Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge: Band 6 Grab-, Sarg-, Bau und Votivinschriften 9783641219925


207 59 25MB

German Pages 452 [478] Year 2011

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Abkürzungen
I. Texte aus Mesopotamien
II. Texte der Hethiter
III. Texte aus Syrien
IV. Texte aus Ägypten
V. Texte aus Iran
VI. Phönizische und hebräische Texte
VII. Sam'alische und aramäische Texte
VIII. Sabäische Texte
IX. Griechische Texte aus Ägypten
Zeittafeln
Recommend Papers

Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge: Band 6 Grab-, Sarg-, Bau und Votivinschriften
 9783641219925

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge

Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge

Begründet von Otto Kaiser Herausgegeben von Bernd Janowski und Daniel Schwemer in Verbindung mit Karl Hecker, Andrea Jördens, Jörg Klinger, Heidemarie Koch, Ingo Kottsieper, Matthias Müller, Norbert Nebes, Hans Neumann und Herbert Niehr Redaktion: Annette Krüger, Tübingen

Gütersloher Verlagshaus

Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge Band 6

Grab-, Sarg-, Bau- und Votivinschriften Daniel Arpagaus, Burkhard Backes, Angelika Berlejung, Louise Gestermann, Karl Hecker, Hanna Jenni, Andrea Jördens, Jörg Klinger, Heidemarie Koch, Ingo Kottsieper, Steven Lundström, Matthias Müller, Walter W. Müller, Anne Multhoff, Norbert Nebes, Hans Neumann, Herbert Niehr, Susanne Paulus, Carsten Peust, Daniel Schwemer, Peter Stein, Günter Vittmann, Annick Wüthrich

Gütersloher Verlagshaus

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Copyright © 2011 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen. Umschlaggestaltung: Init GmbH, Bielefeld ISBN 978-3-641-21992-5 www.gtvh.de

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX I.

Texte aus Mesopotamien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Sumerische Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Neumann 1. Inschriften des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr. . . . . . . . . 1.1 Präsargonische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Weihinschrift der Akalam, Gemahlin des Fürsten Abzukidu von Nippur . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Weihinschrift eines Kaufmanns für das Leben der Königsfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Bauinschrift des Lugal-KISAL-si, des Königs von Uruk und Ur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Weihinschrift der Bara’irnun, der Gemahlin des Königs ˆ isˇakidu von Umma . . . . . . . . . . . . . . . . . G 1.2 Akkade-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Inschrift der Enhedu’ana, der Tochter des Königs Sargon ˘. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Weihinschrift eines Schreibers des Enlil-Tempels in Nippur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Zeit der II. Dynastie von Lagasˇ und der V. Dynastie von Uruk . 1.3.1 Bauinschrift des Fürsten Gudea von Lagasˇ . . . . . . . 1.3.2 Weihung für das Leben des Gudea . . . . . . . . . . . 1.3.3 Inschrift des Utuhegˆal, des Königs von Uruk . . . . . ˘ 1.4 Zeit der III. Dynastie von Ur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Bauinschrift des Königs Ur-Namma . . . . . . . . . . 1.4.2 Bauinschrift des Königs Sˇulgi . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Weihinschrift des Königs Amar-Su’ena . . . . . . . . 1.4.4 Bauinschrift des Großwesirs Urdu-Nanna . . . . . . . 1.4.5 Weihinschrift des Königs Ibbi-Sîn . . . . . . . . . . . 1.4.6 Weihinschrift des Priesters Ur-Ningˆirsu . . . . . . . . 1.4.7 Weihung für das Leben des Ibbi-Sîn . . . . . . . . . . 1.5 Altbabylonische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Bauinschrift des Königs Lipit-Esˇtar von Isin . . . . . 1.5.2 Bauinschrift des Königs Sîn-ka¯sˇid von Uruk . . . . . 1.5.3 Bauinschrift der En-Priesterin En’anedu . . . . . . .

1 2 2 2 2 3 4 5 5 6 7 7 7 8 9 9 10 10 11 12 13 13 14 14 14 15

V

Inhalt

2. Inschriften des ausgehenden 2. und der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Susanne Paulus 2.1 Kassitenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Bauinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1 Ziegelinschrift des Kara-indasˇ . . . . . . . . . . 2.1.1.2 Ziegelinschrift Kurigalzus I. . . . . . . . . . . . 2.1.1.3 Ziegelinschrift des Adad-sˇuma-usur . . . . . . . 2.1.2 Weihinschriften . . . . . . . . .˙ . . . . . . . . . 2.1.2.1 Lapislazuliblock des Kadasˇman-Turgu . . . . . . 2.1.2.2 Hundestatue des Ninurta-re¯su¯sˇu . . . . . . . . . 2.2 Isin II- und frühneubabylonische Zeit˙ . . . . . . . . . . . 2.2.1 Türsockel mit Bau- und Weihinschrift des Mardukna¯din-ahhe¯ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ˘˘ 2.2.2 Ziegelinschrift des Marduk-apla-iddina II. . . . . Akkadische Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Hecker 1. Kudur-Mabug, der Beduinenscheich . . . . . . . . . 2. Tukultı¯-Ninurta I. als Stadtgründer . . . . . . . . . 3. Tukultı¯-Ninurta I. beim Gebet . . . . . . . . . . . . 4. Die Stele der Sammu-ra¯mat . . . . . . . . . . . . . 5. Asarhaddon erneuert Götterbilder . . . . . . . . . . 6. Assurbanipal baut in Babylon . . . . . . . . . . . . 7. Inschrift des Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n aus Borsippa . . . . 8. Der wiedergefundene Sonnengott . . . . . . . . . . 9. Nebukadnezar II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ziegel und Pflastersteine . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einsetzung einer Priesterin durch Nabonid . . . . . 12. Weihgaben für Marduk . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Ein Thron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Ein Szepter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Private Weihinschriften . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Kupferstatuette des Sˇamsˇ¯ı-Be¯l . . . . . . . . . 13.2 Silberschale des Sˇumma-Asˇsˇur . . . . . . . . . 14. Siegelinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Siegel des Marduk . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Siegel des Assur . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Siegel des Silu¯lu von Assur . . . . . . . . . . . ˙ des Lapislazuli-Siegels des Königs 14.4 Besitzvermerk ˇSagarakti-Sˇuriasˇ . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Siegel des Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur . . . . . . . . . . 14.6 Kassitenzeitliches Siegel . . . . . . . . . . . . 14.7 Kassitenzeitliches Siegel . . . . . . . . . . . .

VI

. .

17

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

17 18 18 18 19 19 19 20 21

. . . .

21 21

. . . . . . .

23

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 25 27 28 29 33 35 36 41 42 43 47 47 48 49 49 50 50 51 52 52

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

53 54 54 55

Inhalt

II.

15. Varia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Loswürfel zur Wahl des Jahreseponymen . . . . . . . . . . . 15.2 Gewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Kudurru-Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Susanne Paulus 16.1 Schenkung des Königs Meli-Sˇipak an seinen Sohn Mardukapla-iddina I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Restauration des Königs Marduk-apla-iddina II. zu Gunsten des sˇa¯kin te¯mi von Babylon . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Grabinschriften˙ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steven Lundström 17.1 Grabinschriften der assyrischen Könige und Königinnen . . 17.1.1 Grabinschriften Assurbe¯lkalas . . . . . . . . . . . . . 17.1.1.1 Grabinschrift I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.1.2 Grabinschrift II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.2 Grabinschriften Assurna¯sirpals II. . . . . . . . . . . . ˙ ˇat-Ninua . . . 17.1.3 Grabinschriften der Mulissu-mukannis 17.1.4 Grabinschriften Sˇamsˇ¯ı-Adad V. . . . . . . . . . . . . 17.1.4.1 Grabinschriften des Sarkophages . . . . . . . . . . . 17.1.4.2 Grabinschrift des Ziegels Ass 22864 . . . . . . . . . 17.1.5 Grabinschrift der Jabâ . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 68 68 68 68 68 69 69 69 70

Texte der Hethiter

71

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 55 56 56

57 62 66

Jörg Klinger . . . . . . .

71 74 74 74 75 75 77

Texte aus Syrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

Texte aus Emar . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Schwemer 1. Königliche Weihinschrift an den Wettergott 2. Ba2lu-malik weiht Kultgegenstände . . . . 3. Eine Votivperle . . . . . . . . . . . . . . 4. Ein neues Heiligtum und seine Priester . .

. . . . . . . . . . . . .

79

. . . .

79 80 81 81

Grabinschriften in der hethitisch-luwischen Überlieferung Beschriftete Grabstelen und Grabinschriften . . . . . . . 1. TI˙LSEVET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. KARKAMISˇ 18h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. MARAS¸ 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. SHEIZAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. KULULU 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III.

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . . . . .

. . . .

. . . .

VII

Inhalt

Weih- und Votivinschriften aus Ugarit . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Niehr 1. Zwei Stelen mit Weihinschriften aus dem Temenos des El-Tempels (KTU 6.13 = RS 6.021; KTU 6.14 = RS 6.028) . . . . . . . . . . . Herbert Niehr 2. Eine Weihgabe an den Gott Rasˇpu (KTU 6.62 = RS 25.318) . . . . Herbert Niehr 3. Ein Votiv an den Gott Ba2al Sapon (RS 1.089 + 2.033 + 5.183) . . ˙ Matthias Müller

IV.

VIII

.

83

.

84

.

86

.

88

Texte aus Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Ägyptische Bau- und Weihinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Müller 1. Die Berliner Lederrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Peust 2. Die große Bauinschrift von Edfu . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Arpagaus 2.1 Nordwand, Osthälfte: Inthronisierung und Inbesitznahme des Tempels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Westwand: Die Chronologie der Bauetappen . . . . . . . . . 2.3 Ostwand: Beschreibung des Tempels . . . . . . . . . . . . . . 3. Demotische Weihinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Vittmann 3.1 Opfertische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Opfertisch aus der Tiernekropole von Sakkara-Nord . 3.1.2 Opfertisch für einen heiligen Pavian . . . . . . . . . . 3.2 Gefäße und andere Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Steatitschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Bronzeflöte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Bronzegefäß aus Abydos . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Silberschale aus Dendera . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Spiegel aus Dendera . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Stelen und Steinblöcke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Ehrendekret aus Naukratis . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Stelen für den heiligen Löwen von Leontonpolis . . . 3.3.2.1 Peking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2 Hildesheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Steinblock aus Philadelphia im Fayum . . . . . . . . 3.3.4 Steinblock aus Karnak (?) . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Steinblock aus dem Fayum (?) . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Stele des Strategen Pachompascha . . . . . . . . . . . 3.3.7 Stelen, die die Einrichtung einer Kultgemeinschaft betreffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.1 Stele des Strategen Ptolemaios . . . . . . . . . . . .

91 94 97

98 102 113 129 130 130 130 131 131 131 132 132 133 133 133 135 135 136 136 136 137 137 138 138

Inhalt

3.3.7.2 Stele des Strategen Tryphon . . . . . . . . . . . . . 3.3.8 Stele des Parthenios . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.9 Kalksteinblock aus Tuna el-Gebel . . . . . . . . . . . 3.4 Skulpturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Bronzestatuette einer pantheistischen Gottheit . . . . 3.4.2 Zwei Bronzestatuetten des Oxyrhynchosfisches . . . . 3.4.2.1 Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.2 München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Falken-, Ibis- und Schakalfiguren als Standartenaufsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Sphinx aus Medinet Madi . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.5 Statuenbasis aus Giza . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.6 Statue eines thronenden Mannes . . . . . . . . . . . 4. Die späte Rezension des ägyptischen Totenbuchs . . . . . . . . . . Burkhard Backes 4.1 Kategorien ägyptischer Texte für die Toten . . . . . . . . . . 4.2 Das Totenbuch: Definition und Überlieferung vor der Spätzeit . 4.3 Die Vignetten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Text und Textträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Überlieferung der Texte und Produktion der Textzeugen . . . 4.6 Die Überlieferung des Totenbuchs im 1. Jahrtausend v. Chr. . . 4.7 Kurzfassungen und Zusatztexte . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Textträger des späten Totenbuchs . . . . . . . . . . . . . . . 4.9 Redaktionelle Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.10 Ordnung und Inhalt der Sprüche . . . . . . . . . . . . . . . 4.11 Ende der Überlieferung des Totenbuchs . . . . . . . . . . . . 4.12 Textbasis für die Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.13 Tb 1 – Der Verstorbene als Priester des Osiris . . . . . . . . . 4.14 Tb 2 – Herausgehen am Tag im Gefolge des Mondes . . . . . 4.15 Tb 3 – Empfang bei Atum in Heliopolis . . . . . . . . . . . . 4.16 Die Rückgabe wichtiger Lebensfunktionen . . . . . . . . . . 4.16.1 Tb 23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.16.2 Tb 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.17 Herzsprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.17.1 Tb 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.17.2 Tb 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.18 Die Abwehr von Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.18.1 Tb 32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.18.2 Tb 40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.18.3 Tb 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.19 Tb 52 – Ein »Abscheu«-Spruch . . . . . . . . . . . . . . . . 4.20 Versorgungssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.20.1 Tb 57 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.20.2 Tb 61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.21 Tb 72 – Rede an die Herren der Maat . . . . . . . . . . . . .

138 139 140 141 141 141 141 142 142 142 143 143 144 144 145 147 147 148 149 150 151 152 152 154 155 156 163 163 165 165 167 168 168 170 172 172 174 177 177 179 179 181 181 IX

Inhalt

4.22 Verwandlungssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22.1 Tb 76 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22.2 Tb 77 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.22.3 Tb 78 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.23 Tb 100 – Mitfahrt in der Barke des Sonnengottes . . . . . . 4.24 Tb 111 – Spruch zum Kennen der Ba-Mächte von Pe . . . . 4.25 Amulettsprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.25.1 Tb 157 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.25.2 Tb 158 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.25.3 Tb 159 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.26 Die »Zusatzkapitel« des späten Totenbuchs . . . . . . . . . Annik Wüthrich 4.26.1 Tb 162 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.26.2 Tb 166 (Pleyte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.26.3 Tb 164 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.26.4 Tb 165 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Pyramidentexte und Sargtexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Louise Gestermann 5.1 Pyramidentexte und Sargtexte im Alten und Mittleren Reich 5.2 Pyramidentexte und Sargtexte nach dem Mittleren Reich . . 5.3 Pyramidentexte und Sargtexte im 1. Jahrtausend v. Chr. . . . 5.3.1 Ein Gewand für Amenirdis . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.1 PT 81 (Pyr. §§ 56a-57e) . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.2 PT 414, erste Version (Pyr. § 737a-d) . . . . . . . . 5.3.1.3 PT 414, zweite Version (Pyr. § 737b-f) . . . . . . . 5.3.1.4 PT 634E (Pyr. § 1793j-m) . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.5 PT 635 (Pyr. § 1794a-d) . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.6 PT 634C (Pyr. § 1793a-e) . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Eine Libation für Amenirdis . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.1 PT 33 (Pyr. §§ 24a-25c) . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.2 Unbekannter Text (s. PT 454, Pyr. § 847a-c) . . . . 5.3.2.3 Unbekannter Text . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Eine Räucherung für Amenirdis . . . . . . . . . . . 5.3.3.1 PT 670 (Pyr. §§ 1972-1986b) . . . . . . . . . . . . 5.3.4 Ein königlicher Gunstbeweis und Verklärungen für Amenirdis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.4.1 PT 468 (Pyr. §§ 896a-905c) . . . . . . . . . . . . . 5.3.4.2 PT 412 (Pyr. §§ 723a-725a) . . . . . . . . . . . . . 6. Die Sonnenlitanei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hanna Jenni 6.1 Titel und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Gliederung und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Die Sonnenlitanei als liturgischer Text . . . . . . . . . . . .

X

. . . . . . . . . . .

184 185 186 187 194 196 199 199 200 200 202

. . . . .

205 209 212 214 216

. . . . . . . . . . . . . . . .

216 218 219 224 226 226 227 227 227 227 227 229 229 229 230 230

. . . .

231 233 235 236

. . .

236 237 241

Inhalt

6.4

V.

Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Die große Litanei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2.1 Die Strophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2.2 Der Refrain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2.3 Die Figuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Korpus von Sprüchen und Litaneien . . . . . . . . . 6.4.3.1 Erster Teil des Korpus von Sprüchen und Litaneien: In der Unterwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3.2 Zweiter Teil des Korpus von Sprüchen und Litaneien: Die Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3.3 Dritter Teil des Korpus von Sprüchen und Litaneien: Die rechte Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3.4 Vierter Teil des Korpus von Sprüchen und Litaneien: Der Triumph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 256 258 263

Texte aus Iran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Heidemarie Koch 1. Elamische Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Elamische Strichschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Mittel-elamische Bau- und Votivinschriften . . . . . . . . 1.2.1 Backsteine aus Cˇog˙a¯ Zambil . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Backsteine und Knäufe des Sˇilhak-Insˇusˇinak . . . 2. Persische Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Sog. Burgbauinschrift Dareios’ d. Gr. aus Susa (DSf) . . . 2.2 Gründungsurkunden des Apada¯na Dareios’ d. Gr. in Persepolis (DPh) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Inschriften am Dareios-Palast in Persepolis (DPa, XPc) . . 2.4 Die Grabinschriften Dareios d. Gr. (522-486 v. Chr.) in Naqsh-e Rostam (DNa und DNb) . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die obere Grabinschrift (DNa) . . . . . . . . . . 2.4.2 Die untere Grabinschrift des Dareios d. Gr. in Naqsh-e Rostam (DNb) . . . . . . . . . . . . 2.5 Mittelpersische Inschriften der Sasanidenzeit . . . . . . . 2.5.1 Feueraltar aus Barm-e Delak (Shiras, Naranjestan) 2.5.2 Besucherinschriften im Dareios-Palast in Persepolis

VI.

243 244 244 244 252 252 255

. . . . . . .

. . . . . . .

273 273 276 277 280 284 285

. . . .

288 288

. . . .

290 293

. . . .

294 296 296 299

. . . .

Phönizische und hebräische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Angelika Berlejung 1. Amulettinschriften aus Syrien und Palästina . . . . . . . . . . . . 1.1 Ein Bronzeanhänger aus Tyros . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Ein Lapislazulianhänger aus der Umgebung von Tyros . . . 1.3 Ein Goldamulettröllchen aus Tyros . . . . . . . . . . . . . 1.4 Ein Silberamulettröllchen aus Byblos . . . . . . . . . . . . 1.5 Zwei Silberamulettröllchen von Ketef Hinnom bei Jerusalem

. . . . . .

305 308 309 309 310 311 XI

Inhalt

2. Die Inschriften von Kuntillet Ajrud . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Inschrift auf Pithos A . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Inschrift auf Pithos B . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die längere Inschrift auf dem Wandverputz (Fragment 1) 2.4 Die kürzere Inschrift auf dem Wandverputz (Fragment 2) 2.5 Eigentumsvermerk auf einer Steinschale . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

314 316 316 318 318 319

VII. Sam3alische und aramäische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Ingo Kottsieper 1. Sam3alische und aramäische Totenkult- und Grabinschriften . . . 1.1 Eine sam3alische Totenkultstele aus Zincirli . . . . . . . . . 1.2 Eine nabatäische Grabinschrift aus Madeba . . . . . . . . . 1.3 Eine nabatäische Totengedenkinschrift aus Petra . . . . . . 1.4 Eine Grabinschrift vom Qabr Abu¯ Na¯if . . . . . . . . . . . 2. Aramäische Gedächtnisinschriften aus römisch-parthischer Zeit . 2.1 Assur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Hatra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Dura Europos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Palmyra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Seeia/Sı¯ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Hegra/Mada¯3in Sa¯lih . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ˙ Statueninschriften ˙ 3. Aramäische Stelen und aus römisch-parthischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Eine Steleninschrift aus Assur . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Sockelinschriften für Statuen aus Hatra . . . . . . . . . . . 4. Drei Weih- und Bauinschriften aus Hatra . . . . . . . . . . . . . 4.1 H 62 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 H 192 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 H 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

321 321 324 324 325 326 326 327 328 328 329 329

. . . . . . .

329 329 330 331 332 332 332

VIII. Sabäische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 1. Altsüdarabische Widmungsinschriften . . . . . . . . . . . Anne Multhoff 1.1 Aufbau der Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Widmung nach sabäischem Standardformular 1.1.2 Fehlerhaftes Widmungsformular . . . . . . . 1.1.3 Freier Gebrauch des Formulars . . . . . . . . 1.1.4 Minäisches Standardformular . . . . . . . . . 1.1.5 Hadramitisches Standardformular . . . . . . ˙ ˙ 1.2 Widmungsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Statuetten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Bauwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Sonstige Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . XII

. . . .

333

. . . . . . . . . . . .

333 336 337 338 338 339 340 340 342 343 344 346

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

Inhalt

1.3

Widmungsanliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Wohlergehen allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Geburt von Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Rückkehr von Feldzügen . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Sühne von Fehltritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Widmungsanlaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Widmung nach vorherigem Versprechen . . . . . . . 1.4.2 Widmung auf göttlichen Befehl . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Gleichzeitige Widmung dreier Brüder . . . . . . . . . 1.5 Widmungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Widmung an 3Almaqah Tahwa¯n und 2Attar Du¯-Diba¯n . ¯ ¯ ¯und 1.5.2 Qatabanische Widmung¯an 2Amm Du¯-Dawnim ¯ Warafu¯ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6. Erneuerung von Widmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.1 Erneuerung von Statuetten durch den sabäischen König 1.6.2 Erneuerung eines Tributes . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Tatenbericht eines sabäischen Mukarribs als Widmungsinschrift – Die Monumentalinschrift des Yita23amar Watar aus Sirwa¯h . . . . . ¯ ˙ ˙ Norbert Nebes 3. Altsüdarabische Bauinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Nebes. Mit einem Beitrag von Walter W. Müller (3.4) 3.1 Bau von Kultstätten sowie Baumaßnamen an denselben . . . . 3.1.1 Yita23amar Watar erbaut den Tempel der Hawbas . . . ¯ 3.1.2 Yada23il Darı¯h ummauert den Tempel des 3Almaqah in Sirwa¯h ¯. . .˙ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ˙ amar2alı ˙ ¯ Watar baut einen Kanal für den Tempel des 3.1.3 D ¯ 2Attar in Ma¯rib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¯ 3.1.4 Bau eines Tempels der Sˇams in al-Huqqa . . . . . . . ˙ 3.2 Bau von Städten und fortifikatorischen Anlagen . . . . . . . . 3.2.1 Hadramitische Steinmetze erbauen Sama¯rum an der ˙ ˙ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weihrauchküste 3.2.2 Bau eines Turmes in Hawarwar . . . . . . . . . . . . ˙ . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Bau von Straßen und Paßwegen 3.3.1 Yada23ab Dubya¯n erbaut Straße und Paßweg in der ¯ Haribat/Hinu¯ az-Zurayr . . . . . . . . . Gegend von ˙ . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Bau von königlichen »Palästen« 3.4.1 Sˇurahbi3il Ya2fur erbaut Hargab in der himyarischen ˙ Hauptstadt Zafa¯r (Walter W. Müller) ˙. . . . . . . . . ˙ von Teilen derselben . . . . . . . . . . 3.5 Bau von Häusern und 3.5.1 Eine Frau baut ihr Haus im Wadi Hirr . . . . . . . . ˘ Hauses in der 3.5.2 Errichtung des Obergeschosses eines ˇ u¯ba . . . . . . . . . . . Stadt Marda2um im Wadi al-G

348 349 351 352 353 354 355 356 356 357 358 358 359 361 361 362 362 367 372 372 372 373 374 375 375 376 378 378 380 380 382 382 382

XIII

Inhalt

3.6

Bau von Bewässerungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . ˇ abal Balaq al-Qiblı¯ in der Oase 3.6.1 Eine Felsinschrift vom G von Ma¯rib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 3Abreha läßt Reparaturmaßnahmen am Nordbau des Dammes von Ma¯rib ausführen . . . . . . . . . . . . 4. Altsüdarabische Grabinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Stein 4.1 Grabinschriften als Memorial und Repräsentanz der Verstorbenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Grabstelen mit dem Porträt des Verstorbenen . . . . . 4.1.2 Grabrelief eines Kamelzüchters . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Grabrelief einer Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Grabrelief für eine Mutter . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Eigentumsverhältnisse und Rechtsansprüche . . . . . . . . . 4.2.1 Erneuerung einer Grabkammer . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Aufteilung der Besitzanteile an einer größeren Grabanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Königliche Schenkungsurkunde einer Grabstätte . . . 4.2.4 Bau einer Grabanlage durch minäische Siedler in der Hauptstadt von Qataba¯n . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Aufteilung einer gemeinschaftlich erworbenen Grabanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Schutz vor Grabschändung und -zerstörung . . . . . . . . . . 4.3.1 Grabinschrift mit einfacher Fluchformel . . . . . . . 4.3.2 Grabinschrift einer Frau mit umfassender Fluchformel 4.3.3 Gedenkstein für einen König von 3Awsa¯n . . . . . . . 4.4 Jüdische Begräbnissitten in Südarabien . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Reservierung von Grundstücken zur Anlage eines jüdischen Friedhofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Eine sabäische Grabinschrift aus Israel . . . . . . . .

383 383 385 387

388 389 389 391 391 391 392 392 393 394 395 396 396 396 397 399 399 401

IX. Griechische Texte aus Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Andrea Jördens 1. Grabinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Grabinschriften aus Tall al-Yahu¯dı¯ya . . . . . . . . . . . 1.2 Grabinschriften aus Demerdash . . . . . . . . . . . . . ˘ abal . . . . . . . . . . 1.3 Grabinschriften aus Sidmant il-G 1.4 Sonstige Grabinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bauinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Fragmentarische Bauinschrift aus al-Hadra . . . . . . . ˙ ˙ . . . . . . . . 2.2 Fragmentarische Bauinschrift aus Gabbari 2.3 Synagogenweihung aus Schedia . . . . . . . . . . . . . 2.4 Weihung einer Torhalle an der Synagoge von Xenephyris 2.5 Synagogenweihung aus Nitriai . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Weihung der Synagoge und einer Exedra in Athribis . . XIV

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

404 404 421 423 426 429 430 430 430 431 431 431

Inhalt

2.7 Fragmentarische Synagogenweihung aus Leontopolis 2.8 Synagogenweihung aus Krokodilopolis . . . . . . . 2.9 Weihung einer Sonnenuhr und eines Brunnens . . . 2.10 Synagogenweihung eines Privatmannes . . . . . . . 2.11 Revision einer Bauinschrift . . . . . . . . . . . . . 3. Weihinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Weihinschrift des Iulianus Eisak . . . . . . . . . . . 3.2 Weihung eines Sabbat-Vereins . . . . . . . . . . . . 3.3 Weihinschrift der Epitychia alias Dionysia . . . . . . 4. Besucherinschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Inschriften vom Pylon des Isistempels auf Philae . . 4.2 Besucherinschriften aus dem Tal der Könige . . . . . 4.3 Inschriften auf den sog. Memnonskolossen . . . . . 4.4 Graffiti vom Paneion in al-Kana¯’is . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

432 432 432 432 433 433 433 434 434 434 434 435 435 436

Zeittafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437

XV

Vorwort Inschriften im engeren Sinne des Wortes – und diesen ist vorliegender Band gewidmet – sprechen den Leser an; sie informieren ihn über den Zweck eines Objektes oder Bauwerks; sie geben Auskunft über Eigentümer, Stifter oder, zumal im Falle von Grabbauten, ›Bewohner‹ eines Objektes; sie belehren den Leser darüber, wie das Objekt zu behandeln sei, und haben auf diese Weise eine Schutzfunktion; sie bewahren das Andenken an die in der Inschrift genannten Personen, und sorgen für das Fortleben des Namens, der Erinnerung, über die Grenzen der menschlichen Lebenszeit hinaus. Der »geschriebene Name« (akkadisch sˇumu ˇsatru) überwindet die conditio ˙ humana. Viele der in diesem Band versammelten Texte aus den alten Kulturen des Nahen Ostens vom Südirak des 3. Jt. v. Chr. bis ins griechisch-römische Ägypten, ob kurzes Grafitto oder vielzeilige monumentale Inschrift, werden daher mit besonderem Recht dem modernen Leser in Übersetzung zugänglich gemacht. Sie wurden in der Absicht geschrieben, über den Augenblick hinaus Dauer zu verleihen und von anderen gelesen zu werden. Nur zu oft sind sie für den heutigen Betrachter ein entscheidender Schlüssel zum Verständnis des Objekts oder Bauwerks, das die Inschrift trägt. Wie ratlos stehen wir nur zu oft vor unbeschrifteten archäologischen Objekten! Während manche Inschriften, etwa zahlreiche Siegelinschriften aus Mesopotamien, auf einen Besitzervermerk beschränkt sind, geht die Intention der meisten hier vorgelegten Texte über eine einfache Besitzangabe weit hinaus: Bauinschriften geben Gelegenheit, nicht nur über den Bau und seine Ausstattung selbst, sondern auch andere Taten und Verdienste des Bauherrn zu berichten. Kommemorativinschriften bewahren das Andenken an den Stifter, sie erbitten die Gunst der Götter und die Fürsprache der Menschen; manchmal, wie etwa im Falle der sogenannten Besucherinschriften, die sich insbesondere an schon in der Antike berühmten Stätten und Denkmälern finden, beschränken sie sich aber auch auf ein einfaches ›Ich war hier‹. Votivinschriften halten fest, für welchen göttlichen Adressaten das Objekt bestimmt ist und können auch die Funktion der Weihgabe beschreiben – etwa die Erfüllung eines Gelübdes; sie erflehen göttlichen Segen für den Stifter oder drücken Dank für erwiesene Hilfe aus. Ähnliche Segenswünsche finden sich dann auch auf Amuletten, die mit kurzen Inschriften versehen werden; nicht zuletzt gehört zu letztgenannter Gruppe auch das Silberamulett aus Ketef Hinnom mit dem Text des ›Priestersegens‹, der auch in Numeri 6, 24-25 überliefert ist (siehe hier den Beitrag von A. Berlejung, Kapitel VI., Text 1.5). Eine besondere Bedeutung besitzen Inschriften – im Altertum wie heute – für das Gedenken an die Verstorbenen sowie für Ausstattung, Kennzeichnung und Schutz der Grabstätte. Aus allen Kulturen des alten Nahen und Mittleren Ostens sind Grabinschriften erhalten. Sie warnen vor einer Verletzung der Unversehrtheit der Grabstätte, geben Anweisungen zur Totenpflege, bitten um wohlwollendes Andenken an die Verstorbenen; sie berichten in knappen Worten über deren Leben und sprechen gelegentlich auch über die Umstände des Todes. Manche dieser Inschriften wirken, nicht zuletzt aufgrund ihrer zeitlosen literarischen Qualität, überraschend frisch und evoXVII

Vorwort

zieren unwillkürlich auch beim heutigen Leser noch Sympathie für die Toten; hervorgehoben sei hier die Grabinschrift einer jungen Frau aus Tall al-Yahu¯dı¯ya im ptolemäischen Ägypten: »Die, die zuvor in den großen Hallen strahlte, Fremder, beweine mich! Denn zusammen mit den bräutlichen Gewändern bin ich Bewohnerin, allzu früh verstorbene, dieses grausigen Brautgemachs, als das ich dieses Grab erlost habe.« (Übersetzung A. Jördens; siehe Abschnitt X., Text 1.1.3). Wie die Bau- und Votivinschriften oft wichtige Informationen zu Theologie, Pantheon und zum Verhältnis zwischen Mensch und Gott geben, so gehören die Inschriften aus der Sepulkralkultur in allen hier vertretenen Kulturen zu den aufschlußreichsten Quellen über die jeweiligen Jenseits- und Todesvorstellungen. Dies gilt zweifellos in besonderem Maße für die altägyptische Kultur, wo sich im Kontext der Sepulkralkultur aus Sarg- und Pyramidentexten eine reiche Totenliteratur entwickelte, deren Texte den Verstorbenen in ihrem Grab als Wegweiser und Hilfe mit auf den Weg ins Jenseits gegeben wurden. Die einschlägigen, für den unvorbereiteten Leser oft schwer zugänglichen Texte der ägyptischen Totenliteratur werden hier von B. Backes, L. Gestermann und H. Jenni in ihrer ganzen Breite dargeboten und dem Leser durch ausführlichere Kommentare in ihrer inhaltlichen und überlieferungsgeschichtlichen Komplexität erschlossen. In den Kapiteln zu den altägyptischen Grabinschriften wird in besonderer Klarheit deutlich, dass auch Inschriften – im engeren Sinne des Wortes – Anteil an der literarischen Produktion und Überlieferung der alten Kulturen in der Umwelt des Alten Testamentes hatten. Unser herzlicher Dank geht auch dieses Mal wieder an Frau T. Scheifele und Herrn D. Steeen vom Gütersloher Verlag für die verlegerische Betreuung, an Herrn Dr. J.-U. Andres für die Erstellung der Druckvorlage, an Frau Dr. A. Krüger, Tübingen, für die sorgfältigen Redaktions- und Korrekturarbeiten sowie an Frau stud. theol. M. Lissek, Tübingen, für das Mitlesen der Korrekturen. Selbstverständlich sind in unseren Dank auch die Fachherausgeber und die zahlreichen Autorinnen und Autoren eingeschlossen, von deren kompetenter und pünktlicher Arbeit das ganze Projekt lebt. Tübingen und Würzburg, im November 2011

XVIII

Bernd Janowski / Daniel Schwemer

Abkürzungen Die Abkürzungen entsprechen dem Verzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie, zusammengestellt von S. M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, 2., überarb. und erw. Aufl., Berlin; New York 1992. Darüber hinaus werden verwendet: AAHL ABD ABoT AC ADD AE AfK AfO AG ÄgUrk AGM AGS AHR AHw AJ AKT ALASP AlT AMD AMT AoF AP APA APE APOE ARET ARI ASJ ATTM

J. M. Lindenberger, Ancient Aramaic and Hebrew Letters, SBL.WAW 14, Atlanta 2. Aufl. 2003 The Anchor Bible Dictionary I-VI, (ed. by) D. N. Freedman, New York / NJ u. a. 1992 Ankara Arkeoloji Müzesinde bulunan Bog˘azköy Tabletleri, Istanbul 1948 J. J. Koopmans, Aramäische Chrestomathie, Leiden 1962 C. H. Johns, Assyrian Deeds and Documents, Cambridge 1898-1923 B. Porten, Archives from Elephantine. The Life of an Ancient Jewish Military Colony, Berkeley / CA; Los Angeles / CA 1968 Archiv für Keilschriftforschung, Berlin 1923-1925 Archiv für Orientforschung, Wien R. Degen, Altaramäische Grammatik der Inschriften des 10.-8. Jh. v. Chr., AKM XXXVIII, 3, Wiesbaden 1969 Urkunden des ägyptischen Altertums, (hg. von) G. Steindorff u. a., Leipzig u. a. 1903 ff. (Sudhoffs) Archiv für die Geschichte der Medizin, Leipzig / Wiesbaden S. Segert, Altaramäische Grammatik mit Bibliographie, Chrestomathie und Glossar, Leipzig 1975 An Aramaic Handbook, (hg. von) F. Rosenthal, Wiesbaden 1967 = Porta linguarum orientalium, Neue Serie X W. von Soden, Akkadisches Handwörterbruch, Wiesbaden 1965-81, 1985 Antiquaries Journal, London; Oxford 1921 ff. Ankara Kültepe Tabletleri / Ankaraner Kültepe-Tafeln bzw. Texte I-II, Ankara 1990-1995; III: FAOS Beih. 3, 1995 Abhandlungen zur Literatur Alt-Syrien-Palästinas, Münster 1988 ff. D. J. Wiseman, The Alalakh Tablets, London 1953 Ancient Magic and Divination, Groningen 1999 ff. R. Campbell Thompson, Assyrian Medical Texts, London 1923 Altorientalische Forschungen, Berlin 1974 ff. Aramaic Papyri of the Fifth Century B.C., (ed. by) A. Cowley, Oxford 1923 Aramaic Papyri Discovered at Assuan, (ed. by) A. H. Sayce (assist. A. E. Cowley), London 1906 A. Ungnad, Aramäische Papyrus aus Elephantine, Leipzig 1911 Aramäische Papyrus und Ostraka aus einer jüdischen Militärkolonie zu Elephantine, (hg. von) Ed. Sachau, Leipzig 1911 Archivi reali di Ebla. Testi, Rom 1981 ff. A. K. Grayson, Assyrian Royal Inscriptions, Records of the Ancient Near East I-II, Wiesbaden 1972 ff. Acta Sumerologica, Hiroshima 1979 ff. K. Beyer, Die aramäischen Texte vom Toten Meer, Göttingen 1984

XIX

Abkürzungen

ATTM.E AulaOr. BaF BAM I-VI BAM VII BAR BBR BBVO BdE BE

BGU BiMes. BIN BKBM BL BMAP BMECCJ BoSt BRM BSA BSOAS BWL CAD CANE CAT

CDLB CDLJ CDOG CE CHANE CHD CM XX

ATTM Ergänzungsband, Göttingen 1994 Aula Orientalis, Barcelona 1983 ff. Baghdader Forschungen, Mainz 1979 ff. F. Köcher, Die babylonisch-assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen I-VI, Berlin (/ New York) 1963-80 M. J. Geller, Renal and Rectal Disease Texts, Die babylonisch-assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen VII, Berlin / New York 2005 J. H. Breasted, Ancient Records of Egypt I-V, Chicago / IL 1906 H. Zimmern, Beiträge zur Kenntnis der babylonisch-assyrischen Religion I-II, Leipzig 1901 Berliner Beiträge zum Vorderen Orient, Berlin 1982 ff. Bibliothèque d’Études, Institut Français d’Archéologie Orientale, Kairo 1908 ff. The Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania, Pennsylvania / PA 1893 ff.; Series A: Cuneiform Texts (für Eimzelbände s. HKL II, xv) Ägyptische Papyri aus den Königlichen (später: Staatlichen) Museen zu Berlin, Griechische Urkunden, (hg. von) U. Wilcken u. a., Berlin 1895 ff. Bibliotheca Mesopotamica, Malibu / CA 1975 ff. Babylonian Inscriptions in the Collection of J. B. Nies, New Haven / CT 1917 ff. F. Küchler, Beiträge zur Kenntnis der assyrisch-babylonischen Medizin, Assyriologische Bibliothek 18, Leipzig 1904 Berichtigungsliste der Griechichen Papyrusurkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Berlin, Leipzig 1922 ff. E. G. Kraeling, The Brooklyn Museum Aramaic Papyri, New Haven / CT 1953 Bulletin of the Middle Eastern Culture Center in Japan, Wiesbaden 1984 ff. Boghazköi – Studien, (hg. von) O. Weber, Leipzig 1916 ff. Babylonian Records in the Library of J. P. Morgan, New Haven / CT 1917 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xvi) Bulletin on Sumerian Agriculture, Cambridge 1984 ff. Bulletin of the School of Oriental and African Studies W. G. Lambert, Babylonian Wisdom Literature, Oxford 1960 The Assyrian Dictionary of the University of Chicago, Chicago (/ Glückstadt) 1956 ff. Civilizations of the Ancient Near East, (ed. by) J. M. Sasson, New York 1995 M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín, The Cuneiform Alphabetic Texts from Ugarit, Ras Ibn Hani and Other Places (KTU: Second, enlarged edition), Münster 1995 Cuneiform Digital Library Bulletin, Los Angeles Cuneiform Digital Library Journal, Los Angeles Colloquien der Deutschen Orient-Gesellschaft, Saarbrücken 1997 ff. Chronique d’Égypte, Brussel 1925 ff. Culture and History of the Ancient Near East, Leiden; Boston / MA; Köln 2000 ff. The Chicago Hittite Dictionary, Chicago 1975 ff. Cuneiform Monographs, Groningen 1992 ff.

Abkürzungen

CPR CRIPEL CSF CST CT CTH CTN CTN IV DAE DAFI DAI DaM DARI DCS DDD

DLU DNWSI ElW ESE GMP HAE HAHL HANE/M HANE/S HdO HKL HPBM HSAO I. Louvre I. Memnon

Corpus Papyrorum Raineri (Archiducis Austriae), (hg. von) C. Wessely u. a., Wien 1895 ff. Cahiers de recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Egyptologie de Lille, Lille 1973 ff. Collezione di studi fenici, Roma 1973 ff. T. Fish, Catalogue of Sumerian Tablets in the John Rylands Library, Manchester 1932 Cuneiform Texts from Babylonian Tablets in the British Museum, London 1896 ff. (für Einzelbände s. HKL II,xvii) E. Laroche, Catalogue des textes hittites, Paris 1971 Cuneiform Texts from Nimrud, London 1972 ff. D. J. Wiseman / J. A. Black, Literary Texts from the Temple of Nabû, Cuneiform Texts from Nimrud IV, London 1996 P. Grelot, Documents araméens d’Égypte, LAPO 5, Paris 1972 Cahiers de la Délégation Archéologique Française en Iran, Paris 1971 ff. Deutsches Archäologisches Institut, Berlin Damaszener Mitteilungen, Mainz 1983 ff. Die alt- und reicharamäischen Inschriften, FoSub 2m, hg. von D. Schwiderski, Berlin / New York 2004 Cybernetica Mesopotamica, Data Sets: Cuneiform Texts, Malibu / CA 1979 ff. Dictionary of Deities and Demons in the Bible, (ed. by) K. van der Toorn / B. Becking / P. W. van der Horst, Leiden 1995; 2. überarbeitete Aufl., Leiden 1999 G. del Olmo Lete / J. Sanmartín, Diccionario de la lengua ugarítica I-II, AulaOr Suppl. 7-8, Barcelona 1996-2000 J. Hoftijzer / K. Jongeling, Dictionary of the North-West Semitic Inscriptions, HdO I/21,1-2, Leiden u. a. 1995 W. Hinz / H. Koch, Elamisches Wörterbuch, Berlin 1987 M. Lidzbarski, Ephemeris für semitische Epigraphik I-III, Gießen 19021915 The Greek Magical Papyri in Translation: Including the Demotic Spells, hg. H. D. Betz., Chicago / IL u. a. 1986 J. Renz / W. Röllig, Handbuch der althebräischen Epigraphik I-III, Darmstadt 1995-2003 D. Pardee, Handbook of Ancient Hebrew Letters, BL.SBS 15, Chicago / IL 1982 History of the Ancient Near East. Monographs, Padova 1996 ff. History of the Ancient Near East. Studies, Padova 1990 ff. Handbuch der Orientalistik, Leiden 1948 ff. R. Borger, Handbuch der Keilschriftliteratur I-III, Berlin 1967-1975 Hieratic papyri in the British Museum Heidelberger Studien zum Alten Orient I (FS A. Falkenstein), Wiesbaden 1967; IIff.: Heidelberg 1988 ff. E. Bernand, Inscriptions Grecques d’Égypte et de Nubie au Musée du Louvre, Paris 1992 A. & E. Bernand, Les inscriptions grecques et latines du Colosse de Memnon, Le Caire 1960

XXI

Abkürzungen

I. Philae I. Syringes I. Vars. IFP IH II R

ILAP IRSA ITT JARCE JCS JEAS

JEN

JEOL JIGRE JJP JMC KADP

KAL II

KAR KBo KTU2

KUB LD LEM LKA

XXII

A. & E. Bernand, Les inscriptions grecques et latines de Philae, 2 Bde., Paris 1969 J. Baillet, Les inscriptions grecques et latines des tombeaux des rois ou Syringes, Le Caire 1926 A. Łajtar / A. Twardecki, Catalogue des Inscriptions grecques du Musée National de Varsovie, Varsovie 2003 M. G. G. Amadasi, Le iscrizioni fenicie e puniche delle colonie in occidente, StudSem 28, Rom 1967 A. Lemaire, Inscriptions Hébraiques I. Les Ostraca, LAPO 9, Paris 1977 Norris, E. (/ Rawlinson, H. C.), The Cuneiform Inscriptions of Western Asia II: A Selection from the Miscellaneous Inscriptions of Assyria, London 1866 R. Yaron, Introduction to the Law of the Aramaic Papyri, Oxford 1961 E. Sollberger / J. R. Kupper, Inscriptions royales sumériennes et akkadiennes, LAPO 3, Paris 1971 Inventaire des tablettes de Tello I-V, Paris 1910-1921 Journal of the American Research Center in Egypt, New York 1962 ff. Journal of Cuneiform Studies, Cambridge / MA B. Porton (collab. J. C. Greenfield), Jews of Elephantine and Arameans of Syene (Fifth Century B.C.E.). Fifty Aramaic Texts with Hebrew and English Translations, Jerusalem 1974 Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi, Publications of the Baghdad School. Texts I-VI, Paris; Philadelphia / PA 1927-1939; VII: SCCNH 3, Winona Lake / IN 1989; VIII: SCCNH 14, Bethesda / MD 2003 Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap Ex Oriente Lux, Leiden 1933 ff. W. Horbury / D. Noy, Jewish Inscriptions of Greco-Roman Egypt, with an Index of the Jewish Inscriptions of Egypt and Cyrenaica, Cambridge 1992 The Journal of Juristic Papyrology, Warsaw 1946 ff. Le Journal des médecines cunéiformes, Saint-Germain-en-Laye F. Köcher, Keilschrifttexte zur assyrisch-babylonischen Drogen- und Pflanzenkunde. Texte der Serien uru.an.na: maltakal, HAR.ra: hubullu ˘ ˘ und Ú GAR-sˇú, Berlin 1955 D. Schwemer, Rituale und Beschwörungen gegen Schadenzauber, Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Assur E (Inschriften), IX. (Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts) 2, WVDOG 117, Wiesbaden 2007 E. Ebeling, Keilschrifttexte aus Assur religiösen Inhalts I-II, WVDOG 28 und 34, Leipzig (1915-)1919 und (1920-)1923 Keilschrifturkunden aus Boghazköi M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín, Die keilalphabetischen Texte aus Ugarit einschließlich der keilalphabetischen Texte außerhalb Ugarits I, ALASP 8, Münster 1995 Keilschrifturkunden aus Boghazköi C. R. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, Berlin 1849-1859 P. Michalowski, Letters from Early Mesopotamia, SBL Writings from the Ancient World 3, Atlanta 1993 E. Ebeling / F. Köcher (unter Mitarbeit von L. Rost), Literarische Keilschrifttexte aus Assur, Berlin 1953

Abkürzungen

LSS MesCiv. Mesopotamia MesWi MHE

MIO MPAT MRE MVN NABU NATN Nbn.

NE NG NRVN OBC OECT OMRO OPBF OPBIA OPSNKF OrNS OSP P. Polit. Iud. PAT PBS PdÄ PGM PIHANS PRSM

Leipziger Semitistische Studien, Leipzig 1904-1932 Mesopotamian Civilizations, Winona Lake / IN 1989 ff. Mesopotamia. Rivista di Archeologia, Turin 1966 ff. Mesopotamian Witchcraft. Toward a History and Understanding of Babylonian Witchcraft Beliefs and Literature, AMD 5, Leiden u. a. 2002 Mesopotamian History and Environment (Series 1: NAPR, 1991 ff.; Series 2: MHEM-Mémoirs, 1989 ff.; Series 3: MHET-Texts, 1991 ff.; MHEOOccasional Publications, 1991 ff.) Mitteilungen des Instituts für Orientforschung, Berlin 1953 ff. J. A. Fitzmyer / D. J. Harrington, A Manual of Palestinian Aramaic Texts, Biblica et Orientalia 34, Rom 1978 Monographies Reine Elisabeth, Brüssel 1970 ff. Materiali per il vocabulario Neosumerico, Rom 1974 ff. Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires, Paris 1987 ff. D. I. Owen, Neo-Sumerian Archival Texts primarily from Nippur, Winona Lake / IN 1982 J. N. Strassmaier, Inschriften von Nabonidus, König von Babylon (555538 v. Chr.), von den Thontafeln des Britischen Museums copiert und autographiert (= Babylonische Texte I-IV), Leipzig 1889 M. Lidzbarski, Handbuch der Nordsemitischen Epigraphik, Weimar 1898 A. Falkenstein, Die neusumerischen Gerichtsurkunden I-III, München 1956-1957 M. Çıg˘ / H. Kızılyay, Neusumerische Rechts- und Verwaltungsurkunden aus Nippur, Ankara 1965 Orientalia biblica et christiana, Glückstadt u. a. 1991 ff. Oxford Editions of Cuneiform Texts, Oxford / Paris 1923 ff. Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden, 1907-1999 Occasional publications of the Babylonian Fund, Philadelphia / PA 1976 ff. Occasional Publications of the British Institute of Archaeology at Ankara, London 1949 ff. Occasional Publications of the Samuel Noah Kramer Fund, Philadelphia / PA 1988 (I-VIII: OPBF) Orientalia. Nova Series, Rom 1932 ff. Old Sumerian and Old Akkadian Texts in Philadelphia Chiefly from Nippur (1 = BiMes. 1, Malibu) Urkunden des Politeuma der Juden von Herakleopolis (144/3-133/2 v. Chr.), (hg. von) J. M. S. Cowey / K. Maresch, Wiesbaden 2001 D. R. Hillers / E. Cussini, Palmyrene Aramaic Texts, Baltimore / MD; London 1996 University of Pennsylvania, the Museum: Publications of the Babylonian Section (für Einzelbände s. HKL II, xxv) Probleme der Ägyptologie, Leiden 1953 ff. Papyri graecae magicae. Die griechischen Zauberpapyri, hg. und übers. K. Preisendanz, Leipzig 1927, 1931, 1941 Publications de l’Institut historique archéologique néerlandais de Stamboul, Leiden 1956 ff. Proceedings of the Royal Society of Medicine, London XXIII

Abkürzungen

PSAS PSBA PSD PSI QdS QGN RA RES RGPAE RGTC RHA RIME RlA RSOu. RT RTAT

RTC SAA SAAB SAAS SAB

SAHG SAIO SALPE SANTAG SARI SB SCCNH SEG SEL XXIV

Proceedings of the Seminar for Arabian Studies, London 1970 ff. Proceedings of the Society of Biblical Archaeology, London The Sumerian Dictionary of the University Museum of the University of Pennsylvania, Philadelphia / PA 1984 ff. Papiri greci e latini della Società Italiana, (ed. by) G. Vitelli u. a., Firenze 1912 ff. Quaderni di Semitistica, Firenze 1971 ff. U. Hackle / H. Jenni / Chr. Schneider, Quellen zur Geschichte der Nabatäer, NTOA 51, Freiburg / Göttingen 2003 Revue d’assyriologie et d’archéologie orientale, Paris Répertoire d’Epigraphie Sémitique, Paris 1900 ff. A. Verger, Ricerche giuridiche sui papiri aramici di Elefantina, StudSem 16, Rom 1965 Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes, BTAVO, Reihe B 7, 1 ff., Wiesbaden 1974 ff. Revue Hittite et Asianique, Paris 1930 ff. The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Early Periods, Toronto / Ontario 1990 ff. Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin (/ New York) 1928 ff. Ras Shamra-Ougarit. Publications de la Mission Française Archéologique de Ras Shamra-Ougarit, Paris 1983 ff. Recueil des Travaux relatifs à la Philologie et à l’Archéologie Égyptiennes et Assyriennes, Paris 1870-1923 Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament, (hg. von) W. Beyerlin, Grundrisse zum Alten Testament, ATD Ergänzungsreihe 1, Göttingen 1975 F. Thureau-Dangin: Recueil des tablettes chaldéennes, Paris 1903 State Archives of Assyria, Helsinki 1987 ff. State Archives of Assyria. Bulletin, Padua 1987 ff. State Archives of Assyria Studies, Helsinki 1992 ff. B. Kienast / K. Volk, Die sumerischen und akkadischen Briefe des III. Jahrtausends aus der Zeit vor der III. Dynastie von Ur, FAOS 19, Stuttgart 1995 A. Falkenstein / W. von Soden, Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, BAW.AO, Zürich / Stuttgart 1953 E. Lipin´ski, Studies in Aramaic Inscriptions and Onomastics I, Orientalia Lovaniensia Analecta I, Leuven 1975 Y. Muffs, Studies in the Aramaic Legal Papyri from Elephantine, Studia et documenta ad iura orientis antiqui pertinentia, vol. VIII, Leiden 1969 K. Hecker / H. Neumann / W. Sommerfeld, Arbeiten und Untersuchungen zur Keilschriftkunde, Wiesbaden 1990 ff. Sumerian and Akkadian Royal Inscriptions, New Haven / CT 1986 Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Straßburg / Berlin 1913 ff. Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians I-V, Winona Lake / IN 1981 ff.; VI ff.: Bethesda / MD 1994 ff. Supplementum Epigraphicum Graecum, Leiden 1923 ff. Studi Epigrafici e Linguistici sul Vicino Oriente antico, Verona, 1984 ff.

Abkürzungen

SHCANE SKIZ SMEA SpTU I SpTU II SpTU III SpTU IV SpTU V SR SSA StAT StBoT StEbl. STT I-II StudSem TADAE TAPA TCL TDP TDT THeth TLB TMH TOu TRU TSS UAVA UET UET VI/3 UF UVB VBoT

Studies in the History and Culture of the Ancient Near East, Leiden u. a. 1996 ff. W. H. Ph. Römer, Sumerische ›Königshymnen‹ der Isin-Zeit, Leiden 1965 Studi Micenei ed Egeo-Anatolici, Rom 1966 ff. Spätbabylonische Texte aus Uruk I, ADFU 9, Berlin 1976 E. von Weiher, Spätbabylonische Texte aus Uruk II, ADFU 10, Berlin 1983 E. von Weiher, Spätbabylonische Texte aus Uruk III, ADFU 12, Berlin 1988 E. von Weiher, Uruk. Spätbabylonische Texte aus dem Planquadrat U 18 IV, AUWE 12, Mainz 1993 E. von Weiher, Uruk. Spätbabylonische Texte aus dem Planquadrat U 18 V, AUWE 13, Mainz 1998 D. O. Edzard, Sumerische Rechtsurkunden des III. Jahrtausends aus der Zeit vor der III. Dynastie von Ur, München 1968 J. van Dijk, La sagesse suméro-accadienne, Leiden 1953 Studien zu den Assur-Texten, Saarbrücken 1999 ff. Studien zu den Bog˘azköy-Texten, Wiesbaden 1965 ff. Studi Eblaiti, Rom 1979 ff. O. Gurney (Bd. I mit J. J. Finkelstein, Bd. II mit P. Hulin), The Sultantepe Tablets I-II, London 1957 und 1964 Studi Semitici, Rom 1958 ff. B. Porten / A. Yardeni, Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt I-IV, Jerusalem 1986-1999 Transactions of the American Philological Association, Baltimore, Md. 1869 ff. Musée du Louvre, Département des Antiquités Orientales: Textes cunéiformes (für Einzelbände s. HKL II, xvii–xviii) R. Labat, Traité akkadien de diagnostics et pronostics médicaux I-II, Paris 1951 A. Yardeni, Textbook of Aramaic, Hebrew and Nabataean Documentary Texts from the Judaean Desert and Related Material I-II, Jerusalem 2000 Texte der Hethiter, (hg. von) Annelies Kammenhuber, München 1971 ff. Tabulae cuneiformes a F. M. Th. de Liagre Böhl collectae, Leiden 1954 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xxix) Texte und Materialien der Frau Professor Hilprecht Collection Jena, Leipzig 1932-1934; NF: Leipzig 1937, Berlin 1961 ff. A. Caquot / M. Sznycer / Andrée Herdner, Textes ougaritiques I. Mythes et légendes, LAPO 7, Paris 1974 P. Xella: I testi rituali di Ugarit – I: Testi, Rom 1981 J. C. L. Gibson, Textbook of Syrian Semitic Inscriptions Iff., Oxford 1971 ff. Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1960 ff. Ur Excavation Texts, London 1928 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xxix) A. Shaffer, with a Contribution by M.-Ch. Ludwig, Literary and Religious Texts, 3rd Part, London 2006 Ugarit-Forschungen, Münster Vorläufiger Bericht über die … Ausgrabungen in Uruk-Warka (1-11 in: AbhBerlin, 1930-1940; 12 ff. in ADOG, Berlin 1956 ff.) Verstreute Boghazköi-Texte, (hg. von) A. Götze, Marburg 1930 XXV

Abkürzungen

VO VS WAF WZKM ZA ZPE

XXVI

Vicino Oriente. Annuario dell’Istituto di Studi del Vicino Oriente dell’Università di Roma, Rom 1978 ff. Vorderasiatische Schriftdenkmäler der (Königlichen) Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 1907 ff. J. A. Fitzmyer, A Wandering Aramean. Collected Aramaic Essays, Society of Biblical Literature. Monograph Series 25, Missoula / MT 1979 Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, Wien 1887 ff. Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie, Berlin / New York Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Köln 1967 ff.

I. Texte aus Mesopotamien

Sumerische Inschriften Hans Neumann Mesopotamische Bau- und Weihinschriften in sumerischer Sprache sind vom 3. bis in das 1. Jahrtausend v. Chr. überliefert, d. h. also auch noch aus Zeiten, als das Sumerische schon längst keine gesprochene Sprache mehr war. Die entsprechenden sumerischen Beispiele aus den verschiedenen Überlieferungsperioden verbinden sich dabei jeweils mit spezifischen Schriftträgern. So sind Bauinschriften 1) in erster Linie auf Ziegeln und Bauteilen (z. B. Türangelsteinen) wie auch auf sog. Gründungstafeln und -figuren sowie Tonnägeln und -kegeln überliefert. 2) Weihinschriften 3) finden sich dagegen auf den der jeweiligen Gottheit gestifteten Weihgegenständen, die ganz unterschiedlicher Natur sein konnten. Belegt sind z. B. Waffen sowie Gefäße und Gerätschaften aus Stein oder Metall, Beterstatuetten, Stelen, Weihplatten, Tierfiguren, Schmuckgegenstände, Siegel u. a. m., die sowohl von den Königen und weiteren Mitgliedern der Herrscherfamilien als auch von Beamten, Priestern, Kaufleuten, Handwerkern und anderen Privatpersonen gestiftet wurden. 4) Neben den originalen beschrifteten Weihgaben sind von einigen Weihinschriften auch später angefertigte Abschriften auf Tontafeln überliefert. Die vorliegende Textauswahl versteht sich als Ergänzung zu den von W. H. Ph. Römer in TUAT II/4, 461-476 (sumerische Votiv- und Bauinschriften) gebotenen Übersetzungen. Unter dem Gesichtspunkt »Bau- und Weihinschriften« sind auch einige Texte bei W. H. Ph. Römer, TUAT I/4, 289-353 (historische Texte in sumerischer Sprache) und in TUAT.NF 2, 9-26 (Herrscherinschriften des 3. Jt. v. Chr. in sumerischer, akkadischer und hurritischer Sprache) einschlägig.

1. 2. 3. 4.

Unter vorrangiger Verwendung des sumerischen Ausdrucks dù »bauen«. Zu den Gründungsdokumenten und -figuren bzw. -beigaben vgl. im einzelnen R. S. Ellis, Foundation Deposits in Ancient Mesopotamia (YNER 2), New Haven / London 1968 (mit Literatur); S. A. Rashid, Gründungsfiguren im Iraq (PBF I/2) München, 1983. Unter vorrangiger Verwendung des sumerischen Ausdrucks a—ru »weihen, stiften«. Hinzu kommen die Termini für »schenken« (ba und sagˆ—rig7/8/9) und »herstellen, anfertigen« (dím). Vgl. dazu ausführlich E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991.

1

Hans Neumann

1. Inschriften des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr. 1.1 Präsargonische Zeit

1.1.1 Weihinschrift der Akalam, Gemahlin des Fürsten Abzukidu von Nippur Weihinschrift aus der Zeit des Abzukidu (26. Jh. v. Chr.?) auf zwei zusammengehörigen Steingefäßfragmenten aus Nippur. Gemäß der Weihinschrift stiftete Akalam, die Gemahlin des Fürsten Abzukidu von Nippur, eine Steinschale der Göttin Inana. Gefunden wurden die Gefäßfragmente im Bereich des Inana-Tempels in Nippur (Schicht VIIB). 5) Es wird vermutet, daß Abzukidu etwa zeitgleich mit den Texten aus Sˇuruppak (Fa¯ra-Zeit) zu sehen ist. 6) Edition: A. Goetze, Early Dynastic Dedication Inscriptions from Nippur, JCS 23 (1970) 43 (Umschrift, Übersetzung, Kommentar) und 50 (Kopie) – Bearbeitung: H. Steible, Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 5/II), Wiesbaden 1982, 223 (Abzukidu 1); D. R. Frayne, Presargonic Period (2700-2350 BC) (RIME 1), Toronto / Buffalo / London 2008, 355 (E1.11.3) – Übersetzung: J. S. Cooper, Presargonic Inscriptions (SARI I), New Haven 1986, 91 (Ni 3); G. Pettinato, I re di Sumer I, Brescia 2003, 239 (Ni 1.1); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 127 (G 73) mit Taf. 6 (Photo) – Aufbewahrungsort: Iraq Museum, Baghdad (IM 66123). (1) (Der

Göttin) Inana (2) (hat) Akalam, (3) die Ehefrau des Abzukidu, (4-5) des Stadtfürsten von Nippur, (6) (dies) geweiht.

1.1.2 Weihinschrift eines Kaufmanns für das Leben der Königsfamilie Weihinschrift (um 2430 v. Chr.) auf steinernen Gefäßfragmenten aus Ur. Nach vorliegender Weihinschrift stiftete der Kaufmann Anuzu in Ur dem Gott Nanna ein Steingefäß für das Leben des Königs Lugalkinesˇdudu 7), näher charakterisiert durch den ›Prestigetitel‹ »König von Kisˇ«, 8) für das Leben der (Ehefrau des Lugalkinesˇdudu) 9) Ninbanda und für das Leben des (Prinzen) Lugal-KISAL-si. Bei Anuzu dürfte es sich gewiß um einen wohlhabenden und dem Königshaus verbundenen Kaufmann gehandelt haben.

5. 6.

7. 8. 9.

2

Zur Schicht VII des Inana-Tempels in Nippur vgl. die Ausführungen bei R. L. Zettler, The Ur III Temple of Inanna at Nippur. The Operation and Organization of Urban Religious Institutions in Mesopotamia in the Late Third Millennium B.C. (BBVO 11), Berlin 1992, 31-35. Vgl. M. Krebernik, Die Texte aus Fa¯ra und Tell Abu¯ Sala¯bı¯h, in: P. Attinger / M. Wäfler (Hg.), ˘ ˙ Frühdynastische Annäherungen 1: Mesopotamien. Späturuk-Zeit und Zeit (OBO 160/1), Freiburg / Göttingen 1998, 259; vgl. auch die chronologischen Überlegungen (mit Literatur) bei Zettler, The Ur III Temple of Inanna at Nippur, 35-38. Zum Problem der Schreibung des Königsnamens vgl. D. O. Edzard, Lugal-kinisˇe(e)-dudu, RlA VII (1987-1990) 146. Vgl. dazu J. S. Cooper, Reconstructing History from Ancient Inscriptions: The Lagash-Umma Border Conflict (SANE II/1), Malibu 1983, 7 mit Anm. 5. In diesem Sinne Cooper, Presargonic Inscriptions, 103 Anm. 2 zu Uk 1.6. sowie Frayne, Presargonic Period, 418; vgl. auch Neumann, AoF 8 (1981) 81 mit Anm. 46.

Texte aus Mesopotamien

Edition: C. J. Gadd / L. Legrain, UET I Nr. 3 (Kopie) – Bearbeitung: H. Steible, Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften II, FAOS 5/II, Wiesbaden 1982, 301 f. (Lugalkiginnedudu 3); D. R. Frayne, Presargonic Period (2700-2350 BC) (RIME 1), Toronto / Buffalo / London 2008, 418 f. (E1.14.14.6) – Übersetzung: J. S. Cooper, Presargonic Inscriptions (SARI I), New Haven 1986, 103 (Uk 1.6); G. Pettinato, I re di Sumer I, Brescia 2003, 230 f. (Uk 2.3); vgl. auch H. Neumann, Eine Inschrift des Königs Lugalkisalsi (VA 4855), AoF 8 (1981) 81 mit Anm. 43-46 (Literatur); E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 146 (G 173) mit Taf. 9 (Photo) 10) – Aufbewahrungsort: British Museum, London (BM 116439). (1) (Dem

Gott) Nanna, (2) (hat) Anuzu, (3) der Kaufmann, (4-6) [für das Leben des Lugalk]in[e]sˇdudu, des Königs von Kisˇ, 11) (7-8) für das Leben der Ninbanda (9-10) (und) [für] das Leben des LugalKISAL-[si] (11) (dieses Gefäß) ge[weiht].

1.1.3 Bauinschrift des Lugal-KISAL-si, des Königs von Uruk und Ur Bauinschrift des Königs Lugal-KISAL-si (um 2400 v. Chr.) auf dem nagelförmigen Unterteil einer Gründungsfigur aus dem Kunsthandel; ursprünglicher Herkunftsort wohl Uruk. 12) Die Inschrift hat die Erbauung eines ansonsten nicht weiter bekannten Tempels der Göttin Namma 13) (wohl in Uruk) durch Lugal-KISAL-si, 14) den König von Uruk und Ur, zum Gegenstand, wobei die Göttin selbst als »Gemahlin des (HimAbb. 1: Beterstatuette des Lugal-KISAL-si melgottes) An« bezeichnet wird. Der Inschriftenträger, eine Gründungsfigur mit nagelförmigem Unterteil, trägt auf der rechten Schulter das Zeichen digˆir »Gott«, was als Hinweis darauf verstanden werden darf, daß mit der Figur die Darstellung einer Gottheit vorliegt. Erhaltene Oberteile von zwei weiteren ähnlich gestalteten Statuetten (ohne die nagelförmigen Unterteile mit den dort zu erwartenden Inschriften) deuten darauf hin, daß mit mehreren derartigen Gründungsfiguren des Königs Lugal-KISAL-si zu rechnen ist. 15) Zu den wenigen inschriftlichen Zeugnissen für den König LugalKISAL-si vgl. Neumann, AoF 8 (1981) 80 f.

10. 11. 12. 13. 14. 15.

Photo auch bei J. S. Cooper, Studies in Mesopotamian Lapidary Inscriptions. III, Iraq 46 (1984) Taf. V. Zur Lesung von Z. 6 vgl. Cooper, Iraq 46 (1984) 92. Vgl. dazu die Diskussion bei Neumann, AoF 8 (1981) 77 und 80. Zur Göttin Namma vgl. F. A. M. Wiggermann, Nammu, RlA IX (1998-2001) 135-140. Zum Problem der Lesung des Königsnamens vgl. (mit Literatur) Frayne, Presargonic Period, 421. Dies ist in der Forschung allerdings nicht unbestritten; vgl. dazu (mit Literatur) Neumann, AoF 8 (1981) 76 f. sowie zuletzt Frayne, Presargonic Period, 422.

3

Hans Neumann

Edition (und Bearbeitung): H. Neumann, Eine Inschrift des Königs Lugalkisalsi (VA 4855), AoF 8 (1981) 75-82 (mit Kopie und früherer Literatur) – Bearbeitung: H. Steible, Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 5/II), Wiesbaden 1982, 309 f. (Lugalkisalsi 5); D. R. Frayne, Presargonic Period (2700-2350 BC) (RIME 1), Toronto / Buffalo / London 2008, 422 f. (E1.14.15.2) – Übersetzung: J. S. Cooper, Presargonic Inscriptions (SARI I), New Haven 1986, 103 (Uk 2.2); G. Pettinato, I re di Sumer I, Brescia 2003, 233 (Uk 3.4); vgl. auch L. Jakob-Rost, Gründungsurkunde in Form einer Statuette mit Inschrift, in: Staatliche Museen zu Berlin. Das Vorderasiatische Museum, Mainz 1992, 84 Nr. 33; J. Marzahn, Foundation figure of Lugalkisalsi, in: J. Aruz (Hg.), Art of the First Cities. The Third Millennium B.C. from the Mediterranean to the Indus, New Haven / London 2003, 64 f. – Aufbewahrungsort: Vorderasiatisches Museum, Berlin (VA 4855). (1) Der

(Göttin) Namma, (2) der Ehefrau des An, (3) (hat) Lugal-KISAL-si, Uruk (5) (und) König von Ur, (6) den Namma-Tempel (7) gebaut.

(4) König

von

1.1.4 Weihinschrift der Bara’irnun, der Gemahlin des Königs Gˆisˇakidu von Umma Inschrift (um 2380 v. Chr.) auf einem Plättchen aus Goldblech wohl aus Umma. Nach vorliegender Inschrift auf dem Goldplättchen stiftete Bara’irnun, die Ehefrau ˆ isˇakidu von Umma, dieses dem Gott Sˇara. Auf Grund der im Text nodes Königs G tierten Genealogie wird klar, daß Bara’irnun aus dem Königshaus von Umma stammte. Als Tochter des Ur-LUM-ma war sie die Cousine ihres Schwiegervaters Il, dessen Vater ein Bruder des Ur-LUM-ma war. 16) Edition: F. Thureau-Dangin, Une tablette en or provenant d’Umma, RA 34 (1937) 177-182 (mit Photo) – Bearbeitung: H. Steible, Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 5/II), Wiesbaden 1982, 268 f. (Gisˇsˇakidu 1); D. R. Frayne, Presargonic Period (27002350 BC) (RIME 1), Toronto / Buffalo / London 2008, 371 (E1.12.6.1) – Übersetzung: J. S. Cooper, Presargonic Inscriptions (SARI I), New Haven 1986, 93 f. (Um 6); G. Pettinato, I re di Sumer I, Brescia 2003, 126 f. (Um 5.1); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 378 (Varia 9); B. André-Salvini, Plaque dedicated by a queen of Umma, in: J. Aruz (Hg.), Art of the First Cities. The Third Millennium B.C. from the Mediterranean to the Indus, New Haven / London 2003, 78 (mit Photo) – Aufbewahrungsort: Musée de Louvre, Paris (AO 19225).

ˇ ara, dem Herrn des Emah, 17) (2) Bara’irnun, Ehefrau des G ˆ isˇakidu, des (1) Dem (Gott) S ˘ des Königs von Umma, (4) Enkelin des Königs von Umma, (3) Tochter des Ur-LUM-ma, En’akale, des Königs von Umma, (5) Schwiegertochter des Il, des Königs von Umma, – ˇ ara hatte strahlend erscheinen lassen (und) ihm das heilige Podest gebaut (6-7) als sie S (8) hatte, (hat sie) für ihr Leben (9) (dies) dem Sˇara im Emah geschenkt. ˘

16. 17.

4

Vgl. D. O. Edzard, Il, RlA V (1976-1980) 46; vgl. auch das Schema bei Cooper, Reconstructing History, 60. Zum Emah, dem Tempel des Sˇara in Umma vgl. A. R. George, House Most High. The Tem˘ ples of Ancient Mesopotamia (MC 5), Winona Lake 1993, 119 f. Nr. 718.

Texte aus Mesopotamien

1.2 Akkade-Zeit

1.2.1 Inschrift der Enhedu’ana, der Tochter des Königs Sargon ˘ Inschrift der Enhedu’ana (24./23. Jh. v. Chr.), überliefert als Original auf einer Scheibe ˘ aus Kalkstein sowie als Kopie aus altbabylonischer Zeit; Original und Abschrift aus Ur. Die aus den beiden Textvertretern zu rekonstruierende Inschrift, betreffend die Errichtung eines Altars für die Göttin Inana-ZA.ZA, stammt von Enhedu’ana, der Toch˘ ter des Königs Sargon von Akkade (2340-2284 v. Chr.). Sie wurde von ihrem Vater als »Hohepriesterin« (zirru) 18) des Gottes Nanna in Ur eingesetzt. 19) Dies diente gewiß der Sicherung des Einflusses des altakkadischen Königshauses im Süden Mesopotamiens. Die Überlieferung läßt deutlich werden, daß Enhedu’ana innerhalb der gesell˘ schaftlichen Hierarchie eine bedeutende Position einnahm und diese auch zu nutzen verstand. Darüber hinaus ist für sie auch die Autorschaft mehrerer literarischer Kompositionen bezeugt. Zur Persönlichkeit der Prinzessin Enhedu’ana unter poli˘ tisch-sozialem Aspekt sowie mit Blick auf ihre theologisch-literarische Tätigkeit vgl. zusammenfassend (mit Literatur) J. Goodnick Westenholz, Enheduanna, En-Prie˘ stess, Hen of Nanna, Spouse of Nanna, in: H. Behrens / D. Loding / M. T. Roth (Hg.), Dumu-e2-dub-ba-a, FS Å. W. Sjöberg, Philadelphia 1989, 539-556 (mit Literatur), sowie A. Zgoll, Der Rechtsfall der En-hedu-Ana im Lied nin-me-sˇara (AOAT ˘ 246), Münster 1997. Edition: C. J. Gadd / L. Legrain, UET I Nr. 23 mit Taf. C (Kopie und Photo von U 6612 = CBS 16665); Nr. 289 (Kopie von U 7737) – Bearbeitung: I. J. Gelb / B. Kienast, Die altakkadischen Königsinschriften des dritten Jahrtausends v. Chr. (FAOS 7), Stuttgart 1990, 64 f. (Sargon A 1); D. R. Frayne, Sargonic and Gutian Periods (2334-2113 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1993, 35 f. (E2.1.1.16); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 375 f. (Varia 5) mit Anm. 1049; Melanie J. Hatz, Disk of Enheduanna, daughter of Sargon, in: J. Aruz (Hg.), Art of the First Cities. The Third Millennium B.C. from the Mediterranean to the Indus, New Haven / London 2003, 128 f. (mit Photos von CBS 16665 vor und nach der Restaurierung) – Aufbewahrungsorte: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 16665), und Iraq Museum, Baghdad (U 7737).

18.

19.

Zu SAL.NUNUZ(.ZI) = zirru »Hohepriesterin« vgl. Gelb / Kienast, Die altakkadischen Königsinschriften, 65 (mit Literatur); vgl. auch P. Steinkeller, On Rulers, Priests and Sacred Marriage: Tracing the Evolution of Early Sumerian Kingship, in: K. Watanabe (Hg.), Priests and Officials in the Ancient Near East, Heidelberg 1999, 121 mit Anm. 61; C. E. Suter, Between Human and Divine: High Priestesses in Images from the Akkad to the Isin-Larsa Period, in: J. Cheng / M. H. Feldman (Hg.), Ancient Near Eastern Art in Context, FS I. J. Winter, (CHANE 26), Leiden / Boston 2007, 321. Vgl. Steinkeller, On Rulers, 125 mit Anm. 77.

5

Hans Neumann (1) Enhedu’ana,

(2) Zirru-Priesterin des (Gottes) Nanna, (3) Gemahlin des Nanna, des Sargon, des [Königs] der Gesamtheit, (8-9) (hat) im [Tempel der (Göttin) Ina]na-ZA.ZA 20) in [U]r (10) einen [Alt]ar 21) (11) errichtet (12) (und) »Altar, Tisch des (Gottes) An« (13) mit Namen benannt.

˘ (4-7) Kind

1.2.2 Weihinschrift eines Schreibers des Enlil-Tempels in Nippur Weihinschrift (23. Jh. v. Chr.) auf einem steinernen Gefäßfragment aus Nippur. Gemäß der Inschrift stiftete ein Schreiber des Enlil-Tempels von Nippur das als Schriftträger dienende Gefäß für das Leben einer gewissen Ama’abzi und für das Leben seiner Ehefrau und Kinder. Die Weihung erfolgte ausdrücklich, »damit Uruna’badbi, 22) der ›Tempelverwalter‹ (sagˆgˆa) des Enlil, leben möge«. Uruna’badbi übte das Amt des Tempelverwalters als königlicher Beamter unter Nara¯m-Sîn von Akkade aus. 23) Zur Rolle des Ekur, des Enlil-Tempels von Nippur, sowie zu den sich damit verbindenden Sozialstrukturen in der Akkade-Zeit vgl. den Überblick bei A. Westenholz, The Old Akkadian Period: History and Culture, in: P. Attinger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3: Mesopotamien. Akkade-Zeit und Ur III-Zeit (OBO 160/3), Freiburg / Göttingen 1999, 61 f. Edition: H. V. Hilprecht, BE I/2 Nr. 113 (Kopie) – Bearbeitung: I. J. Gelb / B. Kienast, Die altakkadischen Königsinschriften des dritten Jahrtausends v. Chr. (FAOS 7), Stuttgart 1990, 108 f. (Nara¯msîn B 5 [Urunabadbi]); D. R. Frayne, Sargonic and Gutian Periods (2334-2113 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1993, 243 (E2.6.1); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 163 (G 222) – Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 9330). (1) Der

(Göttin) Ninlil (2-3) (hat,) damit Uruna’badbi, der Tempelverwalter des (Gottes) möge, (5-7) Ursaga, der …-Schreiber 24) des Enlil-Tempels, (8) als WeihEnlil, 25) (9-10) geschenk für das Leben der Ama’abzi (11-12) (und) für das Leben seiner Frau und (13) (dies) geweiht. Kinder (4) leben

20. 21. 22. 23. 24. 25.

6

Zur Schreibung des Götternamens vgl. W. G. Lambert, The Pantheon of Mari, MARI 4 (1985) 537 (»dMÙSˇ.ZA.ZA might be the common Semitic Mesopotamian goddess Asˇtar, later Isˇtar«) mit Nachtrag in MARI 6 (1989) 644. Zu bára-si-ga »(Kult-)Sockel, Altar« s. B. Kienast / W. Sommerfeld, Glossar zu den altakkadischen Königsinschriften (FAOS 8), Stuttgart 1994, 127 (mit Literatur) und 331 f. Zur Lesung des Namens vgl. A. Westenholz, The ›Akkadian‹ Texts, the Enlilemaba Texts, and the Onion Archive (OSP II), Copenhagen 1987, 56. Vgl. Westenholz, The ›Akkadian‹ Texts, 29 mit Anm. 37. Vgl. zur Lesung des Zeichens nach dub-sar »Schreiber« Frayne, Sargonic and Gutian Periods, 243. ga-ti-la wörtl. »Das: ›Ich will leben‹« = »Exvoto, Weihgeschenk«; vgl. dazu G. J. Selz, kaparru(m), ein sumerisches Lehnwort im Akkadischen?, RA 87 (1993) 41 mit Anm. 93 (mit Literatur).

Texte aus Mesopotamien

1.3 Zeit der II. Dynastie von Lagasˇ und der V. Dynastie von Uruk

1.3.1 Bauinschrift des Fürsten Gudea von Lagasˇ Bauinschrift des Gudea (22. Jh. v. Chr.) auf verschiedenen Schriftträgern in überaus ˆ irsu. großer Zahl (ca. 1200 bislang gezählte Exemplare) vornehmlich aus G

Abb. 2: Tonnagel des Gudea

Die Bauinschrift hat den (Neu-)Bau und die Restaurierung des »Eninnu-Weißer Anzu« (é-ninnu-anzumusˇen-bábbar), 26) des Heiligtums des Gottes Ningˆirsu in der Stadt ˆ irsu, unter dem Fürsten Gudea zum Gegenstand. G Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften I (FAOS 9/I), Stuttgart 1991, 304-311 (Gudea 48); D. O. Edzard, Gudea and His Dynasty (RIME 3/1), Toronto / Buffalo / London 1997, 135 f. (E3/1.1.7.37); zu den überlieferten Exemplaren vgl. ergänzend C. E. Suter, A New Edition of the Lagasˇ II Royal Inscriptions Including Gudea’s Cylinders, JCS 50 (1998) 72 mit Anm. 36 f. sowie H. Neumann, Historische Keilschrifttexte im Kestner-Museum Hannover I. Gudea, Lipit-Esˇtar, Sanherib, in: S. Graziani (Hg.), Studi sul Vicino Oriente Antico, GS L. Cagni, Napoli 2000, 784 f. Anm. 12.

(Gott) Ningˆirsu, (2-3) dem mächtigen Helden des (Gottes) Enlil, (4) (hat) Gudea, Fürst von Lagasˇ, (II 1) alles, was sich kultisch gehört, ihm strahlend erscheinen lassen, (2) (hat) sein Eninnu-Weißer Anzu, (3) ihm gebaut (4) (und) hat (es) ihm wiederhergestellt. (I 1) Dem (5-6) der

1.3.2 Weihung für das Leben des Gudea Weihinschrift aus der Zeit des Gudea von Lagasˇ (22. Jh. v. Chr.) auf einem steinernen ˆ irsu stammend. (Gefäß-)Ständer, mit großer Wahrscheinlichkeit aus G Bei dem vorliegenden Objekt mit Inschrift handelt es sich um eine private Weihˆ esˇtin’ana dargebracht gabe, die von einem »Steinschneider« (zadim) der Göttin G wurde. Die Weihung für das Leben des Fürsten Gudea läßt den Stifter sozial im Umfeld des Herrscherhauses vermuten. 26.

Zum Tempel vgl. George, House Most High, 134 Nr. 897; ausführlich zur Geschichte und zu den Teilen des Eninnu A. Falkenstein, Die Inschriften Gudeas von Lagasˇ I: Einleitung (AnOr. 30), Roma 1966, 116-143; ergänzend W. Heimpel, The Gates of the Eninnu, JCS 48 (1996) 1729; C. E. Suter, Gudeas vermeintliche Segnungen des Eninnu, ZA 87 (1997) 1-10.

7

Hans Neumann

Edition: B. R. Foster / K. Polinger Foster, A Lapidaries Gift to Gesˇtinanna, Iraq 40 (1978) 61-65 (Kopie, Photo, Umschrift, Übersetzung mit Kommentar) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften I (FAOS 9/I), Stuttgart 1991, 269 f. (Gudea 16) mit weiterer Literatur; D. O. Edzard, Gudea and His Dynasty (RIME 3/1), Toronto / Buffalo / London 1997, 174 (E3/1.7.91); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 215 f. (Ständer 4) – Aufbewahrungsort: Newell Bequest Collection, Wheaton College, Norton, Mass.

ˆ esˇtin’ana, (2) der Herrin von Sagˆub, 27) (3-6) (hat) für das Leben des Gu(Göttin) G dea, des Fürsten von Lagasˇ, (7) Zikalama, der Steinschneider, (8) (dies) geweiht.

(1) Der

1.3.3 Inschrift des Utuhegˆal, des Königs von Uruk ˘ Inschrift des Königs Utuhegˆal von Uruk (2116-2110 v. Chr.) auf einem Bronzegefäß ˘ unbekannter Herkunft. 28) Die Inschrift auf dem gestifteten Gefäß besteht aus der Königstitulatur des Utuhegˆal und einer Fluchformel. ˘ Aufbewahrungsort: Privatbesitz, vormals Sammlung Erlenmeyer – Edition: M.-L. Erlenmeyer, Ein Bronzegefäß mit Inschrift des Königs Utuhegˆal von Uruk, APA 2 (1971) 255 f. (Ko˘ pie, Photo) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 330-332 (Utuhegal 7); D. R. Frayne, Sargonic and Gutian Periods (2334-2113 BC) (RIME 3/2), Toronto˘/ Buffalo / London 1993, 294 f. (E2.13.6.6) (mit Bezug auf Kollationen durch I. L. Finkel); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 195 (G 404). (1) Utuheg ˆ al, (2) der

mächtige Mann, (3) König von Uruk, (4) König der Vier Weltgegenden ˘ der seine (= des Utuhegˆal) ›geschriebenen‹ Namen auslöscht (7) (und) – (5-6) Derjenige, ˘ (8-10) (oder) der wegen des Fluches einen Anseinen (eigenen) Namen (dafür) schreibt, deren dafür nimmt (und) es (= das Gefäß?) (mittels diesen) zerstört, 29) (11-12) dessen Regierungszeit soll abgeschnitten sein (= soll kurz sein) (13) (und) sein Same (= Nachkommenschaft) soll zu Ende sein! (14) (Ihn sollen) An, der Herr der G[ötte]r, (15) (und die Göttin) Inana, die Herrin vo[n Ur]uk, (16-17) … 30) verfl[uche]n. 31)

27. 28. 29. 30. 31.

8

Der archäologisch bislang noch nicht nachgewiesene Ort Sagˆub gehörte zum Gebiet von Lagasˇ vgl. M. Hilgert, Sagˆub, RlA XI (2006-2008) 531 f. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben, 195 erwägt fragend »Luristan« als Herkunftsgebiet; vgl. auch Erlenmeyer, APA 2 (1971) 255, wonach das Gefäß »aus dem Iran stammen« soll. Zu Z. 5-10 vgl. (mit Abweichungen) auch K. Radner, Die Macht des Namens. Altorientalische Strategien zur Selbsterhaltung (SANTAG 8), Wiesbaden 2005, 256 Anm. 1297. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II, 330 liest Z. 16 in-dub -ba-na »auf seiner (= des Frevlers) ›Aufschüttung‹«; Frayne, Sargonic and Gutian Periods, 295 erkennt dagegen nur in-x-(x)-x- na ; die Kopie in APA 2 (1971) 256 hilft hier nicht weiter. So mit Frayne, Sargonic and Gutian Periods, 295.

Texte aus Mesopotamien

1.4 Zeit der III. Dynastie von Ur

1.4.1 Bauinschrift des Königs Ur-Namma Bauinschrift des Königs Ur-Namma (2111-2094 v. Chr.) auf mehreren Tonnägeln, daˆ irsu. 32) von mindestens einer sicher aus G Für Ur-Namma, den Begründer der III. Dynastie von Ur, ist eine umfangreiche Bautätigkeit bezeugt, was auch in den überlieferten Bauinschriften zum Ausdruck kommt. Dabei spielte zunächst der (Aus-)Bau des Nanna-Heiligtums in der Hauptstadt Ur eine herausragende Rolle. In Nippur erneuerte Ur-Namma im Verlaufe seiner Regierungszeit das Enlil-Heiligtum, das für die Legitimation des Königtums in Ur von besonderer Bedeutung war. Auf letzteren Bau nimmt auch die vorliegende Inschrift Bezug. Verbunden war diese Bautätigkeit mit der Instandhaltung und dem Ausbau des Kanalsystems im Süden Mesopotamiens. Dazu gehörte auch das Anlegen des Kanals Nanna-gugal 33) als Grenzkanal zwischen den Provinzen Lagasˇ und Ur, wovon die vorliegende Inschrift (mit Fluchformel) vornehmlich handelt. Zu den Bemühungen des Königs Ur-Namma im Bereich des Kanalnetzausbaus und zu seiner Bautätigkeit vgl. den ausführlichen Überblick bei W. Sallaberger, Ur III-Zeit, in: P. Attinger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3: Mesopotamien. Akkade-Zeit und Ur III-Zeit (OBO 160/3), Freiburg / Göttingen 1999, 134-139. Edition: F. Thureau-Dangin, Inscription d’Our-engour, RA 6 (1907) 79-82 (Umschrift, Übersetzung mit Kommentar und Kopie von AO 4194) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 130-134 (Urnammu 28); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 63-65 (E3/2.1.1.28); vgl. auch C. Wilcke, Der Kodex Urnamma (CU): Versuch einer Rekonstruktion, in: T. Abusch (Hg.), Riches Hidden in Secret Places, GS Th. Jacobsen, Winona Lake 2002, 294 (Teilbearbeitung I 15-II 14) – Aufbewahrungsorte: Musée du Louvre, Paris, und Iraq Museum, Baghdad. (I 1) Dem

(Gott) Nanna, (2) dem erstgeborenen Sohn des (Gottes) Enlil, (3) seinem Ur-Namma, (5) der starke Mann, (6) der König von Ur, (7) der König von Herrn, Sumer und Akkad, (8-9) als er den Tempel des Enlil gebaut hatte, (10-13) den Kanal mit Namen »Nanna-gugal« – ein Grenzkanal ist es – gegraben; (14) sein Ende hat er bis ins Meer reichen lassen. 34) (15-18) Durch das gerechte Urteil des (Gottes) Utu überprüfte 35) (und) bestätigte er es. 36) (I 1-3) Derjenige, der es gegenüber Nanna 37) ändert, (4-5) – sei er ein König, sei er ein Statthalter, – (6-8) soll wie jemand, der von Nanna verflucht wur(4) (hat)

32. 33. 34. 35. 36. 37.

Vgl. dazu die Bemerkungen bei H. Sauren, The Nannagugal, a Frontier-canal, ASJ 2 (1980) 141 mit Anm. 5. d Nanna-gú-gal »Nanna (ist) Kanalinspektor«. Zu I 14 vgl. auch PSD A2 137b. Zu bar —tam »to examine« vgl. PSD B 131. Zu I 15-18 (di-nì-gi-na-dUtu-ta bar bí-tam KA bí-gi-in) vgl. im vorliegenden Sinn Wilcke, GS Jacobsen, 294; vgl auch Frayne, Ur III Period, 64: »by the just verdict of the god Utu he cleared up (previous claims to the area) and confirmed (the boundary)«. So mit Wilcke, GS Jacobsen, 294 mit Anm. 19.

9

Hans Neumann

de, gemacht werden! 38) (9-10) Im Wohnsitz des Nanna soll er … ! 39). (11-12) Seine (eigene) Stadt soll (ihn) vom/aus … verstoßen/vertreiben! 40) (13-14) Das Leben soll zu einem Übel für ihn gemacht werden!

1.4.2 Bauinschrift des Königs Sˇulgi Bauinschrift des Königs Sˇulgi (2093-2046 v. Chr.) auf mehreren bronzenen Gründungsfiguren und steinernen Gründungstafeln aus Susa. Die Bauinschrift bezieht sich auf die Errichtung des Tempels der Göttin Ninhursagˆ ˘ durch den König Sˇulgi in Susa in Elam, das zu jener Zeit von den Ur III-Königen beherrscht wurde.41) Edition: P. Amiet, Elam, Auvers-sur-Oise 1966 (Photo von Sb 2885 [Gründungsfigur]); M. Lambert, Tablette de fondation de Suse, de Shulgi, RA 64 (1970) 70 f. (Umschrift, Übersetzung und Photo von Sb 6847 [Steintafel]) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 215 f. (Sˇulgi 73); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 137 f. (E3/ 2.1.2.30) – Aufbewahrungsort: Musée de Louvre, Paris.

(Göttin) Ninhursagˆ von Susa, (3) seiner Herrin, (4) (hat) Sˇulgi, (5) der starke Mann, (6) König von Ur,˘(7) König von Sumer und Akkad, (8) ihren Tempel (9) gebaut.

(1-2) Der

1.4.3 Weihinschrift des Königs Amar-Su’ena Weihinschrift des Königs Amar-Su’ena (2045-2037 v. Chr.) auf Türangelsteinen sowie auf Ziegeln aus Ur und Uruk, die in verschiedenen Museen und Sammlungen aufbewahrt werden. ˆ ipar, 42) des Amtssitzes der Die Weihung erfolgte anläßlich der Errichtung des G En-Priesterin des Gottes Nanna in Karzida, und der Berufung besagter En-Priesterin. Bei der hier namentlich nicht genannten Priesterin handelte es sich um eine gewisse En’agazi’ana, deren Amtseinsetzung im Jahre Amar-Su’ena 2 erfolgte.43)

38.

39. 40. 41. 42. 43.

10

Zu hé-na in II 8 (und 14) als »agenslose Prekative des Verbums AK ›machen‹« vgl. C. Wilcke, ˘ Orthographie, Grammatik und literarische Form. Beobachtungen zu der Vaseninschrift Lugalzaggesis (SAKI 152-156), in: T. Abusch / J. Huehnergard (Hg.), Lingering over Words, FS W. L. Moran (HSS 37), Atlanta 1990, 492; vgl. auch P. Attinger, À propos de AK »faire« (I), ZA 95 (2005) 54. II 10 hé-eb-GIBIL unklar. Wilcke, GS Jacobsen, 294 übersetzt »selbst wenn es in Nannas ˘ erneuert wird«; vgl. dazu ders., FS W. L. Moran, 492 Anm. 80. Wohnsitz Zu II 11 f. vgl. die Überlegungen bei Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II, 133 f. Wilcke, GS Jacobsen, 294 mit Anm. 20 liest II 11 gi-zú-ta und übersetzt »aus dem (Schatten des) Baldachins (vertreiben)«. Vgl. dazu im einzelnen D. T. Potts, The Archaeology of Elam. Formation and Transformation of an Ancient Iranian State, Oxford 1999, 130-159. ˆ ipar, »the official residence of the enu-priest or the entu-priestess«, vgl. R. Harris, GiZum G par, RlA III (1957-1971) 377-379 sowie P. N. Weadock, The giparu at Ur, Iraq 37 (1975) 101-128. Vgl. dazu W. Sallaberger, Rezension zu F. Yıldız / T. Gomi, Die Puzrisˇ-Dagan-Texte der Istanbuler Archäologischen Museen II (1988), ZA 82 (1992) 132 f.

Texte aus Mesopotamien

Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 229 f. (Amarsuen 6), 236-238 (Amarsuen 11), 250 f. (Amarsuen 21); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 262264 (E3/2.1.3.16) – Übersetzung: B. Studevent-Hickman, in: M. W. Chavalas (Hg.), The Ancient Near East. Historical Sources in Translation, Malden / Oxford / Carlton 2006, 55 f. (Nr. 27). (1-2) Dem

(Gott) Nanna von Karzida, 44) (3) seinem geliebten Herrn – (4) Amar-Su’ena, (der Gott) Enlil in Nippur mit Namen benannt hat, (8-9) Versorger des EnlilTempels, (10) rechter Gott, (11) Sonnengott seines Landes, (12) mächtiger König, (13) König von Ur, (14) König der Vier Weltgegenden, (15) in Karzida (16) wo seit fernen Tagen ˆ ipar nicht gebaut worden war, (18) (und) keine En-Priesterin lebte, (19) (hat) (17) dessen G ˆ ipar Amar-Su’ena, (20) der Geliebte des Nanna, (21-22) ihm (= dem Nanna) sein heiliges G (23-24) (25) seine geliebte En-Priesterin hat er ihm eintreten lassen. Amar-Su’ena gebaut; (26) wird (dadurch) (seine) Tage lang machen. (27) Für sein Leben (28) hat er (es) ihm geweiht. (5-7) den

1.4.4 Bauinschrift des Großwesirs Urdu-Nanna Bauinschrift des Urdu-Nanna aus der Zeit des Königs Sˇu¯-Sîn (2036-2028 v. Chr.) auf ˆ irsu. vier Türangelsteinen aus G Die Inschrift hat den Bau des Tempels für den (vergöttlichten) König Sˇu¯-Sîn in ˆ irsu zum Gegenstand. Verantwortlich hierfür (und damit handelnder Bauherr in G der Inschrift) war der Statthalter von Lagasˇ Urdu-Nanna, der zugleich als »Großwesir« (sukkal-mah) des neusumerischen Reiches von Ur fast 20 Jahre lang (von ˘ Amar-Suena Jahr 3 – Ibbi-Sîn Jahr 3) sein Amt innehatte und von großem Einfluß war. Die Machtfülle des Urdu-Nanna kommt in der Ämteraufzählung klar zum Ausdruck. Als Statthalter (énsi) und Militärgouverneur (sˇakkana) war er (zumindest unter Sˇu¯-Sîn) vornehmlich in den östlich des Tigris gelegenen Regionen des Ur III-Reiches für die Verwaltung zuständig. 45) Dazu gehörten auch Teile des westlichen Iran, die von Sˇu¯-Sîn während seiner Regierungszeit besiegt worden waren (vgl. TUAT.NF 2, 22-25 Nr. 2.12). Edition: F. Thureau Dangin, Inscription d’Arad-Nannar, RA 5 (1902) 99-102 (Umschrift, Übersetzung und Kopie von AO 3298 a/b) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 265-268 (Sˇu¯-Sîn 13); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 323 f. (E3/ 2.1.4.13); vgl. auch W. Sallaberger, Ur III-Zeit, in: P. Attinger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3: Mesopotamien. Akkade-Zeit und Ur III-Zeit (OBO 160/3), Freiburg / Göttingen 1999, 189 f. (Umschrift und Übersetzung) – Aufbewahrungsorte: Musée du Louvre, Paris, und möglicherweise Archäologische Museen, Istanbul.46)

44. 45. 46.

Karzida war das Heiligtum des Gottes Nanna in Ga’esˇ, einem Ort außerhalb von Ur; vgl. dazu im einzelnen W. Sallaberger, Der kultische Kalender der Ur III-Zeit 1, UAVA 7/1, Berlin / New York 1993, 170-172; George, House Most High, 108 Nr. 570. Vgl. zusammenfassend (mit Literatur) Sallaberger, Ur III-Zeit, 188-190; vgl. darüber hinaus F. Huber, La Correspondence Royale d’Ur, un corpus apocryphe, ZA 91 (2001) 195-197. Vgl. die Angaben bei Frayne, Ur III Period, 323.

11

Hans Neumann

ˇ u¯-Sîn, (2) dem Geliebten des (Gottes) Enlil, (3-5) dem König, den Enlil liebend (I 1) Dem S in sein Herz berufen hat, (6) dem mächtigen König, (7) dem König von Ur, (8) dem König der Vier Weltgegenden, (9) seinem Herrn, (10) (hat) Urdu-Nanna, (11) der Großwesir, (12-13) der Statthalter von Lagas ˇ, (14) der Tempelverwalter des (Gottes) Enki, (15) der Militärgouverneur von Usar-Garsˇana, (16) der Militärgouverneur von Pasˇime, (17) der Statthalter von Sabum (18)˙und des Landes Gutebum, (19) der Militärgouverneur von DimatEnlil, (II 1) der Statthalter von Al-Sˇu¯-Sîn, (2) der Militärgouverneur von Urbilum, (3) der Statthalter von Hamazi (4) und Karahar, (5) der Militärgouverneur von NI.HI, (6) der Mili˘ ˘ tärgouverneur von Sˇimasˇki 47) (7) und˘des Landes Karda, 48) (8) sein Diener, (9) seinen Temˆ irsu (10) gebaut. pel von G

1.4.5 Weihinschrift des Königs Ibbi-Sîn Altbabylonische Kopie einer Weihinschrift des Königs Ibbi-Sîn (2027-2003 v. Chr.) aus Ur. Vorliegende Kopie einer Weihinschrift des Königs Ibbi-Sîn bezieht sich auf das Bildnis (tamsˇ¯ılum) eines Tieres, das der König hat anfertigen und dem Gott Nanna hat weihen lassen. Die Originalinschrift war gewiß auf der (nicht mehr erhaltenen) Tierfigur angebracht gewesen. Vorlage war ein wohl von Boten aus dem im südöstlichen Iran gelegenen Marhasˇi 49) als Geschenk (oder Tribut) überbrachter Leo˘ pard, 50) dessen Ursprungsgebiet sich in dem in Nordwestindien zu lokalisierenden 51) Meluhha befand. ˘˘ Edition: E. Sollberger, UET VIII Nr. 37 (Kopie) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 293-295 (Ibbı¯suen A 11); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 373 f. (E3/2.1.5.4). – Übersetzung: W. W. Hallo, in: W. W. Hallo (Hg.), Monumental Inscriptions from the Biblical World, COS II, Leiden / Boston 2003, 395 (Ibbi-Sin [2.142]) – Aufbewahrungsort: Iraq Museum, Baghdad (IM 85676). (Vs. 1) Dem

(Gott) Nanna, dem ungestümen Jungstier des (Gottes) An, (2) dem Herrn, dem erstgeborenen Sohn des (Gottes) Enlil, (3) seinem Herrn, (4) (hat) Ibbi-Sîn, (5) Gott seines Landes, (6) mächtiger König, (7) König von Ur, (8) König der Vier Weltgegenden, (9) (von) dem gesprenkelten Meluhha-›Hund‹, 52) (10-11) der ihm [aus] Ma[rh]as ˇi als (diplo˘˘ ˘ 47.

48. 49. 50. 51. 52.

12

Zur Lokalisierung von Sˇimasˇki »between Anshan, modern Fars province, and the Caspian« vgl. Potts, Archaeology of Elam, 141; vgl. darüber hinaus jetzt auch P. Steinkeller, New Light on Sˇimasˇki and Its Rulers, ZA 97 (2007) 215-232; D. T. Potts, Puzur-Insˇusˇinak and the Oxus Civilization (BMAC): Reflections on Sˇimasˇki and the geo-political landscape of Iran and Central Asia in the Ur III Period, ZA 98 (2008) 188-191. Zur Liste der Orte in I 15-II 7 vgl. auch die Angaben bei H. Steible, Die neusumerischen Bauund Weihinschriften II, 267 f. (mit Literatur). Zu Marhasˇi vgl. zuletzt Potts, ZA 98 (2008) 191 f. mit Anm. 74 f. (Literatur). ˘ Vgl. in diesem Sinne P. Steinkeller, Marhasˇi, RlA VII (1987-1990) 382. ˘ Vgl. W. Heimpel, Meluhha, RlA VIII (1993-1997) 52-55. ˘ ˘ Zu ur-GÙN »gesprenkelter ›Hund‹« vgl. die Diskussion bei Frayne, Ur III Period, 373 (mit Literatur); für P. Steinkeller, The Question of Marhasˇi: A Contribution to the Historical Geo˘ (1982) 253 »the animal in question most graphy of Iran in the Third Millennium B.C., ZA 72 likely was a leopard (Panthera pardus)«.

Texte aus Mesopotamien

matisches) Geschenk? 53) gebracht worden ist, (Rs. 1) dieses Bildnis (2) hergestellt. (3-4) Für [sei]n Leben hat er (es) [ge]weiht. (5-7) Dieses gesprenkelten ›Hundes‹ Name [i]st: »Er hat fürwahr [g]epackt!« 54).

1.4.6 Weihinschrift des Priesters Ur-Ningˆirsu Inschrift des Priesters Ur-Ningˆirsu (21. Jh. v. Chr.) auf einer Beterstatuette. Die Beterstatuette wurde von Ur-Ningˆirsu, der weit über 20 Jahre – vom Jahr Sˇulgi 44 bis in die Regierungszeit des Ibbi-Sîn hinein – Sˇennu- und En-Priester der Göttin Nansˇe war, 55) dem Gott Nin-DAR-a, dem Gemahl der Göttin Nansˇe, gestiftet. Die Weihung erfolgte für das Leben des Königs Ibbi-Sîn. Edition: J. Marzahn, Sumerische Inschriften des Vorderasiatischen Museums zu Berlin, AoF 14 (1987) 36 f. Nr. 17 (Kopie, Umschrift) mit Taf. V Abb. 8 (Photo) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 281 f. (Ibbı¯suen 3); D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 382 f. (E3/2.1.5.2005); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 275 (St 157) mit Taf. 18 (Photo) – Aufbewahrungsort: Vorderasiatisches Museum, Berlin (VA 8787). (1) Dem

(Gott) Nin-DAR-a, (2) dem gewaltigen Herrn, (3) seinem Herrn, (4-5) (hat) für das Leben des Ibbi-Sîn, (6) des mächtigen Königs, (7) des Königs von Ur, (8) des Königs der Vier Weltgegenden, (9) Ur-Ningˆirsu, (10) En-me-zi-an-na, 56) (11) Sˇennu-Priester 57) (12) (und) geliebter En-Priester der (Göttin) Nans ˇe, (13) (diese Statuette) hergestellt.

1.4.7 Weihung für das Leben des Ibbi-Sîn Weihinschrift der Ehefrau des Statthalters Urdu-Nanna von Lagasˇ (21. Jh. v. Chr.) auf einer flachen Achatperle. Aman-ilı¯, die Gemahlin des Statthalters der Provinz Lagasˇ Urdu-Nanna, weihte eine Achatperle für das Leben des Königs Ibbi-Sîn. Bei Urdu-Nanna handelt es sich um den einflußreichen »Großwesir« (sukkal-mah) des Reiches der III. Dynastie von ˘ Ur (s. oben Nr. 1.4.4). Edition: E. Sollberger, The Wife of Ir-Nanna, RA 61 (1967) 69 f. (Umschrift und Übersetzung); W. G. Lambert, An Eyestone of Ibbi-Sîn, Iraq 41 (1979) 44 (Kopie, Umschrift, Übersetzung) mit Taf. XIV (Photo) – Bearbeitung: H. Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II (FAOS 9/II), Stuttgart 1991, 295 (Ibbı¯sîn 12); D. R. Frayne, Ur III Period 53.

54. 55. 56. 57.

So (fragend) mit Steinkeller, ZA 72 (1982) 253 Anm. 60, für den »the translation ›diplomatic gift‹ seems self-evident«, da gú-un / gún »describes an exotic animal«; anders Steible, Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften II, 293 f., der gú-un / gún hier als »Tribut« auffaßt (ebenso Frayne, Ur III Period, 374). hé-dab5 in Rs. 6 m. E. eher affirmativ als prekativ gemeint; vgl. auch A. Falkenstein, Rezension ˘ E. Sollberger, Ur Excavations Texts VIII (1965), BiOr. 23 (1966) 166 zu Nr. 37. zu Vgl. dazu Steinkeller, On Rulers, 119 Anm. 48. Zur Bezeichnung En-me-zi-an-na des Ur-Ningˆirsu vgl. A. Cavigneaux, Ur-Nansˇe et Ur-Ningirsu, prêtres de Nansˇe, RA 85 (1991) 65 f.; dazu Steinkeller, On Rulers, 119 Anm. 48. Zu sˇennu(ME.AD.KÙ), einer Priesterbezeichnung, vgl. Steinkeller, On Rulers, 119 f. mit Anm. 49.

13

Hans Neumann

(2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 381 f. (E3/2.1.5.2004); vgl. auch E. A. Braun-Holzinger, Mesopotamische Weihgaben der frühdynastischen bis altbabylonischen Zeit (HSAO 3), Heidelberg 1991, 369 (P 20) – Aufbewahrungsort: Privatsammlung A. Mazda, Tehran. (1) Der (6) die

(Göttin) Ba-U, (2) ihrer Herrin, (3-4) (hat) für das Leben des Ibbi-Sîn (5) Aman-ilı¯, Ehefrau des Urdu-Nanna, (7-8) des Statthalters von Lagasˇ, (9) (diese Perle) geweiht.

1.5 Altbabylonische Zeit

1.5.1 Bauinschrift des Königs Lipit-Esˇtar von Isin Bauinschrift des Königs Lipit-Esˇtar (1934-1924 v. Chr.) auf diversen Tonnägeln aus Isin, die sich in verschiedenen Museen und Sammlungen befinden. Die Inschrift berichtet vom Bau eines »Hauses der Gerechtigkeit« (é-nì-si-sá-a) durch den König Lipit-Esˇtar, was gewiß mit dem Erlaß der Gesetze des Lipit-Esˇtar zu Beginn seiner Regierungszeit im Zusammenhang stand. 58) Bearbeitung (mit Zusammenstellung der vorhandenen Exemplare und älterer Literatur): D. R. Frayne, Old Babylonian Period (2003-1595 BC) (RIME 4), Toronto / Buffalo / London 1990, 52-54 (E4.1.5.4); ergänzend H. Neumann, Historische Keilschrifttexte im Kestner-Museum Hannover I. Gudea, Lipit-Esˇtar, Sanherib, in: S. Graziani (Hg.), Studi sul Vicino Oriente Antico, GS L. Cagni, Napoli 2000, 787 f. mit Anm. 25.

Lipit-Esˇtar, (2-3) demütiger Hirte von Nippur, (4-5) rechter ›Bauer‹ von Ur, (6-7) der nicht aufhört (zu sorgen) für Eridu, (8-9) der En-Priester, Zierde von Uruk, 59) (10) der König von Isin, (11) der König von Sumer und Akkad (II 1-2) Herzenswunsch der Inana, (3-5) als ich gerechte Ordnung in Sumer und Akkad gesetzt hatte, (6-8) (habe ich) in Namkarum 60), dem herausragenden Ort der Götter, (9) das ›Haus der Gerechtigkeit‹ (10) gebaut.

(I 1) (Ich,)

1.5.2 Bauinschrift des Königs Sîn-ka¯ˇsid von Uruk Bauinschrift des Königs Sîn-ka¯sˇid (ca. 1860-1833 v. Chr.) auf zwei Gründungskegeln aus Uruk. Sîn-ka¯sˇid, der Begründer einer neuen Dynastie im südbabylonischen Uruk in altbabylonischer Zeit, 61) berichtet in vorliegender Inschrift vom Bau des Tempels 58.

59. 60.

61.

14

Vgl. F. R. Kraus, Königliche Verfügungen in altbabylonischer Zeit (SDIOA XI), Leiden 1984, 19; George, House Most High, 133 Nr. 884; W. Sallaberger, Der ›Prolog‹ des Codex LipitEsˇtar, in: R. Achenbach / M. Arneth (Hg.), »Gerechtigkeit und Recht zu üben« (Gen 18,19). Studien zur altorientalischen und biblischen Rechtsgeschichte, zur Religionsgeschichte Israels und zur Religionssoziologie, FS E. Otto (BZAR 13), Wiesbaden 2009, 9 f. Zur Aufzählung der Orte und der damit im Zusammenhang stehenden Epitheta des Königs vgl. D. O. Edzard, Die »Zweite Zwischenzeit« Babyloniens, Wiesbaden 1957, 77 Anm. 375, zuletzt Sallaberger, FS Otto, 29-31. Unklare topophische Bezeichnung, gegen AHw 727b und Frayne, Old Babylonian Period, 54 wohl nicht mit akk. namkaru »Bewässerungskanal« identisch; vgl. auch CAD N1 231a. Sallaberger, FS Otto, 9 mit Anm. 10 »Verständigungsstelle« (mit abweichender Interpretation von II 6-10). Zur Geschichte der Sîn-ka¯sˇid-Dynastie vgl. den Überblick bei D. Charpin, Histoire Politique

Texte aus Mesopotamien

E’ugalgin’kihusˇa’dua (»Haus – Wie ein großer Sturm, an einem schrecklichen Ort ˘ errichtet«), 62) für den Gott Isˇkur. Verbunden ist die entsprechende Passage mit Angaben zu Preisen (für Gerste, Wolle, Kupfer und Öl), die unter Sîn-ka¯sˇid gegolten haben sollen. 63) Es handelt sich hier wohl um die (propagandistische?) Angabe von Niedrigpreisen, die als Beleg für die Prosperität im Reich zu dienen hatten. 64) Edition: A. Falkenstein, Zu den Inschriftenfunden der Grabung in Uruk-Warka 1960-1961, BaM 2 (1963) 50 f. (Umschrift, Übersetzung) mit Anm. 241a (Varianten in W 18139) und Taf. 6/2 (Kopie von W 20328) – Bearbeitung: D. R. Frayne, Old Babylonian Period (20031595 BC) (RIME 4), Toronto / Buffalo / London 1990, 458 f. (E4.4.1.12) – Aufbewahrungsorte: Uruk-Warka-Sammlung der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (W 18139) 65) und Iraq Museum, Baghdad (W 20328 = IM 67419) 66).

(Gott) Isˇkur, dem Sohn [des] (Gottes) An, (2) [dem] Kanalinspektor von Himmel und Erde, (3) sein[em] Herrn, (4) (hat) Sînk-a¯[sˇid], (5) der [Kö]nig von Uruk, (6) der [Kö]nig der Amna¯nu[m], 67) (7) das E’ugalgin’kihusˇ[a’dua], (8) [seinen] geliebten Tempel, ˘ (9) ge[baut]. (10) Damals, während [seiner] königlichen Regierung, (11) (wurden) je 3 Gur Gerste, (12) je [12] Minen [Wolle], (13) [je 10] Minen [Kupfer], (14) (und) [je 3 Ban] Pflanzenöl (15) entsprechend dem Marktpreis seines Landes (16) [für] 1 Sekel [Si]lber (17) ge[kauft]. (18) (Alle) seine [Ja]hre [seien] Jahre des Über[flusses]! (1) Dem

1.5.3 Bauinschrift der En-Priesterin En’anedu Zweikolumnige Bauinschrift der En-Priesterin En’anedu aus der Zeit des Königs Rı¯m-Sîn von Larsa (1822-1763 v. Chr.) auf der Basis eines Kegels aus Ur. En’anedu, Tochter des Kudur-Mabuk und damit Schwester der beiden Könige Warad-Sîn (1834-1823 v. Chr.) und Rı¯m-Sîn von Larsa, 68) berichtet davon, wie sie als ˆ ipar En-Priesterin des Gottes Nanna während der Regierungszeit des Rı¯m-Sîn am G in Ur gebaut hat. Dabei ging es insbesondere um den Bau einer Umschließungsmauer bei den Grabstätten der En-Priesterinnen. 69) Auf die vorliegende Inschrift bezieht

62.

63. 64. 65. 66. 67. 68. 69.

du Proche-Orient Amorrite (2002-1595), in: P. Attinger / W. Sallaberger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 4: Mesopotamien. Die altbabylonische Zeit (OBO 160/4), Freiburg / Göttingen 2004, 108-113. Zum Tempel des Isˇkur in Uruk vgl. George, House Most High, 153 Nr. 1133; im Zusammenhang mit dem Adad-Kult D. Schwemer, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen. Materialien und Studien nach den schriftlichen Quellen, Wiesbaden 2001, 370. Vgl. dazu Edzard, Die »Zweite Zwischenzeit« Babyloniens, 154 mit Anm. 817 f. Vgl. M. A. Powell, Identification and Interpretation of Long Term Price Fluctuations in Babylonia: More on the History of Money in Mesopotamia, AoF 17 (1990) 92 f. mit Anm. 73 f. So fragend Frayne, Old Babylonian Period, 458. Vgl. M. van Ess, Uruk. Architektur II: Von der Akkad- bis zur mittelbabylonischen Zeit, Teil 1: Das Eanna-Heiligtum zur Ur III- und altbabylonischen Zeit (AUWE 15,1), Mainz 2001, 354. Bei den Amna¯num handelt es sich um einen Nomadenstamm. Die Titulatur weist auf die nomadische Herkunft der Sîn-ka¯sˇid-Dynastie hin; vgl. dazu Edzard, Die »Zweite Zwischenzeit« Babyloniens, 106 f.; Falkenstein, BaM 2 (1963) 23. Zur Geschichte von Larsa in frühaltbabylonischer Zeit unter Warad-Sîn und Rı¯m-Sîn vgl. Charpin, Histoire Politique, 116-127. Zu En’anedu und Ur vgl. M. Van De Mieroop, Society and Enterprise in Old Babylonian Ur (BBVO 12), Berlin 1992, 62 f. und 116 f.

15

Hans Neumann

sich 1200 Jahre später der babylonische König Nabonid, der diese nach eigener Aussage im Zusammenhang mit seinen Rekonstruktionsmaßnahmen am Gˆipar gefunden hatte (vgl. Text Nr. 11 des Beitrages von K. Hecker im vorliegenden Band). 70) Edition: C. J. Gadd, En-an-e-du, Iraq 13 (1951) 27-39 (Umschrift, Übersetzung, Kommentar) mit Taf. XIIIf. (Photo und Kopie) – Bearbeitung: D. Charpin, Le Clergé d’Ur au Siècle d’Hammurabi (XIXe-XVIIIe siècles av. J.-C.), Genève / Paris 1986, 199-206; D. R. Frayne, Old Babylonian Period (2003-1595 BC) (RIME 4), Toronto / Buffalo / London 1990, 299301 (E4.2.14.20) – Aufbewahrungsort: British Museum, London (BM 130729). (I 1) (Ich,)

En’anedu, (2) die En-Priesterin des (Gottes) Nanna, (3) (geschaffen für) die Größe hdesi En-Priesteramtes vom reinen (Mutter-)Leib, (für) das Prinzessinnen-Amt 71) des Himmels, (4) die Herzensgeliebte, (auf deren) Körper die (Göttin) Ningal mit der Hand (= eigenhändig?) das Leuchten des En-Priesteramtes gesetzt hat, 72) (5) Stolz des Ekisˇnugˆal, 73) Rivale des hohen Himmels, (6) Zierde der Cella, helles Licht, das dem Land aufgeht, (7) für die Krone hdesi En-Priesteramtes in heiliger Weise geeignet, (8) für die (Kult-)Regeln (und) Reinigung(sriten) der Göttlichkeit in rechter Weise benannt, 74) (9) die ehrfürchtige Prinzessin, die auf die erhabene Plattform des Hauses ihres Herrn (= Nanna) mit gereinigten Händen gestellt ist, (10) (ich,) En’anedu, (11) die En-Priesterin, die von Nanna und Ningal angeschaut wurde, (12-14) die in großem Maße Ur, der herausragenden Stadt von Sumer, dem Ort des Spielens des Zanaru-Instruments, 75) (und) ˆ ipar für das En-Priesteramt am heiligen Ort gebaut dem Herrn Asˇimbabbar, 76) der das G (15) al[s] Nanna und Ningal (16-17) (mich) den Blick ihres leuchhatte, angemessen ist, – tenden Angesichts, den freudigen Blick des Lebens hatten teilhaftig werden lassen, 77) (18-19) im Heiligtum Ekis ˇnugˆal, ihrem göttlichen Wohnsitz, meinen Namen erhaben gemacht hatten, (20) sie in meinen reinen Mund das [Ge]bet für das Leben gelegt hatten, (21-23) (sie) meine rechte Hand, um die Lebenszeit des Rı¯m-Sîn, meines teuren Bruders, 78) zu verlängern, genommen hatten, (24) das Fremdland, alle seine Feinde, (II 1) in ˆ ipar, des Wohnsitzes seine Hand gefüllt hatten, (2-3) damals, als die Ziegel des heiligen G 70.

71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78.

16

Zu weiteren Einzelheiten vgl. H. Schaudig, Nabonid, der »Archäologe auf dem Königsthron«. Zum Geschichtsbild des ausgehenden neubabylonischen Reiches, in: G. J. Selz (Hg.), Festschrift für Burkhard Kienast zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Freunden, Schülern und Kollegen (AOAT 274), Münster 2003, 482-485. Zu égir (SˇÈ) »Prinnzessin« vgl. P. Steinkeller, The Priestess égi-zi and Related Matters, in: Y. Sefati / P. Artzi / C. Cohen / B. L. Eichler / V. A. Hurowitz (Hg.), »An Experienced Scribe Who Neglects Nothing«, FS J. Klein, Bethesda 2005, 305-307. Vgl. in diesem Sinne H. Steible, Rı¯msîn, mein König. Drei kultische Texte aus Ur mit der Schlußdoxologie dri-im-dsîn lugal-mu (FAOS 1), Wiesbaden 1975, 64, dem Frayne, Old Babylonian Period, 300 folgt. Zum Ekisˇnugˆal, dem Nanna-Ningal-Tempelkomplex in Ur, vgl. George, House Most High, 114 Nr. 653 (mit Literatur). Vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch J. Renger, Untersuchungen zum Priestertum in der altbabylonischen Zeit, 1. Teil, ZA 58 (1967) 132 f. Zu za-na-ru vgl. Å. W. Sjöberg, Beiträge zum sumerischen Wörterbuch, in: H. G. Güterbock / Th. Jacobsen (Hg.), Studies in Honor of Benno Landsberger on his Seventy-Fifth Birthday, April 21. 1965 (AS 16), Chicago 1965, 64 f. »eine Art Leier oder Harfe«. Zum Problem der Lesung dieses Beinamens des Mondgottes Nanna vgl. zuletzt B. Alster, Exit Asˇimbabbar? The Reading of dASˇ/dili-ím-barbar, JCS 56 (2004) 1-3. Wörtl. »gegeben haben«. So mit Schaudig, FS Kienast, 483 mit Anm. 197.

Texte aus Mesopotamien

meines En-Priestertums, nicht an sein Fundament angrenzten, (4) (habe ich,) En’anedu, (5) die En-Priesterin, mit erhabenem Namen in rechter Weise be[nannt], (6) Kind des Kuˆ ipar passende Ziegel fürwahr andur-Mabuk, (7) an das alte Fundament des heiligen G grenzen lassen, (8) habe seine mit Fingern berührten Mauern mit (reinigendem) Verputz fürwahr behandelt, 79) (9) habe diesen Bau fürwahr neu erschaffen. (10-12) Damals war der Ort …, 80) die Stätte der Schicksalsentscheidung (= Friedhof) für die früheren En-Priesterinnen, nicht mit einer Mauer umgeben, sein Zugang (und) sein … waren fürwahr verfallen, 81) (13) eine Wache war nicht aufgestellt, sein Ort war nicht (mehr) rein. (14-15) Ich habe mit meinem weisen Verstand für die Zukunft den Ort der Schicksalsentscheidung ausgesucht. (16) Über die Begräbnisstätte der früheren En-Priesterinnen hinaus 82) (17) setzte ich fürwahr einen breiten heiligen Bezirk, (18) seinen verfallenen Platz umgab ich fürwahr mit einer großen Mauer, 83) (19) eine starke Wache stellte ich auf, seinen Ort reinigte ich fürwahr. (20) Um meinen für das En-Priesteramt ausgewählten Namen (stets) in Erinnerung zu rufen, 84) (21) habe ich dieses Werk fürwahr wiederhergestellt, (22) die Gründung(surkunde), die mich als En-Priesterin preist, habe ich geschrieben 85) (23) (und) für die Tage, solange sie existieren, habe ich sie (= die Gründungsurkunde) dort niederge[legt]. (24) Dies[er] Mauer »Preis s[ei] dem, der sich auf mich bezieht« ga[b] ich fürwahr als ihren Namen.

2. Inschriften des ausgehenden 2. und der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr.

Susanne Paulus 2.1 Kassitenzeit

Obwohl das Sumerische in der 2. Hälfte des 2. Jt. v. Chr. längst eine tote Sprache war, wurden in der Kassitenzeit (ca. 1500-1150 v. Chr.) Königs-, aber auch Privatinschriften in dieser traditionellen Sprache verfaßt. Die Kassitenkönige knüpften als Fremdherrscher damit an die lange Tradition des 3. Jt. v. Chr. an, was sich nicht nur in der Sprachwahl, sondern auch in der Verehrung babylonischer Götter, allen voran Enlil von Nippur, zeigt. 86)

79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86.

Die Übersetzung von II 8 folgt den entsprechenden Überlegungen bei Schaudig, FS Kienast, 484 mit Anm. 202 f. Zur durchaus ansprechenden Interpretation von II 10 únu sˇesˇ ba-an-túm als »›Hall-thatbrings-bitterness‹« vgl. den Kommentar bei Frayne, Old Babylonian Period, 299. Zu II 12 vgl. auch Schaudig, FS Kienast, 484 mit Anm. 206 f. Vgl. A. Falkenstein, Eine Inschrift Waradsîns aus Babylon, BaM 3 (1964) 29. Zu II 16-18 vgl. Schaudig, FS Kienast, 484 f. zu mu pà = sˇumam zaka¯rum im Sinne von »den Namen in Erinnerung rufen« vgl. Radner, Macht des Namens, 64 f.; vgl. zu II 20 auch Falkenstein, BaM 3 (1964) 37 Anm. 18. Vgl. auch Falkenstein, BaM 3 (1964) 37. Zum Sumerischen der Kassitenzeit vgl. zuletzt N. Veldhuis, Kurigalzu’s Statue Inscription, JCS 60 (2008) 25-51 und A. Bartelmus, Restoring the Past. A Historical Analysis of the Royal Temple Building Inscriptions from the Kassite Period, KASKAL 7 (2010) 143-171.

17

Susanne Paulus

2.1.1 Bauinschriften 2.1.1.1 Ziegelinschrift des Kara-indasˇ Tonziegel aus Uruk aus der Regierungszeit des Königs Kara-indasˇ (um 1420 v. Chr.). Von Kara-indasˇ sind die ersten sumerischen Inschriften der Kassitenzeit überliefert. Diese befassen sich einerseits mit der Erneuerung des Eanna, des Hauptheiligtums der Göttin Inana / Isˇtar in Uruk, andererseits wird in der vorliegenden Inschrift die Errichtung eines neuen Tempels in diesem Komplex, sehr wahrscheinlich des bei den Grabungen gefundenen sog. Kara-indasˇ-Tempels, erwähnt. 87) Der König trägt in diesem Text eine traditionelle Titulatur, jedoch wurde diese um die Epitheta »kassitischer König« und »König von Kar(a)duniasˇ«, der kassitischen Bezeichnung für Babylonien, erweitert. Edition: T. G. Pinches, The Cuneiform Inscriptions of Western Asia IV: A Selection from the Miscellaneous Inscriptions of Assyria, London 2 1891, 36 (Kopie); C. B. F. Walker, Cuneiform Brick Inscriptions in the British Museum, the Ashmolean Museum, Oxford, the City of Birmingham Museums and Art Gallery, the City of Bristol Museum and Art Gallery, London 1981, Nr. 57 (Transliteration); vgl. J. A. Brinkman, A Catalogue of Cuneiform Sources Pertaining to Specific Monarchs of the Kassite Dynasty (MSKH I), Chicago 1976, Nr. N.2 für Duplikate und weitere Literatur – Aufbewahrungsort: British Museum, London (BM 90287).

Inana, (2) die Herrin des Eanna, (3) seine Herrin, (4) hat Kara-indasˇ, (5) der starke König , (6) der König von Babylon, (7) der König von Sumer (und) Akkade, (8) der kassitische König, (9) der König von Karduniasˇ, (10) am Eanna (11) einen Tempel gebaut.

(1) Für

2.1.1.2 Ziegelinschrift Kurigalzus I. Tonziegel aus Du¯r-Kurigalzu (2Aqar Qu¯f) aus der Regierungszeit Kurigalzus I. (bis ca. 1369 v. Chr.). Kurigalzu I. gründete nördlich von Babylon eine neue Hauptstadt: Du¯r-Kurigalzu (Kurigalzus Burg). Diese stattete er mit zahlreichen Tempeln für die babylonischen Götter aus und errichtete eine beeindruckende Zikkurat. Die folgende Bauinschrift berichtet von der Anlage eines Kanals zur Wasserversorgung der Stadt und der Errichtung des Stadttores. Edition: T. Baqir, Iraq Government Excavations at 2Aqar Qu¯f. Third Interim Report, 1944-5, Iraq 8 (1946) 89, Taf. XVIII, Nr. 12 (Photo, Transliteration, Übersetzung); T. Baqir, Aqar Quf, Baghdad 1959, 89 und Taf. 6 (Transliteration, Übersetzung); vgl. Brinkman, Catalogue, Nr. Q.2.17.1 – Aufbewahrungsort: Iraq Museum, Baghdad (IM 51004). (1) Für

Enlil, (2) den König der Länder, (3) seinen Herrn, (4) hat Kurigalzu, (5) der Statthalter Enlil, (7) den »Wonne-Kanal« (8) von der Seite der Stadt an (9) fürwahr gegraben. (10) Sein Stadttor (11) hat er mit Ziegeln, die gebrannt waren, (12) fürwahr gebaut. (6) des

87.

18

Vgl. Bartelmus, KASKAL 7 (2010) 160 Anm. 101.

Texte aus Mesopotamien

2.1.1.3 Ziegelinschrift des Adad-sˇuma-usur ˙ Leicht fragmentarischer Tonziegel aus Nippur aus der Regierungszeit des Adad-sˇumausur (1211-1182 v. Chr.). ˙ Auch von den späteren kassitischen Königen sind ähnliche Bauinschriften überliefert, die sich jedoch vor allem mit der Erneuerung und dem Ausbau des Hauptheiligtums des Gottes Enlil in Nippur, des Ekur, beschäftigen. Die vorliegende Inschrift stammt von Adad-sˇuma-usur, der ebenso wie sein Sohn Meli-Sˇipak (1181-1167 ˙ v. Chr.) diese Anlage erneuerte. Edition: H. V. Hilprecht, BE I/2 Nr. 81 (Kopie); J. P. Peters, Nippur: Or, Explorations and Adventures on the Euphrates. The Narrative of the University of Pennsylvania Expedition to Babylonia in the Years 1888-1890, II, New York / London 1897, 165 (Übersetzung); F. R. Steele, Writing and History: The New Tablets from Nippur, UMS 16/2 (1951) Taf. VII (Photo); vgl. Brinkman, Catalogue, Nr. C.2.1 für Duplikate; vgl. auch M. Sigrist, Bricks, in: I. Spar (Hg.), Tablets, Cones, and Bricks of the Third and Second Millennia B.C. (CTMMA 1), New York 1988, 162 f. Nr. 119 (Transliteration und Übersetzung eines Duplikats) – Aufbewahrungsort: University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 8643).

Enlil, (2) den König der Länder, (3) seinen Herrn, (4) hat Adad-sˇuma-usur, (5) sein ge˙ (8) das Ekur, horsamer Hirte, (6) der Versorger von Nippur, (7) der Fürsorger des Ekur, seinen geliebten Tempel, (9) aus Ziegeln, die gebrannt waren, (10) für ihn gebaut.

(1) Für

2.1.2 Weihinschriften 2.1.2.1 Lapislazuliblock des Kadasˇman-Turgu Unregelmäßiger Lapislazuliblock (17,5119 cm) aus Nippur aus der Regierungszeit Kadasˇman-Turgus (1276-1259 v. Chr.). Es sind zahlreiche sumerisch beschriftete Weihgaben aus kassitischer Zeit überliefert. Neben Keulen- und Axtköpfen wurden Perlen aus edlen Steinen, aber auch – wie im vorliegenden Fall – größere Blöcke von unbearbeitetem Edelstein den Göttern gestiftet. So weihte Kadasˇman-Turgu diesen Block, der nach Aussage des Textes ursprünglich ca. 12,5 kg wog, dem Gott Enlil von Nippur. Edition: H. V. Hilprecht, BE I/2 Nr. 63 (Kopie); A. Poebel, Sumerische Studien, MVAeG 26/ 1, Leipzig 1921, 34-37 (Transliteration, Übersetzung); vgl. auch Brinkman, Catalogue, Nr. L.2.8 für weitere Informationen. Zu den Fundumständen und für weitere Literatur s. auch T. Clayden, The Nippug ›Hoard‹, Al-Ra¯fida¯n 32 (2011) 1-56, Nr. 118 – Aufbewahrungsort: Istanbul Arkeoloji Müzeleri (ES¸ 1935). (1) Für

Enlil von Nippur, (2) den Vater der Götter, (3) den König der »großen Fürsten«, 88) König der Länder, (5) seinen Herrn, (6) hat Kadasˇman-Turgu, (7) der König von Ba(8) bylon, sein ehrfürchtiger Versorger, (9) (diesen) Lapislazuliblock, (10) 25 Minen ist sein Gewicht, (11) für sein Leben (12) und das seines Landes (13) ihm geweiht. (14) Der Mann, der diese Inschrift (15) auskratzen wird, (16) dem soll Enlil, sein Herr, (17) der König der Länder, (18) sein Fundament ausreißen (19) und seinen Samen (20) zu Ende gehen lassen.

(4) den

88.

Hierbei handelt es sich um eine spezielle Götterbezeichnung, vgl. D. O. Edzard, RlA V (19761980) 39 f.

19

Susanne Paulus

2.1.2.2 Hundestatue des Ninurta-re¯su¯sˇu ˙ Statue eines sitzenden Hundes aus Ton, wobei Kopf und untere Extremitäten nicht erhalten sind, aus Sippar mit den Maßen 46 cm (Länge)  15 cm (Breite). Die Inschrift befindet sich auf dem Rücken des Tieres. Der Text kann in die Regierungszeit des Nazi-Maruttasˇ (1302-1277 v. Chr.) datiert werden. Der Hund war das Symbol der Heilgöttin Gula, die gewöhnlich auch zusammen mit diesem Tier dargestellt wurde. Daher waren Hundefigurinen eine beliebte Weihgabe an diese Göttin. 89) Der Weihende (Ninurta-re¯su¯sˇu) war einer der höchsten Beamten aus der Regierungszeit des Nazi-maruttasˇ, ˙der laut einer weiteren Inschrift neben den hier belegten Titeln des Tempelverwalters des E’ugal, des Haupttempels des Enlil in Du¯r-Kurigalzu, (später?) auch nîsˇakku-Priester des Enlil in Nippur war. Damit hatte er das höchste religiöse Amt der Kassitenzeit inne. Er führt seine Vorfahren bis in die vierte Generation auf, wobei sein Vater ebenfalls nîsˇakku-Priester des Enlil war. Sein Großvater, der hier nur mit dem Titel »Bürgermeister von Du¯r-Kurigalzu« aufgeführt wird, trug diesen Titel wohl ebenfalls. 90) Dieser lebte wahrscheinlich in der Regierungszeit Kadasˇman-Enlils I. (1369-1355 v. Chr.), 91) während sein Urgroßvater, der als sˇandabakku von Nippur eines der wichtigsten weltlichen Ämter bekleidete, vermutlich unter Kurigalzu I. tätig war. 92) Edition: E. Sollberger, Two Kassite Votive Inscriptions, in: W. W. Hallo (Hg.), Essays in Memory of E. A. Speiser (AOS 53), New Haven 1968, 191-195 (Kopie, Transliteration, Übersetzung); C. B. F. Walker / D. Collon, Hormuzd Rassam’s Excavations for the British Museum at Sippar in 1881-1882, in: L. de Meyer (Hg.), Tell ed-De¯r 3, Leuven 1980, 106 (Fundumstände); vgl. auch Brinkman, Catalogue, Nr. U.2.21 für weitere Informationen – Aufbewahrungsort: British Museum, London (81-7-1,3395). (1) Für

Gula, (2) die erhabene Herrin, (3) die Mutter der Götter, (4) seine Herrin, (5) hat Ninurta-re¯su¯sˇu, (6) der Tempelverwalter des E’ugal, (7) der Tempelverwalter des Königs Enlil, (8) der˙ Sohn des Nu¯r-Dilbat, (9) des nîsˇakku-Priesters des Enlil, (10) der Nachfahre des Enlil-ba¯ni, (11) des Bürgermeisters von Du¯r-Kurigalzu, 93) (12) der Abkömmling des Amı¯la¯tum, (13) des sˇandabakku von Nippur, (14) für das Leben (15) des [Nazi -maruttasˇ, (16) [des Königs] der Gesamtheit, (17) seines Königs, (18) ihre (…) Hunde[statue], 94) (19) für 89.

90. 91. 92. 93. 94.

20

Vgl. zum Hund in der Kassitenzeit U. Seidl, Die babylonischen Kudurru-Reliefs. 2. Erweiterte Auflage (OBO 87), Freiburg / Göttingen 1989, 140-143 und im Zusammenhang mit der Göttin Gula H. Göhde, Vom Hirtenhund zum Göttersymbol. Die Bedeutung des Hundes im Alten Mesopotamien vom Beginn bis zum Untergang, Dissertation Münster 1998, 61-130. Dieser Enlil-ba¯ni ist wahrscheinlich identisch mit dem Begünstigten des Kudurrus L. W. King, Babylonian Boundary-Stones and Memorial-Tablets in the British Museum, London 1912, Nr. 1. Vgl. zur Datierung S. Paulus, »Ein Richter wie Sˇamasˇ« – Zur Rechtsprechung der Kassitenkönigen, ZAR 13 (2007) 4 f. Vgl. zum Amt des Sˇandabakku von Nippur und zur Datierung von Amı¯la¯tum L. Sassmannshausen, Beiträge zur Verwaltung und Gesellschaft Babyloniens in der Kassitenzeit (BaF 21), Mainz 2001, 16-21. Hier KUR.TIki = Parsâ, ein anderer Name für Du¯r-Kurigalzu, geschrieben; s. Kh. Nashef, Die Orts- und Gewässernamen der mittelbabylonischen und mittelassyrischen Zeit (RGTC 5), Wiesbaden 1982, 216. Nach der Kopie ist wahrscheinlich [alan]-ur- urudu - da -ni »ihre kupferne Hunde[statue]«

Texte aus Mesopotamien

[den Tempel] von Sippar, 95) (20) ihr weites [Haus], (21) das erwählte [Haus], (22) ihr [gelie]btes [Haus], (23) für sein [Lebe n (24) [und] für das [Lebe n des Landes (25) [fürwahr] geschaf[fen].

2.2 Isin II- und frühneubabylonische Zeit

Auch in nachkassitischer Zeit bricht die Tradition, Bau- und Weihinschriften in Sumerisch zu verfassen, nicht ab. Von der folgenden Isin II-Zeit (1157-1026 v. Chr.) bis zum Ende der Vorherrschaft der Assyrer über Babylonien (626 v. Chr.) sind rein sumerische Inschriften überliefert. Die meisten sind jedoch kurz und enthalten nur standardisierte Wendungen. 96)

2.2.1 Türsockel mit Bau- und Weihinschrift des Marduk-na¯din-ahhe¯ ˘˘ Einer von vier Türsockeln aus Kalkstein aus der Regierungszeit des Marduk-na¯dinahhe¯ (1099-1082 v. Chr.), die in Ur am Eingang des E(ga)nunmah-Tempels gefunden ˘˘ ˘ wurden. Edition: C. J. Gadd, UET I Nr. 306 (Kopie, Transliteration, Übersetzung). – Bearbeitung: G. Frame, Rulers of Babylonia. From the Second Dynasty of Isin to the End of Assyrian Domination, RIMB 2, Toronto / Buffalo / London 1995, 38 f. (B.2.6.1) (auch zu den Duplikaten und mit weiterer Literatur) – Aufbewahrungsort: British Museum, London (BM 120518). (1) Für

Nanna, seinen Herrn, (2) hat Marduk-na¯din-ahhe¯ , (3) der König der Gesamtheit, ˘ ˘ König von Sumer (und) Akkade, König von Ur, (5) der König von Babylon, (6) der (7) der Versorger von Ur, (8) der das Ekis ˇnugal wachsen läßt, (9) das Eganunmah, (10) den alten Tempel, der zusammengefallen war, (11) (auf)gebaut. (12) Als er ihn (= den˘ Tempel) für ihn restauriert hatte, (13) hat er ihm die(sen) Türsockel (14) aus Stein mit Namen sˇubû 97) (15) geweiht. (4) der

2.2.2 Ziegelinschrift des Marduk-apla-iddina II. 6 Tonziegel aus Uruk aus der zweiten Regierungszeit Marduk-apla-iddinas II. (703 v. Chr.). Nachdem der chaldäische König Marduk-apla-iddina II. (721-710 und 703 v. Chr.), biblischer Name Merodachbaladan, 710 v. Chr. von Sargon II. von Assyrien vertrieben

95. 96.

97.

zu lesen, was bedeuteten würde, daß Teile der Statue, die nicht mehr erhalten sind (vermutlich der Kopf), aus Kupfer waren. Wegen des Fundortes Sippar ist hier sicher der Ortsname und nicht, wie Sollberger, GS Speiser, 193, vorschlug, »Euphrat« zu lesen. Zu Ausnahmen vgl. u. a. einige, jedoch nur stark fragmentarisch erhaltene längere Inschriften aus der Isin II-Zeit; dazu G. Frame, Rulers of Babylonia. From the Second Dynasty of Isin to the End of Assyrian Domination (RIMB 2), Toronto / Buffalo / London 1995, 40 f. (B.2.6.2) bzw. 62 f. (B.2.8.1001). Zur Lesung des Steinnamens vgl. Frame, Rulers of Babylonia, 39 Anm. 14. Zu Identifikationsvorschlägen und zur Bedeutung dieser Steinart vgl. A. Schuster-Brandis, Steine als Schutzund Heilmittel. Untersuchung zu ihrer Verwendung in der Beschwörungskunst Mesopotamiens im 1. Jt. v. Chr. (AOAT 46), Münster 2008, 446-448.

21

Susanne Paulus

worden war, nutzte er den Tod dieses Herrschers 703 v. Chr., um erneut für 9 Monate den babylonischen Thron zu besteigen. Die vorliegenden Bauinschriften aus dem Eanna in Uruk stammen aus dieser kurzen Periode, bevor Marduk-apla-iddina II. von Sanherib endgültig vernichtend geschlagen wurde.98) Edition: J. Jordan / A. Schott, Erster vorläufiger Bericht über die von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften in Uruk-Warka unternommenen Ausgrabungen nebst den inschriftlichen Quellen zur Geschichte Eannas, UVB 1, Berlin 1930, 54 f., Taf. 27 (Kopie, Transliteration, Übersetzung) – Bearbeitung: Frame, Rulers of Babylonia, 140 f. (B.6.21.3) mit weiterer Literatur – Aufbewahrungsort: unbekannt. (1) Für

die Herrin Inana, (2) die Herrin der Länder, (3) seine Herrin, (4) hat Marduk-aplaiddina, (5) der König von Babylon, (6) der König von Sumer (und) Akkade, (7) der König mit reinen Händen (8) in (der Zeit seines) zweiten Königtums, (9) das Eanna, (10) ihren geliebten Tempel, (11) für sein Leben (12) ihr geschaffen.

Abbildungsnachweis Abb. 1: Beterstatuette mit Inschrift des Königs Lugal-KISAL-si, aus: Das Vorderasiatische Museum. Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Mainz 1992, 84 Nr. 33 Abb. 2: Tonnagel mit Inschrift des Fürsten Gudea von Lagasˇ, aus: Gilgamesch – Archäologie einer unsterblichen Gestalt im Alten Orient, Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung, Kestner-Museum Hannover, Hannover 2008, 38 Kat.Nr. 1

98.

22

Für weitere Literatur zu Marduk-apla-iddina II. siehe im vorliegenden Band unten unter Kudurru-Inschriften (Nr. 13.2) Anm. 147.

Akkadische Inschriften Karl Hecker Der Begriff »Inschriften« ist für den Bereich der keilschriftlichen Schriftdenkmäler nur wenig genau beschrieben. Im Reallexikon der Assyriologie sucht man dieses Stichwort vergeblich, immerhin läßt sich dann ein längerer Eintrag »Königsinschriften« finden (Bd. VI [1980-1983] 59-77), der unter »A. Sumerisch« einige Definitionskriterien und unter »B. Akkadisch« Untergattungen wie Bau-, Weih- oder Kommemorativinschriften nennt, anderes wie z. B. Siegelinschriften oder Kudurrus aber unerwähnt läßt. Königsinschriften sind im allgemeinen nicht auf Tontafeln notiert (Abschriften auf solchen sind aber häufig), auch Tonzylinder oder -prismen sind im steinlosen Mesopotamien als Schriftträger üblich. Sie haben keinen Eingang in den literarischen Überlieferungsstrom gefunden 1) und sind über den Herrschernamen meist sehr genau datierbar. Für die weniger zahlreichen und auch nur kurzen privaten Inschriften sind die Datierungsmöglichkeiten jedoch beschränkt. Einigermaßen verwirrend ist dann aber, daß in der assyriologischen Literatur unter der Überschrift »Inschriften« (oder »Inschriftenfunde«) oft auch anderes keilschriftliches Textmaterial wie z. B. Briefe, Rechtsurkunden oder sogar lexikalische Listen aufgeführt oder publiziert worden ist. Die akkad. Begriffe tragen ebenfalls nicht zur Präzisierung bei, sondern bleiben weitgehend unbestimmt, da narû mit der ursprünglichen Bedeutung »beschriebener Stein«, musarû »geschriebener Name« (beides sum. Fremdworte) und salmu »Bild« etwa gleichbedeutend im Sinn von »Inschrift« benutzt wurden. 2) ˙ Viele Inschriften sind wegen ihrer großen historischen oder kulturgeschichtlichen Bedeutung schon mehrfach in moderne Sprachen übersetzt, einige auch bereits in ältere TUAT-Bände aufgenommen worden. Dies gilt z. B. für den von R. Borger in TUAT I (1982-1985) 39-80 übersetzten Codex Hammurapi, dessen Text auf einer über ˘ 2 m hohen Diorit-Stele eingraviert ist, die an ihrer Spitze über dem Keilschrifttext auch eine Abbildung des vor dem Sonnen- und Richtergott Sˇamasˇ stehenden Königs zeigt, und ebenso für die meisten der in TUAT.NF 2 (2005) 45-88 vorgelegten »Herrscherinschriften … zur politischen Geschichte.« Im folgenden werden außer weiteren wichtigen und inhaltlich interessanten Königsinschriften auf Stein oder Tonzylindern auch Beispiele für bisher nicht oder unvollständig vorgelegte Typen wie Siegelinschriften oder Kudurrus übersetzt.

1. 2.

Als Bauinschriften und Gründungsurkunde sind Tonzylinder auch im Mauerwerk oder in Gründungskapseln des jeweiligen Bauwerks deponiert und damit für potentielle Leser unzugänglich. Eine ausführliche Behandlung des Themas »Inschriften« findet sich bei K. Radner, Die Macht des Namens, Altorientalische Strategien zur Selbsterhaltung (SANTAG 8), Wiesbaden 2005, 129 ff.

23

Karl Hecker

1. Kudur-Mabug, der Beduinenscheich Zu Beginn des 2. Jt. wurde ganz Mesopotamien von einwandernden westsemitischen (»amurritischen«) Beduinen-Stämmen überschwemmt, die sich zunächst im flachen Land, dann aber auch in den großen Städten festsetzten und dort allmählich die Macht übernehmen konnten, wobei sie sich meist bald den ortsüblichen Kulturformen unterwarfen. Ein besonders gutes Beispiel für diese Entwicklung liefert KudurMabug, der wie sein Vater Simti-Sˇilhak einen elamitischen Namen hatte. Er nannte ˘ sich »Vater von Emutbala«, fungierte also als ein Art Scheich in dieser Region. Emutbal (oder auch Jamutbal) ist das östliche, an Elam angrenzende Babylonien. Dies macht die elamitischen Namen der beiden Herren verständlich und läßt die Vermutung zu, daß diese auch sonst bereits mehr oder weniger elamisch integriert waren. Die im folgenden übersetzte Inschrift ist jedoch akkadisch abgefaßt, und Kudur-Mabug, selbst kein König, konnte seine Söhne Warad-Sîn und Rı¯m-Sîn nacheinander auf den Königsthron von Larsa bringen. 3) Diese beiden trugen akkad. Namen, ihre Inschriften sind aber traditionsgemäß wieder sum. geschrieben. Text: Tonkegel unbekannter Herkunft im Pariser Louvre (Inv.-Nr. AO 6445), ca. 15,8 cm hoch, 15,5 cm Durchmesser. Publiziert von F. Thureau-Dangin, RA 11 (1914) 91-96 – letzte Bearbeitung: D. R. Frayne, RIME 4, 267-268 (E4.2.13a.2), dort weitere Literatur.

Vater von Emutbala, Sohn von Simti-Sˇilhak, (4-5) gegen Larsa und ˘ ˇ mißfiel, tat er nicht. Emutbala beging er nichts Frevelhaftes. (6-7) Was dem Sˇamas (8-10) Mit dem klugen Verstand, den der Gott ihm gab, suchte er weise und (20) machte (11-12) an einem ruhigen Ort, von dem der Fuß(zugang) ausgeschlossen ist, (19) für ewige Tage (13) ein Haus aus gebrannten Ziegeln 4) (14-15) (als) eine heilige Wohnstatt (und) Aufstellungsort einer Stele, (16-18) worin täglich Opfer beständig sind, (20-21) und setzte ihm einem gewichtigen Namen. (22-23) Für zukünftige Menschen stellte er einen Kultsokkel auf. 5) (24-25) Auf immer für spätere Tage: (26-28) Wer dieses Haus aus gebrannten Ziegeln, wenn es alt wird, nicht verstärkt, (29-30) sein Fundament nicht ausbessert, (31-32) seine Tür herausreißt, seine Schwelle entfernt, (33-35) sein Abflußrohr, wenn es herabfällt, nicht wieder an seine Stelle setzt, (36-38) (es) böswillig abreißt und (39-40) seine Fundamente die Sonne sehen läßt, (41-42) (es) zu Wildwuchsland werden läßt, (43) diesem Mann, sei er König oder Priesterherr, (44-47) möge Nergal, der Gott, der mein Haupt erschuf, zornig in seiner Wut das Herz herausreißen! (48-50) Sˇamasˇ, der Herr von Himmel und Erde, möge ihn mit einem bösen Fluch verfluchen! (1-3) Kudur-Mabug,

3.

4. 5.

24

Eine Schwester der beiden hieß E-ane-du, deren sum. Name mit ihrem Amt als Hohenpriesterin des Mondgottes Nanna von Ur erklärbar ist. Auf ihre Inschrift (s. im Beitrag Neumann oben S. 15-17) nimmt noch über 1200 Jahre später Nabonid Bezug. Vgl. dazu unten Text 11, Kol. II, 1 ff. Das bevorzugte altorientalische Baumaterial sind luftgetrocknete Ziegel; Brennen von Ziegeln ist aufwendig und teuer und daher die Ausnahme. So AHw 770b unter nawı¯tum, CAD N/II 134b ohne Übersetzung.

Texte aus Mesopotamien

2. Tukultı¯-Ninurta I. als Stadtgründer Der assyrische König Tukultı¯-Ninurta (»Mein Vertrauen ist der Gott Ninurta«) besiegte im Jahr 1223 v. Chr. den kassitischen König Kasˇtiliasˇ IV. von Babylon. Er machte dabei eine große Zahl Gefangener, die er nach Assyrien deportierte und dort beim Bau einer neuen Hauptstadt einsetzte, die er Ka¯r-Tukultı¯-Ninurta (»Kai Tukultı¯-Ninurtas«) nannte. Die neue Stadt, die nach dem Tod des Königs bald wieder aufgegeben wurde, lag in Sichtweite von Assur – nur etwa 3 km entfernt – auf der gegenüberliegenden, östlichen Seite des Tigris (heute Tulu¯l 2Aqı¯r). Tukultı¯-Ninurta berichtet über die Neugründung mehrfach in unterschiedlichen Formulierungen, aber immer eingegliedert in Schilderungen seiner militärischen Erfolge. Die hier übersetzte Version stammt von einer Steintafel, die bei den deutschen Ausgrabungen im Bereich des Tempelturms (Ziqqurrat) ausgegraben wurde (Fund-Nr. TA 350, Photo Assur S 6900-2) und sich jetzt im Berliner Vorderasiatischen Museum befindet (Inv.-Nr. VA 8253). Photo: W. Andrae, Das wiedererstandene Assur (München 2 1977) Abb. 158 mit S. 178; Kopie der Inschrift KAH II, 60 – Bearbeitungen: vor allem E. Weidner, Die Inschriften TukultiNinurtas und seiner Nachfolger, AfO Bh 12 (Graz 1959) 26-29 Nr. 16 und A. K. Grayson, RIMA I, 271-274 (A.0.78.23). (1-2) Tukultı¯-Ninurta,

der König der ganzen Welt, der mächtige König, der König des Landes Assur, der König des Landes Sumer und Akkad, (3-5) der König der 4 Weltgegenden, der Auserwählte von Assur und Sˇamasˇ bin ich, der achtsame Fürst, der König, auf den Enlils Augen gerichtet sind, (6-7) der mit dem Heil seines Stabes sein Land auf grüner Aue weidet, (8-9) oberster Beschwörungspriester, von Anu berufen, (9-11) der im Ungestüm seiner Heldenhaftigkeit Fürsten (und) alle Könige unterwarf, (11-12) der wahre Hirte, den Ea im Herzen verlangt, (13-14) der über die 4 Weltgegenden in seiner Macht seinen Namen setzte, (14-16) der erhabene Priester, der Liebling des Sîn, der mit der Gerechtigkeit seines Szepters Menschen und Wohnstätten recht leitet, (17) der tapfere Held, von der Hand Adads berührt, (18-19) der in den Regierungsjahren seines Königtums überschießende Fülle erneuerte, der mächtige Mann, (20-21) Favorit des Ninurta, der mit der Macht seiner Autorität alle Weltgegenden umspannt, (22-24) der kraftvolle Tatkräftige, der Liebling der Isˇtar, der dauernd den Tribut der Länder vom Sonnenaufgang und Sonnenuntergang empfängt, ˇ ulma¯nu-asˇare¯d, dem König der ganzen Welt, König des Landes (25-26) der Erbsohn von S Assur, dem Erbsohn von Adad-ne¯ra¯rı¯, auch König der ganzen Welt, König des Landes Assur. (27-30) Zu Beginn meiner Königsherrschaft in meinem ersten Regierungsjahr deportierte ich 28800 6) Leute des Landes Hatti vom jenseitigen Ufer des Euphrat und verbrachte sie in mein Land. (31-32) Das Land˘ Paphû, das Land Ukumanû bis zum Land Sˇarnida (und) ˘

6.

Wörtlich 8  3600. sár = 3600 ist das höchste keilschriftliche Zahlzeichen. Die Zahl ist wahrscheinlich stark übertrieben, zumal das Ereignis nicht in allen Tukultı¯-Ninurta-Inschriften für erwähnenswert gehalten wurde.

25

Karl Hecker

das Land Mehrû eroberte meine Hand. 7) (33-34) Den Tribut ihrer Länder und den Ertrag ˘ ihrer Berge empfange ich fürwahr immer wieder jährlich. 8) (34-36) Das Land Katmuhu ˘ (und) die Länder Busˇsˇe, Alzi, Madani, Nihani, Alaja, Tepurzi, Purulumzi, (37-38) das Land ˘ Sˇubarû im breiten Umfang umschloß ich mit der Halszwinge, 9) (38-39) die Könige, ihre Gebieter, unterwarf ich meinen Füßen und legte (ihnen) Frondienst auf. (40-41) Mächtige Gebirge (mit) schwierigem Gefels, deren Wege (noch) kein König kannte, (42-44) durchzog ich in der Macht meiner überragenden Autorität und durchschnitt ihre Berge mit Hacken aus Bronze, (45) ihre uneröffneten Wege öffnete ich weit und (46-48) kämpfte mit 40 Königen der Na3iri-Länder in einer Schlacht. 10) Ich bewirkte die Niederlage ihrer Truppen. (49-51) Über alle ihre Länder wurde ich Herr. Dem Nacken dieser Könige der Na3iri-Länder legte ich kupferne Fesseln an 11) (und) (53) brachte sie fürwahr (51) zum Ekur, 12) dem großen Berg, (52-53) dem Haus meines Vertrauens, vor meinen Herrn Assur (und) ließ sie bei den großen Göttern von Himmel (und) Erde schwören. (55-56) Tribut und Geschenk(e) legte ich ihnen für ewige Zeit auf. Im Vertrauen auf die großen Götter Assur, (57) Enlil und Sˇamasˇ, meine Herren, (58-59) (und) unter dem Beistand der Is ˇtar, der Herrin von Himmel (und) Erde, hdiei meinen Truppen vorangingen, (60-61) traf ich mit Kasˇtiliasˇ, dem König des Landes Karduniasˇ, 13) zusammen, um Schlachten durchzuführen. 14) (62-63) Ich bewirkte die Niederlage seiner Truppen (und) warf seine Kämpfer nieder. (64-65) Mitten in diesem Kampf ergriff meine Hand Kasˇtiliasˇ, den kassitischen König. (66-68) Gefangen und gebunden brachte ich ihn vor Assur, meinen Herrn. Über das ganze Land Sumer und Akkad bis zur Grenze wurde ich Herr. (69-83) Die Länder Mari, Hana, Rapiku (weitere 35 Namen): 15) Diese unterstellte ich für˘ Den Tribut ihrer Länder und den Ertrag ihrer Berge brachwahr meinem Befehl. (83-85) ten sie fürwahr zu mir. (85-87) Der Fürst, der ihre Geschenke entgegennimmt, der Hirte, der sie überwacht, und der Hüter, der sie recht leitet, bin ich. (88-90) In diesen Tagen verlangte Assur, mein Herr, auf dem jenseitigen Ufer meiner Stadt, der Stadt, die die Götter suchen, einen Kultort von mir und (90-91) befahl mir, ein Heiligtum für ihn zu erbauen. (91-92) Auf das Geheiß von Assur, dem Gott, der mich 7. Die meisten der hier und im folgenden genannten Orte und Länder sind nicht genau lokalisierbar. Paphû wird in Südostanatolien gesucht, vgl. G. Wilhelm, RlA X (2003-2005) 324-5. 8. Katmuhu lag˘ in der Gegend um die heutige Stadt Cisre, vgl. J. N. Postgate, RlA V (1976-80) 487-8. ˘ 9. Das Land Sˇubarû / Subartu lag etwa zwischen dem Murat Su und dem Tu¯r 2A¯bdı¯n. Vgl. Kh. ˙ Nashef, RGTC 5 (1982) 232-234. 10. Die Na3iri-Länder waren eine wenig genau umrissene Region nördlich von Sˇubarû/Subartu bis etwa zum heutigen Van-See. Vgl. M. Salvini, RlA IX (1998-2001) 87-91 s. v. Nairi, Na3iri. 11. Wörtlich »den Nacken … zerhackte ich mit … Fesseln«. 12. Ekur hieß nicht nur der Tempel des Enlil in Nippur, sondern auch der Hügel in der Nordostecke der Stadt Assur, auf dem der Tempel des Gottes Assur stand. 13. Karduniasˇ war ein in kassitischer Zeit aufgekommener Name Babyloniens. 14. Es handelt sich um Kasˇtiliasˇ IV. Für einen Brief aus Du¯r-Katlimmu, in dem er als Gefangener den reisenden assyrischen König Tukultı¯-Ninurta begleitet, vgl. TUAT.NF 3 (2006) 108 f. 15. Die Liste (bis Z. 82) enthält insgesamt 38 Namen von Ort- oder Landschaften, von denen die meisten sonst unbekannt sind (und auch entsprechend unbedeutend waren). Lokalisierbar sind Mari, Hana, Rapiku (am mittleren Euphrat) und Arrapha (Z. 79, östlich von Assur beim ˘ ˘ heutigen Kerkuk). Die restlichen Orte dürften im assyrisch-babylonischen Grenzgebiet gelegen haben. Vgl. auch Kh. Nashef, RGTC 5, 184 f. s. v. Ma¯ri.

26

Texte aus Mesopotamien

liebt, (98) erbaute ich fürwahr (92-94) gegenüber meiner Stadt Assur 16) längsseits des Tigris in der Steppe und auf unkultiviertem Gelände, (95-96) wo es Haus und Wohnstadt nicht gab, Ruinenhügel und Erdreich nicht aufgeschüttet waren und (97-98) Ziegel nicht gelegt waren, auf dem jenseitigen Ufer eine Stadt für Assur. (99-100) Ihren Namen nannte ich Ka¯r-Tukultı¯-Ninurta. (100-102) Ausgesuchte Stellen durchschnitt ich wie mit der Schnur, die Enge hochragender Berge machte ich mit steinernem Bohrgerät passierbar. (103-104) Einen Bewässerungskanal, der das Leben des Landes sichert (und) Fülle bringt, (105-106) legte ich breit an und machte so die Fluren meiner Stadt zu Bewässerungsland. (106-109) Aus dem Ertrag des Wassers von diesem Kanal stiftete ich für ewig ein Regelopfer für Assur und die großen Götter, meine Herren. In diesen Tagen (113) errichtete ich (110-113) in meiner Stadt Ka¯r-Tukultı¯-Ninurta, den Kultort, den ich erbaute, einen heiligen Tempel (und) ehrfurchtgebietendes Heiligtum als Wohnung für Assur, meinen Herrn. (114) Seinen Namen nannte ich Ekurmesˇarra. 17) (115-118) Darin vollendete ich eine große Ziqqurrat als Kultsockel für Assur, meinen Herrn, und deponierte meine Inschriften. (119-121) Ein späterer Fürst möge, wenn diese Ziqqurrat und der Tempel meines Herrn Assur baufällig werden, ihre Baufälligkeit ausbessern. (122-123) Meine Inschriften möge er mit Öl salben, ein Opfer darbringen (und) sie an ihren Platz zurückstellen. (124-125) Assur, Enlil und Sˇamasˇ mögen (dann) seine Gebete erhören! (125-127) Wer aber die Baufälligkeit der Ziqqurrat und des Tempels meines Herrn Assur nicht ausbessert und (127-128) meine Inschriften und meinen geschriebenen Namen beseitigt, (129-131) diese Ziqqurrat durch Nichtbesehen, Vernachlässigen oder Nichtausbessern zerstört, (132) sich irgendetwas Schlimmes ausdenkt, (133-135) (und dies) vor diese Ziqqurrat und vor den Tempel meines Herrn Assur davorsetzt, (135-138) den mögen Assur, Enlil und Sˇamasˇ, meine göttlichen Helfer, in Klage und Mühsal geleiten, (139-140) am Ort der Schlacht und des Kampfes seine Waffen zerbrechen, (141) die Niederlage seiner Truppen bewirken, (142-144) ihn der Hand eines ihm böse gesonnenen Königs übergeben und dann im Land seiner Feinde gebunden sitzen lassen, (148-149) sein Königtum mögen sie umstürzen (und) seinen Namen und seinen Samen im Land vernichten!

3. Tukultı¯-Ninurta I. beim Gebet Der Kultsockel aus Alabaster mit den Maßen 57, 5  57 cm wurde in Raum 6 des Isˇtar-Tempels in Assur gefunden und befindet sich heute im Berliner Vorderasiatischen Museum (Fund-Nr. Ass. 19869, Mus.-Nr. VA 8136+8277, Photo Ass. 6078 und S 6111-12). Die Abbildung auf dem Sockel zeigt den König im Gebet vor einem solchen Sockel, auf dem ein Griffel als Symbol des Gottes Nusku steht. 18) Der König ist dabei doppelt abgebildet, je einmal stehend und einmal knieend, wobei dem antiken

16. 17. 18.

Auch der Stadtname ist mit dem Determinativ für »Gott« geschrieben (dAsˇ-sˇur). Deutsch etwa »Haus Berg aller göttlichen Kräfte«. Der Griffel ist eigentlich das Symbol des Gottes Nabû, dem Text zufolge betet der König jedoch zu Nusku, ein Beleg für den im 1. Jt. einsetzenden Synkretismus. Für ein weiteres Beispiel vgl. die unten unter Nr. 13.2 übersetzte Weihinschrift des Sˇumma-Asˇsˇur.

27

Karl Hecker

Betrachter klar war, daß so die zwischen diesen beiden Positionen liegende Bewegung dargestellt werden sollte. Photo: W. Andrae, Die jüngeren Ischtar-Tempel in Assur (WVDOG 58, 1935), Tf. 30-31a (auch unten); Kopie der Inschrift KAH II, 55 – Bearbeitungen: E. Weidner, aaO., 36 Nr. 24 und A. K. Grayson, RIMA I (1987), 279-280 (A.0.78.27). (1) Kultsockel

des Nusku, des Großministers vom Ekur, der das (2) gerechte (1) Szepter Assur und Enlil steht, täglich (3) das Gebet Tukultı¯-Ninurtas, des von ihm trägt, geliebten Königs, (4) vor Assur und Enlil [wieder]holt und das Schicksal (5) seiner Macht im Ekur ihm [günstig festsetzt]. (6-7) Meinen Namen möge er [… aussprechen und vor A]ssur, [meinen] Herrn, auf ewig […]. (2) vor

Abb. 1: Tukultı¯-Ninurta beim Gebet

4. Die Stele der Sammu-ra¯mat Etwa dort, wo die Stadtmauer von Assur zum Schutz der Neustadt nach Süden abknickt, liegt zwischen dem Außen- und Binnenwall Salmanassars III. der Stelenplatz, auf dem in den Jahren 1909-11 bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in zwei spitz aufeinander zulaufenden Reihen etwa 140 Stelen und Stelenfragmente von Königen (stadtinnenseitig) oder Beamten (zur Stadtaußenseite) aufgedeckt wurden. Die Mehrzahl der Stelen trägt kurze Inschriften, mit einer Ausnahme aber keine bildhafte Darstellung, obwohl alle Inschriften mit dem Wort salam »Bild von« beginnen. Während die Stelenreihen in der älteren Literatur 19) als ˙eine Art Kalendarium interpretiert wurden, denkt man heute eher an einen Sammel19.

28

Vgl. etwa E. Unger, RlA I (1928-32) 190 s. v. Asˇsˇur, § 60. Der Stelenplatz.

Texte aus Mesopotamien

platz für ausrangiertes Tempel- oder Palastinventar. Die Kalksteinstele der Sammura¯mat besitzt eine Höhe von 2,72 m, eine Breite von unten 1,04 m, nach oben abnehmend und eine von Dicke 0,47 m. Veröffentlichung: W. Andrae, Die Stelenreihen in Assur, WVDOG 24 (Leipzig 1913) 10-11, Tf. XI, 2 (Photo), Übersetzung auch bei W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun. (Hg.), The Context of Scripture Vol. 2 (Leiden / Boston / Köln 2000) 277 (2.114H). Zur Frage der Identifizierung mit der bei Herodot und Ktesias genannten Semiramis vgl. die umfangreiche Literaturzusammenstellung von R. Rollinger, RlA XII (2009-2010) 383-386.

der Sammu-ra¯mat, der Palastfra[u von Sˇam]sˇ¯ı-Adad (V.), König des Alls (und) König des [Landes As]sur (4-5) Mutter [von Ad]ad-ne¯ra¯rı¯ (III.), König des [Landes] Assur, ˇ ulma¯nu-asˇare¯d (III.), König der vier Weltgegenden. (6-7) Schwiegertochter von S (1-3) Bild

5. Asarhaddon erneuert Götterbilder Asarhaddons Persönlichkeit war von religiösen Zweifeln und Aberglauben geprägt. Dies kommt außer z. B. in dem von ihm wiederbelebten Ersatzkönigritual 20) auch in der hier übersetzten Inschrift zum Ausdruck. Erhalten sind zwei Abschriften auf Tontafeln aus Kujuncık/Ninive, beide im British Museum, London (Inv.-Nr. K. 2801+3053+D.T.252 und K. 221+2669). Veröffentlichung: B. Meissner / P. Rost, Die Bauinschriften Asarhaddons, BA 3 (Leipzig 1896) 228-241, 287-297 (Kopie); bearbeitet von R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons, Königs von Assyrien, AfOB 9 (Graz 1956) 78 ff. (§ 52 und 53: AsBbA); zu Teilen der Rs. vgl. A. Berlejung, Die Theologie der Bilder. Herstellung und Einweihung von Kultbildern in Mesopotamien und die alttestamentliche Bilderpolemik (OBO 162), Freiburg / Göttingen 1998, 162167; C. Walker / M. Dick, The Induction of the Cult Image in Ancient Mesopotamia (State Archives of Assyria Literary Texts 1), Helsinki 2001, 25-26. (Vs. 1) Als

Assur, der König der Igigi und Anunnaki, der Vater der Götter, Herr der Länder, der starke Erstling, dessen Wortspruch kein Gott abändern kann, (3) Enlil, der übergroße Herr, der die Schicksale von Himmel und Erde bestimmt (und) die Wohnstätten sichert, (4) Ea, der kluge Herr der Weisheit, Erschaffer der Schöpfung, der alles, wie immer sein Name auch sei, bildet, (5) Sîn, der sich selbst Erneuernde, Isˇtar, die Entscheidungen trifft (und) Zeichen sichtbar macht, (6) Sˇamasˇ, der Großrichter der Götter, der die Finsternis erhellt, dessen herrschaftlicher Glanz die Länder niederwirft, (7) Adad, der Deichgraf von Himmel und Erde, der Regen des Überflusses regnen läßt (und) die Lebewesen belebt, (8) Marduk, der erste Sohn (und) Enlil der Götter, bei dem Auflassen und Besiedeln liegt, (9) [Nabû], der Tafelschreiber von allem, der die Igigi und Anunnaki betreut (und) das gesamte All beaufsichtigt, (10) [Ner]gal, der mächtige Herr von […, der] die Feinde […] der Enlil der weiten Unterwelt, (11) Agusˇe¯a, … […], die Streit erregt (und) Kampf bewirkt, 21) (12) (und) die Sibitti, die Heldengötter, die Bogen und Pfeile halten, deren Aufbruch Schlacht und Krieg bedeutet, (13) die großen Götter, die Himmel (2) Anu,

20. 21.

Vgl. TUAT.NF 3 (2006) 148 für einen Brief zu diesem Ritual. Agusˇe¯a, ältersprachlich Agusˇa¯ja, ist sonst nur aus dem modern nach ihr benannten, in TUAT II (1986-1991) 731-740 übersetzten Lied bekannt (Neue Bearbeitung: B. Groneberg, Lob der

29

Karl Hecker

und Erde bewohnen (und) deren gunstvoller Ausspruch nicht verkehrt werden kann, (14) mich, den As ˇsˇur-aha-iddina, ihren […] mit dem Erheben ihrer heiligen Augen verläßlich erwählten, (15-18)˘ (stark beschädigter Text), (19) […] mir umfassenden [Verstand] schenkten und (20-21) […] auf die Erneuerung (der Kultbilder) der großen Götter [und die Wiederbelebung] der Kultriten meinen Sinn öffneten, (22) [damals habe ich, As ˇsˇur-aha-iddina, König des Al]ls, König des Landes Assur, der ihnen übliche und regelmäßige˘ Opfer einrichtete, (39) der die Kultordnungen vollendet, die üblichen Opfer einrichtet, allen Tempeln große Speiseopfer zum Geschenk macht, (40) [der …], der vom Ausüben von Opfern (und) Durchführen der Kultordnungen nicht abläßt (und) den Monatsfesttag des Gottes beachtet, (41) der den Sonderstatus der Stadt Assur [einri]chtete (und) die Freiheit von Nippur, Babylon, Borsippa (und) Sippar festsetzte, (42) [der …] ihren Einwohnern ihren Schaden wiedergutmachte, 22) (43) [der die verstreu]ten Menschen [von Babylon] sammelte und in Ruhe wohnen ließ, (44) der [heldenhafte] Man[n, der mit Sch]reckensglanz [bekleidet ist], den Assur, der König der Götter, zur Niederwerfung der Feinde des Landes Assur die Waffen aufbieten ließ, (45) das Licht der [Welt]ufer, der Hero, mit dem zur Besiegung der Feinde die Götter als Helfer gehen, (46) der erste von [allen Königen, der vom] Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang geradewegs marschiert, ohne seinesgleichen zu haben, (47) Sohn

von [Sîn]-ahhe¯-erı¯ba, [dem großen], mächtigen König, dem König des Alls, König des Landes Assur˘ ˘(und) Sohn von Sˇarru-kı¯n, König des Alls, König des Landes Assur, (48) Statthalter von Babylon, König des Landes Sumer und Akkad, königlicher Nachkomme von Be¯l-ba¯ni, König des Landes Assur, 23) (49) uralter, echt-assyrischer Abkunft, die seit je auf Geheiß Marduks (50) zur Herrschaft über Land und Leute [auserwählt] und für das Königtum geeignet war, deren Priesterfürstenschaft dem Assur gefiel und (51) deren Opfergaben die Götter von Himmel und Erde begehrten: (52) Am Beginn meines Königstums, in meinem ersten Regierungsjahr, da Assur, der König der Götter, mich froh auf dem Thron meines Vaters hatte Platz nehmen lassen und (Rs. 1) Anum mir seine Krone, Enlil seinen Thron, Ninurta seine Waffe (und) Nergal seinen Schreckensglanz verliehen hatte und (2) mir in Himmel und Erde gute Zeichen aufgetreten waren für die Erneuerung der (Statuen der) Götter (und) den Bau der Heiligtümer: (3) Der funkelnde Jupiter, der die Entscheidung des Landes Akkad trifft, näherte sich im Sima¯n 24) dem Ort, wo Sˇamasˇ (4) sichtbar wurde, 25) und stand still. Im Monat »Toröffnung« 26) (5) erreichte er dann (4) zum 2. Mal den Höchststand (5) und verweilte dann an seiner Stelle. Um Erfolg zu erreichen (und) vollkommen zu handeln, (6) zeigte er mir ein

22. 23. 24. 25. 26.

30

Isˇtar. Gebet und Ritual an die altbabylonische Venusgöttin [Cuneiform Monographs 8], Groningen 1997, 55 ff.). Anspielung auf die Zerstörung Babylon(ien)s durch Asarhaddons Vater Sanherib (689 v. Chr.). Be¯l-ba¯ni war der Assyrischen Königsliste zufolge Sohn des Dynastiebegründers Adasi (seit etwa 1650 v. Chr.). Vgl. TUAT.NF II (2005) 29 Z. 13-16. Der 3. Monat, etwa Mai. Vgl. CAD A/II 204a s. v. apû A 6. »Toröffnung« (pı¯t ba¯bi) ist einerseits der Name eines monatlichen Festes, kann andererseits aber auch für den 4. Monat (sonst Dumuzi) stehen. Vgl. CAD P 446 s. v. pı¯tu A 2.

Texte aus Mesopotamien

günstiges Vorzeichen für das Betreten von Esagila. 27) Die Sterne des Himmels (7) zogen (6) auf ihren (Normal)stationen, (7) nahmen den richtigen Weg (und) verließen den unrichtigen. Monat für Monat (9) antworteten (7) Sîn und Sˇamasˇ (9) gemeinsam mit einem verläßlichen Jawort (8) für das Erneuern der Götter(statuen), die Vollendung der Heiligtümer der Kultorte, die Dauer meiner Regierung und den Bestand meines Thrones. Zu der Zeit (13) betete (9) ich, Asˇsˇur-aha-iddina, König des Alls, König des Landes Assur, (10) der von Assurs erhobenem Auge˘ Ausersehene, das Verlangen der großen Götter, mit dem weiten Verstand und der tiefen Einsicht, (11) die mir der Weise der Götter, Fürst Nudimmud, 28) geschenkt hatte, (12) (und) mit der Verständigkeit, für die Assur und Marduk mir die Einsicht zur Anfertigung der (Statuen der) großen Götter eröffnet hatten, (13) unter Handerhebung, Flehen und Demutsbezeugung 29) zur Gottheit von Assur, dem König der Götter, und zum großen Herrn Marduk: (14) »Bei wem, ihr großen Götter, (liegt es), (Statuen von) Götter(n) und Göttinnen anzufertigen, an einem unzugänglichen Ort? Mit einer schwierigen Aufgabe beauftragt ihr mich immer wieder! (15) (Liegt) die Aufgabe der Erneuerung bei den tauben und blinden Menschen, die sich selbst nicht kennen und nicht über sich selbst entscheiden? (16) Die Anfertigung (von Statuen) der Götter und Göttinnen liegt in eurer Hand, fertigt (sie) selbst an! Und das Heiligtum eurer erhabenen Gottheit (17) möge ebenso, wie ihr es im Sinn habt, ohne Veränderung des Ausspruchs eurer Lippen gebaut werden! (19) Schenkt (18) den tüchtigen Handwerkern, die ihr mit der Ausführung dieses Werks beauftragt, (19) einen weiten Verstand (18) wie den des Ea, ihres Schöpfers, und (19) lehrt sie mit eurem erhabenem Wort die (notwendigen) Fähigkeiten. Alles, was ihre Hände berühren, (20) möge durch Nis ˇsˇikus Kunst gelingen!« Vor dem Urteil des Sˇamasˇ und des Adad verbeugte ich mich ehrfürchtig 30) (21) und ließ für ihre verläßliche Entscheidung die Opferschaupriester sich in Gruppen aufstellen. Für das Betreten der heiligen Werkstatt 31) führte ich mit Bezug auf Assur, Babylon und Ninive die Opferschau durch. (22) Wegen der Handwerker, die das Werk ausführen sollten, und der Einführung in das Geheimwissen bestimmte ich getrennte Anfragen, 32) und (23) die Vorzeichen stimmten wie aus einem Mund überein, und sie 33) antworteten mir mit einem klaren Jawort. In Assur, der Regierungsstadt, (24) dem Wohnsitz des Göttervaters Assur, befahlen sie mir, die heiligen Werkstatt zu betreten. Und sie bezeichneten mir die Handwerker, die das Werk ausführen sollten, mit ihrem Namen. (25) Mit d(ies)em ermutigenden (und) günstigen Vorzeichen befahlen sie mir folgendermaßen, dieses Werk auszuführen: (26) »Beeil dich, sei achtsam (und) sorgfältig, laß den Arm nicht sinken, richte deinen Sinn auf nichts anderes!« 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33.

Esagila hieß Marduks Tempel in Babylon! Nudimmud und Nisˇsˇiku (unten Z. 20) sind Beinamen des Ea, die auf seine kunstvollen und schöpferischen Fähigkeiten verweisen. Wörtlich »Streichen der Nase«. Sˇamasˇ und Adad waren die Götter der Opferschau. Akkad. bı¯t mummi, dies eine für die Herstellung und Reparatur von Götterbildern vorbehaltene Räumlichkeit. Vgl. dazu A. Berlejung, aaO., 89 ff. Eigentlich »Teile« (qa-ta-a-te). Gemeint sind damit die Gruppen der Opferschaupriester, die getrennt von einander, jede für sich die gleiche Orakelanfrage stellen sollen. Sˇamasˇ und Adad.

31

Karl Hecker (27) Auf ihr verläßliches unveränderliches Jawort vertraute ich und verließ sich mein Herz. In einem günstigen Monat an einem gefälligen Tag, (28) im Sˇaba¯t, dem Lieblings˙ monat des Enlil, betrat ich die heilige Werkstatt, den von ihnen gewünschten Ort der Erneuerung. (29) Zimmerer, Goldschmiede, Metallarbeiter (und) Steinschneider, tüchtige Handwerker, die das Geheimwissen kennen, (30) ließ ich (29) in das Haus, das Sˇamasˇ und Adad durch die Opferschau bezeichnet hatten, (30) eintreten und (dort) Platz nehmen. Feinsten Goldstaub aus den Bergen, den noch nie jemand zu kunstvollem Werk verarbeitet hatte, zahllose auserlesene Steine (31) ohne pflanzliche Einsprengsel, 34) Produkt der Berge, denen Ea für herrengemäße Bearbeitung großartig Glanz zugewiesen hatte, (32) stellte ich für die Stätten der großen Götter, meiner Herren, [und] den Schmuck ihrer Gottheit in Menge bereit und füllte ich in ihre heiligen Hände. Die kunstvolle Krone, das Herrschaftskennzeichen (33) meines Herrn Assur, des Königs der Götter, ließ ich aus rotem Gold und auserlesenen Steinen machen und stellte (sie) an ihre Stelle zurück. Diese Krone – sie war mit Strahlenglanz bekleidet, (34) würdig geschmückt, schrecklich leuchtend und mit Gefunkel überzogen – fand vor Assur, meinem Herrn, gar sehr Gefallen; sein Herz wurde froh, seine Gesichtszüge strahlten. (35) Die großen Götter Be ¯ l, Be¯ltı¯ja, Be¯let-Ba¯bilı¯, Ea (und) Mada¯nu wurden in Esˇarra, dem Haus ihres Erzeugers, rechtmäßig geboren, 35) und (36) ihre Gestalt wurde großartig. Mit roter Goldlegierung, Produkt der Unterwelt (und) Staub aus den Bergen, gestaltete ich ihre Erscheinung prachtvoll. Mit erhabener Ausstattung (und) kostbarem Schmuck (37) stattete ich ihren Nacken aus und füllte ihre Brust mit allem, was der große Herr Marduk auf dem Herzen hatte und die Königin Zarpanı¯tu wünschte. (38) Die Bildwerke ihrer großen Gottheit gestalteten sie (die Handwerker) kunstvoller als in früheren Zeiten und machten sie viel prächtiger, versahen (sie) mit furchterregender Kraft (und) ließen sie leuchten wie die Sonne. (39) Einen Sitz aus Maganbaum-Holz, einer dauerhaften Holzart, nebst einer mit rotem Gold verkleideten Fußbank (40) stellte ich (39) für die große Herrin Tasˇme¯tu, die in Etusˇa, der Zella des Marduk in Babylon, wohnt, (40) neu her. Den Gott Amurru, der Himmel und Erde reinigt, Esagila säubert und in Enamtagadua wohnt, erneuerte ich. Absˇusˇu (und) Abtagigi, (41) die im Egisˇhurankia, dem Tempel der ˘ Be¯let-Ninua, wohnen, und alle Götter (und) Göttinnen, die Assur und Marduk befahlen, (42) erneuerte ich und brachte (sie) an ihren Ort zurück. Den Isˇtaran, die Sˇarrat-De¯ri, den Nirah, die Be¯let-bala¯ti, Kurunı¯tu, Sagkud von Bubê (und) Ma¯r-bı¯ti brachte ich in ihre ˙ Stadt De¯r˘ zurück. (43) Usur-amassa, die Beraterin, die sich für mich einsetzt, brachte ich ˙

34. 35.

32

Steine la ki-sˇit-ti ˇsam-me, von A. Berlejung, aaO., 165 mit Anm. 900 als unübersetzbar, in CAD K 423a s. v. kisittu und Sˇ/I 317a s. v. sˇammu als »obscure« bezeichnet, dürfte Felsgestein ohne Spalten und Risse, in die Pflanzenwurzeln eindringen konnten, meinen. Diese Zeile ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis von Asarhaddons religiöser Gedankenwelt. Esˇarra (»Haus des Alls«) war der Tempel des Gottes Assur in der Stadt Assur. Assur ist der »Erzeuger« (za¯rû wörtlich »der Säer«) der Götter. Eine Mutter wird nicht genannt (immaldu¯ »wurden geboren« ist Passiv ohne Agens), weil die »Geburt« in Wirklichkeit eine handwerkliche Tätigkeit war. Von den genannten Göttern waren Be¯l (= Marduk) und Be¯ltı¯ja (= Zarpanı¯tu) natürlich nicht Kinder des Assur, sondern des Ansˇar. Der Richtergott Mada¯nu gehörte zum Hofstaat des Marduk, vgl. M. Krebernik, RlA XI (2006-8) 356-7 s. v. Richtergott(heiten) § 6.

Texte aus Mesopotamien

in ihre Stadt Uruk zurück. Sˇamasˇ von Larsa (44) brachte ich (43) nach Larsa, ˇ uqamuna (und) Sˇimalı¯ja [nach] Sippar-Aru¯ru (44) zurück. 36) (44) Humhumı¯ja, S ˘ Alle˘Mannschaften des Landes Karduniasˇ (Babylonien) bot ich auf und (45) ließ sie Hacke (und) Tragkorb tragen. Mit Ziegelformen aus Elfenbein (und) Buchs- (und) Maganbaumholz ließ ich Ziegel streichen. (46) Ich mischte den Mörtel mit gutem Öl, Honig, Butter, Opferbier, Wein (und) Rauschtrank aus den Bergen. In einem günstigen Monat, an einem Tag der Erhörung, (48) festigte ich, als ich gleichzeitig ihr Fundament legte, 37) auf Gold, Silber, ausgewählten Kräutern, Honig, Butter (und) Opferbier das Ziege[lwerk] (46) von Ehursaggalkurkurra, 38) (47) dem Band von Himmel und Erde (und) Wohnsitz des ˘ Götterkönigs Assur, meines Herrn, und von Esagila, dem Palast der Götter (und) Residenz des großen Herrn Marduk hini Babylon, der Wohnstadt seiner Gottheit. (49) Marduk, der große Herr, gedachte aller Taten am Heiligtum seiner erhabenen Gottheit. Um den Menschen die Macht seiner Taten zu zeigen und die Menschheit den Ruhm seiner Gottheit (50) erfahren zu lassen, (51) ließ ich (50) am […] einen wütenden Schlangendrachen 39) auf alallu-Stein, (51) dem (Amulett-) Stein des Wünschens und Erhaltens, ein lebensechtes Abbild, anbringen. (Die folgenden Zeilen bis Anfang Z. 56 sind stark fragmentiert und daher nicht übersetzt.) (56) … Das, was auf der linken Stele (steht), erster Teil.

6. Assurbanipal baut in Babylon Asarhaddon hatte seine Nachfolge auf Betreiben seiner Mutter Zaku¯tu 40) in außergewöhnlicher Weise geregelt. Zum Herrscher über das Gesamtreich bestimmte er nach dem Tod seines ältesten Sohns Sîn-apla-iddina seinen Drittgeborenen Assurbanipal, während dessen älterer Bruder Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n nur die Königswürde über Babylon erhielt und damit de facto Untertan seines jüngeren Bruders wurde. Bis zu Sˇamasˇsˇuma-ukı¯ns Rebellion im Jahr 652 v. Chr. waren beide Brüder in Babylonien als Bauherren tätig und dokumentierten dies auf mehreren kleinen Stelen, die sie in der Pose eines aktiv Mitarbeitenden mit einem für den Transport von Ziegeln benutzten Tragkorb auf dem Kopf zeigen und die natürlich sämtlich vor 652 zu datieren sind. Der Bericht über Assurbanipals Arbeiten an einer Kapelle des Gottes Ea im MardukTempel Esagila in Babylon steht auf einer knapp 40 cm hohen Stele aus rötlichem 36.

37. 38. 39. 40.

In Z. 40-44 werden mehrere sonst nur wenig bekannte und unbedeutende Gottheiten genannt. Besondere Pflege – sieht man einmal von Assur und Babylon, die mehrfach angeführt werden, ab – erfuhr die im Osttigrisland gelegene Stadt De¯r mit den dort beheimateten Göttern Isˇtaran (RlA V [1976-80] 211), dem erst im 1. Jt. belegten Ma¯r-bı¯ti (RlA VII [1987-1990] 355-357), dem Schlangengott Nirah (RlA IX [1998-2001] 570-574) sowie auch Sagkud von ˘ da Bubê wohl ein Vorort von De¯r war. – Sippar-Aru¯ru, Bubê (RlA XI [1998-2008] 529-530), der heutige Tell ed-De¯r, lag im engeren Umfeld des eigentlichen Sippar. Vgl. zur Stelle CAD M/II 52b s. v. mihirtu A. ˘ die Zella des Assur in seinem Tempel Esˇarra in Assur. »Haus Großer Berg aller Länder« hieß Vgl. A. R. George, House Most High. The Temples of Ancient Mesopotamia (Mesopotamian Civilisations 5), Winona Lake 1993, 100/479. musˇhusˇsˇu, vgl. TUAT.NF 4 (2008) 62, 82. Vgl.˘TUAT.NF II (2005) 91-93 für den von der Zaku¯tu initiierten Loyalitätsvertrag für Assurbanipal.

33

Karl Hecker

Marmor, 41) befindet sich jetzt im British Museum London (Inv.-Nr. BM 90864), wurde erstmals von C. Bezold, Babylonisch-Assyrische Literatur (Leipzig 1886) 113114 bekannt gemacht und seitdem häufig in der assyriologischen Literatur behandelt und als Photo publiziert. Bearbeitung: G. Frame, RIMB 2, 199-292 (B.6.32.2) mit älterer Literatur 42) – Photo: J. Marzahn / G. Schauerte, Babylon. Wahrheit (Ausstellungskatalog Berlin 2008) 162 Abb. 96 (in Farbe); Strommenger / M. Hirmer, Fünf Jahrtausende Mesopotamien (München 1962) Abb. 262; Abbildung auch unten. (1-3) Ich, As ˇsˇur-ba¯ni-apli, der große König, der mächtige König, (4-6) der König der Welt, der König des Landes Assur, der König der 4 Weltgegenden, der König der Könige, der Fürst ohne gleichen, (7-11) der durch das Wort von Assur, Sˇamasˇ und Marduk vom oberen Meer bis zum unteren Meer herrscht und (12-13) alle Herrscher seinen Füßen unterwarf, Pfleger von Esagila, (14-15) dem Palast der Götter, dessen Riegel er wie die Schrift des Firmaments funkeln ließ, 43) (16-17) der die Schäden an allen Heiligtümern reparierte, (18) über alle Kultorte Schutz einrichtete, (19-20) dessen Taten für alle Götter angenehm sind (und) dessen Hirtentum für die Schwarzhäuptigen honigsüß ist, (21-23) Sohn von Asˇsˇur-aha-iddina, dem großen König, dem mächtigen König, dem König der Welt, dem König˘ des Landes Assur, Statthalter von Babylon, König des Landes Sumer und Akkad, der Babylon (wieder)besiedelte, 44) (24-25) der Esagila aufbaute, die Heiligtümer aller Kultorte erneuerte, (26-27) der in ihnen alles Gehörige einrichtete (28) und ihre unterbrochenen Regelopfer bestätigte, (29-32) Riten (und) Rituale wie alters an [ihre] Stelle zurückbrachte, (33-36) Sohnessohn von Sîn-ahhe¯-erı¯ba, dem großen König, dem mächtigen ˘ Landes Assur: (der) bin ich. König, dem König der Welt, dem König˘ des (36-38) Der [große] Herr Marduk, der in der Regierungszeit eines früheren Königs (39-41) vor seinem väterlichen Erzeuger in Assur wohnte, 45) (41-44) trat in den Tagen meiner Regierung (wieder) in Freuden in Babylon ein. Dann (45-48) bestätigte ich die Regelopfer von Esagila und (für) die Götter von Babylon. (48-49) Ich band Babylon in den Schutzbefohlenenzustand ein. (50-51) Damit der Mächtige dem Schwachen kein Unrecht antue, (52-55) betraute ich meinen Lieblingsbruder Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n mit der Königswürde von Babylon. (56-58) Die Arbeit an Esagila, die mein Erzeuger nicht beendet hatte, vollendete ich. 46) (58-61) Prächtige Balken aus Zedern- und Zypressenholz, Produkt des Amanus- und des Libanongebirges, deckte ich darüber. (61-63) Türen aus Buchsbaum-, musukkannu-, Wacholder- (und) Zedern-Holz ließ ich machen und brachte ich dann in seinen 47) Toren an. (63-65) Ich ließ Gerätschaften aus Gold, Silber, Bronze, Eisen, Holz und Stein machen und stellte (sie) in ihm auf.

41. 42. 43. 44. 45. 46. 47.

34

Nach J. Oates, Babylon (London 1979) 123 zu Abbildung 82 jedoch aus Sandstein. Das von Frame, aaO., genannte Stelenkleinstfragment BM 22533 (nach J. Read / C. Walker, Some Neo-Assyrian Royal Inscriptions, AfO 28 [1981-82] 113-122) wird kein Duplikat, sondern eher Fragment einer anderen Stele (etwa des Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n?) sein. Gemeint sind die Sterne. Nach der totalen Zerstörung der Stadt durch Sanherib im Jahr 689. Die Überführung der Marduk-Statue nach Assur hatte bereits Assurbanipals Großvater Sanherib bei seiner Zerstörung von Babylon 689 v. Chr. veranlaßt. »Ich« ist im akkad. Text durch das zusätzliche Personalpronomen ana¯ku besonders hervorgehoben und betont. Esagilas.

Texte aus Mesopotamien (65-67) Zu

der Zeit ließ ich das Ekarzagina, 48) die Kapelle des Gottes Ea in Esagila, neu machen. (67-68) Möge Ea, der König des Apsû, 49) dieses Werk froh anschauen und (68-70) für mich, Asˇsˇurba¯ni-apli, den König des Landes Assur (und) Fürst, der ihn verehrt, ein gutes Wort auf seinen Lippen liegen! (70-71) Lange Lebenstage, Lebensalter satt, Gesundheit des Leibes und ein frohes Herz möge er als mein Schicksal bestimmen! (72-74) Das Fundament meines königlichen Throns möge er wie einen Berg [fest sein lassen], meine Regierung möge er wie 50) Himmel und Erde beständig machen! (74-76) Auch für Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n, den König von Babylon, meinen Lieblingsbruder, mögen seine Tage lange werden, möge er satt werden an Lebensfreude! (76-79) Irgendwann in zukünftigen Tagen möge ein späterer Fürst, in dessen Regierungstagen dieses (Bau)werk baufällig wird, dessen Baufälligkeit ausbessern! (79-81) Er möge mein königliches Bild sehen und [mit Öl] salben, ein Opfer darbringen (und mein Bild) neben sein Bild stellen! (81-82) Ea möge seine Gebete erhören! (82-84) Wer meinen geschriebenen Namen [auslö]scht, mein königliches Bild [zerstört] (85-88) oder seinen Platz verändert und (es) nicht neben sein Bild stellt, (89-92) den möge Ea, der erhabene Herr, wütend (und) böse anblicken! (93-96) Seinen königlichen Thron möge er umstürzen und wegnehmen seine Herrschaft! (96-98) Seinen Namen (und) seinen Samen möge er in den Ländern ausrotten! (99-100) Nicht soll er Mitleid mit ihm bekommen!

Abb. 2: Assurbanipal als Bauherr

7. Inschrift des Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n aus Borsippa Assurbanipal und sein älterer Bruder Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n waren beide vor der Rebellion des letzteren im Jahr 652 v. Chr. am Nabû-Tempel Ezida in Borsippa als Bauherren tätig und hinterließen dort im gleichen Raum je eine Stele, auf der sie sich als Träger des Ziegelkorbs abbilden ließen (vgl. die Abbildung oben). Während der Text der Assurbanipal-Stele bis auf die das Bauobjekt benennenden Z. 33-36 51) und natürlich den dort verehrten Gott Nabû (statt Ea) identisch sind mit dem der Babylon-Stele, weist die des Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n einen eigenen Text auf, der auch dessen subalterne

48. 49. 50. 51.

Deutsch »Haus Lapislazuli-Kai«. Apsû war der das Weltall umgebende Süßwasserozean. In Eas Stadt Eridu gab es auch ein Wasserbecken mit diesem Namen. Für eine bildhafte Darstellung vgl. unten die Abb. 3. Text »mit«. Z. 33-34 von Assurbanipals Borsippa-Stele lauten: »Zu der Zeit: Die Mauer von Ezida, die alt und deren Fundament schwach geworden war, deren Baufälligkeit besserte ich fürwahr in meiner Regierungszeit aus und machte (sie) berghoch«, stimmen also weitgehend mit Z. 1316 von Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯ns Text überein. Die Stelen bieten somit ein schönes Beispiel für die altorientalische Textkompositionstechnik.

35

Karl Hecker

Position durchscheinen läßt. Das Gesicht des Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n auf der Stele ist – wohl nach der Eroberung Babylons durch Assyrer – zerstört worden. Bearbeitungen: C. Bezold, Babylonisch-Assyrische Literatur, Leipzig 1886, 125; mit Photo, Kopie und Bearbeitung publiziert von C. F. Lehmann-Haupt, Sˇamasˇsˇumukîn, König von Babylonien 668-648 v. Chr., AB 8, Leipzig 1892, II 10-11. 56-57 und Tf. V-VII, für weitere Literatur und Photos vgl. die Bearbeitung von G. Frame, RIMB 2, 252-253 (B.6.33.3) – Format der Stele: rötlicher Marmor, 31,2 cm hoch – Aufbewahrungsort: British Museum, London, Inv.-Nr. BM 90866.

bin Sˇamasˇ-sˇuma-ukı¯n, der m[ächtige] König, (3-4) der König von Babylon, der König des Landes Sumer und Akkad, der erhabene Statthalter, der treue Hirte, der den Herrn der Herren verehrt, (5-7) in dessen Regierungszeit Marduk, der Enlil der Götter, Mitleid bekam, in Freude nach Babylon eintrat und in Esagila seine ewige Wohnstatt begründete (8) (der) die Regelopfer von Esagila hfüri die Götter des Landes Sumer und Akkad be[stätigte], (9-10) Sohn von Asˇsˇur-aha-iddina, dem großen König, dem mächtigen ˘ Landes Assur (und) König des Landes SuKönig, dem König der Welt, dem König des mer und Akkad, Sohnessohn von Sîn-ahhe¯-erı¯ba, König des Landes Assur, (11) Nach˘ komme von Sˇarru-kı¯n, König des Landes ˘Assur (und) König des Landes Sumer und Akkad, (12) Lieblingsbruder des Asˇsˇur-ba¯ni-apli, des Königs der Welt, des Königs des Landes Assur, des Königs der 4 Weltgegenden. (13-16) Die Mauer von Ezida, die hini der Regierungszeit eines früheren Königs alt und deren Fundament schwach geworden war, deren Baufälligkeit besserte ich in meiner Regierungszeit aus und machte (sie) berghoch. (17-18) Wer von späteren Königen (und) Söhnen von mir aufkommt und das Land lenkt, (19-21) der möge mein Bild sehen und mit Öl salben, ein Opfer darbringen, meinen Namen neben seinen Namen schreiben und meine Taten preisen! (22-24) Nabû, der Tafelschreiber von Esagila, möge lange Lebensjahre auf (s)eine Tafel schreiben! Alt zu werden bestimme er ihm als Schicksal! (25-26) Vor Marduk, dem König der Götter, möge beständig Gutes über ihn gesprochen werden! (26-28) Wer meinen geschriebenen Namen und den Namen meines Lieblingsbruders mit kunstvoller Arbeit auslöscht und mein Bild zerstört (29-30) oder seinen Platz verändert und (es) nicht neben sein Bild stellt, (31-34) den möge Nabû, der erhabene Herr, wütend (und) böse anblicken! [Seinen Namen], seinen [Sam]en, seine Nachkommen (und) seine Nachfolgeschaft möge er [aus dem Mund der zahlreichen Menschen] entfernen! [Nicht soll er Mitle]id mit ihm bek[ommen]! (1-2) Ich

8. Der wiedergefundene Sonnengott Das im folgenden übersetzte Textensemble geht auf die babylonischen Könige Nabûapla-iddina (887-855 v. Chr.) und Nabonid zurück, wurde 1881 in Abu¯ Habba, dem ˙ antiken Sippar, gefunden und wird jetzt im British Museum, London, aufbewahrt. Es besteht aus vier Stücken: (A) Inv.-Nr. BM 92000: Steintafel (grauer Schiefer) Nabûapla-iddinas, ca. 29,5  17,8  5,1(Mitte)/4,1(Kanten) cm, Reliefszene und 6 Kolumnen Text; (B) BM 92001: Tonabdruck des Reliefs von (A); (C) BM 92002: wie (B), 36

Texte aus Mesopotamien

jedoch zusätzlich mit Text; 52) (D) BM 92004: Aufbewahrungskasten aus Ton für (A)-(C) mit Text wohl des Nabonid, ca. 39,3  50,2  17.5 cm. Die Schiefertafel (A) war bereits in der Antike zerbrochen und, wie Verzapfungsspuren zeigen, repariert worden. Datierung: Während für (A) durch Kol. VI 28 das Jahr 31 Nabû-aplaiddinas gegeben ist (etwa 857 v. Chr.), dürfte die Reparatur von (A) und die Anfertigung von (B)-(D), in der älteren assyriologischen Literatur dem Nabû-apla-usur (625-605 v. Chr.) zugewiesen, mit Woods jedoch eher auf ˙Nabonid zurückgehen, der das ganze Ensemble dann zusammen mit eigenen Urkunden in einem neuen Sammeldepot niederlegte. Kopie von (A): Th. Pinches, V R. Pl. 60-61 – Bearbeitung des gesamten Ensembles mit Photos: L. W. King, Babylonian Boundary-Stones and Memorial-Tablets in the British Museum (London 1912) XXXVI; neu: C. E. Woods, The Sun-God Tablet of Nabû-apla-iddina Revisited, JCS 56 (2004) 23-103 – Bearbeitung von (C): St. Langdon, aaO., 70 f. (Nabopolassar Nr. 5). Photos z. B. auch: J. Marzahn / G. Schauerte, aaO., 180 Abb. 112 ((A) Vs.) und 204 Abb. 134 ((C)-(D)); (A) Vs. auch Abb. 3. Für eine religionsgeschichtliche Auswertung und Teilübersetzung vgl. noch A. Berlejung, aaO., 141 ff.; C. Walker / M. Dick, aaO., 22 ff.

Abb. 3: Sˇamasˇ und die Sonnenscheibe

(A.) Das Relief zeigt den Gott Sˇamasˇ in seinem himmlischen Wohnsitz, der auf dem allumfassenden Süßwasserozean (apsû, angedeutet durch Wellen und Sterne) steht. Über ihm Mondsichel als Symbol für Sîn, Sonne für Sˇamasˇ und Stern für Isˇtar, davor über einem Altar, von Sˇamasˇs zweigesichtigem Boten an zwei Seilen gehalten, eine große Sonnenscheibe; von links nähern sich König, Priester und einführender Gott. Text: a) (über Sˇamasˇ:) Sˇamasˇ und Isˇtar über dem apsû, (2) zwischen Nirah (und) Säulen dargestellt. 53) ˘ b) (vor Sˇamasˇ:) (1) Sîn,

(1-2) Der

Bote des Sˇamasˇ: Schlange mit zwei Gesichtern.

c) (vor der Sonnenscheibe:) (1-3) Bild

52. 53.

des großen Herrn Sˇamasˇ, der im (Tempel) Ebabbar in Sippar wohnt.

Ein weiterer, unpublizierter Abdruck des Reliefs in den Antikenmuseen Istanbul mit kleineren Varianten gibt Anlaß zu der Vermutung, daß ursprünglich (wenigstens) ein Duplikat von (A) existierte. Übersetzung nach CAD B 259b s. v. birı¯t.

37

Karl Hecker

d) (Haupttext:) ˇ amasˇ, (I 1-3) S

der große Herr, der im Ebabbar von Sippar wohnt, (4-8) das in den Wirren und Unruhen des Landes Akkad der schlimme Sutäerfeind in Aufruhr versetzt (und dessen) Baupläne zerstört hatte: (9-12) seine (des Sˇamasˇ) Kultordnungen waren in Vergessenheit geraten, seine Gestalt und seine Ausstattung waren verschwunden; niemand sah sie. (13-15) Simbar-Sˇipak, der König von Babylon, 54) fragte nach seiner Gestalt, doch er schenkte ihm keine Beachtung. (16-17) Sein Bild und seine Ausstattung sah er nicht. Daher (18-19) ließ er angesichts des Sˇamasˇ eine Sonnenscheibe aufhängen, 55) (20) setzte Regelopfer fest und (21-23) wies (sie) dem Ekur-sˇuma-usˇabsˇi, einem Priester aus Sippar (und) Opferschauer zu. (24-28) In der Not- und Mangelzeit unter König Kasˇsˇû-na¯din-ahhe¯ ˘˘ wurde dieses Regelopfer eingestellt, und das Gießopfer hörte auf. 56) (29-II 1) Unter König E’ulmasˇ-sˇa¯kin-sˇumi wandte sich Ekur-sˇuma-usˇabsˇi, der Priester aus Sippar (und) Opferschauer, an den König, seinen Herrn, und (2-3) sagte: »Das Opfer für Sˇamasˇ hat aufgehört«. (4-7) 1 Liter Brot (und) 1 Liter bestes Bier, von der Ration des Vorstehers von Esagil, den Regelopfern des Be¯l, setzte er für Sˇamasˇ fest und (8-10) schenkte es dem Ekursˇuma-usˇabsˇi, dem Priester aus Sippar (und) Opferschauer. (11-14) Einen Garten im Gebiet der Neustadt von Babylon gab er dem Sˇamasˇ und (15-17) stellte ihn dem Ekur-sˇumausˇabsˇi, dem Priester aus Sippar (und) Opferschauer, zur Verfügung. (17-19) Später dann war Nabû-apla-iddina, König von Babylon, (20-22) von Marduk Berufener, Geliebter des Anu und des Ea, der das Herz der Zarpa¯nı¯tu erfreut, 57) (23-25) der heldenhafte Mann, der für das Königtum geeignet ist, der einen furchtbaren Bogen trägt, (26-28) der den schlimmen Sutäerfeind, dessen Vergehen riesig war, niederwarf, (29-30) dem, um das Land Akkad zu rächen, die Kultstätten zu besiedeln, (III 1-2) Heiligtümer anzulegen, Baupläne zu zeichnen, (3-4) Kultordnungen und Riten zu ordnen, (5-6) Regelopfer einzurichten (und andere) Opfer prächtig zu gestalten, (7-10) der große Herr Marduk ein gerechtes Szepter zur Ausübung des Hirtenamts über die Menschen verliehen hatte, – (11-14) Sˇamasˇ, der große Herr, der seit vielen Tagen über Akkad erzürnt war (und) sich im Zorn abgewandt hatte, (15-18) bekam in der Regierungszeit des Nabû-apla-iddina Mitleid und wandte sein Antlitz wieder zurück. (19-21) Ein Bildnis seiner Statue (aus) gebranntem Ton (mit) seiner Gestalt und seiner Ausstattung 58) (23-25) kam jenseits des Euphrats am westlichen Ufer zum Vorschein, und (26-29) Nabû-na¯din-sˇumi, Priester aus Sippar (und) Opferschauer, Nachkomme von Ekur-sˇuma-usˇabsˇi, dem Priester aus Sippar (und) Opferschauer, (30-IV 2) zeigte dieses Bildnis der Statue seinem Herrn, dem König. Und Simbar-Sˇipak regierte 1026-1008 v. Chr. tara¯su eigentlich »ausbreiten, errichten«. Die Übersetzung ist von dem Relief am Kopf der ˙Tafel˙ inspiriert, wo die Sonnenscheibe an zwei Seilen vor Sˇamasˇ hängt. 56. Kasˇsˇû-na¯din-ahhe¯ regierte 1007-1005 v. Chr., E’ulmasˇ-sˇa¯kin-sˇumi folgte ihm bis 988. ˘ 57. Zarpa¯nı¯tu: die ˘Gemahlin des Marduk. 58. Z. 19-21, speziell der Ausdruck u-sur-ti sa-al-mi-sˇú sir-pu ˇsa has-bi sˇikin-sˇú u si-ma-ti-sˇú ˘ ˙ Vgl. die ausführlichen ˙ ˙ ˙ sind Gegenstand lebhafter wissenschaftlicher Diskussion geworden. Kommentare bei Berlejung und Walker / Dick zur Stelle. Die Probleme ergeben sich vor allem aus der Mehrdeutigkeit der beiden ersten Worte (usurtu »Zeichnung, Relief«, salmu ˙ ˙ »Bild, Stele; Statue«). Gefunden wurde jedenfalls eine Fälschung oder eine aus dem Gedächtnis gefertigte Nachahmung des verschwundenen Kultbilds (Stichwort »pia fraus«), die bei dessen Wiederherstellung als Vorlage dienen konnte und daher auch Einzelheiten wie Krone, Szepter und Kleidung erkennen ließ.

54. 55.

38

Texte aus Mesopotamien (3-4) Nabû-apla-iddina,

der König von Babylon, (5-7) der ihm die Herstellung dieses Bildes 59) befohlen und anvertraut hatte, (8-11) sah dieses Bild, sein Gesicht wurde freudig, sein Herz jubelte. (12-13) Dieses Bild zu machen, darauf richtete er seinen Sinn. (14-17) Mit der Kunst des Ea (und) der Fähigkeit von Ninildu, Kusibanda, Ninkurra (und) Ninzadim (18-21) kümmerte er sich respektvoll (und) zuverlässig mit rotem Gold (und) reinem Lapislazuli um das Bildnis des großen Herrn Sˇamasˇ. 60) (22-23) Mit dem Reinigungsritus von Ea und Asarluhi 61) (24-27) wusch er in Ekarzagina, das am Ufer des Euphrat liegt, vor Sˇa˘ 62) und dann (28) bezog es seinen Wohnsitz. (29-32) Opfer nach Hermasˇ seinen Mund, zenswunsch, nämlich riesige Prachtstiere (und) fette, gute (und) große Schafe, opferte er und ließ die Türbänder von Honig, Wein und Röstmehl überfließen. (35-39) Zu der Zeit wurde das Herz von Nabû-apla-iddina, dem König von Babylon, froh, und seine Mienen strahlten. (40-42) Über Nabû-na¯din-sˇumi, Priester aus Sippar (und) Opferschauer, breitete er seinen freundlichen Blick. (43-46) Mit strahlendem Blick, glänzenden Mienen (und) gütigen Augen schaute er ihn froh an und hgewährte ihmi: ˇ amasˇ, (49-53) nebst (47-48) 1 Liter Brot (und) 1 Liter bestes Bier, die alten Regelopfer des S dem Garten, den König E’ulmasˇ-sˇa¯kin-sˇumi dem Ekur-sˇuma-usˇabsˇi, dem Priester aus Sippar (und) Opferschauer, geschenkt hatte, (54-55) (und) von den Broten, dem Bier, Kuchen, Rind- (V 1-2) (und) Schaffleisch, Fischen (und) Gemüse, was aufs neue (3-4) Nabûapla-iddina, der König von Babylon, (5-7) für Sˇamasˇ, Aja und Bunene festgesetzt hatte, 63) (7-9) die Hälfte des Königsanteils (als) Ration des Priesters, von den Schafopfern des Königs des ganzen Jahrs (10-15) einen Oberschenkel, das Fell, den Rücken, die Sehnen, die Hälfte des Magens, die Hälfte des Darms, 2 Knöchel (und) einen Topf Fleischbrühe, (16-18) von den Rinder- und Schafopfern der Fürbitt(priest)er das gleiche, (19-24) von den 5 Anteilen der Tempelbetreter(priester) je 2 Anteile Brote, Bier, Kuchen, Rind- (und) Schaffleisch, Fische (und) Gemüse, (25-27) hvoni den Schlächtern und den Eingeweiden wie für 2 Tempelbetreter, (28-30) von den Regelopfern, (ob) wenig oder mehr, entsprechend dem Brauch der Stadt das Röstmehl (31-34) der Fürbitt(priest)er und alles Einkommen von Ebabbar, das es gibt, (35-38) die Hälfte des Königsanteils (als) Ration des Priesters und 2 [Anteile] wie die für 2 Königsanteile von der Ration des Priesters, ˇ amasˇ, Aja und Bunene, (42-45) (nämlich:) ein linnenes pulhu, (39-41) Kleider jeder Art für S ˘ ein qarbı¯tu, ein sˇeri’tu, eine Binde, (45-50) einen Gürtel, rote Wolle, purpurfarbene Wolle, (51-52) am 7. Nisan (I.) ein ein großes qarbı¯tu und was die Fürbitt(priest)er aufbringen; sˇeri’tu, (53-55) am 10. Ajja¯r (II.) ein sˇeri’tu, am 3. Elu¯l (VI.) ein qarbı¯tu, (V 1-4) am 7. Tasˇrı¯t 59. 60.

61. 62. 63.

Hatte der König den Nabû-na¯din-sˇumi mit der Herstellung der Fälschung oder der des neuen Kultbildes beauftragt? Anscheinend beginnt die Herstellung des neuen Bildes doch wohl erst in Z. 12. Von den genannten Gottheiten war Ninildu für die Zimmerleute, Kusibanda für die Goldschmiede, Ninkurra für die Steinmetze (und) Ninzadim für die (Edel)steinschleifer zuständig. Daraus geht hervor, daß für die Herstellung des Bildes nicht nur Gold und Lapislazuli verwendet wurden. Asarluhi war ein in der südbabylonischen Stadt Ku’ara beheimateter Gott der Beschwörungskunst, ˘der schon früh mit Marduk gleichgesetzt wurde. Vgl. W. Sommerfeld, Der Aufstieg Marduks, AOAT 213 (1982) 13-18. Zum Ekarzagina, Eas Kapelle im Marduk-Tempel Esagila, s. schon oben Text Nr. 6 mit Anm. 48. Das Ritual der Mundwaschung (mı¯s pî) ist monographisch bearbeitet von C. Walker / M. Dick, aaO. Gewaschen wird der Mund des Kultbildes. Aja war die Gemahlin, Bunene der Wagenlenker des Sˇamasˇ.

39

Karl Hecker

(VII.) ein qarbı¯tu, am 15. Arahsamna (VIII.) ein sˇeri’tu, am 15. Addar (XII.) ein qarbı¯tu, ˘ ganze Jahr, (13) schenkte (6-8) als Königsgabe für Sˇamasˇ, (5-9) insgesamt 6 gute Kleider das Aja und Bunene (9-13) Nabû-apla-iddina, der König von Babylon, seinem Diener Nabûna¯din-sˇumi, Priester aus Sippar (und) Opferschauer. (17) Beim Siegeln dieser Tafel 64) (26) waren (18-19) Marduk-s ˇuma-ukı¯n, Sohn des Habba¯n, Wagenführer, (20-21) Ittabsˇi-il, Sohn des Ea-re¯manni, Minister, (22-23) Marduk-sˇa¯˘pik-ze¯ri, Sohn von Tambasˇaddar, Provinzverwalter, (24-26) Marduk-balassu-iqbi, Sohn von Arad-Ea, Provinzgouverneur, anwesend. (27-29) Babylon, 20. Nisan, Jahr 31 von Nabû-apla-iddina. (30-31) Kopie der gesiegelten Urkunde des Königs. (32-34) Wer in Zukunft im Palast machtvoll auftritt und (35-37) die Gabe von König Nabû-apla-iddina beansprucht, (38-40) einem anderen schenkt, Minderung zuläßt und der Provinz zurechnet oder sich selbst zuweist (42-44) oder durch irgendeine böse Tat diese Stele zerstört, (45-50) dieses Mannes Name möge auf das Wort von Sˇamasˇ, Aja und Bunene, den Herren der Entscheidung, den großen Göttern, zugrunde gehen! (51-53) In Hunger und Durst möge sein Leben enden! (54-55) Sein Leichnam falle hin, ohne ein Begräbnis zu erhalten! (C) (Kleiderordnung für Sˇamasˇ gegenüber (A) stark verändert, auch sprachlich jünger.) ˇ amasˇ, (1) S

der große Herr, der im Ebabbar von Sippar wohnt, der Herr von Sippar. des Sˇamasˇ, des großen Herrn, des Herrn von Sippar: (3-4) Am 7. Nisan (I.) 2 sˇalhu-, 4 sibtu-Kleider (aus) Leinen von 40 Minen Gewicht, 65) eine Binde, (5-6) ein Gurt ˙ 7 Gürtel, 1 Mine 10 Sˇeqel das Gewicht, ein Bindegürtel, (7-8) ein Gürtel (aus)˘ Leinen, (aus) roter Wolle, ein Kleid, 20 Minen das Gewicht, ein ziqqu-Kleid, ein Gurt (aus) Leinen, (9-10) ein blauer Turban, heini Turban, an dem Gold angebracht ist, ein blaues Kleid, (11) an dem Gold angebracht ist. Anzahl und Art 66) der Kleider am 10. Ajja¯r (II.) das Gleiche wie im Nisan. (12-13) Am 3. Elu¯l (VI.) 2 linnene sˇalhu-, 3 sibtu-Kleider, eine Binde, ein Gurt (aus) Leinen, (14-16) 6 Gürtel, 1 Mittelgürtel, ein˘ Kleid,˙ ein Kopftuch von roter (und) blauer Wolle (mit) Byssos-Fäden. (16-18) Am 7. Tasˇrı¯t (VII.) das Gleiche. Am 15. Arahsamna (VIII.) wie im Nisan. Am 15. Addar (XII.) wie im Nisan. ˘ der Bildinschrift des Sˇamasˇ, des Herrn von Sippar, von Nabû-apla-iddina, 67) (18-19) Kopie König von Babylon. (2) Kleidung

(D) (je zweimal auf der Vorder- und der rechten Seite des Kastens:) Bild des Sˇamasˇ, des Herrn von Sippar, der im Ebabbar wohnt.

64. 65. 66. 67.

40

Gemeint ist die offizielle Schenkungsurkunde, eine Tontafel mit der Abrollung des königlichen Siegels. 1 Mine entspricht etwa 450 Gramm, 1 Sˇeqel ist der 60. Teil davon. Akkadisch ba¯bu, wörtlich »Tür«, dann auch »Posten (einer Rechnung)«. Zur Lesung des Königsnamens (m.dág-ibila-mu statt zuvor m.dág-ibila-sˇesˇ = Nabû-aplausur/Nabupolassar) vgl. Woods, aaO., 103. ˙

Texte aus Mesopotamien

9. Nebukadnezar II. Nebukadnezars Bericht über die Renovierung der Ziqqurrat von Borsippa ist auf drei dort gefundenen Zylindern erhalten, die heute im British Museum, London, aufbewahrt werden (Inv.-Nr.: K. 1685, 1686 und 1687), in Kopie als I R. 51/1 publiziert und von St. Langdon, Die neubabylonischen Königsinschriften, VAB 4 (Leipzig 1912) Nr. 11 bearbeitet wurden. Typisch für die Königsinschriften der neubabylonischen Zeit sind die Gebete am Schluß, die an die Stelle der Fluch- und Segensformeln der älteren Perioden getreten sind. (I 1) Nabû-kudurrı¯-usur,

König von Babylon, (2) getreuer Hirte, Auserwählter der Treue ˙ Stadtfürst, Geliebter des Nabû, (4-5) der Kundige, Weise, desdes Marduk, (3) erhabener sen Aufmerksamkeit auf das Verhalten der Götter gerichtet ist, (6-7) der unermüdliche Statthalter, Pfleger von Esagila und Ezida, (8-9) der erste Sohn von Nabû-apla-usur, König ˙ von Babylon, bin ich. (10-12) Als Marduk, der große Herr, 68) mich rechtmäßig erschuf und mich mit der Durchführung seiner Pflege beauftragte, (13-14) (da) ließ Nabû, der die Gesamtheit von Himmel und Erde betreut, meine Hand ein gerechtes Szepter ergreifen. (15-16) Esagila, den Palast von Himmel und Erde, (und) Etusˇa, seine herrschaftliche Kapelle, stattete ich mit leuchtendem Gold an den Wänden aus. (19) Ezida baute ich neu und (20-22) vollendete sein Werk mit Silber, Gold, Edelstein, Kupfer (und) Maganbaum- (und) Zedernholz. (23-24) Etemenanki, die Ziqqurrat von Babylon, erbaute (und) vollendete ich. (25-26) Mit Brandziegeln (mit Glasur) von reinem Lapislazuli erhöhte ich ihr Obergeschoß. (27) Zu der Zeit (31) war (27-28) E’uriminanki, die Ziqqurrat von Borsippa, die ein früherer König erbaut und (29-30) 42 Ellen hoch aufgeführt hatte, ohne aber ihr Obergeschoß zu erhöhen, (31-32) seit fernen Tagen verfallen und ihr Entwässerungsausgang nicht mehr in Ordnung. (II 1-2) Regen und Wolkenbruch hatten ihre Lehmziegel weggetragen, (3-4) die Brandziegel ihrer Verblendung waren abgelöst, und die Lehmziegel ihrer Zella waren zu Ruinenhaufen hingeschüttet. (5-6) Sie aufzubauen mahnte der große Herr Marduk mein Herz. (7) Ich änderte ihren Standort nicht und beseitigte ihr Fundament nicht. (8-10) In einem günstigen Monat an einem gefälligen Tag erneuerte ich die verfallenen Lehmziegel ihrer Zella und Brandziegel ihrer Verblendung und (11) stellte das Eingefallene (wieder) auf. (12-13) Eine Inschrift mit meinem Namen deponierte ich in der (zuvor) verfallenen Erneuerung. (14-15) Für ihre Erbauung und die Erhöhung ihres Obergeschosses erhob ich die Hand (zum Gebet): (16-17) O Nabû, wahrer Sohn, erhabener Wesir, siegreicher Liebling des Marduk, (18-19) sieh meine Taten froh zum Guten an und (20-22) mache mir ewiges Leben, Sattheit an hohem Alter, Beständigkeit des Throns, lange Dauer der Regierung, Niederwerfung der Gegner (und) Eroberung des Feindeslands zum Geschenk! (23-25) Auf deiner verläßlichen Schreibtafel, die die Grenzen von Himmel und Erde bewahrt, sage Langwerden meiner Tage an (und) schreibe hohes Alter (darauf)! (26-27) Vor Marduk,

68.

be-lí ra-bí-ù hier und in Kol. II 5 könnte aber auch »mein großer Herr« bedeuten.

41

Karl Hecker

dem König von Himmel und Erde, deinem väterlichen Erzeuger, laß meine Taten willkommen sein! (28) Sprich gut von mir! (29-31) »Nabû-kudurrı¯-usur ist fürwahr ein pfleg˙ samer König!« sei dir in den Mund gelegt!

10. Ziegel und Pflastersteine Luftgetrocknete, nur seltener auch gebrannte Ziegel waren das bevorzugte Baumaterial im steinarmen Mesopotamien. Sie konnten als Träger von Inschriften dienen, die im altbabylonischen Mari noch handschriftlich angebracht, 69) später aber gestempelt wurden. Aus Babylon, wo bei den deutschen Ausgrabungen zahlreiche nach der Zerstörung der Stadt durch Sanherib (689 v. Chr.) verlegte Ziegel verschiedener Herrscher zum Vorschein gekommen sind, stammen die folgenden beiden Beispiele: a. Gebrannte Ziegel vom Pflaster des Prozessionswegs in Babylon70) mit gestempelter Inschrift Asarhaddons, Maße etwa 39  39 oder 30  30 cm. Bearbeitungen: R. Koldewey, MDOG 7 (1900) 22-23; zusammenfassende Bearbeitung von G. Frame, RIMB 2 (1995) 166 f. (B.6.31.2) – Photo: B. Hrouda / R. Koldewey (Hg.), Das wieder erstehende Babylon, München 5 1990, 205 Abb. 126. (1-10) Für Marduk, seinen Herrn, machte As ˇsˇur-aha-iddina, der König der Welt, der König ˘ des Landes Assur, der König von Babylon, mit gebrannten Ziegeln aus kultreinem Ofen den Prozessionsweg von Esagila und von Babylon strahlendschön.

b. Standardinschrift von Nebukadnezar II. auf Ziegeln in unterschiedlicher Fundlage und Formatierung von Zeilen, Orthographie und Zeichenform. Kopie bei B. Hrouda / R. Koldewey (Hg.), aaO., 86 Abb. 48. 71)

Nabû-kudurrı¯-usur, König von Babylon, Pfleger von Esagila und Ezida, erster Sohn von Nabû-apla-usur,˙König von Babylon, bin ich. ˙ c. Nebukadnezar ließ den Prozessionsweg neu pflastern. Er benutzte dabei Blöcke aus grauem Kalkstein mit den Maßen von ca. 105  105  30 cm und rötlicher Breccie (ca. 60  60  20 cm). Keine der Platten ist in situ gefunden. Einige tragen die folgende standardisierte Inschrift. Bearbeitung: St. Langdon, aaO., Nr. 30 – monographische Publikation: R. Koldewey, Die Pflastersteine von Aiburschabu in Babylon (WVDOG 2), Leipzig 1901. 69. 70.

71.

42

Vgl. TUAT.NF II (2005) 46-48 für die rund 140 Zeilen umfassende Ziegelinschrift des Jahdun-Lı¯m. ˘ Name der Prozessionsstraße lautete Aj-ibu¯r-sˇa¯pû »Möge der Feind keinen sicheren Stand Der haben«. Zu ihrem Verlauf vgl. zusammenfassend E. Unger, Babylon, die heilige Stadt nach der Beschreibung der Babylonier, Berlin 2 1970, 109. Rekonstruktionszeichnung: A. Parrot, Assur, München 1961, Abb. 220. Für einen kompletten Katalog der Ziegel Nebukadnezars aus Babylon vgl. F. Wetzel, Die Stadtmauern von Babylon, mit einem Beitrag von E. Unger (WVDOG 48), Osnabrück 2 1969, 83.

Texte aus Mesopotamien

Nabû-kudurrı¯-usur, König von Babylon, Sohn von Nabû-apla-usur, König von Babylon, bin ˙ Babylon habe ich für die Prozession des großen ˙ ich. Die Straße von Herrn Marduk mit Ziegeln aus Gebirgsstein 72) als Gehweg gebaut. Marduk, mein Herr, schenke mir ewiges Leben!

11. Einsetzung einer Priesterin durch Nabonid Nabonid, akkad. Nabû-na3id »(der Gott) Nabû ist gepriesen«, gilt mit Fug und Recht als eine der schillerndsten Figuren auf dem babylonischen Königsthron. 73) Über seine Herkunft ist nur wenig bekannt. Sein Vater war ein gewisser Nabû-balassu-iqbi, der seinem Sohn wohl den mit Nabû zusammengesetzten Namen gab, von dem man aber sonst nichts weiter weiß. Seine Mutter Adad-guppi ist uns dagegen durch die modern nach ihr benannte Stele 74) gut bekannt. Sie stammte wohl aus Harra¯n und ˘ war eine große Verehrerin des im dortigen Ehulhul residierenden Mondgottes Sîn, ˘ ˘ dessen Kult auch von ihrem Sohn besonders hochgehalten wurde, allerdings mit der Nuance, daß dieser sich dem alters Nanna genannten Sîn von Ur zuwandte. Nachdem Nabonid wahrscheinlich durch einen Putsch auf den Königsthron von Babylon gekommen war, versuchte er, seine eigenen religiösen Vorlieben mit den Ansprüchen der babylonischen Priesterschaft, auf deren Loyalität er angewiesen war, zu koordinieren, indem er sich um die Pflege der traditionellen babylonischen Kulte und Kultorte bemühte. Ob er dies nun ausschließlich aus politischem Kalkül unternahm, erscheint eher zweifelhaft, legen doch zahlreiche Passagen in seinen Inschriften auch Zeugnis von einer tiefen persönlichen Religiosität des Nabonid ab. Ein weiterer Aspekt seiner Persönlichkeit ist sein großes antiquarisches Interesse, das ihn z. B. bei Renovierungsarbeiten an Tempelgebäuden intensiv nach älteren Gründungs- und Bauinschriften suchen und in seinen eigenen Inschriften – oft dann fehlerhaft – altertümliche Sprach- und Zeichenformen verwenden läßt. Der im folgenden übersetzte Text – in der Literatur wegen seiner Hauptperson auch als En-nigaldi-Nanna-Zylinder bekannt – ist auf einem eher fäßchenfömigen Schriftträger aus Ton mit einer Höhe von knapp 18 cm und einem Durchmesser von ca. 7,5 cm notiert, der höchstwahrscheinlich aus Ur stammt und heute im Yale University Museum New Haven unter der Inv.-Nr. YBC 2182 aufbewahrt wird: Die Keilschriftkopie erschien als YOS I, 45, Pl. XXXII-XXXV, ein Photo aaO., Pl. 45. Geschildert werden die Einsetzung einer Tochter des Nabonid als Hohenpriesterin des Mondgottes Sîn und die im Zusammenhang damit durchgeführten Baumaßnahmen an Tempel- und Grabanlagen in Ur. Zu datieren ist die Inschrift auf Nabonids 2. Regierungsjahr, d. h. auf 554 v. Chr.

72. 73. 74.

So nur auf den großen Kalksteinplatten; auf den kleinen Platten (Text »Ziegel«) stattdessen »aus Breccie«. Vgl. zuletzt ausführlich und mit umfangreicher Literatur H. Schaudig, Die Inschriften Nabonids von Babylon und Kyros’ des Großen, AOAT 256 (2001) 9-23. Übersetzt in TUAT II, 479-483, seitdem auch bei Schaudig, aaO., 500-513.

43

Karl Hecker

Bearbeitung: mit Verweisen auf ältere Literatur: H. Schaudig, aaO., 373-377; literarkritisch kommentiert: E. Reiner, Your thwarts in pieces, Your mooring rope cut, University of Michigan, 1987, 1-16. (I, 1-2) Als

die Leuchte eine Priesterherrin verlangte, 75) da zeigte der Sohn des Fürsten den Menschen sein (Vor-)Zeichen. 76) (3) Namra-s¯ıt 77) ließ seine verläßliche Entscheidung ˙ König von Babylon, dem Pfleger von strahlend erscheinen. (4-5) Dem Nabû-na3id, dem Esagila und Ezida, 78) dem frommen Hirten, der immer wieder die Kultstätten der großen Götter aufsucht, (6-7) machte die Leuchte, der Herr der Krone, der den Wohnstätten das Merkmal bringt, sein Zeichen wegen seines Verlangens nach einer Priesterherrin bekannt. (8-9) Am 13. Tag des Monats Elu¯l, des Monats »Werk der Göttinnen«, 79) verdunkelte sich die (göttliche) Frucht und ging in der Verdunkelung unter. 80) (10) Sîn verlangt eine Priesterherrin, so war sein Zeichen und seine Entscheidung. (11-12) Ich, Nabûna3id, der Hirte, der seine Gottheit verehrt, beachtete verehrungsvoll seinen verläßlichen Ausspruch und (13) bekam wegen seines Verlangens nach einer Priesterherrin Herzklopfen. (14-15) Ich suchte die Heiligtümer von Sˇamasˇ und Adad, den Herren der Opferschau, auf, und Sˇamasˇ und Adad antworteten mir mit einem verläßlichen Jawort. (16-17) (Als Ergebnis) von meiner Opferschau schrieben sie ein günstiges Omen, ein Omen des Verlangens nach nadı¯tu-Priesterinnen, 81) ein Omen des Verlangens der Götter nach einem Menschen. (18-19) Ich wiederholte und scheute den Bescheid. Sie anworteten mir mit einem Omen noch günstiger als das erste. Wegen der Töchter aus meiner Familie führte ich einen Bescheid herbei, und sie antworteten mir mit einem Nein. (20-21) Zum dritten Mal führte ich einen Bescheid herbei wegen einer Tochter meiner eigenen Abkunft, und sie antworteten mir mit einem günstigen Bescheid. (22-23) Das Wort des Sîn, des übergroßen Herrn, meines göttlichen Schöpfers, den Ausspruch von Sˇamasˇ und Adad, den Herren der Opferschau, achtete ich und (24-25) erhob eine Tochter meiner eigenen Abkunft in das Priesterherrinnenamt und nannte ihren Namen En-

75.

76. 77. 78. 79. 80.

81.

44

Der Keilschrifttext schreibt dNannari. Dies kann man nannari lesen und zu nannaru »Leuchte« stellen (die alten Auslautvokale werden in der jüngeren Sprache nicht mehr gesprochen und daher oft falsch geschrieben) oder aber als einen der ganz wenigen Belege dafür nehmen, daß der sumerische Mondgott Nanna (akkadisch mit Sîn gleichgesetzt) infolge von Kontamination mit nannaru im Auslaut ein /r/ erhalten konnte. Vgl. dazu RlA VIII (19931997) 360 s. v. Mondgott § 2.1. Nabonid benutzt in diesem Text drei Worte mit der Grundbedeutung »Zeichen«: giskimmu (1), ittu (2) und saddu (3). Um den Unterschied zu verdeutlichen, wird hier (1) mit ˙ (3) mit »Hinweis« wiedergegeben. »(Vor-)Zeichen« und Namra-s¯ıt »leuchtend beim Herauskommen« ist ein Epitheton von Sîn. Ein anderes Beiwort ˙ oder Synonym ist »die (göttliche) Frucht« Z. 9. Esagila (»Haus, das das Haupt erhebt«) hieß Marduks Tempel in Babylon, Ezida (»Verläßliches Haus«) war der Tempel des Nabû in Borsippa. Das Datum entspricht dem 26. September 554. Elu¯l ist mit dem Sumerogramm kin.dinanna geschrieben, das »Werk der (Göttin) Inanna/Isˇtar« bedeutet. Nabonid zitiert hier das Omen »Wenn Sîn im Monat Elu¯l in der letzten Nachtwache eine Verfinsterung hat, verlangt Sîn eine Priesterherrin.« Das Omen ist veröffentlicht von Ch. Virolleaud, L’astrologie chaldéenne (Paris 1908) SIN XXIV: 52 (= Kalendertext iqqur ¯ıpusˇ § 73) und XXV: 72 (astrologische Serie Enu¯ma Anu Enlil, Taf. XVII). nadı¯tu-Priesterinnen waren zu Ehe- und Kinderlosigkeit verpflichtet und lebten in einer Art Kloster (gagû).

Texte aus Mesopotamien

nigaldi-Nanna. 82) (26-27) Weil seit fernen Tagen die Kultordnung der Priesterherrin vergessen und (in) ihre(n) Einzelheiten unbekannt war, 83) ging ich täglich mit mir zu Rate. (28) Der bestimmte Tag kam heran, da wurden mir die Tore geöffnet: (29-30) Ich erblickte eine alte Stele von Nabû-kudurrı¯-usur, Sohn von Ninurta-na¯din-sˇumi, 84) einem vorzeit˙ Bildnis einer Priesterherrin angebracht, (32-33) dalich früheren König, (31) der darauf das bei ihre Ausstattung, ihre Kleidung und ihren Schmuck beschrieben und sie (die Stele) in das Egipar hatte hineinbringen lassen. 85) (34-35) Die alten Ton- und Holztafeln studierte ich und tat genau so wie alters. (36-37) Eine Stele ihrer Ausstattung und der Gerätschaften fertigte ich aufs neue an, schrieb darauf und (38) stellte sie vor Sîn und Ningal, meinen Herren, auf. 86) (39-40) Zuder Zeit: DasEgipar,das heiligeGemach,der Ort,an dem dieKultordnung der Prie-

sterherrinvollendet wird, dessen Ort war verfallenund zur Wüstung geworden. (41) Palmen und Gartenfrüchte waren darin herausgekommen. (42) Die Bäume schlug ich ab, und ich entfernte den Wüstungsschutt. (43-44) Ich erblickte das Haus, und seine Gründung war mir erkennbar. Ich erblickte die Namensschrift von alten Königen der Vorzeit darin. (II, 1-2) Eine alte Inschrift von En-ane-du, einer Tochter des Kudur-Mabug (und) Schwester Rı¯m-Sîns, des KönigsvonUr, 87) (5) erblickteich, (3-4) diedasEgiparerneuertundwiederhergestellt(und)ander Seite des Egipar über die Ruhestätte der alten Priesterherrinnen eine Mauer herumgelegt hatte, (5) und machte das Egipar so neu wie alters. (6) Seine Hochsitze und seine Grundrisse bauteichsoneuwiealters. (7) AnderSeitedesEgipar machteichneudasHausderEn-nigaldiNanna, meiner Tochter und Priesterherrin des Sîn. (8) Die Tochter reinigte ich und schenkte sieSînundNingal,meinenHerren. (9) DurchAnwendungderBeschwörungskunstvollzogich ihren Reinigungsritus und ließ sie dann ins Egipar eintreten. (10-11) Die Regelopfer des Egipar machte ich reichlich, mit Feldern, Gärten, Dienstpersonal, Rindvieh und Schafen stattete ich esüppigaus. (12-13) EineMauer legteichwiealtersneuumdieRuhestättederaltenPriesterherrinnenherum. (14) Ichmachtedieses(so)zueinemstarkenSchutzort. (15-16) Zu der Zeit machte ich die Regelopfer für Sîn und Ningal, meine Herren, reichlicher als zuvor. (17) Alles Mögliche in Ekisˇnugal 88) stattete ich üppig aus. (18) Je Tag setzte ich 3 Schafe über das eine Schaf des alten Regelopfers hinaus für Sîn und Ningal, meine Herren, fest. (19) Habe und Besitz machte ich innerhalb von Ekisˇnugal üppig. (20) Um das bursaggû-Opfer 89) kultgerecht zu gestalten und Verfehlungen zu vermeiden, (27) befreite

82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89.

En-nigaldi-Nanna bedeutet sumerisch »Priesterherrin Verlangen des Nanna«. Priesterherrinnen (sum. en, akkad. entu) waren in der altakkad. und altbab. Zeit üblich, danach schlief das Amt ein. Auch Nabonids Neubeginn führte nicht zu neuer Kontinuität; Ennigaldi-Nanna blieb anscheinend ein Einzelfall. Gemeint ist Nebukadnezar I. (1125-1104 v. Chr.). Egipar (etwa »Lagerhaus«) war der Name der Residenz der Priesterherrin (entu) in Ur. Vgl. R. Harris, RlA III (1957-1971) 377-379 s. v. Gipar. Ningal war die Gemahlin des Sîn, ihr Tempel das unweit des Egipar gelegene Enungal. Zu Kudur-Mabug und seinen Söhnen Warad-Sîn und Rı¯m-Sîn von Larsa vgl. oben Text Nr. 1. Eine Übersetzung der E-ane-du-Inschrift findet sich oben im Beitrag Neumann als Nr. 1.5.3. Das Ek/gisˇnugal (in der älteren Literatur findet sich noch die inzwischen als falsch aufgegebene Lesung Egisˇsˇirgal) war der Tempel des Mondgottes in Ur. Eine besondere Form des Opfers, die mit einem Mahl verbunden war.

45

Karl Hecker

Abb. 4: Der Tempelbezirk von Ur

ich (21) die Gebadeten des Ekisˇnugal und der Götterhäuser, 90) (22) den Priesterherrn, die Reinigungspriester, den zabardabbû, 91) den Opferschaupriester, den Lebensmittelprüfer, 92) (23) den Müller, den Baumeister, den Architekten, den Vorhofreiniger, den Oberpförtner, (24) den Hausdiener, den lagaru-Priester, der die Fürbittriten ausführt, (25) die Sänger, die das Herz der Götter erfreuen, (26) das Priesterkollegium, dessen Mitglieder 93) (hier) genannt sind, (27) von ihren Lehenspflichten und setzte ihre Lastenbefreiung fest. Ich reinigte sie und (28) stellte sie Sîn und Ningal, meinen Herren, zur Verfügung. (29) Sîn, der heilige Gott, der Herr der Krone, das Licht der Menschheit, (30) der übergroße Gott, dessen Ausspruch verläßlich ist, (31) möge sich über meine Taten freuen und mein Königtum lieben! (32) Ewiges Leben und Lebensalter satt möge er mir zum Geschenk machen! (33) Einen Widersacher möge er nicht entstehen lassen, meinesgleichen 90. 91. 92. 93.

46

»Die Gebadeten« faßt das Kultpersonal eines Tempels zusammen. Der zabardabbû, wörtlich »Halter von Bronze(gerätschaft)« war ein Funktionär im Palastund im Tempeldienst. »Lebensmittelprüfer« ist eine provisorische Übersezung von akkad. engisu. Dieser ist für die ˙ Einhaltung der kultischen Reinheit der Opfermahlzeiten zuständig. Wörtlich »dessen Namen«.

Texte aus Mesopotamien

möge ich nicht bekommen! (34) Jeden Monat mögen Zeichen meines Wohlsein aufscheinen! (35) Die Krone meines Königtums sei auf Ewigkeit fest auf meinem Haupte! (36) Den Thron meiner Herrschaft gründe fest auf zukünftige Tage! (37-38) Jeden Monat, wenn du dich erneuerst, möchte ich regelmäßig deinen guten Hinweis erblicken! (39) Ningal, die übergroße Herrin, möge immer vor dir Gutes für mich sagen! (40-41) En-nigaldi-Nanna, meine herzensgeliebte Tochter, möge vor euch Bestand haben und ihr Wort verläßlich sein! (42-43) Ihre Taten mögen euch gefallen, eine Verfehlung möge nicht entstehen!

12. Weihgaben für Marduk 12.1 Ein Thron

Der höchste Gott des altmesopotamischen Pantheons war ursprünglich Enlil; Marduk, der später zum Be¯l, dem »Herrn« schlechthin, werden sollte, war lange Zeit, selbst nachdem Babylon zur Großmacht geworden war, nur der unbedeutende Gott dieser Stadt. 94) Einen Beleg für seinen Aufstieg zum Götterherrn bietet die hier übersetzte Inschrift des Simbar-Sˇipak aus der 2. Dynastie des Meerlands. 95) Diese war am Thron der Gottheit angebracht, ist aber nur in zwei späteren Abschriften auf Tontafeln überliefert. Publikation: Exemplar 1, komplett mit Kolophon, Inv.-Nr. 13.14.1729 des World Heritage Museum, Urbana: A. Goetze, An Incription of Simbar-Sˇ¯ıhu, JCS 19 (1965) 121-135; Exem˘ plar 2, Inv.-Nr. 82953 des British Museum, stark fragmentiert: J. Brinkman, NABU 1987/2 – Bearbeitung: G. Frame, RIMB 2, 71-73 (B3.1.1) mit älterer Literatur – religionshistorische Interpretation: V. A. Hurowitz, Reading a Votive Inscription. Simbar-Shipak and the Ellilification of Marduk, RA 91 (1997) 39-47. (Vs. 1) Für

Enlil, den größten Herrn, den Hohen, den König des Gesamten, (2) den erhabenen Fürsten, den Helden von Himmel und Erde, der die Schicksale bestimmt, (3) den Gewichtigen, Hervorragenden, dessen Herrschaft unter den gesamten Göttern ohnegleichen ist, (4) den König der Götter (und) Herrn des Himmelsfirmaments, bei dessen Ausspruch alle Igigi-Götter ehrfürchtig aufstöhnen (5) und auf dessen Befehlsgebung die gesamten Anunnaki wie Röhricht zittern, (6) den Herrn vom Ekur und von Nippur, der im Ekur-igigal wohnt, seinen Herrn. ˇ ipak, der König der Gerechtigkeit, der untertänige Diener, (8) der die Riten (7) Simbar-S von Anu und Daga¯n richtig vollzieht und ihre (Reinigungs)riten korrekt ausübt. (9) Den Thron des Enlil im Ekur-igigal hatte Nabû-kudurrı¯-usur, ein früherer König, ge˙ von Babylon, (12) beenmacht. 96) (10) In der Regierungszeit von Adad-apla-iddina, König dete (10) der feindliche Aramäer und Sutäer, (11) Feinde vom Ekur und von Nippur, Zerstörer (des Tempels) Duranki (12) von Sippar, der uralten Stadt, der Wohnung des 94. 95. 96.

Vgl. ausführlich W. Sommerfeld, Der Aufstieg Marduks, AOAT 213. Simbar-Sˇipak – in der älteren Literatur findet sich auch die aus der Mehrdeutigkeit der relevanten Keilschriftzeichen resultierende Lesung Simmasˇ-sˇihu – regierte 1025-1008 v. Chr. ˘ Lies … i-pu-usˇ. Der »frühere König« war Nebukadnezar I. (1125-1104 v. Chr.), das Ekur-igigal ein Lagerraum im Enlil-Tempel Ekur zu Nippur.

47

Karl Hecker

Großrichters der Götter, 97) ihre (Reinigungs)riten. (13) Sie plünderten das Land Sumer und Akkad (und) ließen alle Tempel einstürzen. (14) Habe (und) Besitz des Enlil, die der Aramäer weggeschleppt und dann Subartu (diesem) abgenommen hatte, (18) (diese) Habe (und) Besitz des Enlil erkannte (15) auf Geheiß von Enlil, dem hohen Ratgeber der Götter (und) Herrn der Herren, (16) (von) Marduk, dem König des Gesamten, bei dem es liegt, zu deportieren und anzusiedeln, (17) (und von) Uta3ulu, 98) dem Schrecken der Feinde (und) Bekämpfer der Gegner, (18) der Assyrer und brachte es dann nach Assur. (19) Aus Assur kam es an seinen Platz nach Duranki zurück. ˇ ipak, der Statthalter Enlils, der Erfahrene, der Liebling des Gottes […], (20) Simbar-S (21) der ehrfürchtige Hirte, der immer wieder die Heiligtümer Enlils aufsucht, der Weise, (22) war wegen der Erneuerung vom Ekur und von Nippur besorgt und achtsam. (23) Einen Thron aus dauerhaftem me¯su-Holz, dessen Überzug aus Rotgold und dessen Form übergroß ist, (24) ließ er passend zu seiner erhabenen Enlilswürde machen und ste[llte er auf]. (25) Deswegen (27) möge, (25) wenn Marduk, der große Herr und Enlil der Götter, der G[rößte], (26) auf diesem Thron sitzt, das Schicksal von Simbar-Sˇip[ak], (27) dem König der Gerechtigkeit, dem Hirten, den er im Herzen hat, zum Guten gel[enkt werden]. (Kolophon Expl. 1:) (28) Nach dem Original geschrieben und kollationiert. Hand von Marduk-sˇarra¯ni, Sohn von Rı¯mu¯t-Nabû, (29) Sohn von Lu¯si-ana-nu¯r-Erra, Nachkomme von Sîn-leqe-unnı¯nı¯, 99) Klagepriester (30) der Isˇtar von Uruk˙ und der Nana¯ja, Tempelbetreter der Kanisurra, 100) [Schreiber] von Eanna. (31) Tafel des Rı¯mu¯t-Nabû, Nachkomme von Sîn-leqe-unnı¯nı¯, (32) Klagepriester der Isˇtar von Uruk, Tempelbetreter der Kanisurra. (33) Geschrieben am 1. Kislimu (IX.). (Kolophon Expl. 2:) [Von dem Th]ron von Nippur […].

12.2 Ein Szepter

Über Asˇsˇur-etel-ila¯ni, den vorletzten König von Assyrien, ist nur wenig bekannt, selbst das Ende seiner kurzen Regierungszeit (629-626? v. Chr.) ist nicht sicher datierbar. Immerhin lassen sich einige Renovierungsarbeiten an und Stiftungen für Tempel in Babylonien nachweisen.101) Von der Herstellung eines goldenen Szepters für den Gott Marduk handelt der Text VAT 13142 des Berliner Vorderasiatischen Museums aus den deutschen Ausgrabungen in Babylon. Es handelt sich um eine antike Abschrift des nicht erhaltenen Originals.

Gemeint ist der Sonnen- und Richtergott Sˇamasˇ. Uta3ulu war eine mit dem kriegerischen Ninurta gleichgesetzte Gottheit. Sîn-leqe-unnı¯nı¯ war der sagenhafte Verfasser der Zwölftafelfassung des Gilgamesˇ-Epos. Kanisurra war eine Göttin aus dem Umkreis von Isˇtar und Nana¯ja, vielleicht deren Friseuse. Vgl. D. O. Edzard, RlA V (1976-80) 389. 101. Asˇsˇur-etel-ila¯ni sorgte auch für die Überführung der Gebeine des von Asarhaddon hingerichteten Chaldäerscheichs Sˇamasˇ-ibni in dessen Heimat Bı¯t-Daku¯ri. Dessen Grabinschrift ist in TUAT II (1986-1991) 478 übersetzt. 97. 98. 99. 100.

48

Texte aus Mesopotamien

Publikation: E. Ebeling, AnOr 12 (1935) 71-73; G. Frame / J. Marzahn, A Rediscovered Inscription of Asˇsˇur-etel-ila¯ni, JCS 48 (1996) 95-96 – Bearbeitung: G. Frame, RIMB 2 (1995) 263-264 (B.6.35.2). (Vs. 1) Für

Marduk, den Größten, den Hohen, den erhabenen Held, (2) den Herrn der Herren, den Hohen, dessen Gestalt prächtig ist, (3) der um vieles größer ist als alle Götter, (4) der wilden Schreckensglanz trägt, mit Lichtstrahlen bekleidet ist, (5) der Qingu verjagte, das wogende Meer überwand (6) (und) die Bösen band, 102) der in E3esˇerke (7) in Sippar-Aru¯ru (6) wohnt, 103) (7) den großen Herrn, seinen Herrn. (8) As ˇsˇur-etel-ila¯ni, König der Welt, König, des Landes Assur, (9) Sohn von Asˇsˇur-ba¯ni-apli, König, des Landes Assur, (10) ließ ein Szepter aus rotem Gold machen, (11) das (ihm), damit er es in seine heiligen Hände nähme, geschenkt wurde. (12) Für sein Leben, die Länge seiner Tage, (13) den Bestand seiner Regierung, das Heil seines Samens, den sicheren Bestand seines Königsthrons, (14) die Erhörung seiner Gebete (und) das Annehmen seines Flehens (15) stellte er (es) für immer in E3esˇerke auf. (16) Und für die Tempelbetreter, das Kollegium dieser Leute, (17) so viele es gibt, die sein (Marduks) Ergehen heil halten, (18) gewährte ich Steuerbefreiung auf ewige Tage. (Kolophon 19) Was auf dem goldenen Szepter von Marduk (geschrieben steht).

13. Private Weihinschriften Den Göttern besondere Geschenke zu machen, galt auch im Alten Orient als eine gute Tat, für die man Gegengaben der Götter – meist Wohlergehen und langes Leben – zu erhalten hoffte. Weihgaben von Herrschern wie das Szepter oder der Thron für Marduk haben selbstverständlich eine besondere Qualität, aber auch Privatleute sind als Spender beschrifteter Gaben belegbar.

13.1 Kupferstatuette des Sˇamsˇ¯ı-Be¯l

Inventar-Nr. AO 2489 des Pariser Louvre, Herkunft unbekannt; Höhe ca. 30 cm, wobei aber der Kopf fehlt. Die Frage, ob es sich bei dem im Text genannten König um Asˇsˇur-da¯n I. oder II. handelt, ist von Deller zugunsten des ersteren entschieden worden. Publikation: F. Thureau-Dangin, Dédicace d’une statuette assyrienne, RA 6 (1906-7) 133 f. Mehrere moderne Übersetzungen, die wichtigste: K. Deller, OrAnt 22 (1983) 17 f. – Photo: A. Moortgat, Die Kunst des Alten Mesopotamien (Köln 1967) Abb. 248-249; A. Parrot, aaO., Abb. 134A-B.

102. Z. 5-6 spielen auf das Weltschöpfungsepos Enu¯ma elîsˇ an: Qingu ist Geschöpf und Gatte der Ti3amat (»Das Meer«) in Tf. I, 147 ff., für Marduk, der seine Feinde band, vgl. Tf. IV, 123. Übersetzung: TUAT III (1990-1997) 565-602. 103. E3esˇerke ist ein sonst unbekannter Tempelname. Vgl. A. R. George, aaO., 83 / 269.

49

Karl Hecker (1-3) Der Is ˇtar, der Bewohnerin des (Tempels) Egasˇankalama 104) [in] Arba3il, seiner Herrin, (9) hat (4) für das Leben von Asˇsˇur-da¯n, dem König des Landes Assur (und) König der Gesamtheit, (7) für sein (eigenes) Leben (und) Wohlergehen und das Wohlergehen seines ältesten Sohnes (5-6) Sˇamsˇ¯ı-Be¯l, der Tempelschreiber, Sohn von Nergal-na¯din-ahi, ˘ ebenfalls Schreiber, (8-10) (dieses) Bildnis aus Kupfer mit dem Gewicht von 4 Minen geweiht und hinaufgebracht. (10-12) Der Name dieses Bildnisses: Isˇtar, bei dir ist Erhörung!

13.2 Silberschale des Sˇumma-Asˇsˇur

Der Text der Inschrift ist auf einer Tontafel erhalten, die wegen mehrerer Schreibfehler wohl als Entwurf und Vorlage für den Silberschmied anzusehen ist. Fundort der Tafel Assur, Aufbewahrungsort Vorderasiatisches Museum Berlin (Inventar-Nr. VAT 10166). Publikation: E. Frahm, Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts 3 (WVDOG 121), Wiesbaden 2009 Nr. 73. (1-3) Dem

Ninurta, der im (Tempel) Ezida in Assur wohnt, 105) dessen […] gut ist, der die Klagen erhört, den Erbsohn schenkt, den Toten (wieder)belebt, (eine Zeile radiert) ˇ umma-Asˇsˇur, dein 106) verehrungsvoller (4) dem großen Herrn, seinem Herrn, (10) hat (5) S (6-7) Diener für die Bewahrung seines Lebens, den Erhalt von Nachkommenschaft (und) die Erhörung seiner Gebete (8-10) (diese) Trinkschale aus reinem Silber von 1 Mine Gewicht zur Füllung mit seiner Gottheit würdigem Wein machen lassen und geschenkt.

14. Siegelinschriften Der Alte Orient ohne Siegel: Das wäre eine Verkennung der archäologischen wie der kulturgeschichtlichen Realität, und eine umfangreiche wissenschafliche Literatur zu diesem Thema dokumentiert das genaue Gegenteil. Wer im Alten Orient etwas auf sich hielt und es sich auch leisten konnte, besaß (wenigstens) ein Siegel, mit dem er Gegenstände oder schriftliche Dokumente markieren konnte. Die Siegelung einer Urkunde war ein Rechtsakt, mit dem erst der in der Urkunde niedergelegte Vorgang auch rechtlich wirksam wurde. 107) Es gab Stempel- und Rollsiegel. Die letzteren waren, da sie selbst bei geringen Abmessungen den Vorteil hatten, auch größere Flächen abdecken zu können, bei weitem beliebter und sind daher auch erheblich zahlreicher erhalten, allerdings weniger die Siegelzylinder selbst als deren Abrollungen auf Tontafeln oder seltener auch auf anderen Gegenständen. Nur ein Teil der Siegel weist 104. Deutsch »Haus Herrin des Landes«. 105. Es gab in mehreren Städten Tempel, die Ezida (»Getreues Haus«) hießen. Am bekanntesten ist der Nabû-Tempel in Borsippa. Vgl. A. George, aaO., 159 / 1236-1239. 106. Statt »dein« erwartet man eigentlich »sein (… Diener)«. Solche für unser Empfinden unmotivierten Personenwechsel sind aber gerade in Weihinschriften nicht ganz selten. 107. War kein Siegel vorhanden, konnte als Ersatz auch ein Fingernagel, der Gewandsaum oder ein sonst geeigneter Gegenstand benutzt werden.

50

Texte aus Mesopotamien

eine Inschrift auf, die dann positiv oder negativ, erhaben oder vertieft graviert, bzw. reziprok lesbar sein kann. 108) Auch Götter konnten Siegel besitzen.109) Siegelinschriften von Beamten und Privatleuten enthielten außer dem Namen des Siegeleigentümers oft auch Widmungen für den jeweiligen Herrscher; in der Kassitenzeit kamen auch kurze Gebete in Mode.

14.1 Siegel des Marduk

Ein außergewöhnlich großer (ca. 19  3,5 cm) Siegelzylinder aus Lapislazuli kam bei den deutschen Ausgrabungen in Babylon in einem Korb zusammen mit anderen Steingegenständen in einem partherzeitlichen Haus zu Tage. Der Zylinder war von Marduk-za¯kir-sˇumı¯ I. (850-824 v. Chr.) als Halsschmuck des Marduk-Kultbilds in dessen Tempel Esagila in Babylon gestiftet worden und zeigt außer der hier übersetzten vertieft eingravierten, positiv lesbaren Inschrift eine erhaben geschnittene Darstellung des Kultbilds: Marduk steht auf einem wellenförmig Abb. 5: Marduk verzierten Postament, zu seinen Füßen der ihn symbolisierende Schlangendrache (musˇhusˇsˇu). Auf dem Kopf trägt er einen Fe˘ derpolos, in der rechten Hand ein Sichelschwert, in der linken Stab und Ring. Bekleidet ist er mit einem sternengeschmückten Obergewand und einem bodenlangen Rock, anscheinend sind an seiner Halskette mehrere große Ringe befestigt, in deren untersten drei Stiere zu sehen sind. Der Siegelzylinder ist aber nicht zu sehen. Umzeichnung der Marduk-Statue erstmals von F. Delitzsch, MDOG 5 (1900) 14 publiziert und seitdem öfters in der Literatur nachgedruckt, z. B. von Collon, aaO., Nr. 785 (vgl. auch Abb. 5) – Photos des Siegels: F. Wetzel / E. Schmidt / A. Mallwitz, WVDOG 62 (1957) Tf. 43g-h, 44b; J. Marzahn / G. Schauerte, aaO., 168 Abb. 100; P. Matthiae, Ninive. Glanzvolle Hauptstadt Assyriens (München 1998) 52 – Übersetzungen der Inschrift: G. Frame, RIMB 2, 104 f. als B.6.7.1. und W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun. (Hg.), aaO., 319 (2.125C). (1) Für

Marduk, den großen Herrn, den Starken, den Herausragenden, den Hohen, den Herrn von Allem, (2) den Herrn der Herren, den erhabenen Richter, der die Entscheidung für (alle) Wohnstätten trifft, (3) den Herrn der Länder, den Herrn von Babylon, der in Esagila wohnt, (8) hat (4) Marduk-za¯kir-sˇumi, der König der Welt, der Fürst, der ihn verehrt, (5) für den Erhalt seines Lebens, den Wohlbehalt seines Samens, lange Lebenstage, Bestand seiner Regierung, (6) (für) die Niederwerfung seiner Feinde (und), um auf ewig heil vor ihm zu wandeln, (7) (dieses) Siegel aus reinem Lapislazuli, das fest in rotem Gold gefaßt ist, (8) passend zu seinem heiligen Nacken, machen lassen und geschenkt.

108. Eine gute Einführung in die altorientalische Siegelkunde bieten U. Moortgat-Correns, RlA III (1957-1971) 440-462 s. v. Glyptik und D. Collon, First Impressions. Cylinder Seals in the Ancient Near East, London 1987. 109. Vgl. R. (Mayer-)Opificius, RlA III (1957-1971) 576-580 s. v. Gottessiegel.

51

Karl Hecker

14.2 Siegel des Assur

Der Gott Assur besaß drei Siegel. Diese sind nebeneinander abgerollt auf den von R. Borger in TUAT I (1982-85) 160-177 übersetzten Vasallenverträgen des Asarhaddon. 110) Photos der drei Siegel sind veröffentlicht von D. J. Wiseman, The Vassal Treaties of Esarhaddon, Iraq 20 (1958) 1-99, Fig. 2, 4, 6 und D. Collon, aaO., 132133 Nr. 559-561. Siegel 1) (rechts, 7 cm hoch) aus mittelassyrischer Zeit; dargestellt ist der vor Assur knieende, von einem niederen Gott eingeführte König, hinter ihm der Gott Ninurta; die wagerecht laufende mehrzeilige Inschrift ist weitgehend unlesbar. Siegel 2) (Mitte) ist altassyrisch. Es zeigt den König hinter einem einführenden Gott; zweizeilige Inschrift: Besitz von Assur (und) von (seinem) Tempel (in) der Stadt (Assur). Siegel 3) (links) zeigt den König (Sanherib, den Stifter des Siegels,) vor Assur, hinter dem König Assurs Gemahlin Mullissu. Inschrift: (1-5) Siegel

der Schicksale, mit dem Assur, der König der Götter, die Schicksale der Igigiund der Anunnaki-Götter von Himmel und Erde und der Menschen siegelt. (6-7) Was immer er siegelt, ändert er nicht. (7-10) Wer ändert, den mögen samt seinen Kindern Assur, der König der Götter, und Mullissu mit ihren mächtigen Waffen töten! (11-12) Ich bin Sîn-ahhe¯-erı¯ba, der König des Landes Assur und Fürst, der dich verehrt. (13-16) Wer ˘ [meinen]˘ geschriebenen Namen tilgt (oder) dieses dein Siegel der Schicksale ändert, dessen Namen und dessen Samen tilge im Lande!

14.3 Siegel des Silu¯lu von Assur ˙

Altassyrisch, aus mehreren Abrollungen bekannt; 1. Beispiel bei B. Hrozny´, Inscriptions cunéiformes du Kultépé I (Praha 1952) 29a + Pl. LXIII Siegel B; vgl. weiter K. Balkan, Observations on the Chronological Problems of the Ka¯rum Kanisˇ, Türk Tarih Kurumu Yayınlarından VII/28 (Ankara 1955) 54-55 + Fig. 6-11, zuletzt N. Özgüç, Kültepe-Kanisˇ/Nesˇa. Seal Impressions on the Clay Envelopes from the Archives of the Native Peruwa and Assyrian Trader Usur-sˇa-Isˇtar son of Asˇsˇur-imittı¯, Türk ˙ Tarih Kurumu Yayınlarından V/50 (Ankara 2006) 164 sub B (CS 49), außerdem B. Teissier, Sealing and Seals on Texts from Kültepe Ka¯rum Level 2, PIHANS LXX (Istanbul 1994) 134 Nr. 238. Das Siegel wurde in Wiederverwendung benutzt von Silu¯lu, Sohn von Uku, der als ˙ fungierte. Der Name des Eponym für das Jahr 4 von Puzur-Asˇsˇur II. (1811 v. Chr.)

110. Neue Bearbeitung mit Umzeichnung der Siegel: S. Parpola / K. Watanabe, Neo-Assyrian Treaties and Loyality Oaths, SAA II (Helsinki 1988) 28-58, Nr. 6.

52

Texte aus Mesopotamien

Erstbenutzers fehlt in der Assyrischen Königsliste; 111) der Versuch, ihn mit dem in dieser aufgeführten Sulili zu identifizieren, 112) hat nur wenig für sich. (1-2) Assur

von

ist König,

(3-4) Silu ¯ lu

Assur. 113)

˙

Stadtfürst von Assur,

(5-6) Sohn

von Dakiki, Stadtherold

14.4 Besitzvermerk des Lapislazuli-Siegels des Königs Sˇagarakti-Sˇuriasˇ

Auch Siegel konnten ihre fata haben, durch Erbschaft und Verkauf konnten die Besitzverhältnisse verändert werden. Ein ganz außergewöhnliches Schicksal hatte das Lapislazuli-Siegel des babylonischen Königs Sˇagarakti-Sˇuriasˇ (1249-1237 v. Chr.), das im Zug der Eroberung Babylons durch Tukultı¯-Ninurta I. im Jahr 1223 v. Chr. als Beutestück nach Assur verbracht worden war. Später gelangte es als »Geschenk« zurück nach Babylon, ehe es unter Sanherib erneut als Beute nach Assyrien kam. Das Siegel selbst ist nicht erhalten; die Kenntnis der Inschriften der drei Könige, die auf ihm angebracht waren, verdanken wir der Schreib- und Sammelwut von Assurbanipals Gelehrten, die eine Kopie für seine Bibliothek in Ninive anfertigten. Diese Kopie befindet sich heute im British Museum London (Inv.-Nr. K. 2673), wurde in Keilschrift vorgelegt von III R. 4/2, und mehrfach übersetzt. Vgl. E. Weidner, aaO., 37-38 Nr. 29 und A. K. Grayson, RIMA 2, 280 f. (A.0.78.28). Dem ursprünglichen Besitzvermerk (Z. 12) waren von Tukultı¯-Ninurta die Z. 9-11 hinzugefügt. Sanherib wiederholt dessen Text unter Einfügung von Z. 4-7. König der Gesamtheit, Sohn von Sˇulma¯nu-asˇare¯d, 114) König des aus dem Land Karduhniasˇi. Wer meine Inschrift (und) meinen Landes Assur. Namen beseitigt, (3) dessen Name (und) dessen Land mögen Asˇsˇur (und) Adad zugrunde richten. (4) Dieses Siegel wurde vom Land Assur dem Land Akkad als Geschenk 115) (zurück)gegeben. (5) Ich, Sîn-ahhe¯-erı¯ba, König des Landes Assur, (6) eroberte nach 600 ˘ ˘ (wieder) aus dem Besitz von Babylon heraus. 116) (KanJahren Babylon und (7) holte es ˇ agarakti-Sˇuriasˇ, König der ganzen Welt. (Rs. 9) Tukultı¯-Ninurta, König te 8) Eigentum von S der Gesamtheit, Sohn von Sˇulma¯nu-hasˇare¯di. (10) [Beute] aus dem Land Karduniasˇ. Wer meine Inschrift (und) meinen Namen beseitigt, (11) dessen Name (und) dessen Land mögen Asˇsˇur (und) Adad zugrunde richten. (12) Eigentum von Sˇagarakti-Sˇuriasˇ, König der ganzen Welt. (Vs. 1) Tukultı¯-Ninurta,

(2) Beute

111. Vgl. TUAT.NF 2 (2005) 27 ff. 112. So M. T. Larsen, The Old Assyrian City-State and its Colonies, Mesopotamia 4 (Copenhagen 1976) 37. Sulilis Vater hieß der Königsliste zufolge Aminu und nicht Dakiki. 113. Mit »Assur« ist hier, wie aus dem nachgestellten Determinativ für Ortsnamen (A-sˇurki) hervorgeht, nicht der Gott (dA-sˇur), sondern die Stadt gemeint. 114. Salmanassar I. (1263-1234 v. Chr.). 115. Lesung sˇá-ri-ik. Nicht ganz undenkbar wäre aber auch die Lesung sˇá-ri-iq »war geraubt (und gegeben) worden«. Leider haben wir keine Kenntnis über ein militärisches oder politisches Ereignis, in dessen Folge die Rückführung des Siegels nach Babylon hätte erfolgt sein können. 116. Die Eroberung Babylons durch Sanherib fand im Jahr 689 statt, also nur 534 Jahre, nachdem Tukultı¯-Ninurta die Stadt eingenommen hatte (1223 v. Chr.).

53

Karl Hecker

Abb. 6: Siegel des Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur

14.5 Siegel des Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur

Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur 117) war Statthalter von Assur und diente als Eponym für das Jahr 776 v. Chr. Sein Siegel mit der Inv.-Nr. Ash. 1932.319 ist veröffentlicht von B. Buchanan, Catalogue of Ancient Near Eastern Seals in the Ashmolean Museum 1, Oxford 1966, Nr. 630; Photo auch bei W. Orthmann, Der Alte Orient (Berlin 1975) Abb. 273. Bearbeitung (mit Umzeichnung): K. Watanabe, Votivsiegel des Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur, Acta Sumerologica Japonica 16 (Hiroshima 1994) 239-257; A. K. Grayson, RIMA 3 (1996), 237 (A.0.104.2016).

Das Siegel zeigt – in der Abrollung spiegelverkehrt – links den Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur, rechts den König Adad-ne¯ra¯rı¯ III., hinter diesem die Göttin Gula; über dem Lebensbaum in der Mitte schwebt das Symbol des Gottes Assur. Inschrift vierzeilig: Der Gula, seiner Herrin, hat für das Leben des Adad-ne¯ra¯rı¯, König des Landes Assur, (und) für sein Leben Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur, Statthalter der Stadt Assur, (dieses Siegel) geschenkt.

14.6 Kassitenzeitliches Siegel

W. H. Moore Collection 159, roter Jaspis 35  18 mm, veröffentlicht von G. A. Eisen, Ancient Oriental Cylinder and Other Seals, OIP 47 (Chicago 1947) Nr. 70. Bearbeitung der Inschrift: H. Limet, Les légendes des sceaux cassites, Académie Royale de Belgique, Classe des lettres, Mémoires LX/2 (Bruxelles 1971) 107 (8.14.). (1-5) Retten, (8) Siegel

gnädig sein, helfen, Heil bringen, vollenden: der Kunnaja¯tum.

(6-7) Das

ist bei dir, o Gula! 118)

117. Deutsch »Ich will das Antlitz Assurs schauen«. 118. Gula war die Göttin der Heilkunst. Vgl. den in TUAT III übersetzten großen Hymnus auf sie.

54

Texte aus Mesopotamien

14.7 Kassitenzeitliches Siegel Bearbeitung: Aus einer Privatsammlung, publiziert von J. Nougayrol, RA 65 (1971) 89 Fig. 2. Übersetzt auch von H. Limet, aaO., 118 (9-8.). (1-2) Vertraue

nicht auf Menschen! (3-4) (Hoch) erhoben (oder herunter) geworfen sind die Menschen. (5-6) Vertraust du auf Marduk, wirst du Gutes erhalten! (7) Siegel des Pa¯n-Marduk-lu¯mur. 119)

15. Varia 15.1 Loswürfel zur Wahl des Jahreseponymen

Assyrien datierte seit alters nach Eponymen. 120) Die Kandidatenwahl erfolgte in später Zeit offenbar teils nach bestimmten Regeln, so fungierte der König in seinem 1. Regierungsjahr auch als Eponym, teils wurde ein Losverfahren benutzt, wie der Loswürfel YBC 7058 der Yale Babylonian Collection New Haven dokumentiert, der in Kopie von F. I. Stephens als YOS IX (1937) 73 publiziert ist. Die Kantenlänge des Würfels beträgt 27  27  28 mm. Jahalu, dem das Los galt, war dreimal Eponym, ˘ und zwar für die Jahre 833, 824 und 821. Bearbeitungen: A. Millard, The Eponyms of the Assyrian Empire 910-612 B.C., SAAS II (Helsinki 1994) 8 (mit Photo als Frontispiz), W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun. (Hg.), aaO., 271 f. (2.113I) mit weiterer Literatur. (Seite 1) Assur,

großer Herr! Adad, großer Herr! (Dies ist das) Los von Jahalu, dem Groߢ Gouverneur schatzmeister (Seite 2) von Sˇulma¯nu-asˇare¯d (III.), König des Landes Assur, der Stadt Kibsˇuni, der Länder Qume¯ni, (Seite 3) Mehra¯ni, Uqi und Erimme, 121) (und) Zoll˘ die Ernte des Landes Assur recht oberst. In seinem Eponymat, seinem Los, (Seite 4) möge werden und gedeihen. Vor Assur (und) Adad möge er sein Los werfen! 122)

119. »Ich will das Antlitz Marduks schauen«. Vgl. Anm. 117 für einen gleichartigen Namen; die abweichene Verbalform ist dialektisch bedingt (la¯mur assyrisch, lu¯mur babylonisch). 120. Vgl. TUAT.NF 2 (2005) 31-34. Die altassyrische Eponymenliste läßt sich inzwischen mit Hilfe neuer Textzeugen auf über 250 Jahre verlängern und reicht damit an das Ende der Regierung Samsu-ilunas von Babylon heran. Vgl. dazu C. Günbattı, An Eponym List (KEL G) from Kültepe, AoF 35 (2008) 103-132, und A List of Eponyms from Kültepe (KEL D), in: C. Michel (Hg.), Old Assyrian Studies in Memory of Paul Garelli (PIHANS CXII), Istanbul 2008, 125135. 121. kurE-ri-mi. Weniger plausibel »Zedernberg« (kure-ri-ni[m]). Vgl. A. K. Grayson, RIMA 3 (1996) 179. Die vom Großschatzmeister (masennu) verwaltete Provinz lag im Norden Assyriens. Die genannten Orte sind nicht genau lokalisierbar. 122. Zur Lesung li-d[a]-a vgl. I. L. Finkel / J. E. Reade, Iraq 57 (1995) 167.

55

Susanne Paulus

15.2 Gewichte

Mespotamien als rohstoffarmes Land war auf einen gut funktionierenden Außenhandel angewiesen, für den nicht nur der Beruf des Kaufmanns (tamka¯rum), sondern auch ein genormtes Gewichtssystem von fundamentaler Bedeutung war. Gewichte, meist aus Stein und dann bisweilen in Form einer schlafende Ente, seltener aus Metall, 123) sind bei den Ausgrabungen in nicht geringer Zahl zum Vorschein gekommen; Masseungenauigkeiten, die im Geschäftsleben oft Probleme bereiteten und daher auch in den relevanten Texten erwähnt werden, waren nicht selten.124) Einige Gewichte tragen daher einen Eichvermerk. 1. Ente, grauer Marmor, aus Babylon, heute im Archäologischen Museum Istanbul, 1 Talent. 125) Inschrift in Umschrift: R. Koldewey, MDOG 38 (1908) 16 – Übersetzung: W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun., aaO., 324 (128H) – Photo: B. Hrouda (Hg.) / R. Koldewey, aaO., 189 Abb. 120, J. Oates, Babylon (London 1979) 187 Abb. 128.

1 Talent, genau, Eigentum von Musˇallim-Marduk, Priestersohn 126) aus Kisˇ. Wer (etwas) wegnimmt, den möge Sˇamasˇ wegnehmen. 127) 2. Pyramidenförmiger Stein, Herkunft unbekannt, [2] Minen.128) Publikation: M. Soutzo, Étude des monuments pondéraux de Suse, MDP XII (Paris 1911) 29 – Übersetzung: W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun., aaO., 325 (126).

[2] Minen genau, Eigentum von Marduk, dem König der Götter. Kopie eines Gewichts, das Nabû-kudurrı¯-usur (II.), König von Babylon, Sohn des Nabû-apla-usur, König von Ba˙ Gewichts von Sˇulgi, einem früheren König, genau˙ gemacht hat. bylon, als Kopie eines

16. Kudurru-Inschriften

Susanne Paulus Die babylonischen Kudurru-Inschriften, die vom 14. bis zum 7. Jh. v. Chr. belegt sind, nehmen innerhalb der mesopotamischen Inschriftenüberlieferung eine besondere 123. Für Photos einer Ente aus dem Iraq-Museum Baghdad mit sumerischer Inschrift Sˇulgis von Ur (Text: »Für Nanna, seinen Herrn, hat Sˇulgi, der starke Mann, König von Ur (und) König der vier Weltgegenden, 5 Minen genau gemacht«) und eines Löwen Salmanassars V. aus Nimrud vgl. B. Hrouda (Hg.), Der Alte Orient (München 1991) 208. Ein sehr schönes Photo der Sˇulgi-Ente auch bei E. Strommenger / M. Hirmer, aaO., Abb. 155. 124. Vgl. ausführlich M. Powell, Masse und Gewichte, § V. Sumerian and Babylonian weight measures. RlA VII (1987-90) 508-517. 125. Jetzt wegen kleinerer Beschädigungen noch 29,680 kg, ursprünglich etwas schwerer. 126. Gemeint ist »Mitglied der Priesterschaft«. 127. Wegnehmen: den ganzen Stein oder nur kleinere Stücke zu betrügerischer Gewichtsverminderung? 128. 978,4 Gramm, daraus ergibt sich die Ergänzung.

56

Texte aus Mesopotamien

Stellung ein. Sie enthalten stets juristische Transaktionen im Zusammenhang mit Grundeigentum, z. B. Schenkungen, Freistellungen von damit verbundenen Verpflichtungen (vgl. Text Nr. 1) oder Bestätigungen bereits existierender Eigentumsverhältnisse, wobei gewöhnlich der König als Begünstigender handelt. Die Schilderung der Rechtsvorgänge wurde dabei direkt von den jeweiligen Beweisurkunden übernommen. Daher stehen die Kudurrus den zeitgenössischen Urkunden sehr nahe. Da eine Rechtsurkunde jedoch nur als Beweismittel vor der weltlichen Gerichtsbarkeit, an deren Spitze der König stand, diente, versuchte man, die Eigentumsverhältnisse zusätzlich durch die Anrufung der göttlichen Gerichtsbarkeit in Form von Flüchen, die denjenigen, der sich gegen das Land des Begünstigten vergehen wollte, treffen sollten, abzusichern. Um den göttlichen Schutz, aber auch eine dauerhafte Sichtbarkeit des abschreckenden Textes zu gewährleisten, wurde dieser bestehend aus dem juristischen und dem Fluchteil, manchmal kombiniert mit einer narrativen Einleitung (vgl. Text Nr. 2), gewöhnlich auf Stein übertragen, wobei die Götter der Flüche dort gewöhnlich zusätzlich durch Symbole und anthropomorphe Darstellungen vertreten waren. Die Kudurrus wurden in den Tempeln aufgestellt und stehen damit anderen (Königs)inschriften formell ebenfalls nahe. Gemeinsamkeiten sind z. B. die Form und das Material sowie die Verwendung von Flüchen zur Absicherung.

16.1 Schenkung des Königs Meli-Sˇipak an seinen Sohn Marduk-apla-iddina I.

Die 68 cm hohe unregelmäßige Stele aus dunklem Kalkstein wurde, wie zahlreiche andere kassitische Kudurrus, beim Elamereinfall von Sˇutruk-Nahhunte I. (1150 ˘˘ v. Chr.) nach Susa verschleppt. Die Vorderseite ist mit 5 Registern, die Göttersymbole enthalten,129) versehen, während die Inschrift die restlichen drei Seiten bedeckt. Editionen und Bearbeitungen: V. Scheil, Textes Élamites-Sémitiques (MDP 2), Paris 1900 (Photos, Transliteration, Übersetzung); W. J. Hinke, Selected Babylonian Kudurru Inscriptions (SSS 14), Leiden 1911, 4-14 (Kopie); F. X. Steinmetzer, Eine Schenkungsurkunde des Königs Melisˇichu, BA 8 (1910) 1-38 (Transkription, Übersetzung, Kommentar); H. Gressmann, Altorientalische Texte zum Alten Testament, Berlin / Leipzig 1926, 431-434 (Übersetzung) – Aufbewahrungsort: Louvre, Paris (Sb 22).

Die Besonderheit des Textes liegt darin, daß der 33. kassitische König Meli-Sˇipak (1181-1167 v. Chr.) nicht einen gewöhnlichen Beamten, sondern seinen Sohn und Nachfolger Marduk-apla-iddina I. (1166-1154 v. Chr.) mit einer Landschenkung von ca. 685 ha bedenkt. Zu dieser gehörten eine Siedlung und zusätzliche Verfügungen in Form von Freistellungen, die die Ländereien von Arbeits- und Abgabenpflichten gegen über dem König und der Provinzverwaltung befreiten, so daß dadurch die Einkünfte des Landeigentümers gesichert wurden. 130) Daß Schenkungen des Königs an 129. Zu den Göttersymbolen auf den Kudurrus siehe U. Seidl, Die babylonischen Kudurru-Reliefs. Symbole mesopotamischer Gottheiten (OBO 87), Freiburg / Göttingen 2 1989. 130. Zu der Funktionsweise von Freistellungen siehe F. R. Kraus, Ein mittelbabylonischer Rechtsterminus; in: J. A. Ankum / R. Feenstra / W. F. Leemans (Hg.), Symbolae iuridicae et historicae Martino David dedicatae. Tomus alter: Iura Orientis Antiqui, Leiden 1968, 9-40 und

57

Susanne Paulus

seine eigenen Kinder durch das Aufstellen eines Kudurrus zusätzlich gegen Übergriffe zukünftiger Herrscher abgesichert wurden, ist bislang nur unter Meli-Sˇipak belegt und ist möglicherweise als Reaktion auf die politischen Unsicherheiten und innerdynastischen Brüche zu werten, die auf die Eroberung Babyloniens durch Tukultı¯-Ninurta I. (1223 v. Chr.) folgten. (I 1-2) 2536

Sea »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Sea (entspricht), 131) (3-4) die Stadt von Tamakkû, Feldflur der Stadt Akkade, (5-6) Ufer des ›Königskanals‹, (Provinz) Bı¯t-Per3i-Amurru. 132) (7-8) Davon: 1091 Sea »Saatfläche«, (9-10) Umland der Stadt von Tamakkû; (11-12) 447 Sea »Saatfläche«, überschüssiges Land (13-14) des Hauses des Irriga, des Hofbeamten; (15-17) 783 Sea »Saatfläche«, überschüssiges Land der Stadt von Nu¯r-ahhe¯sˇu, (18-20) des Hauses Izkur-Adad, des Türbeantworters der Stadt Du¯r-Kurigal˘ ˘ und 215 Sea »Saatfläche« des Hauses des Ea-ma¯lik, des Zimmermanns, zu, (21-22) (23-25) in der Stadt Za ¯ rat-Simdagme, am Ufer des Kanals Harri-ba¯si, in Bı¯t-Per3i-Amurru ˘ ˙hat König Meli-Sˇipak (26) – seine Verfügungsgewalt ist abgewandt 133) – (27) (dafür) ˇ amasˇ-na¯din-sˇumi, den Sohn des Arad(28-29) Ibni-Marduk, den Sohn des Arad-Ea, (30-32) S ˇ (33-34) ˇ ˇ und Samas-sumu-lîsˇir, den Sohn des Ultu-ilı¯, (35-36) den Nubatti, den Hofbeamten, Bürgermeister von Bı¯t-Per3i-Amurru, (37-38) geschickt, und sie haben (es) ausgemessen, und (39-40) er (= Meli-Sˇipak) hat es Marduk-apla-iddina, seinem Diener, geschenkt. (41) Von diesem Land (gilt): (42-43) Die obere, nördliche Breitseite ist angrenzend an (44-45) die Stadt von Ma ¯ r-Sˇe¯lebi des Hauses Tunamisah; (46-47) die untere, südliche Breit˘ der Isˇtar von Akkade; (49-50) die seite ist angrenzend an die Stadt von Sˇalhî, (48) das Land ˘ obere, westliche Frontseite ist das Ufer des Na¯r-kiba¯ti, (51-52) der aus dem Inneren des Namgar-sˇarri schöpft; (53-54) die untere, östliche Breitseite ist das Ufer des ›Königskanals‹. ˇ ipak (4-5) dem Marduk-apla-iddina, seinem Die(II 1-3) Von diesem Land, das König Meli-S ˇ ner, geschenkt hat, (6-8) hat er (= Meli-Sipak) die Nicht-Wegnahme seines (= Mardukapla-iddina) Landes (und) seine Freistellung wie folgt festgelegt, (nämlich) (9-11) in seinem Land keine Verminderung und keine Beschneidung 134) vorzunehmen; (12-14) den

131.

132.

133. 134.

58

S. Paulus, Verschenkte Städte – Königliche Landschenkungen an Götter und Menschen, in: L. Kogan / N. Koslova / S. Loesov / S. Tishchenko (Hg.), City Administration in the Ancient Near East (Proceedings of the 53e Rencontre Assyriologique Internationale 2; Babel and Bible 5), Winona Lake 2010, 191-206. Die Fläche wird im üblichen mittelbabylonischen Flächenmaß angegeben, das auf der standardisierten Menge von Saatgut (in Sea) pro Fläche beruht. So entsprechen 3 Sea 8 100 m2 . Zur Berechnung siehe M. A. Powell, Maße und Gewichte, RlA 7 (1987-1990) 481 f. Die hier genannte Fläche entspricht 684,72 ha. Die Schenkung beginnt mit dem Namen der verschenkten Stadt (A¯lu-sˇa-Tamakkû). Anschließend folgt eine kurze Lagebeschreibung. Durch die Nennung der Provinz Bı¯t-Per3i-Amurru sowie des ›Königskanals‹ und des Flusses Rada¯nu kann das Land östlich des antiken Tigrisverlaufs, in Höhe des Zuflusses des modernen Adhaim/’Uzaim lokalisiert werden. Siehe ˙ N. Postgate, Rada¯nu, RlA 11 (2006-2008) 221. Der Ausdruck qa¯ssu turrat wird verwendet, um Enteignungen auszudrücken. Dabei konnte jedoch eine Entschädigung, z. B. in Form von Ersatzflächen, an den Betroffenen geleistet werden. Vgl. S. Paulus, Babel and Bible 5, 203 Anm. 53. Bei dem Vorgang nisˇirtu (II 8) handelt es sich um eine Verminderung der Landfläche, bei kizzatu wahrscheinlich um eine Beschneidung des Ertrags, vgl. AHw 496.

Texte aus Mesopotamien

Deich, die Grenze und den kudurru 135) nicht zu verrücken; (15-17) keinen Einspruch, keine Vindikation und Klage zu erheben; (18-19) (zu) den Arbeitsdiensten an den Breschen, den Wehren, Einspeisungen, (20-21) den Verschalungen und Rohrbefestigungen (22-23) des ›Königskanals‹, an den Spundwänden des ›Königskanals‹ der Stadt Bı¯t-Sikkamidu (24) und der Stadt von Mudammiq-Adad (25-26) zusammen mit dem Aufgebot, das die Städte des Landes der Isˇtar von Akkade ergreift, (27) seine Stadt nicht auszuheben und (29) die Arbeitsdienste an der Schleuse des ›Königskanals‹, (30-31) weder die des Absperrens noch die des Öffnens, (28) zu machen; (32-33) das Ausgraben des ›Königskanals‹ nicht zu unternehmen; (34) daß die Bauern seiner Stadt, (35-36) weder die Abhängigen 136) noch die Einwohner seiner Stadt, (37-38) noch die Männer unter seiner Befehlsgewalt (39-40) irgendein Beauftragter von Bı¯t-Per3i-Amurru (41-42) aus seiner Stadt herausführe und (43-44) daß weder vor den König noch vor den Gouverneur, (45-47) noch vor irgendeinen Hervorgehobenen von Bı¯t-Per3i-Amurru hin (48-50) weder Holz, noch Pflanzen, noch Stroh, noch Gerste, noch irgendetwas Herbeizutragendes (51-53) sein Lastwagen, sein Gespann, sein Esel oder sein Mann trage; (54-III 1) durch die Regulierung des Wassers des überbrückenden Kanals (2-3) zum Ra¯t-Anim 137) und Namgar-sˇarri (4-5) am Wasser des Ka˙ nals seiner Anlage keine Minderung herbeizuführen; (6-7) aus dem Kanal seiner Bewässerungsstelle kein Wasser herauszunehmen und (8-9) die Anlage nicht zu verändern noch (10-12) ein anderes Land damit zu bewässern oder damit zu tränken; (13-14) die Pflanzen seines Landes nicht auszureißen; (15-16) das Vieh des Königs oder des Gouverneurs, der in der Provinz (17-18) Bı¯t-Per3i-Amurru eingesetzt wird, (19-20) nicht auf seine Flur führen zu lassen und (21) die Pflanzen nicht abzuweiden; (22) den Weg und die Brücke (23-24) weder für den König noch für den Gouverneur, der in der Provinz (25-27) Bı¯t-Per3i-Amurru eingesetzt wird, zu inspizieren; (28-29) und irgendeinen neuen Arbeitsdienst, den in zukünftigen Tagen (30-31) ein König oder ein Gouverneur, der in der Provinz (32-33) Bı¯t-Per3iAmurru eingesetzt wird, (34) festsetzt oder (35-36) eine Arbeit und einen Arbeitsdienst, (37-38) der von alters her in den Verantwortungsbereich gefallen ist (39) und den er aufs neue erhebt, (40-41) diesen Arbeitsdienst nicht zu tun; (42) die Nichtwegnahme seines Landes, (43-45) die Freistellung seiner Stadt, seines Umlandes und von allem, was er ihm gegeben hat, (46-48) hat er festgesetzt und vor Sˇamasˇ, Marduk, Annunı¯tu (49-50) und den großen Göttern des Himmels und der Erde (51) auf die Stele geschrieben und (52-54) auf seinem (= Marduk-apla-iddinas) Land als kudurru der Dauerhaftigkeit hinterlassen. 138) (55-57) Den, den irgendwann in der Zukunft, in fernen Tagen, die großen Götter (58-60) berufen und in das Hirtentum des Landes erheben werden, (IV 1-2) der, w[ie ic]h 139) das Land, das ein König, der vor mir kam, (3-4) an seinen Nachkommen ge135. Kudurru bezeichnet hier nicht die Stele, sondern eine Grenzmarkierung, wahrscheinlich in Form eines Holzpflocks, vgl. Paulus, Die babylonischen Kudurru-Inschriften, im Druck. 136. Bei qattinu handelt es sich um eine abhängige, landwirtschaftlich tätige Personengruppe, vgl. St. Jakob, CM 29, 558 f. 137. Der Ausdruck Ra¯t-Anim »Bewässerungsrinne des An« wird hier als volksetymologische Schreibung für den˙ Fluß Rada¯nu benutzt. Vgl. N. Postgate, RlA 11 (2006-2008) 221. 138. Mit Stele bzw. kudurru wird direkter Bezug zum hier behandelten Objekt genommen, das lokal, d. h. wahrscheinlich in einem Tempel auf dem Land des Marduk-apla-iddina, aufgestellt war. 139. Der Wechsel von der 3. zur 1. Person, wie er für Kudurru-Inschriften unüblich ist, macht deutlich, daß hier mit verschiedenen Versatzstücken operiert wurde.

59

Susanne Paulus

schenkt hat, nicht weggenommen habe, (5-7) die Freistellung, die er festgesetzt hat, [nicht] in die ilku-Pflicht eintreten ließ 140) (8-10) [und] etwas, das er auf seine Stele geschrieben und hinterlassen hat, (11-12) (auch) [ic]h nicht geändert [und] ausgetauscht habe, (13-14) gemäß den Anweisungen der Großen, meiner Ratgeber, (15-17) der Statthalter der Provinzen und derjenigen, die zur Prozeßklage veranlaßten, (18-20) nicht gehandelt und das Land, das sie ihren Nachkommen geschenkt haben, nicht weggenommen habe, (21) die Freistellungen, die sie festgesetzt haben, (22-23) nicht in die ilku-Pflicht eintreten ließ, (24-25) die Worte, die sie aufgeschrieben und hinterlassen haben, (26-27) (auch) ich nicht mißachtet und nicht überschrit ten habe, (28-29) wird (auch) er mich nicht gering schätzen; (30-31) er wird das Land, das ich meinem Nachkommen geschenkt habe, nicht wegnehmen; (32-33) die Freistellung, die ich festgesetzt habe, wird er nicht in die ilkuPflicht eintreten lassen; (34-35) gemäß den Anweisungen der Großen, seiner Ratgeber, (36-37) der Statthalter der Provinzen (38) und derjenigen, die zur Prozeßklage veranlassen, (39) wird er nicht handeln und (40-41) die Worte, die ich auf diese Stele (42-43) geschrieben und hinterlassen habe, nicht ändern; (44) gemäß den Anweisungen des Gouverneurs, der in (45-46) der Provinz Bı¯t-Per3i-Amurru eingesetzt werden wird, (47-49) wird er nicht handeln, ihm kein Land anstatt (dieses Landes) geben und (50-51) das Land, das ich gegeben habe, nicht in die Provinz zurückführen. 141) (52-54) Wenn dieser Mann das Recht liebt und das Unrecht haßt, (55-56) das Land, das ich meinem Nachkommen geschenkt habe, nicht wegnimmt, (57-58) die Freistellung, die ich festgesetzt habe, nicht in die ilku-Pflicht eintreten läßt, (59-(V 1) die Worte, die ich auf diese Stele geschrieben und (2-5) vor Sˇamasˇ, Marduk, Annunı¯tu und den großen Göttern des Himmels und der Erde (6-7) auf diesem Land hinterlassen habe, (8-9) nicht [änd]ert und nicht mißachtet, (10-11) gemäß den Anweisungen der Großen, seiner Ratgeber, der Statthalter der Provinzen (12) und derjenigen, die zur [Prozeßklage] veranlassen, nicht handelt und (13) ihm kein Land anstatt gibt, (14) [das Land, das ich ge]geben habe, nicht in die Provinz zurückführt, (15-16) den sollen die großen Götter des Himmels und der Erde [beständig] anschauen und (17-18) das [Erleben] vieler Tage, Jahr[e der Fül]le, der Fruchtbarkeit und des Überflusses, (19) solange er [le]bt, als sein Los bestimmen. (20-21) Wenn dieser Mann das Recht haßt und das Unrecht liebt, (22-23) die Flüche, die ich auf diese Stele geschrieben und (24-25) vor Sˇamasˇ, Marduk, Annunı¯tu und vor den großen Göttern des Himmels und der Erde (26-27) auf diesem Land hinterlassen habe, nicht fürchtet und (28) das Land, das ich meinem Nachkommen geschenkt habe, wegnimmt, (29-30) eine Beschneidung oder Verminderung im Inneren vornimmt, (31) die Freistellung, die ich festgesetzt habe, in die ilku-Pflicht eintreten läßt (32) oder ihm ein Land anstatt (dieses Landes) gibt und (33) das Land, das ich gegeben habe, in die Provinz zurückführt, ˇ amasˇ, Marduk, Annunı¯tu und den gro(34) die Stele, die ich geschrieben und (35-37) vor S ßen Göttern des Himmels und der Erde (38-39) auf diesem Land für die Dauer fest errichtet habe, (40-42) aufhebt und mit böser Absicht an einen anderen Ort stellt, (43-44) an einem nicht sichtbaren Ort versteckt, (45-46) weil er diese Flüche, (46-47) die auf dieser 140. Unter ilku-Pflicht wird hier eine Einbindung in die Pflichten und Abgaben verstanden (vgl. II 9-III 41), von denen das Land befreit war. 141. Durch Schenkung und Freistellung war das Land aus der Provinzverwaltung ausgegliedert worden. »Rückführung« bedeutet daher, die Wiedereingliederung in deren Abgaben- und Dienststruktur.

60

Texte aus Mesopotamien

Stele geschrieben sind, fürchtet, (47-48) und (daher) einen fremden Mann, einen Ausländer, den Sohn von Irgendjemandem, (49-50) einen Tauben, Einfältigen, Debilen oder einen Unwissenden beauftragt und (51) (die Stele) aufheben läßt und ins Wasser oder Feuer wirft, (52-54) im Erdboden vergräbt, mit Lehmziegeln bedeckt, in eine Mauer einschließt, (55-56) tilgt und abkratzt, zerstört, vernichtet, (57) meinen Namen, der eingeschrieben ist, tilgt, (VI 1-2) diesen Mann, sei es ein Angesehener, ein Großer, ein Ratgeber des Königs, (3-4) ein Hofbeamter, ein Gouverneur, der in der Provinz (5-6) Bı¯t-Per3iAmurru eingesetzt werden wird, (7-8) sei es der Bürgermeister der Provinz Bı¯t-Per3iAmurru, (9-10) der sˇa¯kin te¯mi, 142) ein Feldbauinspektor, (11-12) ein Kanalinspektor von ˙ Bı¯t-Per3i Amurru, (13-14) oder (einer der) Menschheit, so viel mit Namen genannt sind, (15) diesen Mann sollen (16-20) An, Enlil, Ea und Ninhursag, die großen Götter, (21-22) de˘ ren Wortspruch nicht verändert wird, (23-24) mit wütendem Gesicht (25) böse anblicken (26-28) mit einem nicht zu lösenden, bösen Fluch verfluchen; (29) Marduk, der große und (30-32) dessen Befehl kein Gott umwandeln kann, (33-34) soll ihm Hunger, seine groHerr, ße Strafe, auferlegen, und (35-36) er soll unter dem Blick des Widersachers (37-38) mit ausgestreckten Händen, jedoch ohne versorgt zu werden, (39-40) die Straße seiner Stadt durchstreifen; (41-43) Sîn, der wütende Herr, der unter den großen Göttern hervortritt, (44-47) soll ihm die Wassersucht, deren Fessel nicht gelöst werden kann, auferlegen, (48-49) Aussatz soll wie ein Gewand (50-51) seinen Leib bekleiden, und (52-53) für die Tage, die er lebt, soll er seines Hauses beraubt sein und (VII 1-2) wie ein Tier der Steppe in der Steppe umherlaufen, (3-4) die Hauptstraße seiner Stadt soll er nicht betreten; (5-6) Ninurta, der Herr des Erbsohns, (7-8) des Namens und des kudurru 143) (9-11) soll ihm den Erbsohn, den Wasserspender, 144) rauben und (12-13) ihn keinen Samen und keinen Sproß bekommen lassen; (14-15) Gula, die gewaltig große Herrin, (16-17) die Fürstin aller Herrinnen, (18-20) soll ein Geschwür, eine dauerhafte Wunde, die nicht aufzuheben ist, (21-22) auf seinen Leib legen, und, (23-25) solange er lebt, soll er in Eiter und Blut wie in Wasser baden; (26-29) all die großen Götter, deren Namen auf dieser Stele genannt, (30) deren Wohnsitze angegeben, (31-32) deren Waffen sichtbar (33-34) und deren Zeichnungen eingezeichnet sind, 145) (39) sollen ihm bis in ferne Tage (35-38) ein Schicksal der Blindheit, der Taub- und der Stummheit (40) bestimmen. (41-42) Diese Flüche (43-44) sollen ihn auf Anweisung des Enlil, des großen Herrn, (45-46) dessen Befehl nicht geändert (47-49) und dessen feste Zusage nicht überschritten wird, (50-51) nicht entkommen lassen, sondern ihn erfassen.

142. Der Titel, wörtlich »der, der Anweisung gibt«, ist in mittelbabylonischer Zeit auf mittlerer Provinzebene anzusetzen. Die Träger waren für die Organisation landwirtschaftlicher Arbeiten zuständig. Vgl. L. Sassmannshausen, Beiträge zur Verwaltung und Gesellschaft Babyloniens in der Kassitenzeit (Baghdader Forschungen 21), Mainz 2001, 29; Brinkman, A Political History of Post-Kassite Babylonia, AnOr 43, 307 f. und ders., JESHO 6 (1963) 238. 143. kudurru wird hier, wie an anderer Stelle, bewußt spielerisch gebraucht, da das Wort neben »Grenzmarke« (siehe oben Anm. 143) auch »Sohn« bedeuten konnte, vgl. CAD K 495-497. Ninurta war als Gott sowohl für die Verschaffung von Söhnen als auch für die Wahrung von Grenzen zuständig. 144. Die Wasserspende war ein wichtiger Bestandteil des Totenopfers. 145. Durch die Zeilen VII 27-34 wird ein direkter Zusammenhang zwischen den auf dem Kudurru sichtbaren Göttersymbolen und den Flüchen hergestellt. Vgl. K. E. Slanski, JCS 52 (2000) 9 ff.

61

Susanne Paulus

16.2 Restauration des Königs Marduk-apla-iddina II. zu Gunsten des sˇa¯kin te¯mi von Babylon ˙

Die 45 cm hohe und 32 cm breite, flache, oben abgerundete Stele aus dunklem Stein unbekannter Herkunft zeigt auf der Vorderseite unterhalb eines Registers mit Göttersymbolen den König Marduk-apla-iddina II. (721-710 und 703 v. Chr.), wie er den ˇsa¯kin te¯mi 146) von Babylon, Be¯lu-ahhe¯-erı¯ba, freudig ansieht. Auch die Oberseite und ˘˘ ˙ die Seitenflächen sind mit Göttersymbolen versehen; die Inschrift umfaßt 5 Kolumnen und verteilt sich auf die Rückseite und den linken Rand. Editionen und Bearbeitungen: A. Ungnad, VS 1, Leipzig 1907, Nr. 37 (Kopie); F. E. Peiser / H. Winckler, Inschrift Merodach-Baladan’s II., in: E. Schrader (Hg.), Sammlung von assyrischen und babylonischen Texten in Umschrift und Übersetzung, KB 3,1 (Berlin 1892) 184193 (Transliteration, Übersetzung); W. F. Leemans, Marduk-apla-iddina II, zijn tijd en zijn geslacht, JEOL 10 (1945-1948) 444-448 (Übersetzung, Kommentar); G. R. Meyer, Altorientalische Denkmäler im Vorderasiatischen Museum zu Berlin, Leipzig 1970, Abb. 142-145 (Photos aller reliefierten Seiten). Photo auch: J. Marzahn / G. Schauerte, aaO., Abb. 160 – Aufbewahrungsort: Vorderasiatisches Museum, Berlin (VA 2663).

Marduk-apla-iddina II., biblischer Name Merodachbaladan, war als chaldäischer Klanführer der wichtigste babylonische Gegner Assyriens unter den Sargoniden. Er tritt zuerst unter Tiglatpilesar III. (745-727 v. Chr.), der Babylonien eroberte, in Erscheinung, dort noch als tributpflichtiger König des Meerlandes. Er nutzte dann die Wirren, die auf die Regierungszeit Salmanasars V. (726-722 v. Chr.) folgten, um sich 721 auf den babylonischen Thron zu erheben, und stabilisierte seine Macht, indem er Allianzen mit den Babyloniern, Aramäern, später auch mit Elamern, Arabern und Judäern schloss. Zu der entscheidenden Schlacht, die die Elamer 720 bei De¯r gegen Sargon II. (721-705) siegreich schlugen, kamen Marduk-apla-iddina II. und seine Truppen zu spät, jedoch hatte die assyrische Niederlage zur Folge, daß Babylonien bis 710 unabhängig blieb. Aus diesem Zeitraum (715 v. Chr.) stammt auch dieser Kudurru, der Zeugnis dafür ist, wie Marduk-apla-iddina II. im Rückgriff auf traditionelle Formen und die etablierte Landvergabepolitik versuchte, die Situation in Babylonien zu stabilisieren. 147) Beischrift neben der Figur des Königs: (A1-2) Bildnis

des Marduk-apla-iddina (II.), des Königs von Babylon. Marduk, der große Herr, der Wissende der Götter, (4) der König der Gesamtheit, (5-6) der Alleinherrscher der Igigu- und Anunnaku-Götter, (7) der die Reinigungsriten vollendet, (8) der Weise der Gesamtheit des Himmels (9) und der Erde, der Ratgeber

(I 1-3) Als

146. Die Position des ˇsa¯kin te¯mi in frühneubabylonischer Zeit ist klar von seiner Stellung in frü˙ Anm. 142) zu unterscheiden. Hier bezeichnet er den obersten Beherer Zeit (vgl. dazu oben amten einer Stadt oder Provinz, vgl. Frame, PIHANS 69, 225 ff. 147. Zu Marduk-apla-iddina II. und dem weiteren Verlauf seiner Regierungszeit siehe J. A. Brinkman, Prelude to Empire. Babylonian Society and Politics, 747-626 BC, OPBF 7 (Philadelphia 1984); ders. RlA VII (1987-90) 375 und G. Frame, Rulers of Babylonia. From the Second Dynasty of Isin to the End of Assyrian Domination (1157-612 BC), (Toronto, Buffalo, London 1995) 135-142.

62

Texte aus Mesopotamien

der Götter, (10-11) seiner Erzeuger, der Herr des Oberen und Unteren, (12-13) der die Menschen recht leitet, (14-15) dessen Befehl nicht vertauscht werden kann, (16) dessen Ausspruch nicht verändert werden kann, (17-18) der vom Land Akkade sich zornig abgewandt hatte, (19) (dann) Gnade erwies, (20-21) alle Menschen ansah und die Zahlreichen überprüfte, (22-23) aus der Summe der Schwarzköpfigen der Gesamtheit aller Wohnstätten (24-25) getreulich auswählte und Marduk-apla-iddina (II.), (26-27) den König von Babylon, seinen Schützling, den Statthalter des Landes Sumer (28) und Akkade, der seine Göttlichkeit fürchtet, (29) freudig angesehen hat, und (30) er hat das Vergrößern seiner Fürstlichkeit (31-32) durch seinen Befehl befohlen, folgendermaßen: »Dieser soll der Hirte, (33) der die Verstreuten sammelt, sein!«. (34) Das rechte Zepter, (35-36) den Hirtenstab, der die Menschen wohl erhält, hat er seiner Hand anvertraut. (37) Den Ratsspruch des Landes Sumer (38) und Akkade, die Entscheidung der Gesamtheit (39) der Abb. 7: Kudurru des Menschen hat er ihm dauerhaft gemacht, (40) durch seine AnweiMarduk-apla-iddina II. sung (41-42) seine Herrschaft in der Versammlung der Fürsten übergroß gemacht. 148) (43-44) Damals hat Marduk-apla-iddina (II.), der König von Babylon, (45-46) der besonnene Fürst, der König von Sumer und Akkad, (II 1-3) der Nabû und Marduk, die Götter des Esagil und des Ezida, fürchtet, (4) der ihre Türschlösser mit Reichtum überschüttet, (5-6) der die Gesamtheit der Tempel erstrahlen läßt, (6-7) der überall die Heiligtümer erneuert, (8-9) der Sippar, Nippur und Babylon sicher leitet, (10) der ihre Riten bewahrt, (11-13) der Erbauer von Cellae, Kapellen und Heiligtümern in den großen Kultst ätten, (14) der jährlich seinen schweren Tribut, (15-16) den Ertrag des weiten Meeres, seine überherrli[che]! Opfergabe!, 149) (17) Einkommen und Geschenke (18-19) rechtzeitig vor den Herrn der Herrn zu bringen suchte und (20-21) den [Bef]ehl des Herrn der Götter, 150) seinen [Ausspruch 151) re]spektiert, (25) dessen Sinn (22-24) auf das Erneuern der [Heilig]tümer, das Besie[deln] der [Kult]stätten und das Bewahren der Riten (25) gerichtet ist, der wahre Hirte, (26-28) der mit Unterstützung der großen Götter einhergeht und sein Kampf ziel erreicht, (28-30) der die zerstreuten Menschen der Wohnstätten sammelt, (30) sie an ihre Stätten zurückbringt, (31) der [ehr]fürchtige Fürst , der an Stärke (32-33) und [überleg]ener Kraft nicht seinesgleichen hat, (33-34) der starke Held, durch dessen Namensnennung (35-36) sein Feind aus seinem Angesicht böse vertrieben wird 148. Die Lesung puhur ˇsu-u´t, so auch AHw 877, ist nach Kollation sicher. 149. Die Lesung der˘ Zeile bleibt unsicher. Leemans, JEOL 10, 445 schlägt für sur-sˇú bar-ru-hu den ˘ die ˙ jedoch an, daß hapax legomenon »overvloedige opbrengst« [üppige Ausbeute] vor, gibt Übersetzung unsicher sei. Von Soden emendiert bar-ru-hu schlüssigerweise zu ˇsur-ru-hu, ˘ sur-sˇú als igi?.sá? ˘gevgl. so auch CAD Sˇ3 361 s. v. ˇsurruhu 1c. Dort wird die Zeichenfolge ˘ ˙ deutet, was schwer mit den Zeichen in Einklang zu bringen ist. Daher wird hier vorgeschlagen, sur zu dem sehr ähnlichen sískur zu emendieren, zumal sískur!-sˇú dann parallel zu ˙ gú.un-su in II14 ist. 150. Zur Ergänzung siehe CAD Sˇ/I 87 s. v. sˇaha¯tu B1b. ˘ möglich, jedoch nicht sicher. Der Vorschlag von 151. Die Lesung von [qi-bit -su ist nach Kollation Leemans, JEOL 10, 445 ist zu verwerfen, da er sich nicht mit den Zeichenspuren deckt.

63

Susanne Paulus (36-37) (und)

sich 3600 Meilen weit entfernt, (37-38) der durch die gewaltige Macht des Be¯l was er wünschte, viermal im Sieg erreichte, (40-41) der dauerhafte Same des Königtums, (41-42) der den Namen des Vaters, seines Erzeugers, berühmt macht, (43-44) abstammend von Erı¯ba-Marduk, dem König von Babylon, dem Festiger des Fundaments des Landes, (45-47) der in den Heiligtümern der Kultstätten der großen Götter alles Erforderliche durchführt, (47-48) der tüchtige Ratgeber, dessen Verstand weit ist, der kunstvolle Anführer, (49) der die Gesamtheit der Werke kennt, (49-50) ein weites Gemüt, ein besonnener Geist, (51) der Berater seiner selbst, (52-54) dessen Gestalt Ninmena, die Schöpferin der Götter herrlich gemacht hat, (54-III 2) dessen Namen für das Hirtentum der Schwarzköpfigen der König des Himmels und der Erde , der Herr der Herren, getreulich genannt hat, (2-4) dem mit der Weisheit seines Werks, dem kunstvollen Verstand des Ea, (5-7) Mummu, 152) der Schöpfer von Allem, breite Weisheit schenkte (7-8) (und) Nins ˇiku 153) ihm zu eigen gab, (8-10) suchte die Stätten des Nabû und des Marduk, seiner Herrn, auf, und (14) sein Sinn war darauf gerichtet, (11-12) den Truppen unter göttlichem Schutz, den Einwohnern von Sippar, Nippur, (13-14) Babylon und denen der Kultstätten des Landes Akkade (11) Ländereien zu geben. 154) (15) Die alten Ländereien der Einwohner von Babylon, (16) die das feindliche Heer bei der Beschlagnahmung (17-18) weggenommen hatte und während der Hirtenlosigkeit Fremde wie Weideland abgeweidet hatten, (19-20) deren Grenzen vergessen worden waren, weil die Grenzpflökke nicht dauerhaft aufgestellt waren, (21-22) deren kudurru(s) auf den Fluren 155) verändert worden waren, weil sie nicht eingeschlagen waren, (23) führte er in die (ursprüngliche) Auf teilung zurück und (26) übertrug (24-25) sie den Truppen des göttlichen Schutzes, den Einwohnern von Babylon und Borsippa. (26-28) Keinen einzigen Mann ließ er aus, sondern stattete den Kleinen und Großen wie einen einzigen aus und (29) setzte die kudurru(s) dauerhaft fest. Über das Frühere (30-31) ließ er es hinausreichen und ließ ihre Gemüter jauchzen. Über die Truppen (32-33) des göttlichen Schutzes, so viele es sind, breitete er Schutz aus. (34-35) Geschenke schenkte er ihnen, und Pfründe teilte er zu. (35-36) An diesem Tage hat den Be ¯ lu-ahhe¯-erı¯ba, den sˇa¯kin te¯mi (37-38) von Babylon, den ˙ ˘ ˘ (39-40) Marduk-apla-iddina (II.), der König, sein Diener, der ihn fürchtet, seinen Schützling, Herr, (40-42) mit seinem strahlenden Gesicht wie ein Gott freudig angesehen und (42-43) (ein Landstück) – 16600 Ellen (lang ist) die obere Breitseite (44-45) angrenzend an Be¯lu-ana-ma¯tı¯sˇu und die hansˇû-Felder der Babylonier, 156) (46-47) 16600 Ellen (lang ist) die ˘ untere Breitseite, im Norden angrenzend an (48-49) die hansˇû-Felder der Babylonier und den Kanal Surru, 157) 1200 (50) Ellen (lang ist) die obere˘Frontseite im Westen, (51-52) die Unterseite des Anteils des Erı¯ba-Marduk, König von Babylon, (53-54) 1200 Ellen (lang ist) (38-40) alles,

152. Mummu ist ein Epitheton des Ea mit besonderer Betonung seiner Schöpfertätigkeit, vgl. Krebernik, RlA VIII (1993-97) 415 f. 153. dnin-sˇi-kù ist ebenfalls ein Epitheton des Ea, das besonders den Aspekt der Weisheit des Gottes betont, vgl. Cavigneaux / Krebernik, RlA IX (1998-2001) 590. 154. Zur wirtschaftlichen Bedeutung dieser Schenkungen vgl. Paulus (Babel & Bibel 5), 197 f. mit weiterer Literatur. 155. qarba¯ti ist als Akkusativ des Ortes zu verstehen. Für eine andere Lösung siehe CAD Q 212. 156. Zu den hansˇû-Feldern, die an abgabenpflichtige Stadtbewohner vergeben wurden, siehe Jur˘ of the Economic History of Babylonia in the First Millennium BC (AOAT 377), sa, Aspects Münster 2010, 247 ff. mit Anm. 1455. 157. Zur Lage des Flusses vgl. Zadok, RGTC 9, 398 f.

64

Texte aus Mesopotamien

die untere Frontseite im Osten, angrenzend an (IV 1) die Straße? von Litamû 158) – (2-3) Summe: 1500 Seah »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Seah (entspricht), (4) Flur des Kanals Surru; (5-6) – 10000 Ellen (lang ist) die obere Breitseite im Westen, (7-8) angrenzend an Nabû-ga ¯ mil, Sohn des Karêa, (9) und an das Land der Stadt Bı¯t-Asˇani3, (10) 10000 Ellen (lang ist) die untere Breitseite, (11-12) im Osten angrenzend an Kudurru, ( Sohn des Egibi, und an Aha-iddina, (13) Sohn des Musˇallim-apli, 1600 Ellen (lang ist) (14) die obere Frontseite, im˘ Norden angrenzend an die Domäne des Königs, (15) 1600 (Ellen lang ist) die untere Frontseite im Süden, (16-17) das Ufer des Kanals des Ahhe¯-sˇul˘˘ lim gegenüber der Stadt Nabatu – (18-19) Summe: 1333! Sea 159) »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Sea (entspricht), Flur der Stadt Nabatu; (20-22) 60 Sea »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Sea (entspricht), Dattelpalmgarten der Flur Dunni-sˇe¯ri am Ufer des Königskanals, 3300 Ellen (23) (lang ist) die obere Breitseite im Süden, das Ufer des Königskanals, (24-25) 3300 Ellen (lang ist) die untere Breitseite, im Norden angrenzend an das Innere des Landes 160) (26-27) und angrenzend an den Wald des Marduk, 161) Sohn des Ka¯nik-ba¯bi, 400 Ellen (lang ist) (28-29) ist die obere Frontseite, im Westen angrenzend an den Garten des Be¯lu-amma, Sohn des Usˇparu, (30) 30 Ellen (lang ist) die untere Frontseite im Osten (31-32) nurzu, 162) Ufer des Königskanals und 90 Sea »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Sea (entspricht), (33-34) Neubruchland (an) der oberen Frontseite des Gartens, Inneres des Landes – (35-37) die obere Breitseite, im Süden angrenzend an den Garten, die untere Breitseite, im Norden angrenzend an das Innere des Landes, (38-39) die obere Frontseite, im Westen angrenzend an das Land des Nammû3a, (40) Sohn des sˇangû-Priesters des Adad, die untere Frontseite, (41) im Osten angrenzend an Marduk – (42-43) Summe: 163) 150 Sea »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku der großen Elle 3 Sea (entspricht), Garten nebst (44) Neubruchland an der Frontseite des Gartens, (45-46) Flur der Stadt Dunni-se¯ri, Ufer des Königskanals; Gesamtsumme 2983 Sea (47-48) »Saatfläche«, (wobei) 1 Iku ˙der großen Elle 3 Sea (entspricht), Ländereien (49) der Domäne des Königs, hat Marduk-apla-iddina (II.), (50) der König von Babylon, an Be¯luahhe¯-erı¯ba, (51) den sˇa¯kin te¯mi von Babylon, seinen Diener, (52) geschenkt und, damit kei˙ ne˘ ˘Vindikation (53-54) erhoben wird, eine gesiegelte Urkunde, beschrieben mit seinem Namen, gesiegelt und (55) ihm für zukünftige! Tage gegeben. (56) Beim Siegeln dieser Tafel standen: (57) Iqı¯sˇa-Marduk, der Königssohn, (V 1) Be¯lsˇunu, Sohn des Nazi-Anu, (2-3) Marduk-za¯kir-sˇumi, Sohn des Arad-Ea, der Herr der Provinz, (4) Nabû-bala¯ssu-iqbi, (5-6) Ina-qı¯bi-Be ¯ li-abhluti, der Bürgermeister von Babylon, (7) Nabû-hamâtu3a, der Palast˙ ˘ 158. Die Lesung der Zeile ist schwierig. Litamû ist ein westsemitischer Personenname, vgl. R. Zadok, On West Semites in Babylonia During the Chaldean and Achaemenian Periods, Tel-Aviv 1977. Sila am Zeilenanfang ist unsicher, nach Kollation jedoch möglich. 159. Auf dem Stein wurde statt 44;2.1 fehlerhaft 54;2.1 sˇe.numun geschrieben. Die Zahl läßt sich jedoch durch die Seitenlängen wie auch auf Grund der Gesamtsumme in IV 46 f. korrigieren. 160. »Inneres des Landes« bedeutet hier, daß der Garten an ein weiteres Grundstück angrenzte, das ebenfalls an Be¯lu-ahhe¯-erı¯ba verschenkt wurde, vgl. Paulus, Die babylonischen Kudurruinschriften, im Druck.˘ ˘ 161. Marduk (mmar-duk) ist hier und in Z. 41 als Personenname zu verstehen, was auch aus der Filiation in der folgenden Zeile hervorgeht. 162. Die Bedeutung von nurzu ist nicht klar, vgl. AHw 805 (»anstoßend an?«) und ebenso CAD N2 351 »adjacent(?)«. 163. Die Summe faßt die Grundstücke, die in IV 20-IV 41 beschrieben werden, zusammen.

65

Steven Lundström

herold, (8-9) La¯-ba¯sˇi-Marduk, Sohn des Da¯bibı¯, der Tempelverwalter von Esagil, (10-11) Nabû-le ¯ 3i, Sohn des Arkât-ilı¯-damqa¯, der sˇa¯kin te¯mi von Sippar, (12-13) Isˇum-ba¯ni, ˙ Sohn des Sîn-kara¯b-isˇme, der sˇa¯kin te¯mi von Kutha, (14-15) und Nabû-nı¯r-da¯bibi, der Palastschreiber. (16-18) Babylon, 4. Monat, 12. Tag, 7. Jahr des Marduk-apla-iddina (II.), des Königs von Babylon. (18-19) Wer später, sei es ein König, ein Königssohn, ein Bevollmächtigter, (20) ein Gouverneur, ein Tempelverwalter oder ein Bürgermeister, (21) der, dessen Namen der große Herr, Marduk, nennen wird und der im Lande Akkade (22) die Herrschaft ausüben wird, (22-23) der seinen Verstand auf das Zerschlagen dieser Stele richten wird, (23-24) irgendeine List, so viele existieren, entwickelt, irgendjemanden (25) anstiftet, einen Fremden, Tauben beauftragt, (26) einen Einfältigen, Tauben, Blinden, Geistigbeschränkten, Unwissenden, (27) einen Dummen, einen, der die großen Götter nicht fürchtet, beauftragt, (28) ihren (der Stele) Standort ändert, sie ins Wasser wirft, (29) im Staub vergräbt, im Feuer verbrennt, (30) sie mit einem Stein tilgt, sie versteckt, (31) sie an einen nicht sichtbaren Ort stellt, (32) den eingeschriebenen Namen auslöscht, auf das Wegnehmen des Landes, (33) des Geschenks, das Marduk-apla-iddina (II.), der König von Babylon, (34) dem Be¯lu-ahhe¯-erı¯ba, dem sˇa¯kin te¯mi von Babylon, (35) geschenkt hat, seinen Verstand richtet, ˙ ˘˘ (36-37) diesen Mann sollen An, Enlil und Ea, die großen Götter, mit einem unlösbaren Fluch, (38-39) Verdrehen der Augen, Taubheit der Ohren (und) Lähmung der Glieder beschenken, und (40) Böses soll er sich zuziehen; Marduk (41-42) und Zarpanı¯tu, die Herren, die das Schicksal bestimmen, sollen ihm seine (= Marduks) schwere Strafe, (43) die Wassersucht, auferlegen, und (44) durch die Lockerung des Fleisches soll sein Leib zu Grunde gehen; (45) die großen Götter, alle, die auf dieser Stele (46) mit Namen genannt sind, sollen seinen Namen, seinen Samen, seinen Sproß (47) im Mund der Menschen auslöschen, seine Zukunft abschneiden. (48-50) Durch das Siegel des Königs der Zuweisungen, ohne Gleichen, das des Nicht-Vindizierens, sind die Tafeln gesiegelt. 164)

17. Grabinschriften 165)

Steven Lundström Akkadische Grabinschriften sind sowohl für das 2. Jt. als auch für das 1. Jt. v. Chr. aus Assyrien und Babylonien belegt. Verglichen mit der reichen ägyptischen Überlieferung und der großen Zahl mesopotamischer Bestattungen im 2. und 1. Jt. v. Chr. sind Grabinschriften in der mesopotamischen Bestattungskultur rar. Zu nennen sind hier die »Standardgrabinschrift«, die Grabinschrift des Sˇamasˇ-ibni aus Babylonien,166) die Grabinschriften Assurbe¯lkalas, Assurna¯sirpals II., Sˇamsˇ¯ı-Adads V. (s. unten), Sanher˙ 164. Zum Verständnis dieser Stelle vgl. S. Paulus, CRRAI 54, im Druck. 165. Als Grabinschriften werden hier Texte verstanden, die sprachlich auf ein Grab Bezug nehmen und am oder im Grab angebracht sind, vgl. S. Lundström, Die Königsgrüfte im Alten Palast von Assur (WVDOG 123), Wiesbaden 2009, 157-159 (mit weiterer Literatur). 166. Vgl. K. Hecker, aaO., 478.

66

Texte aus Mesopotamien

ibs 167) und der Königinnen Jabâ und Mulissu-mukannisˇat-Ninuas aus Assyrien. 168) Königliche und private Grabinschriften unterscheiden sich im Hinblick auf die verwendeten Textträger (und deren Materialien) sowie bezüglich des Umfangs und des Inhalts voneinander. So dienten im Fall der assyrischen Könige und Königinnen Sarkophage und Steintafeln, aber auch Teile der Gruftarchitektur (Türen, zum Aufbau von Mauersockeln und zur Pflasterung des Bodens verwendete Steinplatten sowie Ziegel) als Anbringungsorte bzw. Textträger. Im Gegensatz dazu sind für die privaten babylonischen Grabinschriften bislang allein Tonkegel belegt. 169) Von diesen Beobachtungen läßt sich jedoch nicht auf unterschiedliche assyrische respektive babylonische Jenseitskonzeptionen beispielsweise für Privatpersonen und königlichen Personen schließen. Vielmehr vermitteln diese Texte den Eindruck, daß sich königliche und private Bestattungen allein in quantitativer Hinsicht (Zahl und Wert der Beigaben, Maße der Grablegen) voneinander abheben. Akkadischen Grabinschriften kommen zwei Funktionen zu. Zum einen bewahren sie die soziale Identität der Toten, zum anderen mahnen sie die Unantastbarkeit der Bestattung an. Sie sind für eine Situation verfaßt, in der die Familie bzw. der soziale Verband der Toten nicht mehr willens oder nicht mehr in der Lage ist, den Ahnenkult zu zelebrieren, die Grablegen intakt zu halten und die sterblichen Überreste zu schützen. 170) Literatur: J. Bottéro, Les inscriptions cuneiforms funéraires, in: G. Gnoli / J.-P. Vernant (Hg.), La mort, les morts dans les societies anciennes, Cambridge / Paris 1982, 373-406; K. Hecker, Akkadische Grab-, Bau- und Votivinschriften. I. Grabinschriften, TUAT II.4, Gütersloh 1988, 477-500; S. Lundström, »Für die Dauer der Tage … für die Tage, die verbleiben« (Standardgrabinschrift, Z. 2-4). Zur Funktion der akkadischen Grabinschriften des 2. und 1. Jts. v. Chr., WZKM 91 (2001) 211-258 [= aaO. 1]; S. Lundström, Die Königsgrüfte im Alten Palast von Assur, WVDOG 123 (Wiesbaden 2009) [= aaO. 2]; B. M. Nasrabadi, Untersuchungen zu den Bestattungssitten in Mesopotamien in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. (BaF 23), Mainz 1999, 13-24; K. Radner, Die Macht des Namens. Altorientalische Strategien zur Selbsterhaltung (SANTAG 8), Wiesbaden 2005, 20-23 (jeweils mit weiterführender Literatur).

167. Vgl. K. Hecker, aaO., 477; E. Frahm, Einleitung in die Sanherib-Inschriften (AfO Bh. 26), Wien 1997, 181-182 und S. Lundström, aaO., 196-203. 168. Vgl. A. Fadhil, Die in Nimrud / Kalhu gefundene Grabinschrift der Jabâ, BaM 21 (1990) 461˘ ˇat-Ninua aus Nimrud / Kalhu und andere 470, ders., Die Grabinschrift der Mulissu-mukannis ˘ in ihrem Grab gefundene Schriftträger, BaM 21 (1990) 471-482 und M. S. B. Damerji, Gräber assyrischer Königinnen aus Nimrud, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 45 [Sonderdruck], Mainz 1999. 169. Vgl. dazu K. Hecker, aaO., 479. Die Datierung dieser Texte ist ebenso umstritten (sie reicht von der altbabylonischen bis zur neubabylonischen Zeit) wie deren Funktion. Während J. Bottéro, aaO., 386-387, K. Hecker, aaO., 479, B. M. Nasrabadi, aaO., 15-16, s. Lundström, aaO. 1, 227-233 (mit weiterer Literatur) und K. Radner, aaO., 20-21 mit Anm. 107-108 (mit weiterer Literatur) diese Texte als Grabinschriften bestimmen, sieht Foster in ihnen Schreiberübungen, da in ihnen niemals ein Verstorbener namentlich benannt werde und die Inschriften offensichtlich Niederschriften nach Diktat seien, vgl. B. R. Foster, Rezension zu K. Radner aaO., JAOS 127 (2007). Für eine weitere altbabylonische Grabinschrift auf einem Tonkegel aus Kisˇ vgl. S. Lundström, aaO. 1, 234-236 (mit weiterer Literatur). Für mögliche auf Ziegeln befindliche Grabinschriften von Privatpersonen in der mittelassyrischen Zeit aus Assur vgl. S. Lundström, aaO. 2, 157-158. 170. Vgl. S. Lundström, aaO., 256-258.

67

Steven Lundström

17.1 Grabinschriften der assyrischen Könige und Königinnen

17.1.1 Grabinschriften Assurbe¯lkalas Alter Palast in Assur: Gruft III; auf den Schmalseiten der Sarkophagwanne. Literatur: Lundström, aaO., 63-93, 168-178, Tf. 17, 61-62.

17.1.1.1 Grabinschrift I (1) (Das

ist) der Palast des Assu[rb]e¯lk[ala, … GN] (2) und Isˇta[r, seine] Herren […], … Spross, der … […] (4) … […] (5) … […] Stellvertreter […].

ˇ amasˇ (3) S

17.1.1.2 Grabinschrift II (1) [(Das

ist) der Palast des Assurbe¯lkala … des Königs von As]sur, des Sohnes [Tiglatpilesars (I.), …] (2-3) […].

17.1.2 Grabinschriften Assurna¯sirpals II. ˙ Alter Palast in Assur: Gruft V; auf der Sockelzone der Mauern der Gruftkammer, der Pflasterung des Bodens der Gruftkammer, der Vorder- und Rückseite der Tür zur Gruftkammer sowie der Unterseite und den Außenseiten der Sarkophagwanne und den Schmalseiten sowie der Oberseite des Deckels. Literatur: Lundström, aaO., 104-132, 185-204, Tf. 18-24, 66-89.

(Das ist) der Palast Assurna¯sirpals (II.), des Königs der Welt, des Königs des Landes Assur, des Sohnes Tukultı¯-Ninurtas˙ (II.), des Königs der Welt, des Königs des Landes Assur, des Sohnes Adad-ne¯ra¯rı¯s (III.), des Königs der Welt, des Königs des Landes Assur. 171)

17.1.3 Grabinschriften der Mulissu-mukannisˇat-Ninua Nordwest-Palast Assurna¯sirpals II. in Nimrud/Kalhu: Gruft III; auf einer Steintafel ˘ deponiert in einer Nische˙ der Vorkammer sowie auf der Tür zur Gruftkammer und der Oberseite des Sarkophagdeckels. Die Gruft enthielt ebenso wie die der Jabâ (unten 17.1.5) zahlreiche Beigaben aus Gold und anderen Materialien, z. B. die unten abgebildete goldene Krone. Literatur: M. S. B. Damerji, aaO., 8-11, 22-37; A. Fadhil, BaM 21 (1990) 471-482; S. Lundström, WZKM 91 (2001) 222-224.

ist das Grab) der Mu[lissu-mukannisˇat-Ninua], 172) (2) Königin [As[surna¯sir˙ pals (II.), des Königs des Landes Assur], (3) und Salma[nassars (III.), des Königs des Landes Assur]. (4) Ein Künftiger soll weder eine [Frau des Palastpersonals], (5) noch eine Königin hineinlegen! (6) Diesen Sarkophag (7) soll er (6) von seinem Standort (7) nicht

(Vs. 1) (Das

171. Daneben finden sich auch auf der Rückseite der Tür zur Gruftkammer und auf dem Sarkophag auch Inschriften mit einer einteiligen Filiation (Nennung seines Vaters Tukultı¯-Ninurtas II.) des Herrschers, vgl. Lundström, aaO., 185-204. 172. Ergänzungen nach der auf dem Sargdeckel befindlichen Kurzfassung der Inschrift.

68

Texte aus Mesopotamien

Abb. 8: Krone aus der Gruft der Mulissu-mukannisˇat-Ninua

entfernen! (10) Der Totengeist dessen, (8) der diesen Sarkophag von seinem Standort (9) entfernt, (11) soll (10) mit den Totengeistern (11) kein Totenopfer (kispu) empfangen! (unˇ amasˇ, terer Rand) – Er wendet (die Steintafel) um. – (Rs. 1) (Das ist) der heilige Platz des S (2) (3) der Eresˇkigal und der Tochter des Asˇsˇur-nı¯rka-da3in, des Obermundschenks (4) Assurna¯sirpals (II.), des Königs des Landes Assur, des Königs der Welt. (5) Ein Künftiger, (6) der˙ meinen Thron (7) von den Totengeistern wegrückt, (8) sein Totengeist (9) soll kein [Wasser/Brot] empfangen! (10) Ein [künf]tiger (11) möge (10) (meinen Leichnam) mit einer Decke (11) verhüllen! Mit Öl (12) soll er (ihn) salben und Opfer soll er (ihm) darbringen! (oberer Rand) – Er ergreift sie (= die Steintafel).

17.1.4 Grabinschriften Sˇamsˇ¯ı-Adads V. Alter Palast in Assur: Gruft II; auf dem Sarkophag und einem Ziegel des Mauerwerks der Gruftkammer. Literatur: Lundström, aaO., 61-72, 160-167, Tf. 13, 14-15, 60-61.

17.1.4.1 Grabinschriften des Sarkophages ist) der Palast Sˇamsˇ¯ı-Adads (V.), [des Königs der Welt], (2) des Königs des Landes [Assur, des Sohnes S]alma[nassers (III.)], (3) des Königs [der vier] Welt[gegenden, des Sohnes] Assur[na¯sirpals (II.)], (4) des Königs der Welt, [des Königs des Landes] As[sur]. 173) ˙

(1) (Das

17.1.4.2 Grabinschrift des Ziegels Ass 22864 ist) der Palast] Sˇamsˇ¯ı-Adads (V.), [des starken] Kö[nigs], (2) [des Königs der Welt, des Königs] des Landes Assur, des Königs von Su[mer und Akkad], (3) [des Sohnes Salman]assers (III.), des Königs der [vier] Welt[gegenden], (4) [des Sohnes Assurna¯sir˙ pals (II.), des Kö]nigs der Welt, des K[önigs des Landes Assur]. (1) [(Das

173. Neben dieser vierzeiligen Inschrift steht eine weitere dreizeilige Inschrift desselben Wortlautes, vgl. Lundström, aaO., 160-167.

69

Steven Lundström

17.1.5 Grabinschrift der Jabâ Nordwest-Palast Assurna¯sirpals II.; in Nimrud/Kalhu: Gruft II auf einer Steintafel de˘ ˙ Vorkammer. poniert in einer Nische der Literatur: M. S. B. Damerji, aaO., 6-8, 38-54; A. Fadhil, BaM 21 (1990) 461-470; S. Lundström, WZKM 91 (2001) 220-222.

[= die folgende Inschrift] soll gelten) beim Leben des Sˇamasˇ, der Eresˇkigal und der Anunnaki, (2) der großen Götter der Unterwelt: Jabâ, (3) Königin, durch den Tod (4) ereilte sie (3) die Bestimmung des Lebens. (4) Den Weg ihrer (wörtl. seiner) Väter ist sie gegangen. (5) Welche(r) Künftige(n) – (sei es) eine Königin, (6) die auf dem Thron sitzt – oder (seinen es) Frauen des Palastpersonales, (7) Favoritinnen des Königs, die aus meiner Grabkammer (8) mich fortbringen will oder irgendeine andere (9) mit mir bestattet und nach (10) meiner Grabausstattung (wörtl. Schmuck) ihre (wörtl. seine) Hand im Bösen ausstreckt, (11) die, die das Siegel dieser Grabkammer öffnet –, (13) deren (wörtl. dessen) Totengeist möge (12) oben im Sonnenschein (13) im Durst die Außenbezirke (14) durchlaufen. (Rs. 1) Unten in der Unterwelt soll sie (wörtl. er) beim Opfern Wasser, (2) Bier, Wein und upuntu-Mehl (3) mit den Anunnaki als Schauopfer (4) nicht empfangen! Ningisˇzida, (5) Bitutidugul 174) und die großen Götter (6) der Unterwelt (Anunnaki) mögen ˙ ˙ dem Leichnam einen ruhelosen zaqı¯qu-Dämon (7) Ruhelosigkeit auferlegen (8) auf ewig! (Vs. 1) (Dies

174. Vgl. dazu A. Fadhil, BaM 21 (1990) 469-470.

70

II. Texte der Hethiter Jörg Klinger

Grabinschriften in der hethitisch-luwischen Überlieferung Der hethitischen schriftlichen Überlieferung verdanken wir zwar ein umfangreiches, sich über viele Tage erstreckendes Ritual, das beim Tode des regierenden Königs durchzuführen war, doch fehlen bis heute Hinweise auf die konkrete Bestattung verstorbener Könige, von monumentalen Grabanlagen, wie wir sie aus vergleichbaren Kulturen des Alten Orients kennen, ganz zu schweigen. Bestattungsplätze, die sich auf die hethitische Kultur im Kleinasien der Bronzezeit datieren lassen, erweisen sich, soweit sie bisher archäologisch untersucht sind, als eher unscheinbar; Grabbeigaben sind vergleichsweise spartanisch, eine sichtbare Markierung, etwa durch Bauten, Reliefs oder Stelen, fand so gut wie nicht statt. 1) Zwar sind in den sogenannten Opferlisten für Verstorbene des Königshauses zahlreiche Könige, Königinnen und Prinzen mit Angaben zu Opfern verzeichnet, aber ein Bezug zu einem Grabkult im weiteren Sinne läßt sich hier nicht herstellen; und noch weniger ist das der Fall bei einer Gruppe von Festritualen, die explizit die Existenz von Kultbildern einer Reihe hethitischer Könige erwähnen (CTH 600, 601). Ob etwa die Stele eines Großkönigs Tuthalija aus dem Bereich von Tempel 5 der Oberstadt ein solches Kultbild dar˘ gestellt hat 2), ist ebenso unsicher wie im Falle der monumentalen Statuenbasis, die in der Nähe der hethitischen Hauptstadt gefunden wurde und die von ihren Abmessungen gut zu einem Sockel in der Kammer B von Yazilikaya passen könnte3). Vielmehr scheint der hethitischen Kultur eine räumliche Trennung zwischen Toten- oder Ahnenkult und Bestattungsort eigen gewesen zu sein, es sei denn, bei der großen Felsanlage von Yazilikaya in der Nähe der hethitischen Hauptstadt Hattuscha, handelte es sich insgesamt oder zumindest was Teile betrifft, um eine Anlage, die auch dem Totenkult gedient haben könnte. Vor allem hat man die in Kammer B vorhandenen Nischen in der Felswand als möglicher Ort für die Deponierung von dann wohl kremierten Körpern hethitischer Könige oder Angehöriger der Königsfamilie 1.

2.

3.

Einen knappen Überblick zu Bestattungsformen in Anatolien während der Hethiterzeit bietet V. Haas, Geschichte der hethitischen Religion (HdO I/15), Leiden / New York / Köln, 1994, 233 ff.; vgl. auch zu Grab- und Totenkult ders., Hethitische Bestattungsbräuche, in: AoF 27 (2000) 52-67 sowie Th. P. J. van den Hout, Death as a Privilege. The Hittite Royal Funerary Ritual, in: J. M. Bremer et al. (Hg.), Hidden Futures. Death and Immortality in Ancient Egypt, Anatolia, the Classical, Biblical and Arabic-Islamic World, Amsterdam 1994, 37-76; ders., The Afterlife, and Other Last Things – Anatolia, in: J. S. Iles (Hg.), Religions of the Ancient World. A guide, Cambridge / London 2004, 483-5. Vgl. zur Stele sowie zu einer Rekonstruktion des baulichen Zusammenhanges P. Neve, Die Oberstadt von Hattusˇa. Die Bauwerke II. Die Bastion des Sphinxtores und die Tempelviertel am Königs- und˘ Löwentor (Bog˘azköy-Hattusˇa, XVII) Berlin 2001, 35 ff., Tafel 59, 60; ebd., ˘ Abb. 26 und 27. Von der Größe der gerade noch erhaltenen Füße kann man auf eine Höhe von bis zu 3 m der Statue schließen; vgl. J. Seeher, Hattuscha Führer, Istanbul 2005, 147 f., Abb. 139.

71

Jörg Klinger

gedeutet. 4) Mit der Darstellung des Unterweltsgottes Nergal und dem mehrfach gegebenen Bezug vor allem auf Tuthalija IV. hat eine solche Interpretation manches für ˘ sich. Doch das Fehlen jeglicher textlicher Hinweise außer der Namensnennung selbst läßt auch andere Deutungen zu. Auch für einzelne der hethitischen Felsreliefs der Großreichszeit, deren Funktion in vielerlei Hinsicht noch Fragen aufwirft 5), hat man einen Bezug zum Totenkult vermutet; als Beispiel sei hier nur auf das Relief von Gavurkale verwiesen 6), das in enger Beziehung zu einer Felskammer zu sehen ist, die man verschiedentlich als Bestattungsort gedeutet hat. Auch im Falle des Felsreliefs von Fıraktin, das Hattusˇili III. vor einer Gottheit und seine Gattin Puduhepa vor einer Göttin in einer Opferszene ˘ zeigt, hat man aufgrund der Darstellung mit einem Horn an der Mütze, die als Hinweis auf eine Vergöttlichung, d. h. einen bereits verstorbenen König gewertet wurde, an einen Bezug zum Toten- oder Jenseitskult gedacht. 7) Aber es fehlen eindeutige, vor allem inschriftliche Hinweise, die einen solchen Bezug herstellen lassen. Mit dem Übergang zur späthethitischen Zeit ändert sich die Befundlage nachhaltig. Nicht nur, daß nun generell auch Darstellungen von Personen nicht-königlicher Herkunft verstärkt auftreten, gerade der Bezug zum Toten- und Grabkult ist nun in vielen Fällen unverkennbar, insbesondere in der dafür charakteristischen Form der Speisetischszene, die so bisher für bronzezeitliche Darstellungen des hethitisch-anatolischen Bereiches nicht nachweisbar ist, aber ihrerseits in Syrien auf eine lange Tradition zurückblicken kann. 8) Zum geringeren Teil sind solche eindeutig in den Grabkult gehörigen bildlichen Darstellungen nun auch mit Inschriften versehen, deren inhaltliches Verständnis, nicht nur aufgrund des oft fragmentarischen Erhaltungszustandes, nur selten vollständig gelingt, auch wenn der Sinn meist weitgehend deutlich wird. 9) So bleiben auch bei den im folgenden gebotenen Beispielen hier und da Lücken, die 4.

5. 6. 7.

8. 9.

72

Vgl. K. Bittel et al., Das Felsheiligtum von Yazilikaya, 1975, 255 f.; skeptischer dagegen K. Kohlmeyer, Felsbilder der hethitischen Großreichszeit (Acta Praehistorica et Archaeologica, 15), 1983, 7 ff.; eine Deutung der Reliefgruppe Nr. 65/66 in Yazilikaya (vgl. Bittel et al., Taf. 41.2.3) als sehr frühes Zeugnis für die sog. Speisetischszene (s. noch unten) hält J. BörkerKlähn, Altvorderasiatische Bildstelen und vergleichbare Felsreliefs – Text (Baghdader Forschungen, Bd. 4), Mainz 1982, 80a für eher zweifelhaft. Vgl. jüngst J. Seeher, Der Landschaft sein Siegel aufdrücken – hethitische Felsbilder und Hieroglypheninschriften als Ausdruck des herrscherlichen Macht- und Territorialanspruchs, AoF 36 (2009) 119-139. Vgl. auch H. Kühne, Gavur Kalesi, ein Ort der Ahnenverehrung?, in: Th. Richter et al. (Hg.), Kulturgeschichten. Altorientalische Studien für V. Haas zum 65. Geburtstag, Saarbrücken 2001, 227-43. Vgl. etwa R. Mayer-Opificius, Hethitische Kunstdenkmäler des 13. Jahrhunderts v. Chr., in: M. Mellink et al. (Hg.), Aspects of Art and Iconography. Anatolia and its Neighbors. Studies in Honor of Nimet Özgü, Ankara 1993, 357 ff. Eine gewisse formale Ähnlichkeit zu den eisenzeitlichen Speisetischszenen registriert D. Bonatz, Das syro-hethitische Grabdenkmal. Untersuchungen zur Entstehung einer neuen Bildgattung in der Eisenzeit im nordsyrisch-südostanatolischen Raum, Mainz 2000, 54 – die einschlägige Untersuchung zu diesem Thema. Hier sei nochmals speziell auf die Untersuchung von D. Bonatz (2000) verwiesen, vor allem auf ebd., 47 ff. (Stand- und Sitzbilder), 50 ff. (Stelenbilder) mit einem Exkurs zur stilgeschichtlichen Tradition der Speisetischszene in der Eisenzeit (ebd., 60 ff.). Nicht nur die Beispiele hier, sondern überhaupt das Verständnis der hieroglyphen-luwischen Inschriften verdanken wir in ganz erheblichem Maße der jahrzehntelangen Forschungsarbeit von D. Hawkins, dessen magistrale Publikation der eisenzeitlichen Inschriften auch die hier

Texte der Hethiter

sich momentan noch nicht schließen lassen. Auch die Datierung der einzelnen Inschriften ist, da diese selbst in der Regel keine direkten Datierungshinweise bieten, teilweise noch unsicher, da die in ihnen genannten Personen sich nur in seltenen Fällen durch externe Evidenz, d. h. in der Regel durch eine Bezeugung in Texten der neuassyrischen Könige, chronologisch einordnen lassen. Doch gerade für den Zeitraum unmittelbar nach Ende der keilschriftlichen Überlieferung der hethitischen Großreichszeit etwa ab 1180 v. Chr., mit Ausnahme der Phase der Westfeldzüge Tiglatpilesars I., fehlen auch diese Quellen bis ins 9./8. Jahrhundert v. Chr.

ausgewählten Texte mit allen notwendigen Angaben enthält und auf dessen Bearbeitung sich auch die hier gebotene Übersetzung ganz wesentlich stützt.

73

Beschriftete Grabstelen und Grabinschriften 1. TI˙LSEVET Die ca. 1,30 m hohe, am oberen Rand nach Art eines Turmes gestaltete Stele wurde etwa 50 km südöstlich von Gaziantep gefunden und befindet sich heute im Museum dort. Steinstelen oder Grabsteine dieser Art sind mehrere, teilweise sehr ähnliche vor allem auch aus Karkemisch bezeugt, aber nur in diesem Falle gibt es nähere Hinweise zum Fundort, die die Vermutung stützen, daß es sich tatsächlich um den Teil einer ehemaligen Grabanlage handelt. 1) Die Inschrift verläuft in drei Zeilen bustrophedon, geschrieben in der für die späteren Inschriften typischen kursiven Schriftvariante; und aufgrund dieser paläographischen sowie bestimmter sprachlicher Eigenheiten wird die Stele in das 8. Jahrhundert v. Chr. datiert. Literatur: M. Kalac, Hieroglyphische Forschungen – 1. Die Stele mit luwischer Hieroglypheninschrift aus Ekinveren (Tilsevet), Belleten 32 (1960) 323-30; (Erstpublikation) – Bearbeitungen: P. Meriggi, Manuale de eteo geroglifico: Parte II: Testi – 2a e 3a serie (Incunabula Graeca 15), Rom 1975, Nr. 155, D. 105-5, Taf. XVII; Hawkins, Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions, Vol. I, 1-3, Berlin / New York 2000 (= CHLI), II.43, 178-80. (1) Diese

Stele hat Uwawas aufgestellt. Ich selbst erinnere (damit) am meine Zeiten als Frau. Ich bat um männliche Frucht, (2) aber ich gab weibliche Frucht 2). Diese Stele haben meine Kinder für mich in Güte errichtet. (3) Wer gegen diese Stele tarpi(wa) hintritt 3), den sollen die Götter zur Rechenschaft ziehen (lit.: einen Prozeß anstrengen).

2. KARKAMISˇ 18h Ein der vorhergehenden Stele ganz ähnlich geformter Block, heute im Museum in Ankara, mit einer nur einzeiligen Inschrift und ähnlich gestaltetem oberen Rand, der die Gestalt eines Turmes mit begrenzenden Zinnen darstellen soll. Die ursprüngliche Verwendung kann nur in Analogie zur vorhergehenden Inschrift erschlossen worden, da der ursprüngliche Fundort unbekannt ist. Nach Angaben des Ausgräbers der Ruine 1.

2. 3.

74

Nach M. Kalaç, Belleten 32 (1968) 323, der sich auf den Bericht des Finders beruft, soll der Block eine Seite des Sarges gebildet haben, weshalb er davon ausging, dass der Stein bereits in römischer Zeit sekundär für ein Grab wurde, während J. D. Hawkins, CHLI, 178b es kaum für Zufall hält, dass ausgerechnet ein Stein mit Grabinschrift zweckentsprechend in späterer Zeit wiederverwendet wurde, weshalb er es für denkbar hält, daß es sich bei dem antiken Grab um eine späthethitische und keine römische Anlage handelt und der Stein sich noch an seinem ursprünglichen Ort befand, als er aufgefunden wurde. Allerdings wäre dann schwer zu erklären, wieso die Stele dann als Seite des Grabes gedient haben soll, was doch eher für eine antike Wiederverwendung spräche. Vgl. die Diskussion bei Hawkins, CHLI, 179b, der für das mit dem Zeichen *462 bzw. *462-ti geschriebene luw. Wort (muwita-) eine Übersetzung »seed, issue« vorschlägt. Die genaue Bedeutung der Phrase tarpi(wa) ta- ist unklar; gemeint ist aber sicherlich, in negativer, schädigender Weise an der Stele handeln; auch Ausdruck für die Strafe der Götter an denen, die freveln.

Texte der Hethiter

von Karkemisch, L. Woolley, wurde der Block in einem römischen Haus wiederverwendet. Gestalt des Blocks, Inschriftentyp und Schriftform sprechen für eine ähnliche Datierung, also etwa ins 8. Jahrhundert v. Chr. Literatur: L. Woolley, Carchemish II, 1921, (Erstpublikation) – Bearbeitungen: P. Meriggi, Manuale II/1, 1975, Nr. 15, S. 42-4; J. D. Hawkins, CHLI, II.44, 180 f. (1) Diese

Stele (ist) von Zitis, der von der Sonnengottheit gesegneten Person. Ich selbst erinnere (damit) am meine Zeiten. Und ich ging weg … in den Tod. Wer gegen diese Stele tarpi(wa) hintritt, den sollen die Götter zur Rechenschaft ziehen (lit.: einen Prozeß anstrengen 4)).

3. MARAS¸ 2 Die heute im Museum in Istanbul befindliche Stele mit der Darstellung zweier sich gegenübersitzenden Frauengestalten, die beide in der einen Hand eine Spindel in der anderen einen Becher (links) bzw. einen Spiegel (rechts) halten, weist eine zweizeilige Inschrift auf, die den Raum zwischen den Köpfen ausfüllt. Sie gehört zu den frühest bekannten Beispielen von hieroglyphen-luwischen Inschriftenstelen und wurde schon im Reisebericht von O. Puchstein aus den späten 1880er Jahren erwähnt; Ende des 19. Jahrhunderts befand sie sich dann bereits in Istanbul. Eine Datierung ist wiederum nur auf paläographisch-sprachlicher Ebene möglich; danach spricht sich J. D. Hawkins für die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts aus. Aufgrund des Inhalts der Inschrift wird vermutet, daß beide Darstellungen die Frau darstellen, auf die Bezug genommen wird, einmal als lebend, einmal als tot gedacht, auch wenn es ikonographisch dafür kein wirkliches Indiz gibt. Literatur: Kalaç, Belleten 32 (1968) 323 ff. (Erstpublikation) – Bearbeitungen: P. Meriggi, Manuale II/2, 1975, Nr. 133, S. 84, Taf. XI; J. D. Hawkins, CHLI, IV.10, 273 f.

Ich bin Tarhuntiwasatis, des Azinis Frau, die nicht mein weibliches Bildnis stiftete; aber für mich machte er ebenso mein [Grab?] in Güte. 5)

4. SHEIZAR Die in zwei Teilen erhaltene Stele ist im Zusammenhang zu sehen mit der aus derselben Region stammenden Stele MEHARDE 6), die aus der Gegend des Orontes-Überganges bei Hamath stammen dürften 7), aber nicht unmittelbar in Verbindung stehen mit den inschriftlichen Funden aus Hamath, die mit zu den frühesten Zeugnissen 4. 5. 6. 7.

Zu dieser Phrase vgl. den vorhergehenden Text. Hier scheint betont zu werden, daß nicht die Verstorbene selbst Stele und Grab anfertigen ließ, sondern daß dies ihr Ehemann Azini in Auftrag gab; vgl. auch J. D. Hawkins, CHLI, ˘ REK. 274 und die Grabstele EG Vgl. J. D. Hawkins, CHLI, IX.23, S. 415 ff., Abb. 225 f. Vgl. D. Bossert, Reisebericht aus Anatolien. II, OrNS 29 (1960) 220-222.

75

Jörg Klinger

für hieroglyphen-luwische Inschriften überhaupt gehören, aber offensichtlich deutlich später datieren. Bis zum Libanonkrieg 1982 befand sich ein Fragment im Museum von Hamath, das andere in Beirut. SHEIZAR und MEHARDE verbindet die Nennung eines lokalen Herrschers Taitas, der vor allem in jüngerer Zeit große Aufmerksamkeit gefunden hat, da er offenbar auch in einer Inschrift aus Aleppo genannt wird. 8) Daraus könnte geschlossen werden, daß Taitas in der Epoche nach Zusammenbruch des hethitischen Großreiches über ein erstaunlich großes Territorium herrschte, das eine der wichtigsten bisher bekannten lokalen Mächte in der frühen Eisenzeit war, auch wenn die bisher zur Verfügung stehenden Quellen noch viele Fragen offen lassen; dazu zählt auch die Bezeichnung als »palistinischer« König. 9) Freilich ist seine Datierung und damit die Datierung der ihn nennenden Inschriften noch nicht gesichert, manches spricht aber dafür, ihn in der Zeit vor der assyrischen Westexpansion unter Tiglatpilesar I. (1114-1076 v. Chr.) anzusetzen. 10) Die Inschrift der 1,35 m hohen Stele, die sonst keinen Bildschmuck aufweist, verläuft in 7 Zeilen bustrophedon über die beiden Schmalseiten sowie die Front. Literatur: J. D. Hawkins, The hieroglyphic Luwian stelae of Meharde-Sheizar, in: Florilegium anatolicum. Mélanges offerts à Emmanuel Laroche, Paris 1979, 145-156 (Erstpublikation) – Bearbeitung: ders., CHLI, IX.14, S. 416 ff. (1) Ich

bin die Frau des Taitas, das Helden des Landes Palisatini 11). (2) Dank meiner Gerechtigkeit lebte 12) ich 100 Jahre. (3) Meine Kinder legten? mich auf … den Scheiterhaufen 13). (4) Und diese Stele 14) haben meine Enkel, Ur-Enkel, (und) Ur-Ur-Enkel … Unter meiner [Nachkommenschaft] – (der), der mein Enkel, (5) Ur-Enkel, Ur-Ur-Enkel, Ur-UrUr-Enkel (ist) – (der), der ihnen [schadet], (6) gegen den soll die göttliche Königin des Landes die Anklägerin sein! (7) Pedantimuwas, der »Gute Schreiber« meiselte es und Helfer war ihm [NN].

8. J. D. Hawkins, Cilicia, the Amuq, and Aleppo: New Light in a Dark Age, Near Eastern Archaeology 72, 2009, 164–73. 9. Möglicherweise befand sich in Tell Ta’yinat eines oder das Zentrum dieser Regionalmacht, wo für die frühe Eisenzeit, d. h. zu Beginn des 12. Jahrhunderts, archäologisch eine Palastanlage nachweisbar ist; vermutlich übernahm Tell Ta’yinat die Funktion von Alalah, das während der ˘ Veil on a »Dark Bronzezeit Sitz einer lokalen Dynastie war. Vgl. T. P. Harrison, Lifting the Age«: Ta’yinat and the North Orontes Valley during the Early Iron Age, in: D. Schloen (Hrsg.), Exploring the Longue Durée: Essays in Honor of Lawrence E. Stager, Winona Lake 2009, 17184; ders., Neo-Hittites in the »Land of Palistin«. Renewed Investigations at Tell Ta’yinat on the Plain of Antioch, Near Eastern Archaeology 72, 2009, 174-89. 10. Aus stilistischen Gründen wurden die Inschriften relativ spät datiert, aufgrund der Paläographie liegt eine deutlich frühere Datierung, wohl noch ins 11. Jahrhundert, näher; vgl. J. D. Hawkins, CHLI, 403. 11. Zur Lesung s. jetzt J. D. Hawkins, Cilicia, The Amuq, and Aleppo. New Light in a Dark Age, Near Eastern Archaeology 72 (2009) 164-173, bes. 171. 12. Verwendet wird eine Form des hieroglyphen-luwischen Verbums pa- »gehen«; 13. Zur Diskussion dieser unklaren Passage vgl. J. D. Hawkins, The Hieroglyphic Luwian Stelae of Meharde-Sheizar, in: Florilegium Anatolicum. Mélanges offerts à E. Laroche, Paris 1979, 154 f. 14. Zum hieroglyphen-luwischen STELEtanisa- »Kultobjekt, Stele« vgl. jetzt A. Kloekhorst, Etymological Dictionary of the Hittite Inherited Lexicon (Leiden Indo-European Dictionary Series, 5), Leiden / Boston 2008, 956.

76

Texte der Hethiter

5. KULULU 4 Die heute im Museum von Kayseri befindliche Stele wurde am westlichen Fuß des Höyüks von Kululu gefunden, eine Region, die Teil des seit dem 9. Jahrhundert belegten Königtums von Tabal war, dessen Kernbereich in etwa die heutigen türkischen Provinzen von Kayseri und Nevs¸ehir bildeten. Sie enthält auf der Oberseite eine kleine Inschrift des Stifters, Neffe des Verstorbenen, und eine längere Grabinschrift für Rusas, die aber in der 1. Person abgefaßt ist. Die Stele muß in Verbindung mit einer Bauinschrift stehen, die Ruwas selbst angefaßt hat 15) und in der er sich seinerseits als »Diener« eines Tuwatis bezeichnet. Der Sohn des Tuwatis, Wasusarmas, der sogar den Großkönigstitel führte 16), dürfte identisch sein mit dem Wassurme der Berichte Tiglatpilesars III. (744-727 v. Chr.), als gegen Ende des 8. Jahrhunderts die Region zeitweise ganz unter assyrischen Einfluß geriet. Damit dürfte die Datierung der Inschriften auf kurz nach der Mitte des 8. Jahrhunderts gut gesichert sein. Literatur: J. D. Hawkins, CHLI, X.10, S. 445 ff. (1) Ich

war der Regent Ruwas, Nachkomme des Sonnengottes, und mein Nachwuchs (ist) die Nachkommenschaft des Sonnengottes. Die Götter liebten meine Zeiten und sie setzten mir ein eine geliebte Seele. (2) Meinen Herren und dem PN mit der Seele unterwarf ich mich. 17) Und ich war meinen Herren gut und sie machten mich zum Befehlshaber. 18) Ich war Hausherr im Haus des Herrn. (3) Für mich empfingen die Götter die geliebte hineingelegte Seele in höchstem Preis. 19) Ich segnete meine Herren gut und ich war der Vater eines jeden und für jeden ehrte ich die Götter. 20) Oberseite der Stele: Diese Stele setzte Hulis, Sohn des Bruders des Ruwas, und er … (Rest unklar).

15. 16. 17.

18. 19. 20.

Die Inschrift KULULU 1; vgl J. D. Hawkins, CHLI, X.9, S. 442 ff. Nicht in situ gefunden, aber ebenfalls aus der Gegend von Kayseri, wo sie sich auch heute im Museum befindet. Vgl. die große Felsinschrift TOPADA (J. D. Hawkins, CHLI, X.12, S. 451 ff.) an der Straße von Nevs¸ehir nach Aksaray. Dieser Satz bleibt sehr unklar; hier wird »Herren« als auf die zuvor genannten Götter bezogen verstanden und IIUDEX-la als Personennamen aufgefaßt, auch wenn die Schreibung sehr an die Schreibungen für den Titel »Labarna« in Inschriften der Großreichszeit erinnert. Die Bedeutung des unklaren Verbums ist nach dem vermutlichen Kontext angesetzt; vgl. auch die Diskussion bei J. D. Hawkins, CHLI, 446 f. zu § 5. Das Verbum zu taparijala/i- »Gouverneur, Befehlshaber« lässt sich auffassen im Sinne von »zu jdm. machen, der befiehlt«. Sehr unsicher – ausgehend von einem walijawanti- zum Verbum walija »rühmen, preisen«; vgl. J. D. Hawkins, CHLI, 447. Es sind nur noch einige Zeichenreste einer 4. Zeile erhalten; genannt sind auch die »Eunuchen«.

77

III. Texte aus Syrien Texte aus Emar Daniel Schwemer Die Stadt Emar (heute Meskene) begegnet im Textbefund seit der Mitte des 3. Jt. v. Chr. als eines der wichtigsten städtischen Zentren am Mittleren Euphrat. Die Keilschrifttexte, die in der Stadt selbst gefunden wurden, stammen nahezu ausnahmslos aus der letzten Phase der Geschichte der Stadt vor ihrer Zerstörung um ca. 1180, datieren also zuallermeist ins 13. und frühe 12. Jh. Für allgemeine Literaturhinweise zu den Texten aus Emar sei auf J. Tropper / J.-P. Vita, TUAT.NF I, 146 f. verwiesen (s. auch B. I. Faist / J. J. Justel / J.-P. Vita, Bibliography of Emar Studies: http://www. ieiop.com/emar/; Y. Cohen / L. d’Alfonso / D. Sürenhagen, The Emar Online Database: http://www.hethport.uni-wuerzburg.de/emarkonk/).

1. Königliche Weihinschriften an den Wettergott Keilschrifttafel (frühes 12. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Aleppo, Nationalmuseum (Msk 73112). – Fundort: Emar, Tempel des Wettergottes. – Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI, Paris 1985-87, Nr. 42. – Weitere Übersetzungen und Diskussionen in Auswahl: J.-M. Durand, Rezension Arnaud, Emar, RA 83 (1989) 163-191 (hier 184); M. Dietrich, Die akkadischen Texte der Archive und Bibliotheken von Emar, UF 22 (1990) 25-48 (hier 33 f.); C. Zaccagnini, Golden Cups Offered to the Gods at Emar, OrNS 59 (1990) 518-520; D. Schwemer, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden 2001, 554; M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar (Ancient Near Eastern Studies, Suppl. 8), Louvain 2001, 262-264.

Die Tafel bietet eine Zusammenstellung von drei Weihinschriften der beiden letzten Könige Emars, Pilsu-Daga¯n und Elli. Die Inschriften waren ursprünglich auf goldenen Bechern angebracht, die dem Wettergott als Weihgeschenke dargebracht worden waren. Die Funktion der Sammeltafel ist unklar; es mag sich um eine Schreiberübung handeln. Die zweite Weihinschrift erwähnt einen Angriff von hurritischen Truppen auf Emar; dieser Angriff wird auch in anderen Texten aus Emar erwähnt, seine genaue historische Einordnung wird jedoch kontrovers beurteilt. (Vs. 1) Elli, (2) der

Sohn des Pilsu-Daga¯n, (3) der König von Emar, hat einen Becher (4) aus Gold mit einem Gewicht von 30 (Sekeln) dem Wettergott, (5) seinem Herrn, für die Erhaltung (6) seines Lebens und (des Lebens) seiner Leute geweiht. (7) Hand des 1) Ea-damiq, des Schreibers. (8) Pilsu-Daga ¯ n, der Sohn des Ba2lu-kabar, (9) der König von Ema[r], – der König der Hur˘ ri-Truppen (10) behandelte Emar schlecht, (u.Rd. 11) und Pilsu-Daga¯n erhob seine Augen (Rs. 12) zum Wettergott. Da gab der Wettergott ihm (13) zuverlässige Äußerungen des Vo1.

D. h.: geschrieben von.

79

Daniel Schwemer

gel(orakel)s – was er sich wünschte. (14) Zusammen mit den hura¯du-Truppen (15) seines ›Inneren‹ und seiner Festung brachte er ihm (16) eine Niederlage ˘bei 2) und erhielt Emar am Leben. (17) (Aus diesem Anlaß) hat er einen Becher aus Gold mit einem Gewicht von 30 (Sekeln) dem Wettergott, (18) seinem Herrn, für die Erhaltung seines Lebens (19) geschenkt. Hand des Ea-da[miq, des Schrei]bers. (20) Pilsu-Daga ¯ n, der Sohn des Ba2lu-kabar, der König von [Ema]r, (21) hat einen Becher haus Goldi mit einem Gewicht von 30 (Sekeln) dem Wettergott, [seinem] H[errn], (22) für die Erhaltung seines Lebens ge[schenkt]. (23) Hand des Ea-damiq, des Schrei[bers].

2. Ba2lu-malik weiht Kultgegenstände Keilschrifttafel (13. oder frühes 12. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Jerusalem, Bible Lands Museum (C29; BLMJ 1136). – Fundort: Emar. – Erstveröffentlichung: J. G. Westenholz, Cuneiform Inscriptions in the Collection of the Bible Lands Museum Jerusalem: the Emar Tablets (Cuneiform Monographs 13), Groningen 2000, 60-62, 176-177, Nr. 24.

Ba2lu-malik weiht ninurta, dem Stadtgott von Emar, verschiedene Kultgegenstände, darunter Materialien für die Ausstattung der Götterstatue. Die Weihung scheint in Zusammenhang mit der Gründung eines neuen Heiligtumes zu stehen, für dessen Fundamente die Söhne des Ba2lu-malik Opfertiere, Wein und anscheinend auch eine Gründungsinschrift zur Verfügung stellen müssen. Darüber hinaus notiert der Text die Schenkung von Textilien an drei weitere Gottheiten des Pantheons von Emar, die wahrscheinlich in demselben Heiligtum verehrt wurden. Der eigentliche Grund für die Abfassung der Urkunde geht aus dem Text nicht klar hervor; es scheint sich nicht um eine Vorlage für die im Text selbst erwähnte Inschrift zu handeln. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Ba2lu-malik (oder Adda-malik) mit dem gleichnamigen Opferschauer zu identifizieren ist, der einer der prominentesten Familien der Stadt Emar angehörte (zur Person s. Y. Cohen, The Scribes and the Scholars of the City of Emar in the Late Bronze Age [Harvard Semitic Studies 59], Winona Lake 2009, 170178). (Vs. 1) Ich,

Ba2lu-malik, (2) habe dem Gott ninurta 3), meinem Herrn, Votivgaben (3) geweiht: ein Haarschopf aus blauer Purpurwolle; (4) ein weiterer Haarschopf aus roter Wolle; (5) ein großer Leinenstoff, mit dem man die Rückseite der Gottheit bekleidet; (6) ein weiterer Leinenstoff, der die Gottheit [ … ]; (7) ein Sekel Gold; ein Becher aus Bronze; ein Becher [ … ]; (u.Rd. 8) fünf Gürtel aus roter Wolle. (9) Gemäß der Festlegung (10) werden meine Söhne die Fundamente aus …-Stein (11) mit ihrer Lieferverpflichtung … – (12) ein Rind, sieben Schafe, eine Steininsch[rift], (13) Wein – füllen. (14-16) Eine Decke aus roter Wolle für We3da; (o.Rd. 17) eine Decke aus roter Wolle für Adammatera; (18) eine Decke aus roter Wolle für Sˇasˇsˇabettu.

2. 3.

80

Oder: schlug er seinen Feind. Stadtgott von Emar; die Lesung des logographisch geschriebenen Namens ist unsicher.

Texte aus Syrien

3. Eine Votivperle Achatperle (13. oder frühes 12. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Aleppo, Nationalmuseum (Msk 761). – Fundort: Emar, Tempel M2. – Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI, Paris 1985-87, Nr. 68. – Weitere Literatur: M. Dietrich, Die akkadischen Texte der Archive und Bibliotheken von Emar, UF 22 (1990) 25-48 (hier 35 f.); D. Schwemer, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden 2001, 553.

Kostbare Steinperlen waren eine beliebte Votivgabe; die vorliegende Achatperle ist mit einer kurzen Inschrift versehen. Der Votant ist sonst unbekannt; der Name der Gottheit ist logographisch geschrieben (dpap.nun, lies vielleicht pap.sukkal!) und in seiner Deutung umstritten. (1) Votivgabe (2) des

Qaqqullu (3) für (die Gottheit) pap.nun.

4. Ein neues Heiligtum und seine Priester Keilschrifttafel (13. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Privatsammlung. – Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Textes syriens de l’âge du Bronze récent (Aula Orientalis, Supplementa 1), Sabadell 1991, Nr. 87. – Weitere Literatur: K. van der Toorn, The Domestic Cult at Emar, JCS 47 (1995) 35-49 (hier 48); Y. Cohen, The Scribes and the Scholars of the City of Emar in the Late Bronze Age (Harvard Semitic Studies 59), Winona Lake 2009, 67 f.

Pilsu-Daga¯n hat ein Heiligtum des Gottes Rasˇap (nergal) errichten lassen. Die Urkunde garantiert ihm und seiner Familie das Priestertum an diesem Heiligtum; sie ist von Lı¯mi-sˇarra, dem König von Emar, gesiegelt. den Tagen des L[ı¯mi-sˇarra], des Sohnes des Ir3ib-[Ba2lu] (2) erbaute Pilsu-Daga¯n, [der Sohn des …]-malik, (3-5) einen Tempel des Rasˇap ›vom [Stein]‹ 4). (5-7) Dann hat er die Äl[testen] von Emar Platz nehmen lassen, und sie haben vorliegende Tafel geschrieben. (7-9) Vom heutigen Tag ist Pilsu-Daga¯n der Priester des Tempels des Rasˇap ›vom Stein‹. (10-11) Seine Nachkommen sind auf immer und ewig ebenso Priester des Tempels des Rasˇap. (12-16) In Zukunft wird kein anderer gegen Pilsu-Daga¯n wegen des Tempels des Rasˇap Klage erheben. (u.Rd. 17-19) Wer in Zukunft Klage erhebt, muß tausend (Sekel) Silber bezahlen. (Rs. 20-23) Und Rasˇap möge das Haus und die Nachkommenschaft dessen vernichten, der diesen Wortlaut verändert. (24-25) Und ein gegenüberliegendes Gebäude darf nur Pilsu-Daga¯n errichten. 5) (26) Vor Lı¯mi-sˇarra, Sohn des Ir3ib-Ba2lu; (27) vor Abba, Sohn des Yarı¯m-Be¯l; (28) vor Rasˇap-ilı¯, (29) Sohn des Ir3ib-Ba2lu; (30) vor Milki-Daga¯n, Sohn des Hinnu-Daga¯n; (31) vor Daga¯n-malik, Sohn des Izrah-Daga¯n; (32) vor Abı¯-Sˇaggar, ˘ ˘ (Vs. 1-2) In

4. 5.

Die Bezeichnung ›vom Stein‹ bezieht sich wohl darauf, daß der Gott in Form eines Kultsteins (Bätyl) verehrt wurde. Akkadisch u bı¯t muhhurti Pilsu-Daga¯n-ma ibanni; Arnaud: »et son temple, réplique (de celui) de Pilsu-Dagan,˘ ˘il construira«; van der Toorn: »He shall build another temple, the very image of the temple of Pilsu-Dagan«. Beide Übersetzungen lassen sich mit dem normalen Gebrauch von muhhurtu »gegenüberliegende Seite« nicht vereinbaren und übergehen das an ˘ ˘ enklitische -ma. Pilsu-Daga¯n angefügte

81

Daniel Schwemer

Sohn des Itu¯r-libbu; (33) vor Abı¯-Rasˇap, (34) dem Bürgermeister; (35) vor Ehli-Kusˇa, dem ˘ Schreiber. (36) Monat des Herrn von Halab, (37) Jahr des Sohnes des Hamsu, zum ersten Mal. (o.Rd. ˘ ˙ 38) Siegel des Lı¯mi-s ˇarra. ˘

82

Weih- und Votivinschriften aus Ugarit Herbert Niehr Die Genres der Grab-, Sarg- und Bauinschriften sind bislang in Ugarit nicht belegt, was z. T. auch auf den Zufallscharakter jeglicher archäologischer Konservierung bzw. Auffindung zurückgeht. Dafür läßt sich aber auch in Ugarit wie in jeder altorientalischen Kultur aufgrund inschriftlicher und archäologischer Quellen die Praxis des Beschenkens der Götter mit Weihgaben 1) nachweisen. Hierbei steht der Geschenkund Widmungscharakter (dedicatio) im Vordergrund. Die Stiftung von Votiven 2) war motiviert durch den Dank für eine empfangene Wohltat wie die Heilung von einer Krankheit, die Geburt von Kindern, eine gute Ernte bzw. eine erfolgreiche Reise oder die Rettung aus Naturkatastrophen, durch die Bitte um Gesundheit, Rettung und Erfolg bzw. durch eine Sühneleistung (ex-voto). Der Nachweis eines Fundstückes als Votiv ist dann eindeutig, wenn ein Objekt durch eine Inschrift als Votiv ausgewiesen ist oder es etwa einen zu heilenden bzw. einen geheilten Körperteil darstellt. Funde bestimmter Objekte in oder bei einem Tempel bzw. in einer Tempelfavissa sind im Hinblick auf ihre Einordnung als Weihgabe oder Votivgegenstand nicht eindeutig. Objekte aus Tempeln Ugarits, die entweder als Weihgaben oder als Votive aufgefaßt werden können, liegen etwa mit der Prunkaxt und den Götterfigurinen aus dem Palasttempel, 3) den Steinankern, den steinernen Fischereigeräten, den Stelen und den Metallfigurinen aus dem Ba2al-Tempel, 4) dem Dreifuß und der Sitzstatue aus dem sanctuaire aux rhythons, 5) den Stelen und Metallfigurinen aus einem nichtidentifizierten Heiligtum in der Südstadt, 6) sowie den Stelen aus dem El-Tempel 7) vor. Des 1. 2. 3.

4.

5. 6. 7.

Zur Übersicht vgl. J. Renger, Art. Weihung, Weihgeschenk I. Alter Orient und Ägypten, DNP 12/2 (2002) 419 f. Zur Übersicht vgl. M. Haase, Art. Votivkult, DNP 12/2 (2002) 345 f. RS 9.250; 9.277; 23.395; vgl. dazu G. Galliano / Y. Calvet (Hg.), Le royaume d’Ougarit. Aux origines de l’alphabet, Paris / Lyon 2004, 166 fig. 150; 169 fig. 153; 268 fig. 315. Zudem fand sich hier unter der Treppe (als favissa?) eine Ansammlung von Lampen und kleinen Tongefäßen, die ebenfalls als Weihgaben oder Votive gedeutet werden; vgl. M. Yon, La cité d’Ougarit sur le tell de Ras Shamra, Paris 1997, 59. Zu den Steinankern und Fischereigeräten vgl. C. F.-A. Schaeffer, Remarques sur les ancres en pierre d’Ugarit, Ugaritica 7 (1978) 371-381 und H. Frost, Anchors Sacred and Profane, in: M. Yon, Arts et industries de la pierre (RSOu VI), Paris 1991, 355-410; zu den Stelen des Ba2al au foudre (RS 4.427), des Dieu à la plume (RS 2.037), des Ba2al au cartouche (RS 4.429 + RS 5.044 + RS 5.202) und der Göttin im Flügelkleid (RS 2.038) vgl. Yon, Arts 288293.294-301 und I. Cornelius / H. Niehr, Götter und Kulte in Ugarit (Zaberns Bildbände zur Archäologie), Mainz 2004, 30 Abb. 45; 45 f. Abb. 71; 53 Abb. 89; zum Votiv des Mami (RS 1.089 + 2.033 + 5.183) s. u. Nr. 3 den Beitrag von M. Müller und zu den Metallfigurinen vgl. C. F.-A. Schaeffer, Nouvelles études relatives au découvertes de Ras Shamra (Ugaritica 2) Paris 1949, 128. Zum Dreifuß (RS 80.5102) vgl. M. Yon, in: Galliano / Calvet, Royaume 286 fig. 335 und zur Sitzstatue (RS 88.070) vgl. Cornelius / Niehr, Götter, 45 Abb. 69. Vgl. Yon, Arts, 277 f. Zur stèle au symbol astral (RS 3.487) vgl. Yon, Arts 293 f. und Cornelius / Niehr, Götter, 72 Abb. 116; zu den beschrifteten Stelen (RS 6.021 und RS 6.028) s. u. Nr. 1.

83

Herbert Niehr

weiteren sind etwa die im Temenos des Ba2al-Tempels aufgefundenen Goldschalen 8) zu nennen oder auch die Metallfigurinen aus einem Tempel in Minet el-Beida bei Ugarit. 9) Zu diesen Funden kommen weitere Objekte hinzu, die teilweise durch ihre Aufschrift als Votiv gekennzeichnet sind, 10) teilweise aber auch im Hinblick auf ihre Einordnung als Votive umstritten sind, wie etwa die beschrifteten Äxte aus dem Haus des Oberpriesters.11) Im funerären Bereich ist es schwierig, Grabbeigaben von Weihgaben an die Götter der Unterwelt bzw. an die Toten zu unterscheiden. In der epischen Literatur Ugarits wird vom Gelübde des Königs Kirta erzählt. Er hatte der Göttin Ascherah für den erfolgreichen Abschluß seines Zuges gegen Udum das Versprechen der Gabe einer goldenen und silbernen Statue seiner zukünftigen Frau abgelegt, dieses aber dann doch nicht erfüllt (KTU 1.14 IV 37-43; 1.15 III 2631). Angesichts dieses Versäumnisses geriet der König an den Rand des Todes und es drohte ihm der Verlust seiner Herrschaft. Aufgrund der (im Epos nicht erzählten) späteren Erfüllung des Gelübdes wurde der König aber wieder geheilt (KTU 1.15 V 12-1.16). In den Ritualen wird in KTU 1.162 das Geschenk eines Schildes aus Metall an die Götter des Landes genannt. 12) Des Weiteren begegnen Weihungen von theriomorphen Kopfgefäßen aus Gold und Silber an diverse Gottheiten. 13) Die Anzahl der in Ugarit gefundenen Weih- und Votivinschriften ist begrenzt. Es sollen im Folgenden drei Weih- und eine Votivinschrift vorgestellt werden.

1. Zwei Stelen mit Weihinschriften aus dem Temenos des El-Tempels (KTU 6.13 = RS 6.021; KTU 6.14 = RS 6.028)

Herbert Niehr Kalksteinstelen vom Beginn des 12. Jh. v. Chr. – Fundort: Ugarit, Temenos des El-Tempels. – Aufbewahrungsort: Musée du Louvre, Paris, Inv.: AO 19.931; Nationalmuseum Aleppo, Inv.: M 8388 = A 4623. – Erstpublikation: R. Dussaud, Deux stèles de Ras Shamra portant une dédicace au dieu Dagon, Syr 16 (1935) 177-180. – Photo: C. F.-A. Schaeffer, Les fouilles de Ras Shamra-Ugarit. Sixième campagne (Printemps 1934), Syr 16 (1935) 156 f. pl. XXXI; M. Yon, La cité d’Ougarit sur le tell de Ras Shamra, Paris 1997, 145 fig. 19; G. Galliano / 8. RS 5.031 und RS 5.032; vgl. dazu Cornelius / Niehr, Götter, 29 Abb. 41; 73 f. Abb. 118.119a.b und Y. Calvet, in: Galliano / Calvet, Royaume, 30 fig 1 und M. Yon, in: Galliano / Calvet, Royaume, 281 fig. 329. 9. Vgl. S. Marchegay, Un plan des fouilles 1929-1935 à Minet el-Beida, le port d’Ougarit, in: M. Yon / D. Arnaud (Hg.), Études Ougaritiques I. Travaux 1985-1995 (RSOu XIV), Paris 2001, 11-40, hier 15 f. 10. So etwa RS 6.411 (= KTU 1.77), vgl. dazu M. Dietrich / O. Loretz, Die Keilalphabete (ALASP 1), Münster 1988, 157-161 oder RS 9.496 (= KTU 7.60), vgl. dazu Dietrich / Loretz, ebd. 168-170 und RS 25.318 (= KTU 6.62), s. u. Nr. 2. 11. RS 1.052 und dazu P. Bordreuil, in: Galliano / Calvet, Royaume, 87 no. 63. 12. Vgl. dazu H. Niehr, TUAT.NF 4 (2008) 247 f. 13. KTU 1.90,1-3; 1.164,4-5; 1.168,1-3.8-10 und dazu E. Lipin´ski, Resheph. A Syro-Canaanite Deity (StudPhoen XIX; OLA 181), Leuven 2009, 94 f.

84

Texte aus Syrien

Abb. 1: Stelen aus dem Hof des El-Tempels in Ugarit

Y. Calvet (Hg), Le royaume d’Ougarit. Aux origines de l’alphabet, Paris / Lyon 2004, 264 fig. 308. – Weitere Bearbeitungen und Literatur: M. Dietrich / O. Loretz / W. Mayer, sikkanum »Betyle«, UF 21 (1989) 133-139; M. Yon, Arts et industries de la pierre (RSOu VI), Paris 1991, 301-303; P. Bordreuil / D. Pardee, Textes ougaritiques oubliés et »transfuges«, Sem 41/42 (1993) 23-58, bes. 23-32; G. del Olmo Lete, El Continuum cultural cananeo. Pervivencias cananeas en el mundo fenicio-púnico (AulOrS 14), Barcelona 1996, 81-96; D. Pardee, Les textes rituels I (RSOu XII), Paris 2000, 386-399; ders., Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 123-125; L. Feliu, The God Dagan in Bronze Age Syria (CHANE 19), Leiden 2003, 272-274; W. G. E. Watson, A Hittite Loanword in Ugaritic?, UF 36 (2004) 533-538; M. Dietrich / O. Loretz, »Weihen« (2ly Sˇ) von pgr, Ochsen und Gegenständen in KTU 6.13, 6.14 und 6.62, UF 37 (2005) 227-239; J. Á. Zamora López, Les utilisations de l’alphabet lors du IIe millénaire av. J. C. et le développement de l’épigraphie alphabétique: une approche à travers la documentation ougaritique en dehors des tablettes (II), in: G. del Olmo Lete / L. Feliu / A. Millet Albà (Hg.), Sˇapal tibnim mû illaku¯. Studies Presented to Joaquín Sanmartín on the Occasion of His 65th Birthday (AulOrS 22), Barcelona 2006, 491-528, bes. 518524; H. Niehr, Two Stelae Mentioning Mortuary Offerings from Ugarit (KTU 6.13 and 6.14), in: H. Niehr / E. Pernicka / P. Pfälzner (Hg.), (Re-)Constructing Funerary Rituals in the Ancient Near East, Wiesbaden [i. D.].

Die beiden Stelen weisen die einzigen erhaltenen Monumentalinschriften aus Ugarit auf. Aufgrund des in ihnen erwähnten Gottes Dagan wurde der Schluß auf die Benennung des benachbarten Tempels als »Tempel des Dagan« gezogen, 14) ein Schluß, der sich angesichts der nur schwach ausgeprägten Rolle des Gottes Dagan in den Ritualen und Mythen aus Ugarit so nicht halten läßt. Es ist plausibler, den Osttempel der Akropolis als Tempel des Gottes El zu verstehen, in dem Dagan als ein theos synnaos

14.

Vgl. Schaeffer, Fouilles, 156 f.

85

Herbert Niehr

mitverehrt wurde. 15) Bereits in Mari wurde Dagan als be¯l pagrê, d. h. »Herr der Totenopfer« bezeichnet. 16) Mit KTU 6.13 und 6.14 zeigt sich dieses amurritische Erbe auch in Ugarit. Die Stifterin der ersten Stele (KTU 6.13) war die Königsmutter Tarelli, der Stifter der zweiten Stele (KTU 6.14), Uzzinu, einer der letzten Gouverneure von Ugarit. 17) Beide errichteten noch zu ihren Lebzeiten die Stelen zur Protokollierung eines einmaligen Totenopfers zu ihren Gunsten, welches nach ihrem Ableben vollzogen werden sollte. Die Inschrift KTU 6.13 benennt die Widmung der Stele an Dagan, sodann das Totenopfer und einen Pflugochsen, der zum Verzehr beim Totenmahl gestiftet war. Die Inschrift lautet: (1) Stele,

die gewidmet hat dem Dagan. Ein Toten-Opfer (3) und einen Ochsen zum Verzehr. (2) Tarelli

Die Inschrift KTU 6.14 ersetzt den Terminus »Stele« durch »Totenopfer«. Dazu kommt auch hier wieder die Stiftung eines Ochsen zum Verzehr beim Totenmahl. Der Gott Dagan wird als der »Herr« des Dedikanten Uzzinu angesprochen. Die Inschrift lautet: (1) Totenopfer,

das gewidmet hat dem Dagan, seinem Herrn, (3) [und einen Och]sen vom Acker. (2) Uzzinu

2. Eine Weihgabe an den Gott Rasˇpu (KTU 6.62 = RS 25.318)

Herbert Niehr Tongefäß vom Ende des 13. bzw. Beginn des 12. Jh. v. Chr. – Fundort: Ugarit, südliche Akropolis, Haus des Agipsˇarri – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Damaskus, Inv.: 7034. – Erstpublikation: C. H. Gordon, Ugaritic Textbook (AnOr 38), Rom 1965, 486 no. 2356; M. Dietrich / O. Loretz, Die keilalphabetische Krugaufschrift RS 25.318, Ugaritica 7 (1978) 147-148; C. F.-A. Schaeffer, Contexte archéologique et date du rhyton léontocéphale de la maison d’Agaptarri (RS 25.318), Ugaritica 7 (1978) 149-154. – Photo: C. F.-A. Schaeffer, ibid. 151 fig 3. 153 fig. 5; M. Yon, La cité d’Ougarit sur le tell de Ras Shamra, Paris 1997, 159 fig. 36b; G. Galliano / Y. Calvet (Hg), Le royaume d’Ougarit. Aux origines de l’alphabet, Paris / Lyon 2004, 283 fig. 331. – Weitere Bearbeitungen und Literatur: M. Dietrich / O. Loretz, Neue Studien zu den Ritualtexten aus Ugarit (I).4. Die Votivinschrift KTU 6.62, UF 13 (1981) 98-99; dies., Das Löwengesicht-Gefäß KTU 6.62 (RS 25.318), UF 23 (1991) 83-84;

15. 16. 17.

86

Vgl. u. a. H. Niehr, Überlegungen zum El-Tempel in Ugarit, UF 26 (1994) 419-426; Feliu, God, 272-274. Vgl. Feliu, God, 70-73. Zu beiden Personen vgl. I. Singer, A Political History of Ugarit, in: W. G. E. Watson / N. Wyatt (Hg.), Handbook of Ugaritic Studies (HdO I/39), Leiden 1999, 603-733, bes. 667.690 f. 696-700.

Texte aus Syrien

dies., »Weihen« (2ly Sˇ) von pgr, Ochsen und Gegenständen in KTU 6.13, 6.14 und 6.62, UF 37 (2005) 227-239; Y. Yadin, New Gleanings on Resheph from Ugarit, in: A. Kort / S. Morschauser (Hg.), Biblical and Related Studies Presented to Samuel Iwry, Winona Lake 1985, 259-274; D. Pardee, Les textes rituels (RSOu XII), Paris 2000, 813-815; J. Á. Zamora López, Les utilisations de l’aphabet lors du IIe millénaire av. J. C. et le développement de l’épigraphie alphabétique: une approche à travers la documentation ougaritique en dehors des tablettes (II), in: G. del Olmo Lete / L. Feliu / A. Millet Albà (Hg.), Sˇapal tibnim mû illaku¯. Studies Presented to Joaquín Sanmartín on the Occasion of His 65th Birthday (AulOrS 22), Barcelona 2006, 491-528, bes. 510-514.

In Ugarit wurden fünf Terrakottagefäße in Gestalt eines Löwenkopfes, welche der Aufnahme von Flüssigkeiten zum Zweck einer Libation dienten, gefunden. 18) Das hier vorgestellte Gefäß weist als Einziges eine Inschrift auf. Die Fundlage in einem Haus auf der Akropolis zeigt, daß der Kult auf einer Kultinstallation in einem separaten Raum innerhalb eines Privathauses stattgefunden hatte. 19) Die zweizeilige Inschrift informiert über die Votivgabe an den Gott Rasˇpu Guni. Im Hinblick auf diesen Gott stehen Deutungen als »Rasˇpu des Gartens« (mit einer funerären Konnotation) 20) oder als »Rasˇpu von Gunu« (mit einem Ortsnamen wie in Ebla) 21) nebeneinander. Da in Ugarit die Gleichsetzung der Götter Rasˇpu und Nergal belegt ist, 22) hat auch Rasˇpu wie Nergal einen Bezug zum Löwen als seinem Symboltier. 23) Dieser Bezug erklärt sich grundsätzlich über die Ambiguität des Löwen wie des Gottes als zu bekämpfendes Übel auf der einen und als Schutzmacht auf der anderen Seite. 24) Was die theologische Ambiguität des Gottes Rasˇpu als Verursacher von Seuchen und Pest auf der einen und als Beschützer bzw. als Retter auf der anderen Seite angeht, so wird aufgrund der Votivgabe KTU 6.62 der Gott Rasˇpu positiv gesehen, wie dies

18.

19. 20. 21. 22. 23. 24.

Vgl. V. Matoïan, La vaiselle de luxe, in: M. al-Maqdissi / V. Matoïan (Hg.), »L’Orient des Palais«. Le Palais royal d’Ougarit au Bronze Récent (Documents d’Archéologie Syrienne XV), Paris / Damaskus 2008, 217-222, bes. 218.221 fig. 40h; M. Yon, Le lion de Rashap, in: C. Roche (Hg.), D’Ougarit à Jérusalem. Recueil d’études épigraphiques et archéologiques offert à Pierre Bordreuil (Orient et Méditerranée 2), Paris 2008, 109-118. Die beiden engsten Entsprechungen hierzu stellen die Löwenkopfgefäße aus Hazor und Qatna dar; vgl. Sh. Zuckerman, Fit for a (not quite-so-great) King: A Faience Lion-Headed Cup from Hazor, Levant 40 (2008) 115-125 und P. Pfälzner / E. Roßberger, Das Gold des Nordens – Die Bernsteinobjekte, in: Landesmuseum Württemberg (Hg.), Schätze des Alten Syrien. Die Entdeckung des Königreichs Qatna, Stuttgart 2009, 212-215. Auf dem Elfenbeingriff aus Megiddo stehen ganz links zwei Tierkopfgefäße, davon ein Gazellen- und ein Löwenkopf, auf einem Gestell über dem großen Krug. Zur archäologischen und kunstgeschichtlichen Einordnung der Löwenikonographie vgl. H.-G. Buchholz, Beobachtungen zur nahöstlichen, zyprischen und frühgriechischen Löwenikonographie, UF 37 (2005) 27-215. Vgl. dazu den Plan bei J.-C. Courtois, L’architecture domestique à Ugarit au Bronze Récent, UF 11 (1979) 105-134, hier 129 fig. 10. Vgl. dazu die Positionen bei D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice I (AOAT 284/1), Münster 2001, 381 f. mit Anm. 1171 und 1172. Vgl. dazu die Positionen bei Clemens, Sources 382 mit Anm. 1174 und zuletzt Lipin´ski, Resheph, 30-42.103 f. Vgl. KTU 1.47, 27 und 1.118,26 mit RS 20.24,26. Vgl. zu Nergal und Löwen E. von Weiher, Der babylonische Gott Nergal (AOAT 11), Kevelaer / Neukirchen-Vluyn 1971, 19 Anm. 5, 29 mit Anm. 3, 45-46; zu Rasˇpu und Löwen vgl. Yadin, Gleanings, 266-268. Vgl. Yon, Lion, 116 f.

87

Matthias Müller

Abb. 2: Terrakottagefäß in Gestalt eines Löwenkopfes

auch bei den Personennamen aus Ugarit mit rasˇpu als theophorem Element der Fall ist. 25) Die in der Inschrift auftretenden Personennamen werden teilweise so gedeutet, daß der Sohn des Agapsˇarri vielleicht der Handwerker und Nuranu der Stifter war. 26) Dagegen spricht jedoch, daß generell die Handwerker auf ihren Werken nicht genannt werden, dafür aber die Stifter. Deshalb dürfte die erste Zeile lediglich eine supralineare Korrektur zum Personennamen in der zweiten Zeile darstellen und die Inschrift wie folgt zu lesen sein: 27) Löwengesicht, welches Nuranu, der Sohn des Agapsˇarri, dem Rasˇpu Guni stiftete.

3. Ein Votiv an den Gott Ba2al Sapon (RS 1.089 + 2.033 + 5.183) ˙

Matthias Müller Fragmentarische Stele aus ägyptischem Sandstein aus dem 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Ugarit, Ba2al-Tempel – Aufbewahrungsort: Musée du Louvre, Inv.: AO 13176. – Erstpublikation: C. F.-A. Schaeffer, Les fouilles de Minet-el-Beida et de Ras Shamra. Deuxième Campagne (Printemps 1930). Rapport sommaire, Syria 12 (1931) 9-11 mit pl. VI; C. F.-A. Schaeffer, Ugaritica I (Mission de Ras Shamra III, Bibliothèque archéologique et historique 31) 1939, 39-41 mit fig. 30. – Photo: I. Cornelius / H. Niehr, Götter und Kulte in Ugarit. Kultur und Religion einer nordsyrischen Königsstadt in der Spätbronzezeit (Zaberns Bildbände zur Archäologie), Mainz 2004, 46 Abb. 72. – Weitere Bearbeitungen und Literatur: R. Stadelmann, Syrisch-palästinensische Gottheiten in Ägypten (PdÄ 5), Leiden 1967, 37-39 (Übersetzung nach der fünfzeiligen Erstrekonstruktion); A. Gasse in: M. Yon (Hg.), Arts et industries de la pierre (RSOu VI), Paris 1991, 284-288 mit fig. 8a (Photo und Zeichnung) auf S. 328. 28)

Die fragmentarische Stele aus ägyptischem Sandstein ist aus neun Bruchstücken zusammengefügt, die während mehrerer Kampagnen im nördlichen Areal des Tempels gefunden wurden. Diese wurden offenbar während einer älteren, türkischen Ausgrabung unerkannt bewegt, so daß keine in-situ-Kontexte mehr vorlagen. Darüber hinaus fehlen Stücke, wodurch die unterschiedlichen Rekonstruktionen der Stelenhöhe bedingt sind. 29) Das Objekt scheint überdies Feuer ausgesetzt gewesen zu sein. Die Stele hat eine typisch ägyptische Form: hochrechteckig sich dabei leicht nach

25. 26. 27. 28. 29.

88

Vgl. zu den rasˇpu-haltigen Personenamen Lipin´ski, Resheph, 81-89. So etwa D. Pardee, Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 126. Unklar ist, ob der Agapsˇarri von KTU 6.62 identisch ist mit weiteren gleichnamigen Personen aus Ugarit. So zuletzt auch Zamora López, Utilisations 512 mit Anm. 67 und Dietrich / Loretz, Weihen, 234 f. Der von Gasse, aaO, 287 Anm. 44 für die Göttinger Miszellen in Aussicht gestellte Beitrag mit der Begründung ihrer Lesungen ist m. W. nie erschienen. Die Erstrekonstruktion nach der 2. Kampagne zeigt im Textfeld fünf Zeilen Text (Syria 12), die nach den Funden weiterer Bruchstücke sieben Zeilen (Ugaritica I). Dagegen setzt Gasse

Texte aus Syrien

oben verjüngend mit einem Stelenrund als oberem Abschluß. Eine einfache Begrenzungslinie setzt das Dekorationsfeld auf dem Textträger ab. Dieses selbst ist in ein Bildfeld im oberen und ein Textfeld im unteren Bereich gegliedert. Im Bildfeld steht rechts ein Adorant im typisch ägyptischen Anbetungsgestus, beide Arme erhoben vor sich leicht in Richtung der angebeteten Gottheit ausgestreckt. Er trägt ein plissiertes Gewand, wie es für die ägyptische Ramessidenzeit üblich ist, und eine über die Schultern fallende Perücke. Ihm gegenüber im linken Teil des Bildfeldes ist eine männliche Gottheit abgebildet, deren Darstellung allerdings durch fehlende Bruchstücke nicht vollständig ist. Der Gott trägt eine langgestreckte Krone auf dem Kopf, von der ein längeres, in eine Quaste auslaufendes Band hinter dem Körper bis auf Höhe der Füße herabhängt. 30) In der linken Hand hält er ein stockförmiges Szepter mit gabelförmigem unterem und gebogenem oberen Ende, welches ebenfalls typisch für ägyptische Götterdarstellungen ist und der Form der Abb. 3: Die Mami-Stele Hieroglyphe für Macht gleicht. Weitere Details sind aufgrund des Erhaltungszustandes nicht auszumachen. Zwischen Adorant und Gott steht ein Libationsgefäß auf einem Becken, beides auf einen Gefäßständer gestellt. Über diesem Ensemble ist eine Lotosblüte dargestellt. Oberhalb der Darstellung befinden sich fünf Kolumnen mit einer hieroglyphischen Inschrift. Zwei davon enthalten die Beischrift zum Gott (Schreibrichtung auf diesen hin zu), drei davon identifizieren den Adoranten (Schreibrichtung auf diesen hin zu). Die Beischrift des Gottes lautet: »Ba2al-Sapon« 31), die des Adoranten: »Der königliche ˙ Mami, gerechtfertigt.« Schreiber und Hausverwalter des Palastes Das Textfeld ist durch die fehlenden Bruchstücke um einiges schlechter erhalten: zum einen die Zeilenende der ersten vier und zum anderen die Anfänge der letzten drei Zeilen. Dies führte in der ursprünglichen Rekonstruktion zum Ansatz von sieben Zeilen für das Textfeld, der in der finalen Publikation um eine auf sechs reduziert wurde. 32)

30.

31.

32.

eine mit nur sechs Zeilen an, der hier gefolgt wird, vgl. Photo und Umzeichnungen bei M. Yon (Hg.), Arts et Industries de la Pierre (RSOu VI), Paris 1991, 328 fig. 8a. Zur Ikonographie des Ba2al in ägyptischen Quellen s. I. Cornelius, The Iconography of the Canaanite Gods Reshef and Baal. Late Bronze and Iron Age I Periods (c. 1500-1000 BCE) (OBO 140), 246-253; für eine weitere Darstellung auf einer Stele aus Qantir, vgl. E. B. Pusch / A. Eggebrecht, Zweimal Baal aus der Ramses-Stadt, in: E. Czerny et al. (Hg.), Timelines. Studies in Honour of Manfred Bietak I (OLA 149.1), Leuven / Paris / Dudley 2006, 252. Zu den Wiedergaben des Namens vgl. J. Hoch, Semitic Words in Egyptian Texts of the New Kingdom and the Third Intermediate Period, Princeton 1994, 384 no. 576; die Identifikation als »Norden« ist indes weniger sicher als bei Hoch angegeben, s. P. Xella, Rez. zu Hoch, SEL 13 (1996) 123 mit Verweis auf DNWSI 972 s. v. spl. ˙ Diese ist durch parallele Formeln wie »Liebling des Gebieters der beiden Länder (wegen) seines Charakters« z. B. auf dem Türsturz Hannover 1925.186 (s. M. Cramer, Ägyptische

89

Matthias Müller

Die Inschrift, soweit erhalten respektive zu ergänzen, lautet: (1) [Ein

Opfer, das der König gibt an Ba2al]-Sapon, den großen Gott, auf daß er gebe, Gunst, Wohlergehen und Freude 33) ˙jeden Tag, (3) sich in einen ehrwürdigen Toten zu verwandeln 34) im? [… für den Ka des Günstlings] des vollkommenen Gottes, Liebling des Gebieters der beiden Länder (4) aufgrund seines Charakters, […], vortrefflicher [Vertrau]ter für seinen Gebieter, (5) den königlichen Schreiber und Hausverwalter [des Palastes … Mami, gerechtfertigt], (6) Sohn des großen Schreibers des Gottes Amun [NN].

(2) […]

Demnach besteht der Text aus einer Bitte an den Gott Ba2al-Sapon (Z. 1-3), gefolgt ˙ Namen. Der durch von Epitheta des Stelenstifters (Z. 3-4) und seinen Titeln bzw. dem die fehlenden Stücke im unteren Teil zu füllende Platz überschreitet den für den aus dem Stelenrund bekannten Titel und Namen des Mami beträchtlich. Zwar ist es nicht ungewöhnlich, daß an Stellen mit weniger Platz nur die wichtigsten Titel aufgeführt werden, doch ist nicht auszuschließen, daß in der linken Hälfte der vorletzten Zeile bereits eine Filiationsangabe erfolgte. Die in der letzten Zeile wäre dann die des Großvaters.

Abbildungsnachweis Abb. 1: Stelen aus dem Hof des El-Tempels, aus: M. Yon, Arts et industries de la pierre (RSOu VI), Paris 1991, 334 fig. 146 Abb. 2: Terrakottagefäß in Gestalt eines Löwenkopfes, aus: M. Yon, La cité d’Ougarit sur le Tell de Ras Shamra, Paris 1997, 159 fig. 366 Abb. 3: Die Mami-Stele, © B. Hufft, Basel

33. 34.

90

Denkmäler im Kestner-Museum zu Hannover, 97 [mit weiterem Bsp. in Anm. 7] = KRI III 243,6 = KRITA III 173) plausibel, so daß ich ihr hier folge. Nach dem Photo bei I. Cornelius / H. Niehr, Götter und Kulte in Ugarit, 46 Abb. 72, scheinen mir die Zeichenreste eher für eine Lesung rsˇw.t »Freude«, denn Gasses »quotidiennement« zu sprechen. Gasse liest hier »(la possibilité) d’acquérir la réputation«, allerdings scheinen mir die Spuren auf dem Photo nur bedingt zu ihrer Zeichnung zu passen, so daß ich obige Lesung vorschlage. Zum Ausdruck vgl. z. B. die Türverkleidung eines Wagenlenkers Bak (L. Habachi, Tell elDab’a I: Tell el-Dab’a and Qantir. The Site and its Connection with Avaris and Piramesse, Österreichische Akademie der Wissenschaften. Denkschriften der Gesamtakademie XXIII, Wien 2001, 188 no. 54,1 = KRI III 253,10 = KRITA III 180).

IV. Texte aus Ägypten Ägyptische Bau- und Weihinschriften Matthias Müller Eine der für den (nicht nur) modernen Betrachter hervorstechendsten Leistungen der altägyptischen Kultur sind deren Bauten, angefangen bei den beeindruckenden Pyramiden von Giza über die übers Land verstreuten Tempelbauten bis hin zu den reich dekorierten Grabbauten der Könige und der Elitenangehörigen. 1) Die ägyptischen Texte dokumentieren die unterschiedlichsten Stadien dieser Bauten: von der administrativen Planung 2) bis zu Ritualen zur Weihung des Bauplatzes 3), von der Dokumentation des Baufortschrittes 4) zu Ritualen für die Grundsteinlegung des Gebäudes 5); im privaten bis hin zur Nutzung der Gebäude oder gar zur gerichtlichen Auseinandersetzung über diese. 6) Auch Texte aus christlicher Zeit berichten von Weiter- respektive Umnutzungen von Tempeln und Gräbern aus der Pharaonenzeit, sei es als Wohnort von Heiligen und Asketen, beschrieben in deren Viten 7) oder in Er1.

2.

3.

4.

5. 6. 7.

Schon ab der Mitte des 2. vorchristlichen Jahrtausends begannen Angehörige der damaligen Eliten ältere Grabbauten zu besuchen und dokumentierten ihren Besuch durch hieratische Graffiti, vgl. W. Helck, Die Bedeutung der ägyptischen Besucherinschriften (ZDMG 102) 1952, 39-46 sowie H. Navrátilová, The Visitor’s Graffiti of Dynasties XVIII and XIX in Abusir and Northern Saqqara, The Visitor’s Graffiti I, Prag 2007, 15-24 und 131-144. Exemplarisch ist der von William Kelly Simpson edierte pReisner I mit der Dokumentation der Planung eines Provinztempels des frühen Mittleren Reiches, vgl. W. K. Simpson, Papyrus Reisner I: The Records of a Building Project in the Reign of Sesostris I, Boston 1963; vgl. auch ders., Papyrus Reisner III: The Records of a Building Project in the Early Twelfth Dynasty, Boston 1969. Vergleichbare Texte dürften für alle größeren Unternehmungen dieser Art existiert haben, sind indes nicht auf uns gekommen. Ein Text aus dem 1. Jt., der die Eröffnung eines Steinbruches kommemoriert, findet sich übersetzt in TUAT.AF I/6, 552-557. Auf oStrasbourg BNU H. 187+189+192 werden Apiru / Habiru im Zusammenhang mit Steinlieferungen erwähnt, vgl. G. Posener, in: D. J. Wiseman, Peoples of Old Testament Times, Oxford 1973, 15, ebenso in pLeiden I 348 (Gardiner, LEM, 134,1-4). Siehe S. Abd el-Azim El-Adly, Das Gründungs- und Weiheritual des Ägyptischen Tempels von der frühgeschichtlichen Zeit bis zum Ende des Neuen Reiches, Diss. Tübingen 1981; zu archäologischen Befunden vgl. J. M. Weinstein, Foundation deposits in Ancient Egypt, PhD University of Pennsylvania, UMI 1977. Für die Königsgräber des Neuen Reiches siehe W. Helck, Begräbnis Pharaos, in: U. Luft (Hg.), The Intellectual Heritage of Egypt. Studies Presented to László Kákosy by Friends & Colleagues on the Occasion of his 60th Birthday (Studia Aegyptiaca 14), Budapest 1992, 267-276. Lieferungen von Steinen für den Bau des Ramesseums, des Gedächtnis-Tempels Ramses II. in Theben-West, behandelt K. A. Kitchen, Building the Ramesseum, Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Egyptologie de Lille 13 (= Mélanges Jacques Jean Clère) (1991), 85-93. Einen privaten Grabbau in Saqqara dokumentiert pKairo JdE 52002, s. P. PosenerKrièger, Construire une tombe à l’ouest de Mn-nfr, RdÉ 33 (1981) 47-58. P. Barguet, Le rituel archaïque de fondation des temples de Medinet Habu et de Louxor, RdE 9 (1952) 1-22. Vgl. S. L. Lippert, Einführung in die altägyptische Rechtsgeschichte (Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 5), Berlin 2008. Z. B. in der Vita des Pisenthius, Bischof von Koptos, der in einem Grab in der Nähe des

91

Matthias Müller

zählungen 8) über sie, sei es als auszumerzende Stätten der Verehrung paganer Götter wie z. B. in den Viten Moses’ von Abydos oder den Texten Schenutes von Atripe. 9) Der vorliegende Band nun enthält neue Übersetzungen zweier Bauinschriften: Der Beitrag von Carsten Peust präsentiert eine Neuübersetzung der Berliner Lederrolle, die eine Kopie einer Bauinschrift König Sesostris’ I. darstellt. Die Handschrift läßt sich aufgrund teilweise abgewaschener, älterer Texte in die Zeit nach dem fünften Regierungsjahr Amenophis’ II. datieren. Ob es sich bei diesem Text um die Kopie einer tatsächlichen Inschrift oder einen pseudepigraphischen Text handelt, ist derzeit Teil einer ägyptologischen Diskussion über die Datierung von mittelägyptisch geschriebenen, aber nur in Handschriften aus dem Neuen Reich belegten Texten. 10) Die große Bauinschrift des Edfu-Tempels wird von Daniel Arpagaus vorgelegt, eine der wichtigsten historischen Inschriften des ptolemäischen Ägyptens, nicht nur wegen ihrer beeindruckenden Länge von ca. 300 m, auf denen sie den Tempel umlaufend angebracht ist. Literatur: Di. Arnold, Lexikon ägyptischer Baukunst, Zürich 1994; ders., Die Tempel Ägyptens: Götterwohnungen, Kultstätten, Baudenkmäler, Zürich 1992; A. Dodson / S. Ikram, The Tomb in Ancient Egypt, Royal and Private Sepulchres from the Early Dynastic Periods to the Romans, London 2008; A. Endruweit, Städtischer Wohnbau in Ägypten. Klimagerechte Lehmarchitektur in Amarna, Berlin 1994; M. Lehner, The Complete Pyramids, London 1997; C. N. Reeves / T. Wilkinson, The Complete Valley of the Kings. Tombs and Treasures of Egypt’s Greatest Pharaohs, London 1996.

Nach Abschluß der Bauarbeiten wurde der Tempel geweiht; Inschriften mit dem Namen des Herrschers, für den das Gebäude erbaut wurde, finden sich an jedem Tempel. 11) Ebenfalls seit frühester Zeit belegt sind Objekte, die in einem Tempel geweiht wurden. 12) Naturgemäß sind nur die von den Mitgliedern der schreibkundigen Eliten mit einer Inschrift versehen.13)

Tempels von Medinet Habu zu beten pflegt, vgl. E. Amélineau, Un évêque de Keft au VIIe siècle (Mémoires de l’Institut Égyptien 2), 1889, 401-411. 8. Z. B. in einem Apophthegmatum über St. Makarius den Großen, vgl. T. Vivian, St Macarius the Spiritbearer. Coptic Texts Relating to Saint Macarius the Great, Popular Patristic Series, Crestwood / NY 2004, 60-61. 9. Vgl. dazu die Beiträge in J. Hahn / S. Emmel / U. Gotter, From Temple to Church. Destruction and Renewal of Local Cultic Topography in Late Antiquity, Religions in the Graeco-Roman World 163, Leiden / Boston 2008, bzw. M. Gaddis, »There is no crime for those who have Christ«, Religious Violence in the Christian Roman Empire (The transformation of the Classical Heritage 39), Berkeley 2005. 10. Vgl. dazu Ph. Derchain, »Les débuts de l’histoire«, RdÉ 43 (1992) 35-47. 11. S. Grallert, Bauen – Weihen – Stiften. Ägyptische Bau- und Restaurierungsinschriften von den Anfängen bis zur 30. Dynastie (ADAI.Ä 18), 2 Bde, Berlin 2001. Zwei Beispiele aus der 25. Dynastie finden sich in TUAT I/6, 585-588 übersetzt. 12. Vgl. für das 3. vorchristliche Jahrtausend R. Bussmann, Die Provinztempel Ägyptens von der 0. bis 11. Dynastie. Archäologie und Geschichte einer gesellschaftlichen Institution zwischen Residenz und Provinz, Teil I: Text (PÄ 30), Leiden / Boston 2010, 211-430. 13. Zu Votivstelen des späten 2. vorchristlichen Jahrtausends vgl. K. Exell, Soldiers, Sailors and Sandalmakers. A Social Reading of Ramesside Period Votive Stelae (Golden House Publications Egyptology 10), London 2009.

92

Texte aus Ägypten

Im vorliegenden Band wird eine repräsentative Auswahl demotischer Weihinschriften auf so unterschiedlichen Objekten wie Gefäßen, Stelen oder Kultobjekten durch G. Vittmann vorgelegt. 14)

14.

Auf den Einbezug hieroglyphischer und hieratischer Weihinschriften des 1. Jt. wurde verzichtet, da diese wohl in absehbarer Zeit innerhalb des Editionsprojektes von K. Jansen-Winkeln, Inschriften der Spätzeit, 5 Bde., Wiesbaden 2007 ff. vorgelegt werden.

93

Carsten Peust

1. Die Berliner Lederrolle

Carsten Peust Die folgende Erzählung wird in der Ägyptologie zusammen mit einer Reihe weiterer Texte, die von (scheinbar) historischen Ereignissen berichten und den König als Helden in den Mittelpunkt stellen, der Gattung der »Königsnovelle« zugeordnet. Sie berichtet von der Planung und dem Baubeginn eines Tempels für den Sonnengott Harachte bzw. Atum in der nahe dem heutigen Kairo gelegenen Stadt Heliopolis im 3. Regierungsjahr Sesostris’ I. (12. Dynastie; ca. 1920 v. Chr.). Dieser konkrete Tempel ist heute archäologisch nicht mehr nachweisbar, doch bezeugen einzelne auf Sesostris datierte Denkmäler aus Heliopolis Bauaktivitäten des Herrschers in dieser Stadt. Das einzige Manuskript ist eine im 19. Jahrhundert in Theben erworbene und heute in den Berliner Museen befindliche, in hieratischer Schrift beschriebene Lederrolle (Berlin P. 3029), die die für literarische Handschriften des Neuen Reiches typischen sogenannten »Verspunkte« aufweist. Der Text ist insgesamt gut erhalten, bricht aber am Schluß unvermittelt ab, was durch eine unvollständige Vorlage verursacht sein könnte. Die Lederrolle ist ein Palimpsest und enthält auf der Vorder- und Rückseite, anscheinend von derselben Schreiberhand wie unsere Erzählung, Reste von Rechts- bzw. Wirtschaftsurkunden aus der Zeit Amenophis’ II. (18. Dynastie; ca. 1420 v. Chr.), wodurch das Datum des Manuskripts fixiert ist. 15) Man hat den Text meist für eine aus dieser Zeit stammende Abschrift einer wirklich auf Sesostris zurückgehenden Bauurkunde gehalten, womit er als eine historische Quelle zu gelten hätte. 16) Infolgedessen hat der Text auch eine Rolle in der Diskussion über die historische Frage gespielt, ob Sesostris I. in seinen ersten Regierungsjahren eine Koregentschaft mit seinem (im Text mit keinem Wort erwähnten) Vater Amenemhet I. führte oder nicht. 17) Man kann in ihm jedoch auch einen literarischen oder fiktionalen Text sehen, der erst in der 18. Dynastie entstanden wäre.18) Während die orthographische Oberfläche der Handschrift zweifellos dem Usus der 18. Dynastie folgt, lassen die lexikalischen und grammatischen Ebenen des Textes beim heutigen Kenntnisstand nicht ganz leicht eine Entscheidung über die Datierung zu, da die Schriftsprache der frühen 18. Dynastie sich noch weitgehend an den Normen der Literatursprache des Mittleren Reiches orientierte. Zum Zweck der Textgliederung verwendet der Schreiber am Beginn von Abschnitten rote statt der normalen schwarzen Tusche (in der folgenden Übersetzung durch 15. 16. 17. 18.

94

Zu diesen Urkunden siehe A. Spalinger, »Drama in History: Exemplars from Mid Dynasty XVIII« (SAK 24), 1997, 269-300, speziell 282 f. mit Anm. 45. Matthias Müller bereitet eine Neubearbeitung derselben vor. Ein jüngerer Vertreter dieser Ansicht ist A. Piccato, »The Berlin Leather Roll and the Egyptian Sense of History« (Lingua Aegyptia 5), 1997, 137-159. K. Jansen-Winkeln, »Zu den Koregenzen der 12. Dynastie« (SAK 24), 1997, 115-135, speziell 127 f. So Ph. Derchain, »Les débuts de l’histoire«, RdÉ 43 (1992) 35-47, der den Text als das weltweit erste Beispiel von Geschichtsschreibung ansehen will.

Texte aus Ägypten

Kapitälchen wiedergegeben). Da die Farbe Rot aber auch negative Assoziationen hatte, stehen die Begriffe »König« und »Horus« innerhalb der Rubra in schwarzer Farbe. Literatur: A. de Buck, »The Building Inscription of the Berlin Leather Roll« (Studia Aegyptiaca I), Roma 1938, 48-57 (grundlegende Textausgabe); B. Hofmann, Die Königsnovelle. Strukturanalyse am Einzelwerk (ÄAT 62), Wiesbaden 2004, speziell 58-73 (jüngste Übersetzung); J. Osing, »Zu zwei literarischen Werken des Mittleren Reiches«, in J. Osing / E. K. Nielsen (Hg.), The Heritage of Ancient Egypt. Studies in Honour of Erik Iversen, Copenhagen 1992, 101-119 (speziell 109 ff.) (einschlägige Übersetzung); L. Stern, »Urkunde über den Bau des Sonnentempels zu On«, ZÄS 12 (1874) 85-96 (Erstpublikation). (I,1) Jahr

3, Monat 3 der Achet-Jahreszeit, Tag 8 unter der Majestät des Königs Cheperkarê, dem Sohn-des-Re Sesostris, dem gerechtfertigten 19) und in Ewigkeit und Unendlichkeit lebenden. Der König erschien mit der Doppelkrone, es fand eine Sitzung im Versammlungssaal statt, eine Beratung mit seinen Gefolgsleuten, (bestehend aus) den Höflingen des Palastes und den Fürsten im Privatkabinett. Beschlüsse wurden gefaßt, indem sie sie hörten, eine Beratung fand statt, um sie einzuweihen: »Sehen Sie, Meine Majestät beschließt hiermit Arbeiten, an die man sich als ein Beispiel von Nützlichem für die Zukunft erinnern wird. (I,5) Ich will für Harachte 20) ein Denkmal errichten und dauerhafte Dekrete erlassen. Er hat mich geboren, weil getan werden sollte, was für ihn zu tun ist, und um zu verwirklichen, was er zu tun befohlen hat. 21) Er hat mich zum Hirten dieses Landes eingesetzt, weil er wußte, wer es für ihn in Ordnung hält. Er hat mir verliehen, was er behütet und was das Auge bescheint, das an ihm ist. 22) Ich bin damit ausgestattet(?), was er zu wissen bestimmt hat, er, der alles nach seinem Willen tut. Ich bin ein König vom Wesen her, ein Herrscher, der nicht dazu gemacht werden mußte. Ich habe schon als Küken erobert, ich war schon im Ei hochangesehen, ich war schon als Prinz ein Oberhaupt. Er machte mich reicher als jemanden, der zwei Anteile besitzt (I,10) , schon als Kleinkind, bevor mir die Vorhaut gelöst wurde. Er bestimmte mich zum Herrn der Untertanen und erschuf [mich] an der Spitze des Volkes. Er formte mich zum Palastbewohner schon als Embryo, bevor ich aus den Schenkeln hervorgekommen war. [Mein N]ame ist lang und breit (= wohlbekannt). Schon als ich jung war, war ich ein geborener Eroberer. Mir wurde das Land gegeben, und ich bin sein Herr. Ich habe eine Macht erreicht, die himmelhoch ist. Es ist wahrhaft(?) vortrefflich, für den etwas zu tun, der einem etwas getan hat, den Gott mit dem zufriedenzustellen, was er gegeben hat, es ist angemessen(?) dem Sohn-Beistand-seines-Vaters. Er hat mir bestimmt in Besitz zu nehmen, was er schon in Besitz genommen hat. Ich bin (jetzt) als Horus gekommen und habe das Mannesalter erreicht. Ich werde die Opferspeisen (I,15) der Götter festsetzen und Arbeiten an einem »Großen Haus« meines Vaters Atum ausführen. Ich 23) will veranlassen, daß er reich wird, so wie er ver19. 20. 21. 22. 23.

Dieses Attribut folgt auf den Namen verstorbener Personen. Man kann es hier auf das Konto des späteren Abschreibers setzen oder aber als Indiz für einen Abfassungszeitpunkt des Textes nach Sesostris’ Tod nehmen. Eine Bezeichnung des Sonnengottes. Mehrfache Wiederholung des Wortes jrj »tun« als Wortspiel. Die Sonne. Im Text »er«, wohl fehlerhaft.

95

Carsten Peust

anlaßt hat, daß ich erobere. Ich will seine Altäre auf Erden versorgen. Und ich will ein Haus von mir in seiner Nähe erbauen, so daß man in seinem Haus an meine Vorzüglichkeit denken wird. Der Garten(?) wird mein Name sein und der See mein Denkmal. Nützliches zu tun ist etwas für die Ewigkeit. Ein König, der (= dessen Name) von seinem Besitz abgelesen wird, ist unsterblich. Die Besucher mögen nicht mehr wissen, was er beabsichtigt hat, aber sein Name, der darauf steht, wird dennoch genannt. Der Besitz der Ewigkeit kann nicht vergehen. Nur wenn man etwas tut, kann es existieren, und nur wenn man etwas anstrebt, (I,20) kann es gut werden. Dies ist die richtige Nahrung für den Namen, und dies bedeutet Aufmerksamkeit auf die ewigen Dinge.« (II,1) Daraufhin sprachen jene Hflinge des Königs und antworteten vor ihrem Gott: »Ihre Rede ist göttlicher Befehl, und hinter Ihnen steht göttliche Einsicht! Oh Herrscher, Ihr Plan ist, was geschieht. Sie werden als König erscheinen bei der Vereinigung der Beiden Länder, um in Ihrem Tempel [den Strick] zu spannen. 24) Es ist wertvoll, wenn man auf das Morgen so schaut wie auf das, was schon zu Lebzeiten nützt. Alle zusammen sind unvollständig, wenn der Herr fehlt. Ihre Majestät ist ja jedermanns Augenlicht. 25) Es ist sehr angemessen, daß Sie Ihr Denkmal (II,5) in Heliopolis bauen, dem Sanktuar der Götter, bei Ihrem Vater, dem Herrn des »Großen Hauses«, Atum, dem Stier der Götterneunheit. Lassen Sie Ihren Tempel errichten, der für alle Ewigkeit dem Altar Opfer darbringen und dem Götterbild, das in seinem Innersten ist, sowie Ihren Statuen Abgaben leisten wird!« Der König sprach persnlich zum königlichen Siegler, ersten Höfling, Vorsteher des Goldhauses und der beiden Silberhäuser und Geheimnisträger der beiden Uräusschlangen: »Ihr Plan soll es sein, der dafür sorgt, daß [alle] Arbeiten gemacht werden, deren Durchführung meine Majestät wünscht. Sie sind der Oberverwalter darüber, der tun kann, wie er beliebt. (II,10) Aufsehenerregende Kunst gelingt dem, der frei von Trägheit ist. Alle Werke gehören dem, der aufmerksam ist. Nur der Tatkräftige kann Vorzügliches vollbringen. Ihre Stunde und Arbeitszeit ist frei, so wie Sie es benötigen für die Aufträge, damit [für ih]n die Stätte geschaffen wird, deren Entstehung gewünscht ist. Geben Sie den Tätigen Befehle, um entsprechend Ihrem Auftrag zu handeln!« Der König erschien mit dem Diadem und der Doppelfederkrone, alle Untertanen waren in seinem Gefolge. Der oberste Vorlesepriester und Schreiber des Gottesbuches spannte den (II,15) Strick, das Seil wurde gelockert, auf den Boden gelegt und zu diesem Tempel gemacht. 26) (Die letzten Sätze sind schwer verständlich, scheinen unvollständig zu sein und waren möglicherweise in der Vorlage nicht klar lesbar.)

24. 25. 26.

96

Das Spannen des Strickes ist ein Ritual bei der Tempelgründung. Der König hat auch Eigenschaften des Sonnengottes. Mit dem Seil wurde der Grundriß des Tempels abgesteckt.

Texte aus Ägypten

2. Die große Bauinschrift von Edfu (Edfu VII, 3-20)

Daniel Arpagaus Die große Bauinschrift des Tempels von Edfu 27) ist eine der am häufigsten diskutierten Inschriften dieses Tempels und darf aufgrund ihres historischen Gehalts außerdem als eine der wertvollsten Quellen aus der Epoche der Ptolemäerherrschaft bezeichnet werden. Ihr erster ägyptologischer Bearbeiter war Johannes Dümichen, der die Inschrift bereits 1869 kopiert hat, als er anläßlich einer Ägyptenreise im Gefolge des preußischen Kronprinzen und nachmaligen Kaisers Friedrich III. den Tempel besucht hat. 28) Da Dümichen tagsüber durch andere Verpflichtungen beansprucht war, blieb ihm nur nachts die Zeit, im Schein einer Laterne die Inschriften aufzunehmen.29) Der Anbringungsort der Bauinschrift am Tempel ist prominent gewählt: Der Text läuft als Inschriftenband in etwa auf Augenhöhe auf der Außenseite der Umfassungsmauer um den ganzen Tempel herum – ein Arrangement »nicht unpassend zu vergleichen der abschließenden Borte unserer heutigen Zimmertapeten«.30) In der Addition von Ost-, Nord- und Westseite ergibt dies für die große Bauinschrift von Edfu einen Text von gegen 300 m Länge. Die Inschrift läßt eine durchdachte Konzeption und sorgfältige Komposition erkennen. Eingemeißelt wurde sie »in großen Hieroglyphen von nicht ungefälliger Form« 31) und die Graphien der Worte sind öfters beson-

27.

28. 29.

30.

31.

Im Grunde finden sich zwei längere Bauinschriften, die erste zieht sich auf der Außenseite des Naos um das eigentliche Tempelhaus (Edfu IV, 1-16; vgl. C. de Wit, Inscriptions dédicatoires du temple d’Edfou [1re partie], CdÉ 36 [1961] 56-97), die hier behandelte, spätere und ausführlichere Fassung findet sich auf der Außenseite der Umfassungsmauer. Die Bauinschriften dokumentieren so gegen außen hin die Komplettierung neuralgischer Phasen des Tempelbaus, einmal die Vollendung des Naos als sakralem Kern des Tempels, dann mit der Errichtung der Umfassungsmauer die (ideelle) Fertigstellung des Tempels als Ganzes, vgl. S. Cauville, La théologie d’Osiris à Edfou (BdE 91), Kairo 1983, 1. J. Dümichen, Bauurkunde der Tempelanlagen von Edfu, ZÄS 8 (1870) 1-13. Vgl. J. Dümichen, ZÄS 8 (1870) 1: »Es war dazu nur Nachts bei Laternenschein Zeit; daher ich einzelner Ungenauigkeiten wegen, die sich später vielleicht herausstellen könnten, wohl auf Nachsicht rechnen darf.« Nach den vom Kronprinzen selber verfaßten Reisenotizen erreichte man Edfu am 26. November und setzte die Reise bereits am Nachmittag des folgenden Tages in Richtung Assuan fort; vgl. Kaiser Friedrich III., Tagebuch von seiner Reise nach dem Morgenlande 1869, Leipzig 1902, 65 f. Für Dümichen blieb demzufolge nur die eine Nacht vom 26. auf den 27. Nov. für das Kopieren der langen Inschrift! An die »Nachtaktivität« Dümichens auf dieser Reise erinnerte sich auch sein Weggefährte Georg Ebers in einem Nachruf; vgl. G. Ebers, Aegyptische Studien und Verwandtes. Zu seinem Andenken gesammelt, Stuttgart / Leipzig 1900, 480. J. Dümichen, Die Säle und Zimmer im Tempel von Dendera, ZÄS 7 (1869) 101: »Unter diesen Inschriften mannigfachsten Inhalts kann man als eigene Klasse diejenigen betrachten, welche, gewissermaßen den bildlichen Schmuck der Wände einfassend, gewöhnlich an dem oberen und unteren Rande sich hinziehen, nicht unpassend zu vergleichen der abschließenden Borte unserer heutigen Zimmertapeten, und die, was ihren Inhalt betrifft, sich vielleicht am besten mit dem Namen »Bauinschriften« bezeichnen lassen.« Dümichen, ZÄS 8 (1870) 1.

97

Daniel Arpagaus

ders ausgesucht, so daß durch die Bildhaftigkeit der Hieroglyphen der Inhalt des Textes »supplementiert« wird. 32) Inhaltlich läßt sich eine eindeutige thematische Gliederung erkennen: die Westwand gibt einen detaillierten chronologischen Überblick über die Baugeschichte des Tempels, auf der Ostwand hingegen wird eine genaue Beschreibung der einzelnen Räume des Tempels und von deren Maßen und Funktion gegeben. Hieroglyphische Textpublikation: É. Chassinat, Le temple d’Edfou VII, Kairo 1932, 1-20 (die hochgestellte und in Klammer gesetzte Nummerierung in folgender Übersetzung orientiert sich an der Seiten- und Zeilenzählung von Chassinats Edition) – Übersetzungen: C. de Wit, Inscriptions dédicatoires du temple d’Edfou (2e partie), CdÉ 36 (1961) 277-320 (Hieroglyphentext, Transliteration, franz. Übersetzung); D. Kurth, Edfou VII (Die Inschriften des Tempels von Edfu. Abteilung I: Übersetzungen; Bd. 2), Wiesbaden 2004, 1-30 (Transliteration, dt. Übersetzung und umfangreiche Kommentare – im Folgenden abgekürzt zitiert als: D. Kurth, Edfou VII); ders., Treffpunkt der Götter – Inschriften aus dem Tempel des Horus von Edfu, Zürich / München 1994, 66-80 (dt. Übersetzung); ders., Edfu: Ein ägyptischer Tempel, gesehen mit den Augen der Alten Ägypter, Darmstadt 1994, 33-61 (dt. Übersetzung, ill.) – Weitere Bearbeitungen und Literatur: S. Cauville / D. Devauchelle, Le temple d’Edfou: Étappes de la construction et nouvelles données historiques, RdÉ 35 (1984) 31-55 (zur Baugeschichte des Tempels, wie sie durch die Bauinschriften zu erschließen ist); S. Cauville / D. Devauchelle, Les mesures réelles du temple d’Edfou, BIFAO 84 (1984) 23-34 (zu den im Text genannten Abmessungen des Tempels und seiner Räume im Vergleich zu den in Realität gemessenen Dimensionen); J. F. Quack, Die Theologisierung der bürokratischen Norm: Zur Baubeschreibung in Edfu im Vergleich zum Buch vom Tempel, in: R. Preys (Hg.), 7. Ägyptologische Tempeltagung: Structuring Religion, Wiesbaden 2009, 221-229 (zu parallelen Formulierungen in der Baubeschreibung und im Buch vom Tempel, die nahe legen, daß Erstere von Letzterem abhängig ist).

2.1 Nordwand, Osthälfte: Inthronisierung und Inbesitznahme des Tempels

Auf der schmaleren Nordseite der Umfassungsmauer findet sich eine Art Einleitung zu den »eigentlichen« Bauinschriften, also der Beschreibung der Bauetappen auf der Westwand und der Tempelbeschreibung auf der Ostwand. Diese Einleitung besteht aus zwei kürzeren Einführungstexten, die mittig von einem beiden Texten gemein32.

98

Zu dieser Qualität der ptolemäischen Bauinschriften vermerkt S. Cauville, Les inscriptions dédicatoires du temple d’Hathor à Dendera, BIFAO 90 (1990) 109: »La graphie des inscriptions des bandeaux est un modèle; les horizontales inférieures sont parfaites et l’espace harmonieusement rempli, les hiéroglyphes sont soignés, travaillés dans le détail. L’ensemble est équilibré sans être maniéré. Évidente apparaît ainsi la fonction décorative de ces bandeaux qui paraissent destinés à une compréhension visuelle plus qu’à une lecture intellectuelle.« Vgl. auch noch H. Altenmüller, Einführung in die Hieroglyphenschrift, Hamburg 2005, 69. Die Konsequenz ist, daß in einer reinen Übersetzung die über die Schriftbildlichkeit transportierte »Sinnsupplementarität« wegfällt. Übersetzungen »bewegen sich zwangsläufig an der Oberfläche und können eine zweite Textebene, die für den Ägypter die vielleicht wichtigere gewesen sein dürfte, gar nicht erreichen.« (C. Leitz, Quellentexte zur ägyptischen Religion 1: Die Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit [Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie; Bd. 2], Münster 2004, 16). Versuchshalber sei deshalb, da wo es nötig erschienen ist, die graphische Dimension zu zeigen, die hieroglyphische Schreibung in den Fußnoten erläutert.

Texte aus Ägypten

samen Anch-Zeichen ausgehen. Da hier Ptolemaios X. genannt wird, ist klar, daß unter diesem König die Umfassungsmauer fertig gestellt und die lange Bauinschrift angebracht wurde. 33) Von den beiden sehr ähnlichen Texten der Nordwand sei hier derjenige auf der Osthälfte der Wand angeführt. Inhaltlich geht es dabei – neben der initial gesetzten Erwähnung des Bauherrn, Ptolemaios X. Alexander I. – vor allem um ätiologische Wortspiele, 34) mit denen einige der gebräuchlichen Kultnamen des Tempels erläutert werden. Die Inbesitznahme des Tempels durch Horus von Edfu wird zudem symbolisch gleichgesetzt mit der Inthronisierung des Königs (als dem irdischen Horus). (Edfu VII, 10,2) Es

lebe der Goldhorus 35): ›der Stolze‹, 36) geliebt von den Göttern Ägyptens, der Souverän und Herrscher der Beiden Uräen als er Ägypten in Frieden betrat wobei seine Trup(10,3) pen in Jubel waren und die Götter und Göttinnen als sein Schutz agierten. 37) Es sind ihm außerordentlich viele Sed-Feste gegeben von Seiten von Ptah-Tatenen, dem Vater der Götter, (10,4) und es ist ihm das Königtum des Re-Atum gegeben und (zudem) Stärke-und-Sieghaftigkeit 38) von Amun, dem Herrn der Maat, (ihm, der) 33.

34.

35.

36.

37.

38.

Das Ende der Bauinschrift auf der Westwand weiß jedoch bereits von der Absetzung Ptolemaios’ X. zu berichten, der aus dem Land gejagt wurde und von seinem Bruder Ptolemaios IX. abgelöst wurde – dies geschah 88 v. Chr., zu diesem Zeitpunkt könnte also die Beschriftung erfolgt sein; vgl. hierzu A. Egberts, A Note on »A Note on the Building Inscription of the Temple of Edfu«, RdÉ 46 (1995) 208 f. und unten Anm. zu 9,8. Zur »Namensformel«, resp. dem namensätiologischen Wortspiel vgl. J. Assmann, Ägypten: Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur, Stuttgart u. a. 2 1991, 102 ff.; A. Loprieno, La pensée et l’écriture: pour une analyse sémiotique de la culture égyptienne, Paris 2001, 129 ff.; bes. 142-144. Der Goldhorus-Name ist Bestandteil der fünfteiligen Königstitulatur ägyptischer Pharaonen und wird in der ptolemäischen Zeit als Symbol des Sieges von Horus über seinen Widersacher Seth (re-)interpretiert; vgl. J. v. Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen (MÄS 49), Mainz am Rhein 1999, 17 f. Auch hier werden beim Goldhorus-Namen von Ptolemaios X. die rechtmäßige Herrschaft, die Verfügungsgewalt über die Armee, sowie Sieghaftigkeit und Stärke betont. Bei diesen Formulierungen könnten durchaus die schwierigen Zeitumstände unter den letzten Ptolemäern hineinspielen, in denen der Rückhalt des Königs bei Armee und Bevölkerung durchaus nicht immer gegeben war; vgl. M. M. Eldamaty, Der Goldfalke als Opfergabe in den griechisch-römischen Tempeln, GM 161 (1997) 51 f.; 63 f. Wörtl. ›derjenige von großem Herz‹ ist hier als positives Attribut zu werten und dürfte in etwa ›der Willensstarke‹ (vgl. D. Kurth, Edfou VIII, Wiesbaden 1998, 108) oder ›der Stolze‹ ausdrücken (vgl. K. Lembke / G. Vittmann, Die Standfigur des Horos, Sohn des Thotoes [Berlin, Ägyptisches Museum SMPK 2271], MDAIK 55 [1999] 311 Anm. n). Hier wird offenkundig versucht, die Legitimität der Herrschaft von Ptolemaios X. Alexander I. zu betonen (D. Kurth, Edfou VII, 12 Anm. 8). Ptolemaios X. war zuerst »nur« König von Zypern, während sein älterer Bruder Ptolemaios IX. den Thron über Ägypten innehatte. Im Jahr 107 v. Chr. wurde der Bruder aber vertrieben und Ptolemaios X. regierte erst unter der Ägide seiner Mutter, Kleopatra III., und nach deren Ermordung durch ihn selber, ab 101 v. Chr. schließlich als Alleinherrscher; vgl. etwa M. Minas, Die hieroglyphischen Ahnenreihen der ptolemäischen Könige: ein Vergleich mit den Titeln der eponymen Priester in den demotischen und griechischen Papyri (AegTrev 9), Mainz am Rhein 2000, 191 f. Für F. Herklotz, Prinzeps und Pharao: Der Kult des Augustus in Ägypten (Oikumene 4), Frankfurt am Main 2007, 258 wird hier eine »Freiheitsideologie« formuliert, nach der Ptolemaios X. als Befreier auftrat, der die leidende Bevölkerung vom Joch seines Bruders rettete – ein Verhältnis, das sich später nochmals umkehren sollte, vgl. unten Anm. zu 9,8. Die beiden Begriffe wurden oft wie ein Kompositum behandelt und in griechischer Übersetzung etwa mit nfflkh kr€to@, ›Sieg und Macht‹ wiedergegeben (vgl. Wb V, 46).

99

Daniel Arpagaus

die Maat verwirklicht und die Gesetze festlegt (wie) der zweimalgroße Thot, der Sohn des Re (Ptolemaios X. (10,5) Alexander I.) und seine Schwestergemahlin, die Herrscherin und Herrin der Beiden Länder ([Kleopatra] Berenike III.)|, die beiden mutterliebenden Götter, 39) geliebt von Horus Behdeti, 40) (10,6) dem großen Gott, dem Herrn des Himmels, dem Falken-der-Goldenen, dem Herrn des Thronsitzes (Edfu). Es erhob Isis ihren Sohn Horus auf den Thronsitz (Edfu) und (somit) entstand Thronsitz-des-Horus (Edfu) als sein richtiger Name. 41) Man sagt (außerdem) Djebat als Namen dieses Gaues (= Gau von Edfu), (10,7) weil Horus darin den Be (= Seth) bestraft hat. 42) Thron-des-Horus sagt man auch noch als sein Name, weil er es sich darin auf dem Thron bequem gemacht hat, und (ferner noch) Herrscherhaus des Herrschers, 43) der (10,8) an der Spitze Derjenigen-mit-mächtiger-Brust 44) ist, der Große-Ort des Größten-der-Götter, das Mesen des Herrn-von-Mesen, welches sich in Oberägypten befindet und das wie sein Mesen in Tjaru 45) (10,9) in Unterägypten ist, (desweiteren noch) Ort-des-Erstechens von Demjenigen-der-die-Krummherzigen-ersticht (= Horus von Ed39. 40.

41.

42.

43.

44. 45.

100

Eine Eins-zu-eins-Wiedergabe des griechischen Epithetons qeoffl Filomffitore@ ›die mutterliebenden Götter‹. Behdeti bezeichnet Horus in seiner spezifischen Erscheinungsform in Edfu (Behdeti = ›dervon-Behedet‹). Behedet war nun einerseits eine Bezeichnung für den Tempel von Edfu selber, weiterhin auch die Benennung von Raum M (= Abb. 1, Raum 10) innerhalb des Tempels, andererseits aber insbesondere die Bezeichnung des heiligen Bezirks von Edfu, der als Nekropole der Urgötter galt; vgl. D. Kurth, Zur Lage von Behedet, dem heiligen Bezirk von Edfu, GM 142 (1994) 93-100 und A. Effland / J.-P. Graeff, Nochmals zur Lage von Behedet, in: Die Inschriften des Tempels von Edfu (Begleitheft 6). Die nun folgenden Namensätiologien für verschiedene Kultnamen von Edfu (als Stadt und Tempel gleichermaßen) beruhen auf Wortspielen, die den Namensursprung auf mythische Begebenheiten zurückführen. Eine Übersicht über diese vielfältigen Kultnamen findet sich etwa bei D. Kurth, Die Dekoration der Säulen im Pronaos von Edfu (GOF IV.11), Wiesbaden 1983, 248-269. Bei der ätiologischen Erklärung des Gaunamens spielt neben der Phonetik auch die graphe, ›Djebat‹ vs. , ›Horus bestraft den Be‹, wobei der mische Dimension eine Rolle: Götterfeind Be (Seth) als Esel dargestellt ist, auf dessen Rücken triumphierend der Horusfalke steht. Andere ätiologische Überlegungen zum Namen Djeba(t) für »Edfu« führen die Entstehung auf im Nil schwimmendes Schilf (Djeba) zurück, das dem herbeifliegenden Horusfalken nach der Weltentstehung einen Landeplatz bot; vgl. D. Kurth, Über den Ursprung des Tempels von Edfu, in: U. Verhoeven / E. Graefe (Hg.), Religion und Philosophie im Alten Ägypten, FS Ph. Derchain (OLA 39), Leuven 1991, 197-199. Hier ist ›Herrscher‹ mit dem Determinativ des falkenköpfigen Gottes geschrieben, während symmetrisch gespiegelt auf der Westhälfte der Nordwand im gleichen Wort ein löwenköpfiger Gott das Determinativ bildet (vgl. Edfu VII, 2, 1) – die beiden Texte nehmen über eine räumliche Trennung von einigen Metern aufeinander Bezug; vgl. hierzu F. Labrique, Stylistique et théologie à Edfou. Le rituel de l’offrande de la campagne: étude de la composition (OLA 51), Leuven 1992, 7 und 21 Anm. 92. Zu diesen Gottheiten vgl. D. Kurth, Edfou VII, 13 Anm. 3: In erster Linie werden damit kriegerische Entitäten bezeichnet (vgl. etwa Edfu IV, 240, 4), aber auch Nekropolengötter (vgl. Edfu VII, 119, 6). Tjaru im 14. unterägyptischen Gau war eine Grenzbastion an der äußersten Nordostgrenze Ägyptens, aller Wahrscheinlichkeit nach identisch mit dem heutigen Tell Hebua; vgl. J. K. Hoffmeier / R. D. Bull, New Inscriptions mentioning Tjaru from Tell el-Borg, North Sinai, RdÉ 56 (2005) 79-94, bes. 82 mit Fig. 1 und M. Dijkstra, A Chief of the Bowmen, Overseer of the Foreign Lands at Serabit el-Khadim (Sinai 300+297) and the ›Dwelling of Sesu‹ (Tell el-Borg), Ä&L 19 (2009) 121-125, bes. 124. Zwischen Edfu und Tjaru existierten enge theologische Verbindungen, so daß Tjaru als so etwas wie die »Schwesterstadt« von Edfu galt; vgl.

Texte aus Ägypten

fu), und Tempel-der-Stärke des Harsiese, 46) Großes-Sanktuar des Kindes von schneller (10,10) Geburt, 47) das Sanktuar des Falken, des Herrn der Falkengötter, 48) das Falkenhaus des Großen-Falken, 49) der mit behenden Flügeln, wenn er die Stadtbewohner in seiner Stadt (Edfu) beschützt. 50) Welcher Gau wäre (10,11) seinem Gau ebenbürtig, (dem Gau von) Diesem, dem Falken, dem Herrn der Tempel? Die Schutzgötter halten Wache rund um ihr Heiligtum und sein Bild ist [reliefiert] in (10,12) diese Mauer als Schutz rund um ihren Herren. 51) Er kann Millionen attackieren, ohne daß man (aber) ihn attackieren könnte. Dieser prachtvolle Ort ist auf das Vortrefflichste konstruiert, (11,1) er ähnelt dem Himmel mit der Sonnenscheibe darin. Horus Behdeti, der große Gott, der Herr des Himmels, er erstrahlt am Himmelszelt um seinen Tempel zu sehen. Er schützt seinen geliebten Sohn, den Sohn des Re (Ptolema(11,2) ios X. Alexander I.)| wegen dieses seines Denkmals indem er als Falke dauerhaft auf der Palastfassade ist, 52) an der Spitze der Kas der Lebenden, ewiglich.

46.

47. 48. 49.

50.

51.

52.

etwa S. Cauville, Essai sur la théologie du temple d’Horus à Edfou I (BdÉ 102), Kairo 1987, 225 ff. Vgl. hierzu D. Kurth, Edfou VII, 13 Anm. 5: Bei dieser Namensätiologie ist für einmal nicht der Faktor des Wortspiels entscheidend, sondern die Rolle des Harsiese (›Horus, Sohn der Isis‹), der in Edfu als Gott der Stärke schlechthin auftritt (dazu D. Kurth, Dekoration der Säulen, 1983, 287: »Harsieses Name steht gewissermaßen für den Begriff des Kämpferischen«). Besonders in den Szenen die den Sieg des Horus über Seth und Horus’ rechtmäßige Herrschaft thematisieren, tritt Harsiese als Kampfgefährte des Horus mit paralleler Ikonographie und Motivik auf; vgl. etwa É. Chassinat, Edfou XIII, Kairo 1934, Taf. 525. Hier wird in Alliterationen um den Laut /h/ auf die schnelle und komplikationsfreie Geburt ˘ des Sonnenkindes am Morgen (also bei Sonnenaufgang) verwiesen. In diesem Falle sind die Alliterationen um /dr/ im Anlaut gebildet. ¯ Die Schreibweise läßt hier wohl bewußt zweierlei Lesarten zu, entweder ›das Gotteshaus des großen Gottes‹, oder ›das Falkenhaus des Großen-Falken‹. Letztere Lesart mag auf den (lebendigen) heiligen Falken von Edfu abzielen, der als Emanation des Gottes in einem eigenen Kultgebäude gehalten wurde. Dieses als »Maru« bezeichnete Gebäude ist in Edfu noch nicht lokalisiert worden, lag aber vermutlich entweder vor dem Pylon des eigentlichen Tempels oder zur Seite des Tempelhauses; vgl. D. Kessler, Die heiligen Tiere und der König I (ÄAT 16), Wiesbaden 1989, 45 und J. F. Quack, Die Rolle des heiligen Tieres im Buch vom Tempel, in: M. Fitzentreiter (Hg.), Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich (IBAES IV), London 2005, 118 f. D. Kurth, Edfou VII, 13 Anm. 7 vermutet, daß hier dem Verfasser des Textes das hieroglyphische Ikon des Falken, dessen Schwingen ausgebreitet sind, vor Augen gestanden hat: . Diefür mkj, ›schützen, behüses Hieroglyphenbild würde hier die sehr geläufige Schreibung ten‹ evozieren, welche das Geierweibchen mit schützend ausgebreiteten Flügeln zeigt. Vgl. D. Kurth, Edfou VII, 14 Anm. 1: Hier wird Bezug genommen auf die im obersten Fries der Umfassungsmauer auf der Außenseite des Tempels dargestellten Falken mit ausgebreiteten Schwingen ( ), die also den Tempel schützen sollten. Auf der Innenseite der Umfassungsmauer finden sich dann in fast gleicher Ikonographie ein Dämon der statt des Falkenkopfes ein Stierhaupt hat ( ). Sein Name ›Der-mit-großem-Kriegsschrei‹ verheißt nichts Gutes für den, der sich von den Falken auf der Außenseite nicht hat abschrecken lassen und die Umfassungsmauer trotzdem zu überwinden wagte; vgl. D. Kurth, Weltordnung in Stein – die späten Tempel, in: R. Schulz / M. Seidel (Hg.), Ägypten: Die Welt der Pharaonen, Köln 1997, 307 Abb. 34. Jeder König galt als Inkarnation des Horus, die Schreibung des Königsnamens (des sog. Horusnamens) in eine schematisierte Palastfassade, die von einem Horusfalken bekrönt wird, ist bereits für die Könige der 1. Dynastie zu belegen; vgl. Th. von der Way, Untersuchungen zur Spätvor- und Frühgeschichte Unterägyptens (SAGA 8), Heidelberg 1993, 99 ff.; 117 f.

101

Daniel Arpagaus

2.2 Westwand: Die Chronologie der Bauetappen

Der Text setzt ein mit dem »Landeanflug« des Horus von Edfu, der vom Himmel niederschwebt und seinen Tempel in Besitz nimmt. Mit Wohlgefallen betrachtet er, was Ptolemaios X. und dessen Vorgänger für ihn erbaut haben – insbesondere die neu hinzugekommene Umfassungsmauer, auf deren Außenseite diese Bauinschrift eingraviert wurde. Ebenso »überflugsmäßig« wird darauf eine skizzenhafte Beschreibung des Tempels gegeben, die aber nicht mit der eigentlichen Baubeschreibung konkurriert, welche dann auf der Ostwand erfolgt. Thematisch im Zentrum der Inschrift auf der Westwand steht klar die »Spezifikation« (sˇsr) der Daten, wann und unter welchen Herrschern die einzelnen Bauschritte erfolgt sind. Dieser Abriß der Baugeschichte, 53) angefangen mit dem taggenauen Datum der Tempelgründungszeremonie, ist gerade auch für den Historiker von besonderem Interesse. Trotz, oder gerade wegen, der präzisen Angaben haben die einzelnen Daten bereits zu vielen Betrachtungen und Spekulationen Anlaß gegeben. Die genaue Spezifikation des Tempelgründungstages ist etwa deshalb bedeutsam, da bei der Festlegung der Tempelachse mit dem Einbezug astronomischer Faktoren zu rechnen ist. 54) Gegenstand von Diskussionen ist auch, ob der König, so wie das der Text behauptet, tatsächlich persönlich bei den Gründungsriten anwesend war. 55) Für die Gründung sowohl des Naos als auch des Pronaos hat man Senut-Festtage, also den 6. Tag des Mondmonats, ausgewählt, der für die ptolemäischen Tempel präferierte Tag für Gründungen. Aufgrund der genauen Datierungen kann rechnerisch bestätigt werden, daß diese Gründungstage tatsächlich Senut-Festtage waren.56) Sehr interessant ist des Weiteren die Anmerkung, wonach der Naos, also der eigentliche Kernbau des Tempels, nach genau 25 Jahren (im Rohbau) fertig gestellt gewesen 53. 54.

55.

56.

102

Zu dieser Baugeschichte vgl. S. Cauville / D. Devauchelle, RdÉ 35 (1984) 31-55; A. Egberts, A Note on the Building Inscription of the Temple of Edfu, RdÉ 38 (1987) 55-61; ders., A Note on »A Note on the Building Inscription of the Temple of Edfu«, RdÉ 46 (1995) 208 f. Für die besondere Konfiguration der Sternbilder des Großen Bären (ägyptisch mshtyw) und ˘ obscure des Orion für den Tag der Tempelgründung vgl. B. Arquier / N. Guilhou, Cette clarté qui tombe des étoiles … Les fêtes de fondation et de dédicace du temple d’Edfou, in: A.-A. Maravelia (Hg.), En Quête de la lumière: Mélanges in Honorem Ashraf A. Sadek (BAR International Series 1960), Oxford 2009, 6 f. mit Fig. 1-3: Am Morgen des 24. August 237 v. Chr., kurz vor Sonnenaufgang, stand Orion direkt im Süden, also in der Verlängerung der nach Süden ausgerichteten Tempelachse, während der Große Bär »vertikal« am Himmel stand. Anders die Deutung von C. Leitz, Studien zur ägyptischen Astronomie (ÄA 49), Wiesbaden 1989, 61-66, bes. 65. Wohl zu recht skeptisch ist W. Clarysse, The Ptolemies Visiting the Egyptian Chora, in: L. Mooren (Hg.), Politics, administration and society in the Hellenistic and Roman world (Studia Hellenistica 36), Leuven 2000, 43. Vgl. auch noch S. Pfeiffer, Herrscher- und Dynastiekulte im Ptolemäerreich: Systematik und Einordnung der Kultformen (Münchner Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 98), München 2008, 11-13. Die Mondphasen lassen sich anhand von auf dem Internet abrufbaren Tabellen der NASA (http://eclipse.gsfc.nasa.gov/phase/phasecat.html) und einer von Rita Gautschy erarbeiteten Liste (http://www.gautschy.ch/~rita/archast/mond/mondeng.html#download, zuletzt abgerufen am 18. Mai 2011) relativ bequem nachschauen. Im Jahr 237 v. Chr. fiel ein Neumond auf den 17. August, das in 5,8 angegebene Datum (23. August 237 v. Chr.) entspricht also sehr wohl einem 6. Tag des Mondmonats. Auch der in 8,8 angegebene Senut-Festtag vom 2. Juli 140 v. Chr. paßt gut: Neumond war nach den oben genannten Tabellen am 27. Juni.

Texte aus Ägypten

sei – eine Zeitspanne von einiger symbolischer Wirkmacht. 57) Viel geschrieben worden ist auch über den im Text erwähnten Aufstand in Oberägypten, der für volle 20 Jahre, von 206 bis 186 v. Chr. die Arbeiten am Tempel lahmgelegt hat. 58) Auch nachdem die Unruhen im 19. Regierungsjahr Ptolemaios’ V. niedergeschlagen worden waren59) dauerte es aber noch weitere 10 Jahre bis nur die Türen der Kapellen montiert wurden und nochmals ca. 25 Jahre verstrichen, bevor wieder ernsthaft am Bau gearbeitet wurde. Schließlich war der Kernbau im Jahr 142 v. Chr. vollendet und wurde mit einem rauschenden Fest an Horus von Edfu übergeben. Wiederum umstritten ist, ob dem Text zu glauben sei, wenn gesagt wird, der König (Ptolemaios VIII.) sei beim Weiheakt persönlich anwesend gewesen (vgl. unten 7,7). 60) Der Erweiterungsbau des Pronaos wurde dann keine zwei Jahre später in Angriff genommen und relativ zügig, nach etwas mehr als 16 Jahren Bauzeit vollendet. 61)

57.

58.

59.

60.

61.

Zwischen den Daten liegen tatsächlich genau 9125 Tage oder 25  365 Tage. Das ist auch insofern von Bedeutung, da die Kenntnis des lunaren Zyklus von 25 Jahren impliziert wird, nach welchem ein lunares Datum (hier der Senut-Festtag) wieder auf den gleichen Tag des 365tägigen zivilen Kalenders fiel. Dieser lunare Zyklus ist später erst wieder durch den Papyrus Carlsberg 9 bezeugt, der auf ca. 144/145 n. Chr. zu datieren ist; vgl. L. Depuydt, The Demotic Mathematical Astronomical Papyrus Carlsberg 9 Reinterpreted, in: W. Clarysse et al. (Hg.), Egyptian Religion: The Last Thousand Years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur II (OLA 85), 1277-1297. Die Literatur hierzu ist umfangreich, genannt sei: P. W. Pestman, Haronnophris and Chaonnophris. Two indigenuous pharaohs in Ptolemaic Egypt (205-186 B.C.), in: S. P. Vleeming (Hg.), Hundred-gated Thebes (Papyrologica Lugduno-Batava 27), Leiden 1995, 101-137; B. McGing, Revolt Egyptian Style. Internal opposition to Ptolemaic rule, AfP 43 (1997) 273314; A.-E. Veisse, Le discours sur les violences dans l’Égypte hellénistique: le clergé face au révoltes, in: J.-M. Bertrand (Hg.), La violence dans les mondes grec et romain (Histoire ancienne et médiévale 80), Paris 2005, 213-223. Nach dem 2. Philae-Dekret wurde der Aufstand genau am 27. August 186 v. Chr. endgültig niedergeschlagen, vgl. hierzu K. Sethe, Die historische Bedeutung des 2. Philae-Dekrets aus der Zeit des Ptolemaios Epiphanes, ZÄS 53 (1917) 35-49 und neuerdings M. Eldamaty, Ein ptolemäisches Priesterdekret aus dem Jahr 186 v. Chr.: Eine neue Version von Philensis II in Kairo (AfP Beiheft 20), München / Leipzig 2005. Vgl. etwa P. Nadig, Zwischen König und Karikatur: das Bild Ptolemaios’ VIII. im Spannungsfeld der Überlieferung (Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 97), München 2007, 135 f.: »Berücksichtigt man insgesamt das intensive Engagement des Königs zugunsten der ägyptischen Tempel, so erscheint seine Anwesenheit an diesem bedeutenden Ereignis, unabhängig von der Frage, welche Kleopatra dabei war, wahrscheinlich.« Vom Fortgang der Arbeiten am Pronaos berichtet indirekt der Papyrus Carlsberg 409, der ein anschauliches Schlaglicht auf die schweißtreibenden Arbeiten liefert: Der Papyrus beinhaltet die Buchhaltung des Weinmagazins im Edfutempel für das 39. Regierungsjahr Ptolemaios’ VIII. (132/131 v. Chr.), also einen Zeitpunkt, zu welchem die Arbeiten am Pronaos bereits 9 Jahre im Gang waren. Berichtet wird darin wiederholt von der Auszahlung von Weinrationen für die Steinmetze, die am Pronaos arbeiteten, und auch für die »Steinbrucharbeiter der Wüste, die Stein für den Pronaos schneiden«; vgl. M. Schentuleit, The Carlsberg Papyri 9: Aus der Buchhaltung des Weinmagazins im Edfu-Tempel. Der demotische P. Carlsberg 409 (CNI Publications 32), Kopenhagen 2006, 53 und bes. 387 f.

103

Daniel Arpagaus

Beim Tod von Ptolemaios VIII. am 28. Juni 116 v. Chr. 62) waren dann bereits die Fundamentgruben für die Umfassungsmauer, den großen, von einem Säulenumgang umgebenen Hof, sowie für den monumentalen Eingangspylon gegraben, also für diejenigen Erweiterungen des Tempels, die nach ihrer Fertigstellung dem Tempel sein heutiges Gesicht verliehen haben. In Kürze wird in der Bauinschrift dann die letzte Etappe der Baugeschichte referiert, jedenfalls soweit sie bis zur Errichtung der Umfassungsmauer, auf der sich die Inschrift selber befindet, geschrieben werden konnte. Es spielt hier die Realpolitik hinein, die in jenen Jahren durch den Bruderzwist zwischen Ptolemaios IX. und seinem jüngeren Bruder Ptolemaios X. geprägt war, die sich gegenseitig vom Thron putschten. Dieses unselige Hickhack, das der Text aus Gründen der Faktentreue zwar nicht unerwähnt lassen kann, wird aber auf das Allernötigste verkürzt wiedergegeben. (Edfu VII, 3,1) Der edle Api, 63) er zeigte sein Haupt am Himmel als Behdeti, der große Gott, der Herr des Himmels, 64) worauf er (dann) zu seinem Gau gelangte, wo er sich mit dem Sanktuar vereinte und (3,2) sein Ka es sich auf seinem Königsthron bequem machte, nachdem er dieses vollkommene Werk begutachtet hatte, 65) das sein geliebter Erbe geschaffen hat, der König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios X.), (3,3) der Sohn des Re (Ptolemaios X. Alexander I.), geliebt von Horus-von-Edfu, dem großen Gott, dem Herrn des Himmels, dem Buntgefiederten, 66) der aus dem Horizont hervortritt, Re-Harachte (3,4) in seinem Großen-Sitz (Edfu) – dieses vollkommene und groß(artige) Monument in Mesen (Edfu): Es ist nichts vergleichbares geschaffen worden seit der Urzeit, es ist ein großes Wunderding, das ohne (3,5) seinesgleichen ist, etwas noch nicht Dagewesenes seit der Zeit der Götter, ein edles Werk, dem nichts gleichkommt in den Tempeln von Ägypten! 67)

62. 63. 64. 65. 66.

67.

104

Die Bauinschrift von Edfu liefert mit diesem Datum ein auf den Tag genau bestimmtes Todesdatum, wie es nur noch für zwei andere ägyptische Herrscher belegt ist; vgl. L. Depuydt, JAOS 126 (2006) 599 f. Api ist die Bezeichnung sowohl der geflügelten Sonnenscheibe ( ) als auch des geflügelten Skarabäus ( ) – in letzterer Form wird Horus Behdeti als ›edler Api‹ etwa unten in 11,6 angesprochen. ) ist so gestaltet, Die Schreibung des Epithetons ›der große Gott, der Herr des Himmels‹ ( daß sie als Anspielung auf den Kindgott gelesen werden kann, der für seine Mutter (hier: Hathor und Isis) das Sistrum spielt. Hier mag ganz allgemein der Tempelbau gemeint sein, oder schon, wie dann nachfolgend, nur die von Ptolemaios X. fertig gestellte Umfassungsmauer, auf welcher die Bauinschrift selber steht. Dieses sehr häufige Epitheton begründet sich wohl dadurch, daß das bunt gescheckte, sog. Altersprachtkleid des ausgewachsenen Falken das Vorbild abgab zur Bezeichnung von ebenfalls adulten falkengestaltigen Göttern – dies in Abgrenzung zu falkengestaltigen Kindgöttern, die dieses Epitheton folglich nicht führen; so J. Kenning, Zum Begriff s´ b-sˇwt – ein Zugang aus der Falknerei, ZÄS 129 (2002) 43-48. Vgl. aber noch D. Klotz, Adoration of the Ram: Five Hymns to Amun-Re from Hibis Temple (Yale Egyptological Studies 6), New Haven 2006, 130 Anm. c. Solche Beteuerungen der Einmaligkeit eines Bauwerkes finden sich sehr häufig; für Belege vgl. P. Vernus, Essai sur la conscience de l’Histoire dans l’Egypte pharaonique (Bibliothèque de l’École des Hautes Études, Sciences historiques et philologiques 332), Paris 1995, 76-88.

Texte aus Ägypten

Er ging ringsherum in diesem vollkommenen Umgang, (3,6) der außen um das Werk seiner Vorväter 68) führt, indem sie im Aussehen dem Horizont des Himmels ( ) gleichen, 69) und wer immer ihn betritt, betritt den Himmel. Dies sind die vollkommenen und vortrefflichen Monumente, (3,7) welche Seine Majestät zusammen mit seinen Vorvätern geschaffen hat: ihre (aller) Namen sind darauf mit Metall(werkzeugen) eingraviert worden, um ihre Ka-Namen auf ihren Werken fortdauern zu lassen, (4,1) damit ihre Vollkommenheit durch diejenigen, die nachher kommen werden, in Erinnerung gerufen werde, damit ihre Namen festgefügt seien, so wie ihre Monumente, damit man Seine Majestät preise für sein Werk und (4,2) damit man die Vollkommenheit der Schöpfer-die-ihn-schufen 70) rühme, damit ihrer (aller) Ansehen vergrößert werde bei den Menschen, welche sie nicht (mehr) erleben (wörtl.: ›sehen‹) konnten, und damit (4,3) die nachfolgenden Generationen sie preisen, die sie nicht mehr kennen konnten, damit ihre Namen ausgesprochen werden im Großen-Sitz (Edfu) für Millionen und Abermillionen von Jahren, damit der Buntgefiederte sie lobe wegen (4,4) ihrer Arbeiten und damit ihre Amtsgewalt gefestigt sei bis in alle Ewigkeit. Seid wohlgemut, Könige von Ober- und Unterägypten, ›Königsfreunde‹ 71) im GroßenSitz (Edfu), Hatia-Priester, (4,5) Vorsteher der Priester in den Tempeln, große Reinigungspriester in Ägypten, große Gelehrte, die kundig sind in den heiligen Schriften, (ihr alle) von Elephantine (4,6) bis zu den Küstenebenen 72): Fahrt stromab aus dem Süden, segelt stromauf aus dem Norden, legt an beim Kai des Thrones-von-Re (Edfu) und steigt hoch zum Heiligtum des göttlichen Api, (4,7) um die Erde zu küssen für den Buntgefiederten. Geht ringsherum in diesem vollkommenen Umgang und lauft um die Umfassungsmauer des Großen-Sitzes (Edfu) herum, hört von den großartigen Monumenten, die Seine 68. 69.

70. 71.

72.

Das ›Werk seiner Vorväter‹ bezeichnet hier das eigentliche Tempelhaus, das erst durch die von Ptolemaios X. fertig gestellte Umfassungsmauer einen Umgang erhielt. Die Schreibung für jt-jt.w=f, ›seine Vorväter‹ visualisiert auf graphischer Ebene die Generationenfolge. Die Beschreibung von Umgang und Tempel als ›Horizont des Himmels‹ mag zwar eine rein poetische Metapher sein, denn Vergleiche des Tempels oder Teile von ihm mit dem Horizont sind sehr oft anzutreffen – vgl. unten die Formulierungen in 5,1-2 und etwa noch H. Willems et al., The Temple of Shanhûr I (OLA 124), Leuven / Paris / Dudley 2003, 114 Anm. 144; S. Cauville, La chapelle de la barque à Dendera, BIFAO 93 (1993) 135 f. Anm. e); R. Jasnow, A Late Hieratic Wisdom Text (P. Brooklyn 47.218.135) (SAOC 52), Chicago 1992, 47 u. 53 Anm. O. Hier in diesem Falle könnte aber auch ein graphemisches Wortspiel vorliegen: Der Umgang ähnelt im Grundriß ja tatsächlich dem Hieroglyphenzeichen der sich nach vorne bückenden Himmelsgöttin Nut, und der dem Tempelhaus vorgelagerte Pronaos, der den Umgang an der Südseite begrenzt, wird weiter unten im Text (vgl. 9,2), sogar explizit als ›der Horizont‹ apostrophiert. In Analogie zu den vorher genannten ›Vorfahren‹ (wörtl.: ›Vaterväter‹) sind mit den ›Schöpfern-die-ihn-schufen‹ wiederum die Vorgänger des aktuell regierenden Königs, Ptolemaios’ X., gemeint. Lesung gemäß Quack, ZDMG 160 (2010) 464. Nach D. Kurth, Edfou VII, 5 Anm. 3 ließe die Schreibung die beiden Lesarten ›Freunde des Königs‹ resp. ›Königspriester und Smr-Priester‹ zu. Einen nsw, ›Königspriester‹ (als Stellvertreter des realen Königs als oberstem Kultherr) setzt auch J.-Cl. Goyon, Confirmation du pouvoir royal au nouvel an. Brooklyn Museum Papyrus 47.218.50 (BdÉ 52), Kairo 1972, 18 ff. an. Zu diesem Ausdruck vgl. W. A. Ward, Notes on Some Egypto-Semitic Roots, ZÄS 95 (1968) 68 f.; F. Gomaà, Die Besiedlung Ägyptens während des Mittleren Reiches II. Unterägypten und die angrenzenden Gebiete (TAVO 66.2), Wiesbaden 1987, 316 f.; J. Osing, The Carlsberg Papyri 2: Hieratische Papyri aus Tebtunis I (CNIP 17), Kopenhagen 1998, 169 Anm i.

105

Daniel Arpagaus

Majestät im (5,1) Thronsitz (Edfu) gemacht hat, und (auch) von den Arbeiten seiner Väter und Mütter. Der Große-Sitz-des-Re 73) ist in seiner Mitte (= dem Umgang) errichtet – er gleicht dem Horizont des Himmels. Ein Pronaos ist in seiner Front, der sich vom Ostgebirge bis zum Westgebirge (erstreckt) – (5,2) er ist wie der Himmel mit den Ba-Seelen der Götter darin. Breiter ist er als Mesen 74) auf dessen rechter und linker Seite und er ist in seiner Lotrechten höher 75) als die Stirnseite (5,3) des Heiligtums. 76) Säulen (in Gestalt) von Papyrusbündeln und Dattelpalmen 77) stützen seinen Himmel (= sein Dach), so, wie die vier Himmelsstützen den Himmel tragen. 78) Ein Opferhof 79) mit Säulen(umgang) liegt vor ihm, der wie Nut ist, wenn sie (5,4) das Licht geboren hat. 80) Ein Pylon befindet sich davor, auf der rechten und linken Seite, der wie die Beiden Schwestern (= Isis und Nephthys) ist, wenn sie die Sonnenscheibe hochheben. 81) Das ist (nun nachfolgend) die Spezifikation der vollkommenen Tage, an denen ihre Gründung begonnen wurde, der weise (gewählten) Monate ihres Strickespannens, 82) (5,5) der Jahre, in denen das Beenden und das Beginnen ihrer Arbeit lag, und der großen SenutFeste 83) ihrer Grundrißlegung(?) 84); die Liste der Könige, (5,6) in deren Gegenwart die 73. 74. 75. 76. 77. 78.

79.

80. 81.

82.

83.

106

Damit ist hier eindeutig der Naos, das Tempelhaus im engeren Sinne gemeint. Hier ist nicht Edfu, sondern spezifisch das eigentliche Tempelhaus gemeint. Wörtl. eigentlich ›Höhe seiner Tiefe‹ o. ä. Mit dem Heiligtum (hmw) ist wiederum der Naos gemeint. ˘ Für die sich abwechselnden Säulenformen des Pronaos vgl. etwa S. Sauneron / H. Stierlin, Edfou et Philae: Derniers temple d’Egypte, Paris 1975, 72 (oder Bilder auf www.flickr.com s. v. »Edfu, Pronaos«). In der Hieroglyphen-Fassung wird die Wirkmacht des Vergleichs zwischen den Säulen, die den Himmel/das Tempeldach tragen und den vier Himmelsstützen, die als weibliche Trägerinnen verstanden sind, vor allem auch durch die hieroglyphischen Graphien hervorgehoben. Gemeint ist hier der zwischen dem Pronaos und dem Pylon gelegene große Hof des Tempels; vgl. auch W. Waitkus, Die Texte in den unteren Krypten des Hathortempels von Dendera: Ihre Aussagen zur Funktion und Bedeutung dieser Räume (MÄS 47), Mainz 1997, 168 f. Anm. 11. Die Himmelsgöttin Nut gebiert den Sonnengott am Morgen, so daß das Land wieder erleuchtet wird – der Vergleich zielt also darauf ab, daß der lichtdurchflutete Opferhof ebenso hell erleuchtet ist wie der taghelle Himmel (vgl. D. Kurth, Edfou VII, 6). Hier wird Bezug genommen auf die ikonische Darstellung der beiden Göttinnen, die die Sonne am Morgen zum Himmel hochheben, ein Bild das sich immer wieder findet und auch (für sn.tj, ›die beiden Schwestern‹ und dw w, ›der Morgen‹ – als Hieroglyphe existiert: vgl. unten Anm. zu 7,10). Die beiden Schwestern Isis und Nephthys werden somit mit den beiden Türmen des Pylons identifiziert und diese indirekt wiederum mit dem Horizont, ausgedrückt im Hieroglyphenbild der zwischen zwei Horizontbergen aufgehenden Sonne für h.t, ›Horizont‹). ( ˘ Das »Strickspannen« steht oft stellvertretend für die gesamten Rituale und Prozeduren bei der Tempelgründung; vgl. B. Schmitz, Zwei Gründungsbeigaben Thutmosis’ III. im Pelizaus-Museum Hildesheim, SAK 11 (1984) 525. In den bildlichen Darstellungen zu diesem Ritual sind in der Regel der König und die Göttin Seschat dargestellt, wie sie am Bauplatz zur Festlegung von Tempelachse und Tempelgrundriß einen Strick spannen – diese Szene ist hier in der Schreibung von pd-sˇs, ›Spannen des Strickes‹ auf ein einzelnes Hieroglyphenbild kompri¯ miert ( ). Der snw.t-Festtag (6. Tag des Mondmonats) war in den ptolemäerzeitlichen Tempeln der präferierte Tag für die Tempelgründung (vgl. auch unten 5,8; 8,8; Dendera XII, 186,4). Zum snw.t-Fest vgl. weiterhin H. Junker, Die sechs Teile des Horusauges, ZÄS 48 (1910) 101-106;

Texte aus Ägypten

Fundamentgruben ausgeschachtet wurden, der Könige, die ihre (= der Bauwerke) Strikke lösten, 85) dieser Herrscher, deren Namen auf (5,7) ihren Wände eingraviert wurden, ein [jeder] an … für seinen Sohn. 86) Dieser schöne Tag im 10. [Regierungsjahr], der 7. Tag des Monats Jpet-Hemetes (Monat Epiphi), in der Zeit (5,8) der Majestät des Sohnes des Re (Ptolemaios III. Euergetes I.)|, 87) das war der Senut-Fest(tag) an dem die Grundrißlegung(?) auf dem Erdboden (stattfand), der erste von allen Senut-Fest(tagen) des Strickespannens bei der Gründung des Großen-Sitzes-(6,1) -des-Re-Harachte (Edfu), der Gründung des Thronsitzes-des-Schützers-seines-Vaters (Edfu). Der König persönlich zusammen mit Seschat der Großen haben dabei den Grundriß des Ersten-Heiligtums (Edfu) festgelegt, wobei (für) seine Räume (6,2) deren richtige Stellen bestimmt wurden von Seiten der Djaisu 88) und dem Herrn-der-Hedenpflanze 89)

84.

85.

86. 87. 88.

89.

W. Barta, Zur Bedeutung des snwt-Festes, ZÄS 95 (1969) 73-80; A. Gutbub, Textes fondamentaux de la théologie de Kom Ombo I (BdÉ 47/1), Kairo 1973, 389 f.; D. Kessler, Der satirisch-erotische Papyrus Turin 55001 und das »Verbringen des schönen Tages«, SAK 15 (1988) 193 (dort weitere Literaturangaben in Anm. 66). Der Ausdruck lautet wörtlich wn-h nw, ›das Innere (den Raum) eröffnen / erschließen‹ ; un¯ ten in 5,8 heißt es etwas ausführlicher ›der Senut-Fest(tag) ist das, an dem die Grundrißlegung(?) auf dem Erdboden (stattfand)‹ resp. ›der Senut-Fest(tag) an dem die Ausmaße (des Baus) festgelegt wurden auf dem Erdboden‹ ; vgl. D. Kurth, Edfou VII, 6 mit Anm. 6. Ursprung hierfür könnte sein, daß der Ausdruck ›das Innere eröffnen‹ deshalb mit dem Senut-Festtag, dem 6. Tag des Mondmonats zusammengebracht wurde, weil an diesem Tag der letzte fehlende Bestandteil, das »Innere«, dem Mondauge restituiert wurde (so: B. Arquier / N. Guilhou, Cette obscure clarté …, 9). Oftmals nennen die Texte zu den Gründungszeremonien das »Spannen des Strickes« und »Lösen der Schnur« als zwei sich folgende Aktionen. Das »Lösen des Strickes« wird dabei meist als die Übertragung des Tempelgrundrisses auf das Tempelareal gedeutet: vgl. A. Badawy, Ancient Egyptian Architectural Design, Berkeley 1965, 8 ff.; D. Budde, Die Göttin Seschat (KANOBOS 2), Leipzig 2000, 195. Die Stelle hier scheint dem aber zu widersprechen, da ja die Ausschachtung der Fundamentgruben schon vorangegangen ist. Vielleicht ist eher an das Lösen der Lotschnüre nach Abschluß der eigentlichen Mauerarbeiten zu denken (vgl. D. Kurth, Treffpunkt der Götter: Inschriften aus dem Tempel des Horus von Edfu, Zürich / München 1994, 335 f.) oder es wurden die Schnüre bereits nach dem Ausheben der Fundamente wieder gelöst (vgl. auch unten 9,4). D. Kurth, Edfou VII, 6 Anm. 8 schlägt als Restitution für die Lücken folgende Lesung vor: ›indem ein [jeder] derjenige ist, der (das Erbe) seinem Sohn [überweist].‹ Dieses genaue Datum für den Tag der Grundrißlegung entspricht dem 23. August 237 v. Chr. Die Djaisu – meist sieben an der Zahl – waren Personifikationen der Worte des Schöpfergottes und hatten selbst ein aktives, schöpfungskräftiges Potential. Hier unterstehen sie Thot, dem Gott von Schrift und Weisheit, und versinnbildlichen also eher die intellektuell-konzeptionelle Seite der Tempelgründung, während die nachfolgend genannten Chnumgötter, die Ptah, dem Gott der Handwerker, unterstehen, für die bauliche Ausführung zuständig sein werden; vgl. auch M. Rochholz, Schöpfung, Feindvernichtung, Regeneration: Untersuchung zum Symbolgehalt der machtgeladenen Zahl 7 im alten Ägypten (ÄAT 56), Wiesbaden 2002, 44. ›Herr der Heden-Pflanze‹ ist eine Bezeichnung für Thot, Gott der Schreiber und Schriftkundigen. Es ist anzunehmen, daß die Heden-Pflanze mit dem Schreiberhandwerk in Beziehung zu setzen ist (etwa als Pflanze, die zur Herstellung von Schreibbinsen benutzt wurde); vgl. R. Jasnow / K.-Th. Zauzich, The Ancient Egyptian Book of Thoth, Wiesbaden 2005, 50. Zu einem Identifikationsvorschlag für die Heden-Pflanze vgl. J.-Cl. Goyon, Une identification possible de la plante hdn des anciens égyptiens, in: F. Junge (Hg.), Studien zu Sprache und Religion Ägyptens I, Göttingen 1984, 241-250 (eine Bupleurum-Art, Hasenohr?).

107

Daniel Arpagaus

(= Thot). Es bauten die Chnumgötter gemäß dem was der ›Planer‹ (= Ptah) gesagt hatte, indem die ersten Urzeitgötter (6,3) ringsherum in freudiger Erregung waren. Die Fertigstellung des Heiligtums-des-göttlichen-Api und die Dekoration des Mesendes-Falken-der-Goldenen (erfolgte) bis zum 10. Regierungsjahr, im 3. Monat der Sommerjahreszeit, den 7. Tag (6,4) des Monats, in der Lebenszeit des Königs von Ober- und Unterägypten, des Sohnes des Re (Ptolemaios IV. Philopator)|, 90) nach Vollendung von (genau) 25 Jahren. Die Dekoration (6.5) der Mauern in seinem Innern wurde auf das Vortrefflichste reliefiert, (und zwar) mit der Titulatur Seiner Majestät, mit Abbildungen der Götter und Bildnissen der Göttinnen und der (ganzen) sakralen Pracht von dem (6.6) Der-die-Herrlichkeit-schafft (Edfu-Tempel). Die Vollendung seiner Hauptpforte und der Tore seiner Hallen 91) erfolgte (dann) bis zum 16. Regierungsjahr Seiner Majestät. Danach (aber) brachen Unruhen aus: (6,7) Es empörten sich Ignoranten in der Südhälfte (des Landes) und es kam zu einem Unterbruch in den Bauarbeiten am Thronsitz-derGötter (Edfu). Der [Aufstand] in der Südregion (6,8) kam zum Ende 92) (erst) im 19. Regierungsjahr des Königs von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios V.), des Sohnes des Re (Ptolemaios V., gerechtfertigt), Epiphanes, 93) des Heldenhaften, (7,1) des Königs, der die Unruhen im Land beseitigte – auch sein Name wurde darin (im Tempel) eingraviert. 94) 90. 91.

92.

93.

94.

108

Das entspricht dem 17. August 212 v. Chr. Hier wird wohl von der Türe des Sanktuars und denjenigen der umgebenden Kapellen die Rede sein (so D. Kurth, Edfou VII, 7), auch wenn bei den letztgenannten ›Türflügeln der Hallen‹ an die dem Sanktuar vorgelagerten, in der Tempelachse liegenden Hallen gedacht werden könnte (vgl. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon [OLA 78], Leuven 1997, 262 s. v. wsht). ˘ Allerdings scheint unten in 7,2-3 abermals das Einsetzen dieser Türen genannt – es macht den Eindruck, als seien die Türblätter erst rund 30 Jahre nach ihrer Fertigstellung tatsächlich platziert worden, wobei sie während der gut 20 Jahre andauernden Rebellion in Oberägypten (vgl. 6,6-7), sicher verwahrt worden wären (so S. Cauville / D. Devauchelle, RdÉ 35 (1984) 36). Der Begriff nfry.t (r), ›andauern bis, zu Ende kommen‹ ist hier recht ungewöhnlich und rein logographisch mittels des Horusstabes geschrieben, der mit einem Falkenhaupt bekrönt ist: . Man beachte bei dieser kriegerischen Insignie die visuell-poetische Dimension der Schreibung, wenn damit die Niederschlagung der Rebellion in Oberägypten auch graphisch besiegelt wird. Für eine Darstellung des Horusstabes, der von der Harpune des Horus zu trennen ist, vgl. É. Chassinat, Le temple d’Edfou XI, Kairo 1933, pl. 308 und allgemein D. Kurth, Zur Konstruktion altägyptischer Harpunen, Nikephoros 18 (2005) 53-69, bes. 61 f. Das hieroglyphische , ›der Gott, der erscheint (hervorgeht)‹ ist eine enge Umschreibung des griechischen Beiwortes (Qeò@) EpiFanffi@, ›der Erscheinende (Gott)‹. Die Schreibung mit der strahlenden Sonnenscheibe ( ) für prj, ›herausgehen, erscheinen‹ mag darauf verweisen, daß sich Ptolemaios’ V. Beiname möglicherweise durch die Beobachtung eines Kometen bei seiner Geburt oder anläßlich seiner Krönung begründet hat (vgl. R. A. Hazzard, Theos Epiphanes: Crisis and Response, HTR 88 [1995] 415-436). Zusätzlich liegt hier noch ein visuelles Wortspiel auf das Epitheton »Epiphanes« vor, wenn dasselbe Zeichen in der Schreibung für das 19. Regierungsjahr wiederauftaucht. Erst dieses 19. Jahr Ptolemaios’ V., in dem der Ptolemäer die Oberherrschaft über Oberägypten nach dem 20jährigen Bürgerkrieg wiedererlangt hat, markiert für Edfu quasi dessen »Epiphanie«. Tatsächlich scheint sich die Präsenz Ptolemaios’ V. im Edfu-Tempel auf lediglich zwei zeitgenössische Inschriften mit der Nennung seiner Titulatur zu beschränken; vgl. E. Lanciers, Die ägyptischen Tempelbauten zur Zeit des Ptolemaios V. Epiphanes (204-180 v. Chr.) – Teil 1, MDAIK 42 (1986) 94 f.

Texte aus Ägypten

5. Regierungsjahr, der 1. Tag des Monats Schef-bedet 95) seines geliebten Sohnes, des Königs von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios VI.), (7,2) des Sohnes des Re (Ptolemaios VI., gerechtfertigt)|, der Gott Philometor 96): Es wurde die Haupttüre von Großan-(7,3) -Heldenhaftigkeit (Edfu) eingehängt sowie auch die Türflügel seiner Kapelle(n). Man hat (dann) die Arbeiten im Tempel-des-Starken (Edfu) wieder aufgenommen im 30. Regierungsjahr dieses Königs mit dem Kopieren der Inschriften (auf die Tempelwände), dem (7,4) Reliefieren mit Metall(werkzeugen), dem Schmücken seiner Wände mit Gold, dem Auftragen von Farbe, dem Vollenden seiner (hölzernen) Türblätter, 97) (7,5) dem Gießen seiner Türzapfen aus vollkommener Bronze, dem Aushöhlen seiner (Türverschluß-)Steine (für) seine Türriegel aus Metall, 98) dem Überziehen der Türflügel (7,6) seiner Portale mit Gold(folie) und dem Vollenden von Mesen (Edfu) in einer Arbeit, die von den besten Handwerkern ihres (jeweiligen) Metiers auf das Perfekteste ausgeführt wurde bis zum 28. Regierungsjahr, 18. Tag (7,7) des 4. Monats der Schemu-Jahreszeit unter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios VIII.), des Sohnes des Re (Ptolemaios VIII., gerechtfertigt), 99) Euergetes, 100) und (7,8) seiner Gemahlin, der Herrscherin und Herrin der Beiden Länder (Kleopatra II.). Das macht 95 Jahre seit dem Spannen des Strickes bis zum Fest des ›Einzugs-in-ihn‹ (= den Tempel), dem Fest der Übergabe des Hauses-(7,9) -der-Ewigkeit (Edfu) durch Seine Majestät an seinen Herren, Horus-von-Edfu, den großen Gott, den Herrn des Himmels. 101) Ein großes Fest der Trunkenheit (war dies), wie es, seitdem dieses Land besteht, kein vergleichbares gegeben hat bis zum heutigen Tage. Bei Tagesanbruch (7,10) am sehr frühen Morgen 102) wurde Behedet (Edfu) mit allen erdenklichen Dingen

95. Monatsname des lunaren Kalenders, der wörtlich in etwa ›das Anschwellen des Emmers‹ bedeutet. Der Monat Schef-bedet fiel (ursprünglich) in den Zeitraum, in dem das Korn nach der Überschwemmungsjahreszeit anfängt hervorzusprießen und entspricht (in der Ptolemäerzeit) dem 1. Monat der Peret-Jahreszeit des »zivilen Kalenders«. Das genaue Datum ist umgerechnet der 3. Februar 176 v. Chr. Vgl. hierzu L. Depuydt, Civil Calendar and Lunar Calendar in Ancient Egypt (OLA 77), Leuven 1997, 50; 124. 96. Das griechische Beiwort Filomffitwr, ›Mutterliebender‹ ist im Hieroglyphentext mit einer Eins-zu-Eins-Umsetzung (p( ) ntr mry mw.t=f, ›der Gott, der seine Mutter liebt‹) wiederge¯ geben. 97. Diese Übersetzung nach D. Kurth, Edfou VII, 8; C. de Wit, CdÉ 36 (1961), 289 hat dagegen »en complétant ses coffres«, erkennt also eine Schreibung für älteres pds, ›Kasten, Truhe o. ä.‹. Zu dem Wort vgl. nun J. J. Janssen, Furniture at Deir el-Medîna including Wooden containers of the New Kingdom and Ostracon Varille 19 (Egyptology 9), London 2009, 32 f. Ob hier allenfalls eine »kastenförmige« Türeinfassung gemeint ist? 98. Die metallenen Türriegel waren als Löwenfiguren ausgearbeitet und ruhten in Schließkästen, die in der Wand des Türdurchganges eingetieft waren; vgl. auch unten 19,10. Aus diesen Kästen konnten sie bei Bedarf herausgezogen werden wenn die Türe versperrt werden sollte. Auf diese Aussparung in der Wand bezieht sich hier das »Aushöhlen der Steine«. Vgl. etwa auch Dendera XII, 185, 10: ›die Löwentürriegel aus Bronze sind im Innern ihrer ›Schreine‹ (Schließkästen) beim Bewachen der Türflügel‹. 99. Umgerechnet entspricht dieses Datum dem 10. September 142 v. Chr. 100. Für das griechische Epitheton Euergffth@, ›der Wohltäter‹, schreibt das Ägyptische p( ) ntr ¯ mnh, ›der vortreffliche Gott‹. ˘ 101. Zur Übergabe des Tempels an die Gottheit vgl. auch A. Gutbub, À propos de quelques textes dogmatiques concernant la dédicace du temple et sa prise de possession par la divinité à Edfou, in: Hommages à François Daumas II, Montpellier 1986, 389-407. 102. Geschrieben , dw w sp sn.wj, ›der sehr frühe Morgen‹. Die Schreibung zeigt die beiden

109

Daniel Arpagaus

überflutet, mit Millionen und Hunderttausenden von schönen Dingen, [Brot] und Bier waren zahlreich ohne Grenzen, Rinder und Geflügel, ohne daß (8,1) deren Anzahl bekannt gewesen wäre, Langhornrinder und Mastrinder ließen die Altäre festlich sein, fette Gänse dienten als Brandopfer, Myrrhe, Weihrauch (8,2) und Öl waren auf einer Holzkohlenglut, so daß man den Himmel über Mesen (Edfu) nicht (mehr) sehen konnte. Man läßt seinen Erdboden (= den von Mesen) durchfurcht sein 103) von dem frischen Horusauge (= Wein) und vom Wein aus (8,3) Schefit und Imet. 104) Die ›Königsfreunde‹ 105) standen dabei mit ihren Festtagsgewändern und die Tempel waren wahrlich mit (all) ihren Dingen versehen. Die Einwohner der Stätte-der-Niederkunft (Dendera) schlossen sich (8,4) (denjenigen) des Thronsitzes (Edfu) an, Frauen vermischt mit Männern, betrunken von Wein, 106) eingerieben mit Tischepses-Öl 107) und mit Blumengirlanden (8,5) um ihre Hälse. Behdeti zeigte sich in ›Die-welche-seine-Vollkommenheit-emporhebt‹ 108) wie seine Sonnenscheibe, die im Ostgebirge aufgeht. (8,6) Er nahm seinen Großen-Sitz (Edfu) in Besitz, seinen sakralen Horizont. Er vereinigte sich mit seinem Haus (= der Tempel) in Feststimmung und es bleibt (nun) dauerhaft in seinem Besitz, indem es Seine Majestät

103.

104.

105. 106.

107.

108.

110

Göttinnen Isis und Nephthys, wie sie die Sonnenscheibe bei Sonnenaufgang aus der Unterwelt zum Himmel emporheben (vgl. dazu oben Anm. zu 5,4). Eigentlich ›den Erdboden aufhacken‹, was vermutlich bewußt das Ritual des ›Erdhackens‹ (hbs-t ) evozieren soll (so W. Waitkus [MÄS 47] 83 Anm. 52). Hier ist aber wohl im Sinne ˘ ›den Boden durchweichen (mit Wein)‹ zu übersetzen, gleich wie etwa das ›Ritual vom von Erdhacken‹ in Tb 18 reinterpretiert wurde als ein ›durchweichen / durchfurchen der Erde mit ihrem (= der Feinde) Blut‹ (hbs t m snf=sn; vgl. Urk. V, 128, 1). Dazu D. Kurth, Edfou ˘ VII, 10 Anm. 1. Auch im vorliegenden Falle könnte der auf die Erde vergossene Wein als das Blut von Feinden aufgefaßt worden sein; vgl. noch H. Kees, Göttinger Totenbuchstudien: Ein Mythus vom Königtum des Osiris in Herakleopolis aus dem Totenbuch Kap. 175, ZÄS 65 (1930) 68 f.; D. Wortmann, Das Blut des Seth (P. Colon. inv. 3323), ZPE 2 (1968) 227230. Schefit ist wohl ein Teilgebiet der Oase Charga und Imet ist mit Tell Nebescheh im Ostdelta zu identifizieren; vgl. S. Cauville, BIFAO 93 (1993) 138 f. (dort ein Text zu einem Festgeschehen, das phraseologisch enge Gemeinsamkeiten zur vorliegenden Festschilderung hat, u. a. wird ebenfalls Wein aus Schefit und Imet vergossen). Vgl. oben die Anm. zu 4,4. Hier eine in den Tempeltexten der Ptolemäerzeit zwar nicht singuläre, trotzdem jedoch aus; vgl. J. Hallof, Verzeichnis der hieroglygewählte Graphie für das Wort jrp, ›Wein‹ : phischen Schreibungen der Szenentitel in den griechisch-römischen Tempeln Ägyptens (SRaT 2), Dettelbach 2008, 9. Ob hier der nach unten blickende Pavian und das Zeichen des Mundes mit Speichel auch schon für die Trunkenheit des Festgeschehens stehen? Vgl. etwa auch Meyers Konversations-Lexikon, 4 1888, Bd. 12, 794 s. v. Pavan (Hundskopfaffe, Cynocephlus Briss.): »Man fängt sie leicht, indem man ihnen Töpfe mit Branntwein hinsetzt; sie trinken denselben leidenschaftlich, werden vollkommen trunken und sind dann leicht zu bewältigen.« Ein Duftöl, das aus dem tj-sˇps-Baum gewonnen wurde, der noch immer nicht sicher zu bestimmen ist; vgl. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen (Philippika 21), Würzburg 2008, 151 f. Mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich jedoch um Kampferöl; vgl. A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hg.), Edfu: Bericht über drei Surveys; Materialien und Studien (Edfu Begleithefte 5), Wiesbaden 1999, 121 f. Das ist der Eigenname der portablen Prozessionsbarke von Horus-von-Edfu (vgl. auch unten 15,4), daneben aber auch ein generischer Begriff für portable Prozessionsbarken, Schreine und Tragsessel; vgl. Chr. Karlshausen, L’iconographie de la barque processionelle divine en Égypte au Nouvel Empire (OLA 182), Leuven / Paris / Walpole 2009, 266-268.

Texte aus Ägypten

hochhebt (8,7) seit jenem Tag bis zur Vollendung der Ewigkeit. 109) Es wurde Mesen 110) auf der Außenseite beschriftet [mit] der Titulatur Seiner Majestät. 111) Dieser vollkommene Zeitpunkt im 30. Regierungsjahr (8,8) , den 2. Monat der SchemuJahreszeit, Tag 9, 112) das Fest der Vereinigung-des-Osiris-mit-dem-linken-Auge-desRe, 113) das war der Senut-Fest(tag) 114) des Monats Heb-Inet 115): Es wurde der Strick an der richtigen Stelle angelegt (bei der Gründungszeremonie) im Pronaos (9,1) von Demjenigen-der-den-Beiden-Kapellenreihen-vorsteht (= Horus Behdeti). Der Himmel-desHerrn-des-Himmels 116) (Edfu) wurde vollendet im 46. Regierungsjahr, 4. Monat der Schemu-Jahreszeit, 18. Tag des Monats. 117) Das macht 16 Jahre, (9,2) 2 Monate und 10 Tage seit der Gründung des Horizontes (= des Pronaos) bis zum Fest des ›Einzugsin-ihn‹ – es glich dieses große Fest der Trunkenheit für den edlen Pronaos dem schönen Fest für dieses Tempelhaus (= den Naos). Man gravierte die Titulatur (9,3) Seiner Majestät auf seinen Mauern ein vom 48. Regierungsjahr an bis zur Vollendung von dessen Lebenszeit. (Das war) das 54. Regierungsjahr dieses Königs, 2. Monat der Schemu-Jahreszeit, Tag 11, 118) nachdem man (bereits) (9,4) die Fundamentgruben für die (Umfassungs)mauer, den großen Hof und den Pylon ausgehoben hatte und man alle zugehörigen Stricke (bereits wieder) gelöst hatte, da öffnete der Falke seine Flügel zum Himmel hin. 119) Sein ältester Sohn erschien (daraufhin) auf seinem Thron (9,5) und man schrieb dessen Namen in Relief auf der Außenseite des Pronaos des Tempels ein, 120) und zwar der109. 110. 111. 112. 113.

114. 115. 116.

117. 118. 119. 120.

Zu dieser Passage (8,5-7) vgl. etwa noch A. Gutbub, Textes fondamentaux, 403-405 Anm. k. Hier nicht Edfu im Allgemeinen, sondern spezifisch der Tempel von Edfu. Die Ergänzungen folgen D. Kurth, Edfou VII, 10 Anm. 5 (vgl. auch unten 9,5). Das Datum entspricht dem 2. Juli 140 v. Chr. Vgl. hierzu C. Leitz, Studien zur ägyptischen Astronomie, 65 f.: »Osiris kann dem Orion entsprechen, das linke Auge (j bt) des Re nicht nur dem Mond, sondern auch der im Osten aufgehenden Morgensonne. Die Vereinigung des Osiris mit dem linken Sonnenauge könnte eine Umschreibung für den heliakischen Frühaufgang von cOrionis sein, also des zuletzt aufgehenden Orionsterns. Der Aufgang fand statt am Morgen des 3. Juli bei einem angenommenen Sehungsbogen von 140.5. An diesem Morgen war also erstmalig nach einer längeren Unsichtbarkeitsperiode wieder das ganze Sternbild des Orion zu sehen und es erscheint verständlich, daß ein solcher Tag als günstig angesehen wurde für die Gründung des Pronaos, der selbst viele astronomische Darstellungen enthalten sollte.« Wieder wurde für den Termin der Gründungsfeierlichkeiten der snw.t-Festtag, also der 6. Tag des Mondmonats gewählt, vgl. oben Anm. zu 5,5. Zu diesem Monatsnamen vgl. L. Depuydt, The Two Problems of the Month Names, RdÉ 50 (1999) 117 f. Vgl. hierzu D. Kurth, Edfou VII, 10 Anm. 9: ›Himmel-des-Herrn-des-Himmels‹ ist einer der vielen Kultnamen des Edfu-Tempels. Andererseits mag ›Himmel‹ hier aber auch für den Pronaos an sich stehen, der ja höher ist als das dahinter gelegene Tempelhaus, oder es könnte damit das zuletzt fertig gestellte Dach des Pronaos gemeint sein. Das entspricht dem 5. September 124 v. Chr. Der Tag entspricht dem 28. Juni 116 v. Chr. Will heißen, Ptolemaios VIII. Euergetes II. verstarb an diesem Tag. Zu diesem Ausdruck vgl. auch noch A. Gutbub, À propos de quelques textes dogmatiques, 400. Ptolemaios IX. führte zwei verschiedene Titulatur-Typen, die sich seinen beiden Herrschaften (116-107 v. Chr. resp. 88-80 v. Chr.) zuordnen lassen. Die Namensform, die hier genannt wird, entspricht folgerichtig dem ersten Titulatur-Typus und findet sich auf der Außenseite des Pronaos in Edfu IV, 327, 9-13 (Westwand) und Edfu IV, 329, 9-13; vgl. hierzu S. Cassor-Pfeiffer, Zur Reflexion Ptolemäischer Geschichte in den ägyptischen Tempeln aus der Zeit Ptole-

111

Daniel Arpagaus

gestalt: König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios IX.) /// [Lücke (9,6) von 19 Schriftquadraten] … in Frieden. 121) (9,7) Sein Name wurde auf die (Umfassungs)mauer von Mesen (Edfu) eingeschrieben, und zwar folgendermaßen: König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios X.), der Sohn des Re (Ptolemaios X. (9,8) Alexander I.). Als er (dann) nach Punt entfloh, 122) da ergriff (wieder) sein älterer Bruder Besitz über Ägypten und wiederholte seine Thronbesteigung als König. (9,9) O ihr Könige, die ihr diese Monumente geschaffen habt, o ihr Falken, die ihr eure Flügel aufgespannt habt, 123) mögen eure Bas göttlich sein im Himmel bei Re und mögen eure Leichname dauerhaft sein in der Unterwelt, (9,10) möget ihr weit ausschreiten 124) in der Halle-der-vollständigen-Wahrheit und gerechtfertigt sein bei Osiris, mögen eure Statuen Bestand haben auf der Erde und mögen eure Erben auf ihren Thronen bleiben. Horus Behdeti, (9,11) der große Gott, der Herr des Himmels, er erstrahlt am Himmel und erblickt sein Haus (= seinen Tempel) und er lobt (darob) seinen geliebten Sohn,

121.

122.

123. 124.

112

maios IX. Philometor II. / Soter II. und Ptolemaios X. Alexander I. (116-80 v. Chr.), Teil 1: Die Bau- und Dekorationstätigkeit, Journal of Egyptian History 1 (2008) 26 ff., bes. 28 Anm. 35. Da in der Folge bereits vom Nachfolger, Ptolemaios X. die Rede ist, muß in der Lücke wohl der neuerliche Regierungswechsel thematisiert worden sein, der nicht friedlich verlief, obwohl dies das Ende der Lücke insinuieren könnte – stand etwa: sˇsp=f nswy.t m htp, ›er empfing das ˙ aber von KleoKönigtum in Frieden‹ o. ä.? In Tat und Wahrheit wurde Ptolemaios IX. patra III. und von seinem jüngeren Bruder, Ptolemaios X., entmachtet. Ptolemaios X. wurde im Jahr 88 v. Chr. von der Bevölkerung Alexandrias aus dem Land getrieben und hat versucht in Zypern, das er bereits in der ersten Regierungsphase Ptolemaios’ IX. regiert hatte, wieder Fuß zu fassen. Von ebendort war sein älterer Bruder Ptolemaios IX. nach Ägypten zurückgekehrt und kam zu einer zweiten Herrschaftsperiode (88-80 v. Chr.). Es ist diese Rochade auf dem Königsthron, auf die hier angespielt wird. Allerdings wird Punt als Destination Ptolemaios’ X. angegeben, das traditionell eher an der Küste Somalias lokalisiert wird. Eine Erklärung hierfür könnte sein, daß der uns hier beschäftigende Abschnitt der Bau- und Weihinschrift auf der westlichen Außenseite der Umfassungsmauer just im Jahre 88 v. Chr. konzipiert (oder dekoriert) worden war, und die Ereignisse wohl insgesamt ziemlich verwirrend und ihr Ausgang noch nicht klar war – vielleicht waren genaue Informationen über den Zielort Ptolemaios’ X. noch gar nicht bis nach Edfu durchgedrungen; so M. Eldamaty, Die leeren Kartuschen im Tempel von Edfu, in: U. Rössler-Köhler / T. Tawfik (Hg.), Die ihr vorbeigehen werdet … Wenn Gräber, Tempel und Statuen sprechen. Gedenkschrift für Prof. Dr. Sayed Tawfik Ahmed (SDAIK 16), Berlin / New York 2009, 94. Eine andere mögliche Auffassung ist jedoch, in dem Ausdruck »nach Punt entfliehen« einen der in Ägypten so häufigen Euphemismen für das Sterben zu sehen (so D. Kurth, Edfou VII, 11 Anm. 9) – dies umso mehr als der Tod Ptolemaios’ X. sehr zeitnah war: er starb 87 v. Chr. in einer Seeschlacht beim vergeblichen Versuch, Zypern einzunehmen. Vgl. auch noch D. Meeks, Locating Punt, in: D. O’Connor / St. Quirke (Hg.), Mysterious Lands (Encounters with Ancient Egypt 5), London 2003, 69 (nahm man die zeitweisen Aufenthaltsorte Ptolemaios’ X. in Syrien und Lykien als »Punt« wahr?). Vgl. oben 9,4: Gemeint sind auch hier die verstorbenen Könige, die in Falkengestalt zum Himmel emporgestiegen sind. Zum Wunsch für Verstorbene, sie mögen sich im Jenseits frei und ungehindert bewegen können, existierten eine ganze Anzahl parallel gebildeter Ausdrücke, die stereotyp verwendet wurden; vgl. R. el-Sayed, Deux statues inédites du Musée du Caire, BIFAO 84 (1984) 150 Anm. f. ) aber konkret auf das bestandeHier wird mit der Schreibung von ›weit ausschreiten‹ ( ) angespielt. ne Jenseitsgericht in der ›Halle der vollständigen Wahrheit‹ (

Texte aus Ägypten

den König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios IX.), den Sohn des Re (9,12) (Ptolemaios IX.), indem er ihn auf seinem Thron festigt, ewiglich.

2.3 Ostwand: Beschreibung des Tempels

Der Text auf der Ostwand beginnt wiederum mit der »Aktualität« in Form einer Würdigung der von Ptolemaios X. erbauten Umfassungsmauer durch den Inhaber des Tempels, Horus von Edfu. Nach einigen Präliminarien folgt dann eine sehr detaillierte Baubeschreibung des Tempels: Der Reihe nach werden alle Kapellen des Naos besprochen, angefangen ganz hinten mit der Mesenet-Kapelle (vgl. Abb. 1, Raum 3 1), in der das Götterbild von Horus von Edfu stand. Bei der Beschreibung der einzelnen Kapellen, der Säulenhallen etc. werden deren Name(n) genannt, teilweise auch die darin befindliche Dekoration kurz umrissen, sowie jeweils die genauen Ellenmaße der einzelnen Bauelemente angegeben. Gerade Letzteres hat schon viel Tinte fließen lassen, da die Maße des Tempels noch heute vor Ort nachgemessen werden können und so den Vergleich mit den im Text gebotenen Ellenmaßen erlauben. Dieser »Glücksfall für die Metrologie« hat einerseits zu einer ganzen Reihe von (seriösen) Überlegungen hinsichtlich des verwendeten Ellenmaßes geführt, 125) aber auch zu (esoterischen) Detektierungen von angeblich beim Bau verwendeten Proportionsregeln.126) Spekulationen haben zwar eine gewisse Berechtigung, da an anderer Stelle im Tempel die Maße von den Ägyptern selber schon symbolisch ausgedeutet wurden. 127) Trotzdem scheinen die meisten modernen Spekulationen in die Irre zu führen; 128) mit Sylvie Cauville und Didier Devauchelle kann als Minimalfazit zumindest festgestellt werden, daß die vom Text gegebenen Maße nahe an der Realität sind. 129) 125. Vgl. U. Girndt, Einige Untersuchungen zur altägyptischen Grundeinheit der Längenmessung, GM 151 (1996) 53-66; G. Schmitt, Zum ägyptischen Hohlmaßsystem, ZÄS 132 (2005) 68 f.; U. Fauerbach, Der große Pylon des Horus-Tempels von Edfu, Bamberg 2005 (online: http:// www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2009/221/), 201-211. 126. Vgl. etwa F. G. Röber, Beiträge zur Erforschung der geometrischen Grundformen in den alten Tempeln Aegyptens und deren Beziehung zur alten Naturerkenntnis, Dresden 1854, 17-26; G. Priskin, The dimensions of the naos at Dendera and Edfu, DE 43 (1999) 39-48 und dies., The dimensions of the Second Pyramid, DE 49 (2001) 53-70 (Priskins These: Die Abmessungen in Dendera und Edfu würden sich auf die Königskammer der Cheopspyramide und/oder auf die Höhe der Chephrenpyramide beziehen). 127. P. Barguet, Les dimensions du temple d’Edfou et leur signification, BSFE 72 (1975) 23-30; zuvor schon H. Brugsch, Bau und Maasse des Tempels von Edfu, ZÄS 9 (1871) 139-141. 128. Immerhin ist festzuhalten, daß die Breite des Naos zu dessen Länge sowohl in Edfu (63 auf 105 Ellen) als auch in Dendera (67 1 /5 auf 112 Ellen) im Verhältnis 3 : 5 angelegt ist, also approximativ dem Goldenen Schnitt angeglichen; vgl. hierzu C. Rossi, Architecture and Mathematics in Ancient Egypt, Cambridge 2004, 166-173. Der Naos wird in einer Passage (Edfu VI, 169, 1-3) als »Der-mit-meisterlichem-Ellenmaß« bezeichnet und Thot sagt: ›Ich bin hierher gekommen in meiner wahren Gestalt beim Begründen des Großen-Sitzes (= des Naos). Ich setze seine Länge auf das Vollkommenste fest und seine Breite ganz so, wie sie sein soll, so daß alle [seine] Ellenmaße der gesetzten Ordnung entsprechen‹ (vgl. hierzu auch D. Kurth, Visiones templi, in: K. Daoud et al. [Hg.], Studies in Honor of Ali Radwan II [CASAE 34], Kairo 2005, 118 f.) 129. Vgl. S. Cauville / D. Devauchelle, BIFAO 84 (1984) 23-34 und das Fazit (ebd., 34): »Quelques conjecturaux que soient les résultats auxquels nous sommes parvenus, quelque incohérences

113

Daniel Arpagaus

Abb. 1: Grundrißplan des Tempels von Edfu. 130)

Durchaus ernst zu nehmen sind andererseits die wiederholten Hinweise im Text, wonach die Anlage der Räume einer vorgegebenen Konzeption folgte (vgl. unten, 14,23), oder daß Dekoration und Bauanlage »so ihre Richtigkeit haben« (15,1; 15,6) und gemäß den »alten Schriften« ausgeführt wurde (12,2; 18,10; 19,3). Noch aufschlußreicher ist der Hinweis an anderer Stelle im Tempel, der Plan des Tempels sei nach que s’avèrent parfois les indications antiques, il apparaît à l’évidence que les mesures données par les textes serrent de bien près la réalité.« 130. Basierend auf U. Fauerbach, Der große Pylon, Abb. 3 – mit besten Dank an Ulrike Fauerbach für die Genehmigung, diesen Plan hier abbilden zu dürfen.

114

Texte aus Ägypten

dem »Buch von der Ordnung des Tempels« festgelegt worden. 131) Tatsächlich greifbar ist ein solches Werk im sog. Buch vom Tempel, einem »normativen Handbuch, das die Bauanlage und Organisation eines idealen ägyptischen Tempels darlegen will.« 132) Überliefert ist diese umfangreiche demotische Komposition in einer stattlichen Anzahl von leider meist sehr fragmentarisch erhaltenen Textzeugen, deren Publikation derzeit von Joachim Quack vorbereitet wird. 133) Vergleicht man die Baubeschreibung des »idealen Tempels« nach dem Buch vom Tempel mit der Baubeschreibung des Edfutempels gemäß der Großen Bauinschrift, so wird deutlich, daß das Layout des Tempels zumindest in den wesentlichen Teilen durchaus gemäß dieser Konzeption ausgeführt wurde. 134) Im folgenden wird auf einzelne im Plan angegebene Gebäudeteile (Abb. 1) mit 3 und der jeweiligen Nummer verwiesen. (11,3) Der Falke-der-Goldenen zeigte sich am Himmel als Behdeti, der Buntgefiederte. Nachdem er Besitz von seiner Stadt genommen und sich mit seinem Tempel vereinigt hatte, ließ sich (11,4) Seine Majestät auf seinem Thron nieder und besah sich die vortreffliche Arbeit, ein (wahres) Wunderwerk, das sein Sohn und Thronfolger errichtet hat, der König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios X.), (11,5) der Sohn des Re (Ptolemaios X. Alexander I.), geliebt von Horus Behdeti, dem großen Gott, dem Herrn (11,6) des Himmels, 135) Herr von Mesen, der Buntgefiederte, der aus dem Horizont hervorkommt, der edle Api, der den beiden Kapellenreihen (= die Tempel Ägyptens in toto) vorsteht, der große Gott, der größer ist 136) als alle Götter.

131. Edfu VI, 10, 10: ›(die Planung des Tempels erfolgte) wie es entspricht dem Buch der Ordnung des Tempels, das verfaßt hat der oberste Vorlesepriester Imhotep, der Große, der Sohn des Ptah.‹ Als Verfasser des Buches der Ordnung des Tempels wird hier der Weise Imhotep angeführt, das Alter des Werkes wird also (fiktiv) bis in die 3. Dynastie zurückdatiert; É. Chassinat, Une nouvelle mention du pseudo-architecte du temple d’Horus à Edfou, BIFAO 28 (1929) 1-10. Dieses Buch von der Ordnung des Tempels wird auch im Bücherkatalog von Edfu als Bestandteil der Tempelbibliothek geführt; vgl. A. Grimm, Altägyptische Tempelliteratur: Zur Gliederung und Funktion der Bücherkataloge von Edfu und et-Tôd, in: S. Schoske (Hg.), Akten des vierten Internationalen Ägyptologen-Kongresses 3 (SAK Beihefte 3), Hamburg 1989, 160. 132. J. F. Quack, Ein ägyptisches Handbuch des Tempels und seine griechische Übersetzung, ZPE 119 (1997) 299. 133. Vgl. zuletzt J. F. Quack, Die Theologisierung der bürokratischen Norm: Zur Baubeschreibung in Edfu im Vergleich zum Buch vom Tempel, in: R. Preys (Hg.), 7. Ägyptologische Tempeltagung: Structuring Religion, Wiesbaden 2009, 221-229 (dort 221 f. Anm. 3 die weiteren bisher erschienenen Vorberichte). 134. Vgl. J. F. Quack, Theologisierung, 225-227. Die erhaltenen Manuskripte des Buches vom Tempel datieren zwar allesamt in die Römerzeit, doch gibt es deutliche interne Hinweise, daß die Vorlagen schon aus der Zeit vor dem Baubeginn des Edfutempels stammen müssen (vgl. ebd., 229) und als Fazit kann somit stehen bleiben: »Der Bauabschnitt des Buches vom Tempel dürfte demjenigen, der die Baubeschreibung von Edfu konzipiert hat, vorgelegen haben und konkret genutzt worden sein.« (ebd.) 135. Die ganz herkömmliche Epithetakette zu Horus-von-Edfu, die ihn als ›den großen Gott, den Herrn des Himmels‹ qualifiziert, ist hier recht unkonventionell mittels Götterhieroglyphen geschrieben, die für sich genommen als die Götter Ihy, Hathor und Isis gelesen werden können. Auf zweiter Ebene werden so die neben Horus wichtigsten Götter des Pantheons von Edfu und Dendera »mitgenannt«. 136. Die Schreibung der Epitheta ›großer Gott, größer (als alle Götter)‹ ist für sich genommen auch als der Gottesname von Ihy-wer lesbar (vgl. etwa Dend. IV, 35, 13; 241, 1).

115

Daniel Arpagaus

Dieses schöne und große Monument (= die Umfassungsmauer 3 32) (11,7) umgibt seinen Tempel auf der Außenseite des Werkes seiner (= des Königs) Vorväter. Ihre (= der Umfassungsmauer) Länge beträgt 240 Ellen und ihre Breite 90 Ellen, von zuunterst bis zuoberst sind es (11,8) 20 Ellen und die Dicke ihrer Fundamente beträgt 5 Ellen. Dies sind die Monumente, die Seine Majestät geschaffen hat zusammen mit seinen Vorvätern, indem sie gleich dem Horizont des Himmels sind. (Im Folgenden nun) eine Auflistung ihrer Kapellen, (11,9) eine Aufstellung ihrer Hallen, eine Spezifikation ihrer Ellenmaße und ihrer (verschiedenartigen) Säulen, 137) eine Unterscheidung ihrer (einzelnen) Tordurchgänge, eine Definition ihrer Treppen, (12,1) eine Aufstellung der Anzahl ihrer Dachkapellen, eine Auflistung ihrer Türen, die sich darin öffnen zu jedem Ort hin, zu dem sie sich öffnen sollen, (und zu guter letzt) eine Spezifikation ihrer Mauern, (12,2) die auf das Vollkommenste dekoriert worden sind von Seiten der Meister (wörtl.: ›Chefhandwerker‹) des Lebenshauses. 138) Ihr ganzes Schmuckwerk ist gemäß den Schriften ausgeführt und ihr Soubassement 139) ist so wie es sich gehört. (12,3) Ihre zwei Himmelshälften sind alle mit Sternen ausgestattet, wobei Behdeti in ihrer Mitte in seiner vollkommenen Form des göttlichen Api erstrahlt, wobei seine beiden Uräen (12,4) seinen Schutz vollziehen. 140) Der Gott ist an seinem Platz, die Göttin ist an ihrer Position, 141) der König trägt seine Kronen, indem er seine Riten und seine Opfergaben (vollzieht). Die Götter sind in ihren Kapellen, 142) (12,5) die Götterneunheit 143) ist in ihrer Halle, 144) der Verborgene (Osi137. Der Begriff wh .w, ›Säulen‹ ist hier mit drei unterschiedlichen Säulentypen determiniert was auf die ganz ˘unterschiedlich gestalteten Säulen und Säulenkapitelle im Tempel verweisen mag. Tatsächlich sind die Kapitelle der 32 Säulen, die den großen Hof (3 38) umstehen, sehr vielseitig gestaltet; vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, 68 f. und Abb. 11. 138. Kaum zufällig ist bei dieser Passage die mehrfache Verwendung der Hieroglyphen von Pavian und Ibis, die Verkörperungen von Thot sind, dem Gott von Weisheit und Schrift und Patron aller Schriftkundigen. Zu den ›großen Handwerkern des Lebenshauses‹ vgl. M.-Th. DerchainUrtel, Priester im Tempel: die Rezeption der Theologie der Tempel von Edfu und Dendera in den Privatdokumenten aus ptolemäischer Zeit (GOF IV.19), Wiesbaden 1989, 180 f. 139. Wörtlich in etwa »Boden-Verbinder« (sm -s tw). D. Kurth, Edfou VII, 15 übersetzt: »Ihr Fußboden ist zusammengefügt?, so wie es sein¯ soll«, erwägt aber die Möglichkeit, ob nicht sm -s tw ein terminus technicus für den »Soubassement«-Bereich sein könnte (ebd., ¯ Eine Untersuchung von Alexandra von Lieven zu diesem selten belegten FachterAnm. 2). minus aus dem Bereich der Architektur ist in Vorbereitung (vgl. derweil dies., WZKM 98 (2008) 379). 140. Mit D. Kurth, Edfou VII, 15 Anm. 3 ist hier wohl spezifisch die Deckendekoration der Räume in der Mittelachse des Tempels beschrieben: Dort findet sich die geflügelte Sonnenscheibe mit , ›Behdeti in seiner vollkommenen Form des göttihren zwei Uräusschlangen ( lichen Api, wobei seine beiden Uräen seinen Schutz vollziehen‹), im Wechsel dargestellt mit den beiden Kronengöttinnen in Geiergestalt wobei in die freien Flächen Sterne als zusätzliche Dekorationselemente gesetzt sind. 141. In der folgenden Passage ist wohl kursorisch ein erster Durchgang durch den Tempel, vom Sanktuar her in Richtung des Eingangs, angesprochen. Mit dem Gott und der Göttin sind wohl Horus von Edfu und Hathor von Dendera, respektive deren Statuen im Sanktuar gemeint (so auch D. Kurth, Edfou VII, 15 Anm. 5; vgl. auch unten 13,1). 142. Hier sind aller Wahrscheinlichkeit nach die rings um das Sanktuar gelegenen Kapellen (3 110) und die darin verehrten Götter gemeint. 143. Die Götterneunheit bezeichnet die Gesamtheit aller Götter, die für eine bestimmte Räumlichkeit, einen geographischen Raum oder auch eine bestimmte Dekorationseinheit maßgeblich sind – es müssen darunter nicht zwingend neun Götter zu verstehen sein.

116

Texte aus Ägypten

ris) ist verborgen im Verborgenen-Ort und die Götter des Himmels sind an ihrer Position auf der Oberseite seines Horizontes. 145) Die Pfeil- und Messerdämonen 146) (12,6) verrichten ihre Pflicht, die Buchrollen sind, wie es sich gehört, an ihrem Platz, und alle Rituale (Ritualschriften) sind an dem Ort, wo sie hingehören. 147) Dies ist der Große-Sitz (12,7) des Re-Harachte, der Thronsitz des Beschützers-seines-Vaters (= Horus). Seine Länge beträgt 105 Ellen und seine Breite beträgt 63 Ellen. 148) O wie herrlich ist seine Höhe, (13,1) auf das Vortrefflichste erhaben mit 22 2⁄3 Ellen. Die Mesenet(-Kapelle) [3 1] liegt auf seiner Mittel(achse), indem es die erste Kapelle ist, der große Thronsessel des Buntgefiederten (= Horus). Die Göttin Maat ist zu seiner Seite als Hathor, die Große, in seinem geheimen (13,2) Naos, 149) der in ihrem Innern (= in Mesenet) ist. Ihre Länge beträgt 8 1⁄3 Ellen, ihre Breite 6 2⁄3. Ihre Wände sind dekoriert mit der Götterneunheit der Mesenet, genauso wie diejenigen Gestalten, die sich ihnen vis-à-vis gegenüber befinden. 150) (13,3) Die Schetit(-Kapelle) [3 2] liegt rechts 151) davon und ist versehen mit den Schutzgöttern, als (ihre Maße:) 7 5⁄6 auf 6 2⁄3 (Ellen). Das Haus-des-Fürsten [3 3] (= Osiris) ist daran anschließend und öffnet sich auf sie hin; (die Maße:) 6 2⁄3 (Ellen) auf (13,4) dasselbe

144. Die ›Halle der Götterneunheit‹ (Raum 3 12), vgl. unten 15,8-9. 145. Hier ist mit D. Kurth, Edfou VII, 15 Anm. 9-10 wohl an den (vertikalen) Raumzusammenhang zwischen unterirdischen Krypten, oberirdischer Wabet (Raum 3 15, vgl. unten 16,1) und Dachkapellen zu denken. Der ›Verborgene-Ort‹ wird die Krypte des Osiris bezeichnen, die über die Wabet zu erreichen ist. Die Dekoration der Decke in der Wabet zeigt übergroß die sich vorn überbeugende Himmelsgöttin Nut ( ) und mehrfach den Sonnengott Re in seiner Barke, die hier wohl als ›die Götter des Himmels an ihrer Position auf der Oberseite seines Horizontes‹ angesprochen werden. Zur Wabet vgl. F. Coppens, The wabet: tradition and innovation in temples of the ptolemaic and roman period, Prag 2007; zur Verbindung von Krypten, Wabet und Dachkapellen auch W. Waitkus, (MÄS 47) 265 ff. . Entweder ist hier das Zeichen des messerbewehrten Mannes ein Determi146. Geschrieben: nativ zu den Pfeildämonen, oder – eher wahrscheinlich – es sind zwei Dämonengruppen anzusetzen, einerseits Dämonen, die als personifizierte (Pest-)Pfeile aufgefaßt sind, und danach Messerdämonen; vgl. D. Kurth, Edfou VII, 15 Anm. 11. Beide Dämonengruppen haben die gleichen Kompetenzbereiche und verbreiten im Auftrag von Göttern Seuchen und Pest, vor allem während der unheilvollen Tage um den Jahreswechsel. 147. Vermutlich wird auf die kleine Handbibliothek des Tempels (Raum 3 30, vgl. unten 17,12) verwiesen. 148. Hier ist mit dem ›Großen Sitz‹ der eigentliche Naos gemeint, dessen modern nachgemessene Außenmaße (56,20 m Länge = 105 Ellen (bei 1 Elle = 0,535 m) auf 33,65 m Breite = 63 Ellen (bei 1 Elle = 0,534 m) sehr exakt mit den im Text angegebenen Zahlen übereinstimmten; vgl. S. Cauville / D. Devauchelle, BIFAO 84 (1984) 24. Unten in 15,3 wird mit dem ›Großen Sitz‹ dann nur das Sanktuar 3 11 bezeichnet. 149. Dieser Naos ist heute nicht mehr erhalten, es sind jedoch noch seine Grundrißlinien auf dem Fußboden der Mesenet-Kapelle zu erkennen (D. Kurth, Edfou VII, 16 Anm. 7). Die Parallele in Edfu IV, 5, 3 beschreibt den Naos als ›geheimen Schrein aus schwarzem Stein (= schwarzer Granit/Diorit).‹ 150. Wenn die Passage so richtig verstanden ist, dann könnte ausgedrückt sein, daß die Dekoration der Wände der Mesenet-Kapelle derjenigen des Naos (von dessen Außenwänden?) angeglichen war. Zur Wanddekoration und den darauf vorkommenden Göttern vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pls. 294-298. 151. Vom Eingang des Tempels aus gesehen eigentlich links, nach ägyptischem Verständnis der Himmelsrichtungen ist die rechte Seite jedoch immer die westliche Seite!

117

Daniel Arpagaus

(Maß). Das Innere-der-Schetit [3 4] 152) liegt in ihrem (= der Schetit) Südwesten, alle vier Seiten 8 Ellen (messend). Dieses 153) sind die Paläste des ›Pfeilers‹ (= Osiris) in Behedet (Edfu). 154) Seine Abbilder sind reliefiert (13,5) auf ihre Kammerwände. Die Beiden Klagefrauen, die Beiden Trauernden, die Beiden Schwestern schützen ihn und diese beiden Milanweibchen Isis und Nephthys (13,6) verklären seinen Ka. 155) Die vier Asbet-Göttinnen (›die Flammenden‹) schützen die Bahre, 156) die vier Anubis-Götter – die vier Torwächter der Unterwelt – umhüllen(?) 157) [5 Schriftquadrate verloren] die Götter-mit-stechenden-Augen. 158) Die Götter der Unterwelt, die keinem Gau ermangeln, 159) (13,7) sind vereint beim Vollzug seines (= Osiris’) Schutzes. 160) Horus-der-Beschützer-seines-Vaters wirkt als sein (= des Osiris) Schutz 161) und Thot, der Große, rezitiert für ihn die Ritualsprüche. 162) Die Götter von Behedet (Edfu 163)), (14,1) die Kinder des Harachte, die lebende Ba-Seele des Re inmitten seiner Sprößlinge 164) und die unterweltlichen Götter des jeweiligen Gaues 165) – sie (alle) sind an ihren Plätzen beim Wachehalten über ihm. 152. Andernorts (Edfu I, 181-182) kann mit dem ›Innern der Schetit‹ auch das Ensemble der drei osirianischen Kapellen 3 2-4 bezeichnet werden; vgl. S. Cauville, La théologie d’Osiris, 10. 153. Gemeint ist das Ensemble der Räume 3 2-4. 154. Zur Bedeutung des Osiris in Edfu siehe die Arbeit von S. Cauville, La théologie d’Osiris, bes. 197. 155. Isis und Nephthys, die Schwestern des Osiris, sind für dessen Totenklage zuständig. Hier werden sie in mehrfacher Bezeichnung (›die Beiden Klagefrauen‹, ›die Beiden Trauernden‹, ›die Beiden Milanweibchen‹) angesprochen – im Bild dargestellt sind Göttinnen im Gestus der Totenklage auf der Westwand der Kammer 3 2, im 4. Register; vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pl. 281. 156. Die Schreibung im Text zeigt die vier Asbet-Göttinnen als Nilpferdgestalten, die in symmetrischer Anordnung die Bahre umstehen, unter der das Zeichen für »Schutz« platziert ist. Im Bild sind ›die Flammenden‹ auf der Westwand der Kammer 3 2 im 3. Register dargestellt, ebenso als vier aufrecht stehende Nilpferdgöttinnen, die eine Fackel in der Hand tragen; vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pl. 281. 157. Dargestellt sind die vier Anubis-Götter auf der Ostwand der Kammer 3 2, im 2. Register; vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pl. 282. Sie bringen dort Stoffstreifen vor den thronenden Osiris, mit denen dieser bei seiner Mumifikation einbandagiert werden sollte. 158. Hier abgekürzt geschrieben: , wörtlich in etwa ›Deren-Augen-Messer-sind‹. Dargestellt sind diese Schutzgötter im 2. Register der Nordwand von Kammer 3 2 als acht menschengestaltige Wesen, die mit einem Schlangenstab und einer Keule ausgestattet sind; vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pl. 284. Dort werden die Götter in der Beischrift als ›Götter, deren Augen Messer sind […] Herren über die Messer, die vom Blutbad leben‹ (Edfu I, 189, 9-10) bezeichnet. 159. J. F. Quack, Theologisierung, 223 verweist auf die parallelen Formulierungen im Buch vom Tempel, wo es im Demotischen heißt: »die unterweltlichen Götter, die in keinem Gau fehlen«. 160. Wiederum sind Schutzgötter angesprochen, hier in diesem Falle wohl die Genien, die den 42 Gauen Ägyptens zugeordnet sind und an der Südwand der Kammer 3 2 im dritten und vierten Register dargestellt werden; vgl. É. Chassinat, Edfou XI, pl. 280. 161. Oder vielleicht auch zu lesen als: »Horus schützt seinen Vater, Min ist sein Schutz«; so J. F. Quack, ZDMG 160 (2010) 464. 162. Vgl. hier M. A. Stadler, Weiser und Wesir: Studien zu Vorkommen, Rolle und Wesen des Gottes Thot im ägyptischen Totenbuch, Orientalische Religionen in der Antike 1, Tübingen 2009, 178 f. 163. Hier wird Behedet die Nekropole der Urgötter bezeichnen, die im Südwesten der Stadt Edfu zu lokalisieren ist; vgl. oben Anm. 17. 164. Eine Götterliste in der Schetit-Kapelle (Raum 3 2) listet den ›Ba des Re‹ neben den Bas von Osiris, Schu und Chepri auf (Edfu I, 182-183; vgl. S. Cauville, La théologie d’Osiris, 6-8). Des

118

Texte aus Ägypten

(Die Kapelle namens) der Thron-(14,2) -der-Götter [3 5] und das Haus-des-Stoffes [3 6], die ein Inventar (der Götter) des Gaues enthalten, 166) sind (jeweils) ein Raumgeviert von 8 Ellen (Seitenlänge). In Summe sind es [5] Räume, die [rechts von ihr (= der MesenetKapelle) sind 167)], so wie es (die Konzeption) (14,3) seit der Urzeit ist. 168) Das Haus-des-Beines [3 7] zu ihrer (= Mesenets) Linken gehört dem Chonsu von Behedet. Das Sanktuar-der-Hathor [3 8] [liegt] links davon und dient als sein Magazinraum. (14,4) Der Ort-des-Ersten-Festes ist oberhalb von ihm gelegen, seine Fassade nach Süden gewendet 169) [… … .] beschriftet mit den Ritualen des Ortes-des-Ersten-Festes. [4 Schriftquadrate verloren] … (14,5) ihre Gestalten als Götterneunheit dieses Gaues. 170) Behedet [3 10] liegt zu seiner Linken und trägt das Götterbild der Mehit 171) und der Götterneunheit, welche über Osiris wacht. (14,6) Schu ist (dort präsent) als Nordwind (Mehit), um sich mit seinen (= Osiris’) Nasenlöchern zu vereinen, so wie es seine Art ist im Horizont-der-Ewigkeit (= dem Grab). 172) Und auch Tefnut (ist präsent) als Flamme, um (14,7) seine (= Osiris’) Feinde zu verbrennen, 173) so wie sie es in Areq-Heh 174) macht,

165. 166.

167. 168. 169. 170. 171.

172.

173.

174.

Weiteren ist ›lebender Ba des Re‹ in Edfu aber auch noch die Bezeichnung des lebenden heiligen Falken, der im Tempelbereich gehalten wurde (bspw. Edfu VIII, 110, 1; vgl. D. Kessler, Die heiligen Tiere und der König, 9). Die Lesung der Stelle erfolgt nach dem Vorschlag von J. F. Quack, Theologisierung, 222, der auf ganz ähnlich gelagerte Formulierungen im Buch vom Tempel verweist. Die Parallele in Edfu IV, 5, 6 schreibt von den drei Kammern 3 4-6: ›ihre (gravierten) Götterbilder sind gemäß der Inventur des Gaues gestaltet‹. Wiederum im Buch vom Tempel findet sich im Anschluß an die Baubeschreibung eines (ptolemäischen) Idealtempels eine ausführliche Götterliste, bei der die Götter einzelnen Kapellen des Tempels zugeordnet werden, wobei auch auf gauspezifische Belange Rücksicht genommen wird; vgl. J. F. Quack, ZPE 119 (1997) 299. Solche Listen mit Göttern die den Kapellen zugeteilt werden, finden sich auch im Tempel von Edfu selber; vgl. S. Cauville, La théologie d’Osiris, 6-8. Die hier zerstörten Passagen können mit Hilfe der Textparallele in Edfu IV, 5, 6-7 ergänzt werden. Diese »kanonische« Anzahl Räume wird auch bereits im Buch vom Tempel festgelegt: »fünf Schreine zur Rechten, vier zur Linken«; vgl. J. F. Quack, Theologisierung, 224. Gemeint ist hier der Kiosk auf dem Dach des Tempels. In der lückenhaften Passage muß der Raum 3 9 namens ›der Thron des Re‹ genannt gewesen sein. Die Parallele in Edfu IV, 5, 8 formuliert ›der Thronsitz-des-Re ist zu seiner (= des Sanktuars-der-Hathor) Seite, südlich von ihm.‹ Die Göttin Mehit ist im Raum 3 10 einerseits als löwenköpfige Göttin dargestellt und andererseits in der ihr zugewiesenen Barke präsent; vgl. É. Chassinat, Edfou IX, pl. 30a. Zur Göttin Mehit und ihrer Rolle in Edfu ausführlich: S. Cauville, L’hymne à Mehyt à Edfou, BIFAO 82 (1982) 105-125. Die göttlichen Geschwister Schu und Tefnut treten des Öfteren gemeinsam auf, wenn es darum geht, sich um den (toten) Osiris zu kümmern. Etwa zeigen die Texte des pLouvre 3079 sie in der gleichen Rollenverteilung wie hier: Schu als Spender des Lebensodems (in Form des »süßen Nordwindes«) und Tefnut als die Feinde verzehrende Flamme; vgl. J.-Cl. Goyon, Le cérémonial de glorification d’Osiris du papyrus du Louvre I. 3079 (colonnes 110 à 112), BIFAO 65 (1967) 102 f. Eine vergleichbare Passage findet sich noch im Papyrus Salt 825; Schu erscheint dort in der Gestalt eines Greifvogel-Flügels und fächelt der Nase des Osiris Wind (Atemluft) zu, Tefnut dagegen wirkt als Flamme gegen die Feinde jedoch als Nordwind für Osiris’ Nase; vgl. Ph. Derchain, Le papyrus Salt 825 (B.M. 10051), Brüssel 1965, 140. Areq-Heh ist der Name eines Schreins oder eines heiligen Bezirkes, in dem die Mumie des Osiris lokalisiert wurde; vgl. M. Smith, The Liturgy of Opening the Mouth for Breathing, Oxford 1993, 39. Das paradigmatische Areq-Heh ist die Nekropole von Abydos, der wichtig-

119

Daniel Arpagaus

wo sie als Menet 175) agiert, das Auge-des-Re, mit furchteinflößender Pupille, Sachmet, 176) die Große, die Herrin (15,1) aller Sachmets [6 Schriftquadrate verloren]. In Summe: 4 Kapellen links von ihr (= der Mesenet-Kapelle), 177) so wie es seine Richtigkeit hat, (15,2) ihre Ellen(maße) sind wie die der (Kapellen) vis-à-vis. 178) Alle ihre Türen öffnen sich auf einen Korridor von 3 5⁄6 Ellen (Breite) hin. Die ›Dauerhaften‹, die (göttlichen) Ahnen und die Götterneunheit (15,3) des Gaues sind auf allen Wänden, die sich darin befinden. 179) Der Große-Sitz [3 11], der inmitten von ihnen (= den Kapellen) liegt, wobei dieser (erwähnte) Korridor rings um ihn herumführt, (mißt) 19 5⁄6 (15,4) auf 10 1⁄3 Ellen. Die Pforten des Korridors befinden sich auf dessen rechter und linker Seite, um Zugang zu gewähren zu den Kapellen, die rund um ihn herum sind. Die Barke ›Die-Schönheit-Emporhebende‹ 180) (15,5) des Buntgefiederten, sein edler Schrein, der neben ihr ruht, und sein großer Naos aus schwarzem Stein (= schwarzer Granit/Diorit), der ihnen zur Seite ist – das sind Wunderdinge, wenn man ihrer ansichtig wird. 181) Sein Sitz-der-Vogelkralle (15,6) am Himmel, seine Wohnstätte auf Erden und sein Thronsitz im Innern des Himmels (= des Tempels) 182) sind graviert mit der Götter-

175.

176.

177. 178. 179.

180. 181.

182.

120

ste Kultort des Osiris, wo auch dessen Grab lokalisiert wurde (spezifisch wurde das Grab des frühzeitlichen Königs Djer als das Grab des Osiris angesehen). Menet / Mentyt wird meist – wie hier – als löwengestaltige Göttin gezeigt und öfters auch mit Mehit identifiziert. Im Papyrus Salt 825 erscheint Menet etwa als flammenspeiende Löwin ), bei der aber die Beischrift ›das Spenden des Nordwindes an seine (= Osiris’) Nase‹ ( beigeschrieben steht; vgl. Ph. Derchain, Le papyrus Salt 825, 145 und Fig. 19. Sogar Amun kann als hs (.w)-dfd, ›mit furchteinflößender Iris‹ beschrieben sein (im Totenbuchspruch ¯ ˙ Klotz, ¯Adoration 163; vgl. D. of the Ram, 177 mit Anm. 14). Vgl. É. Chassinat, Edfou IX, pl. 30a: Sachmet ist im 2. Register der Südwand als löwenköpfige Göttin gezeigt, vor ihr thronen die ebenfalls löwenköpfigen Göttinnen Menet, Mehit und Tefnut, hinter ihr die Göttin Nephthys mit Schlangenkopf, deren Erwähnung wohl in der Textlücke gestanden hat (so: D. Kurth, Edfou VII, 19 Anm. 13). Hier ist das Total der zuvor besprochenen Räume 3 7-10 gemeint. Also gleich wie die der Räume 3 2-5. Das ist wohl als zusammenfassende Erklärung all der verschiedenen Götterdarstellungen zu verstehen, die auf den Korridorwänden zu finden sind. Eine gewisse geographische Ordnung, die an die Formulierung ›Neunheit des Gaues‹ erinnert, ist bei den Götterdarstellungen der Nordwand im Korridor zu erkennen; vgl. S. Cauville, La théologie d’Osiris, 64. Vgl. hierzu oben 8,5. Von den drei aufgezählten Dingen, die sich ursprünglich im Sanktuar befanden, steht vor Ort heute noch der originale Granitnaos aus der Zeit von Nektanebos II. und eine moderne Nachbildung der Prozessionsbarke. Der ›edle Schrein‹ war portabel, wie es auch die Tragestange im Determinativ des Wortes andeutet und bestand nach anderen Textstellen (Edfu VIII, 93, 11; 72,3) aus Elektrum und Silber. K. Konrad, Architektur und Theologie: Pharaonische Tempelterminologie unter Berücksichtigung königsideologischer Aspekte, Wiesbaden 2006, 26 weist auf den sicher reizvollen Kontrast hin, wenn sich portabler Schrein (und Götterkultbild aus Edelmetall) im polierten Schwarz des Granitnaos in glänzenden Reflexionen spiegelten (kritisch zu Konrad aber C. Leitz, WdO 38 [2008] 237). Nach D. Kurth, Edfou VII, 20 Anm. 8 handelt es sich hier um drei Bezeichnungen des Sanktuars, die sich auf die Funktionen der vorher genannten Prozessionsbarke, den Schrein und den Steinnaos beziehen: ›Sitz-der-Kralle im Himmel‹ gilt der Barke, mit der der Himmel durchfahren wird, ›Wohnstätte auf Erden‹ meint den tragbaren Schrein und ›Thronsitz im Innern des Himmels‹ (= des Tempels) bezieht sich auf den immobilen Naos aus Granit. In anderen Textpassagen kann sich ›Sitz-der-Vogelkralle‹ auf verschiedene Lokalitäten (im Tempel) beziehen, in denen sich Horus-von-Edfu (in seiner Falkengestalt) niederlassen kann – etwa auch auf den Pylon; vgl. W. Waitkus, Statuen auf Konsolen? – Zur Bedeutung einiger

Texte aus Ägypten

neunheit des jeweiligen Gaues, so wie es seine Richtigkeit hat (15,7) für jeden Gott. Zu ihm (= dem Sanktuar) gehören (die Rituale) ›Enthüllen des Gesichtes des Gottes‹ 183) ›Darbringen der Maat für den, der sie schuf‹ 184) und ›Weihrauch abbrennen für die Barke Die-Schönheit-Emporhebende‹. 185) Die Mittelhalle [3 12] befindet sich außerhalb davon (= vom Naos), (15,8) ›Platz-an-demes-sich-die-Götter-bequem-machen‹ und ›Haus-das-Heldentaten-gebiert‹ wird sie genannt. 186) Ihre Längenausdehnung beträgt 23 2⁄3 Ellen und ihre Breite 9 Ellen. (15,9) Darin gibt es (tragbare) Schreine für die Götter, die von lobenswerter Schönheit sind, und die Götterneunheit von Mesen (Edfu) ist auf ihren Wänden (dargestellt). Das Haus-des-Min [3 13] liegt rechts davon, seine vier Seiten (16,1) (messen jeweils) 8 (Ellen). 187) Der Gott Min befindet sich darin mit seinen Kronen und in seinen Ritualen (= Ritualszenen). 188) Der-(Hof-des)-Opferaltars-der-Speisen [3 14] 189) liegt links von ihr (= der Mittelhalle) und in ihm liegt seine Wabet [3 15] 190) – die vier Seiten (16,2) (sind bei beiden Räumen jeweils) 8 191) Ellen lang. (Die Rituale hier sind:) Das Darbringen von Salbe, 192) Stof-

183.

184. 185. 186.

187. 188. 189.

190. 191. 192.

ungewöhnlicher Architekturelemente am großen Pylonen von Edfu, in: D. Kurth (Hg.), Edfu: Bericht über drei Surveys; Materialien und Studien (Edfu Begleithefte 5), Wiesbaden 1999, 174 mit Anm. 65. Die betreffende Szene im Sanktuar ist publiziert als Edfu I, 40, 16 ff.; die Abbildung dieser Ritualszene findet sich bei É. Chassinat, Edfou IX, pl. 11. Das Ritual wn-hr, ›Enthüllen des ˙ Gottes durchGesichtes‹ meint das Öffnen des Naos anläßlich der täglichen, am Kultbild des geführten Rituale; vgl. hierzu zuletzt H. Hussy, Die Epiphanie und Erneuerung der Macht Gottes, Studien zu den Ritualszenen altägyptischer Tempel 5, Dettelbach 2007, 16 f. Für dieses Ritual finden sich auf dem Naos zwei Belege, vgl. die Texte in Edfu I, 28, 18 ff. und Edfu I, 43, 6 ff. (Darstellung der einen Szene in É. Chassinat, Edfou IX, pl. 12). Texte in Edfu I, 28, 7 ff. (nur zum Teil sichtbar, da vom Granitnaos verdeckt), Bild dazu bei É. Chassinat, Edfou IX, pl. 13 b. Zur Mittelhalle vgl. A. Gaber, The Central Hall in the Egyptian Temples of the Ptolemaic Period, Diss. Durham 2009 (online: http://etheses.dur.ac.uk/88/). Im Unterschied zur Bezeichnung ›Mittelhalle‹, die eine reine Lagebezeichnung ist, hängt der Name ›Platz-an-dem-es-sichdie-Götter-bequem-machen‹ mit der Funktion der Halle zusammen, weil dort portable Götterschreine zu bestimmten liturgischen Anlässen Halt machten. ›Haus-das-Heldentatengebiert‹ ist eine Bezeichnung, die auf eine bestimmte mythologische Begebenheit rekurriert (vgl. ebd., 34 ff.). An anderer Stelle im Tempel (Edfu VI, 8, 6) wird eine solche mythologische Episode erwähnt, wenn es heißt: ›Re kam zu seinem Haus-das-die-Heldenhaftigkeit-gebiert als die Feinde gegen ihn konspirierten (w w ) in Wawat (Unternubien).‹ Die Schreibung für das Zahlwort »8« mit der Hieroglyphe Gardiner I95 ( ), die einem großen »X« ähnelt, verweist auf visueller Ebene auf die quadratische Anlage des Raumes mit vier gleich langen Seiten. Vgl. hierzu É. Chassinat, Edfou IX, pl. 33a und b. An den Wänden findet sich hier entsprechend auch die Darstellung des ›großen Opfers‹, einer umfassenden Präsentation von Nahrungsmitteln; vgl. Edfu I, 438, 12-439, 1 und 443, 12-444, 8 (Texte) und É. Chassinat, Edfou IX, pl. 34 (Szene). Im Tempel von Schenhur hat man in dem entsprechenden Raum tatsächlich noch einen Altar finden können, auf dem mutmaßlich die Nahrungsmittelspende stattfand; vgl. F. Coppens, The Wabet and New Year’s Court of the Temple of Shenhur, GM 171 (1999) 88. Dieser Raum liegt zwar an Raum 3 14 angrenzend, nach ägyptischem Verständnis aber »im« Raum 3 14, da der Raum 3 15 wiederum eine »Mittelsaal«-Funktion inne hat. Zur Wabet (wörtl. ›der Reine Ort‹) vgl. F. Coppens, The wabet, Prag 2007. Die Zahlenangabe ist zerstört, die Maßangabe von 8 Ellen kann aber aufgrund der Parallele des Textes in Edfu IV, 6, 2-3 erschlossen werden. Dies ist in der Wabet dargestellt in der Ritualszene É. Chassinat, Edfou XII, pl. 342. Zur Sze-

121

Daniel Arpagaus

fen 193) und Schutzamuletten, 194) um die Gottheit in ihren Schmuckornat einzukleiden, (sowie) das Reinigen Seiner Majestät mit seinen Kügelchen (von Natron) (16,3) und (mittels) seiner Nemset-Krüge, 195) damit sich seine Ba-Seele mit seinem Götterbild vereine. Der Himmel (= die Decke) ist hier seinem Herrn und dessen Erscheinungsformen zugeeignet: Re ist ausgestattet mit seiner Wja-Barke in der Mittagszeit, während die Mesketet-Barke (16,4) in der Morgenfrühe und die Mandjet-Barke in der Nacht den Chepri, respektive den Atum tragen im Tagesverlauf. 196) Der König, er preist seinen (= Re’s) Ka, (16,5) preist seinen Ba, schlachtet seine Feinde ab und beliefert sein Tempelhaus mit Brot, Fleisch und Bier. Davor befindet sich der Saal-des-Opfertisches [3 16] mit (einer Länge) von 25 Ellen und einer Breite von 8 Ellen. (16,6) Eingraviert sind auf seiner Innenseite das Ritual des Opferdienstes und alle Ritualvorschriften, die hierfür vorgesehen sind. Zwei Treppenaufgänge befinden sich auf der West- und Ostseite um über sie hinauf- und hinabzusteigen. 197) Hinaus (auf das Dach) geht (16,7) dieser Gott auf der östlichen Treppe mit seiner Uräusschlange, der Großen, um seine Sonnenscheibe zu sehen – die Götterneunheit ist dabei in seinem Gefolge – (16,8) um sich mit seinem Ba zu vereinigen am Tage des Neujahrsfestes. 198) Er steigt (wieder) herunter und betritt sein Sanktuar über die rechte Treppe, im Westen, indem seine große Umringlerschlange, die Herrin von Dendera, (17,1) ihm zur Seite steht, zusammen mit seiner Neunheit, (alle) an ihren (zugedachten) Plätzen. Er kehrt (somit) in Frieden zurück und läßt sich (wieder) in seinem Horizont (= dem Tempel) nieder indem er den Parcours wiederholt 199) zusammen mit ihnen, bis in Ewigkeit.

193. 194. 195. 196. 197. 198.

199.

122

nenverteilung in der Wabet vgl. auch H. Hussy, Epiphanie und Erneuerung, 179 f. (Taf. XI und XII). Die Übergabe von Stoffen ist mehrfach in der Wabet dargestellt, vgl. etwa É. Chassinat, Edfou XII, pl. 336-7, 341, 347, daneben wird auch noch das Einkleiden des Gottes gezeigt (ebd., pl. 346). Ein Halskragen mit mehreren daran angebrachter Schutzamulette wird überreicht in der Ritualszene É. Chassinat, Edfou XII, pl. 343; eine weitere Szene der Übergabe eines Halskragens, der ebenfalls zum Schutz gedacht ist, findet sich ebd., pl. 348. Zur Dekoration der Wabet vgl. F. Coppens, The wabet, Prag 2007, 151 Tab. XI. Die Reinigung mit Natron (bd) und den Nms.t-Krügen hat innerhalb der Wanddekoration in der Tat einen hohen Stellenwert. Vgl. zur Deckendekoration der Wabet É. Chassinat, Edfou IX, pl. 303c. Die beiden Begriffe für das Hinaufgehen und das Hinabsteigen sind bewußt gewählt, um auf den Sonnengott zu rekurrieren, da mit ihnen üblicherweise auch der Auf- und Untergang der Sonne bezeichnet wird. Hier wird auf ein rituelles Geschehen Bezug genommen, das in den Texten sonst meist als h nm-jtn, ›Vereinigung mit der Sonnenscheibe‹ bezeichnet wird: Dabei wird die Götterstatue ¯auf das Dach des Tempels getragen und der Sonnenstrahlung ausgesetzt, so daß sie neu »aufgeladen« und belebt wird. Dies scheint man vornehmlich am Neujahrstag praktiziert zu haben, teilweise aber auch zu anderen Zeitpunkten, wenn etwa Götterstatuen für besondere Feste erst »aktiviert« werden mußten. Vgl. hierzu etwa W. Waitkus, Zum funktionalen Zusammenhang von Krypta, Wabet und Goldhaus, in: D. Kurth (Hg.), 3. Ägyptologische Tempeltagung: Systeme und Programme der ägyptischen Tempeldekoration (ÄAT 33.1), Wiesbaden 1995, 286 ff.; Ph. Germond, Sekhmet et la protection du monde, Ægyptiaca Helvetica 9, Basel / Genf 1981, 196-199; 209-212. Wörtl.: ›beim Umwenden seiner Hand‹, wobei aber hier eine wörtliche Übersetzung fast unmöglich ist (vgl. S. Cauville, BIFAO 90 [1990] 107 Anm. 21). D. Kurth, Edfou VII, 23 mit Anm. 1 übersetzt »indem er seinen Umlauf vollzieht«. Das sich schlaufenartig windende De-

Texte aus Ägypten (17,2) Das

westliche Treppenhaus [3 17] mißt 60 auf 2 (Ellen), 200) das östliche Treppenhaus [3 18] mißt 10 auf 8 (Ellen). Ein kleiner Türdurchgang [3 19] befindet sich darin (im östlichen Treppenhaus), der sich auf seine Wabet öffnet, 201) und gesamthaft sind darin drei Türen. 202) Ein Raum [3 20] (17,3) ist auf seiner (= des Raumes 3 16) Westseite, der 10 auf 9 (Ellen) mißt – die westliche Treppe öffnet sich zu ihm hin. Die Große-Halle [3 21] befindet sich vor ihm (= vor Raum 3 16) und hat 12 Säulen, große Trägerstützen (sind das), grandios anzusehen! Ihre (= der Halle) Längenausdehnung (17,4) beträgt 37 (Ellen), ihre Breite 26, und ihre Wände sind auf das Vollkommenste dekoriert. Diese Halle heißt ›Platz-des-sich-in-Herzenslust-Ergehens‹ 203) mit Namen, (auch) ›Ort-des-Herzensnutzens‹ sagt man als ihr Name, (17,5) (sowie noch) ›die-Stättedes-Lustwandelns-von-Re-und-Horus‹ 204), da sie dem Chemmis ihres Kindes gleicht. 205) Es gibt eine Kammer [3 22] auf ihrer rechten Seite, 10 auf 4 (Ellen) messend, vollständig mit (17,6) der Arbeit des Herrn-des-Laboratoriums (dekoriert). 206) Ein Mittelraum [3 23] 207) liegt südlich davon, 13 1 /2 (Ellen) auf eine Breite von 4 Ellen messend, seine Tür öffnet sich auf diese Halle (= die Große-Halle) hin, und es ist auch (der Raum, durch den) man hindurch passiert zum Ambulatorium-(17,7) der-Reinheit [3 24]. Seine Mauern sind beschriftet mit (den Ritualszenen) ›Darbringen der Libation‹ und den ›Sprüchen zur reichlichen Ausstaffierung der Wassergefäße‹. 208)

200. 201. 202. 203. 204.

205.

206. 207.

208.

terminativ von wdb ( ) mag auf einer schriftbildlichen Ebene den Parcours zusammen¯ fassen. Die Zahl ist zerstört, Ergänzung mit D. Kurth, Edfou VII, 23 Anm. 3 anhand des Tempelplans. Der Durchgang 3 19 geht zwar auf den Raum 3 15 (Der-(Hof-des)-Opferaltars-der-Speisen) hin, jedoch bilden die beiden Räume 3 15 und 3 14 (die Wabet) nach ägyptischer Auffassung eine Einheit (vgl. oben Anm. zu 16,1). Das sind der zuvor genannte Durchgang zu Raum 3 14 und dann die weiteren Türdurchgänge zu Raum 3 16 und Raum 3 21. Sˇms-jb, (wörtl.: ›Platz-des-Folgens-des-Herzens‹, dazu D. Lorton, The Expression Sˇms-ib, JARCE 7 (1968) 41-54, bes. 52 f. Wörtl. ›Stätte-des-Durchstreifens-der-Deltasümpfe-des-Re-und-Horus‹. Zum Ausdruck ›die Deltasümpfe durchstreifen‹, der im Sinne von ›sich eine gute Zeit machen, herumtollen‹ zu verstehen ist, vgl. Ph. Derchain, De la véracité d’Hérodote, Enchoria 27 (2001) 198 f. und zuletzt D. Klotz, The Cult-Topographical Text of Qasr el-Zayyan, RdÉ 60 (2009) 27-30. Chemmis im Nildelta galt als der Geburtsort des Horus(falkens): Im dichten Papyrusdickicht des Deltas um Chemmis war das Horuskind geschützt vor Nachstellungen durch die Feinde, vor allem durch Seth; vgl. etwa A. B. Lloyd, Herodotus, Book II: Commentary 99-182, Leiden / New York / Köln 2 1993, 142 ff.; D. Meeks, Mythes et légendes du Delta d’après le papyrus Brooklyn 47.218.84 (MIFAO 125), Kairo 2006, 304 f. Die Halle mit ihren 12 Papyrussäulen lieferte das optische Analogon zum von Papyrusstauden umgebenen Nest des Horus in Chemmis (vgl. auch unten in 18,8 derselbe Vergleich beim offenen Hof und seiner Kolonnade aus 32 Säulen). Diese Kammer 3 22 hat als Laboratorium (Salbenküche, Kosmetiklabor) fungiert. Dieser Raum diente der (zeitweiligen) Aufnahme und der Weiterleitung des aus dem »reinen Brunnen« (s. unten 18,4) geschöpften Wassers. Dieses Libationswasser wurde dazu über den recht umständlich anmutenden Umweg über das ›Ambulatorium-der-Reinheit‹ im Gegenuhrzeigersinn um den halben Tempel getragen, bevor es in diesen Raum 3 23 gelangte. Zielpunkt war aber dann der Saal-des-Opfertisches (Raum 3 16), wo dreimal täglich Libationen stattfanden und das Wasser in ein Becken mit Namen ›Stets-voll-mit-Urwasser‹ (Edfu II, 144, 4-5) gegossen wurde; vgl. hierzu D. Kurth, Treffpunkt der Götter, 111-113. Vgl. dazu É. Chassinat, Edfou XII, pl. 403: dort bringt der König einen Gefäßständer mit verschiedenen Libationsgefäßen; in weiteren Szenen (pl. 404 ff.) finden sich zusätzliche Ritua-

123

Daniel Arpagaus

Es folgt nun was allem diesem (17,8) gegenüber auf ihrer (= der Großen-Halle) linken Seite liegt: Eine weitere Tür des Treppenhauses [3 25], die sich zu diesem hin öffnet, um Zutritt zum Dach des Tempelhauses zu gewähren, um (dort) die Kleidung erstrahlen zu lassen 209) und zu all seinen (= des Daches) Kapellen gehen zu können. (17,9) Südlich davon ist der Durchgang zu einem Mittelraum [3 26], der sich auf den Umgang hin öffnet, wie auf der rechten Seite. Er (= der Raum 3 26) hat die vollkommenen Ellenmaße von 7 auf 4 (Ellen) und enthält alle Rituale für (17,10) das ›Darbringen der (Nahrungsmittel-)Opfer‹. Das Schatzhaus [3 27] liegt im Süden (angrenzend) und öffnet sich zu ihm (= dem Raum 3 26) hin, es mißt 11 auf 4 Ellen. Es ist das der Vollkommene-Sitz für Gold, Silber, Edelsteine und die Schutzamulette. Nach ihr (= der Großen Halle) folgt der Pronaos [3 28], (17,11) der höher ist als diese (bisher genannten Räume), und der auch größer ist als sie auf der rechten und linken Seite. 210) Seine Langseite mißt 75(?) Ellen, seine Breite beträgt 36 Ellen 211) und von zuunterst bis zuoberst sind es (17,12) 30 Ellen (in der Höhe). Er ist im Innern auf das Vollkommenste reliefiert. Das Morgenhaus 212) [3 29] und die Tempelbibliothek 213) [3 30] liegen auf seiner rechten respektive linken Seite und es gibt eine kleine Tür [3 31] in ihm nach Osten hin. Es tragen 18 vollkommene Trägerstützen [den Horizont? (= das Dach)], (18,1) gleich wie der Himmel (?) gestützt wird, der den (geflügelten) Skarabäus enthält. Dieser Umgang, der in Reinheit um diese (genannten Bauteile) herumführt, liegt innerhalb der Mauer [3 32], (18,2) die verbunden ist mit den Pylontürmen [3 33]. Seine (= des Umgangs) Länge beträgt 113 Ellen 214) und seine Breite 90 Ellen. 215) (Er führt) bis hin zu

209.

210. 211.

212. 213. 214. 215.

124

le um die Wassergefäße, vor allem sind allerlei Libationsszenen dargestellt, so daß dies mit Fug und Recht als das Thema dieser Kammer bezeichnet werden kann. Das Geschehen auf dem Dach des Tempels steht wohl im Zusammenhang mit dem Ritualgeschehen h nm-jtn, ›Vereinigung mit der Sonnenscheibe‹ ; vgl. dazu oben Anm. zu 16,8. Die ¯ leuchtend(-weiße) Kleidung der Götterstatue erstrahlt im Sonnenlicht, es überträgt sich so Sonnenenergie auf die Statue. Gleichsam bedeutet das ›Bekleiden des Himmels‹, daß die Sonne in einem wolkenlosen Himmel die Erde erstrahlen läßt; vgl. hierzu E. Graefe, Untersuchungen zur Wortfamilie bj -, Frankfurt 1971, 47 ff. (bes. 51-53 den Exkurs über die »Stoff-Darbringung und das ›Bekleiden mit Licht‹ in den ptolemäischen Tempeln«). Vgl. dazu die parallelen Formulierungen oben in 5,1-5,3. Der Text ist bei der Angabe der Ellen der Längsseite leider teilweise zerstört, läßt sich aber glücklicherweise ergänzen anhand der Maße, die in Edfu III, 87, 1 für den Pronaos genannt werden. Dort wird für die Längsseite des Pronaos das Maß von 75 Ellen angegeben, die Angabe der Breite weicht jedoch um 1 Elle von der hier genannten Zahl ab: 35 Ellen. Gemäß dem Buch vom Tempel soll sich im ›Morgenhaus‹ der König reinigen, wenn er den Tempel betritt; vgl. J. F. Quack, Theologisierung, 227. Die in diesem kleinen Bibliotheksraum aufbewahrten Texte sind in einem »Bücherkatalog« auf der Kammerwand aufgelistet; vgl. A. Grimm (SAK Beihefte 3), 159-169. Bei der Länge des Umgangs ist hier nur der Teil gerechnet, an dem der Umgang die volle Breite hat, abzüglich des Teils wo der Durchgang wegen der Vorsprünge des Pronaos zu einer schmalen Passage verengt wird. Hier ist überraschenderweise ein Außenmaß gegeben, es handelt sich also um die Gesamtbreite des Tempelhauses samt Außenmauer (somit um das gleiche Maß wie oben in 11,7 für die Breite der Umfassungsmauer, also die Ost-West-Ausdehnung des Tempelhauses, angegeben).

Texte aus Ägypten

den kleinen Türdurchgängen, die ihn links und rechts vom Pronaos abtrennen [3 3435]. 216) 4 Türen öffnen sich (18,3) von ihm ausgehend (nach außen); Spezifikation der Orte, zu denen sie sich auftun: Die eine Tür geht nach Osten [3 36], es betreten sie die ›Zutrittsberechtigten‹ (= Priester mit Zutrittsrecht), nachdem sie vom (Heiligen) See kommen, 217) um ihren Dienstverpflichtungen nachzugehen. (18,4) Durch sie werden Speiseopfer nach der Freigabe zur Verteilung 218) (durch die) Vorsteher-der-Gotteshalle des Buntgefiederten hinausgebracht. Eine andere (Tür) [3 37] – ein Wunderwerk, das bis in das Innere seines (= des Umgangs) Fundamentes geht – führt zum reinen Brunnen. [2 Schriftquadrate verloren] (18,5) das Schena-wab 219) und das Schlachthaus-des-Horus für die Filetstücke (wörtl.: ›ausgewählte Fleischstücke‹), um für den Tempel Libationswasser aus seiner (= des Brunnens) Reinheit zu schöpfen 220) und den Speisealtar (18,6) des Drty-Falken jeweils zur ¯ sich links und rechts rechten Zeit zu versorgen. Zwei weitere (Türen) [3 34-35] öffnen an der Verbindungsstelle zwischen Pronaos und Opferhof [3 38]. Das ist jener Hof, der dem (18,7) Pronaos vorgelagert ist und der größer ist als er, sowohl in dieser wie in jener (Richtung): Er mißt 90 Ellen von Süden nach Norden und 80 Ellen von Westen nach Osten – (zu verstehen als) Ellenzählung (18,8) dessen, was innerhalb der Mauer liegt, die dieses alles umgibt. 221) Ringsum stehen 32 Säulen als sein (Säulen-)Umgang, vergleichbar mit jenem Nest-des-Falken. 222) Das ist der Gelungene-Pa216. Von diesen beiden kleinen Türen scheint unten in 18,6 nochmals die Rede zu sein. Die zwei Türen sind nur in der Dekoration nachzuweisen und könnten allenfalls in einer Leichtbauweise (z. B. nur aus Holz) ausgeführt worden sein; vgl. D. Kurth, Edfou VII, 25 f. Anm. 16. 217. Im Heiligen See wurden Waschungen vollzogen, welche die rituelle Reinheit der Priester gewährleisteten. Erst danach durfte der Tempel über den Umgang (›der rein ist‹, vgl. oben 18,1) betreten werden. 218. Hier wird das Prinzip des ägyptischen »Opferumlaufes« thematisiert, ein Vorgang, bei welchem alle Nahrungsmittelopfer zuerst einem Gott geweiht wurden, um danach (zumindest teilweise) den im Tempeldienst stehenden Priestern zum Verzehr und auch als »Vergütung« zugewiesen zu werden. 219. Das Schena-wab und das nachfolgend genannte Schlachthaus-des-Horus sind zwei außerhalb des Tempels gelegene Dienstgebäude, wobei das Schena-wab (wörtl. ›das reine Vorratshaus‹) vermutlich in einem recht allgemeinen Sinne eine Produktions- und Lagerstätte bezeichnete, in der die täglich im Tempel gebrauchten Nahrungsmittel zubereitet und zwischengelagert wurden; vgl. D. Kurth, Edfou VII, 26 Anm. 9 und ausführlich Cl. Traunecker, Les »temples hauts« de Basse Époque: Un aspect du fonctionnement économique des temples, RdÉ 38 (1987) 147-162. Im Falle des Tempels von Dendera, der auch über sein eigenes Schena-wab verfügte, diente dieses dort u. a. als Bäckerei; vgl. die Schreibung in Dendera IV, 85, 9 mit dem . Hierzu: A. Egberts, A Zeichen des brennenden Kohlebeckens als Determinativ: divine epithet in P. dem. Cairo CG 50059 and 50059, Enchoria 15 (1987) 25-31; bes. 30 f. 220. Zum Terminus hnp qbhw, ›Libationswasser darbringen‹, hier vielleicht handfester ›Libations˙ wasser (aus dem˘ Brunnen) schöpfen‹, vgl. L. Postel, »Rame« ou »course«? Enquête lexicographique sur le terme hpt, BIFAO 103 (2003) 404-407. ˙ 221. Interessant die Zusatzbemerkung in Form eines nachgeschobenen Teilsatzes: Hier ist klar ausgedrückt, daß die Zahlen Innenmaße sind. In 11,8 wurde die Breite der Umfassungsmauer (Ost-West-Ausdehnung des Tempelhauses) mit 90 Ellen angegeben. Abzüglich der jeweils 5 Ellen dicken Mauern bleiben so für das Innenmaß des großen Hofes die hier genannten 80 Ellen. Bei der Angabe der Breite des Umgangs (s. 18,2) werden 90 Ellen genannt, was also klar ein Außenmaß sein muß. 222. Der Vergleich der als Papyrusbündel gestalteten Säulen zielt ab auf das Nest des kindlichen

125

Daniel Arpagaus

last 223) (18,9) der Nut, (auch bekannt) mit Namen ›Stätte-des-Fällens-der-Seftech-Schlange‹ 224) die der Feind des Harachte ist. Seine Wände sind beschriftet so wie es sich gehört (18,10) für ihn, gemäß dem was in den alten Schriften steht. Vier Türen sind auf seiner West- und Ostseite um Einlaß und Ausgang zu gewähren und um die sich zahlreich Versammelnden zusammenströmen zu lassen. 225) Eine davon [3 39] ist auf das Vollkommenste prachtvoll, (19,1) und liegt gegenüber dem Portal-der-Goldenen [3 40], 226) der Herrin von Dendera. (Es ist) ihr vollkommener Zutrittsweg in ihren Tempel, um sich mit ihrem Götterbild zu vereinen im Großen-Sitz [3 11] und desgleichen, um (19,2) zu ihrer Götterbarke zu gehen, damit sie zum rechten Zeitpunkt (in Prozession) nach Behedet ausziehen kann. 227)

223.

224.

225.

226.

227.

126

Horusfalken in den Papyrussümpfen von Chemmis. Auch schon die ›Große-Halle‹ (3 21) mit ihren 12 Säulen wurde ja mit Chemmis verglichen als dem Ort der mythologischen Kinderkrippe des Horus (s. 17,3-5). Allerdings ist ›Nest-des-Falken‹ im Papyrus Leiden I 350 (rto. I, 20) auch spezifisch eine Bezeichnung für die Stadt Theben; vgl. J. Zandee, De Hymnen aan Amon van Papyrus Leiden I 350 (OMRO 28), Leiden 1947, 13. Die gleiche Bezeichnung trägt in Edfu IV, 13, 13 auch noch die ›Große-Halle‹ (3 21). Da hier der große Hof außerdem noch als der Ort bezeichnet wird, an dem die gefährliche SeftechSchlange (siehe folgende Anm.) getötet wird, könnte beim Gelungenen-Palast allenfalls auch der Gedanke der Wehrhaftigkeit in den Vordergrund gerückt sein. Ist vielleicht ›FehlerloseBurg‹ o. ä. zu verstehen? Vgl. noch J. Osing, Die Worte von Heliopolis (II), MDAIK 47 (1991) 273 Anm. f und A. Gaber, The Central Hall, Diss. Durham 2009, 32. ) symbolisiert den Götterfeind Apophis, der dem Sonnengott gefährDiese Schlange ( lich werden kann – entsprechend ist das Schlangendeterminativ des Wortes bereits mit Messern unschädlich gemacht und so die potentielle Gefahr, die allein der Hinweis auf Apophis darstellt, gebannt. Zur Seftech-Schlange vgl. noch C. Leitz, WdO 38 (2008) 23 (sfth ist nur ˘ eine Schreibvariante zu der öfters belegten shtf-Schlange). ˘ Letzteres spielt auf die Rolle des Großen Hofes bei Festen an, an denen (ausnahmsweise) zahlreiche Festbesucher Zutritt zum Tempel hatten – auch dann aber nicht zu den besonders sakralen hinteren Tempelbereichen, sondern zum Großen Hof, der entsprechend auch ›Hof der Volksmenge‹ genannt werden konnte. Generell war dies der »öffentlichste« Bereich des Tempels, wo etwa auch die dreisprachigen Dekrete, wie zum Beispiel der berühmte Stein von Rosette aufgestellt werden sollten. Zum ›Hof der Volksmenge‹ vgl. etwa W. Spiegelberg, Varia, ZÄS 53 (1917) 93; S. Pfeiffer, Das Dekret von Kanopos (AfP Bh.18), München / Leipzig 2004, 196 f. Das Portal-der-Goldenen bezeichnet den Pylon, der ca. im 90-Winkel zur Achse des ptolemäischen Horustempels verlief. Dieser Pylon gehörte wohl zu einem Tempel der Ramessidenzeit (mit Vorgängerbauten bis zurück in die 2. Zwischenzeit?). Beim Bau des ptolemäischen Tempels wurde die alte ramessidische Tempelachse berücksichtigt und zudem die südliche Seite des alten Pylons offenbar direkt an den Hauptpylon 3 33 des Horustempels angebaut – vgl. hierzu L. A. Christophe, Le pylône »ramesside« d’Edfou, ASAE 55 (1958), 1-23; A. Egberts, The Pylons of Edfu, in: W. Clarysse et al. (Hg.), Egyptian Religion II (OLA 85), Leuven 1998, 789-801 und D. Polz, Der Beginn des Neuen Reiches: Zur Vorgeschichte einer Zeitenwende (SDAIK 31), Berlin / New York 2007, 88-90. Einmal im Jahr machte Hathor die ca. 180 km lange Flußfahrt von Dendera nach Edfu, um sich dort mit Horus zu treffen und mit diesem zusammen nach Behedet (vgl. oben Anm. zu 10,5, Behedet) zu ziehen, wo beide den Urgöttern opferten und sich regenerierten. Zu diesem ›schönen Fest von Behedet‹ vgl. D. Kurth, Die Reise der Hathor von Dendera nach Edfu, in: R. Gundlach / M. Rochholz (Hg.), Ägyptische Tempel – Struktur, Funktion und Programm (HÄB 37), Hildesheim 1994, 211-216; des weiteren auch noch H. Altenmüller, Die Fahrt der Hathor nach Edfu und die »Heilige Hochzeit«, in: W. Clarysse et al. (Hg.), Egyptian Religion II (OLA 85), Leuven 1998, 753-765; R. Preys, Les montants du Per-Nou et la fête de la Bonne Réunion à Dendera, RdÉ 51 (2000) 213-221. In der Südwestecke des Großen Hofes [3 38] fand sich auf dem Boden noch die Spur eines ehemaligen Podestes [3 44], auf dem die Götter-

Texte aus Ägypten

Die Pylontürme sind davor, mit 120 (Ellen Längenausdehnung), 228) von zuunterst bis zu ihrer Spitze sind es 60 (Ellen) 229) und ihre Breite (= Dicke der Mauern), (19,3) die 21 Ellen beträgt, ist einem jeden von ihnen, auf der West- wie Ostseite, zuteil. Ihre Fassade (wörtl.: ›ihr Gesicht‹) ist reliefiert gemäß den Schriften und allen Regularien des ›Abwehrens (19,4) der Fremdlandbewohner‹. 230) Viele Schatzkammern 231) sind in ihnen eingebaut mit 2 Türen zum Opferhof hin. Eine davon, diejenige des östlichen Pylonturmes [3 41], öffnet sich nebenbei bemerkt auf (19,5) den Brunnen-des-Durchtränkens [3 42]. 232) In Summe sind das 6 Türen in diesem Hof bis und mit (denen) in den herrlichen Pylontürmen. Das große dekorierte Portal [3 43] (19,6) liegt zwischen ihnen (= den Pylontürmen) und mißt 26 2⁄3 auf 10 (Ellen) und seine vollkommene Lotrechte beträgt 40 Ellen von seiner Oberkante (wörtl.: ›Kopf‹) bis zum Fuße (wörtl.: ›Fußsohlen‹). 233) Ihre (= der Pylontürme) Flaggenmasten (19,7) sind aus Zedernholz, 234) stoßen bis in den Himmel und sind beschlagen mit Kupfer aus Asien. Es sind die beiden großen Schwe-

228. 229.

230. 231.

232.

233.

234.

barke der Hathor vielleicht Station gemacht hat; vgl. P. Lacau, Notes sur les plans des temples d’Edfou et de Kôm-Ombo, ASAE 52 (1954) 218 und Fig. 3. Die Summe bezieht sich auf die die beiden Einzeltürme, die jeweils 60 Ellen breit sind. Realiter beträgt die Höhe der Pylontürme (rekonstruiert) aber sogar 33,53 m und bereits die noch erhaltene Höhe von (max.) 32,50 m übertrifft die im Text angegebenen 60 Ellen; vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, 15 Anm. 34; 86. Es wäre also eher die Angabe von 70 Ellen Höhe zu erwarten gewesen – ist bei der Übertragung auf die Tempelwand ein 10er-Zeichen ausgefallen? Andere Erklärungsversuche bei Fauerbach, Der große Pylon, 209. Auf den Pylonfassaden sind übergroß die Szenen des »Erschlagens der Feinde« durch den König dargestellt; vgl. É. Chassinat, Edfou IX, pl. 3 oder www.flickr.com (s. v. »Edfu pylon«). In beiden Pylontürmen führt jeweils ein Treppenhaus bis zum Dach des Pylons und zu insgesamt 36 Kammern, die im Innern angelegt sind; vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, Abb. 7. Andere Textstellen (vgl. Edfu VIII, 134, 9-10) präzisieren die Funktion dieser Schatzkammern, so seien im östlichen Pylonturm Opfergaben (Nahrungsmittelopfer), im westlichen aber ›zahlreiche kostbare Edelsteine‹ (!) gelagert gewesen; vgl. D. Kurth, Edfou VIII (1998), 243 Anm. 5. Zu diesem Brunnen vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, 126 f. und Abb. 33; Taf. 38a: Im östlichen Pylonturm findet sich anschließend an den Eingangsraum eine in südlicher Richtung abwärts führende Treppenflucht. Diese geht unterirdisch in einen horizontalen Gang über, der heute verschüttet ist. Jedenfalls führt dieser Gang unter dem Bodenniveau aus dem Tempel hinaus und mag ursprünglich tatsächlich zu einem Brunnen geführt haben, der außerhalb des Tempels im Bereich des Vorhofes lag. Auf die Rolle dieses Brunnens wird in der Stelle Edfu VI, 8, 3-4 eingegangen, dort heißt es: ›der Brunnen, der das Tempelhaus reinigt, durch den es befeuchtet wird, durch den es gereinigt wird in einer großen Reinigung, einer Reinigung der Grundfesten(?).‹ Ob dieser Brunnen wohl beim Ansteigen der Nilüberschwemmung überlaufen ist und den Tempel so mit dem als besonders rein geltenden Überschwemmungswasser durchtränkte? Die ersten beiden Maßangaben beziehen sich auf die Innenmaße des Tordurchgangs, der 14,21 m hoch und 5,35 m breit ist. Die 40 Ellen Gesamthöhe entsprechen der Höhe vom Boden bis zur Oberkante der sog. »Brücke«, welche 21,46 m beträgt; vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, 74 f. und Abb. 7; 14; 48. Die botanische Identifikation des 2sˇ-Baumes ist eine bis zum heutigen Zeitpunkt andauernde Kontroverse. Als Kandidaten in Frage kommen etwa die kilikische Tanne, die Libanonzeder, vielleicht sogar die Zypresse. Das 2sˇ-Holz war ein Importprodukt aus Palästina und dem Libanon. Eine scharfe botanische Trennung scheint jedenfalls von den Ägyptern selber nicht immer unternommen worden zu sein; vgl. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen (Philippika 21), Würzburg 2008, 49: »Da die Ägypter nur das bereits geschlagene Holz dieser Bäume kannten, nicht aber ihr Aussehen in der Natur, ist es fraglich, ob sie mit

127

Daniel Arpagaus

stern (= Isis und Nephthys), die den Fürsten-der-Weißen-Krone (= Osiris) schützen, indem sie Wache halten über den Herrscher der Heiligtümer (Ägyptens). (19,8) Zwei große und solide Obelisken sind außerhalb von ihnen (= den Pylontürmen) aufgestellt, 235) indem sie diese Gewitterwolken des Himmels durchlöchern. 236) Dieses vollkommene Tempelhaus hat eine Umfassungsmauer auf (19,9) seinen vier Seiten, ihr Königtum ist das Königtum des Re. 237) Seine vollkommene Fassade zeigt gegen Süden und es gibt nichts im Lande, das ihm gleich kommt. 238) Seine vollkommenen Türen aus echtem Zedernholz (19,10) sind verkleidet mit Kupfer aus Asien, seine Türriegel und seine Schließkästen(?) 239) sind aus vortrefflichstem Kupferblech und alle seine Löwen (= löwenfigürliche Türriegel) liegen auf der Lauer gegen (19,11) die Feinde. Die großen Portale verscheuchen die Rebellen und seine Mauern halten die Widersacher ab. Kultgegenstände sind (19,12) darin, zahlreich und schön, aus Silber, Gold und Edelsteinen. Wenn ihn (= den Tempel) sein vollkommener Herr sieht, (nämlich) Horus Behdeti, der große Gott, der Herr des Himmels, dann freut sich sein Herz. (20,1) Und wenn ihn seine vollkommene Gebieterin erblickt, (nämlich) Hathor, die Große, die Herrin von Dendera, so jubeln ihre Glieder. Sie entdecken (dann), daß Reinheit und beste Ordnung in seinem Innern (herrschen) und daß exzellente Reinigungspriester (20,2) darin (beschäftigt) sind. Sie (= Horus und Hathor) loben Re wegen ihrer vollkommenen Stadt Thronsitz-des-Horus (Edfu), der Gebieterin und Herrin aller Städte, und sie erheben den Thronsitz (Edfu) für Millionen von Jahren, ohne daß er vergeht und in Ruin fällt (20,3) bis in Ewigkeit. Sie behüten ihren

235.

236.

237.

238. 239.

128

2sˇ tatsächlich nur eine botanische Art bezeichneten oder etwas weitergefaßt ›hohe Konifere aus Palästina‹.« Heutzutage stehen keine Obelisken (mehr) vor dem Pylon des Tempels. Es ist umstritten, ob je welche errichtet worden waren. Die große Bauinschrift ist jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit schon vor dem Zeitpunkt eingemeißelt worden, an dem an die Errichtung von Obelisken hätte gedacht werden können; vgl. U. Fauerbach, Der große Pylon, 51 f. für thn.wj, ›die beiden Obelisken‹ (Pyr. § 1178a), legen die DeuSchreibungen wie ˘ tung der Obelisken als den Himmel durchstoßende »Wolkenkratzer« schon für eine frühe Zeit nahe; vgl. E. Dondelinger, Der Obelisk: Ein Steinmal ägyptischer Weltanschauung, Graz 1977, 22 ff. Generell galten in Ägypten alle Wetterverhältnisse, die vom »Normalfall« des sonnigen, wolkenfreien Himmel abweichen, als unheilvolles Wirken von typhonischen Göttern wie Seth oder der »Chaosschlange« Apophis; vgl. etwa J. C. Darnell, The Message of King Wahankh Antef II to Khety, Ruler of Heliopolis, ZÄS 127 (1997) 104-106. Der Vergleich der Umfassungsmauer mit dem Königtum des Re mag dahin gehen, daß der Sonnengott in seinem täglichen Umlauf eine den ganzen Erdkreis umfassende Kreisbewegung vollführt, oftmals ausgedrückt als eine Herrschaft über sˇn-n-jtn, ›das, was die Sonnenscheibe umkreist (= den ganzen Erdkreis)‹ – analog umgibt die Umfassungsmauer als Ringwall den ganzen Tempel. Ganz ähnliche Phraseologie findet sich beim Hathortempel von Philä; vgl. Fr. Daumas, Les propylées du temple d’Hathor à Philae et le culte de la déesse, ZÄS 95 (1968) 1. , hkn.w) zu beDa das zuvor genannte Wort bereits die löwenfigürlichen ›Türriegel‹ ( ˙ klar zu eruzeichnen scheint, ist für den zweiten Begriff ( , ph-2h2) die Bedeutung nicht ˙ ˙ Traversing Eternity: Texts for the ieren; vgl. D. Kurth, Edfou VII, 29 Anm. 8 und M. Smith, Afterlife from Ptolemaic and Roman Egypt, Oxford 2009, 386 Anm. 57. Das Wort, dessen Graphie mit dem Hinterteil eines Löwen gebildet ist, könnte aber vielleicht die Schließkästen meinen, die in der Wand verbleiben und als »Hinterteile« der herausfahrenden Löwenriegel aufgefaßt wurden (?). Ein Wortspiel um diese Art Riegel findet sich noch im Mythos von der fernen Göttin; vgl. S. Lippert, Komplexe Wortspiele in der Demotischen Chronik und im Mythus vom Sonnenauge, Enchoria 27 (2001) 90 f.

Texte aus Ägypten

geliebten Sohn (= den König) aufgrund seines Monuments und sie lassen sein Bildnis 240) dauerhaft sein auf Erden, (nämlich das des) Königs von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios X.), (20,4) des Sohnes des Re (Ptolemaios X. Alexander I.), dessen Ka mit Stärke (20,5) und Sieghaftigkeit beschenkt wird auf dem Thron des Horus an der Spitze der Lebenden, ewiglich.

3. Demotische Weihinschriften

Günter Vittmann Demotische Weihschriften auf Opfertischen, Stelen, Statuen und Statuetten sowie anderen im Kult gebrauchten Objekten – zumeist Gefäßen – sind vor allem aus ptolemäischer und römischer Zeit zahlreich erhalten. Der Großteil des Materials ist von S. P. Vleeming, Some Coins of Artaxerxes and Other Short Texts in the Demotic Script Found on Various Objects and Gathered from Many Publications (Studia Demotica 5), Leuven etc. 2001 (im folgenden: Vleeming, Short Texts), in Abzeichnungen, Transkriptionen, Übersetzungen und textkritischen Kommentaren übersichtlich zusammengestellt worden; auch verschiedene Formeln der Votivinschriften werden dort im Anhang besprochen. Empfänger der Weihungen, die teils direkt in den Schriftträgern, 241) teils in den durch die Inschriften dokumentierten Handlungen oder auch in beiden bestehen,242) sind grundsätzlich kultische Einrichtungen und die betreffenden Götter, doch profitieren davon natürlich auch die Stifter, die nach dem do ut des-Prinzip von den Göttern belohnt und – so eine sehr häufige Formel – mit »Leben beschenkt« werden. Als Stifter kann im Prinzip jeder, der über die erforderlichen Mittel verfügt, auftreten, also der König ebenso wie ein Priester oder Verwaltungsbeamter. Über den unmittelbaren Anlaß der Weihungen erfahren wir nichts; der Ausdruck »Votivinschriften« kann also allenfalls im erweiterten Sinne gebraucht werden, da von der Erfüllung eines Gelübdes nirgends die Rede ist. Aus praktischen Gründen werden im Anschluß an Vleeming, Short Texts, Nr. 9094 und 134 auch die aus funererärem Kontext stammenden Tierfiguren 3.4.3 sowie die einem um die lokalen Kulte von Naukratis verdienten Manne gewidmete Stele 3.3.1 aufgenommen, auch wenn es sich bei dieser genaugenommen um ein Ehrendekret und keine Weihinschrift handelt.

240. Das Determinativ von , tj.t, ›Bildnis‹ läßt vermuten, daß hier an eine Königsstatue gedacht ist. 241. Gefäße (3.2.1; 3.2.3-4:); Musikinstrumente (3.2.2); Opfertische (3.1); Sphinxskulpturen (3.4.4); Spiegel (3.2.5); Statuen und Statuetten (3.4.1; 3.4.2; 3.4.5; 3.4.6); Stelen und Steinblöcke ohne Nennung konkreter Aktivitäten (3.3.8). 242. Weihungen von Stelen u. ä. anläßlich Gründung von (Gebäuden für?) Kultgemeinschaften (3.3.4; 3.3.8); anläßlich anderer kultischer bzw. baulicher Aktivitäten für Götter und heilige Tiere (3.3.2-3; 3.3.5-6; 3.3.9).

129

Günter Vittmann

3.1 Opfertische

3.1.1 Opfertisch aus der Tiernekropole von Sakkara-Nord (H5-442 [1114]) 243) Die Inschrift dieses 72 cm breiten und ca. 46 cm tiefen Opfertisches aus Kalkstein ist in vier Zeilen auf der Fassade eingraviert. Als Datierung ist die vorptolemäische Zeit (erste Perserherrschaft?) anzusetzen. Die Gottheiten, denen das Objekt geweiht ist, sind nicht explizit als Widmungsempfänger genannt, man möchte aber annehmen, daß es sich eben um jene Götter handelt, denen der Stifter Harwodj und sein Bruder Wahibremaineit besonders verbunden waren: Thot und »Isis, die Mutter des Apis«. (1) Der

Opfertisch des dem Ptah-Sokar-Osiris, dem Thot und der Isis, der Mutter des Apis, Ergebenen, des Verkünders … 244) vom Haus des Ptah Harwodj, 245) Sohnes des (2) Wahibre-Harenpoi, seine Mutter ist Tschentnuhe, und des Verkünders … vom Haus des Ptah Petepmonch, Sohnes des Esertais(?), seine Mutter ist Tschentnuhe, (3) und des dem Ptah-Sokar-Osiris, dem Thot, der Isis, der Mutter des Apis, und dem Anubis, der auf seinem Berg ist, Ergebenen, des Verkünders … (4) vom Haus des Ptah Wahibremaineit, Sohnes des Wahibre-Harenpoi, seine Mutter ist Tschentnuhe. Der hier als »der dem Gott X Ergebene« verstandene, in den Serapeumsstelen häufig belegte Ausdruck mnh n X wurde in der Forschung gern als Berufsbezeichnung »Be˘ kleider« aufgefaßt, 246) doch ist dies sicher unrichtig. Von Interesse ist, daß der Terminus in der besagten Funktion von den in Ägypten lebenden Aramäern übernommen wurde. 247)

3.1.2 Opfertisch für einen heiligen Pavian (Vleeming, Short Texts, Nr. 254) Möglicherweise aus den Katakomben von Tuna el-Gebel / Hermopolis stammt eine ca. 30 cm breite und 25 cm tiefe Opfertafel in Dallas, die einem namentlich genannten heiligen Pavian geweiht ist. Wie bei 3.2.1 ist die von den bisherigen Bearbeitern (wirklich zu Recht?) in römische Zeit datierte Inschrift auf der Vorderseite angebracht: (1) Teemenis

der Pavian gibt Leben dem Paês, Sohn des Thotorches, (2) dem Steinmetzen, und allen Leuten von ihm, die den Opfertisch vor Teemenis machen ließen.

243. H. S. Smith / S. Davies, The Sacred Animal Necropolis at North Saqqara yet again! Some Late Period inscribed offering-tables from the site, in: Th. Schneider / K. Szpakowska, Egyptian Stories. A British Egyptological Tribute to Alan B. Lloyd on the Occasion of His Retirement (AOAT 347), Münster 2007, 329-352, hier 334-338. 244. Die Herausgeber lesen den unklaren Titel als sr-wh2 »diviner of scorpions« und alternativ »diviner and interpreter« (Smith / Davies, aaO., 336˙f. [b]). 245. Personennamen in Quellen aus eindeutig vorhellenistischer Zeit werden hier, soweit wie möglich, annähernd entsprechend der rekonstruierten Aussprache wiedergegeben. 246. Vgl. die Angaben bei Smith / Davies, aaO., 336 (a). 247. mnh3 zy 3wsry 3lh3 »der Ergebene des Gottes Osiris«, Stele Vatikan 22787, B. Porten / A. Yarde˙ ni, Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt, 4: Ostraca & Assorted Inscriptions, Winona Lake 1999, 257 (Text D20.6), und Vittmann, Ägypten und die Fremden im ersten vorchristlichen Jahrtausend, Mainz 2003, 109, Abb. 41; 111 und Taf. 12.

130

Texte aus Ägypten

3.2 Gefäße und andere Gegenstände

3.2.1 Steatitschale BM 47992 (Vleeming, Short Texts, Nr. 25)

Abb. 1: Steatitschale BM 47992

Vor Penhas von Koptos (gewidmet) vom Diener Peteharpchrat, Sohn des Esthot. Wie aus der Inschrift erschlossen werden darf, stammt die Schale aus einem Heiligtum in Koptos im 5. oberägyptischen Gau. Die Darstellung zeigt eine festliche Prozession mit Musikern und Tieren, die sich einem Hathorheiligtum nähern; der riesige Kopf der Göttin erscheint zwischen zwei Säulen. Kürzlich ist vorgeschlagen worden, die zweite Figur von links als sich entblößende Frau zu deuten. 248) Sowohl der Schriftduktus als auch die Ikonographie legen einen Ansatz in die Zeit der ersten Perserherrschaft (525-404 v. Chr.) nahe. Die Gestalt des göttlichen Widmungsträgers ist nicht recht zu fassen. Es könnte sich um einen nach seinem Tode vergöttlichten Menschen249) – P -nhsj »Der Nubier« war ˙ verselbständigten als Personenname sehr gebräuchlich 250) – handeln, aber auch einen Beinamen einer »echten« Gottheit. 251)

3.2.2 Bronzeflöte (BM 12742 = Vleeming, Short Texts, Nr. 26) Pekysis 252) und die Götter der Ruhestätte 253) des Ibis geben Leben dem Thoteus, Sohn des Nechthmonthes. Die Herkunft der ca. 36 cm langen Querflöte des na¯y-Typs ist unbekannt; dem Schriftduktus nach ist sie in die Ptolemäerzeit zu datieren. Für den göttlichen Empfänger – der Name P -ı’ksˇ bedeutet »der Nubier« – gilt das, was zu dem im Prinzip gleichbedeutenden Gottesnamen Penhas in 3.2.1 bemerkt wurde. 248. Baubo-Motiv, vgl. E. F. Morris, Sacred and Obscene Laughter in The Contendings of Horus and Seth, in Egyptian Inversions of Everyday Life, and in the Context of Cultic Competitions, in: Fs Lloyd (Anm. 243) 197-224, hier 219 f. 249. Diesem Thema ist die noch unpublizierte Habilitationsschrift von A. von Lieven, Heiligenkult und Vergöttlichung im Alten Ägypten (Berlin 2007) gewidmet. 250. Vgl. E. Lüddeckens et al., Demotisches Namenbuch (im folgenden: Demot. Nb.), Wiesbaden 1980-2000, 194 und Korrekturen und Nachträge dazu; E. Lüddeckens, nhsj und ksˇ in ägyp˙ tischen Personennamen, in: E. Endesfelder et al. (Hg.), Ägypten und Kusch, Berlin 1977, 283-291. 251. Vgl. frühdemotisch P -sˇr-n-p -nhs »Der Sohn des (göttlichen) Nubiers« K.-Th. Zauzich, ˙ Enchoria 30 (2006/7) 101. 252. Wir gebrauchen hier für Namen in Belegen des hellenistischen Ägypten, soweit vorhanden und rekonstruierbar, gräzisierte Wiedergaben. Die übliche Umschrift des vorliegenden Namens ist P -ı’ksˇ, die originale Aussprache lautete ungefähr Pekôsch. 253. Siehe 3.3.9, Z. 1 und dazu Anm. 316.

131

Günter Vittmann

Der Wunsch bzw. die Feststellung, daß die Götter dem Stifter »Leben geben«, ist ein ständig wiederkehrendes Element der Weihinschriften. 254)

3.2.3 Bronzegefäß aus Abydos (Kairo JE 36427 = Vleeming, Short Texts, Nr. 33) Aus ptolemäischer oder frührömischer Zeit datiert eine Bronzeschale mit eingestanzter einzeiliger Inschrift: Jahr 32, 255) 8. Choiak. Thot, der große Gott, gibt Leben dem Psenesis, Sohn des Imuthes, dem Großen des Thot, 256) und den Notabeln, 257) vom Tag 8 an bis in Ewigkeit.

3.2.4 Silberschale aus Dendera (Louvre E 11663 = Vleeming, Short Texts, Nr. 43) In den Jahren 1915 und 1919 wurden in der Nähe des Heiligen Sees von Dendera zahlreiche Metallobjekte – teilweise auch mit hieroglyphischen Aufschriften – gefunden, die zusammenfassend als »Dendera hoard(s)« bezeichnet werden. Eine spätptolemäische Inschrift dokumentiert die Weihung eines Silbergefäßes 258) durch die Tochter des Gaustrategen von Dendera Hierax und den General Panas in das Sanktuar des Hathortempels. (1) Vor

Hathor, Herrin von Dendera, der großen Göttin, im Sanktuar, 259) (2) (geweiht) von Hatheretis, [Tochter des] Hierax, (3) des Strategen, 260) und Pa[nas(?)], Sohn des Psenobastis, dem General.

254. Im Demotischen wird – soweit nicht die hieroglyphischen Ideogramme dj 2nh übernommen ˘ werden (s. 3.3.8) – meist dj.t (Infinitiv) 2nh geschrieben; dies kann mit Vleeming, Short Texts, 250-253 als Präsens analysiert werden.˘ Analog schreiben phönikische Weihinschriften aus Ägypten Gott X ytn hym l NN »Gott X gibt/gebe Leben dem NN«; vgl. J. C. L. Gibson, ˙ Inscriptions, III. Phoenician Inscriptions, Oxford 1982, 142-143; Textbook of Syrian Semitic G. Vittmann, Ägypten und die Fremden im ersten vorchristlichen Jahrtausend, Mainz 2003, 74-76. 255. Trotz des hohen Regierungsjahres kommen grundsätzlich nicht weniger als fünf Herrscher in Frage: Ptolemaios II. (31. 1. 253 v. Chr.), VI. (5. 1. 149 v. Chr.), VIII. (2. 1. 138 v. Chr.), IX. (20. 12. 86 v. Chr.) und Augustus (4. 12. 2 n. Chr.). 256. »Großer des Thot« (wr Dhwtj) ist ein – auch als Personenname bezeugter – Titel (gräzisiert ¯˙ porqwth@), der möglicherweise das Oberhaupt einer Kultgemeinschaft des Thot bezeichnet; vgl. M. Schentuleit, Aus der Buchhaltung des Weinmagazins im Edfu-Tempel. Der demotische P. Carlsberg 409 (The Carlsberg Papyri 9), Copenhagen 2006, 181, mit weiterer Literatur. 257. Wörtl. »die großen Menschen« (n rmt.w-2j.w), vgl. S. Allam, Elders (PresbÐteroi) – Notables – Great Men rmt.w 2 .yw – h l-2¯ .yw, in: K. Ryholt (Hg.), Acts of the Seventh Inter¯ national Conference of ¯Demotic Studies, Copenhagen, 23-27 August 1999 (CNI Publications 27), Copenhagen 2002, 1-26. 258. Zu diesen Silbergefäßen vgl. Vleeming, Short Texts, Nr. 42-48. 259. M. A. Stadler, Rez. zu Vleeming, Short Texts, OLZ 100 (2005) 398 schlägt als Alternativübersetzung (…) »für den, der rein ist« vor. Im Kontext kommt jedoch ausschließlich die bestens bezeugte Interpretation von ntj-w2b als Teil des Tempels in Frage; vgl. G. Vittmann, Der demotische Papyrus Rylands 9 (ÄAT 38), Wiesbaden 1998, 466-468. 260. Zu den phonetischen demotischen Wiedergaben des Titels strathg@ vgl. die folgende Anmerkung.

132

Texte aus Ägypten

3.2.5 Spiegel aus Dendera (Kairo JE 46375 = Vleeming, Short Texts, Nr. 54) Zum vorhin erwähnten Hort aus Dendera gehört mit Sicherheit eine Gruppe von drei Metallspiegeln (Vleeming, Short Texts, Nr. 52-54). Eines dieser Objekte wurde vom Gaustrategen Ptolemaios gestiftet. Unterhalb einer fast die gesamte Fläche der Spiegelrückseite einnehmenden Darstellung der thronenden Hathor, die mit der hieroglyphischen Beischrift »Hathor, Herrin von Dendera, Auge des Re, Herrin des Himmels, Herrin aller Götter« versehen ist, findet sich eine unauffällige dreizeilige demotische Weihinschrift: (1) (Geweiht)

von Ptolemaios, Sohn des Ptolemaios, dem General, 261) dem Syngenes, 262) dem Bruder des Königs, dem Propheten des Horus, dem Propheten der Isis, dem Propheten der (2) Hathor, Herrin von Dendera, Auge des Re, Herrin des Himmels, Herrin aller Götter, und (geweiht von) seinem Bruder Sewedjaef 263) dem Älteren, dem Syngenes, dem Bruder des Königs, (3) dem Propheten des Horus, dem Propheten der Hathor, dem Propheten der Isis, und (auch von) Sewedjaef [dem Jüngeren], dem General, und seinem Bruder Sewedja[ef dem Kind]. 264)

3.3 Stelen und Steinblöcke

3.3.1 Ehrendekret (Stele Michigan 25803 = Vleeming, Short Texts, Nr. 134) 265) Diese im Antikenhandel erworbene 97 cm hohe Kalksteinstele wurde in frühptolemäischer Zeit von den dankbaren Priestern von Naukratis 266) zu Ehren eines Mannes aufgestellt, der sich um den Kult des heiligen Widders, der Inkarnation des Amun von Naukratis, höchst verdient gemacht hatte. Zu beachten ist, daß der Geehrte und die übrigen in der Inschriften erwähnten Personen ebenso wie die betreffenden Kulte trotz des spezifischen Charakters der in der 26. Dynastie gegründeten griechischen Handelsstadt Naukratis ein ägyptisches Milieu repräsentieren. Griechisches tritt aber

261. Der konventionell mit »General« übersetzte Titel mr-msˇ2 (wörtlich »Großer des Heeres«) wird hier als Umschreibung des – sonst im Demotischen üblicherweise aus dem Griechischen transliterierten (vgl. 3.2.4, Z. 2 srtjws; 3.3.6, Z. 3 srtjqws; 3.3.7.1, Z. 4 und 3.3.7.2, Z. 3 ebenso) – Strategentitels gebraucht. 262. Suggffnh@ ist der höchste ptolemäischer Hofrangtitel, der im Demotischen transliteriert wird (sn-jns; ebenso in 3.3.6, Z. 3; sn-gns Vleeming, Short Texts, Nr. 161, Z. 3). Dabei wird die erste Silbe gern wie sn »Bruder« geschrieben, als sollte ein Zusammenhang mit dem sinnvoll anschließenden Ehrentitel »Bruder des Königs« (sn n pr-2 ), dessen Anfang ja zufällig an suggffnh@ anklingt, angedeutet werden. 263. Zum äußerst seltenen Namen Swd =f (Demot. Nb., 913) ist keine gräzisierte Form überlie¯ fert. 264. Die Namenszusätze »der Jüngere« und »das Kind« (p ljlw) wurden nach Vleeming, Short Texts, Nr. 39, Z. 53-54 (dieselben Personen) ergänzt. 265. Vgl. noch J. Yoyotte, Annuaire du Collège de France 94 (1993/94) 689-690; Y. Guermeur, Les cultes d’Amon hors de Thèbes. Recherches de géographie religieuse, Brepols 2005, 133-134. 266. Mit seinem originalen ägyptischen Namen N .w-qrd benannt (NaÐkrati@ ist lediglich eine ¯ Gräzisierung hiervon).

133

Günter Vittmann

– vom König natürlich abgesehen – immerhin in der Erwähnung der in der Antike berühmten und begehrten milesischen Wolle (Z. 7) zutage. (1) Jahr

3, Hathyr, des Königs Ptolemaios (II.), des Sohnes des Ptolemaios (I.). 267) Herr von Beded, 268) der große Gott, und Chons-Thot, der Herr von Beded, der große Gott, und der Widder, 269) der große Gott, und die großen Götter (3) von Naukratis, geben Leben dem Scheamenophis, Sohn des Harpbekis, seine Mutter ist (4) Esnebtosch, den Chons-Thot, der große Gott, und die (Plural) von der Stadt des Widders für (die Zeit vom) Jahr 2, Mesore, (5) bis zum Jahr 3, Hathyr, gewählt haben. 270) Die Wollschläger(?) 271) von Naukratis haben ihm eine Stele errichtet, als Ouaphres, Sohn des (6) Nechthchonsis, Lesonis 272) war. Scheamenophis, Sohn des Harpbekis, hat nicht das Geld für einen Beauftragten für (7) Wolle (oder) irgendeinen (sonstigen) Betrag beansprucht(?). 273) Er überließ die milesische Wolle 274) dem Unterhalt des Widders. (8) Er erbaute ein Reinigungshaus(?) 275) und ein Haus zur Erquikkung 276) im Sommer. Er bezahlte die Wollschläger(?) (9) an den Terminen des (fälligen) Betrags, 277) der ihnen zukam. Er ließ die (heiligen) Widder in ihre Lebenshäuser 278) bringen. (10) Er ließ Natron in das Haus der Präparatzubereitung bringen. Er machte

(2) Amun-Re,

267. Januar 282 v. Chr. 268. Beded bzw. Betet (B -dd, B -dd, Btt) ist eine Lokalität im Bereich von Naukratis; vgl. J. Yo¯ yotte, L’Amon de Naukratis, RdÉ 34 (1982/83) 129-136. 269. »Der Widder« (p ı’sw < sr; von manchen als »Schaf« verstanden), hier mit dem Zusatz »der große Gott«, ist die Inkarnation des Amun von Naukratis; vgl. C. Leitz et al., Lexikon der ägyptischen Götter und Gottesbezeichnungen VI (OLA 115), Leuven etc. 2002, 411-412. 270. In welche Funktion Sˇm-ı’mn- ı’pj für vier Monate gewählt wurde, wird nicht mitgeteilt. 271. Der Titel wrt (mit Wolldeterminativ, vgl. griech. ¥riorabdistaffl »Wollschläger«?) bezieht ˘ sich möglicherweise auf Angehörige einer Kult-/Berufsgenossenschaft (Vorschlag von Wolfgang Wegner, Würzburg) und erscheint in der Form wlt auf einem Papyrus aus dem Fayum ˘ from Philadelphia: P. BM 10560, (BM 10560, Z. 2), vgl. C. Martin, A Demotic Land Lease JEA 72 (1986) 159-173, bes. 167 (3). Auch dort ist er mit dem göttlichen Widder assoziiert. 272. Der Lesonis (leswni@, gräzisierte Form von mr-sˇn) war der in der Regel jährlich gewählte Vorsteher der Tempelverwaltung. 273. Der Geehrte hätte also auf die ihm normalerweise von seiten der Priester zustehende Entschädigung verzichtet; der »Beauftragte« (rd) wäre demnach er selbst gewesen. Ich greife hier einen mündlichen, mir attraktiv erscheinenden Deutungsvorschlag von Wolfgang Wegner (Würzburg) auf (Vleeming übersetzt dagegen (…) »has not interfered with the representative tax« und denkt bei hd rd an »a reference to the taxes levied on this trade by the king’s ˙¯ representative«). 274. D. h. den aus dem Wollhandel anfallenden Gewinn. Der demotische Text spricht explizit von der »Wolle von Milet« (p s2rt n Mjlt). ˆ ˆ (2.wj n w2b); vermutlich derselbe Begriff, der auch im 275. Wörtl. etwa »Haus des Reinseins(?)« frühdemotischen Papyrus Rylands 9, VIII 13 vorkommt und dort zuletzt von F. Hoffmann / J. F. Quack, Anthologie der demotischen Literatur, Berlin 2007, 32 möglicherweise zu Recht als »Priestergebäude« übersetzt wurde. 276. Wörtl. »Haus für Kühle-Nehmen« (2.wj n t j qbb), ein sonst nicht bekannter Ausdruck. ¯ 277. D. h. zu den Terminen, an denen Scheamenophis den Priestern die Raten für die Pacht(?) des Amtes eines Wollbeauftragten zu zahlen hatte. 278. Der betreffende Ausdruck (2.wj-n-2nh) ist von dem geläufigen, ebenfalls mit »Lebenshaus« ˘ übersetzten pr-2nh strikt zu unterscheiden. Es ist unsicher, ob an unserer Stelle im Hinblick ˘ der Inschrift ein Euphemismus für »Begräbnisplatz« vorliegt oder ob auf die Fortsetzung nicht doch einfach der (künstlich angelegte) Aufenthaltsort des lebenden Tieres gemeint ist.

134

Texte aus Ägypten

den Schutz(?) 279) des Widders des Amun-Re, des Herrn von Beded, des großen Gottes, (11) und des Chons-Thot, des Herrn von Beded, des großen Gottes, und des Widders, des großen Gottes. Er (der göttliche Widder) beschützte den Scheamenophis, Sohn des Harpbekis, (12) seine Mutter ist Esnebtosch, wegen der Wohltaten, die er dem Widder von Naukratis und den (13) großen Göttern von Naukratis erwies, um es dem, der nach ihm kommen wird, ins Herz zu geben, 280) (seinerseits) das Gute zu tun, (14) das Scheamenophis, Sohn des Harpbekis, seine Mutter ist Esnebtosch, für den diese Stele errichtet wurde, getan hat.

3.3.2 Stelen für den heiligen Löwen von Leontonpolis Aus Tell Moqdam im Delta, dem antiken Leontonpolis, stammen um die zwanzig ptolemäerzeitliche Stelen, die den König darstellen, wie er einem auf einem Sockel ruhenden göttlichen Löwen in aller Regel die Feldhieroglyphe – als Symbol für eine fiktive Landschenkung – darbietet. 281) Die Inschriften, soweit überhaupt vorhanden, sind zumeist sehr kurz und hieroglyphisch; in zwei Fällen findet sich jedoch auch bzw. nur eine kurze demotische Inschrift:

3.3.2.1 Peking, Universitätsmuseum 282) Das Haus des Begräbnisses 283) des (heiligen) Löwen. In der hieroglyphischen Inschrift wird der Widmungsempfänger, wie auf diesen Stelen üblich, als »Osiris der Löwe«, also als verstorbenes heiliges Tier, bezeichnet, während die männliche(!) Figur des opfernden Pharaos als »Kleopatra« (in Kartusche geschrieben) ausgewiesen wird. Hierbei kann es sich nur um Kleopatra VII. (51-30 v. Chr.) handeln, da es keine andere Ptolemäerin dieses Namens als Alleinherrscherin gab, in deren Namen eine derartige Schenkung erfolgen hätte können.

Abb. 2: Stele, Peking, Universitätsmuseum

279. Vleeming, Short Texts, 96 liest 2rq statt 2rd und übersetzt im Zusammenhang »he made the ¯ perfection of the Sheep«. 280. D. h. ihm nahezulegen. 281. W. Clarysse, Two Ptolemaic Stelae for the Sacred Lion of Leonton Polis (Tell Moqdam), CdÉ 82 (2007) 77-100 (mit systematischer Zusammenstellung der bisher bekannten Exemplare). AaO., 99 zum fiktiven Charakter der Landschenkungen im Unterschied zu den »echten« Schenkungsstelen. 282. Clarysse, aaO., 77-79 mit Fig. 1. 283. p 2.wj n t qs.t. In gleicher Verbindung ist auch die Wortverbindung 2.wj n t qs.t belegt; vgl. C. J. Martin, Demotic Papyri from the Memphite Necropolis in the Collections of the National Museum of Antiquities in Leiden, the British Museum and the Hermitage Museum, Brepols 2009, 565 f. (3).

135

Günter Vittmann

3.3.2.2 Hildesheim 1897 (Vleeming, Short Texts, Nr. 216) 284) […] das Gottesopfer des Miysis, 285) des großen Gottes. Solche Inschriften zeigen, daß die Grenzen zwischen dem Gott als solchem und dem heiligen Tier, in dem er sich inkarniert, fließend sind.

3.3.3 Steinblock aus Philadelphia im Fayum (Berlin 19369 = Vleeming, Short Texts, Nr. 140) Der Architrav eines Pylons wurde bei der antiken Restaurierung des Tempeltores von Philadelphia in derselben Funktion benutzt und mit einer vierzeiligen demotischen Inschrift versehen: (1) Jahr

41, 11. Phamenoth, 286) des Königs Ptolemaios (VIII.) (2) und der Königin Kleopatra (III.), seiner Gemahlin, der wohltätigen Götter, (3) ewiglebend. Harmotnis, 287) der große Gott, der 288) (4) Leben gibt (dem) Harpaesis, Sohn des Teos, dem General, und seinen Kindern, die hdieseni Pylon haben machen lassen.

3.3.4 Steinblock aus Karnak (?) (Vleeming, Short Texts, Nr. 145) (1) Osiris,

Horus, Isis und Nephthys (2) geben Leben der (3) Priesterin des Amun Tauês, Tochter des Gottesvaters (4) Petemestus, des Sohnes des Sminis.

Das besondere Interesse dieser ptolemäerzeitlichen Votivinschrift liegt darin, daß die Stifterin als Amunspriesterin 289) bezeichnet wird. Belege für nichtkönigliche Priesterinnen sind – von den im Kult tätigen Musikerinnen einerseits und den Priesterinnen im Königskult der Ptolemäer andererseits abgesehen – in der Spätzeit ausgesprochen selten belegt: Die Ausübung des Kults blieb in der Regel Männersache. So verdient Beachtung, daß eine Amunspriesterin auch in einer anderen, allerdings sehr viel jüngeren Weihinschrift erscheint.290)

284. 285. 286. 287.

Vgl. jetzt auch Clarysse, aaO., 84-85 Nr. 9; 88 Fig. 10. Gräzisierte Form von M j-hs »grimmiger Löwe«. ˙ 2. April 129 v. Chr. Gräzisierte Form von Hr-Mdnw (Hor-Medenu) »Horus von Medenu«, einer im 22. ober˙ ägyptischen Gau beheimateten Horusform; vgl. Demot. Nb., 330 s. v. p -tj-hr-mtn; C. Leitz ˙ Leuven etc. et al., Lexikon der ägyptischen Götter und Gottesbezeichnungen V (OLA 114), 2002, 263-264. 288. Zu beachten ist, daß das Demotische hier eine explizite Relativkonstruktion gebraucht (ntj dj.t 2nh). In der Regel heißt es sonst nur »Gott X dj.t 2nh« (und hieroglyphisch »Gott X dj ˘ 2nh«), ˘vgl. hierzu oben Anm. 254. ˘ 289. w2b(.t) n 33 Imn. 290. Pfeilerartiger Steinblock Kairo CG 50057A = Vleeming, Short Texts, Nr. 207, Karnak, 180 n. Chr. (nennt die w2b(.t) n 3Imn Tjrjtm, in der griechischen Version ohne Angabe des Gottes als Tiritmi@ Tewto@ ffrissa »Tiritmis, Tochter des Teos, Priesterin« erwähnt). Zur Frage nach der Ausübung kultischer Funktionen durch Frauen speziell in der Ptolemäerzeit vgl. J. Johnson, Women, Wealth and Work in Egyptian Society of the Ptolemaic Period, in: W. Clarysse et al. (Hg.), Egyptian Religion. The Last Thousand Years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur II (OLA 85), Leuven 1998, 1393-1421, bes. 1405-1409.

136

Texte aus Ägypten

3.3.5 Steinblock aus dem Fayum(?), Moskau I.1.A 5373 (Vleeming, Short Texts, Nr. 150) 291) Der 27  49 cm messende Kalksteinblock, auf dem die zwischen Dezember 105 und Januar 104 v. Chr. datierte Inschrift eingraviert ist, könnte von einem Naos stammen, doch kann es sich auch um einen Türsturz handeln. (1) Thot 292)

der Dreimalgroße, 293) Großer, Herr von Hermopolis, der große Gott, gibt langes Leben dem Ptolemaios, (2) dem Propheten des Sobek, der die Halle des Skriptoriums gemacht hat, indem er die obere(?) 294) Stele des Jah, 295) des großen Gottes, (3) des Schicksalsgottes des Skriptoriums und seiner Schreiber(?), errichtete. Geschrieben im Jahr 13, welches dem Jahr 10 296) entspricht, [x.] Choiak.

3.3.6 Stele des Strategen Pachompascha Berlin 22468 (Vleeming, Short Texts, Nr. 169) Das Bildfeld dieser dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallenen Sandsteinstele zeigte den Pharao, der dem Ibis, einem Falken und einem Pavian ein Maat-Symbol opfert. Nach der achtzeiligen demotischen Inschrift erfolgte die Widmung der Stele vermutlich zur Zeit des Augustus durch den Gaustrategen von Dendera: (1) Vor

Thot, (der) Leben gibt, dem großen Gott, residierend in Dendera, (2) (geweiht) von Pachompascha, Sohn des Pachomrembahte, (3) dem Strategen, dem Syngenes, dem Bruder des Königs, (4) dem Propheten des Horus, dem Propheten der Hathor, dem Propheten des Ihi, (5) dem Propheten der Isis, dem Propheten der Götter des Tempels von Dendera, (6) dem Vorsteher des Schatzhauses der Hathor, Herrin von Dendera, der Isis, der großen Göttin, (7) und des Horus von Edfu, des großen Gottes, Herrn des Himmels, [dem] Beauftragten des Caesar (8) [Autokrator, der in Dendera ist. Jahr ..?..], 14. Tybi. Eine hieroglyphisch beschriftete Tempelstatue desselben Mannes befindet sich in Kairo. 297)

291. Vgl. auch G. Vittmann, Der demotische Papyrus Rylands 9 (ÄAT 38), Wiesbaden 1998, 361362. 292. Die spezielle Schreibung von »Thot« scheint auf eine Herkunft des Objekts aus dem Fayum zu weisen; vgl. M. A. Stadler, OLZ 100 (2005) 400. Hierzu paßt auch der Titel »Prophet des Sobek«, während »Herr von Hermopolis« als üblicher Titel des Thot nichts über eine Herkunft des betreffenden Objekts besagt. 293. 2 2 2 ist das ägyptische Vorbild der griechischen Übertragung trismffgisto@. 294. Oder lies statt hrj eher mit Vleeming h rj »unterer«? 295. Der Mond und˙ seine Personifikation¯ als Gottheit (J2h) steht in engster Beziehung zu Thot, ˙ als Schicksalgott vgl. J. Quaegebeur, der seinerseits Schutzgottheit der Schreiber ist. Zu Thot Le dieu égyptien Shaï dans la religion et l’onomastique (OLA 2), Leuven 1975, 105. 296. Die Doppeldatierung bezieht sich auf Kleopatra III. und Ptolemaios X. 297. A. Farid, Eine Statue des Strategen Pakhom-Pa-Schu, des Sohnes des Pakhom-Remet-Behedet, MDIK 45 (1989) 155-168.

137

Günter Vittmann

3.3.7 Stelen, die die Einrichtung einer Kultgemeinschaft betreffen Eine Reihe von Stelen bezieht sich auf die Gründung von Kultgemeinschaften, wobei mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß der einschlägige Terminus konkret eine Baulichkeit meint, in der sich die Mitglieder versammelten.298)

3.3.7.1 Stele des Strategen Ptolemaios (Kairo T 10/5/50/1 = Vleeming, Short Texts, Nr. 165) Im Bildfeld der 46 cm hohen Sandsteinstele sieht man den König im Opfer vor zwei Göttinnen und einem Gott. Darunter steht: (1) Die

große Kultgemeinschaft des Harsomtus, des großen Gottes, Herrn von Chadi, 299) im Vorhof 300) des Osiris-Onnophris, des großen Gottes, errichtet ist (3) durch Ptolemaios, Sohn des Panas, (4) den Strategen, und Imuthes, Sohn des Haremsynis, (5) den Lesonis, und die Leute der Kultgemeinschaft insgesamt: (6) mittlerer(?) Vorhof. Jahr 21 (des Augustus), 12. Choiak. 301)

(2) die

3.3.7.2 Stele des Strategen Tryphon (Bremen, Überseemuseum = Vleeming, Short Texts, Nr. 170) Diese 28 cm hohe Sandsteinstele zeigt den König, wie er theriomorphen Personifikationen von Hathor 302) (Kobra), Horus (Falke) und einem Thot (Ibis) zwei nw-Gefäße opfert. Darunter dokumentiert eine fünfzeilige demotische Weihinschrift die Gründung einer Kultgemeinschaft des Harsomtus von Dendera durch den den lokalen Lesonis, den Tempeladministrator, in Gegenwart (und unter aktiver Beteiligung?) des Gaustrategen von Dendera. 303) (1) Die

große Kultgemeinschaft des Harsomtus, des großen Gottes, Herrn von Chadi, errichtet ist vor Samothrax 304) in Gegenwart von(?) / zugunsten von(?) / durch(?) 305) (3) Tryphon, dem / den Strategen, von Pachumis, (4) Sohn des Pachompanas,

(2) die

298. 299. 300. 301. 302.

303. 304. 305.

138

Also eventuell eine Doppeldeutigkeit (Institution Gebäude) wie im deutschen »Kirche«. Hdj (