»Tuerckenbuechlein« (Forschungen Zur Kirchen- Und Dogmengeschichte, 97) (German Edition) 9783525552223, 352555222X


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»Tuerckenbuechlein« (Forschungen Zur Kirchen- Und Dogmengeschichte, 97) (German Edition)
 9783525552223, 352555222X

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Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Herausgegeben von Thomas Kaufmann und Volker Henning Drecoll

Band 97

Vandenhoeck & Ruprecht

Thomas Kaufmann

»Türckenbüchlein« Zur christlichen Wahrnehmung »türkischer Religion« in Spätmittelalter und Reformation

Vandenhoeck & Ruprecht

Mit 26 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-55222-3 Umschlagabbildung: Niklas Stoer, Türkischer Reiter; Hans Goldmund, Nürnberg, ca. 1529. © 2008, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Gesamtherstellung: c Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Vorwort »Türckenbüchlein« – unter diesem Titel erschienen vornehmlich während des 16. Jahrhunderts etliche Schriften, die den Anspruch erhoben, über Sitten und Gebräuche, Religion und Kultus, militärisch-politische Organisation und Ethos bei den Türken bzw. innerhalb des Herrschaftsgebietes des Osmanischen Reiches zu informieren. Sie taten dies einigermaßen umfassend, häufig mit dem Anspruch auf ›Authentizität‹ und ›Objektivität‹ und jedenfalls so, daß die christlichen Leser zu einer eindeutigen Parteinahme im Verhältnis zu den Türken befähigt werden sollten. Die meisten dieser »Türckenbüchlein« wurden von Theologen verfasst; im Reformationsjahrhundert überwogen unter den im Alten Reich erschienenen »Türckenbüchlein« die lutherischer Autoren. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Türkenpublizistik nicht von der übrigen Druckproduktion des späteren 16. Jahrhunderts, bei der die Lutheraner eindeutig dominierten. Während die Autoren des 15. und des 16. Jahrhunderts in ihren Schriften über die Türken in aller Regel ein Bild davon zu vermitteln glaubten, wie der Türke ›wirklich‹ sei, geht es in meinem »Türckenbüchlein« lediglich darum, darzustellen, welche Bilder die christlichen Autoren vom Türken zeichneten, bzw. – und dies erläutert der Untertitel zuspitzend – was sie unter seiner Religion verstanden. Mein Anliegen ist also von vornherein, meiner Profession als Kirchenhistoriker entsprechend, ein »nur« historisches. Einen Beitrag zu aktuellen Debatten etwa über die Vernunftfähigkeit und die Gewaltbereitschaft des Islams, wie sie Benedikt XVI. in seiner Regensburger Vorlesung (12. 9. 2006) anstieß, will dieses Büchlein nicht leisten. Insofern können auch die im Vergleich mit dem vom Papst zitierten Worte des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos ungleich schärferen Negativurteile, die in diesem Büchlein vorkommen, in protestantischer Unbefangenheit und ohne besondere Exkulpierung, ihren Weg gehen. Nur, wer sich für die Frage der Gewaltbereitschaft des Islams in der Perspektive von Autoren des 16. und des 15. Jahrhunderts interessiert, wird hier fündig werden. In diesem »Türckenbüchlein« geht es um die Bilder, Deutungs- und Wahrnehmungsmuster christlicher Autoren auf die »türkische« Religion, also die Religion, die den Zeitgenossen vornehmlich als Religion der osmanischen Aggressoren und Invasoren begegnete. Ihr Blick auf den Islam war im wesentlichen durch die Erfahrung militärischer Unterlegenheit und der dieser korrespondierenden Propaganda geprägt, wie sie die öffentliche Debatte seit den Triumphen Muhammads II., des Eroberers Konstantinopels (1453), bestimmte. Für die Perspektive der vormodernen »Türckenbüchlein« war freilich charakteristisch, daß sie, indem sie vom Türken und seiner Religion handelten, zugleich über »die Christenheit« und die inneren Gründe ihrer äußeren Bedrängnis räsonnierten. Insofern sind die Türkenschriften zugleich als Dokumente der Selbstverständigung und als Instrumente der polemischen Binnendifferenzierung der in sich zerrissenen, verfeindeten, national und konfessionell diversifizierten okzidentalen christianitas wahrzunehmen.

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Vorwort

Die binnenchristliche Dissonanz, ja Feindschaft, der Haß der Lutheraner gegen die Papisten und die Reformierten etwa, die Feindschaft der ›Altgläubigen‹ gegen die Protestanten und vor allem gegen Luther als den Inaugurator allen Zwiespalts, die Verachtung der Vertreter der etablierten Konfessionen gegenüber den ›Radikalen‹ und vice versa stand hinter der Feindschaft gegen die Türken kaum zurück. Die noch heutigentags gelegentlich durch Politikerreden und Feuilletons geisternde Beschwörung eines »christlichen Abendlandes« gegenüber der »islamischen« Bedrohung aus dem Osten hat – »Orientalismus« hin oder her – in der historischen Epoche, um die es in diesem »Türckenbüchlein« geht, ihre frühen propagandistischen Vorläufer. Doch der Appell an die abendländisch-christliche Identität diente schon im späten Mittelalter vornehmlich dazu, dies allererst zu schaffen, was er behauptete bzw. voraussetzte: die Einheit der Christen. Die Dissonanz, ja Ambivalenz in der Haltung der theologischen und politischen Sprecher der christianitas gegenüber dem Türken gehört zum historischen Porträt schon des vormodernen Europas konstitutiv hinzu. Diese Ambivalenz fand nicht zuletzt darin ihren Ausdruck, daß man mit eben jenen Türken, die man wegen ihrer »Religion« als ultimativen »Erzfeind« der Christenheit perhorreszierte, militärisch, politisch und ökonomisch kooperierte – und zwar in aller Regel gegen konkurrierende ›christliche‹ Staaten. Gerade im Spiegel des Türkendiskurses der Vormoderne erweisen sich okzidentale Identitätskonstruktionen als kultur- oder machtpolitische Vexierbilder. Selbst für diejenigen, die ihn ideenpolitisch bekämpften, war »der Türke« zu einem selbstverständlichen und unverzichtbaren Bestandteil ihrer mentalen Welt geworden. Daß in diesem »Türckenbüchlein« vornehmlich Quellentexte des 15. und 16. Jahrhunderts behandelt werden, gründet in der Sache selbst und bedeutet keine stillschweigende Retraktation früher geäußerter konzeptioneller Überlegungen, die den epochalen Charakter der Reformation für jedes angemessene kirchengeschichtliche Epochenmodell verfochten haben. Denn die Anhänger der Reformation haben zunächst stärker als andere Autoren des 16. Jahrhunderts auf ältere, vorreformatorische Texte zur Türkenfrage zurückgegriffen, diese dem zeitgenössischen Lesepublikum durch Übersetzungen und Neueditionen nahegebracht, diese Traditionen damit implizit oder explizit für ihre eigenen Anliegen in Anspruch genommen und insofern einen kulturellen und literarischen Zusammenhang zwischen ihrer Gegenwart und insbesondere dem vorangegangenen Jahrhundert hergestellt. Ein wesentlicher Impuls bei dieser Inanspruchnahme älterer Traditionen war apologetischer Natur; man suchte den Vorwurf römischkatholischer Kontroverstheologen abzuwehren, die Protestanten seien aus der antiosmanischen »Einheitsfront« der christianitas ausgebrochen und dadurch für deren Abwehrschwäche und für die Triumphe der Osmanen mitverantwortlich. Insofern bestätigt die Konstruktion eines kulturellen Zusammenhanges zwischen dem Türkendiskurs des 15. und dem des 16. Jahrhunderts in ihrer Weise, daß sich der historische Umbruch, den wir »Reformation« nennen, für beide großen konfessionellen Lager als eine tiefgreifende und irreparable Zäsur darstellte. Die ›Turkisierung‹ des konfessionellen Gegners dokumentiert die Tiefe dieses binnenchristlichen Zerwürfnisses. Luthers frühe Polemik gegen den Türkenkrieg, die Papst Leo X. in seiner Bannandrohungsbulle neben vielen anderen Lehrauffas-

Vorwort

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sungen des Wittenberger Professors definitiv als Ketzerei verurteilt hat, bildete den Ausgangspunkt dieser Entwicklung. Historische Analysen können religions- und kulturpolitische Entscheidungen, wie sie unserer Gegenwart gestellt sind, nur in sehr eingeschränktem Maße vorbereiten oder gar begründen. Gleichwohl vermögen sie dazu beizutragen, erratische Selbst- und Feindbilder durchsichtiger zu machen und historisch zu differenzieren, indem sie Genese, Struktur und Persistenz hartnäckiger Urteile offenlegen und für die Agonalität christlicher Islambilder der Vormoderne sensibilisieren. An den Wahrnehmungen und Deutungen der »türkischen Religion« im 15. und 16. Jahrhundert wird sogleich offenkundig, daß und inwiefern die ›fremde‹ Religion zum Anlass wurde, das eigene theologische Koordinatensystem insbesondere im Horizont endzeitlicher Fragen einer permanenten Revision zu unterziehen. Denn es galt, die eigene Erfahrung der Bedrohung durch den Türken theologisch zu deuten und insofern den Türken als Moment der Heilsgeschichte zu verstehen. Möglicherweise bestand in dieser theologischen Integration eines fremdreligiösen und -kulturellen Widerfahrnisses die eigentliche religionshermeneutische Leistung der in diesem Büchlein skizzierten wahrnehmungsgeschichtlichen Umgangsweisen mit der »türkischen Religion«. Die reflexive Betätigung des eigenen religiösen Wahrheitsanspruchs, mithin die Theologie, leistete einen entscheidenden Beitrag dazu, das Bedrohliche und Fremde mental zu integrieren. Dies bleibt anzuerkennen, so unangemessen und unvollkommen unserer Gegenwart auch die Weisen erscheinen mögen, in der dies geschah. Der Umstand, daß der Europabegriff insbesondere nach 1453, d. h. im Zuge der vor allem durch den späteren Papst Pius II. betriebenen Integrationsbemühungen des ›Abendlandes‹ infolge der osmanischen Eroberung Konstantinopels, eine ideenpolitische Konjunktur erlebte, scheint zu bestätigen, daß er zunächst primär eine historisch kontingente Abgrenzungsidentität repräsentiert. Dann aber sind ernsthafte historische Zweifel an der Behauptung angebracht, »Europa« verdanke sich jener Kultursynthese von Christentum und griechisch-römischer Tradition, von biblischem Glauben und philosophischer Vernunft, die Papst Benedikt XVI. in seiner Regensburger Vorlesung nicht nur der islamischen, sondern auch der zur ›Enthellenisierung‹ tendierenden liberal-protestantischen Reflexions- und Religionskultur entgegengesetzt hat. Der papale Appell an die Weite der Vernunft wird ja der historischen neben der dogmatischen Erkenntnis ihren Raum lassen; dies aber impliziert, die Diskussion über das ›Wesen‹, die ›Identität‹, oder besser: die ›Wahrheit‹ Europas als ein unabgeschlossenes und vielleicht gar unabschließbares Projekt offen zu halten, essentialistische Kultursynthesen zu relativieren und insofern im Weg der Diskussion selbst ihr Ziel zu sehen. Das vorliegende Büchlein könnte seiner Textgestalt wegen bei einigen Lesern Irritationen auslösen, enthält es doch zahlreichere und längere Anmerkungen als gemeinhin üblich ist und im Verhältnis zum Haupttext naheliegend zu sein scheint. Diese Form wurde gewählt, um die Hauptgedanken thetisch knapp zu halten und den Haupttext von jenen Differenzierungen zu entlasten, die nur diejenigen werden zur Kenntnis nehmen wollen, denen am aktuellen Literatur- und Diskussionsstand, an der Einsicht in die Quellengrundlagen meiner Urteilsbildung oder an der eigenen wissenschaftlichen Weiterarbeit liegt. Natürlich war es mir – mit dem noch

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Vorwort

nicht ganz überwundenen kulturanthropologischen Niveau des Sammlers und Jägers in mir ringend – auch ein Anliegen, die ›Ernte‹ mancher Lesefrüchte in die Scheuer des Anmerkungsapparates einzubringen, ein Bedürfnis, das aufgrund des – insbesondere kirchengeschichtlichen! – Forschungsstandes nicht abwegig, vielleicht gar geboten zu sein scheint; denn der Hang zu bestimmten ›kanonischen‹ Autoren ist weithin ungebrochen und ich wollte die Chance nicht ungenutzt lassen, die ›Wolke der Zeugen‹ vielleicht doch zu vergrößern. Schließlich ging es mir auch darum, den Verbreitungsgrad bestimmter Positionen durch entsprechende Dokumentation auch quantitativ anschaulich zu machen. Durch die ausführlichen internen Verweise und die Register der Personen, Orte, Sachen und Bibelstellen sowie die Zeittafel können Zusammenhänge erschlossen werden, die sich im mäandrierenden Anmerkungsdelta gegebenenfalls nicht ohne weiteres aufdrängen. Bei der Manuskriptherstellung und Materialbeschaffung haben mich Frau Rieta Friedrichs, Frau Antje Marx, Frau stud. theol. Damaris Schneider und Frau stud. theol. Claudia Kampmann gewissenhaft und uneigennützig unterstützt. Die Lektoren Martin Rethmeier und Jörg Persch vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht kämpften meine Skepsis gegenüber einer Veröffentlichung des »Türckenbüchleins« in unserer Reihe erfolgreich nieder; Herr Daniel Sander förderte die Drucklegung nach Kräften; Herr Volker Henning Drecoll stimmte der Aufnahme des Bändchens auf unkomplizierte und kollegiale Weise zu. Allen Genannten sei herzlich gedankt. Thomas Kaufmann

Göttingen, im Dezember 2007

Inhalt Abkürzungen und Zitierweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I.

Methodologische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II.

Die »türkische Religion« und ihre Kontexte . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Empirische und literarische Zugänge Etymologie der »Turci« . . . . . . . . . Das Gegenbild des Eigenen . . . . . . Häresiologische Deutungen . . . . . . Epistemologische Bemächtigung . . . Bedrohliche Militanz . . . . . . . . . . Konversionen . . . . . . . . . . . . . . .

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III.

Phänomenologie der »türkischen Religion« . . . . 1. Antichristliche Gewaltsamkeit als Gottesdienst 2. Religiöse Praktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Bairamfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Beschneidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Gebetszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Sakralbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Askese und Seligkeit . . . . . . . . . . . . . .

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31 31 33 35 35 36 37 37

IV.

Der Koran als Quelle der »türkischen Religion« . . . . . . . . . . . . . 1. Koran und Kontroverstheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Polemik gegen Mohammed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 41

V.

Die ›Turkisierung‹ des innerchristlichen Gegners . . . . . . . . . . . .

42

1. 2. 3. 4. 5. 6.

43 44 45 46 46 47 48 51 52 53 54 54

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Bußparänese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ›Papisten‹ als ›Türken‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutheraner als ›Türken‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformierte als ›Türken‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christianisierungsappelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Türkenfrage in der »radikalen Reformation« . . . 6.1 Thomas Müntzer und die Zwickauer Propheten 6.2 Hans Hut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Baltasar Hubmaier und Michael Sattler . . . . . . 6.4 Hans Hergot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Augustin Bader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Einordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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10 VI.

Inhalt

Der Türke und die europäische ›Identität‹ 1. Christliche Selbstvergewisserung . . . . 2. Mentale Mobilmachung . . . . . . . . . . 3. Kriegsmotive . . . . . . . . . . . . . . . .

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56 56 57 59

VII. Der eschatologische Horizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

1. Türkenzug und Plenarablaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Türke und die Heilsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Endsieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 62 64

VIII. Spätmittelalter – Reformation – Konfessionelles Zeitalter: Epochenfragen im Spiegel der »türkischen Herausforderung« . . . .

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1. Der Türke und die »Globalisierung Europas« . . . . . . . . . . . . . 2. Türkengefahr und frühe Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen der Türkengefahr und dem Erfolg der frühen Reformation? . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zur periodisierungskonzeptionellen Einordnung der Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 68 69 70 75

Bildteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111

Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279

1. 2. 3. 4.

Personen . . . . . Orte und Länder . Sachen . . . . . . . Bibelstellen . . . .

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279 290 293 299

Abkürzungen und Zitierweise Abkürzungen folgen dem von Siegfried Schwertner zusammengestellten Abkürzungsverzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie, Berlin, New York 2 1994. Außerdem werden die unten aufgeführten Abkürzungen benutzt. Die Sekundärliteratur wird in der Regel bei Erstzitation vollständig, bei späteren Nennungen mit Titelstichwort und dem Verweis »wie Anm.« zitiert. Die bei Quellen des 15. und 16. Jahrhunderts, die nicht in kritischen Editionen vorliegen, in der Regel mit angegebenen Exemplarnachweise (Ex.) und bibliographischen Referenznummern (in der Regel VD 16; ZV; VD 17; Ind. Aur.; GW; Hain) dienen dazu, Verwechslungen mit anderen Druckausgaben zu vermeiden. Abb. Abschn. AKThG a. R.

= = = =

BDS

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Benzing – Claus

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DBE

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DBETh

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DS38

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DWb

=

ed. / Ed. Ex.

= =

Abbildung; Verweis auf den Bildteil. mit römischer Ziffer bezeichneter Abschnitt in diesem Buch. Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte. am Rande . Martin Bucer, Deutsche Schriften, hg. von Robert Stupperich, Bd. 1ff., Gütersloh 1960ff. Josef Benzing – Helmut Claus, Lutherbibliographie.Verzeichnis der gedruckten Schriften Martin Luthers bis zu dessen Tod, 2. Aufl. Bd. I + II [BBAur X], Baden-Baden 1989 / 1994. Bernhard Fabian (Hg.), Deutsches Biographisches Archiv, bearb. unter Leitung von Willy Gorzny (Microfiche-Edition), München u. a. 1982–1985. Walther Killy (Hg.), Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 1–10, München 1995, ND 1999. Deutsche Biographische Enzyklopädie der Theologie und der Kirchen, hg. von Bernd Moeller mit Bruno Jahn, Bd. 1–2, München 2005. Deutscher biographischer Index, 3. kumulierte und erweiterte Ausgabe, bearb. von Victor Herrero Mediavilla, München 2004. Heinrich Denzinger, Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, verb., erw. und ins Deutsche übertragen v. Peter Hünermann, 38. aktualisierte Auflage Freiburg / B. u. a. 1999. Deutsches Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm, 32 Bände, Leipzig 1854–1963; 21965ff. ediert / Edition. benutztes Exemplar.

12 GW Hain

Harms

Ind. Aur. Köhler, Bibl. LexMA LStRLO LuStA Mansi MBW

MBW.T MF

MF MF Bibl. Palat. ND o. Dr. o. J. o. O. Osiander GSA RGG4

RN

Abkürzungen und Zitierweise

= Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–7, Leipzig 1925–1938; Stuttgart 21968ff.; Bd. 8ff., Berlin 1972ff. = Ludwig Hain, Repertorium bibliographicum, in quo libri omnes ab arte typographica inventa ad annum 1500 typis expressi ordine alphabetico vel simpliciter enumerantur vel accuratius recensentur, 4 Bände, Stuttgart, Paris 1826–1838. = Wolfgang Harms (Hg.), Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts, Bd. 1ff., München 1980, Tübingen 1985ff. = Index Aureliensis. = Hans-Joachim Köhler, Bibliographie der Flugschriften des 16. Jahrhunderts. Teil I: Das frühe 16. Jahrhundert (1501–1530), Druckbeschreibungen, Bd. 1ff., Tübingen 1991ff. = Lexikon des Mittelalters, Bd. I–IX, München u. a. 1980–1999; ND München 2002. = Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der lutherischen Orthodoxie. = Hans-Ulrich Delius (Hg.), Martin Luther, Studienausgabe, Berlin 1979ff. = Joannes Dominicus Mansi, Sacrorum Conciliorum Nova et Amplissima Collectio, Paris 1901, ND Graz 1961. = Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hg. von Heinz Scheible, Abt. Regesten, bearb. von Heinz Scheible und Walter Thüringer, Stuttgart – Bad Cannstatt 1977ff. = Melanchthon Briefwechsel, Abt. Texte, Bd. 1ff., Stuttgart – Bad Cannstatt 1991ff. = Hans-Joachim Köhler – H. Hebenstreit-Wilfert – C. Weissmann (Hg.), Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, Mikroficheserie, Zug 1978–1988. = Hans-Joachim Köhler (Hg.), Flugschriften des späteren 16. Jahrhunderts, Mikroficheserie, Leiden 1990–2003. = Microficheserie Bibliotheca Palatina hg. von Elmar Mittler; Katalog München 1999. = Neudruck. = ohne Drucker. = ohne Jahr. = ohne Ort. = Andreas Osiander d. Ä., Gesamtausgabe, hg. von Gottfried Seebass und Gerhard Müller, Bd. 1–10, Gütersloh 1975– 1997. = Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 4. völlig neu bearb. Aufl., Bd. 1–8, Tübingen 1998–2005. = Revisionsnachtrag zur WA.

Abkürzungen und Zitierweise

Sth TAE

VD 16

VD 17 VL2

VMPIG Walch ZV

13

= Summa theologica. = Manfred Krebs – Jean Rott, Elsass I. Stadt Strassburg 1522–1532 [QFRG 26 – QGT 7], Gütersloh 1959; dies., Elsass II. Stadt Strassburg 1533–1535 [QFRG 27 – QGT 7], Gütersloh 1960; Marc Lienhard – Stephan F. Nelson – Jean Rott, Elsass III. Stadt Strassburg 1536–1542 [QFRG 53 – QGT 15], Gütersloh 1986. = Bayerische Staatsbibliothek [München] – Herzog August Bibliothek [Wolfenbüttel] (Hg.), Verzeichnis der im deutschen Sprachgebiet erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts, Bd. 1–25, Stuttgart 1983–2000. (http://www.vd16.de). = Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts, 1996ff. (http://www.vd17.de). = Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. völlig neu bearb. Aufl. hg. von Kurt Ruh u. a., 11 Bände, Berlin / New York 1978–2004. = Veröffentlichungen des Max-Planck-Institus für Geschichte. = Dr. Martin Luthers sämmtliche Schriften, hg. von J. G. Walch, 23 Bände, St. Louis, MO 1880–1910. = Supplement zum Grundwerk [VD 16] mit kompletten Titelaufnahmen im elektronischen Zusatzverzeichnis [BSB München]. (http://www.bvba 2).

I. Methodologische Vorüberlegungen Die Niederlage Königs Sigismunds bei Nikopolis im Jahre 1396, besonders aber die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen (Abb. 1) von 14531, produzierten einen explosionsartigen Ausbruch der Türkenangst und eine lawinenartig anschwellende Auseinandersetzung mit dem nun allererst zum »Erbfeind«2 der »Christenheit« und »Europas«3 avancierenden »Türken« in allen Bereichen kultureller Produktivität. Während des gesamten 15. und 16. Jahrhunderts blieben die Schreckensbilder der menschenverachtenden Greueltaten der bis weit ins 16. Jahrhundert als unbesiegbar geltenden Gottesgeißel aus dem Osten vital. Die in immer neuen Bedrohungskonjunkturen aktualisierten Deutungsmuster bestätigten und verbreiteten ein komplexes Geflecht an Vorstellungen, Wertungen und Urteilen, das den Türken als ultimativen und definitiven Feind der christianitas inszenierte, memorierte und dem kulturellen Wissen breiter Bevölkerungskreise implementierte4. Im »Türken« fand die sprachlich, national, politisch, kulturell, später konfessionell diversifizierte, vielfach agonal zersplitterte lateineuropäische Christenheit einen kontrastiven Widerpart ihrer selbst, eine extrapositionelle Alterität, die es erlaubte, sich selbst ideologisch als Einheit zu imaginieren und zu postulieren – sei es eben als Christenheit, als Europa, oder, so in deutschen Texten vor allem des 16. Jahrhunderts, als »deutsche Nation«. Die bedrohliche Fremdheit und barbarische Aggressivität des Christenfeindes bildete eines der wesentlichen ideenpolitischen Instrumentarien zum Entwurf einer christlich-europäischen Zugehörigkeitskonstruktion oder ›Identität‹5 (Abb. 2). Indem christliche Autoren den vermeintlich unbesiegbaren, jedenfalls übermächtigen Christen- und Menschenfeind als das Andere ihrer selbst konstruierten und vornehmlich in dieser ›Hauptrolle‹ auf die Bühne des kulturpolitischen Agons stellten, machten sie die im Laufe des 16. Jahrhunderts immer komplexer gewordene politische, ökonomische und bündnisstrategische Rolle, die das Osmanische Reich im Rahmen der internationalen Beziehungen bzw. des europäischen Mächtesystems6 spielte, zu einem für das Gesamtbild des Feindes eher unerheblichen Nebenaspekt. Die tragenden konzeptionellen Stützen, die das propagandistische Feindbild des Türken trugen und die die Integration allerlei heterogenen alten, neu erschlossenen oder aktuellen Wissens über ihn ermöglichten, waren vornehmlich auf Informationen und Urteile über seine Religion gegründet. Nicht anders übrigens verhielt es sich mit der hier nicht weiter zu verfolgenden islamischen ›Entdeckung‹ Europas, von der geurteilt wurde: »The real difference was religion.«7 Die epistemologische Bemächtigung des ›christlichen Abendlandes‹ über den islamischen Orient fand in der religionskulturellen Beschreibung des Türken eine ihrer wirkungsvollsten Instrumentarien und nachhaltigsten Ausdrucksformen. Um Mißverständnisse oder Verzeichnungen in der Beschreibung der »türkischen Religion« in Quellentexten des 15. und 16. Jahrhunderts, die sich aus der postauf-

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Methodologische Vorüberlegungen

klärerischen Begriffsgeschichte von »Religion«8 ergeben könnten, einzuschränken und dem untrennbaren Zusammenhang des integralen Phänomens ›Religion‹ mit unterschiedlichen Lebensbereichen und Praxisfeldern Rechnung zu tragen9, sollen in einem ersten Schritt der Analyse die sprachlichen Mittel und die semantischen Kontexte, derer sich die christlichen Autoren bei ihren Beschreibungen der »türkischen Religion« bedienten und in denen sie sich bewegten, rekonstruiert werden (II.). In einem zweiten Schritt soll eine Phänomenologie der türkischen Religion aus der Perspektive der christlichen Interpreten versucht werden, wobei insbesondere diejenigen Erscheinungen Berücksichtigung finden, die der lectio christiana als die maßgeblichen galten (III.). Sodann ist in einem eigenen Analysegang das Verhältnis zum Koran in den Blick zu nehmen; dieses distinktive Vorgehen entspricht dem Umstand, daß die phänomenologische Beschreibung der »türkischen Religion« entweder in eine direkte Spannung zum ›Wissen‹ über den Koran gestellt oder von diesem völlig unabhängig behandelt wurde. Man ›wußte‹ über die »türkische Religion« sehr viel mehr als über den Koran, und nur wenige Gelehrte empfanden eine Nötigung, dieses ›Wissen‹ in ein Verhältnis zur heiligen Glaubensurkunde der Muslime zu stellen (IV.). Der vierte Schritt rückt die Wahrnehmung der »türkischen Religion« in den Horizont binnenchristlicher Dissoziationserfahrungen, die bereits im 15. Jahrhundert greifbar werden, aber im Zuge von Reformation und Konfessionalisierung eine dramatische Intensivierung erfuhren. Die ›christianisation‹10 der differenten Lehr- und Lebensgestalten der abendländischen christianitas ging mit einer ›Turkisierung‹ der jeweils anderen Konkurrenzkonfessionen einher (V.). In einem letzten Schritt soll es um die unterschiedlichen Optionen einer geschichtstheologischen Lozierung (VI.) des Türken und die Imaginarien seines »Endes« gehen (VII.). Den Schluß bilden einige Überlegungen zu Kontinuitäten und Umbrüchen des Zeitalters aus der Perspektive der »Türkenfrage« (VIII.). Durch die methodische Verschränkung synchroner und diachroner Perspektivierungen wird in der vorliegenden Untersuchung der Tatsache Rechnung getragen, daß einige wichtige Texte des 14. und 15. Jahrhunderts auch während des 16. Jahrhunderts über die sich bildenden Konfessionsgrenzen hinweg von zentraler Bedeutung blieben. Neben den diskursiven und publizistischen Konjunkturen, die durch die militärischen Konstellationen oder durch die mit der Reformation verbundenen Konfliktverschärfungen ausgelöst wurden, lassen sich rezeptionsgeschichtliche Persistenzen in bezug auf Hauptautoren wie den Georg von Ungarn genannten Siebenbürgener11, Ricoldus de Monte Croce12 und später Bartholomäus Georgijević13 nachweisen, die von den militärisch-politischen Ereignissen oder den durch die Reformation ausgelösten Konflikten weitgehend unberührt blieben. Außerdem darf über der notwendigen Frage nach den jeweiligen ›Turkisierungsstrategien‹ der konfessionellen Opponenten nicht aus dem Blick geraten, daß elementare religionskulturelle Praktiken wie das von Papst Calixt III. eingeführte, seit 1523 durch ein Mandat des Reichsregiments angeordenete Läuten der Türkenglocke14, die Abhaltung spezieller Türkenpredigten, der Gebrauch besonderer Gebetsformulare zur Abwehr der Türkengefahr, der Gesang von Türkenliedern und anderes mehr gleichermaßen in Luthertum und römischem Katholizismus in Brauch waren und blieben, die okzidentale christianitas also in frömmigkeitspraktischer Hinsicht weitaus größere Gemeinsamkeiten besaß als es den theolo-

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gischen Selbstbildern der Konfessionen entsprochen hat. Gegen den »Erb- und Erzfeind gemeiner Christenheit« gemeinsam mit ›Papisten‹ zu beten, wurde etwa seitens der Theologischen Fakultät Wittenberg auf Anfrage immerhin unter der Bedingung zugestanden, daß das Gebet nicht mit Ablaßgnaden verbunden oder durch Heiligenanrufungen verderbt war15. Der folgenden Studie liegen vornehmlich im deutschen Sprachgebiet im Druck verbreitete Texte zur Türkenfrage aus dem 15. und 16. Jahrhundert zugrunde – »Türckenbüchlein«. Die Gattungsvielfalt, ja Heterogenität – Predigten und Traktate, ›neue Zeitungen‹, Lieder, Reise- und Gesandtschaftsberichte, polemische und chronistische Quellen –, die die im Folgenden berücksichtigten Texte repräsentieren, spiegelt eine bewußte Entscheidung; ich hoffe durch die Vielfalt der Textsorten und der ihnen entsprechenden Kontexte der Breite, Komplexität und Heterogenität der Zusammenhänge und Situationen, in denen »der Türke« präsent war, zu entsprechen. Die Argumentation mit eigener Erfahrung in bezug auf den Türken, sei es im Modus persönlichen eigenen oder literarisch vermittelten fremden Erlebens, spielt als Legitimations- und Authentifizierungsstrategie in zahlreichen ›Turcica‹, nicht nur in Reise- und Gesandtschaftsberichten, eine erhebliche Rolle16. Denn selbst in Predigten oder Traktaten, in die ›Wissen‹ etwa aus den Schilderungen des Georg von Ungarn genannten Mühlbachers oder des Georgijević eingeflossen ist, wirkte der durch experientia gesteigerte Authentizitäts- und Autoritätsgestus nach17. Die auffällige Präsenz von ›Expertenwissen‹ über den Türken war die unmittelbare Folge eines gesteigerten Informationsbedarfs, der sich aus den akuten militärischen Bedrohungen ergab und über die traditionellen Mechanismen des Transfers des Gelehrtenwissens nicht zu decken war. Nicht zuletzt durch die ›Türkenexperten‹ erhielt die phänomenologische Anschauung der »türkischen Religion« Kontur, Farbigkeit und Bizarrerie.

II. Die »türkische Religion« und ihre Kontexte So eindeutig und im ganzen einhellig negativ die Beurteilung der »türkischen Religion« seitens christlicher Interpreten des 15. und 16. Jahrhunderts ausfiel, so vielfältig waren die sprachlichen Mittel, argumentativen Operationen und konzeptionellen Muster, derer sie sich dabei bedienten. Überdies gingen in das ›Bild‹ der »türkischen Religion« traditionelle apologetische und häresiologische Wahrnehmungskonventionen ebenso wie aktuelle »Erfahrungen« ein; es unterlag also beträchtlichen historischen Dynamiken.

1. Empirische und literarische Zugänge Während einige Autoren gezielt zur Darstellung brachten, »was geprauch« die Türken »in irem vermeynten Gotzdienst halten / was zucht / sytten unnd gepärden so zu hauß / so im Krieg dises volck an im hat«18, also für eine empirisch ansetzende und gegen eine nicht aus eigener Erfahrung gewonnene Darstellung eintraten, plädierten andere dafür, die »Religion« der Türken nicht aufgrund dessen zu beschreiben, »was bey ihnen für Tyranney und Unzucht getrieben werde«, sondern antiquarisch zu verfahren und »allein die Mahometisch oder Türckisch Lehr und Glauben […] wie derselbig verfasset ist worden vor neünhundert Jaren in Arabi-Sprach / in dem Buch / das Alcoran genennet würdt«19, als Grundlage der Beschreibung zu wählen. Für letztere Option spielte die aus dem Kontext binnenchristlicher Kontroverstheologie gewonnene, durchaus selbstkritische Einsicht eine Rolle, daß der Wahrheit der Lehre keine Reinheit des Lebens entsprechen müsse, Verfehlungen in bezug auf das Ethos also noch kein durchschlagendes Argument gegen die doctrina sein dürften20. In bezug auf die Bezeichnung der Sache und ihrer Anhänger waltete eine ähnliche Vielfalt wie in Hinblick auf die Frage, ob man von Riten und Sitten oder Doktrin und heiliger Schrift der Türken den Ausgangspunkt der Darstellung nehmen solle. Zur Bezeichnung der Sache, also dessen, was ich einerseits aus pragmatischen Gründen, andererseits zur Verhinderung anachronistischer Mißverständnisse die »türkische Religion« nenne, reicht die terminologische Palette von »lex« bzw. »Gesetz« über »secta« und »haeresis« bis zu »superstitio / Aberglauben«, »Glauben« und »Religion« bzw. die jeweiligen lateinischen und deutschen Äquivalente. Als Namen für die Anhänger der »türkischen Religion« sind »Heiden«, »Sarazenen«, »Türken«, »Ismaelitae«, »Agareni«, »Mahumetisten« und »Muselmanen« belegt. Schon diese erste Feststellung verdeutlicht, daß die »türkische Religion« entweder stärker in der Tradition des Häresienkatalogs des dogmatischen Hauptwerks des Johannes Damascenus, der »Quelle der Erkenntnis«21, als Ketzerei behandelt werden konnte oder – gemäß der Verwendung von »lex« und »secta« besonders bei Roger Bacon und Vinzenz von Beauvais22 – wie das Judentum – als eigene, vom

Empirische und literarische Zugänge

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Christentum unterschiedene ›Religion‹ betrachtet wurde bzw. in der durch Petrus von Cluny begründeten Tradition offenblieb, ob man es beim Islam mit Häresie oder heidnischem Ritus oder schlichtweg mit Blasphemie zu tun hatte23. Lukas Osiander ist ein Beispiel für eine Verwendung des Religionsbegriffs, die dadurch gekennzeichnet ist, daß »Religion« einen Oberbegriff darstellt, der durch adjektivische Zusätze wie »christliche« oder »mahometische« im Sinne der ›positiven Religionen‹ gefüllt bzw. präzisiert wird. Religion wird mit »Lehr« oder »Glaub« synomym verwendet24. »Türkischer Glaub« bzw. Lehre kann auch synonym mit »Türckisch Alcoran«25 verwandt werden, ähnlich wie Christi Lehre mit seinem heiligen Evangelium26 identifiziert wird. So setzt Osiander etwa die »irrige grewliche Lehr und Lästerung des Mahomets« »dem heiligen Euangelio Christi«27 entgegen, konfrontiert »Türckisch[en] Glaub[en]« und »Christliche Religion«28 bzw. tritt der Vorstellung entgegen, »als ob die Christlich unnd Mahometische Religion oder Glaub / nicht so weit von einander [wären] / und ein Christ seinen Glauben nicht allerdings verlassen / und sich des Herrn Christi gar verleugnen müßte / ob er sich schon in die Türckische Religion begebe«29. Er schildert die Anfechtung der militärisch unterlegenen Christenheit, die folgert: »Wann Gott ime [sich] der Christen Glauben besser / dann den Mahometischen Alcoran oder Glauben gefallen lisse / er wurd seine Christen doch dermal einest / mit gnädigen vätterlichen Augen ansehen / unnd der Türckischen grawsamen Tyranney ein end machen […].«30 Die Subsumption von christlichem und türkischem Glauben unter den Oberbegriff der »Religion« hindert Osiander allerdings nicht daran, die »Religion« absolut zu gebrauchen und mit dem Christentum zu identifizieren. So etwa wenn er von »einfeltige[n] / und nicht wol in der Religion gegründete[n] Christen«31 spricht. Die »recht Religion«32 habe Gott dadurch für die nachfolgenden Generationen Israels zu bewahren gewußt, daß er sie durch Mose und andere in schriftliche Form bringen ließ. Vom semantischen Befund her kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß die ›wahre‹ Religion zwar in einem Verhältnis der Überbietung gegenüber anderen ›Religionen‹ steht, gleichwohl ›Religion‹ ist und, wie andere Religionen auch, auf der Verläßlichkeit schriftlicher Urkunden basiert: »Und wenn es also solte gelten / daß man die Bücher / darinn eins jeden Volcks Glaub und Religion begriffen ist / wolte in zweifel setzen und ungewiß machen / ob sie verfälscht wären oder nicht / so köndte man auff Erden von keiner Religion nichts mehr urtheilen / man dörffte auch keiner einigen Schrifft / auch dem Mahometischen Alcoran nichts mehr glauben / und wurden also alle Glauben endtlich in der gantzen Welt auffgehaben / und ein lautter vihisch / ja vil mehr ein teuffelisch Leben bey allen Menschen entstehen.«33 Insofern bildet die in jeweiligen Texten kodifizierte ›Religion‹ in unterschiedlichen ›Kulturkreisen‹ eine unverzichtbare Basis des menschlichen Zusammenlebens. Angesichts der Persistenz von Texten und Deutungstraditionen des 14. und 15. Jahrhunderts in den Turcica des 16. Jahrhunderts besteht gegenüber einer entwicklungsgeschichtlichen Perspektivierung, die in der ethnographisch-religionswissenschaftlichen Beschreibung die allmählich dominierend gewordene Haupttendenz der Türkenliteratur identifiziert34, Anlaß zur Zurückhaltung. Denn ein wichtiges Plausibilitätsmoment zugunsten der häresiologischen Behandlung der »türkischen Religion« bestand ja aus der Perspektive ihrer Vertreter darin, daß Mohammed aus

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jüdischen und christlich-häretischen, namentlich arianischen, Quellen geschöpft habe.

2. Etymologie der »Turci« Diese Bemerkungen allgemeiner Art sind im Spiegel des Quellenbefundes zu veranschaulichen. Für den Siebenbürgener bot die Etymologie35 der »Turci« den Ausgangspunkt für die wahre Erkenntnis dieser »secta«, denn – so seine von den üblicherweise verbreiteten etymologischen Erklärungen36 abweichende, übrigens in der sonstigen Türkenliteratur selten positiv aufgenommene37 Interpretation –: die Sarazenen bzw. »Mechometistae«38 hätten unter dem Einfluß christlicher Renegaten eine geistige Transformation vollzogen, die sie zu »Theorici«39, also Türken, habe werden lassen. Den »Theorici« als durch christliche Renegaten für den Glaubenskampf gegen die Christen mobilisierten »spirituales« eigneten besondere Kräfte, diese zu verführen: durch heuchlerische Demut (ficta humilitas), trügerische Vorbildlichkeit (exemplaritas simulata) und aufführerische Gesinnung unter dem Schein der Demut (sub specie humilitatis contra ecclesiam erectio)40, durch zur Schau gestellte Frömmigkeit und sittliche Tugend, kurz: durch bösartigste Heuchelei führten sie die Christen der Herrschaft des Teufels zu. Als die »Theorici« im Zuge der Eroberung des Orients über die Christen Gewalt erlangt hätten, sei ihre Feindschaft gegen die Kirche offen zutage getreten; nun seien sie definitiv »ab unitate ecclesiae divisi«41 und dem Teufel untertan geworden. Der dieser »secta« angemessene Name sei deshalb »ydolum«42, Abgott. Für die mittels der Etymologie gewonnene Anschauung der Herkunft und des ›Wesens‹ der Türken bei Georgius de Hungaria ist also die unter dem Einfluß christlicher Apostaten entstandene spekulative Depravation der kirchlichen Lehre, die sie definitiv zu einem Instrument des Teufels habe werden lassen, zentral. In der Johannesapokalypse sei der Türke im Bild des zweigehörnten Tieres, das wie ein Drache redet und aus der Erde aufsteigt (Apg 13,11), prophezeit. Der Aufstieg aus der Erde symbolisiere, daß diese secta »a soliditate et firmitate catholice fidei orta«43 sei. Als Kirche des Antichrists zeige die »secta« der Türken eine genaue Entsprechung zur Kirche Christi44. Die etymologisch und historisch-genetisch plausibilisierte ›similitudo‹ zwischen der Kirche Christi und des Antichristen im Modus der Perversion liefert eine Axiomatik, die es dem Siebenbürgener erlaubt, die Attraktionskraft der auf Täuschung und Heuchelei basierenden »türkischen Religion« für Christen zu erklären und die Türken den »eigenen Vergangenheitsbilder[n] oder Zukunftsvisionen dergestalt zu integrieren, daß sie zu einer Funktion der eigenen Identität werden«45.

3. Das Gegenbild des Eigenen Als diabolisch pervertiertes Derivat des Eigenen konnte die »türkische Religion« nach Maßgabe der okzidentalen Christentumstradition taxiert und kritisiert werden: Die Türken kennten weder Beichte und Absolution, noch Ermahnung

Das Gegenbild des Eigenen

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und Besserung46; da sie keine Ahnung von der Erbsünde hätten, fehle auch dem Beschneidungsritus jede sakramentale Qualität als Heilsmittel (remedium)47. Gemessen am intellektuellen Niveau des nach seiner erfolgreichen Flucht zu theologischer Gelehrsamkeit avancierten ehemaligen türkischen Sklaven aus Siebenbürgen erscheinen die Auskünfte der »türkischen Religion« in bezug auf die ›letzten Dinge‹ als närrische Lästereien48 und übles Blendwerk, die einer ernsthaften Auseinandersetzung nicht standhalten und also auch nicht bedürfen. Die idioforme, am Maßstab des Eigenen orientierte Wahrnehmung der »türkischen Religion« stellt die dominierende Strategie der epistemologischen Bemächtigung eines militärisch überlegenen, ja lange Zeit als unbesiegbar geltenden Feindes dar. Die in gewissem Sinne elementarste und ›unschuldigste‹ Aneignung der fremden Religion, die an die vergleichenden Beschreibungen fremder Städte und Länder, die aus der Reiseliteratur bekannt sind49, erinnert, stellte Ähnlichkeiten oder Proportionen zwischen christlicher und »türkischer« Religion mittels sprachlicher Identifizierungen oder Annäherungen her. Waschungen werden mit der Taufe verglichen50; ein als Amulett getragener Koranvers (hamayil) wird »Evangelium«51 genannt; militärische Aufmärsche erscheinen als so »geschicklich und züchtig […] als obs in einer Prozession«52 wäre; Sufis und Derwische gelten »quale fere monachorum apud nos«53; von Mohammeds Grab in Mekka wird berichtet, daß es in so hohen Ehren gehalten werde wie das Grab Jesu in Jerusalem54; die immer wieder gelobte Disziplin in der türkischen Gesellschaft gilt als »Kirchenzucht«55. In der Logik des Vergleiches liegt die wertende Abstufung, die sich zur Verwerfung steigern kann: Den Koran als »der Türken Talmud / oder Dekret«56 zu bezeichnen, impliziert für einen protestantischen Autor und seine Leser angesichts der geläufigen negativen Urteile über das jüdische und das römische Gesetzeswerk natürlich, daß das Buch gefährlich und töricht zugleich sei. Festzustellen, daß der Türke in den barbarischen Grausamkeiten, die er vor allem an Christen austobe, einen »Gottesdienst« sähe, für den er »Ablas«, »Absolution« und »belohnung«57 erwarten könne, impliziert, daß die »türkische Religion« in ihrem Kern von teuflischer Mordlust geprägt sei. Und das basale Glaubensbekenntnis »la illah, illelah, Mehemet Iresul. Es ist kein Gott / ohne der einige Gott und Mahometh sein Prophet« als »ein Kölers glaub«, als fides carbonaria58, zu bezeichnen, bedeutet vor dem Hintergrund der reformatorischen Kritik an der fides implicita die Statuierung religiöser Minderwertigkeit: »Denn was soll das geglaubt oder bekandt heissen / Es ist kein Gott / denn der einig Gott? Wer ist denn derselbige? und wie heisset er? Davon weis kein Türk nichts zu sagen / unnd ist eben so viel gesagt / als spreche einer / Ich gleub einen Gott / ich weis aber nicht / wer er ist. Das ist eben der recht Kölers Glaub. Den Glauben können auch die Teuffel sprechen […]«59. Die schärfsten Urteile über die »türkische Religion« hingen natürlich mit der prophetischen Überbietungsprätention Mohammeds, in der man eine fundamentale Infragestellung des eigenen Offenbarungsanspruchs sah, zusammen. Mohammeds Bedeutung für die »türkische Religion« wurde gemäß der Logik der pervertierten similitudo in der Regel in Analogie zur Rolle Christi im Christentum gedeutet: »Sie haben Mahometum / wir Christum zu einem beschirmer«60, ein Gegensatz, der mühelos in die konfrontative Semantik des Religionskriegs ein-

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gefädelt werden konnte: »Wir haben den waaren Gott Christum […] / in dessen Gewalt und Willkühr alle Sieg stehen. Hergegen haben die Türcken zu einem Gott / den Machomet / der ein lästerlich leben geführt […].«61 Selbst für einen in vieler Hinsicht von dem gemeinchristlichen Türkendiskurs abweichenden Geist wie Thomas Müntzer62 stand unverbrüchlich fest: »[…] die Türken rhumen sich yres Machomets ya so hoch wie wir unsers Christs.«63 Der Konfrontationslogik ›Christus vs. Mohammed‹, nicht: ›dreieiniger Gott vs. Allah‹, entsprach deshalb auch die Gebetsbitte, Gott möge sich in der Schlacht erheben und erweisen, daß nicht Mohammed, sondern Christus der Herr sei64. Die Basisthese, die »türkische Religion« sei ein depraviertes Derivat der fides christiana, ist mithin in ihrer Leistungsfähigkeit kaum zu überschätzen: Sie ermöglichte den christlichen Autoren historische und geschichtstheologische Einordnungen und sie erlaubte die Anwendung häresiologischer Perspektiven und Erklärungen. Denn die Gefahr der Apostasie beruhte nicht auf einer der »türkischen Religion« selbst eigenen Attraktionskraft, sondern konnte auf die »similitudo« mit dem Christentum zurückgeführt werden. Mohammeds Verwerfung der prophetischen bzw. apostolischen Schriften, die etwa Melanchthon aus dem Überbietungsanspruch des Korans gefolgert hat, konnte so in den Bahnen häresiologischer Argumentationskunst durch den Hinweis auf die Prävalenz des Wortes Gottes begegnet werden65. Und die Heilige Schrift, insbesondere das Danielbuch, enthielt, so war man in Wittenberg überzeugt, die nötigen Warnungen vor ihm und bot hilfreiche Tröstungen angesichts seiner Vorstöße und seiner physischen Überlegenheit66.

4. Häresiologische Deutungen Der Untergang der »türkischen Religion«, der im Jüngsten Gericht manifest werden würde, war also von ihrem Ursprung her vorprogrammiert, denn sie war aus monströsen Häresien der Gnostiker, der Manichäer, des Arius67 erwachsen – ein hybrides, dem Vergehen geweihtes Gebilde. Der Koran sei – wie der lutherische Theologe Mylius 1596 unter Berufung auf Petrus Venerabilis formulierte – »Error errorum, fex haeresium, in qua omnium sectarum ab ortu Christi reliquiae confluxerint. Ein wüst und Cloace aller Lügen und Irthumb / ein Grundsupp aller Ketzereien / darein der Teuffel allen Ketzerstanck / Kott und unflat aller Schwermer / so seit der Zeit Christi geschwermet / geschmissen und getragen habe.«68 Die auf dem Boden christlicher Häresie (Abb. 3) gewachsene »türkische Religion« habe auch Momente des Juden- und des Heidentums aufgenommen; dieses »gemangk«69 dreier Religionen habe dazu gedient, »jeglichem Glauben zugefallen«70, damit »also in gemein ein solches Religion wesen mit dem Alcoran angerichtet werde / darinen jeder obgemelter Glaube etwas von dem seinigen finden / und sich also der Alcoran desto leichter unter alle Völcker verkauffen möchte.«71 Als monströses Religionsgemisch stelle der türkische »Aberglauben«72 (superstitio) für die in Glauben und Lehre gefestigten Christen freilich keine ernstzunehmende Gefahr dar, wohl aber für die Einfältigen; nicht von ungefähr ist die einschlägige Türkenliteratur des 15. und 16. Jahrhunderts nicht selten mit katechetischen Elementen durchsetzt (s. unten VI, 1).

Häresiologische Deutungen

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Der Gegensatz zwischen der fides christiana und der türkischen »secta« galt als unvermittelbar73; die vor allem von Georgius Septemcastrensis sensibel registrierten und durch eigene Erfahrung bestätigten Attraktionsmomente der »türkischen Religion« konnten deshalb nur als Blendwerk des Teufels74 bewertet werden. Auf der dreistufigen Skala der Verstöße gegen Gott (offensio divina)75 – auf der ersten (iniuria) stehen alle, die außerhalb der göttlichen Gnade leben, z. B. Ungläubige und Totsünder; auf der zweiten stehen die notorischen Sünder, z. B. die Ketzer, Heuchler und falschen Gottesverehrer (deum fictae colentes); auf der dritten stehen die aggressiven Gottesfeinde, über die der Teufel die definitive Macht erworben hat76 – stünden die Anhänger der »türkischen Religion« heutigentags, etwa im Unterschied zu den Zeiten der erfolgreichen Maurenmission des Dominikaners Vinzenz Ferrer (1350–1419)77, nicht mehr auf der zweiten, sondern auf der dritten Stufe. Während denen auf der ersten Stufe kraft eigenen Willens und mit Hilfe der Buße, denen auf der zweiten Stufe mit Hilfe von »intercessores«78 die Versöhnung möglich sei, könne es für die definitiv gefallenen Gottesfeinde auf der dritten Stufe nur noch mittels eines Wunders der göttlichen Barmherzigkeit, die über das Böse zu siegen vermöge, eine Rettung geben. Diese Kategorisierung des Mühlbachers veranschaulicht, daß die Zuordnung der Türken und die Einschätzung ihrer Verworfenheit oszillierte: Einerseits standen sie wie die Ketzer außerhalb der Heilsgemeinschaft, konnten aber doch mittels kirchlicher Missionsbemühungen zurückgewonnen werden; andererseits waren sie schlimmer als die Ketzer, nämlich inkarnierte Teufel79, an denen mit herkömmlichen Mitteln der christianitas nichts mehr auszurichten war. Sofern sie Ketzer – und d. h. ›halbe Christen‹ – waren80, hatten die Türken als Menschen zu gelten und nicht einfach wie Hunde getötet zu werden81; auch sofern sie – etwa im Bereich der Medizin, der Astronomie oder der Philosophie – der Vernunft folgten, sind die Türken als Menschen anzusprechen82; sofern sie freilich dem Koran »mit ernst gleuben«, so Luther, »sind sie nicht werd, das sie Menschen heissen«83. Gegenüber der mittelalterlichen Tradition, die etwa den türkischen ›Antitrinitarismus‹ in der Tradition der christlichen Ketzergeschichte seit Sabellius verortete84, zeigte Luther ein deutlich abgeschwächtes Interesse an der häresiologischen Deutung und Einordnung der »türkischen Religion«85. Indem christliche Polemiker lutherischer oder römisch-katholischer Couleur die Vertreter der jeweils anderen Konfessionen mit den Türken verglichen (s. unten V.), sprachen sie eine Schärfe des Verwerfungsurteils aus, die über die der geläufigen Ketzerpolemik hinausging86. Wenn andererseits von Vertretern der ›radikalen Reformation‹ gefordert wurde, weder »ain Türk oder Ketzer […] mit dem schwert noch feür« zu überwinden, »sondern allain mit geduldt und schreyen«87, dann geschah dies kaum primär aus Rücksicht auf die Erben Mohammeds, sondern in der Absicht, sich die frühreformatorische Kritik am Türkenkrieg und an einem gewaltsamen Ketzertod um des eigenen Überlebens willen anzueignen. Im 15. und 16. Jahrhundert bildete die »türkische Religion« aus der Sicht christlicher Autoren den absoluten Maßstab des Verwerflichen; die Ketzer mit den Türken zu vergleichen implizierte nach Maßgabe des Kategoriensystems des Mühlbachers nicht, sie auf die zweite Stufe der Verwerflichkeit herunter-, sondern die Ketzer auf die dritte Stufe hinaufzuheben.

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In Hinblick auf die Bewertung der Juden blieb dies – zumal im Spiegel der Türkenliteratur – nicht folgenlos. Die geläufige Polemik gegen Juden als heimliche Verbündete der Türken88 spielte in den Turcica nur am Rande eine gewisse Rolle89, und die Erwähnung jüdischer Einflüsse beim Aufstieg und der Entstehung der »türkischen Religion«90 blieb hinter der verhängnisvollen Rolle christlicher Renegaten und Ketzer deutlich zurück. Man erwähnte etwa, daß auch Juden in das Herrschaftssystem des türkischen ›Kaisers‹ eingebunden91, deshalb aber auch besonderen Repressionen ausgesetzt seien92. Im Kontext der Türkenliteratur wurden die Juden, die unter den Christen lebten, nicht selten in einen gemeinsamen Kampf gegen den bedrohlichen Feind aus dem Osten integriert93. Die exponierte Rolle, die den »Türken« in der Weltsicht christlicher Autoren des 15. und 16. Jahrhunderts auch über konfessionelle Grenzlinien hinweg zukam, ergab sich vor allem aus der akuten Bedrohung, die von ihnen ausging. Darin unterschieden sie sich von anderen »Heiden und Ungleubigen / die von der Kirchen Christi also gescheiden sind / das sie mit dero durchaus nichts zuschicken unnd zuschaffen haben / mit denen auch hinwiderumb die Christen nichts zuthun haben.«94 Doch der Türke war gegenüber der Kirche nicht einfach nur »draußen«95; »Sondern er nötiget sich ohne unterlaß zur Kirchen / und will mit deren ohne auffhören zu thun haben / Ja er streitet unnd krieget unableßlich wider dieselbige / er verstöret die Heiligen des Höchsten / und gehet darauff umb mit aller seiner Macht / das er entweder uns zu seinem Alcoran hinzu bringe / und auch zu Türcken mache: Oder aber den namen Christi und seiner gleubigen allerdings vertilgen und ausrotten könde.«96

5. Epistemologische Bemächtigung Aus der aggressiven Feindschaft des Türken gegen die christliche Religion ergebe sich die Notwendigkeit, »daß wir in unnd seine Religion auch zurichten haben«97, also »Religion und Glauben«98 des Feindes gründlich erfaßt und begriffen werden müßten. Dabei ging man allgemein von der Voraussetzung aus, daß ein machtvolles Herrschaftsgebilde auf einem starken Militärwesen basiere, dieses wiederum von »oboedientia et disciplina«99 abhänge, welche ihrerseits durch die religio fundiert seien. Für den Genueser Türkenexperten Uberto Foglieta ergab sich die militärische Überlegenheit des Osmanischen Reichs u. a. aus der Strenge und Disziplin der auf den Glauben an die Vorsehung gegründeten türkischen Religion100. Nur dann also, wenn man die Stärken der »türkischen Religion« angemessen zu erfassen versuchte – oder, wie Luther formulierte: »Do si am besten seind«101 in den Blick nahm –, konnte eine dem Niveau der eigenen religionstheoretischen Prämissen entsprechende Umgangsweise mit der »türkischen Religion« erreicht werden. An der Rezeption von Nikolaus von Kues’ Cribatio Alcorani102 und Ridoldus’ Confutatio, so meinte Luther 1538, sähe man nämlich, daß der fromme Eifer der beiden Confutatoren, die einfältigen Christen beim Glauben Christi zu halten und von Mohammed abzuschrecken, bei vielen nur dazu geführt habe, daß ihnen wenig geglaubt worden sei103. Eine rein polemische, die »bona«104, die im Koran seien, übergehende Sicht auf die »türkische Religion« müsse also ihr

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eigentliches Ziel, die Stärkung der Christenheit, verfehlen. Denn wer einen Feind lediglich schmäht, aber das, was seine Qualität ausmacht, unterschlägt, schade der Auseinandersetzung mit ihm eher als daß er ihr nütze105. Luthers Sympathien für den Tractatus de ritu et moribus Turcorum aus der Feder des Mühlbachers ergaben sich vor allem daraus, daß hier die Attraktionsmomente der türkischen bzw. der Religion Mohammeds106 ausführlich dargestellt worden waren; die sittenstrenge Ethik der Gläubigen und der Geistlichen und Mönche sei bei den Türken um so vieles eindrucksvoller als bei den Papisten, daß man diese – ginge es in der Religion um Zeremonien und Sitten (ceremonias et mores)107, um Werke des Gesetzes und den schönen religionskulturellen Schein – den Anhängern des römischen Papstes vorziehen müsse108. Am Gegenüber zu der impressiven türkischen Zeremonial- und Gesetzesreligion, die der Meister des schönen Scheins, der Teufel, inszeniere109, erweise sich der so ganz andere Charakter der christlichen Religion110. Gerade der Appell, die vermeintlichen Stärken der »türkischen Religion« zur Darstellung zu bringen, offenbarte also ihre tiefe religiöse Defizienz, d. h. bewies ihr Ungenügen in bezug auf die das menschliche Gewissen111 betreffenden Belange. Dies allerdings war ihr nach Luther mit dem römischen Katholizismus gemein. Luthers an der Differenzbestimmung zwischen einer durch Wort und Glauben definierten religio chistiana einerseits und einer an Moralität, Zeremonien und Gesetzlichkeit orientierten Religiosität, die »türkische« und »päpstliche Religion« gleichermaßen umfaßte, andererseits, steht quer zu eurozentrisch-›orientalistischen‹112 Wahrnehmungsmustern der »türkischen Religion«, die seit dem spätmittelalterlichen Türkendiskurs im Gefolge der Eroberung Konstantinopels dominierten. An der radikalen Verwerfung der »türkischen Religion« änderte diese neue religionstheoretische Perspektive des Reformators freilich ebensowenig wie sie die Anwendung häresiologischer Deutungsmuster auf den »Türken« ausschloß113.

6. Bedrohliche Militanz Im Horizont der Bedrohung durch den orientalischen ›Feind‹ dominierte bei den christlichen Autoren die Tendenz, die »türkische Religion« als monolithische Einheit zu beschreiben, die ihre Mitglieder durch verbindliche doktrinale Merkmale, zeremoniale Praktiken und repressive Gehorsamsstrukturen zu einer Kult- und Kampfgemeinschaft zusammenschweißte, deren Bindungskräfte über die der christlichen Religionskultur weit hinausgingen. Die Wahrnehmung religionskultureller Pluralitäten innerhalb der »türkischen Religion«, die sich bei einzelnen christlichen Autoren zeigt114, diente vor allem der Illustration der selbstzersetzenden Kräfte der Häresie und spielte gegenüber der Vorstellung, die »türkische Religion« sei eine geschlossene, einheitliche Größe, letztlich eine untergeordnete Rolle. Das maßgebliche Begründungsmoment dieser Einheit, die man in einen fundamentalen Gegensatz zur »discordia« der christianitas stellte, sah man in der aggressiven, militärisch organisierten und operationalisierten Feindschaft der Türken gegen alles Christliche115. Der Behauptung, die »türkische Religion« gewähre etwa den Anhängern des Christentums religiöse Freiheiten, traten die christlichen Autoren vor allem un-

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ter Hinweis auf die Massendeportationen der christlichen Bevölkerung aus den Eroberungsgebieten und die gezielte Selektion christlicher Kinder, die, ihrer Eltern beraubt, der fremden Kultur einverleibt, ihren christlichen Wurzeln entfremdet und als willfähriges höfisches oder militärisches Dienstpersonal missbraucht würden, entgegen: »Denn das eim jedem frey sein sol / | sein Religion zu haben wol / | Ist lauter tand und triegerey / | Drumb er [sc. der Türke] ihm nimbt die Kinder frey / | läst etliche erziehen / mit fleiß / | lehren die Mahometische weis / | Das Christi mus vergessen sein […].«116 Im Kontext der bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts dominierenden Grundstimmung einer Unbesiegbarkeit des Osmanischen Reiches, die zumeist mit dem straftheologischen Credo, der Türke sei eine Geißel in der Hand des göttlichen Zuchtmeisters, der die Sünden der Christenheit heimsuche, verbunden war, rückten Erwartungen christlicher Missionserfolge in den Horizont der Endzeitereignisse117. Aus der »perversen Menschengruppe«118 der Türken einen Erwachsenen zu bekehren, sei praktisch unmöglich oder nur aufgrund wunderbarer Umstände zu erreichen119. Die Unbekehrbarkeit hänge auch mit der Rohheit, ja Bestialität der Türken zusammen; statt mit Vernunftsgründen und Argumenten verteidigten sie ihre »secta« mit Schwert und Waffengewalt120. Selbstkritisch-ironische Bemerkungen wie die Guillaume Postels, die christlichen Moralapostel hätten kein Recht, sich über die türkische Polygamie zu empören, da auch die Franzosen den Umgang mit Nebenfrauen pflegten, nur mit dem Unterschied, »daß man im Okzident die Familie einer Geliebten dem Elend überlasse, während der Türke für sie aufkomme«121, oder Ronsards sarkastische Frage, woher das Christentum seine moralische Berechtigung zur Türkenbekehrung beziehe, da der Türke dem Christen sittlich überlegen sei122, spielten – soweit ich sehe – im Türkendiskurs des Alten Reichs im Unterschied zu Frankreich eine untergeordnete Rolle. Immerhin: in seinem Enchiridion militis christiani, also zeitlich vor den dramatischen Verschärfungen der militärischen Situation in den 1520er Jahren, sah Erasmus in einer selbstgefällig-martialischen Kreuzzugsideologie eher die Gefahr, daß ›wir‹ zu Türken degenerierten als daß wir die Türken zu ›unseren‹ Ansichten hinüberzögen123. Eine äußerliche Ausbreitung des Herrschaftsbereichs des Papstes und der Kardinäle bedeute eben nicht eo ipso eine Ausbreitung des Reichs Christi; dieses gedeihe erst, wo »pietas«, »caritas«, »pax« und »castitas«124 regierten. Die Gebrochenheit eines missionarischen Impetus’ gegenüber der »türkischen Religion« ergab sich also nicht nur extern aus der Skepsis gegenüber seinem Erfolg, sondern auch intern aus Zweifeln an der moralischen Integrität und religiösen Attraktions- und Überzeugungskraft der christianitas und ihrer geistlichen Führung.

7. Konversionen Daß die osmanische Expansion die Ausbreitung der »türkischen Religion« zum Ziel und auch zur Folge hatte, war den Publizisten zur Türkenfrage eine bedrohliche Gewißheit. Im Verhältnis zum sei es realen, sei es imaginativ übersteigerten, ›gefühlten‹ Konversionsüberschuß zugunsten der »türkischen Religion« stellte sich

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die christianitas in quantitativer Hinsicht als Verliererin, in qualitativer aber zumeist als Siegerin dar. Denn gerade die Massenhaftigkeit der Konversionen zur »türkischen Religion« zeugte doch zum einen von der Unwürdigkeit der Motive der Konvertiten, zum anderen von der diabolischen Infamie des Türken und bestätigte die apokalyptische Gewißheit eines nahen Endes. Wenn dieses eintrete, werde ohnehin nur noch das winzige Häuflein der wahren Nachfolger Christi mit seinem Herrn unter dem Kreuz stehen125. Die Läuterung des ›heiligen Restes‹ der treuen Gemeinde Christi war ein identitätspolitischer Gewinn, denn wenn der Teufel die Glaubenden mittels des Türken vom christlichen Bekenntnis abzubringen versuchte, dann bestätigte dies die Nähe und Gewißheit der eigenen Erlösung126. Die wenigen Konversionen vom »türkischen Glauben« zum Christentum unterschieden sich von den Massenkonversionen in entgegengesetzter Richtung vor allem durch die Individualität der Konvertiten und die Dignität ihrer Motive: In Wien etwa sollen 1566 drei höhere türkische Herren übergelaufen und wohl auch konvertiert sein, weil sie der tyrannischen Grausamkeit des Sultans entrinnen wollten127. Bei den mit Desertionen verbundenen Konversionsbegehren scheinen Hinweise auf den relativen Wohlstand der Übergetretenen und deren Verweis auf die Barbarei des türkischen Regimes geradezu topisch gewesen zu sein128. Im Unterschied zu den ungebildeten und von primitiven ›utilitaristischen‹ Antrieben bewegten ›Massen‹129, die zur »türkischen Religion« überträten, entstammten die Konvertiten zum Christentum – so suggerieren die spärlichen Befunde – einer sozialen und bildungsmäßigen Elite130. Eine der verbreitetsten Schriften zum Islam im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts stammte von einem Konvertiten: Juan Andrés (Johannes Andreas Maurus)131. Er war Sohn eines muslimischen Geistlichen aus dem Königreich Valencia; bei einer Predigt in der Großen Kirche von Valentia aus Anlaß eines Marienfestes seien ihm, dem faqīh, die Augen für das Christentum geöffnet worden132. Das zunächst auf Spanisch, später in verschiedenen europäischen Sprachen erschienene Buch wurde 1594 von dem sächsischen Lutheraner Johannes Lauterbach133 in einer lateinischen Übersetzung veröffentlicht, erlebte bis ins 17. Jahrhundert hinein einige Nachdrucke134 und galt noch für Baumgarten135 als brauchbares Hilfsbuch zum Islamstudium. Lauterbach hatte die Schrift in einer 1540 erschienenen italienischen Übersetzung kennengelernt, kurz nachdem er einem denkwürdigen Gottesdienst in Venedig beigewohnt hatte, in dem ein Türke, ein Maure und ein jüdisches Kind getauft worden waren136. Andrés war das gelungene Beispiel eines gebildeten muslimischen Konvertiten, der seinerseits zum Priester und Kanoniker aufstieg und sich für die Missionspredigt unter den ehemaligen Glaubensgenossen gewinnen ließ137. Indem er seine Leserschaft über die ›Dummheiten‹138 im Koran, die ›skandalöse Unglaubwürdigkeit‹ der Wundererzählungen von Mohammed und sittlich anstößige Sachverhalte wie die Polygamie und die ›Fleischlichkeit‹ der koranischen Paradiesvorstellungen139 ›aufklärte‹, inszenierte er die an seiner Person plausibilisierte Überlegenheit christlicher Rationalität, die in der Gottessohnschaft Christi ihren maßgeblichen Grund habe140. Durch Lauterbachs Übersetzung wirkte dieser vorreformatorische Türkentraktat auch im lutherischen Deutschland des späteren 16. und des 17. Jahrhunderts fort.

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Sofern gelehrte theologische Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der »türkischen« und der christlichen Religion überhaupt stattfanden – was, verglichen mit den christlich-islamischen Religionsgesprächen des Mittelalters141 – im 16. Jahrhundert eher selten der Fall war, wurden diese als Triumph christlicher Vernunft stilisiert, die sogar auf der Basis des Korans die Wahrheit des trinitarischen Dogmas zu erweisen vermochte142. Die Attraktionskraft der »türkischen Religion«, der freilich ungelehrte oder ungefestigte Christen schnell erliegen könnten, ergab sich nach der Sicht der christlichen Autoren allein aus der stilvollen Reinheit des Kultes, der religiös gebotenen Hygiene, der gesetzlichen Strenge der rituellen Praktiken und der Verbindlichkeit des Ethos – kurz: des schönen religionskulturellen Scheins143. Dieser werde noch durch vermeintliche Ähnlichkeiten wie etwa gemeinsame Traditionsbestände aus AT und NT, angeblich positive Aussagen des Korans über Christus, den vorgeblich konsequenten Monotheismus etc. verstärkt144. Außerdem bildeten sich einfältige oder schlecht unterrichtete Christen, die durch die militärischen Erfolge der Türken geblendet seien, ein, als Nikodemiten unter den Türken leben zu können145. Doch nichts sei falscher als dies, da der Türke durch die Ungleichbehandlung von christlichen Renegaten und Christen konsequent das Ziel verfolge, die Grundlagen christlichen Lebens in türkisch besetzten Gebieten zu erschüttern bzw. nach und nach zu zerstören146. Besonders die christlichen Geistlichen würden getötet, erniedrigt oder zumindest wirtschaftlich ruiniert; Orgeln, Glocken und aller Zierat werde aus den Kirchen entwendet, »ja die Kirchen selbst entweihen sie / machen irm Mehemmet Meschiten darauß«147, während den Christen allenfalls kleine baufällige Kapellen verblieben, die nicht renoviert und für kein öffentliches excercitium religionis mit Predigt etc. verwendet werden dürften148. Den Verlust religiöser Freiheit schildert Georgijević, auf eigene Erfahrung rekurrierend, als schlechterdings bedrückend: »Ob man schon dich oder Christum lestert / so mustu dazu schweigen unn es gedulden / hingegen redstu von irer Religon etwas schmälichs oder verächtlich / so beschneid man dich mit gewalt.«149 Daß das Christentum in den Gebieten, die vom Osmanischen Reich erobert worden waren, zwangsläufig untergehen werde, war für die einschlägige Publizistik zur Türkenfrage selbstverständlich. Deshalb war die Berichterstattung über die Vorgänge im Osmanischen Reich oder unter türkischer Besatzung zugleich auch ein impliziter oder expliziter Appell zum bewaffneten Widerstand. Neben den Deportationen und dem menschenverachtenden Sklavenhandel (Abb. 5) reichte – so eine geläufige Einschätzung – allein das Verbot des christlichen exercitium religionis publicum aus, um die nachwachsende Generation in den »türkischen Glauben«150 hineinzuziehen. Das drückende Tributsystem zwinge christliche Eltern immer wieder, ihre Kinder in die Sklaverei zu verkaufen151, womit sie faktisch dem christlichen Glauben verloren und ihres Seelenheils verlustig gingen. Darin, daß die Türken viele Christen durch direkte oder indirekte Zwangsmaßnahmen ihrer Religion einverleibten, sah man natürlich einen Beweis ihrer Unwahrheit. Denn was konnte eine Religion wert sein, die ihre Anhängerschaft mit Gewalt vergrößerte?! Von allen Beschwernissen, Bedrohungen und Ängsten, die mit den Türken verbunden waren, galt als »die höchste Ergernis / das sie bey allen denen / die den Namen Gottes ehren / von inen sollten in ein ewig / viehisch /

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Mahometisch wesen und Sect gezwungen werden […].«152 Daß die Macht des osmanischen Aggressors wesentlich auf personellen Ressourcen der Eroberungsgebiete basierte, die die barbarischen Sklavenhalter hemmungslos exploitierten, vor allem, indem sie mittels der ›Knabenlese‹ das Rekrutierungspotential ihres administrativen und militärischen Apparates sicherten, dokumentierte aus der Sicht europäischer ›Experten‹ des Türkendiskurses, daß Religion und Kultur der Türken grundsätzlich inferior waren und die Gründe für deren temporären Erfolg im schuldhaften Versagen der europäischen Nationen und im Zorn des dreieinigen Gottes lagen. In der Türkenliteratur nimmt auch die fatale Rolle, die christliche Kollaborateure oder Renegaten bei der Unterdrückung ihrer ursprünglichen Glaubensbrüder innehätten, einen bemerkenswert großen Raum ein. Der ehemalige Türkensklave aus Siebenbürgen ließ keinen Zweifel daran, daß byzantinische Christen an der türkischen Verfolgung anderer Christen entscheidend beteiligt gewesen seien; Christen des griechischen Ostens seien es gewesen, die andere Christen, die von Türken unterworfen worden waren, als Sklavinnen und Sklaven unter dem Schein christlichen Mitgefühls (quadam pietatis specie)153 bei sich behalten hätten. »Damit begann jene heillose Gier nach dem Besitz von Sklaven und Sklavinnen, die bis heute in dieser Sekte fortdauert.«154 Gerade dasjenige Element türkischer Herrschaft also, das die Abendländer als das perfideste empfanden, die Sklaverei, war den Siegern im Zeichen des Halbmondes nach Auskunft der einschlägigen christlichen Publizistik durch die christlichen Erben Ostroms nahegebracht worden. An dieser kulturhistorischen Reminiszenz, die sich immerhin in einer der verbreitetsten Türkenschriften des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit findet, zeigt sich, daß die häresiologische Perspektive auf die »türkische Religion« eine antagonistische Konfrontationslogik unterlief. Die Tatsache, daß die osmanische Supermacht mit Hilfe ehemaliger Christenkinder, die in ihrer Jugend verschleppt worden waren »und den Türkischen glauben an sich nement / Allso / das layder der Türck allein / mit Christen und Christen Kindern sein Land erpawt«, sei nämlich für die Christenheit »nit ein kleiner schimpff«; denn faktisch bedeutete dies, daß »der Christenlich glaub / also mit ihren selbst verwanten des Christlichen glaubens / denn von den rechten Türcken vertilget werden soll.«155 Die Realitäten ließen die Vorstellung eines ›Kulturkrieges‹ zwischen den Christen und den Türken nicht zu. Zu »Türken« wurden die Soldaten des osmanischen Heeres, die von Christen abstammten oder gar noch Christen waren, allein oder vor allem dadurch, daß sie »wider uns« Krieg führten156. Gerade dadurch also, daß der Türke Christen für seine Zwecke in den Dienst nahm, schadetete er der Christenheit besonders nachhaltig157, zeigte dies doch, wie zerrissen die immer wieder rhetorisch als integrale Sinn- und Handlungseinheit beschworene »christianitas« faktisch war. Indem die christlichen Prediger einschärften, daß auch ein erzwungener Glaubenswechsel selbst deportierten Kindern zum Verlust des Seelenheils gereichen werde158, beschworen sie eine Bereitschaft zum Martyrium oder jedenfalls zum Leiden herauf; weder Selbstmord159 noch Flucht (Abb. 11), weil sie als zu gefahrvoll galt und, wie man von ehemaligen Kriegsgefangenen und Flüchtlingen wußte160, im Falle eines Mißerfolges eine massive Verschlechterung der eigenen Lage bzw. der der Mitgefangenen zur Folge hatte, galten als wirkliche Alternativen zum leidenden Gehorsam in der Nachfolge des Gekreuzigten161.

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Sieht man von den gelegentlich als Straf- oder Abschreckungsmaßnahme erwähnten Zwangsbeschneidungen162 ab, dann gingen die größten Gefahren für den Glauben der Deportierten wohl von den Anreizen relativer sozialer Akzeptanz und günstiger Karrieremöglichkeiten aus163. Durch die Deportationen und die verführerischen Anreize zur Konversion, die die soziale Integration in die türkische Gesellschaft erleichtern mochten, sahen sich die Propagandisten christlicher Identitäts- und Bekenntnistreue im Reich einer Situation gegenüber, in der das Christsein erstmals seit Jahrhunderten für viele Menschen in die persönliche Entscheidungsvollmacht des Einzelnen gestellt war. Die Begegnung mit der türkischen Übermacht konfrontierte die christianitas also mit der Gefahr religiöser ›Optionalität‹, denn viele Christen, so schien es, hielten den Versuchungen durch die Kultur der siegreichen Religion nicht stand164. Indem sie aber »williglich und ungezwungen«165 – wie Luther ausdrücklich konstatierte – den christlichen Glauben preisgaben, setzten sie nicht nur ihr persönliches Seelenheil aufs Spiel, sondern stellten den christlichen Glauben selbst in Frage. Wegen der Gefahr der massenhaften Apostasie bedeutete die Türkenbedrohung eine fundamentale Herausforderung für das Selbstverständnis der Christenheit, der freilich nur im Modus unterschiedlicher, ja konkurrierender Auslegungen zu begegnen war. Die Hoffnung auf eine Wiedergewinnung der christlichen Renegaten spielte allenfalls im Kontext prophetisch-eschatologischer Erwartungen eine Rolle166. Bis auf weiteres, d. h. bis zum Ende der Geschichte, sah sich das Christentum als schwindende, zusehends bedrückte und marginalisierte Religion.

III. Phänomenologie der »türkischen Religion« Dem schwächelnden, von internen Zerwürfnissen aufgeriebenen Selbstbild der christianitas entsprach das Gegenbild des übermächtigen Feindes, der durch Einheit, Autorität und eine Staat und Religion integrierende Herrschaftsgewalt unbezwingbar schien; für das Gros der Türkenschriften galt dies – jedenfalls bis zur Seeschlacht von Lepanto167. Dabei bildeten Erfahrungsberichte aus dem Osmanischen Reich und sonstige Nachrichten den entscheidenden Erkenntnisgrund für das ›Wissen‹ um den Türken und seine Religion. Daß barbarische Grausamkeit, ein unstillbarer Weltbeherrschungsdrang und mörderischer Vernichtungswille gegenüber der Christenheit den Charakter der »türkischen Religion« bestimmten, wurde primär aus historischer und gegenwärtiger Erfahrung begründet und allenfalls sekundär an textlichen Befunden des Korans plausibilisiert. Dem ›türkischen Kaiser‹, der für die christlichen Autoren ein mysterium fascinosum et tremendum zugleich war, kam auch in bezug auf das Bild der »türkischen Religion« und ihres Verhältnisses zum Christentum eine Schlüsselrolle zu. Der Grundthese eines dezidiert christentumsfeindlichen ›Wesens‹ der »türkischen Religion« war alles andere ›Wissen‹ ein-, oder untergeordnet; dies galt auch im Hinblick auf die primär als zivilisatorische Selbstkritik zu deutenden ›positiven‹ und attraktiven Kulturelemente innerhalb des Türkenbildes, die in der Regel unter dem Vorzeichen der teuflisch inszenierten ›Scheinheiligkeit‹ standen bzw. entsprechend zu lesen sind.

1. Antichristliche Gewaltsamkeit als Gottesdienst In der Türkenpublizistik begegnet regelmäßig die Vorstellung, daß es für den ›türkischen Kaiser‹ eine religiöse Pflicht sei, einen Vernichtungskrieg gegen den christlichen Glauben zu führen. Von »seinem Gesatz« – so berichtet Georgijević – sei der Sultan »bezwungen / alle dry jar ein mal [in] eygner person wider die Christen ein hörzug zufüren«168; jeder neue Herrscher müsse bei Antritt seiner Regierung geloben, christliche Landschaften zu erobern169. Die Religion diene den Türken lediglich als scheinheiliger Vorwand imperialistischer Hegemonialpolitik170. Die Verbreitung des türkischen Glaubens mit dem Schwert sei ihr freilich von ihren Anfängen, also von Mohammed her, eingeschrieben171. Ein konstantes Ziel türkischer Hegemonialpolitik sei eben »zu Rom in S. Peters Kirchen tantz [zu] halten.«172 Da der Türke grausamer sei als alle Tyrannen der bisherigen Geschichte173 und der »allermechtigste Potentat / der jemals gelebt«174, beabsichtige er nicht nur, die Christen zu unterjochen, »sonder gantz zufressen / und zu verschlingen«175. Sein Reich werde durch Tyrannei und Gewalt zusammengehalten176; Menschenleben – auch die seiner Landsleute – gälten ihm nichts177, wie viel weniger die der Christen!178 Wenn ein Türke einen Christen erschlage, gelte dies als religiös verdienstliches gutes Werk; das sei der eigentliche Grund, weshalb der Sultan gegen die Christen

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zu Felde zöge179. Das Reich der Osmanen sei »mit Totschlag«180 groß geworden, verdanke also seinen Aufstieg allein ruheloser Kriegsgier181. Daß der Muezzin beim Freitagsgebet mit einem Säbel in der Hand den Segen spreche182 und die Gebete in der Moschee Kriegsaufrufen gegen Christen glichen183, gehört zum Gesamtbild türkischer Religion selbstverständlich hinzu. In einem »Absagungsbrief« des türkischen Sultans Suleiman des Prächtigen an den polnischen König aus dem Jahre 1542 hieß es unmißverständlich: »Deinen Glauben und Kruzifix will ich vernichten und verstören / Ob gleich wol dein Gott auff mich zürnet / und dir zu hilff keme / Und die geweychten Priester will ich under das joch thun zum Pflug / Es sei dann, das sie von irem glauben weychen. So sie aber nicht auffhören zu straffen / biß ich sie darzu bring.«184 Auch in dem als offizielle Selbstbezeichnung des Sultans ausgewiesenen Titel »Erbfeind aller Christen«185 kam prägnant zum Ausdruck, was den Kern des ›Wissens‹ der abendländischen christianitas in bezug auf die »türkische Religion« ausmachte, nämlich daß sie vor allem darauf abziele, »die christliche Religion mit Gewalt und List« »zugrund« zu »vertilge[n]«186. In den in Analogie zu den bethlehemitischen Mordopfern gedeuteten Kindern, die 1529 vor Wien gepfählt worden waren (Abb. 6; 10), fand die Christenheit im Reich das wohl wirkungsvollste Mahn- und Erinnerungssymbol des dezidiert religiös motivierten türkischen Terrors187. Indem sich der barbarisch-grausame Türke an unschuldigen, wehrlosen Kindern verging, sie mordete und raubte188, zeigte sich die Entschiedenheit seiner Absicht, die sich inzwischen weitgehend auf Europa beschränkt sehende christianitas jeder Zukunft zu berauben. Dies fand auch darin seinen Ausdruck, daß die in die Sklaverei verkauften Menschen nicht nach ihren ethnischen oder nationalen Charakteristika bezeichnet wurden, sondern – soweit ich sehe durchgängig – als Christen189. Die extensive Berichterstattung über die ausgesuchtesten Grausamkeiten der türkischen Eroberer, die christlich-europäische Humanitätsstandards ebenso gründlich verletzten, wie sie die Treuegebote gegenüber Föderaten und Bündnispartnern verrieten190, hatte vor allem die Funktion, die These von der in sich christentumsfeindlichen, eliminatorischen Potenz der »türkischen Religion« zu illustrieren und christliche Kampf- und Opferbereitschaft zu mobilisieren. Indem die Feindschaft der Türken als religiös motiviert dargestellt und die harsche Disziplin in der Militärmaschinerie des osmanischen Heeres als Ausdruck ihrer Religion interpretiert191 wurde, rückten die sensationsgierig kolportierten Greuelgeschichten über das Leiden der Christen unter türkischem Joch192, über die Frevel an den Symbolen der christlichen Religion193, über die teuflische Bestialität der Türken, in den Horizont eines unvermeidlichen ›Kampfes der Kulturen‹194. Die vermittels ihrer Religion in Liebe, Treue und Furcht untereinander195 und im Haß auf die Christen verbundene und gesammelte ›Gemeinde der Türken‹, die in ihren – nach dem Urteil der Sprecher der zeitgenössischen Christenheit – analogielos barbarischen Verhaltensweisen ihren »Gottesdienst« sah196, war ein Feind, mit dem es keinen Frieden geben konnte197. Dieser ›Kampf der Kulturen‹, der natürlich zugleich ein Krieg zwischen Kultur und Barbarei, also zwischen christlicher und »türkischer Religion«, war, galt als unausweichlich, denn »die Christen« sahen im Sieg der Türken ihre eigene Religion

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in Frage gestellt und ihren Gott verspottet198. Einen gerechteren Krieg als gegen den grimmigsten Feind alles dessen, was einem selbst wertvoll war, konnte es aus der Sicht der publizistischen Wortführer der christianitas eigentlich nicht geben.

2. Religiöse Praktiken Die sich vor allem aus einer Position der Schwäche und einem Gefühl der Bedrohung ergebende konfrontative Wahrnehmungslogik von eigener christlicher und fremder türkischer Religionskultur bedeutete freilich nicht, daß die »türkische Religion« bzw. die Elemente ihrer religiösen Praxis nicht auch noch in anderer Weise betrachtet und thematisiert worden wären. Vor allem im Kontext der Reiseund Gefangenschaftsberichte begegnen Schilderungen einer Vielzahl religiöser Praktiken, die häuftig in neutralem Ton und ohne negative Wertungen geboten werden. Allerdings wäre es kurzschlüssig, in diesen von der neueren Forschung als »ethnographisch«199 qualifizierten Darstellungen ›objektiv‹-distanzierte, ›unparteiliche‹ Beschreibungen zu sehen. Das gründliche ›Hinsehen‹ (respicere), d. h. die frühneuzeitspezifische Form des »Respekts«200 gegenüber dem ›Anderen‹, basierte nicht auf Indifferenz oder Äquidistanz zu fremden Religionen, sondern setzte positionelle Bindungen voraus und war insofern stets auf die eigene Religionskultur, für deren Anhänger man schrieb, bezogen. Neutrale Schilderungen oder gar dezidiert positive Bewertungen der religiösen Alltagspraxis der Türken, etwa hinsichtlich der Disziplin, mit der sie ihren religiösen Verpflichtungen nachgingen und ihre persönliche Lebensführung an den Geboten des Korans ausrichteten, sind immer auch als implizite oder explizite Kritik an der religiösen Laxheit der christianitas und insofern als paränetischer Appell an deren Adresse zu lesen. Diese Funktion, in bußparänetischer Absicht als Spiegel des Eigenen verwendet zu werden, teilte der Türke natürlich mit Fremden aller Art. Für einzelne Reisende – etwa den elsässischen Ritter Eckhart zum Drübel, der im späteren 15. Jahrhundert verschiedene osteuropäische Länder besucht hatte – waren die Unterschiede zwischen den ostkirchlichen Christentumsvarianten und der »türkischen Religion« völlig unerheblich, wenn es galt, der abendländischen Christenheit die ›Leviten‹ zu lesen, da bei ihr das Heil käuflich sei: »Ist aber unsz Christen worlich ein grosse Schmoch unnd Laster gegen allen anderen Seckten und Glauben, deren ich Eckart selbs personlich erkundet und durchwanderet vil, zum Deil als Dürckey, Wallachey, Rüssen, Podol [= Podolia], etc und ander meer, aber nie kein Nacion befunden noch gehört, die iren Gott, Hymmel, Helle, Fegfeür und ire Seckt und Sacramenten umb Gelt achten, kauffen unn verkauffen, als wir über Gott armen Christen.«201 Die Eindrücklichkeit der religiösen Lebensführung der Türken, die gelegentlich sogar als vorbildlich erscheinen konnte, hob freilich die grundsätzliche Feindschaft, mit der man der »türkischen Religion« gegenüberstand, nicht auf, im Gegenteil: gerade das, was die Phänomenologie der türkischen Religionskultur an beeindrukkenden Aspekten zu bieten hatte, gehörte der Sphäre des äußeren Scheins an und war als ›Blendwerk‹ des Teufels zu identifizieren. Insofern begründete und ermöglichte die zutiefst negative Bewertung der »türkischen Religion« als ganzer, daß

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sie ›genau‹ beschrieben und ihren verführerischen Attraktionsmomenten grundsätzliche Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Denn man ›wußte‹, daß insbesondere sogenannte ›einfache Christen‹ in den Eroberungsgebieten der Werbekraft der »türkischen Religion« erlegen waren oder zu erliegen drohten. Aus der Perspektive der gefährdeten und bedrängten Religion heraus, die sich einer unbesiegbaren Hegemonialmacht gegenübersah, entwickelten die christlichen Europäer Strategien der peniblen Beobachtung und des Lernens vom Feind. Im Modus des persönlichen Weges eines gefallenen, zeitweilig zum Islam übergetretenen Christenmenschen, des Siebenbürgeners, dessen Tractatus das zeitweilig erfolgreichste Buch zur Sache werden sollte, wurde die epistemologische Bemächtigung des unbesiegbaren Feindes aus der Situation der Unterlegenheit heraus literarisch inszeniert. Nach diversen erfolglosen Fluchtversuchen erschöpft und gebrochen (fatigatus atque fractus)202, ja von Gott verlassen, sei Georgius an seinem Glauben irre geworden: »›Wahrlich, wenn die Religion, an der du bis jetzt festgehalten hast, Gott wohlgefällig wäre, hätte er dich doch nicht so im Stich gelassen […]. Aber weil er dir alle Wege der Befreiung verbaut hat, gefällt es ihm wohl besser, wenn du diese Religion aufgibst und dich jener Sekte anschließt und in ihr selig wirst.‹«203 Der aus Verzweiflung an seinem christlichen Gott in die »türkische Religion« Getriebene, der sich dann besonders zu den Derwischen hingezogen fühlte204, lernte die fremde Religion von innen kennen, erfuhr aber zugleich, daß er, je tiefer er in sie hineingeriet, desto nachdrücklicher von der Wahrheit des Christentums überzeugt wurde. Gerade die »eingehende Beschäftigung« (frequens ruminatio)205 mit Riten, Gebräuchen und dem Gesetz der »türkischen Religion« führte ihn also dazu, daß sich – »deo auxiliante«206 – eine nun unumstößliche christliche Glaubensgewißheit einstellte. In der Preisgabe des Eigenen, in der Entäußerung an das Fremde, wuchs dem angefochtenen Gläubigen mithin eine neuartige Gewißheit dieses Eigenen zu. In diesem Konzept religiöser Selbstvergewisserung, das der Siebenbürgener nach seiner erfolgreichen Flucht in der Retrospektive entwickelte, eine erzählerische Transformationsgestalt des christlichen Kerygmas von Kreuz und Auferstehung zu identifizieren, dürfte kaum abwegig sein. Möglicherweise basierte die Bereitschaft und Fähigkeit der Europäer, sich Fremdes anzueignen, sich des Fremden zu bemächtigen, auf mentalen Dispositionen, die durch das Christentum entscheidend gefördert worden waren. Der Siebenbürgener jedenfalls demonstrierte an sich selbst, daß sogar die durch Gefangenschaft erzwungene, schließlich verzweifelt hingenommene Entäußerung an die fremde Religion nicht zum Verlust der christlichen Identität führen mußte, sondern zu ihrem Gewinn beitragen konnte207. Sich auf die »türkische Religion« einzulassen bedeutete deshalb nicht zwangsläufig, ihr zu verfallen. Die Phänomenologie der religiösen Alltagskultur der Türken, die auf Schilderungen christlicher Beobachter basiert, bietet zwischen Faszination und Befremden oszillierende Sichtweisen, die nicht nur über die fremde, sondern auch über die eigene Kultur Aufschluß geben. Wenn Bartholomäus Georgijević etwa feststellte, daß bei den Türken zwischen »ire[n] pfaffen« und »den leyen schier gar kein oder schlechte unterscheid«208 sei und daß auch hinsichtlich des Bildungsstandes zwischen beiden ›Gruppen‹ kaum nennenswerte Niveaudifferenzen bestünden209,

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dann orientierte sich seine Beschreibung natürlich am Maßstab der für die christlichen Gesellschaften grundlegenden Fundamentaldichotomie von Klerus und Laien210 und der mit dieser korrespondierenden, freilich seit dem 12. Jahrhundert in Bewegung geratenen Grunddistinktion von doctus und indoctus bzw. litteratus und illiteratus211. Und wenn Luther sein vor allem aus Georgius von Ungarn genährtes ›Wissen‹ über die Religion und die Gesellschaft der Türken dahingehend zusammenfaßte und zuspitzte, daß die Ordnung der drei Stände dort in greulicher Weise zerstört sei212, dann verwendete er das von ihm zu neuerlichen Ehren gebrachte Grundmodell christlicher Kirchen- und Sozialtheorie als universal gültige Norm schöpfungsgemäßer Ordnung überhaupt; gemessen an der Drei-StändeLehre stellte sich das ›türkische Wesen‹ als eine fundamentale Abweichung, ja als ›Monstrosität‹ dar. 2.1 Bairamfest In bezug auf die Beschreibung derjenigen Phänomene der »türkischen Religion«, zu denen es keine unmittelbar einschlägigen christlichen Parallelen gab, dominierte eine distanzierend-äußerliche, von Erklärungen absehende und auf Wertungen weitgehend verzichtende Darstellungsform. Der Fuggersche Handelsdiplomat Hans Dernschwam etwa schilderte das Bairamfest wie folgt: »an einem sontag haben die turkhen ir bayran gehalten, das ist ir pascha oder ostern. Fasten zuvor 4 wochen den gancen tag. Vnd auff den abent, wan die sunnen untter geht und die stern auff gehen, fahen sy an, die gancze nacht uber zw essen. […] Und wan man sy fragt, was ir bayran bedeut, ways ir khainer nicht zusagen, wie und worumb.«213 Der Siebenbürgener wußte überdies, daß die Türken bei diesem Fest die Gräber ihrer Toten besuchten, dort beteten, eine Mahlzeit einnähmen und sich mit rituellen Küssen und Segenswünschen grüßten214. Für Georgijević war das Wichtigste an diesem Fest, daß es drei Tage lang gefeiert wurde und sich die türkischen Männer Finger- und Fußnägel mit einer roten Salbe, Chua genannt, einschmierten; die Frauen färbten damit »nit allein die nägel / sonder auch hand und fuß.«215 Georgijević muß diese klebrige, rotfärbende Salbe ziemlich widerlich gefunden haben; jedenfalls beschränkte sich seine Schilderung des Bairamfestes vor allem darauf, die Schwierigkeiten zu beschreiben, sie wieder abzuwaschen. Die völlig unterschiedlichen Schilderungen des Bairamfestes bei dem Siebenbürgener, Dernschwam und Georgijević ergeben weder hinsichtlich der rituellen Vollzüge noch der damit verbundenen Bedeutung irgendeinen kohärenten Sinn. 2.2 Beschneidung Bei der Darstellung der Beschneidung wurde zunächst die Differenz zum jüdischen Ritus markiert: »Ir beschneydung […] würd nit am achteten tag / wie bey den Juden / sonder so das Kind im sibenden oder achten jar / unn reden kann begangen.«216 Der spätere Zeitpunkt liege darin begründet, daß der Knabe das auch in der Moschee mit arabischen Lettern geschriebene217 Grundbekenntnis zur

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Einzigkeit Allahs und zu seinem Propheten Mohammed »bekennen muß / und mit dem Zeigfinger doruff deütten.«218 Ansonsten lag der Akzent in den Darstellungen der Beschneidung auf der Üppigkeit des Festes, seiner Speisen, der Geschenke usw. Georgijević interessierte sich überdies für die medizinisch-technische Seite der Sache und für die sublimen psychologischen Tricks, mit denen der zu beschneidende Knabe überrumpelt wurde. Ansonsten schilderte er ausführlich, daß die Beschneidung eines christlichen Konvertiten ihn seiner Tributpflicht entledige und als öffentlicher Triumphzug inszeniert werde219. Mit der Beschneidung heiße das Kind bzw. der Konvertit »Musluman / das ist / Ein beschnittner.«220 Frauen, so berichtete Georgijević, »mag man nit beschneyden / doch werden sy nit ehe under die Musluman gezelt / ehe sy die vorgeschrybne wort«, also das muslimische Grundbekenntnis, »geschworen«221 hätten. Weder die kulturelle Praxis der Verschleierung der Frauen222, noch die Geschlechtertrennung im Gottesdienst223 empfanden christliche Beobachter als anstößig – im Gegenteil: auch Luther zeigte sich davon beeindruckt, daß die Türken »yhre weiber ynn solchem zwang und schönen geberden [hielten], das by yhn nicht solch Fürwitz, uppickeit, leichtferticheit und ander uberflüssiger schmuck, kost und bracht unter den weibern ist, als bey uns.«224 Obschon man insbesondere wegen der Polygamie das Zusammenleben der Geschlechter nach Maßgabe des Korans nur für eine Pervertierung der Schöpfungsordnung der Ehe225 halten konnte, quittierte man die aus dieser ›Unordnung‹ erwachsene Disziplinierung der Frauen nicht ohne Sympathie. 2.3 Gebetszeiten Dasselbe gilt für die Beschreibung der fünf täglichen Gebetszeiten, die von dem Siebenbürgener unter Einschluß der vorgeschriebenen Abfolge der Körperbewegungen detailliert behandelt wurden. Die Ordnung, Ehrbarkeit, Stille und Andacht, die er dabei wahrgenommen hatte, beeindruckten ihn tief und veranlaßten ihn zu einer kulturkritischen Bemerkung über das würdelose Verhalten der Christen in ihren Gottesdiensten: »Wenn ich mir das Stillschweigen der Türken in ihrer Kirche und das lärmende Getümmel der Christen in der ihrigen zu den Zeiten des Gebets ansehe, dann regt sich in mir eine solche Verwunderung über eine derartige Verkehrung der Ordnung: wieso nämlich eine solche Andacht (tanta devotio) bei den Türken und eine Andachtslosigkeit (tanta indevotio) bei den Christen herrschen kann, wo doch die Sache und die Vernunft selber fordern, daß es genau umgekehrt sein müsste.«226 Neben der gelegentlichen Klage über die als enervierend oder lächerlich empfundenen Schreie des Muezzins, die Lautstärke der Gebete, die als übertrieben empfundene Häufigkeit und Intensität der Waschungen227 forderte auch die Predigt beim Freitagsgebet Erwähnung; besondern knapp bilanzierte Sebastian Münster: »Wann der Pfaff auffsteht zu predigen / klappert er zwo Stund.«228 Die Regelmäßigkeit und Diszipliniertheit des Gebetsverhaltens in der Moschee, die der Siebenbürgener und im Anschluß an ihn auch Luther vorbildlich fanden, reizte Dernschwam zu einer spöttischen Bemerkung: Die Türken sprächen ihr »machometisch gebeth« auf langen Decken »mit vill buckhen, niderfallen, knyhen, kussen.

Religiöse Praktiken

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Under inen seind vorn ir hoschia [= Imam] ader pfaffen, die inen fwr bethen und ir ceremonien treyben. Also thun die andern alle hernach wie die gense die kopffe auff die erden legen und die arsche in die hoche reckhen, wie tauch enten auff den teichen.«229 Von einer einheitlichen Sicht- und Beurteilungsweise der türkischen Gottesdienste durch die christlichen Beobachter kann keine Rede sein. 2.4 Sakralbau Die Ästhetik des türkischen Sakralbaus hingegen scheint sich der überwiegenden Mehrzahl der Berichterstatter erschlossen zu haben. Das »ire tempel köstlich« erbaut, weiträumig, bildlos, geweißt, lediglich mit kalligraphischen Inschriften zum Lobpreis des einzigen Gottes geziert, mit zahlreichen Öllampen illuminiert und mit Teppichen ausgelegt waren230, kann als basales ›Grundwissen‹ einer interessierten Leserschaft einschlägiger Türkenbücher vorausgesetzt werden. Lediglich bei der Betrachtung in türkischen Besitz überführter und ›entweihter‹ christlicher Kirchen brach der Furor der unterlegenen Religion gelegentlich durch231. Die im ganzen positive Würdigung ›erhaben‹-bildlos-schlichter Sakralraumästhetik232 einer fremden, ja feindlichen Religion ist angesichts der Vehemenz, mit der die ›Bilderfrage‹ als innerchristliches Thema Mitteleuropa beschäftigte233, bemerkenswert. Möglicherweise nahm man die ›schlichten‹ Moscheen aber auch gar nicht primär als Gottesdiensträume einer konkurrierenden Religion wahr, sondern würdigte sie im Horizont des binnenchristlichen Diskurses um die ›superfluitas aedificiorum‹234 der Christen, d. h. als Beispiel einer Absage der Türken an die Todsünde der luxuria. 2.5 Askese und Seligkeit Dies dürfte auch der Kontext sein, in dem die Mehrzahl der positiven Würdigungen türkischer Lebensführung in bezug auf Nahrungsaskese235, Kleidung und Körperpflege236, Stiftungsbereitschaft und karitatives Engagement237, Ordenswesen und monastische Leistungsfrömmigkeit238 zu interpretieren ist. Das Lob der Türken ist eine Form der Kritik an der christlichen Gesellschaft, die ihres Hanges zur luxuria, ihrer unzureichenden Stiftungsbereitschaft, ihrer Laxheit hinsichtlich religiös normierter Lebensführung überführt werden soll. In den impressiven Leistungen türkischer Religionskultur spiegelte sich die christianitas also im Modus der Inversion. Nur unter dieser kulturhermeneutischen Perspektive war es möglich, die Phänomene, bei denen die »türkische« der christlichen Religion überlegen zu sein schien, zugleich als Blendwerk des Teufels zu desavouieren (Abb. 15). Begünstigt wurde dies vornehmlich dadurch, daß man die religiöse Praxis der Türken zumeist ohne jeden Bezug zu ihrer ›doctrina‹, also den eigentlichen religiösen und theologischen Inhalten der »türkischen Religion« darstellte. Daß die Türken etwas positiv zu Bewertendes taten, also strenge Gebets- und Fastenvorschriften einhielten, ihren Wallfahrtsverpflichtungen nachgingen, der sozialen Verantwortung in Gestalt von Almosen und Stiftungen nachkamen, hatte nichts damit zu tun, daß ihre

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Phänomenologie der »türkischen Religion«

›Lehre‹ etwas Wahres enthielt. Die strikte Trennung von ›Lehre‹ und ›Leben‹ in der Beschreibung der »türkischen Religion« ermöglichte es, Momente des »Respektes« mit radikalen Urteilen der Verwerfung, Lob des Ethos und schärfsten Tadel des Nomos zu verbinden239. Da der Türke »dem Christlichen namen feind«240 sei, ja der Teufel alles daran setze, diesen Namen »mit dem Schwerd Mahomets«241 zu unterdrücken, stellten alle scheinbar eindrucksvollen ›Leistungen‹ türkischer Sittlichkeit und religiöser Disziplin nichts anderes als Folgeerscheinungen dessen dar, daß er sich selbst als »das heiligste volck auff erden«242 verstehe und die Christen als minderwertig ansehe243. Doch von den eschatologischen Hoffnungsbildern der Türken (secundum finem)244 her kann für die christlichen Autoren kein Zweifel daran bestehen, daß »Mahmets Gesetz« »wider Gott und alle vernunfft«245 steht, und zwar deshalb, weil die Vorstellungen von der ewigen Seligkeit (beatitudo)246 ausschließlich auf – wie Luther Ricoldus zuspitzend übersetzt – »fleischliche wollust«247 ausgerichtet seien. Nicht zuletzt, um den unendlichen qualitativen Abstand zwischen der ›Geistigkeit‹ der eigenen und der ›Fleischlichkeit‹ der fremden, jedes Niveau einer vernünftigen Philosophie unterschreitenden248 »türkischen Religion« zu demonstrieren, malt man die Jenseitshoffnung, das »Schlauraffenland«249 der Türken, durchaus unter Rückgriff auf koranische Bilder250 – freilich unter Auslassung der Motive einer geistigen Gottesschau – wortreich aus: »Denn durch den gantzen Alcoran verheisst er [Mohammed] seinen Saracenen diese seligkeit, das sie werden besitzen wasserreiche Garten, frawen und nebenfrawen, Jung, seuberlich, sittig […] und allerley köstliche speise […].«251 Es schließt sich dann eine Schilderung der eschatologischen Speisenfolge an, und die an den Propheten gerichtete Frage, »ob sie auch werden die fleische lust treiben«?252 Die fingierte Antwort des Propheten – »wenn eine einige wollust nicht da solt sein, So were es nicht ein seligs leben, Und were das ander alles nichts und umb sonst, wenn diese wollust des fleischs nicht solt folgen«253 – gibt Luther Gelegenheit zu scharf wertenden Urteilen über die »groben Sewe«254, die deutlich über seine Vorlage, Ricoldus’ Confutatio, hinausgehen255. Sub specie beatitudinis, von den Imaginarien der ewigen Seligkeit her, zeigte sich für viele christliche Interpreten definitiv, daß Mohammeds Religion auf der teuflischen Einflüsterung ›fleischlicher‹ Trugbilder beruhte und seine Vorstellungen der Seligkeit – anders als das biblische Bild vom himmlischen Abendmahl (Lk 22,30) – nicht »auff ein anders deuten«256, sondern allein der unendlichen Perpetuierung vordergründiger Lustbefriedigung als letztem und eigentlichem Ziel dieser Religion257 dienten. Auch darin also war die »türkische« die radikalste Inversion der eigenen Religion: hatte die immanent asketische Entweltlichung der Muslime nach der christlichen Deutung nichts anderes als ein ewiges Diesseits258 im Visier, so entsprach die christliche Entweltlichung der radikalen Andersartigkeit des Jenseits, in der die Erlösten weder freien noch sich freien lassen, sondern gegenwärtig gleichwie die Engel im Himmel sein würden (Mt 22,30). In der Perspektive des Endes standen sich Christentum, Vernunft, Ethos auf der einen, »türkische Religion«, Triebhaftigkeit und Sittenlosigkeit auf der anderen Seiten unvermittelbar, unversöhnlich und in unendlichem qualitativen Abstand gegenüber259.

IV. Der Koran als Quelle der »türkischen Religion« Die bisherigen Ausführungen scheinen nahezulegen, daß die »türkische Religion« von den christlichen ›Experten‹ unter weitgehender Absehung von ihrer heiligsten Urkunde, dem Koran, beschrieben werden konnte. Und dies ist aufs Ganze gesehen auch nicht völlig unzutreffend. Negative Urteile über die »türkische Religion« basierten zumeist auf einem ›Wissen‹, das kaum direkt oder auch nur indirekt aus dem Studium des Korans gewonnen worden war. Weitaus üblicher war es, das, was man ohnehin aufgrund von »Erfahrungen« über die »türkische Religion« ›wußte‹, durch punktuelle, mittels sekundärer Lektüren gewonnene Hinweise aus einzelnen Versen des Korans zu belegen. Auch bei der literarischen Inszenierung eines von suavitas und modestia geprägten gelehrten Gesprächs zwischen einem Christen und einem Moslem konnte nicht davon abgesehen werden, daß sich in Koran und Evangelium Dunkelheit und Licht, Vernunft und Wahnsinn, Universalität und Begrenztheit gegenüberstanden260. Vor dem Hintergrund von Urteilen dieser Art konnte jede ›Kenntnis‹ des Korans nur seine Abgründigkeit erweisen.

1. Koran und Kontroverstheologie Auch Luther fällt in dieser Hinsicht kaum aus den Gewohnheiten seiner Zeit heraus; obwohl er 1530, als er den Libellus des Siebenbürgeners publizierte, seine Unkenntnis des Korans beklagt und mit der Möglichkeit gerechnet hatte, daß die Confutatio Alcorani des Ricoldus de Monte Crucis der religio und den Sitten der Mahometistae nicht gerecht werde261, zweifelte er nicht an der Richtigkeit des Erfahrungsberichts des einstmals verschleppten Mühlbachers. Und als Luther dann im Frühjahr 1542 in einer Handschrift der lateinischen Koranübersetzung Robert von Kettons gelesen hatte262, war er sich, ungeachtet der Kritik an der Qualität dieser Übersetzung, dessen sicher, daß Ricoldus’ Kritik am Koran im wesentlichen zutreffend sei. Doch seine fundamentale theologische Polemik gegen den Koran, die sich vor allem auf der Verleugnung der Gottessohnschaft Jesu und seines heilsbringenden Sühnetodes bezog263, bedurfte im Grunde keiner näheren Textkenntnis. Die Gründe, die Luther schließlich doch dazu veranlaßten, sich für den Druck der Biblianderschen Ausgabe dieses »verflucht[en], schändlich[en], verzweifelt[en] Buch[es] […] voller Lugen, Fabeln und aller Greuel«264 einzusetzen, sind primär darauf gerichtet, die Abscheu und die Kampfbereitschaft der Christen gegen die »türkische Religion« zu mobilisieren, verführbare Christen zu warnen, mit alledem aber vor allem »dem Mahmet oder Turken«265 zu schaden, da diesem nichts »verdrießlichers«266 geschehen könne, als daß der Koran unter den Christen bekannt würde. Die Verbreitung von Korankenntnissen sollte also keinem anderen Zweck als der wirkungsvollen Bekämpfung der »türkischen Religion« dienen. Luther war überzeugt, daß dieses Kampfmittel erfolgreicher sein würde als jede andere Waffe267.

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Der Koran als Quelle der »türkischen Religion«

Aus der mittelalterlichen Umgangsweise mit ›Ketzereien‹ scheinen diese Verhaltensmaximen nicht ohne weiteres ableitbar zu sein, obwohl Bibliander selbst seine Edition in die Tradition des Ketzerkampfes seit der Zeit der alten Kirche stellte268. Denn daß man einen als irrtümlich, blasphemisch und gefährlich beurteilten Text veröffentlichte und damit über den engen Kreis gelehrter Kontrolle hinaushob, war wohl doch eine neue Form, die ›Schliche Satans‹ zu durchkreuzen269. Deshalb appellierte Bibliander recht geschickt an die ›modernen‹, durch den Humanismus geprägten Bildungsstandard: Wenn Christen nur lesen dürften, was ihrem eigenen Glauben entspräche, wäre ja eine Beschäftigung mit der heidnischen Philosophie, die bekanntlich als unveräußerliche Bildungsgrundlage anerkannt sei, obschon sie nicht weniger gottlos sei als der Koran270, ausgeschlossen. Schließlich lese man ja auch jüdische Bücher, die voller »blasphemia«271 steckten; niemand, der bei Verstand sei, werde die Verbreitung der Meinungen der Feinde des christlichen Glaubens verhindern, da ihnen nur so effektiv zu begegnen sei272. Nur, wenn die Gelehrten diese feindlichen Werke kennten, könnten sie die Kirche besser schützen273. Einen besonderen Intensitätsschub in der Beschäftigung mit dem Koran274 ausgelöst haben diese reformatorischen Impulse freilich aufs Ganze gesehen auch nicht. Die tief verwurzelte Überzeugung christlicher Apologeten, daß die »türkische Religion« und ihre heiligste Urkunde zutiefst vernunftwidrig seien275, lebte cum grano salis auch im Protestantismus fort276. Die Auseinandersetzung mit diesem ›Lügenwerk‹ entweder in summarisch-pauschaler277 oder in lediglich punktueller Weise zu führen, entsprach nach der Argumentationslogik der Turcica dem Charakter dieses Werkes selbst. Allerdings kann als elementares religionskundliches Grundwissen in bezug auf den Koran sein heilsgeschichtlicher Überbietungsanspruch gewertet werden: Nacheinander hätte die menschliche Bosheit die göttlich inspirierten Gesetze des Mose, Davids und Jesu, die jeweils in ihrer Zeit die Grundlage der Erlösung gebildet hätten, aufgelöst, bis Gott Mohammed mit dem Koran das letztgültige, alle vorangehenden heiligen Texte definitiv aufhebende Offenbarungsbuch mitgeteilt habe278. Eine der kundigsten und profiliertesten theologisch-exegetischen Auseinandersetzungen mit dem Koran im Bereich des lutherischen Protestantismus, der Bericht / Was der Türken Glaub sey / gezogen auß dem Türckischen Alcoran des württembergischen Theologen Lukas Osiander von 1570279, zieht aus dem Anspruch Mohammeds, die genannten Propheten der jüdisch-christlichen Tradition als Vorläufer anzuerkennen, die hermeneutisch-apologetische Konsequenz, daß sich der Koran von seinen eigenen Voraussetzungen her an der christlichen Bibel messen lassen müsse. Denn Mohammed selbst habe ja etwa den Pentateuch als »Gottes Wort in seinem Gewissen erkannt und gehalten«280, daher seien alle maßgeblichen Lehraussagen des Korans gemäß den Grundsätzen lutherischer Schriftbindung an der Bibel bzw. an den aus der Bibel in den Koran selbst eingegangenen Wahrheiten zu messen281. Unter der Voraussetzung, daß die Bibel eine vom Koran anerkannte, wiewohl dessen Anspruch nach von diesem überbotene Offenbarungsurkunde sei, folgte dieses lehrkomparatistische Verfahren einer immanenten apologetischen Plausibiltät; auch wenn seine Ergebnisse schwerlich überraschen konnten282 und

Polemik gegen Mohammed

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allenfalls darin, daß sie das Fehlen des Rechtfertigungsglaubens im Koran monierten283, eine über die mittelalterliche Kontroversistik hinausgehende konfessionsspezifische Pointe aufwiesen, basierten sie doch auf einer im frühneuzeitlichen Luthertum annähernd singulären Intensität in der Beschäftigung mit dem Koran. Denn Osiander lehnte es explizit ab, sein Urteil über die »türkische Religion« auf die Erfahrungen Reisender oder die Nachrichten über das Leben Mohammeds zu gründen284. Seine streng schriftbezogene Auseinandersetzung mit der »türkischen Religion« sollte den methodischen Standards entsprechen, die auch für die innerchristliche Kontroversistik galten285. Der ansonsten auch bei Protestanten weithin üblich bleibende Umgang mit dem Koran war auf dessen »Hauptlästerung[en]«286, nämlich die Leugnung der Gottessohnschaft Jesu und seines Kreuzestodes, zentriert. Entsprechend dem primär soteriologisch vermittelten Interesse an der Trinitätslehre bei den Lutheranern trat die Polemik gegenüber dem türkischen ›Antitrinitarismus‹ im Vergleich mit der Empörung über die Lästerungen Christi in den Hintergrund287.

2. Polemik gegen Mohammed Entsprechend dem häresiologischen Grunddogma, daß depravierte Lehren aus der Bösartigkeit und sittlichen Verkommenheit ihres Inaugurators abzuleiten seien, machten die Turcica noch des späteren 16. Jahrhunderts die Negativität des Korans regelmäßig an der Gestalt Mohammeds plausibel288. Mohammed habe mit größter Listigkeit seine Anhänger zu täuschen vermocht289 und seine Kenntnis der Schwächen der Christenheit, insbesondere ihrer Zerstrittenheit290, schamlos ausgenutzt und gegen sie zum Einsatz gebracht291; epileptische Anfälle habe er als Gespräche mit dem Erzengel Gabriel ausgegeben292; er sei ein Erzbetrüger und Magier293 und habe sich als höchster Prophet und Messiasprätendent zu inszenieren gewußt294. Sexuelle Unzucht und schmählicher Tod295 runden das Bild des vor allem an Machtpolitik296 ausgerichteten religiösen Scharlatans ab. Das verkommene Leben des vermeintlichen Propheten entsprach der Verworfenheit seiner im Koran niedergelegten Lehre, und die Erfahrungen mit dem Türken, die durch Reiseberichte oder ›neue Zeitungen‹ kommuniziert wurden, bestätigten, daß ›Lehre‹ und ›Leben‹ einander unter dem Zeichen des Halbmondes weitestgehend entsprachen297. Eine eigenständige Quelle zur Beschreibung der »türkischen Religion« stellte der Koran in den Türkenschriften des 15. und 16. Jahrhunderts – sieht man von Einzelfällen wie Lukas Osiander einmal ab – kaum dar. Die Beschäftigung mit dem Koran diente vor allem dazu, ›Erfahrungen‹ mit den Türken anhand ihrer heiligsten Urkunde zu bestätigen und zu bekräftigen. Der Rekurs auf den Koran war also vor allem deshalb wichtig, weil so das Bild der »türkischen Religion« als einer in ›Lehre‹ und ›Leben‹ kongruenten, einheitlichen Größe fundamentiert werden konnte. Die dezidiert anti-christliche, in ›Lehre‹ und ›Leben‹ geschlossen-einheitliche »türkische Religion« war das projektive Gegenbild zur diversifizierten, pluralisierten und fragmentierten christianitas, bei der ›Lehre‹ und ›Leben‹ auseinanderfielen und auch eine ›Einheit der Lehre‹ nicht gegeben war.

V. Die ›Turkisierung‹ des innerchristlichen Gegners Das ›Wissen‹ über die »türkische Religion« war durch eine vielgestaltige Massenpublizistik verbreitet und wurde – etwa in Predigten – weit über die Grenze der Lesekundigen hinaus kommuniziert. Über keinen Bereich fremder Kulturen war im Alten Reich mehr ›Wissen‹ im Umlauf als über die Türken und ihre Religion. Freilich stellte dieses ›Wissen‹ keinen in sich abgeschlossenen, separierten Themenbestand dar; es berührte die christianitas und verschiedene ihrer Teile in ihrem Kern und in unterschiedlicher Hinsicht; es bildete eine kulturelle Ressource, die auch in innerchristlichen Debatten mühelos aktivierbar war. Der Rückgriff auf dieses ›Wissen‹ ermöglichte es, Gegner zu charakterisieren und zu perhorreszieren298, eigene Anhängermilieus durch Abgrenzungen und katechetische Instruktionen zu integrieren, gemeinchristliche oder gruppenspezifische sittliche und doktrinale Standards zu definieren, militärisches Engagement zu mobilisieren und Kriege zu legitimieren. Das ›Wissen‹ über die »türkische Religion« war ein Faktor der Religions-, Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des ›christlichen Europas‹; seine Bedeutung geht deutlich über die hinaus, die etwa dem ›Wissen‹ über die jüdische299 oder sonst eine Religion zukam. Jemanden der Konspiration mit den Türken zu verdächtigen oder einer Sympathie mit ihrer Religion zu bezichtigen, ihm ähnliche oder vergleichbare Verhaltensweisen wie diesen zu attestieren oder ihn auch nur für dessen militärische Erfolge und die Mißerfolge der christlichen Heere mitverantwortlich zu machen, war gleichbedeutend damit, ihn aus der Gemeinschaft der christianitas definitiv auszugrenzen, sozial-moralisch zu vernichten, zu dämonisieren. Das ›Wissen‹ über die »türkische Religion« wurde in unterschiedlichen Formen operationalisiert. Es konnte dazu dienen, gemeinchristliche Zusammengehörigkeit zu begründen und zu beschwören, um Abwehrstrategien ideeller oder militärischer Art in Gang zu setzen; es konnte von protestantischen Polemikern benutzt werden, um die Papstkirche – vor allem in bezug auf ihre ›Lehre‹ – zu kritisieren; es konnte im Gegenzug seitens römisch-katholischer Polemiker verwendet werden, um die Protestanten – vornehmlich im Hinblick auf ihre Lebensführung – zu desavouieren; es konnte den marginalisierten christlichen Gruppen schon des 15.300 und des 16. Jahrhunderts301 dazu dienen, die Maßstäbe ihrer Kritik an den bestehenden Kircheninstituten zu schärfen; es lieferte Motive der innerprotestantischen Konfessionspolemik, insbesondere der der Lutheraner gegen die »türkische Sekte« der Calvinisten, aber auch gegen die antitrinitarischen Sozinianer; es bot Anlässe und begründete Notwendigkeiten, den Angehörigen der eigenen konfessionellen Gruppierung die ›Leviten‹ zu lesen, sie ›mores‹ zu lehren und ihnen den katechetischen Elementarstoff einzuprägen. Das ›Wissen‹ über den Türken und seine Religion war also ein zentrales Moment der Regulierung innerchristlicher Integrations-, Exklusions- und Identifikationstrategien. Dies sei an einigen Beispielen verdeutlicht.

Bußparänese

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1. Bußparänese Ein Großteil der Publizisten zur Türkenfrage stimmte darin überein, daß sie das sittliche Fehlverhalten der Christenheit für die wesentliche Ursache des ›Erfolgs‹ der türkischen Aggressoren hielten. Gott habe den Sieg der Türken als Strafe über die verkommene christianitas und als Appell zur Buße initiiert und ermöglicht. Der Bußparänese im Angesicht der Türkengefahr kam insofern eine rhetorisch wichtige mentale Integrationsfunktion in bezug auf die christianitas zu. Kulturdiagnostische Behauptungen wie: »Unkrechtigkeit / Sünd / Laster / Schandt / | Treibt den Türken zu uns ins landt«302, die in den Appell an den Einzelnen mündeten, den Türken »bey dir«303 zu suchen, schärften die allen Ständen der Christenheit gleichermaßen auferlegte Pflicht zur Umkehr ein. Die ›Turkisierung‹ der Christenheit zeigte sich in ihrer sittlichen Verwahrlosung; für den aus Siebenbürgen stammenden Dominikanermönch Georgius bedeutete etwa die Sünde der Simonie, daß diejenigen, die an ihr teilhatten, in bezug auf die Schuld (in culpa)304 und »mentaliter« Genossen des Türken geworden seien. Neben den allgemeinen bußparänetischen Räsonnements der ›Türkenexperten‹ aller konfessionellen Lager spielten spezifischere Argumentationsmuster, mit denen die Überlegenheit der Türken begründet wurde, eine Rolle. Die meisten dieser Argumentationsmuster koinzidierten darin, daß sie die Uneinigkeit, die Zerstrittenheit, die nationale und konfessionelle Disparität, Konkurrenzialität oder Agonalität als die Hauptsünde der Christenheit diagnostizierten und dafür verantwortlich machten, daß der Türke über die christianitas siegte. Auch wenn die Schuldzuweisungen hinsichtlich der Ursachen, die zur deplorablen Entzweiung der Christenheit geführt haben sollen, bei den unterschiedlichen Autoren erheblich divergierten und nach der Reformation konfessionelle Färbungen aufwiesen, verdient die als leitmotivisches Ideal verwendete Vorstellung einer notwendigen ›Einheit der Christenheit‹ unbedingte Beachtung. Denn der liminalen Erfahrung der türkischen Bedrohung kam offenbar eine ähnlich stimulierende Bedeutung für die Postulation einer unitas christianorum zu, wie sie seit 1555 im Wiedervereinigungsgebot des Reichsreligionsrechts im Modus einer regulativen Idee kodifiziert wurde305. Die Vorstellung jedenfalls, daß die Spaltung der Christenheit ein unerträgliches Skandalon sei, war in der Rhetorik der abendländischen christianitas aus äußeren wie aus inneren Gründen lebendig. Als Motive und Merkmale für den selbstzerstörerischen Zerfall der Einigkeit der Christenheit galten etwa innerchristliche Kriege und die militärische Beteiligung von Christen auf seiten der Osmanen306, der Ungehorsam der Byzantiner gegenüber dem Papst307, die Nachlässigkeit hinsichtlich des Abhaltens von Reformkonzilien308, die ›falsche Sicherheit‹, in der sich die Christenheit aufgrund des fatalen Einflusses der Päpste wiege309, die mangelnde Bereitschaft, sich in ›Selbstentsagung‹ kampfbereit unter der Fahne Christi zu sammeln310, die tödliche Spaltung der Christenheit in zehn verschiedene nationale bzw. konfessionelle Gruppen311, die aus Egoismus erwachsene Agonalität ihrer politischen Führer312, der Drang einzelner Christen, sich ihre eigene Religion zu schmieden313 oder die in der Regel mit wechselseitigen Schuldzuweisungen verbundenen Klagen über die konfessionellen Spaltungen, die durchaus auch im Namen eines überkonfessionellen Verständnisses des

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Die ›Turkisierung‹ des innerchristlichen Gegners

Christentums ergehen314 konnten. Sogar die Warnung türkischer Prediger vor der Uneinigkeit der Christen315 konnte als Argument verwendet werden, um der christianitas den zentralen Grund ihrer Schwäche vor Augen zu führen. Aus der weithin einhelligen Krisendiagnose folgten zwar durchweg dringende Appelle, die bestehende Situation der Handlungsunfähigkeit hinsichtlich einer wirkungsvollen Abwehr der Türken zu überwinden, aber durchaus unterschiedliche Vorschläge, wie dies geschehen sollte. Besonders vernehmlich waren die Stimmen, die eine Führungsrolle des Kaisers betonten und Karl V. zum gelegentlich geradezu eschatologisch eingefärbten Retter des ›christlichen Europas‹ stilisierten316. Auch die Beschwörung der Einheit der deutschen Nation spielte im ideenpolitischen Mobilisierungskampf eine beträchtliche integrationsstiftende Rolle – je länger, desto mehr auch bei protestantischen Autoren317. Die in der frühen Reformationszeit gelegentlich begegnende Forderung nach einer Generalreform der christianitas als Voraussetzung ihrer Abwehrfähigkeit gegenüber den Türken318 verlor, so scheint es, gegenüber pragmatischeren Appellen zur militärischen Mobilmachung unter der Führung des Kaisers oder zur Zahlung der Türkensteuer zusehends an Bedeutung. Indem man die kulturelle Überlegenheit des christlichen Europas gegenüber dem türkischen ›Reich der Finsternis‹ betonte und sich versicherte, daß jeder Sieg der Osmanen ein geradezu widernatürliches Skandalon sei319, schärfte man die jeden Christen gleichermaßen betreffende Pflicht ein, seinen Beitrag zur Rettung einer letztverbindlichen religiös-sittlichen ›Wertegemeinschaft‹ zu leisten. Die durch die türkische ›Bedrohung‹ evozierte Selbstkritik der christianitas mobilisierte also integrationsstiftende Gegenbilder der eigenen Identität, die die leidvoll erlittene Zerrissenheit konterkarierten und transzendierten. Neben der ideenpolitischen Integrationsfunktion der antitürkischen Selbstentwürfe Europas lieferte das auf den Türken bezogene kulturelle ›Wissen‹ wichtige Motive, um die innerchristlichen Antagonismen zu bearbeiten und polemisch zuzuspitzen. Die ›Turkisierung‹ der jeweils bekämpften Christentumsvariante war ein integrales theologisches Kampfmittel der konfessionellen Auseinandersetzung.

2. ›Papisten‹ als ›Türken‹ Bildmotive, die die Vertreter der päpstlichen wie der »türkischen Religion« der ewigen Verdammnis überantwortet sahen320, waren in der protestantischen Flugblattpublizistik verbreitet, und in Luthers berühmtem Kinderlied »Erhalt uns Herr«, das gegen die »die zween Ertzfeinde Christi und seiner heiligen Kirchen, den Bapst und Türken«321 gerichtet war, hatte die Äquidistanz zu den beiden endzeitlichen Schreckensmächten ihren wohl populärsten und wirkungsreichsten322 Niederschlag gefunden. Daß der Papst dem Türken im Hinblick auf die ›Lehre‹ sehr »ähnlich«323 sei, hatte auch Luther immer wieder betont; beide, Papst und Türke, erkennten die Bibel zwar formal an, hielten ihre Autorität aber nicht ein324, stellten eigene Schriften – Koran und Decretum325 – über Gottes Wort, die sie mit ungeistlichen Mitteln, dem Bann bzw. dem Schwert, durchsetzten326. Die betrügerische Bereicherung des Papstes durch die ihm für einen Türkenzug zugeflossenen Mittel, die aber zu keinen entsprechenden Aktivitäten geführt hatten, nährten den

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propagandistischen Verdacht, er habe »vielleicht seinen heimlichen bund und fride mit dem Türcken«327 gemacht. Im Hinblick auf die machtpolitische Instrumentalisierung der Religion, die Pervertierung der Ehe und der Sexualität, die Verleugnung Christi, des Evangliums, ja des christlichen Glaubens im Ganzen, seien Türke und Papst Brüder im Geist328. In bezug auf die Freiheit des Christusbekenntnisses, so betonten Luther329 und eine ihm verpflichtete Anhängerschaft330, sei der Papst ungleich ärger als der Türke, und hinsichtlich des schönen Scheins asketisch strenger Obödienz sei jener diesem gleichfalls überlegen331. Im Papsttum wie beim Türken werde der Teufel unter dem Namen Gottes verehrt332. Der Sieg über den »eusserlichen Feind der Christenheit«, »den Mahmet«333, setzte für Luther die Abkehr von dem »inwendigen Feinde«, dem päpstlichen »Endechrist«334, die durch Buße zu vollziehen war, voraus. Angesichts seines herannahenden Lebensendes sah Luther in der Warnung vor Papst und Mahommed »sampt iren Teuffeln«335 ein heiliges Vermächtnis336.

3. Lutheraner als ›Türken‹ Seitens der ›altgläubigen‹ Publizisten machte man die Lutheraner für den Erfolg der Türken verantwortlich337. Den entscheidenden Anlaß dafür hatte Luthers frühe Absage an einen Türkenkrieg geliefert, die in der Bannandrohungsbulle Exsurge Domine anathematisiert worden war338 und auf die man, unbeschadet anderslautender späterer Äußerungen des Reformators, von altgläubiger Seite immer wieder zurückkam339. Die protestantische Ketzerei, so war man im ›papistischen‹ Lager überzeugt, zerstöre die Einheit der Kirche, schwäche damit die Abwehrkräfte des Christentums und leiste so dem Triumph der »türkischen Religion« Vorschub340. Indem die Protestanten Papstkirche und Türken mit gleichen oder ähnlichen Wertungen bedachten, arbeiteten sie – so die Gewißheit römisch-katholischer Publizisten – einem Sieg der Türken über die Christenheit zu341. Auch hinsichtlich der ›Turkisierung‹ Luthers und seiner Anhänger gingen von Cochläus, dem gründlichsten Lutherkenner der ersten Generation der römischen Kontroverstheologen, die wichtigsten, prägend wirksamen Impulse aus (Abb. 18). Cochläus stellte einige Übereinstimmungen zwischen der lutherischen Ketzerei und der türkischen Sekte fest: Luthers Distanzierung vom BegriffQBOQQWUKQLin der Schrift gegen Latomus korrespondiere mit der Absage Mohammeds an die vera divinitas Christi342; die Bejahung physischer Gewalt in Glaubensfragen demonstriere der Türke permanent und der ›Lutheranismus‹ habe dies im Bauernkrieg gleichfalls getan343; auch hinsichtlich der ›Vielweiberei‹344 und der Schmähung Marias345 stimmten sie überein, und auch in bezug auf die Destruktion des wahren Gottesdienstes und alles dessen, was zu ihm gehöre, seien Luther und der Türke Brüder im Geiste346. Die in Luthers Tischreden überlieferte Episode, der aus Hagenau stammende Legat Schmaltz sei vom ›türkischen Kaiser‹ nach Luther gefragt worden und habe, als er von seinem bereits fortgeschrittenen Alter, 49, erfuhr, geantwortet: »Ich wollte, daß er noch jünger wäre, denn er soll einen gnädigen Herrn an mir wissen«347, wurde von altgläubiger Seite im Sinne der These einer geheimnisvollen Konspira-

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Die ›Turkisierung‹ des innerchristlichen Gegners

tion der Protestanten mit den Türken ausgeschlachtet348 und fügte sich kongenial in die übliche Beschreibungslogik der Lutheraner als ›neuen Türken‹ ein349.

4. Reformierte als ›Türken‹ Auch die lutherische Konfessionspolemik gegen die Reformierten nutzte das kulturelle ›Wissen‹ über die Türken und ihre Religion, um definitive Verwerfungslinien zu markieren. Die Zurückhaltung reformierter Autoren gegenüber einzelnen exegetischen ›Beweisen‹ der Trinitätslehre aus dem Alten Testament etwa oder ihr Insistieren auf einer Unterscheidung von Gottheit und Menschheit und ihrer Idiome im Kontext der Christologie350 galt lutherischen Kritikern als Indiz dafür, daß sie »fast«351 so lehrten wie der Koran. Und die Nachrichten von reformierten Bildentfernungen evozierten bei den Lutheranern reflexartige Erinnerungen an das Wüten der Türken von 1453352. Mit der Geschichte des Konvertiten Adam Neuser, der aufgrund von Konflikten beim Übergang der Kurpfalz zum Calvinismus ins Osmanische Reich geflohen und zum Islam übergetreten war353, gelangten die Lutheraner an eine ›Symbolfigur‹, die es ihnen fortan erlaubte, ihre These einer grundsätzlichen Affinität von Reformiertentum und ›Mahometismus‹ zu plausibilisieren und zu illustrieren354. Aus der Perspektive lutherischer Christologie erschienen Antitrinitarismus355 und reformiert-calvinistischer ›Arianismus‹ als häretische Filiationen oder Vorstufen der »türkischen Religion«.

5. Christianisierungsappelle Den Strategien, den konfessionellen Gegnern in bezug auf die religiösen Praktiken, das Ethos oder die doctrina ›turkisierende‹ Tendenzen nachzuweisen, korrespondierten Versuche einer ›Christianisierung‹ des gemeinen Mannes. Denn die Sprecher der christianitas nahmen mit Sorge wahr, daß der Türke im Volk weniger gefürchtet als bewundert oder verharmlost würde356. Unter den gelehrten Publizisten wurde offen darüber diskutiert, warum so viele Christen bereit wären, sich unter die Obödienz des ›türkischen Kaisers‹ zu begeben357. Der als Flugschrift verbreitete, wohl fingierte Brief eines Ulmer Handwerkers, der freiwillig in die türkisch besetzten Gebiete übergesiedelt war, es dort zu einigem Wohlstand gebracht hatte, aber nun um sein Seelenheil fürchtete358, war zweifellos als Abschreckungsliteratur gedacht. Und Ermahnungen wie die Johannes Brenzens (Abb. 13), »alle Christen« seien »schuldig« soviel ihnen irgend möglich sei dafür zu tun, »daß sie nicht unter des Türcken Regiment komen«, »[j]a […] inn keinen weg [zu] willigen / inn solch regiment / darumb sollen sie sich nicht williglich darunter ergeben / oder zu im fallen / Denn wer inn solch regiment willget / der macht sich teilhafftig aller Gottslesterung und sunden / so im gantzen Türckischen wesen sind«359, setzten voraus, daß das kulturelle ›Wissen‹ über den Türken keineswegs durchweg so abschreckende Wirkungen zeitigte, daß ein Leben unter seiner Herrschaft nicht einzelnen Personen oder Gruppen als attraktive oder doch vertretbare Option erscheinen konnte360.

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Nicht zuletzt die auf dem ›linken Flügel‹ der Reformation bezeugten Affinitäten, Sympathien oder eschatologischen Hoffnungen auf den Türken dürften dazu beigetragen haben, daß die Repräsentanten der etablierten Kirchen um so entschiedener vor ihm warnten und das Glaubensvolk katechetisch gegen die »türkische Religion« munitionierten.

6. Die Türkenfrage in der »radikalen Reformation« Die aktuelle Zeiterfahrung der Türkenbedrohung war in den 1520er Jahren von den Protestanten aller Couleur im Horizont apokalyptischer Naherwartung gedeutet worden. Im Verhältnis zur seit 1453 intensivierten lateineuropäischen Türkenwahrnehmung lassen sich in der reformatorischen Bewegung Kontinuitäten und Umbrüche erheben, erstere etwa im Nachdruck spätmittelalterlicher Turcica durch reformatorische Publizisten, letztere in der weithin einhelligen Absage aller Protestanten an Vorstellungen aus dem Zusammenhang des Kreuzzuges bzw. des Heiligen Krieges und der mit diesem verbundenen Heilsökonomie. Eindeutige Differenzen zwischen den Protagonisten der obrigkeitsgeleiteten städtischen und territorialstaatlichen Reformationen und dem ›linken Flügel‹ bestanden in bezug auf die ›Türkenfrage‹ vor allem in Hinblick auf die Legitimität einer militärischen Gegenwehr, die Luther nach seiner schroffen Absage an einen Widerstand gegen die Geißel Gottes im Jahre 1518361 nach und nach immer deutlicher bejahte, die Radikalen hingegen, wiewohl aus unterschiedlichen Gründen, mehrheitlich verneinten. Die in der vorreformatorischen Tradition geläufige Deutung der Türken bzw. Mohammeds als des personalen Antichristen362 oder seines Vorläufers (praecursor)363 fand bei den Radikalen kaum eine Fortsetzung, während sie bei den Wittenbergern in Gestalt der im Kontext der Danielauslegung seit 1529 ausgebildeten Theorie des bikephalen Antichristen364 – des Papstes und des Türken – in spezifisch modifizierter Form weitergeführt wurde. Der ›Antichrist‹Begriff der Radikalen war schillernd und vielfältig und schloß neben der gemeinprotestantischen Bewertung des Papstes als des Antichristen auch die Anwendung des Epithetons auf die ›Schriftgelehrten‹365, also die Repräsentanten der sich formierenden protestantischen Stadt- und Territorialkirchentümer, ein. Die Differenzen in der Deutung des Türken, die sich innerhalb des ›linken Flügels‹ erheben lassen, korrespondierten mit den unterschiedlichen Positionen hinsichtlich der Bewertung der weltlichen Obrigkeiten und der Gewaltfrage. Für die ›Radikalen‹ stellte die Türkenfrage ein besonders sensibles Überschneidungsfeld von Zeiterfahrung und apokalyptischer Zukunftsschau, Leidensbereitschaft und Handlungsdrang, passiver Hinnahme des Weltenganges und gestalterischer Teilnahme an der eschatologisch-chiliastischen ›Veränderung‹, die mit dem Türken verbunden wurde, dar. Die ›radikale Reformation‹ ist in engstem Zusammenhang mit der allgemeinen Reformationsgeschichte zu behandeln. Die Besonderheit der ›Radikalen‹ zeigte sich freilich nicht zuletzt darin, daß »verenderung«366 für sie zumeist kein ›böses‹ Wort war, sondern einer von Gott selbst heraufgeführten ›Wandlung‹ entsprach.

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6.1 Thomas Müntzer und die Zwickauer Propheten Die frühesten Zeugnisse zur ›Türkenfrage‹ aus dem Kreis der ›devianten Geister‹ stammen von Thomas Müntzer (aus dem sog. Prager Manifest) und von den Zwickauer Propheten. In seinem Appell an die Böhmen367 sprach Müntzer die Drohung aus, daß derjenige, der sich der von Gott gestellten Aufgabe, das »Gots wort«368 zu verteidigen, entziehe, im folgenden Jahr vom Türken erschlagen werde369. Der im Geiste Elias370 redende Prophet kündigte denen, die sich der endzeitlichen Sammlung der »newe[n] apostolischen Kirche«371 unter den Böhmen versagten, an, daß sie schon jetzt [»itzunde schon«]372 »in die hende des Türken« »uberantwort«373 seien. Der Türke erschien also als die von Gott eingesetzte endzeitliche Gerichtsinstanz, die die Gottlosen in allernächster Zukunft vernichten, aber den ›heiligen Rest‹ der leidensbereiten Auserwählten verschonen werde. Ein spezifischer Akzent dieser apokalyptischen Deutung des Türken gegenüber sonst verbreiteten Vorstellungen dürfte darin zu sehen sein, daß sich nach Müntzer das Vernichtungswerk der Geißel Gottes, des Türken, auf die große Masse der Gottlosen beschränkte, die Auserwählten hingegen gerettet würden. Im Unterschied zur geläufigen hussistisch-wiclifitischen374 und frühreformatorischen Identifikation des Papstes mit dem Antichristen setzte Müntzer voraus, daß erst nach der »wutenden brunst«375, die der Türke anrichte, das Regiment des »rechte[n] personliche[n] enthechrist«376 beginnen werde; aber schon nach kurzer Zeit werde Christus seinen Auserwählten das »reich dysser welt«377, d. h. ein tausendjähriges irdisches Reich, übergeben, die dieses »in secula seculorum«378 beherrschen würden. Müntzers an die vor allem von Adso von Montier-en-Der ausgeformte Legende vom persönlichen Antichristen379 anknüpfende eschatologische Konzeption sah in der vom Türken durchgeführten Ausrottung der Verdammten das Präludium auf die Wiederkunft Christi. Im Unterschied etwa zu den astrologischen Vatizinien Johannes Lichtenbergers380 (Abb. 16; 20), die, unter Aufnahme der Bischof [Pseudo-]Methodius381 zugeschriebenen Apokalypse, die zeitweilige Weltherrschaft des mit Gog und Magog (Ez 38; Apk 20) identifizierten Türken für die nächste Zukunft voraussagten382 oder zu der später wegen ihrer Rezeption durch die Wittenberger Reformatoren berühmt gewordenen Prophetie des Eisenacher Franziskaners Johannes Hilten, der die Eroberung Europas und die Vernichtung »Germanias« durch den Türken weissagte383, auch in Differenz zu einer kursierenden lollardischen Offenbarung eines gewissen Bruder Reinhards, die die Türken »unter den Christen gegen Mitternacht und Nidergang […] seerer wüten und grymmen«384 ließ, lag der Akzent der auf die unmittelbare Zukunft gerichteten Prophetie Müntzers auf der innergeschichtlichen Errettung der Auserwählten385. Doch noch in anderer Hinsicht weist Müntzers Türkenbild eine Besonderheit auf, die mit erkenntnistheoretischen Prämissen seiner Theologie elementar zusammenhängt: Da sich die Erkenntnis Gottes durch die »lebendige rede Gots, do der vater den szon anspricht im hertzen des menschen«386, erschließe bzw. durch die »leidligkeit der creatüren«387 vermittelt werde, seien auch die »Torcken und Juden«388 im Unterschied zu den Verdammten und Gottlosen nicht definitiv aus dem Reich Christi ausgeschlossen. Gemäß diesem schon im sog. Prager Manifest entwickelten Ansatz schrieb Müntzer im August 1524 an Friedrich den Weisen:

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»Und wen gleich ein geborner Türk do wer, so hat er doch den anfang des selbigen glaubens, das ist die bewegung des heilgen geists, als vom Cornelio geschriben ist actorum 10 [,44–47].«389 Müntzers von einer externen Offenbarungsinstanz unabhängiger mystischer Spiritualismus390, der ihn nach einem Urteil Urbanus Rhegius’ zu der Überzeugung veranlaßt hatte, »er wollte einen bawren den glauben aus natürlichen dingen leren«391, implizierte die Möglichkeit der Heilserkenntnis aus der Betrachtung der Schöpfung392. Eher, so meinte Müntzer in seiner Ausgedrückten Entblößung (1524), wolle er »heyden, Türcken und Juden«393 von der Ordnung Gottes, seiner Verfügung über uns und unserer über die Kreaturen unterrichten, als daß er die »kluglichsten schrifftsteler«394 von der in Gen 1,28 niedergelegten, jeder Kreatur vom Schöpfer eingepflanzten Wahrheit der Ordnung aller Dinge überzeugen wolle. Aufgrund ihres Status als Geschöpfen Gottes, nicht als Inhabern spezifischer Offenbarungserkenntnisse, war auch den Türken das eschatologische Reich der Auserwählten nicht verschlossen. Die im Koran enthaltene Lehre von Christus, die zwar die Jungfrauengeburt anerkenne, aber leugne395, daß Jesus gekreuzigt wurde und an seiner Statt die Hinrichtung eines untergeschobenen Übeltäters behauptete, bewertete Müntzer nicht als Irrlehre einer fremden Religion, sondern als Ausdruck der jetzt allgemein verbreiteten Fixierung auf einen »honigsussen«396 Christus, die die conformitas der Leidensnachfolge397 verleugne; diese habe jetzt »die gantze werld«398 erfaßt. Da die Türken aufgrund der Ordnung Gottes nicht vom Heil ausgeschlossen waren und ihnen als endzeitlicher Geißel399 der Verdammten eine entscheidende heilsgeschichtliche Funktion bei der Erlösung der Auserwählten und dem Beginn ihrer weltlich-geschichtlichen Herrschaft zukam, war eine militärische Aktivität gegen sie für Müntzer ausgeschlossen. Im Angesicht der Schlacht von Frankenhausen fand die grundstürzende Inversion in der Beurteilung der Türken, die sich bei Müntzer vollzogen hatte, darin ihren Ausdruck, daß die christlichen Brüder in der Schlacht gegen die gottlosen Fürsten ihr »blut getrost« wagen sollten wie »etwann widder den Turken«400. Der »heydenische boswicht«401, der mit Kreuzzugseifer zu bekämpfen war, war nicht mehr der Türke, sondern der Mansfelder Graf. Eine radikalere Abkehr von dem für die lateineuropäische christianitas unter Einschluß der Reformatoren kanonischen Konzept eines ständisch stratifizierten corpus christianum402, das im Gegenüber zu Juden, Heiden und Türken definiert und mit der Taufe sakramental fundiert wurde, konnte es unter den Bedingungen des 16. Jahrhunderts schwerlich geben. Aus einem anonymen Bericht über die Wittenberger Vorgänge im Zusammenhang der sog. »Wittenberger Bewegung«, der zwischen Anfang Dezember 1521 und 6. 1. 1522403 zu datieren ist, geht hervor, daß einer der sogenannten »Neuen propheten«404, wohl Markus Thomae gen. Stübner, der mit Müntzer in Prag gewesen war405, im Rahmen seiner visionären Zukunftsschau406 verkündet hatte: »Item, wie der Türck kürtzlich soll teutschland einnemen ec. Item, wye all pfaffen sollen erschlagen werden, ob sy schun weyber nehmen ec. Item, das in kurtzem, ungeverflich 5, 6, 7 Jaren, soll ein solch ennderung in der welt weren, das kain unfrumer oder böß sünder solle lebenth uber pleiben […].«407 Daß die hier entwickelten Vorstellungen weitgehend mit denen Müntzers übereinstimmten, ist evident. Die

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im unmittelbaren Zusammenhang der Türkeninvasion erwartete Ermordung der Pfaffen entsprach Müntzers Vorstellung einer restlosen Ausrottung der Gottlosen, zu denen die Geistlichkeit in besonderem Maße gehörte408. Freilich war schon bei Lichtenberger unter Berufung auf [Pseudo-] Methodius zu lesen, daß die Söhne Hagars, also die Agarener = Türken409, bei ihrem Einfall »ynn Deudschen landen« »die priester […] ynn den gewiheten stetten erwürgen […] bey den weibern schlaffen / und aus den heiligen gefessen […] trincken / und ihre thiere […] an der heiligen greber binden«410 werden. Der apokalyptische Zeithorizont reichte nach Thomaes Prophetie höchstens bis 1528; spätestens dann würden die Frommen, die allein überlebten, das irdische Reich regieren. Dieses Reich werde durch Einigkeit, die sich in einem Glauben und einer Taufe dokumentiere, bestimmt sein411. Vom Auftreten eines persönlichen Antichristen verlautete in der Prophetie nichts; angesichts der rudimentären Überlieferung sollte man diese Differenz zu Müntzers Prager Manifest aber wohl nicht überbewerten. Auch hinsichtlich der akuten Naherwartung stimmten beide cum grano salis überein, auch wenn Müntzer in der kürzeren deutschen Fassung des Prager Manifests die Türkeninvasion für die Jahre 1522 oder 1523 erwartete und Thomae die »ennderung«, d. h. den Beginn des chiliastischen Reiches, spätestens 1528 eintreten sah. Interessanterweise findet sich die früheste Nachricht über eine Bestreitung der Kindertaufe412 in der Reformationszeit im unmittelbaren Anschluß an die Vorstellung einer allgemeinen Taufe, die im Zusammenhang des Aufbaus eines Reiches der Frommen stattfinden sollte. Die Wertlosigkeit der Taufe unvernünftiger Kinder erwies sich für die ›Zwickauer‹ also im Kontrast zur eschatologischen Heilstaufe. Eine Einstellung der Kindertaufe oder eine Bekenntnistaufe der Frommen vor dem Beginn der »ennderung« scheinen die ›Zwickauer‹ allerdings nicht gelehrt zu haben413. Erst im Spiegel der Wahrnehmung der Zwickauer Propheten durch Melanchthon und dem von seiner Berichterstattung abhängigen Luther trat die Frage der Kindertaufe und der fides aliena dann dominierend in den Vordergrund. Von Müntzers Prager Manifest her aber liegt es näher, ein apokalyptisches Kerygma von der Vernichtung der Gottlosen durch die Türken als den zentralen Inhalt der Verkündigung der Zwickauer Propheten anzunehmen. Die Taufe im Zusammenhang mit der weltlichen Herrschaft der Frommen läßt wohl den Schluß zu, daß an eine endzeitliche Formierung des Gottesvolkes aus Juden, Heiden, Türken und Christen, also der ganzen Menschheit, gedacht war. Gegenüber dieser Taufe war die Kindertaufe definitiv wertlos. Im Unterschied zur joachimitischen Tradition414 und ihrer Rezeption etwa bei Lichtenberger415 bzw. ihrem Nachwirken bei dem 1529/30 in Straßburg auftretenden italienischen Bußprediger Venturinus416, der all jenen eine Vernichtung durch den Türken angekündigt hatte, die in ihren schlechten Werken verharrten417, spielte die Gestalt eines Pastor Angelicus, der eine weltliche Herrschaft errichten und die Bekehrung bzw. Taufe der Türken418 bewerkstelligen werde, weder für die ›Zwickauer‹ noch für Müntzer eine Rolle. Auch die Auffassung, daß allein die Gottlosen vom Vernichtungswerk des Türken betroffen würden, markiert eine spezifische Tendenz in der apokalyptischen Vorstellungswelt Müntzers und der ›Zwickauer‹; sie wirkte bei Hans Hut nach. Darin allerdings, daß nach der Niederschlagung der Türken eine immanente Heilszeit für die Christenheit,

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ein chiliastisches Friedensreich, erwartet wurde, korrespondierten einzelne radikalreformatorische Auffassungen419 mit ›zukunftsoffenen‹ vorreformatorischen Prophetien, die gegen Ende des zweiten und zu Beginn des dritten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts größere Verbreitung erlangten420.

6.2 Hans Hut In bezug auf Hans Huts im Sommer 1526 einsetzende täuferische Agitation ist schon von Wappler bemerkt worden: »Die drohende Türkennot, in der er den Vorläufer der nahen Endzeit erblickte, spielte in seinen Offenbarungen die Hauptrolle: Der Türke würde mit Beginn der warmen Jahreszeit ins Land kommen, vor Nürnberg werde die Entscheidungsschlacht geschlagen, und alle Fürsten und Herren würden dann von ihm getötet werden.«421 Daß die umgehend verbreiteten Nachrichten von der Schlacht von Mohács im August 1526, als die Ungarn von dem von Suleiman II. geführten osmanischen Heer vernichtend geschlagen wurden422, auf diese geschichtstheologische Deutung des Türken bei Hut einwirkten, dürfte größte Wahrscheinlichkeit besitzen. Vermutlich bot die als unmittelbar bevorstehend erwartete Invasion der Türken Hut die Möglichkeit, die nach dem Bauernkriegsfiasko aufgestauten Vergeltungsphantasien zu einer neuen Zielsetzung zu bündeln. Ähnlich wie die osmanische Eroberung Belgrads im Jahre 1521 wohl ein Stimulans der apokalyptischen Naherwartung Müntzers gewesen war, scheint die Schlacht von Mohács auf Huts Endzeitvorstellungen dynamisierend und plausibilisierend eingewirkt zu haben. Darauf könnte hindeuten, daß Hut nach Ausweis einer Urgicht des Zilgendorfer Schneiders Hans Hübner zeitweilig423 verkündet haben soll, daß diejenigen, die sich durch das Zeichen der Glaubenstaufe »zu Cristo verpunden« hätten, »in die wustung und ins Ungerland«424 fliehen sollten; von dort aus würden sie diejenigen, die den Türkensturm überlebt hätten, »vollent ausreuten, und pald darnach wurd Cristus und der jungst tage komen, und wen darnach 22 monat erging[en], wurd […] der jungst tag komen.«425 Bei seinem Einfall in Deutschland werde der Türke »al fursten und herren […] tot schlagen«426; »und waß derselbig Turke lebendig laß, es sein fursten, mennich, pfaffen oder edelleut, die sollen durch den kleinen haufen, als durch sie [sc. die Anhänger Huts], zu todt erschlagen werden […].«427 Daß Hut die entsprechenden Ausführungen über den Türken in seinem Augsburger Verhör428 überging, entsprach der Arkandisziplin, mit der er die Einzelheiten seiner apokalyptischen Lehre umgab, war aber natürlich auch dem strategischen Kalkül im Umgang mit Verfolgungsbehörden geschuldet. Auch daß Huts Haltung in der Türkenfrage den Verdacht einer Konspiration mit dem ›Erbfeind‹429 der Christenheit, wie er notorisch gegen die Juden erhoben wurde430, evozieren mußte, versteht sich von selbst. Dem scharfsinnigen altgläubigen Kritiker des Täufertums Johann Fabri war nicht verborgen geblieben, daß sich die Täufer im Umkreis Hans Huts auf das Erscheinen des Türken freuten431. Auch dies dokumentiert, daß ein radikalerer Bruch mit basalen kulturellen Selbstverständlichkeiten der lateineuropäischen Christenheit, als ihn Hut in seiner Deutung und Bewertung der Türken vollzog, kaum denkbar war.

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Indem Hut die Gruppe derer, die zum Rest der Rächer gehören würden, durch die Taufe definierte und identifizierte, ging er über Müntzer hinaus. Und auch darin, daß der kleine Haufe der Gerechten zu einem Terrorkommando werden sollte, das die Überlebenden des Türkenkrieges zu vernichten hatte, spitzte Hut Müntzersche Lehren zu432. Seine ja mit frühen Äußerungen Luthers, aber auch Sattlers433 korrespondierende Absage an die Beteiligung an einem Verteidigungskrieg gegen die Türken, die Hut in einen Gegensatz zu Hubmaier434 brachte, basierte nicht auf einer pazifistischen Gesinnung, sondern entsprach seiner Vorstellung, daß Gott selbst sein Gericht beginnen und seinen ›Heiligen‹ beizeiten den Befehl geben werde, das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Die Mitglieder des endzeitlichen Taufbundes hielten sich also in der Subversion, um im entscheidenden Moment, nämlich als Nachhut des Türken, dessen Zerstörungswerk zu vollenden. Für 1528 oder 1529 rechneten die Anhänger Huts mit dem Aufmarsch der Türken: »item der türk sollt in den verschinen weihnachten komen sein und alle die erwürgt haben, die nit getaufft sein.«435 Die mystisch-leidenstheologische Existenzhermeneutik des Hutschen »Evangeliums aller kreatur«436 implizierte die Verpflichtung zur Nachfolge Christi; wer Christus nicht im Leiden nachfolge, sei auch den »Juden, Turken, heyden«437 ein Ärgernis. Da der Heilsweg der ›Entgröberung‹ durch Leiden438 »alle geschöpf unnd creatur«439 gleichermaßen betraf, dürfte Hut vorausgesetzt haben, daß auch dem Türken – ungeachtet seiner Unkenntnis der christlichen Offenbarungszeugnisse – ein Zugang zum Heil möglich war. Huts mystische Erkenntnistheorie, die im Türken nicht per se eine größere Christusfeindschaft wahrnahm als bei den ›falschen Christen‹ und den ›Schriftgelehrten‹, dürfte jene apokalyptische Phantasie befördert oder gar in Gang gesetzt haben, die den ›heiligen Rest‹ der Getauften und den Türken Hand in Hand arbeiten sah440. 6.3 Balthasar Hubmaier und Michael Sattler Auch Huts Haltung gegenüber dem Türken stellt eine radikale Absage an jede Form lateineuropäischen Zusammengehörigkeitsgefühls gegenüber dem ›Erbfeind‹ der Christenheit dar. Innerhalb des Meinungsspektrums des zeitgenössischen Täufertums bildete dies eine extreme Position. Balthasar Hubmaier dürfte Hut in Nikolsburg auch in der Türkenfrage entgegengetreten sein441, denn seine Affirmation eines Schwertdienstes der Christen442 und seine Attacken gegen Huts »auffrierisch leeren«443 lassen eigentlich keinen anderen Schluß als den zu, daß er ein christliches Defensionsrecht gegenüber den Türken bejahte und daß er von Huts Vorstellung, allein die Getauften würden die Türkeninvasion überleben, nichts hielt444. Gelegentliche Äußerungen Hubmaiers über den Türken machen es wahrscheinlich, daß er sich in dieser Frage eher in einem gemeinchristlichen Konsens bewegte445. Die von Hut und anderen diesem nahestehenden Geistern vertretene Bestreitung einer epistemologischen Prärogative der sich auf die Bibel als infallibler Offenbarungsurkunde berufenden Christenheit markiert eine definitive Grenzscheide gegenüber dezidierten Täufern wie Hubmaier oder Sattler. Für Michael Sattler folgte aus dem 5. Gebot, daß man sich dem Türken in keiner Weise widersetzen dürfe. Im achten seiner Artikel, die er in Rottenburg mit

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dem Tod bezeugt hat, heißt es: »Wir sollen uns des Türken und anderer unserer verfolger nit erweren, sonder mit strengem gebet gegen Gott anhalten, das er weer und widerstand tu.«446 Freilich ließ Sattler ein Gedankenspiel zu, das verdeutlicht, daß auch er die bisher übliche, freilich nicht zuletzt durch Luther eingeschränkte Perhorreszierung des Türken als des schlimmsten Feindes der Christenheit nicht mehr akzeptierte: »Das ich aber gesagt hab, wenn kriegen recht were, wolt ich lieber wieder die vermeinten christen ziehen, welche die fromen christen verfolgen, fahen oder töten, weder wider die türken, ursach: Der Türk ist ein rechter Türk, und weiß vom christlichen glauben nichts, ist ein Türk nach dem fleisch. So wöllent ir christen sein, berümet euch Christi, verfolgen aber die fromen zeugen Christi und sein Türken nach dem Geist.«447 Für Sattler wurde die Türkenfrage also zur grundsätzlichen Anfrage an die Christlichkeit derer, die als die zeitgenössischen Repräsentanten des Christentums galten. Sie sind verächtlicher als der Türke, da dieser vom christlichen Glauben und dessen sittlichen Normen nichts wissen kann. Ein Zielpunkt apokalyptischer Hoffnungsphantasien war der Türke für Sattler allerdings ebensowenig wie für Hubmaier, der freilich ein natürliches Defensionsrecht gegen ihn bejahte. Ihr an der biblischen Offenbarung orientiertes Verständnis des Christentums schloß die Möglichkeit eines nicht durch Schrift, Taufe und Abendmahl vermittelten Zugangs des Türken zum Heil ab ovo aus. 6.4 Hans Hergot Eine eigentümliche Stellung zur Türkenfrage nimmt die bekanntlich von Müntzer, Hut, auch joachimitischen Traditionen448 beeinflußte anonyme Flugschrift Von der newen Wandlung, deretwegen der Nürnberger Drucker Hans Hergot am 20. Mai 1527 in Leipzig geköpft wurde, ein. Der bis heute nicht eindeutig ermittelte Verfasser449 dieser Schrift konstatiert, daß Gott Adel und Schriftgelehrten einen Erfolg (»zu gutt«450) im Bauernkrieg gewährt habe, diese aber »undanckbar«451 gewesen seien. Deshalb habe Gott für das »blut der bawren«, das ihm Adel und Schriftgelehrte »geschencket haben[,] aufferweckt den Turcken mit allen unglewbigen widder sie«452. Der Angriff der Türken erscheint also als Reaktion Gottes auf den Bauernkrieg und das sittliche und politische Versagen der höheren Stände. Die chiliastische Gesellschaftsordnung, von der die Schrift Von der newen Wandlung kündet, wird von einem Chaos der Uneinigkeit und einem Kampf aller gegen alle, in den auch der Papst involviert sein wird453, präludiert. Von einer Verschonung der Auserwählten oder der Getauften in den vom Türken als Zuchtrute Gottes initiierten Schlachten weiß der Verfasser der Newen Wandlung allerdings nichts. Seine vor allem den Armen geltende Verheißung einer friedlichen und gerechten Welt unter der Herrschaft des Heiligen Geistes wird nicht durch marodierende Kleinstgruppen, die die den Türkensturm überlebenden Gottlosen ausrotten werden, sondern durch Wunderzeichen des himmlischen Herren heraufgeführt. Die herausragende Bedeutung, die Müntzer und Hut dem Türken in bezug auf eine Dynamisierung der Endzeitereignisse zugedacht hatten, hatte er in der [Hergot]Schrift verloren.

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6.5 Augustin Bader Ein Fortwirken der von den Zwickauer Propheten, Müntzer und Hut propagierten heilsgeschichtlichen Rolle des Türken wird gegen Ende der 1520er Jahre bei dem Augsburger Täuferführer Augustin Bader und der kleinen Schar seiner Anhänger greifbar. Vielleicht ist es nicht unangemessen, in der prominenten Rolle, die der Türke bei Bader spielte, einen Reflex auf die zeithistorischen Erfahrungen des Jahres 1529, als die Osmanen Wien belagerten, zu sehen, ähnlich der Bedeutung, die den Zeiterfahrungen von 1521 und 1526 für die Ausbildung der apokalyptischen Imaginarien Müntzers und Huts zugekommen sein dürfte. Bader ging demnach davon aus, daß der Türke zu Ostern 1530 mit so großer Gewalt hereinbrechen werde, »das er die gantzen christenheit, und alle gaystliche und weltlich obrigkeit zerstören [werde].«454 Mit der völligen Vernichtung aller weltlichen Ordnung gehe eine Abschaffung aller äußeren Zeremonien, auch der Taufe, einher; nach einer dreieinhalb Jahre währenden Zeitspanne aber werde die »verenderung offenbar«455. Dann werde der Geist über das Fleisch herrschen und sich Frieden auf der ganzen Erde ausbreiten. Diejenigen Völker aber, »es seyen Türgken, Juden, hayden«, die die »verenderung«456 nicht annähmen, würden vernichtet. Die dreieinhalbjährige Leidenszeit verstand Bader als die eigentliche Taufe; wer diese Leidenstaufe überstehe, sei mitsamt aller seiner Nachkommenschaft getauft457. Das chiliastische Friedensreich Baders sollte also aus allen Völkern, auch den Türken, rekrutiert werden; ähnlich dem ›dritten‹ Reich des Heiligen Geistes in der joachimitischen Tradition würde jeder äußere Kult, jede Wassertaufe, hinfällig sein. Bader selbst beabsichtigte offenbar, den Osmanen bei der für Ostern 1530 erwarteten Offensive »mit seinem volck«458 entgegenzuziehen, also wohl entsprechend den Vorstellungen seines Meisters Hans Hut an der Vernichtung der Gottlosen und der Niederwerfung ihrer Herrschaft teilzunehmen. In der Konsequenz der leidenstheologischen Existenzhermeneutik des Müntzererbes Hut und des Huterbes Bader lag es, daß auch der der Leidenstaufe teilhaftig werdende Türke am chiliastischen Friedensreich partizipieren konnte. Eine sich aus der Zugehörigkeit zur christianitas ergebende, durch äußere sakramentale Praktiken begründete Prärogative gab es für Bader nicht mehr.

7. Einordnungen Im Unterschied zu moderateren Stimmen aus dem Täufertum, denen der Türke zum Anlaß einer auf die christliche Gesamtgesellschaft bezogenen Bußparänese wurde, zielten Müntzers, Huts und Baders Deutungen des Türken auf die kleine Schar der Erwählten ab, die die Wirren der endzeitlichen Türkeninvasion überstehen würde und am künftigen Friedensreich teilhabe. Darin unterschieden sich ihre Bewertungen der heilsgeschichtlichen Rolle der Osmanen auch von denen Hoffmans459 oder der Prophetie Ursula Josts460, für die sich im Vorstoß der Türken zwar gleichermaßen das Gericht Gottes vollzog, aber keineswegs ausgemacht war, daß eine Gemeinde von Erwählten seinem Vernichtungswerk entnommen sein sollte. Für die Chiliasten unter den radikalen Reformatoren führte der Türke hin-

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gegen jene heilsgeschichtliche Wende herauf, die mit der definitiven Vernichtung der bestehenden gottlosen Ordnung einsetzen sollte. Als Geißel Gottes züchtigte der Türke nicht nur, um durch Leiden zu erziehen; er vollstreckte vielmehr ein Verdammungsurteil, das Gott über die vermeintliche Christenheit und ihre Schriftgelehrten gefällt hatte. Auf den Türken zu hoffen hieß aber für Müntzer und seine Erben, daß es für sie in der bestehenden christlichen Weltordnung nichts mehr zu hoffen gab. Weil der Türke der »feind«461 der ›real-existierenden‹ Christenheit war, konnte er denen, die dies auch waren, zum Künder jener großen »Veränderung« werden, die Gerechtigkeit und Frieden heraufführte. Für die genannten Voten zur Türkenfrage aus dem »linken Flügel« der 1520er Jahre war gleichermaßen charakteristisch, daß der Türke primär in bezug auf eine spezifische, ihm von Gott übertragene Funktion im Rahmen der apokalyptischen Endzeitereignisse gedeutet wurde. Die schon im späteren 15. Jahrhundert breit einsetzende religions- und kulturkundliche Literatur über den Türken, in der Reisende oder ehemalige Gefangene über die Lebensverhältnisse, Gewohnheiten und rituellen Praktiken, das türkische Militärwesen oder auch die natürlich in der Regel negativ dargestellten Inhalte des Korans berichteten (s. oben Kapitel III. und IV.), spielte in den die zeithistorischen Erfahrungen mit dem türkischen Expansionsdrang theologisch verarbeitenden Deutungen der 1520er Jahre praktisch keine Rolle. Dies begann sich freilich nach der erfolglos abgebrochenen Belagerung Wiens im Jahre 1529 schlagartig zu ändern. Denn nun kamen die Nachdrucke mittelalterlicher Turcica heraus, des Captivus Septemcastrensis etwa462 (Abb. 4; 14; 15), des Ricoldus de Monte Croce463, aber auch einzelne Schriften prominenter Reformatoren wie Luther oder Brenz erschienen nun, Texte also, die – ungeachtet allen tendenziösen Charakters in der antitürkischen Polemik – breite ›informatorische‹ Passagen enthielten, in denen ein christliches Lesepublikum von den beeindrukkenden Aspekten der den Christen vielfach überlegenen Hochkultur der Osmanen erfuhr. Dieses ›Wissen‹ diente in der Regel dazu, die Christen vor den – wie etwa Sebastian Franck formulierte – »weltfrommen«464 Attraktionsmomenten der fremden Kultur zu warnen, zugleich aber auch einzuschärfen, daß ein nicht entschieden fromm und sittlich lebender Christ in keiner Weise besser sei als der Türke. Gegenüber dem Türkendiskurs der 1520er Jahre, in dem Vertreter der radikalen Reformation eine prominente Rolle gespielt hatten, indiziert der dominant bußparänetische Duktus der Turcica seit 1530 also einen grundlegenden Wandel, der freilich zugleich an die vorreformatorischen Traditionen der Türkenwahrnehmung anschloß und das Osmanische Reich primär als Gegner der europäischen christianitas interpretierte. Auch wenn der Türke weiterhin eine integrale Größe innerhalb der apokalyptischen Imaginarien blieb, so traten Phänomene akuter Naherwartung aufs Ganze gesehen eher in den Hintergrund. Insofern bedeutete der »Sieg« der Reformation als einer Restitution gottgewollter Ordnung im Zuge der städtischen und territorialen Konsolidierungsprozesse und der Marginalisierung der »Radikalen« auch einen »Sieg« über den Türken als einen Faktor grundstürzender »Veränderung«465.

VI. Der Türke und die europäische ›Identität‹ Als ›realgeschichtliche‹ Bedrohung und als ideenpolitisches Imaginarium beeinflußte die »Türkengefahr« die internen Auseinandersetzungen und Selbstverständigungsdiskurse des okzidentalen Christentums tiefgreifend und nachhaltig. Im Modus der kulturellen Herausforderung war der Türke zweifellos ein ›Teil‹ der europäischen Welt. Er bildete auch den Anlaß und den Fokus für einen katechetischen Intensivierungsschub im Abendland. Denn im Angesicht der bedrohlichen »türkischen Religion« galt es, Sinn, Wert und Bedeutung der eigenen Religion zu vergegenwärtigen und einzuprägen. Wenn es Sinn macht, von einer ›Christianisierung des Christentums‹466 oder einer »normativen Zentrierung«467 in Gesellschaft und Frömmigkeitstheologie des 15. und 16. Jahrhunderts zu sprechen, dann wohl vor allem im Hinblick auf die fokussierende, Selbstbilder des christlichen Europas generierende Herausforderung durch den Türken.

1. Christliche Selbstvergewisserung Der Siebenbürgener etwa schärfte vor dem Hintergrund seiner »experientia« in der Gefangenschaft und seines zeitweiligen Versagens angesichts der Attraktionsmomente der »türkischen Religion« ein, worin denn die Vorzüge der christlichen Religion gegenüber der türkischen bestünden468. Die sieben Gründe, die für ihn das ›Wesen des Christentums‹ ausmachten und dessen Überlegenheit dokumentierten, waren das Geheimnis der Trinität als Fundament469 der christlichen Religion, die dignitas des kirchlichen »cultus«470, die sanctitas471 der Sakramente, die edlen Tugenden der heiligsten Anhänger dieser Religion472, die sublimitas473 der aus ihr hervorgegangenen Wissenschaftler, vornehmlich der theologischen, schließlich die Fülle der Heil bringenden Verdienste Christi und der Heiligen474 und die Menge der Belohnungen475, derer ihre Anhänger im Gericht teilhaftig würden. Auch wenn Luther (Abb. 17) die inhaltliche Bestimmung dessen, was die christliche Religion für den ehemaligen türkischen Gefangenen aus Siebenbürgen ausmachte, natürlich nicht teilte und er von seinem Verständnis des Evangeliums her zu einer radikalen Neubestimmung der ›christiana religio‹ gelangte476, so folgte er doch dessen Weg, angesichts der im Zuge der türkischen Expansion gewachsenen Gefahren der Apostasie477 die identitätsbildenden geistlichen Waffen des christlichen Glaubens zu schärfen und sein unumstößliches Proprium zu vergegenwärtigen: Der höchste Schutz und die stärkste Waffe aber sei der Artikel von Christus478, »Nemlich das Christus sey der son Gottes / gestorben für unsere sünd / aufferstanden zu unser gerechtigkeit / das die durch den glauben in yn gerecht und der sünd ledig und entlassen / oder absolviert / selig seind ec. Das seind die Donnerschläg / die nit allein Mahometum / sonder auch die pforten der Hellen zerstören.«479

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Einem Christen im Angesicht der Gefahr der türkischen Gefangenschaft legte Luther den katechetischen Elementarstoff, die Zehn Gebote, das Vater unser, das Glaubensbekenntnis480, besonders aber den christologischen Artikel481 ans Herz. An diesem Artikel, so insistierte Luther, »ligts«482; »von diesem artickel heissen wir christen«483; »durch diesen artickel wird unser glaube gesondert von allen andern glauben auff erden, Denn die Jüden haben des nicht, Die Türcken und Sarracener auch nicht, dazu kein Papist noch falscher Christ noch kein ander ungleubiger: sondern allein die rechten Christen.«484 Das Katechismuswissen ist die ›eiserne Ration‹, die einem Christen in türkischer Gefangenschaft auch ohne Prediger und Bücher zu überleben erlaubt. Im Memorieren des katechetischen Stoffes soll sich der Christ den christologischen Artikel in physisch spürbarer Weise einprägen, da er das einzige wirksame Mittel im Angesicht türkischer Anfechtungen und Ärgernisse darstellt485. Die Gefahr der massenhaften Apostasie, die durch die Herausforderungen der »türkischen Religion« in neuartiger Intensität gegeben war, provozierte und ermöglichte doktrinale und katechetische Identitätsmarkierungen und -verdichtungen, die das Gesamtbild des Christentums berührten. Bei römisch-katholischen Autoren spielten allerdings Strategien dieser Art, die auf ein Überleben des »Christentumb[s]«486 des Einzelnen ohne jede institutionelle Struktur und sakramentale Versorgung abzielten, wie es scheint, keine größere Rolle.

2. Mentale Mobilmachung Als Versuch, die mentale Widerstandskraft (Abb. 21) gegenüber »errgernis und anfechtungen«487 durch die »türkische Religion« zu steigern, war die katechetische Elementarisierung und Memorierung zugleich ein Teil der Mobilisierung von Kampf-, Durchhalte- und Leidensbereitschaft in den anstehenden militärischen Auseinandersetzungen. So unstrittig die Legitimität eines Krieges gegen die osmanischen Aggressoren seit Luthers Affirmation eines weltlich-politischen Verteidigungskrieges unter der Ägide der weltlichen Obrigkeit, aber nicht »unter christlichem Namen«488 – also kein Kreuzzug! –, war, so vielfältig waren im ganzen die Begründungsmotive, die für die Kriegsführung aufgewendet wurden. Auch wenn protestantische Autoren eher die Abwehr der Tyrannis und die Barbarei der Türken als Argument für einen gerechten Krieg anführten, katholische Autoren hingegen stärker die religiöse Teleologie eines heiligen Krieges gegen die Ungläubigen bemühten, so lassen sich gleichwohl konfessionsdogmatisch trennscharfe Legitimationsmuster für den Türkenkrieg kaum nachweisen. Denn die Publizistik zur ›Türkenfrage‹ zielte ungeachtet konfessionell spezifischer Haltungen der einzelnen Autoren mehrheitlich darauf ab, die Abwehr der »Türkengefahr« als gemeinchristliche Aufgabe unter der Führung der politischen Obrigkeit, vornehmlich des Kaisers, darzustellen, um transkonfessionelle Mobilisierungeffekte zu erzielen. Der Vorstellung, der Papst habe eine Führungsrolle im Kampf gegen die Türken zu spielen, kam selbst bei römisch-katholischen Autoren kaum mehr eine Bedeutung zu. Die tendenzielle ›Säkularisierung‹ der Türkenfrage, die sich in der Publizistik erkennen läßt, korrespondierte mit ihrer primär politischen Situierung auf der

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Verhandlungsbühne der Reichstage489. Indem das Versagen der verantwortlichen Fürsten und Politiker, konzertierte Abwehrmaßnahmen gegen die Türken zustandezubringen, mittels der Publizistik schonungslos offengelegt wurde, versuchte man ebendiese doch noch zu erreichen490. In der gemeinsamen Aufgabe der Türkenabwehr sollte das Reich zusammenrücken, wurden seine Stände ideologisch zu einer einheitlichen Überzeugungs- und Handlungsgemeinschaft fusioniert. Die Führung sollte beim Kaiser liegen, den man als siegreichen Integrator der universalen christianitas stilisierte; Kaiser Karl, so propagierte man etwa in Liedern, werde nach alten Prophezeiungen die Türken bezwingen, ein großes Heer sammeln und alle Feinde des Kreuzes Christi unterwerfen491. Der auf seine christliche Ritterschaft verpflichtete Adel und die freien Landsknechte – so postulierte man – würden sich diesem Kampf selbstverständlich einfügen492, und auch die Klöster leisteten ihre Beiträge493 für die gute Sache des gerechten Glaubenskrieges. Mittels der Drei-Stände-Lehre kreierten auch römisch-katholische Sozialtheoretiker harmonistische Konzepte einer im Kampf gegen die Türken integrierten christianitas unter der militärischen Führung des Kaisers494, während die Protestanten ihr Engagement für die Türkensteuer ostentativ propagierten495. Als wesentliches ideologisches Integrations- und Mobilisierungsinstrument im Kontext der ›Türkengefahr‹ fungierte das »Vaterland« bzw. das »heilige Reich« oder die deutsche Nation496. Im Horizont der innerchristlichen Dissonanzen und Konflikte der lateineuropäischen christianitas stellte sich die Türkenfrage also als eine Art Katalysator für die Ausbildung eines auf die Nation gegründeten Integrations- und Identitätsmodells dar497. Die Ausbreitung christlicher Elementarliteratur in den slawischen Sprachen, wie sie der Slowene Primus Truber von seinem württembergischen Exil aus systematisch betrieb, zielte darauf ab, »die Türken […] zu Erkenntnis ihrer Sünden und verderbten Natur, zu rechter Buße, zum wahren christlichen Glauben« zu führen, ja schließlich zu der Einsicht zu bringen, »daß ihr machometischer glaub ein falscher, erdichteter, newer teufflischer glaub sey.«498 Die große Bedeutung, die den slawischen Sprachen im Osmanischen Reich – bis auf die Ebene der Hofgesellschaft hinauf – zukam, ließ die Übersetzungspraxis als ein probates Mittel zur Stabilisierung der angefochtenen christlichen oder der Rechristianisierung der ehemals christlichen Bevölkerung in den erorberten Gebieten oder den Grenzregionen erscheinen und diente zugleich als Instrument gemeinchristlicher Integration gegen den ›außereuropäischen‹ Feind499. Durch den Tübinger Theologen Jakob Andreae wurde verbreitet, daß durch Trubers Übersetzungswerk »nicht allein die Kirchen zu Crain [d. i. in der Graftschaft Krain] hefftig erbawen / und zugenommen / sonder auch in Croatien / unnd in der Türckey grossen nutzen geschaffen [wäre] / daß ettlich vil zu dem rechten und seligmachenden Erkenntnuß Jhesu Christi kommen (dar für Gott billich zudancken.)«500 Ernsthaftere Hoffnungen501 auf die Möglichkeit einer erfolgreichen Türkenmission regten sich also – so scheint es – nach einer über ein Jahrhundert währenden Periode der Zurückdrängung der christianitas erstmals im Kontext der von württembergischen Theologen unterstützten südslawischen Reformationspublizistik502.

Kriegsmotive

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3. Kriegsmotive Die vielfältigen Argumente, mit denen in der Türkenpublizistik für den Krieg geworben und mobilisiert wurde, spiegeln Grundmuster des religiösen und kulturellen Selbstverständnisses der zeitgenössischen Christenheit. Einerseits beschwor man die christliche Solidarität mit den Gefangenen des Osmanischen Reiches503, ein Gesichtspunkt, der etwa gegenüber der noch gelegentlich von katholischen Autoren genannten Rückeroberung der Symbolorte Konstantinopel504 oder Jerusalem505 im Verlauf des 16. Jahrhunderts im ganzen eine herausragende Plausibilität gewonnen hatte. Als dominierendes Kriegsziel kann andererseits die Abwehr der türkischen Tyrannis und der Schutz gegen die Barbarei gelten; ungeachtet gelegentlicher Äußerungen des Respekts gegenüber einzelnen Erscheinungen der türkischen Kultur dominierte doch das Bewußtsein einer grundsätzlichen kulturellen Überlegenheit Europas und die Überzeugung, dazu berufen zu sein, ein Bollwerk gegen den Kulturverfall zu bilden506. Der Straßburger Pfarrer Johann Heinrich Rottmann rekapitulierte die Motive einer Kriegsführung gegen die Türken konzis: »Diese ursachen beduncken mich ja wichtig genugsam sein / darzu thun / unnd beweisen / wie notwendig dieser Krieg wider den Türken sey / Die herbe Dienstbarkeit so die Mahometische Herrschafft mit sich bringet / Abbruch der Religion: Nachtheil und schaden der Kirchen / verfinsterung der ehren Christi / undergang der Freyheit / Alles Rechten / und Gerechtigkeit: und entlich der undertruckten Christen stetigs heulen […].«507 Die sittenlose, polygame Regelung der Geschlechterverhältnisse bei den Türken war auch für Luther ein der allgemeinen Vernunft zugänglicher, deshalb Heiden und Christen gleichermaßen mobilisierender Kriegsgrund; denn die »türkische« Mißachtung der Frauen widerspreche der göttlichen Schöpfungsordnung und insofern der Vernunft und führe eine ›Animalisierung‹ des Menschen herbei, der man unbedingt wehren müsse: »So sol das auch einen fromen Christen, ja wol auch einen Erbarn Heidnischen man bewegen [sc. gegen den Türken Krieg zu führen], das so gar keine zucht oder ehelicher stand bey den Mahmetisten, Sondern eitel frey Huren leben da ist. Denn wer nach Mahmets Gesetz so viel Weiber nimpt als er wil, Verstösset sie wider, und nimpt sie wider, so offt er wil, oder verkeufft sie etc., der ist kein Eheman, Sondern ein rechter Hurn wirt oder wilder Hurn jeger. Denn so hat Gott nicht die Weiber geschaffen noch zu halten geordnet, wie uns das uber die vernunfft auch Mose und das Evangelium lernen. Darumb sind solche Mahmetisten eitel Hurn kinder und Hurn volck gleich wie Hunde und Sew hochzeit haben […]. Und kein wunder ist, das zu solchem freien sew leben die Wüsten, wilden leute Lust haben und viel gern Türcken werden.«508 Indem sich der Türke in Hinblick auf die Geschlechterfrage aus religiösen Gründen heraus gegen die Schöpfungsordnung stellte, fiel er – ungeachtet sonstiger, durchaus eindrucksvoller Disziplinierungs- und Ordnungsmomente seiner bösen Herrschaft – wie der Papst auch als Tyrann und Verderber der DreiStände-Ordnung509 aus einem Gottes Willen entsprechenden ›naturrechtlichen‹ Gefüge der schöpfungsgemäßen Weltgestaltung heraus. Der Türke hat insofern als definitiver Feind Gottes zu gelten; ein mit den sonst bekannten Reichen der Welt – auch den Staatsgebilden der Heiden – vergleichbares, prinzipiell legiti-

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mes politisches System stelle das satanische Imperium der Türken keinesfalls dar510. Im Zuge der ideologischen Generalmobilmachung für die Türkenkriege des 16. Jahrhunderts zeichnete sich eine Totalisierung des Konfliktes ab; in jeder Hinsicht, in bezug auf die politische Kultur, das Ethos, die Religion, in bezug auf alles also, was Europa wert und wichtig war, sah es sich in eine unausweichliche, nurmehr militärisch zu lösende Fundamentalkonfrontation mit dem Erbfeind, dem Türken, gestellt. Dieser eine »abstoßende Pol«, der nach dem Untergang Byzanz’ übrig war511, integrierte Europa wie nichts und niemand sonst. Der negative Einfluß der Türken auf die kulturelle Identität des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Europa dürfte kaum zu überschätzen sein512.

VII. Der eschatologische Horizont Die Türkenfrage trug wesentlich dazu bei, daß das ›eschatologische Büro‹ im Denkgebäude der zeitgenössischen Theologie geöffnet war und blieb. Der Türke vermittelte der okzidentalen Christenheit krisenhafte Erfahrungen des Leidens, des Verlustes und der Infragestellung, die innerhalb des theologischen Koordinatensystems vornehmlich als Strafe des der sündigen Christenheit zürnenden Gottes zu deuten und nur durch forcierte Bußanstrengungen zu kompensieren waren.

1. Türkenzug und Plenarablaß Daß der fulminante Aufschwung, den das Ablaßwesen im 15. Jahrhundert nahm – einerseits im Hinblick auf die europaweite Distribution des Gnadenangebotes, andererseits in bezug auf die Ausweitung der in Aussicht gestellten Heilsgaben, vor allem durch die Ablässe für die Verstorbenen513, schließlich hinsichtlich der Standardisierung und medialen Verbreitung mittels des Druckwesens514 – in einem engen geschichtlichen Zusammenhang mit der Türkenfrage stand, ergab sich nicht zuletzt daraus, daß seit 1389, dem Jahr, als ein konföderiertes Heer aus Serben, Bosniern und Bulgaren auf dem Amselfeld im Kosovo den Osmanen515 unterlegen war, die meisten Kreuzzugsbullen gegen die Türken gerichtet waren. Auch Raimund Peraudis bahnbrechend innovative Ablaßkampagnen, die in Deutschland seit den 1480er Jahren durchgeführt wurden, waren primär für den Türkenkreuzzug bestimmt gewesen516. Das komfortabelste Mittel der Heilsvorsorge, der Plenarablaß, war für die okzidentale Christenheit des Spätmittelalters also in religionspraktischer Hinsicht ursächlich bzw. vornehmlich mit der Türkenfrage verbunden, und die geforderten Zahlungen sollten primär der Finanzierung des Türkenzuges dienen. Nicht zuletzt die lange Kette der gescheiterten Türkenzugsinitiativen und die Zweifel über den Verbleib der Ablaßgelder517 trugen zur Plausibilitätskrise des Ablasses wesentlich bei. Dieser Hinweis mag die These rechtfertigen, die Kirchengeschichte des späten Mittelalters und der Reformationszeit sei durch die Türkenfrage nicht nur äußerlich affiziert, sondern in ihrem ›inneren Kern‹, d. h. in bezug auf ihre Lehr- und Lebensgestalten, durch sie berührt, ja tiefgreifend beeinflußt worden. Hinsichtlich der geschichtstheologischen Selbstverortung der Protestanten war völlig unstrittig, daß der ›Aufgang des Evangeliums‹ und die ›Türkenfrage‹ nicht zu trennen waren. Denn Gott pflege jeweils Propheten zu schicken, bevor er ein Volk strafe, um wenigstens einige zu retten518. Auch in bezug auf den äußeren Verlauf der Reformationsgeschichte kann als gesichert gelten, daß es die Türkenfrage war, die die politische Absicherung der Reformation auf Reichsebene bis zum Augsburger Religionsfrieden (1555) entscheidend bestimmte; die protestantischen Reichsstände ließen sich ihre Unter-

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stützung gemeinsamer Abwehrmaßnahmen gegen die Türken nämlich politisch mit temporären Stabilisierungen ihres reichspolitischen Status bezahlen519. Sollte man formulieren: Ohne Türken keine Reformation?!

2. Der Türke und die Heilsgeschichte Im Horizont der »Türkengefahr« stellte sich die Aufgabe einer geschichtstheologischen Deutung und Verarbeitung der Widerfahrnisse; dabei spielten – soweit ich sehe – historische Modelle, die die eigene zeitgeschichtliche Erfahrung in den Rahmen einer seit den Kreuzzügen währenden Beziehungs- und Konfliktgeschichte zwischen ›christlichem Abendland‹ und ›islamischer Welt‹ hineinstellten, eine eher untergeordnete Rolle. Der geschichtliche Deutungshorizont war weniger durch die Weiträumigkeit lang anhaltender Entwicklungen geprägt als durch dramatische ereignisgeschichtliche Zuspitzungen, die auf ein endzeitliches Telos hinführten bzw. dieses vorantrieben und die im Lichte vor allem der apokalyptischen biblischen Traditionen interpretiert wurden. Um 1500 stellten sich die Zukunftsvorstellungen der christianitas, wie es scheint, weitaus weniger finster dar als dies für die von den fortschreitenden Eroberungen der Osmanen gekennzeichneten Zeiterfahrungen der Reformatorengeneration galt. In einem Kommentar zu den Offenbarungen des [Pseudo-] Methodius (Abb. 22), der den Sieg eines griechisch-römischen Heilskaisers über die Söhne Ismaels nach der Geburt des Antichristen in Palästina und der Zerstörung Roms, schließlich – ähnlich Lichtenberger – ein fürchterliches Gericht über den mißratenen Klerus verheißen hatte, findet sich die Vorstellung, daß der Türke am Ende der Zeiten zum wahren Glauben bekehrt werde520. Sebastian Brant, der Methodius seit 1498 mehrfach herausgab521, setzte gezielt Holzschnitte zur Veranschaulichung der Weissagungen ein, um den in ihnen angekündigten Triumph über die Türken vielen Zeitgenossen bekannt zu machen522; der Christenheit stehe ein Sieg über den ›Erbfeind‹ und eine Reformation unmittelbar bevor; sie werde unter der Ägide Kaiser Maximilians erkämpft werden523. Zwischen dem Sieg über den Türken unter der Führung eines christlichen Heilskaisers und dem Jüngsten Gericht werde es noch zur Christianisierung des ganzen Weltkreises kommen524. Zwei Jahrzehnte später, in den frühen 1520er Jahren, rückten die Osmanen näher und es erschien wieder wahrscheinlicher, was bereits um 1480 vorherrschende Stimmung gewesen war: Daß Gott die große Zuchtrute über seinem Volk niedergehen lassen werde525. Im Verlauf des späteren 16. Jahrhunderts zeigte sich auch in bezug auf die Türkenthematik, daß protestantische Autoren gemeinhin apokalyptischem Denken einen größeren Stellenwert beimaßen als römisch-katholische526. Für protestantische, insbesondere lutherische Theologen galt der Türke zumeist als zweiter, als ›orientalischer‹ neben dem ›okzidentalen‹, dem päpstlichen Antichristen; für die Katholiken hingegen war er entweder ein Vorläufer des Antichrists oder der Antichrist selbst, woraus sich eo ipso unterschiedliche ›Hitzegrade‹ apokalyptischer Naherwartung ergaben527. Daß die Zeiterfahrung der osmanischen Eroberungen mit dem Ende der Zeiten bzw. dem Ende der Welt zusammenhing, war schon für den Siebenbürgener selbst-

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verständlich gewesen; die Schreckensbilder der Johannesapokalypse, des Danielbuches und des Ezechiel (vor allem Kap. 38f.; Abb. 23) dienten ihm weniger dazu, Wissen und Einsicht in Einzelheiten des apokalyptischen Fahrplans zu erhalten528, als Furcht zu verbreiten und zur Umkehr zu mahnen. Auch der allgemeine Sittenverfall, die Habgier der Obrigkeiten, die »curiositas«529 in bezug auf die Künste und die eitle Berufung auf die Antike deuteten auf das ›Greisenalter der Welt‹530, doch nichts warnte so eindrücklich wie das blutrünstige Tier: der Türke. Mit den Neudrucken seines Tractatus seit 1530 war dieser apokalyptische Horizont wieder geöffnet. Aus dem Apokalypsekommentar des Joachim von Fiore wußte der ehemalige türkische Gefangene aus Siebenbürgen, daß viele Weltenkinder die ›Zeichen der Zeit‹ ignorierten; mit seinen Worten mahnte er zur Bereitschaft für die apokalyptische Flucht des ›kleinen Häufleins‹ der Gerechten in Wüsten und Wälder531. Die Schreckensherrschaft des vom Teufel aufgestachelten Türken werde immer fürchterlicher werden, und auch in der Christenheit greife die Herrschaft des Teufels immer mehr um sich, so daß man die Christen endlich zu Recht als »Antichristiani«532 bezeichnen werde. Doch der Siebenbürgener formulierte auch, daß die Türken gemeinsam mit ihrem Herrn, dem Teufel, dem Antichristen den Weg bereiten werden, der dann das Maß ihrer bösen Absichten voll machen, alle Verworfenen und Ungerechten in sich vereinen und sich von allen als Gott anbeten lassen werde533. Gemäß der traditionell futurischen Deutung der Antichristgestalt hatte auch Papst Nikolaus V. Sultan Mohammed, den Eroberer Konstantinopels, als »Vorläufer des Antichrists«534 bezeichnet; durch die sehr verbreitete535 Schrift des italienischen Dominikaners Johannes Annius (Giovanni Nanni) Viterbiensis De Futuris Christianorum Triumphis in Saraccenos scheint dann die Auffassung, Mohammed sei der »verus et personalis Antichristus«536, geläufig geworden zu sein. Infolge der Identifizierung des Papsttums mit dem Antichristen, der bis zur Wiederkunft Christi herrschen werde, war freilich das apokalyptische Ablaufprogramm bis zum Ende der Weltzeit für die Reformatoren weiter ›vorgespult‹, oder – wie Seifert formuliert hat: »Die Protestanten lebten heilsgeschichtlich später als ihre katholischen Zeitgenossen.«537 Für die heilsgeschichtliche Deutung des Türken blieb dies nicht folgenlos, denn die Position des ›rechten‹ Antichristen war ja nach Wittenberger Lehre schon seit Jahrhunderten mit dem Papst besetzt; doch Vergangenheit und Gegenwart ließen sich eindeutig im Horizont der biblischen Prophetien deuten, man mußte nur beharrlich ›anklopfen‹. Der entscheidende Schritt zur Einordnung der eigenen Gegenwart in den Verlaufsplan der Endzeitereignisse ergab sich für die Wittenberger Theologen im Horizont des »Türkenjahres« 1529, und zwar durch die Deutung des »kleinen Hornes« aus dem Danielbuch (bes. Dan 7,8.25) auf das Osmanische Reich. Dadurch, daß – wie es scheint zuerst in Melanchthons Vorrede zu seiner König Ferdinand gewidmeten Danielauslegung aus dem Frühjahr 1529538 (Abb. 19) – das weithin wütende, letzte Reich, das aus dem Imperium Romanum hervorgehen sollte, mit dem »saracenisch oder turckisch reich«539 identifiziert und also der Türke in der Bibel gefunden war, ergab sich zwingend, daß das Gericht (Dan 7,26) unmittelbar bevorstand540. Das ›kleine Hörnlein‹, das das mächtigste und letzte der Reiche

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sein sollte, war in Gestalt des Türken in die geschichtliche Wirklichkeit eingetreten541; daraus aber folgte für die Wittenberger unmittelbar, »das der jüngst tag müse für der thür sein.«542

3. Endsieg Aufgrund der Verbindung von Zeiterfahrung und Schriftexegese rückte der Türke in den heilsgeschichtlichen Horizont akuter Naherwartung der Wiederkunft Christi. Durch die Prophetien Daniels schien auch gesichert zu sein, daß dem Expansionsdrang des Türken von Gott eine klare Grenze gesetzt war, denn das ›kleine Horn‹ würde ja nur drei Reiche erobern – nämlich Ägypten, Asien und Griechenland543 –, womit zugleich klar war, daß »der Türke hinfurt kein land des Römischen reichs mehr gewinnen wird, Und was er ynn Hungern und Deutdschen Landen thut, das wird das letzte gekretze und gereuffe sein.«544 Doch diese an sich eindeutige Position, die etwa durch die Aufnahme in Luthers Bibelübersetzung545 geradezu ›kanonische‹ Geltung erlangte, verhinderte nicht, daß auch Lutheraner immer wieder mit der Möglichkeit einer totalen Herrschaft des Türken über ganz Europa rechneten. Nicht zuletzt die von Luther und Melanchthon selbst rezipierte Prophetie des Eisenacher Franziskaners Johannes Hilten, der für die Zeit um 1600 eine totale Eroberung durch die Osmanen angekündigt hatte, leistete dieser Befürchtung Vorschub546. Allerdings bestand die Funktion dieser düsteren Vision einer Turkisierung Europas vor allem darin, Buß- und Kampfmoral anzuspornen und so gerade das, was sie beinhaltete, zu verhindern547. Denn nur, wenn der Türke vielleicht doch nicht unbesiegbar war – und einzelne kleinere Siege der Christen auch vor der Seeschlacht von Lepanto (Abb. 7) legten dies nahe – lohnte es sich ja, gegen ihn zu kämpfen548. Und die ›Entdeckung‹ des Rostocker Theologen David Chytraeus, daß sich auch in den türkisch besetzten Gebieten vielfältiges christliches Leben erhalten hatte, stimulierte die Zuversicht, daß Gott seiner Kirche die Treue bewahren werde549. So paradox es scheinen mag: Daß der Türke die Geißel war, mit der Gott die unbußfertige Christenheit strafte550, verhinderte nicht, strategisch-kalkuliert gegen ihn vorzugehen. Und daß diese Anstürme des Türken dezidiert apokalyptisch gedeutet wurden – gleichviel, ob als Vorläufer des Antichristen, als Teil des »gantzen Antichrist / Mahomet und Papst«551, als Gog und Magog, verbunden mit dem Papst oder dem »Moscoviter«552, änderte nichts daran, daß man ihn immer genauer beobachtete, die Bedingungen seiner Herrschaft und seiner militärischen Erfolge analysierte und die ›große Geschichte‹ seiner endzeitlichen Rolle in die kleine Münze bußparänetischer Disziplinierungsversuche umprägte. Die Apokalyptisierung des Türken ging mit strategischen Pragmatisierungen im Verhältnis zu einer fremdländischen Supermacht einher und trug dazu bei, deren kategoriale Alterität zu sistieren. Die apokalyptische Erregtheit der Lutheraner im Reich, die deutlich über die der Katholiken hinausging, wurde allerdings durch die vorherrschende Interpretationsgestalt der Vier-Monarchien-Lehre gerahmt und eingehegt; demnach be-

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stand die vierte, die römische Monarchie fort, von der nurmehr Deutschland und »Welschland«553 nicht türkisch waren. Gegen Historiker wie Albert Krantz und Jean Bodin, die die seit Hieronymus554 geläufige Deutung des vierten Weltreiches als des römischen bestritten555, insistierten die Lutheraner darauf, daß sich die türkischen Eroberungen im Rahmen des bis zum Ende der Geschichte bestehenden vierten und letzten Imperiums, eben des römischen, bewegten. Dem vierten werde kein fünftes Weltreich folgen; die Jetztzeit war definitiv Letztzeit, und bevor der Türke das Imperium Romanum zur Gänze unter seine Gewalt gebracht haben würde, träte der Jüngste Tag ein. Angstvolle Phantasien eines ›Untergang des Abendlandes‹ waren also im Horizont des apokalyptischen Deutungsrahmens der Vier-Monarchien-Lehre relativiert und entschärft. Lutherische Apokalyptik leistete keinem Ordnungsverlust Vorschub, sondern stabilisierte die bis zum Ende der Zeiten bestehende Schöpfungsordnung556. Das Ende des Türken würde das Ende der Welt sein – dies war gewiß. Dann werde es zu einer definitiven Überwältigung dieses grimmigen Christusfeindes kommen (Abb. 24), sei es durch Vernichtung im Gericht, sei es durch Bekehrung557. Vom Ende her war die in sich gespaltene, bedrängte, sich unterlegen fühlende christianitas ihres Sieges gewiß. Solange diese Gewißheit bestand, war dem »clash« der Zivilisationen und der Religionen eine Grenze gesteckt.

VIII. Spätmittelalter – Reformation – Konfessionelles Zeitalter: Epochenfragen im Spiegel der »türkischen Herausforderung« Die sei es ›reale‹, sei es ›gefühlte‹ Bedrohung durch den »gnadenlosen und blutrünstigen Barbaren, der im Blut der Christen badet«558, bildet ein dominierendes Hintergrundthema, das die europäische Geschichte für ca. drei Jahrhunderte, vom späten 14. bis zum späten 17. Jahrhundert, begleitete. Erst nach dem Sieg der vereinigten christlichen Truppen bei der türkischen Belagerung Wiens am 12. September 1683559 schien der Bann einer dauerhaften »Bedrohung« gebrochen. Seit dem späten 14. Jahrhundert hat es wohl keine Generation von Mittel-, Ost- und Südosteuropäern gegeben, in deren Lebensspanne nicht Ereignisse und Nachrichten gefallen wären, die mit militärischen Auseinandersetzungen zwischen christlichen und osmanischen Heeren direkt oder indirekt zusammenhingen. Unter den Elementen, die den kollektiven Erfahrungszusammenhang des vormodernen Europas bestimmten, kommt dem »Türken« in der janusköpfigen Gestalt einer ›realen‹ und einer ›imaginierten‹ Bedrohung eine Schlüsselrolle zu.

1. Der Türke und die »Globalisierung Europas« Bei der fieberhaften Suche eines ›Seewegs nach Indien‹, die auch vom Geist der Reconquista inspiriert war560, war der »Türke« als negative Antriebskraft präsent. Die sich aus der gigantischen Expansion des Osmanischen Reiches ergebenden Blockaden des Asienhandels einerseits, die Suche nach Verbündeten des Christentums im sagenumwobenen Reich des Priesterkönigs Johannes561, also »im Rücken der Muslime«562, bei den »unmittelbaren östlichen Nachbarn der Osmanen«563, andererseits, die Hoffnung mithin, »Christen und Gewürze«564 zu finden, provozierten und stimulierten jenen vielschichtigen, aus einer Fülle technischer, mentaler, sozialer und politischer Bedingungs- und Ermöglichungsfaktoren gespeisten Prozeß der »Globalisierung Europas«565, dessen Auswirkungen nur mit der Dimension des ›Welthistorischen‹ angemessen zu taxieren sind. Der Gegensatz zur osmanischen Supermacht war ein allgegenwärtiges Moment des politischen, ökonomischen, kulturellen und religiösen Lebens der abendländischen christianitas, die sich über dieser Opposition allererst als höchst fragile, ja spannungsreiche ideologische, politisch freilich handlungsunfähige ›Einheit‹, als »Europa«, fand und erfand. Doch zu einem dynamischen Faktor der europäischen Politik und zu einem zentrierenden Thema der gesellschaftlichen und religionskulturellen Debatten wurde der »Türke« erst im 16. Jahrhundert, im Zeichen der Herrschaft Suleimans des Prächtigen566. Mit seiner Regierung erreichte die von seinem Vater Selim I. forcierte Politik der Konsolidierung im Inneren und

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der Expansion in Richtung Westen eine neue Qualität. Nach der Niederschlagung einer schiitischen Opposition, die sich gegen die sunnitische Staatsreligion der osmanischen Herrscher gerichtet und die Verbindung mit den persischen Safawiden gesucht hatte, waren 1514 große Teile Aserbeidschans und des Irak in Selims Hände gefallen. 1517 zerschlug der ›türkische Kaiser‹ das Reich der Mamluken, besetzte ihre Hauptstadt Kairo und gliederte Palästina, Ägypten, Syrien, den Libanon und die heiligen Stätten des Islams, Mekka und Medina, seinem Reich ein. In demselben Jahr, in dem die Einheit der lateinischen christianitas mit Luthers Bann und des Wittenbergers Exkommunikation des Papstes567 zerbrach, 1520, trat Suleiman (Abb. 9) das Erbe seines plötzlich verstorbenen Vaters an und übernahm ein innerlich konsolidiertes Reich mit einem in kurzer Zeit mehr als verdoppelten Reichsterritorium, mit gewaltig verstärkten materiellen und personellen Ressourcen und mit einem durch den Besitz der heiligen Stätten auch religiös gestärkten Sultanat568. Der in Luther aufgebrochene kirchlich-religiöse Gegensatz, der fortan einen entscheidenden politischen Faktor im Alten Reich darstellen sollte, verstärkte eine »abwartende und ausweichende Haltung der Reichsstände«569 gegenüber allen Entscheidungsfragen, die die Gefahr einer Stärkung der kaiserlichhabsburgischen Macht in sich bargen. Gegenläufig zur dynamischen Herrschaftszentrierung im Zeichen des Halbmondes war die zentraleuropäische Politik seit den 1520er Jahren vom habsburgisch-französischen Antagonismus bestimmt, der sich in militärischen Konflikten entlud oder zu diplomatischen Verwicklungen führte, die konzertierte Abwehrmaßnahmen gegen die Osmanen verhinderten oder diesen, sofern sie zustande kamen, enge Grenzen steckten. Der französische König Franz I. knüpfte politische Verbindungen mit dem türkischen Sultan, um die Habsburger im Osten zu binden und dadurch Vorteile in Oberitalien zu erlangen. Seine Unterstützung für Johann Zápolya, den Woiwoden von Siebenbürgen, der von den antihabsburgischen Magnaten nach dem Tod des ungarischen Königs Ludwig in der Schlacht von Mohács (1526) auf den ungarischen Königsthron gehoben und als vasallitischer Herrscher von Suleimans Gnaden den Ansprüchen des habsburgischen Erbherrn Erzherzog Ferdinand entgegentreten war570, leitete die französisch-türkische Allianzpolitik der 1530er Jahre ein und folgte primär antihabsburgischem Kalkül. Die Mobilisierung einer gemeinabendländischen Türkenabwehr unter der Führung des Kaisers, zu der auch Luther seit der Bedrohung Wiens (1529) seinen Beitrag leistete, scheiterte nicht an der durch die Reformation aufgebrochenen religiösen Dissonanz, sondern auf internationaler Ebene primär am machtpolitischen Gegensatz zwischen den Habsburgern und Frankreich, auf der Ebene des Reiches aber an der strukturellen Polarität von kaiserlich-zentralistischen und ständischföderalen Herrschaftselementen und -interessen571. Eine gemeinsame anti-osmanische und insofern antiislamische Politik der führenden christlich-katholischen Mächte hat es im 16. Jahrhundert nicht gegeben. Der Widerspruch zwischen religiös-propagandistischer Rhetorik und politisch-ökonomischer Pragmatik im Verhältnis zum Osmanischen Reich klaffte tief und prägte die ambivalente Haltung »der« christianitas gegenüber »dem« Türken572.

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2. Türkengefahr und frühe Reformation Suleimans militärische Vorstöße der 1520er Jahre – die Eroberung Belgrads (1521), die Einnahme Rhodos’ (1522), die Schlacht von Mohács (1526) und die Belagerung Wiens (1529; Abb. 25) – waren für die äußere und innere Geschichte der Reformation keineswegs belanglos. Eine für viele Zeitgenossen kaum vorstellbare573 Präsenz der Bedrohung hatte in Mitteleuropa Einzug gehalten und die »löbliche stad Wien« und mit ihr das Reich erfahren lassen, »das sie nicht papiren Türcken hüte / inn einem fastnacht spiel gesehen / sondern das sie von Solimani kriegs volck besuchet«574 worden war. Der sich aus diesem Umstand der Präsenz der Bedrohung ergebende geschichtstheologische Deutungsbedarf sollte ein wichtiges Thema des Reformationsjahrhunderts bilden. In bezug auf die frühe reformatorische Bewegung wirkte die »Türkengefahr« zum einen als Moment der Dynamisierung und Plausibilisierung. Denn sie bestätigte, daß Gott die Strafrute über der verkommenen Christenheit niedergehen ließ, daß das Ende der Geschichte nahe und daß der von Luther ausgehende Bußappell einer Umkehr zum Evangelium das ultimativ letzte endzeitliche Gnadenangebot Gottes sei. Während altgläubige Theologen den Sieg der Türken bei Mohács als Folge der lutherischen Ketzerei deuteten575, sah Luther selbst darin ein Strafhandeln Gottes an der sich gegenüber dem »Evangelium« verschließenden Papstkirche576. Die geschichtliche Erfahrung von 1526 mochte für die Anhänger der Reformation Luthers mit prophetischer Wucht artikulierte Kritik am zeitgenössischen Kirchenwesen plausibilisieren; Luthers Gegnern lieferte sie einen abermaligen Beweis dafür, daß der vom Teufel getriebene Ketzer die Ursache vieler Übel und unermeßlichen Leides sei. Die Durchsetzungskraft der reformatorischen als einer apokalyptischen Bewegung dürfte durch die äußere Bedrohung und ihre strittige Deutung zum einen im ganzen also gesteigert worden sein. Die bedrohliche Präsenz des Türken und der Erwartungshorizont des definitiven Sieges Gogs und Magogs stimulierte zum anderen aber die interne Polarisierungsdynamik der reformatorischen Bewegung, denn sie lieferte den ›Radikalen‹ der Reformation Motive für die definitive Abkehr von der bestehenden Gesellschaft bzw. ihrer utopisch-chiliastischen Überwindung und evozierte Hoffnungen auf die Vernichtung der »Türken« im eigenen Land, der Bauernschinder, der ›großen Hansen‹, der feudalen Unterdrücker. Für einige der ›Radikalen‹ war der Türke eine revolutionäre Potenz, derer sich Gott jetzt am Ende der Tage bediente. Der geradezu explosive Pluralisierungsschub, der die reformatorische Bewegung im Verlauf der 1520er Jahre erfaßte, ist vor dem Hintergrund krisenhafter gesellschaftlicher Destabilisierungserfahrungen zu interpretieren, die auch mit der »Türkenangst« einhergingen oder von dieser angetrieben wurden. Das traditionelle religiöse Mobilisierungsprogramm der Türkenabwehr, der Türkenkreuzzug bzw. der Ablaß zugunsten desselben, hatte aufgrund seiner praktischen Wirkungslosigkeit oder Schwäche, die bereits vor der Reformation unverkennbar war, und seiner theologischen Delegitimierung im Zuge der Reformation nurmehr eine geringe Plausibilität, selbst in denjenigen Milieus, die dem »alten Glauben« verbunden blieben. Auch ein Erasmus von Rotterdam sah in den Erfol-

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gen der Osmanen eher einen Anlaß zur Selbstkritik der christianitas als daß er die Fanfaren zum Kreuzzug geblasen hätte. Gerade in derjenigen historischen Situation also, in der die »Türkengefahr« am bedrohlichsten war, in den 1520er Jahren, waren die politischen Kräfte und die religiösen Potentiale, die eine gemeinsame Abwehr der Türken ermöglicht hätten, besonders schwach und umstritten, entbehrten breiterer Zustimmung oder waren mit Zweifeln an der moralischen Überlegenheit der Christenheit gegenüber dem Türken durchsetzt. Lediglich dies schien eindeutig, daß es vor allem den weltlichen Obrigkeiten oblag, bei der Abwehr der Türken voranzugehen. Auf dem Höhepunkt der Bedrohung, im historischen Umkreis der Belagerung Wiens, trat auch Luther unüberhörbar vernehmlich zugunsten einer gemeinchristlichen militärischen Operation unter der Führung des Reichsoberhauptes ein. Daß die Päpste im Rahmen der Türkenabwehr eine prominente Rolle hätten spielen können oder sollen, war auch außerhalb Wittenbergs keine Idee mehr, der man zündende Wirkungen zugetraut hätte. Allein an der Reformation lag dies schwerlich, wohl eher daran, daß Erwartungen, die jahrzehntelang durch die Türkenzugspropaganda geweckt worden waren, keine überzeugenden Ergebnisse gezeitigt und wohl nicht unerheblich dazu beigetragen hatten, den Glauben an die geistliche Seriosität und die moralisch-politische Effizienz des Ablaßwesens zu erschüttern577. Manches spricht dafür, daß sich der ›Erfolg‹ der reformatorischen Bewegung auch von krisenhaften Plausibilitätsschwächen des überkommenen Kirchenwesens her erklärt, die am sichtbarsten hervortraten, als die »Bedrohung Europas« durch die Türken am größten und akutesten war.

3. Gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen der Türkengefahr und dem Erfolg der frühen Reformation? Das ›Ereignis‹ Reformation ist primär von seinem engsten historischen Kontext, nicht von längeren theologie- oder strukturgeschichtlichen Kontinuitäts- oder Diskontinuitätslinien her zu verstehen. Für die mentale Situation der frühen 1520er Jahre im Alten Reich war das Bedrohungsszenario durch den Türken dabei von zentraler Bedeutung. War es auch die Verzweiflung darüber, daß das überkommene Kircheninstitut zu dieser drohenden Gefahr wenig an überzeugenden Deutungen und glaubwürdigen Handlungsangeboten zu bieten hatte, die die Menschen für eine Theologie des unerbittlichen Sündenernstes, der von Gott gewährten Buße und des unbedingten Heilszuspruches eines Gottes, der hier und jetzt, durch sein Gerichts- und sein Heilswort in der Geschichte handelte, empfänglich machte? War die »Türkenangst« einer der Zuchtmeister des reformatorischen Evangeliums? Evozierte die Angst vor dem finis christianismi jenes Interesse an einem neuen Zugang zum alten Glauben und seiner heiligsten, ›authentischen‹ Urkunde, der Bibel, den die Protagonisten der reformatorischen Bewegung und vor allem ihr wichtigster Exponent, der Wittenberger Augustinermönch Martin Luther, anzubieten hatten? Der Synchronie zwischen der akutesten Türkengefahr in Europa und dem rasanten Erfolg Luthers und der reformatorischen Bewegung578 hätte, wenn man

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diese Fragen bejaht, ein innerer Zusammenhang entsprochen. Angesichts des immer wahrscheinlicher werdenden Niedergangs des Christentums wäre eine im Namen des Evangeliums auftretende Glaubenspropaganda attraktiv geworden, die mit den etablierten Repräsentanten der Christenheit schonungslos ins Gericht ging und einen Weg aufzeigte, des eigenen Seelenheils unabhängig von dem korrumpierten Kirchentum und seinen selbstsüchtigen Repräsentanten innezuwerden: den Weg des Glaubens. Insofern hängen Türkenfrage und Reformation nicht nur äußerlich und in dem Sinne zusammen, daß die politischen Verhandlungen über die Türkenhilfe auf der Ebene des Reichstages die Habsburger zu zeitweiligen Zugeständnissen gegenüber den protestierenden Reichsständen oder zur Zustimmung zum Gebrauch dissimulierender Kompromißformeln genötigt hätten, die das Erstarken der reformatorischen Bewegung und die Durchsetzung und Etablierung reformatorischer Maßnahmen ermöglichten579. Sondern es besteht auch ein innerlicher Zusammenhang: Die Erfolge des Türken offenbarten die krisenhafte Schwäche des »corpus christianum« und machten manchen Zeitgenossen für eine Interpretationsgestalt des christlichen Glaubens empfänglich, die nicht weniger als eine Erneuerung aus seinem ureigensten Fundament und damit eine Rechristianisierung der christlichen Gesellschaft anstrebte. Beides zugleich also: die externen Herausforderungen durch die fremde Religion und die internen Plausibilitätsdefizite des eigenen Kirchenwesens begünstigten den Erfolg des reformatorischen Programms christlicher Identitätsvergewisserung.

4. Zur periodisierungskonzeptionellen Einordnung der Reformation Von der »Türkenfrage« her ergeben sich einige instruktive Überlegungen für die periodisierungskonzeptionelle Einordnung der Reformation. Die Absage an den Türkenkreuzzug und der Appell, den »Türken« im eigenen Lager zu identifizieren und zu bekämpfen, weist Analogien zu einschlägigen Äußerungen spätmittelalterlicher »Ketzer« auf. Auch die apokalyptischen Bewertungen des Türken als Gog und Magog oder als Teil jener antichristlichen Macht, die am Ende der Zeiten die kleine Schar der Getreuen Christi in ungekannter Weise bedrängen werde, war in einigen Strängen der vorreformatorischen Tradition bekannt. Nicht zuletzt, daß man die mit dem Türken und seiner attraktiven und überlegen scheinenden Kultur verbundene Herausforderung als Anlaß verstand, das proprium christianum präzis zu erfassen und in elementarisierender Verdichtung zu reformulieren, läßt sich bei spätmittelalterlichen Autoren belegen. Wichtige Publikationen reformatorischer Autoren stellten sich gezielt in eine Kontinuität mit der vorreformatorischen Tradition der lateineuropäischen christianitas: Mit Luthers lateinischer Neuausgabe des Georgius von Ungarn, der deutschen Übersetzung dieser Schrift durch Sebastian Franck, mit Luthers Übersetzung der Confutatio Alcorani des Ricoldus de Monte Croce, mit Johann Lauterbachs Ausgabe der Confusio sectae mohammedicae, schließlich mit Biblianders Edition der Koranübersetzung Robert von Kettons und des Corpus Toletanum kamen Schriften und Texte in den Druck, die tief im Mittelalter verwurzelt waren und denen die

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Reformatoren, ungeachtet mancher Dissonanzen im Verhältnis zu Theologie und Frömmigkeit dieser Quellen, wichtige aktuelle Orientierungsfunktionen in bezug auf die fremde Religion zuerkannten. Mit der Publikation vorreformatorischer islamkritischer Texte dokumentierten die Reformatoren zugleich, daß die Behauptungen römischer Kontroverstheologen, die Protestanten konspirierten mit den »Türken«, lehnten einen militärischen Widerstand gegen sie ab oder seien für deren Erfolge verantwortlich, in die Leere gingen. Insofern bestätigt gerade der reformatorische Rückgriff auf die vorreformatorische Tradition, die protestantische »reinvention of tradition«, daß die von Gegnern und Anhängern der Reformation geteilte Einschätzung eines tiefgreifenden ›Umbruchs‹ ein nicht inadäquates Interpretationskonzept des historischen Vorgangs Reformation darstellt. Die Protestanten im Reich entfalteten ein unverhältnismäßig größeres publizistisches Engagement – auch in der Türkenfrage – als ihre kontroverstheologischen Gegner, und sie griffen dabei viel früher und viel konsequenter als diese auf mittelalterliche Texte zur Abwehr der türkischen Religion zurück. Daß sich der lutherische Pfarrer Salomon Schweigger, der 1616 die erste deutsche Koranübersetzung publizierte, angesichts der Literaturflut zur »türkischen Religion« umständlich mit dem Vorwurf auseinandersetzen zu müssen meinte, daß es seines Buches gar nicht bedürfe, da ohnehin schon ein breites ›Wissen‹ über die türkische Religion in der Öffentlichkeit vorhanden sei580, bezeugt die Präsenz des Türkenthemas in seiner Weise. Die reformatorischen Publikationsstrategien in bezug auf die Turcica haben eine gewisse Parallele in der frühreformatorischen Publizistik zur »Judenfrage«: Unmittelbar nach der Veröffentlichung von Luthers bahnbrechender Schrift Daß Jesus Christus ein geborener Jude sei gaben einige seiner Anhänger mit dem Lehrbrief eines Rabbi Samuel, der in lateinischen und deutschen Ausgaben erschien, einen der verbreitetsten spätmittelalterlichen Texte zur »Judenfrage« heraus581. Sowohl in bezug auf die Juden- wie in Hinblick auf die Türkenfrage wurde also der radikale kirchenkritische Impetus der frühen Reformation – die Polemik gegen eine Bekehrungspolitik, die vom Evangelium nichts wußte, hier, die Absage an den Kreuzzug, dort – mit der Verbreitung bekannter vorreformatorischer Schriften verbunden. Man rekurrierte auf Traditionen und stellte sich in Kontinuitäten, um den ›Umbruch‹, das ›Neue‹ der Reformation, zu legitimieren und annehmbarer zu machen. Neu waren also nicht die Texte, sondern die Entschiedenheit, mit der man sie in die Öffentlichkeit der litterati und der semi-docti, der Leser lateinischer und deutscher Drucke, zog. Neu war nicht eigentlich die theologische Bewertung der »türkischen Religion«, sondern die Nachdrücklichkeit, mit der jedem Christenmenschen ermöglicht, ja zur Pflicht gemacht werden sollte, sich selbst zu informieren und in sich selbst ein Bollwerk gegen die »teuflischen Verführungen« der »türkischen Religion« und ihres schwächeren Abglanzes, der ›papistischen‹ Religion, zu errichten. Neu war mithin das mit dem Theologumenon des allgemeinen Priestertums der Gläubigen582 gegebene Anliegen, den Zustand zu überwinden, daß »pfaffen, muenich, leyen unternander feynder worden seyn, dan Turcken und Christenn«583. Neu war der Verzicht darauf, das, was als religiöse »Lüge« erschien, zu unterdrücken bzw. durch ein institutionelles Kontrollsystem gelehrter Refutatoren re-

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gulieren und kanalisieren zu lassen. Die durch Katechisierung sicherzustellende Urteilsfähigkeit jedes Christenmenschen unterlief die ständisch-sakralhierarchische Fundamentalunterscheidung von clerici und laici, die das vorreformatorische Kirchenwesen und seine Ekklesiologie tiefgreifend geprägt hatte. Neu an der reformatorischen Umgangsweise mit der fremden Religion der Türken war also letztlich das Vertrauen in die Selbstdurchsetzungskraft der ›christlichen‹ Wahrheit bzw. Christi und seines eigenen Wortes, auch an und gegenüber der ›teuflischen‹ Verblendung und Unwahrheit der Lehre Mohammeds. Der seitens der Reformatoren im Namen des Evangeliums vollzogene Bruch mit der Papstkirche bedeutete also keinen Bruch mit der Tradition der lateineuropäischen christianitas, sondern ging mit der offensiven Inanspruchnahme von Traditionsbeständen einher, die man für hilfreich und nützlich hielt. Insofern stellt die Reformation auch eine spezifische Aneignung, Erneuerung und Fortsetzung des Mittelalters dar, die bis weit ins konfessionelle Zeitalter hinein nachwirkte. Im Verhältnis zu den nicht-christlichen Religionen Judentum und Islam steht die Reformation zugleich in Kontinuität und Diskontinuität mit dem Spätmittelalter. Die Momente der Diskontinuität oder des ›Umbruchs‹ haben allerdings ihren Fokus in der Bewertung der Papstkirche: Man verwirft eine auf äußerliche Taufbekehrungen abzielende, das im Alten Testament enthaltene Christuszeugnis gering achtende Umgangsweise mit den Juden und eine mit dem Erwerb verdienstlicher merita verbundene Kreuzzugsideologie im Kampf gegen die Türken. Es sind dies also frömmigkeitspraktische, religiöse Haltungen aktualisierende Handlungs- und Deutungszusammenhänge, gegenüber denen die Reformatoren mit der Papstkirche brechen. Dies läßt die Frage berechtigt erscheinen, ob es angemessen ist, den reformatorischen »Systembruch«584 »wurzelhaft« als »ein theologisches Ereignis«585 zu bestimmen, so unbestreitbar zutreffend es sein dürfte, »in der Alleinwirksamkeit, insbesondere in der schenkenden Barmherzigkeit Gottes« Luthers »initia«, ja vielleicht sogar den »archimedischen Punkt« des »gesamten Glaubens- und Weltverständnisses« der »Reformation«586 zu identifizieren. »Wurzelt« die »Reformation« in einer theologischen Erkenntnis? Stellt sie sich also als abgeleitetes, aus einem theologischen Nucleus ›erwachsendes‹ Phänomen dar? Gründet der »Systembruch« in einer Idee, deren Praxis dann die »Reformation« ist? Oder ist es sinnvoll, den Begriff der »Reformation« in einem anderen Sinne zu verstehen als nach Maßgabe des Kausalnexus von theologischer Erkenntnisursache und religiös-kirchlicher Handlungsfolge, eines Kausalitätsschemas, das letztlich das Problem des Verhältnisses zwischen den »initia Lutheri« und den »initia reformationis«587 in ein historisches und sachliches Nacheinander auflöst? Um die Reformation jenseits des in der biologistischen ›Wurzelmetapher‹ implizierten Ursache-Wirkung-Zusammenhangs zu verstehen, ist die Vorstellung eines »mit der Einseitigkeit des Theologiehistorikers«588 legitimierten theologischen ›Prae‹ in der Bestimmung der »Reformation« zu verabschieden. Zum ›Reformator‹ wurde Luther nicht als theologischer Denker, sondern als publizistischer Täter, der sein theologisches Denken öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen verstand. Dieser ›Täterschaft‹ wohnte eine eigene Dynamik inne, die sich aus dem Korrelationszusammenhang der jeweiligen situativen Herausforderungen (trial) und der Umgangsweise mit diesen Herausforderungen (response) ergab. An

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Luthers frühen öffentlichen Äußerungen zur Türkenfrage läßt sich dies exemplarisch veranschaulichen. In den im Sommer 1518 erschienenen Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute589 war Luther in der auslegenden Begründung seiner fünften Ablaßthese en passant auf den »Türken« zu sprechen gekommen. In Erläuterung der These, der Papst könne nur diejenigen Strafen (poenas) erlassen, die in seiner Verfügungsgewalt stünden oder durch das kanonische Recht auferlegt seien590, stellte Luther fünf Gruppen von Strafen zusammen, die Gläubige erleiden könnten: 1. die ewige Höllenpein der Verdammten, 2. die Fegefeuerstrafe, 3. die freiwillig übernommene, evangelische Bußstrafe zur Abtötung der Begierden, 4. die Strafe der göttlichen Zuchtrute, mit der Gott in Gestalt geschichtlicher Ereignisse oder kosmischer Katastrophen ›Buße predigt‹ und 5. die kanonischen, von der Kirche angeordneten, insofern auch durch das Schlüsselamt zu lösenden Strafen591. Im Zusammenhang mit dem vierten Straftypus führte Luther aus, daß Pestilenz, Krieg, Aufruhr, Erdbeben, Mord, Türken und Tataren592 Gottes Zuchtruten und Geißel seien; kein Christ könne dies leugnen593. Er begründete diese These mit einem jesajanischen Wehewort (Jes 10,5) über Assur, das Gottes Zornesrute und seines Grimmes Stecken sei. Diese These, Gott bediene sich der Ungläubigen, um sein eigenes Volk zu strafen, bot Luther dann den Anlaß für eine kirchenkritische Aktualisierung: Viele und Mächtige in der Kirche träumten heutigentags von Kriegen gegen die Türken, kämpften also lieber gegen die göttliche Zuchtrute, mit der Gott die Sünden strafe, als gegen die Missetaten selbst. In der zuspitzenden Logik der Lutherschen Argumentation bedeutete dies einen Kampf gegen Gott selbst, der mit der Zuchtrute des Türken die Missetaten der Christen heimsuchen wolle594. Diese Bemerkung über die Türkenkriege stellt nichts anderes als die provokativ-aktualisierende Konsequenz der straftheologischen These dar, daß sich Gott militärischer ebenso wie Naturkatastrophen595 bediene, um Strafen zu verhängen, die nicht in die Vergebungsvollmacht des kirchlichen Rechtsinstituts fielen. Daß Luther mit dieser Äußerung ein prinzipielles Defensionsrecht der christianitas gegen die Türken mitnichten bestreiten wollte, geht aus einer anderen Bezugnahme auf die Türken in den Resolutiones eindeutig hervor596. Bei der Rezeption dieser zuspitzenden Bemerkungen zum Türkenkrieg in der Bannandrohungsbulle Exsurge Domine597 wurde natürlich auf die Berücksichtigung des straf- und bußtheologischen Begründungszusammenhangs verzichtet und Luthers These als grundstürzende Bestreitung eines Widerstands- und Verteidigungsrechtes gegen die Türken anathematisiert. In seinen Repliken auf die Bannandrohungsbulle (Ende 1520 / Anfang 1521; Assertio omnium articulorum; Grund und ursach aller Artikel)598 lieferte Luther nun ausführlichere Begründungen für seine Absage an den Türkenkrieg, und zwar einerseits – so in der lateinischen Schrift – unter Hinweis auf die Erfolglosigkeit aller militärischen Anstrengungen gegen die Türken, die beweise, daß Gott ihn als Zuchtrute zur Bestrafung unserer Missetaten erwählt habe599, andererseits – so in der deutschen und der lateinischen Version600 – in scharfer Polemik gegen die antichristliche römische Kurie, die sich am Türkenablaß bereichere und ein tyrannisches Regiment errichtet habe, das »erger« sei »dann der Turck«601.

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War die Antitürkenkriegspolemik zunächst ganz darauf ausgerichtet gewesen, den Bußernst der sündigen Christenheit, die nicht wahrhaben wolle, daß Gott sie durch den Türken straft, zu steigern, so rückte infolge des Banns die Ablaßproblematik, die römische Bereicherung, die Seelenmörderei des Antichristen, dominierend in den Vordergrund602. Daß diese Akzentuierung in der volkssprachlichen Version noch viel deutlicher als in der lateinischen hervortritt, offenbart, daß Luther hier besondere Mobilisierungspotentiale voraussetzte und den Einsatz agitatorisch-demagogischer Mittel nicht scheute. Diese zweifellos in theologischen Grundüberzeugungen fundierte Handlungsdynamik Luthers, die antikuriale Gesinnungen seit 1520 gezielt aufnahm und programmatisch verdichtete, bildete die Basis dafür, daß eine »reformatorische Bewegung« entstand und in eine »Reformation« einmündete. An der Türkenfrage zeigt sich exemplarisch, daß es die Applikation eines kirchlicherseits völlig unbestrittenen, biblisch fundierten straftheologischen Grundaxioms auf die gegenwärtige Kirche war, die provozierend wirkte und nach dem Eintreten des Bannes explosive Potentiale freisetzte. Das Ketzerurteil über Luther hat jene ›Verdichtung‹ erzeugt, die seinen theologischen Gedanken kirchen- und gesellschaftsverändernde Sprengkraft verlieh. Zum Reformator wurde Luther, weil er zum »Ketzer« geworden war. Auch den radikalreformatorischen Positionen in der Türkenfrage dürfte Luther den Boden bereitet haben; ähnlich wie in bezug auf die Lehre vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen, die Tauf-603 und die Abendmahlstheologie604 ist damit zu rechnen, daß der Luther der Jahre 1519/20 in Hinblick auf die Türkenfrage der Ausgangspunkt, der Anlaß oder das Stimulans eigenständiger Interpretationsgestalten und Aneignungen ›reformatorischer Theologie‹ geworden ist605. Auch im Lichte der Türkendiskussion stellt sich das Jahrzehnt zwischen ca. 1520 und ca. 1530 also als ein besonderer Zeitraum dar, und zwar: 1. weil auch reformatorische Autoren und Publizisten erst seit 1530 verstärkt auf vorreformatorische Turcica zurückgriffen und sich an ihrer Verbreitung beteiligten, 2. weil die Absage an eine militärische Option in der Türkenfrage, mit der Luther in die Debatte eingetreten war, erst im Laufe der späteren 1520er Jahre in die ›radikalen‹ Milieus der reformatorischen Bewegung abwanderte und 3., weil sich von den 1530er Jahren an weithin einheitliche Verhaltensoptionen des kirchlichen Protestantismus in der Türkenfrage durchsetzten, die keinen Zweifel an einer Beteiligung der Protestanten am Türkenkrieg ließen. Auch darin, daß katholische Kontroverstheologen noch im späteren 16. Jahrhundert zum Erweis ihrer These, die ›Evangelischen‹ seien in Sachen Türkenkrieg unsichere Kantonisten, mit Vorliebe auf den jungen Luther zurückgriffen, bestätigt sich der besondere, herausragende und formative Charakter des Jahrzehnts zwischen 1520 und 1530. Ähnlich also wie in der Judenpolitik606 mündete der Protestantismus in der Türkenfrage in den 1530er Jahren, d. h. in der Phase seiner konsequenten Formierung eigener Kirchentümer, in eine den dominierenden vorreformatorischen Haltungen entsprechende oder sich annähernde Grundtendenz ein. Die wechselseitige Desavouierung des jeweiligen konfessionellen Gegners, er sei schlimmer als der Türke, knüpfte an vorreformatorische polemische Strategien an und blieb vital, solange die konfessionelle Polemik blühte. In den Mobilisierungsstrategien für den Türkenkrieg hingegen näherten sich die Konfessionen an: der Verteidigungskrieg

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gegen die Türken, den Europa – so tendenziell eher bei katholischen Autoren – bzw. das ›Vaterland‹ respektive die ›deutsche Nation‹ – so bevorzugt bei Protestanten – zu führen hatte, sollte unter der Ägide der weltlichen Obrigkeiten stehen607, wurde zusehends humanitär, also mit der Verhinderung von barbarischen Grausamkeiten wie Sklavenhandel, Zwangskonversion und Knabenlese, begründet und auch seitens katholischer Autoren kaum mehr mit Vorstellungen aus dem Zusammenhang der Kreuzzüge verbunden. Die Kontinuitätsmomente zwischen »Spätmittelalter« und »konfessionellem Zeitalter« ergeben sich daraus, daß die »Reformation« nach einer Phase der eruptiven Auf- und Umbrüche in den 1520er Jahren in den 1530er Jahren gegen jede revolutionär konnotierte ›Veränderung‹ eintrat und bewußt auf vorreformatorische Traditionsbestände und Lösungsansätze zurückgriff. Wenn es ein ›mittelalterliches‹ Ziel gegeben haben sollte, die Christenheit zu einem geschlossenen »corpus christianum« zu formen, dann hat die Reformation dieses Ziel seit den 1530er Jahren in den kleinräumigen Realisierungsrahmen, in denen sie sich durchsetzte, konsequenter, einseitiger und am Ende auch erfolgreicher verfolgt608. Insofern hat der Kontinuitätsabbruch der 1520er Jahre den Kontinuitätsanschluß seit den 1530er Jahren ermöglicht. In dem Jahrzehnt zwischen 1520 und 1530 aber entschied sich, daß die lutherische Ketzerei historisch überlebensfähig war.

5. Abschließende Bemerkungen In der Türkenpublizistik des Alten Reichs hat die Einordnung der Türkenkriege in eine jahrhundertelange christlich-islamische Konfliktgeschichte oder der Rekurs auf die Geschichte der Kreuzzüge kaum eine Rolle gespielt. Man interessierte sich vielmehr für den konkreten, aktuellen Feind und nahm politische Nachrichten, die über sein Herrschaftssystem ›informierten‹, lebhaft auf; bei der Identifizierung des ›Wesens‹ dieses Feindes spielte aber die Religion die Schlüsselrolle. Die kulturelle Alteritätserfahrung ließ sich vornehmlich religionshermeneutisch entschlüsseln: In den barbarisch-abstoßenden Zügen türkischer Kultur spiegelte sich ihre ureigenste, in Mohammeds zweifelhaftem Charakter gründende Substanz; die attraktiven Elemente waren dem Meister des schönen Scheins, dem Teufel, geschuldet oder ein Raub an Christentum und Judentum, aus dessen häretisch getrübten Quellen sich die »türkische Religion« gespeist habe. An und in sich selbst galt die »türkische Religion« den christlichen Interpreten ebensowenig als substanzhaft, d. h. als in sich und aus sich heraus existierend, wie das Böse. Der Erinnerung an die Zeit der Kreuzzüge bedurfte es zur Beschreibung des Erzfeindes nicht. Religionskollektivistischer Ritualismus und Nomismus, d. h. die Nichtachtung der individuellen, personalen, spontanen und intimen Dimensionen der Religion einerseits, die Sakralisierung der Welt, d. h. die Nichtunterscheidung von imperium und sacerdotium, geistlicher und weltlicher Sphäre andererseits, erscheinen dem ›Abendländer‹ durch die Jahrhunderte hindurch als die entscheidenden Bestimmungsmerkmale der »türkischen Religion«. Mit der breiten Kommunikation religionskundlichen ›Wissens‹ über die »türkische Religion« in der Predigt- und Flugschriftenliteratur, zu der nicht zuletzt Luther wichtigste Anstöße gegeben

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hatte, wurden Wahrnehmungsweisen der konfessionsspezifisch eigenen Religion kulturell implementiert, die das ›Eigene‹ im Verhältnis zum ›Anderen‹ interpretierten und aneigneten. In die ›Vorgeschichte‹ jener spezifisch okzidentalen Beschäftigung mit den Religionen, die – gleichviel ob durch die Aufklärung initiiert oder nur dynamisiert – in die moderne Religionswissenschaft einmündete609, gehört auch die Theologie des konfessionellen Zeitalters hinein und mit ihr die spätmittelalterlichen Traditionsbestände, die in ihr fortlebten610. Die kulturellen Profilierungen Lateineuropas, die seit dem frühen Mittelalter, verstärkt freilich seit dem 15. Jahrhundert, in dynamischer Auseinandersetzung mit dem Islam entworfen wurden, scheinen in der Betonung des Individuums611 und in der Desakralisierung der ›Welt‹612 ihre beiden entscheidenden Bestimmungsmerkmale zu besitzen. Sie entstammen der christlichen Tradition, erfuhren in der Reformation ihre Schärfung und seit der Aufklärung zugleich eine humane Sublimierung und eine hegemonialistische Extension. Im Horizont der Globalisierung haben sich diese Selbstdeutungen dialogisch zu bewähren. Daß die Konstruktion eines »christlichen Abendlandes« dabei hilfreich sein wird, ist aus kirchenhistorischer Sicht nicht zu erwarten. Die zur Selbstreinigung ihres historischen Bewußtseins befreite Kirche Jesu Christi bedarf freilich dieser ebensowenig wie irgendeiner anderen Suggestion613.

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Abb. 1: Byzantium sive Constantineopolis. Älteste Stadtansicht Istanbuls nach der osmanischen Eroberung 1453 unter Sultan Mohammed II.; Venedig, Ende 15. Jahrhundert von Giovanni Andrea Vavassore; Nürnberg, Germ. Nationalmuseum, Inv.- Nr. SP 8190, Kapsel 1103; Im Lichte des Halbmonds Nr. 25, S. 75.

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Abb.2: Europakarte in Gestalt einer Frauenfigur mit kaiserlichen Attributen, aus: Sebastian Münster, Cosmographey, Basel, Sebastian Henricpetri, 1588, ND München 1977, S. 41. Der Holzschnitt zeigt den europäischen Kontinent in Form einer weiblichen Herrschergestalt, die Kaiserkrone, Szepter und Reichsapfel trägt und die universale Reichsidee verkörpert. Der erläuternde Titel markiert die Grenze zwischen Europa und Afrika mit dem »Mare Mediterraneum, das ist / das Mittelländig Meere« und gegenüber »Asia durch das Wasser Tanais [Don] so von Mitnacht einher fält in das Meere genant Pontus Euxinus [Schwarzes Meer].« Diese Darstellungsform taucht im späten 16. Jahrhundert in der Druckgraphik auch sonst gelegentlich auf, vgl. die Beispiele aus Köln (1587) und Wittenberg (1588) in: Marie-Louise von Plessen (Hg.), Idee Europa. Entwürfe zum »Ewigen Frieden«. Ordnungen und Utopien für die Gestaltung Europas von der pax romana zur Europäischen Union, Katalog zur Ausstellung des DHM, Berlin 2003, Nr. IV/16f., S. 114f.

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Abb. 3: Typus Ecclesiae, Kupferstich, Mitte 17. Jahrhundert. Darstellung der Kirche mit Christus, Mose und den Patriarchen, Propheten etc. auf dem Oberund Unterdeck, den Aposteln am Heck und den Evangelisten am Bug. Im Wasser tummeln sich die Feinde der Kirche: zu Pferde sitzen die Inhaber weltlicher Gewalt (Antiochos [IV. Epiphanes], Nero, Claudius, Domitian, Herodes, »Der Türck«, Pharao; auf einem Drachen: die Hure Babylon, Herodias). Zu Fuß bzw. schwimmend auf das Schiff zu bewegen sich die Vertreter ketzerischer Lehren (von links: Ebion, Kerinthos, Mohammed, Arius, Nestorius, Pelagius). Mohammed ist durch eine Doppelfigur bezeichnet, die die Gewalttätigkeit als konstitutives Element seiner Ketzerei ausweist und darin seine Sonderstellung unter den Häresien betont. Die Erfolglosigkeit der Angriffe auf die Kirche wird durch die Hintergrundszenen (drei Männer im Feuerofen Dan 3; Bekehrung des Saulus Apg 9) unterstrichen. Harms III, Nr. 54, S.110f.

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Abb. 4: Titelblatt der von Sebastian Francks publizierten deutschen Übersetzung der Schrift Georgs von Ungarn, Heinrich Steiner, Augsburg, 15.6.1531; Franck, Werke I, S. 487f., Druck E; Komm. Bd. I, Dejung, S. 404; Ex. MF 749, Nr. 1359, A1r. Holzschnitt mit Kamelreiter, der zwei turbantragenden Männern begegnet (noch einmal verwendet D 4v); ein inhaltlicher Zusammenhang des Titelblattes mit der Schrift ist nicht gegeben.

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Abb. 5: Erhard Schoen, Türkischer Sklavenmarkt, ca. 1532. Geisberg Nr. 1274; Strauss, Woodcut IV, S. 1224.

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Abb. 6: Erhard Schoen, Ein Türke mit zwei Gefangenen, Hans Goldmund, Nürnberg, ca. 1529. Geisberg Nr. 1242; Strauss, Woodcut IV, S. 1193.

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Abb. 7: Merklicher Schrifftstreitt / und Schlachtordnung der christlichen / und Türkischen Armada, illustriertes Flugblatt Straßburg, Bernhard Jobin, 1571; Rahmen: Tobias Stimmer. Das Blatt stellt die Formation der türkischen Flotte und der »Heiligen Liga« (Venedig, Spanien, Papst) bei der Seeschlacht von Lepanto am 7. 10. 1571 dar. Der Sieg der christlichen Flotte gehört zu den publizistisch aufsehenerregendsten Nachrichten der Zeit und wurde vielfach als Anfang vom Ende der osmanischen Vorherrschaft gewertet. Harms IV, Nr. 66, S. 92f.

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Abb. 8: Illustriertes Flugblatt, Holzschnitt koloriert, Straßburg 1575. Das Blatt stellt die Totenfeier für Selim II. (1524–1574) und seine fünf minderjährigen Söhne dar, die durch den Thronfolger Murad III. (1567–1595) bei Regierungsantritt umgebracht worden waren. Das Blatt erwähnt außerdem die wohl aus dem christlichen Sklavenstand stammenden Prinzenmütter, unter denen eine Griechin Selbstmord begangen hat. Der anonyme Autor des Blattes folgert aus den Morden im Zusammenhang des Thronwechsels den baldigen Untergang des Osmanischen Reiches. Die im Schlußsatz erwähnte türkische Prophezeiung vom Untergang der Osmanen hatte Georgijević 1545 veröffentlicht. Im Hintergrund des halbgeöffneten Rundzeltes sind links die Hagia Sophia, rechts das Eingangstor des Sultanspalastes (Topkapi Sarayi) erkennbar. Harms VII, Nr. 64, S. 124f.

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Abb. 9: Bildnis Suleimans des Prächtigen, Kupferstich von Agostino di Musi gen. Veneziano, Venedig 1535. Das Bild zeigt den osmanischen Herrscher mit einer 1532 in Venedig gefertigten Kopfbedeckung. Der zapfenförmige Helm ist mit einem Nackenschirm, einer Stirnwulst und vier Kronenstreifen ausgestattet und mit Gravur, Perlen, Gemmen und zahlreichen Edelsteinen geziert. Die Formgebung der Krone nimmt Elemente des Kaiserhelms und der päpstlichen Tiara auf und entspricht einem universalen Herrschaftsverständnis. Der Helm ist wahrscheinlich im Auftrag des türkischen Großwesirs in Venedig, Ibrahim Paşa, gefertigt worden und diente Suleiman bei einem Heereszug des Jahres 1532 zur Darstellung seines päpstliche und kaiserliche Vollmacht vereinigend überbietenden Machtanspruchs. Doch wegen ihres Gewichtes trug er die Kopfbedeckung nicht selbst, sondern ließ sie von Bediensteten transportieren (vgl. Soliman le Magnifique, Nr. 4, S. 24; Matschke, Das Kreuz und der Halbmond, S. 253–256).

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Abb. 10: Erhard Schoen, Türkische Greueltaten, ca. 1529. Geisberg Nr. 1243; Strauss, Woodcut IV, S. 1194. Das Motiv des Kindermordes und der an Frauen verübten Gewalttaten ist Teil eines bei Hans Goldmund in Nürnberg erschienenen, von Hans Sachs bereimten Zyklus’ illustrierter Flugblätter zur Türkenfrage.

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Abb. 11: In zum Teil wörtlichem Anklang an Georgejević (Türckey, ed. Göllner, mit Anm. 17, S. 214f.) schildert Münster (Cosmographey, Basel 1588, ND München 1977, S. 1270) die Fluchtversuche christlicher Sklaven aus dem asiatischen Teil der Türkei. Die erste Szene stellt die Überquerung des Marmara-Meeres bei den Meerengen von Istanbul oder Gallipoli dar; Szene zwei ist offenbar einem anderen Kontext entnommen und stellt einen Schäfer mit seinen Schafen, die potentiellen Opfer der Flüchtlinge, dar; die dritte Szene setzt die Bestrafung wieder eingefangener Flüchtlinge ins Bild.

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Abb. 12: Niklas Stoer, Türkischer Reiter; Hans Goldmund, Nürnberg, ca. 1529. Geisberg Nr. 1387; Strauss, Woodcut IV, S. 1337.

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Abb. 13: Titelblatt von: Johannes Brenz, Türcken Büchlein, Wittenberg, Georg Rhaw, 1537; VD 16 B 7988; Ex. MF 85 Nr. 198.

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Abb. 14: Titelblatt einer der deutschen Ausgaben von [Georg von Ungarn], Sarazenisch, Türckisch und mahometisch Glaub …, Straßburg, Christian Egenolph, 1530; VD 16 G 1386; Köhler, Bibl. I, Nr. 1323, S. 564f.; Ex. MF 1194 Nr. 3000. Der Holzschnitt zeigt einen vor dem Sultan knienden Krieger mit bis auf ein gebundenes Haarbündel geschorenem Kopf.

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Abb. 15: Darstellung eines Anbetungsgestus vor einer auf einem Altar thronenden Teufelsgestalt in Francks Ausgabe von Georg von Ungarns Türkenschrift (s. Abb. 4; Ex. MF 749 Nr. 1359, G 1v). Die Abbildung verstärkt das im Text Georg von Ungarns anklingende (cap. 14; ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 271f.), in der Ausgabe Francks deutlicher akzentuierte Motiv der teuflischen Kultpraxis der Türken, insbesondere der »Mönche« bzw. ihrer »Heiligen«, die asketische Wunder zu wirken vermögen, weil sie dem Teufel dienen. Die lediglich mit einem Lendenschurz bekleideten Männergestalten im Bildhintergrund korrespondieren mit den entsprechend geschilderten »Mönchen« bzw. »Heiligen« im Text. Die barfüßige Betergestalt im Bildzentrum könnte einen der im Bettlerrock einhergehenden armen Asketen, die mit den Bettelmönchen verglichen werden (G 2r), darstellen. Das Bild setzt den als Teufelsdienst gewerteten ›schönen Schein‹ der türkischen Religion in Gestalt einer Teufelsanbetung in Szene.

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Abb. 16: Titelholzschnitt von: Ein außzug etlicher Practica und Propheceyen auff vergangne un zukünfftige jar / Sibille / Brigitte / Cirilli / Joachim des Apts / Methodii / und bruder Reinharts … biß auff das M.D.LXXXI. jare. [Nürnberg, Georg Wachter um 1540], VD 16 A 4433; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 199, S. 86f.; Ex. MF 1241 Nr. 3149. Das Titelblatt setzt die in der Schrift aufgrund einer Prophetie des Methodius angekündigte definitive Vernichtung der »Agareni« in Szene: »Sie [sc. die Agareni = Türken] werden stet und königreich umbkeren / an den heiligen steten werden sie die priester tödten / und bey den weybern schlaffen / auß den Kelchen unn andern heiligen gefeß werden sie trincken / und bey den grebern der heyligen werden sie ir viech binden / zu schalckheyt den Christen / unn darnach werden sie bey Cölen alle erschlagen/ und wirt kein Christenlicher Fürst darbey sein / allein der unuberwintlich Fürst unn Künig von Hispania [sc. Karl V.] / der den Türckischen hund ertödten wird / dann die erhebung Saturni hat noch kein end / und der Türcken erhebung wird nider fallen.« B 3r.

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Abb. 17: Titelholzschnitt von Luthers Schrift: Vom Kriege widder die Türcken, Wittenberg, Hans Weiß, 1529; VD 16 L 7045; WA 30 II, S. 98 Druck D; Benzing – Claus, 2704; Köhler, Bibl. II, Nr. 2979, S. 612; Ex. MF 519 Nr. 1341. Mit dieser Schrift setzte sich Luther nachdrücklich für ein Defensionsrecht gegen die Türken ein; mit der Niederschrift hatte er bereits im Oktober 1528 begonnen; der erste Druck erschien allerdings erst im April 1529.

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Abb. 18: Titelholzschnitt [Hans Brosamer?] zu Johannes Cochlaeus, Dialogus de bello contra Turcas in Antilogias Lutheri …, Leipzig, Valentin Schumann, 1529; VD 16 C 4290; Ex. HAB Wolfenbüttel 817. 55 Theol. (4). Mit dem im Juli 1529 erschienenen Dialogus entgegnete Cochläus auf Luthers Vom Kriege widder die Türcken (s. Abb. 17). Der Titelholzschnitt des Lutherus biceps setzt die Grundidee der Schrift, Luthers Widersprüchlichkeit in der Frage der Türkenkriege, ins Bild. Während der eine Dialogpartner, Palinodus, den Luther der jüngst erschienenen Türken-Kriegsschrift repräsentiert, vertritt der andere Gesprächspartner, Lutherus, die Position, die der Wittenberger in seinen Resolutiones von 1518 eingenommen hatte. Die an der Türkenfrage in Gestalt der Zweiköpfigkeit in Szene gesetzte Widersprüchlichkeit Luthers variierte Cochläus’ berühmt gewordenen, im Januar 1529 lateinisch und deutsch erschienenen siebenköpfigen Luther. Einer der Köpfe des Lutherus septiceps (vgl. Martin Luther und die Reformation in Deutschland Nr. 287, S. 227f.; Werner Hofmann, Köpfe der Lutherzeit, München 1983, Nr. 29, S. 88f.; van Gülpen, Der deutsche Humanismus, Nr. 93, S. 508; Laube, Flugschriften gegen die Reformation [1525–1530] Bd. 2, S. 1014f.), mit der Beschriftung »Lutther« versehen, zeigt einen bärtigen Turbanträger als Inbegriff des zerstörerischen Irrglaubens.

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Abb. 19: Weltkarte mit dem Traum Daniels (Dan 7, 2–8), 1530; in: Martin Luther, Eine Heerpredigt widder den Türcken …, Wittenberg, Nickel Schirlentz, 1530, A 1v; wiederholt A 4v; vgl. WA 30 II, S. 151, Druck B; WADB 2, S. 484f.; WADB 11/2, Tafel III a; WADB 11, S. XXXf., Anm. 95; s. Anm. 170; LXX, Anm. 162; VD 16 L 4920; Benzing – Claus, 2712; Köhler, Bibl. II, Nr. 2544, S. 444f. Derselbe Holzschnitt wurde auch in Justus Jonas’/ Phillip Melanchthons Schrift: Das siebent Kapitel Danielis von der Türken Gotteslästerung …, Wittenberg, H. Lufft [1530]; Köhler, Bibl. II, Nr. 1789, S. 139f.; Ex. MF 481 Nr. 1291 bzw. VD 16 J 897 = Köhler, Bibl. II, Nr. 1790; Ex. MF 480 Nr. 1290, A 1v; C 1v benutzt. Weitere Verwendung fand diese Weltkarte in einem Nachschnitt u. a. in der Wittenberger Vollbibel um 1534, C2r . Hinter dem Kaukasusgebrige sammelt sich das Heer der mit den Türken identifizierten ›roten Juden‹.

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Abb. 20 a + b: Im 7. Kapitel von Lichtenbergers Prognosticatio findet sich die Prophezeiung Bruder Reinhards, daß zur Zeit König Maximilians (»sub rege Maximiliano«, Ex. MF 1643f. Nr. 4217, E 1r) Kinder in Niederdeutschland von den Vögeln des Himmels und den Tieren der Erde gefressen (Ex. MF 928f. Nr. 2309, F 4r) und mit »zweyschneidichten schwerdten« (»cadent in ore gladii bicipitis«) »erschlagen« würden, so daß keines von ihnen übrig bliebe. Die in der Wittenberger Ausgabe der Lichtenberger-Schrift (H. Lufft, 1527) verwendete Illustration, die – ähnlich der lateinischen Vorlage (MF 1643f., Nr. 4217, D4v) – auf den bethlehemitischen Kindermord (Mt 2,16–18) anspielt, wurde auf dem Titelblatt einer Türkenschrift von 1529 ([Wittenberg]; Ex. MF 869 Nr. 2200; ZV 15080) wieder verwendet. Die Besonderheit dieser erst sekundär mit den türkischen Greueltaten vor Wien in Verbindung gebrachten Deutung besteht darin, daß die Kindermörder keinerlei türkische Attribute tragen.

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Abb. 21: Ein Spruch / wie man dem Thürcken mocht wider stehen … Hans Goldmund, Nürnberg, 1531. Geisberg Nr. 1250; Strauss, Woodcut IV, S. 1201.

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Abb. 22: Holzschnitt aus Sebastian Brant (Hg.), Methodius primum olimpiade et postea Tyri civitatum episcopus …, Basel, Michael Furter, 1516; Ex. SUB Göttingen 8 Patr. Gr. 324/5, i 3r. Das Bild stellt die Vernichtung des als »altera et secunda Babylon« (i 2v) mit der »Turcia« identifizierten siebenköpfigen Drachens mit den zehn Hörnern aus Apk 17 durch den endzeitlichen römischen Heilskaiser dar. Der Text begründet diese Identifikation von Babylon und Turcia durch allegorische Auslegung der sieben Häupter auf die sieben türkischen Herrscher vor der Eroberung Konstantinopels und der zehn Hörner auf zehn »reguli«, die unter osmanischer Herrschaft stehen (i 3r). Bei dieser Abbildung handelt es sich um die letzte innerhalb des reich illustrierten Drucks. Im Kampf des Monarchen wird symbolisiert, daß die »christiani« den Türken vor dem nahe bevorstehenden Jüngsten Tag »omnino et totaliter« zerstören und auslöschen werden (i 3r).

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Abb. 23: Der Sturm der durch Turban, Kaftan und Halbmond-Fahne als Türken gekennzeichneten Völker Gog und Magog auf die geliebte Stadt (Apk 20,7ff.), dargestellt als Sturm der Türken auf Wien: Wittenberg, Vollbibel 1534, Vol. II, Ll 3v; vgl. Ph. Schmidt, Die Illustrationen der Lutherbibel 1522–1700, Basel 1977, Nr. 153, S. 216.

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Abb. 24: Augsburg, Hans Rogel, ca. 1572, illustriertes Flugblatt; zwei Holzschnitte. Das Blatt schildert eine als prophetisches Wunderzeichen gedeutete Himmelserscheinung, die zwischen dem 16. und 18. 4. 1572 in Konstantinopel stattgefunden (linkes Bild) und die Türken erschreckt haben soll. Demnach waren über den in Moscheen umgewandelten christlichen Kirchen S. Sophia, S. Patriarcha und S. Andrea Kreuze am Himmel erschienen. Der rechte Holzschnitt stellt die in einem an den Papst adressierten Augenzeugenbericht eines sonst unbekannten Grio Mallui geschilderte Zerstörung einer von Gewitter, Hagel, Sturm und einem Erdbeben begleiteten Naturkatastrophe in Konstantinopel dar, die 3000 Menschen das Leben gekostet haben soll. Die apokalyptischen Zeichen deuten auf das Ende der osmanischen Herrschaft und die weltweite Ausbreitung des Christentums vor der nahe bevorstehenden Parusie hin. Harms VII, Nr. 27, S. 54f.

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Abb. 25: Titelholzschnitt zu der Flugschrift: Ain gründtlicher und warhaffter bericht / Was sich under der belegerung der Statt Wyen / Newlich im M.D. XXIX. Jar / zwyschen denen inn Wyen und Türgken / verlauffen …, [Augsburg, Heinrich Steiner, 1529]; VD 16 G 3590; Ex. MF 1333 Nr. 3495. Die Szenerie zeigt den Beschuß der belagerten Stadt Wien durch Bogenschützen, die Stürmungsversuche durch Palisaden und Grabungen der Türken, um Sprengsätze mit Pulverfässern zu installieren. Auf den Mauern kämpfen die Verteidiger.

Anmerkungen 1

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Erich Meuthen, Der Fall von Konstantinopel und der lateinische Westen, in: HZ 237, 1983, S. 1–35; Matthias Thumser, Türkenfrage und öffentliche Meinung. Zeitgenössische Zeugnisse nach dem Fall von Konstantinopel (1453) in: Franz Reiner Erkens (Hg.), Europa und die osmanische Expansion im ausgehenden Mittelalter [ZHF Beiheft 20], Berlin 1997, S. 59–78; Wilhelm Baum, Kaiser Sigismund: Konstanz, Hus und die Türkenkriege, Graz; Wien, Köln 1993 (zum militärischen Desaster von Nikopolis bes. S. 38–41); Ludwig Hagemann, Christentum contra Islam. Eine Geschichte gescheiterter Beziehungen, Darmstadt 1999; Siefried Raeder, Der Islam und das Christentum. Eine historische und theologische Einführung, Neukirchen-Vluyn 22003, S. 183ff.; Steven Runciman, Die Eroberung von Konstantinopel, München 31977 (zuletzt: La chute de Constantinople 1453, Paris 2007), hier bes. S. 231ff.; Majoros – Rill, Das Osmanische Reich, wie Anm. 91, S. 156ff.; zu einer Deutung des Unternehmens von Nikopolis 1396 als des letzten halbwegs ›echten‹ Kreuzzuges vgl. Hans Joachim Kissling, Die Türkenfrage als europäisches Problem, in: SODA 7, 1947, S. 38–56; ders., Türkenfurcht und Türkenhoffnung im 15./16. Jahrhundert. Zur Geschichte eines Komplexes, in: Südostforschungen 23, 1964, S. 1–18, hier: 4f.; zu Vorgeschichte, Verlauf und Nachwirkungen der Schlacht von Nikopolis, vgl. auch: Martin Kintzinger, Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa [Mittelalter-Forschungen 2], Stuttgart 2000, S. 233ff. Vgl. die Arbeit von Martin Wrede, Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspolitischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg [VIEG 196], Mainz 2004; s. unten Anm. 429; neben dem ›Türken‹ scheint schon im 16. Jahrhundert auch Frankreich als ›Erb‹- bzw. ›Erzfeind‹ des Reiches belegt zu sein, s. Ernst Schubert, Einführung in die deutsche Geschichte im Spätmittelalter, Darmstadt 2 1998, S. 22f. Der quantitative und qualitative Schwerpunkt in der Verwendung des Erbfeindepithetons liegt im 16. Jahrhundert aber eindeutig auf dem Türken! Dieter Mertens, »Europa id est patria, domus propria, sedes nostra …« Zu Funktionen und Überlieferungen lateinischer Türkenreden im 15. Jahrhundert, in: Erkens, Europa, wie Anm. 1, S. 39–58; Johannes Helmrath, Pius II. und die Türken, in: Bodo Guthmüller – Wilhelm Kühlmann (Hg.), Europa und die Türken in der Renaissance [Frühe Neuzeit 54], Tübingen 2000, S. 79–138; ders., Enea Silvio Piccolomini (Pius II.) – Ein Humanist als Vater des Europagedankens? In: Rüdiger Hohls – Iris Schröder – Hannes Siegrist (Hg.), Europa und die Europäer. Festschrift für Hartmut Kaelble, Stuttgart 2005, S. 361–369; ders., The German »Reichstage« and the Crusade, in: Norman Hausley (Hg.), Crusading in the Fifteenth Century, Basingstoke 2004, S. 53– 89; 191–203; ders., Die Reichstagsreden des Enea Silvio Piccolomini 1454/5. Habilitationsschrift der Philosophischen Fakultät der Universität Köln 1994, S. 101ff.; Hankins, Renaissance Crusaders, wie Anm. 60; vgl. auch Almut Höfert, Den Feind beschreiben. »Türkengefahr« und europäisches Wissen über das Osmanische Reich 1450–1600 [Campus historische Studien Bd. 35], Frankfurt/M., New York 2003, bes. S. 61ff.; zur Bedeutung des Europabegriffs in der politischen Propaganda der Habsburger bes. 65; 67. Eine positive Anknüpfung an den Europabegriff findet sich im späteren 16. Jahrhundert – soweit ich sehe – eher bei römisch-katholischen Autoren, s. etwa: Fabri, Oratio, wie Anm. 431, B 8r ; instruktive Hinweise zum mittelalterlichem Europabegriff seit fränkischer Zeit bei Michael

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Anmerkungen zu S. 15 Borgolte, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400 n. Chr. [Siedler Geschichte Europas], Berlin 2006, S. 254; 259; 260; 305.; zur Ambivalenz der Kurie im Verhältnis zu den Osmanen grundlegend (und tendenziös!): Hans Pfeffermann, Die Zusammenarbeit der Renaissancepäpste mit den Türken, Winterthur 1946. Die bis heute umfänglichste Materialzusammenstellung und -auswertung stellen Carl Göllners »Turcica« dar: Die europäischen Türkendrucke des XVI. Jahrhunderts (1. Aufl. Bukarest / Baden-Baden 1961–1968: Bd. I: MDI-MDL, 1961 [BBAur XIX]; Bd. II: MDLI– MDC [BBAur XXIII], 1968; Bd. III: Die Türkenfrage in der öffentlichen Meinung Europas im 16. Jahrhundert [BBAur LXX], Bukarest – Baden-Baden 1979; ND Bd. I-III, BadenBaden 1994 [im folgenden zit. als Göllner, Turcica I–III]. Aufgrund des von Harms gesammelten, repräsentativen Materials an Flugblättern ist hinsichtlich der ›Präsenz‹ der Türkenthematik der militärische Kontext eindeutig dominierend, vgl. etwa: Harms II, Nr. 55, S. 107f.; II, Nr. 56–59, S. 108–111; IV, Nr. 75f., S. 104f.; IV, Nr. 89, S. 126; VII, Nr. 176, S. 354f.; VII, Nr. 27, S. 54f. Vgl. etwa Franco Cardini, Europa und der Islam. Geschichte eines Mißverständnisses, München 2000, S. 182ff.; 190ff. Schon Jacob Burckhardt (Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch [Kröner Taschenausgabe 53], Stuttgart 101976, S. 87) hat auf die besonders intensiven Verbindungen italienischer Stadtstaaten zum türkischen Sultan im Interesse der Schädigung anderer hingewiesen, die eine »durchgängige Ausnahme« zu den sonstigen Verhältnissen bildete: »[…] so groß der Schrecken vor den Türken und die wirkliche Gefahr sein mochte, so ist doch kaum eine bedeutendere Regierung, welche nicht irgend einmal frevelhaft mit Mohammed II. und seinen Nachfolgern einverstanden gewesen wäre gegen andere italienische Staaten. Und wo es nicht geschah, da traute es doch jeder dem anderen zu […].« Zum Osmanischen Reich im Kontext der internationalen Beziehungen des 15. und 16. Jahrhhunderts vgl. Heinz Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen 1559–1660 [Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen Bd. 2], Paderborn 2007, S. 201ff.; 497ff.; u. ö.; daß die Sicht der Türken primär als muslimischer Glaubenskämpfer gegen die Christenheit die Historiographie der osmanisch-europäischen Beziehungsgeschichte tiefgreifend geprägt hat, zeigt eindrücklich: Holger Th. Gräf, »Erbfeind der Christenheit«! oder potentieller Bündnispartner? Das Osmanenreich im europäischen Mächtesystem des 16. und 17. Jahrhunderts – gegenwartspolitisch betrachtet, in: Kurz – Scheutz – Vocelka – Winkelbauer (Hg.), Das Osmanische Reich, wie Anm. 523, S. 37–52; gleichfalls unter Bezug auf die aktuellen europapolitischen Debatten instruktiv: Arno Strohmeyer, Das Osmanische Reich – ein Teil des europäischen Staatensystems der Frühen Neuzeit? In: A. a. O., S. 149–164; vgl. auch: Guido Komatsu, Die Türkei und das europäische Staatensystem im 16. Jahrhundert. Untersuchungen zu Theorie und Praxis des frühneuzeitlichen Völkerrechts, in: Christine Roll u. a. (Hg.), Recht und Reich im Zeitalter der Reformation. FS für Horst Rabe, 2. überarb. Aufl. Frankfurt/M. 1997, S. 121–144; vgl. Klaus Kreiser – Christoph K. Neumann, Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2003, S. 105ff.; Dieter Mertens, Europäischer Friede und Türkenkrieg im Spätmittelalter. Zwischenstaatliche Friedenswahrung in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Zwischenstaatliche Friedenswahrung in Mittelalter und Früher Neuzeit [Münstersche Historische Forschung I, 1991], S. 45–90; zu dem osmanisch-französischen Beziehungen: De Lamar Jensen, The Ottoman Turks in Sixteenth-Century French Diplomacy, in: SCJ 16, 1985, S. 451– 470; zu den habsburgischen Gesandtschaftsreisen vgl. Reddig, Reise, wie Anm. 213, S. 43ff.; Hinweise auf kritische Stimmen über eine Zusammenarbeit mit den Osmanen bei Höpfl, Jesuit Political Thought, wie Anm. 337, S. 96. Bernard Lewis, The Muslim Discovery of Europa, New York, London 1982, S. 171.

Anmerkungen zu S. 16 8

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Vgl. Ernst Feil, Religio [FKDG 36], Göttingen 1986; Bd. 2 [FKDG 70], Göttingen 1997; Bd. 3 [FKDG 79], Göttingen 2001; ders., Art. Religion I und II in: RGG4, Bd. 7, 2004, Sp. 263–274. 9 In bezug auf die Begriffsgeschichte von »Religio« hat Feil betont, daß erst im Humanismus, namentlich bei Nikolaus von Kues, sprachliche »Auflockerungen« des an der römischen Antike orientierten Sprachgebrauchs nachweisbar seien, die etwa die Rede von einer »diversitas religionum« (RGG4, Bd. 7, 2004, Sp. 268), bei Pico della Mirandola sogar den Plural religiones – neben den traditionellen sectae bzw. leges – ermöglicht hätten. Entscheidend jedoch sei der Anspruch der christlichen als der »una religio« gewesen (ebd.); mit diesen Beobachtungen Feils nicht ganz kongruent sind bestimmte sprachliche Befunde in den Turcica (vgl. ähnliche Hinweise auch bei Höfert, Feind, wie Anm. 3, bes. S. 303ff.; 307: »religio Mohametana« [1578]; vgl. auch WA 30 II, S. 205, 2f.; 206,3f.), etwa die Charakterisierung der teuflisch inspirierten Türken bei dem Siebenbürgener (s. unten), der davon spricht, daß diese eine auf schönen äußeren Schein gegründete »exemplaritas simulata et religionis ficta ostentatio« inszeniert hätten. Klockow übersetzt überzeugend: »eine trügerische Vorbildlichkeit und eine heuchlerisch zur Schau gestellte Frömmigkeit«. Georgius de Hungaria, Tractatus de moribus, conditionibus et nequicia Turcorum, ed. von Reinhard Klockow [Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens 15], 2. unveränderte Aufl. Köln u. a. 1994, S. 160f. Ricoldus referiert als Auffassung Mohammeds: »quod omnes homines unum erunt [et unius sectae] et unius religionis [Luther übersetzt: »einerley glaubens«], deus autem diversus eos fecit […]« ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 86; WA 53, S. 319,26f. Von einem theologisch gefüllten Begriff des Glaubens her markiert Luther die differentia specifica des »Christgleubigen« (WA 6, S. 206,15) gegenüber »heyd, Jude, Turck« (a. a. O., Z. 16). »Religio« im zitierten Sinne stellt einen in unmittelbarer Nähe zum Ethos situierten Oberbegriff zur Bezeichnung ›religiöser‹ Praxis (»Frömmigkeit«) dar. David Chytraeus hebt in seiner Catechesis in Academia Rostochiana ex praelectionibus collecta. Per Simonem Pauli, Rostock, L. Dietz, 1554 (VD 16 L 2514; Ex. SUB Göttingen 8 Theol. Thet I, 410/17, hier: A 5v) auf die Differenz zwischen der christlichen Lehre und »der anderer Abspaltungen, Völker, der Türken und anderen Religionen« ab (vgl. Andreas Ohlemacher, Lateinische Katechetik der frühen lutherischen Orthodoxie, Diss. theol. Göttingen 2007 [erscheint voraussichtlich 2008], S. 167), setzt also selbstverständlich voraus, daß die anderen ›Konfessionen‹ und ›Religionen‹ unter den Begriff der ›religio‹ fallen und durch eine spezifische Lehre und ein eigenes Ethos gekennzeichnet sind; denselben Sachverhalt stellt Coccejus unter dem Begriff der fides der Christen und der Muslime dar (s. Oratio, in: van Amersfoort – van Asselt, wie Anm. 72, S.131). In der deutschen Übersetzung von Melanchthons Widmungsvorrede zu seiner Ausgabe von Giovios Turcicarum rerum commentarius (s. Anm. 36), der Schrift Ursprung des Turkischen Reichs (wie Anm. 36), heißt es, das Studium historischer Literatur sei wichtig, weil in ihr die »ankunfft / der waren und falschen Religion angezeiget« werde (A 2r). Die Historie könne zeigen, »das unser Glaube / allein die Einige / ware Religion ist« (A 2v; vgl. A 4v). Andreae spricht formelhaft von »Glauben und Religion« der Türken, Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, A 1r; *4r; 4v-**1r; **1v; S. 75 u. ö. In diesem Sinne religionskultureller Praxis ist auch in der vorliegenden Studie von »türkischer Religion« die Rede. 10 Das Interpretationskonzept einer »christianisation du christianisme« Jean Delumeaus (Le catholicisme entre Luther et Voltaire, Paris 1971; 61996), das der Beschreibung einer auch das ländliche Frankreich erreichenden Durchsetzung genuin christlicher Vorstellungen und Normen im Zuge von »Gegenreformation« bzw. »Katholischer Reform« galt, ist neuerdings von Scott Hendrix auf die Erneuerungsprozesse der abendländischen christianitas in den protestantischen Kirchenreformationen, der radikalen Reformation, der katholischen Reform und den Konfessionalisierungen ausgeweitet worden: Scott

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Anmerkungen zu S. 16 H. Hendrix, Recultivating the Vineyard. The Reformation Agendas of Christianization, Louisville, London 2004. Vgl. außer der in der Ausgabe von Klockow (wie Anm. 9) verarbeiteten Literatur zuletzt: Höfert, Feind, wie Anm. 3, bes. S. 83f.; 201ff.; 301f.; dies., Vom Antichrist zum Menschen. Der Wandel des westeuropäischen Türkenbildes in der frühen Neuzeit anhand des Traktats über die Sitten, die Lebensverhältnisse und die Arglist der Türken des Georgs von Ungarn, in: Jürgen Reulecke (Hg.), Spagat mit Kopftuch. Essays zur Deutsch-Türkischen Sommerakademie der Körber-Stiftung, Hamburg 1997, S. 47–72; im Rahmen der Reiseliteratur knapp: Folker Reichert, Erfahrung der Welt. Reisen und Kulturbegegnungen im späten Mittelalter, Stuttgart 2001, S. 133f. Vgl. nur die Hinweise in: Johannes Ehmann, Ricoldus de Montecrucis Confutatio Alcorani (1300) Martin Luther Verlegung des Alcoran (1542). Kommentierte lateinischdeutsche Textausgabe [CISC 6], Würzburg, Altenberge 1999, S. 11ff.; Tolan, Saracenes, wie Anm. 22, S. 245ff.; 275ff.; Hagemann, Christentum, wie Anm. 1, S. 55ff.; Abdruck einer griechisch-lateinischen Version der Ricoldus-Schrift in Biblianders Koranausgabe: Confutationes legis Machumeticae, quam vocant Alcoranum, singulari industria ac pietate … editae [Basel, Joh. Oporin, 1543]; VD 16 K 2584/5; Ex. HAB Wolfenbüttel T 624 Helmst. 2° (1), S. 83–178. Reinhard Klockow, Bartholomäus Georgijević oder die Verwandlung von Leben in Literatur, in: Daphnis 26, 1997, S. 1–32; ders. – Monika Ebertowski (Hg.), Bartolomäus Georgievits, De captivitate suae apud Turcas, Berlin 2000 (lat., deut., türk. Ausgabe). Zum historischen Kontext der Einführung der Türkenglocke, die elementar mit der Ablasspraxis zusammenhing, vgl. Ludwig Freiherr von Pastor, Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance bis zur Wahl Pius’ II., Bd. 1, 12. unveränderte Aufl. Freiburg u. a. 1955, S. 721–723 mit Anm. 1; zu den Kreuzzugsablässen Calixts III. vgl. Nikolaus Paulus, Geschichte des Ablasses am Ausgang des Mittelalters, Darmstadt 22000, S. 169–171; zur Beibehaltung des täglichen Mittagsgeläuts, das der Ermahnung zum Gebet um Hilfe wider die Türken galt, in lutherischen Kirchenordnungen vgl. Paul Graff, Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands Bd. 1, ND der 2. Aufl. Göttingen 1937, ND Waltrop 1994, S. 226f.; Ernst Walter Zeeden, Katholische Überlieferungen in den lutherischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, in: Ders., Konfessionsbildung [Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 15], Stuttgart 1995, S. 113–191, hier: 159; offenbar knüpfte Calixt III. an das »in vielen Städten längst gebräuchliche mittägliche Ave-Maria« an, das er »als Gebet gegen die Türkengefahr für die ganze Kirche verbindlich gemacht« hat; in Deutschland wurde es seitdem vielfach als »Pacem Läuten« bezeichnet, vgl. Gerhard Dohrn-van Rossum, Die Geschichte der Stunde [dtv 4673], München 1995, S. 191. »In der Mittagszeit ließ man in allen Kirchen eine oder mehrere Glocken innerhalb einer halben Stunde dreimal läuten. Dabei wurde knieend dreimal das Vaterunser und das Ave Maria gesprochen, zur Abwehr der Türken. Im Grunde war es jedoch ein sogenanntes Angstläuten.« Özyurt, Türkenlieder, wie Anm. 192, S. 32. Der Prediger Georg Mylius etwa rekurrierte auf diese liturgische Einbettung des geistlichen Kampfes gegen die Türken. Im Kontext des durch die Eroberung Ragusas [= Dubrovnik] (1594) veranlaßten Zyklus’ seiner Türkenpredigten, die noch 1664 eine Neuauflage erlebten (vgl. Wrede, Das Reich und seine Feinde, wie Anm. 2, S. 34 Anm. 135), formulierte er: »Wir bitten und beten teglich wider den Türken / und werden hierzu auch mit teglichen Glocken klang unnd Sturmstreich ermanet / contribuieren darzu und schiessen her Gelt und Geschütz / schicken unser Volk hinaus […] wider diesen nicht als einen schlechten oder gemeinen / sondern als fürnemen Erb / Ertz und Hauptfeind. So ist ja billich / das wir wissen / wer der seie / und was von ihme zu halten sey.« Georg Mylius, Zehen Predigten vom Türcken In welchen gehandelt wird vom Ursprung und Anfang / Glauben und Religion / unfug und Tyranney …, Jena, Tobias

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Steinmann, 1596; Ex. MF 1885–1887 Nr. 3155; VD 16 M 5407, S. 2v – 3r [von der Schrift erschienen insgesamt vier Drucke zwischen 1595 und 1598, VD 16 M 5405–5407; ZV 20364]; über den Verfasser vgl. Kenneth Appold, Der Fall Georg Mylius, in: Irene Dingel – Günther Wartenberg (Hg.), Die Theologische Fakultät Wittenberg 1502– 1602 [LStRLO 5], Leipzig 2002, S. 155–172; Thomas Kaufmann, Konfession und Kultur. Lutherischer Protestantismus in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts [SuR N. R. 29], Tübingen 2006, passim; s. v. Zum Mandat des Reichsregiments von 1523, das die Türkenglocke verbindlich einführte, vgl. DRTA. J. R. Bd. 3, S. 58,21–23. Vorgesehen war ein mittägliches »sonder glock geleut«, das um Fürbitte zur Abwendung von Gottes Zorn ersuchen und den Sieg der Christen auf dem Felde erreichen wollte. Besonders häufig wird die Türkenglocke in lutherischen Quellen freilich nicht erwähnt. Von Andreae gibt es ein recht distanziertes Votum, das gegenüber der Vorstellung, diese Einrichtung habe im lutherischen Protestantismus eine besondere Rolle gespielt, zur Zurückhaltung Anlaß gibt; möglicherweise muß man mit regionalen Besonderheiten rechnen, wobei die Mehrheit im Spiegel der Kirchenordnungen die überkommene und reichsrechtlich regulierte Praxis fortsetzte, so Zeeden, a. a. O., S. 159. »Sprichstu / Ja wir thuns / dann man leut vermög deß Reichs Abschid alle tag ein Glock / dardurch meniglich zum Gebett unnd zu der Buß vermanet werden soll. Aber ich halt daß dise Türckenglock eben so ein grosse Krafft hab / als zum Wetter oder den Todten Leutten Dann der grösser theil braucht es zu seinem Abgöttischen Gebett / das sie zu allen Heiligen thun / darmit Gott auff das hefftigest erzürnet würdt / Der ander theil hat sein Gespött / und gehet also fast alle andacht uber unnd mit der Glocken auß. Wir müssen aber liebe Freund / neben diser Türckenglocken ein andere Sturmglocken unsers Hertzens / nämlich ein warhafftige Rew / daß wir recht erkennen / und hertzlich berewen alle unsere Sünde […].« Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288; S. 370; zum Wetterläuten s. Zeeden, a. a. O., S. 159f. 15 Consilia Theologica Wittebergensia / das ist Wittenbergische Geistliche Ratschläge, Frankfurt/M., Johann A. Endter, Wolfgang D. J. E. 1664, Teil 2, Tit. VI, Nr. 4, S. 172. 16 Die literaturwissenschaftliche Forschung zur Gattung der Reiseberichte hatte in den letzten beiden Jahrzehnten Hochkonjunktur (vgl. nur: Peter J. Brenner, Der Reisebericht in der deutschen Literatur. Ein Forschungsüberblick als Vorstudie zu einer Gattungsgeschichte [Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 2. Sonderheft], Tübingen 1990; ders. [Hg.], Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur [stw 2097], Frankfurt/M. 1989; Gerhard Wolf, Fremde Welten – bekannte Bilder: Die Reiseberichte des 15./16. Jahrhunderts, in: Werner Röcke – Marina Münkler [Hg.], Die Literatur im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit [Hansa Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Bd. 1], München 2004, S. 507–528; 672–676 [Lit.]; Reddig, Reise, wie Anm. 213, S. 8ff.). Als wesentlicher methodologischer Ertrag dieser Debatte kann gelten, daß »einerseits die Ich-Form vieler Reiseberichte kein Beleg für eine frühmoderne Individualität ist, andererseits ihre literarisch-rhetorische Gestalt nicht gegen eine individuelle und authentische Erfahrung ausgespielt werden kann. Vielmehr muß man das Verhältnis von Enzyklopädie und Empirie für jeden Bericht separat bestimmen.« (Wolf, a. a. O., S. 507). In bezug auf einen Reisenbericht des frühen 17. Jahrhunderts hat Claudia Ulbrich herausgearbeitet, daß diesem Selbstzeugnis – ähnlich anderen Berichten christlicher Sklaven [vgl. Ernstpeter Ruhe, Christensklaven als Beute nordafrikanischer Piraten. Das Bild des Maghreb im Europa des 16. Jahrhunderts, in: Ders. (Hg.), Europas islamische Nachbarn. Studien zur Literatur und Geschichte des Maghreb, Würzburg 1995, S. 159–186, bes. 168ff.] – eine eminent apologetische Bedeutung zukam: »Hat man also bald ein solches Blutbad, Würgen und Wüten in der Stadt gehört und gesehen, daß mich solches jammert wider zu gedenken …« Religion und Gewalt in Michael Heberer von Brettens »Aegyptiaca Servitus« (1610), in: Kaspar von Greyerz – Kim Siebenhüner (Hg.), Religion und Gewalt. Konflikte, Rituale, Deutungen (1500–

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1800) [VMPIG 215], Göttingen 2006, S. 85–108; zur neueren Selbstzeugnisforschung vgl. die das Konzept eines okzidentalen Kulturpropriums der Individualisierung relativierenden Ausführungen von Claudia Ulbrich – Gabriele Jancke, Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung, in: Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 10, 2005, S. 7–27; Kaspar von Greyerz, Vom Nutzen und Vorteil der Selbstzeugnisforschung für die Frühneuzeithistorie, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 2004, S. 27–47. In bezug auf die von mir im Folgenden berücksichtigten Gefangenschafts- und Reiseberichte ist gegenüber den Forschungsperspektiven der Selbstzeugnisforschung primär die publizistische Dimension leitend, d. h. ich habe vornehmlich solche ›Ego‹-Dokumente bzw. persönliche Erfahrung thematisierenden Quellen (s. dazu Wolf, a. a. O., S. 508) berücksichtigt, die eine weitere publizistische Verbreitung erreichten und als ›Enzyklopädien‹ des Wissens über die ›fremde‹ Lebenswelt bzw. die Religion der Türken fungierten (vgl. in bezug auf Georg von Ungarn und Georgijević schon: Kissling, Türkenfurcht, wie Anm. 1, S. 6f.). Dem selbstapologetischen Moment, das in bezug auf die ursprüngliche Autorenintention relativ hoch zu veranschlagen sein mag, dürfte in bezug auf die Rezeptionsgeschichte dieser Texte keine erhebliche Bedeutung zuzuschreiben sein. Die Türkenfrage speziell in der reformatorischen Flugschriftenliteratur behandelt: Gregory James Miller, Holy War and Holy Terror: Views of Islam in German Pamphlet Literature 1520–1545, PhD diss. Boston University 1994; zu den Türkenbüchlein instruktiv auch: Bohnstedt, The Infidel Scourge, wie Anm. 399, S. 10ff. 17 Einige Beispiele für die Argumentation mit experientia: Zu Georgijevićs Insistieren darauf, daß sein ›Wissen‹ nicht auf Türkenbüchern anderer, sondern auf eigener Erfahrung basierte, vgl. Bartholomäus Georgijević, Türkey oder vom jetzigen Türken Kirchengepräng, 1545 (ed. im Faksimile bei Carl Göllner [Hg.], Chronica und Beschreibung der Türkei. Mit einer Vorrhed D. Martini Lutheri [Schriften zur Landeskunde Siebenbürgen 6], Köln, Wien 1983, S. 165–227, hier: 169; 203); vgl. ders., Türkenbüchlein …, Straßburg, P. Messerschmidt [1558]; Ex. MF 442f. Nr. 830, A 2v, sowie den Aufsatz von Klockow, Bartholomäus Georgijević, wie Anm. 13. Georgijevićs Schilderung von Religion, Sitten und Gebräuchen der Türken weist schlagende Übereinstimmungen mit Antoine Geuffroys Estat de la court du Grant Turc (zuerst Antwerpen 1542: Göllner, Turcica I, Nr. 727, S. 341f.; vgl.über ihn nur: Höfert, Feind, wie Anm. 3, bes. S. 209ff.), 2. Buch [in der lat. Ausgabe: Aulae Turcicae, Ottomannicique Imperio Descriptio …, Basel, Sebastian Henricpetri, 1577; VD 16 G 1914, Ex. SUB Göttingen 8 HTurc 116: 1, S. 39–84]) auf. Auch wenn dem seinerseits andere Autoren ausschreibenden (vgl. Höfert, a. a. O., S. 209–211) französischen Ordensritter Geuffroy im Verhältnis zu Georgijević die literarische Priorität gebührt, berücksichtige ich jenen wegen des größeren Verbreitungsgrades seiner Schriften vorrangig. In der Darstellung des Georg von Ungarn, Tractatus, wie Anm. 9, stellt der Rekurs auf die eigene experientia eine Art Cantus firmus der Legitimationsstrategien und der Begründung seiner Paränese dar, vgl. ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 146; 148; 176; 190; 216; 220; 226; 406. In seiner Ausgabe eines Briefes, in dem der päpstliche Gesandte Leonhard (OP) nach geglückter Flucht aus Konstantinopel während der osmanischen Eroberung von 1453 von der Insel Chios aus an Papst Eugen IV. vom Scheitern seiner Verhandlungen in Sachen Kirchenunion und vom Untergang der Reichshauptstadt berichtete, hob der Nürnberger Editor des Jahres 1544, Michael Roting – Lehrer am Ägidiengymnasium in Nürnberg, vgl. Osiander, GSA Bd. 8, S. 370 Anm.; WABr 5, 401,10; WA 44, S. XII [zu Rotings Rolle bei der Herausgabe der Genesisvorlesung Luthers]; ARG 12, S. 280 Anm. 5 –, hervor, daß der Vf. »expertus« sei (Leonardus Chiensis [= von Chios], Historia captae a Turca Constantinopolis, descripta a Leonordo Chiensi …, Nürnberg, J. Montanus, U. Neuber, 1544; VD 16 L 1219; Ex. MF 1405 Nr. 2324, A 2r). Also nicht nur eigenes direktes, sondern auch ein literarisch oder erzählerisch vermitteltes Erfahrungswissen anderer legitimier-

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te und authentifizierte Nachrichten vom Türken. Dies galt allerdings auch umgekehrt: »Qui de Turcarum blasterant humanitate, modestia, animi fortitudine, Turcam […] se numquam vidisse manifestant […].« . Ein Beispiel für die narrative Präsentation von »Erfahrungen« zweiter Hand stellt ein Bericht des selbst in Ungarn in türkische Gefangenschaft geratenen ehemaligen Jurastudenten Nikolaus von Moffan dar, der seine Informationen über Morde am Hofe des türkischen Sultans auf einen türkischen Mitgefangenen gründet; gleichwohl nimmt er, der selbst nicht tiefer in die Türkei vorgedrungen war, für sich in Anspruch, er habe »grosse kundschafft gemacht / auch vil ding von irer [sc. der Türken] Religion / sitten / Gebräuchen / im krieg und daheim / von ihm [sc. dem Mitgefangenen] erkundiget […].« Nicolaus von Moffan [aus Burgund], Ein Grausame that / des yetzigen Türkischen Kaysers Soltani Seuleimani / die er an dem schändtlichen Todtschlag seines erstgeborn Suns Mustafa begangen hat / im 53. Jar beschriben …, [Augsburg], Ph. Uhlhart [1555]; VD 16 M 5912; Ex. MF 2046 Nr. 3353, A 2v. In ähnlicher Weise bezog sich auch Bernardin Türck auf einen fünf Jahre im türkischen Gewahrsam gehaltenen ungarischen Botschafter, der ihm sonst nicht erreichbare Informationen über die Organisation des türkischen Militärwesens vermittelte, die Türck an den zum Obristen im Türkenkrieg ernannten brandenburgischen Kurfürsten Joachim literarisch weitergab: Bernardin Türck, Getreue und wohlmeinende kurtze erinnerung / von der Türcken ordnung in iren Kriegen [Augsburg, Steiner], 1542; VD 16 T 2188; Ex. MF 2225 Nr. 3617, a 2r/v. 18 Georgijević, Türkey, 1545, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 169. Dem Druck sind einige Übungsgespräche und ein kleines Glossar in »windischer« Sprache, d. h. auf Slowenisch, beigefügt, a. a. O., S. 222–226; die sprachhistorische Analyse von Herrn Kollegen Werner Lehfeldt (Göttingen) ergab, daß es sich bei dem Gesprächstext um eine mit stokavischen und cakavischen Dialektspezifika versehene Sprachform des Slowenischen handelt, die insbes. in der süddalmatischen Küstenregion verbreitet ist. Die Gebetstexte sind in der kroatischen Version des Kirchenslawischen abgefaßt. Gemeinhin gelten die 1550 durch Primus Truber in Tübingen in den Druck gegebenen Katechismen (VD 16 T 2104; Christoph Weismann, »Der Winden, Crabaten und Türken Bekehrung.« Reformation und Buchdruck bei den Südslawen 1550–1595, in: KO 29, 1986, S. 9–37, hier: 18–19; Benga, Beschreibung, wie Anm. 20, S. 56; Vorndran, Südslawische Reformationsdrucke, wie Anm. 499, S. 23; Christian Friedrich Schnurrer, Slavischer Bücherdruck in Württemberg im 16. Jahrhundert, Tübingen 1799, ND München 1989 [Geschichte, Kultur und Geisteswelt der Slowenen Bd. 20], S. 7ff.) als älteste Druckerzeugnisse in slowenischer Sprache. Georgijevićs Türkey erschien bereits 1545! Sollte es sich hier um den ältesten gedruckten Text im Slowenischen handeln? 19 Lukas Osiander, Bericht / Was der Türcken glaub sey / gezogen auß dem Türckischen Alcoran / sampt desselben Widerlegung …, Tübingen, Ulrich Morhart W., 1570; VD 16 O 1182; Ex. MF 1839f. Nr. 3046, )( )(1r/v. 20 Osiander begründete den Einsatz seiner Darstellung mit dem Koran damit, daß »sie [sc. die Türken] nicht sich gegen uns Christen möchten entschuldigen / und sagen / ir lehr im Alcoran were recht unnd gut / obwol derselbigen nicht jederman bey inen volgete / gleich wie laider under uns Christen auch der weniger theil nach dem heiligen und unfehlbaren Wort Gottes lebet.« Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )()( 1r. Zur Absicherung seiner Textgrundlage des Koran, der 1543 von Bibliander gedruckten, ursprünglich von Petrus von Cluny in Auftrag gegebenen Übersetzung Robert von Kettons (vgl. dazu grundlegend: Hartmut Bobzin, Der Koran im Zeitalter der Reformation [Beiruter Texte und Studien 42], Beirut 1995, bes. S. 159ff.), weist Osiander auf ein 1567 veranstaltetes Gelehrtengespräch »mit ettlichen Türken« (a. a. O., )()( 1v) hin, bei dem sich erwiesen habe, daß die genannte Textausgabe eben der »Alcoran« sei, »darauff die Türken iren Glauben gründen / unnd darbey sie noch zu bleiben gedäncken.« Ebd. In der Geschichte der

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Anmerkungen zu S. 18 christlich-muslimischen Religionsgespräche ist in der Zeitspanne zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert freilich kaum Nennenswertes zu verzeichnen, vgl. nur: Jacques Waardenburg, Art. Religionsgespräche II, in: TRE 28, 1997, S. 640–648, hier: 645. Seit 1567 wurden regelmäßige Waffenstillstandsabkommen zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem türkischen Sultan abgeschlossen (vgl. Bertold Spuler, Die europäische Diplomatie in Konstantinopel bis zum Frieden von Belgrad [1739], in: Jahrbücher für Kultur und Geschichte der Slaven in NF XI, 1935, S. 53–115; 171–222; 313–366; hier: 325ff. Liste der österreichischen Gesandten bei der Hohen Pforte; vgl. Ralf C. Müller, Der umworbene »Erbfeind«: Habsburgische Diplomatie an der Hohen Pforte vom Regierungsantritt Maximilians I. bis zum »langen Türkenkrieg« – ein Entwurf, in: Kurz – Scheutz – Vocelka – Winkelbauer (Hg.), Das Osmanische Reich, wie Anm. 523, S. 251–279); stand das erwähnte Religionsgespräch damit in einem Zusammenhang? Dies erscheint eher unwahrscheinlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das ›Gespräch‹ über den Inhalt des Korans bzw. des türkischen Glaubens, das »verstendige / guthertzige / gelehrte Leut […] mit ettlichen Türcken […] obgemelts Alcorans halben« geführt haben und für das sie sich keine »Kosten / Mühe oder Gefahr« (Osiander, )( 1v) sparten, in den Kontext einer Reise gehört, die der nach Württemberg übergesiedelte Krainer Reformator Primus Truber in seiner Heimat durchführte. Offenbar hatte Jakob Andreae Truber, der seit 1566 oder 1567 (RGG4, 2005, Sp. 638) ein Pfarramt in Derendingen bei Tübingen innehatte (vgl. RE3, 20, S. 136–143, hier: 139; s. auch Martin Brecht – Hermann Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte, Stuttgart 1984, S. 417–419, hier: 418; DBETh 2, 2005, S. 1344f.; Mirko Rupel, Primus Truber. Leben und Werk des slowenischen Reformators, München 1965, S. 236f.; Elisabeth Seitz, Primus Truber, Schöpfer der slovenischen Schriftsprache? [Slavistische Beiträge 363], München 1998, bes. S. 16–18 [Forschungsbericht]; 263–265 [Resümee; Analogisierung Trubers mit dem Bibelübersetzer Luther]; Müller, Reformationswerk, wie Anm. 498; Kluge [Hg.], Ein Leben zwischen Laibach, s. u.; Daniel Benga, Die erste bekannte Beschreibung der Ostkirchen durch einen Reformator. Primus Trubers Wahrnehmung der Kirchen des Ostens, in: ZBKG 72, 2003, S. 55–69; ders., David Chytraeus [1530–1600] als Erforscher und Wiederentdecker der Ostkirchen: seine Beziehungen zu orthodoxen Theologen, seine Erforschungen der Ostkirchen und seine ostkirchlichen Kenntnisse, Wettenberg 2006), um die Einholung einer entsprechenden Expertise ersucht. Andreae wollte sich – wie er in der Vorrede seiner Türkenpredigten von 1568 mitteilt – von der Zuverlässigkeit insbesondere der bei Bibliander veröffentlichten lateinischen Koranübersetzung überzeugen. »Deshalb ließ er durch sprachkundige Mittelspersonen, vor allem den Krainer Reformator Primus Truber, kriegsgefangene Türken über ihre Religion gründlich befragen. Das schriftlich festgehaltene Ergebnis bestätigte seine aus dem lateinischen Koran geschöpften Erkenntnisse. Andreae wunderte sich nicht wenig, daß türkische Soldaten so genaue Rechenschaft von ihrem Glauben geben konnten.« Siegfried Raeder, Die Türkenpredigten des Jakob Andreä, in: Martin Brecht (Hg.), Theologen und Theologie an der Universität Tübingen, Tübingen 1977, S. 96–122, hier: 99. Vgl. auch Susan R. Boettcher, German Orientalism in the Age of Confessional Consolidation: Jacob Andreae’s Thirteen Sermons on the Turk, 1568, in: Comparative Studies of South Asia, Africa and the Middle East 24/2, 2004, S. 101–114. Andreae hatte eigenen Angaben zufolge (s. Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288) bei den »gefangenen Türcken« erfragen lassen, »was heuttigs Tags der Türcken Religion und Glaub seie / wölchen die fürnembste Fragestuck auß dem Alcoran / so wir in offentlichem Truck / auß der Arabischen Sprach gedolmetschet haben / außgezeichnet und fürgeschrieben / was sie von disem oder jhenem Artickel halten / deren Antwort / gegen ihnen unvermeldet / was in unserm Alcoran stehe / fleißig auffgeschriben unnd mir zugeschickt worden.« (**1r). Diese Antworten habe Andreae dann mit der ihm vorliegenden Biblianderschen Koranausgabe vergleichen, »und der ursach mich

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nicht wenig verwundert / daß Türcken / darzu Kriegsleut / ihres Glaubens solche Rechenschafft geben können / wölches zubesorgen im Christlichen Glauben / besonders unsere Kriegsleut / nicht bald wurden thun können.« (**1r). Andreae betonte, daß diese Mission der einzige Grund für Trubers Reise gewesen sei, ebd. Nach Scherbers (s. u.) überzeugender Analyse kann als sicher gelten, daß Trubers Mission ein ›Präludium‹ der später in der Korrespondenz mit dem Patriarchen von Konstantinopel (s. dazu Wendebourg, Reformation, wie Anm. 353) fortgesetzten kirchlichen ›Südosteuropapolitik‹ der Württemberger darstellt. Zweifel an der Authentizität der Biblianderschen Koranausgabe, wie sie Andreae – wohl aus antireformiertem Ressentiment heraus – hegte, sind übrigens auch bei polnischen Antitrinitariern bezeugt, s. unten Anm. 353. Im Jahre 1561 hatte Truber zwei aus türkisch besetzten Gebieten geflohene orthodoxe Mönche und einen türkischen Diener aus Laibach mit nach Urach gebracht, wo er eine Druckerei slowenischen Schrifttums betrieb, s. Benga, Beschreibung, s. oben, S. 61; vgl. Weismann, Der Winden, wie Anm. 18; s. unten Anm. 498. Andreae hielt Truber 1586 die Leichenpredigt, abgedruckt in: Oskar Sakrausky, Primus Truber. Deutsche Vorreden zum slowenischen und kroatischen Reformationswerk, Wien 1989, S. 55–69. Auch in dieser Leichenpredigt auf Truber lieferte Andreae einige interessante Hinweise auf diese Mission. Demnach hätten die Krainer Landstände 1567 bei Erzherzog Karl darauf hingewirkt, daß der ›exul‹ Truber nach Laibach gebracht wurde; »[…] er aber Herr Primus [Truber] von guten Freunden vilfältig gebetten worden / wo immer möglich / bey den gefangenen Türcken eigentlich zuerkundigen / ob nicht der Türckisch Alcoran zur handen gebracht / unnd auß demselben bey den gefangenen Türcken erkundigt werden möchte / was ihr vermeinter Glaub und Religion / unnd welches die rechte Dollmetschung des Alcorans sei / hat sich mehrgedachter Herr Primus selbst widerumb in das Land begeben / unnd ettliche gefangene Türcken zu Laybach / da ein Türckischer Wascha / wie ein Türckischer Pfaff zu Tschernemel / und andere mehr Türcken / auff den Gräntzhäusern gefangen gehalten / mit fleiß ires Glaubens / unnd des Türckischen Alcorans halben befragt.« Zit. nach der Edition der Leichenpredigt, in: Sakrausky, a. a. O., S. 62f. Des weiteren führt Andreae genauere Nachrichten über Orte und Personen der mittels eines Fragebogens – und unter Beteiligung eines Dolmetschers – verhörten türkischen Kriegsgefangenen (a. a. O., S. 63) auf; weitere Hinweise auf diese wohl von Andreae veranlaßte, über Herzog Christoph von Württemberg initiierte geheime Erkundungsreise Trubers, die vor allem der Überprüfung des okzidentalen ›Wissens‹ über die türkische Religion und den Koran diente, vgl. Theodor Elze (Hg.), Primus Trubers Briefe [BLVS 215], Tübingen 1897, S. 450f. [Sendung von Andreaes Türkenpredigten durch Truber an die Landstände in Krain 29.9.1568]; diese hatten Andreae um die Übersendung eines des Slowenischen kundigen evangelischen Predigers gebeten (a. a. O., S. 451). In den frühen 1560er Jahren hatte sich Truber übrigens gegenüber Andreae wegen einer vermeintlich zwinglianischen Abendmahlslehre zu verantworten, s. Elze; passim; Hans Joachim Kissling, Einiges über den türkischen Hintergrund zur Zeit der slowenischen Reformation, in: Rudolf Trofenik (Hg.), Abhandlungen über die slowenische Reformation I. Band, München 1968, S. 50–64, hier: 63; Peter Scherber, Primož Trubar, der Protestantismus und die Türken. Zum politischen und theologischen Hintergrund von Trubers letzter Reise in die Heimat, in: 16. Stoletje V Slovenskem Jeziku, Književnosti in Kulturi [Das 16te Jahrhundert in der slowenischen Sprache, Literatur und Kultur. Symposion Laibach 1984], Ljubljana 1986, S. 171– 180. Zum Protestantismus in Slowenien und Krain finden sich verschiedene Beiträge in: Rolf-Dieter Kluge (Hg.), Ein Leben zwischen Laibach und Tübingen. Primus Truber und seine Zeit [Sagners Slavistische Sammlung 24], München 1995; instruktiv auch: Siegfried Raeder, Tübinger Türkenpredigten, a. a. O., S. 133–146 (zu Andreae, S. 136ff.; zur Vorrede der Dreyzehen Predigen: 137f.), sowie: Peter Scherber, Abwehr oder Missionierung der Türken? Kulturelle Konzepte zur Zeit des Religionsfriedens als

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Entstehungsbedingungen der slowenischen Literatur und Sprache, a. a. O., S. 147–159 (zu Trubers Mission 1567 s. S. 148); Herbert Auersberg hielt in Krain die türkischen Würdenträger gefangen, die Truber 1567 über den Koran befragte, a. a. O., S. 148; zu Trubers Drucktätigkeit in Urach siehe Kluge, a. a. O., S. 438ff.; s. u. Anm. 499. 21 Vgl. P. Bonifatius Kotter OSB (Hg.), Die Schriften des Johannes von Damaskos. Bd.IV: Liber de haeresibus. Opera polemica [PTS 22], Berlin / New York 1981, S. 60–67 [Haeres. 100]; Jean Damascène, Écrits sur l’Islam, présentation, commentaires et traduction par R. Laymon Le Coz, Paris 1992 [Haeres. 100] [SC 383]; nach Le Coz zeige Johannes Damaszenos’ Verwendung »du mot religion« [JBSTJUMGKC; ed. Kotter, a. a. O., S. 60,2 = Haeres. 100,2], daß es sich bei der von ihm sog. Religion der Ismaeliten nicht um eine »simple hérésie chrétienne« (S. 89) handle. Vgl. Reinhold Glei / Adel Theodor Khoury (Hg.), Schriften zum Islam / Johannes Damaskenos und Theodor Abu-Qurra, Komm., griech.-dt. Textausgabe [CISC Ser. Graeca 3], Würzburg 1995 ; Hans-Georg Beck, Kirche und Literatur im byzantinischen Reich, München 1959, 21977, S. 476–486; bes. 478; RGG4, Bd. 4, 2001, Sp. 534f. (H.-C. Brennecke). In bezug auf das frühmittelalterlich-›okzidentale‹ Araberbild hat Rotter herausgearbeitet, daß sich erst allmählich das Bewußtsein bildete, daß die Sarazenen keine Christen seien und daß daraufhin das alttestamentliche Bild des ›heidnischen‹ Arabien in den Vordergrund rückte, vgl. Ekkehard Rotter, Abendland und Sarazenen. Das okzidentale Araberbild und seine Entstehung im Frühmittelalter [Studien zur Sprache, Geschichte und Kultur des islamischen Orients NF 11], Berlin, New York 1986, S. 245ff.; zu den Nomenklaturfragen (Arabi, Saraceni, Ismaelitae, Agareni etc.) s. bes. 68ff.; Daniel Sakas, The Arab character of the Christian disputation with Islam. The case of John of Damascus (ca. 655–ca.749), in: LewisNiewöhner, Religionsgespräche, wie Anm. 141, S. 185–205; Stefan Schreiner, Der Islam als politisches und theologisches Problem der Christen und die Anfänge christlich-antiislamischer Polemik, in: Schmid – Renz – Sperber – Terzi (Hg.), Identität, wie Anm. 609, S. 119–138 (zu Johannes von Damaskus 132ff.). 22 Vgl. Feil, Religio Bd. 1, 1986, wie Anm. 7, bes. S. 101; 103; 116ff.; vgl. Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 184; zur religionstheoretischen Konzeption Roger Bacons, insbesondere in Bezug auf den Islam vgl. John V. Tolan, Saracens. Islam in the Medieval European Imagination, New York, Chichester 2002, S. 225ff. 23 Petrus Venerabilis, Adversus nefandam sectam saracenorum, MPL 189, col. 659–720, bes. 669–671; 685ff. Reinhold Glei (Hg.), Petrus Venerabilis: Die Schriften zum Islam [CISC 1], Altenberge 1985, bes. S. 8ff.; v. a. 14 Abs. 12: (»haereticos […] fortassis rectius paganos aut ethnicos, quod plus est, nominarem ); James Kritzeck, Peter the Venerable and Islam, Princeton, N. J. 1964; vgl. knapp: Christoph Auffarth, Die Ketzer [bsr 2283], München 2005, S. 33–35; Maria Rosa Menocal, Die Palme im Westen. Muslime, Juden und Christen im alten Andalusien, Berlin 2003, S. 245ff.; Tolan, Saracens, wie Anm. 22, S. 135ff. ; José Martinez – Oscar de la Cruz – Candida Ferrero – Nádia Petrus, Die lateinischen Koran-Übersetzungen in Spanien, in: Matthias Lutz-Bachmann – Alexander Fidora (Hg.), Juden, Christen und Muslime. Religionsdialoge im Mittelalter, Darmstadt 2004, S. 27–39. Im Zusammenhang einer Untersuchung des Türkenbildes in deutschen Chroniken des 15. Jahrhunderts ist betont worden, daß neben der Schilderung von Greueltaten insbesondere der Lästerung und Verhöhnung der christlichen Religion und ihrer Symbole Aufmerksamkeit geschenkt wurde, Hasso Pfeiler, Das Türkenbild in den Chroniken des 15. Jahrhunderts, Diss. masch. Frankfurt/M. 1956, S. 65f. In der Konstruktion der türkischen Alterität kam also auch im Spiegel der Chronistik der ›Religion‹ die entscheiden-

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de Bedeutung zu. Die Anwendung militärisch-politischer Gewaltmaßnahmen gegen die Türken ist im letzten Grunde religionsrechtlich legitimiert, d. h. mit dem Straftatbestand der Blasphemie begründet; in der Bibel zeige Gott an, was er vom Reich der Türken halte, »[n]emlich / das Mahometisch Religion und Regiment / eitel Gottslesterung und mörderey sey. […] denn es verwirfft Christum und das Evangelium.« Brenz, TürkenBüchlein, wie Anm. 192, B 2r; ähnlich Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, A 1r; im Koran sei nur »eitel unverschampt Lügen und grewlich Gottes lesterung«, E 2r. Für Andreae ist der Blasphemievorwurf gegen die türkische Religion v. a. auf deren unzureichendes Christusverständnis fokussiert, und zwar erstens wegen der Leugnung der Gottessohnschaft, zweitens wegen der Absage an eine Anbetung Christi und drittens wegen der Bestreitung der Kreuzigung, Dreyzehen Predigen,wie Anm. 288, S. 83ff. Zur Blasphemie umfassend: Gerd Schwerhoff, Zungen wie Schwerter: Blasphemie in alteuropäischen Gesellschaften 1200–1650 [Konflikte und Kultur. Historische Perspektiven 12], Konstanz 2005. Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )( )( 1r. A. a. O., )( )( 1v. A. a. O., S 13. A. a. O., )( 2r. A. a. O., )( 2v. A. a. O., )( 3r. A. a. O., )( 3v. A. a. O., )( 3r. A. a. O., S. 13. A. a. O., S. 12. So etwa Höfert, Feind, wie Anm. 3, bes. S. 26; 303ff.; 314f.; dies., The Order of Things and the Discourse of the Turkish Threat: The Conceptualisation of Islam in the Rise of Occidental Anthropology in the Fifteenth and Sixteenth Centuries, in: Höfert – Salvatore (Hg.), Between Europe and Islam, wie Anm. 112, S. 39–69, bes. 62ff. Höferts These eines »epistemological break« (a. a. O., S. 66) des 15. und 16. Jahrhunderts unterschätzt m. E. die Persistenz bestimmter Text- und häresiologischer Wahrnehmungstraditionen. Die Plausibilität der Beobachtungen Höferts gründet sich auf die ihrer Analyse primär zugrunde gelegte Reiseliteratur und soll für diese gar nicht bestritten werden. Während Sebastian Franck in seiner Chronica (s. Anm. 54) darauf verzichtete, Mohammed unter die Ketzer einzureihen (T.3, S. 176v; vgl. Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 345), war dies in dem einflussreichsten Ketzterkatalog der frühen Reformationszeit, dem des als Inquisitor der Erzdiözesen Köln, Mainz und Trier tätigen Dominikaners Bernhard von Luxemburg (VL2, Bd. 1, 1978, Sp. 744; LThK3, Bd. 2, 1994, Sp. 273; BBKL 1, Sp. 634; DBETh 1, 2005, S. 122), abermals (vgl. außer Johannes Damascenus [wie Anm. 21] bes. Petrus Venerabilis [Glei, Schriften, wie Anm. 23, S. 46ff.]) aufs Ausführlichste geschehen. Der Eintrag zu dem Epileptiker Mohammed (»morbo apolexie vexatus«, Catalogus, s. u., B7v), der unmittelbar nach dem Stichwort »Lutherani« (J 6v–7r) kommt, bemüht sich in traditioneller Manier darum, diesen als Kulminationspunkt aller altkirchlichen Häresien zu erweisen: »MAhometus genere Arabs pseudopropheta, inter hereticos ponitur: illud enim quod in principio per Arrium seductor diabolus non potuit perficere, hoc per Mahometum adimplevit: omne Arrianorum venenum quod diabolus in aliis sparsim disseminavit, in Mahometum comprehensum evomuit. Hic mercator fuit vilissimus, princeps latronum, nuntius satane, precursor Antichristi, complementum totius falsitatis, & heresium. Hic cum Sabellio negat trinitatem, cum Arrio et Eunomio supposit Christum esse creaturam: deum Christum dicere, ridiculum putat: cum Carpocrati prorsus det Christum neque deum, sed sanctum prophetam; cum Cerdonio affirmat impossibile esse deum habere filium, ob hoc quia uxorem non habet: cum Manicheis Christum non

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fuisse crucifixum, sed alium illi similem. Negat omnia ecclesie mysteria, quae ab Christi passione efficaciam habent cum Donatistis, dicit d[a]emones salvari per Alkoranum cum Origenistis, cum Antropomorphitis communicant qui deum corporalem asserunt, ultimam felicitatem ponit in voluptatibus cum Cherinto, circumcisionem admittit cum Ebionitis […].« Catalogus haereticorum omnium pene, qui ad haec usque tempore passim literarum monumentis proditi sunt, illorum nomina, errores, et tempora …, Editio secunda [Köln, Eucharius Cervicornus], 1523 ; VD 16 B 1986; Ex. SUB Göttingen 8 HEE 794/3, J 7r/v = Ausgabe 1522; VD 16 B 1985; Köhler, Bibl. I, Nr. 272, S. 119f.; Ex. MF 1564 Nr. 4053, g 2v. 35 Vgl. zur allgemeinen Orientierung: Art. Etymologie, Etymologica, in: LexMA Bd. 4, 2002, Sp. 60f. [Lit.]; R. Klinck, Die lateinische Etymologie des Mittelalters, München 1969, bes. S. 59–65 zu den auf einen speziellen Textzusammenhang abgestimmten Namensetymologien; Friedrich Ohly, Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung, Darmstadt 2 1983, bes. S. 16ff. 36 Einige Beispiele für sonst geläufige Etymologien: »Die dritte eigenschafft des Mahometischen Reichs ist […] Tyrannisieren […] davon er auch seinen Namen hat / Denn Turca heist ein verstörer / der Land und Leute verwüstet […].« Georg Bo[e]nich, Historia wie grewlich der Grosse Mahomet […] die hoch berümbte Stadt Constantinopel […] in seine Gewalt bracht hat …, Magdeburg, Johann Francken, 1595; VD 16 B 6341; Ex. MF 64 Nr. 162, B 3v [Erstdruck Wittenberg 1567, VD 16 ZV 2200]. Ähnlich, basierend auf einer Übersetzung aus dem Türkischen, formuliert Chilianus Fried[e]rich, ›Türkisch‹ bedeute in der Sprache der Türken: »Bewrisch / rauch / wild / grob / Tyrannisch«, Unterricht vom Türcken …, Magdeburg, W. Kirchner, 1567; VD 16 2798; Ex. MF 872f. Nr. 1577, A 6v; vgl. Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, F 3v; zu Friederich vgl. DBI I, 348,64. Johannes Piscatorius rekapituliert die gängigen Thesen: »[…] sie [sc. die Türken] kommen erstlich von den Troianern / nämlich von Turco dem son Troyli / von wölchen sie auch sollen geheyssen und genant werden. Die andern sagend / Sie habend ir ankunfft und nammen von Turco / Aiacis son / unnd werdend (per abusionem) also Türcken gehayssen […]. Darnach seind etlich denen ich zustim und zuhalt / die maynend und gebend für gewiß für / Sie kommen von den Scithis / yetzund Tartari gehaissen […].« Johannes Piscatorius Lithopolitanus (Prediger zu Baltzsa), Herkommen / ursprung unnd auffgang des Türckischen und Ottomannischen Kayserthumms …, Augsburg, Heinrich Steiner, 1542; VD 16 P 2981 [Erstdruck Augsburg 1541 P 2980]; Ex. MF 1422 Nr. 2358, A 3r; ähnlich: Hieronymus Valentinus de Cantoral [= Jeronimo Lomas de Cantoral], Tractatus Bellicus de Turca Vincendo …, Jena, T. Steinmann, 1598; VD 16 L 2355; Ex. MF 1627 Nr. 2732, A 8r/v; aus der skytisch-barbarischen Abkunft folge: »Namque si ad bella magis quam ad ullum humanitatis studium idonei sunt, & ab alieno imperio aut intacti aut invicti semper manserunt; hoc in terris suis non mirum est, ubi belluarum instar […] more vivunt; […].« A. a. O., B 1r. Enea Silvio Piccolomini widersprach der These der trojanischen Abkunft und betonte den skytischen, d. h. barbarischen Ursprung; die asiatischen Invasoren bildeten das ultimative kulturelle und geographische Gegenüber zum »latinum christianumque nomen« (vgl. Adrianus van Heck [Hg.], Enee Silvii Picolominei postea Pii PP II De Europa [Studi e Testi 398], Vatikanstadt 2001, S. 62,1411 [S. 62–67 elementare historisch-geopolitische Informationen zu den Türken]). Erasmus zeigte ein besonderes Interesse am Ursprung der Türken und an der Herkunft ihres Namens. Erasmus’ Beitrag zur etymologischen Diskussion bestand in dem Hinweis auf einen bei Plinius erwähnten Stamm namens »Tusci« zwischen den kaukaschischen und den keraunischen Gebirgen, s. ed. Weiler, Opera V/3, wie Anm. 60, S. 13; 39,224ff. Freilich relativierte er die etymologische Problematik gegenüber dem ›wilden Wesen‹ dieser Leute: »Sed de nomine non erit interim controversia; hoc genus hominum, cuius immanitate tot secu-

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lis affligitur et atteritur res christiana, sicuti complures autumant a maris Caspii littoribus, in Persidem, Asiamque minorem eruperunt, idque ante annum ab hac aetate nostra septingentensimum, nullo certe duce, sed vagi palantesque latrociniis verius quam bello provincias depopulabantur.« Opera V/3, S. 39,226–40, 231. Mylius bringt dasselbe etymologische Programm wie Jeronimo Lomas, erwähnt aber noch die Identität der Skythen bzw. Tartaren mit den der Legende nach von Alexander dem Großen eingeschlossenen »roten Juden«, die ihrerseits mit den endzeitlichen Unheilsvölkern Gog und Magog (Ez 38f.; Apk 20,8) identisch sind, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 6v; . Zu den mit dem apokalyptischen Vorstellungskomplex der ›roten Juden‹ verbundenen Fragen vgl. Andrew C. Gow, The red Jews: antisemitism in an apocalyptic age 1200–1600 [SMRT 55], Leiden 1995; Andrew Runni Anderson, Alexander’s Gate, Gog and Magog, and the Inclosed Nations, Cambridge (Mass.) 1932, bes. S. 49ff.; 58ff.; Gert Melville, Troja – Die integrative Wiege europäischer Mächte im ausgehenden Mittelalter, in: Winfried Eberhard – Ferdinand Seibt (Hg.), Europa 1500, Stuttgart 1987, S. 415–432; František Graus, Troja und trojanische Herkunft im Mittelalter, in: Willi Erzgräber (Hg.), Kontinuität und Transformation der Antike im Mittelalter, Sigmaringen 1989, S. 25–43. Die skytische Abkunft der Türken war auch die den Wittenbergern geläufige Vorstellung, vgl. Köhler, Melanchthon und der Islam, wie Anm. 65, S. 66ff.; Reddig, Reise, wie Anm. 213, S. 35; vgl. Melanchthons Ausgabe von Paolo Giovios Turcicarum rerum commentarius, Wittenberg, J. Klug, 1537; VD 16 G 2054; Ex. MF 822f. Nr. 1500, B 1v–B 2r; andere Ausgabe: Straßburg, Rihel, 1537; VD 16 G 2053; Ex. MF 941–942 Nr. 1654; zur Vorrede Melanchthons an Herzog Johann-Ernst von Sachsen (Oktober 1537) vgl. MBW Bd. 2, Nr. 1960; CR 3, Sp. 440–446; dt. Übersetzung in: Ursprung des Turkischen Reichs (s. unten), A 2r-C 3v; lat. Abdruck, in: Bibliander, Historiae, wie Anm. 257, S. 3–6; zu dem Historiker Paolo Giovio s. MBW Bd. 12, S. 147f. [Lit.]; zu Giovio am Hof Leos X. vgl. Silvio A. Bedini, Der Elefant des Papstes. Stuttgart 2006, S. 156ff.; passim; weitere Erwähnungen der Vorrede Melanchthons: MBW Bd. 2, Nr. 1962; 1975; 1968; 1969; 1971; Hinweise auf Jonas’ dt. Übersetzung des Werkes (Ursprung des Turkischen Reichs / bis auf den itzigen Solyman / durch D. Paulum Jovium / Bischoff Nucerin an Keiserliche Maiestat … inn Welscher Sprach geschrieben / er nach aus dem Latin / F. Bassianatis / Verdeutschet durch Justum Jonam … [o. O., o. Dr., o. J.]; VD 16 G 2051; Ex. SUB Göttingen 8 H Turc 715[2]): MBW Bd. 2, Nr. 1972; CR 2, Sp. 458f.; Göllner, Turcica I, Nr. 598; MBW Bd. 2, Nr. 1983; WA 30 II, S. 200 Anm. 6; Edition des Nachwortes des Übersetzers in: Gustav Kawerau, Der Briefwechsel des Justus Jonas, Halle 1884, ND Hildesheim 1964, Bd. 1, Nr. 364, S. 269–272 . Jonas’ Übersetzung ist dem Augsburger Patrizier Hans Honold gewidmet, s. WA 30 II, S. 200; WABr 4, Nr. 1281, S. 477; die Giovio-Schrift nach Melanchthons Ausgabe hat auch in Biblianders Koran-Ausgabe, Historiae, wie Anm. 257, S. 106–135 (inkl. Vorrede an Karl V.) Aufnahme gefunden. 37 Unter expliziter Berufung auf den Siebenbürgener ›Georg‹ wird die Deutung von dem Nürnberger Arzt Erasmus Flockius, der in seiner Neuausgabe einer angeblich zuerst 1471 in Nürnberg publizierten Prognostik des Johannes Viterbensis formuliert: »Ideo autem dictos eos esse Theoreticos, quasi speculantes, excogitantesques religionem supernaturalem novam, superque omnes priores aliarum gentium religiones magis stupendam, supernaturalem inquam, quasi invenientes religionem, gentibus prioribus ignotam, nec antea, nisi per ipsos, revelatam. Sicut testatur quidam Septemcastrensis […].« Erasmus Flockius, Prognostica de imperiis christiano et turcico. Conscripta a quodam Joanne Viterbiensi Magistro et edita eodem Novibergae … 1471. Nunc iterum reperta et in lucem edita …, Nürnberg, Valentin Neuber, 1560; VD 16 N 77; Ex. MF 2191 Nr. 3500, A 2r. Bei dieser astronomischen Prognostik des baldigen Untergang der Türken handelt es sich um den »tractatus

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Anmerkungen zu S. 20–21 ultimus« von Annius’ Schrift De futuris Christianorum triumphis, wie Anm. 362; Ex. SUB Göttingen 8 H Turc 680. Inc [GW I Nr. 2024], C 4r-[C 6r]. Ein Nürnberger Druck von 1471 kann nicht existiert haben, da die Schrift erst 1480 verfaßt wurde, GW II, Sp. 332. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 162/164. »[…] non Sarraceni, sed ›Theorici‹, id est ›spirituales‹, nomen habere, eo quod in attrahendis Christianis ad suam maliciam et avertendis a fide Christi et societate ecclesie quasi supernaturalem viderentur habere efficaciam.« A. a. O., S. 164/166; Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, E 3r, nimmt die etymologische Ableitung der Türken von »theorici« auf und erläutert: weil sie »die grosse Kunst furgeben mit Allegorien«. Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 166. Ebd. A. a. O., S. 168. Ebd. »Nunc demum vide [sc. der Leser], quomodo ecclesia Antichristi per omnia similitudinem tenet ecclesie Christi, licet perverso modo.« Ebd. . Gert Melville, Die Wahrheit des Eigenen und die Wirklichkeit des Fremden. Über frühe Augenzeugen des Osmanischen Reiches, in: Erkens, Europa, wie Anm. 1, S. 79–101, hier: 83. »[…] nulla fit mentio nec confessio nec penitentia nec absolutio nec correctio nec finalis emendatio.« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 364. Ebd. A. a. O., S. 366. Für das durch christliche Reisende oder Gefangene vermittelte Bild, das Türken von Christen hatten, ist – außer den mit Reinlichkeitsvorstellungen verbundenen Aspekten – im Gegenzug charakteristisch, daß sich die Türken überlegen dünkten, Christen als irrendes Volk, das durch die Trinitätslehre in geistiger Finsternis befangen sei, ansähen und als »Giauren« (verstümmelt, Ketzer?) bezeichneten, vgl. Memoiren eines Janitscharen oder Türkische Chronik, eingeleitet und übersetzt von Renate Lachmann, kommentiert von Claus-Peter Haase – Renate Lachmann – Günter Prinzig [Slavische Geschichtsschreiber VIII], Graz u. a. 1975, S. 55; 178 Anm. 9. Arnold Esch, Anschauung und Begriff. Die Bewältigung fremder Wirklichkeit durch den Vergleich in Reiseberichten des späten Mittelalters, zuletzt in: Ders., Zeitalter und Menschenalter, München 1994, S. 70–92. Memoiren, wie Anm. 48, S. 59. A. a. O., S. 58; vgl. zu magischen Sprüchen etc.: The Encyclopedia of Islam, New Edition, Bd. IX, Leiden 1997, S. 570f. [Lit.]; zu den Amuletten / Talismanen mit Koranversen u. ä. s. Bd. X, 2000, S. 177f.; 500–502 [Lit.]. Copey unnd lautter Abschrifft ains warhafftigen Sandbrieffs wie der Türckisch Kayser Solyman / disen sein yetzt gegenwürtigen Anzug wider die Christenhait geordnet … [Augsburg, Ph. Ulhart, 1532]; VD 16 C 5018; Ex. MF 247 Nr. 497, A 4r; türkische Helme erinnern den aus dem Feldlager Suleimans II. in Griechisch-Weißenburg schreibenden, nicht deutschsprachigen Verfasser an Papstkronen (A 3v). Einschlägig ist dies für jene Sonderanfertigung von 1532, s. Soliman le Magnifique, wie Anm. 566, Nr. 4, S. 24; s. Abb. 9, die die materialisierte Konkretion von Suleimans Anspruch ist, »höchster Kalif« zu sein und Karl V. den Titel eines Kaisers zu bestreiten (vgl. Borgolte, Christen, wie Anm. 3, S. 297). Exemplum Protestationis … Item de Clade Turcarum a Sofi accepta …, [Basel, H. Froben d. Ä.], 1536; VD 16 E 4709; Ex. MF 488 Nr. 901, S. 8; zum ›engelsgleichen‹ Lebensstil der Derwische, der Georgius de Hungaria tief beeindruckt und wesentlich zu seinem ›Abfall‹ in die »türkische Religion« motiviert hat, vgl. Tractatus ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 276ff.

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54 Sebastian Franck, Chronica Zeitbuch und Geschichtsbibell …, Ulm 1536, ND Darmstadt 1969, T. 2, S. 199v. 55 Simson Löwen, Türckenbüchlein / Die weisse Taube genandt …, o. O., o. Dr., 1595; VD 16 L 2323; Ex. MF 1709 Nr. 2806, D 7r. 56 Franck, Chronica, wie Anm. 54, T. 2, S. 199v. 57 Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 37r. 58 Für die Begriffsbildung »Köhlerglaube« kommt Luther eine impulsgebende Bedeutung zu. In seinem gegen den ›zwinglianischen‹ Einfluß gerichteten Sendschreiben an die zu Frankfurt a. M. (1533) heißt es: »Also sagt man, wie ein Doctor hab einen Köler zu Prage auff der brücken aus mit leiden, als uber einen armen leyen, gefragt: lieber man, Was gleubstu? Der Köler antwortet: Das die Kirche gleubt. Der Doctor: Was gleubt denn die Kirche? Der Köler: Das ich gleube. Darnach, da der Doctor hat sollen sterben, ist er vom Teuffel so hart angefochten im glauben, das er nirgent hat können bleiben noch ruge haben: bis das er sprach: Ich gleube, das der Köler gleubt […]. Aber Gott verleihe uns solchs glaubens nicht viel, Denn wo diese nicht anders haben denn also gegleubt, so hat sich beide, Doctor und Köler, inn abgrund der hellen hinein gegleubt […].« WA 30 III, S. 562,27–563,1; vgl. DWb 11, Sp.1591f.; Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 191963, S. 387; RN WA 30 III, S. 125 zu 562,33–36 weist auf eine Überlieferung der von Luther erzählten Episode bei Bartholomäus von Lucca hin. Die formelhafte Verwendung: »[…] die Papisten, sie gleuben, was die Kirche gleubt« (WA 30 III, S. 562,23) erinnert an die Bestimmung der intentio consecrationis des Priesters nach Maßgabe der intentio ecclesiae: »Hoc est quesitum: quid intendere debet sacerdos? Respondetur: debet intendere facere illud quod ecclesia intendit.« Heiko A. Oberman – William J. Courtenay (Hg.), Gabrielis Biel Canonis Missae Expositio I [VIEG 31], Wiesbaden 1963, S. 46. Durch die Aufnahme in Johann Agricolas Sprichwortsammlung (vgl. Sander L. Gilman, Johann Agricola, Die Sprichwörtersammlungen, 2 Bde. [Ausgaben deutscher Literatur des 15. bis 18. Jahrhunderts Bd. 30f.], Berlin, New York 1971, Bd. 1, S. 180–183, Nr. 234) erreichte die Rede vom ›Köhlerglauben‹ im 16. Jahrhundert weitere Verbreitung und eine positive Umwertung im Sinne einer nicht an Orte und Personen gebundenen evangelischen Ekklesiologie: »Zu unsern zeiten ist durch den Luther das Evangelium wider an tag kommen/ denn der Luther predigt auch des Kolers glauben Nemlich/ daß Jesus Christus hatt fur uns genug gethan […].« A. a. O., S. 181,35–182,3. Der Köhlerglaube ist für Agricola der »schlecht[e] und einfeltig[e]« (a. a. O., S. 182,22) Glaube, wie er sich etwa in Luthers Orientierung am Wortlaut der Einsetzungsworte im Abendmahl spiegle. Vgl. zum wegen seiner ›Uninformiertheit‹ dem Teufel ergebenen Köhler im Wald aber WA 37, S. 455,24–26; WA 45, S. 379,26–28 als Sprichwort: »Ich Glawb, wie der Koler glawbt. Wie gleubt er? Wie die Christliche Kirche glewbt. Waß Gleuwbt sie? Ich Glewb an Got den vatter ec. […].« Vgl. Ernst Thiele, Luthers Sprichwörtersammlung, Weimar 1900, ND Leipzig o. J. Nr. 79, S. 98f.; zum theologischen Sachgehalt der reformatorischen Kritik an der fides implicita vgl. Georg Hoffmann, Die Lehre von der fides implicita innerhalb der katholischen Kirche, Leipzig 1903, S. 212–217. Die Anwendung des Begriffs des ›Köhlerglaubens‹ auf den Islam setzt per se voraus, daß dieser als ›Religion‹ prinzipiell mit der christlichen ›Religion‹ vergleichbar ist. 59 Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 23v. Schon Ricoldus beurteilte das Grundbekenntnis zur Einigkeit Allahs als »irrationalis« (ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 86), da es tautologisch sei und nichts enthalte, was nicht im Begriff Gottes selbst impliziert ist. Er analogisiert die Logizität des Grundbekenntnisses mit ›duplizistischen‹ Aussagesätzen wie: »non est enim angelus nisi angelus, et non est homo nisi homo, et non est asinus praeter asinus; hos enim et canis non est asinus.« A. a. O., S. 86. Dies kehrt auch bei Ludovicus Vives wieder: »Non est Deus nisi Deus: quid potest fingi ineptius? quis hoc nescit? quis Iudaeus, quis Christianus, quis gentilis non idem diceret & fateretur? imo

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vero nec est homo nisi homo, nec asinus nisi asinus. [Und, projektionstheoretisch gegen den Stifter dieser Religion gewendet, fährt er fort:] At quicquid animo Mahumetis est collibitum, id ad Deum authorem & iussorem refert, bella sua, rapinas, libidines, incestus, violentias: ut non videatur alium in usum habere Deum, quam ad praetextum flagitiorum suorum ac scelerum […].« Vives, De veritate fidei christianae, wie Anm. 257, S. 278. 60 Auß Rathschlage Herrn Erasmi von Roterdam / die Türcken zubekriegen / Der ursprung unnd alle geschichten der selbigen gegen Römische Keyser unnd gemeine Christenheyt … Kriegsrüstung und behendigkeit der Türcken durch Sabellicum beschriben …, [Frankfurt/ M., Chr. Egenolff d. Ä.], 1531; VD 16 E 3653; G 1389; Ex. MF 549 Nr. 1031, B 3r; Göllner, Turcica I, Nr. 369, S. 191. Das Zitat entstammt dem Teil der anonymen Sammelschrift, der aus dem 9. Buch der zuerst 1498 in Venedig erschienenen Schrift des venetianischen Historiographen Marco Antonico Sabellico Ciccio übernommen wurde: Enneades ab orbe condito ad inclinationem Romani imperii, vgl. Göllner, Turcica III, S. 236; 238; 247. Der Erasmus-Text stellt einen Brief an Johannes Rinck dar, in dem Erasmus zum Türkenkrieg auffordert und den Türken als wegen »unserer missethat« (A 3r) gesandte Strafe Gottes mit den ägyptischen Frosch-, Käfer- und Heuschreckenplagen vergleicht. Der Widmungsbrief an den Kölner Juraprofessor Johannes Rinck (17.3.1530; ediert in: P. S. Allen – H. M. Allen, Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami Tom. VIII, 1529–1530, Oxford 1934, Nr. 2285, S. 382–385; vgl. Nr. 2355 [19.7.1530], S. 495– 497) war der 1530 bei Froben in Basel erschienenen Consultatio de bello Turcis inferendo vorangestellt, vgl. die Editon von A. G. Weiler, in: Opera Omnia Desiderii Erasmi Roterodami, Bd. V/3, Amsterdam u. a. 1986, S. 1–82. Für Erasmus ergeht im Türken die Stimme Gottes, der die Christenheit zu einem moralisch besseren Leben auffordert; eine kompakte Übersicht über Erasmus’ Haltung in der Türkenfrage, die vor allem von dem Problem der Zerstrittenheit der christlichen Fürsten und der sittenlosen Lebensführung der christianitas als Grund der göttlichen Strafe bestimmt war, bietet Weiler, a. a. O., S. 6ff. Erasmus’ Bezugnahme auf Luther entsprach noch dem Diskussionsstand von 1518; er kritisierte dessen in den Resolutiones (s. unten Anm. 589ff.) geäußerte These, wer gegen den Türken kämpfe widersetze sich Gott, der ja den Türken sende, um die Vergehen der Christenheit zu bestrafen. Luther sei dafür verantwortlich, daß die Türkenzugspläne Leos X. von 1517 (s. Eduard Böcking [Hg.], Ulrici Hutteni Opera Omnia Bd. V, Leipzig 1859–1861, ND Aalen 1963, S. 143–157; Erasmus, Opera V/3, S. 7 Anm. 25) im Sande verlaufen seien: »Leo decimus in hoc ipsum totis viribus incubuit, dimissis per omnes christinarum provincias legatis cardinalibus, non quibuslibet, sed viris apprime doctis; nusquam pronis auribus audita est legatio, quum Lutherus nondum scripsisset adversus indulgentias pontificias, nondum produisset articulum, adversus Turcas belligerari nihil aliud esse, quam Deo per illos visitanti nos repugnare.« A. a. O., S. 68, 738–744 = Allen, Tom. VIII, S. 385, 123–129. Erasmus’ Consultatio zielt darauf ab, gerechte, von sittenloser unchristlicher Selbstgerechtigkeit freie Kriegsgründe in bezug auf die militärische Auseinandersetzung mit dem Türken auszumachen; der Türke solle nicht als Türke wegen seines Glaubens bekämpft werden; die Christen müssen den Türken in sich selbst bekämpfen: »Si nobis succedere cupimus [sc. im Kampf gegen die Türken], ut Turcas a nostris cervicibus depellamus, prius teterrimum Turcarum genus ex animis nostris exigamus, avaritiam, ambitionem, dominandi libidinem, nostri fiduciam, impietatem, luxum, voluptatum amorem, fraudulentiam, iram, odium, invidiam, et his gladio Spiritus iugulatis sumamus animum vere christianum […].« Opera V/3, S. 62, 605–609; zu Erasmus und dem Türkenkrieg anhand der Consultatio vgl. auch: Michael J. Heath, Erasmus and War against the Turks, in: Margolin (Hg.), Acta 1976, S. 991–999; zur breiten Reaktivierung der Kreuzzugsvorstellungen im Nachgang des ›Falls‹ Konstantinopels im Humanismus, in die sich Erasmus von seiner Friedensethik her nicht mühelos einfügt, siehe: James Hankins, Renaissance Crusaders. Humanist Crusade Literature in the Age

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of Mehmed II., in: Dumbarton Oacks Papers 49, 1995, S. 111–207; exemplarisch zu S. Brant s. Niederberger, Bild, wie Anm. 523; vgl. Ludwig Schmugge, Die Kreuzzüge aus der Sicht humanistischer Geschichtsschreiber [Vorträge der Aeneas-Silvius-Stiftung an der Universität Basel 21], Basel, Frankfurt/M. 1987; s. auch Hausky (Hg.), Crusading in the fifteenth century, wie Anm. 3. [Paolo Giovio] Türckische Kriegß Ordnung …, Frankfurt/M. 1595; VD 16 G 2056; Ex. MF 670 Nr. 1266, C 1r. Das Zitat stammt aus einem dem anonymen Sammeldruck eingefügten Textstück von Bartholomäus Georgijević, s. zu diesem oben, Anm. 13. Vgl. unten V., 6.1. Thomas Müntzer, Schriften und Briefe, hg. von Günther Franz [QFRG 33], Gütersloh 1968, S. 231, 24f. So etwa in: Ein Gebedt Der Kercken tho Hamborch / wedder den Erffvyent der Christenheit den Törken, Hamburg, Henrick Binder, 1594; VD 16 G 570; Ex. MF 829 Nr. 1509 (zweiter Druck: 1599, VD 16 G 571), A 3v; zur Stilisierung Mohammeds als eines Anti-Heilands vgl. auch: Nicolaus Möringius (Pastor zu Schleusen in der Altmark), Unüberwindtlicher Christen Schutz wider den Türcken …, Magdeburg, Johann Francken, 1597; VD 16 M 5857; Ex. MF 2091 Nr. 3397, S. 45v. Die vor allem von dem Kampf der ecclesia militans am Ende der Zeiten handelnde Predigt über Ez 38 erschien mit einer empfehlenden Vorrede des dem Verfasser befreundeten Kirchenführers Siegfried Sack, des ersten lutherischen Dompredigers von Magdeburg, vgl. über ihn: Helmut Asmus, 1200 Jahre Magdeburg. Die Jahre 805 bis 1631, Magdeburg 2000, S. 506ff. Vgl. Melanchthon, etwa in seiner Vorrede zur Baseler Koranausgabe: »Semper igitur nobis, qui scimus hoc verbum per prophetas, Christum et apostolos traditum, vere primum et divinum esse, tenenda est regula: nullas religiones sine hoc verbo recipiendas esse.« CR 5, Sp. 11; vgl. zum Kontext: Bobzin, Koran, wie Anm. 20; MBW Bd. 3, Nr. 2973; zu Melanchthon und dem Koran vgl. auch Manfred Köhler, Melanchthon und der Islam, Leipzig 1938, bes. S. 45ff.; eine instruktive Übersicht bietet: Michael Plathow, Philipp Melanchthons Stellung zu den »Türken«, in: Luther 73, 2002, S. 140–153. Vgl. a. a. O., Sp. 12. »Es hat aber der Prophet die gottseligen wollen trösten, das sie nit durch die glory odder prachtige ehre des gottlosen reichs geergert, den glauben hinliessen, das sie nit maineten sich alleyn durchs gluck unnd Göt unbewust yn widder wertigkeit bracht werden, das sie nit gedechten das eyner solchen tyranney gluckseligkeit stetz waren solt, zu letzst das sie auch wusten wan solchs reich ynn seyner hochsten ehr unnd gewalt stehen wurde, das dan Christus die lebendigen und todten zu richten balt komen solt.« Melanchthon, Vorrede zur Auslegung des Propheten Daniel (April 1529), zit. nach der Edition in: Adolf Laube (Hg.), Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, Bd. 1, Berlin 1992, S. 485–491, hier: 486, 32–39; vgl. CR 1, Sp. 1051–1056, hier: 1053; zum Kontext: DRTA J. R. Bd. 7,1, S. 622 Anm.; 715f. Anm. 2; 959f. Nr. 1973a; MBW Bd. 1, Nr. 769. Vgl. Melanchthon in seiner Vorrede zu Giovios Commentarius, wie Anm. 36, A 5r = CR 3, Sp. 440–446, hier: 443; ähnlich Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, D 1v-D 2r; ähnlich: Bernhard von Luxemburg, Catalogus, wie Anm. 34, D[6]v; s. oben Anm. 34. Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 10r. A. a. O., S. 16r. In bezug auf die Anfänge Mohammeds wird etwa berichtet, daß er eine jüdische Mutter gehabt haben soll; ein jüdischer Astrologe habe seinem Vater die Besonderheit seines Sohnes prophezeit, als er vier Jahre alt war; auf Mohammeds Entwicklung hätten ein Mönch Johannes und der arianische Mönch Sergius prägend eingewirkt, vgl. Henricus Enustinus, [Heinrich Knaust; s. Göllner, Turcica I, Nr. 732–735; S. 344f.; ADB 16, S. 276; ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 15 Anm. 28] Mahometische Genealogia …, Berlin 1596; VD 16 K 1434; Ex. MF 1335f. Nr. 2206, B 2v–B 3v; vgl. Chiensis, Historia, wie Anm. 17, a 3v; für Mylius (Zehen Predigten, wie Anm. 14) ist Sergius ein »ausgelauffene[r] Calvinische[r] oder Nestorianische[r] Münch oder Praelat«, S. 9v; eine Ableitung des Islams aus

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dem Arianismus auch bei Heerbrand, Compendium, 1573, S. 454; vgl. Ohlemacher, Lateinische Katechetik, wie Anm. 9, S. 244 Anm. 196; zum ›Nestorianismus‹ als Ausgangspunkt eines Religionsgesprächs mit dem Islam bei Nikolaus von Kues, ders., Sichtung, wie Anm. 101, Bd. 1, S. XIf.; 14f.; 32f. [Sergius u. a.]; 38f.; Bd. 3, S. 24f.; 80–83. Vgl. zum breiten traditionsgeschichtlichen Hintergrund: Norman Daniel, Islam and the West. The Making of an Image, ND Oxford 2003, S. 100ff.; Raeder, Islam, wie Anm. 1, S. 173f.; Barbara Roggema, A Christian Reading of the Qur’an: the Legend of SergiusBahīrā and its Use of Qur’an and Sīra, in: David Thomas (Hg.), Syrian Christians under Islam, Leiden u. a. 2001, S. 57–74 [Lit.]; zu Melanchthons ausgesprochen spärlichem ›Wissen‹ über Mohammeds Leben vgl. Köhler, Melanchthon, wie Anm. 65, S. 30f. Die Vorstellung, die türkische Religion stelle ein hybrides religionskulturelles corpus permixtum aus Judentum, Heidentum und Christentum dar, ist bei Katholiken und Protestanten gleichermaßen verbreitet, markiert also gemeinsames ›mittelalterliches‹ Erbe, s. etwa Fabri, Oratio, wie Anm. 431, A 6rf.: »Videt [Mohammed] vana & in pseudoprophetae morem divinavit [A 6v] mendacia. Quo denique totum orbem, quem tunc in tres vias religionum, Christianismi scilicet Iudaismi & Gentilismi, divisum invenit, sibi vendicaret, ad se suamque nocentißimam sectam pelliceret, ex omni parte, ea quibus hominum desyderia & illecebrae appetitus satiantur, inseruit, Instabilesque in fide, hac via, Antichristi modum, seducendo a vero, aberrare multifariam fecit.« [A 6r/v] = MF 1339 Nr. 3513, b 1v; zu Sergius: b 1r. Bei Jonas erfährt man, der Teufel habe durch Mohammed eine »newe lere« »erdichtet«, »die alle religiones zusamen fasset / und gab fur / die selbigen zu concordirn / Nam allenthalben etwas / das menschlicher vernunfft beheglich / und thet die faust auch darzu / Nam den Juden zu lieb die beschneitung an / lobet Moysen […]. Den Christen zu lieb rhümet er auch Christum […].« Das siebend Capitel, wie Anm. 364, D 1r. Auch Andreae erwähnt Sergius (Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, S. 73f.; 98), ist sich aber nicht ganz sicher, ob er Nestorianer oder Arianer war, betont die Beteiligung von Juden an der Abfassung des Korans und stellt den hybriden Mischcharakter der türkischen Religion folgendermaßen heraus: »Und ist also der Alcoran / das ist / deß Mahomeths Glaub und Religion auß dem Jüdischen / Christlichen unnd Heidnischen Glauben zusamen getragen / Denn auß jedem hat er ettliche stuck genommen / unnd also ein Glauben auß allen machen wöllen / dadurch den Juden / Christen und Heiden gnug beschehe / unnd sich keiner zubeklagen hette / daß im sein Glaub entzogen were.« S. 75. 70 Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 16r. 71 Ebd. Es folgt eine Liste der Themen im Koran, die seine Lehre für Christen, Juden und Heiden anziehend machen könnten; für Christen ist das der ›irdische Jesus‹, seine Jungfrauengeburt etc., für Juden Opfer und Beschneidung, für Heiden Krieg, Mord und Blutvergießen usw., a. a. O., S. 16r/v. Wenn sich die Christen an der »per primos patres, prophetas, filium Dei et apostolos« tradierten Lehre orientierten (CR 5, Sp. 11), seien sie natürlich der »türkischen Religion« gegenüber genauso resistent wie etwa gegenüber den »veteres furores Aegyptii, qui boves, feles, serpentes tanquam numina colebant, et ob eis auxilium petebant«. CR 5, Sp. 11. 72 Vgl. etwa Osiander, Bericht, wie Anm. 19, A 1v. Zur Wahrnehmung des Islams als häretischer Sekte bei den Zürcher Reformatoren vgl. Segesvary, L’Islam et la Reform, wie Anm. 123, S. 71ff. Auch für Johannes Coccejus (Oratio de Religione Turcarum, 1626) vollzieht sich die Wahrnehmung des Islams in den klassischen Bahnen häresiologischer Bewertung: Mohammed ist eine moralisch fragwürdige Figur, die ihre religiösen Kenntnisse einigen vom Teufel aufgewiegelten häretischen Christen verdankt, die er zu einer seelenmörderischen Mixtur verbindet (»[…] Cum enim omnem fere haeresin collegisset [sc. Mohammed], & suae ratiocinationis figmenta adjecisset, mixturam ex his fecit unam, animarum lethale venenum.« van Amersfoort – van Asselt, s. u., S. 130). Der eigentliche Grund für die Ausbreitungserfolge des Islams sei in der »gladii me-

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tus & splendida spes promissa« (a. a. O., S. 137) zu sehen. Gisbert Voetius (Disputatio de Mohammedanismo, 1648) behandelt den »Mohammedanismus« neben »Atheismus, Gentilismus« und »Judaismus« als apostasia verae religionis (a. a. O., S. 140), und zwar als »apostasia perfecta ex parte nominis, principii et objecti« (a. a. O., S. 147; Kasus von mir geändert, Th. K.). Anders als Marsilio Ficino, der die Distanz zwischen wahrer Kirche und Mohammedanern ähnlich bestimmt habe wie die zu den arianischen und manichäischen »Sectatores« (Ficino, De Religione Christiana, cap. 12; zit. a. a. O., S. 147) sieht Voetius im Islam den Superlativ aller intellektuellen und moralischen Verwerflichkeit. Neben der papistischen Idolatrie sind die Streitigkeiten unter den Christen und die Unkenntnis über den Islam dafür verantwortlich, daß es bisher nicht gelungen sei, diese Religion zurückzudrängen. Unter breitem Rekurs auf islamwissenschaftliche Literatur aus allen Konfessionen vertritt Voetius explizit das Programm, den Islam durch eruditio zu bezwingen (bes. a. a. O., S. 149ff.). Bei Adrianus Relandus (De religione Mohammedica, Praefatio der Ausgabe von 1705) hat sich die Wahrnehmung des Islams dann definitiv vom häresiologischen Konzept gelöst: Ebensowenig wie die üblen Beschreibungen der Heiden dem Christentum in der Antike entsprochen hätten oder die Darstellung der »religio nostra« durch die Papisten adäquat sei, könne die Parallelisierung des Islams mit polemisch dargestellten christlichen Konfessionen akzeptiert werden. Allein die am Koran orientierte, vorurteilsfreie Beschäftigung mit dem Islam auf der Grundlage philologischer Kenntnisse sei angemessen; die von Reland geforderte objektive Beschreibung der islamischen Religion (a. a. O., S. 165) soll denselben wissenschaftlich-philologischen Standards entsprechen, die im Zuge der Reformation in Bezug auf das Christentum üblich geworden seien. Die zitierten Quellen der niederländischen Autoren sind bequem zugänglich in: J. van Amersfoort – W. F. van Asselt, Liever Truks dan Paps? De visies van Johannes Coccejus, Gisbertus Voetius en Adrianus Relandus op de Islam [Missiologisch Onderzoek in Nederland 17], Zoetermeer 1997; vgl. zu Reland auch: Hagemann, Christentum, wie Anm. 1, S. 98f. Vgl. etwa Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 216ff.; vgl. die scharfe Grenzziehung zwischen »Christlicher Religion« und dem »greulichen aberglauben« der Türken bei Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 203. Die Bezeichnung der türkischen Religion als »secta« bzw. »haeresis« blieb – neben der als ›Glaube‹ bzw. ›Religion‹ (s. oben, Anm. 9) – auch im lutherischen Protestantismus üblich, vgl. etwa Major, Auslegung, wie Anm. 546, S. 37r: »[…] andere Rotten und Secten / als Mahometische und ketzerische versamlungen.« Besonders einflußreich dürfte CA 1 geworden sein: »Damnant [sc. die Bekenner der Augsburgischen Konfession] omnes haereses […] ut Manicheos […] Arianos, Eunomianos, Mahometistas et omnes horum similes.« BSLK S. 51,1ff. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 216ff.; 270ff. A. a. O., S. 312. A. a. O., S. 312–315. Der Begriff »offensio«, den der Dominikaner Septemcastrensis hier verwendet, erinnert an die Verwendung des Substantivs »offensa« als Inbegriff der gegen Gott gerichteten Sünde bei Thomas von Aquin, STh III q. 1 art. 2 ad 2. A. a. O., S. 314f.; zu Ferrer vgl. RGG4, Bd. 8, 2005, Sp. 1118f.; Laura Smoller, Defining the Boundaries of Natural in Fifteenth-Century Brittany: The Inquest into the Miracles of Saint Vincent Ferrer (D. 1419), in: Viator 28, 1997, S. 333–359. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 314. A. a. O., S. 272f. »[…] homines, deinde semichristianos«, Erasmus, Opera V/3, wie Anm. 60, S. 52,396. Zur Bezeichnung der Türken als ›Hunde‹ s. H. Dickerhoff, »nomine canum gentiles designantur«. Zum Heidenbild in mittelalterlichen Bibellexika, in: Secundum regulam vivere. FS N. Backmund, Windberg 1978, S. 41–71. (Die rituelle Animalisierung

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Anmerkungen zu S. 23 der verketzerten Protestanten durch katholische Religionskrieger im Frankreich der Religionskriege [vgl. Denis Crouzet, Die Gewalt zur Zeit der Religionskriege im Frankreich des 16. Jahrhunderts, in: Thomas Lindenberger – Alf Lüdtke [Hg.], Physische Gewalt. Studien zur Geschichte der Neuzeit [stw 1190], Frankfurt/M. 1995, S. 78–105, bes. 87f.], zu der mir aus dem Kontext der Türkenkriege keine Analogien bekannt sind, dürfte einen distinkten ketzerrechtlichen Hintergrund besitzen.) Instruktive Hinweise zur auch kirchenrechtlichen Wertung der Heiden bzw. Sarazenen als Menschen qua Gottebenbildlichkeit bietet: Rüdiger Schnell, Die Christen und die »Anderen«. Mittelalterliche Positionen und germanistische Perspektiven, in: Odilo Engels – Peter Schreiner (Hg.), Die Begegnung des Westens mit dem Osten, Sigmaringen 1993, S. 185–202, hier bes.: 186; 200f.; zur Einordnung der Türkenwahrnehmung in die anderer fremdreligiöser und -konfessioneller Gegner s. Eike Wolgast, Die Wahrnehmung von Nichtchristen und konfessionellen Gegnern in der frühen Neuzeit, in: Angelika Dörfler-Dierken – Wolfram Kinzig – Markus Vinzent (Hg.), Christen und Nichtchristen in Spätantike, Neuzeit und Gegenwart. Beginn und Ende des konstantinischen Zeitalters. Internationales Kolloquium aus Anlass des 65. Geburtstages von Prof. Dr. Adolf Martin Ritter [Texts and Studies in the History of Theology VI], Mandelbachtal, Cambridge 2001, S. 131–150. »Nu, ich [sc. Luther] will dis mal setzen […], das die Türcken zum teil auch Menschen seien und dem Alcoran nicht gleuben […]. Denn auch unser Medici und Astronomi viel Sarracenen bücher haben, als Avicennam, Mesue, Hali, Albumasar, Alfraganas etc., die freilich Menschen gewest und dem Alcoran nicht gegleubt, sondern der vernunfft gefolget haben, wie Plato, Cicero und der gleichen Philosophi, Solche leute, achte ich, sind uber den secten irre worden Und haben weder Jüden noch Christen noch Sarracen sein wollen und sich der vernunfft und Philosophia gehalten.« WA 53, S. 389,31–390,5; ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 185; zu Luthers These, der Vernunftgebrauch Ibn Sinas (980–1037), Ibn Masawayhs (†857), Ali Ibn al’Abbas (†994), Abu Ma’shar Djafar ben Muhammads (†886) und Alfraganas (9. Jh.) habe sie in Spannung zur islamischen Religion gebracht, vgl. Ehmann, a. a. O., S. 314f. Für Hieronymus Savonarola ist klar, daß die Sekte der »Mahumetani« »omni ratione« entbehrt, vgl. seinen in: Bibliander, Confutationes, wie Anm. 12,*3r–*4v abgedruckten gleichnamigen Traktat. In Hinblick auf Mohammed vertritt der florentinische Dominikaner die Auffassung: »Vi autem & gladio, non rationibus instructus, pollicitationibus primum malaque arte hominis rudes ac impuros sibi ascivit.« (*3v). WA 53, S. 388,33 = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 184; in bezug auf die Sexualethik der Türken spricht Luther dann von säuischem bzw. heidnischem Verhalten, a. a. O., S. 393,14ff. = Ehmann, a. a. O., S. 187. Vgl. etwa Glei (Hg.), Petrus Venerabilis. Schriften gegen den Islam, wie Anm. 23, Summa totius haeresis, S. 13; Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 202 Anm. 37. Vgl. etwa Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 38.40. Ähnlich urteilt Meuthen in bezug auf die Kritik an politischen Obrigkeiten: »›Schlimmer als ein Türke‹, das ist der schwerste Vorwurf, den man gegen einen grausamen Tyrannen erhebt […].« Meuthen, Fall, wie Anm. 1, S. 8. Pars pro toto sei verwiesen auf eine Predigt des Regensburger Dompredigers Kaspar Macer (Ein Bittpredigt / wider den grausamen erschröcklichen erbfeind … den Türcken und andere der Catholischen kirchen lästerer und verfolger …, Ingolstadt, A. und S. Weissenhorn, 1567; VD 16 M 24; Ex. MF 2090 Nr. 3393, S. 13rff. Bilderstürme, antiklerikale Aktionen im Rahmen der Religionskriege Frankreichs, Exhumierungen von Leichen verstorbener ›Papisten‹ verdeutlichen, daß die Protestanten ähnlich barbarisch wüten, wie man es vom Türken kenne! Balthasar Hubmaier, Von Ketzern und irem Verbrennen, 1524, zit. nach der Edition in: Gunnar Westin – Torsten Bergsten (Hg.), Balthasar Hubmaier, Schriften [QFRG 24 /

Anmerkungen zu S. 23–24

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QGT IX], Gütersloh 1962, S. 98. Auf derselben Linie liegt natürlich die von einem spiritualistischen Standpunkt aus formulierte Kritik Sebastian Francks an »Türcken / Heiden / Papisten / falsche[n] Christenn / und alle[n] ungleubigenn« als weltfromm, d. h. impius, da allen gemeinsam sei, daß sie nicht allein auf den Gottesgeist vertrauten, sondern an irdischen Ordnungen und Legitimationsinstanzen hingen, vgl. Francks Schlußwort zu seiner deutschen Übersetzung des Georgius de Hungaria, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, hier: S. 89 [= Werke Bd. 1, s. u., S. 314, 3f.]; vgl. zu Francks Ausgabe: Bernhard Capesius, Sebastian Francks Verdeutschung des »Tractatus de ritu et moribus Turcorum«, in: DFSO 3, 1944, S. 61–86; S. 103–128; s. Abb. 4; eine Neuedition der Schrift Francks in: Sebastian Franck, Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe mit Kommentar, Bd. 1: Frühe Schriften, TextRedaktion Peter Klaus Knauer, Bern 1993, S. 236–327; grundlegend für alle diesen Text betreffenden Fragen: Christoph Dejung, Sebastian Franck, Sämtliche Werke Bd. 1: Frühe Schriften: Kommentar, Stuttgart – Bad Cannstatt 2005, S. 335–513; vgl. Stephen C. Williams, ›Türkenchronik‹. Ausdeutende Übersetzung: Georgs von Ungarn ›Tractatus de moribus, conditionibus et nequicia Turcorum‹ in der Verdeutschung Sebastians Francks, in: Dietrich Huschenbett – John Margetts (Hg.), Reisen und Welterfahrung in der deutschen Literatur des Mittelalters [Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie 7], Würzburg 1991, S. 185–195 ; s. auch unten Anm. 465. Charakteristisch für Franck ist jedenfalls, daß er in spiritualistischer Äquidistanz »heuchler«, Türken und Papisten (ed. Göllner, a. a. O., S. 95 [= Werke Bd. 1, S. 318, 34]) nebeneinanderstellen kann; in der Geschichtsbibel (wie Anm. 54), T. 2, S. 198vff. stellt hingegen Franck den »Türken« in konventioneller Manier dem Glauben der Christen oppositiv gegenüber; auch in seiner Ausgabe des Siebenbürgeners kann er gelegentlich ›die‹ Christenheit dem Türken als einheitliche Größe entgegensetzen (ed. Göllner, a. a. O., S. 85 [= Werke Bd.1, S. 310, 2]), obschon er wie kaum ein Autor sonst das Skandalon betont, daß die »Christen« bzw. der »Christenliche Glaube« (Kasus von mir geändert Th. K.) allein in »[e]ylff Nation und unterscheyd« (ed. Göllner, a. a. O., S. 71; vgl. 76; 78 u. ö. [= Werke Bd. 1, S. 298, 13ff.; 302; 304]) gespalten sei; zur Verwendung dieses traditionellen Musters der vielen christlichen Nationen unter Einschluß des Islams, d. h. der Pluralität des Christentums als Argument für den Primat des Papstes vgl. Alveld, in: Laube, Flugschriften gegen die Reformation (1518–1524), wie Anm. 349, S. 73,14ff.; 77,23; 78,1f; 80,19; 81,11ff. Die kirchen- und konfessionskundlichen Informationen zu den Christentumsvarianten unter türkischer Herrschaft scheint Franck Petrus Apian (a. a. O., S. 78 [= Werke Bd. 1, S. 304,23; präzise Hinweise bietet Dejung, a. a. O., S. 499f.; vgl. über diesen knapp Scheibles Hinweise in: MBW 11, S. 81) entnommen zu haben; in die lateinische Version der Schrift Georgs, die Bibliander seiner großen Koranausgabe eingefügt hat (Historiae, wie Anm. 257, S. 7–60), ist der Abschnitt über die zehn christlichen Nationen übrigens eingegangen. 88 Vgl. einige Hinweise in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 125; 144; s. auch unten Anm. 430. 89 Vgl. etwa Sylvius (1527), in: Adolf Laube, Flugschriften gegen die Reformation (1525– 1530), Bd. 1, Berlin 2000, S. 433,34f. (im Kontext der Polemik gegen Luther); in einem anonymen Türken-Büchlein aus der Frühzeit der Reformation [Mai 1522], ed. in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 128, wurde der Papst dafür verantwortlich gemacht, daß angeblich viele Juden zum Türken überliefen. Erasmus konstatierte als Gemeinsamkeit zwischen Juden und Türken, daß beide Christus einen Propheten nennten, vgl. Allen, Opus Epistolarum, wie Anm. 60, Bd. X, Nr. 2643, S. 14,41ff. In dem Nachwort eines 1527 erschienenen Drucks der Flugschrift Ein auszug (wie Anm. 316) äußert ein anonymer ›altgläubiger‹ Autor im Gegenzug gegen die ›judenfreundliche‹ Haltung der Protestanten

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Anmerkungen zu S. 24

(vgl. die Belege in: Thomas Kaufmann, Luthers »Judenschriften« in ihren historischen Kontexten [NAWG I. Phil.-Hist. Kl. 6, 2005], Göttingen 2005, S. 26ff. mit Anm.): »Ich glaub nicht / das ein Türck erger sein mag / wann er hat Gott nye so hoch gelestert als die Christen / die do sprechen / eyn Jud sey frummer dann ein Christ.« Ein auszug, a. a. O., C 1v; a. a. O., C 2r polemisiert der Verfasser gegen diejenigen, die meinen, man solle die Juden jetzt dulden. 90 Vgl. Enustinus, Mahometische Genealogia, wie Anm. 69, B 1v / B 2v; vgl. z. B. auch: Summula brevis contra haereses et sectam diabolicae fraudis Saracenorum, in: Bibliander, Machumetis Saracenorum Principiis, wie Anm. 268, S. 2–6, hier: 4. 91 In einer v. a. durch den Widerspruch gegen das von dem Genueser Uberto Foglieta (bes.: De causis magnitudinis imperii Turcici, Leipzig, Michael Lantzenberger, 1595; VD 16 F 1754; Ex. MF 826–827 Nr. 1505 [zahlreiche weitere Drucke VD 16 F 1751ff.; vgl. Göllner, Turcica II, Nr. 1950 und 2033]) vermittelte Bild des starken, durch Gehorsam und feste Autoritätsstrukturen geprägten türkischen Obrigkeitsstaats bestimmten Oratio an Kaiser Rudolph II. vermittelte Henricus Stephanus den – durchaus berechtigten (vgl. nur Jan Paul Niederkorn, Die europäischen Mächte und der »lange Türkenkrieg« Kaiser Rudolfs II. (1593–1606) [Archiv für österreichische Geschichte 135], Wien 1993, S. 27ff.) – Eindruck, daß sich das Osmanische Reich unter Sultan Murad III. (1574–1595) im Niedergang befinde. Für die Durchsetzung seiner heftige Widerstände provozierenden Steuerpolitik, bei der der Sultan von den Geboten der muslimischen Religion abweiche, bediene er sich des Rates von Juden, die auf Betreiben des Herrschers Münzfälschungen vorgenommen hätten. Aufgrund seiner Steuerpolitik sei der Sultan von Aufruhr bedroht, vgl.: Oration und Ermahnung an … Rudolphen 2. … Erstlich durch … Henricum Stephanum in Latin beschrieben … Jetzt aber durch Tenc. Aunaeum Privatum, in unsere Teutsche Sprach ubersetzet …, Frankfurt/M., in Verlegung Peter Vischers, 1594; VD 16 E 4016; Ex. MF 656f. Nr. 1242, S. 17f. Der Beginn des sukzessiven Abfalls des Osmanischen Reiches von der mit Suleimans II. Herrschaft bestimmten Höhenlage wird nicht selten auf den Regierungsantritt Sultan Murads III. (1574) datiert, vgl. Joseph von HammerPurgstall, Geschichte des Osmanischen Reiches Bd. 4, Pest 1829, ND Graz 1963, S. 1ff., oder in dessen historischen Umkreis gesetzt, vgl. Halil Inalcik, The Ottoman Empire. The Classical Age 1300–1600, London 1973, S. 41ff.; Kemal H. Karpat, The Ottoman State and its Place in World History [Social, Economic and Political Studies of the Middle East XI], London 1976; Robert Mantran (Hg.), Histoire de l’Empire Ottoman, Paris 1989, S. 166; 192; 224; Ferenc Majoros – Bernd Rill, Das Osmanische Reich 1300– 1922, Graz u. a. 1994, bes. S. 254ff. 92 Vgl. die Erwähnung von Absetzungen im Zusammenhang mit Münzproblemen, Verbote des Tragens von Luxuskleidern, Übergriffe auf Juden und Abbrennen ihrer Häuser in Konstantinopel im Jahre 1589; der anonyme Verfasser der Newen Zeitung folgert aus den Übergriffen auf die Juden, daß es den Christen ähnlich ergehen könnte: »[…] daß sie in seinem [sc. des türkischen Sultans] gantzen Reich der Türcken / mit allen Juden der gestalt werden gehaußet haben / wird vielen Christen auch nicht zu gutem kommen / welche groß Gut unnd Geld / bei den Juden darselbsten haben / ec.« Newe Zeitung Auß Constantinopel / von dem Auflauff der Janitschaer … Von der schrecklichen Brunst und Plünderung der Juden / so … Türckische Soldaten angericht …, Straßburg, 1589; VD 16 N 679; Ex. MF 2222 Nr. 3593, A 3r; zu einem Beispiel von Judenverfolgung im Osmanischen Reich, das Juden als »zu beklagende Opfer« betrachtet, die in die »von Türken bedrohte Schicksalsgemeinschaft« (Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 76) eingebunden waren, vgl. auch Höfert, a. a. O., S. 76 mit Anm. 83. Die europäischen Gebiete des Osmanischen Reiches waren freilich das maßgebliche Zuzugsgebiet der aus Spanien und Portugal vertriebenen Juden, vgl. Heinrich Graetz, Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Reprint der Ausgabe letzter Hand (Leipzig 41907) Berlin 1998, Bd. 9,

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S. 25; zu den zunächst sehr positiven Lebensbedingungen der Juden unter den Osmanen und ihrer Betätigung in Handel, Handwerk, bes. Rüstungsproduktion und als Ärzte und Dolmetscher vgl. a. a. O., S. 26ff. Die sukzessive Verschlechterung der Lage der Juden in der Türkei im späteren 16. Jahrhundert hing offenbar unmittelbar mit dem Machtverfall der Sultane zusammen, s. Graetz, a. a. O., S. 358–409; vgl. auch: Mark A. Epstein, The Leadership of the Ottoman Jews in the Fifteenth and Sixteenth Centuries, in: Benjamin Braude – Bernard Lewis (Hg.), Christians and Jews in the Ottoman Empire, Bd.1 und 2, New York, London 1982, S. 101–115. Vgl. etwa des ›altgläubigen‹ Erfurter Artisten (s. WABr 6, Nr. 1305, S. 517 [Lit.]) Johann Haselberg Schrift: Des Turckischen Keysers Heerzug und vörnem widder die Christen. Mit angehangter ermanunge der grausamen tyranney des Türcken widder Christlich Nation, Erfurt, A. Rauscher, 1531; VD 16 H 705; Ex. MF 1587 Nr. 2672 [wohl Nachdruck eines zuerst 1530 erschienenen Drucks, vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 379, S. 195f.; VD 16 H 704; zweiter Druck 1530: ZV 21787], E 3v: Im Rahmen der visionären Schilderung des Aufbruchs eines prächtigen Heeres unter Führung des Kaisers, das den Türken endgültig Paroli bieten werde, heißt es: »Es würden die Juden und all ander Secten / so ynn der christenheit enthalten / zu dem christlichen zug furderlich und verholffen sein / ich geschweig noch der fromen alten Christlichen mütterlein / welche die schetz lange zeyt unter dem estrich verborgen her fur graben würden […].« Demnach sind die Juden in die ›Generalmobilmachung‹ des ›christlichen Abendlandes‹ gegen die Türken zu integrieren; vgl. ähnlich – aufgrund anderer Quellen – Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 71. Allerdings fehlt es auch in Türkenschriften nicht an polemischen theologischen Äußerungen gegen die Juden, die wegen ihrer völligen Mißachtung Christi noch schlimmer seien als die Türken, die ihn wenigstens als Propheten anerkennten, so bei Andreae: »Die Türcken aber / ob sie wol Christum nicht der gestalt lästern wie die Juden / dann sie halten ihn für ein heiligen Mann / und Gesandten Gottes / so glauben sie doch auch nit recht von Christo / unnd entziehen ihme sein höchste und grösseste Ehre / die er von ewigkeit gehabt / und uns Menschen zu unser erlösung gebraucht und erzeigt hat.« Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, S. 95f. Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 34r. A. a. O., S. 34v; im Hintergrund des Bildes steht 1 Kor 5,12. Ebd. Ebd. Ebd., vgl. a. a. O., S. 19r/v. »Nam cum praecipua sit augendi Imperij rei militaris ac bellicae virtutis via; res porro militaris duabus inprimis rebus contineatur, obedientia & disciplina: utrique rei fundamentum est religio. Quo factum est, ut omnes populi, quicunque ad magnam potentiam & gloriam pervenerunt, iidem religionis diligentißimi cultores fuerint.« Foglieta, De causis magnitudinis imperii Turcici, wie Anm. 91, A 8v. Dies wird von Foglieta besonders an dem Aufstieg Roms illustriert; im Hintergrund steht natürlich das etwa von Cicero vorgetragene Credo, die Römer seien allen Völkern an pietas und religio überlegen (De haruspicum responso 9,19; vgl. dazu Tertullians Widerspruch Apol. 25,2). »Principio cum illae religionis praecipuae sint partes, ut omnia ad divinum Numen referantur, eiusque voluntate omnia humana regi, & gubernari putemus; mirum est quantum Turcae ea in re nos antecellant, quamquam hanc opionem mentibus penitus insitam habeant, qui divinae providentiae tantum tribuunt, ut ea in re nimij sint, quippe qui omnia ad fati neceßitatem revocent nullis humanis consiliis evitabilem.« A. a. O., B 1v–B 2r. Herausgeber der Schrift Foglietas war übrigens David Chytraeus [Widmungsvorrede an den pommerschen Herzog Philipp II., a. a. O., A 2r–A 4v], der allerdings erwähnt, daß das Werk schon einmal in Deutschland erschienen, aber schwer zu bekommen sei (vgl. VD 16 F 1751ff.; s. oben Anm. 91). Chytraeus ist der Meinung, daß niemand die Gründe für

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Anmerkungen zu S. 24–25 die militärischen Erfolge der Türken besser dargelegt habe als Foglieta. (Der bewidmete Fürst würdigte übrigens den arthritischen Greis Chytraeus [»me Arthriticum senem«] 1594 durch einen Besuch in seinem »Musaeum«, vgl. Brief Chytraeus’ an Philipp II. [9.5.1595], in: Davidis Chytraei … Epistolae, Hanau, typis Wechelianis, apud haeredes Ioannis Aubrii, 1614, S. 873f.). Chytraeus war über die v. a. durch den Türkenkrieg bestimmten Reichstagsverhandlungen durch seinen Landesherrn informiert und trug zu den Beratungen ein Gutachten zum Religionsfrieden bei, s. Otto Krabbe, David Chyträus, Rostock 1870, 2. Abt., S. 434ff.; zur Ausgabe des Commentarius de Rebus Turcicis s. auch: Otto Friedrich Schütz, Supplementa Historiae Ecclesiasticae imprimis Lutheranae ad dimidium Secul. XVI. Quatuor Libris exposita … David Chytraei vita …, Hamburg, Chr. Guil. Brandt 1728, Lib. 3, S. 330f. So in der deutschen Übersetzung der Vorrede Luthers zum Tractatus des Siebenbürgeners (WA 30 II, S. 205–208) in der ersten deutschen Ausgabe Sebastian Francks, ediert in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 1–8, hier: 2 [= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 239,22]; eine neue deutsche Übersetzung der Vorrede Luthers fand Aufnahme in Jonas’ Übersetzung von Jovius’ Turcicarum rerum commentarius, also: Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, U 3r–X 4v; zu Francks Übersetzung dieser Vorrede vgl. Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 407–412. Vgl. die zweisprachige Edition in: Nikolaus von Kues, Sichtung des Korans, hg. von Ludwig Hagemann, Bd. 1–3 [PhB Bd. 420a-c], Hamburg 1989–1993; zum Verhältnis des Kusaners zu den verschiedenen Religionen vgl. Rudolf Haubst (Hg.), Der Friede unter den Religionen nach Nikolaus von Kues [MFCG 16], Mainz 1984; Erich Meuthen, Nikolaus von Kues 1401–1464, Münster 71992, S. 125; Karl-Hermann Kandler, Nikolaus von Kues. Denker zwischen Mittelalter und Neuzeit, Göttingen 1995, S. 44f.; Marc-Aeilko Aris [Red.], Horizonte. Nikolaus von Kues in seiner Welt, Trier 2001, S. 172–174, Nr. 144f. (Handschriften der Cribatio Alkorani und einiger Schriften aus dem Corpus Toletanum aus dem Besitz des Nikolaus von Kues); Kurt Flasch, Nikolaus von Kues in seiner Zeit [ub 18274], Stuttgart 2004, S. 59–65 (über die im Angesicht der Eroberung Konstantinopels entwickelte Toleranzidee des Kusaners); Markus Riedenauer, Logik, Rationalität und religiöse Rede nach Nikolaus Cusanus, in: Lutz-Bachmann – Fidora, Juden, Christen und Muslime, wie Anm. 23, S. 192–220; Hagemann, Christentum, wie Anm. 1, S. 68ff. »Videbatur sane tam ille Confutator [sc. Ricoldus] quam Cribator [sc. Cusanus] pio studio simpliciores velle a Mahometo absterrere et in Fide Christi retinere. Sed dum nimio student quaeque turpissima et absurdissima ex Alkorano excerpere, quae ad odium faciunt et ad invidiam movere possunt vulgum […], factum est, ut parum fidei et autoritatis invenerint, quasi vel odio illorum vel impotentia confudendi sua vulgarint.« WA 30 II, S. 205,8–15. Daß Luther angesichts des gelehrten Charakters der beiden genannten Schriften deren Anspruch, die ›Einfältigen‹ zu warnen, übernimmt, dürfte gelehrter Topik zuzuschreiben sein und widerspricht seinem sonst so ausgeprägten Gespür für adressatenkonforme Publikationen. Bibliander hat seine Wertschätzung für die Cribatio des Kusaners dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er sie in seine Koranausgabe aufnahm, s. Confutationes, wie Anm. 11, S. 21–82. Zum Verhältnis Luthers zu den genannten Autoren liegt eine neue Studie vor: David Choi, Martin Luther’s Response to the Turkish Threat: Continuity and Contrast with Medieval Commentators Riccoldo da Monte Croce and Nicholas of Cusa, PhD diss. Princeton Theological Seminary 2003. »[…] et bona, quae in eo [sc. im Koran] sunt, vel transeunt [sc. Ricoldus und Cusanus] vel occulunt […].« WA 30 II, S. 205,12f. A. a. O., S. 205,25–27. A. a. O., S. 206,3. An Luthers Sprachgebrauch ist auffällig, daß er bei seiner Wiedergabe des Titels der Schrift »ritu« durch »religione« (205,2; vgl. 206,3) ersetzt, hingegen die christiana religio den »caeremoniae« (206,27; Übersetzung Franck: »Kirchengebreng«,

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ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 4 = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 240, 36; Jonas [Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36 und 101, X1v] übersetzt: »eusserliche geberde«) der Türken bzw. Papisten entgegensetzt; vgl. 207,27f.: »[…] religionem Christi aliud esse quam caeremonias et mores […].« An einer Wendung wie »Cum enim in vicino nunc Turcam et suam religionem habeamus […].« (207,24f.) wird aber deutlich, daß Luther den Religionsbegriff auch auf die »türkische Religion« anwendet. »Ihm [sc. Luther] kommt hier [sc. bei der Herausgabe der Schrift des Georg von Ungarn] klar zum Bewußtsein, daß es sich im Christentum um etwas wesentlich anderes handelt als das, um dessen Erhaltung die Papisten mit allen Mitteln der Gewalt sich bemühen, um ritus und mores, um möglichstes Aufsehen erregende kultische und sittliche Leistungen. […] Daß der Vergleich der christlichen und mohammedanischen ritus und vor allem mores entschieden zu Ungunsten der ersteren ausfällt, diese Entdeckung, die für den Glauben des katholischen Christen eine überaus ernste Erschütterung bedeuten mußte, wird für Luther eine Art Apologie seines Evangeliums.« Walter Holsten, Christentum und nichtchristliche Religion nach der Auffassung Luthers, Gütersloh 1932, S. 135. Zum paradoxen Verhältnis von allgemeinem (natürlichem) Religionsbegriff und Offenheit gegenüber der Religionsgeschichte bei Luther einerseits, Wahrheits- bzw. Absolutheitsanspruch andererseits s. a. a. O., bes. S. 46. Für Luthers Verwendung von religio im Sinne eines »Allgemeinbegriffs« (s. Karl Holl, Was verstand Luther unter Religion? In: Ders. Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte I: Luther, 2./3. Aufl. Tübingen 1923, S. 1–110, hier: 13) dürfte insbes. zeitgenössischer humanistischer bzw. an die Antike anknüpfender Sprachgebrauch, wie er auch bei Zwingli breit belegt ist (s. Martin Sallmann, Zwischen Gott und Mensch [BHTh 108], Tübingen 1999, S. 69ff.), einschlägig sein. WA 30 II, S. 207,28. Vgl. bes. a. a. O., S. 206,8ff.; 206, 35ff.; 208,5ff. WA 30 II, S. 205,29–206,2 u. ö. »[…] Christianam religionem longe aliud et sublimius aliquid esse quam caeremonias speciosas, rasuram cucullos, pallorem vultus, ieiunias festa, novas Canonicas et universam illam faciem Ecclesiae Romanae per orbem. […] Christianam religionem longe aliud esse quam bonos mores seu bona opera.« A. a. O., S. 206,26–32. Vgl. Luthers Schlußsatz nach Rekapitulation der schlagenden Lehrdifferenzen zwischen Christentum und »türkischer Religion« (WA 30 II, S. 207,23–208,4): »His et similibus articulis est munienda conscientia contra caeremonias Mahometi.« (A. a. O., S. 208,2f.). Auch für Georgijevićs Sicht der »türkischen Religion« ist charakteristisch, daß er sie primär als äußerliches Zeremonienwesen beurteilt: »Dann wie gehört / so ist ir [sc. der Türken] gloub in Kirchen geprängen [s. Anm. 106] / waschen / reynigen / unnd außwendiger des leybs säubere / domit vermeinen sy irer seelen heyl zuerholen / weyl sy doch inwendig voller schandlicher laster befleckt seind […].« Türckey, wie Anm. 17, S. 196. Ob man von einer direkten Beeinflussung Georgijevićs durch Luther ausgehen kann, scheint mir unsicher zu sein. Am 11.8.1544 stellten Luther und Melanchthon dem nach Wittenberg gereisten Georgijević ein Zeugnis aus, das seine Biographie rekapitulierte und dazu aufforderte, dem Flüchtling und Jerusalempilger Hilfe zu leisten, WABr 10, Nr. 4019, S. 624f.; MBW Bd. 4, Nr. 3656 ; an Menius berichtet Melanchthon, daß, als Georgijević bei Tisch zu Gast war, elf Sprachen (Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Deutsch, Ungarisch, Slawisch, Türkisch, Arabisch, Neugriechisch, Indisch und Spanisch) gesprochen wurden, MBW Bd. 4, Nr. 3661; CR 5, Nr. 3014, Sp. 467. Im Dezember 1552 nahm Melanchthon ein Türkenbuch des Georgijević zur Kenntnis, daß er mit einer Vorrede an den schwedischen König in Wittenberg nachzudrucken beabsichtigte, MBW Bd. 6, Nr. 6684. Erst 1560 erschien dann tatsächlich: Bartholomäus Georgijević, De origine imperii Turcorum in einem Wittenberger Druck mit einer Vorrede Melanchthons, MBW Bd. 8, Nr. 9185; CR 9,

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Sp. 1026f. Nr. 6904; VD 16 D 3032f.; D 3041f. ; vgl. zu Georgijević auch: MBW Bd. 12, S. 133 . Zu einem Besuch des Georgijević bei dem Merseburger Superintendenten Antonius Musa vgl. dessen Brief an Georg von Anhalt (8.8.1544) in: Otto Clemen, Briefe des Antonius Musa an Fürst Georg von Anhalt 1544–1547, in: Ders., Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte hg. von Ernst Koch, Bd. IV, Leipzig 1984, S. 61–116, hier: 68; zum Druck von 1560 s. Otto Clemen, Bartholomaeus Georgievitz peregrinus Hierosolytamus, in: Ders., Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte, hg. von Ernst Koch, Bd. 7, Leipzig 1985, S. 534–544; Klockow, Georgijević, wie Anm. 13, S. 5f. 112 Grundlegend: Edward W. Said, Orientalismus, Frankfurt/M. 1981; vgl. Almut Höfert – Armando Salvatore (Hg.), Between Europe and Islam. Shaping Modernity in a Transcultural Space [Multiple Europes 14], Brüssel u. a. 2000, bes. S. 13ff. (Einleitung der Herausgeber); vgl. zur neueren Diskussion auch: Fernando Coronil, Jenseits des Okzidentialismus. Unterwegs zu nichtimperialen geschichtlichen Kategorien, in: Sebastian Conrad – Shalini Randeria (Hg.), Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt / New York 2002, S. 177–218, bes. 182ff. Boettcher, German Orientalism, wie Anm. 20, hat in Auseinandersetzung mit Saids Orientalismus-Paradigma überzeugend herausgestellt, daß lutherische Prediger wie Andreae (s. Anm. 288) »den Türken« primär als »disciplining tool for [their] own audience« (a. a. O., S. 102) verwendeten und nicht – wie es dem Orientalismus-Konzept entspräche – als »tool for Western cultural, political and economic domination of the East« (ebd.). Noch schärfer, als Boettcher es tut, ist die Anwendbarkeit des Orientalismuskonzepts auf die Vormoderne freilich grundsätzlich zu bestreiten und die Bedeutung punktueller, gleichwohl zumeist einschneidend-negativer ›Kulturkontakte‹ für die ›Orientbilder‹ in Spätmittelalter und Früher Neuzeit zu betonen. 113 Vgl. etwa die aus der Ketzergeschichte plausibilisierte Erklärung für die ›Mordgesinnung‹ der Türken: »Ja gemeiniglich alle Rottengeister, wenn sie der Lügengeist besessen und vom rechten Glauben verfuret hat, haben sie es nicht lassen können, sie sind nach der lügen auch zum mord komen und haben sich des schwerds unterwunden […].« WA 30 II, S. 124,20–23. Deshalb fühlten sich die Türken durch ihre militärischen Siege über die Christen, die sie als Ungläubige bekämpfen, auch in ihrem Glauben bestätigt, WA 30 II, S. 170,14ff. 114 Ein instruktives Beispiel stellt etwa Georgius’ de Hungaria Darstellung des Verhältnisses zwischen Priestern, Derwischen, Sufis, die er zunächst im einzelnen charakterisiert und deren Beziehung zueinander er abschließend folgendermaßen beschreibt, dar: »Diese drei Gruppen [generationes] sind mit ihren Meinungen [opinionibus] dem ganzen Volk bekannt und tragen ihre häufigen Streitigkeiten [discensiones] untereinander sowohl privat als auch in aller Öffentlichkeit aus. Weil sie aber vom ganzen Volk gleichermaßen hochgeschätzt werden, kann sich keine gegenüber der anderen durchsetzen, sondern sie werden immer wieder zu Frieden und Eintracht gezwungen [ad pacem et concordiam reducuntur].« Ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 358f. Es folgt dann die Darstellung der um Brückenschläge bemühten unorthodoxen gnostisch-kabbalistisch geprägten muslimischen Hurufiye-Sekte, mit der Georgius auf der ägäischen Insel Chios zu tun bekam (vgl. a. a. O., S. 359; s. The Encyclopedia of Islam, New Edition Bd. III, Leiden 1979, S. 600f.; zu den politischen und religionskulturellen Verhältnissen auf Chios bis zur ottomanischen Eroberung 1566 vgl. Bd. VIII, 1995, S. 890; zu dieser Gruppierung vgl. auch Frederik William Hasluck, Christianity and Islam under the Sultans, Bd. I und II, 1929, ND New York 1973, hier bes. II, S. 565ff.). Der eigentliche Skopus in der Behandlung der »Spaltungen« [divisionibus] »in hac secta« folgt der häresiologischen Argumentationslogik: Wer diese internen Verwerfungen wahrnimmt, muß zu der

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Schlußfolgerung gelangen, daß diese »Sekte jeglicher Wahrheit entbehrt, mehr noch, daß sie des Teufels ist, voll jeglichen Aberglaubens und ohne jedes Fundament«, a. a. O., S. 360f. Im folgenden, dem 22. Kapitel (a. a. O., S. 372ff.), illustriert der Siebenbürgener die zersetzende Wirkung des Streites zwischen Priestern und Mönchen am Beispiel einer Geschichte aus der Regierungszeit Murads II. (1421–1451), die schildert, wie der Herrscher aufgrund der Konkurrenzen zwischen beiden religiösen Interessensgruppen dem Wahnsinn verfiel. Für Sebastian Francks Ausgabe des Septemcastrensis ist charakteristisch, daß er ein Kapitel über die »Eylff Nation unterscheyd und Secten / allein der Christen und des Christlichen glauben[s]« anfügt (ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 15, S. 71–78 = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 298–302; vgl. Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 482ff.), das dann in der volkssprachlichen – und z.T. der lateinischen (s. Anm. 87) – Rezeptionsgeschichte des Septemcastrensis weitertradiert wurde, vgl. z. B.: Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, F 2rff. In der Schlußrede seiner Ausgabe legt Franck sein mystisch-spiritualistisches Religionskonzept dar, daß »türkische Religion« mit jeder ›Gerechtigkeit des Fleisches‹ und ›Weltförmigkeit‹ identifiziert. Für Franck leben in diesem Sinne von ›Türken‹ ebensoviele ›Türken‹ unter den vermeindlichen Christen wie unter den ›Heiden‹ in der Türkei, vgl. ed. Göllner, a. a. O., S. 86ff., bes. 101; 103 (= Werke Bd. 1, a. a. O., S. 311ff.; 323,37ff.; 325,18ff.); Nachwirkungen des 21. Kapitels von Georgius’ de Hungaria Tractatus sind greifbar in dem Kapitel »Türckischer secten zwitracht« bei Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, D 1vf. (folgt der dt. Ausgabe Francks, vgl. bes. ed. Göllner, a. a. O., S. 59: »Sectenn« während Georgius von »generationes« bzw. »descensiones« [ed. Klockow, S. 358] spricht und »secta« für die »türkische Religion« als ganze verwendet.) In seiner auf einen fortschreitenden Verfall der »türkischen Religion« abzielenden Perspektive (s. Anm. 91) betont Stephanus – gegen Foglieta –, daß die Türken ihre Religion nicht mehr in so großer Ehre hielten wie früher, die Gesetze des Korans mißachteten und fortschreitende religiöse Zwiespälte hervorträten, Oration und Ermahnung, wie Anm. 91, S. 34. In bezug auf die regelmäßig berichteten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Persien und dem Osmanischen Reich (vgl. z. B. WATR 4, S. 430,15ff.) wird gelegentlich – nicht ohne ›Verwunderung‹ – konstatiert, daß sie »doch einerley Aberglaubens sind«, Türckische / Persische und Tartarische Zeitungen … (hg. von David Chytraeus), Straßburg 1582; VD 16 B 5480; Ex. MF 446 Nr. 834, B 1r; vgl. auch Chilianus Fried[e]rich, Einfeltiger und Kurtzer Unterricht vom Türcken …, Magdeburg, W. Roß, 1575; VD 16 F 2799; Ex. MF 719 Nr. 1319, A 7r (unter Rekurs auf Luther). Piscatorius bietet folgende, die internen Differenzen einbeziehende Gesamtbeschreibung der »türkischen Religion«: »Glaubens und Religion halben / sind sie der verkerten / verfürischen / und verdampten Mahometischen sect / Trincken kein wein / rhümen sich des Glaubens / wie Jonas den Ninivitern soll gepredigt haben / seind aber gleich wol inn ihrer haltung auch trennt / underschidlich und gespalten / Ist inen auch mer dann ein Weib zuhaben / in irem Gesetz zugelassen / Und vil ander phantaseyen habend sy / ohn Grund / nit nott hie zu erzählen.« Piscatorius, Herkommen, wie Anm. 36, A 3v 115 »Turcica superstitio tantam non recepit opinionum varietatem [sc. in Differenz zur discordia der Christen], totaque ad rem bellicam est accomodata: quippe cum intimis omnium sensibus haereat infixum, unicuique a Deo praefinitum & genus, & tempus mortis, quod si in ipso pugnae discrimine nec dum adsit, vel unum innumeros profligaturum Christianos: sin autem hora fatalis iam praesto sit, ex praelio mox evolaturos in coelum: ibique eo majores paratas sibi voluptates, quo plures occiderint aut laeserint inimicos.« Dolium Diogenis strepitu suo collaborans Dynastis christianis, bellum in Turcas parantibus, Hamburg [Ernst Jandeck], 1595; VD 16 D 2161; Ex. MF 289 Nr. 573, A 2v; anderer Druck: Ex. MF 424 Nr. 819. In bezug auf die Lebensbedingungen der Christen in TürkischUngarn stellt Pál Fodor fest: «[…] in everyday life, the Ottomans constantly conveyed the superiority of Islam. Leaders of the Christian Churches were humiliated and the prac-

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Anmerkungen zu S. 26 tice of religion was restricted. Most of the Churches were sized and the largest and most importent ones were transformed into mosques.« The Ottomans and their Christians in Hungary, in: Andor – Toth, Frontiers of Faith, wie Anm. 502, S. 137–147, hier: 139; zu unterschiedlichen Umgangsweisen der osmanischen Administration mit den verschiedenen christlichen Konfessionen s. aber a. a. O., S. 140ff. Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 5r. S. unten Abschn. VII. Georgius de Hungaria sieht in dem fortgeschrittenen Einfluß des Teufels auf die Türken den entscheidenden Grund dafür, daß in seiner Gegenwart keine Erfolge mehr zu erzielen sind, wie sie sein Ordensbruder Vinzenz Ferrer im 14. und früheren 15. Jahrhundert gegenüber den Mauren in Spanien erzielt habe, s. oben Anm. 77; Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 315. »Creditur enim pro certo, quod non sit aliquod genus nationis, de quo ad fidem Christi non inveniantur aliqui conversi. De ista autem perversa generatione aliquem provecte etatis ad fidem Christi posse converti quasi pro impossibili habetur.« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 370. So erwähnt Georg einen erfreulichen Seezug im Jahre 1472, bei dem es der von Kardinal Carafa geführten päpstlichen Flotte gelungen sei, 25 türkische Kriegsgefangene zu machen. Diese wurden auf den päpstlichen und andere Höfe verteilt; «omnes fere baptisati sunt« (ebd). Trotz päpstlicher Renten aber flohen sie wieder, so daß Georgius froh war, der Kommunion eines dieser ›Scheinkonvertiten‹ nicht zugestimmt zu haben, a. a. O., S. 372f. »Non autem perfidia Turcorum sic agit, sed more bestiarum sectam suam non rationibus seu argumentis, sed gladiis et armis defendere contendunt, eo quod in lege sua sic se habere dicunt in precepto.« A. a. O., S. 368. Dieser geläufige Topos – häufig unter Rekurs auf Sure 8,39 und 9,41 begründet (zu seiner Persistenz vgl. Egon Flaig, Der Islam will die Welteroberung, in: FAZ 16.9.2006, Nr. 216, S. 35/37) – liegt auch dem Votum aus der Disputation des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos mit einem gelehrten Perser aus der Zeit zwischen 1394 und 1402 zugrunde, das Papst Benedikt XVI. in seiner aufsehenerregenden Regensburger Vorlesung (12.9.2006) während seines Bayernbesuches zitierte: »Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes [EGKTQPVKMCKCXRCPSTYRQVCVQP] finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten.« (Zit. bei: Daniel Deckers, Nein zu Gewalt und heiligem Krieg, in: FAZ 16.9.2006, Nr. 216, S. 5; jetzt in: Benedikt XVI. Glaube und Vernunft. Die Regensburger Vorlesung. Vollständige Ausgabe, Freiburg u. a. 2006, S. 15f.; vgl. SC 115, S. 142f.; Karl Förstel [Hg.]: Manuel II. Palaiologus, Dialoge mit einem Muslim [CISC Ser. Graeca 4], Würzburg Bd. I-III, Altenberge 1993–1996, Bd. I, S. 240f. [VII. Dialog 1.5]). Einen angesichts aktueller politischer und kultureller Konfliktszenarien besonders verdienstvollen Band stellt dar: Christoph Wulf – Jacques Poulain – Fathi Triki (Hg.), Europäische und islamisch geprägte Länder im Dialog. Gewalt, Religion und interkulturelle Verständigung, Berlin 2006. In den Memoiren eines Janitscharen (wie Anm. 48, S. 55f.) wird die Bestialität der Türken aus ihrem Heidentum erwiesen: »Denn Heide bedeutet grausam und unmenschlich wie ein unreiner Hund.« A. a. O., S. 55; s. dazu Dickerhoff, »nomine canum gentiles designantur«, wie Anm. 81. Sie zu unterweisen sei unmöglich, da sie ein gemeines Volk seien, a. a. O., S. 56. Göllner, Turcica III, S. 315. Vgl. ebd. »Quod si hic non adsit animus [sc. der werbenden, aufopfernden Bekehrung zur Liebe Christi], citius futurum est, ut nos in Turcas degeneremus quam ut Turcas in nostras pestes pertrahamus.« Erasmus von Rotterdam, Epistola ad Paulum Volzium, Ausgewählte Schriften hg. von Werner Welzig, Bd. 1, Darmstadt 1968, S. 10/12; zu Erasmus und

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der Türkenfrage vgl. Göllner, Turcica III, bes. 192f.; Rudolf Mau, Luthers Stellung zu den Türken, in: Helmar Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, 2. Aufl. Berlin 1985, S. 647–662; 956–966, bes. 647; 657; 962f.; Erasmus’ wohl wichtigste und – wie es scheint – publizistisch besonders einflußreiche Äußerung zur Sache ist seine Utilissima consultatio de bello Turcis inferendo …, Basel, Johannes Froben, 1530, ed. in Opera V/3, s. oben Anm. 60; vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 371–375, S. 192f. Diese den »Entwicklungsgang vom Kreuzzug zum Türkenkrieg« (Göllner, a. a. O., Bd. III, S. 193; s. auch Weiler, Einleitung zur Consultatio, in: Opera V/3, wie Anm. 60, bes. S. 20ff.) spiegelnde Schrift erschien zu Beginn des Reichstages; ein Zusammenhang mit einem von Melanchthon erbetenen Vermittlungsschreiben aus dem Kontext des Reichstages von 1530 (MBW Bd. 1, Nr. 1004; 1007; Allen, Opus Epistolarum Tom. VIII, Nr. 2328, S. 447–451; Nr. 2332 S. 456–458) ist nicht erkennbar; einzelne Hinweise zu Erasmus’ Auseinandersetzung mit der Türkenfrage auch in: Victor Segesvary, l’Islam et la Réforme. Etude sur l’attitude de Reformateurs Zurichois envers l’Islam 1510–1550, La Haye 2005 (http://www.elib.hu/02400.pdf). Erasmus, Epistola, wie Anm. 123, S. 12. »Desgleichen sagst du [sc. der literarische Gesprächspartner des Septemcastrensis]: Wieso bekehren sich so viele zu ihnen [sc. den Türken]? Warte nur ein wenig, und du wirst sehen, wie man ihnen allüberall aus allen Stämmen, Völkern, Nationen und Sprachen anhängt, so daß kaum einige wenige Gottesverehrer in den Höhlen und Grotten der Erde übrigbleiben werden, um die Verehrung des lebendigen Gottes zu pflegen und zu bewahren.« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, zit. nach dessen Übersetzung, wie Anm. 9, S. 325/327. Daß allerdings auch einzelne Stimmen wie die des in joachimitischer Tradition argumentierenden Ordensgenerals der Augustinereremiten Aegidius von Viterbo die Konversion der Muslime propagierten (vgl. Reeves, Influence, wie Anm. 491, S. 269), verdeutlicht, daß auch hinsichtlich der Möglichkeit einer Konversion der Türken zum Christentum eine Pluralität der Lehrmeinungen bestand. »Denn der teuffel sucht durch seinen Zeug den Türcken, freilich nicht allein die weltliche herrschafft, Sondern auch das reich Christi und seine heiligen und glieder, vom glauben zu stossen, wie Daniel sagt am siebenden Capitel [Dan 7,25]. […] Die zeit solcher trübsal und weissagung [sc. der Antichristverheißungen der Bibel] ist da, derselbigen gleichen unser trotz und trost auff die zukunfft Christi und unser erlösung ist auch nicht fern sondern wird flugs drauff folgen […]. Darumb so halt feste […].« WA 30 II, S. 161,26–29; 162,16–19. Zu den Warnungen vor Konversionen vgl. WA 30 II, S. 185,26ff.; 192,3ff. Für Luther waren es die »[w]üsten, wilden Leute«, die aus Gründen der sexuellen Verfügbarkeit der Frauen »gern Türcken« (WA 53, S. 393,19f.) würden. »So seind den 16. Augusti zu Wien […] drey Türckische gewaltige Herrn / inn köstlich scheinbarlichen Kleidungen / so vil Gelts und Guts bey inen gehabt / eingefürt […] Die seind allein darumb vom Türcken ab und zu unns gefallen / das sie des Türckischen alten Hunds gecheit / zorn und unsegliche Tyranney gefürcht und geflohen / so er nicht allein an den armen unschuldigen Christen / sonder auch an seinen aignen trewisten Dienern […] erzeigt […].« Auszug etlicher Zeitungen / von der Türcken Kriegshandlungen vor Zigeth … 1566, Nürnberg, Valentin Geyßler [1566]; VD 16 A 4449; Ex. MF 117 Nr. 235, A 2v. Man habe im Mai 1594 im Zusammenhang mit militärischen Auseinandersetzungen bei »Hadwan« [= Hatvan] »untter weges ein statlichen jungen Türcken / ein schönen und vergültern Säbel / welcher aus freiem willen gar von Ofen heraus zu uns gefallen / zugefüret / begert ein Christ zu werden / der vermeldet / es sey so grosse furcht darinnen / das es ungleublich.« Eine herrliche newe Zeitung / wie Gott der Allmechtige abermahls seine Göttliche gnade und hülffe den Christen erzeigt hat … in disem Monat Maio dieses 1594. Jahrs. … Erstlich gedruckt zu Wien, [o. O., o. Dr., 1594]; VD 16 H 2599; Ex. MF 776 Nr. 1424, A 4r.

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129 Für den Balkan scheinen im 16. Jahrhundert in städtischen Kontexten Konversionsquoten zum Islam gesichert zu sein, die zwischen 30 und 45% der Bevölkerung lagen, vgl. Géza Dávid, Limitations of Conversion: Muslims and Christians in the Balkans in the Sixteenth Century, in: Andor – Toth (Hg.), Frontiers of Faith, wie Anm. 502, S. 149–156, hier: 150; 155f. Die Konversionsquoten auf dem Land sollen deutlich niedriger gewesen sein (S. 151f.). Die bisherige Forschung habe die Gesamtzahl der Konversionen seit dem späten 15. Jahrhundert allerdings überschätzt; die Mehrzahl der Konversionen vollzog sich innerhalb der ersten Generation der osmanischen Besetzung; im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts sei der Anteil der Muslime auf dem Land eher rückläufig gewesen. Verglichen mit den Konversionsquoten zum Islam, die in al-Andalus um 1100 bei 80% gelegen haben sollen (vgl. Borgolte, Christen, wie Anm. 3, S. 265; auch schon im 9. Jahrhundert ist mit Massenkonversionen zu rechnen, denen sich Eulogius und die Märtyrer von Cordoba unter Propagierung eines kaum repräsentativen negativen Bildes des repressiven Islams entgegenstemmten [Igor Poschoshajew, Die Märtyrer von Cordoba. Christen im muslimischen Spanien des 9. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 2007, bes. S. 153ff.]), nehmen sich die Abkehrbewegungen vom Christentum in türkischer Zeit deutlich bescheidener aus. Nach einem vollständigen Zensus von 1520/30 sollen im Osmanischen Reich 80% Christen, 19% Muslime und 1% Juden gelebt haben; die Konversionen zugunsten des Islams setzten erst allmählich ein, Borgolte, a. a. O., S. 299. Ricoldus setzt übrigens voraus, daß viele Sarazenen angesichts des Endes Christen würden, wenn man sie ließe. Er sieht im ›fleischlichen Immanentismus‹ der islamischen Eschatologie (s. unten Anm. 244ff.) ein wesentliches Konversionsmotiv zugunsten des Christentums, während die ›fleischlichen‹ Aspekte der diesseitigen Lebensführung den Islam für viele Christen anziehend machten. Doch sub specie finis würden am liebsten beide als Christen sterben, ed. Ehmann, Ridoldus, wie Anm. 12, S. 122. Daß soziale Traumatisierungen unter christlichen Herren Stimmungen der Turkophilie begünstigten und Zusammenhänge zwischen der Dauer der türkischen Eroberung und der Konversionsneigung aufweisbar sind, hat Kissling (Hintergrund, wie Anm. 572, bes. 55ff.; ders., Das Renegatentum in der Glanzzeit des Osmanischen Reiches, in: Scientia 55, 1961, S. 18–26) betont; vgl. zur Sache auch die rechtshistorische und sonstige Quellen eindrucksvoll kombinierende Studie von Karl Binswanger, Untersuchungen zum Status der Nichtmuslime im osmanischen Reich des 16. Jahrhunderts [Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients XXIII], München 1977, bes. S. 274ff. Eine Soziologie christlichen Renegatentums aufgrund der Inquisitionsakten von Mallorca, Sizilien und Sardinien ergibt eindeutige Zusammenhänge zwischen Gefangenschaft bzw. berufsbedingter Mobilität und freiwilliger bzw. erzwungener Konversion; unter allen den »mahómetisme« betreffenden Religionsprozessen der Inquisition stellen die Fälle christlichen Renegatentums ca. 75% dar, während Probleme mit Mauren und Morisken eine untergeordnete Rolle spielten, vgl. Anita Gonzales-Raymond, La Croix et le Croissant. Les inquisiteurs des îles face à l’Islam 1550–1700, Paris 1992, S. 127; 129ff.; 283–285; zu freiwilligen Konversionen zum Islam – vorwiegend anhand von Beispielen des späten 16. und 17. Jahrhunderts – s. Bartholomé Bennassar – Lucile Bennassar, Les Chrétiens d’Allah. L’ histoire extraordinaire des renégats XVIe–XVIIe siècles, Paris 1989, S. 251ff. Zu Phänomenen klandestiner Bindung an die überkommene religiöse Tradition nach islamischen Eroberungen, vgl. Markus Reinkowski, Kryptojuden und Kryptochristen im Islam, in: Saeculum 54, 2003, S. 13–37; Arnold Angenendt, Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Schwert und Bibel, Münster 22007, S. 106. 130 Einige Hinweise auf Konversionen von Türken zum Christentum: In einer siebenbürgischen Chronik findet sich folgende Nachricht: »1563. Ist ein geborner Türckischer Edelman und Studiosus aus der Etiopischen landschafft gen Debritz [Debrecen] gekommen / alda gestudirt / den HErrn Christum offentlich gekend / die Augsburgische

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Confession angenommen / 4. Meilen von Cascha / in einer Ungarischen Stadt die Molta genand / ein Euangelischer Prediger worden / aber vor 4. Jaren in Gott verschieden.« Chronica Der Alten Sachsen in Siebenbürgen … Beschrieben durch Paulum Leypolt von der Naumburg in Düringen …, Lübeck, Johann Balhorn, 1582, ed. in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 233–256, hier: 245. Zum Thema der ›Bekehrbarkeit‹ von Türken und Juden finden sich Reflexionen in: Heinrich Hesshusen, Bericht von einem Juden, die Tauffe zuerst betrieglich gesuchet / und doch durch Gottes Gericht wunder herlich zu erkentnis seiner Sünden kommen …, Leipzig, A. Lamberg, 1596; VD 16 H 2977; Ex. HAB Wolfenbüttel Gv 876. In einem dem eigentlichen Konversionsbericht vorangestellten »Bedencken« würdigte der Hallenser Superintendent Johannes Olearius (RGG4, Bd. 6, 2003, Sp. 547f.; DBETh 2, 2005, S. 1007) Konversionen zum wahren Glauben als große Wunder Gottes, und illustriert dies an biblischen und kirchengeschichtlichen Beispielen (A 4rff.). Hinsichtlich der Bekehrbarkeit der Türken erfährt man folgendes Einzelbeispiel: »Etliche meinen es sey unmüglich das ein Türk könne zum christlichen Glauben bekeret werden / zeigen des etliche ursachen und Exempel an / Aber es ist die öffentliche Erfarung darwider / wie allhie zu Hall. Anno 1573. ein Türcke getaufft zuvor Bugallus / jetzund Paulus genent / der noch lebet / am Churfürstlichen Brandeburgischen Hoff / unnd von vielen ein gut Zeugnis hat / das ihm die ware Gottseligkeit ein rechter ernst sey.« A. a. O., B 2v–3r. Daß dieser Konversionsfall noch über zwei Jahrzehnte später als berichtswert empfunden wurde, zeigt natürlich auch, wie außergewöhnlich er war. Der Hallenser Superintendent Sebastian Boёtius soll diesen Türken namens Salomon Bugali am 11.3.1573 getauft haben, EKO II, S. 432; vgl. Gottfried Olearius, Halygraphia Topo-Chronologica, das ist: Ort= und Zeit=Beschreibung der Stadt Hall in Sachsen, Leipzig 1667, S. 292f.: »Den 11. Martii nach Mittag umb 3. Uhr hat M. Seb. Boёtius einen gebornen Türcken Salomon Bugali, genant / in der kirchen zu L. Frauen getaufft / und Paulus genant / davon Historische ausführliche Erzehlung zu lesen in D. Philippi Hahnens Kirchen-Buch fol. 71 seq. und M. Christophorus Caesar in vita Boёtii carminica diesen Verß gemacht: Turcigena insereris Salomo hoc tingente Bugalle Sanctorum, Pauli nomen adepte, Gregi.« Zu der Magdeburger Überlieferung eines 1539 auftauchenden »Turck mitt einem Camel«, dessen »weib […] alhier [sc. in Magdeburg] in die wochen [kam] und das Kind war zu S. Johannis getaufft« vgl.: K. von Hegel (Hg.), Die Chroniken der niedersächsischen Städte: Magdeburg, Zweiter Band [Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert Bd. 27], 2. unveränderte Aufl., Göttingen 1963, S. 113. In einer Neue[n] zeytung von Constantinopoli, Nürnberg, Georg Wachter, 1542; VD 16 N 945; Ex. MF 2223 Nr. 3597, einer stark mirakelhaften Schrift italienischer Provenienz, wird von einer Kometenerscheinung, die 40 Tage über dem Palast des Sultans in Konstantinopel zu sehen war, einem Drachen, der dessen Schätze geraubt haben soll und einem Erdbeben berichtet. Der Sultan forderte zwölf Astronomen unter Androhung der Todesstrafe auf, binnen dreier Tage eine Deutung der Zeichen zu liefern. Nach drei Tagen erklärt der erste und angesehendste der Zwölf, daß die Ursache der Schreckenszeichen sei, daß »du [sc. der türkische Kaiser] so vil land und leut verderbt und ummbracht hast unn die deinen werden alle eines bösen tods sterben.« (A 2v). Außerdem kündigen sie einen Sieg der Christen an und offenbaren, daß sie selbst zum Christentum übergetreten sind (A 3r). Der Sultan stellt sie daraufhin vor die Alternative: Rekonversion oder Tod (A 3v), woraufhin sie sich für letzteres entscheiden. Bei ihrer Hinrichtung auf einem Scheiterhaufen werden sie wunderbarerweise errettet (A 3v) und schließlich mit einer Reise nach Jerusalem belohnt (A 4r). Geschichten dieser Art sollten eine christliche Leserschaft Europas vom baldigen Niedergang des Osmanischen Reiches und einer im Stillen vorbereiteten Konversion zum Christentum unter den türkischen Eliten überzeugen. Das Phänomen der als Türhüter im Vorzimmer eines Regenten oder hohen Beamten ›installierten‹ »Kammertürken«, die wohl in den Türkenkriegen gefangengenommen und dann getauft worden waren,

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Anmerkungen zu S. 27 scheint es vermehrt erst im 17. Jahrhundert gegeben zu haben, vgl. Meinrad Maria Grewenig (Hg.), Schätze aus 1001 Nacht. Faszination Morgenland, Annweiler 2005, S. 47; Beispiele für Taufen und Karrieren ehemaliger türkischer Kriegsgefangener sind seit dem späten 17. Jahrhundert durchaus zahlreich überliefert, vgl. Otto Spies, Schicksale türkischer Kriegsgefangener in Deutschland nach den Türkenkriegen, in: Erwin Gräf (Hg.), Festschrift Werner Caskel, Leiden 1968, S. 316–335, bes. 328ff. Einer der Pfleger des päpstlichen Elefanten Hanno am Hofe Leos X. war Moslem (vgl. Bedini, Elefant, wie Anm. 36, S. 110f.); von einer Konversion zum Christentum ist m.W. nichts bekannt. Hartmut Bobzin, Bemerkungen zu Juan Andrés und zu seinem Buch Confusion dela secta mahomatica (Valencia 1515), in: Martin Forstner (Hg.), Festgabe für Hans-Rudolf Singer, Frankfurt/M. u. a. 1991, S. 529–548; ders., Koran, wie Anm. 20, S. 77–79; 343ff.; 353ff.; 468ff.; vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 74, S. 59; Daniel, Islam, wie Anm. 69, S. 427. Ich benutze die Ausgabe: Johann Lauterbach, De bello contra turcas suscipiendo … Confusio sectae Mahometanae, ab eodem Latinitate donata, Leipzig, A. Lamberg, 1595; VD 16 L 754; VD 16 A 2800; Ex. SUB Göttingen 8 Hist. 629; Göllner, Turcica II, Nr. 2043, S. 537f.; die erste Ausgabe, noch ohne Lauterbachs Aufruf zum Türkenkrieg erschienen, stammt von 1594 (Dresden, Hieronymus Schütz), Ex. SUB Göttingen 8 Th Polem 594/61; s. Bobzin, Bemerkungen, wie Anm. 131, S. 532 Anm. 13. (1550–1616); vgl. über ihn DBI I, 742,22f; 744,456; 745,2–11; III, 547,387.389. Leipzig, 1600; Utrecht, 1656 (hg. v. Gisbert Voetius); dt. Übersetzung: 1664 und 1685, vgl. Bobzin, Bemerkungen, wie Anm. 131, S. 532f. Anm. 14; 17f. Baumgarten, Geschichte, wie Anm. 610, S. 407. Baumgarten erwähnt, daß »Johann Andreas Abdalla« sich »lange und oft mit Christen in feyerliche Religionsgespräche eingelassen, und einen heftigen Vertheidiger seiner Partey abgegeben [habe], nachher aber durch solche öftere Untersuchungen und Streitigkeiten zum Nachdenken gebracht worden und zur christlichen Religion getreten, da er denn in spanischer Sprache eine Widerlegung der Muhammedaner geschrieben, welche sehr oft wieder aufgelegt, auch in mehrere Sprachen übersetzt worden, davon sonderlich die lauterbachische eine der besten und vollständigsten ist.« A. a. O., S. 407. Lauterbach, Vorrede, in: De bello contra turcas, wie Anm. 132, A 3r/v. Andrés, Confusio, in: Lauterbach, De bello contra turcas, wie Anm. 132, S. 93–95; vgl. Bobzin, Bemerkungen, wie Anm. 131, S. 536–538; Bobzin beurteilt die Schrift Andrés’ deshalb als bedeutsam, weil sie eine Kenntnis islamischer Schriften verbreitet habe, die bei christlichen Polemikern sonst nicht zu finden waren, s. bes. a. a. O., S. 539ff. Über seinen Weg nach Empfang der Taufe teilt Andrés mit: »Sumtis deinde ordinibus sacris […] factus sum Christi minister & sacerdos. Mox ad exemplum Pauli Apostoli incepi concionari, & contrarium illius quod antea falso credideram & affirmaveram, publicare, ac altißimi praesidio multas animas Maurorum, qua alias ad inferos perditos ibant & potestati Diaboli subdebantur, in hoc regno Valentiae converti, monstrans illis finem salvationis. Inde a Catholicis Principibus Ferdinando Rege & Isabella Regina accersitus fui, ut Mauros in regno Granatensi ab ipsis nuper occupato, quoque docerem […].« Confusio, a. a. O., S. 93f. Dann wurde er Kanoniker und von Isabella von Aragon mit Bekehrungspredigten für Moriskos beauftragt. In diesem Zusammenhang entstand auch eine heute verschollene Übersetzung des Korans ins Aragonische; in diesen Kontext der Reconquista gehört auch seine Confusio. Cap. 5, Confusio, wie Anm. 132, S. 165ff. Cap. 6, a. a. O., S. 177ff. über Wunder und Irrationalismen, z. B. Mohammeds Himmelsreise; Cap. 7, S. 185ff. über die Behandlung der Frauen und die Polygamie; Cap. 8, S. 195ff. über Visionen und Träume Mohammeds; Cap. 10, S. 214 über Widersprüche im Koran. Hinsichtlich der Paradiesvorstellungen (Cap. 9, S. 215ff.) spitzt Andrés folgendermaßen zu:

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»Verumtamen dicas mihi, ubi sit ille Paradisus? aut enim Deus creavit alium mundum praeter illum in quo Paradisus est collocatus, quod dictum non est planum. Nihil ad hoc affers Maure, nisi silentium.« A. a. O., S. 216. Koran und Sunna bezeugten, daß Christus der größte Prophet sei (Cap. 11, S. 241ff.). Daraus folgt: »Eo etiam probato consequens erit, Iesum Christum esse Dei filium & verum Deum.« (A. a. O., S. 249). Zum koranischen (im Verhältnis zum islamischen) Jesusbild umfassend: Martin Bauschke, Jesus im Koran, Köln u. a. 2001, bes. S. 124ff. Lit. zu den christlich-islamischen Religionsgesprächen in: Jacques Waardenburg, Art. Religionsgespräche II. Muslimisch-christlich, in: TRE 28, 1997, S. 640–648, hier: 647f.; Friedrich Niewöhner – Bernard Lewis (Hg.), Religionsgespräche im Mittelalter [Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 4], Wiesbaden 1992; Bibliographie du dialogue islamo-chrétien: Islamochristiana 1 (1975) – 15 (1989); eine kompakte Übersicht bietet: Jean-Marie Gaudeul, Encounters & Clashes. Islam and Christianity in History, Bd. 1 + 2 [Pontificio Istituto di Studi Arabi e d’Islamistica 15], Rom 1990, Bd. 1, S. 201– 248, bes. 208–215 (führt als Beispiele einer christlich-islamischen Befriedungsstrategie im 15. Jahrhundert Bemühungen um eine Friedenskonferenz bei Georg von Trebizond, Johannes von Segovia und Nikolaus von Kues an). Jacques Waardenburg, IslamischChristliche Beziehungen. Geschichtliche Streifzüge [Religionswissenschaftliche Studien 23], Altenberge / Würzburg 1992, bes. S. 106ff. zur Situation der orthodoxen Kirchen nach 1453; ders. (Hg.), Muslim Perceptions of Other Religions throughout History, New York 1988, S. 71: »The sixteenth and the first half of the seventeenth century was the great period of Ottoman culture which does not seem to have produced any new description of religions other than Islam.« Gerade in jener Epoche also, in der die christliche Wahrnehmung der »türkischen Religion« eine neuartige Intensität erreichte, läßt sich eine Beschäftigung mit dem Christentum im mächtigsten der muslimischen Reiche nicht nachweisen! Vgl. Lutz-Bachmann – Fidora, Juden, Christen und Muslime, wie Anm. 23; eine souveräne Gesamtsicht bietet: Bernard Lewis, Kaiser und Kalifen: Christentum und Islam im Ringen um Macht und Vorherrschaft, München 1996; vgl. auch Raeder, Islam, wie Anm. 1, S. 184ff. Eines der seltenen Beispiele ist eine Disputation, die Georgijević (s. oben Anm. 13) am Pfingstsonntag 1547 in der ungarischen Ortschaft Waradin [= Großwardein] mit einem türkischen Derwisch namens Tschelebi unter großem Zulauf der Bevölkerung abhielt (vgl. die entsprechende Publikation: Warschau 1548, in: Göllner, Turcica I, Nr. 879; vgl. Turcica III, S. 208; Referat des Disputationsverlaufs auch in: Georgijević, Türkenbüchlein, wie Anm. 17, S. 30rff.). Georgijević will zunächst auf alttestamentlicher Grundlage und auf der Basis eines Koranverses trinitarische Argumente vorgebracht und auf den Disputanten Eindruck gemacht haben. Es folgte dann der aufgrund einer ›Lügengeschichte‹ aus dem Koran geführte ›Nachweis‹, daß Mohammed ein Betrüger gewesen sei. Daraufhin brach der argumentativ notorisch unterlegende Derwisch die Disputation ab. Die Disputanten spazierten dann gemeinsam in eine Kirche und führen ein Gespräch über die Bilder: Der Türke nahm Anstoß an der Entheiligung des Raumes durch streunende Tiere, was Georgijević gleichfalls als entwürdigend und beschämend empfand. Die theologisch unterlegene »türkische Religion« ist dem Christentum – so ein selbstkritisches Moment der Berichterstattung – in bezug auf kultisches Stilbewußtsein überlegen! Der Türke bat schließlich um eine türkische Übersetzung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses und anderer Stücke, die Georgijević seinem Druck in einer auch für missionarische Zwecke nutzbringenden Weise beifügte (S. 45vff.). Vgl. etwa Luther – im Anschluß an Georgius de Hungaria (s. bes. Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 285ff. u. ö.) – WA 30 II, S. 205,29: »bonahonestaque specie«; kein christlicher Märtyrer habe einen solchen »speciem« gehabt wie die Türken, 206,13f.; dies sei der Hauptgrund für die Konversionsbereitschaft von Christen. Die Papisten, die dem schönen

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Anmerkungen S.28 Schein notorisch zugetan seien, würden schon nach drei Tagen der Konversionsversuchung erliegen, 206,16f.; Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 3f. Ähnlich, wieder im Anschluß an den Siebenbürgener und Luther (a. a. O., 20r) bei Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 19rff. (zum ›schönen Schein‹ des Teufels gehört, daß der Türke den Christen angeblich Toleranz gewährt). Vgl. etwa: Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )( 2v; vgl. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 255ff. Osiander, a. a. O., )( 3r; daß die Gewährung rechtlichen Schutzes für Nicht-Muslime insbesondere unter osmanischer Besatzung von der jeweiligen Stabilität der Herrschaft abhing, hat Speros Vryonis betont: The Experience of Christians under Seljuk and Ottoman Domination, Eleventh to Sixteenth Century, in: Michael Gervers – Ramzi Jibran Bikhazi (Hg.), Conversion and Continuity. Indigenous Christian Communities in Islamic Lands, Eighth to Eighteenth Centuries [Pontifical Institute of Medieval Studies. Papers in Medieval Studies 9], Toronto 1990, S. 185–216; vgl. Binswanger, Untersuchungen, wie Anm. 129, passim; Bat Ye’or, The Dhimmi. Jews and Christians under Islam, London, Toronto 1985, bes. S. 57–61; vgl. oben Anm. 128; gewichtige Einwände gegen die Vorstellung einer konsistenten, im sog. Millet-System wurzelnden, einheitlichen Politik der Osmanen gegenüber den nicht muslimischen ›Schriftbesitzern‹ (dhimmis) bietet Benjamin Braude, Foundation Myths of the Millet-System, in: Ders. – Lewis (Hg.), Christians and Jews, wie Anm. 92, Bd. 1, S. 69–88; am Beispiel Jerusalems weist lokal spezifierte Grade von Autonomie der Christen und Juden nach: Ammon Cohen, On the Realities of the Millet-System: Jerusalem in the Sixteenth Century, in: a. a. O., Bd. 2, 1982, S. 7–18. Weitere Beispiele für das Überleben christlicher Minoritäten unter islamischer Oberhoheit in dem zitierten Band von Gervers – Bikhazi. Vgl. z. B. [Franz von Billerbeg, hg. von David Chytraeus] Türkische / Persische und Tartarische Zeitungen …, Nürnberg, Leonhard Heußler, 1582; VD 16 B 5479 / 5480, Ex. MF 446 Nr. 834, A 3v–A 4r: Die politisch-militärisch einflußreichen Leute im Umkreis des Sultans seien allesamt christliche Apostaten; sie stünden hinter Angriffen auf georgische Christen. Bei Georgijević heißt es: »Erstlich versuchen sy [sc. die Türken] mit traworten / mit schmeichlen / mit verheissungen unnd allem fleyß wie sy die gfangnen zu der bschnydung bringen / thut ers / unn verleügnet Christum / so hatt er wol ein besser läben dann sonst / […].« Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 209. Wer unter den Deportierten konvertiert, könne der Sklaverei entkommen (a. a. O., S. 212), verwirke aber die Chance einer Rückkehr in seine Heimat, a. a. O., S. 209; 213; ähnlich: Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, C 6v–C 8r (unter Anknüpfung an Georgijević). Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 217. Ebd. Ebd.; vgl. S. 176. Auszug oder Copey eines Briefes / wie einer / so in der Turckey wonhafftig / inn Deutzsche Land / an einen Namhafftigen Herrn geschrieben / antzeigend / was das Türckisch Regiment und Wesen sey …, Wittenberg, Josef Klug, 1547; VD 16 A 4425; Ex. MF 140 Nr. 280, A 3v/4r. Der Brief gibt sich als Schreiben eines aus Ulm stammenden Handwerkers, der freiwillig in die Türkei gezogen war, dort geheiratet und es zu beträchtlichem Wohlstand gebracht hatte. Angesichts der Tyrannei, die er unter dem ›türkischen Kaiser‹ zu erleiden hatte, sei er gezwungen an seinen Vetter anonym zu schreiben und die Post auf einem komplizierten Wege ins Reich zu lancieren. Der Anonymus berichtet von Vorbereitungen für einen Krieg, der die definitive Unterjochung der Christenheit zum Ziel habe (A 3v). Zu den tyrannischen Grausamkeiten unter osmanischer Herrschaft gehöre, daß die Kinder automatisch im »Türkischen glauben« aufwüchsen, »also / das eitel Türcken darau[s] werden / Wie man auch in der Türckey einem ieden fremden / als dem Christlichen / und nicht Machometischen glauben / anhengigk vernimpt / wird gehasset und gemidden / also / das

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Christliche lere mit der zeit / bey Jungen und alten / gentzlich erlischt / und ausgerottet wirt / Dieweil man nichts davon offentlich darff predigen.« A. a. O., A 4r. Die Authentizität der Biographie des Verfassers dürfte fraglich sein; auch die Gründe, deretwegen er zurückkehrt, sind widersprüchlich: Einerseits ist es der Verlust seines Wohlstandes (A 3r), andererseits beteuert er, um des Seelenheils willen (C 4r) bald nach Deutschland kommen zu wollen, um dort Christ sein zu können. An genau den Personenkreis, den der anonyme Verfasser, wohl im Modus der Fiktion, repräsentiert, wenden sich Katecheten mit dem Versuch, den Christen in den eroberten Gebieten die ›eiserne Ration‹ des Heilsglaubens nahezubringen, vgl. etwa: Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, A 4r; A 4r; Osiander, Bericht, wie Anm. 19,)( 2v; 172 (Warnung vor Konversion!); Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 31r (»rohe unverstendige Christen« stehen angesichts der türkischen Expansion vor großen Gefährdungen). Eine besonders eindrückliche Schilderung des Elends der Christen unter türkischer Herrschaft bietet Andreas Osiander, Unterricht und vermanung, wie man wider den Türcken peten und streytten soll, 1542 (Ex. MF 1521 Nr. 2520; Ed. in: Osiander, GSA Bd. 7, s. Anm. 186, Nr. 282, S. 469–485, bes. 473, 12–475,2). Osiander sieht deutlich, daß es zur Apostasie entweder aus »ungedult« (d. i. Unduldsamkeit der Christen) oder wegen »verfürische[r] anreytzung der gottlosen Türcken« komme (474,10); auch er setzt voraus, daß es »layder vil« (474,11) geschehe, daß Christen den wahren Glauben preisgäben und daß nur wenige, die in die Fänge des »teufflischen ungelaubens« (474,19) gerieten, wieder zum Christentum zurückfänden. Der Auszug (s. oben) scheint schon in den 1520er Jahren gedruckt worden zu sein [Augsburg, Ph. Ulhart, 1526?]; VD 16 A 4420; Köhler, Bibl. I, Nr. 194; Ex. MF 1329 Nr. 3472. 151 Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 218f.; zur Sklaverei s. auch die Hinweise Anm. 156 und 188; vgl. Ruhe, Christensklaven, wie Anm. 16. 152 Ein kleglich ansuchen des ausschus der V. Nider Osterreichischen Lande belangend die grosse itzige fahr des Türcken halben, Wittenberg, Josef Klug, 1540; VD 16 N 1693; Ex. MF 2089 Nr. 3392, D 1v . Bei den von Justus Jonas hg. Briefen handelt es sich um Schreiben niederösterreichischer Stände an den Adel Ober- und Niederschlesiens, um eine Antwort der böhmischen Krone auf das Gesuch der niederösterreichischen Erblande um Türkenhilfe sowie um eine Instruktion des kaiserlichen Rates von Bassowitz an die schlesischen Stände, sich an der Türkenhilfe zu beteiligen. Letzterem Text entstammt das obrige Zitat; vgl. zu den schlesischen Ständen auch: Im Lichte des Halbmonds. Das Abendland und der türkische Orient. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, Leipzig 1995, S. 83 Nr. 46. Durch die Publikation will Jonas der »offentliche[n] Lüge« (A 4r) begegnen, die Protestanten verweigerten ihren Beitrag zur Türkenabwehr. Jonas gibt in der Vorrede an, daß ihm die Schriften, die er publiziert, um die »grausamkeit« der Türken zu dokumentieren (A 2r), zugeschickt wurden. Das spätest datierte Stück der Sammlung ist ein Brief von Gesandten Niederösterreichs und der Grafschaft Görtz an den Adel Ober- und Niederschlesiens mit der Bitte um Kriegshilfe angesichts einer bevorstehenden Türkeninvasion (26.12.1539, Wien). In Jonas’ Briefwechsel wird der Druck nicht explizit erwähnt. In einem Brief vom 11.1.1540 nennt Jonas allerdings das Gerücht, daß der Türke demnächst Österreich angreife und nicht eher Ruhe gebe, bis er Wien erobert habe. (»De Turca fama est et certo scribitur, quod futuro vere affliget Austriam, et ad Albam Graecam [= Belgrad] transportavit magnum numerum bombardarum, nec cogitat desinere, nisi occupata Vienna. Dicitur adventare robustis et maximis copiis.« [Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 381]). Am 24.1.1540 weist Jonas diese Nachricht gegenüber Georg von Anhalt als »ex Antwerpia« (a. a. O., S. 383) zugegangen aus. Melanchthon weiß am 31.1.1540 von einem Vorstoß der Türken bis nach Sizilien zu berichten (MBW Bd. 3, Nr. 2360), und noch in

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einem Brief der Wittenberger an die Prediger von Nürnberg (17.2.1540) spielt die akute Türkengefahr eine Rolle (MBW Bd. 3, Nr. 2376; vgl. WABr 9, S. 56,213). Am 10. März weiß Jonas von einem Waffenstillstand, den der Gesandte Ferdinands I. beim Türken für ein Jahr – bzw. für den Kaiser und die Christenheit als ganze für sechs Monate – ausgehandelt habe (Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 388). Da sich eine derartige ›Entschärfung‹ der Situation in der Schrift noch nicht spiegelt, sehe ich in diesem Datum den terminus post quem non ihrer Veröffentlichung, die also wahrscheinlich in die zweite Januarhälfte oder in den Februar fallen dürfte. Zu Jonas’ Engagement in der ›Türkenfrage‹ siehe auch: Walter Delius, Justus Jonas, Berlin 1952, S. 46–48; im Medium des Liedes einzelne Hinweise bei: Siegfried Bräuer, »Wo Gott der Herr nicht bei uns hält«. Justus Jonas als Kirchenlieddichter, in: Stadtarchiv Nordhausen (Hg.), Justus Jonas 1493–1555, Nordhausen 1993, S. 76–95. Zur Abwehr der Osmanen als Element in der Politik Ferdinands I. siehe Alfred Kohler, Ferdinand I. 1503–1564. Fürst, König und Kaiser, München 2003, S. 207–224; 350f. [Lit.]; vgl. auch: Johann Loserth, Innerösterreich und die militärischen Maßnahmen gegen die Türken im 16. Jahrhhundert [Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark 11/1], Graz 1934, S. 32–35; zum Tributabkommen von 1547, dem Umfang der vereinbarten und der (erheblich geringeren) faktischen Zahlungen und ihrer Interpretation auf osmanischer und österreichischer Seite vgl. Ernst Dieter Petritsch, Tribut oder Ehrengeschenk? Ein Beitrag zu den habsburgisch-osmanischen Beziehungen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Elisabeth Springer – Leopold Kammerhofer (Hg.), Archiv und Forschung. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in seiner Bedeutung für die Geschichte Österreichs und Europas [Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 20], Wien / München 1993, S. 49–58; vgl. allgemein auch den Sammelband von Kurz – Scheutz – Vocelka – Winkelbauer (Hg.), Das Osmanische Reich, wie Anm. 523. 153 »Et quia ipsi Christiani erant, inceperunt sub quadam pietatis specie Christianis devictis parcere et eos in servos et ancillas sibi retinere. Et extunc incepit illa impia aviditas possidendi servos et ancillas, que usque hodie in ipsa secta perdurat.« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 164. Ähnliches berichtet Haselberg, Des Turkischen Keysers Heerzug, wie Anm. 93, A 3rf.: Christen unter türkischem Regiment hätten ihrerseits Christen unterjocht und versklavt. 154 Übersetzung Klockow, a. a. O., S. 165. Sebastian Franck ›übersetzt‹ den entsprechenden Passus: »[…] aus dem unfal / oder abfal der abtrünnigen Christen / hat die sect [sc. der Türken] unseglich uber handt genomen durch beystandt der unchristlichen Christen / die die Türckey mit Christen erfüllten dem Gottlosen volck zu dienen / Also das yn verfolgung der Christen die boßheyt der Aberchristen die unglaubigen übertrifft / und yn dem ytz yr maister und Herfurer worden seind.« Ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 14 (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 251, 6–12). Der Siebenbürgener erwähnt ein »pactum libertatis« (ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 204; vgl. 206; 410), das zwischen einem Sklaven und seinem Herrn vor Gericht abgeschlossen wurde und bestimmte Regelungen über Fristen und Ablösesummen der Freilassung vertraglich fixierte. Georgius selbst ist aufgrund eines solchen Vertrages freigelassen worden. Allerdings wurde die Freilassung christlicher Sklaven unter Mehmed II. offenbar in der Weise eingeschränkt, daß sie nicht zur Rückkehr in die Heimat berechtigte, sondern zum Verbleib in der Türkei bestimmte. 155 Benedikt Kuripečič, Ein Disputation oder Gesprech zwayer Stalbüben / so mit küniglicher Maye. Botschafft / bey dem Türckischen Keyser zu Constantinopel gewesen …, Augsburg, [H. Steiner], 1531; VD 16 K 2590; Ex. MF 1308, Nr. 2159, A 1v / A 2r; (a. a. O., A 3r/v Hinweise auf ehemalige Christenkinder in türkischen Militärdiensten); vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 415, S. 211f. Die Disputation will der als »lateinischer Tolmetsch« (A 1v) bei den Gesandten des ungarischen Königs, Joseph von Lamberg und Niklaus Jurischit [Juričić], tätige Kuripečić in einem Hof in Konstantinopel belauscht haben. Die ›Stallbuben‹ artikulieren v. a. ihre

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Unzufriedenheit mit christlichen Fürsten, die durchschlagende Maßnahmen gegen das Osmanische Reich vermissen ließen. Von dem Kroaten Kuripečić liegt auch ein ausführliches Itinerar der im August 1530 von Augsburg aufgebrochenen Gesandtschaftsreise mit detaillierten landeskundlichen Schilderungen vor, vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 416, S. 212f.; über Kuripečić vgl. Jan Ulrich Büttner – Mark Feuerle, Schilderung des Balkan 1530/1531. Edition einer bislang unbekannten Handschrift der Herzog-AugustBibliothek Wolfenbüttel, in: Wolfenbütteler Beiträge 13, 2005, S. 49–147; vgl. Bohnstedt, The Infidel Scourge, wie Anm. 399, S. 37ff. Die Disputation liegt auch in einem Faksimile (mit Transkription und knapper Kommentierung) vor von: Gerhard Neweklowsky, Benedict Curipetschitz, Ein Disputation oder Gesprech zwayr Stalbuben am Hof des türkischen Sultans 1530 [Österreichisch-bosnische Beziehungen Bd. 3], Klagenfurt 1998 (zu Verfasser und Reiseroute S. 13–18); das Itinerarium des Curipetschitz’ liegt gleichfalls als Faksimile vor, von Gerhard Neweklowsky hg.: Benedict Curipetschitz, Itinerarium oder Wegrayß Küniglich Mayestät potschafft gen Constantinopel zudem Türckischen Keiser Soleyman. Anno 1530 [Österreichisch-bosnische Beziehungen Bd. 2], Klagenfurt 1997 (Nachdruck der Edition von 1910; Faksimile des Drucks von 1530; Namenskonkordanzen). 156 Vgl. den Gesprächsgang zwischen dem jungen und dem alten Stallburschen: »Der Jung. In der stat Warwassa [= Vrhbosna] sind aber auch Christen gewesen. Der Elter. Auch der merer theyl / so ist der gemain paurs man im landt als Christen / und gar wenig Türcken. Der Jung. Wie erkenst dus daselbst / die Christen von den Türcken / dann sy gleich all kappen auff tragen? Der Elter. Bey dem das die Christen har am kopff haben / unn die Türcken gantz kolbet [= kahlgeschoren] seind. Der Jung. Dieweyl sie alle wider uns reysen / seind sy mir alle Türcken / ich kan sy von einander nicht schaiden. Der Elter. Ja das ist auch mein meynung dz ichs für ein straff gottes achte / wie ich vorgesagt habe. Der Junger. Wie das? Der Elter. Darumb dz die christen so lang an einander zugesehen / biß im der Türck sovil christenlichs volcks / mit tribut un dienstbarkait underthenig gemacht / unnd das er täglich sovil christen facht / und nur darauß sein bestes Kriegs volck zeücht / damit sein macht täglich / zu abpruch den christen erweyttert […].« Disputation, a. a. O., A 4r (= Ausgabe Neweklowsky, a. a. O., S. 28). Im Folgenden bietet Kuripečić dann ›konfessionskundliche‹ Informationen über die von der türkischen Besatzungsmacht unterdrückten walachischen, sorbischen und griechischen Christentumsvarianten, die aufgrund ihres Elends auch zum Kriegsdienst gezwungen würden und die »noch ein recht Christliche[s] Gemüt« (A 4v) hätten, vgl. A 4v–B 2v; Konfessionskundliches auch bei Franck, Chronica, in: ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 71–78 (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 298ff.). In der im Feldlager Suleimans 1532 verfaßten Copey … ains Sandbrieffs des türkischen Sultans (s. Anm. 52) wird berichtet, daß dem türkischen Heer ca. 8000 Christen angehörten, die aus Ungarn, Bulgarien, der Walachei und Slawonien stammten; außerdem gäbe es 400 Italiener; der ›türkische Kaiser‹ hätte gerne weitere 10.000 Italiener in seinem Heer, Copey, B 3r/v. Nach einem »Sendbrieff« aus Konstantinopel, der 1582 unter dem Titel: Türckische / Persische und Tartarische Zeitungen erschien (wie Anm. 146), sind alle einflußreichen Offiziere im Umkreis des türkischen Sultans christlicher Herkunft, haben aber abgeschworen (A 3v–A 4r); zur Polemik gegen die georgischen Christen vgl. A 4r. Daß die Janitscharen vornehmlich aus deportierten Christenkindern rekrutiert wurden, war ein fester Topos in der Türkenliteratur, vgl. z. B.: Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 111–113; 150f.; Giovio, Turcicarum rerum commentarius, wie Anm. 36, bes. den Abschnitt: ordo ac disciplina turcicae militiae (H 2vff.), hier: H 4r/v. Giovio empfahl deshalb die Anordnung von Schlachtenreihen, die die Janitscharen mit besonders glaubensstarken Christen konfrontierten (s. Türckische Kriegs Ordnung [Teilübersetzung von Giovio, Kap. 2], wie Anm. 61, B 3r). Die »geborne[n] Christen / die aber nun von Christo abgefallen« (A 2v) seien, gelten als »Kern und Stütz […] der gantzen Türckischen Macht«

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Anmerkungen zu S. 29–30 (B 3r); s. auch Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 186; ebd. erwähnt er auch griechisch-orthodoxe Christen im türkischen Heer. Von Moffan, Ein Grausame that, wie Anm. 17, A 4v stellt fest, daß die Janitscharen »alle von Christen eltern geborn« seien, d. h. aus »außerlesenen knaben« aus allen Eroberungsgebieten rekrutiert würden. Nach Georgius von Ungarn erhebt der Sultan Anspruch auf den Zehnten allen Raubgutes; sofern Gefangene gemacht würden, werde der ihm zustehende Beuteanteil durch die Überlassung aller Jünglinge (omnes iuvenes) bis zum 20. Lebensjahr abgegolten, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 210f.; s. auch: Türcken Büchlein (Ausgabe 1522 [vgl. WA 30 II, S. 85f.; 93; Im Lichte des Halbmonds, wie Anm. 152, S. 88 Nr. 67], ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 129). Bei einer Schlacht in Ungarn 1532 sollen es allein 800 Kindsentführungen gewesen sein, vgl. Ex. MF 1593 Nr. 3273, [2]v; vgl. Abb. 5 und 6. »Also helt der Türck mit uns Christen haus / also streitet er wieder uns / das er die Völcker / So uns verwandt / unsers Geblüts und Glaubens sind / in die schantze setzet / wider uns gebraucht / und dadurch der Christenheit / nicht geringen Schaden zufüget.« Boenich, Historia, wie Anm. 36, C 2r. Vor dem Hintergrund dieser Art von Berichterstattung ist etwa Luthers Paränese, Christen seien zur Verweigerung des Gehorsams gegenüber einer türkischen Obrigkeit, die sie dazu zwingen wolle, gegen andere Christen Krieg zu führen, verpflichtet, zu interpretieren, s. etwa WA 30 II, S. 196,19ff. (als Beispiel für Martyriumsbereitschaft fungiert der Heilige Mauritius, a. a. O., 197,1). Dies gilt natürlich auch für Christen unter einer ›papistischen‹ Obrigkeit, die gegen ›Evangelische‹ Krieg führen sollen, vgl. 197,5ff. »Es thete Christlichen Eltern wol billich wehe / da sie schon solten ihre liebe Kinder vo[n] den Türcken häßlich geschändet / unnd jämmerlich erwürget / aber viel kümmerlicher muß billich jnen zu Hertzen gehen / da sie zusehen solten / daß ir liebe Kinder / welche durch die H. Tauff Christo eynverleybet worden / von dem Türcken durch liebreiche Anreitzungen und ansehnliche Geschänck und Gaben dahin bewegt würden / daß sie ihren HERren Christum widerumb verläugnen und hinfüro lästern solten.« Johannes Assus [Hofprediger in der Grafschaft Hohenlohe], Türckenpredigten über den 79. Psalm …, Frankfurt, Joh. Spies, 1595; VD 16 A 3919; Ex. MF 169f. Nr. 330, D 2v. Vgl. WA 30 II, S. 192,23ff.; zur Selbstmordgefahr der gefangenen Christen vgl. Georgius von Ungarn, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 200f.; unter Aufnahme Luthers: Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, C 7r/v. Vgl. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, bes. S. 298ff.; Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 214–216; allerdings wußte man von Georgijević auch, daß Griechen und Armenier christlichen Flüchtlingen als Fluchthelfer beistanden, vgl. Johann Heinrich Rottmann [Pfarrer an St. Aurelien in Straßburg, Übersetzer], Matthias [Matthaeus] Dresser, Treuhertzige / Hochzeithige Uffmunterung, Der sicheren / schlummernden / sorg und Rewlosen Christenheit / Zu heutigem Türcken Krieg …, Straßburg, B. Jobin E., 1595; VD 16 D 2693f.; Ex. MF 263 Nr. 529, S. 21; zu Dresser, Humanist und Historiker, Professor in Leipzig, vgl. DBI I, 252, 163–168 u. ö.; NDB 4, S. 112; über Dresser zuletzt: Matthias Pohlig, Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung. Lutherische Kirchen- und Universalgeschichtsschreibung 1546–1617 [SuR N. R. 37], Tübingen 2007; passim, bes. S. 189ff. Vgl. WA 30 II, S. 193,6–197,19. Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 176. Daß die Beschneidung als entscheidendes Schibboleth zur Überprüfung der Religionszugehörigkeit fungierte, wird an einem Selbstzeugnis des übrigens später mit dem samländischen Bischof Joachim Mörlin freundschaftlich verbundenen (Ritter, s. unten, a. a. O., S. 225 mit Anm. 173) ehemaligen Seemanns Balthasar Sturmer, der in Nordafrika in türkische Gefangenschaft geraten war, deutlich. Sturmer war die Flucht gelungen; dann aber war er von einer

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Kohorte Admiral Barbarossas vor Tunis aufgegriffen worden. Er sei »turckisch gekleidett« gewesen und gab auf Rückfrage »turckisch« bekannt, er »wehre ein Muselman, ist auf unser Deutsch ein ›Gerechter‹« (S. 210). Aufgrund seiner gebrochenen Ausdrucksweise im Türkischen entstand die Frage, seit wann er denn schon »gerechtt worden wehre oder ihren Glauben angenommen hette?« (Ebd.). Er antwortete daraufhin: »[…] ich wehre lengest gerechtt worden, das fordertt die Zeitt. Wie man spricht: ›Necessitas frangit legem.‹« (Ebd.). Sich selbst und – der apologetischen Tendenz von Selbstzeugnissen aus Gefangenschaftszusammenhängen entsprechend (s. Ruhe, Christensklaven, wie Anm. 16) – seinen Lesern bietet er dafür folgende ›lutherische‹ Interpretation an: »Aber dieweill ich sprach, ich wehre ein Gerechter, habe ich meinen Glauben gegenst Gott nicht verleugnett: dan wir sindt ja gerechtt in unserem Glauben, dan der recht Gerechtmacher ist Christus, unser Herr.« (Ebd.). Doch die Türken mißtrauten Sturmers Angabe seiner Religionszugehörigkeit, so daß die Gruppe einen mit ihnen Reisenden »Pfaffen« beauftragte, zu überprüfen, ob er beschnitten war. »Ich [Sturmer] erschrack […] gar sehr, lies mich aber nicht mercken, den ich hatte einen Hinterhaltt, wie dan offters ein böses Werck zum gutten gereichett. Also gienge mir es auch, dan für ettlichen Jahren wahr ich in Hispanien von einem bösen zwey füssigem Wurme [einer Frau?] gebissen an der Fürhautt, da sich die Türken beschneiden lassen.« (A. a. O., S. 211). Also wurde Sturmer als ein »Gerechtter undt beschnitten« (S. 211) erwiesen; dies erleichterte seinen weiteren Fluchtplan (vgl. S. 212). Anne-Barbara Ritter, Ein deutscher Sklave als Augenzeuge bei der Eroberung von Tunis (1535). Untersuchung und Edition eines unbekannten Reiseberichts aus dem Jahr 1558, in: Ruhe, Europas islamische Nachbarn, wie Anm. 16, S. 187–231. 163 Vgl. etwa die von Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 160, S. 21 erzählte Geschichte zweier Brüder aus Georgien, die im Kindesalter durch den türkischen Bassa Mustafa nach Konstantinopel verschleppt worden waren. Der ältere der Brüder blieb Christ und fristete eine Leidensexistenz, der jüngere verleugnete Christus und machte Karriere als türkischer Beamter. Islamisierte Christenkinder galten als besonders fanatische Muslime und sollen – wie Griechen erzählt hätten – »schwarze Teuffel« (a. a. O., S. 22) genannt worden sein. Seitens ihrer früheren Glaubensbrüder forderten die Konvertiten besondere Reverenz ein: »DA auch ein Christ ein Muselman wird (also nennen sie die selbigen / die Christum verleugnen / und sich williglich beschneiden lassen) müssen die armen Christen / so bey ihrem Bekentnis und Glauben verharren / für einen solchen Muselman und Mammelucken / wenn sie für im uberreiten / vom Pferde steigen / sich für im neigen / und im Ehre erzeigen / Thun sie es nicht / so werden sie also bald mit Knütteln herunter geschlagen / so gar verechtlich ist der heilige […] Name […] Christi / Bey diesen elenden / Gottlosen […] und Tyrannischem Volck […].« Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 3v. Georgijević berichtet, daß christliche Sklaven, die konvertiert sind, im Falle eines Fluchtversuches härter bestraft werden als Sklaven, die Christen geblieben sind (Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 209). Der Preis für das »besser läben« (ebd.) nach der Konversion ist demnach die irreversible Einbindung in die neue Lebenswelt. Wer als Sklave zum Islam übertrat, wurde frei, blieb aber an seinen Herren gebunden und verlor jedes Recht, seine Heimat wiederzusehen, so Göllner, Turcica III, S. 329. Daß die übergetreteten Christen im türkischen Machtbereich schlimmer sind als die Heiden, weiß auch der unter die Janitscharen geratene Serbe ›Konstantin‹, der als Vf. der Memoiren (wie Anm. 48) gilt, vgl. S. 172; zu mächtigen türkischen Beamten (Wesire, Bassae) christlicher Abkunft vgl. Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, B 1v (»Mamalucken und verlaugnete Christen«; zu ›bösen Christen‹, die sich in türkischen Diensten am Kampf gegen Ungarn beteiligten, vgl. eine Zeitung von 1526, in: Emil Weller, Die ersten deutschen Zeitungen, 3. Nachdruck der Ausgabe Stuttgart 1872 [BLVS 111], ND Hildesheim u. a. 1994, S. 57; zu Mönchen, die mit den Türken kollaborierten, a. a. O., S. 64 und Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 232; 243f. (Eine regelmäßig der Kollaboration

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Anmerkungen zu S. 30–31 bzw. der Spionage zugunsten der Türken verdächtige Personengruppe am ›Rand‹ der christlichen Gesellschaft [vgl. LexMA Bd. 9, 2002, Sp. 610–612: Art. Zigeuner; vgl. auch: Ernst Schubert, Fahrendes Volk im Mittelalter, Bielefeld 1995, bes. S. 362f.] waren die Zigeuner, vgl. bes.: Türcken-Büchlein, 1522, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17; passim [einer der Gesprächspartner ist ein Zigeuner!], bes. S. 125; 128; in: Auszug oder Copey, wie Anm. 150, wird vorgeschlagen: Zigeuner solle man aufhängen, denn sie verrieten Deutschland an die Türken, C 3v). Spezielle Disziplinierungsmaßnahmen der Christen, die die Janitscharen beim Herrschaftsantritt von dem neuen Sultan Selim II. forderten [Reitverbot in der Stadt Konstantinopel, Kleidervorschriften; vgl. Newe Zeitungen. Von des Türckischen Keysers / Soldan Solimanus / tödlichem Abgang / und Auffsatzung seines Sons Selims [o. O.], 1567; VD 16 N 1111/2; Ex. MF 2105 Nr. 3325, A 3r], scheinen gleichfalls dem Muster: Abtrünnige Christen sind besonders grausam, zu entsprechen. »[…] wie ich denn höre und lese, das auch die Christen [sc. ähnlich den Juden im Babylonischen Exil] seer abfallen und des Türcken oder Mahomets glauben williglich und ungezwungen an nemen umb des grossen scheins willen, den sie haben ynn yhrem glauben. Darumb merck auff mein lieber Bruder, las dich warnen und vermanen, das du ia ym rechten Christen glauben bleibest und deinen lieben Herrn und heiland Jhesum Christum, der fur deine sunde gestorben ist, nicht verleugnest noch vergessest.« WA 30 II,S. 185,25–31. WA 30 II, S. 185,27; s. vorige Anm. Auch ironisch-gebrochene Anspielungen auf römische Kardinäle, die in der Versuchung stünden, zum Türken überzulaufen, dies aber unterlassen hätten als sie erfuhren, daß Christen »so sich zu teglichem krieg und arbeyt nit brauchen lassen/ fast wenig geliebt oder geacht sein« (Türcken-Büchlein, 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 15, S. 129), zeugen von der Präsenz des Themas ›Konversion zur türkischen Religion‹ in der zeitgenössischen Öffentlichkeit. Vgl. etwa die auf eine Prophetie des Ferraneser Astronomen Anthonius Torquatus, die dieser 1480 König Matthias von Ungarn zugesandt haben soll, zurückgehende Ankündigung siegreicher Schlachten der Christen gegen die Türken in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts. »Als denn wirt man entlich erfahren und inne werden / das die Türcken mit macht zum Christen Glauben sich wenden werden / Als denn werden auch die verleugneten Christen oder Mame Lucken unter das Holdtselige Joch Christi sich wider ergeben / und wird also auß zweyen Keyserthumen wiederumb ein einiges werden.« Auch die Juden werden sich schließlich taufen lassen: Johan Eckstedt [Pfarrer zu Petershagen und Scherman], Gar Gründlicher … Unterricht für alle Stende. Wie mans In ietzt Schwebendem Ungarischen Kriege wider den Türcken sol anstellen …, [o. O., o. Dr.], 1595; VD 16 E 495; Ex. MF 549 Nr. 1030, B 3v. Jack Beeching, Don Juan d’Austria. Sieger von Lepanto, München 1983, bes. S. 299– 329. Die christliche Publizistik hat diesen Sieg hoffnungslos überbewertet; zur regen Flugblattproduktion vgl. allein: Harms II, Nr. 27, S. 52f.; Nr. 28, S. 54f.; Nr. 29, S. 56f.; Nr. 31, S. 60f.; IV, Nr. 66, S. 92f.; VII, Nr. 9, S. 18f.; Nr. 10, S. 20f.; Nr. 11, S. 22f.; VII, Nr. 12, S. 24f.; Nr. 13, S. 26f.; Nr. 14, S. 28f.; Im Lichte des Halbmonds, wie Anm. 152, S. 107 Nr. 85; 109 Nr. 88; Strauss, Single Leaf Woodcut 1550–1600, wie Anm. 187, Bd. II, S. 612; 812f.; 873; Bd. III, S. 1372f.; vgl. Abb. 7. Vgl. zu den v.a vom Papsttum und Jesuiten inszenierten Siegesfeiern für Lepanto: Ruth Schilling, Die ganze Stadt und die Christenheit? Feiern und Gedenken an die Schlacht von Lepanto im frühneuzeitlichen Venedig und Rom, in: Vera Isaiasz – Ute Lotz-Heumann – Monika Mommertz – Matthias Pohlig (Hg.), Stadt und Religion in der frühen Neuzeit [Eigene und fremde Welten 4], Frankfurt/M., New York 2007, S. 103–124. Georgijević, Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 190. Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 12. Als Grundparadigma antichristlicher Kriegsrhetorik türkischer Sultane scheint die Rede Mehmeds II. vor der Einnahme Konstantinopels fungiert zu haben, vgl. etwa: Leonardus Chiensis, Historia, wie Anm. 17, e 3v–4r.

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170 »Dieweil die Türcken / on sie verhoffens eine Beute zubekommen / und ir Reich zuerweitern / under einem falschen schein / die Religion zu einer ursachen der feindschafft anzuziehen und fürzuwenden pflegen / unn als bald inen die schantz angehet / bekommen sie alsdenn eine begirde unnd andacht ire falsche und Gottlose Religion außzubreiten.« Warhafftige … beschreybung derer Geschichten / so mit der … Kriegsübungen … wider die Insuln Maltam im Jar 1565 verloffen … Erstlich durch … Hieronymum Graven zu Alexandria ec. Inn Lateinischer sprach beschriben ec. … Und nachmals durch Hieronymum Zöberum … verdolmetschet, Dillingen, S. Mayer, VD 16 C 4971; Ex. MF 384–386 Nr. 736, C 2r. Die lateinische Version der Commentarii Hieronymi Comiti Alexandrini, Nürnberg, Ulrich und Gerlach Neuber, 1566; VD 16 C 4969 liegt Ex. MF 455f. Nr. 842 vor. Aus einer ›Rede‹ des türkischen Sultans belegt der Verfasser die explizite These, von türkischer Seite werde »under einem falschen schein der Religion« (a. a. O., D 1r) Krieg geführt, die Religion also als Vorwand primitiver Machtpolitik verwendet. Eine nüchterne Schilderung der Eroberung verschiedener ungarischer Städte im Jahre 1566 mit Abdruck der Belagerungskarten bietet Münster, Cosmographey, wie Anm. 223, S. 1175–1178. 171 Mohammed behaupte, daß Gott ihn veranlaßt habe, »die Welt mit dem Schwerd zu seinem Glauben zu zwingen.« Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 2v. Bei Cusanus heißt es: »Est igitur ultima resolutio probationis omnium, quae in Alkorano leguntur, gladius.« Nicolaus von Kues, Sichtung, Bd. 3, wie Anm. 102, S. 14. Daß die »lex« Mohammeds die Gewalt verherrlicht, ist auch das Thema des 10. Kapitels von Ricoldus’ Confutatio Alcorani, ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 118–124. Zur identitätsbestimmenden antichristlichen Militanz der Türken bei Luther s. nur: WA 30 II, S. 169,5ff.; 189,17ff.; 191,18ff. Diese Feindschaft stammt vom Teufel und unterscheidet das türkische von anderen Reichen (172,22ff.). Wer einen Türken erwürgt, müsse sich nicht bangen, ob er »unschuldig blut vergiesse […], Sondern gewislich erwürget er einen feind Gottes und lesterer Christi […].« 173,6–8; vgl. demgegenüber Erasmus, oben Anm. 60. 172 Belegerung Erlau und darauff folgende Schlacht …, Nürnberg, J. Lochner [1596]; VD 16 B 1589; Ex. MF 72 Nr. 174, E 3r; dieser Behauptung liege ein Schwur des Sina Bassa zugunde, der durch einen Brief des Jacobus Palaeologus an die Christen bekannt geworden sei. Dieser Brief war 1594 bei Nikolaus Henricus in Oberursel erschienen, stammt ursprünglich von [1573] und enthielt die Schilderung Palaeologs von einem Besuch in Chios und seinen theologischen Disputationen. Palaeologus war später Rektor der Schule der Antitrinitarier in Klausenburg, vgl. Göllner, Turcica II, Nr. 1961, S. 501; vgl. über Palaeologus: Antal Pirnat, Die Ideologie der Siebenbürgener Antitrinitarier in den 1570er Jahren, Budapest 1961, S. 54–116, bes. 79–82 zu dem vielfach zweifelhaften Reisebericht; vgl. DBI I, 928,112f. Palaeologos stand übrigens mit dem Rostocker Theologen David Chytraeus in Kontakt. Sie waren einander (wohl [1569], vgl. zur Einordnung in die Biographie: Otto Krabbe, David Chytraeus, Rostock 1870, 1. Abt., S. 218) in Prag begegnet und hatten dort über den Koran gesprochen. Palaeologos hatte die Differenz zwischen verschiedenen Textausgaben mit weitläufigen Paraphrasen erklärt, die von dem Wortlaut der arabischen Dichtung abwichen; er hatte sodann eine Übersetzung angekündigt, um deren Übersendung ihn Chytraeus später bat. (»Meministi [sc. Palaeologos] autem nos, cum tui videndi causa praecipue Pragam rediissem, de libro legis Mahometicae, quem Alcoranum nominant, conferre, ac queri me de dissimilitudine editionum, quarum causam esse narrabas, quod non ipse Alcorani textus, rhythmis Arabicis expositus, et paraphrases uberiores a diversis compositae, in Latinum sermonem translatae, circumferantur. Addebas autem te ipsius Alcoranis versionem ad literam expressam nancisci posse, eamque te mecum communicare velle. Oro igitur, si absque incommodo & molestia poteris, ut beneficium illud mihi benigne impertias […].« David Chytraeus an Jacobus Palaeologos 1571, zit. nach: Davidis Chytraei … Epistolae, Hanau,

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Anmerkungen zu S. 31 Wechselianus, Joh. Aubrii haer. 1614, S. 507–509, hier: 508. Zu Palaeologos’ Werk De tribus gentibus, das v. a. den Nachweise führt, daß die Muslime im Wesentlichen Christen seien, die sich deshalb abgewandt hätten, weil der trinitarische Irrglaube in der Kirche so verbreitet sei, vgl. Pirnat, a. a. O., S. 66ff. Vgl. Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chonica, wie Anm. 15, S. 220; Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, A 3v–4r; F 3r/v; F 1vff.; E 3r . Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 160, S. 1. Ebd. Vgl. Dolium Dirgensis, wie Anm. 115, B 3r. Der Eindruck, beim politischen System des Osmanischen Reiches handle es sich um eine analogielos stabile, ausgesprochen schwer niederzuringende Form der Alleinherrschaft, die sich vor allem auf Sklaverei und direkte Abhängigkeiten gründe, wurde auch von Machiavelli (Il Principe cap. IV; deutsche Ausgabe: Rudolf Zorn [Übersetzer, Hg.], Machiavelli, Der Fürst [Kröners Taschenausgabe Bd. 235], Stuttgart 61978, hier bes. S. 16) bestärkt. Im Unterschied zu den europäischen Staaten, deren Politik darauf abzielen müsse, das Volk zufriedenzustellen, sei es beim Türken so, daß dieser vor allem die Soldaten befriedigen müsse, da diese größeren Einfluß hätten als das Volk (Il Principe cap. XIX, a. a. O., bes. S. 85). Auch in den Discorsi (Lib. I, cap. 30; lib. II, praef.; cap. 17; deutsche Ausgabe: Rudolf Zorn, Niccolo Machiavelli, Discorsi. Gedanken über Politik und Staatsführung [Kröners Taschenausgabe Bd. 377], Stuttgart 21977, bes. S. 86; 162; 219) äußerte sich Machiavelli positiv über das auf militärische Stärke, Disziplin und Religion gegründete Ethos bzw. basierende politische System des Osmanischen Reiches; wegen dieses positiven TürkeiBildes wurde Machiavelli kritisiert, vgl. etwa: Höpfl, Jesuit Political Throught, wie Anm. 337, S. 96; zum argumentativen Kontxt vgl. Quentin Skinner, The foundations of modern political thought, Bd. 1: The Renaissance, Cambridge u. a. 1980, S. 173ff. Vgl. etwa die regelmäßigen Berichterstattungen über die Prinzen- und Verwandtschaftsmorde im Kontext von Thronwechseln, die bis 1595 üblich waren (Klaus Kreiser – Christoph K. Neumann, Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2003, S. 165), exemplarisch: Newe zeittung und gründliche Beschreibung Von des Türckischen Keysers absterben / unnd des Newen ankunfft: … Item / seine fünff Brüder durch einen Stummen Strangelieren / Wie sich die Mutter selber erstochen. So hat der Keyser 700. Schaaff / von seines Vaters Seelen wegen … geopffert …, [München, Adam Berg, 1575]; VD 16 N 810f.; Ex. MF 2222 Nr. 3589. Der aus Konstantinopel stammende Bericht eines europäischen Beobachters schildert die Brudermorde nach Selims II. Tod bzw. bei Murads III. Regierungsantritt (1574–1595). Aus einer Zeitung von 1589 (s. Anm. 92) geht hervor, daß Murad III. den Mord an seinem Sohn veranlaßt habe, A 3v–A 4r; vgl. Abb. 8. Immerhin: der Mufti soll Murad III. aufgefordert haben, von einer Tötung der fünf Prinzen abzusehen, Newe zeittung, a. a. O., A 3r. Selbst für 1595 (vgl. dagegen Kreiser – Neumann, ebd.) wird zumindest von Morden an Anhängern möglicher Thronkonkurrenten berichtet (Belegerung Erlau, wie Anm. 172, D 3v). In das Spektrum teuflischer Grausamkeiten des türkischen Sultans gehört es, daß er grausame Befehle, etwa zu einem kollektiven Selbstmord, erteile, Auszug, wie Anm. 150, A 4v. Unter den ›Türkenexperten‹ war allerdings durchaus strittig, ob die Morde im Zusammenhang eines Herrscherwechsels Ausdruck der Macht oder eher der Schwäche des Herrschers waren, vgl. – gegen Foglieta (s. oben Anm. 91): Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 37. Tiefes Befremden über den geringen Wert eines Menschenlebens im Osmanischen Reich spiegelt sich in einem Bericht über die Feierlichkeiten aus Anlaß der Beschneidung des Sohnes Sultan Murads III. [»Amurath«] im Jahre 1582: Türckische Beschneidung … wie Amurath / der jetzt regierende Türckische Kaiser / seinen Sohn Mahometen / so er von Cricessa / einer Natolianerin / seinem Kebsweib erzeuget / und an mehr bey fünffzehen Jaren alt … in Constantinopel beschneiden lassen …,

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Nürnberg, Leonhard Heußler, 1582; VD 16 T 2247; Ex. MF 1748 Nr. 2855. Außer dem riesigen, von diplomatischen Botschaften besuchten Fest mit pompösen Ausmaßen befremden den anonymen Berichterstatter zirzensische Darbietungen der Janitscharen, die sich zur Belustigung der Menge von hohen Türmen stürzten und tot liegen blieben, sich auf Pfeile spießten und zum Erweis ihrer Loyalität gegenüber ihrem Herrn tödlich selbst verstümmelten (A 2v). Immerhin ließ der Sultan die von dem europäischen Beobachter als makabres Spektakel wahrgenommenen öffentlichen Freitode abbrechen (A 2v). Von der eigentlichen Beschneidung übrigens wird in der Schrift nichts berichtet! Für das Wertungsstereotyp der analogielosen Grausamkeit der Türken ist charakteristisch, daß der Verfasser der Memoiren eines Janitscharen die Barbarismen des walachischen Woiwoden Vlad Ţepeş (Dracula), der dem Sultan tributpflichtig gewesen war, dessen Sohn dann aber die Tributzahlungen verweigert habe, als eine Art ›imitatio‹ türkischer Greuel darstellt; Dracula habe Türken und Christen umbringen, ihnen die Nasen abschneiden lassen und sich seiner Massenmorde gebrüstet, vgl. wie Anm. 48, S. 131–134. Die Memoiren sind ein recht frühes Beispiel für die Rezeption der Gestalt des »Pfählers«, der seit den 1460er Jahren in populäre Medien eindrang. Bei der Rekonstruktion der Genese dieses Negativimages, das allerdings auch einen gewissen Anhalt in blutrünstigen Grausamkeiten der historischen Person hatte, erwies sich die ungarische Konkurrenz um die Wirtschaftsbeziehungen zu den siebenbürgischen Städten und die Führung um den Kampf gegen die Osmanen als prägend; vgl. Heiko Haumann, Dracula und die Vampire Osteuropas. Zur Entstehung eines Mythos, in: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 28 (99) 2005, S. 1–17, bes. 1–4; zu Vlad Ţepeş’ Verhältnis zu Mehmed II. instruktiv: Ralf-Peter Märtin, Dracula. Das Leben des Fürsten Vlad Ţepeş, Berlin 2004, S. 118ff. Neben dem Khan von Samerkand, dem Eroberer Timur Lenk [Tamer Lan] (vgl. nur: Cardini, Europa, wie Anm. 5, S. 153ff.; s. auch etwa Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 271) wird »Dracolus von Molda [Moldau] und aus der Walachey« von Johannes Lichtenberger (Prognosticatio, MF 938, Nr. 2309, wie Anm. 380, M 2r) als besonders kämpferischer Türkengegner genannt, was zum Teil nicht unzutreffend ist. Bei dem Heerzug Murads II. gegen Siebenbürgen, bei dem Georg von Ungarn (s. oben Anm. 9) als einer von 30.000 bis 40.000 Kriegsgefangenen 1438 deportiert worden war, hat Vlad Ţepeş (Dracul) auf Seiten der Türken, denen er tributpflichtig war, gekämpft, s. Michael Kroner, Dracula. Wahrheit, Mythos, Vampirgeschäft, Heilbronn 2005, S. 13; vgl. Cardini, a. a. O., S. 162. In einem Gedicht mit dem Titel »Von des Türcken Tyranney« wird unter Anspielung auf die von Sultan Suleiman II. veranlaßte Ermordung eines erstgeborenen Sohnes Mustafa (von Moffan, Ein Grausame that, wie Anm. 17, hier: A 1v) festgestellt, daß der Türke im Unterschied zu den wilden Tieren seine Jungen fresse; daraus wird gefolgert: »Darumb wunder dich nicht mein Christ / | Das er gegen dir so grausam ist.« Ebd. Vgl. Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, C 2v. Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, A 4v. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 172. A. a. O., S. 60; Ricoldus symbolisiert den Gegensatz zwischen Christen und Muslimen, Schwert und Kreuz, am Habitus des gewaltbereiten, schwertzückenden koranischen Predigers: »Signum autem hoc [violentiae legis apud illos]: Quando enim ad doctrinam conveniunt, ut legem eos saracenorum magister doceat, et qui debet proponere verbum, primum nudans ensem nudum manu definet, inquantum docet vel ponit ad terrorem in quodam eminenti loco. Christiani autem docentes non ensem, sed crucem tollunt, non violentiae, sed mansuetudinis signa ostendentes, tanquam homines, qui mittuntur a christo, sicut oves in medio luporum [vgl. Mt 10,16].« Ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 122. Der waffenschwingende türkische Prediger fungierte als Gegenbild des lutherischen Geistlichen, auch in der Absicht, Theologiestudenten vom Fechten abzubringen,

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Anmerkungen zu S. 32 vgl. Thomas Kaufmann, Universität und lutherische Konfessionalisierung [QFRG 66], Gütersloh 1997, S. 443 mit Anm. 32. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 69; in der Flugschrift Etlich fröliche unterschiedliche Christliche Victorien / wider den Erbfeind in Ober und unter Ungarn vom 5. auff den 15. Aprilis dieses 1596. Jahrs verlauffen, o. O., Valentin Fuhrmann, 1596; VD 16 E 4057; Ex. MF 569 Nr. 1081, wird berichtet, daß in »allen Türckischen Moscheern oder Kirchen […] das gemeine gebet wider uns« ((:) 2r) ergangen sei; vgl. auch Vives, De veritate fidei, wie Anm. 257, S. 267–271. Absagung des Türckischen Keysers / den König von Polen belangende, Nürnberg, Johann Petreius, 1542; VD 16 T 2192; Ex. MF 2224 Nr. 3610, A 2v; A 3r; andere Ausgabe: Abschrifft des Vheid brieffes so der Türckische Keyser / dem itzigen König zu Polen geschrieben hat / in Deutsch aus windischer sprach transferiert, Wolfenbüttel, Henning Rüdem, 1542; VD 16 T 2193; Ex. MF 1972 Nr. 3259, A 2r, hier allerdings in der Form: »es sey dann das sie von jrem glauben weichen / mit Fewer / Reter / Galgen und dem Schwert wollen wir nicht auffhören / sie darzu zubringen […].« A 2r. Spezielle Übergriffe auf Priester und Mönche (vgl. auch Georgijević, Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 219) werden auch sonst berichtet, vgl. etwa: Foglieta, De causis magnitudinis imperii Turcici, wie Anm. 91, B 6r; auch Nachrichten über die Einordnung von türkischen Gelehrten, die im Umkreis Sultan Suleimans zugunsten des Christentums eintraten, wurden in Druckschriften und Korrespondenzen verbreitet, vgl. Gustav Bossert, Briefe aus der Reformationszeit [Matthäus Alber an Martin Stürmlin 29.2.1540], in: BWKG N. F. 17, 1913, S. 181–184. Abschrifft des Vheid brieffes, wie Anm. 184, A 1v; in einem Absagebrief an König Ferdinand bezeichnet sich Suleiman der Prächtige – in deutscher Übersetzung! – als »Gott auff Erden« (A 2r) und als »Verderber der Christenheit / und aller so sich Christen nennen« (ebd.), Newe Zeitung. Des Türckische Kaisers Absagebrieff / so er newlich dem Römischen Könige Ferdinando / bey seinem Legaten zugesand … Uns armen Christen erschrecklich und sehr erbermlich zu hören, [Wittenberg, Peter Seitz d. Ä. E.], 1556; VD 16 N 757; Ex. MF 1441 Nr. 2390, A 2r; s. auch: ZV 4793 / ZV 24576; zur herrscherlichen Selbstinszenierung Suleimans vgl. Abb. 9. Andreas Osiander (s. Anm. 150), GSA Bd. 7: Schriften und Briefe 1539 bis März 1543, hg. von Gerhard Müller und Gottfried Seebass, Gütersloh 1988, S. 473,8. »Dan der Türck bekriegt und erwürgt die Christen fürnemlich darumb, das sie Christum nit verlaugnen und seins teuffelhafftigen Machmeds gotßlesterliche lügen nit annemen noch im, andere zu verfüren, platz lassen wöllen.« A. a. O., S. 484,6–8. Cochläus definiert: »Religio igitur Turcica non praedicationibus aut miraculis, sed gladio ac caede […] dilata est […].« Dialogus, wie Anm. 339, S. XIIIr/v. Vgl. das mit einem Spruchgedicht von Hans Sachs erschienene Flugblatt Erhard Schoens, das in einer Reihe weiterer Türkendarstellungen 1529 bei Guldenmundt (Goldmund) in Nürnberg erschien (Geisberg Nr. 1243; Hugo Schmidt [Hg.], Bilderkatalog zu Max Geisberg, Der Deutsche Einblatt-Holzschnitt in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, München o. J., S. 214, Nr. 1243; s. Abb. 10; spätere Wiederaufnahme vgl. Harms VI, Nr. 93, S. 188f; zum Türkenthema im Werk von Hans Sachs vgl. Cornelia Kleinlogel, Exotik – Erotik. Zur Geschichte des Türkenbildes in der deutschen Literatur der frühen Neuzeit (1453–1800) [Bochumer Schriften zur deutschen Literatur 8], Frankfurt/M. 1989, S. 55– 70; Walter L. Strauss, The German Single-Leaf Woodcut 1550–1600, Bd. III, New York 1975, S. 1111 [Zuschreibung an Hans Weigel d. Ä. statt an E. Schoen ]). Möglicherweise kann man an Luthers verschiedentlicher Erwähnung des Pfählens in seiner kurz nach dem Ende der Belagerung Wiens (WA 30 II, S. 160,20f.; vgl. zur Datierung: a. a. O., S. 149ff.) abgefaßten Heerpredigt – sie mobilisiert zum Krieg, um die einreißende Leichtfertigkeit zu konterkarieren [vgl. 160,17ff.] – einen frühen Rezeptionsakt dieser Nachrichten sehen (vgl. WA 30 II, S. 177,18ff.28ff.; 182,28f.; 183,24f.; 185,1). Der

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Vergleich der gepfählten Kinder mit dem bethlemitischen Kindermord wurde auch durch Mathesius’ Luther-Predigten (Johann Mathesius, D. Martin Luther Leben in siebzehn Predigten, hg. v. Georg Buchwald, Leipzig 1887, S. 141f.) populär. Das Motiv der gepfählten Kinder begegnet – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – als Bild auf dem Titelblatt der Newen Zeitung 1556, wie Anm. 185; als mühelos aktivierbares Erinnerungsgut türkischer Grausamkeit wird es im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts jeweils knapp angesprochen etwa bei Wolfgang Cantzler, Aus was ursache Gott dem Türcken verhengt das er die Christenheit so starck uberzeucht und mit blutdürstiger hand ermordt verfolgt und hinwegk fürt …, [Ulm, Hans Grüner, 1532]; VD 16 C 786; Ex. MF 403 Nr. 772, A 2v [der zornige Gott spricht zur Christenheit durch diese Greueltaten!]; Franck, Chronica, wie Anm. 54, S. 281r–283r; Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 4r; Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 160, S. 12; Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, A 2v; Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 4r; vgl. auch: Hans Fehr, Massenkunst im 16. Jahrhundert, Berlin 1924, S. 57ff.; Blatt 62–64. 188 Im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel spielt neben dem Motivgeflecht der sexuellen Erniedrigung – auch und besonders durch Päderastie und Kastration älter gewordener, ehemals christlicher Lustknaben, die dann als Eunuchen zu dienen hatten – vor allem die völlige Mißachtung familiärer Zusammengehörigkeit eine Rolle. Instruktiv ist etwa Luthers vor allem aus Georgius’ de Hungaria (s. Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, bes. S. 195ff.) gewonnenes ›Wissen‹: »Und ob sie [sc. die Türken] gleich die kindlin mit dir weg füreten, so darffestu nicht hoffen, das sie die selbigen lassen bey dir bleiben, da wird nicht aus, Man verkaufft in der Türckey die gefangene Christen wie das viehe und wie die sew, achtet nicht wer hie vater, mutter, kind odder weib sey, Da wird das weib dorthin, der man hierher verkaufft, Also geht’s auch mit elltern und kindern zhu […].« WA 30 II, S. 185,3–8. Die Sonderbehandlung von Kindern im Zusammenhang des Sklavenhandels war schon im 15. Jahrhundert ein Thema: vgl. den Traktat vom Türcken von 1482/3 bei Göllner, in: Chronica, wie Anm. 17, hier: S. XV; 107–120, bes.: 120. Die nach Georgius’ intensivsten und wirkungsreichsten Schilderungen des türkischen Sklavenhandels bietet Georgijević, Türckey, wie Anm. 17, S. 207ff. Zum vornehmlich muslimischen Sklavenhandel und der zentralen Bedeutung Algiers vgl. Robert C. Davis, Counting European Slaves on the Barbary Coast, in: PaP 172, 2001, S. 87–124, bes. 98f.; 96; ders., Christian Slaves, Muslim Masters. White Slavery in the Mediterranean, the Barbary Coast and Italy, 1500–1800, Houndmills 2004, bes. S. 103 (zu den Lebensbedingungen, zur Konversionsproblematik etc.); Ruhe, Christensklaven, wie Anm. 16; zu kirchlichen Initiativen zum Gefangenenfreikauf seit dem 15. Jahrhundert vgl. Fernand Braudel, Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II., Zweiter Band, Frankfurt/M. 1990, S. 725ff.; zu Kindern als regulären Handelsobjekten der Sklaverei s. Bennassar – Bennassar, Chrétiens, wie Anm. 129, S. 267ff.; zu Rückwirkungen des islamischen auf den christlichen Sklavenhandel vgl. Angenendt, Toleranz, wie Anm. 129, S. 124ff. 189 Vgl. nur: Georgijević, Türckey, wie Anm. 17, S. 207ff.; WA 30 II, S. 185,5; Georgius de Hungaria schildet Bestrafungen der Gefangenen, die in religiösen Schmähungen gipfeln: »[…] et si defectus evenerit [sc. der Gefangene], videbis [sc. der Leser] sicut asinum subici verberibus et inter verbera crucis et passionis Christi improperium sibi irrogari«, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 198. 190 Daß der Türke »nach seinem tyrannischen mutwillen« »weder trauen noch glauben hett« (Osiander, GSA 7, wie Anm. 106, S. 473,12–474,1), war ein topisch begegnendes polemisches Stereotyp christlicher Türkenwahrnehmung, vgl. etwa [Bernhard Türck], Das der Türck / ein erbfeind aller Christen / weder traw noch glauben halte / klare beweysung aus den geschichten bißher inn kurtzen jaren von jme begangen, [Regensburg, Hans Kohl], 1542; VD 16 T 2187; Ex. MF 1802 Nr. 2969 (zwei weitere Drucke VD 16 T 2186; ZV

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20101) (Warnung vor Verträgen, da Suleiman sie regelmäßig gebrochen habe, A 2r). Das differente Vertragsethos wird religiös begründet: »Der Türckisch Keyser vermaint / in seinem glauben noch nit unrecht zu haben / wann er schon den Christen nit glauben und trawen helt. Dann in seinem Alcoran stet ein artickel / Nemlich das er nicht schuldig sey glauben zu halten dem / der nicht seins glaubens sey. Darumb bedarff sich niemants auff sein zusagen verlassen.« A 4v–B 1r. Als Beispiel des Verstoßes gegen den Umgang mit Kriegsgefangenen vor allem in innerchristlichen Kriegen (vgl. LexMA Bd. 5, 2002, Sp. 1528– 1532) wird – ähnlich dem Gemetzel, das die Türken an den »meisten ihrer Gefangenen« nach dem Sieg bei Nikopolis (1396) verübt hätten, ein entsprechendes Gewaltschauspiel nach der Schlacht von Ofen 1541 angeführt, [Türck], a. a. O., B 1r/v; zu Treulosigkeit und Verstellung vgl. auch: Türcken-Büchlein, 1522, ed. in Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 126; vgl. auch: Türcken trewe gegen den Christen. Kurze Erzehlung / welcher massen die Türcken im verschienen Julio dieses 1591. Jahrs klein Gomorrha / Mentzendt und Zacha mit gewalt eingenommen und grewlich da gehandelt …, [o. O., o. Dr.], 1591; VD 16 T 2241; Ex. MF 2224 Nr. 3615, bes. A 2r: Trotz Waffenstillstands arbeitet der Türke an der Ausrottung der Christen. Die Mobilisierung von Kriegsbereitschaft gegen den Türken wird von Brenz v. a. damit motiviert, daß sich dessen barbarische Grausamkeit außerhalb dessen bewege, was als naturrechtlich begründete ethische Konvention zu gelten habe; barbarische Massaker, wie sie im Zusammenhang der Eroberung Konstantinopels geschehen seien, wären »nicht seltzam bey den Türcken / sondern ist ihr gewönlich triumphirn / wenn sie nu schon ursach zu krieg hetten / sollen sie dennoch für mörder gehalten werden / die weil sie kein Kriegsrecht oder Land recht und zucht halten. Denn Kriegen sol dennoch die mass halten / das nicht wider natürlich recht (denn das ist auch Göttlich recht) gehandelt werde.« Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, B 1r. 191 Vgl. die Schilderungen der Disziplin im türkischen Heer und die asketischen Gewohnheiten im Krieg bei Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, B 1vff. (Markierung der Differenz zum christlichen Laster der »Üppigkeit« [B 2r]); ähnlich bei Giovio, der in der strengen Disziplin den entscheidenden Grund für die Überlegenheit des türkischen Militärwesens sieht, Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, B 2rf. Zugleich nimmt er im Glauben der Türken, daß ihre Todesstunde prädestiniert sei (a. a. O., B 2v), ein religiöses Motiv für die todesmutige Kampfmoral wahr; auch Georgijević kennt religiös motivierte Kampfmoral in der türkischen Truppe: »Etlich Reütter seind under inen / die werden Chazilar geheyssen / seind gestreng / unnd in kriegs präuchen für die geübsten gehalten. […] Nun dise wagdenhäls machen ir datum unnd setzen allein iren schirm ires lebens uff die Göttin des glücks / die sy in ir spraach Nassup oder Ctsutara nennen. Haben ein gängs sprüchwort […]. Das mag in Latinische sprach also verdolmetscht werden / Scriptura veniet capiti / unnd zu teütsch […] die geschrifft […] wirt kommen […] dem haupt / als wöllen sy sagen. Wz die Göttin des glücks yedem von geburt här angericht hat / dem selben würt er nit entrinnen mögen / ob er gleich in einem ungewinlichen Schloß verborgen läg.« Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 185f. Möringius, Unüberwintlicher Christen Schutz, wie Anm. 64, S. 46r behauptet, beim Türken sei alles auf das Militärwesen gegründet; die schulische Bildung etc. werde demgegenüber vernachlässigt. 192 Das »viel viehisch und unmenschliche Joch ewiger dienstparkeit«, das den von Türken eroberten Städten und Landschaften auferlegt sei, wird etwa in der kaiserlich-habsburgischen Propaganda zur Mobilisierung für den Türkenzug verwendet, vgl. Römischer Kayserlicher Majestat Mandat den friedlichen Anstand des Glaubens und Religion halben / ausgangen Im 1532. Ein erbar Christlich vermanung von keyserlicher Maiestat den zug widder den Türcken betreffend, Erfurt, Melchior Sacher d. Ä. [1532]; VD 16 D 1029, vgl. D 1142; Ex. MF 319 Nr. 638 [Regensburg 16.7.1532], iiiir; vgl. zum Kontext: DRTA J. R. Bd. 10,1, S. 394f.; 10,1, S. 396; 10,2, S. 593. Der in der Türkei lebende Handwerker aus Ulm (s. Anm. 150) klagt darüber, nicht an der deutschen Freiheit teilzuhaben, sondern unter

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dem türkischen Joch zu leben, Auszug, wie Anm. 150, A 3v; ähnlich: Dolium Dirgensis, wie Anm. 115, A 4v; Johannes Brenz illustriert die Verzweiflung, in die Menschen angesichts drohender türkischer Gefangenschaft geraten konnten, am Beispiel folgender Episode: »[…] Denn ich mag es nicht erzelen / welch schand das Teuffelisch volck [sc. die Türken] treibet mit allerley unzucht. Zu Rodis [=Rhodos] ist ein ehrliche fraw gewesen / die hat zween iunger Sön gehabt / da sie nun gesehen hat / das die Türcken die stad erobern würden / hat sie die zween knaben selbs erstochen / damit sie nicht unter die Türcken kemen / Darnach hat sie sich auff die mauren gemacht / und redlich gestritten / so lange bis sie auch umbkomen ist. Nu sage ich nicht / das diese mutter recht gethan habe / Aber ein ider bedencke / welch ein ursach sein mus / das mutter ein solch schreckliche that an jrem blut und fleisch fürnimpt […].« Türken Büchlein. Wie sich Prediger und leien halten sollen / so der Türck das Deudsche land uberfallen wurde, Wittenberg, G. Rhaw, 1537; VD 16 B 7988; Ex. MF 85 Nr. 198, B 1r; Göllner, Turcica I, Nr. 591f., S. 284; s. Abb. 13. Die Schrift war zuerst 1531 in zwei Ausgaben erschienen (Göllner, a. a. O., Nr. 410f., S. 209); 1537 erschien sie drei weitere Male (a. a. O., Nr. 590–592, S. 284f.), dann 1542 (a. a. O., Nr. 721, S. 339), zuletzt 1595 (Turcica II, Nr. 2021, S. 527; VD 16 7679). Die Publikationsumstände der Erstausgabe erhellen aus einem Brief Melanchthons an Brenz (28.7.1531, MBW Bd. 2, Nr. 1169; MSA 8, Nr. 247): Demnach hatte ein verarmter Priester den Druck in Wittenberg herausgeben wollen; Melanchthon hat daraufhin mehr als die Hälfte des Textes geändert; vgl. Siegfried Raeder, Johannes Brenz und die Islamfrage, in: BWKG 100, 2000, S. 345–367, hier: 358; zu Brenz’ einschlägigen Texten seit 1526 vgl. a. a. O., S. 349ff.; Bohnstedt, The Infidel Scourge, wie Anm. 399, S. 46–50 (englische Übersetzung der Brenz-Schrift); vgl. zu Melanchthons Verhältnis zu Brenz: Christian Peters, Melanchthon und Brenz, in: Johanna Loehr (Hg.), Dona Melanchthoniana, Stuttgart – Bad Cannstatt 2001, S. 277–311. Ab 1532 waren 22 Predigten zur Türkenfrage, die Brenz 1530 abgefaßt hatte, mit einer Vorrede Luthers in Wittenberg erschienen, vgl. WA 30 III, S. 533–537; Göllner, Turcica I, Nr. 426f., S. 217; Nr. 493, S. 245; Nr. 619, S. 296 . Das Leiden der armen Christen unter dem türkischen Joch, ein wichtiges Motiv auch in der Volkslieddichtung (vgl. etwa: Rochus von Liliencron, Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, Leipzig 1867, ND Hildesheim 1966, Nr. 277,4 [S. 101]; Nr. 306, 170ff. [Maximilian als Retter der Christenheit und Befreier Jerusalems], [S. 215]; Nr. 364 [S. 413f.]; Nr. 408 [S. 578–580]; derzeit in deutschen Bibliotheken nicht greifbar: vgl. Rudolf Wolkan, Zu den Türkenliedern des XVI. Jahrhunderts. Festschrift zum VIII. allgemeinen Neuphilologentag in Wien 1898, S. 65–77; vgl. aber: Senol Özyurt, Die Türkenlieder und das Türkenbild in der deutschen Volksüberlieferung vom 16. bis zum 20. Jahrhundert [Motive 4], München 1972, S. 120ff. [zu den Inhalten der geistlichen Türkenlieder]; Bertrard Michael Buchmann, Türkenlieder zu den Türkenkriegen, Wien 1983 [zu Spätmittelalter und Reformationszeit bes. S. 16ff.]; vgl. auch: Walter Friedensburg, Der Türkeneinbruch von 1529 und die Entstehung des Lutherliedes: Ein feste Burg ist unser Gott, in: Luther 19, 1937, S. 4–15; diese Datierung wird in der neueren Forschung allerdings zumeist bestritten; auch wenn der älteste erhaltene Druck von 1529 stammt [WA 35, S. 125ff.] ist die Ansetzung auf »Herbst 1527« [so Patrice Veit, Das Kirchenlied in der Reformation Luthers [VIEG 120], Stuttgart 1986, S. 42; dort Anm. 33 weitere Literatur] üblich), scheint im Laufe des 16. Jahrhunderts in den Begründungen der Türken- bzw. Kreuzzugsappelle immer deutlicher an die Stelle der Befreiung Jerusalems getreten zu sein, vgl. auch Göllner, Turcica III, S. 332. Das Motiv der Befreiung der unter türkischem Joch leidenden Christen spielt auch bei Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 222, eine Rolle. Vgl. auch Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 37r: Nach der Aufzählung diverser Grausamkeiten, die der Türke »an der armen Christenheit« begangen habe, stellt der Jenaer Professor fest: »Dieses

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alles / wie schrecklich es bey uns zu hören / noch ist es dem Türcken nichts / denn ein lauter Frewdenspiel und Kurtzweil: Ja das noch mehr ist / in diesem allem vermeinet er / begehe er einen grossen Gottesdienst. Denn sein Abgott Mahometh der heisset in dieses […].« 193 Vgl. etwa die Zerstörung aller christlichen Symbole und Kulturgüter auf Rhodos, erwähnt z. B. bei Franck, Chronica, wie Anm. 54, S. 266v; Entweihung bzw. Zerstörung von Kirchen, Entfernung von Bildern, Orgeln und Glocken etc. erwähnt bei Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 3r; zum Umgang der osmanischen Herrschaftsträger mit Kirchengebäuden auf dem Balkan vgl. Rossitsa Gradeva, Ottoman Policy towards Church Buildings, in: Études balkaniques 4, 1994, S. 14–36; zum Verbot christlichen Gottesdienstes, Auszug, wie Anm. 150, C 1r; Foglieta, De causis magnitudinis imperii Turcici, wie Anm. 91, B 2v–B 3r; Reminiszenz an das Wüten 1453 in Konstantinopel unter Desakralisierung besonders der Hagia Sophia, etwa bei: Leonardus Chiensis, Historia, wie Anm. 17, f 2v–f 3r; die Greuel von 1453 sind auch für die Lutheraner des späteren 16. Jahrhunderts ein klassischer Erinnerungsgegenstand, s. einige Beispiele in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 183ff., sowie – besonders ausführlich und hinsichtlich der Schrecken detailreich: Martin Crusius, Turcograeciae Libri Octo, Basel, Henricpetrus, 1584; VD 16 C 6153; Ex. SUB Göttingen 4 H Graec 2126(1), S. 10ff.; Exhumierung christlicher Leichen: »Man schreibt auch / das etlich derselben Türcken / solche grosse Christenfeind gewesen / als sie gesehen / das daß volck alles geflohen gewesen / zu spot der Christen / etliche tode Cörper außgegraben / und verbrent haben sollen.« Auszug etlicher Zeitungen, wie Anm. 127, A 3r; weiteres bei Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 4r/v; Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )( 2r; von Moffan, Ein Grausame that, wie Anm. 17, C 4v: der auf Suleimans Betreiben ermordete Sohn Mustafa sei von den Türken geschätzt, ja geliebt worden, weil er »des kriegs erfaren / unn der Christen blut zu vergiessen sehr begierig ist gewesen.« 194 Die Anwendung des von dem Politologen Samuel P. Huntington entwickelten Interpretationskonzepts eines sich gegenwärtig abzeichnenden »Clash of Civilizations« (s. bes.: Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 20. Jahrhundert, München 101998, bes. S. 168ff. zur Resurgenz des Islams und 334ff. zum Kampf zwischen Islam und dem Westen) dürfte auf die christlich-islamischen Konflikte nach 1453 möglicherweise insofern berechigter sein als auf die Spätmoderne, als erstens diese Gegensätze von den Zeitgenossen primär religiös gedeutet und als unausweichlich wahrgenommen wurden, zweitens im Unterschied zur Moderne nur relativ eingeschränkte kulturelle Austauschprozesse zwischen ›christlicher‹ und ›islamischer‹ Welt statthatten, drittens die Rhetorik der Feindschaft hinsichtlich ihrer Schärfe zumeist über die der binnenchristlichen Konflikte – jedenfalls vor 1618 – hinausging und viertens die kulturellen Prägekräfte der Religionen – jedenfalls im Bereich des ›Abendlandes‹ – unter vormodernen Bedingungen intensiver gewesen sein dürften als in der Neuzeit. Zur HuntingtonDebatte vgl. Werner Krawietz – Gert Riechers – Klaus Veddeler (Hg.), Konvergenz oder Konfrontation? Transformationen kultureller Identität in den Rechtssystemen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert [Rechtstheorie 29, Sonderheft], Berlin 1998, darin besonders der die These von der Kontingenz der Religion, d. h. der Möglichkeit selektiver Aktivierung religiöser Traditionsbestände entwickelnde Beitrag von Sabine Schmidtke, Konflikt durch Religion? Zur Korrelation von politischen und religiösen Bedingungen in der Ausbildung und Bewältigung internationaler Konflikte, S. 357–384; zur Kritik am essentialistischen Kulturkonzept Huntingtons vgl. Martin Riesebrodt, Die Rückkehr der Religionen. Fundamentalismus und der »Kampf der Kulturen«, München 22001, bes. S. 35ff.; Udo M. Metzinger, Die Huntington-Debatte. Die Auseinandersetzung mit Huntingtons »Clash of Civilizations« in der Publizistik [Kölner Arbeiten zur internationalen Politik 13], Köln 2000, v. a. S. 50ff. zur islamischen Herausforderung und der Kritik an Huntingtons Islambild; Friedrich-Wilhelm Graf, Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Welt, München 32004, S. 203ff. Im Unterschied zu den hoch-

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mittelalterlichen Kreuzzügen einerseits und den religiösen und kulturellen Konflikten unter den Bedingungen der Globalisierung andererseits scheinen mir die türkisch-europäischen Auseinandersetzungen des 15. und 16. Jahrhunderts am ehesten die Züge eines Fundamentalkonflikts aufzuweisen; insofern mag man die Rede von einem »Kampf der Kulturen« für dieses Zeitalter für nicht unberechtigt halten. Zur Deutung auch der binnenchristlichen Konflikte der Frühneuzeit als ›fundamtentaler‹ vgl. Heinz Schilling (Hg.), Konfessioneller Fundamentalimus. Religion als politischer Faktor im europäischen Mächtesystem um 1600 [Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquium 70], München 2007. Vgl. nur: Cantzler, Aus was ursache, wie Anm. 187, A 3v. Nach den Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, hier bes. S. 64ff., kommt der Polemik gegen die sittlich verworfenen Christen in der Predigt des Muezzins neben der Einschärfung des gesetzlichen Ethos eine wichtige, integrationsstiftende Funktion zu. Vgl. das Mylius-Zitat oben Anm. 192. »Nulla umquam cum hoste isto [sc. dem Türken] esse vobis vera pax & concordia potest: nec bello, nec pace tuti eritis ab ejus insidiis. Etsi enim non semper infert vobis bellum, semper tamen occasiones quaerit vos opprimendi. Negligit omnem animi culturam, a Musis & Gratiis alienissimus: ut nullam vivendi causam iis relinquat, qui ingenio, quam ventre malunt vivere.« Dolium Dirgensis, wie Anm. 115, B 2v –B 3r. Ausgesprochen selten begegnet eine Interpretation türkischer Aggressivität im Sinne einer Interaktionslogik von Gewalt und Gegengewalt; in den Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 56f. klingt sie an: Ali habe den Befehl gegeben, die Giauren [verstümmelte Ketzer, also Christen, s. a. a. O., S. 178 Anm. 9] zu quälen, damit die Muslime nicht von den Christen gequält würden. Vgl. aus der Fülle der Türkengebete nur: Johann Habermann (vgl. über ihn nur: DBETh 1, 2005, S. 68f.; Johannes Wallmann, Art. Habermann, Johann, in: RGG4, Bd. 3, 2000, Sp. 1364; Traugott Koch, Johann Habermanns »Betbüchlein« im Zusammenhang seiner Theologie [BHTh 117], Tübingen 2001, bes. S. 221ff. ), Gebet wider den Türken (abgedruckt in: Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, hier: F 2vff.), etwa die Zeilen: »Warumb gibstu den heyden zu / | Das sie trotz dürffen sprechen / | In hohn und spot / wo ist ihr Gott / | Wir wolln uns an ihm rechen.|« (F 3r). Vgl. auch die Bitte um Gottes Beistand mit der Prädizierung des Türken als »lestermaul«, »mörder / schender / und verwüster […] deines worts / Ehestands / aller kunst / zucht / unnd gottseligkeit«, in: [Caspar Franck], Ein Gebet der Christlichen Kirchen inn Sanct Joachims Thal / inn dem jetzigen Türckenzug …, Nürnberg, Ulrich Neuber, 1566 [Vf. ist Caspar Franck, Pastor in Joachimsthal]; VD 16 F 2021; Ex. MF 542 Nr. 1019, hier: B 1v. Vgl. etwa Höfert, Feind, wie Anm. 3, bes. S. 18ff.; 274ff.; gegen Göllner (bes. Turcica III, S. 229ff.), der die als »vorurteilsfrei« (229) eingeschätzte Tendenz dieser historischbeschreibenden Literatur betont hat, insistiert Höfert überzeugend auf einem inneren Zusammenhang zwischen Deskription und (auch militärischem) Selbstbehauptungswillen gegenüber dem Türken. Der Begriff der ›Ethnographie‹ zur Bezeichnung ›fremder‹ religionskultureller Praktiken aus der ›Außenperspektive‹ beginnt sich auch in bezug auf entsprechende jüdische Texte zu etablieren, vgl. etwa: Hsia, Ronnie Po-Chia: Christian Ethnographies of Jews in Early Modern Germany, in: R. B. Waddington – A. H. Williamson (Hg.), The Expulsion of the Jews 1492 and After, New York, London 1994, S. 223–235; Yaacov Deutsch, Polemical Ethnographies: Discriptions of Yom Kippur in the writings of Christian Hebraists und Jewish converts to Christianity in Early Modern Europe, in: Allison Coudert – Jeffrey Shoulson (Hg.), Hebraica Veritas? Christian Hebraists, Jews and the Study of Judaism in Early Modern Europe, Philadelphia 2004, S. 202–233; Maria Diemling, »Christliche Ethnographien« über Juden und Judentum in der Frühen Neuzeit: Die Konvertiten Victor von Carben und Anthonius Margaritha und ihre Darstellung jüdischen Lebens und jüdischer Religion,

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Anmerkungen zu S. 33–34

Diss. Wien 1999 (Druck in Vorbereitung); dies., Anthonius Margaritha on the »Whole Jewish Faith:« A Sixteenth-Century Convert from Judaism and his Depiction of the Jewish Religion, in: Bell – Burnett (Hg.), Jews, wie Anm. 299, S. 303–333. Angesichts der m. E. evidenten textstrategischen und wahrnehmungstheoretischen Analogien zwischen christlichen Beschreibungen der jüdischen und der türkischen Religion einerseits, der innerchristlichen Konfessionen aus der Perspektive von Konvertiten andererseits (vgl. exemplarisch in bezug auf Konvertiten aus dem Jesuitenorden: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 268–284), erscheint mir die Bezeichnung dieser ›religionskundlichen Expertenliteratur‹ als »ethnographisch« keineswegs zwingend oder auch nur angemessen zu sein. Ein Grundmerkmal all der genannten Schriften ist jedenfalls darin zu sehen, daß hier Personen aufgrund eigener – sei es ›wirklicher‹, sei es ›konstruierter‹ – Erfahrung und Anschauung berichten und darin das von der ›Öffentlichkeit‹ gemeinhin anerkannte ›Surplus‹ ihrer gegenüber anderen Darstellungen zur Sache, die auf bloßem ›Buchwissen‹ basierten, gesehen wurde. Durch den Begriff der »Ethnographie« wird die »ethnische« Differenzmarkierung als vorrangiger Gesichtspunkt dieser Literatur behauptet, was aber für die mir bekannten Quellen zu ›Judentum‹ und »türkischer Religion« zumeist nicht zutrifft. Denn entscheidend war doch, daß eine als »abnorm«, »monströs« und bedrohlich wahrgenommene fremde Religion aus der Sicht christlicher Autoren beschrieben wurde und daß ähnliche Distanzierungs- und Bewertungsstrategien wie gegenüber den ›fremdreligiösen‹ gegenüber den ›fremdkonfessionellen‹ Phänomenen praktiziert wurden. Insofern sind diese ›religionskundlichen‹ oder ›religionsgeschichtlichen‹ Expertenschriften Teil der Kirchen- und Christentumsgeschichte Europas. 200 Vgl. Thomas Kaufmann, Religions- und konfessionskulturelle Konflikte in der Nachbarschaft. Einige Beobachtungen zum 16. und 17. Jahrhundert, in: Georg Pfleiderer – Ekkehard W. Stegemann (Hg.), Religion und Respekt. Beiträge zu einem spannungsreichen Verhältnis [Christentum und Kultur 5], Zürich 2006, S. 139–172. 201 Eckhart zum Drübel, Ein demütig ermanung an ein gantze gemeine Christenheit [1522], ed. in: Gustave Koch, Eckhart zum Drübel, témoin de la Réforme en Alsace [Travaux de la Faculté de Théologie Protestante de Strasbourg 1], Straßburg 1989, S. 22,15–21; bei einer der Reisen könnte es sich um einen Kriegszug Maximilians I. gegen Ungarn (Herbst 1505 / Juni 1506) gehandelt haben, s. a. a. O., S. 27, Anm.; zu Drübel im Kontext reformatorischer Erfahrungsmuster s. Thomas Kaufmann, ›Erfahrungsmuster‹ in der frühen Reformation, in: Paul Münch (Hg.), »Erfahrung« als Kategorie der Frühneuzeitgeschichte [HZ Beih. 31], München 2001, S. 281–306, hier: 285ff. [Lit.]. 202 Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 300. Die Druckgeschichte des Tractatus beginnt [1481, Rom]; es folgen zwei weitere Drucke im 15. Jahrhundert [Urach, 1481/2; Köln, ca. 1488/90], vgl. Klockow, a. a. O., S. 61f. Vor der Reformation erschien ein [Kölner] Druck [um 1508/9] und drei Pariser Drucke: 1509, 1511, 1514 (a. a. O., S. 62–66). Die reformationszeitliche Verbreitung setzt mit Luthers Wittenberger Ausgabe von 1530 (Hans Lufft) ein (WA 30 II, S. 198ff.; Klockow, a. a. O., S. 67f.; VD 16 G 1379; Göllner, Turcica I, Nr. 362, S. 187f.; Benzing – Claus 2764; vgl. auch: Dejung, Kommentar zu Franck Bd. 1, wie Anm. 87, S. 337). Im selben Jahr erscheint die Schrift in Nürnberg, bei Friedrich Peypus (Klockow, a. a. O., S. 67f.; Göllner, Turcica I, Nr. 363, S. 188; Benzing – Claus 2765), 1543 und 1550 folgen [Basler] Drucke bei [Johannes Oporinus] (Klockow, a. a. O., S. 68f.; s. Franck, Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 481ff.). In vollständigen lateinischen Textausgaben ist der Tractatus also elf Mal erschienen. Die deutschen Ausgaben in der Übersetzung S. Francks (s. Capesius, Francks Verdeutschung, wie Anm. 87; Dejung, a. a. O.; Franck, Werke Bd. 1, a. a. O.) setzen 1530 (Nürnberg, Peypus) ein, Dejung, a. a. O., S. 335ff.; das Werk war unmittelbar nach der Belagerung Wiens der Bestseller zur Türkenfrage: Insgesamt sind 1530/1 drei lateinische und neun Ausgaben der deutschen Version publiziert worden (Göllner, Turcica I, Nr. 363–369,

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S. 188–191; Nr. 412, S. 210; VD 16 lat.: G 1377: Nürnberg, Peypus, 1530; G 1378: Nürnberg, Peypus [mit Vorrede Luthers], 1530; G 1379: Wittenberg, H. Lufft, 1530; dt.: G 1385f.: Straßburg, Egenolph, 1530; s. Abb. 14; VD 16 G 1387: Zwickau, Meyerpeck, 1530; sowie die fünf Augsburger Ausgaben H. Steiners [Übers. von S. Franck] von 1530: G 1380G 1384, sowie 1531: G 1388). In einigen lateinischen oder deutschen Sammeldrucken zur Türkenfrage sind überdies einzelne Kapitel des Tractatus abgedruckt worden, z. B. bei Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69. Im Spiegel der Druckgeschichte war der Einfluß des Tractatus demnach unmittelbar nach der Belagerung Wiens am größten. Geht man davon aus, daß Publikationsquoten zwar keinen unmittelbaren Rückschluß auf die Wirkung der gedruckten Inhalte (vgl. Andrew Pettegree – Matthew Hall, The Reformation and the Book: A Concideration, in: The Historical Journal 47,4, 2004, S. 785–808), wohl aber auf aktuelle Interessenslagen und Themen, die auf ›Nachfrage‹ stießen, erlauben, dann ist evident, daß die Beschäftigung mit Religion, Sitten und Gebräuchen der Türken stärker wurde, als die unmittelbare Bedrohung zunächst vorüber war. Die epistemologische Bemächtigung folgte also dem militärischen Erfolg und setzte diesen im Modus der ›Erkenntnis des Feindes‹ fort. Zit. nach der Übersetzung von Klockow, wie Anm. 9, S. 301. A. a. O., S. 274ff. Ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 302f. A. a. O., S. 302. Freilich dramatisiert der Siebenbürgener seine eigene Erfahrung in einer Weise, die vor einer imitatio explizit warnt: »Man möge meiner Erfahrung glauben [mihi creditur experto]: ich bin wahrhaftig so viele Tode gestorben, wie ich Tage unter dem Türken gelebt habe. […] Wie kann […] ein Christenmensch in den Fängen des Türken überleben, zwischen denen doch eine übernatürliche, geistliche Feindschaft besteht? Ich rate jedem Christen, diesem Übel so weit wie möglich auszuweichen.« A. a. O., S. 176f. Gleichwohl ist seine Geschichte der exemplarische Beweis, daß ein solches Überleben möglich ist und insofern zugleich ein Erweis der Überlegenheit des christlichen Glaubens! Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chonica, wie Anm. 17, S. 176. »Es darff auch iro keiner [sc. der »pfaffen«, die Talismanlar genannt würden] vast gelert sein / ist eben gnug das sy den Elcoran unnd Mussaph [= Mushaf, Bezeichnung des vollständigen Korantextes als physisches Objekt, vgl. The Encyclopedia of Islam, New Edition Bd. VII, Leiden 1993, S. 668] […] lesen können: die sind überauß gelert / die es nach dem text können verdolmetschen / dann dieser Elcoran unnd Mussaph ist nit in Türckischer gemeyner sprach beschryben / sonder in Arabischer zungen von Mahummeth gegeben. […] Das gemeyn volck erwölet die pfaffen / der künig versöldet sy / sy haben weyber / unnd wie die leyen gondt sy kleidet. […] Sy halten schul oder schryben bücher ab. Ich [Georgijević] hab zwar kein Truckerey bey inen gesehen / doch machen sy gar gut papyr. Ettlich aber triben sonst handwercker / wie schneider / schumacher unnd der gleichen.« A. a. O., S. 176f. Im Unterschied zum hoch- und spätmittelalterlichen Bild des Islams, in dem die Bedrohung durch die Macht der Magie, über die vornehmlich die Gelehrten verfügten, eine wichtige Rolle gespielt zu haben scheint (vgl. etwa: Cardini, Europa, wie Anm. 5, S. 136ff.; Daniel, Islam, wie Anm. 69, S. 263; zu Mohammed als Magier bes. 30f.; 47; 98; 102; 108), kommt diesem Element in der Türkenliteratur des 15. und 16. Jahrhunderts, wie es scheint, nur eine geringe Bedeutung zu. Letzteres hängt wohl vor allem damit zusammen, daß man aus christlicher Sicht bei den Osmanen wenig ›Gelehrtentum‹ wahrzunehmen vermochte, da die kriegerischen Züge überwogen. Bei Georgijević begegnet allerdings ein Hinweis auf alltagsmagische, von ›Pfaffen‹ und ›Laien‹ gleichermaßen beherrschte Praktiken von Zauberei: »Die Türcken künden auch ein sondere zauberey / mit deren sy die flüchtigen [sc. flüchtige christliche Sklaven] von der flucht abstellen. Sy hencken ein zedelin auff in der kammer oder wonung des knechts /

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Anmerkungen zu S. 35–36 dorinnen stat des flüchtigen namm geschryben. Dornach so haben sy einn segen / do sy mitt grausamen flüchen unnd vermaledeyungen den knecht verzauberen / das er ein teüfflisch gespenst vor im sicht / unnd vermeint ymmer / ime begegnen lewen / drachen / die ine fressen wöllen / oder das grosse wasser und weyttes mhör gegen ihm anlauffe / oder wie das überal einn finsternuß umm in sey. Derwegen er vor schrecken wider zu seinem herren kompt.« Georgijević, Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 216. Die Schilderung setzt die Wirksamkeit dieser Praktiken oder den Glauben an sie voraus. Instruktiv: Michael Borgolte, Die mittelalterliche Kirche [EdG 17], München 1992, S. 33ff. Vgl. etwa Herbert Grundmann, litteratus – illiteratus. Der Wandel einer Bildungsnorm vom Altertum zum Mittelalter, in: AKultG 40, 1958, S. 1–65, bes. 55ff.; zur Entwicklung laikaler geistlicher Bildung seit dem 12./13. Jahrhundert vgl. nur: Martin Kintzinger, Wissen wird Macht. Bildung im Mittelalter, Ostfildern 2003, S. 102ff.; passim. »Lugen verstoret […] geistlichen stand [sc. beim Türken], Mord verstoret weltlichen stand, Unehe verstoret ehestand. Nym nu aus der welt weg veram Religionem, veram Politiam, veram oeconomiam (Das ist recht geistlich wesen, recht weltlich Oberkeit, recht haus zucht): Was bleibt uber ynn der welt denn eitel fleisch, welt und Teuffel […].« WA 30 II, S. 127,13–17; vgl. a. a. O., 122,13ff.; 123,19ff.; 126,21ff.; s. unten Anm. 506ff.; zur Rolle der Drei-Stände-Lehre, aus der auch der Papst als ›Monstrosität‹ herausfällt, vgl. zuletzt: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 29ff.; zur Rolle der Drei-Stände-Lehre insbes. bei Luther vgl. Luise Schorn-Schütte, Die Drei-Stände-Lehre im reformatorischen Umbruch, in: Bernd Moeller (Hg.), Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch [SVRG 199], Gütersloh 1998, S. 435–461; zuletzt: Dies., Beanspruchte Freiheit: die politica christiana, in: Georg Schmidt – Martin van Gelderen – Christopher Snigula (Hg.), Kollektive Freiheitsvorstellungen im frühneuzeitlichen Europa (1400– 1850), Frankfurt/ M. 2006, S. 329–352. Hans Dernschwam’s Tagebuch einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien (1553/55), hg. von Franz Babinger [Studien zur Fugger-Geschichte 7], München / Leipzig 1923, S. 50; zu Dernschwams (1494–1568) Biographie s. a. a. O., S. XIII–XXV; vgl. Wolfgang E. Reddig, Reise zum Erzfeind der Christenheit. Der Humanist Hans Dernschwam in der Türkei (1553–1555) [Weltbild und Kulturbegegnung 1], Pfafferweiler 1990. Ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 264–267; die nach Francks Ausgaben (ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 52 [= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 282f.; Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 470f.]) des Septemcastrensis gebotene Schilderung von Tänzen im Zusammenhang mit Festen scheint sich – gegen Göllner, Turcica III, S. 304 – nicht auf das sog. Zuckerfest zu beziehen. Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 174; zum vorigen: 173. A. a. O., S. 174; vgl. auch – von Georgijević abhängig – Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 1v. Vives polemisiert gegen die Begründung einer Beschneidung Vierzehnjähriger. Der moslemische Kolloquent stellt fest: »Nos circumcidimus anno decimoquarto, quum ea aetate circumcisus est pater noster Ismaël. CH[ristianus:] Quam stulte hoc, ut caetera. Lex de octavo die sancita est: Ismaël autem non potuit circumcidi octavo die, quoniam quatuordecim erat annum, quum praeceptum a Deo datum est patri eius Abraę. Si fuisset octo dierum, tunc esset circumcisus.« De veritate fidei christianae, wie Anm. 257, S. 289. Georgijević, a. a. O., S. 170 und 174. A. a. O., S. 174. »Laßt sich aber yenders ein Christ von im selbs freywilligklich beschneyden / unnd ergibt sich in die Religion Mehemmets […] so fürt man ine in der stat durch alle gassen / mit grossen ehren / und freüden des volcks / welches die trommen schlech / man gibt im etlich schenckungen / unn würdt hernach des Tributs ledig / das sy Charats [gemeint

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wohl: Kharadi, s. The Enzyclopedia of Islam, New Edition, Bd. IV, Leiden 1978, S. 1030– 1056], heyssen.« A. a. O., S. 176. Ganz auf die politisch-repräsentativen Dimensionen des Beschneidungsfestes des 15jährigen türkischen Prinzen Mohammed, das mit einer gigantischen öffentlichen Speisung des Volkes (5000 Hammel, 7000 Schüsseln Reis wurden verarbeitet!), aufwendigen Zirkusvorstellungen und einem Aufmarsch des diplomatischen Corps – unter Einschluß von Rivalitäten zwischen dem kaiserlichen und dem französischen Gesandten –, das wertvolle Geschenke überbrachte, verbunden war, ist in die Darstellung in: Türckische Beschneidung, wie Anm. 177, ausgerichtet. Georgijević, a. a. O., S. 175. Ebd.; die seltene (vgl. Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 305) Bezeichnung »Muselman« begegnet außer bei Georgijević z. B. bei Geuffroy, Aulae Turcicae, wie Anm. 17, S. 40: »[…] Turcae se Musulmans, vel Musselmani, id est salvatos […] nominant.« Ausführlich: Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 251; von dieser Schilderung abhängig: WA 30 II, S. 187,18ff.; 190,1ff. Georgijević notiert im Gegensatz zu Septemcastrensis (ebd.), der den Schleier für Frauen aller sozialer Schichten voraussetzt: »Der reychen leüten weyber gond auff der gassen mit bedecktem angesicht / lassen sich kein frembden mann sehen / gond nit zu marckt.« Georgijević, Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 194; zum Schleier vgl. nur: Wiebke Walther, Die Frau im Islam, Stuttgart u. a. 31997, S. 40–42; 178ff.; Reza Aslan, Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Mohammed bis zur Gegenwart, München 22006, S. 85ff. »In der Hauptkirche (ecclesia maiori) haben die Frauen einen weit von den Männern entfernten besonderen Bereich, der so abgetrennt ist, daß niemand hineinschauen oder etwa hineinkommen kann. Und diesen Bereich dürfen nicht alle Frauen betreten, sondern nur die Ehefrauen der großen Herren, und auch das nur am Freitag und einzig zur Zeit des Mittagsgebets, das bei ihnen besonders feierlich (solempnis) begangen wird.« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 250f. Luther rekapituliert den Bericht des Siebenbürgeners in wertender Tendenz: »Zum andern wirstu auch finden, das sie ynn yhren kirchen offt zum gebet zu samen komen und mit solcher zucht, stille und schönen eusserlichen Geberden beten, das bey uns ynn kirchen solche zucht und stille auch nirgent zu finden ist. Denn da sind die weiber an sonderlichem ort und so verhüllet, das man keine kan ansehen, das auch unsere gefangen brüder ynn der Türckey klagen uber unser volck, das nicht auch ynn unsern kirchen so still, ordenlich und geistlich sich zieret und stellet.« WA 30 II, S. 187,18–24. Georgijević erwähnt die Geschlechtertrennung im Gottesdienst (Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 171) und betont, daß die Frauen nur selten »zu kirchen« gehen, »etwo zu Ostern [d. i. am Bairamfest] / etwo an den frytagen«, ebd. Münster betont, daß die abgesondert betenden Frauen »also jämerlich« schrieen und sich so »klaglich« »stellen«, »daß sie etwan in ein onmacht fallen«, Sebastian Münster, Cosmographey, Das ist: Beschreibung der gantzen Welt …, Basel, Sebastian Henricpetri, 1588; ND Grünwald bei München 1977, S. 1466. WA 30 II, S. 190,11–14. Vgl. nur: WA 30 II, S. 126,21ff.; 127,9: »Unehe«. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 261–263 [Übersetzung Klockows]; vgl. WA 30 II, S. 187,18ff.; positive Bewertungen der disziplinatorischen Durchsetzung des obligatorischen Gottesdienstbesuches [Kirchenzucht] finden sich gelegentlich, vgl. – mit Einschränkungen –: Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 59; Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, D 7r. In eigentümlichem Kontrast zu seiner oben zitierten positiven Würdigung des Gebetsverhaltens steht Georgius’ Bekenntnis, sich zu ekeln und zu schämen (»Pudet enim et tedet mihi […]«, a. a. O., S. 270), Weiteres über den muslimischen Kult zu berichten. Etwa bei Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, C 2r/v; Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 58ff.; ohne besondere Wertung: Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, C 2r; für

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Anmerkungen zu S. 36–37 Ricoldus sind die koranischen Bestimmungen über die Waschungen vor dem Gebet »irrationabilis« (ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 88; Luther verstärkt noch: »nerisch und lecherlich«, vgl. WA 53, S. 320,17f.). Georgijević gibt folgende Schilderung: »By dem Tempel ist ein überauß hoher thurn / uff den selbigen gath ein pfaff umb bethzyt / steckt die finger in die oren / was er erschryen mag / schreyt er drey mal nachgeschrybne wort / Allah hechber / das ist / Ein warer Gott allein. Als dann was müssiggenger unn Edler sind / die ein andacht ankumpt die selbigen ziechen der kirchen zu / so kompt der erst gemeldt pfaff vom thurn abher / und bettet auch mit inen. Dises muß ein pfaff tags und nachts fünff mal thun. Wer aber an das gebett gath / der muß zu vor hend / füß unnd die scham wäschen / zu letzst sprengt er auch sein haupt drey mal mit wasser / sagende: Eher unnd preyß sey meynem Gott.« Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 171. Die Erwähnung von Gebeten der türkischen Sultane steht zumeist im Zusammenhang militärischer Mobilisierungsaktionen, vgl. etwa das Gebet mit Waffensegnung in der Hauptmoschee in Konstantinopel, in: Copey, wie Anm. 52, A 2v. Im Zusammenhang des Ägyptenfeldzugs Selims I. besuchte der Sultan das Katherinenkloster auf dem Sinai. Er ließ das Grab öffnen und fand den Leichnam der Heiligen völlig unversehrt »als war er [sc. der Leichnam] erst vor einer stundt gestorben. Da thet der Türck nach seiner gewonheit sein gebet zu Got.« Franck, Chronica, wie Anm. 54, S. 280r. Möglicherweise erklärt sich das Verhalten Selims I. auch daher, daß die Mönche des Katharinenklosters einen Schutzbrief vorweisen konnten, den der Prophet Mohammed persönlich unterschrieben haben soll, vgl. Erhard Gorys, Lexikon der Heiligen, München 1997, S. 166; Art. Katharina von Alexandrien, in: RGG4, Bd. 4, 2001, Sp. 877f.; in der Legendenüberlieferung (vgl. A. P. Orbán [Hg.], Vitae Sanctae Katharinae [CChr. CM 109–109A], Turnhout 1992; vgl. auch: Richard Benz, Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine, Darmstadt 111993, S. 917–927) hat sich dies nicht niedergeschlagen. Münster, Cosmographey, wie Anm. 223, S. 1466. Dernschwam’s Tagebuch, wie Anm. 213, S. 51. Georgijević, Türckey, wie Anm. 17, S. 170f.; vgl. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 60; direkt von Georgijević abhängig dürfte die Darstellung bei Münster (Cosmographey, wie Anm. 223, S. 1466) sein: »Es seind der Türcken Tempel köstlich gebawen / haben kein Bild darin / sonder man findt hin und wider mit Arabischen Buchstaben geschrieben: Es ist kein Gott dann einer / Mahomet aber sein Prophet. Es ist kein starcker wie Gott. Sonst findt man ein grossen hauffen angezündter Ampeln. Die Kirch ist durchauß geweissigt / der Boden mit Hurden und Matzen bedeckt / oben auff mit Tepppichen geziert.« Vgl. Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 230f.; Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, B 2v. Exemplarisch etwa Dernschwams Beschreibung der Hagia Sophia in Konstantinopel: »Die wende herumb seind alle von schonen polirtten marmelstain. Im gewelbe oben auff sieht man vergult gemele und krencze noch stehen. Aber, das irntz ein crucifix mag gewesen sein, ist alles verstrichen, die altar weg getan. Ir machometisch hundtz zaichen stet vornen im chor […].« Dernschwam’s Tagebuch, wie Anm. 203, S. 51. Georgius von Ungarn, der den Bauluxus der Christen scharf geißelt (Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 231), berichtet von seinem Versuch, Türken auf Chios beim Besuch einer Kirche vom Wert der Bilder in einem Sakralraum zu überzeugen. Die Türken wiesen seine Argumente gleichwohl zurück und insistierten darauf, daß die Christen Götzenanbeter seien (a. a. O., S. 232f.). Auch der Verzicht auf Glocken wird damit in Verbindung gebracht, daß die Türken auf jedes Zeichen von Luxus und Aberglauben (notam superfluitatis vel superstitionis, ebd.) verzichten wollten. Vgl. zuletzt: Cécile Dupeux – Peter Jezler – Jean Wirth (Hg.), Bildersturm. Wahnsinn oder Gottes Wille? Ausstellungskatalog Bernisches Historisches Museum, Musée d’Oeuvre Notre-Dame Strasbourg, Zürich 2000; Peter Blickle u. a. (Hg.), Macht und

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Ohnmacht der Bilder. Reformatorischer Bildersturm im Kontext der europäischen Geschichte [HZ Beih. 33], München 2002; Gudrun Litz, Die reformatorische Bilderfrage in den schwäbischen Reichsstädten [SuR N. R. 35], Tübingen 2007. Nach: Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 230 (Kasus geändert, Th. K.). Einige Beispiele: Weinverzicht, verbunden mit dem Hinweis, daß derjenige, der im Krieg stirbt und Wein getrunken habe, der ewigen Verdammnis anheimfalle, in: Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 60; Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, C 3r/v, konfrontiert die Bescheidenheit der türkischen Soldaten mit der Üppigkeit im christlichen Kriegslager, was auf den impliziten Appell hinausläuft: Nur wenn die Christen, die an sich ein viel erleseneres Volk sind (C 4r), die luxuria aufgeben, können sie gegen den Türken gewinnen. Fasten der türkischen Truppen vor Einnahme einer Stadt als Mittel zur Förderung der Kampfmoral erwähnt Boenich, Historia, wie Anm. 36, C 2v (am Beispiel Konstantinopels); ähnlich: Türcken-Büchlein, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 152f. Ein prägnantes Summarium der sittlich positiv zu beurteilenden Elemente türkischen Lebens bietet Luther: »Zum vierden wirstu sehen bey den Türcken nach dem eusserlichen wandel ein dapffer strenge und ehrbarlich wesen: Sie trinken nicht wein, sauffen und fressen nicht so, wie wir thun, kleiden sich nicht so leichtfertiglich und frölich, bawen nicht so prechtig, brangen auch nicht so, schweren und fluchen nicht so, haben grossen trefflichen gehorsam, zucht und ehre gegen yhren Keiser und herrn, Und haben yhr regiment eusserlich gefasset und ym schwanck, wie wirs gerne haben wolten ynn Deudschen landen.« WA 30 II, S. 189,26–190,1. Verzicht auf Schweinefleisch und Wein prononciert bei Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 228f.; Verbot von Glücksspiel, a. a. O., S. 232f. Vgl. etwa: Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 60 (Reinlichkeit der Gewänder, bes. beim ›Kirchgang‹); Mann und Frau kleiden sich auf ehrbarste, ja geradezu geistliche Weise (»Honestissimum enim modo, imo religiossimum habeat in vestitu tam mares quam femine, tam maiores quam minores […].« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 222). Die eindrucksvolle Schlichtheit gilt auch in bezug auf das Zaumzeug der Pferde (ebd.), ein angesichts der virtuosen Reitkultur (a. a. O., S. 186ff.; Türckische Beschneidung, wie Anm. 177, A 4v) zentraler Aspekt; ähnliche Urteile – in Abhängigkeit vom Siebenbürgener – bei Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, B 2r. Türkische Polemik gegen christlichen Kleiderluxus zitieren zustimmend Georgius (Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 222f.: Christen seien wegen ihrer Üppigkeit und Leichtfertigkeit Ziegen und Affen!) und Georgijević: »Ir [sc. der Türken] kleydung ist auß woll / leinwand / auch an siden gnug köstlich. Ire röck heyssen sy Chautan [= Kattan, vgl. The Encyclopedia of Islam. New Edition Bd. IV, Leiden 1978, S. 774] die seind eng gefalten/ unnd stossen inen biß uff die knoden / hosen wie wir tragen / die schälten sy gar / sagen sy zeygen die scham glider zu vil offenbarlich.« Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 194. Verrichtung der Notdurft ohne Entblößung der Scham; wer im Stehen pinkelt ist als Christ oder Ketzer erwiesen! Georgius, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 236f. Sammlungen für Begräbnisse Armer erwähnt Georgijević, ed. Göllner, Chonica, wie Anm. 17, S. 182; Stiftungen von Frauen zum Zweck der Tötung von Christen, a. a. O., S. 181f.; Solidarität im Zusammenhang mit Pilgerfahrten, Georgius, ed. Klockow, wie Anm. 8, S. 232f.; 266f. [Mekka]; Pilgerspeisungen (268f.); Stiftungen unterhalten den Bau der Moscheen, Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 61; zu Spitälern, die auch Christen und Juden offenstehen, vgl. Göllner, Turcica III, S. 311. Das ›engelsgleiche‹ asketisch-exstatische Treiben insbesondere der Derwische (vgl. Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 280ff.), das Luther zu dem Urteil veranlaßte, daß die »priester odder geistlichen« bei den Türken »solch ein ernst, dapffer, strenge leben füren, das man sie möchte für Engel und nicht menschen ansehen« (WA 30 II,

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S. 187,2f.) – was vor dem Hintergrund der satanischen Verstellung in einen Engel des Lichts nach 2 Kor 11,14 [s. auch: ed. Klockow, S. 284] zu interpretieren ist! – hat, wie es scheint, regelmäßig das Interesse europäischer Beobachter gefunden, vgl. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 93f. (Geißelung; Verschluß der Geschlechtsorgane in Eisenteilen; ekstatische Tänze und Rufe, die an das Bellen von Hunden erinnern; ähnlich, stärker an Georgius und weniger an den extremen Erscheinungsformen ausgerichtet: Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, C 3r–C 4v; nüchtern und reichlich unbeeindruckt gibt sich Georgijević: »Sy haben auch an München nit mangel / die selben nennen sie Dervislar [sc. Darwish, vgl. The Encyklopedia of Islam. New Edition Vol, II, Leiden 1965, S. 164f.] / dryerley unnd underscheidliches ordens. Der erst orden / der besitzt nicht eygens / gath schier gar nackend / deckt allein die schamm mit schaaffellen […]. Sy erbettlen das Almusen so von Türcken / so von Christen […]. Der ander orden ist deren die in der durchborten mans ruten einöhrinen ring tragen / der drey pfund schwer / die keüscheit zu halten[.] Der dritt orden / das seind münch die selten auß der kirchen kommen […].« Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 178f. Von der bei Septemcastrensis, der sich zeitweilig den Derwischen angeschlossen hatte, betonten Affinität zwischen Lehren des Derwischordens und christlichen Traditionsbeständen (ed. Klockow, S. 280f. und Anm. 115) findet sich bei Georgijević nichts! Im Unterschied zu Georgius, der schließlich Dominikaner wurde und als solcher seinen Tractatus schrieb, gehört die monastische Askese bei den Türken für den ›Laien‹ Georgijević nicht zu den Attraktionsmomenten der »türkischen Religion«. Zur Präsenz der Derwische in den vom Höfert zugrundegelegten Reiseberichten s. Feind, wie Anm. 3, S. 332. 239 Daß die religiöse Praxis der Türken und die ›Lehre‹ der »türkischen Religion« völlig unabhängig von einander zur Darstellung gebracht werden, dokumentiert etwa Georgijević: »Ach güttiger Gott / wer wolt doch erzälen / was grusamer schändlicher mißprüch / so in geistlichen / so in wältlichen by den Türcken ist? Dann wie gehört / so ist ir glaub in kirchen geprängen / wäschen / reynigen / unnd außwendiger des leybs säubere / domit vermeinen sy irer seelen heyl zuerholen / weyl sy doch inwendig voller schandlicher laster befleckt seind / unnd durch anfürung ihres blinden gleytßmanns Mehemmentis / Gott den untödlichen für unnd für erzürnen. Anders unnd vil werden die Türcken gezwungen auß dem gesatz Mehemmeti zu halten uff das fleyssigst / das sich mit fleyss underlaß zu schreiben / domit ich nit den leser / weyl ich auch yedes schlecht ir narren werck beschrybe / unwillig mache.« Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 196. Eines der meistverhandelten Standardthemenfelder in der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Türkenliteratur war die Sexualität. In bezug auf die als schöpfungsordnungswidrig eingestufte Polygamie wurde in aller Regel betont, daß sie der ›Lehre‹ des Korans entsprach. Bei Luther etwa heißt es: »Und wie wol yhr gesetzen zu lesst, das einer mag zwelff ehe weiber haben und dazu Megde odder beyschlefferin wie viel er wil […].« WA 30 II, S. 190,1–3. Luther ist in diesem Punkt wieder abhängig von Septemcastrensis, vgl. ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 243, der die Vielweiberei als Mittel des Bevölkerungszuwachses und als Attraktionsmoment für Konvertiten aus dem Christentum behandelt; vgl. außerdem etwa: Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, B 4r, der allerdings auch weiß, daß ein Türke faktisch sehr viel weniger als zwölf Frauen hat. In der interkonfessionellen Polemik war der Polygamieverdacht bekanntlich beliebt; Lutheraner verglichen die »Wiedertäufer« mit den Türken (Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 21), Katholiken die Lutheraner, vgl. Georgius Ecker, Ein schöner Alcoranischer Nessel Krantz …, Freiburg / Üchtland, Abraham Gemperlin, 1591; VD 16 L 3579; Ex. MF 1231 Nr. 2059, E 2vf.; s. unten Anm. 338. In bezug auf die religionskulturelle Praxis der Polygamie war also der Zusammenhang von ›Lehre‹ und ›Leben‹ evident, zumal Mohammed als wollüstig galt (»wollust des fleisches ist sein höchstes Gut gewesen.« Enustinus, Genealogia, a. a. O., S. 8; vgl. auch: Daniel, Islam, wie Anm. 69, S. 119ff.), und auch die ›schönen Jungfrauen‹

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der ›türkischen Eschatologie‹ als Element der Lehre, die ihre fleischliche Gesinnung bewies, bekannt war, s. nur Enustinus, ebd.; Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 8v; s. unten Anm. 257. So kann also die ›Wollust‹ der Türken gemeinhin als Konsequenz ihrer ›perversen Lehre‹ gelten (s. auch: Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, B 3v; Türckische / Persische und Tartarische Zeitungen, wie Anm 156, A 2v; in bezug auf den in der Regel auch als religiöses Vorbild dargestellten Sultan wird zugleich betont, daß die Vielweiberei ›weibisch‹ mache und dem übermäßigen, politisch ruinösen Einfluß von Frauen aussetze, also der Gynaikokratie Vorschub leiste, vgl. Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, B 1r; Giovio, Turcicarum rerum commentarius, wie Anm. 36, A 6v [Vorrede Melanchthons]; Henricus Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 12f.; Foglieta, De causis magnitudis imperii Turcici, wie Anm. 91, B 3rf.; Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 7r). Hingegen nicht mit dem Koran in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden sonstige sexuelle ›Abartigkeiten‹ einzelner Personen oder Gruppen. Dies betrifft vor allem die sexuellen Erniedrigungen der Sklavinnen und Sklaven (Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 191; Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 160, S. 20; Georgijević, Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 211) bzw. die Erinnerung an die Erniedrigungen der Damen am byzantinischen Hof (Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 36v–37r) und die Päderastie mit [kastrierten] Lustknaben aus dem Sklavenstand (vgl. Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, C 2v; D 3r; Georgijević, a. a. O., S. 188; 208). Polygamie, Vergewaltigung und Päderastie sind also sexuelle Praktiken, die nach der Wahrnehmung christlicher Autoren in einem unterschiedlichen Verhältnis zum ›türkischen Gesetz‹ standen. Zur Verwerfung der Polygamie in Naturrechtsdenken und Theologie der frühen Neuzeit, insbesondere in Folge der Reformation, s. auch: Paul Mikat, Die Polygamiefrage der frühen Neuzeit [RWAdW G 294] Opladen 1988, S. 13ff. (zu den Wittenbergern); s. zum Mittelalter: Borgolte, Kulturelle Einheit, wie Anm. 349; vgl. zum Themenfeld im ganzen: Kleinlogel, Exotik – Erotik, wie Anm. 187. WA 30 II, S. 170,6. A. a. O., S. 170,7. A. a. O., S. 170,13; dieser angemaßten Heiligkeit entspricht der »heilige schein« (a. a. O., S. 191,18; vgl. 190,15) der vermeintlichen religionskulturellen Attraktionsmomente. »Darumb nennen uns auch die Türcken nicht anders denn Paganos, das ist heiden, sich selbst aber halten sie für das heiligste volck auff erden.« A. a. O., S. 170,11–13. Nach WA 30 II, S. 170 Anm. 1 soll sich hinter Luthers Rede von ›Paganos‹ eine lateinisch vermittelte Reminiszenz an das türkische Wort Gjaur (= Leugner) verbergen, was mich nicht überzeugt. Naheliegender scheint mir die Verwendung im Sinne einer von alttestamentlichbiblischen Vorstellungen geprägten Verwendung von ›Heide‹ als differenzmarkierendem, die ›Nichtzugehörigkeit‹ zur Heilsgemeinde bezeichnendem Begriff zu sein. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 90. Ebd. = WA 53, S. 322,7f. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 90; WA 53, S. 322,8. Ebd. = WA 53, S. 322,9. »In hoc enim aperte ostendit [sc. Mohammed] seipsum contrarium christo, et omnibus prophetis et philosophis, et omnibus, qui ratione utuntur, qui omnes communiter conveniunt, ultimam hominis beatitudinem esse in [dei] cognitione […].« Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 90; WA 53, S. 323,3ff. Randglosse Luthers, WA 53, S. 322,10; vgl. Ehmann, Ricoldus wie Anm. 12, S. 248; DWb 15, Sp. 495–498; »Schlaraffenland« zur Bezeichnung des islamischen Paradieses ist schon bei Geiler von Kaysersberg belegt, DWb 15, Sp. 496. Zu den Quellen im einzelnen s. die Hinweise bei Ehmann, a. a. O., S. 90ff.; 247ff. [Lit.]; WA 53, S. 320.322. WA 53, S. 322,9–12; Ehmann, a. a. O., S. 90.

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Anmerkungen zu S. 38–39 WA 53, S. 322,18; Ehmann, ebd. WA 53, S. 322,19–21; Ehmann, ebd. WA 53, S. 323,11f.; Ehmann, a. a. O., S. 92. Vgl. bes. WA 53, S. 323,11–15. 25–30. 32–324,4. Besonders drastisch dann die weit über die Vorlage hinausgehende Ausmalung Luthers 324,23–30: »Und warum halten wir nicht die unvernünfftigen thire selig [= Ricoldus, bei Ehmann, S. 96; WA 53, S. 321,32f.], als die Hirschen und Eberschweine in der Brunst, und Hunde und Füchse, wenn sie lauffen oder rammenn, als die hierin schon die lust haben, so Mahmet dort in jenem Leben sucht, Oder was bedarff man hie auff Erden, oder was mangelts, das wir nicht gleicher weise in diesem leben selig sind, so wir können fressen und sauffen auffs allerbeste (Wie wir deutschen thun) oder viel Weiber nehmen (Wie die Türcken thun).« WA 53, S. 322,24; Ehmann, a. a. O., S. 90. WA 53, S. 322,22–324,2; Ehmann, a. a. O., S. 90; vgl. Andrés, Confusio, wie Anm. 132, S. 215ff. Bei Ludovicus Vives (De veritate fidei christianae libri quinque …, Basel, Johannes Oporin, 1543; Ex. HAB Wolfenbüttel 502 Th. 2°[2]; VD 16 K 2584/5) heißt es, die ›Fleischlichkeit‹ der Muslime als tiefgreifendes erkenntnistheoretisches Defizit deutend: »Vester autem Mahumetes sine translationibus, sine figuris, simpliciter & naturaliter refert omnia se ita habere, tanquam qui rei historiam contexit. Nec mirum est eum talem finxisse beatitudinem, qui coelum facit ut aulam magni alicuius principis, in quo omnia gerantur more humanae conditionis.« (S. 302). In Papst Pius’ II. Epistola ad Mahometum (s. dazu: Helmrath, Pius II. und die Türken, wie Anm. 3, S. 124–127; neuere Literatur a. a. O., S. 124f. Anm. 152) wird der Gegensatz zwischen christlicher und türkischer Seligkeitsvorstellung rhetorisch besonders eindrücklich stilisiert: »Vides inter tuam & nostram beatitudinem, quantum interest. Nostra felicitas nobiliori hominis parti, id est animae, respondet: tua viliori, id est corpori. Nostra mentalis est, tua carnalis: nostra fulgens & nitida, tua obscura et foetida: nostra cum angelis a ipso Deo communis est, tua cum suibus a aliis pecoribus: nostram docti omnes philosophi laudant, tuam vituperant: nostra coelo digna est, tua etiam in terra reprehenditur.« Zit. nach dem Abdruck des Textes in: Theodor Bibliander, Historiae de Saracenorum sive Turcarum origine, [Basel, Johannes Oporin, 1543]; VD 16 K 2584/5; Ex. HAB Wolfenbüttel T 624 Helmst. 2°(1), S. 60–98, hier: 83. »In hoc autem est omnis Alcorani intentio et totius saracenorum sectae, beatitudinem maxime in luxuria et ventre constituere.« Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 90. Daß sich in der Reiseliteratur durchaus differenziertere Wahrnehmungen orientalischer Frauen finden als in den vornehmlich moraldidaktisch ausgerichteten Türkenschriften zeigt Folker E. Reichert, Fremde Frauen. Die Wahrnehmung von Geschlechterrollen in den spätmittelalterlichen Orientreiseberichten, in: Odilo Engel – Peter Schreiner (Hg.), Die Begegnung des Westens mit dem Osten, Sigmaringen 1993, S. 167–184. Vives, De veritate fidei christianae, wie Anm. 257, S. 273: »Vide [sc. der islamische Kolloquent] autem quantum inter Evangelium nostrum & Alcoranum vestrum intersit. Vestrum obscurum, difficile, intricatum nemo intelligit nisi Arabs: nostrum vero planum, facile, nihil fieri potest in quacumque lingua dilucidius, ut ea philosophia aperta esset omnibus, quae saluti omnium evulgabatur.« WA 30 II, S. 205,5ff.; 208,14ff.; Luthers Interesse an einer gründlicheren Kenntnis des Koran zielte 1530 allerdings darauf ab, das Licht des Evangeliums gerade im Vergleich mit dem Koran um so heller leuchten zu lassen und die Religion Mohammeds vor dem Jüngsten Gericht niederzuzwingen, bes. 208,15–18. »In des hette ich gerne den Alcoran selbs gesehen, und wunderte mich, wie es zu gienge, das man den Alcoran nicht lengst hette in die Latinische sprache bracht, so doch der Mahmet nun lenger denn neun hundert jar regirt und so Grossen schaden gethan hat, doch niemand sich drumb angenomen, zuerfaren, was Mahmets Glaube were, Sind allein

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damit zufrieden gewest, das Mehmet ein Feind Christlichs Glaubens were, Aber wo und wie von stück zu stück, ist nicht laut worden, Welchs doch von nöten ist zu wissen.« WA 53, S. 272,9–15. »Aber diese Fastnach hab ich den Alcoran gelesen Latinisch, doch seer ubel verdolmetscht, das ich noch wünschet einen klereren zusehen, so viel aber daraus gemarckt, das dieser Bruder Richard sein Buch nicht ertichtet, Sondern glaich mit stimmet.« A. a. O., S. 272,16–18; vgl. Bobzin, Koran, wie Anm. 20, S. 90ff.; zur Überlieferung der Übersetzung Robert von Kettons im Kontext des von Petrus Venerabilis zusammengestellten Corpus Toletanum, s. a. a. O., S. 46ff.; vgl. James Kritzeck, Peter the Venerable and the Toledan Collection, in: Giles Constable – ders. (Hg.), Petrus Venerabilis (1156– 1956) [StAns 40], Rom 1956, S. 176–201; Abdruck der Vorrede Roberts in: Machumetis Saracenorum Principiis, wie Anm. 268, S. 7f.; zuletzt: Thomas E. Burman, Tafsir and Translation: Medieval Arabic Exegesis and the Latin Qur’ans of Ketton and Mark of Toledo, in: Speculum 98, 1998, S. 703–738; Tolan, Saracens, wie Anm. 22, S. 155ff.; Martinez – de la Cruz – Ferrero – Petrus, Die lateinischen Koranübersetzungen, wie Anm. 23, bes. S. 29ff. »Mahometh enim negat Christum esse filium Dei, Negat ipsum mortuum pro nostris peccatis, Negat ipsum resurrexisse ad vitam nostram, negat Fide in illum remitti peccata et nos iustificari, Negat ipsum iudicem venturum super vivos et mortuos, licet resurrectionem mortuorum et diem iudicii credat, Negat Spiritum sanctum, Negat eius dona. His et similibus articulis est munienda conscientia contra caeremonias Mahomethi. His machinis Alkoranus eius confutandus est.« WA 30 II, S. 207,40–208,4. WABr 10, Nr. 3802, S. 160–163, hier: 162,35f. A. a. O., S. 162,32; vgl. 32–47. A. a. O., S. 162,33. A. a. O., S. 162,33f. Daß Luther gelegentlich »die Verfügbarkeit gegnerischer Schriften als Aufklärung begreift, die Schutz vor Irrlehren bietet« (Holger Flachmann, Martin Luther und das Buch. Eine historische Studie zur Bedeutung des Buches im Handeln und Denken des Reformators [SuR N. R. 8], Tübingen 1996, S. 184), wird auch an seiner offensiven Verbreitung von Schriften seiner Gegner deutlich, vgl. Flachmann, S. 45ff.; 183ff. In der Vorrede zu seiner Koranausgabe (α 1v) und in seiner Apologia pro editione Alcorani (α 3v–β [6]r) rekurrierte Bibliander auf die altkirchliche Tradition des Kampfes gegen die Häresie, α 1v; α 5rff. Machumetis Saracenorum Principiis, Eiusque Successorum Vitae, Ac Doctrina, Ipseque Alcoran … Hic adiunctae sunt Confutationes multorum …, [Basel, Johann Oporin], 1543; VD 16 K 2584/5; Ex. HAB Wolfenbüttel T 624 Helmst. 2°(1); zu dieser Ausgabe und ihren zahlreichen Beitexten s. vor allem Bobzin, Koran, wie Anm. 20, S. 181ff.; 209ff.; 215ff; Segesvary, L’Islam et la Réforme, wie Anm. 123, S. 97–121. Der Hinweis auf Epiphanios (α 1v; α 5r/v) dürfte dem Umstand geschuldet sein, daß 1542/3 bei Oporin in Basel eine von Melanchthon initiierte Epiphanios-Ausgabe erschien. Außerdem rekurrierte Bibliander auf Konzilsbeschlüsse, die Klerikern immer wieder zur Pflicht gemacht hätten, sich mit Ketzereien zum Zweck ihrer Widerlegung zu beschäftigen. Der Abdruck von Petrus Venerabilis’ Aufforderung an Bernhard von Clairvaux im Zusammenhang der Übersendung von Kettons Übersetzung, in Kenntnis der lateinischen Version des Korans gegen die muslimische Häresie zu schreiben, in Biblianders Koranausgabe (a. a. O., S. 1f.), legitimierte den Baseler Druck gleichfalls vor dem Hintergrund der Tradition, übernahm damit aber zugleich eine Disjunktion von clerici und laici, die von reformatorisch-theologischen Voraussetzungen aus problematisch bleiben mußte. Faktisch war mit der von Basel ausgehenden Druckverbreitung des Korans einer Vielfalt möglicher Rezeptionen der Weg bereitet. Daß sich Bibliander darüber im klaren war, zeigt der argumentative Aufwand, den er trieb; die zahlreichen koran- und islamkritischen Texte, die der Ausgabe beigegeben waren, sollten das Rezeptionsverhalten

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Anmerkungen zu S. 40 dirigieren. Zu Biblianders unversöhnlich scharfem Antipapalismus im Verhältnis zu Ansätzen einer Mission gegenüber Türken, Juden und Heiden vgl.: Hans-Martin Kirn, Humanismus, Reformation und Antijudaismus: Der Schweizer Theologe Theodor Bibliander (1504/09–1564), in: Achim Detmers – J. Marius J. Lange van Ravenswaay (Hg.), Bundeseinheit und Gottesvolk. Reformierter Protestantismus und Judentum im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts [Emder Beiträge zum reformierten Protestantismus 9], Wuppertal 2005, S. 39–58. Bibliander versichert, »me nulla pravitate animi ad hoc opus adductum, sed rationes maximas secutum eße. Nimirum ut satanae & antichristi astus atque fraudes detectae melius caveri possint, animique Christianorum confirmentur in fide Catholica, & excitentur ad gnaviter invigilandum saluti suae hoc noviss[imo] & pericolissimo tempore.« (A. a. O., α 1v). »[…] non minorem […] impietatem […] quam Alcoran Machumeticus«, a. a. O., α 3v. A. a. O., α 4r; im Hintergrund der Apologia Biblianders steht natürlich der Reuchlin-Pfefferkorn-Streit um die Verbreitung jüdischen Schrifttums, der in einzelnen Gutachten zur Veröffentlichung des Korans explizit aufgenommen wurde, s. dazu: Kaufmann, Luthers »Judenschriften«, wie Anm. 89, S. 69ff. mit Anm. 242f. Die Argumentation Biblianders enthält natürlich eine Spitze gegen die den Korandruck ablehnenden ›Judaisten‹ Pellikan und Münster! Vornehmlich der Baseler Ausgabe, mithin der ›gottlosen Zutaten‹ der Protestanten wegen, gelangte der Koran auf den Index der verbotenen Bücher; nach Bellarmin seien die Bücher der Juden und Türken »melioris conditionis« als die der Ketzer, weil jene »offene Feinde der Christen seien«, Franz Heinrich Reusch, Der Index der verbotenen Bücher Bd. 1, Bonn 1883, ND Aalen 1967, S. 137 mit Anm. 3. »Nec quisque sani iudicij homo vituperat eorum [sc. der jüdischen Schriften] studium, sed potius laudat, ut benemeritos de repub. Christiana: quorum opera sit effectum, ut opiniones, & perversa dogmata improborum hostium fidei Christianae exacte cognosci possint.« A. a. O., α 4r. Bibliander führt an, daß auch Hieronymus und die Judentumskritiker Paulus von Burgos und Nikolaus von Lyra jüdisches Schrifttum benutzt hätten. Ansonsten argumentiert er aufgrund der Qualität der Textüberlieferung: Da die Koranausgabe auf einer authentischen (»ex Machumetis codice authentico«, α 4r) Handschrift beruhe, der Talmud hingegen aus »particulis hanc inde decerptis« (ebd.) stamme, sei der Druck der ersteren ungleich besser zu verantworten. Apologia, wie Anm. 268, α 4v. Grundlegend: Bobzin, Koran, wie Anm. 20; ders., »Aber itzt … hab ich den Alcoran gesehen Latinisch …« Gedanken Martin Luthers zum Islam, in: Hans Medick – Peer Schmidt (Hg.), Luther zwischen den Kulturen, Göttingen 2004, S. 260–276. Vgl. etwa Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 369; vgl. auch Ricoldus, ed. Ehmann, wie Anm. 12, bes. cap. 8: »Quod Lex Mahometi irrationalis est« , S. 81ff. [WA 53, S. 311ff.]; Cusanus, Sichtung, wie Anm. 102, Bd. 3, S. 8f.; Bd. 2, S. 76ff.; s. oben Anm. 81. »Denn sie [sc. die Türken] fulen wol, das yhnen grossen abfal bringet bey allen vernunfftigen hertzen.« WABr 10, S. 161, 38f. In seiner Heerpredigt wider den Türken hatte Luther allerdings den ungeistlichen und minderwertigen Charakter des Korans dahingehend bestimmt, daß in ihm »eitel menschliche vernunfft on Gottes wort und geist« (WA 30 II, S. 168,17) sei. Auch wenn der Koran ›nur‹ aus menschlichen Vernunftmomenten bestehe, so genüge er gleichwohl der Vernunft nicht. Zur Komplexität der Diskussion um die Vernunft bei Luther vgl. nur Bernhard Lohse, Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang, Göttingen 1995, S. 214ff.; Theodor Dieter, Der junge Luther und Aristoteles [ThB 105], Berlin, New York 2001; zum Nachweis, daß der Koran vernunftwidrig sei, vgl. Luthers Ricoldus-Übersetzung WA 53, S. 312,35ff. Der Vernunftwidrigkeit korrespondiere das Verbot, über den Koran zu disputieren, vgl. Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 3r/v.

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277 Der nach dem Willen Mohammeds nur in der arabischen Sprache zu lesende Koran ist für Mylius – mit dem ›Wort‹ eines ›alten Scribenten‹ [wohl des Petrus Venerabilis, vgl. etwa MPG 189, col. 707–710; 717f.; Glei, Schriften, wie Anm. 23, S. 10, Abs. 9, 11ff.] – »Error errorum, fex haeresium, in quam omnium sectarum ab ortu Christi reliquiae confluxerint. Ein wüst und Cloace aller Lügen und Irrthumb / ein Grundtsupp aller Ketzereien / darein der Teuffel allen Ketzerstanck / Kott und Unflat aller Schwermer / so seit der Zeit Christi geschwermet / geschmissen und getragen habe.« Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 10r. Ähnlich pauschale, differenziertere Auseinandersetzungen ab ovo für unnötig erklärende Urteile etwa in: Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61: »nicht weniger ein läppisch dann unnütz werck«, C 2r; u. a. als Ansammlung rigider Strafkataloge thematisierte den Koran: Franck, Chronica, wie Anm. 54, S. 199v (wohl im Anschluß an Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, bes. S. 259f.): der Koran als Sammelsurium statutarischer religiöser Pflichten. Pauschale Abwehr des Korans, freilich unter Verweis auf Luther und Ricoldus und unter Hinweis auf den Erfolg des Buches in ehemals christlichen Gebieten, d. h. im Kontext islamischer ›Mission‹, bei Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 8v/B 1r. Die Bezeichung des Korans als »Eulenspiegel« (z. B. bei Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 25) dürfte Erasmus Alberus’ Ausgabe des franziskanischen Liber conformitatum von 1542 (einige Hinweise unter Rekurs auf ein illustriertes Flugblatt von 1549 in: Thomas Kaufmann, Das Ende der Reformation. Magdeburgs »Herrgotts Kanzlei« (1548–1551/2) [BHTh 123], Tübingen 2003, S. 425ff.), die unter dem Titel: Der Barfüsser Münche Eulenspiegel und Alcoran mit einer Vorrede Luthers (WA 53, S. 406ff.) erschienen war, voraussetzen. (Noch G. Voetius nahm Albers Polemik i. S. der Übereinstimmung von Papsttum und Türken auf, vgl. Disputatio, in: van Amersfoort – van Asselt, wie Anm. 72, S. 148.) Das ›Erschreckende‹ und das ›Lächerliche‹ spielen im Koran, ähnlich dem Liber conformitatum, gleichermaßen eine Rolle: »Erschrecken mus er umb der Ungeschwungen lügen unn Gottes Namens Misbrauchs willen / Lachen mus er aber / der losen Bossen / die der Satan mit den München treibt […].« VD 16 A 1478f.; Ex. MF 200f. Nr. 413, iiv/iiir; vgl. Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 27v. 278 Vgl. die besonders prägnante Darstellung Georgius’ de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 256/259. 279 S. oben Anm. 19. 280 Osiander, Bericht, wie Anm. 19, S. 5. Bei Ricoldus (ed. Ehmann, wie Anm. 12, cap. 3, S. 48ff.; vgl. WA 53, S. 288ff.) wird die These, der Koran sei nicht Gottes Gesetz (lex dei), dadurch erwiesen, daß er in AT und NT nicht angekündigt worden sei. Diese Argumentation sei deshalb erforderlich, weil der Koran beanspruche, daß Jesus das Kommen Mohammeds prophezeit habe (a. a. O., S. 50f. [mit entsprechenden Nachweisen]). In einem nächsten Schritt widerlegt Ricoldus den Anspruch des Korans, Gesetz Gottes zu sein, indem er dessen Nichtübereinstimmung mit AT und NT nachweist, und zwar in literarischer, ethischer und theologischer Hinsicht (a. a. O., cap. 4, ed. Ehmann, S. 56ff.). Im Unterschied zu diesem apologetischen Verfahren behaftet Osiander den Koran bei seinem Anspruch, Wort Gottes zu ein, und widerlegt diesen dann unter Anwendung des reformatorischen Schriftprinzips. 281 »[…] was Mahomed in seinem Alcoran warhafftigs hat / das hat er auß der Propheten / und Christi Lehr gelehrnet / entlehnet / und volgens seine Trewm unnd Gedicht nach seinem gefallen darunder vermischet.« Osiander, Bericht, wie Anm. 19, S. 5. Aufgrund dieser hermeneutischen Prämissen kann Osiander den Koran als Argument gegen Lehren der »türkischen Religion« verwenden, z. B. im articulus de deo: Der Koran selbst verwende pluralische Selbstaussagen Gottes, die auf die Trinität hindeuten, »daß also Mahomet wider sich selbst / und gleich wider sein eigen willen / durch sein gantzen Alcoran / der heiligen Dreyfaltigkeyt zeugnuß geben muß […].« A. a. O., S. 26. Ein ähnliches Verfahren

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Anmerkungen zu S. 40–41 findet sich auch bei Nikolaus von Kues. Aussagen des Korans sind dann unentschuldbar und zurückzuweisen, wenn sie den vom Koran selbst vorausgesetzten biblischen Schriften widerstreiten: »Tunc enim nequaquam excusabilis est Alkoranus, quin concedi oporteat deum illa non tradisse, cum non concordent cum prioribus divinis et per Alkoranum approbatis libris.« Sichtung, Bd. 1, wie Anm. 102, S. 42,5–8. Auch Ricoldus folgert aus dem Bezug des Korans auf AT und NT, daß die »Saraceni« der christlichen Bibel zu folgen hätten, vgl. Kap. 3 seiner Confutatio Alcorani, ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 48ff.; WA 53, S. 286ff. Im Vorgriff auf die höchst aufwendigen und umfänglichen Behandlungen der einzelnen Loci faßt Osiander deren Ergebnis bereits dahingehend zusammen, daß, halte man des Propheten Mohammed Lehren gegen die Schrift, »so würdt sich hell und klar befinden / das ermelte des Mahomets lehr / in den höchsten stucken / daran unser Seligkeit gelegen / nicht allein mit der waren alten Propheten lehr nicht stimmet / sonder derselben gäntzlich zuwider / ja durch ermelter Propheten Schrifften gewaltiglich umbgestossen werd / und neben der göttlichen Warheit keins wegs bestehen möge / und also Mahomet der Propheten unnd Christi warhafftige lehr nie recht verstanden haben.« Osiander, Bericht, wie Anm. 19, S. 14. Vgl. a. a. O., S. 82ff. die These, daß das Evangelium die ›sola fide‹ anzunehmende Erlösungstat Christi verkündigt (S. 83); »Von diesem allen weist Mahomet kein einig wort […].« S. 86; ähnlich die Feststellung Fried[e]richs, Unterricht, wie Anm. 114, A 8r, der Koran hebe mit seinem Legalismus das Evangelium auf. Bereits in der spätmittelalterlichen Kritik an der »türkischen Religion«, etwa bei Georgius Septemcastrensis, spielte eine Rolle, daß das islamische Grundbekenntnis zur Einzigkeit Gottes ohne den für christliches Religionsverständnis grundlegenden personalen Apperzeptionsakt des Glaubens auftrat: »Ea enim, que ad vere religionis profectum et sufficientiam pertinent, omnia hic deficiunt. Fideles enim se vere dei cultum habere ostendunt, dum in professsione sua dicunt ›credo‹, in quo habitus fidei ostenditur, per quam deo, quam colunt, se subitos esse pronuntiant.« Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 308. Vgl. Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )( )( 1r; s. oben Anm. 209; 239. In gewisser Weise könnte man Osianders Buch als eine Art später Einlösung von Luthers Vorhaben von 1530 interpretieren, er wolle sich intensiver zur »türkischen Religion« äußern, wenn er den Koran kenne (»Plura forte dicam, siquando mihi ipse Mahometus Alkoranusque suus in manus venerit«, WA 30 II, S. 208,14f.). Luther gab dieses Vorhaben nach seiner Kenntnis des Korans (s. oben Anm. 262) zugunsten seiner Ricoldus-Edition auf. Die Wahl des Korans als entscheidender und ausschließlicher Grundlage zur Beschreibung »Was der Türcken Glaub sey« (Osiander, Bericht, wie Anm. 19, A 1r, Titel der Schrift) erfolgt, um nur solche Gründe zu seiner Widerlegung anzuführen, »die auch ein Türck selbs nicht umbstossen kan« (a. a. O., )( 4v). Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 28r; 29r. Die Akzentsetzung auf die christologischen Themenbestände ist nicht zuletzt durch Luther selbst präformiert, vgl. nur WA 30 II, S. 207,23ff.; Franck, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 7f.; für Müntzer ist die Leugnung des Kreuzes Christi im Koran ein Indiz für die ›weltförmige‹ Huldigung gegenüber einem »honigsussen Christum« (ed. Franz, wie Anm. 63, S. 234,33); Franck bezeichnet den Koran als der Türken »Talmut / oder Decret« (Chronica, wie Anm. 54, S. 199v) und insinuiert, daß ein arianischer Ketzer und ein Jude an seiner Abfassung beteiligt gewesen wären. Die Leugnung des Kreuzes Christi erscheint demnach auch als aus antichristlichen Motiven des Judentums gespeist, vgl. Boenich, Historia, wie Anm. 36, A 3r; allerdings notiert Franck auch Mohammeds Kritik an der jüdischen Leugnung der Jungfrauengeburt, a. a. O., S. 199v. Ein Standardvorwurf besteht natürlich darin, daß sich Mohammed habe an die Stelle Jesu setzen wollen (Boenich, Historia, a. a. O., D 1v; Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 8r/v), was der Leugnung der vera divinitas ihr

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besonderes Gewicht verleiht (vgl. Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 19f.; a. a. O., S. 9: Mohammed habe sich als Messias ausgegeben und sei von Juden als solcher anerkannt worden; bei Melchior Fabricius [Konsistorialrat Nördlingen], Türken-Predigt, Nürnberg, Catharina Gerlach E., 1592; VD 16 F 447; Ex. MF 625 Nr. 1187, B 2v, findet sich gar die Behauptung, der Türke verehre Mohammed als Gott). Osiander (Bericht, wie Anm. 19, S. 14ff.) führt einen ausführlichen Nachweis der Wahrheit der Trinitätslehre; doch auch bei ihm liegt das stärkere Gewicht auf den christologischen Loci (a. a. O., S. 59ff.); ähnlich wie Osiander argumentiert auch Georgijević in seiner Disputation mit Derwisch Tschelebi (s. oben Anm. 142) von Pfingsten 1547 aufgrund eines Koranverses zugunsten der trinitarischen Gottesvorstellung, vgl. Ex. MF 442f. Nr. 830 (Georgijević, Türcken Büchlein, ed. Straßburg, Messerschmidt, s. Anm. 17, S. 32r/v); lediglich konstatierende Differenz in Hinblick auf das Gottesbild bei Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 8r/v; Ecker, Nesselkrantz, wie Anm. 239, B1r; Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 19. Eine derart knappe, lediglich die markante Differenz anzeigende Umgangsweise mit der trinitarischen Thematik findet sich freilich schon bei Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 308f. Möglicherweise ist es auch in bezug auf Ricoldus nicht unangemessen, eine Prävalenz der Christologie gegenüber der Trinitätslehre zu konstatieren, die sich wohl vor allem aus der apologetischen Konfrontation ChristusMohammed und insofern aus dem offenbarungstheologischen Überbietungsanspruch des Islams gegenüber dem Christentum ergibt. Bei Cusanus dominiert die christologische Thematik gleichermaßen; auch er unternimmt es, Christi vera divinitas aus dem Koran selbst zu beweisen (Sichtung, wie Anm. 102, Bd. 1, S. 70–73; 86–89). Osiander, Bericht, wie Anm. 19, )( )( S. 1r, wählt sein allein aus dem Text des Korans begründetes Verfahren ausdrücklich auch deshalb, weil er sich nicht dem Verdacht aussetzen will, daß er »ir Religion […] verunglimpffen« wolle. Außerdem will er die »türkische Religion« nicht durch einen Rekurs auf die sittlichen Verhältnisse in der Türkei widerlegen, da er nicht der Replik Vorschub leisten möchte, daß die Lehre der Christen falsch sei, weil sie schlecht lebten. Diese methodologischen Überlegungen des württembergischen Theologen unterstreichen, daß er bewußt einen alternativen Weg gegenüber den allgemein verbreiteten Techniken der Beschreibung der »türkischen Religion« einzuschlagen versuchte. Dies gilt cum grano salis auch im Verhältnis zu den von Osiander positiv erwähnten Dreyzehen Predigen Andreaes (a. a. O., A 1v), nach deren Erscheinen Osiander seine Schrift zunächst nicht mehr hatte veröffentlichen wollen. Doch Andreae selbst habe ihn dazu ermutigt, da er nicht alle im Koran enthaltenen Artikel gegen den christlichen Glauben behandelt habe. Jakob Andreae, Dreyzehen Predigen vom Türcken: In wölchen gehandelt würdt von seines Regiments Ursprung, Glauben unnd Religion …, Tübingen, Morhart, 1569; VD 16 A 2614; Ex. MF Bibl. Palat. E 543/544. In der Tat spielen außer der Trinitätslehre und dem Kreuzestod Christi (Predigt 5 und 6) kaum spezielle Themen des Korans eine Rolle. In bezug auf den Koran selbst (4. Predigt) behandelt Andreae vor allem seine teuflische Engelsgestalt, die darauf abzielte, Christen dadurch zu locken, daß Christus als Gesandter Gottes besonders gewürdigt werde. Vgl. etwa Boenich, Historia, wie Anm. 36, A 3r; einzelne Beobachtungen zu sittlich zweifelhaften Aspekten der Person Mohammeds auch bei Cusanus, Sichtung, wie Anm. 102, bes. Bd. 3, S. 30ff.; 38ff. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 86. Franck, Chronologia, wie Anm. 54, S. 198vf. Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 12.15. Zu Mohammeds und des Korans Lügen vgl. etwa Ricoldus, cap. 9, WA 53, S. 326ff.; ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 98ff.; zur Magie Mohammeds s. etwa Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 9f.; s. oben Anm. 209; zu magischen Praktiken vgl. die Erwähnung einer Verwendung von Koranversen in Amuletten in den Memoiren eines Janit-

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Anmerkungen zu S. 41–42 scharen, wie Anm. 48, S. 58; zur Fluchtabwehr gefangener Christen (s. oben Anm. 209): Georgijević, Türckey, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 216. Vgl. Enustinus, a. a. O., S. 10f.; Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 23v; Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, C1v. Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 17; a. a. O., A 2vff.; vgl. ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 89–91; 80f.; 83. Zur Konstruktion des devianten Sexualverhaltens der Türken, insbesondere Mohammeds, s. Kleinlogel, Exotik – Erotik, wie Anm. 187, sowie: Silke Falkner, Having It Off with Fishes, Camels, and Lads: Sodomitic Pleasures in GermanLanguage Turcica, in: Journal of the History of Sexuality 13, 2004, S. 401–427. Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 7v; vgl. die Weihe der Fahne Mohammeds durch den türkischen Sultan bei Franck, Chronologia, wie Anm. 54, S. 289v. Vgl. etwa die Hinweise auf die im Koran begründete ›Treulosigkeit‹ in bezug auf Verträge mit Ungläubigen, Türck, Das der Türck, wie Anm. 190, A 4v–B 1r; die Entsprechung von ›Lehre‹ und ›Leben‹ gilt insbesondere in bezug auf Grausamkeiten und Greueltaten, vgl. etwa die jeweils mit dem Hinweis auf die Übereinstimmung mit dem Koran verbundenen Schilderungen in: Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 4v; im Hintergrund der Ausbreitung der »türkischen Religion« steht natürlich der Teufel, der als »Tausentkünstiger« Mohammads Lehre mit Gewalt gegen die Christen durchgesetzt habe, Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 30f. Instruktiv für den Zusammenhang von ›Lehre‹ und ›Leben‹ bei den Türken ist auch folgender Passus bei Brenz: »Das aber die Türcken / nicht anders denn öffentliche mörder sein / Beweisen sie nicht allein mit der that / sondern mit irem eigen gesetz / Denn ir Mahometh hat in gepoten / das sie sollen für und für angreiffen / Land und leut zu eröbern / Durch disen schein / das Gott dem Mahomet verheissen habe / die hoheit und gewalt auff erden / Und geben für / Gott wölle erst seine verheissung / dem Abraham geschehen [Gen 12,3] / das er ein herr aller welt werden sol / ins werck bringen / durch dieses Mahometisch Reich. Dieweil nu die Türcken sich rhümen dieses gesetzes / sollen sich billich alle Oberkeit / wider sie / als wider offentliche mörder / setzen.« Brenz, Türcken Büchlein, wie Anm. 192, A 4v. Auf der anderen Seite wurden Krisensymptome in der Ära Murads III. auch von seiten christlicher Publizisten damit in Zusammenhang gebracht, daß gegen Gebote des Korans – etwa in bezug auf Alkoholabstinenz (Türckische / Persische und Tartarische Zeitungen, wie Anm. 156, A 2v) oder das Steuerrecht bzw. Besteuerungsverbot (H. Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 34) – verstoßen wurde. Vgl. exemplarisch: Claudius Sieber-Lehmann, Der türkische Sultan Mehmed II. und Karl der Kühne, der »Türk im Occident«, in: Erkens, Europa, wie Anm. 1, S. 13–38 (Vergleichsmomente zwischen dem Burgunder und dem Türken sind seine Grausamkeit, seine barbarische Machtgier, seine ›widernatürlichen‹ sexuellen Neigungen, a. a. O., S. 16ff.; 32f.). Weitere Beispiele ›christlicher Türken‹ wie etwa zu Cesare Borgia u. a. bietet Meuthen, Fall, wie Anm. 1, S. 8f. mit Anm. 22f.; Robert Schwoebel, The Shadow of the Crescent: The Renaissance Image of the Turk (1453–1517), Nieuwkoop 1967, S. 112 Anm. 60; 213 mit Anm. 67. Die derzeit beste Übersicht über alle das Judentum in Spätmittelalter und Früher Neuzeit betreffenden Forschungsfragen vermittelt der Sammelband: Dean Phillip Bell – Stephen G. Burnett (Hg.), Jews, Judaism and the Reformation in Sixteenth-Century Germany [Studies in Central European Histories 37], Leiden, Boston 2006. Wiclif kritisierte den heuchlerischen Klerus seiner Zeit unter Vergleich mit den Türken, s. Richard William Southern, Das Islambild des Mittelalters, Stuttgart 1981, S. 54– 59; zur pazifistischen Argumentation der Böhmischen Brüder, die dafür votierten, sich vom Türken überrollen zu lassen, wenn Gott es wolle, vgl. Meuthen, Fall, wie Anm. 1, S. 29f. Anm. 95; Peter Brock, The Political and Social Doctrines of the Unity of the Czech Brethern in the Fifteenth and Early Sixteenth Centuries [Slavistische Drukken

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en Herdruzkken XI], s’Gravenhage 1957, S. 93 Anm. 44 zitiert aus einem hussitischen Traktat des 15. Jahrhunderts, der das willentliche Leiden im Falle einer türkischen Invasion verfocht: «Et hoc dicunt, quod si Turci prosequerentur eos aut quicunque inimici, nollent se defendere, sed pocius mori in simplicitate sua, et ex hoc concludunt, quod neque pro iusticia aut pro fide liceat bellari, sed simpliciter mala pati, allegentes apostolum: ›Non vosmet ipsos defendentes.‹ Et Christum: ›Diligite inimicos‹.« Vgl. auch: Schwoebel, Shadow, wie Anm. 298, S. 220; Amedeo Molinar, Luthers Beziehungen zu den Böhmischen Brüder, in: Junghans (Hg.), Martin Luther von 1526 bis 1546, wie Anm. 361, Bd. 1, S. 627–640; Bd. 2, S. 950–954. S. unten Abschn. V, 6. [Jörg Brentel], Ain Trostspruch wider den Türcken, [Augsburg, Philipp Ulhart d. Ä., 1543]; VD 16 B 7466; Ex. MF 38 Nr. 95, A 1r. Die Initialen »J. B.« am Schluß des Blattes (A 4v) sind nach Göllner, Turcica I, Nr. 361, S. 187 als »(Jörg) Brentel von Elbogen« aufzulösen; als Datierung sei [1530–1532] wahrscheinlich. In bezug auf die Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Evangelischen im Erfurt des Herbstes 1529, d. h. zur Zeit der Belagerung Wiens, hat Ulman Weiss betont, daß beide Seiten die Auffassung teilten, daß die Sünde den Zorn Gottes heraufgeführt habe: »aber beide verstanden sie unter Sünde, was der andere getan hat.« Ulman Weiss, Die frommen Bürger von Erfurt, Weimar 1988, S. 241. Im späteren 16. Jahrhundert wurde es insbesondere bei den Lutheranern selbstverständlich, den im Türken ergehenden Zorn Gottes mit den sittlichen Mängeln bzw. der mangelnden Bußfertigkeit in der eigenen Konfessionsgesellschaft zu begründen. Trostspruch, wie Anm. 302, A 1v. Franck moralisiert und universalisiert den Begriff des ›Türken‹: die ›Weltfrommen‹, Heuchler, impii sind für ihn »die weltfrumen Türcken / Heiden / Papisten / falsche Christen / unnd alle ungleubigenn auff ein hauffenn.« Ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 89 (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 314, 3–5). »[…] Ja so vil menschen / so vil sünder / Türcken und Nicodemi.« (A. a. O., S. 93 = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 317, 26f; s. u. Anm. 465; vgl. a. a. O., S. 101 = Werke, a. a. O., S. 323,39ff.). Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 184; die Simonisten sind »reprobi mentaliter ab eorum [sc. der Türken] consortio in culpa non sunt disiuncti.« Ebd. Der tägliche »Verfall der Christenheit« (»cottidianum defectum Christianitatis«, a. a. O., S. 328f.), der in einem Rückgang an Gottesverehrung, Nächstenliebe usw. und einer Zunahme der Laster und Eitelkeiten bestehe, ist Ausdruck des nun am Ende der Zeiten vorherrschend gewordenen Einflusses des Teufels auf die Kirche, ebd. Pauschal als böse und deshalb der göttlichen Strafe würdig bezeichnet Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, C 2v die Christen unter Einschluß des ordo politicus, D 1v; Ähnliches in einem Nürnberger Fastnachspiel von 1455f., vgl. Thumser, Türkenfrage, wie Anm. 1, S. 74ff.; s. auch die Hinweise bei Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. I, S. 504f.; vgl. auch die Kritik an einzelnen Ständen in einem Türkenlied von 1459, a. a. O., S. 510, Strophe 29ff. In einem Lied von 1522 wird dem »unfleiß und aigne[n] nutz« (Liliencron Bd. III, S. 414,87) der gegenwärtigen Christenheit der Mut der tapferen »frommen Christen« (a. a. O., Z. 82) zur Zeit Johannes Capestranos entgegengesetzt. (Zu Capestranos Einsatz bei der Schlacht gegen die Türken um Belgrad 1456, wo er ein vom Papst übersandtes Kruzifix mit dem Ruf ›Jesus!‹ zum Kampf gegen die Türken verwandte s. Ludwig Freiherr von Pastor, Geschichte der Päpste im Zeitaler der Renaissance bis zur Wahl Pius’ II., 12. unveränderte Aufl. Freiburg / Rom 1955, S. 717; vgl. 719ff.; Johannes Hofer, Johannes Kapistran: Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche [BFr 2], Heidelberg 21964, Bd. 2, S. 404ff.; ders.; Der Sieger von Belgrad 1456, in: Historisches Jahrbuch 51, 1931, S. 163–212; eine eindrückliche Schilderung der für den Sieg von Belgrad maßgeblichen, mobilisierend wirkenden Kreuzzugspredigt des sich selbst als ›neuer Josua‹ [vgl. Kaspar Elm, Johannes Kapistrans Predigtreise diesseits der Alpen (1451–1456), in: Hartmut Boockmann –

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Bernd Moeller – Karl Stackmann [Hg.], Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit [AAWG Phil.-Hist. Kl. III, Nr. 179], Göttingen 1989, S. 500–519, hier: 513] inszenierenden Capestrano, aber auch der Schwierigkeiten, denen er sich gegenübersah, bietet Eugen Jacob, Johannes von Capistrano. I. Teil, Das Leben und Wirken Capistrans, Breslau 1903, S. 138ff. . Nicht zuletzt der Umstand, daß der Sieg von Belgrad (21./22.7.1456) »durch einen buntgewürfelten Haufen von Begeisterten, dem nach menschlichem Ermessen aufgrund seiner Zusammensetzung und kriegerischen Fähigkeiten nicht die leiseste Outsider-Chance eingeräumt werden konnte«, zustandekam [Kissling, Türkenfurcht, wie Anm. 1, S. 8], fachte den Glauben an wunderhafte Begebenheiten an, s. Stanko Andrić, The Miracles of St. John Capistran, Budapest, New York 2000, bes. S. 27ff.; 59ff.; 203ff.). In dem Lied heißt es: »unser unfleiß und aigner nutz, | gegen dem nechsten stolzer trutz, | haß, neid und arglistig sinnen | die machen Türcken gewinnen.« Liliencron Bd. III, S. 414, 87–90. Klage über den sittlichen Verfall der Christenheit allgemein: bei Cantzler, Aus was ursache, wie Anm. 187, A 2r; Klage über Trunksucht und Sittenverfall bei den Obrigkeiten, die zu Verweigerungen der Steuerleistungen niederer Stände führten, a. a. O., B 2v–B 3r; die Bauern seien viel verkommener als die Handwerker (B 3r); unter den Christen herrsche soziale Kälte, Verantwortungslosigkeit gegenüber den Armen, keine Barmherzigkeit, A 4r/v. Erasmus führte die französische Krankheit, also die Syphilis, als Medizin der göttlichen Bußtherapie im Angesicht des Sittenverfalls an, Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, A 2r; für Erasmus gründet selbstverständlich die Kraft des Türken in »unserer missethat« (A 3v). Gott schicke die Türken über uns, wie er Frösche, Käfer und Heuschrecken über die Ägypter geschickt habe, A 3r; die Türken hätten »nit von jrer erberkeyt noch tugent wegen / sonder uß unser hinlessigkeit wegen der massen zugenommen« (A 3v/A 4r), vgl. B 2r; ähnlich Franck, Nachwort zum Septemcastrensis, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 103 = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 324, 10ff; vgl. auch Foglieta, De causis magnitudinis imperii Turcici, wie Anm. 91, B 8r; Indiz des Sittenverfalls für den Lutheraner des späten 16. Jahrhunderts ist das Verhalten gegenüber dem Gottesdienst: Die Leute kämen nur zur Predigt, verließen die Kirche aber nach einer halben Stunde, also vor deren Ende; auch dies begründe den Erfolg der türkischen Invasoren, Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 13, S. 21r; zur Topik dieser Klagen vgl. Kaufmann, Universität und lutherische Konfessionalisierung, wie Anm. 182, S. 465f. Zum Zusammenhang von ›Türkenbedrohung‹ und ›Sittendiskurs‹ vgl. Luthers Klage über die »lieben deudschen, die vollen sewe«, die »yn aller sicherheit zechen und wol leben« zu Beginn seiner Heerpredigt, WA 30 II, S. 160,16–19; ähnlich in bezug auf die »Christliche[n] Türken« (WA 53, S. 391,20f. = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm.12, S. 185), die aus Menschen zu Säuen geworden sind (vgl. WA 53, S. 392,35ff. = ed. Ehmann, a. a. O., S. 187), gegen die sittenlosen christlichen Türkenkrieger, die nichts um des Glaubens willen tun und denen Gott keinen Sieg geben wird. 305 Vgl. § 12 des Augsburger Religionsfriedens, in: Karl Brandi, Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555, 2. erw. und verb. Aufl. Göttingen 1927, S. 30; vgl. Axel Gotthard, Der Augsburger Religionsfrieden [RGST 148], Münster 2004, bes. S. 72ff.; 199ff.; 439f.; zum Verfassungsauftrag der konfessionellen Wiedervereinigung im Augsburger Religionsfrieden und im Instrumentum Pacis Osnabrugense vgl. auch Martin Heckel, Die reichsrechtliche Bedeutung des Bekenntnisses, in: Gesammelte Schriften Bd. II [Jus Eccl 38], Tübingen 1989, S. 737–772, hier: 754; ders., Die Krise der Religionsverfassung des Reiches und die Anfänge des Dreißigjährigen Krieges, a. a. O., S. 970–998, bes. 979f. 306 Vgl. Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, A 2r.

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307 Michael Anisius, Siben katholische Predigten, bei gemeinen Prozessionen wider die Türken gehalten zu Bamberg …, München, Adam Berg, 1599; VD 16 A 2878; Ex. MF 151–153 Nr. 302, S. 175. 308 Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, F 2vff. 309 Jonas, in: Giovio, ed. Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 271; Türcken-Büchlein, 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 123; für Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, liegt der entscheidende Grund dafür, daß Gott Satan den Türken erwecken läßt, darin, daß der päpstliche Antichrist gegen das Evangelium wütet, G 1v; in seinem Nachwort zu der Giovio-Übersetzung (Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36 = Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36 S. 271) führt Jonas die päpstliche Bereicherung durch die Türkensteuer als Grund göttlicher Strafe an und deutet die Verwüstung Roms durch die Truppen »Jörg von Fronsberg[s]«[= Georg von Frundsberg] beim ›Sacco di Roma‹ als angemessene Vergeltung. Für Andreae ist die papistische Abgötterei – Messe, Heiligenverehrung etc. – der maßgebliche Grund dafür, daß Gott den Türken als Zuchtrute schickt, Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, **3v; vgl. S. 397ff. 310 Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, B 4r. 311 Franck, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 71ff. (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 298ff.), aufgenommen in: Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, F 2rff.; Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, D 3rf.; vgl. Francks Vorrede zur 2. Aufl. des Siebenbürgeners, Ex. MF 749 Nr. 1359, A 2r. 312 Vgl. etwa: Türcken-Büchlein, 1522, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 127; 132; 157; Dolium Diogenis, wie Anm. 115, A 2v; speziell in bezug auf Kaiser und Frankreich: [Pierre Danès], Apologia / Darin Königklicher Maiestet zu Franckreich gut gerücht vertheydiget und verantwort wirt / von einem seiner getrewen / widder der kaiserlichen … verleumbdung …, [o. O.], 1552; VD 16 D 81; Ex. MF 404 Nr. 773, A 2v. Die profranzösische Schrift richtet an die kaiserliche Seite den Vorwurf, daß sie »under dem namen der Religion unnd Christlichs glaubens alle ding verwirren und vermengen / ire tyranney in Italia zubefestigen« (E 1r). 313 In einem Textauszug aus Georgijević (Ermahnung wider die Türcken), der in den Druck der Türckische[n] Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, Frankfurt/M. 1595; Ex. MF 670 Nr. 1266 (C 1r–D 1v) eingegangen ist, werden »Ursach des unglücks im krieg auff der Christen seiten« (C 2v) erörtert. Darin heißt es u. a.: »Wir haben den allmächtigen und waaren Gott / den wir aber schwerlich erzürnet haben / also daß wir […] können genennt werden ein Volck / das nicht Gottes Volck ist. Dann warumb solte Christus bey uns halten / da jeder unter uns ein sonderliche Religion haben will? Dann / ihr aller liebste Herrn / was haben wir Christen weiters / dann den blossen Namen? Der Bawr ist in diesen zeiten so unbescheiden unnd auffrührisch: Der Bürger so betrugenlich und geitzig: Die Oberkeiten sehen auff widergeltung / haben gern Geschenck / und gilt viel bey ihn das ansehen der Person: Der Adel ist ergeben dem sauffen und fressen […].« C 2v. In zugespitzt protestantischer Akzentuierung bietet das Zerrüttungsaxioms: Assus, Türckenpredigten, wie Anm. 158, F 2vf. (Papsttum als Sekte). 314 So etwa bei Franck, Schlußrede seiner Ausgabe des Siebenbürgeners, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 86ff. = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 311ff; ähnliche Tendenzen, wiewohl ohne dezidiert spiritualistischen Einschlag, etwa in: Ein Gebet … inn Joachims Thal, wie Anm. 198, B 2v: Bitte um den Sieg über die Türken, um die ganze Welt »in warem christlichen glauben bey reiner Lehr deines heyligen Wortes / in gehorsam / unterthenigkeit / und aller Gottseligkeit« zu führen, d. h. zu ›christianisieren‹, aber nicht in einer bestimmten Weise zu ›konfessionalisieren‹. Ähnlich in: Christliche Victorien, wie Anm. 183, (:) 3r; vgl. auch die an die »gantzen Deutsch Nation« gerichteten Appelle, Streitigkeiten, Disputationen, Entzweiungen zu lassen, um gemeinsam gegen den Türken zu siegen, in: Newe Zeitungen. Von des Türckischen Keysers / Soldan Solimanus / tödli-

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chem Abgang, wie Anm. 163, A 3v–A 4r, zit. A 3v. Eckstedt konstatiert in antikatholischer Frontstellung: Wenn die Christenheit im Inneren friedlich wäre, könnte das in der spanischen Inquisition und im niederländischen Krieg geübte Kriegsvolk gegen den Türken ziehen, vgl. Unterricht, wie Anm. 166, A 3v. Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, A 4r/v, klagt ohne ausgeprägte konfessionelle Positionalität über die Zerstrittenheit der Christenheit, die er als einen sündhaften Makel empfindet; dies konkretisiert sich für ihn besonders in der Uneinigkeit der christlichen Fürsten, a. a. O., C 1r. Die entscheidende Strategie zur Änderung dieses Mißstandes bestehe in der Stärkung der Macht des Kaisers; er solle das Osmanische Reich auf dem Landwege über Ungarn angreifen und die vom Türken unterdrückten Völker vertraglich an sich binden. Das durch Luther eingetretene Unglück religiöser Zwietracht sei auch dadurch verursacht, daß sich die Papstkirche zu wenig um das Wort Gottes gekümmert habe und sittlich verfallen sei (D 1r). Kuripečić zielt also durchaus auf eine Art ›via media‹ ab, vermeidet also konfessionelle Festlegungen um der gemeinchristlichen Aufgabe der Türkenabwehr willen. 315 Vgl. Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 67; vgl. 118; 175; ein weiteres Beispiel für die positive Aufnahme türkischer Christentumskritik stellt die Polemik gegen die Bilderverehrung und die Präsenz von Tieren im Kirchenraum bei Georgijević dar, Türkenbüchlein, Druck Straßburg, Messerschmidt, s. Anm. 17, Ex. MF 442f., Nr. 830, S. 33v–34r. Kissling (Türkenfurcht, wie Anm. 1, S. 17) behauptet – freilich ohne nähere Nachweise –, daß die Türken von der innerchristlichen Zerstrittenheit profitiert, ja diese bewußt geschürt hätten. 316 Vgl. Luthers vergleichsweise nüchterne Aufforderung, gegen den Türken unter der Ägide des Kaisers zu kämpfen, WA 30 II, S. 116,23; 129,17ff.:, 129,34ff. (in einem Druck von 1593 wurde statt von »Karolus« von »Rudolphus« gesprochen, also in bezug auf den regierenden Kaiser Rudolph II. aktualisiert, S. 116 Anm. 2); geradezu eschatologische Stilisierungen Karls V. als desjenigen Kaisers, der berufen sei, den Türken definitiv zu besiegen, finden sich etwa in: Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, B 4v; bei Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, A 1r in der Titulierung Karls als »Beschirmer der Christenheit«; Türcken-Büchlein, 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 155f.; Georgijević betont in einer an Karl V. adressierten Widmungsvorrede, daß dieser der in christlichen und türkischen Prophetien angekündigte »eynig Held« sei, »der dieses das Türckisch unnd Sathane reych zerstören sölle / wo du [sc. Karls V.] allein dein macht unverhinderlich daran richten möchtest.« Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 205. Ähnlich a. a. O., S. 221: »Dorumb sie gütter hoffnung ire bitt unnd wünsch werden erhört O unüberwüntlichster Keyser / auff dich als iren Josua / uff dich / als uff iren gesandten Ezra hoffen sy. Dann der gleychen Prophecyen / sagen nit allein die Christen von dir / sonder auch die Türcken.« Für Georgijević steht dieses kaiserliche Engagement im Horizont einer finis christianismi in Europa, a. a. O., S. 216; ähnlich bei Valentinus, Tractatus Bellicus, wie Anm. 36, C 7v: »Europam, Europam, magna ex parte iam habet Turca; reliquiam nunc vult habere.« Vgl. im Volkslied: Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. III, S. 359 Str. 6. Im Hintergrund der etwa bei Georgijević deutlich anklingenden Erwartung des Heilskaisers der Endzeit steht die Pseudo-Methodius-Tradition; hinsichtlich der islamischen Prophetie dürfte die eigentümlich interpretierte Mahdi-Vorstellung einschlägig sein, vgl. dazu: Hannes Möhring, Der Weltkaiser der Endzeit [Mittelalter-Forschungen 3], Stuttgart 2000, S. 54ff.; 375ff.; Lolos, Apokalypse des Ps.-Methodius, wie Anm. 525. Die dem Bischof und Märtyrer Methodius von Patara zugeschriebene, ursprünglich syrisch verfasste Apokalypse wurde durch eine griechische Übersetzung (Ende 7. Jh.), auf die sich eine lat. Übersetzung stützte (frühes 8. Jh.), verbreitet, vgl. G. J. Reinink, Die syrische Apokalypse des Pseudo-Methodius [CSCO 540/ Script. Syri 220], Löwen 1993, S. VII ff.; W. J. Aerts – G. A. A. Kortekaas, Die Apokalypse des Pseudo-Methodius. Die ältesten griechischen und lateinischen Übersetzungen [CSCO 569f / Subsidia 97], Löwen

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1998, S. 1 ff. ; vgl. Marc Laureys – Daniel Verhelst, Pseudo-Methodius, Revelationes, in: Werner Verbeke – Daniel Verhelst – Andreas Welkenhuysen (Hg.), The Use and Abuse of Eschatology in Middle Ages [Mediaevalia Lovanensia I/XV], Löwen 1988, S. 112–136; Harald Suermann, Art. Methodius-Apokalypse, in: RGG4, Bd. 5, 2002, Sp. 1187; Elisabeth Heyse, Art. Methodius, in: LexMA 6, 1993, Sp. 581; vgl. Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 46; Preuss, Vorstellungen, wie Anm. 536, S. 37ff.; Emmerson, Antichrist, wie Anm. 531, S. 48; 87; passim; s. unten Anm. 381. Einzelne Prophetien der Sybille, Brigittas von Schweden, Bruder Reinhards und des Methodius, vornehmlich aus Lichtenberger (s. Anm. 380) kompiliert, wurden seit 1516 [WA 30 II, S. 83: 1518] in sehr häufig nachgedruckten Flugschriften (vgl. VD 16 A 4432–4447; ZV 934; ZV 936; ZV 21328) verbreitet; einer der ersten Drucke dieser Art trägt den Titel: Eyn auszug etlicher Practica und Propheceeyn. Sibille. Brigitte / Cirili / Joachim des Abts / Methodii / unn bruder Reinhartz / wirt weren noch etliche jar / unn sagt von wunderlichen dingen [Nürnberg, Jobst Gutknecht, 1518?]; VD 16 A 4438; Köhler, Bibl. I, Nr. 195, S. 85; Ex. MF 1241 Nr. 3147; weitere Drucke: Köhler, Bibl. I, Nr. 196–199, S. 85–87; s. Abb. 16. Besondere Beachtung verdient ein 1527 erschienener Druck [Leipzig, Nickel Schmidt]; VD 16 A 4432; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 198, S. 86; Ex. MF 883 Nr. 2222 [im folgenden zitiert]. Denn er enthält ein eindeutig altgläubiges Nachwort, das den Bauernkrieg als Strafe Gottes deutet (C 1r), eine baldige Niederlage der Türken ankündigt und sich vor allem mit der durch die frühreformatorische Publizistik zur ›Judenfrage‹ (s. Thomas Kaufmann, Das Judentum in der frühreformatorischen Flugschriftenpublizistik, in: ZThK 95, 1998, S. 429–461; vgl. ders., Luthers »Judenschriften«, wie Anm. 89, bes. S. 26ff.) evozierten temporären ›Klimaveränderung‹ im Verhältnis zu den Juden auseinandersetzt. Der anonyme Verfasser des Nachwortes macht die Judenduldung dafür verantwortlich, daß Gott die Türken als Strafe über die Christenheit sendet. Ansonsten basiert der auszug auf der Kombination astronomischer und prophetischer Zeichendiagnostik. (Bei dem gelegentlich erwähnten Bruder Reinhard dürfte es sich nicht um einen gleichnamigen Franziskaner aus der Kölner Raum handeln , worauf die auf Köln bezogene Türkenschlacht hindeuten könnte , sondern um jenen ›eigenschaftslosen‹ Lollarden, der aus Lichterberger bekannt ist . Paulus von Middelburg, der Lichtenberger – zurecht! – wegen Plagiats angriff, zählte die Prophetien des Lollarden Reinhard zu jenem sinnlosen Geschwätz, das die von ihm übernommenen Passagen entwertete und verfälschte, vgl. Kurze, Lichtenberger, wie Anm. 380, S. 35. Kurze weist dem von Lichtenberger mehrfach zitierten Kompilationswerk (?) Liber multarum tribulationum Bruder Reinhards eine zentrale Funktion als Quelle Lichtenbergerscher Kenntnisse älterer prophetischer Traditionen zu [a. a. O., S. 38], vermag aber weder über das Werk, noch seinen Verfasser Zuverlässiges mitzuteilen. In der einschlägigen Literatur zu den Lollarden kennt man ihn nicht, vgl. Fiona Somerset – Jill C. Harem – Derrick G. Pitard [Hg.], Lollards and their Influence in Late Medieval England, Woodbridge 2003 [S. 251–379 eine hervorragende Bibliographie zu den Lollarden!]; vgl. auch: Curtis V. Bostick, The Antichrist and the Lollards. Apokalyptism in Late Medieval and Reformation England [SMRT 70], Leiden u. a. 1998; Anne Hudson, The Premature Reformation. Wycliffite Texts and Lollard History, Oxford 1988 [zum Verhältnis von lutherischer Reformation und Lollardentum grundlegend S. 494ff.]; auch Talkenberger, Sintflut, wie Anm. 380, S. 61f. Anm. 37 weiß mit Reinhard nichts anzufangen [ihrer Identifikation der Lollarden mit den Alexianern vermag ich nicht zu folgen]. Reeves, Influence, wie Anm. 491, S. 340 Anm. 2 neigt im Anschluß an eine Schrift Gengenbachs von 1517 [vgl. Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 1278, S. 545; VD 16 G

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1205] – wenig überzeugend – der Deutung von Lollardus als »Nollhart« zu. Der bekannte Sammler prophetischen Materials Johannes Wolf setzt diesen ansonsten ganz unbekannten Reinhard jedenfalls ins frühe 15. Jahrhundert [s. Reeves, ebd.; S. 350 Anm. 4]). Instruktiv ist die für die Jahre 1522/3 angekündigte ›böse Zeit‹, in der auch die Kurfürsten untereinander uneinig sein werden (A 3v). A 4r wird angekündigt: »Es wird ein newer auffstehen / der wird reformirn viel yn der Kirchen / nach langer uneynigkeyt. […] Der geystlich Stand wird trawren / denn sie werden verlieren viel Gottes lehen […].« Die Ordensleuten werden ihre Orden verlassen; es werde eine »newe Reformation« (A 4r) geben! Der auszug ist ein hochinteressantes Beispiel vorreformatorischer Reformationserwartung, die publizistisch erst in den Anfangsjahren der reformatorischen Bewegung vital wurde. Ähnliche Vorstellungen, wie sie im auszug vorliegen, sind auch sonst verbreitet: In einem Lied des Jahres 1518 wird die Methodius-Weissagung eines die Türken definitiv besiegenden christlichen Königs auf Kaiser Maximilian I. (Liliencron Bd. II, wie Anm. 192, Nr. 306, S. 215, Z. 165ff.) bezogen; 1471 galten dieselben Hoffnungen Kaiser Friedrich III. (Liliencron Bd. II, Nr. 126, S. 7f.; Z. 280ff.); auch beim ›oberrheinischen Revolutionär‹ (vgl. Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 49) ist dies so. Die sich in diesen Liedern artikulierende Vorstellung einer Führungsrolle des Kaisers bei der Leitung des großen abendländischen Türkenzuges stand in Spannung etwa zur Initiative Papst Alexanders VI., dem fränzösischen König diese Führungsrolle zuzuerkennen; dies verstärkte die Spannung zwischen Maximilian I. und dem Papst, s. Schmid, Legat Raimund Peraudi, wie Anm. 516, S. 69. Daß heilsgeschichtliche Vorstellungen von Karl V. als endzeitlichem Türkenbezwinger in dessen politischem Beraterstab, bei Großkanzler Gattinara etwa, eine wichtige Rolle spielten, hat Franz Bosbach gezeigt: Imperium Turcorum oder Christianorum Monarchia – Die Osmanen in der heilsgeschichtlichen Deutung Mercurino Gattinaras, in: Kurz – Scheutz – Vocelka – Winkelbauer (Hg.), Das Osmanische Reich, wie Anm. 523, S. 167–180. 317 Vgl. etwa: Auszug, wie Anm. 150, C 3v–C 4r; Überlegungen zu einer Währungsreform zum Zweck der Türkenabwehr in: Anschleg wider die grausamen und blutdürstigen Thiraney des Türcken / Durch welchem biß her vil Christen bluts vergossen / sampt landt unnd lewten beschedigt und verderbt worden [o. O., o. Dr.], 1541; VD 16 D 168; Ex. MF 419 Nr. 808, A 3r/A 4r, s. unten Anm. 493; in der gemeinchristlich-überkonfessionellen Perspektive geht es dem anonymen Verfasser darum, daß alle Christen »eyn hert unn eyn Schaffstal« (A 6r) werden; vgl. zu Vorstellungen hinsichtlich der finanziellen Mobilisierungen eines christlichen Heeres u. a. durch Entsendung je eines Kriegers aus einem Kloster, wie sie diese Flugschrift entwickelt, auch Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 68ff.; 101. Henricus Stephanus, Oration, wie Anm. 91, appelliert an die Einheit der durch Kaiser Rudolph II. geführten deutschen Nation, S. 40. Ähnlich Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, B 6r/v; vgl. Newe Zeitungen, wie Anm. 163, A 3v; für die ideenpolitische Verschränkung ›gemeinchristlicher‹ und ›reichspatriotischer‹ Argumentationsweisen ist etwa die Wendung charakteristisch, der Türke sei »des Christlichen Namens und Geblüts Erbfeind […] nicht allein gemeiner Christenheit / sondern Deutscher Nation«, so in einer kursächsischen Werbeschrift für die Türkensteuer von 1542 (Türckenstewer. Welcher Gestalt des Churfürsten zu Sachsen … Gemeyne Landschafft / auff dem Landtage zu Weymar … die Anlage / dem Türcken zu widerstandt / gwilliget haben, [Zwickau, Wolfgang Meierpeck], 1542; VD 16 S 1144; Ex. MF 2224 Nr. 3616, C 3r). 318 Im Türcken-Büchlein von 1522 (ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 137) stellt der Einsiedler unter Aufnahme einer Äußerung des türkischen Dialogpartners fest: »Ich vermercke das du meinst wie wir Christen mechtiger / und gegen unsern feinden sighaffter zu werden vorhaben / das uns zuvor ein gemeine Reformation und bessere Ordnung / dann biß her gewest / uff zu richten not […].« Ein militärischer Sieg über die Türken werde – so Luther – an »denen liegen, die da büssen und sich bessern, Gottes wort und seine

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Sacrament ehren, fur Gott sich demütigen und hertzlich beten, damit sich Gott erweichen lasse und seine Engel bey uns im felde halte.« So im Nachwort zur Ricoldus-Ausgabe (1542), WA 53, S. 393,3–5 = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 187. Vgl. Valentinus, Tractatus Bellicus, wie Anm. 36, B 1v/B 2v; Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 30; 39f.; Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, C 4v–D 1r; Mandat des Kurfürsten von Brandenburg zu Buße und Kampfbereitschaft gegen den Türken als Beispiel christlicher ›Generalmobilmachung‹ gegen den apokalyptischen Feind bei Möringius, Christen Schutz, wie Anm. 64, A 2v. Vgl. etwa Matthias Gerung, Confrontation between the Roman Church and the Infidels, 1546, in: Strauss, Single-Leaf Woodcut 1550–1600, wie Anm. 187, Bd. I, S. 287 in Verbindung mit S. 250; vgl. zu dieser ikonographischen Verbindung von Papst und Türke auch das Material in: R. W. Scribner, For the Sake of Simple Folk, Oxford 21994, S. 181ff.; Holbein d. J., Christus als evangelisches Licht, in: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, Frankfurt/M. 1983, Nr. 317, S. 250f. (wenn man den stürzenden Heiden für einen ›Türken‹ hält, der sekundär mit »Aristoteles« identifiziert wurde, wofür vielleicht die so ganz andersartige Kopfbedeckung des schon gestürzten »Platon« spricht; zu dem Blatt zuletzt: Hans Holbein d. J. Die Jahre in Basel 1515–1532. Mit Beiträgen von Christian Müller, Stephan Kemperdick u. a., München u. a. 2006, Nr. D 2, S. 432f.); Türken in der massa perditionis der Verdammten neben Repräsentanten der Papstkirche in Magdeburger Flugblättern, in: Kaufmann, Ende der Reformation, wie Anm. 277, Abb. 15, S. 582; Abb. 17, S. 584; vgl. zu den Blättern a. a. O., S. 398ff. Markus Jenny, Luthers Geistliche Lieder und Kirchengesänge [AWA 4], Köln u. a. 1985, Nr. 38, S. 304f., hier: 304. Dresser (s. Anm. 555) betonte 1604 angesichts des gefährdeten Religionsfriedens im Reich, daß das Lied für die Lutheraner nichts von seiner Bedeutung eingebüßt habe: »Non enim desinunt Lutherani hymnum illum suum canere: Serva, Deus, nobis verbum tuum, & Papae Turcique furorem reprime. Hac cantilena hactenus tuti fuimus, & erimus absque dubio etiam in tempus reliquum proclive quidem est, capere consilium de opprimendis Lutheranis, sed nondum Deus annuit, & conatus tales approbavit.« De Pace, wie Anm. 555, S. 34. Die Popularität dieses Liedes war im Dreißigjährigen Krieg ungebrochen, vgl. Thomas Kaufmann, Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede [BHTh 104], Tübingen 1998, S. 52f. Anm. 138; zu Türke und Papst als Häuptern des ›Interimsdrachens‹ s. Harms II, Nr. 5, S. 10f.; vgl. Nr. 6, S. 12f.; Kaufmann, Ende der Reformation, wie Anm. 277, S. 403ff.; ein interessantes Blatt, das die christlichen Märtyrer der apokalyptischen Doppelmacht ›Türke‹ und ›Papst‹ gegenüberstellt, in: Harms II, Nr. 112, S. 196f. Patrice Veit, Entre violence, résistance et affirmation identitaire. A propos du cantique de Luther »Erhalt uns Herr bei deinem Wort«, in: Kaspar von Greyerz – Kim Siebenhüner (Hg.), Religion und Gewalt [VMPIG 215], Göttingen 2006, S. 267–304; vgl. auch: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 252 Anm. 166; eine Ermahnung, »Erhalt uns Herr« zu singen, bei Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 3r, ebenso bei Johannes Buchbach, Kurtze erinnerung uber das achte und neununddreißigste Kapitel Ezechelis von der Zukunft des Türken, 1578; VD 16 B 8993; Ex. MF 280 Nr. 558, C 5r (zit. neben »Ach Gott vom Himmel sieh darein«, vgl. Jenny, Lieder, wie Anm. 321, S. 62–65; 175–179). WA 30 II, S. 141,20. A. a. O., S. 140,24ff. A. a. O., S. 142,2f. 1520 bestimmte Luther das Widerstandsrecht gegen die ›Romanisten‹ unter ironischer Aufnahme der von ihm ja dezidiert abgelehnten (s. unten Anm. 589ff.) Kreuzzugsrhetorik folgendermaßen: »Sihe, das weren die rechten Turcken [sc. der Papst und seine Kurtisanen], die die kunig, fursten unnd der adel solt am ersten angreiffen, nit darinnen gesucht eygen nutz, sondern allein besserung der Christenheit und hynderung

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Anmerkungen zu S. 44–45 der lesterung unnd schmach gottlichs namens […].« WA 6, S. 258,5–8; ähnlich – gegen Prierias – WA 6, S. 347,22–27: die Christen sollen »omnibus armis« der antichristlichen Klerisei eintgegentreten, »et manus nostras in sanguine istorum lavamus« [vgl. Ps 57, 11 Vulg.; WA 6, S. 347,25f.]. Daß es von Äußerungen dieser Art nurmehr ein kurzer Schritt zum ›Kreuzzug‹ der Ritterschaft um Hutten und Sickingen gegen die ›Kurtisanen‹ in der Nachfolge der Taboriten war (vgl. etwa: Gesprechbuechlein Neüw Karsthans, in: BDS 1, bes. S. 438,32ff.; instruktiv: Miriam Usher Chrisman, Conflicting visions of Reform. German Lay Propaganda Pamphlets, 1519–1530, Boston 1996, S. 82ff.; Hans-Jürgen Goertz, Antiklerikale Polemik in Flugschriften des Adels, in: Ders., Antiklerikalismus und Reformation [Kleine Reihe V&R 1571], Göttingen 1995, S. 45–62), versteht sich von selbst. WA 30 II, S. 142,3f. Im Nachwort zu seiner Übersetzung der Ricoldus-Schrift vergleicht Luther den textlich ungewissen Koran mit der durch Dekret, scholastische Summen u. a. verderbten Grundlage des Christentums, WA 53, S. 391,38ff. = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 186; 316f.; vgl. auch – unter dem Gesichtspunkt der Papst und Türken gemeinsamen teuflischen Feindschaft gegen Christus: WA 30 II, S. 162,1ff.; 195,7ff. Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, Y 3r = Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 271; vgl. Hutten, Opera, ed. Böcking, wie Anm. 60, Bd. IV, S. 232,4ff. 21ff.; 278,9ff. 26ff.; 281, 15ff. 32ff; zur Sache vgl. auch die Anm. 3 genannte Literatur, insbes. Pfeffermann, Zusammenarbeit. WA 30 II, S. 142,11–143,11; zum Vergleich der Promiskuität der »Canonici« und der Polygamie bzw. Polyandrie der Türken s. Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, F 3v. Der Topos, der römische Klerus beute die Christenheit stärker aus als es der Türke tue, findet sich bei dem englischen Frühprotestanten Simon Fish, vgl. in der Übersetzung Francks Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 224, 27–29. Zu Fish vgl. Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 295ff. »Denn der Bapst ynn dem stück [sc. hinsichtlich der Verfolgung der wahren Christen] viel erger ist, denn der Türcke. Der Türcke zwinget doch niemant Christum zu verleugnen und seinem glauben anhangen […].« WA 30 II, S. 195,15–17. Vgl. etwa die von Flacius hg. Flugschrift des ungarischen Protestanten Emmerich Zigerius, in: Kaufmann, Ende der Reformation, wie Anm. 277, S. 286–293; der polemische Topos, die Türken und Heiden wüteten nicht so schlimm gegen die ›Evangelischen‹ wie die Altgläubigen, begegnet in der reformatorischen Publizistik schon früher, etwa 1523 bei Johann Fritzhans, An ein ehrbarn, ehrsamen, weisen Rat und die ganze christliche Gemein der Stadt Magdeburg, Gottes Wort belangend, Wittenberg, Hans Lufft, 1523, C 5v; VD 16 F 3032; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 1206, S. 512f.; Ex. MF 271 Nr. 771; über Fritzhans vgl. DBETh, Bd. 1, 2005, S. 458 [Lit.]. Vgl. nur WA 30 II, S. 206,3ff.; 207,7ff.; vgl. ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 3f.7.; Enustinus, Genealogia, wie Anm. 69, S. 30; vgl. Luthers Kommentierung der Bulle Papst Pauls III. De Indulgentiis contra Turcam vom 15.6.1537, ed. Ex. MF 1212 Nr. 2036; WA 50, S. 111–116 (zum Kontext: Pfeffermann, Zusammenarbeit, wie Anm. 3, S. 193ff.). Als weitere Vergleichsaspekte zwischen Papstkirche und »türkischer Religion« werden etwa genannt: formalisierte Gebetsriten und -quanten (Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, A 3r); das Verhalten der Päpste, die die Türkensteuern einstrichen, entspreche dem Verhalten türkischer Beamter (Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 271). Auf dieser Linie liegt auch die Bezeichnung eines ›papistischen‹ Buches als »Alkoran«, vgl. Alber, wie Anm. 277, die eines ›papistischen‹ Fürsten wie Herzog Heinrich von BraunschweigWolfenbüttel als ›türkischem Tyrannen‹ (Newe Zeitung / Der Ergebung des Deudschen Türcken / Newen Pharaoni und Sauli / den man sonst Heinrich von Braunschweig nennet, [Wittenberg, Georg Rhau, 1545?]; VD 16 N 734; Ex. MF 1460 Nr. 2433, A 2r; zur Klage über weltliche Obrigkeiten, die gegen die Evangelischen rüsten anstatt den Türken zu bekriegen, vgl. nur: WA 30 II, S. 148,5ff.; Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, A 2v/A 3r; A 4r/v;

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»[…] papa est peior Turca.« WATr 5, Nr. 5344, S. 75,4; auch für Hutten waren die Römer größere Feinde Christi als die Türken, vgl. ed. Böcking, Hutteni Opera, wie Anm. 60, Bd. IV, S. 163, 7ff. 25ff. Andreae bekennt: »Ich zwar für mein Person / will lieber den Türcken (wann sie mich gleich würgen / und nit zu irer unträgenlichen Dienstbarkeit gebrauchen solten /) zutheil werden / dann dem Bapst.« Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, S. 471. Wie vital die Vergleiche der Papisten mit den Türken auch bei den niederländischen Reformierten waren, dokumentieren die Schriften von Voetius und Coccejus, in: van Amersfoort – van Asselt, wie Anm. 72. Franck, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 98f., freilich mit dem Zusatz, daß sich der Teufel auch »Euangelisch« gerieren und das Wort Gottes predigen könne, a. a. O., S. 99. WA 53, S. 396,18f. = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 189. WA 53, S. 396,19f. = ed. Ehmann, ebd. WA 53, S. 396,28f. = ed. Ehmann, ebd. Die Analogisierung der römischen Bischöfe mit den Türken und Juden entsprach für Luther schon 1523 ihrer Verfallenheit an den Teufel und begründete die Autonomisierung gemeindlicher Selbstgestaltung: »Nu sie [sc. die Bischöfe] aber an des teuffels stat sitzen und wolffe sind, die das Euangelion nicht leren noch leyden wollen, so gehet sie das predig ampt und seel sorgen unter den Christen tzu beschicken eben ßo viel an als den turcken und die Juden. Esell sollten sie treyben und hund leytten.« Daß eine christliche Versammlung, WA 11, S. 413,31–35. »Ich [sc. Luther] habe das meine gethan als ein trewer Prophet und Prediger. Wer nicht hören wil, der mags lassen, Ich bin entschüldigt itzt; fort an jenem tage und in ewigkeit. Die aber gleuben, werden mirs hie und dort dancken.« WA 53, S. 396,29–32 = ed. Ehmann, ebd. Auf einen ähnlichen testimonialen Ton sind bekanntlich auch die Schriften gegen Juden, Papsttum und Schwärmer, die Luthers »last battles« (vgl. Mark Edwards, Luther’s Last Battles. Politics and Polemics, 1531–1546, Leiden 1983, S. 97ff. [zu den Türkenschriften]) prägten, gestimmt. Vgl. die Klage Assus’, Türckenpredigten, wie Anm. 158, D 2v, der die Lutheraner dafür verantwortlich gemacht sieht, daß der Türke Jammer über Deutschland bringt. Mylius führt als Meinung Karls V. an, daß die Lutheraner »erger / denn die Türcken« (Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 32r) seien; deshalb habe er gegen den Protestantismus Krieg geführt, statt den Türken anzugreifen. Für Bellarmin und andere jesuitische Autoren stand fest, daß die protestantischen Häretiker »were worse even than Jews, Mahometans, and schismatics«, Harro Höpfl, Jesuit Political Thought, Cambridge 2004, S. 73. »Licet plurimi nunc et iidem magni in ecclesia nihil aliud somnient quam bella adversus Turcam, scilicet non contra iniquitates, sed contra virgam iniquitatis bellaturi deoque repugnaturi, qui per eam virgam sese visitare dicit iniquitates nostras, eo quod nos non visitamus eas.« WA 1, S. 535,35–39 (Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute, conc. 5, 1518). Vgl. Exsurge Domine (15.6.1520), Art. 34: »Procliari adversus Turcas est repugnare Deo visitanti iniquitates nostras per illos.« DS38, 1999, S. 492, Nr. 1484; vgl. WABr 1, S. 270,11–14; 282,3–14; Luthers Replik auf die 34. Verwerfungsthese in: Assertio omnium articulorum (1520), WA 7, S. 140,19–141,25 bzw.: Grund und Ursach, WA 7, S. 443,5–33. Die Bekanntschaft mit diesen Textpassagen dürfte den ›altgläubigen‹ Theologen des späteren 16. Jahrhunderts v. a. durch das Werk des englischen Bischofs von Rochester John Fisher gegen Luthers Assertio, die erstmals 1523 in Antwerpen erschienene Assertionis Lutheranae confutatio (WA 7, S. 93; spätere Drucke Köln 1558, 1564, ZV 5891f.; vgl. zur August 1523 erschienenen Übersetzung [Johannes Cochläus’]: Laube [Hg.], Flugschriften gegen die Reformation [1518–1524], wie Anm. 349, S. 36), vermittelt worden sein. In Vom Kriege wider die Türcken (1528/9) ging Luther auf seine früheren Äußerungen und die päpstliche Verurteilung noch einmal ein und betonte deren historisch-kontextuelle Bedeutung, WA 30 II, S. 108,24–109,3; vgl. zum Kontext: Mau, Luthers Stellung zu den Türken, wie Anm. 361; Martin Brecht, Luther und die

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Türken, in: Kühlmann – Guthmüller, Europa, wie Anm. 3, S. 9–28, hier bes. 10f. In Briefen Leos X. an Friedrich von Sachsen vom 23.10.1518 (vgl. EA var arg II, S. 352–354; Peter Fabisch – Erwin Iserloh [Hg.], Dokumente zur Causa Lutheri [1517–1521], 2. Teil [CCath 42], Münster 1991, S. 48–50 ) und 8.7.1520 (Walch XV, Nr. 439, S. 1666–1670; EA var arg 5, S. 10–12; vgl. Ingetraut Ludolphy, Friedrich der Weise. Kurfürst von Sachsen 1463–1525, Göttingen 1984, S. 411ff.; 420; Brecht, Luther Bd. I, wie Anm. 589, S. 251ff.; 256; 379; Kenneth M. Setton, Lutheranism and the Turkish Peril, in: Balkan Studies 3, 1962, S. 133–168, hier: 143 [Nachweise]) warnte der Papst Luthers Landesherrn vor einer Unterstützung des Ketzers und machte Luther explizit dafür verantwortlich, daß seine Anstrengungen für einen Türkenzug gescheitert seien, ja warf Luther vor, den Türken zuzuarbeiten (»faventem Turcis«, EA var arg 5, S. 10). Die entsprechende Polemik der ›altgläubigen‹ Theologen wurzelt also in Urteilen des Oberhauptes der römischen Kirche. Eine Zusammenstellung einiger altgläubiger Urteile über Luther als denjenigen, dem die Verantwortung für die Siege der Türken zuzuschreiben sei, findet sich in der Einleitung seiner ersten Türkenschrift von 1529 in: WA 30 II, S. 91ff.; zu gelegentlichen Äußerungen Luthers, am liebsten zöge er selbst gegen den Türken ins Feld, vgl. WABr 10, S. 20,46f. 339 Schon das Türcken-Büchlein von 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, hier: S. 160f., distanzierte sich von der Absage der Lutherischen an eine militärische Gegenwehr gegen die Türken. Ähnlich in den ursprünglich 1522, in Teilen 1527 gedruckten Textpassagen in Sylvius, Eine klare Beweisung, in: Adolf Laube, Flugschriften gegen die Reformation (1525–1530), Berlin 2000, Bd. 1, S. 429,23ff. (lutherische Prediger behaupten angeblich, daß Ungarn nur deshalb vom Türken erobert worden sei, weil es sich dem Evangelium verweigert habe, s. dazu a. a. O., S. 449f. Anm. 5); Aufzählung verschiedener Gründe, die es berechtigt erscheinen lassen, die türkischen Vorstöße auf Luthers Agitation zurückzuführen (a. a. O., 430,29ff.), denn Luther habe die päpstliche Lehre als antichristlich desavouiert, durch die Freigabe individueller Glaubensfreiheit die kirchliche Autorität aufgelöst, durch seine Schriften die Desertion zum Türken befördert etc. (431,29ff.). Luthers Absage gegenüber dem Plenarablaß im Zusammenhang mit dem Türkenkreuzzug (a. a. O., 432,30ff.) und gegenüber einem Widerstand gegen die Türken (432,40ff.) habe den Türken stark gemacht. Sylvius’ Schrift setzt Luthers 1528/9 vollzogene Hinwendung zu militärischen Maßnahmen gegen die Türken natürlich noch nicht voraus. Thomas More sah die Protestanten als Teil der ›mohammedanischen Sekte‹ (»verely of the sect of Mahumette, preparing a waye for the Turke to overruane all Christendom.«) zit. nach Weiler, ed. Consultatio, Erasmus, Opera V/3, wie Anm. 60, S. 15 mit Anm. 71. Und in bezug auf Luthers De captivitate Babylonica hatte More 1523 festgestellt: »Tam belle tuae [sc. Luthers] fidei, cum turcae fide convenit. O christianum pectus: qui nihil probat: nisi quod turca comprobat.« Zit. nach ebd. Auch noch am Ende des 16. Jahrhunderts greift man katholischerseits gern auf Luthers Assertio von 1520 zurück, um zu beweisen: »Unsere Ketzer lieben den Türcken« (so Randglosse in: Anisius, Siben katholische Predigten, wie Anm. 307, S. 185 [zit. aus Assertio, ebd.]); ähnlich bei Kaspar Macer, Ein Bittpredigt / wider den grausamen erschröcklichen erbfeind … den Türcken und andere der Catholischen kirchen und lästerer und verfolger …, Ingolstadt, A. und S. Weissenhorn, 1567; VD 16 M 24; Ex. MF 2090 Nr. 3393, S. VIv, der Luthers Äußerungen von 1518/20/1 voraussetzt, außerdem aber auch noch auf Johannes Oekolampad verweist (a. a. O., S. VIv a. R.); diese Erwähnung Oekolampads dürfte durch eine entsprechende Bemerkung in Ecks Enchiridion locorum communium veranlaßt sein, vgl. den Textauszug in: Ernst Staehelin, Briefe und Akten zum Leben Oekolampads Bd. 2: 1527–1593 [QFRG 19], Leipzig 1934, ND New York, London 1971, Nr. 464, S. 18f.; vgl. Pierre Fraenkel (Hg.), Eck, Enchiridion locorum communium adversus Lutherum et alios hostes ecclesiae (1525–1543) [CCath 34], Münster 1979, S. 244 mit Anm. 27. Cochläus warf Luther sei-

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ne »inconstantia« (Dialogus, s. u., S. XXXVIv–XXXIXv) in seinen Äußerungen über die Türkenfrage bis zu seiner Schrift Vom Kriege wider die Türken (Frühjahr 1529) in einer eigenen Flugschrift vor: Dialogus de bello contra Turcas, in Antilogias Lutheri, per Ioannem Cochleum. XV Contradictiones …, Leipzig, Valentin Schumann, 1529; VD 16 C 4290; Ex. HAB Wolfenbüttel 817.55 Theol. (4); Im Lichte des Halbmonds, wie Anm. 152, S. 70; 86 Nr. 61; s. Abb. 18. Cochläus dürfte auch in dieser Frage das katholische Lutherbild am Nachhaltigsten geprägt haben (vgl. dazu noch immer: Adolf Herte, Das katholische Lutherbild im Bann der Lutherkommentare des Cochläus, 3 Bde., Münster 1943; zu den Commentaria s. auch: Samuel-Schneyder, Cochläus, wie Anm. 349, S. 489ff.). Für Cochläus ist Luthers Äußerung in den Resolutiones dafür verantwortlich, daß die Christenheit keine wirksame Türkenabwehr zustandebringe (Dialogus, S. XXXVIIr), denn ungeachtet seiner Heerpredigt sei Luther eigentlich ein Feind des Türkenkrieges. Fabri spitzte [1528] Luthers Absage an den Türkenkrieg in dem Sinne zu, daß er Christen und christlichen Obrigkeiten zu kämpfen verboten habe; Luther lehre: »[…] contra Turcos bellare non liceat, sed Turcis omnes aperire portas Christianum & Euangelicam principem conveniat.« Oratio, wie Anm. 431, C 1v. 1570 publizierte Macer eine Schrift mit dem sprechenden Titel: Turcico = Lutherus, ZV 25261. Der fürstlich-bayerische Kaplan Augustin Neser kennt Luthers entsprechende Äußerung aus der Assertio aus Fishers Widerlegung (s. vorige Anm.), vgl. Ein newe Catholische Predigt. Auf des Türcken Niderlag …, München, Adam Berg, 1572; VD 16 N 545; Ex. MF 2095f. Nr. 3401, S. XIIv. Diese Belege mögen verdeutlichen, daß aus Sicht der Lutheraner auch im späteren 16. Jahrhundert durchaus Anlaß bestand, der ›papistischen‹ Behauptung, Luther habe davon abgeraten gegen den Türken Krieg zu führen, entgegenzutreten, vgl. Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 3v. 340 Vgl. Anisius, Siben katholische Predigten, wie Anm. 307, bes. S. 172; vgl. 177/180 (Luther provoziere Aufruhr, indem er den Bauernkrieg ausgelöst habe [ein Topos bereits der frühen Reformationszeit, vgl. die Nachweise in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 49 mit Anm. 80]; entgegen Luthers [vermeintlicher] Auffassung sei Widerstand gegen den Türken legitim, S. 182; s. auch Cochläus, in: Laube, Flugschriften gegen die Reformation Bd. 2, wie Anm. 339, S. 1280,17ff.). Hinsichtlich der aufrührerischen Wirkungen verglich Herzog Georg von Sachsen die lutherische Bewegung schon 1519 mit der Mohammeds und der Hussiten, vgl. Georg von Sachsen an Heinrich VIII. 9.5.1523, in: Felician Gess, Akten und Briefe zur Religionspolitik Herzog Georgs von Sachsen, Erster Band 1517–1524, Leipzig 1905, ND Köln, Wien 1985, S. 505–509, hier: 508; zur Kirchenpolitik Georgs von Sachsen bis 1525 vgl. jetzt: Christoph Volkmar, Reform statt Reformation [SMHR 41], Tübingen 2008. 341 Deutschland, die wichtigste Bastion gegen den Türken, sei durch Luther geschwächt und zum Spielball des Osmanischen Reiches geworden, so Ainisius, Siben katholische Predigten, wie Anm. 307, S. 11–21. Seine Predigten setzen die des Mylius (s. Anm. 14) voraus, a. a. O., (:)4r. Ainisius publizierte gegen protestantische Türkenpredigten, die diesem angeblich »nicht so gar feindt seyn« (:)3v. »Dann sie schmecken Mäuß / und mochten ihr erhalt uns Herr bey deinem Wort unnd stewr deß Bapst unn Türcken Mordt [s. oben Anm. 321f.] unterm Türckischen Säbel unnd Gewalt geschwind außgesungen haben der Türck wirdt sich nit so lang trotzen und bochen lassen als der Bapst. Warumb seynd sie dem Türcken nit recht feynd? Dem Bapst zu trutz / als wie sie am Karrfreytag dem Teuffel zu trutz Fleisch fressen: Der Bapst ist bey ihnen mehr ein Antichrist und Teuffelßkind / als Machomet der Türcken Pseudoprophet […].« (:)3v–4r. Ein Standardvorwurf ›der‹ Altgläubigen gegen die Protestanten bestand in deren Unzuverlässigkeit etwa hinsichtlich der Türkensteuer und im geringen Engagement für die Befreiung von Christen in türkischer Gefangenschaft, vgl. etwa: Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, D 1r–D 2r; vgl. auch Winfried Schulze, Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert, München 1978, S. 50.

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342 Cochläus, Dialogus, wie Anm. 339, S. Xrf.; vgl. WA 8, S. 117,20ff.; s. auch WA 50, S. 571,23–573,5; Luther handelte sich durch seine Bemerkung seitens Latomus’ den Vorwurf des Arianismus ein, s. WA 8, S. 40. 343 Cochläus, Dialogus, wie Anm. 339, S. Xv. 344 »De pluralitate denique uxorum itidem facile conveniunt Mahumetes & Lutherus, si conjectura me non fallat, Nam & Lutherus digamiam permittit […].« Cochläus, Dialogus, wie Anm. 339, S. XIr; zur Bigamie bei Luther s. Anm. 349. 345 Cochläus, a. a. O., S. XIrff. 346 »Vastare templa & Monasteria, Diripere aurea & argentea Ecclesiarum vasa, Prophanare sanctas, vestes, Exterminare presbyteros & Monachos, Constuprare sacras virgines, Ridere nostras Ceremonias, Abolere missas & sacrificia, Demoliri sacra tum altaria, tum baptisteria ac ciboria, Damnare castitatis et obedientie vota, Illudere Papae & Episcopis, Perfrigere crucifixi statuas, Abradere divorum imagines, Abrogare leges humanas, Prohibere horas Canonicas, Conflare ęs campanum, Laudatas immutare aut penitus abdicare consuetudines, Breviter omnem ordinationem bonam tollere, malam in locum subrogare.« A. a. O., S. LVIIIv. 347 So in der Überlieferung Aurifabers WATR 1, Nr. 904, S. 449,16f.; die Tischrede stammt von Cordatus und ist auf März 1532 datierbar. Der Gesprächsgang war demnach: Der Türke gewährt denen, die einen Geleitbrief haben, Schutz und Sicherheit bei der Reise in seinen Regionen. »Ad hunc [sc. zum türkischen Sultan] legatus missus vir egregius nomine Schmaltz, Hagenensis civis, hunc interrogavit, quot annorum esset Lutherus; respondit 49 annorum. Ad quod Turca: Utinam iunior esset; er sol einen gnedigen herrn an mir wissen. Hoc audiens levata manu et signo crucis facta dixi [sc. Luther]: Behut mich Gott fur diesem gnedigen herrn!« WATR 2, Nr. 2537a, S. 508,3–8; vgl. Scherer, Opera, Bd. 2, wie Anm. 348, S. 319. 348 Vgl. Georg Scherer, Ein treuhertzige Vermanung, daß die Christen dem Türcken nit huldigen, sondern ritterlich wider ihn streiten sollen [1595], in: Ders., Opera, Bd. 2; Ex. HAB Wolfenbüttel 119.3 Theol. 2, S. 307–320, hier: 319f.; vgl. Schulze, Reich, wie Anm. 341, S. 50. Für das ›altgläubige‹ Bild von Luthers Haltung gegenüber den Türken dürfte dem entsprechenden Locus (Nr. LXXVI) in Johannes Aurifabers Ausgabe der Tischreden Oder Colloquia Doct. Mart: Luthers …, Eisleben, Urban Gaubisch, 1566; ND Leipzig 1967, S. 955r [sic! 595] – 601r eine wichtige wirkungsgeschichtliche Bedeutung zukommen; die Anm. 347 zitierte Episode a. a. O., S. 595v. Aurifabers Voranstellung einer Tischrede, die eine türkische Eroberung Roms prognostiziert, dürfte programmatisch gemeint sein. In seinen Lutherpredigten stellt Mathesius (s. ed. Buchwald, wie Anm. 187, bes. S. 139– 142) bezeichnenderweise Luthers Engagement für den Türkenkrieg weitläufig dar, übergeht hingegen seine frühen kritischen Äußerungen. Für den Jesuiten Scherer (vgl. über ihn: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 226 Anm. 62 [Lit.]; passim; Kai Bremer, Religionsstreitigkeiten. Volkssprachliche Kontroversen zwischen altgläubigen und evangelischen Theologen im 16. Jahrhundert [Frühe Neuzeit 104], Tübingen 2005, passim) ist Luther der Inaugurator dessen, daß »bei unsern leydigen zeiten / etlichen der Buckel jucket / nach dem Türcken und gar kein bedencken haben / sich an diesen blutdurstigen Tyrannen liderlich zu ergeben und ihm zu huldigen […].« Opera, Bd. 2, S. 319. Scherer bietet insgesamt sieben Lutherzitate aus der Zeit seit 1518, die dokumentieren sollen, daß der Wittenberger die Widerstandskraft der christianitas gegen den Tüken insbesondere durch für diesen günstig ausfallende Vergleiche mit der Papstkirche unterminiert habe. Die Auswahl der Zitate stimmt weitgehend mit dem überein, was in Cochläus’ Dialogus, wie Anm. 339, zu finden war. Als Beweis dafür, daß die lutherischen Prediger bis ins späte 16. Jahrhundert hinein in Luthers früher Distanzierung vom Türkenkrieg befangen blieben, führt Scherer ein Zitat des Schmalkaldischen Predigers Alexander Utzinger (s. über ihn: Bremer, a. a. O., S. 218; 283; vgl. DBI I 1299, 133f.) an: »Wenn

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ich […] einem rahten solt / der eintweder bey Türcken oder Ketzern wohnen müste / ober aber under den Bapisten sein / ob sie ihm schon auch / so wol als jene / bey seinem Glauben und Gewissen bleiben liessen / wuste ich bey meinem Eyd in eile nit / welche ich solt heissen wöhlen / wann ichs aber mit fleiß erwogen hette unn bedächte / so muste ich sagen / beydes bey den Türcken und Ketzern wer es sicher (der Geistlichen Gefahr halben) als eben bey den Bapisten.« Opera, Bd. 2, S. 320. 349 Cantzler stellt fest, daß bei den »newen euangelischen […] kein besserung gesehen oder gefunden ist worden« (Aus was ursache, wie Anm. 187, B 1r); in sittlicher Hinsicht stünden sie hinter den ›Altgläubigen‹ zurück; deshalb gebe es auch weniger Glauben als beim Türken, B 1r/v. Die Pariser Fakultät verglich Luthers De captivitate Babylonica der Mannigfaltigkeit ihrer häretischen Verirrungen wegen mit dem Koran (vgl. deutsche Ausgabe 1521, in: Adolf Laube [Hg.], Flugschriften gegen die Reformation [1518–1524], Berlin 1997, S. 273,20–24). Heinrich VIII. sah hinsichtlich der zerstörerischen Wirkungen Luthers Parallelen mit dem »dürckisch wieten« (König Heinrich VIII. an Herzog Georg von Sachsen 1522, zit. nach der Ed. Laube, a. a. O., S. 487,29); zur Bezeichnung Luthers als »neuer Arius« bzw. »neuer Mohammed« in kurialen Texten seit 1520 vgl. Pfeffermann, Zusammenarbeit, wie Anm. 3, S. 157. Auch für Alveld (a. a. O., S. 73,16; 78,1) und Bachmann (a. a. O., S. 366,29–38) lag der Vergleich der reformatorischen Schismatiker mit der ›mahometischen Sekte‹ nahe. Cochläus fügt Luther in eine in Mohammed kulminierende Ketzerlinie ein, die sich jeweils über die bestehende Gemeinde gestellt habe und beanspruchte, »die ersten« zu sein, »denen Gott die Warheit geoffenbaret hette«, Laube, Flugschriften gegen die Reformation (1525–1530), Bd. 2, wie Anm. 339, S. 1152,32–34. Auf Cochläus’ berühmtem Septiceps Lutherus (dt., lat. Ausgaben; vgl. die Hinweise in: Laube, a. a. O., Bd. 2, S. 1014f.; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 574; 576–579, S. 250–253) zeigt der mit »Lutther« beschriftete Türkenkopf den schlechterdings ›ungläubigen‹ Irrlehrer (vgl. Katalog: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, wie Anm. 320, Nr. 287, S. 227f.; Ilonka van Gülpen, Der deutsche Humanismus und die frühe Reformations-Propaganda 1520–1526 [Studien zur Kunstgeschichte 144], Hildesheim u. a. 2002, S. 508; vgl. 358ff.), d. h. den seit 1520 als offenen Feind der Kirche erkennbaren ›Luther‹. Auch für Cochläus war es nicht zuletzt die Schrift De captivitate Babylonica, die den definitiven Schritt in eine nicht mehr vermittelbare Häresie markierte; vgl. zu Cochläus nur: DBETh, Bd. 1, 2005, S. 244f.; Monique Samuel-Schneyder, Johannes Cochläus, humaniste et adversaire de Luther, Nancy 1999, S. 403ff.; Benedikt Peter, Der Streit um das kirchliche Amt. Die theologischen Positionen der Gegner Martin Luthers [VIEG 170], Mainz 1997, S. 191–205. Ecker, Alcoranischer Nessel Krantz, wie Anm. 239, stellt Luthers Lehre unter der Überschrift »Des lutherischen Alcorans« dar und gliedert sie in »Azora«, d. h. Suren mit fortlaufender Numerierung (B 1vff.). »Azora 3« z. B. (B 1vff.) führt unter der Überschrift: »Der Mahomet / Türckteuffel und Tod selbst« Zitate Luthers an, die die tiefe Verlassenheit des leidenden Christus thematisieren; »Azora XVI.« (D 3vff.) bietet Äußerungen Luthers zum Gebet und Warnungen vor allzu häufig wiederholten Gebetsbitten (D 3vf.). Die Luthersche Sexualethik entspreche türkischer Vielweiberei (E 2vf.). Neben Luther attackiert Ecker besonders Lukas Osiander (s. oben Anm. 19) als genuinen Ausleger und Tradenten der »Türckische[n] Gottslesterung / und Epicurische[n] Sewbossen« (G 3r); vgl. zur Sache auch die Hinweise oben Anm. 239; neben seiner scharfen Polemik gegen die die Schöpfungsordnung zersetzende Polygamie der Türken (s. Anm. 509) finden sich (s. oben Anm. 225) bei Luther auch schillernde – freilich von Georg von Ungarn abhängige (s. Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 248– 251) – Äußerungen darüber, daß die türkischen Männer ihre vielen »ehe weiber […] und […] Megde« (WA 30 II, S. 190,2) »alle ynn grossem zwang und gehorsam« (a. a. O., S. 190,4) halten und sich die türkischen Frauen »ynn solchem zwang und schönen geberden« (a. a. O., Z. 11f.) sittlich untadeliger verhielten als die christlichen Frauen. [Franck

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Anmerkungen zu S. 46 konstatiert, daß in keinem Land die Frauen ungehorsamer seien als in Deutschland, wo sie »schier recht Amazones« wären; er stellt die Subordination der Frauen im Moskowitischen Großreich als vorbildlich dar!] In De captivitate Babylonica hatte Luther gelegentlich davon gesprochen, daß er die ›digamia‹ eigentlich der Scheidung vorziehe, aber nicht zu entscheiden wage, ob das legitim sei, vgl. WA 6, S. 559,21 = LuStA 2, S. 244,21 ; vgl. zu dieser Frage zuletzt: Leppin, Luther, wie Anm. 588, S. 160; im Horizont der Debatte um die BigamieAffäre des Landgrafen von Hessen s. Gury Schneider-Ludorff, Der fürstliche Reformator. Theologische Aspekte im Wirken Philipps von Hessen von der Homburger Synode bis zum Interim [AKThG 18], Leipzig 2006, bes. S. 192. In seiner Unterrichtung, wie sich die christen in Mosen sollen schicken [27.8.1525], WA 16, S. 363–394, führt Luther die Leviratsehe (Dtn 25,5–10; vgl. Gen 38,8; Ruth 4,5; Mt 22,24) als Beispiel exemplarisch sinnvoller, freilich für Christen nicht verbindlicher biblischer Rechtsvorstellungen an: »[…] also begab es sich, das eyner viel weyber hat, und ist auch eyn feyn gepot.« (WA 16, S. 378,17f.; vgl. zu den Erzvätern: WA 24, S. 303,8ff.29ff.; thematisch einschlägig: die Gutachten zur Ehescheidung Heinrichs VIII., vgl. WABr 6, Nr. 1861, S. 175–188; BDS 10, Nr. 8, S. 103–119). Daß Äußerungen dieser Art Anhaltspunkte für kontroverstheologische Polemik boten, ist evident. Luther war selbst klar, daß, wenn die Bigamie des Landgrafen ruchbar würde, man die Evangelischen für Türken hielte, WABr 8, S. 641,68f.; vgl. zur Doppelehe auch: Martin Brecht, Martin Luther, Bd. 3: Die Erhaltung der Kirche 1532–1546, Stuttgart 1987, S. 205ff. Freilich sollte nicht übersehen werden, daß bi- oder polygyne bzw. bi- oder polygame Lebensverhältnisse im mittelalterlichen Europa, insbesondere in den mit muslimischer Kultur in Kontakt stehenden Randländern, nicht ungewöhnlich waren, ja eine »Kultur der Mehrfachbeweibung im Osten und Norden, im Westen und Süden […] die Gegensätze der monotheistischen Religionen überlagert hat«, so Michael Borgolte, Kulturelle Einheit und religiöse Differenz. Zur Verbreitung der Polygamie im mittelalterlichen Europa, in: ZHF 31, 2004, S. 1–36, zit. 35. Die für die Reformation des weiteren charakteristische Intensivierung der ehelichen Monogamie (vgl. nur: Lyndal Roper, Das fromme Haus. Frauen und Moral in der Reformation, Frankfurt/M. 1995) dürfte nicht zuletzt als Reflex auf polygame Beziehungsformen im Täufertum (vgl. etwa Luthers Kolportage von Nachrichten über Ludwig Hätzers Unzucht mit 24 Frauen, WATr 1, Nr. 100, S. 38,14; WATr 6, Nr. 6932, S. 276,31ff.; s. auch WATr 5, Nr. 5282, S. 43,6f.; Nr. 6222, S. 548,5ff.) zu interpretieren sein (s. in bezug auf Münster: Hubertus Lutterbach, Der Weg in das Täuferreich von Münster. Ein Ringen um die heilige Stadt [Geschichte des Bistums Münster III], Münster 2006, S. 244ff., bes. 245). In der lutherischen Frühorthodoxie waren die Themenfelder Täufertum und Türken in bezug auf die Polygamie fest verbunden, s. etwa zu Hafenreffer: Ohlemacher, Lateinische Katechetik, wie Anm. 9, S. 305. Als Beispiel für das mit türkischem Ikonoklasmus vergleichbare Wüten der Protestanten führt Macer, Bittpredigt, wie Anm. 339, S. XIIIrf., das Wirken eines lutherischen Kürschners in »Torpach« (d. i. Dorpat) in Livland an, das er aus »Tilmanno« kennt (a. a. O., S. XIIIr). Gemeint ist natürlich Melchior Hoffman, vgl. zu den Vorgängen: Klaus Deppermann, Melchior Hoffman. Soziale Unruhen und apokalyptische Visionen im Zeitalter der Reformation, Göttingen 1979, S. 48ff.; vgl. WA 18, S. 412ff. Bredenbach schildert, der Kürschner der »Lutherana factio« [14r] habe mit jüngeren Kaufleuten gemeinsam in Dorpat »seditiose ac magno cum tumultu in basilicam Divae Virginis sacram irruerent, suumque illum concionatorem violenter in suggestum collocarent, sacerdotibus & cantoribus omnibus e templo profligatis.

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Hinc altaria, & divorum statuas invadunt, diruunt: imagines ipsas in forum allatas accumulant & substructa pyra comburunt.« (S. 13r/v). Ähnliches sei in der Johanniskirche von Dorpat geschehen; zum weiteren Agieren des namentlich nicht genannten Kürschners S. 14vff. Bredenbach vergleicht den Dorpater Ikonoklasmus übrigens nicht mit dem Verhalten der Türken, sondern – nach Johannes Damaszenus und anderen kirchengeschichtlichen Autoren – der Juden (16v)! Die Bezeichnung von Bildentfernungen als ›türkische‹ Verhaltensweise begegnet allerdings auch sonst, s. z. B. Litz, Bilderfrage, wie Anm. 233, S. 209. Als weitere Beispiele ›türkischer‹ Greueltaten protestantischer Ikonoklasten werden von Macer Ereignisse aus dem Zusammenhang der französischen Religionskriege angeführt, vgl. zum Kontext: Sergiusz Michalski, Die Ausbreitung des reformatorischen Bildersturms 1521–1537 (zu Tartu: a. a. O., S. 46), in: Dupeux – Jezler – Wirth (Hg.), Bildersturm, wie Anm. 233, S. 46–51; vgl. ders., Das Phänomen Bildersturm. Versuch einer Übersicht, in: Robert W. Scribner (Bob) (Hg.), Bilder und Bildersturm im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit [Wolfenbütteler Forschungen 46], Wiesbaden 1990, S. 69–124; ders., The Reformation and the Visual Arts: The Protestant Image Question in Western and Eastern Europe, Londen / New York 1993, S. 80ff.; 132f. u. ö. (zu Bilderstürmen an der Ostsee); Olivier Christin, Frankreich und die Niederlande – Der zweite Bildersturm, in: Dupeux etc., a. a. O., S. 57–67; zum Kontext zuletzt: Jean Paul Barbier-Mueller, La Parole et les armes. Chronique des Guerres de religion en France 1562–1598, Genf 2006. Vgl. einzelne Hinweise in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 115f.; 184f.; zur Verwendung des Türkenvorwurfs in der Auseinandersetzung um die Christologie der Wittenberger Philippisten vgl. Johannes Hund, Das Wort ward Fleisch. Eine systematisch-theologische Untersuchung zur Debatte um die Wittenberger Christologie und Abendmahlslehre in den Jahren 1567 bis 1574 [FSÖTh 114], Göttingen 2006, S. 198; 378. Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 32v. Vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 183ff. Um 1600 wurde es v. a. bei den kursächsischen Lutheranern, die auch politisch eine Annäherung an den Kaiser suchten (a. a. O., S. 401ff.), üblich, die größere Nähe der eigenen Konfession zur römischkatholischen Kirche zu betonen, die Calvinisten aber in größter Nähe zum orientalischen Antichristen, dem Türken, zu sehen. Auch sei – so Polycarp Leyser 1602 – »der Calvinisten Gott« dem »Teuffel ehnlicher […] / denn dem wahren Gott« (zit. nach Kaufmann, Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede, wie Anm. 321, S. 27 Anm. 65), entspreche also dem Gott der »türkischen Religon«. Christopher J. Burchill, Adam Neuser, in: The Heidelberg Antitrinitarians [Bibliotheca Dissidentium 11; BBAur 120], Baden-Baden 1989, S. 107–159 [Lit.]; RGG4, Bd. 6, 2003, Sp. 251f.; DBETh, Bd. 2, 2005, S. 978; der wesentliche Multiplikator der Informationen über Neuser war der nach Konstantinopel gereiste Tübinger Professor Stefan Gerlach, der in seinem Antidanaeus auf diesen ›Fall‹ eingegangen war, vgl. Dorothea Wendebourg, Reformation und Orthodoxie. Der ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1573–1581 [FKDG 37], Göttingen 1996, S. 374–377; Stefan Gerlach, Antidanaeus, sive Responsio, qua Lamberti Danaei figmenta et calumniae … ex verbo Dei deteguntur & confutantur …, Tübingen, G. Gruppenbach, 1580; VD 16 G 1521; Ex. HAB Wolfenbüttel 229.3 Th (9), hier: S. 38f.; vgl. auch: Crusius, Turcograeciae, wie Anm. 193, S. 410ff. Der Antidanaeus stellt eine Entgegnung auf Danaeus’ Antiosiander (1580) dar (vgl. Irene Dingel, Concordia controversa [QFRG 63], Gütersloh 1996, S. 82ff.). Die These, daß aus dem »Zuinglianismo« (S. 38) Monstrositäten hervorgingen, wird anhand von Zwinglis Verderbnis der Einsetzungsworte und der ›nestorianisierenden‹ Christologie des Zürcher Reformators vorgeführt; deshalb seien viele Reformierte dem Arianismus verfallen: »[…] & Neuserus, infoelicis memoria, olim Heidelbergensis Ecclesiae primarius Pastor, ex

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Zuinglianismo per Arrianismum ad Mahometismum usque, cum aliis non paucis, progressus est. Exhibuit mihi ipse Neuserus Constantinopoli, Anno Domini 1574. literas, eodem anno 2. Julij ad se ex Polonia, a primario quodam Antitrinitariae haeresis propugnatore [sc. Petrus Witrowski , s. Wendebourg, a. a. O., S. 375 Anm. 32; Burchill, a. a. O., S. 155], datas (quas bona fide transscripsi) cuius inter caetera, haec quoque verba sunt: Quaeso mi Adame, (hoc Neusero nomen proprium est) diligen[t]er interroga, an Alcoranus iste, quem Bibliander Tiguri edidit, sit authenticus, & veritati Arabicae conveniat. Nam isto libro nos valde delectamur, & divinum esse asserimus. Deinde peto etiam nomine fratrum, ut omnes vetustos Graecos libros inspicias, & si disputationem aliquam de uno Deo invenies, tecum apportato. Si veneris ad nos, nullo modo impediemus, quin ad tuos redeas, sed summopere curabimus, ut tutus discedere Constantinopolin possis. Nam talem virum, sicut tu es, optamus Constantinopoli habitare, ut quo ad libros istos praedictos, utilitas quaedam Ecclesiae accedat.« (S. 38). Diesem Brief war eine »scheda« von Neusers eigener Hand beigefügt : »Nullus nostro tempore (mihi notus) factus est Arrianus, qui non antea fuerit Calvinista, Servetus, Biandrata, Alciatus, Franciscus Davidis, Gentilis, Gribaldus, Sylvanus, et alii. Igitur qui timet sibi, ne incidat in Arrianismum, caveat Calvinismum. Hoc ipsum CWXVQITCHQPNeuseri, memoriae causa retineo.« (A. a. O., S. 39). Dem zitierten Brief [vgl. auch Burchill, a. a. O., S. 155f.] kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als er davon Zeugnis ablegt, daß auch die polnischen Antitrinitarier – ähnlich wie Andreae, s. oben Anm. 20 – Aufschluß darüber zu gewinnen suchten, ob die Bibliandrische Koranausgabe eine authentische Wiedergabe des arabischen Originals biete. 354 Außer den in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 185 Anm. 77 nachgewiesenenen Beispielen sei genannt: Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 33rf.: »So mache nun jeder Christ selb die Rechnung / wie weit Calvinismus vom Arrianismo von dem Alcorano selbs sey. Einmal der unselige Calvinismus ist anders nichts / denn eine vorbereitung / darmit dem Türcken und Alcoran der weg und die bahn bereitet wird. Inmassen dieses nicht aus blossen schlüssen und vermutungen allein zunemen: Sondern auch aus […] der erfahrung […]; [es folgen Hinweise zum Heidelberger Antitrinitarismus um Sylvanus etc.]. Adam Neusserus Pfarrherr zum H. Geist zu Heidelberg / hat es mit der that erwiesen / der sich auffgemachet hat / unnd von freien stück gegen Constantinopel zum Grostürcken begeben / die Beschneidung auff Türckisch angenommen / und zum Mahometischen Alcoran sich öffentlich bekennet. […] Gedachter Neiser / da er von einer beglauttn Person / die auff heutigen tag bey leben [a. R.: »Stephanus Gerlachius D.«] / unnd zu Tübingen Professor Theologiae ist / zu Constantinopel dieser verzweiffelten that halben zu rede gestelltet / unnd befraget worden / wie er doch darauff kommen were / solle mit seufftzen geantwortet haben / Were er nie kein Calvinist worden / so were er auch nie zu einem Arrianer unnd Türcken worden mit angehengter warnung / Qui non vult fieri Arrianus caveat, ne fiat Calvinianus […]. Man berichtet auch sonsten glaub wirdig / das unter allen Religionen der Christen / dem Grosstürcken die Calvinische am aller besten belieben solle / und wie man etwan in zeitungen berichtet / da uber essens bey dem Türckischen Keiser allerley spaltungen halben / die unter den Christen der Religion halben fürgehn / erwehnung geschehen / habe er sich verlauten lassen / wenn er zu einiger partey treffen solte / so wolte er der Königin von Engelland Glauben und Religion beyfallen (selbige aber ist eigentlich der Calvinisterey durchaus zugethan).« Das »calvinische Gesindlein in Franckreich und Engelland« (a. a. O., S. 33v), so kolportiert Mylius weiter, solle in »verretherischen Prackticken« mit dem Türken stecken. 355 Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, erwähnt den ›Fall Neuser‹ pars pro toto für den Calvinismus bzw. den von ihm eigens attrahierten Klausenburger Antitrinitarismus. (Dazu zuletzt: Jósef Simon, Die Religionsphilosophie Christian Franckens [1551–1610?]. Atheismus und radikale Reformation im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa, Diss. phil.

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Göttingen 2005 [erscheint demnächst in einer Wolfenbütteler Reihe]). »Dabey gedenck nun was es sey / | Das man zu Klandiopoli | Ein New Liecht wollte zünden an | Zureformiern den Deutschen man | Im Glauben und relligion | Das man den Türcken neher kom | Christum nicht nach dem Fleisch zu ehrn / | Als aller ding und gleubigen Herrn / | Die Gottheit nur zu beten an […].« Löwen, a. a. O., C 6r. Auch Osiander sieht diejenigen Christen, die von antitrinitarischem Gedankengut ›infiziert‹ sind und in der Nähe des Türken wohnen, also v. a. die Siebenbürgener, als wichtigste Adressaten katechetisch-missionarischer Anstrengungen, Bericht, wie Anm. 19, A 1v; vgl. die antitrinitarische Verwendung des Türkenvorwurfs in Wittenberg, Hund, Wort, wie Anm. 350, S. 380f.; 385. »Verum etiam plerique ex plebe admirati sunt […].« Flockius, Prognostica, wie Anm. 37, A 4r. Sack reflektiert die Erfolglosigkeit der auf die ›Türkengefahr‹ bezogenen Bußparänese: »Dann da wir Prediger im anfang des jetzigen Türckenkriegs / unsere Zuhörer von des Türckens grawsamkeit unterrichtet / zur Busse und zum ernsten Gebet / vermahnet / sind wir von etlichen Epicurern zum schimpfflichsten außgelacht worden / welche fürgeben / das es lauter Phantasey / Man wolte die leute betriben / als wann der Türck vorhanden sein solte / do es doch alles erlogen were.« Sack, in: Möringius, Schutz, wie Anm. 64, ):(4r; vgl. Möringius’ Polemik gegen die falsche Sicherheit, a. a. O., S. 42v; vgl. auch WA 30 II, S. 160,17ff. Foglieta etwa fragte sich: »[…] quare fiat, ut tot de nostris hominibus ad illos continenta transfugiant; Christianaque religione eiurata Mahumetanae secta nomina dent: cum contra nulla aut perrare illorum ad hos fiant transfugia.« De causis magnitudinis imperii Turcici, wie Anm. 91, A 6v. Auszug, s. Anm. 150; der anonyme Verfasser hofft, bald nach Deutschland zurückkehren zu können: »Es ging mir gleich am gut und sonst / wie es möchte / allein das die seel erhalten wirt […].« A. a. O., C 4r. Brenz, Türcken Büchlein, wie Anm. 192, B 1v. In konfessionalisierter Variante wird diese Option etwa in Stimmen wie denen des Flacius’ aus dem Kontext des antiinterimistischen Kampfes greifbar; die »Gelindigkeit und Gutwilligkeit« der Türken gegenüber Christus solle die vermeintlich christlichen »Potentaten« dazu veranlassen, »daß sie hernachher ein wenig gelinder wider Christum und seine Diener wüten und toben / denn sie noch bißher gethan haben.« Ein schrifft / … aus der Turckey an Illyricum geschrieben … wie es dort mit der Kirche und dem Evangelio zugehet …, Magdeburg, M. Lotter, 1550; VD 16 Z 465f.; abgedruckt in: Friedrich Hortleder, Der Römischen Keyser= und Königlichen Maiesteten … Handlungen und Außschreiben … von Rechtmässigkeit … des Teutschen Kriegs Keyser Carls des Fünfften / wider die Schmalkaldische Bundesoberste …, Nun … von newen übersehen, Gotha, in Verlegung W. Endters, 1645, Bd. II, S. 1106–1109, hier: 1106; zum Kontext: Kaufmann, Ende der Reformation, wie Anm. 277, S. 286ff. Gegen Positionen wie diese dürfte die Verwunderung des Dolium Diogenis (wie. Anm. 115, hier: B 3r) gerichtet sein, das sich von Christen distanziert, die lieber unter dem ›türkischen Tyrannen‹ als unter einer römisch-katholischen Obrigkeit leben wollten. Vgl. oben Anm. 338; zu Luthers Stellung zu den Türken vgl. nur: Mau, Luthers Stellung zu den Türken, wie Anm. 124; Brecht, Luther und die Türken, in: Guthmüller – Kühlmann (Hg.), Europa, wie Anm. 3, S. 9–28; Siegfried Raeder, Luther und die Türken, in: Albrecht Beutel (Hg.), Luther Handbuch, Tübingen 2005, S. 224–231; Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12; Günter Vogler, Luthers Geschichtsauffassung im Spiegel seines Türkenbildes, in: Leo Stern – Max Steinmetz (Hg.), 450 Jahre Reformation, Berlin/ O. 1967, S. 118–127; Ludwig Hagemann, Martin Luther und der Islam [ChristlichIslamisches Institut, Abhandlungen 2], Altenberge 1983; Ders., Christentum, wie Anm. 1, S. 81ff. Eine mongraphische Gesamtdarstellung zu Luthers Islambild, die die auf bin-

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nenchristliche Vergewisserung abzielenden apologetischen Momente überzeugend akzentuiert, liegt jetzt vor von: Adam S. Francisco, Martin Luther and Islam [History of Christian-Muslim Relations 8], Leiden, Boston 2007. 362 So insbesondere bei: Giovanni Nanni [Johannes Annius Viterbiensis], De futuris Christianorum triumphis; ich benutze die Schrift in dem Druck: Glosa sive expositio super Apocalpysim Joannis Viterbiensis, Köln: Retro Minores, 19. August 1497; GW II, Nr. 2024; Ex. SUB Göttingen 8 Hist Turc. 680 Inc. (Ein Nürnberger Druck [Conrad Zeninger, ca. 1480] liegt MF Bibl. Palat. E 2160–2161 vor). Zur Druckverbreitung vgl. außer GW II, Nr. 2017–2024: unten Anm. 535, sowie: Reinhard Schwarz, Die apokalyptische Theologie Thomas Müntzers und der Taboriten [BHTh 55], Tübingen 1977, S. 48 Anm. 9; vgl. über Annio da Viterbo: WA 50, S. 111ff.; Riess, Renaissance Antichrist, wie Anm. 531, S. 87ff.; s. unten Anm. 535. Annius führt, gestützt auf den Apokalypsekommentar Joachims, den Nachweis, daß die in der Apokalypse angekündigten Plagen bereits über Europa niedergegangen seien und (Cap. XVII) entsprechend die »initio destructionis Thurcarum« [Glosa, b 4r] bevorstehe. Das Tier, das in der Apokalypse die Hure Babylon trägt, deutet er folgendermaßen: »Igitur (bestia quam vidisti) fuit persona manmeth qui (fuit et non est) ipse sed sua secta. Et haec secta (est ascensura) et elevanda super omnia christianorum regna usque quo veniat in ultimum summa. et (abyssum [Apk 19,20]) prosperitatum. et (tunc in interitum ibit) quia christiani eam delebunt.« [b 5r]. Nach einer Reihe von sieben Königen [Apk 13,1], die jetzt abgeschlossen sei, wäre das »europe flagellum« [b 5v] beendet und der Sieg der Christen setze ein: »Hec bestia post septimum regem ›vadit in interitum‹ quia christiani omnino eam totaliter extinguent.« [b 5v]. Dann wird der Papst als Stellvertreter des Lammes seine »monarchia« [b 6r] begründen und die von Rom getrennten orientalischen Kirchen kehren unter die römische Oboedienz zurück (Cap. XIX, c 3r–d 1v). Am Schluß (Cap. XX, d 1vff.) wird die Fülle der Heiden und das Volk Israel in die Kirche einziehen. Am Ende beschreibt Annius (Cap. XXI) die dann einsetzende Universialreform der Kirche, der Fürsten und der Laien (d 3v–e 2v). Nikolaus von Lyra deutete das ›kleine Horn‹ (Dan 7,8ff.) übrigens als den Antichristus; der Antichrist trete wie ein Engel des Lichts (2Kor 11,14) auf. Nicolaus de Lyra, Postilla super totam Bibliam II, Straßburg 1492, ND Frankfurt/M. 1971, DDD 3r. Der Dominikaner Giovanni Nanni aus Viterbo hatte 1480/1 seinen im Kontext des von Sixtus IV. initiierten Kreuzzuges entstandenen Traktat veröffentlicht, als die christlichen Heere im Angesicht des Todes des Eroberers Mohammed II. zeitweilig überlegen waren und sich später als unberechtigt erweisenden Siegeshoffnungen, sogar der Vorstellung einer Rückeroberung Konstantinopels, hingaben; vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, wie Anm. 514, Bd. II, S. 563; Luther fiel einer der Drucke der Schrift in die Hände; von einem die Dominanz des Papstes über alle weltlichen Herrn handelnden Abschnitt veranstaltete er [1537] einen Nachdruck (ed. WA 50, S. 98–102), und versah ihn mit einer bissigen Postfatio, die die nicht in Erfüllung gegangene Prophezeiung des die päpstliche Weltherrschaft ankündigenden ›römischen Ischarioth‹ verhöhnte. Nanni war unter Alexander VI. magister sacri palatii geworden und als Verfasser von Bibelkommentaren hervorgetreten (†13.11.1502). 363 Ricoldus, ed. Ehmann, wie Anm. 12, S. 120; vgl. Preuss, Vorstellungen, wie Anm. 536, S. 48. 364 Justus Jonas [Philipp Melanchthon], Das siebend Capitel Danielis / von des Türcken Gottes lesterung und schrecklicher morderey mit Unterricht Justi Jonae, Wittenberg, Hans Lufft, [1530]; Köhler, Bibl. Bd. II, Nr. 1789, S. 139f.; Ex. MF 481 Nr. 1291; nach Volz (vgl. bes. WADB 11/2, S. XXX, Anm. 94) ist wohl mit einem Erscheinen dieses Urdrucks im Dezember 1529 zu rechnen, zeitlich parallel mit Luthers Heerpredigt (WA 30 II, S. 149ff.). Jedenfalls setzt diese Auslegung von Dan 7 den Abzug der osmanischen Truppen (Dauer der Belagerung: 20.9.–16.10.1529; die Nachricht vom Ende der

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Belagerung war am 26.10. in Wittenberg [WABr 5; S. 167,5]) vor Wien voraus, vgl. Das siebend Capitel, a. a. O., F 2r; s. auch Kawerau, Briefwechsel, Bd. 1, wie Anm. 36, S. 140f. , hier: 140: »[…] so weis ich [sc. Jonas] ynn diesen ferlichen, sorglichen leufften und zeiten, da newlich ynn deudschen landen nicht allein schrecklich gerucht vom Türcken, sondern auch sein gros wüterey mit dem werck und that fürhanden, keinen gewissern und bestendigern trost, denn Gottes wort.« Die Grundlinien einer geschichtstheologischen Gegenwartsdiagnostik im Lichte des Danielbuches, das das Wirken der Türken angekündigt habe, finden sich bereits in Melanchthons lat. und dt. publizierter, Ferdinand I. gewidmeter Vorrede zu seiner Danielauslegung (s. unten Anm. 538; ed. Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 538, Bd. 1, hier: S. 486), die bereits April / Mai 1529 erschien (zu den Einzelheiten s. ed. Laube, a. a. O., S. 490f.; vollständiger Text: 1543, vgl. Scheible, Melanchthon, wie Anm. 405, S. 103; Volz, Beiträge, s. u., S. 97ff.). Melanchthons Einfluß auf die unter Justus Jonas’ Namen erschienene Schrift hat als maßgeblich zu gelten (vgl. auch Göllner, Turcica I, Nr. 305, S. 165; WADB 11/2, S. XXXf. Anm. 95; Abdruck der Weltkarte aus dieser Schrift [zu Dan 7,2–8 Tafel III in: WADB 11/2 ; s. Abb. 19]: Das siebend Capitel, A 1v; C 1v); diese Karte, die in die Lutherbibel zu Daniel Kap. 7 aufgenommen wurde, geht wohl im wesentlichen auf Melanchthon zurück. Das im Kaukasus zusammengedrängte Heer, das auf diesem Bild zu sehen ist, sind die ›Türken‹, vgl. auch CR 13, Sp. 861; CR 12, Sp. 1090; Köhler, Melanchthon und der Islam, wie Anm. 65, S. 67f.; zur Deutung apokalyptischer Weissagungen des Danielbuches, insbes. des kleinen Horns (Dan 7,8), auf den Türken s. a. a. O., S. 61–65. Die Jonas’-Melanchthonsche »Gemeinschaftsarbeit« (Köhler, a. a. O., S. 61; vgl. MBW Bd. 1, Nr. 841; Hans Volz, Beiträge zu Melanchthons und Calvins Auslegungen des Propheten Daniel, in: ZKG 67, 1955/6, S. 93–118, hier: 110 Anm. 50) bildet die Voraussetzung dafür, daß auch Luther seit Spätherbst 1529 im Danielbuch einen Schlüssel zur Deutung der Türkenfrage zu sehen begann, vgl. Volz, in: WADB 11/2, S. XXXIIff.; vgl. dazu die Vorrede zum Dan, WADB 11/2, S. 3–131; Arno Seifert, Der Rückzug der biblischen Prophetie von der neueren Geschichte [Beihefte zum AKultG 31], Köln, Wien 1990, S. 1ff. Die Dan 7-Auslegung stellt auch den wichtigsten theologichen Fortschritt zwischen Luthers Vom Krieg wider die Türcken (publ. April / Mai 1529) und der Heerpredigt (Dez. 1529 / Jan. 1530) dar. Ich sehe in dieser theologischen Einsicht in die heilsgeschichtliche Rolle des Türken (vgl. WA 30 II, S. 162,15ff.), die zu einer Zuspitzung akuter Naherwartung führte (vgl. S. 162,15ff.; 171,20f.; 196,7.10ff.), den eigentlichen Anlaß dafür, daß Luther innerhalb weniger Monate ein zweites Mal mit einer Schrift zur Türkenfrage an die Öffentlichkeit ging. Da Luther und Melanchthon von Friedrich Myconius, der ihnen auf ihrer Rückreise vom Marburger Religionsgespräch in Eisenach von Hilten erzählt hatte, weiterhin informiert wurden und unter anderem dessen Danielkommentar, der ihnen von Myconius zugesandt worden war, benutzten (vgl. WABr 5, Nr. 1480, S. 162f.; Nr. 1491, S. 174f.; MBW 12, S. 302 [Belege zu Rekursen auf Hilten in Melanchthons Korrespondenz]; vgl. MBW 1, Nr. 833; CR 1, Sp. 1108f.; vgl. CR 7, Sp. 995f.; 1007; CR 24, Sp. 64; CR 25, Sp. 14; CR 27, Sp. 628; Volz, a. a .O., S. 111–115; Otto Clemen, Schriften und Lebensausgang des Eisenacher Franziskaners Johann Hilten, in: Ernst Koch [Hg.], Kleine Schriften Bd. V, Leipzig 1984, S. 346–356; DBETh 1, 2005, S. 655f.), besitzt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß dieser exegetische Umschwung in der Danielauslegung, konkret wohl die Identifikation des ›kleinen Horns‹ mit dem Türken, mit der Hiltenrezeption zusammenhängt. Die Kenntnisse über den Danielkommentar Hiltens sind freilich rudimentär; Melchior Adam (Vitae Germanorum Theologorum, qui superiori seculo ecclesiam christi voce scriptisque propagarunt et propugnarunt …, Heidelberg, Jonas Rosa, Johann Georg Geyder, 1620, S. 3–5) zitiert wohl vor allem aus der Vorrede, vgl. die Zitation BSLK 378, 24; 377, 20ff. Das in der Bibliotheca Vaticana (Cod. Pal.-lat. 1849) erhaltene Hilten-Konvolut aus der

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Anmerkungen zu S. 47

Bibliothek des Heidelberger Theologen Abraham Scultetus (1566–1625; RGG4, Bd. 7, 2004, Sp. 1084; DBETh 2, 2005, S. 1243), das 1623 mit der Palatina in die Vatikanische Bibliothek gelangte, enthält lediglich eine kurze Erläuterung von Dan 7 und kann insofern nicht mit der von Melanchthon benutzten Textfassung identisch sein (vgl. Volz, a. a. O., S. 115; zum Inhalt der Handschrift s. Leonhard Lemmens OFM, Der Franziskaner Johannes Hilten [† um 1500], in: RQ 37, 1929, S. 315–347 [zur Dan-Auslegung bes. 329]; vgl. auch: Wolfgang Metzger, Die humanistischen, Triviums- und Reformationshandschriften der Codices Palatini latini in der Vatikanischen Bibliothek [Cod. Pal. lat. 1461–1914] [Kataloge der Universitätsbibliothek Heidelberg IV], Wiesbaden 2002, S. 235–238, hier: 235). Hilten benutzte – wohl noch ohne Lichtenbergers Prognosticatio, wie Anm. 380, zu kennen (Lemmens, a. a. O., S. 329f.) – Prophetien von Methodius, Cyrill und Hildegard. Anklänge an Joachim von Fiore beschränken sich auf Aussagen zu den Sarazenen. Melanchthon soll Hiltens Auslegung von Gog und Magog »mit Unrecht auf die Türken bezogen« (Lemmens, a. a. O., S. 332) haben. Lemmens berechtigte Neigung, gegen Hiltens Vereinnahmung durch die Lutheraner dessen weitgehende Übereinstimmung mit seiner Kirche zu erweisen, bedarf freilich angesichts der von Paul Johannsen rekonstruierten livländischen Vorgeschichte des franziskanischen Propheten dringend weiterer Aufklärung; vgl. Paul Johannsen, Johannes Hilten in Livland. Ein franziskanischer Schwarmgeist am Vorabend der Reformation, in: ARG 36, 1939, S. 24–50. In der frühorthodoxen lutherischen Schulddogmatik war es üblich, die Türken und ›Mahometisten‹ »non proprie« als Antichristen zu bezeichnen, gleichwohl mit seinem regnum in vergleichende Beziehung zu setzen, s. in bezug auf Heerbrand: Ohlemacher, Lateinische Katechetik, wie Anm. 9, S. 220f. 365 Vgl. z. B. das [Hätzer] zugeschriebene Flugblatt von 1528/9, Alejandro Zorzin, Ludwig Hätzers »Kreuzgang« (1528/9): Ein Zeugnis täuferischer Bildpropaganda, in: ARG 97, 2006, S. 137–164; zur Bezeichnung Luthers als des Widerchrists bei Müntzer vgl. Franz, wie Anm. 63, S. 333, 10ff.; 335,21ff.; zu Karlstadts entsprechenden Vorwürfen gegen Luther vgl. nur: WA 18, S. 113,17ff.; zu Hubmaier: vgl. Westin – Bergsten, Schriften, wie Anm. 87, S. 345; 350f.; zur scharfen Polemik gegen die evangelischen Schriftgelehrten bei Hut und in seinem Wirkungshorizont siehe jetzt einzelne Beispiele in: Heinhold Fast – Martin Rothkegel [Bearb.], Briefe und Schriften oberdeutscher Täufer 1527–1555. Das ›Kunstbuch‹ des Jörg Probst Rotenfelder gen. Maler (Burgerbibliothek Bern, Cod. 464) [QFRG 78 / QGT 17], Gütersloh 2007, S. 167–170 [Hut]; 245ff.; 331; 337 [Leonhard Schiemer]. 366 An einem Text wie der Prognosticatio Lichtenbergers, wie Anm. 380, wäre ggf. ein Zusammenhang zwischen der astronomischen Bedeutung von revolutio (revolvere, umdrehen, umwälzen; vgl. nur zu Copernicus’ De revolutionibus: Osiander, GSA Bd. 7, Nr. 292, S. 556ff.; RGG4, Bd. 7, 2004, Sp. 475f. [Lit.]; vgl. zum Begriff der »Veränderung« auch: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 38ff.; 221f.; 418ff.) und ihrem Zusammenhang mit irdisch-geschichtlichen ›Veränderungen‹ aufzuweisen, da ja die Prognostik auf der Hypothese dieses Zusammenhanges basiert. Instruktiv ist etwa folgende Formulierung der deutschen Übersetzung der Prognosticatio (Ex. MF 928f. Nr. 2309, B 1v): »Also verkündigen die vögel ym gesange und mit yhrem fliegen / des gleichen auch andere thiere / ynn mancherley weise / die zeit und verenderung odder geschicklickeit der zeit / auch der gleichen mehr dings / wie es damit zukunfftig sol ergehen.« [Vorrede Lichtenbergers]. In der lateinischen Version lautet die entsprechende Stelle: »Sic aves cantu & volatu, aliaque animalia alijs modis tempora, ipsorum dispositiones, ac alia similia priusquam fiant, praenunciant [.]« Ex. MF 1643f. Nr. 4217, A 2r. In einer für das soziokulturell konservative Luthertum des späteren 16. Jahrhunderts charakteristischen Weise heißt es bei Andreae prägnant: »Verenderung der königreich und regiment gemeinlich unglückselig.« Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, S. 63 a. R.

Anmerkungen zu S. 48

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367 Ed. in: Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 491–494 [kürzere deutsche Fassung]; 495–505 [erweiterte deutsche Fassung]; 505–511 [lat. Fassung]; vgl. Walter Elliger, Thomas Müntzer. Leben und Werk, Göttingen 31976, S. 188–231; Hans-Jürgen Goertz, »Lebendiges Wort« und »Totes Ding«. Zum Schriftverständnis Thomas Müntzers im Prager Manifest, in: ARG 67, 1976, S. 153–178; Hans J. Hillerbrand, Anticlericalism in Thomas Müntzer’s Prague Manifesto, in: Peter A. Dykema – Heiko A. Oberman (Hg.), Anticlericalism in Late Medieval and Early Modern Europe [SMRT 51], Leiden u. a. 1993, S. 441–448; zum sog. Prager Manifest s. Günter Vogler, Anschlag oder Manifest? Überlegungen zu Thomas Müntzers Sendbrief von 1521, in: Ders., Thomas Müntzer und die Gesellschaft seiner Zeit [Thomas-Müntzer-Gesellschaft e. V. Veröffentlichungen Nr. 4], Mühlhausen 2003, S. 38–54. 368 Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 494,19. 369 »Darumb ruff ich eynen itlichen menschen an, das er do czu helffe, das Gots wort mag vortediget werden. Unde auch das ich magk dyr sichtlich weysen durch den geyst Helie, dye dich haben lernen opfern dem abgott Baal. Wirsttu das nicht tun, so wirt dich Gott lassen durch ten Turken ym czukunfftigen iar erslagen.« A. a. O., S. 494, 18–23. 370 A. a. O., S. 494,20f.; 504,29. 371 A. a. O., S. 504,30; vgl. 494,15ff. 372 A. a. O., S. 504,35. 373 A. a. O., S. 504,35–505,1. 374 Vgl. Gustav Adolf Benrath, Art. Antichrist III, in: TRE, Bd. 3, 1978, S. 24–28, hier: 27; František Šmahel (The Hussite Critique of the Clergy’s Civil Dominion, in: Dykema – Oberman [Hg.], Anticlericalism, wie Anm. 367, S. 83–90, hier: 86) hat darauf hingewiesen, daß Hus im Unterschied zu seinem Anhänger Jakoubek de Stříbro nicht so weit ging, die Päpste als Inkarnation des Antichristen anzusehen. Zu Wiclif und den Taboriten vgl. auch Carozzi, Weltuntergang, wie Anm. 414, S. 145; 153ff.; zur Vorstellung, daß der Antichrist Papst werden würde, bei Joachim, a. a. O., S. 121; vgl. auch: Aertsen – Pickavé (Hg.), Ende und Vollendung, wie Anm. 414. 375 Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 505,1. 376 A. a. O., S. 505,1f. 377 A. a. O., S. 505,3. 378 A. a. O., S. 505,3f.; vgl. Dieter Fauth, Das Türkenbild bei Thomas Müntzer, in: Berliner Theologische Zeitschrift 11, 1994, S. 2–12, hier: 11. 379 Vgl. knapp: Benrath, Antichrist, wie Anm. 374, S. 25f.; vgl. auch: Carozzi, Weltuntergang, wie Anm. 414, S. 17ff. Außer dem Beleg Franz, a. a. O., S. 505,1–4 ist a. a. O., S. 373,7–10 [Müntzer an Nikolaus Hausmann, 15.6.1521] einschlägig, wo die Identifizierung Papst Julius’ II. als des Antichristen abgewiesen, die Vorstellung einer personalen AntichristFigur aber vorausgesetzt wird. Zur historischen Einordnung Adso von Montier-en-Ders De ortu et temporum Antichristi (ed. Daniel Verhulst [CSEL 45, 1976]); vgl. Johannes Fried, Endzeiterwartung um die Jahrtausendwende, in: DA 45, 1989, S. 381–473; ders., Aufstieg aus dem Untergang. Apokalyptisches Denken und die Entstehung der modernen Naturwissenschaft im Mittelalter, München 2001, S. 57ff.; Robert Konrad, De ortu et tempore Antichristi. Antichristvorstellung und Geschichtsbild des Abtes Adso von Montier-en-Der [Münchener Historische Studien, Abt. Mittelalterliche Geschichte 1], Kallmünz 1964 (zum ›Wesen‹ des Antchristen S. 76ff.); zur Adso-Rezeption s. auch Bostick, Antichrist, wie Anm. 316, S. 29ff. 380 Ich benutze den Druck: Johannes Lichtenberger, Prognosticatio super magna illa Saturni ac Iovis coniunctione [Köln, Peter Quentel], 1526; VD 16 L 1592; Ex. MF 1643–44 Nr. 4217; Köhler, Bibl. Bd. II, Nr. 2185, S. 304; dt. Ausgabe: Wittenberg, Hans Lufft; Ex. MF 928f. Nr. 2309; Ed. der Vorrede Luthers: WA 23, S. 7–12 ; zur Druckgeschichte seit 1488

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Anmerkungen zu S. 48 vgl. WA 23, S. 1ff.; s. Abb. 20. Schon der Erstdruck von [1488; Ex. HAB Wolfenbüttel 1 Quod. [3]; Hain 10080] enthält das Bildprogramm, das auch die späteren Drucke begleitet; aus dem 15. Jahrhundert liegen wohl sechs lateinische, vier deutsche und drei italienische Drucke vor (vgl. Hain 10080–10089 in Verbindung mit Dietrich Kurze, Johannes Lichtenberger [† 1503]. Eine Studie zur Geschichte der Prophetie und Astrologie [HS 379], Lübeck, Hamburg 1960, S. 81f.; Talkenberger, s. u., S. 58ff.). Im 16. Jahrhundert wurde Lichtenbergers Prognostik bis 1530 sechsmal lateinisch und elfmal deutsch gedruckt; bis 1600 folgten mindestens 19 weitere Drucke (noch vorläufige Angaben nach Kurze, a. a. O., S. 82ff.; VD 16; ZV). Zu Lichtenberger vgl. Heike Talkenberger, Sintflut. Prophetie und Zeitgeschehen in Texten und Holzschnitten astrologischer Flugschriften 1488–1528 [Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 26], Tübingen 1990, S. 368ff. (zu Luthers Ausgabe Lichtenbergers; zu Lichtenberger allgemein und grundlegend: S. 56ff.); vgl. VL2, Bd. 5, 1985, Sp. 770–776; Kurze, a. a. O.; noch immer anregend: Johannes Rohr, Die Prophetie im letzten Jahrhundert vor der Reformation als Geschichtsquelle und Geschichtsfaktor. Ein Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Meinung, in: HJb 19, 1898, S. 29–56; 447–466 ; zur lebhaften und kontroversen Diskussion um den Zusammenhang von politischer ›Wandlung‹ und Gestirnskonstellationen s. zuletzt: Claudia Brosseder, Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen, Berlin 2004, bes. S. 92ff. Vgl. die Hinweise bei Will-Erich Peuckert, Die grosse Wende, Bd. 1, ND Darmstadt 1966, S. 165ff.; ein besonders intensiver Anschluß an die Methodius-Tradition bei Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, D 3rf. ; vgl. Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, C 2r; vgl. auch: Heinrich Werner, Die Flugschrift »onus ecclesiae« (1519) mit einem Anhang über sozial- und kirchenpolitische Prophetien, Giessen 1901, bes. S. 54ff.; zu Pirstingers »onus ecclesiae« s. auch: Manfred Schulze, Onus ecclesiae: Last der Kirche – Reformation der Kirche, in: Dykema – Oberman (Hg.), Anticlericalism, wie Anm. 367, S. 317–342; Paul J. Langsfeld, Theologyfor-Piety in the Early Reformation Era. Berthold Pürstinger’s Tewtsche theology, Rom 1993. Zur Methodius-Rezeption vgl. auch unten Anm. 520ff. Vgl. Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, Cap. 26; unter Rekurs auf Reinhard den Lollarden und Methodius (s. Anm. 316) wird die Weissagung ausgesprochen, daß die »Agareni« »noch eyn mal ynn Deudschen Landen versamlet / aus der wüsteney gehen werden / und werden der welt kreis einnemen« (MF 928f. Nr. 2309, M 4r). Bei dem goldenen Apfel zu Köln aber werde der Türke nach achtjähriger Herrschaft umkommen (M 4r), wie Lichtenberger aus einer »weissagung Merlini« (M 4v) weiß. Offenbar handelt es sich hierbei um die Aufnahme und Transformation des osmanischen Hoffnungsbildes vom ›roten‹ bzw. ›goldenen‹ Apfel, das als Stimulanz der Eroberungen fungierte und bisweilen mit der goldenen Kuppel der Hagia Sophia in Konstantinopel, dann mit dem Felsendom in Jerusalem, »später Buda, im 16. und 17. Jahrhundert Wien und in trunkenem Siegestaumel sogar Rom« (Cardini, Europa, wie Anm. 5, S. 157) identifiziert wurde. In Cap. 25 (MF 928f. Nr. 2309, M 1rf.) ist eine Prophetie enthalten, die einen Fortbestand des oströmischen Reiches vorsieht; an den Rand ist die Glosse gesetzt: »Das hat gefeylet leyder.« Die prophetischen Ankündigungen hinsichtlich der Erfolge des Osmanischen Reiches sind bei Lichtenberger alles andere als eindeutig! Vgl. die Hinweise in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, passim, bes. S. 435ff. Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, MF 928f. Nr. 2309, M 3v; diese Prophetie »Bruder Reinhards« war ebenso wie die [Pseudo-]Methodius-Tradition dem oben Anm. 316 erwähnten Flugschriftendruck von [1518] zu entnehmen, gehörte also zu den zu Beginn der Reformation allgemein bekannten prophetischen Wissensbeständen, s. auch unten Anm. 520.

Anmerkungen zu S. 48–49

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385 Eine gewisse Analogie stellt Sebastian Brants Methodius-Interpretation (von 1498) dar: Er erwartete nach einem Ansturm der Türken einen Sieg der Christen und im Anschluß daran eine bessere Zeit, die großen Frieden bringe, s. Peuckert, Wende, wie Anm. 381, S. 169; s. unten Anm. 521. 386 Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 498,28f. 387 A. a. O., S. 499,19f. 388 A. a. O., S. 503,12. In der Historie Thome Muntzers (1525; zur Frage des Anteils Melanchthons an ihrer Entstehung und zu den Publikationsumständen der Schrift s. Heinz Scheible, Die Verfasserfrage der »Historie Thome Muntzers«, in: Ulman Weiss [Hg.], Flugschriften der Reformationszeit, Tübingen 2001, S. 201–214; Ed. der Schrift in: Ludwig Fischer, Die lutherischen Pamphlete gegen Thomas Müntzer [Deutsche Texte 39], München, Tübingen 1976, S. 27–42; Adolf Laube – Hans Werner Seiffert [Hg.], Flugschriften der Bauernkriegszeit, Berlin/O. 1975, S. 531–543) wird der Empfindung der bodenlosen Indifferenz, die nicht mehr wisse, ob Christus oder der Türke recht habe, Ausdruck verliehen und als Konsequenz der Lehre Müntzers behauptet: »[…] weyß [sc. Müntzer] nicht ob Got gros nach uns frag / auch ob es war sey / das Christus umb unsert willen gelitten / uns erlost hab / so wir doch ynn so grosser not und elend noch seyn / es ward auch wollen wissen ob unser glawb oder der Turcken recht wer […].« Fischer, a. a. O., S. 30,21–25 = Laube, a. a. O., S. 533,2–6. 389 A. a. O., S. 430,31–431,3; zum Kontext vgl. nur: Elliger, Müntzer, wie Anm. 367, S. 594ff.; Günter Vogler, Thomas Müntzer, Berlin 1989, S. 180ff.; Siegfried Bräuer, Die Vorgeschichte von Luthers »Ein Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist«, in: Ders., Spottgedichte, Träume und Polemik in den frühen Jahren der Reformation, Leipzig 2000, S. 59–90. 390 Vgl. Hans-Jürgen Goertz, Innere und äußere Ordnung in der Theologie Thomas Müntzers [SMRT 2], Leiden 1967, bes. S. 49ff.; 64ff.; 89ff.; Reinhard Schwarz, Thomas Müntzer und die Mystik, in: Siegfried Bräuer – Helmar Junghans (Hg.), Der Theologe Thomas Müntzer, Berlin 1989, S. 283–301; Gottfried Seebass, Art. Müntzer, Thomas, in: TRE, Bd. 27, 1994, S. 414–436; durch Bubenheimers Rekonstruktion der humanistisch-rhetorischen Prägungen Müntzers, die sich wohl nicht unwesentlich dem Einfluß Karlstadts verdankten, dürfte auch die Diskussion über den mystischen Charakter seiner Theologie auf eine neue Grundlage gestellt sein, vgl. Ulrich Bubenheimer, Thomas Müntzer. Herkunft und Bildung [SMRT 46], Leiden 1989, bes. S. 209; 211–215; 234–236; ausgewogen: Tom Scott, Thomas Müntzer. Theology and Revolution in the German Reformation, Houndmills 1989, S. 11ff.; 39. 391 Zit. nach: Wieland Held (†) – Siegfried Hoyer (Bearb.), Quellen zu Thomas Müntzer [Thomas-Müntzer-Ausgabe Bd. 3], Leipzig 2004, Nr. 67, S. 112; vgl. Elliger, Müntzer, wie Anm. 367, S. 230. 392 Vgl. Gottfried Seebass, Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des Hans Hut [QFRG 73], Gütersloh 2002, S. 409. 393 Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 314,5f.; vgl. auch Schwarz, Die apokalyptische Theologie, wie Anm. 362, S. 18. 394 Franz, a. a. O., S. 314,10f. 395 Vgl. Franz, a. a. O., S. 232,20ff. 396 A. a. O., S. 499,26. S. Franck (Chronica, T. 3, wie Anm. 54, S. 189r) faßt Müntzers Lehre folgendermaßen zusammen: »Verflucht sei der / der welt ein hönigsüssen Christum predigt / wolgefellig der natur / das heyßt mit dem Türcken in ein loch blasen [im Sinne von: ähnlich wie der Türke lehren].« . Ähnliche Äußerungen: Franz, S. 221,13ff.; 23,19–21: Die Christen dünken sich Türken, Heiden und Juden überlegen und rühmen sich Christi oder ihrer Werke; doch der ›gedichtete‹ Glaube müsse durch Leiden ausgerissen werden. ›Religionsphänomenologisch‹ – d. h.

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Anmerkungen zu S. 49 in der Beurteilungsperspektive des scharf zu verurteilenden ›gedichteten Glaubens‹, sind Christen und Heiden für Müntzer gleich (vgl. Franz, S. 233,11ff.), ja, die Christen sind schlimmer als Türken, Heiden und Juden, S. 272,10f.; 274,32ff. Ungeachtet seiner scharfen Polemik gegen die ohne Geistzeugnis gelesene Schrift kann Müntzer allerdings auch davon sprechen, daß man die Schrift verwenden solle, um jedermann, »er wer Jud oder Türck« (279,3f.), zu belehren. Die auf »herkhumen« (280,3f.) gegründete Geltung der Schrift sei eine »affenschmaltzische weyß« (280,5f.) religiöser Autorisation, die sich nicht davon unterscheide, wie »der Jud, Türck und alle völcker« (280,6f.) ihren »glauben« (280,8) bestätigten. Die mangelnde Bekehrungskraft der Christen gegenüber Juden und Türken wird von Müntzer auch als Ausdruck ihres verwerflichen Zustandes gesehen (312,22ff.). A. a. O., S. 499,24ff.; vgl. Martin Brecht, Thomas Müntzers Christologie, in: Bräuer – Junghans, Theologe, wie Anm. 390, S. 62–83, bes. 77ff. Wohl nicht im Sinne der conformitas crucis zu interpretieren ist die Rede von dem den ›Türken und uns gemeinsamen Brot‹ (Franz, a. a. O., S. 514,11–13); damit ist eher das im Vater unser erbetene Brot gemeint. Da die These ohnehin von Egran stammen dürfte (zu Müntzers Konflikt mit ihm vgl. das instruktive Material in: Held – Hoyer, Quellen, wie Anm. 391, S. 27ff., S. 70ff.; Siegfried Bräuer, Die Zwickauer Spottgedichte von 1521, in: Ders., Spottgedichte, wie Anm. 389, S. 1–57, bes. 41ff.), ist ihr für Müntzers Türkenbild eigentlich nichts zu entnehmen. Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 232,28. Vgl. John W. Bohnstedt, The infidel Scourge of God: The Turkish menance as seen by German pamphleteers of the Reformation Era [TAPhSNF 58, 9], Philadelphia 1968. Nach Ausweis des ›Prager Manifestes‹ hingen Müntzers prophetisch-apokalyptisches Selbstverständnis und die durch die Eroberung Belgrads (8.8.1521) im Herbst 1521 dramatisch zugespitzte Überantwortung in die Gewalt der Türken innerlich zusammen: »Wer do solche vormanünge [sc. Müntzers] wyrt vorachten, der ist itzunde schon uberantwort in die hende des Türken.« Franz, wie Anm. 63, S. 504,34–505,1. Franz, a. a. O., S. 468,12f. (12.5.1525 Müntzer an Graf Ernst von Mansfeld). Müntzers Militanz und Gewaltbereitschaft bildet den Grund dafür, daß Luther von ihm sagt, »das er ein newer Turckischer Keyser wolt werden.« »Er [sc. Müntzer] war vom lügen geist besessen, darumb war da kein halten mehr, Er muste an das ander werck des Teuffels auch, das schwerd nehmen, morden und rauben wie der mordgeist yhn treib, Und richt solch ein auffrur und iamer an.« WA 30 II, S. 125,5–9. Franz, a. a. O., S. 468,10. Zum Begriff »corpus christianum« und seinen wissenschaftsgeschichtlichen Implikationen vgl. zuletzt: Thomas Kaufmann, Das Bekenntnis im Luthertum des konfessionellen Zeitalters, in: ZThK 105, 2008. Ed. unter Zuschreibung an [Ambrosius Wilken] in: Nikolaus Müller, Die Wittenberger Bewegung 1521 und 1522, 2. Aufl. Leipzig 1911, Nr. 68, S. 151–164; zur Verfasserzuschreibung a. a. O., S. 151f. Anm. 3; vgl. LuStA 3, S. 92f. Anm. 41; zur Wittenberger Bewegung vgl. Ulrich Bubenheimer, Luthers Stellung zum Aufruhr in Wittenberg 1520–1522 und die frühreformatorischen Wurzeln des landesherrlichen Kirchenregiments, in: ZSRG.K 71, 1985, S. 147–214; ders., Streit um das Bischofsamt in der Wittenberger Reformation 1521/22. Von der Auseinandersetzung mit den Bischöfen um Priesterehen und den Ablaß in Halle zum Modell des evangelischen Gemeindebischofs, in: ZSRG.K 73, 1987, S. 155–209; Jens-Martin Kruse, Universitätstheologie und Kirchenreform. Die Anfänge der Reformation in Wittenberg 1516–1522 [VIEG 187], Mainz 2002, S. 279ff. Müller, a. a. O., S. 160; zu den Zwickauer Propheten vgl. nur: Paul Wappler, Thomas Müntzer in Zwickau und die »Zwickauer Propheten« [SVRG 182], Gütersloh 1966; Siegfried Hoyer, Die Zwickauer Propheten – Vorläufer der Täufer? In: Jean Georges Rott – Simon L. Verheus (Hg.), Anabaptistes et dissidents au XVIe siècle [Bibliotheca

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Dissidentium 3], Baden-Baden 1987, S. 65–83; Susan C. Karant-Nunn, Art. Zwickau Prophets, in: EncR 4, 1996, S. 319; dies., Zwickau in Transition, 1500–1547: The Reformation as on Agent of Change, Columbus, 1987, bes. S. 106–108; passim; Hans Peter Hasse, Art. Zwickauer Propheten, in: RGG4, Bd. 8, 2005, Sp. 1943; Bräuer, Zwickauer Spottgedichte, wie Anm. 397. Vgl. Franz, wie Anm. 63, S. 370,9[22]; Held – Hoyer, Quellen, wie Anm. 391, S. 97 Anm. 6; 105 Anm. 2; zum Wittenberg-Aufenthalt Storchs und Stübners im »Bekenntnis« Müntzers s. a. a. O., S. 268f. Hinweise auf eine Predigttätigkeit Stübners in Böhmen im Bericht [Wilkens], Müller, Bewegung, wie Anm. 403, S. 160; vgl. Wappler, Müntzer, wie Anm. 404, bes. 45f.; ders., Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526–1584, Jena 1913, S. 8f.; vgl. Martin Brecht, Martin Luther Bd. 2: Ordnung und Abgrenzung der Reformation 1521–1532, Stuttgart 1986, S. 44ff.; Heinz Scheible, Melanchthon. Eine Biographie, München 1997, S. 69f.; s. auch MBW.T 1, Nr. 192f, S. 415–418; MBW Bd. 1, S. 116. Müntzers knappe Äußerung über Stübner und Storch in einem Brief an Luther vom 9. Juli 1523 (WABr 3, Nr. 630, S. 104–107, hier: 106,65–67; Franz, a. a. O., S. 391,21–23) wird als Distanzierung Müntzers von den Zwickauer Propheten interpretiert (vgl. etwa LuStA 3, S. 91 Anm. 32; Siegfried Bräuer, Die Vorgeschichte von Luthers »Ein Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist«, in: ders., Spottgedichte, wie Anm. 397, S. 59–90, hier: 60); zwingend scheint mir diese Lesart nicht zu sein, im Gegenteil: eine Abkehr von den Zwickauer Genossen sprach Müntzer, der um ihr Zerwürfnis mit Luther wußte, gerade nicht aus! Vgl. Melanchthons Charakterisierung ihres Tuns und Selbstverständnisses gegenüber dem Kurfürsten (27.12.1521): »Missos se clara voce dei ad docendum, esse sibi cum deo familiaria colloquia, videre futura, breviter, viros esse propheticos et apostolicos.« MBW. T 1, Nr. 192, S. 417, 12–14. Müller, Bewegung, wie Anm. 403, S. 160f. Vgl. zum Antiklerikalismus in Müntzers ›Prager Manifest‹ den oben Anm. 367 zit. Aufsatz von Hillerbrand. Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, MF 1693f. Nr. 4223, I 4v; MF 928f. Nr. 2309, M 3v–4r; vgl. Peuckert, Wende, wie Anm. 381, Bd. 1, S. 167; vgl. Eyn auszug, wie Anm. 316, B 3r. Die in Eyn auszug verarbeiteten prophetischen Traditionen setzen eine »nicht verrn von Cöllen« (A 4r) stattfindende Endschlacht gegen den Türken voraus, bei der er schließlich unterliegen werde, vgl. B 3r [Pseudo-Methodius, s. oben Anm. 316]. Dann werde selbst Konstantinopel wieder in die Hände der Christen gelangen (B 3v) – eine Vorstellung, die an Annius (s. oben Anm. 362) erinnert. Nach dieser »newen Reformation« (B 3v) werde der Name des türkischen Kaisers unter den Christen vergessen sein; zu den Agareni s. auch Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, D 2r. Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, MF 928f. Nr. 2309, M 4r; zur weiten Verbreitung der Vorstellung, daß speziell die Priester Verfolgungen ausgesetzt sein würden, vgl. Peuckert, a. a. O., S. 189; s. auch Fabri, Oratio, wie Anm. 431, B 3vf. Peuckert verweist auf joachimitische Traditionen, die im Spätmittelalter »zu einem Bestande deutscher Volksweissagung« (ebd.) wurden. Vgl. Kurt Victor Selge, Joachim von Fiore, in: Günter Frank – Friedrich Niewöhner (Hg.), Reformer als Ketzer. Heterodoxe Bewegungen von Vorreformatoren [Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten 8], Stuttgart – Bad Cannstatt 2004, S. 123–144; ders., Die Stellung Joachims von Fiore in seiner Zeit. Trinitätsverständnis und Gegenwartsbestimmung, in: Aertsen – Pickavé (Hg.), Ende und Vollendung, wie Anm. 414, S. 481–503; Kurze, Lichtenberger, wie Anm. 380, S. 43ff.; Möhring, Weltkaiser, wie Anm. 316, passim. Wahrscheinlich ist auch Luthers Ausgabe von Lichtenbergers Prognosticatio (s. Anm. 380; Kurze, a. a. O., S 57ff.) in einem solchen Kontext zu sehen; er tritt nämlich einer altgläubigen Lichtenberger-Rezeption entgegen, die meint, nachdem die durch den Bauernkrieg und die frühreformatorische Bewegung

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Anmerkungen zu S. 50 eingetretene Unheilsverheißung über die Geistlichen verwirklicht sei, seien sie nun »hindurch«‚ WA 23, S. 7,10, d. h. es werde wieder zu einer Stabilisierung des traditionellen klerikalen Systems kommen, vgl. auch WA 23, S. 12,5ff. Dieser Auffassung will Luther den Boden entziehen. »[…] denn werdt ein eingang, einß Tauffs, einß Glauben ec. […].« Müller, Bewegung, wie Anm. 403, S. 161. Im Hintergrund dürfte Eph 4,3–5 stehen; »eingang« dürfte ›Einigkeit‹ meinen, vielleicht auch »Eintritt« (vgl. LuStA 6, s. v. »eingang«; DWb 3, Sp. 183); bei der Teilnahme an diesem Reich werde es einen Glauben und eine Taufe, d. h. eine endzeitliche Glaubenstaufe, geben. Müller, a. a. O., S. 161: »[…] die Kinder, dy man ytz tauff, ee sy vernunfft haben, sey kein Tauff […].« In Melanchthons Berichterstattung gegenüber Luther, die dessen ausführliche Beschäftigung mit den Zwickauer Propheten und ihrem pneumatischen Anspruch, insbesondere aber der Frage der Kindertaufe und der Möglichkeit einer fides aliena, veranlaßte (13.1.1522; WABr 2, Nr. 450, S. 424–428; MBW Bd. 1, Nr. 205; MBW.T 1, S. 433–439), spielte der eschatologische Fragenkomplex und das Türkenthema keine Rolle. Auch aus Melanchthons und Amsdorfs sonstigen brieflichen Berichten über die Zwickauer Propheten (vgl. MBW Bd. 1, Nr. 202 [1.1.1522]; MBW.T 1, S. 427–429; vgl. MBW Bd. 1, Nr. 203f., S. 429–433; Müller, a. a. O., S. 138ff.) ergibt sich die Konzentration auf die ›supranaturalen‹ Erkenntniszugänge und Autorisierungsstrategien der Zwickauer (Auditionen und Visionen) und die Kindertaufe. Gegenüber dieser thematischen Fokussierung stellt sich [Wilkens] Bericht als breiter dar. Außerdem halte ich es für wahrscheinlich, daß Thomae mit seinem Urteil: »Martinus hab maystenteils recht aber nicht in allen stücken, es werdt noch ein ander uber yn kummen mit einem höhern gayst ec.« (Müller, a. a. O., S. 160) Müntzer im Blick hatte. Möglicherweise erschien Melanchthon die Türkenfrage deshalb weniger brisant, als er hier – durchaus nicht zu Unrecht – größere Affinitäten der Zwickauer zu den Wittenbergern als in bezug auf die Visionsproblematik oder die Frage der Kindertaufe wahrzunehmen berechtigt war. Vgl. Jan A. Aertsen – Martin Pickavé (Hg.), Ende und Vollendung. Eschatologische Perspektiven im Mittelalter [Miscellanea Mediaevalia 29], Berlin/New York 2002, S. 481ff.; 504ff.; Claude Carozzi, Weltuntergang und Seelenheil. Apokalyptische Visionen im Mittelalter [Europäische Geschichte, Fischer TB 60113], Frankfurt/M. 1996, S. 119ff.; Frank – Niewöhner (Hg.), Reformer als Ketzer, wie Anm. 410; zu Joachim von Fiore s. Selge, Joachim, wie Anm. 410; ders., Stellung, wie Anm. 410; Reeves, Influence, wie Anm. 491; Herbert Grundmann, Studien über Joachim von Floris [Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 32], Leipzig und Berlin, 1927, ND Darmstadt 1966, bes. S. 116–118; zuletzt: Wolf-Friedrich Schäufele, »Defecit Ecclesia«. Studien zur Verfallsidee in der Kirchengeschichtsanschauung des Mittelalters [VIEG 213], Mainz 2006, S. 249ff. Vgl. Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, MF 928f., P 4r–Q 1v; MF 1643f., M 3v– M 4v; zum Engelspapst vgl. nur: RGG4, Bd. 2, 1999, Sp. 1291; Peuckert, Wende, Bd. 1, wie Anm. 381, S. 183ff.; Grundmann, Papstprophetien, wie Anm. 418; wichtige Hinweise zur Überlieferungsgeschichte der Papstvatizinien bietet die von Hans-Ulrich Hofmann verfaßte Einleitung zu der 1527 von Andreas Osiander herausgegebenen Wunderlichen Weissagung, in: Osiander, GSA Bd. 2, Nr. 84, S. 403–484, hier: 403ff.; vgl. Möhring, Weltkaiser, wie Anm. 316, bes. S. 269ff.; Bernard McGinn, »Pastor angelicus«: Apocalyptic Myth and Political Hope in the Fourteenth Century, in: Santi e Santità net secolo XIV. Atti del XV Convegno internationale. Assisi 1987, Assisi 1989, S. 219–251. Vgl. bes. die Quellen in TAE I, Nr. 205; 206; 206a, S. 253ff.; ungenau: George Hunston Williams, The Radical Reformation [Sixteenth Century Essays and Studies XV], 3rd ed. Kirksville 2000, S. 61; 1266; 1271; 1298; vgl. zu Venturinus auch WABr 5, S. 425,7ff.:

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»Joannes Baptista Italus […] Argentinae fuit, illi civitati non tantum denuncians exitium, sed et toti Germaniae, nisi resipiscerent. Dixit, se recta iturum ad Ferdinandum, hominem commonefacturum, interminatus et ipsi extrema, nisi converteretur ad Deum, imo futurum alioqui ausus affirmare, ut traditus Turcarum manibus securi percutiatur.« [Spalatin an Luther, 30.6.1530, WABr 5, Nr. 1617, S. 425,7–426,1]. Für einen Zusammenhang der Propaganda des Venturinus mit den Franziskanerspiritualen (so auch Deppermann, Hoffman, wie Anm. 349, S. 185) spricht meines Erachtens vor allem die Gestalt des »Pastor Angelicus« als endzeitlichem Heilsbringer. In Straßburg war Venturinus der Fürsorge Capitos anbefohlen (TAE I, Nr. 206, S. 254; vgl. James M. Kittelson, Wolfgang Capito. From Humanist to Reformer [SMRT 17], Leiden 1975, S. 174). Ein Zusammenhang mit Hoffman ist umstritten (vgl. TAE I, S. 253 Anm. 1; Deppermann, a. a. O., S. 185); Parallelen zu den Visionen der Ursula Jost und eine unmittelbare Anknüpfung Barbara Rebstocks an Venturinus (Deppermann, ebd.; vgl. Kobelt-Groch, Töchter, wie Anm. 460, S. 106; John D. Derksen, From Radicals to Survivers. Strasbourg’s Religious Nonconformists over Two Generations 1525–1570 [Bibliotheca Humanistica & Reformatorica 61], t’Goy – Houten 2002, S. 70–117; vgl. Miriam Usher Chrisman, Women and the Reformation in Strasbourg 1490–1530, in: ARG 63, 1972, S. 143–162; eine vornehmlich an radikalreformatorischen männlichen Stimmen zu Frauen orientierte, in bezug auf die frühe Reformation historisch wenig ergiebige Darstellung bietet: Joyce L. Irwin [Hg.], Womenhood in Radical Protestantism 1525–1675, New York, Toronto 1979; ohne gründlicheren Bezug auf die frühe Reformation: Nicole Grochowina, Zwischen Gleichheit im Martyrium und Unterordnung in der Ehe. Aktionsräume von Frauen in der täuferischen Bewegung, in: Anne Conrad [Hg.], »In Christo ist weder man noch weyb«. Frauen in der Zeit der Reformation und der katholischen Reform [KLK 59], Münster 1999, S. 95–113; s. Barrett, Ursula Jost, wie Anm. 460, bes. S. 278ff.) dürften evident sein (TAE III, S. 111). TAE I, S. 255,35–256,1. Vgl. TAE I, S. 256,4f.; zur Erwartung einer Vernichtung der Christen – ohne daß eine Schonung der Frommen, also eines ›heiligen Restes‹, vorgesehen wäre, vgl. bei Venturinus: a. a. O.; S. 256,17f.: »Turcam triumphaturum de christianis dixit [sc. Venturinus] et omnia devastaturum per Germaniam etc.« Die Vorstellung eines heiligen Papstes, der maximal vier Jahre regieren werde, auch in: Eyn auszug, wie Anm. 316, B 1v. Nach diesem Papst kämen »Engelische hirten«, die die Kirche wieder erstehen ließen (B 1v); s. auch Lichtenberger, Prognosticatio, wie Anm. 380, MF 928f. Nr. 2309, Q 1rf. Zur joachimitischen Engelspapsttradition bzw. -prophetie vgl. Herbert Grundmann, Die Papstprophetien des Mittelalters, in: Ders., Ausgewählte Aufsätze Teil 2: Joachim von Fiore [SMGH 25,2], Stuttgart 1977, S. 1–57; Reeves, Influence, wie Anm. 491, bes. S. 320ff.; Möhring, Weltkaiser, wie Anm. 316, S. 269ff.; s. im ganzen auch oben Anm. 316; instruktiv zum reformatorischen Umgang mit dem Material: Osiander, GSA Bd. 2, Nr. 84, S. 403–484 . Vgl. Günther List, Chiliastische Utopie und radikale Reformation, München 1973; Arno Seifert, Reformation und Chiliasmus. Die Rolle des Martin Borrhaus-Cellarius, in: ARG 77, 1986, S. 226–264. Vgl. etwa die Hoffnungsbilder im Schlußappell der Schrift Eyn auszug, wie Anm. 316, B 4r: »[…] mit den waffen einer löblichen Reformation / verenderung / auffsetzung / und verkerung alle ding tzum besten / unnd vertilgen tzum letzten / nach der überwindung diser feynd / alle scharen und versamlung der priesterschaft / unn des volcks mit starcken heilsamen bol wercken / tzaunen und mauren der verherrung und stellen übung der tugenden und gutten wercken umbgeben / als dann wird nicht alleyn das reych / Sonder die gantz Christenheyt von den widerwertigkeyten erlediget / und im tzeitlichen als hoch / als ym geistlichen erhebt […].«

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Anmerkungen zu S. 51

421 Wappler, Täuferbewegung, wie Anm. 405, S. 30. 422 Zum gewaltigen publizistischen Echo auf die Schlacht, die mit einem Augenzeugenbericht unmittelbar nach dem 28.8.1526 einsetzte, vgl. die bei Göllner, Turcica I, Nr. 251ff., S. 138–150 gebotenen bibliographischen Nachweise. Die anonyme Flugschrift: Hernach folgt des Bluthunds, der sich nennet ein türkischen Kaiser, Getaten ([Göllner, a. a. O., Nr. 251–254, S. 138–140]; VD 16 B 5791–5795; drei verschiedene Druckausgaben in: Köhler, Bibl. Bd. II, Nr. 1550–1552, S. 38f.; Ex. MF 1249 Nr. 3179; MF 1832 Nr. 4692; MF 886 Nr. 2232) berichtet vom Verschwinden der vergeblich gesuchten Leiche König Ludwigs II. von Böhmen und Ungarn, von dem Gerücht, daß der Papst und Venedig diesen Feldzug veranlaßt hatten (s. dazu auch: Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 108) und von den barbarischen Kriegsgreueln. Am Schluß druckt der Verfasser ein Verzeichnis vornehmer Gefallener aus Ungarn, Böhmen und Deutschland ab. Die Zahl der Kriegsgefangenen wird mit 15.000 angegeben. Der Bericht erschien zusammen mit: Newe Zeitung wie die Schlacht in Ungarn mit den Türkischen Kayser ergangen, Göllner, Turcica I, S. 139 zu Nr. 251; vgl. Nr. 272, S. 148f. Eine andere »Neue Zeitung« zur Sache (Göllner, a. a. O., Nr. 270, S. 147f.) ist als MF ed.: 872 Nr. 2207; Köhler, Bibl. Bd. III, Nr. 3466, S. 139; Abdruck in: Weller, Zeitungen, wie Anm. 163, S. 56–65; Abdruck der zeitgenössischen Skizze des Schlachtfeldes bei Hellmut Diwald, Anspruch auf Mündigkeit [Prophyläen Geschichte Europas Bd. 1], ND Berlin 1998, S. 182. Mohács war eines der Großereignisse der zeitgenössischen massenmedialen Kommuniktaion. Diese Berichterstattung von 1526 dürfte in kommunikationsgeschichtlicher Hinsicht das vielleicht wichtigste Einzelereignis vor der Belagerung Wiens von 1529 gewesen sein, das zur Verbreitung eines negativen Türkenbildes beitrug. Vgl. zur Sache auch: Michael Schilling, Aspekte des Türkenbildes in Literatur und Publizistik der frühen Neuzeit, in: Stefan Krimm – Dieter Zerlin (Hg.), Die Begegnung mit dem islamischen Kulturraum in Geschichte und Gegenwart, München 1992, S. 34–60. Die Erinnerung an Mohács war nachhaltig; vgl. etwa 1529: Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, F 1v–F 3r; 1538: Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, Y1r = Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 269; in den 1570er Jahren ließ sich der Gesandschaftsprediger Stefan Gerlach (s. Wendebourg, Reformation und Orthodoxie, wie Anm. 353; passim) mit einer Begleitungsgruppe auf das Schlachtfeld führen und von einem ungarischen Kriegsveteranen die Gruben, in denen die Geschütze untergebracht waren und die Gräber der Gefallenen zeigen; vgl. dazu und zu weiteren Schilderungen des Schlachtfeldes durch Besucher des späteren 16. Jahrhunderts: Matzschke, Das Kreuz und der Halbmond, wie Anm. 563, S. 288f. 423 Zu anderen Fluchtorten und Sammelpunkten, an die sich die Getauften, die vom Türkenkrieg verschont bleiben würden, begeben sollten, vgl. die Hinweise bei Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, S. 370; 217 Anm. 88. 424 Wappler, Täuferbewegung, wie Anm. 405, Nr. 3, S. 243f., hier: 244. 425 Ebd. Nach Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, S. 210 ist Huts Tätigkeit in Zilgendorf im August/September 1526 wahrscheinlich, also in jener Zeit, als mutmaßlich die ersten Nachrichten von der Schlacht von Mohács bekannt wurden. Die 22 Monate bezieht Seebaß auf den Mai 1528, Huts Datierung des Endes, ebd. 426 Vgl. Georg Berbig, Die Wiedertäufer im Amt Königsberg i. Fr. i. J. 1527/28, in: DZKR 3. Ser. 13, 1903, S. 291–353, hier: 309f. Nr. VII a; 314 Nr. VII b; 315f. Nr. VII d; vgl. Seebass, a. a. O., S. 216–218; Wappler, Täuferbewegung, wie Anm. 405, S. 231 Nr. 1 c; 235 Nr. 1 e. 427 Wappler, a. a. O., Nr. 1 c, S. 231. 428 Vgl. Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, Anhang Nr. 21, S. 537–540. 429 Vgl. Mathieu Lepetit, Die Türken vor Wien, in: Etienne François – Hagen Schulze (Hg.), Deutsche Erinnerungsorte Bd. 1, München 2001, S. 391–406; zur Semantik des »Erbfeindes« s. Wrede, Das Reich und seine Feinde, wie Anm. 2.

Anmerkungen zu S. 51–52

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430 Vgl. Hinweise auf Prozesse gegen Juden von Leipheim und Günzburg bei Schubert, Reformation, wie Anm. 456, S. 153. 191–193; Antonius Margaritha behauptete, die Juden hätten »in des Türcken Kryeg ayn uberflüssige freüd gehabt« und deutet ihre finanzielle Unterstützung des Krieges der Türken gegen die Christen an, vgl. die Nachweise in: Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 125 (dort Anm. 35 weitere Belege); eindrücklich am Beispiel der Ikonographie zeigt die ›Konspiration‹ zwischen Juden und (türkischem) Antichristen: Riess, Renaissance Antichrist, wie Anm. 531, S. 118–121. 431 Vgl. Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, S. 261. Fabri führte die täuferischen Hoffnungen auf den Türken auf Luthers Assertio (s. Anm. 338; 598) zurück: »[…] das auch der newen secten fürnemen gentzlich dahin gericht, das nit ir maynung ist, bey dem evangelio zu beleiben, sonder so der Thürck und wer noch bößer khäme und uber hand neme, denselben antzubetten, dan söllichs von iren öbristen feldthaubtman, dem Luther, in assertionibus [sc. WA 7, S. 140f.] gelernet habent […].« Johannes Fabri, Ettliche Sermon … wider die gotloßen Widertauffer …, Wien, Singriener [1528], zit. nach Laube, Flugschriften gegen die Reformation (1525–1530), Bd. 2, wie Anm. 339, S. 671–700, hier: 696,16–20; Ed. der lat. Ausgaben: MF 1489 Nr. 3910; MF 1453 Nr. 3839; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 1115f., S. 477f. Wohl [1528] publizierte Fabri eine Oratio de origine, potentia ac tyrannide Turcorum ad Henricum Angliae Regem [Köln, o. Dr., 1528; Wien, Singriener d. Ä., 1528]; VD16 F 219; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 1113f., S. 477; Ex. MF 1052 Nr. 2661 [zit. Ausgabe]; anderes Exemplar: MF 1339 Nr. 3513, in der er gegenüber Heinrich VIII. darlegte, daß die Kirche von Lutheranismus und Türken, die beide zum Reiche Satans gehörten, bedrängt sei (A 2r/v). Zu Fabri vgl. Christoph Dittrich, Die vortridentinische katholische Kontroverstheologie und die Täufer: Cochläus – Eck – Fabri [EHS R. III, 473], Frankfurt/M. u. a. 1991, S. 208–221. 432 Huts Lehrbildungen in eine rezeptionsgeschichtliche Linie insbes. mit Müntzers ihn offenbar tief beeindruckender Predigttätigkeit im unmittelbaren Vorfeld der Schlacht von Frankenhausen zu stellen, besitzt gleichwohl große Plausibilität, vgl. etwa Huts Aussagen im Augsburger Verhör (26.11.1527), Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, Anhang Nr. 21, S. 537–540, hier bes.: 538; vgl. James M. Stayer, Hans Hut’s Doctrine of the Sword: An attempted solution, in: MennQR 39, 1965, S. 181–191; ders., The Doctrine of the Sword, Lawrence 1976, bes. S. 154f.; 124f. 433 S. unten Anm. 446f.; zu Luther s. oben Anm. 338; unten Anm. 598. 434 Vgl. Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, S. 264; 370; 272; zum Verhältnis Hubmaier – Hut s. auch: J. Denny Weaver, Hubmaier versus Hut on the Work of Christ. The Fifth Nicolsburg Article, in: ARG 82, 1991, S. 171–192. 435 Grete Mecenseffy, Österreich, I. Teil [QFRG 31 / QGT 11], Gütersloh 1969, S. 202, 32f. (aus einer bei einem Täufer sichergestellten Artikelliste, die im Juni 1529 in österreichische Akten gelangte); vgl. Seebass, Müntzer Erbe, wie Anm. 392, S. 369; s. auch Schornbaum, s. u., Nr. 108, S. 112,9–15. Im Spiegel des Verhörprotokolls Ambrosius Spittelmeiers (in: Karl Schornbaum, Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer II. Band: Markgrafentum Brandenburg [Bayern I. Abt.] [QFRG 16], Leipzig 1934, Nr. 56, S. 47–56, hier: 55,7ff.) wird man aber wohl doch davon ausgehen können, daß die Erscheinungen der Türken auch für Hutanhänger mit Ängsten verbunden waren; Spittelmeier bezeichnete sie als »feind des creuz Christi« (55,8); das Volk werde betrübt und beängstigt sein; alle Menschen würden verzagen und desertieren. Von Huts Kerygma in bezug auf die Türken läßt Spittelmeiers Aussage wenig erkennen, was natürlich auch den Umständen des Verhörs geschuldet sein mag. Seebass betont Spitelmeiers Nähe zu Hut (a. a. O., S. 301), was aber für die Türkenbezüge nicht ganz aufzugehen scheint. 436 Vgl. Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, bes. S. 400ff.; vgl. auch in: [Hut], Christlicher Unterricht (ed. in: Laube [Hg.], Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich Bd. 1, wie Anm. 66, S. 687ff., hier: 688,24ff.; 690,2ff.; 691,1ff. 8ff.; 691,38; 692,10ff.; 693,26;

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Anmerkungen zu S. 52

694,13ff.); zu entsprechenden Vorstellungen bei Jörg Haugk von Jüchsen s. Lydia Müller, Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter [QFRG 20], Leipzig 1938, S. 5ff.; vgl. Laube, a. a. O., S. 669,37ff. Für Jörg Haugk von Jüchsen erschließt sich – ähnlich wie für Hut – das ›Evangelium aller Kreatur‹ aus der Schöpfungsordnung (vgl. bes. Müller, a. a. O., S. 5f.; Laube, a. a. O., S. 669,37ff.); ähnliches gilt von der – übrigens ohne durchschlagende Gründe (gegen Hellmut Zschoch, Gehorsamschristentum. Die »göttliche und gründliche Offenbarung« des Augsburger Täuferführers Jakob Dachser, in: ZBKG 63, 1994, S. 30–45; ders., Reformatorische Existenz und konfessionelle Identität. Urbanus Rhegius als evangelischer Theologe in den Jahren 1520 bis 1530 [BHTh 88], Tübingen 1995, S. 229ff.) – Jakob Dachser zugeschriebenen Schrift Eine göttliche und gründliche Offenbarung (ed. in: Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 1, S. 772–797, hier bes. 783,8ff.; 785,7ff.; 788,24ff.), von der anonymen Schrift Der Herr spricht / … Bessert ewer wesen (Köhler, Bibl. Bd. II, Nr. 1554, S. 40; Ex. MF 1488 Nr. 3908, bes. A 2v und A 7r/v) oder auch von Hätzer, für den der ›Same‹ der Erkenntnis Gottes in alle Menschen gelegt ist und erst der Weg der Leidensnachfolge (»Kreuzgang«; Baruch-Vorrede, s. u., iiiir; zum Motiv des Kreuzganges vgl. Zorzin, »Kreuzgang«, wie Anm. 365) zu wahrer Gotteserkenntnis führt, vgl. Vorrede zum Propheten Baruch von 1528 (VD 16 B 3727/B 4171; Ex. SB München Catech. 224/2); weitere Lit. zu Hätzer außer bei Zorzin: Kaufmann, Luthers »Judenschriften«, wie Anm. 89, S. 10 Anm. 8; 18; 43; 74. Auch bei Denck ist eine entsprechende cognitio dei naturalis, die im Prozeß des Leidens wirksam wird, vorauszusetzen; vgl. nur: Walter Fellmann (Hg.), Hans Denck, Schriften, 2. Teil, Religiöse Schriften [QFRG 24 / QGT VI/2], Gütersloh 1956, S. 59,18ff.; vgl. 38,29ff. Christus ist der einzige Mittler zwischen Gott und Mensch; er war »von anbeginn« und »bleibt biß ans ennd« (a. a. O., S. 33,28f.). Seine Mittlerschaft ist universal und nicht an das ›positive‹ Offenbarungszeugnis der Schrift gebunden: »Welcher menschen [sc. Mittler ist Christus]? Mein und dein allain? Nit also, sonder aller menschen, die im Gott zum erbthumb gegeben. Hat er im aber nit alle haiden und juden gegeben? Warumb wilt du dann inen den weg zuschliessen, den du selb auch nit wandeln wilt?« Ed. Fellmann I.2, S. 33,28–32. In bezug auf die genannten Autoren dürfte eine prinzipielle epistemologische Prärogative der sich auf die Bibel als äußeres Offenbarungszeugnis gründenden Christenheit gegenüber allgemeiner bzw. heidnischer – und also auch ›türkischer‹ – Gotteserkenntnis ab ovo ausgeschlossen sein. Entsprechend formulierte der im Streit zwischen Hubmaier und Hut für letzteren Partei ergreifende Hans Schlaffer wohl 1527: »Die brait Christi ist als brait, als die ganz welt ist an allen orten, wo menschen sein, die nach dem willen Gottes leben one ansehen der personen im gehorsam wie Christus, es seind Juden, Türken, heiden.« Müller, a. a. O., S. 96; vgl. in Huts Von dem Geheimnis der Taufe [s. Seebass, a. a. O., S. 57ff.; ed. jetzt in: Fast – Rothkegel, Briefe und Schriften, wie Anm. 365, Nr. 6, S. 164–199], bes. Müller, a. a. O., S. 22. Der Hut-Schüler Leonhard Schiemer stellte im Dezember 1527 ausdrücklich fest, daß Gott die antichristlichen evangelischen Schriftgelehrten nicht verstockt habe, sondern daß sie schuldhaft abgefallen seien, hingegen Heiden und Türken nicht per se außerhalb des Heils stünden: »Also verhenngt Got nit uber die schriftglerten als luthrischen unnd zwinglischen etc., das sy möchten verbergenn Gottes gebot. Wie es aber zugeet inn Turkhey und heidenschaft der lendern allen, des hab ich eusserlich nit erfarn, aber im hertzen bin ich es vergwist, das Got kein person ansicht, er versoumbt niembt.« Fast – Rothkegel, Briefe und Schriften, wie Anm. 365, S. 257; [glossierender Zusatz: »sunder ein yeder auffnimbt der sich zu der bueß wenndt«, a. a. O., S. 257 Anm. p)]. 437 Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, Anhang Nr. 5, S. 506f., hier: 507; vgl. 87; zum Gehen in den Fußstapfen Christi, ebd.; vgl. auch: Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich Bd. 1, wie Anm. 66, S. 692,11.20; Fast – Rothkegel, Briefe und Schrifen,

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wie Anm. 365, S. 174ff. Die »Kunst Gottes« [i. S. von: Erkenntnis Gottes] (Laube, S. 688,9; vgl. dazu: Thomas Kaufmann, Filzhut versus Barett. ›Doctrina‹ in der sog. radikalen Reformation der 1520er Jahre, in: Anselm Schubert u. a. [Hg.], Grenzen des Täufertums [SVRG], Gütersloh [erscheint voraussichtlich 2008]) besteht nach Hut in »dreyen urteylen« (ebd.), und zwar der Allmächtigkeit Gottes des Vaters, der Gerechtigkeit des Sohnes, der Barmherzigkeit des Heiligen Geistes. Die Erkenntnis ist zugleich zu ›erleiden‹; »Wa der mensch solche drey tayl nit in im selber erduldet, erkennet, befindet, so wayßt er nit mer von Got, denn ain Türck oder hayd, wie vil er ja auch schwätzen mag oder kan […].« Laube, a. a. O., S. 688,32–34. Die Differenzmarkierung zwischen ›Christen‹ und ›Türken‹ besteht also im Erleiden der Erkenntnis. Vgl. Christliche Unterrichtung, in: Laube, a. a. O., S. 691,14ff. A. a. O., S. 691,14. Allerdings ist auch auf eine motivische Korrespondenz zwischen Hut und den vorreformatorischen prophetischen Traditionen, die etwa in Eyn auszug (wie Anm. 316) repräsentiert sind, hinzuweisen. Denn auch hier ist ein Zusammenwirken des ›heiligen Restes‹ der Christen mit den Türken, wenn auch vornehmlich im Modus der Trauer, vorgesehen: »[…] so werden trauren die Türckischen mit den tzerstrawten von der schar der Christen.« (A 4v). Vgl. zu den Nikolsburger Gesprächen Huts: Seebass, Müntzers Erbe, wie Anm. 392, S. 258ff.; in Hubmaiers Rechenschaft sind in bezug auf die Auseinandersetzung mit Hut bes. einschlägig: Art. 14 (Kritik an Huts Berechnung der Endzeit auf Pfingsten 1528), in: Westin – Bergsten, Hubmaier, wie Anm. 87, S. 474–476, bes. 475; zu Taufe und Abendmahl [Art. 25/26, S. 486–488] und Obrigkeitslehre [Art. 27, S. 488–491]; hinsichtlich des Obrigkeitsverständnisses ist gegen Hut gerichtet: Von dem Schwert (1527), a. a. O., Nr. 24, S. 432ff.; vgl. Weaver, Hubmaier, wie Anm. 434; Jarold Knox Zeman, The Anabaptists and the Czech Brethern in Moravia 1526–1628 [Studies in European History 20], The Hague / Paris 1969, S. 185f.; 190ff.; Martin Rothkegel, Die Nikolsburger Reformation 1526–1535: Vom Humanismus zum Sabbatarismus, Diss. theol. Prag 2001, Selbstanzeige, in: MGB 59, 2002, S. 181–186; Art. Nikolsburg, in: EncR 3, 1996, S. 146f. (John D. Roth). Vgl. Stayer, The Doctrine auf the Sword, wie Anm. 432, S. 141ff.; zum Schleitheimer Bekenntnis vgl. Andrea Strübind, Eifriger als Zwingli. Die frühe Täuferbewegung in der Schweiz, Berlin 2003, S. 547ff. Westin – Bergsten, Hubmaier, wie Anm. 87, S. 490. »Derhalben ich vast ubl zufriden bin Hanns Hutten und seinen Anhenngern, das sy haimlich vnd in den winckeln das volck auffreden, verfieren, Conspiration und aufrur bewegen vnnder dem schein des Taufs vnnd nachtmals Cristi, als mieß man mit dem Schwert daran und dergleichen.« A. a. O., S. 489. Die von Westin – Bergsten, a. a. O., S. 482 mit Anm. 45 vorgeschlagene Identifizierung des Türken mit Gog und Magog [Ez 38; Apk 20] bringt nach Hubmaier über »vnns« Angst und Schrecken; ein spezifisches Schicksal der Getauften oder ›Auserwählten‹ kennt Hubmaier also angesichts der Türkenfrage nicht! In seiner Schrift Von Ketzer und ihren Verbrennern (1524) analogisierte Hubmaier Türken und Ketzer und betonte, daß beide »weder mit dem schwert noch feür überwunden, sondern allein mit geduldt und schreyen, und so wir mit den dultigen das gericht Gottes erwartend« (Westin – Bergsten, a. a. O., S. 98), zu behandeln seien. Diese Stelle spricht m. E. nicht gegen das Defensionsrecht gegen die Türken, sondern schärft nur ein, daß der definitive Sieg über sie eine Tat Gottes ist. Jedenfalls sieht Hubmaier den Türken offenbar nicht als Vollstrecker des Gerichtes Gottes über die Christenheit an. In Von der christlichen Taufe (1525) rekurriert Hubmaier auf die Türken im Zusammenhang einer Argumentation zugunsten der Glaubenstaufe: Sei die Taufe von Säuglingen gerechtfertigt,

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Anmerkungen zu S. 52–54 gäbe es eigentlich keinen Grund, daß nicht auch Juden und Türken ohne Glauben einfach getauft würden, a. a. O., S. 152; dasselbe Argument noch in: Gespräch (1526/8), a. a. O., S. 200: Begründe man die Taufe von Säuglingen damit, daß diese Menschen seien, müsse man auch die Türken taufen. »Türcken sind ye auch leüt.« (Ebd.). Auch die verbreitete paränetische Bezugnahme auf die Türken als Spiegel sittlicher Defizite in der Christenheit läßt sich bei Hubmaier nachweisen: »Wir wöllen die Türcken richten und vertreiben, und haben noch nit von uns selbs hin auß thon, wer da böß ist.« A. a. O., S. 374 a. R.; vgl. Vom christlichen Bann, a. a. O., S. 152f. Müller, Glaubenszeugnisse, wie Anm. 436, S. 39; vgl. Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 2, hier: S. 1553,22ff.; zur Verweigerung einer Beteiligung an der Landesverteidigung gegen die Türken durch eine von Hut und den Schweizern beeinflußte Täufergruppe in Austerlitz (1529) vgl. Andrea Chudaska, Peter Riedemann [QFRG 76], Gütersloh 2003, S. 79. Laube, a. a. O., S. 1553,20ff.; zur Bedeutung des Leidens im nahen Ende vgl. Sattlers Vision, in: Laube, a. a. O., Bd. 1, S. 739,3ff. Daß sich Sattler in seiner Behandlung der Türkenfrage »im Rahmen dessen hielt, was in Luthers frühen Schriften zu lesen war« (Seebass, Münsters Erbe, wie Anm. 392, S. 371; vgl. schon WA 30 II, S. 94 Anm. 2), ist angesichts des spärlichen Quellenbefundes nicht sonderlich aussagekräftig. Gegen Positionen wie die Sattlers stellte Brenz in seinem Türken Büchlein, wie Anm. 192, B 4v, fest: »Das aber etliche da gegen [sc. gegen ein Verteidigungsrecht gegen die Türken] schreiben / eim Christen gebüre zu leiden / und sich nicht zu weren / wie die Widerteuffer / und viel andere fürgeben / davon acht ich / habt ir aus andern Schrifften gnugsam unterricht […].« (Es folgt eine Auslegung von Mt 5,38ff. gegen eine täuferisch-pazifistische Lesart.). Vgl. Carola Schelle-Wolff, Zwischen Erwartung und Aufruhr. Die Flugschrift Von der newen wandlung eynes christlichen lebens und der Nürnberger Drucker Hans Hergot [EHS R. I, 1549], Frankfurt/M. u. a. 1996, S. 198ff. Ich benutze die Edition in: Laube – Seiffert, Flugschriften der Bauernkriegszeit, wie Anm. 388, S. 545–557; Reprint in: Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit III/1 ; zu Joachim vgl. die Hinweise Anm. 410; 414; 491; 531. Zur Verfasserfrage, die man für aporetisch zu halten geneigt sein mag, vgl. SchelleWolff, Erwartung, wie Anm. 448, S. 301ff. Sylvius setzt Hergot offenbar 1527 als Verfasser der Schrift voraus, vgl. Laube, Flugschriften gegen die Reformation Bd. 1, wie Anm. 339, S. 329,10. Laube – Seiffert, Flugschriften der Bauernkriegszeit, wie Anm. 388, S. 556,17. A. a. O., S. 556,17. Schelle-Wolff sieht eine Übereinstimmung zwischen Müntzers Wertung der verlorenen Schlacht als Folge der Eigennützigkeit der Bauern (ed. Franz, Müntzer, wie Anm. 63, S. 474,12; vgl. aber zu dieser Frage auch: Elliger, Müntzer, wie Anm. 367, S. 800ff.) und der Einschätzung der Neuen Wandlung. Allerdings übergeht sie die Differenz in bezug auf die Türkenfrage. Laube – Seiffert, Flugschriften der Bauernkriegszeit, wie Anm. 388, S. 556,18f. »[…] do gehet erst der recht streyt daher als man vor augen sicht, ay nicht den Turcken alleyn, sunder unsern aller heyligsten vater den bapst und die höchsten priester alle mit eynander ynn uneynigkeyt, unnd eyn ytzlicher begerrtt des andern bluts.« A. a. O., S. 556,20–22. Zit. nach der Edition der Urgicht Baders in: Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 2, S. 984–996, hier: 985,28–30. A. a. O., S. 985,34. A. a. O., S. 985,38; zum Türken in den Verhörprotokollen seiner Genossen vgl. Gustav Bossert, Augustin Bader von Augsburg, der Prophet und König und seine Genossen nach den Prozeßakten von 1530, in: ARG 10, 1912/3, S. 117–165; 209–241; 297–349; ARG 11, 1914, S. 19–64; 103–133; 176–199, hier: S. 39; 61; zum ganzen: Anselm Schubert,

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Messianische Reformation. Augustin Bader und das frühe Täufertum zwischen Apokalyptik und Kabbalah, Kirchengeschichtliche Habilitationsschrift, Göttingen 2007, masch., (erscheint voraussichtlich 2008, QFRG, Gütersloh) bes. S. 201; 275; vgl. Laube; a. a. O., S. 988,30–32: »Er [sc. Bader] wolt nyemandt, weder Juden, hayden, Türgkhen, in der verendtung außgeschlossen haben, dann er wißte nit, wen Got zu sölichem beruefft […].« Laube, a. a. O., S. 986,1f. Laube, a. a. O., S. 988,24f. In einem Brief des Kardinallegaten Lorenzo Campeggio an den päpstlichen Sekretär Giovanni Battista Sanga vom 12.5.1530 [ed. als Anhang Nr. 6 in: Schubert, Reformation, wie Anm. 456, S. 323f.] wird die Verbindung mit den Türken als Teil der Baderschen Umsturzpläne geschildert: »Immo turcis quoque uno omnes consensu cum maximo exercitu obviam ire voluerunt ac eundem ut prius per totam germaniam ducere: iter et viam monstrare quo facilius suae tiranidi et eorum malevolentiae et iniquitati satis fieret […].« 1529 hätten Täufer mit den Türken konspiriert und ihnen den Weg nach Oberdeutschland geöffnet: »Superiori enim Anno [sc. 1529] Turcas in Austriam de vico in vicum de oppido in oppidum per montes nemora ac loca abstrussissima duxerunt ac illis ad superiorum Germaniam iter aperuerunt [.]« Vgl. Hoffmans Weissagung uß heiliger geschrifft. Von den trübsalen dieser letzten zeit …, 1529 (ed. in: Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 2, S. 910–929; zu Hoffman immer noch grundlegend: Deppermann, Hoffman, wie Anm. 349, S. 133ff.; 194ff.); Laube, a. a. O., bes. S. 915,16ff.: »Von disem gericht Gottes findet man IIII. Essdre XII [4. Esra 12,13–34] und Johel am letsten [Joel 4], das die best mannschafft, an dem schwerdt soll niderliegen […], auch in Ezechil XXXVIII hernach, das die berg oder fürsten sollen gestürtzet werden, und die mauren fallen, welche mauren verstanden werden das best kriegsvolck […], unnd durch den Türcken solches alles geschehen, so lang biß er die straff wol volbracht hat […].« Das 74., ins Jahr 1529 zu datierende Gesicht lautet: »Weiter ist mir der schein des herren erschinnen und hat sich uffgethan / da hab ich gesehen ein weite und grosse heiden / und uff der selbigen heiden sahe ich herziehen / einen grossen grewlichen schwartzen man in finsterer dunckelheit / dem selbigen gieng vor ein klar liecht / da hat mich verwundert was doch das möcht bedüten / da ist mir durch den schein des herren in mein hertz geoffenbaret / das diser man der herr der Türcken sey / und das liecht die krafft Gottes / welche im vorgang / unnd er werd grossen Gewalt und jamer üben / e dann er sein end volbringen wird.« Prophetische Gesicht unn Offenbarung / der götlichen wirckung zu diser letsten zeit / die vom Xxiiii. jar biß in dz XXX. einer gottes liebhaberin durch den heiligen Geist geoffenbart seind … Melchior Hoffman [Straßburg, Balthasar Beck], 1530; VD 16 J 993; Ex. MF 1337 Nr. 3509; Köhler, Bibl. Bd. II, Nr. 1605, S. 61, C 5r/v; vgl. zu der Schrift: Deppermann, Hoffman, wie Anm. 349, S. 178ff.; an Lit. zu Frauen im Täufertum vgl. nur: Marion Kobelt-Groch, Aufsässige Töchter Gottes. Frauen im Bauernkrieg und in den Täuferbewegungen [Geschichte und Geschlechter 4], Frankfurt/M. 1993, hier bes. S. 106; vgl. die Angaben oben Anm. 416, sowie den instruktiven Sammelband: C. Arnold Snyder – Linda A. Huebert Hecht (Hg.), Profile of Anabaptist Women [Studies in Women and Religion 3], Waterloo/Ont. 6. Nachdruck 2002 (zu Ursula Jost bes. den Beitrag von Lois Y. Barrett, Ursula Jost und Barbara Rebstock of Strasbourg, a. a. O., S. 273–287). Vgl. Baders Urgicht, Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 2, S. 985, 27; s. die Voten in: Bossert, Bader, wie Anm. 456, ARG 11, 1914, S. 30; 61. Vgl. Göllner, Turcica I, Nr. 362f.; 364; 366f.; 368; 412 ; ed. von Klockow, Georgius, Tractatus, wie Anm. 9; Reprint der von Sebastian Franck besorgten Ausgabe Nürnberg 1530 in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17; ed. in: Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 236ff; s. oben Anm. 87. Vgl. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12.

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Anmerkungen zu S. 55

464 Franck, Chronica, in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, hier: S. 88; 89 u. ö. (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 313,14; 313,24). Eine gewisse Analogie zwischen Francks spiritualistischer Distanzierung gegenüber allen zu ignorater Selbstverabsolutierung neigenden ›Sekten‹ und Bernhard Rothmanns täuferischer Distanzierung gegenüber Lutheranern, Katholiken, Heiden und Türken (vgl. Lutterbach, Weg, wie Anm. 349, S. 245) ergibt sich aus dem beiderseits erhobenen Anspruch eines genuinen Zugangs zur Schrift. 465 Die Kritik an der zeitgenössischen Christenheit, die Sebastian Franck in dem Nachwort seiner deutschen Aussgabe des Tractatus des Siebenbürgeners entfaltet (ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 86–106; vgl. oben Anm. 87), enthält eine implizite Kritik an Luthers Vorwort, das er dieser Ausgabe vorangestellt hatte (ed. Göllner, a. a. O., S. 2–8 = WA 30 II, S. 205–208). Auch in den Text von Luthers Vorrede hatte er vor allem durch einen längeren Zusatz eingegriffen, der die ›Scheinheiligkeit‹, die Luther insbesondere bei den Papisten wahrgenommen hatte, auf die ›weltförmige Christenheit‹ als ganze bezog (vgl. a. a. O., S. 6, 10. Z. v. u. bis S. 7, Z. 1 Zusatz Franck vor WA 30 II, S. 207,33 = Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 242,13–20; vgl. Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 410f.). In seinem Nachwort zur Georgius’-Schrift, das vielleicht als frühestes Zeugnis für Francks definitive Abkehr vom Luthertum zu gelten hat (vgl. nur: Horst Weigelt, Sebastian Franck und die lutherische Reformation [SVRG 186], Gütersloh 172, S. 20f.; Dejung, a. a. O., bes. S. 379ff.), analogisiert er die »scheynnende frumheyt« (Göllner, a. a. O., S. 86 = Werke Bd. 1, S. 311,3f.) mit der »aller Gotlosen« (ebd.), weitet den Türkenbegriff entsprechend auf die »weltfrumen Türcken / Heiden / Papisten / falsche Christen / unnd alle ungleubigen« (a. a. O., S. 89; vgl. 93; 101 = Werke Bd. 1, S. 314,3f.; 317,26f.; 323,39–41; s. oben Anm. 303) aus, bezieht selbstverständlich auch die »vermainten Christen und Evangelischen« (a. a. O., S. 105; vgl. 99 = Werke Bd. 1, S. 326,27f.; vgl. 321,31ff.) in seine Polemik ein. Den Maßstab seiner Kritik bildete ein Verständnis des »Christentumb[s] und Evangelium[s]« (a. a. O., S. 103 = Werke Bd. 1, S. 325, 17f.), das den engen Zusammenhang des Glaubens und der aus ihm folgenden Werke betonte: »Auß dem ye kundtlich ist / das werck allein on glauben / so wenig / als glaub on werck gerecht machen / sunst weren die Türcken frum Christenleut […].« (A. a. O., S. 101 = Werke Bd. 1, S. 323,13–15). So, wie viele Christen unter den »wolffen yn der Türckey und heydenschafft« (ebd. = S. 323,39f.) lebten, so lebten viele »Türcken«, d. h. vermeintliche, heuchlerische Christen unter der Christenheit (ebd.). Dies entsprach der bei den ›radikalen Reformatoren‹ verbreiteten Kritik an den reformatorischen Predigern, die keine Verbesserung der sittlichen Zustände in den Gemeinden erreicht hätten. Hatte Luther aus dem Vergleich der türkischen und der papistischen Religion gefolgert, daß die religio christiana mit zeremoniellen und sonstigen Äußerlichkeiten nichts zu tun habe (WA 30 II, S. 206,25ff.; 207,27ff.), so stellte Franck fest, daß der »schein der frumkeyt« (Göllner, S. 103 = Werke Bd. 1, S. 325,11) im Sinne eines tugendhaften, aus dem Glauben fließenden Ethos »so hoch von nöten [sei] als die frumheyt selbs / Dann ob wol schein on frumkeyt kan sein / so kan doch frumkeyt nit on schein sein […].« (A. a. O., S. 103 = Werke Bd. 1, S. 325,11–13). Sah Luther in dem ›schönen Schein‹ der disziplinierten Lebensführung der Türken primär einen Ausdruck dessen, daß es sich bei der Religion der Türken um ein teuflisches Blendwerk handelte, so diente er Franck als Plausibilisierungsmotiv sittlicher Anstrengungen: »Wiltu kein Türck sein / sonder ein Christ / so biß noch frumer / unn steig weit uber ein Türcken / das ist / thu zu dem schein / wandel der Türckenn / das leben der werck / ich meine den glauben / lieb / Gots forcht und erkantnus […] Es kan ye ein gut leben / wesen und ding on ein guten schein nit sein / ein guter baum on gut frucht […].« (A. a. O., S 102f. = Werke Bd. 1, S. 324,31–39; vgl. WA 7, S. 32,9ff.). Franck suchte nicht den Vergleich mit den virtuosen Asketen aus dem Derwischorden, an dem Luther die Minderwertigkeit der christlichen Mönchskongregationen demonstriert hatte (WA 30 II, S. 206,3ff.; vgl. Georgius, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 270ff.), sondern er beschränkte sich

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auf die einfache Bevölkerung (»landsvolck«, Göllner, a. a. O., S. 103 = Werke Bd. 1, S. 325,21), die in bezug auf ihre »pollicey und fleysch gerechtigkeyt / das sie nit sauffen / spilen / Gots lestern / ihrem Mahomet / wie wir unsern Christum creutzigen / martern / und täglich mit füssen tretten / Dört ist bey den unglaubigen zucht / dapferheyt aller erberer wandel / doch bey vilen bey uns vermainten glaubigen unzucht und alle leichtfertigkeyt in allen dingen […].« (Göllner, a. a. O., S. 103 = Werke Bd. 1, S. 325,21–26). Die bei Georg enthaltenen Nachrichten über Derwische und muslimische Spiritualisten haben nach Dejung (Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 348) Francks Interesse an diesem Buch entscheidend befördert. Angesichts der im alltäglichen Leben erwiesenen Gottlosigkeit der heuchlerischen Christen kann von einer soteriologischen Prärogative der Christenheit keine Rede sein: »Also füren der Bapst / Türcken / und alle unglaubigen / schein on wesen / werck on glauben / So füren wir vermainten Christen und Euangelischen vil glauben on werck / wesen / wie wir achten / on schein / warheyt on ausspruch / liecht on schein und glast / ein volles hertz on ubergeen / geradten also in ein frech / rauch / wild leben / und lassen den schein / die werck mit dem glauben faren / Also das wir weder Türcken noch Christen nun seind.« (A. a. O., S. 105 = Werke Bd. 1, S. 326,26–32). Indem die notwendige sittliche »Veränderung« im Kontext der magistralen Reformation ausblieb, leistete diese der ›Turkisierung‹ der Christenheit Vorschub; die geistlichen Anhänger Mohammeds gehören nach Franck der unsichtbaren Kirche Christi zu, vgl. Meinulf Barbers, Toleranz bei Sebastian Franck [UARG NF 4], Bonn 1964, S. 150–153; zuletzt: Andreas Wagner, Das Falsche der Religionen bei Sebastian Franck. Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Spiritualismus der radikalen Reformation, Diss. phil. FU Berlin 2007, S. 345ff. Vgl. Hendrix, Recultivating, wie Anm. 10; passim; S. 164–168 zur Auseinandersetzung mit dem Islam. Berndt Hamm, Von der spätmittelalterlichen reformatio zur Reformation: der Prozeß normativer Zentrierung von Religion und Gesellschaft in Deutschland, in: ARG 84, 1993, S. 7–82; ders., Normative Zentrierung im 15. und 16. Jahrhundert. Beobachtungen zur Religiosität, Theologie und Ikonologie, in: ZHF 26, 1999, S. 163–202; Rudolf Suntrup – Jan R. Veenstra (Hg.), Normative Zentrierung / Normative Centering [Medieval to Early Modern Culture 2], Frankfurt/M. u. a. 2002; vgl. Berndt Hamm, The Reformation of Faith in the Context of Late Medieval Theology and Piety. Essays hg. von Robert J. Bast [SHCT 110], Leiden u. a. 2004, bes. S. 1ff.; 177f. Hamm scheint die von ihm unter den Begriff der ›normativen Zentrierung‹ subsumierten Verdichtungsprozesse kognitiv-mentaler und deutungskultureller Art vornehmlich als ›endogenen‹ Vorgang binnenchristlicher Diskursivität zu deuten; Ähnliches gilt für Volker Leppin, Von der Polarität zur Vereindeutigung. Zu den Wandlungen in Kirche und Frömmigkeit zwischen spätem Mittelalter und Reformation, in: Gudrun Litz – Roland Liebenberg (Hg.), Frömmigkeit – Theologie – Frömmigkeitstheologie. FS für Berndt Hamm [SHCT 124], Leiden, Boston 2005, S. 299–315. Ein ›externer‹ Faktor wie der Türke spielt darin, wie es scheint, nur eine untergeodnete Rolle; s. dazu auch unten, Abschn. VIII. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, Kap. 23, S. 388ff.; Franck hat dieses Kapitel nicht übersetzt, vgl. ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17; Werke Bd. 1, wie Anm. 87; Überlegungen zu den Gründen der Auslassung bei Dejung, Komm. Bd. 1, wie Anm. 87, S. 424. Ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 390. A. a. O., S. 392. A. a. O., S. 394. A. a. O., S. 396ff. A. a. O., S. 400. A. a. O., S. 402ff. A. a. O., S. 404ff.

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Anmerkungen zu S. 56–57

476 »Atque hoc consilio hunc librum [sc. des Siebenbürgeners] edimus et in faciem adversantium Euangelio protrudimus, ut stulta sua opinione confusi re ipsa experiantur et manibus propriis palpent hoc, quod Euangelium docet, verum esse, Nempe Christianam religionem longe aliud et sublimius aliquid esse quam caeremonias speciosas, rasuram, cucullos, pallorem vultus, ieiunia, festa, horas Canonicas et universam illam faciem Ecclesiae Romanae per orbem.« WA 30 II, S. 206,23–28. 477 »Proinde hunc librum etiam hoc altero consilio edimus, ut scandalum Mahometicum praeveniremus. Cum enim in vicino nunc Turcam et suam religionem habeamus, monendi sunt nostri, ne specie religionis illorum et facie morum commoti aut vilitate nostrae fidei ac morum difformitate offensi negent Chistum suum et Mahometum sequantur […].« WA 30 II, S. 207,23–27. 478 »[…] nostra summa praesidia et robustissima arma, quae sunt articuli de Christo […].« A. a. O., S. 207,36f. 479 Zit. nach der Übersetzung Francks, ed. in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 7 (= Werke Bd. 1, wie Anm. 87, S. 242,25–29). 480 WA 30 II, S. 186,1f. Luthers entsprechende Ermahnung in der Heerpredigt von 1529 ist natürlich im Horizont der Bemühungen des Jahres 1529, mit dem Kleinen und Großen Katechismus neue Grundlagen für die christliche Unterweisung der Kinder und des gemeinen Mannes zu legen, zu sehen, vgl. nur: Brecht, Martin Luther Bd. 2, wie Anm. 406, S. 267ff.; zu einem theologiegeschichtlichen Einzelaspekt: Albrecht Beutel, »Gott fürchten und lieben«. Zur Entstehungsgeschichte der lutherischen Katechismusformel, in: Ders., Protestantische Konkretionen, Tübingen 1998, S. 45–65. Die Frage nach einem inneren Zusammenhang zwischen der katechetischen ›Munitionierung‹ der christianitas und ihrer äußeren Bedrohung durch den Türken scheint in bezug auf Luthers Beiträge zur christlichen Elementarunterweisung bisher nicht eingehender behandelt worden zu sein. 481 WA 30 II, S. 186,2ff.; vgl. auch 207,35–208,4. 482 A. a. O., S. 186,8. 483 A. a. O., S. 186,8f. 484 A. a. O., S. 186,15–18. Am Beispiel von Raimundus Lullus’ Auseinandersetzung mit dem Islam zeigt Rieger, daß seine logischen Operationen vor allem darauf abzielten, die Möglichkeit der Inkarnation philosophisch zu begründen (Reinhold Rieger, Contradictio. Theorien und Bewertungen des Widerspruchs in der Theologie des Mittelalters [BHTh 133], Tübingen 2005, S. 466f.). Die in der vorreformatorischen christlichen Apologetik entwickelte theoretische Konzentration auf die Christologie stellt wohl die Voraussetzung für Luthers seelsorgerlich-soteriologische Zuspitzung auf den zweiten Artikel dar. 485 »[…] und wenn du auff diesen [sc. den zweiten] artickel kömpst [sc. bei der Rezitation bzw. Memorierung des katechetischen Stoffes], so drucke mit dem daumen auff einen finger odder gib dir sonst etwa ein zeichen mit der hand odder fuss, auff das du diesen artickel dir wol einbildest und mercklich machest, Und sonderlich, wo du etwa wirst ein Turckisch ergernis sehen odder anfechtung haben.« WA 30 II, S. 186,21–25; vgl. 187,26f.; 190,19; 192,21ff. Die Katechese wendet sich natürlich auch an Kriegsleute, die vor ihrem militärischen Einsatz religiös stabilisiert werden müssen, da sie der gesteigerten Gefahr der Gefangenschaft ausgesetzt (vgl. WA 30 II, S. 116,1ff.) oder wegen militärischer Erfolge

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der Türken angefochten (WA 30 II, S. 191,3ff.) sind; vgl. auch Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 31r: Jeder, der in den Türkenkrieg ziehe, müsse »sein Christenthumb zuvor wol innen« haben und seinen Katechismus kennen; »rohe unverstendige Christen« (ebd.) stünden in einer besonders großen Gefahr der Apostasie. Deutlich an Luther orientierte, Georgijević’ Hinweise über die Gefangenschaftsverhältnisse aufnehmende Anweisungen, wie sich Christen, die in türkische Gefangenschaft geraten, verhalten sollen, bietet Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, C 5vff.; ders., Unterricht, wie Anm. 36, F 4r; F 2vf. Auch Lukas Osiander schreibt in der Absicht der ›Aufklärung‹ über die türkische Religion angesichts der Apostasiegefahr, Bericht, wie Anm. 19, A 1v; )( 4r: Diese Aufklärung sei nötig, weil die Türken gegenüber ›schwachen‹ Christen behaupteten, diese hätten ein falsches Bild ihrer Religion. Die Christen sollen wissen, daß sie Gottes Kinder sind, auch wenn sie in türkische Gefangenschaft geraten, a. a. O., S. 166f. Der Türke kämpfe nur gegen uns wegen unseres Glaubens (a. a. O., S. 166); wer den christlichen Glauben verleugnet, beraubt sich des ewigen Lebens, a. a. O., S. 172. Auch die der Bekehrung des Paulus gewidmete Türcken-Predigt des Nördlinger Geistlichen Melchior Fabricius (Nürnberg, Catharina Gerlach E., 1592; VD 16 F 447; Ex. MF 625 Nr. 1187) zielt explizit auf die Vergegenwärtigung katechetischer Elementarkenntnisse im Sinne Luthers ab, bes. B 1r; vgl. auch das Schlußgebet mit Anklängen an Luther-Lieder, C 3vf. Georgijević fügt seinem Türckenbüchlein (ed. P. Messerschmidt, Straßburg [1558]; Ex. MF 442f. Nr. 830, wie Anm. 17, S. 45vff.) in die türkische, arabische und slawische Sprache übersetzte katechetische Elementartexte ein, wohl weniger in missionarischer Perspektive als in der Absicht, den von ihm besonders sensibel registrierten Gefahren des Abfalls durch die Sicherung der elementaren Grundbestände des Glaubenswissens zu begegnen. 486 Zur Semantik des »Christentums« als Leitkategorie individualisierter Frömmigkeit um 1600 im Kontext lutherischer Konfessionskultur vgl. Kaufmann, Dreißigjähriger Krieg, wie Anm. 321, S. 82ff. 487 WA 30 II, S. 192,22; vgl. 186,25. 488 A. a. O., S. 111,13. Sieht man von dem im Gesamtspektrum der Meinungen marginalen täuferischen Pazifismus einmal ab, kann die von Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 2 formulierte Überzeugung, daß kein Krieg besser begründbar sei als die Kriege gegen die Türken, als eine Art konfessionsübergreifender gesellschaftlicher Grundkonsens angesprochen werden: »In sonderheit dieweil man keinen Krieg fürnemmen und erdencken möchte / welcher mit besserem fug unnd recht bestehen / welcher zu förderst euwerem Teutschen Landt / mehr und höher nothwendig / daran auch so wol dem gemeinen Nutzen / unn einem jeden in sonderheit / als wol der christlichen Religion und Gottesdienst gelegen ist: Soll derhalben dieses / und kan von Rechts wegen / und nach aller Vernunfft billich ein heiliger und Christlicher Krieg genandt werden.« Die letzte Zuspitzung im Sinne des ›heiligen Krieges‹ wäre für Luther natürlich nicht akzeptabel gewesen (s. vor allem WA 30 II, S. 111ff.), wie ja auch das »iure bellare« als Recht des weltlichen Regiments (CA 16; BSLK S. 70,14f.) eine implizite Absage an ›heilige Kriege‹, Angriffs- und Religionskriege, enthält, vgl. die instruktiven Ausführungen von Wilhelm Maurer, Historischer Kommentar zur Confessio Augustana Bd. 1: Einleitung und Ordnungsfragen, Gütersloh 21979, S. 149–160; Leif Grane, Die Confessio Augustana [UTB 1400], Göttingen 31986, bes. S. 135ff. Indem freilich der vom Kaiser geführte Krieg gegen die Türken (»ut Caesar imitari potest exemplum David in bello gerendo ad depellendos Turcas a patria«, BSLK S. 83b, Z. 5–7) mit den Kriegen König Davids als eines exemplarischen ›sanctus‹ verglichen wurde, dürfte in bezug auf die speziellen Fragen des Türkenkrieges eine zum ›heiligen Krieg‹ führende Argumentationslinie nicht prinzipiell abgeschnitten sein. Maurers Deutung (a. a. O., S. 150) zielt auf eine historisierende Lesart; aber dafür, daß in CA XXI Kaiser Karl [sc. der Große] gemeint sei, spricht m. E. nichts; es geht vielmehr um den Kaiser in seinem Amt der Verteidigung des Vaterlandes;

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zur Bedeutung Karls des Großen im 16. Jahrhundert bzw. im Kontext der Reformation und insbes. bei Luther vgl. aber Bernd Moeller, Karl der Große im 16. Jahrhundert, in: Ludger Grenzmann – Klaus Grubmüller – Fidel Rädle – Martin Staehelin (Hg.), Die Präsenz der Antike im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit [AAWG Ph.-Hist. Kl. III, 263], Göttingen 2004, S. 109–124. 489 Vgl. Schulze, Reich und Türkengefahr, wie Anm. 341, S. 67ff.; Georg Schmidt, Geschichte des Alten Reiches, München 1999, S. 124ff.; Horst Rabe, Deutsche Geschichte 1500–1600, München 1991, bes. S. 37ff.; 302ff. Johannes Fabris Werbung für einen Kriegseinsatz des englischen Königs Heinrich VIII. zur Verteidigung der Christenheit gegen die Türken (vgl. Oratio, wie Anm. 431, C 2vff.) verzichtet auf jede Erwähnung des Papstes. Daß diese Hinwendung zu weltlichen Obrigkeiten als den maßgeblichen Agenten der Türkenabwehr auch der Kooperation der Päpste mit den Osmanen geschuldet war, dürfte als sicher gelten können, s. dazu: Pfeffermann, Zusammenarbeit, wie Anm. 3. 490 Vgl. Jonas’ zynische Bemerkung (in: Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, Y 1r = Kawerau, Briefwechsel I, wie Anm. 36, S. 269): »Ich achte aber / die Christlichen Könige und Potentaten / werden dem Türcken (ob er nicht geld vermöcht / auff kundschafft zu wenden) noch die lender und namhafftigsten stedte inn Europa Contrafect / und inn einem ordentlichen register verzeichnet zu schicken / das er deste leichter sehe / und abrechen müge / was noch ubrig ist zu gewinnen.« Integrationsstiftung mittels des geistlichen Türkenliedes skizziert: Özyurt, Türkenlieder, wie Anm. 192, bes. S. 127f. 491 In dem Lied Ain schön lied new gemacht von dem Türken; auß der prophecei, darvon man lang gesagt hat (1521), in: Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. III, Nr. 348, S. 359f. heißt es etwa: Str. 6: »Das selb [sc. die Schlacht vor Köln führen] sol kaiser Karl thon; | von im findt man geschriben stan | auß mancher prophecie, | er wird bezwingen manches land, | darzu die ganz Türkeie. |« Str. 7: »Er wird samlen ain großes her | und darmit ziehen über mer, | all welt wirt er bezwingen; | wer das creutz nit anbeten thut, | den wirt er laßen umbringen. |« (A. a. O., S. 359). Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund der Übertragung der prophetischen Traditionen auf Karl V. vgl. Marjorie Reeves, The Influence of Prophecy in the Later Middle Ages. A Study in Joachimism, Oxford 1969, bes. S. 359–372; Hannes Möhring, Der Arabersturm, die EndkaiserWeissagung der Christen und die Mahdi-Erwartung der Muslime, in: Aertsen – Pickavé (Hg.), Ende und Vollendung, wie Anm. 414, S. 193–206; Georg R. Spohn, Eine deutsche Karl-Prophezeiung von 1519 in einem kurpfälzischen Kopialbuch, in: AKultG 52, 1970, S. 226–243; Möhring, Weltkaiser, wie Anm. 316, S. 304ff. Zur Erwartung an Karl V., er werde das Reich gegen die Türken beschützen, vgl. Ein new lied vom König Karel (1519), in: Liliencron Bd. III, Nr. 310, S. 231–234, hier: 232 Str. 6; ähnlich in einem Lied Pamphilius Gengenbachs von 1519, a. a. O., Nr. 311, hier: S. 235 Str. 6; zur zeitgenössischen habsburgischen Propaganda und ihrem bis 1530 dominierenden Konzept der Universalmonarchie vgl. Alfred Kohler, Karl V. 1500–1558. Eine Biographie, München 32001, S. 94ff.; Anklänge an dieses habsburgische Propagandakonzept etwa im Widmungsbrief Giovios an Karl, in: Turcicarum rerum commentarius, wie Anm. 36, A 8r/v; ähnlich in Georgijević’ Widmung an Karl, in: Türckey, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 205; 221; vgl. auch: Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, B 4v (Karl sei berufen, den Türken definitiv zu besiegen!); auch Luther weiß Töne dieser Art anzustimmen und sie zugleich ihres heilsgeschichtlich-propagandistischen Klanges zu entnehmen, vgl. etwa WA 30 II, S. 116,23; 129,17ff.: »Der ander man [sc. außer ›Christianus‹, dem geistlichen Kämpfer gegen den Türken, a. a. O., S. 116,24ff.] so widder den Turcken zu streiten gebürt, ist Keyser Karol (odder wer der Keyser ist) […]«, a. a. O., S. 129,17f. Entscheidend ist für Luther, daß nur unter des Kaisers, nicht des Papstes Panier gegen den Türken zu ziehen christlich legitim sei; dies ist dann natürlich eine traditionsbildend werdende Position, vgl. auch Hutten, in: Böcking, Hutteni Opera, wie Anm. 60, Bd. V,

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S. 104,5–10; 101,5–102,20; sowie: Möringius, Schutz, wie Anm. 64, S. 8v. Natürlich betet die protestantische Christenheit um Erfolge des Kaisers im Kampf gegen »den leidigen Türcken / die unterdrückten Christglaubigen von seiner Lesterung und Tyranney zuerretten / und einen bestendigen Frieden in der Christenheit […] anzurichten.« Ein Gebet … inn Sanct Joachims Thal, wie Anm. 198, A 2r. Der Kaiser ist – außer Gott – die primär für die Wendung der Not der Christenheit zuständige Instanz. In ein Gesamtbild der Integrationsbemühungen bzw. Desintegrationstheorien gehört freilich auch die Rezeption der Epistola Pius II. an Sultan Mohammed hinein, die unter anderem durch Biblianders Koranausgabe (s. Historiae, wie Anm. 257) gleichsam protestantisch ›sanktioniert‹ war. Gegenüber dem Sultan führte Pius II. die unheilvolle Pluralität des Christentums auf die Inobödienz gegenüber dem Papst zurück: »Paucissimi sub tuo imperio Christiani sunt, qui ad veritatem ambulent evangelij. Omnes aliquo sunt errore imbuti, quamvis Christum colant, Armeni, Iacobitae, Maronei, & alia quaedam nomima. Graeci a Romanae ecclesiae unitate aberant, cum tu Constantinopolim invasisti, neque adhuc decretum Florentinum [DS38, S. 449–452] acceperant & in errore stabant, neque de sancto spiritu, neque de purgatorio igne, consona rectae fidei sentientes.« Historiae, a. a. O., S. 61. Der reformierte Theologe Bibliander leistete mithin der Verbreitung einer Position Vorschub, die eine Bestreitung der Existenzberechtigung auch des Protestantismus implizierte. »Adel, dich hat got außerwelt, | zu christen glauben bist du bestelt, | du solst in helfen verfechten, | der grechtigkait solt beistand thon | mit manchen freien landsknechten. |« Ain schön lied new gemacht, wie Anm. 491, Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. III, S. 359 Str. 8. A. a. O., S. 360 Str. 10: »Geb ain kloster nur ainen man, | zwai und sibenzig tausent müsten do stan, | weren eitel klosterknaben; | der summ wer gar ain große schar, | den Türken zu verjagen.« Vgl. auch Anschleg, wie Anm. 317, A 1v (der Verfasser errechnet, daß, wenn jedes Kloster einen Krieger stellte, ein gewaltiges Christenheer zu mobilisieren wäre); weitere Mobilmachungsideen mit entsprechenden Zahlungsvorschlägen a. a. O., A 1vff. (unter Einbeziehung der Juden, A 2v); vgl. auch Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 68ff.; 101. Den Hinweisen in WA 30 II, S. 84 ist zu entnehmen, daß eine erste Ausgabe des Anschleg bereits 1518 erschienen war. In der Perspektive dieser Schrift, die Christenheit durch den militärischen Einsatz von Ordensleuten befreien zu lassen, erschien 1523 ein gereimter Aufruf, der einen Zug der Ordensleute des von Eberlin von Günzburg kreiierten [vgl. nur: Christian Peters, Johann Eberlin von Günzburg ca. 1465–1533 , Gütersloh 1994, S. 38ff.] ›utopischen‹ Königreichs Wolfaria als Vorbild schilderte, s. WA 30 II, S. 84; Titel der Schrift: Anzeigung ze erobern die Türcky (bibliographische Angabe WA 30 II, S. 84; vgl. VD 16 A 3026 [Basel, Pamphilius Gengenbach, 1523]). So Neser, Predigt, wie Anm. 339, bes. S. XXIIvff. (das ›Ora‹ des geistlichen Standes); S. XXXVIrff. (das ›Protege‹ des Kaisers und des weltlichen Standes); S. LIIXvff. (das ›Labora‹ der Bauern). In seiner Chronica, wie Anm. 54, z. B. T. 2, S. 289v notiert Franck gelegentlich, daß die »Lutherischen« mit dem Kaiser gemeinsam agierten, »solchs der Türck nit verhofft / oder sichs versehen hat.« (Ebd.). In der Publiszistik des frühen 17. Jahrhunderts begegnen verstärkt dezidiert binnenchristlich-irenische Argumentationsstrategien: Christen sollen keine Kriege gegeneinander führen, weil dies den Türken stärke, vgl. Harms I, Nr. 178, S. 364f. (1629); vgl. Harms II, Nr. 166, S. 294f. Vgl. etwa Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 36, E 2vff.; Möringius, Schutz, wie Anm. 64, S. 25r/v; Türckenstewer, wie Anm. 317, A 2rff. (Der Türke ist nicht allein der Erbfeind »gemeiner Christenheit / sondern Deudscher Nation« [C 3r]). Ein Beispiel für die propagandistische Werbung zugunsten der Türkensteuer, die auch dem kursächsischen Umsetzungsmodell (Türckenstewer, wie Anm. 317) zugrundeliegt, bietet der Druck: Des heyligen Römischen Reichs beharrliche hilff / und Christenliche Kriegsrüstung wider den Türcken [Nürnberg, Johann vom Berg, Ulrich Neuber], 1542; VD 16 H 1486; Ex. MF 1554

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Nr. 2595; zum historischen Kontext der auf dem Speyrer Reichstag von 1542 bewilligten Türkenhilfe vgl. Rabe, Deutsche Geschichte, wie Anm. 489, S. 383f.; Stephen A. FischerGalati, Ottoman Imperialism and German Protestantism 1521–1555, Cambridge 1959, bes. S. 83ff. Luther war übrigens gegenüber anderen Türkensteuerpflichtigen der Universität Wittenberg das Privileg erteilt worden, seinen steuerpflichtigen Besitz selbst einschätzen zu dürfen; in einem Schreiben an den Kurfürsten (26.3.1542, WABr 10, Nr. 3727, S. 17–23) dankt er für dieses Entgegenkommen und bekräftigt seinen Wunsch, »das ich gern wolt mit sein ynn dem heer wider den Turcken mit meinem armen pfennige« (S. 20,38f.). »Der Kurfürst hat dann die Türkensteuer für Luther aus seiner eigenen Tasche bezahlt.« (A. a. O., S. 18). Die Darlegung der Sätze des »gemeinen Pfennigs« für die einzelne Stände (Des heyligen … Reichs … hilff, a. a. O., a 2v) und die Juden (a 3v) werden in eine religiös-paränetisch-appellative Krisendiagnostik eingezeichnet; »besserung« (b 3r) sei das einzige Mittel, um im Kampf gegen den Türken, »den erschrocklichen Pharaonem / den leydigen Teuffel selbs« (b 1r), erfolgreich zu sein. 496 Vgl. etwa die Parole »pugna pro patria« in: Belegerung Erlau, wie Anm. 172, E 4r. Das Kriegsgeschrei der Christen lautete: »Jesus, Jesus«, C 4r , vgl. oben, Anm. 304 (Capestrano). In einem Sendbrief aus Ungarn aus der Zusammenhang der Schlacht von Mohács wird dem polnischen König Sigismund der Tod König Ludwigs von Ungarn »umbs glaubens und vaterlandts willen« annociert, zit. nach Weller, Zeitungen, wie Anm. 163, S. 63. Eine siebenbürgische Chronik notiert den freiwilligen Kriegstod im Türkenkampf für »das liebe Vatterland und arme Christenheit« als ethische Norm, Paul Leypolt, Chronica der Alten Sachsen in Siebenbürgen …, Lübeck, Johan Balhorn, 1582, ed. in: Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 233–256, hier: 253. Der Orator Henricus Stephanus, der betont, daß er ein »geborner Franzos« (Oration, wie Anm. 91, S. 53) sei, beschwört die »alten Teutschen« der Kreuzzüge – ähnlich, unter Einschluß einer positiven Anknüpfung an Bernhard von Clairvaux: Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, B 2v – als Vorbilder eines Krieges gegen die Türken (a. a. O., S. 50) und behauptet, sie hätten »nur von wegen ihres gottesdienstes« (ebd.) gekämpft. Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, C 8r, ermahnt zum Kampf für den Bestand des Reiches, das er natürlich mit der Vier-Monarchien-Lehre des Danielbuches (s. unten Abschn. VII.) als letztes Reich dieses Äons und als Erhaltungsrahmen der Kirche (C 8r/v) interpretiert. In einer am 6.12.1596 in der Weimarer Schloßkirche gehaltenen Landtagspredigt legt Mylius dar, daß es Christenpflicht in allen Ständen sei, sich nach Maßgabe der eigenen Möglichkeiten im Kampf gegen die Türken zugunsten des »Vatterlandes« zu engagieren, Georg Mylius, Land Tags / Predigt / wie Christliche Landschaften … sich … wegen des Türcken … verhalten sollen, Jena, Tobias Steinmann, 1597; VD 16 M 535; Ex. MF 1932 Nr. 3218, D 1r. Der Autor von Newe Zeitungen, wie Anm. 163, appelliert: »wach auff du Edle Deutsche Nation« (A 3v). Im Lied von 1521 (Ain schön lied new gemacht, s. Anm. 491, Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. III, S. 359 Str. 9, heißt es: »Hailigs reich, du bist unverzagt, | der Türk hat dich noch nicht verjagt, | thut frischlich zusammen springen! | Kompt uns der Türk wol in das land, | er kann uns nit entrinnen.|« Zur ideologisch-politischen Funktion des Nationenbegriffs um 1500 s. auch: Schubert, Einführung, wie Anm. 2, S. 30ff., sowie jetzt grundlegend: Alexander Schmidt, Vaterlandsliebe und Religionskonflikt. Politische Diskurse im Alten Reich (1555–1648) [SMRT 126], Leiden u. a. 2007, S. 252–260 (zur defensio patriae als Kriegsmotivation in der militärischen Auseinandersetzung mit den Osmanen). 497 Eine monumentale historiographiepolitische Thesaurierung der jüngeren Reichsforschung stellt der von Heinz Schilling, Werner Heun und Jutta Götzmann im Auftrag des DHM hg. Essayband zur Europaratsausstellung dar: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation 962 bis 1806, Dresden 2006. Die ideologische Funktion der »Türkengefahr« für die Konstruktion und Imagination des Reiches spielt – ähnlich wie die geschichtstheologischen Basisprämissen des ›Reiches‹ – in dem Band eine eher untergeord-

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nete Rolle. Zur Bedeutung der Türkenfrage für die politische Integration des Reichs noch immer grundlegend: Schulze, Reich und Türkengefahr, wie Anm. 341, bes. S. 131ff. Zit. nach Andreas Müller, »… damit dem Herrn Christo vnder den Crobaten, Wenden, ja den Türcken ein Kirch gesamlet …« Zum Reformationswerk des Primus Truber unter den Südslawen, in: ZKG 116, 2005, S. 30–45, hier: 43. Vgl. das Bittschreiben des nach Württemberg ausgewanderten protestantischen steirischen Landeshauptmanns Hans Ungnad von Weißenwolf, Freiherrn von Sonnegg (1493–1564; vgl. über ihn die Literaturangaben in: Sakrausky, Truber, wie Anm. 20, S. 137 Anm. 1; bes. aber: Ernst Benz, Hans von Ungnad und die Reformation unter den Südslawen, in: ZKG 58, 1939, S. 387–475, Nachdruck in: Ders., Wittenberg und Byzanz. Zur Begegnung und Auseinandersetzung der Reformation und der östlich-orthodoxen Kirche, Marburg 1949, S. 141–208), der die Kurfürsten und Fürsten des Reiches am 14.9.1561 [dat. Urach] über die religiöse Bedrängnis der Südslawen und die Bedeutung der Truberschen Unternehmungen informierte und für materielle Unterstützung warb. Die Übersetzungsarbeit zielte auf eine geistliche Niederringung des Türken ab: »[…] das man gottes seligmachende wort und sein heiliges evangelium auch in die ciruliza oder cirulischen [= Kyrillisch; Kirchenslawisch] sprach, welche durch die Thürkei bis geen Constantinopel geth, auch den Crabaten unnd Windischen bekhandt ist, zu vertieren mit höchstem befürdern solle, sintenmal dise angeregten personenn, zu Thibingen unnd hie [sc. in Urach] […] underhalten werden, derselben sprach auch gründtlich bericht unnd erfaren unnd gott lob schon glückhseliglich angefangen zu schreiben unnd zu vertieren, das also verhoffentlich die raine lehr göttliches worts werde dardurch auch in die Thürkhey gebracht werden mügen unnd sich ansehen last auch zu dem almechtigen Gott verhoffenlich, als wölle der genedige Gott durch dis mitl unnd auf dise weiss den Thirckhen mit dem schwerdt seiner almechtigen sterckh schlagen, gleich wie er durch den seligen d. Martinum Lutherum das Gantz bastumb entdeckt und geschlagen hat, unnd also gott der herr für seine liebe christenheit streiten unnd sein reich under denselben völckhern widerumb aufrichten wölle.« Sakrausky, a. a. O., S. 139. Zur Tätigkeit der Uracher Presse s. Rolf Vorndran, Südslawische Reformationsdrucke in der Unversitätsbibliothek Tübingen. Eine bibliographische Beschreibung der vorhandenen glagolitischen, kyrillischen und anderen Drucke der »Uracher Bibelanstalt« [Contubernium 77], Tübingen 1977; vgl. Schnurrer, Bücherdruck, wie Anm. 18. Der Neffe Hans Ungnads, David, war seit 1573 als Botschafter des Reichs in Konstantinopel und spielte eine Schlüsselrolle bei der Anbahnung des Kontakts der württembergischen Kirche mit dem Patriarchat von Konstantinopel, vgl. Wendebourg, Reformation und Orthodoxie, wie Anm. 353, S. 31ff. Zit. aus Jakob Andreaes Leichenpredigt auf Truber, ed. in: Sakrausky, Truber, wie Anm. 20, S. 55–69, hier: 69. In der dritten, lateinisch und griechisch abgefaßten Ausgabe von Jakob Heerbrands katechetischem Compendium (vgl. Ohlemacher, Lateinische Katechetik, wie Anm. 9, Abschn. 3.2.2) von 1582 findet sich übrigens die Angabe, sie solle Schülern, Studenten und interessierten Gelehrten »sub Turcico dominatu« (zit. nach Ohlemacher, a. a. O., S. 263) den Sachgehalt des christlichen Glaubens nahebringen. Sie zielte also gleichfalls auf eine Stabilisierung des Christentums, insbes. der Eliten, in den türkisch besetzten Gebieten ab. Bei Luther findet sich im Rahmen einer paränetischen Belehrung über das rechte Verhalten eines Christen in türkischer Gefangenschaft die Erwähnung der Möglichkeit, daß christliche Sklaven durch besondere Treue, Gehorsam gegenüber ihren Herrn etc. dazu beitragen könnten, »der Türcken glauben damit zu schanden [zu] machen und villeicht [zu] bekeren, wenn sie sehen würden, das die Christen mit demut, geduld, vleis, trew und der gleichen tugenden die Türcken so weit ubertreffen.« WA 30 II, S. 195,1–4. Erste Ansätze für eine katholische Mission in Türkisch-Ungarn gehen in das Jahr der Seeschlacht von Lepanto, 1571, zurück, vgl. István György Tóth, Katholische Erneuer-

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Anmerkungen zu S. 58–59 ung »im Hause des Islams«: Missionsbischöfe in Türkisch-Ungarn im 17. Jahrhundert, in: Stefan Ehrenpreis – Ute Lotz-Heumann – Olaf Mörke – Luise Schorn-Schütte (Hg.), Wege der Neuzeit. FS für Heinz Schilling [Historische Forschungen 85], Berlin 2007, S. 215–240, hier: 218; zur Einrichtung eines Missionsbistums in Belgrad kam es erst 1618, a. a. O., S. 219ff.; zur multireligiösen und -konfessionellen Konkurrenzsituation im Ungarn vor allem des 17. Jahrhunderts vgl. ders., The Missionary and the Devil: Ways of Conversion in Catholic Mission in Hungary, in: Eszter Andor – ders. (Hg.), Frontiers of Faith. Religious Exchange and the Constitution of Religious Identities 1400–1750, Budapest 2001, S. 79–87. Vgl. Göllner, Turcica III, S. 332; vgl. Strauss, Single-leaf Woodcut (1550–1600), Bd. II, wie Anm. 187, S. 720 (Bericht über die Befreiung von 2360 Gefangenen aus der türkischen Dienstbarkeit in Budapest, 22.1.1596); Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, C 4v; Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 159, S. 26f.; Georgijević, Türckey, ed. Göllner, wie Anm. 17, S. 222; Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, C 3r, propagiert, daß christliche Fürsten zulassen sollten, daß kriegsgefangene Türken als Sklaven verkauft würden, weil dies die Bereitschaft der Christen, gegen sie Krieg zu führen, erhöhen würde. Der Verfasser der Schrift Belegerung Erlau, wie Anm. 172, empfiehlt den Deutschen demgegenüber, keine türkischen Kriegsgefangenen zu machen, sondern sie lieber zu erschlagen, E 3vf. Ein Votum wie das des Erasmus, daß man keinesfalls mit »Türckischem gemüt« (Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, A 3v; vgl. B 3v: »Mit Türcken bekriegen wir Türcken.«) gegen die Türken kämpfen dürfe, d. h. ›christliche‹ Humanitätsstandards auch im Kampf wider den ›Erbfeind‹ durchhalten müsse, spielte – soweit ich sehe – eine im ganzen eher geringe Rolle. Sehr vereinzelt begegnet dieses Kriegsziel im späteren 15. Jahrhundert etwa in den Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 88; schon das Türcken-Büchlein von 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 140 plädiert dafür, Konstantinopel definitiv aufzugeben. Anisius, Sieben katholische Predigten, wie Anm. 307, S. 33 plädiert für die Rückeroberung des Heiligen Grabes als Kriegsziel; auch in: Anschleg, wie Anm. 317, A 6r, wird es genannt; beide Male steht die Rückeroberung des Heiligen Grabes im Horizont der Erwartung der Parusie Christi bzw. der endzeitlichen Sammlung der Christenheit zu »eyn[er] Hert unn eyn[em] Schaffstall«, ebd. Vgl. etwa das kaiserliche Mandat vom 3.8.1532 (wie Anm. 192), das die Gegenwehr gegen den Türken mit der »undertruckung unsers Christlichen Namens unn Glaubens« und der »beraubung zeitlicher Güter« einschließlich der Ermordung von Weib und Kind durch die »Tyranney« (iiiv) begründet. Melanchthon entnahm den Kommentaren des Giovio (s. Anm. 36), daß der ›türkische Kaiser‹ ein Tyrann sei. Mit der Qualifizierung der Herrschaft des türkischen Sultans als »tyrannis« ist unter der Voraussetzung der gängigen politiktheoretischen Vorstellungen deren Illegitimität erwiesen und ein explizites Widerstandsrecht aussgesprochen (vgl. zum spätmittelalterlichen Diskussionszusammenhang nur: Jürgen Miethke, Art. Tyrann, -enmord, in: LexMA Bd. 8, 2002, Sp. 1135–1138; ders., De potestate papae. Die päpstliche Amtskompetenz im Widerstreit der politischen Theorie von Thomas von Aquin bis Wilhelm von Ockham [SuR N. R. 16], Tübingen 2000, bes. S. 35ff. und 287ff. ; Th. Brückner, Art. Widerstandsrecht, in: LexMA Bd. 9, 2002, Sp. 64–66; vgl. Robert von Friedeburg [Hg.], Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit [ZHF Beih. 26], Berlin 2001). Dem Erbfeindbegriff dürften ähnliche Implikationen wie dem Begriff des Tyrannen innewohnen; der Hinweis auf den »Erbfeind der Christenheit« macht ein Bündnis gegen ihn eo ipso zu einem christlich-legitimen (vgl. etwa: Christliche bündtnuß Unn Kriegßrüstung Kayser Carls unnser aller Herrn Babst Pauli / Der Herrschafft zu Venedig / und ihrer mitverwandten / wider den Türcken zu Rom beschlossen den 8. Februari / Anno 1538, [Augsburg, Melchior

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Ramminger, 1538]; VD 16 D 897; Ex. MF 356 Nr. 686, bes. A 2r; zum historischen Kontext der heiligen Liga vom 8.2.1538 vgl. Ludwig Freiherr von Pastor, Geschichte Papst Pauls III., 1534–1549 [Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters Bd. V], 19. unveränderte Aufl. Freiburg/B. 1956, S. 195f. (Karl V. wird das Kaisertum von Konstantinopel zugestanden!); Hinweis auf den tyrannischen Erbfeind als Kriegslegitimation bei Assus, Türckenpredigten, wie Anm. 158, B 1r/v; Rottmann/ Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 159, S. 22 stellt fest: »Darumb ein solcher Krieg wider den Türcken notwendig / nicht allein umb der Freyheit: sonder auch umb der Religon willen.« Um nicht der Barbarei zu verfallen, sei der Krieg unumgänglich, denn – wie der griechische Dichter [Euripides, Orestes 485] sage: »Barbarus fit, qui diu inter barbaros versatur.« (Ebd.; vgl. Fabri, Oratio, wie Anm. 431, C 1v). Der kulturelle Verfall Griechenlands unter türkischer Besatzung dokumentiere das. Auch der Verfasser des Dolium Diogenis (wie Anm. 115, hier: B 2v–B 3r) spricht dem Türken ›Kultur‹ ab: »Negligit [sc. der Türke] omnem animi culturam, a Musis & Gratiis alienissimus: ut nullam vivendi causam iis relinquat, qui ingenio, quam ventre malunt vivere.« Der des Türkischen und des Arabischen kundige Georgijević hält diese Sprachen für barbarisch, s. Türkenbüchlein, ed. Messerschmidt, wie Anm. 17, S. 44vf. Die ›Monstrosität‹ türkischer Herrschaft kann auch am Beispiel des Einflusses diverser Haremsdamen auf den Sultan, die sein Regiment als »Gynaikokratie« (Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 13) erscheinen lasse, aufgezeigt werden; zur kulturellen Überlegenheit der Völker Europas gegenüber dem Türken vgl. auch Valentinus, Tractatus, wie Anm. 36, B 1v–B 2r. Mit dem Epitheton des Erbfeindes der Christenheit ist der Türke zugleich als »Erzfeind […] Gottes« (Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, A 4r) und als »Schender und Lesterer« (ebd.) der Kirche erwiesen, die Gegenwehr gegen ihn also eine gemeineuropäische Aufgabe des zivilisierten Christentums, vgl. William Bruce [Brussius, Scotus], Ad Principes populumque christianum de Bello Adversus Turcos gerendo …, Lipsiae, Henning Grosse, 1595; VD 16 B 8443; Ex. MF 30 Nr. 67, S. 16ff.; die gemeinchristlichen Interessen sollen gegenüber konfessionellen obsiegen, a. a. O., S. 21f.; ähnlich: Zwu newer Zeyttung / und noch vil Grössere Christenliche Victoria …, Augsburg, Josias Wörli, 1587; VD 16 N 817; Ex. MF 2222 Nr. 3592, A 2r/v. Explizit als ›Religionskrieg‹ wird der Krieg gegen die Türken z. B. verstanden von Macer, Bittpredigt, wie Anm. 339, S. VIIv; Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 2; 50; Des heyligen … Reichs … hilff, wie Anm. 495, b 1r; Gott als oberster Hauptmann, der Kaiser als Leutnant, in: Ein christlicher Zug / wider den Türcken [Mainz, Ivo Schöffer, 1532]; VD 16 C 2386; Ex. MF 359 Nr. 693, A 1v; Gott als General: Belegerung Erlau, wie Anm. 172, E 4r. Auch für Luther war der soldatische Tod im Kampf gegen den Türken ein heiligmäßiger Märtyrertod, vgl. WA 30 II, S. 174,24ff. 507 Rottmann/Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 159, S. 27. Für den Leipziger Historiker Dresser (s. Anm. 160) war mit der Begeisterung für die eigene christliche Religion der Kampf gegen die Türken eo ipso gegeben: »Quam cara [= ECTC = Freude] igitur nobis est religio pura & integra, tam curae etiam nobis esse debet bellum contra Turcam, qui nullum pietatis Christianae, nullum legum, nullum libertatis offizium inviolatum relinquit.« Matthäus Dresser, De bello turcico oratio , in: Ders., Millenarius sextus Isagoges Historicas, Lipsiae 1609; Ex. SUB Göttingen 8 Hun I, 11:3, Zz 5r–Fff 6r, hier: Ccc 4r. Mit dem Bekenntnis zu Christus ist der Widerstand gegen Mohammed untrennbar verbunden: »Quam igitur necessaria est nobis Christianis nostri Jesu Christi professio: tam necessaria etiam est eiusdem nominis & gloria defensio, & a contumelijs Mahometicis vindicatio.« Ccc 5r. 508 WA 53, S. 393,9–20 = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 187; wie zentral für Luther die Geschlechterfrage in bezug auf die Beurteilung von Papstkirche und ›mahometischer Religion‹ war, zeigt sich auch in dem Schlußpassus des Nachwortes WA 53, S. 395,32ff. = ed. Ehmann, a. a. O., S. 189; ähnlich bei Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, F 3v. Schon bei Ricoldus wurde am Koran kritisiert, daß seine Jenseitsvorstellungen die Un-

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gleichbehandlung der Geschlechter perpetuierten, vgl. ed. Ehmann, Ricoldus, S. 96–99; Polemik gegen den viehischen Beischlaf im türkischen Paradies auch bei Cusanus, Sichtung, wie Anm. 102, Bd. 2, S. 76f.; in Heerbrands Compendium wird demgegenüber die eschatologische ›Gleichberechtigung‹ als Spezifikum des christlichen Glaubens eingeschärft (»Ad vitam aeternam mulieres etiam pertinere, scriptura sacra testatur […].« Compendium 1573, S. 601; zit. nach Ohlemacher, Lateinische Katechetik, wie Anm. 9, S. 224; gegen die ›libertinistischen‹ Phantasien der ›türkischen Jenseitsvorstellung‹ vgl. a. a. O., S. 237). Angesichts der von Ohlemacher festgestellten relativen Gleichgültigkeit gegenüber dem Islam in den lateinischen Lehrkompendien der lutherischen Orthodoxie (a. a. O., S. 278; 98 Anm. 719 [lediglich spanische Katechismen für zwangsbekehrte Muslime, die als spezifisch auf den Islam abzielende Katechismen gelten können, sind nachgewiesen]) scheint mir die Betonung der eschatologischen Gleichberechtigung der Geschlechter als proprium christianum bemerkenswert zu sein. Von diesem Befund her ergeben sich Anfragen an die von Ulrike Gleixner in der Perspektive der Geschlechterforschung entwickelte These einer Christentum, Islam und Judentum gemeinsamen, männliche Prädominanz sichernden »gendered nature of piety«; jedenfalls müsste m. E. in die Analyse einbezogen werden, daß christliche Autoren schon des späteren Mittelalters die Differenzen hinsichtlich der Rolle der Frau insbesondere gegenüber dem Islam scharf markierten. Möglicherweise gehört die Spannung zwischen prinzipieller religiöser Gleichberechtigtheit und ordnungstheologischer Subordination zu den strukturprägnanten Sachverhalten der christlichen Religionsgeschichte. Ulrike Gleixner, Religion, Geschlecht und Unterordnung. Möglichkeiten einer connected history zwischen Christentum, Judentum und Islam, in: Historische Anthropologie 15, 2007, S. 244–258. 509 Vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 38ff.; s. oben Anm. 212. »Dort gegen Morgen hat er verhenget, das die Bestia der schendliche Malmet hat die welt verfüret und zeplagt. Hie gegen Abend hat er den falschen Propheten den leidigen Babst lassen auffkomen […].« WA 53, S. 394,11–13 = Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 188. In seiner Auseinandersetzung mit den Bauern hatte übrigens Luther in bezug auf das »Gemeyne göttliche und natürliche recht« (WA 18, S. 307,23; Kausus von mir geändert, Th. K.) festgestellt, daß auch »Heyden, Türcken und Juden [dieses] hallten müssen« (a. a. O., S. 307,24), »soll anders fride und ordnung ynn der wellt bleyben.« (Z. 24f.). Hinsichtlich der Ehe- bzw. Geschlechterverhältnisse fallen die Türken gleichwohl definitiv aus dieser »Ordnung« heraus, vgl. WA 30 II, S. 190,10f.; 191,26f. Gegen ›unordentliche‹ Verhältnisse ist aber Widerstand berechtigt. Da der Türke als »böser tyrann« gilt (WA 30 II, S. 175,19; vgl. Melanchthon, in: Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, B 3v; B 4r), ist Widerstand gegen ihn berechtigt (a. a. O., S. 179,26ff.; 180,8; 195,9ff.). Wenn ein Christ allerdings in Sklaverei gerät, hat er seinem Herrn gehorsam zu sein, nicht zu fliehen und darf keinen Selbstmord begehen, S. 192,21ff. Der türkische Vorstoß gegen die naturrechtlich verbürgte ›Ordnung‹ ist insofern schuldhaft, als der Türke an sich – wie der Heide – einzuhalten imstande ist, »was die vernufft begreiffen kan« (WA 53, S. 286,3f. = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 46). Für Cochläus ist ein Widerstandsrecht gegen den Türken ebenso selbstverständlich wie gegen jede weltliche Obrigkeit, die das Christentum unterdrücken will, vgl. Laube, Flugschriften gegen die Reformation, wie Anm. 89, Bd. 2, S. 1280,17ff. 510 Zum Türken als Feind Gottes s. Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, A 2v; B 3v; B 4r; F 1r; vgl. A 4r/v; E 1vff. Für Jonas sind alle Königreiche der Menschheitsgeschichte, auch die heidnischen, ein »Stand« (E 1vff.), das »Türken reich« aber nicht: »Aber des Türcken reich ist diesen nicht gleich / dan es ist nicht vornemlich darumb auffgericht / gemeinen fried / gericht und recht zuerhalten / sondern den Alcoran ynn die welt zu bringen / und zu erhalten die Mahometische lare.« (E 2r). Zu Verschleierungen der Frauen, die auch Jonas nicht prinzipiell negativ bewertet (a. a. O., F 1v; F 4v) und zu sonstigen

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vermeindlichen ›Tugenden‹, die aus der Darstellung des Siebenbürgeners bekannt sind, urteilt er, sie seien trügerische »kinder werck« (F 1v). Für die Beurteilung des Türken sei demgegenüber entscheidend, daß er kein »natürlich recht« (F 1v) halte; die Türken wollten »herrn ynn aller welt werden« (ebd.) und führten deshalb gegen das ius naturale Krieg: »Aber bey den türcken ist yhres reichs ordnung unrecht / Denn sie gebeut / das man krieg widder alle natürliche recht und billigkeit anfahen mus / und die uberfallen / so yhnen kein leid gethan.« (F 1v). Diese Gewalttätigkeit ist natürlich im »Glaube[n]« (A 4r) der Türken begründet; er halte aus religiösen Gründen kein »kriegs recht« (F 2r; F 3r) bzw. »kriegs brauch noch ordnung« (F 2r) ein. Der Türke sei ein Kulturschänder; alle Städte, die er erobert habe, verlören ihre kulturellen Standards; außer Viehzucht vermag er nichts; »Kunst odder Philosophie / wie […] die Heiden« (F 3r) sind ihm wesensfremd. Er ist ein »verwüster« (= vastator, F 3v), was nach Jonas die Übersetzung für »Türk« sei; »Mahomet« bedeute »furor« = »grim« (F 3v). In einer ›Neuen Zeitung‹ vom Türken von 1537, die Jonas’ Übersetzung von Giovios Türkenkommentar (s. Anm. 36) angefügt ist (Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, Y 4r), wird der Kriegseinsatz christlicher Potentaten gegen die Türken mit deren entwürdigendem Verhalten gegenüber besiegten christlichen Soldaten begründet: »[…] und als man den Triumph zugericht / hat man den Gefangenen / allen die nasen / zu einem schandmahl abgeschnitten / und sie also darnach in Triumph umbher gefurt / verspottet / und jemerlich geplaget / Dieser jamer solt ja billich die Könige und Christliche Potentaten mit ernst diesem greulichen feinde […] zu weren bewegen.« A. a. O., Y 4r. Im Anschluß an Le Goffs Rede von den »zwei abstoßende[n] Pole[n]: Byzanz und der Islam« im Kontext der frühmittelalterlichen Konstitutionsphase Europas, Jacques Le Goff, Die Geburt Europas im Mittelalter, München 2004, S. 44. Von der Virulenz der Türkenthematik für die Religions- und Kulturgeschichte Europas her ergeben sich grundlegende methodische Anfragen etwa an die in ihrer Weise eindrucksvollen kulturanthropologischen Gesamtdarstellungen Wolfgang Reinhards, Lebensformen Europas, München 2004 oder Kaspar von Greyerz’, Religion und Kultur. Europa 1500–1800, Göttingen 2000 (vgl. dazu meine Rezension in: ARG 93, 2002, S. 397–405), in denen der »Kulturzusammenstoß« – im Sinne Bitterlis (Urs Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹. Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung, München 32004, S. 95ff.) – zwischen Europa und ›islamischer Welt‹ eine eher untergeordnete Rolle spielt. Zur Bedeutung Raimund Peraudis hinsichtlich der Verbreitung der Plenarablässe auch für Verstorbene im Rahmen der großen Ablaßkampagnen vgl. Bernd Moeller, Die letzten Ablaßkampagnen. Luthers Widerspruch gegen den Ablaß in seinem geschichtlichen Zusammenhang, in: Ders., Die Reformation und das Mittelalter, hg. von Johannes Schilling, Göttingen 1991, S. 53–72. 295–307, bes. 60ff. Vgl. Michael Giesecke, Der Buchdruck in der frühen Neuzeit, unveränderter Nachdruck der 1. Aufl. von 1991, Frankfurt/M. 1994, S. 230–237; die frühesten Massendrucke des soeben erst erfundenen Buchdrucks waren bekanntlich Ablaßbriefe, -instruktionen und Türkenkalender, die im Zusammenhang mit den Kreuzzugsablässen nach dem Fall Konstantinopels (vgl. zum ersten Kreuzzugsablaß nach dem Fall Konstantinopels, der für die gesamte Christenheit erlassenen Bulle Papst Nikolaus’ V. vom 30.9.1453: Ludwig Freiherr von Pastor, Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance bis zur Wahl Pius’ II. [Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters Bd. I], 12. unveränderte Aufl. Freiburg / Rom 1955, S. 622f. [Plenarablaß für persönliche Teilnahme am Türkenkrieg oder bei Stellung eines Mannes; Teilnahme der Kirche durch Geldspenden]) 1454 gedruckt wurden, vgl. Ferdinand Geldner, Die ersten typographischen Drucke, in: Hans Widmann (Hg.), Der gegenwärtige Stand der Gutenberg-Forschung, Stuttgart 1972, S. 169–184; ders., Probleme um die »Mainzer Ablaßbriefe« von 1454/55, in:

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Archiv für Geschichte des Buchwesens 13, 1972, S. 595–612; ders. (Komm./Hg.), Der Türkenkalender (Eyn manung der cristenheit widder den durken), Mainz Dezember 1454, in Faksimile hg., Wiesbaden 1975; Stadt Mainz (Hg.), Gutenberg. Aventur und Kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution, Katalog zur Ausstellung anläßlich des 600. Geburtstages von Johannes Gutenberg 14.4.–3.10.2000, Mainz 2000, S. 194f.; 335f.; quantitative Hinweise zu Einblattdrucken im Zusammenhang der Ablaßkampagnen der 1480er Jahre bei Moeller, a. a. O., S. 298f. Anm. 65 und 69; Reprint eines Ablaßbriefes: Raimundus Peraudi, Ablaßbrief zum Besten des Kampfes gegen die Türken [Begleitwort von Hartmut Harthausen], Speyer, Peter Drach 1490, ND Speyer 1990; Beispiele für Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts zum Türkenablaß in: Falk Eisermann, Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation [VE 15], Bd. I, Wiesbaden 2004, A–3 bis A–5, Abb. 1 (1480); A–35, Abb. 2 (1492); C–31, Abb. 23, Elegia ob victoriam Turci (1498); S–133, Abb. 84 (Sixtus IV., 1482); ein Einblattdruck von 1482 zum Türkenablaß auch in: Otto Clemen, Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte, hg. v. Ernst Koch, Bd. 1, Leipzig 1982, S. 234f.; s. dazu auch: Holger Nickel, Zum Ablaßbrief des Johannes Nixstein, 1482, in: Volker Honemann – Sabine Griese – Falk Eisermann – Marcus Ostermann (Hg.), Einblattdrucke des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, Tübingen 2000, S. 467–477. 515 Nikolaus Paulus, Geschichte des Ablasses am Ausgang des Mittelalters, 2. Aufl. Darmstadt 2000, S. 166ff.; zur Berechtigung einer freien Wahl der Beichtväter für die Erteilung von Plenarindulgenzen, die erstmals im Kontext von Kreuzugs- und Türkenablässen gewährt wurde, vgl. Emil Göller, Der Ausbruch der Reformation und die spätmittelalterliche Ablaßpraxis [FDA N. F. 18, 1917], S. 1–178 (auch als Sonderdruck: Freiburg/B. 1917), bes. 79ff. 516 Vgl. Moeller, Ablaßkampagnen, wie Anm. 513, S. 62; Paulus, Geschichte, wie Anm. 515, S. 178ff.; zum historischen Kontext der Papstbeziehungen zum Reich vgl. Götz-Rüdiger Tewes, Die römische Kurie und die europäischen Länder am Vorabend der Reformation [BDHIR 95], Tübingen 2001, bes. S. 146ff.; 165ff.; 247ff. Hinsichtlich der massiven Spannungen zwischen Maximilian I. und Papst Alexander VI., die Peraudis Tätigkeit als Legat beschwerten und seinen Auftrag, den päpstlichen Aufruf zu einem großen abendländischen Türkenkriegszug vom Spätsommer 1500 umzusetzen, erheblich behinderten, vgl. Peter Schmid, Der päpstliche Legat Raimund Peraudi und die Reichsversammlungen der Jahre 1501–1503, in: Erich Meuthen (Hg.), Reichstage und Kirche [SHKBAW 42], Göttingen 1991, S. 65–88. Die ›Deckelung‹ der Jubiläumsgelder auf die Kosten des wöchentlichen Lebensunterhaltes, die des Beichtzettelgeldes (confessionalia) auf 1/3 fl. und die Kontingentierung der zu verkaufenden Beichtzettel, die Peraudi seitens des Reichstages auferlegt wurden (Schmid, a. a. O., S. 77f.), dokumentieren das Mißtrauen gegen ›römische Bereicherung‹; zu den Ertragseinbrüchen bei den Ablaßkampagnen vor 1517 vgl. Wilhelm Ernst Winterhager, Ablaßkritik als Indikator historischen Wandels vor 1517: Ein Beitrag zu Voraussetzungen und Einordnung der Reformation, in: ARG 90, 1999, S. 6–71, bes. 22ff.; Gebhard Mehring, Kardinal Raimund Peraudi als Ablaßkommissar in Deutschland 1500–1504 und sein Verhältnis zu Maximilian I., in: Forschungen und Versuche zur Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit, FS Dietrich Schäfer, Jena 1915, S. 334–409; Nikolaus Paulus, Raimund Peraudi als Ablaßkommissar, in: HistJb 21, 1900, S. 645–682; Hamm, Frömmigkeitstheologie, wie Anm. 517, S. 86ff.; Einblattdrucke aus dem Kontext der Ablaßverkündigung Peraudis in: Eisermann, Verzeichnis, wie Anm. 515, P–12, Abb. 61 (1489); P–40, Abb. 62 (1487/8); P–61, Abb. 63 (1489); P–118, Abb. 64 (1489); P–141, Abb. 65 (1489); P–175, Abb. 66 (1490). Zu den Türkenablässen etc. vgl. umfassend: Reinhold Franke, Die päpstlichen Ausschreibungen von Ablässen und Steuern zum Kampfe gegen die Türken 1453–1464. Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Reformation, Diss. phil. Halle 1924, bes. S. 48ff. (zur Ablaßpropaganda).

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517 In der Sicht Luthers stellt sich die Absicht des Papsttums, »zustreytten widder die Turcken und ungleubigen, die Christenheit zuschutzen« (WA 6, S. 418,18ff.; vgl. 419,23ff.; 427,16ff.), als das wichtigste offizielle Motiv aller päpstlichen Aktivitäten zur Finanzmittelaquisition dar. Vgl. zur Sache etwa: Johannes Janssen (Hg.), Frankfurts Reichscorrespondenz nebst andern verwandten Aktenstücken von 1376–1519, Bd. 2, Abt. 1, Freiburg 1872, S. 980 (Verweigerung der Reichsstände gegenüber Zahlungsforderungen der Kurie wegen des Türkenzuges 27.8.1518; vgl. 991 [14.9.1518]; DRTA J. R. Bd. 2, S. 663, 1–6; 674, 19–26 ; bes. zu den Annaten, die nach Luther päpstlicherseits ja auch wegen der Türkenabwehr eingefordert wurden, vgl. Götz-Rüdiger Tewes, Deutsches Geld und römische Kurie. Zur Problematik eines gefühlten Leides, in: Brigitte Flug – Michael Matheus – Andreas Rehberg (Hg.), Kurie und Region. FS Brigide Schwarz [Geschichtliche Landeskunde Bd. 59], Stuttgart 2005, S. 209–239). In einem offenen Brief setzte sich Peraudi im Frühjahr 1502 mit Ablaßkritikern (»susurratores ac murmuratores«, zit. nach der Edition von Otto Clemen, Ein offener Brief Raimund Peraudis, jetzt in: Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte Bd. 1, wie Anm. 515, S. 372–375, hier: 373) auseinander, die er auch dadurch zu desavouieren suchte, daß er ihnen vorwarf, sie zögen die »Christifideles« von den Schutzmaßnahmen gegen die Türken ab (»detrahere et Christifideles a ferenda ope Caesari et imperio ac nationis Germanice tuitione contra eosdem immanissimos Thurcos nituntur avertere.« [Ebd.]). Demgegenüber schärfte Peraudi als Zweck des Jubiläumsablasses ein, »ad pellendos ex europa spurcissimos Thurcos et de eorum manibus infinitas christianorum animas liberandas […].« Ebd. Peraudi ermahnt dazu, alles Mögliche zu tun, um die Unverschämtheit zu unterbinden, das heilige Werk zur Befreiung der Christen aus der Hand der Türken zu leisten (»proter viam tam sanctum opus liberandi christianos de manibus Thurcorum interrumpi.« Ebd.). Unter den Argumenten gegen den Ablaß, mit denen sich Johannes Paltz in seiner Coelifodina und in seinem Supplementum Coelifodinae (ed. von Christoph Burger und Friedhelm Starck Bd. 1 [SuR 2], Berlin 1983, bes. S. 462,21f.; Bd. 2, ed. von Berndt Hamm [SuR 3], Berlin 1983, S. XIIIf.; 28ff. ; vgl. dazu: Ders., Frömmigkeitstheologie am Anfang des 16. Jahrhunderts: Studien zu Johannes Paltz und seinem Umkreis [BHTh 65], Tübingen 1982, S. 86ff.; 90, 124–127) auseinandersetzt, spielt auch die Anklage gegen den Papst, es gehe ihm bei dem Ablaßgeldern weniger um der Türkenzug als um seine Habgier, eine Rolle; im Unterschied zu Peraudi argumentiert Paltz aber nicht mit der Finanzierung der Türkenabwehr, Hamm, a. a. O., S. 288. Als Peraudi Geiler von Kaysersberg 1502 bat, den Türkenablaß von der Kanzel zu verkündigen, soll dieser geäußert haben, daß er angesichts der bisher ausgebliebenen Türkenzüge an der Plausibilität und ›Zugkraft‹ dieses Zahlungsmotivs zweifle, vgl. Paulus, Geschichte, wie Anm. 515, S. 391; 578 Anm. 131 (Nachweis der von Wimpfeling stammenden Quelle). Wimpfeling fügte hinzu: »Es mögen sich die Römer wohl in acht nehmen, die unter dem Vorwande, die Ungläubigen zu bekämpfen, so große Summen zusammengerafft hätten ohne jemals einen Türkenkrieg in Ausführung zu bringen.« Paulus, a. a. O., S. 391; zur Frage der öffentlichen Kritik an der Verwendung der Ablaßgelder im frühen 16. Jahrhundert vgl. auch Mehring, Peraudi, wie Anm. 516, S. 374ff.; Paulus, a. a. O., S. 391ff.; Winterhager, Ablaßkritik, wie Anm. 516, S. 36f. 518 Vgl. Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364: »Nu wir sehen / wie es zu unser zeit stehet / Ich halte das Gott darumb yn deudschen landen hat das Evangelium lassen auffgehen / das solche straffe ist vorhanden gewesen / Dann wann Got hat wolt ein volck straffen / hat er alzeit zuvor Propheten geschickt / da er erst etlich errettet / damit sie nicht alle verdürben.« (B 1r). Deshalb habe Gott jetzt das Evangelium aufgehen lassen, um Menschen gegen den Türken religiös zu rüsten, B 1r. Die papistische Lehre hätte als Hilfe gegen die Türken nicht genügt. Dadurch, daß Jonas der Nachweis ›gelingt‹, daß die gegenwärtigen

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Widerfahrnisse in der Bibel geweissagt sind, wird klar, daß die Kirche bleiben wird, B 4r: »Nu aber haben sie viel trostes aus der Prophecey / die gleubigen sehen die warnung Gottes / darumb suchen sie gnade / Und wissen / die weil uns Gott gewarnet / das er auch helffen / und uns widder solche gewalt des teuffels schützen will / und dieweil sie aus der schrifft lernen / das der Türck furnemlich nicht unser / sondern Gottes feind ist / werden sie deste mehr dadurch gesterckt / Dann sie wissen / das Gott wol unuberwunden bleibt / und wissen / das sie selbs / als gliedmas des reichs Gottes auch wol bleiben […].« B 4r; ähnlich: Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, A 2v–A 3v. 519 Dies ist das grundlegende Ergebnis der Studie von Fischer-Galati, Ottoman Imperialism, wie Anm. 495, bes. S. 117: »It is paradoxical that the succes of the Reformation in Germany should be so closely linked with the fortunes of the generally feared and despired Turk. But the Protestant leaders […] relentlessly exploited the opportunities arising from the secular conflict between Hapsburg and Ottoman.« Vgl. ähnlich: Setton, Lutheranism, wie Anm. 338, S. 133 u. ö. Schulze hat die Richtigkeit der Thesen Fischer-Galatis für die Zeit bis zum Augsburger Religionsfrieden bekräftigt, hingegen für das spätere 16. Jahrhundert betont, »daß die Türkengefahr […] als konsolidierendes Element auf die Reichstage wirkt, das in der Lage ist, religionspolitische Differenzen in ihren möglichen Konsequenzen zu begrenzen und eine relativ einheitliche Reichspolitik gegen die Türkengefahr zu ermöglichen.« Schulze, Reich und Türkengefahr, wie Anm. 341, S. 132; ähnlich auch: Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 110f. (freilich unter ›entessentialisierender‹ Perspektive auf die ›Türkengefahr‹, vgl. bes. 51ff.); vgl. Klaus Malettke, Die Vorstöße der Osmanen im 16. Jahrhundert aus französischer Sicht, in: Guthmüller – Kühlmann, Europa, wie Anm. 3, S. 373–394, hier: 374: »Auch die protestantischen Reichsfürsten widerstanden zumindest zeitweilig nicht der Versuchung, sich die ›Türkengefahr‹ zur Stabilisierung ihrer gefährdeten Position im Reich zunutze zu machen.« In einem souveränen, politikgeschichtlich akzentuierten Überblick über die Bedeutung des Osmanischen Reiches für die frühmodernen Staaten Europas hat Halil Inalcik konstatiert, »that Ottoman pressure on the Habsburgs was an important factor in the extension of Protestantism in Europe.« Halil Inalcik, The Turkish Impact on the Development of Modern Europe, in: Kemal H. Karpat, The Ottoman State and its Place in World History [Social, Economic and Political Studies in the Middle East XI], Leiden 1974, S. 51–58, hier: 53. 520 Titulus in libellum sancti Methodij martyris et episcopi … continens in se revelationes divinas …, Augsburg, Johann Froschauer, 1496; Hain 11120; Ex. SUB Göttingen 8 Patr.Gr. 324/2 Inc.; biographische Hinweise zum Kommentator Wolfgang Aytinger (Dr. iur. utr., Kleriker in Augsburg und Basel, a. a. O., h 3v; vgl. Rohr, Prophetie, wie Anm. 380, S. 43– 45; Friedrich Zoepfl, Wolfgang Aytinger – ein deutscher Zeit- und Gesinnungsgenosse Savonarolas, in: Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte 1, 1935, S. 177–187; Kurze, Lichtenberger, wie Anm. 380, S. 49f.; Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 49; Bostick, Antichrist, wie Anm. 316, S. 23ff.; Reeves, Influence, wie Anm. 491, S. 352ff.; 339. Aytinger identifiziert den Türken mit dem siebenköpfigen Drachen Apk 13, d 5r. Als Begründung führt er die Bestialität seiner Eroberungen und seiner Religion an: »Quid pro bestiam debemus intelligere quam spurcissimum Machometum qui bestialis in vita sua fuit qui suadet in Alchoranus [id est] libro sue legis fornicationem & pluralitatem uxorum: cuius fidem et bestialem vitam filij Ismahel [id est] turci sequntur.« (d 5r). Die Zerstörung Roms untermauert Aytinger durch eine Prophetie der Brigitte (d 5vf.; e 1r). Vor dem Ende wird es eine Unterdrückung des Klerus geben: »Et tollitur honor a sacerdotibus. Et supprimitur misterium dei. et quiescat omne sacrificium ab ecclesia in eodem tempore. [Sc. zur Zeit der Vorherrschaft der Türken], e 2r. Außer der tyrannischen Vorherrschaft der weltlichen Fürsten werden die Begehrlichkeiten der Prälaten überhand nehmen (e 3vff.) und es wird kirchliche Schismata geben (e 5rf.). Unter Berufung auf Joachim von Fiore

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prophezeit der von Lichtenberger abhängige Aytinger, daß der Türke am Ende zum Christentum konvertiere (g 4r). Zum Bedeutungsgewinn vermehrt in der Volkssprache publizierter prognostischer Literatur im Kontext der Türkenfrage um 1500 vgl. die Hinweise bei Bosbach, Imperium Turcorum, wie Anm. 534, bes. S. 168; Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, bes. S. 33f. Zur Deutung der Jahrhundertwende 1500 vgl. die Beiträge von Johannes Schilling, Der liebe Jüngste Tag. Endzeiterwartung um 1500, in: Manfred Jakubowski-Tiessen u. a. (Hg.), Jahrhundertwenden, S. 15–26; Heinrich Dormeier, Apokalyptische Vorstellungen in der italienischen Kunst um 1500, in: A. a. O., S. 27–52; Helga Robinson-Hammerstein, 1500 – Prognostik, Jubeljahr und habsburgisch-burgundische Propaganda, a. a. O., S. 53–69. Methodius primum olimpiade et postea Tyri civitatum episcopus … De revelatione facta Ab angelo beato Methodio in carcere …, Basel, M. Furter, 9.1.1498; Hain 11121; Ex. HAB Wolfenbüttel 82. 4 Theol. (4) [Inc. Guelf. 1841]; Drucke 1504 und 1515: VD 16 M 4934/5; Basel, Furter, 1516: Ex. SUB Göttingen 8 Patr Gr 324/5 . Die reichen Illustrationen sind seit dem Erstdruck unverändert verwendet worden; s. Abb. 22. »Tabulas utcumque sculpendas ordinavi [sc. Brant]: quo facilius spiritus prophetici multis innotescat vaticinium. Fecique id eo libentius quo gloriosum reipublicae christianae contra infideles Thurcasque inibi re promissum perpius existimo fore triumphum. Id quod ex varia iam rerum mutatione colligi licet Tam et si comperiantur qui prius italiam [sc. 1481; vgl. Anm. 525] hostili gladio feriendam autument scriptures.« Wie Anm. 521, a 1v. »Quasi prodicere christianae reipublicae status reformationem triumphumque: continuo foret termino extremi profinisse iudicii. Quod mihi non sit verisimile.« (Ebd.); zu Maximilian s. a 2r; vgl. Liliencron, wie Anm. 192, Bd. III, Nr. 306, S. 215, Z. 165ff. ; s. oben Anm. 316. Daß S. Brants Äußerungen zur Türkenfrage vornehmlich auf einen organisierten Kreuzzug unter der Führung Kaiser Maximilians hinausliefen, hat Antje Niederberger betont: Das Bild der Türken im deutschen Humanismus am Beispiel der Werke Sebastians Brants (1456–1521), in: Marlene Kurz – Martin Scheutz – Karl Vocelka – Thomas Winkelbauer (Hg.), Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie [Mitteilungen des Instituts für Östereichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 48], Wien, München 2005, S. 181–204. »[…] antea non esse venturum finem nisi prius frutificante ecclesia: universus a mari usque ad mare impleatur orbis […].« (Wie Anm. 521, a 2r). In dem dominikanischen Tractatus quidam de Turcis, Nürnberg, Conrad Zeninger, 1481; Hain 15681; Ex. SUB Göttingen 8 Hist. Turc. 582 Inc. (ursprünglich 1474 entstanden [a 1r]), aber wegen der akuten Gefahr der Jahres 1480/1 publiziert, wird die Bedrohung Italiens als »magnum flagellum castigationis super populum christianum […] a deo ordinatu[m]« (a 3v) gedeutet. Auch dieser Traktat orientiert sich an Methodius (b 5r u. ö.) und hofft auf den durch den Heilskaiser heraufgeführten Endsieg (C 5r/vff.; C 7vf.), ja erwartet eine Konversion aller »infideles« (C 7v) zum Christentum. Diese »conversio infidelium« werde »per novam predicationem evangelii« (C 7v) vorbereitet. Mit der Konversion der Gottlosen (»cum conversione infidelium«) werde es eine Erneuerung der Kirche geben (»erit ecclesiae innovatio«, ebd.). Die entscheidende Differenz zum ›humanistischen Optimismus‹ Brants ist meines Erachtens darin zu sehen, daß das Ausmaß der türkischen Eroberung vor dem christlichen Endsieg weite Teile Europas erreicht haben wird (u. a. Gallia, Germania, Anglia etc., a 3v/a 4r). Diese Prophetie einer türkischen Eroberung Europas erinnert stark an Hilten, s. Anm. 364 und 546. Die Klage über die »cecitas praelatorum et principum« (a 6r) ist auch für den wohl seit 1474, dem Erscheinungsjahr des Erstdrucks des Methodius (vgl. Anastasios Lolos, Die Apokalypse des Ps.-Methodius [Beiträge zur Klassischen Philologie 83], Meisenheim am Glan 1976, S. 24), im Kontext Nürnberger Dominikanerdisputationen entstandenen Tractatus ein unveräußerliches Element des endzeitlichen Türkendiskurses.

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526 Dies kann durch die neuere Forschung im allgemeinen als erwiesen gelten, vgl. etwa: Heribert Smolinsky, Deutungen der Zeit im Streit der Konfessionen. Konfessionstheologie, Apokalyptik und Astrologie im 16. Jahrhundert [SPHKHAW 20], Heidelberg 2000; Andreas Holzem, Zeit – Zeitenwende – Endzeit? Anfangsbeobachtungen zum deutschen katholischen Schrifttum um 1700, in: Jakubowski-Tiessen u. a. (Hg.), Jahrhundertwenden, wie Anm. 520, S. 213–232; Thomas Kaufmann, Römisches und evangelisches Jubeljahr 1600. Konfessionskulturelle Deutungsalternativen der Zeit im Jahrhundert der Reformation, in: Millennium. Deutungen zum christlichen Mythos der Jahrtausendwende [KT 171], Gütersloh 1999, S. 73–136. Das V. Lateranum (1512–1517) hat in seiner Konstitution über die Predigt (Sessio XI, 19.12.1519) übrigens dekretiert, daß allen Predigern »[t]empus quoque praefixum futurorum malorum, vel Antichristi adventum, aut certum diem iudicii praedicare vel asserrere« (Mansi Bd. 32, Sp. 944–947, hier: 946 C) in jeder denbaren Weise der Kommunikation untersagt sei. 527 Kirn hat aufgrund der Sprachlehre Biblianders (1548) überzeugend gezeigt, daß dieser religionstheoretische Ansätze zu einer Wahrnehmung gemeinsamer Glaubensinhalte insbesondere im Judentum, Christentum und Islam entwickelte ([Glaube an Gott als höchstem Wesen; Notwendigkeit des Gehorsams gegenüber göttlichen Geboten; endzeitlicher Horizont u. a.], in: Humanismus, Reformation und Antijudaismus, wie Anm. 268, bes. S. 49f.), daraus aber keine relativistische Option ableitete, sondern die Notwendigkeit der Glaubensverkündigung gegenüber den Nichtchristen statuierte. Für das »antichristliche Papsttum zu Rom« (a. a. O., S. 51) sehe Bibliander hingegen keine Hoffnung auf Umkehr. Aus seiner Ausgabe des Korans scheint mir allerdings hervorzugehen, daß Bibliander der traditionellen (s. unten Anm. 534 ff.) Vorstellung, der Türke sei der Antichrist, nicht fernstand. Wie sonst ist es zu verstehen, daß er die Notwendigkeit der Koranausgabe damit begründet, daß die Christen dem Antichristen nun wirkungsvoller entgegentreten könnten (Machumetis Saracenorum Principiis, wie Anm. 268, C 1v)? Die Frage nach dem Antichristen, die Gelehrte seit zwei Jahrhunderten mit dem Hinweis auf Mohammed beantworteten, könne ohne Rekurs auf den Koran nicht angemessen geklärt werden: »Quum enim aliquot eruditi homines nostri aevi, & qui ante annos ducentos scripserunt, Machumetem caput & sectae ipsius totum (ut ita dicam) corpus Antichristum dicant, de quo Daniel, Ezechiel, Ioannes in Apocalypsi vaticinati sunt, nihil hac de re poterit exacte constitui, nisi universam Machumetis doctrinam & instituta ex ipsius organo cognita, cum prophetijs conferamus.« A. a. O., D 5v. 528 »Sacra […] scriptura utriusque testamenti, presertim ipsa apockalipsis illeque terribiles et horribiles figure Danielis et Ezechielis, que nobis non tam ad sciendum et intelligendum quam ad timendum de ultimorum temporum periculis scriptis mandata sunt […].« Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 170. 529 Ebd; zum Kontext instruktiv: Heiko A. Oberman, Contra vanam curiositatem: Ein Kapitel der Theologie zwischen Seelenwinkel und Weltall [ThSt (B) 113], Zürich 1974, bes. S. 29ff. Georgius attackiert insbesondere die aktuellen kulturellen Innovationen seiner Zeit, von denen der in Rom lebende Dominikaner eine intensive Anschauung besessen haben muß: »artium quoque curiositas, edificiorum varia superfluitas, et in scientiis presumpta novitas et in omnibus denique rebus superaddita antiquitate nova vanitas – […].« Ebd. 530 »huius mundi … senectutum«, ebd.; vgl. zu dem Topos nur: Gerhard May, »Je länger, je ärger?« Das Ziel der Geschichte im Denken Martin Luthers, in: Zeitenwende 60, 1989, S. 208–218. 531 Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 172f.; vgl. 216f. ein weiteres Joachim-Zitat aus der Auslegung von Apk 13; zur apokalyptischen Gedankenwelt im Italien des späten 15. Jahrhunderts vgl. Jonathan B. Riess, The Renaissance Antichrist. Luca Signorelli’s Orvieto Frescoes, Princeton 1995, S. 82ff.; Richard Kenneth

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Emmerson, Antichrist in the Middle Ages. A Study in Medieval Apocalypticism, Art and Literature, Washington 1981, S. 50ff.; passim (zur Joachim-Rezeption); Dormeier, Apokalyptische Vorstellungen, wie Anm. 520; zur Auslegungsgeschichte der Johannesapokalypse vgl. nur: Richard K. Emmerson – Bernard McGinn (Hg.), The Apocalypse in the Middle Ages, New York 1992; Reeves, The Influence of Prophecy, wie Anm. 491; Selge, Joachim von Fiore, wie Anm. 410. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 328. Der unmittelbare Zusammenhang von Türke und Teufel, der bis an die Grenze der Identifikation getrieben werden kann (vgl. etwa Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 36, A 2rf.; Luther konstatiert, daß alle Türken oder türkischen Heeresangehörigen »sind alle des teuffels eigen und mit dem teuffel besessen wie yhr herr Mahometh und der Türckisch keiser selbs«, WA 30 II, S. 173,12f.), zumeist aber instrumentell bestimmt wird (»der Türcke gewislich sey der letzte und ergeste zorn des teuffels widder Christum,« a. a. O., S. 162,20f.; ähnlich: Jonas, Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, A 2v), ist ein allgemein verbreiteter Topos, quer durch alle konfessionellen Lager. Georgius de Hungaria, Tractatus, ed. Klockow, wie Anm. 9, S. 214–217. Pastor, Geschichte Bd. 1, wie Anm. 514, S. 622; Edition der Kreuzzugsbulle Nikolaus’ V. vom 30.9.1443, in: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III. Bd. V/1, 1453– 1454, hg. v. Helmut Weigel und Henny Grüneisen [DRTA Bd. 19/1], Göttingen 1969, S. 56–64, hier: 60,3ff. ; zur Interpretation der Kreuzzugsbulle im Kontext der medialen Reaktionen auf die Eroberung Konstantinopels vgl. Ulrich Andermann, Geschichtsdeutung und Prophetie. Krisenerfahrung und -bewältigung am Beispiel der osmanischen Expansion im Spätmittelalter und in der Reformationszeit, in: Guthmüller – Kühlmann, Europa, wie Anm. 3, S. 29–59; vgl. Machumetis Saracenorum Principiis, wie Anm. 268, S. 3; s. oben Anm. 380. Das Gesamtverzeichnis der Wiegendrucke verzeichnet zwischen 1480 (Genua) und 1497 (Köln) insges. acht Drucke, Nr. 2017–2024; vgl. Schwarz, Die apokalyptische Theologie, wie Anm. 362, S. 48 Anm. 9; im 16. Jahrhundert erschien nur: VD 16 N 75: Köln, Martin von Werden, 1507; zu Giovanni [di] Nanni / Annio da Viterbo vgl. WA 50, S. 111–116; GW II, Sp. 329; Riess, Renaissance Antichrist, wie Anm. 531, S. 87–91; 172f. Anm. 24ff. [Lit.]; s. oben Anm. 362; Giovanni Nanni (1452–1502) war ein während der Pontifikate Sixtus’ IV. und Alexanders VI. höchst einflußreicher Dominikaner; er ist identisch mit dem Magister Johannes Viterbiensis, dessen Prognostica der Nürnberger Arzt Erasmus Flockius 1560 erneut in den Druck gab, s. Anm. 37. Nannis Prognostik basiert auf astronomischen Beobachtungen und mathematischen Berechnungen (conclusiones, in: Prognostica, wie Anm. 37, B 2rff. = Glosa, wie Anm. 362, C 4r–[C 6]r) und will die Vereinbarkeit von Astronomie und Christentum erweisen; nach These 10 (B 3v) beginne 1471 oder 1480 (B 4v) die »depressio imperii Turcorum & favor paulatim Christianorum consurget.« Der Herausgeber Flockius beteuert, daß die »depressio« »subito« (B 3v) erfolgen müsse bzw. prozeßhaft fortschreite (C 1v). Zit. nach Schwarz, Die apokalyptische Theologie, wie Anm. 362, S. 7; Riess, Renaissance Antichrist, wie Anm. 531, S. 88 bezeichnet als Nannis »central thesis: that Antichrist has already appeared in the person of Mohammed and that the apocalyptic beast should be identified as Islam.« Vgl. die Ausgabe oben Anm. 362; vgl. zum Kontext: Hans Preuss, Die Vorstellungen vom Antichrist im späten Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik, Leipzig 1906, S. 81 Anm. 1 (a. a. O. auch der Hinweis, daß Innozenz III. Mohammed als Antichrist schlechthin bezeichnet und die Zahl 666 [Apk 13,18] auf die Jahre seines Reiches bezogen habe; zum doppelten Antichristen Türke-Papst in der

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Anmerkungen zu S. 63–64 über Luther hinausgehenden Wittenberger Theologie s. a. a. O., S. 174; 194; 204); Volker Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548–1618 [QFRG 69], Gütersloh 1999, bes. S. 59ff.; zur Rezeption [pseudo-] islamischer Prophetien S. 76f.; Carozzi, Weltuntergang, wie Anm. 414, S. 103ff.; zu Mohammed als Antichrist s. auch: Paul Alphandéry, Mahomet – Antichrist dans le Moyen Age Latin, in: Mélanges Hartwig Derenbourg, Paris 1909, S. 261–277; Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 44; Emmerson, Antichrist, wie Anm. 539, S. 67f.; 196f.; 211; 235; keine direkte Identifikation Mohammeds bzw. des Islams mit dem Antichristen bei Bernhard von Luxemburg, Catalogus, wie Anm. 34, Ed. von 1527, e1v. Seifert, Der Rückzug der biblischen Prophetie, wie Anm. 364, S. 8; zur Wittenberger Weltchronistik vgl. nur Peter Gemeinhardt, Das Chronicum Carionis und die Überarbeitung durch Philipp Melanchthon, in: Martin Wallraff (Hg.), Welt – Zeit. Christliche Weltchronistik aus zwei Jahrtausenden in Beständen der Thüringer Universitätsund Landesbibliothek Jena, Berlin – New York 2005, S. 115–125; Georg Selcorv, Luthers Supputatio annorum mundi, a. a. O., S. 126–131; Pohlig, Gelehrsamkeit, wie Anm. 160, S. 175ff.; Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 40f. Ed. in: Laube, Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich, wie Anm. 66, Bd. 1, S. 485–491; lat. Urfassung: CR 1, Sp. 1051–1056; vgl. DRTA J. R. Bd. 7, S. 715f.; MBW Bd. 1, Nr. 769; vgl. Volz, Beiträge, wie Anm. 364, S. 97ff.; Seifert, Rückzug, wie Anm. 364, S. 12f.; vgl. oben, Anm. 364. Laube, a. a. O., S. 486,31f.; vgl. Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, B 4vf.; Nikolaus von Lyra deutete das ›kleine Horn‹ traditionell auf den Antichristen (s. oben Anm. 380). Die exegetische Position der Wittenberger folgte also mittelbar aus ihrer Antichristlehre. Die Deutung des ›kleinen Horns‹ auf Mohammed ist freilich bereits in der frühmittelalterlichen Exegese belegt, s. Richard Kenneth Emmerson, Antichrist in the Middle Ages, Manchester 1981, S. 67 (Alvarus von Cordoba, Indicolus luminosus [854]). Aytinger fand den Türken im König des Südens (Dan 11), vgl. Titulus, wie Anm. 520, g 4r. »Er zeugt an ihn zukunfftig [d. h., daß er künftig kommen werde] yn den letzten zeiten, wan eyn reich seyn wurde das fehrn und weit wutete, unnd die heiligen verdruckete [Dan 7,23–27; 11,2–45; 12,1–3]. Das diß das saracenisch und turckisch reich sey, kann niemant zweyffeln.« Laube, a. a. O., S. 486,29–32; vgl. WA 30 II, S. 162,15ff.; 171,20f.; 196,7.10ff. Eine weltliche Niederlage des Türken konnte es für Luther aus geschichtstheologischen Gründen nicht geben; denn es war für ihn selbstverständlich, »das des Türcken reich von hymel gestörtzt werden sol Und kein könig komen werde, der yhn unterdrücke und mechtiger werde nach yhm, wie auch Daniel hie sagt […].« WA 30 II, S. 171,8–10. »Denn weil Daniel hie sagt, das ym vierten thier das kleine horn solle das mechtigste und letzte sein Und wir sehen offentlich, das ynn des Römichen reichs lendern kein mechtiger ist, denn der Türck und nach yhm keiner mehr komen wird, so ist die schrifft des Türcken halben schon erfüllet.« WA 30 II, S. 171,21–25. A. a. O., S. 171,20f. In seinem Nachwort zur Ricoldus-Schrift (1542) stellte Luther noch einmal nachdrücklich heraus, daß der Papst der »rechte Endechrist« (WA 53, S. 395,4 = ed. Ehmann, Ricoldus, wie Anm. 12, S. 188) sei, während er »Mahmet nicht für den Endechrist« hielt (WA 53, S. 394,31 = Ehmann, a. a. O., S. 188). Die Begründung dafür ist, daß es Mohammed »zu grob« (ebd.) mache, d. h. die für den Antichristen konstitutive Camouflage unter dem Gewand des vermeintlich Christlichen bei diesem nicht gegeben sei. Der Türke begegne dem Christentum nicht anders als seine heidnischen Verfolger. Der Papst hingegen sitze im Tempel Gottes (2 Thess 2,4 etc.; vgl. WA 53, S. 395,4ff.). Daß der Jüngste Tag, der unmittelbar vor der Tür sei, für die Christen eine »fröhliche stund« sein werde, betont Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, H 4r.

Anmerkungen zu S. 64

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543 So Luther in seiner Vorrede zum Danielbuch 1530 bzw. 1545, WADB 11/2, S. 12,16; 13,17f.; vgl. WA 30 II, S. 167,4–7; 171,25; vgl. Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, B 3r/v. Die von Daniel prophezeite Begrenztheit der türkischen Macht ist für Brenz ein entscheidendes Stimulanz zum militärischen Kampf und ein maßgebliches exegetisches Argument gegen defätistische Stimmungen, B 4rf.; vgl. auch: Jonas, Das siebend Capitel, wie Anm. 364, C 4r; E 1r; H 2v. 544 WA 30 II, S. 171,26–28. In der Auslegung der vier Monarchien auf Assyrien-Babylonien, Persien und Medien, das Reich Alexanders des Großen und Rom wußte man sich in Wittenberg mit »allen lerern« (WA 30 II, S. 166,1) verbunden (vgl. auch: Zeeden, Daniel, wie Anm. 554). Aus der Identifikation des vierten mit dem römischen Reich ergab sich die heilsgeschichtlich begrenzte Rolle der Türken: »Weil denn nu das gewis ist und keinen zweiffel hat, das auff erden sol das Römisch reich das letzte sein, wie auch im andern Kapitel Daniel [Dan 2] zeigt ynn dem grossen bilde odder seulen, die einen gülden kopff, sylbern brust, eherne hüffte und eisern schenckel hatte, So mus das draus folgen, das der Türck ym Römischen keiserthum sein wird und ym vierden thier mus begriffen sein, Denn das ist beschlossen, weil das Römisch keiserthum das letzte ist, so wird und kan der Türcke nymer so mechtig werden, als das Römisch reich gewesen ist, sonst würden nicht vier, sondern funff keiserthum auff erden komen.« WA 30 II, S. 166,8–16. Die ›Gewißheit‹ (a. a. O., S. 167,12), daß das ›kleine Horn‹ (Dan 7,8.24f.) mit den Türken zu identifizieren ist, ergibt sich für Luther zwingend daraus, »das er drey hörner ym Römischen keyserthum hat abgestossen und eingenomen, nemlich Egyptum, Griechland und Asiam.« (A. a. O., S. 167,5–7). Nikolaus von Lyra diskutierte übrigens im Zusammenhang seiner Auslegung der Vier-Monarchien-Lehre die Frage, ob das Imperium Romanum nicht aufgrund der Donatio Constantini mit der Kirche zu identifizieren sei, Postilla II, wie Anm. 380, DDD 4r–5r. 545 Vgl. WADB 11/2, S. 12,11ff. 546 Zur Hiltenrezeption im Luthertum des 16. Jahrhunderts vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 37; 184; 423; 429; 435ff.; 439ff.; 463; ders., Das Ende der Reformation, wie Anm. 277, S. 343 [dort auch zahlreiche Belege und Lit.]. Daß Hiltens Prophetie einer europäischen Eroberung durch die Türken nicht singulär ist, geht aus dem Tractatus quidem de Turcis (1481) hervor, wie Anm. 525, a 3v–a 4r. In den hier primär benutzten Türkenschriften ist mir Hilten an folgenden Stellen begegnet: Boenich, Historia, wie Anm. 36, D 2v zitiert Hiltens Prognostik in der Erwartung einer Vereinigung von Orient und Okzident unter türkischer Ägide; Rottmann kennt die Hiltensche Prophezeiung in der Form, daß für 1600 die totale Herrschaft eines greulichen Menschen, für 1606 aber die von Gog und Magog prophezeit sei, doch er bewahrt sich eine gewisse Freiheit in bezug auf die Prophetie: »Welcher weissagung zwar ich so viel nicht zuschreibe / das es müsse nottwendiger weiß / von Gott also verordnet / einen solchen außgang haben: Gleichwol aber meines erachtens / dahin gereichen soll / daß sie uns beides zu einem embsiegen unnd ernstlichen gebet anzünden / und zur Demut anreitzen soll.« Rottmann/ Dresser, Uffmunterung, wie Anm. 160, S. 41. Der Skopus liegt also auf dem pastoraltheologischen Usus der Lehre! Völlig unkritisch – unter Verweis auf die Wittenberger Autoritäten Luther und Georg Major (Auslegung der Epistel S. Pauli an die Epheser, Wittenberg, H. Lufft, 1559; VD 16 M 1998 ; vgl. aber: CR 4, Sp. 780f.; CR 7, Sp. 653; 995f.; 999; 1007; 1112; CR 8, Sp. 121; 145; 663; CR 12, Sp. 154; CR 14, Sp. 841; CR 24, Sp. 64; CR 25, Sp. 14), die Hilten zitiert hätten – geht Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, B 6v–7v, mit ihr um; zum Verweis auf Hilten im Chronicon Carionis s. Pohlig, Gelehrsamkeit, wie Anm. 160, S. 185. Doch auch bei ihm geht es um die bußparänetische Pointe: Wenn Deutschland Buße tut, wird es nicht in die Hände der Türken fallen. Kaspar Goldwurm, Prognosticon. Weissagungen und Urtheyl / von betrübungen und grossen anfechtungen Europe …, Frankfurt/M., Christian Egenolff

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Anmerkungen zu S. 64

E., 1561; VD 16 T 1585; vgl. ZV 2719; Ex. MF 2112 Nr. 3428, C 7rff. zitiert Hilten im Rahmen eines bunten ›Straußes‹ anderer Prophetien, ein Thesaurierungsakt, der auch in dem magistralen Werk von David Herlitz, Tractatus Theologastronomistoricus Von des Türckischen Reichs untergange und endlicher zerstörung …, Altstettin, Joachim Rheten, 1596; VD 16 H 2313; Ex. MF 953f. Nr. 1669, B 4v–C 2r; F 2v u. ö. eine Parallele hat. Eine Popularisierung der Untergangsweissagung in Reimform (1568) verzeichnet Göllner, Turcica II, Nr. 1239, S. 188. 547 Vgl. etwa Jonas, Vorrede zu: Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, A 2v–A 3r; Möringius, Schutz, wie Anm. 64, S. 33r/v; Kuripečić, Disputation, deutet die unmittelbar bevorstehende Unterjochung der ganzen Christenheit durch den Türken als Akt, durch den dieselbe »reformier[t]« wird, wie Anm. 155, D 3v; auch Erasmus wendet die Befürchtung einer totalen Eroberung Europas als bußtheologischen Impuls, Auß Rathschlage … Erasmi, wie Anm. 60, B 3r; natürlich standen nicht alle Vernichtungs- und Untergangsphantasien der europäischen Christenheit unmittelbar mit dem Türken in Zusammenhang, etwa die Offenbarung eines Salomon aus Rüremundt am Schluß der Prognosticatio Carionis, Straßburg, Camerlander, 1545; VD 16 C 1027; Ex. MF 359 Nr. 692, hier H 1rff., oder die an Luther [WA 53, S. 46] anschließende, die Zeitspanne zwischen Weltschöpfung und Sündflut [1656 Jahre] mit der Zeitspanne zwischen der Geburt Christi und dem Ende der Welt parallelisierende [vgl. dazu: Kaufmann, Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede, wie Anm. 321, S. 132 mit Anm. 340] Berechnung des Weltendes bei Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, D 3v kamen ohne expliziten Türkenbezug aus: »Denn wen man wird rechnen zurück | Vom ersten dieser Welt anfang | Biss sie durch Sündtflut untergang | Sind drey und dreyssig Jubel Jahr [sc. à 50 Jahren = 1650] | Und dazu Sechs gemelne Jahr | Die zahl balt wider wird erfült | Nach dem Christus den Vater stilt /| Das die Sündtflut ergehe mit Fewr | Und allem ungehorsam stewr.| Wie denn die Wasserflut rein brach | Nach dem zur Buss vermant Noah | Der Prediger der gerechtigkeit | Ein gut geraume lange zeit | Hundert und zwantzig gantzer Jahr | Als itzo geschicht fürwar /| Durch Lutherum Man Gottes gross /| Der als des Herrn Engel floss | Ein Ewigs Evangelion | Verkündigt alle (Apoc. 14.) Nation | Und auch tröstlich zu hoffen ist /| Das wens erreicht hat Noachsfrist | Des Fewrs Sündtflut der schnöden Welt /| Ihr end zu machen sey bestelt.| Doch soln den Auserwehleten | Zu gute / die Tage verkurtzt werden.|« Löwen, ebd. Zu an Nikolaus von Kues und Andreas Osiander anschließenden Endzeitberechnungen, die die Lebenszeit des ekklesialen Leibes Christi mit der des irdischen Jesus analogisierten und jedes Lebens- als Jubeljahr berechneten, vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 439 mit Anm. 111; zur apokalyptischen Mentalität im Luthertum um 1600 s. a. a. O., S. 413–464. 548 Daß der Türke nicht definitiv siegen werde, findet sich schon 1518 in einem Lied ausgesprochen, Liliencron, Volkslieder, wie Anm. 192, Bd. III, Nr. 306, S. 213,31ff., ja begegnet bereits in den Memoiren eines Janitscharen, wie Anm. 48, S. 173; vgl. Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, F 3v; Trostspruch, wie Anm. 302, A 3v; Türcken-Büchlein 1522, ed. Göllner, Chronica, wie Anm. 17, S. 143; vgl. den Bericht über den Seesieg gegen Barbarossa: Gute Zeyttung / von der Christlichen Armata eroberung Castello novo und Rixana …, [Nürnberg, Johann Petreius], 1539; VD 16 M 217; Ex. MF 2222 Nr. 3595, a 5v (Gott entzieht den Türken das Kriegsglück); ähnlich: Warhafftige … beschreybung, wie Anm. 170, B 4v (Malta); Relatio oder Historische Erzelung / Was Gestalt die fürtreffliche Vöstung Groß Wardein in Sibenbürgen / von dem Erbfeind / dem Türggen … 1598 … belägert [Melchior von Redern], Augsburg, Samuel Dilbaum, 1599; VD 16 D 1726; Ex. MF 416 Nr. 792, B 3r (Gott hat den Christen den Sieg gegeben); Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, D 1rff. sieht den Untergang des türkischen Reiches voraus; Osiander, Bericht, wie Anm. 19, S. 167 weiß, daß Gott den Türken definitiv strafen wird; ähnlich Getreue … erinnerung, wie Anm. 17, b 2v–b 3r; auch Brenz war schon 1537 klar, daß der Türke

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niemals endgültig siegen werde, Türken Büchlein, wie Anm. 192, B 3r; Herlitz, Tractatus, wie Anm. 546, kann auf der Basis eines aus Hans Lewenklaw (vgl. nur: Höfert, Feind, wie Anm. 3, S. 157ff.; Göllner, Turcica III, S. 26f. u. ö.) gewonnenen Fundamentes die ›Baufälligkeit‹ des türkischen Reiches erweisen. 549 »Mihi [sc. Chytraeus] quidem in tantis vitae humanae & religionum confessionibus, in tanta multitudine ac potentia hostium Christi, & tristißimis dilacerationibus eorum coetuum, qui de nomine Christi gloriantur, pergrata & dulcis etiam consolatio fuit; Quod Ecclesiam Christi, recte Deum agnoscentem & celebrantem, & victuram apud Deum in omni aeternitate, non solum conservari in mundo omnibus temporibus & locis, nec exiguis hicce & angustißimis Europae finibus tantum contineri; sed in media Turcica, in Graecia, Asia, Armenia, Iberia; & intimae Africae regnis latißimis, publico Euangelij Christi & sacramentorum ministerio colligi & propagari, tum […] ex monumentis historiarum publice editis, tum vero nunc per CXWVQRVCL etiam, & oculatos testes magna ex parte, edoctus sum.« David Chytraeus, Oratio …, habita in Academia Rostochiensi, cum post reditum ex Austria … de statu ecclesiarum hoc tempore in Graecia, Asia, Austria, Ungaria, Boemia … exponuntur …, Rostochii, Lucius, 1570; Ex. SUB Göttingen 8 H Turc 800:2; bibliographisch: Kaufmann, Universität, wie Anm. 182, S. 630; A 3v–A 4r; zu Chytraeus’ Darstellung der Ostkirche zuletzt: Benga, Chytraeus, wie Anm. 20; daß das Osmanische Reich bei Chytraeus in strikter Entgegensetzung zur Darstellung der europäischen Staatenwelt gestaltet ist, hat Bollbuck betont, vgl. Harald Bollbuck, Geschichts- und Raummodelle bei Albert Krantz (um 1448–1517) und David Chytraeus (1530–1600) [Imaginatio Borealis 8], Frankfurt/M. u. a. 2006, S. 314. 550 Vgl. zu diesem Standardtheologumenon in allen theologischen Richtungen nur: Kuripečić, Disputation, wie Anm. 155, A 4r; C 2v; D 3r; Cantzler, Aus was ursache, wie Anm. 187, A 1r; Eckstedt, Unterricht, wie Anm. 166, A 3r (einige Christen halten Gottes Zorn je und je auf!); Newe Zeittung. Kurtze erzelung / und ordentlicher begriff / welcher massen der Allmechtig Gott … sieben fürnemme Vehstungen … auß dem Türckischen Joch erlediget …, Augsburg, Elias Lukas Miller, 1598; VD 16 N 783; Ex. MF 2222 Nr. 3594, A 3v (Gott straft uns durch des Türken »unmenschliche Tyranney«); Assus, Türckenpredigten, wie Anm. 158, D 4r/v; Ein christlicher Zug / wider den Türcken [Mainz, Ivo Schöffer, 1532]; VD 16 C 2386; Ex. MF 359 Nr. 693, A 1v (Türke als »Geisel« wegen unserer sittlichen Verderbnis); Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, B 1v; gebetsweises Bekenntnis der Berechtigung der göttlichen Strafe z. B. in: Ein Gebedt Der Kercken tho Hamborch / wedder den Erffvynt der Christenheit den Torcken, Hamburg, Heinrich Binder, 1594; VD 16 G 570; Ex. MF 829 Nr. 1509, A 2v; Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 36, D 1v; Leonardus Chiensis, Historia, wie Anm. 20, b 2v–b 3r; Des heyligen … Reichs … hilff, wie Anm. 495, b 1r (»verordente Geisel Gottes«); Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 69vff.; Möringius, Schutz, wie Anm. 64, S. 46vf.; Neser, Predigt, wie Anm. 339, S. XIrf.; XVv; WA 30 II, S. 113,1ff.; zum ›Endsieg‹ über den Türken als Auftakt der Endzeit s. Andreae, Dreyzehen Predigen, wie Anm. 288, S. 402ff. Lukas Osiander lehnt die Deutung des Türken als Zuchtrute Gottes um unserer Sünden willen ab, wenn er feststellt: »[S]o leiden wir alsdann solches von den Türcken nicht umb unser Sünden willen / sonder wir leiden umb der Gerechtigkeit willen.« Bericht, wie Anm. 19, S. 166. Auch insofern fällt Osiander aus dem Rahmen einer lutherischen ›Normaltheologie‹, als er Ez 38f. und Dan 7 (kleines Horn) nicht explizit auf den Türken bezieht und auch auf die Parallelisierung Türke – Papst verzichtet. 551 Jonas, Vorrede zu: Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, A 2v; zur Anwendung des Antichrist-Epitheton auf den Türken bei Melanchthon bzw. zum bikephalen Antichristen vgl. Seifert, Rückzug, wie Anm. 364, S. 13ff.; so auch etwa Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, A 5r; Mylius stellt die antichristlichen Züge des Türken heraus, betont aber, daß der Papst der ›eigentliche‹ Antichrist sei, Zehen Predigten, wie Anm. 14, S. 12v–13r. Luther identifiziert »Gog« mit dem Land der »Tattern […] ynn Asian«, WA 30 II, S. 171,16;

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Anmerkungen zu S. 64–65 der Türke sei »Gog«, 171,15. Das Ende des Türken ergibt sich mithin aus den biblischen Referenztexten Apk 20,8f. und Ez 38,22. Eckstedt vergleicht die türkische Herrschaft mit einem Licht, das noch einmal aufflackert, ehe es erlischt, sieht die Prophetie von Ez 39 (Gog und Magog) bald eintreten, beweist den Untergang des Türken aber auch aus türkischen Prophetien, Unterricht, wie Anm. 166, B 1v–B 2r, ein Verfahren, das auch Herlitz, Tractatus, wie Anm. 546, exzessiv anwendet (z. B. F 2r; F 2vff.), um die Plausibilität der Hiltenschen Prophezeiung zu untermauern; ähnlich verhält es sich mit der Prophetie des Antonius Torquatus aus Ferrara über den Untergang des türkischen Reiches (a. a. O., G 3rff.), die Herlitz als Bestätigung für Ez 38f. bzw. Apk 13,20 und Dan 7 liest, a. a. O., K 4rff.; die Torquatus-Prophetie war 1561 von Goldwurm, Prognosticon, wie Anm. 546, neu veröffentlicht worden. Die Deutung des Türken als Gog und Magog etwa auch bei Hubmaier, in: Westin – Bergsten, Schriften, wie Anm. 87, S. 482; vgl. Michael Biblius [Hallensis], Ecloge, continens colloquium turcae et christianae hominis disputantium de Romana monarchia …, Wien, Kaspar Stainhofer, 1568; VD 16 B 5338; Ex. MF 52 Nr. 136, B 2r/v; Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, deutet Gog und Magog als Türke und Moscowiter, B 6r; die traditionell lutherische Deutung (Papst und Türke) z. B. bei Jonas, Ein kleglich ansuchen, wie Anm. 152, A 3v; ähnlich Möringius, Schutz, wie Anm. 64, A 3v; vgl. WA 30 II, S. 171,8–17; 146,16–18 (kategoriale Differenz der Reiche von Gog und Magog »mit unsern Königen und Fürsten«; gerade diese schlechthinnige Andersartigkeit verbinde Türken und Papst); unter Aufnahme diverser Deutungsalternativen: Herlitz, Tractatus, wie Anm. 546, K 4rff.; Buchbach, Kurtze erinnerung, wie Anm. 322, schärft nachdrücklich ein, daß keine Türkensteuer vor Gottes Zorn schütze (C 3r) und daß nur ein kleines Häuflein der gerechten Christen die Leiden überstehen werde; Papisten und Juden werden im Endgericht vernichtet (C 4v). Exemplarisch und die zeitgenössische Diskussion rekapitulierend: Thomas Siegfried [Lipsensis], Ob der Türcke noch der vierde und letzte Monarcha sein werde. Oder ob der Türck dieses Römischen Reichs Herr und Haupt werden / und die Christen unter sein Reich und Gewalt bringen solle? Friedrich Hartman in Verlegung Paulus Brachfeld, Frankfurt/O., 1597; VD 16 S 6411f.; Ex. MF 1866 Nr. 3111, A 3v. Vgl. nur: Ernst Walter Zeeden, »… denn Daniel lügt nicht.« Daniels Prophetie über den Gang der Geschichte in der Exegese des Kirchenvaters Hieronymus und Martin Luthers. Von der Dominanz der Tradition über das Bibelwort, in: Christine Roll u. a. (Hg.), Recht und Reich im Zeitalter der Reformation, FS für Horst Rabe, 2. überarb. Aufl. Frankfurt/M. u. a. 1997, S. 357–395. Vgl. nur: Seifert, Rückzug, wie Anm. 364, S. 65ff.; Bollbuck, Geschichts- und Raummodelle, wie Anm. 549, S. 73f.; vgl. Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 52f. Der wichtigste Kritiker Bodins von lutherischer Seite war Matthäus Dresser (vgl. die Nachweise bei Seifert, a. a. O., S. 68 mit Anm. 11–13; s. oben Anm. 160); auch Siegfried, Ob der Türcke, wie Anm. 553, A 3v, berief sich auf Dressers Bodinkritik und nahm Luthers Danielvorrede wieder positiv auf; zur traditionellen Vier-Monarchien-Lehre bei den lutherischen Theologen vgl. Boenich, Historia, wie Anm. 36, B 1v; Fried[e]rich, Unterricht, wie Anm. 114, A 3rff. (der explizit an die wirkungsreiche Chronik Carion-Melanchthons anknüpft, vgl. dazu zuletzt: Gemeinhardt, Chronicon Carionis, wie Anm. 537); s. auch Löwen, Türckenbüchlein, wie Anm. 55, A 8v; Mylius, Zehen Predigten, wie Anm. 14, B 1rff.; C 5rff.; WA 30 II, S. 163,2ff.; 166,2ff.; Brenz, Türken Büchlein, wie Anm. 192, A 2v; Herlitz, Tractatus, wie Anm. 546, A 2v; D 1v. Bereits im Vorfelde des Friedensschlusses zwischen dem Kaiser und den Osmanen in Zsitvatorok (11.11.1606), der den ›langen‹ Türkenkrieg beendete und eine wichtige historisch-politische Voraussetzung für den Dreißigjährigen Krieg bilden sollte (vgl. Matschke, Das Kreuz und der Halbmond, wie Anm. 563, S. 317ff.), zugleich aber »faktisch erstmals eine Gleichwertigkeit der beiden koexistierenden Mächte« (Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, wie Anm. 6, S. 496)

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erreichte, war der Leipziger Professor Dresser mit einer Schrift hervorgetreten, in der er sich angesichts der Gefährdung des Augsburger Religionsfriedens vor allem durch die Jesuiten (vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 285ff.; 397ff.) für eine lutherische Unterstützung des kaiserlichen Friedensschlusses mit den Türken einsetzte: »Vigilemus vero & oremus Deum, ut pacem nobis concedat cum Turcis, caetera ipsi commendemus.« Matthäus Dresser, De Pace inter Christianos et Turcas Tentata: tum de bello pontificio …, Lipsiae, Michael Lantzenberger, 1604; Ex. SUB Göttingen 8 H Turc 711 (18), S. 36. Der byzantinische Historiograph Michael Kritobulos (†1468) vertrat übrigens die Lehrauffassung, daß das Reich 1453 vom byzantinischen Kaiser auf den osmanischen Sultan übergegangen sei, vgl. Andermann, Geschichtsdeutung, wie Anm. 534, S. 34. Für die protestantishe Lehre war hingegen charakteristisch, daß das Osmanische Reich nicht als eine der vier Monarchien zu zählen war, sondern innerhalb der vierten, der römischen, aufstieg, vgl. etwa CR 12, Sp. 719; s. auch oben Anm. 543f. Vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, Kap. 2, S. 29–66. In ›Zeitungen‹ wurden Nachrichten von Wundern, die den Untergang des türkischen Reiches ankündigten, verbreitet, z. B. die einer totalen Finsternis in Konstantinopel am 30.11.1542, auf die am 2.12. ein einstündiger Blut- und Wasserregen gefolgt sei, Newe zeytung / Auß Callipoli in der Türckey gelegen [Nürnberg, Johann vom Berg, Ulrich Neuber, 1543]; VD 16 N 671; Ex. MF 1552 Nr. 2586; bzw. Ex. MF 2223 Nr. 3598, A 2r/v; vgl. Abb. 24; Stephanus, Oration, wie Anm. 91, S. 36 ›rationalisiert‹ den Diskurs über den Untergang der Türken: türkische Prophetien müsse man gar nicht heranziehen, weil es »für sich selbsten klärlich am Tage ist«, daß das türkische Regiment aufgrund interner Schwierigkeiten bald kollabieren werde. Diese ›rationalistische‹ Tendenz ist mit einer apokalyptischen, vielfältige, auch türkische Prophetien verarbeitenden Perspektive verbunden bei Herlitz, Tractatus, wie Anm. 546, F 2r; F 2vff.; Georgijević erwähnt eine türkische Prophetie, derzufolge der Türke in Bälde zum Christentum übergehen werde, in: Türckische Kriegß Ordnung, wie Anm. 61, D 1r; Haselberg, Heerzug, wie Anm. 93, E 3vf. scheint die Aufrichtung eines christlichen Weltregiments und die ›Ausmerzung‹ der türkischen Religion als innergeschichtlichen Vorgang zu denken. Der 1529/30 in Straßburg aufgetretene italienische Bußprediger Venturinus kündigte das Erscheinen eines Pastor Angelicus an, dessen Vorläufer Luther sei. Dieser Pastor werde die Bekehrung (Taufe) des Türken bewerkstelligen, vgl. TAE I, S. 256,4f.; oben Anm. 416. Dies sollte aber erst geschehen, nachdem der Türke über die Christen triumphiert und Deutschland vernichtet hatte, a. a. O., S. 256,17f. Goldwurm, Prognosticon, wie Anm. 546, E 1v prophezeit unter Rekurs auf Torquatus: »Als dann [sc. nach einem militärischen Sieg der Christen] wirt mann auch sehen / wie die Türcken hefftig mit Grosser eil zum Christlichen glauben kommen werden. Es werden auch die Christen / so Christum verleugnet haben / sich wieder zu Christi sussen joch wenden / und weiden.« (E 1v). »Die Mahumetische Sect wirdt auffhören / und die Mahumetischen / Indier und Juden / werden sich häuffig zur Christlichen Tauffe begeben.« (E 3r). Lepetit, Die Türken vor Wien, wie Anm. 429, S. 394. Robert Weissenberger, Die Türken vor Wien. Europa und die Entscheidung an der Donau 1683. 82. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Ulm, Wien 21983, S. 88ff.; Im Lichte des Halbmonds, wie Anm. 152; Peter Broneck u. a. (Hg.), Der Sieg bei Wien 1683, Wien 1983, darin besonders: Jan Wimmer, Der Entsatz vor Wien, S. 99– 143; Matschke, Das Kreuz und der Halbmond, wie Anm. 563; zur Flugblattpublizistik instruktiv: Harms IV, Nr. 278–280, S. 374–377. Vgl. den Prolog im Bordbuch des Kolumbus, zit. bei Horst Gründer, Eine Geschichte der europäischen Expansion, Darmstadt 2003, S. 41; vgl. Friedemann Berger (Hg.), Christoph Columbus, Dokumente seines Lebens und seiner Reisen, 2 Bde [Sammlung Dieterich 420], Leipzig 1991, Bd. 1, S. 84–86; zum Hintergrund vgl. nur: Eberhard

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Anmerkungen zu S. 66 Schmitt, Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion Bd. 2: Die großen Entdeckungen, München 1984. Das Vordringen der Portugiesen nach Indien wurde durch die Konflikte zwischen den türkischen Osmanen und dem ägyptischen Mamlukenreich einerseits, dem persischen Großreich andererseits begünstigt, vgl. Schmitt, Bd. 4: Wirtschaft und Handel der Kolonialreiche, München 1988, S. 171f.; u. ö. Wilhelm Baum, Die Verwandlungen des Mythos vom Reich des Priesterkönigs Johannes, Klagenfurt 1999, bes. S. 273ff. (zum 15. Jahrhundert); Ulrich Knefelkamp, Die Suche nach dem Reich des Priesterkönigs Johannes, Gelsenkirchen 1986, S. 107ff. (zur portugiesischen Suche nach dem Priesterkönig); RGG4, Bd. 4, 2001, Sp. 526f.; vgl. Gründer, Geschichte, wie Anm. 560, S. 29f.; Bedini, Elefant, wie Anm. 36, S. 23ff.; Klaus Koschorke (Hg.), »Christen und Gewürze«. Konfrontation und Interaktion kolonialer und indigener Christentumsvarianten [StAEC 1], Göttingen 1998, S. 10 (Einleitung Koschorke); Verena Böll, Von der Freundschaft zur Feindschaft. Die äthiopisch-orthodoxe Kirche und die portugiesischen Jesuiten in Äthiopien, 16. und 17. Jahrhundert, a. a. O., S. 43–58, hier: 43ff.; Hiláro Franco jr., La construction d’une utopie: l’Empire de Prêtre Jean, in: Journal of Medieval History 23, 1997, S. 211–225. Zum Priesterkönig äußerte sich der führende Historiker Chytraeus gelegentlich folgendermaßen: »Maximum autem in ea Africae parte Imperium, quadraginta & amplius regna minora, complectens, tenet potentißimus Monarcha, quem incolae Belugian: nostri corrupta voce, Pretegian, vel, Priester Iohann appellant. Qui ex professo Religionem Christianam colit, & patrum nostrorum memoria, ad Sixtum IIII. & Clementem VII. legatos misit, qui de ipsius pietate & amore Religionis & Ecclesiarum, Christi doctrinam in Europa profitentium, & studio amicitiae et coniunctionis cum ipsis tuendae, prolixe testati sunt […].« Chytraeus, Oratio, wie Anm. 549, D 8r/v. Reichert, Erfahrung der Welt, wie Anm. 11, S. 172; vgl. 163; Schmitt, Dokumente Bd. 2, wie Anm. 560, S. 218ff; passim. Klaus-Peter Matschke, Das Kreuz und der Halbmond. Die Geschichte der Türkenkriege, Düsseldorf, Zürich 2004, S. 121 unter Hinweis auf gezielte ›Spionagereisen‹, bei denen schon im 13. Jahrhundert belegte Bündnisvorstellungen im 15. Jahrhundert »reaktiviert und aktualisiert« wurden. Zum Kontext dieser berühmten Formel aus dem Zusammenhang der ersten Indienfahrt Vasco da Gamas (1498) vgl. nur: Gründer, Geschichte, wie Anm. 560, S. 30f.; Klaus Koschorke – Frieder Ludwig – Mariano Delgado (Hg.), Außereuropäische Christentumsgeschichte [KThGQ VI], 2. durchgeseh. Aufl. Neukirchen 2006, Nr. 4, S. 4f. [Abdruck des Quellenstückes mit weiterführenden Hinweisen]; vgl. auch Wolfgang Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion Bd. 2: Die neue Welt, Stuttgart 1985, bes. S. 32ff. Gründer, Geschichte, wie Anm. 560, S. 8. Zum Osmanischen Reich in der Epoche Suleimans II. vgl. nur: Im Lichte des Halbmonds, wie Anm. 152, S. 63ff.; N. Jorga, Geschichte des osmanischen Reichs nach den Quellen dargestellt, II. Band, Gotha 1909, S. 366ff.; III. Band, Gotha 1910; Cemal Kafedar, The Ottomans and Europe, in: Thomas A. Brady – Heiko A. Oberman – James D. Tracy (Hg.), Handbook of European History 1400–1600, Bd. 1 und 2, Leiden 1994/1995, S. 589– 636; Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, wie Anm. 6, S. 201ff. [Lit.]; Klaus Kreiser – Christoph K. Neumann, Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2003, S. 114ff.; G. E. von Grunebaum (Hg.), Der Islam II: Die islamischen Reiche nach dem Fall von Konstantinopel [Fischer Weltgeschichte Bd. 15], 1971, Neuausgabe Frankfurt/M. 2003, S. 71ff.; Majoros, Das Osmanische Reich 1300–1922, wie Anm. 91; hinsichtlich der Herrschaft im arabischen Osten seit 1517 vgl. Barbara Keller-Heinkele, Der arabische Osten unter osmanischer Herrschaft, in: Ulrich Haarmann (Hg.), Geschichte der arabischen Welt, München 31994, S. 323–364; eine konzise Übersicht über die Tür-

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kenkriege bietet Armin Kohnle, Art. Türkenkriege, in: TRE 34, 2002, S. 181–183; von hoher Qualität ist der Ausstellungskatalog: Soliman le Magnifique, 15 Fevrier au 14 Mai 1990 Galeries Nationales du Grand Palais, Paris 1990. Zu dieser Interpretation des 10.12.1520 als Exkommunikation der Papstkirche vgl. Thomas Kaufmann, Martin Luther [bsr 2388], München 2006, bes. S. 53. Matschke, Kreuz, wie Anm. 563, S. 228. Kohler, Karl V., wie Anm. 491, S. 157. Vgl. zu den näheren Umständen der ungarischen Doppelwahl und ihrer Folgen: Kohler, Ferdinand I., wie Anm. 152, S. 167ff.; zur Verbindung Franz’ I. mit Suleiman s. auch Matschke, Kreuz, wie Anm. 563, S. 269ff.; vgl. auch: Robert Finley, Prophecy and Politics in Istanbul: Charles V., Sultan Süleyman, and the Habsburg Embassy of 1533– 1534, in: Journal of Early Modern History 2, 1998, S. 1–31. Vgl. zur politischen Struktur des Alten Reiches nur: Schmidt, Geschichte des Alten Reiches, wie Anm. 489, bes. S. 76, hier mit dem Hinweis, daß Johann von Sachsen im Kontext der Verhandlungen über die Türkenhilfe im Rahmen des Speyrer Reichstags von 1529 die Strategie verfolgte, den Religionskonflikt durch Entgegenkommen in Sachen Türkenhilfe zu entschärfen. Zum politischen System des Alten Reiches vgl. bes. a. a. O., S. 40ff.; Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806 [bsr 2399], München 22006 (zur integrierenden Bedeutung der Türkenfrage bes. S. 37; 63f.) sowie den von Schilling, Heun und Götzmann hg. Essayband zur 29. Europaratsvorstellung in Berlin und Magdeburg: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation 962 bis 1806, wie Anm. 497. Hans Joachim Kissling, Einiges über den türkischen Hintergrund zur Zeit der slowenischen Reformation, in: Rudolf Trofenik (Hg.), Geschichte, Kultur und Gesteswelt der Slowenen Bd. 1: Abhandlungen über die Slowenische Reformation, München 1968, S. 50–64, bes. 55f. Vgl. Jonas’ 1537/8 (s. Anm. 36) abgefaßte Erinnerung an die Nachricht von der türkischen Belagerung Wiens, die die Wittenberger Delegation auf dem Weg zum Marburger Religionsgespräch (vgl. TRE 22, S. 75–79) ereilte: »Ich gedencke noch wol / Anno Domini XXIX. Als ich mit Doctor Martino und Philippo Melanchthon / zwischen Gotta und Eisenach / nach Martburg fure / wie auff dem wege / eilend das geschrey und gerücht ward / und viel tapffer leute / es noch nicht gleuben wolten / das der Türcke inn Osterreich were / oder das es immer müglich sein könte / mit so grosser rüstung / sich vor Wien finden zu lassen.« Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, [Y 2r] = Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 270. Ursprung des Turkischen Reichs, wie Anm. 36, [Y 2r] = Kawerau, Briefwechsel Bd. 1, wie Anm. 36, S. 270. Vgl. etwa Petrus Sylvius in einer Erzherzog Ferdinand gewidmeten Schrift (1527): »Syntemal die newen lutherischen prediger […] thören auch ytzo sagen, wie das Ungarisch Königreych were durch den ungutigen Türcken von des wegen eröbert und verwustet, das es die lutherische lere […] nicht hette wollen annemen. Derhalben wil es nützlich und von nöten sein, das zwölff büchlein [sc. sein eigenes] […] ytzt an tag zu geben. Darynnen ich aus der unchristlichen, zwitrechtigen, auffrurischen lutherischen schrifft von anfang geprüfet […], das Luther durch solche seine yrrige […] schrifft würde sein eyn ursache des verderbnis und verwüstung nicht allein des Ungerischen Königreichs, sonder auch ein ursach […] des verderbnis der gantzen christenheit […].« Laube, Flugschriften gegen die Reformation, wie Anm. 89, Bd. 1, S. 429, 23–39. Sylvius zeigt dann im einzelnen auf, durch welche Irrlehren »Luther dem ungleubigen Türcken die christenheit zu eröbern hat gebehnet [d. i. geebnet, ermöglicht] und bereitet […].« A. a. O., S. 430,29f. Vgl. Luthers Vorrede zu der Königin Margarete von Ungarn gewidmeten Schrift Vier tröstliche Psalmen [dat. 1.11.1526], hier bes. WA 19, S. 552,6–24; vgl. 604,23ff.

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Anmerkungen zu S. 69–70

577 In seiner Schrift An den christlichen Adel (1520) setzt Luther selbstverständlich voraus, daß die mit Türkenzugsplänen verbundene Ablaßpropaganda jeder Glaubwürdigkeit entbehrte: »Wen man nw widder die Türcken streyttenn vorgibt, szo senden sie erausz botschafft, gelt zusamlen, viel mal auch ablasz herauszgeschickt, eben mit der selben farb, widder den Turcken zustreytten, meynend, die tollen Deutschen sollen unendlich todstocknarn bleyben, nur ymer gelt geben, yrem unauszsprechlichen geytz gnug thun, ob wir gleich offentlich sehen, das widder Annaten, noch ablas gelt, noch allis ander einn heller widder den Turcken, sondern altzumal in den sack, dem der poden ausz ist, kumpt […].« WA 6, S. 418,25–419,5 = LuStA 2, S. 112,10–17. Daß analoge Argumentationen aus dem Zusammenhang der Gravamina nationis Germanicae zu belegen sind (vgl. nur die Hinweise WA 6, S. 418 Anm. 1; LuStA 2, S. 111 Anm. 144 sowie Wimpfeling, in: Enea Silvio Piccolomini: Deutschland, übersetzt und bearbeitet von A. Schmidt, Köln 1962, S. 206; 223), ist bekannt. Auch Hutten setzt in seinem Vadiscus (1520) ganz selbstverständlich voraus, daß mit der Türkenabwehr begründete kuriale Geldakquisitionen nichts anderes als ein durchsichtiger Betrug sind: »et iam toties hac fictione [sc. dem Türkenkrieg] deluserunt [sc. die ›römischen Kurtisanen‹] populum Christianum, neque enim Turcas volunt impugnare cum pecuniam eo petunt nomine, sed vivere ipsi volunt et voluptate frui.« Eduard Böcking (Hg.), Ulrichs von Hutten Schriften, Vierter Band, Leipzig 1859–1861, ND Aalen 1963, S. 218,6–8. 578 Vgl. nur: Thomas Kaufmann, Luther und die reformatorische Bewegung in Deutschland, in: Albrecht Beutel (Hg.), Luther Handbuch, Tübingen 2005, S. 185–196. 579 Die Türkenhilfe rückte seit Sommer 1521, nach der osmanischen Eroberung Belgrads, in den Mittelpunkt der Reichspolitik. Der erste Nürnberger Reichstag (1522) gestand Karl V. die Verwendung der traditionellen Romzugshilfe als »eilende Hilfe gegen die Türken« (Armin Kohnle – Eike Wolgast, Reichstage der Reformationszeit, in: TRE 28, 1997, S. 457–470, hier: 459,17) zu; doch zur Auszahlung kam es erst im Kontext der Belagerung Wiens 1529, vgl. Rabe, Deutsche Geschichte, wie Anm. 489, S. 247. Die »dissimulierende Kompromißformel« (Armin Kohnle, Reichstag und Reformation [QFRG 72], Gütersloh 2001, S. 267) des ersten Speyrer Reichstages (1526), ein jeder Stand solle sich in den das Wormser Edikt betreffenden Fragen so »halten, wie ein jeder solches gegen Gott und käyserl. Majestät hoffet und vertraut zu verantworten« (zit. nach Kohnle, a. a. O., S. 269), dürfte auch als eine Folge des Insistierens Ferdinands auf der Türkenhilfe (Kohnle, a. a. O., S. 266) zu interpretieren sein. Die Reserviertheit gegenüber der Türkenhilfe betraf natürlich nicht allein die protestantischen Reichsstände; eine reichsständische Forderung bestand darin, die eigenen Leistungen an die Beteiligung der anderen europäischen Mächte zu binden, da die Türkenabwehr »eine Sache der gesamten Christenheit« (Rabe, a. a. O., S. 248) sei. Außerdem solle der Kaiser im Reich und in Europa Frieden schaffen und bewahren; erst dann wolle man ihn in Sachen Türkenkrieg unterstützen. Die 1530 »endlich bewilligte, aber immer noch an Bedingungen geknüpfte beharrliche Türkenhilfe – die einzige während der ganzen Regierungszeit Karls V. – kam erst 1542 wirklich zur Auszahlung« (Rabe, ebd.). Der äußerliche Zusammenhang von Reformation und Türkenfrage war also zunächst weniger ein finanzieller als ein politischer: Die militärische Bedrängnis, der Habsburg durch die Osmanen ausgesetzt war, begünstigte die politischen Bewegungsspielräume der protestantischen Reichsstände und beförderte damit die Etablierung der Reformation. Ein vergleichbarer außenpolitischer Begünstigungsfaktor der Reformation war natürlich das Frankreich Franz’ I. Vgl. auch: Wolfgang Steglich, Über die Reichstürkenhilfe in der Zeit Karls V., in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1, 1972, S. 1–55; Moritz Csáky, Karl V., die Türkenfrage und das Reich, in: Heinrich Lutz (Hg.), Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., München, Wien 1982, S. 223–237; zu den französisch-osmanischen Beziehungen: De Lamar Jensen, The Ottoman Turks in Sixteenth-Century French Diplomacy, in: SCJ 16, 1985, S. 451–470; zur

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Organisation des osmanischen Militärwesens im Kampf mit Habsburg umfassend: Géza David – Pál Fodor (Hg.), Ottomans, Hungarians and Habsburgs in Central Europe [The Ottoman Empire and its Heritage 20], Leiden u. a. 2000. Salomon Schweigger, Alcoranus Mahometicus, Das ist: Der Türcken Alcoran / Religion und Aberglauben … Erstlich auß der Arabischen in die Italienische: Jetzt aber Inn die Teutsch Sprach gebracht …, Nürnberg, S. Halbmeyer, 1616; Ex. HAB Wolfenbüttel 205 Th. (6), )( 2v–3r. Sein wichtigstes Argument für die Koranübersetzung ist natürlich ›schrifttheologischer‹ Natur: allein in »diesem Lesterbuch« sei »der Türcken Religion begriffen« ()( 4r); zu Schweiggers Ausgabe und seiner italienischen Vorlage s. Bobzin, Koran, wie Anm. 20, S. 268ff. Die Publikation älterer Quellen aus aktuellem Anlaß wiederholte sich übrigens im Umfeld des Türkenkrieges von 1663/4, als zahlreiche Drucke des 16. Jahrhunderts in Neuauflagen erschienen, vgl. Wrede, Das Reich und seine Feinde, wie Anm. 2, S. 33ff. Vgl. zu den Einzelheiten: Kaufmann, Das Judentum in der frühreformatorischen Publizistik, wie Anm. 316, S. 429–461; ders., Luthers »Judenschriften«, wie Anm. 89, S. 8ff. Vgl. nur: WA 6, S. 370,7ff.; 407,10ff.; vgl. Harald Goertz, Allgemeines Priestertum und ordiniertes Amt bei Luther [MThSt 46], Marburg 1997, bes. S. 99ff. zur rechtfertigungstheologischen Grundlegung. WA 6, S. 354,11f.; spätmittelalterliche Parallelen lassen sich zu der Beschreibung der Situation der Feindschaft zwischen Klerus und Laien, nicht aber zu deren reformatorischer Überwindung beibringen, vgl. unter Rekurs auf Geiler von Kaysersberg: Thomas A. Brady, »You hate us priests«. Anticlericalism, Communalismus and the Control of Women at Strasbourg in the Age of Reformation, in: Dykema – Oberman (Hg.), Anticlericalism, wie Anm. 367, S. 167–208. Vgl. zu diesem Begriff: Hamm, Von der spätmittelalterlichen reformatio zur Reformation, wie Anm. 467, bes. S. 7ff.; vgl. auch die weiteren in Anm. 467 genannten Arbeiten. Hamms Konzepte der Zentrierung und des Gradualismus weisen übrigens schlagende Übereinstimmungen mit Adolf von Harnacks dezidiert religionsgeschichtlicher Verhältnisbestimmung von Protestantismus und Katholizismus auf, vgl.: Die religionsgeschichtliche Bedeutung der Reformation Luthers (1926), zuletzt in: Kurt Nowak (Hg.), Adolf von Harnack als Zeitgenosse Teil 1: Der Theologe und Historiker, Berlin, New York 1996, S. 329–342. Hamm, Von der spätmittelalterlichen reformatio zur Reformation, wie Anm. 467, S. 77f. A. a. O., S. 78. Vgl. Heiko A. Oberman, Headwaters of the Reformation: Initia Lutheri – Initia Reformationis, in: Ders. (Hg.), Luther and the Dawn of the Modern Era. Papers for the fourth international congress of Luther research [SHCT 8], Leiden 1974, S. 40–88; ders., Reformation: Epoche oder Episode?, in: ARG 68, 1977, S. 56–111, hier bes. 73ff. So charakterisiert Hamm sich selbst in seinem Aufsatz, Von der spätmittelalterlichen reformatio zur Reformation, wie Anm. 467, S. 78. An der neuen Luther-Biographie Leppins ist meines Erachtens u. a. problematisch, daß er seinen spätmittelalterliche Frömmigkeitstheologie ›fortschreibenden‹ (vgl. Volker Leppin, Martin Luther, Darmstadt 2006, etwa S. 136, u. ö.) Protagonisten in eine Angelegenheit ›hineinschliddern‹ läßt, die ihm zügig über den Kopf wächst. Als ›Täter‹ auf der historischen Bühne der Reformation gerät Luther bei Leppin kaum in den Blick, eher als ein ›Getriebener‹. Vielleicht liegt dies daran, daß Leppins Endzeitprophet »jenseits des historisch-politischen Geschehens« (a. a. O., S. 203) steht, so daß die Situativität, die komplexe ›Verstricktheit‹, aber auch das Kalkuliert-Provokative in Luthers Agieren und das Programmatisch-Gestalterische seines Denkens kaum eine Rolle spielen. Zum historischen Kontext vgl. nur: Martin Brecht, Martin Luther. Sein Weg zur Reformation 1483–1521, Stuttgart 21983, S. 212ff. WA 1, S. 233,18f.; 534,20f.

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Anmerkungen zu S. 73–74

591 Vgl. WA 1, S. 534,22–536,5. 592 WA 1, S. 535,32f. 593 »[…] item Turcas et Tartaros aliosque infideles, quos esse flagella et virgam dei nemo nisi parum christianus ignorat.« WA 1, S. 535,33f. 594 »Licet plurimi nunc et iidem magni in ecclesia nihil aliud somnient quam bella adversus Turcam, scilicet non contra iniquitates, sed contra virgam iniquitatis bellaturi deoque repugnaturi, qui per eam virgam sese visitare dicit iniquitates nostras, eo quod nos non visitamus eas.« WA 1, S. 535,35–39. 595 Vgl. zum mentalitätsgeschichtlichem Kontext nur: Manfred Jakubowski-Tiessen, »Pestilenz macht fromm, Hungersnot macht Buben …« Erfahrung und Deutung von Katastrophen im 16. Jahrhundert, in: Evangelisches Predigerseminar (Hg.), »Gott hat noch nicht genug Wittenbergisch Bier getrunken«. Alttagsleben zur Zeit Martin Luthers [Wittenberger Sonntagsvorlesungen], Wittenberg 2001, S. 49–67. 596 WA 1, S. 619,7–12. Präzis interpretiert Mau (Luthers Stellung zu den Türken, wie Anm. 361, hier: S. 956f. Anm. 5): »Luther setzt […] den Widerstand gegen die Türken als äußere Feinde […] zunächst als selbstverständlich gegebenes Recht voraus, klammert dies dann aber durch das Gebot des totalen Widerstandsverzichts ein, um diesen doch noch ungeklärten Gedankengang schließlich mit der Problemanzeige abzubrechen: ›Sed haec materia, necessaria valde, aliud tempus et opus postulat [619,11f.].‹« 597 Mirbt – Aland, Nr. 789, S. 507; DS38, Nr. 1484, S. 492; vgl. Heinrich Roos, Die Quellen der Bulle »Exsurge Domine«, in: Johann Auer – Hermann Volk (Hg.), FS Michael Schmaus, München 1957, S. 909–926; s. oben Anm. 338ff.; vgl. Laube (Hg.), Flugschriften gegen die Reformation, wie Anm. 349, S. 114,37f.; 286,9–12. 598 WA 7, S. 91ff.; 299ff.; vgl. LuStA 2, S. 310ff. In Von den neuen Eckischen Bullen und Lügen (Okt. 1520) hatte Luther zu Ecks Vorwurf, er habe wohl dem Türken, nicht aber dem Papst gehorsam zu sein, Stellung genommen (WA 6, S. 584,8) und die Aussetzung des Türkenkrieges solange begrenzt »bisz das wir vorhyn [d. h. vor der Aufnahme des Krieges] frum werden«, WA 6, S. 584,18f. 599 WA 7, S. 140,21–29. 600 WA 7, S. 140,30–141,25; 443,5–33. 601 WA 7, S. 441,11. 602 Z. B.: »Der Bapst thut nit mehr mit seinem creutz Ablasz auszgeben und himel zusagen, denn das er der christen leben ynn tod, yhr seelen ynn die helle furet mit grossen hauffen, wie denn dem Endchrist gepurt.« WA 7, S. 443,26–28. 603 Vgl. Martin Brechts Versuch, Luther Einfluß auf die Taufanschauung der Zürcher Täufer nachzuweisen (Herkunft und Eigenart der Taufauffassung der Zürcher Täufer, in: ARG 64, 1973, S. 147–165); diese These hat freilich Widerspruch in der Täuferforschung gefunden, vgl. etwa: Hans-Jürgen Goertz, Religiöse Bewegungen in der Frühen Neuzeit [EdG 20], München 1993, S. 85. Allerdings solle man einen ›Einfluß‹ Luthers, wie er sich etwa im Begriff der »bedütnuß« (Leonhard von Muralt – Walter Schmid, Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, Bd. 1: Zürich, Zürich 21974, S. 18 = Müntzer, ed. Franz, wie Anm. 63, S. 443,9; vgl. Luthers Taufsermon von 1519, WA 2, S. 727–737, hier etwa: 727,15f. 30ff.) spiegeln könnte, nicht gegen den Karlstadts, Müntzers, Zwinglis oder auch Erasmus’ ausspielen. Entscheidend ist nur, daß man von Luthers Taufsermon des Jahres 1519 (vgl. dazu auch die Hinweise LuStA 1, S. 258ff.) zu theologischen Konsequenzen hätte kommen können, die sich in bestimmten Erscheinungen des Täufertums niedergeschlagen haben. Daß dieser potentiellen eine faktische Rezeptionsgeschichte entsprochen habe, ist damit nicht behauptet. Es geht hier lediglich um den offenen theologischen Deutungshorizont der frühreformatorischen Theologie. 604 Vgl. Thomas Kaufmann, Die Abendmahlstheologie der Straßburger Reformatoren [BHTh 81], Tübingen 1992.

Anmerkungen zu S. 74–76

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605 In diesem Sinne stimme ich Hamms These zu: »Es gab nie eine ›enggeführte‹ Reformationsbewegung, nie eine Einheitlichkeit der Reformation. Vielmehr zeigt sich gerade im Bereich der frühen Luther-Rezeption, wie sich das Gemeinsame zu höchst selbständigen Gestalten und Typen des Reformatorischen ausprägt […].« Berndt Hamm, Einheit und Vielfalt der Reformation – oder: was die Reformation zur Reformation machte, in: Ders. – Bernd Moeller – Dorothea Wendebourg, Reformations-Theorien. Ein kirchenhistorischer Disput über Einheit und Vielfalt der Reformation, Göttingen 1995, S. 57–127, hier: 123. 606 Vgl. dazu Kaufmann, Konfession und Kultur, wie Anm. 14, S. 118ff. 607 Zur Persistenz des »christianitas-Bewußtseins« in der frühen Neuzeit s. auch: Heinz Schilling, Die neue Zeit. Vom Christenheitseuropa zum Europa der Staaten. 1250 bis 1750, Berlin 1999, bes. S. 518. 608 Vgl. Kaufmann, Bekenntnis, wie Anm. 402. 609 Ähnlich der Bedeutung des 16. Jahrhunderts für die »Islamkunde« (vgl. Bobzin, Koran, wie Anm. 20, bes. S. 1ff.; vgl. zur Beschäftigung mit dem Islam in der Frühen Neuzeit‚ quasi als ›Angeld‹ auf die noch ungedruckte Münchner Habilitationsschrift [Abenteuer Islam. Zur Wahrnehmung fremder Religion im Hallenser Pietismus des 18. Jahrhunderts, 1996]: Christoph Bochinger, J. H. Callenbergs Institutum Judaicum et Muhammedicum und seine Ausstrahlung nach Osteuropa, in: Johannes Wallmann [Hg.], Halle und Osteuropa: zur europäischen Ausstrahlung des hallischen Pietismus [Hallesche Forschungen 1], Halle 1998, S. 331–348) und die Judaistik (vgl. Günter Stemberger, Art. Judaistik, in: TRE 17, 1988, S. 290–296, hier: 290), dürfte in bezug auf die disziplinengeschichtliche Rekonstruktion der Religionswissenschaft die Frage nach den frühneuzeitlichen Voraussetzungen und ›Ansätzen‹ zu stellen sein, und zwar – soweit ich sehe – intensiver, als dies zumeist geschieht (vgl. etwa Kurt Rudolph, Art. Religionswissenchaft I: Geschichte, in: RGG4, Bd. 7, 2004, Sp. 400–403; Fritz Stolz, Grundzüge der Religionswissenschaft [utb 1980], Göttingen 31988, S. 35ff.; Hans Gerhard Kippenberg, Die Entdeckung der Religionsgeschichte, München 1997, bes. S. 13ff. ; Arie L. Molendijk, The Emergence of the Science of Religion in the Netherlands [Numen Book Series. Studies in the History of Religions 105], Leiden, Boston 2005, S. 49ff. ). Für die Frage nach der Verhältnisbestimmung von Kirchen- und Religionsgeschichte dürfte dieser wissenschaftsgeschichtlichen Rekonstruktion eine nicht unwichtige heuristische Funktion zukommen. Denn in bezug auf Methoden und Forschungsinteressen dürfte das Verhältnis von Kirchen- und Religionsgeschichte kaum in der Weise prinzipiell zu bestimmen sein, daß man die geläufige (vgl. schon Adolf Harnacks Rede von 1901: Die Aufgabe der Theologischen Fakultäten und die allgemeine Religionsgeschichte. Nebst einem Nachwort, in: Reden und Aufsätze, Zweiter Band, Gießen 1904, S. 159–187; zum Diskussionszusammenhang: Ulrich Köpf, Kirchengeschichte als Religionsgeschichte des Christentums? Gedanken über Gegenstand und Aufgabe der Kirchengeschichte um 1900, in: Friedrich Wilhelm Graf – Hans Martin Müller [Hg.], Der deutsche Protestantismus um 1900 [VWGTh 9], Gütersloh 1996, S. 42–66; s. auch: Carsten Colpe, Bemerkungen zu Adolf von Harnacks Einschätzung der Disziplin »Allgemeine Religionsgeschichte«, in: NZSTh 6, 1964, S. 51–69; Hans Rollmann, Theologie und Religionsgeschichte. Zeitgenössische Stimmen zur Diskussion um die religionsgeschichtliche Methode und die Einführung religionsgeschichtlicher Lehrstühle in den theologischen Fakultäten um die Jahrhundertwende, in: ZThK 80, 1983, S. 69–84) Distinktion: Theologie – »Durchdenken der Religion ›von innen‹«; Religionswissenschaft: »Durch-

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Anmerkungen zu S. 76

denken der Religion ›von außen‹« – (Stolz, a. a. O., S. 36ff.; 39ff.) auf das Verhältnis von Kirchen- und Religionsgeschichte übertrüge. Durch die intensivere Beschäftigung mit religionsgeschichtlichen Themen im Kontext der ›kulturalistischen Wende‹ der deutschen Geschichtswissenschaft dürfte der Profilierungsdruck, dem das Fach Kirchengeschichte ausgesetzt ist (einen gewissen Eindruck davon vermittelt der von Wolfram Kinzig – Volker Leppin und Günther Wartenberg hg. Sammelband: Historiographie und Theologie. Kirchen- und Theologiegeschichte im Spannungsfeld von geschichtswissenschaftlicher Methode und theologischem Anspruch [AKThG 15], Leipzig 2004), erheblich gewachsen sein. Sich mit dem pragmatischen Hinweis, »[d]aß beide Disziplinen [sc. Kirchen- und Religionsgeschichte bzw. Theologie und Religionswissenchaft] institutionell in jeweils verschiedenen Kommunikationszusammenhängen betrieben werden« (Hubert Wolf – Jörg Seiler, Kirchen- und Religionsgeschichte, in: Michael Maurer [Hg.], Aufriß der Historischen Wissenschaften Bd. 3: Sektoren [ub 17029], Stuttgart 2004, S. 271–338, hier: 323), zu beruhigen, dürfte auf Dauer unbefriedigend sein, und zwar 1. weil die institutionelle Zukunft der Fächerdualität keineswegs ad calendas Graecas gesichert ist, 2. sich der allgemeine Deutungsanspruch wissenschaftlicher Forschung schwerlich mit partikularen Rezeptions- und Kommunikationszusammenhängen verträgt und 3. – was auch Seiler und Wolf einräumen – die Distinktion von Innen- und Außenperpektive der Forschungspraxis und dem Selbstverständnis der Kirchengeschichtswissenschaft schwerlich entspricht und ein ›subjektiver‹ Zugang zu der analysierten Religion in der Tradition etwa Harnacks (s. a. a. O., S. 168) schwerlich wissenschaftstheoretisch per se als Erkenntnishemmnis zu bezeichnen sein dürfte. Eine instruktive Dialogik von Innen- und Außenperspektive bietet – bezogen auf Gegenwartsthemen – der Sammelband: Ulrich Berner – Christoph Bochinger – Klaus Hock (Hg.), Das Christentum aus der Sicht der Anderen. Religionswissenschaftliche und missionswissenschaftliche Beiträge [Beiheft der Zeitschrift für Mission Nr. 3], Frankfurt/M. 2005; in bezug auf grundlegende religionshermeneutische Aspekte der wechselseitigen Wahrnehmung von Christentum und Islam verdienen die Publikationen des »Theologischen Forum Christentum und Islam« Aufmerksamkeit, zuletzt: Hansjörg Schmid – Andreas Renz – Jutta Sperber – Duran Terzi (Hg.), Identität durch Abgrenzung? Wechselseitige Abgrenzungen in Christentum und Islam, Regensburg 2007. Möglicherweise böte eine methodologisch in Richtung auf die Religionsgeschichte erweiterte Konzeption von Kirchengeschichte sinnvolle Ansätze für eine historiographische Zusammenschau traditionell separierter Kulturräume und lieferte anregende Impulse für »connected histories«, vgl. dazu Sanjey Subrahmanyam, Connected Histories: Notes towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia, in: Modern Asian Studies 31,3, 1997, S. 735–762; vgl. exemplarisch: Ders., Explorations in Connected History. From the Tagus to the Ganges, New Delhi 2005, S. 102ff. (zu eurasischen millenaristischen Bewegungen des 16. Jahrhunderts). 610 In bezug auf die Darstellung des Islams (»Von den Muhammedanern«) in Siegmund Jacob Baumgartens monumentaler Geschichte der Religionsparteien (hg. von Johann Salomon Semler, Halle 1766, ND Hildesheim 1966, hier: S. 366ff.; vgl. über ihn zuletzt: Albrecht Beutel, Aufklärung in Deutschland [KiG 4 Q2], Göttingen 2006, S. 245–247; Martin Schloemann, Art. Baumgarten, S. J., in: RGG4, Bd. 1, 1998, Sp. 1180f.), die auch dadurch beeindruckt, daß diese »Partey« selbstverständlich unter die sonstigen vor allem christlichen ›Religionsparteien‹ subsumiert wird, ist meines Erachtens evident, daß sie in methodischer, struktureller, aber auch inhaltlicher Hinsicht aus der Tradition der Behandlung der »türkischen Religion« in Spätmittelalter und Früher Neuzeit erwachsen ist. Baumgarten empfindet keinerlei Nötigung zur Inszenierung eines Traditionsbruchs gegenüber den älteren Autoren und rekurriert neben zeitgenössischen mit der größten Selbstverständlichkeit auf ältere Autoren wie Nikolaus von Kues, Georgijević u. a. An ei-

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nem Übergangstheologen wie Baumgarten ließen sich meines Erachtens die Kontinuitäten zum spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Türkendiskurs einerseits, zur aufklärerischen Religionshistorie andererseits aufweisen. Adrian Reland (s. oben Anm. 72) vollzieht eine explizite Distanzierung von jenen wechselseitigen konfessionellen ›Turkisierungsstrategien‹, die den Islam jeweils mit den Negativbeurteilungen des binnenchristlichen Gegners behafteten. Sein Ziel ist zweifellos, den Islam mit historisch-philosophischen Mitteln aus seinen wichtigsten literarischen Quellen heraus zu verstehen. Diejenigen Texte der älteren Türkenliteratur, die diesem Zweck dienen können, werden von ihm durchaus benutzt. Insofern steht auch Reland nicht einfach in Diskontinuität zum spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Türkendiskurs; in Kontinuität zum humanistisch-reformatorischen »ad fontes« – Prinzip stellt er sich sehr bewußt, s. De religione, in: van Amersfoort – von Asselt, wie Anm. 72, S. 169f. 611 Vgl. etwa: Richard van Dülmen, Die Entdeckung des Individuums 1500–1800 [Europäische Geschichte, Fischer Tb 60122], Frankfurt/M. 1997. 612 Instruktiv: Martin Greschat, Der christliche Anteil an Europa, in: Ders., Die christliche Mitgift Europas – Traditionen der Zukunft, Stuttgart 2000, S. 13–27. 613 »Non eget ecclesia Christi nostris mendaciis. Super petram fidei stabilitur. Non abhorret discuti et inquiri.« WA 2, S. 185, 18–20.

Zeittafel 1281–1324/26

Osman I.; Gründung des Osmanischen Reichs

1302

Sieg Osmans über die byzantinische Armee unweit von Nikomedia

1324/26–1359

Orhan, Osmans Sohn

1326

Eroberung Bursas; Ausbau zur ersten Reichshauptstadt

1331

Eroberung Nikaias

1337

Einnahme von Nikomedia; der grösste Teil Bithyniens wird osmanisch

1351

Osmanische Militärallianz mit Genua gegen Venedig

1354

Errichtung eines ersten osmanischen Stützpunktes in Europa in Gallipoli

1359–1389

Murad I.

1369

Eroberung Adrianopels/Edirnes (bis 1453 Hauptstadt des Osmanischen Reichs); Beschränkung des byzantinischen Herrschaftsgebietes auf die Stadt Konstantinopel

1371

Sieg Murads I. über die Serben

1388

Unterwerfung des bulgarischen Zaren unter Murad I.

1389

Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo); der Widerstand der christlichen Völker auf dem Balkan gegen die Osmanen wird gebrochen

1389–1402

Bayezid I.

1396

Schlacht bei Nikopolis beendet den Kreuzzug König Sigismunds von Ungarn, der der Befreiung von Byzanz dienen sollte, mit einer vernichtenden Niederlage

1402

Schlacht von Angora (Ankara); Niederlage der Osmanen gegen Timur Lenk (Tamerlan, 1336–1405), den Erneuerer des mongolischen Weltreichs; Tod Bayezids in der Gefangenschaft

1402–1413

Osmanisches Interregnum; Kampf der Söhne Bayezids um die Macht

1413–1421

Mohammed (Mehmed) I.

1418

Südalbanien zum größten Teil osmanisch erobert

1421–1451

Murad II.

1430

Einnahme von Saloniki; Westanatolien in osmanischem Besitz

242

Zeittafel

1444

Friede von Edirne zwischen Osmanen und Ungarn; zeitweiliger Rücktritt Murads; 10.11.1444 Murad schlägt Kreuzfahrerheer bei Warna; Murad wird zum zweiten Mal Sultan

1451–1481

Mohammed (Mehmed) II., der Eroberer

6.4.–29.5.1453

Belagerung und Eroberung Konstantinopels, als Instanbul fortan Hauptstadt des Osmanischen Reiches

1456

Erfolgreiche Verteidigung Belgrads durch christliches Kreuzfahrerheer

1460

Peleponnes unter osmanischer Verwaltung

1461

Trapezunt am Schwarzen Meer als letzter christlicher Vorposten fällt in die Hände der Osmanen

1463–1479

Erster Krieg zwischen Osmanen und Venedig

1475

Inbesitznahme der genuesischen Handelsniederlassung auf der Krim

1481–1512

Bayezid II.

1485–1491

Krieg zwischen Osmanen und Mamluken um Kilikien

1492

Fall Granadas, der letzten muslimischen Bastion in Andalusien

1499–1503

Zweiter Krieg zwischen Osmanen und Venedig

1511

Aufstand in Anatolien, geschürt von Safawiden

1512–1520

Selim I.

1514

Sieg der Osmanen über die Safawiden

1516/17

Osmanische Eroberung Ägyptens und Syriens, Zerstörung des Mamlukenreiches

1520–1566

Suleiman (Süleyman) I., der Grosse/der Prächtige

1521

Eroberung Belgrads

1522

Kapitulation der Johanniter auf Rhodos; osmanische Kontrolle des venezianischen und des genuesischen Handels

29./30.8.1526

Schlacht von Mohács; osmanischer Sieg über das von Ludwig II. von Ungarn und Böhmen geführte ungarische Heer; Errichtung eines vassalitischen Regimes in Ungarn unter Johann Zápolya

Sept./Okt. 1529 Osmanische Belagerung Wiens scheitert; Ausbau der osmanischen Seeflotte unter dem Korsaren Hayreddin Barbarossa, dem »König von Algier«, als Admiral des Sultans (seit 1533 Oberbefehlshaber der türkischen Seestreitkräfte) 1530

Malta und Gozo als Operationsbasis des Johanniterordens ausgebaut

1531

Unterwerfung von Tunis unter den Sultan

Zeittafel

243

1532

Nürnberger Anstand; Türkenhilfezusagen der protestantischen Reichsstände; Abwehr eines Türkenvorstoßes durch ein aus spanischen, italienischen und niederländischen Truppen verstärktes Reichsheer

1533

Friedensschluß zwischen Habsburg und dem Osmanischen Reich; Teilung Ungarns zwischen Johann Zápolya (Ost) und Ferdinand I.

1534

In der Nachfolge der Abbassidenkalifen übernimmt Suleiman die Herrschaft in Persien

1535

Eroberung von Tunis durch Karl V.

1535/36

Erster osmanisch-französischer Handelsvertrag

1538

Seeschlacht von Prevesa; Sieg der osmansichen Flotte über Venedig; Scheitern der Türkenliga Karls V., Ferdinands I., des Papsttums und Venedigs

1539

Frankfurter Anstand

1541

Tod Johann Zápolyas; Eroberung Budas und Pests; Mittelungarn wird osmanisch annektiert; Scheitern des Angriffs einer spanisch-genuesisch-neapolitanischen Flotte bei Algier

1544

Friede von Crépy zwischen Karl V. und Franz I.; Beendigung der türkisch-französischen Allianz

1547

Habsburgisch-osmanischer Friede mit Tribupflicht Ferdinands I. gegenüber dem Osmanischen Reich; schafft Voraussetzung des Schmalkaldischen Krieges Karls V. gegen die Protestanten im Reich

1566

Eroberung der Festung Sziget; Tod Suleimans während der Belagerung

1566–1574

Selim II., der Säufer

1568

Friede von Adrianopel gegen jährliche Tributzahlungen Habsburgs

7.10.1571

Seeschlacht von Lepanto, Sieg der »Heiligen Liga« (Spanien, Venedig, Papsttum) über die türkische Flotte unter dem Oberbefehl Don Juans d’Austria

1571

Osmanische Einnahme Zyperns

1574

Tunis wird endgültig osmanisch

1574–1595

Murad III.

1593–1606

Sog. »langer« osmanisch-habsburgischer Krieg, beendet durch den Vertrag von Zsitvatorok; der habsburgische Türkentribut wurde durch einmalige Zahlung abgegolten

Quellen- und Literaturverzeichnis✳1 1. Quellen Absagung des Türckischen Keysers / den König von Polen belangende, Nürnberg, Johann Petreius, 1542; VD 16 T 2192; Ex. MF 2224 Nr. 3610, andere Ausgabe: Abschrifft des Vheid brieffes so der Türckische Keyser / dem itzigen König zu Polen geschrieben hat / in Deutsch aus windischer sprach transferiert, Wolfenbüttel, Henning Rüdem, 1542; VD 16 T 2193; Ex. MF 1972 Nr. 3259. Adam, Melchior: Vitae Germanorum Theologorum, qui superiori seculo ecclesiam christi voce scriptisque propagarunt et propugnarunt …, Heidelberg, Jonas Rosa, Johann Georg Geyder, 1620. Aerts, W. J. – Kortekaas, G. A. A.: Die Apokalypse des Pseudo-Methodius. Die ältesten griechischen und lateinischen Übersetzungen [CSCO 569f / Subsidia 97], Löwen 1998. Alberus, Erasmus: Der Barfüsser Münche Eulenspiegel und Alcoran, Strassburg, Jakob Frölich, 1555; VD 16 A 1478f.; Ex. MF 200f. Nr. 413. Allen, P. S.: Opus Epistolarum Erasmi Roterdami, Bd. 1–12, Oxford 1906–1958. Amersfoort, J. van – Asselt, W. F. van: Liever Truks dan Paps? De visies van Johannes Coccejus, Gisbertus Voetius en Adrianus Relandus op de Islam [Missiologisch Onderzoek in Nederland 17], Zoetermeer 1997. Andreae, Jakob: Dreyzehen Predigen vom Türcken: In wölchen gehandelt würdt von seines Regiments Ursprung, Glauben unnd Religion …, Tübingen, Morhart, 1569; VD 16 A 2614; Ex. MF Bibl. Palat. E 543/544. Anisius, Michael: Siben katholische Predigten, bei gemeinen Prozessionen wider die Türken gehalten zu Bamberg …, München, Adam Berg, 1599; VD 16 A 2878; Ex. MF 151–153 Nr. 302. Anschleg wider die grausamen und blutdürstigen Thiraney des Türcken / Durch welchem biß her vil Christen bluts vergossen / sampt landt unnd lewten beschedigt und verderbt worden [o. O., o. Dr.], 1541; VD 16 D 168; Ex. MF 419 Nr. 808. Assus, Johannes: Türckenpredigten über den 79. Psalm …, Frankfurt, Joh. Spies, 1595; VD 16 A 3919; Ex. MF 169f. Nr. 330. Aurifaber, Johannes: Tischreden Oder Colloquia Doct. Mart: Luthers …, Eisleben, Urban Gaubisch, 1566; ND Leipzig 1967. Auszug etlicher Zeitungen / von der Türcken Kriegshandlungen vor Zigeth … 1566, Nürnberg, Valentin Geyßler [1566]; VD 16 A 4449; Ex. MF 117 Nr. 235. Auszug oder Copey eines Briefes / wie einer / so in der Turckey wonhafftig / inn Deutzsche Land / an einen Namhafftigen Herrn geschrieben / antzeigend / was das Türckisch Regiment und Wesen sey …, Wittenberg, Josef Klug, 1547; VD 16 A 4425; Ex. MF 140 Nr. 280 und [Augsburg, Ph. Ulhart, 1526?]; VD 16 A 4420; Köhler, Bibl. Bd. I, Nr. 194; Ex. MF 1329 Nr. 3472. ✳ Zitierte Quellentexte aus den Sammlungen MPL, MPG, CR, CSEL, CChr, DRTA, GCS, MGH, SC, WA mit den entsprechenden Unterabteilungen und aus sonstigen Quellensammlungen sind ins Quellenverzeichnis nicht einzeln aufgenommen; Lexikonartikel sind im Literaturverzeichnis nicht registriert.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Register Im Personenregister sind moderne Autoren kursiv gesetzt. Drucker- und Druckorte frühneuzeitlicher Drucke sind im Personen- bzw. Orts- und Länderregister verzeichnet.

1. Personen Abraham 162, 174 Abu Ma ’ shar Dijafar ben Muhammad 130 Adam, Melchior 193 Adso von Montier-en-Der 48, 195 Aegidius von Viterbo 139 Aertsen, Jan A. 200 Agricola, Johann 125 Alber, Matthäus 154 Alber[us], Erasmus 171, 182 Alciatus, Andreas 190 Alexander d. Gr. 123, 196, 227 Alexander VI. 180, 192, 220, 225 Alfragana 130 Ali Ibn al’ Abbas 130 Alphandéry, Paul 226 Alvarus von Cordoba 226 Alveld, Augustinus von 131, 187 Amsdorf, Nikolaus von 200 Andermann, Ulrich 222f., 225f., 230f. Anderson, Andrew Runni 123 Andreae, Jakob 58, 113, 115, 118f., 121, 128, 133, 136, 173, 177, 183, 190, 194, 215, 229 Andrés, Juan [Johannes Andreas Maurus] 27, 142f., 168 Andrić, Stanko 176 Angenendt, Arnold 140, 155 Anisius, Michael 177, 184f., 216 Annius, Johannes s. Nanni, Giovanni Antiochos IV. Epiphanes 82 Apian, Petrus 131 Appold, Kenneth 115 Aris, Marc Aeilko 134 Aristoteles 181 Arius (s. a. Arianer / Arianismus) 22, 82, 121, 127, 187, 190 Aslan, Reza 163 Asmus, Helmut 127

Assus, Johannes 148, 177, 183, 217, 229 Aubrius, Johannes 134, 152 Auersberg, Herbert 120 Auffarth, Christoph 120 Auneus, Tenc. 132 Aurifaber, Johannes 186 Avincenna s. Ibn Sinas Aytinger, Wolfgang 222f., 226 Bacon, Roger 18, 120 Bader, Augustin 54, 206f. Balhorn, Johann 141, 214 Barbarossa, Hayreddin 149, 228, 242 Barbers, Meinulf 209 Barbier-Mueller, Jean Paul 189 Barret, Lois Y. 201, 207 Bartholomäus von Lucca 125 Bassowitz, von (schlesischer Rat) 145 Baum, Wilhelm 111, 232 Baumgarten, Sigmund Jacob 27, 142 238 Bauschke, Martin 143 Bayezid I. 241 Bayezid II. 242 Beauvais, Vinzenz von 18 Beck, Balthasar 207 Beck, Hans-Georg 120 Bedini, Silvio A. 123, 142, 243 Beeching, Jack 180 Bell, Dean Philipp 174 Bellarmino, Roberto 170, 183 Benedikt XVI. 5, 7, 138 Benga, Daniel 117f., 229 Bennassar, Bartholomé 140, 155 Bennassar, Lucile 140, 155 Benrath, Gustav Adolf 195 Benz, Ernst 215 Berbig, Georg 202 Berg, Adam 152, 177, 185

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Register

Berg, Johann vom 213, 231 Berner, Ulrich 238 Bernhard von Clairvaux 169, 214 Beutel, Albrecht 210, 238 Biandrata, Giovanni Giorgio 190 Bibliander, Theodor 39f., 70, 114, 117– 119, 123, 132, 134, 168–170, 190, 213, 224 Biblius, Michael [Hallensis] 230 Biel, Gabriel 125 Bikhazi, Ramzi Jibram 144 Billerbeg, Franz von 144 Binder, Heinrich 229 Binder, Henrick 127 Binswanger, Karl 140, 144 Bitterli, Urs 210 Blickle, Peter 164 Bo[e]nich, Georg 122, 148f., 151, 155, 158, 165, 170, 172, 173, 227, 230 Bobzin, Hartmut 117, 127, 142, 169f., 235 Bochinger, Christoph 237f. Bodin, Jean 65, 230 Boëtius, Sebastian 141 Boettcher, Susan R. 118, 136 Bohnstedt, John W. 116, 147, 157, 198 Böll, Vera 232 Bollbuck, Harald 229f. Borgia, Caesare 174 Borgolte, Michael 111f., 140, 162, 167, 188 Borrhaus-Cellarius, Martin 201 Bosbach, Franz 180, 223 Bossert, Gustav 206 Bostick, Curtis V. 179, 195, 222 Brackfeld, Paulus 230 Brady, Thomas A. 235 Brandt, Chr. Whilhelm 134 Brant, Sebastian 62, 106, 127, 197, 223 Braude, Benjamin 144 Braudel, Fernand 155 Bräuer, Siegfried 146, 197–199 Brecht, Martin 118, 183, 191, 198f., 210, 235, 236 Bredenbach, Tilmann 188f. Bremer, Kai 186 Brendel, Jörg 175 Brennecke, Hans-Christoph 120 Brenner, Peter J. 115 Brenz, Johannes 46, 55, 94, 121, 156f., 174, 191, 196, 206, 214, 222, 227f., 230 Brigitta (von Schweden) 97, 179, 222 Brock, Peter 174

Broneck, Peter 214 Brosamer, Hans 99 Brosseder, Claudia 196 Bruce [Brussius], William 217 Brückner, Thomas 216 Brückner, Wolfgang 210 Bubenheimer, Ulrich 197f. Buchbach, Johannes 181, 230 Buchmann, Bertrard Michael 157 Bugallus, Salomon (Konvertit) 141 Burchill, Christopher J. 189f. Burckhardt, Jacob 112 Burman, Thomas E. 169 Burnett, Stephen G. 174 Büttner, Jan Ulrich 147 Caesar, Christophorus 141 Calixt II. 16, 114 Callenberg, Johann Heinrich 237 Calvin, Johannes 127, 193 Camerlander, Jakob 228 Campeggio, Lorenzo 207 Cantzler, Wolfgang 155, 159, 176, 187, 229 Capesius, Bernhard 131 Capestrano, Johannes von 175f., 214 Capito, Wolfgang F. 210 Captivus Septemcastrensis s. Georgius von Ungarn Carafa (Kardinal) 138 Cardini, Franco 112, 153, 161 196 Carion, Johannes 226–228, 230 Carozzi, Claude 195, 200, 226 Cervicornus, Eucharius 122 Chiensis s. Leonhard (Chiensis) Choi, David 134 Chrisman, Miriam Usher 182, 210 Christin, Olivier 189 Christoph (Herzog von Württemberg) 119 Chudaska, Andrea 206 Chytraeus, David 64, 113, 118, 133, 137, 144, 151, 229, 232 Ciccio, Marco Antonio Sabellcio 126 Cicero, Marcus Tullius 130, 133 Clairvaux s. Bernhard von Claivaux Claudius (röm. Kaiser) 82 Clemen, Otto 136, 193, 220 Clemens VII. 232 Cluny, Petrus von s. Petrus Venerabilis Coccejus, Johannes 113, 128, 183 Cochläus, Johannes 45, 99, 154, 183–187, 203, 218

Personen Colpe, Carsten 237 Copernicus, Nikolaus 194 Cordatus, Konrad 186 Cornelius (röm. Kaiser) 49 Coronil, Fernando 136 Cricessa (Frau des Sultans Murat III.) 152 Crouzet, Denis 130 Crusius, Martin 158, 189 Cruz, Oscar de la 120, 169 Curipetschitz s. Kuripečić Cusanus s. Kues, Nikolaus von Cyrill 97, 194 Czáky, Moritz 234 d’Austria, Don Juan 243 Dachser, Jakob 204 Damascenus s. Johannes Damascenus Danaeus, Lambert 189 Danès, Pierre 177 Daniel (Prophet) 63f., 100, 127, 139, 193, 214, 224, 226f., 230 Daniel, Norman 128, 142, 161, 166 David 40 David, Franciscus 190 David, Géza 140, 235 Davis, Robert C. 155 de Hungaria, Georius s. Georgius von Ungarn Deckers, Daniel 138 Dejung, Christoph 131, 134, 160, 208, 209 Delius, Walter 146 Delumeau, Jean 113 Denck, Hans 204 Deppermann, Klaus 188, 201, 207 Derksen, John D. 201 Dernschwam, Hans 35f., 162, 164 Deutsch, Yaacov 159 Dickerhoff, H. 129, 138 Diemling, Maria 159f. Dieter, Theodor 170 Dilbaum, Samuel 228 Dittrich, Christoph 203 Diwald, Hellmut 202 Dohrn-van Rossum, Gerhard 114 Domitian (röm. Kaiser) 82 Dormeier, Heinz 223, 225 Dracula s. Ţepeş, Vlad Dresser, Matthias [Matthäus] 148f., 152, 155, 167, 181, 216f., 227, 230f. Drübel, Eckhart zum 33, 160

281

Dülmen, Richard van 239 Dupeux, Cécile 164 Ebion 72 Eck, Johannes 184, 203, 236 Ecker, Georgius 166, 173, 187 Eckstedt, Johann 150, 159, 167, 178, 182, 217, 228f. Edwards, Mark 183 Egenolph[/ff], Christian 95, 161, 227 Egran[us], Johannes Sylvius 198 Ehmann, Johannes 124, 130, 191 Ehmer, Hermann 118 Elias 48, 195 Elisabeth (Königin von England) 190 Elliger, Walter 195, 197, 206 Elm, Kasper 175f. Elze, Theodor 119 Emmerson, Richard Kenneth 224–226 Endter, Johann A. 115 Endter, Wolfgang 191 Enustinus, Henricus 127, 132, 145, 155, 161, 166f., 171, 173f., 182 Epiphanios (von Salamis) 169 Epstein, Mark A. 133 Erasmus s. Rotterdam, Desiderius Erasmus von Ernst (Graf von Mansfeld) 198 Esch, Arnold 124 Esra 178 Eugen IV. 116 Eulogius 140 Eunomios 121 Euripides 217 Ezechiel 224 Fabri, Johann 51, 111, 185, 199, 203, 212, 217 Fabricius, Melchior 122 Fabricius, Melchior 173 Falkner, Silke 174 Fauth, Dieter 195 Fehr, Hans 155 Feil, Ernst 113, 120 Ferdinand (König von Aragon) 142 Ferdinand (röm-dt. König/Kaiser) 63, 67, 146, 154, 193, 201, 233, 234, 243 Ferrer, Vinzenz 23, 129, 138 Ferrero, Candida 120, 169 Ficino, Marsilio 129 Fidora, Alexander 143

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Register

Finley, Robert 233 Fischer-Galati, Stephen A. 214, 22 Fish, Simon 182 Fisher, John 183, 185 Flachmann, Holger 169 Flacius, Matthias (Illyricus) 191 Flaig, Egon 138 Flasch, Kurt 134 Flockius, Erasmus 123, 191, 225 Fodor, Pál 137, 235 Foglieta, Uberto 24, 132–134, 137, 152, 154, 158, 167, 176, 191 Francisco, Adam S. 192 Franck, Caspar 159 Franck, Sebastian 55, 70, 84, 96, 121, 125, 131, 134, 137, 146f., 155, 158, 160, 162, 164, 171–177, 182f., 187, 197, 207–210, 213 Francke, Johann 122, 127 Franco, Hiláro 232 Frank, Günter 200 Franke, Reinhold 220 Franz I. (König von Frankreich) 67, 233f., 243 Frid[e]rich, Chilianus 122, 137, 144, 148, 167, 171f., 174, 181, 211, 213, 225, 227–230 Fried, Johannes 195 Friedeburg, Robert von 216 Friedensburg, Walter 157 Friedrich (Kurfürst von Sachsen, gen. der Weise) 48, 184, 199 Friedrich III. (Kaiser) 180 Fritzhans, Johann 182 Froben, Hieronymus 124 Froben, Johannes 126, 139 Froschauer, Johann 222 Frundsberg, Georg [Jörg] von 177 Fugger (Handelshaus) 35 Fuhrmann, Valentin 154 Furter, Michael 106, 223 Gabriel 41 Gama, Vasco da 232 Gattinara, Mercurino 180 Gaubisch, Urban 186 Gaudeul, Jean-Marie 143 Geiler von Kaysersberg 167, 221, 235 Geldner, Ferdinand 219 Gemeinhardt, Peter 226, 240 Gemperlin, Abraham 166

Gengenbach, Pamphilius 179, 212f. Gentile, Valentino 190 Georg (Herzog von Sachsen) 185, 187 Georg von Anhalt 145 Georgijević, Bartholomäus 16f., 28, 31, 34–36, 88, 92, 114, 116f., 127, 129, 135f., 143–145, 148–150, 152, 154–157, 161–167, 173f., 177f., 211f., 217, 231, 238 Georgius von Ungarn [de Hungaria / Septemcastrensis; der Siebenbürgener] 16f., 20f., 23f., 29, 34–36, 39, 43, 55f., 62f., 70, 89, 95f., 113, 116, 122–124, 129, 131, 134, 136–139, 143f., 146, 148, 153, 155, 160–167, 170–173, 175–177, 187, 207–210, 219, 224, 255 Gerlach Stefan 189, 190, 202 Gerlach, Catharin 173, 211 Gerung, Matthias 181 Gervers, Michael 144 Geuffroy, Antoine 116, 163 Geyder, Johann Georg 193 Geyßler, Valentin 139 Giesecke, Michael 219 Giovio, Paolo 113, 123, 127, 147, 156, 167, 177, 212, 216, 219 Gleixner, Ulrike 218 Goertz, Hans-Jürgen 182, 195, 197, 236 Goertz, Harald 235 Goldmund [Guldemund], Hans 86, 91, 93, 104, 154 Goldwurm, Kaspar 227, 230, 231 Göller, Emil 220 Göllner, Carl 112, 138f., 159, 194 Gonzales-Raymond, Anita 140 Gorys, Erhard 164 Gotthard, Axel 176 Götzmann, Jutta 214, 233 Gow, Andrew C. 123 Gradeva, Rossitsa 158 Graetz, Heinrich 132 Graf, Friedrich-Wilhelm 158 Gräf, Holger Th. 112 Graff, Paul 114 Grane, Leif 211 Graus, František 123 Greschat, Martin 239 Grewering, Meinrad Maria 142 Greyerz, Kaspar von 116, 219 Gribaldi, Matteo 190 Grochowina, Nicole 210

Personen Grosse, Henning 217 Gründer, Horst 231f. Grundmann, Herbert 162, 200f. Grunebaum, G. E. von 232 Grüner, Hans 155 Gruppenbach, Georg 189 Günzburg, Eberlin von 213 Gutknecht, Jobst 179 Habermann, Johann 159 Hafenreffer, Matthias 188 Hagar 50 Hagemann, Ludwig 11, 114, 129, 134, 191 Hahn, Philipp 141 Halbmeyer, Simon 235 Hall, Matthew 161 Hamm, Berndt 209, 220f., 235, 237 Hammer-Purgstall, Joseph von 132 Hankins, James 126 Harem, Jill C. 179 Harms, Wolfgang 112 Harnack, Adolf (von) 235, 237f. Harthausen, Hartmut 220 Hartman, Friedrich 230 Haselberg, Johann 133, 137, 146, 156, 163–165, 174, 176–178, 231 Haslock, Frederik William 136 Hasse, Hans-Peter 199 Hätzer, Ludwig 188, 194, 204 Haubst, Rudolf 134 Haugk von Jüchsen, Jörg 204 Haumann, Heiko 153 Hausmann, Nikolaus 195 Heath, Michael J. 126 Heckel, Martin 176 Heduus, Io. Quintinus 117 Heerbrand, Jakob 128, 194, 215, 218 Heinrich (Herzog von BraunschweigWolffenbüttel) 182 Heinrich VIII. (König von England) 185, 187f., 203, 212 Helmrath, Johannes 111, 168 Hendrix, Scott H. 113f., 209 Henricpetri[/us], Sebastian 80, 116, 158, 163 Henricus, Nicolaus 151 Hergot, Hans 53, 206 Herlitz, David 228–231 Herodes 82 Herte, Adolf 185

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Hesshusen, Heinrich 141 Heun, Werner 214, 233 Heußler, Leonhard 144, 153 Hieronymus (Graf von Alexandria) 151 Hieronymus 65, 170, 230 Hildegard (von Bingen) 194 Hillerbrand, Hans J. 195, 199 Hilten, Johannes 48, 64,193f., 223, 227f., 230 Hock, Klaus 238 Hofer, Johannes 175 Höfert, Almut 111, 113f., 116, 120f., 132f., 136, 159, 163, 166, 180, 202, 213, 222, 229 Hoffmann, Georg 125 Hofmann, Hans-Ulrich 200 Hofmann, Melchior 117, 188f., 201, 207 Holbein, Hans d. J. 181 Holl, Karl 135 Holsten, Walter 135 Holzem, Andreas 224 Honold, Hans 123 Höpfl, Harro 152, 183 Hortleder, Friedrich 191 Hoyer, Siegfried 198 Hsia, Ronni Po-Chia 159 Hubmaier Balthasar 52f., 130, 194, 203–206, 230 Hübner, Hans 51 Hudson, Anne 179 Huebert Hecht, Linda A. 207 Hund, Johannes 189 Huntington, Samuel P. 158 Hus, Jan 48, 175 Hut, Hans 50–54, 194, 197, 202–206 Hutten, Ulrich von 126, 182f., 212, 234 Ibn Masawayhs 130 Ibn Sinas 130 Inalcik, Halil 132, 222 Innozenz III. 225 Irvin, Joyce L. 201 Isabella (Königin von Kastilien) 142 Ismael 62, 162, 222 Jakubowski-Tiessen, Manfred 236 Jancke, Gabriele 116 Jandeck, Ernst 137 Jesaja (Prophet) 73 Jesus 21, 40, 49, 82, 128, 171f., 175f., 214 Jezler, Peter 164

284

Register

Joachim von Fiore 50, 53f., 63, 139, 179, 192, 194f., 200f., 206, 212, 222, 224f. Jobin, Bernhard 87, 148 Johann (Kurfürst von Sachsen) 233 Johann Friedrich I. (Kurfürst von Sachsen) 180, 214 Johann-Ernst (Herzog von Sachsen) 124 Johannes (Mönch) 127 Johannes (Priesterkönig) 66, 232 Johannes Damascenus 18, 120, 121, 158 Johannsen, Paul 194 Jonas (Prophet) 137 Jonas, Justus 100, 121–124, 127f., 134,145f., 152, 177, 182, 192f., 196, 199, 202, 212, 217–219, 221, 225–230, 233 Jorga, N. 232 Jost, Ursula 54, 201, 207 Josua 175, 178 Jovius s. Giovio, Paolo Julius II. 195 Jurischit [Juričić], Nikolaus 146 Kafeder, Cemal 232 Kandler, Karl-Hermann 134 Karant-Nunn, Susan C. 199 Karl (der Kühne) 174 Karl (Erzherzog von Österreich) 119 Karl d. Gr. 211f. Karl V. (Kaiser) 44, 58, 97, 123f., 178, 183, 212, 216f., 233f., 243 Karlstadt, Andreas Rudolf Bodenstein von 194, 197, 236 Karpat, Kemal H. 132 Katharina (von Alexandrien) 164 Keller-Heinkele, Barbara 232 Kerdon 121 Kerinthos 82, 122 Ketton, Robert von 39, 70, 117, 169 Kinzig, Wolfram 238 Kippenberg, Hans Gerhard 237 Kirchner, Wolfgang 122 Kirn, Hans-Martin 170, 224 Kissling, Hans Joachim 111, 116, 119, 140, 176, 178, 233 Kitzinger, Martin 111, 112 Kleinlogel, Cornelia 154, 167, 174 Klinck, R. 122 Klockow, Reinhard 113f., 116, 136, 146, 161, 163, 166 Klug, Josef 123, 144, 145

Kluge, Rolf-Dieter 119 Knaust, Heinrich s. Enustinus, Henricus Kobelt-Groch, Marion 201, 207 Koch, Traugott 159 Kohl, Hans 155 Kohler, Alfred 146, 212, 233 Köhler, Manfred 123, 127f., 193 Kohnle, Armin 233f. Kolumbus, Christoph 231 Komatsu, Guido 112 Konrad, Robert 195 Konstantin (Serbe) 149 Köpf, Ulrich 237 Koschorke, Klaus 232 Krafft, Johann 136 Krantz, Albert 65 Krawietz, Werner 158 Kreiser, Klaus 112, 152, 232 Kritobulos, Michael 231 Kritzeck, James 120, 169 Kroner, Michael 153 Kruse, Jens-Martin 198 Kues, Nikolaus von 24, 113, 128, 134, 143, 151, 170, 172f., 218, 228, 238 Kuripečić, Benedikt 146f., 153, 163, 167, 175f., 178, 185, 216, 228f. Kurz, Marlene 146 Kurze, Dietrich 179, 196, 199 Lamberg, Abraham 141f. Lamberg, Joseph von 146 Langsfeld, Paul J. 196 Latomus, Jakob 45, 186 Latzenberger, Michael 132, 231 Lauterbach, Johannes 27, 70, 142 Le Coz, R. Laymon 120 LeGoff, Jacques 219 Lehfeldt, Werner 117 Lemmens, Leonhard 194 Leo X. 6, 123, 126, 142, 184 Leonhard (Chiensis) 116, 150, 158, 229 Lepetit, Mathieu 202, 231 Leppin, Volker 188, 209, 226, 235, 238 Lewenklaw, Hans 229 Lewis, Bernard 112, 143 Leypold, Paul[us] 141 Leypoldt, Paul 214 Leyser, Polycarp 189 Lichtenberger, Johannes 48, 50, 62, 102, 153, 179, 194–196, 199–201, 223 List, Günther 201

Personen Litz, Gudrun 165, 189 Lochner, Joachim 151 Lohse, Bernhard 170 Lolos, Anastasios 178 Lomas de Cantoral, Jeromino 122f., 181, 217 Loserth, Josef 146 Lotter, Michael 191 Löwen, Simson 125, 138, 155, 158, 162f., 167, 174, 180, 190f., 214, 228–230 Lucius, Jakob 229 Ludolphy, Ingetraut 184 Ludwig II. (König von Böhmen und Ungarn) 67, 202, 214, 242 Lufft, Hans 100, 102, 160f., 182, 192, 195, 227 Luther 23, 25, 30, 47, 50, 52, 57, 59, 67–69, 73, 98–100, 125f., 137, 144, 148, 151, 154, 157, 167–170, 176, 178, 183, 192f., 195f., 199f., 203, 210, 212, 214f., 217, 219, 221, 224–226, 228–230, 233, 235f. – Altgläubige Polemik gegen 6, 45, 184–188 – Ausgabe des Ricoldus 24, 38f., 55, 113, 130, 139, 164, 171f., 180, 172 – Bibelübersetzung 64, 118 – Lieder 44, 181 – Tischreden 45, 186 – und Georgius von Ungarn 35f., 39, 55f., 70, 116, 134f., 143f., 160f., 163, 165, 208 Lutterbach, Hubertus 188, 208 Lutz-Bachmann, Matthias 143 Luxemburg, Bernhard von 121, 127, 226 Lyra, Nikolaus von 170, 192, 226f. Macer, Kaspar 130, 184f., 188f., 217 Machiavelli, Niccolo 52 Major, Georg 129, 227 Majoros, Ferenc 111, 132, 232 Malettke, Klaus 222 Mallui, Grio 108 Mantran, Robert 132 Manuel II. Palaiologos 5, 138 Margarete (Königin von Ungarn) 233 Margaritha, Antonius 203 Maria 45 Märtin, Ralf-Peter 153 Martinez, José 120, 169 Mathesius, Johannes 155, 186 Matthias (König von Ungarn) 150

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Matzschke, Klaus-Peter 202, 230–233 Mau, Rudolf 139, 183, 191, 236 Maurer, Wilhelm 211 Mauritius 148 Maximilian I. (Kaiser) 62, 102, 118, 157, 160, 180, 220, 223 May, Gerhard 224 Mayer, Sebald 151 McGinn, Bernard 200, 225 Mehmed II. 146, 150, 153, 174 Mehring, Gebhard 220f. Meierpeck, Wolfgang 161, 180 Melanchthon, Philipp 22, 50, 63f., 100, 113, 123, 127f., 135, 139, 145, 157, 169, 192–194, 196f., 199, 200, 216, 218, 229f., 233 Melville, Gert 123 Menius, Justus 135 Menocal, Maria Rosa 120 Merlin 196 Merten, Dieter 111, 112 Messerschmidt, Paul 116, 173, 178, 211, 217 Metzger, Wolfgang 194 Metzinger, Udo M. 158 Meuthen, Erich 111, 130, 134, 174 Michalski, Sergiusz 189 Middelburg, Paulus von 179 Miethke, Jürgen 216 Mikat, Paul 167 Miller, Elias Lukas 229 Miller, Gregory James 116 Moeller, Bernd 212, 219f. Moffan, Nikolaus von 117, 148, 154, 158 Mohammed (Muhammad / Mehmed) I. 241 Mohammed (Muhammad / Mehmed) II. 5, 78, 112, 192, 242 Mohammed (Prophet) 19, 21–24, 27f., 31, 36, 38, 40f., 45, 47, 56, 63f., 72, 75–82, 113, 121, 127f., 135, 142f., 151, 158, 161f., 164, 166–169, 171–174, 185, 187, 209, 213, 217–219, 224–226 Mohammed (Sohn des Sultans Murad III.) 152, 163 Möhring, Hannes 178, 199–201, 212 Molendijk, Arie L. 237 Molinar, Amadeo 175 Montanus, Johannes 116 More[/us], Thomas 184 Morhart, Ulrich, 117, 173

286

Register

Möringius, Nicolaus 127, 156, 181, 191, 213, 229f. Mörlin, Joachim 148 Mose 19, 40, 59, 82, 128, 188 Müller, Andreas 118, 215 Münster, Sebastian 36, 80, 92, 151, 163, 164, 180 Müntzer, Thomas 22, 48–55, 127, 172, 194f., 197–200, 203, 206, 236 Murad I. 241 Murad II. 137, 153, 174, 241f. Murad III. 88, 132, 152, 243 Musa, Antonius 136 Musi, Agostino di 90 Mustafa (Bassa) 149 Mustafa (Sohn Suleimans II.) 117, 153, 158 Myconius, Friedrich 193 Mylius, Georg 22, 114f., 123, 125, 127f., 133, 144f., 157, 159, 167, 171f., 174, 176, 183, 185, 189f., 211, 214, 229f. Nanni, Giovanni 63, 123f., 192, 199, 225 Nero (röm. Kaiser) 82 Neser, Augustin 185, 213, 229 Nestorius (s. a. Nestorianer) 82, 127, 189 Neuber, Gerlach 151 Neuber, Ulrich 116, 151, 159, 213, 231 Neuber, Valentin 123 Neumann, Christoph K. 112, 152, 232 Neuser, Adam 46, 189f. Newelowsky, Gerhard 147 Nickel, Holger 220 Niederberger, Antje 223 Niederkorn, Jan Paul 132 Niewöhner, Friedrich 143, 200 Nikolaus V. 63, 219 225 Nikolaus von Lyra s. Lyra, Nikolaus von Noah 228 Oberman, Heiko A. 224, 235 Ockham, Wilhem von 216 Oekolampad, Johannes 184 Ohlemacher, Andreas 113, 128, 188, 194, 215, 218 Ohly, Friedrich 122 Olearius, Gottfried 141 Olearius, Johannes 141 Oporin[us], Johannes 114, 160, 168f. Orhan 241 Osiander, Andreas 116, 145, 154f., 194, 200, 210

Osiander, Lukas 19, 40f., 117f., 121, 128, 145, 158, 171–173, 187, 189, 191, 211, 228f. Osman I. 241 Özyurt, Senol 114, 157 Paleologos, Jacobus 151f. Palinodus 99 Paltz, Johannes 221 Pasa, Ibrahim 90 Pastor, Ludwig Freiherr von 114, 175, 192, 217, 219 Paul III. 182, 216, 217 Paulus (Apostel) 142 Paulus von Burgos 170 Paulus, Nikolaus 114, 220f. Pelagius 82 Pellikan, Konrad 170 Peraudi, Raimund 61, 180, 219–221 Peter, Benedikt 187 Peters, Christian 157 Petreius, Johann 145, 154, 228 Petritzsch, Ernst-Dieter 146 Petrus Venerabilis [von Cluny] 19, 22, 117, 120f., 130, 169, 171 Petrus, Nádia 120, 169 Pettegree, Andrew 161 Peucer, Caspar 196 Peuckert, Will-Erich 196f., 199f. Peypus, Friedrich 160f. Pfefferkorn, Johannes 170 Pfeffermann, Hans 112, 182, 187 Pfeiler, Hasso 120 Philipp (Landgraf von Hessen ) 188, 193 Philipp II. (Herzog von Pommern) 133f. Pi[/ü]rstinger, Berthold 196 Piccolomini, Enea Silvio s. Pius II. Pickavé, Martin 200 Pico della Mirandola, Giovanni 113 Piscatorius, Johannus (Lithopolitanus) 122, 137 Pitard, Derrick G. 179 Pius II. 7, 111, 122, 168, 213 Plathow, Michael 127 Plato 130, 181 Plinius 122 Pohlig, Matthias 148, 226, 227 Poschoskajew, Igor 140 Postel, Guillaume 26 Poulain, Jacques 138 Preuss, Hans 192, 225

Personen Prierias, Sylvester 182 [Pseudo-]Methodius von Patara 48, 50, 62, 97, 106, 178–180, 194, 196f., 199, 222f. Quentel, Peter 195 Rabe, Horst 212, 214, 234 Raeder, Siegfried 111, 118f., 128, 143, 157, 191 Raimundus Lullus 210 Ramminger, Melchior 217 Rauscher, Andreas 133 Rebstock, Barbara 201, 207 Reddig, Wolfgang E. 115, 123, 162 Redern, Melchior von 228 Reeves, Marjorie 139, 200f., 212, 222, 225 Reichert, Folker E. 114, 168, 232 Reinhard (Lollarde) 48, 97, 102, 179, 196 Reinhard, Wolfgang 219, 232 Reinkowsky, Markus 140 Reland[us], Adrian[us] 129, 239 Renz, Andreas 238 Reuchlin, Johannes 170 Reusch, Franz-Heinrich 170 Rhau[/w], Georg 94, 157, 182 Rhegius, Urbanus 49, 204 Rheten, Joachim 228 Richard s. Ricoldus Riechers, Gerd 158 Ricoldus de Monte Croce [Monte Crucis] 16, 24, 38f., 55, 70, 113, 122, 125, 130, 134, 140, 151, 153, 164, 167–174, 181–183, 192, 207, 217f., 226 Riedenauer, Markus 134 Rieger, Reinhold 210 Riesebrodt, Martin 158 Riess, Jonathan B. 192, 203, 224f. Rihel, Wendelin 123 Rill, Bernd 111, 132 Rinck, Johannes 126 Ritter, Anne-Barbara 148f. Robinson-Hammerstein, Helga 223 Rogel, Hans 108 Roggema, Barbara 128 Rohr, Johannes 196, 222 Rollmann, Hans 237 Ronsard, Pierre de 26 Roos, Heinrich 236 Roper, Lyndal 188 Rosa, Jonas 193

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Roß, Wilhelm 137 Roth, John D. 205 Rothkegel, Martin 205 Rothmann, Bernhard 208 Roting, Michael 116 Rotter, Ekkehard 120 Rotterdam, Desiderius Erasmus von 26, 68, 122, 126, 129, 131, 137–139, 151, 153, 167, 176f., 216, 228, 236 Rottmann, Johann Heinrich 59, 148, 149, 152, 155, 167, 216f., 227 Rüdem, Henning 154 Rudolph II. (Kaiser) 132, 178, 180 Rudolph, Kurt 237 Ruhe, Ernstpeter 115, 145, 149, 155 Runciman, Steven 111 Rupel, Mirko 118 Sabellius 23, 121 Sacher, Melchior d. Ä. 156 Sachs, Hans 91, 154 Sack, Siegfried 127, 191 Said, Edward W. 136 Sakas, Daniel 120 Sakrausky, Oskar 119, 215 Salomon (aus Rüremundt) 228 Salvatore, Armando 136 Samuel (Rabbi) 71 Samuel-Schneyder, Monique 185, 187 Sanga, Giovanni Battista 207 Sattler, Michael 52f., 206 Savonarola, Hieronymus 130, 222 Schäufele, Wolf-Friedrich 200 Scheible, Heinz 131, 193, 197, 199 Schelle-Wolff, Carola 206 Scherber, Peter 119 Scherer, Georg 186 Scheutz, Martin 146 Schiemer. Leonhard 194, 204 Schilling, Heinz 112, 159, 214, 230, 232f., 237 Schilling, Johannes 223 Schilling, Michael 202 Schilling, Ruth 150 Schirlentz, Nickel 100 Schlaffer, Hans 204 Schloemann, Martin 238 Schmaltz, Anastasius 45, 186 Schmid, Hansjörg 238 Schmid, Peter 220 Schmidt, Alexander 214

288 Schmidt, Georg 212, 233 Schmidt, Nickel 179 Schmidtke, Sabine 158 Schmitt, Eberhard 231f. Schmugge, Ludwig 127 Schneider-Ludorff, Gury 188 Schnell, Rüdiger 130 Schnurrer, Christian Friedrich 117 Schoen, Erhard 85f., 91, 154 Schöffer, Ivo 217, 229 Schorn-Schütte, Luise 162 Schreiner, Stefan 120 Schubert, Anselm 203, 206f. Schubert, Ernst 111, 214 Schulze, Winfried 185f., 212, 215, 222 Schumann, Valentin 99, 185 Schütz, Hieronymus 142 Schütz, Otto Friedrich 134 Schwarz, Reinhard 192, 197, 225 Schweigger, Salomon 71, 235 Schwerhoff, Gerd 121 Schwoebel, Robert 174f. Scott, Tom 197 Scribner, Robert W. 181 Scultetus, Abraham 194 Seebaß, Gottfried 197, 202–204, 206 Segesvary, Victor 128, 139, 169 Segovia, Johannes von 143 Seifert, Arno 63, 193, 201, 226, 229f. Seiler, Jörg 238 Seitz, Elisabeth 118 Seitz, Peter 154 Selcorv, Georg 226 Selge, Kurt Victor 199f., 225 Selim I. 66f., 164, 242 Selim II. 243 Selim II. 88, 150, 152 Semler, Johann Salomon 238 Septemcastrensis s. Georgius von Ungarn Sergius (Mönch) 127f. Servet[us], Michael 190 Setton, Kenneth M. 184, 222 Sickingen, Franz von 182 Siebenbürgener s. Georgius von Ungarn Sieber-Lehmann, Claudius 174 Siegfried, Thomas [Lipsensis] 230 Sigismund (Kaiser) 15, 214, 241 Silvius, Jonas 188 Simon, Jósef 190 Sina Bassa 151 Singriener, Johann 203

Register Sixtus IV. 192, 220, 225, 232 Skinner, Quentin 152 Šmahel, František 195 Smolinksky, Heribert 224 Smoller, Laura 129 Snyder, C. Arnold 207 Sommerset, Fiona 179 Southern, Richard William 174 Spalatin, Georg 201 Sperber, Jutta 238 Spies, Johannes 148 Spies, Otto 142 Spittelmeier, Ambrosius 203 Spohn, Georg R. 212 Spuler, Bertold 118 Stayer, James M. 203, 205 Steglich, Wolfgang 234 Steiner, Heinrich 84, 110, 117, 122, 146, 161 Steinhofer, Kaspar 230 Steinmann, Tobias 114f., 122, 214 Stemberger, Günter 237 Stephanus, Henricus 132, 137, 150, 152, 167, 174, 180f., 211, 214, 217, 231 Stimmer, Tobias 87 Stoer, Niklas 93 Stollberg-Rilinger, Barbara 233 Stoltz, Fritz 237 Storch, Nikolaus 199 Strauss, Walter L. 154 Stříbro, Jakoubek de 195 Strohmeyer, Arno 112 Strübind, Andrea 205 Stübner s. Thomae, Markus Sturmer, Balthasar 148f. Stürmlin, Martin 154 Subrahmanyam, Sanjey 238 Suleiman [Süleyman] I. 242 Suleiman [Süleyman] II. / der Prächtige 32, 51, 66–68, 90, 117, 123f., 132, 147, 150, 153f., 156, 158, 177, 232f., 243 Suntrup, Rudolf 209 Sybille 97, 179 Sylvanus, Johannes 190 Sylvius, Petrus 131, 184, 206, 233 Tagliacozza, Giovanni da 176 Talkenberger, Heike 179, 195 Tamerlan s. Timur Lenk Ţepeş, Vlad 153 Tertullian 133

Personen Terzi, Duran 238 Tewes, Götz-Rüdiger 220f. Thomas von Aquin 129, 216 Thomas, Markus gen. Stübner 49f., 199f. Thumser, Matthias 111, 175 Timur Lenk 153, 241 Tolan, John V. 114, 120, 169 Torquatus, Anthonius 150, 230f. Tóth, István György 215 Trebizond, Georg von 143 Triki, Fathi 138 Truber, Primus 58, 117–120, 215 Tschelebi (Derwisch) 143, 173 Türck, Bernardin 117, 155f., 174 Ulbrich, Claudia 115f. Ulhart, Philipp 117, 124, 145, 175 Ungnad von Weißenwolf, David 215 Ungnad von Weißenwolf, Hans (Freiherr von Sonnegg) 215 Utzinger, Alexander 186 Valentinus s. Lomas de Cantoral Vavassore, Giovanni Andrea 78 Veddeler, Klaus 158 Veenstra, Jan R. 209 Veit, Patrice 157, 181 Veneziano s. Musi, Agostino di Venturinus, Baptista Italus Johannes 50, 200f., 231 Vischer, Peter 132 Viterbensis, Johannes s. Nanni, Giovanni Vives, Ludovicus 125f., 162, 168 Vocelka, Karl 146 Voetius, Gisbert 142, 171, 183,192 Vogler, Günter 191, 195, 197 Volkmar, Christoph 185 Volz, Hans 192f., 226 Volz[ius], Paul[us] 138 Vondran, Rolf 117, 215 Vryonis, Speros 144 Waardenburg, Jacques 118, 143 Wachter, Georg 97, 141 Wagner, Andreas 209 Wallmann, Johannes 159 Walther, Wiebke 163

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Wappler, Paul 51, 198f., 202 Wartenberg, Günther 238 Weaver, J. Denny 203, 205 Weigel, Hans d. Ä. 154 Weigelt, Horst 208 Weismann, Christoph 117, 119 Weiß, Hans 98 Weiss, Ulman 175 Weissenberger, Robert 231 Weissenhorn, Alexander 130, 184 Weissenhorn, Samuel 130, 184 Wendebourg, Dorothea 119, 189, 202, 215 Werden, Martin von 225 Werner, Heinrich 196 Wiclif, John 48, 174, 179, 195 Wilken, Ambrosius 198–200 Williams, George Hunston 200 Williams, Stephen C. 131 Wimmer, Jan 231 Wimpfeling, Jakob 221, 234 Winkelbauer, Thomas 146 Winkler, Andreas 145 Winterhager, Wilhelm Ernst 220f. Wirth, Jean 164 Witrowski [Witrousk], Petrus 190 Wolf, Gerhard 115 Wolf, Hubert 238 Wolf, Johannes 180 Wolgast, Eike 130, 234 Wolkan, Rudolf 157 Wörli, Josias 217 Wrede, Martin 111, 114, 202, 235 Wulf, Christoph 138 Ye’or, Bat 144 Zápolya, Johann 67, 242f. Zeeden, Ernst Walter 114f., 227, 230 Zeiniger, Conrad 192, 223 Zeman, Jarold Knox 205 Zigerius, Emmerich 182 Zöberus, Hieronymus 150 Zoepfl, Friedrich 222 Zorzin, Alejandro 194, 204 Zschoch, Hellmut 204 Zwingli, Huldrych 119, 125, 135, 189f., 236

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Register

2. Orte und Länder Afrika 80, 148, 229, 232 Ägypten 64, 67, 126, 128, 164, 227, 242 Albanien 241 Alexandria 151 Algier 243 Altmark 127 Altstettin 228 Anatolien 241f. Andalusien 140, 242 Andrianopel s. Edirne Ankara 241 Antwerpen 145 – als Druckort 116, 183, 188 Arabien 118, 120f., 135, 151, 161, 164, 168, 171, 190, 211, 217, 235 Armenien 148, 229 Aserbeidschan 67 Asien 64, 66, 80, 92, 122, 227, 229 Assyrien 73, 227 Äthiopien 140, 232 Augsburg 51, 54, 123, 147, 203 – als Druckort 84, 108, 110, 117, 122, 124, 145f., 161, 175, 216f., 222, 228f. Austerlitz 206 Babylon 106, 150, 227 Balkan 140 Baltzsa 122 Bamberg 177 Basel – als Druckort 80, 92, 106, 114, 120, 124, 126f., 139, 158, 160, 163, 168–170, 213, 222, 223 Bayern 185 Belgrad 51, 68, 124, 145, 175f., 198, 216, 234, 242 Berlin – als Druckort 127 Bethlehem 32, 102, 155 Bithynien 241 Böhmen 48, 145, 199, 202, 229, 242 Bosnien 61 Brandenburg (Kurfürstentum) 117, 141, 181 Breslau – als Druckort 145 Buda (s. a. Budapest) 196, 243 Budapest 216

Burgund 117, 173, 223 Bursa 241 Byzanz s. Konstantinopel Cascha 141 Chios 116, 136, 151, 164 Cordoba 140 Crépy 243 Dalmatien 117 Debrecen 140 Derendingen 118 Deutschland (s. a. Altes Reich) 27, 48–51, 64f., 114, 133, 135, 144, 150, 185, 188, 191, 193, 196, 202, 207, 211, 213f., 221, 223, 227, 231 Dillingen – als Druckort 151 Dorpat 188f. Dresden – als Druckort 142 Dubrovnik 114 Edirne 241, 243 Eisenach 48, 64, 193, 233 Eisleben – als Druckort 186 Elbogen 175 England 182f., 190, 203, 212, 223 Erfurt 133 – als Druckort 156 Erlau 151f., 216f. Eurasien 238 Ferrara 150, 230 Florenz 130, 213 Frankenhausen 49, 203 Frankfurt/ M. 125, 221 – als Druckort 115, 127, 132, 148, 177, 227 Frankfurt/ O. – als Druckort 230 Frankreich 26, 65, 67, 111–113, 130, 163, 176f., 180, 189f., 214, 222f., 234, 243 Freiburg/ Ü. 166 Gallipoli 92, 241

Orte und Länder Genua 24, 132, 241–243 – als Druckort 225 Georgien 144, 147, 149 Görtz 145 Gotha 223 – als Druckort 191 Gozo 242 Granada 142 Griechenland 29, 64, 88, 135, 147–149, 213, 217, 227, 229, 242 Griechisch-Weissenburg s. Belgrad Großwardein 143, 228 Günzburg 203 Habsburgische Länder (s. a. Österreich; Kaiser/ kaiserlich) 67, 70, 111f., 118, 156, 212, 222f., 233f., 243 Hagenau 45, 186 Halle 141, 198, 237 Hamburg 127, 229 – als Druckort 134, 137, 229 Hanau – als Druckort 134, 151 Hatvan 139 Heidelberg 189f., 194 – als Druckort 193 Hohenlohe 148 Indien 66, 135, 231f. Ingolstadt – als Druckort 130, 184 Irak 67 Istanbul s. Konstantinopel Italien 27, 50, 63, 65, 67, 112, 141, 177, 201, 223f., 231, 235, 243 Jena 157 – als Druckort 114, 122, 214 Jerusalem 21, 59, 135, 141, 144, 157, 196, 216 Joachimstal 159, 177, 213 Kairo 67 Kaukasus 100, 122, 193 Kilikien 242 Klausenburg 151, 190 Köln 97, 121, 126, 179, 196, 199, 212 – als Druckort 80, 122, 160, 183, 192, 195, 203 Konstantiopel 29, 43, 88, 92, 108, 119, 122, 132, 141, 146f., 149f., 152, 164, 189f., 215–217, 219, 231, 241f.

291



Eroberung 1453 5, 7, 15, 25, 60, 63, 78f., 106, 116, 126, 134, 150, 156, 158, 165, 167, 213, 219, 225 – Rückeroberung 59, 192, 199, 215 Kosovo 61, 241 Krain 58, 118–120 Kroatien 58, 117, 147 Laibach s. Ljubljana Leipheim 203 Leipzig 53, 231 – als Druckort 99, 132, 141f., 179, 185, 217 Lepanto 31, 64, 87, 150, 215, 243 Libanon 67 Livland 188, 194 Ljubljana 119 Lübeck – als Druckort 141, 214 Magdeburg 141, 182 – als Druckort 122, 127, 137, 181, 191 Mainz 121 – als Druckort 217, 229 Mallorca 140 Malta 151, 228, 242 Mansfeld 49 Marburg 233 Medien 227 Medina 67 Mekka 21, 67, 165 Merseburg 136 Mohács 51, 67f., 202, 214, 242 Moldau 153 Molta 140 Mongolei 241 Moskau (Großfürstentum) 64, 188, 230 Mühlbach 17 München – als Druckort 152, 177, 185 Münster/ W. 188 Naumburg 141 Neapel 243 Niederlande 178, 189, 243 Nikaia 241 Nikolsburg 52, 203, 205 Nikomedia 241 Nikopolis 15, 111, 156, 241 Ninive 137 Nördlingen 173, 211

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Register

Nürnberg 51, 116, 123, 146, 223, 225, 234, 243 – als Druckort 53, 86, 91, 93, 97, 104, 124, 139, 141, 144f., 151, 153f., 159– 161, 173, 175, 179, 192, 213, 223, 228, 231, 235 Oberursel – als Druckort 151 Ofen (s. a. Budapest) 139, 156 Olympos 223 Orvieto 224 Österreich (s. a. Habsburg) 118, 145, 207, 229, 233 Palästina 62, 67 Paris 187 – als Druckort 160 Patara 178 Persien 67, 123, 137f., 147, 227, 232, 243 Pest (s. a. Budapest) 243 Petershagen 150 Pfalz 46, 212 Podolien 33 Polen 32, 119, 154, 190, 214 Portugal 132, 232 Prag 48–50, 125, 151, 195, 198f. Prevesa 243 Ragusa s. Dubrovnik Regensburg 130 – als Druckort 155f. Rhodos 68, 157f., 242 Rochester 183 Rom 31, 62, 133, 150, 177, 186, 192, 196, 216, 221f., 224, 227 – als Druckort 160 Rostock 64, 151, 229 Rottenburg 52 Russland (s. a. Moskau, Großfürstentum) 33 Sachsen (Kurfürstentum/ Herzogtum) 27, 141, 180, 189, 213 Saloniki 241 Samarkand 153 Samland 148 Sardinien 140 Scherman 150 Schleitheim 205 Schlesien 145

Schleusen 127 Schmalkalden 186 Schwarzes Meer 80 Schweden 135 Schweiz 206 Serbien 61, 147, 149, 241 Siebenbürgen 67, 140f., 153, 191, 214, 228 Sinai 164 Sizilien 140, 145 Slawonien 147 Slowenien 58, 117, 119, 120 Spanien 87, 97, 132, 135, 138, 149, 178, 229, 243 Speyer 214, 233f. Straßburg 50, 59, 201, 231, 236 – als Druckort 87f., 95, 116, 123, 132, 137, 148, 161, 173, 207, 211, 228 Syrien 67, 178, 242 Sziget 139, 243 Tartu s. Dorpat Thüringen 141 Trapezunt 242 Trier 121 Troja 122f. Tschernemel 119 Tübingen 58, 118, 189f. – als Druckort 117, 173 Tunis 149, 242f. Tyros 223 Ulm 46, 144, 155f. Ungarn 51, 64, 67, 117, 135, 137, 141, 143, 146–148, 150f., 153f., 160, 178, 182, 184, 202, 214–216, 229, 233, 241–243 Urach – als Druckort 119f., 160 Utrecht – als Druckort 142 Valentia 27, 142 Venedig 27, 78, 87, 90, 126, 150, 216, 241–243 Viterbo 63, 192 Vrhbosna 147 Walachei 33, 147, 153 Warna 242 Warschau – als Druckort 143 Weimar 180, 214

Orte und Länder Wien 27, 139, 145, 196 – als Druckort 203, 230 – Belagerung 1529 32, 54f., 66–69, 102, 107, 110, 154, 160, 175, 193, 202, 231, 233f., 242 Wittenberg 7, 17, 23, 47, 49, 63f., 67, 69, 99, 115, 123, 135, 146, 189, 191, 193, 199, 200, 214, 225, 227, 233 – als Druckort 80, 94, 98, 100, 102, 107, 122, 136, 144f., 154, 160f., 182, 192, 195, 227

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Wolfenbüttel – als Druckort 154 Württemberg 40, 58, 117–119, 173, 189 Zigeth s. Sziget Zilgendorf 51, 202 Zsitvatorok 230, 243 Zürich 128, 139, 189f., 236 Zwickau 48, 50, 54, 198–200 – als Druckort 180, 161 Zypern 243

3. Sachen Abbassiden 243 Abendland s. Okzident Abendmahl 53, 74, 119, 125, 138, 177, 205, 236 Aberglaube 18, 22, 137, 164, 235 Ablaß 17, 21, 68f., 73f., 114, 126, 184, 219–221, 234, 236 Absolution 20f., 56, 124 Adel 53, 58 Agareni 18, 50, 97, 120, 196, 199 Alcoran s. Koran Alexianer 179 Almosen 37, 166 alte Kirche 40, 121, 169 Altes Reich (s. a. Deutschland) 5, 26, 30, 42, 67, 69, 75f., 118 Altes Testament 28, 46, 72, 120, 143, 167, 171f. Amulett 124 Annaten 21, 234 Antichrist 20, 45, 47f., 50, 62–64, 70, 73f., 121, 124, 170, 177, 185, 192, 194f., 203f., 224–226 Antike 63 Antiklerikalismus 199 Antitrinitarismus 41f., 46, 119, 124, 151, 189–191 Apokalyptik / apokalyptisch (s. a. Endzeit / Ende der Zeiten; Jüngster Tag / Jüngstes Gericht; Parusie Christi; Vier-Monarchien-Lehre; Eschatologie; Antichrist) 27, 47f., 50–55, 62f., 65, 68, 70, 108, 123, 192f., 198, 225 Apologie / Apologetik 6, 18, 40, 115f., 135, 149, 171, 173, 177, 192, 210

Apostasie (s. a. Konversion) 20, 22, 24, 28–30, 211 Apostel 82 Arabien 18, 118, 120f., 135, 151, 161, 168, 211, 235 Arianer / arianisch / Arianismus (s. a. Arius) 20, 46, 128f., 172, 186, 189, 190 Armenianer 213 Askese / asketisch 37f., 45, 96, 156, 165, 208 Astrologie 48, 127, 196 Astronomie 23, 121, 130, 141, 150, 179, 194, 225 Atheismus 129 Aufklärung 15f., 76, 239 Augsburger Religionsfriede 43, 61, 176, 181, 222, 231 Augustiner[eremiten] 69, 139 Ave-Maria 114 Bairamfest 35, 163 Bann 44, 67, 74, 206 Bannandrohungsbulle Exsurge Domine 6, 45, 67, 73, 183, 236 Bassa 149, 151 Bauernkrieg 45, 49, 51, 53, 179, 185, 199 Begräbnis 165 Beichte 20, 220 Bekehrung s. Mission Beschneidung 21, 30, 35f., 128, 144, 148f., 152f., 162f., 190 Bibel 22, 40, 44, 52f., 62, 64, 69, 100, 107, 121, 167, 171, 204, 208, 224 Bigamie 186, 188

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Register

Bilder / Bildersturm 37, 62, 78ff., 129, 130, 143, 158, 164, 178, 186, 188f., 203 Blasphemie 19, 40, 46, 121 Böhmische Brüder 174 Briefliteratur 46, 155 Buße / Bußwesen (s. a. Ablass; Absolution) 23, 43, 45, 54f., 58, 61, 64, 68, 73f., 115, 124, 191, 204, 227f. Calvinismus s. Reformiertentum Celliten 179 Chiliasmus s. Millenarismus Christenheit s. christianitas Christentum, Wahrheit des 34, 208, 211 christianisation (s. a. Mission) 16, 56, 62, 70, 113, 177 christianitas (s. a. Einheit der Christen) 5, 15f., 25–27, 29–33, 41–44, 51, 54f., 58f., 62, 66, 69f., 113, 126, 133, 186, 233 Christologie 22, 27, 41, 45f., 49, 56f., 72, 121, 143, 169, 172f., 189, 198, 210 Chronik / Chronistik 120, 140f., 214, 226, 213 cognitio dei naturalis 204 Confession Augustana 129, 140f. Corpus Christianum 49, 70, 75, 198 Corpus Toletanum 70, 134, 169 Decretum [Gratiani] 21, 44, 73, 172, 182 Derwisch 21, 34, 124, 136, 143, 165f., 173, 208 Desakralisierung 76, 158 dhimmis 144 Disziplin 21, 24, 32f., 38, 59, 64, 132, 152, 156, 208 doctrina s. Lehre Dominikaner 23, 43, 63, 116, 121f., 129f., 166, 192, 223–225 Donatio Constantini 227 Donatisten 122 Dreieinigkeit / dreieiniger Gott s. Trinitätslehre / trinitarisch Dreißigjähriger Krieg 171, 230 Drei-Stände-Lehre 35, 58f., 162 Druckwesen 17, 53, 61, 120, 160 Ebioniten 122 Ehe 36, 45, 59, 159, 162f., 187f., 218 Einheit der Christen 6, 43f., 66 Endzeit / Ende der Zeiten 7, 48, 68, 175, 200, 207, 223, 230

Engelspapst 200f. Enthellenisierung 7 Epikuräer 187, 191 Erbfeind / Erzfeind 15, 17, 32, 44, 51f., 60, 62, 75, 111, 114, 127, 130, 154f., 180, 202, 213, 216f., 229 Erbsünde s. Sünde Erdbeben 141 Erfahrung 17f., 31, 39, 41, 43, 56, 62, 66, 115f., 117, 141, 160f., 190, 210 Eschatologie (s. a. Apokalytpik / apokalyptisch; Paradies) 21, 30, 38, 44, 47, 49f., 61ff., 140, 167, 178, 200, 217f. Ethnographie 19, 33, 159, 160 Ethos 5, 18, 20, 25f., 28, 38f., 41–44, 46, 60, 63, 113, 117, 135, 152, 159, 171, 173, 176, 187, 208f. Etymologie 20, 122–124 Eunomianer 129 Europa 6f., 15, 27, 29, 32, 44, 48, 56ff., 64, 66, 69, 75, 111, 141, 178, 192, 221, 228f. Evangelisten 82 Evangelium 19, 21, 39, 45, 52, 59, 61, 68–71, 121, 125, 135, 168, 172, 177, 183f., 203, 208, 210, 215, 221, 223, 228 experientia s. Erfahrung Experten 17, 24, 29, 39, 43, 152, 160 Fasten 35, 37, 165, 210 Fechten 153 Fegefeuer 33, 73 fides aliena 50 fides carbonaria s. Köhlerglaube fides implicita 21 Flucht 21, 29, 92, 149, 174 Flugblatt 44, 79f., 82f., 85, 87–89, 104f., 108f., 150, 171, 181, 231 Flugschrift 46, 53, 75, 154, 179, 180, 182 Frankfurter Anstand 243 Franziskaner 48, 64, 171, 176, 193f., 201 Frau (s. a. Geschlecht [gender]) 36, 38, 49, 59, 97, 139, 142, 155, 157, 163, 165, 167f., 186f., 207, 216–218, 222 Freiheit 25–27, 45, 156, 184, 217 Freitagsgebet 32, 36 Frömmigkeit / -stheologie 16, 20, 56, 71f., 113, 208f., 218, 235 frühe Neuzeit 29, 41, 136, 238

Sachen Gebet 16f., 22, 32, 35–37, 96, 114f., 154, 159, 163f., 177, 182, 187, 191, 211, 213, 227, 229 Gefangenschaft s. Sklaverei Gegenreformation 113 Geistliche 25, 28, 32, 34–36, 44, 49f., 51, 62, 71f., 97, 125, 136f., 149, 153f., 157, 159, 161f., 169, 174, 182, 199f., 206, 222f., 235 Geschlecht [gender] (s. a. Frau) 36, 59, 217f. Gesetz / Gesetzlichkeit 18, 25, 34, 38, 75, 172 Gewalt / Gewalttätigkeit 28, 31f., 44f., 47, 52, 82, 86, 89, 91, 102f., 122, 130, 156, 159, 198, 219 Gewissen 25 Glaube (s. a. Lehre) 18f., 22, 24, 28–30, 57, 113, 136, 200 Glaubensbekenntnis 57, 143 Gnosis 22, 136 Gog / Magog 48, 64, 68, 70, 107, 123, 194, 205, 227, 229f. Gottebenbildlichkeit 130 Gottesdienst 18, 21, 32, 36, 37, 45, 96, 158, 163, 176, 211, 214 Gotteslästerung s. Blasphemie Gravamina nationis Germanicae 234 Gynaikokratie 167, 217 Hagarener s. Agareni Häresiologie 18f., 22, 25, 29, 41, 120f., 128f., 136 Heiden / Heidentum / heidnisch 18f., 24, 49f., 52, 54, 59, 113, 120, 125, 128–131, 137f., 159, 167, 170, 175. 181f., 197f., 204f., 207f., 218f. Heil s. Seelenheil Heilige / Heiligenverehrung 17, 56, 96f., 115, 177, 211 Heilige Liga 217, 243 Heilige Schrift s. Bibel Heiliger Geist (s. a. Spiritualismus) 53f., 198 Heiliger Krieg s. Kreuzzug heiliger Rest 27 Heiliges Römisches Reich deutscher Nation s. Altes Reich; Deutschland Heilsgeschichte 7, 40, 49, 54f., 62ff., 193, 212, 227 Himmel 33 Hölle 33, 56, 73, 125, 236

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Humanismus / humanistisch 40, 113, 126, 223, 239 Hurufiye-Sekte 136 Hussiten (s. a. Böhmische Brüder; Taboriten) 185, 195 Idolatrie s. Bilder Ikonoklasmus s. Bilder Imam 37 imperium 75 Index librorum prohibitorum 170 Individuum / Individualisierung 76, 115, 126, 211, 239 Inquisition 140, 178 Interim 191 Irenik 213 Islamkunde 237 Ismaeliten 18, 120 Israel 19, 192 Jakobiten 213 Janitscharen 124, 132, 138, 147–150, 153f., 159, 163–166, 173, 178, 216, 278 Jesuiten 150, 160, 183, 186, 231f. Johanniter 242 Juden / jüdisch / Judentum 18, 20–22, 24, 27, 35, 40, 42, 48–52, 57, 71f., 74f., 100, 113, 123, 125, 127–133, 141, 150, 159f., 170, 172–174, 179, 183, 188, 197f., 203f., 206f., 213f., 218, 231 Jungfrauengeburt 128, 172 Jüngster Tag / Jüngstes Gericht 22, 51, 62, 64f., 106, 168, 226, 230 Kabbalah 136 Kaiser / Kaisertum (s. Habsburg) 44, 57f., 62, 67, 80, 90, 106, 124, 138, 145f., 156, 163, 177f., 180, 189, 211, 213, 216f., 223, 230f. Kammertürke 141 Kanonisches Recht s. Decretum [Gratiani] Karfreitag 185 Karpokratianer 121 Katechetik / Katechismus / katechetisch 22, 42, 47, 56f., 71, 113, 117, 145, 188, 191, 194, 210f., 215, 218 Katholische Reform 113 Katholizismus, römischer 6, 16, 17, 23, 42, 44f., 57, 62–64, 71, 111, 128–131, 135, 143, 148, 166, 187f., 208, 235

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Ketzer / Ketzerei (s. a. Häresiologie) 7, 18, 20, 22–25, 40, 46, 68, 74f., 82, 121, 124, 129f., 132, 136, 159, 165, 169, 171, 187, 205 Kharadi 163 Kirchengebäude 28, 37, 158 Kirchengeschichte 5, 238 Kirchenordnung 114f. Kirchenzucht 21, 163 Klerus s. Geistliche Kloster s. Mönchtum Knabenlese (s. a. Janitscharen) 29, 75 Köhlerglaube 21, 125 Komet 141 Konfessionalisierung 16, 113 konfessionelles Zeitalter 66ff., 76 Konfessionen / konfessionell 6, 15, 41–43, 46, 57, 74, 76, 113, 130, 138, 160, 166, 175, 211, 225, 239 Konfessionskunde 147 Konversion / Konvertiten 26–30, 36, 46, 75, 138–140, 143–145, 149f., 160, 166, 223 Konzil 43, 169, 224 Koran / koranisch 16, 18f., 21–24, 27f., 31, 33, 36, 38–41, 44, 46, 49, 55, 71, 114, 117–119, 121, 124, 128, 130, 134, 137, 142f., 151, 153, 156, 161, 164, 166–174, 187, 190, 217f., 222, 224, 235 Kreuz 34, 49, 172, 203, 213 Kreuzzug 26, 47, 49, 57, 61, 68–72, 75, 111, 126f., 139, 157, 159, 175, 181f., 184, 214, 220, 241 Krieg (s. a. Militärwesen / militärisch) 18, 21, 23, 32f., 42f., 45, 47, 52f., 57–59, 73f., 87, 98, 110, 144, 203, 211, 217, 219 Kultur 6, 15f., 25, 28–34, 42, 44, 51, 59f., 66, 75 Kultus 5, 28, 56, 143, 163 Kunst Gottes 205 Laien 34, 35, 71f., 125, 157, 161, 166, 169, 192, 235 Lateranum V. 224 Lehre (s. a. Glaube) 18–20, 25, 37f., 41f., 44, 46, 57, 61, 117, 128, 166f., 171f., 174, 177 letzte Dinge s. Eschatologie; Endzeit / Ende der Zeiten

Leviratsehe 188 lex 18, 113, 151, 171 Lieder 16f., 44, 58, 146, 157, 178, 180f., 185, 211–213, 228 linker Flügel der Reformation s. radikale Reformation Lollarden 48, 179, 196 Luthertum / lutherisch 6, 16, 22f., 27, 41f., 45f., 62, 64f., 71, 114f., 121, 129, 136, 153, 158, 166, 175f., 181, 183, 185, 194, 204, 208, 213, 231, 233 Magie 41, 124, 161, 173 Mahdi 178, 212 Mamelucken 67, 149f., 232, 242 Manichäismus 22, 121, 129 Marburger Religionsgespräch 193, 233 Maroniten 213 Martyrium / Märtyrer 29, 148, 181, 217, 222 Mauren 27, 138, 140, 142 Messe s. Abendmahl Messias / messianisch 41 Militärwesen / militärisch (s. a. Krieg) 5f., 16f., 19, 21, 24–26, 28, 32, 42f., 47, 55, 58, 60, 64, 68, 71, 73, 117, 121, 126, 137, 139, 152, 156, 159, 164, 184, 210, 227, 231 Millenarismus 48–51, 53f., 68, 238 Millet-System 144 Mission 23, 26f., 62, 143, 170f., 191, 211, 215f. Mittelalter 6, 23, 28f., 40, 61, 66ff., 76, 128, 136, 161, 167, 172, 188, 199, 238 Mönchtum (s. a. Dominikarer; Franziskaner; Augustiner) 25, 37, 51, 58, 71, 96, 119, 127, 137, 149, 154, 164, 166, 180, 186, 208, 213 Monotheismus 28 Morisken 140, 142 Moschee 28, 32, 35–37, 108, 138, 154, 164, 165 Muezzin s. Geistliche Muselman 18, 36, 163 Mushaf 161 Mystik / mystisch 49, 52, 137, 192 Naherwartung s. Parusie Christi Nation (deutsche, christliche) 15, 44, 58, 75, 131, 133, 138f., 177, 180, 213f., 221, 228 Naturrecht 219

Sachen Nestorianer / Nestorianismus (s. a. Nestorius) 128 Neues Testament 28, 171f. Nikodemiten 28, 175 Nürnberger Anstand 243 Offenbarung 21, 49, 51–53, 62, 173, 204, 207 Ökonomie 15, 66 Okzident 5–7, 16, 20, 26, 32f. Ordenswesen s. Mönchtum Orientalismus 6, 25, 136 Origenisten 122 Osmanisches Reich (als politisch-militärisches Gebilde) 15, 24, 26, 28, 31f., 46, 55, 59, 63, 66f., 88, 112, 132, 137, 141, 152, 178, 185, 222, 229 Ostern 35 Päderastie 167 Papisten s. Katholizismus, römischer Papsttum 7, 16, 26, 42f., 45, 48, 63f., 68f., 71f., 87, 90, 108, 112, 116, 131, 150, 162, 168, 175, 177f., 180–185, 192, 195, 201f., 206, 209, 212f., 215, 217f., 220f., 233, 236 Paradies 27, 142f., 167, 218 Parusie Christi 48, 55, 62, 64, 108, 193, 206, 216 Passah 35 Pastor Angelicus (s. a. Engelspapst) 60, 201, 231 Pazifismus 52f., 206, 211 Pest 73 Pfaffen s. Geistliche Philippisten 189 Philosophie 7, 23, 38, 40, 130, 168, 219 Pilger 165 Politik 6, 15f., 57, 60, 62, 66, 70, 121, 152 Polygamie 26f., 36, 45, 59, 142, 166f., 182, 187, 188 Prädestination 24, 156 Predigt 16f., 28, 36, 42, 75, 114, 118, 130, 153, 157, 159, 176f., 183, 185, 223, 224 Priester s. Geistliche Priestertum aller Gläubigen 71, 74 Prognostik (s. a. Zeichen) 123, 194, 196, 223, 227 Propaganda 6, 45, 70, 212 Prophetie / prophetisch 30, 40f., 48–51, 54, 58, 61, 64, 68, 82, 97, 108, 178f.,

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183, 192, 194, 196, 198, 200, 205, 207, 212, 221f., 224–228, 230f. Protestantismus / Protestanten 6, 21, 40–42, 44–46, 61–63, 70f., 115, 119, 128–130, 183, 185, 213, 215, 222, 235 Prozession 21 Publizistik 5, 28, 42, 57, 71f., 116, 202 radikale Reformation 6, 23, 47–55, 68, 74, 201, 208, 209 Rationalität s. Vernunft Rechtfertigung 41 Reconquista 66, 142 Reformation 6, 16, 43f., 55, 61f., 66–69, 76, 180, 199, 201, 223 Reformiertentum 6, 42, 46, 119, 189f., 204 Reichsregiment 6, 115 Reichstag 58, 70, 134, 139, 214, 220, 222, 233f., 243 Reisebericht / -literatur 17, 21, 33, 41, 55, 115f., 121, 160, 162, 168 Religionsfreiheit s. Freiheit Religionsgespräch 28, 118, 128, 142, 143 Religionskrieg s. Krieg Religionskultur s. Kultur Religionswissenschaft / Religionsgeschichte / Religionskunde 19, 76, 160, 235, 237f. Renegaten s. Apostasie; Konversion Revolution (s. a. Veränderung) 194 Ritus 28, 34f., 55, 75, 135 Sacco di Roma 177 sacerdotium 75 Safawiden 66, 242 Sakrament / sakramental 21, 33, 49, 54, 56, 57 Säkularisierung 57 Sarazenen 18, 20, 38, 57, 63, 120, 124, 130, 132, 140, 153, 168f., 172, 194, 225 Satan s. Teufel Schiiten 67 Schleier 36, 161, 218 Schmalkaldischer Krieg 243 Scholastik 182 Schöpfung[sordnung] 49, 59, 65, 187, 204, 218, 228 Schwärmer / Schwarmgeister (s. a. radikale Reformation) 22, 183

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Register

secta / Sekte 18, 20, 23, 26, 29, 33, 34, 113, 124, 129f., 132, 136f., 146, 168, 177, 184, 191, 203, 208 Seelenheil 30, 37f., 46, 50, 56, 68–70, 135, 145, 166, 168, 172 Selbstmord 29 Seligkeit s. Seelenheil semi-docti s. Laie Sexualität 41, 45, 130, 139, 155, 166, 174, 176, 187, 218 Simonie 43, 175 Sitten s. Ethos Sklave / Sklaverei 21, 28f., 32, 59, 75, 85, 88, 92, 115, 140, 142, 144–146, 149, 152, 155–157, 161, 167, 174, 210, 215f., 218 Skyten 122, 123 Sozinianer 42 Spiritualismus 49, 131, 137, 177, 208, 209 Stiftung 37, 165 Sufi 21, 136 Suizid s. Selbstmord Sultan / Sultanat 31f., 46, 63, 67, 90, 95, 112, 117f., 132f., 141, 144, 147, 150– 154, 164, 167, 174, 213, 231 Sünde 21, 23, 37, 43, 56, 58, 61, 69, 74, 115, 150, 175, 178 Sündflut 228 Sunniten 67 Taboriten 182, 195 Talisman 124, 161 Talmud 21, 170, 172 Tartaren 73, 122f., 229, 236 Taufe 49–54, 72, 74, 141f., 148, 150, 200, 202, 205f. Täufertum / täuferisch (s. a. radikale Reformation) 51f., 54, 166, 188, 202, 206–208, 211, 236 Teufel 20–23, 25, 27, 31f., 37f., 40, 42, 60, 63, 68, 71, 75, 96, 113, 121, 125, 128, 132, 137–139, 142, 151f., 170, 173f., 177, 182f., 185, 198, 208, 214, 220, 225 Toleranz 134, 144 Tribut 28 Trinitätslehre / trinitarisch 22, 28f., 41, 46, 56, 124, 142, 152, 171, 173, 205

Türkenexperten s. Experten Türkenglocke 16, 114, 115 Türkenkalender 219f. Türkenkrieg s. Krieg; Kreuzzug Türkenlieder s. Lieder Türkensteuer 44, 177, 180, 182, 185, 213f., 230 türkischer Kaiser s. Sultan / Sultanat Turkisierung 6, 16, 42–55, 64, 209 Tyrannei / tyrannisch 18f., 27, 31, 57, 59, 73, 114, 122, 124, 130, 133, 139, 144, 153, 155, 177, 180, 186, 191, 207, 213, 216–218, 229 Utopie 213 Vater unser 57, 198 Veränderung 47, 49f., 54f., 75, 194, 201, 207, 209 Vernunft (s. a. Philosophie) 7, 23, 27f., 36, 38f., 59, 130, 170, 211, 218 Vielweiberei s. Polygamie Vier-Monarchien-Lehre 63–65, 214, 227, 230f. Vorsehung s. Prädestination Wallfahrt 37 Waschung 21, 37, 164 Wesir 90, 149 Westfälischer Friede 176 Wetterläuten 115 Widerstand / -srecht 28, 57, 181, 185, 216, 218 Wort Gottes (s. a. Evangelium) 69, 127, 177f., 193, 195, 215 Wunder s. Zeichen Zehn Gebote 57 Zehnt 148 Zeichen (s. a. Prognostik) 141f., 179, 231 Zeitung 17, 41, 132, 139, 141, 147, 149, 150, 152, 154f., 167, 177, 180, 182, 190, 202, 214, 217, 219, 231 Zeremonien 25, 37, 54, 134f., 186, 210 Zigeuner 150 Zwinglianismus s. Reformiertentum

Bibelstellen

4. Bibelstellen Gen 1,28 49 Gen 12,3 174 Gen 38,8 188 Dtn 25,5–10 188 Ruth 4,5 188 Ps 57,11 182 Jes 10,5 73 Ez 38f. 48, 63, 123, 127, 181, 205, 207, 229, 230 Ez 38,22 230 Ez 39 230 Dan 47 Dan 2 227 Dan 3 82 Dan 7 192, 194, 229, 230 Dan 7,2–8 100, 193 Dan 7,8ff. 192, 193 Dan 7,8.24f. 227 Dan 7,8.25 63 Dan 7,23–25 226 Dan 7,25 139 Dan 7,26 63 Dan 11 226 Dan 11,2–45 226 Dan 12,1–3 226 Joel 4 207

4. Esra 12,13–34 207 Mt 2,16–18 102 Mt 5,38ff. 206 Mt 10,16 153 Mt 22,24 188 Mt 22,30 38 Lk 22,30 38 Apg 9 82 Apg 10,44–47 49 Apg 13,11 20 1 Kor 5,12 133 2 Kor 11,14 166, 192 Eph 4,3–5 200 2 Thess 2,4 226 Apk 12,3ff. 225 Apk 13 222, 224 Apk 13,1 192 Apk 13,18 225 Apk 13,20 230 Apk 14 228 Apk 17 106 Apk 19,20 192 Apk 20 48, 205 Apk 20,7ff. 107 Apk 20,8 123, 230

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»Das Osmanische Reich 1326–1683«, aus: Putzger Historischer Weltatlas © 2001 Cornelsen Verlag, Berlin Best.-Nr. 1784.

Texte zur Geschichte des Pietismus Gustav-Adolf Benrath (Hg.)

Dietrich Meyer (Hg.)

Gerhard Tersteegen: Briefe

Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Katechismen

Unter Mitarbeit von Ulrich Bister und Klaus vom Orde. Texte zur Geschichte des Pietismus Abt. V: Tersteegen, Band 7. 2008. 1268 Seiten mit 2 Abb. in 2 Bänden mit 663 und 605 Seiten, Leinen ISBN 978-3-525-55339-8

Die Briefe des evangelischen Laienpredigers Teerstegen (1697–1769), Zeugnisse einer gewissenhaften Briefseelsorge, sind nicht nur von religiösem, sondern auch von zeit- und kulturgeschichtlichem Interesse. Diese von namhaften Wissenschaftlern kommentierte Ausgabe der 750 vergriffenen und teilweise unveröffentlichten Briefe in zwei Bänden enthält zahlreiche Biogramme, eine Bibliographie der verwendeten Ausgaben und Sekundärliteratur sowie Register über Bibelstellen, Personen und Orte.

Ulrike Gleixner (Hg.)

Beate Hahn Paulus Die Talheimer Wochenbücher 1817–1829 Unter Mitarbeit von Hans Bergemann und Michael Kannenberg. Texte zur Geschichte des Pietismus Abt. VIII Einzelgestalten und Sondergruppen, Band 5. 2007. 352 Seiten mit 4 Abb., Leinen ISBN 978-3-525-55853-9

Das Tagebuch der Pietistin Beate Hahn Paulus gewährt in selten offener Weise Einsicht in den Ehekonflikt eines Pfarrpaares, in den dörflichen Alltag, dörfliche Kreditsysteme, in die Ökonomie eines Pfarrhauses und in die bürgerlichen Verwandtschaftsstrukturen.

Band 1 Texte zur Geschichte des Pietismus Abt. IV: Zinzendorf von, Band 6,1. 2008. XXXIII, 581 Seiten mit 6 Abbildungen und einigen Tabellen, Leinen ISBN 978-3-525-55854-6

Der Band bildet den Auftakt zu einer kommentierten Edition der Werke des Gründers der Brüdergemeine, Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700– 1760). Der erste Band versammelt vier Katechismen aus verschiedenen Lebensphasen des Grafen: Herrnhut (1723/25), Wetterau (1740/1742) und Pennsylvanien (1742). Die Katechismen sind so angelegt, dass die von Zinzendorf formulierten Fragen jeweils durch ein Bibelzitat beantwortet werden. Sie haben nur das eine Ziel: zur Bibel hinzuführen und Kernsätze in Herz und Leben der Gemeinde zu verankern. Ergänzt werden die Katechismen um die Konfirmationsfragen der ersten Herrnhuter Konfirmation. Sie zeigen, welch hohen geistlichen Anspruch die Konfirmation an die Kinder damals stellte. In Vorbereitung: Dietrich Meyer (Hg.) Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Missionarisch-Katechetische Schriften und Reden Band 2 Texte zur Geschichte des Pietismus Abt. IV: Zinzendorf von, Band 6,2. ISBN 978-3-525-55855-3

Texte zur Geschichte des Pietismus Band 53: Marcus Meier

Band 48: Hans Schneider

Die Schwarzenauer Neutäufer

Der fremde Arndt

Genese einer Gemeindebildung zwischen Pietismus und Täufertum 2008. 304 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55834-8

Studien zu Leben, Werk und Wirkung Johann Arndts (1555–1621) 2006. 288 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55833-1

Band 52: Michael Kannenberg

Band 47: Martin Brecht / Paul Peucker (Hg.)

Verschleierte Uhrtafeln Endzeiterwartungen im württembergischen Pietismus zwischen 1818 und 1848 2007. 416 Seiten mit 8 Tab., gebunden ISBN 978-3-525-55838-6

Neue Aspekte der ZinzendorfForschung

Band 51: Otto Teigeler

Band 46: Isabelle Noth

Die Herrnhuter in Russland Ziel, Umfang und Ertrag ihrer Aktivitäten 2006. 726 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55837-9

Band 50: Claudia Tietz

2006. 294 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55832-4

Ekstatischer Pietismus Die Inspirationsgemeinden und ihre Prophetin Ursula Meyer (1682–1743) 2005. 382 Seiten mit 3 Abb. und 2 Karten, gebunden ISBN 978-3-525-55831-7

Johann Winckler (1642–1705)

Band 45: Ruth Albrecht

Anfänge eines lutherischen Pietisten 2008. 407 Seiten mit 18 Abb., gebunden ISBN 978-3-525-55836-2

Johanna Eleonora Petersen

Band 49: Konstanze Grutschnig-Kieser

Theologische Schriftstellerin des frühen Pietismus 2005. 432 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55830-0

Der »Geistliche Würtz= Kräuter= und Blumen=Garten« des Christoph Schütz

Band 44: Alfred Messerli / Adolf Muschg (Hg.)

Ein radikalpietistisches »UNIVERSALGesang=Buch« 2006. 346 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55835-5

Schreibsucht Autobiographische Schriften des Pietisten Ulrich Bräker (1735–1798) 2004. 200 Seiten mit 6 Abb., gebunden ISBN 978-3-525-55829-4