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German Pages 372 [388] Year 2004
TUAT N.F. / p. 1 / 6.5.2004
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge
TUAT N.F. / p. 2 / 6.5.2004
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge
Begründet von Otto Kaiser Herausgegeben von Bernd Janowski und Gernot Wilhelm in Verbindung mit Friedhelm Hartenstein, Karl Hecker, Andrea Jördens, Heidemarie Koch, Ingo Kottsieper, Norbert Nebes, Hans Neumann, Herbert Niehr, Daniel Schwemer und Heike Sternberg-el Hotabi
Gütersloher Verlagshaus
TUAT N.F. / p. 3 / 6.5.2004
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge Band 1
Texte zum Rechts- und Wirtschaftsleben Helmut Freydank, Karl Hecker, Andrea Jördens, Michael Jursa, Heidemarie Koch, Ingo Kottsieper, Matthias Müller, Norbert Nebes, Hans Neumann, Christian Niedorf, Carsten Peust, Rosel Pientka-Hinz, Karen Radner, Martin Andreas Stadler, Heike Sternberg-el Hotabi, Josef Tropper, Juan-Pablo Vita, Gernot Wilhelm und Frank Zeeb Redaktion: Michael Lichtenstein, Tübingen
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Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
I. Mesopotamische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr. Hans Neumann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Altbabylonische Texte Rosel Pientka-Hinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
Texte aus Mari Karl Hecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Altassyrische Texte Karl Hecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
Texte aus Nuzi Gernot Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
Mittelassyrische Texte Helmut Freydank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
Neuassyrische Texte Karen Radner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
Neubabylonische Texte Michael Jursa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
Texte aus Ugarit Josef Tropper/Juan-Pablo Vita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
Texte aus Alalah ˘ Christian Niedorf/Frank Zeeb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
129
Texte aus Emar Josef Tropper/Juan-Pablo Vita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
II. Altsyrische Texte
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163
Einleitung Heike Sternberg-El Hotabi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163
III. Ägyptische Texte
V
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Inhalt
Der Turiner Streikpapyrus (pTurin 1880) Matthias Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165
Rechtskodex von Hermupolis (P. Kairo JE 89.127-30+89.137-43) Martin Andreas Stadler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
Hungersnotstele Carsten Peust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
208
Der Vorfall des Rawer Carsten Peust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
218
IV. Texte aus Iran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Heidemarie Koch
V. Hebräische, aramäische und phönizische Texte . . . . . . . . . . . 249 Ingo Kottsieper/Andrea Jördens
VI. Sabäische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Norbert Nebes
VII. Griechische Texte aus Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Andrea Jördens
Register der Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Zeittafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
VI
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Vorwort Als in den ersten Apriltagen 2003 das Irakische Nationalmuseum in Bagdad geplündert und seine Ausstellungsräume und Archive verwüstet wurden, ging ein Aufschrei des Entsetzens durch die internationale Medienlandschaft. Angesichts des nicht zu überbietenden Vandalismus war der Tenor der Berichterstattung erwartungsgemäß einhellig: Das Land zwischen Euphrat und Tigris blickt auf eine vieltausendjährige Geschichte zurück, in der grundlegende Kulturtechniken und Weltbilder entstanden sind, ohne die sich die heutige Menschheit nicht auf ihrem zivilisatorischen Niveau befände. Mesopotamien, so wurde immer wieder betont, ist die Wiege der Menschheitskultur oder, wie es der Assyriologe D. O. Edzard jüngst ausgedrückt hat, die »Kulturgläubigerin eines großen Teils unserer Welt« (Geschichte Mesopotamiens, München 2004, 9). Ähnliches gilt für die andere Hochkultur der vorderorientalischen Antike, das alte Ägypten, die ebenfalls bis ins 4. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht. Auch hier wurden in drei Jahrtausenden außerordentliche Kunst- und Literaturwerke geschaffen, die seit dem 19. Jahrhundert die Geistes- und Kulturgeschichte der westlichen Welt entscheidend geprägt haben. Die archäologische Wiederentdeckung Ägyptens und des Alten Orients hatte natürlich auch Folgen für das Verständnis der Bibel und ihres kulturellen und religiösen Kontextes. Denn jetzt kam endlich die Eigenbedeutung der biblischen Welt in vollem Umfang ans Licht, und erst jetzt konnte auch das einsetzen, was in der neueren Wissenschaft vom Alten Testament »Religionsgeschichtlicher Vergleich« genannt wird. Damit ist ein Verfahren gemeint, durch das das Proprium des Alten Testaments aufgrund des Vergleichs mit den Texten seiner altorientalischen Umwelt deutlicher vor Augen trat. Allerdings steht der Ausdruck »Umwelt«, der dem Modell von Zentrum und Peripherie verpflichtet ist, in der Gefahr, einem bestimmten Werturteil Vorschub zu leisten, so als seien Mesopotamien, Ägypten, Kleinasien, Altsyrien und Altiran Kulturen minderen Rangs. Gemeint ist aber die Standortbindung der Geschichtswissenschaft, die bei der Beschreibung kultur- und religionshistorischer Zusammenhänge in der Regel von einem »Zentrum« ausgeht und in Relation dazu von der »Peripherie« spricht. Auch wer eine Geschichte Mesopotamiens, Altägyptens, Kleinasiens, Altsyriens oder Altirans schreibt, tut dies in perspektivischer Weise, d. h. indem er von Babylon, Memphis, Hattusa, Ugarit oder Persepolis als dem Zentrum und von Jerusalem oder Samaria als˘ der Peripherie spricht. Einen großen Anteil am religionsgeschichtlichen Vergleich hatten von Anfang an die bedeutenden Sammlungen altorientalischer und altägyptischer Texte, die von H. Gressmann (AOT2 1926) und J. B. Pritchard (ANET 1950/31965) und in jüngster Zeit von W. W. Hallo (Context of Scripture I-III 1997-2002) zusammengestellt und herausgegeben wurden. In dieser Tradition stehen auch die »Texte aus der Umwelt des Alten Testaments« (TUAT), die von 1982-1997 in drei Bänden und 2001 in einer Ergänzungslieferung von insgesamt 3196 Seiten erschienen sind und die sich rasch einen festen Platz in Lehre und Forschung nicht nur in der alttestamentlichen Wissenschaft, sondern auch in zahlreichen kulturwissenschaftlichen Fächern erworben haben. Die »TUAT« – eine Abkürzung, die in den Seminaren und Vorlesungen bald zur UmVII
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Vorwort
gangssprache gehörte – eröffneten darüber hinaus für alle, die sich um ein tieferes Verständnis des Alten Testaments bemühen oder sonst an den Kulturen der »Umwelt des Alten Testaments« interessiert sind, einen Zugang zu einer Fülle von Texten, die oft genug bis dahin ohne spezielle Fachkenntnisse unzugänglich geblieben waren. Damit steht zum ersten Male seit der 1926 erschienenen zweiten Auflage von H. Greßmanns weitverbreitetem Werk »Altorientalische Texte zum Alten Testament« wieder ein Sammelwerk in deutscher Sprache zur Verfügung, das »unter dem doppelten Gesichtspunkt des besonderen bibelwissenschaftlichen und des allgemeinen historischen Interesses« – so das Geleitwort zur ersten Lieferung von TUAT (I/1, 1982, 5 f.) – eine repräsentative Auswahl von Texten der Kulturen Altvorderasiens und Altägyptens in Übersetzung auf einem zeitgemäßen Stand der Quellenerschließung bieten will. Der Begründer und Herausgeber des Werks, Otto Kaiser, machte von Anfang an deutlich, daß »angesichts der Textfülle« nur eine »einigermaßen vertretbare und repräsentative Auswahl« angestrebt werden könne: »Die nötigen Ergänzungen mögen dem Werk dann zu geeigneter Zeit folgen« (aaO 5). Die Entscheidung, die Erste Folge von »Texten aus der Umwelt des Alten Testaments« schon jetzt, nur drei Jahre nach Erscheinen der »Ergänzungslieferung«, durch eine »Neue Folge« zu ergänzen, wurde gemeinsam vom Verlag und dem Herausgeber der Ersten Folge getroffen, der dem neuen Vorhaben in beratender Funktion auch weiterhin zur Seite steht. Die Neue Folge soll die heute als allzu knapp empfundene Textauswahl nicht nur in einigen Bereichen wie besonders der Rechts- und Wirtschaftsurkunden, der historisch-chronologischen Texte und der Briefe ergänzen, sie soll auch die repräsentative Dokumentation der altorientalischen und altägyptischen Literaturen vervollständigen, die Papyrologie gebührend berücksichtigen und schließlich weitere Kulturen, insbesondere Altiran, einbeziehen. Dabei lassen sich die Herausgeber von der Absicht leiten, daß TUAT.NF weiterhin das Alte Testament im Blick behält, aber grundsätzlich der umfassenden Dokumentation der berücksichtigten Kulturbereiche dient. Die Neue Folge schließt sich weithin den bewährten Grundsätzen ihrer Vorgängerin an. Auch weiterhin sollen Übersetzungen geboten werden, die auf dem Studium der Originalquellen durch ausgewiesene Fachleute basieren. In einigen Punkten erschienen indes Neuerungen dem Zweck des Unternehmens förderlich zu sein. So wurde – auch auf vielfach geäußerten Wunsch von Benutzern – den einführenden Erläuterungen zu den einzelnen Textgruppen größerer Raum gegeben. Dabei erwies es sich als wünschenswert, die Textübersetzungen durch die Wahl einer anderen Typographie deutlich von den Einleitungen abzuheben. In den letzteren soll dem Leser die historisch-chronologische, religionsgeschichtliche, sozial- und kulturgeschichtliche Verankerung der Textgruppe an die Hand gegeben werden. Wo eine Motivverwandtschaft zum Alten Testament vorliegt, soll auf sie hingewiesen werden, ohne daß dies der primäre Bezugspunkt der Darstellung sein soll. Die frühere Aufteilung in einzelne Lieferungen wird in TUAT.NF zugunsten einer Auslieferung in gebundenen Bänden aufgegeben. Wir folgen damit nicht nur einer inzwischen auch bei umfangreichen Nachschlagewerken üblichen Praxis, sondern hoffen damit auch den knapper werdenden Ressourcen der Bibliotheken entgegenzukommen. Den Bänden werden überdies Karten mit den wichtigsten Städten und Fundorten sowie Zeittafeln beigegeben. Die Legenden zu den Karten sind alphaVIII
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Vorwort
betisch und numerisch angeordnet. Insgesamt sind sieben Textbände geplant, an die sich ein Bildband anschließen soll. Die Umschrift von Namen aus orientalischen Schriften folgt in der Regel den in den jeweiligen Disziplinen üblichen wissenschaftlichen Gepflogenheiten. Nach einer längeren Vorbereitungsphase können wir nunmehr den ersten Band der Neuen Folge der Öffentlichkeit übergeben. Das ist für uns ein willkommener Anlaß zum Dank. Wir danken zuerst und vor allem dem Begründer der Ersten Folge sowie den Fachherausgebern/innen und Autoren/innen der Neuen Folge, die die Belastung der Planung, Übersetzung und Kommentierung der relevanten Texte ohne Zögern auf sich genommen und mit ihrer Fachkompetenz dieses wissenschaftliche Abenteuer erst möglich gemacht haben. Zu danken ist sodann der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die durch die Bewilligung eines entsprechenden Forschungsprojekts, das seinen Sitz seit dem 1. Januar 2004 an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen hat, die Rahmenbedingungen für den Aufbau einer funktionierenden Redaktion geschaffen hat. Diese Redaktion wird von Herrn M. Lichtenstein geleitet, dem unser besonderer Dank für die souveräne Bewältigung des mitunter aufwendigen Tagesgeschäfts gilt. Unterstützt wurde er bei den Korrekturarbeiten an diesem ersten Band dankenswerterweise von Frau U. Latuski, Herrn F. Lippke und Herrn J. Dietrich. Schließlich danken wir den Mitarbeitern des Gütersloher Verlagshauses, namentlich Herrn D. Steen dafür, daß sie aus all unseren Bemühungen ein schönes und hoffentlich nützliches Buch gemacht haben. Es bietet, wie wir meinen, viele neue Einblicke in die Welt der vorderorientalischen Antike, die zugleich die Umwelt des Alten Testaments ist. Tübingen und Würzburg, im März 2004
Bernd Janowski / Gernot Wilhelm
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Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen entsprechen dem Verzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie, zusammengestellt von S. M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, 2., überarb. und erw. Aufl., Berlin; New York 1992. Darüber hinaus werden verwendet: ABD ABoT AC ADD AE Äg Urk AfK AG AGS AHR AJ AKT ALASP AoF AP APA APE APOE ARI ASJ ATTM ATTM.E AulaOr. BAR BBVO BdE BE BGU
The Anchor Bible Dictionary I-VI, (ed. by) D. N. Freedman, New York / NJ u. a. 1992 Ankara Arkeoloji Müzesinde bulunan Bog˘azköy Tabletleri, Istanbul 1948 J. J. Koopmans: Aramäische Chrestomathie, Leiden 1962 C. H. Johns: Assyrian Deeds and Documents, Cambridge 1898-1923 B. Porten: Archives from Elephantine. The Life of an Ancient Jewish Military Colony, Berkeley; Los Angeles / CA 1968 Urkunden des ägyptischen Altertums, (hg. von) G. Steindorff u. a., Leipzig u. a. 1903 ff. Archiv für Keilschriftforschung, Berlin 1923-1925 R. Degen: Altaramäische Grammatik der Inschriften des 10.-8. Jh. v. Chr., AKM XXXVIII, 3, Wiesbaden 1969 S. Segert: Altaramäische Grammatik mit Bibliographie, Chrestomathie und Glossar, Leipzig 1975 An Aramaic Handbook, (hg. von) F. Rosenthal, Wiesbaden 1967 = Porta linguarum orientalium, Neue Serie X Antiquaries Journal, London; Oxford 1921 ff. Ankara Kültepe Tabletleri / Ankaraner Kültepe-Tafeln bzw. Texte I-II, Ankara 1990-1995; III: FAOS Beih. 3, 1995 Abhandlungen zur Literatur Alt-Syrien-Palästinas, Münster 1988 ff. Altorientalische Forschungen, Berlin 1974 ff. Aramaic Papyri of the Fifth Century B.C., (ed. by) A. Cowley, Oxford 1923 Aramaic Papyri Discovered at Assuan, (ed. by) A. H. Sayce (assist. A. E. Cowley), London 1906 A. Ungnad: Aramäische Papyrus aus Elephantine, Leipzig 1911 Aramäische Papyrus und Ostraka aus einer jüdischen Militärkolonie zu Elephantine, (hg. von) Ed. Sachau, Leipzig 1911 A. K. Grayson: Assyrian Royal Inscriptions, Records of the Ancient Near East I-II, Wiesbaden 1972 ff. Acta Sumerologica, Hiroshima 1979 ff. K. Beyer: Die aramäischen Texte vom Toten Meer, Göttingen 1984 ATTM Ergänzungsband, Göttingen 1994 Aula Orientalis, Barcelona 1983 ff. J. H. Breasted: Ancient Records of Egypt I-V, Chicago / IL 1906 Berliner Beiträge zum Vorderen Orient, Berlin 1982 ff. Bibliothèque d’Études, Institut Français d’Archéologie Orientale, Kairo 1908 ff. The Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania / PA 1893 ff. Ägyptische Papyri aus den Königlichen (später: Staatlichen) Museen zu Berlin, Griechische Urkunden, (hg. von) U. Wilcken u. a., Berlin 1895 ff.
XI
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Abkürzungsverzeichnis für TUAT.NF 1
BiMes. BIN BL BMAP BMECCJ BoSt BRM BSA BWL CHANE CPR CST CT CTH CTN DAE DAFI DAI DaM DCS DDD
DLU ESE HAE HKL HSAO IFP IH ILAP IRSA ITT JEAS XII
Bibliotheca Mesopotamica, Malibu / CA 1975 ff. Babylonian Inscriptions in the Collection of J. B. Nies, New Haven / CT 1917 ff. Berichtigungsliste der Griechichen Papyrusurkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Berlin, Leipzig 1922 ff. E. G. Kraeling: The Brooklyn Museum Aramaic Papyri, New Haven / CT 1953 Bulletin of the Middle Eastern Culture Center in Japan, Wiesbaden 1984 ff. Boghazköi – Studien, (hg. von) O. Weber, Leipzig 1916 ff. Babylonian Records in the Library of J. P. Morgan, New Haven / CT 1917 ff. Bulletin on Sumerian Agriculture, Cambridge 1984 ff. W. G. Lambert: Babylonian Wisdom Literature, Oxford 1960 Culture and History of the Ancient Near East, Leiden; Boston / MA; Köln 2000 ff. Corpus Papyrorum Raineri (Archiducis Austriae), (hg. von) C. Wessely u. a., Wien 1895 ff. T. Fish: Catalogue of Sumerian Tablets in the John Rylands Library, Manchester 1932 Cuneiform Texts from Babylonian Tablets in the British Museum, London 1896 ff. E. Laroche: Catalogue des textes hittites, Paris 1971 Cuneiform Texts from Nimrud, London 1972 ff. P. Grelot: Documents araméens d’ Égypte, LAPO 5, Paris 1972 Cahiers de la Délégation Archéologique Française en Iran, Paris 1971 ff. Deutsches Archäologisches Institut, Berlin Damaszener Mitteilungen, Mainz 1983 ff. Cybernetica Mesopotamica, Data Sets: Cuneiform Texts, Malibu / CA 1979 ff. Dictionary of Deities and Demons in the Bible, (ed. by) K. van der Toorn / B. Becking / P. W. van der Horst, Leiden 1995; 2. überarbeitete Aufl., Leiden 1999 G. del Olmo Lete / J. Sanmartín: Diccionario de la lengua ugarítica I-II, AulaOr Suppl. 7-8, Barcelona 1996-2000 M. Lidzbarski: Ephemeris für semitische Epigraphik I-III, Gießen 19021915 J. Renz / W. Röllig: Handbuch der althebräischen Epigraphik I-III, Darmstadt 1995-2003 R. Borger: Handbuch der Keilschriftliteratur I-III, Berlin 1967-1975 Heidelberger Studien zum Alten Orient I (FS A. Falkenstein), Wiesbaden 1967; IIff.: Heidelberg 1988 ff. M. G. G. Amadasi: Le iscrizioni fenicie e puniche delle colonie in occidente, Studi Semitici 28, Rom 1967 A. Lemaire: Inscriptions Hébraiques I. Les Ostraca, LAPO 9, Paris 1977 R. Yaron: Introduction to the Law of the Aramaic Papyri, Oxford 1961 E. Sollberger / J. R. Kupper: Inscriptions royales sumériennes et akkadiennes, LAPO 3, Paris 1971 Inventaire des tablettes de Tello I-V, Paris 1910-1921 B. Porton (collab. J. C. Greenfield): Jews of Elephantine and Arameans of
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Abkürzungsverzeichnis für TUAT.NF 1
JEN
KTU2
LD LSS MBAH MesCiv. Mesopotamia MHE
MIO MPAT MRE MVN NABU NATN Nbn.
NE NG NRVN O. Bodl. OECT O. Edfu OPBIA OrNS O. Wilcken Pap. Flor. PAT P. Cair. Zenon P. Gurob
Syene (Fifth Century B.C.E.). Fifty Aramaic Texts with Hebrew and English Translations, Jerusalem 1974 Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi, Publications of the Baghdad School. Texts I-VI, Paris; Philadelphia / PA 1927-1939; VII: SCCNH 3, Winona Lake / IN 1989; VIII: SCCNH 14, Bethesda / MD 2003 M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín: Die keilalphabetischen Texte aus Ugarit einschließlich der keilalphabetischen Texte außerhalb Ugarits I, ALASP 8, Münster 1995 C. R. Lepsius: Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, Berlin 1849-1859 Leipziger Semitistische Studien, Leipzig 1904-1932 Münstersche Beiträge zur antiken Handelsgeschichte, St. Katharinen 1980 ff. Mesopotamian Civilizations, Winona Lake / IN 1989 ff. Mesopotamia. Rivista di Archeologia, Turin 1966 ff. Mesopotamian History and Environment (Series 1: NAPR, 1991 ff.; Series 2: MHEM-Mémoirs, 1989 ff.; Series 3: MHET-Texts, 1991 ff.; MHEOOccasional Publications, 1991 ff.) Mitteilungen des Instituts für Orientforschung, Berlin 1953 ff. J. A. Fitzmyer / D. J. Harrington: A Manual of Palestinian Aramaic Texts, Biblica et Orientalia 34, Rom 1978 Monographies Reine Elisabeth, Brüssel 1970 ff. Materiali per il vocabulario Neosumerico, Rom 1974 ff. Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires, Paris 1987 ff. D. I. Owen: Neo-Sumerian Archival Texts primarily from Nippur, Winona Lake / IN 1982 J. N. Strassmaier: Inschriften von Nabonidus, König von Babylon (555538 v.Chr), von den Thontafeln des Britischen Museums copiert und autographiert (= Babylonische Texte I-IV), Leipzig 1889 M. Lidzbarski: Handbuch der Nordsemitischen Epigraphik, Weimar 1898 A. Falkenstein: Die neusumerischen Gerichtsurkunden I-III, München 1956-1957 M. Çıg˘ / H. Kızılyay: Neusumerische Rechts- und Verwaltungsurkunden aus Nippur, Ankara 1965 Greek Ostraca in the Bodleian Library at Oxford and Various Other Collections I-III, (ed. by) J. G. Tait u. a., London 1930-1964 Oxford Editions of Cuneiform Texts, Oxford; Paris 1923 ff. Fouilles franco-polonaises Tell Edfou 1937-1939, (pub. par) B. Bruyère e. a., 3 Bde., Le Caire 1937-1950. Occasional Publications of the British Institute of Archaeology at Ankara, London 1949 ff. Orientalia. Nova Series, Rom 1932 ff. Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien I-II, (hg. von) U. Wilcken, Leipzig; Berlin 1899 Papyrologica Florentina, Firenze 1976 ff. D. R. Hillers / E. Cussini: Palmyrene Aramaic Texts, Baltimore / MD; London 1996 Zenon Papyri I-V, (ed. by) C. C. Edgar, Cairo 1925-1940 Greek Papyri from Gurob, (ed. by) J. G. Smyly, Dublin 1921
XIII
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Abkürzungsverzeichnis für TUAT.NF 1
P. Hamb. P. Harrauer P. Heid. P. IFAO P. Köln P. L. Bat. P. Polit. Iud. P. Ryl. PSAS PSI P. Tebt. RES RGPAE RGTC RHA RSOu. RT RTAT
RTC SAA SAAB SAHG SAIO SALPE SB SCCNH SHCANE SKIZ SMEA
XIV
Griechische Papyri der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek, (hg. von) P. M. Meyer u. a., Leipzig, Berlin 1911 ff. Wiener Papyri als Festgabe zum 60. Geburtstag von Hermann Harrauer, (hg. von) B. Palme, Wien 2001 Veröffentlichungen aus der Heidelberger Papyrussammlung, (hg. von) E. Siegmann u. a., Heidelberg 1956 ff. Papyrus grecs de l’Institut Français d’Archéologie Orientale, (pub. par) J. Schwartz / G. Wagner, 3 Bde., Le Caire 1971-1975 Kölner Papyri, (ed. by) B. Kramer u. a., Opladen 1976 ff. Papyrologica Lugduno-Batava, Leiden 1941 ff. Urkunden des Politeuma der Juden von Herakleopolis (144/3-133/2 v. Chr.), (hg. von) J. M. S. Cowey / K. Maresch, Wiesbaden 2001 Catalogue of the Greek and Latin Papyri in the John Rylands Library I-IV, (ed. by) A. S. Hunt u. a., Manchester 1911-1952 Proceedings of the Seminar for Arabian Studies, London 1970 ff. Papiri greci e latini della Società Italiana, (ed. by) G. Vitelli u. a., Firenze 1912 ff. The Tebtunis Papyri I-IV, (ed. by) B. P. Grenfell u. a., London 1902-1976 Répertoire d’ Epigraphie Sémitique, Paris 1900 ff. A. Verger: Ricerche giuridiche sui papiri aramici di Elefantina, StSem 16, Rom 1965 Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes, BTAVO, Reihe B 7, 1 ff., Wiesbaden 1974 ff. Revue Hittite et Asianique, Paris 1930 ff. Ras Shamra-Ougarit. Publications de la Mission Française Archéologique de Ras Shamra-Ougarit, Paris 1983 ff. Recueil des Travaux relatifs à la Philologie et à l’ Archéologie Égyptiennes et Assyriennes, Paris 1870-1923 Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament, (hg. von) W. Beyerlin, Grundrisse zum Alten Testament, ATD Ergänzungsreihe 1, Göttingen 1975 F. Thureau-Dangin: Recueil des tablettes chaldéennes, Paris 1903 State Archives of Assyria, Helsinki 1987 ff.; SAAS Suppl., 1992 ff. State Archives of Assyria. Bulletin, Padua 1987 ff. A. Falkenstein / W. von Soden: Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, Bibliothek der Alten Welt, Zürich; Stuttgart 1953 E. Lipin´ski: Studies in Aramaic Inscriptions and Onomastics I, Orientalia Lovaniensia Analecta I, Leuven 1975 Y. Muffs: Studies in the Aramaic Legal Papyri from Elephantine, Studia et documenta ad iura orientis antiqui pertinentia, vol. VIII, Leiden 1969 Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Staßburg; Berlin 1913 ff. Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians I-V, Winona Lake / IN 1981 ff.; VIff.: Bethesda / MD 1994 ff. Studies in the History and Culture of the Ancient Near East, Leiden u. a. 1996 ff. W. H. Ph. Römer: Sumerische Königshymnen der Isin-Zeit, Leiden 1965 Studi Micenei ed Egeo-Anatolici, Rom 1966 ff.
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Abkürzungsverzeichnis für TUAT.NF 1
SPP SR SSA StAT StBoT StudSem TADAE TDT THeth TLB TMH TOu TRU TSS UAVA UET VBoT VO VS WAF
Studien zur Paläographie und Papyruskunde, (hg. von) C. Wessely, 23 Bde., Leipzig 1901-1924 D. O. Edzard: Sumerische Rechtsurkunden des III. Jahrtausends aus der Zeit vor der III. Dynastie von Ur, München 1968 J. van Dijk: La sagesse suméro-accadienne, Leiden 1953 Studien zu den Assur-Texten, Saarbrücken 1999 ff. Studien zu den Bog˘azköy-Texten, Wiesbaden 1965 ff. Studi Semitici, Rom 1958 ff. B. Porten / A. Yardeni: Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt I-IV, Jerusalem 1986-1999 A. Yardeni: Textbook of Aramaic, Hebrew and Nabataean Documentary Texts from the Judaean Desert and Related Material I-II, Jerusalem 2000 Texte der Hethiter, (hg. von) Annelies Kammenhuber, München 1971 ff. Tabulae cuneiformes a F. M. Th. de Liagre Böhl collectae, Leiden 1954 ff. Texte und Materialien der Frau Professor Hilprecht Collection Jena, Leipzig 1932-1934; NF: Leipzig 1937, Berlin 1961 ff. A. Caquot / M. Sznycer / A. Herdner: Textes ougaritiques I. Mythes et légendes, LAPO 7, Paris 1974 P. Xella: I testi rituali di Ugarit – I: Testi, Rom 1981 J. C. L. Gibson: Textbook of Syrian Semitic Inscriptions Iff., Oxford 1971 ff. Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1960 ff. Ur Excavation Texts, London 1928 ff. Verstreute Boghazköi-Texte, (hg. von) A. Götze, Marburg 1930 Vicino Oriente. Annuario dell’Istituto di Studi del Vicino Oriente dell’ Università di Roma, Rom 1978 ff. Vorderasiatische Schriftdenkmäler der (Königlichen) Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 1907 ff. J. A. Fitzmyer: A Wandering Aramean. Collected Aramaic Essays, Society of Biblical Literature. Monograph Series 25, Missoula / MT 1979
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I. Mesopotamische Texte
Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr. Hans Neumann Die mesopotamische Urkundenüberlieferung setzt um die Wende vom 4. zum 3. Jt. v. Chr. mit den archaischen Texten aus Uruk in Südbabylonien ein. Bei diesen Urkunden handelt es sich um Dokumente einer zentralen Wirtschaftsverwaltung, die im Bereich des Eanna-Heiligtums der Stadt konzentriert war. Textzeugnisse institutioneller Haushalte (Palast, Tempel) sind es auch, die den Hauptteil der Urkundenüberlieferung des 3. Jt. v. Chr. insgesamt ausmachen. Private Rechtsurkunden liegen im Verhältnis dazu nur in relativ geringer Zahl vor. Ihre Überlieferung beginnt mit den frühen Steindokumenten aus der ersten Hälfte des 3. Jt. v. Chr. Sie betreffen Grundstückstransaktionen, wobei allerdings deren Rechtsnatur im einzelnen zunächst noch unklar bleibt. Hinzu kommen im 26. Jh. v. Chr. die vor allem aus Šuruppak stammenden Rechtsurkunden, die vornehmlich Feld- und Hausgrundstückskäufe dokumentieren und Archiven in Privathäusern zuzuordnen sind. Inhaltlich wird dieses Spektrum in der ausgehenden frühdynastischen Zeit im 24. Jh. v. Chr. um den Perˆ irsu dokumentiert ist. sonenkauf erweitert, der durch entsprechende Urkunden aus G Für die Zeit der ersten größeren Territorialstaaten in Mesopotamien, des Reiches von Akkade (24.-22. Jh. v. Chr.) und vor allem des Staates der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), läßt sich dann eine umfangreichere und vor allem komplexere privatrechtliche Überlieferung aus mehreren Orten Mesopotamiens und angrenzender Gebiete nachweisen, die neben Urkunden aus verschiedenen Bereichen des Privatrechts auch Prozeß- und Gerichtsurkunden umfaßt. Diese entstammen zwar der staatlichen Gerichtsbarkeit, haben jedoch in erster Linie privatrechtliche Zusammenhänge bzw. Tatbestände zum Gegenstand. Die vor allem aus Süd- und Mittelbabylonien kommenden und zumeist Privatarchiven zuzuweisenden Rechtstexte sind in der Regel in sumerischer Sprache überliefert. Akkadischsprachige Urkunden der AkkadeZeit insbesondere aus Nordbabylonien und dem Dija¯la-Gebiet ergänzen dieses Material. In bezug auf die Urkundenüberlieferung aus den Bereichen staatlicher Verwaltungstätigkeit sind die Texte aus der Zeit der III. Dynastie von Ur quantitativ und qualitativ von besonderer Bedeutung. Bislang etwa 40 000 edierte Verwaltungsurkunˆ irsu, Umma, Puzriš-Daga¯n, Ur und – in geringerem Umfang – den vor allem aus G Nippur dokumentieren für das ausgehende 3. Jt. v. Chr. eine integrierte Palast- und 1
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Tempelwirtschaft und geben einen komplexen Einblick in die wirtschaftliche Tätigkeit institutioneller Haushalte in Land- und Viehwirtschaft sowie im Rahmen von Handwerk und Handel. Die vorliegende Textauswahl versteht sich als Ergänzung zu den von W. H. Ph. Römer und H. Lutzmann (in: TUAT I/3, 197-207) und von W. H. Ph. Römer (in: ZAW 95 [1983] 319-336) gebotenen Urkundenbeispielen. Zur Textüberlieferung des 3. Jt. v. Chr. und zu ihrem jeweiligen politisch-sozialen Kontext vgl. jetzt insbesondere die von P. Attinger und M. Wäfler herausgegebenen Bände Annäherungen 1 und 3 (= OBO 160/1 und 160/3, Freiburg; Göttingen 1998 und 1999) mit den entsprechenden Beiträgen von R. K. Englund, M. Krebernik, J. Bauer, A. Westenholz und W. Sallaberger.
1. Sumerische Privatrechtsurkunden und Gerichtsprotokolle mit privatrechtlichem Inhalt 1.1 Bestätigung einer getroffenen Eheabsprache und Ahndung des Bruchs derselben ˆ irsu aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 2. Keilschrifttafel aus G Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul (L. 958). Edition (Kopie): A. Falkenstein, NG III, Taf. 2. Bearbeitung: A. Falkenstein, NG II, 27 f. Nr. 17. Übersetzung: B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 47 Nr. 7; M. Molina, La ley ma´s antigua. Textos legales sumerios, Barcelona 2000, 140 f. Nr. 30.
Durch Zeugen sowie durch die (bestätigende) Aussage des Vaters des Bräutigams war eine getroffene Eheabsprache gerichtlich festgestellt worden. Da der Bräutigam trotz dieser Eheabsprache jedoch eine andere Frau geheiratet hatte, wurde der Vater des Bräutigams dazu verurteilt, an die ursprünglich vorgesehene Schwiegertochter eine Mine Silber (= 0,5 kg) 1) als Schadenersatz zu zahlen, was in der Höhe dem normalen Scheidegeld im Falle einer (ungerechtfertigten) Ehescheidung entsprach. Zur Eheabsprache und zu ihren juristischen Konsequenzen vgl. A. Falkenstein, NG I, 99 f.; C. Wilcke, in: E. W. Müller (Hg.), Geschlechtsreife und Legitimation zur Zeugung, Freiburg; München 1985, 245-252. Abgeschlossene Rechtssache: (3/7) Daß (2) Ni’urum, der Sohn des Ur-hNuimušda, erschienen ist (und) (4) »Beim König! (5) Die Geme-Igalim, die Tochter des Lugalkiga(7) la, hat (6) Ur-Igalim, mein Erbsohn, (7) fürwahr (zur Ehefrau) genommen!«, erklärt hat, (10) dafür sind (8) Lugaligihuš, der Sohn des Ur-Ba-U, des Inspektors, (9) (und) Lu-Šara, ˘ Musikanten, (10) Zeugen, (11) und Ni’urum hat (dies) mit der Sohn des Ni’urum, des seiner Aussage bestätigt. 2) (12-13) Wei[l] der Erbsohn des Ni’urum die Ini[mlu]gal (zur Ehefrau) ge[nommen hat], (17) wird (14) 1 Mine Silber (15) der Geme-Igalim (16) Ni’urum (17) zahlen. (18) Ur-Ištaran, der Sohn des Nig ˆ u, (war dabei) Kommissär. (19) Lu-Šara, (1) (3)
1. 2.
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Gewichtseinheiten der Ur III-Zeit sind: Talent (gú) = 30 kg, Mine (ma-na) = 0,5 kg, Sekel (gín) = 8 1⁄3 g, Gran (še) = 0,05 g. Zur Wendung ka(-g)-…-a gi-(n) vgl. J. Krecher, ZA 69 (1979) 1-3: »in der Aussage des … festmachen/verankern« = »(den Sachverhalt) durch eine entsprechende Aussage bestätigen«.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr. (20) (24)
Lu’ibgal, (21) Ludigˆira (und) (22) Ur-Ištaran (23) waren die dafür (zuständigen) Richter. Jahr: Das Schiff ›Wildziege des Abzu‹ wurde kalfatert.
1.2 Klage auf Zahlung des Scheidegeldes ˆ irsu aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šulgi Jahr 48. Keilschrifttafel aus G Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul (L. 759). Edition (Kopie): F. ThureauDangin, RTC Nr. 289. Bearbeitung: A. Falkenstein, NG II, 32-34 Nr. 20. Übersetzung: B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du ProcheOrient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 47 Nr. 8; M. Molina, La ley ma´s antigua. Textos legales sumerios, Barcelona 2000, 142 f. Nr. 32.
Nach einer Ehescheidung kam es offensichtlich zu einer Klage der verstoßenen Ehefrau auf Zahlung des Scheidegeldes. Allerdings wurde durch Zeugen festgestellt, daß die Ehefrau sich unter Eid mit 10 Sekel Silber bei gleichzeitigem Klageverzicht zufriedengegeben und diese 10 Sekel auch tatsächlich erhalten hatte, so daß der Klage kein Erfolg beschieden war. Abgeschlossene Rechtssache: (2) Geme-Enlila (4) hat (3) Lu-Utu, der Sohn des NiBa-U, (4) verstoßen. (5) Daß Geme-Enlila erschienen ist, (10) daß sie (6) »Beim König! (7) 10 Sekel Silber gib mir! (8) Ich werde gegen dich bestimmt nicht klagen«, (9) zu ihm (= ihrem Ehemann Lu-Utu) gesagt (und) (10) mit 10 Sekel Silber (tatsächlich) herausgegangen ist, 3) (13) haben (11) Kagedu (und) (12) Ugˆil, der ›Bauer‹, (13) beschworen. (14) U[rnig ˆ a]r (war dabei) Kommissär. (15) U[r]-Lama (war) (16) der Sta[tt]halter. (17) Jahr: Harši (und) Hurti wurden zerstört. ˘ ˘ (1)
1.3 Adoptionsurkunde Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), ohne Datum. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 8372). Edition (Kopie): D. I. Owen, NATN Nr. 131. Bearbeitung: C. Wilcke, in: E. W. Müller (Hg.), Geschlechtsreife und Legitimation zur Zeugung, Freiburg; München 1985, 247 Anm. 8; H. Limet, in: M. E. Cohen/D. C. Snell/D. B. Weisberg (ed.), The Tablet and the Scroll. Near Eastern Studies in Honor of W. W. Hallo, Bethesda 1993, 143 f.; C. Wilcke, in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 54 f.
Mit der vorliegenden Adoption verschaffte sich der Adoptant mit dem Adoptierten einen Erben, der im Gegenzug die Schuldverpflichtungen des Adoptanten einlöste 3.
Gegen A. Falkenstein, NG II, 34 und P. Steinkeller, Sale Documents of the Ur-III-Period, FAOS 17, Stuttgart 1989, 32, die hier einen Subjektwechsel annehmen (Lu-Utu als Subjekt), ist Geme-Enlila auch in Z. 10 Subjekt des Satzes. 10 gín kù-babbar-ta ist im vorliegenden Fall wohl instrumental (»mit 10 Sekel«) aufzufassen. Etwas anders C. Wilcke, in: T. Abusch/ J. Huehnergard/P. Steinkeller (ed.), Lingering over Words. Studies in Ancient Near Eastern Literature in Honor of W. L. Moran, HSS 37, Atlanta 1990, 468, der »und (ihren ehemaligen Ehemann) zur Zahlung von 10 Sekel Silber veranlaßt hat« übersetzt.
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und zugleich lebenslange, auf den Monat bzw. das Jahr berechnete Alimentationsverpflichtungen gegenüber dem Adoptanten einging. Der Adoptierte erhielt zusätzlich ein bebautes Hausgrundstück vom Adoptanten zu dessen Lebzeiten geschenkt. Der Schwiegersohn des Adoptanten erklärte gegenüber dem Adoptivsohn unter Eid seinen Klageverzicht in bezug auf diese Schenkung. Zur Adoption im 3. Jt. v. Chr. vgl. A. Falkenstein, NG I, 110; C. Wilcke, in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 53-55. 2 ½ Sekel Silber, (2) eine Schuld, die bei Aba vorhanden war, (4) hat (3) Urnigˆar für Aba (4) zurückerstattet (und) (5) Aba hat zu Lebzeiten Urnigˆar (6) zu seinem Erbsohn gemacht. 4) (7) Urnigˆar hat dem Aba, (8) (diesem) im Monat jeweils 2 Sea (= 20 l) 5) Gerste (und) (9) jeweils 10 Sekel Schweinefett (sowie) (10) himi Jahr jeweils 2 Minen Wolle (11) zu geben, (12) den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (13) Da er (= Urnig ˆ ar) 2 ½ Sekel Silber, die Schuld des Aba, zurückerstattet hat, (14) und er jeweils 2 Sea Gerste (und) jeweils 10 Sekel Schweinefett (und) (15) im Jahr jeweils 2 Minen Wolle (16) ihm geben wird, (18) hat Aba zu Lebzeiten (17) 1 ½ Sar (= 54 m2 ) 6) bebautes Hausgrundstück (18) dem Urnigˆar (19) geschenkt. Sie werden darauf nicht zurückkommen. (20) Gemeinsam (21) haben sie (20) den Eid beim König (21) geleistet. (22) Ferner wird Šeškala, (23) der Schwiegersohn des Aba, (24) weil das Haus Aba ihm (= Urnig ˆ ar) geschenkt hat, (25) keine Klage erheben. (26) Dem Urnig ˆ ar (27) hat er den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (I.Rd.) Šeškala, Sohn des Meriru, Kalu, Enlilda (und) Addakala sind die Zeugen dafür. (1)
1.4 Sklavenfreilassung zwecks Verschaffung eines Erben Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Amar-Su’ena Jahr 6. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (UM 55-21-213). Edition (Kopie): D. I. Owen, NATN Nr. 920. Bearbeitung: C. Wilcke, in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 53 f.
Die in der vorliegenden Urkunde dokumentierte Sklavenfreilassung war mit der Einsetzung des Freigelassenen als Erben verknüpft. Als Freilassender erscheint der Vater des Sklaven, was sich wohl daraus erklärt, daß der Sklave aus dem Konkubinat des Freilassenden mit einer Sklavin hervorgegangen war. Die Anerkennung des Konkubinensohnes als Erbe bedingte, daß der Freilassende den Eid dafür leistete, daß seine Brüder dagegen nicht auf dem Klagewege vorgehen werden, womit ein (bei Fehlen eines männlichen Nachkommen berechtigter) Erbanspruch der Brüder des Erblassers ausgeschlossen wurde. Vgl. H. Neumann, Bemerkungen zur Freilassung von Sklaven 4. 5. 6.
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Zu den Verwendungsweisen von sumerisch ku4 »eintreten« (intransitiv »zu etwas werden«, transitiv »zu etwas machen«) vgl. C. Wilcke, ZA 78 (1988) 27. Hohlmaße der Ur III-Zeit sind: Kor (gur) = 300 l, Scheffel (barig) = 60 l, Sea (ba´n) = 10 l, Liter (sìla) = 1 l. Flächenmaße der Ur III-Zeit sind: Bur (bùr) = 6,48 ha, Eše (èše) = 2,16 ha, Iku (iku) = 0,36 ha, Sar (sar) = 36 m2.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
im alten Mesopotamien gegen Ende des 3. Jahrtausends v. u. Z., AoF 16 (1989) 220233. ˆ AR, se[inen] (1) Im Haupt[t]or des […] 7) des Gottes Ninurta (5) hat (2) den Umani-G Sklaven, (3) Atu, sein Vater, (4) wegen (dessen) Stellung als Erbsohn 8) (5) freigelassen. (8) Daß (6) Lugirizal (und) (7) Ludig ˆ ira – Brüder des Atu sind sie – (8) nicht darauf zurückkommen werden, (9) hat er (= Atu) den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (10) In Gegenwart des Lugalazida, des ›Stadtaufsehers‹ von Nippur. (11) Ur-Ababa, der Großherold, (12) Undaga, der …-Herold, 9) (13) Lugalengar, (14) Šeškala, (15) Lugalmagure, (16) Lumelam, (17) Lala, (18) Amaršuba, (19) x[…]-la (Rest der Tafelrückseite mit der Angabe weiterer Zeugen zerstört). (I.Rd.) [J]ahr, in dem [A]mar-Su’ena, der König, Šašru zerstört [ha]t.
1.5 Erbauseinandersetzungen zwischen einer Witwe und ihrem Schwager Gesiegelte vierkolumnige Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 8, XI. Monat. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 9792: Gipsabguß). 10) Edition: D. I. Owen, NATN Nr. 302 (Kopie); ders., ZA 70 (1980) 176 f. (Photo und Kopie). Bearbeitung: D. I. Owen, ZA 70 (1980) 170-184. Übersetzung: B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 50 f. Nr. 10; M. Molina, La ley ma´s antigua. Textos legales sumerios, Barcelona 2000, 148-150 Nr. 37.
Die Ehefrau eines Verstorbenen klagte gegen ihren Schwager, der nach dem Tode seines Bruders dessen Anteil am gemeinsamen väterlichen Erbe beansprucht hatte. Das Gericht, repräsentiert durch den Statthalter von Nippur, nahm daraufhin eine neuerliche Erbteilung vor und sprach der Witwe einen Vermögensanteil am (beträchtlichen) Erbe ihres Schwiegervaters zu. Obgleich nach neusumerischem Recht eine Witwe grundsätzlich keinen gesetzlichen Erbanspruch auf das Vermögen ihres Ehemannes nach dessen Tode hatte, erweist nicht zuletzt die vorliegende Urkunde, daß in bestimmten Fällen die Witwe durchaus erfolgreich einen Erbanspruch geltend machen konnte. Dieser resultierte dann wohl aus besonderen sozialen Umständen, unter denen die Frau in die Ehe gegangen bzw. an den Geschäften ihres Mannes beteiligt 7.
8. 9. 10.
Nach abul(KA´.GAL)-mah »Haupttor« folgt ein ki-x[…], was zu unterschiedlichen Interpretationen geführt hat. Vgl.˘ C. Wilcke, ZA 78 (1988) 24 Anm. 88: ki-d[i?-ku5] »(im Abulmah), ˘ der [Richt]stätte (Ninurtas)«; ders., in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly ? in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 53: ki-l[ukur ] »(in the gate) of the cloister (of the [god] Ninurta)«; P. Steinkeller, Sale Documents of the Ur-III-Period, FAOS 17, Stuttgart 1989, 73 Anm. 209: ki-a[n(?)-na(?) »(in the gate) Mahkian[a(?)] ˘ (of Ninurta)«. Zur Stelle vgl. C. Wilcke, ZA 78 (1988) 24 Anm. 88; ders., Wer las und schrieb in Babylonien und Assyrien. Überlegungen zur Literalität im Alten Zweistromland, SBAW 6/2000, München 2000, 36 f. Die Bezeichnung nigˆir-gín ist unklar. Das unpublizierte Original befindet sich wahrscheinlich in den Archäologischen Museen Istanbul; vgl. D. I. Owen, ZA 70 (1980) 170-172.
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war. Vgl. dazu auch H. Neumann, in: D. Charpin/F. Joannès (éd.), La circulation des biens, des personnes et des idées dans le Proche-Orient ancien, Paris 1992, 86 f. (I 1-3) Alala war gemeinsam hmiti Ur-DUN Erbe. (4) [Das Hau]s (= der Nachlaß) ihres Vaters ist (zwischen ihnen) geteilt worden. (5) (Dann) starb [U]r-DUN. (6) [Gem]eSu’ena, die Ehefrau des Ur-DUN, (11) hat (7) hmiti[A]lala (8) [u]m [Feld], Haus (und) (bewegliches) Habe, (repräsentierend den) Erbtei[l des Ur]-DUN (9) [vor D]ada, (10) dem [Stattha]lter von Nippur, (11) [pro]zessiert. (12) [x Iku] Feld von Sisi’a (13) [und] Feld von Dubarbar, (14) außerhalb der [St]adt (Rest der Kol. I zerstört) (II 1) (bewegliches) Habe, innerhalb der Stadt, (2) (gehörig zum) Erbteil des Ur-DUN, (3) (zusätzlich) Magure, (4) Banzige, (5) Ilum-pa ¯ lil, (6) Ilum-pa¯lil II, (7) Digˆirmudah, (8) Antalu, (9) Utu-adah ¯ ta-ilam, ˘(13) Ningˆubanzige, (14) Ana-˘ (10) – männliche Sklaven sind es –, (11) Arbid, (12) U ni’a, (15) Sa’anzu, (16) Geme-Šulpa’e (17) – weibliche Sklaven sind es –, (18) und das Haus des Namhani (= des Vaters) (19-20) hat Alala als Erbteil erhalten. (21) 9 Iku Feld von Si[si’a], (22)˘ [Mo]biliar, [innerhalb] der S[tadt] (Rest von Kol. II und Anfang von Kol. III zerstört) … (III 3’) all[e T]üren [au]ßerhalb der Stadt, (4’) (bewegliches) Habe, [au]ßerhalb der Stadt, (gehörig zum) Erbteil des Alala, (5’) (zusätzlich) eine (gepolsterte) Bank, 11) innerhalb der Stadt, (6’) Aba’addagin, (7’) Innâ, (8’) Ilum-dan, (9’) Digˆirmudah, ˘ (10’) Durara, (11’) Dig ˆ irandul, (12’) Ninšubur-andul, (13’) Su’en-andul, (14’) Šu¯-Nisaba, (15’) Lu-Girgilu (16’) – männliche Sklaven sind es –, (17’) Peš-TUR.TUR, (18’) Ninšuburamagˆu, (19’) Ningˆubanzige, (20’) Ninezem (21’) – weibliche Sklaven sind es – (22’-23’) hat Geme-Su’ena als Erbteil erhalten. (24’) Darauf nicht zurückzukommen, (IV 1) [haben si]e [den diesbezüglichen Eid beim König geleistet]. (Die weiteren Zeilen sind schlecht erhalten.) (12’) [Monat: Ziz]-a. (13’) Ja[hr: Šu¯]-Sîn, der König von Ur, (15’) hat (14’) das erhabene Prozession[s]schiff für E[nlil] (und) Ninlil (15’) [ge]schaffen.
Siegellegende: Geme-Su’ena, Ehefrau des Ur-DUN.
1.6 Gestellungsbürgschaft Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Ibbi-Sîn Jahr 3, V. Monat, 3. Tag. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (UM 29-13-164). Edition (Kopie): D. I. Owen, NATN Nr. 558. Bearbeitung: C. Wilcke, Wer las und schrieb in Babylonien und Assyrien. Überlegungen zur Literalität im Alten Zweistromland, SBAW 6/2000, München 2000, 43.
Ein Bürge steht dafür ein, daß eine bestimmte Person (= Schuldner) innerhalb von vier Tagen (= Fälligkeitszeitpunkt der Schuld) dem Bürgschaftsnehmer (= Gläubiger) (wieder) zur Verfügung steht. Es handelt sich hier somit um eine Gestellungsbürgschaft, die subjektiv von Seiten des Gläubigers stilisiert ist. Zur Gestellungsbürgschaft (Terminologie und Inhalt des Bürgenversprechens) vgl. grundsätzlich P. Koschaker, Babylonisch-assyrisches Bürgschaftsrecht. Ein Beitrag zur Lehre von Schuld und Haf-
11.
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Zu gˆišgu-za-gíd-da vgl. W. Röllig/H. Waetzoldt, RLA VIII (1993-1997) 328 (»eine kleine, gepolsterte Bank«).
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
tung, Leipzig 1911, 50-54; zur Bürgschaft im 3. Jt. v. Chr. vgl. C. Wilcke, in: B. Böck/ E. Cancik-Kirschbaum/Th. Richter (Hg.), Munuscula Mesopotamica, FS J. Renger, AOAT 267, Münster 1999, 623-626 (mit Literatur und Textzusammenstellung). (1) F[ür] Urg ˆ agia (2-3) hat sich Ur-Nu[sk]a verbürgt. (5) Daß er (= Urgˆagia) (4) (bis zum) 7. Tag des Monats NENE-gˆar (5) in meine (= des Bürgschaftsnehmers) Hand zurückkehren werde, (6) hat er (= Ur-Nuska) den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (7) LuEnl[il] (und) (8) Lugallu, der išib-Priester, 12) (9) sind die Zeugen dafür. (10) Monat: NENEgˆar, 3 Tage sind (davon) vergangen. (11) Jahr: Simurrum wurde zerstört.
1.7 Grundpfandbestellung (Pachtpfand) Keilschrifttafel unbekannter Herkunft aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šulgi Jahr 44, III. Monat. Aufbewahrungsort: The John Rylands University Library Manchester. Edition (Kopie): T. Fish, CST, Nr. 60. Kollation: T. Gomi, MVN XII, Rom 1982, 96; vgl. auch die Bemerkungen bei H. Lutzmann, Die neusumerischen Schuldurkunden I: Einleitung und systematische Darstellung, Diss. Erlangen – Nürnberg 1976, 29 und 74; G. Pettinato, Untersuchungen zur neusumerischen Landwirtschaft I, Napoli 1967, 63 f. (Nr. 36); H. Neumann, in: H. Klengel/J. Renger (Hg.), Landwirtschaft im Alten Orient, BBVO 18, Berlin 1999, 142 f.; P. Steinkeller, in: M. Hudson/M. Van De Mieroop (ed.), Debt and Economic Renewal in the Ancient Near East, Bethesda 2002, 120 f.
In der vorliegenden Urkunde ist die Verpachtung eines Feldes mit der Aufnahme eines Darlehens seitens des Verpächters verbunden, wobei der Darlehensgläubiger dementsprechend als Pächter fungierte. Für letzteren war die Übernahme des Feldes zur Pacht gleichbedeutend mit der Sicherungsleistung des Schuldners. Es handelte sich damit um ein sog. Pachtpfand, d. h. der Gläubiger pachtete vom Schuldner, um ein Besitzpfand zu erhalten. Als Schuldgrund ist eine Steuer angegeben, wofür der Darlehensschuldner als Teil einer sog. 60erschaft (= Truppe, bestehend aus 60 dienstverpflichteten Leuten) entsprechend der Größe seiner ihm zugewiesenen Versorgungsparzelle gegenüber der staatlichen Verwaltung haftete und für deren privatrechtliche Kreditierung er dem Darlehensgläubiger sein Feld als Besitznutzpfand überließ. Der Schuldner erklärte (in bezug auf die Pfandbestellung) unter Eid seinen Klageverzicht. 3 Iku Versorgung(sland) des Amma[gˆu], (2) [gelegen] im Feld ›Gro[ße] Flur‹ bei Ur, hat (3) Ammagˆu (4) zur Pacht [dem] Ur-B[a-U] (5) überge[ben]. (6) Ein Königs-Kor Gerste, (7) Gerstedarlehen – zinstragend –, (10) hat (8) von Ur-Ba-U (9) Ammagˆu (10) in Empfang genommen. (11) Für die ziga-Steuer der (Truppe, bestehend aus) 60 (Mann) 13) hat Ur-Ba-U (den Ammagˆu) ihm (= Ur-Ba-U) (das Feld als Pfand) setzen lassen. (12) Ammag ˆ u (13) hat den Eid beim König, darauf nicht zurü[ckz]ukommen, geleistet. (14) Monat: Ubiku. (15) Jahr: Simurru[m] und Lullubu wurden zum neunten Mal zerstört. (1)
(5)
12. 13.
Zu Rolle und Funktion der išib-Priester vgl. J. Renger, ZA 59 (1969) 124-126. Zu Bedeutung und Inhalt dieser Zeile vgl. die Überlegungen bei H. Neumann, in: H. Klengel/ J. Renger (Hg.), Landwirtschaft im Alten Orient, BBVO 18, Berlin 1999, 143-146.
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1.8 Darlehensurkunde (Darlehen mit Gewinnbeteiligung) Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Ibbi-Sîn Jahr 1, II. Monat. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 12575). Edition (Kopie): D. W. Myhrman, BE III/1, Nr. 16. Bearbeitung: W. Eilers, Gesellschaftsformen im altbabylonischen Recht, Leipzig 1931, 57.
Die Darlehensurkunde bezeugt bereits für das ausgehende 3. Jt. v. Chr. das aus späterer Zeit gut bekannte kasap tappûtim-Geschäft, das eine Gesellschaft von Gläubiger und Schuldner begründete. Bei derartigen handelsrechtlichen Geschäftsdarlehen waren nach dem altbabylonischen Kodex Hammurapi § »98« (= U) beide gleichermaßen an Gewinn oder Verlust beteiligt. Allerdings zeigt die Praxis, daß sich der Gläubiger als Kreditgeber gegenüber den Schuldnern als den anderen Gesellschaftern im Vorteil befand und in der Regel nur am Gewinn, nicht jedoch am Verlust beteiligt war. Der Investitionscharakter des vorliegenden Darlehens erklärt auch die recht hohe Darlehenssumme von einer Mine Silber. 1 Mine Silber (2) als ›Gemeinschaftskapital‹, (5) hat (3) von Azida (4) Šu¯-Dumuzi (5) in ˆ iri[ne’is]a (und) Empfang genommen. (6) A’abgˆalgˆu, (7) Ur-Šulpa’e, (8) Lu-Enlila, (9) G (10) Šešdad[a] (11) sind die Zeugen [dafü]r. (12) Monat: Gusis[u]. (13) Jahr: Ibbi-Sîn (wurde) König. (1)
1.9 Darlehensurkunde (zinsantichretische Nutzung von Handwerksarbeit) Gesiegelte Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 4. Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul (Ni. 1973). Edition (Kopie): M. C¸ıgˇ/H. Kızılyay, NRVN I, Nr. 192. Kollation: H. Waetzoldt, OrAnt. 14 (1975) 311. Bearbeitung: P. Steinkeller, in: R. Westbrook/R. Jasnow (ed.), Security for Debt in Ancient Near Eastern Law, CHANE 9, Leiden; Boston; Köln 2001, 58.
Der Schuldner wurde verpflichtet, für den Zins eines Darlehens in Höhe von einem Sekel Silber 8 Tage Zimmermannsarbeit zu leisten. Bei dem üblichen Zinssatz von 20 % (bei Silber) ergab sich bei 8 Tagen eine Zinshöhe von 4,5 Gran Silber pro Tag, was etwa 7,5 l Gerste entsprach, für die der Schuldner die Zimmermannsarbeit auszuführen hatte. Die in der Ur III-Zeit übliche Tarifhöhe bei der Miete von Arbeitskräften lag in der Regel zwischen 5 bis 7 l pro Tag. 14) 1 Sekel Silber, für seinen Zins 8 15) Tage [Zi]mmermannsarbeit, (4) hat (2) von Ada’a Pišah-ilum (4) in Empfang genommen. (5) (Im) [Mona]t Duku (= VII. Monat) ist es zu ˘ (6) Vor Lu-Enlila, (7) vor Lugalanab-DU! . (8) Jahr nach dem Jahr: Sima¯num wurerstatten. de zerstört. Siegellegende: 16) Pi[šah-ilum], Sohn des A-[x(-x)]. ˘ (1)
(3)
14. 15. 16.
8
Vgl. H. Waetzoldt, WO 11 (1980) 137 f. So nach Kollation; vgl. H. Waetzoldt, OrAnt. 14 (1975) 311. Vgl. die Kollationsbemerkungen ebd.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
1.10 Tempeldarlehen mit Einredeverzicht Gesiegelte Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Ibbi-Sîn Jahr 2, XIII. Monat. Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul (Ni. 13536). Edition (Kopie): M. C¸ıgˇ/H. Kızılyay, NRVN I, Nr. 180. Kollation: H. Waetzoldt, OrAnt. 14 (1975) 310. Bearbeitung: C. Wilcke, in: H. Klengel/J. Renger (Hg.), Landwirtschaft im Alten Orient, BBVO 18, Berlin 1999, 303.
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um ein Tempeldarlehen über Gerste, ausgereicht an drei Schuldner (ein Schuldner siegelt). Der beeidete Einredeverzicht betraf das Verbot von Einwendungen seitens der Schuldner, auf Grund von Ertragsausfällen, verursacht durch höhere Gewalt (Hochwasser und Unwetter), das Darlehen an den Gläubiger nicht (oder erst später) zurückzahlen zu können; vgl. dazu H. Lutzmann, Die neusumerischen Schuldurkunden I: Einleitung und systematische Darstellung, Diss. Erlangen – Nürnberg 1976, 74 f.; H. Petschow, ZA 74 (1984) 188 f.; C. Wilcke, in: H. Klengel/J. Renger (Hg.), Landwirtschaft im Alten Orient, BBVO 18, Berlin 1999, 302 f.; P. Steinkeller, in: M. Hudson/M. Van De Mieroop (ed.), Debt and Economic Renewal in the Ancient Near East, Bethesda 2002, 134 f. Anm. 18. Von Lugalnamtare (6) haben (1) 1 Scheffel 4 Sea Gerste Šeška[l]a, (2) 1 Scheffel 4 Sea Azida, (3) 1 Scheffel 4 Sea Ur-Ninur[ta] (4) (als) verzinsliche Gerste des (Gottes) Enlil (6) empfangen. (7) Siegel: Ur-Ninurta. (11) Daß sie (= die Schuldner) (8) bei der Heimkehr der Ernte 17) (9) »Mein Feld hat das Wasser fortgetragen, (10) hat ein Sturm fortgetragen« (11) nicht sagen werden, (12) es dem König oder dem Tempelverwalter nicht sagen werden, (13) haben sie den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (14) Monat: Diri Šekigˆku. (15) Jahr: (Ibbi-Sîn) bestim[mte] Enamgal(ana), (den En-Priester) der Inanna (von Uruk) durch Vorzeichen. Siegellegende: Ur-Ninur[ta], Sohn des Lu-I[nanna]. (5)
1.11 Hauskaufurkunde Mehrkolumnige Keilschrifttafel unbekannter Herkunft, vielleicht aus Šuruppak (26. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Sammlung J. Mariaud de Serres, Paris (A 75). Edition (Kopie): J.-P. Grégoire, MVN X, Nr. 83. Bearbeitung: C. Wilcke, in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 4245.
Der Text zeigt die für die frühen, vornehmlich aus Šuruppak stammenden Immobiliarkaufurkunden typische Gliederung des Kaufpreises, der neben dem sog. Kaufpreis im engeren Sinne eine Zusatzleistung für weitere Ausstattungen des Grundstücks (beides hier in Silber angegeben) sowie das »Geschenk« (in Gerste) und zusätzliche Leistungen in Naturalien an die Verkäufer umfaßte. Weitere Empfänger von Naturalleistungen (und Kupfer) waren spezielle Funktionsträger, wie im vorliegenden Falle der Vermesser. Der hier getätigte Hauskauf beinhaltete darüber hinaus die Schenkung 17.
Gemeint ist der Zeitpunkt des Abschlusses der Ernte; so mit C. Wilcke, in: H. Klengel/J. Renger (Hg.), Landwirtschaft im Alten Orient, BBVO 18, Berlin 1999, 302.
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eines Teils des Hauses an Vater und Mutter des Käufers. Der Kauf diente dem Käufer also offensichtlich auch dazu, die Altersversorgung seiner Eltern zu sichern, wobei er ausdrücklich eine spätere Änderung dieser Verfügung ausschloß. Zu den frühen Kaufurkunden vgl. jetzt insbesondere C. Wilcke, Neue Rechtsurkunden der Altsumerischen Zeit, ZA 86 (1996) 1-67 (mit weiterer Literatur). (I 1) 2 Sekel geläutertes Silber, (2) Kaufpreis für ein Haus, (3) 1 5⁄6 Sar (ist die Fläche) des Hauses, (4) 2 Sekel Silber, (5) Zusatz(leistung für weitere Ausstattungen des Hauses), (6) 1 Lidga 2 Scheffel (= 360 l) 18) Gerste, (7) Geschenk, (II 1) 4 Sea Gerste (für) Brot, (2) 40 Kuchen, (3) 5 PAB-Maßeinheiten Suppe, (4) 5 PAB-Maßeinheiten Fisch-…, 19) (5) 1 Liter Öl (6) (für) Ur-KIN-nir, (7) Ur-Inanna (und) (8) GAN-Gula, (III 1) diejenigen, die den Kaufpreis vereinnahmt haben. (2) 2 Sea Gerste, (3) 10 Brote, (4) 10 Kuchen, (5) 2 PAB-Maßeinheiten Suppe, (6) 2 PAB-Maßeinheiten Fisch-… (7) (für) Esigtakidu. (8) Sag ˆ -AN-tuku, (9) der ›Bauer‹, (10) Lugaluri, (IV 1) Sohn des (2) Lugalgˆeštu-ŠIM, (3) Dada, (4) der ›Bauer‹, (5) Lugal-UD, (6) Sohn des (7) Utumukuš, (8) Lugalmegalgal, (V 1) Sohn des ˆ is(2) Ur-Enki, (3) Ur-Enlil, (4) Lugalzišag ˆ al, (5) der Gärtner, (6) Muni’uri, (7) Ur-Enki, (VI 1) G (2) (3) (4) (5) (6) suše, der Schreiber, (sind) die Zeugen. 1 Mine Kupfer, 10 Brote, 10 Kuchen, (7) 2 PAB-Maßeinheiten Suppe, (8) 2 PAB-Maßeinheiten Fisch-… (9) (für) AmarKu’ara, (10) den Meister, (VII 1) der an das Haus die Meßleine angelegt hat. (2) ½ Sar (dieses Hauses) (6) hat er (= der Käufer) (3) dem Abzu’irnun, (4) seinem Vater, (5) (und) seiner Mutter (6) geschenkt. (7) (Es ist ein) geschenktes Haus. (8) Er wird dieses Wort (= Vereinbarung) nicht ändern. (VIII 1) Namhani, (2) der Gärtner (3) der (Göttin) Ningˆidri, (4) (ist) derjenige, der das Haus gekauft˘hat. (5) Bala-Amt des (6) Maš-Sud, (7) (Flur) Maka.
1.12 Feldkaufurkunde Keilschrifttafel aus Isin aus der Akkade-Zeit (23. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Musée du Louvre, Paris (AO 11412). Edition (Umschrift und Photo): I. J. Gelb, MAD IV, Chicago 1970, 98 f. und Taf. XXV, Nr. 169. Bearbeitung: J. Krecher, ZA 63 (1974) 220-222 (Nr. 9); vgl. auch I. J. Gelb/P. Steinkeller/R. M. Whiting, Earliest Land Tenure Systems in the Near East: Ancient Kudurrus. Plates, OIP 104, Chicago 1989, Taf. 140 f. Nr. 179.
Der vorliegende Kaufvertrag beurkundet den Kauf von zwei gleich großen Feldparzellen, bei denen es sich auf Grund der Lagebeschreibung um Nachbarfelder gehandelt haben dürfte. Als Verkäufer sind drei Brüder genannt. Die Identität der Feldgrößen läßt darauf schließen, daß es hier um den Verkauf eines auf drei Söhne (mit Vorzugsanteil) verteilten Erbes ging, wobei der erste Sohn (= 1. Verkäufer) 6 Iku erhalten hatte, während die anderen 6 Iku den beiden weiteren Erben gemeinsam (= 2. und 3. Verkäufer) zugefallen waren. Die Veräußerung der Felder erfolgte daher wahrscheinlich im Zuge der Auflösung einer Erbengemeinschaft. 18. 19.
10
Zu den Maßangaben in den Texten aus Šuruppak vgl. M. Krebernik, in: P. Attinger/M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 1, OBO 160/1, Freiburg; Göttingen 1998, 304 f. Zu den Einträgen in II Z. 3 f. vgl. die Ausführungen von P. Steinkeller, Third Millennium Legal and Administrative Texts in the Iraq Museum, Baghdad, MC 4, Winona Lake 1992, 15 und 19.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
6 Iku Feld angrenzend an das Kišanudarrani(-Feld), (2) seinen Kaufpreis (in Höhe von) 10 Sekel Silber, (3-4) hat Lugalal in Empfang genommen. (5) 6 Iku Feld angrenzend an das Kišanudarrani(-Feld), (6) seinen Kaufpreis (in Höhe von) 10 Sekel Silber, (7-9) haben ABzu und Igizi in Empfang geno[mme]n. (10) Inimani (11) hat ihnen (den Kaufpreis) [bezahlt]. (12) Lugala[l], (13) AB-zu (und) (14) Igizi (15) – es sind die Söhne des Nesagˆ, des Lederarbeiters – (16) sind diejenigen, die den Kaufpreis vereinnahmt haben. (17) Inimani (18) i[st] derjenige, der den Kauf[preis entrichtet hat]. (19) X-lulu, der …, (20) Lugalg ˆ iš, (21) Sohn des Nesag ˆ , des Aufsehers, (22) KA-ku, (23) Sohn des Lugalnizu, (24) Urni, sein Sohn, (25) Dasa, (26) Sohn des Melamane, (27) Ursa[ga], (28) [Sohn] des …, (29) Enlile’anz[u], (30) Sohn des KA-ku (und) (31) Ešire, der Kultsänger 20), (32) [sind] die Zeugen dafür. (1)
1.13 Personenkaufurkunde ˆ irsu aus der Akkade-Zeit (23. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Musée du Keilschrifttafel aus G Louvre, Paris (AOTb 11). Edition (Kopie): F. Thureau-Dangin, RTC Nr. 81. Bearbeitung: D. O. Edzard, SR 97 f. Nr. 49; vgl. auch I. J. Gelb/P. Steinkeller/R. M. Whiting, Earliest Land Tenure Systems in the Near East: Ancient Kudurrus. Plates, OIP 104, Chicago 1989, Taf. 147 Nr. 202.
ˆ irsu Als Käufer erscheint in der vorliegenden Urkunde der Statthalter von Lagaš/G Lugalušumgal, für den noch weitere Personenkäufe bezeugt sind. Dabei handelt es sich um die Dokumentation privatrechtlicher Vorgänge, wobei nicht sicher zu entscheiden ist, ob die von Lugalušumgal erworbenen Personen für dessen Privathaushalt oder für einen Einsatz im Bereich der staatlichen Verwaltung bestimmt waren. Da auf der oberen Ebene der Verwaltung die Dokumente privatwirtschaftlichen Handelns und staatlicher Verwaltungstätigkeit in der Regel gleichermaßen Bestandteil ein und desselben Archivs gewesen sind, ist eine Trennung entsprechender Aktivitäten nur schwer nachweisbar, zumal man annehmen darf, daß die diesbezüglichen Grenzen sowieso fließend waren. Zu der sich auf Lugalušumgal beziehenden Dokumentation vgl. J. Bauer, RLA VII (1987-1990) 155. (1) [1⁄3
(Mi]ne) Silber (2-3) – es ist der [K]aufpreis für Alimlu, den Sohn des Atu – (6) hat Lugalezen, (5) Sohn des Lugalnizu, (6) in Empfang genommen. (7) Lugalušumgal, (8) der Statthalter, (9) hat (den Kaufpreis) für ihn bezahlt. (10) Er (= der Verkäufer) hat ihn (= die gekaufte Person) über das Holz steigen lassen. 21) (11) Amar-KUN, der Kurier, (12) UrIštaran, (13) der Palastinspektor, (14) Ennilula, der Tempelverwalter, (15) Lubanda, der Schreiber, (16) Urnu, der Eselhirt, (17) Lu-Nanše, der Kurier, (18) Lu-Utu, (19) Barra-AN, (20) Sohn des Lugalšumah, (21) Ur-Ning ˆ irsu, (22) Sohn des Lugalmudah (23) – Schreiber ˘ ˘ (4)
20. 21.
Lesung gala »Kultsänger« mit J. Krecher, ZA 63 (1974) 222. Zu dieser rechtssymbolischen Handlung, die den Eigentumsübergang beim Personenkauf charakterisierte und wohl auch den Anspruchsverzicht des Verkäufers auf das Kaufobjekt zum Ausdruck brachte, vgl. ausführlich P. Steinkeller, Sale Documents of the Ur-III-Period, FAOS 17, Stuttgart 1989, 34-42.
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ˆ AR, der Mundschenk, (25) Me’a, Sohn des Al’u, (26) sind die [Z]eugen sind es –, (24) Ur-G dafür.
1.14 Anfechtung der Sklaveneigenschaft ˆ irsu aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.). AufbewahKeilschrifttafel aus G rungsort: Archäologische Museen Istanbul (L. 2789). Edition (Kopie): H. de Genouillac, ITT II/1, Nr. 2789. Bearbeitung: A. Falkenstein, NG II, 67-69 Nr. 41. Übersetzung: B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 65 Nr. 26.
Die hier vor Gericht zur Verhandlung gekommene Sklaveneigenschaft einer Mutter mit ihren Töchtern resultierte aus einem Tötungsdelikt ihres Ehemannes bzw. Vaters. Da dieser nämlich auf eine nicht näher beschriebene Weise zu Tode gekommen (und damit wohl auch nicht mehr haftbar zu machen) war, 22) hatte man seinen Besitz und seine Familie den Söhnen des Tötungsopfers übergeben. Nach Flucht und Wiederergreifung der Mutter mit ihren Töchtern versuchten diese nun ihre Sklaveneigenschaft zu bestreiten, was aber auf Grund der Aussage des seinerzeit am Prozeß, in dem die Versklavung der Familie des Täters verfügt worden war, teilnehmenden Kommissärs richtiggestellt wurde, was zu einer Bestätigung der angefochtenen Sklaveneigenschaft führte. (1) [Abgeschlossene Rechtssache]: (2-3) Daß [Kuli, der Sohn des U]re’anna, [Baba]g ˆ u, den Musikanten, getötet hatte, (4) wurde [vo]r dem Groß[wesi]r bewiesen. (8) (Im Zusammenhang damit), daß (5) – weil Kuli getötet worden ist – (6) sein Nachlaß und seine Ehefrau (und) seine Töchter (7) den Söhnen des Babagˆu (8) übergeben worden sind, ˆ irsu der dafür (zuständige) Kommissär. (10) Im fünften Jahr (11-12) sind die (9) war Lu-G Ehefrau (und) die Töchter des Kuli den Söhnen des Babagˆu fortgelaufen. (13) Die Söhne des Babagˆu haben sie (aber wieder) ergriffen. (14) Vor den Richtern (15) bestritten sie ˆ irsu, der Kommissär des Großwesirs, (jedoch) (ihre) Eigenschaft als Sklavinnen. (16) Lu-G (17) hat seine (richtigstellende) Aussage gemacht. (18) Die Ehefrau (und) die Töchter des Kuli (21) wurden (daraufhin) (19) in (ihrer) Eigen[sch]aft als Sklavinnen (20) den [Söhnen] des Babagˆu (21) [bes]tätigt. (22) […] (war dabei) Kommissär. (23) [Lu-Šara, Lu’eb]gal, (24) [Ur-Ištaran (und) Ludig ˆ i]ra (25) [waren die dafür (zuständigen) Richter]. (Rest der Tafelrückseite mit der Angabe des Datums zerstört)
22.
12
So mit A. Falkenstein, NG II, 69, der sich gegen ein Verständnis der Zeile im Sinne einer staatlicherseits verfügten Exekution ausspricht; vgl. auch G. Ries, RLA V (1976-1980) 393 f. Anders allerdings B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 64; vgl. auch R. Westbrook, in: Chicago-Kent Law Review 70 (1995) 1645, der fragend eine Exekution erwägt.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
1.15 Personenmieturkunde Gesiegelte Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Ibbi-Sîn Jahr 2, VI. Monat. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 8291). Edition (Kopie): D. I. Owen, NATN Nr. 98. Bearbeitung: T. Fish, JAOS 56 (1936) 494; vgl. auch die Bemerkungen bei H. Neumann, JAOS 105 (1985) 135; J. Krecher, RLA VIII (1993-1997) 160 f.
Der Text ist in engem Zusammenhang mit der Personenmieturkunde TMH NF I/II 24 aus dem Jahre Šu¯-Sîn 8 zu sehen. Danach ist klar, daß im vorliegenden Fall eine Mutter ihren Sohn für ein Jahr vermietete, während sie noch drei Jahre zuvor zusammen mit diesem den Mietzins für eine dritte Person in Empfang genommen hatte. Für die Vermietung des eigenen Sohnes waren möglicherweise wirtschaftliche Gründe maßgebend. In beiden Fällen liegt Pränumerando-Zahlung der Miete vor. Die Vermieterin haftete für das Fernbleiben des Mietlings mit einer tagweise zu erbringenden Ersatzleistung in Gerste, die – ins Verhältnis zum angegebenen Mietzins gesetzt – ein Mehrfaches der an die Vermieterin gezahlten Miete betrug. Gesiegelt wurde die Urkunde offensichtlich von der Schwester der Vermieterin, 23) die damit in das Geschäft involviert war. 3 Sekel Silber, (2) Miete für Šu¯-Durul 24) (3) für ein Jahr, (6) hat (4) von Lugalazida (5) Geme-Nungal (6) in Empfang genommen. (7) Wenn (8) Šu ¯ -Durul (9) einen Tag mit der Arbeit aussetzt, (10) wird sie (= Geme-Nungal) je 1 Sea Gerste (dem Lugalazida) darmessen. 25) (11) Den diesbezüglichen Eid beim König hat sie geleistet. (12) Abinu’a, (13) La ¯ -tenniš, (14) Lu-Su’ena (und) (15) Addakala (16) sind die Zeugen dafür. (17) Monat: Kigˆ-Inanna. (18) Jahr: (Ibbi-Sîn) bestimmte den En-Priester von Uruk durch Vorzeichen. Siegellegende: Hubatum, Tochter des Bagina. ˘ (1)
1.16 Feldpachturkunde (Drittelpacht) Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 7, III. Monat, 13. Tag. Aufbewahrungsort: The John Rylands University Library Manchester. Edition (Kopie): T. Fish, CST, Nr. 40. Kollation: T. Gomi, MVN XII, Rom 1982, 95. Übersetzung: T. Fish, Iraq 5 (1938) 162; vgl. auch die Bemerkungen bei G. Pettinato, Untersuchungen zur neusumerischen Landwirtschaft I, Napoli 1967, 138 (Nr. 178 F).
Die vorliegende Feldpachturkunde bezeugt für die Zeit der III. Dynastie von Ur die Drittelpacht, nach der 1⁄3 des Ertrages der/die Verpächter erhielt(en), während 2⁄3 beim Pächter verblieben; vgl. H. Neumann, in: J. Zabłocka/S. Zawadzki (ed.), Šulmu IV. Everyday Life in Ancient Near East, Poznan´ 1993, 226 f. Die Praxis der Drittelpacht 23. 24. 25.
Das Verwandtschaftsverhältnis ergibt sich auf Grund des Siegels 16*(b) auf der Tafel TMH NF I/II 24, wonach die Vermieterin gleichfalls eine Tochter des Bagina war; vgl. H. Waetzoldt, OrAnt. 15 (1976) 324 zu 16*. Zur Lesung des PN vgl. M. Hilgert, Akkadisch in der Ur III-Zeit, IMGULA 5, Münster 2002, 60 f. Zu Z. 7-10 vgl. P. Steinkeller, Sale Documents of the Ur-III-Period, FAOS 17, Stuttgart 1989, 67 f.
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als der in altbabylonischer Zeit zu Beginn des 2. Jt. v. Chr. am häufigsten anzutreffenden Teilpachtform läßt sich bis in altakkadische Zeit (23. Jh. v. Chr.) zurückverfolgen; vgl. K. Volk, Zum Alter der Drittelpacht, NABU (1994) 26 (Nr. 25). 6 Iku Feld ›(an der) Grenzmauer‹ (9) haben (2) (für) drei Jahre (3) zur Drittel(pacht) Madâ’e, (5) Urgˆagia, (6) Katar (und) (7) Lumelam (8) dem Ur-Su’ena, dem Sohn des Akala, (9) übergeben. (10) Den diesbezüglichen Eid beim König haben sie geleistet. (11) Lu-Inanna, (12) Šeškala (und) (13) Urg ˆ anuna, (14) sind die Zeugen dafür. (15) Monat: Sig, 13 Tage sind (davon) vergangen. (16) Jahr: Šu¯-Sîn, [der] König, [hat] das Land Zabšali [zerstört]. (1)
(4)
1.17 Weitergabe eines mit Dienstpflichten verbundenen Versorgungsfeldes gegen Entschädigungszahlung Gesiegelte Keilschrifttafel aus Nippur aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 1, IV. Monat, 18. Tag. Aufbewahrungsort: Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia (CBS 9251). Edition (Kopie und Photo [Vs.]): D. I. Owen, NATN Nr. 258. Bearbeitung: P. Steinkeller, Third Millennium Legal and Administrative Texts in the Iraq Museum, Baghdad, MC 4, Winona Lake 1992, 99 f.; H. Limet, in: M. E. Cohen/D. C. Snell/D. B. Weisberg (ed.), The Tablet and the Scroll. Near Eastern Studies in Honor of W. W. Hallo, Bethesda 1993, 142; C. Wilcke, in: M. Stol/S. P. Vleeming (ed.), The Care of the Elderly in the Ancient Near East, SHCANE XIV, Leiden; Boston; Köln 1998, 55 f.; vgl. auch die Bemerkungen bei H. Neumann, in: J. Zabłocka/S. Zawadzki (ed.), Šulmu IV. Everyday Life in Ancient Near East, Poznan´ 1993, 226 mit Anm. 21 (Literatur).
Ehefrau und Tochter eines (verstorbenen) Inhabers von Versorgungsland übergaben das Versorgungsfeld gegen Zahlung einer Art Entschädigung an einen Dritten zur Nutzung, der damit zugleich die mit der staatlichen Zuteilung des Versorgungslandes zusammenhängende Verpflichtung zur Dienstleistung übernahm. Dies zeigt, daß die von der Palast- und Tempelwirtschaft zugewiesenen Feldparzellen (an die Ehefrau) vererbt und gegen Zahlung eines Entgelts an andere Personen vergeben werden konnten. Eine derartige Möglichkeit privater Verfügung über zugewiesenes Versorgungsland läßt sich auch für die altakkadische Zeit (23. Jh. v. Chr.) nachweisen; vgl. dazu P. Steinkeller, Third Millennium Legal and Administrative Texts in the Iraq Museum, Baghdad, MC 4, Winona Lake 1992, 98-100. Bezüglich 9 Iku (2) Versorgung(sfeld) des Lugal-KA-gina (6) sind (3) Geme-Su’ena, seine Ehefrau, (4) und Peš-TUR.TUR, seine Tochter, (5) vor Lugalhegal (6) erschienen. (7) »Die dusu-Verpflichtung 26) meines Versorgung(sfeldes) trage!«˘ (8) erklärte sie (= GemeSu’ena) ihm. (9) Lugalhegal (13) hat (10) für das Versorgung(sfeld) 5 Sekel Silber (11) der ˘ Geme-Su’ena, der Ehefrau des Lugal-KA-gina, (12) und der Peš-TUR.TUR, seiner/ihrer (1)
26.
14
Zu sumerisch (gˆiš)dusu(ÍL) vgl. P. Steinkeller, JNES 52 (1993) 143 (»denotes the corvée-obligation [more precisely, the money paid in lieu of the performance of that obligation] that was due to the state for land held«); vgl. auch ders., AoF 23 (1996) 235 Anm. 13; M. Stol, Old Babylonian Corvée (tupšikkum), in: Th. P. J. van den Hout/J. de Roos (ed.), Studio Historiae Ardens. Ancient Near Eastern Studies Presented to Philo H. J. Houwink ten Cate on the Occasion of his 65th Birthday, Istanbul; Leiden 1995, 293-309.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
Tochter, (13) gegeben. (14) Daß einer auf den anderen (deswegen) nicht zurückkommen werde, (15) haben sie den diesbezüglichen Eid beim König geleistet. (16) Digˆirsaga, der Inspektor, (17) Lukala, der Inspektor, (18) Urmes, der Aufseher, (19) Ur-Ninurta, der Aufseher, (20) Gududu, (21) Ka’agˆu, (22) Ur-Šumah, (23) Lugalezem, (24) Unsaga (25) sind die ˘ sind (davon) vergangen. (27) Jahr: Šu¯-Sîn Zeugen dafür. (26) Monat: Šunumuna, 18 Tage wurde König. Siegellegende: Geme-Su’ena, Tochter des Lugal-KU.
1.18 Prozeß wegen Nichterfüllung eines Werkvertrages ˆ irsu aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šu¯-Sîn Jahr 6. Keilschrifttafel aus G Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul (L. 3538). Edition (Kopie): H. de Genouillac, ITT II/1, Nr. 3538. Bearbeitung: A. Falkenstein, NG II, 222-225 Nr. 131 (mit Nachtrag NG III, 9); S. O’he, ASJ 2 (1980) 126-128; H. Neumann, AoF 23 (1996) 257-259. Übersetzung: B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 54 f. Nr. 14; M. Molina, La ley ma´s antigua. Textos legales sumerios, Barcelona 2000, 159 f. Nr. 47.
Nach der vorliegenden Prozeßurkunde hatte sich ein Tischler zur Lieferung eines Möbelstücks verpflichtet, ohne daß der Handwerker diese Verpflichtung jedoch zu Lebzeiten erfüllen konnte. Sein Sohn – gleichfalls Tischler – sagte daraufhin die Erfüllung des Werkvertrages innerhalb einer Frist von drei Tagen zu und verpflichtete sich bei Nichterfüllung zu einer Kompensations- und Bußzahlung an den Sohn des (verstorbenen) Auftraggebers. Da nach zwei Jahren die Lieferung immer noch nicht erfolgt war, wurde der Handwerker (gewiß nach der vom Sohn des Auftraggebers erhobenen Klage) dazu verurteilt, die unter Eid in Aussicht gestellte Zahlung zu leisten. Grundlage für die Lieferungsverpflichtung des Handwerkers war der schriftlich fixierte Werkvertrag, der den Materialempfang und die Lieferungszusage beurkundet haben dürfte und wofür es weitere Hinweise in der Textüberlieferung aus der Zeit der III. Dynastie von Ur gibt; vgl. dazu H. Neumann, Zum privaten Werkvertrag im Rahmen der neusumerischen handwerklichen Produktion, AoF 23 (1996) 254-264. (1) Abgeschlossene Rechtssache: (7) Daß, (4) weil sich (2) über einen Sessel aus Buchsbaumholz (und) Bronze (als das zu liefernde Werk) (3) die Tafel des Nigˆarkidu, des Tischlers, (4) bei Lu-Ningˆirsu, dem Rechnungsführer, befindet, (5) Baba, der Sohn des Nigˆarkidu, (6) im Jahr ›Die Martu-Mauer wurde gebaut‹ (= Šu¯-Sîn Jahr 4) (7) erschienen ist (und): (8) »Beim König! (9-11) Wenn ich in drei Tagen den Sessel bringe, (ist es gut); wenn ich ihn nicht bringe, (12) werde ich 1⁄3 (Mine) Silber (13) dem L[u-Igimaše], (14) [dem Sohn des Lu-Ning ˆ irsu, des Rechnungsführers], (15) z[ahlen]!« (16) er[klä]rt hat, (17) haben Kalla, der … des Königs, 27) (und) (18) Babag ˆ u, der (damalige) Kommissär,
27.
Die Funktionsbezeichnung(?) lú-gˆiš-gi ist unklar; vgl. A. Falkenstein, NG III, 135 (»Bote?«); Å. W. Sjöberg, ZA 65 (1975) 186 f. (Z. 87) und 227 (lú-gˆiš-gi [und munus-gˆiš-gi] ohne Übersetzung); B. Lafont, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien (IIIe-Ier millénaires avant J.-C.), Saint-Denis 2000, 54 (»le responsable royal des cannaies«).
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beschworen (20) und Baba, der Tischler, (23) hat, (21-22) daß er vor den Richhterin den Eid beim König geleistet hat, (23) mit seiner Aussage bestätigt. 28) (24) 1⁄3 (Mine) Silber wird Baba (25) dem Lu-Igimaše (wegen Nichterfüllung des Werkvertrages) (26) zahlen. (27) Ti’emahta (war dabei) Kommissär. (28) Lu-Šara (und) (29) L[udi]g ˆ ir[a] waren die dafür ˘ [Richter]. (30) [Ur-Nanše, der Sohn des Lu]-Igimaše, (31) [R]a, der [Sohn (zuständigen) des Lu’i]g[is]a[s]a, (und) (32) [Lu]galsigsu (33) waren die marza-Leute 29), die dabeistanden. (34) Jahr: Šu¯-Sîn, der König, hat die Hohe Stele für Enlil (und) Ninlil errichtet. (19)
1.19 Sicherung des Nachlasses eines Kaufmanns durch die Verwaltung Keilschrifttafel aus Umma aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Amar-Su’ena Jahr 3, XI. Monat. Aufbewahrungsort: Staatliches Museum A. S. Puschkin, Moskau (I 2 b 309). Edition (Kopie): M. V. Nikol’skij, Dokumenty chozjajstvennoj otcˇetnosti drevnej chaldei iz sobranija N. P. Lichacˇeva, cˇast’ II, Moskau 1915, Nr. 447. Bearbeitung: R. K. Englund, Organisation und Verwaltung der Ur III-Fischerei, BBVO 10, Berlin 1990, 41 f.; vgl. auch die Bemerkungen bei A. Falkenstein, NG II, 110.
Der anderweitig als Kaufmann bekannte Ur-TARLUH war im Jahre Amar-Su’ena 2 ˘ gestorben. Die vorliegende Urkunde aus dem folgenden Jahr läßt deutlich werden, daß der Kaufmann gegenüber Privatpersonen Verbindlichkeiten hatte, die zum Zeitpunkt seines Ablebens offensichtlich noch nicht beglichen worden waren. Dies führte zu einer privat veranlaßten Beschlagnahme von Eigentum des Kaufmanns durch die Gläubiger. Wohl um weitere derartige (illegale) Aktionen im Zuge der Selbsthilfe zu verhindern und zugleich eigene Interessen gegenüber dem Nachlaß des Verstorbenen (auf Grund noch bestehender Schuldverpflichtungen im Rahmen der Handelstätigkeit des Kaufmanns) abzusichern, wurde seitens der Provinzialverwaltung daraufhin das Warenlager des Kaufmanns versiegelt. Zugleich wurde festgestellt, daß die beschlagnahmende Gläubigerseite (tatsächlich) materielle Ansprüche gegenüber dem Verstorbenen hatte. Zum Problem der offiziellen Beschlagnahme privaten Eigentums von Kaufleuten und Beamten zur Befriedigung staatlicher Ansprüche auf Grund von Schuldverhältnissen in der Ur III-Zeit vgl. R. K. Englund, Organisation und Verwaltung der Ur III-Fischerei, BBVO 10, Berlin 1990, 38-48; K. Maekawa, Confiscation of Private Properties in the Ur III Period: A Study of é-dul-la and níg-GA, ASJ 18 (1996) 103-168; 19 (1997) 273-291 (mit Literatur); vgl. auch W. Heimpel, Disposition of Households of Officials in Ur III and Mari, ASJ 19 (1997) 63-82. 45 Königs-Kor Gerste, (2) 1 Kur-KUDU-Gefäß 30) (voll) Öl, (3) sein Silber(wert): (ohne Angabe), (4) aus dem Haus des Akala …, (5) 3 Kur-KUDU-Gefäße (voll) Öl, (6) 1 Tafel(1)
28. 29. 30.
16
S. oben Anm. 2. Zu den lú-mar-za, von A. Falkenstein, NG I, 54-58 als eine Art von »Publizitätszeugen« gedeutet, vgl. auch S. O’he, The Terms Lú ki-ba gub-ba and Lú-mar-za ki-ba gub-ba in the Ur III Texts, in: ASJ 2 (1980) 126-140. Zu dieser Gefäßart (Pithos, besonders für Öle und Fette) vgl. W. Sallaberger, Der babylonische Töpfer und seine Gefäße nach Urkunden altsumerischer bis altbabylonischer Zeit sowie lexikalischen und literarischen Zeugnissen, MHEM III, Ghent 1996, 75 f.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
korb (mit) Quittungen, (7) 1 Tafelkorb (mit) Abrechnungen über Außenstände 31), (8) hat die Ehefrau des Urabzu zurückgelassen. 32) (9) Aus dem Warenlager des Ur-TARLUH ˘ (12) haben (daher) (10) Eigentum des Ur-TARLUH (11) der Urabzu und die Ehefrau des ˘ Urabzu (12) (gewaltsam) beschlagnahmt (und) davongetragen. (13) Der Bote des Statthalters (15) hat (daraufhin) (14) am Warenlager des Ur-TARLUH (15) ein Siegel ange˘ zurückgelassen bracht. (16) hDaßi die Ehefrau des Urabzu (die notierten Sachen) (17) (18) (19) hat(te), ist festgestellt worden. Vor dem Statthalter, vor Urkununa, dem Sohn des Urdudani, (20) vor Akala, dem Inspektor, (21) vor Lu-Nanna, dem Sohn des Inim-Šara, (22) vor Sipakuge, dem Sohn des Urduhula, (23) vor Urgigir, dem Inspektor, ˘ Ur-Su’ena, dem Sohn des Gududu, (24) vor Inim-Inanna, dem Sohn des Gududu, (25) vor (26) vor Gudea, dem Inspektor, (27) vor Lu-Nanna, dem Obmann der Kaufleute, (28) ist es festgestellt worden. (29) Monat: Pa’u’e. Jahr: Der silberne Thron des Enlil wurde hergestellt.
1.20 Verlustanzeige eines Kaufmannssiegels Durch mehrere Textvertreter aus Nippur überlieferte literarische Urkunde aus frühaltbabylonischer Zeit (20./19. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Archäologische Museen Istanbul, Tontafelsammlung des University Museum der University of Pennsylvania, Philadelphia, und Yale Babylonian Collection, New Haven. Bearbeitung: F. A. Ali, Sumerian Letters: Two Collections from the Old Babylonian Schools, PhD. University of Pennsylvania, Philadelphia 1964, 113-116 (Letter Collection B:12); ders., Sumer 20 (1964) 66 f.; L. Sassmannshausen, BaghM 26 (1995) 144. Zu den Textvertretern und Textvarianten vgl. darüber hinaus M. Civil, Or.NS 41 (1971) 90; W. W. Hallo, in: McG. Gibson/R. D. Biggs (ed.), Seals and Sealing in the Ancient Near East, BiMes. 6, Malibu 1977, 56.
Die im Kontext der Schreiberausbildung in der altbabylonischen Schule (Edubba’a) entstandene und tradierte Urkunde notiert zunächst die Tatsache, daß das beschriftete Siegel eines Kaufmanns verlorengegangen war. Auf Beschluß der Versammlung wurde dies von einem Herold auf den Straßen öffentlich bekanntgemacht, so daß niemand unberechtigterweise Ansprüche gegenüber dem Kaufmann geltend machen konnte. Obgleich die Urkunde sprachlich und wohl auch inhaltlich eine Neuschöpfung des Edubba’a darstellt, darf der hier geschilderte Rechtsakt als authentisch angesehen werden, da die öffentliche bzw. schriftliche Anzeige des Verlustes eines Siegels zur Abwehr von Forderungen auf Grund der unrechtmäßigen Verwendung des Siegels nach dem Zeitpunkt der Anzeige bzw. der Verlautbarung durch Texte sowohl aus dem neusumerischen Umma als auch aus dem altbabylonischen Dilbat bezeugt ist. Vgl. dazu W. W. Hallo, Seals Lost and Found, in: McG. Gibson/R. D. Biggs (ed.), Seals and Sealing in the Ancient Near East, BiMes. 6, Malibu 1977, 55-60. Zu der sich mit 31. 32.
Zu dem Buchhaltungsbegriff sila-a gˆa´l-la vgl. M. Sigrist, Drehem, Bethesda 1992, 112 f. Die aus sachlichen Erwägungen gewählte Übersetzung von du8 mit »zurücklassen« orientiert sich an der sumerisch-akkadischen Gleichung du8 = wuššuru »loslassen, überlassen« etc.; vgl. AHw 1484-1486; anders R. K. Englund, Organisation und Verwaltung der Ur III-Fischerei, BBVO 10, Berlin 1990, 41, der du8 mit »öffnen« wiedergibt. A. Falkenstein, NG II, 110 übersetzt »hat es ausgelöst«.
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dem in der Urkunde genannten Kaufmann Ur-DUN verbindenden Textüberlieferung aus Nippur vgl. H. Neumann, Nochmals zum Kaufmann in neusumerischer Zeit: Die Geschäfte des Ur-DUN und anderer Kaufleute aus Nippur, in: D. Charpin/F. Joannès (éd.), La circulation des biens, des personnes et des idées dans le Proche-Orient ancien, Paris 1992, 83-94. (1) Das Siegel (mit) der Inschrift des Kaufmanns Ur-DUN ist verloren gegangen. (2) Auf das Wort der Versammlung hin (3) blies der Herold auf den Straßen das Horn, (4) (damit) niemand irgendeinen Anspruch gegen ihn (= den Kaufmann) habe(n kann). (5) LuSu’ena, der General, (6) Lugalmelam, der Statthalter (und) Tempelverwalter, (7) Zuzu, der Meister, (8) Sidu, der Schreiber, (9) Allu, der Hausverwalter, (10) Bansagen, der Kultsänger, (11) Ullia, der Bürgermeister, (12) (und) der Herold sind die Zeugen.
2. Akkadische Urkunden privatrechtlichen Inhalts 2.1 Personenkauf (Kaufpreisquittung) Keilschrifttafel aus dem Dija¯la-Gebiet aus der Akkade-Zeit (23. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: The John Frederick Lewis Collection, Free Library of Philadelphia (FLP 103). Edition (Kopie und Photo): D. I. Owen, MVN III, Nr. 102. Bearbeitung: P. Steinkeller, RA 74 (1980) 179; vgl. auch I. J. Gelb/P. Steinkeller/R. M. Whiting, Earliest Land Tenure Systems in the Near East: Ancient Kudurrus. Plates, OIP 104, Chicago 1989, Taf. 153 Nr. 233.
Die Urkunde dokumentiert den Empfang des Kaufpreises für ein Mädchen durch ihren Vater und Bruder. Die Zeugen für diesen Vorgang sind als »Zeugen der kišša¯tum« notiert. Da man unter kišša¯tum den deliktisch begründeten Schuldsklavenstand zu verstehen hat, 33) scheint im vorliegenden Fall als Hintergrund des Rechtsgeschäfts ein Delikt gestanden zu haben, das zum Verkauf des Mädchens führte. Vgl. dazu im einzelnen ausführlich R. Westbrook, zíz.da/kišša¯tum, WZKM 86 (1996) 449459. 10 Sekel 1 [kleine] Mine (= 86 2⁄3 g) Silber, (2) als Kaufpreis für Meme, (6) haben (3-4) Iwarum, ihr Vater, (5) und Warassuni, ihr Bruder, (6) [e]mpfangen. (7) Mumu (9) übernahm die Garantie (für die verkaufte Person) (8) (gegenüber) dem U-KAKA (= Käufer). 34) (10) Šugulla, Sohn des Dudu, (11) (der Mann) des Ukullâ, (12) Pu¯šu-ta¯b, (13) der ˙ Sohn des muške¯num 35), (14) Sohn des Lugatum, (15) Warad-Tutu, (16) der muške¯num, (17) Huruštum, (18) Maza’irza, (19) der [mu]ške¯num, (20) [(der Mann) des] Lala’um, (21) des ˘ (1)
33. 34.
35.
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So mit C. Wilcke, NABU (1991) 13 f. (Nr. 16). Zur Funktion des »Garanten«, der auf der Verkäuferseite für die Korrektheit des Geschäftes einstand und dem Käufer etwa für Unkorrektheiten bezüglich des Kaufobjekts haftete, vgl. C. Wilcke, RLA V (1976-1980) 507; P. Steinkeller, Sale Documents of the Ur-III-Period, FAOS 17, Stuttgart 1989, 80-85. Was der muške¯num in altakkadischer Zeit war, ist nicht geklärt, aber auch hier ist wohl eine Abhängigkeit der entsprechend bezeichneten Personen gegenüber staatlichen Einrichtungen zu vermuten; vgl. zusammenfassend M. Stol, RLA VIII (1993-1997) 492 f.
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Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
[R]ohrflechters, (22) [Ešta]r-nu¯rı¯, (23) Ilum-me¯nı¯, (24) [Sohn] des Admar, (25-26) zusammen: 6 Zeugen der kišša¯tum.
2.2 Gerichtliche Bestätigung eines Personenkaufs Keilschrifttafel aus Mugdan aus der Akkade-Zeit (23. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Iraq Museum, Baghdad (IM 43488). Edition (Kopie): J. N. Postgate, Third Millennium Legal and Administrative Texts in the Iraq Museum, Baghdad, MC 4, Winona Lake 1992, Taf. 32 (Nr. 73). Bearbeitung: P. Steinkeller, aaO 108-110 Nr. 73.
Vor Gericht wurde ein früherer Personenkauf zugunsten des Käufers bestätigt. Die gerichtliche Bestätigung des Kaufs im Sinne einer tatsächlich erfolgten Eigentumsübertragung erfolgte wahrscheinlich auf Grund der vorherigen Anfechtung derselben durch den Verkäufer. Der in rechtsprechender Funktion auftretende Qı¯šum ist durch andere Texte als Statthalter zu identifizieren. Zum Gerichtswesen und zu Problemen des Kaufrechts in altakkadischer Zeit vgl. ausführlich H. Neumann, Rechtspraktiken und ihr sozialökonomischer Hintergrund in altakkadischer Zeit, Berlin 2004. (1) Ilum-ba ¯ ni, (2) Thronträger des Statthalters, (3) Rabi-ilum, (4) Zuzu, Sohn des Ilamnu“id, (5) Il’e-mu¯pi, (6) Iddin-ilum, (der Mann) des Buka¯num, (7) Dada, …, 36) (8) Tutu, Sohn des Ilum-me¯šar, (9) Gurrum, der Amurriter, (10-11) (Zeichenreste von zwei weiˆ IR, Sohn des Puzur-Irhan, teren Personennamen) (12) [der Schr]eiber. (13) LAGAB-DIG (14) zusammen: 11 Zeugen (dafür), daß (15) Puzur-Numu[šd]a (= Verkäufer) (16) ˘den I[l]ı¯-be¯lı¯ zum Ort (17) des … über den Stampfer (18) hat steigen lassen, 37) (19) für Pupu (= Käufer), (20) den Sohn des Rı¯bum, des Mundschenks. 38) (21) Ilı¯-rabi, (22) (war) der [Kom]missär. (I.Rd.) Qı¯šum hat Recht gesprochen.
2.3 Urkunde über entrichtete Kompensationsleistungen Keilschrifttafel aus Ešnunna aus der Akkade-Zeit (23. Jh. v. Chr.). Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Kopenhagen (NMCop 10090). Edition (Kopie) und Bearbeitung: A. Westenholz, JCS 26 (1974) 76 und 80 (Nr. 8); vgl. auch CAD Š/3, 355a.
In der Urkunde sind 1⁄3 Sekel Silber, eine Kuh und 10 Mutterschafe – die Tiere im Wert von 5 bzw. 10 Sekel Silber – als Gut verzeichnet, das jemand »für den Diebstahl seines Besitzes« in Empfang genommen hat und was durch »Zeugen der Erstattung« beglaubigt wurde. Die Charakterisierung der Vermögenswerte als Ersatz für Verluste, die durch Diebstahl entstanden sind, sowie der im Zusammenhang mit der Zeugenschaft verwendete Terminus kušurra¯’um »Erstattung« erweisen den hier dokumentierten 36.
37. 38.
Die Lesung der abgeriebenen Stelle ist nicht klar. P. Steinkeller, Third Millennium Legal and Administrative Texts in the Iraq Museum, Baghdad, MC 4, Winona Lake 1992, 108 schlägt UŠ.KU(?!) Eš4-dar (»the lamentation priest(?) of Ištar«) vor; anders A. Westenholz, JAOS 115 (1995) 537: DUMU ù-aš-dar. Zur Klausel s. oben Anm. 21. So mit A. Westenholz, JAOS 115 (1995) 537.
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Vorgang als (vielleicht gerichtlich verfügte) Kompensationsleistung für (deliktisch verursachten) Schaden am Eigentum. VS (1) 1⁄3 Sekel Silber, (2) 1 Kuh, (3) Wert: 5 Sekel Silber, (4) 10 Mutterschafe, (5) Wert: 10 Sekel Silber, (6) [f]ür den Diebstahl seines Besitzes (9) [hat] (7) Ilı¯-šaliq (8) von Dabalum (9) [empfangen]. (Rest der Vorderseite zerstört) RS (Anfang der Rückseite zerstört, nur Zeichenspuren der Zeugenliste erkennbar) (3’-4’) [zusammen: x Zeug]en der E[r]st[att]ung.
3. Sumerische Urkunden der staatlichen Wirtschaftsverwaltung 3.1 Von der königlichen Viehverwaltung verbuchte Vieheinlieferung Keilschrifttafel aus Puzriš-Daga¯n aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Šulgi Jahr 46, IX. Monat. Aufbewahrungsort: Archäologisches Museum Zagreb (538:ZAG EG.680). Edition (Kopie, Photo) und Bearbeitung: H. Neumann, in: Vjesnik Arheološkog Muzeja u Zagrebu, 3. Serija, 26-27 (1993-1994) 130 f. und 139.
In Puzriš-Daga¯n, dem Zentrum der staatlichen Viehverwaltung des Reiches der III. Dynastie von Ur, wurden die Eingänge von Tieren, deren Weiterverteilung sowie deren Auslieferung als Schlachtvieh verbucht. Dies betraf Vorgänge sowohl in Puzriš-Daga¯n selbst als auch entsprechende Transaktionen in anderen Orten. Die vorliegende Verwaltungsurkunde verbucht die Einlieferung von Rindern, Schafen und Ziegen unter Nennung der jeweiligen Lieferanten. Das Vieh kam u. a. von einem Amurriter-Führer, von einem im Osttigrisgebiet (Kismar) stationierten Truppenkontingent und von Verwaltungsbeamten. Anlaß der Lieferung könnte das »erhabene Fest« (ezem-mah) gewe˘ sen sein, das in der Hauptstadt Ur im X. Monat gefeiert wurde. 39) Zur Viehverwaltung von Puzriš-Daga¯n vgl. M. Sigrist, Drehem, Bethesda 1992; zu den Einlieferungstexten T. Maeda, Bringing (mu-túm) livestock and the Puzurish-Dagan Organization in the Ur III dynasty, ASJ 11 (1989) 69-111. 3 Rinder, 8 Schafe, (2) 4 Fettschwanzschafe, 8 Ziegen (3) (von) Matina-AD, dem Amurriter; (4) 1 Rind, 7 Schafe, 3 Ziegen (5) (von der) Truppe aus Kismar, (6) Aufseher: Nu¯r-Eštar; (7) 2 Rinder, 16 Schafe, (8) (Rasur) Zieg[e(n)], x+2 Lämmer (9) (von) Šu¯-Ea, dem Präfekten; (10) 1 Lamm (von) Lu-Nanna; (11) 1 Lamm (von) Šešzimu; (12) 1 Lamm (von) Lugal-KA-gina, (13) 1 Lamm (von) Ur? -Su’ena; (14) Eingang, Monat: Ezemmah. ˘ (15) Jahr: Kimaš und Hurti wurden zerstört. ˘ (1)
39.
20
Vgl. W. Sallaberger, Der kultische Kalender der Ur III-Zeit, Teil 1, UAVA 7/1, Berlin; New York 1993, 191-194.
TUAT N.F. / p. 37 / 6.5.2004
Sumerische und akkadische Texte des 3. Jt. v. Chr.
3.2 Auslieferung goldverzierter Sandalen für die Königin Keilschrifttafel aus Puzriš-Daga¯n aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), IbbiSîn Jahr 2, I. Monat, 11. Tag. Aufbewahrungsort: Kurth’sche Sammlung des Archäologischen Museums der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Kurth 27). Edition (Kopie) und Bearbeitung: H. Neumann, in: T. Richter/D. Prechel/J. Klinger (Hg.), Kulturgeschichten. Altorientalische Studien für Volkert Haas zum 65. Geburtstag, Saarbrücken 2001, 285-289.
Der Text ist dem sog. Schatzarchiv von Puzriš-Daga¯n zuzuordnen. Verbucht wurde die Ausgabe von Sandalen, die mit wertvollen Materialien dekoriert waren. Als Empfängerin ist (die Königin) Geme-Enlila genannt. Die Ausgabe kostbarer Gegenstände aus den königlichen Magazinen erfolgte zu kultischen, zeremoniellen, diplomatischen oder anderen Anlässen, wofür spezielle Beamte verantwortlich zeichneten; vgl. ausführlich W. Sallaberger, in: P. Attinger/M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3, OBO 160/ 3, Freiburg; Göttingen 1999, 240-250 und 371-376 (Texte). 2 šerhu¯num-Objekte aus gewöhnlichem Gold, (2) ihr Gewicht: ½ Se[k]el 8 Gran; ˘ 2 ›Fa[ssunge]n‹ aus gewöhnlichem Gold, (in die) K[arneo]l (und) Lap[islazuli eingefaßt (sind)],? (4) ihr Gewicht: 1[+x Seke]l [x Gran]; (5) [auf ein Paar] Sandalen (6) auf[gebracht]; (7) [für] Geme-Enl[lila]; (8) Ibbi-[Sîn]-mı¯[šar (war der) Kommissär]; (9) b[ei] A¯mur-ilam (10) abgebu[cht]; (11) in Puzriš-Daga¯n. (12) Monat: Šekigˆku, 11. Tag. (13) Jahr: (Ibbi-Sîn) bestimmte den En-Priester der Inanna von Uruk durch Vorzeichen. (1)
(3)
3.3 Jahresabrechnung für einen Kaufmann aus Umma Vierkolumnige Keilschrifttafel aus Umma aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Amar-Su’ena Jahr 4. Aufbewahrungsort: Colgate University, Hamilton (Co 2). Edition (Kopie): F. J. Stephens, in: D. C. Snell, Ledgers and Prices. Early Mesopotamian Merchant Accounts, YNER 8, New Haven; London 1982, Taf. IVf.; D. C. Snell/C. H. Lager, YOS XVII, Nr. 122. Bearbeitung: D. C. Snell, ASJ 11 (1989) 200-204; W. Sallaberger, in: P. Attinger/ M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3, OBO 160/3, Freiburg; Göttingen 1999, 318-323.
Die Provinzialverwaltung von Umma erstellte über die in ihrem Auftrage von einzelnen Kaufleuten getätigten (Handels-)Geschäfte bilanzierte Abrechnungen, die einen bestimmten Zeitraum, zumeist mehrere Monate, erfaßten. In den Urkunden wurden die von der Administration zur Verfügung gestellten, zum Teil noch aus dem vorhergehenden Abrechnungszeitraum als Guthaben der Verwaltung bei den Kaufleuten stammenden finanziellen und materiellen Mittel als Soll der Abrechnung notiert, die mit den von den Kaufleuten realisierten Umsätzen, dem Haben, verrechnet wurden. Die ermittelte Differenz zwischen Soll und Haben der jeweiligen Abrechnung, die Bilanz, konnte positiv oder negativ sein und führte daher entweder zu einem Guthaben der Kaufleute, das auf der Habenseite der nächsten Abrechnung verbucht wurde, oder – wie im vorliegenden Falle – zu einem Fehlbetrag, der als Bestandteil des Solls der folgenden Abrechnungsperiode erschien. In die Abrechnung einbezogen wurden die im Verlaufe der Abrechnungsperiode bereits durch Einzelquittungen belegten Transaktionen. Der den Kaufleuten jeweils zur Verfügung gestellte Fonds umfaßte
21
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neben Silber u. a. Gerste, Wolle und Datteln. An die Verwaltung abgeführt wurden die dafür eingehandelten Güter wie z. B. Kupfer, Gold, Harze, Essenzen, Öle, Bitumen u. a. m. Zur Buchungsterminologie in den Kaufmannsabrechnungen und zur Buchhaltungstechnik in der Ur III-Zeit generell vgl. R. K. Englund, Organisation und Verwaltung der Ur III-Fischerei, BBVO 10, Berlin 1990, 13-55; zur Tätigkeit des im vorliegenden Text genannten Kaufmanns Ur-Dumuzida vgl. H. Neumann, Zu den Geschäften des Kaufmanns Ur-Dumuzida aus Umma, AoF 20 (1993) 69-86. (I 1) 17 2⁄3 Sekel 5 Gran Silber, (2) Rest des Jahres: Der Thron des Enlil wurde hergestellt (= Amar-Su’ena Jahr 3). (3) 219 Kor 5 Sea Datteln, (4) ihr Silber(wert): 2 ½ Minen 6 ½ Sekel 10 Gran, (5) Datteln des Jahres: Silberner Thron (= Amar-Su’ena Jahr 3), (6) von Ur-šulpa’e. (7) 16 Talent 16 Minen Wolle, (8) ihr Silber(wert): 1 2⁄3 Minen 8 1⁄3 Sekel 20 Gran, (9) das 1. Mal; (10) 20 Talent Wolle, (11) ihr Silber(wert): 2 Minen 10 Sekel, (12) das 2. Mal, (13) vom Statthalter. (14) Zusammen: 6 5⁄6 Minen 2 2⁄3 Sekel 5 Gran Silber, (15) zur Verfügung stehender Fonds (= Soll) ist es. (16) Davon: (17) 21 2⁄3 Minen 5 Sekel K[upfer], (18) sein Silber(wert): 14 ½ S[eke]l, (19) Siegel(urkunde des) Luk[a]la, (20) Jahr: Der Thron des Enlil wurde hergestellt (= Amar-Su’ena Jahr 3); (21) x+2 Minen 5 Sekel Kupfer, (22) [sein Silber(wert):… Seke]l, (II 1) 15 Sekel [Borax], 40) (2) sein Silber(wert): 22 ½ Gran, (3) (auf) 3 Siegel(urkunden des) Lu-Enli[la], (4) 1 Talent 9 ½ Minen [Kupfer], (5) sein Silber(wert): 2⁄3 Mine 6 1⁄3 [Sekel], (6) 1 Mine Bo[rax], (7) sein Silber(wert): ½ Sekel, (8) 4 Siegel(urkunden) dafür sind es, Siegel(urkunden des) Lu-[x(-x)], (9) 15 Minen 10 Sekel Zedernharz, (10) sein Silber(wert): 2⁄3 Sekel 16 ½ Gran, (11) 12 Minen 10 Sekel Zabalum-Harz, (12) sein Silber(wert): ½ Sekel 19 ½ Gran, (13) 9 Minen 10 Sekel Salz, (14) sein Silber(wert): 2⁄3 Sekel 17 ½ Gran, (15) 9 Minen 10 Sekel Rohr, (16) sein Silber(wert): 1⁄3 Sekel 23 Gran, (17) 9 Minen Tamšelum-Harz, (18) sein Silber(wert): 55 Gran, (19) 6 Minen Enmur-Harz, (20) sein Silber(wert): 18 Gran, (21) 6 Minen ›gute Essenz‹, (22) ihr Silber(wert): 54 Gran, (23) 6 1⁄3 Minen 10 Sekel [x]-Ess[enz], (24) ihr Silber(wert): 1 Sekel 12+[x Gran], (25) 6 Minen N[I-g]itum-Harz, (26) sein Silber(wert): 1 [Sekel] 15 Gran, (27) 5 [Li]ter GANA-Essenz, (28) ihr [Si]lber(wert): ½ Sekel, (29) 1 Sea 5 Liter Gamgam-Essenz, (30) ihr Silber(wert): 54 Gran, (31) 10 Sekel Wacholdersamen, (32) ihr Silber(wert): 4 Gran, (33) 1 Sea 5 [Liter …], (34) [sein/ihr Silber(wert): …], (III) (Anfang der Kolumne III abgebrochen) (3) 1 Liter Wacholderzweige, (4) ihr Silber(wert): 3 Gran, (5) 5 hLiteri ›gehörntes‹ Alkali, (6) sein Silber(wert): ½ Gran, (7) 1⁄3 Liter goldfarbene Erde, 41) (8) ihr Silber(wert): 1 Gran, (9) 15 Sekel Ni-SAR-Pflanze, (10) ihr Silber(wert): 15 Gran, (11) 1 Liter Alaun, (12) sein Silber(wert): 9 Gran, (13) Siegel(urkunde des) Ur-Šulpa’e; (14) 1 Sea Alaun, (15) sein Silber(wert): ½ Sekel, (16) Siegel(urkunde des) Akala, des Lederarbeiters; (17) 30 Talente Trocken-Bitumen, (18) sein Silber(wert): 3 Sekel, (19) Siegel(urkunde des) Ni-LAGAR-e; (20) 10 Kor Datteln, (21) ihr Silber(wert): 7 Sekel 26 Gran, (22) hat Lu-Inanna in Empfang genommen; (23) 1⁄3 Mine gelbglänzendes Gold (mit Wert:) je (Sekel) 15 (Sekel Silber), 42) (24) sein Silber(wert): 5 Minen, (25) (für
40. 41. 42.
22
Zum Problem der Identifizierung von sumerisch sù/su-GAN vgl. R. K. Englund, Organisation und Verwaltung der Ur III-Fischerei, BBVO 10, Berlin 1990, 28 f. Anm. 99. Zu im-kù-sig17 als Bezeichnung für eine spezielle Art Mineralerde vgl. P. Steinkeller, OrAnt. 19 (1980) 97 Anm. 39. Zur Qualitätsangabe bei Gold mittels Preisnotierung vgl. H. Waetzoldt, OrAnt. 24 (1985) 4 f.
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das) »erhabene Fest« in Ur; (26) 11 Sekel 10 [+ x Gran (x)]; (IV 1) zusammen: 6 ½ Minen 8 1⁄3 Sekel 8 Gran Silber, (2) abgebucht (= Haben) ist es. (3) Fehlbetrag: 14 ¼ Sekel 12 Gran Silber, (4) Urgˆipar, Ur-Nungal und Ku-Ninura haben (die Abrechnung) gemacht! . (5) Abrechnung für Ur-Dumuzida, den Kaufmann. (6) Jahr: Enmahgalana, die En˘ Priesterin des Nanna, wurde eingesetzt.
ˆ irsu 3.4 Reparatur schadhafter Geräte durch Schmiedehandwerker in G ˆ irsu aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Gesiegelte Keilschrifttafel aus G Amar-Su’ena Jahr 9. Aufbewahrungsort: Musée du Louvre, Paris (AO 2462). Edition (Kopie) und Bearbeitung: H. Limet, Le travail du métal au pays de Sumer au temps de la IIIe dynastie d’Ur, Paris 1960, 244 und 281 (Nr. 5). Kollation: B. Lafont, Documents administratifs sumériens provenant du site de Tello et conservés au Musée du Louvre, Paris 1985, 32 (Nr. 28).
ˆ irsu in der Ur III-Zeit waren SchmiedehandwerFür die Provinzialverwaltung von G ker tätig, die Auftragsarbeiten ausführten, ohne in das Personal der staatlichen Wirtschaft eingegliedert zu sein. Die Handwerker erhielten von Vertretern der Administration die Rohstoffe (Kupfer, Zinn, Borax) zur Verarbeitung bzw. – wie im vorliegenden Fall – beschädigte oder abgenutzte Gerätschaften, die wieder in einen gebrauchsfähigen Zustand zu bringen waren. Die Empfangsquittungen der Schmiede vermerkten zugleich die Vertreter (höhere Verwaltungsbeamte und Schreiber) jener Produktionsbereiche, aus denen die schadhaften Gerätschaften stammten und wohin die im Auftrage der zentralen Provinzverwaltung reparierten Geräte wieder zu liefern waren. Die entsprechenden Personen siegelten gemeinsam mit dem empfangenden Handwerker. Vgl. dazu im einzelnen H. Neumann, Staatliche Verwaltung und privates Handwerk in der Ur III-Zeit: Die Auftragstätigkeit der Schmiede von Girsu, in: A. C. V. M. Bongenaar (ed.), Interdependency of Institutions and Private Entrepreneurs, MOS Studies 2, Istanbul; Leiden 2000, 119-133. (1) 1176 kupferne Hacken, (2) 940 kupferne Sicheln, (3) ihr Gewicht: 5 Talent 19 2⁄3 Minen 5 Sekel, (4) abgenutzt, 43) (6) hat (5) von Lugalimrua (6) Ur-Ningˆizzida in Empfang genommen. (7) Verantwortlich: Bazi, Sohn des Šeššeš, (8) [Verantwortlich: U]rnigˆar (9) u[nd U]r-Lama. (10) Jahr: Die En-Priesterin des Nanna von Karzida wurde eingesetzt. Siegellegende a: Urnigˆar, Schreiber. Siegellegende b: Bazi, Schreiber, Sohn des Šeššeš. Siegellegende c: Ur-Nanna, Schreiber, Sohn des Luduga. 44) Siegellegende d: Ur-Ningˆizzida, Schmied, Sohn des Azida.
43. 44.
Zum Bedeutungsfeld von ba-zi-ir im vorliegenden Zusammenhang (»zerbrochen, abgenutzt«) vgl. B. Lafont, in: J. de Courtils/J.-Ch. Moretti/F. Planet (éd.), De Anatolia Antiqua. Eski Anadolu I, Paris 1991, 120. Siegel des Ur-Nanna nach B. Lafont, Documents administratifs sumériens provenant du site de Tello et conservés au Musée du Louvre, Paris 1985, 110. Da Ur-Nanna im Text nicht genannt ist, siegelte er vielleicht in Vertretung des Ur-Lama (unsicher).
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3.5 Verarbeitung von Wolle in den Webereien von Umma Keilschrifttafel aus Umma aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.), Amar-Su’ena Jahr 2. Aufbewahrungsort: Museu Bíblic des Klosters Montserrat, Barcelona (MM 443). Edition: N. Schneider, Die Drehem- und Djohatexte im Kloster Montserrat (Barcelona) in Auto˘ graphie und mit systematischen Wörterverzeichnissen, AnOr. 7, Rom 1932, Nr. 201 (Kopie); M. Molina, MVN XVIII, Nr. 201 (Kopie); ders., Tablillas Administrativas Neosumerias de la Abadía de Montserrat (Barcelona), AulaOr – Supplementa 11, Barcelona 1996, 298 Nr. 201 (Umschrift). Bearbeitung: H. Waetzoldt, Untersuchungen zur neusumerischen Textilindustrie, Rom 1972, 41 f.
Die staatlich kontrollierte Textilproduktion in der Ur III-Zeit, basierend auf einer intensiven Schafhaltung, hatte zum Teil beträchtlichen Umfang. Dies läßt sich insˆ irsu und Ur nachvollziehen. Zwar reichte besondere anhand des Textmaterials aus G die Textilherstellung von Umma in ihrer Leistungsfähigkeit nicht an die von Ur und der Provinz Lagaš heran, jedoch läßt sich auch hier eine in ihrer Bedeutung nicht unwesentliche Textilproduktion nachweisen. Die Kontrolle über die Produktionsstätten in Umma übte der jeweilige Statthalter aus, der auch für die Weitergabe der von den Hirten eingebrachten Wolle als Arbeitsmaterial an die Aufseher über die Weberinnen verantwortlich zeichnete. Voraussetzung für die spätere Verarbeitung der Wolle zu Stoffen war das Sortieren der verschiedenen Wollqualitäten entsprechend ihrem jeweiligen Feinheitsgrad, was vor allem von weiblichen Arbeitskräften vorgenommen wurde. Zur Textilherstellung in der Zeit der III. Dynastie von Ur vgl. umfassend H. Waetzoldt, Untersuchungen zur neusumerischen Textilindustrie, Rom 1972. 1 Talent 6 Minen Wolle der Land(-Schafe) 45) (für) dritt[kl]assige Guzza-Stoffe, 14 Minen Wolle [der] Land(-Schafe) (für) viertklassige Guzza-[Stoffe], (3) aus Wolle für dritt[klassige] Guzza-Stoffe (heraus)so[rtiert]. (4) 20 2⁄3 Minen Wolle der Land(-Schafe) (für) drittklassige Nilam-Stoffe, (5) 10 Minen Wolle der Land(-Schafe) (für) fünftklassige Nilam-Stoffe, (6) aus Wolle für drittklassige Nilam-Stoffe (heraus)sortiert. (7) Arbeit(smaterial) für die Weberinnen, (8) vom Statthalter, (9) Siegel: U[r-Ni]n[t]u. (10) Monat: [x(-x)], (11) Jahr: Amar-Su’ena der König, hat Ur[bil]um zer[stört]. (1)
(2)
45.
24
Zu udu-kur-ra »Landschaf« und seiner Wolle vgl. W. Heimpel, BSA 7 (1993) 137 f.
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Altbabylonische Texte Rosel Pientka-Hinz Die altbabylonische Epoche erstreckt sich über einen Zeitraum von etwa 400 Jahren, d. h. vom Ende der 3. Dynastie von Ur (ca. 1950 v. Chr.) bis zum Hethiteransturm, der in der Eroberung der Hauptstadt Babylon durch den Hethiterkönig Muršili I. im Jahre 1531 v. Chr. gipfelte und dadurch den Kassiten zur Herrschaft verhalf. 1) Zwischen der Ur III- und der altbabylonischen Zeit läßt sich kein klarer Bruch festmachen, da die durch Išbi-Erra begründete Nachfolgedynastie in Isin die Traditionen des Ur IIIStaates fortführte. So sprechen wir von einer bis Lipit-Ištar von Isin (1870-1860 v. Chr.) reichenden Übergangszeit. Bis zum Beginn des 18. Jh. war das politische Bild Babyloniens durch eine Vielzahl lokaler Königtümer geprägt, die teilweise nebenund im Konflikt zueinander standen. Besondere Bedeutung erlangten dabei die drei mächtigen Dynastien von Isin (1953-1730 v. Chr.), Larsa (1961-1699 v. Chr.) und Babylon (1830-1531 v. Chr.). Zuzeiten konnten auch das südbabylonische Uruk sowie Ešnunna im Dijala-Gebiet hervorragen. In der Wende vom 19. zum 18. Jh. zeigte sich dann eine neue Tendenz zur Ausbildung großräumiger politischer Verhältnisse, die im Reich Hammurapis von Babylon (1728-1686 v. Chr.) gipfelte. Doch schon unter seinem Sohn Samsuiluna (1685-1648 v. Chr.) meldete sich wieder die traditionelle Tendenz zum Partikularismus bis hin zum Verlust von Mittel- und Südbabylonien, die nach Samsuiluna unter den letzten vier Babylon-Königen nicht mehr zum dauernden Bestand des Reiches gehörten. 2) Die altbabylonischen Urkunden lassen sich gemäß der historischen Entwicklung in frühaltbabylonische, klassisch altbabylonische sowie spätaltbabylonische Texte einteilen. Der Großteil der Urkunden stammt aus dem nordbabylonischen Sippar, in Mittel- und Südbabylonien aus Nippur, Ur und Larsa. Weniger Texte sind aus Kiš, Dilbat, Kisurra, Isin, Kutalla sowie im Dijala-Gebiet aus Ešnunna und Ne¯rebtum überliefert. Schließlich bilden die Palastarchive aus dem am oberen Euphratlauf gelegenen Mari eine eigene Gruppe altbabylonischer Überlieferung. Bezüglich der zeitlichen Verteilung konzentrieren sich die Urkunden hauptsächlich auf die mittlere altbabylonische Zeit, beginnend mit Rı¯m-Sîn von Larsa und Sîn-muballit von Babylon bis hin zu ˙ Hammurapi und Samsuiluna von Babylon, in deren Regierungszeit die meisten Dokumente entstanden. Die altbabylonische Epoche ist durch die Einwanderung der Amurriter geprägt. Neue semitische Elemente lösen die sumerischen Traditionen vielerorts ab. Ein neues Staatswesen mit einer ausgeprägten Privatwirtschaft neben der Palast- und Tempel1.
2.
Ich richte mich bei den Datierungen nach der »Kurzen Chronologie«, der zufolge Hammurapi von Babylon auf 1728-1686 v. Chr. anzusetzen ist. Nach neuesten Untersuchungen sind von den bisher benutzten langen, mittleren, kurzen und ultrakurzen Chronologien nur noch die beiden letztgenannten, die lediglich 32 Jahre auseinanderliegen, diskutabel. Vgl. M. Tanret, Akkadica 119-120 (2000) 6, aber auch P. J. Huber, AfO 46/47 (1999/2000) 287-290. Zur ausgehenden altbabylonischen Epoche vgl. R. Pientka, Die spätaltbabylonische Zeit: Abiešuh bis Samsuditana. Quellen, Jahresdaten, Geschichte, IMGULA 2, Münster 1998. ˘
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wirtschaft bringt auch entsprechend vielseitige Urkunden des Privatrechts hervor. Dabei ist das altbabylonische Rechtssystem besonders gut dokumentiert. Zwei Gesetzestexte und tausende von privaten Rechtsurkunden, dazu die Aussagen von Briefen, literarischen Texten sowie Wirtschaftsurkunden, geben einen differenzierten Einblick in das juristische Geschehen. Die altbabylonischen Urkunden dienten primär der Beweiskraft. Der legal bindende Akt war eine mündliche Transaktion vor Zeugen, die die Urkunde lediglich zusammenfaßte. Der Zweck der Urkunde war demnach nicht der Vertragsabschluß als solcher, sondern die Dokumentation gewisser Nebentransaktionen. In einer Gesellschaft, die der mündlichen Zeugenaussage großes Gewicht beimaß, ist es durchaus verständlich, daß schriftliche Verträge nur diejenigen Elemente der Transaktion beinhalteten, die für die Zukunft als besonders anfechtbar galten. So erklärt sich, warum in zahlreichen Verträgen wichtige Detailangaben fehlten, z. B. genaue Beschreibungen von Besitztümern oder Strafmaße bei Nichtanerkennung des Vertrages, Klauseln, die in unserem Verständnis eines Rechtsgeschäfts als unentbehrlich gelten. 3) Sind bestimmte Klauseln eigens angeführt, so ist deren Interpretation allerdings oft schwierig, da sie nicht einfach als Zeugnis des allgemein gültigen Rechts angesehen werden können. Im Gegenteil machte es wenig Sinn, Rechte und Pflichten ausdrücklich festzuhalten, wenn sie bereits fest im Recht verankert waren. Zusatzklauseln setzten also das bestehende Recht voraus und versuchen, es anzuwenden, zu erweitern oder sogar zu umgehen. Sie reflektieren also Rechte und Verpflichtungen, die nicht im allgemeinen Recht zu finden sind 4). Die altbabylonischen Prozeßurkunden sind demnach weder Gesetzesberichte noch offizielle Hofberichte, sondern private Berichte zum Nutzen der streitenden Parteien, die die Fakten und Entscheidungen und nicht die Gesetzesgrundlagen reflektieren, die zum jeweiligen Urteil geführt haben.
1. »Geburtsurkunde« Ort: Kiš; Zeit: Samsuditana (1561-1531 v. Chr.), 5. Jahr, 5. Monat, 8. Tag; Aufbewahrungsort: Yale Babylonian Collection, New Haven; Connecticut. Museumsnummer: MLC 1371; Kopie: J. J. Finkelstein, YOS XIII, New Haven; London 1972, Nr. 192; Bearbeitung: aaO 14 f.
Dieses Protokoll, das die Geburt eines Sklavenmädchens bescheinigt, könnte nach modernen Maßstäben als »Geburtsurkunde« bezeichnet werden. Da es sich nicht um ein Standardformular mesopotamischen Rechts handelt, müssen besondere Umstände zur Anfertigung dieser rätselhaften Urkunde geführt haben. 5) Die Sklavin einer Ruttı¯ja genannten nin.dingir-Priesterin gebiert ein Kind und verpflichtet sich, der Kultpflege der Göttin Nana¯ja nachzukommen sowie ihre Herrin nicht zu erzürnen. Finkelstein (in: aaO 15) setzt eine kultisch vorgeschriebene Kinderlosigkeit für nin.dingir-Priesterinnen voraus, welche dazu geführt haben könnte, daß die Skla3. 4. 5.
26
Vgl. P. R. Obermark, AfO 40/41 (1993/94) 108 f. Vgl. R. Westbrook, Old Babylonian Marriage Law, AfO Bh. 23, Horn 1988, 6. Nicht weniger ungewöhnlich sind altbabylonische »Sterbeurkunden«; vgl. die folgende Urkunde (Nr. 16).
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Altbabylonische Texte
vin Geme-Bau als Ersatzmutter für Ruttı¯ja gedient hat. Nach der erfolgten Geburt eines Mädchens wurde dann das vorliegende Dokument als Vorkehrung gegen einen eventuellen Rechtsanspruch der Sklavin gegenüber ihrer Herrin aufgesetzt. Zudem dokumentiert die Urkunde eine Haftung gegenüber der Göttin Nana¯ja. Da die nin.dingir-Priesterin dem Gott Zababa geweiht ist und sich entweder ihre Sklavin, die Mutter des Kindes, bzw. – was weniger wahrscheinlich ist – das Neugeborene selbst sich dazu verpflichtet, der Göttin Nana¯ja zu dienen, fällt somit auch die Kultpflege dieser Gottheit in den Zuständigkeitsbereich der Zababa-Priesterin. Demzufolge integriert sie einen Nebenkult in ihren eigenen Aufgabenbereich. Eventuell handelt es sich um die Ausführung niederer Arbeiten wie dem Reinigen des Vorhofs, die von Sklaven übernommen wurden. Am 8. Tag des Monats Abum, im 5. Jahr des Königs Samsuditana (5-8) hat ihre Mutter Geme-Bau die Amat-ešše¯šim 6) im »neuen Tempel« der Nana¯ja-Straße geboren. (9-13) Sie ist die Sklavin ihrer Herrin Ruttı¯ja, der nin.hdingiri-Priesterin. Sie wird ihrer Verpflichtung (für die) Nana¯ja nachkommen. 7) (14-16) Das Herz der Ruttı¯ja, ihrer(!) Herrin, wird sie nicht in Hitze bringen. (17-18) 8. Tag des Monats Abum, 5. Jahr des Königs Samsuditana. (1-4)
2. Ehevertrag Ort: Sippar; Zeit: undatiert (Apil-Sîn, 1766-1749 v. Chr.); Aufbewahrungsort: British Museum, London; Museumsnummer: Bu. 88-5-12,21; Kopie: B. Meissner, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, Leipzig 1893, Nr. 89; Bearbeitung: M. Schorr, VAB 5, Leipzig 1913, 11 f. Nr. 5; R. Harris, The Case of three Babylonian Marriage Contracts, JNES 33 (1974) 365-367 (Kollation); R. Westbrook, Old Babylonian Marriage Law, 127 (Kollation).
Etwas mehr als 100 altbabylonische Eheverträge sind bisher bekannt geworden. Der Zustand der Ehe und der Ehevertrag waren allerdings zwei voneinander zu trennende Konzepte. Der Zweck solcher Urkunden war nicht der Vertragsabschluß als solcher, also die Heirat, sondern diverse Nebentransaktionen, die den Status und die Rechte von Ehemann und Ehefrau betrafen. In diesem Zusammenhang wurde die Eheschließung lediglich als ein Ereignis dargestellt, das schon vor langer Zeit stattgefunden haben kann und das dazu diente, den Kontext des wirksamen Vertragsteils herzustellen. Dabei konnte es sich z. B. um den Empfang von ehelichem Besitz oder des Brautpreises (terhatum) handeln. Manchmal wurden Strafen bei Ehescheidung, Erb˘ schaftsrechte von Kindern oder die Unterstützung Dritter festgelegt. Im folgenden handelt es sich um die Novation eines Ehevertrages und die Regulation der Rechte und Pflichten zweier Ehefrauen innerhalb einer polygamischen Ver6. 7.
Eventuell ist auch dieser Name sumerisch, also Géme-èš-èš, zu lesen; vgl. R. Pientka, aaO 198 Anm. 111. Es kann nicht mit Sicherheit entschieden werden, ob sich diese Verpflichtung auf die Mutter des Kindes oder das Neugeborene selbst bezieht. Finkelstein (in: aaO 14 f.) zieht erstere Zuordnung in Betracht. Die Urkunde könnte aber auch nachträglich aufgesetzt und auf den Geburtstag des Kindes und damit den Beginn der angestrebten Rechtsgültigkeit zurückdatiert worden sein; s. W. W. Hallo, BiMes. 6 (1977) 57.
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einigung. R. Harris hat (in: JNES 33 [1974] 363-369) drei zusammengehörige, aber inhaltlich unterschiedliche Eheverträge behandelt, die alle die Ehelichung des Warad-Šamaš betreffen. Im ersten Vertrag 8) heiratet Warad-Šamaš die Tara¯m-Sagil, im zweiten 9) die Tara¯m-Sagil und Iltani, wobei letztere als freie Frau ohne eine verwandtschaftliche Beziehung zur ersten Gattin auftritt. Im dritten und hier behandelten Vertrag heiratet Warad-Šamaš ebenfalls diese beiden Frauen, doch wird die zweite Frau nun als adoptierte Schwester der ersten beschrieben. Tara¯m-Sagil ist es als nadı¯tum-Priesterin des Marduk nicht erlaubt, Kinder zu gebären. Bei dennoch erwünschtem Nachwuchs haben solche Priesterinnen die Möglichkeit, entweder eine Sklavin als Ersatzmutter zu bestimmen oder mit einer weiteren Ehefrau in Polygamie zu leben. Tara¯m-Sagil hat sich für letzteres entschieden. Der Ehevertrag behandelt die Pflichten der Nebenfrau gegenüber der Hauptfrau und die Strafbestimmung für den Fall der Verletzung des Rechtsverhältnisses der Ehefrauen untereinander. Die abweichenden Strafmaße reflektieren deutlich die unterschiedlichen Stellungen der beiden Frauen. Schließlich folgt die Klausel für den Fall der Eheauflösung durch den Mann bzw. durch beide Frauen. Iltani ist die Schwester von Tara¯m-Sagil. (3-5) Von ihrem Vater Šamšatum hat Warad-Šamaš, Sohn des Ilı¯-ennam, sie zur Ehe genommen. (6-8) Iltani, ihre Schwester, wird, (wann immer) sie zornig ist, (auch) zornig sein, (wann immer) sie freundlich ist, (auch) freundlich sein. (9-10) Ihren Stuhl wird sie zum Tempel des Marduk tragen. 10) (11-12) Alle 11) Kinder, die sie 12) geboren hat oder gebären wird, sind ihre (gemeinsamen) Kinder. (13-22’) (Wenn) sie 13) aber zu Iltani, ihrer Schwester, sagt »Du bist nicht meine Schwester!«, [wird sie die Hand] [ihres] Sohnes [ergreifen und fortgehen. (Und wenn) Iltani zu Tara¯m-Sagil] [sa]gt »Du [bist nicht meine Schwester!«,] wird sie sie scheren und verkaufen. (23’-26’) Sollte aber Warad-Šamaš zu [seinen] Ehefrauen sagen »[Ihr] seid nicht meine Ehefrauen!«, (dann) wird er 1 Mine 14) S[ilber] zahlen. (27’-29’) (Wenn) sie jedoch zu ihrem Ehemann Warad-Šamaš sagen 15) »Du bist nicht unser Ehemann!«, wird man sie verstümmeln 16) und in den Fluß werfen. 17) (30’-41’) (11 Zeugen.) (1-2)
8. TCL 1,61 (Apil-Sîn 6). 9. CT 2,44. 10. Das bedeutet, daß die Nebenfrau die Hauptfrau in ihren priesterlichen Pflichten auf diese Art – manchmal wurde auch noch rituelles Füßewaschen erwähnt – unterstützen mußte. 11. ma-la-a. 12. Iltani. 13. Tara¯m-Sagil. 14. 1 Mine Silber entspricht ca. 480 g. Es handelt sich nach R. Westbrook (in: aaO 78 mit Anm. 67) um den in solchen Fällen zu zahlenden Höchstpreis. Zur gemeinsamen Scheidung von Schwestern vgl. ders., aaO 105 mit Anm. 9. 15. Lies i-qa´-bi-ú!-ma. 16. Lies: i-ha-šu-ši-na-htii-ma. Die Bearbeiter der Urkunde übersetzen mit B. Landsberger, WO 3 ˘ 61, »binden«. Vgl. aber AHw. I, 335 hašû(m) V »zerkleinern, verstümmeln«. (1966-67) ˘ 17. Vgl. R. Westbrook, aaO 83.
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3. Ehetrennung Ort: Sippar; Zeit: undatiert; Aufbewahrungsort: British Museum, London; Museumsnummer: Bu. 88-5-12,68 = BM 78217; Kopie: Th. G. Pinches, CT XLV, London 1964, Plate XXXIX, Nr. 86; Bearbeitung: J. J. Finkelstein, Cutting the sissiktu in Divorce Proceedings, WO 8 (1975/76) 238 ff. (Kollation); K. R. Veenhof, The Dissolution of an Old Babylonian Marriage According to CT 45, 86, RA 70 (1976) 153-16 (Kollation); R. Westbrook, Old Babylonian Marriage Law, 120 f. (Kollation).
Einer der seltenen altbabylonischen Scheidungsverträge behandelt die Auflösung einer sogenannten »Ehe in der Schwebe«. 18) Der Bräutigam eines verlobten Paares möchte sich von seiner Braut trennen. Vor Zeugen fragen die »Bürger« der Stadt die Brautleute nach ihren Gefühlen füreinander. Entgegen der Frau, die ihren Mann liebt, möchte der Mann – selbst unter Androhung der härtesten Strafen – sie nicht mehr heiraten. Der spezielle symbolische Akt der Ehetrennung, welcher eine Rückzahlung der Mitgift ausschließt – das Abschneiden des Gewandsaums der Gattin durch den Ehemann –, wird von letzterem vollzogen. Dennoch folgt eine von den »Bürgern« ausgesprochene Verfügung, nach der der Bräutigam der zurückgewiesenen Braut die Mitgift zurückzuzahlen hat. (Zeugenliste von 8 – 10 Personen, zum größten Teil zerstört.) (16-19) In Gegenwart von diesen Zeugen fragten sie Aham-nirši: »Ist diese Frau deine Ehefrau?« (20-22) Er ant˘ wortete: »Hängt mich an einen Pflock, trennt (mir) meine Gliedmaßen ab; – ich werde (23) Dies hat er gesagt. (24) (Dann) befragten sie seine (sie) nicht (zur Frau) nehmen!« Ehefrau, und sie erklärte: (25) »Ich liebe meinen Ehemann.« So hat sie geantwortet. (26) Er (jedoch) weigerte sich (weiterhin). (27-28) Er band ihren Gewandsaum zusammen und schnitt (ihn) ab. (29-33) Die »Bürger« fragten ihn folgendermaßen: »Die Frau, die im Hause deines Vaters gewohnt hat und deren Status als Ehefrau dein Wohnbezirk 19) kennt, – soll sie (etwa) so fortgehen? 20) (33-34) Gleich dem, wie sie bei dir eingetreten ist, statte sie aus!« 21) (1-15)
18.
19. 20. 21.
Der Ausdruck stammt von C. Wilcke, Familiengründung im Alten Babylonien, 285 ff. Danach gelten die beiden Ehepartner von der Eheabsprache an als Mann und Frau, ohne daß sie selbst zunächst zueinander in Beziehung treten. Selbst nach dem Überbringen des Brautpreises und dem Einzug der Ehefrau in das Haus ihrer Schwiegereltern ist der Prozeß der Eheschließung noch nicht abgeschlossen. Die Ehefrau muß zunächst eine Zeitlang in diesem Haus leben, und die Ehe muß dann auch geschlechtlich vollzogen werden. Dieser Übergangszustand – die »Ehe in der Schwebe« – konnte durchaus lange dauern. Höchstwahrscheinlich repräsentieren die zu Beginn der Urkunde aufgelisteten Zeugen die Bewohner dieses Bezirks. Hier werden die finanziellen Verpflichtungen angesprochen, die der Ehemann gegenüber seiner Gattin zu erfüllen hat. Lies: ki!-ma i-ru-ba-ak! mu-uš-ši-il-ši; vgl. K. R. Veenhof, RA 70 (1976) 157.
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4. Adoption Ort: Sippar; Zeit: Hammurapi (1728-1686 v. Chr.); Aufbewahrungsort: British Museum, ˘ London; Museumsnummer: Bu. 88-5-12,210; Kopie: B. Meissner, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, Leipzig 1893, Nr. 95; Bearbeitung: J. Kohler/A. Ungnad, Hammurabi’s Gesetz, Band III, Leipzig 1909, 9 f. Nr. 19.
Die rund 100 bekannten altbabylonischen Adoptivverträge wurden zu unterschiedlichen Zwecken aufgesetzt. Einer der Hauptgründe lag dabei in der Adoption von Söhnen zum Fortbestand des Familienstammbaums bzw. zur Altersabsicherung der Eltern. Es wurden sowohl Findelkinder als auch Sklaven bzw. Sklavinnen und deren Kinder adoptiert; so z. B. von nadı¯tum-Priesterinnen, die zwar heiraten, aber keine eigenen Kinder bekommen durften.22) Der anschließende Vertrag behandelt eine ebensolche Adoption. 23) Den Uba¯r-Šamaš, Sohn des Sîn-iddinam, haben von Sîn-iddinam, seinem Vater, und Be¯ttetum, seiner Mutter, Ninpirig-abı¯ und Tara¯m-Ulmaš zur Kindschaft angenommen. (6-8) Sollten Ninpirig-abı¯ und Tara ¯ m-Ulmaš (selbst) 10 Söhne bekommen, (bleibt) Uba¯r-Šamaš (doch) ihr ältester Erbsohn. (9-14) An dem Tag, an dem Ninpirig-abı¯, sein Vater, und Tara¯m-Ulmaš, seine Mutter, zu ihrem Sohn Uba¯r-Šamaš »(Du bist) nicht unser Sohn!« sagen, verlieren sie Haus und Besitz. (15-19) An dem Tag, an dem Uba¯r-Šamaš zu Ninpirig-abı¯, seinem Vater, und Tara¯m-Ulmaš, seiner Mutter, »(Du bist) nicht meine Mutter, (Du bist) nicht mein Vater!« sagt, (20-22) werden sie ihn scheren, ihm die abbuttum-Haartracht anbringen 24) und verkaufen. (23-24) Bei Šamaš, Aja und Marduk haben sie geschworen. (25-32) (9(?) Zeugen.) (33-34) 5. Tag (Rest des Datums ist abgebrochen.) (1-5)
5. Säugevertrag Ort: Sippar; Zeit: Hammurapi (1728-1686 v. Chr.); Aufbewahrungsort: British Museum, ˘ London; Museumsnummer: Bu. 91-5-9,2442 + 2442a = BM 82393 + 82383a (Hülle); Kopie: J. J. Finkelstein, CT XLVIII, London 1968, Plate 34, Nr. 70; Bearbeitung: J. J. Finkelstein, šilip re¯mim and Related Matters, in: FS S. N. Kramer, AOAT 25 (1976) 190 Nr. B.
Einige wenige altbabylonische Urkunden aus Sippar behandeln die Adoption von Neugeborenen, welche als šilip re¯mim »aus dem Mutterleib gezogen« oder als ina mê-šu »in seinem (Frucht)wasser« spezifiziert werden. Im folgenden vertrauen die Adoptiveltern ihr Kind einer Amme an und zahlen dieser Säugelohn für drei Jahre. (1-8) Den Namram-šaru ¯ r, »aus dem Mutterleib gezogen«, Sohn von Ahum-waqar und ˘ Gerste-, ÖlNarubtum, haben sie 25) Erı¯bam und Ze¯rua zum Säugen gegeben. (9-10) Die und Wollzuteilungen für 3 Jahre haben sie erhalten. Ihr Herz ist zufrieden. (11-24) (14 Zeugen.) (25) 9. Jahr des Königs Hammurapi. ˘
22. 23. 24. 25.
30
Vgl. oben Text Nr. 1. Die Mutter wird nicht ausdrücklich als nadı¯tum-Priesterin bezeichnet; vgl. aber R. Harris, Ancient Sippar, 355 mit Anm. 30. Vgl. AHw. I, 5 abbuttu(m) I 1) »Haartracht der Sklaven«. Die Adoptiveltern.
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6. Mitgift Ort: Sippar; Zeit: Ammiditana (1619-1583 v. Chr.), 31. Jahr, 12. Monat, 30. Tag; Aufbewahrungsort: Babylonian Museum, University of Pennsylvania, Philadelphia; Museumsnummer: C. B. M. 1512; Kopie: H. Ranke, BE VI/1, Philadelphia 1906, Nr. 84; Bearbeitung: C. Wilcke, Zikir šumim, 457 f. (Siegelabrollungen); R. Westbrook, Old Babylonian Marriage Law, 113 (Kollation).
Der von der Braut in die Ehe mitgebrachte Besitz wird allgemein als Mitgift (nudunnûm) bezeichnet. In altbabylonischer Zeit bestand eine solche Aussteuer aus zwei Teilen – dem ehelichen Besitz einschließlich der eigentlichen Mitgift, den die Gattin von Familienmitgliedern ihrer eigenen Familie bekommen hat, sowie den Hochzeitsgeschenken ihres Gatten. Da Mitgiftsurkunden hauptsächlich den Töchtern besonders angesehener Familien ausgestellt wurden, geben sie einen Überblick über den Reichtum einer bestimmten Gesellschaftsschicht. Im folgenden ist die Aussteuerung einer nadı¯tum-Priesterin des Marduk bei ihrer Verehelichung dokumentiert. Auffällig ist, daß auch die Schwester der Braut in der Aussteuerliste – demnach als Teil ihres Besitzes – aufgeführt wird. Das läßt auf eine der oben angesprochenen polygamen Vereinigungen schließen, nach denen die Schwester stellvertretend für die nadı¯tum-Priesterin die Kinder bekommt. Ihre äußere Form kennzeichnet die Urkunde als eine sogenannte »Quasi-Hüllentafel«. Es handelt sich um eine erst in der späten altbabylonischen Zeit aufkommende besondere Form der Besitzurkunde, die wie bei einer Tafelhülle ein umlaufendes Siegelband aufweist, demnach eine Tafelhülle nachahmt, um der Urkunde ein entsprechendes Gewicht zu verleihen. (1-2) 1 Sklavin (namens) Bula ¯ tatum, 1 Sklavin (namens) Šarrat-Sippar-x-x, (3-6) 6 Scheqel ˙ Gold von ihren Ohren, 1 Scheqel Gold von ihrer Kehle, 2 silberne Armreifen von 4 Scheqel Gewicht, 2 silberne (Finger-)Ringe von 4 Scheqel Gewicht, (7-9) 10 Gewänder, 20 Kopfbänder, 1 Prachtgewand, 2 Umhänge, 1 lederner Schirm, (10-11) 1 Stier, 2 dreijährige Kühe, 30 Stück Kleinvieh, 20 Minen Wolle, (12-14) 1 Kupferkessel von 40 Litern, 1 Mahlstein für feines Gerstenmehl, 1 Mahlstein für grobes Gerstenmehl, (15-16) 1 Ehebett, 5 Stühle, (17-19) 1 Barbier-Korb, 1 nushum-Korb, 26) 1 Hal-Korb, 1 gedichteter Korb, 27) 1 garrum-Korb, (20-21) 60 Liter Öl, 10 ˘Liter feines Öl in˘einer šikkatumSchale, 28) (22-29) 1 Tablett(?), 1 GIng?/m?.nun.na, 29) 2 Kämme für Wolle, 3 Kämme für den Kopf, 3 kleine Holzlöffel, 2 Kettbäume, 1 gefüllter Spindelkasten, 1 kleiner Ständer, (30-31) Ša-Tašme ¯ tum(?), ihre Schwester, Qı¯šti-Ninšubur, der … – (32-35) All dies ist die Mitgift von Liwwir-Esagil, der nadı¯tum-Priesterin des Marduk und Kultdirne, Tochter des Awı¯l-Sîn, (36-39) die ihr ihr Vater Awı¯l-Sîn, Sohn des Imgur-Sîn, gegeben und in das Haus des Utul-Ištar, des sanga-Priesters der Ištar, Sohn des Ku-Inanna, für Warad-Šamaš, dessen Sohn, hineingebracht hat. (40-43) Sobald ½ Mine Silber, ihr Brautpreis, in ihrem
26. 27. 28. 29.
In einem solchen Korb wurde u. a. Brot aufbewahrt. Die Lesung ist unsicher: 1 giPISAN KA! KEŠ!. Lies ì.du10.ga ša? 1 dugšagan. S. Dalley, Iraq 42 (1980) 62, versteht gišníg.šid? als ein Rechenholz. Dagegen liest C. Wilcke, Zikir šumim, 457 f. Nr. 1 gišbanšur?-nun-na »1 …-Tisch?«.
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Saum eingebunden und (somit) ihrem Schwiegervater Utul-Ištar zurückgegeben worden ist, sind in Zukunft ihre Söhne ihre Erben. (44-45) Bei Šamaš, Marduk und König Ammiditana haben sie geschworen. (46-51) (6 Zeugen.) (52-56) 30. Tag des Monats Addaru, 31. Jahr des Königs Ammiditana.
7. Zivilprozeß um ein ererbtes Grundstück Ort: Ašdubba(?); 30) Zeit: Hammurapi (1728-1686 v. Chr.), 41. Jahr, 7. Monat, 4. Tag; Auf˘ bewahrungsort: British Museum, London; Museumsnummer: BM 33214 + 33214a (Hülle); Kopie: C.-F. Jean, Tell Sifr. Textes cunéiformes conservés au British Museum, Paris 1931, Pl. CXXI 58 = B. Meissner, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, Leipzig 1893, Nr. 43; Bearbeitung: M. Schorr, Urkunden des altbabylonischen Zivil- und Prozeßrechts, VAB 5, Leipzig 1913, 355 ff. Nr. 259; D. Charpin, Archives familiales et propriété privée en Babylonie ancienne: étude des documents de »Tell Sifr«, HEO 12, Genf 1980, 142 ff. und 243 f. (Kollation).
Aus der altbabylonischen Zeit sind ca. 335 Prozeßurkunden überliefert, die von E. Dombradi (Die Darstellung des Rechtsaustrags in den altbabylonischen Prozeßurkunden, FAOS 20/1-2, Stuttgart 1996) eingehend behandelt wurden. Im folgenden hat Ma¯r-Amurru von den Erben des Sîn-ma¯gir einen Garten gekauft. Nun macht dessen Adoptivsohn Ilı¯-ba¯ni seinen Anspruch an Haus und Garten geltend. Der Kläger muß über das Adoptionsverhältnis einen Eid ablegen, worauf ihm die Richter im Tor der Göttin Ninmar den Garten zusprechen. Dieses Urteil wird von Sîn-muballit, wahrscheinlich dem Sohn des zuerst genannten Käufers Ma¯r-Amurru, angefochten.˙ Die Richter verweisen die Parteien an die Stadt und die Ältesten. 31) Nachdem diese bezeugt hatten, daß Ilı¯-ba¯ni sein Adoptionsverhältnis eidlich bekräftigt habe, weist das Gericht den Kläger ab und bestätigt somit das erstrichterliche Urteil und damit die Eigentumsklage des Ilı¯-ba¯ni. Betreffs des Gartens des Sîn-ma¯gir, den Ma¯r-Amurru für Silber gekauft hatte, hat Ilı¯-ba¯ni auf die königliche Verordnung hin Rechte geltend gemacht. Daraufhin haben sie sich an die Richter gewandt. Die Richter haben ihnen einen Prozeß gewährt 32) und sie dann zum Tor der Göttin Ninmar geschickt. Die Richter des Tores der Ninmar haben den Ilı¯-ba¯ni zum Eid beim Leben der Götter überstellt. 33) (8-9) Ilı¯-ba¯ni hat dann den Richtern des Tores der Ninmar im Tor der Ninmar folgendermaßen geschworen: (10-12) »Fürwahr, ich bin der Sohn des Sîn-ma¯gir, denn er hat mich adoptiert. Die gesiegelten Urkunden (darüber) wurden (noch) nicht »zerschlagen«. 34) (13-15) So hat er geschworen, und von (der Regierungszeit des) Rı¯m-Sîn an hat man (die Rechte an) Garten und Haus dem Ilı¯-ba¯ni bestätigt. Er ist (darauf) zurückgekommen. (1-2)
(3-7)
30. 31. 32. 33. 34.
32
Eine Ortschaft im Lande Larsa. Zur »Stadt und den Ältesten« als Organ der Rechtssprechung, als sachverständige (Schieds)richter oder als öffentliche Zeugen, vgl. E. Dombradi, FAOS 20/1 (1996) 223.244. Wörtlich: »Die Richter haben sie (die Parteien) den Rechtsstreit übernehmen lassen«. Diese Aussage ist nur auf der Hülle vermerkt. Dieser Vermerk findet sich nur auf der Hülle. Es könnte hier aber auch ein Prohibitiv vorliegen: »… sollen nicht zerschlagen werden!«.
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Sîn-muballit hat auf den Garten des Ilı¯-ba¯ni Anspruch erhoben. Daraufhin haben ˙ sie sich an die Richter gewandt. Die Richter haben ihnen einen Prozeß gewährt 35) und sie zur Stadt und zu den Ältesten geschickt. (21-24) Im Tor des Gottes Nanna haben sich die Standarte Nannas, der göttliche Vogel Ninmars, der göttliche Spaten Marduks (und) die Waffe des göttlichen Steines aufgestellt, (25-28) die früheren Zeugen des Ma¯r-Amurru haben ausgesagt, (daß) Ilı¯-ba¯ni im Tor der Ninmar geschworen hat: »Fürwahr bin ich der Sohn.« (29) Sodann haben sie (die Rechte an) Garten und Haus dem Ilı¯-ba¯ni bestätigt. (30-33) Daß Sîn-muballit (darauf) nicht zurückkommen und Rechte geltend machen wird, darauf hat er den Eid˙ bei Nanna, Šamaš, Marduk und König Hammu˘ rapi geschworen. (34-44) (11 Zeugen.) (45) Die Siegel dieser Zeugen (wurden abgerollt). (46-47) 4. Tag des Monats Tašrı¯tum, 41. Jahr des Königs Hammurapi. ˘ (16-20)
8. Verzichtserklärung mit Strafandrohung bei Vertragsanfechtung Ort: Sippar; Zeit: Apil-Sîn (1766-1749 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Vorderasiatisches Museum, Berlin; Museumsnummer: VAT 815; Kopie: A. Ungnad, VS VIII, Leipzig 1909, Nr. 19; Bearbeitung: M. Schorr, Urkunden des altbabylonischen Zivil- und Prozeßrechts, VAB 5, Leipzig 1913, 312 ff. Nr. 229; E. Dombradi, FAOS 20/1 (1996) 156 f.
Gegenstand dieser Verzichtsurkunde ist ein zweiseitiges, strafbewehrtes Verzichtsversprechen, den Erbanteil eines Adoptivsohnes betreffend. Dieser verpflichtet sich weiterhin, seine Adoptivmutter zeitlebens zu versorgen. Gegen Sîn-iqı¯šam, Sohn des Akša¯ja und Sohn der Ana-ilim-ma¯da¯, seiner Ehefrau – (wenn) Awa¯t-ersetim und (seine) Söhne (oder) Še¯rum-ilı¯ und Ipiq-Ištar, die Söhne des Nuh¯ıja, (gegen) ˙Sîn-iqı¯šam Rechte geltend machen, (9-11) werden ihre Nasen durch˘ ihre Arme ausgestreckt und (so) werden sie auf dem Platz von Sippar entlangbohrt, gehen müssen. (12-13) Und auch Sîn-iqı¯šam wird keine Rechte auf ihren Anteil geltend machen, (14-15) sonst wird seine Nase durchbohrt und die Söhne … 36) (16-17) Den Eid bei Šamaš, Marduk und Apil-Sîn haben sie geschworen. (18-32) (14 Zeugen.) (l. R.) (33-34) Solange Ana-ilim-ma ¯ da¯ lebt, wird er sie versorgen. Haus und Hausgeräte gehören dem Sîn-iqı¯šam. (1-8)
9. Regelung über eine Trennungsmauer zweier Häuser Ort: Nippur; Zeit: Hammurapi (1728-1686 v. Chr.), 37. Jahr, 11. Monat; Aufbewahrungsort: ˘ University of Pennsylvania, Philadelphia; Museumsnummer: C. B. M. Babylonian Museum, 3426; Kopie: A. Poebel, BE VI/2, Philadelphia 1909, Nr. 14; Bearbeitung: M. Schorr, VAB 5, Leipzig 1913, 276 f. Nr. 199.
Die zwei Nachbarhäuser verbindende Mauer gab als gemeinsames Eigentum der Nachbarn des öfteren Anlaß zu Streitigkeiten und besonderen Abmachungen. Nur 35. 36.
Diese Aussage ist nur auf der Hülle vermerkt. Die Stelle ist unverständlich.
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durch Miteigentum konnte das Recht erworben werden, in der Zwischenmauer Nägel einzuschlagen oder Balken zu verankern. So erkauft sich Ma¯r-ersetim laut der folgen˙ Mauer. den Urkunde die zukünftigen Nutzungsrechte an der gemeinsamen (1-5) (Betreffs) der Trennungsmauer des Zimmermanns Sîn-išmeanni, Sohn des Warassunu, und des Ma¯r-ersetim, Sohn des Damagugu, – (6-9) hat Ma¯r-ersetim (mit) dem an˙ ˙ Herz des Zimmermanns Sîn-išmeanni befriedigt. (10) (Nun) hat teiligen Silberbetrag das er bei ihm nichts mehr gut. (11-13) (Falls) in Zukunft Sîn-išmeanni die Trennungsmauer auf seine eigenen Kosten 37) bauen sollte, 38) (16-18) wird Sîn-išmeanni dem Ma¯r-ersetim nicht sagen, (14-15) (daß) er keinen Pflock einschlagen (und) keinen Balken auflegen˙ darf. (19-20) (Dies) haben sie im gegenseitigen Einverständnis beim König geschworen. (21-32) (10 Zeugen.) (33-35) Im Monat Šaba ¯ tu, 37. Jahr des Königs Hammurapi. ˘ ˙
10. Hausmietvertrag Ort: Kiš; Zeit: Samsuditana (1561-1531 v. Chr.), 14. Jahr, 5. Monat, 24. Tag; Aufbewahrungsort: Vorderasiatisches Museum, Berlin; Museumsnummer: VAT 6682; Kopie: H. Klengel, VS XVIII, Berlin 1973, Tafel XIX, Nr. 29.
Urkunden über die Vermietung von Häusern sind zahlreich. Im folgenden vermietet eine in Kiš bekannte nadı¯tum-Priesterin des Gottes Zababa eine Werkstatt an einen Koch. Die Werkstatt der Ruttı¯ja, Tochter des Išme-Sîn, hat von Ruttı¯ja, Tochter des IšmeSîn, der Koch Sippu¯ša, Sohn des Šamur-eze¯ssu, für ein Jahr gemietet. (8-10) (Als) Jahresmiete wird er pro Tag jeweils 1 5⁄6 (Liter) (Gerste) (?) geben. 39) (11-14) Das Dach wird er (mit Lehmschlag) bestreichen, die Grundmauer wird er verstärken. Sein Vermieter wird ihm seinen Arbeitsaufwand begleichen. (15-16) (2 Zeugen.) (17-20) 24. Tag des Monats Abum, 14. Jahr des Königs Samsuditana. (1-7)
11. Immobilienkauf Ort: Sippar; Zeit: Ammiditana (1619-1583 v. Chr.), 5. Jahr, 12. Monat, 1. Tag; Aufbewahrungsort: Louvre, Paris; Museumsnummer: AO 7812+7816; Kopie: D. Arnaud, Altbabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden aus dem Musée du Louvre, Berliner Beiträge zum Vorderen Orient: Texte, Band 1, Berlin 1989, Planche 39 und 40, Nr. 111+112; Bearbeitung: G. Colbow, Einige Abrollungen aus der Zeit Ammiditanas bis Samsuditanas im Louvre, RA 86 (1992) 130 ff. (Siegel, Foto der Rückseite).
Altbabylonische Kaufverträge beurkunden den Erwerb bestimmter Großgüter, die sich als Sklaven, Zug- bzw. Lasttiere, seltener Türen und vor allem als Immobilien – 37. 38. 39.
34
Wörtlich: »durch mich selbst« (in fehlerhafter sumerischer Formulierung). Gemeint sind wohl Instandhaltungskosten. Die Identifizierung des Mietzinses ist unsicher: ud.1-e 1 5⁄6!-ta! (?). Normalerweise wird die Miete in Silber entrichtet. Gerste kommt seltener vor.
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Hausgrundstücke, Felder und Gärten – spezifizieren lassen. Der Formalakt, welcher mit dem Verkauf solcher Güter verbunden war, drückt sich in der Verpflichtung zum Abschluß eines schriftlichen Kaufvertrages aus. Die folgende Kaufurkunde, die uns als Tafel mit Hülle überliefert ist, 40) berichtet von einem Kaufgeschäft zwischen zwei nadı¯tum-Priesterinnen. Dabei kauft eine Priesterin mit ihrem Ringsilber 41) ein Grundstück innerhalb des Klosterbezirks. (1-2) 2⁄3 sar 42) unbebautes Grundstück, zugehörig zum »Kloster«, (3-5) neben dem Haus der Be¯ltani, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Uraš-iddinam, und neben dem Haus (an) der Straße, (6-8) dessen erste Vorderseite der Platz, dessen Rückseite das Haus der Be¯ltani, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Akšak-iddinam, (bilden), – (9) (dieses Grundstück) hat von Pı¯-Aja, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Warad-Sîn, (10-12) die Be¯letum, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Ipquša, mit ihrem Ringsilber gekauft. (13-15) Als vollständigen Kaufpreis hat sie 2 Scheqel Silber bezahlt. (16-17) Diese Angelegenheit ist beendet. Ihr Herz ist zufrieden (gestellt). (18) In Zukunft wird keine gegen die andere Klage erheben. (19-23) Da es weder eine (frühere) Kaufurkunde noch Vorerwerbsurkunde gibt, – (falls) eine (frühere) Kaufurkunde oder Vorerwerbsurkunde in der Umgebung zum Vorschein kommt, gehört sie der Be¯letum, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Ipquša. 43) (24-26) Für ihren Vindikationsanspruch wird Pı¯-Aja, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Warad-Sîn, einstehen. (27-28) Den Eid bei Šamaš, Aja, Marduk und König Ammiditana haben sie geschworen. (29-32) (4 Zeugen.) (33-36) 1. Tag des Monats Addaru, 5. Jahr des Königs Ammiditana.
12. Türkauf Ort: Sippar; Zeit: Ammiditana (1619-1583 v. Chr.), 19. Jahr, 1. Monat, 3. Tag; Aufbewahrungsort: British Museum, London; Museumsnummer: Bu. 88-5-12,511 = BM 78600; Bearbeitung: R. Pientka, Archiv der altbabylonischen Urkunden-Transliterationen und Kollationen, www.uni-marburg.de/altorientalistik/aabu.html, 2001-.
Türen galten im Alten Orient als kostbarer Besitz und werden in Miet- und Kaufverträgen sowie Erbteilungsurkunden gesondert genannt. Einer der wenigen altbabylonischen Türkaufverträge nennt gleich zwei besonders wertvolle Exemplare. 1 …-Tür 44) zu einem Preis von 4 Scheqel Silber (und) 1 Tür(flügel) aus Leisten zu einem Preis von 2 Scheqel Silber (5-6) des Ipqu-Annunı¯tum, Sohn des Nu¯ratum, (7-8) hat von Ipqu-Anunı¯tum, dem Besi[tzer der Türen], (9-11) Ilšu-ibnı¯šu, Sohn des Ilum-damiq, gekauft. (12-14) Als vollständigen Kaufpreis hat er 6 Scheqel Silber bezahlt. (15-18) (3 Zeugen.) (19-23) 3. Tag des Monats Nisannu, 19. Jahr des Königs Ammiditana. (1-4)
40. 41. 42. 43. 44.
Die Übersetzung richtet sich nach der Tafel. Es handelt sich dabei um Schmuck, den die Priesterinnen vom Vater zu ihrer Initiation bekamen. Ein sar mißt eine Fläche von 36 m2 . Zur Problematik von Besitzurkunden bei Besitzerwechsel vgl. die Urkunde Nr. 13 unten. Zu welcher Kategorie diese auffallend teure Tür gehört, ist unklar: me-eH˘-x.
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13. Prozeß um verlorengegangene Vorerwerbsurkunden Ort: Sippar; Zeit: Ammisaduqa (1582-1562 v. Chr.), 11. Jahr, 8. Monat, 4. Tag; Aufbewah˙ London; Museumsnummer: Bu. 91-5-9,270 = BM 80156; Kopie: rungsort: British Museum, Th. G. Pinches, CT VI, London 1898, Nr. 6; Bearbeitung: M. Schorr, Urkunden des altbabylonischen Zivil- und Prozeßrechts, VAB 5, Leipzig 1913, 396 ff. Nr. 281; M. San Nicolò, Die Schlußklauseln der altbabylonischen Kauf- und Tauschverträge, München 21974, 129 f.; C. Wilcke, Zikir šumim, 466 ff. (Siegelabrollungen); K. van Lerberghe, Immobiliëntransacties en eigendomstitels in de oudbabylonische periode, in: K. R. Veenhof (ed.), Schrijvend Verleden, Leiden 1983, 147 f.
Bei Besitzerwechsel von Grundbesitz – durch Kauf, Tausch, Erbschaft oder Mitgift – war es die Regel, dem neuen Eigentümer ebenfalls die ursprünglichen Besitzurkunden zu übergeben.45) Diese Vorerwerbsdokumente standen dem jeweiligen Eigentümer des Grundstückes zu und gaben des öfteren Anlaß zu Streitigkeiten – wie die folgende Prozeßurkunde um die Herausgabe solcher Urkunden verdeutlicht. Ein recht großes Feld war Erbteil des Šamaš-ba¯ni und wurde dann von der nadı¯tum-Priesterin Aja-rı¯šat im 3. Regierungsjahr Ammiditanas gekauft. Nach ihrem Tod verkauften die Brüder der Priesterin das Feld an den Tempelverwalter Ina-Esagil-ze¯rum. Dieser verlangt nun die früheren Kaufurkunden des Feldes. Die Brüder erklären, daß die Tafeln im »Kloster« bei ihrer Schwester aufbewahrt wurden, sie diese jedoch nach dem Tod der Priesterin trotz eingehender Suche nicht auffinden konnten. Nach richterlichem Beschluß sollen diese Dokumente, falls sie doch noch auftauchen sollten, dem jüngsten Käufer Ina-Esagil-ze¯rum übergeben werden. Daß die vermißten Urkunden tatsächlich wiedergefunden worden waren, verraten die wohl erst später zur Annullierung angebrachten Kreuzlinien auf der Tafel. Im übrigen handelt es sich um ein treffendes Beispiel für eine sehr ausführliche Dokumentation der Umstände. Betreffs eines 15 iku großen Feldes 46) (in) der (Bewässerungs-)Flur Ašukkum, am jenseitigen Ufer der (Ortschaft) Ka¯r-Šamaš, im Bezirk von Sippar-jahrurum, 47) neben dem Bewässerungskanal der Söhne des Awı¯l-Šamaš und neben dem ˘Feld des Mardukna¯sir, Sohn des Sîn-iddinam, (5-8) das Erišti-Aja, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des˙ Ibbi-Šakkan, gekauft hatte, dessen erste Vorderseite das … Feld 48) der Lamassani, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Šamaš-ma¯gir, […], dessen zweite Vorderseite [das Feld(?)…], (bilden); – (9-10) den Erbteil des Šamaš-ba¯ni, Sohn des Sîn-iddinam, d[en er vo]n seinem Bruder Marduk-na¯sir zugeteilt bekommen hatte; (11-13) (das Feld,) ˙ das (dann) von Šamaš-ba¯ni, Sohn des Sîn-iddinam, Aja-rı¯šat, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, Tochter des Ilšu-ibni, des Aufsehers über die Kaufleute, für 1 2⁄3 (?) Mine Silber im 3. Jahr des Königs Ammiditana gekauft hatte; (14-20) (und) welches (nun) von dem Richter Awı¯l-Sîn, Sohn des Sîn-be¯l-aplim, dem Sîn-imguranni, Sohn des Ilšu-ibni, dem Ibni(1-4)
45. 46. 47. 48.
36
Vgl. den einschlägigen Artikel von D. Charpin, in: K. R. Veenhof (ed.), Cuneiform Archives and Libraries, Leiden 1986, 121 ff. 1 iku mißt eine Fläche von 3600 m2 . Zur Lokalisation vgl. L. Dekiere, Mesopotamian History and Environment Series I, Northern Akkad Project Reports 3 (1989) 9 f. a.šà ib x.
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Altbabylonische Texte
Marduk, Sohn des Sîn-be¯l-aplim, dem Sîn-mušallim, Sohn des Sîn-imguranni, und dem A[wı¯l-Sî]n, Sohn des Rı¯m-Adad, den Brüdern der Aja-rı¯šat, [nadı¯tu]m-Priesterin des Šamaš, [Tochter des Il]šu-ibni, den Eigentümern des [Feldes], (21-22) der Tempelverwalter Ina-Esagil-ze¯rum, Sohn des Etel-pı¯-Ea, für 2 1⁄3 Mine Silber gekauft hat; – (23-24) die ursprünglichen Besitzurkunden samt Folgeverträge(?) 49) hatte er von ihnen verlangt, woraufhin sie folgendermaßen ausgesagt haben: (25-26) »Sie waren im ›Kloster‹ bei Ajarı¯šat, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, unserer Schwester, deponiert. (27-31) Als jedoch unsere Schwester gestorben ist, haben wir diese Tafeln gesucht, aber nicht gefunden. Wo diese Tafeln sich befinden, RS (1-2) wissen wir nicht. Wir werden (aber) nachforschen und sie dir (dann) geben.« Dies haben sie ausgesagt. (3-13) (Wenn) in Zukunft die ursprünglichen Besitzurkunden samt Folgeverträge(?) über 15 iku Feld (in) der Flur Ašukkum, am jenseitigen Ufer von Ka¯r-Šamaš, [im] Bezirk von Sippar-jahrurum, welches von ˘ Sohn des Ilšu-ibni, dem Richter Awı¯l-Sîn, Sohn des Sîn-be¯l-aplim, dem Sîn-imguranni, dem Ibni-Mard[uk, Sohn des S]în-be¯l-aplim, dem Sîn-mušallim, Sohn des Sîn-imguranni, und dem Awı¯l-Sîn, Sohn des Rı¯m-Adad, der Tempelverwalter Ina-Esagil-ze¯rum, Sohn des Etel-pı¯-Ea, gekauft hat, 50) (wenn diese Urkunden) gefunden und vorgelegt werden, (14-15) (dann) gehören sie dem Tempelverwalter Ina-Esagil-ze ¯ rum, Sohn des Etel-pı¯-Ea, dem Käufer der 15 iku Feld. (16-17) Den E[id bei Šamaš], Aja, Marduk und König Ammisaduqa haben sie geschworen. (18-29) (12 Zeugen.) (30-34) 4. Tag des Monats Arahšam˘ na,˙ 11. Jahr des Königs Ammisaduqa. ˙ 14. Erbteilung Ort: Šaduppûm; Zeit: Daduša (Zeitgenosse Hammurapis von Babylon); Aufbewahrungsort: ˘ 52624; Kopie: M. de J. Ellis, The Division of Iraq Museum, Baghdad; Museumsnummer: IM Property at Tell Harmal, JCS 26 (1974) 152 Nr. D; Bearbeitung: aaO 142 f.
Eine nadı¯tum-Priesterin des Šamaš hinterläßt ihren Brüdern bzw. Neffen ein Haus mit Garten sowie das dazugehörige Personal. Dabei erhält der ältere Bruder einen Vorzugsanteil von zwei Dritteln der Erbschaft, die beiden anderen Brüder teilen sich das letzte Drittel. Betreffs des Besitzes der Zibbatum, nadı¯tum-Priesterin des Šamaš, – (2-4) von Garten und Haus wird Nanna-mansum seine(n) zwei Drittel(-Anteil) nehmen, und seine Brüder werden (den Rest) gleichmäßig aufteilen. (5-10) Sklavin und Sklave, erwachsener Mann und kleines Mädchen, so viele wie geboren wurden, – der Anteil des Nannamansum (besteht aus) Nahmı¯ja, Ištar-bullit¯ı, Habil-abum und Ali-waqartum, (die) zur Er˙ ˘ (11-14) Der Anteil des Tutub-ma¯gir (be˘ ziehung von klein an gegeben worden waren. trifft) Saphum-liphur und den Säugling; der Anteil des Igmil-Sîn den Be¯lı¯-ašare¯d. (15) Sie ˘ haben geteilt. Ihr ˘Herz ist zufrieden. (16-17) Er wird (darauf) nicht zurückkommen, und keiner wird bei dem anderen Rechte geltend machen. (18-19) Sollte ein Kläger (trotz(1)
49.
tup-pa-at um-ma-tim ù se-er-de-e; vgl. K. van Lerberghe/G. Voet, On »Quasi-Hüllentafeln«, ˙Northern Akkad Project Reports 6 (1991) 5 mit Anm. 4. 50. Lies Z. 13 nach Kollation: i-[š]a-m[u in]-na-am-ma-ra i-il-li-a-nim-ma.
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dem) Rechte geltend machen, muß er 4 Minen Silber bezahlen. (20) Den Eid bei Tišpak und König Daduša haben sie geschworen. (21) (14 Zeugen, einschließlich der Ältesten von Zaralulu sowie von Atašum.)
15. Erklärung eines Mannes und einer Frau, keine intime Beziehung einzugehen Ort: Larsa; Zeit: Samsuiluna (1685-1648 v. Chr.), 3. Jahr, 6. Monat, 25. Tag; Aufbewahrungsort: British Museum, London; Museumsnummer: BM 13912; Kopie: M. Anbar, Textes de l’époque babylonienne ancienne, RA 69 (1975) 122 Fig. 8; Bearbeitung: aaO 120 ff.
Ein Mann und eine Frau, deren ursprüngliche soziale Bindung für uns ungewiß bleibt, legen einen Eid darüber ab, in Zukunft keine intime Beziehung einzugehen. Die Frau verspricht, jeden Annäherungsversuch des Mannes abzulehnen, es gegebenenfalls sogar den Ortsvorstehern zu melden. Der Mann verspricht, die Frau nicht zu behelligen. Ša¯t-Marduk hat wegen Ahu¯ni, Sohn des Ilšu-ibbi, (beim) Leben des Königs Samsui˘ (5-6) »Für den Ahu ¯ ni, Sohn des Ilšu-ibbi, bin ich nicht luna folgendermaßen geschworen: ˘ (7-12) Er soll nicht (darauf) zurückzurückgehalten, ich bin ihm nicht in Eid genommen. 51) kommen! (Eine intime Beziehung) zwischen Mann und Frau soll er mir nicht vorschlagen und meine Lippen soll er nicht küssen! (Einer Beziehung) zwischen Mann und Frau werde ich nicht zustimmen, und sollte er mich rufen, um in meinem Schoß zu liegen, werde ich (es) gewiß den Stadtältesten und dem Bürgermeister mitteilen! (13-15) Sollte man mich an (seiner) Seite sehen, dann möge man mich, als hätte ich (den Eid beim) Leben des Königs mißachtet, behandeln!« (16-18) [Und] Ahu¯ni, Sohn des Ilšu-ibbi, hat ˘ (19-21) »Zu Ša ¯ t(beim) Leben des Königs Samsuiluna [folgendermaß]en geschworen: Marduk werde ich nicht gehen und ihr (eine Beziehung) zwischen Mann und Frau vorschlagen!« (22-29) (8 Zeugen.) (30-33) 25. Tag des Monats Elu¯num, 4. Jahr des Königs Samsuiluna. (1-4)
16. »Sterbeurkunde« Ort: unbekannt; Zeit: Samsuditana (1561-1531 v. Chr.), 11. Jahr, 3. Monat, 13. Tag; Aufbewahrungsort: Royal Scottish Museum, Edinburgh; Museumsnummer: RSM 1909.405.12; Kopie: S. Dalley, A Catalogue of the Akkadian cuneiform tablets in the collections of the Royal Scottish Museum, Edinburgh, with copies of the texts, Edinburgh 1979, Nr. 21;
Welche besonderen Umstände zur Anfertigung des folgenden Totenscheins geführt haben, ist unbekannt. Seit dem 12. Tag des Monats Sima¯nu ist die Betta¯ verstorben. (5-6) Am 13. Tag hat man sie beerdigt. (7-10) 13. Tag des Monats Sima¯nu, 11. Jahr des Königs Samsuditana. (1-4)
51.
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Damit soll wahrscheinlich ausgedrückt werden, daß sie ihm nicht versprochen ist.
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Texte aus Mari Karl Hecker Die mehr als 10 000 Tontafeln umfassenden Archive des Königspalasts von Mari vermitteln tiefgehende Einblicke in die politische, soziale und religiöse Situation des obermesopotamisch-nordsyrischen Raums hauptsächlich im 19.-18. Jh. v. Chr. sowie mit meist listenförmigen Texten auch der Palastverwaltung selbst, liefern aber kaum rechtshistorisch relevantes Material. Anders als für das ältere Assur und das etwa gleichzeitige Babylonien, wo eine umfangreiche und vielfältige Textüberlieferung erhalten ist, sind unsere Kenntnisse vom Rechtsleben Maris sehr bescheiden. Es bleibt uns auch weitgehend unklar, wieso die relativ wenigen privatrechtlichen Urkunden überhaupt in den Palast gelangt sind und dort aufbewahrt wurden, bis auf die unter Nr. 5 übersetzten auch in ganz unterschiedlichen Räumen. Die Veröffentlichung der hier unter den Nummern 1-4 übersetzten Texte besorgte G. Boyer, Archives royales de Mari VIII (= TCL 29), Paris 1957, in Kopie und ARMT VIII, Paris 1958, mit gleichlaufender Textnumerierung in Bearbeitung. Zu berücksichtigen sind außerdem die Kollationen von J.-M. Durand, Rélecture d’ARM VIII, MARI. Annales de recherches interdisciplinaires 1, Paris 1982, 91-135.
1. Adoption
Text ARMT VIII, 1. Übersetzt wird nur die Tafel; die fragmentarisch erhaltene Hülle mit 2 Siegelabrollungen notiert zusätzlich zum nur leicht abgewandelten Wortlaut der Tafel die Namen der beiden Siegeleigner. Jahatti-Il ist Sohn des Hillalum und der Alı¯tum. Gutes und Schlechtes wird er mit ˘ Vater Hillalum und seine Mutter Alı tum zu [ihrem] Sohn ihnen ˘teilen. (6-11) Wenn sein ¯ Jahatti-Il »Du bist nicht unser Sohn«˘sagen, gehen sie des Hauses und der Gerätschaft ˘ (12-18) Wenn Jahatti-Il zu seinem Vater Hillalum und seiner Mutter Alı¯tum »Du verlustig. ˘ sagt, werden sie ihn scheren und verbist nicht mein Vater, du ˘bist nicht meine Mutter« kaufen. (19-22) Wieviele Söhne auch Hillalum und die Alı¯tum bekommen mögen: Jahat˘ ti-Il ist ihr Erbsohn. (23-26) Vom Haus ˘seines Vaters Hillalum wird er zwei Teile erhalten, ˘ seine jüngeren Brüder werden (den 3. Teil) brüderlich teilen. (27-31) Wer vindiziert, wird das für die Götter Šamaš und Itu¯r-Me¯r, für Šamšı¯-Adad und Jasmah-Adad 1) Tabuisierte ˘ essen 2) und 3 1⁄3 Mine Silber zahlen. (32-52) (18 Zeugen, darunter der Schreiber.) (53-54) 28. Hibirtum, Eponymat von Asqu ¯ dum 3). ˘ (1-5)
1.
2. 3.
Šamšı¯-Adad regierte als König von Assur etwa 1767-1711 v. Chr. Er errichtete in zahlreichen Feldzügen ein Großreich, dem auch Mari eingegliedert war. Sein Sohn Jasmah-Adad, der in Mari als Vizekönig residierte, konnte die Stadt nach dem Tode seines Vaters ˘aber nur noch kurze Zeit halten. »Tabuisiertes essen« heißt, den Zorn und die Rache dessen hervorzurufen, dem das Tabuisierte geweiht ist. Hibirtum war der 5. Monat des Kalenders von Mari. Das Eponymat des Asqu¯dum entspricht ˘
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2. Bürgschaft
Text ARMT VIII, 71. Der Bürge nimmt die Ehefrau des Bürgschaftnehmers als Sicherheit für den verbürgten Silberbetrag. Die Entstehung der Bürgschaft wird nicht begründet. (1-4) Für 6 ½ Scheqel Silber hat Rimšı¯-Il, Sohn von Dada, Bürgschaft für Jantin-Erah über˘ , benommen. (5-8) Als Sicherungspfand ist die Ahassunu, die Ehefrau des Jantin-Erah ˘ ˘ stellt. (9-13) Zahlte er bis zum 2. Monat das Silber nicht, wird die Ahassunu, die Ehefrau ˘ des Jantin-Erah, verkauft. (14-21) (8 Zeugen.) (22-25) 8. Ura¯hum, Jahr, in dem Zimrı¯-Lim ˘ 4) ˘ Ašlakka¯ eroberte.
3. Kauf eines Sklaven
Text ARMT VIII, 9. Der weitgehend sumerisch formulierte Text beurkundet den Kauf eines sutäischen 5) Sklaven durch Jahatti-Il (wohl die gleiche Person wie in Text ˘ Nr. 1). Ein Kaufpreis ist nicht genannt. Der Kauf wird bei dem Gott Dagan und dem König und dessen Sohn beschworen und durch eine symbolische Geste vollzogen. 1 sutäischen Sklaven, Jami-ila mit Namen, hat von dem Sutäer Rip’um Jahatti-Il ge˘ hat er kauft. (8-9) Als seinen kompletten Preis wird er Silber zahlen. (10-13) Den Stößel 6) vorbeigehen lassen. Auf zukünftige Tage wird der eine auf den anderen nicht zurückkommen oder reklamieren. (14-17) Bei dem Gott Dagan, bei Šamšı¯-Adad und Jasmah-Adad haben sie geschworen. (18-27) (10 Zeugen, darunter der Schreiber.) ˘ 28. Kinu¯num, Eponymat von Awı¯lı¯ja. 7) (28-30) (1-7)
4. 5. 6. 7.
40
dem 51. Regierungsjahr von Šamšı¯-Adad (1717 v. Chr.); die aus Assur übernommene Datierung nach Jahreseponymen ersetzte während dessen Regierungszeit die in Mari sonst übliche Benennung der Jahre nach wichtigen Ereignissen des Vorjahres. Vgl. dazu Text Nr. 2 unten mit Anm. 4. Ura¯hum war der 1. Monat im Kalender von Mari, der Jahresname entspricht dem Jahr 2 von ˘ ¯-Lim (1709 v. Chr.). Zimrı Die Sutäer gehörten zu den amurritischen (westsemitischen) Nomaden-Stämmen, die in der 1. Hälfte des 2. Jt. ganz Mesopotamien überfluteten. Die militärisch-politische Auseinandersetzung mit diesen Stämmen ist eines der Hauptthemen der Mari-Texte. Eine symbolische Geste bei Abschluß des Kaufs bzw. Verkaufs. Kinu¯num war der 7. Monat des Kalenders von Mari, Awı¯lı¯ja der Eponym des Jahres 1714 v. Chr. (Šamšı¯-Adad, Jahr 53).
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Texte aus Mari
4. Verpflichtungsschein
Text ARMT VIII, 24. Der Šamaš-Priester Da¯da gewährt einen Kredit von rund 60 Gramm Silber zum Regelzinssatz von 30 %. (1-5) 7 2⁄3 Scheqel 8 Korn 8) geläutertes Silber nach dem Gewichtsstein von Mari, als Zins kommt auf 10 Scheqel je ein Viertel (Scheqel) 9) hinzu: (6-10) von Šamaš und Da¯da 10) hat Puzur-Mamma, Sohn von Ilı¯-iddinam, (es) am 8. Kinu¯num 11) genommen. (11-12) Im Abum wird er das Silber und den Zins dafür (zurück)zahlen. (13-15) (3 Zeugen, darunter der Schreiber.) (16-18) Jahr, in dem Zimrı¯-Lim Babylon zu Hilfe eilte. 12)
5. Ausgabe von Öl
In Raum 116 des Palastes von Mari wurde 1979 eine größere Zahl von kleinen Tontäfelchen gefunden, die sich mit der Ausgabe von Öl befassen; offenbar war in dem betreffenden Raum die Verwaltung der Ölvorräte des Palastes untergebracht. Die im Museum von De¯r ez-Zo¯r aufbewahrten Texte wurden zusammen mit bereits früher entdeckten und im Pariser Louvre liegenden Texten von D. Charpin (in: MARI 3 [1984] 83-126) publiziert.
a) Text Nr. 24 1 Liter bestes Öl für den Gott Nergal, ½ Liter bestes Öl für das Bad des Ea, ½ Liter bestes Öl für die Göttin Be¯let-biri, 10 Scheqel bestes Öl für die Göttin Nanni. (9-11) 6. Abum, Eponymat von Ašu ¯ r-ma¯lik. 13) (1-8)
b) Text Nr. 34 ½ Liter bestes Öl für das Totenmahl der Könige. Adad-ba¯ni. 14) (1-3)
(4-6)
1. Ebu¯rum, Eponymat von
8. Etwa 60 g. 9. Umgerechnet auf die Mine von 60 Scheqeln fallen monatlich 1 ½, jährlich 18 Scheqel, d. h. 30 %, Zins an. Die gleiche Zinsregelung findet sich auch in anderen Mari-Urkunden und kann als Regelzinssatz gelten. 10. Da¯da war ein Priester des Šamaš-Tempels, vgl. ARMT XVI/1 (1979) 83. 11. Kiu¯num war der 7. Monat, bis zum Abum (Z. 11, 4. Monat) vergingen demnach, falls kein Schaltmonat eingeschoben wurde, 8 Monate. 12. Jahr 11 des Zimrı¯-Lim, etwa 1700 v. Chr. 13. Abum war der 4. Monat des Mari-Kalenders, der Eponym entspricht dem Jahr 52 von Šamšı¯-Adad (1716 v. Chr.). 14. 12. Monat, Jahr 26 von Šamšı¯-Adad (1742 v. Chr.).
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6. Feldkauf
Die hier übersetzte Urkunde wurde von J.-M. Durand (in: MARI 1 [1982] 79-89) unter dem Titel »Un document juridique archaïque de Mari« veröffentlicht. Rund zwei Jahrhunderte älter als das Gros der Mari-Texte, weist sie eine Anzahl von sprachlichen Besonderheiten und Altertümlichkeiten auf, die z. T. auch aus Ebla bekannt sind. Thema des Textes ist der Verkauf eines Grundstücks, wobei hervorzuheben ist, daß ein angrenzendes Grundstück einer allerdings nicht mit Namen genannten Dame gehört. Der Verkauf wird offenbar durch ein Festmahl legalisiert. 1 ½ Feldmaß 15) Land im Ackerland von Da¯n-Ilum 16), oberer Grenzrain Išma-Su’en und sein Bruder, Sohn von Idallalum, unterer Grenzrain die Tochter des Vorarbeiters Adda, gehörig dem Mundschenk Iddi(n)-Mamma: (7-13) Als seinen Kaufpreis gab er ihm 12 Scheqel Silber, und zusätzlich gab er ihm 1 Liter Zedernöl. Der Vorarbeiter Ilı¯-iddinam kaufte es. (14-20) (4 Personennamen), der Mundschenk Išma-Su’en (und) Abba, der Göttersklave vom Tempel des Gottes Kur, waren die Vermesser, die die Pflöcke einschlugen. (22-26) Brot haben sie gegessen, Bier getrunken und sich mit Öl bestrichen, im Hause des aluzinnum 17) Erra-dalı¯lı¯. (1-6)
15. 16. 17.
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Etwa 5400 m2. Da¯n-Ilum ist ein geläufiger Personenname; möglicherweise ist »Ackerland des D.« als Flurname zu verstehen. Eine oft mit Kulttänzern auftretende Person, in den Wörterbüchern mit »Spaßmacher, Clown« übersetzt.
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Altassyrische Texte Karl Hecker »Im 18.-17. Jhd. v. Chr. unterhielten die Assyrer in Kleinasien ein gut organisiertes Netz von Handelsstationen, deren Vorort Kaniš, der heutige Kültepe bei Kayseri, war«. Dieser Satz aus der TUAT-Ergänzungslieferung 1) bedarf der Ergänzung und auf Grund neuer Quellen und Erkenntnisse teilweise auch der Korrektur. Der altassyrische Handel mit Kleinasien wurde von privaten Handelshäusern in Assur getragen. Er basierte auf dem Import des zur Bronzeherstellung benötigten Zinns, für dessen Anlieferung die Assyrer ein Monopol besaßen, und von Luxusgütern wie vor allem Stoffen von besonderer Qualität aus Mesopotamien nach Anatolien; der erzielte Gewinn wurde gewöhnlich in Form von Silber nach Assur rücküberwiesen. Fast alle der bis heute gefundenen rund 20 000 (davon ca. 5 500 publizierten) Texte stammen vom Kültepe; an anderen Orten wie Bogˇazköy, Alıšar Hüyük oder auch Assur selbst sind nur ganz wenige Texte zum Vorschein gekommen. Aber auch am Kültepe ist nicht der eigentliche Ruinenhügel mit dem Palast des einheimischen Stadtfürsten die Hauptfundstelle, sondern eine diesen umgebende niedere Terrasse, wo der ka¯rum (»Hafen«) der Assyrer lag. Bei den bis jetzt andauernden türkischen Ausgrabungen konnten hier 5 archäologische Schichten festgestellt werden, von denen die Schicht II die Blütezeit des Überlandhandels erlebte und auch den bei weitem überwiegenden Teil der Textfunde erbrachte, während die darüber liegende und durch einen Hiat von 1-2 Jahrzehnten getrennte Schicht Ib erheblich schlechter bezeugt ist und wohl auch von nachlassender Handelstätigkeit geprägt war. Bestimmte Texttypen sind aus naheliegenden Gründen in der Regel datiert, und zwar nach Woche (hamuštum), Monat und Jahr, wobei die Jahre mit dem Namen ˘ eines Eponymen in Assur (limmu) bezeichnet wurden. Die Eponymen-Liste vom Kültepe (KEL) 2) und die »assyrischen Chroniken von Mari« (MEC) 3) ermöglichen jetzt recht genaue Datierungen nicht nur der betreffenden Texte sowie der jeweiligen Archive, sondern natürlich auch der historischen Situation der Kültepe-Zeit im ganzen. Der bislang älteste datierte Text stammt aus dem Jahr 9 (Variante 7) von Iku¯num von Assur (ca. 1869 – 1854 v. Chr. 4)), gut 90 Jahre später zur Zeit von Irı¯šum II. (ca. 1778 – 1750 v. Chr.) ging wohl auf Grund inneranatolischer kriegerischer Verwicklungen die II. Schicht des Ka¯rum Kaniš unter. Die Texte aus Schicht Ib und der mit diesen etwa gleichzeitigen aus Bogˇazköy und Alıšar sind teils unter Šamšı¯-Adad (1767 – 1712 v. Chr.), teils aber auch noch mehrere Jahrzehnte später geschrieben. Die hier vorgelegte Auswahl berücksichtigt zunächst Urkunden des allgemeinen Geschäfts-, dann des Privatlebens, kann aber dem inhaltlichen Reichtum des Text1. 2. 3. 4.
Gütersloh 2001, 26 unter Nr. 8. K. R. Veenhof, The Old Assyrian List of Year Eponyms from Karum Kanish and its Chronological Implications, Publications of the Turkish Historical Society VI/64, Ankara 2003. Veröffentlicht durch M. Birot, MARI 4 (1985) 219-242. Alle Datierungen nach der ›Kurzen Chronologie‹, die Hammurapi von Babylon auf 17281686 v. Chr. berechnet.
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materials nicht annähernd gerecht werden. Die systematische Bearbeitung durch G. Eisser/J. Lewy, Die altassyrischen Rechtsurkunden vom Kültepe, Mitteilungen der Vorderasiatisch–ägyptischen Gesellschaft 33 und 35/3-4, Leipzig 1930-35, ist inzwischen sehr veraltet. Eine strikte Trennung des privaten und des geschäftlichen Bereichs ist im übrigen nicht immer möglich, da auch große Handelshäuser gewöhnlich familiär organisiert und verbunden waren. Verwandtschaftsbezeichnungen wie »Vater« und »Sohn« konnten daher auch »Chef« und »Angestellter« bedeuten.
1. Gründung einer Handelsgesellschaft
Das Geschäftskapital eines nach Anatolien reisenden Kaufmanns wurde in der Regel nicht von diesem allein, sondern von einer Geldgebergesellschaft in Assur aufgebracht. Die Namen der Gesellschafter, die Höhe ihrer Einlagen sowie ihre Rechte und Pflichten wurden dabei in einem naruqqum (»Sack«)-Vertrag festgehalten. Das bislang einzige Beispiel eines solchen Vertrags ist die aus dem Handel stammende Tafel mit der Inventarnummer 313 des Museums Kayseri, zuletzt publiziert durch K. Hecker, ArOr 67 (1999) 558 ff. Sie ist datiert auf das Jahr 10 von Šarrum-ke¯n (etwa 1844 v. Chr.) und gehört somit zu den ältesten Texten vom Kültepe. Die Laufzeit des Vertrags beträgt 12 Jahre, er enthält Regelungen für die Aufteilung des Profits und für ein etwaiges vorzeitiges Ausscheiden eines Gesellschafters. Der mit dem ›Sack‹ ausgestattete Amur-Ištar stellt übrigens selbst einen größeren Anteil. 6 [Minen Gold] sind Einlagen, 1 ½ Minen von Irı¯šum, 2 Minen von Iddi(n)-Aššur, (weitere 10 Anleger, darunter), (12) ein Kaufmann 5), (14) 4 Minen von Amur-Ištar: (15-16) Insgesamt 30 Minen Gold sind ›Sack‹ des Amur-Ištar. (17-19) Vom Eponymat des Su¯sa¯ja an wird er 12 Jahre lang Handel treiben. (19-22) Vom Profit darf er Drittelteile verwenden 6), für Drittelteile muß er einstehen. (23-27) Wer vor Terminerfüllung Silber nehmen will, erhält anstelle von 1 Mine Gold (nur) 4 Minen Silber 7). (27-28) (Vom) Profit wird er nichts erhalten. (29-32) (7 Zeugen.) (1-3)
(4-13)
2. Gesetz zum Goldhandel
Der altassyrische Handel unterlag strengen Gesetzen, die offenbar auf einer in Assur aufgestellten Stele festgehalten waren. Zwar ist diese Stele nicht erhalten, doch wird wie in dem folgenden Brief des Stadtfürsten von Assur an den Ka¯rum Kaniš gelegentlich daraus zitiert. Die zitierte Regelung besagt, daß der Verkauf von Gold an Nichtassyrer verboten ist. Die Tafel mit der Fundnummer kt 79/k 101 wurde von H. Sever (in: Ankara Üniversitesi Dil ve Tarih-Cogˇrafya Fakültesi Dergisi 34 [1990] 260-263) veröffentlicht. 5. 6. 7.
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Diese Einlage war wohl durch einen Verpflichtungsschein – wie unten unter Nr. 8 übersetzt – gedeckt. Wörtlich »er darf essen«. Dies ist eine Strafbestimmung. Der Normalkurs war 1 : 8, also doppelt so hoch.
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Altassyrische Texte
Folgendermaßen der Stadtfürst an den Ka¯rum Kaniš: (4-8) Was die Tafel mit dem Urteil der Stadt betrifft, die wir euch wegen des Goldes schickten, diese Tafel ist ungültig. (9-15) Wegen Gold haben wir keine Regelung getroffen, die Goldangelegenheiten sind wie früher: Ein Assyrer darf es einem anderen 8) zum Kauf geben. (16-23) Entsprechend dem Wortlaut der Stele darf aber ein Assyrer Gold keinem Akkader, Amurriter oder Subaräer geben. (24-25) Wer gibt, wird nicht leben. (1-4)
3. Satzung des Ka¯rum Kaniš
Von der Satzung des Ka¯rum Kaniš, durch die auch der Regelzinssatz von 30 % für Kredite unter Assyrern festgeschrieben war 9), haben sich Reste auf dem Tafelfragment mit der Inventarnummer CBS 4051 des University of Pennsylvania Museum Philadelphia erhalten, das F. J. Stephens (in: Journal of the Society of Oriental Research 11 [1927] 101-136 Nr. 19) veröffentlicht hat. Die letzte Bearbeitung stammt von M. T. Larsen, The Old Assyrian City State and its Colonies, Mesopotamia 4 (1976) 284 ff. Erhalten sind vor allem die Vorschriften für die Einberufung des ›Klein-Groß‹ genannten Gremiums, einer Vollversammlung der Kaufleute, der u. a. auch die Rechtssprechung oblag 10), durch den Schreiber des Ka¯rum im Zusammenhang mit offenbar in diesem anhängigen Abrechnungen. VS? (Anfang abgebrochen.) (1’-6’) ….. [sollen sie] ihre Angelegenheit [prüfen, und] wenn diese (ein Fall für) das Versammeln von ›Klein-Groß‹ ist, sollen sie in ihrer Versammlung dem Schreiber ansagen(, daß) der Schreiber ›Klein-Groß‹ versammelt. (6’-10’) Ohne die großen Herren, der Mehrheit, darf ein einzelner Herr der Abrechnung dem Schreiber nicht ansagen(, daß) er ›Klein-Groß‹ versammeln soll. (11’-14’) Wenn der Schreiber ohne die großen Herren auf Geheiß eines einzelnen ›Klein-Groß‹ versammelt, soll der Schreiber 10 Scheqel Silber zahlen. (14’-19’) Keiner von den Kleinen darf sich einem Herrn der Abrechnung nähern und sich im Ka¯rum-Haus ungebührlich verhalten. Wenn [er sich im Ka¯rum-Haus] ungebührlich [verhält], (Rest der VS abgebrochen. Von der RS sind nur geringe Reste erhalten.)
4. Warentransport nach Kleinasien
Die Versendung von in Assur beschafften Waren nach Anatolien wurde dem Kaufmann in Kaniš brieflich angekündigt. Der aus dem Handel stammende Text BIN IV (1927) 24 in der Nies Babylonian Collection der Yale University New Haven (Inventarnummer NBC 1749), bearbeitet von M. T. Larsen, Old Assyrian Caravan Procedures, Publications de l’Institut historique et archéologique néerlandais de Stamboul 22, Istanbul 1967, 89-90, ist ein typisches Beispiel für ein solches Informationsschreiben. Vom Briefkopf sind vor allem Šu-Hubur und Pu¯šu-ke¯n aus einer umfangreichen Kor˘ 8. Wörtlich »ein Bruder einem Bruder«. 9. Vgl. unten Text Nr. 8. 10. Vgl. dazu die Texte unter Nr. 9 unten.
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respondenz gut bekannte Geschäftspartner; letzterer ist als erfolgreicher Kaufmann über viele Jahre in Kaniš nachweisbar. (1-5) Folgendermaßen Aššur-imittı¯ und Šu-Hubur, an Pu ¯ šu-ke¯n, Amur-Šamaš, Sohn von ˘ 10 Minen Zinn unter Siegeln, 10 Minen Me¯šar-rabi, und Kurub-Ištar 11): (6-15) 2 Talent loses Zinn 12), 4 schwarze Stoffe als Verpackung, 1 schwarzer Esel und sein Geschirr: alles das geleitet Usur-ša-Aššur, Sohn von Aššur-be¯l-awa¯tim, zu euch. (16-22) Wenn Usur-ša-Aššur nach ˙Burušhattum 13) gehen will, gebt ihm das Zinn und die Stoffe. Er ˘ gehen und (Zinn und Stoffe dort) zu Silber machen. Das ˙ dann nach Burušhattum soll ˘ Silber soll er dann mit seinem Transport 14) herbringen.
5. Silbersendung nach Assur
Auch die Übersendung des erworbenen Silbers nach Assur wird dem dortigen Geschäftspartner brieflich angezeigt (einem entsprechenden Schreiben können dann Abrechnungen über erhaltene Warenlieferungen und neue Bestellungen beigefügt sein), wird vor Zeugen festgehalten (der folgende Text) und von einem Transportoder Dienstvertrag (hier Text Nr. 6) begleitet. Der Text I 733 wurde von K. Hecker, G. Kryszat und L. Matouš (in: Kappadokische Keilschrifttafeln aus den Sammlungen der Prager Karlsuniversität, Prag 1998) veröffentlicht. 2 ½ Minen Silber (von) Iddi(n)-Aššur, 2 ½ Minen Silber (von) Sukkallı¯ja, 5 Minen Silber (von) Šu-Laban, 2 ½ Minen Silber (vom) Kaufmann, 2 ½ Minen Silber (von) Aššurimittı¯: (10-18) Insgesamt 15 Minen geläutertes Silber – die Abzüge dafür zusätzlich, die Abgaben dafür sind bezahlt – schickten wir für Einkäufe zu Aššur-imittı¯ und Nu¯r-Su’en. (19-20) Aššur-imittı¯15) transportierte (es). (21-22) (2 Zeugen.) (1-9)
6. Dienstvertrag
Ein Assyrer wird in Dienst genommen, um eine Karawane in die Stadt, d. h. nach Assur, zu bringen. Der Text mit der Fund-Nummer kt v/k 47 stammt aus der Grabungskampagne 1970 und wird heute im Ankaraner Museum aufbewahrt. Er wurde von E. Bilgic¸ und C. Günbattı (in: Ankaraner Kültepe-Texte III, FAOS, Beiheft 3, Stuttgart 1995, Nr. 15) veröffentlicht. (1-6) 1⁄3 Mine geläutertes Silber hat Šalim-ahum zu Lasten von Šu-Erra gut. Mit dem Sil˘ ber wird (dies)er gehalten. (7-9) Er soll seine Karawane einmal in die Stadt führen.
11. 12. 13. 14. 15.
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Dieser war ein Sohn des Šu-Hubur. ˘ Transporteurs während der Reise vorgesehen. Dies war für die Ausgaben des Heute Acem Hüyük südlich vom Tuz Gölü. Wörtlich »auf seinen Füßen«. Aššur-imittı¯ ist ein überaus häufiger Name, der Transporteur ist natürlich nicht mit dem Empfänger der Sendung identisch.
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Altassyrische Texte
Wenn es ihm gefällt, mag er dann im Dienst verbleiben, wenn es ihm nicht gefällt, kann er das Silber zurückzahlen und weggehen, wohin er will. (17-18) (2 Zeugen.) (10-16)
7. Abrechnungen
Ausführliche Abrechnungen über Warenlieferungen, Geschäftsunkosten und Verkaufserlöse zwischen den Geschäftspartnern in Assur und Kleinasien sind uns wieder meist in brieflicher Form überliefert. Daneben sind aber auch modern als »Abrechnungen« bezeichnete Urkunden erhalten, in denen eher mit Forderungen zusammenhängende rechtliche Probleme im Vordergrund stehen. Die beiden im folgenden übersetzten Urkunden behandeln in subjektiver Stilisierung die Anerkennung einer Restschuld (a) und die Anrechnung von erbrachter Arbeitsleistung (b). a) Die aus dem Handel stammende Tafel mit der Inventarnummer 3738 der Nies Babylonian Collection der Yale University New Haven wurde als BIN IV (1927) 187 veröffentlicht. Die maßgebliche Bearbeitung findet sich bei G. Eisser/J. Lewy, aaO Nr. 168. (1-8) Ich und Aššur-ba ¯ ni rechneten ab und, nachdem viele (Forderungen) niedergeschlagen sind, wird er mir wegen der 18 Scheqel Silber über sein Arbeitskapital hinaus eine Hüllentafel geben. (9-13) 12 Scheqel Silber außerdem und 1⁄3 Mine Silber von meiner Opfergabe wird er mir [aus] Burušhattum schicken. (13-19) [Wenn] er nicht schickt, wer˘ de ich [wegen] des Silbers der Hüllentafel, der Zinsen und der Forderungen auf ihn (20-24) (25-27) zurückkommen. (3 Zeugen.) In Uša 16) bestellte ich sie zu Zeugen.
b) Der Text mit der Grabungsnummer kt v/k 132 wurde in der Grabungskampagne 1970 am Kültepe gefunden und befindet sich heute im Ankaraner Museum. Die Publikation besorgten E. Bilgic¸/C. Günbattı, aaO Nr. 25. (1-4) Bei Beginn der Reise des Puzur-Ana rechneten wir ab, und er legte mir 1 2⁄3 Minen 5 Scheqel Silber zur Last. (5-13) Folgendermaßen (sprach) ich: »92 Minen Kupfer und 15 Scheqel Silber sind (noch) nicht in die Kasse gelegt 17). Außerdem stehe ich seit 3 Jahren auf deine Rechnung (für Arbeit) zur Verfügung, ohne daß ich Verfügungskapital von dir trage. Ich werde dir daher meine Verpflegung und Ausgaben (in Rechnung) stellen.« (14-16) Folgendermaßen (antwortete) Puzur-Ana: »Von deinen Aufwendungen wußte ich nichts.« (16-18) (2 Zeugen.)
16. 17.
Zur Identifikation von Uša mit dem Karahüyük bei Konya vgl. RGTC 6/2 (1992) 181. Der Silberwert des Kupfers ist wegen fehlender Qualitätsangaben nur grob zu schätzen: 92 Minen könnten etwa 7-15 Scheqel Silber kosten.
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8. Verpflichtungsschein
Die Hüllentafel mit der Fundnummer kt a/k 498 der türkischen Grabungen am Kültepe und der Inventarnummer AMM 109-163-64 des Ankaraner Museums wurde von E. Bilgic¸ (in: Ankara Kültepe Tabletleri I [= Türk Tarih Kurumu Yayınları VI/33], Ankara 1990, Nr. 45) veröffentlicht. Beurkundet wird die Verpflichtung zur Zahlung eines Silberbetrages, wobei wie üblich die Ursache der Zahlungspflicht ungenannt bleibt. Bei Zahlungsverzug wird der Regelzinssatz des Ka¯rum Kaniš von 30 % (1 ½ Scheqel pro Mine je Monat) fällig. Der Text ist auf den 11. Monat des Jahres 4 von Nara¯m-Su’en (ca. 1802 v. Chr.) datiert. Der Gläubiger bleibt in diesem Fall anonym, vielleicht um eine scheckartige Weitergabe der Urkunde zu ermöglichen. Übersetzt ist hier allein die Tafel, die Hülle weicht nur insoweit ab, als sie eingangs die Siegel von Schuldner und Zeugen bezeichnet. 12 Scheqel geläutertes Silber hat zu Lasten von Šarr-Adad, Sohn von Nu¯r-Su’en, der Kaufmann (gut). (4-10) Von der Woche des Hanna¯ja, Monat Kuzalli, Eponymat des ˘ Enna-Su’en, Sohn von Šu-Aššur, an wird er auf 8 Wochen zahlen. (10-13) Wenn er nicht zahlt, wird er je 1 ½ Scheqel pro Mine im Monat zinsen. (14-15) (1 Zeuge.) (1-4)
9. Rechtssprüche des Ka¯rum
Über den technischen Ablauf altassyrischer Gerichtsverhandlungen bestehen kaum mehr als allgemeine Vorstellungen: Der Ka¯rum wählt aus dem Kreis der anwesenden Kaufleute Zeugen und Richter aus, die über die oft im »Gottestor« abgehaltenen und nicht selten mehrtägigen und in den einzelnen Phasen jeweils schriftlich protokollierten Verhandlungen zu einem Rechtsspruch finden. Ein wesentliches Instrument der Rechtsfindung war dabei der Eid auf den Dolch (oder ein anderes Emblem) des Gottes Assur oder auch der »Eid bei der Stadt«. Die folgenden drei Texte dokumentieren drei Phasen des Streits zwischen Iddi(n)-abum, Sohn von Aššur-ta¯b, (= A) und dem Zwilling Enna-Aššur, Sohn von Enna-Su’en, (= B) einerseits und˙ Puzur-Ištar, Sohn von Aššur-muttabbil, (= C) andererseits um 30 Stoffe und 1 Mine Silber. Der Streit, dessen Vorgeschichte im einzelnen unbekannt bleibt, hatte schon einmal zu einem Urteil des Ka¯rum geführt, dem zufolge C das Streitobjekt zuerkannt wurde unter der Voraussetzung, daß er einen durch eine kultische Reinigung vorbereiteten Schwur leistete (Text a). C machte dann erneut Einwände, erklärte seinen Verzicht für den Fall, daß er vor der Vereidigung abreise (Text b), was der dann auch wirklich tat, woraufhin A und B ein Zugriffsrecht auf den Hauptteil des Streitobjektes erhalten. Unbekannt bleibt, welche Regelungen für die dazu gehörenden Esel und eine zuvor wohl gegen C verhängte Geldstrafe getroffen wurden. a) I 681 aus den Sammlungen der Prager Karlsuniversität, veröffentlicht von K. Hecker, G. Kryszat und L. Matouš, ebd. Die Tafel enthält keine Schlußklausel und Zeugennamen und ist daher wohl als eine für das Archiv eines der Kontrahenten bestimmte Abschrift des Originalurteils zu bewerten. 48
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Der Ka¯rum Kaniš ›Klein-Groß‹ sprach folgendermaßen Recht: (4-11) Heute noch sollen A und B 28 Stoffe dem C geben. (12-14) Dann soll C den Saum der Stoffe mit seinem Siegel kennzeichnen. (15-23) Den Preis von 2 Stoffen und 2 Eseln, die A und B verkauften, nämlich 1 Mine Silber, sollen sie siegeln und dann einem Angestellten des Geldgebers anvertrauen. (23-28) Dann sollen sie entsprechend dem früheren Urteil des Ka¯rum morgen den C (kultisch) reinigen, und übermorgen soll er schwören. (28-33) Nachdem er geschworen hat, sollen sie ihm seine Stoffe, wo sie auch liegen, freigeben. A und B sollen die je 1 Mine Silber für seine Strafe freigeben. (1-3)
b) Der von B. Hrozn (in: Inscriptions cunéiforms du Kültépé, Prag 1952, Nr. 2) in keilschriftlicher Kopie veröffentlichte Text wurde von diesem 1925 am Kültepe ausgegraben und wird heute in den Archäologischen Museen Istanbul aufbewahrt. A und B packten uns gegen C, und dann (sprachen) A und B zu C folgendermaßen: »Entsprechend dem früheren Urteil des Ka¯rum ›Klein-Groß‹ bezeichne die Stoffe mit deinen Siegeln, wir wollen sie dann einem Angestellten des Geldgebers anvertrauen. Morgen empfange von uns Reinigung und übermorgen schwöre uns. Dann nimm deine Stoffe.« (16-19) Folgendermaßen (antwortete) C: »Bis in 2 Tagen will ich nach Silber für meine Ausgaben sehen, und dann werde ich euch schwören.« (20-26) Folgendermaßen (sprachen) A und B: »Wenn du uns nicht schwörst und nach außerhalb abreist, dann gehören die Stoffe unserem Kaufmann Annu-pı¯ja! Wirst du dann wegen der Stoffe auf uns nicht zurückkommen?« (27) Folgendermaßen (antwortete) C: »Ich werde nicht auf euch zurückkommen!« (28-32) Für diese Angelegenheiten bestellte uns der Ka¯rum Kaniš ›Klein-Groß‹ (als Zeugen), und wir gaben vor dem Dolch des Assur unser Zeugnis. 18) (32-35) (2 Zeugen.) (1-7)
(8-15)
c) I 439, ebenfalls aus den Sammlungen der Prager Karlsuniversität, veröffentlicht wie Text a. Auch bei dieser Tafel handelt es sich um eine Archivkopie. (1-3) Der Ka ¯ rum Kaniš ›Klein-Groß‹ sprach folgendermaßen Recht: (3-11) Entsprechend dem früheren Urteil des Ka¯rum ›Klein-Groß‹, hdaßi wegen 30 guter Stoffe von C dieser dem A und dem B beim Dolch des Assur hätte schwören sollen und C dann seine Stoffe hätte nehmen können – (C) machte dann aber keine Aussage, wollte nicht schwören und reiste ab –, (16-20) werden A und B 3 informierte Geldgeber der Karawane zur Stadt packen. (21-25) Die werden dann die Stoffe inspizieren, ihren Preis festlegen, und dann dürfen A und B Silber im Wert der Stoffe nehmen. (26-33) Die Tafel mit dem Rechtsspruch des Ka¯rum ›Klein-Groß‹ wird der Schreiber dem A und dem B aushändigen.
18.
Diese stereotype Schlußklausel wird im folgenden nicht mehr übersetzt, sondern durch einen entsprechenden Hinweis ersetzt.
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10. Beschlagnahmung eines Tafelarchivs
Der aus dem Handel stammende Text des New Yorker Metropolitan Museum of Art mit der Inventarnummer MMA 66.245.5a für die Tafel bzw. b für die hier nicht übersetzte Hülle wurde von M. T. Larsen (in: I. Spar [ed.], Tablets, Cones and Bricks of the Third and Second Millennia B.C., Cuneiform Texts in the Metropolitan Museum of Art I, New York 1988, Nr. 84) veröffentlicht. Er gehört zu den Akten eines Prozesses um die Beschlagnahmung des Tafelarchivs eines Ennum-Aššur durch Su’en-na¯da¯. Entsprechend dem Urteil des Ka¯rum Kaniš ›Klein-Groß‹ befragte Su’en-na¯da¯ den Ennum-Aššur folgendermaßen: (4-9) »Ich und meine Sklavin 19) saßen in Kaniš. Du gingst dann nach Turhumit 20) und handeltest gegen mich, der ich dir nichts schulde, eigen˘ mein Logierhaus und holtest 2 Tafelbehälter unter meinen Siegeln und mächtig, betratst meine Gerätschaften heraus. In meinen Tafelbehältern waren: (10-14) 1 Tafel, daß 12 2⁄3 Minen Silber zu Lasten von Iddi(n)-Ištar und Su’en-na¯da¯ Ilı¯-a¯lum (gut) hat; 1 Tafel, daß 10 Minen Silber zu Lasten Su’en-na¯da¯ der Kaufmann (gut) hat; 1 Tafel, daß für diese Schuld mir Iddi(n)-Ištar einsteht; (14-31) (Weitere 13 Tafeln über Schulden und Guthaben des Su’en-na¯da¯); (32-38) 1 Tafel, daß mit 30 Talent hh5 Talentii gutem Kupfer, dem Preis der Urkunden, Ilı¯-ba¯ni, Sohn von Ia¯’a, und Aššur-muttabbil, dein Bruder, bezahlt sind und dein Anwalt Amur-Aššur ihnen zur Seite stand; (32-38) 1 Tafel, daß mir Ilı¯-ba¯ni und Aššur-muttabbil, dein Bruder, die(se) 30 Talent gutes Kupfer – (das) der Urkunden – gaben und ich für die 30 Talent gutes Kupfer dem alahinnum 21) Dašušu¯ einstehe; ˘ (38-40) 1 Tafel, daß du die Aštu ¯ und deren Tochter Tarı¯ša kauftest, und andere Tafeln, die man bei mir zur Aufbewahrung ließ; (41-45) 1 Tafel unter dem Siegel von Šalim-ahum, ˘ daß Šalim-ahum 1 ½ Silber von dem Silber des Ikuppı¯ja, dem Sohn des Akı¯ja, verant˘ wortlich übernahm; (46-49) 1 Tafel(, die) Aššur-ma¯lik, Sohn von Iliš-tikal, bei mir gelassen hatte; (46-49) 1 Tafel (….. 22), die) Amur-Ištar, Sohn von Halla¯bum, bei mir gelassen hatte; ˘ 1 Tafel mit einem Urteil des Ka¯rum Turhumit(, die) Ata¯ja bei mir gelassen hatte; ˘ (50-54) 1 Siegel von Iddi(n)-Ištar, Sohn von Aššur-na ¯ da¯ – noch zu seinen Lebzeiten hatten es 4 Geldgeber gesiegelt und mir anvertraut –; das Siegel des Šamaš-tappa¯’ı¯, mir unter den Siegeln von 3 Angestellten des Geldgebers anvertraut; (55-59) außerdem die Tafeln von meinen Zeugen, entweder auf dich bezüglich oder auf Iddi(n)-Ištar, die sie im Gottestor gesiegelt hatten, meine Tafeln, (nämlich) meine Urkunden und Aufzeichnungen über viel Kupfer: (60-63) alles das war in meinen 2 Tafelbehältern gesiegelt. Dann aber tratest du in Turhumit in mein Logierhaus ein und holtest eigenmächtig die Tafelbehälter, die Siegel und˘ mein Gerät heraus. (64-70) Die 2 Tafelbehälter, meine Siegel und meine Gerätschaft gib diesen Tag noch heraus, damit wir sie zum Ka¯rum bringen und der Ka¯rum Kaniš sie zusätzlich zu meinen Siegeln siegele. Dann wollen wir, ich und du, die(1-4)
19. 20.
21. 22.
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Gemeint ist die anatolische Zweitfrau, die ein Assyrer während seiner Abwesenheit von Assur nehmen konnte. Die Lage von Turhumit, dem hethitischen Turmitta, ist noch umstritten, vgl. C. Michel, Dur˘ humid, son commerce et ses marchands, in: D. Charpin/F. Joannès (éd.), Marchands, diplomates et empereurs. Études sur la civilisation mésopotamienne offertes à Paul Garelli, Paris 1991, 253-273. Gesucht wird es am Kızıl Irmak nordöstlich von Kaniš. Ein anatolischer Beamter unklarer Funktion. ga-i-iš-ma, sonst nur noch AKT III 104: 12, unklar.
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sen Tag noch zur Stadt abreisen, und die Stadt und unser Herr mögen uns(eren Fall) klären!« (71-73) Entsprechend dem Urteil des Ka¯rum Kaniš ›Klein-Groß‹ antwortete Ennum-Aššur dem Su’en-na¯da¯, und zwar folgendermaßen: (74-83) »Seit 3 Jahren, seitdem mein Kaufmann Iddi(n)-Ištar gestorben ist, gehe ich dich, der du – obwohl du zu meinen oder meines Kaufmanns Iddi(n)-Ištar Lasten kein (Guthaben) hattest – im Ka¯rum Turhumit eigenmächtig ohne Ka¯rum oder Kaufmannschaft in das Haus meines Kauf˘ Iddi(n)-Ištar, der mir Silber, 5 Talent oder mehr, schuldete, eintratst und den gesimanns cherten Raum meines Kaufmanns ausraubtest, immer wieder an und stelle dir Zeugen. (84-86) Und sie verpflichteten dich. Nachdem nun 3 Jahre vergangen sind, der Ka ¯ rum Kaniš deine Ausrauberei und Lügereien erfahren und (87-90) man dich und deine Genossen zum Ka¯rum Kaniš überstellt hat, (nachdem) ich im Ka¯rum Kaniš die Ausrauberei und Lügereien dir und deinen Genossen vorgehalten habe, (91-95) (und nachdem) seit einem Monat unsere Tafeln ausgestellt und dem Ka¯rum-Haus anvertraut sind des Inhalts, daß ich dein Haus nicht betrat und nichts von dir wegnahm, da befragst du mich prozessual wegen vieler Tafeln. (95-100) Die (ihr) bei der Stadt (geschworen habt), haltet fest: Bringt meinen Fall vor die Stadt und meinen Herrn, daß ich ihm die Vergehen und Rauberei vorgehalten habe und er mich prozessual befragte! Macht mir keine Mühe und befragt mich nicht! (100-102) Komm, unsere Tafeln möge man (einem Boten) anvertrauen, die Stadt und der Fürst mögen über uns(eren Fall) klären!« (103-106) (Schlußklausel des Ka¯rum Kaniš, 2 Zeugen.) Da¯da¯ja, Sohn von Nimar-Ištar, war unser Genosse. 23)
11. Pfand
Die altassyrischen Urkunden kennen im Bereich des Pfandrechts eine differenzierte Terminologie. 24) Der im Zusammenhang mit Immobilien- und Personenpfand übliche Begriff erubba¯tum, deutsch etwa »Eintrittsgut«, wird in dem folgenden von C. Michel und P. Garelli (in: Tablettes paléo-assyriennes de Kültepe I, Paris 1997, Nr. 88 [Kültepe-Fundnummer kt 90/k 221, Inventarnummer des Ankaraner Museums 1-132-90]) nicht verwendet, möglicherweise handelt es sich eher um die Bestellung einer Hypothek. 12 Scheqel geläutertes Silber des Šu-Hubur nahmen Šazua, Lamassı¯ und Aššur˘ emu¯qı¯. Mit den 12 Scheqeln Silber wird das Anwesen 25) gehalten. (7-10) Wenn sie ihn hinaustreiben wollen, sollen sie sein Silber, die 12 Scheqel, zurückgeben. Dann wird er hinausgehen. (11-12) (2 Zeugen.) (1-6)
23. 24. 25.
Da¯da¯ja, der 3. Zeuge, war bei der Ausstellung der Urkunde nicht (mehr) anwesend. Vgl. B. Kienast, Bemerkungen zum altassyrischen Pfandrecht, WO 8 (1976) 218-227. Eigentlich »die Häuser«. Gemeint ist ein Haus, das aus mehreren um einen Innenhof gruppierten Räumen bestand. Die drei Schuldner bewohnten wohl ein solches Anwesen gemeinsam.
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12. Hauskauf
Die Hüllentafel mit der Inventarnummer I 568 aus den Sammlungen der Prager Karlsuniversität wurde von L. Matouš (in: Kappadokische Keilschrifttafeln mit Siegeln, Prag 1984, Nr. 21) publiziert und zuletzt von B. Kienast (in: Das altassyrische Kaufvertragsrecht, FAOS, Beiheft 1, Stuttgart 1984, 136-139) ausführlich behandelt. Sie beurkundet den Verkauf eines neben dem Haus des bekannten Kaufmanns Pu¯šu-ke¯n gelegenen Anwesens durch eine Gruppe von Anatoliern. Käufer ist einer der (4) Söhne des Pu¯šu-ke¯n. Unklar bleibt, auf Grund welcher Rechte der Verkauf stattfand; der Eigner (oder nur Mieter?) Asa¯num, wohl ein Assyrer, gehört nicht zur Gruppe der Verkäufer. Übersetzt wird hier nur die Tafel, die Hülle bietet mit geringen Varianten den gleichen Text, wobei wie üblich der Siegelungsvermerk mit den Namen der Verkäufer und der Zeugen vorangestellt ist. Interessant ist, daß den als siegelnd genannten 13 Personen nur 3 verschiedene Siegelabdrücke gegenüberstehen; offenbar besaßen nur wenige Anatolier ein eigenes Siegel. Das Anwesen des Asa¯num 26), das neben dem Haus des Pu¯šu-ke¯n (liegt), haben der alahinnum Ašši’et, der Leuteoberst Heštahšu, Ušhata (und 4 weitere Anatolier) in ˘ ˘ der Lehensgemeinschaft des Ašši’et ˘an Buza¯˘zu, Sohn des Pu¯šu-ke¯n, verkauft. Vertretung (12-15) Den Preis des Anwesens haben Ašši’et und diese Herren komplett erhalten. (15-17) Wegen des Anwesens werden sie auf Buza ¯ zu nicht zurückkommen. (17-23) Wenn irgendwer zurückkommt, werden der alahinnum Ašši’et, der Leuteoberst Heštahšu, ˘ ˘ ˘ (23-26) (6 Zeugen.) Ušhata (und die 4 weiteren Anatolier) ihn freistellen. ˘ (1-12)
13. Kauf einer Sklavin
Der Text mit der Inventarnummer Ka 266 der Archäologischen Museen Istanbuls wurde 1925 von B. Hrozny´ am Kültepe ausgegraben und 1952 in Inscriptions cunéiforms du Kültépé, Prag, Nr. 123 in Kopie veröffentlicht. Er beurkundet den Verkauf einer Sklavin durch eine Anatolierin an die anatolische Zweitfrau eines Assyrers. Übersetzt wird hier nur die Tafel, die wie auch andere Texte aus anatolischem Umfeld eine Anzahl von sprachlichen Fehlern aufweist. Die zugehörige Hülle, veröffentlicht durch L. Matouš (in: Inscriptions cunéiforms du Kültépé II, Prag 1962, Nr. 182 [Inventarnummer Ka 495 der Archäologischen Museen Istanbul]), bleibt trotz teilweise abweichenden Inhalts unübersetzt. Tafel und Hülle sind bearbeitet bei B. Kienast, aaO 122-123. 17 Scheqel Silber als Preis einer Sklavin hat Niwalka erhalten. (5-7) Nakkilwišwe, die Frau des Aššur-muttabbil, hat (sie) gekauft. (7-10) Wenn einer (auf den Kauf) zurückkommt, wird sie 1 Mine Silber zahlen. (11-17) Wenn von der Lehensgemeinschaft 27) je(1-4)
26. 27.
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Keilschriftlich A-sí-nim mit Vokalharmonie in der zweiten Silbe. Lies ša ú-pa´-tí-ni!
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Altassyrische Texte
mand zurückkommt, wird sie 28) der Frau des Aššur-muttabbil, der Nakkilwišwe, 1 Mine Silber zahlen. (18-20) (4 Zeugen.)
14. Selbstverkauf
Im anatolischen Umfeld waren nicht nur Verkäufe von Personen möglich, es kam gelegentlich auch zu Selbstverkäufen. Das bislang einzige Beispiel einer entsprechenden Urkunde ist die in Privatbesitz befindliche, ungeöffnete Hüllentafel, die W. Farber (in: AulaOr 8 [1990] 197-205) veröffentlicht hat. Die Hülle hat 4 Siegelungsvermerke, trägt aber nur zwei Stempelabdrücke und eine Siegelabrollung. Der Text weist wieder eine Anzahl sprachlicher Fehler auf. (4 Siegelungsvermerke, darunter der Gadagada.) (9-14) Gadagada hat sich selbst verkauft; Hannum hat sie gekauft. (15-23) Wenn die Lehensgemeinschaft, ein Gläubiger oder ˘ ihr Ehemann wegen der Gadagada auf Hannum zurückkommt, soll er ½ Mine Silber zahlen und kann die Gadagada fortholen. ˘ (1-8)
15. Selbstfreikauf
Der aus dem Handel stammende Text mit der Inventarnummer 294 des Museums Kayseri wurde zuletzt von B. Kienast (in: aaO 121-122) behandelt. Er beurkundet den Selbstfreikauf eines Anatoliers aus einem anatolischen Lehensverband. (2 Zeilen abgebrochen.) (3’-7’) Kurtuma löste sich selbst aus und zahlte 2⁄3 Mine 5 Scheqel Silber als seinen Preis der Lehensgemeinschaft. (7’-13’) Wenn von der Lehensgemeinschaft entweder Zaparašna oder dessen Diener 29) auf Kurtuma zurückkommen, werden sie ihm 5 Minen Silber zahlen.
16. Erbstreitigkeiten
Die oft sehr komplexe Vermögenssituation der assyrischen Händler mit Immobilien nicht nur in Assur, sondern auch in Anatolien und mit vielfach verwickelten geschäftlichen Beteiligungen und Transaktionen konnte im Todesfall zu langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Partnern und Erben führen. Nichterbberechtigten gegenüber konnte der »Sohn eines Toten« zur Abwicklung der aktiven und passiven Salden des Vaters eine Dreijahresfrist in Anspruch nehmen. Auch bei Vorliegen eines Testaments 30) konnte es zu lang dauernden Streitereien kommen, wie der folgende 1961 am Kültepe ausgegrabene, unpublizierte Text mit der Fundnummer kt m/k 1, 28. 29. 30.
Akkadisch »werden sie«, was man auf die Lehensgemeinschaft beziehen könnte, aber eher zu den Fehlern des Textes zu rechnen sein dürfte. Lies nach Kollation ur-du-šu! Für ein Beispiel vgl. TUAT Ergänzungslieferung, 28.
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Karl Hecker
Museumsnummer AMM 164-1-64 des Ankaraner Museums, dokumentiert. Der Text gehört zu einem Konvolut von insgesamt 4 Tafeln, die jeweils einzelne Etappen eines mehr als dreijährigen Erbstreits festhalten, dessen Ausgang unbekannt bleibt. (1-4) Iku ¯ num befragte den Amur-Šamaš folgendermaßen: »Wegen all dem, was unser Vater hinterließ und was du festhältst, bin ich zu dir gekommen. (5-7) Du machtest unserer Schwester, der Priesterin, unseren Brüdern und dem Kaufmann unseres Vaters Scherereien. (7-10) Und nachdem du das Silber [unseres Vaters] fortgebracht hattest, sprachst du auch folgendermaßen: ›[2 Minen] Silber [nahm] ich im Hause eines Anatoliers [auf] 31) und gab ich für die Beisetzung unseres Vaters aus.‹ (11-19) [Obwohl] beim Tode unseres Vaters du und ich, wir beide, anwesend waren, wir für die Beisetzung unseres Vaters vom Silber unseres Vaters ½ Mine 4 Scheqel Silber ausgaben, du dann hinter meinem Rücken zum Ka¯rum gingst und der Ka¯rum dir ½ Mine Silber gab, schicktest du dich an, unserer Schwester, unseren Brüdern und dem Kaufmann unseres Vaters Scherereien zu machen. (20-25) 5 1⁄3 Mine Silber; 3 Scheqel ein goldenes Wertobjekt 32), Opfer für Tašme¯tum; 2 2⁄3 Scheqel 2 Wertobjekte, ebenfalls aus Gold; weitere 3 minus 1 ⁄6 Scheqel Gold; 1⁄3 Scheqel die Säcke unseres Vaters; 2 Minen su’um-Geräte aus Bronze; (26-35) 2 Äxte mit ihren Stielen; die Becher von den Behältern; 2 supannu-Gefäße von je 2 Minen aus Bronze; 2 verzierte Behälter von je ½ Mine; 2 Behälter von je 1 Mine, (davon) 1 verzierter, 1 unverzierter; 1 Mine eine Axt; das arzallum; 2 Messer; 3 Tische; 2 Talent 10 Minen Antimon; (36-44) 1 Hüllentafel über den Preis der Aralla; 1 Hüllentafel über den Preis der Happu’ahšušar; 1 Tafel über den Preis der Heštahšušar; ˘ ˘ ˘ Me1 Tafel über die Schuld des Anatoliers,˘das Siegel unseres Vaters und die Kopie des morandums des Ka¯rum-Hauses, (44-47) alles das, was unser Vater hinterließ: Hast du (es) genommen oder nicht, das bestreite oder bestätige vor diesen hier 33)! (48-49) Und alles, was ich von dem (Besitz) unseres Vaters genommen habe, das sag mir!« (50-55) AmurŠamaš antwortete dem Iku¯num folgendermaßen: »Schon gestern fragtest du mich, und ich antwortete dir. Beim Tode unseres Vaters waren wir beide anwesend. Seit 3 Jahren ist unser Vater tot. Nicht 1 Scheqel Silber hat unser Vater hinterlassen. (56-58) Nachdem unser Vater nach Kaniš gekommen war, saßt du an seiner Seite 34), ich saß in einem anderen Haus. (59-63) Obwohl unser Vater nichts hinterließ und ich von dem (Besitz) meines Vaters nichts nahm und du und mein Vater keine Tafel von mir haltet, hast du mir viele Worte geschrieben. (64-67) Ob du nun eine Hüllentafel von mir hältst oder Zeugen für mich hast, daß ich von dem (Besitz) meines Vaters (etwas) nahm, bring (es) doch bei, was kann ich dann denn noch sagen! (67-73) Das Siegel und [das Testament] meines Vaters befinden sich in der Stadt, komm, laßt uns entsprechend dem Testament unseres Vaters in der [Stadt] verhandeln. Vor dir, 3 Ange[stellten] des Geldgebers und [unserer Schwester, der Priest]erin, [wollen] ich [und du ins Reine kommen]. (74-78) (Schlußformel des Ka¯rum Kaniš, 2 Zeugen.)
31. 32. 33. 34.
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Schulden bei einem Anatolier zu haben, war für einen Assyrer besonders unangenehm und wurde nach Möglichkeit vermieden. uqurtum, in dieser Bedeutung sonst nicht belegt; auch andere in den folgenden Zeilen genannte Gegenstände sind hapax-Worte oder in ihrer Bedeutung nicht erfaßbar. Gemeint sind die am Ende des Textes genannten Zeugen. Wörtlich »an seinem Kopf«.
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Altassyrische Texte
17. Auflösung eines Handelshauses
Als Beispiel für eine abschließende Einigung bei der Auflösung eines Handelshauses kann der unpublizierte Text mit der Grabungsnummer kt m/k 17, Inventarnummer AMM 164-17-64 des Ankaraner Museums, dienen. Zwei Brüder beschwören die Aufteilung des väterlichen Erbes. Ob diese gütlich oder prozessual herbeigeführt worden ist, bleibt unbekannt, auch wenn man vermuten darf, daß der im Text genannte Eid bei der Stadt Assur auf eine richterliche Verfügung zurückging. Šum-abı¯ja und Hanna¯num, die Söhne des Aššur-nı¯šu, schworen (folgen)den Eid der ˘ ihre Karawane als auch für den Vermögensanteil [ihres] Vaters Stadt: (4-9) Sowohl für haben sie (das Erbe) geteilt. Der eine wird gegen den anderen wegen ihrer Karawane und wegen des Vermögensanteils ihres Vaters keine Rückforderung erheben: sie haben geteilt. (10-14) Für die Schulden des Aššur-nı¯šu, ob in der Stadt oder außerhalb, steht Šum-abı¯ja ein; Hanna¯num ist nicht betroffen. (14-16) Für […] stehen Šum-abı¯ja und Han˘ Falls die Tafel eines Kaufmanns existiert, daß er dem Aššur-nıšu˘(etna¯num ein. (16-21) ¯ was) schuldet, ob in der Stadt oder außerhalb, so gehört sie dem Šum-abı¯ja, Hanna¯num ˘ Iku¯’a 35). ist nicht betroffen. (22-26) Monat Qarra¯tum, Eponymat von Ikuppı¯-Ištar, Sohn von (3 Zeugen.) (1-3)
18. Übernahme von Heiratskosten
Über die Kosten einer Eheschließung liegen uns aus altassyrischer Zeit keine präzisen Angaben vor. Daß diese nicht ganz gering waren, dokumentiert der hier übersetzte Vertrag, den 3 Brüder zwecks Beschaffung der Mittel zur Verheiratung ihrer Schwester abschlossen. Die Tafel mit der Fundnummer kt 88/k 97/b aus den türkischen Grabungen und heute im Museum Ankara wurde von S. C¸ec¸en (in: Archivum Anatolicum 1 [1995] 56-57, Kopie 68-69) veröffentlicht. (1-5) Pilah-Ištar nahm uns gegen Mannum-balum-Aššur und Šuzuzu (als Zeugen), und ˘ dann (sprach) Pilah-Ištar folgendermaßen zu Mannum-balum-Aššur und Šuzuzu: ˘ (5-12) »Unsere Schwester ist jetzt erwachsen geworden. Kommt, laßt uns 3 soviel Silber, wie ausgegeben werden muß, nach unserem jeweiligen Vermögen zusammenlegen. Oder laßt uns im Hause eines Kaufmanns Silber auf Zins nehmen, um die Ausgaben zu machen, um unsere Schwester einem Ehemann zu geben!« (12-14) Mannum-balum-Aššur und Šuzuzu (antworteten) folgendermaßen dem Pilah-Ištar: (15-21) »Wir haben kein Sil˘ ber. Geh, nimm auf unser Wort im Hause eines Kaufmanns soviel Silber wie du ausgeben mußt auf Zins, mach die Ausgaben und gib unsere Schwester einem Ehemann! (21-29) Das Silber und den Zins dafür, das du im Haus eines Kaufmanns auf Zins nimmst und ausgeben mußt, gib aus, und dann nimm das Silber und den Zins dafür vom Silber unseres väterlichen Hauses von einer früheren Zahlung aus dem Vorrat und zahl es dem Kaufmannshaus, wo du es genommen hast, zurück!« (29-30) Pilah-Ištar (sprach) fol˘
35.
Qarra¯tum war der 8. altassyrische Monat, das Eponymat datiert auf das Jahr 7 von PuzurAššur II. (ca. 1813-1805 v. Chr.).
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gendermaßen zu Mannum-balum-Aššur und Šuzuzu: (31-36) »Wenn ich aber kein Silber von dem Silber unseres väterlichen Hauses nehmen kann, werdet ihr mir dann nicht für das Silber und den Zins dafür, das ich im Hause eines Kaufmanns aufnehme und ausgebe, nach eurem jeweiligen Vermögen einstehen?« (36-40) Folgendermaßen (antworteten) sie: »Wir werden dir einstehen.« Mannum-balum-Aššur und Šuzuzu (sprachen weiterhin) folgendermaßen zu Pilah-Ištar: »Wieviel 36) willst du denn ausgeben?« Fol˘ gendermaßen (antwortete) Pilah-Ištar: »Etwa 1 1⁄3 Mine, mehr oder weniger.« ˘ (44-47) (Schlußformel des Ka ¯ rum Kaniš, 3 Zeugen.)
19. Gebrochenes Eheversprechen
Die Bemühungen der drei aus Text Nr. 18 bekannten Herren, ihre Schwester zu verehelichen, blieben offenbar erfolglos. Jedenfalls prozessiert Pilah-Ištar später(?) of˘ fenbar erfolglos gegen Amur-Ištar auf Einhaltung eines Eheversprechens. Der Text mit der Fundnummer kt 88/k 625 aus dem Museum Ankara wurde von H. Sever (in: Belleten 56 [1992] 667-674) veröffentlicht. (1-3) Pilah-Ištar nahm uns gegen Amur-Ištar (als Zeugen), und dann (sprach) Pilah-Ištar ˘ (4-6) »Du gabst unserem Vater dein Wort, komm, heirate ˘deine folgendermaßen: Braut 37)!« (7-14) Amur-Ištar (antwortete) folgendermaßen: »Ich gab deinem Vater wohl mein Wort, aber dann gabt ihr mir nicht wie (unter) Schwiegerleuten (üblich) einen Gürtel für meinen Leib und rieft auch nicht meine Brüder. (15-19) Die Tage wurden immer mehr 38), und ich wurde immer älter, und so habe ich dann eine andere Assyrerin geheiratet. Deine Schwester werde ich nicht heiraten!« (20-27) (Schlußvermerk des Ka¯rum Kaniš, 3 Zeugen.)
20. Unterhalt der Ehefrau
Die Tafel mit der Fundnummer kt 88/k 269 stammt aus der Grabungskampagne 1988 am Kültepe und wird heute im Ankaraner Museum aufbewahrt. Sie wurde von S. Bayram und S. C¸ec¸en (in: Archivum Anatolicum 1 [1995] 11-12) veröffentlicht. Es handelt sich um die Abschrift einer Hülle eines Rechtsspruchs des Ka¯rum Wahšu˘ šana, in dem die Höhe der Versorgungsleistungen eines Ehemanns für seine Frau für die Dauer seiner Geschäftsreise festgelegt wird. Siegel des Ka¯rum 39) Wahšušana ›Klein-Groß‹. Der Ka¯rum ›Klein-Groß‹ sprach fol˘ Tochter von Agia, die Ehefrau des Pilah-Ištar, ist hier gendermaßen Recht: (4-7) Tatana, ˘ nach Kaniš aufgehalten; sie kann nicht nach außerhalb gehen. (7-17) Solange Pilah-Ištar ˘ reist und das Haus seines Vaters, sein Gerät und seine Tafeln versorgt, wird Pilah-Ištar ˘ (1-3)
36. 37. 38. 39.
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Lies ki ma-sí-ma! ˙ Wörtlich »deine Frau«. Lies im-htíi-du. Tafelhüllen mit diesem Vermerk tragen immer Siegelabrollungen mehrerer Privatleute.
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Altassyrische Texte
je 8 Minen šikkum-Kupfer für Essen, Öl und Holz seiner Ehefrau Tatana im Monat geben. Und im Jahr wird er ihr ein Kleid geben. (18-24) Diese Note ist eine Abschrift der Hüllentafel mit dem Urteil des Ka¯rum. Eine Abschrift davon blieb mit der Hüllentafel in Wahšušana. ˘ 21. Vertrag über gemeinsame Haushaltsführung
Aus der jüngeren Schicht Ib des Ka¯rum Kaniš und aus einheimisch-anatolischem Umfeld stammen mehrere Verträge, die das Miteinander eines Elternpaares und ihrer Kinder in einem Haus regeln und daneben auch testamentarische Bestimmungen beinhalten. Die Urkunden sind vom lokalen Fürsten und meist auch vom Kronprinzen legalisiert und im Gegensatz zu den Urkunden der Schicht II, die auf der Hülle gesiegelt sind, auf der Tafel mit Siegel(n) gestempelt. 40) Der im folgenden übersetzte Text mit der Fundnummer kt 89/k 370 wurde von V. Donbaz (in: M. Mellink/E. Porada/T. Özgüc¸ [ed.], Aspects of Art and Iconography: Anatolia and its Neighbors. Studies in Honor of Nimet Özgüc¸, Ankara 1993, 140-141) veröffentlicht. (1-4) (4 Siegelungsvermerke.) (5-10) Tuthalia und Anana, Vater und Mutter, (und) Zuru, ˘ gemeinsam ein Haus. (11-12) Als ein 41) Haus halAtata und Inar, die 3 Brüder, bewohnen ten sie es. (12-17) Und wenn irgendeiner aus [ihrer Mitte] gegen Vater (und) Mutter Unrecht tut, oder irgendetwas verheimlicht, wird er 10 Minen Silber zahlen. (17-21) Wenn Anana, ihre Mutter, stirbt, werden die 3 Brüder ihren Vater Tuthalia pflegen. (21-24) Und ˘ wenn ihr Vater Tuthalia stirbt, werden die 3 Brüder ihre Mutter Anana pflegen. ˘ (24-32) Wenn Vater (und) Mutter sterben, werden die 3 Brüder (das Erbe) teilen. (Es folgen stark beschädigte Erbschaftsregelungen.) (33-34) Das arhallum 42) des [Stadt]wächters werden sie [gemeinsam] halten. (34-35) Aus der Hand von˘ Zuzu, dem Fürsten, (und) Ištar-ipra, dem Treppenobersten 43).
40. 41. 42. 43.
Die Tafeln erinnern daher äußerlich an spätere hethitische Landschenkungsurkunden. Hier nicht der unbestimmte Artikel; im Akkadischen ist das Zahlwort »eins« syllabisch ausgeschrieben. arhallum ist ein unklares Fremdwort in anatolischem Kontext, in dem hier offenbar eine Ab˘ hängigkeit zu einer höherstehenden Person zum Ausdruck kommt. Ein Titel des Thronfolgers.
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Texte aus Nuzi Gernot Wilhelm Die von 1925 bis 1931 von einer amerikanischen Expedition in dem Ruinenhügel Yorghan Tepe (16 km südwestlich des heutigen Kirkuk, östlich des mittleren Tigris) durchgeführten Ausgrabungen erbrachten eine große Zahl von Rechts-, Wirtschaftsund Verwaltungsurkunden. Sie datieren in die Zeit von ca. 1450-1350 v. Chr. (mit einer Datierungsunsicherheit von ca. 20 Jahren), in der der Ort unter dem Namen Nuzi (besser Nuzu) zu dem kleinen Königreich Arrapha gehörte. Letzteres war im ˘ späten 16. oder frühen 15. Jh. unter einer hurritischen Dynastie entstanden, die in dem alten Wettergottkultzentrum Arrapha (heute: Kirkuk) ihre Hauptresidenz hatte. ˘ Auch Nuzi als eine der wichtigeren Städte besaß einen Palast, der neben einem Tempel auf einer mit einer Unterstadt verbundenen ummauerten Zitadelle lag. Die über 4000 Urkunden aus dem Palast und aus zahlreichen Privatarchiven dokumentieren sowohl die innere Organisation des Palastes wie auch die administrativen, wirtschaftlichen und rechtlichen, insbesondere familienrechtlichen Verhältnisse des Landes, das von dem Reich Mittani (mit Zentrum in Obermesopotamien) abhängig war, bis es um 1350 v. Chr. von Assyrern und Babyloniern gründlich zerstört wurde. Die Urkunden sind in akkadischer Sprache geschrieben, die aber – ebenso wie zahlreiche Personennamen – zeigen, daß die Bevölkerung weithin das Hurritische als Muttersprache verwendete. Die »Nuzi-Urkunden« bieten auf Grund der Vielfalt ihrer Gegenstände, ihrer großen Zahl, ihrer prosopographischen Verknüpfungen und ihrer räumlichen und zeitlichen Begrenztheit umfassende Erkenntnisse über eine regionale, überwiegend auf Landwirtschaft basierende altorientalische Gesellschaft wie kaum eine andere Urkundengruppe. Einige Rechtsformen der Privaturkunden wurden oft zur Erklärung biblischer Stellen, insbesondere solchen aus den Patriarchenerzählungen, herangezogen. Dies gilt zum Beispiel für die Götter- bzw. Ahnenfiguren, die in den Testamenten öfter erwähnt werden und normalerweise vom Vater auf den ältesten Sohn vererbt werden (s. Urkunde Nr. 5, Z. 10-12; vgl. K. van der Toorn, ZA 84 [1994] 38-59); sie wurden mit den Teraphîm von Gen 31 verglichen. Die Rechtsform der »Adoption an Schwesters Statt« wurde intensiv auf dem Hintergrund des »wife-sister motif« (J. J. Finkelstein/ M. Greenberg [ed.], Oriental and Biblical Studies. Collected Writings of E. A. Speiser, Philadelphia 1967, 62-82) diskutiert. Speiser nahm an, daß es sich dabei um spezifisch hurritische Phänomene handelte, die durch die Ausbreitung der Hurriter bis nach Palästina gelangt seien. Eine kritische Sichtung des Materials hat B. L. Eichler vorgenommen (Nuzi and the Bible: A Retrospective, in: H. Behrens u. a. [ed.], DUMU-E2-DUB-BA-A. Studies in Honor of Åke W. Sjöberg, Philadelphia 1989, 107119; s. auch ders., Another Look at the Nuzi Sistership Contracts, in: M. de Jong Ellis [ed.], Essays on the Ancient Near East in Memory of Jacob Joel Finkelstein, Hamden, Conn. 1977, 45-59); demzufolge sind keine Verbindungen zwischen dem AT und den Nuzi-Texten auf dem Hintergrund von spezifisch hurritischen Kulturphänome58
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Texte aus Nuzi
nen festzustellen, wohl aber können die Nuzi-Texte als eine besonders reiche und vielfältige »Dokumentation sozio-ökonomischer Rechtspraktiken im alten Mesopotamien« »biblisches Recht, biblische Institutionen und Praktiken« erhellen helfen (B. L. Eichler, aaO 119). Zu den spezifischen Rechtsformen in Nuzi gehören die sog. »unechten«, »Kauf«oder »Immobilien-Adoptionen« (Beispiel Nr. 6). Sie tragen dieselbe Bezeichnung (tuppi ma¯ru¯ti) wie die »echten« Adoptionen (Beispiel Nr. 1). Im Unterschied zu den ˙ letzteren enthalten die ersteren keine Klauseln über die respektvolle Behandlung und die Bestattung des Adoptanten, wohl aber stets dessen Verpflichtung, die ilku-Leistung (wohl eine mit Immobilienbesitz verbundene Dienstleistung, evtl. auch eine Abgabe) weiterhin zu tragen. Stets steht der Übergabe von Rechtstiteln an einer Immobilie des Adoptanten (meist Feldern) in der juristischen Form des »Erbteils« eine als »Geschenk« bezeichnete Sachleistung des Adoptierten gegenüber. Der Adoptant bewirtschaftet aber das dem Adoptierten übergebene Feld weiter und leistet wahrscheinlich eine Abgabe vom Ernteertrag, die aber in den Urkunden nie erwähnt wird. Hintergrund dieser Rechtsform war es wohl, eine Art Klientenbeziehung zwischen dem – im Regelfalle begüterten – »Adoptierten« und dem – im Regelfalle wohl in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehenden – »Adoptanten« zu etablieren.
1. Adoption an Sohnes Statt mit Dienst- und Bestattungsverpflichtung
Die Urkunde einer Adoption an Sohnes Statt (tuppti ma¯ru¯ti »Tafel der Sohnschaft«) HSS 19, 39 wurde von der amerikanischen ˙Nuzi-Expedition unter Leitung von E. Chiera während der 2. Grabungskampagne 1927/28 im Haus des Prinzen Šilwateššup in der Unterstadt von Nuzi gefunden und befindet sich heute unter der Museumsnummer SMN 1100 im Harvard Semitic Museum. Die Keilschriftedition erfolgte durch E. R. Lacheman, Family Law Documents (Excavations at Nuzi VIII = HSS XIX), Cambridge, Mass. 1962, Plate 60 f. Die hier gebotene Übersetzung beruht auf einer Kollation des Textes durch den Übersetzer (demnächst in: Das Archiv des Šilwateššup, Heft 6, Nr. 607). Die Urkunde stammt aus der Mitte des 14. Jh. v. Chr. Urkunde der Adoption an Sohnes Statt des Pai-teššup 1), des Sohnes des Hanaja; ˘ Kinni, den Sohn des Alkia, hat er an Sohnes Statt adoptiert. (5-6) Als sein Erbteil 2) wird Pai-teššup Kinni [verheiraten]. (7-8) Solange Pai-teššup lebt, wird Kinni ihn respektieren. (9-13) Wenn Pai-teššup stirbt, muß Kinni die Trauerriten durchführen und ihn begraben, und […] (dann) darf er die Ehefrau mit seinen Kindern nehmen und gehen, wohin es ihm beliebt. (14-24) Wenn Kinni den Pai-teššup nicht respektvoll behandelt (und) seine Befehle nicht befolgt –, wie man den Sohn eines Mannes von Arraphe behandelt, eben˘ (1-4)
1.
2.
Der Adoptant Pai-teššup ist der oberste Verwalter des Prinzen und Großgrundbesitzers Šilwateššup und hat trotz seiner hohen Position und seiner guten materiellen Lage möglicherweise den Rechtsstatus eines Sklaven (wardu), falls diese Bezeichnung in seinem Falle nicht nur im Sinne von »Diener« verwendet wird. Für letzteres könnte sprechen, daß er den Namen seines Vaters nennt, was bei Sklaven sonst nicht der Fall ist. Das Erbteil ist die Zahlung für den Brautpreis.
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Gernot Wilhelm
so wird Pai-teššup den Kinni behandeln, ihm Fußfesseln anlegen, eine Sklavenmarke auf seinem Kopf anbringen, ihn ins Gefängnis geben und einschließen. (25-26) Und Pai-teššup [gab] dem Kinni 1 Homer Gerste (und) 2 Schafe [(…)] als sein Geschenk. (27-29) Folgendermaßen (sagte) Kinni: »Aus freien Stücken habe ich mich dem Pai-teššup an Sohnes Statt übergeben.« (30-31) Wer von ihnen den Vertrag bricht, muß 1 Mine Silber (und) 1 Mine Gold zahlen. (32-34) Die Tafel ist nach dem Erlaß des Pa[lastes im] TiššaeTor von Nuzi geschrieben. (34) Wenn Kinni sti[ehlt, …] (35-43) (6 Zeugen, darunter der Schreiber; Siegel, darunter das des Kinni.)
2. Adoption an Tochters Statt zwecks Verheiratung oder Prostitution
Die Urkunde einer Adoption an Tochters Statt (tuppi ma¯rtu¯ti »Tafel der Tochter˙ schaft«) AASOR 16, 23 wurde von der Nuzi-Expedition unter Leitung von Robert H. Pfeiffer während der 3. Grabungskampagne 1928/29 in einem großen Archivraum (N 120) des Palastes von Nuzi gefunden. Sie erhielt die Registraturnummer des Harvard Semitic Museum SMN 2016, wurde aber anscheinend vor 1939 im Rahmen der vereinbarten Fundteilung an das Iraq Museum Baghdad zurückgegeben. Eine Keilschriftedition liegt nicht vor, die Erstedition in Transliteration und (fehlerhafter) Übersetzung findet sich bei R. H. Pfeiffer und E. A. Speiser, One Hundred New Selected Nuzi Texts (Annual of the American Schools of Oriental Research XVI), New Haven 1936, 24 und 84 f. Die Urkunde wurde von K. Grosz im Zusammenhang mit anderen tuppi ma¯rtu¯ti diskutiert 3) und vom Verf. neu übersetzt. 4) Sie wurde während ˙ Hälfte des 14. Jh. v. Chr. geschrieben. der ersten Urkunde der Adoption an Tochters Statt hderi Šitanka, der Tochter des Habil-dam˘ qu. (2-4) Mit ihrem Einverständnis(!) hat Hanatu, der Sohn des Habil-damqu, seine ˘ ˘ Schwester zur Adoption an Tochters Statt der Tulpun-naja 5), der Tochter des Erwe-šarri, gegeben, (5) und Tulpun-naja darf Šitanka verheiraten. (6-7) Wenn es Tulpun-naja gefällt, kann sie (sie) einem Sklaven geben, (7-8) und wenn es ihr gefällt, kann sie (sie) einem Eunuchen(?) 6) geben, (9-11) und wenn es darüber hinaus aber Tulpun-naja gefällt, soll Šitanka Prostitution betreiben. (11) Und solange Tulpun-naja lebt, soll sie 7) (sie) verköstigen. (12-13) (Selbst) wenn zehn Ehegatten von ihr sterben(!), darf sie (sie) mit einem elften Mann verheiraten. (14-16) Wenn Šitanka den Vertrag bricht und das Haus der Tulpun-naja verläßt, muß sie der Tulpun-naja 2 Minen Gold zahlen. (17-18) Und wenn (1)
3. 4. 5. 6. 7.
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On some Aspects of the Adoption of Women at Nuzi, Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians 2, 1987, 131-152, hier: 133 (allerdings mit Übernahme der falschen Übersetzung Speisers hinsichtlich der Rolle des Bruders der Šitanka). G. Wilhelm, Marginalien zu Herodot, Klio 199, in: T. Abusch u. a. (ed.), Lingering over Words. Studies … in Honor of William L. Moran, HSS 37, Atlanta 1990, 505-524, hier: 519 mit Anm. 76. Erwe-šarri, der Vater der Adoptantin Tulpun-naja, ist wahrscheinlich identisch mit einem gleichnamigen Verwalter des Palastes von Nuzi, woraus sich der Fundort ihres mehr als 30 Tafeln umfassenden Archivs erklärt. Hurritisches Nomen agentis: taluhlu »Hausdiener«, wahrscheinlich Eunuchen. ˘ = Tulpun-naja.
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Texte aus Nuzi
Hanatu seine Schwester Šitanka aus dem Haus der Tulpun-naja hinausführt, ist die Ver˘ einbarung dieselbe. (19-39) (14 Zeugen, darunter der Schreiber, Siegelbeischriften.)
3. Übertragung des Rechts auf Verheiratung der Schwester
Die Urkunde HSS 19, 68 wurde 1929/30 während der 5., unter der Leitung von R. F. S. Starr durchgeführten Grabungskampagne in Nuzi in einem südwestlich des Tempels gelegenen Privathaus (Raum F 25) entdeckt. Sie ist als »Sprechurkunde« stilisiert und entspricht inhaltlich Urkunden mit der Überschrift tuppi aha¯tu¯ti (»Tafel der Schwe˙ 3565˘im Harvard Semitic Musterschaft«). Die Tafel wurde unter der Nummer SMN seum registriert. Sie wurde von E. R. Lacheman (in: Family Law Documents [Excavations at Nuzi VIII = HSS XIX], Cambridge, Mass. 1962, Plate 106) in Keilschrift ediert. Die Datierung innerhalb der Laufzeit der Nuzi-Texte ist unklar. (1) Folgendermaßen (sagte) Zike, der Sohn des Kula-hupi: (2-3) »Meine Schwester Azina habe ich zur Stellung einer Schwester dem Tehip-šarri,˘ dem Sohn des Itti-šarri, gegeben, ˘ (4-6) und Tehip-šarri wird sie nach Belieben verheiraten und ihren Brautpreis von ihrem ˘ Ehemann entgegennehmen.« (6-8) Wenn Azina vindiziert wird, wird Zike sie von Ansprüchen freimachen und (sie) dem Tehip-šarri geben. (9-10) Und Tehip-šarri hat dem ˘ gegeben. (11-14) Folgendermaßen ˘ (sagte) AziZike 2 Homer 2 Sea Gerste als Geschenk na: »(Gemäß) meinem eigenen ausdrücklichen Willen hat Zike mich als Schwester zur Stellung einer Schwester dem Tehip-šarri gegeben.« (14-15) Wer den Vertrag bricht, ˘ ist nach dem Erlaß 8) in Nuzi geschrieben. muß 2 Rinder zahlen. (15-16) Die Tafel (17-27) (6 Zeugen, darunter der Schreiber, und Siegelbeischriften.)
4. Heiratsvertrag
Die Urkunde JEN 435 wurde 1925/26 während der 1., unter der Leitung von E. Chiera stehenden Grabungskampagne in Nuzi in einem Haus der Unterstadt gefunden (Raum T 12). Sie befindet sich heute im Oriental Institute der Universität Chicago. Die Keilschriftedition liefert das posthume Werk von E. Chiera, Mixed Texts (Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi V), Philadelphia 1934, Plate CDXIX. Eine Bearbeitung hat J. M. Breneman (in: Nuzi Marriage Tablets, Dissertation Brandeis University 1971, 32-35) vorgelegt. Die Urkunde stammt aus der Mitte des 14. Jh. v. Chr. Heiratsurkunde 9) des Kel-teššup 10), des Sohnes des Hutia. (3-4) Mit Ehel-teššup, ˘ ˘ (5-8) Kel-teššup dem Sohn des Paja, hat er einen (Heirats-) Vertrag geschlossen. hat (1-2)
8. Häufige Formel in Nuzi-Urkunden, die wohl auf einen königlichen Erlaß mit Auswirkungen auf Rechtsgeschäfte Bezug nimmt. 9. Wörtl. »Tafel einer vertraglichen Bindung« (tuppi riksi), ein Terminus, der in Nuzi nur für ˙ Heiratsurkunden verwendet wurde. 10. Kel-teššup gehört zu einer weitverzweigten, über 7 Generationen zu verfolgenden Familie,
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seine Tochter Jarutte zur Ehe dem Šintip-teššup, dem Sohn des Ehel-teššup, als Ehe˘ frau gegeben. (8-11) Wenn Jarutte gebiert, darf Šintip-teššup keine andere Ehefrau nehmen, (auch) eine Nebenfrau darf er nicht nehmen(?). (11-18) Wenn Jarutte gebiert (und) Šintip-teššup (trotzdem) eine andere Ehefrau nimmt, wird Kel-teššup kommen (und) Jarutte mit ihren Kindern nehmen, (und) Šintip-teššup muß dem Kel-teššup 1 Mine Silber (und) 1 Mine Gold zahlen. (18-21) Jegliche Felder, Häuser (und) Habe –, einen Anteil wird er als sein Erbteil im Hause des Ehel-teššup nehmen. (22-25) Jeglicher erworbene Besitz –, einen Teil wird Šintip-teššup, ˘ einen Teil wird Jarutte nehmen. (25-27) Wenn Šintip-teššup irgendetwas irgendjemandem gibt, (gilt es als) nicht gegeben. (28-29) Einen Sohn der Jarutte darf er nicht als Sklaven (weg)geben. (30-31) Einen Sohn der Jarutte darf er nicht … (32) Folgendermaßen (sagte) Ehel-teššup: (33-38) »Jegliche Felder und Häuser (und) Habe, den Anteil an dem Haus˘ meines Vaters Paja, (und) jegliche Habe, den Anteil an dem Haus meiner Mutter, welche ich(!) (als Erbteil) genommen habe, hsoll demi Šintip-teššup hgehöreni(?)«? 11) (39-41) Wer unter ihnen den Vertrag bricht, zahlt 2 Minen Silber (und) 2 Minen Gold. (42-50) (6 Zeugen, Siegel, darunter das des Ehel-teššup.) ˘ 5. Testament mit Übertragung der väterlichen Gewalt auf die Witwe des Erblassers
Die sehr gut erhaltene Tafel HSS 19, 7 wurde im Raum F 24 desselben Hauses gefunden, aus dem auch die Urkunde Nr. 3 stammt. Die Keilschriftedition lieferte E. R. Lacheman, aaO, Plate 16 f. Eine Bearbeitung findet sich in der Dissertation von J. S. Paradise, Nuzi Inheritance Practices, University of Pennsylvania 1972, 116-120. Die Urkunde wurde in der Mitte des 14. Jh. v. Chr. geschrieben. Testament 12) des Ilaja, des Sohnes des Hapira. (2-3) Ein Testament für seine Kinder und für seine Ehefrau hat er errichtet. (3)˘Folgendermaßen (sagte) Ilaja: (4-7) »Meine Ehefrau Šeltu setze ich hiermit in die Vaterstellung für meine Felder, für meine Häuser, für meine bewegliche Habe, für jede einzelne meiner Sachen, und für meine Kinder in die Vaterstellung, ein. (8-10) Und solange Šeltu lebt, werden meine Söhne Hutip-teššup ˘ und Šilwa-teššup sie respektieren. (10-12) Sobald Šeltu stirbt, sind meine Götter dem (13-17) Und jegliche Felder, Häuser, meine Hutip-teššup, dem ältesten Sohn, gegeben. ˘ bewegliche Habe, meinen Kleinviehbesitz –, wird Hutip-teššup als Erbteil nehmen, und ˘ (17) Folgendermaßen (sagŠilwa-teššup wird gemäß seinem Rang ein Erbteil nehmen.« te) Ilaja: (18-21) »Meine Tochter Unuš-kiaše, eine Bettlerin(?) 13), lasse ich hiermit zur Muntfreiheit (und zur freien Verfügung über) sich selbst frei 14) und übergebe sie hiermit (1)
11. 12. 13. 14.
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deren Mitglieder überdurchschnittlich häufig kassitische Namen tragen; s. G. Dosch/K. Deller, Die Familie Kizzuk. Sieben Kassitengenerationen in Temtena und Šuriniwe, in: M. A. Morrison/D. I. Owen (ed.), Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians in Honor of E. R. Lacheman, Winona Lake 1981, 91-113. hšai Š.(?). tuppi šı¯mti. ˙ekû »arm«, s. G. Wilhelm, aaO 520 Anm. 78, und 522. ana pirianna ana rahma¯inı¯-ša-ma unteššer-šu; U. wird für den Fall des Todes des Erblassers aus der väterlichen Gewalt entlassen und zum Dienst für ihre Mutter auf die Dauer von de-
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Texte aus Nuzi
ihrer Mutter Šeltu. (22-23) Solange Šeltu lebt, wird sie sie respektieren. (23-26) Sobald Šeltu stirbt, darf Unuš-kiaše gehen, wohin es ihr beliebt, und das Silber (des Brautpreises und des Nachlasses ihrer Mutter) ist ›in ihren Gewandsaum gebunden‹ 15). (27-28) Und niemand von meinen Söhnen soll sie verklagen. (29-34) Und was auch immer an beweglicher Habe ich hderi Šeltu hzui ihrer Verfügung und für … gegeben habe, alles soll sie ihrer Tochter geben; sie soll (es) geben, und man soll nicht(s) zurückhalten.« (34) Folgendermaßen (sagte) Ilaja: (35-39) »Meine Söhne Zike (und) Tamar-tae wohnen in einem anderen Land, und wenn sie kommen, verjage ich sie hiermit von meinen Feldern und Häusern, und an meiner beweglichen Habe sollen sie keinen Anteil haben, und sie sollen sich (ihr) nicht nähern. (40-43) Wenn meine Söhne nicht auf das Wort der Šeltu hören und sie nicht respektieren, soll man (sie) in Fußfesseln legen, eine Sklavenmarke (auf ihrem Kopf) anbringen, sie ins Gefängnis geben und einschließen. (44-47) Und Šeltu soll nichts einem fremden Mann geben. Wenn Šeltu sich wieder verheiratet, soll sie ihren ›Gewandsaum auswählen‹ 16) und (aus dem Haus) hinausgehen.« (4 Zeugen, darunter der Schreiber, Siegel, darunter das des Ilaja, »des Herrn des Hauses«.)
6. Adoption zwecks Immobilientransfers
Die Urkunde einer sog. »unechten« Adoption HSS 13, 161 wurde während der 2. Grabungskampagne 1927/28 im Haus des Prinzen Šilwateššup in der Unterstadt von Nuzi gefunden und befindet sich heute unter der Museumsnummer SMN 161 im Harvard Semitic Museum. Eine Keilschriftedition gibt es nicht, sondern nur eine Edition in Transliteration: R. H. Pfeiffer und E. R. Lacheman, Miscellaneous Texts from Nuzi (Excavations at Nuzi IV = HSS XIII), Cambridge, Mass. 1942, 161. Die hier gebotene Übersetzung beruht auf einer Kollation des Textes durch den Übersetzer (demnächst in: Das Archiv des Šilwa-teššup, Heft 6, Nr. 604). Die Urkunde stammt aus der Mitte des 14. Jh. v. Chr. Urkunde der Adoption an Sohnes Statt des Urhi-tilla, des Sohnes des Aštar-tilla; ˘ des Königs, hat ihn an Sohnes Purn-apu 17), der [Sklave] des Šilwa-teššup, des Sohnes 18) (4-18) Statt adoptiert. Ein »gebautes« Haus innerhalb von A¯l-ila¯ni 19) – nördlich des Hauses des Šilwa-teššup, südlich des Hauses des Urhi-tilla selbst, westlich desselben ˘ (1-4)
15. 16. 17. 18. 19.
ren Leben verpflichtet, ohne daß diese die väterliche Gewalt erbt, die insbesondere das Recht einschließt, die Tochter zu verheiraten oder sonst rechtlich über sie zu verfügen. U. darf daher nach dem Ende ihres Dienstes über sich selbst und über ihren eigenen Brautpreis sowie den Nachlaß ihrer Mutter verfügen. D. h. »steht zu ihrer Verfügung«. Rechtsritus für »persönliche Habe auswählen»(?); s. M. Malul, Studies in Mesopotamian Legal Symbolism, AOAT 221, Kevelaer; Neukirchen-Vluyn 1988, 139-147. P. ist ein Verwalter des Prinzen Šilwa-teššup. é.Hi.a.meš; hier und im folgenden stets Plural, der sich angesichts der geringen Dimensio˘ nen (ca. 4,25 x 12,5 m) (wie auch sonst oft in den Nuzi-Texten) nur auf die Mehrzahl der Zimmer beziehen kann. »Stadt der Götter«, Bezeichnung von Arraphe, der Hauptstadt des gleichnamigen König˘ reichs.
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Hauses des Šilwa-teššup, östlich der [Str]aße 20) des Multahhe 21) – und an die Straße ˘ ist seine Länge auf der stößt es an –, 25 Ellen ist seine Länge auf der Nordseite, 25 ˘Ellen Südseite, 8 Ellen und 1 Halbelle ist seine Breite auf der Ostseite, 8 Ellen und 1 Halbelle auf der Westseite – hat Urhi-tilla als sein Erbteil dem Purn-apu gegeben. (19-20) Und ˘ Purn-apu hat 40 Homer Gerste als sein Geschenk dem Urhi-tilla gegeben. (21-22) Die ˘ 22) des Hauses trägt allein Urhi-tilla, Purn-apu trägt (sie) nicht. ilku-Verpflichtung ˘ i-tilla nichts abschneiden, wenn es (22-24) Wenn das Haus im Maß größer ist, wird Urh ˘ Haus und der Brunnen vindiziert kleiner ist, wird er nichts hinzufügen. (25-28) Wenn das werden, wird Urhi-tilla eben dieses Haus und den Brunnen (von Ansprüchen) freima˘ chen und dem Purn-apu geben. (28-31) Folgendermaßen (sagte) Urhi-tilla: »40 Homer ˘ Gerste gemäß dem Wort[laut die]ser [Tafel] habe ich als mein Geschenk von Purn-apu entgegengenommen, und ich bin (hinsichtlich meiner Ansprüche) befriedigt.« (31-33) Seinen Gewandsaum hat Purn-apu vor Zeugen (über die Tafel) schleifen lassen. 23) (33-35) Wer von ihnen den Vertrag bricht, muß 1 Mine Silber (und) 1 Mine Gold zahlen. ¯ l-ila¯ni; 4 weitere Zeugen, darunter der Schreiber.) (36-47) (7 Zeugen aus der Stadt A (48-49) Diese 11 Männer sind Zeugen; sie haben das Haus und den Brunnen vermessen und die Gerste übergeben. (50-51) Die Tafel ist nach dem Erlaß in A¯l-ila¯ni geschrieben. ¯ l-ila¯ni und das des Schreibers). (52-61.) (Siegel, darunter das des Bürgermeisters von A
7. Darlehensurkunde mit Gestellung eines Sohnes des Schuldners als Nutzungspfand
Die Urkunde JEN 299 über die Gestellung des Sohnes eines Darlehensnehmers als »Nutzungspfand« (tidennu) für das Darlehen wurde 1925/26 in der 1., von E. Chiera geleiteten Grabungskampagne in Nuzi im Raum 15 des in der Unterstadt gelegenen Hauses des Großgrundbesitzers und Palastfunktionärs Tehip-tilla gefunden und be˘ findet sich heute im Oriental Institute der Universität Chicago. Die Keilschriftedition findet sich bei E. Chiera, Exchange and Security Documents (= Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi III), Paris 1931, Plate CCLXXX. Der Text wurde zuletzt im Zusammenhang einer monographischen Behandlung der sog. »persönlichen« tidennu¯tu-Verträge von B. L. Eichler (in: Indenture at Nuzi. The Personal Tidennu¯tu Contract and its Mesopotamian Analogues, YNER 5, New Haven; London 1973, 30) übersetzt. Die Urkunde stammt aus der 2. Hälfte des 15. Jh. v. Chr. (1-6) Unaja, der Sohn des Akip-šarri, hat seinen Sohn Enna-mati, einen Weber, dem Tehip-tilla, dem Sohn des Puhi-šenni, als Nutzungspfand (ana tidennu¯ti) für 3 Talente ˘ ˘ und wenn er die 50 Jahre erfüllt hat, soll er die 3 TaKupfer auf 50 Jahre gegeben, (6-9) lente Kupfer zurückgeben und darf (dann aus dem Haushalt des Tehip-tilla) hinaus˘ zurückgeben. gehen. (9-11) Wenn Unaja (den Vertrag) bricht, muß er das Kupfer
20. 21. 22. 23.
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[sú]-qí (korr. Edition). Personenname, sonst Nultahhe. ˘˘ S. oben Einleitung. Rechtsritus zur Bekräftigung der Aufgabe eines Anspruchs, hier der über das »Geschenk« von 40 Homer Gerste; s. M. Malul, aaO 322-337.
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Texte aus Nuzi
Und wenn er seinen Sohn (zurückzuhaben) wünscht, soll er den einen Mann durch einen anderen als Weber ersetzen. (14-25) (10 Zeugen, darunter der Schreiber, und Siegel, darunter das des Unaja.)
(11-13)
8. Prozeß wegen Gewährung von Unterschlupf für eine flüchtige Sklavin
Die Fundumstände und der derzeitige Aufenthaltsort sind dieselben wie bei Nr. 7. Die Registraturnummer ist SMN 1450. Die Keilschriftkopie von E. R. Lacheman wurde postum von D. I. Owen und M. A. Morrision als »Excavations at Nuzi 9/1«, Nr. 399 (in: Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians 2, Winona Lake 1987, 623 f.) herausgegeben. Die hier gebotene Übersetzung beruht auf einer Kollation des Textes durch den Übersetzer (demnächst in: Das Archiv des Šilwa-teššup, Heft 6, Nr. 573). Die Urkunde stammt aus der Mitte des 14. Jh. v. Chr. (1-5) Šilwa-teššup, der Sohn des Königs, trat mit Irir-tilla, dem Sohn des Arik-kurwe, im Gericht vor die Richter. (5-8) Folgendermaßen (sagte) Šilwa-teššup: »Eine Sklavin von mir ist geflohen. Man hat ihr gestattet, im Hause des Irir-tilla zu wohnen.« (9-12) Und die Richter fragten Irir-tilla und sagten: »Wo ist die Sklavin des Šilwa-teššup, welche in deinem Haus wohnte?« (13-17) Aussage des Irir-tilla; vor den Richtern hat er gesagt: »Ja! Eine Sklavin des Šilwa-teššup wohnte in meinem Haus. Wohin sie ging 24), weiß ich nicht.« (18-21) [Und die Richte]r sagten zu Irir-tilla: »Sagt man nicht: Wer eine Sklavin wünscht, bezahlt sie, (sonst) darf er sie nicht [ins] Haus eintreten lassen? (22-26) Die …la, die Sklavin des Šilwa-teššup, wohnte in Deinem Haus, und Du hast es dem Šilwa-teššup, ihrem Herrn, nicht gesagt!?« (27-33) [Auf Grund der Aussage] des Irir-til(l)a si[egte] Šilwa-teššup in dem Prozeß, und die Richter verurteilten [Irir-tilla] auf Grund seiner Aussage [zu(r Zahlung) einer] Sklavin, hwelchei seiner [Skla]vin gleichwertig ist, zugunsten des Šilwa-teššup. (34-40) (Name des Schreibers und Siegel des Richterkollegiums, zu dem 2 hohe königliche Beamte gehören.)
24.
Text Präs.
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Mittelassyrische Texte Helmut Freydank Die mittelassyrische Zeit erstreckte sich über rund 500 Jahre. Sie begann mit dem politischen Erstarken Assyriens im 15. und endete im 11. Jh. mit dem Auftreten der Aramäer. Die Hauptmasse der uns heute vorliegenden Texte stammt aus der Hauptstadt Assur, daneben gibt es aber auch Funde aus dem in Sichtweite davon gelegenen Ka¯r-Tukultı¯-Ninurta oder aus Provinzstädten wie Šibanibe (Tell Billa) oder Du¯r-Katlimmu (Tell Še¯h Hamad). ˘ ˙ 1. Schuldschein, den Kauf einer Sklavin betreffend
Die Tafel gehört zu einem Archiv (Fundnummer Assur 14327; O. Pedersén, Archives and Libraries in the City of Assur I, Studia Semitica Upsaliensia 6, Uppsala 1985: M 10), das bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Assur im Jahre 1908 im westlichen Teil der Stadt in einem Haus unweit des Neuen Palastes Tukultı¯-Ninurtas I. gefunden wurde. Die Fundgruppe beleuchtet die Aktivitäten einer Familie, die im 13. Jh. v. Chr. über mehrere Generationen mit der Wahrnehmung staatlicher Verwaltungsfunktionen betraut wie auch mit privaten Geschäften befaßt war. Nach dem Formular ist die Urkunde ein Schuldschein über den Kaufpreis einer Sklavin. Sie hat aber auch die Funktion einer Quittung und führt zudem weitere Bedingungen auf, die von den Käufern der Sklavin zu erfüllen sind. Der Text wurde von E. Ebeling (in: Keilschrifttexte aus Assur juristischen Inhalts, WVDOG 50 [1927] Nr. 168) publiziert und zuletzt von J. N. Postgate (in: The Archive of Urad-Šeru¯a and his Family, Rom 1988, Nr. 51) bearbeitet. Er datiert in die Regierungszeit Tukultı¯-Ninurtas I. (1233-1197 v. Chr.). Siegel des Mušallim-Šamaš; (2-9) 4 Talente 20 Minen Blei 1), (gehörig) der Uqur-abı¯, der Tochter der Mukallimutu, der Ehefrau des Irrigu, des Sohnes des Adad-te¯ja, schuldet Mušallim-Šamaš, der Sohn des Aššur-qarra¯d, aus der Stadt Tiqima(?) 2). (10-12) Dieses Blei als Kaufpreis einer Frau ist ihm gegeben worden. (13-16) Für den Unterhalt der Frau werden sie sorgen, den Kauf(preis) seiner Frau werden sie bekanntgeben, und dann wird er den Rest seines Bleis nehmen. (17-24) Siegel 3); vor Adad-šar, dem Sohn des Šamaš-šuma-e¯riš; vor Urza, dem Sohn des Sîn-šar-ila¯ni; vor Emu¯q-Aššur, dem Sohn der Mukallimutu; Siegel des Schreibers; vor demselben 4) Mušallim-Šamaš, dem Schreiber, (1)
1. 2. 3. 4.
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Wenn die Mine mit 480 g richtig bestimmt ist, so handelt es sich um 124,8 kg Blei, die für den Kauf der Sklavin vorgesehen sind. In mittelassyrischer Zeit übernahm vorübergehend Blei die Funktion eines allgemeinen Äquivalents. Ein Ort Tiqima ist bisher anderweitig nicht belegt. Der zur Siegelung üblicherweise genannte Name des Siegelbesitzers wurde hier ausgelassen. Das -ma am PN weist darauf hin, daß der Schuldner hier gleichzeitig – wie in Z. 24 der Vatersname bestätigt – als Zeuge und Schreiber auftritt.
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Mittelassyrische Texte
dem Sohn des Aššur-qarra¯d; Aššur.
(25-26)
Monat Hibur 5), 18. Tag, Eponym (ist) Libu¯r-za¯nin˘
2. šulma¯nu-Urkunde
Im Archiv Assur 14327 (O. Pedersén, aaO I: M 10) bilden die šulma¯nu-Urkunden eine relativ große Gruppe. Es handelt sich um Schuldurkunden, denen zufolge sich eine Person, der »Schuldner«, zu einer Schenkung für den Fall verpflichtet, daß sich eine andere Person, der »Gläubiger«, in ihrer Eigenschaft als staatlicher Funktionsträger eines bestimmten, allerdings nicht näher bezeichneten Anliegens des »Schuldners« annimmt. Diese als »offiziell anerkannte Bestechungsgeschenke« zu deutenden »Schenkungen« wurden in Sklaven, Vieh, Gerste oder Metall entrichtet. Die Urkunde ist in die Regierungszeit Salmanassars I. (1263-1234 v. Chr.) zu datieren und nennt als handelnde Person und Oberhaupt einer einflußreichen Familie den auch als Gouverneur der obermesopotamischen Stadt Nahur bezeugten Melisah mit seinem Vater ˘ ˘ Aššur-aha-iddina und Großvater Adad-šar-ila¯ni. Der Text wurde von E. Ebeling (in: ˘ aaO Nr. 72) publiziert und von J. N. Postgate (in: aaO Nr. 12) bearbeitet. (1) Siegel des Marduk-na ¯ din-ahhe¯; (2-8) 10 Eselslasten Gerste im alten su¯tu-Maß 6), ge˘ ˘ des Aššur-aha-iddina, des Sohnes des Adad-šar-ila¯ni, hörig dem Melisah, dem Sohn ˘ ˘ ¯ja, des Sohnes des Marduk-râm-kette. schuldet Marduk-na¯din-ahhe¯ , der Sohn des Sînı ˘ ˘ (9-14) Diese Gerste ist ein Geschenk. Seinen Fall wird er prüfen (und dann) sein Geschenk nehmen. (15-21) (Drei Zeugen, darunter der Schreiber.) (22-23) Monat Muhur-ila¯ni, ˘ 13?. Tag, Eponym (ist) B/Puta¯nu.
3. Adoptionsurkunde
Das Archiv mit der Fundnummer Assur 14446 (O. Pedersén, aaO I: M 9) entstammt einem Privathaus im östlichen Stadtgebiet, das während der deutschen Ausgrabungen in Assur von einem der Suchgräben angeschnitten wurde. Die überwiegend im 14. Jh. v. Chr. geschriebenen Urkunden beziehen sich auf die Aktivitäten mehrerer Familien über verschiedene Generationen. Die Mehrzahl der im Vorderasiatischen Museum Berlin aufbewahrten Texte wurde von E. Ebeling, ebd publiziert. Die letzte Bearbeitung des Fundkomplexes umfaßt die bisher veröffentlichten Urkunden: C. Saporetti, Assur 14446: La famiglia A, Data Sets: Cuneiform Texts 1, Malibu 1979; ders., Assur 14446: Le altre famiglie, Data Sets: Cuneiform Texts 3, Malibu 1982. Der folgende Text liegt bei Ebeling als Nr. 6 in Kopie vor und wurde von C. Saporetti, DCS 3, 10 f. bearbeitet. Der Eponym der Tafel datiert in die Regierungszeit Assur-uballits I. (13531318 v. Chr.) 7). 5. 6. 7.
Der 6. assyrische Monat. Das »alte su¯tu-Maß« entspricht dem »su¯tu-Maß des hiburnu(-Hauses)« und ist mit etwas ˘ mehr als 8 Litern anzusetzen. Vgl. C. Saporetti, Gli eponimi medio-assiri, BiMes 9 (1979) 46.
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Siegel des Na¯qidu. (2-3) Na¯qidu, (ist) der Sohn des E¯˘riš-ilı¯. (4-10) Nach dem Wortlaut der Tafel seines Vaters E¯˘riš-ilı¯, die zwecks Adoption für Ke¯nı¯ja geschrieben wurde, (ist) nebst seinem Feld und seinem Haus und seinem gesamten Besitz Na¯qidu der Sohn (und) Ke¯nı¯ja sein Vater. (11-12) Überall 8) wird er ihn ehren. (13-16) Na¯qidu wird (ihn) als Vater und Ke¯nı¯ja wird (ihn als einen seiner) Söhne behandeln. (17-23) Wenn Na¯qidu Ke¯nı¯ja nicht ehrt, wird er ihn ohne Klage und Prozeß scheren 9) (und) verkaufen. (24-32) (Zwei Siegelungsvermerke, vier Zeugen, darunter der Schreiber.) (33-35) Monat Allanatu 10), 23. Tag, Eponym (ist) Aššur-ke¯na-ı¯de, der Sohn des Šu¯zub-…. (36) (Weitere zwei Siegelungsvermerke, davon einer des Schreibers.) (1)
4. Ladung zum Prozeß
Der Brief wurde zusammen mit mehr als 50 ungebrannten Tontafeln (s. O. Pedersén, aaO I: M 8) im Nordwesten der Stadt Assur in einem südwestlich der Poternenmauer gelegenen Haus gefunden. Dieses Archiv steht vor allem mit Funktionären der Zeit Tukultı¯-Ninurtas I. in Verbindung. Ubru erscheint in 6 Fällen als Empfänger von Briefen und wird in diesen wiederholt zum Prozeß geladen. Die Tafel befindet sich im Vorderasiatischen Museum Berlin und wurde von H. Freydank (in: Mittelassyrische Rechtsurkunden und Verwaltungstexte [1] [= VS XIX], Berlin 1976, Nr. 13) publiziert (vgl. O. Pedersén, aaO I, 88 [48], s. auch H. Freydank, AoF 24 [1997] 108111). Sie veranschaulicht die zwischen den Parteien übliche Rechtspraxis und belegt, daß gegen eine einflußreiche Person, die ihre Forderungen möglicherweise unrechtmäßig vollstreckt hat, von der geschädigten Person Klage erhoben wird. Aššur-amranni, der in der Funktion des Richters gesehen werden kann, fordert auf eine solche Klage hin Ubru auf, zum Prozeß zu erscheinen und Zeugen sowie Beweismittel beizubringen. Zu Ubru sprich, folgendermaßen (spricht) Aššur-amranni: (4-8) Aššur-apla-e¯riš hat sich an mich gewandt (mit den Worten): »Ich bin kein Schuldner 11), (und) meine Vollstreckungen hat er (doch) vollstreckt.« (9-15) Deine Zeugen und alles, was für deinen Rechtsfall vorhanden ist, nimm, komm (und) in deinem Prozeß sprich! (16-17) Monat Ša-sarra¯te 12), 19. Tag, Eponym (ist) auch Abattu. (1-3)
8. 9. 10. 11.
12.
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Wörtlich »[im] Feld und [in] der Stadt Libbi-a¯li«. D. h. »als Sklaven kennzeichnen«. Der 12. Monat. Andere Ladungen (z. B. O. Schroeder, Keilschrifttexte aus Assur verschiedenen Inhalts, WVDOG 35 [1920] Nr. 169 und 201) zitieren den seine Unschuld beteuernden Kläger zusätzlich mit der Wendung »und ich bin kein Übeltäter«. Darin deutet sich an, daß als Ursache des Zugriffs auf das Eigentum einer Person neben der Verschuldung auch eine in derselben Weise zu kompensierende Straftat in Frage kam. Der 2. Monat.
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Mittelassyrische Texte
5. Verpflichtungsschein
Die Tafel wurde 1911 bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Assur gefunden. Sie lag in einem Raum an der Südwestseite des großen Vorhofes des Assur-Tempels in einem unversehrten Tonkrug zusammen mit 30 weiteren Dokumenten aus der Verwaltung des ständigen Opfers für den Gott Assur. Der Form nach ist die Urkunde, wie auch die meisten anderen dieses Archivs (Fundnummer Assur 18764; O. Pedersén, aaO I: M 4), als Verpflichtungsschein über ein kurzfristiges Darlehen abgefaßt. Es dürfte sich jedoch in allen Fällen um fiktive Darlehen handeln, mit denen eine Restschuld der Personen beurkundet wurde, die als Vertreter einer Provinz des mittelassyrischen Reiches das ständige Opfer an den Assur-Tempel zu entrichten hatten. Derartige Restschuldbeträge könnten später in Listen bzw. Tabellen erfaßt worden sein. Nach dem Eponymen Adad-rı¯ba zu urteilen, ist die Urkunde auf etwa 1190 v. Chr. zu datieren. Sie wird im Vorderasiatischen Museum Berlin aufbewahrt und ist von H. Freydank als Mittelassyrische Rechtsurkunden und Verwaltungstexte III, WVDOG 92 (1993) Nr. 35 publiziert und in AoF 19 (1992) 287 bearbeitet worden. 2 Eselslasten 8 su¯tu Gerste im Maß des ständigen Opfers, anstelle von Früchten 13), (aus) der Provinz des Ilı¯-pada 14), die sie als ständiges Opfer für den Assur-Tempel zu geben haben, (7-11) aus der Verfügung des Aba-la¯-ı¯de, des Opferverwalters, schuldet Penda¯e, der Sohn des Zuzua, aus der Stadt Narbasi 15). (12-14) Innerhalb von 10 Tagen wird er (es) geben, und seine Tafel wird er zerbrechen. (15-16) Monat Allanatu, 29. Tag, Eponym (ist) Adad-rı¯ba. (1-6)
6. Verpflegungsprotokoll
Die Tafel ist von H. Freydank als Mittelassyrische Rechtsurkunden und Verwaltungstexte (I), Nr. 12 publiziert worden. Trotz des inhaltlichen Bezuges auf Libbi-a¯li, die »Innenstadt« von Assur, ist Assur als ihr Fundort nicht gesichert. Nach Formular und Inhalt ließe sie sich einer Gruppe von Urkunden anschließen, die in Ka¯r-Tukultı¯-Ninurta zu Tage kamen und die Versorgung des dort tätigen Personals in der Regierungszeit Tukultı¯-Ninurtas I. (1233-1197 v. Chr.) betreffen. Auch die zugehörige, bruchstückhaft erhaltene Tafelhülle, die als Mittelassyrische Rechtsurkunden und Verwaltungstexte IV, WVDOG 99 (2002) Nr. 172 von H. Freydank veröffentlicht wurde und ebenfalls im Vorderasiatischen Museum Berlin liegt, trägt keine Fundnummer. Der Text der Tafelhülle ist etwas ausführlicher, indem er angibt, daß Aššur-muše¯zib die Gerste auf Booten aus Ninive herangeführt habe (aaO Nr. 172:3’-5’) und daß für 13. 14. 15.
azamru »Früchte« gehört neben Getreide (Gerste) sowie Sesam und Honig zu den Produkten, die mehr oder weniger regelmäßig für das ständige Opfer (gina¯3u) an den Assur-Tempel geliefert wurden. Mit der »Provinz des Ilı¯-pada« kann in dieser Zeit das Gebiet am Habur bezeichnet worden sein, wo ein Ilı¯-pada wohl gegen Ende der Regierungszeit Tukultı¯-Ninurtas I. (1233-1197 v. Chr.) als Vizekönig und Statthalter eingesetzt war. Der Ort Narbasi ist anderweitig bisher nicht bezeugt.
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die 10 Tage pro Person 1 su¯tu (Gerste) auf Geheiß des Königs (aaO Nr. 172:14’f.) ausgegeben worden sei. Daraus geht hervor, daß die insgesamt 235 Mann der Garnison von Libbi-a¯li nach der Tafelhülle 23 Eselslasten16) 5 su¯tu im »kleinen su¯tu-Maß« erhalten haben. Die Innentafel gibt dagegen die Menge im »su¯tu-Maß des hibur˘ nu(-Hauses)« an, das sich zum kleinen su¯tu-Maß wie 5:4 verhält. (1-5) 18 Eselslasten 8 su ¯ tu Gerste im su¯tu-Maß des hiburnu(-Hauses), gehörig dem Palast, ˘ aus der Verfügung des Aššur-muše¯zib, des Vertrauten des Königs (und) Beauftragten, (6-14) sind zur Verpflegung von 142 Mann aus der Stadt Haralla 17), 51 (Mann) aus dem ˘ 16 Hauptleuten?20), welche Land Qumani 18), 26 (Mann) aus dem Land Musri 19) (und) ˙ die Garnison der Stadt Libbi-a¯li (besetzt) halten, für 10 Tage gegeben. (15-16) Aššurre¯ša-ı¯ši (ist) der Beauftragte. (17-18) Monat Kalmartu 21), 27. Tag, Eponym (ist) Abattu.
16. 17. 18. 19. 20. 21.
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Gleichbedeutend mit dem sonst auch benutzten Wort »Homer« (= ca. 80 Liter). Ein Ort Haralla ist bisher sonst unbekannt. Das Land˙ Qumani (RGTC 5 [1982] 223) liegt zwischen dem Großen Zab und dem Tigris und nördlich des Landes Musri. Zur Lage von Musri vgl. ˙RGTC 5 (1982) 198. Die Angehörigen ˙dieser Gruppe (»Herren des perru«) führten vermutlich das Kommando über die Mannschaften. Der 9. assyrische Monat.
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Neuassyrische Texte Karen Radner Bisher sind an die 3000 neuassyrische Rechtsurkunden bekannt geworden, entdeckt im Gebiet der modernen Staaten Iraq, Syrien, Türkei und Israel. Davon liegen etwa zwei Drittel in Bearbeitung vor. Typisch für die Urkunden dieser Epoche ist, daß für die Dokumentation von Rechtsgeschäften jeder Art zwei Grundformulare verwendet werden, die hochformatige Erwerbsurkunde und die querformatige, mit einer Hülle versehene Obligationsurkunde, die dann nach dem jeweiligen Inhalt adaptiert werden. Die wichtigste Ausnahme davon stellen die Prozeßurkunden dar, für die es weder im Format noch in der Formulierung verbindliche Vorlagen gibt. Grundsätzlich sind neuassyrische Urkunden stets gesiegelt, datiert und bezeugt. Die Siegelung erfolgt dabei durch denjenigen, der ein Recht überträgt oder eine Verpflichtung eingeht, z. B. den Verkäufer oder den Schuldner. Datiert wird, wie auch in alt- und mittelassyrischer Zeit, durch die Nennung eines Jahreseponymen. Die Namen der Zeugen werden stets mit dem Logogramm IGI eingeleitet, das in den neuassyrischen Urkunden nicht für die Präposition »vor«, sondern für das Substantiv »Zeuge« steht. Eine Einführung in die Textgattung bieten J. N. Postgate, Fifty Neo-Assyrian Legal Documents, Warminster 1976, und K. Radner, Die neuassyrischen Privatrechtsurkunden als Quelle für Mensch und Umwelt, SAAS 6, Helsinki 1997.
1. Eine Kaufurkunde über Grundbesitz aus Nimrud/Kalhu ˘
Der Text ND 708 wurde 1989 bei den irakischen Grabungen im Raum 57 des Nordwestpalastes von Nimrud, dem antiken Kalhu, als Teil eines ca. 180 Texte umfassen˘ den Archivs gefunden. Das Archiv stammt aus dem 8. Jh. v. Chr. und besteht aus den Urkunden verschiedener Beamter, die im Dienste der Königin stehen. Deshalb ist von besonderem Interesse, daß die Texte in jenem Raum geborgen wurden, in dessen Fußboden die Gruft mit den sterblichen Überresten der Königin Mullissu-mukannišatNinu¯a, der Gemahlin Assur-nasirpals II. (883-859 v. Chr.), und ihren kostbaren Grab˙ 1) K. Deller und A. Fadhil (in: BaghM 24 [1993] 262 beigaben eingetieft worden war. und 269 Nr. 18) publizierten die vorliegende Urkunde in Umschrift und als Foto. Der Schatzmeister der Königin mit dem theologisch bedeutsamen Namen Gabbuila¯ni-Aššur »Alle Götter sind Assur« erwirbt Felder und ein Haus. Wie bei neuassyrischen Erwerbsverträgen üblich, wird die Transaktion als Barkauf dokumentiert. Tatsächlich ist aber fraglich, ob die Übergabe von Kaufobjekt und Kaufsumme immer zeitgleich mit der Abfassung der Urkunde erfolgte; eine Reihe von Obligations- und Prozeßurkunden läßt sich mit der nicht oder zu spät erfolgten Aushändigung des Erwerbsgutes oder des Kaufpreises in Verbindung bringen. Bemerkenswert ist, daß in der neuassyrischen Zeit Besitzerwechsel nicht in jedem Fall dokumentiert werden 1.
Vgl. dazu M. S. B. Damerji, Gräber assyrischer Königinnen aus Nimrud, Mainz 1999, 8-11.
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muß, sondern ausschließlich bei Immobilien und Personen. Der vorliegende Text fällt durch die ausführlichen Strafsicherungsklauseln auf, die die zukünftige Auflehnung gegen den Vertrag – insbesondere der Verkäuferseite – sanktionieren und zwei Gottheiten von überregionaler Bedeutung, Ištar von Ninive und Adad von Kurbail, begünstigen. Keine körperliche Strafe, sondern ein Tabubruch durch den Verzehr von unreinen Substanzen, ist durch die Wolle und Gerbflüssigkeit nennende Klausel vorgesehen; sie steht konzeptuell und inhaltlich Flüchen nahe. Am Ende der Zeugenliste sind der Verwahrer der Tafel und der Schreiber genannt. Anstelle seines Siegels hat er seinen Fingernagel eingedrückt. (Siegelung durch den sechsfachen Abdruck des Fingernagels.) (2–3) Fingernagelabdruck des Muqquru aus der Stadt Azubiti2). (4) Grundbesitz von 8 Homer 3), Felder im besäten Zustand, (5) und ein bezugsfertiges Haus inklusive 3 Dachbalken hat (6) zum Preis von 118 Minen Kupfer (7–9) Gabbu-ila ¯ ni-Aššur, Schatzmeister des Haushalts der Königin, von Muqquru ordnungsgemäß erworben. (10) Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. (11–12) Die Felder und das Haus sind rechtmäßig genommen. Rückkehr (vor Gericht) und Klage (13) sind ausgeschlossen. Wer auch immer in Zukunft (14) sich auflehnt, (15–16) sei es Muqquru, seien es seine Söhne oder seine Brüder, (17–19) und Prozeß und Klage gegen Gabbu-ila¯ni-Aššur sucht, (20) der wird 1 Mine abgeschabter Wolle essen (21) und Gerbflüssigkeit, soviel in einen Kübel paßt, trinken; (22) er wird 1 Mine Silber und 1 Mine Gold (23) in den Schoß der Isˇtar von Ninive legen; (24–25) er wird einen Oblaten und eine Oblatin dem Adad von Kurbail überlassen. (26–36) (7 Zeugen aus verschiedenen Orten.) (37) [Pn], Verwahrer der Tafel. […]nu (ist) Schreiber. (38) [x.] Siman, Eponymat des Be¯l-da¯n4). (1)
2. Eine Kaufurkunde über ein Haus aus Assur
Aus dem Privatarchiv der Ölkelterer von Assur stammt die Urkunde VAT 9359 im Vorderasiatischen Museum Berlin; sie wurde bei den deutschen Ausgrabungen unter W. Andrae gefunden und von K. Deller, F. M. Fales und L. Jakob-Rost (in: SAAB 9 [1995] 33-37 Nr. 73) bearbeitet (Kopie: WVDOG 98 [2000] 72). Es handelt sich um die Beurkundung eines Hauskaufs. Typisch für Assur sind die ausführliche Beschreibung des Gebäudes, die die wichtigsten Götter der Stadt begünstigenden Strafsicherungsklauseln und insbesondere die Siegelung durch die Stadtverwaltung, die beim Verkauf von Grundbesitz innerhalb der Stadt Assur zwingend notwendig ist. 5) Der Verkäufer selbst siegelt mittels seines Fingernagelabdrucks auf der Seite der Urkunde und erhält dafür zusätzlich eine Gebühr. Zu beachten ist außerdem die Getreide2. 3. 4. 5.
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Ein Ort mit bislang unbekannter Lokalisierung. Auch die in der Zeugenliste erwähnten Ortsnamen sind nicht lokalisierbar. Homer (akkadisch eme¯ru „Esel[slast]“) bezeichnet als Hohlmaß eine Menge von ca. 80 Litern, als Flächenmaß dann aber auch die mit dieser Menge an Saatgut zu besäende Fläche. Modern entspricht dies etwa 1,8 Hektar. Vgl. RLA VII, 502a bzw. 487 f. Siman war der 3. assyrische Monat und fiel etwa auf Mai/Juni. Be¯l-da¯n fungierte in den Jahren 744 und 734 v. Chr. als Eponym. Dazu K. Radner/E. Klengel-Brandt, in: S. Parpola/R. M. Whiting (ed.), Assyria 1995, Helsinki 1997, 137-159.
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kursangabe, die darauf hinweist, daß das Haus offenbar während einer wirtschaftlichen Notsituation veräußert werden mußte. Die Urkunde ist aus der Sicht des Verkäufers (ex latere venditoris) formuliert. Dies ist etwa auch der Fall in Nr. 4, aber im neuassyrischen Urkundenmaterial insgesamt vergleichsweise selten zu belegen: der Erwerbsvermerk wird normalerweise aus dem Blickwinkel des Käufers (ex latere emptoris) abgefaßt. (1) Siegel des Aššur-iqbi, Stadtvorsteher von Libbi-a ¯ li 6). (Siegelung durch Rollsiegel.) (2) Ein bezugsfertiges Haus mit seinen Dachbalken und mit seinen Türen: (3) ein Hauptraum, ein Schlafzimmer, ein Hof, Privaträume, (4-5) ein Nebenraum, ein Badezimmer, ein Ruhezimmer und ein Seitentrakt sind darin; der Seitentrakt ist im Hof, (außerdem) ein Ausgang, (6) ein Tor, ein Brunnen und ein Magazin; angrenzend an das Haus des Eria¯nu, (7-8) angrenzend an das Haus des Taddin-Ištar, angrenzend an die Ruine des Hauses, angrenzend an die umgebende Gasse. (10) Dieses Haus gehört Aššur-šumu-iddina, dem Sohn des Nukiša. (10-14) Er hat es im Jahr, als der Wert einer Mine Kupfer 2 Seah Getreide entsprach, zum Preis von 1100 Minen Kupfer dem Sebetti-ahu-iddina, Sohn des Mu˘ (15) genommen und dabira¯ju, ordnungsgemäß verkauft. Dieses Haus ist ordnungsgemäß (16) rechtmäßig übernommen. Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. Rückkehr (vor Gericht), Prozeß und Klage sind ausgeschlossen. (17) Wer in Zukunft einmal (19-21) Prozeß und Klage gegen Sebetti-ahu-iddina oder seine Söhne sucht, (17-19) sei es Aššur-šumuiddina oder seien es seine˘Söhne, seine Enkel, seine Brüder, ihre Verwandten oder irgendjemand anderes, (21-22) und folgendermaßen (spricht): »Dies ist das Haus unseres Vaters«, wird der Göttin Mullissu 1 Mine Silber und 1 Mine Gold geben. (23) Er wird 2 weiße Pferde zu Füßen des Assur anbinden. (24) Er wird seinen Erbsohn dem Kultbezirk des Adad weihen. (25) Er wird den Kaufpreis zehnfach seinem Eigentümer rückerstatten. (26) Er wird in seinem Prozeß klagen, aber nicht gewinnen. (27-48) (Insgesamt 24 Zeugen.) (49) 24. Tašrı¯t, Eponymat des Šulmu-šarri 7). (50-52) (5 Zeugen.) (53-54) Fingernagelabdruck des Aššur-šumu-iddina, Eigentümer des Hauses. (Siegelung durch dreifachen Fingernagelabdruck.) (55-56) 4 Eselslasten 8) Getreide, 2 Seah Wein und 10 Minen Kupfer erhält er für seinen Fingernagelabdruck. (57) (Zwei weitere Zeugen.)
3. Eine Kaufurkunde über ein Haus aus Kujunc¸ik/Ninive
Der Text K 294 aus dem British Museum London wurde in Kopie als ADD 324 publiziert, die jüngste Bearbeitung legten T. Kwasman und S. Parpola (in: SAA 6 [1991] Nr. 142) vor. Interessant ist diese Urkunde, die den Verkauf eines Hauses mit Hof in Ninive betrifft, aufgrund der involvierten Parteien. Gleich drei Personen verkaufen das Haus; eine ist die Ehefrau eines ansonsten nicht in Erscheinung tretenden Mannes namens Be¯l-du¯rı¯. Die Nennung von Frauen als handelnde Partei hat in neuassyrischen Urkunden Seltenheitswert und stellt immer einen Sonderfall dar. Hier liegt die 6. 7. 8.
Libbi-a¯li, deutsch »Innere Stadt«, ist ein Beiname der Stadt Assur. Šulmu-šarri war der Eponym des Jahres 698 v. Chr., Tašrı¯t, der 7. assyrische Monat, entspricht September/Oktober. Je 80 Liter = 1 Homer. Vgl. schon Anm. 4.
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Vermutung nahe, daß die Frau verwitwet ist; die beiden Männer, die zusammen mit ihr das Haus verkaufen, könnten die Brüder ihres verstorbenen Mannes sein. Be¯l-du¯rı¯s Beruf ist genannt, er ist Mitglied der Wagentruppe, was ihn mit einigen der Zeugen verbindet. Der Käufer des Hauses ist ein ägyptischer Schreiber, der dennoch den assyrischen Namen Silli-Aššur »Schatten des Assur« trägt; zwei Zeugen na˙ dagegen gerade wegen ihres Namens (»Horus ist mens Hur-wasi (Z. 26, 29) sind ˘ heil«) als Ägypter zu identifizieren. Ein wichtiger Beleg für die Stellung der Ägypter am Hof Sanheribs ist die Nennung eines »Šusanqu, Schwager des Königs« als erster Zeuge (Z. 25). Zu beachten ist außerdem, daß der Text entgegen der Aussage der Siegelungsbeischrift mit einem Stempelsiegel, und nicht mit den Fingernagelabdrücken der Verkäufer, gesiegelt ist. Der Kaufpreis wird in Silber nach der Königsmine bezahlt. Die Königsmine ist neben der Mine von Karkemiš und der selteneren Kaufmannsmine in der neuassyrischen Zeit als Silbermaß gebräuchlich. Fingernagelabdruck des Šarru-lu¯-dari, Fingernagelabdruck des Ata¯r-su¯ru, Fingernagelabdruck der Amat-Su’la, Frau des Be¯l-du¯rı¯, eines schildtragenden »Dritten Mannes« der Wagenbesatzung, Eigentümer des zu verkaufenden Hauses. (Vierfacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (6-8) Ein bezugsfertiges Haus mit seinen Dachbalken, mit seinen Türen und einem Hof in Ninive, angrenzend an das Haus des Mannu-kı¯-ahhe¯ , (9-10) an˘ ˘ Silli-Aššur, grenzend an das Haus des Ilu-isseja und angrenzend an die Gasse, (11-12) hat ˙ der ägyptische Schreiber, (10) zum Preis von 1 Mine Silber nach der Königsmine (14-16) von Šarru-lu ¯ -dari, Ata¯r-su¯ru und Amat-Su’la, der Frau des Be¯l-du¯rı¯, (10) ordnungsgemäß (17-18) erworben. Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. Dieses Haus ist rechtmäßig genommen. (19-20) Rückkehr (vor Gericht), Prozeß und Klage sind ausgeschlossen. (20-23) Wer auch immer in Zukunft einmal gegen Silli-Aššur Prozeß und Klage sucht, seien es diese Personen (oder jemand anderes), (24)˙der wird 10 Minen Silber geben. (25-30) (6 Zeugen, darunter die erwähnten Ägypter.) (31-33) 16. Siman, Eponymat des Zaza¯ja, Statthalter von Arpad 9). (Weitere drei Zeugen.) (1-5)
4. Eine Kaufurkunde über fünf Sklaven aus Nimrud/Kalhu ˘
Wie Nr. 1 wurde der Text ND 711 bei irakischen Grabungen im Jahr 1989 als Teil eines Archivs im Raum 57 des Nordwestpalastes von Kalhu gefunden. Er wurde von ˘ K. Deller und A. Fadhil (in: BaghM 24 [1993] 263 und 269 Nr. 19) in Umschrift und als Foto publiziert. Es handelt sich um die Beurkundung eines Sklavenkaufs, wobei der Rechtsakt aus der Sicht des Verkäufers formuliert ist. Beachtenswert sind die Gewährleistungsklauseln, die den Käufer gegen verborgene Mängel der erworbenen Sklaven absichern. Fingernagelabdruck des Aššur-šarru-usur, Sohn des Birkia. (Vierfacher Abdruck des Fin˙ ti-ana-Aššur, Tanattala und [PN], insgesamt gernagels.) (2-6) Marša¯ja, Gaddiu, Mı¯nu-ah ˘ ˙ Birkia, (7-10) hat er˙˙zum Preis von 109 Minen 5 Personen des Aššur-šarru-usur, Sohn des ˙ Kupfer dem Nabû-tukla¯tu¯’a, dem Schreiber des Palastes, ordnungsgemäß gegeben. (1)
9.
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692 v. Chr.
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Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. Die Leute sind rechtmäßig genommen. (Gewährleistung gegen) Besessenheit und Epilepsie für 100 Tage (und gegen) widerrechtlichen Verkauf für alle Zeiten. (14-27) (11 Zeugen, darunter der Schreiber (und?) Verwahrer der Tafel.) (28) 27. Šabat, Eponymat des Adad-mušammer 10). ˙ (10-11)
(12-13)
5. Ein als Kaufurkunde formulierter Ehevertrag aus Nimrud/Kalhu ˘
Die Urkunde ND 7011 wurde bei den britischen Grabungen unter der Leitung Max Mallowans im sogenannten Fort Shalmaneser (in den assyrischen Texten ekal mašarti, etwa »Zeughaus«, genannt) von Kalhu ausgegraben und befindet sich heute unter ˘ der Inventarnummer IM 74487 im Iraq–Museum Baghdad. Die Bearbeitung legten S. M. Dalley und J. N. Postgate (in: CTN 3 [1984] Nr. 47) vor. Obwohl die Datierung des Textes verloren ist, kann er der zweiten Hälfte des 7. Jh. v. Chr. zugewiesen werden, da er zusammen mit einer in das postkanonische Eponymat 11) des Aššurre¯manni datierten Urkunde desselben Käufers gefunden wurde (CTN 3 [1984] Nr. 48). Ubru-Alla¯ja erwirbt von zwei Brüdern deren Schwester, die noch ein Kind ist, als Ehefrau für seinen Sohn. Interessant sind die Strafsicherungsklauseln, die einerseits die Königseide anrufen, andererseits eine Reihe von Göttern als potentielle Prozeßgegner des Vertragsbrechers nennen, unter denen der sonst selten in dieser Funktion genannte Salma¯nu, ein in Tell Šeh Hamad/Du¯r-Katlimmu beheimateter ˘ ˙ Gott, hervorsticht. [Siegel des (PN), Siegel des (PN), Eigentümer der zu gebenden Frau.] (Zweifacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (4-5) Ahat-abı¯ša, ihre Schwester (mit einer Größe) von 4 Halbellen, hat er 12) (6-9) für Nabu¯’a,˘ den Sohn des Ubru-Alla¯ja, in die Stellung seiner Ehefrau zum Preis von 10 Scheqel Silber nach der Königsmine übernommen. (10-12) Er hat sie seinem Sohn gegeben. Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. (12-15) Wer auch immer in Zukunft einmal sich auflehnt, seien es diese Männer, (15-17) seien es ihre Söhne, ihre Brüder, ihre Vorgesetzten oder irgendjemand anderes, (18-20) der auftritt und gegen Ubru-Alla¯ja Prozeß und Klage führt, (21) der wird 2 Minen Silber geben. (22-23) Die dem König geleisteten Eide mögen ihn heimsuchen. (23-24) Aššur, Šamaš, [Göttername] und Salma¯nu mögen seine Prozeßgegner sein. (Es folgt eine fragmentarische Zeugenliste.) (1-3)
6. Ein Ehevertrag zwischen gleichberechtigten Parteien aus Nimrud/Kalhu ˘
Die Urkunde ND 2307 wurde 1952 bei den britischen Ausgrabungen unter Max Mallowan in Nimrud als Teil eines Archivs auf der Terrasse zwischen dem Nordwestpalast und der Zikkurat gefunden und befindet sich heute als IM 63414 im Iraq–Museum 10. 11. 12.
27. 11. (entsprechend Januar/Februar) 788 v. Chr. Der assyrische Eponymenkanon endet mit dem Jahr 649 v. Chr. Die jüngeren (nachkanonischen) Eponymate sind zumeist noch nicht sicher datierbar. Ubru-Alla¯ja.
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Baghdad. Die Kopie und eine erste Bearbeitung wurden von B. Parker (in: Iraq 16 [1954] 37-39 und Tf. VI) publiziert. Als Umschrift mit Kommentar fand der Text außerdem Aufnahme in: J. N. Postgate, Fifty Neo-Assyrian Legal Documents, Warminster 1976, 103-107, Nr. 14. Eine Diskussion des Textes findet sich in: K. Radner, SAAS 6 (1997) 159-160 und 163-165. Die Urkunde listet einerseits die reiche Mitgift der Braut auf, die als Tochter einer šakintu-Beamtin (am besten als weibliches Äquivalent des Palastvorstehers im Haushalt der Königin zu interpretieren) den höchsten gesellschaftlichen Kreisen Assyriens angehört. Außerdem werden die Fälle geregelt, daß die Braut unfruchtbar ist oder die Ehe geschieden wird. Die Vorkehrungen im Falle der Kinderlosigkeit finden enge Parallelen im Alten Testament (Gen. 16 und 30), s. dazu A. K. Grayson/J. Van Seters, OrNS 44 (1975) 485 f. Amat-Astarti, die šakintu-Beamtin des Neuen Palastes von Kalhu, (3-5) hat Subetu, ihre Tochter, dem Milki-ramu, dem Sohn des Abdi-Azuzi, gegeben. ˘(5-6) Die folgenden Gegenstände sind die Mitgift, die sie ihr gegeben hat: (Siegelung durch dreifachen Abdruck eines Stempelsiegels und Abrollung eines Rollsiegels.) (7) Ein »Steingesicht« aus Gold (von) 1,3 Scheqel (Gewicht), (8) ein sabubu-Gegenstand aus Gold (von) ½ Scheqel, (9) die folgenden Juwelen aus Silber (von) insgesamt ½ Mine Silber: (10) 4 silberne Armringe, 2 silberne Armreifen, (11) ein silbernes Armband, 2 silberne Halsbänder, (12) 20 silberne Ohrringe, 16 silberne Fingerringe, (13) (außerdem) geschmolzenes Silber (von) insgesamt 2 Minen und 4 Scheqel, (14) 2 Kleider aus Purpurwolle in Exportqualität, (15) 2 Tuniken aus Purpurwolle in Exportqualität, (16) 2 Tuniken aus Leinen, 2 Röcke, (17) 2 Hemden und 2 Kleider, (alle) weiß 13), (18) 2 Tuniken und 2 (weitere) Tuniken aus Leinen, (19) 2 Röcke und 2 Hemden: (20) dies summiert sich zu einem Wert von insgesamt 9,5 Minen und 4 Scheqel Silber. (21) Nicht inkludiert in diesem Silber sind (22) ein bronzenes Bett, ein kupferner Sessel, (23) ein Stoffballen mit Bettlaken, (24) 2 Decken, ein Überwurf, (25) ein Mantel, 2 Roben, (26) eine Toga aus Leinen, 10 Turbane 14), (27) ein Paar zusammenpassender Kleider, (28) 2 Tuniken, 1 Tunika aus Leinen, (29) 2 Röcke, 2 Hemden, (30) ein kupferner Tisch, 2 kupferne Stühle, (31) ein kupferner […], ein kupferner Spiegel, (32) ein kupferner Schöpfeimer, ein kupferner Kochtopf, (33) eine kupferne Röhre, eine eherne Glutschaufel, (34) ein eherner Serviertisch und die folgenden Kleinigkeiten: (35) 2 hölzerne Eßschalen, 2 hölzerne Trinkbecher 15), (36) 2 hölzerne Tabletts 16), 2 Eßlöffel (37) aus haltu-Stein, ein steinerner burallu-Gegenstand, (38) 2 Fässer für Aromata, (39) 2 hölzerne˘ Salzgefäße, (40) ein steinerner Kohlbehälter. (41-42) Wenn Subetu nicht schwanger wird und nicht gebiert, wird sie eine Sklavin nehmen. (43) Sie wird (sie) an ihrer Stelle an ihren Platz setzen. (44) Sie wird Söhne gebären, und die Söhne werden ihre Söhne sein. (45) Wenn sie sie liebt, wird sie (die Sklavin) schützen. (46) Wenn sie (die Sklavin) haßt, wird sie sie verkaufen. (47-48) Wenn Subetu den Milkiramu haßt, wird sie (die Mitgift) zurücklassen (und weggehen). (49-50) Wenn Milki-ramu (1-2)
13. 14. 15. 16.
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BABBAR-tu.MEŠ für pasûtu. ˙ TÚG.U.SAG = kubsu. TÚG.Ú!.SAG, Variante zu GIŠ. ša´-kar, verwendet als Pseudologogramm für eine Nominalform von šaka¯ru »betrunken werden«. GIŠ. šu-un.MEŠ, zu šunannu.
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seine Frau haßt, wird er ihr (die Mitgift) doppelt geben (und sie wird weggehen). (51-57) (8 Zeugen.) (58) 8. Addar, Eponymat des Daddı¯, des Schatzmeisters 17).
7. Ein Adoptionsvertrag betreffs eines Knaben aus Assur
Der Text Assur 12 wurde als Teil eines 52 Texte umfassenden Archivs in einem Privathaus in der Neustadt von Assur gefunden und von A. Y. Ahmad (in: Al-Ra¯fida¯n 17 [1996] 266-268 und 286: Nr. 30) publiziert. Die Urkunde befindet sich heute im Iraq– Museum Baghdad, die Inventarnummer ist unbekannt. In diesem Adoptionsvertrag betreffs eines Knaben tritt das Motiv für die Adoption, die Sicherung der Erbfolge in einer kinderlos gebliebenen Ehe, besonders klar zutage, s. dazu K. Radner, SAAS 6 (1997) 138-140. Siegel des [PN]. (Siegelung; Details unbekannt.) (2-3) Aššur-ma¯tu-taqqin und Mannu-kı¯-[…] haben keine Söhne. La-[…]-Aššur (4) hat er 18) als seinen Sohn eingesetzt. (5-7) Selbst wenn Aššur-ma ¯ tu-taqqin und Mannu-kı¯-[…] 7 Söhne bekommen sollten, ist La-[…]-Aššur sein Erbsohn. (7-9) Wer in Zukunft einmal vertragsbrüchig wird und diese Worte ändert, (9-10) dessen Prozeßgegner mögen Aššur, Šamaš, Be¯l und Nabû sein. (11-12) Die dem König geleisteten Eide mögen ihn heimsuchen. (Unklare Passage.) (13-14) 1 Mine Silber und 1 Mine Gold wird er in den Schoß der Göttin Mullissu geben. (15-16) Er wird 2 weiße Pferde zu Füßen des Assur anbinden. (17-18) Er wird seinen Erbsohn dem Kultbezirk des Adad weihen. (19) Er wird in seinem Prozeß klagen, aber nicht gewinnen. (20-36) (Zeugennamen, z. T. schlecht erhalten.) (37-38) 16. Ajjar, Eponymat des Aššur-gimillı¯-terre 19). (1)
8. Eine Urkunde über die Weihung eines Knaben für den Tempel des Ninurta von Nimrud/Kalhu ˘
Die Urkunde K 382 wurde zwar in Kujunc¸ik gefunden, stammt aber mit Sicherheit ursprünglich aus Kalhu. Sie wurde als ADD 640 in Kopie publiziert und zuletzt von ˘ L. Kataja und R. M. Whiting (in: SAA 12 [1995] 116 f., Nr. 92) bearbeitet. Vier Männer weihen dem Tempel des Ninurta von Kalhu den Sohn ihrer Schwester bzw. Tante, ˘ einer Prostituierten. Derartige Personenweihungen deuten als einziges Motiv die Pietät der Weihenden an. Es ist aber anzunehmen, daß Personen gerade dann einem Tempel übergeben wurden, wenn die Familie nicht weiter für ihren Unterhalt aufkommen konnte oder wollte. Möglicherweise ist die Tatsache, daß es sich um das Kind einer Prostituierten handelt, im vorliegenden Fall ausschlaggebend für die Weggabe. Auffällig ist, daß im vorliegenden Text alle Zeugen verschiedenen Tempeln von Kalhu angehören. ˘ 17. 18. 19.
Das Eponymat des Daddı¯ ist postkanonisch, also nach 648 v. Chr.; Addar war der 12. Monat (= Februar/März). Aššur-ma¯tu-taqqin. Nach 648 v. Chr.
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Karen Radner
Siegel des Be¯l-na¯’id, Siegel des Nabû-na¯’id, seines Bruders, Siegel des Urdu-Ištar, Sohn des Be¯l-na¯’id, Siegel des Šumma-usse¯zib, Sohn des Kanu¯na¯ju, (5-7) insgesamt 4 Männer, Eigentümer des dem Ninurta von Kalhu zu weihenden Mannes. (Abrollung ˘ der Naramtu, der Schwester des eines Rollsiegels.) (7-9) Den Du¯r-makî-Ištar, den Sohn Be¯l-na¯’id und des Nabû-na¯’id, die ihn während ihrer Tätigkeit als Prostituierte geboren hat, (10-11) haben sie großgezogen und dem Ninurta, ihrem Herrn, zum Geschenk gemacht. (12) Für die Leistung des Frondienstes und der Bauverpflichtung wird er als dem Tempel des Ninurta angehörig betrachtet. (13-14) Wer auch immer nachfolgt: Beseitige nicht den Wortlaut dieser Urkunde, und (15) Ninurta wird dein Gebet erhören. (16-17) Von demjenigen aber, der (ihn) beseitigt, möge sich Ninurta, den er in seinem Gebet anruft, abwenden und ihn bestrafen. (18-36) (Insgesamt 17 Zeugen, darunter der Schreiber und Verwahrer der Urkunde.) (37-38) 18. Ulu¯l 20), Eponymat des Aššur-gimillı¯-terre, des obersten Schatzmeisters. (1-4)
9. Eine auf zwei Tafeln ausgestellte Erbteilungsurkunde aus Assur
Die Texte VAT 14436 und VAT 20363 im Vorderasiatischen Museum Berlin stellen die beiden Tafeln einer Erbteilungsurkunde aus dem Archiv der Teppichknüpfer 21) von Assur dar. VAT 14436 wurde von F. M. Fales und L. Jakob-Rost (in: SAAB 5 [1991] 109-111, Nr. 52) bearbeitet und (in: WVDOG 94 [1996] 52) als Kopie vorgelegt. Die leider schlecht erhaltene Tafel VAT 20363 wurde von K. Deller (in: SAAB 5 [1991] 136 f. [Appendix 2]) in Umschrift bekannt gegeben. Letztere Urkunde hält die Erbteile der drei älteren Söhne des Mudammiq-Aššur fest: unter ihnen wird das Stammhaus der Familie aufgeteilt. Interessant ist dabei, daß die Söhne zum Teil bereits die Verfügungsgewalt über ihre Anteile haben. VAT 14436 dokumentiert dagegen die Erbanteile der drei jüngeren Söhne, die jeweils ein Drittel eines neuen Hauses erhalten. Zusätzlich bekommen alle Brüder Sklaven. Beide Tafeln sind am selben Tage abgefaßt, mit demselben Siegel gesiegelt und von denselben Zeugen bezeugt.
Erste Tafel (VAT 20363) Siegel von 6 Brüdern, Söhnen des Mudammiq-Aššur, des Teppichknüpfers, Eigentümer des zu teilenden Erbteils. (Dreifacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (4) [Das väterliche Haus mit seinen Mauern: (5) Ein Drittel des väterlichen Hauses], (6) (bereits) in der Verfügung des Šar-ilı¯, (7) der [PN], seine Frau Ištar-dannat, (8) ein Sohn [PN], der Aššurnu¯rı¯, (9) die […]-ummı¯, die Nana¯ja-[…] und (10) die […]kini, insgesamt 7 Personen, und (11) [das (genannte) Drittel] des väterlichen Hauses mit seinen Mauern sind (12) das Erbteil des Šar-ilı¯; (13) [ein Drittel] des väterlichen Hauses mit seinen Mauern, (14) (bereits) in der Verfügung des Kisir-Ištar, und (15) der […]-Šamaš, (16) der [PN], die Atar-[…], ˙ (17) die [PNF] und die Ištar-[…], (18) insgesamt 5 Personen, sind das Erbteil (19) des Kis ir˙ Ištar; (20) [ein Drittel des väterlichen Hauses mit seinen Mauern und] (21-22) [4 PN], (1-3)
20.
Ulu¯l war der 6. Monat und entspricht unserem August/September. Zur Datierung des Eponymats vgl. Anm. 19. 21. hundura¯ju, abgeleitet vom Toponym Hundur im iranischen Hochland. ˘ ˘
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insgesamt 4 Personen, sind das Erbteil des Šamaš-erı¯ba, (24) (außerdem) die Abı¯rı¯ša, Tochter des [PN], (25) (bereits) in der Verfügung des Šamaš-erı¯ba, und (26-27) [das (genannte) Drittel] des väterlichen Hauses mit seinen Mauern sind das Erbteil des Šamaš-erı¯ba. (28-39) (12 Zeugen.) (40-41) 27. Ulu¯l, Eponymat des Be¯l-ahu-usur, Palastvor˘ ˙ der Tasteher 22). (42) (Weiterer) Zeuge ist Mudammiq-Aššur, Schreiber und Verwahrer (43) Bis hin zu den Töpfen und Pfannen des Hauses ihres Vaters haben sie es auffel. geteilt. (44) Wer auch immer vertragsbrüchig wird, (45) den mögen die dem König geleisteten Eide heimsuchen. (23)
Zweite Tafel (VAT 14436) Siegel von 6 Brüdern, Söhnen des Mudammiq-Aššur, des Teppichknüpfers, Eigentümer des zu teilenden Erbteils. (Dreifacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (4) Das neue Haus mit seinen Mauern: (5-6) der Aššur-upahhira, die Tašme¯tu-ummı¯ und die Urkittu˘ des neuen Hauses sind das Erbteil be¯lu-usrı¯, insgesamt 3 Personen, und (7-8) ein ˘Drittel ˙ (9-10) des Nabû-erı¯ba, des zweiten Sohnes; der Mannu-kı¯-Aššur, die Urkittu-ummı¯ und die Ištar-be¯lu-usrı¯, insgesamt 3 Personen, und (11-12) ein Drittel des neuen Hauses sind das Erbteil des ˙Aššur-ballissunu; (13) der Aššur-du¯rı¯ und die Ištar-kilı¯lı¯-usrı¯, (14) mit ihr ein ˙ des neuen Ring und eine Schüssel, (15) insgesamt 2 Personen, und (16-17) ein Drittel Hauses sind das Erbteil des Aššur-abı¯. (18-19) Bis hin zu den Töpfen und Pfannen des Hauses ihres Vaters haben sie es aufgeteilt. (20) Sie sind miteinander quitt. (21) Wer auch immer vertragsbrüchig wird, (22) dessen Prozeßgegner mögen Aššur und Šamaš sein. (23-35) (Insgesamt 10 Zeugen.) (36-37) 27. Ulu ¯ l, Eponymat des Be¯l-ahu-usur, Palastvorsteher. (38) Zeuge ist Mudammiq-Aššur, Schreiber und Verwahrer der ˘Tafel.˙ (1-3)
10. Ein Silberdarlehen mit Bürgschaft aus Assur
Der Text VAT 8643 aus dem Vorderasiatischen Museum Berlin ist Teil des Privatarchivs der Tempelgoldschmiede von Assur und wurde von K. Radner (in: StAT 1, Saarbrücken 1999, 45-48 Nr. 1) bearbeitet (Kopie: WVDOG 98 [2000] 1). Drei der 7 Schuldner sichern die Schuldsumme durch eine (Selbst-)Bürgschaft. Das Darlehen ist für die Laufzeit von einem Monat zinsfrei. Erfolgt die Rückzahlung nicht fristgerecht, wächst die Schuldsumme jedoch um einen Scheqel pro Monat an. Die Hülle ist nur fragmentarisch erhalten. 17 Scheqel Silber des Mutakkil-Aššur (3-7) zu Lasten von Qurdi-Ištar, Qibit-Aššur, Banı¯tu-la¯mur, Qurdi-Aššur, Urdu-Aja, Ahu-erı¯ba und Pa¯n-Ištar-la¯mur. (8) Sie haben (es) als Darlehen genommen. (9-10) 21. Ab, ˘Eponymat des Arbaila¯ju 23). (11-12) Sie werden (das Silber) innerhalb eines vollen Monats in seiner Kapitalsumme geben. Wenn sie nicht geben, (13) wird es um 1 Scheqel pro Monat anwachsen. (14-15) Banı¯tu-la¯mur, Qur(1-2)
22. 23.
Auch dieses Eponymat ist nachkanonisch (nach 648 v. Chr.); zum Monat vgl. Anm. 19. Das Eponymat des Arbaila¯ju datiert auf 661 v. Chr.; Ab war der 5. assyrische Monat (entsprechend etwa Juli/August).
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di-Ištar und Pa¯n-Ištar-la¯mur sind Bürgen drei Zeugen.)
(16-18)
für das Silber. (Es folgen die Namen von
11. Eine Schuldurkunde über Silber mit Pfandbestellung aus Assur
Wie Nr. 10 ist der Text VAT 8653 aus dem Vorderasiatischen Museum Berlin Teil des Privatarchivs der Tempelgoldschmiede von Assur und wurde von K. Radner (in: StAT 1 [1999] 72-75, Nr. 11) bearbeitet (Kopie: WVDOG 98 [2000] 11). Es handelt sich um die Innentafel einer ursprünglich aus Innentafel und gesiegelter Hülle bestehenden Urkunde; die Hülle ist verloren. Zur Sicherung und Verzinsung einer Silberschuld (Antichrese) ist eine Sklavin als Pfand eingesetzt, für deren möglichen Tod oder eventuelle Flucht der Schuldner Bala¯ssu geradestehen muß. Im Falle ihrer Flucht ist vorgesehen, daß er mit seinem Haus haften muß. Zwei der Zeugen haben ägyptische Namen (Putu-širi »Den Ptah gegeben hat« und Hur-wasi »Horus ist heil«), ein weiterer trägt˙ einen hebräischen Namen (Bana’-Iau˘ »Jahwe hat erschaffen«). 30 Scheqel Silber des Qurdi-Ištar (2) zu Lasten des Bala¯ssu, Sohn des Mukı¯n-Aja. Seine Sklavin Banı¯tu-du¯rı¯ ist als Pfand eingesetzt. (5) Am Tage, an dem er das Silber gibt, (6) wird er seine Sklavin auslösen. Wenn sie stirbt oder flieht, (7) ist das die Sache ihres Eigentümers. Wenn die Sklavin (8-9) entflieht, wird Bala¯ssu mit (seinem) Haus haften. (10-17) (10 Zeugen.) (18-19) 1. Šabat, Eponymat des Marduk-šarru-usur 24). ˙ ˙ (1)
(3-4)
12. Eine Schuldurkunde über Wein mit Pfandbestellung aus Assur
Die Urkunde VAT 8893 im Vorderasiatischen Museum Berlin stammt aus Assur und wurde von K. Deller, F. M. Fales und L. Jakob-Rost (in: SAAB 9 [1995] 121 f. Nr. 131) bearbeitet (Kopie: WVDOG 98 [2000] 130). Die gesiegelte Hülle, die diese Innentafel ursprünglich umgeben hat, ist verloren. Eine Schuld über Opferwein für den Assurtempel muß innerhalb von 4 Tagen getilgt werden, ansonsten fällt der als Pfand eingesetzte Esel an den Gläubiger. 1 Eselslast und 1 Seah Wein des Sa¯kip-Aššur (3-5) zu Lasten des Šulmu-ahhe¯, Sohn ˘ ˘ Wein] des Nabu¯’a, aus der Stadt Bura¯te. (6) Innerhalb von 4 Tagen (7) wird er 25) [den (8-9) (10-11) […] vor dem Gott darmessen. Ein Eselhengst ist als Pfand eingeliefern und setzt. Wenn er (11-12) den Wein nicht innerhalb von 4 Tagen bringt, (13) wird der Eselhengst rechtmäßig übernommen. (14-18) (Es folgen die Namen von 5 Zeugen.) (19-20) 7. Du’uz, Eponymat des Sin-šarru-usur 26). ˙ (1-2)
24. 25. 26.
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Nach 648 v. Chr. Šulmu-ahhe¯. ˘ 4. assyrische Monat, fällt etwa auf Juni/Juli. Das Eponymat ist erneut postDu’uzu, ˘der kanonisch.
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Neuassyrische Texte
13. Ein Darlehen über Silber, Schafe und eine Kuh aus Kujunc¸ik/Ninive
Die Urkunde K 404 aus dem British Museum London wurde als ADD 115 in Kopie publiziert, die letzte Bearbeitung stammt von T. Kwasman und S. Parpola (in: SAA 6 [1991] Nr. 323). Es handelt sich um die Innentafel einer Hüllentafel, deren gesiegelte Hülle nicht mehr vorhanden ist. Vier Männer nehmen ein Darlehen über Silber, Widder und eine Kuh auf. Das Silber wird zu 33,3 Prozent verzinst; eine Rückzahlungsfrist ist nicht genannt. Es ist in der Mine von Karkemiš angegeben (s. auch Nr. 3). Die Tiere müssen dagegen »unverzinst« innerhalb von zwei Monaten zurückgegeben werden, widrigenfalls ist offenbar der Nachwuchs der Schafe dem Gläubiger zu überlassen. Der Gläubiger Re¯manni-Adad ist, wie aus anderen Texten bekannt ist, der Wagenlenker des Königs Assurbanipal; er diente ihm in dieser Funktion auch schon während seiner Kronprinzenzeit. 10 Minen Silber nach der Mine von Karkemiš, (2) 75 Widder und eine junge Kuh des Wagenlenkers Re¯manni-Adad (4) zu Lasten des Arbaila¯ju, des Stellvertreters (des Statthalters) von Barhalza, (5) zu Lasten des Schreibers Nabû-rı¯ba-ahhe¯ , (6) zu La˘ ˘ Lasten des ˘ sten des Mašqaru, des »Dritten Mannes« der Wagenbesatzung, (7) und zu Il-dalâ, ebenfalls »Dritter Mann« der Wagenbesatzung. (8) Sie haben es als Darlehen genommen. (9) (Das Silber) wird um ein Drittel anwachsen. (10) Sie werden die Schafe und die junge Kuh im Addar geben. (11) Wenn sie sie nicht geben, werden die Schafe Junge gebären. (12) 25. Tebet, Eponymat des Šarru-lu¯-dari 27). (13-23) (Insgesamt 13 Zeu˙ gennamen.) (1)
(3)
14. Ein Silberdarlehen zur Finanzierung eines Handelsunternehmens aus Assur
Der Text VAT 20362, eine ungeöffnete Hüllentafel aus dem Vorderasiatischen Museum Berlin, stammt aus den deutschen Grabungen unter W. Andrae in Assur, wurde von F. M. Fales und L. Jakob-Rost (in: SAAB 5 [1991] 129-131 Nr. 64) bearbeitet und (in: WVDOG 94 [1996] 64) als Kopie vorgelegt. Er ist ein Beispiel für eine Schuldurkundenform, wie sie bisher nur in Assur zu belegen ist (s. K. Radner in: J. G. Dercksen [ed.], Money and Finance in the Ancient Near East, Leiden 1999, 109-119): Eine oder mehrere Personen nehmen einen Kredit für ein Handelsunternehmen (harra¯nu) ˘ auf. Dabei kann, anders als im vorliegenden Fall, der Gläubiger auch gleichzeitig einer der Schuldner sein. Dies dient der Minimierung des Risikos für die ertragreichen, aber unsicheren Handelsfahrten, die offenbar meistens den Import von Wein aus dem Norden Assyriens zum Ziel hatten. So ist auch in der vorliegenden Urkunde neben der Verzinsung des Darlehens eine Zusatzleistung in Gestalt eines Kruges Wein vorgesehen. Siegel der 3 Teilhaber an einem Handelsunternehmen. (2) 6 Minen Silber und eine halbe, (3) (Opfer) der Ištar von Arbail, (4) des Êdu-le¯šir (Zweifacher Abdruck eines Stem(1)
27.
Tebet war der 10. assyrische Monat (gleich Dezember/Januar), Šarru-lu¯-dari der Eponym des ˙ Jahres 664 v. Chr.
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pelsiegels) (5) zu Lasten des Aššur-bala¯ssu-iqbi, (6) Sohn des Aššur-šulmu-la¯mur, (7) zu Lasten des Aššur-erı¯ba, (8) Sohn des Kakkulla¯nu, und (9) zu Lasten des Aššur-abu-le¯šir, (10) insgesamt 3 Anteilhalter an einem Handelsunternehmen. (10-11) Sie haben (es) zum Handel genommen. Es wird um ein Sechstel anwachsen. (12-13) 28. Tašrı¯t, Eponymat des Be¯l-ahu-usur 28). (14-17) (4 Zeugen.) (18) Darüber hinaus werden sie 29) einen Krug Wein ˘ (19-20) ˙ Derjenige, der anwesend ist, wird (das Silber) geben. (Siegelung durch geben. sechsfachen Fingernagelabdruck.)
15. Eine Schuldurkunde über Vogelfutter zur Erfüllung einer Steuerverpflichtung aus Nimrud/Kalhu ˘
Wie Nr. 5 wurde der Text ND 7006 bei den britischen Ausgrabungen im sogenannten Fort Shalmaneser in Kalhu gefunden und wird unter der Inventarnummer IM ˘ 74482 im Iraq-Museum Baghdad aufbewahrt. Die Bearbeitung legten S. M. Dalley und J. N. Postgate (in: CTN 3 [1984] 60 Nr. 10) vor. Die beurkundete Schuld betrifft kein Privatgeschäft, sondern eine Zahlung der Provinzverwaltung an eine staatliche Institution. Der stellvertretende Statthalter der Provinz Kalhu ist das dem Zeughaus ˘ von Kalhu als Steuerverpflichtung zu leistende Vogelfutter schuldig geblieben und ˘ erhält, wie sich aus dem Zusammenhang zwischen Datierung und Fristbestellung ergibt, 15 Tage Zahlungsaufschub. Im Verzugsfall muß Getreide übergeben werden, allerdings ein Vielfaches des Wertes des Futters. Im folgenden wird nur der Text der Hülle geboten; die Innentafel gibt denselben Inhalt leicht verkürzt wieder. Siegel des Qurdi-Asalluhi, Stellvertreter (des Statthalters) von Kalhu. (3-4) 2 Minen ˘ (5) des Silber für das Futter der ˘Vögel, Leistungsverpflichtung für das Zeughaus, (6-7) Emu¯q-Aššur, Palastvorsteher des Zeughauses, (3 Stempelsiegelabdrücke) zu Lasten des Qurdi-Asalluhi, Stellvertreter (des Statthalters) von Kalhu. (8-9) Am 1. Kislim 30) wird ˘ ˘ er (das Futter) geben. Wenn er nicht gibt, (10-12) wird er 60 Eselslasten Gerste im Zeug(13-14) 15. Arahšamna, Eponymat des Be¯l-šaddu¯’a 31). haus dem Emu¯q-Aššur geben. ˘ (15-22) (8 Zeugen, ein Name radiert.) (1-2)
16. Eine Verpflichtung zur Lieferung von Getreide aus Nimrud/Kalhu ˘
Wie Nr. 6 stammt die Urkunde ND 2335 aus einem Archiv, das bei den britischen Ausgrabungen in Nimrud im Jahr 1952 auf der Terrasse zwischen dem Nordwestpalast und der Zikkurat gefunden wurde. Die Lieferungsverpflichtungsurkunde befindet sich heute als IM 64000 im Iraq–Museum Baghdad und besteht aus gesiegelter Hülle und Innentafel. Dabei ist der Wortlaut der Hülle im Vergleich zu dem der Innentafel nicht nur um die Siegelungsbeischrift, sondern auch um die Klauseln nach 28. 29. 30. 31.
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Postkanonisch, also nach 648 v. Chr. Gemeint sind die Teilhaber. Der 9. assyrische Monat; er entspricht dem November/Dezember. 650 v. Chr.; Arahšamna, der 8. assyrische Monat, entspricht dem Oktober/November. ˘
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der Zeugenliste erweitert. Eine Kopie der Hülle publizierte B. Parker (in: Iraq 16 [1954] Taf. IX), eine Umschrift der Hülle und Innentafel mit Kommentar legte J. N. Postgate (in: Fifty Neo-Assyrian Legal Documents, Warminster 1976, 135-137, Nr. 29) vor. (1-3) Siegel des Amurrî, Siegel des Tursi-Ištar, Söhne des Hur-uwi. (4-5) 56 Scheqel Silber ˙ Rollsiegels) (6-8) ˘des Battuta¯ni, des Nabû-na¯’id des Ninurta-aja¯li-iddina, (Abrollung eines ˙˙ ˙ (10) der Pround des Emu¯q-Aja (9) zu ihren Lasten. Getreide gemäß dem Handelswert vinz des Palastherolds, (11) gemessen nach dem Seah zu 8 Liter und nach dem assyrischen Liter, (12) werden sie (dafür) in der Stadt Hiptunu geben. (13) Wenn sie nicht geben, (14-15) werden sie mit 10 Minen Silber und˘ mit einem ledernen Boot 32) haften. (16) 14. Šabat, Eponymat des Palastschreibers Nabû-šarru-usur 33). (17-22) (6 Zeugen, dar˙ ˙ (26) Sie werden darüber (23-25) Amurrî wird sie 34) zufriedenstellen. unter der Schreiber.) hinaus 5 Seah Getreide geben.
17. Eine Feldpachturkunde aus Kujunc¸ik/Ninive
Der Text BM 139950 (1985-7-14, 1) aus dem British Museum London wurde von T. Kwasman (in: StP[M] 14, Rom 1988, 489 f. [Appendix I]) in Umschrift und Übersetzung mitgeteilt. Die Urkunde stammt aus dem Antikenhandel, läßt sich aber gut an das Archiv des Kakkulla¯nu, das in Kujunc¸ik gefunden wurde, anschließen. Vordergründig werden hier zwei steuerbefreite Felder für 6 Jahre verpachtet. Tatsächlich aber handelt es sich um die Sicherung einer Schuld durch die Verpfändung der Felder. Die Schuldsumme ist im Text als Pachtzins angeführt, und die Felder können nur durch Rückzahlung dieser Summe nach Ablauf der 6 Jahre ausgelöst werden. Zu beachten ist bei dieser Urkunde außerdem die aramäische Beischrift, die den Inhalt des Textes kurz zusammenfaßt; Vermerke dieser Art werden im Laufe des 7. Jh. v. Chr. immer häufiger und belegen die zunehmende Zweisprachigkeit Assyriens. (1-2) Siegel des Lu ¯ -šakin, Sohn des Sa¯riuni, aus Bı¯t-Abu-ila¯’i, (3) Eigentümer des für Jahre zu gebenden Feldes. (Zweifacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (4) 1 Homer und 1 Seah (an der) Straße nach Qumba¯te, (5) angrenzend an (den Besitz des) Qašida¯ja, (6) angrenzend an die Straße nach Qumba¯te, (7) (sowie) 1 Homer und 4 Seah angrenzend an die Straße (8) nach Hašana, angrenzend an das Wadi, (9) insgesamt 2 Homer und 5 Seah ˘ Feld, gemessen nach dem Seah zu 9 Liter, (10) in der Stadt Bı¯t-abu-ila¯’i (11-14) hat Kakkulla¯nu, der Gruppenführer, zum Preis von 16 Scheqel Silber ordnungsgemäß für Jahre genommen. (15) Für 3 Jahre des Anbaus und 3 Jahre des Brachliegens, (16) für insgesamt 6 Jahre, ist er der Nutznießer des Feldes. (17) Er 35) wird das Silber auf die Kornhaufen legen und (18) das Feld auslösen. Das Feld ist von Steuern befreit. (19-20) 18. Ab, Epo-
32. 33. 34. 35.
maškuru. Auf der Innentafel wird hier das Wortzeichen KASKAL verwendet. Nach 648 v. Chr. Die Gläubiger. In Z. 26 bezieht sich »sie« auf die Schuldner. Lu¯-šakin.
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nymat des Aššur-ma¯tu-taqqin 36). (21-29) (7 Zeugen, darunter der Schreiber.) ische Beischrift:) Urkunde des Lu¯-šakin (betreffend) ein Feld.
(30)
(Aramä-
18. Ein Feldbestellungsvertrag aus Ninive
Als TIM 11, 4 wurde der Text IM 76890 aus dem Iraq–Museum Baghdad, eine ungeöffnete Hüllentafel, von J. N. Postgate und B. Kh. Ismail publiziert. Eine Bearbeitung stammt von R. Mattila, SAA 14 (2002) Nr. 434. Die Urkunde stammt aus einem Archiv, das 1968 bei den irakischen Grabungen unter T. Madhloom am Šamaš-Tor von Ninive in einem Tongefäß gefunden wurde. Der Dorfverwalter des Schatzmeisters beauftragt Ninurta-šarru-usur, den Archivherrn der Textgruppe, mit der Bestellung ˙ wohl im Besitz des Schatzmeisters. Ninurta-šarru-usur eines steuerbefreiten Feldes, ˙ erhält für diese Tätigkeit die vergleichsweise geringe Summe von 2 Scheqel Silber, darüber hinaus aber auch den Ertrag des Feldes, das er dafür in einem Zustand übergeben muß, der die weitere Nutzung ohne größeren Aufwand ermöglicht. Sollte der Dorfverwalter dem Ninurta-šarru-usur die vereinbarte Silbersumme nicht übergeben, ist als Bußzahlung die Übergabe˙ eines Äquivalents des Feldertrages vorgesehen. Siegel des Ila-erı¯ba, Dorfverwalter des Haushalts des obersten Schatzmeisters. 2 Scheqel Silber, Kosten für ein besätes Feld von 1 Homer, gemessen nach dem Seah zu 10 Liter. (Mehrfacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (5) Ninurta-šarru-usur wird für Ila-erı¯ba (6-7) 1 Homer brachliegendes, mit der Egge bestelltes 37) Land in ˙A¯l-nappa¯he¯ 38) (8-9) bestellen, abernten, von Bewuchs befreien 39) und verlassen. (10) Wenn (Ilaerı¯˘ba) die Kosten für das Feld nicht gibt, (11) wird er den auf dem Dreschplatz erzielten Ertrag von 1 Homer besäten Feldes geben. (12) Das Feld ist von Steuern befreit: es gibt weder Stroh- noch Getreidesteuer. (13) 28. Ulu¯l, Eponymat des Šamaš-šarru-ibni 40). (14-17) (4 Zeugen.) (1-2)
(3-4)
19. Ein Dienstleistungsvertrag aus Assur
Wie Nr. 9 stammt die Urkunde VAT 20343 aus dem Privatarchiv der Teppichknüpfer von Assur. F. M. Fales und L. Jakob-Rost publizierten den Text in: SAAB 5 (1991) 116 f. Nr. 56 (Kopie: WVDOG 94 [1996] 56). Es handelt sich um einen Dienstleistungsvertrag, einer in dieser Gestalt bislang ausschließlich in Assur zu belegenden Urkundenform. Die Hülle zu dieser Innentafel ist verschollen. Eine halbe Mine und 8,6 Scheqel (Silber) (10) für 10 Monate (Dienstleistung) hat Rauzu (4) von Šamaš-šarru-usur, (5) Šar-ilı¯ und (6) Muqallil-kabti (7) genommen. (7-8) Er ˙ Wenn er auch nur einen Tag untätig ist, (10-11) wird er wird ihnen 10 Monate dienen. (9) (1)
(3)
36. 37. 38. 39. 40.
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Postkanonischer Eponym; Ab, der 5. Monat, fällt in den Juli/August. mahsu¯te, Verbaladjektiv (Pl.) von maha¯su »schlagen«. ˘˙ ˘ ˙ Deutsch »Stadt der Schmiede«. Lokalisation unbekannt. gallubu, Dopplungstamm zu gala¯bu »rasieren«. Nach 648 v. Chr. (postkanonisch).
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dem Šar-ilı¯ das Silber doppelt geben. (12-13) 1. Tašrı¯t, Eponymat des Nabû-šarru-usur 41). ˙ (14-18) (5 Zeugen.)
20. Eine Quittung über die teilweise Begleichung einer Silberschuld aus Assur
Wie Nr. 9 und 19 stammt der Text VAT 20338 aus dem Teppichknüpferarchiv von Assur. F. M. Fales und L. Jakob-Rost veröffentlichten ihn (in: SAAB 5 [1991] 49 f., Nr. 18); die Kopie findet sich in WVDOG 94 (1996) 18. Bei dieser Innentafel, deren Hülle heute verloren ist, handelt es sich um eine Quittung, die die Rückzahlung des Anteils des Mudammiq-Aššur belegt, eines von zwei Schuldnern, wobei eine Frau, explizit in ihrem eigenen Interesse, als Geschäftspartei auftritt. Leider ist unklar, in welchem Verhältnis die Gläubigerin La¯-tubaššinni zu Nabû-na¯din-apli, dem Eigner der Schuldsumme, steht. (1-2) 1 Mine minus 2 Scheqel Silber, nach der Mine von Karkemiš, (3) des Nabû-na ¯ dinapli, (4) die La¯-tubaššinni (5) in ihrem eigenen Interesse dem Bessu¯’a und (6) dem Mudammiq-Aššur (7) gegeben hat. Mudammiq-Aššur ist es, (8) der seinen Anteil (9) der La¯-tubaššinni (10) gegeben hat. Weder ein ganzer noch ein halber Scheqel (11) fehlen. 11. Ulu¯l, (12) Eponymat des Aššur-ga¯ru¯’a-ne¯re 42). (13-15) (4 Zeugen.)
21. Auslösung eines Verwandten aus der Schuldsklaverei
Die Urkunde IM 76889 aus dem Iraq–Museum Baghdad wurde von J. N. Postgate und B. Kh. Ismail als TIM 11, 18 publiziert. Eine neue Bearbeitung legte R. Mattila (in: SAA 14 [2002] Nr. 437 und 438) vor. Sie stammt aus dem gleichen Archiv wie Nr. 18. Die Urkunde betrifft die Auslösung eines Mannes aus der Schuldsklaverei durch seinen Onkel. Sie besteht aus einer gesiegelten Hülle und einer Innentafel, deren Text bis auf die Nennung der Siegelungsbeischrift und des Schreibers mit dem der Hülle identisch ist. Siegel des Nabû-iqbi. (2) Siegel des Nurtî. (Abdruck eines Stempelsiegels.) (3) 1 Mine Silber nach der Königsmine hat (4) Mukı¯n-ahhe¯ dem Nabû-iqbi und (5) dem Nurtî ge˘ ˘ Bruders, hat er ausgelöst und von Angeben. (6) Den Nabû-re¯htu-usu, (7) Sohn seines ˘ ˙ (8) Niemand soll gegen ihn 43) prozessieren. (9-10) Wer auch immer sprüchen befreit. Schwierigkeiten macht, wird 10 Minen Silber geben. 21. Tašrı¯t, (11) Eponymat des Šamaška¯šid-ajja¯bı¯44). (12-18) (8 Zeugen, darunter der Schreiber.) (1)
41. 42. 43. 44.
Nach 648 v. Chr. (postkanonisch). Nach 648 v. Chr. (postkanonisch). Gegen Mukı¯n-ahhe¯. ˘˘ 669 v. Chr.
85
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Karen Radner
22. Eine Urkunde aus Assur betreffend die Übergabe eines Sklaven zur Tilgung einer Steuerverpflichtung
Die Urkunde VAT 9685 im Vorderasiatischen Museum Berlin stammt aus Assur und wurde von K. Deller, F. M. Fales und L. Jakob-Rost (in: SAAB 9 [1995] 46-48 Nr. 77) bearbeitet (Kopie: WVDOG 98 [2000] 76). Obwohl der Text als Kaufvertrag formuliert ist, handelt es sich tatsächlich um die Tilgung einer Steuerverpflichtung. Dies erfolgt durch die Übergabe eines Mannes, der zuvor vom Schuldner als Buße für ein Tötungsdelikt erhalten worden war. Siegel des Ra¯si-il, Sohn des [PN], (3) Eigentümer des zu gebenden Mannes. (Zweifacher Abdruck eines Stempelsiegels) (4) Seinen Sklaven Ata¯r-nu¯rı¯, (5-7) der als Blutgeld des Du’uza¯ju, des Gärtners aus der Stadt Sumuqı¯tu, übernommen worden war, (8) hat Kusa¯su (9) zum Preis von 30 Scheqel Silber, (für) die regelmäßigen Opfer des Assur und die Speiseopfer der Königsgruft, (10) von Ra¯si-il ordnungsgemäß erworben. (11) Der Kaufpreis ist vollständig gegeben. (12) Dieser Mann ist rechtmäßig (13) genommen. Rückkehr (vor Gericht), (14) Prozeß und Klage (15) sind ausgeschlossen. Wer auch immer in Zukunft (16) einmal vertragsbrüchig wird, (17-19) sei es Ra¯si-il, seien es seine Söhne, seine Enkel, (20-21) sein Vorgesetzter oder sein Herr, (22-24) der Prozeß und Klage gegen Kusa¯su sucht, (25) wird 2 Minen Silber geben. (26-33) (6 Zeugen, darunter (30) der Ägypter Talla. Die Datierung ist verloren.) (1-2)
23. Eine Gerichtsurkunde mit Entscheid durch einen göttlichen Richter aus Ma’allana¯te
Dieser Text aus dem Kunsthandel kann einem bei Raubgrabungen entdeckten Archiv angeschlossen werden, das nach dem Ausweis der Texte aus der noch nicht lokalisierten Stadt Ma’allana¯te in Nordsyrien stammt. Die Urkunde befindet sich heute unter der Inventarnummer 803 (C 39) im Bible Lands Museum Jerusalem und wurde von A. K. Grayson (in: O. W. Muscarella [ed.], Ladders to Heaven, Toronto 1981, 126 f. Nr. 84) publiziert. Der Text wurde zuletzt von R. Jas (in: SAAS 5 [1996] 2-24, Nr. 11) bearbeitet. Der Wettergott von Guza¯n (Tell Halaf) entscheidet einen Prozeß um Sklavinnen, indem er die Zahlung einer Bußsumme verfügt. In einem Postskriptum erfährt man Genaueres über die Modalitäten der Zahlung: die Bußsumme wurde nicht in Silber gezahlt, sondern in Naturalien, deren Wert allerdings um ein Drittel höher liegt als die vorgesehene Silbersumme. Diese Naturalien wurden nicht in der Stadt Ma’allana¯te, sondern in Ninu 45) übergeben. Die anfallenden Transportkosten sowie die Gefälligkeit, die Bußsumme überhaupt in anderer Form anzunehmen, erklären wohl die höhere Summe. Siegel des Šarru-nu¯rı¯, Sohn des Na¯nî. (2) Prozeß, den Daddi-nu¯rı¯ gegen Se¯r-nu¯rı¯ (3) wegen der Sklavinnen betrieben hat. (4) Sie sind vor den Gott Adad von Guza ¯ na getreten. Adad (Zweifacher Abdruck eines Stempelsiegels) (5) hat dem Se¯r-nu¯rı¯ 1 ½ Minen (1)
45.
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Eine syrische Stadt, nicht mit Ninive zu verwechseln.
TUAT N.F. / p. 103 / 6.5.2004
Neuassyrische Texte
Silber auferlegt. (6) Se¯r-nu¯rı¯ hat dem Šarru-nu¯rı¯ die 1 ½ Minen Silber (7-8) vollständig gezahlt. Zwischen Šarru-nu¯rı¯ und Se¯r-nu¯rı¯ besteht Rechtsfrieden. (8) Wer immer vertragsbrüchig wird, (9) der wird dem Adad 10 Minen Silber und 5 Minen Gold (10) geben, und dessen Prozeßgegner 46) mögen Aššur und Šamaš sein. (11) Monat Addar, Eponymat des Adad-re¯manni 47). (12-20) (14 Zeugen.) (21) 2 Minen Silber des Šarru-nu¯rı¯: (22) Se¯r-nu¯rı¯ hat in der Stadt Ninu (23) mit einer Ladung Rohr (24) (im Wert von) 2 Minen Silber die 1 ½ Minen Silber – (25) Adad hat (sie ihm) auferlegt – (26) vollständig abgezahlt. (27) Zwischen ihnen 48) besteht Rechtsfrieden.
24. Eine Gerichtsurkunde mit Entscheid durch Ordal aus Tell Halaf/Guza¯na
Die Urkunde VAT 16386 aus dem Vorderasiatischen Museum Berlin stammt aus Tell Halaf/Guza¯na, wo sie 1913 bei den deutschen Ausgrabungen unter Max von Oppenheim als Teil eines in einem Tongefäß aufbewahrten Archivs gefunden wurde. Sie wurde von A. Ungnad (in: AfO.B 6, Berlin 1940, 54-56 Nr. 106) veröffentlicht. Die jüngste Bearbeitung stammt von D. Schwemer, Die Wettergottheiten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden 2001, 616 f. Der Text ist bereits die zweite Urkunde, die einem Streit um 60 Schafe gewidmet ist. Die beiden Prozeßgegner machen einander widersprechende Aussagen, weswegen ein Ordal vor dem Gott Adad angesetzt wird. Bei diesem Ordal versagt der Beklagte, der daraufhin die Schafe zurückerstattet. Prozeß, den Il-mana¯ni, Sohn des Sagı¯bbî, (2) aus der Stadt Mehinî, gegen Daddi-šumki, (3) Sohn des Na¯nî, aus der Stadt Zamahâ, (4) wegen der 60˘ Schafe betrieben hat. (Dreifacher Abdruck eines Stempelsiegels.) (5-6)˘ (Dies ist) die zweite Urkunde des Rechtsfriedens, weswegen Il-mana¯ni den Hirten Daddi-šumki verklagte. Il-mana¯ni hat (7) zu Daddi-šumki folgendermaßen gesprochen: (8) »Bring meine Schafe, die du schuldest.« (9-10) Daddi-šumki hat folgendermaßen gesprochen: »Ich verfüge über keine Schafe. Man hat sie dem Adad geweiht.« (11) Daddi-šumki versagte (im Ordal) vor Adad. (12) Anstelle seiner eigenen 60 Schafe hat Daddi-šumki […] Schafe (13) dem Il-mana ¯ ni vollständig gegeben. (14-15) Zwischen ihnen ist Rechtsfrieden eingesetzt. Sie sind miteinander quitt. (16) Wer auch immer vertragsbrüchig wird, wird 10 Minen geläutertes Silber und (17) [5] Minen gereinigtes Gold in den Schoß des Adad, der in Guza¯na wohnt, geben. (18) Assur und Šamaš mögen seine Prozeßgegner sein. 1. Siman, Eponymat des Sin-a¯lik-pa¯ni 49). (19-26) (19 Zeugen.) (1)
46. 47. 48. 49.
Im Text fehlerhaft »sein Prozeß«. Nach 648 v. Chr. (postkanonisch). Im Text fehlerhaft »zwischen ihm«. Nach 648 v. Chr. (postkanonisch).
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Karen Radner
25. Eine Urkunde aus Assur betreffend die Verpflichtung zu einem Ordal
Die Urkunde VAT 5604 aus dem Vorderasiatischen Museum Berlin wurde zuerst als VS I (1907) 101 in Kopie publiziert und von K. Radner (in: AoF 24 [1997] 121-124 Nr. 2 [Kopie 134]) neu ediert. Der Text ist angekauft worden, stammt aber sicher aus Assur. Es handelt sich um die Verpflichtung, sich einer Gottesprobe zu unterziehen, um festzustellen, ob eine Schuld ordnungsgemäß beglichen wurde. Interessant ist dabei, daß uns in VAT 5602 (VS I, 95, bearbeitet von K. Radner, aaO 118-121) die Kaufurkunde für den zugrundeliegenden Kauf einer Mutter mit ihrer kleinen Tochter vorliegt, in der auch die im vorliegenden Text genannten Zeugen auftreten. Warum sich Urdu-Nana¯ja, der Käufer der Sklaven, trotz der existierenden Kaufurkunde und der Anwesenheit von Zeugen einem Ordal unterziehen muß, um seine Aussage zu beweisen, ist unbekannt; möglicherweise ist dies ein Beleg dafür, daß in neuassyrischer Zeit Erwerbsgeschäfte trotz scheinbar eindeutiger Formulierungen in den Urkunden nicht unbedingt als Barkauf erfolgten (vgl. dazu Nr. 1). Am 1. Tašrı¯t (wird) (2) Urdu-Nana¯ja inmitten (3) des Wasserbeckens 50) (Zweifacher Abdruck eines Stempelsiegels) (4) folgendermaßen (schwören): (5) »Ich schwöre, daß ich den Kaufpreis für die Leute dem Lu¯-šakin geschuldet habe und (6) daß ich (den Kaufpreis) gegeben habe.« Wenn er schwört, (7) hat er das Ordal bestanden. Wenn er aber vor dem Gott (8) versagt, wird er eine halbe Mine (Silber) (9) geben. [Datum], (10) Eponymat des Be¯l-ahu-usur 51). (11-14) (3 Zeugen.) ˘ ˙ (1)
50. 51.
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nadabaktu. Nach 648 v. Chr. (postkanonisch).
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Neubabylonische Texte Michael Jursa Aus dem 1. Jt. v. Chr., der sog. neubabylonischen Periode, sind zehntausende Keilschrifttafeln in babylonischer Sprache erhalten. Die Mehrzahl ist administrativen oder juristischen Inhalts und stammt aus Privat- und Tempelarchiven. Im Gegensatz zu anderen Perioden der mesopotamischen Geschichte spielen in der neubabylonischen Dokumentation Palast- bzw. Staatsarchive eine untergeordnete Rolle; die mehreren hundert einschlägigen administrativen Texte, die bei den deutschen Grabungen vor dem Ersten Weltkrieg in Babylon gefunden worden sind, sind bisher noch weitestgehend unpubliziert. Die zeitliche (und geographische) Verteilung der Funde ist uneinheitlich. Die ersten Jh.e sind nur durch verstreute Zufallsfunde repräsentiert; erst aus dem 8. und 7. Jh. hat sich eine größere Anzahl von Texten erhalten. Die großen Tempelarchive aus Uruk und Sippar sowie die Privatarchive vor allem aus Babylon und Borsippa setzen im ausgehenden 7. Jh. ein; das Gros der Texte stammt aus dem 6. und den ersten Jahren des 5. Jh. Aus der späteren Achämenidenzeit und der hellenistischen Zeit gibt es noch eine Reihe größerer Archive aus Babylon, Borsippa, Nippur und Uruk, wobei aber in der Spätzeit zunehmend eine thematische Einengung der in den Urkunden behandelten Gegenstände und eine Reduktion des Kreises der Protagonisten auf (traditionalistische?) babylonische Gruppen im Umfeld der Heiligtümer zu beobachten ist. Das Aramäische, das während des ganzen 1. Jt. neben dem Babylonischen verwendet worden ist, und die Alphabetschrift haben letztendlich (gemeinsam mit dem Griechischen) das Babylonische und die Keilschrift auch als Amtsund Urkundensprache bzw. -schrift verdrängt. Die Texte sind eine nahezu unerschöpfliche Quelle für die Rekonstruktion der Rechts- und Verwaltungspraxis und vieler Aspekte des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Die unten gebotenen Urkunden können nur einen kleinen Ausschnitt illustrieren. Zusammenfassende Darstellungen, die die gesamte Periode abdecken, existieren nicht. Eine gute allgemeine Einführung mit Bibliographie findet man bei M. A. Dandamaev, Slavery in Babylonia, DeKalb 1984. Den schnellsten Zugang zu Urkundenlehre und Recht bieten immer noch M. San-Nicolò und A. Ungnad (in: Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden 1, Leipzig 1935) ergänzt für die Spätzeit durch die Arbeiten in dem von M. J. Geller und H. Maehler herausgegebenen Sammelband Legal Documents of the Hellenistic World, London 1995. Studien neueren Datums verwenden vor allem einen archivorientierten Zugang, der eine gewinnbringende Interpretation auch im einzelnen oft stereotyper und wenig aussagekräftiger Texte ermöglicht. Stellvertretend für mehrere andere können hier C. Wunsch (in: Das Egibi-Archiv 1, Groningen 2000) und A. C. V. M. Bongenaar (in: The Neo-Babylonian Ebabbar Temple at Sippar: its Administration and its Prosopography, Istanbul 1997) genannt werden.
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Michael Jursa
1. Eine Heiratsurkunde
Dieser Text, heute im British Museum, Museumsnummer BM 65149, wurde wahrscheinlich bei Ausgrabungen des Museums in Sippar (Abu¯-Habba) gefunden. Er wur˙ ediert; für Kollationen, de von M. Roth (in: AOAT 222 [1989] 92 ff. Nr. 26) erstmals die Datierung und den Paralleltext BM 68921 vgl. M. Jursa (in: NABU 2001/102). Die Tafel stammt aus dem 5. Jahr des Kyros (534 v. Chr.). Formal handelt es sich um eine Zwiegesprächsurkunde, die das Vertragsangebot eines der Parteien in subjektiver Stilisierung bietet. Die Vertragsannahme und die weiteren Bestimmungen sind dagegen objektiv, in der 3. Person, gehalten. Wie bei fast allen keilschriftlich überlieferten Heiratsverträgen ist die Mitgift das wesentliche Thema der Urkunde. Sie wird dem Ehemann zwar von der Familie seiner Frau zur Verfügung gestellt, seine diesbezüglichen Rechte sind aber beschränkt: Mitgiften werden grundsätzlich in der weiblichen Linie der Familie weitervererbt oder im Falle einer Scheidung wieder an die Frau und ihre Familie zurückgegeben. Aus der neubabylonischen Zeit sind zahlreiche Rechtsstreitigkeiten in diesem Zusammenhang erhalten; ein Beispiel ist Nr. 18 unten. Die Protagonisten des vorliegenden Vertrags mit Ausnahme des Bräutigams und mehrere der Zeugen entstammen ausweislich ihrer Namen oder Patronymika einem hebräischen Umfeld. Die Braut selbst, Kašša¯ja, und ihr Bruder Be¯l-uballit tragen babylonische Namen, der Name ihres offenbar verstorbenen Vaters aber ˙ist die keilschriftliche Transliteration des hebräischen hwš 2, Hosea 1). Auch sonst ist häufig zu beobachten, daß Träger westsemitischer, nicht nur hebräischer, Namen offenbar als Ergebnis eines Assimiliationsprozesses ihren Kindern babylonische Namen geben. Der umgekehrte Fall ist höchst selten. Der genannte Paralleltext BM 68921, etwa einen Monat vor der vorliegenden Urkunde geschrieben, bietet fast denselben Vertragstext und zum großen Teil dieselben Zeugennamen. Der einzige erkennbare wesentliche Unterschied ist, daß ein zweiter Bruder der Braut, dessen Name nicht erhalten ist, im älteren Text BM 68921, nicht aber in BM 65149 unter den Vertragsparteien erscheint. Im jüngeren Text (dem vorliegenden) wird er möglicherweise unter den Zeugen genannt. Wahrscheinlich wird man hier den Grund für die ungewöhnliche Neuausstellung der Urkunde suchen müssen, aber die genauen Umstände sind unbekannt. Guza¯nu, Sohn des Kiribtu aus der Familie 2) Ararru, (4) sprach (2) aus seinem freien Willen zu Be¯l-uballit, Sohn (3) des Hawsche2, und zu Gudadadı¯tu, (4) seiner Mutter, wie folgt: (4-6) »Gebt mir˙ Kašša¯ja, eure Tochter 3), das junge Mädchen, zur Frau; sie soll meine Ehefrau sein«. (7) Be¯l-uballit und Gudadadı¯tu, seine Mutter, (8-9) nahmen sein Angebot ˙ (1)
1. 2.
3.
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Der Name wird a-mu-še-e geschrieben. Dies ist die nach den orthographischen Regeln der Keilschrift zu dieser Zeit bestmögliche Annäherung an die wahrscheinliche Aussprache des Namens im 6. Jh., hawše 2. Wörtlich: »Nachkomme des«. Neubabylonische Filiationsketten sind oft dreigliedrig; der dritte Name, der sog. Familienname, ist der eines (fiktiven) Vorfahren, von dem sich die ganze Familie (oder der ganze Clan) ableitet. Familiennamen können Personen- oder Berufsnamen sein; Ararru z. B. bedeutet »Müller«. Träger desselben Familiennamens sind nicht notwendigerweise miteinander (eng) verwandt. Recte Tochter bzw. Schwester.
TUAT N.F. / p. 107 / 6.5.2004
Neubabylonische Texte
an und gaben ihm Kašša¯ja, ihre Tochter, das junge Mädchen, zur Frau. (10-11) Wenn Kašša¯ja mit einem anderen Mann ertappt werden sollte, wird sie durch das eiserne Messer sterben. (12-13) Wenn Guza¯nu Kašša¯ja einmal verstoßen und eine andere Frau an ihrer Stelle nehmen sollte, (14) wird er ihr 6 Minen Silber zahlen, und (15) sie wird in ihr Vaterhaus zurückkehren. Be¯l-uballit (16) und Gudadadı¯tu (21-22) gaben Guza¯nu, Sohn ˙ aus ihrem freien Willen (20) als Mitgift mit ihrer des Kiribtu aus der Familie Ararru, (16) (17) Tochter Kašša¯ja 20 Scheqel an Schmuck, einen Goldring von 1 Scheqel, (18) 1 akkadisches Bett, 5 Sessel, (19) 1 Tisch, 1 Becher und 1 Bronzekrug. (23) Wer diese Abmachung ändert, (24) dessen Untergang mögen Marduk und Zarpanı¯tu befehlen, (25-26) dessen Lebenszeit möge Nabû, der Schreiber des Esangila, verkürzen. (27) Bei Siegelung dieser Tafel (28) waren Zeugen: Ah¯ı-Jaw 4), Sohn des Arih, königlicher Kaufmann 5), ˘ ˘ Arad-Gula, Sohn des (29) Ba ¯ nia, Sohn des Be¯l-na¯sir aus der Familie Arad-Nergal, (30) ˙ Šamri-Jaw6), königlicher Kaufmann, (31) Kalba¯ja, Sohn des Šamaš-erı¯ba, (32) Be¯l-iddin, Sohn des Nabû-iddin, (33) Niqu¯du, Sohn des Mušallam, königlicher Kaufmann, (34) Šamaš-apluusur, Sohn des Na¯din, (35) Nabû-iddin, Sohn des Ba¯nia aus der Familie Paha¯ru, ˙ Lâbâši, Sohn des Kiribtu aus der Familie Ararru, (37) Marduk-ze¯ru-iddin, Sohn˘ des (36) Adad-ittannu, (38) Šamaš-aplu-usur, Sohn des Ra¯pe’, königlicher Kaufmann, (39) […,] Sohn des Hawsche2 7), (40) [und ˙der Schreiber …,] Sohn des Be¯l-iddin aus der Familie […]. (41-42) [Sippar], 11. Simanu, 5. Jahr [des Kyros], Königs von Babylon und aller Länder.
2.-7. Urkunden aus dem Archiv des Marduk-ša¯pik-ze¯ri Das Urkundenarchiv des Marduk-ša¯pik-ze¯ri aus der Familie Egibi ist eine Gruppe von mindestens 15 publizierten und möglicherweise einer kleineren Anzahl von unpublizierten Texten, die sich heute im Ashmolean Museum in Oxford und in der Yale Babylonian Collection befinden. Die Texte wurden von Raubgräbern wahrscheinlich in Babylon gefunden 8) und gelangten über den Kunsthandel in die beiden Museen. Die Zusammengehörigkeit der Tafeln kann nur aus internen Kriterien erschlossen werden. Es handelt sich um Urkunden, die den Erwerb von Eigentumsrechten betreffen, Tafeln also, die für den Inhaber einen dauernden Wert repräsentierten. Dies ist ein deutlicher Gegensatz zu vielen anderen neubabylonischen Archiven, die weitgehend aus ephemeren Texten bestehen, die ihre Bedeutung für die Archivinhaber verloren hatten und deswegen aussortiert und beiseite geschafft wurden. Marduk-ša¯pik-ze¯ri wird die Tafeln in einem Krug an einem vermeintlich sicheren Ort deponiert haben, 4. 5. 6. 7. 8.
Ein hebräischer Name: »Jaw/Jô-ist-mein-Bruder«. Ausweislich ihrer Patronymika und im Fall von Ah¯ı-Jaw auch des eigenen Namens sind alle ˘ hebräischer oder aramäischer Abstamvier in dem Text genannten königlichen Kaufleute mung. Hebräisch: »Jaw/Jô-hat-behütet«. Dieser Sohn des Hawsche2 könnte jener Bruder des Protagonisten Be¯l-uballit sein, der in dem ˙ erscheint. etwas älteren Paralleltext BM 68921 nicht als Zeuge, sondern als Vertragspartei Die Tafeln im Ashmolean Museum (1924.482 ff.) wurden in Baghdad gekauft; die Angabe in OECT 10, 1, sie stammten aus Dilbat, beruht auf interner Evidenz (Dilbat wird häufig in den Texten genannt), ist aber wahrscheinlich unrichtig.
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Michael Jursa
durch irgendwelche Umstände aber daran gehindert worden sein, sie später wieder zu beheben. Die jüngste Tafel stammt aus der Zeit um 626 v. Chr., knapp vor dem endgültigen Fall Babylons an den neuen Herrscher Nabopolassar: Die Deponierung des Archivs mag auf diese politischen Wirren zurückzuführen sein. Im Kontext eines Archivs bzw. eines zusammenhängenden Dossiers aus einem Archiv kann das Ineinandergreifen der einzelnen Urkundentypen vorgeführt werden. Ein Großteil des Archivs betrifft Marduk-ša¯pik-ze¯ris Kauf von Land am La¯-gama¯l-Graben in Dilbat, das aus dem Besitz von Angehörigen der Familie Basia stammt. Die Ausgangslage war wie folgt: Lâbâši aus der Familie Basia war einem gewissen Kudurru aus der Familie Šangû-Dilbat (bzw. dessen verstorbenem Vater Be¯l-e¯ter) ˙ die beträchtliche Summe von 6 Minen (3 kg) Silber schuldig. Dafür hatte Kudurru Land der Familie Basia als Pfand erhalten. Die Söhne des Lâbâši verkauften aber dieses verpfändete Land Marduk-ša¯pik-ze¯ri, ohne vorher die Pfandrechte von Kudurru abzugelten. Dies führte natürlich zu einer Klage von Kudurru, vertreten durch andere Angehörige seiner Familie, gegen den neuen Landeigentümer Marduk-ša¯pik-ze¯ri (Nr. 2, 9. VI. des 8. Jahres des Kandala¯nu, 640 v. Chr.). Dieser zahlte an Kudurrus Verwandte zunächst einen Abschlag von 75 % der ursprünglichen Schuldsumme: 4 ½ Minen Silber. Aus den Texten Nr. 3 und Nr. 4 vom 9. IX. des 15. Jahres des Kandala¯nu (633 v. Chr.) erfährt man aber, daß Marduk-ša¯pik-ze¯ri danach offenbar noch fast 1 Mine Silber, insgesamt also fast 5 ½ Minen Silber an Kudurru gezahlt hat. Zum Ausgleich für diese Zahlungen wandte Marduk-ša¯pik-ze¯ri sich natürlich an die Familie des Lâbâši, die ihm zur Sicherung dieses Betrags weiteres Land verpfändete. Text Nr. 3, ein Kaufvertrag, zeigt, wie Marduk-ša¯pik-ze¯ri von der Familie des Lâbâši einen Garten am La¯-gama¯l-Graben im Wert von rund 2 ½ Minen Silber kauft. Dieses Silber wird von der Schuld abgezogen. De facto handelt es sich hier sicherlich um eine direkte Pfandverwertung, wie sie auch für die verbleibende Restschuld von 3 Minen vorgesehen wird. Diese 3 Minen, heißt es in dem Verpflichtungsschein Nr. 4, sind die Basias Marduk-ša¯pik-ze¯ri immer noch schuldig. Marduk-ša¯pik-ze¯ri werde sich aus dem ihm verpfändeten Besitz Land im Gegenwert dieser Schuld aussuchen, womit die Schuld vollständig getilgt sein werde. Der fast 70 Jahre ältere Vertrag Nr. 5 (26. VI. des 2. Jahres des Be¯l-ibni, 701 v. Chr.) ist an dieses Dossier anzuschließen. Es handelt sich um einen Kaufvertrag für Land am La¯-gama¯l-Graben, das Mukı¯n-ze¯ri aus der Familie Basia von einem Unbekannten erwirbt. Dieses Land ist ein Teilstück jenes Landes, das der Enkel des Mukı¯n-ze¯ri in Nr. 3 an Marduk-ša¯pikze¯ri verkauft. Die Urkunde Nr. 5, die den Eigentumstitel der Basias beweist, ist mit dem Land weitergegeben worden und somit als Retroakte in das Archiv des Marduk-ša¯pik-ze¯ri gekommen. Die Urkunde würde im Falle einer Anfechtung des Kaufs Marduk-ša¯pik-ze¯ri als Beweismittel gedient haben. Das Archiv enthält weitere Retroakten dieser Art, die dokumentieren, wie Mukı¯n-ze¯ri das Land am La¯-gama¯l-Graben in mehreren Schritten zusammengekauft hat. Nr. 6 und Nr. 7 stammen ebenfalls aus dem Archiv des Marduk-ša¯pik-ze¯ri. Gegenstand von Nr. 6 (14. I. des 18. Jahres des Kandala¯nu, 630 v. Chr.) ist eine Tempelpfründe, also ein Einkommensrecht in Verbindung mit einer bestimmten Funktion im Kult, die zu bestimmten Zeiten ausgeübt wird, die von einem Verwandten des Marduk-ša¯pik-ze¯ri verkauft wird, wogegen dieser aber mit dem Einwand, es handle 92
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Neubabylonische Texte
sich um Familienbesitz, Einspruch erhebt. Marduk-ša¯pik-ze¯ri kauft die Pfründe vom Käufer zurück. Nr. 7 (21. XII. des Akzessionsjahres des Sin-šarru-iškun, 628/7 v. Chr.) betrifft Marduk-ša¯pik-ze¯ris Hausbesitz in Babylon: Er tauscht Teile davon gegen den für ihn günstiger gelegenen Besitz eines anderen Mannes.
2. Ein Protokoll
Die Tafel YBC (Yale Babylonian Collection) 11385 wurde von M. deJong Ellis (in: JCS 36 [1984] 46 Nr. 9) publiziert. Tabnea, Sohn des Kudurru, Enkel des Be¯l-e¯ter aus der Familie Šangû-Dilbat, (2) Hib˘ ˙ ta¯ja, seine Mutter, und Sinu¯nu, die Mutter seines Vaters, (4) sprachen (2) im Auftrag (3) von Kudurru zu Ša (4) ¯ pik-ze¯ri, Sohn des Bamma¯ja aus der Familie Egibi, wie folgt: »6 Minen Silber Kapitalbetrag, (5) das Guthaben, das Be¯l-e¯ter aus der Familie Šangû-Dil˙ Familie Basia (7) gutgehabt bat, unser Vater, (6) bei Lâbâši, Sohn des Mukı¯n-ze¯ri, aus der hat und wofür dessen Gärten am La¯-gama¯l-Graben (8) verpfändet worden sind – du hast (9) unser Pfandobjekt (8) von den Söhnen des Lâbâši (9) erhalten. Entweder (10) zahle uns (9) Silber wie in Babylon üblich (10) oder überlasse uns unser Pfandobjekt«. (11-12) Ša ¯ pik-ze¯ri nahm ihr Angebot an und wog 4 ½ Minen Silber pro Mine (der in Frage stehenden 6 Minen) 45 Scheqel Silber – als Kompensation nach in Babylon üblicher Art 9) – und 6 Scheqel Silber als Zugabe ab und (13) zahlte es ihnen, und Tabnea, Hibta¯ja, ˘ seine Mutter, (14) und Sinu¯nu, die Mutter seines Vaters, (17) übergaben ihm für alle Zukunft (14-15) aus freiem Willen eine Urkunde über Rückkehr- und Klageverzicht hinsichtlich ihrer 6 Minen Silber, (16) die sie bei Lâbâši aus der Familie Basia gut gehabt hatten. (18) Sie haben ihr Silber von Ša ¯ pik-ze¯ri bezahlt erhalten, sie sind befriedigt, (und) quitt. (19) Rückkehr und Klage wird es keine geben. Am Tag, da die Urkunde und die Verpflichtungsscheine (20-21) des Be¯l-e¯ter geöffnet werden, werden Tabnea, Hibta¯ja und Sinu¯nu ˘ den Verpflichtungsschein des ˙Be¯l-e¯ter Ša¯pik-ze¯ri geben. (22-31) (10 Zeugen, darunter der ˙ (32) 9. Ulu¯lu, Jahr 8 des Kandala¯nu, Königs von Babylon. Schreiber.) Borsippa, (1)
3. Ein Gartenkaufvertrag
Die Tafel Ash. 1924.482 aus dem Ashmolean Museum in Oxford wurde von G. J. P. McEwan (in: OECT 10 [1984] als Nr. 397) publiziert. 3 pa¯nu 10) Gartenland, bepflanzt mit Dattelpalmen, Ertrag bringenden Bäumen, gegenüber dem Šamaš-Tor, in der Flur von Dilbat: (3.4) die obere Langseite im Westen grenzt an den La¯-gama¯l-Graben, (5) die untere Langseite im Osten grenzt an die neue Mauer von Dilbat, (6) die obere Schmalseite im Norden grenzt an die Königsstraße, (7) die untere Schmalseite im Süden grenzt an (das Grundstück des) Šullumu, des Sohnes des Ku¯na¯ja; (8-9) insgesamt 3 pa¯nu Gartenland bepflanzt mit Dattelpalmen, Ertrag (1-2)
9. O. ä.; vgl. CAD Š/3, 242b s. v. *šullumtu. 10. 1 pa¯nu entspricht 0,27 ha.
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Michael Jursa
bringenden Bäumen, gegenüber dem Šamaš-Tor, in der Flur von Dilbat (10-11) (hat) von Marduk-šumu-ibni, dem Sohn des Lâbâši aus der Familie Basia, Marduk-ša¯pik-ze¯ri, Sohn des Bamma¯ja aus der Familie Egibi, (12) für 2 Minen 24 Scheqel Silber in Stücken (13) – zusätzlich wurden 2 Scheqel Silber als Zuschlag gezahlt – (14) insgesamt (für) 2 Minen, 26 Scheqel Silber, die im Monat Ulu¯lu des 8. Jahres (15) des Kandala¯nu (17) Marduk-ša¯pikze¯ri (15) dem Kudurru, dem Sohn des Be¯l-e¯ter (16) aus der Familie Šangû-Dilbat, anstatt ˙ seinem 12) Vater, (18) bezahlt hat, und für seines 11) Guthabens (17) zu Lasten von Lâbâši, 13) (19) hat Marduk-ša¯pik-ze¯ri Marduk-šumu-ibni mit einem 3 Kor Datteln – nachher musiptu-Kleid bekleidet – (20-21) insgesamt (also) hat er 14) 2 (Minen), 26 Scheqel und ˙ 3 Kor Datteln als Gegenwert genannt – zu seinem vollen Kaufpreis gekauft. (22-24) Wann immer in Zukunft sich unter den Brüdern, den Söhnen, aus der Familie, der Verwandtschaft oder den Verschwägerten der Familie 15) von Lâbâši aus der Familie Basia (jemand findet), (25-26) der auftritt und hinsichtlich des besagten Feldes Klage erhebt, (jemand anderen) klagen läßt, (den Vertrag) ändert, (den Garten) vindiziert, (27-28) »Das fragliche Land ist nicht übergeben, das Silber (dafür) ist nicht erhalten worden« behauptet, dann soll (dieser) Vindikant das Silber, das er 16) erhalten hat, 17) (29) zwölffach zahlen. (30) Bei der Siegelung dieser Tafel waren als Zeugen anwesend: (31-41) (10 Zeugen einschließlich des Schreibers.) (41-43) Babylon, 9. Kislimu, 15. Jahr des Kandala¯nu, Königs von Babylon. Nagel(abdruck) des Marduk-šumu-ibni, (44) des Sohnes des Lâbâši aus der Familie Basia, statt seines Siegels.
4. Ein Verpflichtungsschein
Die Tafel Ash. 1924.490 aus dem Ashmolean Museum in Oxford wurde von G. J. P. McEwan (in: OECT 10 [1984] als Nr. 12) publiziert. Kollationsergebnisse des Verfassers sind durch einen Asterisk gekennzeichnet. 3 Minen Silber, Rest des Silbers, das Marduk-ša¯pik-ze¯ri dem Kudurru, Sohn des Be¯l-e¯ter aus der Familie Šangû-Dilbat, gezahlt hat, Eigentum Marduk-ša¯pik-ze¯ris, des ˙ von Bamma¯ja aus der Familie Egibi, (5) ist zu Lasten von Marduk-šumu-ibni, Sohnes Sohn des Lâbâši (6) aus der Familie Basia. Marduk-ša¯pik-ze¯ri (10) wird (6-8) ein Pfandobjekt für sich aus dem gesamten Eigentum des Lâbâši, das er von {Be¯lessunu} 18) Nabû-ittabši-lı¯šir, Marduk-šumu-ibni (9-10) und ihrer Mutter Be¯lessunu als Pfand erhalten hat, aussuchen 19) und (11) (damit) hinsichtlich seines Silbers als befriedigt gelten. Was (1-4)
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.
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D. h. des Kudurru. Des Marduk-šumu-ibni. 1 Kor entspricht 180 Liter. Marduk-ša¯pik-ze¯ri. Wörtlich »des Hauses«. Der Verkäufer. De facto hat der Verkäufer natürlich kein Silber erhalten, weil dieses ja seinem Gläubiger gezahlt worden war. Die Tafel folgt einfach dem üblichen Formular, ohne auf die besonderen Umstände des Falles Rücksicht zu nehmen. Der Schreiber hat diesen Namen irrtümlicherweise zu früh geschrieben und nachher unvollständig gelöscht. ú-ba-’e-e*-ma. Davor wird überflüssigerweise das Subjekt des Satzes, Marduk-ša¯pik-ze¯ri,
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(über den Wert dieses Silbers) hinausgeht, (12) wird Marduk-šumu-ibni gehören. (13-25) (10 Zeugen, darunter der Schreiber.) Babylon, (25-26) 9. Kislimu, 15. Jahr des Kandala¯nu, Königs von Babylon.
5. Ein Gartenkaufvertrag (Retroakte)
Die Tafel Ash. 1924.486 aus dem Ashmolean Museum in Oxford wurde von G. J. P. McEwan (in: OECT 10 [1984] als Nr. 391) publiziert. 1 pa¯nu, 2 su¯tu, 1 qû 20) Land mit abgestorbenen Dattelpalmen, am La¯-gama¯l-Graben, im Hain des Iddina, Sohn des Za¯kir: (4-5) die obere Langseite grenzt an (das Land des) Uba¯ru, des Sohnes des Uraš-iddin, (6) und (an das Land des) Amme¯ni-il, des Sohnes des Na’na, (7-8) die untere Langseite im Osten grenzt an (das Land des) Ša-pî-Uraš, des Sohnes des Indalik, (9) und (an das Land des) Erı¯ba-Uraš, des Sohnes des Arrabu, (10) die obere Schmalseite grenzt an die Königsstraße, (11-12) die untere Schmalseite grenzt an (das Land des) Lâbâši, des Sohnes des Arad-Sebetti (13) – insgesamt 1 pa¯nu, 2 su¯tu, 1 qû ist seine Fläche –, (17) hat (14-15) von Uraš-le¯’i aus der Familie Ša¯piku Mukı¯n-ze¯ri aus der Familie Basia, (16) indem er 24 ½ Scheqel Silber in Stücken (17-18) als Kaufpreis genannt hat, zum vollständigen Kaufpreis gekauft. (18-19) Er 21) hat (das Silber) erhalten, er ist befriedigt, er ist quitt und hat keinen Klageanspruch. (20-21) Sie werden nicht zurückkehren und einander klagen. (22-24) Wann immer [in Zukunft] sich unter den Brüdern, den Söhnen, [aus der Familie, der Verwandtschaft] oder den Verschwägerten der Familie Ša¯[piku (jemand findet), der auftritt und] (25-26) hinsichtlich des Landes [Klage erhebt], (jemand anderen) klagen läßt, (den Vertrag) ändert, (das Land) vindiziert, (27-28) »Das Silber ist nicht erhalten, das fragliche [Land] ist nicht übergeben worden«, [behauptet], (29-30) dann soll (dieser) Vindikant das Silber, das er (der Verkäufer) erhalten hat, zwölffach zahlen. (31-35) Bei der Siegelung [dieser Tafel] waren als Zeugen anwesend: (Namen von 4 Zeugen einschließlich des Schreibers.) (36-37) Dilbat, 26. Ulu¯lu, 2. Jahr des Be¯l-ibni, Königs von Babylon. (38-39) Fingernagel(abdruck) des Uraš-le¯’i statt seines Siegels. (1-3)
6. Ein Pfründenkaufvertrag
Die Tafel Ash. 1924.485 aus dem Ashmolean Museum in Oxford wurde von G. J. P. McEwan (in: OECT 10 [1984] als Nr. 398) publiziert. Die Lücken in diesem Text wurden nach einem Duplikat aus der Yale Babylonian Collection (YBC 11389, M. deJong Ellis, JCS 36 [1984] 54 f. Nr. 19) ergänzt. (1-2) Die Tempelbetreterpfründe in E-imbi-Anu, dem Heiligtum des Uraš und der Be ¯ letekalli: 6 Liter Brot, 6 Liter Bier, (3-4) Kuchen, Brotbrocken, gutes Bierbrot, Fleisch, Fisch,
20. 21.
nochmals genannt. Wie es auch sonst in diesen Urkunden vorkommt, ist dem Schreiber die Übersicht über die Konstruktion aufgrund des langen Nebensatzes abhanden gekommen. Insgesamt etwa 0,37 ha. Uraš-le¯’i.
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Gemüse, (Reste von den) šugarrû-Opfern, den regelmäßigen Opfern, den šagegurrû-Opfern, (5) (Einnahmen von den) Ritualen im Tempelinneren, Einkommen von den Einnahmen des Tempels aus Spenden 22), soviel es ausmacht, (6) Cerealien- und Fleischzuweisungen 23) sowie jeglicher (Einkommens-)Anteil (aus dem) Tempelbetreterdienst, (7-8) der auf der Bestallungsurkunde des Nabû-ze ¯ ru-lı¯šir, des Sohnes des Ša¯kin-šumi aus der Familie Egibi, festgehalten ist, (9) hat Iqı¯ša-Marduk, Sohn des Nabû-ze¯ru-lı¯šir aus der Familie Egibi, (10) um 2 Minen, 2 Scheqel Silber dem Kudurru, Sohn des Na[bû-ahhe¯˘˘ bullit] (11) aus der Familie Šangû-Dilbat, verkauft; sie haben die Kaufurkunde (12) gesie˙ 24) (13) Erı¯ba-Marduk aus der Familie Egibi, gelt. Später hat Marduk-ša¯pik-ze¯ri, Sohn des (die Pfründe) mit folgenden Worten (14) vindiziert: »Die Pfründe ist mein Familien[besitz]!« (15-17) 2 Minen, 2 Scheqel Silber hat er entsprechend der (Kauf-)Urkunde abgewogen und Kudurru, dem Sohn des Nabû-[ahhe¯-bullit] aus der Familie Šangû-Dilbat, ˙ ¯ša-Marduk gesiegelt hatte, und ˘ mit Iqı gegeben. Kudurru hat [die Urkunde,] (18-19) die˘er die Bestallungsurkunde des Nabû-ze¯ru-lı¯šir zurückgebracht 25) und dem Marduk-ša¯pikze¯ri gegeben. (20-22) Kudurru, Sohn des Nabû-ahhe¯-uballit aus der Familie Šangû-Dilbat, ˙ ˘ ˘ des Erı¯ba-Marduk hat (s)eine Quittung von Marduk-ša¯pik-ze¯ri, Sohn aus der Familie Egibi, empfangen. Er ist zufriedengestellt (23) und hat keinen Klageanspruch. Sie werden nicht zurückkommen (24) und einander (25) klagen. Wann immer in Zukunft sich unter den Brüdern, (26) den Söhnen, der Familie, der Verwandtschaft und den Verschwägerten der Familie (27) Šangû-Dilbat (jemand findet), der auftritt, klagt, (28) (jemand anderen) klagen läßt, (den Vertrag) ändert, (die Pfründe) vindiziert, (29-30) »(Hinsichtlich) dieser Pfründe, die wir bekommen haben, ist kein Vertrag in unseren Familienbesitz gekommen« behauptet, (31) so wird er das Silber, das er 26) empfangen hat, zwölffach zahlen. (32) Bei der Siegelung dieser Urkunde waren als Zeugen anwesend: (33-45) (12 Zeugen einschließlich des Schreibers.) (46-47) Babylon, 14. Nisanu, 18. Jahr des Kandala¯nu, Königs von Babylon.
7. Eine Haustauschurkunde
Die Tafel YBC 11378 wurde von M. deJong Ellis (in: JCS 36 [1984] 61 f. Nr. 24) publiziert. Eine Rute als Flächenmaß umfaßt ca. 12,25 m2. (1-3) Tauschurkunde, der zufolge Marduk-ša ¯ pik-ze¯ri, Sohn des Bamma¯ja aus der Familie Egibi, und Na¯din, Sohn des Ahhe¯a aus der Familie Be¯l-ete¯ri, (ihre Grundstücke) mit˙ ˘ Ruten Baugrund, im Neustadtbezirk einander getauscht haben: (4-6) ˘10 von Babylon, die obere Langseite im Norden neben dem Haus des Marduk-ša¯pik-ze¯ri, Sohn des Bamma¯ja aus der Familie Egibi, (7) die untere Langseite im Süden an der breiten Straße hin-
22. 23. 24. 25. 26.
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šu¯rubtu. kurumma¯tu maššaktu; zu letzterem Wort vgl. zuletzt M. Jursa, Iraq 59 (1997) 122. Marduk-ša¯pik-ze¯ris sonst verwendetes Patronymikon Bamma¯ja ist ein Spitzname, der aus Teilen des vollen Namens Erı¯ba-Marduk durch Anfügung einer hypokoristischen Endung -a¯ja gebildet wurde. Die Urkunde des Nabû-ze¯ru-lı¯šir war also als Retroakte in das Archiv des Nabû-ahhe¯-bullit ˘˘ ˙ gekommen. Der Verkäufer.
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ter dem Be¯let-Eanna-Tempel, (8) die obere Breitseite im Westen neben dem Haus des Marduk-ša¯pik-ze¯ri aus der Familie Egibi, (9) die untere Breitseite im Osten an der schmalen Straße: (10) insgesamt 10 Ruten, das Haus(grundstück) des Na¯din aus der Familie Be¯l-ete¯ri; (11-12) 22 Ruten Baugrund, im Neustadtbezirk von Babylon, die Marduk-ša¯pik˙ der Familie Egibi (13) von Re¯mu¯t und Be¯l-e¯ter, den Söhnen von Zakir aus der ze¯ri aus ˙ im Westen neben dem Haus des Familie Eppe¯š-ilı¯, erhalten hat; (15) die obere Langseite Be¯l-erı¯ba und neben einem Grundstück aus demselben Komplex, (15) die untere Langseite im Osten neben dem Haus des Bamma¯ja aus der Familie Eppe¯š-ilı¯ (und) neben einem Grundstück aus demselben Komplex, (16) die obere Breitseite im Norden an der schmalen Straße, (17) die untere Breitseite im Süden an der breiten Straße, (18-19) dafür hat Marduk-ša¯pik-ze¯ri 1 Mine 18 Scheqel Silber als vollständigen Kaufpreis für 13 Ruten gezahlt und (20) (diese) gegen die 10 Ruten des Na¯din neben dem Haus des Mardukša¯pik-ze¯ri aufgerechnet. 27) (21-24) Na¯din hat Marduk-ša¯pik-ze¯ri 54 Scheqel Silber gegeben und (Marduk-ša¯pik-ze¯ri) hat (damit) den Preis von 9 Ruten auf Anweisung des Na¯din bezahlt und eine gesiegelte Urkunde über 22 Ruten ausgestellt und Na¯din gegeben. (25-26) Für die 13 Ruten, die Marduk-ša ¯ pik-ze¯ri gegen die 10 Ruten von Na¯din aufgerechnet hat, bürgt Marduk-ša¯pik-ze¯ri. (27-28) Für die 10 Ruten neben dem Haus des Marduk-ša¯pik-ze¯ri, die Na¯din gegen die 13 Ruten des Marduk-ša¯pik-ze¯ri aufgerechnet hat, bürgt Na¯din. (29-31) Die 9 Ruten, die Marduk-ša¯pik-ze¯ri auf Anweisung des Na¯din zusammen mit den 13 Ruten, die er gegen die 10 Ruten des Na¯din aufgerechnet hat, erhalten hat, werden Na¯din gehören. (32-34) Marduk-ša¯pik-ze¯ri und Na¯din haben aus freiem Willen die(se) Tauschurkunde ausgestellt und untereinander zur Sicherstellung, daß für alle Zukunft einer gegenüber dem anderen (den Vertrag) nicht ändere, ausgetauscht. (35-46) Bei Ausstellung dieser Urkunde waren Zeugen: (11 Zeugen einschließlich des Schreibers.) (47-48) Babylon, 21. Addaru, Akzessionsjahr des Sin-šarru-iškun, Königs von Assur. (49-50) Nagelabdrücke des Marduk-ša¯pik-ze¯ri und des Na¯din anstelle ihrer Siegel.
8. Eine Sklavenschenkung
Die heute im British Museum befindliche Tafel BM 31020, erstmals veröffentlicht von J. Strassmaier als Nbn. 697, wurde zusammen mit rund 2000 weiteren Tafeln in Babylon gefunden. Der Vertrag gehört zu den Urkunden der Frau (Ina-)Esangila-ramât, die gemeinsam mit Urkunden ihres Mannes Iddin-Marduk aus der Familie Nu¯r-Sin in das Archiv ihres Schwiegersohnes Itti-Marduk-bala¯tu gekommen sind. Die Texte ˙ wurden von C. Wunsch (in: Die Urkunden des Iddin-Marduk, Groningen 1993) ediert; unser Text ist dort Nr. 211. Gegenstand des Vertrags ist ein ehemaliger Sklave aus dem Besitz von (Ina-)Esangila-ramâts Schwiegervater, der seinen Verpflichtungen gegenüber seinem ehemaligen Eigentümer nicht nachgekommen war und dessen Freilassung daher rückgängig gemacht wurde. Der Sklave wurde (Ina-)Esangila-ramât geschenkt, die offenbar bereit war, anstelle des Sklaven für den Unterhalt ihres Schwiegervaters im Alter zu sorgen. Sklavenfreilassungen sowie Adoptionen waren 27.
ú-gam!-mil!.
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probate Mittel für kinderlose Menschen, sich Pflege im Alter zu sichern. Die Tafel stammt aus dem Jahr 543 v. Chr. (1-4) Iqı¯ša ¯ ja, Sohn des Kudurru aus der Familie Nu¯r-Sin, hatte (für) Re¯manni-Be¯l, seinen Sklaven, den man (auch) Re¯mu¯t nennt, eine Tafel über seine Freilassung unter der Bedingung, daß er ihn mit Nahrung und Kleidung versorge, ausgestellt, aber Re¯manni-Be¯l, den man (auch) Re¯mu¯t (5-6) nennt, war, nachdem (Iqı¯ša¯ja) die Freilassungsurkunde ausgestellt hatte, geflohen und (7) hatte (ihm) weder Speise, noch Öl, noch Gewand gegeben. (8-11) Esangila-ramât, die Tochter des Ze¯ria aus der Familie Naba¯ja, Ehefrau von Iddin-Marduk, dem Sohn von Iqı¯ša¯ja aus der Familie Nu¯r-Sin, kümmerte sich um ihn, achtete ihn, versorgte ihn [und] gab ihm Speise, Öl und Gewand. (12-13) Iqı¯ša¯ja, Sohn des Kudurru aus der Familie Nu¯r-Sin, tilgte aus freiem Willen die Freilassungsurkunde des Re¯manni-Be¯l (14-15) und übertrug die Besitzrechte an ihm unter Ausstellung einer gesiegelten Urkunde an Esangila-ramât und Nu¯pta¯ja, ihre Tochter (und) Tochter IddinMarduks aus der Familie Nu¯r-Sin. (16-17) Er wird Esangila-ramât und Nu¯pta¯ja, ihrer Tochter, zu Diensten sein. Nach dem Tod Esangila-ramâts (18) wird er Nu¯pta¯ja, ihrer Tochter, gehören. (19-21) Wer diesen Vertrag ändert oder die Urkunde, die Iqı¯ša¯ja ausgestellt und Esangila-ramât und ihrer Tochter Nu¯pta¯ja gegeben hat, zerbricht, dessen Untergang mögen Marduk und Zarpanı¯tu befehlen. (22-25) Zeugen: (5 Zeugen, darunter der Schreiber.) Babylon, 9. Ajjaru, (26) 13. Jahr Nabonids, Königs von Babylon. (27-28) Im Beisein 28) der Bissa¯ja, Tochter des Iqı¯ša¯ja aus der Familie Nu¯r-Sin.
9. Eine Sklavenweihung
Die von D. Weisberg 1991 als BiMes 24, Nr. 43 publizierte Urkunde wurde bei Raubgrabungen in Uruk gefunden und kam über den Kunsthandel in die Sammlungen des Oriental Institute Chicago (Museumsnummer A 3689). Die Tafel stammt aus dem Jahr 128 v. Chr. und weist eine für die Arsakidenzeit typische Doppeldatierung nach der Seleukiden- und der Arsakidenära auf. Sie hat die Weihung zweier Sklaven zum Tempeldienst in Uruk zum Inhalt. Der Eigentümer hat einen babylonischen Namen; in anderen Texten dieser Art sind die Stifter aber Träger griechischer Namen und mindestens in einigen Fällen wahrscheinlich auch wirklich Griechen und nicht nur Babylonier mit griechischem Zweitnamen. Manche der zugewanderten Griechen nahmen durchaus am traditionellen religiösen Leben in Babylonien Anteil. Uppulu, Sohn des Anu-bala¯ssu-iqbi, Enkel des Anu-ahhe¯-iddin aus der Familie Ahu¯tu, ˘ ˘ Abı¯-immim, seinen Sklaven, ˘ hat Anu, Antu, Sin und Šamaš (2-4) aus freiem Willen 29) der 10 Jahre alt geworden ist, und Illu¯t-Anu, der 6 Jahre alt geworden ist, Söhne des Mattanı¯ta¯, für das Leben der Könige, (5-7) sein eigenes Leben, das Leben der Urukäer, (1)
(7-8)
28. 29.
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Frauen können nicht als Zeugen erscheinen. Wenn dennoch erwünscht ist, daß die implizite Zustimmung einer Frau zu einer Transaktion, die ihre Rechte berührt, festgehalten wird, wird vermerkt, daß die Tafel »in ihrem Beisein« abgefaßt worden ist. târu »zurückkehren«, auch »sich reduzieren zu, werden zu«, wird hier sicherlich unter Einfluß des aramäischen *hwj in der Bedeutung »sein, werden« verwendet: M. Jursa, NABU 2001/103.
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das Leben seines Haushalts und das Leben seiner Söhne für Streichen und Auflegen von Lehmziegeln 30) (für die Arbeit) am Speicher (8-10) für alle Zukunft geschenkt. Weder der besagte [Uppulu] noch irgendein anderer ist berechtigt, den besagten Abı¯-immim und den besagten Illu¯t-Anu, seinen Bruder, Söhne des Mattanı¯ta¯, für (11-12) Silber, als Geschenk, als Mitgift oder [für Dienstleistungen] irgendjemand anderem zu geben. [Sollte er (sie) doch] (12-15) jemand anderem [geben], so ist das nichtig, und [er wird] den Tempel[n von Uruk] [ohne Prozeß] und Klage 1 Mine Gold [zahlen]; [sie gehören den] Tempeln [von Uruk] für alle Zukunft. 31) RS [Zeugen: …], (1’-9’) (9 Zeugen einschließlich des Schreibers, darunter die Griechen (2’-3’) Ariston, Sohn des Diophantos, Antipatros.) Uruk, [x.] Nisanu, (10’) 120. Jahr, das ist das 184. Jahr (der Seleukidenära), Arsakes, der König, und Upulna[…(?)].
10.-11. Urkunden in der Schreiberausbildung Die neubabylonische Schreiberausbildung erfolgte wahrscheinlich zum Teil in »Schulen«, die an die Tempel angeschlossen waren, nachweislich aber auch im privaten Rahmen innerhalb von Schreiberfamilien. Der Unterricht war in drei Stufen geteilt. Die erste Stufe war einfachen Schreibübungen gewidmet. Etwas weiter fortgeschrittene Schüler kopierten auch Ausschnitte von verschiedenen Urkundentypen, vor allem Verpflichtungsscheinen, und Briefen sowie von verschiedenen literarischen Texten, in denen die Ideologie des Königtums eine wesentliche Rolle spielt. In der zweiten Stufe wurden primär Auszüge aus literarischen Texten geschrieben. Hierbei dominieren neben Werken der Beschwörungsliteratur und Gebeten einige für die Untermauerung der vorherrschenden politisch-religiösen Auffassungen wesentliche Texte wie das Weltschöpfungsepos Enu¯ma eliš und die »Stadtbeschreibung« von Babylon. Eine dritte Schulstufe, in der nicht mehr nur Exzerpte, sondern auch ganze Texte geschrieben wurden, diente der »Fachausbildung« je nach Spezialisierung des Schreibers. Die Kenntnis des Schreibens war in dem Personenkreis, aus dem Privatarchive erhalten sind, d. h. im wesentlichen unter der Stadtbevölkerung mit Grundbesitz und häufig Verbindungen zu den Tempeln, weit verbreitet. Grundlegend zur Schreiberausbildung ist P. Gesche, Schulunterricht in Babylonien im ersten Jahrtausend v. Chr., AOAT 275, Münster 2000.
10. Ein neubabylonischer Schultext
Die im Ashmolean Museum Oxford aufbewahrte Tafel Ash. 1924.1546, publiziert von O. Gurney als OECT 11 (1989) 131, ist ein Schultext der ersten Schulstufe. Die Vorderseite bietet einen Auszug aus der ersten Tafel der lexikalischen Liste Ur5.ra = 30. 31.
Wörtlich: »für Lehmarbeit und das Auflegen in Reihen (zum Trocknen der Ziegel)«. Das Verb sudduru bedeutet hier zweifellos nicht »sich kümmern um« (so M. P. Streck, ZA 84 [1994] 287). Ergänzungen in Anlehnung an BRM 2, 53, eine 4 Jahre ältere Sklavenweihung aus Uruk von der Hand desselben Schreibers.
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hubullu. Die mehrkolumnige, aber beschädigte Rückseite enthält Reste einer akro˘ graphischen Liste von Verbalformen und in der hier allein übersetzten letzten Kolumne Übungen zum Formular von Verpflichtungsscheinen. Der Verpflichtungsschein (vgl. schon oben Nr. 4) ist auf Grund seiner Vielseitigkeit der am häufigsten verwendete neubabylonische Urkundentyp: Er kann zur Notierung jeder Art von Obligation verwendet werden. Die Übungen hier beschränken sich auf zwei wesentliche Teile des Formulars: die obligatorische Transaktionsklausel und die fakultative Zinsklausel. Andere fakultative Bestandteile des Klauselinventars, wie z. B. Bürgschafts- und Pfandklauseln, fehlen ebenso wie die obligatorische Angabe von Zeugen, Schreiber sowie Ausstellungsort und -datum. RS II (1’-3’) (Spuren.) [x Mi]nen Silber, Eigentum von Be¯l-e¯ter, Sohn des Be¯l-useppe aus ˙ Ze¯ru-ukı¯n aus der Familie der Familie Gahal, (4’-7’) sind zu Lasten von Bala¯ssu, Sohn des ˘ werden pro Mine 10 Scheqel Silber zu seinen Lasten hinzukommen. 32) Eppe¯š-ilı¯. Jährlich (Doppelstrich.) (8’-10’) 10 Scheqel Silber, Eigentum von Iqı¯ša ¯ ja, Sohn des Ibna¯ja aus der Familie Galla¯bu, sind zu Lasten von … [Sohn des] Šuma¯ja [aus der Familie …] (12’-13’) Monatlich [kommen …] [zu seinen] Lasten? [hinzu …] (Rest der Kolumne verloren.)
11. Ein Gartenpachtvertrag als Schülerübung
Die heute im British Museum aufbewahrten Urkunden BM 42301 und BM 42311+ wurden in Sippar gefunden. Sie stammen aus dem Archiv eines gewissen Be¯l-re¯manni. Dieses Archiv ist insofern von besonderer Bedeutung, als es nicht nur über 150 Rechtsurkunden, sondern auch medizinisch-magische Texte in nur etwas geringerer Anzahl enthält. Die Edition der Urkunden findet sich in: M. Jursa, Das Archiv des Be¯l-re¯manni, Istanbul 1999, die der medizinischen Texte in I. L. Finkel, »On Late Babylonian Medical Training«, in: A. R. George/I. L. Finkel (ed.), Wisdom, Gods and Literature. Studies in Assyriology in Honour of W. G. Lambert, Winona Lake 2000, 137 ff. Von vielen der Texte existiert mehr als eine Abschrift; einige sind in dreifacher, einer sogar in sechsfacher Kopie erhalten. Dies, in Verbindung mit Schreibfehlern und orthographischen Besonderheiten, zeigt, daß das Archiv für die Ausbildung von Schülern (zweifellos aus dem Kreis der Familie) zu Schreibern von Wirtschaftstexten und zu Beschwörungspriestern und Praktikern der Heilkunde benutzt wurde. Be¯l-re¯mannis unten erwähnter Geschäftspartner Nidinti-Marduk war nachweislich ein Beschwörungspriester; aller Wahrscheinlichkeit nach hatte auch Be¯l-re¯manni eine entsprechende Ausbildung. Die Texte gehören der in den typischen Schultexten (wie Nr. 10) nicht repräsentierten dritten »Schulstufe« an. Die hier übersetzten zwei Urkunden aus dem 13. Jahr von Darius I. (508 v. Chr.) haben denselben Geschäftsfall, eine Verpachtung eines Gartens an Be¯l-re¯manni, zum Inhalt. Die Formulierungen weichen aber zum Teil beträchtlich voneinander ab. Obwohl beide Texte denselben Schreiber nennen, sind die Handschriften deutlich voneinander zu unterscheiden. Es 32.
100
Dieser Zinssatz von 16 2⁄3 % p. a. ist sonst unüblich; 20 % p. a. sind die Regel.
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hat den Anschein, als habe hier ein Schüler Varianten des Formulars an einem aus der Praxis genommenen Beispiel durcharbeiten sollen. Die einzige inhaltliche Diskrepanz zwischen den beiden Varianten des Vertragstextes findet sich bei der Angabe der zusätzlich zur Dattelpacht geforderten Zusatzgaben (Zeile 7). Aus einem anderen Vertrag ist ersichtlich, daß die von BM 42301 gebotene Variante »40«, der man (wegen der Pacht von 45 Kor Datteln) als lectio difficilior den Vorzug geben müßte, tatsächlich jene ist, die zur Anwendung gekommen ist. Die Übersetzung folgt zunächst BM 42301; Varianten von BM 42311+ werden in kursiver Schrift in Klammern gegeben. Das dritte erhaltene Exemplar dieses Vertrags, das Fragment BM 43669, wahrscheinlich ein Duplikat zu BM 42301, bleibt hier außer Betracht. Inba¯ja, Tochter des Nabû-šumu-iddin aus der Familie Ile’i-Marduk, (und Nidinti-Marduk, Sohn des Šamaš-šumu-lı¯šir aus der Familie Ile’i-[Marduk], ihr Sohn,) (6) hat (haben) (2-3) aus freiem Willen das gesamte Land von Nidinti-Marduk, aihrem Sohn, Sohn des Šamaš-šumu-lı¯šir aus der Familie Ile’i-Marduka (a…a fehlt in 42311+), (4-6) in Tı¯l-gubbi, Provinz Sippar, gegen jährlich 45 Kor Datteln an Be¯l-re¯manni, Sohn des Mušebši-Marduk aus der Familie Šangû-Šamaš, verpachtet. (6-8) Be¯l-re¯manni wird Inba¯ja jährlich 45 Kor Datteln, 40 (45) Ladungen Feuerholz, 40 (45) Dattelfiederkörbe und 40 (45) (Einheiten) gebackener Datteln in Tı¯l-gubbi zahlen. (9-11) bEr wird das Land bewachen, bewässern und jährlich 1 Kor umgraben. Den Gärtnerlohn wird Be¯l-re¯manni zahlen.b (b…b in 42311+: Für das Land, das Be¯l-re¯manni dort umgräbt, wird er den Gärtnerlohn aus eigenen Mitteln bezahlen. Er wird das Land […], bewässern (und) umgraben.) cDie Arbeit an Damm und Wehr von [Zan(a)zanu], (12-13) sowie die Datteln der Kanalinspektorenabgabe, den Dattelzehnten [und] die Datteln, die der šangû-Priester von Sippar und die Schreiber (14-15) einheben werden, [wird] Inba¯ja von den Datteln, [der Pacht … (d. h.)] von Be¯l-re¯manni(s Schuld), ab[ziehen.]c (c…c in 42311+: Die Arb[eit an] Damm und Wehr von Zan(a)hzain[a], die Datteln der Kanalinspektorenabgabe, den Zehnten und die Datteln, die der šangû-Priester von Sippar von […] einheben wird, wird Be¯l-re¯manni auf Kosten von Inba¯ja und Nidinti-Marduk auf die 45 Kor Datteln anrechnen.) (16-17) d[Ab … des] 14. [Jahres] steht [das Land] auf 8 Jahre als Pachtland zur Verfügung von Be¯l-re¯manni.d (d…d in 42311+: Das Land steht für 8 Jahre zu seiner Verfügung.) (18-24) (7 Zeugen einschließlich des Schreibers, in 42311+ in zum Teil abweichender Reihenfolge.) (25-26) Sippar; 1. Šabatu, 13. Jahr des Darius, Königs von Babylon und aller Länder. (BM 42311+ fügt hinzu: Sie ˙haben jeweils ein (Exemplar der Urkunde) genommen.) (1)
12. Ein Protokoll eines königlichen Eingriffs in die Verwaltung von Tempelländereien
Beginnend mit den späteren Jahren der Regierungszeit Nebukadnezars II., vor allem aber unter Nabonid (556-539 v. Chr.), griff die königliche Verwaltung in die Administration der Tempelländereien ein. Große Teile derselben wurden gegen im Vorhinein vereinbarte Abgaben an private Unternehmer, die zudem oft entweder königliche Beamte oder einfach Günstlinge des Königs waren, verpachtet. Dieses sog. Generalpachtregime sollte zu einer höheren Effizienz der Tempellandwirtschaft beitragen, hatte offenbar aber auch politische Implikationen, insofern als den Tempeln die di101
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rekte Kontrolle über den wichtigsten Sektor ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten entzogen wurde. Die von Raubgräbern in Uruk gefundene Tafel YBC 7534 (veröffentlicht 1920 von R. P. Dougherty als YOS 6 [1920] 103; letzte Bearbeitung G. van Driel, JEOL 30 [1987-88] 61-64) ist ein Schlüsseltext in diesem Zusammenhang. Er legt die ökonomischen Parameter fest – Abgaben, Pflugpensen, Arbeitskosten, usw. –, die im Zusammenhang mit der Generalpacht von Tempelland – sowohl Dattelgarten- als auch Ackerland werden behandelt – des Heiligtums des Hauptgottes von Babylon, Be¯l, zu beachten sind. Dies macht den Text zu einer wichtigen Quelle für die Kenntnis der neubabylonischen Landwirtschaft. Er sollte Modellcharakter haben, wie die Tatsache zeigt, daß die vorliegende Tafel nicht aus den Archiven des Be¯l-Tempels, sondern aus dem Tempelarchiv von Uruk stammt: Im Kontext dieses Archivs kann die Urkunde nur als Musterkontrakt gedient haben. – Die babylonische Maßeinheit Kor kann sowohl als Hohlmaß (= ca. 180 Liter) als auch als Flächenmaß benutzt werden, es bezeichnet dann die Fläche, die mit 180 l Gerste bestellt werden kann (entweder 1,25 oder 1,35 ha). Um der Übersichtlichkeit willen wird dieses Maß im folgenden als »Flächenkor« übersetzt, obwohl das Original keinen Unterschied zwischen Hohlund Flächenmaß macht 33). Das Land des Be¯l, das im Monat Nisan des 7. Jahres von Nabonid, König von Babylon, Be¯l-šarru-usur, der Königssohn, (3) auf Befehl des Königs unter die Großpächter 34) ˙ Pro Flächenkor Gartenland (werden sie) 40 Kor Datteln (zahlen); aufgeteilt hat: (4) (5) davon (sind aber) 5 Kor Datteln für den Lohn der Gärtner (abzuziehen), (6-7) die die Bewässerungsgräben und sonstigen Grabarbeiten machen, die Gartenmauer errichten und die harten Erdklumpen (aus dem Garten) forttragen; das ist, was der Königssohn ihnen zugestanden hat. (8-9) Für Lohn und Remuneration des Distriktaufsehers, [der Schreiber], der Vermesser und der Speicherbediensteten (10-11) werden [pro] Kor (Datteln) 11 ½ Liter als ihr Lohn [und ihre Remuneration] beim Speicher einbehalten. (12-14) (Zusätzlich) sollen sie pro Kor 3 ½ Liter für die Remuneration des Distriktaufsehers, der Schreiber, der Vermesser und der Speicherbediensteten zahlen, die diese (sofort) konsumieren werden. (15) [Jedem Pflug] werden sie 25 Flächenkor Ackerland zuweisen. (16-17) Sie werden [pro] Flächenkor (Ackerland) das Zwölffache an Gerste 35) ohne Abzüge zahlen. (Die Erträge von) 5 Flächenkor Land sind für die Transportkosten, (18-19) die Remunerationen des Distriktaufsehers, der Schreiber, der Vermesser (20-23) und der Speicherbediensteten bestimmt. Pro Pflug sind 4 Ochsen, 2 Kühe (und) 4 Pflüger bestimmt. Die Ochsen werden nicht sterben, sie sind aus Eisen 36). Pro Kor (Gerste) werden sie zu der Pachtabgabe 11 ½ Liter Gerste und Datteln für die (genannten) Remunerationen hinzufügen und dem Esangila 37) zahlen. (23-24) Sie werden die (1-2)
33. 34. 35. 36. 37.
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Wenn die genannten Abgaben bzw. Erträge mit modernen verglichen werden sollen, empfiehlt es sich, die Literangaben für Datteln und Gerste mit 0,6 zu multiplizieren: Dies ergibt die ungefähren Entsprechungen in kg. Wörtlich »die Großen der Pachtabgabe«. D. h. 12 Kor = 2160 Liter. Aus ähnlichen Verträgen wird deutlich, was hiermit gemeint ist: Die Großpächter müssen selbst für die Kompensation jeglicher Ausfälle bei den Pflugrindern sorgen. Dazu können die Kälber der zwei als Ersatz beigegebenen Kühe herangezogen werden. Der Tempel des Gottes Be¯l in Babylon.
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Gerste und die Datteln im Esangila ohne Abzüge zahlen. (25-27) Pro Kor werden sie über ihre Pachtabgabe hinaus 3 ½ Liter als Remunerationen (direkt) an den Distriktaufseher, die Schreiber, die Vermesser und die Speicherbediensteten zahlen. (27-29) Im ersten Jahr werden sie [pro Pflug] 25 Kor Gerste als Saatgut [und 20 Kor für] die Remuneration der Pflüger zahlen. (30) [Insgesamt] werden sie (also) 45 Kor Gerste zahlen.
13. Eine Hausmiete in Verbindung mit einem Werkvertrag
BM 136872 aus den Sammlungen des British Museum, erstmals ediert von C. B. F. Walker (in: JCS 30 [1978] 237-240. Photos 247 f. Kollationen: M. W. Stolper, AOAT 272 [2000] 670 f.; M. Jursa, NABU 2001/102), stammt vom Ende des 11. oder vom Anfang des 12. Regierungsjahres von Darius II. (412 v. Chr.). Gegenstand des Vertrags ist die Vermietung eines Hausgrundstücks, auf dem ein abzureißendes Haus steht, das von den Mietern durch einen Neubau, eine Rohrhütte mit Obergeschoß, zu ersetzen ist. Das Grundstück ist sog. Bogenland, mit dessen Besitz ursprünglich die Verpflichtung zur Stellung eines Bogenschützen für das königliche Aufgebot und später zur Leistung einer entsprechenden Ersatzabgabe verbunden war. (1-3) Ein verfallenes Haus von 4 Ruten 38) Fläche, abzureißen und neu zu bauen, neben dem Haus des Puhhuru, des Sohnes des Re¯mu¯t-Be¯l, neben dem Haus des Liblut, des ˙ ˘ ˘ neben dem Haus des Apla¯ja, des Sohnes des Silla¯ja, das Bogenland Sohnes des Be¯l-[…], ˙ des Mı¯nu-ana-Be¯l-da¯n, (4-7) des Sohnes des Rı¯bat: Mı¯nu-ana-Be¯l-da¯n gab dieses für Neubebauung bestimmte Grundstück ab dem Nisanu des 12. Jahres von König Darius für 14 Jahre dem Itti-Nabû-limmir, Sohn des Šamaš-uballit, und der Be¯let, seiner Frau, Toch˙ (8) Alle halben Ellen werter des Be¯lšunu. Sie werden (dort) eine Rohrhütte errichten. 5 den sie Verbindungsknoten machen, alle ⁄6 Ellen werden sie Bretter einschlagen 39). (9) Sie werden Querbalken auf die Träger legen. Türen aus Rohrmatten (10) werden sie in den Eingängen befestigen, ein Obergeschoß und Fenster(?) darin einrichten (und) (11) (die Hütte) allseitig mit Lehm verputzen. In den Monaten Nisanu, Du’uzu und Kislimu 40) (12-13) werden sie die nu¯ptu-Gaben 41) bringen. 5 Scheqel Silber sollen sie Mı¯nuana-Be¯l-da¯n als Miete für das Grundstück und als šugarrû-Zusatzgabe zahlen. (14) [Sollten Ansprüche an] diesem Grundstück erhoben werden, (15-17) wird Mı¯nu-ana-Be¯l-da¯n, Sohn des Rı¯bat, dieses Grundstück [von den Ansprüchen be]freien und (es erneut) IttiNabû-limmir, Sohn des Šamaš-uballit, und seiner Frau Be¯let, Tochter des Be¯lšunu, zur ˙ Exemplar (der Urkunde) erhalten. (18) Wer den Verfügung stellen. Sie haben jeweils ein Vertrag übertritt, wird 1 Mine Silber zahlen. Zeugen: (19-25) (Insgesamt 13 Personen.) Silber für den Kauf von Rohr haben sie er[halten]. (Der Rest der RS ist verloren. An den Rändern Siegelabdrücke mit Beischriften; linker Rand:) [Siegel des] Mı¯nu-ana-Be¯l-da¯n, Sie-
38. 39. 40. 41.
Etwa 49 m2. Diese Anweisungen waren offenbar standardisiert: Sie finden sich – mit denselben Zahlen – in einem weiteren Vertrag dieser Zeit; s. M. W. Stolper, AOAT 272 (2000) 668 f. Die babylonischen Monate I (März), IV (Juni) und IX (November). Eine Zusatzleistung bei Hausmieten unklarer Natur, ebenso wie das weiter unten genannte šugarrû.
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gel des Be¯l-lu¯mur; (rechter Rand:) [Siegel des] Be¯l-bu[llissu]; (oberer Rand:) Sie[gel des] Be¯l-[…], Sie[gel des] Ea-[ibni], Sie[gel des] B[e¯l-…], Sie[gel des …]; (unterer Rand:) […] Siegel des Ša-Nabû-šu¯, Siegel des Šumu-usur. ˙ 14. Ein Verwahrungsvertrag
BM 31538, erstmals veröffentlicht von D. A. Kennedy als CT 49 (1968) 173, bearbeitet von M. W. Stolper, Late Achaemenid, Early Macedonian, and Early Seleucid Records of Deposit and Related Texts, Neapel 1993, 25 ff. Nr. 8 (Kollationen: M. Jursa, NABU 2001/102), ist eine der nicht allzu zahlreichen seleukidenzeitlichen Urkunden aus Babylon. Das Datum ist verloren, aufgrund der prosopographischen Evidenz muß die Tafel aber in die Jahre um 275 v. Chr. datiert werden. Verwahrungsverträge sind in dieser Zeit verbreiteter als in der früheren neubabylonischen Periode. Dies ist darauf zurückzuführen, daß sich hinter der traditionellen Form der Verträge durchaus innovative Transaktionen verbergen können. In unserem Fall zeigt die Klausel in den Zeilen 9-11, daß die vorliegende Depositumurkunde an Zahlungs Statt an Dritte weitergegeben werden konnte, womit sie zu einer Art Scheck wurde. Man beachte, daß auch in der Spätzeit Münzen in babylonischen Texten immer nur nach ihrem Metallgewicht bewertet wurden. Mindestens am Anfang der Seleukidenzeit verwendete man aber (auch) einen Schlüssel, nach dem griechische Münzwerte direkt in babylonische Gewichtsangaben umgerechnet werden konnten, ohne daß gewogen werden mußte. [12 Scheqel] geläuterten Silbers, Statere mit (dem Bild von) Elefanten, 42) bester Qualität, verpackt und gesiegelt, Eigentum von [Mu¯ra¯nu], Sohn des Be¯l-bullissu, sind als Depositum Abrattu(?) 43), Sohn des Ahu-lapuqi’, (anvertraut). Sobald [Mu¯ra¯nu, Sohn] ˘ (5-9) des Be ¯ l-bullissu, wünscht, wird Barattu(?), [Sohn] des Ahu-lapuqi’, diese 12 Scheqel ˘ und Mu¯ra¯nu, [Sohn des Silber in ihrer Verpackung und mit ihrem Siegel retournieren Be¯l-bullissu,] geben. Jedermann, der rechtens über (dieses) Schriftstück verfügt, (10-11) kann dieses Depositum von 12 Scheqel Silber dem königlichen Erlaß gemäß einfordern. (11-16) Zeugen: (Die Zeugenliste ist nur teilweise erhalten. Das Datum ist ganz abgebrochen. An den Rändern Siegelabdrücke mit Beischriften.) (1-4)
15. Eine Erbteilungsurkunde
Die hier mit Genehmigung der Trustees des British Museum erstmals bekannt gemachte Tafel BM 103451 (1911-4-8, 141) unterscheidet sich von den seltenen anderen neubabylonischen Erbteilungsurkunden dadurch, daß der einleitende Satz nicht die 42. 43.
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Für Abbildungen solcher seleukidischer Tetradrachmen, die auf der Rückseite Athene auf einem von Elefanten gezogenen Wagen zeigen, vgl. z. B. V. K. Golenko, Mesopotamia 28 (1993) 163 f. Die Lesung des Personennamens ist sehr unsicher. Bei seinem zweiten Vorkommen in Zeile 7 wird der Name anscheinend Barattu geschrieben.
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übliche Erbteilungsklausel enthält: »Tafel über die Erbteilung, die … (die Erben) miteinander vorgenommen haben« (o. ä.). 44) Unsere Urkunde nennt einfach die Erbteile, ohne über die Hintergründe oder auch nur detaillierter über die Verwandtschaftsverhältnisse Auskunft zu geben. Diese lassen sich aber weitestgehend über die Filiationen und über die Urkunde AO 19641, übersetzt von F. Joannès (in: Textes économiques de la Babylonie récente, Paris 1982, 312 f.), klären. Geteilt wird der Besitz eines Etellu aus der Familie Šamaš-ba¯ri: Tempelpfründen, Sklaven und Häuser bzw. Hausgrundstücke. Haupterbe ist ein Enkel von Etellu, Silla¯ja; sein (bereits verstorbener) ˙ Die anderen Erben sind zwei Vater Apla¯ja wird Etellus Erstgeborener gewesen sein. Söhne des Etellu und ein drittes Mitglied der Familie Šamaš-ba¯ri, vermutlich ein weiterer Enkel des Etellu. Die Tafel stammt aus dem südbabylonischen Larsa und datiert aus dem 3. Jahr von Nabonid (552 v. Chr.). Einige der Protagonisten sind aus weiteren etwa zeitgleichen Urkunden aus dem Tempelarchiv des Eanna von Uruk bekannt. Die Tafel weist keine Siegel und keine Fingernagelmarken auf. [Tafel über die Anteile von Silla¯ja], Sohn des [Apla¯ja] aus der Familie [Šamaš-ba¯ri, (von) Na¯sir, Sohn des] Etellu aus˙ der Familie Šamaš-[ba¯ri], (von) Šamaš-[ze¯ru-ušabši], Sohn des ˙Etellu aus der Familie Šamaš-ba¯ri, [und (von) Šamaš-erı¯ba], Sohn des Be¯l-e¯ter ˙ aus der Familie Šamaš-ba¯ri. (4-5) Die Pfründe in Verbindung mit dem Brauerdienst des Monats Šabatu vor Šamaš, Aja und den Göttern von L[arsa]: (6) (die Tage) vom 1. bis ˙ zum 7., (letzterer) ein Drittel-Tag, (7) (sind die Tage) von Silla¯ja, Sohn des Apla¯ja; der 7., ein Zweidrittel!45)-Tag, (8) der 8., 9. (und) 15., (letzterer) ˙ein Drittel-Tag, sind die Tage (9) von Na ¯ sir, Sohn des Etellu; der 15., ein Zweidrittel!-Tag, (10) der 16. (und) der 17., (letzterer) ˙ein Zweidrittel!-Tag, sind die Tage von Šamaš-erı¯ba, (11) Sohn des Be¯l-e¯ter; ˙ der 17., ein Drittel-Tag, der 18. (und) der 19. (12) sind die Tage von Šamaš-ze¯ru-ušabši, Sohn des Etellu. 46) Das Silber für 2 Bierfässer 47) (13) vom 8. Nisanu, das (Einkommen in Verbindung mit dem) guqqû-Opfer, steht Silla¯ja, (14) Sohn des Apla¯ja, zu; das Silber für ˙ mit dem) guqqû-Opfer (15) des 8. Tašrı¯tu, 2 Bierfässer, das (Einkommen in Verbindung steht Na¯sir, Šamaš-erı¯ba und Šamaš-ze¯ru-ušabši zu. (16-17) Silber für die Bierfässer, (das ˙ in Verbindung mit den) guqqû-Opfern der Monate Addaru und ArahsamEinkommen ˘ nu, das sie einnehmen werden, wird jeder von ihnen seinem jeweiligen Anteil gemäß (18-19) erhalten. Das guqqû-Opfer, (d. h.) Magenfleisch, esihtu-Fleisch, (und) gekochtes Fleisch aus dem Heiligtum, vom ganzen Monat Šabatu, (20)˘ die Hälfte davon wird Silla¯ja erhalten. Šamaš-iddin, (21) Ašar-ši-bı¯tu, seine Mutter,˙ (und) Šamaš-aplu-usur, Sohn˙ der ˙ ¯ dia ist Aja-be¯lu-usrı¯, (22) sind das Gesinde von Silla¯ja, Sohn des Apla¯ja. (23) Ebabbar-bu ˙ ˙ (24) Sohn des Etellu. Habas¯ıtu und ihre Kinder sind das Gesinde der Sklave von Na¯sir, ˙ ˙ (25) von Šamaš-ze (26-27) Aja-be ¯ ru-ušabši, Sohn des Etellu. T˘a¯b-Esangila, ¯ l-usrı¯, Šamaš-še¯pe¯˙ šuzziz und Aja-bullit¯ınni sind das Gesinde von Šamaš-erı¯ba, Sohn˙ des Be¯l-e¯ter. (28-29) Das Haus des ˙Etellu bis zu (dem des) Huza ¯ lu [und] neben dem Haus des Na¯˙sir ˘ ˙ (1-4)
44. 45. 46. 47.
Für nB Erbteilungen vgl. G. J. P. McEwan, BSOAS 47 (1984) 211 ff. und M. Jursa, NABU 1994/66. Die Tafel bietet hier und in den folgenden Fällen immer 5⁄6 anstelle der erwarteten 2⁄3. Ausweislich der genannten Urkunde AO 19641 aus dem 29. Regierungsjahr von Nebukadnezar hat Šamaš-ze¯ru-ušabši zu dieser Zeit bereits den 24. und 25. Tag der Brauerpfründe desselben Monats erworben. 2 dan-nu-tu kù.babbar, wörtlich »2 Fässer Silber«.
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gehört Silla¯ja, Sohn des Apla¯ja. (30) Der Baugrund an der Stirnseite hdes Hauses von … gehörti˙48) Na¯sir, Sohn des Etellu. (31-32) (Ein Grundstück von) 30 Ellen Länge und 30 El˙ Grundstück von Nabû-le¯’i, Sohn des Nabû-ušallim, und (von) Šamašlen Breite vom ka¯sir, Sohn des Nabû-usallu, (ausgehend gemessen), (33-34) gehört Šamaš-erı¯ba, Sohn ˙ des˙ Be¯l-e¯ter. Was den Speicher betrifft, so werden sie alle so, wie sie (es untereinander) ˙ 49) vereinbaren, darin arbeiten. (35) Die Ziegel, die Balken und das Rohr gehören Šamašze¯ru-ušabši, Sohn des Etellu. 50) (36-37) Die Hälfte aller Bierfässer 51) und Schalen(?) sowie jeglicher sonstiger Habe von Etellu, die sich noch finden sollte, gehört Silla¯ja. ˙ zur (38-39) Schulden, die zu Lasten ihres Vaters Etellu [geltend gemacht werden], sind Hälfte zu Lasten von Silla¯ja. (40-48) (8 Zeugen einschließlich des Tafelschreibers.) Larsa, ˙ (49) 17. Tebetu, 3. Jahr Nabonids, Königs von Babylon. ˙ 16. Begründung einer Geschäftspartnerschaft
Zahlreiche neubabylonische Urkunden betreffen sog. harra¯nu-Unternehmen. Das ˘ Wort bedeutet zunächst »Weg« mit den Spezialbedeutungen »Reise, Geschäftsreise«. In unserer Periode wird es für Geschäftsunternehmen aller Art, nicht nur Handelsunternehmen, verwendet, bei denen mindestens zwei Partner eine Gesellschaft bilden. Oft ist einer der Partner der Geldgeber, der Kommendator, der für das von ihm eingesetzte Kapital – das er zu einem späteren Zeitpunkt aus der Gesellschaft zurückziehen kann – von seinem Partner oder seinen Partnern, dem oder den Kommendator(en), die Hälfte des damit erwirtschafteten Gewinns erwartet. Dies ist bei der folgenden Urkunde der Fall. Formal handelt es sich um einen Verpflichtungsschein. Der Geldgeber erscheint als der Gläubiger, die Schuldner sind die geschäftsführenden Partner. Die hier übersetzte Tafel ist unbekannten Verbleibs. Sie wurde, als sie sich in der Sammlung Amherst (als Nr. 225) befand, von Th. Pinches kopiert. Anhand dieser (unpublizierten) Kopie hat H. Lanz (in: Die neubabylonischen harrânu˘ Geschäftsunternehmen, Berlin 1976, 191 f.) die Erstedition besorgt. Die Tafel stammt aus dem Jahr 611 v. Chr. 5 Minen, 16 Scheqel Silber ab dem Monat Tašrı¯tu des 13. Jahres, Eigentum von Šullumu aus der Familie Nusku-mansi, (4-7) sind zu Lasten von Nabû-na¯din-ahi und Na˘ (Das Silbû-ahhe¯-šullim, den Söhnen des Nabû-uše¯zib aus der Familie Banâ-ša-ilı¯a. (8-11) ˘ ˘ ber dient) für ein Geschäftsunternehmen. Den Gewinn werden Nabû-na¯din-ahi und ˘ BaNabû-ahhe¯-šullim mit Šullumu teilen. (12-15) (3 Zeugen, darunter der Schreiber.) (16-17) ˘˘ (1-3)
48.
49. 50. 51.
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Hier fehlt eine Angabe zur Lage des Erbteils von Na¯sir. Ohne Emendation wäre der in Zeile 30 ˙ beschriebene Baugrund, der an die Stirnseite (des Hauses) von Na¯sir grenzen würde, Teil des Erbes von Šamaš-erı¯ba, und Na¯sir wäre – da er ausweislich von Zeile˙ 29 schon ein Haus besaß? – hinsichtlich des Grundbesitzes˙ leer ausgegangen. a-ki-i, 34i-qa-dip-pu; ein bisher nur in einem Schultext belegtes Verb. Die Bedeutung ist aus dem Zusammenhang geraten. Andere Lesungen des vorletzten Zeichens würden Formen der Verben qat/ta¯pu oder qala¯pu erbringen, die jedoch hier keinen guten Sinn ergeben. ˙ zu den anderen Erben erhält Šamaš-ze¯ru-ušabši also kein Haus(grundstück), Im Gegensatz sondern nur Baumaterialien. dughhNUiidan-nu-tu.
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bylon, 11. Du’uzu, 15. Jahr des Nabopolassar, Königs von Babylohni (Schreibervermerk: abgebrochen) 52).
17. Auflösung einer Geschäftspartnerschaft
Die im British Museum befindliche Tafel BM 82657, erstmals ediert von J. D. A. MacGinnis (in: Iraq 56 [1994] 117 f.; Kollationen: M. Jursa, NABU 2001/102), hat die Auflösung der durch Amherst 225 (oben Nr. 16) begründeten Gesellschaft, die über 23 Jahre hindurch bestanden hat, zum Inhalt. Der Grund hierfür ist sicherlich der Tod des Kommendators, denn es ist sein Sohn, dem hier das eingelegte Kapital und die Rendite ausbezahlt werden. Die Tafel stammt aus dem Jahr 588 v. Chr. Das Silber, das Šullumu, Sohn des Tappu¯a aus der Familie Nusku-mansi, Nabû-na¯din-ahi und Nabû-ahhe¯-šullim, (4-5) den Söhnen des Nabû-uše¯zib aus der Familie ˘˘ Banâ-ša-ilı¯a,˘ für ein Geschäftsunternehmen gegeben hat, (5-8) (dieses) Silber, sein Geschäftskapital sowie seinen Gewinn, seine Dividenden 53) und alles, [was sonst] noch angefallen ist, hat Marduk-ša¯kin-šumi, Sohn des Šullumu aus der Familie Nusku-mansi, bezahlt erhalten. Sie werden (darauf) nicht zurückkommen. (8-12) Marduk-ša¯kin-šumi wird hinsichtlich des Silbers aus seinem Geschäftsunternehmen, seinem Gewinn, seinen Dividenden und allem, was sonst noch angefallen ist, mit Nabû-na¯din-ahi und Nabû-ahhe¯-šullim keinen Rechtsstreit beginnen. (13-23) (8 Zeugen, darunter der˘ Schreiber.) ˘ ˘ 24. Abu, (24-25) 17. Jahr Nebukadnezars, Königs von Babylon. Borsippa, (1-3)
18. Eine Prozeßurkunde
Die Prozeßurkunde Royal Scottish Museum 1909.405.22 aus dem ersten Jahr des Königs Neriglissar (559 v. Chr.) wurde von St. Dalley (in: A catalogue of the Akkadian cuneiform tablets in the collections of the Royal Scottish Museum, Edinburgh, with copies of the texts, Edinburgh 1979) als Nr. 69 ediert (letzte Übersetzung von F. Joannès, Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien [IIIe-Ier millénaires avant J.-C.], Saint Denis 2000, 235 ff. Nr. 173). Sie stammt sicher aus Babylon und ist über den Antikenhandel nach Edinburgh gekommen. Gegenstand des Rechtsstreits sind Mitgiften: Buna¯nı¯tu klagt Be¯l-aplu-iddin, den Sohn (aus erster Ehe, vermutlich) ihres verstorbenen Ehemannes Nabû-šumu-lı¯šir, auf Herausgabe ihrer Mitgift. Es stellt sich jedoch heraus, daß einerseits nicht die gesamte Mitgift, wie von Buna¯nı¯tu behauptet, ausgezahlt worden ist, und andererseits, daß Be¯l-aplu-iddin de facto zahlungsunfähig ist; dies betrifft auch die Mitgift der Ehefrau von Be¯l-aplu-iddin, die sein Vater Nabû-šumu-lı¯šir offenbar verbraucht hat. 52.
53.
Die Tafel ist eine antike Abschrift. Auf der dem Abschreiber vorliegenden Tafel fehlte aufgrund einer Beschädigung nach dem Ortsnamen das Determinativ ki, daher fügte er in seine Abschrift an dieser Stelle den Vermerk »abgebrochen« ein (obwohl er das Zeichen natürlich hätte ergänzen können). rabâtu, wörtl. »Zuwächse«.
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Der Grund- und Sklavenbesitz von Be¯l-aplu-iddin wird geschätzt und als Kompensation für die Mitgiften den beiden Frauen übertragen. Be¯l-aplu-iddins Frau wird angewiesen, mit den daraus lukrierten Mitteln für den Unterhalt ihres Mannes zu sorgen. Die Tafel trägt Siegelbeischriften, aber keine Siegel; sie ist daher eine Abschrift. (1-3) Buna ¯ nı¯tu, Tochter des Ša¯kin-šumi aus der Familie Eppe¯š-ilı¯, hat Be¯l-aplu-iddin, Sohn des Nabû-šumu-lı¯šir aus der Familie Mudammiq-Adad, geklagt; (3-5) sie haben sich an Muše¯zib-Be¯l aus der Familie Eli-ilı¯-rabû-Marduk, den Gouverneur von Babylon, die Richter und die Stadtältesten gewandt und ihr Anliegen vorgebracht. Buna¯nı¯tu sprach dabei wie folgt: (6) »Als mich Nabû-šumu-lı¯šir, der Vater des Be¯l-aplu-iddin, ehelichte, (7) erhielt er 4 Minen Silber als meine Mitgift. Nabû-šumu-lı¯šir (8) ist nun verstorben, und sein Sohn Be¯l-aplu-iddin hat seinen Besitz erhalten, aber bis zum heutigen Tag (9) hat er mir meine Mitgift nicht ausgezahlt«. Be¯l-aplu-iddin hat darauf wie folgt geantwortet: »Von dem, was auf der Tafel (10) über die Mitgift von 4 Minen Silber (steht), die Buna¯nı¯tu mit Nabû-šumu-lı¯šir, (11) meinem Vater, geschrieben hat, sind nur 1 ½ Minen Silber einschließlich des Gegenwerts eines Sklaven (12) meinem Vater tatsächlich gegeben worden. Weil er den Rest des Silbers nicht erhalten hat, (13) hat mein Vater mit Buna¯nı¯tu einen Vertrag geschlossen. (13-15) Im übrigen hat mein Vater Nabû-šumu-lı¯šir auch die Mitgift meiner Frau Etellı¯tu von 5 Minen Silber genommen. (15-16) Ich sehe mich nicht dazu in der Lage, die besagten Mitgiften zu ersetzen. (16-17) Sichtet unsere 54) Besitztümer und zahlt davon die Mitgiften an Buna¯nı¯tu und Etellı¯tu«. Die Urkunde, (18) die Nabû-šumu-lı¯šir im 31. Jahr Nebukadnezars, Königs von Babylon, (19) mit seiner Frau Buna¯nı¯tu wie folgt aufsetzte: »Von (20-21) der Schuld über 4 Minen Silber hat Nabû-šumu-lı¯šir nur 1 ½ Minen Silber einschließlich des Gegenwerts eines Sklaven von Buna¯nı¯tu erhalten«, und die Urkunde (22-24) über 5 Minen Silber, die Mitgift der Etellı¯tu 55), die Nabû-šumu-lı¯šir genommen hat, diese beiden Urkunden hat man vor dem Gouverneur von Babylon, den Richtern und den Stadtältesten laut vorgelesen; dabei wurden 1 ½ Minen Silber (25) als Mitgift der Buna¯nı¯tu sowie 5 Minen Silber als Mitgift (26) der Etellı¯tu in ihrer Gegenwart verifiziert. Darauf hat man eine Inventur der Güter Nabû-šumu-lı¯širs (27) mit folgendem Ergebnis vorgenommen: ein Feld […] (28-30) in der Provinz Kiš einschließlich eines Gartens, der […, ein Haus] im Te-Viertel in Babylon so[wie …-tu und ihre Tochter], die Sklavinnen: Diese Besitztümer des Nabû-šumu-lı¯šir haben sie gesichtet. (31) Der Gouverneur von Babylon, die Richter und die Stadtältesten haben untereinander beraten und (32-34) (den Wert) dieses Feld(es) und den Silberwert des Hauses und der […]-tu und ihrer Tochter auf 6 ½ Minen Silber berechnet und (diese Dinge) Etellı¯tu und Buna¯nı¯tu als Ersatz für ihre Mitgiften von 6 ½ Minen Silber gegeben. Etellı¯tu (35-36) und Buna ¯ nı¯tu werden diese Besitztümer anstelle der 6 ½ Minen Silber in Besitz nehmen; für jede einzelne Mine (37-39) ihrer Mitgift sind sie damit zufriedengestellt. Be¯l-aplu-iddin wird von seiner Frau Etellı¯tu Nahrung und Kleidung bis zum Wert ihrer Mitgift beziehen. Kein Gläubiger (40-42) von Nabû-šumu-lı¯šir und Be¯l-aplu-iddin hat Anspruch auf irgendetwas, das Etellı¯tu oder Buna¯nı¯tu anstelle ihrer Mitgiften gegeben worden ist. Er (der Gläubiger) wird Be¯l-aplu-iddin wegen irgendeines bestehenden Gut-
54. 55.
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D. h. die Nabû-šumu-lı¯širs und Be¯l-aplu-iddins. Text fälschlich: Buna¯nı¯tu.
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Neubabylonische Texte
habens (43) nicht klagen; das Urteil für sie ist schon gesprochen, die sie betreffende Entscheidung bereits gefällt. (44-45) Um Änderungen zu verhindern, haben der Gouverneur von Babylon und die Richter eine Tafel geschrieben, mit ihren Siegeln gesiegelt und Etellı¯tu und Buna¯nı¯tu gegeben. (46-58) Bei Ausstellung dieser Tafel (waren anwesend): (12 Zeugen, darunter der Gouverneur von Babylon, 3 Richter und der Schreiber.) (59) Babylon, 22. Tašrı¯tu, 1. Jahr des Neriglissar, Königs von Babylon. (Siegelbeischriften, linker Rand:) Siegel des Gouverneurs von Babylon Muše¯zib-Bel; (rechter Rand:) Siegel des Richters Nergal-ina-te¯ši-e¯ter, Siegel des Richters Be¯l-ze¯ri; (oberer Rand:) Siegel des Richters Marduk-ša¯kin-šumi. ˙
19. Eine Landkaufurkunde mit historisch-juridischem Prolog
Diese 1908 von R. Koldewey in Babylon ausgegrabene Tafel trug ursprünglich die Fundnummer »Babylon 35275«. Sie wurde 1917 aus dem Grabungshaus in Babylon gestohlen und später dem British Museum verkauft, wo sie als BM 120021 (1928-7-16, 21) inventarisiert wurde. Die Erstedition besorgte E. Weidner (in: AfO 17 [1954/6] 1 ff.) nach dem Grabungsphoto (letzte Übersetzung: F. Joannès, Rendre la justice en Mésopotamie. Archives judiciaires du Proche-Orient ancien [IIIe-Ier millénaires avant J.-C.], Saint Denis 2000, 203 f. Nr. 147). Eine Kollation des lange verschollen geglaubten Originals (M. Jursa, NABU 2001/102) hat mehrere Verbesserungen ermöglicht. Die Urkunde stammt aus dem 11. Regierungsjahr von Nebukadnezar II. (593 v. Chr.). Gegenstand des Vertrags ist der Kauf von Land, das von König Nebukadnezars Vater und Vorgänger konfisziert und dem Tempel des Nabû in Borsippa geschenkt worden war, das der ursprüngliche Eigentümer zum Teil aber ebensowenig wie sein Sohn nach ihm herausgegeben hatte. Der Sohn wurde, wie die Einleitung berichtet, von Nebukadnezar dieses (oder eines anderen) Vergehens überführt und zum Tode verurteilt, das Land endgültig dem Tempel überantwortet. In der vorliegenden Urkunde kauft nun ein gewisser Marduk-šumu-usur einen Teil dieses ˙ Landes. Die Tafel weist keine Siegelabdrücke und keine Fingernagelmarken auf. Ba’u-ahu-iddin, Sohn des Nabû-ahhe¯-bullit aus der Familie Ašare¯d-…, hatte verbre˙ (5-6) die Eidesverpflichtung gegenüber ˘ ˘ ˘ geplant, cherische Missetaten begangen, Übles seinem königlichen Herrn nicht geachtet, sondern sich dauernd in verräterischer Weise betätigt – (7) da (15) durchschaute (7-9) Nebukadnezar, König von Babylon, der Fürst, der (immer) überlegt handelt, der Hüter (seiner) weit ausgebreiteten Untertanen, (10-13) der wie die Sonne alle Länder überblickt, der für Recht und Gerechtigkeit sorgt (und) (jeden) Übeltäter und Böswilligen verdirbt, (14-16) gründlich die üblen Machinationen des Ba’u-ahu-iddin und deckte seine Verschwörung auf. (17-20) Öffentlich überführ˘ te er ihn der Freveltat, die er begangen hatte, blickte ihn zornig an und befahl seinen Tod, worauf man ihn hinrichtete 56). (21) Hinsichtlich des Besitzes seines Vaters Nabû-ahhe¯-bullit, (22-23) den Nabopolassar, König von Babylon, der Vater, der ihn 57) ge˙ ˘˘ (1-4)
56. 57.
Wörtlich: »befahl sein Nicht-Leben, worauf man seine Kehle durchschnitt«. Nebukadnezar.
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zeugt hatte, dem Tempelbesitz des Ezida 58) zugezählt hatte, wovon (aber) (24-25) Nabû-ahhe¯-bullit in verbrecherischer Weise etwas zurückbehalten und Ba’u-ahu-iddin ˙ hatte – (26-27) Nebukadnezar, König von Babylon, der Fürst, der ˘˘ ˘ […], übernommen (27-30) zählte durch seinen gerechten Spruch, der wie der der Götter unabänderlich ist, auch den Rest des Besitzes des Nabû-ahhe¯-bullit in Stadt und Land, soviel er ausmacht, ˙ Gesinde gegen Silber. RS (1) Zu die˘˘ dem Tempelbesitz des Nabû zu und verkaufte sein (8-10) ser Zeit kaufte Marduk-šumu-usur, Sohn des Silim-Be¯l aus der Familie Šigûa, für 26 Minen Silber in Stücken (1-2) 1 Kor,˙ 1 pa¯nu, 4 su¯tu 59) Gartenland mit Dattelpalmen im Bewässerungsbezirk des Nabû-udammiq, im Fünfziger-Land 60) der Adna¯ja-Familie, (3) mit der oberen Langseite angrenzend an (das Land des) Ša ¯ pik-ze¯ri aus der Familie Ilia, (4) mit der unteren Langseite angrenzend an (das Land des) Nabû-be¯l-šuma¯ti aus der Familie Galla¯bu, (5) mit der oberen Breitseite angrenzend an den Borsippa-Kanal (und) mit der unteren Breitseite angrenzend an (das Land des) (6) Itti-Marduk-bala¯tu ˙ und des Nabû-šumu-iškun, der Söhne des Nikkassu, des Sohnes des (7) Ma¯r-bı¯tiahhe¯-iddin aus der Familie Ibna¯ja, (und angrenzend an das Land des) Nabû-e¯ter-napša¯ti ˙ Nabû, ˘ ˘aus der Familie Atkuppu. (10) Er zahlte das Silber an die Tempelkasse des (8) (11-12) und seitens des Ezida stellte man eine gesiegelte Tafel aus und übergab (sie) ihm für alle Zukunft. (13-24) Bei Siegelung dieser Tafel waren zugegen: (Es folgen die Namen von 11 Zeugen, darunter der Schreiber.) (25-26) Borsippa, 22. Šabatu, 11. Jahr des Nebu˙ und entsprechend kadnezar, Königs von Babylon. Er wird die Feldfläche nachmessen (dem Wortlaut) der Urkunde (27) wird (die ihm zugewiesene) Feldfläche vergrößert oder verkleinert werden.
58. 59. 60.
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Der Tempel des Nabû in Borsippa. 1,8 ha. »Fünfziger« sind geplant angelegte regelmäßige Feldkomplexe zum Zwecke der (Wieder-)Erschließung von verödetem Land.
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II. Altsyrische Texte
Texte aus Ugarit Josef Tropper / Juan-Pablo Vita In Ras Shamra/Ugarit wurden Hunderte von Rechtsurkunden geborgen, die jedoch nicht alle in Ugarit selbst verfaßt wurden. Die Texte behandeln zum Teil international relevante Themen, zum größeren Teil jedoch interne Probleme. Im folgenden wird nur die letztere Gruppe behandelt. Hierzu zählen, soweit bisher publiziert (Stand 2001), rund 230 akkadischsprachige und elf ugaritischsprachige Texte (KTU 2.19, 3.1 – 3.10). Sie stammen alle aus Ugarit selbst und lassen sich ins 14. und 13. Jh. v. Chr. datieren. Die Mehrzahl wurde unter den Königen Niqmaddu II, Arhalba, ˘ Niqmepa und Ammittamru II (d. h. 1350 – 1235) erstellt. 1) Fast alle Urkunden wur¯ den im Königspalast (hauptsächlich im Zentralarchiv) gefunden; einige stammen aus Privathäusern, deren Besitzer (Rapanu, Rašapabu, Urtenu u. a.) offenbar enge Beziehungen zum Palast unterhielten. Die betreffenden Rechtsurkunden behandeln unterschiedliche Themenbereiche und liefern uns auf diese Weise wichtige Informationen zur ugaritischen Gesellschaft. Mit Abstand am häufigsten geht es um Immobiliengeschäfte (z. B. Kauf und Verkauf von Grundstücken und/oder Häusern). Dabei spielt meist der König von Ugarit eine betont zentrale und aktive Rolle. Daneben sind folgende andere wichtige Textgattungen belegt: Befreiungs- und Heiratsurkunden (RS 8.208 = 8.303), Testamente (RS 8.145, RS 16.144), Schenkungsurkunden (RS 15.Z, KTU 3.2), Bürgschaftsurkunden (RS 15.81 und KTU 3.3), Schuldurkunden (KTU 4.782) und Prozeßprotokolle (RS 16.356). Die Rechtsurkunden von Ugarit stehen in der babylonischen Rechtstradition. Sie enthalten aber auch Elemente und Formeln, die nur in Syrien bzw. nur in Ugarit selbst vorkommen (z. B. die Einleitungsformel ištu u¯mi annîm »(datiert) vom heutigen Tag«, die našû – nada¯nu Formel, die Verwendung des Verbs sama¯du »überge˙ ben«[?] und anderes). Teilweise ist auch die Syntax ugaritisch geprägt. Die wenigen ugaritischsprachigen Urkunden sind eindeutig vom akkadischen Formular abhängig. Sie zeigen aber, daß im Prinzip auch das Ugaritische als offizielle Rechtssprache zulässig war. Folgende sechs Rechtsurkunden aus Ugarit wurden bereits in TUAT I/3, 210-214 1.
Chronologie gemäß I. Singer, A Political History of Ugarit, in: W. G. E. Watson/N. Wyatt (ed.), Handbook of Ugaritic Studies, Leiden 1999, 603-733.
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von M. Dietrich und O. Loretz übersetzt: RS 16.343 (Landtausch), RS 16.139 (Feldkauf), RS 15.92 (Adoption), KTU 3.4 (Freistellungsurkunde), KTU 3.8 (Bürgschaftsurkunde) und RS 15.90 (Erbschaft). Literatur: G. Boyer, La place des textes d’Ugarit dans l’histoire de l’ancien droit oriental, in: J. Nougayrol, Le Palais Royal d’Ugarit III, Paris 1955, 283-308; J. Huehnergard, The Akkadian of Ugarit, Atlanta 1989, 11 und 323-328; B. Kienast, UF 11 (1979) 432-452; S. Lackenbacher, Textes akkadiens d’Ugarit, Paris 2002; Fl. Malbran-Labat, Sem. 49 (1999) 65-101 (besonders 78-87); I. Ma´rquez, The Legal Texts from Ugarit, in: W. G. E. Watson/N. Wyatt (ed.), Handbook of Ugaritic Studies, Leiden 1999, 390-422; D. Pardee/P. Bordreuil, Ugarit. Texts and Literature, in: ABD VI (1992) 718-720; W. H. van Soldt, Studies in the Akkadian of Ugarit. Dating and Grammar, Neukirchen-Vluyn 1991, 235-237.
Rund die Hälfte der in Ugarit gefundenen Texte sind Wirtschaftstexte (engl.: »Economic texts« bzw. »Administrative texts«). Sie wurden in allen Archiven der Stadt, insbesondere im Königspalast, aber auch in Privatarchiven, gefunden. Die Texte sind entweder auf Akkadisch (in syllabischer Keilschrift) oder auf Ugaritisch (in Keilalphabetschrift) verfaßt. Anders als bei den Rechtsurkunden überwiegen hier jedoch mit rund 800 Texten und Fragmenten eindeutig die ugaritischsprachigen Texte. Es bleibt dabei unklar, nach welchen Kriterien die Sprachwahl erfolgte. Einige ugaritischsprachige (alphabetische) Texte (KTU 4.63) enthalten syllabische (sumero-akkadische) Summenangaben bzw. Zusammenfassungen. Sie zeugen davon, daß Schreiber in Ugarit gewöhnlich beide Sprachen und Schriftsysteme beherrschten. Die Gruppe der Wirtschaftstexte umfaßt im einzelnen sehr verschiedene inhaltliche Gattungen. Es überwiegen listenhafte Texte, vor allem Auflistungen von Personennamen (mit bzw. ohne Filiation, Gentilizium, Berufsangabe usw.) oder Ortsnamen, jeweils mit spezifischen Angaben, zumeist Geldbeträgen oder genannten Warenmengen. Daneben gibt es unter anderem Texte, die Grundstücke oder Immobilien zum Thema haben, Waffenverteilungslisten (KTU 4.63), Auflistungen von Berufsgruppen und Bediensteten (KTU 4.609), Listen von Nahrungsmittelrationen (z. B. Wein- und Öllieferungen, vgl. RS 20.425), Lieferungen von Rohstoffen (wie z. B. Hölzer oder Farbstoffe) und Lieferungen von Textilien (KTU 4.132). Die Texte gestatten somit Einblicke in verschiedene Aspekte der Ökonomie, insbesondere der Palastwirtschaft (KTU 4.266, 4.213), der Verwaltung und der sozialen Organisation (KTU 4.96, 4.102, 4.295) eines syrischen Stadtstaates der Spätbronzezeit. Sie enthalten aber auch Informationen über die Beziehungen zu anderen Staatsgebilden (RS 34.147) oder über Aspekte des Kultes (KTU 4.168). Die vielen in den Wirtschaftstexten erwähnten Personennamen lassen sich verschiedenen Sprachen zuordnen: Die Mehrzahl (gut 50 %) ist ugaritisch; daneben gibt es hurritische und (seltener) anatolische (hethitische, luwische) Namen. Folgende vierzehn ugaritische Wirtschaftstexte wurden in TUAT I/3, 214-219 von M. Dietrich und O. Loretz übersetzt: KTU 4.29 (RS 3.320) 4.126 (RS 14.84) 4.128 (RS 14.176) 4.137 (RS 15.15+) 4.145 (RS 15.34) 4.149 (RS 15.39) 4.165 (Z. 16-20) (RS 15.76) 4.169 (RS 15.83) 4.226 (RS 16.268) 4.310 (RS 17.392) 4.347 (RS 18.35) 4.356 (RS 18.46) 4.369 (RS 18.78) und 4.385 (RS 18.110).
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Texte aus Ugarit
Literatur: D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001; M. Heltzer, The Economy of Ugarit, in: W. G. E. Watson/N. Wyatt (ed.), Handbook of Ugaritic Studies, Leiden 1999, 423-454; S. Lackenbacher, Textes akkadiens d’Ugarit, Paris 2002, 335-342; Fl. Malbran-Labat, Sem. 49 (1999) 65-101 (besonders 87-100); G. del Olmo/ J. Sanmartín, Kultisches in den keilalphabetischen Verwaltungs- und Wirtschaftstexten aus Ugarit, in: M. Dietrich/I. Kottsieper (Hg.), »Und Mose schrieb dieses Lied auf«. Studien zum Alten Testament und zum Alten Orient, FS O. Loretz, Münster 1998, 175-197; D. Pardee/P. Bordreuil, Ugarit. Texts and Literature, in: ABD VI (1992) 712-718; J. Sanmartín, Wirtschaft und Handel in Ugarit: Kulturgrammatische Aspekte, in: M. Dietrich/O. Loretz, Ugarit. Ein ostmediterranes Kulturzentrum im Alten Orient, Bd. I, Münster 1995, 131-158; J.-P. Vita, The Society of Ugarit, in: W. G. E. Watson/N. Wyatt (ed.), Handbook of Ugaritic Studies, Leiden 1999, 455-498.
1. Rechtsurkunden 1.1 Befreiungs- und Heiratsurkunde (RS 8.208 = 8.303) 2) Erstveröffentlichung: F. Thureau-Dangin, Syr. 18 (1937) 253-254. Literatur: J. Nougayrol, PRU III, 110-111; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 332-333. Fundort: Östliche Unterstadt.
Ein hoher Beamter der Königin von Ugarit salbt eine Frau. Mit dieser Symbolhandlung befreit er sie aus der Sklaverei, im vorliegenden Fall konkret aus dem Prostituiertenstand, und schafft damit die Voraussetzung für ihre nachfolgende Heirat. Der Text beweist, daß Sklaverei in Ugarit nicht notwendigerweise auf Lebenszeit angelegt war. Datiert vom heutigen Tag 3) hat Kilbi-ewri, 4) Vorsteher 5) des Hauses der Königin, vor Zeugen Eliyawa, seine Sklavin, aus dem Prostituiertenstand 6) entlassen. (7-9) Und er(!) goß Öl auf ihr Haupt und erklärte sie für rein (folgendermaßen): (10-12) »Wie die Sonne frei ist, so ist Eliya[wa] frei auf immer« 7). (13-14) Ferner: Puriya¯nu, Angehöriger der namû-Klasse, 8) hat sie zur Frau genommen. (15-18) Und Puriya¯nu, ihr Gatte, hat 20 (Schekel) Silber präsentiert und sie dem Kilbi-ewri übergeben. 9) (19-22) (Vier Zeugen ohne Filiation.) Siegel des Kilbi-ewri. 10) (1-6)
2. Vgl. zur Nummerierung dieses Textes P. Bordreuil/D. Pardee, La trouvaille épigraphique de l’Ougarit. 1. Concordance, Paris 1989, 46. 3. Diese Formel begegnet auch in Texten aus Emar und Alalah. ˘ 4. So mit S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 332-333. 5. sa¯kinu (maškim = Ug. skn, Heb. so¯ken). 6. kid.kar = harim(t)u¯tu, vgl. AHw 325. Kollation: S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 333 ˘ Anm. 1211. 7. Lesung der Zeilen 6 bis 12 nach J. Nougayrol, PRU III, 110-111. Vgl. aber Kollationen bei J. Huehnergard, The Akkadian of Ugarit, Atlanta 1989, 349: Z. 10 ki-i-me-e d[UT]U-ši zaku-ti, Z. 11 ki-i za-ki fe-li-ia. 8. In Ugarit und Alalah belegt, vgl. AHw 729 (»in der Steppe wohnend«); CAD N, 251 (»a class ˘ of person«). 9. Über die Beziehungen zwischen Kilbi-ewri und Puriya¯nu sind wir nicht unterrichtet. 10. Auf der Fläche des Siegelabdrucks steht: »In Zukunft darf sich Puri[ya¯nu] dem/der […] nicht nähern«.
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1.2 Testament (RS 8.145) Erstveröffentlichung: F. Thureau-Dangin, Syr. 18 (1937) 249-250. Literatur: S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 272-273. Fundort: Akropolis. Foto: P. Bordreuil/D. Pardee, La trouvaille épigraphique de l’Ougarit. 1. Concordance, Paris 1989, 47 (»Figure 15 – a«).
Die vorliegende Urkunde gibt Einblicke in das ugaritische Familienrecht, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und die Pflichten der Kinder gegenüber ihren Eltern. Dem Text zufolge setzt ein Mann seine Frau als Alleinerbin ein. Sie kann damit nach seinem möglicherweise bevorstehenden Tod selbst entscheiden, wer von ihren beiden Söhnen in Zukunft den Familienbesitz erben wird. Gewöhnlich wird in Ugarit – wie auch sonst im Alten Orient – der Erstgeborene erbrechtlich klar bevorzugt. Unser Text zeigt jedoch, daß dies keine feste Regel war und daß Kinder keinen automatischen Anspruch auf Erbschaft hatten. Bei sozialem Fehlverhalten konnten Kinder enterbt werden. (1-3) Datiert vom heutigen Tag hat Yarimma ¯ nu vor Zeugen folgendes gesagt: (4-7a) »Alles, was mir gehört, was Pidaya 11) zusammen mit mir erworben hat, (7b-12) (nämlich) meine Ochsen, mein Kleinvieh, meine Esel, meine Sklaven, meine Sklavinnen, der bronzene Dreifuß, 12) der bronzene Topf, das bronzene tallu-Gefäß, meinen Korb, das Feld des Binu-Haras¯ına, das am Fluß Rahba¯nu 13) liegt, (13) gebe ich hiermit Pidaya, meiner ˘ ˙ ˙ Frau. (14-15) Was meine zwei Söhne betrifft, Yadlı¯nu, den älteren, und Yanha ¯ mu, den jüngeren: ˘ (16-18a) Wer auch immer von ihnen gegen Pidaya vor Gericht zieht (18b-20a) oder Pidaya, ihre Mutter, schlecht behandelt, (20b-23) muß dem König 500 Schekel Silber zahlen, sein Gewand an den Türriegel hängen und seines Weges gehen. 14) (24-26) Wer von ihnen aber Pidaya, seine Mutter, gut behandelt, dem wird sie ihre Habe 15) geben«. (27-32) (Fünf Zeugen mit Filiation.) Burqa ¯ nu (ist) der Schreiber.
1.3 Leviratsehe in der Königsfamilie von Ugarit? (RS 16.144) Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, PRU III, 76. Literatur: A. Skaist, »Levirat«, RLA VI (19801983) 607-608; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 288-289. Fundort: Königspalast, Arch. Centrales, Hof IV.
Der folgende Text wurde in der Vergangenheit von einigen Autoren als Beweis für die Existenz der Leviratsehe (vgl. Dtn 25,5-10; Gen 38,8-30; Rut 4) in Ugarit angesehen. Der entscheidende Wortlaut (Zeile 4-9) des Textes, der den letzten Willen des Königs Arhalba wiederzugeben scheint, ist nicht eindeutig. U. E. wollte Arhalba gewähr˘ ˘ 11. 12. 13. 14. 15.
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Pidaya: So mit S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 272 (vgl. den PN Pdy, DLU II 345); vgl. aber auch den PN Bdy (dazu DLU I 106, mit Verweis auf RS 8.145). Vgl. dazu S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 272 und Anm. 943. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 394: »Fluß im Territorium von Ugarit, der heutige Nahr alKabı¯r«. Vgl. ähnliche Formel in Emar: Text Emar VI 181. sum-ša. Kollation: W. H. van Soldt, Studies in the Akkadian of Ugarit. Dating and Grammar, Neukirchen-Vluyn 1991, 480; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 273 Anm. 946.
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Texte aus Ugarit
leisten, daß ihm sein Bruder (Niqmepa), und niemand sonst, auf den Thron folgt. Voraussetzung dafür war, daß Niqmepa die Witwe seines Bruders zur Frau nahm. Tatsächlich wurde Niqmepa nach Arhalba König von Ugarit. Als Gattin des Niqmepa ˘ ist allerdings (nur) eine Frau namens Ahatmilku bezeugt. ˘ (1-3) Datiert vom heutigen Tag hat Arhalba, König von Ugarit, folgendermaßen gesprochen: (4-5) »Wenn ich in der Zukunft ˘sterben sollte, (6-8) so soll den, der Kubaba, die Tochter des Tak3a¯nu(?) 16), meine Frau, von meinem Bruder weg(nimmt und) sie zur Frau nimmt (und so den Thron an sich reißt) 17), (9) Ba2lu (mit seinen Wasserfluten) ertränken. (10) Der Thron (von ihm) soll nicht groß werden 18). (11) Das Haus soll nicht gedeihen. (12-13) Ba2lu, der Herr des Hazzi Gebirges, 19) soll ihn ertränken«. ˘ 1.4 Grundstückskauf durch die Königin (RS 17.86+) Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, Ug V (1968) 262 f. Nr. 159. Literatur: S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 292. Fundort: Königspalast, Zentralarchiv, Raum 66.
Der Text illustriert, daß die Königin von Ugarit ihren Besitz ganz frei verwalten konnte. Von dieser ökonomischen Unabhängigkeit zeugt auch die selbständige Verwaltungseinheit des sogenannten »Hauses der Königin«. Einige der betreffenden Beamten sind uns bekannt, wie etwa der erste Zeuge dieser Urkunde (mit Siegelabdruck), Šipti-Ba2lu, seinerseits ein wichtiger Kaufmann und durch Heirat Mitglied ˙ der königlichen Familie, 20) ferner der »Palastverwalter der Königin« (fünfter Zeuge) und schließlich der »Vorsteher des Hauses der Königin« (vgl. oben RS 8.208). Datiert vom heutigen Tag haben Ilı¯ya, Sohn des Sinı¯ya, und Padı¯ya, sein Bruder, und ihre Söhne vor Zeugen (6-10a) vier ihrer Felder, die in der Flur Sa¯2u liegen, für 180 (Schekel) Silber an die Königin Šarelli abgetreten. (10b-13) (Diese) ˙vier Felder sind (hiermit) vor der »Sonne des Tages« 21) auf immer (vertraglich) an die Königin Šarelli gebunden. (1-5)
16. 17.
18.
19. 20. 21.
So mit S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 288 und Anm. 1025: »Peut-être ta´k-a-AŠ (collation)«. ù ša fKu-ba-ba … iš-tu ŠEŠ-ia ša i-hu-uz-ši. W. H. van Soldt, The Queens of Ugarit, JEOL 29 ˘ Übersetzung: »If in the future I will die, then the one (1985-1986) 70 bietet folgende andere from among my brothers who marries Kubaba daughter of Tak3a¯nu, my wife, may Ba2lu wash him away …«; vgl. auch ders., Studies in the Akkadian of Ugarit, 505. Demnach wollte Arhalba mit dieser Urkunde gerade verhindern, daß sein Bruder an die Macht kommt. S. La˘ ckenbacher, LAPO 20 (2002) 288: »si, à l’avenir, moi je meurs, que Ba2al noie celui qui, hormis mon frère, prendrait en mariage Kubaba …«, mit Anm. 1026. Wörtlich: »Er soll den Thron nicht groß machen (können)« (giš.gu.za la ú-ra-bi). D. Arnaud, Prolégomènes à la rédaction d’une histoire d’Ougarit II: les bordereaux de rois divinisés, SMEA 41 (1999) 169 Anm. 58 schlägt vor: giš.gu.za la ú-ra-kas »(de raka¯su ›mettre en place‹)«, »Qu’il ne puisse installer la chaise (pour les rephaïm)«. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 128: »Heiliger Berg, Wohnsitz des Gottes Ba2al…Der heutige G˙abal al-3Aqra2/Kel Dagˇ (kanaan. Sapunu, griech. ka´sion óros, lat. mons Casius)«. ˙ 709-713. Vgl. unten RS 20.425. J.-P. Vita/J. M. Gala´n, UF 29 (1997) i-na dutu-ši ud-mi. S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 247 Anm. 844: »cette expression est particulière à Ougarit«; G. I. Miller, Studies in the Juridical Texts from Ugarit, PhD Diss., The Johns Hopkins University 1980, 354: »publicly«; CAD Š/1, 338: »from this day on«.
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(Fünf Zeugen, darunter Šipti-Ba2lu und der Palastverwalter der Königin. Der Name ˙ des Schreibers, letzte Zeile, ist abgebrochen.) (14-19)
1.5 Landkauf (RS 17.149) Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, Ug V (1968) Nr. 6. Literatur: S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 252-253. Fundort: Haus des Rašap-abu. Foto: Ug V (1968) 613 f.
Kauf von Ländereien durch ein Ehepaar vor Zeugen. Dabei tritt die Frau explizit neben ihrem Mann als Käuferin auf. Aus der Urkunde geht hervor, daß das erworbene Gelände ursprünglich der Familie der Frau gehört hatte. Demnach konnte diese den alten Besitz ihrer Familie (oder einen Teil davon) durch Kauf zurückgewinnen. Schreiber (ist) Munahhimu. ˘ ˘ Tag haben Rašap-abu und Pidda, seine Frau, vor Zeugen von Datiert vom heutigen Yarimma¯nu, Sohn des Huzamu, (4-9) vier ikû-Maß 22) Ackerland zusammen mit dem Oli˘ (und) den Aufsehern, 23) (alles gelegen) in der Flur Sa¯2u, für venhain, der Dienerschaft 400 (Schekel) Silber erworben. (10-15a) Felder (und) Olivenhain sind (hiermit) ˙vor der »Sonne des Tages« (vertraglich) auf immer an Rašap-abu und Pidda, seine Frau, und an ihre Söhne gebunden. (15b-18a) Sollten Yarimma¯nu und seine Söhne es sich (irgendwann) in der Zukunft anders überlegen, (18b-20) dann müßten sie 1000 (Schekel) Silber bezahlen, und (dennoch) blieben die Ländereien in Besitz von Rašap-abu und Pidda. (21-23a) Und sollten es sich Rašap-abu und Pidda anders überlegen, so gilt das gleiche für sie. (23b-27) Ferner: Das betreffende Land gehörte früher dem Izalda, dem Vater von Pidda, und (ist) jetzt zurückgekehrt in den Besitz von Pidda und [Rašap-]abu(?) 24). (28-32) (Fünf Zeugen, darunter auch Munahhimu, offenbar der Schreiber des Textes.) ˘˘ (0)
(1-3)
1.6 Bürgschaftsurkunden (RS 15.81 und KTU 3.3)
Aus Ugarit sind sieben Bürgschaftsurkunden bekannt, teilweise in akkadischer Sprache (z. B. RS 15.81), teilweise in ugaritischer Sprache (z. B. KTU 3.3). Durch entsprechende Urkunden sichert sich ein Gläubiger durch eine dritte Partei, d. h. durch Bürgen, davor ab, daß ein Schuldner ausstehende Schulden nicht zurückzahlt. Laut RS 15.81 sind die Bürgen für den Fall, daß sich der Schuldner in ein anderes Land absetzt, ohne zuvor seine Schulden beglichen zu haben, zur Zahlung eines hohen Bußgeldes (offenbar an den König) verpflichtet. Die genaue Beziehung zwischen Schuldnern und Bürgen ist nicht bekannt. Die verwendete Terminologie der akkadischsprachigen Urkunden zeigt teils mesopotamische, teils syrische (Emar, Alalah) bzw. einheimische ˘ Einflüsse.25) 22. 23. 24. 25.
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Der genaue Wert dieser Maße in Ugarit ist unbekannt. ugula.meš-šu. Kollation: S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 252 Anm. 860. Lesung unsicher. S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 252 Anm. 862: »La collation du moulage ne m’a pas permis de trancher mais l’espace est suffisant«. Neben den Kommentaren von J. Hoftijzer, W. H. van Soldt und S. Lackenbacher (325-326),
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Texte aus Ugarit
RS 15.81 Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, PRU III, 37. Literatur: J. Hoftijzer/W. H. van Soldt, Texts from Ugarit Concerning Security, UF 23 (1991) 194; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 327. Fundort: Königspalast, Ostarchiv, Raum 53.
Kiliya¯nu, Sohn des Agiya¯nu, und Karya¯nu, Sohn des Tešama¯nu, Leute aus Qamanuzu, 26) (4) haben Bürgschaft geleistet für Burqa¯nu und seine Söhne. 27) (5-7a) Sollte sich Burqa¯nu (irgendwann) in der Zukunft in ein anderes Land absetzen, (7b-8) so müssen sie dem König 500 (Schekel) Silber bezahlen. 28) (9-12) Hišmite ¯ nu, Sohn des Talmiya¯nu, aus Apsuna¯, 29) hat Bürgschaft geleistet für Tauzi. (13-15) ˘Sollte sich Tauzi (irgendwann) in der Zukunft in ein anderes Land absetzen, (16-17) so muß er dem König 500 (Schekel) Silber bezahlen. (1-3)
KTU 3.3 (RS 15.128) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II Nr. 161. Literatur: J. Hoftijzer/W. H. van Soldt, Texts from Ugarit Concerning Security, UF 23 (1991) 189-191. Fundort: Königspalast, Ostarchiv, zwischen Raum 54 und 57. Foto: PRU II, Taf. XXV.
Liste der Bürgen, die Bürgschaft geleistet haben für 30) Mattenu, Sohn des Ayu-ahu. ˘ Falls er sich in ein anderes Land absetzt, werden sämtliche Forderungen, die gestellt werden, zu Lasten der (unten) genannten Bürgen gestellt. (10-14) (Drei Bürgen, alle aus dem Ort Gan2a ¯ 31).) (1-3)
(4-9)
1.7 Schenkungsurkunden (RS 15.Z und KTU 3.2)
Der König von Ugarit spielt in vielen Rechtsurkunden eine sehr aktive Rolle. Dieser Tatbestand zeugt von der zentralen Position des Königs in der ugaritischen Gesellschaft (anders als dies etwa in Emar der Fall ist). Aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang Urkunden wie RS 15.Z und KTU 3.2, die echte oder fiktive königliche Schenkungen zum Thema haben. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um Immobilien, die auf die eine oder andere Art mit der Krone verbunden sind. Solche Texte weisen Beziehungen zu hethitischen und babylonischen Rechtsurkunden auf. 32) Sie sind mit dem königlichen Siegel versehen. Zeugen treten für gewöhnlich nicht auf. RS 15.Z scheint eine echte Schenkung zum Thema zu haben, das Textende verdeut-
26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.
vgl. dazu auch A. Skaist, Emar, in: R. Westbrook/R. Jasnow (ed.), Security for Debt in Ancient Near Eastern Law, Leiden 2001, 237-250. Zur möglichen Lage dieses Ortes gehörig zu Ugarit, vgl. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 224. qa-ta-at-ti is-sa-bat ša IBur-qa-na qa-du dumu.meš-šu; Wörtlich: »sie haben die Hände von ˙ ˙seiner Söhne ergriffen«. Burqa¯nu und ú-ma-al-lu-nim i-na šu-ti lugal-ri; Wörtlich: »in die Hand des Königs füllen«. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 28: »Ort gehörig zum Reich von Ugarit, im Grenzbereich zwischen Ugarit und Alalah nach van Soldt 1994: 377 f.« (= G. J. Brooke u. a. [ed.], Ugarit and ˘ the Bible, Münster, 362-382). spr . 2rbnm dt . 2rb b. Vgl. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 78. Dazu ausführlicher S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 219.
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licht jedoch, daß eigentlich ein Kaufakt vorliegt. KTU 3.2 erläutert, daß keine Verpflichtungen (z. B. Abgabenpflicht) auf entsprechenden Immobilien lasten. Schenkungsurkunden sind wie Bürgschaftsurkunden in akkadischer (RS 15.Z) oder ugaritischer Sprache (KTU 3.2) verfaßt. Das verwendete ugaritische Formular entspricht genau dem akkadischen Vorbild.
RS 15.Z Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, PRU III, 58. Fundort: Unbekannt.
Datiert vom heutigen Tag hat Niqmaddu, Sohn des 2Ammittamru, König von Uga¯ das Sariru mit allem, rit, (3-5) das Haus des Yatarmu, Sohn des Šarupšu, und das Feld ˙ dem Abiršu 33) (6-8) und es dem Bin-ilu, dem Ya¯siru und was dazu gehört, präsentiert ˙ 34) (9-13) In Zukunft darf niemand ihnen das hier(und) ihren Söhnen gegeben auf immer. mit Übergebene wegnehmen, (und zwar gilt dies) auf immer. (14-15) Siegel des Niqmaddu, Sohn des 2Ammittamru, König von Ugarit. (16) Punkt eins: Der König hat ihnen (das Eigentum) gegeben. ¯(17-18) Punkt zwei: Sie haben dem König 200 (Schekel) Gold 35) gegeben. (1-2)
KTU 3.2 (RS 15.111) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II Nr. 9. Literatur: B. Kienast, Rechtsurkunden in ugaritischer Sprache, UF 11 (1979) 447-448. Fundort: Königspalast, Zentralarchiv, Hof VI. Foto: PRU II, Taf. VI.
Datiert vom heutigen Tag hat 2Ammittamru, Sohn des Niqmepa2, König von Ugarit, ¯ das Haus des Ananidarri, Sohn des [A]giyate ¯ nu, Bediensteter des [Kön]igs, wohn¯ haft in Ra¯3šu, 36) weitergegeben (8-12a) [und (es)] dem [2Ab]dimalki, [Sohn] des Amutarunu, [und] seinen Söhnen, [üb]ergeben 37) auf [im]mer. (12b-17) Überhaupt niemand darf das betreffende Haus aus dem Besitz des 2Abdimalki, Sohn des Amutarunu, und seinen Söhnen wegnehmen, (und zwar gilt dies) auf immer. (18) [Und eine Un]ut tu-Verpflich¯¯ tung 38) lastet nicht darauf. (1-4)
(5-7)
1.8 Prozeßurkunde (RS 16.356) Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, PRU III, 71. Literatur: S. Lackenbacher, Les textes judiciaires d’Ugarit, in: F. Joannès (éd.), Rendre la justice en Mésopotamie, Saint-Denis 2000, 167; ders., LAPO 20 (2002) 260. Fundort: Königspalast, Zentralarchiv, Hof VI. 33. 34. 35. 36. 37. 38.
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Anders als in Emar (vgl. Kapitel »Emar«, Texte RE 2; RE 22; RE 4), werden in Ugarit die Maße, Grenzen usw. von Feldern und Häusern normalerweise nicht angegeben. »präsentiert … gegeben«: it-ta-ši … id-din. Zur našû-nada¯nu-Formel vgl. u. a. B. Kienast, UF 11 (1979) 436-442; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 219. kù.gi: Lesung nach Kopie, PRU III, Taf. XXXVIII. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 232: »Hafenstadt gehörig zum Reich von Ugarit«. »weitergegeben … übergeben«: ytn … [y]tnn entspricht der akkadischen našû-nada¯nuFormel. unt, syllabisch unuttu; DLU I, 41: »gravamen, servidumbre, prestación tributaria«. ¯ ¯¯
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Texte aus Ugarit
Prozeßurkunden aus Ugarit nennen nur wenige Details zum Hergang eines Gerichtsverfahrens. Im Vordergrund steht die Nennung der streitenden Parteien und die Festschreibung des Resultats. Die Texte unterstreichen die eminent zentrale Rolle des Königs für die wirtschaftlichen und rechtlichen Belange des Landes. Im vorliegenden Text bestätigt der König den Besitzanspruch einer bestimmten Person auf ein bestimmtes Feld. Das Feld war ursprünglich im Besitz des Vaters des Klägers. Später scheint dieser es an den Beklagten verkauft zu haben. Der Beklagte kann seinen rechtmäßigen Besitzanspruch durch Zeugen glaubhaft machen. Die Klage wird abgewiesen und der Besitzanspruch des Beklagten wird urkundlich bestätigt. Datiert vom heutigen Tag hat Agi-Teššup, Sohn des Ilsiya, vor Niqmaddu, Sohn des 2Ammittamru, König von Ugarit, (5-6) einen Prozeß gegen˙ Agi-Teššup, Sohn des 2Abdi¯ bezüglich des Feldes von Ilsiya eingeleitet. (7-8) Aber Agi-Teššup, Sohn des 2Abmalku, 39) ˙ dimalku, hat auf der Basis der Aussagen seiner Zeugen vor Gericht gewonnen. 40) (9-12) Als das Feld übergeben wurde, hat der König Niqmaddu (es) präsentiert und dem Agi-Teššup, Sohn des 2Abdimalku, eine entsprechende (Besitz-)Urkunde ausgehändigt. (13-17) In Zukunft darf niemand die Felder aus dem Besitz des Agi-Teššup, Sohn des 2Abdi-malku, und seiner Söhne wegnehmen. (1-4)
1.9 Gründung eines Marzihu-Clubs (KTU 3.9 = RS 1957.702) ˙ Erstveröffentlichung: P. D. Miller, The mrzh Text, in: L. R. Fisher (ed.), The Claremont Ras ˙ Literatur: R. E. Friedman, »The MRZH. Tablet Shamra Tablets, AnOr 48, Rom 1971, 37-49. from Ugarit«, Maarav 2/2 (1979-80) 187-206 (mit 12 exzellenten Fotos von K. A. Zuckerman); J. L. McLaughlin, The marzeah in the Prophetic Literature. References and Allusions ˙ in Light of the Extra-Biblical Evidence, Leiden 2001, 20-24; D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001, 269-273; D. Pardee, Ritual and Cult at Ugarit, Atlanta 2002, 217 f. Fundort: Unbekannt. Foto: AnOr 48, Taf. IX-XI; Maarav 2/2, Taf. 1-12.
Der Text thematisiert die Gründung einer Marzihu-Institution. Solche Institutionen, die auch die religiöse Sphäre tangierten, waren ˙im Raum Syrien-Palästina bis in die nachchristliche Zeit verbreitet und sind auch im Alten Testament (unter der Bezeichnung marzeah) erwähnt (Jer 16,5 und Am 6,7). Der Begriff marzihu begegnet sowohl ˙ als auch in akkadischen Texten aus Ugarit. 41) Aus˙ dem Text KTU 3.9 in ugaritischen geht klar hervor, daß es sich dabei um eine Art Club handelte mit einem Clubvorsteher und einer nicht genau genannten Zahl von Clubmitgliedern. Bei der Gründung des Clubs wird ein Vertrag zwischen Vorsteher und Mitgliedern vor Zeugen geschlossen. Die Institution ist auf Dauer angelegt. Die folgende Übersetzung beruht auf den Lesungen von Friedman (abweichende Lesungen bietet KTU2, Nr. 3.9 [203]). 39. 40. 41.
Beide Prozeßteilnehmer tragen den gleichen Vornamen, vgl. S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 260 Anm. 894. Zur Rolle der Zeugen in Emar vgl. den Text Emar VI 212. Vgl. S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 320-323.
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Marzihu-Institution, die Šamu¯ma¯nu in seinem Haus 42) eingerichtet hat (mit folgen˙ (5-6a) »Hiermit stelle ich euch 43) den Ibisa den Worten:) ¯ nu-Raum zur Verfügung. (6b-10) 44) Und für den Fall , daß ich euch aus meinem Haus hinauswerfe, werde ich 50 (Schekel) Silber zahlen«. 45) (11-12a) Und Šamu¯ma¯nu ist der Vorsteher (des Marzihu). (12b-15a) Kein ˙ den Schekel Marzihu-Mitglied soll zu Šamu¯ma¯nu hintreten und sagen: (15b-16) »Gib (mir) ˙ 46) (17) (In diesem Fall) muß er zwei ScheSilber (zurück), den du (in Verwahrung) hast«. kel (Silber) bezahlen. 47) (18-21) Zeuge(n): Ih¯ı-rašap, Sohn des Udurnana, und 2Abda¯nu, ˘ ¯ Sohn des Sigilda. (1-4)
2. Wirtschaftstexte 2.1 Schuldnerverzeichnis (KTU 4.782 = RIH 84/08) Erstveröffentlichung: P. Bordreuil, CRAI 1987, 291-294. Literatur: J. Tropper/J.-P. Vita, Untersuchungen zu ugaritischen Wirtschaftstexten, UF 30 (1998) 694-695. Fundort: Ras Ibn Hani, Nordpalast. Foto: CRAI 1987, 292.
Mehrere Texte aus Ugarit haben Schulden zum Thema. Es handelt sich dabei meist um Verzeichnisse von verschiedenen namentlich genannten Schuldnern mit unterschiedlichen Schuldbeträgen bzw. Schuldmaterien (Geld [d. h. Silber], Textilien, Öl, Lapislazuli). Der Gläubiger bzw. die Gläubiger-Institution ist meist nicht genannt. Die vorliegende Urkunde ist eine aktualisierte Fassung eines anderen erhaltenen Textes, nämlich KTU 4.778. Sie enthält gegenüber diesem in einem Fall einen höheren Schuldbetrag sowie zwei neue Schuldeinträge (s. die Anmerkungen zur Übersetzung). Die Urkunde wird traditionell als Wirtschaftstext klassifiziert. Sie hat aber offenbar juristischen Charakter, da unter mehreren Einträgen Zeugen genannt sind, darunter auch ein Mann aus Tyros (Z. 6). (1-6) 40 (Schekel) Silber und ein Ma3ahadu 49); Zeuge: Ba2lu-mušallimu eines˘ ta2itum-Maßes 51) zu Lasten des ¯
42. 43. 44. 45.
46. 47. 48. 49. 50. 51.
120
hlpn-Gewand 48) zu Lasten des Ula¯nu aus ˘ Tyros. (7-10) Eine Amphore 50) Öl abzüglich aus MZT, Sohn des 2Attara¯yu. (11-14) Eine Amphore ¯
Form (b) btw /bêtiwu/ statt einer zu erwartenden Form *bth. Form lwm als Schreibfehler für *lkm. Form lwm anstelle einer zu erwartenden Form *w-hm bzw. *w-im. Möglicherweise das Doppelte der anfangs erhaltenen »Eintrittsgelder«. Interessanterweise erwähnt die Schuldurkunde KTU 4.782:28-30 einen Schuldner namens Šamu¯ma¯nu mit einem Schuldbetrag von 50 Schekel Silber. Möglicherweise handelt es sich dabei um ebendiese Person. Šamu¯ma¯nu könnte also »seinen« Marzihu-Club gekündigt haben und zur Auszahlung ˙ des fälligen Bußgeldes den genannten Geldbetrag geliehen haben. Die Mitglieder müssen offenbar je einen Schekel Silber »Eintrittsgeld« entrichten. Auf der Basis der genannten Bußgelder läßt sich im vorliegenden Fall eine ungefähre Zahl von 25 Personen erschließen. Nicht im Paralleltext KTU 4.778. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 180: »Hafenstadt zugehörig zum Reich von Ugarit, das heutige Mı¯nat al-Baida¯3«. Zu ugaritisch˙ kaddu »Amphore« vgl. unten Anm. zu RS 20.425. Ein Flüssigkeitsmaß, offenbar mit einem (erheblich) kleineren Fassungsvermögen als ein kaddu, das gewöhnliche Maß für Öl und Weinlieferungen.
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Texte aus Ugarit
Öl ab[züglich] eines halben (ta2itum-Maßes) zu Lasten des Abimanu, Sohn des S´uwa¯ zu Lasten des Binu-KMNT; Zeuge: MTN. (19-22) 20 na. (15-18) 45 (Schekel Silber) (Schekel) 52) Silber und 100 (Schekel) Lapisla[zuli] zu Lasten des STRY, Sohn des KTŠ. ˙ LY und 200 (Schekel) (23-27) 80 (Schekel) Silber zu Lasten des ABBT, Sohn des G (28-30) 50 (Schekel) Silber zu Lasten des Šamu¯ma¯nu, Sohn Lapislazuli; Zeuge: MTN. des Aupšu 53).
2.2 Seefahrt und Handel
Schiffe aus Karkemisch in Ugarit (RS 34.147) Erstveröffentlichung: Fl. Malbran-Labat, in: P. Bordreuil (éd.), Une bibliothèque au sud de la ville, RSOu. 7 (1991) Nr. 5. Fundort: Haus des Urtenu. Gesiegelte Urkunde. Foto: Ug VII (1978) Taf. XXIX; Fl. Malbran-Labat, RSOu. 7 (1991) Taf. XX.
Der Hafen des spätbronzezeitlichen Ugarit war einer der wichtigsten des westlichen Mittelmeerraumes und zugleich der wichtigste Seehafen des hethitischen Reiches. Während dem Text KTU 4.779 zu entnehmen ist, daß ugaritische Schiffe auch in Karkemiš anlegten, zeigt der vorliegende Text, daß es auf der anderen Seite auch Schiffe von Karkemiš im Mittelmeer gab. Diese Schiffe haben offenbar private Besitzer, die im Auftrag des Königs von Karkemiš agierten. Nicht mehr seetüchtige Schiffe wurden in Ugarit abgewrackt. (Siegel des Kumma-walwi) (1-3) Schiffe des Königs von Karkemiš, die so alt sind, daß sie nirgendwo mehr hinfahren können: (4) Schiff des Yamu¯tu-šarru; (5) Schiff des Pululuna; (6) Schiff des Tuppirši; (7) Schiff des Aburu; (8-9) Schiff des Sidanı¯ya in der Hand von Du¯-abi; (10) Schiff des Abimana; ˙ des Kurwazi; (13) Schiff des ¯ Makuya; (14) Schiff des Mate(11) Schiff des 2Abdi-ilı¯; (12) Schiff na; (15) Schiff des Akkuya; (16) Schiff des 2Abdi-Hazi; (17) Schiff des Šamu-Addu/Ba2lu. 54) ˘ (18-20) Kumma-walwi hat die Geräte des Schiffes des Šamu-Addu/Ba2lu erhalten. (21-22) Siegel des Kumma-walwi, Sohn des Upinu.
Verpachtung des Hafens (KTU 4.266 = RS 17.074) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II, Nr. 156. Literatur: M. Liverani, UF 11 (1979) 495-403; M. Dietrich/O. Loretz, UF 32 (2000) 195-201; J. Tropper/J.-P. Vita, UF 33 (2001) [im Druck]. Gesiegelte Urkunde. Fundort: Königspalast, Zentralarchiv, Hof VI. Foto: PRU II, Taf. XXIII, Nr. 156; P. Bordreuil/D. Pardee, La trouvaille épigraphique de l’Ougarit. 1. Concordance, Paris 1989, 123, Foto 29b.
52. 53. 54.
4.778:13: 10 (Schekel). Der gleiche Name begegnet in KTU 3.9. Dort verpflichtet sich Šamu¯ma¯nu, 50 Schekel Silber zu zahlen, wenn er die Marzihu-Institution von sich aus auflöst. Es könnte sich um die glei˙ che Person handeln. Fl. Malbran-Labat hat drei der genannten 14 Namen aus Gentilizia gedeutet: Sidanı¯ya (»Sido˙ AulaOr 17-18 nien«), Makuya (»Makien«) und Akkuya (»Akkien«). Vgl. aber J. A. Belmonte, (1999-2000) 15.
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Vier Texte, KTU 4.266, 4.172, 4.336 und 4.388, enthalten ein ähnliches Formular. Wir verstehen dieses so, daß bestimmte Personen den Hafen, d. h. den Seezugang nach Ugarit, oder die Landzugänge nach Ugarit (4.336, 4.388) für einen bestimmten Geldbetrag (vermutlich vom Palast) »erworben«, d. h. wohl für ein Jahr gepachtet haben. In der Vergangenheit wurden andere Auffassungen vertreten (s. Literatur). (1-2) Am Neumondstag des Monats Pagru ¯ ma 55) (3-5) haben Ba2lu-ma2diru und Binu-Hilpi ˘ ¯ den Hafen (von Ugarit) (6-7) für 400 (Schekel) Gold gepachtet 56).
2.3 Heer
Verteilung von Waffen (KTU 4.63 = RS 10.052) Erstveröffentlichung: A. Herdner, CTA, Nr. 119. Literatur: J.-P. Vita, El ejército de Ugarit, Madrid 1995, 149. Fundort: Hügel auf dem nordwest-Tell. Foto: CTA, Taf. LXVII-LXVIII.
Diverse Wirtschaftstexte enthalten Informationen zum Heereswesen von Ugarit. Aus ihnen geht hervor, daß die Soldaten aus verschiedenen Orten des Stadtstaates stammten. Die meisten wurden nur vorübergehend eingezogen und übten sonst unterschiedliche zivile Berufe aus. Der vorliegende Text protokolliert die Ausstattung von Infanteristen mit zwei Waffenarten: Bogen und Schild. 57) Er umfaßt insgesamt 161 Textzeilen und ist in mehrere Sektionen gemäß den Herkunftsorten der Soldaten unterteilt. Die Größe der einzelnen Sektionen läßt dabei Rückschlüsse auf die Einwohnerzahl der entsprechenden Orte zu. Innerhalb einiger Sektionen wird zwischen »normalen«, d. h. geschulten Personen und noch nicht (voll) ausgebildeten Personen differenziert. Obwohl der Text im Prinzip ugaritischsprachig ist, gibt es am Ende jeder Sektion eine akkadischsprachige (in syllabischer Keilschrift geschriebene) Zusammenfassung. Im folgenden wird nur der Textanfang präsentiert.
Kol. I (1) (Leute von) [U]llamu: (2-6) Matpatu: zwei Bogen und zwei S[ch]ilde; KMRTN: zwei ˙ Bogen und ein Schild; Binu-GZL: ein Bogen ¯ ˙ DYN:¯ ein Bogen und zwei [Sc]hilde; G und ein Schild; Yapa2a¯nu: ein Bogen; (usw. bis Z. 10.) (11) Rekruten (aus/für Ullamu): (12-13) Binu-QTN: ein Bogen und ein Schild; MRTD: ein ˙ ¯ Bogen; (usw. bis Z. 23). (24) (Akkadische Zusammenfassung:) 6 Schilde (und) 21 Bogen. 58)
55. 56. 57. 58.
122
Erster Tag des Monats Dezember-Januar. Wörtlich: »genommen«. Andere Texte erwähnen andere Waffen der Infanterie, vor allem Speer und Schwert. Tatsächlich sind in Z. 2-23 jedoch 9 Schilde und 23 Bogen genannt.
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Texte aus Ugarit
2.4 Zensus
Zensus (KTU 4.295 = RS 17.312) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II, Nr. 80. Fundort: Königspalast, Südarchiv, Raum 69.
Mehrere ugaritische Wirtschaftstexte listen Personen pro Haushalt auf, haben also eine Art von Volkszählung zum Inhalt. Sie geben Aufschlüsse über Größe und Struktur ugaritischer Familien. Neben dem namentlich genannten männlichen Familienoberhaupt samt Wohnort werden in der Regel seine Ehefrau (immer Singular!) und die Anzahl der Kinder genannt. Im vorliegenden Text wird ferner der Viehbesitz berücksichtigt. Die Texte suggerieren eine niedrige Geburtenrate. Dieser Eindruck könnte aber täuschen: Möglicherweise sind nur die arbeitsfähigen Personen (ohne Kleinkinder und Greise) erfaßt. […]DMU aus Apsuna¯ …, sein Sohn, seine Frau, ein Rind und acht (Stücke) Kleinvieh. (3-4)¯TDLN aus Qamanuzu, seine F[rau] und seine zwei Söhne. (5-6) TMGDL aus ¯ 59), [seine Yakuna2mu, seine [F]rau, sein Sohn und ein Rind. (7-8) Ag˙alte¯nu aus [Yapar]u (9-10) Frau,] sein Sohn, ein Rind und [… Kleinvieh]. PLN aus T[amra¯, seine Frau], seine zwei Söhne […] (11) PRD aus Ma2qabu und seine [Fra]u. (12-14)¯ Suwana aus Qaratu, seine [Fra]u, sein Sohn, zwei Rinder und 30 (Stücke) Kleinvieh. (15-17) Ananidarru aus Ya¯ kuna2mu, seine Frau, sein Sohn, ein Rind und 10 (Stück) Kleinvieh. (1-2)
Sklaven aus Zypern (KTU 4.102 = RS 11.857) Erstveröffentlichung: A. Herdner, CTA, Nr. 80. Fundort: Königspalast, Platz vor dem Eingang. Foto: CTA, Taf. LIV.
Der vorliegende Text ist wahrscheinlich als Liste von (hauptsächlich) weiblichen Sklaven zu interpretieren, die aus Alašia (Zypern) stammen und in Ugarit als Arbeitskräfte an bestimmte, namentlich genannte »Häuser« verkauft bzw. geliefert werden. Bei den weiblichen Sklaven werden vier Kategorien differenziert, sehr wahrscheinlich Altersklassen: n2rt »junges Mädchen«, pg˙t »junge Frau«, att »Frau (im normalen, d. h. ¯ ¯ gebärfähigen Alter)« und att adrt »›große‹, d. h. ältere Frau«. 60) ¯ (1-2) 61) Drei ältere Frauen und drei junge Männer und fünf Mädchen ins/ (wohnhaft) im Haus des Präfekten; (3) zwei ältere Frauen und eine junge Frau und [ein] Jüngling [ins/im Haus …]; (4) eine Frau und zwei junge Frauen und ein Jüngling ins/im [Haus …]; (5) zwei Frauen und eine junge Frau und ein Jüngling ins/im [Haus …]; (6) eine Frau und ihr Sohn und eine junge Frau ins/im Haus M[…]; (7) eine Frau und ihre zwei Töchter ins/im Haus von HDMRD … [… (alles Leute) aus] Alašia […] ˘¯
59. 60. 61.
Zu den in Z. 7 und Z. 9 ergänzten Gentilizia s. J.-P. Vita, UF 29 (1997) 706. Vgl. J. Tropper, Kusatu 3 (2002), 71–80. Entspricht Z. 16-17 in KTU2; s. J.-P. Vita, UF 29 (1997) 705-707.
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TUAT N.F. / p. 140 / 6.5.2004
Josef Tropper / Juan-Pablo Vita
2.5 Ausländer
Fremdarbeiter in Ugarit (KTU 4.96 = RS 11.840) Erstveröffentlichung: A. Herdner, CTA, Nr. 91. Fundort: Königspalast, Westarchiv, Raum 5. Foto: CTA, Taf. LVIII.
Der Text listet Personen auf, die in landwirtschaftlichen Gutsbetrieben des Königs tätig sind (die ugaritische Bezeichnung dafür lautet gt = /gittu/ [vgl. hebr. gat »Kelter«], entsprechend akkadisch dimtu). Unter den erwähnten Personen befinden sich auch mehrere Nicht-Ugariter. Die Anwesenheit von »Fremden« innerhalb der ugaritischen Gesellschaft ist auch durch andere Texte gut bezeugt. Es gibt Hinweise darauf, daß sie nicht nur einfache Arbeitskräfte stellten, sondern auch wichtige Funktionen in den Bereichen Wirtschaft und Politik innehaben konnten. Die im vorliegenden Text genannten Nicht-Ugariter stammen aus Aschdod, Kanaan und Ägypten. Briefe aus Ugarit dokumentieren, daß Ugarit meist gute politische Beziehungen zu diesen Ländern bzw. Stadtstaaten unterhielt. Unser Text zeigt auch, daß »Kanaan« eine klar umrissene politische Einheit bezeichnete. Weder Ugariter noch die Bewohner von Aschdod galten als Kanaanäer. 62) Ersatzleute 63) für das Krongut von Binu-TBŠN: (2) Binu-MNYY aus Ša2artu, (3) Ariya¯nu aus Ashdod, (4) Agaptarru, (5) ŠB2L aus Mulukku, (6) Na2ma¯nu aus Ägypten, (7) Y2L aus ¯ des Umı¯ya. Kanaan, (8) GDN, Sohn (9) Ku ¯ n-2Ammu aus Ša2artu (10) (und) Abı¯-ra¯pi3u aus Ubur2a¯, (11) (Ersatzleute) im Krongut von Bin-Tlt. ¯˙ (12) ILD, (Ersatzmann) im Krongut von PSHN. ¯ ˙ (1)
2.6 Wein-, Öl- und Getreidelieferungen
Wein- und Öllieferungen (RS 20.425) Erstveröffentlichung: J. Nougayrol, Ug V (1968) Nr. 99. Literatur: J. A. Zamora, La vid y el vino en Ugarit, Madrid 2000, 391-395; D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001, 907-908; S. Lackenbacher, LAPO 20 (2002) 341. Fundort: Haus des Rap3a¯nu.
Zahlreiche Wirtschaftstexte sind Auflistungen von Nahrungsmittelrationen. Häufig geht es dabei um Wein und/oder Olivenöl, zwei der wichtigsten Produkte der mediterranen Landwirtschaft. Im vorliegenden Text sind die Lieferungen für Einzelpersonen und Personengruppen (ohne Angabe der genauen Mitgliederzahl) bestimmt. Im Vordergrund steht die Menge der ausgelieferten Ware: insgesamt 25 Amphoren
62. 63.
124
J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 163: »Kanaan, d. h. das Gebiet und die Provinz südlich von Amurru. Ein Territorium, das nördlich bis Byblos, südlich bis Gaza, westlich bis ans Mittelmeer und östlich bis an den Jordan reichte«. Die genaue Bedeutung des Begriffs bdlm (wörtlich: »Ersatzleute«) ist umstritten. Es könnte sich um Saisonarbeiter (während der Erntezeit) handeln.
TUAT N.F. / p. 141 / 6.5.2004
Texte aus Ugarit
Wein und mehr als zwei(?) Amphoren Öl. 64) Das Fassungsvermögen der ugaritischen Hohlmaße ist in der Forschung noch umstritten. (1) Acht Amphoren Wein für die Mietarbeiter. (2) Fünf Amphoren Wein für die Hausbauer. (3) Eine Amphore Wein für die Bewohner von Ari. (4) Eine Amphore Wein für die Bewohner von Ullami. (5) Eine Amphore Wein für die Weber. (6) Sieben Amphoren Wein für das »Haus« 65). (7) Eine Amphore Wein für Šipti-Ba2lu 66), zum Palast. (8) Eine ˙ Amphore Wein für die Streitwagen(-Mannschaft). (9) Eine Amphore Öl für das Haus. (10-11a) 3⁄4? (einer Amphore?) 67) (plus) 1 ta2itum 68) ¯ Monat (Öl) für die Mietarbeiter. (11b-13) 2⁄4? (einer Amphore?) Öl für die Hausbauer im Ra3šu-ye¯ni 69).
Qualitätsklassen des ugaritischen Weines (KTU 4.213 = RS 16.127) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II, Nr. 84. Literatur: J. A. Zamora, La vid y el vino en Ugarit, Madrid 2000, 435-448; D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001, 377-378. Fundort: Königspalast, Raum 73.
Der vorliegende Text besteht aus zwei Teilen. Teil 1 (Z. 1-23) listet Weinmengen mit Angabe von Orten des Stadtstaates Ugarit auf, darunter auch von königlichen Gutsbetrieben (vgl. KTU 4.96). Wahrscheinlich sind damit die Herstellungsorte der jeweiligen Weinmengen beschrieben. In Teil 2 (Z. 24-30) geht es um Weinmengen, die für bestimmte Personen oder zu bestimmten Anlässen ausgegeben wurden. In beiden Fällen wird genauestens über verschiedene Qualitätsklassen und Typen des Weines Buch geführt. Die folgende Übersetzung umfaßt den Anfang von Teil 1 und den Teil 2 des Textes. (1-3) 15 (Amphoren) 70) Qualitätswein und 92 Amphoren Wein von Durchschnittsqualität und 40 (Amphoren) verdorbener/von schlechter Qualität Wein aus dem KrongutSika¯nı¯ma. 71) (4-5) 10 (Amphoren) Qualitätswein und 45 (Amphoren) Wein von Durchschnittsqualität aus dem Krongut-Tibaqi. (6-8) 110 (Amphoren) Qualitätswein und 64 ˙ (Amphoren) Wein von Durchschnittsqualität aus dem Krongut-Ma2raba¯ … (24) 200 (Amphoren) Schöpfwein, der verbraucht wurde beim Opfer[mahl]. (25) 140 (Amphoren) Schöpfwein für […]. (26) 120 (Amphoren) Schöpfwein für […]. (27) 20 (Amphoren) Schöpfwein für den Boten, der nach Ägypten gereist ist. (28-29) 140 (Amphoren) gelagerten Weins für die mdrg˙lm-Leute. (30) 20 (Amphoren) gelagerten Weins […] für ¯ die Schafscherer.
64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71.
Eine Amphore, akkadisch karpatu, sehr wahrscheinlich gleichzusetzen mit ugaritisch kaddu (vgl. hebräisch kad), faßte ca. 11 Liter (s. J. A. Zamora, La vid y el vino, 350-356). Ein Tempel? Vgl. oben RS 17.86+. Interpretation unsicher. SAL 4 könnte für eine andere Maßeinheit stehen (huttu); vgl. Ug V ˘ (1968) 193 Anm. 1. ša-i-tum entspricht ugaritisch t2t; vgl. dazu Anm. zu KTU 4.782. ¯ D. Pardee, RSOu. 12 [2000] 156-158). Der Text wurde sehr September-Oktober (s. dazu aber wahrscheinlich während der Weinlesezeit verfaßt. Zu ugaritisch kaddu »Amphore« vgl. oben Anm. zu RS 20.425. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 91: »Gehöft der Stelen«.
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Josef Tropper / Juan-Pablo Vita
Berufe in Ugarit (KTU 4.609 = RS 19.016) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU V Nr 11. Literatur: D. Pardee, Les hommes du roi propriétaires de champs: les textes ougaritiques RS 15.116 et RS 19.016, Sem. 49 (1999) 3058; D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001, 448-449. Fundort: Königspalast, Südwestarchiv, Raum 81. Foto: Sem. 49 (1999) 39 und 42.
Gemäß der Überschrift (Z. 1) enthält der Text eine Auflistung von Getreiderationen, die im Monat ITTBNM 72) an diverse Bedienstete des Königs ausgegeben wurden. Im ¯ ersten Hauptteil (Z. 2-37) sind Berufsgruppen mit namentlicher Nennung der Mitglieder erfaßt, die im Dienste des Palastes stehen und deshalb zentral mit Nahrung versorgt werden. Da eine explizite Angabe der Getreidemengen fehlt, ist anzunehmen, daß sich die Menge unmittelbar nach der Anzahl der Personen richtete. Im zweiten Hauptteil (Z. 38-48) sind Einzelpersonen mit Angabe spezifischer Getreidemengen erfaßt. Die nachfolgende Übersetzung berücksichtigt Textzeilen mit einigermaßen sicher deutbaren Berufsbezeichnungen. (1)
Liste von Getreiderationen für die Bediensteten des Königs im Monat ITTB[NM]. ¯ Rašap-abu, Chef der Zehnermannschaft (und seine Leute): (acht Personennamen.)
(2-4)
… Bronzierer unter der Aufsicht von Ubinu: (drei Personennamen.) 2PTRM, »Hörer des Wortes« des Prefekten von Qaratu. Hagba¯nu, »Hörer (des ¯ des Prefekten von Qaratu. ˙ Wortes)« (12) Wächter des Weingartens: (drei Personennamen.) (13-14) Torwächter: (sieben Personennamen.) (15) Wasserschöpfer der Heiligtümer 73): (drei Personennamen.) (16) Pfeilhersteller: (vier Personennamen.) (17) Sänger: (zwei Personennamen.) (18-19) Hau[sbauer]: (neun Personennamen.) (20) 2Ada ¯ nu und Ilı¯-Daganu: zwei Holzfäller 74). … (25-26) Gießer von Pfeilspitzen: (acht Personennamen.) (27) Ackerbauer: (vier Personennamen.) (28) Hersteller von Kriegswagen: (5 Personennamen.) … (32-34) Silbergießer: (elf Personennamen.) … (37) Muninu, Sänger von Ugarit; Dakiru, Töpfer. ¯ (38) Tagug ˙ ulinu: 5 du¯du-Maß (Getreide). … (9)
(10-11)
72. 73. 74.
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August-September. Vgl. KTU 6.25. Vgl. Dtn 29,10 und Jos 9,21.23.27: Wasserschöpfer und Holzfäller.
TUAT N.F. / p. 143 / 6.5.2004
Texte aus Ugarit
l.R. (= Z. 49-51) (Zusammenfassung:) 26 (Kategorien von) Bedie[nsteten des Königs] in der Funktion von hzr, die Getreiderationen erhalten. 75) 11 Bedie[nstete des Königs] in der Funktion von h˘zr, Feldarbeiter 76). 77) ˘ 2.7 Textilien
Textilindustrie und -handel (KTU 4.132 = RS 15.004) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II, Nr. 110. Literatur: S. Ribichini/P. Xella, La terminologia dei tessili nei testi di Ugarit, Roma 1985, 75. Fundort: Königspalast, Ostarchiv, 53. Foto: PRU II, Taf. XIX.
Ugarit besaß eine entwickelte Textilindustrie, die weitgehend zentral vom Palast aus organisiert und kontrolliert wurde. Diverse Wirtschaftstexte nennen eine Vielzahl von Stoff- und Gewandtypen sowie Färbemitteln. Aus den meist beigefügten Preisangaben geht hervor, daß prächtige, farbenfrohe Gewänder als Luxusgüter galten und der Handel damit ein einträgliches Geschäft war. Im vorliegenden Text verdient insbesondere der mehrfach erwähnte rote Farbstoff Beachtung, für dessen Herstellung später die Phönizier quasi ein Monopol besaßen. Die in Z. 4 erwähnte rot verzierte Tunika des Tyros-Typs weist darauf hin, daß Phönizien bereits im 2. Jt. v. Chr. eine herausragende Bedeutung in der Textilerzeugung hatte. 2500 (Schekel) roter Farbstoff zu Händen von Ta¯tu sowie drei Tuniken, ebenfalls zu Händen von Ta¯tu, (zusammen) im Preis von acht (Schekel) Silber. (4-5a) Eine Tunika des Tyros-Typs mit roter Verzierung 78) im Preis von zwei Schekel Silber. (5b) 200 (Schekel) roter Farbstoff zu Händen des Präfekten. (6-7) Und zwei Tuniken, (zusammen) im Preis von 5 ½ (Schekel) Silber. (1-3)
Kleider für Götterstatuen und Kultpersonal (KTU 4.168 = RS 15.082) Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, PRU II, Nr. 107. Literatur: S. Ribichini/P. Xella, La terminologia dei tessili nei testi di Ugarit, Roma 1985, 78-79; J. Tropper/J.-P. Vita, Untersuchungen zu ugaritischen Wirtschaftstexten, UF 30 (1998) 683-684; G. del Olmo/J. Sanmartín, Kultisches in den keilalphabetischen Verwaltungs- und Wirtschaftstexten aus Ugarit, in: M. Dietrich/I. Kottsieper (Hg.), »Und Mose schrieb dieses Lied auf«. Studien zum Alten Testament und zum Alten Orient, FS O. Loretz, Münster 1998, 195; D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, Bd. I, Münster 2001, 346-351. Fundort: Königspalast, Ostarchiv, 53.
Der vorliegende Text thematisiert die Auslieferung von Textilrohstoffen und fertigen Gewändern für primär kultische Zwecke. Er zeigt, daß es Aufgabe des Palastes war, Mitglieder des Kultpersonals und Götterstatuen regelmäßig mit Textilien auszustatten.
75. 76. 77. 78.
Bezieht sich auf Z. 1-37. Alternativ: »Besitzer von Ackerland«; s. D. Pardee, Sem. 49 (1999) 45. Bezieht sich auf Z. 38-48. Wörtlich: »rote Farbe ist darin«, d. h. die Tunika ist rot verziert oder rot gestreift.
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TUAT N.F. / p. 144 / 6.5.2004
Josef Tropper / Juan-Pablo Vita
Ein Mantel mit blauer und roter Farbe für den Iyu-Ba2lu. (3-4) 130 (Schekel) Wolle für die Sänger der (Göttin) 2Attartu. (5-8) Kleidung der tarrumani-Götter: wenn sie alt ist, ¯ ¯ 79). (9-10) Sieben ala ¯ li-Kleider wird ihnen vom Königspalast eine (neue) Kleidung gegeben 80) (11-13) für die (Göttin) Ušhara¯ya . 300 (Schekel) Flachs für (den Kult im Monat) Mag˘ drei Jahre. 82) maru 81) für (die nächsten) (1-2)
79. 80. 81.
82.
128
Ähnlicher Wortlaut in KTU 4.182:61-64. Phonetische Variante zur Namensform Išhara¯(ya). ˘ Monatsname für November-Dezember, möglicherweise zugleich deifiziert (vgl. D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice, 350 f.). Zur wahrscheinlichen Ergänzung [yrh.] mgmr »Monat Magmaru« im Ritualtext KTU 1.81, offenbar innerhalb einer Liste von ˘ Opferempfängern, vgl. D. Pardee, Les textes rituels, Paris 2000, 445. Alternativ: »… (jeweils) zum (Monat) Magmaru für (die nächsten) drei Jahre/alle drei Jahre (neu).«
TUAT N.F. / p. 145 / 6.5.2004
Texte aus Alalah ˘ Christian Niedorf / Frank Zeeb Die Texte aus Alalah 1) stammen im wesentlichen aus zwei Fundschichten (VII und ˘ IV). Sie wurden von L. Woolley in mehreren Kampagnen zwischen 1937 und 1949 auf dem Tell Ac¸ana an der türkisch-syrischen Grenze ausgegraben. Ihr besonderer Wert liegt darin, daß sie uns in die wirtschaftliche und soziale Struktur eines Kleinstaates in Nordsyrien und deren Entwicklung Einblick nehmen lassen, wobei manche Elemente – vor allem das Schuldwesen – der in den alttestamentlichen Texten vorausgesetzten Situation nicht unähnlich sind. Für die altorientalische Chronologie sind die Grabungsergebnisse von Tell Ac¸ana von überragender Bedeutung. 2) Das Archiv der spätaltbabylonischen Schicht VII wurde 1939 gefunden; die Texte entstammen fast alle einem einzigen Raum des Palastes. Das Textkorpus enthält insgesamt knapp 300 Tontafeln (davon noch ein knappes Drittel unveröffentlicht) und besteht fast völlig aus Texten des Rechts- und Wirtschaftslebens. Zu den Gattungen des Rechtslebens3) im engeren Sinne gehören 18 Prozeßurkunden, 6 Testamente, 29 Immobilienkaufurkunden, 6 Immobilientauschurkunden und eine Personenkaufurkunde 4). Von besonderem Interesse sind ferner die Texte des Schuldwesens: 19 Schuldscheine, ebenso viele Pfandurkunden und vier Schuldabtretungsurkunden. Die verschiedenen Listen und Vermerke finden hier keine Berücksichtigung. Alle Textgattungen lassen sich nach formalen Kriterien beschreiben und gegeneinander abgrenzen. Die Texte des Rechts- und Wirtschaftsleben verteilen sich über die gesamte Zeit, da sie so lange im Archiv aufbewahrt wurden, wie sie von Beweiskraft waren. Da es sich um ein Palastarchiv handelt, werden wir fast ausschließlich über die Angelegenheiten des Königshauses informiert. Alalah stand während der Zeit des Archivs von Schicht VII unter der Oberherr˘ schaft der Hegemonialmacht Aleppo. Ca. 1650 v. Chr. setzte König Abban von Aleppo seinen jüngeren Bruder Jarimlim zum König in Alalah ein, dem (wohl etwa 1620 ˘ v. Chr.) sein Sohn Ammitaqum, der nach den Quellen sehr lange regierte, nachfolgte. Etwa 1550 v. Chr. zerstörte der Hethiterkönig Hattušili die Stadt, womit Schicht VII ˘ und ihr Archiv an ein Ende kommen.
1.
2.
3. 4.
Viele Texte erstmals in D. J. Wiseman, The Alalakh Tablets, OPBIA 2, London 1953, i. f. AlT. Wir folgen hier unserem Neunumerierungsvorschlag: F. Zeeb, Die Ortsnamen und geographischen Bezeichnungen aus Alalah VII, UF 30 (1998) 829-886 (aB) und Chr. Niedorf, Die Toponyme der Texte aus Alalah IV, ˘UF 30 (1998) 515-568 (mB). ˘ S. hierzu F. Zeeb, Die Palastwirtschaft in Altsyrien nach den spätaltbabylonischen Getreidelieferlisten aus Alalah (Schicht VII), AOAT 282, Münster 2001, 67-124. Wir gehen hier von folgenden Daten aus:˘ Babylonfeldzug Muršilis 1507 v. Chr., Hammurapi von Babylon: 17041663 v. Chr. Zur formkritischen Analyse der Gattungen und der dazugehörigen Einzeltexte s. F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 26-66. Text 24.01 (= AlT 65). Vgl. die Bearbeitungen von M. Dietrich/O. Loretz, TUAT I/3, 213; F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 229 f. und R. S. Hess, COS III, 250 f.
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TUAT N.F. / p. 146 / 6.5.2004
Christian Niedorf / Frank Zeeb
Das Korpus der Alalah-Texte aus der mittelbabylonischen Schicht IV besteht aus ˘ rund 600 Tontafeln (davon die Hälfte unveröffentlicht), die hauptsächlich in verschiedenen Räumen des spätbronzezeitlichen Palastes sowie in der Zitadelle an der nördlichen Stadtmauer gefunden wurden. Der genaue Fundort vieler Tontafeln ist allerdings unbekannt, da entsprechende Aufzeichnungen darüber fehlen. Das Rechtsleben wird durch ein recht breites Spektrum an Urkundengattungen dokumentiert, von denen mindestens je ein Vertreter vorgestellt wird: es finden sich 3 Prozeßurkunden, 5 Heiratsverträge, 12 Kaufurkunden, 18 Schuldtexte und 5 Aktenvermerke. Neben zwei ganz besonderen Rechtsurkunden (36.1 und 36.2), die in Alalah als Gattung isoliert dastehen und hier ebenfalls vorgestellt werden, sind noch ˘ zwei Testamente belegt. Wirtschaft und Verwaltung im Alalah der Schicht IV spiegeln sich v. a. in Form von ˘ Listen, die mehr als die Hälfte des Textkorpus umfassen und sich in ähnlicher Form im gesamten Alten Orient finden. Von diesen werden eine nach sozialen Gruppen gegliederte Personenliste (eine einmalige und nur in Alalah belegte Textgruppe) sowie ˘ eine Hapiru-Liste 5) präsentiert. ˘ Die Archive von Alalah IV fallen unter die Regierung der drei Könige Idrimi, ˘ Niqmepa und Ilimilimma, die von der Mitte des 15. bis zu Beginn des 14. Jh. anzusetzen sind. 6) Vom Gründer der neuen Dynastie in Alalah, Idrimi, besitzen wir nur ˘ sehr wenige Texte; die meisten Tafeln stammen aus der Zeit des Niqmepa. Unter Idrimi begann die Oberherrschaft des Mitannireichs über Alalah und wurde unter ˘ seinen beiden Nachfolgern fortgesetzt. Mit der Zerstörung des Palastes zu Beginn des 14. Jh. brechen die Archive der Schicht IV ab. Die Schicht IV selbst endet erst einige Jahrzehnte später (ca. 1340 v. Chr.) mit der Eroberung Alalahs durch den He˘ thiterkönig Šuppiluliuma I.
1. Prozeßurkunde um mütterliches Erbe (20.01 = AlT 7) Keilschrifttafel (mit erhaltener Hülle) (ca. 1620 v. Chr.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. V und VI; Bearbeitung: aaO 34 ff.
Der Text ist eine formtypische Prozeßurkunde. Die Angelegenheit wird in Aleppo verhandelt, da der Oberherr ein Interesse daran hat, bei Eigentumsstreitigkeiten in den Unterfürstentümern mitzuwirken, vor allem, wenn ganze Orte betroffen sind. Dieser Text ist von besonderem sozialhistorischen Interesse, weil das mütterliche Erbe innerhalb der königlichen Familie betroffen ist: Ammitaqum weist seinem Sohn Abban in dem von ihm im Zuge einer Grenzbegradigung eingetauschten Ort Suharuwe 7) ein ˙ ˘ 5. 6. 7.
130
Diese finden sich außerhalb von Alalah nur sehr selten; vgl. z. B. die wesentlich umfangreiche˘ re Hapiru-Liste bei M. Salvini, The Habiru Prism of King Tunip-Teššup of Tikunani, Rom ˘ 1996. Die absolute Chronologie dieses Zeitabschnitts bereitet einige Schwierigkeiten (s. zusammenfassend E. von Daßow, Social Stratification of Alalah under the Mittani Empire, Ann Arbor 1997, 11-42); gesicherte Jahreszahlen können daher nicht angegeben werden. Zur Ortslage vgl. F. Zeeb, UF 30 (1998) 841: vermutlich südlich von Alalah in der Orontes˘ Ebene.
TUAT N.F. / p. 147 / 6.5.2004
Texte aus Alalah ˘
Erbteil zu. Die Prinzessin Bittatti wehrt sich gegen diese Entscheidung mit der Begründung, daß das mütterliche Erbe ihr zusteht. Der Prozeß endet mit einem Vergleich, der den bisherigen Zustand festschreibt. (1-3) Wegen des »Hauses« 8) von Ammurapis Ehefrau 9) hat Abban mit Bittatti, seiner Schwester, einen Prozeß geführt 10). (4-5) So sagte er: »Wohlan, das ›Haus‹ ist meines. (Du,) Bittatti, hast im ›Hause‹ kein Erbteil.« (6-12) So sagte Bittatti: [»Fürwahr, du] hast in Suharuwe am Erbbesitz, woran ˘ weiteren Anteil genommeine Mutter (ein) Erbteil hatte 11), oberhalb 12) von mir˙ einen men. Du und ich, wir wollen das ›Haus‹ unseres Vaters miteinander teilen.« (13-14) Sie »ergriffen einander« 13); zu Niqmepa, dem König 14), traten sie ein. (15-18) AbiAddu (sagte): »Ja, Bittatti hat in dem ›Haus‹ ein Erbteil.« Als seine Zeugenaussage vor Niqmepa, dem König, sagte er (dies). (19-23) Der König (urteilte) daraufhin: »In dem ›Haus‹ soll Abban das ›Haus‹, das er mag, auswählen und nehmen. Das ›Haus‹, das er ablehnt, soll Bittatti nehmen.« 15) (24-31) Dieses sprach der König. Gimil-Addu und Niwri-Addu, die Thronbediensteten, wurden zur Hausteilung geschickt. Abban: Das obere »Haus«, das mit dem Dach 16), wählte er aus und nahm er. Das untere »Haus« gab er der Bittatti, seiner Schwester. (32-41) Mit sofortiger Wirkung darf die Sache nicht wieder aufgenommen werden. Wegen des »Hausanteils« der Bittatti darf Abban gegen Bittatti und Bittatti gegen Abban nicht prozessieren. Wer (dennoch) prozessiert, muß 5000 Schekel Gold 17) an den Palast bezahlen und geht (trotzdem) in dem »Haus« seines Anteils verlustig. (42-46) Zeugenliste 18) (47-49) Monat: Azzali 19), Tag: 13; Jahr: Niqmepa war König. Er eroberte die Stadt Arazik 20). (Siegelabrollungen)
8. Gemeint ist das gesamte Erbteil. 9. Ammurapis Ehefrau ist vermutlich Bittatti selbst. 10. Da die »Ehefrau des Ammurapi« als Besitzerin des fraglichen Erbgutes gekennzeichnet wird, versucht Abban also, seinen Besitz zu erweitern. 11. Der mütterliche Besitz geht also herkömmlicherweise auf die Tochter über. 12. Der Anteil des Abban liegt offenbar räumlich höher als der der Bittatti, s. auch Z. 28-30. 13. D. h. sie nahmen den Prozeß gegeneinander auf. 14. König von Aleppo. 15. Das Urteil bestätigt den Standpunkt der Bittatti und begünstigt Abban insoweit, als er die Wahlmöglichkeit erhält. 16. Da jedes Haus ein Dach besitzt und es um Ortsteile geht, wird die Formulierung nur eine weitere Umschreibung der räumlichen Lage darstellen. 17. Die übliche Währung ist Silber. Die angedrohte Strafe ist aus Abschreckungsgründen so hoch. 18. Die Zeugenliste mit zehn Zeugen nennt sowohl einen Standardzeugen aus Aleppo als auch einige Vertreter der Betroffenen. 19. Azzali heißt sonst Šatalli und liegt im Februar/März, vgl. F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 178 f.183. 20. Der historische Hintergrund dieses Jahresdatums ist uns unbekannt, zur Ortslage von Arazik vgl. F. Zeeb, UF 30 (1998) 842.
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TUAT N.F. / p. 148 / 6.5.2004
Christian Niedorf / Frank Zeeb
2. Prozeßurkunde über Klage gegen den Stadtfürsten (20.02 = AlT 8) Keilschrifttafel (ca. 1560 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. VI; Bearbeitung: aaO 37.
Auch in dieser Prozeßurkunde aus Aleppo ist eine Frau um die Verteidigung ihres Besitzes bemüht. Von rechtsgeschichtlichem Interesse ist zum einen, daß der Stadtfürst selbst verklagt wird, und zum anderen die überraschende Lösung der Angelegenheit. (1-6a) Appatu, die Tochter des Silla-Addu, hat wegen 5000 Schekeln Silber, die dem Stadtfürsten und der Dam-hura¯s˙i, der Tochter der Ta¯b-simtu, (gemeinsam) gehören, ˙ ˙ das Gericht angerufen gegen˘Ammitaqum, den Stadtfürsten von Alalah. ˘ dir zur Weiter(6b-10) So sagte sie: »Das Geld der Dam-hura ¯ si, meiner Schwester, das ˘ ˙ gabe 21) anvertraut ist, gib mir. Der ›Gewandsaum‹ 22) der Dam-hura¯si beansprucht es in ˘ ˙ ihrer Abwesenheit!« (11-13) Drei Zeugen 23) (14-20) Man prüfte es. Dazu sagte Ammitaqum: »Das Geld habe ich (bereits) an die Dam-hura¯si bezahlt.« Ammitaqum wiederholte: »Das Geld, da man es gegeben hat, ist ˘ So ˙ sagte er weiter: »(Ich will verflucht sein,) wenn ich dieses Geld nicht an die bezahlt.« 24) ›Stirn‹ der Dam-hura¯si bezahlt habe! Einen Göttereid wird man schwören!« 25) ˘ ˙»Warum erwähnt mein Herr einen Göttereid? Mein Herr mö(21-25) So sagte Appatu: ge, was zu geben ist, mir geben, ich will schweigen.« (26-28) Darauf gab Ammitaqum der Appatu 200 Schekel Silber; eine gesiegelte Prozeßverzichtsurkunde ließ er ihr ausstellen. (29-32) Mit sofortiger Wirkung ist einer dem anderen nicht Schuldner. Wer (trotzdem) auf die Angelegenheit zurückkommt 26) (und) einen Prozeß führt, in dessen Mund soll man (flüssiges) Blei gießen. (33-41) Zeugenliste mit neun Zeugen 27) (42-45) [Monat: Liqqaš]še 28), Tag: 25; Jahr: x war König. [Den Ort x-]meya nahm er ein; [x] war (noch) am Leben.
21. 22. 23. 24. 25.
26. 27. 28.
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Offensichtlich hatte die Besitzerin ihren Anteil des Geldes dem Stadtfürsten zur Verwahrung und/oder Verwaltung überlassen, mit der Klausel, es jederzeit auf Verlangen auszuzahlen. Der Gewandsaum steht bekanntlich (z. B. in den Prophetentexten aus Mari) für die Person eines Abwesenden. Die Einzelpersonen sind (vermutlich) Diener des Königs von Aleppo. Die »Stirn« steht wohl pars pro toto für die Person, wenn man nicht eine Verwendung im Sinne eines »Bankkontos« annehmen will. Da Ammitaqum keinen Auszahlungsbeleg vorweisen kann, bietet er einen Eid an. Der Fortgang der Angelegenheit legt nahe, daß dieses Angebot nicht ernst gemeint ist, sondern im Vertrauen darauf erfolgt, daß die Klägerin davor zurückschreckt, ihn diesen Eid schwören zu lassen. Wörtlich: »umkehrt«. Einige der Zeugen sind identisch mit denen von Z. 11-13. Ihr nochmaliges Zeugnis betont die Letztgültigkeit des Bezeugten. Der Monat Liqqašše liegt etwa im Oktober.
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3. Prozeßurkunde über Klage wegen Ortsbesitzes (20.05 = AlT 11) Keilschrifttafel (ca. 1630 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. VII; Bearbeitung: aaO 38; Literatur: W. Nagel/Chr. Eder, Altsyrien und Ägypten, DaM 6 (1992) 1-108, v. a. 15 f.; dazu: F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 98 f.
Die Prozeßurkunde – es geht um den Besitz einer Stadt, die innerhalb der königlichen Familie umstritten ist – bietet vor allem eine überraschende Form der Klagerücknahme. Sie ist von einem gewissen historischen Interesse, da die Geschichte der betroffenen Stadt gut nachzuzeichnen ist und zudem der Text eine Rolle in der Frage gespielt hat, wie viele Könige während der Schicht VII in Alalah regiert haben. 29) ˘ (1-5a) Wegen der Stadt Naštarwe 30) führte Tatteya 31) mit Jarimlim, dem Stadtfürsten von Alalah, einen Prozeß. ˘ sie: »Die Stadt Naštarwe hat mein Vater mir vererbt.« (8-11) So sagt Jarim(5b-7) So sagt lim: »›Vater‹ hat sie ordnungsgemäß zum Nießbrauch dir gegeben«. (12-15) So sagt Tatteya: »Jarimlim soll mir den Kopf (blutig) schlagen 32), die Stadt soll (in diesem Fall an ihn) zurückkehren.« (16-24) Jarimlim hat vor Atri-Addu, dem Beauftragten, vor Ammu-irpa, dem Fürsten (?) von Tuba und vor Nahmi-Dagan den Kopf der Tatteya (blutig) geschlagen, worauf die ˘ Stadt˙Naštarwe an Jarimlim zurückkehrte 33). (25-30) Wer in der Zukunft wegen der Stadt Naštarwe gegen Jarimlim einen Prozeß führt, muß 1000 Schekel Gold an das Gotteshaus 34) bezahlen. (31-35) Fünf Zeugen, darunter der Fürst aus Tuba ˙ kehrte aus Niwin zurück. (36-38) Monat: Hudizzi 35); Jahr: König Niqmepa ˘ 4. Prozeßurkunde (31.1 = AlT 13) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung/Bearbeitung: S. Smith, A Preliminary Account of the Tablets from Atchana, AJ 19 (1939) 41-43 (Kopie s. auch D. J. Wiseman, AlT, pl. VII).
Dieses kurze Protokoll eines Gerichtsverfahrens wurde vermutlich nicht in Alalah, ˘ sondern am Hofe des Mitanni-Herrschers Sauštatar in Obermesopotamien verfaßt. Sauštatar hat als höchste richterliche Instanz über die Zugehörigkeit eines gewissen 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35.
Eine andere Interpretation bietet jetzt Chr. Eder, Die Datierung des spätbabylonischen Alalah, in: R. Dittmann u. a. (Hg.), Altertumswissenschaft im Dialog, FS W. Nagel, AOAT ˘ 306, Münster 2003, 243 f. Zu Lage und Geschichte des Ortes vgl. F. Zeeb, UF 30 (1998) 836 f. Tatteya war vermutlich eine Prinzessin aus Tuba. Der Sinn dieses Ritus ist unklar. Durch das ˙Schlagen wird offenbar eine Rechtsfolge verbindlich konstituiert. D. h.: Der Status quo wird wiederhergestellt, offen bleibt, welche Rechte sich Tatteya an dem fraglichen Ort bereits genommen hatte. Interessanterweise ist hier weder von einer Strafzahlung an den Palast noch von einer Körperstrafe die Rede. Etwa im März.
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Iriphazi unter seinen eigenen Herrschaftsbereich oder den seines Vasallen Niqmepa ˘ von Alalah zu befinden. Wenngleich unsicher bleibt, um was für eine Person es sich ˘ bei Iriphazi handelt und was mit der »Zugehörigkeit zu Hanigalbat 36)« genau gemeint ˘ ist, zeigt der Text deutlich, daß die unter Idrimi erfolgte˘Einordnung in das MitanniReich unter seinem Nachfolger Niqmepa fortgesetzt wurde. Die Bedeutung des Textes als historische Quelle liegt vor allem darin, daß er neben 31.2 (= AlT 14) die einzig sichere zeitgenössische Bezeugung des Mitanni-Herrschers Sauštatar enthält. (1-6) Vor Sauštatar, dem König, hat Iriphazi wegen seiner Zugehörigkeit zu Hanigalbat ˘ gegen mit Niqmepa einen Prozeß begonnen.˘(7-10) Niqmepa hat daraufhin im Prozeß Iriphazi gewonnen, (11-12) und der ist wieder Untertan des Niqmepa geworden. (Sie˘ gelabrollung mit Aufschrift.)
5. Prozeßurkunde (31.3 = AlT 17) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. IX; Bearbeitungen: aaO 40; J. J. Finkelstein, ANET3, 546; R. S. Hess, COS III, Leiden u. a. 2002, 251.
Der folgende Text bietet einen ganz exzeptionellen Rechtsfall. Die Konfiskation des Eigentums von exekutierten Verbrechern durch den König findet sich auch im AT (1 Kön 21,15 f.). Siegel des K[önigs] Niqmepa. (Siegelabrollung mit Aufschrift.) Šatuwe, Sohn des Zuwe, aus Luba, hat die Tochter des Apra als seine Schwiegertochter von diesem geworben (5-6) und brachte gemäß dem Brauch von Aleppo ein Geschenk. (7-10) Apra wurde zum Verbrecher, wurde seinem Vergehen entsprechend getötet, und sein Besitz fiel an den Palast. (11-14) Šatuwe kam – und was sein Eigentum angeht: 6 Talente Kupfer und zwei Bronzedolche nahm er an sich. (15-16) Mit sofortiger Wirkung hat Niqmepa Šatuwe zufriedengestellt. (17-18) Für alle Zukunft wird es einen Prozeß [des] Šatuwe wegen [seines] Ei[gentums nicht (mehr) geben.] (19-23) Nennung von sieben Zeugen, darunter Šarruwe, der Schreiber des Textes. (1)
(2-4)
6. Testament Ammitaqums (21.01 = AlT 6) Keilschrifttafel (ca. 1570 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. V; Bearbeitung: aaO 33 f.; Literatur: H. Klengel, Die Palastwirtschaft in Alalah, in: E. Lipin´ski (ed.), State and Temple Economy in the Ancient ˘ 1979, 435-457, hier 438; B. Landsberger, Assyrische Königsliste Near East II, OLA 6, Leuven und »Dunkles Zeitalter«, JCS 8 (1954) 31-73.106-133, hier 51; W. F. Albright, Further Obser36.
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Hanigalbat bezeichnet je nach Zeit und Abfassungsort der bisher bekannten Quellen das ˘ Kerngebiet Mitannis in Obermesopotamien oder wird synonym mit den Begriffen »Mitanni« und »Hurri-Länder« gebraucht (s. u. a. E. von Weiher, RLA IV, 105-107; G. Wilhelm, RLA ˘ f.; C. Kühne, Imperial Mittani: An Attempt at Historical Reconstruction, SCCNH VIII, 289 10, Bethesda [Maryland] 1999, 204-206).
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vations on the Chronology of Alalakh, BASOR 146 (1957) 26-34, hier 26; F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 81-83.
Es handelt sich um ein formtypisches Testament, das mit einer Nachfolgeregelung verbunden ist: Ammitaqum, der letzte König der Schicht VII, designiert Hammurapi zu seinem Erben und Nachfolger. Vermutlich wurde dieser Rechtsakt ungeachtet der Zerstörung der Stadt durchgeführt, so daß Hammurapi der erste König der Schicht VI wurde. Wegen der Wichtigkeit der Thronfolgeregelung in einem Unterkönigtum wurde das Testament in Aleppo aufgesetzt und nennt ausdrücklich den dortigen König als Oberherrn der Dynastie von Alalah. ˘ Neben der rechtshistorischen Wichtigkeit eines dynastischen Testaments hat die Tafel für eine gewisse Diskussion gesorgt, da man den Z. 27 genannten Zeugen Zukraši (wohl zu Unrecht) in hethitischen Texten wiederzufinden glaubte. Ammitaqum, der Fürst von Alalah, hat zu Lebzeiten 37) vor Jarimlim, dem König, sei˘ festgelegt: nem Herrn, das Schicksal seines Hauses (7-14) Sein Haus 38), seine Städte, seine Gebiete und alles, was sein ist, so wie es sein Vater und seine Mutter ihrem Sohn vererbt hatten, vererbt er Hammurapi, seinem Sohn, den die Tochter des Nawar-atal 39), des Fürsten von Apišal 40), gebar. (15-24) Und so hat er erklärt: »Außer Hammurapi, meinem Sohn, den die Tochter des Fürsten von Apišal gebar, ist ein zweiter Erbsohn nicht vorhanden. Hammurapi soll der Herr meiner Stadt und meines Hauses sein und der Diener des Königs Jarimlim, meines Herrn, soll er sein.« (25-34) Zehn Zeugen, darunter Nawar-atal und der Schreiber. (35-38) Monat: Hiyari 41), Tag: 17; Jahr: Jarimlim war König. Er fügte dem Fürsten von ˘ zu. Qatna 42) eine Niederlage ˙ (1-6)
7. Heiratsvertrag (33.1 = AlT 91) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XXIII; Bearbeitungen: N. Na’aman, A Royal Scribe and His Scribal Products in the Alalakh IV Court, OrAnt 19 (1980) 110-112; M. Dietrich/W. Mayer, Hurritica Alalahiana (I), UF 28 (1996) 184-187. ˘
Die Gattung der Heiratsurkunden ist aB in Alalah nicht belegt und mB abgesehen von ˘ dem hier präsentierten nur in Form von vier fragmentarischen Texten erhalten. Dieser Textgruppe ist – abgesehen davon, daß sie z. T. nur schwer verständlich ist – gemeinsam, daß sich die darin formulierten Bestimmungen vor allem um die Geburt eines zukünftigen Erben drehen. Schenkt die Frischvermählte einem solchen nicht das Leben, darf sich der Ehemann – wie z. B. auch in Nuzi üblich – eine weitere Frau 37. 38. 39. 40. 41. 42.
D. h. »im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte«. D. h. seinen Privatbesitz. Die Hochzeit ist Gegenstand der Ausgabeliste 44.04 (= AlT 409). Ein Alalah vergleichbares Königtum, vgl. F. Zeeb, UF 30 (1998) 846 f. mit weiterer Lit. ˘ Etwa im Juni/Juli. Bedeutendes Machtzentrum in Syrien (Tell el-Mišrı¯fe), vgl. F. Zeeb, UF 30 (1998) 847 (Lit.).
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nehmen. Die entsprechenden Regelungen sind im folgenden Dokument als Anhang nach der Zeugenliste formuliert; die Bestimmungen über den sozialen Status der Braut sowie die Vererbbarkeit dieses Marijannu43)-Status (vgl. 36.1; s. u.) stehen hier im Mittelpunkt. Die Beziehungen der genannten Personen zueinander sind wohl so aufzufassen: Der Marijannu Akaptahe hat Akapkiaše geheiratet, die offenbar nicht ˘ der Marijannu-Schicht angehört. Ummitura, die »Tochter des Hauses« (vermutlich Akaptahes Tochter aus früherer Ehe, möglicherweise mit Zilipnanu [Z. 25]), besitzt ˘ den vererblichen vollen Marijannu-Status (Z. 6-11). Dieser Status steht Akapkiaše erst zu, wenn Ummitura (wohl heiratsbedingt) das Haus verläßt (Z. 11-16). Vorher besitzt sie die scheinbar nur eingeschränkte Stellung als »Schwiegertochter eines Marijannu«44) (Z. 5); dies beinhaltet auch nach der Erweiterung ihres Status die enge Bindung an das Haus ihres Mannes (Z. 17-19). (Siegelabrollung mit Aufschrift.) (1-4) Vor [König] Niqmepa hat Akaptahe, Sohn des Šema˘ ist (somit) rana, die Tochter des Takuhule zu seiner Ehefrau genommen. (5-6) Akapkiaše ˘ (6-11) eines Marijannu Schwiegertochter. Die Tochter des Hauses, Ummitura, ist [zusammen m]it ihren Kindern [und Enkelki]ndern Marijannu [und frei 45). (11-16) A]n dem Tage irgendeiner Wenigkeit 46), an dem Ummitura einen Herrn bekommen wird, wird auch Akapkiaše zusammen mit ihren Kindern Marijannu und frei sein. (17-19) Akapkiaše kann so wie die Tochter des Hauses (als) Schwiegertochter das Haus [des Akapt]a[h]e nicht ver˘ lassen. (20-23) Nennung von sieben Zeugen. (24-28) Was Akapkiaše [und] Zilipnanu betrifft: [Wenn] es einen Sohn unter [ihnen] geben wird, welchen (eine von ihnen) gebären wird, dann darf er sich keine dritte Ehefrau [n]e[hmen.] (29-31) Wenn aber keine von beiden [gebären wird,] dann wird er sich eine dritte Ehefrau nehmen. (31) Einen Rechtsstreit wird es (deswegen) nicht g[eben.]
8. Immobilienkaufurkunde (22.02 = AlT 53) Keilschrifttafel (ca. 1625 v. Chr.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XIV; Bearbeitungen: B. Kienast, Die altbabylonischen Kaufurkunden aus Alalah, WO 11 (1980) 35-63, hier 52; F. Zeeb, Das teqnı¯tu in den Immo˘ bilienkaufurkunden aus Alalah VII, in: M. Dietrich/O. Loretz (Hg.), Vom Alten Orient zum ˘ Alten Testament, FS W. von Soden, AOAT 240, Münster 1995, 541-549, v. a. 543 f. 43.
44. 45.
46.
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Die politisch-militärische Oberschicht in Syrien und Mitanni; aus einer Bezeichnung für das Elitekorps der Streitwagenfahrer wurde in Alalah der Name einer sozialen Schicht, die nicht ˘ mehr notwendigerweise durch den Besitz von Streitwagen charakterisiert ist; s. G. Wilhelm, RLA VII, 419-421; E. von Daßow, Social Stratification of Alalah under the Mittani Empire, Ann Arbor 1997, 258-332. Entscheidend für die Wahl dieser Bezeichnung ist Akapkiašes Verhältnis zum Familienoberhaupt. Dieses ist nicht ihr Gatte Akaptahe, sondern dessen Vater Šemarana. ˘ Dokumenten aus Ugarit zufolge die Befreiung von Diese »Freiheit« beinhaltet vergleichbaren Steuerabgaben und Dienstleistungen gegenüber dem Palast. Sie ist Ausdruck der Zugehörigkeit zur privilegierten Oberschicht der Marijannu im Gegensatz zu den niedrigeren Schichten (vgl. 36.1,4; s. u.). Akkadisch mı¯su¯tu; es ist unklar, was genau damit hier gemeint ist. ˙
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Diese Immobilienkaufurkunde befaßt sich mit dem Schicksal des Ortes Kunuwe 47) und gibt Einblick in die politische und territoriale Organisation des Fürstentums von Alalah. ˘ (1-9) Den Ort Kunuwe mitsamt seinem Gebiet hat Jarimlim von Ammar-Addu für 770 Schekel Silber, (davon) 500 parı¯su 48) Emmer 49), 10 (parı¯su) Wicken zum vollen Kaufpreis 50) gekauft. (10-11) Für sein Rückbehaltungsrecht 51) [gab er x] »Krüge« x … (12-13) Sein Herz ist zufrieden, es ist gut 52). (14-16) Wer vindiziert, muß Gold entsprechend dem Silber bezahlen. 53) (17-23) Sechs Zeugen.
9. Immobilientauschurkunde (23.03 = AlT 79) Keilschrifttafel (ca. 1575 v. Chr.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XXI; Bearbeitung: E. Gaa´l, The State Sector as the Guarantee of Territorial Integrity (Based on the Alalah VII Archive), Oikumene 1 (1976) 39-46, ˘ hier 45 (Z. 1-13).
Wichtige Transaktionen im Wirtschaftsleben von Alalah VII sind Immobilientausch˘ angelegenheiten, durch die vermutlich das Königshaus versucht, sein Terrain zu arrondieren. Hier werden durch die Kautelen auch die Interessen des Hegemons in Aleppo gewahrt, der sich ein Vorkaufsrecht und ein Vetorecht gegen den Verkauf an Dritte vorbehält, so daß wir auch in das Verhältnis von Alalah zum Zentrum Einblick ˘ nehmen können. (1-6) Zum Tausch für die Stadt Atrate gab er 54) die Stadt Jašul, ihr gesamtes Gebiet, dem Ammitaqum, dem Stadtfürsten von Alalah, zum vollen Kaufpreis. ˘ für Geld abgeben. Wenn er die Stadt Jašul (7-27) Ammitaqum darf die Stadt Jašul nicht für Geld abgibt, muß er den König Jarimlim (vorher) fragen. Wenn der König damit zufrieden ist [und die Stadt Jašul] kauft … (Teil der Bedingungen zerstört.) … Wenn es der König zu ihm sagt, wird er die Stadt abgeben 55) an den König. Sagt er es nicht zu ihm, dann darf er die Stadt nicht abgeben. Wenn er ohne den König 56) die Stadt Jašul für
47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56.
Vgl. zu Ortslage (Kafr Kuneye?) und Geschichte des Ortes F. Zeeb, UF 30 (1998) 844. Ein parı¯su sind etwa 60 l (F. Zeeb, AOAT 282 [2001] 201-205). 1 parı¯su Emmer entspricht einem halben Schekel Silber. Die Formulierung ist in einer Immobilienkaufurkunde obligatorisch. Hier läßt sich der Kaufpreis präzise aufschlüsseln: Nach Text 20.06 (= AlT 41) hatte Jarimlim bereits für den gepfändeten Anteil 510 Schekel bezahlt, jetzt kommen noch etwa 255 Schekel in Getreide hinzu. Vgl. zu diesem Recht in den Immobilienkaufurkunden F. Zeeb, AOAT 240 (1995) 546-549. Der sogenannte Perfizierungsvermerk bedeutet, daß die Angelegenheit durch die Bezahlung endgültig erledigt ist. Also für die in Frage stehende Silbersumme von 770 Schekeln muß man dieselbe Menge Gold bezahlen. Ist Jarimlim III., der Oberherr in Aleppo, das Subjekt? Vermutlich ist der Rückkauf durch den Hegemon gemeint. D. h. wenn er ohne Wissen und Befehl des Königs ein Geschäft mit einem Dritten durchführt.
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Geld abgibt, dann wird der König die Stadt beschlagnahmen, und wer auch immer Geld genommen hat, wird seines Geldes verlustig gehen. (28-32) Vier Zeugen.
10. Urkunde über den Kauf einer Sklavin (341.1 = AlT 66) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: Melbourne, Australian Institute of Archaeology. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XVIII; Bearbeitung: I. Mendelsohn, On Slavery in Alalakh, IEJ 5 (1955) 68.
Der Text ist eine für das mB Alalah typische Kaufurkunde nach dem dort üblichen ˘ Formular (s. dazu B. Kienast, RLA V, 537-540). Die charakteristische sog. Eviktionsklausel (Z. 9-11) dient dem Schutz des Käufers vor Drittansprüchen: Falls ein rechtmäßiger Eigentümer der Sklavin auftauchen sollte, von dessen Existenz der Käufer nichts wissen kann, ist der Verkäufer verpflichtet, diesen zufriedenzustellen und Ansprüche auf das Kaufobjekt selbst abzuwehren (es »freizumachen«). (Siegelabrollung mit Aufschrift.) (1-6) Vor König Niqmepa hat Ilimilimma 57) eine Sklavin von Šatupšeni, Sohn des Panila, aus Zaliwahare, (für) 50 (Schekel) Silber 58) genommen. (7-8) Ihr Kaufpreis ist beglichen und er 59) ist ˘quitt. (9-11) Wenn sie (bereits) einen (früheren) Eigentümer hat, wird Šatupše(ni) sie »freimachen« (von dessen Ansprüchen). (12-17) Zeuge: Irkabtu, Zeuge: Šiptijanta, Zeuge: Šateja, Zeuge: Tešu aus Pazani, Zeuge: ˙ Šaumati aus Kurabi.
11. Schuldschein (30.07 = AlT 35) Keilschrifttafel (ca. 1585 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XI; Bearbeitung: F. Zeeb, Studien zu den altbabylonischen Texten aus Alalah. I. Schuldscheine, UF 23 (1991) 405-438, hier 421-423; Literatur: ˘ Amosbuch, UF 27 (1995) 641-656. F. Zeeb, Alalah VII und das ˘
Bei diesem formtypischen Schuldschein ist bedeutsam, daß der Sohn des Königs Schulden macht und die Verzinsung gesplittet wird. Interessant ist ferner die ungewöhnliche Datierungsformel, die ein Licht auf das altbabylonische Ebla wirft.
57.
58. 59.
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Vermutlich nicht der Sohn und Nachfolger König Niqmepas, sondern der einflußreiche Ilimilimma, Sohn des Tuttu (zu diesem s. G. Bunnens, Ilim-Ilimma, fils de Tuttu »bourgeoisgentilhomme« d’Alalakh au XVe s. av. n. è., Akkadica 10 [1978] 2-15), der in 352.3 (s. u.) als Gläubiger auftaucht und möglicherweise in 36.2 (s. u.) Handlungsträger ist. Ein verglichen mit den anderen Urkunden, die Sklavenpreise in Silber angeben, hoher Preis (341.2 [= AlT 67] und 341.3 [= AlT 68]: 25 Schekel, also nur die Hälfte). Gemeint ist damit wohl der Verkäufer (vgl. die ähnliche Ausdrucksweise im mA Kaufformular; s. P. Koschaker, Neue keilschriftliche Rechtsurkunden aus der El-Amarna-Zeit, Leipzig 1928, 28 mit Anm. 1).
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Minen Silber, die dem Talmammu 60) gehören, zu Lasten des Irkabtum, des Sohnes des Königs 61). (4-6) Die Hälfte davon ist mit je 1⁄3 Schekel und die (andere) Hälfte mit je ¼ hSchekeli verzinslich 62). (7-12) Monat: Pagri 63); Jahr: Ammitaqum war König. Als er die Tochter des Fürsten von Ebla für seinen Sohn erwählte. (13-15) Drei Zeugen, darunter ein Königssohn und der Schreiber.
12. Pfandurkunde (31.01 = AlT 18) Keilschrifttafel (ca. 1580 v. Chr.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. IX; Bearbeitungen: B. L. Eichler, Indenture at Nuzi, New Haven; London 1973, 66 f.; F. Zeeb, Studien zu den altbabylonischen Texten aus Alalah. II. Pfandurkunden, UF 24 (1992) 447-480, hier 452-455; R. S. Hess, COS III, Leiden u. a. ˘ 253. 2002,
Für die Palastwirtschaft war das Institut der Pfandhaft eine ausgesprochen wichtige Quelle der Arbeitskraft. Das Ziel von Kreditvergaben bestand in der Regel darin, den Schuldner und seine Familie in dauerhafte Abhängigkeit vom Palast zu bringen und sich so die Arbeitskraft der Verschuldeten zu sichern. Der Pfandhäftling ist theoretisch frei, muß aber die Schuld abarbeiten, wobei seine Dienste lediglich mit den anfallenden Zinsen verrechnet werden. Man sollte insoweit nicht von (Schuld-)Sklaverei sprechen. Ein besonderer Reiz der Urkunde liegt darin, daß wir das weitere Schicksal eines der Pfandhäftlinge in der Palastwirtschaft verfolgen können. (1-3) 1⁄3 Mine (und) 1 Schekel Silber, die dem König Ammitaqum gehören, zu Lasten des Ammi-Addu, des Voglers 64). (4-10) Aya-šarri und Bendi-Addu, die Söhne des Ammi-Addu, sei[ne Frau] und seine Söhne – er (Ammi-Addu) gab sie her, sie sind entsprechend diesem Silber zur Pfandhaft 65) der »Wirtschaftseinheit« 66) des Ammitaqum eingeordnet. Sie sind Vogler des Königs 67).
60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67.
Talmammu könnte so etwas wie ein Finanzkämmerer am Palast gewesen sein. Anleihe wohl für eine Verpflichtung anläßlich einer Hochzeit, vgl. F. Zeeb, UF 23 (1991) 422. Gemeint ist die Verzinsung je Schekel der Schuldsumme. Etwa im November. Zum Beruf, seiner sozialen Stellung und arbeitstechnischen Organisation sowie zur sakralen und profanen Verwendung von Vögeln s. F. Zeeb, AOAT 282 (2001) 264-283. Akkadisch ana mazzazza¯n(u¯t)im ist terminus technicus für die Pfandhaft. Wörtlich: »sie sitzen im Hause des Ammitaqum«. Das »Haus« steht metonymisch für die gesamte Palastwirtschaft, deren Träger die Person des Regenten ist. Aya-šarri verbleibt nach Ausweis der Getreidelieferlisten bis in die Schlußzeit des Archivs als Vogler (F. Zeeb, aaO 280 f.); über seinen Bruder können wir keine weiteren Aussagen treffen.
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Außer dem König ist ein zweiter nicht vorhanden, der ihn ständig unterstützt 68). Das Silber muß er zu Lebzeiten bezahlen 69). (15-17) Zeugenliste mit drei Zeugen. (Hülle 24-25) Monat: [Att]annatim 70); Jahr: Jarimlim (III.) war Kö[nig]. (Siegellegende)
(11-14)
13. Schuldabtretungsurkunde (32.01 = AlT 28) Keilschrifttafel (ca. 1580 v. Chr); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. X 71); Bearbeitungen: B. L. Eichler, aaO 71 f.; F. Zeeb, Studien zu den altbabylonischen Texten aus Alalah. III: Schuldabtretungsurkunden, UF 25 (1993) 461-472, hier 464-467; R. S. Hess, COS III,˘Leiden 2002, 253 f.
Da die Arbeitskraft von Pfandhäftlingen gleichsam als Ware gilt, konnte sie auch veräußert werden. Dies geschieht in der Weise, daß der Erwerber dem ursprünglichen Gläubiger die Schuldsumme ersetzt und dafür in dessen Rechte an den Pfandhäftlingen eintritt. (1-8) Ašma-Addu, der Sohn des Inna-kabiti, Wikke, Zuherasi und Tahuze 72), die Vogler – ˘ ˘ des Niminašu, sie der Sohn wegen 30 (Schekeln) »Silber« (als) Geld 73) hatte Kurbišan, »ergriffen«. (9-12) Hernach hat Ammitaqum 74) sie für 30 »Silber« von Kurbišan übernommen 75). (13-24) Ferner: 30 »Silber« (als) Geld zu Lasten von Ašma-Addu, Wikke und Zuherasi, ˘ Tahuze. Ferner: Das Silber gilt als Pfand zu Lasten ihrer Ehefrauen (und) ihrer Söhne. ˘ Silber, das dem Ammitaqum, dem König von Alalah, 76) gehört, zahlt ihm einer unDas ˘ ter ihnen 77).
68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77.
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Offenbar kann Ammi-Addu über den reinen Kredit hinaus noch mit weiteren, regelmäßig wiederkehrenden Leistungen des Palastes rechnen. Dem entspricht, daß er mehrere hochqualifizierte Personen für einen doch recht geringen Betrag in Pfandhaft gibt. Die Formulierung besagt, daß die Vereinbarung – von der beide Seiten letztlich profitieren – auf Dauer angelegt ist, nämlich solange der Schuldner lebt. Etwa im September/Oktober. Die beiden dort als linker Rand kopierten Zeilen gehören zu Text 20.03 (= AlT 9), vgl. R. S. Hess, COS III (2002) 254, nach Kollation der Tafel 32.01. Von den hier betroffenen Personen ist nur Wikke anderweitig belegt. Auch er ist bis zum Untergang der Stadt in seinem angestammten Beruf (F. Zeeb, AOAT 282 [2001] 279 f.) in der Palastwirtschaft angestellt. D. h. Silber als »Bargeld« im Gegensatz zu Waren im Wert von 30 Schekeln. Es ist wirtschaftsgeschichtlich von Bedeutung, daß in allen belegten Fällen das Königshaus die Schuldner übernimmt. Dies spricht für eine ökonomische Steigerung der Bedeutung des Palastes. Wörtlich: »ausgelöst, freigesetzt«, also aus ihrer bisherigen Verpflichtung in die neue überführt. Versehentlich ist E-la-la-ah geschrieben. Der Schreiber neigt auch sonst zu Fehlern. D. h. die Schuldner haften˘ gemeinschuldnerisch. Einer von ihnen kann alle auslösen, umgekehrt kann sich ein einzelner nicht durch die Zahlung eines Teilbetrags befreien.
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Texte aus Alalah ˘
14. Schuldurkunde (352.3 = AlT 48) Keilschrifttafel (Anfang 14. Jh.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XIII; Bearbeitungen: G. Bunnens, Ilim-Ilimma, fils de Tuttu »bourgeois-gentilhomme« d’Alalakh au XVe s. av. n. è., Akkadica 10 (1978) 10 f.; J. Hoftijzer/ W. H. van Soldt, Texts from Ugarit Concerning Security and Related Akkadian and West Semitic Material, UF 23 (1991) 202; R. S. Hess, Canaan and Canaanite at Alalakh, UF 31 (1999) 225-228.
Neben einfachen Schuldscheinen gibt es in Alalah IV noch eine Gruppe von ausführ˘ licheren Schuldurkunden, die sehr individuell gestaltete Zins- und Rückzahlungsbestimmungen enthalten und bei denen anders als bei den Pfandurkunden der Schicht VII die Pfandhaft nur eine von mehreren Möglichkeiten der Zinstilgung darstellt. So enthält der folgende Text genaue Bestimmungen über Fälligkeit und Art der Zinszahlung und auch für den Fall von Nichtzahlung, Flucht oder Verscheiden des Schuldners. (Siegelabrollung mit Aufschrift.) (1-8) Vor König Ilimilimma hat Baalaja, der Vogler aus Kanaan, zusammen mit seiner Frau Zamataru und seinem Sohn Akija 24 Schekel Silber nach dem Gewicht von Alalah von Ilimili(mma), Sohn des Tuttu 78), genommen. (9-12) Zu Beginn des (nächsten) Jahres˘ wird er 200 Turteltauben als Zins für das Silber geben, (12-14) und wenn er die 200 Turteltauben nicht gibt, wird er ihn ins Gefängnis 79) stecken. (15-18) Wenn Baalaja flieht, untertaucht oder stirbt, sind seine Frau, seine Kinder und sein Eigentum das Pfand für die Silber-Schekel. (19-22) Zeuge: Takuhule, Sohn des Uštaja, Zeuge: Titija, Zeuge: Biri(ja)ššur(a), Zeuge: ˘ Kušah-ewre, der Schreiber. ˘ 15. »Ernennungsurkunde« zum Marijannu (36.1 = AlT 15) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: London, British Museum. Erstveröffentlichung: S. Smith, AJ 19 (1939) 43 f. (Kopie s. auch D. J. Wiseman, AlT, pl. VIII). Bearbeitung (Z. 5-14): D. Arnaud, Études sur Alalah et Ougarit a` l’âge du Bronze Récent, SMEA 37 (1996) 55 f.
Der folgende Text ist ein in Alalah einmaliges Dokument, das zeigt, daß der Marijan˘ nu 80)-Status auch für einen Angehörigen einer sozial tiefergestellten Schicht durch königlichen Gunstbeweis erreichbar und – einmal erworben – vererbbar und unumkehrbar war (vgl. 33.1, s. o.); zu einem vergleichbaren Dokument in Ugarit s. RS 16.132 (PRU III, 140 f.). Die Erblichkeit des Marijannu-Status wird hier mit der eines religiösen Amtes verknüpft. 78. 79.
80.
S. Anm. 57. Das Gefängnis als Mittel des Strafvollzugs war im Alten Orient unbekannt. Es ist in seiner Funktion mit einem Untersuchungsgefängnis (um vorläufig jene festzuhalten, deren Gerichtsurteil noch nicht gefällt ist) und – wie in unserem Fall – dem mittelalterlichen Schuldturm zu vergleichen, aus dem der Häftling erst bei Rückzahlung seiner Schulden entlassen wird. S. Anm. 43.
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(Siegelabrollung mit Aufschrift.) (1) Siegel des Königs Niqmepa. (2-4) Mit sofortiger Wirkung hat König Niqmepa, Sohn des Idrimi, den Kapija zum Marijannu freigestellt. 81) (5-7) Wie die Marijannu von Alalah, so wird auch Kapija sein. (8-10) Seine Nachfahren werden auf ewig Marijannu und ˘Tempelverwalter des Kumarbi 82) sein. (11-12) Die Tempelverwaltung und Priesterschaft des Kumarbi wird seinen Nachfahren auf ewig gehören. (13-14) Wie die Tempelverwalter des Addu und der Hepat 83), so werden auch sie sein. ˘ (15-22) Nennung von neun Zeugen, darunter Kronprinz Ilimilimma und Šarruwe, der Schreiber des Textes. (23-24) Niemand darf es (d. h. das verliehene Privileg) auf ewig aus seiner Hand nehmen.
16. Adoptionsurkunde (36.2 = AlT 16) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. VIII; Bearbeitungen: aaO 39 f.; R. Yaron, Varia on Adoption, JJP 15 (1965) 175-179; M. Malul, Studies in Mesopotamian Legal Symbolism, AOAT 221, Kevelaer; Neukirchen-Vluyn 1988, 110 f.
Diese Adoptionsurkunde ist die einzige, die man in Alalah gefunden hat, und sie ist ˘ ungewöhnlicherweise als Adoption des Vaters durch das Kind und nicht umgekehrt formuliert. Um die in diesem Text nicht immer einfachen Bezüge zwischen Handlungsträger und Handlung zu verdeutlichen, werden folgende erläuternde Abkürzungen verwendet: (I.) = Ilimilimma; (T.) = Tulpuri. (Siegelabrollung mit Aufschrift.) (1-3) Vor König Niqmepa hat Ilimilimma 84) den Tulpuri zu seinem Vater gemacht. (4-5) Solange er (T.) lebt, wird er (I.) ihn versorgen. (6-12) Sobald Tulpuri stirbt, wird sein gesamter Nachlaß, alles, was sein ist, (und) das tilu 85) des Tulpuri Ilimilimma gehören. (13-18) Falls Ilimilimma seinen Vater versorgt, er (T.) aber an seiner (wohl I.’s) Nase zieht 86), dann wird er (T.) fortgehen und seines gesamten Eigentums verlustig gehen. (18-20) Falls er (I.) seinen Vater nicht versorgt, wird er (T.) sein Eigentum (wieder) an sich nehmen. (21-24) Zeuge: Irkabtu, Zeuge: Aki-Addu, Zeuge: Šiptijanta, Zeuge: Kušaja, der Schreiber. ˙
81. 82. 83. 84. 85. 86.
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S. Anm. 45. Geschrieben ist dEN.LÍL: damit dürfte aber eher der hurritische Gott Kumarbi als der mesopotamische Enlil gemeint sein, mit dem er gleichgesetzt wird. Kumarbi ist der ehemalige Götterherrscher und Vater des Wettergottes, an den er die Herrschaft verliert. Der Wettergott mit seiner Gemahlin; der Wettergott ist der ranghöchste Gott in den syrischkleinasiatischen Panthea. Geschrieben wird der Wettergott mit dem Ideogramm dIŠNUR: nach Ausweis des Onomastikons ist in Alalah eher Addu als Teššup zu lesen. ˘ S. Anm. 57. Die Bedeutung dieses Wortes ist unklar. Das »an der Nase Ziehen« (akkadisch: ina appi šada¯du) ist eine nur in Alalah (neben dieser ˘ offenbar ein Textstelle nur noch im Heiratsvertrag 33.2 [= AlT 92]) belegte Wendung, die deutliches Fehlverhalten bezeichnet, das zum Vertragsbruch führt.
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17. Aktenvermerk über die Übergabe von Entflohenen (38.4 = AlT 101) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, AlT, pl. XXIV; Bearbeitungen: I. Mendelsohn, On Slavery in Alalakh, IEJ 5 (1955) 69 f.; I. Ma´rquez Rowe, Halab in the XVIth and XVth Centuries B.C. A New Look ˘ at the Alalah Material, WZKM 87 (1997) 186-190. ˘
Unter den Texten aus Alalah IV befinden sich einige wenige Dokumente, die aus˘ gesprochen knappe Formen von Rechtsurkunden darstellen und die man als »Aktenvermerke« bezeichnen könnte. Ein Beispiel ist der folgende Text, eine Art Quittung über die Aushändigung von Flüchtlingen aus einem auswärtigen Territorium an den Diener ihres vormaligen Herrn. Die Übergabe geschieht vor König Niqmepa von Alalah. Umstritten ist die Identität des Pantaraššura: Gingen bisherige Deutungen davon ˘ aus, daß es sich um eine auswärtige Privatperson handelt, die ihre entlaufenen Sklaven zurückholt, will Ma´rquez Rowe in ihm einen bisher unbekannten König von Aleppo sehen, dessen hoher Beamter Arnupar die Übergabe bezeugt. Der Text ist ein anschauliches Beispiel für die tatsächliche Umsetzung von Bestimmungen der Staatsverträge 1.1 (= AlT 2) und 1.2 (= AlT 3), die die gegenseitige Auslieferung von Flüchtlingen enthalten. (1-7) Zitija 87), der Diener des Pantaraššura, aus Urume, hat vor Niqmepa fünf Frauen und einen Mann, Entflohene des Pantaraššura, übernommen. (8-10) Zeuge: Arnupar, der Distriktaufseher von Aleppo. (Siegelabrollung mit Aufschrift.)
18. Nach sozialen Gruppen gegliederte Personenliste (413.3 = AlT 131 + ATT 83/7) Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: Antakya, Hatay-Museum. Erstveröffentlichung: M. Dietrich/O. Loretz, Die soziale Struktur von Alalah und Ugarit (II), WO 5 ˘ (1969-70) 59 f.
Besonders bemerkenswert ist unter der Masse an Listen eine Textgruppe, in der die männlichen Erwachsenen jeweils einer Ortschaft des Königreichs für Steuerzwecke namentlich erfaßt und nach Zugehörigkeit zu vier großen sozialen Gruppen unter Aussparung der Sklaven aufgelistet werden. Die Nennung erfolgt in hierarchischer Reihenfolge von unten nach oben: die beiden rangniedrigsten, die Hupše 88) und ˘ Hanijahhe (im Summarium als »Namû-Leute« zusammengefaßt; sie bilden die ein˘˘ ˘ fache Landbevölkerung) werden zuerst aufgeführt, gefolgt von den Ehele (die Hand˘ werker und Palastbediensteten) und anschließend der Oberschicht der Marijannu. 89) Den einzelnen Personennamen folgen gelegentlich aufschlußreiche Appositionen wie Berufsangaben, Abhängigkeitsverhältnisse oder Besitz oder Nicht-Besitz von 87. 88. 89.
Der Name ist ideographisch LÚ.MU geschrieben; möglicherweise ist Taheja zu lesen. Vgl. hebräisch hopšî »frei(gelassen)«, das in einem Zusammenhang mit˘akkadisch hupšu ge˘ ˙ sehen werden kann. Anders als in der Bronzezeit gibt es im Alten Israel aber keine bestimmte soziale Schicht von Hupše-Leuten mehr, sondern nur noch »Freie« und Sklaven. ˘ Zu den einzelnen sozialen Gruppen s. detailliert die Anm. 43 genannte Arbeit von E. von Daßow.
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Streitwagen. Der folgende gut erhaltene Text ist ein besonders normtypisch aufgebauter Vertreter dieser Textgattung. (1) Ortschaft Alime, Hupše-Leute: (2-41) Azira, Sohn des Baal-eršu, Azira, Akija, Sohn des Ililla, Hahulla, Kunna, ˘Hanaja, der Töpfer, Kapule, Sohn des Matipilla, Wirašše, Sohn des ˘ Ililipu,˘ Ewrešarri, Sohn˘ des Nuhhae, Takuja, der Korbflechter, Tuppija, Sohn des Aptanu, ˘ ˘ Sohn des Išpartabi, Zuzuwe, Sohn des Ehlammu, Takuja, Sohn des Ammaja, Itarmu, ˘ Irten, Akija, Sohn des Pentu, Huttie, Adduwe, der Zimmermann, Lapau, […-u]nnuwe, ˘ [Ari]murate, Sohn des Tuppija, [Ehl]i-Kušah, So[hn des S¸]amahula, Akaptukke, sein Bru˘ ˘ Zike, Ea-šarri, Sohn des der, Takuhule, sein Bruder, Jasi-Dagan, der ˘Lederarbeiter, Kutin, ˘ ˙ Kappe, Ehli-Išhara, Sohn des Muzzure, Ehlin, Immaren, Takuja, Sohn des Kušanaše, ˘ Ewernake, ˘ Ehhen, Akan, Šinta, Mazija, Eheja,˘Sohn des Kunumeni, Lullu, Kušah-ewre, Pur˘ ˘ ra, Sohn des Irimilla, Kanun, Nupuja, ˘der Zimmermann, Adduni, Wantija,˘ Sohn des Arma, Ewija, Sohn des Kipukka, Zu-x-tala, Hupita, der Arzt, Ehli-Kubi, Sohn des Ašmu, ˘ ˘ Sohn. Arija, der Hirte, Zazija, Ilan, Takuja, Sohn des Uttanaše, Kuša, sein (42) Hanijahhe: (43-44) Ehli-Addu, Sohn des Zuzuwe, Ehelupar, Sohn des Zakkala. ˘ ele: ˘(46-55) ˘ ˘ (steht in Diensten) des Šašša, ˘ (45) Eh Ariphazi, Hulika, der Pferdeknecht des ˘ ˘ ˘ Königs, Šepra, der Rinderhüter, (steht in Diensten) des Aki-Addu, Tarke, der Pferdehüter, Aramara, der Kleinviehhirt, (steht in Diensten) des Königs, Jatukke, Pakke, der Pferdeknecht, (steht in Diensten) des Aki-Addu, Takuhule, (steht in Diensten) der Ku˘ des Sohnes der Zaze. ba(ba)tanni, Ea-mati, der Musiker, Irija, (steht in Diensten) (56) Marijannu: (57-65) Ehelupar, Bruder des Šuwanti, Ananišarri, Sohn des Tuppe, Eheja, ˘ des Nikre 90), Matuwe, Streitwagenbesitzer, Takuja, Sohn ˘des Sohn des Arnella, Sohn Tuppija, besitzt keinen Streitwagen, Takija, besitzt keinen Streitwagen, Kuša-x-x-ze, besitzt keinen Streitwagen, Ewija, Streitwagenbesitzer. (66-67) I[nsgesamt 56] Namû-Leute; insgesamt 9 Marijannu; [insgesamt 10] Ehele. Ge˘ samtsumme: 75 alle zusammen.
19. Hapiru-Liste (414.7 = AlT 181) ˘ Keilschrifttafel (Ende 15. Jh.); Aufbewahrungsort: Melbourne, Australian Institute of Archaeology. Erstveröffentlichung: D. J. Wiseman, Supplementary Copies of Alalakh Tablets, JCS 8 (1954) 11; Bearbeitungen: M. Greenberg, The Hab/piru, AOS 39, New Haven 1955, 21; R. S. ˘ Hess, UF 31 (1999) 230-232.
Die Hapiru kommen in Texten des 2. Jt. in ganz Vorderasien als eine soziale Rand˘ von Entwurzelten und ihrer Heimat Entflohenen vor. Seit ihrer Entdeckung in gruppe den Quellen wurden sie mit den Hebräern des AT in Verbindung gebracht, was bis heute kontrovers diskutiert wird. 91) 90. 91.
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Der »Sohn des Nikre« ist eine Person, die nur unter der Filiationsangabe geführt wird. Wichtige zusammenfassende Literatur zu den Hapiru allgemein und zum Hapiru-Hebräer˘ Internationale, Problem: J. Bottéro, Le problème des Habiru à la˘ 4e Rencontre Assyriologique Paris 1954; M. Greenberg, The Hab/piru, AOS 39, New Haven 1955; O. Loretz, Habiru-He˘ bräer: Eine sozio-linguistische Studie über die Herkunft des Gentiliziums 2ibrî vom Appellativum habiru, BZAW 160, Berlin 1984; N. P. Lemche, Habiru, Hapiru, in: ABD III (1992) 6˘ ˘ 10. ˘
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Texte aus Alalah ˘
Die Hapiru in Alalah werden von der Palastverwaltung zu regulären Truppenver˘ bänden˘ zusammengefaßt. Neben vier Listen, in denen nur Hapiru registriert sind, ˘ Truppenkontingengibt es auch solche, in denen die Hapiru zusammen mit anderen ˘ ten aufgeführt werden. Diese Kontingente entsprechen hauptsächlich den sozialen Gruppenbezeichnungen, wie sie u. a. in Text 413.3 (s. o.) vorkommen. Dies zeigt deutlich, daß es sich bei den Hapiru um eine soziale und keine ethnische Gruppe handelt, ˘ gewissen Grad bereits integriert ist. Dazu könnte passen, die möglicherweise zu einem daß die in folgendem Text genannten Herkunftsorte der einzelnen Männer abgesehen von Ammija, Emar und Kanaan alle – soweit lokalisierbar – im Herrschaftsgebiet von Alalah liegen. Als gefürchtete, die Staatsordnung gefährdende Banden Gesetzloser wie ˘ in den Amarnatexten treten die Hapiru in Alalah überhaupt nicht in Erscheinung. ˘ ˘ (1) Die bewaffneten Hapiru des Ortes Annaše: (2-21) Azira aus Ammija, Ilaja aus Hušar˘ Takkap aus Nazze, Zampuka aus Alime, Japwe aus Kurat,˘ Katru, Bentijaddu aus Emar, ten aus Zalhe, Šarnita aus Kanaan, Takuja aus Katume, Zakalla aus Kurat, Ašmušše aus ˘ Armatte, Wira aus Zarahe, Ehlumeni, Sohn des Addu-ewre, Titikku aus Nubahhe, ˘ Tapka(nni), ˘ ˘ Addu-ewre, Sohn des Utti, Akantu, Sohn ˘des Wanti-Išhara, der su¯ru 92) aus ˘ Takkamme, Arip-Išhara, der Hapiru mit Bogen, Kirija, Sohn des Tulpure, Šarnithama aus ˘ ˘ 20 Mann. ˘ Abzuna. (22) (Summe:)
92.
Die Bedeutung dieses Wortes läßt sich nicht näher bestimmen (eine Berufsangabe?).
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Texte aus Emar Josef Tropper / Juan-Pablo Vita Das Textkorpus aus Emar besteht aus rund 1110 Texten. Die Entstehungszeit dieser Texte erstreckt sich auf 150 Jahre und endet mit dem Untergang Emars um ca. 1187 v. Chr. Gefunden wurden die Texte in verschiedenen Verwaltungsgebäuden, Tempeln und Privathäusern der Stadt. Mehr als 350 der Texte (d. h. rund ein Drittel) lassen sich als Rechtsurkunden, 170 als Wirtschaftstexte klassifizieren. Sie wurden – anders als in Ugarit – alle auf akkadisch verfaßt. Von der lokalen Sprache Emars, die nicht zum Akkadischen, sondern zum Nordwestsemitischen zu rechnen ist, gibt es nur indirekte Zeugnisse, zum einen Substrateinflüsse auf die Grammatik und das Lexikon des Emar-Akkadischen, zum anderen die zahlreichen nordwestsemitischen Personennamen aus Emar. Die Rechtsurkunden von Emar, von denen hier nur eine kleine Auswahl vorgestellt werden kann, behandeln eine Fülle von Themen. Hervorzuheben sind a) Heirats-, Adoptions-, Antichrese- und Prozeßurkunden, b) Testamente und vor allem c) die zahlreichen Texte, die Immobiliengeschäfte unterschiedlicher Art zum Thema haben (sie stellen rund die Hälfte aller Rechtsurkunden). Die Rechtsurkunden lassen sich zwei Schreiberschulen bzw. -traditionen zuordnen: a) der in Emar genuin verwurzelten »syrischen« und b) der »syro-hethitischen« Schule. Die Texte dieser Schulen heben sich deutlich hinsichtlich Grammatik, Formular und Textgestaltung voneinander ab. Texte der syrischen Tradition sind im Hochformat beschriftet. Die Schriftzeichen, die formal insbesondere mit denen aus Alalah IV, ˘ Ekalte und mit gewissen syrischen Amarnabriefen (aus Amurru, Byblos oder Sidon) verwandt sind, werden deutlicher in den Ton gedrückt als in den Texten der syro-hethitischen Tradition. Auch die Siegelabdrücke spiegeln eine lokale, syrische Tradition wider: Sie sind auf den Kanten der Tafel sowie am linken und/oder oberen Rand der Vorderseite plaziert und werden von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht von Inschriften mit den Namen der Siegelbesitzer begleitet. Inhaltlich betrachtet beschäftigen sich diese Texte vornehmlich mit Testamenten oder Immobiliengeschäften. Auffallend häufig spielen darin ferner einheimische Institutionen eine wichtige Rolle wie etwa Mitglieder der Königsfamilie (Emar VI 256; BLMJ-C 23; J. Huehnergard, Five Tablets from the Vicinity of Emar, RA 77 [1983] 16-19 Nr. 2), die »Ältesten« (RE 2; RE 22) oder die sogenannten »Brüder« (BLMJ-C 23). Demgegenüber zeugen die Texte der syro-hethitischen Tradition von der starken politischen Kontrolle Emars und des Landes Aštata durch die Hethiter während der letzten Periode der Bronzezeit. Die Tontafeln sind im Querformat beschriftet. Die Schriftzeichen sind weniger deutlich in den Ton gedrückt als in den Texten der syrischen Tradition. Sie gleichen paläographisch denen der Texte aus Nuzi, Karkemiš, Hatti, Babylon (Briefe des Amarnaarchivs) und Nippur. Es finden verschiedene Siegel ˘ (Roll-, Rund-, Quadrat- oder Ringsiegel) des hethitischen bzw. syro-hethitischen Stils Verwendung. Die Siegelabdrücke sind normalerweise auf der Tafelrückseite nach dem Ende des Textes plaziert. Dabei gibt eine Beschriftung in der Regel (wie in Nuzi) den 146
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Texte aus Emar
Namen des Siegelbesitzers wieder (vgl. z. B. Emar VI 124, Emar VI 16). Auffallend häufig begegnen in den betreffenden Texten Könige von Karkemiš (Emar VI 212), hethitische Prinzen (Emar VI 212; HCCT-E 16), weitere Mitglieder der königlichen Familie von Karkemiš (Emar VI 181) oder hethitische Beamte (Emar VI 212; HCCT-E 16; Emar VI 181; Emar VI 212). Zu dieser syro-hethitischen Schreiberschule gehört auch die Mehrzahl der Urkunden einer wichtigen emariotischen ba¯rû-Priesterfamilie, die besonders enge Verbindungen zu hethitischen Behörden unterhielt (Emar VI 212; Emar VI 213; Emar VI 217). Die betreffende Schule dominierte gerade in der letzten Phase Emars. Die Texte der beiden Schreiberschulen sind teilweise zeitgenössisch. A. Skaist (in: ZA 88 [1998] 45-71) datiert die Texte der syrischen Tradition überzeugend in die Zeit zwischen 1400 und 1220 v. Chr., die der syro-hethitischen Tradition in die Zeit zwischen 1275 und 1210 v. Chr. 1) Literatur: G. Beckman, Emar and Its Archives, in: M. W. Chavalas (ed.), Emar: the History, Religion and Culture of a Syrian Town in the Late Bronze Age, Bethesda 1996, 10-12; ders., Family Values on the Middle Euphrates in the Thirteenth Century B.C.E., in: M. W. Chavalas (ed.), aaO 57-79; ders., Real Property Sales at Emar, in: G. D. Young/M. W. Chavalas/R. E. Averbeck (ed.), Crossing Boundaries and Linking Horizons. Studies in Honor of Michael C. Astour, Bethesda 1997, 95-120; E. Dombradi, ZAR 6 (2000) 16-34; W. F. Leemans, JESHO 31 (1988) 207-242; S. Seminara, L’accadico di Emar, Roma 1998, 5-6.9-20; A. Skaist, ZA 88 (1998) 45-71; ders., Emar, in: R. Westbrook/R. Jasnow (ed.), Security for Debt in Ancient Near Eastern Law, Leiden 2001, 237-249; R. Westbrook, JESHO 44 (2001) 22-43; C. Wilcke, AulaOr 10 (1992) 115-150; C. Zaccagnini, VO 8 (1992) 33-48; ders., Or. 65 (1996) 89-110.
Die Wirtschaftstexte aus Emar enthalten u. a. Listen von Personen, Kultpersonal, Kultgeräten, Stoffen, Kleidungen, Geldsummen, Schulden, Feldern usw. Literatur: J. Ikeda, A Linguistic Analysis of the Akkadian Texts from Emar: Administrative Texts, Dissertation, Universität Tel Aviv 1995.
1. Adoptionsurkunde (Emar VI 256) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3 (in: J.-C. Margueron [éd.], Mission archéologique de Meskéné-Emar. Recherches au pays d’As‘tata, Paris 1986), Nr. 256. Siegel: D. Beyer, Emar IV, E2b und 430-436 (dazu auch I. Singer, in: J. G. Westenholz, The Emar Tablets, Groningen 2000, 93). Foto: ebd. Taf. 34. Text syrischer Tradition.
Die mehr als 40 erhaltenen Adoptionsurkunden aus Emar bilden eine bedeutende Kategorie innerhalb der Rechtsurkunden des spätbronzezeitlichen Syrien. Den Texten 1.
D. E. Fleming (in: Time at Emar. The cultic calendar and the rituals from the Diviner’s archive, Mesopotamian civilizations 11, Winona Lake, 2000, 21-25) bietet weitere Argumente für Skaists Datierungsvorschläge. Auch neue archäologische Daten stützen diesen Ansatz; s. U. Finkbeiner, Emar and Balis 1996-1998. Preliminary Report of the Joint Syrian-German Excavations with the Collaboration of Princeton University. I. Emar 1996 and 1998, Berytus 44 (1999-2000) 5-34; B. Faist/U. Finkbeiner, Emar. Eine syrische Stadt unter hethitischer Herrschaft, in: Die Hethiter und ihr Reich. Das Volk der 1000 Götter, Bonn 2002, 190-195, bes. 193.
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zufolge konnten in Emar sowohl Kinder als auch Erwachsene adoptiert werden. Im vorliegenden Text geht es im wesentlichen um die Adoption vaterloser Kinder. Zuvor wird jedoch die Vorgeschichte des Falles erläutert: Ein Mann namens Hula¯3u wurde ˘ Sohn und von seinem Vater enterbt bevor er starb (Z. 1-7). Daraufhin wurden sein seine zwei Töchter von einer Person namens Abı¯-ka¯pı¯ »von der Straße aufgelesen« (Z. 11-14) und formell adoptiert (Z. 23-32). Sie werden damit zu Angehörigen der Familie des Abı¯-ka¯pı¯, während die frühere Familie unter Leitung von Hula¯3us Bruder ˘ jeglichen Anspruch auf die Kinder verliert. Datiert vom heutigen Tag 2) hat Addu, Sohn des Awiru, 3) folgendermaßen gesprochen: (3b-6a) »Hula¯3u, mein Sohn, hat seine zwei Stäbe zerbrochen 4). (6b) Er ist nicht ˘ (mehr) mein Sohn«. (7-9) Hula¯3u ist jetzt gestorben und seine Söhne wurden auf die ˘ geschah) im Jahr der Feinde (und) der Feindschaft 5). Straße geworfen; (10) (dies (11-14) Abı¯-ka ¯ pı¯, Sohn des Hams[u], der (davon) wußte, hat die Söhne des Hu[la¯3]u, ˘ ˙ ˘ [Sohn des Ad]du, von der Straße aufgelesen. (15-19) Falls in Zukunft der Brud[er] des (20-22) Hula¯3[u] die Söhne seines Bruders auslösen möchte, müßte er tausend Schekel ˘ Silb[er] als Lösegeld für sie bezahlen [(…)]. (23-26a) Datiert vom heutigen Tag hat Abı¯-ka ¯ pı¯, Sohn des Hamsu, folgendermaßen ge˘ und ˙ (die) Ahami, die Kinsprochen: (26b-32) »Hiermit mache ich (den) Ahiu, (die) Išarte ˘ ˘ der des Hula¯3u, zu meinem Sohn und zu meinen beiden Töchtern«. ˘ (33-37) (Vier Zeugen, darunter der König Zu ¯ -Aštarti und zwei seiner Brüder. Schreiber: Imlik-Daga¯n.) (1-3a)
2. Ehevertrag (Emar VI 124) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 124. Siegel: D. Beyer, Emar IV, A92, F26. Foto: ebd. Taf. 14. Text syro-hethitischer Tradition.
Etwa 15 Texte der Emar-Archive berühren explizit oder implizit das Thema »Ehe«, zum einen Eheverträge im eigentlichen Sinn, zum anderen Texte mit anderer thematischer Hauptausrichtung, insbesondere Testamente. Emar VI 124 ist der Ehevertrag einer Frau des qadištu-Status (die genaue Bedeutung dieses Status ist nicht bekannt). Der Ehemann erhält zugleich mit der qadištu auch deren älteste Tochter zur Ehefrau.
2. 3. 4.
5.
148
Diese Formel begegnet auch in Texten aus Ugarit und Alalah. Wir danken Regine Pruzsinszky für Hilfestellungen bei der˘ Umschrift der in den folgenden Texten bezeugten Personennamen. Für die gewählten Umschriften sind wir jedoch alleine verantwortlich. 2 gišhattašu šebrat. Eine ähnliche Formel begegnet im Text ME 105, Z. 6-7 (D. Arnaud, ˘ ˙˙ 5 [1987] 239-241, Nr. 17; Kollation: A. Tsukimoto, ASJ 13 [1991] 290, Nr. 28); s. daAulaOr zu M. Sigrist, Gestes symboliques et rituels à Emar, in: J. Quaegebeur (ed.), Ritual and Sacrifice in the Ancient Near East, Leuven 1993, 388. Zu dieser Formel s. C. Zaccagnini, Or. 64 (1995) 92-109; M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar: the chronology, synchronisms, and socio-political aspects of a late bronze age fortress town, Ancient Near Eastern studies: Supplement 8, Louvain 2001, 133-175; J.-P. Vita, AoF 29 (2002) 116-117.
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Texte aus Emar
Sollte diese Tochter sterben, ist der Ehemann offenbar verpflichtet, die zweitälteste Tochter der qadištu zu heiraten. (1-2) Eza, Tochter des Hayya, eine qadištu, hat Tatu, den Sohn des Bi3šu, zu ihrem Ehe˙ mann ge[macht] (3a) und dabei folgendermaßen gesprochen: (3b-5a) »Ich habe drei Töchter: Ba2la-ummı¯, Daga¯n-simertı¯ und Daga¯n-yail3i. (5b-6) Ba2la-ummı¯, meine älteste Tochter, gebe ich ihm hiermit˙ zur Ehefrau. (7-9) Wenn Ba2la-ummı¯ stirbt, dann muß er Ba2la-nammerti, meine zweite Tochter, zu seiner Ehefrau nehmen.« 6) (10-11) Falls in Zukunft Eza, die Tochter des Hayya, zu Ta¯tu folgendermaßen spricht: (12) »Du (bist) nicht ˙ muß sie Tatu 60 Schekel Silber bezahlen. (14) Sie mag ge(mehr) mein Ehemann!«, (13) hen, wohin sie will. (15) Und falls Tatu zu Eza sagt: (16a) »Du (bist) nicht (mehr) meine Ehefrau!«, (16b-17a) muß er Eza 60 Schekel Silber bezahlen. (17b) Er mag gehen, wohin er will. (18-19a) Und meine beiden Brüder, Šaggar-abu und Tu ¯ riya, können meinen Besitz vor Gericht nicht einklagen. (19b-21) Wer klagt, den wird diese Urkunde besiegen. (22-27) (Sieben Zeugen mit Filiation, darunter ein qabba ¯ ru 7), Sohn einer maš 3artu-Prie8) sterin. )
3. Selbstverkaufsurkunde (Emar VI 16) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 16. Literatur: D. E. Fleming, Time at Emar (s. Anm. 1) 61-62; A. Skaist, Emar, in: R. Westbrook/R. Jasnow (ed.), Security for Debt in Ancient Near Eastern Law, Leiden 2001, 247; R. Westbrook, Social Justice and Creative Jurisprudence in Late Bronze Age Syria, JESHO 44 (2001) 29-30, 34. Siegel: D. Beyer, Emar IV, B1, B2, B5, B6, B28, B42. Foto: ebd. Taf. 2. Text syro-hethitischer Tradition.
Wie in anderen altorientalischen Kulturen gibt es auch in Emar Urkunden, die davon berichten, daß sich eine verschuldete Person zur Begleichung der Schuld in den Dienst des Gläubigers begibt (sogenannte Antichrese). Sie werden im Emar ame¯lu¯tu-Verträge genannt und gehören stets der syro-hethitischen Tradition an. Emar VI 16 repräsentiert eine Variante dieses Urkundentyps. Darin wird dem Schuldner ein Teil seiner Schuld erlassen, und er erhält außerdem eine Gattin. Dafür muß er aber dem Gläubiger und dessen Gattin zu Diensten sein, solange sie leben. Detaillierte Bestimmungen des Vertrags sollen verhindern, daß der Schuldner bzw. dessen Familie die Besitzer vorzeitig verläßt. Šaggar-abu, der Sohn des Ba2l-qarra¯d, hat folgendermaßen gesprochen: »Masi-ila, der Sohn des 2Abdi-ili, ist mein Schuldsklave 9) (belastet mit einer Schuld ˙ von) 41 Schekel Silber. (3-4a) Ich tilge hiermit 20 Schekel Silber seines Schuldbetrags (4b) und gebe ihm Abı¯-qı¯rı¯ zur Ehefrau. (5-6a) Solange Šaggar-abu und seine Frau Arnabu leben, muß Masi-ila ihnen mit Ehrerbietung dienen. (6b-8a) Wenn er das tut, so kann er, ˙ (1a)
(1b-2)
6. 7. 8. 9.
Vgl. Gen 29,26. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary in the Akkadian Texts from Emar, HSS/Harvard Semitic Museum 49, Winona Lake 2001, 143: »person associated with funerary rites«. Dazu D. E. Fleming, Installation, 98-99; E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 116-117. lú.u16.lu-ti-ia.
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nachdem deren (Šaggar-abus und Arnabus) Schicksal sie hinweggerafft hat, seine Frau und seine Söhne an der Hand nehmen und mag gehen, wohin er will; (8b-9a) aber er muß 21 Schekel Silber an unsere Söhne bezahlen. (9b-11a) Sollte das Geld für die Auslösung des Masi-ila vorhanden sein, müßte er (Masi-ila) (es) dem Šaggar-abu und seiner ˙ Frau zahlen, (11b-12) und nach (der Auszahlung) ˙seines Geldes müßte Masi-ila ihnen (dennoch), solange Šaggar-abu und seine Frau leben, mit Ehrerbietung dienen.˙ (13-14a) Falls in Zukunft Šaggar-abu und seine Frau zu Masi-ila sagen: (14b) »Zahle unser ˙ Šaggar-abu und seine Geld zurück (und) geh weg aus unserem Haus!«, (15a) verlieren Frau den Anspruch auf ihr Geld. (15b-16) Masi-ila kann seine Frau und seine Söhne an der Hand nehmen und mag gehen, wohin er ˙will. (17-18a) Und falls Masi-ila zu Šaggar-abu und seiner Frau sagt: (18b-19a) »Ich werde euch nicht (mehr) dienen.˙ Nehmt euer Geld! Ich gehe weg aus eurem Haus!«, (19b-20a) verliert Masi-ila den Anspruch auf seine Frau und seine Söhne. (20b-21a) Er muß (dem) Šaggar-abu ˙und seiner Frau 61 Schekel Silber zahlen. (21b) Und dann mag er gehen, wohin er will. (22-24a) Falls in Zukunft Masi-ila stirbt, muß seine Frau Abı¯-qı¯rı¯ (dem) Šaggar-abu und seiner Frau dienen, solange ˙sie leben. (24b-25) We[nn] (Abı¯-qı¯rı¯) ihnen di[e]nt, wird sie, nachdem das Schicksal diese hinweggerafft hat, (26-27a) eine Witwe unter Witwen (bzw.) eine Verlassene unter Verlassenen sein. (27b-28a) Die Söhne des Šaggar-abu dürfen gegen si[e] nicht klagen. (28b-29) Wenn sie (aber) klagen, wird diese Urkunde sie besiegen. (30-31) Und falls Abı¯-qı¯rı¯ stirbt, muß Masi-ila dem Šaggar-abu und der Arnabu, seiner ˙ Frau, solange sie leben, dienen. (32) Nachdem ihr Schicksal sie hinweggerafft hat, kann er gehen, wohin er will. (33-34a) Und wenn Masi-ila (dem) Šaggar-abu und (der) Arnabu, ˙ 21 Schekel Silber nicht (bereits) bezahlt seiner Frau, solange sie leben, die genannten hat, (34b-36a) muß Masi-ila in Zukunft den Söhnen Šaggar-abus 21 Schekel Silber zahlen. ˙ gehen, wohin er will. (36b) Und dann mag er (37-42) (Die Urkunde ist von sieben Personen gesiegelt.)
4. Gerichtsprotokoll betreffs des Verkaufs einer Familie (Emar VI 212) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 212. Literatur: D. Beyer, Emar IV, 428-429. Siegel: ebd. A14, A29, A75, A109, B46, B54, B55, L1. Foto: ebd. Taf. 25. Text syro-hethitischer Tradition.
Protokoll eines Prozesses vor dem König von Karkemiš, in dem ein Streitfall zwischen zwei Personen bezüglich des Besitzanspruches auf eine Familie geschlichtet wird. Der Text veranschaulicht die verschiedenen Phasen eines solchen Prozesses. Entscheidend für das Urteil des Königs in der Funktion des Richters ist eine »bezeugte Urkunde«, die Ba2l-malik, ein ba¯rû-Priester 10), vorweisen kann und die uns erhalten ist (Emar
10.
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Vgl. dazu die Texte Emar VI 217 und Emar VI 213. Der Titel »ba¯rû-Priester« wurde innerhalb dieser Familie vererbt; s. D. E. Fleming, Time at Emar, 34.
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Texte aus Emar
211). 11) Nach dem Protokoll sind acht Zeugen genannt, darunter hochrangige Personen, die alle das Protokoll mit ihren Siegeln »unterschrieben« haben. (1-2) Daga ¯ n-tali3, der Sohn des Zu¯zu, hatte Ša¯lilu samt seiner Frau, seinen zwei Söhnen und seinen drei Töchtern (3-4a) für den vollen Kaufpreis von 120 Schekel Silber dem ba¯rû-Priester Ba2l-qarra¯d, verkauft. (4b-5) Und nachdem Ba2l-qarra¯d zu seinem Schicksal gegangen war, (6-8a) ging Daga¯n-tali3, der Sohn des Zu¯zu, gegen Ba2l-malik, den Sohn des Ba2l-qarra¯d, vor dem König (von Karkemiš) vor Gericht. (8b-10a) Folgendermaßen (sprach) Daga¯n-tali3: »Ich habe (den) Ša¯lilu samt Familie 12) nicht gegen Geld verkauft.« (10b-14a) Aber Ba2l-malik, der Sohn des Ba2l-qarra ¯ d, legte dem König eine bezeugte Ur13) kunde vor, (die bestätigt,) daß Daga¯n-tali3 (den) Ša¯lilu samt Familie gegen Geld(!) 14) an Ba2l-qarra¯du verkauft hat. (14b-18) Der König befragte dann die Zeugen. Folgendermaßen (sprachen) die Zeugen: »(Wir schwören,) daß Daga¯n-tali3 (den) [Ša]lilu samt Familie [an] Ba2l-qarra¯d gegen Geld verkauft hat«. (19-20) Und (so) besiegten die Söhne des Ba2l-qarra¯d ihn (Daga¯n-tali3) vor Gericht. (21-23) [Sollt]e in Zukunft Daga¯n-tali3 mit seinen Söhnen [einen weite]ren Pro[zeß] (in dieser Angelegenheit) führen, wird ihn [dies]e Urkunde besiegen. (24-32) (Die Urkunde ist von sieben Personen gesiegelt. Darunter befinden sich zwei hethitische Prinzen, Piha-Tarhunta und Piha-muwa, ein »Chef des Magazins«, ein »Auf˘ ein˘ »Aufseher des ˘ Landes«, nämlich Mutri-Teššup, und zwei seher der Schreiber«, Priester.)
5. Verkauf von Kindern (Emar VI 217) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 217. Literatur: M. Dietrich, Die akkadischen Texte der Archive und Bibliotheken von Emar, UF 22 (1990) 39-40; C. Zaccagnini, Feet of Clay at Emar and Elsewhere, Or. 63 (1994) 1-4; D. Beyer, Emar IV, 420-421. Siegel: D. Beyer, Emar IV, A17, A46, A65, A70, B37, B41, F5. Foto: ebd. Taf. 28. Text syro-hethitischer Tradition.
Der vorliegende Text schließt inhaltlich an die Urkunde Emar 216 an. Diese berichtet davon, daß eine Frau ihre älteste Tochter an eine gewisse 2Anat-ummı¯ verkauft, um ihre anderen (drei) Kinder ernähren zu können. 15) Aus dem vorliegenden Text (Z. 11 ff.) erfahren wir, daß dieser Verkauf nicht zustande kam, da 2Anat-ummı¯ den Kaufpreis nicht bezahlt hat. Deshalb sind die Eltern nun gezwungen, alle (vier) Kinder an den ba¯rû-Priester Ba2l-malik zu verkaufen (vgl. Emar VI 212). Den Zeilen 910 ist zu entnehmen, daß die Eltern von den Füßen ihrer Kinder Tonabdrücke (als Identifizierungsmerkmale entsprechend unseren Fingerabdrücken) erstellt haben. Drei dieser Fußabdrücke sind tatsächlich (mit Inschrift und Siegel) gefunden worden; es handelt sich um die Tafeln Emar 218-220. Die genannten fünf Urkunden (Nr. 216-200) bilden somit zusammen ein in sich geschlossenes Dossier. 11. 12. 13. 14. 15.
Die beiden Texte, Emar VI 211 und Emar VI 212, haben einige Zeugen gemeinsam. Zu MUNUS.UNmeš »Familie« s. J.-M. Durand, NABU 1989, Nr. 55a. Es handelt sich um den Text Emar VI 211. Lies vielleicht a-na šàm!. Vgl. dazu C. Zaccagnini, Or. 63 (1994) 1.
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Zadamma, Sohn des Karbi, Bewohner der Stadt Šatappu, 16) übergibt hiermit zusammen mit seiner Frau Ku3e die (Tochter) Ba2la-BE-a, den (Sohn) Ba2l(u)-be¯lı¯, den (Sohn) Išma2-Daga¯n und die (Tochter) Ba2la-ummı¯, (3b-5) (noch) ein Säugling, (also) ihre beiden Söhne (und) ihre beiden Töchter, nach deren eigenem Entschluß 17) für den Gesamtpreis von 60 (Schekeln) Silber dem ba¯rû-Priester Ba2l-malik, dem Sohn des Ba2l-qarra¯d, in die Knechtschaft. (6-8a) Wer auch immer Ansprüche auf die vier Kinder des Zadamma, des Sohnes des Karbi, erhebt, muß dem Ba2l-malik zehn Personen als Ersatz für sie stellen (8b) und mag (sie) dann (als) seine Kinder in Empfang nehmen. (9-10) Ihre (der Kinder) Füße haben ihr Vater Zadamma (und) ihre Mutter Ku3e in Ton eingedrückt. (11-12) Ku3e hat ihrerseits zuvor ihre Tochter Ba2la-BE-a für 30 (Schekel) Silber als Braut der (Frau) 2Anat-ummı¯ übergeben, 18) (13a) und sie haben (darüber) eine Urkunde ausgefertigt. (13b-14) Aber 2Anat-ummı¯ hat die 30 (Schekel) Silber, den Preis für Ba2la-BE-a, nicht bezahlt. (15-16a) Sollte in Zukunft 2Anat-ummı¯ die genannte Urkunde (als Beweismittel) vorlegen, (16b) so wird diese Urkunde sie »zerbrechen« (und damit ungültig machen). (17) (Der Säugling) Ba2la-ummı¯ bleibt dem Ba2l-malik vorbehalten. 19) (18-26) (Es sind zwei Zeugen genannt. Die Urkunde ist von sieben Personen gesiegelt.) (1-3a)
6. Gerichtsentscheidung eines hethitischen Prinzen (HCCT-E 16) Erstveröffentlichung: A. Tsukimoto, ASJ 14 (1992) 294-297, Nr. 46. Literatur: M. Yamada, AoF 22 (1995) 301-306. Text syro-hethitischer Tradition.
Vertrag zwischen einer Frau namens Ba2lat-ummı¯ und einem hethitischen Prinzen namens Kunti-Teššup. Ba2lat-ummı¯ adoptiert einen Diener des Prinzen und gibt ihm (dem Diener) gleichzeitig seine Tochter zur Ehefrau. Der Vertrag will den Status der zukünftigen Kinder des Ehepaars im Hinblick auf die beiden Ehefrauen des Prinzen (eine aus Emar, die andere aus Karkemiš) regeln. Ba2lat-ummı¯ fordert, daß die Kinder unter die Herrschaft der Ehefrau aus Karkemiš gestellt werden, offenbar deshalb, weil diese Frau noch keine eigenen Kinder hat und die Möglichkeit besteht, daß sie nie welche bekommen wird. In diesem Fall würden die Enkel der Ba2lat-ummı¯ frei von Pflichten bleiben. Vor Kunti-Teššup, dem Sohn des Königs 20), hat Ba2lat-ummı¯, die Frau des Kappupu, Sohn des Kamma, folgendermaßen gesprochen: (3-4a) »Ich bin nicht verschuldet und (1-2)
16. 17. 18.
19. 20.
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Nach J. A. Belmonte (in: TAVO 12/2, 267) handelt es sich um eine Stadt in der Nähe von Emar. Es handelt sich um einen festen juristischen Ausdruck. Die Urkunde Emar 216 berichtet davon, daß die Mutter ihre älteste Tochter an 2Anat-ummı¯ verkauft. Der Grund dürfte folgender sein: Falls 2Anat-ummı¯ keine Kinder bekommt, wird dieses Mädchen den Ehemann der 2Anat-ummı¯ heiraten, um ihm Kinder zu gebären. 2Anatummı¯ kauft also offenbar das Mädchen als Braut für ihren eigenen Mann. Offenbar bleibt Ba2la-ummı¯ noch bis zum Ende ihrer Stillzeit bei ihrer Mutter, erst dann wird sie dem Ba2l-malik übergeben; vgl. J.-M. Durand, RA 84 (1990) 75. Nämlich Talmi-Teššup von Karkemiš, vgl. das Siegel.
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Texte aus Emar
nehme hiermit deinen Diener 2Abdi-šu3û 21) als meinen Sohn an. (4b-5) Mein Haus und alles, was ich besitze, übergebe ich ihm hiermit; und ich gebe ihm hiermit meine Tochter zur Ehefrau. (6-7a) Du darfst die Söhne (und) Töchter meiner Tochter aber nicht zu Dienern deiner Frau aus Emar und deren Söhne machen«. (7b-8a) Kunti-Teššup, der Sohn des Königs, muß gemäß der Weisung Ba2lat-ummı¯s handeln. (8b-9a) Er hat für 2Abdi-šu3u eine Urkunde mit folgendem Wortlaut ausgestellt: (9b-10) »Ich werde deine Söhne (und) deine Töchter nicht zu Dienern meiner Frau aus Emar machen. (11) Sie sollen für die Söhne meiner Frau aus Karkemiš ›die Waffe tragen‹ 22). (12-14a) In Zukunft dürfen die Söhne meiner Frau aus Emar und meine Frau hausi Emar (selbst) nicht gegen die Söhne (und) Töchter meines Dieners 2Abdi-šu3u klagen. (14b-15) Wer klagt, den wird diese Urkunde besiegen.« (16-17) 2Abdi-šu3u soll seine Töchter (und) seine Söhne heiraten lassen 23). (18-21) 2Abdi-šu3u und seine Söhne sollen sich unter den Söhnen meiner Frau aus Šubaru 24) jemanden nach Belieben als ihren Herrn wählen und für ihn ›die Waffe tragen‹.« (22) Mein Diener 2Abdi-šu3u (und) hseinei Kinder sind freie Bürger 25), Diener des Königs. (23) Sie wurden nicht käuflich erworben 26), sondern ich habe sie (aus freien Stücken) in mein Haus geführt. (24-25) Wenn meine Frau aus Šubaru (auch) in Zukunft keine Kinder bekommt, wird 2Abdi-šu3u samt seinen Söhnen »zur Sonne hin« freigelassen werden. (26-27) Siegel des Kunti-Teššup, Sohn des Talmi-Teššup, König von Karkemiš 27). (28) Zeuge: Nahiya, Aufseher des Landes. ˘ (29-32) Wer diese Worte nicht beachtet 28), dessen Namen (und) dessen Nachkommenschaft sollen (die Götter) Kušuh, Teššup, Daga¯n, Ninurta, Šarruma und die Götter von ˘ Prozeßgegner sein. Emar vernichten. Sie sollen seine
7. Gerichtsentscheidung des Königs von Emar (BLMJ-C 23) Erstveröffentlichung: J. G. Westenholz, The Emar Tablets, Nr. 3. Siegel: ebd. Taf. VII und VIII; I. Singer, aaO 93. 29) Foto: ebd. Taf. VII. Text syrischer Tradition.
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
M. Yamada, AoF 22 (1995) 301 und Anm. 20 liest: 2Abdi-ma¯šu/mašû. Zur Wendung gišTUKUL našû »Die Waffe tragen« s. M. Yamada, AoF 22 (1995) 303 und Anm. 27; M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar, 99-14 (zum Text HCCT-E 16: 100-101); J.-P. Vita, AoF 29 (2002) 123-124; N. Bellotto, AoF 29 (2002) 128-145. Wörtlich: »A. soll seine Töchter in das Haus eines Schwiegervaters geben (und) seine Söhne sich Frauen nehmen lassen«. A. Tsukimoto, ASJ 14 (1992) 297: »Šubaritu … should denote [in HCCT-E 16] the district around Kargamis because ›Šubarian‹ is the synonym of ša kurkar-ga-mis [Z. 11]«. arawannu¯ < Het. arawanni-; s. M. Yamada, AoF 22 (1995) 303; E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 28. Sie können folglich auch nicht verkauft werden. A. Tsukimoto, ASJ 14 (1992) 295: »five stamp seal impressions with the hieroglyphic legend: KU-TI-TEŠUP PRINCE«. Lies mit M. Yamada, AoF 22 (1995) 303, Anm. 25: ša a-ma-temeš an-nu-ti ú-ma-ša-ru. Vgl. dazu auch D. Beyer, Emar IV, 208 (E2b).
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Prozeß vor Pilsu-Daga¯n, König von Emar, zwischen einem Vater 30) und einem Sohn, der das Geld für die Mitgift seiner vier Schwestern aufgebraucht hat. Als »Schadensersatz« werden diese Frauen als Erben eingesetzt. 31) Als Erben übernehmen sie zugleich auch kultische Pflichten, nämlich die Pflege der persönlichen Schutzgötter und der Ahnen. Unter den Zeugen befinden sich zwei Mitglieder der Königsfamilie von Emar, nämlich der König Pilsu-Daga¯n selbst und sein Bruder Ah¯ı-malik. Die ˘ Urkunde trägt deshalb das königliche Siegel. (1-4) In Anwesenheit von Pilsu-Daga ¯ n, Sohn des Ba2l-kabar, sind Lahteya, Sohn des Yahsi-Daga¯n, und Šadde, Sohn des Hula¯3u, vor Gericht gegangen (5-6)˘und haben eine ˘ ˘˙ Urkunde des gegenseitigen Klageverzichts aufgesetzt (mit folgendem Wortlaut): (7-10) »Was die vier Töchter der Adda-na2mı¯ betrifft, so hat ihr Bruder Šadde das Geld ihrer Mitgift 32) aufgebraucht 33). (11-15) Šadde, der Sohn des Hula¯3u, darf in Zukunft nicht gegen Lahteya wegen seiner vier Schwestern klagen. (16-19) ˘Wer klagt, muß 200 (Sche˘ kel) geläutertes Silber an den Palast zahlen.« (20-22) Lahteya hat seine vier Töchter als ˘ dazu, die Götter und die Ah»Frau und Mann« eingesetzt. 34) (23-24) Sie verpflichten sich (25-28) »Meine vier Töchter müssen sich um nen Lhahiteyas, ihres Vaters, anzurufen. Lahteya, ˘ihren Vater, und Adda-na2mı¯, ihre Mutter, kümmern. (29-31) Wer sich um ihren ˘ und ihre Mutter nicht kümmert, muß eine Magd an ihrer Statt stellen. (32-35) Und Vater die ›Brüder‹ 35) des Sohnes des Al-ah¯ı dürfen gegen mein Haus und alles, was mir ge˘ hört, nicht vor Gericht gehen. (36-42) (Sechs Zeugen mit Filiation, darunter der König Pilsu-Daga ¯ n und sein Bruder Ah¯ı-malik. Schreiber: Ba2l-malik. 36)) ˘
8. Testament (Emar VI 181) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 181. Siegel: D. Beyer, Emar IV, C10, E49, E53, F27 und 445. Foto: ebd. Taf. 23. Text syro-hethitischer Tradition.
Ein Mann legt seinen letzten Willen testamentarisch fest. Er verteilt seine Häuser und Grundstücke unter seinen drei Kindern, wobei die Größe der Erbteile in einem Bezug zum Alter der Kinder steht: Je jünger ein Kind ist, desto kleiner ist sein Erbanspruch. Die Kinder werden dazu verpflichtet, sich um ihre Mutter zu kümmern. Unter den Zeugen befinden sich zwei hochrangige hethitische Beamte. Der Schreiber stammt aus Karkemiš. Die letzte Textzeile erwähnt die »Siegel der Ältesten der Stadt«. Es ist 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36.
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Es könnte sich um einen Adoptivvater handeln, da er offenbar keine Kontrolle über die Mitgiftgelder seiner Töchter ausgeübt hat; vgl. auch J. G. Westenholz, The Emar Tablets, 9. Auch in anderen Emar-Texten ist davon die Rede, daß Frauen als Erben fungieren können; s. z. B. unten den Text RA 77 Nr. 2. Vgl. J. G. Westenholz, The Emar Tablets, 11: »Since the logogram NÌ.MÍ.ÚS.SA´ (terhatu) is ˘ employed to express both ›bridewealth‹ and ›dowry‹ (Beckman 1996b: 69), it is uncertain as to which meaning is appropriate in the present context.« Vgl. hierzu Gen 31,14-16. S. zu dieser Formel unten die Einleitung zu Text RA 77 Nr. 2. Zu dieser einheimischen Institution vgl. N. Bellotto, AoF 22 (1995) 210-228. Zur Lesung s. R. Pruzsinszky, WZKM 90 (2000) 346.
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Texte aus Emar
deshalb denkbar, daß alle Inhaber der vier Siegelabdrücke auf der Tafel – die beiden hethitischen Beamten sind nicht mit Siegeln vertreten – Mitglieder des Ältestenrates der Stadt sind. 37) (1-2) Datiert vom heutigen Tag hat Uka ¯ l-Daga¯n seine »Brüder« 38) sich setzen lassen (und) das (weitere) Schicksal seines Hauses und seiner Kinder geregelt. (3-5a) Er sprach folgendermaßen: »Ich habe drei Kinder: Ir3ib-Daga¯n, meinen ältesten Sohn, (die) Rašapilı¯, mein zweites Kind 39), (und) Abı¯-ka¯pı¯, meinen jüngsten Sohn. (5b-7a) Das größere Haus ist das Erbteil Ir3ib-Daga¯ns, meines älteren Sohnes. Das kleinere Haus ist das Erbteil Rašap-ilı¯s. Das kirsitu-Gebäude 40) ist das Erbteil Abı¯-ka¯pı¯s, meines jüngeren Sohnes. (7b-8) Ir3ib-Daga ¯ n und ˙Rašap-ilı¯ müssen das betreffende kirsitu-Gebäude aufbauen. ˙ (9-10a) Arnabu 41) ist (hiermit) ihr Vater und ihre Mutter (zugleich); sie (die Kinder) müssen sich um sie kümmern. (10b-12) Wer auch immer sich von meinen drei Kindern nicht um seinen Vater und seine Mutter kümmert, der muß sein Gewand auf den Stuhl legen und mag gehen, wohin er will. 42) (13) Rašap-ilı¯ muß gestatten, daß ihre Brüder heiraten. (14-17) Falls Rašap-ilı¯ zu ihren Brüdern sagt: »Ihr seid nicht (mehr) meine Brüder!«, so muß sie (ihr) Gewand auf den Stuhl legen, sie hat keinen Anspruch auf alles, was mir gehört, und mag gehen, wohin sie will. (18-23) (Es sind fünf Zeugen genannt, darunter Tuwatta-ziti, »Sohn des Königs«, 43) und Puhi-šenni, »Aufseher des Landes«. 44) Der Schreiber des Textes ist Ka¯pı¯-Daga¯n 45).) Siegel˘der Ältesten der Stadt.
9. Testament (Emar VI 213) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 213. Siegel: D. Beyer, Emar IV, A35, A38, E8, E59, E60. Foto: ebd. Taf. 26. Text syro-hethitischer Tradition.
Testament einer verwitweten Frau zugunsten ihrer Tochter. Die Frau ist nach dem Tod ihres Mannes mit Schulden belastet, die sie selbst nicht begleichen kann. Einer der höchstrangigen ba¯rû-Priester von Emar namens Ba2l-malik übernimmt diese Schuld37. 38. 39. 40.
41. 42. 43. 44. 45.
S. D. Beyer, Emar IV, 445. Handelt es sich um echte Brüder? Vgl. dazu D. E. Fleming, Time at Emar, 125 Anm. 335. Wörtlich: »mein zweiter Sohn«. Rašap-ilı¯ ist aber eine Frau. Vgl. dazu auch J.-M. Durand, RA 84 (1990) 68 und R. Westbrook, JESHO 44 (2001) 36-37. kirsitu (oder: KI irsitu) könnte sowohl ein Gebäude als auch das zugehörige Grundstück ˙ meinen. Die Lesung˙ und Bedeutung der Zeichenfolge KI-IR-SI-TV (V = Vokal) wurde kontrovers diskutiert. Eine Zusammenfassung der verschiedenen ˙Argumente findet sich bei E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 98-102; s. dazu auch M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar, 115-128; C. Zaccagnini, VO 8 (1992) 33-48. Die Frau des Uka¯l-Daga¯n. Ähnliche Formeln begegnen unten im Text J. Huehnergard, RA 77 Nr. 2 (vgl. dazu M. Sigrist, Gestes symboliques et rituels à Emar, 387) und im Text RS 8.145 aus Ugarit (»er muß … sein Gewand an den Türriegel hängen und seines Weges gehen«). Gemeint ist einer der ranghöchsten hethitischen Beamten in Emar. Gemeint ist wiederum ein hoher hethitischer Beamter in Emar; vgl. L. d’Alfonso, AoF 27 (2000) 283. Es handelt sich um einen Schreiber aus Karkemiš, vgl. J. Ikeda, Scribes in Emar, in: K. Watanabe (ed.), Priests and Officials in the Ancient Near East, Heidelberg 1999, 163-185 hier 183.
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verpflichtungen und erhält dafür die Tochter der Witwe zur Frau und zugleich damit deren Erbbesitz. Der Text illustriert, auf welche Weise die betreffende Priesterfamilie ihren Besitz vermehren konnte. 46) (1-2) Datiert vom heutigen Tag hat Huti, die Frau des Abiu, Sohn des Zikriya, das (wei˘ (3-6a) Sie sprach folgendermaßen: »Hiermit tere) Schicksal ihres Hauses festgesetzt. übergebe ich mein Haus, den Weingarten, Hazirtu zusammen mit ihrer Tochter (und) alles, was mir gehört, meiner Tochter Batta.˘ Es gibt keinen anderen Erben. (6b-7a) Was die Brüder meines Mannes betrifft, so haben sie (den Besitz) aufgeteilt und zerstreut. (7b-9) Die Leute (d. h. die neuen Besitzer) der Felder dürfen nicht in bezug auf mein Haus (und) alles, was mir gehört, klagen 47). Wer klagt, den wird diese Urkunde besiegen. (10-11a) Und nach (dem Tod) meines Mannes wurde ich arm und geriet in Schuldschaft. (11b-12a) Und unter den Brüdern meines Mannes gibt es niemanden, der mich unterstützt 48). (12b-13) Nur Ba2l-malik, der ba¯rû-Priester, unterstützte mich und bezahlte meine Schulden. (14-15) Ich gab ihm (dafür) meine Tochter Batta zur Ehefrau. (Zugleich) übergab ich ihm mein Haus (und) alles, was mir gehört. (16-17) Das sind meine Schulden, die er bezahlt hat: 40 parı¯su-Maß 49) Getreide wurden an das Haus des Madu gegeben (18-20) (und) 20 (Schekel) Silber wurden (dem) Agitu 50) gegeben. Das sind meine Schulden, die mein »Sohn« 51) Ba2l-malik bezahlt hat. (21-23) Falls Ba2l-malik in Zukunft meine Tochter verstößt, hat er auf alles, was er seinerseits bezahlt hat, und auf alles, was mir gehört, keinen Anspruch (mehr). (24-25) Was das Haus im Zihlu-Tor 52) betrifft, so (gehört es) meinem »Sohn« Ba2l-malik. ˘ genannt, darunter zwei Brüder der nin.dingir-Priesterin. 53) (26-34) (Es sind sechs Zeugen Die Urkunde ist von fünf Personen gesiegelt.)
10. Testament (RA 77 Nr. 2) Erstveröffentlichung: J. Huehnergard, Five Tablets from the Vicinity of Emar, RA 77 (1983) 16-19 (Nr. 2). Siegel: Zeichnung aaO 16. Text syrischer Tradition.
Testament eines Mannes zugunsten seiner Frau und seiner Tochter. Zweck dieser Ur46.
47. 48. 49. 50. 51. 52. 53.
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Vgl. zu dieser Familie D. E. Fleming, Installation, 87-92; ders., Time at Emar, 26-47; M. Yamada, IOS 18 (1998) 323-334; I. Singer, A New Hittite Letter from Emar, in: L. Milano et al., Landscapes, territories and Horizons in the Ancient Near East, Band 2, Padova 1999 (44. RAI) 65-72; ders., Hittite Letter from the King of Carchemish, in: J. G. Westenholz, The Emar Tablets, 78-80; D. Beyer, Emar IV, 447-449. Zur Lesung und Diskussion der Zeilen 6-8 s. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 34-35 und 110-111. Wörtlich: »der mich verehrt« (i-pal-la-ha-an-ni). ˘ s. dazu J. G. Westenholz, The Emar Tablets, XIV. In Emar gilt: 1 parı¯su = 50 sila = 1 homer; a-na mfA-gi-ti: so mit Kopie. Möglicherweise wurde Ba2l-malik gleichzeitig von der Frau adoptiert. Es bleibt offen, ob dieses Haus mit dem in Z. 3 genannten identisch ist. E. J. Pentiuc (in: West Semitic Vocabulary, 163) liest und übersetzt: KA´ sí-ih-li »gate of reproach«. ˘ ˙ Installation Zur nin.dingir-Priesterin in Emar s. D. E. Fleming, (zu Z. 27 und 34 dieses Textes: aaO 83 und 92).
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kunde ist es, die Zerstreuung des Familienbesitzes nach dem Tod des Mannes zu verhindern. Da der Mann offenbar keine Söhne hat, kommen als Erben nur die weiblichen Familienmitglieder in Betracht. Wie in Emar üblich (s. oben Text BLMJ-C 23), muß ihnen aber dafür zuerst ein »männlicher Status« verliehen werden, ein juristischer Akt, der auch aus Kaniš, Nuzi 54) und Ekalte 55) bekannt ist. Dem Text zufolge wird die Ehefrau konkret als »Vater und Mutter« des Hauses, die Tochter wiederum als »Frau und Mann« eingesetzt. Die Ehefrau kann damit zumindest zu ihren Lebzeiten die Einheit des Besitzes sichern. 56) Hinsichtlich der Tochter werden die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß sie nach dem Tod ihrer Mutter Haupterbin und Verantwortliche des Familienkultes sein kann. 57) Das Testament legt noch weitere Anordnungen in diesem Sinne fest (bezüglich zu erwartender Enkelkinder, einer möglichen neuen Heirat der Ehefrau usw.). Wie im Text Emar VI 256 (s. oben), so sind auch hier zwei der genannten Zeugen Mitglieder der Königsfamilie, nämlich Zu¯-Aštarti (der dritte König von Emar) und sein Bruder Abi-Rašap. Auch der Schreiber ist mit dem von Emar VI 256 identisch. Die Tafel trägt erwartungsgemäß das königliche Siegel. Datiert vom heutigen Tag hat Muzzazu, der Sohn des Šamana, (noch) zu Lebzeiten das (weitere) Schicksal seines Hauses geregelt. (5b-8a) Er sprach folgendermaßen: »Hepate, meine Frau, ist hiermit ›Vater und Mutter‹ meines Hauses. (8b-12) Al-aha¯tı¯, ˘ meine Tochter, setze ich hiermit als ›Frau und Mann‹ ein; 58) sie muß meine Götter ˘und meine Ahnen 59) anrufen 60). (13-17) Meine Häuser, meine Habe, meinen Besitz (und) alles, was mir gehört, übergebe ich hiermit meiner Tochter Al-aha¯tı¯. (18-24) Falls 61) meine Frau ˘ den Stuhl legen (und) mag Hepate zu einem Fremden 62) geht, muß sie ihr Gewand auf ˘ gehen, wohin sie will. 63) (25-31) Falls meine Tochter Al-aha¯tı¯, stirbt, ohne Nachkommen˘ schaft zu hinterlassen, muß ihr Mann Ahu-yaqaru eine andere Frau heiraten. (32-35) Die ˘ Kinder, die sie gebärt, die von früher und die von später 64), sind meine Kinder. (36-42) Und falls sowohl Al-aha ¯ tı¯ als auch Ahu-yaqaru sterben sollten ohne Nachkom˘ Al-ummı¯ und ˘ Pâ-til 65) sie beerben« menschaft zu hinterlassen, sollen (1-5a)
54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65.
Vgl. C. Michel, RA 94 (2000) 1-10 (mit Literatur). Vgl. z. B. Text MBQ-T 34 (W. Mayer, Tall Munba¯qa – Ekalte II. Die Texte, WVDOG 102, Saarbrücken 2001, 131). Zur Formel »eine Frau als Vater und Mutter des Hauses einsetzen« vgl. R. Westbrook, JESHO 44 (2001) 38-40, bes. 40. Vgl. R. Westbrook, JESHO 44 (2001) 36-37. S. oben Text BLMJ-C 23. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 125: mı¯tı¯ »dead; family ancestors«; s. auch MBQ-T 34:17, W. Mayer, Tall Munba¯qa, 131. Wurzel NB3; s. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 111-112. šum-ma: Lesung mit J. Huehnergard, CBQ 47 (1985) 431, Anm. 13, und A. Tsukimoto, ASJ 13 (1991) 289. sà-ra-ri: Lesung und Bedeutung umstritten; s. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 161 (sa-ra-ri »rival; spouse other than the first one«). Das Lexem ist auch in Ekalte/Munba¯qa ˙ belegt; s. W. Mayer, Tall Munba¯qa, 167 (»Fremder«). Eine ähnliche Formel begegnet oben im Text Emar VI 181. Die Frau könnte bereits Kinder mit in die Ehe bringen. Zur Lesung des PN vgl. A. Tsukimoto, ASJ 13 (1991) 289.
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(Acht Zeugen mit Filiation, darunter der König Zu¯-Aštarti und sein Bruder AbiRašap. 66) Schreiber: Imlik-Daga¯n.) (43-50)
11. Feldverkauf (RE 2) Erstveröffentlichung: G. Beckman, Texts from the Vicinity of Emar in the Collection of Jonathan Rosen, Padova 1996, Nr. 2. Text syrischer Tradition.
Feldverkäufe stellen ungefähr ein Viertel der in den Emar-Urkunden registrierten Immobiliengeschäfte. Dabei wird das zu verkaufende Feld jeweils präzise hinsichtlich seiner Lage und seiner Ausmaße beschrieben. Besitzer von Ländereien ist den Urkunden zufolge letztlich der Gott Ninurta (dnin.urta), der Sohn des Gottes Daga¯n, in seiner Rolle als Stadtgott von Emar. 67) Konkret werden Immobilien (Felder, Häuser u. a.) jedoch von »Ninurta und den Ältesten von Emar« verkauft. Die »Ältesten« sind eine alte kollektive Institution der Stadt Emar. Sie sind sehr häufig in juristischen Texten genannt, 68) spielen in einigen Ritualen eine wichtigere Rolle als der König und verfügten wahrscheinlich über ein eigenes Datierungssystem. Urkunden mit Ninurta und den Ältesten von Emar als Rechtspersonen sind mit dem sogenannten Ninurta-Siegel versehen.69) Sie enthalten häufig eine Strafklausel in der Höhe von 2000 Schekeln Silber zur Vorbeugung von Vertragsbrüchen. Das (nachfolgend beschriebene) Feld in (der Stadt) Rabba¯n 70) in vollem Umfang – die Länge beträgt 1 ½ ikû, 71) die Breite beträgt 5 šiddu im ikû-Maßsystem 72); (4-5a) es grenzt oben an (das Grundstück des) Alal-abu, des Sohnes des Ea-damiq 73); es (1)
(2-3)
66. 67.
68.
69. 70.
71.
72. 73.
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Zur Lesung der Zeile vgl. A. Tsukimoto, ASJ 13 (1991) 289. Zu dieser Gottheit vgl. D. E. Fleming, Installation, passim; ders., Time at Emar, 94-95; J. G. Westenholz, Emar – The City and Its God, in: K. van Lerberghe/G. Voet (ed.), Languages and Cultures in Contact. At the Crossroads of Civilizations in the Syro-Mesopotamian Realm. Proceedings of the 42th RAI, OLA 96, Leuven 1999, 145-167 hier 153-160. Zu den Ältesten von Emar vgl. D. E. Fleming, Installation, 103-104; M. Yamada, The Eponymous Years and Ninurta’s Seal: Thoughts about the Urban Authority of Emar, BMCCJ 9 (1996) 297-308 hier 301 f.; M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar, 189-193 und die in den folgenden Anmerkungen zitierte Literatur. Die Mitglieder der Ältesten von Emar werden in den Urkunden normalerweise nicht namentlich genannt, vgl. aber oben das Testament Emar 181. Zu diesem Siegel s. D. Beyer, Emar IV, 197-198.206-207.436-437; J. G. Westenholz, Emar – The City and Its God, 160-164; I. Singer, in: J. G. Westenholz, The Emar Tablets, 91-93. J. A. Belmonte, TAVO 12/2, 233: »Stadt am Euphrat, in der Gegend von Emar, in Verbindung mit dem Rabbû-Nomadenstamm«. Zu Rabba¯n als möglichem Herkunftsort der Königsfamilie von Emar s. D. E. Fleming, UF 24 (1992) 64; dazu auch M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar, 195-200. Zu den in Emar verwendeten Maßangaben vgl. G. Beckman, Real Property Sales at Emar, 97.102.116-117; M. R. Adamthwaite, Late Hittite Emar, 158-162; J. G. Westenholz, The Emar Tablets, XIII-XIV; A. H. Podany, Some Shared Traditions between Hana and the Kassites, in: ˘ G. D. Young/M. W. Chavalas/R. E. Averbeck (ed.), Crossing Boundaries and Linking Horizons, 417-432. So mit G. Beckman, Texts from the Vicinity of Emar, 4: »5 šiddu by the ikû system«, mit Diskussion auf 5; ders., Real Property Sales at Emar, 112: »1 ½ ikû x 5 šiddu«. Zur Lesung s. G. Beckman, ed. princ. 5.
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grenzt unten an (das Grundstück) des Abı¯-ka¯pı¯ und des Zu¯-Ba2la, der Söhne des Ah-ummišu 74); (6-8) seine erste Frontseite ist der Weingarten des Ba2lu-kabar; seine ˘ zweite Frontseite ist der Euphrat – ist das Feld des Ninurta. (9-14) (Dieses Objekt) hat Yahsi-Daga¯n, der Sohn des 2Abda-malik, von Ninurta und den Ältesten von Emar, den ˘˙ Besitzern des Feldes, zum vollen Preis von 1 ½ Schekel Silber 75) hgekaufti. (15-16) Diese haben das Geld in Empfang genommen, ihr Herz ist zufrieden. (17-23) Wer in Zukunft das Feld (gerichtlich) einklagt, der müßte 1000 (Schekel) Silber an Ninurta und 1000 (Schekel) Silber an die Stadt bezahlen. (24-28) (Es sind fünf Zeugen genannt, darunter Daga ¯ n-ba2l, der Schreiber der Urkunde.)
12. Schenkung eines Grundbesitzes (RE 22) Erstveröffentlichung: G. Beckman, Texts from the Vicinity of Emar in the Collection of Jonathan Rosen, Padova 1996, Nr. 22. Text syrischer Tradition.
Schenkungen von Immobilien (Grundstücken, Häusern, Weingärten) sind Gegenstand einer kleinen Anzahl von Emar-Urkunden. Sie finden normalerweise im Rahmen der Familie statt. Im vorliegenden Text sind es jedoch die lokalen Institutionen der Stadt (Ninurta und die Ältesten von Emar; vgl. dazu oben den Text RE 2), die einem Arzt ein Grundstück schenken. Der Text ist mit RE 2 strukturell eng verwandt. (1) Das (nachfolgend beschriebene) kirsitu 76) in vollem Umfang (2-3a) – die Länge beträgt 23 Ellen; 77) die Breite hinten beträgt˙ 10 Ellen; die B[reite Vorne] beträgt 16 Ellen; (4-5) seine rechte Seite grenzt an das kirsitu-Gebäude der Söhne des Yaqru; seine linke Seite grenzt an die (Stadt-)Mauer; (6-8)˙seine Hinterseite grenzt an das »Stadttor des Gottes«; seine Vorderseite grenzt an das huhinnu 78) des Hazaltu – ist das kirsitu des Ni˘ ˘ Emar und˘ die Ältesten von˙ Emar dem nurta. (9-11) (Dieses Objekt) haben (die Stadt) Arzt Išbi-EN, dem Sohn des A, als Geschenk gegeben. (12-14) In Zukunft darf niemand in bezug auf dieses kirsitu gegen Išbi-EN klagen. (15-19) Wer in Zukunft dieses kirsitu (ge˙ müßte 1000 (Schekel) Silber an Ninurta (und) 1[00]0 (Schekel) ˙ richtlich) einklagt, der Silber an die Stadt zahlen. (20-32) (Es sind zehn Zeugen genannt, darunter der Ehli-kuša, der Schreiber dieser Ur˘ kunde.)
74. 75. 76. 77. 78.
Zur Lesung s. A. Tsukimoto, WO 29 (1998) 184. A. Tsukimoto, WO 29 (1998) 184: »Als Preis eines Feldes dürfte 1 ½ Sekel Silber zu wenig sein. Sollte man vielleicht 12! GÍN lesen?«. S. oben den Kommentar zu Emar 181. Zu ammatu in Emar vgl. G. Beckman, Real Property Sales at Emar, 97. Nach E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 72-73, /ho¯hinnu/: »passageway, corridor«. ˘ ˘
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13. Austausch von Immobilien (RE 4) Erstveröffentlichung: G. Beckman, Texts from the Vicinity of Emar in the Collection of Jonathan Rosen, Padova 1996, Nr. 4. Text syrischer Tradition.
Einige Emar-Urkunden haben einen Austausch von Häusern samt zugehörigen Grundstücken zum Inhalt. Im Rahmen eines solchen Tauschgeschäftes hat in manchen Fällen einer der Tauschpartner, nämlich der Besitzer der im Wert niedriger eingeschätzten Immobilie, zusätzlich eine Geldsumme zu bezahlen. Im vorliegenden Text werden Länge und Breite der Grundstücke, die offenbar nebeneinander gelegen sind (beide grenzen »vorne« an den »Platz«), nicht genannt (vgl. oben Text RE 2). Dies könnte ein Indiz dafür sein, daß beide Immobilien als gleichwertig gelten. Es handelt sich um einen echten Tausch. Zahlungen von Geldsummen werden nicht erwähnt. Das (nachfolgend beschriebene) »Haus«, 79) zusammen mit seinem (Stein-)Fundament in vollem Umfang (2-3) – seine rechte Seite grenzt an das Haus des Alri, Sohn des Kitta; seine linke Seite grenzt an das Haus des Da¯da, des Sohnes des Zu¯-Anna; (4-5) seine Hinterseite grenzt an das Haus des Da¯da, des Sohnes des Ilı¯-abı¯; seine Vorderseite grenzt an den Platz – (6) ist das Haus des Kuna¯n[u, des Soh]nes des Abu-Da. (7-8) (Dieses Objekt) hat er dem Iphuru, dem Sohn des Uddi-Daga¯n 80), als Tauschobjekt gegeben. (9-10) Das (nachfolgend˘ beschriebene) »Haus«, zusammen mit seinem (Stein-)hFunidament in vollem Umfang (11-12) – seine rechte Seite grenzt an das Haus des Ir3ibu, Sohn des Biya; seine linke Seite grenzt an das Haus des Kuna¯nu, Sohn des Abu-Da; (13-14) seine Hinterseite grenzt an das Haus des Ia2nu¯-BE, [Sohn des P]uha¯nu; seine Vorderseite grenzt an den Platz – (15-15a) ist das Haus des ˘ Iphuru, des Sohnes des Uddi-Dag[a¯n]. (16-18) (Dieses Objekt) hat er dem Kuna¯nu, ˘ dem Sohn des Abu-Da, als Tauschobjekt gege[ben]. (19-21) Datiert [vom heutigen Tag] hat ein Bruder ein Haus vom (anderen) Bruder gek[auft]. (22) Ihre Herzen sind zufrieden. (23-26) Wer in Zukun[ft] [gegen] 81) seinen Bruder kla[gt], müßte [x Mi]nen geläuterten Silbers [be]zahlen. (27-38) (Es sind sechs Zeugen genannt, darunter der Schreiber Alal-abu. Die Urkunde ist von einer Person gesiegelt.) (1)
14. Rationen für Kultpersonal (Emar VI 275) Erstveröffentlichung: D. Arnaud, Emar VI.3, Nr. 275. Literatur: D. E. Fleming, The Installation of Baal’s High Priestess at Emar, Atlanta 1992, 84-86. Siegel: D. Beyer, Emar IV, C3. Foto: ebd. Taf. 35. Text syro-hethitischer Tradition.
Diese Urkunde listet offenbar Ölrationen auf, die an das Kultpersonal verschiedener Tempel geliefert wurden. Genannt werden unter anderem mehrere Schlächter der
79. 80. 81.
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Mit »Haus« ist hier sicher Haus samt Grundstück gemeint. Zur Lesung des PN vgl. A. Tsukimoto, WO 29 (1998) 185. So mit A. Tsukimoto, ebd.
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Texte aus Emar
Tempeln der Gottheiten Ba2l, Daga¯n und Ninurta, ferner ein »Träger der Götter«, eine nin.dingir-Priesterin des Ba2l und ein ba¯rû-Priester. (1) Vier zadu-Gefäße (Öl) 82) (für): Muhra-ah¯ı, Sohn des EN-ta ¯ bih, Schlächter 83) des ˙ ˘ ˘ ˘ Ba2l(-Tempels). (2) Vier zadu-Gefäße (Öl) (für) Ellatı¯-Daga ¯ n, Sohn des Ikmu-Daga¯n, Schlächter des Daga¯n(-Tempels). (3-4) Zwei zadu-Gefäße (Öl) (für) Abı¯-Daga ¯ n, Sohn des Yašur-Daga¯n. Ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Zu¯-Ba2la, Sohn des 2Abdu. Ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Šaggar-abu, Sohn des 2A¯iru, (alle drei) Schlächter des Ninurta(-Tempels) 84). (5-6) Ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Alal-abu, Sohn des Dagalli; ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Tu¯ra-Daga¯n, Sohn des Ša2lu; ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Zikri-Daga¯n, Sohn des 2A¯iru; ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Iba, Sohn des Ilı¯-abı¯; (Personal der) nin.dingir-Priesterin des Ba2l. (7-8) Zwei zadu-Gefäße (Öl) (für) Ilı¯-ah¯ı, Sohn des Tu ¯ ra-Daga¯n. Zwei zadu-Gefäße (Öl) ˘ Götter(-Statuen) 85). (für) Maš3u, Sohn des Awiru, Träger der (9-10) Drei zadu-Gefäße (Öl) (für) Daga ¯ n-ba2lı¯, Sohn des Ir3ibu. Ein zadu-Gefäß (Öl) (für) Ari-Kuzuh, Sohn des Anatte. ˘ zadu-Gefäße (Öl) (für) Ba2l-qarra¯d, Sohn des Zu¯-Ba2la, ba¯rû-Priester. Ein za(11-12) Zwei du-Gefäß (Öl) (für) 2Abdu, Sohn des Ah¯ı-rahaq. (13-14) (Zusammenfassung:) (Belieferung˘ von˙ insgesamt) sieben Häusern unter der Aufsicht von Ba2l-qarra¯d 86). (Es handelt sich durchgehend um) Kultpersonal 87).
15. Beschreibung zweier Götterstatuen (BLMJ-C 31) Erstveröffentlichung: J. G. Westenholz, The Emar Tablets, Nr. 25.
Der Text beschreibt die Ausstattung und den Schmuck der Statuen der Gottheiten Sîn 88) und 2Aštart-haši. 89) Aus Emar sind uns mehrere Texte entsprechenden Inhalts ˘ bekannt. Leider sind zahlreiche lexikographische Details unklar, was das Verständnis des Textes erschwert. Es könnte sich um eine Beschreibung von fertig gestalteten Götterstatuen handeln oder um Anweisungen für Künstler, wie die betreffenden Statuen zu gestalten sind. 82.
83. 84. 85. 86. 87. 88. 89.
J.-M. Durand, RA 84 (1990) 80: »Le signe ›ZA‹ … doit être sans doute l’acrophonie de za-du, vase culturel«; D. E. Fleming, Installation, 146: »The zadu-vessel is new to Akkadian texts, and is used only for oil at Emar. It must be a small juglet«. Anders: D. Arnaud, Emar VI.3, 270: »4 4« usw. (d. h. unklare Zahlenangaben); E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 193: »44«. E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 193: da¯bihu »sacrificer«. ¯ Pluralausdruck, ˙ lúza-bi-hu = /da ¯ bihu¯/; es handelt sich um einen vgl. lúel-lu-tu4 »Reine (Männer)« in˘ Z. 14.¯ ˙ wa-bi-il i-la-i: s. dazu D. E. Fleming, Installation, 85 Anm. 56; E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 82-83. Es handelt sich wohl um den in Z. 11 erwähnten Ba2al-qarra¯d. Wörtlich: »reine Männ(er)«. J. G. Westenholz (in: The Emar Tablets, 64) versteht d30 als Schreibung der Mond-Gottheit Šaggar und hält diese Gleichung für gesichert; s. aber D. E. Fleming, Time at Emar, 156. J. G. Westenholz, aaO 65: »perhaps … the 2Aštar(t) of the city of Haššu/Hašuwa(n)«. ˘ ˘
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Josef Tropper / Juan-Pablo Vita
(Künstlerische) Gestaltung (des Bildnisses) des (Gottes) Sîn: (1b-2) Sein Gesicht ist mit Gold überzogen. Von seinen Hüften 90) bis zu seinen Füßen ist (er) mit Silber überzogen. (3) Das maršu 91) ist aus Silber: Darin ist ein großes napištu 92) aus Gold. (4) Darin wiederum ist ein lahu 93) aus mekku-Glas, überzogen mit Gold. (5-6a) Ferner ist darin ein ˘ ist darin ein kleines napištu aus Silber. (6b-7a) Auf seinem Kopf ist lahu aus Silber. Ferner ˘ ein lahu aus Gold; sein kuptu ist mit Silber überzogen. Die beiden »Tore« sind mit Gold ˘ (7b) Das lahu in seiner Hand ist aus Gold. überzogen. ˘ (8a) (Künstlerische) Gestaltung (des Bildnisses) der (Göttin) 2Aštart-haši: (8b) Ihr Gesicht ˘ mit Silber über(9) ist mit Gold überzogen. Von ihren Hüften bis zu ihren Füßen ist (sie) zogen. (10) Das maršu ist aus Silber: Darin ist ein großes napištu aus Silber. (11) Darin wiederum sind zehn (Einheiten) von mekku-Glas. (12) Ferner ist darin ein LapislazuliStein. (13-15) Ferner ist darin ein pappardilû-Stein 94), 20 haraharu-Steine (und) zwei arza˘ ˘ Darin/darauf sind tu-Steine, (alle?) mit Gold überzogen 95). (16-17) Ein kutmu-Gewand: drei qupiyanu 96) aus Gold. (18) Die beiden »Tore« sind mit Gold (und) Silber überzogen. (1a)
90. 91. 92. 93.
94. 95. 96.
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ištu MA´Š.SÌLA-šu. J. G. Westenholz, aaO 64: »from his shoulder«. Bedeutung unsicher; J. G. Westenholz (in: ebd) übersetzt »straps«, verweist auf CAD (»thongs, straps«) und AHw (»Sänfte?«) und kommentiert: »the context suggests that it refers to a kind of container of ornaments«. ZI »Leben«: s. G. Beckman, BiOr 58 (2001) Kol. 196. J. G. Westenholz, ebd: »neck(lace)«. lahu: J. G. Westenholz (in: ebd) läßt das Wort unübersetzt und verweist auf lahannu (AHw ˘ »eine Trinkschale«); s. aber la-hu in Emar VI.4 Nr. 545:411’ und dazu ˘E. J. Pentiuc, 527: West Semitic Vocabulary, 110: »The˘ Emarite form might be a loan-word from Hitt., i. e., lahhu- ›(a vessel)‹«. ˘ ˘ 824: »ein harter, schwarz-weißer Stein«. AHw J. G. Westenholz, ebd: »(all of which are) [d. h. die Steine von Zeilen 11-15] set in gold«. Dazu auch E. J. Pentiuc, West Semitic Vocabulary, 107.
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III. Ägyptische Texte
Heike Sternberg-el Hotabi Wirtschafts- und Rechtsurkunden machen einen wesentlichen Anteil des aus dem Alten Orient überlieferten Schrifttums aus, und das Bedürfnis nach der Aufzeichnung administrativer und ökonomischer Vorgänge dürfte auch das wesentlichste Motiv für die Entwicklung der Schrift überhaupt gebildet haben. Auch wenn in Ägypten der Anteil solcher Texte aufgrund der Überlieferungsumstände geringer ist als etwa im Vorderen Orient, geht doch ihre Zahl immer noch in die Tausende. Der vorliegende Band schließt einige schmerzliche Lücken, die in der ersten Serie der TUAT noch bestehen geblieben waren. Matthias Müller legt die erste vollständige deutsche Übersetzung des hochinteressanten Streikpapyrus aus Deir-el-Medine vor. Aus dieser Wohnsiedlung für die am Bau der Gräber im Tal der Könige beschäftigten Arbeiter, die im Gegensatz zu fast allen anderen ägyptischen Ortschaften entfernt vom Nil in der Wüste lag, sind uns zahlreiche einzigartige Dokumente aus dem ägyptischen Alltagsleben erhalten geblieben.1) Der Streikpapyrus entstammt einer Periode des späten Neuen Reiches, in der der ägyptische Staat aufgrund innerer und äußerer Schwierigkeiten (Seevölker) in Zahlungsschwierigkeiten geriet und das auf Redistribution basierende Wirtschaftssystem die Arbeiter nicht mehr ausreichend versorgte. Der Streikpapyrus vermittelt ein lebendiges Bild von den sozialen Unruhen unter den Arbeitern und ihrem Kampf gegen die lokalen Autoritäten. Martin Stadler verdanken wir eine Neubearbeitung des für die Kenntnis des ägyptischen Rechtswesens außerordentlich bedeutsamen Codex Hermupolis, der ersten überlieferten Gesetzessammlung Ägyptens aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert. Dieser Codex enthält differenzierte Festlegungen insbesondere über die verschiedene Formen des Privateigentums betreffenden Streitfragen im ptolemäerzeitlichen Ägypten. Während aus Mesopotamien schon aus viel früherer Zeit mehrere Gesetzessammlungen überliefert sind (die berühmteste ist der Codex Hammurapi), bildet die Existenz geschriebenen Rechts im pharaonischen Ägypten aufgrund des Fehlens entsprechender Funde eine noch immer nicht endgültig geklärte Streitfrage. Schließlich legt Carsten Peust eine Neuübersetzung der durch ihre biblischen Bezüge für uns besonders interessanten sogenannten Hungersnotstele vor. Dieser umfangreiche und sprachlich anspruchsvolle, ebenfalls der Ptolemäerzeit entstammende Text 1.
Einem weiten Publikum zugänglich ist die vorbildliche »Deir el-Medina Database« auf der Website der Universität Leiden (http://www.leidenuniv.nl/nino/dmd/dmd.html).
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Heike Sternberg-el Hotabi
gibt sich den Anschein eines juridischen Dokuments über eine Landschenkung, trägt jedoch mit seinen fiktionalen Elementen und intertextuellen Bezügen auch unleugbar literarischen Charakter und transzendiert damit, wie auch einige andere altägyptische Texte, die von uns für Schriftdenkmäler oft unreflektiert vorausgesetzten Klassifizierungskriterien. Die Nennung der siebenjährigen Hungersnot in Ägypten wirft auch interessante Fragen nach dem Transfer literarischer Motive zwischen der ägyptischen und der jüdisch-vorderorientalischen Welt auf. Eines der ältesten expliziten königlichen (d. h. staatlichen) Dekrete ist uns im »Vorfall des Rawer« betitelten Bericht aus dem Alten Reich überliefert, wobei freilich die genaue Interpretation des Geschehens noch Fragen offen läßt.
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Der Turiner Streikpapyrus (pTurin 1880)* Matthias Müller Äußere Daten: Unter der Nummer 1880 ist im Museo Egizio di Torino ein Papyrus inventarisiert, der aller Wahrscheinlichkeit nach 1823 von der piemontesischen Regierung aus der Sammlung Bernardino Drovettis angekauft wurde. Dieser Papyrus enthält Berichte über Demonstrationen bzw. Streiks der Arbeiter am Grab Pharaos in Theben/West aus dem 29. Regierungsjahr Ramses’ III. Die Erstpublikation des Textes erfolgte als Faksimilezeichnung des hieratischen Textes durch Willem Pleyte und Francesco Rossi, die 1948 durch die Transkription des hieratischen Textes in Hieroglyphen seitens A. H. Gardiners in dessen Ramesside Administrative Documents ergänzt und verbessert wurde. Hatten die Informationen über die Streikaktionen der Arbeiter an Pharaos Grab bereits nach der Erstveröffentlichung das Interesse auf sich gezogen,1) konnten durch die Edition Gardiners I. M. Lurje und W. F. Edgerton erstmals eine Übersetzung auf einer sicheren Textgrundlage geben, zu der inzwischen noch eine Bearbeitung P. J. Frandsens zu stellen ist. Eine endgültige Edition des Textes liegt jedoch nicht vor. Der Papyrus ist auf einer Länge von 91 cm bei einer Höhe von 40,5 cm erhalten und auf beiden Seiten beschrieben. Die Berichte über die Vorgänge während der Streiks befinden sich hauptsächlich auf dem recto. Da fast alle Einträge auf dem verso vor diesen datiert sind, vermutete Gardiner, daß ein ursprünglich auf dem recto stehender älterer Text vom Schreiber während der Niederschrift der Streikereignisse entfernt wurde. Die Einträge auf dem Papyrus sind vom Schreiber der Nekropole, Jmn-nht (floruit ˘ Jahr 16 Ramses III. [1168 oder 1167] bis maximal Jahr 7 Ramses VI. [1136 oder 1134]), geschrieben worden. Auf den ersten Blick erscheinen die verschiedenen Textteile des Papyrus von einer gewissen Disparatheit, sowohl was den Inhalt, als auch was die Daten betrifft. Somit liegt der Schluß nahe, daß es sich nicht um ein offizielles Nekropolentagebuch – dieses würde konsekutive Einträge für jeden Tag enthalten –, sondern eher um eine Art Notizbuch handelt, auf dem der Schreiber Jmn-nht Auf˘ zeichnungen für den offiziellen Gebrauch in seiner Eigenschaft als Repräsentant der Verwaltung machte. Demnach ist dieser Papyrus kein »objektives« Zeitdokument einer unbeteiligten dritten Partei, sondern enthält die Aufzeichnungen der Ereignisse aus der Sicht der Streikopponenten. Quellen für die Streikaktionen: Die Ereignisse der Streiks im 29. Regierungsjahr Ramses’ III. erstrecken sich vom Spätherbst des Jahres 1155/54 v. Chr. – der 2. Monat prt dieses Jahres beginnt Anfang November – bis in das folgende Frühjahr und sind * 1.
Für wichtige Hinweise verschiedener Art danke ich herzlich Heike Behlmer (Göttingen), Ulrike Dubiel (Berlin), Albrecht Endruweit (Göttingen), Carsten Peust (Konstanz), Franziska Vahle (Göttingen) und besonders Robert J. Demarée (Leiden). In erster Linie durch die Arbeit W. Spiegelbergs, Arbeiter und Arbeiterbewegung im Pharaonenreich unter den Ramessiden (ca. 1400–1100 v. Chr.). Eine kulturgeschichtliche Skizze, Straßburg 1895, 18-22.
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auf mehreren Dokumenten bezeugt, von denen jedoch nur ein Teil publiziert ist. Die Hauptquelle ist der • Turiner Streikpapyrus (pTurin 1880) Er enthält Angaben für den Zeitraum vom 10. bis 13. sowie für den 17. Tag des 2. Monats prt, sodann eine nicht auf den Tag datierte Eintragung für den 3. Monat prt sowie Einträge für den 28. Tag des 4. Monats prt und den 2., 13. und 25. Tag des 1. Monats šmw. Diese wird ergänzt durch weitere Texte. Es handelt sich dabei um die publizierten: • oCairo CG 25.530 2) Enthält tagebuchartige Eintragungen für den 10., 11. und 13. Tag des 2. Monats prt. • oVarille 39 + oIFAO 1255 Enthält tagebuchartige Eintragungen für einen Tag zwischen dem 4. bis 8. Tag 3), den Zeitraum vom 10. bis 13. Tag sowie den 15. und 17. Tag des 2. Monats prt. • pTurin 1961 + 2006 Nur der Text von pTurin 2006 ist publiziert. Der Papyrus enthält Einträge für Tage des 2., 3. und 4. Monats prt. Das Jahr ist nicht erhalten, aber die Personennamen und die Datierung der Ereignisse machen eine Zuweisung in das Jahr 29 Ramses’ III. wahrscheinlich. Sowie die unpublizierten Texte: • oBrüssel E. 7359 Enthält Einträge für den Zeitraum vom 15. bis 20. oder 21. Tag des 2. Monats prt und notiert, daß die Arbeiter den Tempel Ramses’ II. erreichten. • oIFAO 1413 Enthält sechs unvollständige Zeilen mit Tageseinträgen ohne Monatsnennung. Für einen [2]5., 26. und 27. Tag ist ein »erneutes Verlassen des Nekropolengeländes« vermerkt. Für den 28. Tag ist ein »Verlassen des Nekropolengeländes« notiert sowie, daß ein Stm-Priester herbeigerufen wurde. Im Zusammenhang mit Streikaktionen ist ein Stm-Priester auch auf dem verso des Hauptzeugen (Turiner Streikpapyrus) für den 25. Tag des 1. Monats šmw belegt. Die Verbindung dieser Angaben und die Erwähnung eines Arbeiters namens Pn-2nqt auf dem Ostrakon, der unter Ramses III. Mitglied der Mannschaft war, machen eine Datierung in den 1. Monat šmw des Jahres 29 wahrscheinlich. Die Einschätzung »tagebuchartige Einträge« bezieht sich auf die Form offizieller Nekropolentagebücher, die für jeden Tag den wachhabenden Arbeiter (fakultativ), die Angabe, ob die Mannschaft arbeitete, und eventuelle Ereignisse, von Versorgungslieferungen bis hin zu Besuchen externer Administratoren, wie z. B. des Wesirs, verzeichnen. Die oben aufgeführten Texte dokumentieren jedoch nicht jeden Tag. Auffälligerweise sind für das Regierungsjahr 29 Ramses’ III. keine offiziellen Nekropolentagebücher erhalten. Die ägyptische Formulierung für den Ausstand der Arbeiter ist »das Passieren der 2. 3.
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Angaben zu den erwähnten Texten sind unter der in Anm. 9 gegebenen Webseite abrufbar. Der zweite Teil der Datumsangabe ist zerstört, infrage kommen jedoch nur der 4., 7. oder 8. Tag.
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Wachstation(en)«, das mitunter einfach zu »Passieren der Arbeiter« verkürzt wurde. Dabei verließen die Arbeiter das Nekropolengelände, oft nur als »das Grab« bezeichnet. Dieser Begriff umfaßt aber den gesamten Komplex der königlichen Nekropole. Daneben bezeichnet der Ausdruck »das Tragen der Fackel« ebenfalls eine Form von Demonstration der Mannschaft. Beide können nebeneinander auftauchen. Hintergrund: Das 29. Regierungsjahr Ramses’ III. begann am 26. Tag des 1. Monats šmw (28. Februar 1155 oder 1154 bzw. 17. Februar greg.). 4) Die vergangene Regierungsdekade verlief in relativer Ruhe. Die großen Kriege mit den Seevölkern (Jahr 8) oder den Libyern (Jahr 5 & 11) lagen lange zurück. Die Situation in der Siedlung der Arbeiter an den Gräbern Pharaos und seiner Familie, P-dmj (Deir el-Medina, s. Abb. 1), scheint von einer relativen Ruhe geprägt gewesen zu sein. Im Gegensatz zum Vorjahr hat es offenbar keine Bedrohung durch einen nicht näher bezeichneten Feind gegeben, durch den es damals möglicherweise zu Verlusten unter den Arbeitern kam. Die Mannschaft der Arbeiter setzte sich aus zwei Hälften zusammen, die als linke bzw. rechte Seite bezeichnet wurden. Jede Mannschaftshälfte bestand in jenem Jahr aus einem Vorarbeiter und zwanzig Arbeitern. Zusammen mit dem Nekropolenschreiber bildeten die Vorarbeiter die Leiter der lokalen Verwaltung, deren Sitz am Nordeingang des Dorfs bzw. in dessen unmittelbarer Nähe war. Die Arbeit am Grab Pharaos dürfte in jener Zeit schon fast abgeschlossen gewesen sein. Zwar ist für den 23. Tag des 3. Monats prt (27. Dezember 1155/54 = 16. Dezember greg.) die Ausgabe von Tinte für die Zeichner belegt, doch hatten schon im letzten Drittel des Vorjahres die Arbeiten an einem Prinzengrab begonnen, und ein anderes Prinzengrab war bereits vier Jahre zuvor in Arbeit. Ein nicht datierter, aber aufgrund seines Inhalts in die letzten Jahre Ramses’ III. zu setzender Brief erwähnt ebenfalls die Arbeit an Prinzengräbern. Da hierfür ebenfalls die Arbeiter aus P-dmj verantwortlich waren, müssen also neben der Arbeit an Pharaos Grab genügend freie Kapazitäten vorhanden gewesen sein. Doch relativ bald ergaben sich Probleme mit der Versorgung der auf das offizielle Redistributionssystem angewiesenen Arbeiter und ihrer Angehörigen. Es gab zum einen nekropoleninterne Probleme, die vor Ort lösbar waren. Ein Beispiel hierfür ist ein Vorfall aus dem 17. Regierungsjahr Ramses’ III., als die Vorgesetzten der Arbeitsmannschaft dafür sorgten, daß ein zu kleines Getreidemaß, das von einem der Schreiber für die Verteilung der Ration benutzt wurde, durch ein korrektes ersetzt wurde. Daneben hatte es auch in den Vorjahren schon Anzeichen für externe Probleme gegeben, doch scheint sich die Situation in der 2. Hälfte der dritten Dekade Ramses’ III. zuzuspitzen. Ein solches Problem wird etwa von einem Ostrakon dokumentiert, das heute in 4.
Die Umsetzungen in absolute Kalenderdaten basieren auf Berechnungen Edwin Henflings (Göttingen). Als Bezugspunkt wurde die Angabe 1183 bzw. 1182 als Regierungsantritt Ramses’ III. bei J. von Beckerath (Chronologie des pharaonischen Ägypten, Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr., MÄS 46), Mainz 1997, 106) zugrunde gelegt. Dabei wurde der Einfachheit halber darauf verzichtet, die Nacht des folgenden Tages mitzuzitieren, da der ägyptische Tag mit Sonnenaufgang beginnt. Im folgenden werden die Umsetzungen in der Form TT.MM. Jahr/Jahr = TT.MM. greg. gegeben.
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Abb. 1: Plan der Siedlung der Arbeiter an Pharaos Grab zur Zeit der XX. Dynastie (nach B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el Médineh (1934-1935) III: Le village, les décharges publiques, la station de repos du col de la vallée des rois, Le Caire 1939, Taf. VII)
Turin aufbewahrt wird: Ein Mitglied der Mannschaft5) hat sich, nachdem ihm am letzten Tag des 4. Monats šmw in Jahr 28 die Hälfte seines Anteils an einer Rationenlieferung weggenommen wurde, über einen Zeitraum von 2 Jahren eine Liste mit den tatsächlich ausgelieferten Getreiderationen angefertigt und dabei gleichzeitig die Fehlbeträge notiert. Wie daraus ersichtlich ist, gab es bereits im Jahr 28 Versorgungsprobleme, die sich auch in Jahr 30 fortsetzten. Die nachfolgende Graphik notiert die tatsächlichen im Verhältnis zu den erwarteten Lieferungen. 6) 5.
6.
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Die Addition der Beträge ergibt eine Monatsration von 5,5 Sack Getreide, was der Rationsmenge an Emmer eines Vorarbeiters oder Schreibers entspricht, vgl. J. J. Janssen, Village Varia, Ten Studies on the History and Administration of Deir el-Medina, Egyptologische Uitgaven XI, Leiden 1997, 17. Bei nur teilweise erhaltenen Einträgen wurde der Durchschnittswert 5 Sack 2 Oipe eingesetzt. Für den Zeitraum 2 ht 29 bis 2 prt sind keine Einträge erhalten. Die Angabe für die Epago˘
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Getreidelieferungen zwischen 4 šmw 28 und 3 šmw 30 Ramses III. (Nach oTurin 57.072)
Der ägyptische Kalender unterteilt sich in 3 Jahreszeiten mit je 4 Monaten a` 30 Tagen plus 5 Extratage (griech. a ¥pagmenai). Im fraglichen Zeitraum begann die Jahreszeit šmw Anfang Februar und endete in den ersten Junitagen, dann folgten die 5 Epagomenentage. Die vier Monate der Jahreszeit ht entsprachen der Zeit von An˘ fang Juni bis Anfang Oktober und der Rest des Jahres, d. h. die Zeit von Anfang Oktober bis Ende Januar, den Monaten der Jahreszeit prt. Geht man von einer Erntesaison zwischen Februar und Mai 7) aus, fällt diese in die Jahreszeit šmw. Die Maxima an Fehlbeträgen im 2. Monat prt des Jahres 28 bzw. im 4. Monat prt des Jahres 29 ließen sich wohl als Phänomene der zur Neige gehenden Vorräte des Vorjahres erklären und damit auch die Engpässe am Anfang der Erntesaison (1. Monat šmw 29, 1. & 2. Monat šmw 30) verbinden, doch wäre dann die Komplettlieferung des 1. Monats prt 28 unerwartet. Zusätzlich ist die Durchgängigkeit des Phänomens ebenfalls ein Hinweis darauf, daß die natürliche Ressourcenverknappung innerhalb des agrikulturellen Jahres nur zum Teil für Fehllieferungen verantwortlich zu machen ist. Wahrscheinlich wird man von mehreren Faktoren ausgehen müssen. Im Verlaufe der XX. Dynastie, an deren Beginn die hier referierten Ereignisse stattfanden, läßt sich ein kontinuierlicher Anstieg der Wertangaben für Getreide beobachten. Es wurde versucht, dies als ein Indiz für schlechte Felderträge infolge von zu niedriger Fluten zu werten. Indizien für ein sinkendes Nilniveau in der späten Ramessidenzeit scheint es zwar zu geben, sei es in Form sinkender Seeniveaus oder Auflassungen von Siedlungen an versandenden Nilarmen, jedoch fehlen bislang ein-
7.
menen des Jahres 28 wurden vernachlässigt und der Rechenfehler für 1 šmw 30 zugunsten der Verwaltung korrigiert. Der 1. Monat šmw wurde, wie es der antike Schreiber tat, zum folgenden Jahr geschlagen. M. A. Murray, Cereal Production and Processing, in: P. T. Nicholson/I. Shaw, Ancient Egyptian Materials and Technologies, Cambridge 2000, 520 (505-536).
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deutige archäologisch-dokumentarische Bezeugungen. Eine klimatische Erklärung für das Entstehen der Fehllieferungen kann somit zwar nicht ausgeschlossen werden, andererseits aber auch nicht definitiv nachgewiesen werden. Nach Untersuchungen für das spätantike Ägypten beträgt der Jahresbedarf eines erwachsenen Mannes an Weizen, bei zusätzlicher Versorgung mit anderen Nahrungsmitteln, in etwa 8 Artaben, also ca. 310 l. Umgerechnet auf einen Monat wären das etwas weniger als 26 l. Die monatliche Ration des Schreibers von oTurin 57072 entspricht mit 5,5 Sack 8) 422,84 l, demnach etwas mehr als dem Sechzehnfachen des Monatsbedarfs. Selbst im Monat mit der geringsten Lieferung erhielt der Schreiber mit 1,5 Sack immerhin noch ca. das Viereinhalbfache des Monatsbedarfs einer Person. Rechnet man die Familienangehörigen mit ein – im Durchschnitt dürften Familien aus 4-5 Personen bestanden haben – stellt die Lieferung im 2. Monat prt des Jahres 28 immer noch die Versorgung sicher. Daraus folgt aber ebenfalls, daß in den Monaten mit fast vollständiger oder vollständiger Liefermenge ein Überschuß akkumuliert wird, der zum Erwerb anderer Güter eingesetzt werden kann. Unglücklicherweise sind die Einträge im Vorfeld der Streikereignisse nicht auf dem Turiner Ostrakon erhalten, so daß sich die Vermutung, die Arbeiter streikten nicht aufgrund von Unterernährung, sondern eher aufgrund der Tatsache, daß sie ihre ökonomischen Interessen bedroht sahen, da der nicht gelieferte Überschuß zur Ernährungsgrundlage nunmehr zum Erwerb anderer Güter und Waren fehlte, nicht verifizieren läßt. Eselstexte nach Jahren Ramses’ III.
Regierungsjahr Ramses’ III.
Über den Eigenbeitrag der Arbeiter zu ihrer Versorgung ist kaum etwas bekannt, da die offiziellen Dokumente nur die externen Lieferungen verzeichnen. Daß die Arbeiter Felder bewirtschafteten oder eigenes Vieh hielten, läßt sich u. a. auch aus den Be8.
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Ein »Sack« ist ein Hohlmaß mit einer Kapazität von 76,88 l und unterteilt sich in 4 Oipe. Es dient der Mengenangabe bei Getreide, Wasser etc.
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schuldigungen gegen einen Arbeiter am Ende des recto-Textes (ein gestohlenes Rind stünde in seinem Stall) schließen. Möglicherweise nutzten die Arbeiter in den Vorjahren u. a. die private Vermietung ihrer Esel als zusätzliche Einkommensquelle, um Fehllieferungen von offizieller Seite auszugleichen. Nach den Angaben der Deir el-Medina Database 9) sind 55 Texte für Eselsvermietungen bzw. daraus resultierende Rechtstreitigkeiten relevant, von denen aber nur ein Teil (46 Texte) genauer datiert werden kann. Aus letzteren läßt sich obige Auflistung erstellen. Doch in Jahr 29 scheint die Situation nicht mehr aufzufangen gewesen zu sein. Die erste Eskalation ist für den 21. Tag des 2. Monats ht (28. Juli 1155/54 = 17. Juli greg.) ˘ überliefert: Die Arbeiter berichteten dem Schreiber Jmn-nht, daß sie bereits 20 Tage ˘ ohne Versorgungslieferung seien. Dieser eilte daraufhin zum Tempel des Haremhab, wo man 46 Sack Emmer (ca. 3536,5 l) organisierte, die zwei Tage später an die Arbeiter verteilt wurden. In den folgenden Monaten scheint die Versorgung zumindest teilweise gewährleistet gewesen zu sein, denn für den 2. Tag des 3. Monats ht (8. Au˘ gust 1155/54 = 28. Juli greg.) ist eine Nachlieferung von Getreide für den Vormonat bzw. eine Erstlieferung für den laufenden Monat belegt, und am 19. Tag des Folgemonats (24. Sept. 1155/54 = 13. Sept. greg.) wurde die Einlieferung diverser Dinge, darunter auch Nahrungsmittel, notiert. Noch für den Zeitraum zwischen dem 14. und dem fünften Tag vor dem ersten auf dem Turiner Papyrus dokumentierten Ausstand der Arbeiter wurde die Anlieferung von unterschiedlichen Lebensmitteln wie Bier, Datteln oder Brot vermerkt. Die Versorgung ist offenbar von der örtlichen Verwaltung neu organisiert worden, worauf die Einträge A (ohne Datum) und B (2. Tag des 3. Monats ht) auf dem verso ˘ des Papyrus hinweisen. Doch schienen erneut Probleme aufzutreten, wie die Eidlei stung des H2-m-w st am 2. Tag des 1. Monats prt (7. Oktober 1155/54 = 26. September greg.) ˘zeigt. In dieser verpflichtete er sich, die Organisation der Versorgungsmannschaften der Arbeiter zu gewährleisten. Der Grund für diese Neuorganisation könnte unter anderem in zusätzlich auftretenden Problemen mit der Wasserversorgung liegen, wie sie für verschiedene Tage im 4. Monat ht und 1. Monat prt, also im ˘ Monat und Vormonat der erwähnten Eidleistung, dokumentiert sind. Die Notizen über Wasserlieferungen auf dem verso des Turiner Papyrus sind nicht datiert, so daß es nicht möglich ist, sie als unmittelbares Resultat der Neuorganisation zu interpretieren. Geht man von einer täglichen Wasserration von 1 ¼ Sack (96,1 l) pro Arbeitern aus, stellen die angegebenen Mengen Lieferungen für 7 bis 10 Tage bei den Arbeitern, 25 Tage beim Ordner und 14 Tage beim Vorarbeiter dar. Aber auch die Belieferung mit Arbeitsmaterial scheint nicht reibungslos zu funktionieren: Am 10. Tag des 2. Monats prt wurde ein Wsr-m 2t-R2-nht zum Gipsherstel˘ ler ernannt und löste damit B k-n-Hnsw für die rechte Seite der Mannschaft ab. ˘ Konnte er anfangs noch seiner Lieferquote nachkommen, war er in den nächsten beiden Dekaden im Verzug (20. und 30. Tag des 2. Monats prt); erst am 6. Tag des Folgemonats lieferte er wieder. Falls es sich nicht um einen Fehler des Schreibers bei der Notierung des Datums 9.
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handelt, verließen die Arbeiter am Abend entweder des 4., 7. oder 8. Tages des 2. Monats prt (8., 11. oder 12. November 1155/54 = 28., 31. Oktober oder 1. November greg.) das Gelände der Nekropole zu einer Fackeldemonstration. Bereits kurz vorher müssen die Arbeiter das Gelände schon einmal verlassen haben, da in der Notiz festgestellt wird, daß sie erneut das Gelände verließen. Am 9. Tag dieses Monats arbeiteten sie wieder, da für diesen Tag eine Verteilung von Leinen zur Dochtherstellung dokumentiert ist. Am 10. Tag des 2. Monats prt (14. = 3. November greg.) beschlossen die Arbeiter den Ausstand und verließen das Nekropolengelände in nördlicher Richtung, um dann entlang des Aufwegs des Mentuhotep-Nebhepetre 10) Richtung Fruchtlandrand, zu den großen Totentempeln, zu gehen. Als Grund gaben sie an, die Ration sei bereits 18 Tage überfällig. Sie marschierten bis zum Tempel Pharaos (Medinet Habu) und ließen sich am Tempel des Thutmosis III. nieder. Allgemein scheint man davon auszugehen, daß es sich um den Totentempel Thutmosis’ III. nördlich des Ramesseums handelt, aber nach der Angabe auf dem verso des Streikpapyrus, s. u. Notiz D.1, daß die Mannschaft erst nach Medinet Habu, zum Tempel Ramses’ III., gegangen und dann von ihren Vorgesetzten an der Rückseite des Tempels Thutmosis’ III. sitzend angetroffen worden sei, ist es wahrscheinlicher anzunehmen, daß es sich um den kleinen Tempel von Medinet Habu aus der XVIII. Dynastie handelt, der von Hatschepsut und Thutmosis III. erbaut wurde, s. Abb. 2. Dort waren sie auch durch Beteuerungen der lokalen Verwaltung nicht zur Rückkehr zu bewegen und begaben sich erst bei Einbruch der Dunkelheit wieder in ihr Dorf. Da neben diesem Ereignis für diesen Tag »normale« administrative Vorgänge, wie die oben erwähnte Einsetzung eines Gipsherstellers, belegt sind, scheint die Lage von der lokalen Administration entweder noch nicht als ernst eingeschätzt worden zu sein, oder die Arbeiter machten sich erst im Verlauf des Tages auf den Weg. Am nächsten Tag (11. des 2. Monats prt, also am 15. = 4. November greg.) marschierte die Mannschaft – trotz einer Brotlieferung – zum Tempel Ramses’ II., dem sogenannten Ramesseum, scheint aber spätestens am Abend wieder ins Dorf zurückgekehrt zu sein, da sie am folgenden Tag (12. des 2. Monats prt, dem 16. = 5. November greg.) wieder zum gleichen Tempel marschierte und auch die anschließende Nacht dort verbrachte. Ein Chef der lokalen Schutzeinheiten machte sich auf die Ostseite des Nils, nach Theben, auf, um den auch für das Westufer zuständigen Bürgermeister über die Situation der Arbeiter zu informieren. Offenbar, die folgende Textpassage ist zerstört, wurden ein Sekretär und die Jt-ntr-Priester des Tempels ¯ Ramses’ II. beauftragt, die Aussagen der Arbeiter anzuhören. Die Aktion scheint insofern erfolgreich gewesen zu sein, als den Arbeitern die Ration für den ersten Monat prt, also den Vormonat, noch am selben Tage ausgeteilt wurde. Einen Tag später, am 13. des 2. Monats prt, rief der erwähnte Chef der Schutztruppe Mntw-ms die Arbeiter zu einer weiteren Demonstration auf, die sie mit Frauen
10.
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Zwar liegt es nach Abb. 3 näher, davon auszugehen, daß es sich um den Aufweg des Mentuhotep-Seanchkare handelt, der zum Ramesseum führt, jedoch ist fraglich, inwieweit dort jemals ein Aufweg bestand.
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Abb. 2: Plan des Tempels Pharaos (Medinet Habu) mit dem Tempel der XVIII. Dynastie (u. a. von Thutmosis III. erbaut), ungefährer Zustand in der XX. Dynastie, nach B. Porter/R. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings II: Theban Temples, 2nd ed., Oxford 1972, Taf. XLIII).
und Kindern zum Tempel Sethos’ I. führen sollte. Dem leisteten diese Folge und nahmen auch, wie von Mntw-ms empfohlen, ihre Frauen mit. Die Demonstrationen scheinen ihren Zweck, auf die Situation der Arbeiter aufmerksam zu machen, nicht verfehlt zu haben, denn bereits zwei Tage später, am 15. des 2. Monats prt (19. = 8. November greg.) werden 10 Sack Getreide (768,8 l) geliefert, und für den 17. Tag des 2. Monats prt ist die Auslieferung der gesamten Ration für diesen Monat notiert. An diesem Tag begab sich auch ein General des Tempels Ramses’ II. zu den Arbeitern, um sich ihr Anliegen anzuhören und sich dann gegebenenfalls an Pharao zu wenden. Ebenfalls für den 17. oder 18. ist die Anlieferung von Gemüse belegt. Doch auch diesmal wurde das Problem nur vorübergehend behoben, wie das erneute Defizit in der Rationsabrechnung für den 3. Monat prt auf dem oben genannten Turiner Ostrakon zeigt. An einem nicht bekannten Tag nach dem 17./18. des 2. Monats prt begaben sich die Arbeiter wiederum zum Ramesseum. Für den 3. Monat ist zwar in der Hauptquelle kein Tagesdatum des beschriebenen Ausstandes verzeichnet, jedoch belegt ein anderer Turiner Papyrus (pTurin 1961+2006) entsprechende Details. Demnach verließen die Arbeiter das Nekropolengelände am 3. Tag dieses Monats (7. Dezember 1155/54 = 26. November greg.) erneut. Ob dieses »erneut« sich auf die oben beschriebenen Ereignisse des Vormonats oder auf weitere 173
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Ausstände zwischen diesen Daten und dem Datum des Eintrags bezieht, ist nicht klar. Zwei Tage später wurden jedenfalls die Rationen ausgeteilt. Da der Papyrus einige Lücken enthält und somit nicht alle Tage dokumentiert sind, ist es nicht möglich, die auf dem pTurin 1880 berichteten Ereignisse mit einem genauen Datum zu verbinden. Demnach kam es an einem Tag in diesem Monat zum Ausstand, bei dem die Arbeiter sich offenbar zur lokalen Verwaltungsstelle begaben. Als die Vorgesetzten die Mannschaft wieder ins Dorf geholt hatten, wurde diese beim Versuch, das Dorf durch das Haupttor zu verlassen, von den Vorgesetzten mit verbaler Gewalt daran gehindert und verließ es daraufhin durch ein Nebentor. Hinterhergeschickte Ordnungskräfte waren nicht in der Lage, die Arbeiter zur Umkehr zu bewegen, sondern mußten ihren Vorgesetzten berichten, daß die Arbeiter nicht aufgrund der Versorgungslage streikten, sondern aufgrund eines nicht näher bezeichneten, vor Ort geschehenen Unrechts. Für den folgenden 4. Monat prt ist für den 16. Tag (19. Januar 1154/53 = 8. Januar greg.) ein Marsch der Arbeiter zum Tempel Ramses’ II. belegt, als dessen Resultat die zwei Tage später erfolgte Lieferung von Brot an die Arbeiter angesehen werden könnte. Doch bereits am folgenden 19. Tag des 4. Monats prt (22. = 11. Januar greg.) sind die Arbeiter wieder unterwegs. Auf den 28. Tag des 4. Monats prt (31. = 20. Januar greg.) datiert ein Eintrag, der zwar keinen Ausstand der Arbeiter beschreibt, aber die Bitte durch die Vorgesetzten der Mannschaft an den auf einer Reise nach Norden Theben passierenden Wesir enthält, den Arbeitern und ihnen nicht die Ration wegzunehmen. Der Wesir entgegnete darauf lapidar, daß er in dieser Situation auch nicht viel unternehmen könne, er wolle jedoch schicken, was ihm möglich sei. Zumindest wird der Mannschaft dann mitgeteilt, daß die Hälfte der Ration (offenbar für diesen Monat) zur Verfügung gestellt worden sei. Nur drei Tage später, am 2. Tag des 1. šmw (4. Februar = 24. Januar greg.), wurden unter den Arbeitern 2 Sack Emmer (153,76 l) verteilt, woraufhin einer der Vorarbeiter ihnen vorschlug, zu demonstrieren. Dem Schreiber Jmn-nht gelang es jedoch, die ˘ Streikenden zur Umkehr zu bewegen. Am 13. Tag des gleichen Monats (1. šmw, also dem 15. = 4. Februar greg.) führte der Weg die Streikenden zum Tempel des Merenptah, wo sie auf den Bürgermeister von Theben trafen, der versprach, ihnen 50 Sack Getreide (3833 l) zur Verfügung zu stellen. Eine Notiz auf dem verso des Papyrus, datiert auf den 25. Tag des 1. Monats šmw (27. = 16. Februar greg.), den letzten Tag des 29. Regierungsjahres Ramses’ III., belegt die Fortsetzung der Versorgungsprobleme. Die Arbeiter wandten sich an die Verwaltung des Totentempels Ramses’ II., einerseits, um dort einen Fürsprecher für ihre Situation beim Ersten Amunspriester des Karnaktempels und beim Bürgermeister von Theben zu finden, andererseits, um Brot aus den Opferbeständen des Tempels zu erhalten. Während das erste Unterfangen erfolgreich gewesen zu sein scheint, wurde ihnen das zweite Anliegen, sehr zu ihrem Unmut, verwehrt. Auf der Karte in Abb. 3 sind die einzelnen Ziele der Protestmärsche der Arbeiter eingetragen. Daraus wird ersichtlich, daß sie, von Süden nach Norden gehend, bei den großen Totentempeln der Region versuchten, Verpflegung zu bekommen. Auffallend ist, wie stark der Tempel Ramses’ II. involviert ist. Demnach ist dieser von den 174
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Arbeitern als die administrative Einheit angesehen worden, die am ehesten ihre Probleme hätte beheben können. Mit dem Jahr 29 sind die Ausstände der Arbeiter keineswegs vorbei: So ist für den 15. Tag des 2. Monats prt in Jahr 31 bzw. den 29. und 30. Tag des 2. Monats šmw in Jahr 32 auf Tagebuchostraka das Passieren der Wachstationen vermerkt. Am 28. Tag des 3. Monats šmw im 1. Regierungsjahr Ramses’ IV., des Nachfolgers Ramses’ III., ist die Mannschaft aufgrund von Problemen mit ihren Rationslieferungen mit Fackeln unterwegs. Danach sind datierte Quellen für Arbeitsausstände erst wieder in der Zeit Ramses’ IX. belegt, jedoch kann es sich dabei auch um Arbeitsverweigerung aufgrund der Angst vor in der Gegend marodierenden Banden handeln.
Abb. 3: Karte des Westufers von Theben mit den im Text erwähnten Tempeln und Nekropolen (Karte vom Autor, Tempelgrundrisse nach: B. Porter/R. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings II: Theban Temples, 2nd ed., Oxford 1972, Taf. XXXIII). Literatur: 11) W. Pleyte/F. Rossi, Papyrus de Turin, Leiden 1869/1876, Taf. xxxv-xlviii (hieratische Faksimileedition); A. H. Gardiner, Ramesside Administrative Documents, 45-58 (hieroglyphische Transkription); И.М.Лурье, Дневник Фиванского некрополоя от 29 г. Рамсеса III, in: Вестник Древней Истории 34/4 (1950) 81-88 (Übersetzung der rectound verso-Texte in chronologischer Reihenfolge der Einträge); ders., Заастовка ремесденников Фиванского некрополя во времена Рамсеса III, in: Вестник Древней Истории 35/1 (1951) 221-232 (historische Kontextualisierung der Streiks); W. F. Edgerton, The Strikes in Ramses III’s Twenty-Ninth Year, JNES 10 (1951) 137-145 (Übersetzung des recto- und von Teilen des verso-Textes); P. J. Frandsen, Editing Reality: The Turin Strike Papyrus, in: S. Israelit-Groll (ed.), Studies in Egyptology Presented to Miriam Lichtheim I, Jerusa-
11.
Unter http://www.leidenuniv.nl/nino/dmd/dmd.html, der bereits erwähnten Adresse des Leidener Deir el-Medina-database-Projektes, sind alle Literaturangaben bequem erreichbar, so daß ich mich an dieser Stelle auf die generellen Arbeiten beschränke.
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lem 1990, 166-199 (Übersetzung des recto-Textes); J. J. Janssen, Background Information on the Strikes of Year 29 of Ramesses III, OrAnt 18 (1979) 301-308 (stellt weitere Quellen für die Versorgungsmängel im Vorfeld der Streiks zusammen); ders. The Year of the Strikes, Bulletin de la Société d’Égyptologie de Genève 16 (1992) 41-49 (untersucht den Einfluß des Streikes auf die Situation in Deir el-Medina); P. Vernus, Affaires et scandales sous les Ramsès, La crise des valeurs dans l’Égypte du Nouvel Empire, Paris 1993, 75-99 (stellt den Streiks in den Kontext allgemeiner gesellschaftlicher Zerfallserscheinungen der späten Ramessidenzeit); P. Grandet, Ramses III, Histoire d’un règne, Paris 1993, 324-330 (Darstellung der Streiks vor dem Hintergrund einer Geschichte der Zeit Ramses’ III.); J. Trello Espada, Revuelta en Pa Demi; Consideraciones acerca de la huelga obrera del año 29 de Ramses III, Boletín de la Asociación española de Egiptología 11 (2001) 63-93 (historische Kontextualisierung).
Übersetzung Die nummerierten Zwischenüberschriften wurden von mir nach dem Vorbild Gardiners zur besseren Segmentierung des Textes eingefügt. Rubra des Textes sind in der Übersetzung durch Kapitälchen wiedergegeben.
1. Liste von Personen, die verschiedene Aufträge für die Arbeiter ausführen (vso i 1-ii 7)
Wasserträger für die Angehörigen des »Grabes«: (i 2) Jmn-h2; (i 3) Wsr-m 2t-R2-nht; ˘ ˘ P -2n; (i 5) Jw-f-r-jh; (i 6) P -ndm; (i 7) P -rhn-nht; insgesamt: 6 Männer. ˘ ˘ (i 8) Gemüselieferanten: (i 9) T¯ (i 10) (i 11) -n- ny; Pn-t -wr.t; Jmn-h2; insgesamt: 3 Männer. ¯ (i 14) […zerstört …]-ypy?; (i 15)˘ S-r-y; insgesamt: 3 Männer. (i 12) Holzfäller: 12) B k-n-Hnsw; ˘ (i 16) Wäscher: Pn-t -wr.t. (i 17) …-Produzent 13): (i 18) B k-n-Hnsw. ˘ (i 19) Töpfer: (i 20) [… 1 Eintrag …] (ii 1) Fischlieferanten: (ii 2) Hnsw-ms; (ii 3) H 2-m-mtr; (ii 4) Pn-p -hntj; (ii 5) Jmn-m-hb. ˘ ˘ ˘ ˙ (ii 6) Türhüter der Nekropolenverwaltung: (ii 7) T-2. ¯ (i 1)
(i 4)
2. Weitere Liste von Personen, die verschiedene Aufträge für die Arbeiter ausführen (vso iii 2-iv 11)
Die Liste scheint nach ihrer Erstellung noch einmal benutzt worden zu sein, da sie administrative Kurznotationen bei den einzelnen Namen aufweist, deren Zweck nicht eindeutig zu klären ist und die deshalb hier vernachlässigt wurden. 2. Tag des 3. Monats ht in Regierungsjahr 29 (8. Aug. 1155/54 = 28. Juli greg.), ˘ Dienstplan der Versorgungskräfte des Grabes, (iii 3) erstellt von den Schreibern Hrw ˙ und Jmn-nht, den beiden Vorarbeitern (iii 4) und der gesamten Arbeiterschaft. ˘ (iii 5) Wasserträger: (iii 6) Oberwasserträger Pn-t -wr.t; (iii 7) Wasserträger K-l; (iii 8) Was(iii 2)
12. 13.
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Die »Holzfäller« lieferten in erster Linie Feuerholz und Reisig, vgl. z. B. die entsprechenden Auflistungen auf oDeM 1-18. Der Eintrag ist nicht ganz klar, zu erwarten wäre »Gipsproduzent« wie in vso iv 6.
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serträger Wsr-h t-nht; (iii 9) Wasserträger Pn-nwt; (iii 10) Wasserträger H2-m-trj; (iii 11) ˘ ˘ d . Wasserträger P˙ -2 -d ¯ ¯ (iii 13) Gärtner P -h-r; (iii 14) sein Gehilfe P -j-l-s; (iii 15) Gärtner (iii 12) Gemüselieferanten: ˘ (iii 16) P -smn; sein Gehilfe Jmn-m-hb; (iii 17) Gärtner P -hrj-pd.t; (iii 18) sein Gehilfe R-m. ˙ ˙ ¯ Bwt-f-grg; (iii 21) Fischer Nb(iii 19) Fischlieferanten: (iii 10) Oberfischer (iii 20) Sthtj; Fischer ˘ (iii 10) Fischer H2-m-mtr. mhy.t; (iv 4) (iv˙2) Holzfäller: (iv 3)˘Mntw-m-wj ; P -Twtw; (iv 5) P -jb. (iv 6) Gipsproduzent: (iv 7) Wn-nfr, Sohn des Pn-t -wr.t. (iv 8) Türhüter: Pn-t -wr.t. (iv 9) Wäscher: Hrj (iv 10) Pth-ms; (iv 11) Töpfer: 2-m-k. ˙ ˙ 3. Regelungen über den Besitzstand des Wsr-h t (vs. v 2-vi 5) ˙
Letzter Tag des 4. Monats ht in Regierungsjahr 29 (5. Okt. 1155/54 = 24. Sept. ˘ greg.) (v 3) Auflistung dessen, was Wsr-h t dem Arzt gegeben hat: (v 4) 1 bronzener Topf im ˙ 14) (v 5) Wert von 4 dbn ; 1 Binsenkorb im Wert von 5 dbn; (v 6) 2 Paar Sandalen im Wert (v 7) 1 Stock im Wert von 1 ½ Oipe; (v 8) 1 Korb mit Sieb im Wert von von 4 dbn; (v 9) 1 Binsenkorb im Wert von 5 dbn; (v 10) 2 Krüge Öl im Wert von 2 Oipe; 1 Oipe; (v 11) 1 als Riegel geeignetetes Holzstück im Wert von 2 dbn; (v 12) 1 Binsenmatte im Wert von 1 Oipe; gesamtwert quivalent zu: 22 dbn in [Bronze] 15) (v 13) Was Mn2t-nht (F) gehrt, bei Wsr-h t ist und geteilt werden soll: (v 14) 3 Röhren˘ ˙ perlen aus Karneol im Wert von 15 dbn; (v 15) 1 Stück zugeschnittenes Holz im Wert von 10 dbn; (v 16) 1 Kasten(?) im Wert von 2 dbn; (v 17) 1 Elfenbeinkamm im Wert von 2 dbn; (v 18) 1 Paar Sandalenriemen; 1 Topf Fett im Wert von 1 ½ dbn; gesamtwert quivalent zu: 30 ½ dbn in Bronze. (vi 15) Was ihr frher gehörte: Siegel/versiegelt (?) […] Tragestange; […] (vi 16) Was ihr gehört: 1 zugesägtes Holzstück im Wert von 14 dbn […]. (v 20) Was ihm gehört: 20 dbn Bronze; ihr gehört: 10 dbn Bronze. gesamtwert quivalent zu 30 dbn. [unklare Notiz in roter Tinte] (vi 2) Wsr-h t beeidete in Gegenwart der Schiedskommission, (vi 3) des Vorarbeiters H 2, ˘ ˙ des Nekropolenschreibers Jmn-nht sowie der gesamten Mannschaft, (vi 4) daß, bei ˘ Amun und dem Herrscher, man weder seine drei (vi 5) Töchter gegen ihn, noch ihn gegen sie vor Gericht bringen solle. (v 2)
14. 15.
Mangels einer Währung wird der Wert von Gütern per Äquivalent in dbn notiert, einem Metallbarren, der meist aus Kupfer besteht. Ein dbn Kupfer hat ein Gewicht von 91 Gramm. Auf den ersten Blick ergibt sich eine Diskrepanz zwischen der Summe und den Einzelauflistungen, da diese in der Addition nur 20 dbn ergeben. Diese erklärt sich dadurch, daß die Angaben in Oipe für die Endsumme in dbn umgerechnet worden sind, wodurch sich ein Wert von 2 dbn für 1 Sack ½ Oipe ergibt, s. a. J. J. Janssen, Commodity Prices, 124.
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4. Diverse Notizen, die nach den Texten 1.-3. hinzugefügt wurden
4.1 Lieferungsnotiz (vso i 1) (i 1) 11. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (15. Nov. 1155/54 = 4. Nov. greg.) Lieferung durch den Nekropolenschreiber Pn-t -wrt: 28 Brote; 27 Brote; insgesamt 55 Brote. 4.2 Eidleistung des Türhüters H 2-m-w st (vso ii 8-19) ˘ (ii 8) 2. Tag des 1. Monats prt in Regierungsjahr 29 (7. Okt.1155/54 = 26. Sept. greg.) Der Türhüter H 2-m-w st beeidete (ii 9) in Gegenwart des Nekropolenschreibers, der ˘ beiden Vorarbeiter sowie (ii 10) der Mannschaft, daß, bei Amun und dem Herrscher, (ii 11) sollte er nicht je 12 Wasserträger, d. h. 24 Mann, (ii 12) je 10 Fischer, d. h. 20 Mann, (ii 13) je 7 Holzfäller, d. h. 14 Mann, (ii 14) je 6 Gärtner, d. h. 12 Mann, (ii 15) je einen Dattelanbauer, d. h. 2 Mann, (ii 16) je 4 Töpfer bzw. (ii 17) Wäscher, d. h. je 8 Mann, (ii 18) für die rechte und die linke Seite eingesetzt haben, und fände er […] und nähme, (ii 19) festgelegt in Gegenwart des Wesirs […] 4.3 Notiz über die Protestaktion der Arbeiter (lange Zeile über vso col. ii-vi) Vgl. dazu den Eintrag für diesen Tag auf recto i 1-5. 10. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (14. Nov. 1155/54 = 3. Nov. greg.), die gesamte Mannschaft passierte die 5 Wachstationen der Nekropole und erreichte den rückwärtigen Teil von Pharaos Tempel (Medinet Habu). Die drei Vorgesetzten, der Stellvertreter und die beiden Ordnungskräfte [machten sich auf], sie zu suchen. Sie saßen beim rückwärtigen Teil des Tempels des Mn-hpr-r2 (Thutmosis III., s. Abb. 2) auf ˘ dem äußeren Weg. [Danach scheint mit einem Datum, dessen Tagesangabe nicht erhalten ist, ein neuer Eintrag zu beginnen, der jedoch nicht mehr zu entziffern ist.] (iii 1)
4.4 Notiz über Rationenausgaben an die Arbeiter (zwischen vso col. iii-iv) 17. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (21. Nov. 1155/54 = 10. Nov. greg.), Ausgabe der Rationslieferung für den 2. Monat: (iii 25) 7 Sack 2 Oipe (576,6 l) für den Vorarbeiter, (iii 26) 3 Sack 3 Oipe (288,3 l) für den Schreiber, (iii 27) jeweils 5 Sack 2 Oipe (422,84 l) für 8 Männer, zusammen 44 Sack (3382,72 l). (iii 28) Die linke Seite: 7 Sack 2 Oipe (576,6 l) für den Vorarbeiter, (iii 29) 3 Sack 3 Oipe (288,3 l) für den Schreiber, (iii 30) jeweils 5 Sack 2 Oipe (422,84 l) für 8 Männer, zusammen 44 Sack (3382,72 l). (iii 31) Der Wächter: 2 (Sack), der Bäcker: 4 Sack 1 Oipe [… Lücke von ca. 5 cm …] (iii 32) insgesamt [x] Tage [… Lücke von ca. 5 cm …] 37 […] 3 Sack und 1 Oipe, insgesamt 40 Sack und 1 Oipe (3094,42 l). (iii 24)
4.5 Auflistung der Gemüselieferungen für die Arbeiter (vso iv 12-18) Auflistung des Gemüses für die Nekropole, (iv 13) für das der Gärtner P -h-l zu˘ den ständig ist: (iv 14) 170 Bund Gemüse für den Vorarbeiter, (iv 15) 85 Bund Gemüse für (iv 12)
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Schreiber, (iv 16) 15 Bund für die Mannschaft, (iv 18) zusammen 6[20] Bund.
(iv 17)
350 Bund Gemüse für 8 Männer,
4.6 Notizen über Wasserlieferungen an verschiedene Arbeiter (vso vi 6-14) (vi 6) 17 Sack 2 Oipe (1345,4 l) Wasser am Tag für den Vorarbeiter H2; (vi 7) 8 Sack 3 Oi˘ pe (672,7 l) Wasser für P -bs; (vi 8) 8 Sack 3 Oipe (672,7 l) Wasser für H2-m-wj ; ins˘ gesamt 35 Sack Wasser (2690,8 l).
8 Sack 3 Oipe (672,7 l) Wasser für den Schreiber Jmn-nht, eine weitere Lieferung ˘ von 2 Sack 2 Oipe (192,2 l); zusammen 11 Sack 2sic Oipe (884,12 l sic); Insgesamt ihre ausstehenden 47 Sack Wasser (3612,36 l). (vi 10) 12 Sack 2 Oipe (961 l) Wasser für H2-m-w st; 12 Sack 2 Oipe (961 l) Wasser für ˘ Mrj-r2; 17 Sack 2 Oipe (1345,4 l) Wasser für Ms; 8 Sack [3 Oipe] (672,7 l) Wasser für Nfr-htp; (vi 11) 8 Sack 3 Oipe (672,7 l) Wasser für H2-m-jpt; [8 Sack 3 Oipe (672,7 l) Was˘ ser ˙für] Qn; (vi 12) 12 Sack 2 Oipe (961 l) Wasser für Wn-nfr; [… Lücke unbekannten Ausmaßes …]; (vi 13) 8 Sack 3 Oipe (672,7 l) Wasser für Hrw, eine weitere Lieferung ˙ 31 Sack 1 Oipe (2402,5 l) von [x] Sack; [… Lücke unbekannten Ausmaßes …]; (vi 14) Wasser für den Ordner Rš-ptr-f; [… Lücke unbekannten Ausmaßes …]. (vi 9)
4.7 Notizen über die Zusage eines Stm-Priesters, über die Situation der Arbeiter an zuständiger Stelle zu berichten (vso vii 1-7) (vii 1) 25. Tag des 1. Monats šmw in Regierungsjahr 29 (27. Feb. 1154/53 = 16. Feb. greg.). (vii 3) Die Mannschaft (vii 2) hbegab sichi zum Tempel des Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2, l.h.g. 16), des großen Gottes (Ramses II.). (vii 3) Dort fand man den Stm-Priester, (vii 4) der ihnen zusagte, er werde sich in die Stadt (Theben) (vii 5) zum Ersten Amunspriester und dem Bürgermeister (vii 4) begeben, um (vii 5) Bericht zu erstatten, (vii 6) der ihnen jedoch kein Brot aus dem Opfer für (vii 7) Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2, l.h.g. (Ramses II.), zur Verfügung stellte. Er machte sich damit eines großen Vergehens schuldig. 4.8 Notizen über Fischlieferungen (vso viii 1-9) Aus den lückenhaft erhaltenen Angaben läßt sich rekonstruieren, daß es sich um eine Auflistung von Liefereingängen bzw. nicht erbrachten Leistungen über einen längeren Zeitraum handelt. Fische [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 2) zum 2. Monat prt [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 3) die rechte Seite durch [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 4) 10+x. Tag des 3. Monats ht [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] ˘ (viii 5) des 4. Monats ht [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 6) des 4. Monats ht ˘ ˘ [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 7) 3+x. Tag des 1. Monats prt [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 8) am Tag der [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] (viii 9) Insgesamt: Ihre ausstehenden [… Lücke unbekannten Ausmaßes …] Fische. (viii 1)
16.
Abkürzung für Lebe heil und gesund
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Recto 5. Erster Streiktag (rto. i 1-i 5) (i 1) 10. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (14. Nov. 1155/54 = 3. Nov. greg.) Heute passierte die Mannschaft die 5 Kontrollstationen der Nekropole (i 2) mit der Begründung, sie habe Hunger, schließlich seien bereits 18 Tage in diesem Versorgungsmonat vergangen, und ließ sich am (i 3) rückwärtigen Teil des Tempels des Mn-hpr-r2 ˘ (Thutmosis III., s. Abb. 2) nieder. Daraufhin machten sich der Schreiber der bewachten Nekropole 17), die beiden Vorarbeiter, die beiden Stellvertreter (i 4) sowie die beiden Ordnungskräfte auf und riefen ihr (der Mannschaft) zu, sie sollte sich wieder ins Nekropolengelände begeben. Sie leisteten außerdem einen großen Eid, (i 5) daß sie (die Mannschaft) kommen sollte, da sie eine Verlautbarung Pharaos hätten. Man verbrachte den Tag an erwähntem Ort und begab sich zum Schlafen in das Nekropolengelände.
6. Zweiter Streiktag (rto. i 6)
11. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (15. Nov. 1155/54 = 4. Nov. greg.) Erneut verließ man das Gelände der Nekropole und erreichte die Pforte der südlichen Mauer des Tempels des Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 (Ramses II.). (i 6)
7. Dritter Streiktag (rto. i 7-ii 5) (i 7) 12. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (16. Nov. 1155/54 = 5. Nov. greg.) Man erreichte den Tempel des Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 (Ramses II.) und verbrachte die Nacht unterwürfig an seinem Eingang. Man begab sich hinein, (i 8) und der Schreiber Pnt -wr.t, der Chef der Schutztruppen, die beiden Wächter, die Wächter der Nekropolenverwaltung (i 9) [… Lücke Der Chef der Schutztruppen] Mntw-ms [machte sich] zur Stadt (Theben) [auf] mit den Worten, er werde den Bürgermeister holen. Als er (i 10) [zurückkehrte, berichtete er,] er habe ihm (dem Bürgermeister) gesagt, die Angehörigen der Nekropole befänden sich im Tempel des Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 (Ramses II.), woraufhin dieser ihm entgegnet habe, (i 11) [… fast die ganze Zeile zerstört …] Schatzhaus (i x+12) [… fast die ganze Zeile zerstört …] wir (i x+13) [… fast die ganze Zeile zerstört …] es gibt kein (i x+14) [… fast die ganze Zeile zerstört …] gab/gibt ihnen (i x+15) [… fast die ganze Zeile zerstört … wo Pharao] weilt (i x+16) [… fast die ganze Zeile zerstört … die] beiden [Chefs] der Schutztruppen (i x+17) [… fast die ganze Zeile zerstört …kamen der … vom … Phara]os, l.h.g., (ii 2) der Sekretär Hd-nht und die Jt˘ ntr-Priester des erwähnten Tempels, um ihre Aussagen anzuhören. Sie berichteten ih¯ nen, (ii 3) daß sie sich vor Hunger und Durst (ii 2) an jene gewandt hätten, (ii 3) denn es gebe weder Kleider noch Öl, weder Fisch noch (ii 4) Gemüse. Sie (die Offiziellen) sollten
17.
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Es handelt sich um eine Bezeichnung des Tals der Könige.
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deswegen Pharao, ihrem (der Arbeiter) guten Herrn, und dem Wesir, ihrem (ii 5) Chef, schreiben, man solle für ihren Lebensunterhalt sorgen. Man stellte ihnen die Rationen des 1. Monats prt noch am selben Tag zur Verfügung.
8. Vierter Streiktag (rto. iv 23-iv 16) (iv 23) 13. Tag des 2. Monats prt in Regierungsjahr 29 (17. Nov. 1155/54 = 6. Nov. greg.) 18) Am Verwaltungszentrum der Nekropole. (iv 22) Der [Chef der Schutztruppen] Mntw-ms wiegelte (iv 21) die Arbeiter auf, sie sollten (iv 20) hinauf ins Dorf 19) laufen und ihre Geräte und Werkzeuge holen, (iv 19) ihre Türen abschließen und (iv 18) ihre Frauen und Kinder holen. Er würde (iv 17) sie dann zum Tempel des Mn-m 2t-r2, l.h.g., (Sethos I.) bringen und (iv 16) sie dort am folgenden Tag 20) postieren.
9. Vorkommnisse des Folgemonats (rto. ii 6-ii 17)
3. Monat prt in Regierungsjahr 29. Die Mannschaft passierte die Kontrollstellen und ließ sich am hSitz der Verwaltungsstelle desi Grabes nieder, woraufhin die drei Vorgesetzten sich aufmachten, um sie zurückzuholen. (ii 8) Das Mannschaftsmitglied Ms, Sohn des 2 -nht, sagte, sollte man ihn heute von hier ins Dorf hinaufbringen, würde er, bei Amun und˘ dem Herrscher, dessen Zorn (ii 9) größer ist als der Tod, in der Nacht einen Schacht graben, um in ein Grab einzusteigen. (ii 10) Falls nicht, solle man ihn für sein Schwören auf den Namen Pharaos, l.h.g., dort bestrafen. (ii 11) Die Mannschaft machte sich auf, um das Nekropolengelände auf der Rückseite des Dorfes zu verlassen, nachdem die drei (ii 12) Vorgesetzten sie am Tor des Dorfes angeschrieen hatten. (ii 13) Der Schreiber der bewachten Nekropole Jmn-nht ˘ (ii 12) schickte die beiden Ordner und (ii 13) die beiden Stellvertreter los, um sie zurückzuholen. Der Ordner Rš-ptr-f kam zu uns (ii 14) und berichtete, Qn, der Sohn des Rt und H y, der Sohn des Hw, (ii 15) die die Wortführer der Gruppe sind, 21) (ii 14) hätten gesagt, ˙ Chefs (ii 14) ausrichten, sie würden nicht umkehren. (ii 15) Sie hät˙er könne (ii 15) seinen ten das Nekropolengelände nicht aufgrund ihres Hungers verlassen, (ii 16) sondern weil (ii 6) (ii 7)
18. 19.
20. 21.
Dieser sich chronologisch an dieser Stelle anschließende Eintrag für den 13. Tag steht um 180o gedreht unterhalb von Kolumne iv des recto. Aufgrund des Höhenunterschiedes zwischen den am Fruchtlandrand liegenden Tempeln und dem Dorf der Arbeiter, das hinter dem Hügel von Qurnet Murai in den Ausläufern des thebanischen Westgebirges liegt (s. Abb.3), wird im Text die Bewegungsrichtung nur als »hinauf« oder »hinab« angegeben. Zum besseren Verständnis wurde in der Übersetzung noch das Dorf als Relation eingeführt. Möglich wäre auch »am Morgen«. Dieser Einschub in den Bericht des Ordners ist offenbar ein Zusatz des Schreibers.
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es eine Angelegenheit bei ihnen gebe, die so unvorstellbar sei, daß man sie nicht wiedergeben könne! Es sei Unrecht an diesem (ii 17) Orte Pharaos geschehen! Als wir uns aufmachen, ihre Aussagen anzuhören, fordern sie uns auf, die Wahrheit zu sagen.
10. Nachricht vom Wesir (rto. ii 18-iii 5) (ii 18) 28. Tag des 4. Monats prt in Regierungsjahr 29 (31. Jan. 1154/53 = 20. Jan. greg.) Nachdem er gekommen war, die Götter des südlichen Landesteiles für (ii 19) das Erneuerungsfest der Macht Pharaos (ii 18) zu holen, fuhr der Wesir T wieder flußabwärts. Der Chef der Schutztruppen Nb-smn, Sohn des P -nhs, kam zu den drei Vorgesetzten ˙ Nekropole warteten, um ihnen und der Mannschaft, die (ii 20) am Verwaltungssitz der mitzuteilen, daß der Wesir ausrichten ließe, es habe schon seinen Grund, daß er nicht zu ihnen käme. Der Grund (iii 1) seines Fernbleibens bestünde aber nicht darin, daß es nichts gäbe, um es ihnen zu liefern. Und bezüglich (iii 2) ihrer (iii 1) Forderung, (iii 2) ihnen nicht die Rationen wegzunehmen, bemerkte er, daß er der Wesir sei, eingesetzt um zu nehmen. (iii 3) Schließlich sei das Verteilen nicht die Aufgabe von jemandem wie ihm. Falls es nichts in den Kornspeichern selbst geben sollte, (iii 4) werde er ihnen zukommen lassen, was er finden könnte. Der Nekropolenschreiber Hrw unterrichtete sie (die Arbeiter) davon, daß ihnen die Hälfte der Rationslieferung ˙zugeteilt worden sei (iii 5) und er selbst sie unter ihnen aufteilen werde.
11. Streikversuch nach Rationsausgabe (rto. iii 6-iii 13) (iii 6) 2. Tag des 1. Monats šmw in Regierungsjahr 29 (4. Feb. 1154/53 = 24. Jan. greg.) Jmn-h2 und (iii 7) Wsr-h t verteilten 2 Sack Emmer (153,76 l), die erste Lieferung der Ra˘ des 1. Monats ˙ šmw, unter der Mannschaft. Der Vorarbeiter Hnsw schlug der tionen ˘ Mannschaft vor, die Ration zu nehmen, (iii 8) zum Uferdamm am Verwaltungssitz zu gehen und die Kinder des Wesirs diesem davon berichten zu lassen. (iii 9) Nachdem der Schreiber Jmn-nht die Ausgabe beendete, begab sie (die Mannschaft) sich zum Ufer˘ er es ihr vorgeschlagen hatte. Während sie eine Kontrollstation pasdamm, wie (iii 10) sierte, kam der Schreiber Jmn-nht zu ihr und sagte: (iii 11) »Geht nicht zum Uferdamm! Ich habe euch doch gerade zur˘Stun(iii 12) de (iii 11) 2 Sack Emmer ausgeteilt! (iii 12) Falls ihr doch geht, werde ich eure Schuld vor jedem Gericht der Welt beweisen!« Und ich 22) (iii 13) holte sie wieder ins Dorf hinauf.
22.
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Die Verwendung eines Pronomens der 1. statt der 3. Person Singular an dieser Stelle wird gemeinhin als Hinweis darauf aufgefaßt, daß Jmn-nht der Textproduzent ist. Eine andere ˘ Möglichkeit wäre anzunehmen, daß es sich um eine ägyptische indirekte Rede handelt, vgl. C. Peust, Indirekte Rede im Neuägyptischen, GOF 33, Göttingen 1996, 56-59.
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Der Turiner Streikpapyrus (pTurin 1880)
12. Erneuter Streik elf Tage später (rto. iii 14-iii 17)
13. Tag des 1. Monat šmw in Regierungsjahr 29 (15. Feb. 1154/53 = 4. Feb. greg.) Die Mannschaft verließ das Nekropolengelände mit der Begründung, sie habe Hunger, (iii 15) und ließ sich am rückwärtigen Teil des Tempels des B -n-r2-mrj-jmn, l.h.g., (Merenptah) nieder. Sie rief den vorbeikommenden Bürgermeister der Stadt hinzu, (iii 16) der Mn-nfr, den Gärtner des Verwalters der Rinderherden, kommen ließ und ihr gegenüber erklärte, (iii 16) er würde ihr jetzt zum Lebensunterhalt diese 50 Sack Emmer (3833 l) geben, bis Pharao ihr (iii 17) die Rationen (iii 16) zukommen ließe. (iii 14)
13. Anklagen des Arbeiters Pn-2nqt gegen den Arbeiter Wsr-h t bei den Vorgesetzten (rto. iv 1-iv 15) ˙
16. Tag des 1. Monat šmw in Regierungsjahr 29 (18. Feb. 1154/53 = 7. Feb. greg.) Der Arbeiter Pn-2nqt sagte gegenüber dem Schreiber Jmn-nht und (iv 2) dem Vorarbeiter Hnsw aus, sie seien seine Vorgesetzten und die Verwalter ˘der Nekropole. (iv 3) Pharao ˘ habe ihn einen Treueeid 23) leisten lassen, (iv 4) an jenen großen und tiefen Stätten (iv 3) von keiner Angelegenheit zu hören (iv 4) oder Tadelnswertes zu sehen und es zu verbergen. Er brachte dann zur Anzeige, daß (iv 5) Wsr-h t und Pn-t -wr.t Geröll ober˙ (Ramses II.), l.h.g., des grohalb des (iv 6) Grabes des seligen Königs Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 ßen Gottes, entfernt hätten. Außerdem habe Erstgenannter ein Rind geholt, das (iv 7) das Brandzeichen des Tempels des Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 (Ramses II.) trug, (iv 7) welches immer noch in seinem Stall stünde. (iv 8) Des weiteren habe er Ehebruch mit drei verheirateten Frauen getrieben: mit Frau Mn2t (F), die mit Qn zusammen sei, mit Frau (iv 9) T -jwns (F), die mit Nht-jmn zusammen sei und mit Frau T -wrt-htpt (F), die mit (iv 10) Pn-t -wrt (iv 9) zusammen ˘sei. (iv 10) Schlußendlich sei ˙ihnen (den Vorgesetzten) ja der Standpunkt des Wesirs Hrw be˙ geäuzüglich des Platzes des Steineholens geläufig, (iv 11) nun, der Beschuldigte soll dazu ßert haben, daß der Vorarbeiter P -nb, sein Vater, Leute von dort Steine habe holen lassen, (iv 12) sein […]/ es genauso. Qn, der Sohn des Rt mache es übrigens (iv 13) genauso oberhalb des Grabes der Königskinder 24) (iv 14) des seligen Königs Wsr-m 2t-r2-stp-n-r2 (Ramses II.), l.h.g., des großen Gottes. Sie sollten also dafür sorgen, daß man sieht, was sie (iv 15) wegen der Anschuldigungen gegen ihn (Wsr-h t) unternehmen werden, oder er werde Pharao, l.h.g., seinem Herrn, ˙ dem Wesir, seinem Vorgesetzten, (iv 15) Bericht erstatten. l.h.g., (iv 16a) sowie (iv 1)
23. 24.
Laut K. Baer (in: The Oath sdf -tryt in Papyrus Lee 1,1, JEA 50 [1964] 179/180) handelt es ¯ Schwörende versichert, sein Amt nicht für kriminelle oder sich um einen Eid, in dem der verräterische Zwecke zu mißbrauchen. Grab Nr. 5 im Tal der Könige, s. jetzt K. R. Weeks, The Lost Tomb, New York 1998.
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14. Nachtrag (rto. iii 18a)
Er sagte aus, daß Wsr-h t sich in der Nekropole der Königinnen einen Zugangs˙ schacht angelegt habe. (iii 18a)
15. Todesnachricht (rto. ii 1) (ii 1) 2?. Tag des 1. Monats šmw in Regierungsjahr 29 (4. Feb. 1154/53 = 24. Jan. greg.) Tod des Schreibers Pn-t -wr.t, Sohn des Schreibers Jmn-nht. ˘
16. Anklage (rto. iii 20)
ANZEIGE 10. Tag des 2. Monats ht in Regierungsjahr 30 (17. Juli 1154/53 = 6. Juli greg.) Hrw, der Schreiber der ˘Tempel, brachte gegenüber dem Schreiber der Nekropole Jmn˙ t zur Anzeige, daß […] ließ nicht […] Öl für das Feuer, während der Schreiber P -bs nh ˘ holen ließ. […] (iii 20)
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Rechtskodex von Hermupolis (P. Kairo JE 89.127-30+89.137-43) Martin Andreas Stadler Der sogenannte Rechtskodex von Hermupolis wurde bei den Grabungen im mittelägyptischen Hermupolis, dem heutigen al-Aschmunein, 1938-39 entdeckt. Die teilweise schlecht erhaltene Papyrusrolle ist auf beiden Seiten beschrieben: Das verso enthält mathematische Übungen, während das recto mit einem juristischen Text in demotischer Schrift beschrieben wurde. Dieser Text ist der ohne Zweifel bedeutendste ägyptische Rechtstext, der bislang bekannt ist und nicht wie Urkunden und Gerichtsprotokolle die praktische Umsetzung ägyptischen Rechts dokumentiert, sondern das ägyptische Recht als Konzept für mögliche Fälle kasuistisch entwickelt. Zwar sind andere demotische Rechtsbücher bekannt, doch diese sind sehr fragmentarisch erhalten. Die Handschrift stammt aus der ersten Hälfte des 3. Jh. v. Chr., ist aber eine Sammlung älterer Texte, die mindestens teilweise nicht jünger als die Zeit vor Alexander d. Gr. sind, sogar aber bis in das 8. Jh. v. Chr. zurückgehen könnten. D. h. der Rechtskodex von Hermupolis überliefert rein ägyptisches Recht, wie es vor der makedonisch-ptolemäischen und sogar persischen Herrschaft praktiziert wurde. Die Sammlung selber, von der der Hermupolis-Kodex eine Abschrift ist, wurde wahrscheinlich im 6. Jh. v. Chr. angelegt, entweder während der 26. Dynastie oder während der ersten persischen Besatzung – nach Diodor I 95 war Darius I. einer der Gesetzgeber Ägyptens und gab dem verso des demotischen Papyrus Bibliothèque nationale 215 (wohl aus dem 3. Jh. v. Chr.) zufolge 519 v. Chr. den Befehl, die ägyptischen Gesetze zu sammeln. Neben kalendarischen Erwägungen führen außerdem sprachliche Archaismen zu dieser Datierung. Ein Fragment einer griechischen Übersetzung ist aus dem 2. Jh. n. Chr. überliefert, das aber wiederum eine Abschrift eines frühptolemäischen Textes ist, von dem seinerseits vermutet wird, es basiere auf einer anderen, verlorenen Abschrift des Rechtskodex. Die Textüberlieferung muß also mindestens von einer Urversion und zwei Abschriften ausgehen, von denen eine die Vorlage für die griechische Übersetzung in frühptolemäischer Zeit war, die uns in einer fragmentierten Abschrift aus römischer Zeit vorliegt. Die andere Abschrift der Urversion wiederum ist entweder der Codex Hermupolis selbst oder eine Vorlage dessen. Die erste und die letzte erhaltene Kolumne des Papyrus sind stark zerstört – nur noch die Zeilenenden der ersten und die Zeilenanfänge der letzten erhaltenen Kolumne sind noch vorhanden –, inhaltlich kaum noch zu fassen und deshalb hier nicht wiedergegeben worden. K. Donker van Heel legte die letzte vollständige Übersetzung des Textes vor, wobei er auch unpublizierte Transliterationen und Übersetzungen von M. Malinine und P. W. Pestman heranziehen konnte. Letzterer hat den Originalpapyrus in Kairo untersucht. Es scheint aber die Arbeit von K. Donker van Heel eher eine Kompilation bestehender Transliterationen, Übersetzungen und Kurzbemerkungen als eine eigenständige Bearbeitung des Papyrus zu sein, wie z. B. die ins Englische und Französische übersetzten Abschnitte, die einfach nebeneinander stehen blieben, die Klammersetzungen und die Fehlstellen in Abweichung von den publizierten Pho185
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tos des Papyrus anzeigen oder auch manche ungenauen Wiedergaben des Demotischen belegen, die aus älteren Arbeiten übernommen worden sind. Die Bezeichnung »Rechtskodex« hat sich eingebürgert, während auch die Bezeichnung »Rechtshandbuch« (»legal manual«) von Pestman für den Rechtskodex von Hermupolis eingeführt worden ist, weil seiner Meinung nach eher Erläuterungen zur Ausführung als eine reine Gesetzessammlung gegeben würden. Die Abschnitte des Rechtskodex werden durch Spatien abgesetzte Überschriften gekennzeichnet und beschäftigen sich mit dem Pachtrecht, das sich aus Ackerrecht, Formen der Beschwerde und dem Mietrecht zusammensetzt, mit dem Unterhaltsrecht, dem Baurecht, dem Erbrecht und zuletzt dem Grabrecht. Durch seine äußere Gestaltung gliederte der Schreiber des Rechtskodex von Hermupolis den Text in verschiedene Kapitel und Abschnitte, indem er Phrasen oder Formeln also durch Spatien vom Rest des Textes absetzte. Mit diesen Spatien werden so die einzigen erhaltenen Kapitelüberschriften »Recht über die Pacht« (x+II, 23) und »Dotationsrecht« (x+IV, 6) hervorgehoben. Die innerhalb der Kapitel weiterhin gesetzten Spatien markieren die Formeln, die einen Mustertext für Urkunden, Quittungen oder Eide einführt, z. B.: »Die Dotationsurkunde, die man ausstellt. Ihr Wortlaut: (…)« Der folgende Wortlaut wird ebenfalls von Spatien eingerahmt. Doch damit ist die Verwendung von Spatien im Rechtskodex von Hermupolis noch nicht in sämtlichen Funktionen erläutert. Es werden nämlich nicht nur Mustertexte gegeben, sondern auch möglichst alle denkbaren Streitfälle ausgeführt, wie sich ein Kläger gegen einen Beklagten wendet und wie der Beklagte sich zu rechtfertigen versuchen könnte. Vor jedem dieser Fallbeispiele wird ebenso ein Spatium gesetzt. Aus der Beschreibung der äußeren Gestaltung werden die verschiedenen inhaltlichen Ebenen und auch die Gliederung der Handschrift deutlich. Der erste erhaltene Themenbereich, zu dem die ägyptische Überschrift jedoch verloren ist, ist das Pachtrecht. Dabei muß es sich um ein bestimmtes Teilgebiet handeln, weil in x+II, 23 die Kapitelüberschrift »Recht über die Pacht« das eigentliche Pachtrecht einleitet. Welches Teilgebiet dies ist, ist schwer zu bestimmen, denn sowohl vor als auch nach der Überschrift »Recht über die Pacht« werden Probleme aus der Ackerpacht und der Hausvermietung diskutiert. Im ersten Themenbereich dreht sich das Hauptaugenmerk um die Verpachtung von Ackerboden und den damit verbundenen Pachtzins, doch auch der Verkauf eines Hauses wird thematisiert. Bei diesem Fall soll ein Haus verkauft werden, das allerdings der Verkäufer einem Schuldner als Pfand gegeben hat. Um zu verhindern, daß sich der Schuldiger durch den Hausverkauf seinen Verpflichtungen entzieht, muß der Schuldner 3 Jahre lang dagegen öffentlich protestieren, um zu verhindern, daß der Käufer freien Anspruch auf das Haus erheben kann. Zur Feststellung, ob ein Haus irgendwie belastet ist oder nicht, verpachtet der Käufer das Haus an einen Dritten. Wenn nun drei Jahre lang kein öffentlicher Protest um dieses Haus erhoben wurde, kann der Käufer sicher sein, daß er die vollen Eigentumsrechte an dem Haus hat, das nicht etwa an eine andere Person verpfändet ist. Das ist das erste Problem, mit dem sich das Kapitel befaßt, zu dem uns der ägyptische Titel »Recht über die Pacht« (x+II, 23) erhalten ist, um dann einen ähnlichen Fall für einen Acker und die Vermietung gewerblicher Immobilien, die dazugehörigen Urkundentexte und etwaige auftretende Säumigkeiten bei der Ausbezahlung der Miete zu be186
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Rechtskodex von Hermupolis
handeln. Es ist zu beachten, daß der Pächter dem Verpächter eine Urkunde ausstellt, was das Ägyptische mit »einem über etwas schreiben« ausdrückt. Das Kapitel schließt mit einem Mustertext zum »öffentlichen Protest«, der vom Verpächter erhoben wird bei ausbleibenden Zahlungen der Miete, sowie der Vorlage, wie eine Quittung für Mietzahlungen zu formulieren sei. Ein wesentlicher Teil des erhaltenen Papyrus behandelt das sogenannte »Dotationsrecht« (hp n s2nh). Die Übersetzung »Dotationsrecht« ist freilich nicht unproblema˘ tisch, wie unten noch ausgeführt werden wird. Eine vergleichbare Konzeption, bei der zwei Parteien A und B zugunsten einer dritten Partei C vereinbaren, daß A an B Geld – die Dotation (s2nh) – zahlt, damit B für den Unterhalt von C aufkommt, ist ˘ im abendländischen Recht nicht bekannt. Diese eigentümliche Praxis fand offenbar auch im ptolemäischen Ägypten dann keine Anwendung mehr. Alle damit verbundenen und möglicherweise auftretenden Unregelmäßigkeiten in der Form, daß die eine oder andere Partei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, werden mit den entsprechenden Verfahrensregeln erläutert, ebenso wie der Wortlaut für etwaige Quittungen gegeben wird. Auch die Möglichkeit des Todesfalles einer der Parteien wird diskutiert bis hin zu dem Fall, daß behauptet wird, es werde für eine bereits verstorbene Frau Unterhalt gefordert. Zwischen den Kolumnen x+V und x+VI fehlt vermutlich mindestens eine weitere Kolumne, denn inhaltlich ist der Themenkomplex des Dotationsrechtes abgeschlossen, und ab x+VI stehen Fragen des Eigentums an Immobilien im Mittelpunkt. Die Überschrift ist allerdings heute verloren. Der erste Fall ist nicht mehr vollständig erhalten, aber offenbar lehnen es zwei Parteien ab, sich mit rechtlichen Altlasten eines Hauses zu befassen, die von zwei anderen Menschen zu verantworten sind. Außerdem sind Streitfälle aufgeführt, bei denen ein Haus von jemandem auf einem Grundstück errichtet wird, auf das ein anderer Ansprüche erhebt, weil er es von seinem Vater ererbt habe, oder ein Haus wird von zwei Parteien als ererbt oder rechtmäßig erworben betrachtet. Neben Streitigkeiten über ausstehende Zahlungen im Rahmen von Hausverkäufen kommen auch baurechtliche Probleme zur Sprache: Wie ist zu verfahren, wenn einer ein Haus baut und dabei das Haus eines anderen verbaut? Wie sind Schadensersatzforderungen in diesem Zusammenhang zu behandeln? Wie ist zwischen Nachbarn eine Entscheidung zu finden, die sich über unter Umständen unzulässig okkupierten Grund, das Verbauen von Zugängen oder Beeinträchtigungen der eigenen Immobilien durch den nachbarlichen Neubau streiten? Gegen Ende des erhaltenen Papyrus (x+VIII, 30) wird noch das Erbrecht thematisiert, insbesondere Streit zwischen den Nachkommen eines Erblassers. Dabei geht es um Erbanteile. Da der älteste Sohn die Anteile seiner vor dem Erbfall kinderlos verstorbenen Brüder erhält, können seitens der anderen Erbnehmer Zweifel aufkommen, ob alle vom ältesten Bruder genannten und verstorbenen Personen tatsächlich Kinder des Erblassers sind. Auch für diese Möglichkeit wird das entsprechende Verfahren ausgeführt. Oder es wird angefochten, daß ein jüngerer Sohn schon zu Lebzeiten des Vaters Besitz erhalten hat, der dann nicht mehr Teil der zu verteilenden Erbmasse ist. Nachdem Regelungen für Töchter – sie sind gegenüber Brüdern benachteiligt bzw. die älteste Tochter bekommt nicht die Anteile ihrer verstorbenen Schwestern, wenn der Erblasser nur Töchter hatte – und auch für den Hausverkauf durch den ältesten 187
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erbenden Sohn und die sich daraus ergebenden Ansprüche der Brüder aus dem Erlös des Hausverkaufs getroffen wurden, findet noch kurz das Grabrecht Erwähnung: Ein Grab darf nur dann frei verkauft werden, wenn es noch nicht belegt wurde. Danach bricht der Papyrus, von wenigen Schriftresten der letzten Kolumne abgesehen, ab. Wieviele Kolumnen ehemals dann noch folgten, kann nicht mehr bestimmt werden. In der hier vorgelegten Neuübersetzung ist versucht worden – soweit die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt wird –, so nah wie möglich am ägyptischen Original zu bleiben, um nicht durch falsche Wahl moderner juristischer Termini seitens eines juristischen Laien, der der Übersetzer ist, die ägyptischen juristischen Fachbegriffe zu verfälschen. Ferner decken sich die Begrifflichkeiten zweier so unterschiedlicher Rechtskulturen wie die der altägyptischen und der abendländischen in den seltensten Fällen, wie etwa das Problem des ägyptischen Wortes nb »Herr« exemplifizieren mag, das weder mit dem deutschen »Besitzer« noch »Eigentümer« korrekt wiedergegeben ist. In diesem Falle ist daher die Grundbedeutung des ägyptischen Wortes »Herr« in dem Sinne beibehalten worden, daß hier ein neutraler Begriff zur Bezeichnung einer Possessivbeziehung zu einem Objekt gewählt wurde, der sowohl die Bedeutungen »Eigentümer« als auch »Besitzer« sowie »Inhaber« kommuniziert. Ähnliches gilt für s2nh, das sich von »leben lassen« herleitet. Auf den ersten Blick mag »Unterhalt« eine ˘ angemessene Wiedergabe sein, zumal von hp n s2nh wörtlich also »Recht über das ˘ Lebenlassen« die Rede ist, innerhalb dessen dann Regelungen zu Unterhaltszahlungen getroffen werden. Doch trifft das den Bedeutungskomplex des ägyptischen s2nh ˘ nicht, zumal der eigentlich gezahlte Unterhalt ‘q-hbs wörtlich »Brot und Kleidung« ˙ ein Geflecht von Beziehungen heißt, denn mit s2nh wird wie oben bereits erläutert ˘ zwischen drei Parteien zum Ziele des Unterhalts einer Person bezeichnet. Hier wurde nun s2nh mit »Dotation« übersetzt – sicherlich nicht vollkommen befriedigend, zu˘ mal in der Grundbedeutung des ägyptischen Wortes nicht im entferntesten die Wurzel »geben« steckt. Die Absätze der hiesigen neuen Übersetzung entsprechen den Spatien des demotischen Textes. Es ist also versucht worden, die äußere Gliederung der demotischen Handschrift zu spiegeln. Fettdruck kennzeichnet Hauptüberschriften, die ein neues Kapitel einleiten. Unterstrichenes sind Einleitungsformeln vor Mustertexten für Urkunden. Diese Hervorhebungen finden kein Gegenstück im Original etwa durch Rubrizierung, denn beides wird im Demotischen schwarz geschrieben, jedoch durch Spatien davor und auch danach abgesetzt. Die Verlustangaben in cm beziehen sich auf die geschätzte Länge des verlorenen und nicht mehr rekonstruierbaren demotischen Textes. Literatur: Editio Princeps: G. Mattha, The Demotic Legal Code of Hermopolis West. Preface, additional notes and glossary by G. R. Hughes, BdE 45, Le Caire 1975. Deutsche Übersetzung: S. Grunert, Der Kodex Hermopolis und ausgewählte private Rechtsurkunden aus dem ptolemäischen Ägypten, Leipzig 1982. Vgl. zu dieser Publikation die Bewertung von P. W. Pestman, Remarks on the Legal Manual of Hermopolis: A Review-Article, in: Enchoria 12 (1984) 33-42. Letzte vollständige Transliteration und Übersetzung: K. Donker van Heel, The Legal Manual of Hermopolis (P. Mattha). Text and Translation, Leiden 1990. Bibliographie bis 1985 bei S. Allam, Réflexions sur le »Code légal« d’Hermopolis dans l’Egypte ancienne, in: CEg 61 (1985) 50-75. Zur Datierung zusammenfassend: J. H. Johnson, The Persians and the
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Rechtskodex von Hermupolis
Continuity of Egyptian Culture, in: H. Sancisi-Weerdenburg/A. Kuhrt/M. Cool Root (ed.), Continuity and Change. Achaemenid History VIII, Leiden 1994, 149-159. Zur griechischen Übersetzung: P. W. Pestman, Le manuel de droit égyptien de Hermoupolis. Les passages transmis en démotique et en grec, in: P. W. Pestman (éd.), Textes et études de papyrologie grecque, démotique et copte. P. L. Bat. 23, Leiden 1985, 116-143. Letzte Studie zu einem Einzelproblem mit zahlreicher weiterführender Literatur: A. Azzoni/S. L. Lippert, An Achaemenid Loanword in the Legal Code of Hermopolis: bykrm, in: Enchoria 26 (2000) 20-30. Publikation des verso: R. A. Parker, Demotic Mathematical Papyri. Brown Egyptological Studies 7, London 1972, 13-53. Kommentierte bibliographische Angaben zu weiteren juristischen Texten Ägyptens auf Demotisch bei: M. Depauw, A Companion to Demotic Studies. Papyrologica Bruxellensia 28, Bruxelles 1997, 113-115. Zu Quellen zur praktischen Anwendung s. dort auch auf Seite 139148. (x+II, 1) Das Saatkorn: Bezüglich des Menschen, in dessen Hand das Saatgetreide ist, man läßt ihn die Äcker bestellen, deren Saatkorn in seiner Hand ist, und man läßt ihn über sie eine Pachturkunde ausstellen entsprechend ihrer 1) Art vom Vorjahr 2). (x+II, 2) Der, der einen Acker bestellt, (und) [der], für den die Pachturkunde ausgestellt wurde: (Problem:) Wenn es ein Jahr ist, das …….. […] 3) (Fall 1) Es gibt eine Pachturkunde, und sie ist gemacht, um ein Feld zu bestellen. Strafe für Vertragsbruch. 4) Der Herr 5) (x+II, 3) der Äcker gibt nicht Saatkorn für die nämlichen Äcker. Nur die Ernteabgabe der nämlichen Äcker gemäß der Pachturkunde, welche [ausgestellt wird], wird gegeben. (Fall 2) Es gibt die Äcker der Leute, welche eine Pachturkunde ausstellen, um Äcker zu bestellen, und den, [der] (x+II, 4) die nämlichen Äcker bestellen [will] 6), macht einen »Papyrus über Gewinn« 7) für die Leute, um ihnen eine Pachturkunde auszustellen, um die Äcker zu bestellen. [Man] zwingt [sie …………………] mit ihnen für ein weiteres Jahr, bis sie das Saatgut (zurück)geben, das [in ihren Händen ist.] (x+II, 5) (Fall 3) Wenn ein Mensch Felder bestellt, und der, der sie bestellt hat, für sie sorgt, und der Herr der Äcker sie von ihm nimmt, [sagend:] »Ich werde nicht von ihm eine Ernteabgabe verlangen.« (Und) wenn [der, der die Äcker bestellt hat,] (x+II, 6) klagen wird gegen den Herren der Äcker, wird das Viertel des Ernteertrages genommen
1. 2. 3. 4. 5.
6. 7.
Des Landbesitzers und Pächters. K. Donker van Heel (in: aaO 11) liest p y=w smt nmh »their (…) free manner«. Zum Wort snf »Vorjahr« s. K.-Th. Zauzich, in: Enchoria 9 (1979)˙145. Anwendung auf den vorliegenden Text: J. F. Quack, in: Enchoria 25 (1999) 47. Vermutlich ist ein für die Bauern ungünstig verlaufendes Jahr gemeint. Zu bykrm als achämenidischem Lehnwort: A. Azzoni/S. L. Lippert, in: Enchoria 26 (2000) 20-30. Das ägyptische nb bezeichnet »Herr, Besitzer, Eigentümer«. Eine Wiedergabe mit »Besitzer« oder »Eigentümer« wäre konkreter als der ägyptische Begriff und ist daher hier vermieden worden. S. auch: S. Grunert, Zur Frage eines Ersitzungs-Rechtes im ptolemäischen Ägypten, und ders., Zur Definition »Eigentum«, in: S. Allam (Hg.), Grund und Boden in Altägypten, Tübingen 1994, 319-325.393 f. K. Donker van Heel (in: aaO 11) ergänzt hier statt p [nt mr] sk wie hier vorgeschlagen p [nt §w=f (r)] sk »der, [der] pflu¨gen [wird]«. Zum problematischen Begriff: A. Azzoni/S. L. Lippert, in: Enchoria 26 (2000) 28.
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werden, welcher dem nämlichen Saatkorn entspricht, von dem Herrn der Äcker. [Es wird gegeben werden] dem, der die Äcker bestellt hat zum Lohn seiner Arbeit. (Fall 4) Wenn (x+II, 7) der Mensch, der die Äcker bestellt hat, nicht für sie sorgt, indem (nämlich) der Mensch, der sie bestellt hat, mit Saatgut von einem anderen bestellt: Wenn der Herr der Äcker die Äcker wegnimmt und der, der sie bestellt hat, klagt (x+II, 8) gegen den Herren der Äcker, wird das Viertel des Ernteertrages durch den Herren der Äcker genommen werden, welches für das nämliche Saatkorn steht. Es wird dem gegeben werden, der die Äcker bestellt hat, als der Lohn seiner Arbeit und seines Saatkorns 8). (x+II, 9) (Fall 5) Wenn ein Mensch eine Pachturkunde über die Äcker ausstellt, und der Herr der Äcker ihm Saatkorn gibt, und der Mensch, der eine Pachturkunde ausgestellt hat, nicht die Äcker bestellt, und er das Saatkorn nimmt, nachdem die Äcker überschwemmt wurden, (x+II, 10) indem sie brach liegen 9), man läßt ihn die Ernteabgabe des Saatkorns gemäß der Pachturkunde geben, die er ausgestellt hat. Wenn ein Mensch eine Pachturkunde ausstellt über einen Acker, um ihn zu bestellen, und der Herr der Äcker ihm Saatkorn gibt, (x+II, 11) und die Äcker nicht überschwemmt werden, indem das nämliche Jahr ohne Überschwemmung ist, läßt man ihn keine Ernteabgabe geben. Man läßt ihn das Saatgut (zurück)geben. (x+II, 12) Siehe die Art, einen öffentlichen Protest zu verfassen, der gemacht werden wird wegen eines Hauses, das nicht (juristisch) rein war für den Menschen, dem es verkauft wurde: (x+II, 13) »Regierungsjahr X, Monat Y. A, macht einen öffentlichen Protest gegen B: ›Er hat veranlaßt, daß dem C geschrieben werde bezüglich seines (des B) Hauses, welches im Ort soundso ist.‹« Und er beschreibt seine südlichen, (x+II, 14) nördlichen, östlichen und westlichen Nachbarn. »Dieses Haus, dessen Nachbarn oben beschrieben sind, er (B) hat mir (A) darüber als ein Pfand geschrieben. Er schuldet mir soundso viel Geld für X Jahre, Y Monate. 10) Über dieses (x+II, 15) obige Haus hat er (B) an C geschrieben, indem er nichts (zu tun hat) mit obigem Haus, bis er mich vollständig mit meinem Geld, über welches er mir geschrieben hat, zurückbezahlt hat. C hat nichts zu tun mit ihm (B) (x+II, 16) in bezug auf das Haus, bis er (B) mir soundso viel Geld vergolten hat, über das er mir geschrieben hat. Wenn er (B) nicht das Geld gibt, veranlasse, daß er fern sei von diesem obigen Haus. Ich habe ihn (B) nicht gefunden, um einen öffentlichen Protest zu erheben gegen ihn. (x+II, 17) Mein öffentlicher Protest für jedes Jahr ist es.« Wenn er (A) 3 Jahre verbringt, indem er jährlich einen öffentlichen Protest erhebt hfüri den Besitz, weswegen drei öffentliche Proteste erhoben werden gemäß dem, was oben geschrieben ist, dann kann der Mensch, der das Haus ergreift, nicht (x+II, 18) sagen: »Mein Haus
8. Der Pächter muß sich also mit demselben Betrag zufrieden geben wie im vorhergehenden Fall, obwohl er wegen des fremden Saatgutes einen höheren Aufwand hatte als dort – er hat sich ja auch nicht ordnungsgemäß um den Acker gekümmert. A. Azzoni/S. L. Lippert (in: Enchoria 26 [2000] 29) dagegen interpretieren §rm t y=f pr.t-sh.t als einen zum Viertel des Ernteertrages, der der Arbeitslohn ist, zusätzlichen Anspruch ˘des Pächters. Das wird vom Demotischen nicht unterstützt, weil t šb.t »Lohn« sich auf t y=f wp.t §rm t y=f pr.t-sh.t »seine Arbeit und sein Saatkorn« beziehen muß (so auch K. Donker van Heel, aaO 13). ˘ 9. S. A. Azzoni/S. L. Lippert, in: Enchoria 26 (2000) 29 Anm. 51. 10. D. h. B schuldet A eine bestimmte Summe Geldes.
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ist es. Es ist für mich (juristisch) rein.« Dieser öffentliche Protest, man erhebt ihn bezüglich allem, was man verkaufen wird, um zu verhindern, daß es rein ist hfüri den, dem es verkauft wurde. (x+II, 19) Wenn ein Mensch einen öffentlichen Protest in Anwesenheit erhebt, vor Zeugen macht er es, welche darüber niederschreiben, während der Mensch, gegen den der öffentliche Protest erhoben wird, anwesend ist. Siehe den Wortlaut eines öffentlichen Protests in Anwesenheit, den (x+II, 20) man erheben wird: »Regierungsjahr X, Monat Y. A erhebt gegen C, welcher anwesend ist, einen öffentlichen Protest: ›Du (C) hast B für dich schreiben lassen bezüglich seines (des B) (x+II, 21) Hauses‹ – oder ›Besitzes‹/oder ›er hat genommen den soundso Besitz von mir‹/oder ›von ihm‹« gemäß dem obigen öffentlichen Protest. Jedes Wort, das der Mensch sagen wird, man nimmt es in den öffentlichen Protest auf: »C (x+II, 22) ist anwesend, indem er das und das sagt.« Wenn er (C) nicht spricht, dann schreibt man in den öffentlichen Protest: »C ist anwesend, indem er schweigt und nicht spricht.« (x+II, 23) Recht über die Pacht: Wenn ein Mensch sie macht wegen eines Hauses oder Besitzes. Der Mensch (A), der ein Haus kauft, er wird einen anderen (B) darüber eine Pachturkunde ausstellen lassen, um für ihn es (juristisch) rein sein zu lassen. Siehe den Wortlaut der Pachturkunde: (x+II, 24) »B sagte zu A: Ich (B) bin mit dir (A) für X Jahre, Y Monate, um zu wachen über dein Haus, welches in der und der Stadt ist, welches du gekauft hast (x+II, 25) von C. Seine südlichen, nördlichen, östlichen, westlichen Nachbarn. 11) Und du gibst mir soundso viel Geld als mein Unterhalt. Zu meinen Lasten ist der Schaden deines Hauses.« Wenn man (x+II, 26) ihm (A) drei Pachturkunden ausstellt gemäß dem, was oben geschrieben ist, für drei Jahre – 36 Monate –, indem das Schriftstück, welches ihm der Herr des Hauses (C) gemacht hat, in seiner Hand ist, ohne daß ein Mensch dagegen geklagt hat und ohne daß ein öffentlicher Protest gemacht wurde gegen ihn bezüglich dieses nämlichen Hauses, (x+II, 27) ist es für ihn (juristisch) rein. Wenn ein Mensch (A) einen Acker kauft, und man (B) ihm eine Pachturkunde ausstellt, um ihn (den Acker) ihm (A) (juristisch) rein sein zu lassen. hSiehei den Wortlaut der Pachturkunde, die man ausstellt: (x+II, 28) »B sagte zu A: ›Du (A) hast mir (B) den und den Acker verpachtet, welcher in der und der Stadt ist, der für die und die Sache geeignet ist, welchen du von C gekauft hast, (x+II, 29) dessen Süden, Norden, [Osten und Westen sind. 12) Und ich] bestelle sie in dem und dem Jahr, und du gibst [mir das Saatkorn] zu soundso viel Artaben für (eine Arure) Acker, und ich gebe dir die Ernteabgabe der obigen Äcker (x+II, 30) zu soundso viel Artaben für eine (Arure) Acker […hca. 8 cmi…, indem sie gemessen,] ausgeliefert und gebracht werden zu dem und dem Ort. Wenn ich die obigen Felder verlasse, (x+II, 31) um sie nicht zu bestellen … [h12 cmi], welches er dir gegeben hat von obigem Saatkorn, und [ich (?)] werde dir den Rest geben, (x+II, 32) um [es (das Saatkorn?)] zu füllen. [Ich] werde nicht [können …hca. 12 cmi…] sie betreffend, indem hichi nicht sagen kann »Erneuere hdie Pachti für ein Jahr«, bis du (x+III, 1) mir eine Quittung darüber ausgestellt hast.‹« Wenn man ihm drei Pachturkunden für drei Jahre – 11. 12.
In Urkunden werden hier die Namen der Nachbarn eingetragen. In Urkunden stehen hier die Namen der Nachbarn.
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3[6 Monate – ausgestellt hat, während das Dokument, das ihm der Herr der Äcker (C) ausgestellt hat in seiner Hand ist, ohne daß irgendein Mensch dagegen geklagt hat und ohne daß man gegen ihn einen öffentlichen Protest erhoben hat bezüglich dieser nämlichen Äcker,] (x+III, 2) sind sie für ihn (juristisch) rein. Es gibt einen Menschen, und man baut [ihm] H[äuser …hca. 22 cmi…] (x+III, 3) Ein Mensch kommt, und sie (die Häuser) werden ihm vermietet, und man gibt Geld pro [Monat als ihre Miete …hca. 18 cmi… Siehe den Wortlaut der Pachturkunde, die man ausstellen wird: 13)] (x+III, 4) »A [sagt] zu B: [›Du verpachtetest mir deine Weberei (?) 14), welche … hca. 13 cmi… für X Jahre,] (x+III, 5) Y Monate. Und ich gebe dir soundso viel Geld als ihre M[iete pro Monat …hca. 13 cmi… Ich werde nicht sagen können »Ich habe dir Geld gegeben (oder) irgend etwas«,] (x+III, 6) wenn du mir keine Quittung darüber ausgestellt hast. Ich werde nicht sagen können: [»Das Jahr der Pachturkunde] ist vorbei [… » ‹ « hca. 20 cmi…] (x+III, 7) Wenn der Herr der Weberei 15) klagt gegen den Menschen, [der die Pachturkunde für ihn ausgestellt hat über sie (die Weberei), sagend »Möge er mir die Gelder geben, über die er mir geschrieben hat«, wird man ihm (dem Pächter) sagen: »Veranschlage] (x+III, 8) die Stoffe als Geld.« Und man wird ihn schwören lassen über den Wert der Kleider, indem sie [… hca. 22 cmi…] (x+III, 9) Wenn er gegen ihn klagt nach Ablauf [des Jahres der Pachturkunde …. und der,] gegen den [gekla]gt wird, [sagt: »Ich habe nicht …« hca. 5 cmi…, lasse] (x+III, 10) ihn mir schwören gemäß dem, was außerhalb (des Textes) geschrieben ist: ›[Ich] habe keinen Besitz über meinen und meiner Leute Bedarf hinaus bis zum letzten Tag des 3. Monats des Frühjahrs 16) […hca. 4 cmi …«] (x+III, 11) Wenn man eine Pachturkunde über eine Brauerei ausstellt, handelt man gemäß dem Obigen. Man setzt nicht »Kleidung« ein, sondern er (der Pächter) soll sagen: »Ich werde dir soundso viel Bier und [soundso viel] Mtk-Getränk geben [als ihre Miete pro Monat. Den Monat,] (x+III, 12) in dem ich dir nicht Bier und Mtk-Getränk gebe, werde ich dir soundso viel Geld statt dessen geben.« Wenn der Herr der Brauerei k[lagt gegen den Menschen, dem er die Pachturkunde ausgestellt hat,] (x+III, 13) sagend »Möge er mir mein Geld geben«, dann wird man zum Herren der Brauerei sagen: »Das Bier und die Mtk-Getränke, veranschlage sie als Geld.« Und man verfährt für ihn [ge]mäß der Pachturkunde über eine W[eberei …, welche oben ist.] (x+III, 14) Wenn man über eine Geflügelzüchterei (?) eine Pachturkunde ausstellt, ist es gemäß dem, [was] oben geschrieben steht, wie man handeln soll. Das Geld, über das er schreiben wird, ist das, welches man ihn ihm geben lassen wird. [Und er wird sagen:] »Ich [werde] (x+III, 15) dir soundso viele 10er Einheiten an Gänsen geben, und ich werde dir [soundso viele hn-Einheiten 17)] heißen Wassers geben als […hca. 5 cmi…] pro Tag.« Wenn [der Herr der] Geflügelzüchterei (x+III, 16) klagt gegen 13. 14. 15. 16. 17.
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Diese oder eine ähnliche Ergänzung dürfte nach ähnlichen Stellen sicher sein, ist aber nicht bei K. Donker van Heel (in: aaO 25) zu finden. Unsicher, weil nur aus dem folgenden Zusammenhang erschlossen. Zum Wort my s. P. W. Pestman, in: Enchoria 12 (1984) 40. So auch bei K. Donker van Heel, aaO 27. Aus dem spezifischen Datum mag auf eine Laufzeit von einem Jahr geschlossen werden (K. Donker van Heel, aaO 26). Ein hn ist ungefähr ein halber Liter.
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den Menschen, der ihm die Pachturkunde ausgestellt hat, sagend »Möge er mir das Geld für mein Haus geben«, wird man zum Herren des Hauses sagen: »Veranschlage die 10er Einheiten und [das] h[eiße] Wasser [als Geld.« Man] wird für ihn handeln gemäß dem, was außerhalb (dieses Textes) geschrieben ist. (x+III, 17) Wenn man eine Pachturkunde über einen Laden ausstellt, handelt man gemäß [der] obigen Pachturkunde. Man setzt nicht »heißes Wasser« in sie (die Urkunde) hinein. Die Güter und das Geld, [worüber] er schreibt, [sind die, die man ihn ihm] geben läßt (x+III, 18) gemäß der obigen Worte. Wenn man eine Pachturkunde über ein šyš 18) ausstellt, wird man entsprechend der obigen Pachturkunde handeln, indem man schreibt, um es (juristisch) rein sein zu lassen für den Herren des Hauses. Wenn er klagt [»Möge] er mir die Güter [für mein Haus geben,] (x+III, 19) worüber er mir geschrieben hat«, dann sagt man zu ihm: »Veranschlage es als Geld.« Man wird es ihn gemäß dem geben lassen, was oben geschrieben ist. Es gibt einen Garten, über [den] man einen Pachtvertrag macht, indem er […hca. 7 cmi…] es geben seinem (des Gartens) (x+III, 20) Herrn gemäß dem obigen Vertrag, und er (der Pächter) soll sagen in der Pachturkunde, welche er ausstellt: »Und ich werde dir ein Bündel (?) Kraut 19) pro Tag geben. An dem Tag, an dem [ich] dir [nicht] geben [werde], werde [ich dir] soundso viel [Geld geben] an (x+III, 21) seiner Stelle.« Wenn der Herr des Gartens [klagt gegen den Menschen], der ihm die Pachturkunde ausgestellt hat, sagend »Möge er das Geld geben, über das er mir geschrieben hat [statt des] Bündels (?) Kraut […« hca. 8 cmi…], (x+III, 22) dann wird man ihn es geben lassen gemäß dem, was oben geschrieben ist. […hca. 4 cmi…] diese obigen Pachturkunden: Der Mensch, der von ihnen abgeht, bevor das Jahr [der Pachturkunde vollendet ist (?) …………………. Wenn] (x+III, 23) der Herr des Hauses einen öffentlichen Protest gegen den Menschen macht, [der für ihn die Pachturkunde ausgestellt hat. 20)] Siehe den Wortlaut des öffentlichen Protests, der erhoben werden wird: 21) (x+III, 24) »Regierungsjahr X, Monat Y, A [erhebt einen öffentlichen Protest gegen B: ›Er (B) hat mir (A) eine Pachturkunde über mein Haus ausgestellt, welches in der und der] Stadt ist, dessen Süden, Norden, [Osten und Westen sind, 22) für] (x+III, 25) X Jahre, Y Monate bis zum [Monat] soundso [… hca. 4 cmi… Er hat in die] Pachturkunde [geschrieben,] die er mir gemacht hat: »Ich werde nicht [sagen können: ›Ich habe dir Geld gegeben] (x+III, 26) (oder) Güter dafür, indem du mir keine Quittung darüber ausgestellt hast.‹« [Er hat mir] nicht [Geld (oder) Güter als die Miete meines Hauses gegeben 18. 19. 20. 21.
22.
Bedeutung unklar. Vorgeschlagene Übersetzungen sind: »Backofen«, »Vorhof« oder ein nicht näher zu bestimmendes gewerbliches Gebäude (s. K. Donker van Heel, aaO 30). Als allgemeiner Begriff für ein unspezifisches demotisches Wort für »Pflanzen« (sm). K. Donker van Heel (in: aaO 31) übersetzt »legumes«, was m. E. zu eng gefaßt ist. Aufgrund des Platzbedarfs muß hier noch im Gegensatz zu K. Donker van Heel (in: aaO 33) ein Spatium angesetzt werden, wie auch in x+II, 19 in ähnlicher Situation. Der bei K. Donker van Heel (in: aaO 33) nach dem Spatium gekennzeichnete Verlust an Papyrus war wohl nicht mit Text versehen, wie der Vergleich mit den anderen Einleitungsformeln und der Anfang des Beispieltextes in der folgenden Zeile zeigt. Das Spatium erstreckte sich also kurz nach der Kolumnenmitte beginnend bis zum Zeilenende. In der Urkunde stehen hier die Namen der Nachbarn des Hauses.
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…hca. 10 cmi…] (x+III, 27) der Termin. [Er schuldet] mir soundso viel Geld (oder) soundso viele Güter [von] dem Geld, [über das] er [mir geschrieben hat in der Pachturkunde …hca. 12 cmi…] (x+III, 28) Möge er es mir geben. Ich fand ihn nicht, [um einen öffentlichen Pro]test in Anwesenheit gegen ihn zu erheben. Mein [öffentlicher Protest für jedes Jahr ist es.‹« Er soll 3 Jahre verbringen, indem er den öffentlichen Protest erhebt jedes Jahr für das Geld, weswegen 3 öffentliche Proteste erhoben werden nach der Art dessen, was oben geschrieben ist.] (x+III, 29) Wenn der Mensch, der den öffentlichen Protest erhoben hat, klagt [gegen den Menschen, der] ihm die Pachturkunde [ausgestellt hat, sagend …hca. 19 cmi…] (x+III, 30) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen, sagend »Er hat mir eine Pachturkunde ausgestellt. Er ist fortgegangen, indem er ver[lassen hat mein Haus … hca. 17 cmi…] (x+III, 31) welche/r/s oben ist. Wenn ein Mensch von ihnen sagt [………………….] Besitz [… hca. 19 cmi…] (x+III, 32) sagend: »Ich habe ihm eine Quittung ausgestellt über das Geld (oder) die Güt[er … hca. 16 cmi… Siehe den Wortlaut der Quittung, die ausgestellt werden wird:] (x+IV, 1) [»A sagt zu B:] ›Du hast mir soundso viel Geld gegeben von soundso viel Geld, über das [du mir] eine Pachturkunde [ausgestellt hast], um es mir zu geben als das Geld meines Hauses, im Regierungsjahr X, Monat Y (x+IV, 2) [………………….. und du mußt mir soundso viel Geld geben] als den Rest des Geldes, das du schuldest, über das du mir geschrieben hast als Geld meines [obigen] Hauses [im Regierungsjahr] X, Monat Y.‹« Wenn der Herr des Hauses sagt: »Ich habe nicht (x+IV, 3) [ihm eine Quittung ausgestellt über den Rest des Geldes«, dann wird man sagen zu] dem Menschen: »Bringe die Quittung! Beweise seine Echtheit! 23)« Wenn er [einen Echtheits]beweis [gibt] nach der Art des Echtheitsbeweises, welche angewendet wird, (x+IV, 4) [wird der Herr des] Hauses [veranlaßt werden, ihm (dem Pächter)] das Geld gutzuschreiben, über welches er ihm geschrieben hat. Wenn er die Echtheit nicht beweist, akzeptiert man es nicht. (x+IV, 5) [Wenn der Beklagte sagt:] »Lasse mir den Herren des Hauses schwören über [den Rest des Geldes (oder) die] Güter, von denen er sagt ›Du hast es mir nicht gegeben‹«, dann wird man ihn schwören lassen. Wenn er nicht (x+IV, 6) [schwört, dann wird man ihn das Geld (oder) die] Güter [empfangen lassen], über die er ihm geschrieben hat. Dotationsrecht. Die Dotationsurkunden, die man ausstellt. Ihr Wortlaut: (x+IV, 7) [»Regierungsjahr X, Monat Y. A sagt] zu B: ›Du (B) hast mir (A) [soundso viel Geld als Dota]tion meiner 24) Frau C, Tochter des D, ihre Mutter ist E, gegeben, um dir soundso viel Geld zu geben (x+IV, 8) [als ihren Unterhalt pro Jahr in dem] Haus, welches du wünschst. Du bist der, der bevollmächtigt ist [über den Ausstand] ihres Unterhalts. 25) 23. 24.
25.
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Wörtlich: »Lasse sie auf dem Fuß stehen!« K. Donker van Heel (in: aaO 38) zieht die Möglichkeit von t shm.t und t y=k šr.t in Erwä˙ vereinbaren. t y=y shm.t gung, beide Alternativen lassen sich mit dem Demotischen nicht würde allen Zeichen Rechnung tragen, so auch S. Grunert, Der Kodex Hermopolis und ˙ausgewählte private Rechtsurkunden aus dem ptolemäischen Ägypten, Leipzig 1982, 58. D. h. es wird B eingeräumt, vor Gericht einen etwaigen Ausstand einzuklagen.
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Alles, was ich habe, und das, was ich erwerben werde, sind das Pfand (x+IV, 9) [für ihren Unterhalt. Wenn man] von dir [einen Eid] verlangt, um ihn mir abzulegen an der Stelle, [an] der die R[ichter sind,] sollst du ihn mir ablegen.‹« 26) Die Form dessen, wenn ein Mensch ihn ablegt und der Mensch, (x+IV, 10) [dem er ihn abgelegt hat, sagt: »Er hat mir nicht den Aus]stand an Unterhalt gegeben.« Der Mensch, der die Urkunde ausgestellt hat, wird gefragt werden: »Diese Urkunde, [hast du sie ausgestellt?« Wenn er sagt:] »Ich habe sie ausgestellt«, sagt man zu ihm: »Gib ihm den Unterhalt.« Wenn er sagt [»Ich habe] (x+IV, 11) nichts, [um für das Jahr zu geben, welches vorübergegangen ist«, dann wird] er durch sie (die Urkunde) [gezwungen werden,] um zu veranlassen, daß er ihm Unterhalt gibt für das nämliche Jahr. Und man wird [ihn Unterhalt geben] lassen [bis zu] dem Monat der Klage gegen ihn, welche man erhoben hat. Und man wird ihn Unter[halt] (x+IV, 12) geben lassen […hca. 5 cmi… Wenn] er klagt gegen ihn von Monat 3 des Sommers [des Jahres bis] Monat 4 des Sommers, wird man ihn ihm Unterhalt geben lassen bis zum Monat (x+IV, 13) [der Klage gegen ihn, die erhoben wurde.] Wenn der Herr der Urkunde sagt: »Es gibt viele Jahre, in denen [er mir nicht] Unterhalt gegeben hat«, und wenn der Beklagte sagt (x+IV, 14) [»… hca. 4 cmi…] Ich schulde ihm [keinen] Unterhalt«, dann setzt man drei Jahre an gemäß der Aussage (?) des Herren der Urkunde, [und ebenso in dem Jahr,] in [dem] er geklagt hat, um 4 Jahre voll zu machen. Und man läßt (x+IV, 15) [ihn dem Menschen schwören, der die Urkunde ausgestellt hat:] »Du hast mir keinen Unterhalt gegeben für die Jahre.« Wenn er schwört, wird man zu dem Menschen sagen, der [die Urkunde ausgestellt hat: »Gib ihm Unterhalt] für die drei Jahre, über die er dir geschworen hat.« Wenn er sagt (x+IV, 16) [»Ich habe nichts, um ihm zu geben«,] dann wird man ihn schwören lassen: »Ich habe keinen Besitz über meinen und meiner Leute Bedarf hinaus [bis zum Monat drei des Frühjahrs, letzter Tag.«] Wenn er diesen Eid leistet, wird man zu dem Menschen sagen, der (x+IV, 17) [die Dotationsurkunde ausgestellt hat:] »Schreibe über die Jahre, welche über die drei Jahre hinausgehen, von dem er sagt: ›Mir wurde nicht in [ihnen] Unterhalt gegeben.‹« [Wenn er sagt »Ich gab ihm Unterhalt für] die Jahre, welche über die drei obigen Jahre (x+IV, 18) hinausgehen«, [wird man ihn schwören lassen:] »Du hast [keine] Schuldigkeit gegen mich in ihnen.« Wenn er diesen Eid leistet, wird man ihn (über) den Unterhalt [für die] 3 [Jahre] schreiben lassen, welche oben geschrieben sind. Wenn er keinen Eid leistet über den Unter-(x+IV, 19) [halt für die Jahre, welche hinausgehen über] die [drei] Jahre,
26.
Zur Verdeutlichung der Konstellation dieses wichtigen Kapitels des Kodex: Der Mann (B) eines Paares (B und C) trifft eine Vereinbarung mit einem anderen Mann (A), der für die Frau (C) handelt. A zahlt dem B einen Betrag (Dotation), wodurch B verpflichtet ist, für den Unterhalt der Frau C aufzukommen. Die tatsächliche Rechtspraxis im ptolemäischen Ägypten, wie sie sich in den Urkunden spiegelt, zeigt aber, daß vielmehr die Frauen ohne Vermittler die Vereinbarungen mit ihrem Partner direkt trafen. Das einzige erhaltene Dokument, das dem Modell des Hermupolis-Kodex folgt, ist der Papyrus Bibliothèque nationale 219a (316 v. Chr.), dort ist A der Vater von C, doch gibt es Hinweise darauf, daß diese Praxis in der 26. Dynastie häufiger Anwendung fand, sie aber in ptolemäischer Zeit nicht mehr in Gebrauch war. (Zu den Dotationsurkunden (sh n s2nh) s. zuletzt mit weiterer Literatur: J. H. Johnson, »Annuity Contracts« and Marriage,¯ in: D.˘P. Silverman (ed.), For His Ka. Essays in Memory of Klaus Baer, SAOC 55, Chicago 1994, 113-132).
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wird man es hinzusetzen zu dem Unterhalt der obigen drei Jahre, indem man ihn schreiben läßt entsprechend dem, was [oben] geschrieben ist. [Siehe den Wortlaut der Urkunde, die man ausstellen wird über] den Ausstand des Unterhalts: (x+IV, 20) [»Regierungsjahr X, Monat Y. A sagt zu] B: ›Ich (A) schulde dir (B) soundso viel Geld als Geld an Ausstand für den Unterhalt [für drei Jahre …hca. 4 cmi…, welche] ich [dir nicht] (x+IV, 21) gegeben habe [… hca. 4 cmi… Ich werde] es dir geben hgemäß demi, was in der Dotationsurkunde geschrieben ist, die ich dir ausgestellt habe mit dem und dem Zins im Regierungsjahr soundso, [Monat soundso …hca. 4 cmi … Dotat]ion (x+IV, 22) […hca. 4 cmi… Und ich werde] dir das Geld [geben] und die Kleider, die ich dir nicht gegeben habe und die oben sind für X Jahre, Y Monat […hca. 4 cmi…], was oben ist (x+IV, 23) [… hca. 4 cmi… X] Jahre von Monat soundso an, hindemi das Geld Zins trägt gegen mich zur Rate von 1 ½ zu 1 zum Monat 3 des Frühjahrs pro Jahr. 27) ..[…hca. 4 cmi…] 28) (x+IV, 24) [… hca. 4 cmi… Und] ich werde es dir geben (als) Zins gegen mich. Wenn ich dir das obige Geld und seine obigen Zinsen nicht gebe, sind sie gegen [mich und meine Kinder ge]mäß dem Papyrus, (x+IV, 25) [welchen ich dir ausgestellt habe.‹« Wenn der] Mensch, [der] die Urkunde ausgestellt hat, [zu dem Menschen,] für den er die Urkunde ausgestellt hat, sagt: »Du bist nicht zu mir gekommen wegen deines Unterhalts für die Jahre, [wegen] der du ge[gen mich] klagst [………………………..«] (x+IV, 26) [Wenn der, der] bevollmächtigt ist [über den Ausstand,] schwört über den Unterhalt für drei Jahre, und er einen Eid darüber leistet wegen Zins »Ich bin zu dir gekommen in ihnen […hca. 3cmi… sagend: ›Gib mir] (x+IV, 27) [den] Unterhalt für X Jahre.‹ Du hast es mir nicht [gegeben]«, dann wird man ihn eine Urkunde ausstellen lassen über den Zins des Unterhalts für drei Jahre, über den er geschworen hat, gemäß dem, was oben geschrieben ist. [Wenn der Mensch, der die Urkunde ausgestellt hat,] einen (x+IV, 28) [Ei]d leistet für den Herren der Urkunde wegen der Jahre über die drei Jahre hinaus »Du bist nicht zu mir gekommen wegen des dir in ihnen (sc. den Jahren) zustehenden Unterhalts«, und sie [den Menschen befragen …hca. 4cmi…] (x+IV, 29) Wenn der Beklagte sagt »Ich habe ihn voll bezahlt mit dem Unterhalt. Er hat mir eine Quittung darüber ausgestellt«, dann wird man zu ihm sagen: »Bringe die Quittung, indem sie echt ist. […hca. 5 cmi…] (x+IV, 30) [……………………] Quittung darüber.« Wenn seine Quittung echt ist, siehe den Wortlaut der Quittung, die man machen wird: »A sagt [zu B: ›Du hast mir gegeben] (x+IV, 31) […hca. 4 cmi… Geld] und soundso viel Zins im Regierungsjahr X, Monat hYi, indem ich noch Anspruch gegen dich habe (auf) die Dotation.« W[enn der Mensch, gegen den] (x+IV, 32) [geklagt wird,] sagt »Er hat mir eine Quittung darüber ausgestellt«, dann wird man den Herren der Urkunde befragen. Wenn er sagt »Es wurde
27. 28.
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Gegen K. Donker van Heel (in: aaO 45), der hier tn 1 ½ r 1 r ms hr rnp.t »(…) at the rate of 50 % shall bear interest annually« liest, steht hier tn 1 ½ r 1 r bd 3¯ h.t hr rnp.t. ¯ Zeilenende gelassen Der Verlust ist hier etwas unsicherer, weil offenbar noch ein Spatium˘ am wurde.
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mir nicht gegeben«, dann wird man ihn einen Eid leisten lassen: »Du hast [es] nicht gegeben.« [Siehe den Wortlaut des Eides, welchen man verlangt] (x+V, 1) von einem Menschen, welcher vor den Richtern ist, [die den] Eid verlangen von [ihm]: »Du hast [es nicht gegeben.«] Die Richter sagen dann zu [dem Menschen, der die Urkunde ausgestellt hat:] (x+V, 2) »Der [nämliche] Unterhalt, [gib ihn] dem Herren [der Urkunde.«] Man zwingt [ihn], bis man einen Erlaß geschrieben hat auf seine (des Klägers) Aussage hin: »Du hast es mir gegeben.« (x+V, 3) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen: »Er hat mir über eine Dotation über soundso viel Geld hani Unterhalt geschrieben. Er hat es mir nicht gegeben.« Wenn der Beklagte [sagt »Ich habe ihm nicht über eine Dotation geschrieben«, dann sagt man] (x+V, 4) zum Kläger: »Beweise die Echtheit deiner Urkunde.« Wenn er die Echtheit beweist, wird man zu dem Beklagten sagen: »Gib ihm Unterhalt [gemäß der Urkunde, um es] ihm (x+V, 5) [zu geben,] welche du ausgestellt hast.« Wenn er sagt »Ich habe nichts, um zu geben für das vergangene Jahr, aber ich gebe ihm Unterhalt für das Jahr, in dem er gegen mich geklagt hat«, [wird man ihn schwören lassen: (x+V, 6) »Ich habe keinen Besitz über meinen und meiner Leute Bedarf hinaus bis zum [Monat 3] des Frühjahrs, letzter Tag.« Man läßt ihn darüber schreiben, indem es Zinsen trägt gemäß dem, was geschrieben ist zu Zinsgeld, welches [oben] geschrieben steht. [Man wird veranlassen,] (x+V, 7) daß er Unterhalt gibt für das Jahr, in dem er gegen ihn geklagt hat. Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen: »Er hat mir geschrieben über eine Dotation, indem er [mir] nicht [Unterhalt] gegeben hat.« 29) [Wenn der] (x+V, 8) [Be]klagte sagt »Die Urkunde, die ich ihm ausgestellt habe, er hat mir nicht das Geld gegeben, [über] das ich ihm geschrieben habe […hca. 3 cmi …«,] dann wird der Kläger befragt. [Wenn der Kläger sagt »Ich habe es ihm gegeben«,] (x+V, 9) dann wird man ihn schwören lassen: »Soundso viel Geld, welches in der Urkunde geschrieben steht, die du mir gemacht hast, und von dem du sagst: ›[Er] hat es mir nicht [gegeben.‹ Ich habe] es dir [gegeben], ich habe [dich damit] voll bezahlt. Ich schulde (x+V, 10) [dir nichts.]« Wenn er diesen Eid ablegt, wird man den Beklagten die [Bestimmung der Urkunde, die er] ihm [ausgestellt hat,] ausführen lassen gemäß dem, was oben geschrieben ist. [Wenn er diesen Eid nicht ablegt,] (x+V, 11) wird man die Urkunde vor dem Beklagten zerreißen. Wenn der Beklagte sagt »Die Urkunde, die ich [für ihn ausgestellt habe, er hat mir nicht gegeben] (x+V, 12) das Geld, welches geschrieben ist in nämlicher Urkunde. Soundso viel Geld ist zu seinen Lasten noch übrig. Er hat es [mir] nicht gegeben«, dann wird man [den Herren] der Urkunde fragen. Wenn er sagt: »Soundso viel Geld, [ich habe es ihm gegeben.] Ich schulde (x+V, 13) [ihm] soundso viel Geld durch die Dotationsurkunde«, dann läßt man den Menschen, der [die Urkunde ausgestellt hat, Unterhalt] geben gemäß dem Geld, das ihm gegeben wurde. (x+V, 14) Wenn der Mensch, der die Urkunde ausgestellt hat, klagt gegen den, für den er 29.
Die Ergänzung von r bn-pw=f t§[-n=y 2q-hbs (…)] weicht von der K. Donker van Heels (in: ˙ ergänzt und an der Stelle »(…) without having aaO 53) ab, der nur r bn-pw=f t§[-s (…)] given [it (…)]« übersetzt. Ein einfacher pronominaler Rückbezug, der auf »Dotation« zielte, reicht hier aber nicht aus, denn die Dotation ist ja gezahlt worden, aber der daraus abgeleiteten Unterhaltspflicht ist nicht Genüge getan worden.
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die Urkunde ausgestellt hat: »Ich habe ihm über eine Dotation [geschrieben. Das Geld, welches] er mir gegeben hat, [möge] er es [nehmen. …« …hca. 4 cmi…] (x+V, 15) Das Geld, welches ihm gegeben wurde, man läßt ihn es dem geben, dem er die Urkunde ausgestellt hat, zusammen mit dem Unterhalt, welcher ihm zusteht bis zu dem Monat, [in] dem er geklagt hat. [Wenn ein Mensch] (x+V, 16) einem Menschen bezüglich eines Ausstandes vom Unterhalt in einer Dotationsurkunde schreibt, weil er es nicht geben konnte, dann handelt man gemäß der Urkunde, bis er den Ausstand [des Unterhalts] gegeben hat. (x+V, 17) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen über einen Ausstand […] Unterhalt […hca. 3 cmi…], richtet [man] ihn nicht, wenn er nicht [die] Dotationsurkunde gefunden hat […hca. 4 cmi…] (x+V, 18) [Wenn] ein Mensch klagt gegen einen Menschen »Möge er mir das Geld geben, das ich ihm gegeben habe, so daß ich die Urkunde gebe, die er mir ausgestellt hat«, und der Beklagte [sagt »Ich habe nichts, um ihm zu geben«,] (x+V, 19) dann wird man ihn einen Eid ablegen [lassen:] »Ich habe kein Geld über meinen und meiner Leute Bedarf hinaus bis [zum Monat 3 des Frühjahrs, letzter Tag.«] Man wird ihn schreiben lassen [über den Ausstand des Unterhalts,] (x+V, 20) und die Dotationsurkunde soll in der Hand des Klägers bleiben, indem man [den, der die Urkunde ausgestellt hat, das Geld] nicht (zurück)geben läßt. […hca. 5 cmi…] (x+V, 21) Wenn der Mensch, für den die Dotationsurkunde ausgestellt wurde, gestorben ist, ohne daß er [für] einen anderen geschrieben hat bezüglich [der Dotations]urkunde im Namen der Frau, für die die Urkunde ausgestellt wurde […hca. 2 cmi…] (x+V, 22) Wenn die Frau klagt gegen den Menschen, der die Urkunde ausgestellt hat, »Möge er mir Unter[halt] geben [für das] vergangene [Jahr]«, [dann wird man ihn ihr geben lassen] (x+V, 23) den Ausstand an Unterhalt. Wenn die Frau sagt »Lasse ihn [mir Unterhalt] geben [für das vergangene Jahr«, und wenn der Beklagte] (x+V, 24) sagt »Ich habe nichts«, dann wird man ihn schwören lassen gemäß dem, was oben geschrieben ist. Man wird ihn eine Urkunde schreiben lassen über das Geld. Man wird anordnen [das, was] oben geschrieben ist. [Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen] (x+V, 25) »Er hat mir über eine Dotation geschrieben, möge er mir Unterhalt geben«, und wenn der Beklagte sagt »Die Frau, für die die Urkunde ausgestellt wurde, sie ist to[t«, dann wird man den Kläger fragen,] (x+V, 26) und wenn er sagt: »Es ist die Wahrheit, die Frau ist tot.« Man läßt ihn ihr nicht Unterhalt geben. Man wird zu ihm sagen: »Das Geld, das er dir zuvor gegeben hat, gib es ihm (zurück) ……… [Wenn er sagt »Ich habe nichts«, dann wird man ihn einen Ei]d (x+V, 27) [ablegen lassen.] Man wird ihn darüber schreiben lassen. Man wird [handeln ge]mäß dem, was oben geschrieben ist. Die, die sie für ihn schreiben, werden die Dotationsurkunde in seiner Hand lassen, bis er [es erfüllt. …………] (x+V, 28) [Wenn] der Herr der Dotationsurkunde sagt »Die Frau, von der er sagt, sie sei tot, sie lebt«, dann wird man zu ihm sagen: »Bringe die Frau vor die [Richter ……..« Wenn er] einen Ei[d ablegt,] (x+V, 29) wird er (?) […hca. 3 cmi…] sagen [»… hca. 4 cmi…] welches in der Dotationsurkunde ist, die [du] mir mit ihr gemacht hast im Regierungsjahr [X, Monat Y…hca. 3 cmi …«] (x+V, 30) [Wenn] der Mensch, der die Do[tations]urkunde ausgestellt hat, gestorben ist, und [der, für den er die] Urkunde [ausgestellt hat,] klagt hgegeni seinen Sohn: »Dein Vater hat mir über eine Dotation geschrieben.« (x+V, 31) [Wenn er sagt »Die] Urkunde, 198
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mein Vater hat sie gemacht«, dann wird man zu ihm sagen: »Gib ihm das Geld, welches geschrieben ist in der Urkunde. Gib ihm den Besitz deines Vaters.« […hca. 4 cmi…] (x+VI, 1) 30) [……….. k]lagen gegen ihn, ist, was getan werden wird. Wenn sie sagen: »Wir werden nicht prozessieren als die zwei Parteien – die Menschen, die für uns geschrieben haben bezüglich des Hauses, sind die, die prozessieren werden (x+VI, 2) [bezüglich des nämlichen Hauses als die zwei Parteien«], werden die Rich[ter] zu ihnen sagen: »Klagt gegen sie.« Die zwei Parteien, die für sie geschrieben haben bezüglich des Hauses, werden gebracht werden. Sie sind die, die prozessieren als die zwei Parteien. (x+VI, 3) [Sie werden von ihnen, nämlich beiden Parteien, einen Eid verlangen.] Sie werden den, der gelogen hat, eine Abstandsschrift für den, der wahr gesprochen hat, ausstellen lassen. Wenn ein Mensch (A) klagt gegen einen Menschen (B): 31) »B hat gebaut (x+VI, 4) [auf einem Bauplatz für ein Haus, aber] der nämliche Bauplatz, er gehört mir (A), (weil) er meinem Vater gehörte. Er hat mir darüber geschrieben.« Wenn der Beklagte sagt »Er gehört mir, der Bauplatz (x+VI, 5) [meines Vaters ist es. Er hat mit darüber geschrieben«, dann werden die Rich]ter zum Beklagten sagen: »Kannst du den Beweis erbringen, daß der Bauplatz dir gehört, weil er deinem Vater gehörte, (x+VI, 6) [und daß man dir darüber geschrieben hat?« Oder man wird] den Kläger [veranlassen], den Beweis zu erbringen, daß er ihm gehört, (weil) er seinem Vater gehörte und ihm darüber geschrieben wurde. Das, was der Beklagte wünscht, (x+VI, 7) [ist das, was man] macht. Wenn er (der Beklagte) sagt »Ich werde den Beweis bringen«, und wenn er den Beweis nicht bringt, wird man das Haus dem Kläger 32) geben. Er (der Beklagte) wird [[nicht]] 33) ihm (x+VI, 8) [eine Abstandsschrift] schreiben. Wenn der Beklagte zu den Richtern sagt »Lasse den Kläger diesen Beweis bringen, daß dieses Haus sein (x+VI, 9) [Haus ist. ……………..«, dann] werden [die Rich]ter zum Kläger sagen: »Wenn der Nutzen bei dir ist, bringe einen Beweis, daß das Haus dir gehört.« Wenn er einen Beweis bringt, dann wird man [ihm] (x+VI, 10) [das Haus geben und seinen] Prozeßgegner [ihm eine Abstandsschrift] schreiben lassen. Wenn der Mensch sagt »Möge man mich meine Baumaterialien dieses Hauses hinausbringen lassen«, dann wird man ihn sie hinausbringen lassen. 34) Man wird (x+VI, 11) [… hca. 2 cmi…] ihn. Wenn der Kläger keinen Beweis bringt für das Haus, wird man das Haus dem geben, der es gebaut hat. Man wird ihn [ihm] eine Abstandsschrift schreiben lassen. (x+VI, 12) [Wenn ein Mensch (A) gegen einen Menschen (B) klagt bezüglich] eines Hauses und er sagt: »Das Haus, sein Herr (C) ist der, der es mir (A) gegeben hat (als) Pfand für Getreide, welches er mir schuldet. Er (C) hat mir darüber geschrieben. [Er hat es mir nicht gegeben.] (x+VI, 13) [Das Haus ist mein Haus wegen] des Gebens als Pfand in meine Hand. 30. 31. 32. 33. 34.
Zwischen den Kolumnen x+V und x+VI fehlt eventuell eine weitere Kolumne, so daß Kolumne x+VI eigentlich x+VII ist. Ab hier beschäftigt sich der Text mit Baurecht. Ab diesem Satz bis x+VI, 11 liegt eine griechische Parallele (Papyrus Oxyrhynchos XLVI.3285) vor. S. dazu: P. W. Pestman, Textes et études de papyrologie grecque, démotique et copte. P. L. Bat. 23, 116-143. Im Demotischen steht eigentlich p nt §w=w smy r-r=f »Beklagter«, doch wird das §w=w zu streichen sein (vgl. K. Donker van Heel, aaO 66). Ein vom Schreiber selber bemerkter Fehler, den er ausbesserte. Ende des Bereichs, für den die griechische Parallele vorliegt.
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Das Geld und das Getreide, welches er mir schuldet, er hat es mir nicht gegeben«, dann werden die Richter zu dem Klä-(x+VI, 14) [ger (A)] sagen: [»… hca. 2 cmi…] .. Der, gegen den du klagst (B): ›Er hat mein Haus genommen.‹ Bringe ihn zu uns.« Wenn das Haus nicht für ihn (juristisch) rein ist, werden die R[ichter] (x+VI, 15) [zu dem Kläger sagen: »Du (A) wirst] klagen gegen den Menschen (C), der dir eine Urkunde über das Haus ausgestellt hat.« Wenn der Mensch klagt gegen den Herren [des] Hauses (x+VI, 16) […hca. 8 cmi…]………… vor den Richtern: »Das Haus, sein Herr hat es mir als Pfand für Geld (und) Getreide gegeben. (x+VI, 17) […hca. 6 cmi… Die Richter zwingen] den Herren des Hauses, [bis er] den Kläger zufrieden[stellt.] We[nn] (x+VI, 18) […hca. 8 cmi…] Er hat gegeben […hca. 7 cmi…] Wenn der Mensch, dem man das Haus gegeben hat […] [… hZeilen 19-31 nur bis auf wenige Reste, die keine Rekonstruktion erlauben, erhalten oder völlig verloreni…] befragen den [Käufer. Wenn er sagt: »Das Gel]d, ich schulde es ihm halsi Rest.« Wenn der Herr des Hauses, [der] das Haus verkauft [hat], sagt »Möge er das Geld zurücknehmen, das er mir gegeben hat (x+VII, 2) als [Preis meines Hauses (?) …hca. 4 cmi …«], dann werden die Richter ihn das Geld geben lassen, das ihm gegeben wurde als Preis des Hauses, dem, der es ihm gegeben hat. Man wird seinen Prozeßgegner fern sein hlasseni (x+VII, 3) von dem [Haus.] Wenn der Herr des Hauses sagt »Möge er mir das Geld geben, welches der Rest des Preises meines Hauses ist«, dann läßt man ihn es ihm geben. Das, was dem Herren des Hauses nützt, tut er. (x+VII, 4) Wenn der Beklagte, der der Herr des Hauses wurde, sagt »Ich schulde ihm kein Geld«, dann wird man ihn schwören lassen: »Ich schulde ihm kein Geld.« (x+VII, 5) Wenn das [Haus drei Jahre im Besitz des Menschen ist, der es gekauft hat,] ohne daß man gegen ihn geklagt hat, und man (dann) gegen ihn klagt, das Geld, von dem er sagt »Ich schulde es ihm«, ist das, was man ihm geben wird. Wenn er sagt »Kein Geld (x+VII, 6) ist ausgeblieben [für] ihn [als Rest zu meinen Lasten«, dann läßt man ihn schwören:] »Kein Geld ist ausgeblieben für ihn zu meinen Lasten.« Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen »Er hat mein Haus genommen. Es ist meines, (x+VII, 7) es gehörte meinem Vater, [er hat mir darüber geschrieben«, und wenn der Bekl]agte sagt »Es ist meines. Es vom Fluß heraufbringen, ist das, was ich gemacht habe.« 35) Wenn es sich bis zum Fluß erstreckt, wird man zu dem Beklagten sagen: (x+VII, 8) [»Kannst du einen Beweis bringen, daß das Haus] deines ist und daß du es heraufgebracht hast vom Fluß? Oder man wird den dich Anklagenden den Beweis bringen (x+VII, 1)
35.
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Der Satz ist in seiner Bedeutung nicht ganz klar. Entweder ist gemeint, daß der, der Anspruch auf das Haus erhebt, die Nilschlammziegel vom Fluß her geholt hat, um das Haus zu bauen. Oder er hat das Haus – es spielt im folgenden eine Rolle, wie nah das Haus am Fluß steht – nach der Nilüberschwemmung wieder freigelegt und dadurch einen Anspruch auf das Haus erworben. D. h. der, der sich nicht um die Immobilie gekümmert hat, kann seinen Anspruch verlieren.
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lassen, daß es seines ist (und daß es) seinem (x+VII, 9) Vater gehörte, [daß ihm darüber geschrieben wurde.« …hca. 9 cmi… We]nn sich der Fluß nicht bis zum Haus erstreckt, dann wird man zu dem Kläger sagen: »Bringe einen Be-(x+VII, 10) [weis, daß es deines ist (und daß) es deinem Vater gehörte, daß er dir darüber geschrieben hat.« Wenn er einen Beweis bringt über das] Haus, wird man veranlassen, daß der Beklagte eine Abstandsschrift ausstellt bezüglich des nämlichen Hauses. (x+VII, 11) [Wenn der Klä]ger [keinen Beweis bringt,] dann wird man [ihn ihm eine Abstandsschrift über das nämliche Haus] ausstellen lassen. Wenn der Kläger sagt »Das Haus, es ist meines, mir hat (x+VII, 12) [mein Vater darüber] geschrieben«, [und wenn der Beklagte sagt »Das] Haus, es ist meines, man hat mir darüber geschrieben«, dann wird man zu dem Beklagten sagen: (x+VII, 13) »Kannst du einen Beweis bringen, [daß das Haus deines ist? Sonst wird man den] dich [Anklagenden] einen Beweis bringen lassen.« Das, was ihm nutzt, man wird [es] entscheiden (x+VII, 14) [mit dem Beklagten …hca. 8 cmi…] einen Eid ablegen lassen bezüglich des Klägers: »Das Haus ist meines. [Man hat mir] darüber [geschrieben], der Soundso, Sohn des Soundso, hat es widerrechtlich genommen.« Wenn (x+VII, 15) [der] Beklagte sagt »Das Haus ist mein Haus«, hwohingegeni der Mensch, der sagt »Er hat mir darüber geschrieben«, [sagt »Ich habe ihm nicht darüber geschrieben«,] (und) wenn kein Mensch von ihnen antwortet auf seine Worte: »Das Haus, es kam (x+VII, 16) [in meinen Besitz. …hca. 7 cmi…] auf unsere Aussagen der zwei Männer«, dann wird man [auf sie 36) sehen. Der, für den geschrieben worden ist, man wird ihm das Haus geben] und man wird seinen Prozeßgegner eine Abstandsschrift schreiben lassen bezüglich des [nämlichen] Hauses. (x+VII, 17) […hca. 16 cmi…] in bezug auf das Haus, dann wird man ihn zwingen, bis er sein Herz zufriedenstellt. (x+VII, 18) Wenn ein Mensch [einen Menschen] behindert [durch Errichten seines Hauses, sagend »… hca. 13 cmi…] Mein Haus ist es«, oder: »Ich habe heinen Anspruchi darauf«, wohingegen der, der gebaut hat, (x+VII, 19) […hca. 13 cmi… Wenn der Mensch, den man be]hindert, sagt »Er behindert durch Errichten des Hauses, (x+VII, 20) obwohl er keinen Anspruch auf mein Haus hat. Soundso viel Geld ist mir verlorengegangen durch dieses Werk, an dem er mich behindert«, dann wird man ihn richten zusammen mit dem, der behindert hat (x+VII, 21) sein Haus, gemäß dem, was im Gesetz steht. 37) Wenn der Mensch, der das Haus baute, im Recht ist, dann wird man zu dem Menschen sagen, der ihn behindert hat: »Lege einen Eid ab (x+VII, 22) über die Sachen, von denen der Mensch sagt: ›Sie sind mir verlorengegangen wegen des ihn Behinderns, das du gemacht hast.‹« Siehe den Eid, den man 38) ablegt: »Soundso viel Geld, von dem du sagst: ›Es ist mir verlorengegangen wegen (x+VII, 23) des dich Behinderns, das ich gemacht habe bei Errich36. 37. 38.
Vielleicht sind die Dokumente gemeint. Mit dem Abschnitt x+VII, 19-32 beschäftigt sich E. Seidl: ders, Das private Verbot eines Baues nach dem Rechtsbuch von Hermupolis, in: H. J. Thissen/K. Th. Zauzich (Hg.), Grammata Demotika, FS E. Lüddeckens, Würzburg 1984, 189-192. Bislang wurde an der leicht beschädigten Stelle nt §w=f gelesen, mir scheint vielmehr nt §w=w dazustehen, so daß auch die Gesamtaussage allgemeiner bleibt. Vgl. ähnliche Formeln zur Präsentation von Textvorlagen mit nt §w=w in x+II, 12; x+III, 23 und 30.
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tung deines Hauses.‹ 39) Es ist dir nicht verlorengegangen wegen des Behinderns deines Hauses, das ich gemacht habe.« Wenn er keinen Eid leistet, dann wird man den Menschen, (x+VII, 24) der klagt, den Eid leisten lassen: »Soundso viel Geld ist mir verlorengegangen wegen des Behinderns meines Hauses, das du gemacht hast.« Wenn er einen Eid leistet, wird man ihn das Geld dem Kläger geben lassen. (x+VII, 25) Es gibt einen Menschen und er behindert ein Haus, um zu verhindern, daß man es baut, obwohl es nicht seines ist. (Im) Namen eines anderen Menschen behindert er es, obwohl der Mensch, den er behinderte, nicht (x+VII, 26) im nämlichen Ort mit ihm ist. Wenn der Mensch, [der behindert wurde,] um zu verhindern, daß heri baut, klagt gegen den Menschen, der behindert hat, wird man ihn fragen. Wenn er sagt »Dieses Haus, es gehört dem Soundso, Sohn des Soundso. (x+VII, 27) Er ist nicht (an) diesem Ort. Erst wenn sein Herr kommt, behindere ich ihn, um zu verhindern, daß er hesi baut«, dann wird man sagen zu dem Menschen, der behindert hat: »Der Mensch, in dessen Namen du (x+VII, 28) dieses Haus behindert hast, bringe ihn innerhalb von 30 Tagen.« Wenn 30 Tage vorübergegangen sind, ohne daß er den nämlichen Menschen gebracht hat, wird man den Menschen, der behindert wurde, bauen lassen. Man wird ihn (den Hinderer) bestrafen gemäß dem, was oben geschrieben steht. (x+VII, 29) Wenn ein Mensch ein Haus behindert, um zu verhindern, daß es gebaut werde, und er sagt »Du, der gebaut hat, baue nicht«, und wenn er dennoch baut, und wenn er klagt beim Wesir 40) »Ich habe zu dem, der baut, gesagt: (x+VII, 30) ›Baue das Haus nicht.‹ Er hat nicht auf mich gehört. Er hat widerrechtlich gebaut«, dann wird man den, der gebaut hat, befragen. Wenn er sagt »Er hat mich nicht gehindert«, dann wird man zu ihm sagen: »Lege einen Eid ab: (x+VII, 31) ›Der Soundso, Sohn des Soundso, hat nicht gesagt: »Baue das Haus nicht.«‹« Wenn er nicht schwört, dann wird man ihn schlagen mit 50 (?) Stocksch[lägen]. Man baut das Haus nicht, (x+VII, 31) bis seine Entscheidung protokolliert ist. (x+VIII, 1) Wenn ein Mensch (den Bau) eines Hauses behindert, sagend »Sie geben hinzu [von der] Straße Pharaos 41)«, dann betrachten [die Richter das Haus …hca. 7 cmi…,] (x+VIII, 2) welches er zu seinem Haus hinzugegeben hat. Das, was sie finden werden, daß er es von der Straße weggenommen hat […hca. 11 cmi…] (x+VIII, 3) Wenn ein Mensch (den Bau) eines Hauses behindert, indem es seinem Haus nahekommt, sagend [»… h12 cmi…] (x+VIII, 4) mein Haus […………….«,] läßt man es ihn nicht bauen, wenn er nicht das Haus einen stehenden (?) Ziegel (weit) daneben gestellt hat […hca. 5cmi…] (x+VIII, 5) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen: »Er hat den Weg zu meinem Haus weggenommen, er hat ihn zu seinem Haus hinzugefügt«, dann wird man das nämliche Haus betrachten. Wenn […………………] …, (x+VIII, 6) Fundament auf dem nämlichen Weg (und) es dem Menschen gehört, 42) der das Haus baut, dann läßt man 39. 40. 41. 42.
202
Der Schreiber hat hier die Personalpronomina verwechselt. Tatsächlich meinte er: »Es ist mir verlorengegangen wegen des mich Behinderns, das du gemacht hast bei Errichtung meines Hauses.« S. S. L. Lippert: t .ty statt tb-m-mš 2 – Neues zum Wesir im Demotischen, in: ZÄS 130 (2003) ¯ 88-97. Gemeint ist eine öffentliche Straße. Dem folgenden Zusammenhang nach müßte hier gestanden haben: §w[=f hpr bn-§w t y=f] ˘ [nicht] (6) snty n p myt n rn=f h§ni §s p rmt nt qt n p 2.wy (…) »Wenn [sein] Fundament ¯
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ihn auf dem Fun[dament] bauen. Wenn [sein] (x+VIII, 7) Fundament auf dem nämlichen Weg ist, dann läßt man ihn nicht bauen. Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen wegen einer Mauer (x+VIII, 8) »Die Mauer [meines Hauses] ist es«, und der Beklagte sagt »Die Mauer meines Hauses ist es«, dann wird man die nämliche Mauer [des Hauses] betrachten, (x+VIII, 9) dem sie nahekommt. Man wird es dem geben, dem sie näher ist. Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen wegen einer Mauer »Sie gehört zu meinem Haus« (x+VIII, 10) und wenn der Beklagte sagt »[Sie] gehört ihm nicht. Sie gehört nicht zu seinem Haus. Sie ist meine, sie gehört zu meinem Haus.« Wenn das Haus (x+VIII, 11) in dem Ort ist, in welchem die Richter sind, dann betrachten es die Richter. Der Mensch, von dem die Richter der Ansicht sind, daß (x+VIII, 12) sie zu seinem Haus gehört, man wird einen Beschluß auf Anordnung der Richter erlassen, um sie ihm zu geben: »Beschluß: Die Mauer, von der A sagt ›Sie ist meine‹, während B sagt (x+VIII, 13) ›Sie ist meine‹, die Richter haben sie betrachtet und sie sagen: ›Sie gehört dem Soundso.‹« Man gibt sie dem, von dem gesagt wurde, daß sie seine sei. Und man läßt seinen Prozeßgegner ihm eine Abstandsschrift darüber (x+VIII, 14) schreiben. Wenn aber das Haus nicht in dem Ort ist, an dem die Richter sind, einen Beweis über die Mauer zu erbringen ist das, (x+VIII, 15) was sie machen gemäß der Regel des einen Beweis Erbringens, das man machen wird. 43) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen wegen einer Straße »Sie gehört zu meinem (x+VIII, 16) Haus«, und wenn der Beklagte sagt »Sie gehört zu meinem Haus«, dann wird man mit ihnen verfahren gemäß dem Gesetz, das oben geschrieben steht. Wenn ein Mensch klagt (x+VIII, 17) gegen einen Menschen »Die Regenrinne seines Hauses, sie ergießt Wasser auf mein Haus«, dann wird man die Regenrinne betrachten, indem man Wasser auf sie gibt. (x+VIII, 18) Wenn das Wasser [das Haus des] Klägers erreicht, dann wird man die Entwässerung abschneiden, bis man verhindert, daß Wasser sein Haus erreicht. (x+VIII, 19) Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen »Er hat die Tür seines Hauses zu meinem Grundstück hin geöffnet«, und wenn der Beklagte keinen Anspruch auf (x+VIII, 20) das [Grundstück] hat, dann wird man die Tür des Hauses ganz verschließen. Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen: »Er hat gegraben neben (x+VIII, 21) meinem Haus. Er hat mein Haus einstürzen lassen«, dann wird man den Beklagten befragen. Wenn er sagt: »Ich habe es nicht getan, um sein Haus einstürzen zu lassen, sondern allein, (x+VIII, 22) um [das] Fundament meines Hauses, [das] ich bauen werde, zu graben 44)«, und wenn er ihm schwört, wird man ihn fern sein lassen von ihm. Wenn er nicht schwört, wird man schwören lassen (x+VIII, 23) den [Kläger:] »Mein Haus ist eingestürzt. Der und der Besitz ist mir verloren gegangen wegen meines Hauses, das eingestürzt ist.« Wenn er schwört, dann wird man ihn geben lassen (x+VIII, 24) den Besitz, [den] der Mensch, dessen Haus eingestürzt ist, [verloren hat.]
43. 44.
auf dem nämlichen Weg ist (und) es dem Menschen gehört, der baut (…)«. Allerdings stehen dem Platzprobleme und nicht dazu passende Zeichenreste entgegen. Ab diesem Satz bis Zeile 21 liegt wieder ein Fragment der griechischen Übersetzung vor (vgl. P. W. Pestman, in: ders. [éd.], Textes et études de papyrologie grecque, démotique et copte, 116-143). Hier endet das zweite Fragment der griechischen Übersetzung.
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Wenn der Mensch, der das Fundament gegraben hat, klagt gegen den Menschen, dessen Haus eingestürzt ist: (x+VIII, 25) »Möge er den Schutt seines Hauses [ent]fernen, das in das Fundament meines Hauses gefallen ist«, dann wird man zu ihm sagen: »Lege einen Eid ab: ›Schutt (x+VIII, 26) meines Hauses ist nicht auf das Haus des Soundso gefallen.« Wenn er keinen Eid ablegt, dann wird man ihm sagen: »Entferne den Schutt deines Hauses, das gefallen ist (x+VIII, 27) auf das [nämliche] Haus.« Wenn ein Mensch klagt gegen einen Menschen »Er hat mich aus meinem Haus geworfen, während ich darin war, um gegen ihn zu klagen.« (x+VIII, 28) dann werden die Rich[t]er zum Wesir sagen: »Schicke einen Menschen hinaus zusammen mit dem Soundso, Sohn des Soundso. Lasse sie es in Erfahrung bringen, ob er in dem Haus wohnte (x+VIII, 29) bis zum Tag (seines Hinauswurfs).« Wenn man es herausfindet, daß er in dem Haus wohnte bis zum Tag (seines Hinauswurfs), wird der Wesir ihn in nämlichem Haus wohnen lassen. (x+VIII, 30) Wenn ein Mensch [gestorben ist], indem er Ackerland, einen Garten, hHäuseri, Tempelanteile oder einen Diener hat und indem er Nachkommen hat, aber er keine Teilungsschrift geschrieben hat für seine Kinder, als er lebte: Sein ältester Sohn ist der, der ergreift (x+VIII, 31) seinen Besitz. Wenn die jüngeren Brüder gegen ihren ältesten Bruder klagen »Möge er uns einen Anteil an dem Besitz unseres Vaters geben«, dann wird der älteste Bruder die Liste (x+VIII, 32) seiner jüngeren Brüder aufschreiben – der Kinder seines Vaters, derer, die leben, und derer, die gestorben sind, bevor ihr Vater gestorben ist, ebenso des ältesten Bruders. Und man wird ihm den Anteil hgebeni, (x+VIII, 33) welchen er wünscht, von den Äcker[n, den Gärten] und den Häusern. hDas,i was angemessen ist, um es ihm zu geben, man gibt es ihm: Die Diener und die Dokumente über das Saatgut und die Güter, (x+IX, 1) die seinem Vater gehörten, die (aber bei anderen) Leuten sind, man gibt es ihm. Außer dem Dokument, welches geschrieben ist auf Anordnung seines Vaters und eines anderen Menschen, man gibt es ihm nicht. Den Rest des Besitzes von dem, was [er besessen hat,] (x+IX, 2) man teilt es schließlich auf in Teile gemäß der Zahl seiner Kinder. Danach nehmen seine männlichen Kinder (ihren) Anteil [ge]mäß ihrer hGeburtsireihenfolge, und seine weiblichen Kinder nach ihnen (x+IX, 3) gemäß ihrer Geburtsreihenfolge. Wenn ein Mensch unter ihnen ist, der gestorben ist, 45) nachdem sein Vater gestorben ist, indem er ohne Sohn ist, nimmt der älteste Sohn (des Vaters) 46) seinen Anteil. {Der Mensch unter ihnen, der (x+IX, 4) gestorben ist, nachdem ihm hseini Anteil gegeben wurde, der älteste Sohn ist der, der seinen Anteil nimmt.} 47) Der Mensch un45.
46.
47.
204
Der von S. Grunert (Der Kodex Hermopolis und ausgewählte private Rechtsurkunden aus dem ptolemäischen Ägypten, Leipzig 1982, 84) hier konjizierte Freitod eines Erben ist ohne Grundlage und Notwendigkeit, denn r mw.t=f ist nicht das Partizip der Vergangenheit, weil das Bezugswort indeterminiert ist, sondern ein Circumstantialsatz r (§w) + sdm=f. K. Donker van Heel (in: aaO 97) möchte mit P. W. Pestman hier p šr 2 »der¯älteste Sohn« zu p sn 2 »der älteste Bruder« emendieren. Dieser Eingriff ist nicht unbedingt notwendig. In x+VIII, 30 wurde der als Haupterbe Agierende ebenfalls als der älteste Sohn des Verstorbenen bezeichnet. Der folgende Satz verlöre seinen Sinn, wenn dieser erste Satz hier nicht fehlerhaft wäre, weil er allgemeiner ist als der folgende. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß beim Kopieren der Schreiber den Zusatz der Kinderlosigkeit des jüngeren Bruders vergaß, den Fehler bemerkte und den Satz nochmals wiederholte.
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ter ihnen, der gestorben ist, nachdem ihm sein Anteil gegeben hwurde,i indem er keinen [Sohn] hat, der älteste Sohn (seines Vaters) 48) ist der, der seinen Anteil nimmt. (x+IX, 5) Wenn der jüngere Bruder klagt: »Die Kinder, von denen unser ältester Bruder sagt ›Sie sind von unserem Vater‹, sie sind nicht Nachkommen [unseres Vaters …….«, die Kin]der, von denen der jüngste Bruder [sagt] (x+IX, 6) »Sie sind nicht von unserem Vater«, man läßt den ältesten Bruder über sie schwören: »Die Kinder, von denen ich gesagt habe ›Sie sind von [unserem Vater‹, sie sind Nachkommen unseres Vaters. Ich habe nicht ge]logen darüber.« (x+IX, 7) Man läßt ihn sagen ihre Namen und gleichzeitig (den Namen) ihrer Mutter. Wortlaut des Eides, den man ihn ablegen läßt: »Der Soundso, [seine Mutter ist die Soundso. Der Soundso, seine Mutter ist die Soundso. Der Soundso, seine Mutter ist die Soundso.] 49) Sie sind Nachkommen unseres Vaters. (x+IX, 8) Sie sind gestorben, bevor ihr Vater gestorben ist«, der, über den er nicht schwört, man gibt ihm keinen Anteil. [Der, über den er schwört,] man gibt ihm einen Anteil. (x+IX, 9) Wenn eine Tochter diejenige ist, die ihm geboren wurde, gibt man ihr den nämlichen Anteil. Wenn ein Mensch stirbt, [dessen Besitztümer (o. ä.) sich bei seinem] ältesten [Sohn befinden,] (x+IX, 10) und wenn er einen jüngeren Bruder hat und der klagt »Möge man uns einen Anteil an dem Besitz unseres Vaters geben lassen«, dann wird man aufteilen [… hca. 9 cmi…] (x+IX, 11) gemäß der Zahl seiner Kinder, und man gibt einen Anteil zusätzlich dem ältesten Bruder, um zwei Anteile voll zu machen. Wenn er einen [jüngeren] Bruder hat [… hca. 9 cmi …] Man gibt (x+IX, 12) ihm den Rest des Besitzes [… hca. 10 cmi…] mit ihnen. Man wird aufteilen […hca. 5 cmi… Wenn] {(x+IX, 13) } 50) (x+IX, 14) der Mensch keinen Besitz hat außer einem einzigen Haus […hca. 5 cmi…] Dann teilt man nicht [das Haus in Anteile. Wenn] ein Mensch stirbt, indem er keinen (x+IX, 15) männlichen Nachkommen hat, sondern weibliche Nachkommen, teilt man seinen Besitz in Anteile [gemäß der Anzahl seiner] Töchter ……. [……..die] Töchter, die er hat. Außer (x+IX, 16) dem zusätzlichen Anteil eines Kindes, [wird man] es seiner ältesten Tochter geben [… hca. 2 cmi …], um zwei Anteile voll zu machen. 51) Wenn die älteste Tochter sagt 52) »Es gab andere Kind[er meines Vaters,] sie sind [tot.] Veranlasse, daß mir ihre Anteil[e] gegeben werden«, (x+IX, 17) gibt man ihr nicht [die Anteile] ihrer Schwestern, die tot sind. Wenn ein Mensch stirbt, indem er Besitz in der Hand seines jüngeren Sohnes hat, und 48. 49.
50. 51. 52.
Vgl. die vorhergehende Anmerkung, die auch für diese Stelle gilt. K. Donker van Heel (in: aaO 99) rekonstruiert hier anders, indem er insgesamt nur zwei Söhne mit Mutter angibt, aber dazu noch jeweils den Vatersnamen der Söhne: p mn s p mn mw.t=f t mn »Der Soundso, Sohn des Soundso, seine Mutter ist die Soundso.« Doch der Vater ist ja nach den Angaben des ältesten Bruders sicher, und es heißt zuvor ausdrücklich, daß der älteste Sohn die Namen der Kinder und ihrer Mutter nennen soll. Ich glaube daher, daß stellvertretend dreimal nur p mn mw.t=f t mn geschrieben stand. In den Tafeln der editio princeps ist Zeile 12 irrtümlich als zwei Zeilen aufgefaßt und gezählt (vgl. K. Donker van Heel, aaO 100). Eine Ergänzung nach x+IX, 11 ist nach verfügbarem Platz und Zusammenhang nicht möglich. Das tatsächlich dastehende bw-§r=w t§ d t šr.t 2 .t »man läßt die älteste Tochter nicht sagen« ist zu §w t šr.t 2 .t d zu korrigieren (vgl.¯ K. Donker van Heel, aaO 101). ¯
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Martin Andreas Stadler
wenn der älteste Sohn gegen ihn darüber klagt, und wenn (x+IX, 18) der jüngere Sohn sagt »Der nämliche Besitz, [mein Vater] ist es, der ihn mir gegeben hat, sagend: ›Nimm ihn für dich!‹«, dann wird man ihn schwören lassen: »Mein Vater ist der, der [mir diesen] Besitz gegeben hat, sagend: ›Nimm ihn dir.‹« (x+IX, 19) hWenn er schwört,i 53) dann gibt man [es] nicht seinem älteren Bruder. Wenn er nicht schwört, dann gibt man den Besitz seinem älteren Bruder, indem man ihn schreiben läßt über den Besitz [seines Vaters. Wenn es ein Mensch ist, indem (x+IX, 20) er keinen Besitz hat außer einem Haus, [hwirdi man das] Haus [teilen in] Anteile gemäß der Zahl der Kinder von ihm, die, die leben, und die, die [gestorben sind vor dem Tod ihres] Vaters – in Anwesenheit des ältesten Sohnes. (x+IX, 21) Und man wird einen zusätzlichen Anteil dem ältesten Sohn geben, um [voll zu machen] zwei [Anteile.] Und man wird einem jeden einzelnen von dem Rest der Nachkommen geben, welche er hat, gemäß diesem, was oben geschrieben ist. Wenn ein Mensch einem seiner Kinder schreibt »Du bist (x+IX, 22) mein ältester Sohn, ich habe dir alles gegeben, was ich habe«, wenn der Mensch stirbt, ohne daß er hfüri einen anderen geschrieben hat, können [seine] Brüder nicht gegen ihn klagen wegen eines Anteils (an) dem Besitz des Vaters. (x+IX, 23) Wenn ein Mensch stirbt, der ein Haus hat, und er nicht darüber für einen Sohn von ihm geschrieben hat, wenn der älteste Sohn das Haus verkauft an einen anderen Menschen, u[nd das Haus] drei Jahre unter dem Menschen ist, dem er es gegeben hat, (x+IX, 24) indem keiner gegen ihn geklagt hat, so daß [das] Haus für ihn (juristisch) rein ist, und wenn seine jüngeren Brüder 54) gegen ihren ältesten Bruder klagen: »Möge man uns Anteil an dem Haus unseres Vaters geben lassen.« Das Geld, über das der älteste Bruder (x+IX, 25) schwört: [»Das Geld …hca. 2 cmi…] Preis dieses Hauses. Ich habe nicht falsch darin gehandelt.« 55) Und die Summe des Geldes, über die er einen Eid ablegt, man verlangt sie (x+IX, 26) von ihm. Und man teilt sie (sc. die Summe) [in Anteile ge]mäß [der Zahl] der jüngeren Brüder. Wenn ein Mensch sein Haus verkauft (an) einen anderen Menschen, und das Haus 36 Monate unter ihm ist, und man ihm (x+IX, 27) einen Pachtvertrag darüber macht jährlich, indem die Pachtverträge […………………..] …, ohne daß ein Mensch geklagt hat dagegen und ohne daß man einen öffentlichen Protest gegen ihn gemacht hat, dann gehört das Haus dem, der es gekauft hat, außer bei (x+IX, 28) dem Haus, weswegen ein Mensch klagt [gegen einen Menschen:] »Es [gehört] nicht 56) dem, der [es] dir [ver]kauft hat.« Wenn es ein Haus ist, welches einem Menschen eingeschrieben ist im (x+IX, 29) Grundamt, 57) und ein anderer Mensch es ver[kauft] einem Menschen, der Mensch, dem es verkauft wurde, man läßt ihn nicht sagen: »Es ist für mich (juristisch) rein.« 53. 54.
55. 56. 57.
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Statt des irrtümlich geschriebenen §w=w t§ 2rq=f »man läßt ihn schwören« ist §w=f 2rq zu lesen (vgl. K. Donker van Heel, aaO 103). Bei K. Donker van Heel (in: aaO 105) wurde anders gelesen (p sn hm{.w} »le frère cadet«), ˘ einen Plural handeln doch der folgende Zusammenhang macht deutlich, daß es sich um muß, weshalb das ähnlich aussehende p tatsächlich n y=f ist und auch der Plural von hm ˘ (hm.w) ernstzunehmen ist. Ähnlich S. Grunert (in: aaO 87) freilich auch nicht ganz korrekt, ˘ er »die jüngeren Brüder« übersetzt. weil K. Donker van Heel (in: aaO 105) transliteriert hier md 2d n.§m=w … t §p (…), doch ist mt ¯ n 2d n-§m=w mtw t §p (…) deutlich geschrieben. ¯ bn-§w=f nach d wurde von K. Donker van Heel (in: aaO 105) nicht erkannt, ist aber trotz Beschädigung ¯zu sehen und auch wegen der Postnegation §n zu erwarten. Wörtlich »Ort der Urkunden«.
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Rechtskodex von Hermupolis
Der Mensch, dem zuerst eine Tochter (x+IX, 30) geboren wird, und dem danach ein Sohn geboren wird: Die Söhne sind die, die ihm einen ältesten Sohn ergeben. 58) Es gibt die Häuser, die erbaut werden aus Stein oder Ziegel, (x+IX, 31) um darin einen Menschen zu bestatten. Wenn keiner darin bestattet wurde, dann hat ihr Herr das Recht, sie zu verkaufen an einen anderen Menschen. Wenn man in ihnen bestattet, (x+IX, 32) ihr Herr hat nicht das Recht, sie zu verkaufen. Keiner kann sagen: »Der Besitz ist meiner, denn er gehörte meinem Vater.« Außer dem ältesten Sohn, denn er hat das Recht zu sagen: »Der Besitz, (x+IX, 33) er gehört mir, denn er gehörte meinem Vater.«
58.
D. h. nicht das erstgeborene Kind ist Haupterbe, sondern der erstgeborene Sohn, auch wenn er eine ältere Schwester hat.
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Hungersnotstele* Carsten Peust Bei der sogenannten Hungersnotstele handelt es sich um eine wie eine Stele gestaltete Felsinschrift, die, vom Nil aus gut sichtbar, in 32 Kolumnen auf der Ostseite eines hochgelegenen Granitfelsens an der Südspitze der Insel Sehel im Gebiet des ersten Nilkatarakts eingraviert ist. 1) Der Text wurde 1889 von Ch. Wilbour entdeckt, bald darauf von H. Brugsch publiziert und stieß aufgrund der Parallelen zum biblischen Bericht von der Hungersnot sogleich auf großes Interesse. Er ist im ganzen gut erhalten, wenn auch an einigen Stellen beschriebene Partien des Felsens abgesplittert und manche Schriftzeichen an unebenen oder rissigen Stellen im Stein undeutlich gearbeitet sind. Der Text ist wegen der Häufung gewählter Ausdrücke und Wortspiele sprachlich anspruchsvoll und an manchen Stellen nur unsicher übersetzbar. Über dem Text ist eine Opferszene angebracht, die den als Djoser bezeichneten König, von links herantretend, vor der aus Chnum, Satis und Anukis bestehenden göttlichen Triade von Elephantine darstellt. Während Djoser den Göttern einen Räucherarm entgegenhält, welcher die vom König garantierten Kulthandlungen symbolisiert, verspricht ihm Chnum-Re in einer Beischrift: »Ich bringe dir jedes Jahr den Nil zur rechten Zeit.« Der Text ist als Dekret des Königs Djoser, der herausragenden Gestalt am Beginn des ägyptischen Alten Reiches, an einen lokalen Beamten mit dem nichtägyptischen, vielleicht nubischen Namen Mesir gestaltet. Er läßt sich inhaltlich in vier Abschnitte gliedern: (1) die Schilderung einer siebenjährigen Hungersnot in Ägypten aufgrund einer unzureichenden Nilüberschwemmung, (2) Nachforschungen des Königs über das Wesen des Nils, wozu er sich an seinen berühmten Beamten Imhotep wendet, der den König über die Bedeutung der Stadt Elephantine, wo nach der ägyptischen Mythologie die Nilquellen lokalisiert waren, und ihren Gott Chnum aufklärt, (3) die Erscheinung des Chnum, der dem König im Traum ein Ende der Dürre verheißt, und (4) ein Dekret des Königs, der Chnum aus Dankbarkeit Steuer- und Zolleinkünfte aus dem Grenzland zwischen Ägypten und Nubien zusagt. Großen Raum nimmt im Text die Beschreibung der Region von Elephantine und der dort vorhandenen Bodenschätze ein. Die Datierung ins 18. Jahr des Djoser, die schon durch das Fehlen von Monat und Tag suspekt erscheint, würde nach der Chronologie von Beckeraths (J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, Mainz 1997, 187) etwa in die Mitte des 27. vorchristlichen Jahrhunderts fallen. Andererseits lassen die neomittelägyptische Sprachform des Textes, die Verwendung ptolemäischer Orthographie, die Ikonogra-
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Für wichtige Hinweise verschiedener Art danke ich herzlich Albrecht Endruweit (Göttingen), Waltraud Guglielmi (Tübingen), Jürgen Kraus (Göttingen), Heike Sternberg el-Hotabi (Göttingen) und besonders Matthias Müller (Göttingen), der mir ausführliche Kommentare zu einer ersten Version der Übersetzung zur Verfügung stellte.
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Hungersnotstele
phie des Bildfeldes und die ganze inhaltliche Ausrichtung keinen Zweifel daran, daß der Text einer sehr viel späteren Zeit, nämlich der Zeit der Ptolemäerkönige, entstammen muß. Dieser Widerspruch ist auf unterschiedliche Weise erklärt worden. K. Sethe (Dodekaschoinos, das Zwölfmeilenland an der Grenze von Aegypten und Nubien, Leipzig 1901, 25 f.) und noch entschiedener D. Wildung (Die Rolle ägyptischer Könige im Bewußtsein ihrer Nachwelt, Berlin 1969, 85-90) wollen in der Inschrift eine modifizierte Abschrift eines Dekretes sehen, das tatsächlich einmal von Djoser erlassen worden sei. Die Argumente für diese Frühdatierung bleiben allerdings schwach. Ernstzunehmende sprachliche Archaismen, die in das Alte Reich weisen würden, sind nicht vorhanden, und die ganze Anlage des Textes mit seinen Wortspielen und enzyklopädischen Listen verweist klar auf die kultätiologischen Mythen und kulttopographischen Listen, wie wir sie so häufig in den Tempeln der griechisch-römischen Epoche finden. Eine Reihe von Einzelheiten wie die vorausgesetzte Gottessohnschaft des Imhotep und die Schilderung der Selbstoffenbarung des Chnum sind so ebenfalls für einen Text des Alten Reiches undenkbar. H. Brugsch, der in seiner Monographie »Die biblischen sieben Jahre der Hungersnoth nach dem Wortlaut einer altägyptischen Inschrift« 1891 die Erstpublikation des Textes vorlegte, vertrat die Auffassung (96 f.), der Text sei von den begünstigten ptolemäerzeitlichen Chnumpriestern selbst verfaßt und in die größtmögliche Vergangenheit zurückdatiert worden, um ihm Autorität zu verleihen. Es würde sich damit um ein gefälschtes historisches Dokument nach Art der sogenannten Konstantinischen Schenkung handeln. Es ist mit Recht eingewandt worden, daß der Text als Fälschung zu plump und für einen Ägypter unglaubwürdig gewesen wäre. P. Barguet (La stèle de la Famine à Séhel, Le Caire 1953, 33-36), der aufgrund verschiedener Indizien eine Abfassung unter Ptolemaios V. favorisiert, denkt vielmehr an ein authentisches Dekret des Ptolemäerkönigs, der den Namen des Djoser nur als Pseudonym benutzt und das Dekret nach einer politisch instabilen Phase anläßlich der Wiedereingliederung der Grenzregion in seinen Machtbereich erlassen hätte. Wenn der Text mit Barguet wirklich in das 18. Jahr Ptolemaios V. zu datieren wäre, würde dies dem Jahr 187 v. Chr. entsprechen. Die Frage, wieso der Ptolemäer sich in der Inschrift nicht zu erkennen gegeben hätte, bleibt allerdings ohne überzeugende Erklärung. Da bei diesem Ansatz auch das Auftreten des Imhotep, der ja mit Djoser kontemporär war, undenkbar ist, versucht Barguet eine nicht unproblematische Übersetzung, nach der nicht Imhotep, sondern ein Priester desselben als Ratgeber des Königs fungiert. H. de Meulenaere (in: BiOr 14 [1957] 34) erwägt wieder eine andere Deutung und überlegt, ob es sich um ein Dekret nicht eines Ptolemäerkönigs, sondern des Mesir als eines den Ptolemäern feindlichen nubischen Lokalherrschers handeln könnte. Eine definitive Entscheidung über Autorschaft und damit auch Funktion des Textes muß vorerst offenbleiben. Die ägyptische Herrschaft über das Kataraktengebiet war in der Zeit der Ptolemäer bedroht und zeitweise ihrer Kontrolle entglitten. Daher muß a priori mit einer Abfassung sowohl durch einen Ptolemäer, einen nubischen Lokalherrscher oder auch eine nichtstaatliche Autorität gerechnet werden. Von dieser vorerst nicht bestimmten Autorität wird dem Gott Chnum das schwer schiffbare Kataraktengebiet an der Grenze zwischen Ägypten und Nubien, nämlich 209
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Carsten Peust
die sich auf zwölf ägyptische Meilen 1) erstreckende Region zwischen Elephantine und einem archäologisch nicht nachgewiesenen Ort namens Kms.t, zum Geschenk gemacht. Auch von Herodot (II 29) wird das Gebiet zwischen Elephantine und einem Takhompso¯, das mit Kms.t offenbar identisch ist, als geographische Größe von 12 Schoinen (der griechischen Entsprechung zur ägyptischen Meile) Ausdehnung erwähnt und ist hiernach in der Ägyptologie unter der Bezeichnung Dodekaschoinos bekannt geworden. Die »Schenkung« des Gebietes wird konkret als der Zufluß eines Zehntels der Erträge von Ernte, Jagd und Bergbau sowie eines Zehntels des Imports von Nubien nach Ägypten an den Tempel des Chnum spezifiziert. Bei diesem Zehntel handelt es sich wohl nur um einen Teil des gesamten Steuer- bzw. Zollaufkommens, das höher gewesen sein dürfte, 2) jedenfalls unter der Annahme, daß zum Zeitpunkt der Textabfassung das betreffende Gebiet überhaupt einer staatlichen Kontrolle unterstanden hat. Wir kennen denselben Topos aus späten Tempelinschriften aus Philä und Nubien, wo der Dodekaschoinos als Geschenk unterschiedlicher ptolemäischer Könige, römischer Kaiser sowie des nubischen Herrschers Ergamenes an die Göttin Isis von Philä in Erscheinung tritt. Ergamenes schenkt in einer Inschrift aus Dakke 3) der Göttin Isis in teilweise wörtlicher Übereinstimmung mit unserem Text das Gebiet »von Assuan bis Kms.t, bestehend aus 12 Meilen auf der Westseite und 12 Meilen auf der Ostseite, mitsamt dem, was in dem Land an Feldern (etc.) ist.« Wenn sich der Text auch formal die Gestalt eines juristischen Dokuments gibt, so enthält die fiktive Erzählung aus der Zeit des Djoser doch unverkennbar Züge, die man als literarische bezeichnen könnte. Die Schilderung des im Verfall der Tempel gipfelnden Chaos und die anschließende Wiederherstellung der Weltordnung durch den König folgen einem bekannten Topos, den wir z. B. in der großen Inschrift der Hatschepsut im Speos Artemidos, der Restaurationsstele des Tutanchamun (beide 18. Dynastie) und der großen biographischen Inschrift des Petosiris 4) wiederfinden. In all diesen Fällen liegt eine topische Verarbeitung politischer Ereignisse vor, indem die Regentschaft eines Fremdherrschers oder (im Falle der Inschrift des Tutanchamun) des Religionsfrevlers Echnaton als Chaos thematisiert wird, welches ein späterer rechtmäßiger König überwindet. Unser Text scheint einerseits die Regierungszeit Djosers, des ersten ägyptischen Pharao, von dem viel bekannte und bedeutende Bauten noch bis in die Gegenwart erhalten sind, als Herstellung der Weltordnung ätiologisch auszudeuten, könnte aber auch auf politische Wirren zur Zeit der Abfassung anspielen. Weiter ist die Erscheinung eines Gottes im Traum des Königs ein bekannter Topos in der ägyptischen Literatur (u. a. in der Sphinxstele Thutmosis IV. und der Bentresch-Stele; weitere Belege zitiert P. Vernus, Stichwort »Traum« in: LÄ VI, 745749), ebenso wie das Motiv, daß Gelehrte für den König etwas in den heiligen Schrif1. 2. 3. 4.
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Eine ägyptische Meile (jtrw) entspricht etwa 10,5 km. S. hierzu M. Lichtheim, The Naucratis Stela Once Again, in: Studies in Honor of George R. Hughes, Chicago 1976, 139-146. G. Roeder, Les temples immergés de la Nubie, Der Tempel von Dakke, Le Caire 1930, Bd. 1, 250 und Taf. 100. Übersetzt in TUAT II/4, 532 f.; frühptolemäisch.
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Hungersnotstele
ten nachschauen (z. B. Pap. Vandier, Pap. Westcar, Setna II). Schließlich sprechen die zahlreichen Wortspiele dagegen, daß es sich um einen bloßen Gebrauchstext handelt. Demnach ist die sogenannte Hungersnotstele sicherlich mehr als ein bloßes Steuerund Zolldekret. Es ist möglich, daß es sich primär um ein literarisches Werk handelt, das sich nur den äußeren Anschein eines Verwaltungsdokumentes gibt. Eine Parallele hierfür wäre die Reiseerzählung des Wenamun aus dem Neuen Reich (in: TUAT III/5, 912-921), die in ihrer formalen Gestaltung wie ein Aktenstück abgefaßt ist, von uns jedoch als eines der herausragenden Stücke der ägyptischen Literatur angesehen wird (zu dem Problem vgl. G. Moers, Fingierte Welten in der ägyptischen Literatur des 2. Jahrtausends v. Chr., Leiden 2001, 44-48). Die engste Parallele zur Hungersnotstele stellen allerdings zwei erst in jüngerer Zeit entdeckte, der römischen Kaiserzeit entstammende Papyri dar, nämlich pBerlin 23071 verso (in mittelägyptischer Sprache) und pWien D 6319 (in demotischer Sprache), 5) von denen offensichtlich einer aus dem anderen übersetzt ist, nach Meinung J. F. Quacks der demotische aus dem mittelägyptischen. Hier finden sich verschiedene Topoi aus der Hungersnotstele wieder, auch wenn sich wegen des fragmentarischen Erhaltungszustandes beider Textzeugen die Handlung nicht genau rekonstruieren läßt: Es ist die Rede von den zwei uralten Königen Neferkasokar (2. Dynastie) und Cheops (4. Dynastie), von verfallenen Tempeln und von dem Ausbleiben der Nilflut für sieben Jahre. In einem Traum bekommt der König den Auftrag, die Tempel und ihr Kultleben wiederherzustellen. Der Autor der Hungersnotstele scheint also auf einen in der spätägyptischen Literatur verbreiteten Motivzyklus zurückgegriffen zu haben. Die Parallele zur biblischen Erzählung von der Hungersnot hat immer eine besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen und auch die moderne Benennung des Textes bestimmt. In Gen. 41 wird erzählt, wie dem ägyptischen Pharao in einem Traum sieben fette und sieben magere Kühe erscheinen. Er läßt den inhaftierten Joseph rufen und sich von ihm den Traum deuten. Dieser prophezeit, daß sieben fette und danach sieben magere Jahre über Ägypten kommen würden. Der Pharao glaubt Joseph und setzt ihn zum obersten Verwalter des Landes ein. In den Folgejahren läßt Joseph vorsorglich große Mengen Getreide aufspeichern. Als dann tatsächlich sieben weltweite Hungerjahre kommen, verfügt Ägypten als einziges Land über ausreichend Getreide. Noch an einer weiteren Bibelstelle (2 Kön 8,1) ist von einer siebenjährigen Hungersnot die Rede, allerdings nicht mit Bezug auf Ägypten. Eine dreijährige Hungersnot wird ferner in 2 Sam 24,13 erwähnt. H. Brugsch (Die biblischen sieben Jahre der Hungersnoth, Leipzig 1891) ging davon aus, daß der Text eine Erinnerung an dieselbe Hungersnot über Ägypten bewahrt habe, die auch in der Bibel überliefert ist, und verstand ihn daher als eine Bestätigung des biblischen Berichtes. J. Vandier (La famine dans l’égypte ancienne, Le Caire 1936, 42 f.) entwirft ein konkreteres Bild, indem er die Motivvermittlung auf die seit der 26. Dynastie auf Elephantine ansässige bedeutende jüdische Kolonie zurückführt. Danach hätte der Autor 5.
G. Burkard, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 17 (1990) 107-133 und J. F. Quack, in: Enchoria 19/20 (1992/3) 125-129.
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Carsten Peust
von den jüdischen Kolonisten den biblischen Bericht über die siebenjährige Hungersnot kennengelernt und das Motiv in seinen Text übernommen. Die umgekehrte Entlehnungsrichtung vermutet H. Seebass, Gen 41 und die Hungersnotstele, in: ZDMG Supplement 4: XX. Deutscher Orientalistentag, Wiesbaden 1980, 137-139. Nach seiner Annahme hätte es eine ägyptische Tradition einer siebenjährigen Nildürre gegeben, welche von den jüdischen Kolonisten auf Elephantine aufgenommen, nach Palästina gebracht und dort in eine schon bestehende Josephserzählung eingearbeitet worden sei. C. H. Gordon (Sabbatical Cycle or Seasonal Pattern? in: Orientalia 22 [1953] 7981) bestreitet schließlich überhaupt einen direkten Zusammenhang. Er führt mehr oder weniger klare weitere Belege für siebenjährige Hungersnöte aus mesopotamischen und ugaritischen Quellen an und schließt daraus, daß es sich um ein gemeinaltorientalisches Motiv handele. Wir können aus dem Text ersehen, welche Vorstellungen sich die Ägypter der Ptolemäerzeit von ihrer eigenen Frühzeit machten. Wir finden die auch aus anderen Quellen bekannte Überlieferung 6) wieder, wonach der zur Zeit Djosers wirkende Beamte Imhotep die Steinbauweise erfunden hätte. In der Tat ist, wenn es auch schon vorher Steinkonstruktionen kleineren Ausmaßes gab, Djosers heute noch gut erhaltene Stufenpyramide in Saqqara der erste große Steinbau Ägyptens. Interessant ist ferner zu sehen, wie nach der Vorstellung des Autors zu Djosers Zeiten über das südliche Grenzgebiet Ägyptens noch kaum etwas bekannt gewesen wäre und der in Memphis residierende Pharao erst einer Aufklärung über die Bedeutung der Region durch den hochgebildeten Imhotep bedurft hätte. Literatur: P. Barguet, La stèle de la Famine à Séhel, Le Caire 1953 (BdE 24) (maßgebliche Textausgabe und -bearbeitung); H. Brugsch, Die biblischen sieben Jahre der Hungersnoth nach dem Wortlaut einer altägyptischen Felsen-Inschrift, Leipzig 1891 (Erstbearbeitung); H. Goedicke, Comments on the »Famine Stela«, San Antonio 1994 (Varia Aegyptiaca Supplements 5) (neue Monographie zum Thema mit allerdings teils zweifelhaften Textauffassungen); M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature. Volume III: The Late Period, Berkeley 1980, 94-103 (gute Übersetzung); J. Willeitner, Nubien. Antike Monumente zwischen Assuan und Khartum, München 1997, 80 f. (Farbphotographie der Inschrift und des Bildfeldes). (1) Im Jahr 18 des Horus Netjerichet (»der mit göttlichem Leib«), König von Ober- und Unterägypten Netjerichet, die beiden Herrinnen Netjerichet, Goldhorus Djoser (»der Heilige« o. ä.), unter der Leitung des Fürsten und Grafen, des Gouverneurs der südlichen (oder: königlichen) Domänen 7), Vorsteher der Nubier 8) in Elephantine, Mesir 9), brachte man ihm (Mesir) den folgenden königlichen Erlaß: »Du sollst wissen: Ich war betrübt (2) auf dem Thron, die Höflinge waren in Trauer, mein Herz war in sehr großem Leid, denn sieben Jahre lang war der Nil nicht zur rechten Zeit gekommen. Es gab zu wenig Getreide, das Korn war vertrocknet, und alles Eßbare
6. 7. 8. 9.
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D. Wildung, Imhotep und Amenhotep, Berlin 1977. Zum Titel »Gouverneur der Domänen« (hq hw.wt) mit weiterer Qualifikation s. H. de ˙ Meulenaere, in: BiOr 14 (1957) 33 f.; genau ˙in dieser Form ist er sonst nicht bekannt. Lies Stjw mit K. Sethe, Dodekaschoinos, Leipzig 1901, 21 Anm. 3. Ein nichtägyptischer Name.
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Hungersnotstele
war knapp. Jeder war (3) seines Einkommens beraubt, man trat in die Bewegungsunfähigkeit ein. Die Kinder weinten, die Jugendlichen strauchelten und die Alten waren traurig. Leute kauerten mit angewinkelten Beinen am Boden und hatten die Arme nach innen gekehrt. Auch der Hofstaat war in Not, die Tempel waren versperrt und die Heiligtümer staubbedeckt, 10) alles (4) fand man zerstört. Da gefiel es mir, mich dem »Ursprung« (wohl: dem Ursprung des Nils) zuzuwenden. Ich fragte einen, der der Gefolgschaft des »Ibis« 11) angehörte, nämlich den obersten Vorlesepriester Imhotep, den Sohn des Ptah-südlich-seiner-Mauer: 12) »Welches ist die Geburtsstätte des Nils? Was ist die Stätte, an der der »Gewundene« wohnt? Wer ist der Gott, der in seiner Gnade ist, so daß er mir beisteht?« 13) (5) Da antwortete er: 14) »Ich gehe ins ›Haus der Vogelfalle‹ 15), um (die Information?) zu sammeln, denn alle, die das tun, erlangen Gewißheit. 16) Ich will in das Lebenshaus 17) eintreten, die heiligen Schriften entrollen und mich an sie halten.« Er ging fort und kam alsbald zu mir zurück, um mich über die Nilüberschwemmung, die […] (6) und alles, womit sie versehen sind, zu informieren(?). Er enthüllte mir verborgene Wunder 18), zu denen (einst) die Vorfahren den Weg einschlugen, denen unter den Königen seit der Urzeit keiner mehr gleichgekommen ist. Er erklärte mir: »In der Mitte des Stromes liegt eine Stadt, die vom Nil umflossen wird, (7) mit Namen Elephantine. Sie ist der erste Ursprung, der erste Gau nach Nubien hin. Sie ist die Erhebung der Erde und der Hügel des Himmels, sie ist der Thron des Re, wenn er rechnet, 19) um jedem das Leben zu überweisen. Ihre Siedlung heißt ›Lebensfreude‹ 20), das Wasser heißt ›die beiden Höhlen‹. Es sind die beiden Brüste, die alles säugen, es ist das Schlafgemach (8) des Nils, in dem er sich zu seiner Zeit regeneriert, [und von dort bringt (o. ä.)] er die Flut(?). Wenn er gebiert 21), befruchtet er wie ein Mann, der mit einer Frau schläft, und er wiederholt es häufiger als ein Mann, der seinem Herzen freien Lauf läßt. 22) Er strömt mit 28 Ellen los 23) und fließt nach Balamun 24) (9) mit 7 El-
10. 11. 12.
13. 14. 15.
16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Wortspiel zwischen zhm »Heiligtum« und hm »Staub«. ˘ ˘ D. h. des Thot, des Gottes der Wissenschaften. Zur Stelle vgl. D. Wildung, Imhotep und Amenhotep, Berlin 1977, 150 f. Imhotep ist ein in der Zeit Djosers historisch belegter hoher Beamter und Vorlesepriester. Im späten Ägypten genoß er zunehmend göttliche Verehrung und wurde, wie auch in unserem Text, als Sohn des Ptah angesehen. hnm »sich gesellen zu«, Wortspiel mit Chnum. ¯Lies wohl 2h2.n-f hhri und vgl. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar, Oxford 1957, § 321. ˙ Hw.t-jbt.t; ˙ein Heiligtum des Thot im Gau von Hermopolis. Vielleicht ist hier aber auch ein ¯ ˙ sonst unbekanntes Heiligtum in der Residenz Memphis gemeint, wo die Unterredung stattgefunden haben müßte. Zum »Haus der Vogelfalle« s. jetzt D. Budde, in: GöMisz 191 (2002) 19-25. Durch die Aufklärung in den Schriften. Die Tempelbibliothek. bj 2j.t »Wunder« mit prothetischem j- wie im Koptischen. Gemeint ist das Berechnen der zugemessenen Lebensjahre. In der Spätzeit als Bezeichnung verschiedener Orte und Tempel belegt. sbh ist wohl eine sonst nicht belegte Ableitung von bh »gebären«. ¯ j 2j¯jb-f. Wortspiel zwischen hp »laufen« und h2pj (zeitgenössische Aussprache hp) »Nil«. ˙ ˙Gaus in der Nähe der Mittelmeerküste. ˙ Hauptstadt des 17. unterägyptischen
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Carsten Peust
len. 25) Dort ist Chnum als Gott [… (einige Wörter zerstört) …] seine Fußsohlen liegen in der Flut, 26) er hält die Riegel des Tores in der Hand und öffnet die Türflügel nach seinem Belieben. Er ist ewiglich dort als Schu. Man soll ihn den ›Obersten des Ufers‹ und den ›Vorsteher der Felder‹ nennen. 27) Er hat das Land von Ober- und Unterägypten vermessen, (10) um allen anderen Göttern ihre Anteile zu geben, 28) und er hat Gerste, [Emmer, Weizen (?)], Vögel, Fische und alles, wovon sie leben, gebracht. Er hat den Meßstrick und die Schreiberpalette, er hat den Ständer und das Winkelmaß (…) 29) als ›Oberster des Ufers‹ deswegen(?) und als einer, den Schu, der Sohn des Re, zum ›Obersten des Ufers‹ gemacht hat. (11) Sein Tempel ist nach Südosten geöffnet, 30) und Re erhebt sich täglich ihm gegenüber. Sein Wasser wütet an seiner südlichen Seite auf einer Länge von einer Meile, 31) es bildet jeden Tag eine Mauer unter den Nubiern. Im Osten seiner Siedlung gibt es ein Bergmassiv mit allerlei kostbaren Mineralien, allerlei Hartgestein aus Steinbrüchen und auch sonst allem, (12) was man braucht, um irgendwelche Tempel in Ober- und Unterägypten, Ställe für die heiligen Tiere, Königsgräber 32) oder irgendwelche Statuen, die in Tempeln und Gräbern stehen, herzustellen. Ihre gesamten Produkte legt man vor Chnum und in seinem Umkreis nieder, nebst (13) großen Sträußen von allerlei Blumen. 33) Was von Elephantine bis Bigge liegt, und was dort sowohl auf der östlichen wie auf der westlichen Seite liegt, und auch was inmitten des Flusses liegt und vom Nil bei seiner jährlichen Verjüngung 34) bedeckt wird, also der Wohnsitz aller Menschen, an dessen Ufern kann man die genannten Steine abbauen. (14) Was aber wie ein Fluß direkt gegenüber der Stadt Elephantine selbst 35) liegt, und in dessen Mitte es hoch aufragt, das ist sehr 36) schwer zugänglich. Man nennt es den ›Katarakt‹ 37) von Elephantine. 25. 26. 27. 28. 29.
30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37.
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Ähnliche Maße für Nilstände finden sich auch bei verschiedenen griechischen Autoren, vgl. St. Seidlmayer, Historische und moderne Nilstände, Berlin 2001, 61. Aufgrund der vorangehenden Zerstörung ist der syntaktische Zusammenhang unsicher. Die Fußsohlen des Chnum gelten in späten Tempeltexten als Quelle des Nils, s. H. Beinlich, Die Osirisreliquien, Wiesbaden 1984, 210. Zwei Verwaltungstitel. r rdj.t psš.w n ntr nb n-f. Es liegt die grammatische Konstruktion vor, die A. Erman (in: ZÄS 44¯[1907] 112) ¯beschrieben hat. Ich übernehme den Ansatz von P. Barguet (in: CEg 28 [1953] 223-227), nach dem hier Geräte für die Feldvermessung beschrieben werden. Zu sb »Winkelmaß« s. E. Edel, Beiträge zu den Inschriften des Mittleren Reiches in den Gräbern der Qubbet el Hawa, Berlin 1971, 21 f. Die letzten Worte sind unsicher und hier unübersetzt gelassen. Der Eingang des von Nektanebos II erbauten Chnumtempels auf Elephantine liegt nach Südosten, s. W. Niederberger, Elephantine XX. Der Chnumtempel Nektanebos’ II., Mainz 1999, 15. Das nicht schiffbare Kataraktengebiet südlich von Elephantine. Geschrieben mit einem Determinativ in Form der Stufenpyramide des Djoser. Man denkt hier an die übermannshohen sogenannten Stabsträuße. Wortspiel zwischen rnpj »sich verjüngen« und rnp.t »Jahr«. Laut K. Sethe (in: Dodekaschoinos, Leipzig 1901, 23 Anm. 5) soll ds-(s) »selbst« hier bedeu¯ ten, daß die engere Stadt und nicht die Region von Elephantine gemeint ist. Zu m d.t-f »sehr« s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon, Leuven 1997, 1250. ¯ Ich übernehme eine Idee von Francis Breyer (Basel, mündl. Mitteilung, Publikation in der Gedenkschrift Vycichl vorgesehen), der grf als eine Entlehnung aus der semitischen (u. a. aramäischen) Wurzel grf »überschwemmen« im Sinne von »Überschwemmungsgebiet, Katarakt« deutet. Andere denken hier an den von Herodot (II 28) als mythischen Ursprungsort des Nils erwähnten Berg Kro¯phi zwischen Assuan und Elephantine.
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Hungersnotstele
Namensliste der Götter, die in dem Tempel des Chnum sind: Satis, Anukis, Hapi, Schu, Geb, Nut, Osiris, Horus, Isis und Nephthys. Namensliste (15) der Steine, die dort in dem Grenzgebiet lagern, die sowohl auf der östlichen und westlichen Seite als auch [inmitten des Ni]ls auf Elephantine sind, und die in der Granitzone liegen, die sowohl innerhalb der östlichen und westlichen Seite als auch inmitten des Nils ist: Grauwacke, mt y, ¯ mhtbtb, r2gs, wtšy im Osten, prdn im Westen, tšy im Westen und innerhalb des Flusses. ˘ Die Namen der kostbaren¯ Mineralien aus den Steinbrüchen, die oberhalb hiervon (16) liegen, worunter einige (bis zu) vier Meilen landaufwärts liegen: 38) Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Lapislazuli 39), Türkis, Glasstein, roter Jaspis, Hämatit(?), Quarz(?), Beryll(?) 40) und tm-jqr; dazu kommen Feldspat, roter Ocker, Granat(?), (17) Anorthositgneis(?), Magnetit(?), Malachit 41), Bleiglanz 42), Karneol, Serpentin(?), mjmj und gelber Ocker, (das gibt es) an der genannten Stätte(?).« Da ich vernahm, daß es diese Dinge in ihr gab, freute(?) ich mich; als ich von der Überschwemmung hörte, öffnete ich die verschnürten Buchrollen, vollzog eine (rituelle) Reinigung, führte geheime Aufträge durch und richtete ein Opfer voll von Brot, Bier, Geflügel, Rindfleisch und (18) allen guten Dingen für die Götter und Göttinnen in Elephantine aus, damit ihre Namen ruhmvoll ausgesprochen wurden. Als ich darauf in Leben und Wohlergehen schlief, bemerkte ich, wie der Gott vor mir stand. Ich stimmte ihn mit einem Gebet friedfertig und flehte ihn in seiner Gegenwart an. Er offenbarte sich mir mit freundlichem Antlitz und sprach: »Ich bin Chnum, dein Schöpfer. Meine Arme sind hinter dir, um deinen Körper zu umschließen und um (19) deine Glieder gesund zu erhalten. Hiermit vertraue ich dir kostbare Steine über Steine an, die früher [nicht gefunden wurden o. ä.] und die noch nie verarbeitet worden sind, um Tempel zu bauen, Verfallenes wiederherzustellen, und um die Heiligtümer mit dem Namen ihres(?) Herrn zu kennzeichnen, 43) denn ich bin der Herr, der erschaffen hat, 44) und ich bin es, der sich selbst wieder erschaffen wird, der sehr große Urozean, der am Anfang entstanden ist, der Nil, der herbeiläuft, 45) (20) wann er möchte, der für die Menschen Arbeit verrichtet, der jeden zur rechten Zeit führt, der Göttervater Tatenen, der große Schu, der ›Oberste des Ufers‹. Es gibt zwei Quellöcher in dem Hohlraum, der sich unter mir befindet und in meiner
38. 39. 40. 41. 42. 43.
44. 45.
Es geht jetzt um Mineralien aus der Ostwüste. Oder blauer Kalzit, s. H. Goedicke, Comments on the »Famine Stela«, San Antonio 1994, 82. So S. Aufrère, Brgt (Stèle de la famine 16). Remarques sur des termes servant à désigner l’émeraude, le béryl et l’olivine, in: RdE 35 (1984) 23-30. Ein grüner Farbstoff. Ein schwarzer Farbstoff. Ich lese r b jtr.tj r rn nb-f. Die bisherigen Deutungsvorschläge für diese schwierige Stelle sind vielfältig, z. B. »l’Égypte désirera (à nouveau) faire ce qu’il convient de faire pour son maître« (J. Vandier, La famine dans l’égypte ancienne, Le Caire 1936, 137), »pour garnir d’incrustation les orbites (mot à mot: les niches) des yeux de leur possesseur« (E. Drioton, RAr 27 [1947] 101), »to avoid footsteps, I myself will act« (H. Goedicke, Comments on the »Famine Stela«, San Antonio 1994, 54). Wortspiel zwischen nb »Herr« und nbj »erschaffen«. Wortspiel zwischen h2pj »Nil« und hp »laufen«. ˙ ˙
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Nähe ist. 46) Ich kann (deine Fragen) erklären, 47) ich weiß, daß der Nil den Acker umarmen 48) wird in einer Umarmung, die das Leben mit (21) jeder Nase vereint, denn sobald der Acker umarmt wird, kann er aufleben. Ich verspreche, ich werde um deinetwillen den Nil herbeiführen ohne ein Jahr des Aufhörens oder Nachlassens irgendwo auf der Welt. Im Fruchtland wird es wachsen, man wird gebeugt gehen mit Mehl beladen. Renenutet 49) wird allem vorstehen und alles millionenfach bereitstellen. Ich werde veranlassen, daß deine Angehörigen sich füllen (22) und gemeinsam mit dir zulangen. Die Not wird vergehen, und der Mangel(?) wird aus ihren Kornspeichern verschwinden. Die Bewohner Ägyptens werden herbeigelaufen kommen, die Bewohner der Welt werden heiter sein, die Flut wird ausgezeichnet sein, und sie werden fröhlicher sein als je zuvor.« Da erwachte ich, mein Bewußtsein war in voller Bewegung und meine Müdigkeit beseitigt(?). Ich erließ (23) in der Gegenwart meines Vaters Chnum das folgende Dekret: »Ein königliches Opfer für Chnum-Re, den Herrn des Kataraktengebietes und Vorsteher von Nubien als Gegengabe für dies, was du für mich getan hast: Ich schenke dir M nw als deine westliche und B h.tt als deine östliche Grenze, 50) von Elephantine bis nach Kms.t 51), bestehend aus ¯12 Meilen auf der Ost- und der Westseite, bestehend aus Fruchtland, Wüste, (24) Nil und allen Stätten innerhalb der festgesetzten Meilen. Die Erntesteuer all derer, die die Felder bearbeiten, und der (…) 52), die alle Ufer und Hochäcker innerhalb der festgesetzten Meilen bewässern, soll in dein Vorratshaus eingezogen werden, zusätzlich zu (25) dem Anteil, den du in Elephantine(?) schon besitzt. Alle Fischer, alle Fallensteller, die angeln oder Vögel fangen, alle Jäger und alle, die in der Wüste auf Löwenjagd gehen, besteuere ich mit einem Zehntel des Ertrages von all diesen (sc. erbeuteten Tieren). Und alle Kälber, die von Muttertieren(?) innerhalb der festgesetzten Meilen geboren werden […] 53). (26) Man gebe Vieh mit Brandzeichen(?) bei jedem Brandopfer und jedem der permanenten täglichen Opfer, und man gebe ein Zehntel von dem Gold, Elfenbein, Ebenholz, Holz des Johannisbrotbaums, gelben Ocker, Karneol, Serpentin(?), djw-Pflanzen, Palmwedeln(?) 54), allen Holzarten und überhaupt allem, was die Nubier von hnthn-nfr 55) nach Ägypten bringen sowie auch all solche, (27) die unter der Aufsicht ˘von ˙irgendwelchen unter ihnen gehen. Es gibt an den genannten Orten keinerlei Gruppe, die von meinem Dekret ausgenom46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55.
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Das Verb hnm »jmdm. nahe sein, sich jmdm. zugesellen« spielt sowohl auf den Gottesnamen ¯ hnmw »Chnum« als auch auf das Wort hnm.t »Brunnen, Quelle« an. Die Rede ist von den ¯mythischen Nilquellen, die bei Elephantine ¯ angenommen wurden. Wörtlich »lösen«. Wortspiel zwischen h2pj »Nil« und hpt »umarmen«. ˙ ˙ Die Göttin der Ernte. M nw und B h.tt sind weit entfernt vorgestellte mythische Orte. Das geschenkte Gebiet erstreckt sich 12¯ Meilen entlang des Nils und quasi unbegrenzt nach Osten und Westen in die Wüste hinein. Ein archäologisch nicht identifizierter Ort in Nubien (Takhompso¯ bei Herodot), der 12 Meilen flußaufwärts von Elephantine liegen muß. Eine unklare Personenbezeichnung. Ein zerstörtes Wort, vielleicht ist r-mjt.t »ebenso« zu ergänzen. Siehe P. Grandet, Pap. Harris I, Paris 1994, Bd. 2, 209 Anm. 869. Eine nicht genau lokalisierbare nubische Region.
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Hungersnotstele
men wäre und davon, daß Güter von ihnen eingezogen werden; vielmehr ist der Besitz sicher unter der Kontrolle deines Tempels. Ich schenke dir das genannte Gebiet mit Felsen und mit dem guten Fruchtland, und es gibt dort keinen Hörigen(?), der etwas davon […]. (28) Vielmehr residieren dort deine eigenen Schreiber, königlichen Beauftragten und Aktenverwalter, die alles planen sollen, was die Goldgräber, die Schmiede(?), die Oberhandwerker, die Goldschmiede, die Gefangenen(?), (29) die Nubier, die Beduinenmannschaften und all die Zwangsarbeiter, wenn sie die besagten Steine produzieren werden, von Gold, Silber, Kupfer, Blei, […] 56), Körben(?) und Brennholz und von dem, was irgendwelchen bei ihnen Beschäftigten als Lohn ausgezahlt wird, 57) (30) von all diesem also als zehnten Teil abliefern sollen. Es soll auch ein Zehntel der wertvollen Mineralien aus den Steinbrüchen, die man von den Anhöhen(?) im Osten [und Westen] holt, abgeliefert werden. Schließlich soll es einen Aufseher geben, der die Quantität des Goldes, Silbers, Kupfers, der echten Edelsteine und aller übrigen Dinge bemißt, welche die Bildhauer für die Bildhauerwerkstätten benötigen, (31) um Götterbilder zu produzieren und um Statuen, die durcheinander geworfen wurden, wieder aufzurichten, sowie allen sonstigen Bedarf, der dort fehlen sollte. Das alles soll man in das Magazin geben, bis es wiederverwendet wird. Man soll alles in Erfahrung bringen, woran in deinem Tempel Mangel besteht, damit es wieder so werden kann, wie es ursprünglich war. (32) Dieses Dekret soll auf eine Stele an einem geweihten 58) Ort schriftlich kopiert werden, weil geschah, wie es versprochen wurde, sowie auf eine Schreibtafel, damit die Gottesworte auf ihr auch im Tempel stehen. 59) Wer es unrechterweise mißachtet, ist zu bestrafen(?). Die Vorsteher der Priester und die Vorsteher des gesamten Tempelpersonals sollen meinen Namen im Tempel des Chnum-Re, des Herrn von Elephantine, bis ans Ende der Ewigkeit 60) dauern lassen.«
56. 57. 58. 59.
60.
Ein unklarer Gegenstand. Auch derjenige Teil der produzierten Güter, der als Lohn an Arbeiter ausgezahlt wird, soll zuvor besteuert werden. Das hier verwendete Adjektiv dsr bildet auch die Grundlage für den Königsnamen Djoser. ¯ gab es also noch eine weitere Kopie. D. Wildung (Die Rolle Neben der uns vorliegenden Stele ägyptischer Könige im Bewußtsein ihrer Nachwelt, Berlin 1969, 86) vergleicht hiermit die Steleninschrift des Königs Kamose (17. Dynastie), von der uns auch eine Kopie auf einer Schreibtafel, der sog. Carnarvon-Tafel, erhalten ist. Ich lese r-dr nhh. ¯ ˙˙
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Der Vorfall des Rawer Carsten Peust Rawer1) lebte als hoher Beamter in der ersten Hälfte der 5. Dynastie (25. Jh. v. Chr.) in Memphis. Seine ausgedehnte Grabanlage in Giza, welche als einzigartige Besonderheit nicht weniger als 50 Statuenkammern mit zahlreichen Statuen und Statuenfragmenten von ihm besitzt, wurde 1929/30 von Selim Hassan ausgegraben und bald darauf veröffentlicht. Unter Rawers Titeln (S. Hassan, Excavations at Gîza, Bd. 1, Oxford 1932, 2 f.) finden sich solche, die seine Tätigkeit im Privatbereich des Königs hervorheben (»Königlicher Friseur«, »Vorsteher des königlichen Schmucks«, »Geheimnisträger des königlichen Ankleidezimmers«) sowie seine Beschäftigung mit Texten (»Vorlesepriester«, »Geheimnisträger der Hieroglyphentexte«). Auf einer Kalksteinstele in seinem Grab findet sich auch die folgende Inschrift, bestehend aus einer Kopfzeile (1) und zehn darunterliegenden, von rechts nach links laufenden Spalten (2 bis 11); am unteren Rand sind einige Zeichen beschädigt. Im Verlaufe einer Kulthandlung berührt der königliche Stab den als Priester amtierenden Rawer. Die Bedeutung dieses Vorfalles setzt der Text als selbstverständlich voraus; wir müssen erschließen, daß er eine Gefahr für Rawer darstellte. Der König verfügt jedoch, daß Rawer heil davonkommen solle, und daß diese Verfügung in Rawers Grab schriftlich festzuhalten sei. Man hat den Text meist als Beleg für die unnahbare Natur des Gottkönigs des Alten Reiches verstanden, wonach der Kontakt auch nur mit einem seiner Zeremonialgegenstände für Normalsterbliche eine große Gefahr bedeutet hätte. R. Gundlach (Der Pharao und sein Staat, Darmstadt 1998, 256) referiert den Vorfall so: »der König stößt während einer Zeremonie (…) mit dem Szepter versehentlich gegen den Fuß des Beamten, der daraufhin eigentlich tot umfallen müßte; denn das Szepter des Königs ist, wie alle Gegenstände, die er trägt, magisch ›aufgeladen‹«. Der Pharao hätte Rawer demnach quasi durch einen Gegenzauber vor Unheil bewahrt. Demgegenüber schlägt J. P. Allen (Re¯2wer’s Accident, 1992) eine religiös weniger aufgeladene Interpretation vor. Nach Allen wäre Rawer während der feierlichen Zeremonie über den Stab des Königs gestolpert und hätte möglicherweise »scattered the royal accoutrements he was presumably carrying« (aaO 17). Der König hätte dann großmütig auf eine Bestrafung Rawers für sein Mißgeschick verzichtet. Eine Entscheidung zwischen beiden Interpretationen ist vorerst nicht möglich. Was in jedem Fall bleibt, ist die Tatsache, daß der König angesichts eines Zwischenfalles spontan ein Dekret zur Rettung des Rawer erließ, das später in schriftlicher Form verewigt wurde. Der Text hebt auch die Bedeutung der Schrift im Ägypten des dritten vorchristlichen Jt. hervor.
1.
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Die Übersetzung des Namens lautet »Re (Sonnengott) ist groß«. In der 5. Dynastie erreichte der Kult des Sonnengottes eine besondere Bedeutung (Bau der Sonnenheiligtümer von Abusir).
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Der Vorfall des Rawer
Literatur: J. P. Allen, Re¯2wer’s Accident, in: A. B. Lloyd (ed.), Studies in Pharaonic Religion and Society in Honour of J. Gwyn Griffiths, London 1992, 14-20 (maßgebliche neuere Übersetzung mit Erläuterungen); S. Hassan, Excavations at Gîza, vol. 1 (1929-1930), Oxford 1932, 1-61 (Erstpublikation des Grabes und der Inschriften); S. Hassan, Rapport général sur les fouilles de l’université égyptienne aux pyramides de Guizeh, in: CEg 6 (1931) 271-274 (zur Bedeutung des Grabes); K. Sethe, Urkunden des Alten Reiches, Leipzig 1933, 232 (Textpublikation nach Neukollation; gegenüber S. Hassan ist ein Zeichen mehr erkannt, aber die Wiedergabe insgesamt paläographisch weniger genau).
Der König von Ober- und Unterägypten Neferirkare war als unterägyptischer König erschienen an dem Tag, als das Vordertau des Gottesschiffes ergriffen wurde. 2) (2) Während der Sem-Priester Rawer in seiner Würde (3) eines Sem-Priesters und eines »Zuständigen für das Ornat (o. ä.)« 3) (2) vor den Füßen Seiner Majestät stand, (3) stieß der ms-Stab 4), (4) welchen Seine Majestät in der Hand hielt, dem Sem-Priester Rawer gegen das Bein. Seine Majestät sagte zu ihm: (5) »Du sollst heil davonkommen«, so sprach Seine Majestät. Außerdem sprach Seine Majestät: »Der Liebling [Meiner Majes]tät (6) soll ganz heil davonkommen. Es hat keinen Schlag auf ihn gegeben. 5)«, denn er stand bei Seiner Majestät in höherem An[sehen] (7) als jeder andere Mensch. Seine Majestät befahl, (es) s[chriftlich(?)] (8) in seinem Grab, das in der Nekropole ist, anzubringen. Seine Majestät ließ eine Urkunde darüber [anfertigen], (10) die im Palastgarten(?) (9) in der Gegenwart des Königs persönlich geschrieben wurde, (10) damit (später) entsprechend dem, was ges[agt wurde], (11) in seinem Gebäude in der Nekropole (d. h.: Rawers Grab) (10) eine Inschrift angebracht werden konnte. (1)
In Rawers Grab befinden sich noch Reste einer weiteren Inschrift autobiographischen Inhalts (publiziert bei K. Sethe, Urkunden des Alten Reiches, Leipzig 1933, 233 f.; bisher einzige Übersetzung bei A. Roccati, La littérature historique sous l’ancien empire égyptien, Paris 1982, 101). Hier lesen wir: […..] (5) [….. ich sagte 6) nie (o. ä.) irgend]etwas Schlechtes über jemanden gegenüber [dem König] oder seinen Dienern, sondern ich suchte alles Gute heraus […..] (6) […..] sie dankten mir, denn sie wußten […..] (7) […..] ich beschützte den König, meine Stadt und die, die dort woh[nten] einschließlich(?) der Frau[en] (8) […..] in dem Amt, das ich ausübte […..]
2. 3. 4. 5. 6.
Ein Ritual. J. P. Allen (Re¯2wer’s Accident, 17) vermutet, daß es sich um einen Teil der Krönungsfeierlichkeiten für Neferirkare gehandelt haben könnte. D. Jones (An Index of Ancient Egyptian Titles, Epithets and Phrases of the Old Kingdom, Oxford 2000, Bd. 1, 325) übersetzt »he who is in charge of the handkerchief/ towel«. Eine nicht näher bestimmbare Art Stab oder Szepter. Oder mit J. P. Allen, Re¯2wer’s Accident, 18: »Er soll nicht (zur Strafe) geschlagen werden.« Noch anders B. Gunn, in: JEA 34 (1948) 28. Ein anderer Ergänzungsvorschlag bei N. Kloth, Die (auto-)biographischen Inschriften des ägyptischen Alten Reiches: Untersuchungen zu Phraseologie und Entwicklung, Hamburg 2002, 104.
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IV. Texte aus Iran
Heidemarie Koch Das Gebiet des heutigen Iran gehört zu den frühesten Kulturlandschaften. Bereits ab etwa 6000 v. Chr. hatten sich dort städtische Zentren herausgebildet. In der Frühzeit ist vor allem die Stadt Susa hervorzuheben, über die wir durch die seit dem Ende des 19. Jh. stattfindenden Ausgrabungen der Franzosen besonders gut unterrichtet sind. Wie in Mesopotamien gab es zunächst nur einzelne Stadtstaaten, die aber durch regen Handel miteinander verbunden waren. Zumindest seit dem Beginn des 2. Jt. v. Chr. schlossen sich diese zu einem Reich zusammen, das Sumerer und Akkader »Elam« nannten. Oft schrieben sie statt dessen auch die sumerischen Wortzeichen KUR.NIM, die »das obere Land« bedeuten. Dabei dachten sie wohl an die ausgedehnten Berglandschaften, die sich, von Mesopotamien aus gesehen, nach Osten hin erstreckten. Die Elamer selbst nannten ihr Land »Haltamt« oder »Haltamti«, was vermutlich als »das Land des Herrn« zu übersetzen ist. Das im Hochland der Persis gelegene Anšan wurde die zweite bedeutende Stadt neben Susa. Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen der 1. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. wurde auch das elamische Reich so geschwächt, daß es den Untergang des assyrischen Reiches nicht lange überlebte. Meder und Perser waren seit dem 2. Jt. v. Chr. von Norden her in das elamische Reich eingewandert. Von dieser ihrer neuen Heimat aus gründeten die Perser im 6. Jh. v. Chr. das erste Weltreich der Geschichte, das nunmehr die alten Königreiche des Vorderen Orients mit umfaßte. Neue Hauptstadt wurde Persepolis, und die Könige nannten sich nach ihrem Stammvater Hacha¯maniš (»der mit Gemeinschaftssinn«) Achämeniden.
1. Susa (4.-2. Jt. v. Chr.) H. J. Nissen/P. Damerow/R. K. Englund, Frühe Schrift und Techniken der Wirtschaftsverwaltung im alten Vorderen Orient. Informationsspeicherung und -verarbeitung vor 5000 Jahren (1990). Für alle Phasen der elamischen Sprache grundlegend: W. Hinz/H. Koch, Elamisches Wörterbuch, Teil I und II (AMI Ergbd. 17 [1987]).
In Susa gefundene Siegelabdrücke und Siegel, sehr oft mit kultischen Darstellungen, zeigen, daß es im iranischen Raum bereits seit etwa 4000 v. Chr. eine Verwaltung gegeben und daß diese engstens mit einem Tempel in Verbindung gestanden hat. Im Laufe des 4. Jt. finden sich in Susa in großem Maße und mit einer erheblichen Varia221
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Heidemarie Koch
tionsbreite Tonbullen und Symbolsteinchen, die die unmittelbaren Vorstufen zur Schrifterfindung darstellen. Eindeutig als Verwaltungstäfelchen anzusprechende Dokumente sind aus der Zeit um 3300 v. Chr. in Susa zutage gekommen. Etwa zur gleichen Zeit finden sich auch in Uruk, im benachbarten Mesopotamien, die frühesten schriftlichen Dokumente. Doch weisen diejenigen aus Susa bereits einen höheren Abstraktionsgrad der Schrift auf. Diese frühen Verwaltungstäfelchen sind allerdings bisher noch nicht zu lesen, ja, es ist nicht einmal gesichert, in welcher Sprache sie geschrieben worden sind. Doch spricht einiges dafür, daß es sich um das Elamische handelte, eine Sprache, die zumindest – ab der Mitte des 3. Jt. nachweisbar – in weiten Teilen der iranischen Gebiete benutzt worden ist. Sie hat allerdings keinerlei Beziehungen zu anderen uns bekannten Sprachen, und ihr Verständnis bereitet daher bis heute hin Probleme. Obwohl die Elamer bei der Verwaltung und der Erfindung der Schrift Vorreiter waren und zeitweilig große politische Bedeutung für den gesamten Vorderen Orient hatten, haben sich Verwaltungs-Belege, die uns verständlich sind, erst aus relativ später Zeit erhalten. Aus der 1. Hälfte des 2. Jt. v. Chr., einer Epoche weitreichenden politischen Einflusses der Elamer, fanden sich in Susa Rechtstäfelchen, die indessen in Akkadisch abgefaßt sind. 1) Das gilt auch für mehrere tausend Verwaltungstäfelchen des 14. Jh. v. Chr. aus Haft Tepe, von denen bisher nur recht wenige publiziert sind. 2) Offenbar war diese im gesamten Alten Orient verbreitete Sprache auch im elamischen Bereich über Jahrhunderte hin die Verwaltungssprache, vergleichbar unserem mittelalterlichen Latein.
2. Anšan (2. Jt. v. Chr.) M. W. Stolper, Texts from Tall-i Malyan I. Elamite Administrative Texts (1972-1974) (Occ. Publ. of the Babylonian Fund 6, Philadelphia 1984); Sigel der Täfelchen: M.
Früheste verständliche Verwaltungs-Täfelchen in elamischer Sprache stammen aus Anšan (heute Tall-e Malyan, 43 km westlich von Persepolis), der im 2. Jt. v. Chr. neben Susa wichtigsten Stadt. Die Herrscher nannten sich während dieser Periode »König von Susa und Anšan«. Die erhaltenen Täfelchen, die als einzige einen Einblick in die mittel-elamische Verwaltung bieten können, sind ans Ende des 2. Jt. v. Chr. zu datieren. Zwei Gruppen, die in zwei verschiedenen Gebäuden gefunden worden sind, befassen sich zum einen mit Metallen, zum anderen mit Tieren, deren Häuten und der Versorgung mit Lebensmitteln. Es wird also deutlich, daß hierfür verschiedene Abteilungen der Verwaltung zuständig waren. M 42: 15 Minen 3) Kupfer zur Einfassung eines großen Hornes, um es aufstellen zu können. 1. 2. 3.
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Sie sind von V. Scheil publiziert: MDP 22 (1930) (Nr. 1-165); 23 (1932) (Nr. 166-327); 24 (1933) (Nr. 328-395); 28 (1939) (Nr. 396-551), aber noch nicht bearbeitet worden. E. Reiner, AfO 24 (1973) 87 ff.; P. Herrero, DAFI 6 (1976) 93 ff.; E. O. Negahban, Excavations at Haft Tepe, Iran (Univ. Museum Monograph 70, Philadelphia 1991). MA.NA = 1 Mine (1 Pfund) = 60 Schekel, GÍN = 1 Schekel (8 1⁄3 g).
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Texte aus Iran
Hörner spielten seit frühesten Zeiten im Kult eine wichtige Rolle, schmückten z. B. auch die Tempel. M 1: 3 Minen (und) 8 Schekel Gold für eine Statue. Verfügungsberechtigt: Tempipi, 5. Monat, 12. Tag. M 3: 33 Schekel Gold sind, um damit drei Statuen glänzend zu machen, abgewogen und empfangen worden. Verfügungsberechtigt: Tempipi, 6. Monat 4), 15. Tag. Es werden fast immer Daten angegeben, aber keine Regierungsjahre.
3. Susa (1. Jt. v. Chr.) Publiziert: V. Scheil, MDP 9 (1907) und MDP 11 (1911) 89 ff. Bearbeitung: Ju. B. Jusifov, Elamskie chozjajstvennye dukumenty iz Suz. Transkripcija, perevod i kommentarij [»Die elamischen Wirtschaftsurkunden aus Susa. Umschrift, Übersetzung und Kommentar«], in: VDI 84 (1963/2) 191-222; (1963/3) 200-261; W. Hinz, Zu den Zeughaustäfelchen aus Susa, in: FS W. Eilers. Ein Dokument der internationalen Forschung zum 27. September 1966 (1967) 6696; ders., Elams Übergang ins Perserreich, in: Transition Periods in Iranian History. Actes du Symposium de Fribourg-en-Brisgau (22-24 Mai 1985), StudIr Cahier 5 (1987) 125-134.
Nach einer weiteren großen Lücke kommen die frühesten Täfelchen des 1. Jt. v. Chr. wiederum aus Susa. Es handelt sich um etwa 300 Belege, die aus der Verwaltung eines Zeughauses stammen. Verbucht sind auf ihnen Einnahmen und Ausgaben in Form von Gewändern, Decken, Köchern und dergleichen. Aufgrund einiger historisch einzuordnender Vermerke können sie vielleicht in die Zeit um 685 v. Chr. datiert werden. Interessant ist, daß unter den Personen, die offenbar als Steuerabgaben Gewänder und ähnliches abliefern, einige mit persischen Namen auftreten. Um diese Zeit müssen die Perser also bereits in der Gegend um Susa und wohl auch im Hochland der Persis ansässig gewesen sein, das ihre neue Heimat werden sollte und von wo aus sie dann das erste Weltreich der Geschichte begründeten. Dieses war ganz entscheidend das Verdienst von Kyros d. Gr. (559-530 v. Chr.) und dann seines Neffen Dareios d. Gr. (522-486 v. Chr.). Beide Familien führten sich auf einen gemeinsamen Stammvater Achämenes (altpers. Hacha¯maniš) zurück, nach dem dann auch die gesamte Dynastie als Achämeniden bezeichnet wird. S 14: 3 Vorhänge nach Meder-Art für den Palast für Türen ausgehändigt. 5. Monat, Susa. Von medischen Fabrikaten ist mehrfach die Rede. Dies bezeugt somit rege Handelsverbindungen. S 110: (1) 3 ganz weiße Obergewänder (2) (aus) Baumwolle von Humbandada, (3) desgleichen von Vrdvanta, (4) desgleichen von Napupu (5) gemäß Vorschrift als Steuersoll, (6) 1 blaues Obergewand für ein Holzbildwerk (7) von Napupu als Steuersoll abgeliefert, (8) 1 braunes Gewand (und) (9) 1 buntes Obergewand RS (1) zusammen erhielt Pa¯jram. (2) 1 gelbes Gewand (und) (3) 1 ganz weißes Obergewand (4) zusammen (er4.
la-lu-be; zu den mittel-elam. Monatsnamen und ihrer Zuordnung s. E. Reiner in Negahban (o. Anm. 2).
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hielt) Ataten, der zu Pa¯jram gehört. (5) 5 blaue Obergewänder, (6) [x] bunte [Obergewän]der, (7) [x] braune [Gewän]der (8) (erhielt) Hada¯spa in Ku[x]. (9) [Alle Sa]chen sind aus der Verfügung des Ku(10) takaka zu entnehmen. Hier treten gleich zwei Perser auf. Vrdvanta liefert ebenso wie zwei Männer mit elamischem Namen Gewänder als Steuersoll ab, was auch ausdrücklich gesagt wird. Pa¯jram dagegen bekommt aus den Beständen einen Satz Oberbekleidung zugeteilt, bestehend aus dem knielangen Gewand mit langen Ärmeln (elam. tuk-li) und dazugehörigem Obergewand (elam. ku-uk-tu4); in gleicher Weise wird einer seiner Leute ausgestattet, der aber einen elamischen Namen trägt (RS Z. 4).
4. Persepolis-Archiv (509- ~458 v. Chr.) R. T. Hallock, Persepolis Fortification Tablets (OIP 92 [1969]). Sigel PF (für die dort aufgenommenen Täfelchen); ders., DAFI 8 (1978) 109 ff. Sigel PFa (für die dort publizierten Täfelchen). H. Koch, Verwaltung und Wirtschaft im persischen Kernland zur Zeit der Achämeniden (TAVO Beih. Reihe B Nr. 89, 1990; mit Indices aller Namen), hier abgekürzt als VW; dies., Achämeniden-Studien (1993), hier abgekürzt: AchStud.
Für die Achämenidenzeit ist die Fundsituation besser. Bei den Grabungen des Oriental Institute der Universität Chicago unter Leitung von E. Herzfeld sind in den Jahren 1933/34 etwa 30000 Tontäfelchen in einem Turm im Nordosten der Befestigungsmauer von Persepolis, der von Dareios d. Gr. (522-486 v. Chr.) neu gegründeten Hauptstadt des persischen Großreiches, gefunden worden. Davon sind etwa 6000 mehr oder weniger vollständig. Sie stammen aus dem Verwaltungsarchiv dieses Königs und sind datiert in die Jahre 509-494 v. Chr. Publiziert sind indessen bisher nur gut 2000 Exemplare. Eine weitere Gruppe von gut 750 Täfelchen wurde 1936-38 im Schatzhaus in Persepolis gefunden, datiert in die Jahre 492-458 v. Chr. Von ihnen sind 84 publiziert (s. Nr. 4.9). Alle diese Täfelchen sind in elamischer Keilschrift und elamischer Sprache abgefaßt, 5) da die Perser als aus dem Norden zugewandertes Nomadenvolk bis zu diesem Zeitpunkt über keine eigene Schrift verfügten.6) Der persische Großkönig nutzte also für die Verwaltung seines Reiches die jahrtausendealte Erfahrung seiner elamischen Untertanen. Diese Verwaltungstäfelchen sind – neben den offiziellen Inschriften der Könige – die einzigen Originalquellen aus dem achämenidischen Großreich. Sie repräsentieren allerdings nur einen Teilbereich der Verwaltung, und zwar die Verwaltung der Naturalien. Dennoch gewähren sie nicht nur einen Einblick in die perfekt organisierte Verwaltung, sondern sie vermögen darüber hinaus auch Auskünfte über verschiedenste Bereiche des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens zu geben. Mitglieder des Kö-
5. 6.
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Mit Ausnahme einiger weniger, die in Aramäisch geschrieben sind, bzw. aramäische Beischriften tragen. Eine solche hat erst König Dareios schaffen lassen, und ihre Entstehung ist am Monument von Bisotun gut nachzuvollziehen, s. R. Borger/W. Hinz, Die Behistun-Inschrift Darius’ des Großen, in: TUAT I/4, 419-450.
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nigshauses sind aktiv an dieser Verwaltung beteiligt. Eine Fülle an Beamten in den verschiedensten Aufgabenbereichen tritt auf, hinzu kommen die für die Ausführung der einzelnen Arbeiten eingesetzten Arbeiter, darunter auch viele Fremdarbeiter. Steuerabgaben in Form von Naturalien werden eingesammelt und deponiert und dann teilweise für die Versorgung von Arbeitern oder als Saatgut wieder ausgegeben. Priester geben nicht nur einen Hinweis auf die Verehrung verschiedener Götter, sondern sie sind zudem in der Verwaltung tätig. Allerdings ist es nicht ganz einfach, zu diesen Erkenntnissen zu gelangen. Denn die einzelnen Belege sind in der Regel recht kurz. Erst wenn man möglichst viele miteinander in Verbindung bringen kann, lassen sich auch allgemeinere Aussagen machen. Greift man sich also ein beliebiges Täfelchen heraus, so blickt man zunächst auf die dort genannten Namen. Von einer Person ausgehend, fragt man dann: – Kommt diese Person noch häufiger vor? Handelt es sich dabei wirklich immer um dieselbe Person oder ist nur zufällig der Name gleich? Leider werden nur selten Vatersnamen angegeben, die eine Zuschreibung sichern könnten. – Welche weiteren Personen werden im Zusammenhang mit der Ausgangs-Person genannt? – Welche Orte werden im Zusammenhang mit dieser Person genannt? – Besitzt die Person ein eigenes Siegel? – Welche Siegelabdrücke und damit bestimmte Personen kommen im Zusammenhang mit dieser Person, bzw. ihrem Siegel, vor? Diese Fragen müssen dann in gleicher Weise auch zu den jeweils in dem Zusammenhang auftretenden weiteren Personen, Orten und Siegelabdrücken gestellt werden. Doch lohnt sich die aufgewandte Mühe, da sich auf diese Weise viele kleine Mosaiksteinchen zu einem recht lebendigen Bild des Lebens im Achämenidenreich zusammenfügen lassen.
4.1 Die Poststraße H. Koch, AMI 19 (1986) 133-147.
Recht anschaulich kann man z. B. die Vorgänge auf Reisen nachvollziehen. Bereits die Zeitgenossen rühmten das persische Straßennetz, das weit voneinander entfernt liegende Orte miteinander verband und wohl eine wesentliche Voraussetzung für das gute Funktionieren der achämenidischen Verwaltung war. Der griech. Schriftsteller Herodot (V 52-54, 5. Jh. v. Chr.) berichtet von der sog. Königsstraße, die von Sardes, der Hauptstadt der Satrapie Lydien an der Westküste Kleinasiens, nach Susa führte. Sie sei 450 persische Parasangen, also 2684 km, lang und in 111 Etappen unterteilt gewesen. Das ergibt eine durchschnittliche Entfernung von 24 km zwischen den einzelnen Stationen. Diese Entfernung kann man wohl auch für die anderen Straßen zugrundelegen, und sie ist für Kamelkarawanen gut an einem Tage zurückzulegen. Herodot läßt die Straße in Susa enden. Durch die in Persepolis gefundenen Täfelchen können wir aber nun erkennen, daß ihr vielleicht wichtigster Abschnitt, zumindest ein sehr verkehrsreicher, erst dort seinen Ausgangspunkt nahm. Da der König sich 225
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jedes Jahr viele Monate in Susa aufhielt, 7) herrschte ein reger Botenverkehr nach Persepolis, der neuen Hauptstadt und damit der zentralen Verwaltungsstelle des Großreichs. Gesandtschaften, die aus entfernten Teilen des Reiches kamen, mußten von dort nicht selten zu dem jeweiligen Aufenthaltsort des Königs weiterziehen, und viele weitere reisten aus den verschiedensten Gründen diese Straße entlang. Nehmen wir ein Beispiel heraus: PFa 26: 99 l 8) Mehl, Verfügung des Karva, hatte einer namens Bauxšavı¯ra erhalten als Wegzehrung für 33 Kamele, für je 1 erhielt er 3 l täglich. Von Susa ist er nach Xva¯daicˇya gezogen. 2. Monat [22. Jahr] 9). Das Täfelchen allein besagt recht wenig. Doch stellt man es in der oben beschriebenen Weise in den allgemeinen Zusammenhang, so ergibt sich, daß der Beamte Karva an einer Poststation tätig war, und zwar in dem Orte Krdušum, der bereits im Tiefland der Susiana lag (s. Abb. 1). 10) Ihm dürfte das Siegel Nr. 21 gehört haben. 11) Die ihm zuzuordnenden Belege sind nur aus dem 21. und 22. Jahr des Königs Dareios (501/ 500 v. Chr.) erhalten. Für eine Poststation spricht allein schon die Tatsache, daß Mehl ausgegeben wird. Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen es sich um hochgestellte Persönlichkeiten handelt, erhielten Arbeiter und Angestellte Gerste als Rationen, die sie dann nach ihren Wünschen für den Verbrauch weiter zubereiten mußten. Anders ist dieses auf Reisen, dort erhalten alle in der Regel Mehl, woraus dann leichter und schneller Brotfladen oder Gerstenspeisen hergestellt werden konnten. Interessant ist es, daß dieses in unserem Beispiel sogar für Kamele gilt. Jedes von ihnen erhielt 3 l am Tag, das ist immerhin die dreifache Menge von dem, was einem einfachen Arbeiter zustand. Ob diese Kamele, für die Bauxšavı¯ra zuständig war, als Lasttiere dienten, wird leider in dem Täfelchen nicht erwähnt. Doch begegnet er mit ihnen noch einmal auf demselben Wege, aber an einer anderen Poststation, wo er dieselbe Menge für sie in Empfang nimmt (PF 1786). Allerdings findet sich ein Unterschied. Während es auf unserem Beispiel heißt, er reise von Susa nach Xva¯daicˇya, steht dort statt dessen von Susa nach Persepolis. Dieselbe Beobachtung kann man noch bei einer Reihe weiterer Täfelchen machen. Daraus geht hervor, daß Xva¯daicˇya in unmittelbarer Nähe von Persepolis gelegen haben muß, wobei beide eng miteinander verbunden waren. Es könnte sich um eine Siedlung in der Ebene von Persepolis gehandelt haben, die dort bereits vor der Gründung von Persepolis durch Dareios d. Gr. Bedeutung hatte. 12) 7. H. Koch, AchStud. 61 ff. 8. Maße und Gewichte erscheinen als: 1 Artabe (GIŠ.ir-ti-ba, altpers. *rdba-) = Hohlmaß, das 3 BA´N entsprach, 1 BA´N = 10 qa, wobei 1 qa wohl 0,97 l ausmachte. Das Flüssigkeitsmaß mar-ri-iš umfaßte ebenfalls 10 qa. Wegen der besseren Übersichtlichkeit wird hier 1 qa immer aufgerundet als 1 l wiedergegeben, entsprechend werden die übrigen Maßangaben in Liter umgerechnet. 9. Das Jahr kann mit Sicherheit ergänzt werden, da dieser Beleg noch einmal in der Abrechnung für 2 Monate erscheint, s. u. PFa 29:48. 10. Eine gründliche Untersuchung, aus der sich die Zugehörigkeit der einzelnen Orte zu Verwaltungsbezirken und ihre ungefähre Lage ergibt, findet sich in: H. Koch, VW. 11. R. T. Hallock hat die Siegel, die auf den von ihm publizierten Täfelchen vorkommen, nach der Häufigkeit ihres Auftretens numeriert, wobei Nr. 1 am zahlreichsten vertreten ist. 12. Genaueres zu diesem Ort s. H. Koch, VW 25 ff.
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Woher wußte nun Karva, wieviel an Mehl er für die Kamele ausgeben durfte? Zu diesem Zwecke legte Bauxšavı¯ra bei seiner Ankunft in der Poststation eine gesiegelte Urkunde vor, eine Art »Reisepaß«. Dort war zum einen angegeben, wieviel er selbst und die Kamele zu erhalten hatten. Außerdem war die Strecke vermerkt, die er zurücklegen mußte, was ja auch auf dem Beleg-Täfelchen angegeben ist. Wichtig war außerdem, wer ihn zu dieser Reise autorisiert hatte. Auch diese Angabe wird häufig auf den Täfelchen vermerkt (s. u. PFa 29). Nicht nur für die Reisenden, sondern überhaupt für alle von der Krone zu Versorgenden, mußten derartige Anordnungen über die ihnen zustehenden Rationen vorliegen. Teilweise waren es sehr große Mengen an Naturalien, die an den Poststationen bereitliegen mußten. Sehen wir uns noch zwei Beispiele aus dem Zuständigkeitsbereich des Karva an: PF 1080: 2775 l Mehl, Verfügung des Karva, hatte ein Kamelhirt namens Upakrna erhalten. 27 Herren erhielten monatlich je 45 l, 15 Burschen, Diener, erhielten monatlich je 30 l, 1. Monat. Für den 2. Monat erhielten sie in 20 Tagen Proviant. 22. Jahr, 27 Herren erhielten je 30 l, 15 Diener erhielten je 20 l. 13) Offenbar wurde für die Menschen und Tiere immer gesondert abgerechnet. Denn hier ist zwar von einem Kamelhirt die Rede, doch aufgeführt sind die Zuteilungen, die die Menschen zu erhalten hatten. Zu dieser Gruppe, bei der nicht angegeben ist, wieso ein Kamelhirt für sie verantwortlich zeichnete, gehörten immerhin 27 »Herren«, die eine höhere Stellung einnahmen, da sie das 1 ½ fache einer Grundration erhielten, wie sie z. B. den Dienern zustand. Sie alle befanden sich nicht nur auf der Durchreise, sondern sie hielten sich 1 Monat und 20 Tage in der Gegend von Krdušum auf. Wieder nur Tiere, in diesem Fall Pferde, sind in den folgenden Texten erfaßt: PF 1677: 5610 l Gerste, Verfügung des Karva, hatte Haxazušta erhalten, Pferden gab er sie. 31 14) Pferde erhielten täglich 165 l Gerste. 1. Monat und 4(?) Tage im 2. Monat, 22. Jahr. Zu dieser Nachricht findet sich die entsprechende, die dazugehörigen Menschen betreffend, in der zusammenfassenden Abrechnung PFa 29:5-7 (s. u.). PFa 25: 1632 l Gerste, Verfügung des Karva, ein Reitknecht namens Vananta für Pferde als ihre Rationen in 5 Tagen, tagtäglich haben sie 208 l zu erhalten; in 4 Tagen haben sie 144 l zu erhalten. 2. Monat, in 8 15) Tagen haben sie es erhalten. 44 Pferde haben täglich 208 l zu erhalten. 16) Für das 22. Jahr ist es hingeschafft worden, nach Pa¯c¸amzu¯ra hat er es gebracht, (für) 14 Pferde hat er keinen Proviant abgeliefert. 17)
13. 14. 15. 16. 17.
S. u. PFa 29:14-16. Man würde eher 33 Pferde erwarten, denn dann hätte jedes genau 5 l pro Tag bekommen; s. u. PFa 29:2-3. Ist über eine Rasur geschrieben, müßte eigentlich 9 heißen; so erscheint es auch richtig in PFa 29:43 (s. u.). Auch sonst ist die Rechnung nicht nachzuvollziehen. Addiert man die beiden Beträge, so sind es lediglich 1616 l, also 16 l weniger. Das wären knapp 5 l pro Pferd. S. u. PF 29:42-44.
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Auch in diesen beiden Beispielen handelt es sich um eine Versorgung über längere Zeiträume. Im letzten wird das Getreide sogar nach einem anderen Ort verbracht. Die Empfänger dieser Rationen mußten ihrerseits jeweils den Erhalt bestätigen. Es wurden zumindest gleich zwei Belege an Ort und Stelle geschrieben, die von dem Empfänger – statt einer Unterschrift – gesiegelt wurden. Eines verblieb bei der ausstellenden Institution, das zweite wurde an die zentrale Intendantur des Verwaltungsbezirkes weitergeleitet. Dort wurde es kontrolliert und dann nach Persepolis an die Zentrale gesandt. Möglicherweise gab es dafür sogar einen dritten Beleg, so daß einer bei der Intendantur verbleiben konnte. Gefunden worden sind bisher allerdings nur Täfelchen aus dem Archiv in Persepolis. Sie sind bei der Zerstörung dieses Ortes durch Zufall teilweise oder ganz gebrannt worden. Üblicherweise wurden sie einfach in der Sonne getrocknet und werden daher in den meisten Fällen längst wieder zu Tonstaub zerfallen sein. Die einzelnen Belege wurden dann in einer Abrechnung, die einen Zeitraum von zwei Monaten umfaßte, noch einmal zusammengestellt. In einer solchen erscheinen auch die vier genannten Beispiele wieder: 18) PFa 29: (1) [x l Mehl] sind vor dem König verzehrt worden, 22. Jahr. (2) [5]610 l (Gerste) hatte Haxazušta erhalten, [33 Pferden] 19) gab er sie in 1 Monat (und) 4 Tagen, (3) [1.] Monat, täglich stehen ihnen 165 l zu, jedes erhielt 5 l. (4) 1160 l (Gerste) hatte Haxazušta erhalten, als Proviant für Pferde führte er es mit. (5) 7550 l hatte derselbe erhalten, 32 Herren – jeder erhielt 45, 122 Diener – (6) jeder erhielt 30, 1. Monat, 2450 l nahm er als Proviant (7) mit, 2. Monat. (8) 3036 l (Gerste) hatte der Reitknecht Cˇijrabrzana erhalten, 14 Pferden gab er sie, (9) täglich erhielt (jedes) 4 l in [6 Tagen], er nahm es als Proviant mit. (10) 40 l (Gerste) hatte einer namens Miyara erhalten, einem Pferd des Arya¯ramna gab er sie. (11) In 4 Tagen erhielt es täglich 5 l, darin einbegriffen 20 l Gerste, die er als Proviant mitnahm. (12) 1536 l (Gerste) hatte ein Reitknecht namens Dašapma erhalten, 31 Pferden gab er diese (13) in 8 Tagen, täglich haben sie 2 l zu erhalten. (14) 2775 l (Mehl) hatte einer namens Upakrna erhalten, 27 Herren erhielten je 45, 15 Diener (15) erhielten je 30 in 1 Monat, 1. Monat, (und) vom 2. Monat (16) in 20 Tagen erhielten 27 Herren je 30, 15 Diener erhielten je 20. (17) 1650 l (Mehl) hatte ein Vorratswart namens Karka¯sa erhalten, 10 Herren erhielten je 45, (18) 18 Diener erhielten je 30, 1. Monat (und) im 2. Monat (19) in 20 Tagen erhielten 10 Herren je 30, 18 Diener [erhielten je 20]. (20) 625 l (Mehl), ein Speisewart namens Xšaita, 1 (von der Kategorie) Herren erhielt 45, 11 Diener [erhielten je 30], (21) im 1. Monat (und im) 2. Monat [in] 20 [Tagen], (22) 1 (von der Kategorie) Herren erhielt 30, 11 Diener [erhielten] je 20. (23-41) (Mehr oder weniger stark beschädigte Zeilen.) (42) 1632 l (Gerste) 20) hatte ein Reitknecht namens Vananta erhalten, 44 Pferde von Šulake [x], (43) insgesamt in 9 Tagen gab er sie ihnen; in 5 Tagen erhielten sie täglich 208, (44) in 4 [Tagen] erhiel18. 19. 20.
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Das mehrmalige Vorkommen derartiger Buchungstexte ist ein Glücksfall, da sich die Angaben – beispielsweise bei zerstörten Stellen – gegenseitig ergänzen können. Zudem gewährt es einen guten Einblick in die Praxis der Verwaltung. Wenn man von 33 Pferden ausgeht (und nicht 31, wie PF 1677 angibt, s. o.), so erhielte jedes der Pferde in 34 Tagen jeweils genau 5 l. S. dazu oben PFa 25.
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ten sie 144. (45) 1320 l (Mehl) hatte ein Henker 21) namens Rtaina erhalten, 30 Männer, jeder erhielt 1 l, 60 königliche (46) [xxx?] 22), jeder erhielt 1,5 in 11 Tagen, sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Farnaka mit. (47) 90 l (Mehl) erhielt der Musterungsoffizier Haxa¯ als Rationen in 2 Monaten, pro Monat erhielt er 45. (48) 99 l (Mehl) hatte Bauxšavı¯ra erhalten, 33 Kamelen gab er es, jedes erhielt 3 l. (49) 17,5 l (Mehl) hatte einer namens Bat-ti-e-ya-qa erhalten, 5 [Her]ren, jeder erhielt 1,5 l, 10 Diener, (50) jeder erhielt 1 l; sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Bagapa¯na, sind zu Karkiš gereist. (51) 60 l (Mehl) erhielt der Buchhalter Appisulu als Ration für den 2. Monat. (52) 5 l (Mehl) hatte einer namens Man[pir/tam?]na erhalten, [2] Herren, jeder erhielt 1,5 l, [2 D]iener, jeder erhielt [1] l, (53) sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Cˇic¸a¯vahuš mit, sie transportierten Wein, [gingen zum König]. (54) 160 l (Mehl) hatte Vidranga erhalten, 62 Herren, jeder erhielt 1 l, 100 Diener, jeder erhielt [1 l]; (55) sie brachten eine gesiegelte Urkunde des [Far]naka mit, von Susa sind sie nach Maka gereist. (56) 108,5 l (Mehl), einer namens Bagapa¯ta erhielt 1,5 l, 49 Diener [erhielten] jeder 1 l, 6 Pferde erhielten je (57) 3 l, 20 Maultiere erhielten je [2 l], sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Königs mit, sie reisten nach Areia. (58) 28 l (Mehl) hatte einer namens Tı¯rya erhalten, [6] Herren, jeder erhielt 1,5 l, 5 Diener, jeder erhielt 1 l, (59) sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Cˇic¸a¯vahuš mit, sie reisten zum König. (60) 3 l (Mehl), Bagavı¯ra und sein [Gefähr]te erhielten jeder 1,5 l, sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Königs mit. (61) 1,5 l (Mehl) [erhielt einer name]ns Amada¯ta, er brachte eine gesiegelte Urkunde des Far[naka] mit, er reiste nach Xva¯daicˇya. (62) [3,]5 l (Mehl), Hijyauna erhielt 1,[5] l, 2 Diener je 1 l, sie brachten eine gesiegelte Urkunde des Farnaka mit. (63) [Insgesamt X]590,5 l Gerste wurden verbraucht, Verfügung des Karva, dieses Täfelchen (erfaßt) den ganzen Bestand. Neben den bereits oben angeführten Beispielen an Einzelbelegen, die in dieser Zweimonatsabrechnung wiederauftauchen, findet sich eine ganze Reihe an Ausgaben, die für Reisende bestimmt waren. Bei mehreren Buchungen ist auch vermerkt, wer die Reisenden osgesandt hatte, sie führten nämlich »eine gesiegelte Urkunde« mit sich. Die Namen, die dort als Aussteller dieser Urkunden genannt werden, zeigen, daß nur sehr wenige Beamte in Spitzenpositionen das Recht hatten, eine solche auszustellen. Außer dem König selbst waren es im Kernland der Persis der Hofmarschall, hier Farnaka (Z. 46. 62), und sein Vertreter, der Vizemarschall, hier Cˇic¸a¯vahuš (Z. 53. 59; zu beiden s. Nr. 4.2), in den Provinzen hatten nur die Satrapen und ihre jeweiligen Vertreter das Recht, derartige Reisepässe auszustellen. Somit tritt hier z. B. Bagapa¯na auf (Z. 50), der Satrap von Susa. Er schickt fünf Herren mit zehn Dienern zu seinem Amtskollegen Karkiš, dem Satrapen in Kerman. 23) Mit einem Reisepaß des Königs selbst war Apadaiva versehen: PF 1318: 110 l Mehl erhielt Apadaiva, als seine Ration stehen ihm täglich 70 l zu, 20 Männer erhalten jeder 2 l. Er brachte eine gesiegelte Urkunde des Königs mit, kam von Indien hergezogen, ging nach Susa. 2. Monat 23. Jahr. Sparavistva ist sein Reisebegleiter, das Siegel des Erwähnten ist aufgedrückt worden. 21. 22. 23.
hu-qa.li-k[i-r]a, s. ElW 700. LUGÀL.un-ku(?)-um(?), kommt nur hier vor. Eine spezielle Untersuchung aller Reisebelege und der damit verbundenen Fragen findet sich in: H. Koch, AchStud. 5 ff., zu Kerman/Puruš 16 ff.
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Apadaiva war offenbar ein sehr vornehmer Inder, was sich schon darin ausdrückt, daß er täglich 70 l Mehl als Ration erhält. Außerdem war ihm ein eigener Reisebegleiter zugewiesen worden, der sich um alle anfallenden Organisationsfragen kümmern mußte. So bestätigte er in unserem Beispiel durch seinen Siegelabdruck, daß Apadaiva mitsamt seinen Dienern die ihm zustehende Ration erhalten hatte. Apadaiva ist zu Beginn des 23. Jahres mehrfach auf seiner Reise von Indien nach Susa und wieder zurück belegt. 24) Die Reisebelege gewähren unter anderem auch einen Einblick in die Aufgabenbereiche der obersten Beamten: PF 1409: 3 l Mehl, Verfügung des Paru, ein Begleiter namens Gaumajˇigara, selbiger erhielt es. 2 Männern, Lydern, halapzi-Macher, ihnen gab er sie als Rationen. 1 Mann stehen 1,5 l Mehl zu. Von Susa gingen sie nach Makna zu Dantubrzana; sie führten eine gesiegelte Urkunde des Farnaka mit sich. 22. Jahr. Für einen Tag. Hier hat Hofmarschall Farnaka zwei lydische Spezialisten zu dem Ort Makna gesandt. Das Wort GIŠ.ha-la-ap-zí kommt nur hier vor, so daß wir nicht genau sagen können, was diese beiden Männer machten. Das Determinativ GIŠ gibt aber an, daß es sich um Holz oder eine Pflanze handeln muß. Glücklicherweise begegnet Dantubrzana häufiger. Er ist offenbar für Bauvorhaben in dem Ort Makna zuständig, denn des öfteren werden auch Anstreicher zu ihm geschickt. 25) In diesem Zusammenhang werden also auch die beiden Männer zu sehen sein, die die gesamte von Herodot beschriebene Königsstraße von Sardes bis nach Susa zurückgelegt hatten und von dort aus von Farnaka weiter an ihren Bestimmungsort geschickt worden waren. PF 1285: 1,5 l Mehl, Verfügung des Bagadušta, erhielt ein Eilbote namens Mu¯ška. Vom König reiste er zu Cˇic¸a¯vahuš, er führte eine gesiegelte Urkunde des Königs mit sich. Im 10. Monat. Mu¯ška ist also einer der vielen »Schnelläufer«, die im Auftrag des Königs die Straßen im persischen Großreich entlangeilten. Hier wird er gerade vom König zu Vizemarschall Cˇic¸a¯vahuš geschickt. Dieser mußte immer die Leitung der Verwaltung in Persepolis übernehmen, wenn der König, in der Regel begleitet von Hofmarschall Farnaka, auf Reisen war oder sich längere Zeit in Susa aufhielt. Der Beamte Bagadušta hatte seinen Dienst in der Poststation von Litu zu leisten. Dort versorgte er beispielsweise auch Expreßpferde mit Gerste (PF 2065) 26), wiederum ein Hinweis auf den Kurierdienst des Königs.
24. 25. 26.
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S. H. Koch, AchStud. 37 f. H. Koch, VW 119. H. Koch, VW 204.
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Texte aus Iran
4.2 Oberste Beamte der Verwaltung: Hof- und Vizemarschall, Hofschatzwart, Hofintendanten (Abb. 2)
Der wichtigste Beamte des gesamten Reiches war der Hofmarschall, der direkt dem König unterstellt war. Unter Dareios hatte dieses Amt lange Jahre ein Mann namens Farnaka inne. Seine Tätigkeit läßt sich vom 3. Monat des 17. Jahres (505 v. Chr., PF 1788, s. unten) bis zum 11. Monat des 25. Jahres (497 v. Chr.) belegen.27) Ihm standen die höchsten Rationen zu, nämlich täglich 180 l vom feinsten Mehl. Die Grundration einfacher Arbeiter betrug dagegen nur 1 l Gerste. Farnakas Monatseinkommen belief sich somit auf 5400 l Mehl, dazu kamen 2700 l Wein. Nur ein einziger Mann erhielt noch höhere Rationen, Gaubarva, der Vater der ersten Frau des Königs, dem er wohl besonders vertraute und den er zu seinem Lanzenträger gemacht hatte. Er erhielt täglich noch 10 l Wein mehr als Hofmarschall Farnaka, also insgesamt 3000 l im Monat. Neben Mehl und Wein standen Farnaka 60 Schafe oder Ziegen zu, täglich 2 Stück. Diese großen Mengen an Naturalien konnte er allein gar nicht verzehren. Andererseits brauchte er aber auch seine Bediensteten nicht davon zu verpflegen, denn diese standen ebenfalls in Diensten des Königs. Mehrfach sind Burschen des Farnaka erwähnt, die ihre Zuteilungen erhalten (s. die folgenden Beispiele). Was er nicht selbst verbrauchte, konnte der Hofmarschall also offenbar auf dem Markt verhandeln lassen. PFa 4: 480 l (Mehl), Verfügung des Patiaspa (in) Vara¯taukaš, erhielt Farnaka als Ration für 1 Tag, 20. Jahr, [x.] 28) Monat. Tagtäglich waren von Farnaka zusammen mit seinen Burschen 480 l Mehl zu empfangen. Farnaka persönlich standen 180 l zu, von seinen 300 Burschen stand jedem 1 l zu. Diese 300 »Burschen« scheinen zu Farnakas Begleitung zu gehören, da von ihnen mehrfach die Rede ist. Wie solch eine Anweisung für den Beamten, der die Naturalien zu verwalten hatte, aussah, zeigt das folgende Beispiel: PF 1803: Zu Maryaka sprich, Farnaka läßt sagen: 740 l Mehl gib ihnen, meinen Burschen, Rationsempfängern, 24 Burschen und ½ Bursche, 24 Burschen stehen je 30 l zu und 1 Burschen stehen 20 l zu. 4. Monat, 3. Monat (des babylonischen Kalenders), 23. Jahr. Hitehapi schrieb es, den Befehl zur Beurkundung übergab Xvanvanta. Das Täfelchen beginnt mit der üblichen Briefformel, die sich schon in vorachämenidischer Zeit herausgebildet hatte. Genannt werden dabei gleich zu Anfang der Adressat und der Absender. Auch das Ende mit der namentlichen Nennung des Schreibers und desjenigen, der den Auftrag überbracht hat und somit auch für die Richtigkeit der niedergeschriebenen Anordnung verantwortlich ist, hat formelhaften Charakter. Dieses erscheint nur bei Schreiben, die in der Hofkanzlei verfaßt worden sind (s. u.). Auffällig ist hier, daß sowohl der altpersische Name des Monats wie auch der babylonische angegeben ist. 29) In Orten, die in der Nähe von Susa liegen, wird mitunter der 27. 28. 29.
Ausführlich zu diesem Beamten: H. Koch, VW 224 ff. Von der erhaltenen Endung her kann es sich nur um den 3. oder 5. Monat handeln. SIG4, die Stelle ist allerdings beschädigt.
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elamische Name genannt. Hier läßt sich der babylonische wohl durch die ebenfalls für den Hofmarschall tätigen babylonischen Schreiber erklären, die mehrfach genannt werden, z. B.: PF 1807: Zu Vara¯za, dem Kellermeister, sprich, Farnaka läßt sagen: 55 l Wein gib ihnen, den babylonischen Schreibern, von mir abgeordnet, selbigen als Rationen, 9. Monat, 23. Jahr. 11 Männern stehen monatlich je 5 l zu. 23. Jahr, im 9. Monat wurde diese gesiegelte Urkunde übergeben. Taxmacˇya schrieb es, den Entwurf erhielt er von Yaunya. PF 1810: Zu Bagada¯ta, dem Hofintendanten, sprich, Farnaka läßt sagen: 210 l Mehl und 120 l Gerste gib ihnen als Rationen, den babylonischen Schreibern auf Leder, welche von mir abgeordnet sind, als ihre Ration, 7 Männern stehen monatlich je 30 l zu und 6 Burschen stehen je 20 l zu, insgesamt 13 Arbeiter. Im 12. Monat, 23. Jahr, wurde diese gesiegelte Urkunde übergeben. Taxmacˇya schrieb es, den Entwurf erhielt er von Yaunya. Interessant ist hier der Hinweis darauf, daß die Babylonier auf Leder schreiben, also mit Tinte auf eine frühe Art von Pergament. Als Schrift werden sie das Aramäische benutzt haben, das dann um die Mitte des 5. Jh. v. Chr. die allgemeine Verwaltungssprache im persischen Großreich werden sollte. Sie ist daher auch als »Reichsaramäisch« bekannt geworden. Alle diese Schreiber werden zur Hofkanzlei gehört haben, die nur für den Hofmarschall und seinen Vertreter, den Vizemarschall, tätig war. Doch ist genau festgelegt, wer für welchen von beiden arbeitete. So kann man mit Hilfe der genannten Namen sogar die Abfolge der beiden obersten Beamten des Reiches feststellen.30) Unter der Regierung Dareios’ d. Gr. sind vor allem Farnaka als Hofmarschall, belegt vom 17.-25. Jahr, und zu derselben Zeit Cˇic¸a¯vahuš als Vizemarschall, der sogar schon im 16. Jahr auftritt, zu nennen. Die in der Hofkanzlei verfaßten Schreiben sind immer an ihrer Endformulierung zu erkennen (s. o. PF 1803. 1807. 1810. 1813). Dort wird der Schreiber namentlich genannt. Hinzu kommt ein zweiter Beamter, der den Auftrag bzw. Entwurf (elam. du-me) weitergegeben hat. Dabei wird es sich wohl um Notizen handeln, die er während des Diktats gemacht hat (in Ton oder auf Leder). 31) Mitunter kann noch ein weiterer Beamter, meist zwischen beiden, genannt werden, der den Befehl zur Beurkundung (bat-ti-qa-ma = altpers. *patiga¯ma-) überbracht hat (s. o. PF 1803. 1813). Damit weiß man immer genau, wer für das Schriftstück verantwortlich ist. PF 1788: Zu Da¯tafarnah, dem Kellermeister, sprich, Farnaka läßt sagen: [60] l Wein, dem Lieferanten für den Schatz namens Cˇijrina, selbigem gib sie in Rationen. 3. Monat des 17. Jahres. Ka¯maicˇa schrieb es, den Entwurf erhielt er von Nanâ-iddin(a). Bei letzterem handelt es sich dem Namen nach um einen der babylonischen Schreiber. Der am Schatzhaus tätige Lieferant Cˇijrina hatte eine recht hohe Position inne, da er täglich 2 l Wein erhielt. 30. 31.
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H. Koch, VW 229 ff. Da in dieser Funktion mehrfach Beamte mit semitischen Namen auftreten (s. a. PF 1788 und 1813), vermutet F. Vallat (in: JNES 53 [1994] 268 f.), daß es sich sogar um eine aramäische Übersetzung des Schreibens handeln könnte. Da indessen die Beamten mit persischem Namen überwiegen (s. Aufstellung H. Koch, VW 234), ist dieses nicht grundsätzlich vorauszusetzen.
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PF 1813: Zu Fra¯dauka sprich, Cˇic¸a¯vahuš läßt sagen: Mehl, welches aus den Beständen an ihn nach Huzigra gegangen ist im 22. Jahr. Von diesem Mehl gib 495 l den Arbeitern, welche thrakische Viehzüchter sind, Baratvahuš unterstellt, selbigen als Rationen, 12. Monat, für einen (Monat) im 22. Jahr. Für 16 Männer je 30, für 1 Burschen 15, insgesamt 17 Arbeiter. Hindauka schrieb es, den Befehl zur Beurkundung übergab Ka¯maicˇa, den Entwurf erhielt er von Itti-Be¯l. PF 672: 780 l Mehl, Verfügung des Huma¯ya, sind in Abišta¯fta bei einem Gottesdienst verbraucht worden, im 8. Monat im 25. Jahr, Cˇic¸a¯vahuš veranstaltete ihn. Hindauka schrieb es, den Befehl zur Beurkundung übergab Ka¯maicˇa, Persepolis, im 10. Monat. Ein solcher Gottesdienst (elam. d.ši-ip »Verehrung«) wurde regelmäßig jedes Jahr im 8./9. Monat (zwischen 7. und 17. November) in Pasargadae und wenig später in Abišta¯fta gefeiert. 32) Bis zu diesem Anlaß blieb auch der König in der Regel in der Persis, ehe er dann nach Susa ins Winterquartier ging. Ausgerichtet hat es immer der Hofmarschall. Doch im 25. Jahr ist Farnaka vermutlich verstorben. Danach tritt er nicht mehr auf. Deshalb ist hier Cˇic¸a¯vahuš als Verantwortlicher genannt. Geschrieben ist der Beleg von den für Cˇic¸a¯vahuš in der Hofkanzlei tätigen Beamten. PF 866: (1) 8960 l Gerste, Verfügung des (2) Ršaina, Schatzhaus-Arbeiter, (3) Rationsempfänger, Baratka¯ma (4) unterstellt, in Raxa¯, 28. Jahr (5) für den 5. Monat (6) erhielten sie. (7) 1 Schreiber stehen 40 l zu, (8) 1 Lagerverwalter ebenfalls 40 l, (9) 1 Schatzwart stehen 35 l zu, (10) [x] Kunsthandwerkern stehen je 40 l zu, (11) [2?] Feinarbeitern stehen je 30 l zu, (12) [1] Möbelmacher stehen 30 l zu, (13) [x] Hausdienern stehen je 30 l zu, (14) [x] Burschen stehen je 25 l zu, (15) [x] Burschen stehen je 20 l zu, (16) [x] Burschen stehen je 15 l zu, (17) [x+]1 Burschen stehen je 10 l zu, (18) [x] Burschen stehen je 5 l zu, (19) [x] Chefinnen stehen je 50 l zu, (20) 75 Kunsthandwerkerinnen stehen je 40 l zu, (21) 113 Feinarbeiterinnen stehen je 30 l zu, (22) 13 Kindergärtnerinnen stehen je 20 l zu, (23) 12 Köchinnen stehen je 20 l zu, (24) 1 Mädchen stehen 25 l zu, (25) 10[+x] Mädchen stehen je 15 l zu, (26) [1 Mädchen] stehen 10 l zu, (27) [1 Mädchen] stehen 5 l zu. (28) Insgesamt 3(?)11 Arbeiter, als Rationen (29) erhielten sie sie. Da die linke Seite des Täfelchens beschädigt ist, sind viele der Zahlen, die die Menge der Arbeiter angeben, verloren; es ist lediglich zu erschließen, daß es mehrere gewesen sein müssen, wenn vor der Rationsmenge »je« steht. Bei Ršaina dürfte es sich um einen der beiden Hofintendanten (kur-da-bat-ti-iš = altpers. *grdapatiš) 33) handeln. Diese Beamten waren dem Hof- bzw. Vizemarschall direkt unterstellt und für die gesamte Persis zuständig. Sie veranlaßten vor allen Dingen überregionale Verwaltungsmaßnahmen. Eine ihrer Hauptaufgaben war die Versorgung von Arbeitern. In diesem Falle sind diese Baratka¯ma unterstellt. In ihm haben wir einen weiteren der obersten Beamten vor uns. Er ist von 495-481 v. Chr. als Hofschatzwart nachzuweisen. Als solchem sind ihm also auch die Schatzhausarbeiter in Raxa¯, einem Ort in der Nähe von Persepolis, unterstellt. Aufgezählt werden zunächst die Männer, dann die Frauen. Bei gleicher Arbeit erhalten beide eine gleich hohe Bezahlung, allerdings
32. 33.
H. Koch, AchStud. 88 f. S. ausführlich H. Koch, VW 237 ff., zu Ršaina speziell 240 f.
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sind sehr viel mehr Frauen als Kunst- und Feinhandwerker beschäftigt. An höchster Stelle stehen die Chefinnen, wobei leider nicht erhalten ist, wie viele es waren. Jungen und Mädchen, offenbar nach Alter abgestuft, erhalten ebenfalls Zuteilungen. Das zeigt, daß sie schon von klein auf in das Versorgungssystem mit eingebunden und vermutlich auch in bestimmten Fertigkeiten ausgebildet wurden. Für die ganz kleinen wurden sogar Kindergärtnerinnen beschäftigt. Köchinnen sorgten offenbar für die Verpflegung aller während der Arbeitszeit. PF 1797: Zu Ršaina, dem Hofintendanten, sprich, Farnaka läßt sagen: 5 Pfauen gib dem Marafier Mazdayazna, er soll sie aufs Stoppelfeld treiben, in Persepolis, für den Vorrat des Königs. 21. Jahr, im 7. Monat, 3. Tag wurde diese gesiegelte Urkunde übergeben. Xšac¸aba¯nuš schrieb es, den Entwurf erhielt er von Nanâ-iddin(a). Der Zuständigkeitsbereich des Hofintendanten Ršaina berührt sich engstens mit dem eines weiteren Beamten, Rdifya. Über ihn wissen wir durch eine Fülle an Texten besonders gut Bescheid. Er ist vom 15. bis zum 27. Jahr (507 – 495 v. Chr.) belegt. 34) Sein Siegel ist am zweithäufigsten auf den Täfelchen zu finden. Die Versorgung von großen Arbeitermengen wird von ihm geregelt, er verwaltet Landgüter und verpflegt beispielsweise den König (z. B. PF 725 s. u.), wenn dieser durch seinen Zuständigkeitsbereich reist. Dieser ist allerdings kleiner als der von Ršaina und nur auf elamisches Gebiet beschränkt. Es handelt sich bei Rdifya um den Leiter einer Intendantur eines Verwaltungsbezirkes. Als solcher stand er über den örtlichen Verfügungsbeamten, die jeweils nur für eine Art von Naturalien zuständig war, nämlich Gerste, Wein und Früchte oder Tiere. PF 2007: (1) Insgesamt gänzlich das lebende Kleinvieh: (2) 2051 Widder, (3) 1153 Lämmer, insgesamt 3204. (4) 3343 Schafe, (5) 375 halbwüchsige, (6) 656 Lämmer, insgesamt 4374. (7) Insgesamt 7578 an Schafen. (8) 3531 Ziegenböcke, (9) 889 Zicklein, insgesamt 4420. (10) 3970 Ziegen, (11) 186 halbwüchsige Ziegen, (12) 689 Zicklein, insgesamt 4845. (13) Insgesamt 9265 an Ziegen. (14) 7624 männliche, (15) 9219 weibliche. (16) Insgesamt 16843 lebendes Kleinvieh im 15. Jahr. (17) 8635 1⁄3 Kleinvieh wurde entnommen, (18) unter Rdifya. (19) Dieses ist die zweite Tontafel des (20) 15. Jahres. PF 725: 6 Käse, Verfügung des Rdifya, wurden vor dem König verzehrt, (Ort) Rapijbaina. 22. Jahr. Mitglieder der königlichen Familie brauchten auf Reisen nicht in den öffentlichen Poststationen zu übernachten, sondern sie wurden in Landgütern der Krone oder hoher Beamter beherbergt. Auch die Königinnen sind häufiger auf Reisen anzutreffen.
34.
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S. ausführlich H. Koch, VW 241 ff.
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4.3 Königliche Familie H. Koch, Zu den Frauen im Achämenidenreich, in: Iranian and Indo-European Studies. Memorial Volume of Otakar Klíma (1994) 125-141; dies., Haremsdamen und Luxusweibchen? – Frauen im Perserreich, in: Brockhaus. Die Bibliothek. Weltgeschichte Band 1: Anfänge der Menschheit und frühe Hochkulturen (1997) 460-462.
PF 738: 4620 l Gerste und Mehl, Verfügung des Marya, wurden vor Rtaba¯ma verzehrt. Hidali, im 22. Jahr. Königin Rtaba¯ma wird von den griech. Schriftstellern nicht erwähnt. Sie war vielleicht die erste Frau des Dareios, die er geheiratet hatte, bevor er König wurde. Sie begegnet am häufigsten von allen Königinnen auf den Täfelchen. Ihr gehörten anscheinend große Ländereien, vorwiegend in elamischem Gebiet. So schreibt sie beispielsweise einen Brief an ihre Rechnungsführer in Šulake, wo sie auch einen Palast besaß. Den Rechnungsführern hatte sie schon vorher eine »Schrift auf Leder« gesandt, also offenbar ein in Reichsaramäisch abgefaßtes Schreiben auf Pergament, das sie in ihrem Brief erwähnt. Gemäß der gesiegelten Urkunde sollen die Rechnungsführer nun die Abrechnung erstellen. Es wird also deutlich, daß die Königin persönlich sich um die richtige Buchführung kümmerte. Ihre Besitzungen in der Elymais besuchte die Königin Rtaba¯ma häufiger. Ganz beträchtliche Mengen an Lebensmitteln werden dabei von ihr und ihrem Gefolge verbraucht. Sind es beispielsweise in Dandari 650 und in Litu 750 Liter Wein, die vor ihr im Jahre 501 v. Chr. ausgeschenkt wurden, so bekommt sie im folgenden Jahr in Susa auf einmal 2360 Liter Wein. PF 1029: (1) 2885 l Gerste, (2) Verfügung des C¸utaicˇa, Arbeiter der (3) Rtaba¯ma, Ra¯sta un(4) terstellt, erhielten (sie) in Rationen für (5) 3 Monate, 2. (6) und 3. (7) und 4. Monat des (8) 24. Jahres. (9) 19 Männer je 30, (10) 1 Bursche je 25, (11) 22 desgleichen je 20, (12) 29 desgleichen je 15, (13) 28 desgleichen je 10, (14) 23 desgleichen je 5, (15) 10 Frauen je 40, (16) 35 desgleichen je 30, (17) 5 Mädchen je 25, (18) 16 desgleichen je 20, (19) 1 desgleichen je 15, (20) 31 desgleichen je 10, (21) 8 desgleichen je 5, (22) 6 Frauen je 20, (23) insgesamt (24) 4 Arbeiter. Rtaba¯ma hatte nicht nur weite Ländereien unter sich, sondern sie war auch Besitzerin großer Manufakturen mit Hunderten von Arbeitern. Die Zahlen der einzelnen Gruppen schwanken zwischen 20 und 480 Arbeitern. Auffallend ist, daß mehrfach Lyker in den Diensten der Königin Rtaba¯ma stehen. Es wird allerdings nicht näher erläutert, welche Tätigkeit diese Leute zu verrichten hatten. Die Manufakturen lagen hauptsächlich in der Gegend von Schiras, aber auch in vielen weiteren Orten der Umgebung. Die Oberaufsicht über die Betriebe der Königin und deren Arbeiter führte ein eigens dafür eingesetzter Verwalter, Ra¯sta mit Namen. Er wird auf vielen Belegen genannt. Die Versorgung der Leute wird zu großen Teilen wiederum von Steuerabgaben bestritten. Recht häufig ist auch die jüngere Tochter des Kyros, Artystone (altpers. Rtastu¯na¯ »Säule der Rechten Ordnung«) anzutreffen:
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PF 1837: Zu Šalamana sprich, Rtastu¯na¯ läßt sagen: Von meinem Palast in Kuganaka¯ gib 1000 l Wein dem Rechnungsführer Gaušapa¯na. Rtima ist der Überbringer(?). 22. Jahr. Eine gesiegelte Urkunde (wurde überbracht). Der Inspektor Šalamana, dem Namen nach ein Babylonier, hatte die Oberaufsicht über zumindest zwei Paläste der Königin. Die 1000 l Wein werden kaum eine Bezahlung für den Buchhalter gewesen sein, sondern er hatte wohl festgestellt, daß sie an einem anderen Ort noch für die Versorgung von Arbeitern benötigt wurden. An Šalamana richtet Artystone des öfteren briefliche Anweisungen, wenn sie sich an anderen Orten aufhält, beispielsweise in Persepolis. Mehrere solcher Briefe haben sich erhalten, d. h. die Kopien von ihnen, die für das Verwaltungsarchiv in Persepolis bestimmt waren. Die Bürokratie machte also auch nicht vor einer Königin halt, sondern sie mußte ihre Abrechnungen in Ordnung haben und Ausgaben und Einnahmen jederzeit nachweisen können.
4.4 Abrechnungen
Bereits oben, im Zusammenhang mit der Poststraße, wurde gezeigt, daß alle Einzelbelege noch einmal in zweimonatigen Abrechnungen zusammengefaßt wurden. Doch damit nicht genug. Es gab auch noch Jahresend-Abrechnungen. Allerdings tauchte dort nicht immer jeder einzelne Posten auf, sondern es wurden Ausgaben über längere Zeiträume zusammengefaßt. PF 1957: (1) 180 l (Gerste) hatte Rtacˇanah, der Magier, der framazda¯, erhalten, 60 l für den Gott Drva˘¯, 120 l für die Visaibaga¯. (2) 588 35) l hatte Dantubrzana erhalten, einer namens Bagapa¯ta, der Ägypter (3) als Spezialisten für Baumwolle arbeiten läßt (?), als Rationen gab er sie ihnen für 8 Monate, (4) für 1 Mann 40 l, für eine Frau 20 l, für einen Jungen 6 l, monatlich macht es 66 l aus. (5) 2820 36) l hatte Dantubrzana erhalten, 8 Männer aus Hidulada in Hvata¯raka, (6) als Rationen gab er sie ihnen für 12 Monate, monatlich für jeden 30 l. (7) h180 li 37) hatte Taxmaspa¯da erhalten, 6 Kamele mit niedrigem Höcker, jedes verzehrte (8) täglich 1 l, in 1 Monat verzehrten sie es, monatlich macht es für jedes 30 l aus. (9) 840 l hatte Taxmaspa¯da erhalten, 10 Pferde, für jedes täglich 3 l, in 28 Tagen verzehrten sie es. (10) 600 l hatte Taxmaspa¯da erhalten, 2 thrakischen Burschen, Reitknechten, ihnen gab er es als Rationen (11) in 6 Monaten und 20 Tagen, jeder hatte täglich 1,5 l erhalten. (12) 463 38) l hatte Kafacˇya erhalten. 65 Arbeitern, Rationsempfängern in Hvata¯raka, als Rationen gab er sie ihnen (13) für 10 Monate, es macht monatlich 450 39) l Gerste aus; vom 5. (14) bis zum 2. Monat verbrauchten sie es, und zwar 1 (15) verbrauchte 30 l für einen Monat, dann war er gestorben, für 9 Monate 35. 36. 37. 38. 39.
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Richtig wäre 528 l. Hier müßten es eigentlich 2880 l sein. An dieser Stelle befindet sich nur eine Rasur, und der Betrag ist auch in der Summe für das 22. Jahr nicht mit berücksichtigt. Offenbar hatte der Beamte Schwierigkeiten mit dem Rechnen, wie ja an mehreren Stellen dieses Täfelchens zu sehen ist. Richtig wären 461 Artaben = 13830 l, also fast dreimal soviel! Richtig wäre 1410 l.
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verbrauchte er nichts; für 22 Frauen je 30 l, für 4 Frauen je 27 (17) l, für 12 Frauen je 24 l, für 5 Jungen je 21 l, (18) für 1 18 l, für 7 je 15 l, für 2 je 12 l, (19) für 3 je 9 l, für 6 je 6 l, für 3 je 3 (20) l, darunter 1 Mann mit 30 l, der gestorben ist, seine Ration nicht [verbrauchte]. (21) 2190 l hatte A¯tarva nach Pu¯timanta gebracht, Bagafravartiš [hatte sie erhalten]. (22) 12000 l hatte Parvaspa nach Zatika gebracht, er selbst hat sie an sich genommen. (23) 12120 l hatte A¯tarva nach Parvaspa gebracht, Pa¯paka hatte es erhalten. (24) 4500 l wurden als Saatgut aufbewahrt vom 22. Jahr. (25) Insgesamt wurden 40351 l verbraucht im 22. Jahr. (26) (Nichts) ist als Saldo vom 21. Jahr deponiert worden. (27) 45000 l sind als Ernte des 22. Jahres eingegangen. (28) 15300 l für den Speicher [gebracht] von Vahuda¯ta. (29) 420 l gegen Sauerbier eingetauscht, von Qujika. (30) 4500 l (aus) Krka von Zarnuš. (31) Insgesamt 65220 l vorhanden, darunter (32) insgesamt 40351 l, die verbraucht wurden. (33) Insgesamt 105000 40) l ordnungsgemäß deponiert, ¸ utaka, 9000 l als Saatgut aufbewahrt. (34) Gerste in Hvata¯raka, Verfügung des Patiš, C Feuerschürer, (35) Manaicˇa, Lagerverwalter. Insgesamt ist dieses die Abrechnung des 22. Jahres. Dann (36) im 23. Jahr im 2. Monat ist sie geprüft worden. Damals erhielten auch die Arbeiter Rationen. (37) Patiš und sein Gefährte sagen: »Mrncˇa¯na gab uns keine gesiegelte (38) Urkunde über das im 21. Jahr Deponierte.« (16)
(39)
aufbewahrt geerntet
entnommen Gerste von Hvata¯raka, das 10fache
(40)
4500 l
———
45000 l
Gerste, das 10fache im 22. Jahr geerntet
Da¯(41) rayafarnah, Verpächter, Aupaicˇa, Pächter, für das in (42) ihrem Privatbesitz befindliche Pachtland aufbewahrt, Hvata¯raka. (43) 17535 l Saatgut, (44) 4500 l wurden aufbewahrt, (45) 13035 l wurden nicht aufbewahrt, 22. Jahr. (46) 13250 l Gerste vorhanden, der nicht aufbewahrten. Es handelt sich um eine Abrechnung über Getreide aus dem Ort Hvata¯raka, das von dem Beamten Patiš verwaltet wird, der ab dem 20. Jahr (502 v. Chr.) dort als Speicherwart belegt ist. 41) Außer ihm werden noch der Feuerschürer C¸utaka und der Lagerverwalter Manaicˇa angeführt. Sie alle zeichnen in Z. 34 f. als Verantwortliche. Eine ganze Reihe verschiedenster Ausgaben sind von ihnen getätigt worden: Z. 1: Der Magier Rtacˇanah, der zudem den altpers. Titel *framazda¯ führt, wohl »einer, der die Gesänge gut kennt«, erhält Gerste für den Gott Drva (= medisch Zurvan) und die Göttergruppe der Visai Baga¯. 42) Z. 2-6: Dantubrdana versorgt mit der Gerste verschiedene Arbeiter, darunter auch Ägypter, die wohl besondere Kenntnisse im Baumwollanbau besaßen. Z. 7-11: Taxmaspa¯da ist dagegen für Tiere und mit ihnen befaßte Arbeiter, wie z. B. die thrakischen Reitknechte, zuständig. Z. 12-20: Kafacˇya versorgt 65 Arbeiter. Der einzige Mann, der zu dieser Gruppe gehörte, starb im 6. Monat, so daß sie dann nur noch aus Frauen und Burschen besteht. Ferner wird die Gerste noch zu verschiedenen Orten gebracht. Die Gerste wurde in Hvata¯raka selbst angebaut. Im 21. Jahr waren 4500 l als Saatgut aufbewahrt worden, wovon dann im 22. Jahr das 10fache als Ernteertrag wieder einging (Z. 39-40). Davon wur40. 41. 42.
571 l fehlen, allein, wenn man die beiden letzten Posten addiert. H. Koch, VW 123. Zu den Göttern s. RelVerh. 85 f.87 ff.
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den dann sogar 9000 l als Saatgut zurückgelegt (Z. 33). Offenbar wurde das Saatgut an Pächter ausgegeben, die dann das Zehnfache wieder abzuliefern hatten. Das ist der übliche Satz für Anbau auf bewässertem Land. Was darüber hinaus erwirtschaftet wurde, konnte der Pächter für sich behalten. In diesem Beispiel handelt es sich um Anbau auf Privatland (Z. 41 f.). Teilweise wurde wohl auch das Zugvieh für die Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Darauf könnte der Titel des genannten Da¯rayafarnah hinweisen43), Aupaicˇa könnte der Pächter gewesen sein. Auffällig ist, daß sich recht viele Rechenfehler in dieser Aufstellung befinden, und das, obwohl sie doch laut Z. 35 f. geprüft worden ist. Allerdings wird dort kein Name des Prüfers angegeben, was an anderen Stellen durchaus zu finden ist. Im 21. Jahr scheint es ganz und gar drunter und drüber gegangen zu sein, denn davon gibt es nicht einmal eine gesiegelte Urkunde. Dieses können Patiš und sein Gefährte – womit wohl Lagerverwalter Manaicˇa gemeint ist – nur mündlich zu Protokoll geben (Z. 37 f.). Bei Mrncˇa¯na wird es sich um den auch sonst bekannten Rechnungsprüfer handeln (s. u. PF 1858. 2003).
4.5 Erstellung der Abrechnungen: zuständige Beamte und Mitwirkung von Priestern
Dieses führt zu der Frage, wer denn eigentlich die Abrechnungen angefertigt hat. Schon bei dem eben betrachteten Beispiel (PF 1957) wurden drei Männer genannt, der Speicherwart, der Lagerverwalter und ein Feuerschürer. Der Priester wurde offensichtlich als unabhängiger und besonders zuverlässiger Zeuge mit herangezogen. Diese Konstellation läßt sich recht häufig finden (s. u. PF 1984. 2003). Andere Beispiele nennen aber ausdrücklich namentlich einen Beamten, der die Abrechnung angefertigt hat: PF 1984: dem Konto gutgeschrieben
entnommen
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Haumaka
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Manyabara
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Uštamaga¯na
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Napupu
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Daisaka
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Kajmartiya
insgesamt 180 l
insgesamt 180 l
insgesamt im 18. Jahr
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Tar/Kuttupra(?)
43.
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Elam. ha-za-tap, s. ElW 653; überhaupt zu den Fragen der Verpachtung: H. Koch, ZA 70 (1980) 131 f.
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dem Konto gutgeschrieben
entnommen
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Uxšya
insgesamt 30 l
30 l
Datteln, Daisaka
insgesamt 10 l
10 l
Datteln, Kulala
insgesamt 100 l
insgesamt 100 l
insgesamt dieses im 19. Jahr
insgesamt 280 l
insgesamt 280 l
insgesamt dieses die Früchte in Tipirna, Kulala, Kellermeister
Die Abrechnung des 18./19. Jahres hat dann im 19. Jahr Masika angefertigt. Hier handelt es sich um eine sehr kurzgefaßte Abrechnung, die von jemandem, der nicht mit den Verhältnissen in Tipirna vertraut war, gar nicht verstanden werden konnte. Den vor Ort Ansässigen waren die genannten Beamten und ihre Tätigkeiten natürlich vertraut. Da die Abrechnung offenbar von einem eigens dafür eingesetzten Fachmann erstellt ist, wird auch nur der Verwaltungsbeamte genannt. Da er über Früchte verfügt, aus denen man ja auch Wein herstellen konnte, trägt er den Titel »Kellermeister«. Sein Rang entspricht dem des »Speicherwartes« bei den Cerealien. PF 1988: (1) dem Konto gutgeschrieben
eingelagert
entnommen
22. Jahr
(2)
360
[270]
90
Feigen
(3)
120
70
40
Aprikosen
(4)
30
20
10
Mandeln
(5)
20
20
[Datteln]
(6)
10
10
Pistazien
(7)
insgesamt 540 insgesamt 390
(8)
insgesamt 360 insgesamt 360
(9)
insgesamt 360 insgesamt 300 insgesamt 7
insgesamt 150
insgesamt dies Gabriš Feigen, Bagavardana
insgesamt 60
Feigen, Xšaitaka
(10)
insgesamt 7
Feigen, Amavrta
(11)
insgesamt 60 insgesamt 60
Feigen, Rtafravara
(12)
insgesamt 40 insgesamt 40
Feigen, Bagaicˇa
(13)
240
240
Feigen
(14)
30
30
Aprikosen
(15)
insgesamt
insgesamt 270
insgesamt dies Vahumanah
270
239
TUAT N.F. / p. 256 / 6.5.2004
Heidemarie Koch (16)
insgesamt 30 insgesamt 30
Aprikosen, Kantiya
(17)
insgesamt 90 insgesamt 90
Feigen, Naryamanah
(18)
10
10
Feigen
(19)
20
20
Aprikosen
(20)
insgesamt 30 insgesamt 30
insgesamt 1777
insgesamt 1577
(21)
insgesamt dies Dahima, eine gesiegelte Urkunde schickte er nicht insgesamt 210
insgesamt dies vom 22. Jahr, in Nadniš
Saldo des und als Ernte im insgesamt verbraucht entordnungs21. Jahres, wur- 22. Jahr (23) ist Bestand nommen gemäß de deponiert eingegangen deponiert
(22)
(24)
6580
1377
7957
—
1747
6210
Feigen
(25)
600
150
insg. 750
—
150
600
Aprikosen
(26)
600
20
insg. 620
—
320
300
Mandeln
(27)
—
10
insg. 10
—
—
10
Pistazien
(28)
—
20
insg. 20
—
—
20
Datteln
(29)
—
30
insg. 30
—
—
30
Rosinen
(30)
insg. 7780
insg. 1607
insg. 9387 —
insg. 2217 insg. 7170
insg. dieses sind
Früch(31) te in Nadni(32) š Verfügung des Vahumanah, Mi[x], Feuerschürer, Nara(33) va, Lagerverwalter. Die Abrechnung des 22. Jahres indes hat im (34) 23. Jahr im 2. Monat Huc¸avah geprüft. (35) (Dies ist) seine Abrechnung; im 8. Monat wurden 2(?) (Prüfer?) gesandt, seine Abrechnung wurde erstellt. (36) Darga¯yuš schickte die Inspizienten, ein Siegel drückte er nicht auf. In diesem Fall werden wiederum als Verantwortliche der Speicherwart, der Feuerschürer und der Lagerverwalter genannt. Außerdem wird aber ausdrücklich gesagt, wer die Abrechnung überprüft hat, nämlich Huc¸avah. Es scheinen sogar zwei Inspizienten geschickt worden zu sein. PF 2003: (1) 1100 l (Wein aus) Dakamana von Fra¯davahuš, (2) 2570 l (aus) Nuba von Rašnuda¯ta, (3) 3080 l (aus) Ga¯vainiš(?) von Sîn-dumuq, (4) 1810 l (aus) Pavasta¯vana von Vipa¯jra(?), (5) insgesamt 8560 l vorhanden. (6) 7033 l sind ausgeschenkt worden. (7) Insgesamt 1527 l sind entnommen worden. Wein, Ernte(8) zins (in) Zrštvatı¯š, Verfügung (9) des Bagafarnah, Kellermeister; Maudina, (10) Feuerschürer. Insgesamt ist dieses die Abrechnung des (11) 19. Jahres, im 22. Jahr (12) im 6. Monat (13) (ist sie) abgeliefert worden.
240
TUAT N.F. / p. 257 / 6.5.2004
Texte aus Iran
Hier handelt es sich um Steuerabgaben in Form von Wein. Verantwortlich zeichnen ein Kellermeister und ein Feuerschürer. Auffällig ist, daß die Abrechnung erst so viel später abgeliefert worden ist, und dieses wird auch ausdrücklich vermerkt. Wir wissen sogar, wer für diesen Zusatz gesorgt hat, denn das Täfelchen ist mit dem Siegel des Rechnungsprüfers Mrncˇa¯na (Nr. 57) versehen (s. PF 1858 und 1957). PF 273: 35 Ziegenböcke, 48 Ziegen, insgesamt 83 Stück Kleinvieh, Steuern, von den Leuten des Mrduka hatten Mrncˇa¯lı¯ und sein Gefährte zu erhalten, Apišya¯tiš wurden sie anvertraut, 18. Jahr im 4. Monat. Das Täfelchen ist mit dem Siegel des Hofmarschalls Farnaka (Nr. 9) gesiegelt. Der Name Mrduka kommt häufiger vor, meint aber verschiedene Beamte. Hier könnte es sich um einen hochgestellten Beamten handeln, der auch sonst im Zusammenhang mit der Überwachung von Steuereinnahmen begegnet. 44) An ihn ist beispielsweise auch ein Brief des Rechnungsprüfers Mrncˇa¯na gerichtet: PF 1858: Zu Mrduka sprich, Mrncˇa¯na läßt sagen: Dein Heil möge durch die Götter und den König bewirkt werden! Vorher habe ich zu dir gesprochen, indem ich sagte: »Einer unserer Kollegen ist unterwegs in Elam; wohin ich jetzt nicht reise, (dort) wird selbiger die Abrechnung machen.« Jetzt tatsächlich kommt er derzeit nicht. Jetzt schicke ich den Huma¯ya los als Ersatz, er möge eintreffen und die Abrechnung machen. Ihr dort macht es (fertig) und die Reservebestände an Vieh, Gerste, Wein und Korn gebt heraus, er soll sie (hierher) schicken! PF 1972: Die Abrechnung für das 18. Jahr wurde im 19. Jahr angefertigt, eine Festung namens Humya¯sa in selbiger. Taxmarazma¯, Kornkommissar, Rtazušta mit Namen, Feuerschürer, Bagaina mit Namen, Lagerverwalter, von allen dreien wurde die Abrechnung gemacht. 233 l Gerste entnahmen sie, dann verausgabten sie sie nicht, um (damit) ein Tauschgeschäft zu machen. Darauf wurde jeder von ihnen mit 38 saxvara (= 7 3⁄8 Silberschekel) belastet. Hier begegnet ein neuer Titel, »Kornkommissar« (elam. tu-ma-ra) 45), der grundsätzlich nur für Cerealien zuständig ist. Er ist eine Rangstufe höher einzuordnen als die Speicherwarte, die bei den bisherigen Beispielen als Verantwortliche auftraten. Auch hier sind ein Feuerschürer und ein Lagerverwalter an der Abrechnung beteiligt, was auch ausdrücklich gesagt wird. Außerdem ist von einem Tauschgeschäft die Rede, für das Gerste entnommen worden ist, das dann aber nicht zustandekam. Daraufhin mußte jeder der drei für ein Drittel des entsprechenden Wertes einstehen. PF 1969: (1) 9660 l (Gerste) ist auf ihrem Konto deponiert worden, sie verfügten darüber. (2) Über 3000 l des 15. Jahres ist verfügt worden. (3) 6600 l sind verausgabt worden. (4) Über 3000 l des 16. Jahres ist verfügt worden. (5) 6600 l sind verausgabt worden. (6) Über 2445 l des 17. Jahres ist verfügt worden. (7) 7225 l sind verausgabt worden. (8) Insgesamt ist über 9095 l von drei Jahren verfügt worden. (9) 20665 l sind in drei Jahren verausgabt worden, Verfügung des Si(10) mut-tap. (11) Insgesamt 4800 l aufgrund eines gesiegelten Schreibens des Zinene. (12) 3000 l Ernteertrag des 15. Jahres. 44. 45.
H. Koch, VW 222 f. ElW 359. 357 s. v. hh.tu-ma-ip.
241
TUAT N.F. / p. 258 / 6.5.2004
Heidemarie Koch
3000 l desgleichen des 16. Jahres. (14) 2435 l desgleichen des 17. Jahres. (15) Insgesamt 13235 l vorrätig. (16) 8435 l sind verbraucht worden. (17) 4800 l sind entnommen worden. Insgesamt Gerste des Speichers (in) (18) Kuraraka, Verfügung des Vindika, ¯ jrava, Feuerschürer, Rašnuka, Lager(20) verwalter. Insgesamt ist dieses die Abrech(19) A nung des 15., 16., (21) 17. Jahres. (22) 8435 l in Kuraraka hat der Kornkommissar Bagafarnah erhalten. (13)
Hier sind also die Hauptsummen der »Kontobewegungen«, nämlich Ernteeingänge und Ausgaben, von insgesamt 3 Jahren erfaßt worden. Was genau mit der Gerste gemacht worden ist, muß demnach noch auf gesonderten Abrechnungen zu finden gewesen sein.
4.6 Kontrolle – Rechnungsprüfer
Rechenfehler und Abrechnungen, die erst sehr viel später eingereicht worden sind, sind schon bei den vorhergehenden Beispielen aufgefallen. Auch fand sich dort der Vermerk, daß die Rechnung geprüft worden sei. Einige dieser Rechnungsprüfer sind uns sogar namentlich bekannt. PF 651: 1530 l Reis wurden als Ernte vereinnahmt, Verfügung des Xvamnaka, Vahauka erhielt sie. Abschrift, die für Xvancˇanah (bestimmt ist). 20. Jahr. PF 531: 50 l Reis, Verfügung des Vahauka, hatte Xvamnaka erhalten; als Saatgut wurde es aufbewahrt. (Dies ist die) Abschrift, welche von Xvancˇanah angefordert worden ist. 20. Jahr. Noch in zwei weiteren Fällen (PF 591/92) mußten Abschriften über Gersteernten ausdrücklich von dem Prüfer Xvancˇanah angefordert werden.
4.7 Ernte und Pachtverträge H. Koch, ZA 70 (1980) 105-137.
Beispiele für Getreide, das als Saatgut ausgegeben wird, um dann wieder die entsprechenden Ernteerträge zu erhalten, finden sich des öfteren. Schon oben (PF 1957) war dabei auch von Pächtern die Rede. PF 1959: (1) 270 l (Gerste) erhielt Zarnamiya in Ga¯vainiš. (2) 660 l wurden als Saatgut aufbewahrt. (3) Insgesamt 930 l wurden verbraucht. (4) 660 l als Saldo des 22. Jahres deponiert. (5) 6600 l als Ernte des 23. Jahres eingegangen. (6) Insgesamt 7260 l machen den Bestand aus, und zwar (7) 920 l sind verbraucht worden. (8) 660 l sind ordnungsgemäß deponiert worden, als Saatgut aufbewahrt: Weizen(?). (9) 242 l sind zum Abliefern fällig geworden. (10) Insgesamt 5428 l sind entnommen worden. Gerste in Nasauda, (11) Verfügung des Paritaka, (12) Kaika, Feuerschürer, Asapa ¯ na, Lager(13) verwalter. Die Abrechnung des 23. Jahres wurde dann (14) im 24. Jahr im 4. (15) Monat angefertigt.
242
TUAT N.F. / p. 259 / 6.5.2004
Texte aus Iran (16)
aufbewahrt
eingegangen entnommen Gerste in Nasauda
(17)
660
6600
—
Gerste von bewässertem Land, das 10fache
(18) im 23. Jahr. (19) Karsna, Verpächter, Farnaxva ¯ , Pächter, besitz wurde sie aufbewahrt.
(20)
für ihren eigenen Land-
Hier, ebenso wie im folgenden Beispiel, wird das Saatgut an Pächter weitergegeben. PF 1960: (1) 660 l (Gerste) erhielt Rta¯vahuš in Mazda¯guš. (2) 360 l erhielt Prsuš in Yana. 210 l erhielt Aupiš, 90 l für das Kultopfer (für Ahuramazda¯), 60 l für den Berg (4) C ¸ ¯ıravanta, 60 l für den Gott Naryasanga. (5) 3660 l hatte Minuyara erhalten, 14 Arbeiterinnen, (6) ihnen gab er sie in 10 Monaten, (7) für 1 Frau 60 l, für 4 30 (8) l, für 5 24 l, für 1 (9) Mädchen 21 l, für 1 18 l, für 1 (10) 15 l, für 1 12 l, insgesamt 366 l Gerste. (11) 780 l wurden als Saatgut aufbewahrt im 23. Jahr. (12) 1860 l hatte Taxmaspa ¯ da erhalten, 10 Pferde, (13) jedem gab er täglich 3 l (14) in 2 Monaten (und) 2 Tagen. (15) Insgesamt wurden 7530 l im 23. Jahr verbraucht. (16) 10320 l als Saldo des 22. Jahres wurden deponiert. (17) 6900 l sind als Ernte des 23. Jahres eingegangen. (18) 210 l aus Atikiš von Kršna. (19) 1005 l vom Speicher von Du¯ta. (20) Insgesamt 18435 l Bestand, und zwar (21) 7530 l verbraucht, (22) 10107 l ordnungsgemäß deponiert, zusammen mit 870 l Aufbewahrtem, (23) 574 l sind zum Abliefern fällig geworden, (24) insgesamt 214 l wurden entnommen. Gerste in Qimbara, (25) Verfügung des Hinduka, Aupiš, (26) Feuerschürer, Mijra Lagerverwalter. Die Abrechnung (27) des 23. Jahres ist dann im 24. Jahr (28) im 3. Monat am 29. Tag geprüft (29) worden. Damals haben auch die Arbeiterinnen für 2 Monate (30) keine Rationen erhalten. (3)
(31)
aufbewahrt
eingegangen entnommen Gerste in Qimbara
(32)
780 l
6900 l
900 l
Gerste von bewässertem Land, das 10fache
(33) insgesamt dieses vom 23. Jahr. (34) [X] Verpächter, Manuc ˇ a, Pächter, für ihren (35) eigenen Landbesitz wurde es aufbewahrt.
PF 139: 3000 l Korn ist seinem Konto gutgebracht worden, ein Kornbauer namens A¯tr-su¯riš, Hundertschaft des Vištana, Zehnerschaft des Xvanvanta, Zulieferer. 25. Jahr. ˙ Bei dem Korn (elam. GIŠ.tar-mu) handelt es sich wohl um ein Gemisch aus Gerste und Weizen. Der Kornbauer trägt einen west-semitischen Namen; auch Thraker treten in dieser Funktion auf. Es handelt sich wohl um »Domänenpächter«, die als solche abgabepflichtig waren.
243
TUAT N.F. / p. 260 / 6.5.2004
Heidemarie Koch
4.8 Opferzuteilungen und Priester (auch in sozialen Funktionen)
Zu den Opferzuteilungen s. H. Koch, Die religiösen Verhältnisse der Dareioszeit. Untersuchungen an Hand der elamischen Persepolistäfelchen, GOF.I. 4 (1977), hier RelVerh.; dies., Zur Religion der Achämeniden, ZAW 100 (1988) 393-405; dies., Zu Religion und Kulten im achämenidischen Kernland, in: La Religion Iranienne à l’Époque Achéménide, Actes du Colloque de Liège 11. Dec. 1987 (1991) 87-109; dies., Götter und ihre Verehrung im achämenidischen Persien, ZA 77/2 (1987) 239278. PF 746: 360 l Mehl, Verfügung des Hvamanyuš, hatte Da¯ta erhalten. Als Rationen für das Kultopfer hat er (es) hier verwandt. In 12 Monaten hat er es erhalten, monatlich stehen ihm 30 l zu. Täglich hat er einen Liter erhalten. 22. Jahr. Das Kultopfer (elam. d.la-an) war das offizielle Opfer für den von dem Propheten Zarathustra verkündeten Gott Ahuramazda¯. 46) Es ist das einzige Opfer, für das regelmäßig Zuteilungen ausgegeben werden, hier täglich 1 l Mehl. Dazu kamen dann noch Wein oder Früchte als Opfergaben. PF 753: 120 l Wein, Verfügung des Mic¸apa¯ta, hatte Haraiva erhalten, der das Kultopfer in Harbuš ausführt. Dieser wurde in Rationen des Königs ausgegeben, für ein ganzes Jahr. 23. Jahr. Das bedeutet also 1⁄3 l Wein pro Tag. Die Angabe, daß diese Zuteilungen für das Kultopfer »Rationen des Königs« sind, zeigt, daß dieses Opfer dem König besonders wichtig ist. Da Dareios nur den einen Gott Ahuramazda¯ in seinen Inschriften nennt, ist dieses einer der Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei diesem Opfer tatsächlich um dasjenige für eben diesen Gott handelt. PF 761: 40 l Mehl, Verfügung des Hufrata, hat Yašta, der Feuerschürer in Xva¯daicˇya, erhalten als Opferspende für das Kultopfer. 23. Jahr, für den 4. Monat. 47) PF 760: 150 l Wein, Verfügung des Vara¯za, hat Yašta erhalten als Opferspende für das Kultopfer in Xva¯daicˇya für den 11. Monat, 23. Jahr. Die beiden Täfelchen (PF 760. 761) können sich ergänzen. In diesem wichtigen Ort in unmittelbarer Nähe von Persepolis waren die Zuteilungen für das Kultopfer offenbar etwas höher als die sonst zugrundegelegte Menge (wie z. B. in PF 746. 753 oben). PF 1171: 110 l Wein, Verfügung des Hajya, hatte der Oberpriester Hinduš erhalten, Schneiderinnen, Thrakern, Lykern (und) Landarbeiterinnen, als Wunschkost hat er (ihn) ihnen gegeben. 23. Jahr. PF 1224: (1) 320 l Gerste, (2) Verfügung des Aspasupti(3) š, Xšaita mit Namen, (4) Oberpriester in (5) Persepolis, A¯pa¯ti(6) ya unterstellt, selbiger hatte es erhal(7) ten, stillenden Frauen (8) in Persepolis, io(9) nischen Garnspinnerinnen 48), (10) A¯pa¯tiya und (11) Mic¸apa¯ta unterstellt, (12) selbigen, als Wunschkost, ihnen hat er es (13) gegeben. 9 Frauen haben 46. 47. 48.
244
S. dazu ausführlich: RelVerh.129-141. PF 762 bringt entsprechende Angaben für den 7. Monat. nu-ma-kaš-be, es handelt sich immer um Fremdarbeiter; W. Eilers (in: AMI 10 [1977] 158)
TUAT N.F. / p. 261 / 6.5.2004
Texte aus Iran
einen Jun(14) gen geboren, 20 l hatten sie erhalten, (15) 14 Frauen haben ein Mädchen geboren, (16) je 10 l stand ihnen zu. (17) 12. Monat des 22. Jahres.
4.9 Schatzhaustäfelchen (ab 492 v. Chr.) G. G. Cameron, Persepolis Treasury Tablets (OIP 65 [1948]).
Die Bezahlung der Arbeiter erfolgt nunmehr nicht mehr ausschließlich in Naturalien, sondern wird teilweise in Silber vorgenommen. PT 12: (1) Zu Baratka¯ma, dem Schatzwart, (2) sprich, Aspacˇana¯h läßt sagen: (3) 358 Krša, 49) 9 Schekel und ½ (4) Schekel Silber gib den Arbeitern, (5) Rationsempfängern in Persepolis, Vahuš unterstellt, (6) Hattier, vollständig (zu Lasten) der Krone, (7) als Wert von Kleinvieh und Wein, (8) 1 Kleinvieh – 3 Schekel und 10 l (9) Wein – 1 Schekel Silber als Ration für den 7., (10) 8., 9., (11) 10., 11., 12. (12) Monat, insgesamt in 6 Monaten (13) des 2. Jahres, Männer, Zehnschaftsfüh(14) rer und in der Stellung von Zehnschaftsführern, (15) 84 Männer, jedem stehen monatlich (16) 3 Schekel Silber zu, 57 Männer, (17) jedem stehen monatlich 2 Schekel Silber zu, (18) 74 Männer, jedem stehen monatlich 1 Schekel (und) (19) 3⁄4 Schekel Silber zu, (20) 19 Männer, jedem stehen monatlich 1 Schekel (und) (21) ¼ Schekel Silber zu, 79 (22) Männer, jedem steht monatlich 1 Schekel Silber (23) zu, insgesamt 313 Arbeiter. Im (24) 4. Monat des 3. Jahres (25) wurde dieses gesiegelte Schreiben übergeben, Da¯ta schrieb es, (26) den Entwurf hat er von Saka (27) erhalten. Baratka¯ma, an den das Schreiben gerichtet ist, war Hofschatzwart ab dem 27. Jahr des Dareios bis zum 6. Jahr des Xerxes (495-481 v. Chr.). 50) Wenn also als Datum das 3. Jahr angegeben ist, so muß es sich um das 3. Regierungsjahr von Xerxes (483 v. Chr.) handeln. Der Auftraggeber Aspacˇana¯h war ein Nachfolger von Hofmarschall Farnaka. 51) Er ist ab dem 28. Jahr des Dareios (494 v. Chr.) belegt, sein Nachfolger Rtataxma dann ab dem 4. Jahr des Xerxes (482 v. Chr.). Vahuš tritt ab dem 3. Jahr des Xerxes auf und hat dann vom 12. bis 19. Jahr (474-467 v. Chr.) selbst den Posten des Hofschatzwartes inne (s. u. PT 27). Er ist für große Arbeitermengen zuständig, die mitunter in die Tausende gehen. 52) Die genannten Hattier, »Hethiter«, werden aus den hethitischen Nachfolgestaaten kommen, im Süden der heutigen Türkei und in Nordsyrien gelegen. Sie sind offenbar mit ganzen Handwerkergruppen, in
49. 50. 51.
52.
wollte das Wort mit altpers. *nı¯vaka – »Lied« in Verbindung bringen, so daß es sich auch um »Sänger« gehandelt haben könnte. Altpers. krša- = 83 1⁄3 g Silber, pancˇuka- »Fünfer« = 1 Silberschekel, cˇac¸ušva- »1⁄4«. Verzeichnis der Hofschatzwarte s. H. Koch, VW 237. S. H. Koch, VW 232. Die Vermutung G. G. Camerons (in: OIP 65 [1948] PT 103), daß es sich um denselben Mann handelt, der als Lanzenträger des Dareios auf seinem Grabrelief in Naqsh-e Rostam genannt wird, kann nicht zutreffen, da der Vatersname auf seinem Siegelabdruck nicht als Sohn des »Prexaspes« gelesen werden kann, s. F. Vallat, NABU 1999 no 2 (juin). Dazu H. Koch, VW 236 f.
245
TUAT N.F. / p. 262 / 6.5.2004
Heidemarie Koch
Zehnerschaften eingeteilt, in Persepolis tätig. Die Endformulierung zeigt, daß auch dieses Schreiben in der Hofkanzlei verfaßt worden ist. PT 27: (1) Zu Vahuš, dem Schatzwart (2) in Persepolis, sprich, (3) Rtataxma läßt sagen: 3 Krša, 6 Schekel und 3⁄4 (5) eines Schekels in Silber vom (6) Schatz des Königs (7) gib den Holzschnitzern (und) (8) Bildhauern, welche (9) dir unterstellt sind, Silber, was (10) ihnen zusteht als Wert für Rationen in Klein(11) vieh, Rationen für den 11. Monat: 1 (12) für den 12. Monat: 1 (und) für den nachträglich (eingeschobenen) (13) 12. Monat: (14) 1 – insgesamt für 3 Monate des 12. Jahres. (15) (An der) Palastbaustelle machten sie Wandschmuck. (16) 1 Mann stehen monatlich 1 Schekel (17) und ½ Schekel zu, (18) 5 Männern stehen monatlich je 3⁄4 (19) eines Schekels zu, 14 Männer, (20) jedem steht monatlich ½ (21) Schekel zu, insgesamt 20 Männer. (22) Es wurde zusammengerechnet: 1 Kleinvieh, sein Wert (23) beträgt 3 Schekel Silber, dieses Silber (24) rechneten Pitabarva (und) sein Gefährte, (25) die Rechnungsführer, für die Leute (26) zusammen, für den (27) 6. Monat (28) des 13. Jahres. (29) Die gesiegelte Urkunde wurde übergeben, Daijaka schrieb sie, (Entwurf) von Akušuna. (4)
Als Adressat tritt hier jetzt Vahuš mit dem Titel Schatzwart auf (s. PT 12:5). Rtataxma ist der im 4. Jahr des Xerxes (482 v. Chr.) auf Aspacˇana¯h folgende Hofmarschall. Die Handwerker sind auf der Palastbaustelle beschäftigt. Als Datum sind das 12. und 13. Jahr des Xerxes angegeben, also 474/73 v. Chr. Nach dem Baubefund auf der Terrasse von Persepolis kann man sich gut vorstellen, daß in diesen Jahren dort eine rege Bautätigkeit geherrscht hat. Die gesamte Terrasse muß wie eine Großbaustelle ausgesehen haben. Die Holzschnitzer könnten mit der künstlerischen Gestaltung der Deckenbalken befaßt gewesen sein, während die Bildhauer wohl an den zahlreichen Wandreliefs arbeiteten. Interessant ist, daß der genaue Gegenwert für ein Stück Kleinvieh angegeben wird. Ein namentlich genannter Rechnungsführer mitsamt Gefährten berechnet, was die Arbeiter zu erhalten haben. Der Text ist wiederum in der Hofkanzlei verfaßt. PT 39: (1) 426(?) Krša, 5(?) Schekel (2) Silber vom Schatz in Persepolis (3) (für) die Arbeiter, Schatzwarte (4) in Persepolis, Vahuš unterstellt, (5) selbigen als halbe Gersteration (6) für den 10. Monat (7) des 19. Jahres. (8) 4 Männer je 7 Schekel (und) (9) ½, (10) 8 Männer je 6 Schekel, (11) 276 Männer je 5 Schekel, (12) 15 Männer je 4 Schekel (und) (13) 1⁄3 eines halben, (14) 150 Frauen je 3 Schekel und 3⁄[4], (15) 4 Männer je 2 Schekel ½, (16) 9 Burschen je 3 Schekel 1⁄8, (17) insgesamt 49 Burschen je 2 Schekel ½, (18) 85 Burschen je 1 Schekel 3⁄4 (und) 1⁄8, (19) 75 Burschen je 1 Schekel, (20) 38 Burschen je ½(?) (und) 1⁄8, (21) 5 Frauen je 6 Schekel ¼, (22) 303 Frauen je 5 Schekel, (23) 38 Frauen je 3 Schekel, (24) 56 Frauen je 2 Schekel, (25) 120 Mädchen je 1 Schekel 2⁄3, (26) 69 Mädchen 1 Schekel ¼, (27) 44 Mädchen ½ Schekel (und) 1⁄8. Wiederum handelt es sich um Arbeiter, die Vahuš unterstellt sind. Addiert man die aufgeführten Arbeitskräfte zusammen, so ergibt es 1348 Personen, die am Schatzhaus in Persepolis beschäftigt waren. Eine ganz beachtliche Menge. Die Abrechnung stammt aus dem 19. Jahr (467 v. Chr.). Es ist das letzte Jahr, in dem Vahuš als Hofschatzwart tätig ist. Ab dem 20. Jahr hat das Amt dann Vratayanta inne.
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TUAT N.F. / p. 263 / 6.5.2004
Texte aus Iran
PT 44: Zu Vahuš sprich, General Bagada¯ta läßt sagen: 6 Schekel (und) 2⁄3 Silber als Wert für Kleinvieh und Wein gib ihnen, den Männern, Vorarbeitern der Holzschnitzer in Persepolis, Vahuš unterstellt, als 2⁄3 der Ration für den 11. Monat des 19. Jahres. 2 Männer, jedem stehen 1 Schekel (und) 2⁄3 zu. Der Name Bagada¯ta kommt recht häufig vor und wird von verschiedenen Personen getragen. Im 24. Jahr des Dareios (498 v. Chr.) ist in Persepolis z. B. ein Hundertschaftsführer dieses Namens belegt (PF 1842). Doch ist es fraglich, ob dieser noch 32 Jahre später im Amt und zum General aufgestiegen sein konnte. Der Titel General (altpers. *fratama-), wörtlich »Erster, Vornehmer« tritt nur im Zusammenhang mit dem Bagada¯ta der Schatzhaustäfelchen auf.
Abb. 1 Die Poststraße von Persepolis nach Susa und ihre Stationen
247
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Heidemarie Koch
König Alleinherrscher ihm zur Seite stehen als oberste Verwaltungsbeamte der Hofmarschall und sein Vertreter der Vizemarschall als nächste in der Rangordnung folgen der Hofschatzwart und 2 Hofintendanten die für die gesamte Persis zuständig waren; in jedem Verwaltungsbezirk gab es je einen Leiter einer Intendantur für diesen arbeiteten eine ganze Reihe an Beschaffungsbeamten ein solcher stand auch jeweils an der Spitze der Verwaltung eines Schatzhauses; die ihnen unterstellten Beamten waren für bestimmte Ressorts zuständig: Getreideverwalter – Obstwart – Weinträger – Herdenmeister sie alle hatten noch Stellvertreter; außerdem waren für sie tätig: Lagerverwalter – bzw. – Hirten die Basis bildeten Tausende von Arbeitern die in Hundert- und Zehnerschaften mit ihren jeweiligen Führern gegliedert waren.
Abb. 2 Schema der Rangstufen der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Krone
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V. Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Ingo Kottsieper Das Korpus der hebräischen, aramäischen und phönizischen Texte zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte ist im Vergleich zu dem der ägyptischen oder akkadischen Dokumente deutlich kleiner. Dies hat zwei Gründe: Zum einen wurden insbesondere privatrechtliche Dokumente, aber auch viele wirtschaftliche Aufzeichnungen in diesen Sprachen auf Leder oder Papyrus geschrieben, zwei Schreibstoffe, die sich im syrisch-palästinischen Klima nur in Ausnahmefällen erhalten haben. Auch die Beschriftung von Ostraka verblaßt schnell. Zum anderen dürfte aber gerade für die ältere Zeit des levantinischen Raumes mit seinen kleinen Stadtstaaten und seiner dörflichen Kultur gelten, daß viele Geschäfte und Rechtsvorgänge mündlich erfolgten und nicht aufgezeichnet wurden. Dies spiegelt sich noch in den perserzeitlichen Urkunden aus Elephantine wider. Wenn auch hier unter dem Einfluß der persischen Verwaltung, in der nahezu alle Vorgänge dokumentiert wurden, viele Geschäftsvorgänge mit Urkunden abgesichert wurden, so zeigen sie auch, daß über Besitzrechte zuweilen keine Dokumente vorlagen und diese dann durch einen Eid belegt werden mußten. Aber auch die Tatsache, daß im neuassyrischen Reich Wirtschaftsurkunden in Anlehnung an die keilschriftliche Praxis auf Tontafeln eingeritzt wurden, zeigt den Einfluß einer formelleren Geschäftspraxis, wie sie sich in größeren Sozialstrukturen herausbildet. Daß für den palästinischen Raum der römischen Zeit dann eine Reihe von ausführlichen Wirtschaftsurkunden vorliegt, ist folglich wohl nicht allein dem Zufall der Fundgeschichte zu verdanken, sondern spiegelt hier die Ausbildung einer Rechtstradition wider, bei der die Urkunde als wesentliches Element in den Mittelpunkt trat. Diese setzte aber, wie die leider stark zerstörten Samariapapyri zeigen, schon in der Perserzeit ein. So überrascht es nicht, daß spätere Verträge formal und sogar in einzelnen Formulierungen an die der Perserzeit erinnern. Der größte Teil der hier gebotenen Texte ist als Rede des Ausstellers der Urkunde stilisiert, in der gegenüber dem Empfänger sein Recht oder Besitz als Faktum konstatiert wird. Die Urkunde selbst setzt den Rechtsakt nicht, sondern bezeugt ihn nur. Die Tatsache, daß trotz aller formalen Ähnlichkeiten hier kein Formular benutzt wird, sondern jeder Text auch jenseits der sachlichen Unterschiede seine Eigentümlichkeiten aufweist, belegt, daß die Einführung »PN hat zu PN gesagt« durchaus wörtlich zu nehmen ist. Entsprechend konstatieren auch viele Texte in der Schreibernotiz, daß sie nach der Aussage des Ausstellers geschrieben wurden. Formal besteht bei diesen Texten kaum ein Unterschied zwischen primär wirtschaftlich orientierten Dokumenten wie Kaufverträgen, Austausch von Gütern, Pachtverträgen und Überschreibungen 249
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von Besitz oder Nutzungsrecht und mehr juristisch orientierten Urkunden wie die Klagebeendigung, Adoption oder testamentarische Sklavenfreilassung. Selbst eine Eidesleistung in einem Prozeß wegen Raubes wird als Rede des Eidgebers an das Opfer stilisiert. Dies entspricht dem Charakter des altorientalischen Rechts als Vertragsrecht. All diesen Bereichen ist gemeinsam, daß ein Recht zwischen zwei Parteien ausgehandelt oder gewährt wird. Dies geschah mündlich vor Zeugen, und diesen Vorgang dokumentieren die Texte. Die Urkunden gingen in den Besitz des Empfängers über, der sie in einem späteren Streitfall dann vorweisen konnte. Hierfür war natürlich eine Sicherung vor Fälschung nötig. Die Verträge aus Elephantine wurden meist so geschrieben, daß der Text ganz oder zum größten Teil recto stand. Der Papyrus wurde dann nach einem speziellen System aufgerollt, gefaltet gebunden und gesiegelt. Links und rechts des Siegels wurde eine kurze Außenschrift angebracht, die den Charakter des Dokuments, seinen Aussteller und normalerweise auch den Empfänger nennt. Diese Außenschrift kommt dabei verso zu stehen. Die späteren Papyri aus Palästina sind hingegen zum Teil als Doppelurkunde abgefaßt, bei der der Text zweimal geschrieben wurde. Dabei ist der erste Text normalerweise in einer kleineren Schrift abgefaßt. Quer über die Rückseite wurden dann die Unterschrift und die Namen der Zeugen geschrieben. So konnte vermieden werden, daß Teile aus dem Papyrus herausgeschnitten und durch andere ersetzt wurden. Die Zeugnisse aus dem neuassyrischen Reich heben sich von den genannten Urkunden formgeschichtlich ab. Entsprechend ihrer keilschriftlichen Vorbilder dokumentieren die Darlehensurkunden lediglich das Faktum, daß ein Darlehen zu einem bestimmten Zinssatz besteht und geben allenfalls nur kurz Hinweise über die Zahlungsmodalitäten. Auch die Urkunde über einen Rechtsstreit ist als Bericht, nicht aber als Rede einer der Parteien verfaßt. Ein weiterer Bereich der Rechtstexte sind die Gesetze, die in Palmyra und Hatra veröffentlicht wurden. Sie haben gemeinsam, daß sie in der Präambel den Gesetzgeber und den Anlaß nennen – in Hatra auf die Notiz der Veranlassung durch die Götter reduziert – und dann den Gesetzestext bieten. Rechtsgeschichtlich kommt dem Zolltarif oder Steuergesetz von Palmyra auch darin Bedeutung zu, daß es ein Beispiel für die Komposition eines Gesetzes aus älteren Gesetzen und Regelungen darstellt, in dem diese zum Teil unausgeglichen nebeneinander gestellt werden. Die übrigen Dokumente sind als reine Wirtschaftstexte anzusprechen, die keinen direkten juristischen Bezug haben, sondern Wirtschaftsvorgänge dokumentieren. Die meisten gehören dabei in den Bereich der Tempelwirtschaft, die für die Ökonomie des Alten Orients von großer Bedeutung war. 1. Zwei palästinische Ostraka Lit.: A. Lemaire, Levant 10 (1978) 159 f.; HAE Jer (8):10.
Bei den Ausgrabungen in Jerusalem, die in der Zeit von 1961-67 unter der Leitung von Kathleen Kanyon durchgeführt wurden, wurde in einem nicht klar stratifizierten
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Kontext ein kleines Ostrakon (5,8 6,2 cm) gefunden, das paleographisch an das Ende des 8. Jh. zu datieren ist. (1)
CC 1) (= 160). (2) Sie haben X (= 8) VIII (= 8) 2) abgezählt (3) zur Verzehntung.
Lit.: B. Maisler, IEJ 1 (1950) 194-218; HAE Qas(8):2.
Ebenfalls aus dem Ende des 8. Jh. stammt ein auf T. El-Qası¯le 1964 gefundenes, 6 6 cm großes Ostrakon, dessen Text wahrscheinlich weitgehend erhalten ist. Es belegt eine Lieferung feinsten Goldes an einen Horontempel, wobei offenbleibt, ob es sich um eine reguläre Abgabe oder aber um eine besondere Dedikation handelt. Damit bezeugt der Text wohl auch die Bedeutung T. El-Qası¯les als Hafen- und Umschlagplatz exotischer Güter. Die vielfach angenommene judäische Herkunft des Textes ist hingegen fragwürdig, wie schon die »phönizische« Schreibung des Zahlzeichens für 30 belegt. (1)
G]old aus Ofir 3) für den Tempel Horons 4): (2) 30 Sch(ekel).
2. Aramäische Rechtsurkunden aus dem neuassyrischen Reich Rechtsvorgänge wurden im neuassyrischen Reich nicht nur in Keilschrift aufgezeichnet, sondern auch in Aramäisch, der Sprache, die die große Mehrheit der Bewohner sprach. Wenn hierzu wohl als Schreibstoff in erster Linie Leder oder ein ähnlicher vergänglicher Stoff benutzt wurde, so wurde dennoch zuweilen das Beispiel der Tontafeln übernommen und die aram. Texte in solche eingeritzt. Bei den folgenden Schuldurkunden handelt es sich um Tafeln in der Größe von ca. 4,5 5 cm, die sich nach unten hin verjüngen und so eine nahezu dreieckige Form aufweisen. Der letzte Text steht jedoch auf einer rechteckigen Tafel und zeichnet das Ergebnis eines Rechtsfalles auf. A) Ninive, 682 v. Chr. (British Museum, Inv.-Nr. 81-2-4, 147): Die Vorderseite ist mit einem akkadischen Text beschriftet, welcher inhaltlich dem aramäischen auf der Rückseite entspricht.
1. 2.
3. 4.
Das hieratische Zahlzeichen für 200, das aber 160 Schekel bezeichnet. = 16. Die Schreibung mit den hieratischen Zahlzeichen für X, das bei Schekelangaben acht meint, und VIII, das ebenfalls acht meint, erklärt sich am einfachsten aus dem Vorgang des Abwiegens, bei dem die Gewichtsteine gezählt wurden: Ein mit X bezeichnetes »Zehner-Gewicht« (= 8 Schekel) und weitere Schekelsteine, die ihrerseits 8 Schekel ergaben. Entweder als Herkunftsangabe (vgl. 1 Kön 9,28; 10,11; 22,49) oder aber im Sinne von »Ofirgold« als Qualitätsbezeichnung zu verstehen (vgl. Jer 13,12; Ps 45,10; Hi 22,24; 28,16). Horon ist eine phönizisch-kanaanäische Gottheit, deren Verehrung im 1. Jt. v. Chr. im Mittelmeerraum größere Verbreitung fand (vgl. U. Rüterswörden, DDD2, 425 f.) Mit dem Tempel des Horon wird wahrscheinlich das noch in hellenistischer Zeit bekannte Horonheiligtum im nah gelegenen Jamnia gemeint sein. Nicht auszuschließen, aber weniger wahrscheinlich ist, daß hier der Ortsname Bet Horon und damit die judäische Zwillingsstadt des oberen und unteren Bet Horon genannt wird.
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Lit.: CIS II 38; Fr. M. Fales, Aramaic Epigraphs on Clay Tablets of the Neo-Assyrian Period, StudSem 2, Rom 1986, 135-140 + Pl. I; V. Hug, Altaramäische Grammatik der Texte des 7. und 6. Jh. v. Chr., HSAO 4, Heidelberg 1993, 27.
RS (1) Gerste (durch den) Stellvertreter 5) (2) des Kronprinzen zu Lasten (3) von HMTT ˙˙ aus HDWH (4) 5 (Emar) zu 6 6) (Emar und) 5 (Seah) (5) (und) 5 Erntearbeiter. 7) (6)˙ Epo˙ nymat des Obervorstehers NBSRSR. ˙ B) Ninive, 674 v. Chr. (British Museum, Inv.-Nr. K. 3785): Die Vorderseite ist quer, die Rückseite längs beschriftet. Am Rand Eindrücke von Fingernägeln, die, wie auf Keilschrifttafeln üblich, an Stelle von Siegeln benutzt werden, und ein Siegelabdruck. Lit.: CIS II 39; Fr. M. Fales, aaO 150-152 + Pl. III; V. Hug, aaO 17 f.
VS (1-2) Gerste des Kronprinzen zu Lasten des NBZRBN aus 2YRN, (3-4) 5 (Emar) zu 6, RS (1) und 5 Erntearbeiter. (2) Eponymat des SRNRY. C) Assur, um 650 v. Chr. (Vorderasiatisches Museum, Berlin, Inv.-Nr. VA 7497): Vorder- und Rückseite sind quer beschrieben. Lit.: M. Lidzbarski, Altaramäische Urkunden aus Assur, Leipzig 1921, 16 f. + Tf. II; KAI 235; Fr. M. Fales, aaO 228 f. + Pl. XV; V. Hug, aaO 23.
VS (1) Gerste des (2) 3SRSLMH (3) zu Lasten des SB3SR (4) 4 (Emar) und 8 (Seah). ˙ er (zurück-)geben. Als Zeugen: (2-4) (Drei Namen.) Auf (den) Tennen RS (1) wird
(5)
D) Assur, 659 v. Chr. (Vorderasiatisches Museum, Berlin, Inv.-Nr. VA 7498): Vorderund Rückseite sind quer beschrieben, am oberen Rand finden sich zwei Siegelabdrücke. Es handelt sich wohl um eine Art Schuldübertragung, bei welcher der Bürgermeister eine bestehende Schuld mit der älteren Urkunde übernommen hat. Welche Rolle SMSDLH hierbei spielt, bleibt unklar. ˙ ˙ Lit.: M. Lidzbarski, aaO 17-19 + Tf. II; KAI 236; Fr. M. Fales, aaO 229-233 + Pl. XVI; V. Hug, aaO 23 f.
VS (1-2) Siegel ŠNN3D, des Soh[nes] des RSL, des Bürgermeisters von 3GLH. (3) (Bezüglich) 2 (Emar) Gerste des 3LQB (4) hat ŠN[N]3D eine Urkunde übernommen. (5) Ihr Zins beträgt 1 (Emar) zu 1 (Emar und) 5 (Seah) (6) und einen Erntearbeiter. Monat TSRH, RS (1-2) Eponymat des »Minister« ŠLM3SR. Als Z[eugen]: (Es folgen in Z. 2-5a ˙ ˙ Namen.) Als Zeuge (6) der Schreiber KNNY. (7-8) ŠMŠDLH wird die Gerste (zusechs rück-)geben.
5. 6. 7.
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Der akkadische Text auf der VS macht deutlich, daß das Getreide dem Kronprinzen gehört und über seinen Beamten ausgeliehen wurde. Vgl. den akk. Text, Z. 6. Die Formulierung meint, daß für die 5 Emar Getreide 6 Emar und 5 Seah zurückgezahlt und 5 Erntearbeiter gestellt werden müssen.
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E) Assur, undatiert (Vorderasiatisches Museum, Berlin, Inv.-Nr. VA 5831): Vorderund Rückseite sind quer beschrieben; am oberen Rand finden sich Fingernägeleindrücke. Lit.: M. Lidzbarski, aaO 19 + Tf. II; Fr. M. Fales, aaO 233-235 + Pl. XVI; V. Hug, aaO 24.
VS (1) 8 Scheke[l] (2) Silber des BLŠY (3) zu Lasten von BLZR. Mit einem Viertel (4-5) wird es verzinst. »Achter« Monat. Als Zeugen: (es folgen in RS Z. 1-4 vier Namen.) F) Herkunft unbekannt, datiert 635 v. Chr. (Louvre, Inv.-Nr. A.O. 25.341): Eine rechteckige Tontafel mit den Maßen 6,5 4,2 cm. Zwischen VS Z. 3 und 4 finden sich drei Siegelabdrücke. Der Text protokolliert in aller Kürze einen Rechtsfall: Die beiden in Z. 1 genannten Personen hatten offenkundig eine Urkunde o. ä. dem NSHNGHY präsentiert, mit der sie einen Rechtsanspruch gegen ihn durchsetzen wollten.˙ Jedoch hatte dieser ebenfalls eine solche, die als maßgebend anerkannt wurde. Daraufhin leisteten die beiden Unterlegenen die Strafzahlung für den zu Unrecht angezettelten Prozeß, womit die Sache beigelegt war und durch einen Prozeßausschluß abgeschlossen wurde. Lit.: P. Bordreuil, Une tablette araméenne inédite de 635 av. J.-C., Sem. 23 (1974) 95-102 + Pl. I-V; Fr. M. Fales, aaO 253-258; V. Hug, aaO 25.
VS (1-4) KLBYD3L und 2ZRN3L hatten zur Zeit des Eponymats des SRGRNR ihre Urkunde 8) vor NSHNGHY plaziert. (5) Zugunsten seiner Urkunde (erging) ein Bescheid über ˙ 9). (6) – RS (2) Und KLBYD3L und 2ZRN3L wogen dem NSHNGHY das Territorium ˙ sich. [XXX] Schekel und ein Sus Silber ab. (3) Und sie stifteten (so) Frieden zwischen (4) Wer gegen den anderen zurückkehrt, (5-6) (sei verflucht) beim Leben des SHR und ˙ beim Leben des Königs. Als Zeugen: (Z. 7-10 bieten fünf Namen.)
Eine phönizische Ausgabenliste für den Kult in Kition Lit.: CIS I 86; KAI 37; M. G. Guzzo Amadasi/V. Karageorghis, Fouilles de Kition III, Nicosia 1977, 103-126 + Pl. XV, 1+3; M. Delcor, Le Personnel du Temple d’Astarté à Kition d’après une Tablette Phénicienne (CIS 86 A et B), UF 11 (1979) 147-164 (Lit.!).
1879 wurde bei Larnaka eine ursprünglich ca. 15 11 cm große Marmortafel gefunden, 10) auf deren beiden Seiten mit schwarzer Tinte die Aufwendungen einer Tempelverwaltung in Kition verzeichnet sind. Die Tafel, die sich jetzt im Britischen Museum, London, befindet (Inv.-Nr. 125.080), stammt wohl aus dem 5. oder Anfang
8. Die Etymologie und genaue Bedeutung von 3m ist umstritten. Vom Kontext her ist aber etwas wie »Urkunde« oder »Aussage« kaum zu bezweifeln. Sollte hier vielleicht akk. immû (< sum.) »Aufzeichnung« vorliegen? Dann wäre aber babylonischer Einfluß anzunehmen, d. h. der Schreiber würde aus Babylon stammen. 9. Wörtlich »ein Bescheid einer Grenze«. 10. Der untere rechte Bereich von A 15-17 respektive der linke Rand von B 1-9 ist abgebrochen.
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des 4. Jh. v. Chr. Es handelt sich um ein Ausgabenprotokoll oder um eine Zahlungsanweisung. Dafür sprechen nicht nur die Verwendung von Tinte und die zweiseitige Beschriftung, wobei Seite B quer zu Seite A und von einem anderen Schreiber geschrieben wurde, 11) sondern auch die Tatsache, daß einige Empfänger mit Namen genannt werden. Zudem weist B, bei der es sich möglicherweise um die erste Seite handelt, darauf hin, daß die einzelnen Posten wohl von einer anderen Person »abgehakt« wurden.12) Ausgaben des Monats 3TNM 13). Am Neumond des Monats 3TNM. (3) Für die Würdenträger 14) des Neumondes 2 QP3. (4) Für die 4 15) Bauleute, die den Tempel der 2ŠTRT von Kition gebaut haben, [X] QP3. 16) (5) Für die Wächter 17) und die Torleute 20 ??? 18). (6) Für die Sänger aus der Stadt, die sich für die heilige Königin niedergelassen haben, 19) an diesem Tag [X] Q[P3]. (7) Für die 2 Diener 2 QP3. (8) Für die 2 Opferer 1 QR. (9) Für die 2 Bäcker, die die ??? Kuchen für die Königin gebacken haben (10) zusammen mit PRMN 20) 1[+X] QP3. (11) Für die 3 Diener 3 QP3. (12) Für die Barbiere, die für den Kultdienst arbeiten, 21) 2 QP3. (13) Für die 20 (?) Handwerker, die die Säulen aus Stein 22) im Haus des MK[L] 23) gemacht haben [X QP3/QR]. (14) Für 2BD3ŠMN, den Chef der Schreiber, den Beauftragten an diesem Tag, 3 QR und [X] Q[P3]. (A 1) (2)
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
18. 19. 20. 21. 22. 23.
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Bei einem zu veröffentlichenden Tarif würde man eher eine Steinmetzarbeit und eine einseitige Beschriftung erwarten, um die Tafel aufstellen zu können. Vgl. die Anm. zu B 1 und 2. S. auch 270. 1. Monat im Jahr (Sept./Okt.), vgl. 1 Kön 8,2. Oder »Mächtigen« o. ä., jeweils kaum »Götter«, da die übrigen Empfänger der Zahlungen alles Menschen sind. Die Zahl wurde zwischen den Zeilen nachgetragen. Offenkundig bekamen die Bauleute am Beginn eines Jahres eine Gratifikation ausbezahlt. prkm bezeichnet hier sicher eine Art von Wachhabenden. Wenig überzeugend ist die Verbindung mit hebr. prkt »Vorhang« im Sinne von »Vorhangwächtern«. Eher ist das Wort mit akk. para¯ku »quer liegen, absperren« zu verbinden und bezeichnet dann diejenigen, die den Zugang zum Tempel regeln. Die Lesung und Interpretation des Wortes ist umstritten. Man erwartet vom Formular her eine Geldangabe. Es handelt sich um Sänger, die entweder für eine bestimmte Zeit im Tempel wohnen oder aber in die Stadt gezogen sind, um als Sänger zu arbeiten. Ein Name? Ihre Aufgabe war wohl, den Kultteilnehmern die Haare zu schneiden. Trifft die Lesung »20« zu, so handelt es sich um einen Großauftrag, was gut zu den Steinsäulen in einem Tempel paßt. Eine nicht näher bestimmbare Gottheit, die auch in äg. Texten des 2. Jt. v. Chr. als ein palästinischer Gott begegnet und wohl mit dem Reschef MKL in Idalion (vgl. KAI 38,3; 39,3) zusammenzustellen ist.
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[Für die »Hunde«] und für die »Jungtiere« 24) 3 QR und 3 P2. [….] dem Beauftragten an diesem Tag 3 QR und X Q[P3]. (17) … (15) (16)
Bedarf an Entgelt. 25) – Am Neumond des Monats P2LT 26). (3) – Für die Würdenträger des Neumondes 2 QP3. (4) – Für die Herren des Wassers im Umkreis der Götter 27) [ ]. (5) – Für die Tempelleute, die für die Säulen des MKL und die [ ]. (6) – Für den Karthager 2BD3BST [ ]. (7) – Für die Männer, die das Kultgestell von ihm 28) genommen haben [X] QP3. (8) – Für die Hirten, die in/aus R/DŠ?P LKD 29) 2 QR, die in/aus Ki[tion]. (9) – Für die jungen Frauen und die 22 jungen Frauen 30) beim Opfer [ ]. (10) – Für die »Hunde« und für die »Jungtiere« 3 QR und 3 P2. (11) – Für die 3 Diener 3 QP3. (12) [– Für die …] 2 [QP]3. (B 1)
(2)
3. Aramäische Texte aus Ägypten Aus Ägypten, das auf Grund seines Klimas uns viele Papyri und Ostraka überliefert hat, kommt eine große Anzahl aramäischer Texte. Sie datieren zumeist in die Zeit der Perser, deren Amtssprache Aramäisch war und die nicht nur Beamte, sondern auch aramäischsprachige Garnisonen dort stationiert hatten. Viele Dokumente stammen von der Insel Jeb, dem klassischen Elephantine bei Syene/Assuan, zu deren Garnison eine Gruppe von Juden gehörte, die dort auch eine Kultgemeinschaft mit einem eigenen Jahwetempel besaß. Die Texte wurden bei Ausgrabungen am Anfang des 20. Jh. 24. 25.
26.
27. 28. 29. 30.
Vgl. B 10; wahrscheinlich zwei Bezeichnungen für männliche Prostituierte, wobei dann »Jungtiere« noch Knaben bezeichnet (für »Hund« im Sinne von »männlicher Prostituierter« vgl. z. B. Dtn 23,19). Dies ist in deutlich kleinerer Schrift recht eng über Z. 2 geschrieben, und der linke Rand entspricht der Lage der waagerechten Striche, die in B sonst vor jeder Zeile stehen. Hierbei handelt es sich um die Kontrollvermerke des Rechnungsprüfers oder des Kassierers, der die einzelnen Posten ausgezahlt hat. In jedem Fall ist aber davon auszugehen, daß zunächst die Liste Z. 2 ff. geschrieben wurde und dann nachträglich mit dem Vermerk in Z. 1 an den Kontrolleur oder Kassierer ausgegeben wurde. Mai/Juni? Trifft dies zu, so zeigt sich auch hier der Charakter des Textes als Auszahlungsbeleg oder -anweisung, die dann ausgeführt oder kontrolliert wurde. Nach der Abfassung der ersten Seite – wahrscheinlich B – wurde diese in den »Umlauf« gebracht und schließlich die Rückseite nach der Erledigung später für eine weitere Liste gebraucht. Wohl Kultfunktionäre, die für Wasserinstallationen im Tempel zuständig waren. Deutung unsicher; vgl. für mkn aber hebr. mknh als Bezeichnung eines Gestells im Kult. Möglicherweise bezieht sich bm »von ihm« auf 2BD3BST, der dann ein solches angefertigt oder geliefert hat. Trifft die Deutung am Schluß der Zeile auf einen Ortsnamen zu, so könnte auch hier eine Ortsbezeichnung vorliegen. Die genaue Funktion dieser beiden Gruppen von jungen Frauen bleibt unklar. Letztere werden aber eindeutig mit der Opferzeremonie verbunden und könnten daher Sängerinnen oder Tänzerinnen sein – ob erstere Prostituierte waren, wie gern vermutet wird, ist völlig unsicher.
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gefunden, zum Teil aber auch von Bauern, die sie dann weiterverkauften. Eine Reihe dieser Dokumente gehörte zu Privatarchiven, so etwa zu dem der MBTHYH (TADAE ˙ ein Archiv B2.1-11) oder zu dem des 2NNY(H) (TADAE B3.1-13). Die Tatsache,˙ daß einer Frau gefunden wurde und Frauen auch als Rechtspersonen in den Texten begegnen, erhellt, daß sie als völlig rechtsfähig galten. Es ist in den Urkunden kein Unterschied zwischen Frauen und Männern hinsichtlich ihrer Rechtsposition festzustellen. Neben den Texten aus Privatarchiven, die entsprechend Urkunden aus dem privaten Rechtsbereich wie Verträge, Schuldscheine, testamentarische Verfügungen, Übereignungen oder Adoptionen enthalten, finden sich auch Verwaltungstexte wie Personenlisten und Abrechnungen, die jedoch größtenteils stark zerstört sind. Rechtsgeschichtlich interessant sind auch die Gerichtsdokumente. Sie umfassen Aufzeichnungen über Eide, die im Rechtsverfahren geleistet wurden (vgl. TADAE B7.1-4) und Protokolle über Gerichtsverfahren (TADAE B8.1-12). Letztere sind aber alle so zerstört, daß sie keine zusammenhängende Übersetzung erlauben. Mit der Perserzeit endete auch die Ära des Aramäischen als Verwaltungssprache in Ägypten. Dennoch begegnet es später noch im internen Gebrauch der in Ägypten lebenden aramäischsprachigen Gruppen. Aus diesen stammen Namens- und Abgabenlisten, die auf Ostraka geschrieben wurden. Zu den wirtschaftsgeschichtlich interessanten Texten gehören hier auch Anweisungen über Geschäfte oder zu verrichtende Arbeiten (TADAE D.1-57), die aber der Briefgattung zuzuordnen sind und deshalb in diesem Band nicht berücksichtigt werden. Die Papyrusdokumente der Perserzeit verwenden weitgehend für Wertangaben das im persischen Reich übliche System der Bezeichnung von Silbermengen. 31) Neben die im Alten Orient allgemein verbreitete Grundeinheit Schekel (ca. 8,3 Gramm) tritt der »Zehner« – d. h. 10 Schekel – der auch mit dem aus dem Altpersischen übernommenen Begriff krš (»Karsch«, Abkürzung: k) oder aber schlicht mit dem Zahlzeichen für »10« bezeichnet wird. Als Scheidemünze begegnet das »Viertel« (rb2) durchweg mit der Abkürzung r. Für ½ Schekel wird zwz »Sus, Halbschekel« benutzt. Ebenfalls persischem Einfluß verdankt sich die Unterscheidung zwischen »geläutertem Silber«, »Silber von 2 r/ein Halbschekel zu einem Zehner/10/Karsch« und »Silber von 1 Schekel zu 10«, die die Unterscheidung von Silber 1., 2. und 3. Grades aufgreift, welche in Schatzhaustexten aus Persepolis begegnet. Die Formulierungen für die niederen Grade bedeuten wohl, daß bei einem solchen Silber der Menge von 10 Schekel ½ bzw. 1 Schekel hinzugefügt werden muß, um den Wert von reinem Silber zu erhalten. Es handelt sich mithin um Stücke mit einem Silbergehalt von ca. 95 bzw. 90 %. Daß in der Mehrzahl der Fälle Silber eines Reinheitsgrades von 95 % genannt wird – der geringere Grad findet sich nur in einem Beleg über eine Zahlung und »geläutertes Silber« nur in Angaben über zu leistende Zahlungen –, weist darauf hin, daß das im Umlauf befindliche Silber in dieser Gegend im 5. Jh. v. Chr. zumeist diesen Reinheitsgrad aufwies und somit das gebräuchlichste Zahlungsmittel war.
31.
256
Vgl. hierzu den Beitrag von H. Koch im vorliegenden Band, bes. Anm. 49.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
3.1 Klage über ein Grundstück und seine Weitergabe
Im Archiv der MBTHYH von Elephantine haben sich drei Urkunden erhalten, die ˙ ˙ Vorgänge hinsichtlich eines Grundstückes dokumentieren. verschiedene rechtliche Dieses war MBTHYH von ihrem Vater MHSYH überschrieben worden (B). Einige ˙ Jahre zuvor war˙ jedoch der Besitztitel durch˙ DRGMN in einem Prozeß in Frage gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt lag offenkundig keine gerichtsverwertbare Urkunde vor, so daß MHSYH sein Besitzrecht durch einen Eid begründen muß, worüber ˙ eine Urkunde ausgefertigt wurde (A). Diese wird bei der Besitzübertragung an seine Tochter weitergereicht und ausdrücklich in der Übereignungsurkunde aufgeführt. Mit der Besitzübertragung war noch ein weiterer Rechtsakt verbunden: MHSYH beauftragt den Ehemann seiner Tochter, das Grundstück (neu) zu bebauen ˙bzw. auszubauen. Mit diesem Auftrag ist zwar kein Besitzrecht verbunden, aber es wird dem Ehemann zugesichert, daß er auf dem Grundstück mit seiner Frau wohnen kann. Für den Fall, daß seine Frau die Scheidung einreicht, werden zwei mögliche Rechtsfolgen angegeben: Entweder ihre gemeinsamen Kinder erhalten das Grundstück, oder es wird geteilt, wobei die eine Hälfte dem Ehemann als Bezahlung für seine Arbeit zusteht. Selbst dann kann er nicht ganz frei darüber verfügen, sondern es ist an die gemeinsamen Kinder zu vererben. Beide Rechtsakte werden jeweils in einer eigenen Urkunde niedergelegt (B + C), wobei C de facto die in B gewährten Rechte zum Teil wieder einschränkt, ohne daß dies aus B hervorgeht. Dies spiegelt die Rechtspraxis wider. Sollte MBTHYH ihr in B gewährtes Recht gegen die Zusicherung in C aus˙ üben, so kann ihr˙Ehemann unter Vorlage der Urkunde C sein Recht einklagen. A) Der Text steht recto, verso nur die Außenschrift. Lit.: APA B; AP 6; TADAE B2.2.
Urkunde eines Rechtsverzichts 32), die [DRGM]N, der Sohn des HRŠYN zu˙ gunsten MHSYH geschrieben hat. ˙ (1-4) Am 18. Kislew, das ist der [13+]4. T[ag] des THWT, Jahr 21, 33) dem Akzessionsjahr, ˙ DRGMN, der Sohn des HRŠYN, als sich König Artaxerxes auf seinen Thron setzte, hat ˙ ein HRZMi, der in der Festung Jeb stationiert ist, zugehörig der Abteilung des 3RTBNW, ˙ zu MHSYH, dem Sohn des YDNYH, einem Juden, der in der Festung Jeb ist, zugehörig ˙ der Abteilung des WRYZT, folgendes gesagt: (4-7) Du hast mir bei dem Gott Jahu in der Festung Jeb geschworen, du und deine Frau und dein Sohn, alle 3, in bezug auf mein Grundstück, wegen dem ich gegen dich vor DMYDT und seinen Kollegen, den Richtern, Klage erhoben hatte. Und sie hatten dir auferlegt, mir wegen jenes Grundstücks einen Eid bei Jahu zu schwören, daß es nicht das Land des DRGMN, mein eigenes, ja, meins 34), gewesen war. (7-11) Des weiteren: Siehe, die Grenzen jenes Grundstückes, wegen dem du mir ge(Außenschrift)
32. 33. 34.
Wörtlich »Entfernung«. In diesem Fall handelt es sich um den Verzicht auf das Klagerecht; vgl. aber auch 263. 2. 1. 464 v. Chr. Wörtlich: »Ja! Ich.«
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Ingo Kottsieper
schworen hast, sind: mein, meins, des DRGMN Haus (liegt) östlich von ihm; und das Haus des QNYH, des Sohnes des SDQ, ein Jude, zugehörig zur Abteilung des ˙ das Haus des [YZ]NYH, des Sohnes des 3TRWPRN, (liegt) westlich von ihm; und 3WRYH, ein Jude, zugehörig zur Abteilung des WRYZT, (liegt) unterhalb von ihm; und das Haus des 3SPMT, des Sohnes des PPT2WNYT, ein Kataraktschiffer, (liegt) oberhalb ˙ von ihm. (11-13) Du hast mir bei Jahu geschworen und mich (damit) in bezug auf jenes Grundstück zufriedengestellt. Ich kann gegen dich keinerlei Prozeß oder Klage anstrengen in bezug auf jenes Grundstück, weder ich, noch ein Sohn von mir oder eine Tochter von mir, ein Bruder oder eine Schwester von mir, nah oder fern 35) (gegen) dich, einem Sohn von dir oder einer Tochter von dir, einem Bruder oder einer Schwester von dir, nah oder fern. (14-16) Wer gegen dich in meinem Namen wegen jenem Grundstück vorgeht, der muß dir 20 Karsch Silber geben, das sind zwanzig nach den Gewichtssteinen des Königs, Silber von 95 %. Und jenes Land bleibt natürlich deines. Und du bist fern von jeglichem Prozeß, den sie gegen dich wegen jenes Grundstückes anstrengen werden. (16-17) Geschrieben hat diese Urkunde 3YTW, der Sohn des 3BH, in der Festung Syene nach der Aussage des DRGMN. (Es folgen 8 Zeugenunterschriften.) B) Der Text steht recto, nur Z. 32-34 über der Außenschrift auf verso. Am oberen Rand von recto findet sich eine kleine Notiz: »Länge 13 und eine Handbreit«, mit welcher der Schreiber sich offenkundig die Maßangabe von Z. 4 notiert hat. Lit.: APA D; AP 8; TADAE B2.3.
Hausurkunde, die MHSH, der Sohn des YDNYH, (2) für MBTH, die ˙˙ Tochter des MHSH, geschrieben hat. ˙ ˙ (1-3) Am 21. Kislew, das ist der [2]2. Tag des MSWR2, Jahr 6 36) des Königs Artaxerxes, hat MHSYH, der Sohn des YDNYH, ein Jude (und) (Land-)Besitzer in der Festung Jeb, ˙ zur Abteilung des HWMDT, zur Dame MBTHYH, seiner Tochter, folgendes zugehörig ˙˙ gesagt: Ich habe dir in meinem Leben und in meinem Tod 37) 1 Haus(grundstück) gegeben, mein Grundstück war es gewesen. (4-5) Seine Maße betragen in der Länge von unten nach oben 13 Ellen und 1 Handbreit (und) in der Breite von Westen nach Osten 11 Ellen gemäß der (offiziellen) Meßlatte. (5-8) Seine Grenzen sind oberhalb von ihm das Haus des DRGMN, des Sohnes des HRŠN, unterhalb von ihm schließt sich das Haus des QWNYH, des Sohnes des SDQ, ˙ östlich von ihm das Haus des YZN, des Sohnes des 3WRYH, deines Ehemannes, ˙ an, und das Haus des ZKRYH, des Sohnes des NTN, westlich von ihm das Haus des 3SPMT, des Sohnes des PPT2WNYT, des Kataraktschiffers. ˙ (8-10) Jenes Hausgrundstück habe ich selbst dir gegeben in meinem Leben und in mei(Außenschrift) (1)
35. 36. 37.
258
Eine häufig in diesem Kontext begegnende Floskel, die im Sinne von »wer auch sonst noch zur an dieser Stelle beschriebenen Gruppe gehört« zu verstehen ist. 11. 11. 460 oder 1. 12. 459 v. Chr. D. h. schon zu Lebzeiten mit Wirkung über den Tod hinaus.
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nem Tod. Du hast die Vollmacht über es von heute an und für immer samt deinen Kindern nach dir. Dem, den du magst, kannst du es geben. (10-11) Ich habe keinen anderen Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester, und (es existiert auch nicht) eine andere Frau oder Mann, die Vollmacht über jenes Grundstück hätten außer dir und deinen Kindern für immer. (11-15) Derjenige, der gegen dich einen Prozeß oder Klage anstrengt, gegen dich, einen Sohn oder eine Tochter von dir oder einen deiner Leute, in bezug auf jenes Grundstück, das ich dir gegeben habe, und gegen dich beim Statthalter und Richter klagt, muß dir und deinen Kindern 10 Karsch Silber geben, das sind zehn nach den Gewichtssteinen des Königs, Silber von 95 %. Und es gibt keinerlei Prozeß und Klage. Und das Haus(grundstück) bleibt natürlich auch dein Haus(grundstück) und das deiner Kinder nach dir. (15-16) Und man kann in bezug auf jenes Grundstück gegen dich kein neues oder altes Schriftstück hervorbringen, um es jemand anderem zu geben. (16-17) Jenes Schriftstück, das sie gegen dich hervorbringen sollten, wird unwahr sein. Ich habe es nicht geschrieben, und nicht darf es in einem Prozeß akzeptiert werden. (18) Aber dieses Schriftstück ist in deiner Hand! (18-19) Und auch ich, MHSYH, kann weder morgen noch an einem anderen Tag (das ˙ Grundstück) von dir wegnehmen, um es einem anderen zu geben. Jenes Grundstück ist deins! Bau oder gib dem, den du magst! (20-22) Wenn ich morgen oder an einem anderen Tag einen Prozeß oder eine Klage gegen dich anstrenge und sage: »Ich habe dir (es) nicht gegeben!«, dann muß ich dir 10 Karsch Silber geben, das sind zehn nach den Gewichtssteinen des Königs, Silber von 95 %. Und es gibt keinen Prozeß oder Klage. Und das Haus(grundstück) bleibt natürlich auch dein Haus(grundstück). Und wenn ich ins Gericht gehe, so werde ich nicht obsiegen. Und dieses Schriftstück ist in deiner Hand. (23-25) Ferner: Es existiert 1 Urkunde eines Rechtsverzichts, die DRGMN, der Sohn des HRŠN, der HRZMi, mir in bezug auf jenes Grundstück geschrieben hat, als er gegen ˙ mich vor den˙ Richtern (einen Prozeß) angestrengt und ich ihm zu schwören auferlegt bekommen und ich ihm geschworen hatte, daß (es) meins war. 38) Und er hat mir eine Klagebeendigungserklärung geschrieben und mir gegeben. (25-27) Jenes Schriftstück habe ich dir gegeben. Du hast es in Besitz erhalten. Wenn morgen oder an einem anderen Tag DRGMN oder sein Sohn wegen jenes Hauses (einen Prozeß) anstrengt, dann bring jenes Schriftstück hervor und führe mit ihm demgemäß den Prozeß. (27-28) 2TRŠWRY, der Sohn des NBWZR3BN, hat diese Urkunde in der Festung Syene nach der Aussage des MHSYH geschrieben. Die Zeugen in ihm sind: (29-34) (Zwölf Zeu˙ genunterschriften, die alle jüdische Namen tragen.) C) Der Text steht recto (Z. 1-11) und verso (Z. 12-22), darunter die Außenschrift, von der aber nur »Dokument« erhalten ist. Lit.: APA C; AP 9; TADAE B2.4.
38.
Damit ist der vorangehende Text gemeint.
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Ingo Kottsieper
Am 2[1. Kis]l[ew, das ist der 2]2. [Tag] des [MS]WR2, Jahr 6 39) des Königs Artaxerxes, hat MHSYH, der Sohn des YDNYH, ein Ju[de vo]n Jeb, zugehörig zur Abteilung ˙ zu YZNYH, dem Sohn des 3WRYH, in derselben Abteilung, folgendes des HWMDT, gesagt: (3-5) Es existiert 1 Hausgrundstück, das mir gehört, westlich deines Hauses, das ich MBTHYH, meiner Tochter, (und) deiner Frau gegeben habe. Und ein Schriftstück habe ich ˙ihr˙ in bezug auf es geschrieben. Die Maße jenes Haus(grundstück)es sind 13 und eine Handbreit mal 11 Ellen gemäß der (offiziellen) Meßlatte. (5-6) Nun: Ich, MHSYH, habe zu dir gesagt: Bebau jenes Grundstück und statte es voll˙ wohne auf ihm zusammen mit deiner Frau. (6-8) Jedoch hast du über kommen aus 40) und jenes Haus(grundstück) keine Vollmacht, es zu verkaufen oder nach Belieben einem anderen zu geben, außer deinen Kindern, (die du) von meiner Tochter MBTHYH (hast). ˙˙ Sie haben nach euch die Vollmacht über es. (8-10) Wenn morgen oder an einem anderen Tag du jenes Land bebaut haben wirst (und) dann meine Tochter dich nicht mehr liebt und dich verläßt, so hat sie nicht die Vollmacht, es zu nehmen und einem anderen zu geben, außer deinen Kindern, (die du) von meiner Tochter MBTHYH (hast). Sie haben die Vollmacht über es als Ersatz für die ˙ Leistung, die du erbracht˙ hast. (10-12) Wenn sie von dir die Hälfte des Haus(grundstück)es wegnimmt, so st[eh]t es dir zu, die andere Hälfte zu nehmen. Du hast über sie Vollmacht als Ersatz für die Baumaßnahmen, die du auf jenem Haus(grundstück) durchgeführt hast. (12-13) Und wiederum haben deine Kinder, (die du) von meiner Tochter MBTHYH ˙˙ (hast), nach dir Vollmacht über jene Hälfte. (13-15) Wenn ich morgen oder an einem anderen Tag einen Prozeß oder Klage gegen dich anstrenge und sage: »Ich habe dir jenes Grundstück nicht gegeben, um es zu bebauen, und dieses Schriftstück dir nicht ausgefertigt!«, dann muß ich dir 10 Karsch Silber nach den Gewichtssteinen des Königs, Silber von 95 %, geben, und es gibt keinen Prozeß oder Klage. (16-23) (Die Schreiberunterschrift und die Zeugen entsprechen dem vorangehenden Dokument.) (1-3)
3.2 Hauskauf Lit.: BMAP 3; TADAE B3.4.
Das folgende Dokument über einen Hausverkauf auf Elephantine ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam. Der Schreiber ist, wie sich an den vielen Korrekturen, späteren Zufügungen, 41) die wiederum Fehler aufweisen, und seiner inkonsequenten Schreibweise zeigt, offenkundig nicht sehr geübt. Da er als Schreiber erst wieder 427 v. Chr. (s. u., 263 ff.) und dann häufiger erst ab 424 v. Chr. begegnet (z. B. TADAE B3.10; B3.11), kann davon ausgegangen werden, daß er bei der Abfassung dieses Schreibens 39. 40. 41.
260
11. 11. 460 oder 1. 12. 459 v. Chr. Deutung unklar. Hier mit { } markiert.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
noch relativ jung war und es sich um eine Anfängerarbeit handelt, die dennoch Rechtsverbindlichkeit besaß – ein treffliches Beispiel der Ausbildung zum Schreiber durch »learning by doing«. Rechtsgeschichtlich bedeutsam ist das Dokument dadurch, daß die Verkäufer der Immobilie diese nicht nur ausdrücklich als Besitz eines anderen bezeichnen (Z. 3), sondern auch die Möglichkeit offenlassen, daß die Nachkommen des ursprünglichen Besitzers sie zu Recht für sich beanspruchen könnten (Z. 21 f.). Da in diesem Zusammenhang nur die Kinder des ursprünglichen Besitzers genannt werden, scheint dieser tot zu sein. Mithin kann geschlossen werden, daß die Verkäufer von ihm das Nutznießungsrecht über die Immobilie zu seinen Lebzeiten übertragen bekommen haben, aber es rechtlich unklar war, wie es damit nach seinem Tod bestellt war. Der Käufer überschreibt aber 3 Jahre später die Hälfte dieser Immobilie seiner Frau ohne eine entsprechende Einschränkung;42) es darf folglich davon ausgegangen werden, daß mittlerweile der Kauf, auf den ausdrücklich verwiesen wird, sich uneingeschränkt als gültig erwiesen hat oder auf Grund einer Art von Anspruchsverjährung endgültig wurde. Der Vertragstext steht recto, die Außenschrift verso. Dokument eines Hauses, das BGZŠT und YBL dem 2NNYH, dem lhn 43) für ˙ Jah, in Jeb verkauft haben. (Außenschrift)
Am 7. Elul, das ist der 9. Tag des Monats P3WNY, Jahr 9 44) des Königs Artaxerxes, haben BGZŠT, der Sohn des BZW, ein Kaspier, zugehörig zur Abteilung des NMSW, und die Dame WB{Y}L, die Tochter des ŠTBR, eine Kaspierin von Syene, zugehörig zur Abteilung des NMSW, zusammen 1 45) Dame {1 Mann}, zu 2NNYH, dem Sohn des 2ZRYH, ein lhn für den Gott Jahu, folgendes gesagt: ˙ dir das Haus des 3PWLY, des Sohnes des MSDY, verkauft und gegeben, (3-5) Wir haben das in der Festung Jeb liegt, dessen Mauern feststehen, dessen Torbereich (aber) frei und nicht bebaut ist und in dem Fenster sind, aber ohne einen einzigen Balken. (5-7) Wir haben es dir verkauft, und du hast uns als seinen Preis 1 Karsch (und) 4 46) Schekel Silber nach den Gewichtssteinen des Königs, Silber von 90 %, gegeben. Und wir sind zufrieden mit dem Preis, den du uns gegeben hast. (7-10) Und siehe, dies{e} sind die Grenzen jenes Hauses, das wir dir verkauft haben: Oberhalb von ihm ist das Haus des ŠTBR, unterhalb von ihm ist die Stadt 47) des Gottes Chnum – aber die Königsstraße befindet sich zwischen ihnen – östlich 48) von ihm (1-3)
42. 43. 44. 45. 46. 47. 48.
Vgl. TADAE B3.5. Der Text entspricht formal weitgehend der oben, 258, übersetzten Übereignung. Eine unklare kultische Funktionsbezeichnung. 14. 9. 437 v. Chr. Der Schreiber schrieb zunächst »2 Damen«, korrigierte dann die 2 zu 1 und trug »1 Mann« über der Zeile nach. Entweder aus 5 korrigiert, oder der Schreiber hat zunächst das k von ksp »Silber« angesetzt, dann bemerkt, daß er den Verweis auf die königlichen Gewichtssteine vergessen hat, und den Ansatz des k gelöscht und neu mit b angefangen. Denkbar wäre auch »Straße«, aber da dann zwei Straßen – die des Chnum und die des Königs – aneinandergrenzen würden, ist dies eher unwahrscheinlich. Über einer Rasur geschrieben.
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schließt sich ihm das Schatzhaus des Königs an, westlich {von ihm} der Tempel (10) des {Gottes} Jahu – aber die Königsstraße befindet sich zwischen ihnen. (10-11) Ich, BGZŠT, und 3WBL, zusammen 2, wir haben es dir verkauft und gegeben, und wir nehmen Abstand von ihm von heute an und für immer. (11-12) Du, 2NNYH, der Sohn des 2ZRYH, hast die Vollmacht über {jenes} Haus samt deiner Kinder nach dir oder wem 49) immer du es geben willst. (12-14) Wir können gegen dich keinen Prozeß oder Klage anstrengen wegen dieses Hauses, das wir dir verkauft und gegeben haben. Und wir haben Abstand von ihm genommen und können 50) nicht gegen einen Sohn von dir oder eine Tochter oder wem immer du es geben willst, prozessieren. (14-16) Wenn wir gegen dich einen Prozeß oder Klage anstrengen oder gegen einen Sohn oder(!) 51) eine Tochter von dir oder wem du es geben willst, prozessiert haben sollten, dann werden wir dir 20 Karsch Silber geben, Silber von 90 % 52). Und das Haus ist natürlich das deinige oder das deiner Kinder nach dir oder wem du es geben willst. (16-19) Und nicht kann ein Sohn oder eine Tochter von uns einen Prozeß 53) oder Klage gegen dich anstrengen wegen dieses Hauses, dessen Grenzen wir oben beschrieben haben. Wenn sie gegen dich prozessieren oder gegen einen Sohn oder eine Tochter von dir prozessieren, so werden sie dir 20 Karsch Silber geben, Silber von 90 %. Und das Haus ist natürlich deins und das deiner Kinder nach dir. (19-20) Und wenn ein anderer Mann gegen dich prozessiert, oder er prozessiert gegen einen Sohn oder eine Tochter von dir, dann werden wir aufstehen und dazwischengehen und dir geben innerhalb von 30 Tagen. (20-23) Und wenn wir nicht dazwischengegangen sein werden, wir oder unsere Kinder, dann geben wir dir ein Haus, das deinem Haus und seinen Maßen gleichwertig ist – außer, wenn ein Sohn des 3PWLY {männlich oder weiblich} 54) oder eine Tochter {von ihm kommt} und wir nicht dazwischen gehen können –, dann werden wir dir dein Silber, 1 Karsch (und) 4 Schekel, und die (Kosten für die) Baumaßnahmen, die du an ihm durchgeführt haben wirst, und alle hölzernen Bauteile, die auf jenes Haus gegangen sind, geben. {Geschrieben hat HGY, der Sohn des ŠM2YH, nach der Aussage des BGZŠTund der 3BL. Und die Zeugen in˙ ihm sind:} (4 Zeugenunterschriften in Z. 23 f.)
49. 50. 51. 52. 53. 54.
262
Der Schreiber hat die Konjunktion w zuerst vergessen und gleich l geschrieben, dieses dann ausgelöscht und ist mit wl korrekt fortgefahren. Korrigiert aus »er kann«. Falsch bbrh für wbrh. Es hat den Anschein, daß der Schreiber zunächst nur zw schrieb und dann ein l für l 10 (vgl. Z. 18) ansetzte, dies dann aber wieder auslöschte und ein z (oder eine 1?) schrieb und am Anfang der nächsten Zeile mit l 2šrt fortsetzte. zyn wzbb statt dyn wdbb! Beim Korrekturvorgang hat der Schreiber offenkundig br im Sinne von »Kind« interpretiert, da die Festlegung auf »Sohn« erst durch die Erwähnung der Tochter in der nächsten Zeile offenkundig wird. Auf Grund dieses Mißverständnisses des (eigenen!) Textes ist es zu der hier nicht angebrachten, nachträglichen Konkretisierung gekommen.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
3.3 Eine testamentarische Sklavenfreilassung und Versorgungsverpflichtung Lit.: BMAP 5; TADAE B3.6.
Inhalt des folgenden Papyrus aus Elephantine ist zunächst die Freilassung einer Sklavin und ihrer Tochter, die sie ihrem Besitzer geboren hat (Z. 3-10). Die Freilassung wird dabei aber erst mit dem Tod des Besitzers wirksam. Dennoch entspricht auch diese Urkunde dem Grundsatz, daß in ihr ein abgeschlossener Rechtsvorgang dokumentiert wird: Sie beurkundet de facto den vorliegenden Beschluß des Besitzers, daß seine Sklavin und ihre Tochter frei sein werden. Im Gegenzug verpflichten sich in Z. 11-15 die Sklavin und ihre Tochter dazu, für ihren Herrn und später für seinen Sohn wie ein Kind für seine Eltern zu sorgen. Diese Selbstverpflichtung ist ein eigenständiger Rechtsakt, und entsprechend wird sie durch einen Strich zwischen den Anfängen von Z. 10 und 11 abgesetzt. Daß beide Rechtsakte hier in einer Urkunde zusammengefaßt werden, hat seinen Grund wohl darin, daß die Sklavin und ihre Tochter – im Gegensatz zu freien Frauen – nicht als selbständige Rechtssubjekte gelten und so auch keine Rechtsurkunden ausstellen lassen können. Entsprechend rekurriert die Schreibernotiz in Z. 16 und die Bezeichnung des Dokumentes als »Urkunde eines Rechtsverzichtes«, d. h. des Verzichtes auf das Recht, die Sklavinnen zu vererben, de facto nur auf die Äußerung des Besitzers. Der Schreiber ist derselbe wie im vorangegangenen Text. Hier, 10 Jahre später, hat er aber deutlich weniger Fehler gemacht. Dennoch weist der zweite Teil Formulierungsschwächen auf, die aber wohl darauf beruhen, daß der Vorgang dort nicht alltäglich war und somit bei der Abfassung auf keine feste Tradition zurückgegriffen werden konnte. Der Text ist recto geschrieben, die Außenschrift verso. [Urkunde] eines Rechtsverzichts, die MŠLM, der Sohn des ZKWR, für TPMT und YHYŠM geschrieben hat. (Außenschrift)
(1-3) Am 20. Siwan, das ist der 7. Tag des PMNHTP, Jahr 38 55) des Königs Artaxerxes, da hat MŠLM, der Sohn des ZKWR, ein Jude der ˙Festung Jeb, zugehörig zur Abteilung des 3DNNBW, zu der Dame namens TPMT, seiner Sklavin, die eine (Sklaven-)Marke auf ihrer Hand hat, an der Rechten, entsprechend »Dem MŠLM (gehörend)«, 56) folgendes gesagt: (3-5) Ich habe mich zu meinen Lebzeiten (zu folgendem) für dich entschlossen: Ich werde dich bei meinem Tod als frei entlassen haben. Und ich werde entlassen haben deine Tochter namens YHYŠM2, die du mir geboren hast. (5-7) Weder ein Sohn von mir noch eine Tochter 57), ein Bruder von mir noch eine Schwester, nah oder fern, noch ein Teilhaber an beweglichem oder unbeweglichem Gut hat Vollmacht über dich und über deine Tochter YHYŠM2, die du mir geboren hast.
55. 56. 57.
12. 6. 427 v. Chr. D. h. eine Besitzmarke, die dieser Aussage entspricht. Über der Zeile nachgetragen.
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TUAT N.F. / p. 280 / 6.5.2004
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Er hat weder Vollmacht über dich, dich mit einer (Sklaven-)Markierung zu versehen, noch dich für eine Geldzahlung zu verwenden 58). (7-8) Wer sich gegen dich und deine Tochter YHYŠM2, die du mir geboren hast, erhebt, muß dir als Strafe 50 Karsch Silber nach den Gewichtssteinen des Königs geben. (8-10) Du aber bist »vom Schatten zur Sonne« entlassen mit deiner Tochter YHYŠM2. Und kein anderer Mann hat Vollmacht über dich und über deine Tochter YHYŠM2. Und du wirst zu Gott entlassen. 59) – (11-12) Und TPMT und ihre Tochter YHYŠM2 haben gesagt: Wir werden dir zu deinen Lebzeiten und bis zu deinem Tod dienen, wie (!) 60) ein Sohn oder eine Tochter für ihren Vater sorgt. (12-13) Wir werden für ZKWR, deinen 1 Sohn, sorgen wie ein Sohn, der für seinen Vater sorgt, wie wir dir dienten zu deinen Lebzeiten. (13-15) Wir 61) – wenn wir uns erhoben haben sollten, um zu sagen: »Wir versorgen dich nicht, wie ein Sohn für seinen Vater sorgt!« – auch (wenn wir es) zu deinem Sohn ZKWR nach deinem Tod (sagen) – dann schulden wir dir und deinem Sohn ZKWR als Strafe 50 Karsch Silber nach den Gewichtssteinen des Königs, geläutertes Silber. Und es gibt weder Prozeß noch Klage. (15-16) HGY hat diese Urkunde in Jeb nach der Aussage des MŠLM, des Sohnes des ZKWR,˙ geschrieben. Und die Zeugen in ihr sind: (Es folgen in Z. 16-17 vier Zeugen.)
3.4 Eine Adoption Lit.: BMAP 8, TADAE B3.9.
Die folgende Urkunde aus Elephantine gehört in den Kontext einer Adoption, bei der ein Bursche des Empfängers an den Sprecher als Sohn übergeben wurde. Es handelt sich bei dem Jungen nicht um einen Sohn des Gebers, sondern offenkundig um einen seiner Bediensteten. Ziel dieser Urkunde ist es, eindeutig auszuschließen, daß der Junge versklavt wird, und zu sichern, daß er als Sohn gelten wird. In diesem Kontext war nach Z. 4 noch eine weitere Urkunde ausgestellt worden, die die Übereignung des Jungen zum Inhalt hatte, aber leider nicht erhalten ist. Der Text ist recto geschrieben, eine Außenschrift ist nicht erhalten. (1-3) Am 6. Tischri, das ist der 22. Tag des P3WNY, Jahr 8 62) des Königs Darius, da hat in der Festung Syene 3WRYH, der Sohn des MHSYH, ein Aramäer von Syene, vor dem ˙
58. 59. 60. 61. 62.
264
Die genaue Deutung von mzlky ist unklar. Wahrscheinlich meint der gesamte Ausdruck jeden Transfer eines Sklaven im Kontext von Geldgeschäften, sei es als Verkauf, Kompensation (vgl. 266, Z. 10) oder Vermietung. Die Formel meint, wie der Kontext zeigt, ähnlich wie »vom Schatten zur Sonne«, daß kein Mensch mehr über der Freigelassenen steht und sie über sich selbst verfügen kann. Das k von kzy ist haplographisch ausgefallen. Der Schreiber setzte mit hn qm(n) an, erinnerte sich dann, daß er vor qmn noch 3nhn »wir« schreiben wollte und löschte fälschlicherweise das hn zusammen mit dem qm aus,˙ schrieb 3nhn und setzte den Satz syntaktisch falsch fort. ˙ 10. 416 v. Chr. 22.
TUAT N.F. / p. 281 / 6.5.2004
Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Distriktwächter 63) (und) Garnisonschef von Syene WYDRNG zu ZKWR, dem Sohn des MŠLM, einem Aramäer von Syene, vor dem Distriktwächter (und) Garnisonschef von Syene WYDRNG folgendes gesagt: (3-5) Dei[nen] Burschen namens YDNYH, den Sohn des THW 3, den du mir gegeben hast und worüber du mir eine Urkunde ausgestellt hast, ˙ den kann weder ich, ich 3WRYH, noch ein Sohn oder eine Tochter von mir, ein Bruder oder eine Schwester von mir noch einer meiner Leute als Sklave beherrschen. Mein Sohn wird er sein! (5-7) Weder ich noch ein Sohn oder eine Tochter von mir noch einer meiner Leute noch ein anderer Mensch haben Vollmacht, ihn mit einer (Sklaven-)Marke zu versehen. Ich oder ein Sohn oder eine Tochter von mir, ein Bruder oder eine Schwester von mir oder einer meiner Leute kann nicht – wir (können nicht) uns erheben, um ihn zu einem Sk[laven] zu machen und ihn mit einer (Sklaven-)Marke zu versehen. (7-8) Wer sich gegen jenen YDNYH erhebt, um ihn mit einer (Sklaven-)Marke zu versehen und ihn zu einem Sklaven zu machen, muß dir als Strafe dreißig Karsch Silber nach dem Gewicht des Königs, Silber von 90 %, geben. Und jener YDNYH wird natürlich mein Sohn bleiben. (8-9) Und kein Mensch hat die Vollmacht, ihn mit einer (Sklaven-)Marke zu versehen und ihn zu einem Sklaven zu machen, sondern er wird mein Sohn sein. (9) RWHŠN, der Sohn des NRGLŠZB, hat (es) nach der Aussage des 3WRYH geschrieben. ˙ (10) Die Zeugen in ihm (dem Dokument) sind: (Es folgen in Z. 10-12 acht Zeugen.)
3.5 Ein Darlehensvertrag Lit.: APOE 28 + Tf. 28 f.; AP 10; TADAE B3.1.
Der folgende Vertrag aus Elephantine illustriert die Rechtsvorgänge bei einem Darlehen. Der Darlehensgewährer behält die Urkunde, solange das Darlehen läuft, als Beleg hierfür. Erst wenn es völlig zurückgezahlt ist, wird die Urkunde zurückgegeben oder vernichtet. Der Text ist recto geschrieben, die Außenschrift verso. (Außenschrift) (1-2) Urkunde über Silber, die YHWHN, die Tochter des MŠLK, dem MŠLM, ˙ hat. dem Sohn des ZKWR, als Vertrag (?) geschrieben (1-3) Am 7. Kislew, das ist der 4. Tag des Monats THWT, Jahr 9 64) des Königs Artaxerxes, hat YHWHN, die Tochter des MŠLK, eine Dame ˙der Festung Jeb, zu MŠLM, dem Sohn ˙ einem Juden der Festung Jeb, folgendes gesagt: des ZKWR, (3-6) Du hast mir als Darlehen 4 Schekel Silber gegeben, das sind vier nach den Gewichtssteinen des Königs. Als sein Zins wird es zu meinen Lasten mit 2 Challur Silber für 1 Schekel für 1 Monat verzinst werden, 65) was 8 Challur für einen Monat ergibt.
63. 64. 65.
hpthtpt ist ein pers. Titel etwa in der Bedeutung »Wächter des siebten Teils«, also eines Di˙ striktes einer Provinz. 13. 12. 456 v. Chr. Das entspricht 5 %.
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TUAT N.F. / p. 282 / 6.5.2004
Ingo Kottsieper
Wenn der Zins zum Haupt(kapital) hinzugekommen ist, wird der Zins ebenso 66) verzinst! 67) (7-11) Und wenn ein zweites Jahr herangekommen ist und ich dich nicht mit deinem Silber und seinem Zins, der in diesem Dokument geschrieben steht, bezahlt haben werde, dann haben du, MŠLM, und deine Kinder die Vollmacht, dir alle Pfänder zu nehmen, die du bei mir findest – ein Ziegelhaus, Silber oder Gold, Bronze oder Eisen, Sklave oder Sklavin, Gerste, Emmer und jegliches Lebensmittel, das du bei mir findest, bis du völlig dein Silber und seinen Zins erhalten hast. 68) (11-14) Und ich kann nicht hfolgendesi 69) zu dir sagen: »Ich habe dich mit deinem Silber und seinem Zins bezahlt!«, während diese Urkunde (noch) in deiner Hand ist. Und nicht kann ich gegen dich vor einem Statthalter oder Richter folgendes als Klage vorbringen: »Du hast von mir Pfänder genommen!«, während dieses Dokument (noch) in deiner Hand ist. (14-15) Und wenn ich sterbe, ohne dich mit diesem Silber und seinem Zins bezahlt zu haben, dann werden sie, meine Söhne, dir dieses Silber und seinen Zins zahlen. (15-18) Und wenn sie dir nicht dieses Silber und seinen Zins bezahlt haben sollten, dann hast du, MŠLM, die Vollmacht, dir jegliches Lebensmittel und Pfand zu nehmen, das du bei ihnen findest, bis du völlig dein Silber und seinen Zins erhalten hast. (18-20) Und sie können nicht gegen dich vor einem Statthalter oder Richter Klage erheben, während diese Urkunde (noch) in deiner Hand ist. Selbst wenn sie ins Gericht gehen sollten, so werden sie nicht Recht bekommen, solange diese Urkunde in deiner Hand ist. (20-22) NTN, der Sohn des 2NNY, hat dieses Dokument nach der Aussage der YHWHN ˙ geschrieben. Und die Zeugen in ihm sind: (Es folgen in Z. 21 f. vier Zeugen.) (6-7)
3.6 Austausch von Zuteilungen Lit.: APOE 30 + Tf. 30; AP 1; TADAE B5.1.
Die Urkunde belegt einerseits, daß ein Teil der Versorgung im Bereich der Garnisonen von Elephantine und Syene über die Zuteilung von Anteilen geschah, wobei der Text nicht erkennen läßt, worin diese bestanden. Da eine Klage wegen Naturalien oder Geld auch seitens irgendwelcher Familienmitglieder ausgeschlossen wird, ist es möglich, daß es sich hier um Anteile an einem Feld(ertrag) oder einer regelmäßigen Zahlung handelt. Dann belegt der Text, daß solche auch austauschbar waren. Der Text ist recto geschrieben, wobei der Schluß der Zeugenliste und mit ihm wohl auch die Außenschrift verso fehlt.
66. 67. 68. 69.
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Wörtlich »der Karsch: einer wie ein Karsch«. Damit ergibt sich für das Jahr einschließlicher Zinseszinsen ein Zins von nahezu 80 %. Wörtlich: »du dich mit deinem Silber (scil. Geld) gefüllt hast«. Über der Zeile nachgetragen.
TUAT N.F. / p. 283 / 6.5.2004
Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Am 2. T[a]g des [Mo]nats 3PP, Jahr 27 70) des Königs Darius, haben SLW3T, die Tochter des QNYH, und ihre Schwester YTWMH zu YHH3WR, der Tochter des ŠLWMM, gesagt: (2-4) Wir haben dir eine Hälfte des Anteil[es], den uns die Richter des Königs und der Garnisonschef RWK gegeben haben, an Stelle der Hälfte des Anteils, der zu dir mit N3HBT gelangt ist, gegeben. (4-5) Wir können nicht morgen (oder) an einem anderen Tag gegen dich wegen jenes Anteils wie folgt prozessieren: »Wir haben dir nicht gegeben!« (5-7) Weder ein Bruder noch eine Schwester, ein Sohn oder eine Tochter, nah oder fern, kann gegen dich prozessieren. Und der, der gegen dich wegen jenes Anteils prozessiert, den wir dir gegeben haben, muß dir 5 Karsch Silber geben. Und dein Anteil ist wiederum deiner. (8) Die Zeugen: (Es folgen in Z. 10 ff. mindestens drei Zeugen.) (1-2)
3.7 Ein Eid in einem Rechtsverfahren Lit.: APOE 27 + Tf. 26; AP 7; TADAE B7.2.
Eide wurden nicht nur verwandt, um Rechtsansprüche zu belegen, für die man keine Urkunde vorweisen konnte,71) sondern auch, wie der folgende Text belegt, um sich von Anschuldigungen frei zu machen. Der Text ist recto quer zum Faserverlauf geschrieben, wobei der Schluß fehlt. Da es sich nicht um einen Vertrag handelt, hatte er wohl keine Außenschrift. Am 18. des P3PY, Jahr 4 72) [des] Königs Artaxerxes, hat in der Festung [J]eb MLKYH, der Sohn des YŠBYH, ein Aramäer (und Grund-)Besitzer in der Fe[stung] Jeb, [zugehörig zur Ab]teilung des NBWKD[RY zu 3R]TPRD, dem Sohn des 3[R….]MD/R, zugehörig zur Abteil[ung] des MD/R[.fol]gendes gesagt: (4-6) [D]u hast [gegen mich] in/bei ??? 73) (folgende) Klage er[hoben]: »Du bist mit Macht 74) [in mein Haus gegangen] und hast meine Frau geschlagen und Besitz mit Macht aus meinem Haus herausgeholt und (ihn) genommen (und) für dich selbst verwandt!« (6-7) [Ich] wurde befragt, und eine Erklärung gegenüber Göttern wurde mir im Prozeß auferlegt. 75) (7-9) Ich, MLKY, soll dir gegenüber dem Gott Herembethel zwischen 4 ??? 76) folgendes (1-4)
70. 71. 72. 73. 74. 75. 76.
22. 10. 495 v. Chr. Vgl. 257 ff. 18. 1. 401 v. Chr. Das Wort np3 ist unklar. Wohl ein juristischer Terminus wie »Tribunal« o. ä. Wörtlich: »wie Stärke«. Fraglich ist, ob dies lediglich meint, daß er mit Gewalt vorgegangen ist, oder ob es sich hier um eine Art Amtsanmaßung handelt. Dafür könnte die Aussage sprechen, daß er etwas für sich genommen hat, statt daß gesagt wird, daß er etwas geraubt hat. Wörtlich: »kam auf mich«. Lesung (.qmn bzw. Z. 10 .qmy3) und Deutung des Wortes sind unklar. Es handelt sich aber offenkundig um vier Beamte oder andere Personen, die als Zeugen der Deklarierung um den Angeklagten positioniert werden.
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erklären: »Ich bin [nicht] mit Macht in dein Haus gegangen und habe deine Frau nicht geschlagen und nicht mit Macht Besitz aus deinem Haus genommen.« (10) Aber wenn ich dir nicht zwischen diesen 4 ??? erklärt haben sollte, …
3.8 Abrechnung des Jahu-Tempels auf Elephantine Lit.: APOE Nr. 18 + Tf. 17-20; AP 22; TADAE C3.15.
Unter den Urkunden aus Elephantine befindet sich auch ein Papyrus, der in acht Kolumnen (recto I-VII, verso VIII) eine Abrechnung für den Jahu-Tempel auf Elephantine enthält. Sie weist mehrere Teile auf: Zunächst finden sich in Kol. I-VI vier formal zum Teil unterschiedliche Namenslisten mit insgesamt 118 Personen, darunter mindestens 40 Frauen, jeweils mit der Angabe von 2 Schekel Silber pro Person. Diese werden durch die Überschrift als Kontributoren für den Jahutempel bezeichnet. Kol. VII beginnt mit einer Notiz über den Geldbestand, der sich in den Händen des Gemeindeleiters YDNYH befindet. Daran schließt sich eine weitere Abgabenliste mit fünf Männern und zwei Frauen an, der in Kol. VIII die sechste (drei Männer) folgt. Da die in der Notiz über den Geldbestand genannte Summe (318 Schekel) die der Abgaben (256 Schekel) übersteigt, handelt es sich offenkundig um die Angabe des Kassenstandes, der auf denselben Tag datiert ist. Fraglich ist, ob dieser die Abgaben schon enthält oder ob er nur den Übertrag aus der Vergangenheit bezeichnet. Die Tatsache, daß nach diesem Eintrag zwei weitere Abgabenlisten folgen, spricht für letzteres. Die unterschiedlichen Formen und Plazierungen der Listen weisen darauf hin, daß bei der Abfassung verschiedene Abgabenlisten zusammengestellt wurden – wahrscheinlich waren diese mit den Abgaben aus unterschiedlichen Gruppen eingereicht worden. Alle Namenseinträge sind jeweils mit einem »/« abgehakt, und bei den längeren Listen wird jeweils der 10., 20. … Eintrag am Rand mit den hieratischen Zahlzeichen für 10, 20 … bezeichnet. Die Listen sind also geprüft worden. Die ägyptische Datierung und die Bezeichnung »jüdische Garnison« sprechen dafür, daß es sich nicht um eine tempelinterne Liste handelt, sondern um eine Rechenschaft über die Finanzlage des Tempels gegenüber den Oberbehörden. Religionsgeschichtlich bedeutsam ist, daß das vorhandene Geld nicht nur Jahwe, sondern auch zwei weiteren Gottheiten zukommt, die als Konsorten Jahwes in Elephantine verehrt wurden. Daß sich in den Listen zuweilen auch nichtjüdische Namen finden (z. B. IV 9: »PMT, der Sohn des SGRY«; vgl. auch VIII 1 f. für pers. Namen), zeigt entweder fremden Einfluß bei der Namensgebung oder aber, daß zur Kultgemeinde auch vereinzelt Nichtjuden gestoßen sind. Der Papyrus ist ein Palimpsest; der ursprüngliche demotische Text nach Kol.VII ist nicht abgewaschen worden.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Am dritten PMNHTP, Jahr 5 78). Dies sind die Namen (der Leute aus) der jüdischen Garnison, die dem˙ Gott Jahu Silber gegeben hat, jeder einzelne [2 Schekel]. (I 2-5) Zwei Männer und eine Frau mit jeweils doppelter Filiation: »PN, der Sohn/die Tochter des PN, des Sohnes des PN, 2 Sch(ekel) Silber.« – In Z. 5 abgeschlossen mit: »Zusammen 3.« (I 6-19) Sieben Männer und sechs Frauen, meist mit einfacher, zuweilen auch mit doppelter Filiation. Am Ende jeweils erweitert: »PN, der Sohn/die Tochter des PN, (des Sohnes des PN,) 2 Sch(ekel) Silber für sich.« In Z. 19 abgeschlossen mit: »Zusammen (von) der Hundertschaft des ŠNDN [13].« Der nächste Abschnitt wird durch einen Trennstrich abgesetzt. (I 20-II 11) Elf Männer, teils mit einfacher, teils mit doppelter Filiation. Auch das Wort für Silber ist hier immer abgekürzt. Am Ende jeweils erweitert: »PN, der Sohn des PN, (des Sohnes des PN,) 2 Sch(ekel) S(ilber) für sich.« Vor I 20 ist noch »Hundertschaft des NBW2QB« gesetzt. Möglicherweise war auch noch etwas am Ende der Zeile nachgetragen, da sich dort die Reste eines p erhalten haben. Nach einem Trennstrich folgt in II 11: »Zusammen [von der Hundertschaft des NBW2QB] 11.« (II 12-VI 19) 91 Namen, darunter mindestens 30 Frauen; meist mit einfacher, zuweilen auch doppelter Filiation; immer Abkürzung für Silber: »PN, der Sohn/die Tochter des PN, (des Sohnes des PN,) 2 Sch(ekel) S(ilber).« In IV 22 findet sich bei einer Frau einmal am Ende nach der Zahlungsangabe nachgetragen »die Schwester des MHTWŠ«. (VII 1-3) 79) Dieses Silber befand sich in der Hand des YDNYH, ˙des Sohnes des GMRYH, im Monat PMNHTP: 31 Karsch Silber, 8 Schekel. (4) Darin für Jahu 12 K(arsch und) 6 Sch(ekel), (5) für˙ Aschimbethel 7 K(arsch), (6) für Anatbethel 12 Karsch Silber. (VII 7-13) Fünf Männer und zwei Frauen, zum Teil mit doppelter Filiation und immer mit Abkürzung für Silber: »PN, der Sohn/die Tochter des PN, (des Sohnes des PN,) 2 K(arsch) S(ilber).« (VIII 1-3) Drei Männer, darunter zwei Perser, wobei die 3. Zeile mit jüdischem Namen und der Angabe der Mutter (MPTHYH) deutlich von den anderen abgesetzt ist. Die Einträge weisen ˙ die Abkürzung für Silber auf und sind alle noch mit der Angabe, jeweils einfache Filiation ˙und für wen die Zahlung geleistet wurde, ergänzt: »PN, der Sohn des PN, 2 K(arsch) S(ilber) für sich/PN.« (Überschrift) 77)
3.9 Eine Zuteilungsliste Lit.: R. Degen, Die aramäischen Ostraka in der Papyrus-Sammlung der österreichischen Nationalbibliothek, NESE 3 (1978) 33-57 (39-43); TADAE D8.11.
Das folgende Ostrakon aus dem 3./2. Jh. v. Chr., das wahrscheinlich aus Edfu stammt (jetzt Papyrus-Sammlung Wien, Inv.-Nr. A.O. 1), bietet auf der konvexen Seite eine 77. 78. 79.
Die Überschrift steht quer über Kol. I+II und ist in der Mitte mit einem Strich von diesen abgesetzt. 1. 6. 400 v. Chr. Vom vorangehenden und folgenden jeweils durch einen langen Querstrich abgesetzt.
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datierte Liste von Getreidezuteilungen, deren Einträge jeweils am linken Rand abgehakt sind, was darauf schließen läßt, daß sie für die Auszahlung benutzt wurde. 80) [Am XXX]2 T2BY: Für das Trauerhaus des SB/RTY, dem Sohn des PTRS/P3, an Weizen 9 Q(ab). ˙ von 3B3, 3 Q(ab). (4-5) Für 3SPLYWN, den Bauern (5) Für TŠ3, der Tochter des HWR persönlich 3 Q(ab). ˙ 6 Q(ab). (6) Für ŠM2WN (?) persönlich (1)
(2-4)
4. Texte vom Toten Meer In den Höhlen am Toten Meer sind auf Grund des extrem trockenen Klimas viele Papyris und Lederurkunden erhalten geblieben, die im Laufe des letzten Jh. teils durch Beduinen, teils durch archäologische Expeditionen wiedergefunden worden sind. Unter ihnen befinden sich auch Rechts- und Wirtschaftsurkunden aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. Einige von diesen erlauben einen Blick in privatrechtliche Vorgänge wie Scheidung oder Schenkungen.81)
4.1 Ein Scheidebrief (Mur 19) Lit.: DJD II 104-109 + Pl. XXX-XXXI; ATTM 307 f. + ATTM.E 163; TDT A 131-133 + B 57.
Der 11,2 22 cm große, in den Höhlen von Murabba2at gefundene Papyrus enthält eine aramäische Doppelurkunde, mit der eine Scheidung durchgeführt wurde. Der aram. Urkundentext steht zweimal auf recto (Z. 1-11 [eng geschrieben] + 12-25 [breit geschrieben]), während die Unterschrift des Ehemannes und dreier Zeugen sich quer auf verso finden. Im Gegensatz zu den anderen Urkunden ist er nicht als nachträglicher Bericht abgefaßt, sondern hier liegt eine echte Koinzidenz mit dem Rechtsvorgang vor. Entsprechend verweist die Urkunde auf die noch folgenden Rechtsvorgänge: Die Frau wird den Scheidebrief und die Auszahlung des ihr zustehenden Anteils am gemeinsamen Besitz erhalten. Dies erklärt, warum hier nur allgemeine Absichtserklärungen geboten werden, die keine Details nennen. Jedoch betont der Mann schon hier, daß er die Rückzahlung in »Vierteln«, also in vier Raten leisten wird, was angesichts der wirtschaftlichen Belastung, die eine solche Scheidung mit sich brachte, ökonomisch verständlich ist. Zur Formulierung in Z. 2-8a || 13-21a ist Dtn 24,2 und bes. m/jGittin 9,3 zu vergleichen. Die folgende Übersetzung gibt den Text der ersten Fassung nach der zweiten ergänzt wieder, deren Abweichungen in den Anmerkungen notiert werden.
80. 81.
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Vgl. 254. Erhalten sind auch Reste von Eheverträgen, die aber auf Grund ihres fragmentarischen Zustandes hier nicht aufgenommen sind.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Am ersten Marcheschwan, 82) Jahr sechs in Masada: 83) Ich, {YHWSP, der Sohn des N} 84) YHWSP, der Sohn des NQSN, aus XXX, wohnhaft in Masada, 85) entlasse und verstoße heute aus freiem Willen dich, meine Frau MRYM, die Tochter 86) des YHWNTN, [aus] …LT3 87), wohnhaft in Masada, die zuvor ˙ meine Frau gewesen war, so daß du Verfügungsgewalt über dich selbst hast, zu gehen 88) und die Frau für jeden jüdischen Mann zu werden, den du willst. (7-8) Und d[ann] bekommst du von mir ein Dokument der Verstoßung und einen Scheidebrief. (8-10) Dann gebe ich den [gesamten Antei]l 89) heraus. Und alles, was zerstört ist, und (alle) Schäden und Verlust 90) werde i[ch] dir 91) [zah]len, wie es als Rechtsentscheid festgelegt sein wird; (10) die Auszahlung aber geschieht in vier Raten. 92) (10-11) Und zu der Ze[it], da du es mir sagst, werde ich dir das Dokument austauschen, wie es üblich ist. 93) (1)
(2-7)
4.2 Eine Erklärung der Schuldfreiheit (XHev/Se 13) ˙ Lit.: A. Yardeni/J. C. Greenfield, A Receipt for a Ketubba, in: Y. Gafni (ed.), The Jews in the Hellenistic-Roman World, FS M. Stern, Jerusalem 1996, 197-208; DJD XXVII 65-70 + Tf. 11 + Pl. VIII-IX; TDT A 134 + B 57.
Als Pendant zu der Absichtserklärung im vorangehenden Scheidebrief, den der Frau zustehenden Anteil auszubezahlen, ist der 13,5 9,5 cm messende Papyrus, der wahrscheinlich aus Nahal Hever stammt, anzusehen. Er enthält in Aramäisch die Erklä˙ ˙ Frau gegenüber ihrem vormaligen Gatten, daß sie an ihn rung einer geschiedenen keine Forderungen hat. Da der Text aber nicht auf eine geschehene Zahlung rekurriert, ist zu vermuten, daß in diesem Fall eine solche nicht erfolgt war und die Frau leer ausging – möglicherweise, weil sie die Scheidung eingeleitet hat. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89.
90. 91. 92.
93.
Oktober/November. Wahrscheinlich – je nach Zählung – 71 oder 72 n. Chr. Der Schreiber bricht den Namen ab, um ihn dann völlig neu zu schreiben. Die Angabe der Herkunft und des Wohnortes fehlt im zweiten Text. Fehlt im zweiten Text. Die Lesung – und damit Lokalisierung – des Ortes ist unklar. In Z. 15 ist zwischen mn »aus« und dem Namen noch ein Zwischenraum, in den recht gut BYT passen würde. Fehlt im zweiten Text. Der Text ist hier zerstört, aber von Z. 21 her ist kwl wohl sicher. Möglicherweise ist hl]q3 zu ˙ der lesen. Gemeint ist, daß der Frau nach dem Vollzug der Scheidung der Anteil am Besitz Familie, den sie durch ihre Mitgift oder eigenen Besitz eingebracht hat oder der ihr vorher überschrieben wurde, ausgehändigt wird. Das Wort ist nicht sicher zu lesen. Der Vorschlag ptryn (Beyer) ist epigraphisch möglich, aber ˙ semantisch schwierig. Jedoch ist ein Wort für »Verlust, Fehlendes« o. ä. zu erwarten. Fehlt im zweiten Text. Die Übereignung des der Frau zukommenden Teils ist de facto ein eigener Rechtsakt (vgl. die nächste Urkunde). Dies erklärt, warum die hier zu findende Aussage nur eine allgemeine Absichtserklärung ist, die keine Details nennt und dafür auf die noch zu folgende Rechtseinigung verweist. Anlaß einer solchen Neuausstellung war wohl, daß die Urkunde unleserlich geworden war; vgl. mBB 10,6; bBB 168a-172a.
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Das Dokument wurde für die Frau, die wohl nicht selbst schreiben konnte, nach ihren Aussagen verfaßt. Ein ähnlicher Fall begegnet in PAT 1624 (vgl. 294), wo der Text aber durchweg in der 3. Person formuliert wird. Hier jedoch entsteht durch die Abfassungssituation ein Mischtext, in dem teils aus der Sicht der Frau, teils aus der Sicht des Schreibers, vor dem beide Parteien anwesend waren und zu denen er spricht, formuliert wird. Der Text ist mithin während der Diskussion entstanden. Der jeweilige Bezug wird aber, soweit er nicht sachlich eindeutig ist, 94) durch die Zufügung des Namens gesichert. Am zehnten Siwan, Jahr drei der Befreiung Israels 95) im Namen 96) des ŠM2[W]N, des Sohnes des KSBH, des F[ürsten] von Israel … : 97) (3-7) Es existiert (keine Forderung) [von ihr/mir], mir, ŠLMSYN, der Tochter des ˙ des HNNY[H], der YHWSP QBŠN, aus En Gedi, gegenüber dir, dir, 3L2ZR, dem Sohn du zuvor ihr Ehemann gewesen warst – von dem du ein Dokument der ˙Scheidung und Verstoß[ung] erhalten hast. (8-9) Es existiert [ke]in Vorbehalt 98) meinerseits dir gegenüber, d[ir], 3L2ZR, bezüglich irgendetwas. (9-10) Und es ist verbindlich für sie – mich, ŠLMSYN – alles, was oben ge[schr]ieben ist. (11) ŠLMSYN, die Tochter des YHWSP, für sich˙selbst. Sie hat die Abfassung erbeten. (12) MTT,˙ der Soh[n] des ŠM2WN, nach ihrem Wort. 99) (1-3)
4.3 Eine Besitzübertragung (NH 7) ˙ Lit.: ATTM.E 167-173; Y. Yadin/J. C. Greenfield/A. Yardeni, A Deed Gift in Aramaic Found at Nahal Hever, Papyrus Yadin 7, EI 25 (1996) 383-403; TDT A 93-98 + B 45-49; JDS III 73-108 ˙ 29. ˙ f. + Pl.
Der umfangreiche, 44,3 15,5 cm große Papyrus aus Nahal Hever enthält eine in ˙ Nabatäisch abgefaßte Doppelurkunde. Entsprechend dem ˙Brauch, der sich auch in anderen nabatäischen Dokumenten findet, sind Z. 1-10 des enger geschriebenen ersten Textes am unteren Rand von verso, der Rest und der breiter geschriebene zweite Text auf recto geschrieben. Bei der Abfassung des zweiten Textes, dessen Abweichungen, soweit sie für die Übersetzung relevant sind, in den Anmerkungen mitgeteilt werden, ist versehentlich ein großer Teil zunächst ausgelassen worden, der aber am Schluß zum Teil nachgeholt wird. Mit dieser breit formulierten Urkunde überschreibt Simeon seiner Frau seinen ganzen Besitz unter der Maßgabe, daß er, solange er noch lebt, ein uneingeschränktes Nutzungsrecht behält und diese weiterhin seine Frau bleibt und ihn versorgt. Ein zweiter Vorbehalt betrifft das Wohnrecht der Tochter Babata, aus deren Archiv der 94. 95. 96. 97. 98. 99.
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Dies ist in Z. 7 der Fall. Ein Scheidebrief wurde grundsätzlich vom Mann ausgestellt. Mai/Juni 134 oder 135 n. Chr. lšm bezieht sich wohl auf die »Befreiung« durch den Bar-kochba-Aufstand. Die Einleitung ist zerstört. Wörtl. »[Wo]rt der Ankündigung«. Im talmudischen Recht bezeichnet die mwd 2h bes. den Einspruch gegen einen erzwungenen Rechtsakt. Es folgen zwei Zeugen mit der hebräischen Bezeichnung 2d für »Zeuge«.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Text stammt. Da die Überschreibung alle Rechtsansprüche von Kindern, die schon existieren, ausdrücklich ausschließt, muß gesondert geregelt werden, daß sie für den Fall ihrer Witwenschaft – und nur solange sie Witwe bleibt – Wohnrecht in einem der überschriebenen Gebäude erhält. (1-2) Während des zweiten Konsulats des Lucius Catilius Severus und des Marcus Aurelius Antoninus, drittes Jahr des Autokrators Caesar Trajanus Hadrianus Sebastos, und gemäß der Zählung dieser Eparchie am vierundzwanzigsten Tammus des Jahres fünfzehn (= 132 n. Chr.), in MHWZ 2GLTYN 100), ˙ durch eine feste Zusage als eine fortwährende Schen(2-3) gebe und bestätige (ich) kung, die nicht vergehen wird, aus freiem Willen, ich, ŠM2WN, der Sohn des MNHM, ˙ der in MHZ3 wohnt, dir, dir, meiner Frau MRYM, der Tochter des YWSP, des Sohnes ˙ alles, hwas mir in MHWZ3 an Häusern, Höfen, oberen und unteren Bereides MNŠH, ˙ 101) 102) und ihrem Ertrag, Dattelpalmengärten,i 103) (4) Hausgeräten, Obstbäumen chen , Boden und Bäumen gehört – das alles, wie sie in dieser Urkunde allein an Immobilien aufgezeichnet werden – und das Übrige von all dem, das mir gehört (und) das nicht aufgeführt ist, 104) zusammen mit allem, das (5) ich von jetzt an erwerben werde und mir gehören wird. Ich habe (es) 105) dir als fortwährende Schenkung gegeben. Und dies sind die Namen der Immobilien, (die in) dieser Schenkung (eingeschlossen sind): Mein Dattelpalmenga[rt]en (namens) »Der Schöne« und alles, was in ihm ist. Seine Grenzen (sind) nach Osten die Wüste, (6) nach Westen die Erben des YWSP, des Sohnes des DRMNS 106), nach Norden das steinige Land der Erben des MNHM und ande˙ rer und nach Süden die Erben des YWSP, des Sohnes des BB3. Und seine Bewässerungszeiten 107) sind mit den Erben des YSP, des Sohnes des DRMNS 108), hin der fünften Nacht in der Wochei 109) eineinhalb Stunden von drei Stunden.
Es folgen die Angaben für drei weitere Grundstücke: eine Dattelpalmenpflanzung, ein Garten und ein »weißes Land« samt seinen Dattelpalmen. Die Angaben folgen demselben Formular: Bezeichnung des Landes, Grenzen und Bewässerungszeiten. [Und ebenso] hals andere Schenkungi 110) alle [verstreuten] Dattelpalmen [und Bäume, die ich in M]HWZ3 [auf den freien Plätzen habe.] ˙ (13) [Und ebenso] als andere Schenkung den Hof und das Haus, die ich in MHWZ3 ha˙ (12-13) (13)
100. Der Ort liegt südöstlich des Toten Meeres. 101. Wörtlich: »das Niedrige und Hohe«. Die Lesung w 2lyyn statt des epigraphisch eher zu denkenden w2gnyn (so Beyer) wird nicht nur durch Z. 13 || 49 bestätigt, sondern auch durch den chiastischen Aufbau: Hier werden die Gebäude vor den landwirtschaftlichen Immobilien genannt, während die detaillierte Aufzählung andersherum verfährt. 102. Zu hrw/yp vgl. arab. hrf »schneiden, sammeln (von Früchten)«; das Wort bezeichnet wohl in ˘¯f Gewächse, deren Früchte eingesammelt oder abgeschnitten werden. ˙ Analogie zu arab. harı ˘ 103. Fehlt in Z. 34. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110.
Z. 35 stellt dies um: »das nicht aufgeführt ist (und) das mir gehört«. Z. 35 hat zusätzlich »das alles«. Z. 37: »DWRMNS«. Z. 38: Sg. Z. 38: »DWRMNS«. Die Zeitangabe fehlt in Z. 38, dafür nur »Wasser (für)«. Fehlt in Z. 48.
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be, ihre oberen [und unteren] (Bereiche) und alles, was in ihnen ist, zusammen mit allem, was oben (steht) 111), wie es in bezug auf sie mir (angebracht) erschien. (14) …. 112) (14-15) Das alles habe ich dir, dir, MRYM, meiner Frau 113), als fortwährende Schenkung unter dem Vorbehalt gegeben, daß ich essen, besitzen, die Zahlung an ihre Könige 114) leisten und in dem 115) Hof und Haus wohnen und wohnen lassen werde alle Tage meines Lebens. (15-18) Und wenn ich zum Haus meiner Ewigkeit gehen (= sterben) werde, dann wirst du Verfügungsgewalt und Vollmacht über die Immobilien dieser Schenkung haben oder über das, was [ich] von ihnen übriglassen werde, 116) hw[as] nicht von diesem (Zeitpunkt) an für meinen eigenen Unterhalt [verpfändet] oder verkauft sein wirdi 117), über allen Besitz und was Besitz entspricht, den Hausgeräten und was auch immer ich von jetzt an [und für immer] besitzen werde an geringem oder vielem, [alles] 118), was in dieser Schenkungsurkunde aufgeführt ist, um (es) zu besitzen, zu verkaufen, als Erbe anzunehmen, zu vererben, zu verpfänden, zu geben, zu säen, zu pflanzen, zu bauen, ihre Zahlung zu leisten und alles zu tun mit ihnen, was du willst, du, deine Kinder 119) und deine Erben und wer auch immer aus deiner Hand 120) Besitz erhält von dem Tag an, an dem ich zum Haus meiner Ewigkeit gehe, und für immer. (18-20) Und es existiert kein Gelübde, Eid, Vorbehalt oder Schwur zugunsten meiner Kinder, meiner Erben oder irgendeines 121) Menschen, (der) in meinem Namen (handelt), 122) weder zu deinen noch zu deiner Erben oder desjenigen Lasten, der aus deiner Hand hdiese Schenkung oder irgendeinen Teili 123) als Besitz erhält, hbezüglich allem, das mir gehörend aufgeführt ist, und was nicht aufgeführt ist, und was mir gehört und von jetzt an gehören wird. Das alles wird dir in/bei/als der ??? dieser Schenkung gehören. Und (du) hast die Verfügungsgewalt und Vollmacht, alles zu tun, was du willst (21) vom Tag an, an dem ich zum Haus meiner Ewigkeit gehe, und für immer. Und es gibt keinerlei Prozeß, Klage oder Eid zugunsten meiner (leiblichen) Erben oder legitimierten Erben oder irgendeines Menschen, (der) in meinem Namen (handelt), zu deinen oder deiner Erben Lasten bezüglich allem, was oben (steht), (22) und bezüglich
111. Z. 49 hat zusätzlich »geschrieben wurde«. 112. Der Anfang von Z. 14 ist weitgehend zerstört und kann auch nicht aus Z. 50 rekonstruiert werden. Es ist jedoch noch zu erkennen, daß hier vom Ein- und Ausgang bzw. dem Wegerecht, hinein- oder herauszugehen, und einer Bewässerungszeit die Rede war. 113. Z. 51 hat zusätzlich »die Tochter des YWSP«. 114. D. h. die Abgaben an die nabatäischen Könige. 115. Z. 52: »diesen«. 116. Z. 53 f. hat zusätzlich: »wenn ich zum Haus meiner Ewigkeit gehen werde«. 117. Z. 54 hat »das nicht für meinen eigenen Bedarf verkauft oder verpfändet sein wird«. 118. Lies kl hinter 2lm. 119. Z. 57 hat zusätzlich: »die dir von mir sein werden von jetzt an«. 120. Z. 58 hat zusätzlich »diese Schenkung oder irgend ein Teil«. 121. Fehlt in Z. 60. 122. Z. 60 hat zusätzlich »fern oder nah«; vgl. Anm. 126. 123. Dieser Satzteil und alles, was auf den Satz bis Z. 27a folgt, ist an dieser Stelle im zweiten Text ausgelassen worden.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
allem, das ich vor dir zurücklassen werde, wenn ich zum Haus meiner Ewigkeit gehen werde. (22-23) Ich habe geschrieben, um dich und jedes Kind, das du von jetzt an von mir gebären wirst, und jeden legitimierten und (leiblichen) Erben und den Menschen, der aus deiner Hand diese Schenkung oder irgendeinen Teil als Besitz erhält, von allem frei zu erklären 124), von (Ansprüchen aus) irgendeinem Gelübde oder Eid von seiten eines Menschen, (der) in meinem Namen (handelt), eines legitimierten und (leiblichen) Erben, fern oder nahe, 125) (24) während meines Lebens und nachdem, daß ich zum Haus meiner Ewigkeit gegangen sein werde, und für immer, entsprechend dem Brauch bei den Schenkungen und den Freierklärungen, die für immer aufgeschrieben sind – unter der alleinigen (Maßgabe), 126) daß für BBT 3, unsere Tochter, gelten wird, (25) daß, wenn sie verwitwet sein und keinen Ehemann haben sollte, sie im Speicherhaus 127) wohnen wird, welches ein Teil der Immobilien aus dieser Schenkung ist, einschließlich (des Wegerechtes) zusammen mit dir (für) das Betreten und Verlassen jenes Hofes zum (26) Speicherhaus alle Tage, die sie Witwe sein wird ohne Ehemann. Aber sie wird weder Verfügungsgewalt noch Vollmacht haben, in jenes Haus einen Ehemann zu bringen. 128) (26-28) So habe ich aus freiem Willen geschrieben und dich für frei erklärt von meinen Erben und jedem Menschen, (der) in meinem Namen (handelt), in bezug auf alles, das oben geschrieben ist: von Gelübde, Eid, Prozeß, Klage und von einem Klagegrund bezüglich jeder geringen oder großen Sachei 129) [während] meines Lebens und hvon (dem) Tag an, [an demi 130) ich] zum Haus meiner Ewigkeit [gehen werde], hund für immeri 131). hIn bezug darauf, wie es jenem entspricht, habe ich dir diese Schenkung gegeben unter dem Vorbehalt,i 132) daß du [wie] zuvor [meine F]r[au] bleiben und [mich] bedienen w[irs]t (29) (auf Kosten) von einem Teil dieser Schenkung h[wie zu]vori 133). hUnd alles, das oben geschrieben ist, hat [jen]em [entsprechend] Bestand.i 134) 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134.
Wörtlich: »Von dem allen habe ich als dich frei Erklärender geschrieben«. Vgl. die verwandte Floskel in den Elephantinetexten; vgl. Anm. 35. Wörtlich »mit allein«. Vgl. die Diskussion bei Y. Yadin/J. C. Greenfield/A. Jardeni, aaO 400. Ein »Haus des Uria« (so ATTM.E 172) hätte im vorhergehenden Text erwähnt werden müssen. Es handelt sich wohl um ein Gebäude, das zur Zeit der Abfassung als Speicherraum benutzt wurde. D. h. sie muß bei einer Heirat ausziehen. Vgl. Anm. 123. Z. 61: »nachdem«. Z. 61 »in bezug auf das, was so für immer ist« o. ä. Z. 61 f.: »Wie dieses habe ich aus freiem Willen dir diese Schenkung geschrieben wie oben«. Z. 63: »bis zu dem Tag, an dem ich zum Haus meiner Ewigkeit gehen werde«. Fehlt im zweiten Text. Dafür hat dieser im Anschluß an den vorangehenden Abschnitt in Z. 63b-64 eine kurze Zusammenfassung von Z. 20-24a: »Und du wirst Verfügungsgewalt und Vollmacht über alles haben, was ich dir zurück[lassen] werde, wie es oben (geschrieben steht), von dem Tag an, an dem ich zum Haus meiner Ewigkeit gehen werde, und für immer, so daß kein Prozeß, Klage, Eid oder Gelübde (gültig sein wird).« Hieran schließt sich in Z. 6572 das nahezu wörtliche Pendant zu Z. 24b-28a an, beginnend mit »entsprechend dem Brauch …«. Dabei zieht der Schreiber die Aussage »in bezug darauf, wie es jenem entspricht« (vgl. Z. 28) entweder zum Vorangehenden oder aber bricht danach einfach ab, da er den folgenden Text schon in Z. 61-63 untergebracht hat.
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Auf verso finden sich in Z. 73-79, die quer im oberen Teil geschrieben sind, die Unterschrift des Schenkenden (Z. 73 »[ŠM2WN,] der Sohn des M[N]HM für sich selbst. Er ˙ hat es geschrieben«) und die Zeugen.
4.4 Ein Hauskaufvertrag (XHev/Se 8a) ˙ Lit.: J. T. Milik, Un Contrat juif de l’an 134 après J.-C., RB 61 (1954) 182-190 + Pl. IV; MPAT 51; ATTM 320 f. + ATTM.E 188 (Lit.); DJD XXVII 34-37 + Tf. 4 f. + Pl. III (Lit.); TDT A 7174 + B 34 f.
Der wohl aus Nahal Hever stammende aramäische Papyrus mißt 23,9 23 cm. Er ˙ ˙ enthält einen Hauskaufvertrag, der in vielen Elementen den Verträgen aus Elephantine entspricht. Die Auflage, daß der Käufer einen neuen Eingang schaffen muß, da der alte auf den Hof des Verkäufers führt und ein Wegerecht über diesen ausdrücklich ausgeschlossen ist, zeigt, daß hier ein Teil eines größeren Anwesens verkauft wird. Von besonderer Bedeutung ist, daß der Verkäufer zusammen mit seiner Frau auftritt. Es wird ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt, und die Sicherungsformel am Schluß bezieht sich auf beide, d. h. beide stehen mit ihrem Besitz für eventuelle Ansprüche des Käufers ein. Mithin war die Frau des Verkäufers zumindest Mitbesitzerin, wenn nicht gar die eigentliche Besitzerin des Hauses. Es handelt sich nicht um eine Doppelurkunde – ein Umstand, der ausdrücklich vermerkt ist. Der Text weist viele Fehler, ungeschickt formulierte Aussagen und Auslassungen auf. (1-3) Am zehn[ten] 135) Adar/Ijjar 136), Jahr drei 137) der Befreiung Israels, hat in KPR BRYW 138) (2) HDD, der Sohn des YHWDH, aus KPR BRYW zu dem Beamten 139) ˙ des 3L2ZR, von hier, gesagt: 3L2ZR, dem Sohn (3) Ich habe dir heute aus freiem Willen heute mein Haus verkauft, (4) das nach Norden hin in meinen Hof hinein geöffnet ist, das du (aber) zu deinem Haus hin öffnen wirst. (5) Aber du {du} hast mit mir keine Verfügungsgewalt über jenen Hofbereich. Ich habe (es) dir für Silber verkauft: (6) Acht Sus bzw. 4 Sela 140) als vollständiger Preis. (6) Für immer 141) hat die Verfügungsgewalt (7) 3L2ZR über das, was den Kauf jenes Hauses (umfaßt): die Steine und [die] Balken und die Stufen und alles, was in ihm (8) gebaut ist, und das Grundstück. Die Grenzen jenes Hauses sind [(nach) Süden 3L2]ZR, der Käufer; (nach) Osten (9) YHWNT[N, hSohn desi Y]ŠW 2; nach Norden der Hof; (nach) Westen [H]DD, der ˙ Verkäufer.
135. 136. 137. 138.
Weniger wahrscheinlich: »zwanzigsten«. Der Papyrus ist hier zu zerstört, um eine eindeutige Entscheidung zu treffen. Februar/März oder April/Mai 134 oder 135 n. Chr. Wahrscheinlich Manya¯t Umm Hasan, östlich des Toten Meeres gelegen; vgl. M. Broshi/ E. Qimron, IEJ 36 (1986) 207. ˙ 139. So die beste Deutung. Der Schreiber hat offenkundig das r von štr3 zwischen die letzten bei˙ den Buchstaben gequetscht. 140. Wörtlich: »Zuz, die acht sind und (die) zwei Sela (sind)«. 141. Möglicherweise ist dies zum vorhergehenden Satz zu ziehen.
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Aber du hast keine Verfügungsgewalt zusammen mit mir über meinen Hofbereich, weder einen Zugang no[ch] Ausgang zu meinen, meinen 142), des HDD Lasten (11) [von] ˙ heute an und für immer. Und ich bin Garant und Bürge für [dich bei dem Ver]kauf jenes Hauses von heute an (12) und für immer. (12-13) Und ich, ŠLM, Tochter des ŠM2WN, [die] Fr[au] dieses HDD, habe keinen Ein˙ und für immer. spruch {und für immer} beim Verkauf jenes Hauses hvon heute ani Und der E[rsa]tz hist von unserem Besitzi und dem, was wir erwerben werden, zu deiner Verfügung. (14) Dieses Schr[iftst]ück ist einfach, und sie haben in ihm »gesiegelt«. 143) ŠLM, [Toch]ter des ŠM2WN für sich selbst. Es hat geschrieben 3L2ZR, (15b) der Sohn des MTT3, nach ihrem Wort. (15a) HDD, der Sohn des YH[W]DH, für sich selbst. 144) ˙ (9-10)
4.5 Pachtverträge (Mur 24) Lit.: DJD II 122-134 + pl. XXXV–XXXVII; TDT A 107-112 + B 50 f.; I. Kottsieper, Zu den Pachtverträgen in Mur 24 [in Vorbereitung.]
Der fragmentarische, hebräisch abgefaßte Papyrus enthielt mindestens neun Pachtverträge, die offenkundig alle am 20. Schebat im 2. Jahr nach der »Befreiung Israels« durch Simeon b. Kosiba von verschiedenen Personen mit HLL, dem Sohn GYRS, abgeschlossen wurden. Dabei wurde jeder Vertrag in eine Kolumne geschrieben. Kol. B, C und E sind soweit erhalten, daß sie weitgehend rekonstruiert werden können – von D sind der Anfang und Schluß besser erhalten. Vergleicht man die Reste, die sich zum Teil einander ergänzen, so zeigt sich, daß die Formulierungen des eigentlichen Vertragskorpus zwar zum Teil voneinander abweichen, aber viele Varianten, die ein Vertrag gegenüber seinem Vorgänger einführt, im folgenden Vertrag aufgenommen oder weitergeführt werden. Dieser Befund läßt sich dahingehend deuten, daß der eigentliche Vertragstext von den Pächtern formuliert wurde, die sich an dem, was ihr jeweiliger Vorgänger gesagt hat, orientierten. Die Angabe, daß der Text enthält, was diese »gesagt haben«, ist mithin durchaus ernst zu nehmen. Bei den Pachtverträgen handelt es sich um die Übernahme von Gebieten, die HLL selbst von der neuen Oberherrschaft gepachtet hat. Daher wird die Pacht für ihn am Verwaltungsort gezahlt. Die Angaben über den Zustand des Landes und seine vorherige Pachtbindung entsprechen der politischen Situation. Im 2. Jahr des Aufstandes kam es offenkundig zu einer Neuverteilung des Landes, das wohl durch die Wirren des Aufstandes und seiner Vorzeit teilweise verlassen dalag.
142. Der Schreiber hat fälschlicherweise 3nth »dich« statt 3nh »mich« geschrieben. 143. D. h. es handelt sich nicht um eine Doppelurkunde, so daß das Schriftstück auch ohne zweiten Text und ohne Zeugen auf verso gültig ist. »Siegeln« steht hier für »unterschreiben«. 144. Es folgen drei Zeugen mit der hebräischen Bezeichnung 2d.
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[Am] 20. Schebat, Jahr 2 [der] Befreiung Israels 145) durch ŠM2WN, den Sohn des KWSB3, den Fürsten Israe[ls], sagte [im] Lager, das in HRD[YS] 146) sitzt, [3L2Z]R, der Sohn des HŠLNY, [zu] HLL, dem Sohn des GRYS: (6-10) Ich habe (CE+ heute) aus freiem Willen [v]on dir ein Stück Boden [gepachtet, das sich in] 2YR NHŠ in der Pacht ˙ [befindet, 147) die du von Š]M2W[N, dem Für]sten [Isr]aels, (9) [gepachtet hast,] – (10-12) den Bo[den, der unbebaut ist], in dem weder ein Arbeiter noch Abmachu[ngen sind, 148) noch der Pächter,] der (vormals) gewesen war. Und er war abgesetzt worden … 149) (12-14) Den ganzen Boden (E: Diesen Boden) habe ich von dir gepachtet von heu[te] an bis zum Ende des Vorjahres des Erlaß(jahres). 150) (15-17) Die 151) Pacht, die ich für dich hier [jed]es einzelne Jahr darwägen werde, ist 152) vie[r K]or und acht Seah an schönem [und] reinen Weizen. (17-18) Zehnte [… Zehnte]. 153) (18-20) Dieses [werde ich (CDE + für dich) jedes einzelne Jahr auf dem Dach] des Schatzhauses in H[RDYS 154) aufschütten]. (20) [Und] (die Verpflichtung) best[eht für mich wahrhaftig so.] (B 1-6)
Aus C + D ist zu entnehmen, daß auf diesen Abschlußsatz die wohl jeweils eigenhändige Unterschrift des Pächters mit dem Zusatz »für sich selbst« sowie die Schreiberangabe »es hat geschrieben PN, Sohn des PN, nach seiner Aussage« folgten. Zu erwarten sind außerdem die Angaben von Zeugen, die jedoch nicht mehr erhalten sind.
5. Zwei Gesetzestexte aus Hatra Lit.: H 336b: W. I. Al-Salihi, Inscriptions from Hatra, Sumer 34 (1978) 69-74. H 343 + 344: J. Kh. Ibrahim, Two Legal Texts from Hatra, Sumer 38 (1982) 120-125. Vgl. ferner jeweils unter der angegebenen Textnummer bei F. Vattioni, Le ¯ıscrizioni di Hatra, AION.S 28, Neapel 1981; B. Aggoula, Inventaire des Inscriptions hatréennes, BAH 129,˙ Paris 1991; K. Beyer, Die aramäischen Inschriften aus Assur, Hatra und dem übrigen Ostmesopotamien, Göttingen 1998.
145. (Januar/)Februar 134 n. Chr. 146. Wahrscheinlich das Herodion, vgl. E 3 hrwdys. 147. So auch C; E hat dafür: »den Boden, der als der meinige in meiner Pacht in 2YR NHŠ gewe˙ sen war«, d. h. der Pächter, der in E auftritt, hatte schon einmal vorher dieses Landstück gepachtet. 148. So auch C; fehlt in E. 149. Die ganze gesamte letzte Passage ab Anm. 148 fehlt in C und E. 150. E ergänzt: »Dies sind an Jahren fünf volle [Ab]gabenjahre.« Eine kürzere Ergänzung findet sich schon in C: »[Di]es sind [fünf] Jah[re].« 151. Der Artikel steht noch in Z. 14. 152. C: »[Die P]acht [werde] ich für [dich] abwägen [jedes] einzelne Jahr. Ich [werde abwäg]en für [dich]:«; D: »[Die Pacht werde ich] abwägen für dich hier [in H]R[DY]S:«; E: »[Diese] Pacht [wer]de ich aufschütten für dich in[H]RDYS:«. Es folgt jeweils die Mengenangabe an »schönem und reinem Weizen«. 153. Diese nicht rekonstruierbare Passage über den Zehnten findet sich auch in C und E, nicht aber in D. 154. C: »seines Schatzhauses«; D: »[des Schatzhauses] des Fürsten von Isra[el in] HRDYS«. In E fehlt die Ortsangabe ganz.
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Unter den Inschriften, die im nordsyrischen Hatra gefunden wurden und die aus der Zeit der Parther stammen, finden sich Gesetzestexte, die als Steininschriften publiziert wurden. In den hier übersetzten Beispielen wird die Todesstrafe für Diebstahl bzw. den Kauf von Diebesgut angedroht. Gemeinsam ist ihnen wohl auch, daß sie auf einen Ratschlag oder ein Wort der Götter zurückgeführt werden, welche den Beschluß der Gesetze initiierten. Als Gesetzgeber treten neben dem jeweils amtierenden »Haushofmeister« und dem oder den Ältesten auch die Hatraäer auf. Es handelt sich mithin um eine Art Volksbeschluß, wobei im ersten Text, der die Strafe auch für Auswärtige androht, auch die im Umland wohnenden Beduinen beim Beschluß des Gesetzes involviert waren.
H 336b || H 343
Das erste Gesetz wurde 151 n. Chr. erlassen und in mindestens zwei Ausfertigungen (H 336b, H 343) auf Stelen publiziert, die jeweils oben das Relief eines Adlers, das Symbol des Sonnengottes von Hatra, zeigen und darunter den Text bieten. Die erste Stele war im Nordtor, die zweite im Osttor der Stadt jeweils in einer Nische so aufgestellt, daß sie nicht von denjenigen, die die Stadt betraten und für die das Gesetz ebenfalls galt, übersehen werden konnten. Die Übersetzung folgt dem besser erhaltenen Text H 343 und gibt die Abweichungen in H 336b in den Anmerkungen wieder. Im Monat Kanun 155) des (Jahres) 463 (= 151 n. Chr.) haben nach dem Rat der Götter hderi 156) Haushofmeister ŠMŠBRK, die alten und jungen Leute von Hatra und alle Beduinen 157) und jeder, der in Hatra wohnt, beschlossen und so entschieden, (5-9) daß jeder, der von dieser Rampe 158) an nach innen (der Stadt) und von der äußeren Mauer an nach innen (der Stadt) st[ie]hlt, wenn er ein Mann aus der Stadt ist 159), gemäß der Todesstrafe, die die Götter (verhängen), 160) getötet werde. Aber wenn er ein Mann von außerhalb ist, wird er gesteinigt. (1-4)
H 344
Der zweite Gesetzestext befindet sich auf einer Platte, die links der Nische im Osttor angebracht war, welche H 343 enthielt. Der Text weist mehrere Fehler auf und ist ungeschickt formuliert. Der Kontext ist offensichtlich eine Baumaßnahme im Tempel. Dabei wurden die Bauleute schon ausbezahlt, so daß jeder Kauf von Baumaterial aus 155. 156. 157. 158.
November/Dezember. So richtig H 336b 3, in H 342 wohl ein Schreibfehler. H 336b 5 f. hat zusätzlich »und jeder, der Hatra betritt oder verläßt«. Gemeint ist wohl eine Rampe, die jeweils zum Stadttor hinaufführt und an deren Ende sich der Torhof befindet, in dem die Inschrift jeweils angebracht war; vgl. R. C. Steiner, New Light on the Biblical Millo from Hatran Inscriptions, BASOR 276 (1989) 15-23. 159. Wörtlich »ein innerer Mann«. 160. Wörtlich »gemäß dem Tod der Götter«.
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dem Tempel einem Diebstahl gleichkommt und nicht als Weitergabe eines in Naturalien geleisteten Lohnes gelten kann. Der Deutung, daß hier wahrscheinlich der Käufer und nicht der Verkäufer mit der Todesstrafe bedroht wird, entspricht der Aufstellungsort am Tor. So werden die einziehenden Händler vor diesem Kauf gewarnt. Daß die Todesstrafe wohl auch für die Verkäufer bzw. Diebe des Baumaterials gegolten haben wird, mag in einer anderen Inschrift an einem anderen Ort promulgiert worden sein. (1-3) Nach einem Wort 161) haben der [Haushofmeister] ŠMŠHDY[T] und [der] Älteste HPYZY und alle Hat[raäer] so entschieden [über] (4) das Ende˙ 162) eines Menschen, der ˙ 163) [die] Steine (5) und das Stroh und den Mörtel von ein[em] (6) Wagen 164) des kauft Tempels, (7-8) denn sie haben (schon) Lohn in ihre Hände vom Tempel genommen. 165) (9) Und wenn er von ihnen kau[ft] 166) die Steine (10) oder das Stroh oder den Mörtel (11) {oder den Mörtel} oder außer 167) ihnen (noch) (12-13) den Wagen, dann wird er gemäß der Todesstrafe, die die Götter verhängen, 168) sterben.
6. Palmyrenische Inschriften 6.1 Der Zolltarif
Andrea Jördens / Ingo Kottsieper Lit.: M. de Vogüé, Inscriptions palmyréniennes inédites, JA 8/1 (1883) 231-245; ders., JA 8/ 2 (1883) 149-183; H. Dessau, Der Steuertarif von Palmyra, Hermes 19 (1884) 486-533; CIS II 3913; H. Seyrig, Le statut de Palmyre, Syr. 22 (1941) 155-175; J. Š. Šifman, Pal’mirskij pošlinnyj tarif, Moskau 1980; J. Teixidor, Le Tarif de Palmyre, AulaOr 1 (1987) 235-252; K. Brodersen, Das Steuergesetz von Palmyra, in: E. M. Ruprechtsberger (Hg.), Palmyra, Linzer archäologische Forschungen 16, Linz 1987, 153-159 (Lit.); PAT 0259 (Lit.).
Nach einem Beschluß des Rates vom 18. 4. 137 n. Chr. sollten die mitunter aufkommenden Streitigkeiten zwischen Steuerpächtern und Händlern über die angemessenen Steuersätze für bestimmte Waren, die bisher nur »nach dem Herkommen« (G6 f./ P6) erhoben wurden, ein für allemal dadurch beendet werden, daß man bei der nächsten Verpachtung dafür bestimmte Beträge vereinbarte und dies auch schriftlich 161. Gemeint ist wohl »der Götter«; vgl. den vorangehenden Text und H 281,11 f. Vielleicht eine fehlerhafte Auslassung. 162. Das dunkle šlhy ist wohl am besten mit jaram. šlhy »Aufhören, Ende« zu verbinden. Dann sollte am Ende von Z. 3 etwa 2l ergänzt werden. 163. lzbyn ist als Impf. G mit e-Vokalisierung wie im Sy. zu interpretieren, vgl. Anm. 166. 164. Offenkundig die Wagen, mit denen das Baumaterial in den Tempel geschafft wurde. Während des Transportes ergab sich die Gelegenheit, diese in der Stadt zu verkaufen. 165. D. h. die Arbeiter sind ausbezahlt worden, und daher ist jeder Verkauf von Baumaterial aus dem Tempel einem Diebstahl gleichzusetzen. 166. Vgl. Anm. 163; für die Deutung spricht auch das folgende mnhwn »von ihnen«, das sich auf die im vorangegangenen Satz erwähnten Arbeiter, die Lohn empfangen haben, bezieht. 167. 3lgr dürfte ein Fehler für 3w lbr (so Beyer) oder 3w br sein. 168. Vgl. Anm. 160.
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und also für alle Beteiligten sichtbar niederlegte. Dies betraf die Ein- und Ausfuhrgebühren für verschiedene Waren, die im wesentlichen zur Deckung des Eigenbedarfs dienten, sowie die Abgaben von Gewerbetreibenden – Prostituierten, Händlern und Handwerkern. Die diesbezügliche Inschrift, eine griech.-palm. Bilingue, wurde 1881 von dem armenischen Fürsten Simon Abamelek Lazarew in einem Hof bei der Agora von Palmyra gefunden. Die ohne ihren Sockel 4,8 m breite und 1,75 m hohe Inschriftenplatte wurde 20 Jahre später, inzwischen in vier einzelne Tafeln (I-IV) zersägt, in die Eremitage in St. Petersburg verbracht (Inv. Nr. 4187). Durch einen zweizeiligen griechischen Titel, der sich über alle Tafeln hinweg erstreckte, ist dieser Beschluß genau datiert. Die erste Tafel (I) enthält die Einleitung, also die Namen der maßgeblichen Amtsträger, die Beschlußfassung selbst und ihren Anlaß. Auf den weiteren drei Tafeln sind außer dem neuen Tarif A (G1-93/P2-62) verschiedene ältere Regelungen aufgezeichnet, die sich allerdings partiell sowohl miteinander als auch mit dem neuen Tarif überschneiden. Der älteste Teil B1 (G94-120/ P63-73) wird daher auch nur in Auszügen zitiert. Die pfandrechtlichen Bestimmungen in B2 (G121-149) liegen nur in Griech. vor, was darauf hinweist, daß sie offenkundig nicht Bestandteil des traditionellen palm. Pachtvertrages waren. B3 (G150237/P74-149) nimmt unter anderem auf einen Erlaß des syrischen Statthalters C. Licinius Mucianus (67-69 n. Chr.) Bezug, stellt aber großenteils eine Fortschreibung von B1 dar, wie die gelegentlichen Verweise darauf zeigen. Der irritierende Umstand, daß die entsprechenden Partien in B1 oft ausgelassen sind, während manche Parallelstellen in dem neuen Tarif A zu finden sind, hat erheblich zu den lange bestehenden Unklarheiten über die chronologische Abfolge der Regelungen beigetragen. (Griech. Titel) (1-2) [Zur Zeit des Imperators Caesar – des Sohnes des vergöttlichten Tr]aianu[s Parthi]cus 169), des Enke[ls des vergö]tt[lichten Nerva 170) – Traianus Hadrianus Augustus 171), pontifex maximus 172), zum 21. Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt 173), zum 2. Mal als imperator akklamiert 174)], zum 3. Mal [Kon]sul 175), V[at]er des Vaterlan169. Hadrians Vorgänger Trajan (98-117) soll ihn auf dem Totenbett adoptiert haben. Den Siegerbeinamen Parthicus führte Trajan seit Februar 116. 170. Trajan war seinerseits von Nerva (96-98) adoptiert worden. 171. Kaiser Hadrian (117-138). 172. Seit der Wahl des Augustus zum obersten Staatspriester im Jahr 12 v. Chr. bekleideten sämtliche Kaiser diese Würde, die damit zu einem regulären Bestandteil der römischen Kaisertitulatur wurde. 173. Die seit dem Jahr 23 v. Chr. jedem Kaiser auf Lebenszeit verliehene tribunicia potestas stellte eine zentrale Stütze seiner ursprünglich nicht formell begründeten Herrschaft dar, da erst durch sie ein politisches Handeln in Rom von Rechts wegen ermöglicht wurde. Die jährliche Erneuerung dieser Gewalt kommt insofern einer Zählung der Regierungsjahre gleich, wobei der Jahreswechsel seit Nerva (96-98) mit dem traditionellen Amtsantritt der Volkstribunen am 10. Dezember zusammengelegt wurde. 174. Hierbei handelt es sich nicht um den seit Augustus von allen Kaisern anstelle des Praenomens geführten Namensbestandteil, sondern um den besonderen Ehrentitel, der nur bei erfolgreichem Abschluß bedeutender Feldzüge gegen äußere Feinde zuerkannt wurde. Da Hadrian anders als Trajan, der auch hier als Parthicus bezeichnet wird (vgl. oben Anm. 169), Siegerbeinamen in seiner Titulatur ablehnte, sind die Hintergründe dieser Akklamationen unklar; als erste dürfte, wie seit Claudius (41-54) üblich, die Ausrufung zum Kaiser gewertet worden sein. 175. Zum dritten Mal hatte Hadrian das höchste Staatsamt bereits im Jahr 119 bekleidet, so daß es
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des 176), unter dem Konsu[lat des L. Aelius Cae]sar [zum 2. Mal und des Pub]lius Coeli[us Balbinus 177)]. Einleitung Tf. I Griechisch Palmyrenisch (I 1) Im 448. [Ja]hr 178), am 18. Xandikos 179). (I 1) Beschluß des Rates im Monat Nisan, Beschluß des Rates. Tag 18, Jahr 448. (2-4) Unter dem Vorsitzenden Bonnes, (1-4) Unter dem Vorsitz des BWN3, Sohn Sohn des Bonnes, des Sohnes des Haira- des BWN3, des Sohnes des HYRN, und ˙ Sohn des nos; dem Schreiber von Rat und Volk Alex- dem Sekretariat des 3LKSDRS, ander, Sohn des Alexander, des Sohnes 3LKSDRS, des Sohnes des PLPTR, dem ˙ des Philopator; den Archonten Malichos, Schreiber des Rates und des Volkes, und Sohn des Olaies und Zebeidas, Sohn des den Archonten MLKW, Sohn des 2LYY, des Nesas, als eine reguläre Ratssitzung 180) Sohnes des MQYMW, und ZBYD3, Sohn stattfand, wurde das folgende beschlos- des NŠ3, als der Rat regulär versammelt gewesen war, hat er das, was weiter unten sen. 181) geschrieben ist, beschlossen. (4-8) Da [in de]n früheren Zeiten in dem (4-5) Da in den früheren Zeiten in dem Steu[er]pachtgesetz sehr vieles an steuer- Steuerpachtgesetz viele steuerpflichtige pflichtigen Objekten nicht aufgenommen Objekte nicht aufgenommen waren, sonwar, son[dern de]m Herkommen nach er- dern sie nach dem Herkommen erhoben hoben [wurde] – wobei in den Pachtver- wurden entsprechend dem, was in den trag hineingeschrieben war, daß der Steu- Steuerpachtvertrag geschrieben worden erpächter die Eintreibung entsprechend war, (6-7) und man (so) nach dem Gesetz dem Gesetz bzw. dem Herkommen vor- und dem Herkommen erhob und darum nehme –, geschah es häufig, daß deswegen häufig über diese Angelegenheiten Strei-
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177.
178. 179. 180. 181.
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sich hier um einen festen Bestandteil seiner Titulatur handelt. Zu den aktuell amtierenden Konsuln vgl. unten Anm. 177. Obwohl seit dem Jahr 2 v. Chr. sämtliche Kaiser den Ehrentitel pater patriae führten, scheint er üblicherweise erst nach einer gewissen Frist angenommen worden zu sein. Hadrian hatte sogar zehn Jahre seit Regierungsantritt verstreichen lassen, bevor er ihn im Jahr 128 annahm. Die Römer zählten die Jahre traditionell nach den beiden Konsuln, die ihr Amt am 1. Januar antraten und damit eponyme Funktion besaßen. Nach heutiger Zeitrechnung handelt es sich hier um das Jahr 137. Der von Hadrian adoptierte L. Aelius Caesar, der das Amt auch schon im Vorjahr bekleidet hatte, war ursprünglich zum Thronfolger ausersehen, verstarb jedoch noch vor Hadrian selbst. Nach den Satrapenjahren des Diadochen Seleukos I. seit 312/11 v. Chr. gezählte Ära, die im gesamten Vorderen Orient bis weit ins Mittelalter gebräuchlich war. Jahr 448 = 1. 10. 136 – 31. 9. 137 n. Chr. Makedonischer Monatsname, der auch noch unter römischer Herrschaft in zahlreichen hellenistischen Monarchien gebräuchlich blieb. 18. Xandikos = 18. April. Wörtlich eine »gesetzliche« im Gegensatz zu nur fallweise einberufenen außerordentlichen Sitzungen. Das Präskript des hier als dgma bezeichneten Beschlusses folgt der in der gesamten griechischen Welt üblichen Praxis, die wichtigsten an dem Beschluß beteiligten Amtsträger der Polis namentlich zu nennen, nämlich den am fraglichen Tag amtierenden Ratsvorsitzenden, den Protokollführer sowie die unspezifisch als Archonten bezeichneten höchsten städtischen Beamten.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Streitigkeiten entstan[den zwi]schen den Händlern und den Steuerpächtern. (8-11) Es schien hdaheri gut, daß die mit der Entscheidung befaßten gegenwärtigen Archonten und die D[eka]proten 182) die nicht in das Gesetz aufgenommenen Objekte in den nächsten Pachtvertrag hineinschreiben, daß sie jedem Objekt den Steuersatz nach dem Herkommen beifügen, und daß es, wenn es dem Pächter zugeschlagen worden ist, 183) zusammen mit dem ersten Gesetz in die Steinplatte hineingeschrieben werde, die gegenüber dem Rabaseire genannten Heilig[tum] steht, (11-13) und daß die jeweils amtierenden Archonten und Dekaproten und Syndikoi 184) Sorge dafür tragen, daß der Pächter nichts darüber hinaus erhebt.
tigkeiten entstanden zwischen den Händlern und den Steuerpächtern, erschien es dem Rat dieser Archonten und den Dekaproten (gut), (8-10) daß sie das, was nicht in das Gesetz aufgenommen worden war, klären und es in das neue Vertragsdokument geschrieben wird; und (zwar) soll für jedes einzelne sein Steuersatz nach dem Herkommen aufgezeichnet und das, was für den Pächter beschlossen wurde, 185) soll zusammen mit dem früheren Gesetz in den Stein geschrieben werden 186), der gegenüber dem Tempel des RB3SYR3 187) ist. (10-11) Und die Archonten, die zur jeweiligen Zeit amtieren, und die Dekaproten und Syndikoi sollen Sorge dafür tragen, daß der Pächter nicht von einem Menschen irgendetwas mehr erhebt. 188)
182. Wörtlich die »zehn Ersten«, ein im griechischen Osten häufig anzutreffendes Gremium mit besonderer Zuständigkeit für die städtischen Finanzen. 183. Entgegen der in der Lit. weitverbreiteten, wohl auf H. Dessau, aaO 493, bes. Anm. 1 zurückgehenden Meinung handelt es sich bei der kÐrwsi@ keineswegs um die Einverständniserklärung des künftigen Pächters (so etwa bes. H. J. W. Drijvers, Hatra, Palmyra und Edessa, in: ANRW II 8, Berlin; New York 1977, 843: »Das Ganze aber sollte dem publicanus zur Genehmigung vorgelegt werden; nachher konnte dann der endgültige Text festgesetzt werden«), sondern um den Zuschlag an den Meistbietenden, der das für die Vergabe der Steuerpacht übliche Versteigerungsverfahren beendete. Die von der Stadt als Verpächterin vorgegebenen Bedingungen galten damit als akzeptiert und waren jedenfalls nicht Gegenstand der Verhandlungen. 184. Vertreter der Stadt in rechtlichen Belangen, üblicherweise als Zweierkollegium. 185. Diese Einschränkung bedeutet, daß der unten stehende Tarif nicht die Aufzeichnung aller bisher nicht aufgenommener Objekte darstellt, sondern eben nur derjenigen, die nach der Klärung und der Entscheidung verblieben. Dies erklärt, warum letztlich der neue Tarif (A) nur wenig mehr Objekte aufweist als die alte Gesetzestradition B. Die Aussage, daß vieles nicht aufgenommen war, kann sich zudem auch darauf beziehen, daß die alten gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Details (also z. B. Kamelladung vs. Eselladung, vgl. auch P4752 mit P125-128) unzureichend waren. 186. L. yktb für wktb. 187. = »Herr der Verpflichtung/Verordnung«, d. h. die Gottheit, die die Einhaltung der Verordnungen garantiert; vgl. die »Götter des Vertrages« in den Sfiretexten (KAI 222 B 23.33 [= TUAT I/2 183] u. ö.), in deren Tempel der Vertragstext sich befand (KAI 223 C 2 f. [= TUAT I/2 186]); vgl. ThWAT IX (2001) 69. Der Tempel des RB3SYR3 befand sich im Südosten des Zentralplatzes von Palmyra. 188. Damit sind auch die bisher nur nach Herkommen erhobenen Abgaben auf die Objekte, die keinen Eingang in die neue Liste gefunden haben, endgültig ausgeschlossen.
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Zusatz 189) Eine Wagenladung jeder Art: es (12-13) Eine Wagenladung jeder Art: für wurde der Steuersatz für vier Kamelladun- vier Kamelladungen wurde der Steuersatz gen erhoben. erhoben.
(14-15)
Die neu formulierten Tarifangaben (A) Das Steuerpachtgesetz für den Umschlagplatz von Hadriana Tadmor 191) und die Wasserquellen [des Ae]lius Caesar. 192) (P II i-iii 1) 190)
Von de[nen, die Sklaven nach Palmyra] oder in das [palmyrenische] Ge[biet ein]führe[n, wird er für jeden Sklaven erheben: Den. 22]; (4-5) von demjenigen a[ber, der … für jed]en S[klaven: Den. 12];
Von den Importeuren der Sklaven, die nach Tadmor oder in sein Gebiet eingeführt werden, [wird] der [Steuerpächter] für jeden Sklaven 193) erheben D. 22; (4) von einem Sklaven, der in der [Stad]t [an einen Ex]porteur 194) [verkau]ft wird, [D.] 12; (6) von demjenigen, der […] erfahrene (5) von einem erfahrenen Sklaven, der ver[Sklav]en 195): [Den. 10]. kauft wird, [D.] 10. (7-8) Und wenn er die Sklav[en] …[… (6) Und wenn der Käufer Sklaven ausführt, aus]führt, [wird er] für jeden Skla[ven er- gibt er für jeden Sklaven [D.] 12. heben: Den. 12]. (9-11) Derselbe Steuerpächter wird [bei (7-8) Dieser Steu[erpächter wird] [v]on Trockenlasten] erheben für jede eingeführ- einer Kamelladung an Trocke[nem] [erte [Kamel]ladung: [Den. 3], he]ben: für den Import [für jede] Kamelladung D. [3], (12-13) für jede ausgeführte [Kamelladung: (9) von [einer Kamelladung] für die Den. 3], Aus[fuhr] D. 3,
(III i 1-3)
(II i 2-3)
189. Unter der Einleitung findet sich in I 27-29 dieser Zusatz zu den Tarifbestimmungen, dessen griech. Teil (= I 27-28a) trad. als Z. 14-15 der griech. Einleitung und dessen palm. Teil (= I 28b-29) vielfach als Z. 12 f. oder 13 f. der palm. Einleitung gezählt wird. Warum dieser Zusatz hierhin gesetzt wurde und nicht z. B. nach dem griech. Tariftext in IV ii, wo auch noch genug Platz war, und warum das Ende des griech. Textes mit dem Anfang des palm. auf einer Zeile steht, wozu der Platz nicht zwingt, ist genauso unklar wie die Frage, ob der Abschnitt nur vergessen wurde oder aber eine spätere Entscheidung widerspiegelt. Daß allein Platzgründe ausschlaggebend waren, ist nicht anzunehmen, da der Schreiber beim palm. Text in Tf. II alles daran setzt, seinen Text dort unterzubringen – so vermeidet er im letzten Teil vorzeitige Zeilenumbrüche und quetscht den letzten Abschnitt auf den unteren Rand der Tafel unterhalb von Kol. i-iii. 190. Palmyrenische Überschrift über alle drei Kolumnen von II. Fehlt in G. 191. Palmyra wurde vermutlich beim Besuch Hadrians im Jahr 131 zur civitas libera erhoben, was mit dem Privileg verbunden war, seinen Namen führen zu dürfen; vgl. H. Seyrig, aaO 164 f. 192. Vgl. Anm. 177. 193. rgly gibt sma »Leib, Person, Sklave« wieder. Es bezeichnet eigentlich den »Fußgänger«. Daß es hier nicht wertfrei im Sinne von »Person« zu verstehen ist, macht der Vergleich mit P80 deutlich. Im Kontext des Karawanenhandels ist der Sklave auch der »Fußgänger« par excellence, während sein Herr reitet. 194. L. lm]p?q?. 195. Nach Dig. 39. 4. 16. 3 handelt es sich bei mancipia veterana um Sklaven, die sich schon länger als ein Jahr in der Stadt aufhielten.
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für [jed]e ein[geführte] Es[el]ladung: [Den. 2]; (15) für eine ausgeführ[te: Den. 2]. (16-17) Bei purpurgefärbten Schaffellen [wird er] für je[de] eingeführte [Haut erheben: As 8]; (18) für eine ausgeführ[te: As 8]. (19-20) Für eine K[amel]ladung an Parfümöl, [die in Alabaster]gefäßen ein[geführt wird, wird er erheben: Den. 25]; (21) und für eine […] (22) aus[geführte wird er erheben: Den. 13]. (23-24) [Für eine Kamel]l[adung an Parfümöl, die in] Ziegen[häuten eingeführt wird, wird er erheben: Den. 13]; (25) [für eine aus]g[eführte: Den. 7]. (26-27) [Für eine Eselladung an My]rrhe, die i[n Alabastergefäßen] ein[geführt] wird, wird er erhe[ben: Den. 13]; (28) [für eine ausgefü]hr[te: Den. 7]. (29-30) Für eine Eselladung an M[yrrhe, die in] Ziegen[häuten] einge[führt wird], wird er er[heben: Den. 7]; (31) für eine ausgeführte wird er erheb[en: Den. 4]. (32-34) Für eine Ladung Olivenöl, di[e in vie]r Ziegen[häut]en auf einem Kamel [eingeführt] wird: [Den. 13]; (35) für eine ausgeführt[e: Den. 13]. (36-38) Für eine Ladung Olivenöl, die i[n zwei Zie]gen[häuten] auf einem Kamel [eingeführt wird], wird er erheben: [Den. 7]; (39) für eine ausgeführt[e: Den. 7]. (40-41) Für eine Ladung Olive[nöl, die auf einem Es]el e[ingeführt] wird, wird er er[heben: Den. 7]; (42) für eine aus[geführte: Den. 7]. (43-44) Für eine La[dung …, die in v]ie[r] (14)
(10)
von einer Esella[dung] für die Einfuhr
und für [die Ausfuhr D. 2] 196); (11-12) Von p[urp]urgefärbten Schaffellen für jede H[aut für die Einfuhr] und für die Au[s]fuhr As 8. Von einer [Ka]mella[dung] an Parfümöl, [das in] A[labastergefäßen] eingeführt wird, D. 25; (15-16) und für das, was […] dieses/r für die Ausfuhr […] Kamel für die Ladung Den. 13. (17-18) Von einer Kamelladung an Parfüm[ö]l, [das 197)] in Z[iegen]häuten (ist): [für] die Ei[nfu]hr D. 13 und für die Ausfu[hr D. 7]. (19-20) Von einer [Esel]l[adung an] Par[füm]öl, die in A[labastergefäß]en eingeführt wird, [D.] 13 und für die Ausfuhr D. 7. (21-22) Von einer Eselladung [a]n Pa[rfü]möl, die in [Z]iegenhäute[n] eingeführt wird, D. 7 [und für die Aus]fuhr D. 4. (13-14)
Von einer Ladung an Ö[l, die in] vier Ziegen[häu]ten (ist): für die Einfuhr einer Ka[me]lladung D. 13. (25) und für die Ausfuhr D. 1[3]. (26-27) Von einer Ladung an Ö[l], die in zwei Ziegenhäuten (ist): für die Einfuh[r] einer Kamella[dung] D. [7]. (23-24)
und für die Ausfuhr D. [7]. (28) Von einer Eselladun[g] an Öl: für die Ein[fuhr] D. 7 und für die hAusifuhr [D. 7]. (29-30) Von einer Ladung Fett, die in v[ier]
196. Nach J. Teixidor, aaO 248 wäre hingegen lmpqn3 […] »für die Ausfuhr […]« zu lesen, was dann aber zu »für die Ausfuhr [und die Einfuhr D. 2]« zu ergänzen wäre, vgl. G. 197. Traditionell wird von den folgenden Zeilen her dy yt 3 2l »das eingeführt wird« ergänzt. Dagegen spricht aber die dann überflüssige Erwähnung der Einfuhr in der nächsten Zeile. So ist wohl wie in P23.26.30.31 nur dy »das« anzunehmen.
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Ziegen[häuten eingeführt wird, wird er erhe]ben: Den. 13; (45) für eine ausgeführ[te:] Den. 13. (46-47) Für eine Ladung […, die in] zwei Ziegenhäuten auf einem K[amel ein]geführt wird, wird er erheben: Den. 7; (III ii 48) [für eine ausgeführ]te: Den. 7.
Ziegenhäuten ist, die einer Kamelladung entspricht: hfüri die Einfuhr D. 13. und für die [Ausfuh]r D. 13. (31-32) Von einer Ladung Fett, die in zw[ei] Ziegenhäuten ist: für eine Kamelladung für die Einfuhr D. 7. und für die Aus[fuhr D.] 7.
(P33) 198) Von
einer Eselladung [Fet]t: für die Einfuhr [D. 7 und für die Ausfuhr D.] 7. Von einer Ladung gesalzener F[ische] für die [Kamel]ladung: [für die Ein]fuhr [D.] 10 und von dem, der von ihnen ausführt […] (P36) […] für die Kamelladung: für die Aus/Ein[fuhr …] (P37) […] einer Eselladung: für [die] Einfuhr D. […]. (P38) […] er wird als Steuer erheben D. 3. (P39) Von den […]en D. 10 und für [das] Maultier [D.] 10. (P40-41) [… A]s 2 (P42) […] Schafe für die Ein[fuhr und für die Ausfuhr] pro Kopf As eins. (P43-45) […] Kamel A[s] 3 […] vier/ein Viertel [… A]s 2 […] eins. (P34-35)
Derselbe St[eue]rpächter wird für je[den] Mo[nat] von j[edem], der [das] Olivenöl … [verka]uft […]. (75-77) Derselb[e Steuerpächter] wird erhe[ben … von den Prostituier]ten, [… soweit sie neh]men […]. (72-74)
(78)
[… A]s acht […].
(79)
[… A]s sechs in […] As 6.
Des weiteren [wird der] Steuerpäch[ter für jeden Mon]at von dem, der Parfümöl verkauft, erheben As 2. | 199) (47-48) Des weiteren wird der Steuerpächter von den Prostituierten erheben: von der, die einen Denar [oder] mehr berechnet, einen Denar pro Frau. (49-50) Und von der, die acht As berechnet, erhebt er acht As. (II ii 51-52) Und von der, die [se]chs As berechn[et], erhebt er [se]ch[s] As. (53-55) Des weiteren wird [der Steuerpächter] erheben [von …] Gemischtwarenläden […] nach dem Herkommen [für jeden] Mo[nat] von dem Laden D. 1. (46-47)
[Derselbe Steu]erpächter wird er[he]ben für Werkstattläden, […] Gemischtwarenläden, Schuster- […] nach dem Herkommen für jeden Monat und jeden Werkstattladen: Den. 1. (84-85) Von denen, die Häute einfüh[ren (56) [Von jed]er Haut, die eingeführt oder oder ver]kaufen, für jede Haut: A[s 2]. verkauft wird: für die Haut As 2. (86-87) Ebenso Kleiderverkäufer, die als flie- (57) Kleider[verkäuf]er, die in der Stadt umgende Händler in der Stadt verkauf[en], hergehen, sollen unbestimmt für den Steudem Steuerpächter das Angemessene erpächter sein. 200) (80-83)
198. Die entsprechende Passage G49-71 ist weitgehend zerstört. 199. Ein Blattsymbol wird in der Inschrift als Trenner zwischen zwei Absätzen benutzt, wenn diese nicht durch den Zeilenumbruch gekennzeichnet sind. 200. Die schwierige Phrase mwt mks3 »Unstetes, Schwankendes des Steuerpächters« (wohl nicht ˙
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[…]. (88) Für die Nutzung der 2 Quellen jedes Jahr: Den. 800. (89-91) Derselbe wird erheben auf eine Ladung Weizen, Wein, Spreu und all solcher Produkte für jede Kamelladung auf jedem Weg: Den. 1. (92-93) Für ein Kamel, das unbeladen eingeführt wird, wird er erheben: Den. 1, wie es Kilix, der Freigelassene des Kaisers, 201) erhob.
[Für die Nu]tzung der zwei Wasserquellen, die in der Stadt sind, D. 800. (59-60) Der Steuerpächter [wird] erheben für eine Ladung Weizen oder Wein oder Stroh oder [al]les, was dem gleich [ist, für je]des Kamel pro Weg D. 1. (61-62) Für ein Kamel wird er, wenn es unbeladen eingeführt wird, erheben D. 1, wie [es] QLQYS, der Freigelassene des Kaisers, erh[ob]. (58)
Das alte Gesetz (B1) Die im palm. Text erhaltene Überschrift (P63-65) verweist darauf, daß dieses Gesetz auf einem Pachtvertrag beruht, der vor dem nicht näher bekannten und damit datierbaren Legaten MRYNS geschlossen wurde. 202) Diese Verbindung zwischen Vertrag und Gesetz entspricht den Formulierungen in I G9/P8 und läßt erkennen, daß das »Gesetz« nach palm. Tradition seine Grundlage in einem Vertrag hat. (P63-65) 203) Das [Steuerpa]chtge[setz] für Tadmor und die Wasserquellen und [das] Sal[z, da]s in der [St]adt und seinem Gebiet ist, nach dem V[ertrag, d]er vor dem Statthalter MRYNS [ge]schlossen worden war. (P66) Vo[n …] für je[de] Kamelladung: Einfuhr D. 4 und Ausfuhr D. 4. (P67) Vo[n pu]r[purgefärbten] 204) Schaffellen für jede Haut: für die Einfuhr D. 4 und für die Ausfuhr D. 4. (P68) Des weiteren wird der [Steuerpächter] von all ihren Arten entsprechend dem erheben, was oben geschrieben wurde. (P69-70) Gutes [Sal]z: [Es wird erho]ben ein As für einen Modius von sechzehn Sextarien. [Und] das, was gefordert wird, wird er [ihn]en zur Nutzung geben. (P71) [Wer] aber nicht [gi]b[t, 205) soll] für jeden Modius nach diesem Gesetz [zwei] Sesterzen zahlen. (116-118) Wer aber Sal[z besitz]t in Palmyra (72-73) Derjenige, der in Tad[mor oder in oder [im] palmyrenischen [Gebiet], der dem Geb]iet der Ta[dmorä]er Salz besitzt,
201. 202. 203. 204. 205.
»der Pacht«, vgl. G) bedeutet wahrscheinlich, daß dem Steuerpächter keine feste Regel gegeben wird. Nicht näher bekannter kaiserlicher Freigelassener, »vermuthlich in der Stellung eines kaiserlichen Finanzbeamten« (H. Dessau, aaO 514), »Vorsteher irgend eines römischen Zollbüreaus der Provinz Syrien« (H. Dessau, aaO 532). Vgl. die Übersicht der Möglichkeiten einer Datierung bei J. F. Matthews, The Tax Law of Palmyra, JRS 74 (1984) 178, Anm. 23. G94-115 (= III iii 1-22), die P63-71 entsprochen haben werden, sind weitgehend zerstört. Die Ergänzung wird durch G101 »purp[ur …« gesichert. Zur Lesung vgl. J. Teixidor, aaO 245.
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soll [dem Steuer]pächter abmessen fü[r wird es dem [Steuerpächter] darmessen j]eden Modius: As [1]. mit (je) einem As für einen Modius. 206) (119-120) Wer aber nicht […] abmiß[t…] Fehlt, vgl. aber Z. 69-71. im Besitz […] Steuerpächter. Griech. Ergänzung zum alten Gesetz (B2) B2 ist eine Regelung des Pfandrechtes, mit dem der Pächter seine ausstehenden Beträge sichern oder eintreiben kann, sowie zu seinem Monopol als Steuereinnehmer. Dies war offenkundig nicht Bestandteil des traditionellen palm. Pachtvertrages und lag als Sonderbestimmung nur in Griech. vor. Von wem aber der St[euerpäch]ter [… Pfä]nder nim[mt …] sollen abgegeben werden 207) […] dem Steuer[pächter]; von dem Dup[lum] soll er Sicherheit empfangen; deswegen soll es gegenüber dem Steuerpächter von dem Duplum eingezahlt werden. 208) (G127-129) Über eine Forderung aber, die der Steuerpächter gegen jemanden erhebt bzw. die [v]on jemandem gegen den Steuerpäch[ter] erhoben wird, soll Recht gesprochen [wer]den von dem in Palmyra (dazu) Eingesetzten. (G131-136) Dem Steuerpächter soll die Befugnis zustehen, von Leuten, die nicht zah[len, Pfä]nder [zu neh]m[en], entweder persönlich oder dur[ch die Amt]s[diener; 209) und wenn die]se [Pf]änder innerhalb [dreier] Tage [nicht ausgelöst werden, soll es dem Steu]erpächter [möglich sein], sie zu verkaufen [… auf öffentli]chem Platz ohne Hi[nter]list. 210) (G136-138) [Wenn es um mehr(?)] verkauft wurde als hätte gegeben werden müssen, soll es dem Steu[erpächter möglich] sein, zu er[heb]en, wie es auch […] des Gesetzes. 211) (G121-126)
206. Wörtl.: »entsprechend einem Modius mit einem As«. 207. Das Subjekt ist unklar. Die offenbar mit einer Personalexekution rechnende Wiedergabe bei K. Brodersen, aaO 156 »die, von denen der Steuerpächter … Pfänder nimmt … sollen übergeben werden« ist durch den Text nicht begründet. Die Pfänder selbst scheiden aus grammatikalischen Gründen aus. 208. Der genaue Sachverhalt dieser pfandrechtlichen Regelungen ist aus dem Erhaltenen nicht mehr zu erschließen, zumal diese Bestimmungen im palmyrenischen Teil fehlen. Das Duplum, der doppelte Betrag, ist die übliche Vertragsstrafe bei Darlehen; anders als in G.87 sollte außerdem auch t kann hier in der technischen Bedeutung »Sicherheit« verwendet sein. Möglicherweise ist es auch Subjekt im letzten Satzteil, was noch besser paßte, wenn e§s€gein hier nicht wie überall sonst »einführen«, sondern »einzahlen«, »verbuchen« hieße; dann wäre zu übersetzen »deswegen soll gegenüber dem Steuerpächter die Sicherheit des Duplum eingezahlt werden«. Vgl. auch K. Brodersen, aaO 156 »… soll von dem Steuerpächter vom Doppelten ein entsprechender Betrag erhoben werden; diesbezüglich soll beim Steuerpächter das Doppelte (des Geschuldeten?) hinterlegt werden«. 209. Anders K. Brodersen, aaO 156 »seine Assistenten«. Das hätte jedoch keiner besonderen Erwähnung bedurft, abgesehen davon, daß dann wohl einfacher diÞ tn par3 a'to‰ gesagt worden wäre. 210. Die ausdrückliche Entbindung vom Vorwurf des dolus malus sicherte den Käufern den rechtmäßigen Erwerb. 211. Da das Pfand griechischem Rechtsverständnis nach Verfallspfand war, lag das Risiko grundsätzlich beim Pfandnehmer, der also vom Mehrerlös profitierte, aber auch eventuelle Verluste zu tragen hatte. Erst in späterer Zeit ist ein Anspruch des Pfandgebers auf die Herausgabe der Differenz nachweisbar. Ob das erwähnte Gesetz eine solche Regelung enthielt, bleibt jedoch unklar.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte (G139-143) Vom
Umschlagplatz (?) […] der Wasser[que]llen des Kaisers dem Pächter […] zu gewähren, (IV i) soll es niemandem anders möglich sein, zu erheben, zu entrichten, zu ne[hmen], weder einem […] Mensch[en … noch] irgendeiner Person 212) […]; (144-145) wenn er von diesen Dingen etwas tut oder […, soll das] Duplum [erhoben werden …] 213) Erweiterungen zu B1 (B3) Der mit G150 einsetzende Teil hat sein Pendant in P74 ff. Die Einleitung P74-79a ist in beiden Textfassungen so zerstört, daß eine zusammenfassende Übersetzung nicht möglich ist. So viel wird jedoch insbesondere aus P deutlich, daß auf eine vertragliche Regelung 214) unter dem Statthalter GYS [LQNYS M]QYNS 215) verwiesen wird, die wahrscheinlich Unstimmigkeiten bei der »Berechnung der Steuer zwischen den Tadmoräern 216) und« dem Steuerpächter Alkimos(?) beseitigen sollte, wobei auch auf andere Traditionen rekurriert wird. Die Verweise auf das »Gesetz« bezogen sich ursprünglich auf B1, das B3 fortschreibt. Erst durch die Auslassung mancher dieser Partien dort zugunsten von A entsteht der falsche Eindruck, daß B3 auf A beruhen würde. 217) G ist auch hier zunächst weitgehend zerstört, und seine Reste lassen sich nur schwer mit dem P-Text in Deckung bringen. Offenkundig haben beide Versionen die Sachverhalte in jeweils eigenständiger Form dargestellt. (P79-81) Es soll bezahlen an den Steuerpächter derjenige, der Sklaven nach Tadmor [od]er in sein Ge[bi]et ein- und ausführt, für jeden Sklaven D. 22. 218) (P82) Und [der]jenige, der [einen Sklaven verkauft an einen Ex]porteur 219), wird an den Steuerpächter zahlen D. 12. (P83) Und [derjenige], der einen erfahrenen [Skla]ven [verkauft], wird zahlen D. [10]. (P84) […] für jeden [… Skla]ven, dieser […] (P85) Und [der]jenige, der einführt [einen Sklaven, wird geben:] 220) D. 10 und der Exporteur D. 12. (P86) [Und das gleiche zahlt (?)] derjenige, der einen erfahrenen Sklaven ausführt. (P87) [Siehe, die] Rechnun[g ist (aber), wie es] geschrieben ist im Gesetz. 221)
212. »unter irgendeinem Titel« K. Brodersen, aaO 156. Ein Handeln tin½ ¤nmati erfolgt allerdings nie unter abstraktem Vorwand, sondern höchstens unter – ggf. fremdem – Namen. 213. G146-145 ist zerstört. 214. Vgl. P77 f.: »einen Vertrag abgeschlossen mit ihm (hat?) 3LKMS«. 215. Vgl. G150 f.: »Gaius […] pro […]«. Nach H. Seyrig, aaO 167 handelt es sich hierbei um C. Licinius Mucianus, der von 67 bis 69 in Syrien als legatus Augusti pro praetore amtierte. 216. Vgl. G152: »Zwischen den Pal[myrenern …]«. 217. Daß B3 von A unabhängig ist, zeigt sich auch darin, daß die Terminologie an manchen Punkten von A abweicht und die palm. und griech. Formulierungen nicht so eng beieinander sind wie in A – möglicherweise geht B3 auch auf ein lateinisches Original zurück, vgl. z. B. J. Teixidor, aaO 246. 218. Die Angabe weicht insoweit von PIIi2 f. ab, als dort der Importeur grundsätzlich 22 Denare zu zahlen hat. Sie stimmt aber mit Z. 85 darin überein, daß dort die Summe der Abgaben von Im- und Exporteur auch 22 Denare ergibt. 219. Ergänze etwa [yzbn 2lm lm]pq; vgl. PIIi4. 220. Ergänze etwa [2lm ytn]. 221. Hier fand sich wohl die Aussage, daß nicht diese Regelung, sondern die im Gesetz (B1, über-
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Der nächste Abschnitt wendet sich der Besteuerung von Wolle 222) zu, wobei 6 (G172) und 9 (G172/P88) Denare offenkundig für die Ein- und Ausfuhr angegeben werden. Dieser Diskrepanz entspricht vermutlich die Notiz in P91: »nicht ist sie gleich […]«. Der Teil endet mit dem Verweis auf eine Einigung, die auch die Abgabenbefreiung für italische Wolle zum Inhalt hat. … (174-176) an ausge[führten it]alischen … spä[ter] zu erheben, [da ver]einbart wurde, daß da[von] im Fall der Ausf[uhr keine Steuer zu ent]richten ist.
Für Parfümöl in [Zieg]enhäut[en wird der Steuerpächter] erhe[ben] entsprechend dem Gese[tz …], (und/aber/ auch) nicht […] ein Fe[hl]er geschehen in dem veröffentlichten […] in dem [gemeinsam] gesiegelten Gesetz festgelegt. (181-184) Die Steuer auf Schlachtvieh soll in Denaren be[rechnet werden], da auch Germanicus Caesar in seinem [Schrei]ben an Statilius 224) klargestellt hat, daß die Steuer in italischen As berechnet werden muß. (177-180)
(184-185) Ein Steuerbetrag unterhalb des Denars wird der Steuerpächter nach dem Herkommen in Kleingeld erheben. (186) Für das als Kadaver Hinausgeworfene [aber] wird [keine] Steu[er geschuldet]. (187-189) Für die Nahrungsmittel setze ich fest, daß entsprechend dem Gesetz für eine Ladung ein Den[ar] zu erheben ist, wenn sie von jenseits der Grenzen einge[führt] oder ausgeführt werden.
222. 223. 224. 225. 226.
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… (94-97) Tadmo[r] ni[cht Steu]er […] wird berechnet die Wolle aus Ita[lien …] Steuer für die Ausfuhr danach, wie sie einig geworden waren […] (für) italische Wolle [wird] nicht [die Steue]r für die Ausfuhr 223) berechnet. (98-101) P[arfü]möl, [das] in Ziegenhäuten ist: es wird als Steuer er[hoben entsprechend] dem [Gesetz]. Weil in einem Schreibfehler, (II iii) den [der] Steuerpächter gemacht hat […] aber in dem festgelegten Gesetz D. 13. (102-104) Die Steuer auf Schlachtvieh muß nach Denar berechnet werden entsprechend dem, was auch GRMNQWS QYSR in einem Brief, den er an STTYLS ge˙˙ schrieben hatte, klargestellt hat: (105-106) »Siehe, es ist korrekt, daß die Steuern in italischen As erhoben [wer]den!« (106-107) Aber das, was weniger als ein Denar ist, muß der Steuerpächter entsprechend dem Brauch als K[l]eingeld erheben. (108) Kadaver, die hinausgeworfen sind, sind nicht (steuer)pflichtig. (109-111) Für Nahrungsmittel habe ich, wie es im Gesetz 225) (steht), für die Ladung festgesetzt, daß ein Denar erho[be]n wird, wenn 226) sie (von) außerhalb des Gebietes eingeführt oder ausgeführt wird.
nommen nach A) gebotene bei der Berechnung zu berücksichtigen ist. Möglicherweise ist zu lesen: [h3] hšb[n3 yhw3 hyk dy] ktyb bnmws3. Vgl. bes. G˙ 167 und P 93. Eigentlich: »für den Exporteur«, aber von G her ist wohl lmpq3 zu lmpqn3 zu verbessern. Offenbar eine Anweisung des Adoptivsohns des Tiberius, der von 17 bis 19 n. Chr. mit der Neuordnung der Angelegenheiten im Osten betraut und in dieser Funktion den dortigen Statthaltern übergeordnet war, an einen nicht näher bekannten kaiserlichen Prokurator. Vgl. G89-91/P59 f. Daß der Schreiber dies durch einen Zeilenumbruch vom vorangehenden absetzt und fälschlicherweise mdy statt des zu erwartenden kdy (vgl. G) schreibt, verdankt sich wohl einer aberratio oculi zu mndy am Beginn der nächsten Zeile.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
Diejenigen aber, die sie in die Dörfer oder von den [Dö]rfern bringen, sollen von der Steuer befreit sein, wie er es (mit) ihnen auch vereinbart 227) hat. (191-193) Für Pinienzapfen und derartiges schien es (gut), soweit es zum Markt getragen wird, die Steuer (auf den Satz) für Trockenlasten anzuheben, wie es auch in den übrigen Städten geschieht. (194-197) Für Kamele, ob sie nun unbeladen oder beladen von jenseits der Grenzen eingeführt werden, wird für jedes nach dem Gesetz ein Denar geschuldet, wie auch der vir egregius Corbulo aufgezeigt hatte in seinem Schreiben an Barbarus. 230) (189-191)
Diejenigen, die in die [Dörfer] hinausbringen [oder] von den Dörfern [hi]neinbringen, sind nicht steuerpflichtig, wie sie auch einig waren. (114-117) (Für) Pinienzapfen und das, was dergleichen ist, erschien es (gut), daß für alles, das auf den Markt kommt, 228) die Steuer wie auch in den anderen Städten wie für Trockenes sei 229). (118-121) Kamele, ob sie nun beladen oder unbeladen von außerhalb des Gebietes eingeführt werden: jedes Kamel ist einen Denar pflichtig, wie es im Gesetz (steht) 231) und wie es der ausgezeichnete QRBLWN in dem Brief bestätigt hat, den er an BRBRS geschrieben hatte. (112-113)
Bezüglich [der] Kamelhäute haben auch diese 233) es verneint, daß sie eine Steuer nicht erheben. | (P123-124) (Für) Kräut[er] und ??? erschien es (gut), daß sie [die] Steu[er] abführen werden, denn mit ihnen wird Handel getrieben. (P125) (Für) die Steuer der Prostituierten habe ich, wie es das Gesetz vorschreibt, 234) angeordnet: (P126-128) »Dieser Steuerpächter erhe[bt als Steu]er von den Prostituierten 235), die einen Denar oder mehr berechnen, pro Fr[au 236) einen Den]ar. Und wenn sie weniger berechnet, so [erhebt er] das, was sie berechnet. | (P128-130) [Bezüglich] der Bronzebilder, den Statuen, erschien es (gut), daß [sie] wie [Bron]ze erhoben werd[en] 237). Und es werde (für) ein Bild bezahlt nach der Hälfte einer [Lad]ung und (für) zwei Bilder (nach einer) Ladung. 238) | (P122-123) 232)
227. Gemeint ist statt suneyðnhsen vielleicht eher sunecðrhsen »ihnen zugestanden«; anders G233, wo es sich um eine echte Vereinbarung zu handeln scheint. Von wem dieses Privileg erteilt wurde, ist nicht sicher; vielleicht war es erneut der zuletzt genannte Germanicus, vgl. oben Anm. 224. 228. Wörtl.: »in die Berechnung des Händlers eingeht«, d. h. in den Warenumschlag gelangen. 229. Also 3 Denare, vgl. G9-11/P7 f. 230. Cn. Domitius Corbulo war etwa in den Jahren 60 bis 63 Statthalter von Syrien; bei Barbarus handelt es sich vermutlich erneut um einen nicht näher bekannten kaiserlichen Prokurator. 231. Vgl. G92 f./P61 f. 232. G198-229 (= IV ii 1-32) ist weitgehend zerstört. 233. Subjekt sind wohl QRBLWN und BRBRS, die offenkundig eine (briefliche) Diskussion über Tariffragen führten und in diesem Punkt einig waren; vgl. G85/P56. 234. Oder statt mwh2 nach J. Teixidor aaO 250 mhw2 »es anzeigt, aufweist«. ˙ Prostituierte[n …«. ˙ 235. = G203 »… ]der 236. = G204 »… j]eder[ …«. 237. = G206 »… zu er]heben«. 238. Die Bestimmung beruht wohl auf folgender Beobachtung: Ein Bild macht de facto je nach Größe eine Esels- oder Kamelladung aus, da es nicht auf zwei Ladungen zu verteilen ist. Es ist aber hohl, und damit entspricht sein Gewicht nicht der normalen Ladung.
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Bezüglich des Salzes [er]schien es mir [das] Richtige, daß es auf dem Stadtplatz 239) verkauft werde, dort, wo man sich versammelt. Und wer von den Tadmoräern es für seinen Geb[rau]ch kauft, wird für einen Modius einen italischen As geben, wie es im Gesetz (steht). (P134-136) Und des weiteren soll die Steuer (für) das [S]alz, das in Tadmor ist, wie es in die[sem] Ges[etz steht,] nach As eingesammelt werden und dem/n […] 240) nach dem Herkommen verkauft werden. (P130-134)
P137-144 ist zu zerstört, um einen zusammenhängenden Text zu ergeben. Thema des Abschnittes war einerseits die Steuer auf Purpur (P137 »[…] die Purpur[steuer], weil […]«), anderseits Händler bzw. Handwerker, »die in der [Sta]dt um[her]gehen, und die Schneider« (P139). Dabei verweist der Abschluß in P142 wiederum auf »die Steuer, wie es ge[schrieben ist o]ben.« Nach dem Trenner | folgt in P142b-144 offenkundig die Notiz, daß man sich für Häute auf eine Steuer von 2 As (vgl. G 85/P56) geeinigt hat. (P145-146) Kleinvieh, (das) von außerhalb des Gebietes [ein]geführt [w]ird, ist, auch wenn [es zur Schur einge]führt [wird] 241), steuerpflichtig. (P146-147) Aber wenn es in das (Stadt-)Innere von [außerhalb der Stadt] 242) in die Stadt zur Schur eingeführt wird, ist es nicht steuerpflichtig.
[…] vereinbart […] Steuerpächter zu werden; [… die nach dem] Gesetz (erhobene) Steuer in Denaren zu be[kommen]. (233-235) Es wurde vereinbart, daß die Weidesteuer nicht [zusätzlich zu den] Steuern erhoben werden dürfe; von den zur Weide [in das pal]myrenische Gebiet überführten Schafen werde sie aber geschuldet. (236-237) Die Schafe mit Brand[malen] zu versehen, wenn der Steu[erpächter] dies will, soll erlaubt sein. (230-232) 243)
(148-149) […] und der, der ist, wie sie sind (?), waren sie einig. Als Steuer [….] wird, wie es im Gesetz (steht), Denar(e) erhoben. (149) [Auch (?)] von […] das, [was] er bezahlt hat als Steuer, wird nicht erhoben, außer für Kleinvieh, das eingeführt wird ins [innere Gebie]t von Tadmor.
Wenn der Steuerpächter will, […] ihm. 244) (149)
239. Wörtl.: »Ort des Volkes (Demos)«. 240. Die naheliegende Ergänzung l[tdmry]3 »den Tadmoräern« ist für den zur Verfügung stehenden Raum zu groß. L. vielleicht l[zbwn]3 »dem Käufer«? 241. Die von J. Š. Šifman, aaO 105 vorgeschlagene Ergänzung [lmgz thw3 mt]3 2l 2 ist recht überzeugend. 242. Wahrscheinlich ist zu ergänzen: br mn mdyt 3. 243. Inhalt der folgenden Aussage ist wohl, daß man sich über Fragen der Bestellung der Steuerpächter einigte und festlegte, daß die Steuer in römischem Geld zu zahlen ist. 244. Die zur Verfügung stehende Lücke ist deutlich zu klein für die nach G noch fehlende Aussage. Wahrscheinlich hat hier der Steinmetz in seiner Bestrebung, den Rest des palm. Textes noch auf Tf. II zu bekommen, etwas vergessen.
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Hebräische, aramäische und phönizische Texte
6.2 Beteiligungen an Grabanlagen
Ingo Kottsieper Lit.: H. Ingholt, Inscriptions and Sculptures from Palmyra II, Berytus 5 (1938) 93-140 (Nr. + Pl. XXXIV,2); PAT 0067; ders., Palmyrene Inscription from the Tomb of Malku¯, MUSJ 38 (1962) 99-119; PAT 1624.
Die berühmten Grabanlagen Palmyras hatten auch eine ökonomische Bedeutung. Durch die Erstellung z. B. eines mehrkammerigen Hypogäums gewann der Bauherr für seine Familie eine Begräbnisstätte, die, da Mehrfachbestattungen üblich waren, für unabsehbare Zeiten genutzt werden konnte. Da der Bedarf an Gräbern in späteren Generationen einer Familie nicht vorhersehbar ist, wurden, wenn sich die Anlage als zu groß erwies, andere an ihr beteiligt. Der damit verbundene Rechtsvorgang wurde in Inschriften dokumentiert, die in oder an den Grabanlagen angebracht wurden. Der erste Text (PAT 0067) befindet sich auf dem Türsturz eines Hypogäums in der südwestlich von Palmyra gelegenen Nekropole. Er wurde rechts neben die Bauinschrift gesetzt, die über dem Türeingang plaziert ist und als Bauherren drei Söhne des MQYMW nennt, welche die Grabanlage für ihre Nachkommen im Jahr 133 angefertigt hatten (PAT 0066). 61 Jahre später tritt dann die Tochter eines der drei Brüder zusammen mit einem Mann, bei dem es sich möglicherweise um ihren Ehemann handelt, einen Teil der Grabanlage ab. Offen muß bleiben, ob die Frau nur ihren, von ihrem Vater übernommenen Anteil übereignet hat, oder ob sie als einzig verbliebene Erbin der gesamten Anlage handelt. Im Monat Ijjar, 5. Tag, des Jahres 505 (= 194 n. Chr.), (2-5) haben MQYMW, der Sohn des LŠMŠ, der Sohn des HPRY, und 2QMT, die Tochter des YRHY, des Sohnes des MQYMW, dem ŠLMN, dem ˙Sohn des QLYBW, des Sohnes des˙ 3LHBL, und dem TYMW, dem Sohn des DBH, des Sohnes des HMYN, Anteil gewährt (6-8) und ihnen ˙ und südlichen Wände, ˙ zwei Bereiche der nördlichen die nicht bearbeitet sind, bis zu den Auswölbungen des Durchganges, der gegen den westlichen Raum liegt, 245) abgetreten, (9-10) daß sie, wie sie wollen, Gräber ausgraben und bauen für sich und für ihre Kinder und für ihre Kindeskinder für immer. (1-2)
Der zweite Text (PAT 1624)stammt aus dem Hypogäum des MLKW, das ebenfalls in der südwestlichen Nekropole zu finden ist. Es handelt sich um eine recht große Anlage, in der sich eine ganze Reihe von Inschriften finden, die die Übertragung von Teilen an verschiedene Personen dokumentieren (PAT 0044-0055; 1624). Der hier übersetzte Text ist im Gegensatz zu den übrigen eine Abschrift des Rechtsdokumentes, mit dem die Übertragung besiegelt wurde. Der Grund für diese Besonderheit liegt wohl in den Auflagen, die mit der Übertragung der Rechte verbunden und in der
245. Es handelt sich bei dem übertragenen Raum um die beiden Wandbereiche der ersten Kammer; vgl. den Plan bei H. Ingholt, Berytus 5 (1938) Pl. XXXV. qpy3 (sic!) dy kpt 3 mqblt 3 dy 3ksdr3 m2rby bezeichnet offenkundig die aus den beiden Wänden sich auswölbenden Teile des Durchganges zum hinteren, d. h. westlich gelegenen Grabraum.
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Baugeschichte des Hypogäums begründet sind. 246) Der das Recht Gewährende hatte selbst erst einen Monat zuvor die Verfügungsgewalt über einen Bereich für drei Nischengräber erhalten (PAT 0049). In diesem legte er aber vier Gräber an, was wohl zu statischen Problemen führte, so daß er den gesamten Bereich dieser Nischen niederriß. Dadurch entstand ein fast rechteckiger, nach hinten sich leicht verbreitender freier Raum (vgl. Z. 6), an dessen Hinterwand man nun vier Gräber einlassen konnte. Deren Wände fielen dennoch schmaler als gewohnt aus, so daß die Maßgabe verständlich wird, sie auszukleiden (Z. 9-12). Eine weitere Besonderheit der Inschrift liegt darin, daß das zugrundeliegende Dokument von einem dritten verfaßt wurde und entsprechend in der dritten Person abgefaßt ist. Im Monat Elul des Jahres fünfhundertundfünfundzwanzig (= 214 n. Chr.) (2-4) habe ich, YWLYS 3WRLYS YDY2BL, genannt MZBN3, der Sohn des YWLYS 3WRLYS 3NYNWS, für YWLYS, den Sohn des 3WRLYS 2GYLW, des Sohnes des 3PRHT, des Sohnes des Freigelassenen ZBDBWL, der nicht schreiben kann, mit eigener Hand geschrieben 247): (5-8) Er macht dem YWLYS 3WRLYS 3GRP3, dem Sohn des 3GTPWS, des Sohnes des Freigelassenen HLYDRWS YRHBWL3 kund, daß er sich mit ihm verbindet in bezug auf den Raum, der hinter den drei˙ Grabnischen des 3GRP3 besteht, dahingehend, daß er eine Hälfte als seinen Anteil nimmt. Seine Hälfte besteht als freier Raum im Anschluß an die drei Grabnischen, den er ausgebrochen hat. (8-9) Aber er ist nicht ermächtigt, ihn, den Raum, um etwas zu erweitern. (9-12) Und wenn er in der Wand auf seiner Seite irgendetwas als seine Nischen 248) machen will, dann mögen da Steine oder eine Wand aus Gips oder Ton sein, mit denen er sie (scil. die Nischen) in ihr, der Wand, ausbauen wird. 249) (1)
246. Vgl. H. Ingholt, MUSJ 38 (1962) 102-106. 247. Wörtl.: »meine Handschrift ausgeliehen«. 248. hwl ist hier wohl mit der Wz. hll »durchbohren, aushöhlen« und Ableitungen davon wie syr. ˙hulla¯n »Spalte, Riß« zu verbinden. ˙ 249. ˙Es folgen in Z. 12-14 drei Zeugen.
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VI. Sabäische Texte
Norbert Nebes 1) Unter den etlichen tausend altsüdarabischen Inschriften bilden jene juristischen Inhalts eine zahlenmäßig kleine, aber aussagekräftige Textgruppe, die uns einen – wenn auch ausschnittartigen und nicht alle altsüdarabischen Völkerschaften gleichermaßen berücksichtigenden – Einblick in die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse des vorislamischen Südarabien gewährt. Mit Abstand die meisten Texte juristischen Inhalts sind auf Sabäisch abgefaßt, welcher Dialekt mit über 1400 Jahren am längsten dokumentiert und mit über 4500 Inschriftennummern am besten bezeugt ist. Wenn wir auf der einen Seite die fragmentarischen und die in Minuskelschrift auf Holzstäben eingeritzten Inschriften privatrechtlichen Inhalts mit einrechnen, auf der anderen Seite die anläßlich kultischer Verfehlungen und Vergehen ausgestellten Buß- und Sühneinschriften zunächst einmal weglassen, so zählen wir über 140 Inschriftennummern an bislang publizierten Texten, die ganz verschiedenen Sparten des rechtlichen Verlautbarungswesens zuzuordnen sind. An erster Stelle sind hierbei Erlasse zu nennen, die in unterschiedliche Bereiche des öffentlichen Lebens regulierend eingreifen. Bei den Erlassen, die von Königen, in späterer Zeit oft von kommunalen Körperschaften 2) oder auch von beiden gemeinsam herausgegeben werden, handelt es sich aber keineswegs um Rechtstexte in dem Sinne, daß bestimmte Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens mehr oder weniger vollständig normativ erfaßt werden, sondern die überwiegende Mehrzahl 3) von ihnen scheint aus ganz konkreten Anlässen heraus motiviert, die, zusammenfassend 1.
2. 3.
Die Abkürzungen der Inschriftensiglen folgen, soweit dort verzeichnet, A. F. L. Beeston/M. A. Ghul/W. W. Müller/J. Ryckmans, Sabaic Dictionary, Louvain-la-Neuve; Beyrouth 1982, XXXXV [= Sab. Dict.]. – Eine Reihe der im folgenden neu übersetzten Inschriften wurde im Rahmen eines im Sommersemester 2002 veranstalteten Seminars »Altsüdarabische Texte zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte« gelesen. Den damaligen Teilnehmern, insbesondere Frau Anne Multhoff, Frau Esther Miriam Wagner, M.A., und Herrn Dr. Peter Stein sei an dieser Stelle für ihre engagierten und kritischen Beiträge gedankt, besonders letzterem, der das Manuskript kritisch durchgesehen hat. Eine solche kommunale Körperschaft wird etwa in Sirwa¯h von den beiden führenden Sippen ˙ der Banu¯ 2Ina¯na¯n und Huba¯b, dem Stadtstamm, den˙ Ansiedlern und »Hörigen« gebildet. Eine gewisse Ausnahme˙ stellt die Marktordnung von Timna2 mit ihren etwas umfassender gehaltenen Bestimmungen dar, vgl. die Übersetzung von W. W. Müller, Altsüdarabische Dokumente, TUAT I/3, 278 f. Ebenfalls grundsätzlicher fallen die Kaufbestimmungen in R 3910 = Nr. 3 aus, die der himyarische König Šammar Yuhar2iš für Ma¯rib erläßt.
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betrachtet, in die Bereiche Landwirtschaft, Steuer-, Handels- und Finanzwesen fallen. Weniger als Erlasse, denn als königliche Übergabeurkunden (sab. wtf) ist eine Reihe von Dokumenten zu bewerten, in denen der König einflußreichen sabäischen Sippen das Eigentumsrecht auf Land (R 4646) oder die Verfügungsgewalt über einzelne Personengruppen (Nr. 2) überträgt. Eine weitere wichtige Quelle altsüdarabischer Rechtspraxis stellen Tempelerlasse dar, für die wir vor allem aus dem sabäischen Kernland um Ma¯rib und Sirwa¯h (Nr. 5), ˙ aber auch aus dem zentraljemenitischen Hochland zahlreiche Beispiele˙ kennen. Veranlaßt sind diese in der Regel von der im Tempel verehrten Gottheit und gehen oft mit einer von dieser getroffenen Orakelentscheidung einher, können aber auch von Tempelverwaltern herausgegeben werden, sofern Belange der Tempelanlage unmittelbar betroffen sind (Nr. 7). Derartige Erlasse gewähren uns einen Einblick in die unterschiedlichen Bereiche, die das Verhältnis der Gottheit und ihrer Gemeinde bestimmen, sei es, daß Zahlungen für im Tempel erbrachte Leistungen festgelegt werden (Nr. 4), sei es, daß die Gottheit Maßnahmen zum Schutze der in der Umgebung der Stadt befindlichen Grabanlagen trifft (Nr. 5), oder aber, daß aus genanntem oder ungenanntem Anlaß bestimmte Opferleistungen eingefordert werden. 4) Besonders auffällig ist dabei, daß gerade aus dem großen intra muros befindlichen 3Almaqah-Tempel in Sirwa¯h eine bemerkenswert hohe Anzahl an juristischen In˙ Inhalts ˙ stammt. So sind an den Propylonpfeilern nicht nur schriften verschiedenen die frühesten Erlasse angebracht, die wir von sabäischen Königen besitzen5), sondern an ebendiesen wie auch an anderen Steinpfeilern finden wir eine ganze Reihe anderer juristischer Verlautbarungen 6). Eine eigene Gruppe bilden dabei die als Bekanntmachung (sab. dkr) ausgewiesenen ¯ Dokumente, als deren Autoren der Stadtstamm Sirwa¯h, Sippenoberhäupter und de˙ ˙ ren Sippen, aber auch Personen ohne Funktionstitel auftreten. Das, was dabei öffentlich bekanntgegeben wird, ist ganz verschiedenen Inhalts und reicht von der Bekanntgabe eines Gläubigers, der die Rückzahlung eines namhaften Betrages durch zwei Schuldner bestätigt (F 30), bis hin zur öffentlichen Mitteilung, daß an eine Sippe der Orakelbescheid der Gottheit ergangen sei, daß diese einmal im Jahr zu einem angegebenen Tag ausgewählte Opfertiere im Tempel zu schlachten habe (DAI Sirwa¯h 2002-13). Wie damit angedeutet, stammt aus dem 3Almaqah-Tempel in Sirwa¯h˙ auch˙ ˙ eine Reihe von Urkunden privatrechtlichen Inhalts, die belegen, daß das˙ Heiligtum auch als Ort der Gerichtsbarkeit einen zentralen Platz im öffentlichen Leben Südarabiens einnimmt 7). Hierbei handelt es sich um Urkunden, die das Bestehen oder das 4. 5. 6. 7.
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Vgl. z. B. YM 547 = TUAT I/3, 268. R 3951 = TUAT I/3, 271 ff. und C 601 = Nr. 1. Zusammen mit den in den beiden Kampagnen der letzten Jahre durch das Deutsche Archäologische Institut freigelegten, noch unveröffentlichten Texten und den Fragmenten sind es insgesamt 20 Inschriften juristischen Inhalts. Offenbar spielt dabei aber die Bedeutung des Heiligtums eine ganz entscheidende Rolle. Der 3Almaqah-Tempel innerhalb der Stadtmauern von Sirwa¯h ist die zentrale Kultstätte für Stadt ˙ ˙ und Umgebung, womit sich die Vielzahl der dort aufgestellten Rechtstexte ganz unterschiedlichen Inhalts erklärt, wohingegen wir aus dem Bar3a¯n-Tempel (vgl. Nr. 7), dem nach dem 3Awa¯m wichtigsten 3Almaqah-Heiligtum in der Oase von Ma¯rib, lediglich vier Texte juristischen Inhalts besitzen, von denen sich drei auf Baulichkeiten und Inventar des Tempels be-
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Sabäische Texte
Nicht-Bestehen einer Schuld, mitunter einer Geldschuld 8), oder die Begleichung derselben9) öffentlich dokumentieren und deren Erstfassung möglicherweise in Minuskelschrift auf einem Holzstab festgehalten ist 10). Privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Einzelpersonen, in denen keine öffentlichen Belange im weitesten Sinne tangiert und öffentliche Institutionen nicht involviert sind, werden dagegen in der Regel nicht in Form von Steininschriften öffentlich aufgestellt, sondern lediglich, wie das Beispiel Nr. 11 zeigt, auf Holzstäben niedergelegt sein. Ebenso unter der Rubrik Urkunden sind all jene mittlerweile zahlreichen Inschriften zu verzeichnen, die im Rahmen der seit 1997 durchgeführten Ausgrabungen im Friedhofsareal des 3Awa¯m-Tempels freigelegt wurden und zwischen dem 6. und 4. vorchristlichen Jh. entstanden sind. Bei diesen an den Außenfassaden der oft mehrstöckigen Grabhäuser angebrachten Texten handelt es sich um Urkunden, die vor allem die Eigentumsverhältnisse an den Grabanlagen dokumentieren (Nr. 9). Die Angaben darüber fallen dabei mitunter sehr detailliert aus und zeigen, daß sich bis zu 7 Parteien die Eigentumsrechte an einer einzigen Anlage teilen können. 11) Eine weitere Quelle unserer Kenntnis des altsüdarabischen und insbesondere des sabäischen Rechtswesens stellen Verbote, Verordnungen und Vorschriften dar. Im Unterschied zu den Erlassen und Urkunden sind diese Formen des juristischen Verlautbarungswesens dadurch gekennzeichnet, daß ihre Urheber nicht genannt sind 12). Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die mit der Wendung 3l ´sn »es ist nicht erlaubt« formulierten Verbote, die öffentlich bekanntgeben, daß eine bestimmte Handlung gegen geltende Norm verstößt. 13) Hierbei kann es um einfach nachvollziehbare Sachverhalte gehen, wie z. B. bei dem am südlichen Propylonstumpf des Bar3a¯n-Tempels angebrachten Verbot C 400, Gegenstände aus Silber aus dem Heiligtum zu entfernen14), oder darum, daß es nicht erlaubt ist, einen bestimmten Weg zu betreten (Nr. 8), aber auch um komplexere Angelegenheiten, die ein bestimmtes Vorverständnis voraussetzen, wie es etwa bei einem aus dem Hochland stammenden Verbot der Fall ist, Töchter wegzugeben oder zu töten 15). Ebenfalls unter die juristischen Dokumente fallen die auf Grenzsteinen (sab. wtn) ¯ ziehen; vgl. N. Nebes, Katalog der Bar3a¯n-Inschriften, Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. 10, Mainz 2003, unter Punkt 3 [im Druck]. 8. So Nr. 10 und C 376, vgl. ferner Gl 1573, C 600. 9. Gl 1533 und wohl auch Gl 1572. 10. Anlaß zu dieser Vermutung gibt ein Passus in Gl 1533/14, der besagt, daß das in Stein gearbeitete Dokument ein Duplikat darstellt, das Original hingegen von einer Reihe von namentlich aufgeführten Zeugen unterzeichnet worden ist, vgl. P. Stein, The Inscribed Wooden Sticks of the Bayerische Staatsbibliothek in Munich, Proceedings of the Seminar for Arabian Studies 33 (2003) 271. 11. DAI FH 3Awa¯m 2000-1, s. N. Nebes, Die »Grabinschriften« aus dem 3Awa¯m-Friedhof. Vorbericht über die Kampagnen 1997 bis 2001, Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. 9, Mainz 2002, 161-164. 12. A. V. Korotayev (in: Pre-Islamic Yemen. Socio-political Organization of the Sabaean Cultural Area in the 2nd and 3rd Centuries AD, Wiesbaden 1996, 119) spricht von »Anonymous Decrees«. 13. Vgl. auch den arabischen Terminus sunna »herkömmlicher Brauch« u. ä. 14. So die herkömmliche Übersetzung, vgl. N. Nebes, aaO [wie Anm. 6]. 15. MAFRAY Qutra 1 = TUAT I/3, 275 f. ˙
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angebrachten Bestimmungen, in denen die Ausdehnung von landwirtschaftlichen Nutzflächen16) oder deren Bewässerungsmodalitäten festgehalten werden 17). Sofern die Ausdehnung der Stadt betroffen ist, fallen derartige Grenzbestimmungen, wie Beispiel Nr. 6 zeigt, in den Zuständigkeitsbereich der Herrscher. Deutlich von den Rechtstexten abzusetzen sind die als Buß- und Sühneinschriften bezeichneten, in ihrer Mehrzahl in Bronze gearbeiteten Inschriften, die von Männern wie Frauen der Gottheit du¯ Sama¯wı¯ ausgerichtet werden. Diese Textgattung weist en¯ ge Berührungspunkte mit den Dedikationen auf, allerdings ist in ihnen nach der Mitteilung des Einzelvergehens ganz konkret davon die Rede, daß der Gottheit gegenüber Schuld beglichen und Bußgeld entrichtet wird, womit ihre Aufnahme unter die juristischen Dokumente hier durchaus ihre Berechtigung hat (Nr. 12 und 13).
1. Der sabäische König Yakrubmalik Watar bestätigt die Gültigkeit von Ansprüchen, die gegenüber den Neuansiedlern in Sirwa¯h bestehen ˙ ˙
Spätaltsabäische Inschrift aus dem 3Almaqah-Tempel in Sirwa¯h am älteren Propylon. ˙ sich˙ an der Westseite des Die nicht in Bustrophedon ausgeführte Inschrift befindet zweiten südlichen Pfeilers. Ein Foto ist in Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. 1, Mainz 1982, Tafel 50b abgedruckt. Der Text wurde in Auszügen zuerst von J. Halévy mitgeteilt, der im Jahre 1870 Sirwa¯h auf seinem Rückweg von Ma¯rib einen ˙ ˙ kurzen Besuch abgestattet hatte. Eine vollständige Fassung (Gl 904) hat E. Glaser von seiner dritten Jemenreise 1888 mitgebracht. Erstveröffentlichung mit – mittlerweile überholter – Übersetzung und Kommentar von N. Rhodokanakis, Der Grundsatz der Öffentlichkeit in den südarabischen Urkunden, SAWW 177,2, Wien 1915, 16-24. Erneute Übersetzung von dems., Altsabäische Texte I, SAWW 296,2, Wien 1927, 101103. Zum Verständnis einzelner Passagen des Textes vgl. A. G. Lundin, Gosudarstvo mukarribov Saba3, Moskva 1971, 204-216; A. F. L. Beeston, Notes on Old South Arabian Lexicography X, Le Muséon 89 (1976) 415 f.; M. Höfner, Sammlung Eduard Glaser XII. Inschriften aus Sirwa¯h, Haula¯n (II. Teil), SAWW 304,5, Wien 1976, 20 f.; ˘ ˙ ˙Miszellen W. W. Müller, Altsüdarabische (I), Rayda¯n 3 (1980) 67 f.; M. A. Ghul, Early Southern Arabian Languages and Classical Arabic Sources. A Critical Examination of Literary and Lexicographical Sources by Comparison with the Inscriptions, ed. by O. al-Ghul, Irbid 1993 (Yarmouk University Publications. Deanship of Research and Graduate Studies) 55, 241 f. Weitere ältere Literatur ist zitiert bei K. A. Kitchen, Documentation for Ancient Arabia, Part II, Bibliographical Catalogue of Texts, Liverpool 2000, 130.
16. 17.
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Vgl. z. B. C 570 = TUAT I/3, 276. Vgl. z. B. C 611 = TUAT I/3, 277.
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Sabäische Texte
C 601 (1-4) So haben in ihrer Gesamtheit bestätigt Yakrubmalik Watar 18), der König von Saba3, der Sohn des Yada23il Bayyin, und die 2A¯d3il, die einberufen worden sind, und die Halı¯l, die in einen Eponymatszyklus eingetreten sind, und die Häupter der Fayša¯n und die˘Nazihat und die 3Arba2a¯n 19) und die Steuereinnehmer 20) und die Landeigentümer: ˙ Verpflichtend und verbindlich seien für seine (= des Königs) Diener Saba3 und (4-11) Yuhablih 21), ihre Nachkommen und ihre Angehörigen, und zwar für ihre Landbesitzer, ˙ 22) und ihre Hörigen, alle Forderungen und Dokumente, (alle) Abgaben auf ihre Siedler Ernteerträge und Vieh sowie (alle) Pachtzinsen 23), die Saba3 und ihre (= der Sabäer) Stämme ihnen gegenüber erhoben haben – sofern (dagegen) Widerspruch erhoben wird, werde (das betreffende Dokument) zur Kenntnis gebracht – bis zum (Monat) du¯ ¯ 3Abhay des (Eponymats)jahres des Bi2attar aus der Sippe Hadmat 24), ¯ ˙ ¯ (11-14) in dem Yada23il Bayyin 25), der König von Saba3, der Sohn des Karib3il Watar, für Saba3 und Yuhablih die Ansiedelung verfügt hat, (und zwar) daß sie sich niederlassen ˙ Stadt Sirwa¯h 26) entsprechend der inschriftlichen Verfügung 27), die und ansiedeln in der ˙ hat. ˙ ihnen Yada23il Bayyin ausgestellt (15-17) Ausgenommen (von dieser Regelung sind) Kauf und Handel mit Feldfrüchten. (Hier gilt,) daß Kauf und Handel (mit Feldfrüchten) zugelassen sei unter Maßgabe des schriftlichen Dokuments und der Verlautbarung, die sie beide erlassen haben. (17-25) Diese Bestätigung erfolgte am 8. (Tag) der ersten Dekade des (Monats) du ¯ ¯ Niya¯lim des (Eponymats)jahres des Naša3karib aus der Sippe der Kabı¯r Halı¯l. Zeugen, ˘ welche (dieses Dokument) beurkundet haben, sind Yakrubmalik, 2Amm3amar aus der
18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26.
27.
Um die Mitte des 3. Jh. v. Chr. anzusetzen, vgl. H. von Wissmann, Die Geschichte von Saba3 II. Das Großreich der Sabäer bis zu seinem Ende im frühen 4. Jh. v. Chr. Hg. v. W. W. Müller, SAWW 402, Wien 1982, 81. Zu dieser Zeit die fünf führenden Sippen, die die ratgebende Versammlung von Saba3 konstituieren. 3h´srn; mit N. Rhodokanakis unter Zugrundelegung von arab. hasara »wegnehmen, entfer˙ ˙ nen« gegen A. F. L. Beeston, dem Sab. Dict. s.r. mit »mittellose Bevölkerungsgruppe« gefolgt ist. yhblh; bislang nur an dieser Stelle und in Z. 12 f. bezeugter Name für einen Stammesverband, der ˙sich zu dieser Zeit möglicherweise auf die Stämme in und um Sirwa¯h bezieht. ˙ qsd; eine soziale Gruppe, die zwischen den Grundbesitzern und ˙den »Hörigen« steht und verschieden als »Kleruchen«, »Siedler« oder »freie Bürger« übersetzt wird; vgl. TUAT I/3, 269 Anm. 3a. 3zhd »Steuern auf Ernteerträge«, 3try »Steuern auf Vieh« und 3rzm »Pachtzinsen« nach M. A. ¯ Ghul apud Sab. Dict. s.r. M. a. W.: Es soll damit sichergestellt werden, daß mit dem Weggang der Siedler aus ihren ehemaligen Wohngebieten die bis zum genannten Zeitpunkt bestehenden Ansprüche ihrer Gläubiger auch weiterhin gültig bleiben. Yada23il Bayyin ist der Vater des Yakrubmalik Watar. Von ersterem besitzen wir noch in Bustrophedon ausgeführte Inschriften. Nach der Hauptstadt Ma¯rib wichtigste Stadt des Sabäerreiches, von dieser ca. 40 km westlich auf dem Weg ins Hochland gelegen. Sicher datierbare epigraphische Dokumentation seit der Zeit Karib3il Watars um 685 v. Chr., dessen monumentaler Inschriftenstein im Hof des 3Almaqah-Tempel intra muros aufgestellt ist. Letzte datierbare epigraphische Zeugnisse im ausgehenden 3. Jh. n. Chr. Die antike Stadt (hgrn srwh), neben dem heutigen Dorf gleichen Na˙ ˙ mens gelegen, wird derzeit vom Deutschen Archäologischen Institut ausgegraben. Wörtlich: »entsprechend der Inschrift und des Erlasses«.
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Sippe Ba¯hilum, Sumuhu¯karib aus der Sippe Karibum, Halik3amar aus der Sippe Hazfa˙ rum, 2Amm3amar aus der Sippe Hazfarum, 3Abkarib aus der Sippe Maqa¯rum, Sumu˙ hu¯3amar aus der Sippe Ha¯likum, Ma2dkarib aus der Sippe Halfa¯n, Sumuhu¯karib aus der Sippe Tawra¯naha¯n und Nabat3il, der König der 3Arba2a¯n, aus˘ der Sippe Barrata¯n. ˙ ¯ 2. Rechtsentscheid des sabäischen Königs Naša3karib Yu3min Yuharhib über die ˙ ¯ riber Sippe Zugehörigkeit einer Gruppe von Personen zu einer eingesessenen Ma
Am westlichen Eingang des alten Gouverneurspalastes in Ma¯rib-Stadt sekundär zusammen mit anderen Inschriftensteinen verbauter Steinblock, in dessen vertieftem Register die Inschrift angebracht ist. Erstveröffentlichung mit Übersetzung und Kommentar von G. Ryckmans, in: A. Fakhry, An Archaeological Journey to Yemen, Part II, Epigraphical Texts, Kairo 1952, 50-53. Foto der Inschrift bei C. Robin, Les hautes-terres du Nord-Yémen avant l’Islam, II. Nouvelles inscriptions, Istanbul-Leiden 1982 (Nederlands Historisch-Archaeologisch Instituut te Istanbul. 50), Pl. 4. Verbesserungen und Vorschläge zur Umschrift G. Ryckmans’ bei A. Jamme, Sabaean Inscriptions from Mahram Bilqîs (Mârib), Baltimore 1962, Publications of the American Foundation for˙ the Study of Man, Vol. 3, 334 f.; ferner N. Nebes, Die Konstruktionen mit / FA-/ im Altsüdarabischen. Syntaktische und epigraphische Untersuchungen, VOK 40. Mainz, Wiesbaden 1995, 33 f. Erneute Behandlung mit Transkription, Übersetzung und Kommentar von A. Korotayev, Were there any truly matrilineal lineages in the Arabian peninsula?, Proceedings of the Seminar for Arabian Studies 25 (1995) 83-98. – Das letzte Drittel der Inschrift ist mittlerweile stark in Mitleidenschaft gezogen.
F 76 Naša3karib Yu3min Yuharhib 28), der König von Saba3 und du¯ Rayda¯n 29), der Sohn 30) ˙ Bayyin 31), der beiden Könige ¯von Saba3 und du¯ Rayda¯n, des 3Ilšarah Yahdib und des Ya3zil ˙ ˙ ˙ hat alle Männer und Frauen, die 3Aslam, Malkum, Wahbum, Gayšum, Sa2dum ¯und 3Alg˙az genannt werden, sowie deren (= dieser Männer) Mütter und Schwestern, (namens) Ma¯hiyat, Mašnu¯3at, Hamd, Ni2mla¯t, Halik 32) und alle ihre (= der Männer) Brüder und alle ˙ ˙ ˙ genannten Frauen sowie deren Schwestern, deren Töchter, deren Nachkommen und (1-4)
28. 29. 30. 31. 32.
300
Um 270 n. Chr., letzter sabäischer König vor der Annexion des sabäischen Kernlandes durch die Himyar. Titel, den sich seit dem 1. Jh. n. Chr. sowohl die in Ma¯rib residierenden sabäischen bzw. die aus dem nördlichen Hochland stammenden Könige in deren Nachfolge als auch die von ihrer Burg Rayda¯n in Zafa¯r aus herrschenden Himyar wechselseitig zugelegt haben. Mit bn »Sohn« ˙ist hier der legitime Nachfolger der beiden folgenden Königsbrüder zu verstehen, wobei nicht auszuschließen ist, daß Naša3karib zugleich der leibliche Sohn des 3Ilšarah Yahdib ist. ˙ nördlichen ˙˙ Aus dem Hochland stammende sabäische Könige, deren Regierungszeit um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. durch das absolute Datum 248/9 gesichert ist. Die Namen der aufgeführten männlichen wie weiblichen Personen, die dem Stamm der 3Amı¯r angehören, weisen ins Nordarabische. Die 3Amı¯r sind ein Kamelzüchterverband, der im nördˇ awf gelegenen Stadt Haram lichen Jemen beheimatet war und sich im 2. Jh. v. Chr. in der im G niederließ. Ihrer Gottheit du¯ Sama¯wı¯ haben die 3Amı¯r in einer Reihe von südarabischen Städ¯
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Sabäische Texte
deren Familienangehörige, (bei denen es sich allesamt um) Nachkommen des Mahbadum Dahra¯n, des Dienstverpflichteten 33) der Banu¯ 2Utkula¯n 34), (handelt,) seinen ¯ ˘ ˙ Yuha2ı ˙ ¯n˘ und dessen Söhnen Hahayy2att, Ša¯f2att, Wahab3awa Dienern ¯ m und allen ihren ¯ ¯ ˙ Brüdern, ihren Söhnen und ihren Familienangehörigen, den Banu¯ 2Utkula¯n 2Asiyat 35), als ˙ Eigentum übergeben und die Besitzrechte an ihnen übertragen 36), ¯ (4-6) (zu dem Zwecke,) daß die genannten Männer, nämlich 3Aslam und alle seine Brüder sowie die Frauen, nämlich Ma¯hiyat und alle ihre (= der Ma¯hiyat) Schwestern, ihre Töch˙ Nachwuchs von deren Nachwuchs ˙ ter, all ihr Nachwuchs sowie der und deren Familienangehörige dem Haus und der Gemeinschaft von deren Herren 37), den Banu¯ 2Utku¯ la¯n 2Asiyat, (als Besitz und Eigentum) gehören, ˙ (6-7) auf daß die genannten Männer, (namens) 3Aslam und seine Brüder sowie Ma ¯ hiyat und alle ihre Schwestern, ihre Töchter und ihre Familienangehörigen wie ihre (=˙ der Banu¯ 2Utkula¯n) Schutzbefohlenen, die Diener der Banu¯ 2Utkula¯n, die in der Stadt Ma¯rib, ¯ denselben Rang (wie dieNašqum¯ und Našša¯n 38) (ansässig) sind, zu behandeln sind und se) einnehmen. (7) Diese Übergabeurkunde sollen diejenigen akzeptieren 39), die bekundet haben, daß sie nicht den Banu¯ 2Utkula¯n angehören 40). Das Haus der (Banu¯) 2Utkula¯n hat (diesbe¯ ¯ züglich) eine Entscheidung getroffen und (in Übereinkunft) entschieden: Sie (= die genannten Personen) sollen (dieser Regelung) zustimmen. (8) Und diese Übergabeurkunde sei verbindlich für die aufgeführten Männer und Frauen, die (namentlich) in dieser Urkunde genannt sind, da sie eine rechtliche Klärung mit den Banu¯ 2Utkula¯n herbeigeführt haben. Ihre Herren, die Könige, haben die geltende Rechtspraxis ¯als unveränderbar anerkannt, erklärt und bestimmt: Sie sollen in der gleichen Weise behandelt werden wie ihr Stamm 3Amı¯rum, die Diener des Königs.
33. 34. 35. 36.
37. 38. 39.
40.
ten, in denen sie auch ihre Umschlagsplätze unterhielten, Tempel errichtet und Inschriften gewidmet. mqtwy; welche rechtliche Stellung ursprünglich damit zusammenhängt, ist noch ungeklärt. Vom 3Awa¯m-Friedhof besitzen wir die Grabstele einer männlichen Person namens 2Umaymum, die mit diesem Titel belegt ist. Eine der führenden Sippen in der Oase von Ma¯rib. Untersippe der Banu¯ 2Utkula¯n, vgl. die unterhalb von F 76 ebenfalls sekundär verbaute Re¯ 1 f. bn/2sy[t/..]../bny [2t]kln zu lesen ist. liefinschrift F 77, wo in Z. ˙ Dem hier vereinfacht wiedergegebenen Prädikat¯ liegen die vier Verben zrb, hwfy, b2l, brg zugrunde, deren Grundbedeutung bis auf hwfy »gewähren«, welches auch˙in nicht-juristischen Kontexten allenthalben begegnet, mit »in den Besitz, als Eigentum übergeben« umschrieben werden kann. byt/ 3mr3hn wörtlich »des Hauses ihrer (= der genannten Frauen) Herren«. ˇ awf in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Städte nördlich von Ma¯rib, deren Zwei im G heutige Ruinenstätten als al-Bayda¯3 bzw. as-Sawda¯3 bekannt sind. ˙ Anders A. Korotayev, der der Ergänzung A. Jammes zu f-[l-]qbl[y] folgt und dtqwmw statt in d-tqwmw in dt-qwmw zerlegt. Die von ihm vorgeschlagene Übersetzung im ¯Sinne von »und ¯diese Übergabe ¯ ist deswegen, weil …« ist allerdings syntaktisch ungewöhnlich und nicht belegbar, vgl. N. Nebes, ebd. Wie eine Überprüfung des Steins vor Ort ergeben hat, ist an der vertikalen Bruchstelle des Steins eine Ergänzung f(l)[y]qbl[n] am wahrscheinlichsten. Dies sind die in Abhängigkeitsverhältnissen geborenen 3Amı¯r, die gegen ihren Status als »Leibeigene« der Banu¯ 2Utkula¯n gerichtlich vorgehen. ¯
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Kommentar
Die Urkunde regelt die rechtliche Stellung einer Gruppe von verwandtschaftlich miteinander verbundenen Personen aus dem Stamme 3Amı¯r, die in der Oase von Ma¯rib ansässig sind und deren gemeinsamer Vater ein Dienstverpflichtungsverhältnis zu der bedeutenden Ma¯riber Sippe der Banu¯ 2Utkula¯n eingegangen war. Der eigentliche Hin¯ tergrund dieser »Übergabeurkunde« (wtfn) ist dabei der, daß die Zugehörigkeit dieser Gruppe anscheinend nicht geregelt und diese Frage dann virulent geworden war, als die Nachkommen der Frauen dieser Gruppe den Status ihrer außerhalb der Sippe zu suchenden Väter beansprucht haben. Der herbeigeführte Rechtsentscheid durch den König legt fest, daß die Frauen und deren Nachkommen als »Schutzbefohlene« ( 3hsn) der Ma¯riber Sippe und damit als deren »Klienten« ( 3dm) zu gelten haben, was ˙˙ bedeutet, daß die Nachkommen nicht den Status ihrer außerhalb des Klientelverhältnisses stehenden Väter beanspruchen können. In dieser Frage gab es bereits zuvor eine Rechtsentscheidung von Seiten der Banu¯ 2Utkula¯n, die von 3Aslam und an¯ deren 3Amı¯r initiiert worden ist und die sich für den status quo, d. h. für den Verbleib der genannten Personen bei den Banu¯ 2Utkula¯n, ausspricht. Aus dem Wort¯ laut dieses Textes kann Matrilinearität demnach nicht abgeleitet werden, wie es vor kurzem von A. Korotayev vorgenommen wurde.
3. Erlaß des himyarischen Königs Šammar Yuhar2iš u. a. bezüglich des Kaufes von Personen und Vieh mit Gewährleistungsklausel
Kalksteinblock mit 7 Zeilen einer mittelsabäischen Inschrift, den Eduard Glaser von seiner dritten Jemen-Reise im Jahre 1888 aus Ma¯rib (Gl 542) mitgebracht hat und der sich heute unter der Inventarnummer BM 104396 im Britischen Museum befindet. Der Erlaß setzt sich aus zwei Teilen zusammen, deren zweiter gegen Ende bei Z. 6 einsetzt und in Z. 7 in der Protasis abbricht, so daß angenommen werden muß, daß sich eine längere Fortsetzung auf einem zweiten Steinblock befunden haben wird. Erstbearbeitung mit Transkription und Übersetzung von G. Ryckmans, Inscriptions sudarabes, Le Muséon 40 (1927) 165-169. Korrekturen zur Lesung bei A. Jamme, aaO 368. Neubearbeitung von A. F. L. Beeston, Miscellaneous Epigraphic Notes, Rayda¯n 5 (1988) 24-28. Gute Photographie der Inschrift in O. Seipel (Hg.), Kunst und Archäologie im Land der Königin von Saba3, Wien 1998, 99 (Kt.-Nr. 47). Zum Verständnis einzelner Passagen vgl. N. Nebes, aaO 49 (Nr. 141), 51 (Nr. 143) und 52 (Nr. 147). Weitere Übersetzungen (mit Foto) in: Institut du monde arabe (éd.), Yémen au pays de la reine de Saba3, Paris 1997, 85; O. Seipel (Hg.), aaO 98 (Nr. 47) und Staatliches Museum für Völkerkunde (Hg.), Im Land der Königin von Saba, München 1999, 315 (67M); Ältere Literatur verzeichnet K. A. Kitchen, aaO 506.
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Sabäische Texte
R 3910 (1-3) [So] hat der König Šammar Yuhar2iš 41), der König von Saba3 und du ¯ Rayda¯n, der Sohn des Ya¯sirum Yuha[n2im, des Königs] von Saba3 und du¯ Rayda¯n, für¯ ihre (sic!) Diener, den Stamm Saba3, (nämlich) die Einwohner der Stadt ¯Ma¯rib und ihrer Täler, bezüglich jeglichen Kaufs und Tausches befohlen, beschlossen, festgesetzt und erlassen, die sie in Zusammenhang mit einer Person, einem Kamel, einem Stier, einem (wirtschaftlichen) Nutztier 42) oder irgendetwas anderem 43) ausführen und tätigen: (3-4) Wenn jemand einen Knecht oder eine Magd 44), ein Nutztier oder etwas anderes kauft, so betrage seine Frist 45) (bevor die Transaktion definitiv abgeschlossen ist) einen Monat. (4-5) Wer nach 10 oder 20 Tagen ein Kamel, einen Stier oder ein Nutztier zurückgibt, so zahle er dessen Miete für den Zeitraum, in dem er es zur Verfügung hatte. (5-6) Wenn ein Nutztier bei dem, der es kauft, stirbt und der siebte Tag vergangen ist, so ist der Verkäufer für dessen Tod und Verlust nicht haftbar, und dessen Kaufpreis stehe dem Verkäufer zu. (6-7) Wer eine vertragliche Vereinbarung bezüglich Geld 46) und Ernteerträgen 47) trifft 48) oder einen Mietzins oder eine Zahlung mit unbestimmten Termin mit einem Knecht oder einer Mag[d 49)…] vereinbart, […]
4. Erlaß des Gottes 3Almaqah über die Höhe der an den Tempel zu zahlenden Gebühr bei Rechtsentscheiden
14-zeilige mittelsabäische, an einem Pfeiler angebrachte Inschrift aus dem Haru¯num˙ Tempel in Ma¯rib-Stadt. Erstveröffentlichung mit Transkription, Übersetzung und Kommentar von W. W. Müller, Eine Gebührenordnung vom Ma¯riber Stadttempel Haru¯num, Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. 3, Mainz 1986, 66-70. ˙ Abb. 15a (Foto).
41. 42. 43. 44.
45. 46. 47. 48. 49.
Von Zafa¯r im südlichen Hochland aus regierender himyarischer König, um 280-310 n. Chr., ˙ nach der Vereinigung Südarabiens unter seiner Ägide als erster die lange Titulatur der sich »König von Saba3 und du¯ Rayda¯n und Hadramawt und Yamnat« zugelegt hat. ¯ ˙ ˙ Metalle in den altsüdarabischen Inschriften, VOK b2r; s. A. Sima, Tiere, Pflanzen, Steine und 46. Mainz, Wiesbaden 2002, 36 (Nr. 20). š3mt wörtlich: »(in Zusammenhang mit) Kauf«. Weniger wahrscheinlich: »Sklave« bzw. »Sklavin«, vielmehr dürfte es sich um Personen handeln, die einer bestimmten sozialen Schicht angehören und mit »Diener«, »Hörige« (Plural: 3dm) behelfsmäßig umschrieben werden, vgl. etwa die Diener der Banu¯ 2Utkula¯n in Z. 6 der ¯ voraufgehenden Inschrift. m2dhw »seine Frist, Wartezeit«, gemeint ist die Frist bis zum endgültigen Geschäftsabschluß, in der Reklamationen angemeldet werden können. wrqm wörtlich: »Silbermünzen«. d2t wörtlich: »Feldfrüchte, die ohne künstliche Bewässerung entstanden sind«. yhr3bn wyhwhbn. ˙ »a male or female of client status«, s. Anm. 44. A. F. L. Beeston:
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Schm/Ma¯rib 24 (1-7) [S]o hat 3A[lm]aqah Tahwa ¯ n 50) und der Stier des Ba2lslandes 51), [die beiden Her¯ ren 52)] von Haru¯num 53), seinem [Diener] Wahab3il Yahu¯z, dem Kö[nig von Saba]3 54), sei˙ ˙ 56) und jedem [Mensch]en, nen Untertanen Saba3 und [Fayša¯n 55)], den Stammesführern groß und klein, in ihrer [beider] Orakel befohlen und angeordnet: (7-11) Derjenige, der im Haru ¯ num Gebühren 57) wegen irgendeines Rechtsentscheides ˙ oder einer (sonstigen rechtlichen) Forderung einnimmt, fordere einen Betrag von mindestens 20 (Münzen) in gängiger Währung und (ansonsten) darüber hinaus 58). (11-14) Wer Gebühren einnimmt von einem, der den Betrag von 20 (Münzen) in gängiger Währung unterbietet und niedriger geht, der soll zu Entschädigung und Vermögenshaftung (dem Gericht) vorgeführt werden. Von seiner (niedrigen) Forderung soll er Abstand nehmen.
5. Erlaß des Gottes 3Almaqah zum Schutze von Grabanlagen in der Umgebung von Sirwa¯h ˙ ˙
10-zeilige, unveröffentlichte sabäische Inschrift des 2./3. Jh. n. Chr. aus dem 3Almaqah-Heiligtum aus Sirwa¯h. Freigelegt am älteren Propylon, und zwar an der Nordseite ˙ Pfeilers, ˙ des zweiten nördlichen in der im Jahre 2002 vom Deutschen Archäologischen Institut in Sirwa¯h durchgeführten Kampagne. ˙ ˙
DAI Sirwa¯h 2002-11 ˙ ˙ (1-5) So hat 3Almaqah, der Herr der Steinböcke von Sirwa ¯ h 59), in seinem Orakel seinen ˙ Dienern, den Banu¯ du¯ Huba¯b und den Banu¯ 2Ina¯na¯n˙ 60), seinem (Stadt)stamm Sirwa¯h, ¯ ˙ ˙ der ˙ ihren Angesiedelten 61) und ihren Klienten 62) befohlen, als sie von ihm am ersten Tag 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62.
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So die konventionelle Lesung für 3lmqh, den Hauptgott der Sabäer; der Beiname Tahwa¯n ¯ spielt auf die Orakeltätigkeit der Gottheit an. Gemeint ist damit das Land, das nicht künstlich bewässert werden muß; andere Möglichkeit für dieses Epitheton des 3Almaqah: »Feststier«. Der Name begegnet auch ohne verknüpfendes w- und mit der Status-constructus-Form b2l im Singular in Gestalt von 3lmqhthwntwrb2lmb2lhrwnm, was darauf hindeutet, daß es sich ¯ ¯ ˙ um eine Erscheinungsform des Gottes handelt. Weiterer, durch zahlreiche Widmungsinschriften bekannter Tempel des 3Almaqah, der intra muros von Ma¯rib-Stadt zu suchen ist. Sabäischer König aus dem im nördlichen Hochland ansässigen Stamm der Banu¯ Bata2; um 140 n. Chr. Seit alter Zeit bezeugter sabäischer Stamm außerhalb des Kerngebietes in und um Ma¯rib. Wörtlich: »den Führern von Stämmen«. Die Übersetzung des Schlüsselbegriffes der Inschrift 3hd/mhltn folgt W. W. Müller; andere ˘¯ ˙ Möglichkeit: »der, der Eide entgegennimmt«. Wörtlich: »Nicht fordere derjenige, der …, außer (einen Betrag) von 20 (Münzen) …«. Dem mit diesem Beinamen versehenen Gott 3Almaqah ist der Haupttempel von Sirwa¯h intra ˙ ˙ muros geweiht. Die beiden führenden Sippen von Sirwa¯h in späterer Zeit. ˙ ˙ S. Inschrift Nr. 1. Die aufgeführten ethnischen und sozialen Gruppen bilden in späterer Zeit das Gemeinwesen von Sirwa¯h. ˙ ˙
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Sabäische Texte
ersten Dekade des (Monats) du¯ Hawbas im (Eponymats)jahr des Sumuhu¯karib, des ¯ Hazfarum, um einen Orakelbescheid baten: Sohnes des 3Abkarib aus der Sippe ˙ (6-8) Es werde Schadensersatz gegenüber den Leuten erhoben, die (Teile) von den Gräbern in der Umgebung der Stadt Sirwa¯h, (nämlich deren) Vorplätze und die (Tür)bal˙ ˙ ken der Grabanlagen (?) 63), verunreinigt bzw. weggetragen haben. (8-10) Alle Einwohner der Stadt Sirwa ¯ h sollen sich vor einem ähnlichen Vergehen in acht ˙ sich ˙ dessen enthalten. Wer weiterhin entsprechend nehmen, davor zurückscheuen und dieses Vorfalls handelt, dessen Person soll bestraft werden.
Kommentar
Der Relativsatz in Z. 6 f. b2ly/ 3sd/drqw/wbrtn/bn/dbn 3qbrn/ 3ly/bhlf/hgrn/srwh enthält ˘ ¯ ¯ ¯ ˙ ˙ mit den Verben drqw/wbrtn die für das Verständnis des Textes entscheidenden ¯ ¯ Schlüsselbegriffe. daraqa wird dabei in Anlehnung an das Arab. mit »Mist lassen, zu¯ koten«, der Infinitiv brtn mit »abreißen, wegtragen« (wie in J 651/27) übersetzt. ¯ Asyndetisch anschließendes 3gnbm/w3srf/ 3nfqm in Z. 7 f. stellt eine Erläuterung zu den vorausgehenden »Gräbern in der˙ Umgebung der Stadt Sirwa¯h« dar. Zu 3gnbm, ˙ verstanden ˙ worunter der Vorplatz oder ein bestimmter Teil des Grabbaus wird, ist arab. gˇana¯b bzw. gˇa¯nib, pl. 3agˇniba zu vergleichen, was von E. A. Lane (in: An ArabicEnglish Lexicon, Book I, London 1863-1893, P.2, 467) u. a. mit »A court or an open or a wide space in front of a house or extending from its sides« wiedergegeben wird. Der Plural 3srf, womit vorschlagsweise die aus Holz bestehenden Türen der Grab˙ anlagen gemeint sein könnten, hat möglicherweise im heutigen Jemenitisch-Arabischen eine Parallele, wo im Dialekt von San2a¯3 der dazugehörige Singular surfeh die ˙ bezeichnet, vgl. P. Behnstedt, ˙Die nordBretter und Balken der Haus- und Hoftüren jemenitischen Dialekte, Teil 2, Glossar Da¯l-G˙ayn, Wiesbaden 1996, 711. Auch wenn ¯ über die architektonische Beschaffenheit der Grabanlagen in und um Sirwa¯h derzeit ˙ ˙ noch Unklarheit herrscht, so ist durch ein von dort stammendes, unveröffentlichtes altsabäisches Inschriftenfragment deren Existenz eindeutig nachgewiesen. Vermutlich handelt es sich bei den genannten »Gräbern« (3qbrn) um mehrstöckige, aus behauenen Quadersteinen errichtete Grabhäuser, wie wir sie aus Ma¯rib kennen, wo in den Jahren 1997 bis 2001 derartige Anlagen auf dem Areal des 3Awa¯m-Friedhofs vom Deutschen Archäologischen Institut freigelegt wurden. Der eigentliche Hintergrund des Erlasses mag dann darin zu sehen sein, daß gerade von seiten des Tempels darauf Wert gelegt wurde, daß die aus der früheren Zeit stammenden Grabanlagen intakt gehalten und nicht in der beschriebenen Weise zweckentfremdet werden.
63.
S. den folgenden Kommentar.
305
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Norbert Nebes
6. Erlaß des sabäischen Mukarribs Damar2alı¯ Watar ¯ zum Erhalt der Freiflächen vor den Stadtmauern von Našqum
4-zeilige, auf vier Blöcken angebrachte Bustrophedoninschrift aus al-Bayda¯3, dem an˙ 349) von ˇ awf unweit von Našša¯n, die J. Halévy in Kopie (Hal. tiken Našqum, im G seiner Jemenreise im Jahre 1870 mitgebracht hat. Die vier Steinquader wurden in den 1930er Jahren von C. Rathjens in San2a¯3 angekauft und befinden sich seitdem im ˙ Foto der Inschriftensteine in: C. Rathjens, Museum für Völkerkunde in Hamburg. Sabaeica. Bericht über die archäologischen Ergebnisse seiner zweiten, dritten und vierten Reise nach Südarabien, II. Teil: Die unlokalisierten Funde, Hamburg 1955, 273, Phot. 540-543, und Inventarisierung unter Nr. 98 von M. Höfner, in: Sabaeica, III. Teil, Hamburg 1966, 38. Erste befriedigende Deutung der Inschrift mit Übersetzung und Kommentar von N. Rhodokanakis, Studien zur Lexikographie und Grammatik des Altsüdarabischen, II. Heft, SAWW 185,3, Wien 1919, 126-133; erneute Behandlung bei H. von Wissmann, aaO 252 f. und zuletzt von P. Stein, Probleme der Stadtbefestigung im antiken Südarabien, in: Epigraphische Forschungen auf der Arabischen Halbinsel, Bd. 4, Rahden/Westf. 2004 [in Vorbereitung]; Weitere, ältere Literatur verzeichnet K. A. Kitchen, aaO 131.
C 610 (1-3) Damar2alı¯ Watar 64), der Sohn des Karib3il, hat für Saba3 und die Ansiedler 65) die ¯ Freifläche erneuert und bekräftigt, um die sein Vater Karib3il den Rand der Stadt Našqum erweitert hat, gemäß der inschriftlichen Verfügung und der Abgrenzung, die sein Vater Karib3il ausgestellt bzw. gezogen hat. (3-4) Nicht werde auf ihr (= der Freifläche) Weinstöcke oder Zizyphus-Bäume angepflanzt. Auch soll keine Frucht angebaut werden. Es soll (überhaupt) keine Bewässerung erfolgen 66).
7. Verordnung der Verwalter des Bar3a¯ntempels, wonach Ziegen, die an der Tempelmauer grasen, zu schlachten sind
4-zeilige Bustrophedoninschrift an der nördlichen Außenmauer des Vorhofs des Bar3a¯n-Tempels, ca. 2km südwestlich von Ma¯rib-Stadt gelegen, der nach dem 3Awa¯m das bedeutendste, bislang freigelegte Heiligtum des 3Almaqah in der Oase von Ma¯rib darstellt. Transkription und Übersetzung von N. Nebes, New Inscriptions from the Bar3a¯n Temple (al-2Ama¯3id) in the Oasis of Ma¯rib, in: A. Harrak (ed.), Contacts be64. 65. 66.
306
Sabäischer Mukarrib, den H. von Wissmann im 6. Jh. v. Chr. ansetzt. Gemeint sind die sabäischen Ansiedler in Našqum. Zweck dieses Erlasses ist demnach, die Verteidigungskraft der Stadt zu gewährleisten, indem die Anlage landwirtschaftlicher Nutzflächen vor den Stadtmauern untersagt wird, um dadurch potentiellen Angreifern etwaige Deckungsmöglichkeiten zu nehmen. Der Verlauf der Stadtmauer mit den dort angebrachten (größtenteils) unpublizierten Inschriften ist von A. Breton, Les fortifications d’Arabie méridionale du 7e au 1er siècle avant notre ère, Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. VIII, Mainz 1994, 96 skizziert.
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Sabäische Texte
tween Cultures. West Asia and North Africa. Vol. 1. Selected Papers from the 33rd International Congress of Asian and North African Studies (Toronto, August 14-25, 1990); Lewiston; Queenston; Lampeter 1992, 162; vgl. ferner ders., Die In-situ-Inschriften des Bar3a¯n-Tempels, in: B. Vogt/W. Herberg/N. Röhring, »Arsh Bilqis«. Der Tempel des Almaqah von Bar3an in Marib, Sanaa 2000, 18 Nr. 10.
DAI Bar3a¯n 1990-1 (1-2) So haben 2Amm3amar, der Vorsteher der Verwalter von Bar3um 67), und die Verwalter von Bar3um in ihrer Gesamtheit aufgrund (der Weisung) von 3Almaqah in Bar3um festgesetzt und angeordnet: (2-3) Wenn man eine Ziege 68) an die Mauer von Bar3um hinabgestiegen zum Weiden vorfindet, so werde sie geschlachtet. (4) Und Blut 69) sei Zeugnis für sie entsprechend dieser Anordnung 70).
8. Eine Grenzbestimmung
Kalksteinfragment mit vollständiger 3-zeiliger Inschrift aus mittelsabäischer Zeit. Erstveröffentlichung von W. F. Prideaux, Himyaritic Inscriptions Lately Discovered Near San3â in Arabia, Transactions of the Society of Biblical Archaeology 4 (1876) 200 Nr. XVIII. Die Inschrift wurde im Jahre 1881 im Britischen Museum unter der Nummer BM 125015 inventarisiert, s. A. Jamme, Miscellanées d’ancient arabe, II, Washington D.C., 1971, 39 und 50 (Maße des Steins) und K. A. Kitchen, aaO 34. Abbildung im Tafelband des CIH, Tab. XXXVIII. Zu den verschiedenen Interpretationen vgl. A. F. L. Beeston, Two Epigraphic South Arabian Roots: HY 2 and KRB, in: R. G. Stiegner (Hg.), Al-Hudhud, FS Maria Höfner zum 80. Geburtstag, Graz 1981, 21 f., und N. Nebes, Zu den Inschriften auf einer reliefierten Bronzeplatte aus dem Jemen, BaghM 31 (2000) 298 Anm. 8. Weitere, auch ältere Literatur verzeichnet K. A. Kitchen, aaO 132.
C 617 (1-3)
67. 68. 69. 70. 71.
Und es ist nicht erlaubt, daß Mensch und Vieh d(ies)en Weg begehen 71).
br3m, so die altsabäische Form. In späterer Zeit wird in den Inschriften 3Almaqah mit dem Titel »Herr von Bar3a¯n« (b2l/br3n) und – weitaus häufiger – »Herr von Maskat und Yatwı¯ ¯ Bar3a¯n« (b2l/mskt/wyt w/br3n) angerufen. 3yt/ 2nz etc. wörtlich: ¯»welche Ziege (vor)gefunden wird …«. dmhm ist Plural, vgl. hebr. da¯mı¯m. Gemeint ist wohl, daß das Blut der geschlachteten Ziege an sichtbarer Stelle, möglicherweise an der Außenmauer des Vorhofes, anzubringen sei. Vgl. etwa auch Ex 12,7, wonach Türsturz und Pfosten mit dem Blut des Pessah-Lammes zu bestreichen sind. Anderer Übersetzungsvorschlag: »It is not permitted for men and cattle to use this msb3 for watering« (A. F. L. Beeston).
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Norbert Nebes
9. Erwerb und Bau des Teiles einer Grabstätte auf dem 3Awa¯m-Friedhof
5-zeilige Bustrophedoninschrift an der Südmauer des Grabes YGR, innerhalb des südlich an den 3Awa¯m-Tempel anschließenden Friedhofsareals gelegen, dessen Freilegung 1997 durch das Deutsche Archäologische Institut begonnen wurde. An den Quaderlagen der Grabaußenmauer ist eine ganze Reihe von in Bustrophedon ausgeführten Inschriften ein und desselben Formulartyps angebracht, welche nicht über die Bestattungssitten oder über die in diesem 3-stöckigen Grabbau bestatteten Sabäer, sondern über die Eigentumsverhältnisse an diesem Grabhaus Auskunft geben. Transkription und Übersetzung mit Foto bei N. Nebes, Die »Grabinschriften« aus dem 3Awa¯m-Friedhof. Vorbericht über die Kampagnen 1997 bis 2001, Archäologische Berichte aus dem Yemen, Bd. 9, Mainz 2002, 161-164.
DAI FH 3Awa¯m 1997-6 Haywum, Sohn des Luhayy2att, von den du¯ Sahr 72), und 2Ina¯dhumu¯, Sohn des ˙ t, von den du¯ Mahrama ˙ ¯ n, ¯haben erworben ¯ und ˙ gebaut das ganze Achtel des Ham2at ¯ ˙ ¯ ˙ 73) Grabes YGR, das Achtel seines ganzen MBHR , das Achtel seines ganzen T 3BD und das Achtel seines (= dem Grab zugehörigen)˙ Kanals. (4-5) Haywum und 2Ina ¯ dhumu¯ sollen dieses Achtel jeweils zur Hälfte mit vollem Eigen˙ tumsrecht besitzen. Bei 3Almaqah! (1-3)
10. Erklärung über das Nicht-Bestehen einer Schuld
5-zeilige, von A. Fakhry aufgenommene und nur in Abzeichnung überlieferte Inschrift auf einer in einem Haus verbauten Stele in Sirwa¯h. Transkription, Übersetzung ˙ ˙ und Kommentar von G. Ryckmans, aaO 20 f. Verbesserungen bei M. Höfner, aaO 37.
F 30bis (1-4) Nicht lastet auf den Söhnen des 3Il2ahar, (bei denen es sich um) Einwohner von Sirwa¯h und Diener der du¯ Huba¯b (handelt), und auf ihren Nachkommen eine rechts˙ ˙ ¯ ˙ verbindliche (Darlehens-)Urkunde, deren Höhe 200 Balat-Münzen in guter Währung ˙ Banu¯ Šahr2alı¯ (zu seinen beträgt, die (seinerzeit) 3Il2ahar der Sippe du¯ 3Ildara3 von den ¯ ¯ Lasten) ausgestellt hatte. (4-5) Wann immer Widerspruch erhoben wird, werde dieses (= vorliegendes) Dokument präsentiert.
72. 73.
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Eine der führenden Sippen in der Oase von Ma¯rib. Während MBHR noch als architektonischer Bestandteil im Sinne von »Etage« aufgefaßt wer˙ bei dem folgenden T 3BD wie auch bei einer Reihe von anderen in diesen den kann, ist es Grabinschriften auftretenden Begriffen nicht klar, ob sich diese auf die Architektur des Grabbaus oder auf Bestandteile beziehen, die mit der Architektur des Grabbaus nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
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Sabäische Texte
11. Vertrag auf einem Holzstäbchen in sabäischer Minuskelschrift über die (befristete) Überlassung von Schafen zur Aufzucht
10-zeilige Minuskelinschrift auf Palmblattrippe, die – wie der Großteil der bislang ˇ awf, dem antiken bekannten, beschrifteten Holzstäbe – aus as-Sawda¯3 im heutigen G Našša¯n, stammt. Erstveröffentlichung mit Transkription, Übersetzung und Kommentar von Y. M. Abdallah, Ein altsüdarabischer Vertragstext von den neuentdeckten Inschriften auf Holz, in: N. Nebes (Hg.), Arabia Felix. Beiträge zur Sprache und Kultur des vorislamischen Arabien, FS W. W. Müller zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1994, 1-12 (einschl. Fotos). Erneute Behandlung von F. Bron/S. Lafont, À propos d’un contrat de pacage sabéen inscrit sur un pétiole de palme, in: J. Lentin/A. Lonnet (éd.), Mélanges David Cohen. Études sur le langage, les langues, les dialectes, les littératures, Paris 2003, 129-133. Zu Lesung und Verständnis einzelner Passagen vgl. P. Stein, Untersuchungen zur Phonologie und Morphologie des Sabäischen, Rahden/Westf. 2003, Nr. (218) und Anm. 582 sowie Nr. (398).
[ohne Siglum] (1) Folgendes geben 3Aws2att von der Sippe Gan3a ¯ n, seine Brüder und seine Söhne, die ¯ (Sippe) von Našša¯n bekannt: Banu¯ Gan3a¯n, die Klienten der (2-3) In der Tat hat Bara ¯ 3um, die »Hörige« des Sa2dum, des Sohnes des 3Aws3il, ihm drei Mutterschafe, und zwar voll ausgewachsene 74), als ein vorübergehendes Eigentum um (den Gegenwert) der Hälfte von deren Jungtieren und deren Wolle zum Weiden übergeben 75). (3-4) Du ¯ Gan3a¯n und Bara¯3um sollen für ein volles Jahr das Nutzungsrecht auf jeweils die Hälfte¯ der Jungtiere und der Wolle dieser drei Mutterschafe haben. Der Bara¯3um sollen (aber) diese drei Schafe als ganze (in Zukunft auch weiterhin) gehören. (4-5) Nach diesem (vereinbarten) Jahr soll du ¯ Gan3a¯n diese drei Mutterschafe und die ¯ Jungtiere, für die er das gemeinsame Nutzungsrecht mit ihr vereinbart, an Bara¯3um vertragsgemäß zurückgeben. (5-6) Bei du ¯ Gan3a¯n liegt (die Verantwortung), diese drei Schafe und ihren (= der Ba¯ ra¯3um) Anteil an den Jungtieren, den sie werfen werden, vor Futtermangel (?), Abmagerung, Unfruchtbarkeit und Leberleiden 76) (zu schützen). (6-7) Nicht verantwortlich ist du ¯ Gan3a¯n für Überfälle (von Raubtieren), für das, was zu ¯ für einen Unfall, der durch einen Strick verursacht einem Absturz führt (?) 77), und wird 78). (7) Diese drei Schafe gehören gänzlich der Bara ¯ 3um. (7-9) Diese Vereinbarung nehme die Stelle (der Vereinbarung) dessen ein, der eine Herde durch eine rechtskräftige Abmachung zum Weiden übergeben hat 79).
74. 75. 76. 77.
tm/rbm »vollständig ausgewachsen«. P. Stein, aaO Nr. 66 mit Anm. 544 korrigiert zu k-hry(t)hw. Mit diesen Begriffen werden die Infinitive ng2, hwnyn, hbtln, hkbdn wiedergegeben. ˙ Y. M. Abdallah stellt dtbm zu arab. tabba, welches in manchen arab. Dialekten »abstürzen, zu ¯˙ ˙ Tode stürzen« bedeute. 78. hdttm/dt/mrs´m, vgl. arab. marasa pl. 3amra¯s »Seil, Strick«. ¯ ¯ ist wohl, daß in dieser Vereinbarung dieselben Bedingungen festgehalten sind, wie 79. ˙Gemeint
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Norbert Nebes
Diese Vereinbarung wurde im Monat du¯ Hawbas des (Eponymats)jahres des Bi2attar, des Sohnes des 3Ab3amar, aus der Sippe¯ Hazfarum, des (turnusmäßig) folgenden ¯ ˙ (Eponymen), getroffen. (9-10)
12. Von einer Frau gesetzte Buß- und Sühneinschrift für die Gottheit du¯ Sama¯wı¯ wegen kultischer Vergehen ¯
10-zeilige, im haramischen Dialekt abgefaßte Inschrift auf einer Bronzetafel aus dem Tempel Bayyin des du¯ Sama¯wı¯ in der Stadt Haram, wenige Kilometer westlich von ¯ Našša¯n gelegen. Erstveröffentlichung von M. A. Levy, Fünf himjarische Inschriften, ZDMG 24 (1870) 198. Neuedition mit Transkription, Übersetzung, Kommentar und Foto von C. Robin, Inventaire des inscriptions sudarabiques. Tome I: Inabba3, Haram, al-Ka¯fir, Kamna et al-Hara¯shif; fascicule A: Les documents, Paris et Rome 1992, ˙ 100-102; fascicule B: Les planches, Pl 11a. Zu Buß- und Sühneinschriften i. a. und zu einzelnen Passagen dieser Inschrift vgl. zuletzt A. Sima, Kleinasiatische Parallelen zu den altsüdarabischen Buß- und Sühneinschriften, AoF 26 (1999) 140-153, bes. 146 und 147; zum Formular s. N. Nebes, Die Konstruktionen mit der Partikel /FA-/ im Altsüdarabischen. Syntaktische und epigraphische Untersuchungen, Wiesbaden 1995, 209-211; weitere, auch ältere Literatur verzeichnet K. A. Kitchen, aaO 122.
C 532 3Uhayyat aus der Sippe Tawba¯n, die Hanakiterin 80), hat öffentlich bekannt und Buße ˘ du¯ Sama¯wı¯81) in (seinem ¯ ˙ Bayyin, Tempel) getan vor ¯ (3-5) deswegen, weil sie in ihrem Haus und im Tempel gesündigt hatte (5-7) und weil sie nach draußen 82) in unreinem Zustand gegangen war (7-9) und weil sie des öfteren gesündigt hatte, sei es, daß sie (darum) wußte, sei es, daß sie (darum) nicht wußte. (9-10) Da hat sie sich unterworfen und gedemütigt. Und sie wird Bußgeld zahlen. (1-3)
80. 81.
82.
310
sie auf jemanden angewendet werden, der eine Herde mit rechtskräftigem Vertrag übergeben hat. Wie die 3Amı¯r arabischer Stamm, der auch außerhalb Südarabiens inschriftlich belegt ist. Eine von den 3Amı¯r in der Stadt Haram verehrte, aus dem Norden stammende Gottheit. Zu ihren Namensformen und ihren Kultstätten vgl. zuletzt A. Sima, »Another monotheistic dedication: Ja 2956«? Anmerkungen zu den Namensformen des Gottes dSmwy und seines Tem¯ Ba2alšamen. Studien pels Yg˙rw, WZKM 89 (1999) 212-222 und zusammenfassend H. Niehr, zu Herkunft, Geschichte und Rezeptionsgeschichte eines phönizischen Gottes, OLA 123, Leuven u. a. 2003, 285–302. 2dy/mwtnn wörtlich »ins freie Feld«. ˙
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Sabäische Texte
13. Von einem Mann gesetzte Buß- und Sühneinschrift für die Gottheit du¯ Sama¯wı¯ wegen Unterlassung kultischer Handlungen ¯
8-zeilige, im haramischen Dialekt abgefaßte Inschrift auf einer Bronzetafel aus dem ˇ awf im Tempel Yag˙ruw, dem kultischen Zentrum der 3Amı¯r, 50 km nordöstlich des G Wadi aš-Šuzayf gelegen. Erstveröffentlichung (ohne zusammenhängende Überset˙ zung und Kommentar) von M. 2A. Ba¯faqı¯h, Du¯ Yag˙ruw wa-3Amı¯r wa-Hana¯n fı¯ daw3 ¯ ˙ an-nuqu¯š, in: N. Nebes (Hg.), Arabia Felix. Beiträge zur Sprache und Kultur des ˙vorislamischen Arabien, FS W. W. Müller zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1994, 21-38. Foto und (korrigierte) Übersetzung in: Institut du monde arabe (éd.), aaO 123, O. Seipel (Hg.), aaO 311 (Nr. 212) und Staatliches Museum für Völkerkunde (Hg.), aaO 291 (28M); Neuedition mit Übersetzung und ausführlichem Kommentar von A. Sima, Die sabäische Buß- und Sühneinschrift YM 10.703, Le Muséon 113 (2000) 185-204.
YM 10703 3Il2azz, der Sohn des Niha¯yat, hat bekannt und Buße getan vor du¯ Sama¯wı¯, dem ¯ Herrn von Yag˙ruw, (3-5) weil er es versäumt hatte, an den notwendigen Riten teilzunehmen 83) während einer Expedition ins Land der 3Asad 84). (5-6) Er hat ihm deswegen eine Silbermünze dargebracht und sie (ihm) übergeben (?). (6-8) So hat er sich unterworfen. Daher möge du ¯ Sama¯wı¯ ihnen, ihrem Besitz und ihrem ¯ Haus Gutes wiederfahren lassen. (1-2)
83. 84.
bšrkhw/nsfm 3drm. ˙ 3. Jh. ˙ n. Chr. in den sabäischen Inschriften bezeugter nordarabischer Stamm. Bereits im
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VII. Griechische Texte aus Ägypten
Andrea Jördens Mit Ausnahme der Quittungen Nr. 30, 37, 38 und 46 stehen alle hier vorgelegten Texte aus dem ptolemäischen und frühen römischen Ägypten auf Papyrus und sind in Griechisch gefaßt, das seit der Eroberung des Landes durch Alexander d. Gr. für rund tausend Jahre Amts- und Umgangssprache war. Sie werfen helles Licht auf das alltägliche Leben von Juden in der Diaspora, das sich oft kaum von dem ihrer Nachbarn unterschied. Die neuen Dokumente zum jüdischen Politeuma in Herakleopolis (Nr. 9-19) geben zudem erstmals eine gewisse Selbstverwaltung unter den Ptolemäern zu erkennen. Einige der für Ägypten typischen Begriffe seien hier vorweg erläutert. Höchster ziviler Beamter in den rund 40 Gauen war der Stratege, neben dem der vor allem für die Finanzen zuständige Königliche Schreiber zunehmend an Bedeutung gewann. Kleruchen sind Soldaten, die vom König mit einem Landlos (Kleros) als Unterhalts- und Einkunftsquelle belehnt worden waren. Auf Nachkommen von Soldaten verweist der Zusatz von Abstammung bei den Herkunftsbezeichnungen. Die Arure ist ein Flächenmaß von 2756 m2 . Übliche Maßeinheit für Getreide ist die aus 10 Metra bestehende Artabe, ein Hohlmaß von knapp 40 l. Gängige Münze ist die Drachme, die 6 Obolen zählte; 100 Drachmen bilden eine Mine, 6000 Drachmen ein Talent. Kompliziert ist der Kalender, da anfänglich das ägyptische Sonnenjahr und das makedonische Mondjahr noch unverbunden nebeneinanderliefen. Für eine Übergangsphase wurden die ägyptischen Monate Thoth, Phaophi, Hathyr, Choiak, Tybi, Mecheir, Phamenoth, Pharmuthi, Pachon, Payni, Epeiph, Mesore mit den makedonischen Monaten Dystros, Xandikos, Artemisios, Daisios, Panemos, Loios, Gorpiaios, Hyperberetaios, Dios, Apellaios, Audnaios und Peritios gleichgesetzt, bis sich der Jahresbeginn schließlich auf den Dios verschob. Erwähnt sei noch, daß Frauen im griechisch-römischen Ägypten beim Abschluß von Verträgen der Form halber einen sog. Frauenvormund an ihrer Seite haben mußten. Für alles weitere sei verwiesen auf H.-A. Rupprecht, Einführung in die Papyruskunde, Darmstadt 1994. Eine dreibändige Sammlung aller bis dahin publizierten Papyri, in denen Juden vorkommen, wurde mit Kommentar und englischer Übersetzung in den Jahren 1957 bis 1964 von V. A. Tcherikover u. a. im Corpus Papyrorum Judaicarum (CPJ) besorgt. Über jüdisches Leben in Ägypten allgemein handelt J. Mélèze Modrzejewski, Les Juifs d’Égypte de Ramsès II. à Hadrien, Paris 1991.
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Andrea Jördens
1.-4. Urkunden aus dem sog. Zenon-Archiv Um das Jahr 1915 förderten heimliche Grabungen in Ku¯m al-Hara¯ba al-Kabı¯r am ˘ Nordostrand des Fayyu¯m, dem antiken Philadelpheia, mehrere tausend Papyri zutage, als deren zentrale Figur Zenon, Sohn des Agreophon, aus dem kleinasiatischen Kaunos erscheint. Von diesem sog. Zenon-Archiv, das seither über fast die gesamte Welt verstreut wurde – die hier vorgestellten Texte liegen z. B. in Kairo bzw. Florenz –, sind inzwischen mehr als 3000 Texte publiziert. Sie vermitteln einen einzigartigen Einblick in die Wirtschaft des 3. Jh. v. Chr., da Zenon in Anerkennung seiner Dienste vom Dioiketen Apollonios, dem allmächtigen Finanzminister am alexandrinischen Hof, als dessen Agent er mehrere Jahre in Palästina tätig gewesen war, schließlich zum Verwalter seiner ausgedehnten Ländereien in dem soeben kultivierten Fayyu¯m eingesetzt wurde. In mehreren der von Zenon gesammelten Dokumente, die von 261 bis 239 v. Chr. reichen, sind auch Juden erwähnt.
1. Kauf einer Sklavin
Im Frühjahr 259 v. Chr. erwirbt Zenon im transjordanischen Birta für 50 Drachmen die kleine phönizische Sklavin Sphragis. Bei dem hierüber ausgestellten Kaufvertrag P. Cair. Zenon I 59003 (auch CPJ I 1) handelt es sich um eine bei einem privaten Urkundenhüter hinterlegte sog. Sechszeugenurkunde mit identischer Innen- und Außenschrift, wobei die erste eingerollt und versiegelt wurde, die zweite dagegen jederzeit einsehbar blieb. Den eigentlichen Vertragsbestimmungen gehen regelmäßig umständliche Datierungsformeln voraus, den Abschluß bilden die sechs Zeugen. Ihre Herkunftsangaben bieten hier einen schönen Einblick in das Bevölkerungsgemisch in Palästina, genauer im ptolemäischen Heer bzw. dem seines Verbündeten, des Ammoniterfürsten Tubias aus dem alten jüdischen Geschlecht der Tobiaden (vgl. Esr 5,37; Neh 17,62). Im folgenden ist nur der zweite, weniger lückenhafte Text der Außenschrift gegeben. [Unter der Herrschaft des Ptole]maios, des Sohnes des Ptolemaios, und des Sohnes Ptolemaios im sieb[enundzwanzigsten Jahr, 1) als Priester des Al]exander und der Geschwistergötter sowie Kanephore der Arsinoe Philadelphos [diejenigen waren, die es in Alexandria waren], 2) im Monat Xandikos, 3) in Birta im Ammoniterland 4). (14) [Es hat ver(11)
1.
2. 3. 4.
314
27. Reg.jahr des Ptolemaios II., des Sohnes Ptolemaios’ I. = 259/58 v. Chr. Für seinen wohl 267 zum Mitregenten erhobenen Sohn Ptolemaios, der seit den späten 260er Jahren Oberkommandierender der ptolemäischen Truppen im W Kleinasiens war, aber 260/59 v. Chr. revoltierte und danach aus den Datierungen verschwand, ist dies einer der spätesten Belege. Die üblicherweise namentlich genannten Priester des Dynastiekults, die dem Jahr seinen Namen gaben und also als Eponyme fungierten (vgl. auch Anm. 99), waren in der abgelegenen Gegend des Vertragsschlusses offenbar (noch?) unbekannt. April/Mai 259 v. Chr. Zu den komplizierten Datierungsfragen in den Zenonpapyri vgl. P. W. Pestman, A Guide to the Zenon Archive, Leiden 1981, Kap. VIII, 215 ff. Entgegen verbreiteter Meinung wohl nicht die erst von Tubias’ Enkel Hyrkan ausgebaute Bergfestung ‘Arak el-Emir (vgl. Ios., Ant. Iud. XII 230 ff.), sondern Qalaat ’Amman, der Burgberg der heutigen jordanischen Hauptstadt Amman, vgl. C. Orrieux, Les papyrus de Zénon et
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Griechische Texte aus Ägypten
kauft Nikanor,] Sohn des Xenokles, Knidier 5), Kleruche von den Reitern des Tubias einer von den Leuten um Tubias, [dem Zenon, Sohn des Agreophon,] Kaunier 6), einem von den Leuten um den Dioiketen Apollonios, [ein sid]onisches 7) [Sklavenmädchen] mit dem Namen Sphragis, etwa sieben Jahre alt, für fünfzig Drachmen. [Gewährsmann: N.N.,] Sohn des Ananias, Perser, Kleruche von den Reitern des Tubias. (18) [Zeugen: N.N.], Sohn des Agathon, Perser Richter; Polemon, Sohn des Straton, Makedone, [alle zwei] Kleruchen von den Reitern [des Tubias]; Timopolis, Sohn des Boteas, Milesier 8); Herakleitos, Sohn des Philippos, Athener; Zenon, Sohn des Timarchos, Kolophonier 9); Demostratos, [Sohn des Dionysios, Aspendier 10), alle] vier von den Leuten um den Dioiketen Apollonios. RS Kauf eines Sklavenmädchens.
2. Eingabe an Zenon wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten
In der nicht näher datierten, recht unbeholfen formulierten Eingabe P. Cair. Zenon III 59377 (auch CPJ I 13) wenden sich zwei vermutlich jüdische Bauern mit der Bitte um Hilfe an den Verwalter Zenon. (1) Bittschrift an Zenon von Alexandros und Ismaelos. (2) Wir bitten Dich, da wir letztes Jahr 3 ½ Aruren bearbeiteten und es uns nun widerfährt, daß, während wir sowohl jene bearbeiten und noch weitere darüber hinaus, sie trocken gefallen sind, da Du uns das laut Vertrag (Zugesagte) nicht geliefert hast – (6) jetzt bitten wir Dich also, zu tun, wie Du versprochen hast, und uns ein Vorausdarlehen zu geben; denn Du weißt selbst, daß es keinerlei Ertrag gegeben hat, da es zu einem Wassermangel gekommen war, und (das Land) hat für die bevorstehende Zeit genug gelitten. (10) Jetzt laß uns also wissen, was Dir (recht) scheint, damit wir keine Zeit verlieren (oder: nicht zugrunde gehen?).
3. Werkauftrag für eine Wolldecke
In dem Schreiben P. Cair. Zenon II 59241 (auch CPJ I 9a) vom 17. September 253 v. Chr. beauftragt Zenon einen Agenten des Apollonios, von dem Juden Pasis Wolle zu besorgen, um daraus in zwei Wochen eine nach Größe und Art genau beschriebene Wolldecke fertigen zu lassen. Auch Pasis selbst, der einer Aufstellung von Saatgutemp-
5. 6. 7. 8. 9. 10.
la préhistoire du mouvement maccabéen, in: A. Caquot u. a., Hellenica et Iudaica. Hommage à V. Nikiprovetzky, Leuven u. a. 1986, 321-333, bes. 324 f. Aus Knidos an der SW-Spitze Kleinasiens. Aus Kaunos im SW Kleinasiens, bei Dalyan. Aus Sidon (heute Saida), d. h. phönizisches, vgl. V. A. Tcherikover/A. Fuks im Komm. zu CPJ I 1, 5 (= 16). Das ursprünglich ergänzte »[babyl]onisch« sei aus geographischen Gründen weniger wahrscheinlich. Aus Milet im W Kleinasiens, heute Balat. Aus Kolophon im W Kleinasiens, heute Degˇirmendere. Aus Aspendos im S Kleinasiens, heute Belkis.
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Andrea Jördens
fängern zufolge zu den Pächtern des Apollonios zählte, sei entsprechend benachrichtigt worden. (1) Zenon dem Krotos Grüße. Sobald Du den Brief bekommst, besorge von Pasis, dem Juden, 25 Minen 11) Wolle und gib sie Artemidoros in Auftrag, damit er (daraus) eine Wolldecke fertigen lasse, und zwar der Länge nach für einen Zweisitzer oder etwas mehr, mit zwei Schauseiten; es besteht nämlich diesbezüglich Bedarf bei Peisikles. (5) Und sobald sie fertig ist, schicke sie nach Memphis 12) zu Artemidoros, und bemühe Dich, daß sie in 15 Tagen fertig ist. Wir haben aber auch dem Pasis geschrieben, Dir die Wolle zu geben. Lebe wohl! 33. Jahr, 28. Epeiph. 13) RS An Krotos.
4. Diebstahlsanzeige
In der in zwei Fassungen vorliegenden Anzeige PSI IV 393 (auch CPJ I 14) vom 7. März 241 v. Chr. erklären die Weinbauern Samoelis und Alexandros dem örtlichen Ordnungshüter, daß aus dem von ihnen bewirtschafteten Weingarten des Zenon und seines Partners Sostratos von Unbekannten insgesamt 30000 Weidenruten gestohlen worden waren, und verweisen auf die bereits erfolgten Meldungen. Den Schätzwert der gestohlenen Ruten beziffern sie auf insgesamt 42 Kupferdrachmen. 6. Jahr, 17. Tybi. 14) Anzeige gegenüber Andromachos, dem Archiphylakiten 15) von Philadelpheia, von den Weinbauern Samoelis und Alexandros, die den Weingarten von Zenon und Sostratos gepachtet haben. (4) In der Nacht vor dem 16. 16) verschwanden aus dem aus dem Weingarten von Zenon und Sostratos dreißigtausend Ruten aus Weidenrohr. (6) [Das aber] haben wir Dir gemeldet am 16. 16) und auch dem N.N., der zusammen mit den Leuten des Strategen Agenor geschickt worden war, und dem Phylakiten 17) Theopompos, wobei auch andere in dem Weingarten des Keleesis anwesend waren. (10) Wir schätzen also je zehntausend auf 14 Kupferdr., so daß es 42 Kupferdrachmen wären. (13) 6. Jahr, 17. Tybi.14) Anzeige gegenüber Andromachos, dem Archiphylakiten15) von Philadelpheia, von den Weinbauern Samoelis und Alexandros, die den Weingarten von Zenon und Sostratos gepachtet haben. (17) In der Nacht vor dem 16.16) verschwanden aus dem Am 16. Tybi16) in der Nacht kamen irgendwelche Diebe und flüchteten aus dem sechzig Aruren großen Weingarten von Zenon und Sostratos in der Flur von Philadelpheia mit einem Wert von 14 Drachmen je zehntausend … am 16.16) … (24) … [dem N.N., der zusammen mit den Leuten des Strategen] Agenor [geschickt worden] war, und [dem Phylakiten17) Theopompos], wobei auch andere in dem Weingarten des (1)
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
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Griechische Maßeinheit zu rund 360 gr. 25 Minen = rund 9 kg. Das heutige Mı¯t Ruhainah. 33. Reg.jahr des Ptolemaios II. = 253/52 v. Chr., hier 17. 9. 253 v. Chr. 6. Reg.jahr des Ptolemaios III. = 242/41 v. Chr., hier 7. 3. 241 v. Chr. Leiter der örtlichen Polizei. 6. 3. 241 v. Chr. Örtlicher Polizeibeamter.
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Griechische Texte aus Ägypten
Keleesis anwesend waren. (28) Wir schätzen also je zehntausend auf 14 Kupferdr., so daß es zweiundvierzig Kupferdr. wären.
5.-8. Urkunden aus dem Vertragsregister von Theogenis Das in der Wiener Papyrussammlung aufbewahrte Vertragsregister von Theogenis, das erst in den 70er Jahren des 20. Jh. aus der Kopfhülle einer Mumie herausgelöst worden war, wurde 1991 von B. Kramer in CPR XVIII ediert. Es umfaßt die Auszüge von insgesamt 31 privaten Sechszeugenurkunden (vgl. die Einl. zu Nr. 1) aus dem 16. Regierungsjahr des Ptolemaios III., genauer dem Spätsommer 232 v. Chr., die man wohl aus einem Bedürfnis nach größerer Sicherheit noch in einem staatlichen Urkundsbüro registrieren ließ. Dabei wurde der Text auf die eigentlichen Vertragsbedingungen reduziert, so daß Datierungen, Strafklauseln o. ä. entfielen; hinzu kamen jedoch die Personalmerkmale 18) der Beteiligten. Das Urkundsbüro von Theogenis war auch für das benachbarte Samareia zuständig, wo besonders viele Juden siedelten; aus ihm stammen die hier vorgelegten Texte, deren Übersetzungen weitgehend aus der Edition übernommen wurden. Beide Orte lagen im südlichen Fayyu¯m, sind bisher jedoch nicht sicher identifizierbar.
5. Pachtvertrag über einen Weingarten
Nach CPR XVIII 7 pachten Jonathas und Apollonios von Ptolemaios einen Weingarten bei Tebtynis und verpflichten sich zur Durchführung aller notwendigen Arbeiten. Den Pachtzins werden sie in Wein erlegen, wobei Ptolemaios die Gefäße bereitstellt; er wird auch, wie üblich, die Steuern zahlen. Ungewöhnlich ist dagegen das Darlehen von 400 Drachmen, das ungefähr einem Fünftel des Verkaufswertes des Pachtzinses entspricht und das Ptolemaios bei dessen Erhalt zurückerstatten will. Ptolemaios, Sohn des Asklepiades, Perser von Abstammung, … hat an Jonathas, Sohn des Jonathas, und Apollonios, Sohn des Philippos, beide Juden von Abstammung, den ihm gehörenden Weingarten in der Flur von Tebtynis 19) vom Monat Artemisios des 16. Regierungsjahres 20) an für ein Jahr verpachtet zum vereinbarten gesamten Pachtzins von fünfundachtzig Arsinoe-Metretai 21) Wein. (131) Die für die königliche Kasse fälligen Steuern (?) soll Ptolemaios bezahlen. (132) Jonathas und Apollonios aber sollen dem Ptolemaios die hfünfiundachtzig Metretai21) Wein aus dem Weingarten im ägyptischen Monat Mesore 22) abliefern, und Ptolemaios soll die Tongefäße zur Verfügung stellen. (136) Jonathas und Apollonios sollen die jährlich notwendigen Arbeiten in (124)
18. 19. 20. 21. 22.
Hierzu bes. I. F. Fikhman, The Physical Appearance of Egyptian Jews According to the Greek Papyri, SCI 18 (1999) 131-138. Das heutige ‘Ilwat al-Buraigˇa¯t im S des Fayyu¯m. August/September 232 v. Chr. Ägyptisches Hohlmaß für Wein zu 6 Choes (etwa 1,21 l), also rund 7,3 l. Offenbar des Folgejahres, also September/Oktober 231 v. Chr.
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dem Weingarten durchführen. (138) Ptolemaios aber hat von Jonathas und Apollonios vierhundert Kupferdrachmen bekommen, die er ihnen an der Kelter in demselben Jahr zurückgeben wird. (141) Urkundenhüter ist Philopatros, Sohn des Teres, Jude von Abstammung. (143) Ptolemaios war etwa 34 Jahre alt, groß, …, Narbe auf der rechten Augenbraue. [Jonathas war etwa … Jahre alt,] mittelgroß, mit honigfarbener Haut … [Apollonios] war etwa 38 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, … [Philo]patros war etwa 53 Jahre alt, …, mit honigfarbener Haut, [ovalem] Gesicht, Narbe …, kahler Stirn. (151) Geschrieben im 16. Regierungsjahr, Artemisios.20)
6. Empfangsbestätigung über eine Mitgift
Obwohl die Mitgiftsquittung CPR XVIII 8 zwei jüdische Brautleute betrifft, unterscheidet sie sich – ganz anders als etwa Nr. 11 – in nichts von den entsprechenden Verträgen zwischen Griechen. Danach hat der Bräutigam Diagoras die Mitgift, die das gemeinsame Leben sichern soll, aber im Falle der Scheidung zurückzuerstatten ist, sogar von der Braut Nikopole selbst erhalten. Wie üblich, erfolgt die endgültige Eheschließung erst zu dem Termin, zu dem die Braut ihn bitten wird, den Ehevertrag im öffentlichen Archiv zu hinterlegen. (152) Diagoras, Sohn des Diokles, Jude von Abstammung, bekennt, von Nikopole, Tochter des Theodotos, zusammen mit ihrem Vormund Dositheos, Sohn des Theogenes, Juden von Abstammung, als Mitgift für sie selbst, Nikopole, sechshundert…zig Kupferdrachmen erhalten zu haben. (157) Es soll aber Diagoras für Nikopole innerhalb von zehn Tagen den Ehevertrag über sechshundert…zig Kupferdrachmen aufsetzen und im Demosion 23) deponieren, gerechnet von dem Tage an, an dem Nikopole es ihm ankündigt. (161) Die Aufwendungen für den Ehevertrag sollen sie gemeinsam bezahlen. (163) Urkundenhüter ist Dositheos, Sohn des Theophilos, Jude von Abstammung. (165) Diagoras war etwa … Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, rundem Gesicht, Stupsnase, etwas kurzsichtig. Nikopole war etwa 22 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, breitem Gesicht, kräftigem Kinn (?), … Mund. Dositheos war etwa 35 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, kahlköpfig, ovalem Gesicht. Dositheos, der Urkundenhüter, war etwa 38 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, ovalem Gesicht, kahlköpfig, blauäugig, bartlos. (173) Geschrieben im 16. Regierungsjahr, Artemisios. 24)
7. Empfangsbestätigung über die Rückgabe einer Mitgift
Menestratos hatte von Philumene als Mitgift für ihre Tochter über 500 Drachmen bekommen, doch ist die Verbindung inzwischen aufgelöst worden. In CPR XVIII 9 bestätigt Philumene, sowohl das Geld als auch die darüber ausgestellte private Sechs23. 24.
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Öffentliches Archiv. August/September 232 v. Chr.
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zeugenurkunde 25) zurückbekommen zu haben, und verpflichtet sich ihrerseits zur Annullierung des im öffentlichen Archiv hinterlegten Ehevertrages. Über die Gründe der Scheidung ist nichts gesagt; die ungewöhnlichen Bedingungen in dem folgenden Vertrag Nr. 8, der zwischen denselben Vertragspartnern geschlossen ist, lassen jedoch für Spekulationen Raum. (174) Philumene, Tochter des Diokles, Jüdin, zusammen mit ihrem Bruder Pythokles, Sohn des Diokles, Jude von Abstammung, als Vormund, bekennt, von Menestratos, Sohn des [Jona]thas, Jude von Abstammung, die 500+ Kupferdrachmen zurückerhalten zu haben, die er als Mitgift für ihre Tochter bekommen hatte, sowie den (?) Ehevertrag, der bei Dositheos [aufbewahrt ist].25) (181) Den Vertrag aber, der im Demosion liegt, 26) soll Philumene in Gegenwart des Menestratos annullieren. (183) Urkundenhüter ist Philistion, Sohn des Neon, Jude von Abstammung. (185) Philumene war etwa 50 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, rundem Gesicht, … Warze am Kinn auf der rechten Seite, Narbe unter … [Pythokles war etwa … Jahre alt,] groß, mit dunkler Haut, tiefliegenden [Augen], Warze am Hals auf der linken Seite. Menestratos war etwa 36 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, ovalem Gesicht, Warze auf der Wange rechts neben der Nase. Philistion war etwa … Jahre alt, groß, mit honigfarbener Haut, ovalem Gesicht, Narbe an der rechten Augenbraue. (194) Geschrieben im 16. Regierungsjahr, Artemisios. 27)
8. Pachtvertrag über Gartenland
In CPR XVIII 11 verpachtet Philumene auf vier Jahre ein Drittel ihres Gartens an Menestratos, nach Nr. 7 ihren ehemaligen Schwiegersohn, zu ungewöhnlichen Vertragsbedingungen: Menestratos hat den dafür fälligen Pachtzins von insgesamt 1600 Drachmen bereits im Voraus entrichtet; er wird für die von ihm durchgeführten Arbeiten, die offenbar den gesamten Garten betreffen, einen Lohn bekommen; auch scheint er in irgendeiner Weise an den Steuern beteiligt. Dies könnte darauf hindeuten, daß Menestratos hiermit noch Verpflichtungen nachkam, die ihm aus der im vorigen Text bezeugten Scheidung von Philumenes Tochter erwachsen waren; hier wäre etwa an den nach jüdischem Recht fälligen Brautpreis und das Scheidungsgeld zu denken. Philumene, Tochter des Diokles, Jüdin, mit ihrem Bruder Pythokles, Sohn des Diokles, Jude von Abstammung, als Vormund, hat Menestratos, Sohn des Jonathas, Jude von Abstammung, den dritten Teil des ihr gehörenden Gartens bei Samareia auf vier Jahre verpachtet, vom Monat Daisios des 16. Regierungsjahres 28) an, zum jährlichen Pachtzins von 400 (?) Kupferdrachmen, die sie für die vier Jahre auch schon bekommen hat. (219) Menestratos aber soll in dem Garten die im Jahreslauf üblichen Arbeiten (210)
25. 26. 27. 28.
Vgl. die Einl. zu Nr. 1. Öffentliches Archiv, vgl. auch Nr. 6. August/September 232 v. Chr. September/Oktober 232 v. Chr.
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durchführen, wofür er von Philumene den ihm zukommenden Arbeitslohn bekommt; von den Steuern aber soll er selbst ein Drittel abziehen (?). (224) Urkundenhüter ist Theodoros, Sohn des Theodoros, Jude von Abstammung. (226) Philumene war etwa 50 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, [rundem Gesicht, Stups]nase, Warze unter …, [Narbe auf der] rechten Wange. Pythokles war etwa … Jahre alt, groß, mit dunkler Haut, tiefliegenden Augen, Warze am Hals auf der linken Seite, vorgeneigtem Kopf. Menestratos war etwa 35 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, ovalem Gesicht, Warze auf der Wange rechts neben der Nase. Theodoros war etwa 20+ Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, gerader Nase, tiefliegenden Augen. (236) Geschrieben im 16. Regierungsjahr, Daisios. 28) Macht zusammen 5 (Verträge) aus Samareia.
9.-19. Urkunden des Politeuma der Juden von Herakleopolis Auch die 2001 publizierten Dokumente des jüdischen Politeuma von Herakleopolis, die jetzt in den Papyrussammlungen von Heidelberg und Köln liegen, sind aus Mumienkartonage gewonnen worden. Über die Genese dieser kultisch wie politisch eigenständigen Gemeinschaft in dem heutigen Ihna¯siyat al-Madı¯na am Bahr Yu¯suf ist ˙ Nachkommen von Söldnern ˙ bislang nichts bekannt; es könnte sich ebenso um handeln, die schon über Generationen hinweg in Ägypten siedelten, wie auch um Familien, die erst in neuerer Zeit, so nach dem Verlust Koilesyriens an die Seleukiden und besonders im Gefolge des Makkabäeraufstandes, in das Land gekommen waren. Die sämtlich unter Ptolemaios VIII. entstandenen Texte bieten die ersten sicheren Belege für die oft angezweifelte jüdische Selbstverwaltung im ptolemäischen Ägypten. In der Mehrzahl handelt es sich um Eingaben, in denen die jährlich amtierenden Vorsteher des Politeuma, die Archonten, oder auch der an ihrer Spitze stehende Politarch selbst zu einem Eingreifen in privatrechtlichen Auseinandersetzungen aufgefordert werden. Dies betrifft sowohl Streitigkeiten unter Juden wie auch, wenn wohl auch seltener, zwischen Juden und Nichtjuden, hier besonders den Hafenbewohnern (Nr. 10, 13, 15). Nr. 18 und 19 stammen aus der Korrespondenz unter Amtsträgern, wobei im ersten Schreiben das auch in Nr. 9 erwähnte Gefängnis des Politeuma eine Rolle spielt.
9. Eingabe wegen Freilassung aus dem Gefängnis
In P. Polit. Iud. 2 bittet Petaus den Politarchen um seine Entlassung aus dem Gefängnis. Über die Gründe für die Gefangensetzung ist nichts zu erfahren. Auch die teilweise formelhaften Wendungen, in denen er auf seine verzweifelte Lage verweist, erlauben hier wenig Rückschlüsse. Aufgrund der Nennung des Politarchen Alexandros, an den auch die folgende Eingabe Nr. 10 gerichtet ist, dürfte der nicht genauer datierte Text ebenfalls um 135 v. Chr. entstanden sein.
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Griechische Texte aus Ägypten
An den Politarchen Alexandros und das Politeuma von Petaus, Sohn des Philippos, Jude, der im Gefängnis festgehalten wird. (5) Da ich nun einmal gebührend zurechtgewiesen bin, indem ich die Erfahrung des Gefängnisses gekostet und hinreichend lange Zeit verloren habe (oder: zugrunde gehe?), in der Fremde bin und nicht das Nötige habe, (13) stelle ich den Antrag und bitte hilfeflehend, nicht über mich hinwegzusehen, sondern, wenn es (recht) scheint, Euch meiner anzunehmen und anzuordnen, mich aus dem [Gefängnis] herauszurufen … (1)
10. Eingabe wegen Beleidigung
Nach P. Polit. Iud. 1 war Andronikos von einem der Hafenbewohner von Herakleopolis in aller Öffentlichkeit schwer beleidigt worden. In seiner Eingabe wendet er sich an den Politarchen, um Sanktionen gegen den Angreifer zu fordern. (1) An den Politarchen Alexandros und das Politeuma von Andronikos, einem (Angehörigen) des Politeuma. (5) Am 12. des laufenden Monats 29) fing Nikarchos, einer von den Leuten aus dem Hafen, mit mir absichtlich auf der Straße einen Streit an. (11) Erst stieß er viele zügellose Schmähungen gegen mich aus, dann überhäufte er mich sogar mit grundlosen Beschuldigungen in Gegenwart anderer, sowohl von Mitgliedern des Politeuma als auch von Nichtjuden. (19) Daher stelle ich den Antrag, ihn vorzuladen und über ihn zu entscheiden. Lebt wohl! (24) 36. Jahr, 12. Thoth29) im [Hafen?] RS 36. Jahr, 12. Thoth.29) Andronikos gegen Nikarchos.
11. Eingabe wegen der Auflösung einer Verlobung
Nach P. Polit. Iud. 4 war sich Philotas erst wenige Monate zuvor mit Lysimachos, dem Vater der Nikaia, über die Verlobung und die Höhe der Mitgift einig geworden; auch die Verlobungszeremonien wurden offenbar schon durchgeführt, so daß Nikaia, wiewohl noch im Hause des Vaters, nach jüdischem Recht bereits als verheiratet galt und nur noch durch einen von Philotas übersandten Scheidebrief aus der Ehe hätte gelöst werden können. Trotzdem hatte Lysimachos seine Tochter inzwischen einem anderen Manne gegeben, weswegen ihn Philotas nun bei den Archonten verklagt. 36. Jahr, 19. Choiak. 30) Über eine Ehe. Wir haben angeordnet, vorzuladen. An die Archonten von Philotas, Sohn des Philotas, einem (Angehörigen) des Politeuma. (5) Im laufenden Jahr habe ich um Nikaia, die Tochter des Lysimachos, geworben, und ihr eben genannter Vater hat geschworen, daß er mir sie und die für sie festgesetzte Mitgift geben werde, womit auch ich einverstanden war. (12) Und da so nicht nur die Ziele gemeinsam abgesteckt worden waren, sondern auch die nach dem Gesetz (vor(1) (2)
29. 30.
7. 10. 135 v. Chr. 12. 1. 134 v. Chr. Da der Choiak der vierte Monat des ägyptischen Jahres ist, kann die nach Z. 5 »im laufenden Jahr« vollzogene Verlobung höchstens drei Monate zurückliegen.
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geschriebene) … erfolgt war für die dargelegte …, sind wir mit diesem Stand der Dinge auseinandergegangen. (18) Nicht lange Zeit später hat jedoch Lysimachos Nikaia ohne Begründung mit einem anderen Mann verbunden, bevor er von mir den üblichen Scheidebrief empfing. (24) Daher stelle ich den Antrag, wenn es (recht) scheint, anzuordnen, den Juden im Dorf zu schreiben, daß sie Lysimachos auffordern sollen, sich bei Euch einzufinden, damit, wenn es so ist, wie ich schreibe, über ihn nach dem Gesetz entschieden werde, [ihn] aber zu zwingen, mir … RS 36. Jahr, 19. Choiak.30) Philotas gegen Lysimachos.
12. Eingabe wegen eines Sklavenkaufes
Nach P. Polit. Iud. 9 hatte Berenike im Frühjahr 133 v. Chr. an Demetrios für 8 Talente die Sklavin Rhome und ihren Säugling verkauft, wobei der Kaufpreis erst vier Monate später fällig werden sollte. Während dieser Frist hatte Demetrios bereits für den Unterhalt der Sklavin aufzukommen, wie es in Ammenverträgen üblich ist. Obwohl er dies der Verkäuferin in schriftlicher Form zugesichert und es sogar mit einem Eid nach Vätersitte bekräftigt hatte, war er seinen Verpflichtungen über ein Jahr lang nicht nachgekommen, so daß Berenike am 20. Juni 132 v. Chr. vor den Archonten von Herakleopolis Klage gegen ihn erhebt. (1) An die Archonten des 38. Jahres 31) von Berenike, Tochter des Archagathos, Jüdin, von den Leuten aus Aphrodites Polis 32). (4) Im Phamenoth des 37. Jahres 33) hat mir Demetrios, Sohn des Philotas, Jude, einer von den in Peimpasbytis 34) Ansässigen, einen Brief mit Eid nach Vätersitte ausgestellt mit der Erklärung, mir den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen für die Sklavin Rhome und deren Kind, die er gekauft hatte, (und zwar) im Monat Payni desselben Jahres 35) 8 Kupfertalente. (13) Wenn er aber nicht zahle, werde er es in dem nächsten Monat Epeiph 36) mit 50 %igem Aufschlag büßen, dazu an die königliche Kasse als Strafe 78 (?) Silberdrachmen, ohne jeden Gerichtsentscheid und Verfahren. (18) Er werde aber auch als Lohn pro Monat der Amme geben: für die Kleidung 2500 Kupfer(drachmen) bis zum 15. Phamenoth 37) und 3 (?) Artaben zwei Metra Weizen für 4 Monate, pro Monat an Öl 2 Kotylen 38) monatlich, vom Payni35) an aber pro Monat 1 Artabe Weizen und 2 Kotylen38) Öl. (25) Dies und anderes enthielt der Brief, Philotas (richtig: Demetrios) aber hat mir nichts bezahlt bis jetzt, sondern das Gesetz der Väter gebrochen. (29) Da ich daher gezwungen bin, die Erfahrung der Fremde zu kosten, und Euch in dieser Sache auch einen Brief der Juden in Aphrodites Polis32) habe zukommen lassen, stelle ich den Antrag, wenn es (recht) scheint, (34) dem Amts-
31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38.
322
133/32 v. Chr. Angesichts der Häufigkeit des Ortsnamens nicht identifizierbarer Ort. März/April 133 v. Chr. Sonst meist Peenpasbytis, nicht näher lokalisierbarer Ort im NO des Herakleopolites, vgl. M. R. Falivene, The Herakleopolite Nome, Atlanta 1998, 167. Juni/Juli 133 v. Chr. Juli/August 133 v. Chr. 7. 4. 133 v. Chr. Ägyptisches Hohlmaß für Öl, etwa 0,24 l.
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Griechische Texte aus Ägypten
diener zu befehlen, Demetrios beizubringen, ihn vorzuladen und zu zwingen, umgehend zu zahlen und mit 50 %igem Aufschlag 12 Talente zu büßen, dazu [als Kleidergeld] 2500 Drachmen sowie die Einkünfte und das übrige entsprechend dem Eid, bezüglich der Strafe für die königliche Kasse aber gegen den Vertragsbrecher voll Abscheu über seine Übeltaten zu entscheiden. (42) 38. Jahr, 29. Pachon 39) … RS 38. Jahr, 6. Payni. 40) Berenike gegen Demetrios.
13. Eingabe wegen Schulden aus einem Weinkauf
Wie schon die Eingabe Nr. 10 betrifft auch P. Polit. Iud. 11 eine Auseinandersetzung zwischen einem Angehörigen des Politeuma und einem der Hafenbewohner von Herakleopolis. Hier hatte eine Frau mit persischem Namen dem Ptolemaios eine größere Menge Wein abgekauft, war jedoch nicht bereit oder nicht imstande, ihm die dafür geschuldeten 9000 Drachmen zu bezahlen. Ptolemaios bittet die Archonten, ihn bei der Geltendmachung seiner Forderungen zu unterstützen. (1) An die Archonten von Ptolemaios, Sohn des Simon, Jude. (4) Ich erleide Unrecht durch Arsame, einer von den Leuten aus dem Hafen. (6) Denn obwohl sie mir als Preis für Wein [ein] Talent 3000 (Drachmen) schuldet, zahlt sie nicht, sondern macht Ausflüchte. (9) Daher stelle ich den Antrag, sie vorzuladen und sie zu zwingen, sie mir umgehend zu zahlen (?) … RS 38. Jahr. 41)
14. Eingabe wegen eines in den Haushalt aufgenommenen Mädchens
Im Jahr 139/38 v. Chr. hatten sich Dorotheos und seine Frau aufopfernd und mit hohen Kosten um ihren kranken Bruder gekümmert, später auch dessen Tochter Philippa aus der Schuldhaft befreit und zu sich genommen. Zum Dank verfügte der Bruder, daß Philippa als Hausgehilfin (oder gar als Ziehtochter?) bei dem Ehepaar verbleiben sollte. Seine Frau war hiermit jedoch nicht einverstanden, nahm das Mädchen wieder fort und brachte es bei anderen Verwandten unter. Im Juni 134 v. Chr. reicht Dorotheos deswegen die Eingabe P. Polit. Iud. 7 bei den Archonten ein, um Philippa wiederzubekommen. Nach dem – allerdings sehr lückenhaften – Vermerk auf der Rückseite scheint sein Antrag im Folgemonat auch positiv beschieden worden zu sein. An die Archonten von Dorotheos, einem (Angehörigen) des Politeuma. (3) Als im 32. Jahr 42) Seuthes, der Bruder meiner Frau, bei mir krank lag und in schlechter Verfassung war, stand ich ihm recht lange Zeit bei und wandte aus eigenen Mitteln ziemlich (1)
39. 40. 41. 42.
20. 6. 132 v. Chr. 27. 6. 132 v. Chr. 133/32 v. Chr. 139/38 v. Chr.
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viel auf, und als ich daraufhin erfuhr, daß seine Tochter Philippa in das Praktoreion 43) (?) geworfen worden war, ließ ich auch sie holen. (11) Als nun beide bei mir wohnten, da übergab mir Seuthes die Philippa zusätzlich als Hausangehörige (?), damit sie bei mir sei, sowohl für das, was ich für beide aufgewandt hatte, und zweitens für … gegenüber meiner Frau. (17) Da aber Iona, seine Frau, die Philippa wieder fortnahm und sie bei ihrer anderen Schwester in Paanamei 44) unterbrachte, stelle ich den Antrag, wenn es (recht) scheint, sie vorzuladen und zu zwingen, mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Lebt wohl! (24) (2. Hand) 36. Jahr, 22. Pachon. 45) Wir haben angeordnet, die Ladung zuzustellen. Am 24. 46) seitens der Archonten: Am 21. (?) Payni 47) (ist es) vorzubringen. RS 36. Jahr, Pachon. 48) Dorotheos gegen Iona. (28) 36. Jahr, 20+ Payni 49) vor den Archonten. (29) Da nun Dorotheos gegen Iona aufgetreten ist und … bezüglich der Übergabe … während Iona seiner Darstellung nach fortgeschleppt habe … die ihm gegeben worden sei …, … und Iona sehr …, haben wir angeordnet, daß das Mädchen …, und daß dem Dorotheos aber (gestattet sei, es als Magd?) zu halten [gemäß] der Bittschrift …
15. Eingabe wegen eines Werkvertrages
In P. Polit. Iud. 10 wendet sich Ptolemaia an die Archonten, um die Wolle wiederzubekommen, die sie zum Spinnen an eine Hafenbewohnerin gegeben hatte. Warum die Kontrahentin sich weigert, die Wolle herauszugeben, obwohl die Hälfte ihres Lohnes noch aussteht, bleibt unklar. An die Archonten des 33. Jahres 50) von Ptolemaia. (2) Ich hatte der Händlerin Tetoys, einer von den Leuten aus dem Hafen, ein Stathmion 51) Wolle gegeben, damit sie es spinne, und von dem vereinbarten Lohn hat sie die Hälfte bekommen. (7) Da sie jetzt aber nicht bereit ist, das Werkstück herauszugeben, sondern Ausflüchte macht, stelle ich den Antrag, sie vorzuladen und zu zwingen, indem sie den restlichen Lohn bekommt, es mir herauszugeben, damit ich auf diese Weise Gerechtigkeit erlange. Lebt wohl! (1)
43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51.
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Amtsgebäude des Praktors, des Steuereintreibers. Sonst meist Peenameus, das heutige Bahnamu¯h im SSW von Ihna¯siyat al-Madı¯na, vgl. M. R. ˙ Falivene, aaO 160 ff. 14. 6. 134 v. Chr. 16. 6. 134 v. Chr. 13. 7. 134 v. Chr. Mai/Juni 134 v. Chr. 12.-21. 7. 134 v. Chr. 138/37 v. Chr. Maßeinheit unbekannten Gewichtes.
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Griechische Texte aus Ägypten
16. Eingabe wegen geschuldeter Pachtzinsen
Andromachos hatte für das Jahr 139/38 v. Chr. von dem Vater des Nikanor offenbar in Afterpacht drei Aruren Land zu einem Pachtzins von 11 Artaben Weizen gepachtet. Fast vier Jahre später beklagt sich Nikanor in P. Polit. Iud. 12 bei den Archonten, daß Andromachos den Pachtzins immer noch schuldig sei, obwohl der Vertrag mit einem schriftlich festgehaltenen Eid nach Vätersitte bekräftigt worden war und er selbst in der Zwischenzeit den Zins hatte erlegen müssen. An die Archonten des 35. Jahres 52) von Nikanor, Sohn des Tryphon, Jude. (3) Andromachos, Sohn des Nikanor, Jude, schuldet mir 11 Artaben Weizen als Pachtzins für das Land, das er von meinem Vater im Landlos des Andronikos gepachtet hatte – 3 Aruren für das 32. Jahr 53), laut dem Brief, den er mir unter Eid nach Vätersitte aufgesetzt hat –, und hat sie mir bis jetzt nicht bezahlt, obwohl die Zahlungsfrist verstrichen und noch mehr (Zeit) hinzugekommen ist. (15) Von mir ist der Pachtzins eingetrieben worden …, und der Beklagte hat dem keinerlei Rechnung getragen, sondern macht Ausflüchte und ist für mich überhaupt nicht greifbar. (22) Da er sich nun aber vor Eurem Gericht blicken läßt, stelle ich den Antrag, [ihn herbeizurufen …] RS 35. Jahr, 14. Payni. 54) Nikanor gegen Andromachos. (1)
17. Eingabe wegen eines Darlehens
Der zur Zeit im Oxyrhynchites stationierte Theodotos hatte 138/37 v. Chr. Plusia und ihrem Sohn 12 Kupfertalente zu dem üblichen Zinssatz von 24 % geliehen und sich dafür einen Weingarten als Sicherheit geben lassen. Da er auch nach einer Verlängerung der Darlehensfrist sein Kapital nicht zurückerhalten hatte, hatte er im September 135 mit der sog. Epikatabole das Vollstreckungsverfahren eingeleitet. 55) Zwar vermochten die Darlehensnehmer ein knappes Jahr später auf dem Verhandlungswege diesen Schritt wieder rückgängig zu machen und wenigstens einen Teil der Schuld zu tilgen, doch hielten sie auch ihre neuerlichen Zusagen nicht ein, so daß Theodotos schließlich am 15. März 133 v. Chr. mit P. Polit. Iud. 8 die Archonten um Unterstützung bittet. Der Text belegt erneut, daß das nach Ex 22,24; Lev 25,35 f.; Dtn 23,20 bestehende Verbot der Zinsnahme unter Juden im ptolemäischen Ägypten nicht immer streng beachtet wurde. 56)
52. 53. 54. 55. 56.
136/35 v. Chr. 139/38 v. Chr. 6. 7. 135 v. Chr. Vgl. H.-A. Rupprecht, Zwangsvollstreckung und dingliche Sicherung in den Papyri der ptolemäischen und römischen Zeit, in: G. Thür/J. Vélissaropoulos-Karakostas, Symposion 1995, Köln u. a. 1997, 291-302, bes. 294 f. Vgl. nur ders., Untersuchungen zum Darlehen im Recht der graeco-aegyptischen Papyri der Ptolemäerzeit, München 1965, 79 ff.
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Andrea Jördens
(2. Hand) 37. Jahr, 20+ Mecheir. 57) … [Wir haben] angeordnet, den Juden in Temei 58) zu schreiben, … wenn aber nicht, in … Tagen zu übersenden. (4) (1. Hand) An die Archonten des 37. Jahres 59) des Politeuma der Juden in Herakleopolis von Theodotos, Sohn des Theodotos, Jude, von den im Oxyrhynchites … im Dorf Teei58) desselben Gaues. (10) Im 33. Jahr 60) hatte ich Plusia, der Tochter des Apollodoros, Jüdin, laut Vertrag Gargaritin, 61) und ihrem Sohn Dorotheos alias Zenon, Jude, laut Vertrag Perser von Abstammung, 62) 12 Kupfertalente zu einem Zins von 2 Drachmen 63) geliehen, unter Verpfändung eines Weingartens von 1 ½ Aruren bei Palosis 64) im Oxyrhynchites, den ich meiner Frau Philista überschrieb. (18) (Den Vertrag) habe ich, ohne Wein bekommen zu haben, im 34. Jahr 65) erneuert, im Mesore des 35. Jahres 66) aber habe ich die Epikatabole durchführen lassen55) und die Verfügungsgewalt über den Besitz erlangt. (22) Im Epeiph 67) haben jedoch die Juden, unter ihnen auch …archas, … bekommen, und da ich von ihnen (darum) gebeten worden war, schlossen sie eine Vereinbarung, wonach sie das [Kapital] in zwei Jahren zurückzahlen würden, davon im Mesore des 36. (?) Jahres 68) 6 Talente und im Mesore des 37. Jahres 69) 6 Talente sowie die Zinsen, und umgehend … von den Erträgen des Weines beibringen würden. (30) Da sie mir zwar 3 Metretai 70) Wein und 1 Kupfertalent 4700 (Drachmen) gaben, den Rest aber nicht zahlten, stelle ich den Antrag, wenn es (recht) scheint, anzuordnen, den Juden in Tneei58) zu schreiben, daß sie sie zwingen sollten, mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, oder sie mit Amtsdienern Euch übersenden zu lassen, damit ich Gerechtigkeit erlange. Lebt wohl! RS 37. Jahr, 22. Mecheir. 71) Theodotos gegen Plusia und Dorotheos. (1)
18. Anweisung zur Freilassung aus dem Gefängnis
In dem Schreiben P. Polit. Iud. 17 fordert Straton, dessen Funktion unklar bleibt, offenbar auf Intervention des Politarchen und der Archonten verschiedene Amtsträger (?) auf, die Leute um Alexandros aus dem Gefängnis freizulassen. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71.
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13.-22. 3. 133 v. Chr. Wohl Varianten von Teis, einem nicht näher lokalisierbaren Ort an der N-Grenze des Oxyrhynchites zum Herakleopolites. 134/33 v. Chr. 138/37 v. Chr. Aus Gargara, einer Stadt im NW Kleinasiens auf dem Koca Kaya. Die Kennzeichnung als »Perser von Abstammung« hat spätestens seit 172 v. Chr. keinerlei ethnische Konnotation mehr, sondern wird regelmäßig fiktiv für den Schuldner verwendet; damit wurde wohl eine verschärfte Haftung begründet. D. h. 2 Drachmen im Monat für jede Mine = 24 %. Ein ebenfalls nicht näher lokalisierbarer Nachbarort von Teis im N des Oxyrhynchites. 137/36 v. Chr. August/September 135 v. Chr. Offenbar des Folgejahres, also Juli/August 134 v. Chr. August/September 134 v. Chr. August/September 133 v. Chr. Ägyptisches Hohlmaß für Wein zu meist 4 Choes (etwa 1,21 l), also knapp 5 l, hier insgesamt rund 15 l. 15. 3. 133 v. Chr.
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Griechische Texte aus Ägypten
Straton an Chaireias, Marsyas, Theodotos, Antipatros und Theodosios Grüße. (5) Da der Politarch Euphranor und die Archonten in Tebetnoi 72) für die Leute um Alexandros, den Sohn des Stephanos, aus demselben Ort … und uns geschrieben hatten, werdet Ihr gut daran tun, sie aus dem Gefängnis zu entlassen. (15) Lebt wohl! 27. Jahr, 14. (?) Tybi. 73) (1)
19. Bestätigung einer gerichtlichen Vorladung
In dem fragmentarischen Schreiben P. Polit. Iud. 19 teilen die Ältesten des Dorfes Penei den Archonten mit, daß sie eine Vorladung vor Gericht an die Betroffenen weitergeleitet hätten, deren Namen einzeln aufgelistet werden. Von den Ältesten in Penei 74) an [die Archonten in Herakleopolis. Entsprechend] der Anordnung, die Nikanor uns von Euch [überbracht hat, wonach die unten] Genannten [persönlich aufgefordert werden sollen,] sich vor Eurem Gericht [am …] einzufinden, ist eine Vorladung ergangen, und wir haben Euch dies mitgeteilt. (5) (2. Hand?) An Kriton – Dositheos – Charimyrtos – Onesandros – Theomnestos – Gelos – Iason – Philippos – Philippos – Philippos (3. Hand?) 30(+?). Jahr, 75) … (1)
20.-30. Sonstige Texte aus der Ptolemäerzeit Mit Ausnahme des Papyrus Nr. 26, der aus heimlichen Grabungen über den Handel erworben wurde, und den Ostraka Nr. 30 stammen auch die hier vorgestellten Einzelstücke sämtlich aus Mumienkartonage.
20. Diebstahlsanzeige
In dem heute in Dublin aufbewahrten P. Gurob 8 (auch CPJ I 21; mit BL VII 65) leitet der Dorfschreiber von Apollonias dem Königlichen Schreiber des Arsinoites eine Anzeige des Herakon weiter, der der Vorsteher der Besitzungen des Peitholaos, wohl eines Kleruchen, war. Danach waren drei namentlich bekannte Juden aus einem Nachbarort in einen Weingarten des Peitholaos eingedrungen und hatten dort zehn Weinstöcke abgeerntet, den herbeieilenden Wächter verprügelt und auch noch ein Rebmesser mitgehen lassen.
72. 73. 74. 75.
Ort im W des Herakleopolites, möglicherweise identisch mit dem gleichnamigen Nachbarort von Samareia im S des Fayyu¯m, dem heutigen Difinnu¯, vgl. M. R. Falivene, aaO 214 ff. 8. 2. 143 v. Chr. Nicht sicher identifizierbarer Ort, möglicherweise das in den Papyri meist Peene genannte heutige Baha¯ im NO von Ihna¯siyat al-Madı¯na, vgl. M. R. Falivene, aaO 165 f. ˙ 141-131 v. Chr.
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Andrea Jördens
(1. Hand) 12. Jahr, 10. Epeiph. 76) Meldung gegenüber Teos, dem Königlichen Schreiber. (2) (2. Hand) Amosis, Dorfschreiber von Apollonias 77), dem Teos Grüße. (3) Von der uns von Herakon, dem Vorsteher der (Besitzungen) des Peitholaos, eingereichten Anzeige habe ich eine Abschrift unten beigefügt, damit Du es kennst. Lebe wohl! 12. hJahri, 9. Epeiph. 78) (5) Anzeige gegenüber Amosis, dem Dorfschreiber des Dorfes Apollonias77), von Herakon, dem Vorsteher der (Besitzungen) des Peitholaos. (6) Am … Epeiph 79) drangen in den Garten des genannten Peitholaos, der in der Flur des genannten Dorfes liegt, Theophilos, Sohn des Dositheos, Philistion, Sohn des N.N., und Timaios, Sohn des Teluphis, ein, alle drei Juden von Abstammung, und ernteten 10 Weinstöcke ab. (11) Als der Wächter Horos zu ihnen hinauslief, mißhandelten sie ihn, prügelten auf alle möglichen Körperteile ein und nahmen das Rebmesser mit. Die genannten Räuber sind übrigens in Kerkeosiris77) ansässig. (13) Ich schätze das Abgeerntete auf 6 Metretai 80) Wein. RS 12. Jahr, 10. Epeiph.76) Wegen des abgeernteten Weingartens des Peitholaos an den Königlichen Schreiber Teos. (1)
21. Anzeige eines Kapitalverbrechens
Die Anzeige P. Tebt. III.1 730 (auch CPJ I 131) stammt aus den reichen Funden von ‘Ilwat al-Buraigˇa¯t, dem antiken Tebtynis im Süden des Fayyu¯m, die heute in Berkeley liegen. Darin berichtet der Flurwächter dem Bezirksschreiber wie dem Königlichen Schreiber, daß er am Vortag auf mögliche Spuren eines Verbrechens gestoßen war und ein jüdischer Dorfbewohner vermißt wird. 4. Jahr, 6. Hathyr. 81) An Osoroeris, den Königlichen Schreiber. Als ich am 5. des laufenden Monats 82) die Fluren in der Umgebung des Dorfes abging, fand ich Blut eine Blutlache ein Körper war aber nicht da. (3) Von den Leuten aus dem Dorf habe ich aber erfahren, daß Theodotos, Sohn des Dositheos, in diese Richtung fortgegangen ist, ohne bislang wiederzukommen. Ich erstatte Bericht. (7) An Lykophron, den Bezirksschreiber, 83) dieselbe (Meldung?). Es war aber hinzugefügt: Ich habe aber auch Osoroeris, dem Königlichen Schreiber, wegen derselben Sache geschrieben. (1)
76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83.
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12. Reg.jahr des Ptolemaios IV. = 211/10 v. Chr., hier 20. 8. 210 v. Chr. Nicht näher lokalisierbare Orte im W des Fayyu¯m, vgl. W. Habermann, Kerkeosiris/Kerkeusiris im Arsinoites, CEg 67 (1992) 101-111, bes. 109. 19. 8. 210 v. Chr. 10.-19. 8. 210 v. Chr. Ägyptisches Hohlmaß für Wein zu meist 4 Choes (etwa 1,21 l), also knapp 5 l, hier insgesamt rund 30 l. Wegen des im Jahr 170 belegten Kgl. Schreibers wohl 4. Reg.jahr des Ptolemaios VI. und seines Bruders Ptolemaios VIII. = 167/66 v. Chr., hier 8. 12. 167 v. Chr., vgl. J. F. Oates, The Ptolemaic Basilikos Grammateus, Atlanta 1995, 88. 7. 12. 167 v. Chr. Ziviler Beamter auf mittlerer Ebene, vgl. auch unten Nr. 23.
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Griechische Texte aus Ägypten
22. Eingabe wegen willkürlich erhöhter Pachtzinsen
Der Adressat dieser wie der folgenden Eingabe, Zopyros, amtierte in den Jahren 159 bis 155 v. Chr. als Epimelet des Arsinoites und war folglich in dieser Zeit für die gesamten königlichen Finanzen des Gaues zuständig. 84) An ihn richteten sich daher auch alle Beschwerden über ungerechtfertigte Pachtzinsforderungen. In der nach 158 v. Chr. datierenden Eingabe P. Ryl. IV 578 (auch CPJ I 43) beklagt sich Iudas aus Philadelpheia, daß der Dorfschreiber statt der bisher üblichen 4 plötzlich 5 2⁄3 Artaben Weizen für jede der von ihm bearbeiteten drei Aruren angesetzt habe. Iudas bittet Zopyros darum, die Angelegenheit zu überprüfen und einer weiteren widerrechtlichen Pachtzinsforderung zu wehren. 28. 29. 85) An den Epimeleten84) Zopyros von Iudas, Sohn des Dositheos, Jude. (3) Ich bewirtschafte in der Flur von Philadelpheia 86) 3 Aruren an unbewässertem Land zu den zuvor üblichen Pachtzinsen von jährlich 4 Artaben Weizen für jede Arure, welches ich stets mit viel Mühsal und Aufwand bearbeitet habe, und auch die Pachtzinsen habe ich jährlich ohne Beschwerde korrekt gezahlt bis zum 23. Jahr. 87) (10) Jetzt aber hat der Dorfschreiber Marres gegen alle Billigkeit mich höher an Pachtzinsen veranschlagt, (nämlich) für jede Arure 5 2⁄3 Artaben Weizen, was ich überhaupt noch nie gezahlt hatte. (14) Daher appelliere ich an Deine Menschenfreundlichkeit und stelle den Antrag, wenn es (recht) scheint, dem dafür Zuständigen 88) zu schreiben, daß Dir der genaue Sachverhalt vorgetragen werde, damit, wenn es so ist, wie ich schreibe, Du dafür sorgst, daß ich nicht widerrechtlich herangezogen werde, ich selbst aber Gerechtigkeit erlange. Lebe wohl! RS (2. Hand) An Peteharpsenesis. 89) (1)
23. Eingabe wegen eines unkorrekten Eintrags in den Steuerlisten
In der gegenüber Nr. 22 etwas späteren, ebenfalls an Zopyros gerichteten Eingabe P. Heid. VI 382 zeigt Dositheos, der als Phylakit für die Aufrechterhaltung der Ordnung in Samareia zuständig und daher Inhaber eines 10-Aruren-Kleros war, den Schreiber der Bauern wegen Amtsmißbrauchs an. Entgegen den Ergebnissen der offiziellen Landvermessung hatte letzterer in der Steuerliste bei seinem Namen eine zusätzliche Arure eingetragen, so daß man jetzt die entsprechenden Pachtzinsen von ihm forderte, obwohl weder in den Akten des Dorfschreibers noch denen der zentra84. 85. 86. 87. 88. 89.
Vgl. jetzt B. C. McGing, Illegal Salt in the Lycopolite Nome, APF 48 (2002) 42-66, bes. Appendix, 51 ff. Vermutlich Registraturvermerk. Das heutige Ku¯m al-Hara¯ba al-Kabı¯r im NO des Fayyu¯m. ˘ 23. Reg.jahr des Ptolemaios VI. = 159/58 v. Chr. Zu dem gegenüber der Ed. pr. revidierten Datum unten Anm. 89. In der Regel wurde der zuständige Beamte (oft sogar mit Namen) genau bezeichnet, doch muß sich der Antragsteller in diesem Fall unsicher gewesen sein. Wohl der um das Jahr 157 v. Chr. amtierende Kgl. Schreiber, vgl. W. Peremans/E. Van’t Dack, Prosopographica, Louvain 1953, 91 ff.
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len Rechnungsbehörde ein diesbezüglicher Vermerk zu finden sei. Dositheos bittet Zopyros darum, den bei der Vermessung anwesenden Bezirksschreiber, der die Richtigkeit seiner Angaben bestätigen könne, dafür sorgen zu lassen, daß er fürderhin nicht mehr in dieser Sache belästigt werde. (2. Hand) … Diophantos … (1. Hand) An den Epimeleten 90) Zopyros von Dositheos, Sohn des N.N., Phylakit und Inhaber eines 10-Aruren-Kleros, von den Leuten aus Samareia 91). (6) Als mein Landlos, das in der Flur desselben Dorfes liegt, bei der im 24. Jahr 92) durchgeführten Landvermessung von dem Bezirksschreiber Petos, dem Dorfschreiber Apynchis und den anderen üblichen Beteiligten vermessen wurde, wurde überhaupt nichts an Vergrößerung festgestellt, sondern im Gegenteil weniger. (15) Jetzt aber hat Diophantos, der Schreiber der Bauern, es in Angriff genommen, mich auszupressen, und widerrechtlich einen Zusatzvermerk gemacht, als ob ich über das Landlos hinaus 1 Arure hätte, die überhaupt nicht registriert ist, weder vom Dorfschreiber noch bei der Rechnungsbehörde des Gaues. (23) Da ich aber bezüglich der Pachtzinsen unkorrekterweise herangezogen werde, appelliere ich an Deine Menschenfreundlichkeit und stelle den Antrag, wenn es (recht) scheint, dem Bezirksschreiber Petos zu schreiben, daß, wenn ich entsprechend der von ihm zuvor durchgeführten Episkepsis 93) tatsächlich keinerlei Vergrößerung besitze, dafür gesorgt werde, daß ich künftig nicht herangezogen werde für die Pachtzinsen der unkorrekterweise von Diophantos hinzugefügten 1 Arure. (35) Wenn dies geschieht, werde ich Dein Wohlwollen erlangen. Lebe wohl! (1) (3)
24. Eingabe wegen Erzwingung einer doppelten Pachtzinszahlung
In der bemerkenswerterweise an einen Polizeibeamten gerichteten Eingabe P. Heid. inv. 5100, die Ch. Armoni kürzlich (in: ZPE 132 [2000] 233 ff.) edierte, beklagt sich Peton aus Phnebieus, daß er zusammen mit seinem Vater vom Vorsteher des sog. Prosodos-Landes massiv unter Druck gesetzt wurde, den Naturalpachtzins für die in Afterpacht genommenen vier Aruren ein zweites Mal zu entrichten. Für das zum königlichen Land zählende Prosodos-Land, für das hier der erste sichere Beleg aus ptolemäischer Zeit vorliegt, wurden besonders hohe Pachtsätze gefordert, was die Tat um so verwerflicher erscheinen lassen mußte. Vermutlich hat Peton in den fehlenden Passagen um Überprüfung des Sachverhalts und Rückerstattung der zuviel gezahlten Beträge gebeten. (1) (4)
(2. Hand) An Hephaistion. Den … vorladen … mit unserem Wissen (?) … (1. Hand) An den Archiphylakiten 94) Ktesias von Peton, Sohn des Philoxenos, Jude,
90. 91. 92. 93. 94.
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Vgl. die Einl. zu Nr. 22 mit Anm. 84. Zu dem Ort im SW des Fayyu¯m vgl. oben Nr. 5-8 und unten Nr. 29. 24. Reg.jahr des Ptolemaios VI. = 158/57 v. Chr. »Besichtigung« der Ackerflächen unter Berechnung der voraussichtlichen Ernte zu Steuerzwecken. Leiter der örtlichen Polizei.
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Griechische Texte aus Ägypten
von den Leuten aus Phnebieus 95). (7) Mein vorgenannter Vater Philoxenos hat durch Herakles und Demetrios von dem Prosodos-Land 4 Aruren aus dem Landlos des Chauros in der Flur von Phnebieus95) gepachtet, und im Payni des 34. Jahres 96) haben wir den Pachtzins an die erwähnten Herakles und Demetrios geliefert. (16) Da uns aber zudem im Epeiph 97) desselben Jahres, nach der Lieferung, Apollonios, der Vorsteher der Prosodos, gepfändet hat, bis wir zum zweiten Mal den Pachtzins lieferten, …
25. Vertrag über Weinbauarbeiten
In dem am 3. Februar 152 v. Chr. in dem arsinoitischen Dorf Alexandru Nesos geschlossenen Vertrag P. Köln III 144 erklären sich Simon und seine Partner, sämtlich Juden, gegen einen Lohn von 1700 Drachmen pro Arure bereit, Weinbauarbeiten in dem anscheinend stark verwilderten Weingarten eines Alexandriners durchzuführen. Durch die Verarbeitung zu Mumienkartonage hat der Papyrus stark gelitten, so daß trotz der für eine Sechszeugenurkunde typischen doppelten Fassung (vgl. oben Nr. 1) große Partien des Mittelteils, in denen die notwendigen Arbeiten sowie die Zahlungsmodalitäten detailliert aufgeführt waren, nicht mehr rekonstruierbar sind; auch die am Ende genannten Zeugen sind verloren. Die Kennzeichnung von Simon und seinen Partnern als taktomisthoi läßt auf einen gewissen Zusatzsold und also auf einen Dienstgrad schließen, doch ist die genaue Bedeutung des Begriffes weiterhin unklar. – Bei der Außenschrift wurde das umfangreiche Präskript übersprungen. [Unter der Herrschaft des Ptolemaios und der Kleopatra,] der Kinder des Ptolemaios und der Kleopatra, der erscheinenden Götter, im neun[undzwanzigsten Jahr, 98) als Demetrios, Sohn des Stratonikos, Priester des Alexander, der Retter]götter, der Geschwistergötter, der Wohltätergötter, der vater[liebenden Götter,] der er[scheinenden] Götter [und der mutterliebenden Götter war; als Athlophore der Berenike, der Wohltätergöttin,] Eirene, Tochter des Dioskurides, war; als Kanephore der Arsinoe, der geschwisterliebenden Göttin, Kleopatra, [Tochter des Ptolemaios war; als Priesterin der Arsinoe, der vaterliebenden Göttin, Demarion, Tochter des] Metrophanes war, 99) im Monat Panemos am siebten, am siebten Tybi, 100) in Alexandru Nesos 101) im Themistos[Bezirk 102) des arsinoitischen Gaues 103). (5) Es anerkennen Simon,] Sohn des Theodoros, (1)
195. Nicht näher lokalisierbarer Ort im zentralen Herakleopolites, vgl. M. R. Falivene, aaO 248 ff. 196. 34. Reg.jahr entweder des Ptolemaios VI. = 148/47 v. Chr. oder des Ptolemaios VIII. = 137/36 v. Chr., hier Juni/Juli 147 oder 136 v. Chr. 197. Juli/August 147 oder 136 v. Chr. 198. 29. Reg.jahr des Ptolemaios VI. und der Kleopatra II., der Kinder des Ptolemaios V. und der Kleopatra I. = 153/52 v. Chr. 199. Zu den eponymen Priestern des Dynastiekults, in den Alexander d. Gr. sowie sämtliche ehemals regierenden Ptolemäer aufgenommen waren, zudem Berenike II., Arsinoe II. und Arsinoe III. noch einmal besondere Priesterinnen besaßen, vgl. W. Clarysse/G. van der Veken, The Eponymous Priests of Ptolemaic Egypt, Leiden 1983. 100. 3. 2. 152 v. Chr. 101. Nicht näher lokalisierbarer Ort im zentralen Fayyu¯m. 102. Verwaltungseinheit im W des Fayyu¯m. 103. Das gesamte, in drei Verwaltungseinheiten geteilte Fayyu¯m.
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und seine Partner, Juden, von den Leuten des …, taktomisthoi, … [… gegenüber Euarchos, dem Sohn des Heliodoros, Aiakideus, 104)] einem von den Nachfolgern am Hof 105), von ihm als Auftrag übernommen zu haben sämtliche Weinbauarbeiten [in dem Dickicht (?) …, das sich bei dem (?) dem Melankomas, dem Erz]leibwächter105) und Strategen (gehörenden) Weingarten [befindet, der frü]her »des Lampros« hieß, zu einem Lohn [für jede Arure von tau]sendsiebenhundert [Drachmen an Kupfermünzen] … (12) … und im [Monat] Pachon 106) den Lohn, den er als Rate zusätzlich schuldet. Wenn aber nicht, … Euarchos dem Simon und seinen Partnern … Es anerkennen Simon, Sohn des Theodoros, und [seine Partner,] Juden, von den Leuten des …, taktomisthoi, … gegenüber Euarchos, dem Sohn des Heliodoros, Aiakideus,104) einem von den Nachfolgern am Hof105), [von ihm als Auftrag übernommen zu haben] sämtliche Weinbauarbeiten in dem Dickicht (?) …, das sich bei dem (?) dem Melankomas, dem Erzleibwächter105) und Strategen (gehörenden) Weingarten befindet, der [früher »des Lam]pros« hieß, zu einem Lohn für jede Arure von tausendsiebenhundert [Drachmen] an Kupfermünzen, wobei jede Arure zu vierhundert [Weinstöcken] gerechnet wird, (28) [und es werden durchfüh]ren Simon und seine Partner … die Pflanzarbeiten … in dem neunundzwanzigsten Jahr98) … ordentlich bearbeitet, wobei keine der Pflanzen (?) … angebunden und den Bast dazu … und seinen Partnern … (14-20 = 1-4) (21)
26. Vertrag über die gemeinsame Nutzung einer Töpferei
Der Gesellschaftsvertrag BGU VI 1282 (auch CPJ I 46) illustriert in besonderer Weise das enge Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der späten Ptolemäerzeit. Darin erklären sich Sabbataios und sein Sohn Dosas aus Syron Kome gegenüber Petesuchos und seinen beiden Söhnen bereit, mit ihnen gemeinsam eine Töpferei bei Neilupolis zu betreiben. Der Vertrag beginnt noch am selben Tag und soll über gut sieben Monate bis zum Jahresende laufen. Die Pachtzinsen sind entsprechend den jeweiligen Anteilen zu leisten, wobei der Anteil des Vaters ein volles Viertel beträgt, während der des Sohnes geringer ist. Gewinne und Verluste sind ebenfalls gemeinsam zu tragen. Eine vorzeitige Auflösung des Vertrages ist beiden Parteien untersagt, bei Vertragsbruch droht eine Strafe. Nicht nur die neuen Gemeinschafter, auch der Eigentümer der Töpferei und die beiden Zeugen werden Juden gewesen sein, der Schreiber dagegen wohl Grieche und die bisherigen Pächter sicherlich Ägypter. Sabbataios, Sohn des Horos, und dessen Sohn Dosas, Töpfer, von den Leuten aus Syron Kome, 107) Juden, dem Petesuchos und dessen Söhnen Nepheros und Nechthanupis Grüße. (5) Wir anerkennen, wir haben mit Euch Anteil an der dem Paus, dem Sohn des Sabbataios, gehörenden Töpferei in der Flur von Neilupolis, 108) vom (1)
104. Einer der 60 Demen, in die die Bürger von Alexandria eingeschrieben waren. 105. Ptolemäische Hofrangtitel, vgl. allg. L. Mooren, The Aulic Titulature in Ptolemaic Egypt, Brussel 1975; ders., La hiérarchie de cour ptolémaïque, Louvain 1977. 106. Mai/Juni 152 v. Chr. 107. Nicht näher lokalisierbarer Ort im O des Fayyu¯m. 108. Wohl das heutige Tall ar-Rasa¯s im N des Birket Qarun. ˙ ˙
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Griechische Texte aus Ägypten
25. Tybi des 7. Jahres 109) bis zum 30. Mesore desselben Jahres, 110) entsprechend dem auf mich entfallenden vierten Teil und den drei Vierteln des Viertels meines Sohnes, wobei wir den Pachtzins gemeinsam zahlen werden, jeder nach seinem Anteil. (12) Wenn aber irgendein Schaden entsteht oder eine Schuld, (soll sie) gemeinsam und unteilbar sein. (13) Und weder wird es uns erlaubt sein, die Töpferei zu verlassen bis zu dem genannten Jahr(esende),110) noch wird es Euch erlaubt sein, uns aus der Töpferei hinauszuwerfen. (16) Wenn wir aber nicht tun, wie geschrieben steht, werden wir an die königliche Kasse 40 Silberdrachmen zahlen. (17) Dieser Pachtvertrag soll überall maßgeblich sein. Es hat für sie geschrieben Chairemon, Sohn des Kallikrates, auf ihre Bitte, da sie behaupten, die Schrift nicht zu kennen. 7. Jahr, 25. Tybi.109) (22) (2. Hand) Ich, Sabaidon, Sohn des Nikon, bin Zeuge. (3. Hand) Ich, Nikodromos, Sohn des Philippos, bin Zeuge.
27. Hypothekarisch gesichertes Darlehen
Nach dem im Staatsnotariat der arsinoitischen Gauhauptstadt aufgesetzten Darlehensvertrag P. Tebt. III.1 817 (auch CPJ I 23) vom 4. November 182 v. Chr. leiht Apollonios dem Sostratos 15000 Drachmen für ein Jahr und erhält anstelle der Zinsen ein Nutzungsrecht an dessen Haus in Apias. Wenn Sostratos das Darlehen nach Jahresfrist nicht zurückzahlt, soll das Haus in Apollonios’ Eigentum übergehen; außerdem stehen ihm 24 % Verzugszinsen zu. Wie schon Nr. 21 stammen auch dieser und die beiden folgenden Texte aus Mumienkartonage aus ‘Ilwat al-Buraigˇa¯t. Unter der Herrschaft des Ptolemaios, des Sohnes des Ptolemaios und der Arsinoe, der vaterliebenden Götter, im vierundzwanzigsten Jahr, 111) als Priester des Alexander, der Geschwistergötter, der Wohltätergötter, der vaterliebenden Götter und der erscheinenden Götter derjenige war, der es in Alexandria war; als Athlophore der Berenike, der Wohltätergöttin, diejenige war, die es in Alexandria war; als Kanephore der Arsinoe, der geschwisterliebenden Göttin, diejenige war, die es in Alexandria war; als Priesterin der Arsinoe, der vaterliebenden Göttin, diejenige war, die es in Alexandria war, 112) im Monat Dystros am achtundzwanzigsten, am achtundzwanzigsten Thoth, 113) in Krokodilonpolis 114) im arsinoitischen Gau 115). (9) Es hat geliehen Apollonios, Sohn des Protogenes, Jude von Abstammung, dem Sostratos, Sohn des Neoptolemos, Jude von Abstammung, an Kupfermünzen zwei Talente und dreitausend Drachmen zinslos auf (1)
109. Aus dem 2./1. Jh. kämen, je nach Herrscher, folgende Daten infrage: 27. 2. 174 (Ptolemaios VI.), 24. 2. 163 (Ptolemaios VIII.), 11. 2. 110 (Kleopatra III.), 2. 2. 74 (Ptolemaios XII.) oder 26. 1. 45 v. Chr. (Kleopatra VII.). 110. Entsprechend dem 30. 9. 174, 27. 9. 163, 14. 9. 110, 5. 9. 74 oder 28. 8. 45 v. Chr. 111. 24. Reg.jahr des Ptolemaios V., des Sohnes des Ptolemaios IV. und der Arsinoe III. = 182/81 v. Chr. 112. Aufgrund des frühen Termins innerhalb des Jahres waren die eponymen Priester des Dynastiekults (vgl. Anm. 99) noch nicht bekannt. 113. 4. 11. 182 v. Chr. 114. Das heutige Madı¯nat al-Fayyu¯m. 115. Das Fayyu¯m.
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ein Jahr von dem genannten Zeitpunkt an. (12) Als Pfand (wurde gegeben) das ihm gehörende Haus mit Hof und allem Zubehör, das in Apias 116) im Themistos-Bezirk 117) gelegen ist und dessen Maße von Süden nach Norden zwanzig Ellen 118), von West nach Ost zwanzig Ellen118) betragen; Anrainer sind im Süden das Haus der Sopatra, im Norden und im Osten Straßen, im Westen das Haus des Harpalos und des Sostratos, (…?) ihnen in der genannten Zeit. (17) Dies Darlehen aber soll Sostratos dem Apollonios in einem Jahr zurückerstatten. Wenn er es aber nicht zurückgibt, wie geschrieben steht, soll es dem Apollonios erlaubt sein, die Epikatabole 119) des Pfandes vorzunehmen entsprechend der Verordnung. (21) Sostratos soll aber gegenüber Apollonios die Gewährleistung für dieses Pfand übernehmen und soll es belastungsfrei, unverpfändet, unbelastet durch ein anderes Darlehen und frei von königlichen (Forderungen) stellen. (23) Wenn er aber nicht gewährleistet oder nicht so stellt, wie geschrieben steht, oder irgendeine Gefahr entsteht bezüglich dieses Pfandes, sei es bezüglich des ganzen oder auch nur eines Teiles davon, in irgendeiner Weise, soll Sostratos dem Apollonios dieses Darlehen innerhalb des Jahres umgehend zurückerstatten. (27) Wenn er es aber nicht zurückgibt, wie geschrieben steht, soll Sostratos dem Apollonios umgehend das Darlehen anderthalbfach büßen und für die überfällige Zeit einen Zins von zwei Drachmen auf die Mine für jeden Monat. (31) Diese Urkunde soll überall maßgeblich sein. (32) (2. Hand) (Aufgesetzt) durch Bubakes, der auch Stheneos genannt wird. (3. Hand) Apollonios, etwa 35 Jahre alt, recht groß, mit honigfarbener Haut, ziemlich blauen Augen, abstehenden Ohren. Sostratos, etwa 35 Jahre alt, mittelgroß, mit honigfarbener Haut, …, Narbe über der rechten Augenbraue.
28. Erneuerung eines Darlehens
In einer früheren Sechszeugenurkunde 120) hatte Iudas dem Agathokles als Vorschuß für gemeinsame Handelsgeschäfte 5 Talente geliehen. Nach der hier vorliegenden Sechszeugenurkunde120) P. Tebt. III.1 818 (auch CPJ I 24) vom 16. April 174 v. Chr., deren Anfang einschließlich der Innenschrift verloren ist, erklärt sich Iudas bereit, ihm 2 Talente 500 Drachmen für weitere 12 Monate zu leihen. Sollte Agathokles das Darlehen mitsamt den üblichen 24 %igen Zinsen dann nicht zurückzahlen, ist eine Strafe von 50 % Aufschlag fällig. Zu der häufiger zu beobachtenden Indifferenz gegenüber dem biblischen Zinsverbot vgl. schon oben Nr. 17. Agathokles sowie zwei der Zeugen dienen noch aktiv im Heer. (1) [Unter der Herrschaft des Ptolemaios, des Sohnes des Ptolemaios und der Kleopatra, der erscheinenden Götter, im siebten Jahr, 121) als Philostratos, Sohn des N.N., Priester des Alexander, der Retter]götter, der Geschwistergötter, der Wohltätergötter,
116. 117. 118. 119. 120. 121.
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Nicht näher lokalisierbarer Ort im NW des Fayyu¯m. Verwaltungseinheit im W des Fayyu¯m. Ägyptisches Längenmaß von 0,525 m. Vgl. die Einl. zu Nr. 17 mit Anm. 55. Vgl. die Einl. zu Nr. 1. 7. Reg.jahr des Ptolemaios VI., des Sohnes des Ptolemaios V. und der Kleopatra I. = 175/74 v. Chr.
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der vaterliebenden Götter, der erscheinenden Götter und der mutterliebenden Götter war; als Athlophore der Berenike, der Wohltätergöttin, Aspasia, Tochter des Chrysermos war; als Kanephore der Arsinoe, der geschwisterliebenden Göttin, Isidora, Tochter des Apollonios war; als Priesterin der Arsinoe, der vaterliebenden Göttin, Eirene, Tochter des Ptolemaios war, 122) im Monat Gorpiaios am dreizehnten, am dreizehnten Phamenoth, 123) in Trikomia 124) im Themistos-Bezirk 125) des arsinoitischen Gaues 126). (10) Es hat geliehen Iudas, Sohn des Iosephos, Jude von Abstammung, dem Agathokles, Sohn des Ptolemaios, Jude, von den im Herakleopolites stationierten Fußtruppen des Molossos, taktomisthos 127), an Kupfermünzen zwei Talente und fünfhundert Drachmen für zwölf Monate von dem genannten Zeitpunkt an, zu einem Zins von zwei Drachmen auf die Mine für jeden Monat. (16) Dies ist das Darlehen, welches Agathokles dem Iudas noch schuldete von den fünf Talenten, die er von dem Iudas empfangen hatte als Vorschuß für die gemeinsame Händlertätigkeit laut der Vertragsurkunde, deren Urkundenhüter120) Ananias, Sohn des Ionathas, Jude von Abstammung, war. (20) Es soll aber zurückerstatten Agathokles dem Iudas das dargelegte Darlehen und die Zinsen im Monat Mecheir des achten Jahres 128). Wenn er aber nicht zurückzahlt, wie geschrieben steht, soll er es anderthalbfach büßen. (23) Die Urkunde ist maßgeblich. Zeugen: Deinias, Sohn des Aineas; Thraseas, Sohn des Sosibios; Thebon, Sohn des Phanokles; Samaelos, Sohn des Ioanes, alle vier Juden von Abstammung; Theodoros, Sohn des Theodoros, der auch Samaelos genannt wird; Nikanor, Sohn des Iason, alle beide Juden, von den durch Dositheos (angesiedelten Angehörigen) der ersten Hipparchie, Inhaber eines AchtzigAruren-Kleros 129). [Urkundenhüter120): Deinias.] (29) (2. Hand) Agathokles: Ich habe die zwei Tale[nte und die fünfhundert Drachmen] aus Kupfer des genannten Darlehens empfangen. Ich habe die maßgebliche Urkunde bei dem Urkundenhüter120) Deinias hinterlegt.
29. Liste von Herdenbesitzern
Die vielen typisch jüdischen Namen in P. Tebt. III.2 882 (auch CPJ I 28), einer Mitte des 2. Jh. erstellten Liste über den Kleinviehbesitz in Samareia, lassen noch klarer als schon Nr. 5-8 und 23 den hohen Prozentsatz an jüdischer Bevölkerung in diesem Dorf im südlichen Fayyu¯m erkennen.
122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129.
Vgl. Anm. 99. 16. 4. 174 v. Chr. Nicht näher lokalisierbarer Ort im W des Fayyu¯m. Verwaltungseinheit im W des Fayyu¯m. Das gesamte, in drei Verwaltungseinheiten geteilte Fayyu¯m. Vgl. die Einl. zu Nr. 25. März/April 173 v. Chr. Angehörige der fünf durchnumerierten Reitertruppen wurden regelmäßig mit 100 oder 80 Aruren großen Kleroi ausgestattet, vgl. F. Uebel, Die Kleruchen Ägyptens unter den ersten sechs Ptolemäern, Berlin 1968, 378 f. Auch der verantwortliche Offizier war sicher Jude, vgl. nur A. Kasher, The Jews in Hellenistic and Roman Egypt, Tübingen 1985, 47.
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Frg. 1: (1) 26. Jahr, Tybi. 130) Von Ab[baios (?), Dorfschreiber] von Samareia. Liste der in dem Dorf [geweideten] Schafe, wie [unten angefügt.] (4) Von den Inhabern von Achtzig-Aruren-Kleroi 131): Seneus, Sohn des Sisines: … Schafe, … (5) Von den Inhabern von Dreißig-Aruren-Kleroi 132): Theodoros, Sohn des Dositheos: 40+ Schafe, … (6) Von Soldaten: …lis, Sohn des Syrion: 30 Schafe, … Lämmer. Dositheos, Sohn des Theodotos: 20 Schafe, … [Dosith]eos (?), Sohn des Sambathaios: 15 Schafe, … (10) N.N., Sohn des Neoptolemos (?): 12 Schafe, 4 Lämmer, macht 16. N.N., Sohn des N.N.: 40 Schafe, 15 Lämmer, macht 45. … N.N., Sohn des …oleion: 68 Schafe, 60 Lämmer, 10 Ziegen, 1 Bock. … (15) Dositheos, Sohn des N.N.: 15 Schafe, 10 Lämmer, 1 Ziege, 1 Zicklein. Sambathaios, Sohn des Theodoros: 30 Schafe, 20 Lämmer, 2 Ziegen, 2 Zicklein. Iason, Sohn des Mnason: 5 Schafe, 3 Lämmer. Dositheos, Sohn des Tychon: 10 Schafe, 5 Lämmer. Angais, Sohn des Demetrios: 8 Schafe, 4 Lämmer. (20) Iohannes, Sohn des Antipatros: 30 Schafe, 15 Lämmer, 1 Ziege, 2 Zicklein. Stratippos, Sohn des Stratippos: 17 Schafe, 10 Lämmer, 1 Ziege. Der Flötenspieler Iakubis, Sohn des Iakubis: 13 Schafe, 7 Lämmer, 1 Ziege. Frg. 2: … 2 Zicklein. Die Frau (?) des Sisines. (25) Schafe der Frauen. Theoxena, Tochter des Leukios: 30 Schafe, 15 Lämmer, 2 Ziegen, 2 Zicklein. Sambathion, Tochter des Ionathas: 15 Schafe, 5 Lämmer, … Ziegen, 1 Zicklein. Marion, Tochter des Iakubis: 80 Schafe, 30 Lämmer, … Apollonia, Tochter des …asis: … (29) Macht 925 Schafe, 399 Lämmer, 45 Ziegen, 32 Zicklein, 3 Böcke, zusammen 1404. Davon gehören: Inhabern von Achtzig-Aruren-Kleroi131) (?): 120 Schafe, 40 Lämmer, 10 Ziegen, 5 Zicklein, 2 Böcke. Inhabern von Dreißig-Aruren-Kleroi132): +1 Schafe, 20 Lämmer, 2 Ziegen, 2 Zicklein. …
30. Steuerquittungen aus Theben
Zahlreiche der auf Tonscherben, sog. Ostraka, geschriebenen Steuerquittungen aus Theben bzw. Diospolis Magna, dem heutigen Luxor, legen Zeugnis ab von den verschiedensten von Juden ausgeübten Berufen. So finden sich unter den in CPJ I 48-111 zusammengestellten Texten Belege für Fischer, Färber oder Schuster, aber auch solche für Weide- und Gartensteuer oder die in Naturalien – Weizen, Gerste, Spreu – erlegten Abgaben von Bauern. Auch die Steuereinnehmer selbst sind gelegentlich Juden. Die hier vorgestellten Beispiele, die heute in London (a), Berlin (b), Oxford (c, d) und der Privatsammlung Sayce (e) liegen, stammen sämtlich aus der Regierungszeit des Ptolemaios VI.
130. 26. Reg.jahr entweder des Ptolemaios VI. = 156/55 v. Chr. oder des Ptolemaios VIII. = 145/44 v. Chr. 131. Angehörige einer Hipparchie, vgl. Anm. 129. 132. Angehörige der makedonischen Fußtruppen, vgl. F. Uebel, aaO 381 ff.
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a. Quittung über erlegte Fährkahnsteuern O. Wilcken II 1351 (auch CPJ I 52). (1) 27. Jahr, 10. Tybi. 133) Es wurden eingezahlt bei der Bank in Diospolis Magna, die Ptolemaios untersteht, an Fährkahnsteuern des 27. Jahres 134) (von) Sambathaios mit Agio 135) achthundertsiebenundsechzig, macht m. A.135) 867. Ptolemaios, Bankier. 1000.
b. Quittung über die erlegte 25 %ige Steuer der Fischer O. Wilcken II 337 (auch CPJ I 61).
28. Jahr, 20. Mesore. 136) Es wurden eingezahlt bei der Bank in Diospolis Magna, die Ptolemaios untersteht, an der 25 %igen Fischersteuer des 28. Jahres 137) (von) Simon mit Agio135) zwei Talente dreitausendsechshundertfünfundvierzig, macht m. A.135) 2 Tal. 3645. (7) Ptolemaios, Bankier. 3 Tal. (1)
c. Quittung über erlegte Gartensteuern O. Tait Bodl. 60 (auch CPJ I 64).
28. Jahr, 30. Mesore. 138) Es wurden eingezahlt bei der Bank in Diospolis Magna, die Ptolemaios untersteht, an Gartensteuer des 27. Jahres134) (von) Sambathaios, dem Sohn des Sollumis, an Kupfer zum Normalkurs 139) sechshundertfünfundzwanzig (Drachmen), macht 625. (1)
d. Quittung über Kleinviehabgaben CPJ I 104.
Fünfundzwanzigstes Jahr, 30. Payni. 140) (3) Es wurden eingezahlt (von) Sambathaios, Sohn des Sollumis, für Schafe und Ziegen zweiundsechzig (Drachmen), macht 62. Adaios 141). (1)
e. Quittung über vom Steuerpächter eingelieferten Weizen O. Wilcken 1255 (auch CPJ I 90).
28. Jahr, 11. Tybi. 142) Es hat eingeliefert in den Speicher in Diospolis Magna für das 28. Jahr137) Simon, Sohn des Iazaros, Steuereinnehmer, an Weizen neunzig (Artaben), (1)
133. 7. 2. 154 v. Chr. 134. 155/54 v. Chr. 135. Da diese Steuer in Silbergeld festgesetzt worden war, wurde im Fall einer Zahlung in Kupfergeld ein Agio erhoben, was die am Ende verbuchte höhere Summe erklärt. 136. 14. 9. 153 v. Chr. 137. 154/53 v. Chr. 138. 24. 9. 153 v. Chr. 139. Diese Steuer war regulär in Kupfergeld zu zahlen, also ohne Berechnung eines Agio. 140. 27. 7. 156 v. Chr. 141. Name des Steuerpächters. 142. 12. 2. 153 v. Chr.
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macht a. W. 90. Ambryon 143). (5) (2. Hand) Apollonios143). Bei mir sind eingeliefert worden an Weizen neunzig, macht a. W. 90. (3. Hand) Hermokrates143). A. W. neunzig, macht a. W. 90.
31.-36. Urkunden aus dem augusteischen Alexandria Schon aus klimatischen Gründen, aber auch aufgrund der durchgehenden Besiedelung des Ortes sind aus der damaligen Hauptstadt Ägyptens, Alexandria, nur ausnahmsweise Papyri überliefert. Eine reiche Gruppe von Texten aus augusteischer Zeit 144) blieb allerdings in Mumiensärgen des ersten nachchristlichen Jahrhunderts erhalten, die Otto Rubensohn 1903 bei Abu¯ S¯ır al-Malaq entdeckte. Dabei handelt es ˙ Katalogeion, einer mit Notariatsaufsich überwiegend um Verträge, die in dem sog. gaben betrauten Staatsbehörde mit Sitz in Alexandria, niedergelegt 145) und offenbar nach geraumer Zeit zur Makulierung in das Landesinnere, die Chora, verkauft worden waren. Ihre besondere Stilisierung, wonach sie als gemeinschaftliche Eingabe beider Parteien an das Oberhaupt des Katalogeion – mit vollem Titel »Erzrichter und Vorsteher des Ressorts der Chrematisten und der anderen Gerichtshöfe« – adressiert sind, war für diese sog. Synchoreseis typisch und unterschied sie grundsätzlich von allen anderen Vertragsformularen, die in der Chora gebräuchlich waren. Auch die jüdische Bevölkerung hat sich nachweislich dieser für Alexandria eigentümlichen Beurkundungsform bedient. Erstaunlich hoch ist dabei die Zahl der Verträge, in denen Jüdinnen sich als Ammen verdingen.
31. Ammenvertrag
Obwohl der Ammenvertrag BGU IV 1106 (auch CPJ II 146) besonders in den mittleren Partien stark zerstört ist, erlauben die aus dem nichtjüdischen Milieu zahlreich vorhandenen Parallelen146) eine weitgehende Rekonstruktion des Vertragsinhalts. Die Bedingungen, denen sich solche Ammen zu unterwerfen hatten, waren äußerst streng; sie erforderten nicht nur ebenso viel Verantwortungsbewußtsein wie Selbständigkeit, sondern brachten auch massive Eingriffe in das Privatleben mit sich. Im vorliegenden Fall verpflichtet sich Theodote, Tochter des Dositheos, zu Beginn des Jahres 13 v. Chr. gegenüber dem Römer Marcus Aemilius als Amme des Sklavenkindes Tyche. Nach der Zusammenfassung des Vertragsinhalts auf der Rückseite ist Tyche zu diesem Zeitpunkt bereits 18 Monate alt, weswegen die Laufzeit nur noch wei143. Namen der Speicherbeamten. 144. Eine allgemeine Einführung bei W. Schubart, Alexandrinische Urkunden aus der Zeit des Augustus, APF 5 (1909) 35-131. 145. Vgl. nur H. J. Wolff, Das Recht der griechischen Papyri Ägyptens in der Zeit der Ptolemaeer und des Prinzipats, Bd. II: Organisation und Kontrolle des privaten Rechtsverkehrs, HAW X. 5. 2, München 1978, 28 f. 92 f. 146. Jetzt gesammelt bei M. Manca Masciadri/O. Montevecchi, I contratti di baliatico, Corpus Papyrorum Graecarum I, Milano 1984; unser Text darin C.P.Gr. I 5.
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tere 18 statt der üblichen 36 Monate beträgt. Während dieser Zeit wird Theodote das Kind bei sich großziehen und es nur zu gelegentlichen Kontrollbesuchen bei Aemilius vorführen; sollte es sterben, hatte sie an dessen Stelle ein anderes zu denselben Bedingungen zu nähren. Angesichts der Namen ist kaum zu bezweifeln, daß es sich bei Theodote und ihrem Mann Sophron um Juden handelt. (1. Hand) [An Protarch]os, den Vorsteher des Gerichtshofes, (2. Hand) [von] Marcus Aemilius, Sohn des Marcus, (aus der Tribus) Callidia 147), u[nd von] Th[eod]ote, Tochter des Dositheos, Perserin 148), m[it] ihrem Mann Sophron, Sohn des […]archos Sophron, Perser vo[n Abstammung] 148), als [Frauenvormund und B]ürgen für das entsprechend dieser Verein[barung Dargelegte.] (7) Hinsichtlich der Detailfragen [anerkennt Theo]dote, auf eine Zeit von [acht]zehn Monaten [vom Pha]menoth des laufenden 17. Jahres des Aug[ustus 149) an zu nähren und zu stillen außerhalb] bei sich [in der Stadt mit ihrer eigenen, reinen und unverdorbenen Milch den Säugling Tyche, den ihr Marcus als sein aufgehobenes Sklavenkind übergeben hat, (14) wobei sie von] ihm für [jeden Monat als Lohn für die Milch und den Ammendienst mitsamt dem Öl 8 Silberdr. bekommt. (16) Es hat aber Theodote erhalten] durch den Bürgen Sophron von M[arcus auf die Hand aus] eigenen Mitteln für die vorliegenden [achtzehn Mon]ate als Ammenlohn für neun Monate zusammengenom[men] zweiundsiebzig [Drachm]en. (20) Wenn es aber geschehen sollte, daß das Kind innerhalb [dessen] etwas Menschliches erleidet, wird [Theodote] ein anderes aufgehobenes Kind näh[ren und stil]len und es dem Marcus [die]selben neun Monate [lang] zur Verfügung halten, ohne daß sie irgendetwas (dafür) be[komm]t, da sie ein unsterbliches zu nä[hren] übernommen hat. (26) Da sie die üb[rigen mon]atlichen Ammenlöhne korrekt erhält, soll sie sowohl sich [als auch] dem Kind die angemessene Sorgfalt zuteil werden lassen, indem sie weder die Milch [verderben] läßt noch Umgang mit einem Manne pflegt noch s[chw]anger wird noch ein anderes Kind nebenher stillt. (31) Was sie aber bekommt oder was ihr anvertraut wird, wird sie unversehrt bewahren und zurückerstatten, wenn es zurückgefordert wird, andernfalls wird sie den jeweiligen Wert zahlen, außer bei offensichtlicher Abnutzung, wovon sie im Fall des Nachweises befreit sein soll. (34) Und sie soll den Ammendienst nicht innerhalb der Zeit verlas[sen.] (35) We[nn sie ab]er etwas übertritt, dann sollen sowohl sie als auch Sophron der [Ver]haftung unterliegen und festgehalten werden, bis sie gez[ah]lt haben, was sie an A[mm]enlohn bekommen hat bzw. bekommt, mit 50 %igem Aufschlag, dazu die Schäden und Aufwendungen und die anderen 300 Silberdr., (39) wobei das Recht der Eintreibung (dem Marcus) zusteht sowohl aus beiden, die gegenseitig als Erfüllungsbürgen haften, als auch aus jedem einzelnen und aus welchem von beiden e[twa] er will, sowie aus ihrem gesamten Besitz wie nach einem Rechtsspruch, und zudem nicht maßgeblich sind alle Schutzbriefe, die (1) (2)
147. Da unter den 35 römischen Tribus keine dieses Namens bekannt ist, liegt vermutlich eine Verschreibung vor, nach V. A. Tcherikover/A. Fuks im Komm. zu CPJ II 146, 2 am ehesten für »Claudia«. 148. Die Bezeichung »Perser/Perserin von Abstammung« wurde spätestens seit dem Ende des 2. Jh. v. Chr. offenbar fiktiv auf alle Schuldner angewendet, um auf diesem Wege eine unmittelbare Personalvollstreckung zu ermöglichen, sagte jedenfalls nichts mehr über die ethnische Zugehörigkeit aus; vgl. nur H.-A. Rupprecht, aaO 148 f. 149. Febr./März 13 v. Chr.
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sie [etwa vo]rbringen, und alle Protektion. (45) Wenn sie aber alles erfüllt, soll auch [Marcu]s Aemilius ihr die monatli[chen] Ammenlöhne liefern für die übrigen neun Monate und ihr das Kind nicht innerhalb der Zeit entziehen, andernfalls soll au[ch er] dieselbe Strafe zahlen. (49) Es wird aber Theodote bei Marcus vorbeibringen im Monat … Mal ohne Aufforderung das Kind, damit es von ihm in Augenschein genommen werden kann. RS Theodote, Tochter des Dositheos, und ihr Mann Sophron, über das Sklavenkind Tyche, 18 Monate alt, wofür sie erhalten hat (je) 8 Drachmen für 9 Monate in der Stadt.
32. Annullierung eines Ammenvertrages
Trotz seiner starken Zerstörungen verdient die in C.P.Gr. I 8 edierte Annullierung eines Ammenvertrages besondere Aufmerksamkeit, da das von Philotera genährte vermeintliche Sklavenkind offenbar ihr eigenes war. Daß in dem Vertrag wider Erwarten nicht ihr Mann, sondern ihr Oheim als Frauenvormund auftritt, bestätigt zusätzlich, daß sie sich – ob nun als Witwe oder als uneheliche Mutter – in einer Notlage befunden hatte, als sie im Vorjahr ihr Kind an Patrikos zu verpfänden gezwungen war. Möglicherweise war es in Erinnerung an Lev 25,49 eben dieser Oheim gewesen, der nun im Jahr 7/6 v. Chr. Philotera und ihr Kind aus dieser Verpflichtung ausgelöst hat. 150) [Von Patrikos, Sohn des …, und v]on Philotera, Tochter des Moschion, mit Sabbataios, Sohn des Sabbataios, dem Bruder ihres Vaters, als Frauenvormund. … (4) … und verpfändet … [… herausgegeben an …] Phil[ote]ra als sein Sklavenkind, damit sie es nähre für die [ver]einbarte Zeit. (7) Jetzt aber … der Philo[tera] für das vergangene 23. Jah[r 151) das] genannte Kind Mareas … (9) anerkennt Patrikos, erhalten zu habe[n von Ph]ilotera … die Ammenlöhne (?) … sowie Ausgaben und … Mareas entsprechend der durch den Gerichtshof geschlossenen Vereinba[rung] vom … Mecheir des dreiundzwanzigsten Jahres des Augustus 152), … (12) und es soll weder ihm noch jemandem anders für ihn irgendein Vorgehen gegen Philotera oder ihr Kind Mareas möglich bleiben, weder hinsichtlich der genannten Vereinbarung, die nicht mehr maßge[blich] ist, noch hinsichtlich irgendeiner anderen Sache überhaupt, ob geschrieben oder ungeschrieben, von den früheren Zeiten bis zum heutigen Tag. (17) Denjenigen aber, der in seinem Namen deswegen gegen (sie) vorgeht, wird er von derselben [umg]ehend auf eigene Kosten fernhalten, und abge[sehen] davon, daß das Vereinbarte maßgeblich bleibt, wird er noch die Schäden und die Kosten und weitere dreihundert Silberdrachmen büßen, wie nach einem Rechtsspruch. (22) Es hat aber Philotera übernommen von Patrikos … das Kind Mar[eas] … gewährt … gegenüber Philotera und dem [Kind …] (1)
150. Eingehend dazu A. Passoni dell’Acqua, Prassi greca e costume egiziano nel negozio giuridico di una donna ebrea di Alessandria, Aegyptus 70 (1990) 123-172. 151. 8/7 v. Chr. 152. Jan./Febr. 7 v. Chr.
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33. Vereinbarung unter Ammen
Da der Beginn der in BGU IV 1153 I (auch CPJ II 147 bzw. C.P.Gr. I 3) vorliegenden Vertragsauflösung eines Ammenvertrages verloren ist, bleibt die genaue Konstellation der drei hieran beteiligten Frauen undeutlich. Sicher scheint nur so viel, daß die Amme Martha mit diesem Vertrag vom 16. Mai 14 v. Chr. auf sämtliche Ansprüche gegen Suerus wie auch gegen Marion verzichtet, hier ausdrücklich mit Bezug auf die zwischenzeitlich angefallenen Ammenlöhne. Nach den Parallelen dürfte in Suerus die Herrin des kleinen Sklavenkindes zu sehen sein, in Marion dagegen vielleicht eine zweite Amme. Möglicherweise war Martha durch Marion ersetzt worden, während ihr Vertrag noch lief, weswegen es das Verhältnis zwischen den beiden wohl jüdischen Ammen mit dieser Vereinbarung zu klären galt. … zu Zeiten des Augustus für ihr eigenes Sklavenkind [Agal]mati[on, so] daß es genährt werde durch dieselbe Martha; und es soll weder Martha noch jemandem anders für sie irgendein Vorgehen gegen Suerus möglich bleiben, weder hinsichtlich der zuvor genannten Vereinbarung, die nicht mehr maßgeblich ist, noch hinsichtlich irgendeiner anderen Sache überhaupt, ob geschrieben oder ungeschrieben, [von den früheren Zeiten bis] zum heutigen Tag. (6) Martha aber wird gegen Marion weder [hinsichtlich der] Vergütung für die Ammendienste in der Zwischenzeit noch gegen (?) das Sklavenkind [vorge]hen, auf keinerlei Weise. (8) Denjenigen aber, der gegen Suerus vorgeht oder vertragswidrig handelt, wird sie umgehend auf eigene Kosten fernhalten, und abgesehen davon, daß das Vereinbarte maßgeblich bleibt, wird die Übertretende noch für die Schäden und die hfestgesetztei Strafe haftbar gemacht werden. Wir stellen den Antrag. (12) 16. Jahr des Augustus, 21. Pachon. 153) (2)
34. Scheidungsvertrag
Mit dem Scheidungsvertrag BGU IV 1102 (auch CPJ II 144) lösen Apollonia und der Alexandriner Hermogenes am 10. März 13 v. Chr. einvernehmlich ihre gerade einmal vier Jahre dauernde Ehe auf. Da Apollonia, nach den Namen ihrer Eltern zu schließen, Jüdin war, wurde das Fehlen jeglichen jüdischen Einflusses auf die Vertragsgestaltung stets besonders vermerkt. In der Tat enthält die Urkunde nur die für derartige Fälle allgemein üblichen Klauseln: Anerkennung der Scheidung, Rückgewähr der Mitgift, Aufhebung der Ehe und gegenseitiger Verzicht auf sämtliche Ansprüche, ausdrückliche Gestattung der Wiederverheiratung sowie endlich drohende Strafen im Fall des Zuwiderhandelns. Seite. An Protarchos (3) von Apollonia, Tochter des Sambathion, mit Herakleides, Sohn des Herakleides, dem Bruder ihrer Mutter, als Frauenvormund, und von Hermogenes, Sohn des Hermo(1) (2)
153. 16. 5. 14 v. Chr.
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genes, Archistrateios 154). (7) Es anerkennen Apollonia und Hermogenes, daß sie voneinander geschieden sind aus der zwischen beiden geschlossenen Ehe entsprechend der Vereinbarung durch denselben Gerichtshof vom Pharmuthi des 13. Jahres des Augustus 155). (13) Apollonia aber hat von Hermogenes erhalten auf die Hand aus eigenen Mitteln die 60 S[ilber]dr., die er von ihren Eltern Sambathion und Eirene für sie entsprechend der Vereinbarung als Mitgift bekommen hat. (20) Von hier an soll der Ehevertrag nicht mehr maßgeblich sein. (22) Weder Apollonia noch jemand anders wird für sie gegen Hermogenes wegen der Rückforderung der Mitgift vorgehen, aber auch nicht beide gegeneinander, weder wegen der Ehe noch wegen irgendeiner anderen Sache überhaupt bis zum heutigen Tag, (31) von dem an au[ch er]laubt sein soll der Apollon[ia, einen a]nde[ren M]ann, wie dem Her[mogenes, eine a]nd[ere] Frau (zu haben), ohne daß be[ide reche]nschaftspflichtig wär[en; andernfalls wird der Übertret]ende haft[bar gemacht für die fes]tgesetzte Stra[fe.] (38) 17. Jahr des Augustus, 14. Phamenoth. 156)
35. Einigung über eine Erbschaft
Testamentarisch hatte der inzwischen verstorbene Theodoros der Dionysia, über deren Beziehung zu ihm der Text nichts erkennen läßt, 200 Drachmen vermacht. Die Hälfte davon hat Dionysia inzwischen von Theodoros’ Bruder erhalten, für die restlichen 100 Drachmen räumt sie ihm in BGU IV 1151 I (auch CPJ II 143) am 2. April 13 v. Chr. eine Zahlungsfrist von 17 Monaten ein. Bemerkenswert ist nicht nur dieser recht großzügig bemessene Zeitraum, sondern auch und vor allem die nach wie vor singuläre Erwähnung eines eigenen Notariats der Juden, in dem Theodoros sein Testament hinterlegt hatte. 157) Seite. An Protarchos (3) von Dionysia, Tochter des Ariston, mit [Aga]thinos, Sohn des Philotas, dem [Bruder] ihrer Mutter, als Frauenvormund, und von Alexandros, Sohn des Nikodemos. (4) [Hinsichtlich der] Detailfragen anerkennt Dionysia, von Alexandros auf die Hand aus [eigenen Mitteln] 100 Silberdr. bekommen zu haben von den 200 Silberdr., die ihr der verstorbene Bruder des Alexandros, Theodoros, zugewiesen hatte entsprechend dem Testament, das er durch das Notariat der Juden aufgesetzt hatte. (8) Weder wird Dionysia noch jemand anders für sie gegen Alexandros vorgehen wegen der hundert Drachmen, die sie erhalten hat. (9) Auf Rechnung der übrigen 100 Dr. hat sie ihm aber zugeteilt … eine Frist von 17 Monaten vom [7. 158)] des laufenden Monats Pharmuthi des 17. Jahres des Augustus an. (11) Wenn sie sie (dann) zinsfrei ausgehändigt bekommen hat, wird sie eine Quittung darüber 159) und auch die … Sicherheitsurkunde zu(1)
(2)
154. 155. 156. 157. 158. 159.
342
Vgl. Anm. 104. März/April 17 v. Chr. 10. 3. 13 v. Chr. Hierzu auch H. J. Wolff, aaO 29. So nach Z. 24 mit L. Koenen, Gn. 40 (1963) 253 = BL VI 32; 2. 4. 13 v. Chr. BL V 15.
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rückgeben. (12) Wenn aber nach Ablauf der Frist Alexandros die 100 Silberdr. des zuvor genannten Grundbetrags nicht zurückerstattet, dann soll er sie mit 50%igem Aufschlag hzahleni und für die überfällige Zeit entsprechend der Verordnung die Zinsen von 2 Dr., wobei das Recht der Eintreibung [Dionysia] zusteht sowohl aus Alexandros selbst wie aus seinem gesamten Besitz wie na[ch einem Rechtsspruch.] (17) Schutzbriefe sind nicht vorzubringen, andernfalls hsind sie nicht maßgeblichi. Wir stellen den Antrag. (18) 17. Jahr des Augustus, 17. (richtig wohl: 7.) Pharmuthi. 160) Alexandros, Sohn des Nikodemos; Dionysia, Tochter des Ariston; Frauenvormund: Agathinos, Sohn des Philotas, Bruder ihrer Mutter. (22) Testament; von 200 Dr. 100 Dr. auf die Hand; (24) die übrigen 100 Dr. bis zum 7. Mesore des kommenden 18. Jahres des Augustus 161) zinsfrei.
36. Empfangsbestätigung über die Rückzahlung einer Schuld
Apollonios hatte Protarchos einst 200 Drachmen geliehen und sich nach dessen Tod im Jahre 11 v. Chr. an den Erzrichter gewandt, um seine Ansprüche gegenüber den Erben geltend zu machen. In BGU IV 1155 (auch CPJ II 148) erklärt er nun, den hälftigen Anteil dieser Summe von Martha erhalten zu haben, die demnach zusammen mit dem Sohn ihres früheren Patrons als Erbin eingesetzt worden sein muß. Seite. An Protarchos (3) von Apollonios, Sohn des Theon, und [von] Martha, Freigelassene des Protarchos, mit [Hera]kleides, Sohn des Herakleides, als Frauenvormund. (5) Da [Apollo]nios dem Erzrichter Artemidoros im laufenden 20. Jahr des Augustus im Hathyr 162) ein Memorandum eingereicht hat und (darin) eine Forderung erhebt gegen Martha und auch noch gegen Protarchos, den Sohn des Protarchos, über 200 Silberdr. und die Zinsen, (11) die, wie er schreibt, ihm geschuldet werden von dem verstorbenen Patron der Martha und Vater des Protarchos, Protarchos, Sohn des Polemon, aufgrund des Schuldscheins, den dieser ausgestellt hatte und der durch die Vereinbarungen bezeugt wurde, die Protarchos (richtig: Apollonios?) vorgelegt hat, (17) und da Apollonios jetzt aber zufriedengestellt ist von Martha bezüglich des auf sie (entfallenden) halben Teiles und von ihr auf die Hand aus eigenen Mitteln den [bei ihr (liegenden) halben Teil] erhalten hat, anerkennt er, daß [weder er selbst noch irgendjemand anders für] ihn vorgehen wer[de auf irgendeine Weise gegen] die Hinterlassenschaft des verstor[benen Patrons Protar]chos hinsicht[lich des auf] Martha (entfallenden) halben Teiles [des Grundbetrags] … der Zinsen …, weder hinsichtlich der … noch hinsichtlich […] irgendeiner anderen [Schuld] oder Forderung [überhaupt, sei es in einer geschriebenen oder ungeschrie]benen Angelegenheit, die [geschehen ist von den] früheren Zeit[en bis zum heut]igen T[ag. … (35) Wenn aber einer vorgeht gegen] das Ver[einbarte, wird der] Über[tretende haftbar gemacht für die Schäden und die] festge[setzte Strafe, ohne daß] (1) (2)
160. 12. bzw. 2. 4. 13 v. Chr., vgl. Anm. 158. 161. 31. 7. 12 v. Chr. 162. Okt./Nov. 11 v. Chr.
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Apoll[onios geschmälert wird in seinem] Vorgehen [gegen Protarchos wegen des anderen halben] Teiles [des Grundbetrages der 100 Silberdr. und ihrer Zinsen …
37.-46. Sonstige Texte aus der frühen Kaiserzeit Auch im 1. Jh. n. Chr. unterlag das Leben der Juden in Ägypten offenbar keinem grundsätzlichen Wandel. Eine Ausnahme bildete allenfalls Alexandria, wo die Familie Philons sogar in höchste Kreise aufzusteigen vermochte. In der Chora jedoch änderte sich nicht viel; ebenso wie Nichtjuden erscheinen Juden mit Ämtern betraut, reichen dieselben, für die römische Herrschaft so typischen Deklarationen ein und zahlen endlich die danach festgesetzten Steuern. Nach dem Fall des Tempels im Jahr 70 n. Chr. wird indes erstmals eine eigene Judensteuer eingeführt. Mit dem großen Aufstand der Jahre 115 bis 117 n. Chr. war dann das Ende der langen jüdischen Tradition in Ägypten gekommen.
37. M. Iulius Alexander
Der Bruder Philons, der für die Zölle in der Ostwüste zuständige Arabarch Alexander, zählte zweifellos zu den vermögendsten Persönlichkeiten im frühen römischen Ägypten. Während einer seiner Söhne, Ti. Iulius Alexander, im Reichsdienst Karriere machte und später Statthalter von Ägypten wurde, war ein anderer lange Zeit vor allem durch seine von Iosephus, Ant. Iud. XIX 276 erwähnte Heirat mit Berenike, der Tochter Agrippas I., bekannt. In Koptos, dem heutigen Qift, gefundene Ostraka ˙ und 69 n. Chr. reeines Transportunternehmens, das zwischen den Jahren 18 v. Chr. gelmäßig Waren zwischen Koptos und dem Roten Meer beförderte, geben jedoch zu erkennen, daß M. Iulius Alexander wie sein Vater mit Handel und Finanzen zu tun hatte. Der Maßstab der in dem sog. Nikanor-Archiv belegten Transporte ist allerdings bescheiden,163) so daß die eigentlichen Geschäfte des vornehmen Alexandriners andernorts zu vermuten sind.
a. O. Tait Petr. 252 = CPJ II 419a. Hermias, Sklave des Marcus Iulius Alexander, an Nikanor, Sohn des Panes, Grüße. Ich habe von Dir erhalten auf Rechnung des Iulius Alexander zwei … Häute und dazu zwei …, macht h2i. (5) 1. Jahr des Gaius Caesar Germanicus, 14. Epeiph. 164) (1) (2)
b. O. Tait Petr. 266 = CPJ II 419b. Antiochos, Sohn des Satorneinos, durch M…, Sohn des Satorneinos, an Peteharpochrates, Sohn des Nikanor, Grüße. (3) Ich habe von Dir empfangen in Myos Hor(1)
163. Hierzu auch K. Ruffing, Das Nikanor-Archiv und der römische Süd- und Osthandel, MBAH 12.2 (1993) 1-26. 164. 8. 7. 37 n. Chr.
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mos 165) auf Rechnung des Marcus Iulius Alexander zwölf Artaben Weizen, macht 12 Art. (6) 3. Jahr des Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus Imperator, 15. Payni. 166)
c. O. Tait Petr. 267 = CPJ II 419c. […]us, Sklave des Marcus Iulius Alexander, an Nikanor, Sohn des Panes, Grüße. Ich habe von Dir erhalten in Berenike 167) auf Rechnung des Marcus Iulius Alexander, meines Herrn, sieben … aus Lindenholz. (5) 3. Jahr des Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus Imperator, 20. Epeiph. 168) (7) Ich, Ko…s, Sklave des Marcus Iulius Alexander, habe erhalten … (1) (2)
d. O. Tait Petr. 271 = CPJ II 419d. (1) Antiochos, Sohn des Satorneilos, durch Publius Mamilius Andromachos, an Nikanor, Sohn des Panes, Grüße. (3) Ich habe empfangen in Myos Hormos 165) auf Rechnung des Marcus Iulius Alexander achteinhalb Artaben Weizen, 8 ½ Art. (5) 4. Jahr des Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus Imperator … 169)
e. O. Tait Petr. 282 = CPJ II 419e. (1) Antiochos, Sohn des Satornein[os, durch …,] Sohn des Satorneinos, an Ni[kanor, Sohn des Panes, Grüße.] (3) Ich habe vo[n Dir] empfangen [in Myos Hormos 165)] auf [Rechnung] des Marcus [Iulius Alexander] an Tauen … (6) … Jahr des Tiberius] Claud[ius Caesar Augustus Germanicus] Imp[erator … 170)
38. Ein Eintreiber der Badesteuer
Während die meisten Steuerquittungen aus dem jüdischen Viertel von Apollinopolis Magna, dem heutigen Idfu¯, Juden als Steuerzahler bezeugen (einige Belege dafür in Nr. 46), tritt Ischylos oder besser Aischylos in O. Edfu 30 (auch CPJ II 240) selbst als Steuereintreiber auf. Die unbeholfenen Formulierungen lassen allerdings vermuten, daß ihm die Aufgabe noch wenig vertraut war. Ischylos, Sohn des Iosephos, an Tryphas, Sohn des Nikon. (3) Ich anerkenne, von Dir erhalten zu haben hinsichtlich der Badesteuer des 3. Jahres 171) 6 Dr., hinsichtlich Deiner und hinsichtlich Nikons, des Sohnes des Antonius Rufus, und hinsichtlich seines Bruders Theodotos.
(1)
165. Das heutige Qusair, vgl. jetzt H. Cuvigny u. a., La route de Myos Hormos. L’armée romaine ˙ dans le désert Oriental d’Égypte, Fouilles de l’IFAO 48, 2 Bde., Le Caire 2003. 166. 9. 6. 43 n. Chr. 167. Das heutige Madı¯nat al-Harra¯s. 168. 14. 7. 43 n. Chr. 169. 43/44 n. Chr. 170. 41-54 n. Chr. 171. 3. Reg.jahr Vespasians = 70/71 n. Chr.
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39. Liste von Speicherbeamten
Zu den Schriftstücken, die für die Verwaltung des römischen Ägypten typisch sind, zählen auch zahlreiche Aufstellungen über die verschiedensten Amtsträger. So läßt sich der in BGU III 715 (auch CPJ II 428) erhaltenen Liste entnehmen, daß sich unter den arsinoitischen Speicherbeamten des Jahres 101/02 ausgesprochen zahlreiche Juden befanden. Liste von Speicherbeamten des 5. Jahres Trajans, des Kaisers und Herrn 172). Kephalion, Sohn des Dorion; Ioses alias Teuphilos, Enkel (?) des Dosthon; (I 5) Anchorimphis, Sohn des Panther; Pakysis, Sohn des Pnepheros; Straton, mit dem Beinamen Isakis; Elea[zaros,] Sohn des Pt[olem]aios; Dosion, Sohn des Zopyros; (I 10) Herakles, Sohn des Herakleos; Aunes, Sohn des Heron; Onnophris, Sohn (?) des Chairem[on,] des Sohnes des Phausas; Heraklas, Sohn des Mersis; Paaus alias Sokonion, Sohn des S… (II 1) Andro[…]; Abram[ios, Sohn des …]; Amph[…]; Zopyros, Sohn des Le[…]; (II 5) Pesbus der Ältere, Sohn des Akusilaos; Didas, Sohn des Phibion; Ptolemaios, Sohn des Dositheos; Akes, Sohn des Psenamunis; […,] Sohn des Isakis; (II 10) Neilon, Sohn des Ptollis; Sambathion, Sohn des Iakubos; Stotoetis, Sohn des Satabus; Onnophris, Sohn (?) des Sisois, des Sohnes des Demas; […] Dorfschreiber, durch (?) Kopfsteuer (?) … (I 1) (I 3)
40. Kleinviehdeklaration
Da der Viehbesitz im römischen Ägypten der Besteuerung unterworfen war, hatten die Eigner jedes Jahr bei den Behörden detaillierte Erklärungen über den aktuellen Bestand an Kleinvieh und Kamelen einzureichen. 173) Wurde ein Hirte von mehreren Eignern gemeinsam verpflichtet, war nur eine Erklärung nötig; dies war etwa der Fall in CPJ II 412 aus dem Jahr 8/9 n. Chr., wo unter den zehn oder mehr Eignern wenigstens drei Juden begegnen. In P. IFAO III 43 ist es dagegen die Tochter eines Iosepos allein, die im Jahr 20/21 n. Chr. ihre offenbar von ihrem Bruder gehütete Herde deklariert. Sepho. [25 Schafe, 1 Ziege.] An den Strategen Hierax von Kl[.]thos, Tochter des Iosepos. (4) Ich vermelde für das laufende 7. Jahr des Tiberius Caesar Augustus 174) die mir gehörigen fünfundzwanzig Schafe und Kleinvieh, eine Ziege, macht 25, macht 1, und die ihnen folg[end]en Lämmer und Zicklein, (13) die geweidet werden bei [Se]pho 175) in der Toparchie Thmoisepho 176)
(1) (2)
172. 101/02 n. Chr. 173. Hierzu zuletzt Th. Kruse, Der Königliche Schreiber und die Gauverwaltung, APF Bh. 11, München; Leipzig 2002, 180 ff., mit eingehender Diskussion der früheren Lit. 174. 20/21 n. Chr. 175. Nicht näher lokalisierbarer Ort im NO des heutigen al-Bahnasa¯, vgl. P. Pruneti, I centri abitati dell’Ossirinchite. Repertorio toponomastico, Pap. Flor. IX, Firenze 1981, 176 f. 176. Verwaltungsbezirk im N des heutigen al-Bahnasa¯.
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und im gesamten Gau durch den Hirten Komonos, Sohn des Iosepos, als kopfsteuerpflichtig verzeichnet bei dem Weiler Taruthinu177), (21) wofür wir auch [die gebührende Steuer] zahlen …
41. Zensusdeklaration
Alle 14 Jahre hatten die Einwohner Ägyptens in der römischen Kaiserzeit vor staatlichen Instanzen Rechenschaft abzulegen über die personelle Zusammensetzung ihres Haushaltes. Dafür waren in den sog. Zensusdeklarationen sämtliche Bewohner eines Hauses nach Status (z. B. Eltern, Geschwister, Mieter), Geschlecht und Alter einzeln aufzuführen. Obwohl das Verfahren vor allem steuerlichen Zwecken diente, sind dadurch aus rund 250 Jahren Detailinformationen zu weit über 1000 Personen erhalten geblieben, die einen einzigartigen Einblick in Bevölkerungsstruktur und Wohnverhältnisse dieser Zeit erlauben.178) Um Nachkommen eines jüdischen Großvaters handelt es sich möglicherweise in der vom 7. Dezember 90 n. Chr. datierenden Deklaration P. Hamb. I 60 (auch CPJ III 485) aus dem mittelägyptischen Hermupolis, dem heutigen al-Ašmu¯ne¯n. Auffällig ist auch hier, wie in Nr. 43, der Kaisereid, der im Hermopolites allerdings üblich war. (1) An […i]us Iustus, den Strategen des Hermo[polites, von Pas]cheis, Sohn des Kapais, des Sohnes des Sambathe[ios, aus Herm]upolis, registriert im Stadtviertel »Her[mu]polis [West« im] Quartier der Chenanupis, Tochter des Pascheis, im sechs[ten Teil eines H]auses samt Zubehör mit Ein-, Aus- [und Zugang] in demselben Viertel in der sogenannten […-Straße]. (8) Ich vermelde entsprechend den Anordnungen des Präfekten Mettius Rufus, [vir egregius, 179)] für die nach Hä[usern (vorgenommene)] Un[ters]uchung im neunten Jahr des Kai[sers] Domitian, des Herren 180): (12) Mich selbst, den vo[rgen]annten Pascheis, Sohn des Kapai[s, des Sohnes des] Sambatheios, und der Mutter Chenanupis, Tochter des Pascheis, … Jahre alt; (14) meinen Sohn Harpaesis, Drechsler, von der Mutter Taurous, Tochter des Tithoes, … Jahre alt; (15) einen anderen, Inarous, A[rz]t, von derselben Mutter, 20 Jahre alt, Narbe auf der St[irn]; (16) Enk[el], und zwar von Inarous einen Sohn Tothes, von der Mu[tter] Tapso[ti]s, Tochter des Diskas, 1 Jahr alt; (18) eine Tochter […]taseus, 17 Jahre alt; (19) eine andere, […]tanarous, 14 Jahre alt; (20) [und ich sch]wöre beim Genius des Imperator Caesar Domiti[anus Augustu]s Germanicus, daß mir hkeini Ha[us oder anderer] Grundbesitz gehört und ich auch keine
177. Nicht näher lokalisierbarer Ort im Oxyrhynchites, vgl. P. Pruneti, aaO 198. 178. Grundlegend hierzu R. S. Bagnall/B. W. Frier, The Demography of Roman Egypt, Cambridge 1994; auch dies./I. C. Rutherford, The Census Register P. Oxy. 984: The Reverse of Pindar’s Paeans, Papy.Brux. 29, Bruxelles 1997. 179. Ehrenprädikat der Angehörigen des römischen Ritterstandes. 180. 89/90 n. Chr.
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weiteren Söh[ne oder andere un]registrie[rte] (Personen) beherberge außer den Vorgenann[ten]. (24) Wenn ich recht [schwöre,] soll es mir gut [geh]en, wenn ich aber falsch schwöre, das Geg[enteil.] (25) (2. Hand) [Zehntes Jahr des Imperator Ca]esar [Domitianus Augustu]s Germani[cu]s, 11. Choiak. 181) (27) (3. Hand) [Ich, …, der V]orsteher des Stadtviertels, habe ein Exemplar erhalten im zehnten Jahr Domitians des Herren, im Monat Choia[k, am 14. 182)] (29) (4. Hand) [Ich, …] Iustus, Stratege des Hermopolites, (vertreten) durch Chairemon, [habe ein Exemplar erhalten.] (30) (5. Hand) Ich, Apollonios, Königlicher (Schreiber) des Her[mopolites,] (vertreten) durch Achilleus, habe ein Exemplar [erhalten.] Zehntes Jahr Domitia[ns des] Herren, 14. Choiak.182) [Zu]r Überprüfung.
42. Personenverzeichnis
Auf eine Zensusdeklaration geht möglicherweise auch eine in Wien liegende Liste von Personen mit typisch jüdischen Namen zurück, die 1979 von J. Frösén in CPR VII 2 ediert wurde. Der auffällige Umstand, daß zusätzlich auch die Personalmerkmale 183) vermerkt sind, könnte für eine Herkunft aus dem Oxyrhynchites sprechen; denn nur dort scheinen noch in den frühkaiserzeitlichen Deklarationen derartige Angaben gebräuchlich gewesen zu sein. Eine Datierung in das 1. Jh. n. Chr. wird auch durch die Schrift nahegelegt. … ebenso: [Al]exas, Sohn des Dositheos, rundköpfig, Narbe an der rechten Hand; (5) sein Sohn Dositheos, rundköpfig, Narbe am linken Unterschenkel; (6) seine Frau Tapeteus, rundköpfig, Narbe am linken Fuß; (7) Sambathis, Sohn des Bokchoris, Narbe am linken Schienbein; (9) Iosephos, Sohn des Sembes, Narbe an der rechten Hand; (10) Dosaes, Sohn des Bokchoris, rundköpfig, Narbe am rechten Schienbein; (11) Sambathis, Sohn des Sambathios, Narbe am rechten Knie. (3) (4)
43. Todesanzeige
Da die Steuerpflicht mit dem Tod endete, hatten die Hinterbliebenen ein genuines Interesse daran, die Behörden möglichst rasch von dem Ableben eines Verwandten in Kenntnis zu setzen. Daher gehören solche Todesanzeigen, obwohl sie vermutlich stets freiwilligen Charakter trugen, zu den am besten bekannten Dokumenten des römischen Ägypten. 184) So teilt auch Soteles am 10. Februar 101 n. Chr. in BGU IV 181. 182. 183. 184.
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7. 12. 90 n. Chr. 10. 12. 90 n. Chr. Vgl. auch Anm. 18. Jetzt gesammelt bei L. Casarico, Il controllo della popolazione nell’Egitto romano, 1. Le de-
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1068 (auch CPJ II 427) den Tod seines noch minderjährigen Sohnes Iosepos mit. Ohne jeden Zweifel haben wir es hier mit einer jüdischen Familie zu tun; insofern verdient die Bekräftigung mit einem Kaisereid besonderes Interesse. (1) (1. Hand) An Isido[ros, den König]lichen Schreiber des Arsinoites, Themistos-Bezirk 185), von Soteles, Sohn des Iosepos, des Sohnes des Theomnas, und der Mutter Erotion aus dem Dorf Apollonias 186). (6) Mein Sohn Iosepos von der Mutter Sarra, minderjährig und noch nicht ausgeschieden für die Kopfsteuerpflicht, 187) ist im Monat Tybi des laufenden vierten Jahres Trajans, des Kaisers und Herrn, 188) verstorben. (11) Daher stelle ich den Antrag, ihn unter die Verstorbenen einzureihen. (13) (2. Hand) An den Dorfschreiber. Wenn er verstorben ist, es registrieren und eine beeidete Erklärung abgeben, 189) wie es sich gebührt. (15) 4. Jahr des Imperator Caesar Nerva Traianus Augustus Germanicus, 17. Mecheir. 190) (18) (3. Hand) Ich, der vorgenannte Soteles, Sohn des Iosepos, schwöre beim Imperator Caesa[r Nerva] Traian[us] Augu[stus …]
44. Register mit Kopfsteuerzahlungen
Die Herkunft der beiden Fragmente eines Registers mit Steuerzahlungen, die G. Messeri 2001 als P. Harrauer 33 publizierte, liegt ebenso im dunkeln wie seine Entstehungszeit, die wohl in die erste Häfte des 1. Jh. n. Chr. fiel. Da rund ein Drittel der darin aufgeführten Personen jüdische Namen tragen und dies kaum in das dörfliche Milieu paßt, dem die Wiener Papyri sonst oft entstammen, ist es wohl am ehesten der Hauptstadt des Arsinoites, dem heutigen Madı¯nat al-Fayyu¯m, zuzuordnen. Insgesamt beliefen sich die pro Kopf erhobenen Steuern für die männliche Bevölkerung des Fayyu¯m auf 44 Drachmen 2 Chalkoi jährlich, genauer auf 40 Drachmen für die eigentliche Kopfsteuer sowie 4 Drachmen 2 Chalkoi für diverse kleinere Steuern wie etwa die Schweinesteuer. Die wechselnden Beträge zeigen an, daß Ratenzahlungen möglich, ja sogar üblich waren. Da gelegentlich jedoch auch die volle Summe begegnet, gehörten die hier genannten Personen offenkundig nicht zu den privilegierten Einwohnern der Gauhauptstadt, die lediglich den halben Betrag zu entrichten hatten. Die Steuerzahler sind jeweils mit ihrem Vatersnamen aufgeführt; ein Eintrag »ebenso« an dessen Stelle weist darauf hin, daß Vater und Sohn denselben Namen trugen.
185. 186. 187. 188. 189. 190.
nunce di morte, Corpus Papyrorum Graecarum II, Azzate 1985; unser Text darin C.P.Gr. II 20. Verwaltungseinheit im W des Fayyu¯m. Nicht näher lokalisiserbarer Ort im W des Fayyu¯m. So wohl verkürzt für »noch nicht ausgeschieden aus der Klasse der Minderjährigen, daher noch nicht übergeführt zur Kopfsteuerpflicht«, vgl. F. Preisigke, Wörterbuch der griechischen Papyrusurkunden I, Berlin 1925 ff., 756, 31 ff. Dez. 100 / Jan. 101 n. Chr. So entgegen den Übersetzungen von V. A. Tcherikover/A. Fuks in CPJ II 427 und L. Casarico in C.P.Gr. II 20 jetzt Th. Kruse, aaO 152 f. 10. 2. 101 n. Chr.
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A: (I 1) Ptolemaios, Sohn des Dosthes: 8; Glaukias, Sohn des Thedas: 8; Thedas, Sohn des Glaukias: 8; Bebes, Sohn des Ptolemaios: 8; (I 5) Teph( ) alias Leonnatos, Sohn des Leonnatos: 12; Theon, Sohn des Zoilos: 8; Nikon, Sohn des Iosepis: 12; Philon, Sohn des Peteus: 12; (I 10) Papos, Sohn des Isakis: 12; Papos, Sohn des Thedas: 8; Dropides, Sohn des Ptolemaios: 8; Ptolemaios, Sohn des Iakubos: 8; Theuphilos, Sohn des Isakis: 8; (I 15) Zenas, ebenso: 4; Polemon, Sohn des L[…]: 8; Sopatros, ebenso: 4; Iakubos, Sohn des Dosthes: 4; Agenor, Sohn des Dosthes: 12; (I 20) Dosthes, Sohn des Agenor: 12; Apollonios, ebenso: 4; Harpamus, Sohn des Isaki[s: … ;] Galates, Sklave des Oph( ) … (II 25) Rhodippos, Sohn des Plutarchos: 4; Alexandros, Sohn des Nikaios: 4; Petalos, Sohn des Archippos: 4; Sa[.]bio( ), Sohn des Straton: 4; Menelaos, Sohn des Straton: 4; (II 30) Straton, Sohn des Philon: 4; Seleukos, Sohn des Philon: 4; Sthenid( ), Sohn des Z[…]: 8; Zoilos, [Sohn des …]: 4; Sambathion, Sohn des L[…]: 8; (II 35) Theodoros, Sohn des Lysas: 8; Philon, Sohn des Sostratos: 12; Plution, Sohn des Isakis: 8; Isak, Sohn des Plution: 8; Sambathion, Sohn des Ptolemaios: 8; (II 40) Ptolemaios, Sohn des Menelaos: 20, 2 Ch.; Pythion, Sohn des Aineas: 12; Ptolemaios, Sohn des Kephalos: 16; Eubios, Sohn des Samba[thi]on: 12; Archidamos, Sohn des Nilos: 12, 2 Ch.; (II 45) Iakubos, [Sohn des …]: 12, 2 Ch.; … 2 Ch.; … 44, 2 Ch. … (III 49) Samba[thion,] Sohn des Eukte( ): 2 Ch.; Sambathion, Sohn des Dosthes: 2 Ch.; Iosep, ebenso: 2 Ch.; Dorion, Sohn des Peteus: 2 Ch.; S[amba]thion, Sohn des Menelaos: 2 Ch.; Sostratos, Sohn des Angion: 2 Ch. B: (II 55) […]ath( ), Sohn des Euktemon: 4; Iakubos, ebenso: 12; Theodoros, Sohn des Alexandros: 12; Zenon, Sohn des Simon: 4; Psosphe( ), Sklave des Lagos: 8; (II 60) Sambathion, Sohn des Philotas: 8; Aigieus, Sohn des Alexandros: 4; Theon, Sohn des Theon: 4; Harobrous, Sohn des P[…]xos: 2 Ch.; X[…]pho( ), Sohn des Alexandros, […]: 2 Ch.; (II 65) […]xo( ), Sohn des Rhodi[ppos]: 4; Alexandros, Sohn des Kephal[…]: 12; … 12 … (III 70) Xanthos, [Sohn des … :] 8; Ptolemaios, Sohn des Isidor[os:] 12; Petalos, Sohn des Eumelos: 12; …xemo( ), Sohn des Sostratos: 12; Dorion, Sohn des Papeis: 8; (III 75) Ptolemaios, Sohn des Alexandros: 4; Sopatros, Sohn des Heras: 12; Tryphon, Sohn des Alexandros: 12; Philetos, Sohn des Didymion, … : 12; Phanias, Sohn des Thedas: 8; (III 80) Ptolemaios, Sohn des X[… :] 8; … 20 … (IV 82) Nikolas, Sohn des Aineias: 4; Ptolemaios, Sohn des Hippalos: 8; Petalos alias Alexandros, ebenso: 44, 2 Ch.; (IV 85) Sopatros, Sohn des Iosepos: 20; Straton, Sohn des Isakis: 36; Soseis, Sohn des Mnaus: 20; Rhodippos, Sohn des Thedas: 44; Papeis, Sohn des Dorion: 8; (IV 90) Isak alias Diophanes, Sohn des Apol[…]tros: 16; Ptolemaios, Sohn des Aineias: 4; Ptolemaios, Sohn des Theodoros: […]; Iakubos, Sohn des Peitholaos: 8; Isakios, Sohn des Theodoros: 24; … (V 96) […]po( ), Sohn des Teres: 24, 2 Ch.; Isakis, Sohn des Thedas: 8; Pyrrhion, Sohn des Simon: 44, 2 Ch.; Protarchos, Sohn des Dorion: 44, 2 Ch.; (V 100) Phil[…]( ), Sklave der Megiste: 12; Leukios, Sohn des Antipatros: 20, 2 Ch.; Theodoros, Sohn des Straton: 8; Isakis, Sohn des Dosthes: 12; Thetsas, Sohn des Nikolaos: 2, 4 Ob.; (V 105) […,] Sohn des Iason: 2, 4 Ob.; Dosthes, Sohn des Iakubos: 44, 2 Ch.; … 44, 2 Ch. … 21, 4 Ob. … (VI 109) 2. Jahr, im Monat Sebastos, am 30. 191) (VI 110) Hermias, Sohn des Herakleides: 191. Am ehesten 27. 9. 37 oder 41 n. Chr.
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44, 2 Ch.; Krateros, Sohn des Serambos: 8, 4 Ob.; Tryphon, Sohn des Euphris: 26, 2 Ob.; Heras, Sohn des Ptolemaios: 26, 2 Ob.; Sostratos, Sohn des Angion: 1, 1 Ob., 2 Ch.; (VI 115) Isakis, Sohn des Protarchos: 1, 1 Ob., 2 Ch., an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob.; Theodoros, Sohn des Peitholaos: 1, 1 Ob., 2 Ch., an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob.; The[…]e( ) alias Philo( ), Sohn des Alexandros: 1, 1 Ob., 2 [Ch.], an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob.; Iakubos, Sohn des […]: 1, 1 Ob., [2] Ch., an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob.: ; Sambathi[on], Sohn des Iak[…]: 1, 1 Ob., [2 Ch.,] an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob.; … an Schweinesteuer 1 Dr., 1 Ob. …
45. Einforderungsliste für die Judensteuer
Die meisten der zahlreichen Listen, die ein lokaler Beamter im Jahr 72/73 n. Chr. über verschiedene Bevölkerungsgruppen der arsinoitischen Gauhauptstadt in eine große Aktenrolle aufnahm, sind heute verloren. Zehn davon blieben jedoch auf drei heute in London und in Wien liegenden Fragmenten erhalten und wurden 1905 von C. Wessely zusammenhängend ediert, 192) darunter auch eine Aufstellung über die zur Judensteuer veranlagten Juden des betroffenen Stadtviertels (auch CPJ II 421). Für das kaiserzeitliche Ägypten ungewöhnlich ist hierbei nicht nur der Umstand, daß diese Steuer von beiden Geschlechtern gleichermaßen erhoben wurde, sondern daß die Zahlungsverpflichtung auch noch äußerst früh, nämlich bereits mit dem dritten Lebensjahr, einsetzte. Es gibt kaum Zweifel, daß es sich bei dieser Abgabe in Höhe von 8 Dr. 2 Ob. jährlich, die in oberägyptischen Steuerquittungen auch »Gegenwert von zwei Denaren« genannt und offenbar erst nach der Eroberung Jerusalems eingeführt wurde, um die auch aus literarischen Quellen bekannte jüdische Sondersteuer handelte, mit der Kaiser Vespasian den Wiederaufbau des Tempels des Jupiter Capitolinus finanzierte. 193) Von Herakleides, Vor[steher des Stadtviertel]s »Lager des Apollonios«: Einforderungsli[ste] für die J[udenste]uer des 5. Jahres des Imperator Caes[ar Vesp]asianus Augustus 194), verglichen [mit dem 4. Jahr. 195)] (XI 436) Es sind von den in früheren Listen a[ufgenommenen Juden:] erw[achsene Männer 5,] erwachsene [Frau]en 6, von denen über die Altersgrenze […] und statusüberprüft im 4. Jahr 195) als 5[9] Jahre alt 1; an [un]mündigen vierjährigen im 4. Jahr 195) 1, macht 12 Personen; (XI 440) und durch einen Zusatzvermerk a[ufgenommen] aus der durchgeführten Statusüberprüf[ung], dem Ansch[ein nach] im 4. Jahr 195) dreijährig, (nämlich) von den einjährigen im [2.] Jahr 196), männlich: Philiskos, [Sohn des Ptollas], des Sohnes des Philiskos und der Mutter Erotion; weiblich: Protus, [Tochter des Simon,] des Sohnes des Ptolemaios und der Mutter Dosarion, macht 2, macht 14;
(XI 432)
192. C. Wessely, Arsinoitische Verwaltungsurkunden vom Jahre 72/3 nach Chr., SPP IV, S. 58-83. 193. Vgl. Ios., Bell. Iud. VII 6, 6; Cass. Dio LXV 7, 2. Der dort als »Zwei-Drachmen-Steuer« bezeichneten Abgabe lagen attische Drachmen zugrunde, die vier ägyptischen Drachmen bzw. einem Denar entsprachen. 194. 72/73 n. Chr. 195. 71/72 n. Chr. 196. 69/70 n. Chr.
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davon an erwachsenen [Männern 5, an unmündigen] vierjährigen im 5. Jahr 194) männlich 1; an er[wachsenen [Frauen] 6, an unmündigen] fünfjährigen im 5. Jahr 194) weiblich 1, an vierjährigen ebenso 1, macht zusammen 14 Personen; (XI 449) und es kommt hinzu fü[r das 5.] Jahr des [Im]perator Caesar Vesp[asianus Augustus 194)] von den unmündigen einjährigen im 3. Jahr 197), die aber im 5. Jahr 194) als dreijährig aufgenommen wurden in die Judensteuer, (XII 452) männlich: Seuthes, Sohn des Theodoros, des Sohnes des Ptolemaios und der Mutter Philus, statusüberprüft im 4. Jahr 195) als zweijährig, macht 1, macht 15 Personen; (XII 455) davon an er[wachsenen Männern 5, an unmündigen] vierjährigen im 5. Jahr 194) männlich 1; [an dreijährigen im 5. Jahr 194) män]nlich 1; an erwachsenen Frauen 6, [an unmündigen fünfjährigen im 5. Jahr 194) w]eiblich 1, an vierjährigen ebenso 1, macht zusammen 15; (XII 458) wovon erw[achs]ene Männer, enthalten in der aktuellen Steuerliste für die Kopfsteuer: 5 Personen, sowie d[ie üb]rigen: 10 Personen; (XII 461) wovon eine Namenliste: (XII 462) [erw]achsene Frau[en:] Tryphai[na, Tochter des …]spas, des Sohnes des Kales und der Mutter Dosarion, von denen [über] die Altersgrenze: 61 Jahre alt, statusüberprüft im selben 4. Jahr 195) als 59 Jahre alt; Dosarion, Tochter des Iakubos, des Sohnes des Iakubos und der Mutter Sambus, Frau des Simon, 22 Jahre alt; Philus, [Tochter des …] und der Mutter Ptollus, Frau des Theodoros, 20 Jahre alt; (XII 467) Sambath[ion, Tochter des S]abinos und der Mutter Herais, Frau des Thegenes, 18 Jahre alt; S[…, Tochter des …] und der Mutter Theudus, Frau des Sambathion (?), 10+ Jahre alt; E[rotion, Tochter des …]on und der Mutter Euterpe, Frau des Ptollas, 22 Jahre alt, [macht 6;] (XIII 471) unmündige männliche: vierjährig im 5. Jahr 194): [Philis]kos, Sohn des Ptollas, des Sohnes des Philiskos, und der Mutter Er[ot]ion, 1 Person; [dreijährig] im 5. Jahr 194) ebenso: [Se]uthes, Sohn des Theodoros, des Sohnes des Ptolemaios und der Mutter Philus, macht 1; (XIII 477) [wei]bliche: fünfjährig im 5. Jahr 194): [Pr]otus, Tochter des Theodoros und der Mutter Philus, macht 1; [vierjährig im 5. Jahr 194)] ebenso: Protus, Tochter des Simon, des Sohnes des Ptolemaios, und der Mutter Dosarion, macht 1, macht 10 Personen. (XIII 484) [Zusammen mit d]en in der aktuellen Steuerliste für die Kopfsteuer enthaltenen 5 Personen macht, was vorliegt, 15 Personen [zu je 8 Dr. 2 Ob.:] 125 Dr.; für die Aparche 198) 15 Dr., macht 140 Drachmen. (XIII 488) [Ein Exemplar wurde übers]andt an den Königlichen Schreiber durch den Schreiber Amution. 5. Jahr Vespasians, im Monat Germanikeios, am 20. 199) (XI 446)
197. 70/71 n. Chr. 198. Wörtlich »Erstlingsopfer«, die traditionelle Abgabe der Juden von 1 Dr. jährlich. 199. 16. 5. 73 n. Chr.
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Griechische Texte aus Ägypten
46. Steuerquittungen aus Apollinopolis Magna
Wie in Theben (vgl. Nr. 30) gab es auch in dem weiter südlich gelegenen Apollinopolis Magna, dem heutigen Idfu¯, eine bedeutende jüdische Gemeinschaft. Die hier vorgestellten Ostraka mit Steuerquittungen, die inzwischen in Heerlen (c, d) sowie Krakau (a, b, e, f, g) liegen und 1986 von K. A. Worp bzw. 1994 von G. Nachtergael publiziert wurden, stammen sämtlich aus der hohen Kaiserzeit. Weitere Beispiele derartiger Steuerquittungen, mitsamt den Stammbäumen mehrerer jüdischer Familien, finden sich in CPJ II 160 bis 408d. 200) Text f belegt erneut, daß die von den Römern erhobene Judensteuer auch für deren Sklaven galt.
a. Steuerquittung für Dattelpalmen auf (ehemaligem) Tempelland SB XXII 15505.
Daleas, Sohn des Abraimos, (hat gezahlt) an Gegenwert für Dattelpalmen auf Tempelland 6 Dr. 4 Ob. (2) 11. Jahr, 25. Choiak. 201) (1)
b. Steuerquittung für Damm- und Badesteuer SB XXII 15506.
Daleas, Sohn des Abraimos, (hat gezahlt) an Dammsteuer für das 11. Jahr 202) 6 Dr. 4 Ob., an Badesteuer 2 Ob. (2) 11. Jahr, 21. Payni. 203)
(1)
c. Steuerquittung für Damm-, Bade- und Wächtersteuer SB XVIII 14010.
Sambathion alias Iesus, Sohn des Papios, (hat gezahlt) an Dammsteuer für das 1. Jahr Trajans, des Herren, 204) 6 Dr. 4 Ob., an Badesteuer 2 Ob., an Wächtersteuer 1 Ob. (3) 1. Jahr, 23. Payni. 205) (1)
d. Steuerquittung für Judensteuer SB XVIII 14009. (1) Sambathion alias Iesus, Sohn des Papios, (hat gezahlt) an Judensteuer für das 6. Jahr Trajans, des Herren, 206) 4 Dr. 4 Ob. (3) 6. Jahr, 29. Pachon. 207)
200. Zu Sambathion alias Iesus (Text c, d, e) vgl. Stammbaum 5 auf S. 117; auch die anderen hier genannten Steuerzahler sind bereits aus den dort gesammelten Texten bekannt. 201. 11. Reg.jahr Vespasians oder Domitians = 78/79 oder 91/92 n. Chr., hier 21. 12. 78 oder 22. 12. 91 n. Chr. 202. 11. Reg.jahr Vespasians oder Domitians = 78/79 oder 91/92 n. Chr. 203. 15. 6. 79 oder 15. 6. 92 n. Chr. 204. 98 n. Chr. 205. 17. 6. 98 n. Chr. 206. 102/03 n. Chr. 207. 24. 5. 103 n. Chr.
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e. Kopfsteuerquittung SB XXII 15507.
4. Stadtviertel. (2) Sambathion alias Iesus, Sohn des Papios, (hat gezahlt) an Kopfsteuer für das 11. Jahr Trajans, des Herren, 208) 8 Dr. (5) 11. Jahr, 21. Pachon. 209)
(1)
f. Quittung für eine unbekannte Steuer SB XXII 15508. (1) Bokchoris, Sohn des Io[sepos,] (hat gezahlt) an …-steuer für das 12. Jahr Trajans, des Herren, 210) 4 Dr. (4) 12. Jahr, 9. Hathyr. 211)
g. Steuerquittung für Judensteuer SB XXII 15509. (1) Pesuris, Sklave des Iason, des Sohnes des Philon, (hat gezahlt) an Judensteuer für das 13. Jahr Trajans, des Herren, 212) 1 Dr. 2 Ob. (4) 14. Jahr, 2. Thoth. 213)
208. 209. 210. 211. 212. 213.
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107/08 n. Chr. 16. 5. 108 n. Chr. 108/09 n. Chr. 5. 11. 108 n. Chr. 109/10 n. Chr. 30. 8. 110 n. Chr.
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Register der Bibelstellen Gen 16 Gen 29,26 Gen 30 Gen 31 Gen 31,14-16 Gen 38,8-30 Gen 41
76 149 Anm. 6 76 58 154 Anm. 33 114 211
1 Kön 8,2 1 Kön 9,28 1 Kön 10,11 1 Kön 21,15 f. 1 Kön 22,49
254 Anm. 13 251 Anm. 3 251 Anm. 3 134 251 Anm. 3
2 Kön 8,1
211
Ex 12,7 Ex 22,24
307 Anm. 70 325
Jer 13,12 Jer 16,5
251 Anm. 3 119
Lev 25,35 f. Lev 25,49
325 340
Am 6,7
119
Ps 45,10
251 Anm. 3
Dtn 23,19 Dtn 23,20 Dtn 24,2 Dtn 25,5-10 Dtn 29,10
255 Anm. 24 325 270 114 126 Anm. 74
Hi 22,24 Hi 28,16
251 Anm. 3 251 Anm. 3
Rut 4
114
Jos 9,21 Jos 9,23 Jos 9,27
126 in Anm. 74 126 Anm. 74 126 Anm. 74
Esr 5,37
314
Neh 17,62
314
2 Sam 24,13
211
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Zeittafeln Die Daten der ägyptischen Geschichte folgen grundsätzlich J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, MÄS 46 (1997), bieten aber für den Zeitraum vor der 12. Dynastie Mittelwerte. Die Daten der mesopotamischen Geschichte vor 2600 v.Chr. orientieren sich an C14 -Daten. Die Daten vor 1500 v.Chr. bieten doppelte Datierungen nach den beiden als »Mittlere« und »Kurze Chronologie« bekannten Systemen; die »Mittlere Chronologie« wird seit mehreren Jahrzehnten in den meisten Handbüchern und in wissenschaftlicher Literatur verwendet, die »Kurze Chronologie« hat in der letzten Zeit wieder an Beachtung gewonnen. Neuerdings ist auch eine »Ultrakurzchronologie« (H. Gasche u. a., Dating the Fall of Babylon, 1998) vorgeschlagen worden. Die Tragfähigkeit der astronomischen Grundlagen dieser Chronologiesysteme ist umstritten. Die Daten vor der III. Dynastie von Ur sind mit zusätzlichen Unsicherheiten behaftet; die hier gebotenen konventionellen Daten (wiederum alternativ nach der Mittleren und Kurzen Chronologie, teilweise gerundet) sind um ca. 55 Jahre zu kürzen, wenn man mit W. W. Hallo, RLA III, 713 f. die Gutäerzeit auf ca. 45 Jahre kürzt. Die Daten vor Sargon von Akkade sind zusätzlich zu kürzen, wenn man eine stärkere Überschneidung der Regierung dieses Herrschers mit Lugalzagesi und damit der jüngeren Frühdynastischen Zeit annimmt. Die altassyrischen Daten gehen auf K. R. Veenhof, The Old Assyrian List of Year Eponyms, 2003, zurück. Die mittelbabylonischen Daten folgen J. Boese, UF 14 (1982) 15-26, die mittelassyrischen J. Boese und G. Wilhelm, WZKM 71 (1979) 19-38. Die Zeittafeln umfassen folgende Kulturen: 1. Ägypten 2. Mesopotamien 3. Babylonien 4. Assyrien 5. Obermesopotamien und Syrien 6. Palästina (Juda und Israel) 7. Anatolien 8. Iran 9. Griechenland und Rom 10. Südarabien 357
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Zeittafeln
1. Ägypten vor 3000 v. Chr. seit ca. 3400 um 3020 ca. 3000-2680 um 3000 ca. 2682-2145 ca. 2682-2614
ca. 2614-2479 ca. 2479-2322 um 2360 ca. 2322-2191 ca. 2191-2145
2119-1793 2119-1976 1976-1794 1976-1947 1956-1910 1914-1879 1882-1872 1872-1853 1853-1806
ca. 1648-1538
1550-1070 1550-1292
1550-1525 1525-1504
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Prädynastische Zeit Anfänge der Schrift (Abydos), Ausbreitung der Naqa¯da-Kultur von Oberägypten nach Norden König Narmer Dauerhafte Vereinigung von Ober- und Unterägypten 1.-2. Dynastie König Menes Altes Reich 3. Dynastie Memphis wird Residenz König Djoser, Beginn des Pyramidenbaus 4. Dynastie Könige Snofru, Cheops, Chephren, Mykerinos 5. Dynastie Könige Userkaf, Sahure, Unas Wezir Ptahhotep Urkunden auf Papyrus, Pyramidentexte 6. Dynastie Unruhen und Thronwirren 1. Zwischenzeit 9.-10. Dynastie (Residenz Herakleopolis) Könige Achtoi, Merikare Mittleres Reich 11. Dynastie (Residenz Theben) Aufkommen von Sargtexten 12. Dynastie Feldzüge nach Palästina und Nubien Amenemhet I. Sesostris I. Amenemhet II. Sesostris II. Sesostris III. Amememhet III. Blütezeit der Literatur 13.; 14. Dynastie 2. Zwischenzeit Thronwirren, vorübergehende Stabilisierungen, Zusammenbruch der Zentralherrschaft 15. Dynastie (Hyksos, Residenz Auaris) 16. Dynastie (Vasallen der Hyksos); 17. Dynastie in Oberägypten (beide parallel zur 15. Dynastie) Neues Reich 18. Dynastie (Residenz Theben) Feldzüge bis zum Euphrat, Eroberung von Palästina und Teilen Syriens, Kontakte mit den vorderasiatischen Königreichen Amosis Amenophis I.
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Zeittafeln 1504-1492 1492-1479 1479-1458 1479-1425 1428-1397 1397-1388 1388-1351 1351-1334
1337-1333 1333-1323 1323-1319 1319-1292 1292-1186 1279-1213 1274 1259 1213-1203 1186-1070 1183-1152 1152-1070
1070-664 1070-946 1070-1044 1044-994 979-960 946-735 946-925 ca. 927 875-837 seit 746 746-715 715-700 690-664 ca. 740-719 719-714 671 667 664-332 v. Chr. 664-610
Tuthmosis I. Tuthmosis II. Hatschepsut Tuthmosis III. Amenophis II. Tuthmosis IV. Amenophis III. Amenophis IV. (= Echnaton) Verlegung der Residenz nach Amarna. Neue Religionspolitik: naturphilosophischer Monotheismus des Echnaton Semenchkare Tutanchamun Eje Haremhab Verlegung der Residenz nach Memphis 19. Dynastie Ramses II. Schlacht bei Qadeš gegen die Hethiter Bau der Residenz Per-Ramesse (Ramsesstadt) Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Hattusili III. ˘ Merenptah 20. Dynastie Ramses III. Kampf gegen die »Seevölker« Ramses IV. - Ramses XI. Innerer und äußerer Machtverfall, Palästina und Nubien gehen verloren 3. Zwischenzeit 21. Dynastie (Residenz Tanis) Smendes Psusennes Siamun 22. Dynastie (»Libyerzeit«) Scheschonq I. Palästina-Feldzug Osorkon II. Eroberung Ägyptens durch die Kuschiten 25. Dynastie Pije Schabaka Taharqa Im Delta hält sich die 24. Dynastie mit der Residenz Sais: Tefnachte Bokchoris Eroberung von Unterägypten durch Asarhaddon (s. Assyrien) Feldzug Assurbanipals gegen Ägypten, assyrische Oberherrschaft bis 650 Spätzeit (von hier ab alle Daten absolut) 26. Dynastie Psammetich I.
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Zeittafeln 610-595 595-589 589-570 570-525 525 404-342 332-30 v. Chr. 332 332/31 304-283/82 285/84-246 275/74-271 260-253 246-221 246-241 221-204 219-217 205-186 204-180 202-195 180-145 170-168 168 164/63 sowie 145-116 116 116-80 80 80-51 51-30 44-30 31 v. Chr. 30 v. Chr.
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Necho Psammetich II. Apries Amasis Eroberung durch Kambyses (s. Iran) Einheimische Herrscher (28.-30. Dynastie) Hellenistische Zeit Eroberung Ägyptens durch Alexander d. Gr. Gründung Alexandrias Ptolemaios I. Soter I. (seit 323 Satrap von Ägypten) Ptolemaios II. Philadelphos 1. Syrischer Krieg 2. Syrischer Krieg Ptolemaios III. Euergetes II. 3. Syrischer Krieg Ptolemaios IV. Philopator 4. Syrischer Krieg Herwennefer und Anchwennefer als einheimische Gegenkönige in Oberägypten Ptolemaios V. Epiphanes 5. Syrischer Krieg Ptolemaios VI. Philometor 6. Syrischer Krieg »Tag von Eleusis«, Rom greift in die Geschicke Ägyptens ein Ptolemaios VIII. Euergetes II. Tod Ptolemaios VIII. Euergetes II. Wechselnde Machtverhältnisse zwischen Kleopatra II., Kleopatra III., Ptolemaios IX. Soter II. und Ptolemaios X. Alexander I. Ptolemaios XI. Alexander II. Ptolemaios XII. Neos Dionysos (Auletes) Kleopatra VII. Ptolemaios XV. Kaisar Schlacht bei Actium Ägypten wird röm. Provinz
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Zeittafeln
2. Mesopotamien ca. 3600-2900 ca. 3200-2900 ca. 2900-2350/2286 um 2600 um 2550/2490 um 2500/2440 ca. 2500-2350 / 2440-2286
um 2350/2286 ca. 2350-2193 / 2286-2129 um 2125/2060 um 2125/2060 um 2115/2049 2112-2004 / 2048-1940 2112-2095 / 2048-2031 2094-2047 / 2030-1983 2046-2038 / 1982-1974 2037-2029 / 1973-1965 2028-2004 / 1964-1940
ˇ amdat Nasr-Zeit (Mittlere und Späte) Uruk-Zeit und G ˙ Archaische Tontafeln aus Uruk Frühdynastische Zeit Mebaragesi von Kiš, Gilgameš von Uruk Texte aus Šuruppak (Fara) und Abu¯ Sala¯bı¯h ˘ ˙ Könige der I. Dynastie von Ur: Meskalamdug, Akalamdug, Mesanepada, A’anepada Herrscher von Lagaš: Ur-Nanše, Akurgal, Eanatum, Enanatum I., Enmetena, Enanatum II., Enentarzi, Lugalanda, Uruinimgina Lugalzagesi von Umma und Uruk Könige von Akkade (Agade): Sargon, Rı¯muš, Maništu¯su, Nara¯m-Suen, Šar-kali-šarrı¯ Gutäer-Zeit Gudea von Lagaš Utu-hegˆal von Uruk ˘ Könige der III. Dynastie von Ur: Ur-Namma Šulgi Amar-Suena Šu-Sîn Ibbi-Sîn
3. Babylonien 2004-1763 / 1950-1699 2017-1793 / 1953-1729
2025-1763 / 1961-1699 1834-1823 / 1770-1759 1822-1763 / 1758-1699 1763-1595 / 1699-1531 1894-1595 / 1830-1531 1792-1750 / 1728-1686 1749-1712 / 1685-1648 1711-1684 / 1647-1620 1683-1647 / 1619-1683 1646-1626 / 1682-1562 1625-1595 / 1561-1531 1595/1531-1100 1595/1531-1150 1594/1530-? um 1470
Isin-Larsa-Zeit Könige von Isin: Išbi-Erra, Šu-ilı¯-šu, Iddin-Daga¯n, Išme-Daga¯n, Lipit-Ištar, Ur-Ninurta, Bu¯r-Sîn, Lipit-Enlil, Erra-imittı¯, Enlil-ba¯ni, Damiq-ilı¯-šu Könige von Larsa: Warad-Sîn Rı¯m-Sîn Altbabylonische Zeit I. Dynastie von Babylon Hammurapi ˘ Samsu-iluna Abi-ešuh ˘ Ammi-ditana Ammi-saduqa ˙ Samsu-ditana Mittelbabylonische Zeit Kassitendynastie Agum II. kakrime Karaindaš Kurigalzu I.
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Zeittafeln 1369-1355 1354-1328 1327-1303 1276-1259 1258-1250 1227-1220 1181-1167 1166-1154 1150 ca. 1157-1026 1125-1104 1099-1082 1081-1069 1068-1047 978-626 760(?)-748 747-734 721-710, 703 667-648 647-627 625-539 625-605 605 604-562 597 561-560 559-556 556 555-539 539
362
Kadašman-Enlil I. Burnaburiaš II. Kurigalzu II. Kadašman-turgu Kadašman-Enlil II. Kaštiliaš IV. Melišipak Marduk-apla-iddina I. Eroberung und Plünderung großer Teile Babyloniens durch Šutruk-Nahhunte II. von Elam II. Dynastie von Isin Nebukadnezar I. Marduk-na¯din-ahhe¯ ˘˘ Marduk-šapik-ze¯ri Adad-apla-iddina Verschiedene Dynastien Nabû-šuma-iškun Nabû-na¯sir ˙ Marduk-apla-iddina II. (= Merodach-baladan) Šamaš-šum-ukı¯n Kandala¯nu Neubabylonisches Reich Nabû-apla-usur (= Nabopolassar) ˙ Schlacht bei Karkamiš gegen Ägypten Nabû-kudurra-usur (= Nebukadnezar II.) ˙ Eroberung von Jerusalem Ame¯l-Marduk (= Ewil-Merodach) Neriglissar Labašı¯-Marduk Nabonid Eroberung durch Kyros II., danach Teil des Achämeniden-, Alexander-, Seleukiden-, Partherreiches
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Zeittafeln
4. Assyrien ca. 2020-1812 / 1956-1748 1974-1935 / 1910-1871 1934-1921 / 1870-1857 1920-1881 / 1856-1817 1880-1873 / 1816-1809 1872-1812 / 1808-1748 ca. 1950-1750 / 1890-1690 1808-ca. 1650 1808-1776 / 1744-1712 1775-1742 / 1711-1678 seit ca. 1650 ca. 1335-1050 1353-1318 1295-1264 1263-1234 1233-1197 1223 1114-1076 1073-1056 ca. 900-612 911-891 890-884 883-859 879 858-823 853 823-810 809-780 781-772 771-754 753-746 745-727 743 726-722 722 721-705 706 704-681 694 689 680-669 671 668-627 653 629-626? 626?
Puzur-Aššur-Dynastie Puzur-Aššur I., Šalim-ahum, Ilušu¯ma ˘ Irı¯šu I. Iku¯nu Šarrum-ke¯n (Sargon) I. Puzur-Aššur II. Nara¯m-Sîn, Erı¯šu¯m II. Altassyrische Handelskolonien in Anatolien Dynastie des Šamšı¯-Adad (Samsi-Addu) Šamšı¯-Adad I. Išme-Dagan I. Adasi-Dynastie Mittelassyrisches Reich Aššur-uballit I. ˙ Adad-ne¯ra¯rı¯ I. Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) I. Tukultı¯-Ninurta I. Eroberung von Babylon Tukultı¯-apil-Ešarra (Tiglatpileser) I. Aššur-be¯l-kala Neuassyrisches Reich Adad-ne¯ra¯rı¯ II. Tukultı¯-Ninurta II. Aššur-na¯sir-apli (Assurnasirpal) II. ˙ ˙ Kalhu / Kalah wird Königsresidenz ˘ ˘ Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) III. Schlacht von Qarqar gegen eine syrische Koalition Šamšı¯-Adad V. Adad-nı¯ra¯rı¯ III. Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) IV. Aššur-dan III. Aššur-nı¯ra¯rı¯ V. Tukultı¯-apil-Ešarra (Tiglatpileser) III. Schlacht von Halpi und Kistan gegen Urartu und eine syrische Koalition ˘ Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) V. Einnahme von Samaria Šarru-kı¯n (Sargon) II. Du¯r-Sarrukin wird Königsresidenz Sîn-ahhe¯-erı¯ba (Sanherib) ˘˘ Ninive wird Königsresidenz Zerstörung von Babylon Aššur-aha-iddina (Asarhaddon) ˘ Eroberung von Ägypten Aššur-ba¯ni-apli (Assurbanipal) Schlacht am Ulai-Fluß gegen Elam Aššur-etel-ila¯ni Sîn-šumu-lı¯šer
363
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Zeittafeln 628-612 611-609 614 612
Sîn-šar-iškun Aššur-uballit II. ˙ Zerstörung von Assur Zerstörung von Ninive
5. Obermesopotamien und Syrien ca. 3600-3200 3. Jt.
ca. 2000-1600
1773-1759 / 1709-1695
ca. 1600-1200 ca. 1550-1335 ca. 1490 Nach 1345 bis zur Mitte des 13. Jh. gest. 1313/1309 um 1200 ca. 1350-1315/1311 1313/1309-ca. 1250
ca. 1200 um 1360 um 1230 Seit dem 13. Jh. um 1200
364
Kolonien und Handelsstützpunkte der Mittleren und Späten Uruk-Kultur am Euphrat (Habu¯ba Kabı¯ra) ˙ Machtzentren der Frühen Bronzezeit: Mari (Könige: Ištup-Išar, Iblul-Il, NIzi, Enna-Dagan) ˙ Ebla (Könige: Igriš-Halab, Irkab-Damu, Išar-Damu) ˘ Nagar (Tall Bra¯k) Tall Baydar (Nabada?) Urkeš (Tall Mozan) (Könige: Tupkiš, Tiš-adal, Šadar-mad, Adal-šen) Mittlere Bronzezeit Könige von Mari: Jaggid-Lim, Jahdun-Lim, Sumu-Jamam ˘ Jasma2-Addu (assyr. Herrschaft) Zimrilim von Mari Zerstörung von Mari durch Hammurapi von Babylon ˘ Könige von Jamhad (Aleppo): ˘ Sumu-Epuh, Jarim-Lim, Hammurapi ˘ ˘ Könige von Qatna: ˙ Išhi-Addu, Amut-pî-el ˘ Späte Bronzezeit Könige des Mittani-Reichs: Parattarna I., Sauštatar, Artatama I. Friedensvertrag mit Ägypten Šuttarna II., Artašumara, Tušratta Eroberung Nordsyriens durch die Hethiter Schrittweise Eroberung Obermesopotamiens durch die Assyrer Könige von Karkamiš: Šarri-Kušuh ˘ Šahurunuwa, Ini-Teššup, Talmi-Teššup ˘ Kuzi-Teššup Könige von Ugarit: Niqmaddu II. Niqmepa Ammistamru II., Ibiranu, Niqmaddu III., Hammurapi ˘ Zerstörung von Ugarit Könige von Amurru: Abdi-Aširta Aziru, Pentešina Šauškamuwa Ausbreitung der Aramäer »Seevölkerwanderung«
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Zeittafeln 1200-720
um 880 ca. 870-848 um 790 um 760 um 720
9. Jh. 8. Jh. 10./9. Jh. 9. Jh. 8. Jh. um 858 gest. 733 um 720 720-610 612-610 605-539 539-333 333
305-281 281-261 261-146 246-225 225-223 223-187 188 83 64/63
Späthethitische und aramäische Staaten Herrscher von Karkamiš: Suhis II. ˘ Katuwas Sangara Astiruwas (Regent: Jariri) Kamanis Herrscher von Azatiwatija (Karatepe): Azatiwatas (Regent der Könige von Adana) Herrscher von Bı¯t Bahiani ˘ mit Residenz Guzana (Tall Halaf): Kapara Adda-it3i Mannu-kı¯(-ma¯t)-Aššur (assyr. Statthalter) Herrscher von Bı¯t Adini mit Residenz Til Barsip = Masuwari (Tall Ahmar): ˙ Hamiyatas Ahuni ˘ Šamšı¯-ilu (assyr. Statthalter) Herrscher von Sam3al (Zincirli): Hajanu ˘ Kulamuwa Panamuwa I. Panamuwa II. Bar-ra¯kib Syrien überwiegend Teil des Assyrerreiches (s. Assyrien) Harran letzte assyrische Königsresidenz Syrien Teil des Neubabylonischen Reiches (s. Babylonien) Syrien Teil des Achämenidenreiches (s. Iran) Schlacht bei Issos Eroberung durch Alexander d.Gr. Syrien Teil des Seleukidenreiches Seleukos I. Antiochos I. Antiochos II. Seleukos II. Seleukos III. Antiochos III. Auseinandersetzungen mit Rom Friede von Apameia mit Rom Aufgabe der Ansprüche auf Kleinasien Eroberung des Seleukidenreiches durch Tigranes von Armenien Umwandlung der Reste des Seleukidenreiches in die römische Provinz Syrien
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Zeittafeln
6. Palästina (Juda und Israel) 1004/3-965/4 David (?) 965/4-926/5 Salomo (?) Juda
Israel
926-910 910-908 908-868
Rehabeam Abia Asa
868-847
Josaphat
852/47-845 (?)
Jehoram
845 (?) 845-840 (?) 840-801 (?)
Ahasia Athalja Joas
801-773
Amasja
773-736 (?) 756-741 (759-744)
Asarja / Ussia Jotham
741-725 (744-729)
Ahas
725-697 (728-700) 701 696-642 641-640 639-609 622 609 608-598 598/7 598/7-587/6 598/6 587/6 538 520 515 445/4-433/2
366
Hiskia Sanherib vor Jerusalem Manasse Amon Josia Reform Josias Joahas Jojakim Jojachin Zedekia 1. Eroberung Jerusalems 2. Eroberung Jerusalems Kyrosedikt Baubeginn des 2.Tempels Weihe des 2.Tempels Nehemia
927-907 907-906 906-883 883-882 882 882/78-871 871-852 853 852-851 (?) 852-841 (?) 841-814/13 (?)
Jerobeam I. Nadab Baësa Ela Simri Omri Ahab Schlacht bei Qarqar Ahasja Joram Jehu
818-802 (?) 802-787 787-747 (?)
Joahas Joas Jerobeam II.
747 747-738
Sacharja Menachem
737-736 735-732 734-732
Pekachja Pekach Syrisch-ephraimitischer Krieg Hosea Eroberung von Samaria und Ende des Nordstaates Israel
731-723 722
TUAT N.F. / p. 383 / 6.5.2004
Zeittafeln um 425 (oder um 398/7) 301-200/198 200/198-135 169-167 166-164
Esra Ptolemäer Seleukiden Antiochos IV. in Jerusalem Makkabäeraufstand
160-142 142-135/4 135/4-104 104-103 103-76 76-67 67-63 63-40 40-37 40/37-4 v. Chr.
Hasmonäer: Jonathan Simon Johannes Hyrkanos I. Aristobulos I. Alexander Janaios Salome Alexandra Aristobulos II. Hyrkanos II. Antigonos Herodes
4 v. Chr.-6 n. Chr. 6 n. Chr. 4. v. Chr.-39. n. Chr. 4. v. Chr.-34 n. Chr. 26-36 n. Chr. 41-44 nach 50-100 66-70/74 132-135
Archelaos Prokuratorischer Verwaltungsbezirk Judaea Herodes Antipas Philippus Pontius Pilatus Agrippa I. Agrippa II. 1. Jüdischer Aufstand 2. Jüdischer Aufstand
367
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Zeittafeln
7. Anatolien 17. / Anfang 16. Jh.
ca. 1650/1585 - 1545/1480 1595/1531
ca. 1545/1480-1350
ca. 1340-1190 ca. 1343-1322/1318 1322/1318 - 1321/1317 1321/1317-ca. 1385 1385-1372 1274 1272-1267 1267-1237 1259 1237-1228 1228-1209 1209-? nach 1200
um 832 um 800 ca. 755-ca. 735 ca. 735-714 um 673/72
um 655/54 um 643
368
Könige von Kussar(?): Huzzija, Papahdilmah, Labarna ˘ ˘ ˘ Könige des Hethiterreiches: Altes Reich Hattusili I., Mursili I. ˘ Eroberung von Babylon Hantili I., Zidanta I., Ammuna, ˘ Huzzija I., Telipinu ˘ Mittleres Reich Tahurwaili (Einordnung unklar), ˘ Alluwamna, Hantili II., Zidanta II., ˘ Huzzija II., Muwattalli I., Kantuzzili (?) ˘ Tudhalija I. (= »II.«), Arnuwanda I. ˘ Kaškäer-Einfälle Tudhalija II. (= »III.«), Tudhalija III. (?) ˘ ˘ Neues Reich (»Grossreichszeit«) Suppiluliuma I. Arnuwanda II. Mursili II. Muwattalli II. Schlacht von Qadeš Mursili III. (= Urhi-teššub) ˘ Hattusili »III.« ˘ Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Ägypten Tudhalija IV. ˘ Arnuwanda III. Suppiluliuma II. Aufgabe(?), Verfall und Zerstörung von Hattusa Könige von Urartu: Sardure I. Išpuini Minua Argišti I. Sardure II. Rusa I. Argišti II. Rusa II. Erimena Sardure III. Rusa III. Sardure IV.
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Zeittafeln
8. Iran
625-585 585-549 559-530 547 539 530-522 530 522-486 492, 490 486-465 480 465-424 424 423-404 404-359 401 359-338 338-336 336-330 333, 332 305-ca. 250 um 250
ca. 247/238-217 ca. 171-138 ca. 123-88 ca. 70-57 69 und 66 v. Chr. ca. 57-38 53 v. Chr. ca. 38-2 v. Chr. 20 v. Chr. 114-117 n. Chr. Nach 117 224 224-241 241-272 260
Meder-Reich Kyaxares Astyages (Ištumegu) Achämeniden-Reich Kyros II. Sieg über Kroisos von Lydien Einnahme von Babylon Kambyses II. Eroberung Ägyptens Darius I. Griechenlandfeldzüge Xerxes I. Schlacht bei Salamis Artaxerxes I. Xerxes II. Darius II. Artaxerxes II. Memnon Aufstand Kyros d. Jüngeren Artaxerxes III. Ochus Arses Darius III. Schlachten bei Issos und Gaugamela Eroberung durch Alexander d.Gr. Iran Teil des Seleukidenreiches Begründung des graeco-baktrischen Königreichs und Loslösung Parthiens aus dem Seleukidenreich Arsakiden-Reich Arsakes I. Mithradates I. Eroberung von Westiran und Mesopotamien Mithradates II. Parther als Großmacht, Eingreifen in Armenien Phraates III. Verträge mit Rom, Festlegung der Euphratgrenze Orodes II. Sieg bei Karrhai, Tod des Crassus Phraates IV. Friedensvertrag mit Rom Trajans Partherfeldzug, Eroberung von Ktesiphon Wiederherstellung der Euphrat-Grenze Ende des Parther-Reiches Sasaniden-Reich Ardašir I. Šapur I. Eroberung Armenien, Feldzüge gegen Syrien und Kleinasien Gefangennahme Kaiser Valerians
369
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Zeittafeln 277 287 297/98
Der Religionsstifter Mani stirbt im Gefängnis Friedensschluß mit Diokletian Verzicht der Sasaniden auf Armenien und Mesopotamien
9. Griechenland und Rom 336-323 321-281 321 301 281 280-275 264-241 218-201 202 222/21-179 215-205 200-197 197 196 192-188 188 179-168 171-168 168 149-146 146 89-63 74 58 60-44 48/47 seit 43 v. Chr. 27 v. Chr.-14 n. Chr. 14-37 n. Chr. 37-41 41-54 54-68 68/69 69-79 79-81 81-96
370
Alexander III., der Große Diadochenkriege Neuordnung von Triparadeisos Schlacht von Ipsos Schlacht von Kurupedion Pyrrhos V. von Epirus in Italien 1. Punischer Krieg 2. Punischer Krieg Schlacht bei Zama Philipp V. von Makedonien 1. Röm.-Maked. Krieg 2. Röm.-Maked. Krieg Schlacht bei Kynoskephalai Freiheitserklärung des T. Quinctius Flamininus für Griechenland Römisch-Syrischer Krieg Friede von Apameia Perseus von Makedonien 3. Röm.-Maked. Krieg Schlacht von Pydna 3. Punischer Krieg Zerstörung Karthagos und Korinths Mithradatische Kriege Cyrene römische Provinz Zypern von Rom eingezogen C. Iulius Caesar in der röm. Innenpolitik Alexandrinischer Krieg C. Iulius Caesar Octavianus in der röm. Innenpolitik Iulisch-Claudische Kaiser: Augustus Tiberius Gaius (Caligula) Claudius Nero Vierkaiserjahr Flavische Kaiser: Vespasian Titus Domitian
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Zeittafeln
96-98 98-117 115-117 117-138 138-161 161-180 180-192 193-211 196-217 212 218-222 222-235 235-238 238-244 244-249 249-251 250 253-260 257-260 261-271 270-275 276-282 284-305 († 316?)
Adoptivkaiser: Nerva Trajan Jüd. Aufstand in Ägypten Hadrian Antoninus Pius Marc Aurel Commodus Severische Kaiser: Septimius Severus Caracalla Constitutio Antoniniana Elagabal Severus Alexander Soldatenkaiser: Maximinus Thrax Gordian III. Philippus Arabs Decius Christenverfolgung Valerian Christenverfolgung Palmyren. Reich Aurelian Probus Diocletian
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Zeittafeln
10. Südarabien 2.Jt. Mitte 8. Jh. 732 715 685 7. Jh. 6. Jh. 5. Jh. 4. Jh. 3. Jh. 110 26/25 v. Chr.
Um 25 n. Chr. Mitte 1. Jh. Um 75 1.-3. Jh. 2.Hälfte 2. Jh. Erstes Drittel 3. Jh. Mitte 3. Jh. Um 280 Ende 3. Jh. Mitte 4. Jh. 2. Hälfte 4. Jh. 383 1. Drittel 5. Jh. 522-523
525 535-575 548 575 632
372
Einwanderung semitisch-sprachiger Stämme aus dem Norden Karawane aus Saba und Tayma¯ am mittleren Euphrat von dortigem assyrischen Statthalter aufgebracht Sabäer als Tributbringer von Tiglatpilesar III. genannt Der sabäische Herrscher Itamra (Yita23amar) als Tributbringer von Sargon II. ¯ genannt Dem assyrischen König Sanherib werden von dem Sabäer Karibilu (Karib3il Watar) Geschenke überbracht Vorherrschaft Sabas in Südwestarabien Errichtung des Südbaus des großen Damms von Ma¯rib Qataban und die Minäer lösen sich aus sabäischer Vorherrschaft Die Minäer kontrollieren den Überlandhandel ans Mittelmeer und nach Mesopotamien Qataban mit seiner Hauptstadt Timna2 auf dem Höhepunkt seiner Macht, kontrolliert u. a. den Ba¯b al-Mandab Beginn der himyarischen Ära Feldzug des römischen Präfekten von Ägypten Aelius Gallus nach Südarabien. Scheitern der Expedition. Qatabanische Hauptstadt Timna2 wird von Hadramawt zerstört Das Seefahrerhandbuch Periplus Maris Erythraei belegt die Bedeutung des Seehandels am Roten Meer und Indischen Ozean Zafa¯r, Hauptstadt der Himyar, bei Plinius d. Ä. erwähnt ˙ Saba, Himyar und weitere Dynastien aus dem jemenitischen Hochland streiten um die Vorherrschaft Qataban wird Hadramawt einverleibt. Erste Intervention der Abessinier von der jemenitischen Küsteneben aus Der Sabäerkonig Ša¯2irum 3Awtar erobert die Oasenstadt Qaryat al-Fa3w in Zentralarabien und zerstört die hadramitische Hauptstadt Šabwa Die Sabäerkönige führen Krieg mit den Äthiopiern in der westlichen Küstenebene und Nagra¯n sowie mit den Himyar im südlichen Hochland Unter dem Himyarenkönig Yasirum Yuhan2im Ende der sabäischen Dynastie in Ma¯rib Der Himyarenkönig Šammar Yuhar2iš erobert Hadramawt und eint Südarabien Erste Zeugnisse für christliche und jüdische Missionstätigkeit in Südarabien Erster inschriftlich bezeugter Bruch des Dammes von Ma¯rib Der Himyarenkönig Malkı¯karib Yuha3min mit Söhnen bekennt sich zum Monotheismus Unter 3Abu¯karib 3As2ad erreicht das Himyarenreich größte territoriale Ausdehnung Yu¯suf 3As3ar Yat3ar (du¯ Nuwa¯s) geht gegen die Christen und ihre äthiopischen ¯ ¯ Verbündeten in Zafa¯r und an der Westküste vor, ˙ Tod der himyarischen Christen in Nagra¯n Jemen wird von den Abessiniern besetzt Jemen unter 3Abraha und seinen Söhnen christlich Erneuter Bruch des Dammes von Ma¯rib Südarabien wird persische Provinz Der Jemen wird islamisch