Weiterentwicklung mehr bedarf. Entscheidend ist vielmehr, dass es durch die Vorbereitungshandlung zu einer entsprechenden Aufwandreduzierung auf Seiten der Kapitalanlagegesellschaft kommt. Neben dem Bereich des PortfolioManagements können auch die Tätigkeiten des Fonds-Controlling und der Fonds-Buchhaltung umsatzsteuerfrei bezogen werden. Abzulehnen ist die Sichtweise der Finanzverwaltung, wonach eine Befreiung praktisch ausschließlich im Fall der Auslagerung der Portfolioverwaltung (inklusive der formalen Entscheidungsbefugnis) in Betracht kommt. Der externe Bezug von Controlling-Leistungen sowie administrativen Leistungen wird von der Finanzverwaltung nur unter der Bedingung zugelassen, dass nahezu sämtliche Leistungen dieser Art von ein und demselben Dienstleister erbracht werden. Diese Sichtweise bildet weder die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ab noch wahrt sie den Grundsatz der Neutralität des Umsatzsteuerrechts. Des Weiteren ergibt sich eine Steuerfreiheit für die Auslagerung von Portfolio-Management-Leistungen mit eigener Entscheidungsbefugnis aus § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG. Aufgrund dieser Befreiung eröffnet sich für den Insourcer auch die Möglichkeit zur Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 UStG, die jedoch in nur wenigen Fällen eine echte Gestaltungsmöglichkeit darstellt. Hinsichtlich solcher Leistungen eines externen Dienstleisters, die nicht steuerbefreit sind, sollte die Möglichkeit eines steuerfreien Zusammenschlusses zumindest in Betracht gezogen werden. Aufgrund rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten ist dieses Gestaltungsinstrument jedoch nicht in der Lage, den individuellen (steuerpflichtigen) Leistungsbezug vollumfänglich zu vermeiden. 330
Ergebnis
Im Hinblick auf die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements ergeben sich aus keinem der bisher geäußerten Vorschläge zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL Veränderungen hinsichtlich der Befreiung solcher Leistungen. Zu begrüßen ist der Vorstoß, Research-Leistungen in der Durchführungsverordnung ausdrücklich als befreit anzusehen. Insoweit verstärkt die Durchführungsverordnung die Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Auslagerung solcher Tätigkeiten. Ob der darüber hinaus gehende Bezug von anlagebezogenen Beratungsleistungen auch unter die Befreiung fallen soll, lässt sich nicht mit abschließender Sicherheit feststellen, weil sich die bisherigen Vorschläge zur Durchführungsverordnung hierzu nicht eindeutig äußern. Insoweit wird deutlich, dass eine Durchführungsverordnung keinesfalls jede denkbare Gestaltung abschließend regeln kann. Folglich ist es unbedingt erforderlich, dass die allgemeine Regelung zur Befreiung einer Teilleistung (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM) zum einen auch auf die Verwaltung von Investmentfonds Anwendung findet und zum anderen dabei auf das Erfordernis des Bewirkens von rechtlichen und finanziellen Änderungen verzichtet wird. Zu kritisieren ist des Weiteren, dass entsprechend der bisherigen Vorschläge zur Durchführungsverordnung Leistungen des Fonds-Controlling nicht Bestandteil der Verwaltung im Sinne der Befreiungsregelung sein sollen. Dies stellt einen Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und damit zur geltenden Rechtslage dar und stimmt nicht mit den Vorgaben der vorrangigen Definition der Verwaltung eines Investmentfonds in Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM überein. Diese Sichtweise verkennt die Bedeutung des FondsControlling für die Verwaltung eines Investmentvermögens. Entsprechend dem Stand der bisher geäußerten Vorschläge gilt die Befreiung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich auch für die Leistungen der Fonds-Buchhaltung. Unklar ist, inwiefern eine Aufspaltung dieser Tätigkeit in die Buchhaltung im engeren Sinn, das Bewertungswesen und das Berichtwesen eine Umsatzsteuerneutralität der Auslagerung ausschließt. Die Vorschläge zur Neuregelung des steuerfreien Zusammenschlusses bieten einige Aspekte, die für eine verstärkte Inanspruchnahme dieses Gestaltungsinstruments in Zukunft sprechen. Im Gegensatz hierzu muss man davon ausgehen, dass die notwendige Erweiterung des Optionsrechts in Verbindung mit einer dahingehenden Umsetzungspflicht für alle Mitgliedsstaaten noch einige Zeit auf sich warten lassen wird.
331
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
I.
Exkurs: Steuerfreiheit des Leistungsverkaufs durch die Kapitalanlagegesellschaft
In einem Exkurs am Ende des Kapitels zur Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs durch die Kapitalanlagegesellschaft (vgl. Kap. 5, Abschn. E) wurde die Steuerbarkeit solcher Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft untersucht, die sie nicht in bezug auf das von ihr verwalteten Sondervermögen erbringt, sondern an außenstehende Dritte verkauft. Im Ergebnis wurde dargelegt, dass – neben den gegenüber ebenso in Deutschland ansässigen Leistungsempfängern – diese grenzüberschreitenden Leistungen nur dann in Deutschland steuerbar sind, wenn sie gegenüber einem solchen Organismus zur gemeinsamen Kapitalanlage bzw. seinem Verwalter erbracht werden, der kein Unternehmer ist und seinen Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet unterhält. Hinsichtlich der Steuerfreiheit solcher gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft stellen sich zwei bereits bekannte Probleme. Zum einen müssen sie den Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erfüllen und zum anderen an ein „Sondervermögen“ im Sinne der Befreiungsvorschrift gerichtet sein. Im Hinblick auf den Begriff des „Sondervermögens“ kann auf die Ausführungen in Kap. 6, Abschn. C, Punkt III verwiesen werden. Als „Sondervermögen“ in diesem Sinne gelten nicht nur Kapitalanlagegesellschaften, sondern auch Investment-Aktiengesellschaften sowie alle weiteren Organismen zur gemeinsamen Anlage, soweit sie Anlegern die Möglichkeit zur risikodiversifizierten Anlage bieten und dabei im Wettbewerb mit den Anlagevehikeln im Sinne der OGAW-RL stehen. Unter diesen Voraussetzungen können sogar Verwaltungsleistungen gegenüber geschlossenen Fonds befreit sein. Welche Teile der Verwaltungsleistung einer Kapitalanlagegesellschaft auch gegenüber Dritten steuerfrei erbracht werden können, ergibt sich aus den Ausführungen zur Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs (Abschn. B bis E dieses Kapitels). Die Kapitalanlagegesellschaft agiert in dieser Konstellation ebenso als externer Dienstleister. Steuerfrei können somit das gesamte Portfolio-Management, die Fonds-Buchhaltung, das FondsControlling sowie solche anlagebezogenen Research- und Beratungsleistungen erbracht werden, die sich als funktionaler Bestandteil einer Entscheidungsprozesses auf dem Weg zur Anlage- und Umschichtungsentscheidung darstellen und dabei zu einer entsprechenden Aufwandsreduzierung beim Leistungsempfänger führen.
332
9. Kapitel: Steuerfreiheit der Depotbankleistungen A.
Problemstellung
Wie sich aus dem vierten Kapitel ergibt (dort Abschn. B, Punkt II), erbringt die Depotbank sowohl gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft als auch gegenüber den Anlegern Leistungen im Investment-Dreieck. Liegt der Ort dieser Leistungen innerhalb Deutschlands, stellt sich die Frage, inwieweit die steuerbaren Leistungen steuerfrei sind. Für Leistungen, die gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbracht werden, ist diese Frage deshalb wichtig, weil der Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug aufgrund der Steuerfreiheit ihrer Verwaltungsleistungen in der Regel verwehrt ist. Umsatzsteuer, die auf jene von der Kapitalanlagegesellschaft bezogenen Depotbankleistungen zu entrichten ist, belastet diese Tätigkeiten somit definitiv. Der Kapitalanlagegesellschaft bleibt somit lediglich die Möglichkeit, diese Umsatzsteuerbelastung auf die Anleger abzuwälzen. Gelingt ihr dies jedoch aufgrund der Markt- und Wettbewerbssituation nicht, so muss sie diese Belastung selbst tragen. Auch für die Anleger ist es keineswegs unerheblich, ob die von ihnen empfangenen Depotbankleistungen steuerpflichtig sind. Nicht unternehmerisch tätige Investoren tragen eine Umsatzsteuerlast in jedem Fall selbst und unternehmerisch tätige Investoren tragen die Umsatzsteuerlast zumindest insoweit, als ihnen nicht das Recht zum Vorsteuerabzug zukommt (z. B. weil sie die Depotbankleistungen selbst für steuerfreie Tätigkeiten verwenden).
333
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
B.
§ 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG
Als Befreiungstatbestände kommen die Regelungen des § 4 Nr. 8 Buchst. d, e und h UStG in Frage. Den Mittelpunkt der Untersuchung stellt § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. seine europäische Grundlage in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL dar. Die Befreiungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG umfassen allenfalls einen kleinen Teil der gesetzlichen Depotbanktätigkeiten. Ohne eine Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG unterläge ein Großteil der Depotbanktätigkeiten der Umsatzsteuerpflicht1019. Ergänzend sei auf die auch ohne Berücksichtigung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG befreiten Depotbankumsätze hingewiesen1020: Als Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrent- sowie im Zahlungsund Überweisungsverkehr sind zumindest solche Aufgaben bzw. Aufgabenelemente der Depotbanken gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei, bei denen die Depotbank in den Zahlungsverkehr eingebunden ist. Zu nennen sind an dieser Stelle die Aufgaben bzw. Aufgabenelemente im Sinne des § 25 S. 1, S. 2 Nr. 1, Nr. 3 InvG im Zusammenhang mit der Verbuchung von eingehenden Zahlungen, der Erfüllung von Kaufpreisverbindlichkeiten und der Ausschüttungsauszahlung an Anteilinhaber. Auch die Auszahlung der Vergütungen und Aufwendungsersatzleistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft nach § 29 Abs. 1 InvG fallen unter die Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Anteilen am Investmentvermögen um Wertpapiere im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG handelt1021, kommt diese Befreiungsregelung bei solchen Tätigkeiten der Depotbank in Betracht, die sich mit der Anteilsausgabe und -rücknahme nach § 23 InvG befassen1022. Handelt es sich bei den Vermögensgegenständen des Sonder-
1019 Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/388. 1020 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei: Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/388, Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 460 (EL 104, 11/2000). 1021 Vgl. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. II, § 93, Rn. 362 (EL 39, 10/2005); Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 72 (EL 3/07, 06/2007). Weil sowohl Wertpapiere als auch Inhaberschuldverschreibungen von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umfasst sind, kommt es nicht darauf an, welcher Ansicht man in Bezug auf die Rechtsnatur des Anteilsscheins folgt, vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 2 und Fn. 1046. 1022 Vgl. zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG auf Leistungen im Zusammenhang mit Wertpapieremissionen: Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 75 (EL 3/07, 06/2007); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 325 ff. (EL 104, 11/2000).
334
§ 4 Nr. 8 Buchst. d und e UStG
vermögens um Wertpapiere, ermöglicht § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG eine Befreiung die Mitwirkung der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 2 InvG. Leistungen der Depotbank, die sich nicht auf das Einlagengeschäft, den Kontokorrent- sowie den Zahlungs- und Überweisungsverkehr beschränken, bedürfen für eine Befreiung der Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Beispielhaft sind hier die Mitwirkungshandlungen der Depotbank bei Verfügungen über Vermögensgegenstände des Sondervermögens, die Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG), die Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft sowie die Verwahrung der Vermögensgegenstände und Guthaben des Investmentvermögens nach § 24 Abs. 1, 2 InvG zu nennen.
335
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
C.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
I.
Gang der Untersuchung
Im Zusammenhang mit der Anwendung der Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG stellen sich grundsätzlich zwei Fragen: Zuerst gilt es zu untersuchen, ob die gesetzlichen Leistungen der Depotbank Teil der Verwaltung eines Sondervermögens im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sind (Punkt II). Nachdem die Behandlung dieser Frage in Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Literatur umrissen wurde (Punkt II 1), wird die Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs und der Finanzverwaltung auf die einzelnen Depotbanktätigkeiten angewendet (Punkt II 2). Im Anschluss erfolgt eine kritische Bewertung dieser Vorgehensweise (Punkt II 3), um dann in einen eigenen Vorschlag zur Einordnung der Depotbanktätigkeiten vorzustellen (Punkt II 4). Die Einordnung einzelner Depotbanktätigkeiten als Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bedeutet jedoch noch nicht deren Befreiung. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob die Leistungen der Depotbank, die im Rahmen des ersten Schritts als Teil der Verwaltung herausgearbeitet wurden, die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung einer Teilleistung erfüllen (Punkt III). Es gilt die Frage zu beantworten, ob es sich bei den betreffenden Tätigkeiten um ein eigenständiges Ganzes handelt, das wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Investmentvermögens erfüllt.
II.
Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens
1.
Behandlung in Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur
a)
Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs
Einzig im Rahmen der Rechtssache „Abbey National“ nahm der Europäische Gerichtshofs zu der Frage Stellung, ob die Tätigkeiten der Verwahrstelle bzw. Depotbank im Sinne des Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL (bzw. Art. 7 Abs. 1, 3 und Art. 14 Abs. 1, 3 OGAW-III-RL) unter die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL (bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) fallen, nachdem Generalanwältin Kokott eine Befreiung der Leistungen der Verwahrstelle in ihren Schlussanträgen grundsätzlich für möglich erachtet hatte1023. Mit dem Argument, dass es sich hierbei nicht um Aufgaben der Verwaltung, sondern der Überwachung und 1023 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 90 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff.
336
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Kontrolle handelt, lehnte er eine Befreiung solcher Tätigkeiten der Verwahrstelle ab: „Dagegen betrifft diese Bestimmung nicht die Aufgaben der Verwahrstellen von Organismen für gemeinsame Anlagen i. S. d. Art. 7 Abs. 1 und 3 und Art. 14 Abs. 1 und 3 der 6. EG-Richtlinie 85/611/EWG. Diese Aufgaben gehören nämlich nicht zur Verwaltung dieser Organismen, sondern zur Kontrolle und Überwachung von deren Tätigkeit, da das angestrebte Ziel darin besteht, zu gewährleisten, dass die Verwaltung der Organismen für gemeinsame Anlagen nach dem Gesetz erfolgt.“1024 Dieses Ergebnis korreliert mit der Ansicht des Gerichts, dass als Verwaltung in diesem Sinne nur solche Tätigkeiten anzusehen sind, die in Anhang II der OGAW-RL aufgezählt werden1025. Das Ziel der Befreiungsregelung, die Anlage in Investmentfonds dadurch zu erleichtern, dass eine steuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlege sichergestellt wird, sprach er in Bezug auf die Depotbanktätigkeiten nicht ausdrücklich an, obwohl er es in der gleichen Entscheidung als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffs der Verwaltung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL hervorgehoben hatte1026. Weil Art. 22 OGAW-RL nicht sämtliche Depotbanktätigkeiten, sondern nur die der Verwahrung (Abs. 1) sowie der Kontrolle und Überwachung (Abs. 3) aufzählt, kann aus der Entscheidung in der Rechtssache „Abbey National“ jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die Tätigkeiten der Verwahrstelle aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs generell nicht als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens angesehen werden können1027. Dies wäre ein Verstoß gegen die Personenunabhängigkeit der Befreiungsvorschriften, weshalb aus der Steuerpflicht der Tätigkeiten im Sinne des Art. 22 Abs. 1, 3 OGAW-RL nicht auf die Steuerpflicht anderer Depotbankaufgaben geschlossen werden kann1028. Die kategorische Ablehnung der Steuerfreiheit der Depotbankleistungen durch den Europäischen Gerichtshof beschränkt sich vielmehr auf die Verwahr- und Kontrolltätigkeiten im Sinne von Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL1029. Wie bereits im Zusammenhang 1024 EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. 1025 Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 1 d) zur Bedeutung der OGAW-RL aus Sicht des EuGH. 1026 Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 2 zur Bedeutung des Ziels der Befreiungsregelung. 1027 Vgl. Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628]. So auch die luxemburgische Finanzverwaltung: Circulaire N° 723 v. 29.12.2006, abrufbar unter: http://www.aed.public.lu. 1028 Vgl. Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 220 (EL 60, 9/2008). 1029 Vgl. Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [406].
337
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
mit der Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs geschildert, befasste sich das Gericht hierbei nicht inhaltlich mit dem Begriff der Verwaltung. Es beschränkte sich auf einen Verweis auf die OGAW-RL und den Zweck der Befreiungsregelung. b)
Sichtweise der Finanzverwaltung
Vor der Veröffentlichung des bereits an verschiedenen Stellen erwähnten Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 6. Mai 20101030 hatte die Finanzverwaltung lediglich zu den so genannten Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank sowie der Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens Stellung bezogen. Gemäß Abschn. 69 Abs. 1 S. 7 UStR 2008 waren solche Tätigkeiten von der Steuerbefreiung nicht umfasst. Bereits im Jahr 1983 äußerte sich das Finanzministerium Bayerns knapp zur Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf Leistungen der Depotbank. Dabei führte es aus, „[…] daß die Verwaltung des Sondervermögens nur der Kapitalanlagegesellschaft und nicht der Depotbank obliegt, §§ 10, 26 KAGG. Die laufende Überwachung des Grundstücksbestandes durch die Depotbank (§ 31 Abs. 1 KAGG) ist nicht als Verwaltung des Sondervermögens i.S. § 10 KAGG anzusehen. Diese Tätigkeit ist daher auch nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der USt befreit“ 1031. Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 bestätigte die Finanzverwaltung ihre Sichtweise zur umsatzsteuerlichen Behandlungen der Kontroll- und Überwachungsleistungen einer Depotbank, wonach diese Tätigkeiten nicht zur Verwaltung eines Investmentvermögens gehören. Dies gilt ebenso für die Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens1032. Im Unterschied zu den bisherigen Äußerungen der Finanzverwaltung werden durch das Schreiben vom 6. Mai 2010 – und nun auch durch Abschnitt 4.8.13 des Umsatzsteueranwendungserlasses – aber auch Hinweise zur Behandlung der weiteren Depotbankleistungen gegeben. So kann eine Depotbank Aufgaben wie die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung, die Bewertung und Preisfestsetzung sowie die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen als Teil der Verwaltung steuerfrei erbringen1033.
1030 BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de. 1031 FinMin Bayern, Erl. v. 5.12.1983, 36 – S 7160 – 18/5 – 67 171, abgedruckt bei Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 440, Nr. 29. 1032 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 19 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 10, 17, BStBl. I 2010, 563 ff. 1033 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 Buchst. c, f, g UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.
338
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Dabei ist es – im Gegensatz zur Befreiung der Leistungen eines externen Dienstleisters (vgl. Kap. 8, Abschn. D, Punkt III sowie Abschn. E, Punkt III) – auch nicht zwingend erforderlich, dass sämtliche an dieser Stelle aufgezählten Tätigkeiten von der Depotbank erbracht werden1034. Die Mitwirkung der Depotbank am Erwerb und Verkauf von Vermögensgegenständen des Sondervermögens wird hingegen von der Finanzverwaltung nicht als Verwaltungstätigkeit, sondern als Teil der Verwahrung der Vermögensgegenstände angesehen. Entsprechend ihrer Ansicht ist die Verwahrung gerade nicht Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ist1035. c)
Sichtweise der Literatur
Im Gegensatz zur Steuerfreiheit der Leistungen eines externen Dienstleisters gibt es zur Steuerfreiheit der Depotbankleistungen auch in der Literatur nur wenige, in der Regel kurze Stellungnahmen. Die Mehrzahl dieser Stimmen beschränkt sich darauf, die Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs und der Finanzverwaltung zu umreißen1036. Teilweise wird dabei zwar davon ausgegangen, dass die Aufgaben im Sinne des Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL nicht von der Befreiungsregelung umfasst sind. Jedoch ließe sich hieraus nicht darauf schließen, dass alle Depotbanktätigkeiten zwingend steuerpflichtig sind1037. Die weiteren Aufgaben einer Depotbank können als Teil der Verwaltung vielmehr insoweit befreit sein, als sie ein eigenständiges Ganzes bilden, das wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Investmentvermögens erfüllt1038. Einige Stellungnahmen bewerten hingegen die Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs auch in Bezug auf die Kontroll- und Überwachungs- sowie Verwahrungstätigkeiten kritisch. Bacmeister hält die Steuerpflicht der De1034 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 17 S. 3 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 8, BStBl. I 2010, 563 ff. 1035 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 19 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 10, BStBl. I 2010, 563 ff. 1036 Vgl. Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/388; Becker/Neubert, IStR 2006, 624 ff. [628 f.]; Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Hünnekens, in: Peter/Burhoff/Stöcker, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 112 (EL 69, 2006); Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 52 ff. (EL 184, 1/2011); Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Bd. I, § 4 Nr. 8, Rn. 108 ff. (EL 69, 12/2007). Lediglich Bustorff (in: Keller/Bustorff, USt, Bd. I, § 4 Nr. 8, Rn. 433 ff. [EL 68, 11/2007]) untersucht die Steuerfreiheit der Depotbankleistungen eingehend. 1037 Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 433 ff. (EL 68, 11/2007); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, Nr. 4 Nr. 8, Rn. 219 (EL 60, 9/2008). 1038 Vgl. Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [406].
339
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
potbanktätigkeiten für allgemein zweckwidrig1039. Auch Schlüter/Höhfeld, Heidemann und Hahne Hfavorisieren eine Befreiung der Kontroll- und Überwachungsleistungen1040. Im Gegensatz hierzu geht Philipowski davon aus, dass die Depotbanktätigkeiten nicht unter § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG fallen, weil sie keine durch eine Dispositionsbefugnis gekennzeichnete Verwaltung widerspiegeln, sondern lediglich Ausfluss einer steuerpflichtigen Rechtskontrolle darstellen1041. 2.
Anwendung der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs und der deutschen Finanzverwaltung
a)
Verwahrung von Wertpapieren und Guthaben des Sondervermögens
Stellt man wie der Europäische Gerichtshof auf die OGAW-RL ab, so kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen, als die Steuerpflicht der Verwahrung von Wertpapieren und Guthaben des Sondervermögens nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 InvG Depotbankleistungen zu bejahen. Das Gericht hatte in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich festgestellt, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL nicht die Verwahrungsaufgaben der Verwahrstelle im Sinne des Art. 7 Abs. 1 bzw. Art. 14 Abs. 1 OGAW-IIIRL (bzw. Art. 22 Abs. 1, 3 OGAW-RL) umfasst1042. Gemäß dem Europäischen Gerichtshof gehören diese Tätigkeiten nicht zur Verwaltung eines Organismus zur gemeinsamen Anlage, sondern zur Kontrolle und Überwachung desselbigen, da sie dem Ziel dienen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sicherzustellen1043. Dieser Sichtweise schloss sich nicht nur die deutsche Finanzverwaltung an, sondern es folgen ihr auch erhebliche Teile der Literatur1044.
1039 Vgl. Bacmeister, IStR 2006, 779 ff. [782]. 1040 Vgl. Hahne, IStR 2006, 383 ff. [385]; Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 235 f.; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]. 1041 Vgl. Philipowski, in: Rau/Durrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 461 f. (EL 104, 11/2000); so i. E. auch: Stadie, UStG, § 4 Nr. 8, Rn. 9. 1042 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. 169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. 1043 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. 169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. 1044 Vgl. zur Finanzverwaltung: Abschn. 4.8.13 Abs. 19 S. 2 Nr. 1 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 10, 17, BStBl. I 2010, 563 ff. Vgl. zur Literatur: Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 433 ff. (EL 68, 11/2007); Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 (EL 4/09, 07/2009); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 219 (EL 60, 9/2008).
340
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Dies widerspricht jedoch dem Ziel der Befreiungsregelung, eine steuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage herzustellen. Richtig ist, dass auch der Direktanleger seine Wertpapiere von einer Bank bzw. einer anderen Stelle verwahren lässt und dass diese Verwahrungsleistung ausdrücklich nicht von der Befreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umfasst ist1045. Diese Verwahrung kann aber nicht mit der Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens durch die Depotbank nach § 24 Abs. 1, 2 InvG verglichen werden. Vielmehr muss sie mit der Verwahrung verglichen werden, die gegenüber dem Anleger hinsichtlich seiner Anteilsscheine am Investmentvermögen im Sinne von § 33 InvG erbracht wird und ebenso steuerpflichtig ist1046. Davon ist aber die hier betrachtete Verwahrung des Fondsvermögens zu unterscheiden, die gerade nur bei einer mittelbaren Anlage durch einen Organismus zur gemeinsamen Anlage erfolgt. Es finden somit zwei getrennte Verwahrungen statt: Die des Fondsvermögens im Sinne des § 24 Abs. 1, 2 InvG und die der Anteile des Anlegers am Fonds1047. Will man eine steuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage herstellen, muss man die Verwahrung des Fondsvermögens von der Umsatzsteuer befreien1048.1049
1045 Mit dieser Begründung geht Herbert (in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 97 [EL 4/09, 07/2009]) von einer Steuerpflicht der Verwahrung aus. Auch GAin Kokott (SA v. 8.9.2005, Rs. 169/04 [Abbey National], Rn. 88, EuGHE 2006 I, 4030 ff.) geht von einer Steuerfreiheit der Verwahrung nur unter der Bedingung aus, dass der Schwerpunkt dieser Tätigkeit nicht in der rein technischen Verwahrung wie in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL besteht, weil es andernfalls zu einer Besserstellung der Anlage in einen Investmentfonds gegenüber der Direktanlage käme. 1046 Vgl. zur Natur der Anteile nach § 33 InvG: Fn. 1021; Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/424; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investmentgeschäft, 410, § 33, Rn. 23 f. (4/07); Herbert, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Bd. III, § 4 Nr. 8, Rn. 68 bis 72 (EL 3/07, 06/2007). 1047 Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 236. 1048 Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 236. 1049 Noch deutlicher wird diese Problematik, wenn man den Fall betrachtet, dass sowohl die Wertpapiere des Direktanlegers als auch die des Fondsanlegers nicht verwahrt werden, sondern auf dem Wege des Tafelgeschäfts erworben werden (d. h. der Inhaber lässt sich die Wertpapiere körperlich aushändigen und verwahrt sie selbst, vgl. zu dieser Möglichkeit beim Investmentgeschäft: Baur/Ziegler, Investmentgeschäft, Rn. 9/422). In diesem Fall kommt es bei der Direktanlage zu gar keiner Verwahrung und damit zu keiner zusätzlichen Umsatzsteuerlast. Bei der Fondsanlage fällt zwar ebenso die Umsatzsteuerlast für die Verwahrung der Anteile am Sondervermögen i. S. d. § 33 InvG weg, es bleibt jedoch bei der umsatzsteuerlichen Belastung der Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens in der Gestalt von Wertpapieren und Einlagezertifikaten nach § 24 Abs. 1 InvG.
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Aufgrund der eindeutigen Aussage in der Rechtssache „Abbey National“ ist somit zwar unbestreitbar, dass der Europäische Gerichtshof und auch die deutsche Finanzverwaltung diese Depotbanktätigkeit als steuerpflichtig ansehen. Jedoch ergeben sich bereits aus den eigenen Grundsätzen des Gerichtshofs erhebliche Widersprüche. b)
Kontrolle und Überwachung
In der Rechtssache „Abbey National“ lehnte der Europäische Gerichtshof nicht nur die Befreiung von Verwahrungstätigkeiten unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 1 bzw. Art. 14 Abs. 1 OGAW-III-RL (bzw. Art. 22 Abs. 1, 3 OGAW-RL) ab, sondern verwies auch in Bezug auf die Steuerfreiheit der Kontroll- und Überwachungstätigkeiten auf Art. 7 Abs. 3 bzw. Art. 14 Abs. 3 der OGAW-III-RL Auch hierzu äußerte er, dass diese Tätigkeiten nicht zur Verwaltung eines Organismus zur gemeinsamen Anlage gehören1050. Dem schlossen sich die deutsche Finanzverwaltung und Teile der Literatur an1051. Obwohl Art. 7 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 3 OGAW-III-RL (bzw. Art. 22 Abs. 3 OGAW-RL) die Überwachungs- und Kontrollaufgaben der Depotbank nicht abschließend aufzählen, muss man davon ausgehen, dass der Europäische Gerichtshof jegliche Kontroll- und Überwachungstätigkeiten von der Verwaltung ausnimmt. Über die dort genannten Tätigkeiten hinaus obliegt der Depotbank jedoch die allgemeine Aufgabe, die Tätigkeiten des Portfolio-Managements auf ihre Gesetzes- und Vertragskonformität zu überprüfen1052. Diese allgemeine Kontrollpflicht ist in einer Vielzahl von Depotbanktätigkeiten enthalten. Schließlich dient die Einbindung der Depotbank in das Investment-Dreieck der Realisation einer effektiven Kontrolle und Überwachung des PortfolioManagements durch die Kapitalanlagegesellschaft1053. Indem der Gerichtshof eine Steuerfreiheit mit der Begründung ablehnte, dass die dort genannten Tätigkeiten nicht der Verwaltung dieser Organismen, sondern der Kontrolle und Überwachung dienen, scheint er davon auszugehen, dass sich die 1050 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. [358]. 1051 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 19 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 10, 17, BStBl. I 2010, 563 ff. Zustimmend: Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 461 f. (EL 104, 11/2000); Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 219 (EL 60, 9/2008). A. A.: Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 236; Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1589]. 1052 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 27, Rn. 2 (3/06); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2474; Müller, DB 1975, 485 ff. [487 f.]. 1053 Vgl. Kap. 2, Abschn. A.
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§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Verwaltung einerseits und die Kontrolle und Überwachung andererseits gegenseitig ausschließen1054. Damit widerspricht der Europäische Gerichtshof jedoch seiner eigenen Vorgehensweise. Denn geht man – wie auch der Europäische Gerichtshof – vom Zweck der Befreiungsregelung aus, so müssen auch die Überwachungs- und Kontrollleistungen der Depotbank vom Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL umfasst sein1055. Weil es bei der Direktanlage keine Kontrollinstanz gibt, sondern der Anleger seine Anlageund Umschichtungsentscheidungen selbst trifft, kann eine steuerliche Neutralität nur sichergestellt werden, indem man auch die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank von der Umsatzbesteuerung freistellt. Auch hier lässt sich somit feststellen, dass Rechtsprechung und Finanzverwaltung die Kontroll- und Überwachungsaufgaben der Depotbank als umsatzsteuerpflichtig ansehen, obwohl dies der eigenen Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs widerspricht. c)
Ausgabe und Rücknahme der Anteile am InvestmentSondervermögen
Weil sich das Gericht in der Rechtssache „Abbey National“ nicht mit der Anteilsausgabe und -rücknahme (vgl. § 23 InvG) befasste, kann die mutmaßliche Beurteilung dieser Tätigkeiten durch den Europäischen Gerichtshof nur auf Basis der in dieser Entscheidung genannten Grundsätze erfolgen. Die Einordnung der Ausgabe und Rücknahme der Anteile durch Buchst. g des Anhangs II der OGAW-RL als administrative Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. b OGAW-RL (bzw. Art. 1a Nr. 1 OGAW-III-RL) spricht gemäß der Sichtweise des Gerichtshofs dafür, dass es sich bei der Anteilsausgabe und -rücknahme nach § 23 InvG um einen Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL handelt1056. Auch die deutsche Finanzverwaltung sieht die Anteilsausgabe und -rücknahme als Teil der Verwaltung an, weshalb diese Tätigkeiten grundsätzlich unter die Befreiungsregelung fallen können1057.
1054 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. [358]. 1055 Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 236. 1056 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. 169/04 (Abbey National), Rn. 64, UR 2006, 353 ff. In diesem Sinne fasst auch Sedlmaier (UR 2007, 401 ff. [406]) den EuGH auf. 1057 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 Buchst. g UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Dieses Ergebnis wird durch das Ziel der Befreiung unterstrichen, eine umsatzsteuerliche Neutralität zwischen der Anlage in Investmentfonds und der Direktanlage herzustellen1058. Weil die Ausgabe und Rücknahme von Anteilsscheinen nur dort auftreten kann, wo die Anlage mittels eines Fonds erfolgt, müssen Tätigkeiten, die mit dieser Besonderheit in Zusammenhang stehen, unter die Befreiung fallen. Dem steht auch nicht entgegen, dass ein Direktanleger im Fall der Anlage in Wertpapiere, die ebenfalls neu emittiert werden, in bestimmten Fällen Umsatzsteuer auf die Emissionsgebühr entrichten muss. Hinsichtlich der Steuerfreiheit einer Emissionsleistung wird in diesem Fall danach unterschieden, ob die Gebühr dem Emittenten (steuerfrei) oder dem Anleger (steuerpflichtig) in Rechnung gestellt wird1059. Im Ergebnis kommt es auf diese Frage aber nicht an, weil solche – unter Umständen steuerpflichtigen – Emissionsleistungen auch von der Kapitalanlagegesellschaft für das Sondervermögen im Rahmen der Anlage des Fondsvermögens in neu zu emittierende Wertpapiere in Anspruch genommen werden. Die Emission von Anteilen gegenüber dem Anleger im Sinne des § 23 InvG betrifft wiederum eine zusätzliche Ebene, die es bei der Direktanlage nicht gibt (vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Verwahrung der Anlagegegenstände unter Buchst. a)). Fraglich ist jedoch, welchen Einfluss die Regelung des Art. 22 Abs. 3 Buchst. a OGAW-RL (Art. 7 Abs. 3 Buchst. a und Art. 14 Abs. 3 Buchst. a OGAW-III-RL) auf diese Einordnung hat. Gemäß diesen Vorschriften ist die Kontrolle der Ausgabe und Rücknahme der Anteile auf ihre Gesetzesund Vertragskonformität Teil der Kontrolltätigkeiten, die entsprechend dem Europäischen Gerichtshof steuerpflichtig sind. Geht man infolge dieser Regelung davon aus, dass auch die Ausgabe und Rücknahme der Anteile nach § 23 InvG steuerpflichtig ist, so hätte die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, durch § 23 InvG über die Vorgaben der OGAW-RL hinauszugehen1060, indem er der Depotbank nicht nur die Kontrolle, sondern auch die Anteilsausgabe und -rücknahme selbst übertrug, eine Änderung der umsatzsteuerlichen Behandlung dieser Depotbanktätigkeit zur Folge. Eine Anteilsausgabe und -rücknahme durch die Kapitalanlagegesellschaft wäre jedoch 1058 Vgl. Wäger, UR 2006, 359 f. [359]. 1059 Vgl. Abschn. 4.8.9 Abs. 1 UStAE; Köhler, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 140 (EL 177, 5/2009); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 331 (EL 104, 11/2000). 1060 Die OGAW-RL schreibt den Mitgliedstaaten nicht im Detail vor, wie die Aufgaben zwischen der Verwahr- und der Verwaltungsstelle aufzuteilen sind, sondern beschränkt sich auf ein zwingendes Mindestmaß an Vorgaben, vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. 169/04 (Abbey National), Rn. 88, EuGHE 2006 I, 4030 ff.; Kempf, Investmentrecht 2004, S. 19.
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§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
ohne Schwierigkeiten als Teil der Verwaltung zu qualifizieren, während die Kontrolle dieser Tätigkeiten – den Vorgaben der OGAW-RL entsprechend – der Depotbank zukommt. Aus umsatzsteuerlicher Perspektive kann die deutsche Abweichung bei der Umsetzung der aufsichtsrechtlichen OGAW-RL im Hinblick auf die Aufgabenverteilung zwischen Verwaltungsgesellschaft und Verwahrstelle keine Berücksichtigung finden, da es andernfalls zu einer Gefährdung der umsatzsteuerlichen Harmonisierung kommen würde1061. Aufgrund der Personenunabhängigkeit der Befreiungsregelungen kann der Weg des deutschen Gesetzgebers, die Anteilsausgabe und -rückgabe der Depotbank zuzuweisen, nicht dazu führen, dass diese Tätigkeit ihren Charakter als Verwaltungstätigkeit verliert. Es ist somit davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof die Anteilsausgabe und -rücknahme durch die Depotbank – ebenso wie die Finanzverwaltung – als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens ansieht. Schwierigkeiten bereitet dann jedoch die vom Europäischen Gerichtshof sowie von der Finanzverwaltung praktizierte Abgrenzung zwischen Verwaltung einerseits und Kontrolle andererseits. Denn so ist eine Abgrenzung zwischen der Ausgabe und Rücknahme der Anteile nach § 23 InvG als Teil der Verwaltung und der Kontrolle dieser Tätigkeiten nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 InvG erforderlich. Wie bereits im Rahmen der Bestimmung des Leistungsempfängers der Depotbanktätigkeiten angesprochen, ist eine solche Abgrenzung jedoch kaum möglich1062. Dies gilt vor allem deshalb, weil sich die Kontrolle gerade nicht nur auf die Tätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft bezieht, sondern zum Beispiel auch darauf, dass der an die Depotbank zu entrichtende Anteilspreis unverzüglich dem Sperrkonto zufließt1063. Aufgrund des Depotbankmonopols hinsichtlich der Ausgabe und Rücknahme der Anteile fällt die Kontrolle der Kapitalanlagegesellschaft in diesem Zusammenhang weitestgehend weg1064. Selbst wenn man das Problem der Abgrenzung von Kontrolle und Überwachung gegenüber der Verwaltung überwindet, stellt sich immer noch die Frage, ob es sich hierbei nicht zumindest insoweit um eine einheitliche Leistung handelt, als die Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbracht werden1065. Entsprechend der hier vertretenen Aufteilung der De1061 1062 1063 1064 1065
Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4, Rn. 469 ff. (EL 68, 11/2007). Vgl. die Ausführungen in Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a) sowie c) aa). Vgl. Fn. 357. Vgl. Fn. 357. Wäger (in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 220 [EL 60, 9/2008]) hält die Befreiung von solchen Tätigkeiten, die die Depotbank dann auch selbst kontrolliert, wegen einer möglichen Einheit der Leistungen für fraglich. A. A.: Bustorff, in:
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
potbankleistungen zwischen Leistungen, die der Kapitalanlagegesellschaft zufließen, und Leistungen, die von den Anlegern empfangen werden, stellt sich dieses Problem zumindest in Bezug auf solche Kontrollleistungen nicht, die sich auf die Geschäftsführungstätigkeiten der Kapitalanlagegesellschaft beziehen, weil Leistungen, die sich an unterschiedliche Empfänger richten, nicht Teil einer einheitlichen Leistung sein können1066. d)
Ermittlung der Anteilswerte
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InvG steht es im Belieben der Beteiligten, die börsentägliche Ermittlung der Anteilswerte der Kapitalanlagegesellschaft zu überlassen oder auf die Depotbank zu übertragen. Stellt man entsprechend dem Europäischen Gerichtshof auf die Regelungen der OGAW-RL ab, so muss man gemäß Buchst. c des Anhangs II davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Tätigkeit der administrativen Verwaltung handelt1067. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Zweck des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, weil die Ermittlung eines Anteilswertes bei der Direktanlage nicht erforderlich ist. Es handelt sich somit um eine zusätzliche Belastung der Anlage mittels eines Investmentfonds, die es aufgrund der angestrebten umsatzsteuerlichen Neutralität gegenüber der Direktanlage zu eliminieren gilt1068. So bezeichnet auch die Finanzverwaltung die Bewertung und Preisfestsetzung als administrative Tätigkeit im Rahmen der Verwaltung eines Investmentvermögens1069. Hierbei stellt sich das gleiche Problem wie im Zusammenhang mit der Ausgabe und Rücknahme der Anteile nach § 23 InvG (vgl. Punkt c)). Denn die Aufzählung der Kontrolle der Anteilswertermittlung in Art. 22 Abs. 3 Buchst. b) OGAW-RL erfordert entsprechend der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs wiederum eine Abgrenzung zwischen der Anteilswertermittlung als Teil der Verwaltung und der Kontrolle der Anteilswertermittlung.
1066 1067 1068 1069
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Keller/Bustorff, USt., § 4, Rn. 475 (EL 68, 11/2007); Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1588 f.]. Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 c) aa), ff) zur Bestimmung des Leistungsempfängers. Vgl. zur Frage der Einheitlichkeit der Depotbankleistungen Kap. 4, Abschn. B, Punkt III. Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 443 (EL 68, 11/2007). Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 451 (EL 68, 11/2007). Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 Buchst. c UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
e)
Ausschüttung von Gewinnanteilen
Art. 1a Nr. 2 in Verbindung mit Anhang II Buchst. f OGAW-RL bezeichnet die Ausschüttung von Gewinnen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) als administrative Tätigkeit der Verwaltungsstelle. Es entspricht darüber hinaus auch dem Zweck, eine steuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage herzustellen, die Ausschüttungsvornahme als Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anzusehen. Zwar empfängt auch der Direktanleger Ausschüttungen der Emittenten seiner Wertpapiere, jedoch betrifft die von der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 3 InvG vorzunehmende Ausschüttung die Ebene des Fonds. Sie behandelt eine zusätzliche Ausschüttungsebene, die es im Rahmen der Direktanlage nicht gibt. Die Ausschüttungen, die ein Direktanleger von dem Emittenten erhält, sind vergleichbar mit den Ausschüttungen, die dem Sondervermögen zustehen und von der Depotbank gemäß § 25 S. 1 InvG auf einem Sperrkonto des Sondervermögens verbucht werden. Entsprechend der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs sind die Depotbanktätigkeit aus § 25 S. 2 Nr. 3 InvG somit ein Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Dies entpricht auch der Sichtweise der Finanzverwaltung. Gemäß Abschn. 4.8.13 Abs. 16 S. 1 Nr. 3 Buchst. f UStAE sind die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausschüttungen von Gewinnen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens (vgl. auch BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160h/09/10001, Rn. 7, BStBl. I 2010, 563 ff.). f)
Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft
Weil es sich bei der Lieferung von verkauften Vermögensgegenständen (§ 25 S. 2 Nr. 2 InvG), der Zahlung des Kaufpreises für den Kauf von Vermögensgegenständen (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG) sowie der Erteilung von Zustimmungen zu Geschäften (§ 26 Abs. 1 InvG) nicht um administrative Tätigkeiten im Sinne des Anhangs II der OGAW-RL handelt, bringt der Blick in die OGAW-RL kaum konkrete Hinweise auf die Einordnung dieser Tätigkeiten mit sich. Diese Aufgaben sind weder Tätigkeiten im Sinne des Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL noch sind sie im Anhang II der OGAWRL aufgezählt. Weil der Begriff der Anlageverwaltung im Gegensatz zu dem der administrativen Tätigkeit (zweiter Spiegelstrich) nicht durch bei-
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
spielhafte Aufzählungen verdeutlicht wird, gelangt die Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs hierbei an ihre Grenzen1070. Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die Ansicht, dass diese Tätigkeiten nicht Teil der Verwaltung sind, sondern einen Teil der Verwahrung der Vermögensgegenstände darstellen1071. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass es sich hierbei gerade nicht um einen Teil der Verwahrung im Sinne des Art. 22 Abs. 1 OGAW-RL handelt. Die Abwicklung der Geschäfte der Kapitalanlagegesellschaft für das Sondervermögen ist der Verwahrung vielmehr vor- bzw. nachgelagert, indem sie die Verwahrung erst ermöglicht bzw. beendet. Vor allem aber geht das Aufgabenfeld der Depotbank deutlich über das einer bloßen technischen Verwahrung hinaus, indem die Depotbank die Ausführung der Weisungen der Kapitalanlagegesellschaft zum einen vom Broker Matching und zum anderen vom rechtzeitigen Eingang der Gegenleistungen auf dem Sperrkonto abhängig macht1072. Auch kann sie nicht als unselbständige Nebenleistung zur Verwahrung behandelt werden, denn sie ist nicht lediglich ein Mittel, um die Verwahrungsleistung in Anspruch nehmen zu können1073. Ihr kommt dadurch eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, dass sie erst die Vornahme von Umschichtungen ermöglicht. Ebenso können diese Depotbankaufgaben kaum den Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Sinne des Art. 22 Abs. 3 OGAW-RL zugeordnet werden. Zwar ist die Aufzählung der Kontroll- und Überwachungsaufgaben dort nicht abschließend, jedoch kann man die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten der Depotbank auch nicht klar der allgemeinen Kontrollpflicht zuordnen1074. Bereits im Rahmen der Bestimmung des Leistungsempfängers der Depotbankleistungen wurde anhand des Beispiels der Mitwirkungspflichten nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG angedeutet, dass eine solche Abgrenzung zwischen Verwaltung und Kontrolle kaum möglich ist1075. Für eine 1070 Vgl. allgemein zur Kritik an dem Rückgriff auf die OGAW-RL: Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 1 d). 1071 Vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 19 S. 2 Nr. 5 UStAE; BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 10, BStBl. I 2010, 563 ff. Zustimmend: Huschens, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8 Buchst. h, Rn. 53 (EL 184, 1/2011) 1072 Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustroff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 485 ff. (EL 68, 11/2007). Vgl. zum Begriff des Broker Matching Kap. 2, Abschn. C. 1073 Vgl. hierzu die Nachweise in Fn.141. 1074 Vgl. zur allgemeinen Kontroll- und Überwachungspflicht der Depotbank über die ausdrücklich aufgezählten Fälle hinaus: Kap. 2, Abschn. C und Punkt II 2 b) dieses Abschnitts. 1075 Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a).
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§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
solche Einordnung als Teil der Kontroll- und Überwachungstätigkeiten könnte man anführen, dass es hierbei der Depotbank obliegt, die Gesetzesund Vertragskonformität des betreffenden Rechtsgeschäfts zu überprüfen1076. Zwar unterliegt sie gemäß § 25 S. 2 InvG den Weisungen der Kapitalanlagegesellschaft, jedoch besteht auch diese Pflicht gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 InvG nur unter der Einschränkung der Gesetzes- und Vertragskonformität der jeweiligen Weisung. Das Mitwirkungs- und Zustimmungserfordernis der Depotbank ist somit ein Mittel, um eine wirksame Kontrolle und Überwachung der Depotbank zu ermöglichen. Dennoch kann man diese Tätigkeit nicht der Kontrolle und Überwachung zuweisen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich diese Kontrolle auf rein rechtliche Aspekte beschränkt und der Depotbank eine sachliche Überprüfung der Entscheidungen der Kapitalanlagegesellschaft nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich ist1077, wird die Depotbank damit aktiver Teil der Portfolioverwaltung1078. Gerade die Realisation der Kontrolle und Überwachung im Investment-Dreieck erfolgt durch eine Aufteilung der Verwaltungsaufgaben. Die bei der Realisation der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen erforderlichen Tätigkeiten der Depotbank sind ihrer Gestalt nach Tätigkeiten, die zum Aufgabenbereich eines Vermögensverwalters gehören, der außerdem mit der Verwahrung der Vermögensgegenstände betraut ist. Trifft er eine Entscheidung zur Anlage und Umschichtung, so schließt er die notwendigen schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Verträge ab, um die hieraus resultierenden Verpflichtungen mittels der Lieferung und Entgegennahme der betreffenden Vermögensgegenstände zu erfüllen. Der Umstand, dass vorliegend die Depotbank in die Erfüllung dieser schuld- und sachenrechtlichen Rechtsgeschäfte eingebunden ist, stellt eine Besonderheit des Investment-Dreiecks dar. Des Weiteren spricht der Umstand für die Einordnung der Mitwirkungstätigkeiten als Teil der Verwaltung, dass die Depotbank im Rahmen des Broker 1076 Vgl. Beckmann, in Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 22, Rn. 2 f. (12/08), § 25, Rn. 11, 17 (3/06). 1077 Vgl. BGH, Urt. v. 18.9.2001, XI ZR 337/00, WM 2001, 2053 f.; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.1996, 16 U 109/96, ZIP 1997, 319 ff. [321]; Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, 410, § 22, Rn. 4, 5 (12/08). 1078 Vgl. Schlüter/Höhfeld, DStR 2000, 1587 ff. [1588]. Dies gilt erst recht, wenn man der Ansicht folgt, dass die Depotbank nicht auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt ist. So gehen Köndgen/Schmies (in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 113, Rn. 134), Köndgen (WuB I G 4. Investmentgeschäft 1.02) und Müller (DB 1975, 485 ff. [486 f.]) davon aus, dass die Depotbank vor dem Hintergrund, dass die KAG gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 InvG verpflichtet ist, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen, zumindest auch die Plausibilität der Anlagepraxis der KAG zu überprüfen hat.
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Matching den Abgleich zwischen den ihr vom Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft und den ihr von dem jeweiligen Broker übermittelten Kauf- oder Verkaufsdaten durchführt. Auch entspricht es dem Zweck des Befreiungstatbestandes, eine Neutralität gegenüber der Direktanlage herzustellen, diese Depotbanktätigkeiten als Teil der Verwaltung anzusehen. Das Erfordernis der Mitwirkung der Depotbank an der Umsetzung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen der Kapitalanlagegesellschaft ist eine Folge der besonderen Konstruktion des Investment-Dreiecks. Ebenso wie es bei der Direktanlage keine die einzelnen Anlage- und Umschichtungsentscheidungen vorbereitende und einleitende Stelle entsprechend der Kapitalanlagegesellschaft gibt, findet sich bei dieser Anlageform auch keine an diesen Tätigkeiten mitwirkende Stelle entsprechend der Depotbank. Dem kann auch nicht entgegnet werden, dass es auch bei der Direktanlage in der Regel eine die einzelnen Wertpapiere verwahrende Depotbank gibt, die auf Weisungen des Direktanlegers die einzelnen Wertpapiergeschäfte abwickelt. Die Tätigkeiten der Depotbank im Sinne der §§ 25, 26 InvG betreffen die Geschäfte auf Fondsebene, die es bei der Direktanlage gerade nicht gibt. Vor allem aber sind die Tätigkeiten der Depotbank im Zusammenhang mit der Ausführung von Umschichtungsentscheidungen bei der Direktanlage als Wertpapierumsätze gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass eine Einordnung der Mitwirkungsund Zustimmungspflichten der Depotbank anhand der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs nicht eindeutig möglich ist. Die Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung, wonach diese Aufgaben einen Teil der Verwahrung darstellen, ist jedenfalls abzulehnen. g)
Auszahlung von Aufwendungsersatz und Vergütungen an die Kapitalanlagegesellschaft
Die Verpflichtung der Depotbank, den Aufwendungsersatz und die Vergütung der Kapitalanlagegesellschaft aus dem Sondervermögen an diese auszuzahlen (§ 29 Abs. 1 InvG), lässt sich ebenso nicht anhand der Regelungen der OGAW-RL zuordnen. Dem Zweck der Befreiungsregelung folgend, müsste diese Leistung der Depotbank als Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL angesehen werden, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die es im Rahmen der Direktanlage nicht gibt.
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§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
h)
Abwicklung des Sondervermögens
Gleiches gilt für die Abwicklung des Sondervermögens durch die Depotbank (§ 39 Abs. 2 InvG). Stellt man mangels Hinweises der OGAW-RL einzig und allein auf die umsatzsteuerliche Neutralität der Anlage in einen Investmentfonds gegenüber der Direktanlage ab, so muss man auch diese Tätigkeit als Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ansehen. i)
Zusammenfassung
Obwohl es dem durch den Europäischen Gerichtshof hervorgehobenen Ziel der umsatzsteuerlichen Neutralität entspräche, lehnen sowohl der Gerichtshof als auch die deutsche Finanzverwaltung die Befreiung der Kontroll- und Überwachungs- sowie Verwahrtätigkeiten der Depotbank unter Hinweis auf die OGAW-RL ab. Weil das Gericht zudem im Wesentlichen auf die OGAW-RL abstellt, spricht einiges dafür, dass die Ausgabe und Rücknahme der Anteile am Investmentvermögen (§ 23 InvG), die Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG) und die Vornahme von Gewinnausschüttungen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) auch vom Europäischen Gerichtshof als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens angesehen werden. Weil aber auch diese Tätigkeiten Elemente einer Kontrolle enthalten können, ist eine abschließende Zuordnung anhand der Kriterien des Europäischen Gerichtshofs nicht möglich. Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 6. Mai 2010 schafft diesbezüglich zumindest insoweit Klarheit, als es die Sichtweise der Finanzverwaltung dadurch verdeutlicht, dass es diese Aufgaben als Teil der administrativen Verwaltung eines Investmentvermögens bezeichnet. Besondere Schwierigkeiten entstehen im Hinblick auf solche Tätigkeiten, die in der OGAW-RL nicht ausdrücklich erwähnt werden. Dies betrifft vor allem die Einordnung der Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG, § 26 InvG. Obwohl diese Tätigkeiten für die aktive Portfolio-Verwaltung zwingend erforderlich sind, dienen sie der Durchsetzung der Kontroll- und Überwachungsaufgaben der Depotbank. Die Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung, wonach diese Tätigkeiten einen Teil der Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens darstellen, überzeugt nicht. Ebenso ist anhand der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs eine Einordnung der Auszahlung der Vergütungs- und Aufwandsersatzleistungen an die Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG) sowie der Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) nicht möglich.
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
3.
Kritik an der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs
a)
OGAW-RL vs. Ziel der Befreiung
Wie bereits im sechsten Kapitel herausgearbeitet, ist der Rückgriff des Gerichts auf die OGAW-RL für die Bestimmung des Verwaltungsbegriffs im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ungeeignet1079. In vielen Fällen führt er zu einem Widerspruch zum Zweck der Befreiung. So ist die Kontrolle und Überwachung ein Spezifikum des Investment-Dreiecks, das sich in dieser Art bei keiner anderen Anlageform findet. Will man eine Sonderbelastung der Anlage in einen Investmentfonds gegenüber der Direktanlage oder einer sonstigen nichtregulierten Anlageform vermeiden, so muss man diese Tätigkeiten von der Besteuerung befreien. Schließlich handelt es sich bei der Sicherheit der Anlage um einen Aspekt, der bei der Förderung dieser Anlageform im Vordergrund steht. Diesem Aspekt dient auch die Verwahrung des Fondsvermögens durch die Depotbank. Zwar ist grundsätzlich von einer engen Auslegung der Befreiungstatbestände auszugehen, jedoch kann dies nicht dazu führen, dass Leistungen zweckwidrig aus der Befreiung ausgeschlossen werden1080. Im Gegensatz zu anderen Entscheidungen hinsichtlich der Befreiungsvorschriften unterließ es der Europäische Gerichtshof, sich mit dem Verwaltungsbegriff näher zu beschäftigen. Während er in den Rechtssachen „SDC“ und „CSC“ deutlich machte, was den Begriff des Zahlungs- und Überweisungsumsatzes sowie solcher Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen, ausmacht, ließ er es bei einem Verweis auf die aufsichtsrechtliche OGAW-RL sowie dem Sinn und Zweck der Regelung bewenden, um dann letztlich doch ausschließlich auf die OGAW-RL abzustellen. Der Sinn und Zweck der Befreiung fand in Bezug auf die Aufgaben der Verwahrstelle in der Entscheidung „Abbey National“ keinen Niederschlag. b)
Kontroll- vs. Verwaltungstätigkeit
Die Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs läuft auf eine Abgrenzung zwischen der Verwaltung eines Investmentfonds einerseits und der Kontrolle und Überwachung der Verwaltung sowie der Verwahrung der Vermögensgegenstände andererseits hinaus1081. Auf den ersten Blick scheint es sich hierbei um einen Weg zu handeln, der sich sicher und praktikabel handhaben lässt. Dem muss man jedoch entgegenhalten, dass die Kontrolle 1079 Vgl. dort Abschn. C, Punkt II 1 d). 1080 Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt I. 1081 Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a) und Punkt II 1 a) dieses Abschnitts mit dem dortigen Zitat aus der Abbey National-Entscheidung des EuGH.
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und Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft gerade durch die Einbindung der Depotbank in die Verwaltung erfolgt. So finden sich Kontrollelemente in nahezu jeder Depotbanktätigkeit wieder. Bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung des Leistungsempfängers wurde deutlich, dass eine klare Einordnung der Depotbankaufgaben zwischen Verwaltung einerseits und Kontrolle andererseits kaum möglich ist1082. Dieses Problem setzt sich im Rahmen der Steuerfreiheit fort. Es gibt auf der einen Seite Depotbankaufgaben, die zwar thematisch der Verwaltung zuzuordnen sind, aber wesentliche Kontrollelemente enthalten bzw. deren Umsetzung dienen. Auf der anderen Seite lassen sich aber auch Depotbankaufgaben finden, die eigentlich eine Kontrolltätigkeit sind, aber inhaltlich nicht der Kontrolle der Gesetzes- oder Vertragskonformität des PortfolioManagements dienen, sondern Teil einer jeden Verwaltung sind. Ein Beispiel für eine Depotbanktätigkeit der zuletzt genannten Gruppe ist die Kontrollaufgabe im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG. Art. 22 Abs. 3 Buchst. d OGAW-RL (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG) fordert von der Depotbank, dafür Sorge zu tragen, dass ihr bei Geschäften, die sich auf das Vermögen des Investmentfonds beziehen, der Gegenwert innerhalb der üblichen Fristen übertragen wird1083. Entsprechend der Vorgehensweise des Gerichts kann diese Tätigkeit nicht Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sein. Denn die Tätigkeiten im Sinne des Art. 22 Abs. 3 OGAW-RL (bzw. Art. 7 Abs. 3 OGAW-III-RL) gehören gemäß dem Europäischen Gerichtshof nicht zur Verwaltung eines Organismus zur gemeinsamen Wertanlage, sondern zur Kontrolle und Überwachung der Verwaltung1084. Zwar beinhaltet die von Art. 7 Abs. 3 Buchst. d OGAW-III-RL festgeschriebene Kontrolltätigkeit insoweit eine Kontrolle der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft, als es prüfen gilt, ob die Gegenleistung tatsächlich auch einen angemessenen Gegenwert darstellt. Jedoch dreht sich die Regelung ebenso darum, dass die Depotbank im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Mitwirkungshandlungen bei der Umsetzung der Anlageund Umschichtungsentscheidungen nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG die Leistungen erst bewirken soll, wenn sichergestellt ist, dass die Gegenleistung Zug-um-Zug erbracht wird1085. Die Kontrolle der rechtzeitigen Erbringung 1082 Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a). 1083 Dieses Beispiel wählen auch Schlüter/Höhfeld (DStR 2000, 1587 ff. [1588]), um darzulegen, dass es Überwachungsfunktionen gibt, die der Verwaltung dienen. 1084 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff. 1085 Vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12b KAGG, Rn. 5; Beckmann, in Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 12 (3/06), § 27, Rn. 12 (3/06); Schrödermeier/Balzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12b, Rn. 6.
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der Gegenleistung ist Bestandteil jeder Vermögensverwaltung. Obläge es der Kapitalanlagegesellschaft, die Umsetzung der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen nicht nur einzuleiten, sondern darüber hinaus selbst zu vollenden, so müsste sie selbst kontrollieren, ob die Erbringung der jeweiligen Gegenleistung Zug-um-Zug sichergestellt ist. Hieran lässt sich erkennen, dass sich Kontrolle und Verwaltung nicht gegenüberstehen bzw. gegenseitig ausschließen. Eine Verwaltung enthält immer auch Kontrolltätigkeiten, weshalb eine Abgrenzung zwischen beiden kaum möglich ist. Weitere Beispiele für die Schwierigkeiten bei dieser Einordnung ergeben sich zum Beispiel aus der bereits an verschiedenen Stellen thematisierten Mitwirkungspflicht der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG (vgl. Punkt II 2 f) dieses Abschnitts), der Anteilsausgabe und -rücknahme nach §23 InvG (vgl. Punkt II 2 c) dieses Abschnitts) sowie der Ermittlung der Anteilswerte (vgl. Punkt II 2 d) dieses Abschnitts). 4.
Eigene Sichtweise
a)
Depotbank als Verwalter neben der Kapitalanlagegesellschaft
Vielmehr muss man davon ausgehen, dass die Verwaltung eines Investmentfonds durch die Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank gemeinsam erfolgt. Sowohl Kapitalanlagegesellschaft als auch Depotbank sind an der Verwaltung des Investmentvermögens beteiligt. Eine den investmentvertraglichen Verpflichtungen entsprechende Portfolioverwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft ist ohne die aktive Mitwirkung der Depotbank nicht möglich. Der Gesetzgeber hat mit Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank zwei Pole eingerichtet, die beide auf ein und dasselbe Ziel, die sichere und risikodiversifizierte Vermögensanlage hinwirken sollen. Insofern geht der Gedanke Ohls, dass zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank bezüglich der Verwaltung des Investment-Sondervermögens ein gesellschaftsrechtliches Gleichordnungsverhältnis bestünde, in die richtige Richtung1086. Auch wenn die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank unter anderem deshalb abzulehnen ist, weil zwischen diesen beiden Stellen gerade kein Gleichordnungsverhältnis besteht, spiegelt sie jedoch zutreffend wider, dass die Tätigkeiten von Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft ein und demselben Zweck, nämlich der Verwaltung eines Investmentvermögens dienen. 1086 Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 3 c) aa). Ohl spricht von der „Gesamtleistung Investmentsparen“, vgl. Ohl, Investment-Dreieck, S. 66. Zustimmend: Otterbach, Spezialfonds, S. 84.
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Es ist hierfür auch nicht erforderlich, dass Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank gleichrangig auf einer Stufe agieren. Der Umstand, dass die Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft in erheblichem Umfang weisungsabhängig ist, steht nicht der Annahme entgegen, dass beide Stellen letztlich der Verwaltung des Investmentfonds dienen. Deshalb ist auch der Einwand Philipowskis zurückzuweisen, dass eine Verwaltungstätigkeit der Depotbank daran scheitern muss, dass sie über keine eigene Entscheidungsbefugnis verfügt1087. Zwar ist eine Dispositionsbefugnis der Kapitalanlagegesellschaft für die Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kennzeichnend, jedoch bedeutet dies nicht, dass jeder Teil der Verwaltung eine solche Entscheidungsbefugnis beinhalten muss1088. Letztlich wäre eine Aufteilung von Verwaltungsaufgaben auf zwei voneinander unabhängige Stellen praktisch nicht möglich, wenn beiden Stellen das gleiche Maß an Entscheidungsbefugnis zukäme. Auch gibt es keinen Grundsatz, dass die Verwaltung nicht auch Kontrollelemente enthalten kann. Die Depotbank ist gerade nicht auf eine Kontrolle im Nachhinein oder das bloße Hinweisen Rechts- oder Vertragsverletzungen beschränkt, sondern in der Lage, aktiv in die Verwaltung einzugreifen. Zwar ist sie nach überwiegender Ansicht nicht berechtigt, auf Anlage- und Umschichtungsentscheidungen in sachlicher Hinsicht Einfluss zu nehmen1089, jedoch verlangt der Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL selbst aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs eine solche Einflussnahme nicht. Das Gericht stellte in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich fest, dass auch Tätigkeiten der Buchhaltung und sonstigen administrativen Verwaltung Teil der Verwaltung sein können, obwohl sie ebenso keine Entscheidungsbefugnis enthalten1090. Auch die Tatsache, dass die OGAW-RL in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b (bzw. Art. 1a Nr. 1 und 2 OGAW-III-RL) zwischen Verwahrstelle und Verwaltungsgesellschaft differenziert, steht der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen. Weder aus Art. 22 OGAW-RL (bzw. Art. 7 und 14 OGAWIII-RL) noch aus dem Anhang II ergibt sich, dass die Tätigkeiten der Verwahrstelle nicht zugleich Teil der Verwaltung im umsatzsteuerlichen Sinn sind. Diese Aussage könnte diese Regelung auch nicht treffen, weil sie sich
1087 Vgl. Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 462 (EL 104, 11/2000). 1088 Vgl. zur Ablehnung dieser Sichtweise: Kap. 8, Abschn. C, Punkt II 1. 1089 Vgl. die Nachweise in Fn. 1077. 1090 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Tenor 2, Rn. 70 ff., UR 2006, 353 ff.
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mit der aufsichtsrechtlichen Zuteilung der Aufgaben zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank befasst. Dabei soll nicht in Abrede gestellt werden, dass eine Funktionsteilung entsprechend der OGAW-RL und des Investmentgesetzes dahingehend besteht, dass die Tätigkeiten der Depotbank vor allem der Kontrolle und Überwachung dienen. Im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist jedoch die Kontrolle Teil der Verwaltung1091. Sie ist bereits aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Konstruktion des Investment-Dreiecks funktional untrennbar mit der Verwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft verwoben1092. b)
Anwendung auf die einzelnen Depotbanktätigkeiten
aa)
Problemstellung
Auch wenn die Depotbank entsprechend der hier vertretenen Ansicht eine Verwaltungsinstanz neben der Kapitalanlagegesellschaft darstellt, bedeutet dies nicht, dass jede Depotbanktätigkeit automatisch Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist. Vielmehr ist aufgrund der Personenunabhängigkeit der Befreiungsvorschriften zu hinterfragen, ob die einzelnen hier betrachteten Depotbankaufgaben Teil der Verwaltung sind. Dabei ist entgegen dem Europäischen Gerichtshof nicht auf die OGAW-RL bzw. ihren Anhang II zurückzugreifen, sondern auf die – ebenso vom Gericht verfolgte – funktionale Sichtweise abzustellen1093. Entscheidend ist demnach, ob die jeweilige Tätigkeit ihrer wirtschaftlichen Funktion entsprechend einen Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens darstellt. Dafür werden die einzelnen Leistungen in Gruppen untergliedert, deren Zusammensetzung sich nach der Behandlung der jeweiligen Leistung durch den Europäischen Gerichtshof richtet. Die erste Gruppe (Punkt bb)) bilden solche Aufgaben, deren Verwaltungscharakter sich – analog zur Vorgehensweise des Gerichts – sowohl aus der OGAW-RL als auch dem Ziel der Befreiungsregelung ergibt. Hierzu zählen die Anteilsausgabe und rücknahme (§ 23 InvG), die Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG) sowie die Ausschüttung von Gewinnanteilen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG). Diese
1091 Vgl. hierzu im Einzelnen Punkt II 4 b) dd) dieses Abschnitts. 1092 Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiung, S. 236. 1093 Vgl. zur funktionalen Sichtweise die Ausführungen und Nachweise in Kap. 6, Abschn. B, Punkt IV.
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Tätigkeiten werden auch von der Finanzverwaltung als Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens angesehen1094. Die zweite Gruppe (Punkt cc)) setzt sich aus solchen Depotbanktätigkeiten zusammen, deren Einordnung entsprechend der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs deshalb unklar ist, weil sich keine eindeutige Aussage der OGAW-RL entnehmen lässt, obwohl eine Befreiung dem Ziel des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL entspräche. Es geht um die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG, § 26 InvG), die Auszahlung des Entgelts gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG) und die Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG). Sowohl im Hinblick auf die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten als auch in Bezug auf die Auszahlung des Entgelts an die Kapitalanlagegesellschaft geht die deutsche Finanzverwaltung davon aus, dass es sich nicht um Tätigkeiten der Verwaltung eines Investmentvermögens handelt1095. Die dritte Gruppe (Punkt dd)) bilden solche Pflichten der Depotbank, die aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs und auch der deutschen Finanzverwaltung keinesfalls Teil der Verwaltung sind, weil die OGAW-RL sie den Kontroll- und Verwahrpflichten zuordnet. bb)
Anteilsausgabe und -rücknahme, Anteilswertermittlung und Ausschüttungsvornahme
Die Verwaltung eines kollektiven Anlagevermögens besteht gerade nicht nur in der Vermögensanlage und -umschichtung, sondern ebenso aus den vor- und nachgelagerten Tätigkeiten, die eine kollektive Vermögensanlage überhaupt erst ermöglichen. Erst die Anteilsausgabe und die damit verbundene Verbriefung der Anteile in Anteilsscheine (§ 33 InvG) lässt aus dem eigelegten Vermögen als Anteil an dem Sondervermögen einen sachlichen und verkehrsfähigen Gegenstand werden1096. Sie dokumentiert die Legitimation des Anlegers hinsichtlich seines Anteils gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank1097. Weil es sich beim InvestmentSondervermögen um einen offenen Fonds handelt, erfolgt in der Regel eine stetige Ausgabe und Rücknahme von Anteilen. Es handelt sich – ebenso wie das Portfolio-Management – um einen Aspekt des Tagesgeschäfts. Dies gilt erst recht, wenn die Depotbank nicht die reine Verbriefung der Anteile und 1094 1095 1096 1097
Vgl. die Ausführungen in Punkt II 1 b) und II 2 c), d) und e) dieses Abschnitts. Vgl. die Ausführungen in Punkt II 1 b) und II 2 f) und g) dieses Abschnitts. Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 33, Rn. 2 (4/07). Vgl. Beckmann a. a. O.
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Ausgabe bzw. Rücknahme dieser Anteile übernommen hat, sondern den gesamten Prozess der Zeichnung der Anteile durch den Anleger mit dessen Hausbank abwickelt, so dass die Kapitalanlagegesellschaft bei der Anbahnung des Investmentverhältnisses mit dem Anleger durch die Depotbank vertreten wird. Die Bestimmung der Wertes des Sondervermögens und die daraus resultierende Ermittlung der Anteilswerte im Sinne des § 36 Abs. 1 InvG schafft zum einen die Voraussetzungen, laufend Anteile nach § 23 InvG auszugeben und zurückzunehmen. Zum anderen ist es ohne exakte Kenntnis des Wertes des Sondervermögens und der wertmäßigen Zusammensetzung nicht möglich, eine den vertraglichen und gesetzlichen Anlagegrenzen entsprechende Allokation der Anlagemittel des Sondervermögens vorzunehmen. Zudem lässt sich nicht bestimmen, ob eine Umschichtung zur Einhaltung dieser Anlagegrenzen aufgrund aktueller Wertentwicklungen bestimmter Anlagegegenstände erforderlich wird. Die Bestimmung des Wertes des Sondervermögens ist somit ein elementarer Bestandteil der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens. Dies wird dadurch gestützt, dass diese Tätigkeit börsentäglich zu erfolgen hat, es sich also um einen Teil des laufenden Tagesgeschäftes handelt1098. Die Zuteilung der erwirtschaften Überschüsse des verwalteten Vermögens (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) ist zwar nicht Bestandteil des PortfolioManagements, jedoch Teil der Administration eines Fonds. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Verwaltung aus der Perspektive der Anleger betrachtet. Für sie ist die Ausschüttung ein wesentlicher Teil des Erfolges bzw. Misserfolges, den das Fonds-Management im abgelaufenen Geschäftsjahr zu verzeichnen hatte. cc)
Mitwirkung und Zustimmung zu Verfügungen, Vergütungsauszahlung und Abwicklung
Die bei der Umsetzung von Anlage- und Umschichtungsentscheidungen des Portfolio-Managements erforderlichen Tätigkeiten der Erfüllung von Zahlungs- (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG) und Lieferverpflichtungen (§ 25 S. 2 Nr. 2 InvG) sowie die Erteilung von Zustimmungen zu Verfügungen über nicht verwahrfähige Vermögensgegenstände (§ 26 InvG) sind Bestandteil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL1099. Entsprechend der hier vertretenen Ansicht sind die Kontroll- und Überwachungselemente dieser Tätigkeiten Bestandteil der Verwaltung im Sinne des 1098 § 95 Abs. 4 S. 1 InvG lässt abweichende Vereinbarungen für Spezialvermögen zu. 1099 So auch Bustorff, in: Keller/Bustroff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 486 ff. (EL 68, 11/2007).
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Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, so dass es auf eine Abgrenzung zwischen Verwaltung einerseits und Kontrolle und Überwachung andererseits nicht ankommt1100. Für die Vermögensverwaltung in diesem Sinne ist die eigenverantwortliche Vornahme von Umschichtungen das prägende Merkmal schlechthin1101. Zwar steht der Depotbank hierbei aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit kein eigener Entscheidungsspielraum zu, jedoch ist sie aktiv an den Umschichtungen beteiligt. Sie erbringt damit einen unverzichtbaren Teil der Leistung, die für die Verwaltung eines Sondervermögens geradezu typisch ist. Dabei ist die Depotbank auch nicht auf die rein technische Dienstleistung einer bloßen Transaktionsabwicklung beschränkt, wie sie der Europäische Gerichtshof ausdrücklich vom Verwaltungsbegriff im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausschließt1102. So gleicht sie die Verkaufs- und Kaufdaten der Kapitalanlagegesellschaft mit denen des beauftragen Brokers ab (Broker Matching) und prüft die Verfügung der Kapitalanlagegesellschaft zumindest auf ihre Vertrags- und Gesetzeskonformität1103, bevor die eigentliche Transaktion vollendet wird. Damit geht ihre Beteiligung an dem Verwaltungsprozess sogar über den Einfluss einer der eigentlichen Transaktion nachgeschalteten Controlling-Abteilung hinaus. Im Gegensatz zu den Mitwirkungs- und Zustimmungshandlungen der Depotbank setzt das Fonds-Controlling in der Regel erst im Nachhinein an und ist zudem ebenso auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Der Umstand, dass diese zusätzliche Kontrolle nicht von einer eigenen Abteilung der Kapitalanlagegesellschaft, sondern von der rechtlich getrennten und unabhängigen Depotbank ausgeführt wird, ist eine Folge der dem Schutz des Sondervermögens und damit der Anleger dienenden Konstruktion des InvestmentDreiecks. Entsprechendes gilt für die Zustimmungserteilung nach § 26 InvG, wenn es um die Übertragung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände geht. Die Bezeichnung der Auszahlung von Vergütungen und Aufwendungsersatzleistungen im Sinne des § 29 Abs. 1 InvG als Teil der Verwaltung könn1100 Vgl. zu den aus einer solchen Abgrenzung entstehenden Schwierigkeiten: Punkt II 3 b) und II 2 f) dieses Abschnitts sowie Kap. 4, Abschn. B, Punkt II 2 a). 1101 Hierdurch unterscheidet sie sich gerade von der Verwaltung i. S. d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL bzw. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG, vgl. Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a). 1102 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 71, UR 2006, 353 ff. 1103 Geht man davon aus, dass die Depotbank auch die grundsätzliche Plausibilität der Verfügungen aus der Sicht eines ordentlichen Kaufmanns überprüft (vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise in Fn. 1077 f.), so müssen die Mitwirkungshandlungen der Depotbank erst recht als Teil der Verwaltung gelten.
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te vor dem Hintergrund Bedenken hervorrufen, dass es sich hierbei nicht um die Verwaltung, sondern um die Entgeltzahlung für die Verwaltung handelt. Grundsätzlich erscheint es als problematisch, die Entlohnung für eine bestimmte Tätigkeit als Teil dieser Tätigkeit zu bezeichnen. Die Besonderheit in diesem Fall besteht aber darin, dass die Vergütung für die Verwaltung des Vermögens aus dem verwalteten Vermögen selbst erfolgt1104. Bevor die Depotbank die Auszahlung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes veranlasst, ist sie aufgrund der Formulierung des § 29 Abs. 1 InvG („zustehende“) außerdem verpflichtet, zu überprüfen, inwieweit die Ansprüche der Kapitalanlagegesellschaft berechtigt sind1105. Folglich nimmt sie weisungsfrei Zahlungen auf Basis eigener Kontrollen aus dem (zumindest wirtschaftlichen) Vermögen der Anleger vor. Dieser Vorgang muss somit als Teil der Verwaltung des betroffenen Vermögens angesehen werden1106. Im Gegensatz hierzu ist die Abwicklung des Sondervermögens durch die Depotbank nach § 39 Abs. 2 InvG keine verwaltende Tätigkeit im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Die Depotbank ist in dieser Situation auf die reine Abwicklung beschränkt. Weitere Geschäfte für die gemeinsame Rechnung der Anleger sind ihr nicht gestattet1107. Auch eine Verwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft im Sinne einer gezielten Umschichtung von Vermögensgegenständen findet nicht mehr statt. Zwar ist es keine Voraussetzung für die Bezeichnung einer Depotbanktätigkeit als Teil der Verwaltung, dass die jeweilige Aufgabe selbst Teil der aktiven Portfolioverwaltung ist. Jedoch muss eine solche Tätigkeit zumindest weiterhin parallel durch die Kapitalanlagegesellschaft erfolgen, um die unterstützenden Tätigkeiten der Depotbank als Teil der Verwaltung ansehen zu können. Erlischt das Verwaltungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft, kann
1104 Der Grund hierfür besteht darin, zu verhindern, dass der KAG Ansprüche gegenüber den Anlegern zustehen (vgl. BFH, Urt. v. 10.12.1981, V R 36/76, UR 1982, 48 ff. [49]). 1105 Vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12c KAGG, Rn. 4; Schrödermeier/Baltzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12c, Rn. 8. 1106 Auch dieser Aspekt spricht allgemein für die Ansicht, dass die Depotbank im Investment-Dreieck verwaltend tätig wird. Im Hinblick auf die Entgeltzahlung gegenüber der KAG handelt die Depotbank weisungsfrei. Insoweit entspricht ihre Position der der KAG, wenn es um deren Zustimmung zur Entgeltentnahme aus dem Sondervermögen durch die Depotbank geht. Sowohl KAG als auch Depotbank sind verpflichtet, die Berechtigung der Ansprüche zu prüfen, um dann die Ansprüche vertragsgemäß (Investmentvertrag und Depotbankvertrag) zu befriedigen bzw. deren Befriedigung zuzustimmen. 1107 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 39, Rn. 20 f. (2/08).
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auch keine Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL mehr stattfinden. dd)
Kontrolle, Überwachung und Verwahrung
Nach Wäger sind Kontrolle und Überwachung bereits nach ihrem Wortsinn nicht als Teil Verwaltung anzusehen1108. Diese Aussage berücksichtigt nicht die Besonderheiten des Investment-Dreiecks. Die Kontrolle und Überwachung ist vielmehr gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil der Verwaltungstätigkeiten der Depotbank und damit Bestandteil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL1109. Sie wird im Investment-Dreieck gerade durch die Einbindung der Depotbank in die aktive Portfolioverwaltung realisiert. Ein wesentlicher Grund für die Befreiung der Verwaltung eines Investmentvermögens ist die aufgrund der strengen gesetzlichen Regulierungsvorschriften erhöhte Sicherheit dieser Anlageform. Zur Einhaltung dieser Vorgaben wurde die Depotbank zwingend in das Investment-Dreieck eingebunden. Bei der Kontrolle und Überwachung handelt es sich deshalb nicht um einen Bestandteil, den man von der Verwaltung in diesem Sinne trennen kann. Im Unterschied zu den üblichen Kontroll- und Überwachungstätigkeiten erfolgt die Kontrolle durch die Depotbank nicht im Nachhinein, sondern während der Ausführung der Verwaltungstätigkeiten durch die Kapitalanlagegesellschaft. Zur tatsächlichen Umsetzung der Verwaltungsentscheidungen der Kapitalanlagegesellschaft bedarf es dazu der Mitwirkung der Depotbank. Die Überwachung und Kontrolle ist im Fall der Verwaltung eines Investmentvermögens funktionaler Teil der Verwaltung. Die Depotbank fungiert hierbei in wirtschaftlicher Hinsicht als eine der eigentlichen Handelsabteilung nachgeschaltete Controlling-Abteilung. Betrachtet man aber deren Handeln als vom Begriff der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL umfasst1110, so muss dies erst recht für die Depotbank gelten. Denn sie hat sogar größeren Einfluss auf das Portfolio-Management, indem sie die Ausführung einzelner Umschichtungen verweigern kann1111.
1108 1109 1110 1111
Vgl. Wäger, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 219 (EL 60, 9/2008). Vgl. Heidemann, Umsatzsteuerbefreiungen, S. 236. Vgl. zur Steuerfreiheit des Fonds-Controlling: Kap. 8, Abschn. D. Dementsprechend sieht auch der Vorschlag der Kommission für die Durchführungsverordnung zur Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL vor, dass die Überwachung des Fonds durch die Verwahrstelle als Verwaltung eines Investmentvermögens i. S. d. Befreiungsvorschrift anzusehen ist, vgl. Art. 12 Abs. 1 Buchst. k VO-E-KOM (vgl. Abschn. D, Punkt I dieses Kapitels).
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Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Die Verwahrung der Gegenstände des Sondervermögens (§ 24 Abs. 1, 2 InvG) ist ebenso ein Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Die Verwaltung eines Sondervermögens steht der Verwahrung eines Vermögens nicht gegenüber, sondern geht über die bloße Verwahrung hinaus1112. Sie stellt einen Bestandteil der Vermögensverwaltung dar. Zwar differenziert Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL begrifflich zwischen Verwaltung und Verwahrung, jedoch kann diese Differenzierung nicht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL übertragen werden. Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL bezeichnet mit der Verwaltung einen wesentlich kleineren Tätigkeitsbereich als Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Die dortige zusätzliche Aufzählung der Verwahrung bedeutet nicht, dass der Begriff der Verwaltung im Allgemeinen nicht die Verwahrung umfassen kann1113. Entscheidend ist vielmehr der Aspekt, dass sich jener der Verwahrung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL zugrunde liegende Sachverhalt erheblich von der Verwahrung im Sinne des § 24 Abs. 1, 2 InvG unterscheidet. Dem Verwahrer im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL werden die zu verwahrenden Gegenstände in seine Obhut übergeben und aus dieser auch wieder entfernt1114. Im Gegensatz hierzu obliegt es der Kapitalanlagegesellschaft unter Mitwirkung der Depotbank, die verwahrten Gegenstände zu veräußern und dafür neue Anlageobjekte zu erwerben. Die Verwahrung ist somit kein selbständiges Element, auf dem die Verwaltung aufbaut, sondern geht in der laufenden Verwaltung auf. Die Verwaltungsaufgabe der Kapitalanlagegesellschaft besteht gerade darin, mittels des Vermögens der Anleger Anlageobjekte zu kaufen und diese planmäßig umzuschichten. Die Verwahrung eines konkreten Vermögensgegenstandes im Sinne des § 24 Abs. 1, 2 InvG ist ein Zustand, der erst durch die Umschichtung als Element der Verwaltung herbeigeführt und durch diese wieder beendet wird. Im Gegensatz hierzu ist die Inverwahrnahme bzw. -gabe im Rahmen des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL erst der Ausgangspunkt für die Ausübung der Verwaltung durch den Verwahrer. Die Differenzierung zwischen Verwaltung und Verwahrung im
1112 Vgl. Birkenfeld, USt-Hdb, Bd. II, § 93, Rn. 594 (EL 39, 10/2005). 1113 Entsprechend dem EuGH handelt es sich hierbei in Abgrenzung zu den Wertpapierumsätzen um all jene Tätigkeiten, die nicht zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage zwischen den Parteien führen, weil ein Wertpapierumsatz gerade durch eine solche Änderung gekennzeichnet ist, vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 29, UR 2002, 84 ff. 1114 Im Unterschied zum Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens kommt dem Verwalter i. S. d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL nicht die Befugnis zu, Verfügungen hinsichtlich der verwahrten Wertpapiere vorzunehmen, vgl. die Ausführungen und Nachweise in Kap. 3, Abschn. D, Punkt II 3 a).
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§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Rahmen des Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL kann somit nicht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL übertragen werden. Darüber hinaus widerspricht der hier vertretenen Ansicht auch nicht, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL die Verwahrung ausdrücklich als steuerpflichtig bezeichnet. Die ausdrückliche Bezeichnung der Verwahrung und Verwaltung als steuerpflichtig dient in dieser Regelung der Umgrenzung der steuerfreien Wertpapierumsätze, die sich dadurch auszeichnen, dass sie eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage der Parteien bewirken1115. Um dieses Ziel zu erreichen, mussten somit alle Umsätze als steuerpflichtig bezeichnet werden, die keine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage bewirken1116. Im Gegensatz hierzu bezeichnet die Befreiungsvorschrift des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL gemäß dem Europäischen Gerichtshof auch solche Leistungen, die keine Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage herbeizuführen1117.1118 5.
Ergebnis
Im Hinblick auf die Frage, welche Depotbanktätigkeiten Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sind, ergibt sich ein dreigeteiltes Bild: Die Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs, auf die OGAW-RL abzustellen, führt hinsichtlich solcher Tätigkeiten, die ausdrücklich in Anhang II der OGAW-RL als Tätigkeiten der Verwaltungsstelle bezeichnet sind, zu den gleichen Ergebnissen wie eine wirtschaftlich funktionale Sichtweise. Auch das Ziel der Befreiungsnorm, eine umsatzsteuerliche Neutralität im Vergleich zur Direktanlage herzustellen, stützt diese Feststellungen. Demnach muss davon ausgegangen werden, dass auch aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs die Anteilsausgabe und -rücknahme (§ 23 InvG), die Anteilswertberechnung (§ 36 Abs. 1 InvG) und die Vornahme von Ausschüttungen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sind. Dieses Ergebnis wird durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 6. Mai 2010 unterstrichen.
1115 Vgl. EuGH, Urt. v. 5. 6. 1997, Rs. C-2/95 (SDC), Rn. 73, IStR 1997, 397 ff.; Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 28, UR 2002, 84 ff. 1116 Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-235/00 (CSC), Rn. 29, UR 2002, 84 ff. 1117 Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 c). 1118 Dementsprechend bezeichnet auch Art. 12 Abs. 1 Buchst. j VO-E-KOM die „Sicherheitsaufbewahrung der Wertpapiere“ als Teil der Verwaltung i. S. d. Befreiungsnorm, vgl. Abschn. D, Punkt II dieses Kapitels.
363
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
In Bezug auf die Mitwirkung der Depotbank an den Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG) bzw. der Zustimmung zu solchen Verfügungen (§ 26 InvG), der Auszahlung der Entgelte an die Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG) sowie der Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) kann die Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs anhand seiner eigenen Vorgehensweise nicht klar ermittelt werden. Die Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) ist jedenfalls auch aus funktionaler Sicht kein Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Anhand dieser Tätigkeit zeigt sich, dass auch das alleinige Abstellen auf das Ziel der steuerlichen Neutralität nicht zutreffende Ergebnisse liefert, weil demnach auch diese Tätigkeit befreit sein müsste. Dieser Weg führt aber in Bezug auf die Pflichten aus § 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG und § 29 Abs. 1 InvG zu Resultaten, die mit denen einer wirtschaftlich funktionalen Sichtweise übereinstimmen. Während sich die aufsichtsrechtliche OGAW-RL nicht eindeutig äußert, begründen die beiden anderen Wege die Annahme, dass es sich hierbei um Teile der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL handelt. Die gegenteilige Ansicht der deutschen Finanzverwaltung überzeugt nicht. Die hier favorisierte wirtschaftlich funktionale Sichtweise führt im Zusammenhang mit der Verwahrung (§ 24 Abs. 1, 2 InvG) und den Kontroll- und Überwachungsaufgaben der Depotbank zu einem Widerspruch gegenüber der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs und der Finanzverwaltung. In der Rechtssache „Abbey National“ hatte der Europäische Gerichtshof die Tätigkeit im Sinne des Art. 7 Abs. 1, 3 bzw. Art. 14 Abs. 1, 3 OGAW-IIIRL (bzw. Art. 22 Abs. 1, 3 OGAW-RL) ausdrücklich von dem Begriff der Verwaltung ausgeschlossen, womit er sowohl dem Sinn und Zweck der Befreiung aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL als auch der von ihm selbst an anderer Stelle verwendeten wirtschaftlich funktionalen Sichtweise widersprach. Dem folgt auch die Finanzverwaltung. Entsprechend der hier vertreten Ansicht sind die Aufgaben der Kontrolle und Überwachung sowie die Pflicht zur Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens Teil der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
364
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
III.
Befreiung von Teilleistungen
1.
Anwendung der Formel des Europäischen Gerichtshofs
Wie bereits im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit von Teilleistungen der Kapitalanlagegesellschaft angesprochen, beschränkt sich die bekannte Formel des Europäischen Gerichtshofs zur Befreiung von Teilleistungen nicht auf die Konstellation der Auslagerung eines Teils der Verwaltung auf einen außerhalb des Investment-Dreiecks stehenden Dienstleister1119. Vielmehr muss jede Leistung, die nur einen Teil des von der betreffenden Befreiungsvorschrift umschriebenen Leistungserfolges ausmacht, diese Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt auch für die Erbringung von Teilleistungen durch eine an dem Investment-Dreieck beteiligte Partei. So nimmt die Depotbank im Hinblick auf die von ihr erbrachten Verwaltungstätigkeiten aus umsatzsteuerlicher Sicht eine mit einem externen Dienstleister vergleichbare Stellung ein, indem sie lediglich Teile der Verwaltung eines Sondervermögens erbringt1120. Der Umstand, dass die von ihr erbrachten Leistungen nicht mittels eines Auslagerungsvertrages auf sie übertragen werden, sondern dass bereits eine gesetzliche Aufgabenzuweisung besteht (vgl. §§ 23 ff. InvG), beeinflusst die umsatzsteuerliche Betrachtung der jeweiligen Dienstleistungen nicht1121. Die umsatzsteuerliche Einordnung der Leistung muss sich an ihrem Inhalt und nicht dem Rechtsgrund der Übertragung richten1122. Vor dem Hintergrund, dass die OGAW-RL lediglich ein zwingendes Grundgerüst der an die Verwahrstelle zu übertragenden Aufgaben vorgibt, wäre andernfalls die europäische Harmonisierung der Umsatzbesteuerung dadurch gefährdet, dass zum Beispiel ein nationaler Gesetzgeber über die Anforderungen der Richtlinie hinausgeht, indem er der Verwahrstelle Tätigkeiten überträgt, die von der OGAW-RL grundsätzlich als Aufgabe der Verwal-
1119 Vgl. Kap. 7, Abschn. A, Punkt II. 1120 Vgl. Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [406]. Zu diesem Aspekt konnte der EuGH in der Rs. „Abbey National“ nicht mehr kommen, weil er Verwahr-, Kontroll- und Überwachungstätigkeiten generell nicht als Teil der Verwaltung i. S. d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL ansah (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2006, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 65, UR 2006, 353 ff.). 1121 Ebenso für eine Anwendung der Formel des EuGH auf die Depotbankleistungen: Sedlmaier, UR 2007, 401 ff. [406]. 1122 Vgl. GAin Kokott (SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 90 ff., EuGHE 2006 I, 4030 ff.), die die bekannten Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung auch auf die Leistungen der Verwahrstelle (Depotbank) anwendet, um deren potentielle Steuerfreiheit zu begründen.
365
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
tungsstelle vorgesehen sind (so zum Beispiel der deutsche Gesetzgeber in § 23 InvG)1123. Die deutsche Finanzverwaltung bezieht zu dieser Frage in ihrem Schreiben vom 6. Mai 2010 nicht Stellung. Die Voraussetzungen des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung einer Teilleistung werden nur im Zusammenhang mit der Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG auf die Dienstleistungen eines außerhalb des Investment-Dreiecks stehenden Dritten angesprochen. Zu den Depotbankleistungen wird lediglich ausgeführt, dass deren Befreiung nicht davon abhängig ist, dass die Depotbank sämtliche an dieser Stelle des Schreibens vom 6. Mai 2010 aufgezählten Leistungen erbringt. Eine Befreiung kann vielmehr auch dann in Betracht kommen, wenn die Depotbank lediglich einzelne Verwaltungsleistungen erbringt. Insoweit unterscheidet sich die Behandlung der Leistungserbringung durch die Depotbank von der Behandlung des Leistungsbezugs von einem außenstehenden Dritten1124. 2.
Betrachtung der Depotbankleistungen in Gruppen
Bereits im sechsten Kapitel wurde herausgearbeitet, dass nicht jede Einzelleistung die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs erfüllen muss1125. Vielmehr können auch mehrere Leistungen zusammen ein eigenständiges Ganzes erst durch ihre Kombination bilden1126. Insoweit wäre es auch denkbar, sämtliche gesetzlichen Depotbankleistungen zusammen unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob sie in ihrer Kombination ein eigenständiges Ganzes bilden, das zugleich für die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens wesentlich und spezifisch ist. Auch dient die Mehrzahl der Depotbankleistungen unmittelbar oder zumindest mittelbar der Kontrolle und Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft, so dass diese Leistungen bereits aus diesem Grund ein eigenständiges Ganzes im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs bilden könnten. Dennoch erscheint es zumindest als fraglich, ob dies für die Annahme eines eigenständigen Ganzen genügt und nicht ein engerer Zusammenhang zwischen den Einzelleistungen erforderlich ist. Andererseits ist jedoch auch keine Einzel1123 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 88, EuGHE 2006 I, 4030 f.; Kempf, Investmentrecht 2004, S. 19. 1124 Vgl. Kap. 8, Abschn. D, Punkt III sowie Abschnitt E, Punkt III zu diesem Aspekt des BMF-Schreibens v. 6.5.2010. 1125 Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) cc) (2). 1126 Dem steht auch nicht entgegen, dass die Depotbank gegenüber der KAG in der Regel keine einheitliche Leistung erbringt, vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt III 3. Ein eigenständiges Ganzes erfordert gerade nicht eine einheitliche Leistung, vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 cc) (2).
366
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
prüfung erforderlich. Denn bestimmte Depotbankleistungen stehen miteinander in einem Zusammenhang, der in jedem Fall ein eigenständiges Ganzes im Sinne der Formel des Europäischen Gerichtshofs begründet. Im Unterschied zum externen Leistungsbezug sind die gesetzlichen Leistungen der §§ 23 ff. InvG zum größten Teil zwingend von der Depotbank zu erbringen, weshalb sie von ihr in der Regel auch in dieser Kombination erbracht werden1127. Folgende Einteilung wird der Untersuchung zugrunde gelegt1128: Die Anteilsausgabe und -rücknahme (§ 23 InvG) wird zusammen mit der Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG) untersucht (Punkt 3), während die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten (§§ 25 S. 2 Nr. 1, 2, 26 InvG) isoliert betrachtet werden (Punkt 4). Eine weitere Gruppe bilden zahlungsbezogene Tätigkeiten der Depotbank (Punkt 5). Gegenstand der Betrachtung sind hierbei die Ausschüttungen an die Anteilinhaber (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG), die Auszahlungen an die Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG) und die Begleichung von Zahlungsverbindlichkeiten (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG). Zwar ist die zuletzt genannte Tätigkeit bereits Teil der Mitwirkungspflichten, jedoch kann eine bestimmte Aufgabe hinsichtlich der Bestimmung eines eigenständigen Ganzen auch in mehreren der betrachteten Gruppen enthalten sein. Zuletzt werden die Kontroll- und Überwachungssowie die Verwahrungsleistungen der Depotbank untersucht (Punkt 6). 3.
Anteilsausgabe und -rücknahme, Ermittlung der Anteilswerte
Die Anteilsausgabe und -rücknahme steht in einem engen Zusammenhang mit der Ermittlung des Anteilswertes, weil der Ausgabepreis gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 InvG nicht den Anteilswert im Sinne des § 36 Abs. 1 InvG unterschreiten darf. Ebenso ist eine Überschreitung des Anteilswertes durch den Rücknahmepreis nicht zulässig (§ 23 Abs. 2 S. 3 InvG). Eine gesetzeskonforme Ausgabe und Rücknahme der Anteile ist somit ohne Kenntnis des Anteilswertes nicht möglich. Beide Leistungen können deshalb für die Feststellung des eigenständigen Ganzen im Sinne der Formel des Europäischen 1127 Bis auf die Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG) muss die Depotbank grundsätzlich alle der gesetzlichen Depotbankaufgaben erbringen. Zwar ist es auch ihr erlaubt, Tätigkeiten auszulagern, jedoch verbleibt sie damit dennoch Leistender gegenüber der KAG bzw. den Anlegern, während der betreffende Insourcer seine Leistungen gegenüber der Depotbank erbringt. In Bezug auf die Betrachtung der Leistungsverhältnisse zwischen Depotbank und KAG bzw. Anteilinhaber verändert sich durch eine solche Gestaltung nichts. Vgl. zum parallelen Problem bzgl. der Leistungserbringung der KAG gegenüber den Anlegern bei einem externen Leistungsbezug durch die KAG, Kap. 7, Abschn. A, Punkt II. 1128 In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass es sich bei diesen Leistungen nicht um einheitliche Leistungen bzw. Haupt- und Nebenleistungen handeln muss, um ein einheitliches Ganzes zu bilden, vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) cc) (2).
367
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Gerichtshofs zusammen betrachtet werden, wenn die Depotbank über die Anteilsausgabe und -rücknahme hinaus auch die Anteilswertermittlung nach § 36 Abs. 1 InvG ausführt. Diese Tätigkeiten sind kein unselbständiges Fragment, das untrennbar mit anderen Verwaltungsaufgaben der Kapitalanlagegesellschaft zusammenhängt. Ihnen kommt ein eigenständiger Charakter dadurch zu, dass erst durch die Anteilsausgabe und -rücknahme auf der Basis der aktuellen Anteilswerte dem Sondervermögen der ständige Kapitalzufluss und -abfluss ermöglicht wird1129. Sowohl die Ermöglichung des ständigen Kapitalzuflusses und -abflusses als auch die Anteilswertermittlung sind wesentliche Aspekte der Verwaltung eines Investmentvermögens. Das Investmentvermögen ist dadurch gekennzeichnet, dass sein Wert auch durch die laufende Ausgabe und Rücknahme von Anteilen variiert. Die Entstehung eines Anlagevermögens und der Ausgleich der Anlagevermögensverluste, die durch die gesetzlich verpflichtende Rücknahme der Anteile gemäß § 37 InvG entstehen, können oftmals nur durch die Ausgabe neuer Anteile bewerkstelligt werden. Hierfür ist die Kapitalanlagegesellschaft gemäß §§ 23, 33 Abs. 1 S. 4 InvG auf die Depotbank angewiesen. Die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen ist somit eine wesentliche Teilleistung der administrativen Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Führt die Depotbank zusätzlich noch die Anteilswertermittlung durch, so muss dies erst recht zu einer Wesentlichkeit dieser Depotbanktätigkeiten führen. Darüber hinaus sind diese Aufgaben auch für die Verwaltung eines Investmentvermögens spezifisch. Dies folgt nicht allein daraus, dass sie sowohl durch die OGAW-RL als auch das Investmentgesetz zwingend Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens sind. Es ist auch Folge des Umstandes, dass die Anteilswertermittlung und Ausgabe bzw. Rücknahme der Anteile auf Basis der ermittelten Werte der Vermögensgegenstände für ein Investment-Sondervermögen geradezu kennzeichnend sind. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Anteilsausgabe und -rücknahme (§ 23 InvG) und die Ermittlung der Anteilswerte (§ 36 Abs. 1 InvG) als Teil der Verwaltung eines Sondervermögens im Sinne des 1129 Dieses Ergebnis lässt sich auch für den Fall begründen, dass die KAG die Anteilswertermittlung nach § 36 Abs. 1 InvG selbst durchführt. Der eigenständige Charakter der Anteilsausgabe und -rücknahme besteht darin, dass nur sie dem Fonds den ständigen Kapitalzufluss und -abfluss tatsächlich ermöglicht. Die Anteilswertermittlung ist zwar ein wichtiger Bestandteil der Verwaltung, lässt den eigenständigen Charakter der Anteilsausgabe und -rücknahme jedoch nicht entfallen. Vgl. Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt., § 4 Nr. 8, Rn. 450 [EL 68, 11/2007] dazu, dass die Anteilswertermittlung bereits für sich genommen ein eigenständiges Ganzes darstellt.
368
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ein eigenständiges Ganzes darstellen, das die wesentlichen und spezifischen Funktionen dieser Tätigkeit erfüllt1130. Nicht ganz eindeutig ist die Haltung der Finanzverwaltung zu dieser Frage. Zwar geht sie in ihrem Schreiben vom 6. Mai 2010 davon aus, dass sowohl die Anteilsausgabe und -rücknahme als auch die Ermittlung der Anteilswerte grundsätzlich befreite Teilleistungen sein können (vgl. Abs. 17 UStAE). Jedoch bezieht sie dabei nicht ausdrücklich zu der Problematik Stellung, inwieweit bei der Leistungserbringung durch die Depotbank die Voraussetzungen der Formel zur Befreiung einer Teilleistung Beachtung finden müssen. Vielmehr beschränkte sie sich auf die Aussage, dass – im Gegensatz zur Leistungserbringung durch einen externen Dritten – auch die Erbringung einzelner Leistungen durch die Depotbank befreit sein kann1131. 4.
Mitwirkung an und Zustimmung zu Verfügungen der Kapitalanlagegesellschaft
Weil sich die Mitwirkung nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG und die Zustimmung nach § 26 InvG im Hinblick auf verwahrfähige und nicht verwahrfähige Vermögensgegenstände ergänzen, ist es angebracht, sie für die Bestimmung eines eigenständigen Ganzen zusammen zu betrachten. Die Mitwirkung an Verfügungen des Portfolio-Managements bzw. Zustimmung zu seinen Verfügungen ist kein unselbständiges Fragment der Verwaltung eines Sondervermögens. Wenn die Mitwirkungs- und Zustimmungsleistungen zwingend von einer anderen Stelle als der Kapitalanlagegesellschaft zu erbringen sind, so müssen sie sich notwendigerweise auch von den übrigen Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft abgrenzen lassen1132. Ebenso wie es sich nicht um ein bloßes Fragment der Geschäftsabwicklung handelt, stellen diese Leistungen auch kein unselbständiges Bruchstück der Kontroll- und Überwachungspflichten der Depotbank dar. Eine bloße Geschäftsabwicklung liegt nicht vor, weil die Depotbank hierbei eigenständigen Kontrollpflichten nachkommt, während die reine Kontrolle daran scheitert, dass sie hierbei in erheblichem Maße in die aktive Portfolio-Verwaltung eingreift.
1130 Dies gilt auch für die Anteilsausgabe und -rücknahme nach § 23 InvG, wenn die Anteilswertermittlung durch die KAG selbst erfolgt. 1131 Vgl. BMF, Schr. v. 6.5.2010, IV D 3 - S 7160-h/09/10001, Rn. 8, BStBl. I 2010, 563 ff. sowie die Ausführungen in Punkt III 1 dieses Abschnitts. 1132 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2001, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 90, EuGHE 2006 I, 4030 ff.
369
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Diese Sonderstellung macht den eigenständigen Charakter dieser Leistungen aus1133. Diese Funktion der Depotbank ist als Folge der besonderen gesetzlichen Ausgestaltung des Investment-Dreiecks auch prägend bzw. spezifisch für die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens. Es handelt sich um eine investmentrechtliche Besonderheit. Während die bloße Ausführung einer Weisung als technische Abwicklung für eine aktive Portfolioverwaltung zwar notwendig, aber nicht wesentlich ist, muss die darüber hinausgehende aktive Teilnahme der Depotbank an der Verwaltung in dem beschriebenen Sinn als wesentlich für die Herbeiführung des Gesamterfolges der Verwaltung eines Sondervermögens angesehen werden. Es handelt sich gerade nicht um eine unbedeutende Tätigkeit mit untergeordneter bzw. nachrangiger Bedeutung für die Verwaltung eines Sondervermögens. Ohne die Mitwirkung bzw. Zustimmung der Depotbank sind Anlagen und Umschichtungen entsprechend der Anlageziele nicht möglich.1134 5.
Zahlungsbezogene Dienstleistungen der Depotbank
Die Vornahme von Ausschüttungen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG), die Auszahlung der für die Kapitalanlagegesellschaft bestimmten Entgelte (§ 29 Abs. 1 InvG) und die Begleichung von Zahlungsverpflichtungen aus den Geschäften der Kapitalanlagegesellschaft für das Sondervermögen (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG) bilden zusammen dadurch ein eigenständiges Ganzes, dass sie allesamt die Begleichung von Zahlungsverbindlichkeiten bezwecken. Die Pflicht aus § 25 S. 2 Nr. 1 InvG nimmt hierbei eine Doppelstellung ein. Zum einen ist sie als Bestandteil der Realisation der Verfügungen des PortfolioManagements Teil des eigenständigen Ganzen in Gestalt der Mitwirkungspflichten (vgl. Punkt 4) und zum anderen dabei zugleich Teil des eigenständigen Ganzen der Zahlstellenleistungen, weil sie den Abfluss von Geldmitteln aus dem Sondervermögen bewirkt. Der Umstand, dass die Kapitalanlagegesellschaft zwar Inhaberin der Verfügungsmacht ist, jedoch keine tatsächlichen Vermögensabflüsse aus dem Sondervermögen bewirken kann, ist ein typisches Merkmal der Verwaltung eines Investmentvermögens. Das Vermögen soll vor den Zugriffen der Ka1133 So i. E. auch: Bustorff, in: Keller/Bustorff, USt, § 4 Nr. 8, Rn. 494 (EL 68, 11/2007). 1134 Die Finanzverwaltung nimmt zur Befreiung einer Teilleistung nicht Stellung, weil sie davon ausgeht, dass diese Leistungen bereits nicht Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens sind, vgl. hierzu die Ausführungen in Punkt II 1 b) und II 2 f) dieses Abschnitts.
370
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG
pitalanlagegesellschaft dadurch geschützt werden, dass ein Geldabfluss nur von der Depotbank in Gang gesetzt werden kann. Dies trifft nicht nur auf die Begleichung von Zahlungsverbindlichkeiten (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG) zu, sondern ebenso auf die Ausschüttungsvornahme (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) sowie auf die Auszahlung von Vergütungs- und Aufwendungsersatzleistungen an die Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG). Diese Tätigkeiten sind für die Verwaltung eines Investment-Sondervermögens spezifisch. Dabei handelt es sich auch nicht um rein technische Dienstleistungen in Gestalt der Abwicklung von Zahlungsströmen. So überprüft die Depotbank im Rahmen der Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten nicht nur die Gesetzes- und Vertragskonformität der Verpflichtung durch die Kapitalanlagegesellschaft, sondern darüber hinaus gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 InvG auch die Zug-umZug-Erfüllung durch den Geschäftspartner1135. Dementsprechend stellt die Depotbank sicher, dass die Ausschüttungen (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) den Vertragsbedingungen entsprechen1136 und überprüft, ob der Anspruch der Kapitalanlagegesellschaft auf Vergütung und Aufwendungsersatz (§ 29 Abs. 1 InvG) berechtigt ist1137. Diese Leistungen sind für die Verwaltung eines Sondervermögens nicht lediglich von nachgeordneter Bedeutung, sondern stellen eine wesentliche Voraussetzung für ihren Erfolg dar. Ohne die ordnungsgemäße Erfüllung bestehender Zahlungsverpflichtungen (§ 25 S. 2 Nr. 1 InvG) wäre die Existenz bzw. Werthaltigkeit des Sondervermögens gefährdet und darüber hinaus zu befürchten, dass Geschäftspartner in Zukunft keine Geschäfte mehr mit der Kapitalanlagegesellschaft abschließen. Ebenso wesentlich ist die Ausschüttungsvornahme (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG), weil es sich hierbei, neben der Wertentwicklung der Anteile selbst, um den wesentlichen Grund für die Anlage in einen Investmentfonds handelt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Kapitalanlagegesellschaft bzgl. der Vergütungsauszahlung im Sinne des § 29 Abs. 1 InvG als wirtschaftliche Motivation für die Erbringung der Verwaltungsleistungen. Ohne die Erfüllung dieser Pflicht durch die Depotbank könnte die Kapitalanlagegesellschaft ihren Verwaltungspflichten nicht nachkommen. Wie bereits im Zusammenhang mit der Anteilsausgabe und -rücknahme geschildert, ist die Sichtweise der Finanzverwaltung zu dieser Frage nicht eindeutig. Zwar werden die Zahlstellenleistungen der Depotbank als nicht be-
1135 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 12 (3/06). 1136 Vgl. Beckmann, in: Beckmann/Scholtz, Investment, Ziffer 410, § 25, Rn. 14 (3/06). 1137 Vgl. Baur, Investmentgesetze, Bd. I, § 12c KAGG, Rn. 4; Schrödermeier/Baltzer, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 12c, Rn. 8.
371
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
freit bezeichnet, jedoch gilt dies nicht für die Leistungen der Depotbank im Zusammenhang mit der Vornahme von Ausschüttungen. Zur Anwendung der Formel des Europäischen Gerichtshofs bezieht die Finanzverwaltung nicht Stellung, sondern belässt es bei der allgemeinen Aussage, dass auch eine Einzelleistung der Depotbank befreit sein kann1138. 6.
Kontroll- und Überwachungs- sowie Verwahrungsleistungen
Die gemäß Art. 22 Abs. 1 und 3 OGAW-RL der Verwahrstelle übertragenen Aufgaben der Verwahrung der Wertpapiere und Guthaben des Investmentvermögens einerseits und der Kontrolle und Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft andererseits bilden ein eigenständiges Ganzes1139. Diesen Tätigkeiten kommt ein eigenständiger Charakter zu. Sie sind kein unselbständiges Fragment, das untrennbar mit anderen Tätigkeiten zusammenhängt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich hierbei um Aufgaben handelt, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b sowie gemäß Art. 22 Abs. 1 und Abs. 3 OGAW-RL zwingend der Verwahrstelle zu übertragen sind. Wenn solch eine aufsichtsrechtliche Regelung vorgibt, dass ein bestimmter Tätigkeitsbereich einer von der Kapitalanlagegesellschaft getrennten Stelle zu übertragen ist, so muss es sich hierbei auch um ein eigenständiges Ganzes handeln1140. Ebenso wie der Umstand, dass es sich bei diesen Leistungen nicht um eine einheitliche Leistung bzw. Haupt- und Nebenleistungen handeln muss, stellt es auch kein Hindernis dar, dass sich Teile der Überwachungs- und Kontrollleistung einerseits und die der Verwahrungstätigkeit andererseits zumindest in Teilen an unterschiedliche Leistungsempfänger richten1141. Das eigenständige Ganze bezieht sich auf die Verwaltung eines Sondervermögens, das heißt, der betrachtete Leistungsblock muss ein eigenständiges Ganzes im Hinblick auf die besondere Konstruktion des Investment-Dreiecks darstellen. Kommt es hierdurch dazu, dass sich die betreffenden Leistungen an unterschiedliche Empfänger richten, so hat dies keinen Einfluss auf die Qualität und Quantität der betrachteten Leistungen im Vergleich zur Gesamtleistung der Verwaltung eines Sondervermögens. Schädlich wäre eine Aufteilung der am Leistungsverhältnis beteiligten Per1138 Vgl. die Ausführungen am Ende des Punktes III 3 dieses Abschnitts. 1139 Die Finanzverwaltung geht hingegen davon aus, dass diese Leistungen bereits nicht Teil der Verwaltung eines Investmentvermögens sind, vgl. die Ausführungen in Punkt II 1 b) und II 2 b) dieses Abschnitts. 1140 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 90, EuGHE 2006 I, 4030 ff. 1141 Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 2 a) cc) (2) zu der Frage, dass ein eigenständiges Ganzes nicht eine einheitliche Leistung erfordert. Vgl. Kap. 4, Abschn. B, Punkt II zur Bestimmung des Empfängers der Depotbankleistungen.
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sonen nur auf Seiten des Leistenden, weil Leistungen verschiedener Dienstleister kaum ein eigenständiges Ganzes bilden können. Des Weiteren sind die Verwahrungs- und Kontrollleistungen der Depotbank auch für die Verwaltung eines Sondervermögens spezifisch1142. Es ist eine charakteristische Eigenart des Investment-Dreiecks, dass die Entscheidungen der mit der Hauptverwaltungsleistung betrauten Kapitalanlagegesellschaft zwingend von einer unabhängigen Stelle auf ihre Vertrags- und Gesetzeskonformität überwacht werden. Schließlich sind diese Leistungen der Depotbank auch für den Erfolg der Gesamtleistung der Verwaltung eines Sondervermögens wesentlich. Die Einschaltung der Depotbank unter Zuweisung wesentlicher Tätigkeiten, wie etwa der Verwahrung der Gegenstände und Guthaben des Sondervermögens und der Kontrolle und Überwachung des Portfolio-Managements, ist für die Sicherheit der Anlage von entscheidender Bedeutung1143.1144 7.
Ergebnis
Die Depotbankleistungen bilden zumindest in ihrer Kombination miteinander ein eigenständiges Ganzes, das wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erfüllt. Dabei sind die hier gebildeten Tätigkeitsgruppen jedoch nicht zwingend. Nicht ganz eindeutig ist die Position der deutschen Finanzverwaltung. Zwar können Dienstleistungen von der Depotbank auch einzeln von der Steuerbefreiung profitieren, es ist also nicht erforderlich, dass sämtliche administrativen Tätigkeiten der Depotbank übertragen werden. Jedoch bezog die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben vom 6. Mai 2010 nicht detailliert zu der Frage Stellung, welche einzelnen Leistungen befreit sind. Zwar wäre inso1142 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 93, EuGHE 2006 I, 4030 ff. 1143 Vgl. GAin Kokott, SA v. 8.9.2005, Rs. C-169/04 (Abbey National), Rn. 91, EuGHE 2006 I, 4030 ff. 1144 Dieser Aspekt darf nicht mit der Frage des Empfängers der Kontrollleistungen verwechselt werden. Im vierten Kapitel wurde der Gedanke entwickelt, dass die Anleger Empfänger der Kontrollleistungen u. a. deswegen sind, weil die KAG hierauf für das tägliche Geschäft nicht angewiesen ist (vgl. dort Abschn. B, Punkt II 2 b) und c) ff). Das heißt aber nicht, dass die Kontrollleistungen für den Erfolg des Gesamtgeschäfts der Verwaltung eines Sondervermögens nicht wesentlich sein können. Der Erfolg im letzteren Sinne orientiert sich nämlich an den Zielen des Gesetzgebers (sichere Anlagemöglichkeit), während sich der Aspekt des Leistungsempfangs nach dem entgeltlichen Zufluss eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils richtet. Vgl. hierzu die Ausführungen in Fn. 623.
373
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
weit eine Auslegung in der Richtung denkbar, dass jede Einzelleistung der Depotbank unter die Befreiung fällt. Ob die Finanzverwaltung dies aber tatsächlich so gemeint hat, lässt nicht mit Sicherheit beurteilen.
IV.
Ergebnis
Entsprechend der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs sind die Depotbankleistungen der Anteilsausgabe und -rücknahme (§ 23 InvG), der Anteilswertermittlung (§ 36 Abs. 1 InvG) sowie der Gewinnausschüttung (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bzw. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der Umsatzsteuer befreit. Unklar ist die Sichtweise des Gerichts zu den Mitwirkungs- und Zustimmungsleistungen im Zusammenhang mit den Verfügungen des PortfolioManagements (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG) sowie den Zahlstellenleistungen im Sinne des § 29 Abs. 1 InvG. Gemäß der hier vertretenen Ansicht sind sowohl diese Depotbanktätigkeiten als auch die Kontrolle und Überwachung sowie die Verwahrtätigkeiten (§ 24 Abs. 1, 2 InvG) von der Befreiungsregelung umfasst. Diese Sichtweise entspricht zudem auch dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. seiner europäischen Grundlage, die Anlage in Investmentfonds dadurch zu erleichtern, dass eine umsatzsteuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage sichergestellt wird. Die Sichtweise der Finanzverwaltung, wonach die Verwahr- und Überwachungsleistungen sowie die Mitwirkungsaufgaben der Depotbank nicht Teil der Verwaltung sein können, ist abzulehnen. Zwar stimmt diese Ansicht bezüglich der Verwahr- und Kontrollleistungen mit der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs übereinstimmt. Jedoch lässt sich hingegen die Ablehnung einer Verwaltungsleistung durch die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten der Depotbank bereits nicht der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen.
374
Vorschläge zur Neuregelung
D.
Vorschläge zur Neuregelung
I.
Überwachungs- und Kontrollaufgaben
Die Befreiung der Überwachungs- und Kontrollaufgaben der Depotbank im Hinblick auf die Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft hängt davon ab, ob man diese Tätigkeiten als solche ansieht, die auf die Erreichung der Investmentziele des jeweiligen Fonds gerichtet sind (Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM1145). Hierbei ist der Umstand zu berücksichtigen, dass die Sicherheit des Investments eine wesentliche Rolle im Zusammenhang mit der Anlage in ein Sondervermögen spielt. Um zum Beispiel eine entsprechende Risikostreuung sicherzustellen, werden dem PortfolioManagement durch den Gesetzgeber erhebliche Grenzen gesetzt, deren Einhaltung die Depotbank zu überwachen hat. Diese Kontrolle erfolgt dabei durch die Einbindung der Depotbank in die Verwaltung des Fonds. Sie ist keine bloße Kontrollstelle wie zum Beispiel eine Aufsichtsbehörde. Die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Depotbank zielen auf die Erreichung einer den besonderen gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen entsprechenden und damit risikodiversifizierten Kapitalallokation ab. Folglich dienen sie der Erreichung der Investmentziele im Sinne des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM. Dieses Ergebnis könnte jedoch deshalb zu beanstanden sein, weil der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich feststellte, dass die Überwachungsaufgaben der Verwahrstelle nicht Teil der Verwaltung sind, und sich die Neuregelung der Art. 135 ff. MwStSystRL gemäß der Kommission und den Mitgliedstaaten ausdrücklich an der geltenden Rechtslage unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung orientieren soll1146. Klarheit schafft jedoch die Regelung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. k VO-EKOM, indem sie ausdrücklich vorgibt, dass die Überwachung des Fonds durch die Verwahrstelle den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds erfüllt1147. Dies lässt den Verwaltungsbegriff im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens in einem völlig neuen Licht
1145 Vgl. Dok. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1146 Vgl. Abschn. C, Punkt II 2 b) dieses Kapitels zu dieser Sichtweise des EuGH, der sich auch die deutsche Finanzverwaltung mit ihrem Schreiben vom 6.5.2010 anschloss, vgl. Abschnitt C, Punkt II 1 b) und 2 b) dieses Kapitels. Vgl. Dok. 11584/09 v. 9.9.2009, Punkt 5 (S. 4), abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/, zu diesem Ausgangspunkt der Neuregelung. 1147 Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/.
375
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
erscheinen, das der hier bereits zur geltenden Rechtslage vertretenen Ansicht entspricht. Die Überwachung ist aufgrund der besonderen Konstruktion des Investment-Dreiecks und der besonderen Sicherheitsbedürfnisse der Anteilinhaber ein Verwaltungselement. Damit erübrigt sich außerdem die kaum handhabbare Unterscheidung zwischen Überwachungstätigkeit auf der einen und Verwaltungsaufgabe auf der anderen Seite, weil beide unter die Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL-E-KOM fallen. Der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes zur Durchführungsverordnung weicht hiervon insoweit ab, als die Überwachungsleistung der Depotbank nur dann den Verwaltungsbegriff im Sinne der Neuregelung erfüllt, wenn sie in Verbindung mit anderen Tätigkeiten als Gesamtheit erbracht wird und diese Gesamtheit dabei ein für die Verwaltung eines Investmentfonds spezifisches und wesentliches eigenständiges Ganzes bildet1148. Weil die Depotbank zum einen eine Vielzahl von weiteren Aufgaben im InvestmentDreieck erbringt und zum anderen diese Aufgaben auch den Anforderungen an eine Befreiung einer Teilleistung genügen (Formel des Europäischen Gerichtshofs) 1149, kann man davon ausgehen, dass die Überwachungsleistungen der Depotbank auch nach dem Vorschlag des schwedischen Vorsitzes befreit erbracht werden können.1150 Ob es sich bei diesen Vorschlägen aus Sicht der Kommission und der Mitgliedstaaten um eine Erweiterung der bisherigen Rechtslage handelt oder lediglich die gegenteilige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs widerlegt werden soll, ist im Ergebnis für die Neuregelung zwar unerheblich, lässt jedoch Rückschlüsse auf die geltende Rechtslage dahingehend zu, dass es keinen allgemeinen Grundsatz derart gibt, dass sich Verwaltung und Überwachung gegenseitig ausschließen1151. Vielmehr spricht dieser Gedanke der Neuregelung dafür, dass die Kontrolle bzw. Überwachung zumindest 1148 Vgl. Art. 11 Abs. 2 Buchst. h, Dok. 13055/09, S. 21 ff., abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein. 1149 Vgl. Abschn. C, Punkt III 6 dieses Kapitels. 1150 Die Vorschläge des belgischen Vorsitzes v. 17.12.2010 (Dok. 17919/10, dort Art. 11 Nr. 4 Buchst. a und b)), des ungarischen Vorsitzes v. 13.5.2011 (Dok. 10049/11) und des polnischen Vorsitzes v. 1.7.2011 (Dok. 12290/11) schließen die Überwachungsund Verwahrtätigkeiten der Depotbank vom Verwaltungsbegriff ausdrücklich aus. 1151 Im Gegensatz hierzu geht Wäger (in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8, Rn. 219 [EL 60, 9/2008]) davon aus, dass sich Verwaltung und Kontrolle bzw. Überwachung bereits aufgrund ihres Wortsinnes gegenseitig ausschließen. In diese Richtung gehen auch die Äußerungen Philipowskis, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Bd. II, § 4 Nr. 8, Rn. 462 (EL 104, 11/2000).
376
Vorschläge zur Neuregelung
im Sonderfall des Investment-Dreiecks der Verwaltung zuzurechnen sind1152.1153
II.
Verwahrung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens
Auch im Hinblick auf die Verwahrung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens hatte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Abbey National“ ausdrücklich entschieden, dass diese Leistungen der Depotbank nicht unter den Begriff der Verwaltung fallen1154. Die Definition des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM lässt es demgegenüber zu, auch die Verwahrung der Anlagegegenstände der Verwaltung eines Investmentvermögens zuzuordnen1155. Entsprechend der Argumentation in Abschnitt C dieses Kapitels (vgl. Punkt II 4 b) dd)) dient die gesetzlich vorgeschriebene Verwahrung der Vermögensgegenstände des Investmentvermögens der Erreichung der Ziele des betreffenden Investmentfonds. Zum einen ermöglicht erst sie eine effektive Überwachung der Geschäftsleitung der Kapitalanlagegesellschaft und dient damit dem Investmentziel der gesetzes- und vertragskonformen Anlage, und zum anderen ist die Verwahrung deshalb ein Teil der Verwaltung, weil die zu verwahrenden Vermögensgegenstände erst im Rahmen der Verwaltungstätigkeit angekauft werden und in die Verwahrung
1152 Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt C, Punkt II 4 b) dd) dieses Kapitels. 1153 Die zutreffende Bezeichnung der Überwachungstätigkeiten durch Art. 12 Abs. 1 Buchst. k VO-E-KOM als „Verwaltung eines Investmentfonds“ offenbart jedoch einen Widerspruch der Regelung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. c VO-E-KOM, wonach Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einhaltung regulatorischer Anforderungen (Fonds-Controlling, vgl. Kap. 8, Abschn. D, Punkt IV) nicht den Begriff der Verwaltung erfüllen (gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. e VO-E-KOM sollen diese Leistungen auch nicht spezifisch und wesentlich sein können). Letztlich handelt es sich hierbei um eine vergleichbare Aufgabe, die dem gleichen Ziel dient, weshalb es nur konsequent wäre, sie ebenfalls unter den Begriff der Verwaltung zu subsumieren, wie es bisher auch der Fall war. Rechtfertigen ließe sich diese Ungleichbehandlung letztlich nur vor dem Hintergrund, dass die Depotbank im Gegensatz zu einer internen Controlling-Abteilung einer KAG von Gesetzes wegen eine größere Möglichkeit zur Einflussnahme hat, indem sie die Ausführungen gesetzeswidriger Verfügungen nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG verweigert. Dennoch ist ein Fonds-Controlling gemäß Art. 12 Abs. 1 UA 2 Buchst. a OGAW-RL n. F. bzw. § 9a Nr. 6 InvG zwingend vorgeschrieben. Eine Rechtfertigung dieser Unterscheidung muss bezweifelt werden. 1154 Vgl. Abschn. C, Punkt II 2 a) dieses Kapitels. Dem folgte auch die deutsche Finanzverwaltung in ihrem Schreiben vom 6.5.2010, vgl. Abschnitt C, Punkt II 1 b) und 2 a) dieses Kapitels. 1155 Vgl. Dok. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/ und die Ausführungen in Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a zu dieser Definition.
377
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
gelangen, um dann mittels einer aktiven Portfolioverwaltung zum Zwecke der Realisation von Wertsteigerungen wieder veräußert zu werden. Die Verwahrung ist eine notwendige Zwischenstation zur Realisation von Wertsteigerungen des Investmentvermögens. Dieser Argumentation entspricht es, die Regelung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. j VO-E-KOM, wonach „Schließfachverwaltungsdienste, Sicherheitsaufbewahrung der Wertpapiere und Sicherheitskontrolle“ den Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM erfüllen, auf die Verwahrungsleistungen der Depotbank zu beziehen1156. Fraglich ist, ob Art. 13 Abs. 2 Buchst. a VO-E-KOM dem entgegensteht, indem er die Verwahrung allgemein als nicht spezifisch und wesentlich bezeichnet. Die Regelung des Art. 13 VO-E-KOM bezieht sich jedoch auf die Befreiung einer Teilleistung nach Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM, während Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM der Erläuterung von 135 Abs. 1 MwStSystRL-E-KOM dient. Ferner handelt es sich hierbei um eine allgemeine Regelung, die letztlich für alle Teilleistungen gilt, während Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM speziell den Fall der Verwaltung eines Investmentvermögens betrifft. Zudem gilt es zu beachten, dass Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM und damit auch Art. 13 VO-E-KOM entsprechend dem Kommissionsentwurf auf die Verwaltung eines Investmentfonds ursprünglich keine Anwendung finden sollten1157. Auch der Verordnungsvorschlag des schwedischen Vorsitzes enthält den gleichen Wortlaut1158. Weil sich die Entsprechung zu Art. 12 Abs. 1 Buchst. j VO-E-KOM in Art. 11 Abs. 2 dieses Vorschlags befindet, kommt es wiederum darauf an, dass die Verwahrungsleistung zusammen mit anderen Leistungen als Gesamtheit ein eigenständiges Ganzes bildet und dabei für die Verwaltung eines Investmentfonds wesentlich und spezifisch ist. Hierzu kann auf die Ausführungen in Abschnitt C, Punkt III 6 dieses Kapitels verwiesen werden. Auch hierbei handelt es sich um eine Ausweitung der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL im Vergleich zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die im Ergebnis zu begrüßen ist, weil sie dem Ziel der Befreiung dient, eine umsatzsteuerliche Neutralität gegenüber 1156 Vgl. Dok. COM (2007) 746 zur Durchführungsverordnung, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. Die englische Sprachfassung dieser Regelung spricht vom „security safe-keeping and control“, d. h. der „Wertpapierverwahrung und kontrolle“. 1157 Vgl. Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4 b). 1158 Vgl. Dok. 13055/09, S. 22, abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein.
378
Vorschläge zur Neuregelung
der Direktanlage herzustellen. Um die Befreiung auf Basis des Art. 12 Abs. 1 Buchst. j VO-E-KOM in Anspruch nehmen zu können, ohne weitere Voraussetzungen erfüllen zu müssen, ist es im Gegenzug jedoch erforderlich, dass sämtliche Aufgaben, die in dieser Alternative genannt sind (Schließfachverwaltung, Wertpapierverwahrung und Kontrolle), durch die Depotbank ausgeführt werden1159.
III.
Vornahme von Ausschüttungen
Die Ausschüttung der Erträge nach § 25 S. 2 Nr. 3 InvG ist neben der Steigerung der Anteilswerte des jeweiligen Anteilinhabers das wesentliche Ziel der Verwaltung eines Investmentfonds. Erst durch die Vornahme der Ausschüttung erlangt der Anleger den erhofften Vermögenszuwachs. Folglich zielen die Tätigkeiten nach § 25 S. 2 Nr. 3 InvG auf die Erreichung der Ziele des Investmentfonds ab und entsprechen damit der Definition des Verwaltungsbegriffs der Vorschläge zur geplanten Neuregelung1160. Insoweit ist es auch nur folgerichtig, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst. l VO-EKOM diese Tätigkeit den Verwaltungstätigkeiten zuschlägt1161. Entsprechend der Systematik dieser Regelung ist die Befreiung sogar dann anzuwenden, wenn es sich hierbei um die einzige Leistung handelt, die erbracht wird, weil die Leistungen im Sinne des Art. 12 Abs. 1 VO-E-KOM unmittelbar den Verwaltungsbegriff erfüllen, ohne dass es auf die weiteren Voraussetzungen der Befreiung einer Teilleistung ankommt. Im Gegensatz hierzu kommt es gemäß dem schwedischem Modell wiederum darauf an, dass diese Leistung als Teil einer Gesamtheit die Voraussetzungen der Formel des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung einer Teilleistung erfüllt1162.
1159 Andernfalls handelt es sich wiederum lediglich um eine Teilleistung, die nur befreit sein kann, wenn man Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM auch auf die Verwaltung eines Investmentfonds anwendet und zudem hierfür nicht die Änderung einer rechtlichen und finanziellen Lage verlangt, vgl. die entsprechenden Ausführungen zur Befreiung von Advisory-Leistungen in Kap. 8, Abschn. C, Punkt III 7 b) und c). 1160 Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a) zum Verwaltungsbegriff der Neuregelung. 1161 Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1162 Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, S. 22, abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein. Im Ergebnis kommt es auf diesen Unterschied in der Regel nicht an, weil die Depotbank eine Vielzahl weiterer Verwaltungsaufgaben erbringt, die in ihrer Gesamtheit diese Voraussetzungen erfüllen, vgl. Abschn. C, Punkt III dieses Kapitels.
379
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
IV.
Anteilswertermittlung
Art. 12 Abs. 1 Buchst. i VO-E-KOM bezeichnet die „Durchführung von Bewertungen, Steuerrückforderungen, die Bereitstellung von Managementinformationen und die Berechnung des Nettoinventarwerts“ als Tätigkeiten, die den Begriff der Verwaltung eines Sondervermögens erfüllen1163. Die Ermittlung der Anteilswerte auf Basis des Wertes des Sondervermögens umfasst somit wesentliche Elemente dieser Regelung. Lediglich die Durchführung von Steuerrückforderungen und Bereitstellung von Managementinformationen stellen Tätigkeiten dar, die hiermit nicht unmittelbar zusammenhängen. Werden also der Depotbank diese Tätigkeiten nicht zusätzlich zur Anteilswertermittlung übertragen, so kommt es wiederum auf die Befreiung einer Teilleistung an. Hierbei ergeben sich die bekannten Schwierigkeiten hinsichtlich des Anwendungsbereiches und der Voraussetzungen der Regelung des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass diese Regelung zum einen auch auf die Verwaltung eines Investmentfonds anzuwenden ist und zum anderen nicht das Bewirken einer rechtlichen und finanziellen Veränderung voraussetzt, so steht einer Befreiung dieser Leistung nichts im Wege1164. Entsprechendes gilt auch gemäß Art. 11 Abs. 2 Buchst. f des Vorschlags des schwedischen Vorsitzes, wobei es hierfür zwingend erforderlich ist, dass der Leistende das gesamte Programm erbringt, das heißt, auch die Bereitstellung von Managementinformationen sowie die Durchführung von Steuerrückforderungen1165.
V.
Mitwirkungs- und Zustimmungspflicht
Das gleiche Problem stellt sich im Zusammenhang mit den Mitwirkungsund Zustimmungspflichten der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG und § 26 InvG. Zwar erübrigt sich entsprechend dem Kommissionsentwurf die Zuordnung dieser Tätigkeit zu den Überwachungs- und Verwahrungsaufgaben auf der einen oder den Verwaltungsaufgaben auf der anderen Seite, jedoch handelt es sich hierbei in jedem Fall um eine Teilleistung. Entweder stellt sie einen Teil der Überwachung nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. k VO-E1163 Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1164 Vgl. zu diesen Fragen die allgemeinen Ausführungen in Kap. 6, Abschn. B, Punkt V 4 b) und c) sowie die insoweit vergleichbaren Ausführungen zum externen Bezug von Beratungsleistungen in Kap. 8, Abschn. C, Punkt III 7 b), c) und d). 1165 Insoweit ist es aus umsatzsteuerlicher Perspektive zu empfehlen, dass der Depotbank im Fall der Übertragung der Anteilswertermittlung auch die weiteren genannten Tätigkeiten übertragen werden, damit es auch unter Zugrundelegung des Kommissionsentwurfes nicht auf die weiteren rechtlichen Schwierigkeiten ankommt.
380
Vorschläge zur Neuregelung
KOM, einen Teil der operativen Vermögensverwaltung nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b VO-E-KOM, einen Teil der Verwahrung nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. j VO-E-KOM oder einen Teil jedes der genannten Aufgabenbereiche dar1166. Damit käme es für die Befreiung nach diesem Regelungskonzept zwingend auf die bereits bekannte Problematik der Befreiung einer Teilverwaltungsleistung an. Ohne an dieser Stelle wiederholt auf die Argumente für eine Anwendung des Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM1167 auf die Verwaltungsleistungen im Zusammenhang mit einem Investmentfonds einzugehen1168, ergibt sich hieraus ein weiteres Argument dafür, dass eine Beschränkung des Anwendungsbereiches der Befreiungsregelung für Teilleistungen zweckwidrig wäre. Zwar ist der Katalog des Art. 12 VO-E-KOM nicht abschließend, so dass auch weitere Leistungen unter die Befreiungsregelung fallen können, jedoch hilft diese Öffnung dann nicht, wenn eine Leistung lediglich ein Teil einer bestimmten Alternative dieses Kataloges ist. Es wäre kaum verständlich, wenn entsprechend der Neuregelung die Überwachungsleistungen der Depotbank befreit wären, während die Mitwirkung an der Verfügung selbst als Ausfluss dieser Überwachung nicht befreit ist. Letztlich käme es damit wiederum auf das zur geltenden Rechtslage geschilderte Problem der Abgrenzung zwischen Verwaltung und Überwachung an. Diesmal hinge die Befreiung im Gegensatz zur geltenden Praxis der Rechtsprechung und Finanzverwaltung jedoch nicht von der Zuordnung zur Verwaltungstätigkeit, sondern zur Überwachungspflicht ab. Folglich hätten sich allein die Vorzeichen dieser Abgrenzung geändert. Genau dies wäre die Folge des Vorschlags des schwedischen Vorsitzes. Die Überwachungsleistung der Depotbank wäre gemäß Art. 11 Abs. 2 Buchst. h ihres Vorschlags befreit, während die Befreiung der Mitwirkung nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG davon abhinge, ob man auch sie der Überwachung zuordnete1169.
1166 Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1167 Vgl. Dok. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1168 Vgl. die Verweise in Fn. 1164. Dabei kommt es nicht auf die Frage an, ob Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM als Regelung zur Befreiung einer Teilleistung über die Formel des EuGH hinaus auch das Bewirken von rechtlichen und finanziellen Änderungen erfordert, weil die Mitwirkung der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG solche Veränderungen bewirkt. 1169 Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, S. 21 f., abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein.
381
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Dabei entspricht es auch der Definition des Art. 135a Nr. 11 MwStSystRLE-KOM, die Mitwirkungs- und Zustimmungstätigkeiten der Depotbank nach § 25 S. 2 Nr. 1, 2 InvG als Verwaltungstätigkeit zu bezeichnen, weil sie – wie kaum eine andere Tätigkeit der Depotbank – auf die Erreichung der Investmentziele des Investmentfonds abzielen, indem sie auf der einen Seite erst die Realisation der Anlage- und Umschichtungsentscheidungen des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft und damit die Wertsteigerung ermöglichen und auf der anderen Seite dabei die Wahrung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen.
VI.
Ausgabe und Rücknahme der Anteilsscheine
Die Investmentziele lassen sich nur unter der Bedingung erreichen, dass genügend Investoren für den Fonds gewonnen werden und ihr Anlagevermögen gegen die Ausgabe von Anteilsscheinen dem Portfolio-Management zur Verfügung stellen. Folglich dient der gesamte Prozess der Abwicklung der Zeichnung von Fondsanteilen, der Verbriefung dieser Anteile sowie der Ausgabe der Anteilsscheine der Erreichung der Investmentziele (vgl. Art. 135a Nr. 11 MwStSystRL-E-KOM1170). Im Kommissionsentwurf der Durchführungsverordnung finden sich die hiermit verbundenen Tätigkeiten an zwei verschiedenen Stellen. Während Art. 12 Abs. 1 Buchst. f VO-E-KOM festlegt, dass die Bearbeitung der Fondsaufträge bereits von sich aus den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds erfüllt, ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1 Buchst. b VO-E-KOM, dass die Ausgabe von Zertifikaten, die das Recht oder den Anspruch eines Kunden einer steuerbefreiten Finanzdienstleistung verbriefen, als Teilleistung anzusehen sind, die den spezifischen und wesentlichen Charakter der befreiten Leistung aufweisen1171. Übernimmt die Depotbank lediglich die ihr gesetzlich durch § 23 InvG zugewiesenen Tätigkeiten, so kommt es für die Befreiung auf die bekannte Problematik der Anwendung der Regelung zur Befreiung einer Teilleistung (Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM) auf die Verwaltung eines Investmentfonds an1172. Fraglich ist, ob es auf diese Regelung auch ankommt, wenn die Depotbank darüber hinaus die Bearbeitung des Fondsaufträge im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchst. f VO-E-KOM übernimmt. Weil diese Katalogregelung nicht abschließend ist, ist es nur konsequent, davon auszugehen, dass die Bearbeitung der Fondsaufträge in Verbindung mit der Verbriefung der Anteile sowie deren Ausgabe und 1170 Vgl. Dok. COM (2007) 747, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1171 Vgl. Dok. COM (2007) 746, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/. 1172 Vgl. die Verweise in Fn. 1164.
382
Vorschläge zur Neuregelung
Rücknahme ein Paket bildet, das erst recht der Definition der Verwaltung eines Investmentvermögens genügt. Weil der Vorschlag des schwedischen Vorsitzes eine Befreiung von Teilleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Investmentfonds nicht für zulässig erachtet, kommt eine Befreiung der isolierten Anteilsausgabe im Sinne des § 23 InvG nicht in Frage1173. Zudem ist auch hier fraglich, ob die Regelung des Art. 11 Abs. 2 Buchst. c dieses Vorschlags („Bearbeitung der Fondsaufträge, einschließlich der automatisierten Bearbeitung“) auch die Anteilsausgabe und -rücknahme als „Gesamtheit“ mit umfasst. Dafür spricht, dass es sich um einen ineinander übergreifenden Vorgang handelt, der auf die Beteiligung des betreffenden Anlegers bzw. der Erhöhung seiner Beteiligung abzielt und diesen Prozess ganzheitlich abbildet1174.
VII. Tätigkeiten nach § 29 Abs. 1 und § 39 Abs. 2 InvG Weder die Auszahlung der Vergütungen und des Aufwendungsersatzes an die Kapitalanlagegesellschaft (§ 29 Abs. 1 InvG) noch die Abwicklung des Sondervermögens durch die Depotbank (§ 39 Abs. 2 InvG) sind Gegenstand der Entwürfe einer Durchführungsverordnung, weshalb es für die Befreiung dieser Leistungen maßgeblich auf die geplante Definition des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds ankommt. Hierfür ist es entscheidend, ob die jeweilige Tätigkeit der Erreichung der Investmentziele des Investmentfonds dient1175. Die Abwicklung des Sondervermögens durch die Depotbank nach § 39 Abs. 2 InvG dient nicht der Erreichung der Investmentziele des Investmentfonds, sondern setzt erst ein, wenn das Verwaltungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft bereits erloschen und damit eine Erreichung dieser Ziele ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Auszahlung der Vergütungen und Aufwendungsersätze an die Kapitalanlagegesellschaft nach § 29 Abs. 1 InvG. Sie dient nicht der Erreichung der Investmentziele des Fonds, sondern der Erreichung des Geschäftsziels der Kapitalanlagegesellschaft, durch die Verwaltung Gebühren zu generieren. Die sich an den Investmentzielen orientierende Definition des 1173 Vgl. Dok. 13055/09 v. 9.9.2009, S. 22 f., abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/. In diesem Dokument nimmt Art. 11 die Position des Art. 12 VO-E-KOM ein. 1174 Dies hängt wiederum davon ab, ob der Begriff der Gesamtheit i. S. d. Art. 11 Abs. 2 des schwedischen Vorschlags sich nicht auf Leistungen beschränkt, die in diesem Katalog aufgezählt sind, vgl. hierzu Kap. 8, Abschn. C, Punkt III 7 d. 1175 Vgl. Kap. 6, Abschn. C, Punkt II 6 a zum Verwaltungsbegriff der Neuregelung.
383
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Verwaltungsbegriffs führt insoweit zu einer Einengung gegenüber dem hier vertretenen Verwaltungsbegriff, der auch diese Leistungen vor dem Hintergrund umfasst, dass die entsprechenden Beträge von der Depotbank aufgrund eigener Befugnis aus dem Investmentvermögen entnommen werden1176.
VIII. Ergebnis zu den Vorschlägen zur Neuregelung Die geplante Neuregelung würde im Vergleich zu Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einige Erweiterungen mit sich bringen. Aufgrund der ausdrücklichen Klarstellungen in der Durchführungsverordnung wären sowohl die Überwachungs- als auch die Verwahrungsaufgaben der Depotbank vom Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens umfasst. Dies entspricht der hier vertretenen Auffassung zur geltenden Rechtslage, weshalb die Klarstellung der Neuregelung nicht zu einer Erweiterung führen würde, sondern lediglich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Hinsicht gesetzlich korrigiert. Ebenso sind – bis auf die Abwicklung des Sondervermögens nach § 39 Abs. 2 InvG und die Auszahlung der Vergütungen und des Aufwendungsersatzes an die Kapitalanlagegesellschaft nach § 29 Abs. 1 InvG – die weiteren Depotbanktätigkeiten entsprechend dem Regelungskonzept der Entwürfe zur Neufassung von der Befreiung umfasst. Weil die Depotbank in der Regel eine Vielzahl von Tätigkeiten im Investment-Dreieck ausführt, werden sich die Unterschiede zwischen dem Vorschlag der Kommission und dem des schwedischen Vorsitzes oftmals nicht auswirken.
1176 Vgl. zu dieser Argumentation: Abschn. C, Punkt II 4 b) cc) dieses Kapitels.
384
Vierter Teil: Schlussbetrachtung 10. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit A.
Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck
I.
Steuerbarkeit der Umsätze der Kapitalanlagegesellschaft
Die Kapitalanlagegesellschaft erbringt als Unternehmerin entgeltliche sonstige Leistungen gegenüber den Anteilinhabern in Gestalt der Verwaltung des Investment-Sondervermögens. Ihr gesamtes Leistungsprogramm bildet dabei eine einheitliche Leistung. Letztlich hängt die Steuerbarkeit dieser Leistungen davon ab, ob sich der Ort der Verwaltungsleistungen in Deutschland befindet. Während diese Frage keiner näheren Betrachtung bedarf, wenn der Anleger ebenso wie die Kapitalanlagegesellschaft in Deutschland sitzt, muss bei der Kapitalanlage durch einen nicht in Deutschland ansässigen Anleger zwischen dem Bestimmungslandprinzip und dem Ursprungslandprinzip unterschieden werden: Verwaltungsleistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anlegern, die ihren Wohnsitz im Drittlandsgebiet unterhalten, sind aufgrund des Bestimmungslandprinzips in Deutschland nicht steuerbar. Im Gegensatz hierzu sind solche Umsätze dann Gegenstand der Besteuerung in Deutschland, wenn die Anteilinhaber im übrigen Gemeinschaftsgebiet ihren Wohnsitz haben (Ursprungslandprinzip). Hinsichtlich der Verwaltungsleistungen gegenüber nicht unternehmerisch tätigen Anlegern ist zudem durch die Neufassung des § 3 a UStG (Jahressteuergesetz 2009) eine zeitliche Unterscheidung notwendig geworden, wenn es sich hierbei um juristische Personen mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handelt. Während eine Steuerbarkeit für Leistungen vor dem 1. Januar 2010 zu bejahen ist, muss sie für Verwaltungsleistungen nach dem 31. Dezember 2009 ausscheiden. Verwaltungsleistungen gegenüber Unternehmern sind unabhängig vom Zeitpunkt der Leistungserbringung in Deutschland nicht steuerbar, wenn sie für das Unternehmen bezogen werden. Nach der hier vertretenen Ansicht gilt dies ebenso für alle Verwaltungsleistungen gegenüber einem Unternehmer, die vor dem 1. Januar 2010 bezogen wurden. Denn die Ortbestimmung zu damaligen Zeitpunkt sah keine Einschränkung des Bestimmungslandprinzips für solche Leistungen vor, die für die persönliche Verwendung be385
Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
stimmt sind. Leistungen, die eine Kapitalanlagegesellschaft nach dem 31. Dezember 2009 gegenüber einem Unternehmer ausführte, sind hingegen in Deutschland steuerbar, wenn sie für die persönliche Verwendung bzw. die Verwendung für das Personal bezogen werden. Insoweit kam es durch das Mehrwertsteuerpaket zu einer Einengung des Anwendungsbereichs des Bestimmungslandprinzips. Weil es sich bei den Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft um Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. bzw. Art. 59 Buchst. e MwStSystRL handelt und weil diese Leistungen durch einen unternehmerischen Anleger nicht für sein Unternehmen bezogen zu werden brauchen, ist auf Richtlinienebene das Bestimmungslandprinzip anzuweden. Abweichende nationale Regelungen sind durch eine richtlinienkonforme Auslegung bzw. eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie auszugleichen, wobei den Betroffenen im Fall der unmittelbaren Anwendung dadurch ein Wahlrecht zusteht, dass diese nur dann erfolgt, wenn sie sich auf das Richtlinienrecht berufen. Erbringt die Kapitalanlagegesellschaft zudem auch Teile ihres Verwaltungsprogramms gegenüber im Ausland ansässigen kollektiven Kapitalanlagevermögen bzw. ihren Verwaltern (sog. Leistungsverkauf), so sind diese Leistungen entsprechend Art. 44 Abs. 1 S. 1 MwStSystRL bzw. Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. dann in Deutschland nicht steuerbar, wenn es sich bei dem Leistungsempfänger um einen Unternehmer handelt. Dies gilt auch, wenn der Empfänger zwar kein Unternehmer ist, er seinen Sitz jedoch im Drittlandsgebiet unterhält. In diesen Fällen wird die Leistung am Sitzort des Leistungsempfängers erbracht. Zu einer Steuerbarkeit in Deutschland kommt es somit nur dann, wenn die Leistungen gegenüber Anlagevermögen bzw. ihren Verwaltern erbracht werden, die weder Unternehmer sind noch ihren Sitz im Drittlandsgebiet unterhalten.
II.
Steuerbarkeit der Depotbankumsätze
Den Schwerpunkt der Betrachtung der Steuerbarkeit der Depotbankleistungen bildet die Frage, wer Empfänger der einzelnen gesetzlichen Depotbankleistungen im Sinne der §§ 23 ff. InvG ist. Sowohl Kapitalanlagegesellschaft als auch Anteilinhaber kommen als Empfänger dieser Leistungen in Betracht. Eine Bestimmung des Leistungsempfängers danach, ob die konkrete Tätigkeit der Verwaltung (Kapitalanlagegesellschaft als Empfängerin) oder der Kontroll- bzw. Überwachung (Anteilinhaber als Empfänger) dient, ist hierfür deshalb ungeeignet, weil eine klare Einordnung der einzelnen Depotbankleistungen in diese Leistungsgruppen kaum möglich ist.
386
Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck
Die Abgrenzung zwischen solche Leistungen, die der Kapitalanlagegesellschaft zufließen, und jenen, die den Anteilinhabern zukommen, sollte vielmehr nach folgendem Abgrenzungskriterium erfolgen: Ist die Kapitalanlagegesellschaft auf die Pflichterfüllung durch die Depotbank zum Betrieb der aktiven Portfolioverwaltung und damit zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflichten gegenüber den Anlegern angewiesen, so ist sie Empfängerin der jeweiligen Depotbankleistung. Des Weiteren zählen zu dieser Gruppe auch solche Tätigkeiten, die, obwohl sie rechtlich auch von der Kapitalanlagegesellschaft selbst erbracht werden können (und die Kapitalanlagegesellschaft daher auch nicht auf die Erbringung durch die Depotbank rechtlich angewiesen ist), auf die Depotbank übertragen bzw. ausgelagert wurden. Anders verhält es sich in Bezug auf all jene Depotbankleistungen, die nicht zu der soeben beschriebenen Kategorie zählen. Empfänger dieser Leistungen ist der Anleger. Es handelt sich hierbei um Tätigkeiten, die zwingend von der Depotbank zu erbringen sind, ohne dass die Kapitalanlagegesellschaft jedoch auf deren Erbringung zur Erfüllung ihrer investmentvertraglichen Pflichten unmittelbar angewiesen ist. Folglich erbringt die Depotbank bei der Erfüllung ihrer Aufgaben aus §§ 23, 33 Abs. 1 S. 4 InvG (Anteilsausgabe und -rücknahme, Unterschrift der Anteilsscheine), § 24 Abs. 1, 2 InvG (Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens), § 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG (Mitwirkungs- und Zustimmungspflicht), § 29 Abs. 1 InvG (Auszahlung bzw. Ersatz der Vergütungen bzw. Aufwendungen der Kapitalanlagegesellschaft), § 36 Abs. 1 InvG (Anteilswertermittlung) sowie bei der Ausführung solcher Kontrolltätigkeiten, die nicht auf die Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft, sondern zum Beispiel auf die Überwachung der vertragsgemäßen Erfüllung durch die Geschäftspartner abzielen, umsatzsteuerliche Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft. Im Übrigen sind die Anteilinhaber Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistungen der Depotbank. Hierzu zählen zum Beispiel die Leistungen zur Erfüllung der Pflichten aus § 24 Abs. 3 InvG (Überwachung nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände) und aus § 27 InvG bzw. aus der allgemeinen Kontrollpflicht, soweit sie sich auf die Vertrags- und Gesetzeskonformität der Geschäftsführung durch die Kapitalanlagegesellschaft richten. Ergänzt wird diese Gruppe durch Leistungen aus § 28 Abs. 1 InvG (Geltendmachung von Anlegeransprüchen) und aus § 39 Abs. 2 InvG (Abwicklung des Sondervermögens). Die Steuerbarkeit der Depotbanktätigkeiten hängt somit letztlich wiederum davon ab, ob sie auch in Deutschland ausgeführt werden. Leistungen der Depotbank, die gegenüber der in Deutschland ansässigen Kapitalanlagege387
Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
sellschaft erbracht werden, sind entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Auch die durch die Neufassung der OGAW-RL vorgesehenen Möglichkeit der Kapitalanlagegesellschaft, ein Sondervermögen in einem anderen Mitgliedstaat aufzulegen und zu verwalten, ohne in diesem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung begründen zu müssen, ändert an diesem Ergebnis nichts. Die zwingend im Land des Investmentvermögens ansässige Depotbank erbringt in diesem Fall zwar grenzüberschreitende Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft. Jedoch werden diese Leistungen aufgrund des Bestimmungslandprinzips in Deutschland der Besteuerung unterworfen. Eine Steuerbarkeit in Deutschland kann auch nicht durch eine Eingliederung der Kapitalanlagegesellschaft in die Depotbank als Organ im Sinne einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) vermieden werden. Einer solchen Gestaltung stünden zwingende aufsichtsrechtliche Vorschriften des Investmentgesetzes entgegen. Eine organisatorische Eingliederung verstößt im Fall der personellen Verflechtung gegen § 22 Abs. 2 S. 2 InvG, während die Unabhängigkeit der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber der Depotbank (§ 9 Abs. 1 S. 2 InvG) eine faktische Beherrschung der Kapitalanlagegesellschaft untersagt. Im Gegensatz hierzu ist in Bezug auf die Steuerbarkeit solcher Leistungen, die von nicht in Deutschland ansässigen Anlegern empfangen werden, wiederum zwischen dem Ursprungs- und dem Bestimmungslandprinzip zu differenzieren. Weil sowohl Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. als auch Art. 59 Buchst. e MwStSystRL die Depotbankleistungen als Bank- und Finanzumsatz dem Bestimmungslandprinzip unterwerfen, sind Depotbankleistungen gegenüber den Anlegern nicht in Deutschland steuerbar, wenn es sich bei dem Anleger um einen im Ausland ansässigen Unternehmer handelt, der die Kapitalanlage nicht im Rahmen seiner persönlichen Sphäre vornimmt, oder es sich um einen im Drittlandsgebiet ansässigen Verbraucher handelt. Dies führt gegenüber der Altregelung vor dem 1. Januar 2010 insoweit zu einer Einschränkung, als die Altregelung das Bestimmungslandprinzip auch auf den Leistungsbezug eines Unternehmens für die persönliche Verwendung oder die Verwendung des Personals anwendete. Aufgrund der Ausweitung des Bestimmungslandprinzips auf nicht unternehmerisch tätige juristische Personen mit UmsatzsteuerIdentifikationsnummer kam es im Vergleich zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2010 zu einer Einschränkung der Steuerbarkeit der Depotbankleistungen gegenüber solchen im Ausland ansässigen juristischen Personen. Die insoweit abweichende nationale Rechtslage bzw. Rechtsanwendung bedarf einer richtlinienkonformen Auslegung. Dies gilt zum einen für die Ver388
Steuerbarkeit der Umsätze im Investment-Dreieck
weisung des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG alter und neuer Fassung, weil weder § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG noch eine andere Befreiungsregelung nach Ansicht der deutschen Finanzverwaltung die Depotbankleistungen umfassen, die durch die Anleger empfangen werden. Zum anderen bedarf die durch den nationalen Gesetzgeber in § 3a Abs. 2 S. 1 UStG vorgenommene Beschränkung des Bestimmungslandprinzips dahingehend, dass es hierfür eines Bezugs für das Unternehmen bedarf, einer richtlinienkonformen Auslegung. In dem Umfang, in dem sich die Depotbankleistungen an unterschiedliche Empfänger richten (Kapitalanlagegesellschaft zum einen und Anteilinhaber zum anderen), muss eine Einheitlichkeit dieser Leistungen ausscheiden. Zwar bilden die Kontroll- und Überwachungsleistungen, die gegenüber den Anteilinhabern erbracht werden, eine einheitliche Leistung. Jedoch ist hiervon die Geltendmachung von Anlegeransprüchen (§ 28 Abs. 1 InvG) sowie die Abwicklung des Sondervermögens (§ 39 Abs. 2 InvG) als jeweils selbständige Leistung zu trennen. Die Leistungen der Depotbank gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft sind aus der professionellen Sicht der Kapitalanlagegesellschaft nicht in solch einem Maße aufeinander abgestimmt, dass sie eine neue einheitliche Leistung bilden. Ferner stehen sie auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander.
III.
Steuerbarkeit des externen Leistungsbezugs
Wenn ein externer Dienstleister als Unternehmer entgeltliche Leistungen gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft erbringt, hängt die Steuerbarkeit dieser Leistungen wiederum davon ab, dass sie in Deutschland erbracht werden. Entsprechend der Steuerbarkeit der übrigen Leistungen im Investment-Dreieck kommt es hierfür im Fall eines im Ausland sitzenden Dienstleisters auf die Differenzierung zwischen Ursprungs- und Bestimmungslandprinzip an. Dabei hat diese Unterscheidung jedoch umgekehrte „Vorzeichen“. Das Bestimmungslandprinzip führt zu einer Steuerbarkeit, während das Ursprungslandprinzip sie ausschließt. Weil die Kapitalanlagegesellschaft als Unternehmerin die externe Leistung stets für ihre eigene unternehmerische Leistung verwendet, stellt sich die Ortsbestimmung seit dem 1. Januar 2010 erheblich vereinfacht dar. Leistungsort ist in dieser Konstellation gemäß Art. 44 S. 1 MwStSystRL stets der Sitz der Kapitalanlagegesellschaft. Dem entspricht auch die nationale Transformationsregelung des § 3a Abs. 2 S. 1 UStG Auf die Katalogregelungen in Art. 59 MwStSystRL und § 3a Abs. 4 UStG kommt es insoweit nicht an. Der externe Leistungsbezug durch eine Kapitalanlagegesellschaft ist somit in Deutschland steuerbar. 389
Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
Im Gegensatz hierzu kam es im Zeitraum vor dem 1. Januar 2010 für die Ortsbestimmung und damit die Steuerbarkeit auf die Katalogregelungen des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. sowie des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F. an. Weil es sich bei den hier untersuchten Konstellationen der Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements sowie des Bezugs von Research-, Advisory-, Controlling- und Buchhaltungsleistungen um Bank- und Finanzumsätze im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL a. F. handelt, galt auch damals bereits das Bestimmungslandprinzip. Darüber hinaus stellen die Advisory-Leistungen eines externen Dienstleisters auch Beratungsleistungen im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL a. F. dar. Diese Leistungen waren somit auch entsprechend der früheren Rechtslage in Deutschland steuerbar. Zwar sahen die nationalen Regelungen zur Ortsbestimmung durch die Verweisung auf die Befreiungsregelungen (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG a. F.) eine richtlinienwidrigen Anwendung des Ursprungslandprinzips vor. Jedoch waren diese Fälle mittels einer richtlinienkonformen Auslegung (seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007) bzw. unmittelbaren Anwendung der Richtlinie (vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007) zu korrigieren. Im Fall der unmittelbaren Anwendbarkeit kam es insoweit zu einem Wahlrecht für die Betroffenen. Die Steuerbarkeit dieser Leistungen kann in solchen Fällen, in denen der Leistende ebenso wie die Kapitalanlagegesellschaft in Deutschland ansässig ist, durch eine Eingliederung des externen Dienstleisters in die Kapitalanlagegesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vermieden werden. Eine Organschaft erfordert jedoch eine kapitalintensive Beteiligung an der Organgesellschaft und führt zu einer unflexiblen Bindung der Kapitalanlagegesellschaft an den betreffenden Dienstleister.
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Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck
B.
Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck
I.
Allgemeine Grundsätze
Zwar sind die in den Befreiungsregelungen verwendeten autonomen Begriffe des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich eng auszulegen, jedoch kann diese Auslegung nur unter Berücksichtigung der Neutralität des Umsatzsteuerrechts und der Ziele der betreffenden Befreiungsregelung erfolgen. Darüber hinaus sind die Befreiungsregelungen des Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g MwStSystRL ohne Rücksicht auf die Person des Leistenden oder des Leistungsempfängers sowie unabhängig von zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen anzuwenden. Für die Befreiung einer Leistung ist es nicht notwendig, dass die Leistung das gesamte von den betreffenden Befreiungsregelungen beschriebene Leistungsprogramm umfasst. Eine Aufteilung in Teilleistungen ohne den Verlust der Befreiung ist aber nicht grenzenlos möglich. Eine Teilleistung muss – um befreit erbracht werden zu können – vielmehr ein eigenständiges Ganzes darstellen und für den von der Befreiungsregelung beschriebenen Umsatz spezifisch und wesentlich sein. Dies setzt voraus, dass es sich um eine geschlossene, abgrenzbare Tätigkeit mit einem eigenständigen Charakter handelt (eigenständiges Ganzes), die für die Realisation des von der betreffenden Befreiungsvorschrift umschriebenen Leistungserfolges eine zumindest nicht untergeordnete bzw. nachrangige Bedeutung hat (Wesentlichkeit) und darüber hinaus für diese Leistung auch charakteristisch bzw. typisch ist (Spezifität). Die Befreiung einer Teilleistung erfordert es jedoch nicht, dass die Leistung zu rechtlichen oder finanziellen Änderungen führt. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Voraussetzung für die Befreiung von transaktionsbezogenen Leistungen im Bereich der Zahlungs- und Überweisungsumsätze sowie solcher Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen.
II.
Begriff der Verwaltung
Weil die Art. 135 ff. MwStSystRL keine Definition des Begriffs der Verwaltung im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL enthalten, stellt der Europäische Gerichtshof auf die Regelungen der OGAW-RL und ihres Anhangs II sowie auf den Zweck der Befreiungsregelung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ab. Während der Rückgriff auf die OGAWRL abzulehnen ist, bietet der Zweck der Befreiung, eine umsatzsteuerliche Neutralität der Anlage mittels eines Investmentfonds gegenüber der Direktanlage sicherzustellen, zumindest Hinweise für die Bestimmung des Verwaltungsbegriffs. Bestandteil der Verwaltung in diesem Sinne ist grundsätz-
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Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
lich jede Tätigkeit, die funktionaler Bestandteil des Leistungsprozesses „Verwaltung eines Sondervermögens“ ist.
III.
Begriff des Investmentvermögens
Die Befreiungsregelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umfasst seit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 alle Investmentvermögen unabhängig von ihrer rechtlichen Konstruktion, ihrer operativen Form und ihrem Sitz. Vor diesem Zeitpunkt bezog sich die Befreiungsregelung lediglich auf inländische Investment-Sondervermögen. Weil der Europäische Gerichtshof jedoch bereits zuvor festgestellt hatte, dass die Befreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sowohl rechtsform- als auch operationsformunabhängig gilt, war die nationale Regelung insoweit richtlinienkonform auszulegen. Ein – wie von der deutschen Finanzverwaltung vorgenommener – genereller Ausschluss von geschlossenen Fonds widerspricht dem Grundsatz der Neutralität des Umsatzsteuerrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Eine solche Beschränkung lässt sich auch nicht der nationalen Umsetzungsregelung entnehmen. Geht man zudem davon aus, dass auch die Richtlinienregelung solche Fonds umfasst, die im Drittlandsgebiet sitzen, so entsprechen sich nationale und europäische Regelung vollständig. Sieht man eine Begrenzung der europäischen Norm auf Fonds als gegeben an, die im Gemeinschaftsgebiet sitzen, so muss die nationale Regelung insoweit richtlinienkonform beschränkt werden.
IV.
Steuerfreiheit der Verwaltungsleistungen der Kapital anlagegesellschaft
Die Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft im InvestmentDreieck sind gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei. Dies gilt unabhängig davon, ob sie ihr Leistungsprogramm vollständig selbst erbringt oder einen Teil ihrer Tätigkeiten auslagert. Darüber hinaus ergibt sich die Steuerfreiheit der Portfolio-Management-Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft auch aus § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG, soweit sich die Leistung auf die Verwaltung eines Sondervermögens beziehen, das aus Wertpapieren besteht. Die Steuerfreiheit der Leistungen einer Kapitalanlagegesellschaft gilt nicht nur für die Verwaltungsleistungen der Kapitalanlagegesellschaft im Investment-Dreieck, sondern auch für solche gleichartigen Leistungen, die von der Kapitalanlagegesellschaft gegenüber anderen Kapitalanlagegesellschaften oder sonstigen Vermögensverwaltern erbracht werden.
392
Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck
Auf Basis der Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steht der Kapitalanlagegesellschaft die Möglichkeit zu, ihre Umsätze durch die Option im Sinne des § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig zu gestalten. Die Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG schließt eine Optionsausübung in diesem Fall nicht aus. Dennoch stellt die Option nur in den wenigsten Fällen eine echte Gestaltungsalternative dar. Letztlich kommt sie aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen nur hinsichtlich der Verwaltungsleistungen gegenüber solchen unternehmerisch tätigen Anlegern in Betracht, die die Verwaltungsleistung nicht nur für ihr Unternehmen beziehen, sondern darüber hinaus in der Lage sind, diese Steuerlast ihrerseits zum Abzug zu bringen. Im Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Konstellationen ergibt sich eine weitere Einschränkung daraus, dass das durch die Richtlinie lediglich fakultativ vorgegebene Optionsrecht nur von den wenigsten Nationalstaaten umgesetzt wurde.
V.
Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs
Will man die Befreiung einer Teilleistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bestimmen, so gilt es gemäß dem Europäischen Gerichtshof einerseits auf die OGAW-RL (vor allem Anhang II) und das Ziel der Befreiung abzustellen und andererseits die Voraussetzungen der allgemeine Formel zur Befreiung einer Teilleistung zu beachten. Die betreffenden Teilleistungen müssen funktionaler Teil der Verwaltungstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft sein und darüber hinaus ein eigenständiges Ganzes bilden, das für die Verwaltung eines Investmentvermögens wesentlich und spezifisch ist. Entsprechend diesen Voraussetzungen ist die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements (inklusive einer eigenen Entscheidungsbefugnis) sowohl nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG als auch nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG befreit. Ferner muss man zum Fall des externen Bezugs von PortfolioManagement-Leistungen auch solche Konstellationen zählen, in denen dem „Berater“ eine faktische Entscheidungsbefugnis zukommt. Aufgrund der Befreiung aus § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG kommt für den externen Dienstleister eine Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 UStG in Betracht. Ebenso wie im Zusammenhang mit der Portfolioverwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft stellt das Optionsrecht jedoch keine echte Gestaltungsalternative dar. Die Option zur Steuerpflicht ist zum einen aus rechtlichen Gründen nur in den wenigsten Fällen denkbar und zum anderen in der Regel gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft faktisch kaum durchzusetzen. Die Auslagerung des Bereiches Research ist ohne eine zusätzliche umsatzsteuerliche Belastung möglich, soweit sich die Tätigkeiten auf das Sammeln und Aufbereiten von Informationen über gesetzlich und vertraglich zulässi393
Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
ge Anlageinstrumente beschränken und erkennen lassen, dass die besonderen Belange eines bestimmten Sondervermögens berücksichtigt wurden. Die Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung, wonach solche Leistungen generell nicht befreit bezogen werden können, ist abzulehnen. Entgegen der deutschen Finanzverwaltung können Beratungsleistungen nicht pauschal als steuerpflichtig eingeordnet werden. Vielmehr ist im konkreten Einzelfall danach zu unterscheiden, ob es sich bei der betreffenden Leistung um einen originären Teil der Verwaltungstätigkeit des PortfolioManagements der Kapitalanlagegesellschaft auf dem Weg zu einer Anlageoder Umschichtungsentscheidung handelt, dessen Fremdbezug zu einer entsprechenden Aufwandsreduktion auf Seiten des Portfolio-Managements der Kapitalanlagegesellschaft führt. Beratungsleistungen, die außerhalb dieses Prozesses erbracht werden, indem sie sich nicht auf das Treffen von Anlageund Umschichtungsentscheidungen richten oder lediglich ergänzender Natur sind, erfüllen nicht den Verwaltungsbegriff im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Dabei kann im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Untersuchung nur dann von einer Beratungsleistung gesprochen werden, wenn die konkrete Entscheidung über die Anlage- bzw. Umschichtungsentscheidung erst durch das Portfolio-Management der Kapitalanlagegesellschaft getroffen wird. Soweit sich der Berater auch die notwendigen Informationen selbst verschafft (Research), um aus ihnen die betreffenden Hinweise zu entwickeln, handelt es sich hierbei auch um ein eigenständiges Ganzes, das zugleich wesentliche und spezifische Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens erfüllt. Die Tätigkeiten des Fonds-Controlling können auf einen externen Dienstleister übertragen werden, ohne dass es zu einer zusätzlichen umsatzsteuerlichen Belastung kommt. Gleiches gilt für die Auslagerung der FondsBuchhaltung, der Rechnungslegung und der Anteilswertermittlung. Abzulehnen ist die von der deutschen Finanzverwaltung aufgestellte Bedingung, dass ein externer Dienstleister hierbei diese Leistungen und darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten als Paket erbringen muss. Vielmehr können diese Leistungen auch einzeln befreit bezogen werden. Die Bildung eines steuerfreien Zusammenschlusses im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL bringt betriebswirtschaftliche und rechtliche Schwierigkeiten mit sich. Letztlich hängt es vom Einzelfall ab, ob die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens aus strategischer Perspektive favorisiert wird. In bestimmten Einzelfällen kann sie durchaus eine Alternative darstellen. Einen wirklichen Ersatz für den steuerfreien Bezug externer Leistungen stellt Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL jedenfalls nicht dar.
394
Steuerfreiheit der Umsätze im Investment-Dreieck
VI.
Steuerfreiheit der Depotbankleistungen
Entsprechend der Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs müssen die Depotbankleistungen der Anteilsausgabe und -rücknahme (§ 23 InvG), der Anteilswertermittlung (§ 36 Abs. 1 InvG) sowie der Gewinnausschüttung (§ 25 S. 2 Nr. 3 InvG) als durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit angesehen werden. Unklar ist insoweit die Sichtweise des Gerichts zu den Mitwirkungs- und Zustimmungsleistungen im Zusammenhang mit den Verfügungen des Portfolio-Managements (§ 25 S. 2 Nr. 1, 2, § 26 InvG) und den Zahlstellenleistungen im Sinne des § 29 Abs. 1 InvG. Gemäß der hier vertretenen Ansicht, dass der Begriff der Verwaltung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL wirtschaftlich funktional zu betrachten ist, sind sowohl die angesprochenen Mitwirkungs- und Zustimmungs- sowie Zahlungspflichten als auch die Pflichten der Kontrolle und Überwachung des PortfolioManagements sowie die Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens (§ 24 Abs. 1, 2 InvG) von der Befreiungsregelung umfasst. Diese Sichtweise entspricht zudem auch dem Sinn und Zweck des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, die Anlage in Investmentfonds dadurch zu erleichtern, dass eine umsatzsteuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage sichergestellt wird. Die Verwaltung eines Investmentfonds im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erfolgt durch die Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank gemeinsam. Zwar nimmt die Kapitalanlagegesellschaft die Rolle des „Hauptverwalters“ mit Entscheidungsbefugnis ein, jedoch erfolgt die gesetzliche Einbindung der Depotbank in das InvestmentDreieck dadurch, dass bestimmte Tätigkeiten, die eine aktive Portfolioverwaltung der Kapitalanlagegesellschaft erst ermöglichen, zwingend von ihr zu erbringen sind. Die gegenteilige Ansicht der deutschen Finanzverwaltung überzeugt nicht.
395
Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
C.
Vorschläge zur Neuregelung
Begriff der Verwaltung: Die Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL wird aller Voraussicht nach eine Definition des Begriffs der Verwaltung eines Investmentfonds enthalten, die nicht nur Portfolio-Management-Leistungen, sondern auch darüber hinausgehende Verwaltungsleistungen sollen umfasst. Weil aber auch diese Definition nicht in der Lage ist, Klarheit über den genauen Umfang des Verwaltungsbegriffs zu schaffen, soll eine unmittelbar geltende Durchführungsverordnung erlassen werden. Die bisherigen Entwürfe hierzu bringen eine wesentliche Neuerung in der Hinsicht mit sich, dass auch Teile der tatsächlichen Gesamtverwaltungsleistung befreit erbracht werden können, ohne dass es auf die Voraussetzungen der so genannten Formel des Europäischen Gerichtshofs für die Befreiung einer Teilleistung ankäme. Dieser Weg stellt eine erhebliche Erweiterung des Verwaltungsbegriffs gegenüber dem bisherigen Verständnis dar. Letztlich handelt es sich hierbei um eine Vermengung zwischen dem Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds einerseits und der Befreiung einer Teilleistung andererseits. Diskussionsbedarf besteht nach wie vor in dem Punkt, welche Teile des Verwaltungsprogramms der Kapitalanlagegesellschaft hiervon profitieren können sollen. Begriff des Investmentvermögens: Darüber hinaus soll die geplante Neuregelung auch eine Definition des Begriffs des Investmentvermögens enthalten. Die Vorschläge entsprechen insoweit der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, als sie eine Befreiung weder von der Rechtsoder Operationsform noch vom Belegenheitsort abhängig machen. Problematisch gestalten sich jedoch die Versuche, weitere Einschränkungen vorzunehmen. Eine Begrenzung auf bestimmte Anlagegegenstände ist ebenso wenig geeignet wie eine Unterscheidung zwischen Publikums- und Spezialfonds. Will man die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umsetzen, so müssten alle Organismen umfasst sein, die mit den eindeutig steuerbefreiten Anlagevehikeln im Wettbewerb stehen. Insoweit wäre am ehesten eine Beschränkung auf solche Investmentvermögen geeignet, die eine risikogestreute Anlage unter Berücksichtigung zwingender Anlegerschutzvorschriften vornehmen. Befreiung einer Teilleistung: Eine ausdrückliche Regelung zur Befreiung von Teilen der nach Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL-E-KOM befreiten Umsätze soll in einem neu einzufügenden Abs. 1a Platz finden. Will man dem Ziel der Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL entsprechend die geltende Rechtslage und insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigen, so muss diese Regelung zum einen auch auf die
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Vorschläge zur Neuregelung
Verwaltung von Investmentfonds Anwendung finden und zum anderen sich darauf beschränken, die Formel des Gerichts wiederzugeben, ohne die zusätzliche Voraussetzung aufzustellen, dass die zu befreiende Teilleistung eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation bewirken muss. Ein Ausschluss der Befreiung von Teilleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds ist ebenso wie eine Beschränkung auf solche Teilleistungen, die unmittelbar eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation des Sondervermögens herbeiführen, als zweckwidrig abzulehnen. Steuerfreiheit der Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft: Während sich anhand der bisherigen Vorschläge zum Inhalt der Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL im Hinblick auf die umsatzsteuerliche Behandlung von Verwaltungsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft bezüglich der Verwaltung von Publikumsfonds keine Veränderungen gegenüber der geltenden Rechtslage ergeben würden, besteht die Möglichkeit, dass in Zukunft Verwaltungsleistungen zumindest gegenüber solchen Spezialfonds nicht von der Befreiung profitieren können werden, die sich lediglich an einen einzigen Anleger richten. Steuerfreiheit des externen Leistungsbezugs: Unabhängig davon, ob die Befreiung der Verwaltung eines Investmentfonds auch für Teilleistungen gelten wird, wäre die Auslagerung des gesamten Portfolio-Managements dennoch befreit, weil die Tätigkeiten des Portfolio-Managements bereits isoliert den Begriff der Verwaltung eines Investmentfonds erfüllen. Gleiches gilt entsprechend dem Kommissionsvorschlag für Research-Tätigkeiten, indem die Durchführungsverordnung ausdrücklich festlegt, dass Markt- und Unternehmensanalysetätigkeiten den Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens erfüllen. Ein steuerfreier Bezug des Research hängt hingegen gemäß dem schwedischen Vorschlag davon ab, dass diese Aufgaben in Verbindung mit anderen Tätigkeiten eine Gesamtheit bilden, die als eigenständiges Ganzes zugleich auch wesentlich und spezifisch ist. Zudem gehen die dargestellten Vorschläge einer neu zu schaffenden Durchführungsverordnung davon aus, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Einhaltung regulatorischer Anforderungen nicht befreit bezogen werden können (Fonds-Controlling). Die Behandlung von Beratungsleistungen lässt sich noch nicht exakt bestimmen. Weil die anlagebezogene Beratung nicht ausdrücklich als befreit bezeichnet wird, sondern es sich hierbei lediglich um einen Teil der ausdrücklich befreiten operativen Vermögensverwaltung handelt, hängt die Befreiung dieser Leistungen davon ab, dass die ausdrückliche Regelung der Befreiung einer Teilleistung in der MwStSystRL (vgl. Art. 135 Abs. 1a MwStSystRL-E-KOM) zum einen auch die Verwaltung
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Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
von Investmentfonds umfasst und zum anderen auf das Erfordernis des Bewirkens von rechtlichen und finanziellen Änderungen verzichtet. Auch im Hinblick auf die Behandlung der Fonds-Buchhaltung sind die Vorschläge zur Neufassung der Befreiungsregelungen nicht ganz eindeutig. Während die Definition der Verwaltung eines Investmentfonds diese Tätigkeiten umfasst, lassen die Vorschläge zur Durchführungsverordnung Raum für Fragen offen. Rechnungslegungsdienstleistungen und die Ermittlung des Wertes des Sondervermögens sowie der Anteile werden zwar ausdrücklich als Verwaltung eines Investmentfonds bezeichnet und sind somit als befreit anzusehen, die Buchhaltung selbst als Abbildung der einzelnen Geschäftsvorfälle wird jedoch nicht aufgezählt. Weil die Kataloge der Durchführungsverordnung nicht abschließend sind, spricht dennoch einiges dafür, dass auch die Buchhaltung im Paket mit anderen Leistungen befreit erbracht werden kann. Steuerfreie Zusammenschlüsse: Die anvisierte Neuregelung der steuerfreien Zusammenschlüsse stellt insoweit einen Fortschritt dar, als sie Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen beseitigt und der allgemeine Anwendungsbereich auf solche Leistungen erweitert wird, die für die Erbringung der befreiten Leistungen durch die Mitgliedsunternehmen lediglich notwendig sind. Des Weiteren ist es zu begrüßen, dass die steuerfreien Zusammenschlüsse aus dem Kontext der dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten herausgelöst werden sollen, indem sie eine eigenständige Regelung erhalten. Optionsrecht: Auch im Hinblick auf das Optionsrecht bringt der Vorschlag der Kommission verschiedene sinnvolle Änderungen mit sich. So würde eine Streichung des Umsetzungswahlrechts der Mitgliedsstaaten zum einen die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Konstellationen beseitigen und zu einer weiteren Harmonisierung des europäischen Mehrwertsteuerrechts beitragen und zum anderen auch im Zusammenhang mit der Befreiung der Verwaltung von Investmentfonds eine Option zulassen, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Befreiung von Wertpapierumsätzen bedürfte. Steuerfreiheit der Depotbankleistungen: Die bisherigen Vorschläge zur Neufassung der Befreiung von Verwaltungsleistungen bringen im Vergleich zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einige wesentliche Erweiterungen mit sich. Aufgrund der ausdrücklichen Klarstellungen in der Durchführungsverordnung wären sowohl die Überwachungs- als auch die Verwahrungsaufgaben der Depotbank vom Begriff der Verwaltung eines Investmentvermögens umfasst. Dies entspricht der hier vertretenen Auffassung zur geltenden Rechtslage, weshalb die Klarstellung der Neuregelung nicht zu einer Erweiterung im rechtlichen Sinne führen würde, sondern le398
Vorschläge zur Neuregelung
diglich eine Korrektur der insoweit abzulehnenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit sich brächte. Ebenso sind – bis auf die Abwicklung des Sondervermögens nach § 39 Abs. 2 InvG und die Auszahlung der Vergütungen und des Aufwendungsersatzes nach § 29 Abs. 1 InvG – die weiteren Depotbanktätigkeiten entsprechend dem Regelungskonzept der Entwürfe zur Neufassung von der Befreiung umfasst.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
D.
Fazit und Ausblick
Das Investment-Dreieck erfordert eine eigenständige Untersuchung der umsatzsteuerlichen Beziehungen der verschiedenen Leistungen innerhalb dieses (einzigartigen) Konstrukts. Eine pauschale Festlegung der Leistungsbeziehungen zwischen den verschiedenen Beteiligten verbietet sich. Vielmehr bedarf es einer Betrachtung jeder einzelnen Leistung unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und ergänzender Heranziehung der zivilrechtlichen Gegebenheiten, um zu ermitteln, wer Beteiligter der jeweiligen Leistungsbeziehungen ist. Aufsichtsrechtliche Aspekte sollten hierbei keine Rolle spielen. Nicht allein die Ausführungen zum Ort der Leistung, sondern gerade auch jene zur Steuerfreiheit der Leistungen im Investment-Dreieck verdeutlichen, dass die Verweisungslösung des deutschen Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung abzulehnen ist. Über eine zweckwidrige Beschränkung des Bestimmungslandprinzips hinaus führt diese richtlinienwidrige Systematik zu einer unnötigen Komplexität der Ortsbestimmung, die ohnehin zu einem der schwierigsten Themen des Umsatzsteuerrechts gehört. Dem kann auch nicht das Argument entgegengehalten werden, dass es für die Verweisung der Ortsregelung nicht auf die Befreiung selbst, sondern lediglich auf die Bezeichnung der Leistung in der Befreiungsregelung ankommt. Schließlich bezeichnet eine Befreiungsregelung in der Regel auch nur solche Leistungen, die tatsächlich unter die betreffende Befreiung fallen. Entsprechend der Verweisungstechnik des nationalen Gesetzgebers würde es zum Beispiel durch die Neufassung der Art. 135 ff. MwStSystRL und der daraus folgenden Anpassung des § 4 Nr. 8 UStG wiederum zu Veränderungen im Hinblick auf die Ortsbestimmung kommen. Wenn nämlich entsprechend der Durchführungsverordnung die Verwahrung der Vermögensgegenstände des Sondervermögens sowie die Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft durch die Depotbank als Teil der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens anzusehen sind, so bedeutet dies zugleich, dass sich der Ort dieser sonstigen Leistung zum Beispiel gegenüber im Drittland ansässigen Verbrauchern gemäß § 3a Abs. 3, 4 Nr. 6 Buchst. a UStG in Verbindung mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG vom Land des Ursprungs in das der Bestimmung verlagert, obwohl die angestrebte Überarbeitung der Befreiungsregelungen auf Richtlinienebene keinen Einfluss auf die Ortsbestimmung nimmt. Eine Harmonisierung des europäischen Mehrwertsteuerrechts kann auf diesem Weg kaum erreicht werden. Es ist dem nationalen Gesetzgeber zu empfehlen, sich bei der Umsetzung zwingender Richtlinienvorgaben auch in systematischer Hinsicht an der jeweiligen Richtlinienregelung zu orientieren. 400
Fazit und Ausblick
Eine konsistente Auslegung und Anwendung der Befreiungsregelungen muss insbesondere die Ziele der betreffenden Regelung berücksichtigen. Ebenso wie im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung ist der Rückgriff auf andere Vorschriften des gleichen Gesetzes oder gar eines anderen Rechtsgebietes zwar verlockend, bringt jedoch Widersprüche und damit eine Minderung der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit mit sich. Dementsprechend kann der Verwaltungsbegriff des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL nicht der Verwaltung eines Investment-Sondervermögens im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zugrunde gelegt werden. Vielmehr erfordern die Besonderheiten des Investment-Dreiecks nicht nur eine eigenständige Untersuchung der umsatzsteuerlichen Beziehungen der verschiedenen Leistungen innerhalb dieses Dreiecks, sondern darüber hinaus auch eine eigenständige Begriffsbestimmung. So muss bei der Bestimmung des Verwaltungsbegriffs berücksichtigt werden, dass im Gegensatz zur individuellen Vermögensverwaltung nicht nur eine Stelle für die Verwaltung des Anlagevermögens zuständig ist, sondern auch die Depotbank als atypischer Verwalter dadurch in die Verwaltung eingebunden ist, dass sie den Hauptverwalter (Kapitalanlagegesellschaft) überwacht und dafür an entscheidenden Stellen aktiv in die Verwaltung eingreift. Diese Besonderheit des Investment-Dreiecks kann nur dadurch angemessen berücksichtigt werden, dass für die Bestimmung des Verwaltungsbegriffs in diesem Zusammenhang neue Wege gegangen werden. Insoweit sind die Vorschläge der Kommission zur Neufassung der Befreiungsvorschriften und insbesondere der Befreiungsregelung für die Verwaltung von Investmentfonds positiv zu bewerten, als sie diesen Besonderheiten dadurch Rechnung tragen, dass sowohl die Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft sowie die Verwahrung der Vermögensgegenstände als Teil der Verwaltung bezeichnet werden. Letztlich bleibt abzuwarten, ob sich dieser Weg durchsetzen wird. Aus umsatzsteuerlicher Perspektive wäre er jedenfalls als konsequente Umsetzung des Ziels der Befreiungsregelung anzusehen, die umsatzsteuerliche Neutralität gegenüber der Direktanlage sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 6. Mai 2010 bzw. Abschn. 4.8.13 UStAE kritisch zu bewerten. Es ist zu begrüßen, dass sich die deutsche Finanzverwaltung zu der komplexen Problematik der Befreiung von Verwaltungsleistungen im Investment-Dreieck ausführlich geäußert hat. Aufgrund der bindenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann man die Finanzverwaltung nicht dafür kritisieren, dass sie dem Gerichtshof folgend sowohl die Kontroll- und Überwa-
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Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit
chungsaufgaben sowie die Verwahrung der Vermögensgegenstände als steuerpflichtig ansieht. Anlass zur Kritik gibt jedoch der Umstand, dass sie darüber hinaus auch die Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten der Depotbank als Teil der steuerpflichtigen Verwahrung bezeichnet. Gleiches gilt für die pauschale Ablehnung der Befreiung von Beratungsleistungen. Des Weiteren setzt sich die Finanzverwaltung dadurch zum Grundsatz der Neutralität des Umsatzsteuerrechts in Widerspruch, dass sie den externen Leistungsbezug nur dann als befreit ansieht, wenn durch den außenstehenden Dritten nahezu sämtliche administrativen Leistungen und sogar das FondsControlling erbracht werden. Damit wird eine Befreiung des externen Leistungsbezugs faktisch ausgeschlossen.
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Stichwortverzeichnis Die Zahlen bezeichnen die Seitenzahlen Abwicklung des Sondervermögens 117, 360 f., 383 Ansprüche der Anleger – gegenüber der Depotbank 124 ff. – Geltendmachung 117 Anteile am Investmentvermögen – Ausgabe und Rücknahme 110 f., 343 ff., 367 f., 382 ff. – Ermittlung des Wertes 111 f., 346, 357 f., 368, 380 Anteilsschein – siehe Anteile am Investmentvermögen Aufwendungsersatz 23, 116 f., 359 f., 371, 383 Ausschüttung von Gewinnanteilen 114, 347, 370 f., 379 Bank- und Finanzumsatz 57 ff. Beratung – Begriff 157 f., 289 f. – Ort des externen Bezugs 164 ff., 173 – qualifizierte Beratung 291 ff. – Steuerfreiheit des externen Bezugs 289 ff. – Teil der Verwaltung des Sondervermögens 291 ff. Bestimmungslandprinzip 46, 48 f., 52 ff., 77 ff., 139 ff., 154 ff. Buchhaltung – Bank- und Finanzumsatz 66 – Begriff 18 f. – Ort des externen Bezugs 54, 161 f., 170 f., 173
– Steuerfreiheit des externen Bezugs 311 ff. Controlling – Begriff 18 – Ort des externen Bezugs 54, 160 f., 179 f., 173 – Steuerfreiheit des externen Bezugs 306 ff. Depotbank – Empfänger der Leistungen 103 ff. – Ort der Leistungen 139 ff. – schuldrechtliche Beziehungen 120 ff. – Steuerfreiheit der Leistungen 333 ff. Einheitlichkeit der Leistungen – der Depotbank 129 ff. – der KAG 40 ff. Empfänger der – Depotbankleistungen 103 ff. – Leistungen der KAG 38 ff. Externer Leistungsbezug 24 ff. – Aufsichtsrecht 30 – Begriff 25 ff. – Erscheinungsformen 31 f. – Ursachen 24 Investment-Dreieck 13 ff. – Umsätze der Depotbank 20 ff. – Umsätze der KAG 17 ff. Investmentvermögen – Begriff 228 ff. 403
Stichwortverzeichnis
Investment-Sondervermögen – siehe Investmentvermögen Jahressteuergesetz – 2007 47, 49, 56, 62, 74, 141 f. – 2009 48, 149, 177 KAG – Asset-Manager-KAG 33, 255 f. – Full-Service-KAG 33, 256 – Master-KAG 33, 256 f. – Service-KAG 33 – Unternehmereigenschaft 36 f. Kontrolle und Überwachung – des Sondervermögens und der Geschäftsführung der KAG 114 ff., 372 f., 375 ff. – nicht verwahrfähiger Vermögensgegenstände 116 – Teil der Verwaltung 361 ff. Leistung(en) – Begriff 37 f. – Bezug/Verwendung für das Unternehmen 67 ff., 79 ff. – der Depotbank 20 ff., 103 ff. – der KAG 17 ff., 37 ff. – Verkauf durch die KAG 176 ff. Leistungsaustausch zwischen – KAG und Anleger 44 f. – Depotbank und Anleger 137 f. – Depotbank und KAG 137 f. – KAG und externem Dienstleister 148 f. Mehrwertsteuer-Paket 46 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – Entwürfe zur Neufassung 204 ff., 221 ff., 231 ff., 263 ff., 281 ff., 286 ff., 301 ff., 308 ff.,
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314 ff., 324 ff., 329, 375 ff., 396 ff. Miteigentumslösung 249 f. Option zur Steuerpflicht durch – die KAG 258 ff. – einen Dienstleister 327 ff. Organschaft zwischen – Depotbank und KAG 132 ff. – Dienstleister und KAG 150 ff. Ort der Leistungen – der Depotbank gegenüber den Anlegern 140 ff. – der Depotbank gegenüber der KAG 139 f. – des externen Leistungsbezugs 153 ff. – der KAG 46 ff. Portfolio-Management – Begriff 17 f. – externer Bezug 31 – Ort des externen Bezugs 154 ff., 163f., 173 – Steuerfreiheit 239 ff. – Steuerfreiheit des externen Bezugs 275 Research – Begriff 17 f. – Ort des externen Bezugs 157, 168f., 173 – Steuerfreiheit des externen Bezugs 282 ff. Schuldrecht – Verhältnis zwischen Depotbank und KAG 120 f. – Verhältnis zwischen Depotbank und Anleger 121 ff.
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– Verhältnis zum Umsatzsteuerrecht 103 ff. Spezialfonds 55, 215, 216 f., 234 f. Steuerbarkeit – externer Leistungsbezug 148 ff. – Umsätze der Depotbank 101 ff. – Umsätze der KAG 35 ff. Steuerfreie Zusammenschlüsse 318 ff. Steuerfreiheit – externer Leistungsbezug 267 ff. – Leistungen der Depotbank 333 ff. – Leistungen der KAG 239 ff. – Teilleistung 185 ff. – Teilverwaltungsleistung 269 ff.
Vergütungen 23, 116 f., 359 f., 371, 383 Verwahrung 20, 112, 340 ff., 361 f., 372 f., 377 ff. Verwaltung – Begriff 209 ff. – Befreiung einer Teilleistung 269 ff. – durch Kontrolle und Überwachung 352 ff. Wertpapierumsatz – Portfolio-Management 245 ff. – Bewirken von rechtlichen Veränderungen 248 ff
Teilleistung – Bewirken rechtlicher und finanzieller Änderungen 201 ff. – eigenständiges Ganzes 189 ff. – Notwendigkeit/Unerlässlichkeit für die Gesamtleistung 192 f. – Spezifität 187 – Steuerfreiheit 185 ff. – Verantwortlichkeit des Dienstleisters 194 ff. – Verwaltung eines Investmentvermögens 269 ff. – Wesentlichkeit 187 f. Treuhandlösung 250 f. Überprüfung/Überwachung (siehe Kontrolle) Ursprungslandprinzip 46 Verfügungen der KAG – Mitwirkung und Zustimmung der Depotbank 21, 112 f., 347 f., 358 f., 369 f., 380 ff.
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