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German Pages 326 [350] Year 2013
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge
Begründet von Otto Kaiser Herausgegeben von Bernd Janowski und Daniel Schwemer in Verbindung mit Karl Hecker, Andrea Jördens, Jörg Klinger, Heidemarie Koch, Ingo Kottsieper, Matthias Müller, Norbert Nebes, Hans Neumann und Herbert Niehr Redaktion: Annette Krüger, Tübingen
Gütersloher Verlagshaus
Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Neue Folge Band 7
Hymnen, Klagelieder und Gebete Daniel Arpagaus, Barbara Böck, Andreas Dorn, Karl Hecker, Andrea Jördens, Jörg Klinger, Maria Michela Luiselli, Carsten Knigge Salis, Stefan M. Maul, Matthias Müller, Hans Neumann, Herbert Niehr, Susanne Paulus, Lutz Popko, Joachim Friedrich Quack, Daniel Schwemer
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Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
I.
Texte aus Mesopotamien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Sumerische Hymnen und Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Neumann 1. Eine Hymne auf den Gott Enlil . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eine Hymne auf den König Rı¯m-Sîn von Larsa mit der Fürbitte an den Himmelsgott An (Rı¯m-Sîn C) . . . . . . 3. Die Tempelbauhymne Gudeas von Lagasˇ (Zylinder A) . . . . . . Susanne Paulus 4. Ein literarischer Text über die Unmöglichkeit, einen Tempelbau zu errichten (Amar-Su’ena A) . . . . . . . . . . Hans Neumann 5. Gottesbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barbara Böck 5.1 Briefgebet von Gudea an seinen persönlichen Gott . . . . . 5.2 Briefgebet von Sin-sˇamuh an Enki . . . . . . . . . . . . . . 6. ›Herzberuhigungsklagen‹ (ér-sˇ˘à-hugˆ-gˆá) . . . . . . . . . . . . . ˘ Stefan M. Maul 6.1 Eine an den Götterkönig Enlil gerichtete ›Herzberuhigungsklage‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Eine an den Gott Ninurta gerichtete ›Herzberuhigungsklage‹ 6.3 Eine ›Herzberuhigungsklage‹, die an eine beliebige, namentlich nicht auszumachende Gottheit gerichtet ist . . .
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1
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4
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6 9
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40 40 42
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43 46
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54 63 66 72 75 77 79 80 82 85 91 94
Akkadische Hymnen und Gebete . . . . . Karl Hecker 1. »Ich zählte die Lieder« . . . . . . . . 2. Isˇtars Geliebter . . . . . . . . . . . . 3. Der große Sˇamasˇ-Hymnus . . . . . . 4. Alle sind Isˇtar . . . . . . . . . . . . 5. Eine Klage um Tammu¯z . . . . . . . 6. Uruk, meine Liebe . . . . . . . . . . 7. Wie prachtvoll ist der Tempel! . . . . 8. Ein Loblied auf König Kurigalzu . . . 9. Ein Gebet Assurnasirpals I. . . . . . 10. Ich bete zu dir, Isˇtar! . . . . . . . . . 11. Das Klagegebet des Nabû-sˇuma-ukı¯n 12. Inschriftliche Gebete . . . . . . . . .
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V
Inhalt
II.
13. Gottesbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Personennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96 98
Texte der Hethiter
99
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Hethitische Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Klinger 1. Gebete an den Sonnengott und den persönlichen Schutzgott (CTH 372-74) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Schwemer 1.1 Das Gebet des Kantuzzili (CTH 373) . . . . . . . . . . . 1.2 Das Gebet eines Königs (CTH 374) . . . . . . . . . . . . 1.3 Das Gebet eines Sterblichen (CTH 372) . . . . . . . . . . 2. Die Pestgebete Mursilis II. (CTH 378) . . . . . . . . . . . . . . Jörg Klinger 2.1 Das 1. Pestgebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das 2. Pestgebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gebet Mursˇilis II. in der Affäre um seine Schwiegermutter Tawananna (CTH 71) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Klinger 4. Das Gebet Muwatallis II. an die Versammlung der Götter durch den Wettergott des Blitzes (CTH 381) . . . . . . . . . . . . . . Jörg Klinger 5. Gebet Hattusˇilis III. und der Puduhepa an die Sonnengöttin ˘ von Arinna (CTH 383) . . . . . ˘. . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Klinger
III.
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99
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105
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105 108 110 114
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115 117
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121
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124
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128
Texte aus Syrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Gebete aus Ugarit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Niehr 1. Eine Gebetsanrufung (KTU 1.65; RS 4.474) . . . . . . . . . . . . 2. Eine Litanei (KTU 1.102; RS 24.246) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eine Gebetsanrufung um Heil (KTU 1.123; RS 24.271) . . . . . . 4. Ein Gebet um Rettung durch Ba2al (KTU 1.119, 26-36; RS 24.266, 26-36) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Eine Fürbitte für den König (KTU 1.108, 18-27; RS 24.252, 18-27)
IV.
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133
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136 137 139
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141 143
Texte aus Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Ägyptische Hymnen und Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli 1. Frühe Hymnen und Gebete an Re und Hathor . . . . . . . . . . . Joachim Friedrich Quack 1.1 Die Hymnenstele des Königs Antef Wah-Anch . . . . . . . .
VI
145 148 148
Inhalt
1.2 Gesang an Hathor im Grab der Senet . . . . . . . . . . . . . 2. Drei Hymnen an Thot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Friedrich Quack 2.1 Hymnus und Gebet an Thot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Hymnus an Thot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Gebet an Thot auf einer Statue des Haremhab . . . . . . . . . 3. Gebete als Schultexte in ramessidischen Papyri . . . . . . . . . . . Joachim Friedrich Quack 3.1 Gebet an Amun als Schutzgott . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Gebet an Amun um beruflichen Erfolg . . . . . . . . . . . . 3.3 Amun als gerechter Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Amun als gerechter Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Amun als Schutzgott und Patron . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Bitte um Schutz an den Sonnengott . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Lobpreis auf Thot als persönlichen Schutzgott . . . . . . . . . 3.8 Gebet an Thot um beruflichen Erfolg . . . . . . . . . . . . . 3.9 Gebet an Thot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gebete auf Ostraka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Friedrich Quack 4.1 Amun als gerechter Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Amun als gerechter Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Bitte an Amun um Beistand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Gebet und numerischer Hymnus an Amun . . . . . . . . . . 4.5 Gebet an Amun und Thot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Loyalität und Illoyalität gegen Amun . . . . . . . . . . . . . 4.7 Bekenntnis zu Amun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Die Göttin Mut als Beistand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ostraka mit Gebeten eines aus dem Amt Vertriebenen . . . . . . . Joachim Friedrich Quack 5.1 Hymnus an den Schöpfergott . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Hymnus und Gebet an den Schöpfer- und Weltgott . . . . . . 5.3 Hymnus und Gebet an den Sonnengott . . . . . . . . . . . . 5.4 Hymnus an den Sonnengott unter Betonung des nächtlichen Aspekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Hymnus an den Weltgott unter besonderer Betonung der nächtlichen Sonnenfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Hymnus an den chthonischen Osiris . . . . . . . . . . . . . 5.7 Hymnus an Osiris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Hymnus und Gebet an Ptah . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Gebet an Amun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ramessidische Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Müller 6.1 Gebet Ramses’ II. an Amun während der Kadesch-Schlacht . . 6.2 Totengebet für König Djoser (grDjoser A) . . . . . . . . . . . 6.3 Gebet für ein hohes Alter und ein gutes Begräbnis (grDjoser S)
149 150 150 152 153 156 157 157 158 159 159 160 161 162 163 164 164 164 165 165 166 167 169 170 171 171 172 173 174 175 177 178 180 181 182 184 186 186 VII
Inhalt
6.4 Gebet für ein gutes Alter (grPtahschepses) . . . . . . . . . . . 6.5 Gebet für Wohlergehen (grDB 15) . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Gebet um Beistand (grDB 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Gebet um Aufmerksamkeit einer Frau (grDB 29) . . . . . . . 6.8 Gebet für Potenz (grDB 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Gebet um bessere Laune (grDB 24) . . . . . . . . . . . . . . 6.10 Gebet um Beistand (grDB 43) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11 Gebet um Beistand (grDB 33) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12 Gebet um Beistand (grDB 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.13 Gebet um Beistand nach dem Tod (grDB 5) . . . . . . . . . . 6.14 Gebet um längeres Leben (grDB 8) . . . . . . . . . . . . . . 6.15 Gebet für Teilhabe am Kult (statBrighton) . . . . . . . . . . . 6.16 Gebet für Teilhabe am Kult (statLyon) . . . . . . . . . . . . . 7. Der Gebetshymnus des Hay an Amun-Re-Harachte . . . . . . . . . Andreas Dorn 8. Die Königshymnen an Ramses VI. und VII. des Papyrus Turin CG 54031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Popko 8.1 Hymnus an Ramses VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Hymnus an Ramses VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Hymnus an Ramses VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Hymnus an Ramses VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Hymnus an Ramses VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Hymnus an Ramses VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Hymnus an Ramses VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Hymnen und Gebete des späten 2. und des 1. Jahrtausends v. Chr. . Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli 9.1 Hymnus an Amun: aus Papyrus Leiden I 344 vso. (II,1-4; II,9-III,4; V,1-4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Lob des Nils auf einer ›Nilstele‹ Ramses’ II. am Gebel el-Silsilah 9.3 Hymnus an den nach Theben zurückkehrenden König: Ostrakon Wilson 100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Hymnus und Gebet Ramses’ III. an Ptah: aus Papyrus Harris I (P. BM EA 9999, XLIV,3-XLV,2) . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Litanei und Hymnus an den Sonnengott: aus Papyrus Greenfield (P. BM EA 10554 LXIX-LXX 1,13.LXXV 2,20-4,4) . . . . . . . 9.6 Hymnus und Gebet an Osiris: P. BM EA 10299 . . . . . . . . 9.7 Hymnische Anrufungen an die Göttertriade von Theben, Amun-Re, Mut und Chonsu: aus der Königsnekropole von Tanis (Grab König Psusennes’ I.) . . . . . . . . . . . . . . . 9.8 Gebet an Amun, angeblich von einer Tempelmauer abgeschrieben: P. Berlin P 3056 VIII,4-IX,1 . . . . . . . . . . 9.9 Hymnus und Gebet eines Verstorbenen an den Sonnengott: Stele London BM EA 1224 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VIII
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Inhalt
9.10 Hymnus und Gebet eines Verstorbenen an Amun als Sonnengott: Stelophor Kairo CG 42237 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 9.11 Anruf und Opfergebet eines Verstorbenen an Osiris: Statue Kairo CG 48631 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 9.12 Hymnus und Gebet an Re-Atum als Totengott: Stele Kairo CG 22071 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 9.13 Hymnus und Gebet an den Sonnen- und Totengott: Statue Kairo CG 1098 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 9.14 Hymnus an den Mond / Thot: aus P. BM 10474 vso. . . . . . 231 9.15 Hymnus an Ma’at im Tempel von Hibis in der Oase El-Charga . 232 9.16 Litanei an Amun im ›Geburtshaus‹ des Tempels von Dendera . 234 9.17 Hymnen und Litaneien an Isis-Hathor aus dem Isis-Tempel von Philae (Hymnen II, V, VI, VIII) . . . . . . . . . . . . . . . . 235 9.18 Hymnen an Min im Tempel von Edfu (Edfu I,394.397.398.400) 239 9.19 Hymnus an Amun im ›Geburtshaus‹ des Tempels von Edfu . . 242 10. Vier ptolemäer- und römerzeitliche Hymnen zur Abwendung von Seuchengefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Daniel Arpagaus 10.1 Seuchenpräventive Anrufung an Sachmet im Tempel von Edfu 246 10.2 Anrufung an Bastet im Tempel von Edfu . . . . . . . . . . . 250 10.3 Ein »Habt-Ehrfurcht«-Hymnus für Mut . . . . . . . . . . . 254 10.4 Ein Hymnus an Tutu, Truppenführer der Pfeildämonen . . . 257 11. Demotische Hymnen und Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Joachim Friedrich Quack 11.1 Bittgebet an Isis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 11.2 Gebet an Isis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 11.3 Aufforderung zum Lob der Isis . . . . . . . . . . . . . . . . 264 11.4 Aufforderung zum Lobpreis der Isis aufgrund eigener Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 11.5 Anrufung an Schutzgott eines Steinbruchs . . . . . . . . . . 267 11.6 Anrufung an Osiris Apis und Osiris Mnevis . . . . . . . . . 268 11.7 Anrufung des Osiris-Buchis . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 11.8 Festgedicht zu einer Orgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
V.
Griechische Texte aus Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Andrea Jördens 1. Isis-Aretalogie aus Kyme . . . . . . . . . . . . . . 2. Isis-Aretalogie aus Kyrene in iambischen Trimetern 3. Die Hymnen des Isidoros von Narmuthis . . . . . 3.1 Erster Hymnus des Isidoros . . . . . . . . . 3.2 Zweiter Hymnus des Isidoros . . . . . . . . 3.3 Dritter Hymnus des Isidoros . . . . . . . . . 3.4 Vierter Hymnus des Isidoros . . . . . . . . . 4. Isis-Hymnus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Paian auf Asklepios aus Ptolemais Hermiu . . . .
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276 279 279 280 281 282 283 284 285 IX
Inhalt
6. 7. 8. 9.
Hermes-Hymnus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lobpreis der vielnamigen Isis aus Oxyrhynchos . . . . . . . . . . . Lobpreis des Sarapis und seines Wirkens auf Delos . . . . . . . . . Anrufungen des Mandulis aus dem nubischen Talmis . . . . . . . . 9.1 Hymnus auf den im Traum erschienenen Mandulis . . . . . . 9.2 Vier Lobpreisungen des Mandulis von Paccius Maximus . . . 9.2.1 Die sog. »Vision des Maximus« . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Das Gebet des Pakkios . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Ein Gebet an Mandulis mit der Bitte um Heimkehr . . 9.2.4 Ein Gebet an Mandulis mit der Bitte um Heimkehr des Herodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
287 289 296 299 301 302 304 306 308 309
Zeittafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
X
Vorwort Die Kommunikation zwischen Mensch und Gottheit ist ein wesentliches Element aller Religiosität, in der Gegenwart ebenso wie in den alten Kulturen des Nahen Ostens, deren schriftliche Zeugnisse die Texte aus der Umwelt des Alten Testaments repräsentativ erschließen. Göttliche Mitteilungen erreichten den antiken Menschen etwa durch Omina, Orakelbefragungen, Träume oder prophetische Botschaften (vgl. TUAT.NF 4). Ebenso vielfältig waren die Formen, in denen Menschen das Wort an die Gottheit richteten. Eine Auswahl von Texten aus diesem Bereich ist in vorliegendem Band zusammengestellt, der im Titel »Hymnen, Klagelieder und Gebete« den Reichtum an unterschiedlichen Textformen, die aus den alten Kulturen des Vorderen Orients und Ägyptens überkommen sind, nur andeuten kann. Bitte, Klage und Dank sind so neben dem Lobpreis der Gottheit auch typische Elemente der meisten Gebetstexte. Im Bittgebet trug man Anliegen vor und formulierte den Dank für die erhoffte Hilfe, der auch als eigenständiges Dankgebet dargebracht werden konnte. Die Erfahrung von Leid und Katastrophen artikulierte man in Form einer Klage; dominiert dieses Element den Text, so sprechen wir von Klagebeten. In sogenannten Klageliedern nehmen Klagegebete die Form umfangreicher poetischer Texte an, in denen die eigentliche Bitte hinter die ausführliche Beschreibung des Leids zurücktritt. Nicht zuletzt das Lob der Gottheit wurde meist in poetische Sprache gefaßt, die nicht nur das Gefallen der Gottheit hervorrufen und den Text als sakral markieren sollte, sondern auch den Zuhörern das segensreiche Wirken der Gottheit eindrücklich vorstellte. Da im Hymnus über Wesen und Handeln einer Gottheit reflektiert wurde, zeigen manche Hymnen auch Nähe zu Texten der Weisheitsliteratur. Zahlreiche Gebete enthalten, zumal zu Beginn, hymnische Passagen, so daß eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Textgattungen oft nicht leicht fällt. Während der Ort des kunstvoll komponierten Hymnus vorrangig das Heiligtum war, in dem der Gottheit im Rahmen des Kultes ihr Lobpreis vorgetragen wurde, fanden Gebete in verschiedenen sozialen Kontexten Verwendung. Dazu zählen auch Rituale, die von Heilkundigen und Beschwörern zur Heilung, Reinigung oder Stärkung von Menschen durchgeführt wurden. Das gesprochene Wort ist ein konstitutives Element dieser Rituale, die wegen ihrer symbolischen Handlungen gerne als magische Rituale bezeichnet werden. Oft richten sich die Rezitanda der magischen Rituale unmittelbar an eine Gottheit, fast immer erhoffen sie zumindest implizit göttliche Hilfe. Eine klare Differenzierung zwischen Gebet und Beschwörung fällt daher oft schwer, und tatsächlich werden etwa in der mesopotamischen Kultur die beiden Textsorten terminologisch nicht unterschieden, ebenso wie eine Opposition zwischen einer ›religiösen‹ und einer ›magischen‹ Weltauffassung Babyloniern und Assyrern fremd gewesen wäre. Alle in vorliegendem Band versammelten Hymnen, Gebete und Klagen sind uns überliefert, weil sie zu einem bestimmten Zeitpunkt schriftlich niedergelegt wurden. Die Motivation zur Verschriftung ist oft direkt mit der Intention des Textes verknüpft. Dies ist etwa der Fall, wenn Gebete auf im Tempel aufgestellte Beterstatuetten geschrieben oder auf Bauteilen eines Heiligtums – sei es als monumentale Inschrift, sei XI
Vorwort
es als privates Graffito – angebracht wurden (zahlreiche Beispiele finden sich v. a. in den Teilen IV. und V.; s. aber auch I., 12. »Inschriftliche Gebete«). Dasselbe gilt für Gebete, die in Briefform gefaßt vor der Gottheit deponiert wurden (s. I., 13. »Gottesbriefe«). Viele Hymnen, Gebete und Lieder wurden unmittelbar in Hinsicht auf ihren Vortrag vor der Gottheit niedergeschrieben (vgl. etwa das Gebet des hethitischen Königs Mursˇili II., 2.2). Andere wurden Teil der von Generation zu Generation weitergegebenen Überlieferung. Dabei tradierte man sie nicht nur für die Rezitation im rituellen Kontext, sondern nutzte sie auch als Modelltexte in der Ausbildung von Schreibern, zu deren Aufgaben auch die Komposition neuer Gebetstexte nach überkommenen Mustern gehörte (vgl. etwa IV. 3. »Gebete als Schultexte in ramessidischen Papyri«). Angesichts dieses Überlieferungsbildes können die meisten aus der altorientalischen und altägyptischen Welt bekannten Hymnen und Gebete nicht als Ausdruck der individuellen Religiosität einzelner Personen betrachtet werden. Das »freie Gebet« war zwar auch innerhalb formalisierter ritueller Vollzüge nicht unbekannt; doch halten die Ritualtexte, die ja präskriptiven Charakter haben und nicht einzelne Ritualdurchführungen dokumentieren, in diesen Fällen naturgemäß nie den Wortlaut fest. Zugleich sind uns jedoch auch Gebetstexte erhalten, die in bestimmten historischen Situationen von im Text genannten Persönlichkeiten komponiert oder in Auftrag gegeben wurden. Dies gilt nicht nur für zahlreiche Privatinschriften in Tempeln, die ihre Anliegen recht unprätentiös vortragen (z. B. IV., 6.5), sondern etwa auch für das hochliterarische Klagegebet des Nabû-sˇuma-ukı¯n, eines Sohnes Nebukadnezzars II. (6. Jh. v. Chr.), der in Ungnade gefallen ist und im Gefängnis sitzt (I., 11.). Die Gebete Mursˇilis II., eines hethitischen Königs im späten 14. Jh. v. Chr., sind von vielen traditionellen Textpassagen geprägt, gehören aber zugleich in spezifische historische Situationen, spiegeln die Reaktion des Königs auf die Ereignisse und sind sicherlich in Konsultation mit dem König komponiert worden (s. II., 2. und 3.). Schließlich hält eine mehrfach angebrachte hieroglyphische Inschrift Ramses’ II. nicht nur die militärischen Ereignisse der Schlacht von Kadesch fest, sondern überliefert auch im Wortlaut das Bittgebet des Königs, das dieser in seiner Not vor der Schlacht an Amun gerichtet haben soll (IV., 6.1); wie so viele Bitt- und Klagegebete beginnt auch dieses mit der Frage »Warum, mein Vater Amun?« Die in diesem Band vorgestellten Textgattungen gehören zu den wichtigsten Quellen für die Religionsgeschichte Altvorderasiens und -ägyptens. Sie geben Auskunft zu den religiösen Haltungen und ihren Ausdrucksformen in den verschiedenen Epochen und Kulturen dieses Teils der Menschheitsgeschichte. In begrenztem Maße erlauben sie uns auch unmittelbaren Einblick in die Religiosität einzelner Persönlichkeiten. Darüber hinaus enthalten sie wertvolle Informationen zu theologischen Konzepten, insbesondere in Hinsicht auf die Vorstellungen, die mit einzelnen Gottheiten assoziiert wurden. Schließlich darf man die Hymnen, Klagelieder und Gebete auch als Quellen zur politischen Geschichte nicht unterschätzen, setzen sich doch viele Texte dieses Genres mit einschneidenden historischen Ereignissen auseinander. Unser herzlicher Dank geht auch dieses Mal wieder an Frau T. Scheifele und Herrn D. Steen vom Gütersloher Verlag für die verlegerische Betreuung, an Herrn Dr. J.-U. Andres für die Erstellung der Druckvorlage, an Frau Dr. A. Krüger, Tübingen, für die XII
Vorwort
sorgfältigen Redaktions- und Korrekturarbeiten. Selbstverständlich sind in unseren Dank auch die Fachherausgeber und die zahlreichen Autoren und Autorinnen eingeschlossen, von deren kompetenter und pünktlicher Arbeit das Projekt lebt. Tübingen und Würzburg, im November 2012
Bernd Janowski / Daniel Schwemer
XIII
Abkürzungen Die Abkürzungen entsprechen dem Verzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie, zusammengestellt von S. M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, 2., überarb. und erw. Aufl., Berlin; New York 1992. Darüber hinaus werden verwendet: AAHL ÄAT ABD ABoT AC ADD AE AfK AfO AG Äg Urk AGM AGS AHR AHw AJ AKT ALASP AlT AMD AMT AoF AP APA APAW APE APF APOE
J. M. Lindenberger, Ancient Aramaic and Hebrew Letters, SBL.WAW 14, Atlanta 2. Aufl. 2003 Ägypten und Altes Testament, Wiesbaden 1, 1979 ff. The Anchor Bible Dictionary I-VI, (ed. by) D. N. Freedman, New York / NJ u. a. 1992 Ankara Arkeoloji Müzesinde bulunan Bog˘azköy Tabletleri, Istanbul 1948 J. J. Koopmans, Aramäische Chrestomathie, Leiden 1962 C. H. Johns, Assyrian Deeds and Documents, Cambridge 1898-1923 B. Porten, Archives from Elephantine. The Life of an Ancient Jewish Military Colony, Berkeley / CA / Los Angeles / CA 1968 Archiv für Keilschriftforschung, Berlin 1923-1925 Archiv für Orientforschung, Wien R. Degen, Altaramäische Grammatik der Inschriften des 10.-8. Jh. v.Chr., AKM XXXVIII, 3, Wiesbaden 1969 Urkunden des ägyptischen Altertums, (hg. von) G. Steindorff u. a., Leipzig u. a. 1903 ff. (Sudhoffs) Archiv für die Geschichte der Medizin, Leipzig / Wiesbaden S. Segert, Altaramäische Grammatik mit Bibliographie, Chrestomathie und Glossar, Leipzig 1975 An Aramaic Handbook, (hg. von) F. Rosenthal, Wiesbaden 1967 = Porta linguarum orientalium, Neue Serie X W. von Soden, Akkadisches Handwörterbruch, Wiesbaden 1965-1981, 1985 Antiquaries Journal, London / Oxford 1921 ff. Ankara Kültepe Tabletleri / Ankaraner Kültepe-Tafeln bzw. Texte I-II, Ankara 1990-1995; III: FAOS Beih. 3, 1995 Abhandlungen zur Literatur Alt-Syrien-Palästinas, Münster 1988 ff. D. J. Wiseman, The Alalakh Tablets, London 1953 Ancient Magic and Divination, Groningen 1999 ff. R. Campbell Thompson, Assyrian Medical Texts, London 1923 Altorientalische Forschungen, Berlin 1974 ff. Aramaic Papyri of the Fifth Century B.C., (ed. by) A. Cowley, Oxford 1923 Aramaic Papyri Discovered at Assuan, (ed. by) A. H. Sayce (assist. A. E. Cowley), London 1906 Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse, Berlin 1908-1944 A. Ungnad, Aramäische Papyrus aus Elephantine, Leipzig 1911 Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete, Berlin 1901 ff. Aramäische Papyrus und Ostraka aus einer jüdischen Militärkolonie zu Elephantine, (hg. von) Ed. Sachau, Leipzig 1911
XV
Abkürzungen
ARET ARI ASAE ASJ ATTM ATTM.E AulaOr. BaF BAM I-VI BAM VII BAR BBR BBVO BCH BdE BE
BGU BiMes. BIN BKBM BL BMAP BMECCJ BoSt BRM BSA BSOAS BWL CAD CANE CAT
CDLB XVI
Archivi reali di Ebla. Testi, Rom 1981 ff. A. K. Grayson, Assyrian Royal Inscriptions, Records of the Ancient Near East I-II, Wiesbaden 1972 ff. Annales du Service des Antiquités de l’Égypte, Le Caire 1900 ff. Acta Sumerologica, Hiroshima 1979 ff. K. Beyer, Die aramäischen Texte vom Toten Meer, Göttingen 1984 ATTM Ergänzungsband, Göttingen 1994 Aula Orientalis, Barcelona 1983 ff. Baghdader Forschungen, Mainz 1979 ff. F. Köcher, Die babylonisch-assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen I-VI, Berlin (/ New York) 1963-80 M. J. Geller, Renal and Rectal Disease Texts, Die babylonisch-assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen VII, Berlin / New York 2005 J. H. Breasted, Ancient Records of Egypt I-V, Chicago / IL 1906 H. Zimmern, Beiträge zur Kenntnis der babylonisch-assyrischen Religion I-II, Leipzig 1901 Berliner Beiträge zum Vorderen Orient, Berlin 1982 ff. Bulletin de correspondance hellénique, Athènes / Paris 1877 ff. Bibliothèque d’Études, Institut Français d’Archéologie Orientale, Kairo 1908 ff. The Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania, Pennsylvania / PA 1893 ff.; Series A: Cuneiform Texts (für Eimzelbände s. HKL II, xv) Ägyptische Papyri aus den Königlichen (später: Staatlichen) Museen zu Berlin, Griechische Urkunden, (hg. von) U. Wilcken u. a., Berlin 1895 ff. Bibliotheca Mesopotamica, Malibu / CA 1975 ff. Babylonian Inscriptions in the Collection of J. B. Nies, New Haven / CT 1917 ff. F. Küchler, Beiträge zur Kenntnis der assyrisch-babylonischen Medizin, Assyriologische Bibliothek 18, Leipzig 1904 Berichtigungsliste der Griechichen Papyrusurkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Berlin, Leipzig 1922 ff. E. G. Kraeling, The Brooklyn Museum Aramaic Papyri, New Haven / CT 1953 Bulletin of the Middle Eastern Culture Center in Japan, Wiesbaden 1984 ff. Boghazköi – Studien, (hg. von) O. Weber, Leipzig 1916 ff. Babylonian Records in the Library of J. P. Morgan, New Haven / CT 1917 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xvi) Bulletin on Sumerian Agriculture, Cambridge 1984 ff. Bulletin of the School of Oriental and African Studies W. G. Lambert, Babylonian Wisdom Literature, Oxford 1960 The Assyrian Dictionary of the University of Chicago, Chicago (/ Glückstadt) 1956 ff. Civilizations of the Ancient Near East, (ed. by) J. M. Sasson, New York 1995 M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín, The Cuneiform Alphabetic Texts from Ugarit, Ras Ibn Hani and Other Places (KTU: Second, enlarged edition), Münster 1995 Cuneiform Digital Library Bulletin, Los Angeles
Abkürzungen
CDLJ CDOG CE CHANE CHD CM CPR CRIPEL CSF CST CT CTH CTN CTN IV DAE DAFI DAI DaM DARI DCS DDD
DLU DNWSI ElW ESE GGA GMP HAE HAHL HANE/M HANE/S HdO Hermes
Cuneiform Digital Library Journal, Los Angeles Colloquien der Deutschen Orient-Gesellschaft, Saarbrücken 1997 ff. Chronique d’Égypte, Brussel 1925 ff. Culture and History of the Ancient Near East, Leiden / Boston / MA / Köln 2000 ff. The Chicago Hittite Dictionary, Chicago 1975 ff. Cuneiform Monographs, Groningen 1992 ff. Corpus Papyrorum Raineri (Archiducis Austriae), (hg. von) C. Wessely u. a., Wien 1895 ff. Cahiers de recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Egyptologie de Lille, Lille 1973 ff. Collezione di studi fenici, Roma 1973 ff. T. Fish, Catalogue of Sumerian Tablets in the John Rylands Library, Manchester 1932 Cuneiform Texts from Babylonian Tablets in the British Museum, London 1896 ff. (für Einzelbände s. HKL II,xvii) E. Laroche, Catalogue des textes hittites, Paris 1971 Cuneiform Texts from Nimrud, London 1972 ff. D. J. Wiseman / J. A. Black, Literary Texts from the Temple of Nabû, Cuneiform Texts from Nimrud IV, London 1996 P. Grelot, Documents araméens d’ Égypte, LAPO 5, Paris 1972 Cahiers de la Délégation Archéologique Française en Iran, Paris 1971 ff. Deutsches Archäologisches Institut, Berlin Damaszener Mitteilungen, Mainz 1983 ff. Die alt- und reicharamäischen Inschriften, FoSub 2m, hg. von D. Schwiderski, Berlin / New York 2004 Cybernetica Mesopotamica, Data Sets: Cuneiform Texts, Malibu / CA 1979 ff. Dictionary of Deities and Demons in the Bible, (ed. by) K. van der Toorn / B. Becking / P. W. van der Horst, Leiden 1995; 2. überarbeitete Aufl., Leiden 1999 G. del Olmo Lete / J. Sanmartín, Diccionario de la lengua ugarítica I-II, AulaOr Suppl. 7-8, Barcelona 1996-2000 J. Hoftijzer / K. Jongeling, Dictionary of the North-West Semitic Inscriptions, HdO I/21,1-2, Leiden u. a. 1995 W. Hinz / H. Koch, Elamisches Wörterbuch, Berlin 1987 M. Lidzbarski, Ephemeris für semitische Epigraphik I-III, Gießen 1902-1915 Göttingische gelehrte Anzeigen, Göttingen 1802 ff. The Greek Magical Papyri in Translation: Including the Demotic Spells, hg von H. D. Betz, Chicago / IL u. a. 1986 J. Renz / W. Röllig, Handbuch der althebräischen Epigraphik I-III, Darmstadt 1995-2003 D. Pardee, Handbook of Ancient Hebrew Letters, BL.SBS 15, Chicago / IL 1982 History of the Ancient Near East. Monographs, Padova 1996 ff. History of the Ancient Near East. Studies, Padova 1990 ff. Handbuch der Orientalistik, Leiden 1948 ff. Hermes: Zeitschrift für klassische Philologie, Stuttgart 1866 ff. XVII
Abkürzungen
HKL HPBM HSAO HThR I. Erythrai
IG I. Kios I. Kyme I. Louvre I. Memnon I. Metr. I. Philae I. Prose I. Syringes I. Vars. IFP IH II R
ILAP IRSA ITT JEA JARCE JEAS
JEN
JEOL JIGRE
XVIII
R. Borger, Handbuch der Keilschriftliteratur I-III, Berlin 1967-1975 Hieratic papyri in the British Museum Heidelberger Studien zum Alten Orient I (FS A. Falkenstein), Wiesbaden 1967; IIff.: Heidelberg 1988 ff. Harvard Theological Review, Cambridge 1908 ff. Die Inschriften von Erythrai und Klazomenai, H. Engelmann / R. Merkelbach (Hg.), 2 Bde., Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien 1, 2, Bonn 1972, 1973 Inscriptiones Graecae, Berlin 1873 ff. Die Inschriften von Kios, Th. Corsten (Hg.), Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien 29, Bonn 1985 Die Inschriften von Kyme, H. Engelmann (Hg.), Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien 5, Bonn 1976 E. Bernand, Inscriptions Grecques d’Égypte et de Nubie au Musée du Louvre, Paris 1992 A. & E. Bernand, Les inscriptions grecques et latines du Colosse de Memnon, Le Caire 1960 Inscriptions métriques de l’Égypte gréco-romaine, E. Bernand (Hg.), Paris 1969 Les inscriptions grecques et latines de Philae, A. & E. Bernand (Hg.), 2 Bde., Paris 1969 La prose sur pierre dans l’Égypte hellénistique et romaine, A. Bernand (Hg.), 2 Bde., Paris 1992 J. Baillet, Les inscriptions grecques et latines des tombeaux des rois ou Syringes, Le Caire 1926 Łajtar / A. Twardecki, Catalogue des Inscriptions grecques du Musée National de Varsovie, Varsovie 2003 M. G. G. Amadasi, Le iscrizioni fenicie e puniche delle colonie in occidente, StudSem 28, Rom 1967 A. Lemaire, Inscriptions Hébraiques I. Les Ostraca, LAPO 9, Paris 1977 Norris, E. (/ Rawlinson, H. C.), The Cuneiform Inscriptions of Western Asia II: A Selection from the Miscellaneous Inscriptions of Assyria, London 1866 R. Yaron, Introduction to the Law of the Aramaic Papyri, Oxford 1961 E. Sollberger / J. R. Kupper, Inscriptions royales sumériennes et akkadiennes, LAPO 3, Paris 1971 Inventaire des tablettes de Tello I-V, Paris 1910-1921 The Journal of Egyptian Archaeology, London 1914 ff. Journal of the American Research Center in Egypt, New York 1962 ff. B. Porton (collab. J. C. Greenfield), Jews of Elephantine and Arameans of Syene (Fifth Century B.C.E.). Fifty Aramaic Texts with Hebrew and English Translations, Jerusalem 1974 Joint Expedition with the Iraq Museum at Nuzi, Publications of the Baghdad School. Texts I-VI, Paris; Philadelphia / PA 1927-1939; VII: SCCNH 3, Winona Lake / IN 1989; VIII: SCCNH 14, Bethesda / MD 2003 Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap Ex Oriente Lux, Leiden 1933 ff. W. Horbury / D. Noy, Jewish Inscriptions of Greco-Roman Egypt, with an Index of the Jewish Inscriptions of Egypt and Cyrenaica, Cambridge 1992
Abkürzungen
JJP JMC KADP
KAL II
KAR Kbo KTU2
KUB LD LEM LKA LSAW LSS MAH MesCiv. Mesopotamia MesWi MHE
MIO MPAT MRE Mus. Helv. MVN NABU NATN Nbn.
NE NG NRVN
The Journal of Juristic Papyrology, Warsaw 1946 ff. Le Journal des médecines cunéiformes, Saint-Germain-en-Laye F. Köcher, Keilschrifttexte zur assyrisch-babylonischen Drogen- und Pflanzenkunde. Texte der Serien uru.an.na : maltakal, HAR.ra : hubullu ˘ ˘ und Ú GAR-sˇú, Berlin 1955 D. Schwemer, Rituale und Beschwörungen gegen Schadenzauber, Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Assur E (Inschriften), IX. (Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts) 2, WVDOG 117, Wiesbaden 2007 E. Ebeling, Keilschrifttexte aus Assur religiösen Inhalts I-II, WVDOG 28 und 34, Leipzig (1915-)1919 und (1920-)1923 Keilschrifturkunden aus Boghazköi M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín, Die keilalphabetischen Texte aus Ugarit einschließlich der keilalphabetischen Texte außerhalb Ugarits I, ALASP 8, Münster 1995 Keilschrifturkunden aus Boghazköi C. R. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, Berlin 1849-1859 P. Michalowski, Letters from Early Mesopotamia, SBL Writings from the Ancient World 3, Atlanta 1993 E. Ebeling / F. Köcher (unter Mitarbeit von L. Rost), Literarische Keilschrifttexte aus Assur, Berlin 1953 Linguistic Studies in Ancient West Semitic, Winona Lake / IN Leipziger Semitistische Studien, Leipzig 1904-1932 Mélanges d’archéologie et d’histoire, Paris 1881-1970 Mesopotamian Civilizations, Winona Lake / IN 1989 ff. Mesopotamia. Rivista di Archeologia, Turin 1966 ff. Mesopotamian Witchcraft. Toward a History and Understanding of Babylonian Witchcraft Beliefs and Literature, AMD 5, Leiden u. a. 2002 Mesopotamian History and Environment (Series 1: NAPR, 1991 ff.; Series 2: MHEM-Mémoirs, 1989 ff.; Series 3: MHET-Texts, 1991 ff.; MHEO-Occasional Publications, 1991 ff.) Mitteilungen des Instituts für Orientforschung, Berlin 1953 ff. J. A. Fitzmyer / D. J. Harrington, A Manual of Palestinian Aramaic Texts, Biblica et Orientalia 34, Rom 1978 Monographies Reine Elisabeth, Brüssel 1970 ff. Museum Helveticum: Schweizerische Zeitschrift für klassische Altertumswissenschaft, Basel 1944 ff. Materiali per il vocabulario Neosumerico, Rom 1974 ff. Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires, Paris 1987 ff. D. I. Owen, Neo-Sumerian Archival Texts primarily from Nippur, Winona Lake / IN 1982 J. N. Strassmaier, Inschriften von Nabonidus, König von Babylon (555-538 v.Chr), von den Thontafeln des Britischen Museums copiert und autographiert (= Babylonische Texte I-IV), Leipzig 1889 M. Lidzbarski, Handbuch der Nordsemitischen Epigraphik, Weimar 1898 A. Falkenstein, Die neusumerischen Gerichtsurkunden I-III, München 1956-1957 M. Çıg˘ / H. Kızılyay, Neusumerische Rechts- und Verwaltungsurkunden aus Nippur, Ankara 1965 XIX
Abkürzungen
OBC OECT OGIS OMRO OPBF OPBIA OPSNKF OrNS OrOcc OSP P. Polit. Iud. PAT PBS PdÄ PGM Philologus PhW PIHANS POLO P. Oxy. PP P. Ross. Georg. PRSM PSAS PSBA PSD PSI QdS QGN RA REG RES XX
Orientalia biblica et christiana, Glückstadt u. a. 1991 ff. Oxford Editions of Cuneiform Texts, Oxford; Paris 1923 ff. Orientis Graeci Inscriptiones Selectae, 2 Bde., Leipzig 1903, 1905 Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden, 1907-1999 Occasional publications of the Babylonian Fund, Philadelphia / PA 1976 ff. Occasional Publications of the British Institute of Archaeology at Ankara, London 1949 ff. Occasional Publications of the Samuel Noah Kramer Fund, Philadelphia / PA 1988 (I-VIII: OPBF) Orientalia. Nova Series, Rom 1932 ff. Oriens und Occidens. Studien zu antiken Kulturkontakten und ihrem Nachleben, Stuttgart Old Sumerian and Old Akkadian Texts in Philadelphia Chiefly from Nippur (1 = BiMes. 1,Malibu) Urkunden des Politeuma der Juden von Herakleopolis (144/3-133/2 v. Chr.), (hg. von) J. M. S. Cowey / K. Maresch, Wiesbaden 2001 D. R. Hillers / E. Cussini, Palmyrene Aramaic Texts, Baltimore / MD / London 1996 University of Pennsylvania, the Museum, Publications of the Babylonian Section (für Einzelbände s. HKL II, xxv) Probleme der Ägyptologie, Leiden 1953 ff. Papyri graecae magicae. Die griechischen Zauberpapyri, hg. und übers. K. Preisendanz, Leipzig 1927, 1931, 1941 Philologus: Zeitschrift für antike Literatur und ihre Rezeption, Berlin 1846 ff. Philologische Wochenschrift, Leipzig 1881-1941 Publications de l’Institut historique archéologique néerlandais de Stamboul, Leiden 1956 ff. Proche Orient et Littérature Ougaritique, Sherbrooke, Québec The Oxyrhynchus Papyri, B. P. Grenfell / A. S. Hunt u. a. (Hg.), London 1898 ff. La Parola del passato: rivista di studi antichi, Napoli 1946 ff. Papyri russischer und georgischer Sammlungen, G. Zereteli u. a. (Hg.), Tiflis 1925 ff. Proceedings of the Royal Society of Medicine, London Proceedings of the Seminar for Arabian Studies, London 1970 ff. Proceedings of the Society of Biblical Archaeology, London The Sumerian Dictionary of the University Museum of the University of Pennsylvania, Philadelphia / PA 1984 ff. Papiri greci e latini della Società Italiana, G. Vitelli u. a. (Hg.), Firenze 1912 ff. Quaderni di Semitistica, Firenze 1971 ff. U. Hackle / H. Jenni / Chr. Schneider, Quellen zur Geschichte der Nabatäer, NTOA 51, Fribourg / Göttingen 2003 Revue d’assyriologie et d’archéologie orientale, Paris 1844/45 ff. Revue des études grecques, Paris 1888 ff. Répertoire d’ Epigraphie Sémitique, Paris 1900 ff.
Abkürzungen
RGPAE RGTC RHA RHR RICIS RIME RlA RPh RSOu RT RTAT
RTC SAA SAAB SAAS SAB
SAHG SAIO SALPE SANTAG SARI SB SCCNH SEG SEL SemClas
SHCANE SKIZ SMEA
A. Verger, Ricerche giuridiche sui papiri aramici di Elefantina, StudSem 16, Rom 1965 Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes, BTAVO, Reihe B 7, 1 ff., Wiesbaden 1974 ff. Revue Hittite et Asianique, Paris 1930 ff. Revue de l’histoire des religions, Paris 1880 ff. Recueil des Inscriptions concernant les cultes isiaques (RICIS), L. Bricault (Hg.), 3 Bde., Paris 2005 The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Early Periods, Toronto / Ontario 1990 ff. Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin (/ New York) 1928 ff. Revue de philologie, de littérature et d’histoire anciennes, Paris 1845 ff. Ras Shamra-Ougarit. Publications de la Mission Française Archéologique de Ras Shamra-Ougarit, Paris 1983 ff. Recueil des Travaux relatifs à la Philologie et à l’ Archéologie Égyptiennes et Assyriennes, Paris 1870-1923 Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament, (hg. von) W. Beyerlin, Grundrisse zum Alten Testament, ATD Ergänzungsreihe 1, Göttingen 1975 F. Thureau-Dangin, Recueil des tablettes chaldéennes, Paris 1903 State Archives of Assyria, Helsinki 1987 ff. State Archives of Assyria. Bulletin, Padua 1987 ff. State Archives of Assyria. Studies, Helsinki 1992 ff. B. Kienast / K. Volk, Die sumerischen und akkadischen Briefe des III. Jahrtausends aus der Zeit vor der III. Dynastie von Ur, FAOS 19, Stuttgart 1995 A. Falkenstein / W. von Soden, Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, BAW.AO, Zürich / Stuttgart 1953 E. Lipin´ski, Studies in Aramaic Inscriptions and Onomastics I, Orientalia Lovaniensia Analecta I, Leuven 1975 Y. Muffs, Studies in the Aramaic Legal Papyri from Elephantine, Studia et documenta ad iura orientis antiqui pertinentia, vol. VIII, Leiden 1969 K. Hecker / H. Neumann / W. Sommerfeld, Arbeiten und Untersuchungen zur Keilschriftkunde, Wiesbaden 1990 ff. Sumerian and Akkadian Royal Inscriptions, New Haven / CT 1986 Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten, (hg. von) F. Preisigke u. a., Straßburg / Berlin 1913 ff. Studies on the Civilization and Culture of Nuzi and the Hurrians I-V, Winona Lake / IN 1981 ff.; VI ff.: Bethesda / MD 1994 ff. Supplementum Epigraphicum Graecum, Leiden 1923 ff. Studi Epigrafici e Linguistici sul Vicino Oriente antico, Verona, 1984 ff. Semitica et Classica. Revue internationale d’études orientales et méditerranéennes / International Journal of Oriental and Mediterranean Studies, Turnhout 2008 ff. Studies in the History and Culture of the Ancient Near East, Leiden u. a. 1996 ff. W. H.Ph. Römer, Sumerische ›Königshymnen‹ der Isin-Zeit, Leiden 1965 Studi Micenei ed Egeo-Anatolici, Rom 1966 ff. XXI
Abkürzungen
SO SPAW SpTU I SpTU II SpTU III SpTU IV SpTU V SR SSA StAT StBoT StEbl. StPhoen
STT I-II StudSem TADAE TAPA TCL TDP TDT THeth TLB TMH TOu TRU TSS UAVA UET UET VI/3 UVB
XXII
Symbolae Osloenses, Oslo 1922 ff. Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1882 ff. H. Hunger, Spätbabylonische Texte aus Uruk I, ADFU 9, Berlin 1976 E. von Weiher, Spätbabylonische Texte aus Uruk II, ADFU 10, Berlin 1983 E. von Weiher, Spätbabylonische Texte aus Uruk III, ADFU 12, Berlin 1988 E. von Weiher, Uruk. Spätbabylonische Texte aus dem Planquadrat U 18 IV, AUWE 12, Mainz 1993 E. von Weiher, Uruk. Spätbabylonische Texte aus dem Planquadrat U 18 V, AUWE 13, Mainz 1998 D. O. Edzard, Sumerische Rechtsurkunden des III. Jahrtausends aus der Zeit vor der III. Dynastie von Ur, München 1968 J. van Dijk, La sagesse suméro-accadienne, Leiden 1953 Studien zu den Assur-Texten, Saarbrücken 1999 ff. Studien zu den Bog˘azköy-Texten, Wiesbaden 1965 ff. Studi Eblaiti, Rom 1979 ff. Studia Phoenicia. Travaux du Groupe de Contact Interuniversitaire d’Études Phéniciennes et Puniques (Fonds National de la Recherche Scientifique), Leuven 1983 ff. O. Gurney (Bd. I mit J. J. Finkelstein, Bd. II mit P. Hulin), The Sultantepe Tablets I-II, London 1957 und 1964 Studi Semitici, Rom 1958 ff. B. Porten / A. Yardeni, Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt I-IV, Jerusalem 1986-1999 Transactions of the American Philological Association, Baltimore / MD 1869 ff. Musée du Louvre, Département des Antiquités Orientales, Textes cunéiformes (für Einzelbände s. HKL II, xvii-xviii) R. Labat, Traité akkadien de diagnostics et pronostics médicaux I-II, Paris 1951 A. Yardeni, Textbook of Aramaic, Hebrew and Nabataean Documentary Texts from the Judaean Desert and Related Material I-II, Jerusalem 2000 Texte der Hethiter, (hg. von) Annelies Kammenhuber, München 1971 ff. Tabulae cuneiformes a F. M. Th. de Liagre Böhl collectae, Leiden 1954 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xxix) Texte und Materialien der Frau Professor Hilprecht Collection Jena, Leipzig 1932-1934; NF: Leipzig 1937, Berlin 1961 ff. A. Caquot / M. Sznycer / Andrée Herdner, Textes ougaritiques I. Mythes et légendes, LAPO 7, Paris 1974 P. Xella, I testi rituali di Ugarit – I: Testi, Rom 1981 J. C. L. Gibson, Textbook of Syrian Semitic Inscriptions Iff., Oxford 1971 ff. Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1960 ff. Ur Excavation Texts, London 1928 ff. (für Einzelbände s. HKL II, xxix) A. Shaffer, with a Contribution by M.-Ch. Ludwig, Literary and Religious Texts, 3rd Part, London 2006 Vorläufiger Bericht über die … Ausgrabungen in Uruk-Warka (1-11 in: AbhBerlin, 1930-1940; 12 ff. in ADOG, Berlin 1956 ff.)
Abkürzungen
VBoT VO VS WAF WZKM W. Chr. ZA ZAR ZPE
Verstreute Boghazköi-Texte, (hg. von) A. Götze, Marburg 1930 Vicino Oriente. Annuario dell’Istituto di Studi del Vicino Oriente dell’ Università di Roma, Rom 1978 ff. Vorderasiatische Schriftdenkmäler der (Königlichen) Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 1907 ff. J. A. Fitzmyer, A Wandering Aramean. Collected Aramaic Essays, Society of Biblical Literature. Monograph Series 25, Missoula / MT 1979 Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, Wien 1887 ff. Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde, Bd. I: Historischer Teil, II. Hälfte: Chrestomathie, U. Wilcken (Hg.), Leipzig; Berlin 1912 Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie, Berlin / New York Zeitschrift für altorientalische und biblische Rechtsgeschichte, Wiesbaden 1995 ff. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Köln 1967 ff.
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I. Texte aus Mesopotamien
Sumerische Hymnen und Gebete Hans Neumann Die sumerische literarische Überlieferung bietet insbesondere im Bereich der Hymnendichtung1) ein recht umfangreiches Corpus entsprechender Texte, deren Tradition vom 3. bis in das 1. Jt. v. Chr. reicht. Die dem kultischen Bereich zuzuordnende liedhafte Literatur umfaßt Götter- und Tempelhymnen, Klagelieder und Liebeslyrik. Ein Teil dieser Literatur ist im sog. Emesal-Dialekt des Sumerischen abgefaßt.2) Bei den Götterliedern stellt der Adressat der jeweiligen Dichtung eine Gottheit dar, zu deren Lobpreis die Hymne vorgetragen wurde. Eine Reihe von Götterliedern, zu denen auch jene mit der Fürbitte für den König gehören, ist dadurch charakterisiert, daß man ihren Vortrag musikalisch begleitete, was auch für die rituelle Klage gilt. Darauf weisen jene antiken Gattungsbezeichnungen hin, die in der Nennung des die Dichtung begleitenden Musikinstruments bestehen.3) Die gleichfalls zur Kultdichtung gehörenden Lieder auf Tempel verdanken ihre Entstehung wohl vor allem einem mit dem Neubau oder der Renovierung von Heiligtümern verbundenen Zeremoniell. Im Rahmen der Hymnendichtung kommt den sog. Königshymnen eine besondere Bedeutung zu. Sie haben die Taten und/oder Fähigkeiten namentlich genannter Herrscher zum Inhalt.4) Herausbildung und Entwicklung der Königshymnen als literari1.
2.
3. 4.
Zur sumerischen Hymnendichtung maßgebend, auch zum teilweise schwierigen Problem ihrer Abgrenzung gegenüber anderen Literaturgattungen, vgl. C. Wilcke, Hymne. A. Nach sumerischen Quellen, RlA IV (1972-1975) 539-544; zusammenfassend W. H. Ph. Römer, TUAT II/5, 645 f. Zu eme-sal »feine Sprache«, jenem Dialekt, der in der Regel bestimmten Textgattungen und –teilen der sumerischen literarischen Überlieferung vorbehalten war, vgl. M. K. Schretter, Emesal-Studien. Sprach- und literaturgeschichtliche Untersuchungen zur sogenannten Frauensprache des Sumerischen (IBK Sonderheft 69), Innsbruck 1990 (mit den Bemerkungen von J. A. Black, Rez. zu M. K. Schretter, Emesal-Studien [1990], OLZ 87 [1992] 382-385); ferner die Literaturangaben bei A. Löhnert, »Wie die Sonne tritt heraus!« Eine Klage zum Auszug Enlils mit einer Untersuchung zu Komposition und Tradition sumerischer Klagelieder in altbabylonischer Zeit (AOAT 365), Münster 2009, 4 Anm. 17. Zu den Textunterschriften und Gattungsbezeichnungen vgl. ausführlich C. Wilcke, Formale Gesichtspunkte in der sumerischen Literatur, in: Sumerological Studies in Honor of Thorkild Jacobsen on his Seventieth Birthday, June 7, 1974 (AS 20), Chicago / London 1975, 255-292. Bei der vorliegenden Überlieferung gilt es allerdings, im einzelnen formale Besonderheiten zu
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Hans Neumann
sche Gattung sind in enger Verbindung mit der gefestigten Rolle des Königtums gegen Ende des 3. Jt. v. Chr. zu sehen. Die Königshymnen kamen im kultischen und höfischen Bereich zur Anwendung, wo sie im Rahmen von Zeremonien, die die Person des Herrschers betrafen, vorgetragen wurden. Die Texte stammen vornehmlich aus altbabylonischer Zeit und haben den Lobpreis von Königen der III. Dynastie von Ur, der Dynastien von Isin und Larsa sowie der I. Dynastie von Babylon zum Inhalt.5) Eine literarisch und inhaltlich herausragende Stellung nehmen hierbei die Hymnen für Sˇulgi (2093-2046 v. Chr.), den zweiten König der III. Dynastie von Ur, ein.6) Allein auf Grund ihres Inhalts, nicht jedoch durch formale Besonderheiten sind die sog. Klagelieder als eine besondere Textgruppe zu charakterisieren.7) Unter den Klageliedern ragen insbesondere die Städteklagen heraus, bei denen es sich um den literarischen Nachhall der historisch faßbaren Zerstörung von Städten handelt, etwa im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Reiches der III. Dynastie von Ur (UrKlagen).8) Darüber hinaus sind auch Klagelieder überliefert, die verfallene oder zerstörte Heiligtümer zum Gegenstand haben. Andere Dichtungen dieser Art betreffen Götter, die verschwunden sind, was in den Klageliedern betrauert wird. In die Nähe der Individualklage zu stellen sind die in sumerischer Sprache überlieferten Gebete,9) so etwa in Form der sog. Gottesbriefe bzw. als auf die altbabylonische Zeit zurückgehende, vor allem aber aus dem 1. Jt. v. Chr. überlieferte ›Herzberuhigungsklagen‹. Die vorliegende Textauswahl wurde unter dem Gesichtspunkt der Ergänzung des seinerzeit von W. H. Ph. Römer im gleichen Zusammenhang in TUAT vorgestellten Textmaterials getroffen. So wird den Inana und Isˇkur betreffenden Götterhymnen (TUAT II/5, 646-673)10) hier eine Hymne auf den Götterkönig Enlil zur Seite gestellt. Da W. H. Ph. Römer sich hinsichtlich der Königshymnen (in engerem Sinn) auf Texte konzentriert hat, die jeweils einen Herrscher der III. Dynastie von Ur (Sˇulgi) und
5. 6. 7. 8.
9. 10.
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beachten. Zu den beiden Hauptgruppen ›Götterlieder‹ (»enthalten eine Bitte für den Herrscher oder die kurze Erwähnung einer Handlung der Götter für den Herrscher oder des Herrschers für die Götter«) und ›Königshymnen (im engeren Sinne)‹ (»in deren Mittelpunkt das Preisen auf einen König steht«) vgl. M.-Ch. Ludwig, Untersuchungen zu den Hymnen des Isˇme-Dagan von Isin (SANTAG 2), Wiesbaden 1990, 27-40. Vgl im vorliegenden Zusammenhang jetzt auch die Ausführungen von N. M. Brisch, Tradition and the Poetics of Innovation. Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 20031763 BCE) (AOAT 339), Münster 2007, 9-31 und 37-74. Zu den Sˇulgi-Hymnen vgl. die Zusammenstellung mit kurzer Inhaltsangabe bei W. Sallaberger, Sˇulgi, RlA XIII/3-4 (2012) 276-278. Vgl. grundlegend. J. Krecher, Klagelied, RlA VI (1980-1983) 1-6; zusammenfassend W. H. Ph. Römer, TUAT II/5, 691 f.; vgl. auch D. O. Edzard, Literatur, RlA VII (1987-1990) 42 f. Vgl. Ur-Klage: W. H. Ph. Römer, Die Klage über die Zerstörung von Ur (AOAT 309), Münster 2004; Klage über Sumer und Ur: P. Michalowski, The Lamentation over the Destruction of Sumer and Ur (MC 1), Winona Lake 1989. Zu weiteren Vertretern derartiger Städteklagen vgl. ebd. 5 (mit Literatur) sowie Edzard, RlA VII (1987-1990) 42 f.; vgl. auch St. Tinney, The Nippur Lament. Royal Rhetoric and Divine Legitimation in the Reign of Isˇme-Dagan of Isin (1953-1935 B.C.) (OPSNKF 16), Philadelphia 1994. Vgl. zusammenfassend W. H. Ph. Römer, TUAT II/5, 712. Vgl. darüber hinaus ergänzend W. H. Ph. Römer, Hymnen und Klagelieder in sumerischer Sprache (AOAT 276), Münster 2001, 1-185.
Texte aus Mesopotamien
einen der Isin-Dynastie (Lipit-Esˇtar) preisen (TUAT II/5, 673-686),11) wird im vorliegenden Band mit der Hymne Rı¯m-Sîn C ein Beispiel für die entprechende Literatur aus der Zeit der altbabylonischen Larsa-Dynastie vorgestellt. Mit der Tempelbauhymne des Gudea (Zylinder A) in vollem Wortlaut12) soll der Ausschnitt aus der auf Enhedu’ana, die Tochter des Königs Sargon von Akkade (2340-2284 v. Chr.), zurück˘ gehenden Tempelhymnensammlung (TUAT II/5, 686-688) ergänzt werden. Ein literarischer Text historisierenden Inhalts über die Unmöglichkeit, einen Tempelbau zu errichten, schließt an die im Ausschnitt (Z. 1-75) gebotene ›Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur‹ und eine rituelle Stadtklage (TUAT II/5, 700-712)13) sowie an die aus präsargonischer Zeit stammende ›Klage über die Zerstörung der Heiligtümer von Lagasˇ‹ (TUAT I/4, 313-315) an. Zwei Gottesbriefe erweitern die seinerzeitige Materialvorlage in TUAT II/5, 715-717 (Briefgebet an die Göttin Nintinugga), während die hier in Übersetzung gebotenen ›Herzberuhigungsklagen‹ erstmals diese Textgruppe im vorliegenden Rahmen vorstellen.
11. 12. 13.
Zu weiteren Ausschnitten aus Sˇulgi-Hymnen vgl. noch TUAT II/1, 19-21. Vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch das Liebeslied auf Sˇu¯-Sîn in TUAT II/5, 689-691. Kurze Abschnitte aus Gudea Zylinder A werden in TUAT II/1, 18, 22 und 23-27 unter der Überschrift ›Zukunftsdeutungen in sumerischen Texten‹ wiedergegeben. Vgl. auch die Dumuzi-Klagen (TUAT II/5, 693-700); vgl. darüber hinaus Römer, Hymnen und Klagelieder, 189-247.
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Hans Neumann
1. Eine Hymne auf den Gott Enlil
Hans Neumann Die Hymne ist auf einer einkolumnigen Keilschrifttafel der altbabylonischen Zeit aus Larsa?14) überliefert. – Aufbewahrungsort: British Museum, London (BM 13963). – Edition (Kopie): L. W. King, CT XV, London 1902, pl. X. – Bearbeitung: S. Langdon, A Hymn to Enlil with a Theological Redaction, RA 12 (1915) 27-30; M. Civil, Enlil, the Merchant: Notes to CT 15 10, JCS 28 (1976) 72-81 (Teilbearbeitung); vgl. auch S. N. Kramer, CT XV: Corrigenda et Addenda, RA 65 (1971) 24 (Kollationen). – Übersetzung: H. Zimmern, Babylonische Hymnen und Gebete. Zweite Auswahl (Der Alte Orient XIII/1), Leipzig 1911, 8; A. Falkenstein, Lied auf Enlil, in: A. Falkenstein / W. von Soden, Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, Zürich / Stuttgart 1953, 76 f. (Nr. 11) und 365 (Kommentar); S. N. Kramer, Hymn to Enlil as the Ruling Deity of the Universe, in: J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament, Princeton 31969, 576.
Die als ér-sˇèm-ma, »Weinen zur sˇèm-Pauke«,15) klassifizierte und im Emesal-Dialekt abgefaßte Hymne auf den in Babylonien als höchsten Gott verehrten Enlil präsentiert diesen vornehmlich in seiner Bedeutung als Protektor des Handelsverkehrs. Nach den für Enlil typischen Epitheta (Z. 1-8)16) wird der Gott als Händler gepriesen,17) der mit Waage und Gewichtssteinen im Rahmen der Handelstätigkeit den Wohlstand zu mehren weiß (Z. 9-14), dem als allumfassenden göttlichen Herrscher über Mensch und Umwelt Fruchtbarkeit und Überfluß zu verdanken ist (Z. 15-20) – verbunden mit den die Macht Enlils verdeutlichenden zerstörerischen Möglichkeiten seines ›Schreckensglanzes‹ (Z. 21 f.)18) – und der die segensreichen Funktionen der Hohlmaße für den Handel verantwortet (Z. 23-25).19) Als Ersˇemma wurde das Lied wahrscheinlich von einem ›Klage‹-Priester (gala) im rituellen Kontext unter Begleitung einer Pauke vorgetragen.20) Zusammen mit anderen Texten des 2. und 1. Jt. v. Chr. bietet die vorliegende Hymne eine Reihe von Parallelen zur Emesal-Klage »Wie die Sonne tritt heraus!« (dutu-gin7 è-ta), wozu sich jüngst ausführlich A. Löhnert, »Wie die Sonne tritt heraus!« Eine Klage zum Auszug Enlils mit einer Untersuchung zu Komposition und Tradition sumerischer Klagelieder in altbabylonischer Zeit (AOAT 365), Münster 2009, geäußert hat.
14. 15.
16. 17. 18. 19. 20.
4
Zur möglichen Herkunft vgl. Löhnert, Sonne, 117 Anm. 436. Zu dieser Liedgattung vgl. Wilcke, Studies Jacobsen, 259 und 282-284; M. E. Cohen, Sumerian Hymnology: The Ersˇemma (HUCA Supplements 2), Cincinnati 1981; ergänzend die Angaben bei Löhnert, Sonne, 4 Anm. 15; D. Shehata, Musiker und ihr vokales Repertoire. Untersuchungen zu Inhalt und Organisation von Musikerberufen und Liedgattungen in altbabylonischer Zeit (Göttinger Beiträge zum Alten Orient 3), Göttingen 2009, 284 f. Zu den Epitheta vgl. im einzelnen R. Kutscher, Oh Angry Sea (a-ab-ba hu-luh-ha). The History of a Sumerian Congregational Lament (YNER 6), New Haven / London 1975, 44-51. Zum Thema ›Enlil als ›Händler‹‹ vgl. zusammenfassend Löhnert, Sonne, 203-205. Vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch S. Z. Aster, The Unbeatable Light. Melammu and Its Biblical Parallels (AOAT 384), Münster 2012, 43-45. Zu den einzelnen Abschnitten vgl. die Gliederungen bei Civil, JCS 28 (1976) 72 f.; Löhnert, Sonne, 117. Vgl. Shehata, Musiker, 285 f.
Texte aus Mesopotamien (1) Herr,
der das Schicksal des Landes (Sumer) kennt, Angesehener durch sich [selbst], (2) Mullil,21) Herr, der das Schicksal des Landes (Sumer) kennt, Angesehener durch sich selbst!22) (3) Vater Mullil, Herr aller Länder, (4) Vater Mullil, Herr des rechten Ausspruchs, (5) Vater Mullil, Hirte der ›Schwarzköpfigen‹,23) (6) Vater Mullil, Schauender durch sich selbst, (7) Vater Mullil, Wildstier, der das Heer in Unruhe versetzt, (8) Vater Mullil, der einen falschen Schlaf schläft!24) (9) Lagernder
Wildstier, der das Vieh nicht auseinandertreibt, Kaufmann des Ki’ur,25) (11) Herr, dessen Waage reichlich mißt,26) (12) Herr, dessen! Gewichte Angehäuftes vermehren,27) (13) Herr, dessen Wohnsitz die Städte plündert, (14) dessen Schlafstätte um die Befehle weiß!28) (10) Mullil,
(15) Vom
Land des Sonnenaufgangs bis zum Land des Sonnenuntergangs es im Land keinen Herrn – du bist es, der die Herrschaft ausübt –, (17) Mullil, gibt es in den Ländern keine Herrin – deine Gemahlin ist es, welche die Herrschaft ausübt –,29) (18) Gewichtiger, der Regen des Himmels, das Wasser der Erde ist fürwahr bei dir vorhanden, (19) Mullil, das Leitseil der Götter ist fürwahr bei dir vorhanden, (20) Vater Mullil, du bist derjenige, der den Flachs wachsen läßt, (und) derjenige, der die Gerste wachsen läßt, (21) Mullil, dein Schreckensglanz läßt die Fische in der Wassertiefe kochen (16) gibt
21. 22. 23. 24. 25.
26. 27. 28. 29.
Mullil ist die Emesalform des Götternamens Enlil; vgl. Schretter, Emesal-Studien, 225 Nr. 301. Zu Z 1 f. vgl. auch Löhnert, Sonne, 201. Bezeichnung für die in Sumer bzw. Babylonien lebenden Menschen. Nach Kutscher, Angry Sea, 49 steht dies für »Who Feigns Sleep«; Falkenstein, Hymnen, 76 übersetzt »der einen leichten Schlaf schläft«; vgl. auch den Kommentar bei Löhnert, Sonne, 201 f. So mit Civil, JCS 28 (1976) 73 und Löhnert, Sonne, 179. Zum Kulttoponym (é-)ki-ùr (in Nippur) vgl. H. Behrens, Enlil und Ninlil. Ein sumerischer Mythos aus Nippur (Studia Pohl SM 8), Rom 1978, 146-149; ergänzend A. R. George, House Most High. The Temples of Ancient Mesopotamia (MC 5), Winona Lake 1993, 112. Vgl. dazu ausführlich Civil, JCS 28 (1976) 73-75, wonach sagˆ–gˆál (hier Emesal sagˆ–ma-al) »can be roughly paraphrased as ›to measure adding a supplementary amount, to fill generously‹ ; Löhnert, Sonne, 193 übersetzt »dessen Waage reichlich gefüllt ist«. Vgl. in diesem Sinne Löhnert, Sonne, 193 f. und 206 f. Zur Bedeutung von Z. 13 f. vgl. Civil, JCS 28 (1976) 75 f.: »while sitting down, Enlil is capable of ›plundering‹, i. e., buying up all the merchandise in a town; and even he is sleeping he gives instructions to his agents to conduct business in far-away places«. Zu Z. 15-17 vgl. Kutscher, Angry Sea, 126 f.
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Hans Neumann (22) (und)
läßt die Vögel im Himmel, die Fische in der Wassertiefe den Leib füllen (= aufblähen)!30)
(23) Vater
Mullil, das erhabene lidga(-Maß)31) bringst du, bis zum Rand gießt (= befüllst) du den Korb, (24) Herr des Landes, das barig(-Maß)32) bringst du, den Korb für den Handel trägst du33), (25) Vater Mullil, der Ehrbare wurde mit dem Falschen getauscht.34) Summe: 25 sind seine Zeilen, Ersˇemma(-Lied).
2. Eine Hymne auf den König Rı¯m-Sîn von Larsa mit der Fürbitte an den Himmelsgott An (Rı¯m-Sîn C)
Hans Neumann Die Hymne ist auf einer einkolumnigen Keilschrifttafel der altbabylonischen Zeit aus Ur überliefert. – Aufbewahrungsort: British Museum, London (U. 7745). – Edition (Kopie): C. J. Gadd / S. N. Kramer, Literary and Religious Texts. First Part (UET VI/1), London 1963, Nr. 102; vgl. auch die Kollationen bei M.-C. Ludwig, Literarische Texte aus Ur. Kollationen und Kommentare zu UET 6/1-2 (UAVA 9), Berlin / New York 2009, 105 f. – Bearbeitung: H. Steible, Rı¯msîn, mein König. Drei kultische Texte aus Ur mit der Schlußdoxologie dri-imd sîn lugal-mu (FAOS 1), Wiesbaden 1975, 3-25; D. Charpin, Le Clergé d’Ur au Siècle d’Hammurabi (XIXe-XVIIIe siècles av. J.-C.), Genève / Paris 1986, 275-278; A prayer to An for Rı¯m-Sîn (Rı¯m-Sîn C), ETCSL c.2.6.9.3 (http://www-etcsl.orient.ox.ac.uk); N. M. Brisch, Tradition and the Poetics of Innovation. Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 2003-1763 BCE) (AOAT 339), Münster 2007, 200-202.
Die vorliegende Hymne preist den altbabylonischen König Rı¯m-Sîn I. von Larsa (1822-1763 v. Chr.), unter dem das Larsa-Königreich expandierte und zu wirtschaftlichem Wohlstand kam,35) bis der Herrscher schließlich im 60. Jahr seiner Regierung vom König Hammurapi von Babylon besiegt und sein Reich Teil des Staates der ˘ 30. 31. 32. 33. 34. 35.
6
Z. 22 ist parallel zu Z. 21 zu verstehen und muß damit gleichfalls eine machtbegründete zerstörerisch-negative Konnotation haben und kann keine positive Wirkung beschreiben, wie Löhnert, Sonne, 204 meint. Zum lidga-Hohlmaß (= 240 l) vgl. Civil, JCS 28 (1976) 76. Das barig-Hohlmaß hat ein Volumen von 60 l. Zur Verbalkonstruktion im vorliegenden Zusammenhang bala-sˇè me-a (= mu-e-a5/ak) vgl. Civil, JCS 28 (1976) 77; PSD B 72 f.; anders Löhnert, Sonne, 204 Anm. 574 (»der Korb für den Austausch ist vorhanden«). Zu Z. 18-25 vgl. auch Löhnert, Sonne, 204 mit Anm. 574 f.; zu Z. 23-25 vgl. ausführlich Civil, JCS 28 (1976) 76-81. Z. 25 mit Civil, ebd., 80, wonach hier anzunehmen ist, »that the purpose of Enlil is to get rid of the traitors and acquire loyal subjects«. Zu Rı¯m-Sîn I. und den diesbezüglichen Quellen vgl. im einzelnen R. Pientka-Hinz, Rı¯m-Sîn I. und II., RlA XI (2006-2008) 367-371.
Texte aus Mesopotamien
I. Dynastie von Babylon wurde.36) Die mit der Unterschrift »Gebet zu An« (sˇùd-dè An) versehene Hymne reflektiert die Legitimierung der Königsherrschaft des Rı¯m-Sîn durch den Himmelsgott An (Z. 1-6) und verbindet dies mit einer Fürbitte an den besagten Gott (Z. 11-27), der gleichfalls gepriesen wird (Z. 7-10). Der Text endet mit der Doxologie »Oh, Rı¯m-Sîn, mein König!« (dRi-im-dSîn lugal-gˆu10). Die Dichtung ist Teil des in sumerischer Sprache überlieferten Corpus der Königshymnen bzw. Preislieder der altbabylonischen Larsa-Dynastie, die auf Grund der Fürbitte an den Gott (hier zusammen mit der Textunterschrift »Gebet zu An«) zuweilen auch als Gebete charakterisiert werden.37) Wohl vor allem auf Grund seiner Entstehungszeit weist das Corpus darüber hinaus eine Reihe von Besonderheiten und Schwierigkeiten hinsichtlich der sprachlichen Gestaltung auf, so dass man im vorliegenden Zusammenhang von einem speziellen »Larsa Sumerian« spricht.38) Das Corpus der Königshymnen aus Larsa ist zuletzt von N. M. Brisch, Tradition and the Poetics of Innovation. Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 2003-1763 BCE) (AOAT 339), Münster 2007, ausführlich behandelt worden. (1) Hirte,
den der reine An mit Namen benannt hat, dem ein großes Schicksal entschieden worden ist,39) (2) Rı¯m-Sîn, den der reine An mit Namen benannt hat, dem ein großes Schicksal entschieden worden ist, (3) Fürst, der durch rechte Geburt das Königtum erlangte?,40) (4) du bist es, der für die Herrschaft über unzählige Menschen in groß(artig)er Weise ausgesucht wurde. (5) In Larsa, dem … – Berg, wo die ›göttlichen Kräfte‹ der Fürstlichkeit41) ausgegossen sind, (6) bist du für das Hirtenamt von Sumer und Akkade zu Recht berufen.
36.
37. 38. 39. 40.
41.
Zu den politisch-militärischen Vorgängen vgl. die ausführliche Darstellung bei D. Charpin, Histoire Politique du Proche-Orient Amorrite (2001-1595), in: P. Attinger / W. Sallaberger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 4: Mesopotamien. Die altbabylonische Zeit (OBO 160/4), Fribourg / Göttingen 2004, 119-127 und 317-323. Vgl. Shehata, Musiker, 242 f. (»offenbar eigenständige Gattung sumerischsprachiger Gebete«); zum Problem der Terminologie vgl. Brisch, Tradition, 37. Vgl. dazu ausführlich Brisch, Tradition, 91-113 (mit Literatur); J. Krecher, Rez. zu H. Steible, Rı¯msîn, mein König. Drei kultische Texte aus Ur mit der Schlußdoxologie dri-im-dsîn lugalmu (1975), OLZ 75 (1980) 236 thematisiert eine »Spätform des Sumerischen«. Die vorliegende Übersetzung folgt der Deutung der Zeile durch Krecher, OLZ 75 (1980) 236. Die Deutung der Verbalbasis am Ende (DI!; vgl. die Kollation bei Ludwig, Literarische Texte, 106) bleibt unsicher; vgl. zu den verschiedenen Übersetzungen K. Lämmerhirt, Wahrheit und Trug. Untersuchungen zur altorientalischen Begriffsgeschichte (AOAT 348), Münster 2010, 482 mit Anm. 391; dazu jetzt auch U. Bock, »Von seiner Kindheit bis zum Erwachsenenalter«. Die Darstellung der Kindheit des Herrschers in mesopotamischen und kleinasiatischen Herrscherinschriften und literarischen Texten (AOAT 383), Münster 2012, 11 und 319. Zu me, was konventionell mit ›göttliche Kräfte‹ wiedergegeben wird, vgl. zusammenfassend, G. Farber, me (gˆarza, parsu), RlA VII (1987-1990) 610-613; zu me-nam-nun-na »›göttliche Kräfte‹ der Fürstlichkeit«˙ vgl. G. Farber-Flügge, Der Mythos »Inanna und Enki« unter besonderer Berücksichtigung der Liste der me (Studia Pohl 10), Rom 1973, 128 f.; Steible, Rı¯msîn, 12.
7
Hans Neumann (7) Der
große An, der Höchste im Himmel und auf der Erde, der Herr, der in allen Belangen ein Weiser ist, (8) der Vater der Götter, der auf diesen Ort schaut, um das Schicksal zu entscheiden,42) (9) (dessen) Ausspruch gewichtig ist und (dessen) Rede niemals aufhört, (10) der sich im Inneren des reinen Himmels aufhält?,43) (11) Oh Fürst Rı¯m-Sîn, du bist der Hirte, der aus dem Herzen (des An) hervorgegangen ist: (12) Der große An möge dir seine Herzensliebe hell aufgehen lassen, (13) wegen deiner Gerechtigkeit möge er dich getreulich segnen,44) (14) in der Mitte des weiten Himmels möge er dir die Tage deines Lebens zahlreich machen,45) (15) das Königtum über das weite Fremdland möge er dir für alle Zeiten geben,46) (16) mit seinem!47) geheiligten Wort möge er dir das Schicksal des Lebens entscheiden, (17) mit einem gänzlich unabänderlichen Ausspruch möge er dir ein langes Leben gewähren, (18) die goldene Krone48) möge er auf deinem Kopf festmachen, (19) auf dem Thron des Lebens möge er dich groß(artig) sitzen lassen,49) (20) das Zepter der Gerechtigkeit möge er dir in deine Hand geben, (21) die Enkara-Waffe,50) die das Land festigt, möge er an deinen Leib binden,51) (22) den Hirtenstab, der die Menschen vermehrt, möge er dich ergreifen lassen52), (23) die Zitzen des leuchtenden Himmels möge er dir öffnen, den Regen des Himmels möge er für dich regnen lassen,53) (24) Jahre des Wohlstands (und) Tage des Überflusses aus dem Inneren des Himmels möge er dir zusammenbinden,54)
42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54.
8
Anders Steible, Rı¯msîn, 7 »(An) hat festgelegt [= sˇi-gˆar statt igi-gˆar am Ende der Zeile], alle Schicksale zu entscheiden«. In diesem Sinne auch Charpin, Clergé, 276; zum Verbum abweichend Brisch, Tradition, 202. Vgl. Charpin, Clergé, 276; dazu Lämmerhirt, Wahrheit und Trug, 482 mit Anm. 392. So mit Brisch, Tradition, 201. Am Ende der Zeile wohl sˇúm »geben«; vgl. Charpin, Clergé, 277; Ludwig, Literarische Texte, 106. Vgl. Charpin, Clergé, 277; Brisch, Tradition, 202. Z. 18 bietet am Anfang aga-kù-si22(GI) »goldene Krone«; so mit PSD A3 36a. Zur Verbalbasis (tusˇ statt ba) vgl. bestätigend Ludwig, Literarische Texte, 106. Zu enkara vgl. die Diskussion (mit Literatur) bei Steible, Rı¯msîn, 19 f.; N. Veldhuis, Elementary Education at Nippur. The Lists of Trees and Wooden Objects, Groningen 1997, 175. Zu Z. 18 und 20 f. vgl. auch (abweichend) Lämmerhirt, Wahrheit und Trug, 568 mit Anm. 219 f. Zur Lesung des Verbums vgl. Charpin, Clergé, 277; Ludwig, Literarische Texte, 106. Vgl. dazu auch die Diskussion bei Brisch, Tradition, 202. Vgl. Brisch, Tradition, 202 (mit Literatur).
Texte aus Mesopotamien (25) prächtigen
Glanz (und) Herzensfreude möge er dir für deine Tage festlegen, (26) eine Regierung, angefüllt mit Glück (und) Gerechtigkeit, möge er dir in deine Hände legen! (27) Möge der große An für immer der Beschützer55) deines Königtums sein! (28) Oh, Rı¯m-Sîn, mein König! 28 (sind) seine Zeilen, Gebet zu An.56)
3. Die Tempelbauhymne Gudeas von Lagasˇ (Zylinder A)
Susanne Paulus Der Text der Hymne befindet sich auf einem 61 cm hohen Tonzylinder mit einem Durchmesser von 32 cm. Er wurde 1877 in Girsu (Tello) gefunden. – Aufbewahrungsort: Musée du Louvre, Paris (AO 5385). – Edition, Bearbeitungen und Übersetzungen (in Auswahl): E. de Sarzec, Découvertes en Chaldée, Paris 1894-1912, Taf. 33-35 (Photos); F. Thureau-Dangin, Die sumerischen und akkadischen Königsinschriften (VAB 1), Leipzig 1907, 88-123 (Edition); ders., Les cylindres de Goudéa, Paris 1925, Taf. 1-30 (Kopien); A. Falkenstein, Tempelbau-Hymne Gudeas von Lagasch, in: A. Falkenstein / W. von Soden, Sumerische und Akkadische Hymnen und Gebete, Zürich / Stuttgart 1953, 137-166 (Übersetzung); R. E. Averbeck, A Preliminary Study of Ritual and Structure in the Cylinders of Gudea I und II, Dissertation. Dropsie College, Merion 1987 (Edition, Kommentar); Th. Jacobsen, The Harps that once … Sumerian Poetry in Translation, New Haven / London 1987, 386-425 (Übersetzung); J. Krecher, The building of Ningˆirsu’s Temple (Gudea, cylinders A and B), ETCSL c.2.1.7, 1995 (www. http://etcsl.orinst.ox.ac.uk); D. O. Edzard, Gudea and His Dynasty (RIME 3/1), Toronto / Buffalo / London 1997, 68-88 (Edition); W. H. Ph. Römer, Die Zylinderinschriften von Gudea (AOAT 376), Münster 2010. – Kommentare: A. Falkenstein, Die Inschriften Gudeas von Lagasˇ. I. Einleitung (AnOr. 30), Rom 1966; C. E. Suter, Gudea’s Temple Building (CM 17), Groningen 2000.
Der vorliegende Tonzylinder enthält den ersten Teil der Tempelbauhymne des Stadtfürsten (énsi) Gudea von Lagasˇ (21. Jh. v. Chr.), der das Heiligtum (é-ninnu) des Hauptgottes Ningˆirsu in Girsu (Tello) erneuert. Der Text beschreibt in 30 Kolumnen mit insgesamt 814 Zeilen die Ereignisse von der Schicksalsentscheidung bis zum Abschluß des Baus: Nachdem die Götter ein positives Schicksal für den Stadtstaat Lagasˇ entschieden hatten (I 1-16), empfängt Gudea von Ningˆirsu im Traum die Weisung, seinen Tempel zu errichten (I 17-II 3).57) Da Gudea das nicht versteht, begibt er sich nach Lagasˇ, um sich den Traum von Nansˇe, der Schwester des Ningˆirsu, deuten zu lassen. Auf dem Weg 55. 56. 57.
Vgl. Charpin, Clergé, 276. Zum Kolophon vgl. den Kommentar bei Steible, Rı¯msîn, 25. Vgl. zum Hintergrund A. Zgoll, Traum und Welterleben im antiken Mesopotamien (AOAT 333), Münster 2006.
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Susanne Paulus
ˆ atumdu (II 23-IV 2), bedahin betet er zu Ningˆirsu (II 4-22) und zur Muttergöttin G vor er seinen Traum der Nansˇe vorträgt (V 11-VI 13). Diese deutet ihm nicht nur den Traum (VI 14-VII 8), sondern rät ihm auch, durch den Bau eines Streitwagens Ningˆirsu für ein erneutes Traumorakel gnädig zu stimmen (VI 14-VII 8).58) Nachdem Gudea den Streitwagen ordnungsgemäß hergestellt und feierlich an Ningˆirsu übergeben hat (VII 9-VIII 1), bittet er ihn um ein gutes Omen (VIII 2-IX 4). Daraufhin gibt Ningˆirsu Gudea im Traum nicht nur klare Anweisungen, sondern auch eine Vorschau auf das zu schaffende Werk und dessen Konstruktion (IX 5-XII 12). Nun beginnen die Bauvorbereitungen, indem Gudea den Baugrund wie auch die gesamte Stadt und ihre Einwohner kultisch reinigt (XII 12-XIV 6). Anschließend werden Arbeitskräfte ausgehoben und exotische Baumaterialien aus den benachbarten Ländern im Osten (Elam), der Region des Persischen Golfs und der Levante beschafft (XIV 7-XVII 4).59) Danach wird der Grundriß des Eninnu abgesteckt (XVII 5-28) und die Ziegel werden hergestellt, wobei der Formung des ersten Ziegels als ›Schicksalsziegel‹ besondere Bedeutung zukommt.60) Zunächst ersucht Gudea erneut die Bestätigung durch ein Orakel (XX 5-12), dann beginnt der eigentliche Bau: Dem Grundriß folgend legt Gudea die Fundamentmauern für sieben abgegrenzte Bereiche (XX 24-XXI 12), die Türrahmen werden eingesetzt und die Mauern daran hochgezogen, die Dachbalken aus wertvollen Hölzern angebracht und der Tempel mit Gründungsnägeln und apotropäischen Figuren ausgestattet (XXI 13-XXII 23). Um den Tempel herum werden Stelen errichtet (XXII 24-XXIV 7),61) die Fassade wird ausgeschmückt, das Dach und die Tore werden fertiggestellt und einige Räume ausgestattet (XXIV 8-XXV 21). Nun werden an wichtigen Orten die Trophäen des Ningˆirsu, seine gefangenen Feinde, aufgestellt (XXV 22-XXVI 19).62) Abschließend werden noch die Türschlösser angebracht und die Fassade farbig gestaltet (XXVI 20-XXVIII 2). Es folgen eine Beschreibung und der Lobpreis des Hauses einschließlich seiner verschiedenen Wirtschaftsbereiche (XXVIII 3-XXX 5). Die Hymne endet mit einem Lobpreis auf Ningˆirsu (XXX 6-14) und einem Kolophon (XXX 15-16), der angibt, daß es sich bei Zylinder A nur um den ersten Teil der Tempelbauhymne handelt. Der zweite Teil (Zylinder B) beschreibt dann die Einweihung.
Die Schicksalsentscheidung (I 1) Als
im Himmel und auf der Erde das Schicksal entschi[eden wurde], erhob (die Stadt) Laga[sˇ ] mit großen göttlichen Kräften63) das Haupt zum Himmel
(I 2) (da)
58. 59. 60. 61. 62. 63.
10
Vgl. hierzu besonders Zgoll, Traum, 318-343. Vgl. dazu Falkenstein, Einleitung, 46-54. Vgl. W. Heimpel, Gudea’s Fated Brick, JNES 46 (1987) 205-211. Zu diesen Stelen vgl. ausführlich Suter, Gudea’s Temple Building, 161-276. Zur folgenden Aufzählung der Trophäen des Ningˆirsu, die an verschiedenen Orten aufgestellt werden, vgl. J. S. Cooper, The Return of Ninurta to Nippur (AnOr. 52), Rom 1978, 141-154. Der Terminus me, der unterschiedliche Abstrakta, Errungenschaften der Zivilisation und der Religion umfaßt, wird hier als »göttliche Kräfte« wiedergegeben; vgl. dazu G. Farber, me (gˆarza, parsu), RlA VII (1987-1990) 610-613. ˙
Texte aus Mesopotamien
Enlil blickte getreulich auf den Herrn Ningˆirsu: unserer Stadt ist wahrlich das, was sich ziemt, strahlend hervorgetreten. (I 5) Das Innerste ist an ihr Ufer zurückgekehrt, (I 6) das Innerste des Enlil ist an ihr Ufer zurückgekehrt, (I 7) wahrlich das Innerste ist an ihr Ufer zurückgekehrt. (I 8) Schwarzes gewaltiges Wasser, furchteinflößender Glanz: (I 9) Das Innerste des Enlil – es ist der Tigris – hat fürwahr süßes Wasser gebracht.« (I 10) Das Haus betreffend rief dessen Herr:64) (I 11) »Die göttlichen Kräfte des Enninu wird er im Himmel und auf der Erde strahlend hervortreten lassen, (I 12) der Stadtfürst, dessen Verstand weit ist, wird seinen Verstand einsetzen, (I 13) alle großen Dinge wird er vergrößern, (I 14) das vollkommene Rind (und) die vollkommene Ziege wird er heranleiten. (I 15) Den Schicksalsziegel ließ er das Haupt erheben, (I 16) um das reine Haus zu bauen, ließ er ihn seinen Nacken aufrichten.« (I 3) (und) (I 4) »In
Gudeas Traum (I 17) An
diesem Tag war es, daß in einem Traum seinen König, Herrn Ningˆirsu, Gudea schaute. (I 19) Bezüglich des Bauens seines Hauses sprach er zu ihm. (I 20) Das Eninnu, dessen göttliche Kräfte übergroß sind, (I 21) stellte er ihm vor Augen. (I 22) Gudea, dessen Herz weit ist, (I 23) bemühte sich um die Angelegenheit: (I 24) »Wohlan, ich will es ihr sagen! Wohlan, ich will es ihr sagen! (I 25) In dieser Angelegenheit soll sie mir beistehen! (I 26) Mich, den Hirten, ereilte Erhabenes. (I 27) Von meiner Angelegenheit, die mir der Traum gebracht hat, (I 28) verstehe ich den Inhalt nicht. (I 29) Meiner Mutter will ich den Traum vorbringen. (II 1) Meine Traumdeuterin, die weise aus sich selbst heraus ist, (II 2) Nans ˇ e, meine Schwester (und) Göttin von Sirara,65) (II 3) soll für mich den Inhalt finden!« (I 18) den
64. 65.
Der Gott Ningˆirsu. Sirara ist Heimatkultort und Tempel der Nansˇe in Nigˆin (siehe die folgende Anm.); vgl. F. Huber Vulliet, Sirara. II, RlA XII (2009-2011) 552 f.
11
Susanne Paulus
Gebet zu Ningˆirsu in Lagasˇ (II 4) Wahrlich,
er setzte den Fuß auf sein Schiff, dem Kanal, der nach Nigˆin führt, lenkte er das Schiff zu ihrer Stadt Nigˆin.66) (II 6) Freudig teilte er im Kanal die Wellen. (II 7) Als er an das Bagara,67) das Haus, das sich zum Kanal hin erstreckt, herankam, (II 8) opferte er dort Brot, libierte er kühles Wasser. (II 9) Zum Herrn von Bagara ging er (und) richtete ein Gebet an ihn: (II 10) »Held, sich aufbäumender Löwe, ohne Rivale, (II 11) Ning ˆ irsu, [her]vorgehoben im Abzu, (II 12) fürstlich [in] Nippur, (II 13) Held, du hast mir befohlen (und) ich will es getreulich ausführen. (II 14) Ning ˆ irsu, ich will dir dein Haus bauen, (II 15) die göttlichen Kräfte will ich dir vollkommen machen! (II 16) Deine Schwester, das Kind, das Eridu geschaffen hat, (II 17) die fürstlich aus sich selbst ist, die Herrin, Traumdeuterin der Götter, (II 18) Nans ˇ e, meine Schwester (und) Göttin von Sirara, (II 19) soll mir den Weg bereiten!« (II 20) Sein Rufen wurde erhört. (II 21) Sein Herr hat von Gudea sein Gebet und Flehen – (II 22) der Herr Ning ˆ irsu hat es von ihm empfangen. (II 5) auf
Gebet zu Gˆatumdu Haus von Bagara beging er das esˇ’esˇ-Fest,68) ˆ atumdu errichtete der Stadtfürst seine Schlafstätte. G (II 25) Dort opferte er Brot, kühles Wasser libierte er. ˆ atumdu ging er (II 26) Zur reinen G (II 27) und sprach ein Gebet zu ihr: (II 28) »Meine Herrin, Kind, das der reine An gezeugt hat, (II 29) fürstlich aus sich selbst heraus, Göttin mit erhobenen Haupt, (III 1) die im Land lebt,69) (III 2) die Fürsprecherin ihrer Stadt,70) (II 23) Im
(II 24) bei
66. 67. 68.
69. 70.
12
Nigˆin liegt in der Nähe der Küste im Südosten von Lagasˇ und war Kultort der Göttin Nansˇe mit dem Hauptheiligtum Sirara; vgl. zu den Schreibungen und der Lokalisation D. O. Edzard, NINA, RlA IX (1998-2001) 322-324. Das Bagara ist der Tempel des Ningˆirsu in Lagasˇ; vgl. A. R. George, House Most High. The Temples of Ancient Mesopotamia (MC 5), Winona Lake 1993, 69. Das esˇ’esˇ-Fest ist eine regelmäßige Feier, die mit den Mondphasen zusammenhängt und am Neulichttag (1. Tag) sowie am 7. und 15. Monatstag begangen wurde; vgl. dazu W. Sallaberger, Der kultische Kalender der Ur III-Zeit 1 (UAVA 7,1), Berlin / New York 1993, 38-39 und 56-58. Mit kalam »Land« ist gewöhnlich das Land Sumer gemeint; vgl. in diesem Zusammenhang auch Suter, Gudea’s Temple Building, 116. nu-DU wird gewöhnlich als unorthographische Schreibung von nì-du7 angesehen; siehe
Texte aus Mesopotamien
Herrin (und) Mutter, die Lagˆasˇ gegründet hat, bist du. du auf die Menschen geblickt hast, existierte aus sich selbst heraus Überfluß. (III 5) Das Leben wurde dem wahrhaften Jüngling, den du angeblickt hast, lang gemacht. (III 6) Ich habe keine Mutter, meine Mutter bist du. (III 7) Ich habe keinen Vater, mein Vater bist du. (III 8) Meinen Samen hast du in den Leib gelegt, hast mich im Heiligtum geboren. ˆ atumdu, dein reiner Name ist süß. (III 9) G (III 10) In der Nacht liegst du dort für mich, (III 11) du bist meine große Akazie,71) meine Seite lehnt daran, (III 12) du bist …, das im reichlichen Wasser gepflanzt ist, (III 13) du hauchtest mir Lebensodem ein. (III 14) du bist ein großer Schutzschirm, unter deinem Schatten (III 15) will ich mich abkühlen. (III 16) Die Gute, die Rechte von deinen erhabenen Händen ˆ atumdu, mir wahrhaftig aufgelegt. (III 17) hast du, Herrin G (III 18) Zur Stadt werde ich gehen, möge mein Omen gut sein! (III 19) Zum Berg, der sich aus dem Wasser erhebt, nach Nig ˆ in, (III 20) soll mir dein guter Wächtergenius72) vorangehen, (III 21) soll deine gute Schutzgöttin den Weg mit mir gehen. (III 22) Wohlan, ich will es ihr sagen! (III 23) Wohlan, ich will es ihr sagen! (III 24) In dieser Angelegenheit soll sie mir beistehen! (III 25) Meiner Mutter will ich meinen Traum vorbringen. (III 26) Meine Traumdeuterin, die weise aus sich selbst heraus ist, (III 27) Nans ˇe, meine Schwester (und) Göttin von Sirara, (III 28) soll für mich den Inhalt finden.« (III 29) Sein Rufen wurde erhört. (IV 1) Seine Herrin hat Gebet und Flehen – ˆ atumdu empfangen. (IV 2) von Gudea hat es die reine G (III 3) die
(III 4) Nachdem
Vorbringen des Traums bei Nansˇe (IV 3) Wahrlich, (IV 4) nach
71. 72.
er setzte den Fuß auf sein Schiff, Nigˆin hin. – Am Kai von Nigˆin ließ er das Schiff anlegen.
Averbeck, Study, 603 Anm. 70. Dagegen wird hier die entsprechende Form als nu-rá-zu (nuals Präfix zur Kennzeichnung einer »Funktionsbezeichnung« und rá-zu »Gebet«) aufgelöst. gˆisˇ ˆ GÍR-gunû ist entweder der »Kameldorn«, eine Akazienart, oder die Myrte; siehe dazu M. Molina / M. Such-Gutiérrez, On Terms for Cutting Plants and Noses in Ancient Sumer, JNES 63 (2004) 9-10. So mit Averbeck, Study, 606, der zu ú!-du11 = udug »Wächter(dämon/geist)« emendiert. Wegen der Parallelität zu III 21 ist diese Lesung der Deutung sukkal-inim-sa6-ga »Bote des guten Wortes« (so Edzard, Gudea, 71) vorzuziehen.
13
Susanne Paulus (IV 5) Im
Hof der Göttin von Sirara erhob der Stadtfürst das Haupt zum Himmel. (IV 6) Er opferte dort Brot, libierte kühles Wasser. (IV 7) Zu Nans ˇ e ging er (und) betete zu ihr: (IV 8) »Nans ˇ e, starke Herrin, Herrin mit hochgeschätzten göttlichen Kräften, (IV 9) Herrin, die wie Enlil das Schicksal entscheidet, (IV 10) Nans ˇ e, dein Ausspruch ist wahrhaftig (IV 11) (und) vorrangig. (IV 12) Du bist die Traumdeuterin der Götter, (IV 13) du bist die Herrin aller Länder. Meine Angelegenheit ist heute der Traum: (IV 14) Im Traum war ein Mann, wie der Himmel war er überragend groß, (IV 15) wie die Erde war er überragend groß. (IV 16) Er war, was sein Haupt betraf, ein Gott, (IV 17) ein Anzu-Vogel, was seine Flügel betraf, (IV 18) eine Sturmflut, was seinen Unterleib betraf. (IV 19) Zu seiner Rechten und Linken lag (jeweils) ein Löwe. (IV 20) Er befahl mir, sein Haus zu bauen, (IV 21) jedoch verstand ich seinen Inhalt nicht. (IV 22) Die Sonne ging für mich am Horizont auf. (IV 23) Eine Frau war es, wer auch immer sie war, (IV 24) sie ließ aus dem Haupt hervortretend ein Ährenbündel entstehen.73) (IV 25) In der Hand hielt sie ein Schreibrohr aus verfeinertem Edelmetall. (IV 26) Eine Tafel mit den Sternen des Himmels war auf (ihren) Knien, (V 1) Sie zog sie zu Rate. (V 2) Desweiteren war (dort) ein Held. (V 3) Er beugte den Arm (und) hielt eine Lapislazulitafel in der Hand. (V 4) Darauf legte er den Plan des Hauses dar. (V 5) Vor mich stellte er einen reinen Tragekorb hin, (V 6) eine reine Ziegelform machte er [zu]recht. (V 7) Den Schicksalsziegel ließ er für mich in dieser Ziegelform sein. (V 8) In der rechten Euphratpappel, die vor mir stand, (V 9) verbrachten die tigidlu-Vögel74) zwitschernd den Tag. (V 10) Ein Eselhengst scharrte für mich ständig auf der rechten Seite meines Herrn.«
73. 74.
14
Es handelt sich um die Göttin Nisaba, die Göttin der Schreibkunst, die zugleich die Göttin des Getreides war, mit dem sie auch dargestellt wird; vgl. P. Michalowski, Nisaba. A. Philologisch, RlA IX (1998-2001) 575 f. Bislang ist es nicht gelungen, den tigilu-Vogel zu identifizieren; vgl. N. Veldhuis, Religion, Literature, and Scholarship. The Sumerian Composition »Nansˇe and the Birds« (CM 22), Leiden / Boston 2004, 288. Da das Zwitschern des Vogels am Tag mit Schlaflosigkeit (vgl. VI 11) verbunden wird, handelt es sich möglicherweise um einen nachtaktiven Vogel.
Texte aus Mesopotamien
Traumdeutung durch Nansˇe Mutter, Nansˇ e, antwortet dem Stadtfürsten: Hirte, deinen Traum will ich dir deuten. (V 13) Du sagtest: ›Der Mann, er war wie der Himmel überragend groß, wie die Erde überragend groß, (V 14) er war, was sein Haupt betraf, ein Gott, war, was seine Flügel betraf, (V 15) ein Anzu-Vogel, was seinen Unterleib betraf, eine Sturmflut, (V 16) zur Rechten und Linken lag jeweils ein Löwe.‹ (V 17) Es war gewiß mein Bruder, Ning ˆ irsu. (V 18) Das Bauen seines Heiligtums hat er dir befohlen. (V 19) Die Sonne, die für dich am Horizont aufgegangen ist, (V 20) (war) dein Gott, Ning ˆ isˇ zida. Wie die Sonne wird er für dich am Horizont hervortreten. (V 21) Die Jungfrau, die aus ihrem Haupt hervortretend ein Ährenbündel entstehen ließ, (V 22) die in der Hand ein Schreibrohr aus verfeinertem Edelmetall hielt, (V 23) die die Tafel mit den Sternen des Himmels, die auf ihren Knien war, (V 24) zu Rate zog, (V 25) es war gewiß meine Schwester, Nisaba. (VI 1) Die helleuchtenden Sterne für das Bauen des Hauses (VI 2) hat sie dir zugerufen. (VI 3) Desweiteren, der Held, der den Arm beugte (VI 4) und eine Lapislazulitafel in der Hand hielt, (VI 5) es war Nindub.75) Den Plan des Hauses legte er dar. (VI 6) Daß vor dir ein reiner Tragekorb hingestellt (und) eine reine Ziegelform zurecht gemacht, (VI 7) (und) der Schicksalsziegel in dieser Ziegelform vorhanden war, (VI 8) dies war gewiß der rechte Ziegel des Eninnu. (VI 9) Daß in der rechten Euphratpappel, die vor dir war, (VI 10) wie du sagtest, die tigidlu-Vögel zwitschernd den Tag verbrachten, (VI 11) (bedeutet), daß, um das Haus zu bauen, süßer Schlaf deine Augen nicht überkommen wird. (VI 12) Der junge Eselhengst, der, wie du sagtest, ständig auf der rechten Seite deines Herrn scharrte, (VI 13) das bist du, der für das Eninnu76) wie ein [erlesener] Esel (ungeduldig) scharrt. (V 11) Seine
(V 12) »Mein
Weisung der Nansˇe (VI 14) Ich
will einen Ratschlag erteilen, möge mein Ratschlag angenommen werden.
75. 76.
Der selten belegte Gott heißt wörtlich »Herr der (Ton)tafel«; siehe A. Cavigneaux / M. Krebernik, Nin-duba, RlA IX (1998-2001) 339 f. Die abgeriebene Stelle ist wahrscheinlich é-ninnu-[úsˇ] zu lesen.
15
Susanne Paulus
ˆ irsu, dem Haupthaus von Lagasˇ , Schritte werden sich nach G richten. (VI 16) Sobald du das Siegel des Lagerhauses erbrochen hast, dir Holz herausgelegt hast, (VI 17) deinem Herrn einen Streitwagen zusammengefügt hast, (VI 18) den jungen Eselhengst daran angeschirrt hast, (VI 19) diesen Streitwagen mit verfeinertem Edelmetall und Lapislazuli ausgeschmückt hast (VI 20) – Pfeile wie Licht(strahlen) aus dem Köcher ragen –, (VI 21) sobald du die ankar-Waffe, den ›Arm des Heldentums‹, sorgsam hergestellt hast, (VI 22) ihm77) seine geliebte Standarte angefertigt hast, (VI 23) deinen Namen darauf geschrieben hast, (VI 24) sobald du ihn78) mit seiner geliebten balag ˆ -Trommel,79) ›Drache des Landes‹, (VI 25) dem namenhaften Instrument, das ihm lange nachhallt, (VI 26) es dem Helden, der Geschenke liebt, (VII 1) deinem Herrn, dem Herrn Ning ˆ irsu, (VII 2) ins [E]ninnu, ›weißer anzu-Vogel‹ hereinbringen läßt, (VII 3) wird er selbst dein unwesentlich Gesprochenes als Bedeutendes von dir empfangen, (VII 4) bis sich sein Herz, das wie der Himmel unergründlich ist, (VII 5) das des Ningirsu, des Sohnes des Enlil, sich für dich beruhigt. (VII 6) Er wird den Plan seines Hauses für dich finden. (VII 7) Dann wird der Held seine göttlichen Kräfte, die übergroß sind, (VII 8) für [dich] noch vergrößern.« (VI 15) Deine
Herstellung und Übergabe des Streitwagens (VII 9) Der
rechte Hirte, Gudea, Großes und vollbringt daher Großes. (VII 11) Vor der Weisung, die Nans ˇ e ihm gegeben hat, (VII 12) beugte er das Haupt. (VII 13) An seinem Lagerhaus erbrach er das Siegel, (VII 14) legte er Holz heraus. (VII 15) Gu[de]a stand bei jedem Holz(stück), (VII 16) war in bezug auf das Holz sorgfältig. (VII 17) Das mes-Holz80) polierte er, (VII 18) das Eichenholz spaltete er mit der Axt. (VII 19) Zu einem Streitwagen mit Lapislazuli81) fügte er es zusammen. (VII 10) wußte
77. 78. 79. 80. 81.
16
Gemeint ist Ningˆirsu. Gemeint ist ›zusammen mit dem Streitwagen‹. Das balagˆ Instrument ist bei Gudea sehr wahrscheinlich eine große Schlagtrommel, wie sie auf den Stelen abgebildet ist; siehe dazu Suter, Gudea’s Temple Building, 190-195. Der mes-Baum kann bislang nicht sicher identifiziert werden. Gemeint ist, daß der Streitwagen mit Lapislazuli verziert war; vgl. VI 19.
Texte aus Mesopotamien (VII 20) Die
dazugehörigen Eselhengste, ›zum Laufen berufene Löwen‹, er daran an. (VII 22) Seine geliebte Standarte hat er ihm angefertigt, (VII 23) seinen Namen hat er darauf geschrieben. (VII 24) Mit der geliebten balag ˆ -Trommel, ›Drache des Landes‹, (VII 25) dem namenhaften Instrument, das ihm lange nachhallt, (VII 26) hat er es dem Helden, der Geschenke liebt, (VII 27) seinem Herrn, dem Herrn Ning ˆ irsu, (VII 28) ins Eninnu, ›weißer anzu-Vogel‹, (VII 29) hereingebracht. (VII 30) Wahrlich, freudig ist er für ihn in das Haus eingetreten (VIII 1) (und) strahlend ist Gudea wieder aus dem Heiligtum Eninnu herausgekommen. (VII 21) schirrte
Gebet zu Ningˆirsu (VIII 2) Danach
verbrachte er für das Haus die Tage, er so die Nächte. (VIII 4) Die Hügel tiefte er ein, die Klagen wies er zurück.82) (VIII 5) Den Speichel des Mundes entfernte er von den Wegen. ˇ ugalam,83) der furchteinflößenden Stätte, seiner (VIII 6) Hin zum S Gerichtsstätte, (VIII 7) dem Ort, von dem Ning ˆ irsu alle Länder anschaut, (VIII 8) hat der Stadtfürst ein Mastschaf, ein Fettschwanzschaf und eine Getreidemastziege (VIII 9) auf der Haut eines unbesprungenen Zickleins gelagert. (VIII 10) Wachholder, die reine Pflanze des Berglands, häufte er im Feuer auf, (VIII 11) aus Zedernduft, dem Wohlgeruch des Gottes, (VIII 12) schuf er den dazugehörigen Rauch. (VIII 13) Unter den Menschen erhob er sich für hseineni Herrn, betete zu ihm. (VIII 14) Im Ubs ˇ ukkina84) stand er für ihn (und) grüßte ihn fürbittend: (VIII 15) »Mein König, Ning ˆ irsu, der das wilde Wasser zurückgehalten hat, (VIII 16) rechter Herr, Same, den der ›große Berg‹ ergossen hat,85) (VIII 17) Jüngling, der niemand zu fürchten hat, (VIII 18) Ning ˆ irsu, ich werde dir dein Haus bauen! (VIII 19) (Aber) mein Omen habe ich (noch) nicht. (VIII 20) Held, das was sich ziemt, hast du mir zugerufen, (VIII 21) (aber) den Inhalt davon habe ich nicht von dir erfahren. (VIII 3) verbrachte
82. 83. 84. 85.
Durch das Ruhen von Gerichtsverhandlungen wird kultische Reinheit erreicht. Das Sˇugalam ist das Tor der Rechtsprechung des Eninnu und sehr wahrscheinlich auch der Fundort der beiden Zylinder; vgl. Suter, Gudea’s Temple Building, 71 mit Anm. 5; siehe auch unten bei XXII 21, XXIII 25 und XXVI 1. Das Ubsˇukkina ist wahrscheinlich eine Versammlungshalle im Eninnu; vgl. Suter, Gudea’s Temple Building, 86. é-kur, »großer Berg«, ist nicht nur das Hauptheiligtum, sondern auch ein häufig verwendetes Epitheton für Enlil, den Vater des Ningˆirsu.
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Susanne Paulus (VIII 22) Dein
Herz (ist) wie das Meer sich immer wieder erhebend, eine Welle herunterbrechend, (VIII 24) wie herausströmendes Wasser majestätisch brüllend, (VIII 25) wie Hochwasser Städte zerstörend, (VIII 26) wie eine Sturmflut, die aufständischen Länder umreißt. (IX 1) Mein Herr, dein Herz ist nicht einzudämmendes, herausströmendes Wasser, (IX 2) Held, dein Herz ist wie der Himmel unergründlich. (IX 3) Sohn des Enlil, Herr Ning ˆ irsu, (IX 4) was weiß ich von dir?« (VIII 23) wie
Weisung im Traum durch Ningˆirsu (IX 5) Daraufhin
hat er sich dem Schlafenden Haupt gestellt (und) berührte (ihn) flüchtig:86) (IX 7) »Für das, was du mir bauen wirst, für das, was du mir bauen wirst, (IX 8) Stadtfürst, für mein Haus, das du mir bauen wirst, (IX 9) Gudea, damit du mein Haus bauen kannst, will ich dir das dazugehörige Omen geben. (IX 10) Meines Kultbrauchs Sterne des reinen Himmels will ich dir rufen. (IX 11) Vor meinem Haus, dem Eninnu, das An gegründet hat, (IX 12) dessen göttliche Kräfte, übergroße göttliche Kräfte, die (alle) göttlichen Kräfte übertreffen, (IX 13) vor dem Haus, dessen Herr den Blick weit erhebt, (IX 15) erzittert der Himmel (IX 14) wie vor einem schreienden anzu-Vogel. (IX 16) Sein wilder Schreckensglanz reicht an den Himmel heran, (IX 17) die große Furcht vor meinem Haus legt sich auf alle Länder. (IX 18) Auf seinen Namen hin versammeln sich alle Länder bis zum Horizont, (IX 19) (selbst) Magan (und) Meluhha87) kommen aus dem Bergland herab. ˘ (IX 20) Ich, Ning ˆ irsu, der das wilde˘Wasser zurückgehalten hat, (IX 21) der große Held der Erde des Enlil,88) (IX 22) der Herr, der nicht seinesgleichen hat: (IX 23) Mein Haus (ist) Eninnu, die Tiara reicht über das Bergland hinaus. ˇ ar’ur,89) die die Länder allesamt unterwirft. (IX 24) Meine Keule (ist) S (IX 25) Meinen wilden Blick erträgt das Bergland nicht. (IX 26) Meiner ausgestreckten Hand entkommt niemand. (X 1) Mein leiblicher Vater hat in großartiger Liebe (X 2) ›König, Sintflut des Enlil‹, (IX 6) ans
86. 87. 88. 89.
18
Sehr wahrscheinlich ist gˆír »Messer« eine Verschreibung für ul4 »flüchtig«; vgl. in diesem Sinne Edzard, Gudea, 74 und Römer, Zylinderinschriften, 14. Magan bezeichnet das Gebiet des heutigen Oman, Meluhha das der Industalkultur. ˘˘ Die Erde ist das Herrschaftsgebiet des Enlil. Sˇar’ur, wörtlich »der Myriaden (3600) niedermacht«, ist die personifizierte Waffe Ningˆirsus, die auch selbständig agieren kann; vgl. dazu M. Krebernik, Sˇar-ur und Sˇar-gaz, RlA XII (2009-2011) 84-86.
Texte aus Mesopotamien (X 3) dessen
wilder Blick sich nicht vom Bergland abwendet, Held des Enlil‹ (X 5) mich mit Namen benannt. (X 6) Er hat mich die 50 göttlichen Kräfte ergreifen lassen. (X 7) Brachte ich den Opfertisch, (X 8) führte ich den Handwaschungsritus ordnungsgemäß durch, (X 9) dann erhebt sich der reine An an meiner leitenden Hand aus dem Schlafe.90) (X 10) Von den guten Sachen aus meiner Hand (X 11) ißt mein leiblicher Vater das Beste. (X 12) An, der König der Götter, hat (X 13) ›Ning ˆ irsu, König, Reinigungspriester des An‹, (X 14) mich mit Namen benannt. (X 15) Tiras ˇ91) hat er92) wie den Abzu (X 16) mir mit Tiefgründigkeit gegründet. (X 17) In seinem Inneren wird jeden Monat am Neulichttag (X 18) mit großen göttlichen Kräften mein Fest des An für mich großartig vollführt. (X 19) Das Ehus ˇ,93) meine wilde Stätte, (X 20) hat er ˘(mir) wie einen Drachen an einem furchtbaren Ort gebaut. (X 21) Über das gegen mich rebellierende Land, über das man nicht spricht, (X 22-23) verbreitet er, wie eine Schlange, die Geifer hervorpreßt, für mich Gift, sobald sich mein Herz gegen es erzürnt hat. (X 24) Im Ebabbar,94) dem Ort, an dem ich befehle, (X 25) dem Ort, an dem ich wie Utu strahlend aufgehe, (X 26) an diesem Ort entscheide ich gerecht wie Is ˇtaran die Rechtsangelegenheiten meiner Stadt. (X 27) Beim Haus Bagara, meiner Opfertischstätte, (X 29) versammeln sich für mich (X 28) die großen Götter von Lagas ˇ. (XI 1) An mein Haus, das führende Haus aller Länder, (XI 2) den rechten Arm von Lagas ˇ, (XI 3) den im Himmelskreis schreienden Anzu, (XI 4) Eninnu, an mein Haus des Königtums – (XI 5) rechter Hirte, Gudea, (X 4) Ning ˆ irsu,
90. 91. 92. 93. 94.
Da An im Ergativ steht, ist er als Subjekt anzusetzen, dann steht sˇu-si-sá-a-gˆu10 sehr wahrscheinlich im Direktiv. Die Verbform ist möglicherweise, wie Edzard, Gudea, 75 vorgeschlagen hat, zu ba-zi-zi! zu emendieren. Das Tirasˇ ist ein Schrein des Ningˆirsu im Stadtstaat Lagasˇ, den Ur-Nansˇe gegründet hat; siehe dazu George, House Most High, 150. Das Subjekt der folgenden Sätze bis X 26 ist nicht ganz klar. Es wäre auch möglich, Ningˆirsu als Subjekt in der 1. Person anzusetzen, wie es Edzard, Gudea, 75 getan hat. Das Ehusˇ, wörtlich »wildes Haus«, ist ebenfalls ein Schrein des Ningˆirsu im Stadtstaat Lagasˇ ˘ und wurde von Enmetena gebaut; vgl. George, House Most High, 102. Das Ebabbar ist der Tempel des Sonnengottes Utu in Girsu; siehe dazu Falkenstein, Einleitung, 166. Dieser ist ebenso wie Isˇtaran ein Richtergott.
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Susanne Paulus (XI 6) sobald
du für mich die rechte Hand daran anlegen wirst, vom Himmel feuchter Wind gerufen werden, (XI 8) vom Himmel soll für dich Überfluß herabkommen. (XI 9) Das Land soll sich dadurch im Überfluß erstrecken. (XI 10) Zusammen mit der Gründung des Fundaments meines Hauses (XI 11) wird durch dich Überfluß kommen. (XI 12) Die großen Felder werden ihn für dich erbringen, (XI 13) Deich und Kanal werden ihn für dich erheben.95) (XI 14) (Selbst) zu den Anhöhen, auf die (sonst) kein Wasser hinaufsteigt, (XI 15) wird für dich Wasser hinaufsteigen. (XI 16) In Sumer wird durch dich ein Ölüberschuß ausgeschüttet, (XI 17) wird durch dich ein Wollüberschuß dargemessen werden. (XI 18) Sobald du meinen Gründungsnagel eingetieft hast, (XI 19) sobald du die rechte Hand an mein Haus angelegt hast, (XI 20) werde ich zum Gebirge hin, dem Ort an dem der Nordwind wohnt, (XI 21) meinen Fuß auf den Grund setzen. (XI 22) Der Mann von überragender Stärke, der Nordwind, wird vom Gebirge, dem reinen Ort, (XI 23) den Wind recht für dich herwehen lassen. (XI 24) Sobald den Menschen Lebensodem gegeben wurde, (XI 25) kann ein Mann anstelle von zwei Männern arbeiten. (XI 26) Mitten in der Nacht wird immer der Mond für dich aufgehen, (XI 27) mitten am Tage wird immer die Sonne im Überfluß für dich aufgehen. (XII 1) Der Tag wird für dich das Haus bauen, (XII 2) die Nacht wird es für dich wachsen lassen. (XII 3) Von unten werde ich Eichenholz (XII 4) (und) NE.HA.GAG-Holz96) für dich heraufbringen, ˘ (XII 5) von oben werde ich Zedern-, Zypressen- und zabalum-Holz von selbst für dich herabkommen lassen. (XII 6) Im Zederngebirge (XII 7) werde ich dir Zedernholz herbeibringen. (XII 8) Im Steingebirge werde ich dir das große Gestein der Gebirgskette (XII 9) in Blöcke schneiden. (XII 10) An diesem Tag werde ich deinen Arm mit Feuer berühren, (XII 11) mögest du mein Omen verstehen!« (XI 7) wird
Bauvorbereitung – Kultische Reinigung (XII 12) Gudea
stand auf. – Es war (nur) Schlaf. war erschrocken. – Es war (nur) ein Traum. (XII 14) Zu der Anweisung, die Ning ˆ irsu gesprochen hatte, (XII 13) Er
95. 96.
20
Wörtlich: »Die großen Felder werden ihn für dich mit der Hand erheben, Deich und Kanal werden ihn für dich auf ihrem Nacken erheben.« Weder die Lesung noch die Art dieses Holzes sind klar. Vgl. Averbeck, Study, 632 und Römer, Zylinderinschriften, 87.
Texte aus Mesopotamien (XII 15) neigte
er das Haupt. ein weißes Opfertier streckt er die Hand, (XII 17) er führte die Opferschau durch, sie war günstig. (XII 18) Für Gudea wurde der Herzen(swunsch) des Ning ˆ irsu (XII 19) taggleich offenbar. (XII 20) Er wußte Großes (und) so vollbringt er Großes. (XII 21) Der Stadtfürst hat seiner Stadt wie einem einzelnen Mann (XII 22) Anweisung gegeben. (XII 23) Den Ort Lagas ˇ machte er einmütig wie die Kinder einer einzigen Mutter. (XII 24) Holz nahm er in die Hand, riß Dornensträucher aus. (XII 25) s ˇakir-Pflanzen pflanzte er an.97) – Die (vorgebrachten) Angelegenheiten wies er ab. (XII 26) Das Vergehen schickte er in dessen Haus zurück.98) (XIII 1) Von Peitsche und Treibstock löste er die Riemen,99) (XIII 2) Wolle von Mutter schafen legte er in die Hände.100) (XIII 3) Die Mutter schimpfte nicht mit dem Kinde, (XIII 4) das Kind hat zu seiner Mutter nicht unverschämt (XIII 5) gesprochen. (XIII 6) Dem Sklaven, der Waffengewalt anwendete,101) (XIII 7) schlug sein Herr nicht den Schädel ein. (XIII 8) Der Sklavin, die sich ihr gegenüber schlecht benahm, (XIII 9) hat ihre Herrin nicht ins Gesicht geschlagen. (XIII 10) Dem Haus bauenden Stadtfürsten, (XIII 11) Gudea, legte niemand die diesbezüglichen Klagen vor. (XIII 12) Der Stadtfürst reinigte die Stadt, (XIII 13) Feuer ließ er darüber tragen. (XIII 14) Den rituell Unreinen, den Furchterregenden, den …102) (XIII 15) ließ er aus der Stadt [herausgehen.] (XIII 16) An den Rahmen der Ziegelform legte er ein Opfertier, (XII 16) In
97. Die Interpretation der Zeile ist schwierig. Auffällig ist jedoch, daß nach dieser Lesung mitten in der Zeile ein Themawechsel stattfindet, da anschließend die Abweisung von Rechtsangelegenheiten durch den Stadtfürsten thematisiert wird; vgl. jedoch so auch Edzard, Gudea, 77 und Römer, Zylinderinschriften, 53. Sehr wahrscheinlich sind hier zwei ursprünglich getrennte Zeilen zusammengefallen. 98. Gemeint ist, daß der Stadtfürst seine Richtertätigkeit ruhen ließ, so daß noch nicht verurteilte Übeltäter in ihren Häusern zu verbleiben hatten. 99. Wörtlich: die »Zunge«. 100. Aus Gudea Statue B IV 14-IV 17 wird klar, daß die Hände der am Bau beteiligten Personen gemeint sind. 101. Die Bedeutung von á-gˆisˇ-tag-tuku ist nach wie vor ungeklärt; siehe dazu Römer, Zylinderinschriften, 88. Averbeck, Study, 636 übersetzt, »who had a failing«. Da die Strafe sagˆ dúb, wörtlich »Schädel zerschmettern« (vgl. P. Attinger, Inana et Ebih, ZA 88 [1998] 193) in XIII ˘ 7 sehr schwer ist, muß das Vergehen entsprechend sein. Möglicherweise ist die Reihung »Arm/ Gewalt« – »Holz/Stock« »berühren« – »bekommen« daher als »Waffengewalt einsetzen« zu verstehen. 102. Die Bedeutung von lú-gi-AN ist unklar. In Statue B IV 1 f. werden an dieser Stelle noch »der die Ordnung Verkehrende«, der »sexuell Unreine« und die »Wöchnerin« genannt.
21
Susanne Paulus (XIII 17) mit
dem Opfertier bestimmte er den Ziegel. blickte getreulich auf die dazugehörige Lehmgrube. (XIII 19) Der mit Namen berufene Hirte der Nans ˇe legte sie mit Tiefgründigkeit an. (XIII 20) Als er den Rahmen der Ziegelform gezeichnet hatte, (XIII 21) die Lehmgrube mit Tiefgründigkeit angelegt hatte, (XIII 22) ließ er den Anzu, der die Standarte seines Königs ist, (XIII 23) dort als Emblem aufleuchten. (XIII 24) Auf einer Fläche von 24 ikû103) reinigte er für ihn die Stadt, (XIII 25) säuberte für ihn die Fläche. (XIII 26) Wacholder, die reine Pflanze des Gebirges, häufte er im Feuer auf. (XIII 27) Aus Zedernduft, dem Wohlgeruch der Göttlichkeit, schuf er den dazugehörigen Rauch. (XIII 28) Der Tag bestand aus Gebet zu ihm, (XIII 29) die Nacht verstrich in Fürbitte an ihn. (XIV 1) Die [anuna]-Götter von Laga[s ˇ] (XIV 2) haben, um das Haus des Ning ˆ irsu zu bauen, (XIV 3) Gudea bei Gebet (und) Fürbitte (XIV 4) beigestanden. (XIV 5) Gudea, der rechte Hirte, wurde dadurch in Freude (XIV 6) versetzt. (XIII 18) Er
Aufgebot und Materialbeschaffung (XIV 7) An
diesem Tag ordnete der Stadtfürst in seinem Land ein Aufgebot an. seines Reiches in der Gesamtheit seiner Grenzen, (XIV 9) im Gu’edena104) des Ning ˆ irsu (XIV 10) ordnete er ein Aufgebot an. (XIV 11) In seinen erbauten Städten (und) gegründeten Siedlungen, (XIV 12) im Gug ˆ isˇ bara105) der Nansˇ e (XIV 13) ordnete er ein Aufgebot an. (XIV 14) ›Wildes, sich aufbäumendes Rind, ohne Kontrahenten‹ (XIV 15) (und) ›Weiße Zedern, die ihren Herrn umgeben‹,106) (XIV 16) Familien des Ning ˆ irsu,107) (XIV 17) waren im Aufgebot für ihn vorhanden. (XIV 18) Die dazugehörige Standarte108) ›König, der das Bergland erzittern läßt‹ (XIV 8) Innerhalb
103. Ca. 8,6 ha. 104. Das Gu’edena ist ein fruchtbares Landstück zwischen den Stadtstaaten Lagasˇ und Umma, das nach dieser Quelle zum Eigentum des Ningˆirsu gehörte; vgl. Falkenstein, Einleitung, 96. 105. Das Gugˆisˇbara sind Ländereien, die der Nansˇe gehörten; vgl. Falkenstein, Einleitung, 86 f. 106. M. E. handelt es sich hier und in den folgenden Stellen jeweils um zwei verschiedene Familienclans. 107. Wahrscheinlich handelt es sich hier um Familienclans, die auf den Ländereien Ningˆirsus lebten. 108. Zu den Standarten und ihrer bildlichen Darstellung siehe Suter, Gudea’s Temple Building, 177-179.
22
Texte aus Mesopotamien
stellte er an die Spitze davon. vorhandene Gestade (und) das vorhandene Ufer, die aus dem Wasser hervortreten‹, (XIV 20) (und) ›Erhabener Kanal, Wasserüberschuß, der Überfluß verbreitet‹, (XIV 21) Familien der Nans ˇ e, (XIV 22) waren im Aufgebot für ihn vorhanden. (XIV 23) ›Die reine Gans‹,109) die Standarte der Nans ˇ e, setzte er an die Spitze davon. (XIV 24) ›Fallstrick, der für die Tiere gespannt ist‹ (XIV 25) (und) ›Erwählte Esel, namhaftes Gespann, Gespann, das Utu liebt‹, (XIV 26) Familien der Inanna, waren im Aufgebot für ihn vorhanden. (XIV 27) Die Rosette, die Standarte der Inanna, setzte er an die Spitze davon. (XIV 28) Um das Haus des Ning ˆ irsu zu bauen, (XV 1-XV 5) (Die Zeilen sind nahezu vollständig zerstört) (XV 6) Elam kam für ihn aus Elam, (XV 7) Susa kam für ihn aus Susa. (XV 8) Bei Magan (und) Meluhha war, vom Bergland her (kommend), Holz auf dem Nacken vorhanden.˘ ˘ (XV 9) Um das Haus des Ning ˆ irsu zu bauen, (XV 10) versammelten sie (= die Bewohner der genannten Regionen) sich für Gudea bei seiner Stadt Girsu. (XV 11) Ninzaga110) befahl er, (XV 12) daraufhin ließ (dies)er sein Kupfer, wie die gewaltigen Gerste(mengen), die herangebracht wurden, (XV 13) zu Gudea, der das Haus baute, (XV 14) gelangen. (XV 15) Ninsikila111) befahl er, (XV 16) daraufhin ließ sie große halub-Holz(stämme), Ebenholz- und ˘ Meerholz(stämme),112) (XV 17) zum Stadtfürsten, der das Eninnu baute, (XV 18) gelangen. (XV 19) Zum Zederngebirge, das niemand betreten kann, (XV 20) hat der Herr Ning ˆ irsu für Gudea (XV 21) den Weg bereitet. (XV 22) Die Zedern davon fällte die große Axt. (XV 23) Für (die Herstellung der) s ˇar’ur-Waffe, den rechten Arm von Lagasˇ, (XV 24) die Waffe, Sintflut seines Herrn, (XV 25) ließ er die Axt (sie) spalten. (XIV 19) ›Das
109. u5 = ein Vogel, wahrscheinlich eine »Gans«, ist der Symbolvogel der Nansˇe; vgl. Veldhuis, Religion, 294 f. 110. Ninzaga steht für Inzak, den Gott von Dilmun; vgl. A. Cavigneaux / M. Krebernik, Ninzag(a), RlA IX (1998-2001) 531. 111. Ninsikila ist die sumerisierte Form von Meskilak, der Gemahlin des Inzak und Göttin von Dilmun; vgl. A. Cavigneaux / M. Krebernik, Nin-sikila, RlA IX (1998-2001) 489. 112. Wohl eine Volksethymologie; siehe dazu die Bemerkungen bei Averbeck, Study, 644 Anm. 276.
23
Susanne Paulus (XV 26) Eine
gewaltige Schlange war es, die sie durch das Wasser trieben. dem Zederngebirge Flöße aus Zedern(stämmen), (XV 28) aus dem Zypressengebirge (XV 29) Flöße aus Zypressen(stämmen), (XV 30) aus dem zabalum-Baumgebirge (XV 31) Flöße aus zabalum-(Stämmen) (XV 32) große Föhren(stämme), Plantanen(stämme), (XV 33) eranum-(Stämme), (XV 34) [ließ er], als sie als große Flöße stromabwärts getrieben waren, (XV 35) am erhabenen Kai von Kasura113) (XVI 1) [für ihn anlegen.]114) (XVI 2) [Zum Steingebirge, das niemand betreten kann,] (XVI 3) [hat für Gudea] (XVI 4) der Herr [Ning ˆ ir]su (XVI 5) den Weg [bereitet.] (XVI 6) Die großen Steine davon brachte er in Blöcken. (XVI 7) Schiffe mit [hau’na]-Gestein?, Schiffe mit zahlreichen Steinen,115) ˘ (XVI 8) Trockenbitumen, IGI.ÉSIR-Bitumen (und) Gips (XVI 9) ließ aus dem Gebirge von Madga,116) (XVI 10) wie die Ladung der Schiffe, die die Gerste der Felder bringen, (XVI 11) Gudea für den Herrn Ning ˆ irsu (XVI 12) anlegen. (XVI 13) Für den Stadtfürsten, der das Eninnu baute, (XVI 14) erhoben alle großen Dinge die Hand. (XVI 15) Das Kupfergebirge machte sich ihm von Kimas ˇ117) aus (XVI 16) von selbst kenntlich. (XVI 17) Das Kupfer davon wurde in Körben ausgegraben. (XVI 18) Für den Mann, der das Haus seines Herrn baute, (XVI 19) den Stadtfürsten, kam Gold aus seinem Gebirge (XVI 20) in Form von Staub herab. (XVI 21) Für Gudea kam reines Edelmetall aus seinem Gebirge herab. (XVI 22) Durchscheinender Karneol von Meluhha ˘˘ (XVI 23) breitet sich für ihn aus. (XV 27) Aus
113. Kasura, das »strahlende Tor«, war wahrscheinlich ein Torhaus des Eninnu-Tempels; vgl. Falkenstein, Einleitung, 137 f.; vgl. darüber hinaus XV 19-21 wie auch XXIII 13 und XXVI 6. 114. Die Zeilen XVI 1-5 wurden nach Römer, Zylinderinschriften, 19 ergänzt, ähnlich bei Edzard, Gudea, 79. 115. Durch die Parallelstelle in Statue B VI 60 wird klar, daß es sich bei na-lu-a um Steine und nicht um einen bestimmten Schiffstyp handelt, wie Falkenstein, Sumerische Hymnen, 153 folgend, angenommen wurde. Daher handelt es sich bei dem nicht zu deutenden [HA-Ù]-NA ˘ wahrscheinlich ebenfalls um bestimmte Steine. 116. Madga bezeichnet das Gebiet um Kirkuk im Nordirak, aus dem Bitumen und Gips beschafft wurden; vgl. dazu C. Schmidt, Überregionale Austauschsysteme in der Ur III-Zeit, BaM 36 (2005) 69. 117. Das im Iran gelegene Kimasˇ war möglicherweise nur eine Zwischenhandelsstation für Kupfer aus dem Oman (Magan) und Meluhha (Indien); siehe Schmidt, BaM 36 (2005) 48. ˘˘
24
Texte aus Mesopotamien (XVI 24) Aus
dem Alabastergebirge kam Alabaster herab. der Hirte das Haus mit Edelmetall, (XVI 26) saß der Goldschmied dabei. (XVI 27) Baute er das Eninnu mit Edelsteinen, saß der Steinschneider dabei. (XVI 28) Baute er mit Kupfer und Zinn, (XVI 29-30) führte ›Nintu-des-Landes‹ den Vorsteher der Schmiede vor ihn hin. (XVI 31) Der ›Zweihandstein‹ ist ein Sturm – er brüllt für ihn. (XVI 32) Der Diorit, der ›Handstein‹, (XVII 1) […] zwei […] drei118) (XVII 2) […] wie gewaltiges [Wasser], das [herausströmt], (XVII 3-4) (Die Zeilen sind nahezu vollständig zerstört) (XVI 25) Baute
Abstecken des Grundrisses (XVII 5) Die
Ta[ge] v[erlängerte er für ihn], Näch[te] verlängerte er für ihn.119) (XVII 7) Wegen des Hausbauens für seinen Herrn, (XVII 8) schlief er nicht inmitten der Nacht, (XVII 9) legte er mitten am Tage nicht sein Haupt zur Ruhe. (XVII 10) Für den getreulich Angeschauten der Nans ˇ e, (XVII 11) den Mann nach dem Herzen des Enlil, (XVII 12) den Stadtfürsten, den […] des Ning ˆ irsu, (XVII 13) für Gudea, der im Heiligtum geboren wurde ˆ atumdu, (XVII 14) durch G (XVII 15) hat Nisaba das Eg ˆ estu120) (XVII 16) geöffnet. (XVII 17) Den Grundriß des Hauses hat Enki für ihn ordentlich gemacht. (XVII 18) Am Haus, dessen Schreckensglanz an den Himmel heranreicht, (XVII 19) dessen göttliche Kräfte Himmel (und) Erde umfangen, (XVII 20) dessen Eigentümer, der Herr, der den wilden Blick erhebt, (XVII 21) der Held Ning ˆ irsu, der Schlachtenerfahrene, ist, (XVII 22) zum Eninnu ›weißer anzu-Vogel‹ (XVII 23) ging er von unten entlang, (XVII 24) er wandte sich nach oben. (XVII 25) Er ging von oben her entlang, wandte sich nach unten.121) (XVII 26) An die rechte Grundfläche legte er die Meßleine an, (XVII 27) er setzte die Holz(pflöcke) an ihre Seiten. Er selbst erkannte es. (XVII 28) Für ihn wurde er dadurch in Freude versetzt. (XVII 6) die
118. Die ersten fünf Zeilen der Kolumne XVII sind nahezu vollständig zerstört; vgl. die Ergänzungen von Edzard, Gudea, 79 und Römer, Zylinderinschriften, 20. 119. Die Lesung der Zeilen ist kompliziert und beruht auf der Annahme, daß XVII 5 und 6 parallel aufgebaut sind und gˆe25 für gˆe6 steht; vgl. so auch Averbeck, Study, 648; anders jedoch u. a. Edzard, Gudea, 79. 120. Das »Haus der Weisheit« ist der Tempel des Enki und der Nisaba; vgl. dazu George, House Most High, 91. 121. Gudea umrundet im Rahmen der Vermessung das Grundstück auf allen vier Seiten.
25
Susanne Paulus
Ziegelherstellung (XVII 29) Am
Abend ging er unter Flehen zum alten Haus. Baragˆirnuna122) aus hat Gudea (XVIII 2) ihm das Herz beruhigt. (XVIII 3) Der Tag brach an, er badete, (XVIII 4) legte sein Ornat ordnungsgemäß an. (XVIII 5) Utu ließ Überfluß für ihn hervortreten. (XVIII 6) [G]udea [ging] zum [zweiten] Mal [zur] reinen Stadt hinaus. (XVIII 7) Er opferte ein voll[kommenes] Rind und eine vollkommene Ziege. (XVIII 8) Er ging zum Haus, (XVIII 9) grüßte fürbittend. (XVIII 10) Den reinen Tragekorb und die rechte, schicksalsbestimmte Ziegelform, (XVIII 11) [brachte? er? zum?] Eninnu.123) (XVIII 12) Er trug […], ging erhobenen Hauptes. (XVIII 13) Lugalkurdub124) ging ihm voran, (XVIII 14) Ig ˆ ’alim125) bereitet ihm den Weg. (XVIII 15) Ning ˆ isˇzida, sein Gott, (XVIII 16) war ständig an (seiner) Hand. (XVIII 17) Den Rahmen der Ziegelform befeuchtete er mit gutem Wasser. (XVIII 18) Für den Stadtfürsten waren adab-, sim- und ala-Trommeln dabei. (XVIII 19) Für diesen Ziegel öffnete er die Lehmgrube an der Oberfläche, (XVIII 20) schmierte die Hacke mit Honig, Butterschmalz und wertvollem Öl. (XVIII 21) Balsam und Essenzen verschiedener Bäume (XVIII 22) mischte er unter. (XVIII 23) Er hob den reinen Tragekorb hoch (und) ging zur Ziegelform. (XVIII 24) In die Ziegelform legte Gudea den Ton. (XVIII 25) Das, was sich gehört, ließ er strahlend hervortreten, (XVIII 26) den Ziegel des Hauses setzte er strahlend in Erscheinung. (XVIII 27) Dabei versprengten alle Fremdländer Öl, (XVIII 28) Zedern(essenz) versprengten sie. (XIX 1) Seine Stadt (und) der Ort Lagas ˇ haben in Freude (XIX 2) dabei den Tag verbracht. (XIX 3) Er schlug die Ziegelform (und) der Ziegel fiel ins Licht. (XIX 4) Zur Lehmgrube mit seinem126) Mutterboden (XIX 5) blickte er getreulich. (XVIII 1) Vom
122. Das Baragˆirnuna »die Hochterrasse am fürstlichen Weg« ist eine Anlage in der Nähe des Sˇugalam-Tors (vgl. oben Anm. 83); vgl. Falkenstein, Einleitung, 123 f.; vgl. dazu auch XXII 22. 123. Die Zeile ist nahezu vollständig zerstört und wurde aus inhaltlichen Gründen so ergänzt; vgl. auch Edzard, Gudea, 80. 124. Lugalkurdub, »König, der das Bergland zerschmettert«, war sehr wahrscheinlich der göttliche General Ningˆirsus; siehe W. G. Lambert, Lugal-kur-dub, RlA VII (1987-1990) 147. 125. Igˆ’alim ist ein Sohn des Ningˆirsu und der Ba3U. Seine Funktion ist die des »obersten Polizisten« des Ningˆirsu; siehe D. O. Edzard / W. G. Lambert, Igalim(a), RlA V (1976-1980) 36. 126. D. h., des Ziegels.
26
Texte aus Mesopotamien
Essenz von der hasˇur-Zypresse und Balsam ˘ er die Oberfläche. (XIX 8) Über seinen Ziegel, den er in die Ziegelform gelegt hatte, (XIX 9) freute sich Utu. (XIX 10) In seinem Mutterboden, der sich wie ein erhabener Fluß erhebt, (XIX 11) hat der Herr Enki [das Schicksal entschieden].127) (XIX 12) [Den Ziegel] legt er (wieder) ab, ließ ihn [in der Ziegelform] ins Haus eintreten. (XIX 13) Er hebt den Ziegel aus dem Rahmen der Ziegelform (XIX 14) – eine reine Krone, die von An erhoben wurde – (XIX 15) er hebt den Ziegel hoch, trägt ihn unter seine Leute, (XIX 16) damit die reinen Truppen des An die Köpfe (danach) wenden. (XIX 17) Die Ziegel hatten ihre Häupter zum Haus hin erhoben, (XIX 18) um wie Kühe des Nanna128) in ihrem Stall zu glänzen. (XIX 19) Er legte (weitere) Ziegel hin, brachte sie ans Haus, (XIX 20) den Hausgrundriß legte er damit aus. (XIX 21) Nisaba war die, die den Umfang der Zahlen kannte.129) (XIX 22) Wie bei einem jungen Mann, der ein Haus neu baut, (XIX 23) überkam seine Augen kein süßer Schlaf. (XIX 24) Wie die Kuh, deren Blick auf ihrem Kalb ruht, (XIX 25) ging er in ständiger Sorge zum Haus hin. (XIX 26) Wie ein Mann, der nur wenig Brot zu sich nimmt, (XIX 27) ermüdete er nicht beim Vorangehen. (XIX 28) Das Herz seines Herrn trat taggleich hervor, (XX 1) der Befehl des Ning ˆ irsu war für Gudea als Standarte errichtet. (XX 2) ›Durch sein das Haus zu bauen rufendes Herz (XX 3) hat man mir130) eine gute Weisung gegeben.‹ (XX 4) Für ihn wurde er dadurch in Freude versetzt. (XIX 6) Mit
(XIX 7) bestrich
Bestätigung durch Orakel (XX 5) Er
führte eine Opferschau durch, seine Opferschau war gut. gab Gerste auf …, der Anblick davon war in Ordnung. (XX 7) Zum Traumorakel hat sich Gudea (XX 8) hingelegt (und) eine Anweisung erging an ihn. (XX 9) Das Haus seines Herrn zu bauen, (XX 10) das Eninnu von Himmel und Erde zu trennen, (XX 11) wurde ihm vor [A]ugen geführt. (XX 12) [Für ihn] wurde er [dadurch] in Freude [versetzt]. (XX 6) Er
127. 128. 129. 130.
Zur Ergänzung siehe Römer, Zylinderinschriften, 21. Nanna ist der Mondgott. Wörtlich »das Innerste der Zahl« (der Ziegel). Die ansonsten schwierig einzuordnende 1. Person deutet darauf hin, daß die Zeilen XX 2 und 3 als Eigennamen der »Standarte« zu verstehen sind, die die Materialität von Ningˆirsus Weisung an Gudea verdeutlicht.
27
Susanne Paulus
Der Bau (XX 13) Indem
er die Richtschnüre gespannt hatte, machte er die göttlichen Kräfte vollkommen. (XX 14) Für das reine Tabu bereitete er das Heiligtum. (XX 15) Im Haus tiefte Enki den Gründungsnagel ein. (XX 16) Nans ˇ e, die Tochter von Eridu, kümmerte sich um die Orakelentscheidung bezüglich des Werkes. ˆ atumdu, (XX 17) Die Mutter von Lagas ˇ , die reine G (XX 18) gebar wunschgemäß die Ziegel dafür. (XX 19) Ba3U, die Herrin, das erstgeborene Kind des An, (XX 20) versprengte Öl mit Zedernduft. (XX 21) Am Haus stand der en-Priester, stand der lagar-Priester. (XX 22) An die göttlichen Kräfte legten sie ordnungsgemäß Hand an. (XX 23) Die Anuna-Götter kamen, um es zu bestaunen. (XX 24) Gudea,
der Mann, der das Haus baute, den Tragkorb, die reine Krone, auf dem Haupt. (XX 26) Er legte den Sockel, setzte die Mauer auf den Boden.131) (XX 27) Er gab ein Quadrat an. Dieser Ziegel ließ die Richtschnur erzittern. (XXI 1) Im Haus gab er wahrlich das zweite Quadrat an: (XXI 2) Die Richtschnur war in ihrem Gefäß ausgemessen. (XXI 3) Im Haus gab er wahrlich das dritte Quadrat an: (XXI 4) Es ist der Anzu, der die Flügel über das Junge breitet. (XXI 5) Im Haus gab er wahrlich! das vierte Quadrat an: (XXI 6) Es ist der Leopard, der einen wilden Löwen umfaßt. (XXI 7) Im Haus gab er wahrlich das fünfte Quadrat an: (XXI 8) Es ist der blaue Himmel, der Glanz trägt. (XXI 9) Im Haus gab er wahrlich das sechste Quadrat an: (XXI 10) Es ist der Tag, der herangekommen ist und Üppigkeit bringt. (XXI 11) Im Haus gab er wirklich das siebte Quadrat an: (XXI 12) Es ist das Eninnu, das Mondlicht, das, nachdem der Tag verstrichen ist, das Land erfüllt. (XX 25) hatte
(XXI 13) Man
setzte den Türrahmen: ist der blaue Himmel, der eine Krone trägt. (XXI 15) Er setzte sich von den Türrahmen entfernt hin: (XXI 16) Es ist ein erhabenes Haus, das den Himmel umfaßt.132) (XXI 17) Er baut das Haus, legt (die Ziegel) am Holz entlang nieder: (XXI 14) Es
131. Die Interpretation der folgenden Zeilen folgt C. E. Suter, Gudeas vermeintliche Segnung des Eninnu, ZA 87 (1997) 1-10. M. E. ist es sehr wahrscheinlich, daß die sieben von Gudea markierten und benannten Bereiche mit den bei der Beschreibung des Eninnu erwähnten é-ubimin, »Haus mit sieben Bereichen/Ecken«, zu verknüpfen sind. 132. Indem Gudea sich entfernt von den Türkonstruktionen setzt, verändert er den Blickwinkel auf das Bauwerk.
28
Texte aus Mesopotamien (XXI 18) Es
ist der Schilfsumpf des Nanna, bewacht von Enki. ein Gebirge ließ man das Haus zum Himmel wachsen, (XXI 20) wie eine Wolke ließ man es an das Himmelinnerste heranreichen. (XXI 21) [Wie einen Stier] ließ man es die Hörner erheben. (XXI 22) Wie ein g ˆ isˇgana-Baum des Abzu ließ man es das Haupt über alle Fremdländer erheben. (XXI 23) Das Haus erhob im Himmel und auf der Erde wie ein Gebirge das Haupt: (XXI 24) Es ist eine saftige Zeder, die (am) Orte übergroßer Pflanzen wächst. (XXI 25) Das Eninnu, das Ziegelwerk von Sumer, ließ man mit Üppigkeit ausstatten, (XXI 26) damit die Drachen des Abzu überall heraustreten, (XXI 27) damit die Fänge im Himmel … :133) (XXII 1) Es ist eine gewaltige Schlange, die sich im Gebirge entlang schlängelt. (XXII 2) Das geschnittene Rohr134) des Hauses entspricht Gebirgsschlangen, die alle zusammen liegen. (XXII 3) Sein Gipfel ist wahrlich mit Zedern (und) has ˇur-Zypressen ˘ ausgeschmückt. (XXII 4) Auf seinen ›Hinterraum mit Zedern‹,135) der das Auge staunen läßt, legte man weiße Zedern(balken). (XXII 5) Mit rechtem Duft (und) wertvollem Öl behandelte man sie. (XXII 6) Das Lehmmauerwerk des Hauses ist mit dem Wertvollen des Abzu geschmückt. (XXII 7) Sie hängten seine … auf. (XXII 8) Das Heiligtum, das Eninnu, ist … gelegt.136) (XXII 9) Der Stadtfürst baute das Haus, ließ es wachsen. (XXII 10) Wie einen großen Berg ließ er es wachsen. (XXII 11) Seine137) Gründungsnägel des Abzu, große Pfosten, tiefte er in der Erde ein: (XXII 12) Mit Enki im E’engur138) (XXII 13) beraten sie sich. (XXII 14) Die Gründungsnägel des Himmels – Helden sind es – ließ er das um das Haus herum stellen: (XXII 15) Sie trinken an der Libationsstätte der Götter Wasser. (XXII 16) Das Eninnu, den großen Pfosten, machte er fest. (XXI 19) Wie
133. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine Beschreibung der figürlichen Endverzierung der Dachbalken, die aus dem Mauerwerk hervorragen. 134. Rohr für die Dachkonstruktion. 135. àga-eren steht hier sicher für a-ga-eren, einen bekannten Raum des Eninnu; siehe Falkenstein, Einleitung, 123. 136. Die Lesung von A.NÌ.KA und SˇU.ÉxU-an-na bleibt mir unklar. Suter, Gudea’s Temple Building, 93 vermutet hinter ÉxU-an-na eine Drainageleitung, ähnliches wäre auch für A.NÌ.KA denkbar. 137. D. h., des Eninnu. 138. Das »Süßwasserhaus« ist ein Epitheon des »Abzu-Hauses« des Enki, vgl. George, House Most High, 82 Nr. 248.
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Susanne Paulus (XXII 17) Seine
apkallu-(Figuren)139) errichtet er. seiner Stadt pflanzte er gute Pappeln an, (XXII 19) ließ ihren Schatten sich erstrecken. (XXII 20) Seine140) s ˇar’ur-Waffe hat er wie eine große Standarte bei Lagasˇ eingetieft. ˇ ugalam, seiner furchteinflößenden Stätte, hat er sie aufgestellt. (XXII 21) Im S (XXII 22) Er ließ es mit Schauder erfüllen. Im Barag ˆ irnuna, seiner141) Gerichtsstätte, (XXII 23) erhob der Versorger von Lagas ˇ die Hörner wie ein großer Stier. (XXII 18) In
(XXII 24) Die
großen Steine, die er in Blöcken herbeigebracht hatte – einem Jahr brachte er sie her, in einem Jahr verarbeitete er sie. (XXIII 2) Nicht zwei, nicht drei Tage ließ er dabei verstreichen, (XXIII 3) mit der Arbeitsleistung eines Tages errichtete er jeweils eine (Stele). (XXIII 4) Am siebten Tag ließ er sie um das Haus herum aufstellen. (XXIII 5) Die Seitenstücke der Steine legte er für Treppen hin, (XXIII 6) verarbeitet sie zu Becken. (XXIII 7) Er stellte sie im Haus auf. (XXIII 8) Den Stein, den er im erhabenen Vorhof errichtet hatte – (XXIII 9) die Stele des Lugalkisalsi,142) (XXIII 10) ›Der Herr Ning ˆ irsu hat Gudea ˆ irnun aus erkannt.‹ – (XXIII 11) vom G (XXIII 12) hat er diesen Stein benannt. (XXIII 13) Den Stein, den er am Kasura errichtet hatte – (XXIII 14) ›Der König, Sintflut des Enlil, (XXIII 15) der keinen Rivalen hat, (XXIII 16) der Herr Ning ˆ irsu, hat Gudea (XXIII 17) getreulich angesehen.‹ – (XXIII 18) hat er diesen Stein benannt. (XXIII 19) Den Stein, den er im Angesicht des Sonnenaufgangs143) errichtet hatte, (XXIII 20) ›Der König, der brüllende Sturm des Enlil, (XXIII 21) der Herr, der keinen Gegner hat, (XXIII 22) der Herr Ning ˆ irsu, hat Gudea (XXIII 23) ins reine Herz berufen.‹ – (XXIII 24) hat er diesen Stein benannt. ˇ ugalam errichtet hatte – (XXIII 25) Den Stein, den er im Angesicht des S (XXIII 1) in
139. 140. 141. 142.
Vgl. zur Lesung die Diskussion bei Römer, Zylinderinschriften, 97. D. h., des Eninnu. D. h., des Eninnu. Es muß offen bleiben, ob hier wirklich eine Stele des gleichnamigen frühdynastischen Königs von Uruk wiederverwendet wurde (so z. B. Suter, Gudea’s Temple Building, 395) oder ob nur ein Wortspiel »König-der-den-Vorhof-erfüllt) vorliegt; siehe dazu auch die Diskussion bei Römer, Zylinderinschriften, 98. 143. D. h., nach Osten hin ausgerichtet.
30
Texte aus Mesopotamien (XXIII 26) ›Der
König, dessen Name die Fremdländer erzittern läßt, Herr Ningˆirsu, hat für Gudea (XXIII 28) seinen Thron dauerhaft gemacht.‹ – (XXIII 29) hat er diesen Stein benannt. (XXIII 30) Den Stein, den er im Angesicht des E’uruga144) errichtet hatte, (XXIV 1) ›Der Herr Ning ˆ irsu hat Gudea (XXIV 2) ein gutes Schicksal bestimmt.‹ (XXIV 3) hat er diesen Stein benannt. – (XXIV 4) Den Stein, den er im Hinterraum der Ba’U errichtet hatte, (XXIV 5) ›Das Eninnu kennend (ist) das Auge des An – (XXIV 6) Ba’U (ist) der Lebensodem für Gudea.‹ (XXIV 7) hat er diesen Stein benannt. (XXIII 27) der
(XXIV 8) Getreulich
baute er das Haus seines Herrn. rechte Hirte, Gudea, ließ es an Himmel und Erde heranwachsen. (XXIV 10) Eine Tiara wie eine Neumondsichel ließ er es tragen. (XXIV 11) Seinen Namen145) ließ er bis ins innerste Fremdland (XXIV 12) strahlend hervortreten. (XXIV 13) Gudea hat das Haus des Ning ˆ irsu (XXIV 14) wie Utu aus den Wolken heraustreten lassen. (XXIV 15) Er ließ es wachsen wie ein Gebirge aus Lapislazuli, (XXIV 16) wie ein Gebirge aus weißem Alabaster (XXIV 17) ließ er es zum Bestaunen dastehen. (XXIV 18) Wie Wildstiere stellte er seine Tortürme hin, (XXIV 19) ließ ihre Drachen wie Löwen auf ihren Tatzen liegen. (XXIV 20) Wie den Abzu ließ er seine Hochterrasse am reinen Ort wachsen, (XXIV 21) ihre Standarten ließ er wie bei den reinen Wildziegen des Abzu (XXIV 22) die Hörner erstrahlen. (XXIV 23) Wie eine Neumondsichel, die am Himmel steht, (XXIV 24) ließ Gudea das Haus des Ning ˆ irsu (XXIV 25) zum Bestaunen darstehen. (XXIV 26) Nachdem die Tortürme aufgestellt worden waren, (XXIV 27) waren sie lahama-Gottheiten,146) die beim Abzu standen. ˘ Holz des Hauses ist schwarzes Wasser, ein gewaltiger (XXV 1) Das angebrachte Sumpf, eine Schlange, die ins Wasser taucht. (XXV 2) Die langen Rohrdächer147) des Hauses (XXIV 9) Der
144. Suter, Gudea’s Temple Building, 275 vermutet, daß das E’uruga identisch mit den E’urukuga ˆ atumdu gewesen sein könnte. der G 145. D. h., des Eninnu. 146. Bei den lahama handelt es sich um Schutzgenien; siehe dazu in diesem Kontext Römer, Zy˘ linderinschriften, 98 f. mit weiterer Literatur. 147. Zur Lesung und Interpretation von KA = suhur siehe M. Civil, Note lexicographique sur ˘ SUHUR/KA, RA 61 (1967) 63-68; vgl. auch Suter, Gudea’s Temple Building, 94, Anm. 117, die ˘es als Element der Tempelfassade versteht. Wegen der starken Ausrichtung nach oben (zum Himmel hin) sind m. E. jedoch hier und in XXV 4 Teile der äußeren Verkleidung des Daches gemeint.
31
Susanne Paulus (XXV 3) sind
bis zum äußersten Himmel hin furchteinflößend. bedeckten Räume des Hauses reflektieren das Licht über das Innerste des Himmels hinaus. (XXV 5) Von seinem Tor, durch das der König eintritt, (XXV 6) blicken Adler auf Wildstiere. (XXV 7) Seine (hölzernen) Zargen,148) die dem Tor folgen, (XXV 8) sind ein Regenbogen, der sich am Himmel erstreckt. (XXV 9) Sein Türrahmen ist das Eninnu, in dessen Maul ein Sturm brüllt (und das dennoch) zusammensteht. (XXV 10) Seine (Tor)bögen,149) die Furcht einflößen, (XXV 11) sind die staunenden Augen der Götter. (XXV 12) Dem Haus stellte man ein weißes Postament gegenüber: (XXV 13) Es ist wahrlich ein Lapislazuligebirge, das in Himmel und Erde fundiert ist. (XXV 14) Für die Abendhmahlizeit bereitete man den großen Speiseraum: (XXV 15) Goldene Gefäße, aus denen Honig oder Wein gegossen wird, (XXV 16) sind es, die unter dem Himmel stehen. (XXV 17) Man baute das Schlafgemach: (XXV 18) Es ist der reine mes-Baum bei unzähligen Bergen, (XXV 19) der Früchte trägt. (XXV 20) Er baute (und) nachdem er die Hand abgesetzt hatte, (XXV 21) kam das Innerste der Götter an ihr Ufer zurück.150) (XXV 4) Die
(XXV 22) Der
rechte Hirte, Gudea, wußte Großes vollbringt daher Großes. (XXV 24) Im Hinterraum, wo die Waffen hängen, in seinem151) Schlachtentor, (XXV 25-26) hält er den Helden, den sechsköpfigen Wildhammel (und) seinen Berg-Sinjar fest.152) (XXV 27) Vor der Stadt, an ihrem furchteinflößenden Ort, (XXV 28) hält er den Hund mit sieben Köpfen fest. ˇ ugalam, seinem Schreckensglanztor, (XXVI 1) Im S (XXVI 2) hält er den Drachen (und) seine Dattelpalme fest. (XXVI 3) Im Angesicht des Sonnenaufgangs, an seiner Stätte der Schicksalsentscheidung, (XXVI 4) hat er das Emblem des Utu, den Kopf des Wisents, (XXVI 5) hingestellt. (XXVI 6) Im Kasura, seinem Bestaunenswerten, (XXVI 7) hält er den Löwen, der der Schrecken der Götter ist, (XXVI 8) fest. (XXV 23) und
148. 149. 150. 151. 152.
32
Wörtlich »die Pfeile«. Wörtlich »die Augenbrauen«. Gemeint ist das Ufer der Stadt Lagasˇ. Zu dem hier gezeigten Bild vgl. I 4-I9. D. h., des Eninnu. Zu dieser Interpretation von sagˆ-àr vgl. F. A. M. Wiggerman, Mischwesen. A. Philologisch. Mesopotamien, RlA VIII (1993-1997) 222-244.
Texte aus Mesopotamien (XXVI 9) Im
Silasirsir,153) seinem Ort der Weisungen, er die Libelle154) (und) sein Kupfer (XXVI 11) fest. (XXVI 12) Im Hinterraum der Ba’U, seinem Ort der Beratung, (XXVI 13) hält er das magilum-Boot? und den Wildstier (XXVI 14) fest. (XXVI 15) Weil sie getötete Helden sind, (XXVI 16) sind ihre Münder zur Libationsstätte hin ausgerichtet. (XXVI 17) Inmitten der Götter hat ihre Namen (XXVI 18) Gudea, der Stadtfürst von Lagas ˇ, (XXVI 19) strahlend hervortreten lassen. (XXVI 10) hält
(XXVI 20) Die
Türen aus Zedernholz, die im Haus errichtet worden waren, Isˇkur, der aus dem Himmel heraus dröhnt. (XXVI 22) Die Türschlösser des Eninnu sind geöffnet: (XXVI 23) Seine Türbolzen (sind) Löwen, (XXVI 24) seine Türriegel sind gehörnte Schlangen,155) wilde Schlangen, (XXVI 25) die nach Wildstieren züngeln. (XXVI 26) Seine Laibungen, die die Türen umgeben, (XXVI 27) sind Löwen und junge Leoparden, die auf ihren Tatzen sitzen. (XXVI 28) Im Haus brachte man die reinen Nägel der Dachbalken an: (XXVI 29) Es sind Drachen, die ihre Klauen auf einen Menschen gelegt haben. (XXVI 30) An seine Türen band man reine Seile: (XXVII 1) Es ist der buntgezeichnete Schlangengott des Abzu. (XXVII 2) Die gebundenen Sehnen des Hauses sind die gereinigten Städte Kes ˇ (und) Aratta, (XXVII 3) die gelösten Sehnen des Hauses sind wilde Löwen. (XXVII 4) Der Blick156) ruht auf dem Land, (XXVII 5) noch nicht einmal ein Einzelgänger geht an seinem Angesicht vorüber. (XXVII 6-7) Der Schrecken des Eninnu bedeckt alle Fremdländer wie ein Tuch. (XXVII 8) Das reine Haus aus geläutertem Edelmetall, das An gegründet hat, (XXVII 9) das mit Kohol-Farbe bedeckt ist, (XXVII 10) das wie der Mond mit Himmelsglanz hervortritt, (XXVII 11) das Haus, dessen Front ein großer, auf der Erde gegründeter Berg (ist), (XXVII 12) dessen Inneres Beschwörung (und) harmonische Lieder (sind), (XXVII 13) dessen Äußeres der Himmel (ist), das erhabene Haus, das sich im Überfluß erhebt, (XXVII 14) dessen äußerer gu’en-Thronsaal (XXVI 21) sind
153. Das Silasirsir ist der Tempel der Ba’U in Girsu; vgl. dazu Falkenstein, Einleitung, 147 f. und Suter, Gudea’s Temple Building, 23 f. 154. Wörtlich »den Freund des Himmels«. 155. Zu dieser Deutung von musˇ-sˇà-tùr siehe Wiggerman, RlA VIII (1993-1997) 258. 156. D. h., des Eninnu.
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Susanne Paulus (XXVII 15) die
Gerichtsstätte der Anuna-Götter (ist): seinem alal157) kommen Worte des Gebets, (XXVII 17) durch seine Rationen entsteht der Überfluß der Götter. (XXVII 18) Die Standarten, die am Haus errichtet sind, (XXVII 19) sind wie der Anzu, der seine Flügel! über den Schlangenberg breitet. (XXVII 20) Den Lehm des Eninnu, ebenmäßigen Lehm,158) (XXVII 21) der vom ›Steppenkanal‹ heraufgebracht wurde, (XXVII 22) hat sein Herr, der Herr Ning ˆ irsu, (XXVII 23) ins reine Herz berufen. (XXVII 24) Wie Kohol-Farbe hat er ihm159) es über das Haupt gegossen. (XXVIII 1) Gudea hat es mit Himmelsglanz (XXVIII 2) geschmückt. (XXVII 16) Aus
(XXVIII 3) Aus
seinem Rinderhaus (ist es), Butter hereinkommt, Milch hereinkommt, (XXVIII 5) aus seinem erhabenen Ofen (XXVIII 6) große Kuchen (und) große Hörnchen. (XXVIII 7) Sein Schlachtmesser (ist es), (XXVIII 8) das Schafe verzehrt, das Rinder verzehrt.160) (XXVIII 9) Sein Rationenhaus stellt … (XXVIII 10) Seine Libation (ist) (XXVIII 11) ein beständig tropfender Weinberg. (XXVIII 12) Aus seinem Brauhaus (XXVIII 13) ist (Bier wie) der Tigris bei Hochwasser vorhanden. (XXVIII 14) In seinem Speicher (sind) Edelsteine, Edelmetall (und) Zinn (vorhanden). (XXVIII 15) Sein Streitwagenhaus (ist) (XXVIII 16) ein Berg, der auf der Erde steht. (XXVIII 17) Sein Hinterraum mit der balag ˆ -Trommel (ist) ein dröhnender Stier. (XXVIII 18) Sein Vorhof (ist) reines Gebet (mit) sim- (und) ala-Trommeln. (XXVIII 19) Seine steinernen Treppenstufen, die im Haus liegen, (XXVIII 20) sind ein Gebirge, das sich in fürstlicher Pracht erstreckt. (XXVIII 21) Seine oberen Treppen, die zum Dach führen, (XXVIII 22) sind ein Licht, das weit bis ins Bergland sichtbar ist. (XXVIII 23) Sein dunkler Steppengarten, der zum Haus hin errichtet ist, (XXVIII 24) ist ein Berg, vom dem beständig Wein tropft, ein Ort, der Furcht (und) hSchreckensiglanz wachsen läßt, (XXIX 1) Seine sieben Stein(stelen), die das Haus umgeben, (XXVIII 4) daß
157. Das Alal ist möglicherweise ein Teil des Tempels; siehe PSD A1 105 s. v. a-lal3 A. 158. Die Passage beschäftigt sich mit der Farbgestaltung des Eninnu; vgl. Suter, Gudea’s Temple Building, 95. 159. D. h., dem Eninnu. 160. Vgl. zu dieser und der vorhergehenden Zeile die »Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur« Zeile 312; dazu P. Michalowski, The Lamentation over the Destruction of Sumer and Ur (MC 1), Winona Lake 1989, 55 und 96 (Kommentar).
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Texte aus Mesopotamien (XXIX 2) sind
dazu da, um sich ständig mit seinem Herrn zu beraten. Totenopferhaus (XXIX 4) ist etwas Reines, das der Abzu gereinigt hat. (XXIX 5) Seine steinernen Becken, die im Haus aufgestellt sind, (XXIX 6) sind das reine Haus des Reinigungspriesters, wo das Wasser nie versiegen wird. (XXIX 7) Seine oberen Zinnen, (XXIX 8) auf denen Tauben sitzen, (XXIX 9) sind Eridu, wo ein gutes Schicksal […].161) (XXIX 10) Das Eninnu läßt Tauben zur Ruhe kommen. (XXIX 11) Es ist ein Schirm (mit) großen Zweigen, ein guter Schatten, (XXIX 12) Schwalben (und andere) Vögel zirpen (dort). (XXIX 13) (Wenn) ein Fest stattfindet, ist es das Ekur des Enlil. (XXIX 14) Die große Furcht vor dem Haus (XXIX 15) liegt auf dem Land. (XXIX 16) Die Ehrfurcht vor ihm (XXIX 17) reicht bis ins Fremdland. (XXIX 18) Der Schrecken des Eninnu bedeckt alle Fremdländer wie ein Tuch. (XXX 1) Das Haus hat sein Herr mit Üppigkeit gebaut. (XXX 2) Ning ˆ isˇzida (XXX 3) hat es auf einem Sockel gebaut. (XXX 4) Gudea, der Stadtfürst von Lagas ˇ, (XXX 5) hat seinen Gründungsnagel eingetieft. (XXIX 3) Sein
(XXX 6) Daß
das Haus, das wie Utu im Land aufgegangen ist, wie ein großer Stier im aufgewirbelten Staub steht, (XXX 8) das wie wonnevolles Mondlicht (XXX 9) die Versammlung erfüllt, (XXX 10) das wie ein grünes Gebirge (XXX 11) Üppigkeit trägt, (XXX 12) das zum Bestaunen dasteht, (XXX 13) dafür, daß das Eninnu restauriert wurde, (XXX 14) sei Ning ˆ irsu Preis! (XXX 7) das
(XXX 16) Es
ist die Mitte der Hymne Haus des Ningˆirsu wurde gebaut!‹
(XXX 15) ›Das
161. Für eine mögliche Lesung siehe Averbeck, Study, 676.
35
Hans Neumann
4. Ein literarischer Text über die Unmöglichkeit, einen Tempelbau zu errichten (Amar-Su’ena A)
Hans Neumann Der Text befindet sich auf einer aus zwei Fragmenten zusammengesetzten einkolumnigen Tontafel der altbabylonischen Zeit aus Ur (U. g [= UET VIII 33]+5307). – Aufbewahrungsort: Iraq Museum, Baghdad.162) – Edition (Kopien): C. J. Gadd in E. Sollberger, Royal Inscriptions, Part II (UET VIII), London 1965, Nr. 33 (U. g; mit S. 7 [Kommentar]) und A. Shaffer, Literary and Religious Texts, Third Part (UET VI/3), London 2006, Nr. 523 (U. 5307). – Bearbeitung: M. W. Green, Eridu in Sumerian Literature, Ph.D. dissertation, University of Chicago 1975, 58-62; P. Michalowski, Amar-Su’ena and the Historical Tradition, in: M. de J. Ellis (Hg.), Essays on the Ancient Near East in Memory of Jacob Joel Finkelstein (Memoirs of the Connecticut Academy of Arts and Sciences 19), Hamden 1977, 155-157; B. Hrusˇka, Das Verhältnis zur Vergangenheit im alten Mesopotamien, ArOr. 47 (1979) 8-10; F. Pomponio, Le sventure di Amar-Suena, SEL 7 (1990) 13 f. (Teilbearbeitung); Amar-Suena and Enki’s temple (Amar-Suena A), ETCSL c.2.4.3.1/Segment A (http://www-etcsl.orient. ox.ac.uk); G. Zólyomi, Amar-Su’ena and Enki’s Temple, N.A.B.U. 2000/51.I (Teilbearbeitung).
Der vorliegende Text reflektiert in historisierender Form die Regierungszeit des dritten Herrschers der III. Dynastie von Ur, des Königs Amar-Su’ena (2045-2037 v. Chr.). So soll es diesem erst nach 8 Jahren vergeblichen Bemühens möglich gewesen sein, das verfallene Heiligtum des Gottes Enki in Eridu schließlich im 9. und damit im letzten Jahr seiner Herrschaft wiederherzustellen. Dabei klingt an, daß es göttlicher Wille war, der den König zunächst daran hinderte, das Bauvorhaben zu Ehren des Gottes und zu seinem eigenen Ruhm in Angriff zu nehmen und zu vollenden.163) In einem weiteren Text (UET VIII 32), der inhaltlich in den vorliegenden Zusammenhang zu stellen ist,164) heißt es explizit, daß eine von Amar-Su’ena initiierte Orakelanfrage hinsichtlich des Wunsches, den Enki-Tempel zu bauen, von göttlicher Seite negativ beschieden wurde.165) Inwieweit sich in der vorliegenden Dichtung wie auch in der späteren Omentradition eine irgendwie geartete, bisher nicht näher bestimmbare Erfolglosigkeit seiner Politik widerspiegelt166) oder die entsprechende Überlieferung auf eine bewusst negativ konnotierte Erinnerungspolitik hinsichtlich der Regie162. Vgl. Zólyomi, N.A.B.U 2000/51.I (»UET 8 33 and U 5307 are no longer housed in the British Museum, as they were sent back to Baghdad«). 163. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bemerkungen von K. Radner, Die Macht des Namens. Altorientalische Strategien zur Selbsterhaltung (SANTAG 8), Wiesbaden 2005, 265 mit Anm. 1355. 164. Zu UET VIII 32 vgl. Green, Eridu, 62-65; ETCSL c.2.4.3.1/Segment B und C. Ein drittes in den vorliegenden Kontext zu stellendes Fragment ist UET VI/3, 524; dazu vgl. ETCSL c.2.4.3.1/Segment D und E sowie Zólyomi, N.A.B.U 2000/51.II. 165. Rs. 2’f.; dazu vgl. A. Falkenstein, »Wahrsagung« in der sumerischen Überlieferung, in: La divination en Mésopotamie ancienne et dans les régions voisines (CRRAI 14), Paris 1966, 50; Hrusˇka, ArOr 47 (1979) 10. 166. Im Kontrast hierzu stehen die tatsächlichen, offensichtlich erfolgreichen baulichen und kultischen Bemühungen des Königs hinsichtlich des Enki-Tempels in Eridu; vgl. D. R. Frayne, Ur III Period (2112-2004 BC) (RIME 3/2), Toronto / Buffalo / London 1997, 239-241.
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Texte aus Mesopotamien
rungszeit des Amar-Su’ena etwa seitens seines Nachfolgers Sˇu¯-Sîn zurückzuführen ist,167) muß offen bleiben. Jedenfalls erscheint der König in der späteren Tradition als ein im wesentlichen glückloser Herrscher, was zuweilen mit dem Begriff ›Unheilsherrscher‹ verbunden wird.168) Der Text ist in bezug auf seine literarische Einordnung schwierig zu beurteilen. Mit Blick auf das sonstige Fehlen einer (preisenden) hymnischen Literatur zu AmarSu’ena hat man ihn – wie auch den verwandten Text UET VIII 32 – als Hymne bezeichnet (Amar-Su’ena A und B),169) was aber wohl kaum zutreffend ist. In gewisser Weise läßt sich eine inhaltliche Beziehung zu den historischen Klagen herstellen, die entsprechende (negative) Ereignisse im Nachhinein literarisch klagend reflektieren, auch wenn man im vorliegenden Fall nicht sicher sagen kann, daß die Erfolglosigkeit des Königs wirklich ›beklagt‹ worden ist. Unzweifelhaft aber ergibt sich eine Nähe zu der historischen Dichtung ›Fluch über Akkade‹,170) die den Niedergang des Reiches von Akkade im ausgehenden 22. Jh. v. Chr. (zu Unrecht) bereits mit dem König Nara¯m-Sîn (2259-2223 v. Chr.) verbindet.171) (1) Alad172)
[x] [ … ], [ … ] …, (3) der Mann, der mit einer Axt an den Tempel [ … ],173) (4) Amar-Su’ena, den Abzu-Schrein174) [ … ], (5) – mit Gold gebaut, mit Lapislazuli verzie[rt]. –175) (6) Diesen Tempel zu bauen, [schickte] er sich an, (7) Amar-Su’ena, der König, [schickte] sich an, diesen Tempel [zu] bauen. (8) Gegen den König rebellierte das Land, … [ … ]. (9) [Dieser Tempel] – im 1. Jahr lag er in Ruinen, er hat ihn nicht wieder[hergestellt], (10) Amar-Su’ena hat die ›göttlichen Kräfte‹ seines Königtums176) [ … ]. (2) Amar-[Su’]ena
167. Vgl. in diesem Sinne W. Sallaberger, Ur III-Zeit, in: P. Attinger / M. Wäfler (Hg.), Annäherungen 3: Mesopotamien. Akkade-Zeit und Ur III-Zeit (OBO 160/3), Freiburg / Göttingen 1999, 167. 168. Vgl. Michalowski, Essays Finkelstein, 156 f.; vgl. auch Frayne, Ur III Period, 236. 169. Green, Eridu, 58-65; zum Problem vgl. auch N. M. Brisch, Tradition and the Poetics of Innovation. Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 2003-1763 BCE) (AOAT 339), Münster 2007, 21. 170. Zur Dichtung vgl. J. S. Cooper, The Curse of Agade, Baltimore / London 1983. 171. Zu den Parallelen vgl. Michalowski, Essays Finkelstein, 156; Zólyomi, N.A.B.U. 2000/51.I. 172. Alad (akk. Sˇe¯du) ist ein Schutzgeist bzw. Dämon; vgl. PSD A3 157 f.; CAD Sˇ2 256-259. 173. Zu möglicherweise hier heranzuziehenden Parallelen in den Dichtungen »Fluch über Akkade« und »Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur« in bezug auf die Deutung der vorliegenden fragmentarischen Zeile vgl. Zólyomi, N.A.B.U. 2000/51.I. 174. Lesung é-e! abzu- a [ … ] mit Zólyomi, N.A.B.U. 2000/51.I. 175. Am Zeilenende in Parallelität zum Anfang der Zeile (dù-a »gebaut«) wohl sˇu tag-g[a] »verzie[rt]« zu lesen; anders J. Bauer, Rez. zu A. Shaffer, Literary and Religious Texts, Third Part (2006), Or.NS 76 (2007) 397 (sˇu tag-t[ag-dè], was als »[um zu] verzier[en]« aufzufassen wäre). Der in den Z. 1-5 fragmentarisch vermittelte Zusammenhang bleibt undeutlich. 176. Zu den me-nam-lugal »›göttliche Kräfte‹ des Königtums« vgl. G. Farber-Flügge, Der Mythos »Inanna und Enki« unter besonderer Berücksichtigung der Liste der me (Studia Pohl 10), Rom 1973, 128.
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2. Jahr la[g er (= der Tempel) in Rui]nen, er (= Amar-Su’ena) hat ihn nicht wiederhergestellt, (12) Amar-Su’ena [tauschte] [se]in Gewand des K[önig]tums gegen ein Trauerkleid. (13) Im 3. Jahr lag er in Ruinen, er hat ihn nicht wieder[hergestellt], (14) Amar-[Su’ena] [konnte] das Vorzeichen der kis ˇkanû-Bäume [nicht 177) deut]en. (15) Im 4. Jahr la[g er in Ruinen], er hat ihn nicht wiederhergestellt, (16) (auch) nachdem ein Weiser ihm (entsprechende) Weisung gegeben hatte, konnte er den Grundriß178) des Tempels nicht strahlend erscheinen lassen.179) (17) Im 5. Jahr lag er in Ruinen, er hat ihn nicht wiederhergestellt, (18) das Abzu-Heiligtum versuchte er immer wieder mit Kraft zu formen.180) (19) Im 6. Jahr lag er in Ruinen, er hat ihn nicht wiederhergestellt, (20) den Grundriß des Tempels suchte er immer wieder, er konnte ihn (jedoch) nicht finden.181) (21) Im 7. Jahr lag er in Ruinen, er hat ihn nicht wiederhergestellt, (22) Enki sprach zu ihm über den besagten Tempel – den Tempel, der nicht existierte. (23) Vom 8. Jahr an, den Tempel zu bauen, schickte er sich an, (24) im Verlaufe? des 9. Jahres (hat) Amar-[Su’ena], der [K]önig, (25) das E’uduna,182) den ›[Ort] der/des Weisen‹, wie … gebaut.183) 177. Die Lesung der Zeile (dAmar-[d] EN.ZU-na gˆisˇ-kín-kín-na gˆisˇkim-b[i nu-bú]r?-ru) folgt der Auffassung von ETCSL c.2.4.3.1. Zur Bedeutung des kisˇkanû-Baumes im magisch-religiösen Bereich, insbesondere in Verbindung mit dem Gott Enki und Eridu, vgl. A. J. Ferrara, Nanna-Su’ens Journey to Nippur (Studia Pohl SM 2), Rom 1973, 109 f. Anders Michalowski, Essays Finkelstein, 155 f. 178. Zum Bedeutungsspektrum von gˆisˇ-hur vgl. ausführlich Farber-Flügge, Inanna und Enki, 181191, wonach gˆisˇ-hur »der Grundriߢeines Hauses, also sein Entwurf sein kann« wie »auch die Konzeption aller ˘Dinge«, d. h., der Begriff kennzeichnet »nicht das, was die Dinge sind, sondern das, was sie sein sollen, oder auch das, wie sie sein sollen, nämlich ihre ›Regeln‹ oder ihr ›Plan‹« (ebd., 182). 179. Lesung und Deutung der ersten Zeilenhälfte nach ETCSL c.2.4.3.1 und PSD A2 176a (abgal-e du11- ga ù -na-du11 …). Anders Michalowski, Essays Finkelstein, 155 f. und Hrusˇka, ArOr 47 (1979) 9 mit Anm. 22. 180. Die Übersetzung der Zeile ist sehr unsicher, da die Verbform sˇu mu-ra-ra-e-dè inhaltlich schwierig zu deuten ist. sˇu–ra, eigentlich »die Hand (auf den Lehm) schlagen« (vgl. C. Mittermayer, Enmerkara und der Herr von Arata. Ein ungleicher Wettstreit [OBO 239], Fribourg / Göttingen 2009, 296 zu Z. 503) bzw. »kneten« (vgl. M.-L. Thomsen, The Sumerian Language. An Introduction to its History and Grammatical Structure [MCSA 10], Copenhagen 1984, 312), wird hier im übertragenen Sinn als Ausdruck für einen mit Kraft/Gewalt (kala-ga-sˇè) unternommenen Versuch, das Bauvorhaben durchzuführen, verstanden. ETCSL c.2.4.3.1 läßt die Verbalform unübersetzt. Zu einer anderen Lesung und Auffassung der gesamten Zeile, der hier nicht gefolgt wird, vgl. Michalowski, Essays Finkelstein, 155 f. 181. Zu Z. 20 vgl. auch die Bemerkungen bei J. Cale Johnson, Unaccusativity and the double object construction in Sumerian (WZKM Neue Beihefte 7), Wien 2010, 75. 182. é-udun-na »Ofen-Haus«; vgl. dazu die erklärenden Bemerkungen bei Michalowski, Essays Finkelstein, 156 Anm. 12. 183. Lesung und Deutung der Zeile sind unsicher; zu ki -gal-an-zu vgl. Pomponio, SEL 7 (1990) 13 f. (»luogo degli esperti«); anders ETCSL c.2.4.3.1, wo en gal-an-zu gelesen und die Stelle
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Texte aus Mesopotamien (26-27) Damals
(hat) der Herr, der große Herr Enki, den Ort seines eigenen Tempels … .184) (28-29) …, (30) Vater E[nki] …, (31) sein Bote [ … ] …, (32) [ … ] x [ … ].185)
5. Gottesbriefe
Barbara Böck Gottesbriefe oder Briefgebete sind individuelle Bitten, eingefaßt in das typische Formular profaner und literarischer Briefe. Mehr als zehn solcher Kompositionen in sumerischer Sprache sind bekannt geworden. Die Texte handeln überwiegend von Krankheits- und anderen Leiden, die nach altmesopotamischer Vorstellung auf persönliche Verfehlungen zurückgeführt wurden und die Entfremdung der Gottheit nach sich zogen. Charakteristisch ist das Versprechen, bei Genesung die Gottheit zu verehren. In diesem Sinne stehen die Briefe Votivgeschenken nahe. Allen Briefen gemeinsam ist ihr Abfassungsort und Zeitpunkt der Entstehung: die altbabylonische Schreiberschule der ersten Jahrhunderte des 2. vorchristlichen Jahrtausends. Dieser Umstand zieht Fragen nach Historizität und Authentizität der Briefe nach sich. Nach einer Forschermeinung handelt es sich um rein fiktive Briefe, die dazu verfaßt wurden, das kulturelle Erbe der Stadt Nippur wachzuhalten, indem ehemals bekannte, historische Personen (aus der Ur III Zeit, ca. 2100-2000 v. Chr.) als Verfasser eingesetzt wurden; nach anderer Interpretation reflektieren die Texte einen – wenn auch kaum belegten – Brauch, Bitten in Briefform entweder vor Götterstatuen zu deponieren oder den Statuen vorzulesen. Literatur: W. W. Hallo, Individual Prayer in Sumerian: The Continuity of a Tradition, JAOS 88 (1968) 71-89; B. Böck, »Wenn du zu Nintinuga gesprochen hast, …«. Untersuchungen zu Aufbau, Inhalt, Sitz-im-Leben und Funktion sumerischer Gottesbriefe, AoF 23 (1996) 323; A. Kleinerman, Education in Early 2nd Millennium Babylonia. The Sumerian Epistolary Miscellany (CM 42), Leiden / Boston 2011, 35-37, 54-55.
mit »of the wise lord (?)« übersetzt wird. HAR-ra-gin7 im vorliegenden Zusammenhang ist ˘ aufzufassen?). unklar (= ur5-ra-gin7 im Sinn von »wie dieses« 184. Die Deutung der nominalen Satzteilkonstruktionen folgt der Auffassung von ETCSL c.2.4.3.1. Das Verbum bleibt unklar; vgl. Pomponio, SEL 7 (1990) 13 f., der ba-da-an-sˇi-ib-[ku4] »(Enki) entrò« liest; anders ETCSL c.2.4.3.1: ba-da-an-hul? »(Enki) destroyed« (ebenso Hrusˇka, ˘ ArOr 47 [1979] 9). 185. Zu den Zeichen bzw. Zeichenspuren in Z. 28-32 vgl. Zólyomi, N.A.B.U. 2000/51.I (»too fragmentary to translate«) und Bauer, Or.NS 76 (2007) 397.
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5.1 Briefgebet von Gudea an seinen persönlichen Gott Aufbewahrungsort: Frau Professor Hilprecht Collection of Babylonian Antiquities im Eigentum der Friedrich Schiller-Universität Jena (HS 1444, aus Nippur). – Keilschriftautographie: I. Bernhardt, Sumerische literarische Texte aus Nippur I: Mythen, Epen, Weisheitsliteratur und andere Literaturgattungen (TMH NF 3), Berlin 1961, Nr. 56 (Taf. CXIV). – Umschrift und Übersetzung: S. N. Kramer (TMH NF 3) 20-21. (1) Wenn
du zu meinem (persönlichen) Gott (folgendes) gesprochen hast: (2) »Das ist es, was dein Diener Gudea gesagt hat: (3) hIch bini wie ein Schaf, welches keinen verläßlichen Schäfer hat und (4) welches von keinem verläßlichen Hirten gehütet wird. (5) Ich werde transportiert von einem Kaufmann ohne Verstand (6) und arg geschlagen wie ein Esel mit einer bösen Peitsche. (7) Ich habe einen Mund186), aber kann kein Wort hervorbringen. Ich habe Augen, doch kann ich nicht sehen. (8) Unter meinen siebenfachen Taten kann ich kein hVergeheni finden, (9) sieben Mal kann ich gänzlich nichts finden. (10) Mein Gott, ich bin keiner, der dich verleumden würde! Möge das Herz meines Gottes wieder wohlwollend gestimmt sein!«187)
5.2 Briefgebet von Sin-sˇamuh an Enki ˘ Texte: YBC 4620 (A), YBC 7205 (B), YBC 8630 (C) (kollationiert, Keilschriftautographien der Texte liegen nicht vor). – Aufbewahrungsort: Yale Babylonian Collection, New Haven. – Bearbeitung: W. W. Hallo, JAOS 88 (1968) 71-89. (1) »Wenn
du zu Enki, der Himmel und Erde übertrifft, dem nichts gleicht, (folgendes) hast, (3) (wenn du) Nudimmud,188) dem Fürsten mit tiefem Verstand, der im Auftrag Ans die Geschicke zuteilt, (4) der die wahren Ämter unter den Anuna-Göttern verteilt, was nicht geändert werden kann, (5) dem Allwissenden, dem Weisheit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gegeben ist, (6) dem Herrn der Erkenntnis, dem Herrscher über die unterirdische Wassertiefe189), meinem Gott, der mich erschaffen hat, (7) (folgendes) zugetragen hast: (8) ,Das ist es, was Sin-sˇamuh, der Schreiber, Sohn ˘ des Ur-Nin …, (9) dein Diener gesagt hat: (10) Seit dem Tag, an dem du mich erschaffen und zu einem Menschen erzogen hast, (11) habe ich deinen Namen, mit welchem du gerufen wirst, nicht vernachlässigt. Wie ein Vater … (12) Ich bin an keinem deiner Opferfeste abwesend gewesen, sondern regelmäßig hingegangen. (13) Was habe ich getan? Das Urteil über meine Verfehlungen kann doch noch nicht gefällt sein! (14) Weh! über (mein) Schicksal ist gekommen: welcher Frevel liegt auf mir? Niemand hat ein Anzeichen dafür für mich ermittelt. (15) Nur (2) gesprochen
186. S. N. Kramer liest sag und übersetzt »Kopf«. Der Anfang des Zeichens ist nicht vollständig erhalten und wird hier ka »Mund« gelesen. 187. Wörtlich: »an seinen ursprünglichen Ort zurückgekehrt sein«. 188. Wörtlich: »Schaffender und Hervorbringender«, einer der Beinamen des Gottes Enki. 189. Die Wassertiefe (sumerisch abzu) galt als mythischer Wohnort Enkis.
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ein feindseliger Gott kann den Frevel verursacht haben – ein Omenzeichen dafür konnte ich nicht finden. (16) Seit dem Tag, an dem die Fülle meines Hauses zum Himmel sprach, (17) erfahre ich Unglück, ohne daß ich eine Verfehlung begangen hätte. (18) Wie die kurze Amtszeit eines Brauers (so kurzfristig) hat mich eine schwere Fieberkrankheit gepackt. (19) Ich stehe auf der Straße wie ein Wagen, dessen Rad gebrochen ist. (20) Ich liege im Bett mit Ach! und Weh! Klagen stimme ich an. (21) Meine schöne Statur ist zu Boden gebeugt, zu den Füßen sitze ich. (22) Ich trage …, mein Aussehen ist verändert. (23) … von Ruhelosigkeit sind meine Füße ergriffen, mein Leben tröpfelt dahin. (24) Der strahlende Tag ist zu einem … Tag geworden, ich bin um mein Amt besorgt. (25) Ich bin Schreiber, einer der alles gelernt hat. Zu einem Tölpel bin ich geworden. (26) Meine Hand kann nicht mehr schreiben, mein Mund kann nicht mehr übersetzen. (27) Ich bin doch noch kein alter Mann! Mein Gehör ist schwer, was mein Auge sieht, ist verdreht. (28) Die jungen Männer gehen an mir vorbei, den Kopf zu Boden (gesenkt) wie ein Opferschauer, der den Palast seines Herrschers verlässt. (29) Selbst meine Bekannten nähern sich mir nicht, nicht einmal Worte tauschen sie mit mir aus! (30) Keiner meiner Freunde gibt mir einen Rat, niemand beruhigt mein Herz! (31) Zu einem Mann von Schimpf und Schande bin ich geworden, meinem Schicksal entfremdet! (32) Mein Gott, Vertrauen habe ich in dich gesetzt! Was geht es einen Menschen an? (33) Ich bin ein junger Mann – ich will nicht wie Wasser an einem Ort der Schandtat ausströmen. (34) Mein Nest – mein Haus – bringt mir keine Freude mehr. (35) Die Häuser, die ich gebaut habe – Ziegel halten sie nicht mehr zusammen. (36) Wie kleine … Pflanzen, die an einem heißen Ort stehen,190) trage ich keine Früchte. (37) Wie bei einer kleinen Dattelpalme, die für den Nacken von Langbooten wächst, sind meine Blätter nicht gewachsen.191) (38) Ich bin jung – mein Tag ist noch nicht gekommen, deshalb will ich nicht dahingehen und sterben.192) (39) Wo meine Eltern nie gewesen sind, dort gehe ich entlang. Wer wird ein Gebet für mich sprechen? (40) An einen Ort bin ich verstoßen, an dem sich meine Familie nie versammelt hat. Wer wird ein Opfer für mich darbringen? (41) Damgalnuna, deine geliebte Gattin, (42) soll dir (meinen Fall) vortragen! Mit meiner Klage möge sie bei dir vorstellig werden! (43) Asaralimnuna,193) Sohn der unterirdischen Wassertiefe, möge dir (meinem Fall), (44) als ob du mein Vater wärst, vortragen! Mit meiner Klage möge er bei dir vorstellig werden! (45) Meine Wehklage möge er dir vorsprechen, mit meiner Klage bei dir vorstellig werden! (46) Noch heute will ich meine Schandtat vor dich bringen – kümmere dich um das Übel! (47) Wenn du mich dort anblickst, wo ich verworfen wurde, hab’ Mitleid mit mir! (48) Sobald du meinen finstren Ort taghell gemacht hast, (49) will ich in deinem Tor, wo Strafe gelöst wird, sitzen und dich lobpreisen! (50) Meine Schandtat will ich dir aufdröseln wie einen Faden! Von deiner Erhabenheit will ich sprechen! (51) Daß du dich mir am Ort schwerer Schandtat zugewandt hast, will ich preisen! (52) Daß du mich dem Rachen der Katastrophe entrissen 190. Manuskript C schreibt: »wie kleine, brennende … Pflanzen«. Der Name der Pflanze gisˇu3 ist kaum belegt. 191. Die Zeichen sig3.sig3 werden hier als phonetische Wiedergabe von sig7.sig7 interpretiert. 192. Wörtlich: »mich im Staub wälzen«. 193. Beiname Asalluhis, Sohn des Enki. ˘
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hast, hmeinei Person aus dem Grab …, (53) will ich den Leuten offenbaren, das ganze Land soll es wissen! (54) Mein Gott, ich bin es, der Ehrfurcht vor dir hat. (55) Hab’ Erbarmen mit mir wegen des Briefes, den ich vor dir deponiert habe!194) (56) Möge das Herz meines Gottes wieder wohlwollend gestimmt sein!195)«
6. ›Herzberuhigungsklagen‹ (ér-sˇà-hugˆ-gˆá) ˘
Stefan M. Maul ›Herzberuhigungsklagen‹, genauer noch ›Weinen zur Herzberuhigung‹, lautet die Bezeichnung einer Gebetsgattung, die im Emesal überliefert wurde und das persönliche Leid des Beters in den Mittelpunkt stellt. Obgleich aus altbabylonischer Zeit einige wenige ›Herzberuhigungsklagen‹ überliefert sind, stammt der weitaus größte Teil der uns bekannt gewordenen Textvertreter aus dem 1. Jt. v. Chr., namentlich aus den königlichen Bibliotheken des Assurbanipal in Ninive.196) Ein großer Teil dieser meist mit einer akkadischen Interlinearübersetzung versehenen Texte dürfte unter Verwendung von zum Teil sehr alten Textbausteinen erst im ausgehenden 2. Jt. v. Chr. die uns vorliegende Gestalt erhalten haben. Im neuassyrischen Ninive waren mehr als 130 ›Herzberuhigungsklagen‹ bekannt, die jeweils an eine der großen Gottheiten gerichtet waren. Neben ›Herzberuhigungsklagen‹ an namentlich benannte Götter und Göttinnen blieben auch Gebete erhalten, deren Adressat der persönliche Gott eines Menschen oder eine beliebige Gottheit war, deren Namen sich nicht ausfindig machen ließ (siehe unten Text Nr. 3). Das zentrale Anliegen der Gebete, durch das auch die Gattungsbezeichnung ér-sˇàhugˆ-gˆá motiviert ist, besteht darin, das »Herz« einer zornigen Gottheit so zu »beruhi˘ gen«, daß es »wieder zurückkehrt an seinen Platz«. Diese in den ›Herzberuhigungsklagen‹ immer wieder anzutreffende Formulierung spiegelt die Vorstellung, daß das »Herz« einer Gottheit dem Menschen grundsätzlich »so wie das Herz einer leiblichen Mutter« in Liebe zugetan ist und daß eben dies der »Platz« sei, der dem Herzen eines Gottes zukommt. In den Zustand liebevoller Zuwendung, an seinen ihm gebührenden »Platz«, soll das göttliche Herz durch das Bittgebet zurückgeführt werden. In einer meist von Anrufungen und Refrains geprägten Einleitung wird die Gottheit zunächst umworben. Dann folgt eine Klage, in der das dem Beter widerfahrene Unheil zwar nie konkret benannt ist, aber dafür die Zeichen seines Leidens wie Tränen, Zittern, Stöhnen und Schlaflosigkeit umso ausführlicher geschildert werden. Auf 194. Manuskript C schreibt stattdessen: »Höre den Brief, der dir geschrieben wurde!« 195. Wörtlich: »an seinen ursprünglichen Ort zurückgekehrt sein«. 196. Vgl. die Edition dieser Texte: S. M. Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹. Die sumerisch-akkadischen Ersˇahunga-Gebete, Wiesbaden 1988; vgl. auch ders., Zwei neue »Herzberuhigungs˘ (1991) 67-74 sowie P. Michalowski, On the Early History of the Ershahunga klagen«, RA 85 Prayer, JCS 39 (1987) 37-48; M. Geller, CT 58, No. 70. A Middle Babylonian Ershahunga, BSOAS 55 (1992) 528-532 und A. Cavigneaux / F. Al-Rawi, New Sumerian Literary Texts from Tell Haddad (ancient Meturan): A First Survey, Iraq 55 (1993) 94 (hierzu siehe auch Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 213-215).
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die Bitte des Beters, seinem Leiden nun ein Ende zu setzen, folgt sehr häufig eine Litanei, in der einzelne Gottheiten, die zumeist dem Kreis der Familie oder dem Hofstaat des angerufenen Gottes angehören, namentlich aufgerufen werden, bei dem Gott, an den das Gebet gerichtet ist, für den Beter Fürsprache einzulegen. Kennzeichnend für die ›Herzberuhigungsklagen‹ ist die stets anzutreffende Schlußformel: »Dein Herz möge um meinetwillen wie das Herz einer leiblichen Mutter zurückkehren an seinen Platz! / Wie eine leibliche Mutter, ein leiblicher Vater, möge es um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz!« Textimmanent betrachtet sind die ›Herzberuhigungsklagen‹ Individualgebete, die von Hause aus weder in den (öffentlichen) Götterkult, noch in Königsrituale gehören. Eine ›private‹ Verwendung dieser Gebete läßt sich freilich nicht nachweisen. Hingegen sind aus dem 1. Jt. v. Chr. nicht wenige Beschreibungen von Ritualen197) bekannt, in denen dem ›Klagesänger‹ (kalû) die Aufgabe zufiel, eine ›Herzberuhigungsklage‹ zu rezitieren. Demnach wurden ›Herzberuhigungsklagen‹ zum einen im Götterkult rezitiert, namentlich am Ende von Götterprozessionen, immer dann, wenn die Gottheit wieder an ihren angestammten Ort zurückkehrte. Zum anderen fanden die Gebete Verwendung in größeren Ritualzusammenhängen, deren Ziel es war, den Zorn eines Gottes zu besänftigen, der das Wohl von Land und Leuten bedrohte und sich etwa bereits in üblen Vorzeichen bemerkbar gemacht hatte. In diesen Fällen sollte der König durch eine ›Herzberuhigungsklage‹ als Mittler zwischen Gott und Mensch das göttliche Wohlwollen für seine Person und damit auch für die ihm anempfohlenen Menschen und das Gemeinwesen wiedererlangen. Bisweilen wurde in diesen Fällen, wenn der König persönlich nicht anwesend sein konnte, das Gebet »über den Gewandsaum des Königs« gesprochen.198) Es scheint, daß ›Herzberuhigungsklagen‹, anders als andere Emesal-Gebete, nicht gesungen, sondern gesprochen wurden. Zumindest bisweilen wurde die Rezitation dieser Gebete, etwa durch den »(Klang) der bronzenen Kesselpauke (lilis siparri)«199), musikalisch untermalt.
6.1 Eine an den Götterkönig Enlil gerichtete ›Herzberuhigungsklage‹ Dieses Gebet ist durch zwei Textvertreter bekannt geworden, die beide aus den königlichen Bibliotheken zu Ninive stammen:
1.) K 1296 (Kopie: Th. G. Pinches, IVR2 21*n2; Kollationen: Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, Tf. 9). 2.) K 4974 + K 14695 (Kopie: Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, Tf. 10). Bearbeitung des zum Teil mit akkadischer Interlinearübersetzung200) versehenen Textes: Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 112-121. – Übersetzung: M.-J. Seux, Hymnes et prières aux dieux de Babylonie et d’Assyrie, Paris 1976, 149-152. 197. 198. 199. 200.
Siehe Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 25-56. Ebd., 27. Ebd., 26. Hier und im folgenden ist freilich der sumerische Text übersetzt. Auf die hinzugefügte akka-
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Stefan M. Maul
In der Fürbittelitanei (Z. 30 ff.) sind die Enlilsöhne Ninurta und Enki jeweils mit ihren Gattinnen angerufen, Fürsprache für den Beter zu halten. Es folgen dann die Nachfahren des Enki/Ea, der als Asalluhi angesprochene Hauptgott von Babylon, ˘ Marduk, nebst seiner Gattin Zarpa¯nı¯tu(m) (Z. 34 f.), deren Sohn Nabû mit seiner Gemahlin Tasˇme¯tu(m) (Z. 36 f.), sowie ferner der Gott Amurru mit seiner Gattin Asˇratum. Obgleich nicht die akkadischen, sondern die sumerischen Namen dieser Gottheiten genannt werden, ist hier ein Götterkreis angesprochen, der in Babylon verehrt wurde. Daher dürfte der vorliegende Text auf ein Original zurückgehen, das babylonischen Ursprungs ist. (1) [
(Anrufung des Enlil) , sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (2) [ (Anrufung des Enlil) , sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (3) [ (Anrufung des Enlil) , sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (4) [Herr der Länder,201) sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (5) [Herr, dessen Ausspruch (unumstößlich) fest dasteht, sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (6) [Enlil, Vater des Landes, sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (7) [Hirte der ›Schwarzköpfigen‹202), sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (8) [Der, der sich selbst (prüfend) betrachtet, sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (9) Stier, der das Heer [in Unruhe versetzt, sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen!] (10) Der, der einen trügerischen Schlaf schläft, sein Herz will ich beruhigen! – Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen! (11) Sein reines Herz, sein strahlendes Herz, sein Herz will ich [beruhigen!] (12) Mein Herr, dessen Herz sich nach oben hin mir gegenüber nicht beruhigen will, (13) mein Herr, dessen Herz sich nach unten hin mir gegenüber nicht besänftigen will, (14) sich im Himmel und auf Erden mir gegenüber nicht beruhigen will, (15) der mich beugte, der mich fertig machte, – (16) da Zittern mir in die Hand gelegt, (17) da Angst mir in den Leib gelegt, (18) da meine Iris voll der Tränen, dische Fassung wird nur bisweilen verwiesen. Passagen, deren Ergänzung als unsicher zu betrachten ist, sind hier durch Kursivsetzung kenntlich gemacht. Um das Schriftbild der Übersetzungen nicht unnötig zu verunklaren, werden in der Übersetzung Refrains auch dann vollständig ausgeschrieben, wenn sie in den originalen Textvorlagen abgekürzt wurden. 201. Zu den in den Zeilen 4-10 vorliegenden ›sieben Standardepitheta‹ des Enlil siehe Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 94 mit weiterführender Literatur. 202. ›Schwarzköpfige‹ ist eine uralte Bezeichnung für die in sumerischen Landen bzw. die in Mesopotamien lebenden Menschen.
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Texte aus Mesopotamien (19) da
mein Inneres zerrupft und voll des Jammers ist, ich sein reines Herz beruhigen! Ein Bittgebet will ich zu ihm sprechen! (21) Das Herz möge durch Besänftigung zur Ruhe kommen! (22) Das Gemüt möge durch Besänftigung zur Ruhe kommen! (23) ›Herz, kehre zurück, kehre zurück!‹ sei ihm gesungen! (24) ›Herz, komm’ zur Ruhe, komm’ zur Ruhe!‹ sei ihm gesungen! (25) Das (eigene) Herz zu befragen, ist gewaltig, wenn daran es geht, mir selbst ein Urteil zu fällen! (26) Um des Herzens willen mögen die Anunna-Götter Fürbitte (haltend) neben ihm203) stehen! (27) Die Anunna-Götter, die im Himmel gezeugten, mögen [neben ihm stehen!] (28) Sein Gott204), der ein ›Weinen‹ (an ihn205)) herantrug, möge Fürbitte (haltend) neben ihm stehen! (29) Dieses Lied zu singen, wird mir Ruhe bringen. Dein Herz möge sich [beruhigen!] (30) Der Herr, der große Statthalter Ninurta206), möge eine Fürbitte zu dir sprechen! (31) Die Ruferin, die Herrin-von-Nippur, möge ein Bittgebet zu dir sprechen! (32) Enki, der Stier von Eridu207), möge eine Fürbitte zu dir sprechen! (33) Die Mutter des ›Erhabenen-Heiligtums‹208), Damgalnunna, möge ein Bittgebet zu dir sprechen! (34) Asalluhi, der Herr von Tintir (= Babylon), möge eine Fürbitte zu dir sprechen! ˘ (35) Seine Gattin, Papnunanki, möge ein Bittgebet zu dir sprechen! (36) Der treue Wesir, Muduggasâ (= Nabû)209), möge eine Fürbitte zu dir sprechen! (37) Die Braut, die erste Tochter des Uras ˇ, möge ein Bittgebet zu dir sprechen! (38) Martu, der Herr des Gebirges, möge eine Fürbitte zu dir sprechen! (39) Gubarra, die Herrin der Steppe, möge ein Bittgebet zu dir sprechen! (40) ›Schau’ ihn doch an mit festem (Blick)!‹ mögen sie dir sagen! (41) ›Deinen Hals wende ihm doch zu!‹ mögen sie dir sagen! (42) ›Dein Herz möge sich um seinetwillen beruhigen!‹ mögen sie dir sagen! (43) ›Dein Gemüt möge sich um seinetwillen besänftigen!‹ mögen sie dir sagen! (44) Dein Herz möge um meinetwillen wie das Herz einer leiblichen Mutter zurück[kehren] an seinen Platz! (20) will
203. Die Unterweltsgötter und auch die himmlischen Götter (so Z. 27) sollen neben dem Götterkönig Enlil, dessen ›Herzberuhigung‹ hier erbeten wird, stehen und für den Beter Fürsprache halten. 204. Gemeint ist hier der persönliche Gott des Beters, der zugunsten seines Schützlings mit einem ›Weinen‹ vor den Götterkönig treten soll. 205. D. h., an Enlil. 206. Ninurta, der erste Enlilsohn und Statthalter seines Vaters in Nippur, wird hier unter seinem Emesalnamen Umun-gurusˇ-a angerufen. 207. Enki wird hier unter seinem Emesalnamen Am-an-ki angerufen, und auch der Name der Stadt Eridu ist in diesem Gebet in seiner Emesalform Úru-zí-ib genannt. 208. Èsˇ-mah, das ›Erhabene Heiligtum‹, ist ein Name für den Herrschaftsbereich von Enki/Ea und seiner ˘Gattin Damgalnunna/Damkina, der die Erde samt apsû und Unterwelt umfaßt (siehe A. R. George, House Most High. The Temples of Ancient Mesopotamia [MC 5], Winona Lake 1993, 84 Nr. 279) und gleichzeitig der Prunkname des Heiligtums von Enki und Damgalnunna in Eridu (ebd., 84-85 Nr. 280). 209. Im Text findet sich der sumerische Name des Nabû in seiner Emesalform Mu-zí-ib-ba-sa4-a.
45
Stefan M. Maul (45) Wie
eine leibliche Mutter, ein leiblicher Vater, möge es um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz!
(Dies) ist ein ›Weinen zur Herzberuhigung‹ von 45 zu zählenden Zeilen (zu richten) an (den Gott) Enlil.210)
6.2 Eine an den Gott Ninurta gerichtete ›Herzberuhigungsklage‹ Das mit einer akkadischen Interlinearübersetzung versehene Gebet ist durch einen einzigen Textvertreter bekannt geworden, der aus den königlichen Bibliotheken zu Ninive stammt: K 4045 B + K 4944 + K 17441 + K 5301 + K 17441. – Edition und Bearbeitung: Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 184-190 und Tf. 27-28; K 17441 ist unveröffentlicht, das Fragment liefert Ergänzungen zu den Zeilen 7-11211). (1) Ich,
ja ich will voller Klage an meinen Herrn das Wort richten! den Helden Ninurta will ich voller Klage das Wort richten! (3) An den Statthalter des Enlil212) will ich voller Klage das Wort richten! (4) An den Herrn von Nippur will ich voller Klage das Wort richten! (5) An den Herrn des É-s ˇu-me-sˇa4213) will ich voller Klage das Wort richten! (6) An den Herrn des É-s ˇà-mah-àm214) will ich voller Klage das Wort richten! ˘ 215) will ich voller Klage das Wort richten! (7) An den Herrn des É-mur-ra-na (8) An den Herrn des É-igi-s ˇu-galam216) will ich voller Klage das Wort richten! (9) An den Herrn des É-hur-sag ˆ -ti-la217) will ich voller Klage das Wort richten! ˘ (10) An den Herrn des É-igi-kalam-ma218) will ich voller Klage das Wort richten! (2) An
210. In der Tafel K 1296 (IVR2 21*n2) folgt ein Kolophon. 211. Zu K 17441 siehe R. Borger, Ein Brief Sîn-idinnams von Larsa an den Sonnengott sowie Bemerkungen über »Joins« und das »Joinen«, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-historische Klasse, Jahrgang 1991, Nr. 2, Göttingen 1991, 55. 212. Enlil ist hier mit der Emesalform seines Namens (= Mu-ul-líl) genannt. 213. É-sˇu-me-sˇa4 lautet der Name des in Nippur gelegenen Tempels des Ninurta, des ersten Enlilsohnes und Stadtgottes von Nippur (siehe George, House Most High, 147 Nr. 1065). 214. É-sˇà-mah-àm (›Erhabenes inneres Gemach‹) ist der Name des Bereiches im É-sˇu-me-sˇa4, dem ˘ Ninurta-Heiligtum von Nippur, der im engeren Sinne als Wohnung des Ninurta galt (siehe George, House Most High, 144 Nr. 1021). 215. É-mur-ra-na steht hier für den gebräuchlicheren Prunknamen É-me-ur4-an-na (›Himmelshaus, in dem die »göttlichen Kräfte« zusammengetragen sind‹), der im Ninurta-Tempel von Nippur jenen inneren Bereich des É-sˇà-mah-àm bezeichnete, in dessen Mittelpunkt die Cella des Ninurta lag (siehe George, House Most˘High, 125 Nr. 789). 216. É-igi-sˇu-galam (›Haus, vor Sˇu-galam gelegen‹), in unserem Text in seiner Emesalform É-i-bísˇu-galam genannt, ist der Name der Cella des Ninurta im É-sˇu-me-sˇa4 in Nippur (siehe George, House Most High, 102-103 Nr. 495 und 105 Nr. 524). 217. É-hur-sagˆ-ti-la (›Haus, das dem Gebirge ein Ende bereitet‹), lautet der Name des Ninurta˘ Heiligtums in Babylon (siehe George, House Most High, 102 Nr. 489). 218. É-igi-kalam-ma (›Haus, Auge des Landes‹) lautet der Name eines uralten Heiligtums in der babylonischen Stadt Marad, in dem der Stadtgott Lugal-Maradda als Erscheinungsform des Ninurta verehrt wurde (siehe George, House Most High, 104 Nr. 520).
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Texte aus Mesopotamien (11) Voller
Klage will ich das Wort an ihn richten, – möge er doch mein Herz beruhigen!219) (12) Ein ›Weinen‹ trug ich an ihn heran, – möge er auch (mein) Gemüt besänftigen!220) (13) Deinen Hals wende mir doch zu, und nimm mein Flehen an! (14) Ich, dein Diener, liege (hier) vor dir auf Knien. (15) [Unglück wurde mir] zuteil, deine Stätten suche ich immer wieder auf. (16) [Wie lange noch, o Herr, wie lange] noch? – Mögest du? doch das mir (bestimmte) ›Nun ist’s genug!‹ aussprechen! (17) [Die Schuldenlast, die] ich [auf mich lud], die kenne ich nicht! Mich darfst du nicht verstoßen! (18) [Das Vergehen, das ich beging], das kenne ich nicht! Mich darfst du nicht verstoßen! (19) [Wie lange noch, o Herr, wie lange] noch? Dein Herz möge sich beruhigen! (20) [Der, der (hier) wein]t, möge dein Herz beruhigen! (21) [Dein empörtes Herz] möge zurückkehren an seinen Platz! (22) Dein aufge[brachtes Gemüt] möge sich besänftigen! (23) Dein in Zorn (abgewandter) Hals möge sich mir doch zuwenden! (24) Die Wut in deinem Herzen reiß’ dir doch heraus aus [deinem] Leib! (25) Ich, dein Diener, will [dich] dann lobpreisen! (26) Dein [Herz] möge um meinetwillen wie das Herz einer leiblichen Mutter zurückkehren an seinen Platz! (27) Wie eine leibliche Mutter, ein leiblicher Vater, möge es um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (Dies) ist ein ›Weinen zur Herzberuhigung‹ von 27 Zeilen (zu richten) an (den Gott) Ninurta.221)
6.3 Eine ›Herzberuhigungsklage‹, die an eine beliebige, namentlich nicht auszumachende Gottheit gerichtet ist Das vielleicht schon in altbabylonischer Zeit entstandene Gebet ist nur durch einen einzigen Textvertreter bekannt, der aus den königlichen Bibliotheken zu Ninive stammt (K 2811 = Th. G. Pinches, IVR2 10). – Edition und Bearbeitung: Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 237246 und Tf. 38). Das Gebet wurde mehrfach übersetzt.222)
Das im folgenden vorgestellte, mit einer akkadischen Interlinearübersetzung versehene Gebet ist eine Individualklage, die für den Fall bereitgehalten wurde, daß es einem 219. In der akkadischen Übersetzung der zweiten Zeilenhälfte steht statt dessen: »sein Herz will ich beruhigen!« 220. In der akkadischen Übersetzung steht: »Einen Klageritus will ich ihm ausrichten, – sein Gemüt will ich besänftigen!« Im Sumerischen bedeuten die hier und passim in Anlehnung an die akkadische Übersetzung mit »Herz« und »Gemüt« übersetzten Begriffe wörtlich »Inneres« und »Äußeres«. 221. In der Tafel K 4045 B+ folgen eine Stichzeile, die auf ein weiteres Gebet verweist, und die Tafelunterschrift (Kolophon). 222. Siehe Maul, ›Herzberuhigungsklagen‹, 237 mit den entsprechenden Literaturhinweisen sowie B. R. Foster, Before the Muses, Bethesda 32005, 763-765 (III.56).
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Stefan M. Maul
von Gotteszorn getroffenen Menschen und dessen Beratern nicht gelungen war herauszufinden, welche Gottheit ihren Unwillen zum Ausdruck bringen wollte. (1) O
mein Herr! Sein wütendes Herz möge um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (2) Der Gott möge, auch wenn ich nicht weiß, (wer er ist), um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (3) Die Göttin möge, auch wenn ich nicht weiß, (wer sie ist), um meinetwillen zurückkehren an ihren Platz! (4) Der Gott möge, ob ich weiß, (wer er ist), ob ich es nicht weiß, um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (5) Die Göttin möge, ob ich weiß, (wer sie ist), ob ich es nicht weiß, um meinetwillen zurückkehren an ihren Platz! (6) Das Herz, o mein Gott, möge um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (7) Das Herz, o meine Göttin, möge um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (8) Der Gott, die Göttin, [die wütenden, mögen um meinetwillen] zurückkehren an ihren Platz! (9) Der Gott, [herzenszor]nig über [mich, möge um meinetwillen] zurückkehren [an seinen Platz!] (10) Die Göttin, [die mir grollt, möge um meinetwillen zurückkehren an ihren Platz!] (11) Die Schuldenlast, [die ich auf mich lud, die] kenne [ich nicht!] (12) Die Schuldenlast, [die ich mir aufgebürdet, die kenne ich nicht!] (13) Einen guten Namen [hat mein Gott mir nicht genannt.] (14) Einen guten Namen [hat meine Göttin mir nicht genannt.] (15) Einen guten Namen [hat mein Gott mir nicht ver]liehen. (16) Einen guten Namen [hat meine Göttin mir nicht verliehen.] (17) Das Essen, das ich [fand, verspeise ich doch nicht für mich allein!]223) (18) Das Trinken, das ich fand, trinke [ich doch nicht für mich allein!] (19) Abscheuliches, o mein Gott, verspeist er da, ohne es zu wissen!224) (20) Meine Göttin, da tritt er auf Abscheuliches, ohne es zu wissen! (21) O mein Herr! Gewaltig ist die Schuldenlast, gewaltig das Vergehen! (22) O mein Gott! Gewaltig ist die Schuldenlast, gewaltig das Vergehen! (23) O meine Göttin! Gewaltig ist die Schuldenlast, gewaltig das Vergehen!
223. Mit dieser und der folgenden Zeile soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der Beter – wie es die Sitte verlangte – seinen Göttern regelmäßig hatte Speiseopfer zukommen lassen und so sich der Vernachlässigung seiner Götter nicht schuldig gemacht hatte. 224. In den Zeilen 19-20 (und parallel dazu in den Zeilen 28-29) ist von dem Beter nicht mehr so wie zuvor in der Ichform, sondern in der 3. Person Sg. die Rede. Hierdurch wird dem Beter sinnfällig auch auf sprachlicher Ebene eine Distanz zu seiner eigenen Person und zu seinem Tun in den Mund gelegt. Freilich bleiben Zweifel daran, daß hier der nicht selten belegte Sprung von der 1. in die 3. Person Sg. tatsächlich beabsichtigt war. Es könnte ebenso, bedingt durch das Arbeiten mit sumerischen ›Textbausteinen‹, ein Überlieferungsfehler vorliegen. Ein Argument hierfür liefert die akkadische Übersetzung des Gebetes, in der sich in den Zeilen 19 f. und 28 f. abweichend von der sumerischen Textvorlage Verbalformen in der 1. Person Sg. finden (»ich verspeiste«; »ich trat auf …«).
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Texte aus Mesopotamien (24) O
Gott, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß! Gewaltig ist die Schuldenlast, gewaltig das Vergehen! (25) O Göttin, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß! Gewaltig ist die Schuldenlast, gewaltig das Vergehen! (26) Die Schuldenlast, die ich auf mich lud, die kenne ich nicht! (27) Das Vergehen, das ich beging, das kenne ich nicht! (28) Das Abscheuliche, das er verspeist, das kennt er nicht!225) (29) Das Abscheuliche, auf das er tritt, das kennt er nicht! (30) Der Herr runzelte wütenden Herzens die Stirn. (31) Der Gott ließ von seinem tobenden Herzen mich treffen. (32) Die Göttin, herzenszornig über mich, ließ krank mich werden. (33) Ein Gott, ob ich weiß, (wer er ist), ob ich es nicht weiß, verbrannte mich. (34) Eine Göttin, ob ich weiß, (wer sie ist), ob ich es nicht weiß, bereitete (mir) Trübsal. (35) Ich suche ohne Unterlaß, doch niemand will meine Hand ergreifen! (36) Ich vergieße Tränen ohne Unterlaß, doch keiner will sich meinem Umfeld nähern! (37) Ich jammere vor ihm, doch niemand will mich hören! (38) Ich bin betrübt, völlig umnebelt kann ich nichts sehen! (39) O mein Gott, Barmherziger, wende dich doch her! An dich will ich das Flehen richten! (40) O meine Göttin, deine Füße küsse ich immer wieder, ohne Unterlaß krieche ich vor dir am Boden! (41) O Gott, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß, [an dich will ich das Flehen] richten! (42) O Göttin, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht [weiß, an dich will ich das Flehen] richten! (43) O Herr, wen[de dich doch her! ] (44) O Göttin, sch[au’ doch her! !] (45) O Gott, ob ich weiß, (wer du bist), [ob ich es nicht weiß, !] (46) O Göttin, ob ich weiß, (wer du bist), [ob ich es nicht weiß, !] (47) Wie lange noch, o mein Gott? [Dein Herz möge sich mir gegenüber beruhigen!] (48) Wie lange noch, o meine Göttin? [Dein Gemüt möge sich mir gegenüber besänftigen!] (49) Wie lange noch, o Gott, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß? [Deine] Wut möge zur Ruhe kommen! (50) Wie lange noch, o Göttin, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß? Dein entfremdetes Herz möge zurückkehren an seinen Platz! (51) Die Menschen, taub wie sie sind, wissen von nichts. (52) Die Menschen, soviel als mit Namen benannt, was wissen sie schon? (53) Sie machten ihre Sache schlecht, sie machten ihre Sache gut, doch wissen sie von ihrer Sache nichts. (54) O mein Herr, wende dich nicht ab von deinem Diener! (55) Da liegt er im Morast, ergreife seine Hand! (56) Das Vergehen, das ich beging, wird sich zum Guten wenden. 225. Siehe die Anm. zu den Zeilen 19-20.
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Stefan M. Maul (57) Die
Schuldenlast, die ich auf mich lud, wird der Wind verwehen. sind die Verfehlungen, wie ein Gewand wird er sie fortreißen. (59) O mein Gott, die Schuldenlast ist sieben mal sieben, meine Schuldenlast löse! (60) O meine Göttin, die Schuldenlast ist sieben mal sieben, meine Schuldenlast löse! (61) O Gott, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß, die Schuldenlast ist sieben mal sieben, meine Schuldenlast löse! (62) O Göttin, ob ich weiß, (wer du bist), ob ich es nicht weiß, die Schuldenlast ist sieben mal sieben, meine Schuldenlast löse! (63) Meine Schuldenlast löse, dann will ich dich lobpreisen! (64) Dein Herz möge um meinetwillen wie das Herz einer leiblichen Mutter zurückkehren an seinen Platz! (65) Wie eine leibliche Mutter, ein leiblicher Vater, möge es um meinetwillen zurückkehren an seinen Platz! (58) Gewaltig
(Dies) ist ein ›Weinen zur Herzberuhigung‹ von 65 Zeilen (zu richten) an jeden beliebigen Gott.226)
226. In der Tafel K 2811 folgen eine Stichzeile, die auf ein weiteres Gebet verweist, sowie die Tafelunterschrift (Kolophon).
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Akkadische Hymnen und Gebete Karl Hecker Hymnen und Gebete sind natürlich auch in der akkadischsprachigen Überlieferung des Alten Orients zahlreich und in großer formaler und inhaltlicher Variabilität bezeugt, wobei sich allerdings wie allgemein in der keilschriftlichen Welt die antiken Literaturphänomene nicht oder allenfalls recht ungenau mit der modernen Begrifflichkeit decken. Zudem überschneiden sich auch diese beiden Gattungen inhaltlich und formal oft derart, daß eine eindeutige Abgrenzung von einander nicht immer möglich ist, vor allem wenn, wie so oft in der Keilschrift, nur fragmentarische Tafeln erhalten sind. Für den Hymnus als Lob- und Preisgedicht oder -lied kennt das Akkadische den Ausdruck ˇse¯r (oder zama¯r) tanitti(m), ob dieser aber für alle von uns als hymnisch verstandene Kompositionen benutzbar war, ist angesichts der großen Zahl von Gattungsnamen, die der hier als Text Nr. 1 übersetzte »Hymnenkatalog aus Assur« kennt, ungewiß und eher zweifelhaft. Daß dieser Katalog u. a. auch Paukenund Harfenlieder als Gattungsbezeichnungen kennt und sogar musikalische Tonarten unterscheidet, zeigt, daß Gesang und Musikbegleitung nicht unüblich war. Inhaltlich beziehen sich die weitaus meisten der erhaltenen akkadischen Hymnen auf Götter, doch können auch Städte oder Tempel sowie auch Herrscher gepriesen werden. Zu den gattungstypischen Vokabeln der akkadischen Hymnen gehören vor allem meist singularische Prekativa oder konstatierende Präsentia von Verben wie dala¯lu »preisen«, na3a¯du »rühmen« oder zama¯ru »besingen«, meist in der 1. Person (also adallal / ludlul »ich (will) preise(n)« usw.), 1) aber selbstverständlich ist dies nicht zwingend, und zahlreiche Hymnen kommen ohne eine besondere Einleitung aus. Auch besondere poetische Mittel wie strophische Gliederung, Parallismus membrorum, kunstvolle, d. h. von der der Prosa abweichende Wortstellung oder Lautung sind zwar immer wieder zu beobachten, werden aber nur selten durchgängig angewandt und sind vor allem kein typisches Phänomen der Gattung. Der zentrale Gegenstand des hymnischen Anliegens kann sowohl in der 2. Person als Anrede (»… ich will deine Stärke besingen«) als auch in der 3. als Beschreibung (»… seine Stärke will ich hochpreisen«) eingeführt sein. 2) Die in diesem Band vorgelegten Hymnen stammen sämtlich aus nachaltbabylonischer Zeit; auch bei einem nur kursorischen Vergleich mit den älteren Liedern wie z. B. dem Isˇtar-Hymnus des Königs Ammiditana oder dem Agusˇa¯ja-Lied 3) sind Unterschiede in Form und Stil deutlich erkennbar. Generell läßt sich feststellen, daß die alten straffen Formen zwar nicht 1. 2. 3.
Die Benutzung dieser Verben ist selbstverständlich nicht auf Hymnen beschränkt. Hier sei nur an den in TUAT II (1986-91) 110-135 durch W. von Soden übersetzten großen Weisheitstext Ludlul be¯l ne¯meqi »Preisen will ich den Herrn der Weisheit« erinnert. Die beiden hier angeführten Kurzbeispiele zitieren den »Hymnenkatalog« (Text Nr. 1 unten), Kol. I, 21-22. Für Übersetzungen vgl. TUAT II (1986-91) 721 ff., für eine neuere Bearbeitung des Agusˇa¯jaLiedes außerdem noch B. Groneberg, Lob der Isˇtar. Gebet und Ritual an die altbabylonische Venusgöttin (CM 8), Groningen 1997, 75 ff.
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Karl Hecker
völlig aufgegeben, aber doch vielfältig erweitert werden: die Verse werden wortreicher und die Texte selbst durch die Einfügung neuer Gedanken umfangreicher. Diese Entwicklung ist ein allgemeines Phänomen der akkadischen Literaturgeschichte und läßt sich nicht nur in der Hymnik, sondern auch in anderen Textgattungen beobachten. Liegt ein Text in Versionen unterschiedlichen Alters vor, ist die jüngere Version gewöhnlich die ausführlichere, wofür das hier als Nr. 10 übersetzte Gebet an die Göttin Isˇtar ein gutes Beispiel abgibt. Hymnen als Lobgesang an die Götter lassen sich auch als Sonderform des Gebets verstehen, zumal Gotteslob auch im Gebet seinen Platz finden kann. Da private Gebete nur selten zur keilschriftlichen Aufzeichnung gelangten, handelt es sich bei der Hauptmasse der überlieferten akkadischen Gebete um rituelle Gebete, für deren wichtigste Gattung sich in der Assyriologie der auf W. G. Kunstmann zurückgehende, etwas unglücklich gewählte Begriff »Gebetsbeschwörung« eingebürgert hat. 4) Der Grund: Das Akkadische kennt zwar mehrere Worte für »Gebet«, so z. B. ta/eslı¯tu, ˙ supû oder ikribu, benutzt aber bei der Verschriftung dieser Gebete als einleitendes ˙Kennwort keines von diesen, sondern stellt stattdessen das Sumerogramm én voran, das mit akkad. sˇiptu »Beschwörung« geglichen und auch vor magische Beschwörungen gesetzt wird. Für den altorientalischen Menschen war eine Differenzierung unnötig und auch unmöglich, Gebet und Beschwörung waren für ihn die einzige und äquivalente Ausdrucksform seiner religiösen Vorstellungswelt. Die am besten bezeugte Spezies der Gebetsbeschwörungen sind die Sˇu-illa- oder Handerhebungs-Gebete,5) die dem »Leitfaden der Beschwörungskunst« zufolge zum Ausbildungsrepertoire des Beschwörungspriesters (a¯sˇipu) gehörten. 6) Sˇu-illa-Gebete zeichnen sich durch einen gleichförmigen Aufbau mit den drei Hauptteilen Anrufung, Bitte und Dank aus. 7) Davon ist der 1. Teil, die Anrufung, gewöhnlich hymnisch als Beschreibung und Auflistung der dem Beter wichtigen Eigenschaften und Fähigkeiten der angerufenen Gottheit stilisiert. Die eigentliche Anrufung, etwa ein Verb wie »ich bete zu dir« (usalli-ka/i) kann einleitend oder auch erst im weiteren ˙ anzeigen. 8) Der 2. Hauptteil, die Bitte, bietet dem Verlauf die Intention des Betens Beter die Möglichkeit, sich namentlich vorzustellen (stattdessen ist oft eine Position »NN, Sohn von NN« freigehalten) und den Anlaß seines Betens zu benennen. 4.
5.
6. 7. 8.
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W. G. Kunstmann, Die babylonische Gebetsbeschwörung (LSS NF II), Leipzig 1932, Nachdruck Hildesheim 1968. Neubehandlung des Themas anhand ausgewählter Gebete an Isˇtar: A. Zgoll, Die Kunst des Betens. Form und Funktion, Theologie und Psychagogik in babylonisch-assyrischen Handerhebungsgebeten an Isˇtar (AOAT 308), Münster 2003. Für eine zusammenfassende Behandlung des Themas »Gebet« vgl. noch W. von Soden, Gebet II. (babylonisch und assyrisch), RlA III (1957-68) 160-170. Handerhebung: Ein Gebetsgestus, bei dem die rechte Hand zum Gesicht erhoben wurde. Für eine bildhafte Darstellung vgl. unten Abb. 4. Die Bezeichnung ergibt sich aus den Gebetsunterschriften; für ein Beispiel vgl. unten Text Nr. 10 (Handerhebungsgebet an Isˇtar). Zusätzliche Literatur zum Thema: E. Ebeling, Die akkadische Gebetsserie ›Handerhebung‹, Berlin 1953. Vgl. TUAT NF IV (2008) 76 Z. 4. A. Zgoll, aaO., 31 benutzt stattdessen die in vieler Hinsicht zutreffenderen Begriffe Invokation, Supplikation und Benediktion. Wo in fragmentierten Texten ein derartiges Anrufungswort nicht erhalten ist, ist eine sichere Zuweisung zu der einen oder anderen Gattung dann oft unmöglich.
Texte aus Mesopotamien
Krankheit oder sonstiges Unglück werden als gottgesandte Strafe für menschliche Sünden, auch unwissentlich begangene, verstanden. Sündenbekenntnis und Klagen über die persönliche Misere verbinden sich dann in oft wortreicher Diktion mit der Bitte um Gnade. Zum 3. Hauptteil, dem Dank: Da das Akkadische kein Wort für »danken« oder »Dank« kennt, wird dieser Topos meist durch ein Versprechen nach dem Motto dabo postquam dederis ersetzt. én-Gebete – ob mit oder ohne Sˇu-illa-Bezeichnung – sind wegen ihrer Einbindung in bestimmte Rituale bereits in älteren TUAT- und TUAT NF-Bänden übersetzt worden. Leider werden in Ritualbeschreibungen oft nur die Anfangsworte der auszusprechenden Gebete genannt, und ihr genauer Wortlaut bleibt uns unbekannt, doch z. B. in Ritualserien wie bı¯t rimki (»Haus der Waschung«, TUAT NF IV [2008] 99 ff.) oder maqlû (»Verbrennung«, aaO., 128 ff.) findet der Leser zahlreiche weitere Beispiele, und zwar teilweise Seite an Seite mit (ebenfalls mit én eingeführten) magischen Beschwörungen. Eine kleinere Sammlung anders benamter én-Gebete, die Dingir-sˇà-dib-ba-Gebete (»Gebet zur Besänftigung eines erzürnten Gottes«), in denen die Klage über persönliches Unwohlbefinden im Vordergrund steht, ist auszugsweise in TUAT II (1986-91) 775 ff. übersetzt. Für die rituellen Gebete ist der »Sitz im Leben« durch den begleitenden Ritualtext oft sehr genau beschrieben. Anders verhält es sich bei privaten Gebeten. Wir wissen nicht, wann und wie etwa das »Klagegebet des Nabû-sˇuma-ukı¯n« (unten Text Nr. 11) oder die auf einem unsichtbar deponierten Schriftträger notierten Königsgebete am Schluß von Bau- oder Gründungsinschriften gesprochen wurden. Und selbst bei Personennamen, die ein Gebet enthalten, ist es unsicher, ob der Namensträger immer mit der Vollform seines Namens gerufen wurde, da vielfach für ein und dieselbe Person neben der Voll- auch eine hypokoristische Kurzform des Namens belegbar ist.
53
Karl Hecker
1. »Ich zählte die Lieder« Der in der assyriologischen Literatur als »Hymnenkatalog aus Assur« geführte Text, eine außergewöhnlich große Tontafel von 8 Kolumnen, stammt aus den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Assur, kam dort nördlich des Adytons des Assur-Tempels zu Tage (Fund-Nr. Ass. 3915) und wird heute im Berliner Vorderasiatischen Museum aufbewahrt (Inventar-Nr. VAT 10101). Die Tafel gehörte einst in eine von Tiglatpilesar I. begründete Bibliothek 9) und fällt außer durch ihre Größe (8 Kolumnen, 26 20 cm) auch durch ihre äußere Form (rot gebrannter Tafelkörper mit weißem Überzug, durch den die Schriftzeichen rot durchscheinen,10)) auf. Text: Kopie des Keilschrifttextes: KAR 158 – Bearbeitung: E. Ebeling, Ein Hymnenkatalog aus Assur (Berliner Beiträge zur Keilschriftforschung 1/III), Berlin 1919-23, in Auszügen auch bei H. Gressmann, ATAT, Leipzig 21926, 326-327. Eine ausführliche Besprechung bietet H. Limet, Le Texte KAR 158, in: H. Gasche / B. Hrouda (Hg.), Collectanea Orientalia. Histoire, Arts de l’Espace et Industrie de la Terre. Études offertes en hommage à Agnès Spycket (Civilisations du Proche-Orient I/3), Neuchâtel-Paris 1996, 151-158. 11) Vgl. auch J. A. Black, Babylonian Ballads: A New Genre, FS S. N. Kramer, JAOS 103 (1983) 25-34; K. Hecker, »Kundbar werde mir deine Sehnsucht …«, Liebe und Eros im Alten Orient, in: A. C. Hagedorn (Hg.), Perspectives on the Song of Songs / Perspektiven der Hoheliedauslegung (BZAW 346), Berlin 2005, 163-179, speziell S. 171 f., 176.
Zur Anordnung der Kolumnen in KAR 158 ist noch folgendes zu bemerken: Bei mehrkolumnigen Tafeln laufen die Kolumnen auf der Vs. von links nach rechts, auf der Rs. jedoch immer umgekehrt von rechts nach links. »Rs. I« in KAR ist demnach als Kol. VIII zu zählen, entsprechend »Rs. IV« als Kol. V und so fort. Der Katalog umfaßte ursprünglich etwa 400 Liedanfänge bzw. die mit diesen identischen Liedtitel, von denen rund 275 erhalten sind, allerdings teilweise beschädigt. Etwas über 100 der erhaltenen Liedanfänge sind sumerisch, der Rest ist akkadisch. Der Autor des Katalogs, der von sich selbst in der 1. Person spricht und der Zugang zu einer oder mehreren größeren Tafelsammlungen gehabt haben muß, gliedert diesen teils nach der benutzten Sprache, teils nach den Gattungen, denen er die Lieder zuweist. Leider bleiben uns die Gattungsbezeichnungen noch weitgehend unverständlich, und nur ausnahmsweise ist auch der Volltext der aufgelisteten Lieder bekannt (vgl. unten Text Nr. 2). Es ist deutlich, daß ein Teil der Lieder weniger hym9. Vgl. zur Bibliothek E. Weidner, AfO 16 (1952-53) 205-207 und zum Text O. Pedersén, Archives and Libraries in the City of Assur, Part II (Acta Universitatis Upsalensis, Studia Semitica Upsalensia 8), Uppsala 1986, 21, Archiv N 1: 26. Eine Anzahl von dieser Bibliothek zugewiesener Texte ist aber schon erheblich vor Tiglatpilesar zu datieren. Vgl. dazu H. Freydank, Beiträge zur mittelassyrischen Chronologie und Geschichte (Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients 21), Berlin 1991, 94 ff. 10. Für eine ebenso gefertigte Tafel vgl. TUAT NF IV (2008) 96 unter »2.2.7 Die Krönung des Königs«. 11. Limets Übersetzungen sind nicht immer frei von philologischen Fehlern, auf die in der Übersetzung hier aber nicht im einzelnen eingegangen wird. Nur zwei Beispiele von S. 152: ha-i-du ˘ FreuI, 24 kann nicht zu hadû »sich freuen« gestellt werden (Limet: »die Wache des Erra ist ˘ zu ha¯’id/t u »Wächter«; lu-sa-kàr I, 28 ist nicht 3. Sg. Prek. N (Limet: de«), sondern gehört , ˘ »Das Lob … werde ausgesprochen«), was lizzakir lauten sollte, sondern 1. Sg. Gt (lussaqar »ich will aussprechen«). In AHw 1504b s. v. zaka¯ru finden sich Belege für beide Formen.
54
Texte aus Mesopotamien
nischen als profanen Charakters und die Bezeichnung des Textes als Hymnenkatalog nicht ganz korrekt ist. Übersetzt werden hier nur komplett erhaltene oder sinnhaft ergänzbare Zeilen in akkadischer Sprache. Unübersetzt bleiben auch die meisten der in unorthodoxer Orthographie (eme.sal) notierten sumerischen Liedanfänge. 12) Allgemein ist zu bedenken, daß viele Liedanfänge nur aus Einzelworten ohne größeren syntaktischen Zusammenhang bestehen, was das Verständnis oft zusätzlich erschwert. Vs. (Kol. I) (Mehrere Zeilen abgebrochen.) (1-3) […] Serien, [… Lieder] zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen! (4) [… …] gebar mich, (5) [… …] halte, ich will [… …], (6) [Tri]tt ein, Hirte, Geliebter der Is ˇtar, 13) (7) [Den t]apferen Hirten will ich besingen, (8) [… …].. diesen Hirten (9-11) [2
S]erien, 11 Lieder nach [akk]adischer Art zählte ich; [E]a möge dir Leben zusa-
gen! 14) (12) [Herri]n
aller Hochsitze, […] göttliche(n) Kräfte(n), bist du eine Löwin, (14) [Unter] den Igigi bist du Königin, (15) [… die] Fähige ihres Vaters, (16) [Strahlend]er Regenbogen, der Segen spendet 15) (13)
(17-19) 3
Serien, 16 Lieder nach akkadischer Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(20) Erstgeborener
Sohn Anus, ich will deine Stärke besingen, will ich den Erra, seine Stärke will ich hochpreisen, (22) Herr, ich will ein Lied deiner Gottheit singen, ˇ arrabu zog aus, der Herr der Streitigkeiten, 16) (23) S (24) Die Wache des Erra, der Wächter (21) Besingen
12.
13. 14.
15. 16.
Eme.sal, sum. »Frauen-« oder vielleicht »weich artikulierte Sprache«, ist eine nicht zuletzt wegen der ungeregelten Orthographie nur schwer verständliche, in Einzelheiten oft sogar unverständliche Ausdrucksform des Sumerischen, die außer von Frauen vom kalû- (»Klage«-)Priester benutzt wurde. Vgl. D. O. Edzard, Sumerian Grammar (HdO 71), Leiden / Boston 2003, 171-2 mit weiterführender Literatur. Das Lied mit diesem Titel ist unten als Nr. 2 übersetzt. Die Übersetzung »nach akkadischer Art« für ak-ka-di-ta (entsprechend Isˇtar-ú-ta »nach Isˇtar-Art« Z. II, 1 usw.) ist ein Notbehelf. Was genau gemeint ist, etwa eine Vortragspraxis oder eine Stilform, ist unbekannt. Ein Metrum kommt jedenfalls nicht in Betracht. »in akkadischer/sumerischer Sprache« heißt in diesem Text jedenfalls ak-ka-du-ú / sˇu-me-ru-ú. Vgl. dazu Black, aaO., 25 Anm. 6. d Nam-za-at statt dMan-za-at »(Göttlicher) Regenbogen«. Zum Dämon Sˇarrabu vgl. M. Krebernik, RlA XII (2009 f.) 70-71 (wohl nicht mit hebr. S´arap/ Seraphim zu verbinden).
55
Karl Hecker (25-27) 4
Serien, 21 Lieder nach akkadischer Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(28) Das
Lob des Helden Adad will ich aussprechen, donnernden Gott, 17) (30) Immer wieder besingen will ich die Brüder, die Geschöpfe des Anu, (31) Den [star]ken, machtvollen Erstsohn des Anu, (32) Dein […], König der Götter, Adad, (33) [Den …] Erstgeborenen des Anu, der mit mir zornig war, den mächtigen Gott (29) Den
(34-36) [5]
Serien, 26 Lieder in akkadischer Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(37) [Zu
den …]… zählte sie Enlil, dir], o Sˇ amasˇ, ist Recht, (39) Vollkommener […], Liebling des Enlil, (40) [… der] Igigi, Anführer, heldenhafter Gott, (41) [Den Lenker des] Bootes will ich für Sîn besingen (38) [Bei
(42-44) [6
S]erien, 31 Lieder. [Serie »Sohn, der] mich [li]ebt« nach akkadischer Art; 18) [Ea] möge dir [Leb]en zusagen!
(45-48) (Nur
Zeilenenden erhalten.) mehrere Zeilen abgebrochen.)
(Kol. II) (Anfangs (1-3) 5
Lieder nach Isˇtar-Art [……zählte ich]; Ea möge dir Leben [zusagen!]
Liebling, dein(m.) Zeichen ist ein Löwe, (5) Zum Licht des Gasthauses, Hirte ..[…] (6) Ich singe ein Lied auf die Königin Is ˇtar, (7) Ich freue mich über den herrlichen Hirten, (8) Und bring mich nach Hause, mein Hirte, (9) Ich liebe […] meines […] (4) Mein
(10-12) 2
Serien, [10 L]ieder nach Isˇtar-Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(13) Die
Ungestüme, strahlend ist ihr [Lich]t, über den Prozessionsweg […] … , 19) (15) Die wohlklingende Königin des Frohsinns, (16) Die heldische Tochter des Sîn, die fähige Göttin, (17) Ganz prächtig sind sie, dito, die Schönen (14) Schreite(f.)
17. 18. 19.
56
Gemeint ist Adad, der Gott des Wetters. Zur Ergänzung vgl. den Kolophon von Text Nr. 2 unten. Das Akkadische unterscheidet bei der 2. und 3. Person von Verbformen und Pronomen zwischen Maskulin und Feminin. Wo dies in der Übersetzung nicht aus dem Zusammenhang erkennbar ist, wird zur Verdeutlichung nach- und hochgestelltes (m.) bzw. (f.) hinzugefügt.
Texte aus Mesopotamien (18-20) 3
Serien, 15 Lieder nach Isˇtar-Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(21) Preise,
o unsere Göttin, die Morgenröte, deren Herz frohen Gesang, (23) Nana ¯ ’a, mein Merkmal ist, (24) Wie weist du(f.) dem König Heil zu, (25) Geehrt wird die Königin Nana ¯ ’a, (26) Geliebte Aufseherin aller Menschen (22) Mädchen,
(27-29) 4
Serien, 20 Lieder nach Isˇtar-Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(30) Is ˇtar,
du bist Aufseherin …[…].., der Igigi, ruhmvollste der Göttinnen, (32) Große Erstgeborene des Anu, (33) Ich will [deinen] süßen Duft besingen, (34) Er/ich wurde erhöht … […] (31) Weitsichtigste
(35-37) 5
Serien, 25 Lieder nach Isˇtar-Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(38) Mögen
die Berge auch hoch sein, das Gebirge auch hochragend sein, (40) Als du(m.) oben tanztest, (41) Freue dich, Land, (42) Ehrt den Gott, liebt den Gott, (43) Mein König, zu deinem Lob, (44) Nana ¯ ’as Herz brachte mir Frohsinn (39) Mag
6 Serien, 31 Lieder, Serie »mein Hirte, mein Hirte«, nach Isˇtar-Art zählte ich; Ea möge dir Leben zusagen!
(45-47) Insgesamt
(48) Gesamtsumme
93 akkadische Lieder
(49-51) (eme.sal,
unübersetzt) ist entsprossen, es ist gewachsen, das Kraut, das am Wasser gepflanzt ist) 20) (Kol. III, 1-2) [x] s[umerische te]gû-Li[eder zählte ich]. 21) Ea möge dir Leben [zusagen]! (52) (Es
20.
21.
Eme.sal ba.lam ba.lal.e hi.iz.za me.e pa.ud in dieser Zeile entspricht dem Inanna-Lied ba.lum ba.lum.lum hi.issar.àm ˘ba.an.dug4 TRS XV 20, 1 (bearbeitet von S. N. Kramer, Cuneiform ˘ Studies and History of Literature [PAPS 107], 1963, 508 f.) Vgl. J. A. Black; aaO., 25 Anm. 6. Übersetzte eme.sal-Zeilen werden hier in der Übersetzung durch in Klammern gesetzte Kursive kenntlich gemacht. Die Übersetzung von tegû ist unsicher. CAD T 398a denkt an ein »stringed instrument«, AHw 1356b an eine Trommel.
57
Karl Hecker (3-4) (eme.sal,
unübersetzt), 22) dein Glanz …[..]), (6) (Herr des Grundwassers, in Himmel und Erde …[..]), (7) (Held bist du, ….)
(5) (König,
(8-10) 2
Serien, 10 sumerische tegû-[Lieder zählte ich]. Ea möge dir Leben [zusagen]!
(11-15) (eme.sal, (16-18) 3
unübersetzt)
Serien, 15 sumerische tegû-Lie[der zählte ich]. Ea möge dir Leben zusa[gen]!
(19) (Großer
Herr von Himmel und Erde, der das Haupt erhebt), unübersetzt), (21) (Herr, der das Haupt erhebt, Erhabener der Fürsten) (22-25) (eme.sal, unübersetzt), (26) (König, erhabener Held, Herr von Himmel und Erde), (27) (Fürst…………….) (20) (eme.sal,
(28-30) 4
Serien, 23 sumerische tegû-Lieder zählte ich. Ea möge dir Leben zusagen!
(31) Insgesamt
23 sumerische tegû-Lieder.
(32) (Für
An ruft er verläßliche Weisung aus), 23) Herr über Himmel und Erde, über die Menschen ist er machtvoll), (34) (Großer Herr, Machtvollster der Götter), (35) (Jugendlicher Herr voller Fähigkeiten), (36) (An, große Sintflut der Götter)
(33) (Großer
(37-39) 5
Lieder, eine Serie »adab-Lieder«, sumerisch, zählte ich. Ea möge dir Leben zusagen! 24)
(40) (König……………), (41) (Herr,
Großdrache der Götter), unübersetzt), (44) Er verwaltet vor Anu die großen Anunakki (42-43) (eme.sal,
(45) [……]
10 Lied[er].
(Rest der Kolumne abgebr.) (Kol. IV) (Nur minimale Reste erhalten.) 22. 23. 24.
58
Für die Zeilen 3-7, 11-15, 19 und 21-27 vgl. A. Falkenstein, ZA 49 (1950) 103 mit Anm. 1-10. Für Z. 32-35 vgl. Falkenstein, aaO., 91. Sum. adab: Ein Musik-Instrument und eine Liedform, deren Vortrag vom adab-Instrument begleitet wurde. Vgl. Falkenstein, aaO., 84 f.
Texte aus Mesopotamien
(Rs.) (Kol. V) (Anfänge von 20 Zeilen, akkadisch, nicht übersetzt.) (Kol. VI) (Anfang abgebr.) (4-5) Insgesamt
8 sumerisch, 3 akkadisch; Gesamtsumme 11 sˇerkugû-Lieder. 25)
(6) Freu
dich, unsere Herrin, singe heiter, der weisen (Göttinnen), Aufseherin über die Menschen, (8) Ich bin die Schreckliche unter den Göttern, (9) Ich spazierte über die Straße, da fand ich 2 Dirnen, (10) Ich bin die Schreckliche unter den Göttern (7) Weiseste
(11) Insgesamt (12) Der
5 Marsch-Lieder.
die Weltufer niedertritt, alle Städte durcheinander bringt, starken Gott, den König, will ich immer wieder besingen, den angriffslustigen
(13-14) Den
Gott (15) Insgesamt
2 gangittu-Lieder. ˙˙
(16) Wind (17) Wer
des Schattens, sei nicht böse, ist der Herr des Schiffes, wer ist der Herr des Lastkahns
(18) Insgesamt
2 Licht-Lieder. 26)
(19) Geh (20) Ich (21) 2
weg, Schlaf, ich will den Knaben umarmen, schicke zur Tochter meines Schwiegervaters
aufeinanderfolgende Fröhlich-Lieder.
(22) Is ˇtar, (23) Is ˇtar, (24) 2
geliebte Königin der Menschen, wer ist ohne dich, Herrin bist du,
Seufz-Lieder.
(25) O
…, du fandest, ja du fandest, 27) Mann, seitdem ich dich sah, (27) Die für die Menschen Übergroße besinge ich, (28) Im Schatten für die Menschen [singe] ich,
(26) Junger
25. 26. 27.
Sˇerkugû, sum. Fremdwort, eigentlich »Heiliges Lied«. Ob nu¯ru »Licht« tatsächlich auch als Bezeichnung einer Liedgattung dienen konnte, ist unsicher. ˇsa-a-ma-ri-tu am Zeilenanfang ist hapax und unklar. AHw 1154a und CAD Sˇ/I 295b verbinden zu sˇa¯marı¯tu und verzichten auf eine Übersetzung. CAD B 343a s. v. bu¯ru D hat ˇsammarı¯tu, aus der Übersetzung »untamed« geht hervor, daß eine Ableitung von sˇama¯ru »wild, wütend sein« gedacht ist.
59
Karl Hecker (29) Am
Wohnsitz der Götter singen […],
(30) Insgesamt
5 b[u¯ru-Lieder]. 28)
(31) (Rest
der Kolumne abgebr.) dich und […], (2) Gehe auf wie der Morgenstern, (3) Beim Liebesgetändel im Felde, (4) Dieser ist der Wunsch eines frohen Herzens, (5) Der Ausspruch deines(m.) Mundes 29) (Kol. VII, 1) […]…
(6) Insgesamt
23 Brust-Lieder des Kultraums. 30)
(7) Wie
bin ich prachtvoll für den Blühenden, Tag, da mein rechtes Auge zuckte, (9) Nimmt er (mich)? Ich bin des Knaben wert, 31) (10) Wann, Herr, kommst du herein? Jetzt, (11) Ich habe mich herausgeputzt für deine(m.) Liebe, (12) Mit einer einzigen Nacht, (13) Die Nacht, Knabe, will ich mit dir verbringen, (14) Ich sehe das Fett der Erde, (15) Der Tag brachte gute Nachricht (und) Herzensfreude (16) Oh, der Knabe ist fürwahr prächtig, tritt ein, (17) Mir nicht ebenbürtig, stellte sie sich mir doch gleich, (18) Mein Mädchen aus Nippur, süßer Spatz, (19) Schleiche(f.), geh leise, (20) (unverständlich), 32) (21) Deine Liebe ist (wie) Zedernduft, Herr, (22) Du kamst zur Quellöffnung her, (23) Für diese Nacht, für diesen Abend (8) Am
(24) Insgesamt
17 Brust-Lieder mit kitmu-Stimmung. 33)
(25) Wie
ist sie blühend, wie ist sie leuchtend, sucht den angemessenen Garten deines Liebreizes, (27) Heute, mein Herz, (ist) Tanz und Gesang, (26) Er
28. 29. 30. 31. 32. 33.
60
bu¯ru (zur Ergänzung vgl. Kol. VIII 30) als Liedbezeichnung ist außerhalb des Liederkatalogs nicht belegt; es gibt mehrere Synonyme, die aber zur Bedeutungsfindung nichts beitragen. Bilden Z. 5-6 nur einen Liedanfang (»… ist der Wunsch … (und, was) dein Mund ausspricht«)? Ob ira¯tu wirklich als Pl. zu irtu »Brust« gehört, ist unsicher. CAD M/1 345a s. v. masû umschreibt die ersten drei Zeichen mit ilik, liest also i-li-ik, und übersetzt dies mit »geh«˙ (statt alik) . Das letzte der drei Zeichen ist aber deutlich qe/i, was zu einer Lesung i-le-qe (zu leqû »nehmen«) und der hier gebotenen Übersetzung führt. Vgl. CAD Sˇ/1 400a s. v. ˇsamsˇu »Sonne«. Zu kitmu als Intervall der Harfenstimmung vgl. unten Anm. 42.
Texte aus Mesopotamien (28) Er
geht in den Garten, der König, der Zedern(zweige) abschneidet, Knabe, der unseren Liebreiz liebt, (30) Jenseits des Flusses ist die Stadt des Spielens, (31) Ihr eiltet zu unserem Platz im Monat des Liebesgeflüsters, (32) Los jetzt, Knabe, (33) Wie funkelnd ist die mit dem Stabe, 34) (34) Du Vogel, meine Klagetaube, (wie das) ein(es) Klagepriester(s) ist dein(f.) Geschrei, (35) O Verwalter des Gartens des Lachens, (36-37) Als ich in Larsa weilte, wehte Gelächter heran, (38) Erfreue dich, Nana ¯ ’a, im Garten von Ebabbar, den du liebst, (39) Des Mädchens Herz, es wünscht zu tanzen, (40) Wie könnte ich denn dauernd schweigsam sein, (41) Wenn ich nur über dich lachen könnte, Kleiner, (42) Meine bunten Augen füllten sich mit Schlaf, (43-44) Deine(m.) Liebe ist wahrlich Obsidian, dein(m.) Liebesgeflüster Gold, (45) Meine Liebe ist ein Licht, das die Finsternis erhellt, (46-47) Nachts dachte ich an dich(m.) (und) was dein(m.) Mund sagte, (48) Seitdem ich im Schoße des Knaben schlafe, (49) Dein(m.) … aus Lapislazuli, 35) (50) Eile froh, König, (51) Zustimmung (und) …., 36) (52) Blühe in deinem(f.) Liebreiz, (53) Ich halte [deine] Liebe, (54) In luftiger Na[cht], (55) (Spuren) (Kol. VIII) (Anfang abgebr.) (2) [… …] »… die Menschenschar«, (3) [… …] Serie »Sohn, der mich liebt«, (4) [… …] Serie »Die Liebenden«, (5) [… …] Serie »Hirte der Igigi, Hirte«, (6) [… …] akkadisch, (7) [… … …] sumerisch, (8) [x] tegû-Lieder, sumerisch, (9) [x]+1 sumerisch, (10) [x]+2 akkadisch, (11) [insgesamt x]+3 adab-Lieder, (12) [x] sˇergiddû-Lieder, sumerisch, 37) (29) Du,
34. 35. 36.
37.
Am Zeilenanfang ki-i sa-ra-at (zu sara¯ru »blitzen, funkeln«). CAD H 156a s. v. sˇât hatti bietet ˘ ˙˙ ˘ ˙ liest demnach ˙ sarrat »(wie) falsch ist«, sà-ra-at. ri-bi-ka am Zeilenanfang ist unklar. mi-ig-ru ha-am-ru in den Wörterbüchern s. v. migru unübersetzt. D. Schwemer, Die Wetter˘ Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbagottgestalten den 2009, Anm. 1717, denkt an eine Lesung mi-ik-ru, was dann zu einer Übersetzung »Das bewässerte Feld ist ausgetrocknet« führen würde, was sich aber nur schwer in die Kontextthematik einfügen läßt. »Langes Lied« (sum. Fremdwort).
61
Karl Hecker (13) (14) (15) (16)
[x] 3 2 5 1 10 11
(17) (18) (19) (20)
11
(21) (22) (23) (24)
insgesamt 12
(25) (26) (27) (28) (29) (30) (31) (32) (33) (34) (35) (36) (37) (38) (39)
insgesamt 5 1 2 2 2 5 2 1 1 2 2 2
(40) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48)
38. 39. 40. 41. 42.
62
insgesamt 1 4
9 1 10 8 3 11
2 5
23 17 24 4
sˇerdingirgallakku-Lieder, sumerisch, 38) Schrift-Lieder, akkadisch, dito im pı¯tu-Intervall, akkadisch, pa¯ru-Lieder, akkadisch, sumerisch, akkadisch, Morgen-Lieder, Freudenruf-Lieder, akkadisch, sumerisch, akkadisch, Ningisˇzida-Lieder. König-Lieder, akkadisch. sumerisch, akkadisch, sˇerkugû-Lieder. Marsch-Lieder, akkadisch. gangittu-Lied, dito, ˙˙ Licht-Lieder, dito, aufeinanderfolgende Fröhlich-Lieder, dito, Seufz-Lieder, dito, bu¯ru-Lieder, dito, Tanzlieder, dito, Erntelied, sumerisch, antiphonisches Loblied, dito, sˇ¯qa ı ¯ tu-Lieder, sumerisch, 39) Schimpf-Lieder, ak[kadisch], Hack-Lieder, dito, 40) sumerisch, Helden-Lieder. karsû-Lied, akkadisch, merru-Lieder, sumerisch, 41) Brust-Lieder im esˇartu-Intervall, akkadisch, 42) Brust-Lieder im kitmu-Intervall, Brust-Lieder im ebbu¯bu-Intervall, Brust-Lieder im pı¯tu-Intervall,
Bedeutung: »Lied des großen Gottes« (sum. Fremdwort). ˇsi-qa-a-tu (CAD Sˇ/100a s. v. sˇiqtu B) wohl zu sˇ¯ıqu A, Pl. sˇ¯ıqa¯tu »Bewässerungsarbeit(en)«, aaO., 101 zu stellen. ripqu (zu rapa¯qu »ein Feld mit der Hacke bearbeiten«) kann ein bearbeitetes Feld, aber auch ein bei der Feldarbeit gesungenes Lied bezeichnen. karsû: hapax, genaue Bedeutung unbekannt. Ebenso merru Z. 44. Zu den »Intervallen« und ihren akkad. Bezeichnungen vgl. H. M. Kümmel, Zur Stimmung der babylonischen Harfe, Or 39 (1970) 232-263. Esˇartu (»Normale«) griff auf der neunsaitigen Harfe die Saiten II und VI, kitmu (»Bedeckung«) VI – III, ebbu¯bu (»Flöte«) III-VII, pı¯tu (»Öffnung«) VII-IV, nı¯d qabli (»Ablegen der Mittleren(?)«) IV-I, nı¯ˇs gabarî (»Hebung des Duplikats«) I-V und qablı¯tu (»Mittlere«) V-II.
Texte aus Mesopotamien
[x+]1 Brust-Lieder im nı¯d qabli-Intervall, [x] Brust-Lieder im nı¯sˇ gabarî-Intervall, (51) [x] Brust-Lieder i]m qablı¯tu-Intervall, (1 Z. Spuren, dann ganz abgebr.) (49) (50)
Abb. 1 Harfenspielerin
2. Isˇtars Geliebter Der auf Grund von Paläographie und Sprachform in die mittelbabylonische Zeit zu datierende Text BM 47507 aus den British Museum London wurde von J. A. Black mit Foto, Kopie und Bearbeitung unter dem Titel »Babylonian Ballads: A New Genre« in FS S. N. Kramer, JAOS 103, 1983, 25-34 publiziert, übersetzt auch von B. R. Foster, Before the Muses, Bethesda/Ma. 32005, 167-168. Für Einzelbemerkungen zum Textverständnis vgl. noch W. G. Lambert, RA 77, 1983, 190-191. Der Text ist in Kol. I, 6 des Hymnenkatalogs aus Assur aufgeführt 43) und kann trotz seiner Kürze als Beispiel für die in der akkadischen Poesie häufig zu beobachtende Verknüpfung hymnischlyrischer und episch-erzählender Abschnitte gelten. Z. 1-9 spricht Isˇtar, die sich in 43.
Vgl. oben S. 55 mit Anm. 13. Die Aufnahme des Texts in den Katalog ist der Hauptgrund dafür, daß er hier übersetzt wird. Der moderne Leser dürfte sich schwer tun, ihn als hymnisches Lied zu verstehen.
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Karl Hecker
Z. 1-2 selbst mit Namen nennt, zu ihrem Geliebten, dem Hirten, d. h. Dumuzi. Daß die beiden miteinander verheiratet sind, wird zwar nicht deutlich gesagt, ist aber klar, weil es dem Geliebten nicht erlaubt wäre, die Nacht im Haus von Isˇtars Eltern (Nanna und Ningal) zu verbringen. Einen zusätzlichen Hinweis liefert Z. 13: Isˇtar wird dort als »verheiratete Tochter« (kallatu) bezeichnet. Z. 10-11 können dann vielleicht als Selbstgespräch der Isˇtar verstanden werden. In Z. 12 spricht Dumuzi: Er will Isˇtars Wunsch erfüllen. Ab Z. 13 wird der Besuch bei Ningal beschrieben: Es gibt Kuchen und Geschenke. Allerdings sind Dumuzis Hunde und die anderen Hirten verärgert, vielleicht auch, weil es wohl mehrfach Besuche gegeben hat (Z. 17). Ab Z. 21 spricht Isˇtar wieder zu Dumuzi, er soll sich von seiner Herde trennen (Z. 32). Über Dumuzis Antwort kann man nur vermuten, da der Text der folgenden Zeilen (33-35) verdorben und unverständlich ist. Jedenfalls muß Dumuzi die Vorzüge des Hirtenlebens überzeugend dargestellt haben, denn der Rest des Textes berichtet davon, daß Isˇtar ihrem Geliebten zu den Herden folgt. Ge[liebter der Isˇtar], Geliebter der Isˇtar! erfreut über dich, freut sich auf dich! sie für dich vorbereitet. sich über dich freuen, und vor dir öffnen! was [weißt] du? vom Hereinkommen [meines] Kn[aben]? 44) Der Üppige [ist mein Geliebter]! was […]«? laßt mich eintreten«! eingetreten war, (er und auch) ihre Tochter, 45) (14) haben sie(f.) den Kuchen auf dem Teller geteilt. 46) (15) Für Hunde und Hirten bereitet der Vielgerühmte Ärger. (16) Warum verfluchten sie (ihn)? Er trug weg und trug her. (17) Er ging und kam, trug weg und trug her. (18) Das Geschenk des Hirten: Der Vielgerühmte bereitet Ärger. (19) Heil ist die Menge, heil der König, (20) heil ist Dumuzi, der Liebhaber der Isˇtar. (21) »[Deine …] leg ab, leg ab deine(m.) Schuhe! 47) (Vs. 1) »[Tri]tt
ein zu mir, Hirte, die Nacht bei mir, (3) Bei deinem Eintreten ist mein Vater (4) und meine Mutter Ningal (5) Salböl hat in einer Schale (6) Bei deinem Eintreten mögen die Riegel (7) die Tür sich von selbst (8) Du Riegel (aus) Holz, (9) Was weißt du (10) Ja! Ich liebe, ich liebe! (11) Seine Hunde ließ er weg, (12) »Zu Ningal (13) Nachdem er zu Ningal (2) verbringe
44. 45.
46. 47.
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Ergänze die zweite Hälfte der Zeile zu e-re-eb m[a-ri-ja]. Ergänzung auch des vom Sinn her nicht unbedingt notwendigen Pron.suf. -ja entsprechend den Platzverhältnisen auf der Tafel. kal-la-sa kann trotz der von Black geäußerten Bedenken nur zu kallatu »Schwiegertochter« gestellt werden. Isˇtar, die Tochter der Ningal, hat durch ihre Verbindung mit Dumuzi in dessen Familie den Status und damit auch den Titel einer kallatu erhalten, und diesen Titel behält sie dann auch beim Besuch bei ihrer Mutter. mallatu bedeutet sonst eigentlich »Flasche«. Das Suffix hier und in Z. 22 ist maskulin (zur Kennzeichnung in der Übersetzung. vgl. schon Anm. 19) und dürfte sich wohl auf Dumuzi beziehen.
Texte aus Mesopotamien
… leg] ab deine(m.) Fangnetze! (23) [Wir wollen den Kuchen] essen, o Üppiger! (24) […] dein[es …], o Üppiger! (25) [… … …] ein Fremder soll nicht(s) bringen! (26) Wir wollen [den Kuchen] essen, o Üppiger! (27) [… …] streuen wir aus. (28) [… …], o Üppiger! (29) [Vergiß] das Geblök deiner(m.) Herde, (Rs. 30) [vergiß das Geräusch] deiner(m.) Lämmer! (31) [Vernachlässige] das Geblök deiner(m.) Herde, (32) [das Geräusch] der Hürden vernachlässige«! (33) Nenne mir seinen Namen, er will nicht fortgehn! (34) (Unverständliche Zeichen.) (35) Nenne mir seinen Namen, er will nicht fortgehn!« (36) Da ging Is ˇtar weg, hin zu seiner Hürde, (37) sie tat ihren Mund auf und sprach zu ihm: (38) »Wie süß ist das Wasser, das Wasser deiner Hürde! (39) Dein Wasser plätschert, das Wasser deines Pferchs!« —– (40) Den tapferen Hirten will ich besingen! (41-42) 39 Zeilen, Serie »Sohn, der mich liebt«. (43) Tafel des Taqı¯s ˇum, Sohn von Meme-Enlil, Aufseher des Isˇtar-Tempels. (22) […
Abb. 2: Liebespaar
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Karl Hecker
3. Der große Sˇamasˇ-Hymnus Der große Sˇamasˇ-Hymnus mit genau 200 in Disticha gegliederten Versen ist in mehreren Handschriften aus der Assurbanipal-Bibliothek in Ninive, aus Assur und aus Sippar überliefert. 48) Bei den beiden Assur-Texten handelt es sich um Schultafeln, die Auszüge aus mehreren, d. h. auch anderen Kompositionen zitieren. Die 100 Disticha sind auf den Tafeln durch Linierung von einander abgesetzt, wobei die Linierungen aber mechanisch gezogen sind und gelegentlich auch größere Sinnzusammenhänge und strophenähnliche Strukturen durchschneiden.49) Die maßgebliche Edition ist noch immer die von W. G. Lambert, BWL 121-138, 346 mit Kopien der ihm damals bekannten Tafelbruchstücke (5 aus Assurbanipals Bibliothek in Ninive, 2 aus Assur, 1 aus Sippar) auf Pl. 34-36 und 73. Neu hinzugekommen ist ein Textfragment aus der 1986 in Sippar entdeckten Bibliothek mit der Fund-Nr. 2329, Inv.-Nr. IM 124633 des Iraq Museum Bag˙da¯d, publiziert von A. R. George / F. N. H. al-Rawi, Tablets from the Sippar Library VII. Three Wisdom Texts, Iraq 60 (1998) 187-208 mit Kopie und Foto (aaO., 201-203), das dem Kolophon zufolge wohl aus der Regierungszeit des Darius stammt. Außerdem finden sich in der neueren Literatur mehrfach Hinweise auf noch unpublizierte Duplikate. Aus der sehr großen Zahl von Übersetzungen in moderne Sprachen seien hier nur die folgenden genannt: J.-M. Seux, Hymnes et priers aux dieux de Babylonie et d’Assyrie, Paris 1976, 50-63; E. Reiner, Your thwarts in pieces, Your mooring rope cut, University of Michigan 1987, 68-84; B. R. Foster, aaO., 627-635, in Auszügen nachgedruckt bei W. W. Hallo / K. Lawson Younger Jun. (Hg.), The Context of Scripture, Vol. 1, Leiden / Boston / Köln 1997, 418419 (1.117). Ältere Literatur findet sich in ausführlicher Zusammenstellung bei Lambert, aaO., 124, für eine Analyse der inhaltlichen Struktur vgl. außerdem noch G. R. Castellino, The Sˇamasˇ Hymn: A Note on Its Structure, AOAT 25 (1976) 71-74. Der (unbekannte) Autor des Hymnus schöpft aus einem geistigen Umfeld, das auch in andere literarische Werken der nachaltbabylonischen Zeit Eingang gefunden hat. Zwar fehlen wörtliche Zitate, aber gedankliche Parallelen sind unverkennbar. Dies und die sprachliche Form des Textes mit einer Vielzahl erst ab dem Mittelbabylonischen bezeugter Lexeme sprechen für eine relativ späte Entstehungszeit. Daran ändern auch gelegentliche Reminiszenzen an altbabylonisches Gedankengut nichts. Wenn andererseits Assurbanipals Bibliothek mehrere Abschriften besaß, wird man für diese Zeit eine bereits längere Tradierungsdauer anzunehmen haben. Ob und vor allem wie weit man dann bis ins 2. Jt. hinaufgehen kann, bleibt freilich unklar. Offenbleiben muß auch die Frage, ob der Hymnus als ein rein literarisches Werk zu verstehen ist oder ob er auch in die Kultpraxis Eingang gefunden hat. Das Argument, der Text sei für den Vortrag in einem Kultritual zu lang, kann mit den Hinweis auf die Rezitation des Weltschöpfungsepos während des Rituals zum babylonischen Neu-
48. 49.
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Der in TUAT II (1986-91) 759-764 übersetzte Hymnus des Bullussa-rabi auf die Heilgöttin Gula weist ebenfalls 200 Verse auf. Diese Linien sind, da sie das Satzbild stören würden, in der Übersetzung durch vergrößerten Zeilendurchschuß ersetzt. Zusammengehörige Zeilenpaare oder andere Strukturen werden durch Einrücken der 2. bzw 3. Zeile angezeigt.
Texte aus Mesopotamien
jahrsfest entkräftet werden. 50) Zu bedenken wäre aber, daß der Sˇamasˇ-Hymnus nach Ausweis von geringen Resten einer Fangzeile (Lamberts Textzeuge A, nicht übersetzt) und eines Kolophons (Sippar-Frg. IM 124633 mit dem Eintrag »nicht fertig«) Teil eines größeren Textensembles war. (1) Der
die Gesamtheit der Himmel erleuchtet, die Finsternis erhellt oben und unten! ˇ amasˇ, der die Gesamtheit der Himmel erleuchtet, (3) S (4) der die Finsternis erhellt oben und unten! (5) Deine Strahlen sind wie ein Netz über die Erde gelegt, (6) von den fernen Bergen vertreibst du die Dunkelheit! (7) Bei deinem Erscheinen freuen sich die Götterherrscher, (8) die Igigi jubeln dir zu! (9) Deine Strahlen erfassen unaufhörlich auch die geheimsten Orte, (10) im Glanz deines Aufgangs wird ihre Spur sichtbar. 51) (11) Dein Schreckensglanz sucht immer wieder […], (12) die vier Weltufer [setzt du] wie Gir[ra in Brand]. 52) (13) Du öffnest weit die Tore aller [Heiligtümer], (14) die Opfer aller Igigi [nimmst du entgegen]. ˇ amasˇ, bei deinem Aufgang liegt die Menschheit auf den Knien, (15) S (16) [… …] alle Länder. (17) Der die Finsternis erleuchtet, die Zitzen des Himmels öffnet, 53) (18) der den Bart des Lichtes erglühen läßt, das Kornfeld, das Leben des Landes. (19) Die fernen Berge bedeckt dein Glanz, (20) deine Strahlen füllten die Gebiete aller Länder. (21) Du beugst dich zu den Bergen herab, die Erde überschaust du, (22) den Kranz der Länder hängst du an der Mitte des Himmels auf. (23) Die Menschen aller Länder versorgst du, (24) was Ea, der König der Herrscher, erschaffen ließ, ist dir anvertraut. (25) Denen Atem verliehen ist, (die) weidest du allzusammen, (26) du bist ihr Hüter oben und unten! (27) Du durchschreitest immer wieder beständig den Himmel, (28) (und) die weite Erde durchwanderst du täglich! (29) Die Flut des Meeres, die Berge, die Erde, den Himmel (30) wie ein […], beständig, durchwanderst du täglich! (31) In der unteren (Welt) betreust du die Geister der Toten und Ungeborenen und die Anunnaki, (2) der
50. 51.
Vgl. dazu TUAT II (1986-91) 217 mit Anm. zu Z. 66-67 a. Das Suffix in ki-bi-is-si-na »ihre Spur« muß sich auf ein im Text nicht enthaltenes fem. Pl. beziehen. Man wird an nisˇu¯ »Menschen« zu denken haben. Ähnlich auch sonst oft im ganzen Text. 52. Girra: der Gott des Feuers. 53. ser-ret sˇa-ma-mi, mit Reiner, aaO., 70, zu sertu »Euter, Zitze«, ein poetisches Bild für »Re˙gen«. Eine weitere Übersetzungsmöglichkeit ˙ wäre »die (kosmischen) Halteseile des Himmels«, das zu dem in dieser Verbindung gut bezeugten serretu I »Halteseil« zu stellen wäre. ˙
67
Karl Hecker (32) in
der oberen leitest du alle Wohnstätten recht. der unteren, Hüter der oberen Welt, ˇ amasˇ, bist du! (34) der recht leitet das Licht des Weltalls, S (35) Du überschreitest immer wieder das weite, ausgedehnte Meer, (36) dessen Tiefe nicht einmal die Igigi kennen. ˇ [amasˇ], deine Strahlen steigen in den Apsû hinab, (37) S (38) [die Geist]er des Meeres können dein Licht sehen. ˇ amasˇ], du bindest wie ein Seil, bedeckst wie ein Nebel, (39) [S (40) dein [brei]ter Schutz ist über die Länder gebreitet. (41) Du wirst täglich betrübt, doch dein Antlitz verfinstert sich nicht, 54) (42) des Nachts durchläufst du unaufhörlich […]. (43) Über unbekannte ferne Gegenden und unzählige Meilen, ˇ amasˇ, eilst du rastlos, der du tags gehst und nachts umkehrst. (44) S (45) Nicht gibt es unter allen Igigi-Göttern außer dir einen, der sich so abmüht, (46) (und) unter den Göttern des gesamten Pantheons (einen), der so überragend ist wie du! (47) Bei deinem Aufgang sammeln sich die Götter der Länder, (48) dein schrecklicher Glanz überzieht das Land. (49) Von der Gesamtheit der Länder mit den unterschiedlichsten Sprachen (50) kennst du die Pläne, (und) ihren Lebensweg überschaust du. (51) [Verbeugt ist] vor dir die ganze Menschheit, ˇ a]masˇ, nach deinem Licht strebt die Weltharmonie. (52) [S (53) [Mit] der Schale der Opferschauer für das Zedernkultbündel (54) [bist du] der, der den Traumdeutern die Schicksale mitteilt, wenn sie Träume deuten. (55) Die Verträge [schließen], liegen vor dir auf den Knien, (56) [vo]r dir liegen auf den Knien der Böse und der Gute. (57) [Es gibt keinen, der] ohne dich in den Apsû hinabsteigen könnte, ˇ amasˇ, des Ü]beltäters und des Gegners Rechtsfall erhellst du! (58) [S (59) [ganz abgebrochen], (60) Schlaf über ihn ausgießt […]. (61) Du schickst den Betrüger, der [von …] umgeben ist, zurück […], (62) du ziehst aus dem Hubur den empor, der [unschuldig] in einen Prozeß verwik˘ kelt ist. 55) ˇ amasˇ, das du verkündest, […], (63) Mit dem gerechten Urteil, S (64) dein Ausspruch ist eindeutig, wird nicht geändert, Nachsicht [übst] du nicht! 56) (65) Du stehst dem Reisenden zur Seite, dessen W[eg] beschwerlich ist, (66) dem, der das Meer überquert, die Wellen fürchtet, gibst du [Hilfe]. 57) (33) Hirte
54. 55. 56. 57.
68
Zur Lesung der Zeile (am Anfang [t]a-ta-sˇu-usˇ/ta¯tasˇˇsusˇ, letztes Wort pa-n[u]-ka) vgl. CAD A/1, 107b. Der Hubur, eigentlich der Unterweltfluß, dient auch als Synonym für ein Fluß-Ordal. ˘ Zur Lesung pa-na ul t[u-ub-bal] vgl. W. von Soden, ZA 67 (1977) 281. »Überquerer des Meeres ist nur Sˇamasˇ, wer außer Sˇamasˇ könnte das Meer überqueren?« (Gilgamesˇ-Epos, ninivitische Fassung, Tf. X ii 23).
Texte aus Mesopotamien (67) Auf
unerforschten Wegen [leit]est du stets den Herumirrenden, 58) Weg kann verfolgen, wer sich an dich wendet. (69) [Den Kaufma]nn, der den Geldbeutel trägt, rettest du aus den Wellen, (70) du [ziehst] den, der in den Wogen versinkt, empor und verleihst ihm Flügel. (71) Den Flüchtlingen und Entflohenen zeigst du Zufluchtsorte, 59) (72) Wege, die er nicht kennt, 60) zeigst du dem Verschleppten. (73) Den, der im geheimen Kerker liegt, rettest du, (74) dem Gefangenen im Gefängnis verschaffst du Heil. 61) (75) Der, dessen Gott mit ihm [verärgert ist, gewährst du Hilfe], (76) wenn [er …] sieht, [… …]. (77) Du stehst dem Kranken bei, [… …], (78) du entscheidest … [… …]. (79) Du bringst [… … … …], (80) aus dem Land ohne Wiederkehr [… …]st du […]. (81) Die erzür[nten] Göttinnen [besänftigst du], (82) du bist erhaben, nicht [… …]st du. ˇ amasˇ, aus [deinem] Netz [… …], (83) S (84) aus deiner Falle [… …] nicht. (85) Der zu einem Eid [… …], (86) für den der […] fürchtet, [… …], (87) ist dein wei[tes] Netz ausgespannt, [… …]. (88) Wer auf die Frau seines Gefährten [sein Auge] erhebt, (89) wird vor dem bestimmten Tag […]. (90) Bereitet ist ihm ein verflochtener Fallstrick […], (91) geradewegs geht deine Waffe gegen ihn, einen Retter [hat er] nicht. (92) In seinem Prozeß wird ihm sein Vater nicht beistehn, (93) auf den Spruch der Richter werden sie – seine Brüder – nicht antworten, (94) in einer Vogelfalle aus Kupfer ist er gefangen, ohne es zu wissen. (95) Wer ein Verbrechen begeht, dessen Horn zerbrichst du, (96) wer Unrecht zu tun plant, dessen Untergrund ist veränderlich. (97) Dem betrügerischen Richter zeigst du das Gefängnis, (98) den, der Bestechung annimmt (und) ungerecht richtet, läßt du Strafe tragen. (99) Der keine Bestechung annimmt (und) sich um den Schwachen kümmert, ˇ amasˇ, er wird sein Leben verlängern! (100) der gefällt dem S (101) Ein umsichtiger Richter, der gerechtes Recht spricht, (102) macht den Palast vollständig, ein fürstlicher Wohnsitz ist seine Bleibe! (103) Wer Silber betrügerisch auf Termin verleiht: Was ist sein Gewinn? 62) (68) den
58. 59.
60. 61. 62.
Zur Lesung sa-i-da ta-a[t-ta-ar-ru] am Zeilenende vgl. CAD S 65b s. v. sa¯’idu. ˙ Bruchstück ˙ Die Lesung ˙m[u-un-n]ab-tú-tim wird durch das unpublizierte BM 33719 bestätigt. Vgl. dazu JSS 27 (1982) 285. AHw 1559b s. v. harbu(m) und ihm folgend CAD M/1 88b s. v. ma¯ha¯zu emendieren zu ina q[ere]b! tâmtim! u˘ harbi »inmitten des Meeres und des ˘ Ödlands«. ˘ Lesung sˇá la! i-du-ú. Zur Ergänzung t]u-sˇal-lam am Zeilenende nach unpubl. BM 35077 vgl. CAD A/1 53b s. v. abku. Vgl. CAD Sˇ/II 406b, wo eine Variante »wer … auf Zins verleiht« notiert ist.
69
Karl Hecker (104) Er
rechnet mit hohem Gewinn, macht aber großen Verlust. Silber auf langen Termin verleiht und einen Sˇ eqel in (nur) zwei vermehrt, ˇ amasˇ, er wird sein Leben verlängern! (106) der gefällt dem S (107) Wer eine Wage hält und betrügerisch handelt, (108) immer wieder den Gewichtsstein im Beutel ändert, (das Gewicht) erhöht oder erniedrigt, 63) (109) der rechnet mit hohem Gewinn, macht aber großen Verlust. (110) Wer korrekt die Wage hält, […] viele […], (111) alles Denkbare wird ihm in Menge geschenkt […]. (112) Wer ein Litermaß hält und betrügerisch handelt, (113) ausgibt im mittleren Maß und mehr zurückgeben läßt: (114) Zur Unzeit wird der Fluch der Menschen ihn treffen, (115) vor seinem Termin wird er gefragt und muß die Last übernehmen. (116) Sein Erbsohn wird seines Besitzes nicht Herr werden, (117) in sein Haus werden sie – seine Brüder – nicht eintreten. (118) Ein verläßlicher Gläubiger, der Getreide im Groß(maß) ausgibt, vermehrt sein Ansehen, ˇ amasˇ, (d)er wird sein Leben verlängern! (119) er gefällt dem S (120) Er wird seine Familie erweitern, Reichtum ansammeln, (121) wie Wasser einer ewigen Quelle wird sein Same ewig sein! (122) Wer gütige Hilfe leistet, keine Betrügerei kennt, — 64) (123) Wer immer wieder in Dauer seine Meinung ändert, unterlie[gt deiner Beurteilung]. (124) Die Böses tun, deren Same wird ni[cht ewig sein]. (125) Die, deren Wort »Nein« ist, unterliegen deiner Beurteilung, (126) [du] eilst dich, den Ausspruch ihres Mundes zu deuten. (127) Du hörst (und) prüfst sie, du durchschaust den Fall auch des Bösesten, (128) jeder einzelne ist deiner Hand anvertraut. (129) Du läßt die Omina richtig ausfallen, was verwickelt ist, löst du! ˇ amasˇ, auf Gebet, Bitten und Beten, 65) (130) Du hörst, S (131) Unterwerfung, Kniebeugung, Gebetsgemurmel und Nasenstreichen. 66) (132) Aus der Höhle seines Mundes ruft dich der Armselige, (133) der Hilflose, der Schwache, der Geschädigte, der Unterworfene, (134) täglich, 67) immerfort, andauernd wendet er sich an dich. (135) Der, dessen Familie fern, dessen Stadt weit weg ist, (136) der Hirte, [beim] Auftrieb in die Steppe wendet er sich an dich, 68) (137) der Hirtenjunge im Aufruhr (und) der Hüter unter Feinden. (105) Wer
63. 64. 65. 66. 67. 68.
70
Zur Ergänzung der Zeile nach einem unpubl. Duplikat vgl. CAD Sˇ/I 425a. Man erwartet hier einen Folgesatz. Hier beginnt das Sippar-Fragment (IM 124633) Kol. III. Die Nase zu streichen war ein Gestus der Unterwürfigkeit. Zur Lesung um-mi-sal-la (Var. um-ma-sal-la) und zur Übersetzung der Zeile vgl. CAD U and W 120a. ˇsu-ru-bat se¯ri (Var. sˇu-ru-ub- ti [se]-ri) in CAD Sˇ/3, 344b zu sˇuribtu »terror« gestellt, meint ˙ Inf. Sˇ zu ere¯bu »eintreten«) der Herde (»Auftrieb«) in hier wohl˙das Hineinführen (sˇu¯rubu die Steppe mit den dort lauernden Gefahren.
Texte aus Mesopotamien
ˇ amasˇ, (138) S
an dich wendet sich die Karawane, die furchtsam dahinzieht, reisende Kaufmann (und) der Gehilfe, der den Geldbeutel trägt. ˇ amasˇ, an dich wendet sich der Fischer mit dem Netz, 69) (140) S (141) der Jäger, der Schütze, der das Wild zurücktreibt, (142) der Vogelfänger in seinem Versteck wendet sich an dich. (143) Der umherschleichende Räuber, der Feind des Sonnenlichts, 70) (144) der über die Pfade der Steppe streift, wendet sich an dich. (145) Der umherlaufende Tote, der flüchtige Totengeist, ˇ amasˇ, wandten sich an dich: Du hörtest alles! (146) S (147) Du hieltest dich nicht zurück von denen, die sich an dich wandten, (sondern) nahmst Anteil, ˇ amasˇ, hasse sie nicht! (148) um meinetwillen, S ˇ amasˇ, Verstand öffnest du, (149) Der Menschen, S (150) dein wütendes …, 71) dein gewaltiges Licht gibst du ihnen. (151) [Du läßt] ihre Vorzeichen richtig eintreffen, beim Opfer sitzt du dabei, (152) bis in die vier Windrichtung entscheidest du ihre Zukunft. (153) Den Verstand der Wohnstätten im ganzen Umkreis öffnest du! (154) Für die Flasche, in die deine Augen blicken, reicht der Himmel nicht aus, (155) für die Schale der Opferschauer reichen alle Länder zusammen nicht aus. (156) Am 20. Tag jauchzt du in Freude und Frohsinn, 72) (157) du ißt, du trinkst ihr reines Bier, das Rauschgetränk des Brauers am Markt, 73) (158) sie gießen dir Bier des Brauers ein, und du nimmst es an. (159) Die von mächtiger Flut erfaßten (Menschen) errettest du, 74) (160) ihre heiligen, reinen Streuopfer empfängst du! (161) Du trinkst ihren Most und ihr Bier, (162) die Wünsche, die sie ersinnen, zu erreichen gewährst du! (163) Die (vor dir) niederknien, deren Gruppe löst du auf, 75) (164) die regelmäßig zu dir beten, deren Gebete nimmst immer wieder an. (165) Diese sind es, die dich fürchten (und) deinen Namen dauernd rühmen, (166) (und) deine Größe auf ewig preisen. (167) Die (Leute) einfältiger Sprache, der Unge[ziemliches] reden, (168) die wie die Wolken ohne Zahl sind, 76) (169) die die weite Erde durchziehen, (139) der
69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76.
ina ka-tim-ti nach IM 124633. mu-sal-lu-ú sˇá dutuˇsi, in BWL 134 und hier mit selû »feindlich sein«, von Reiner, aaO., 78 ˙ von CAD S jedoch mit s/sullû »beten« (Übersetzung ˙ sowie dort etwa »der … ist Anbeter des ˙ Sˇamasˇ«) pa-ru-, Var. (aus IM 124633) ásˇ?-ru-, unklar. Der 20. Tag des Monats galt als der Tag des Sˇamasˇ. IM 124633 Kol. III endet mit Spuren. M. Jursa, NABU 1999/104, weist auf den spätbabylonischen Schultext BM 42652 hin, der Z. 157-163 des Sˇamasˇ-Hymnus enthält und für Z. 159 die Variante »Die du liebst, [rettest du] aus der mächtigen [Flut]« bietet. el-let-si-na ta-pat-tar ist schwierig. CAD K 120a-b s. v. kama¯su B nimmt eine Verwechselung ˙˙ von e/illatu »Gruppe, Trupp« und ennetu »Sünde« an. Gemeint ist aber vielleicht, daß der Fromme aus der Masse seiner Mitmenschen herausgelöst eine Sonderstellung erhält. Zur Übersetzung vgl. CAD B 26b s. v. ba¯bu.
71
Karl Hecker (170) die
durch die hohen Berge stapfen, Lahmu-Ungeheuer des Meeres, die voller Schrecken sind, ˘ Ertrag des Meeres, der den Apsû durchstreift, (172) der ˇ amasˇ, vor dir vorbeizieht. (173) die Beute des Flusses, die, S (174) Welche Berge denn sind nicht mit deinen Strahlen bekleidet, (175) welche Weltufer denn werden nicht erwärmt von den Strahlen deines Lichts? (176) Der die Finsternis leuchten läßt, die Dunkelheit erhellt, (177) der die Finsternis öffnet, die weite Erde erhellt, (178) der den Tag hell macht, mittags Hitze auf die Erde herabsteigen läßt, (179) der die weite Erde wie eine Flamme versengt, (180) der die Tage verkürzt, die Nächte verlängert, (181) der Kälte, Frost, Eis (und) Schnee [entstehen läßt], (182) [der das T]or [aufmacht], den Riegel des Himmels (und) die Türen der Wohnstätten weit öffnet, (183) [der … (Tür)pf]anne, Pflock, Schlüssel (und) Schließbalken, 77) (184) [der …], gnadenlos ist, Leben schenkt, (185) [der] den Gefangen im Aufruhr, inmitten des Tode[s …]. (186) [… … Ent]scheidung, Beratung, Befragung (und) Planung, (187) [der die F]ackel des Morgens für die verbr[eiteten] Menschen [anzündet], (189-192) (Nur ganz geringe Reste erhalten.) (193) [Zum Ebabbar, dem] leuchtenden [Haus], deinem festlichen Wohnsitz, 78) (194) bringt dir [… …] das Mahl der Weltufer. (195) [König, St]atthalter, Hohenpriester (und) Fürst (197) [… …]… beim Opfer den Ertrag der Länder! (198) [… …]… möge dein Hochsitz erneuert werden! (199) [… …]…, dessen Ausspruch unveränderlich ist. (200) Möge [Aja], die große Braut, im Schlafgemach »Habe Ruhe« zu dir sagen! (171) die
des Nidintu, Sohn von hNabû-e¯ter-napsˇa¯tii, dem Sohn des Isˇsˇak˙ ku. [Hand des A]rad-Marduk, nicht fertig. 79) (Kolophon, 201-202) [Ta]fel
4. Alle sind Isˇtar Synkretismus ist eine uralte und weit verbreitete Erscheinung der altorientalischen Religionsgeschichte. Der im folgenden übersetzte Hymnus auf die Göttin Isˇtar setzt diese mit anderen Göttinnen gleich, darunter neben sonst unbedeutenden oder sogar sonst unbezeugten Göttinnen auch in anderen Orten beheimatete lokale Erscheinungsformen ihrer selbst. Text: Aus mehreren Stücken gejointe Tontafel im Britisch Museum London (BM 65454+), datiert auf Jahr 42 des Artaxerxes (363 v. Chr.), Abschrift einer Vorlage aus Borsippa, die, 77. 78. 79.
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Kol. IV des Sippar-Frgt. (IM 124633) beginnt mit geringen Spuren. Ebabbar war der Name des Tempels des Sˇamasˇ in Sippar. Zur Lesung und zur Datierung des Kolophons von BM 124633 vgl. M. Jursa, NABU 1999/104.
Texte aus Mesopotamien
wie vom Kopisten durch entsprechende, in der Übersetzung kursive und in Klammern gesetzte Hinweise angezeigt, bereits eine Anzahl von Fehlern oder Beschädigungen aufwies. – Foto, Kopie und Bearbeitung: W. G. Lambert, A Syncretistic Hymn to Isˇtar, AfO 50, 2003/ 2004, 21-27. (Vs. 1) Tochter des Sîn, die in der Gesamtheit der großen Götter das Bündel der Anweisungen sammelt: Zarpa¯nı¯tu! 80) (2) Inninna, Liebling des heiligen Anu, die durch alle Ordnungen eingesetzt ist: Tas ˇme¯tu! (3) Die Weise, die dem Nunamnir Ebenbürtige, deren Entscheidung nicht verworfen wird, Ninlil von Hursagkalamma: 81) Enlil ist sie, Ninlil ist sie! 82) ˘ (4) Is ˇtar, die mit Schreckensglanz bedeckt, wie ein Sturm mit Furcht umbunden ist: Dito! 83) (5) Inninna, die Fackel, die aus dem fernen Himmel allen Wohnstätten aufflackert: Dilbat! (6) Heldische Göttin, die am königlichen Hochsitz des Anu strahlend aufleuchtet: Is ˇtar von Uruk! (7) Hierodule, die rechts und links Aufsicht ausübt, wie ein Riegel das Land absperrt: Der Wagen(stern)! (8) Ninsikilla, deren Netz, wo immer der Wind weht, den Grenzpfosten der Wohnstätten umgibt, Dito! 84) (9) Is ˇta[r …] …, die das Ufer einfaßt, den Hafen ergräbt: Qibı¯-dumqı¯! 85) (10) Inninna, Ruferin, aggressivste Göttin, Mächtigste der Igigi: Is ˇtar von Babylon! (11) Is ˇtar, Mythenschlange, giftgeschwollen, die in ihrer Wut die Schar der Feinde hinwegwischt: Isˇtar von Akkad! (12) Inninna, Adler, der die Hartnäckigen niederwirft, die Ungestümen ins Dunkle führt: Kallat-Ekur-Upî! 86) (13) Göttin von Bogen, 87) Pfeil und Köcher, die in der Schlacht [wie] ein Wirbelwi[nd] tanzt: Isˇtar von Akkad! (14) Inninna, starker Schild, die aufrecht vor der Schlachtreihe steht: Is ˇtar von Akkad! (15) Zwei stolze Arme, auf deren heftigen Pfeilbeschuß die Berge hhnichtii verhüllt werden: Sˇ imalija! 88)
80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88.
»Die Tochter des Sîn« ist Isˇtar. Zarpa¯nı¯tu war die Gemahlin des Marduk, Tasˇme¯tu (Z. 2) die des Nabû. Nunamnir: Ein Beiname des Enlil. Hursagkalamma (»Gebirge des Landes (Sumer)«) hieß der ˘ Tempel der Isˇtar in Kisˇ. Als Enlil ist Isˇtar männlich, als Ninlil, Enlils Gemahlin, weiblich. Zur Zweigeschlechtlichkeit der Isˇtar vgl. etwa B. Groneberg, Die sumerisch/akkadische Inanna/Isˇtar: Hermaphroditos?, WO 17 (1987) 25-46. Dito (ki.min) wiederholt »Ninlil von Hursagkalamma« aus Z. 3. ˘ »Dito« hier »Der Wagen(stern)«. Qibı¯-dumqı¯, deutsch »Sprich mein Heil«, war eine ursprünglich in Assur beheimatete Göttin. Vgl. RlA XI (2007) 177. Kallat-Ekur-Upî, die »Braut des Tempels von Opis«, eine sonst kaum bekannte Gottheit. Vgl. RlA V (1976-89) 325 und aaO., X (2003-5) 111-116 zur Stadt Opis. Lies i-la-at qá-ásˇ-ti. Sˇimalija (auch Sˇumalija) und Sˇuqamuna sind ein in der Kassiten-Zeit aufgekommenes Götterpaar.
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Karl Hecker
die sich im Aufeinandertreffen blanker Waffen nicht zurückzieht: Gusˇe¯’a! 89) die auf ihren Kriegsruf hin die Gebirgswand zusammenbricht, der Gebirgsstein schmilzt: Dito! (18) Is ˇtar, engmaschiges Vogelnetz, in das hineinzukommen gefährlich ist, Fliegen … […] … Herrin, Ea … (Fehler) 90) (19) Inninna, Fangnetz, aus dessen Maschen kein Vogel entkommt: Herrin von Löwen(stadt)! 91) (20) Königin von jedwedem Allen, Herrin jeder Rechtssatzung: Eres ˇkigal! (21) Inninna, Falle von Himmel und Erde, die die Igigi im Zaum hält: [Is ˇtar von] Babylon! (22) Das Szepter des Königtums, ein wildes Holz, eine schonungslose Waffe, m[achte er] für ihre Hand [angenehm …] … ! 92) (Rs. 23) Der Inninna wenden sich die großen Götter immer wieder wie einem Stierkalb zu: Ninm[ah]! ˘ Isˇtar gründete unter ihnen großartig (ihre Wohnung): Tasˇme¯tu! (24) Die heilige (25) Tritt den Nacken des weiten Landes wie eine Schlange nieder, daß es sich deinem Fuß unterwerfe: Isˇtar von Akkad! (26) Welcher Gott hat schon in seiner Jugend den Anteil von sieben Brüdern gesammelt: (27) Babylon, Nippur, Sippar, Assur, Daksû, Uruk und Akkad? 93) (28) (Fehler) Das Ausbreiten deiner Arme ist der Anprall des Südwinds: Is ˇtar von Uruk! (29) Das Öffnen deiner Beine ist die Frontseite des Nordwinds: Is ˇtar von Akkad! (30) Udug-sigga, die Waffen herstellt, den guten Geist gibt, [… : …]! (31) Lama-sigga, die […] gewährt, … […]: … ! (32) (Fehler) […] … […] … : Nin-abdubur! (33) […] … […] … : Zarpa ¯ nı¯tu! (34) Mit seinem Blick des Lebens sah er sie an und rief sie Nin-Apsû! (35) Be ¯ let-ila¯ni, deren Grenzmarken kein Gott überschreitet: Eru! 94) (36) (Abgebrochen) (16) Heldin,
(17) Für
(37-38) Ein
Orig[inal] aus Borsippa. Nach dem Original 95) schrieb und kollationierte (es) Nabû-balassu-iqbi, Sohn von Be¯l-uballissu, Sohn von Husa¯bu, [für] seine Lektüre. Der Leser möge das Fehlende verbessern. (39) [Tag x, Monat˘ y,˙ J]ahr 42 von Artaxerxes, König der Länder.
89. 90. 91. 92. 93. 94. 95.
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Zur (tanzenden, s. Z. 13) Gusˇe¯’a bzw. der älteren Spielform Agusˇa¯ja vgl. TUAT II (1986-91) 739 Anm. 6a. Mit dem Zeichen kúr = akkad. naka¯ru »anders, falsch sein« weist der Schreiber hier und in den Zz. 28 und 32 auf einen von ihm nicht zu beseitigenden Fehler hin. Vgl. dazu auch den Kolophon am Tafelende. Ein Ort namens »Löwe« ist unbekannt. Das in der Übersetzung hinzugefügte »(stadt)« gibt das Ortsnamen vorangehende keilschriftliche Determinativ uru wieder. Lies [gisˇ] ù-luh sˇar -ru-ti is-si ez-z[a k]a-ak la pi-di a-na i-di-sˇá u[sˇ-tib … Die Zeile zitiert aus ˘ ˙ ˙51: Rs. 36; Bearbeitung von B. Hrusˇka, ArOr ˙ »Isˇtars Erhöhung« TCL VI 37 (1969) 473-522. Mit Daksû (Lesung wegen der Mehrdeutigkeit des Zeichens dag unsicher, auch Parsû möglich,) ist Du¯r-Kurigalzu, heute 2Aqar Qu¯f westlich von Bag˙da¯d, gemeint. Eru war ein Beiname der Zarpa¯nı¯tu. Lies ki-ma la-bi-ri-sˇu hhudii. Für einen ähnlichen Fehler vgl. schon Z. 15. Auch in Z. 38 wäre eine Korrektur zu ib-ri-hhimii angebracht.
Texte aus Mesopotamien
Abb. 3 Isˇtar 96)
5. Eine Klage um Tammu¯z Die Klage um Dumuzi, den in der Unterwelt festgehaltenen Gemahl der Inanna/Isˇtar, ist ein beliebtes Thema der sumerischen Literatur. Der hier übersetzte Text nennt zwar den Namen des Dumuzi oder Tammu¯z, wie die akkadisierte Namensform lautet, nicht, dokumentiert aber dennoch das Fortleben der Vorstellung, daß Isˇtar um ihren Gatten trauert, bis ins 3. Jh. v. Chr., da die Tafel, auf der der Text erhalten ist, auf den 16. 9. 287 (15. Elu¯l Jahr 25 der Seleukiden-Ära) datiert ist, auch wenn die Entstehungszeit der Komposition um einige Jahrhunderte früher liegen dürfte. Die Erstpublikation der aus dem Handel stammenden Tafel RM IV 97 (3354) des British Museum London, besorgte Th. G. Pinches, PSBA 23 (1901) 192-199, wobei aber der Keilschrifttext nur in Drucklettern, nicht in Autographie wiedergegeben wurde; neue Umschrift nach Reinigung der Tafel und Bearbeitung durch W. G. Lambert, FS S. N.
96.
Reliefplatte unbekannter Herkunft, heute im British Museum, 45,9 37 4,8 cm; nackte Frauengestalt mit Hörnerkrone als Merkmal der Göttlichkeit auf dem Kopf, geflügelt, mit in Krallen auslaufenden Füßen, auf zwei Löwen stehend, daneben zwei Eulen. Zeit Hammurapis ˘ von Babylon.
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Kramer, JAOS 103, 1983, 211-215. Übersetzung auch: W. W. Hallo, aaO., 419-420; B. R. Foster, aaO., 952 f. Zum Format des Textes: Z. 1 und 16-23 sind in direkter Rede (1. und 2. Person, wer redet und wer angeredet wird, wird nicht gesagt), Z. 2-15 sind erzählend (3. Person) mit einem kurzen Einschub in der 1. Person (Z. 10-11). (Vs. 1) »Du
leidest, Uruk, du leidest Akkad, (denn) ich bin zur Ruhe gelegt.« (Göttin) von Uruk weinte, ihre Thronträgerin ist weggegangen. 97) Dito, 98) deren Leibrock weggerissen ist. (3) Die Tochter Uruks weinte, die Tochter Akkads klagte. (4) Das Antlitz von Laraks Tochter war mit ihrem Gewandsaum verhüllt. 99) (5) Die (Göttin) von Hursagkalamma weinte, die ihres Gatten beraubt war. ˘ ulhudhul weinte, die den Stab aufrichtete. (6) Die (Göttin) von H ˘ weinte, ˘ (7) Die (Göttin) von ˘Siptu deren 7 Brüder getötet und 8 Schwiegersöhne zur ˙ Ruhe gelegt sind. (8) Die (Göttin) von Akkad weinte, deren Schuhsohlen zerschlissen sind, deren geliebter Herr getötet ist. (9) Die (Göttin) von Kes ˇ weinte, die auf der Straße wohnt, deren Hausherr ein […] beendet hat. 100) (10) Die (Göttin) von Dunnu weinte »Für wen ist das Bett, für wen sind die Laken? (11) Für wen soll ich bewahren die totenstillen Laken?« (12) Die Tochter Nippurs weinte über die vollständige Beendigung der (kultischen) Verrichtungen, (13) ihre Nase ist wundgerieben, denn sie ist ihres geliebten Mannes beraubt. (14) Die (Göttin) von De ¯ r hweintei über die vollständige Beendigung. 101) (15) Die, deren Stadt niedergerissen, abgebrochen und zerstört das Vaterhaus ist, hweintei: (16) »Weine über Uruk, meinen Kopfschmuck hat ein Dornbusch festgehalten. (Rs. 17) Was mich betrifft: Wohin im Sturm ich treten soll, weiß ich nicht. (18) Weine über Larak, ich bin meiner Kleider, meiner Tücher beraubt. (19) Meine Augen können mein […] nicht sehen, aufgeschlitzt sind die Mutterleiber. (2) Die
97. Am Zeilenanfang wörtlich »die Urukäerin«. Auch in folgenden Zeilen steht meistens die Nisbe, was in der Übersetzung aber nicht nachahmbar ist. Die Göttin von Uruk und Akkad war Isˇtar; ob diese auch Z. 3 (»die Tochter von …«) gemeint ist, muß offen bleiben. 98. Das Dito-Zeichen wiederholt hier »Die (Göttin) von Uruk weinte«. 99. Die Stadt Larak lag nahe bei Isin. Der Stadtgott hieß Pabilsag, dessen Gemahlin wohl Ninisina (RlA VI [1980-83] 494 f.). Die weiteren Orte mit ihren Göttinnen: (Z. 5) Hursagkalamma: Tempel und Stadtteil von Kisˇ mit Inanna/Isˇtar, später auch Ninlil (RlA IV˘ [1972-75] 519520); (Z. 6) Hulhudhul sonst unbelegt; (Z. 9) Kesˇ: Lage unbekannt, mit Muttergöttin (RlA V ˘ ˘ (Z.˘ 8) Siptu und (Z. 10) Dunnu: Es gab mehrere unbedeutende Orte dieses [1976-80] 571-3); ˙ Bedre östlich des Tigris, als Gemahlin des Stadtgottes Isˇtaran ist Namens; (Z. 14) De¯r: Heute nur eine »Königin von De¯r« (Sˇarrat-De¯r) bezeugt. 100. a-za-hu am Zeilenende unklar. Foster, aaO., 839, und ihm folgend Hallo, aaO., 420, emendieren˘ offenbar zu a-za-ri (zu azaru »Luchs«). 101. Lambert fügt am Zeilenende noch hki.mini »dito« ein, das als Wiederholungszeichen für den Zeilenrest (»der Verrichtungen«) und die gesamte Z. 13 gelten soll.
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Texte aus Mesopotamien (20) Weine
über Nippur, Ruhe wohnt bei mir. Himmel bedeckte mich, (22) die Lehne meines Stuhls ist über mich gefallen. (23) Des Gatten, des geliebten Mannes, hat Be ¯ l mich beraubt.« (21) Der
(24-26) Wie
seine Vorlage geschrieben, kollationiert und fertiggestellt. Tafel des Be¯l-ze¯ra-lı¯sˇir, Sohn des Be¯l-aba-usur, Familie Bogenmacher. Hand des Be¯l-uballissu, seines Sohnes. Wer Sˇ amasˇ verehrt,˙ soll sie nicht unerlaubt wegtragen. 102) (27-28) 15. Elu¯l, Jahr 25 von Siluku und Antiukusu. 103)
6. Uruk, meine Liebe Der aus der Ninive-Bibliothek des Assurbanipal stammende Text mit der Inv.-Nr. K. 1353 des British Museum London wurde von A. R. George unter dem Titel »A NeoAssyrian Literary Text« in SAAB 1, 1987, 31-41 mit Kopie und Bearbeitung veröffentlicht; eine Neubearbeitung lieferte A. Livingstone, Court Poetry and Literary Miscellanea (SAA 3, 1989), 23-24 (»Psalm in Praise of Uruk«). Der Text bereitet nicht zuletzt wegen zahlreicher ideographischer Schreibungen und Wiederholungszeichen dem Verständnis erhebliche Schwierigkeiten. Mit Unsicherheit belastet ist insbesondere die Interpretation des Ideogramms ág in Z. 1-17, mit dem das Begriffsfeld »Liebe« in nominaler und verbaler Breite abgedeckt ist. Der Erstbearbeiter George ging wegen einer von ihm angenommene Parallelform in Z. 18 von einer imperativischen Anrede (»liebe!«) an die Göttin Isˇtar aus. Da im Schlußteil dieser Verse Isˇtar jeweils selbst in der 1. Person spricht, ergibt sich so die ziemlich komplizierte und zudem auch nicht durchgängig eingehaltene Konstruktion eines Dialogs zwischen Isˇtar und einem anonymen Partner. Livingstones Interpretation, der hier gefolgt wird, setzt dagegen einen Monolog der Isˇtar an, geht aber nicht auf das Problem von Z. 18 ein. (Vs. 1) [U]ruk:
Ich liebe Uruk, ich liebe (auch) Eanna, meine Wohnstätte! 104) Ich liebe (auch) die Ziqqurrat, das Haus, das mich erfreut! (3) Uruk: Ich liebe (auch) Babylon, das Haus meines Vaters! 105) (4) Uruk: Ich liebe (auch) Esagila, das Haus, wo ich den Schleier nahm! 106)
(2) Uruk:
102. Vgl. H. Hunger, Babylonische und assyrische Kolophone (AOAT 2), 1968, 13 und Nr. 146 sowie CAD S 188a s. v. sartu. ki.kal ist allerdings eher mit dannatu »Schwierigkeit, Not« gleichzusetzen. 103. Seleukos (I.) und Antiochos (I. Soter). 104. Statt »Uruk« (in Kapitälchen) steht auf der Tafel jeweils das Wiederholungszeichen kimin. Auch »Ich liebe« in Z. 1-17 ist ideografisch geschrieben (Zeichen ág); theoretisch wären auch andere Übersetzungen möglich, solange sie nur nominal oder verbal das Begriffsfeld »Liebe« enthalten. – Eanna (»Himmelshaus«) war der Name von Isˇtars Tempel (»Wohnstätte«) in Uruk, damit ist klar, daß diese spricht. Wörtlich übersetzt bedeutet é ha-mu-ti-já ˘ »mein Familienvorstandshaus«. 105. Der Text hat »das Haus der Väter« (é ad.ad). 106. Lesung é [k]a-lu-li-já mit Livingstone. Georges é [e]zen lu-li-já »Haus des Festes meines Vergnügens« muß einen zweifachen Status constr. annehmen. Die Verschleierung der Braut war Bestandteil des Hochzeitsrituals.
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Ich liebe (auch) Ehiligar, das Haus, das mich froh macht! 107) ˘ Ich liebe (auch) Borsippa, das Haus meines Königtums! (7) Uruk: Ich liebe (auch) Ezida mit unserem Nabû! 108) ˇ apazzu mit Be¯l-sarbe! 109) (9) Uruk: Ich liebe (auch) S ˙ 110) (9) Uruk: Ich liebe (auch) Kutha mit Nergal! (10) Uruk: Ich liebe (auch) De ¯ r mit Isˇtara¯n! 111) (11) Uruk: Ich liebe (auch) Kis ˇ (und) Ehursagkalama! ˇ˘ amasˇ! (12) Uruk: Ich liebe (auch) Sippar mit S (13) Uruk: Ich liebe (auch) die Innenstadt mit As ˇsˇur! 112) (14) Uruk: Ich liebe (auch) Ninive mit Mullissu! 113) (15) Uruk: Ich liebe (auch) Arbela mit Mullissu! (16) Uruk: Ich liebe (auch) Kalah mit Ninurta! ˘¯ n mit Sîn! (17) Uruk: Ich liebe (auch) Harra ˘ Uruk, mein Erwählter (aber) ist Uruk, … […]! 114) (18) Mein Erwählter (aber) ist (19) Uruks […] verzehrt mich, (20) Eannas Feuer hverzehren michi. (21) [Das … der] Ziqqurrat beraubt mein Herz. (22) Der (Pracht) von U[ru]k gedenke ich in meinem Herzen, (23) die von Eanna preise ich dauernd. (5) Uruk:
(6) Uruk:
107. Mit Ehiligar ist die Kapelle der Zarpa¯nı¯tu in Esagila, Marduks Tempel in Babylon, gemeint, ˘ wie auch anderorts ebenfalls Verehrung fand. wo Isˇtar 108. Nabûs Tempel Ezida lag in Borsippa (vgl. Z. 29), er selbst war Sohn von Marduk und Zarpa¯nı¯tu, als Gattin galt in Assyrien Tasˇme¯tu, in Babylonien Nana¯’a, die ihrerseits wieder mit Isˇtar geglichen wurde. 109. Sˇapazzu: in wenig bekannter Ort in Nordbabylonien, der Name des dort beheimateten Gottes Be¯l-sarbe bedeutet »Herr der Euphrat-Pappel«. Zu beachten die unterschiedliche Schreibung ˙ Namens hier (dlugal- gisˇásal) und Z. 33 (den-sar-be). dieses ˙ 110. Kutha im nördlichen Babylonien war nur eine von mehreren Kultstätte des Unterweltgottes Nergal. Diesem waren im Laufe der Zeit verschiedene Gattinnen verbunden, von denen Eresˇkigal die bekannteste ist. La¯s war aber in der nachaltbabylonischen Zeit bedeutender. Vgl. ˙ (1998-2001) 215 ff. s. v. Nergal. F. A. M. Wiggermann, RlA VIII 111. Isˇtara¯n, der Stadtgott von De¯r (bei Badra östlich des Tigris) war Bruder der Isˇtar. 112. »Innenstadt«, ursprünglich nur ein Teil der Stadt Assur, diente in jüngerer Zeit als Alias-Name für die gesamte Stadt Assur. 113. Mullissu, neuassyrisch für älteres Ninlil, war die Gemahlin des Gottes Assur. Zuvor war dies die Göttin Sˇe¯ru¯’a gewesen. Als aber Assur mit Enlil, dem höchsten Gott des sumerischen Pantheons, gleichgesetzt wurde, trat auch dessen Gattin Ninlil / Mullissu an die Stelle der Sˇe¯ru¯’a. Daß die Mullissu hier mit Ninive und Arbela in Verbindung gebracht wird, ist insofern überraschend, als diese beiden Städte alt- und hochberühmte Kultorte der Isˇtar waren. 114. Das zweimalige hi-ri (für h¯ırı¯) in dieser Zeile ist für das Gesamtverständnis des Textes von ˘ ˘ Daß eine Ableitung von hia¯ru »auswählen« vorliegt, steht außer entscheidender Bedeutung. ˘ Zweifel. Es kann dann, wie in den beiden vorausgegangenen Bearbeitungen angenommen, ein fem. Imperativ (»liebe!«) vorliegen. Denkbar sind aber auch zwei andere Möglichkeiten, nämlich 1. ein bisher allerdings nicht belegtes Substantiv h¯ıru (nach Schema pirs-, das nomina actionis und von diesen abgeleitete concreta bildet,) ˘und 2. das oft passivische Verbaladjektiv (ebenfalls h¯ıru, nach paris-), beide mit Pronominalsuffix der 1. Person. h¯ırı¯ könnte ˘ Wahl ist/fällt auf« oder (2.) »mein Erwählter/s« übersetzt werden, ˘ dann mit (1.) »meine der Ansatz eines Imperativs wäre damit unnötig. Zu erinnern wäre noch daran, daß das Feminin des Verbaladjektivs (h¯ırtu) das gut bekannte Wort für »Gattin« ist. ˘
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Texte aus Mesopotamien (24) [Der (Pracht) von Uruk gedenke ich in meinem Herzen], die von Babylon hpreise ich dauerndi. 115) (25) [Des B]e ¯ l und der Be¯let-Ba¯bili Feuer verzehren mich! (26) Der (Pracht) von Uru]k gedenke ich in meinem Herzen, (27) [die von Esagila] und Ehiligar preise ich dauernd. ˘ (Rs. 28) [Der (Pracht) von U]ruk gedenke ich in meinem Herzen, (29) die von B[orsipp]a preise ich dauernd. (30) Ezidas mit unserem Nabû Feuer verzehren mich! (31) Der (Pracht) von Uruk gedenke ich in meinem Herzen, ˇ apazzu preise ich dauernd. (32) die von S (33) Be ¯ l-sarbe sieht mich, dessen Feuer mich verzehren. (34) Der˙ (Pracht) von Uruk gedenke ich in meinem Herzen, die von Kutha preise ich dauernd. (35) Des Nergal mit La ¯ s hFeuer verzehren michi! ˙ (36) Der (Pracht) von Uruk gedenke ich in meinem Herzen, die von Kisˇ (und) Ehursagka˘ lama hpreise ich dauerndi. (37) Des Zababa und der Baba hFeuer verzehren michi! (38) Der (Pracht) von Uruk gedenke ich in meinem Herzen, 116) die von De ¯ r hpreise ich dauerndi. (39) Des Is ˇtara¯n und der Sˇ arrat-De¯r Feuer verzehren mich! (Rest der Tafel unbeschrieben)
7. Wie prachtvoll ist der Tempel! Lieder auf Tempel sind ein gut bekanntes Genre der sumerischen Literatur. Ein akkadisches Beispiel ist der Text VAT 3847 aus dem Berliner Vorderasiatischen Museum, den F. Köcher unter dem Titel »Ein spätbabylonischer Hymnus auf den Tempel Ezida in Borsippa« ZA 53 (1959) 236-240 mit Kopie und Bearbeitung veröffentlicht hat. Weitere Übersetzung: B. R. Foster, aaO., 875. (1) Wie
ist doch die Stadt Borsippa dem Himmel ähn[lich]! Ebenbild von Esˇarra ist das hohe Ezida! 117) (3) Alles, was es da gibt, ist zur Freude des Gottes! (4) Der Stadt Zierde verschönern Gärten! (5) Sein Scheitel reicht an die Wolken, (6) sein tiefgründendes Fundament überdeckt die Unterwelt! (2) Ein
115. Zur Schreibung des Texts: Am Zeilenanfang ist nur Platz für [kimin »dito«] (wie in Z. 38), am Zeilenende steht anstelle der in spitze Klammern eingeschlossenen Worte das Wiederholungszeichen Nr. 363 bei R. Borger, Assyrisch-babylonische Zeichenliste (AOAT 33). Ebenso auch am Ende der Zeilen 35-38. 116. Text: kimin »dito«. 117. Ezida war der Name des hier gerühmten Tempels. Esˇarra genannte Heiligtümer gab es an mehreren Orten, z. B. hießen so auch der Tempel des Assur in Assur und der des Enlil in Nippur.
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Karl Hecker (7) Sein
Ziegelwerk ist aus Speckstein, Brüstung aus Rotgold und erlesenem Gold. (9) Seine Umkleidung ist aus Alabaster, (10) aus Lapislazuli-Knäufen die Verblendung von Ezida. (11) Der darin wohnt, ist der Tafelschreiber der Götter, (12) Nabû, der Sohn Esagilas. 118) (13) Er trägt die Tafel der Schicksale, allen Göttern (14) gibt er immer wieder Befehl. (15) Er hält den Griffel der Wahrheit, (16) prüft die Schwarzhäuptigen (Menschen) täglich. (17) Sitze an deinem Wohnsitz, Sohn des Be ¯ l! (18) Dein Haus Ezida möge mit Feierlichkeit gefüllt sein! (8) seine
(19-20) Nach
dem Original geschrieben und kollationiert. Für Nabû, seinen Herrn, schrieb Nabû-e¯tir-napsˇa¯ti, Sohn von Ta¯b-silli-Nabû(, diese Tafel). 119) ˙ ˙ ˙ 8. Ein Loblied auf König Kurigalzu Das Tafelfragment mit dem hier übersetzten Lied auf den kassitischen König Kurigalzu gehörte ursprünglich A. Boissier, der es auch in RA 29, 1932, 93-104 unter dem Titel »Document cassite« publizierte. Aus Boissiers Nachlaß gelangte das Stück in das Musée d’art et d’histoire Genf, wo es die Inv.-Nr. MAH 15922 erhielt. Nach einer Reinigung, die eine Vielzahl verbesserter Lesungen erbrachte, legte W. Sommerfeld 1985 eine Neuedition mit Foto, Kopie und Bearbeitung vor (»Der Kurigalzu-Text MAH 15922«, AfO 32, 1-22). Neuere Übersetzung: B. R. Foster, aaO., 367-377. Obwohl nur ein kleiner Teil der Tafel erhalten ist – über 100 der ursprünglich 132 Zeilen sind entweder ganz oder bis auf geringe Reste verloren –, verdient dieser Text als eines der wenigen literarischen Zeugnisse der Kassitenzeit doch besonderes Interesse. Obwohl durchaus im mittelbabylonischen Dialekt gehalten, dokumentiert er das Weiterleben traditioneller poetischer Ausdrucksformen des hymnisch-epischen Dialekts über die altbabylonische Zeit hinaus und kann zudem trotz der schlechten Erhaltung auch als Beispiel für wechselnde hymnische Redehaltung dienen: Z. 1-7 schildern die Berufung Kurigalzus durch die Götterversammlung und seine Inthronisation nach einem im Tempel des kassitischen Götterpaares Sˇumalija und Sˇuqamuna durchgeführten Reinigungsritual. Z. 8-16 und 18 ff. preisen den König in der 3. Person (ErHaltung), Z. 16 dazwischen benutzt jedoch die 2. Person (Du-Haltung). Ab Z. 119 meldet sich der Autor mit Bitten an den König und an den Gott Marduk persönlich zu Wort (Ich-Haltung). Zur Datierung des Textes: Z. 3 zufolge existierte die Stadt Du¯r-Kurigalzu (»Kurigalzusburg«) bei der Berufung Kurigalzus zum König offenbar bereits. Von den beiden
118. Nabû war Sohn des Marduk, Esagila hieß dessen Tempel in Babylon. 119. Zur Lesung des Kolophons vgl. H. Hunger, aaO., Nr. 461.
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Texte aus Mesopotamien
Herrschern dieses Namens kommt daher nur der zweite als besungene Person in Betracht, und Kurigalzu I. muß der Gründer der nach ihm benannten Stadt gewesen sein. (Vs. 1) Die
Götter haben erschaffen (ca. ½ Z. unbeschrieben) […]. sind die Igigu (und) machtvoll, 120) sie machen den Herrscher groß über alle … […]. (3) Immer wieder berufen ihn die großen Götter im Lande Karandunijas ˇ (und in) Du¯r-Kurigalzu, der Stadt [seines Königtums]. 121) (4) In Pambali, dem Thronplatz des Kassitenkönigs, der ewigen Stadt, dem dauerhaften Fundament, 122) ˇ umalija und Sˇ uqamuna, (5) im Haus der großen Götter S (6) machten sie seine Würden groß, schmückten ihn mit schrecklich glänzendem Schmuck (und) machten ihn durch königlichen Reinigungskult vollkommen. ˇ amasˇ (7) Kurigalzu, König der ganzen Welt, König voll Weisheit, der auf den mächtigen S hört: (8) Anu, Enlil und Ea hören auf ihn! (9) Sein Königtum ist prachtvoll, seinesgleichen hat er nicht! (10) (X) Waffe (gegen) die Gegner, die die Feinde bindet, Geliebter des Marduk, 123) (11) schonungsloser Sturm, erhabene Flut, die Schiffe zerstört, Erhabener, auf den Anu vertraut, ˇ amasˇ den Gerechten sucht (und) dem von Unrecht Geschädigten (12) Richter, der wie S unter allen Menschen Wiedergutmachung verschafft, (13) der die Freiheit der Menschen von Babylon herstellte, (14) der seine (Babylons) Menschen von den Lehnspflichten für den seine Herrschaft liebenden Marduk entband, (15) – Anführer, Aufseher, Vorgesetzte (und) Statthalter hast du von ihnen entfernt – (16) der die wohlhabenden Menschen von Babylon auf grüner Aue lagern [läßt], (17) [der] sein Land […], die [verst]reuten von Menschen von seinem […] zusammenführt, (18) [… … von] König Kurigalzu, … [… …] (19-116) (Bis auf minimale Reste abgebrochen.) (117) [… …] sein [Gün]stling Kurigal[zu … …] (118) [… …]… unter ihm dauernde Behinderung [… …] (2) Versammelt
120. »Machtvoll« ist ein aus der Not geborener Versuch, das in den Wörterbüchern unübersetzte Wort parriku wiederzugeben. 121. Kar(an)dunijasˇ war die kassitische Bezeichnung Babyloniens; Du¯r-Kurigalzu ist das heutige Aqar Qu¯f nahe bei Bag˙da¯d. 122. Pambali kassitisch für Babylon. 123. Der Schreiber hat der Zeile das Zahlzeichen »10« (hier durch »(X)« angezeigt) vorangestellt. Dies führt auf der Rückseite der Tafel scheinbar zu dem Problem, daß auf die vom Schreiber derart gekennzeichnete, d. h. von ihm offensichtlich als Z. 130 gezählte Zeile noch zwei weitere folgen, während im Kolophon nur von 131 Zeilen die Rede ist. Die Tafel ist aber, wie auf dem Foto deutlich zu erkennen, liniert. Auf die Linie unter Z. 130 folgt die nächste Linie dann erst nach zwei Schriftreihen, der Schreiber hat demnach diese beiden Reihen als eine überlange Zeile verstanden.
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Karl Hecker (119) Möge
ich das Gute finden, das ich entbehre, den Wohlstand [erlangen]! Ein Auftrag für die Zukunft von … wurde erteilt, Tag und Nacht [… …]. 124) (121) Entsprechend dem Auftrag des Herrschers, mit dem die Statthalter angewiesen sind, schenken sie […]. (122) Ich bleibe wie ein Floß unbeschäftigt, wie Untergegangene (Schiffe) werde ich nicht benötigt, das Ufer hat mich aufgegeben. (123) Marduk, um des Königs, deines Günstlings, Kurigalzu Willen tilge mein Übel, zerbrich Nachlässigkeit an mir! (124) Im Palast des Herrn möge man an mich denken, auf daß ich Gutes finde, Ruhe ersehe! (125) Verlassen möge mich mein Riegel, aufgeben möge mich meine Armut, mein Unheil möge ich vergessen! (126) Wohlstand und Reichtum möge mein Herr mir schenken, (127) Getreide, Öl, Wolle, Rinder, Kleinvieh, Feld, Stadt oder Garten: Geschenk des königlichen Herrn (128) für seinen Diener, der den Lob(gesang) des Königs machte. (129) Wer meinen geschriebenen Namen auslöscht und dann seinen Namen auf diese Tafel schreibt, (130) (X) den sollen die Götter, die auf ihr genannt sind, verfluchen! (131) […], Brot und Wasser soll er entbehren! Wie ein Bösewicht, der mit seinem Gott [verfeindet ist, soll …] ihn […]! Das Land soll seine Sache erfahren! (obere Kante 132-134) Insgesamt 131 Zeilen. Hand von Ninurta-a ¯ pil-idı¯ja, Sohn von Marduk-lı¯ssu. 125) (120) (X)
9. Ein Gebet Assurnasirpals I. Das hier übersetzte Gebet des assyrischen Königs Assurnasirpal I. (Asˇsˇur-na¯sir-apli, ˙ 1049-1030 v. Chr.) ist erhalten in einer eine schon beschädigte Vorlage benutzenden Abschrift aus der Assurbanipal-Bibliothek in Ninive. Das Hauptstück der Tafel (Inv.Nr. 81-2-4, 188 des British Museum London) veröffentlichte R. E. Brünnow, Assyrian Hymns: Prayer of Asurnasirabal the son of Sˇamsˇirammân to Istar of Niniveh, 81, 2 4, ˙ 188, ZA 5 (1890) 66-76 (Bearbeitung), 79-80 (Kopie). Für eine neue Bearbeitung, die das Fragment 80-7-19, 152 anschließen konnte und mehrere Kollationen bekannt machte, sorgte W. von Soden, Zwei Königsgebete an Isˇtar aus Assyrien, A. Ein Bußgebet Asˇsˇurnassirpals I., AfO 25 (1974-77) 38-45 (mit Foto), wo auch auf ältere Übersetzungen verwiesen wird. Jünger sind die Übersetzungen von M.-J. Seux, aaO., 497501 und B. R. Foster, aaO., 327-330. (Vs. 1) Die (2) der
Taten, die von mir empfing [… der großen Gött]er, sage ich an Schöpferin der Weishei[t, der Herrin der L]oblieder,
124. Die ganze Zeile ist höchst unsicher, vgl. schon den Kommentar Sommerfelds zur Stelle. 125. Zum Kolophon vgl. H. Hunger, aaO., Nr. 68.
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Texte aus Mesopotamien
Bewohnerin des Emasˇmasˇ, [der Isˇtar], verlaute ich meine Rede, 126) Königin der Götter, der die Ordnung [von allem] in die Hand gelegt ist, (5) der Herrin von Ninive (und) hohen [Fürstin] der [Götter], ˇ amasˇ, die alles Königliche be(6) der Tochter des Sîn (und) Lieblingsschwester des S sitzt, 127) (7) der, die die Entscheidungen fällt, (und) Göttin des ganzen Alls, (8) der Herrin von Himmel und Erde, die Flehen annimmt, (9) der, die Gebete erhört (und) Bitten aufnimmt, (10) der barmherzigen Göttin, die Gerechtigkeit liebt. (11) Is ˇtar, Herrin, deren Aufgabe es ist, mit Gutem zu überschütten, 128) (12) all die Wirrungen, die ich dauernd erlebte, habe ich dir immer vorgetragen, (13) auf mein mühvolles Sprechen sei dein Ohr gerichtet, (14) auf mein tiefbetrübtes Reden hin mögen deine Gefühle sich lösen! (15) Sieh mich an, Herrin! Weil ich (dir) zugewandt bin, möge dein Herz sich betrüben! (3) der
(4) der
(16) As ˇsˇur-na¯sir-apli
bin ich, dein tiefbetrübter Diener, ˙ demütige Verehrer deiner Gottheit, dein umsichtiger Liebling, (18) der die Opfer für dich korrekt ausführt, dir ohne Unterlaß Gaben spendet, (19) der deine Feste herbeiwünscht, dein Heiligtum ausstatten läßt, (20) der Bier in Fülle bereitstellt, das du dir wünschst und liebst, ˇ amsˇ¯ı-Adads (IV.), des Königs, der die großen Götter verehrte. 129) (21) der Sohn S (22) Geschaffen wurde ich inmitten von Bergen, die niemand kennt, 130) (23) nicht dachte ich an deine Herrschaft, betete nicht beständig. (24) Die Menschen des Landes Assur kannten mich nicht und wandten sich nicht an deine Gottheit. (25) Du bist die Is ˇtar, der schreckliche Großdrache der Götter, (26) mit Erhebung deiner Augen bezeichnetest du mich und verlangtest meine Herrschaft. (27) Du holtest mich aus den Bergen und beriefst mich zum Hirtenamt unter den Menschen. (28) Du bestätigtest (mein) gerechtes Szepter für die lange Dauer der Wohnstätten. (29) Du bist die Is ˇtar, du machtest prächtig meinen Namen, (30) du schenktest mir, die Gerechten zu retten (und) zu schonen. (31) Aus deinem Mund kam der Auftrag, die fortgestellten Götter(bilder) zu erneuern. (32) Die verfallenen Tempel erneuerte ich, (17) der
126. Emasˇmasˇ war einer der Namen des Isˇtar-Tempels in Ninive. Die Isˇtar von Ninive war berühmt für ihre Heilkunst. 127. Lesung am Zeilenende sˇ[a k]ul-lat lugal ti ta-be-el nach Kollation W. G. Lambert, AfO 27 (1980) 1980, 71 Anm. 1. 128. Bullulu wohl »(mit Gutem) überschütten«. Das orthographisch ebenfalls denkbare pullulu ist ausgeschlossen, weil pala¯lu »beaufsichtigen, überwachen« zwar in den Kontext passen würde, aber keinen D-Stamm bildet. 129. Sˇamsˇ¯ı-Adad IV. regierte 1053-1050 v. Chr., nachdem er zuvor im Exil in Babylonien gelebt hatte. Vgl. H. D. Baker, RlA XI (2006-2009) 636. 130. Diese und die folgenden Zeilen spielen auf das Exil in Babylonien an, das Assurnasirpal gewiß an der Seite seines Vaters verbrachte.
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Karl Hecker (33) die
beschädigten Götter schuf ich, ihren Aufstellungsort gestaltete ich großzügig. und Opfer: die richtete ich ein auf ewig. (35) Ich ließ machen ein Bett aus Buchsbaum als komfortables Ruhelager deiner Gottheit, (36) das ich von innen mit auserlesenem, angemessenem Gold überzog. (37) Mit einer Auslese kostbarster Gebirgssteine verzierte ich es wie …[…], 131) (38) reinigte es (und) füllte es für das Betrachten mit Würde, 132) ˇ amasˇ: Ein Vergnügen, es anzuse(39) machte es leuchtend wie der Strahlenglanz des S hen! (40) Ich ließ es im Emas ˇmasˇ aufstellen, der Wohnung deiner Fülle, das du liebst! (34) Anteile
(41) Wo[mit]
habe ich dich mißachtet, daß ich so in Nöten bin? bedecktest mich mit Krankheit; warum wurde mein Lebensatem kurz? (43) [Ich ver]brenne meine Sehnen, ich ruiniere meine Statur, (44) [Angst und] Schrecken [bedrohen] mein Leben …[……]. (45-57) (Nur geringe Reste jeweils der Zeilenenden erhalten.) (42) Du
(58) Ständig
[bete] ich deine Herrschaft an, [……]! deiner Gottheit [……] klage ich [……]! 133) (60) Wie einer, der deine Gottheit nicht verehrt (und) ein Tabu verletzt hat, [bin ich behandelt], (61) wie konnte ich ohne Sünde und Missetat bleiben (und) [Strafe] erhalten? (62) Beständig bin ich in Angst versetzt, [sitze] in Finsternis, (63) bin abgesperrt und kann … nicht sehen [……]. 134) (64) Auf meinem königlichen Thron bin ich [des …] beraubt, (65) die Mahlzeit, die ich verzehren soll: Ich kann mich [ihr] nicht nähern, (66) Bier, der Lebenstrank, [wurde mir] zuwider. (67) Saitenspiel und Gesang ertrage ich nicht, die [zum Königtum] gehören, (68) auch (anderer) Vergnügen der Lebenden entbehre ich [……]. (69) Meine Augen sind bunt und können […] nicht betrachten, 135) (70) nicht kann ich (sie) nach oben erheben, sondern [senke] (sie) auf den Erdboden. (71) Bis wann, Herrin, hast du die nicht endende Krankheit an mich gebunden? (59) Vor
131. Hier beginnt das Zusatzstück 80-7-19, 152, das allerdings nur wenig zu Komplettierung des Textes beiträgt. 132. Lesung ú-mal-lisˇ bal-ti nach Kollation W. G. Lambert, aaO. W. von Sodens ú-mal-hlii-sˇ[i ki?]-bal-ti »nahm [ki]baltu-Stein für die Einlegearbeit« war problematisch, weil er Emendation und Textbeschädigung kombinieren muß und Steinarbeiten bereits vor der kultischen Reinigung des Bettes beschrieben werden. CAD S 237b s. v. subbû setzt das Prädikat fälsch˙ ˙ lich in die 3. Person. 133. Am Zeilenende ut-ta-ha-as mit W. G. Lambert bei B. R. Foster, aaO., 330. ˘ unklar. Von Soden übersetzt ni-i3-lu ul a-mar(-) […] mit »kann das 134. Die Zeile ist größtenteils Sperma nicht … [……]«, was im Kontext doch ganz unvermittelt und isoliert erscheint; für CAD N/2, 234a s. v. nı¯lu 3, das noch nach Brünnows Erstbearbeitung zitiert, ist die Bedeutung unbekannt. 135. »Bunte Augen« als Zeichen von Schläfrigkeit auch im Hymnenkatalog Kol. VII, 42 (oben S. 61). Anders von Soden, der »bunt« mit »gesund« kommentiert und daher das sonst sequentielle Reihungen anzeigende -ma in bitruma¯-ma adversativ mit »aber« wiedergeben muß.
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Texte aus Mesopotamien
bin Asˇsˇur-na¯sir-apli, dein verzweifelter Verehrer, ˙ den Gewandsaum deiner Gottheit ergreift (und) deine Herrschaft anbetet. (74) Schau mich an, Herrin, dann will ich deine Gottheit anbeten! (75) Die du erzürnt warst, habe Erbarmen mit mir, (und) deine Gefühle mögen sich lösen! (76) Auch wenn dein schonungsvolles Herz über mich böse war, (77) so führe doch meine Krankheit fort, laß meine Sünde schwinden! (78) Aus deinem Mund, Herrin, möge Erleichterung auf mich fallen, (79) Den Stadtfürst, deinen Günstling, der beständig unverändert bleibt, (80) lasse Erbarmen finden, vertreibe seine Ruhelosigkeit! (81) Lege Fürsprache für ihn ein bei deinem geliebten Vater der Götter, dem H[eld]en Assur! (82) Für zukünftige Tage will ich andauernd deine Gottheit (folgendermaßen) preisen: (83) »[Die Für]stin will ich erheben unter den Göttern des Himmels und der Erde!« (72) Ich
(73) der
(84) Palast von As ˇsˇur-ba¯ni-apli, König der Welt, König des Landes Assur, dem Nabû und Tasˇme¯tu weiten Verstand schenkten, (85) (der) ein helles Auge empfing (und) die vorzüglichste Ausbildung in der Tafelschreibkunst, (86) wie von meinen königlichen Vorgängern diese Kunst keiner erlernt hatte. (87) Die Weisheit des Nabû, die Keilschriftzeichen, 136) so viele es gibt, (88-89) schrieb ich auf Tafeln, prüfte und kollationierte ich und stellte (sie) für die Lektüre (und) mein Vorlesen 137) in meinem Palast auf. 138)
10. Ich bete zu dir, Isˇtar! Daß die Göttin Isˇtar in ihren verschiedenen Erscheinungsformen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb Mesopotamiens besonderes Ansehen genoß und entsprechende Verehrung fand, ist in Quellen der angrenzenden Regionen vielfach belegbar. Ein schönes Beispiel für den »externen« Isˇtar-Kult und die im Zusammenhang mit ihm erfolgte Übernahme genuin akkadischen Gedankenguts stellt das Sˇu-ila- (»Handerhebungs«-)Gebet »Isˇtar 2« dar, 139) von dem in der hethitischen Hauptstadt Hattusˇa ˘ (heute Bog˘azköy) außer einer akkadischsprachigen Version auch eine hethitische 136. Wörtlich »das Dreieckgetüpfel« mit Anspielung auf die Form der Keile. 137. a-na sˇi-ta-si-ja läßt offen, ob der König selbst als Vorleser tätig war oder ob ihm vorgelesen wurde. Ersteres erscheint nicht ausgeschlossen, da der König sich selbst seiner Schreib- und damit auch Lesefähigkeit rühmt und seine Entourage gewiß großenteils aus Analphabeten bestand. 138. Bei Z. 84-89 handelt es sich um den Assurbanipal-Kolophon, Typ d. Vgl. dazu M. Streck, Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergang Niniveh’s (VAB 7), Leipzig 1916, 354 ff., H. Hunger, aaO., Nr. 319. 139. Existieren für eine Gottheit mehrere Sˇu-ila-Gebete, werden diese durchgezählt. Das System wurde eingeführt von W. G. Kunstmann, Die babylonische Gebetsbeschwörung (LSS NF 3), Leipzig 1932. und mit kleineren Modifikationen fortgesetzt von Werner Mayer, Untersuchungen zur Formensprache der babylonischen »Gebetsbeschwörungen« (StPohl SM 5), Rom 1976.
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Karl Hecker
Übersetzung bekannt war. Bemerkenswert ist dabei, daß die Bog˘azköy-Tafeln schon aus dem 13. Jh. stammen und somit auf einen noch spätaltbabylonischen Vorläufer zurückgehen dürften, während die Textzeugen aus Mesopotamien sämtlich erst ins 1. Jt. datieren, also eine jüngere Fassung vertreten. Der Haupttextzeuge dieser jüngeren akkadischen Fassung, eine heute im British Museum London (Inv.-Nr. BM 26187) aufbewahrte, komplett erhaltene Tontafel, dem Kolophon zufolge Kopie einer Vorlage aus dem nahe bei Babylon gelegenen Borsippa, wurde bereits 1902 durch L. W. King, The Seven Tablets of Creation, London, Vol. II, Plate LXXV-LXXXIV veröffentlicht. Weitere Textzeugen stammen aus der Bibliothek Assurbanipals in Ninive (Inv.-Nr. des British Museum London K. 3417 [veröffentlicht durch O. Loretz / Werner Mayer, Sˇu-ila-Gebete [AOAT 34], 1978, Nr. 78] und K. 17519+17668 [Werner Mayer, OrNS 59 (1990) 487]), aus der Bibliothek des Nabû-Tempels von Nimrud / Kalhu (Fund-Nr. ND 4405/46, Kopie in D. J. Wiseman / J. A. Black, CTN 4, ˘ 1996, Nr. 182) und vielleicht aus Babylon (BM 34317, British Museum London, nach Werner Mayer, aaO., 488). Übersetzungen der jüngeren akkadischen Fassung z. B.: W. von Soden, SAHG 328-333, F. J. Stephens in: J. Pritchard (Hg.), ANET 383385, B. R. Foster, aaO., 599-605; für eine Bearbeitung mit ausführlicher gattungskritischer Bewertung vgl. A. Zgoll, aaO., 41-67. Für die Fragmente der Bog˘azköy-Version (akkadisch: KUB XXXVI 36 (+) 37, hethitisch: KUB XXXI 142) vgl. noch E. Reiner / H. G. Güterbock, The Great Prayer to Ishtar and Its Two Versions from Bog˘azköy, JCS 21 (1967) 255-266. Die ältere akkadische Version war um einiges kürzer als die jüngere, deren Zeilen 25-26 und 42-50 in der älteren fehlen, und man darf für den nicht erhaltenen Rest noch weitere Fehlzeilen vermuten. In der folgenden Übersetzung sind nur die besser erhaltenen Zeilen 1-27 der älteren akkadischen Version in kleinerer Schrift parallel aufgeführt, sodaß Übereinstimmung und Abweichungen der jüngeren und der älteren Fassung leicht erkennbar sind. (1) Beschwörung.
Ich bete zu dir, Herrin der Herrinnen, Göttin der Göttinnen,
(B.5’) Beschwörung.
Ich bete zu dir, Herrin der Herrinnen, Göttin der [Göttinnen],
(2) Is ˇtar, (B.6’) -
Königin aller Wohnstätten, die die Menschheit rechtleitet,
– - Herrin aller Wohnstätten, die die Menschheit rechtleitet,
(3) Irnini,
Fürstin,
(B.7’) Inanna,
(4) Du
Fürstin,
bist stark, du bist Königin,
Du bist erhaben, (B.8’) du bist Königin, (5) Du
größte der Igigi! größte der Igigi!
deine Namen sind erhaben! dein Name ist erhaben!
bist die Leuchte von Himmel und Erde, heldische Tochter des Sîn,
Du bist die Leuchte des Himmels, - - - - - - - - - - (B.9’) fähigste Tochter des Sîn, göttliche Herrin, (6) die
ständig Waffen trägt,
Kampf beginnt,
(B.10’) […].. (B.9’) beginnt, die ständig Waffen tragen läßt, (B.10’) Machtvollste, Fähigste der Igigi, Heldenhafteste (B.11) ihrer göttlichen Brüder,
(7) die
alle Gotteskräfte gesammelt hat,
die alle Gotteskräfte gesammelt,
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die Krone der Herrschaft trägt! das Fürstenamt angenommen hat!
Texte aus Mesopotamien (8) Göttliche
Herrin, 140) leuchtend sind deine Großtaten, über alle Götter erhaben!
(B.12’) [Göttliche
(9) Stern
He]rrin, leuchtend sind deine Großtaten, über alle Götter erhaben!
der Kriegsrufe, die gleichgesinnte
(B.13’) [Ste]rn
(10) (und)
der Kriegsrufe, die gleichgesinnte
immer wieder auch
(B.14’) [Wü]tendste
(11) Starke
Starke Herrin des Windes,
(B.15’) […],
in Kampf gehüllt,
in Kampf gehüllt,
(13) vollstreckst
du Urteil und Entscheidung,
vollstreckst du (B.16) [Urteil und Ent]scheidung, (14) Kapellen,
Brüder miteinander in Streit versetzt!
Freunde schenkt!
der Königinnen, 141)
Herrin des Schlachtfelds,
(12) Gus ˇe3a,
Brüder miteinander in Streit versetzt!
die immer wieder die Berge niederwirft! die immer wieder die Berge niederwirft! 142)
mit Schrecken bekleidet, mit Schrecken bekleidet,
den Befehl für Himmel und Erde! den Befehl für Himmel und Erde!
Heiligtümer, Kultsockel und Hochsitze achten auf dich!
Kapellen, Heiligtümer, Kultsockel und Hochsitze (B.17’) [achten] auf dich! 15) Wo
ist dein Name nicht,
Wo ist dein Name nicht, (16) Wo
sind deine Pläne nicht vorgezeichnet,
(B.18’) [Wo]
sind deine Gotteskräfte nicht,
wo sind deine Gotteskräfte nicht? wo sind deine Hochsitze nicht?
wo nicht deine Hochsitze angelegt? wo deine Pläne nicht vorgezeichnet?
(17) Wo
bist du nicht groß, wo bist du nicht erhaben? Enlil und Ea haben dich erhöht unter den Göttern, haben großgemacht deine Herrschaft, (18) Anu,
(B.19’) […
(19) haben (B.20’) […
… … …] haben dich erhoben - - - - -,
haben großgemacht deine Herrschaft,
dich erhoben unter allen Igigi,
machten vorzüglich deine Stellung! 143)
… i]n der Versammlung der Götter
machten sie dich vorzüglich!
140. Das Ideogramm gasˇan bedeutet eigentlich nur »Herrin«; die in der Übersetzung benutzte Erweiterung »göttliche Herrin« nimmt das dem Ideogramm vorangestellte Determinativ für »Gott(esname)« auf. Ebenso auch in Z. 29, 56, 59 usw. 141. [mu-t]a-an-di-rat am Anfang von B.14’ dürfte als Pt. zum Ntn-Stamm zu nada¯ru »wütend sein« AHw 703b gehören. Zgoll, aaO., 57 mit Anm. 147 dachte offenbar auch an ada¯ru »sich verfinstern (von Gestirnen)«. 142. Die Bog˘azköy-Version hat das offenbar ursprüngliche be¯let tusˇa¯ri »Herrin des Schlachtfelds« mißverstanden und durch be¯ltu sˇa¯ri »Herrin des Windes« ersetzt. 143. Dieser Vers ist ein schönes Beispiel für die in der akkadischen Poesie sehr beliebte dreigliedrige Stilfigur des Schemas a1 – b – a2, in der das mittlere Glied jedem der beiden äußeren zugeordnet ist. Vgl. dazu K. Hecker, Untersuchungen zur akkadischen Epik (AOATS 6), Kevelaer / Neukirchen-Vluyn 1974, 124-126. Sinngemäß lautet Z. 19 also »hoben dich heraus unter allen Igigi, machten unter allen Igigi deine Stellung vorzüglich«.
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Karl Hecker (20) Bei
der Erwähnung deines Namens
Bei der Erwähnung [deines Namens] (21) die
Götter zittern,
(B.21’) [die
Götter zit]tern,
(22) Deinen
furchtbaren Namen
(B.22’) [Deinen
(23) denn
furchtbaren Namen]
du, du bist groß
denn du, du bist groß
beben Himmel und Erde, ---------
es schwanken die Anunnakki. es schwanken die Anunnakki.
rühmt die Menschheit, rühmen die Länder,
und bist erhaben! und bist erhaben!
(24) Die Gesamtheit der Schwarzhäuptigen, das Gewimmel der Menschheit, sie preisen deine Heldenhaftigkeit, (B.23’) [Die
Gesamtheit der Schwarzhäuptigen], das Gewimmel der Menschheit, sie preisen [deine Heldenhaftigkeit],
(25) denn (26) Du
du richtest das Recht der Untertanen verläßlich und gerecht, du! schaust auf den Geschädigten und übel Behandelten (und) leitest (ihn) täglich
recht! (27) Sei gnädig, Herrin von Himmel und Erde, Hirtin der zahllosen Menschen! 144) (B.24‘) [Sei
(28) Sei
gnädig, Herr]in von Himmel und Erde, Hirtin der z[ahllosen Menschen]!
gnädig, Herrin des geheiligten Eanna, (B. von hier an stark fragmentiert.)
des reinen Schatzhauses!
(29) Sei
gnädig, Göttliche Herrin, du, deren Füße ruhelos, deren Knie hurtig sind! gnädig, Herrin des Kampfes (und) aller Schlachten! (31) Strahlend Aufgehende, Löwin der Igigi, die aufsässige Götter niederwirft, (32) Mächtige über alle Fürsten, die die Könige am Zügel hält! (33) Die den Schleier öffnet aller Mädchen, 145) (34) ob hocherhoben oder tiefliegend, heldische Is ˇtar, groß ist dein Heldentum! (35) Leuchtende, Fackel von Himmel und Erde, Strahlenglanz aller Wohnstätten! (36) Wütend im Kampf ohnegleichen, Gewaltige der Schlacht, (37) Feuerbrand, der gegen die Feinde lodert (und) die Vernichtung der Wütenden bewirkt! (38) Erregende Is ˇtar, die die Versammlung beruft, (39) Göttin der Männer, Is ˇtar der Weiber, deren Plan niemand erkennt! (40) Wohin du schaust, wird der Tote lebendig, steht der Kranke auf, (41) wohl wird es dem, dem es nicht wohl ist, sobald er dein Antlitz sieht! (42) Ich rufe dich, dein schwacher, ermüdeter, erkrankter Diener! (43) Sieh mich an, meine göttliche Herrin, nimm an mein Flehen! (44) Schau mich verläßlich an, erhöre mein Gebet! (45) Gnade für mich sage an, so wird dein Gemüt sich entspannen! (46) Gnade für meinen jämmerlichem Leib, der voll ist mit Konfusem und Verwirrtem! (47) Gnade für mein totkrankes Herz, das voll ist mit Tränen und Seufzern! (30) Sei
144. ahulap, in den Wörterbüchern mit »es ist genug« wiedergegeben, am Anfang dieser und der ˘ folgenden Zeilen bis Z. 30 sowie von Z. 45-50 ist ein Ausruf, mit dem Beter um Gnade bitten und ein Gott diese gewähren kann. 145. Zur Bedeutung des Schleiers der Braut in der Hochzeitszeremonie vgl. schon oben Anm. 106.
88
Texte aus Mesopotamien (48) Gnade
für meine (Omen-)Vorzeichen, die jämmerlichen, konfusen und verwirrten! für mein verwirrtes Haus, das klagend weint! (50) Gnade für mein Gemüt, das ausharrt unter Tränen und Seufzern! (51) Irninı¯tu, möge dein Herz, der wütende Löwe, mir zur Ruhe kommen, (52) der zornige Wildstier, dein Gemüt, möge sich mir abregen! (53) Deine gütigen Augen mögen auf mir weilen, (54) mit deinem strahlenden Antlitz schau mich verläßlich an! (55) Vertreibe die bösen Behexungen meines Leibes, daß ich dein strahlendes Licht erblicke! (56) Wie lange noch, meine göttliche Herrin, sehen meine Gegner böse auf mich und (57) ersinnen mit Lügen und Unwahrheiten Böses? (58) Meine Verfolger, die mich verlachen, machen sich über mich lustig! (59) Wie lange noch, meine göttliche Herrin, gehen Dummkopf und Krüppel an mir vorüber? (60) Mir voran ging der Lahme, später dann folgte ich nach! (61) Die Schwachen wurden stark, und ich wurde schwach! (62) Ich woge wie eine Hochflut, die ein böser Wind auftürmt! (63) Es flattert und fliegt umher mein Herz wie ein Vogel des Himmels, (64) ich klage wie eine Taube nachts und am Tag! (65) Ich glühe und weine bitterlich, 146) (66) unter Jammern und Klagen ist mein Gemüt erkrankt! (67) Was tat ich meinem Gott und meiner Göttin an, ich, (68) daß ich, als wenn ich meinen Gott und meine Göttin nicht verehrte, behandelt bin? (69) Auferlegt sind mir Krankheit, Fieber, Verluste und Verderben, (70) auferlegt sind mir Schrecknisse, Mißachtung und Vollsein mit Wut, (71) Groll, Erzürntheiten, Verärgerung von Göttern und Menschheit. (72) Ich sah, meine göttliche Herrin, verfinsterte Tage, dunkle Monate, Jahre des Grams, (73) ich sah, meine göttliche Herrin, Verurteilung, Verwirrung und Umsturz! (74) Tod und Not halten mich umfangen, (75) totenstill ist meine Kapelle, totenstill ist mein Heiligtum! (76) Über Haus, Tor und meine Fluren ist Totenstille gebreitet, (77) meines Gottes Angesicht ist andernorts gewendet! (78) Verstreut ist meine Familie, mein Schutzdach zerfallen, (79) doch ich achte auf meine göttliche Herrin: Auf dich sind meine Ohren gerichtet! (80) Zu dir bete ich, zu dir! Meine Schuldverpflichtung löse, (81) löse meine Sünde, meine Schuld, mein Vergehen und meinen Fehler! (82) Tilge meine Vergehen, nimm an mein Flehen! (83) Lockere mir die Fesseln, meine Lastenbefreiung gewähre! (84) Schenk mir geraden Schritt, auf daß ich strahlend und fürstlich unter den Lebenden auf der Straße einhergehen kann! (49) Gnade
146. Z. 64-65 wörtlich gleichlautend mit Z. 12-13 des in TUAT II (1986-91) 776 übersetzten Dingir-sˇà-dib-ba-Gebets an Ea, Sˇamasˇ und Marduk.
89
Karl Hecker (85) Befiehl,
und auf deinen Befehl hin
möge der erzürnte Gott freundlich werden, (86) (und) die Göttin, die mir böse war, zu mir zurückkehren! (87) Mein dunkles, verräuchertes Kohlebecken möge leuchten, (88) meine erloschene Fackel möge entzündet werden! (89) Meine verstreute Familie möge sich sammeln, (90) mein Viehstall möge verbreitert werden, erweitert werde meine Hürde! (91) Nimm an mein Nasestreichen, erhöre mein Gebet, 147) (92) schau mich verläßlich an! (Rasur) (93) Bis wann, meine göttliche Herrin, bist du noch erzürnt und ist dein Antlitz abgewendet, (94) bis wann, meine göttliche Herrin, bist du noch erregt und ist dein Gemüt so wütend? (95) Hebe den Nacken, den du gesenkt hattest, wieder, richte dein Antlitz [auf] ein Wort des Guten, (96) wie Wasser, das den Fluß(stau) löst, werde dein Gemüt gelöst! (97) Die mich verunglimpfen, will ich wie den Erdboden niedertreten, (98) die mit mir Verfeindeten unterwirf mir und laß vor mir zu Boden fallen! (99) Meine Gebete und meine Bitten mögen zu dir gehen, (100) dein großes Erbarmen möge mit mir sein! (101) Die mich auf der Straße sehen, mögen deinen Namen preisen, (102) und ich werde den Schwarzköpfigen deine Gottheit und deine Heldentaten hell erstrahlen lassen! (103) Is ˇtar ist erhaben, Isˇtar ist Königin! (104) Die göttliche Herrin ist erhaben, die göttliche Herrin ist Königin! (105) Irnini, die heldenhafte Tochter des Sîn, hat ihresgleichen nicht! (106) Wortlaut
des Handerhebungsgebets zu Isˇtar.
(107) Das
Ritual dazu: An einer Stelle, zu der Zutritt ferngehalten ist, fegst du das Dach, versprengst reines Wasser und legst 4 Ziegelsteine an die Ecken. (108-109) Zweige von Euphratpappel häufst du auf, legst Feuer (daran), Duftkräuter, Feinmehl (und) Wacholder schüttest du darüber, Feinbier libierst du. (109-110) Du wirfst dich (noch) nicht nieder, sondern rezitierst (erst) diese Beschwörung 148) dreimal vor Isˇtar. Dann wirfst du dich zu Boden, ohne dich umzublicken. Hohe Isˇtar, die die Weltufer erhellt! (112-113) Original aus Borsippa. Entsprechend seiner Vorlage von Nabû-bala¯ssu-iqbi, Sohn von A¯tamar-kala, Beschwörungspriester, für sein Leben geschrieben, kollationiert und in Esagila aufgestellt.
(111) Beschwörung:
147. Das Streichen der Nase war ein Gestus der Demut und der Unterwerfung, und des nicht nur im religiösen, sondern auch im profanen Bereich. 148. Akkadisch minu¯tu, wörtlich »Aufzählung, Rezitation« (zu manû »zählen, rezitieren«).
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Texte aus Mesopotamien
11. Das Klagegebet des Nabû-sˇuma-ukı¯n Der hier übersetzte Text aus dem British Museum London (Inv.-Nr. BM 40474, wohl aus Babylon stammend) wurde mit Kopie, Foto und Bearbeitung von I. L. Finkel unter dem Titel »The Lament of Nabû-sˇuma-ukîn« in: Babylon: Focus mesopotamischer Geschichte, Wiege früher Gelehrsamkeit, Mythos in der Moderne (CDOG 2), Saarbrücken 1999, 323-342 veröffentlicht. Weitere Übersetzung: B. R. Foster. aaO., 852856. Der Autor des aus sprachgeschichtlichen und paläographischen Gründen in das 6. Jh. zu datierenden Textes war, wie Wortwahl und literarische Anspielungen dokumentieren, ein gebildeter Mann, der offenbar im Gefängnis saß. Daß er sich im Kolophon des Textes auch mit Namen vorstellt, ist für die sonst weitgehend anonyme keilschriftliche Literatur schon auffällig genug, richtig aufregend ist dann aber, daß er außerdem auch den Namen seines Vaters, nämlich Nabû-kudurrı¯-usur, mitteilt, bei dem es sich, auch wenn kein Titel angegeben ist, eigentlich nur um den˙ babylonischen König Nebukadnezar II. handeln kann. Das würde dann bedeuten, daß dieser Nabûsˇuma-ukı¯n ein Bruder von König Ame¯l-Marduk gewesen wäre, der als Ewil-Merodach 2. Kg. 25, 27-30 zufolge Jojachin von Juda nach über 32-jähriger Gefangenschaft in Babylon freiließ. 149) Es gibt aber eine noch weitergehende Theorie, nämlich daß Nabû-sˇuma-ukı¯n und Ame¯l-Marduk sogar ein und dieselbe Person gewesen wären und der von seinem Vater ins Gefängnis geworfene Nabû-sˇuma-ukı¯n sich nach seiner dem Marduk verdankten Befreiung umbenannt habe. 150) Doch bleibt diese auf der Kontamination der keilschriftlichen und rabbinischen Quellen beruhende Vermutung überaus vage, und es ist nicht ganz auszuschließen, daß Nebukadnezar mehr als nur einen seiner Söhne in Gefangenschaft nahm. Nabû-sˇuma-ukı¯ns Gebet ist durch auf der Tafel angebrachte Linierungen in drei (wenn man den Kolophon mitzählt, in vier) Abschnitte gegliedert. In Abschnitt 1 zählt der Beter die ihm in seiner besonderen Situation wichtig erscheinende Fähigkeiten Marduks auf, in Abschnitt 2 schildert er zunächst seine Not, um sich dann (ab Z. 33) in direkter Anrede an die Gottheit zu wenden. Da die Erhörung der Bitten noch nicht in Sicht ist, ist es klar, daß das Gebet vor Nabû-sˇuma-ukı¯ns Freilassung und vor Nebukadnezars Tod im Jahre 562 entstanden sein muß. (Vs. 1) Es
zerstreut die Taten des Übeltäters unter den [Göt]tern Marduk, Listen der Menschen wirft der Wind nieder. (3) Es löst die Bande der Listen des Bösen unter [den Menschen] Marduk, (4) es bindet den Bösen und packt den Mund des Verleumders Marduk. (2) die
149. Rabbinische Traditionen wollen sogar wissen, daß Ewil-Merodach und Jojachin gemeinsam im gleichen Gefängnis saßen. Vgl. dazu Finkel, aaO., 334 ff. Die für den fraglichen Zeitraum sehr spärliche kuneiforme Überlieferung vermittelt bislang dafür aber keine Bestätigung. Einige Jojachin betreffende Texte aus dem Archiv »Babylon 10« (vgl. dazu O. Pedersén (CDOG 2), 314 f.) hat E. Weidner, Jojachin, König von Juda, in babylonischen Keilschrifttexten, in: Mélanges syriens offerts à Monsieur René Dussaud 2, Paris 1939, 923-935 behandelt. 150. Ame¯l-Marduk bedeutet »Mann des Marduk«, der in der Namenstradition seines Vaters stehende Name Nabû-sˇuma-ukı¯n »Nabû festigte den Namen«.
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Karl Hecker (5) Das
Wort, das in List vorgebracht wird, hört, versteht und wendet zurück zum [Sprecher] Marduk.
(6) Er
löst die Bande des Widersachers und Feindes, es wirft sie dann nieder der Wind. Bande der List zu lösen vermag [Marduk], (8) den, der auf die List seines Herzens vertraut, wirft dann der Wind nieder. (9) Auf zugekniffene Augen sieht Marduk böse herab, (10) die Lippen der Übeltäterin läßt er den Feuergott verbrennen. (11) Es weidet den, der nichts weiß, der nichts sieht, Marduk, (12) wer kann wie er Kunstvolles erschaffen? (13) Es erbarmt sich des Schwachen, des Unfähigen Marduk, 151) (14) Er kennt die Zeichen, alle Listen hat sein Verstand gesammelt. (15) Die List des Widersachers, die Bande des Boshaften vermag er zu lösen. (16) Wer nur auf sich selbst achtet, über den geht der Sturm hinweg, (17) wer auf die List seines Herzens vertraut, hinterläßt nur Windhauch. (18) Wenn etwas vom Morgen aufleuchtet, 152) (19) am Mittag, zur Schlafenszeit, (20) am Abend, bei Tagesende, (21) die ganze Nacht, bei Tagesanbruch (22) weint der Kummervolle, Erschöpfte, (23) der Kummervolle, der nichts sehen kann, wischt die Tränen ab. 153) (24) [Weg]en der Listen der Menschen wischt er die Tränen ab. (25) [Er wei]nt in seinem Gefängnis, weil seine Sache schlecht steht. (26) [Wegen] der Aussagen, die für ihn schlimm waren, wischt er die Träne ab. (27) [Die Bande] des Widersachers und Feindes ersannen List. (28) [… sind die Ba]nde der Menschen, sehr hart sind die Bande ihrer Schlechtigkeit. (29) [… …] mit Fesseln umwunden […]. (30) [… …] … in der List, mit der sie das Fangnetz stark machten als meine […]. (31) [Der Ar]me steht da, weint erschöpft, (32) [bitterlich] weint er [im Gef]ängnis, er betet und ruft [zu] Marduk: (33) [»Schenk mir] meine Freiheit, ich werde Demu[t zeig]en! 154) (34) [… lö]se die Bande d[es … …] seines Herzens! (7) Die
(35) […
… … …, o M]arduk! … [… …, o M]arduk! (37) Die mich binden, [bestrafe, o Ma]rduk! (38) Die mich fesseln, [… …, o Ma]rduk! (39) Die (Frauen), die mir Böses antun, [… …], o Marduk! (40) Die (Männer), die mir Böses antun, [… …], o Marduk! (41) Den Verfolger des […] zerstöre, o Marduk! (36) Meine
151. Lies am Zeilenanfang mit Kopie und Foto i-re-e-ma. 152. Wörtliches Zitat aus Tafel XI des Gilgamesˇ-Epos (Z. 95, vgl. TUAT III (1990-97) 732). 153. Lies i-he-et-tì-ip, dies ist zu dem seltenen Verb hata¯pu »abwischen« zu stellen. Vgl. noch di˘ˇa h˙u-t ˘ ˙ UET VI 396, 23. ˙ ù-pa-at »ihre Tränen sind abgewischt« ma-tu-s ˙ meine Nas[e reib]en«. 154. Wörtlich ˘»werde
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Texte aus Mesopotamien (42) Den,
der List gegen mich ersinnt, wirf nieder, o Marduk! sich gegen mich verschwören, verbrenne, o Mar[duk]! (44) Die über mich den Kopf schütteln, vernichte, o M[arduk]! (45) Den, der mich böse anschaut, lasse zerschlagen, o [Marduk]! (46) Den, der List zu meinem Unheil ersinnt, mögest du erkennen (und) niederschlagen! (47) Dessen Lippen voll Süße, dessen Herz mit Bosheit bel[aden ist (und)] mich […], […] zum […]! (Rs. 48) Der für mein Unheil seine Bande stark machte, den überprüfe und [schicke] in die Unterw[elt hinab]! (49) Mit dem festen Fangnetz, mit dem der Übeltäter [mich] umschloß, [umschließe ihn]! ˇ azu, walte als Hirte (und) spreche zu [seinem Vater]! 155) (50) Nabû, der Liebling des S (51) Der durch List seines Herzens die Bande meines Unheils stärkte, [den] re[iße] eilig aus […] heraus! (52) Der zum eigenen Vorteil und zum Unheil meines Herzens an mir handelte, [dem lege] sch[were] Strafe auf! (53) Du bist Marduk, möge da auch (einer), der [mich] schlecht behandelt, sein! (54) Zähle den, der gegen mich zum Bösen aufwiegelte, zum Bösen, o Marduk! Die Listen der Menschen: Wer ist da außer dir, der die Listen der Menschen zerstreut? (55) Meine R[ede] hat er dem Verleumder wiederholt, der mir Böses antat, denk daran, Marduk! (56) [Der meine Rede] wiederholte, tat mir Böses an, er ließ mich zu einem, der ihm zur Seite steht, reden, wisse das, Marduk! (57) Das Vergehen [in den Wor]ten meines [Verl]eumders vor dem, der mir Böses antat, untersuche, Marduk! 156) (58) Ich redete keine [schlimme] List, ein Verleumder veranlaßte das Gerede, wisse das, Marduk! (59) Ein Täuscher war es, der in meiner Kehle den bösen Wind gegen mich aufkommen ließ, höre das, Marduk! (60) Den bösen Wind, der sich gegen mich erhob, wirf nieder, Marduk, die Bande des Bösen gegen mich möge der Übeltäter zurücknehmen! (61) Über seine eigenen Listen gehe der Sturm hinweg, was sein Herz erwünscht, sei nur ein Windhauch! (62) Den, der meinen Lehrer, dessen Liebling ich war (und) der mich anleitete, […]te, erwähne zum Bösen, Marduk! (63-65) (Wegen Beschädigung der Tafel sind keine größeren Satzzusammenhänge erkennbar. Einzelworte: Machenschaften [Z. 64, 65?], sie tuschelten [Z. 65].) (66) Sie machten m[ein Verleumdung] vernehmbar, (und sie) senkte sich auf meinen väterlichen Erzeuger. (67) Dem Verleumd[er …]…[… durch] die Machenschaft machten sie [mein] Gefängnis schwer. (68-69) (Nur geringe Reste erhalten.) (43) Die
155. Sˇazu »Der das Herz kennt« ist der 18. der 50 Namen des Marduk in Tafel VII, 35 ff. des Weltschöpfungsepos Enu¯ma elisˇ. Vgl. TUAT III (1990-97) 598. 156. isˇ-te-’-e (Prt.) Fehler für sˇi-te-’-e (Imp.) Gtn sˇe’û »sehen, suchen«?
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Karl Hecker (70) […]…
unter den Gefangene, bis er selbst .. […] in Ordnung bringt. …] tuschelte mit dem Verleumder, für […]… machten sie meine Worte schwer verständlich, wisse (das), M[arduk]! (72) [Auf …] des Herzens höre, die Machenschaft meines Feindes löse auf, (auch) seine Listen, den bösen Wind [beend]e! (73) [Das Band der] feindseligen [Li]st ist ein Wind, ein Sturm seine Machenschaft, möge ein Windhauch seine Bande lösen! (74) [Für] deinen [Diener] habe ein gütiges Ohr, habe Erbarmen mit dem Erschöpften, der an dich denkt! (75) [Über] die, die mein Unglück besorgten (und) das Band des Bösen gegen mich hart machten, erringe den Sieg! (76) Deine [starke] Waffe ist eine Sintflut, die meine Beschimpfung hörte; die […] wurden sichtbar. (als) sie an deinen guten Namen dachten. (77) [Besänf]tige dein Herz, eile, mir den Sieg zu verschaffen, löse meine Fesseln! (78) Mögen die Igigi dich segnen, die Anunnaki dich ständig segnen, Himmel und Apsû 157) sich über dich freuen! (79) Ea, der König des Apsu, möge sich glücklich über dich freuen! (80) Gebet eines erschöpften Gebundenen, den sein Übeltäter band, das er dem Marduk vortrug. Durch das Gebet zu Marduk möge er befreit werden. Dann mögen Leute und Land seine Größe schauen! (81) Werk des erschöpften, sehr ermüdeten Nabû-s ˇuma-ukı¯n, Sohn des Nabû-kudurrı¯-usur. [Alle Menschen] sollen all diese Boshaftigkeiten sehen! ˙ (71) Mei[n
12. Inschriftliche Gebete a) Auf den Türschwellen der Tempel in seiner neugegründeten Hauptstadt Du¯r-Sˇarru-kı¯n (heute Horsa¯ba¯d) ließ Sargon II. kurze Inschriften anbringen, die dem Wort˘ zu dem in dem betreffenden Tempel verehrten Gott darstellen. Die laut nach Gebete hier übersetzte Inschrift stammt vom Sîn-Tempel. Text: G. Loud / Th. Jacobsen / H. Frankfort, Khorsabad, Part I: Excavations in the palace and at a city gate (OIP 38), Chicago 1936, 130 Nr. 3. Fundort Hof XXVII, Raum 167: aaO., Fig. 98, Foto: Fig. 100, 119. – Letzte Bearbeitung: A. Fuchs, Die Inschriften Sargons II. aus Khorsabad, Göttingen 1994, 3.2.2 Die Türschwelle des Sîn-Tempels. – Weitere Übersetzungen: W. von Soden, SAHG 281, J.-M. Seux, aaO., 528, B. R. Foster, aaO., 787. (1-2) Sîn,
heiliger Gott, der die Entscheidungen trifft, die Vorzeichen anzeigt, (4) sieh beständigen Herzens verläßlich (2) auf Sˇ arru-kı¯n, den König des Weltalls, König des Landes Assur, Statthalter von (3) Babylon, König des Landes Sumer und Akkad, Erbauer (4) deines Heiligtums, und (5) richte deinen gerechten Blick auf ihn! (6-7) Gewähre ihm zahlreiche Tage von Gesundheit des Fleisches, Frohsinn des Herzens bestimme als sein Schicksal! (8-9) Lang wie Himmel und Erde mache seine Regierungszeit, über die vier Weltteile mache seinen Thron beständig! 157. Apsû: der Süßwasserozean unter der Erde.
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Texte aus Mesopotamien
b) Gebet zu Ningal, der Gemahlin des Sîn, von der Schwelle ihres Tempels in Du¯r-Sˇarru-kı¯n. Text: G. Loud / Th. Jacobsen / H. Frankfort, aaO., 133 Nr. 7. Fundort Hof XXXI, R180: G. Loud / C. B. Altman, Khorsabad, Part II: The citadel and the town (OIP 40), Chicago 1938, Pl. 76. – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: A. Fuchs, aaO., 3.2.3, W. von Soden, SAHG 280, J.-M. Seux, aaO., 528, B. R. Foster, aaO., 786.
der Herrinnen, erhabene Ningal! (2-3) Für Sˇ arru-kı¯n, den König des Weltalls, König des Landes Assur, Statthalter von Babylon, König des Landes Sumer und Akkad, Erbauer (4) deines Heiligtums, (4-5) sprich bei Sîn, deinem geliebten Gatten, Fürsprache (und) ein gutes Wort für den [Best]and seiner Regierungszeit! (6) Lebensdauer auf ferne Tage möge er als sein Schicksal bestimmen, (7) seine Nachkommenschaft möge für lange Zeiten über alle Wohnstätten herrschen!
(1) Geehrteste
c) In der Altorientalistik werden auch handschriftlich auf Tonzylindern eingetragene Gründungsurkunden von Tempeln als Inschriften verstanden und, da sie für etwaige Leser unzugänglich in einer Gründungskapsel in den Baufundamenten deponiert waren, mit dem Epitheton »verborgen« versehen. In der neubabylonischen Zeit war es üblich, solche verborgenen Inschriften mit einem abschließenden Gebet zu versehen. Beispiele hierfür finden sich schon in TUAT II (1986-91) 782 f. (Nebukadnezar an Sˇamasˇ bzw. Marduk) und NF VI (2011) 43 ff. (Nabonid an Sîn). Der im folgenden übersetzte Auszug aus einer Inschrift des Seleukiden Antiochos I. Soter (281-261 v. Chr.) ist hauptsächlich deswegen von Interesse, weil es sich bei ihm um das letzte datierbare Gebet in akkadischer Sprache handelt. Der Text, ein Tonzylinder aus Borsippa, wurde durch Th. Pinches in keilschriftlichen Drucklettern in babylonischem und zusätzlich in assyrischem Duktus als V R (1880-84, Nachdruck 1909) 66 veröffentlicht. Bearbeitung: F. Weisbach, Die Keilinschriften der Achämeniden (VAB 3), Leipzig 1911, 132 ff. – Übersetzungen (im Auszug): W. von Soden, SAHG 291 f., J.-M. Seux, aaO., 525 f., B. R. Foster, aaO., 866.
Der Text ist in Gliederung und Diktion deutlich ein schwaches Spätwerk, das weitgehend traditionelle Formen verwendet: auf den Name des Königs mit den üblichen Titeln (aber nicht vergöttlicht) und einen kurzen Bericht über Baumaßnahmen an den Tempeln des Marduk in Babylon (Esagila) und des Nabû in Borsippa folgt der größere Gebetsteil, der sich auffälligerweise nur an Nabû wendet und auch wieder großenteils aus überlieferten Floskeln besteht. (I, 1-3) Anti3ukus,
der große König, der mächtige König, der König des Alls, der König von Babylon, König des Alls, König aller Länder, der Pfleger von Esagila und Ezida, (4-6) erster Sohn von Selukku, dem König, dem Makedonier, dem König von Babylon, bin ich. (6-16) (Bericht über die Bauarbeiten.) (16-19) Nabû, erhabener Sohn, weisester der Götter, prächtiger, der für Lobpreisungen bereitsteht, erster Sohn von (20-21) Marduk, geboren
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Karl Hecker
von Aru¯3a, 158) der Königin, die Geschöpfe hervorbringt, (22-24) blicke freundlich, und auf deinen erhabenen Befehl, den Befehl, der unveränderbar ist, (30) sei 159) (25-27) Niederwerfen der Länder meiner Feinde, Erlangung des Sieges über die Gegner, siegreich dazustehn, (28-30) gerechtes Königtum, glückhafte Regierungszeiten, Jahre der Zufriedenheit, (und) Sattwerden an Lebensalter das Geschenk für das (II, 1-3) Königtum von Anti3ukus und König Selukku, seinen Sohn, auf ewig! Fürstensohn (4-6) Nabû, Sohn von Esagila, erster Nachkomme des Asaru, geboren von Aru¯3a, der Königin, (7-10) wenn du in Ezida, das ewige Haus, das Haus deiner Gotteswürde, die Wohnung deiner Zufriedenheit, in Freude und Frohsinn eintrittst, (10-12) mögen auf deinen sicheren Befehl, der unaufhebbar ist, meine Tage verlängert werden, viel werden meine Jahre! (12-15) Sicher sei mein Thron, lang währe meine Regierungszeit durch dein erhabenes Szepter, das die Grenzen von Himmel und Erde festlegt. (16-17) In deinen heiligen Mund möge Gutes für mich gelegt sein! (17-19) Alle Länder vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang der Sonne mögen meine Hände erobern, (19-21) ihren Tribut möge ich empfangen und für die vollkommene Ausgestaltung von Esagila und Ezida bringen! (21-23) Nabû, erster Sohn, wenn du in Ezida, das ewige Haus, eintrittst, (24-29) dann sei Gutes (für) Anti3ukus, den König aller Länder, (und) Gutes (auch für) König Selukku, seinen Sohn, (und für) Astartanikku, seine Gattin, die Königin, in deinen Mund gelegt! 160)
13. Gottesbriefe Es gibt nur wenige Briefe an Götter in akkadischer Sprache. Das berühmteste Beispiel ist in der Assyriologie unter dem Namen »Sargons achte Kampagne« bekannt. König Sargon informiert darin den Reichsgott Assur in Briefform über die Erfolge seines 8. Feldzugs. 161) a) Der folgende Brief aus den Istanbuler Arkeoloji Müzeleri – Inv.-Nr. Ni 13088 – stammt aus Nippur und wurde von F. R. Kraus unter dem Titel »Eine neue Probe akkadischer Literatur: Brief eines Bittstellers an eine Gottheit« in JAOS 103 (1983) 205-209 in Umschrift mit Übersetzung publiziert. Von dem sehr fragmentierten und nicht eindeutig datierbaren Text – wohl eine Schulübung – werden hier nur die besser erhaltenen Zeilen übersetzt. (Vs. 1-4) [Zu] (5-7) dem
meinem Herrn [Nabû?, zu dem] zu beten [gut ist, … …] sprich! [Zu] Erbarmungsvollen, Hilfreichen, Verzeihenden, [bei] dem [es] rasche Vergebung
158. Aru¯3a war ein Beiname der Zarpa¯nı¯tu, der Gemahlin des Marduk. Dieser wird in II, 4 auch Asaru genannt. 159. Lies lu! sˇi-ri-ik-ti. 160. Gemeint sind Stratonike als Gattin des Antiochos I. und deren Sohn Seleukos, der als Antiochos II. Theos ab 268 als Mitregent seines Vaters fungierte und nach dessen Tod bis 246 allein regierte. 161. F. Thureau-Dangin, Une Relation de la Huitième Campagne de Sargon, (TCL 3) Paris 1912, Übersetzungen: Walter Mayer, MDOG 115 (1983) 65-132, B. R. Foster, aaO., 790-813.
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Texte aus Mesopotamien
[gibt], 162) (sprich) zu ihm nochmals! (8-10) Entsprechend seinem Namen [ist er] mit einem erhabenen Namen [benannt]. 163) Vom Mutterleib an ist ein gutes Geschick sein Geschick, (sprich) zu ihm ein drittes Mal! (11-12) Mein fähiger Herr, hderi du zurückgibst, 164) Held, dessen Ausspruch Wahrheit ist, bist Du! (13-15) Folgendermaßen (spricht) Sîn-na¯din-sˇumim, der ehrfürchtige Diener, der wegen eines Befehls von dir gar sehr Herzklopfen hat, (16-18) (der) Tag und Nacht ergriffen zu dir betet, dein Diener. (19-21) Mein Herr ist wegen etwas, was ich nicht weiß, über mich erzürnt. Einen Fürsprecher habe ich nicht bekommen. (22-23) Jetzt, mein Herr, fragst du mich, 165) und so (24-25) will ich meinem Herrn von dem Schlimmen berichten, das mir begegnet ist. (26-28) Seit der Zeit, da ich noch klein war, [habe ich ge]genüber Ibni-Enli[l …] (Rs. 29-44) (Bis auf geringe Reste abgebrochen.) (45-46) […] habe ich keinen Retter bekommen. Immer wieder habe ich gesucht, aber niemand ergriff meine Hand. (47-48) Möge sich mir der Zorn meines Herrn beruhigen, und möge mein Herr von meiner Last mich befreien! Dann (49-50) [will ich] sehr auf den Ausspruch meines [Herrn achten]! b) Das wohl aus Nippur stammende altbabylonische Tontäfelchen BM 103768 des Londoner British Museum wurde 1994 von W. H. van Sold als AbB XIII, 164 in Umschrift mit Übersetzung bekannt gemacht; eine weitere Übersetzung findet sich bei B. R. Foster, aaO., 219.
Abb. 4: Siegel des Hasˇhamer ˘ ˘ (Vs. 1-3) Zu (4) Is ˇum
meiner Herrin Ninmug sprich! Folgendermaßen dein Diener Ninurta-qarrad: hört auf dein Sprechen! (5-7) Wegen dieses Vergehens, das ich beging, nimm mir
162. Lies ˇsa … na-ap-sˇu-ru ba-[sˇu-ú it-ti-sˇu]. 163. Der Name des Gottes Nabû bedeutet soviel wie »der Genannte, der Berufene«. Aus der Anspielung dieses Satzes ergibt sich die Ergänzung des Gottesnamens in Z. 1. 164. tu-ta-ru dürfte 2. Sg. Prs. Subjtv. D zu târu sein, was den Einschub von hsˇai notwendig macht. 165. Liest man etwa tu-sˇe15-ep-pa-am und stellt dies zu dem seltenen ˇsepû CAD Sˇ/II 254?
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Karl Hecker
bei Isˇum meine Hand! 166) (8-9) Sobald du bei Isˇum meine Hand genommen hast, (12) werde ich (11) mit leuchtendem Gesicht (Rs. 11-12) dem Isˇum ein Opfer bringen. (13-14) Auch dir werde ich ein Schaf bringen! (15-19) Wenn ich vor Isˇum mein Lob ausspreche, will ich auch dir Lob aussprechen! 167)
14. Personennamen Viele akkadische Personennamen stellen ihrer Bedeutung nach kurze Gebete dar. Auf die Angabe von Belegstellen wird in den folgenden Beispielen verzichtet. Sîn-leqe-unnı¯nı¯ »Sîn, erhöre mein Flehen!« (»Verfasser« des Gilgamesˇ- Epos) 168) Ennam-Asˇsˇur, Asˇsˇur-ennam »Asˇsˇur, sei mir gnädig!« (altassyrisch oft) 169) La¯-tubasˇsˇanni-Isˇtar »Beschäme mich nicht, Isˇtar!« Marduk-re¯manni »Marduk, habe Mitleid mit mir!« (neuassyrisch) 170) Nabû-sˇarra-usur »Nabû, schütze den König!« Nabû-kudurrı¯˙-usur »Nabû, schütze meinen Erbsohn!« (Nebukadnezar) Be¯l-ze¯ru-lı¯sˇir »Be˙¯ l, der Same möge recht sein!« Be¯l-aba-usur »Be¯l, schütze den Vater!« Izzizam-ilı¯˙»Mein Gott, steh mir bei!« Pa¯n-Asˇsˇur-la¯mur »Ich will das Antlitz Assurs sehen« Sîn-ahhe¯-rı¯ba »Sîn, ersetz mir die Brüder!« (Sanherib) ˘˘ Legenden zu den Abbildungen und Herkunftsnachweise Abb. 1: Harfenspieler: M. Seton-Williams, Babylonien, Hamburg 1981, S. 13. Abb. 2: Liebespaar: C. Michel, in: Les débuts de l’Histoire. Le Proche Orient, de l’invention de l’écriture à la naissance du monothéisme. Sous la direction de P. Bordreuil, F. Briquel-Chattonet et C. Michel, Paris 2008, S. 212. Abb. 3: Isˇtar: A. Parrot, Assur. Universum der Kunst, herausgegeben von A. Malraux und G. Salles, München 1961, S. 287. Abb. 4: Einführungsszene, Siegel des Hasˇhamer: D. Collon, First Impressions, London ˘ ˘ 1987, Nr. 532. 166. Die Übersetzungen van Solds und Fosters (»intercede for me with Isˇum«) lassen die Bildhaftigkeit des akkad. Textes außer acht. »Die Hand von jemandem bei einem Gott nehmen« reflektiert die vor allem in der Glyptik beliebte »Einführungsszene«, in der eine Gottheit den die rechte Hand zum Gebet erhebenden Siegelbesitzer an die linke Hand nimmt und zu einem höheren und thronenden Gott führt. Für ein Bildbeispiel vgl. das Siegel des Hasˇhamer (Zeit ˘ ˘ des Ur-Namma) in Abb. 4. 167. Ninmug, eine Handwerks- und Geburtsgöttin, war die Gemahlin des Isˇum. Vgl. A. Cavigneaux / M. Krebernik, RlA IX (1998-2001) 471-473. 168. Vgl. TUAT III (1990-97) 647. 169. Für die altassyrischen theophoren Personennamen vgl. H. Hirsch, Untersuchungen zur altassyrischen Religion, AfO Bh 13/14, 2. erweiterte Auflage, Osnabrück 1972. Allgemein noch immer wichtig: J. Stamm, Die akkadische Namengebung (MVAeG 44) Leipzig 1939. 170. Belege und zahlreiche weitere neuassyrische Beispiele finden sich bei K. Radner (Hg.), The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire, Helsinki 1998-2011.
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II. Texte der Hethiter
Hethitische Gebete Jörg Klinger In der Regel werden die Gebete als ein eigenständiges Genre der hethitischen Textüberlieferung behandelt, dabei sind die Unterschiede, was den formalen Aufbau, die sprachliche Gestaltung oder die Inhalte betrifft, nicht unerheblich, vergleicht man die Texte miteinander, die gemeinhin unter dieser Gattungsbezeichnung zusammengefaßt werden. 1) Eine eigensprachliche Gattungsterminologie im engeren Sinne kennt das Hethische nicht, auch wenn mit arkuwar »Gebet« oder mukesˇsˇar »Bittgebet, Anrufung« entsprechende Begriffe belegt sind 2). Noch differenzierter wird das Bild, wenn man einerseits die Entwicklung innerhalb der so zusammengefaßten Gruppe von Texten berücksichtigt, andererseits den offensichtlichen Einfluß nicht-hethitischer Traditionen, gilt doch gerade dieser Bereich der hethitischen »Literatur« generell als nachhaltig von außeranatolischen Vorstellungen und Formen beeinflußt, was sich anhand einiger weniger, aber ausgesprochen detaillierter Arbeiten zu einzelnen Texten auch tatsächlich gut belegen läßt. 3) Eine systematische Aufarbeitung des The1.
2.
3.
Grundsätzlich zu den hethitischen Gebeten vgl. H. Otten / G. Furlani, Gebet und Hymne in Hatti, RlA 3 (1957-71), 170-175; E. Laroche: La prière hittite, vocabulaire et typologie, in: ˘ AEPHE.R 72 (1964-65) 3 ff.; Ph. H. J. Houwink ten Cate: Hittite Royal Prayers, Numen 1516 (1968-69) 81-98; ders.: The Sun God of Heaven, the Assembly of Gods and the Hittite King, in: D. van der Plas (Hg.): Effigies Dei. Essays on the History of Religions, Leiden 1987, 13-34; H. G. Güterbock: Some Aspects of Hittite Prayers, in: Frontiers of Human Knowledge (Acta Universitatis Upsaliensis, 38), 1978, 125-139; M. Marazzi: Inni e Preghieri ittite. A Proposito di un libro recente, SMR 49 (1983) 321-341; G. Kellerman: Les prières hittites, Numen 30 (1983) 269-280; M. Marazzi u. H. Nowicki, Vorarbeiten zu den hethitischen Gebeten, OA 17 (1978) 257-78. A. Kammenhuber, Hethitische Gebete, in Kindlers Neues Literatur-Lexikon, Bd. 18, München 1992, 722 f. (zuerst Bd. III, 1967, 1731-34); R. Lebrun, Observations sur la prière hitite, in: L’experience de la prière dans les grandes religions, 31-57; J. de Roos, Hittite Prayers, in: CANE IV (1994) 1997-2005 und zuletzt P. Taracha, Religions of Second Millennium Anatolia (Dresdner Beiträge zur Hethitologie, 27), Wiesbaden 2009, 141-144. Vgl. auch H. C. Melchert, Hittite arku- »chant, intone« vs. arkuwa¯(i)- »make a plea«, JCS 50 (1998) 45-51; die Semantik von mukesˇsˇar beschränkt sich aber keineswegs auf solche Texte, die wir als Gebete bezeichnen würden, sondern umfaßt z. B. auch den Typ des Beschwörungsrituals; s. dazu CHD L-N, s. v. mukesˇˇsar, 324b, 326b. Vgl. zu diesem Aspekt besonders H. G. Güterbock, The Composition of Hittite Prayers to the Sun, JAOS 78 (1958) 237-45; E. Reiner / H. G. Güterbock, The Great Prayer to Ishtar and Its Two Versions from Bog˘azköy, JCS 21 (1967) 255-66; vgl. noch H. G. Güterbock, Hittite Par-
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Jörg Klinger
mas, die nicht nur einzelne Texte oder Textgruppen, sondern das gesamte Genre berücksichtigt, steht freilich noch aus, aber dennoch lassen sich einige Grundzüge, ausgehend von den gut bekannten Einzelbeispielen erkennen.4) Bis dahin ist es aber nicht möglich, auf formaler Ebene Kriterien anzugeben, nach denen sich ein bestimmter Text als Gebet bestimmen läßt. Nach V. Haas ist »die Rechtfertigung das Kernstück eines Gebetes«5), das daneben aber noch andere, z. B. hymnische Elemente enthalten kann, was wiederum belegt, daß von einer formal klar abgegrenzten Textgattung eigentlich nicht die Rede sein kann. Innerhalb eines Gebetstextes können Elemente auftreten, die ihrerseits in anderen Texten ebenfalls auftreten, man denke nur an die historiographischen Passagen in den Gebeten ab Mursˇili II., aber auch Rituale können gebetsähnliche Passagen enthalten. Erst wenn die Veränderungen, die das Genre der hethitischen Gebete von der althethitischen Zeit bis ins 13. Jahrhundert durchläuft, im Detail untersucht und beschrieben sind, so daß wir über eine wirkliche Chronologie der Entwicklung der hethitischen Gebete als Gattung verfügen, die auch intertextuelle Abhängigkeiten und die Beziehungen zu anderen Textformen berücksichtigt, ließe sich die Frage einer Beeinflussung oder Abhängigkeit einzelner Gebete und/oder der Gattung generell von einer nicht-hethitischen Tradition abschließend beantworten. Ohne einer solchen Untersuchung vorgreifen zu können, scheint doch offensichtlich zu sein, daß die bisher noch sehr geringen Textzeugnisse, die sich eindeutig auf die althethitische Zeit datieren lassen, nicht nur dem Zufalle der Überlieferung geschuldet sind. Zwar schwankt in Einzelfällen die Datierung einer Textgruppe oder ist unsicher (wie z. B. bei CTH 372), was das ursprüngliche Kompositionsdatum betrifft, dennoch kann aber eine Rezeption mesopotamischer Traditionen bzw. ein entsprechender Einfluß bisher nicht für die vor-mh. Zeit namhaft gemacht werden. Eine sichere Datierung der hethitischen Gebete ist dann, unabhängig von der konkreten Überlieferungssituation, mit großer Sicherheit möglich, wenn ihr Verfasser bzw. Auftraggeber klar ist – man wird bei den einzelnen Königen zugeschriebenen Gebeten wohl nie sicher sagen können, ob sie diese tatsächlich selbst formuliert haben oder ob nicht viel mehr eher ein Priestern dies im Auftrag verfaßt hat, auch wenn es sicherlich Ausnahmen gegeben haben mag wie im Falle der sog. »Pestgebete« des Mursˇili II., die zumindest so wirken, als wären sie aus einer echten persönlichen Betroffenheit heraus verfaßt worden.
4.
5.
100
allels, JNES 33 (1974) 323-27 und ders., An Addition to the Prayer of Mursˇili to the Sungoddess and its Implications, AnSt 30 (1980) 41-50 sowie jüngst Chr. Metcalf, New parallels in Hittite and Sumerian praise of the Sun, WdO 41 (2011) 168-76. Dazu auch noch G. Wilhelm, in: Hymnik der Alten Welt, 1993, 59 ff. Vgl. die zusammenfassende Charakteristik von M. Popko, Religions of Asia Minor, Warsaw 1995, 104: »The prayer of Kantuzzili confirms the fact that in the time under discussion the Hittites were already acquainted with Babylonian hymns and prayers and made creative use of this knowledge in their own compositions. The forms presumably reached Anatolia together with other elements of Mesopotamian culture and religion, and like them became constituents of Anatolian culture. Later prayers would provide many examples of dependency on Babylonian archetypes and yet of their creative transformation. In summary, the Middle Hittite period brought about a considerable development of forms of prayers, from simple benedictions to complex and individualized utterances, mostly based on foreign patterns.« V. Haas, Die hethitische Literatur, Berlin 2006, 253; vgl. auch die Darlegung der Kriterien, die I. Singer bei der Auswahl seiner Anthologie zugrunde gelegt hat (ders., Hittite Prayers, 1 ff.)
Texte der Hethiter
So unterscheiden sich die Texte, die man bisher für die frühe Überlieferung der hethitischen Gebete in Anspruch genommen hat 6), in Inhalt und Form doch sehr von den Texten, wie sie ab der nach-althethitischen Zeit belegt sind. Ihrem Charakter nach gleichen diese Texte, oder besser diese Textpassagen oder Anrufungen, eher Elementen, wie sie seit der althethitischen Zeit vor allem auch in Beschwörungsritualen belegt sind und stehen meist in direktem Zusammenhang mit der Ideologie des Königtums, wenn es etwa heißt: »[Einen Vater] habe ich nicht, eine Mutter habe ich nicht – ihr Götter seid mein Vater [und meine Mutter]« (KUB 36.91 (+) 43.68 Vs.? 8’f.) 7). Auch wenn sich ähnliche Formulierungen in den späteren Gebetstexten finden mögen, so stellen diese m. E. nicht zwingend nur eine direkte Weiterentwicklung dieses genuin hethitischen Texttyps dar. Dies dürfte auch für einen weiteren früheren Text gelten, der auch den Gebeten zugerechnet wird und der auf Arnuwanda I. und seine Gattin Asˇmunikal angesichts der ständigen Bedrohungen durch die Kasˇkäer zurückgeht (CTH 375) 8); er liegt teilweise in zeitgenössischen mittelhethitischen Niederschriften vor, hat aber von seiner Konzeption her wenig mit den ebenfalls der mittelhethitischen Zeit zugeschriebenen Texten mit ihrem weitaus persönlicheren Ton wie z. B. dem Kantuzzili-Gebet zu tun, sondern enthält einerseits eher annalistische, andererseits eher Elemente eines Vertragstextes, die in dieser Weise bei späteren Gebeten nicht mehr festzustellen sind. Von diesen hier kurz genannten Texten unterscheidet sich nun deutlich eine größere Gruppe von Texten, die als Gebete charakterisiert werden, die zumindest ihren Ursprung erst in der mittelhethitischen Zeit zu haben scheinen und gleichzeitig deutlich eine Beeinflussung durch ein oder gar mehrere babylonische Vorbilder erkennen lassen 9), darüber hinaus aber in offensichtlicher Abhängigkeit voneinander stehen, so daß man davon ausgehen kann, es handelt sich um die Orientierung an einem Modell oder Prototyp. Dieser Zusammenhang, die Entwicklung einer für die hethitische Tradition bisher so nicht gekannten Formensprache ab der mittelhethitischen Zeit und die ab dieser Zeit ebenfalls zu konstatierende Kenntnis »fremder« Textkompositionen, ist evident, gerade auch deshalb, weil das als althethitisch geltende Gebet CTH 371 10) eben gerade keine solche Berührungspunkte oder Einflüsse aufweist. 6. Der einzig etwas besser erhaltene Text ist CTH 371; vgl. F. Friedrich, Ein hethitisches Gebet an die Sonnengöttin der Erde, RSO 32 (1957) 217-222; R. Lebrun, Hymnes et Prières Hittites, Louvain-la-Neuve 1980, 83-88; I. Singer, Prayers, 21-24. 7. Zu diesem Text und seiner Einordnung in die althethitische Tradition vgl. Th. P. J. van den Hout, The Purity of Kingship. An Edition of CTH 569 and Related Hittite Oracle Inquiries of Tutthaliya IV (DMOA) 1998, 73 f. Inhaltlich vgl. etwa unten S. 126: CTH 381 Rs. iii 25-31. 8. Übersetzt von E. v. Schuler, Die Kasˇkäer. Ein Beitrag zur Ethnographie des alten Kleinasiens, 1965, 152 ff.; Umschrift und Übersetzung bei Lebrun, Hymnes et Prières Hittites, Louvain-laNeuve 1980, 132 ff.; zur Datierung noch E. Neu, Überlieferung und Datierung der KasˇkäerVerträge, in: R. M. Boehmer / H. Hauptmann (Hg.), Beiträge zur Altertumskunde Kleinasiens. Festschrift für Kurt Bittel, 1983, 393 f. 9. Speziell zur Gruppe CTH 372-74 und ihrem Verhältnis zu CTH 376 f. vgl. H. G. Güterbock, JNES 33 (1974) 323-327. 10. Dieses Gebet gilt gemeinhin als althethitisch, obwohl z. B. in der Bearbeitung bei J. Friedrich, RSO 217 ff. zum Alter des Textes nichts gesagt wird, anders dagegen im Catalogue von E. Laroche (»vieux-hittite«) oder in den diversen Beiträgen von H. G. Güterbock, z. B. ders., in G. Walser (Hg.), Neuere Hethiterforschung (= Historia 7), 1964, 62 (»in althethitischer Spra-
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Jörg Klinger
Es dürfte kaum ein Zufall sein, daß ziemlich genau für die gleiche Zeit, also für die Mitte bis Ende des 15. Jahrhunderts mit dem Text KBo 3.21 (= CTH 313), einem Gebet oder Hymnus an den Wettergott Adad, die hethitische Übersetzung einer mesopotamischen Vorlage vorliegt, was nicht allein aus dem Kolophon der Tafel selbst hervorgeht, der einen babylonischen Schreiber nennt, sondern noch vielmehr aus zahlreichen inhaltlichen Aspekten des Textes selbst, die mit hethitischen Vorstellungen unvereinbar sind. Auffallend ist, daß die Zeilen zunehmend immer schräger auf der Tafel verlaufen, auf Rs. III 10-13 sind Zeilen, eventuell von einer anderen Schreiberhand, in kleiner Schrift eingefügt 11), oft sind die Zeilen überlang, so daß der Text auf den Rand oder über den Kolumnentrenner verläuft, so daß man den Eindruck gewinnt, daß wir es hier tatsächlich mit der ersten Version der Übersetzung zu tun haben und nicht mit einer sorgfältigen Bibliothekskopie. Inhaltlich, darin besteht Einigkeit, muß der Text auf eine babylonische Vorlage zurückgehen, auch wenn eine genaue Entsprechung bisher nicht ausgemacht werden konnte.12) Wir sind also durch diesen Text in der glücklichen Lage, auch faktisch für die fragliche Zeit eine Beschäftigung mit babylonischen Hymnen und Gebeten in Hattusˇa nachweisen zu ˘ können, auch wenn zwischen diesem Text und dem Kantuzzili-Gebet kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Es ist unübersehbar, daß innerhalb der Gruppe der hethitischen Gebete eine Reihe von Texten aus formalen und inhaltlichen Gründen enger zusammengehören; dabei greifen die jüngeren Texte, wenn auch in teilweise freierer Kombination, auf Elemente zurück, die erstmals in Tafelexemplaren in mittelhethitischer Niederschrift auftauchen; insbesondere handelt es sich dabei um die unter CTH 374 zusammengestellten Texte ergänzt um das sogenannte Kantuzzili-Gebet. 13) Eine Entstehung dieser Texte ohne die Kenntnis entsprechender babylonischer Beispiele kann ausgeschlossen werden; umso bemerkenswerter die Tatsache, daß wir hier so deutlich wie wohl bei keiner anderen Textgattung der hethitischen Überlieferung beobachten können, wie eine Einzelperson, d. h. doch wohl der sich selbst als Autor nennende Kantuzzili aufgrund seiner schöpferischen Fähigkeiten eine neue Texttradition begründet. Fragen,
11. 12.
13.
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che abgefaßt«); etwas zurückhaltender äußert sich dagegen Ph. Houwink ten Cate, in: D. van der Plas (Hg.), Effigies Die (Studies in the History of Religions Bd. LI, Leiden 1987, 32 n. 49 (»possibly in origin Old Hittite«). Die erhaltene Niederschrift KBo 7.28 + 8.92 stellt aber mit großer Sicherheit eine mh. Niederschrift dar. Ansatzweise auch in der Autographie so wiedergegeben, aber am Foto ist der Eindruck noch weitaus nachhaltiger. Aufschlußreich für das von A. Kammenhuber vertretene Rezeptionsmodell ist, nach dem die Hethiter ja keinen direkten Zugang zur kernmesopotamischen Tradition gehabt hätten, wie dann auch gerade dieser Text zu einem Produkt hurritischer Gelehrsamkeit umgedeutet wird. In ihrer Untersuchung Orakelpraxis, Träume und Vorzeichenschau bei den Hethitern (THeth 7) 1976, 17 n. 32 wird noch auf eine eher beiläufige Bemerkung von H. G. Güterbock aus dem Jahre 1946 verwiesen, der diesen Text als ein Ergebnis »hethitischer (oder allenfalls churritischer) Gelehrsamkeit« beschrieben hatte, was dann ebd. S. 62 bereits zu »definitiv mit Güterbock als Produkt hurrischer Schreibergelehrsamkeit aus Kizzuwatna« wird, worauf Verf.in sich dann noch des öfteren bezieht. Begründungen aus dem Text, seien es inhaltlicher, sprachlicher oder schrifttechnischer Art, werden an keiner Stelle geboten. H. G. Güterbock, Hethitische Literatur, in: Assyriological Studies 26, 1997, 24b sprach von »drei im Aufbau und in Einzelheiten parallelen ›mittelhethitischen‹ Gebeten«; zu den Texten s. unten S. 105-114.
Texte der Hethiter
was ihn dazu bewogen haben mag und woher seine Kenntnis babylonischer Texte und die Fähigkeit, diese zu rezipieren, stammen mögen, sind allerdings nur spekulativ zu beantworten. Für die Detailanalyse der Texte bedeutet dies freilich, daß ihr Kompositionsprinzip berücksichtigt werden muß, denn bei der Frage nach der Abfassung und – gegebenenfalls – Anpassung an einen neuen Adressaten, ist von entscheidender Relevanz die Frage nach dem Entstehungsalter und möglichen Einflüssen, da nicht der jeweilige Gebetstext als Ganzes, sondern vielmehr seine einzelnen Teile separat betrachtet werden müssten. Diese sind etwa: 1. die Ansprache an die Gottheit, 2. eine hymnische Passage mit Preis eben dieser Gottheit, 3. ein Überleitungsabschnitt, 4. das eigentliche Gebet (das wiederum aus unterschiedlichen Teilen bestehen kann). 14) Verfolgt man jedoch das Nachleben dieses sich an mesopotamische Traditionen anlehnenden Gebetstyps, wird auch offensichtlich, daß es keine kontinuierliche Rezeption mesopotamischer Vorbilder gegeben haben dürfte, sondern der Stand, der bereits in den frühesten Exemplaren vorhanden war, wird nicht weiter ausgebaut, es kommen keine weiteren neuen Elemente hinzu, sondern vielmehr wird eher mit den vorhandenen gearbeitet, die dabei auch zu Stereotypen werden können, so daß die späteren Texte an Lebendigkeit des Ausdruckes verlieren. Dies ist bereits bei Gebeten aus der Zeit Mursˇilis II. erkennbar; besonders deutlich beim bekannten Gebet an die Sonnengöttin von Arinna, von dem gezeigt werden konnte, daß eine der traditionell dieser Textgruppe zugeordneten Fassungen, tatsächlich noch deutlich vor der Regierungszeit Mursˇilis II. verfaßt worden war, dann aber später als Vorlage für ein neues Gebet diente. 15) Auch wenn in sprachlichen Details hier und da noch Anklänge an die in mittelhethitischer Zeit erstmals auftauchende emotionalisierte persönliche Sprache der Gebete vorhanden sind, so entfernen sich doch gerade auch die sog. Pestgebete des Mursˇili II. wieder weiter von den stark babylonisch beeinflußten Beispielen. Doch werden bestimmte Elemente damit auch nicht ganz aufgegeben, wie sich im großen Gebet Muwatallis II. zeigt, das immerhin in beiden Versionen zumindest noch Reminiszensen an die mittelhethitischen Sonnengott-Hymnen (45 III 1324, 46 III 52-64) 16) erkennen läßt, wobei letztlich wenig mehr als die Thematisierung des Richteramtes übrig bleibt. Insgesamt gesehen kann jedoch ein kontinuierlicher Einfluß babylonischer oder sonstiger nicht-hethitischer Traditionen auf die hethitischen Gebete damit aber wohl ausgeschlossen werden. 14. 15.
16.
Die Verwendung z. B. des Sonnenhymnus in den verschiedenen Gebetsgruppen hat H. G. Güterbock, An Addition to the Prayer of Mursˇili to the Sungoddess and its Implications, AnSt 30 (1980) 49 übersichtlich zusammengefaßt. Zur paläographischen Datierung der Niederschrift vgl. J. Klinger / E. Neu, War die erste Computer-Analyse des Hethitischen verfehlt?, Hethitica 10 (1990) 149 f. O. Carruba, Die Chronologie der hethitischen Texte und die hethitische Geschichte der Grossreichzeit, ZDMG Suppl. 1, 1969, 239 ff. hat diese ältere Fassung eingehender behandelt und resümiert (ebd., 243 n. 3), daß die Fassung KUB 24.3+ vielmehr Arnuwanda I. zuzuweisen sein dürfte als Mursˇili II. »Dieser hat es dagegen verwendet, mit anderen älteren Texten (etwa KUB XXIV 1 und 2) ein zusammengestelltes Gebet, XXIV 3 (…), zu schaffen, das seine eigenen Belange wiedergab. Nur so erklären sich einige Unstimmigkeiten des Textes«, ja, er hielt es gar für denkbar, daß die Gebetstexte KUB 24.1 und 2 ursprünglich sogar auf Mursˇili I. zurückgehen könnten, was freilich, auch angesichts des oben ausgeführten, wenig wahrscheinlich ist. Vgl. auch I. Singer, Muwatalli’s Prayer, 180 mit Anm. 383.
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Jörg Klinger
Neu sind dagegen vor allem die zahlreichen wertvollen Details zu historischen Ereignissen, die gerade die Texte aus der Zeit Mursˇilis II., aber auch noch wieder bei Hattusˇili III. prägen. Bemerkenswert dabei ist vor allem, daß innerhalb dieser Text˘ form, deren Adressaten doch wohl ausschließlich die Götter waren und nicht eine wie auch immer beschaffene, noch so elitäre Öffentlichkeit 17), nicht nur konkrete historische Ereignisse thematisiert werden, sondern daß es gerade solche sind, die sonst in der offiziellen Dokumentation vollkommen ausgeblendet werden. Erweckt doch die keineswegs spärliche historiographische Überlieferung etwa zur Regierung Sˇuppiluliumas I. schon geradezu bemüht den Eindruck eines legalen Herrschaftswechsels vom Vater auf den Sohn, man denke an die fast schon stereotypen Stellen in den Annalen, die betonen, daß schon der noch junge Sˇuppiluliuma seinen Vater auf Feldzügen vertreten habe, als dieser durch Krankheit geschwächt nicht selbst dazu in der Lage war, die Armee anzuführen. Andererseits werden nun gerade in den Gebeten Mursˇilis II., der ja auch für die Redaktion der Annalen seines Vaters verantwortlich zeichnet, nun Vertragsbrüche, Thronraub, Mord innerhalb der Königsfamilie u. a. m. offen angesprochen, Schuldige benannt, wie es für die offizielle Geschichtsschreibung undenkbar ist. Auch wenn in der Regel die Verfasser der Gebete die jeweiligen Verfehlungen, für die bei den Göttern um Vergebung bzw. um Abwendung der daraus resultierenden Strafen gebeten wird, nicht als eigene Taten eingestehen, sondern diese meist den Vorgängern im Amt zugeschrieben werden. Insofern stellen die hethitischen Gebete, ganz abgesehen von ihrer religionsgeschichtlichen oder literarischen Bedeutung auch ein ganz außergewöhnliches Text-Corpus für die hethitische Geschichte dar und haben nicht zuletzt aus diesem Grund vom Beginn der Erforschung der hethitischen Texte an immer im Fokus des Interesses gestanden. 18)
17. 18.
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Wie dies mit der Tatsache zu vereinbaren ist, daß die Texte ja nicht etwa geheim gehalten wurden, sondern wie alle anderen Texte auch in den Tafelsammlungen der hethitischen Hauptstadt kopiert und weiter tradiert wurden, ist freilich eine ganz andere Frage. Einer der ersten Beiträge, wenn heute auch vor allem noch forschungsgeschichtlich von Interesse, ist der Beitrag von F. Sommer, Ein hethitisches Gebet, ZA 33 (1921) 85-102; der dort vor allem behandelte Text KBo 2.9 (CTH 716.1) gilt heute als Evokationsritual.
Texte der Hethiter
1. Gebete an den Sonnengott und den persönlichen Schutzgott (CTH 372-74)
Daniel Schwemer Eine kleine Gruppe von hethitischen Gebeten, die im Catalogue des textes hittites (CTH) als CTH 372, 373 und 374 gebucht wurden, heben sich von anderen hethitischen Gebeten durch ihre gemeinsame Struktur und zahlreiche wörtliche Parallelen ab. Es kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei den drei Gebeten um Rezensionen desselben Grundtextes handelt, die für verschiedene Anlässe hergestellt wurden. Alle drei Texte bestehen aus einem Hymnus an den Sonnengott, in den ein Gebet an den persönlichen Schutzgott des Beters eingebettet wird; der Sonnengott, der den gesamten Kosmos durchläuft, wird gebeten, das Gebet an den im Zorn ferne weilenden persönlichen Gott des Beters zu übermitteln. Beide Textteile, der Hymnus an den Sonnengott und das Gebet an den persönlichen Gott, besitzen zahlreiche parallele Passagen in der sumerisch-akkadischen Literatur, auch wenn die Komposition als ganze (bisher?) nicht in sumerischer oder akkadischer Sprache nachgewiesen werden kann. Wahrscheinlich komponierte ein hethitischer Schreiber den Gebetstext unter Benutzung verschiedener babylonischer Vorlagen, die er übersetzte, neu zusammenstellte und ergänzte; der hethitische Text selbst wurde dann mehrfach kopiert und adaptiert. Ob unter den uns erhaltenen Textzeugen die älteste Fassung des hethitischen Gebets erhalten ist, wissen wir nicht; die Handschriften der drei hethitischen Gebete datieren in die frühe Großreichszeit (mittelhethitisch, 15.-14. Jh. v. Chr.) und in die Großreichszeit (13. Jh. v. Chr.); der Hymnus an den Sonnengott wird in abgewandelter Form auch in einem Gebet Mursˇilis II. an die Sonnengöttin von Arinna verwendet. Literatur (in Auswahl): H. G. Güterbock, The Composition of Hittite Prayers to the Sun, Journal of the American Oriental Society 78 (1958) 237-45; ders., Some Aspects of Hittite Prayers, in: T. R. Segerstedt (Hg.), The Frontiers of Human Knowledge, Uppsala 1978, 12539; Ch. Metcalf, New Parallels in Hittite and Sumerian Praise of the Sun, Welt des Orients 41 (2011) 168-76; G. Wilhelm, Hymnen der Hethiter, in: W. Burkert / F. Stolz (Hg.), Hymnen der Alten Welt im Kulturvergleich (Orbis Biblicus et Orientalis 131), Fribourg / Göttingen 1994, 59-77.
1.1 Das Gebet des Kantuzzili (CTH 373) Keilschrifttafeln (frühes 14. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara. – Fundort: Bog˘azköy, Büyükkale. – Erstveröffentlichung: KUB 30.10; KBo 25.111. – Übersetzungen und Bearbeitungen in Auswahl: A. Goetze, Prayer of Kantuzzilis for Relief from His Suffering, in: J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament, Princeton 1950, 400-401; C. Kühne, Aus dem Gebet des Kantuzzili, in: W. Beyerlin (Hg.), Religionsgeschichtliches Textbuch zum Altem Testament, Göttingen 1975, 188-91; R. Lebrun, Hymnes et prières hittites (Homo Religiosus 4), Louvain-la-Neuve 1980, 111-20; S. Görke, Das Gebet des hethitischen Priesters Kantuzzili, MA-Arbeit, Freie Universität Berlin 2000, 39-57; J. V. García Trabazo, Textos religiosas hititas. Mitos, plegarias y rituales (Bi-
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blioteca de ciencias bíblicas y orientales 6), Madrid 2002, 276-87; I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 31-33; D. Schwemer, in: M. Jaques, »Mon dieu, qu’ai-je donc fait?« Les prières pénitentielles (dingir-sˇà-dab-ba) et l’expression de la piété privée en Mésopotamie, Habilitationsschrift Zürich 2011.
Die vorliegende Version des Gebetes an den Sonnengott und den persönlichen Gott wurde für einen Mann namens Kantuzzili komponiert; er darf wohl mit dem gleichnamigen Prinzen der frühen Großreichszeit identifiziert werden, der in den Texten oft einfach als »Priester« bezeichnet wird. 19) Der einleitende Hymnus an den Sonnengott ist weitgehend verloren, und auch das Ende des Textes ist nicht erhalten. G. Wilhelm hat argumentiert, daß der vorliegende Text aus zwei Einzelgebeten zusammengesetzt wurde. 20) Die Zeilenzählung in der Übersetzung folgt KUB 30.10; die Ergänzungen folgen den Paralleltexten. (Vs. 1’-5’) [
… ] Der Gott, der [gegen ihn] furchtbar … in Zorn entbrannt ist, [seine Augen] anderswohin abgewandt hat und dem Kantuzzili nicht (die Fähigkeit) zu handeln gibt – [ob dieser] Gott [im Himmel] ist oder in der Unterwelt, du, Sonnengott, wirst zu ihm gehen. Geh, sprich zu diesem meinem Gott [und] übermittle [ihm] die Worte des Kantuzzili: (6’-10’) »Mein Gott, seit meine Mutter mich geboren hat, hast du, mein Gott, mich großgezogen. Du allein, mein Gott, bist [mein Name] und meine Bindung 21). Du allein, [mein Gott], hast mich mit guten Menschen zusammengebracht, du allein, mein Gott, hast mir (die Fähigkeit) an einem starken Ort 22) zu handeln zugeteilt. Mein Gott, du hast mich, Kantuzzili, Diener deines Leibes und deiner Seele genannt – sollte ich nicht um die Gnade meines Gottes, die seit Kindertagen (bei mir) ist, wissen, sollte ich sie nicht kennen? (11’-14’) Und seit ich herangewachsen bin, war ich ein Beispiel für all die Gnade und Weisheit meines Gottes. Nie schwor ich (falsch) bei meinem Gott oder brach einen Eid. Nie aß ich (Speisen), die für meinen Gott (ge)heilig(t) und mir zu essen nicht erlaubt sind. Meinen Leib habe ich nicht verunreinigt. (15’-19’) Nie habe ich mir ein Rind aus der Hürde unrechtmäßig angeeignet, nie habe ich mir ein Schaf aus dem Pferch unrechtmäßig angeeignet. Ich fand Brot, aber aß es nie für mich allein; ich fand Wasser, aber trank es nie für mich allein. Hätte ich jetzt Genesung erlangt, wäre ich nicht auf deinen, des Gottes, Befehl genesen? Hätte ich Stärke erlangt, wäre ich nicht auf deinen, des Gottes, Befehl erstarkt? (20’-23’) Das Leben ist für mich mit dem Tod verknüpft, der Tod ist für mich mit dem Leben verknüpft. 23) Ein Sterblicher lebt nicht ewig, seine Lebenstage sind gezählt. Lebte 19. 20. 21. 22. 23.
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Vgl. I. Singer, Kantuzzili the Priest and the Birth of Hittite Personal Prayer, in: P. Taracha (Hg.), Silva Anatolica. Anatolian Studies Presented to Maciej Popko, Warsaw 2002, 301-13. Zur Struktur de hethitischen »Kantuzzili-Gebetes«, in: S. Ernst / M. Häusl (Hg.), Kulte, Priester, Rituale. Beiträge zu Kult und Kultkritik im Alten Orient und im Alten Testament. FS Th. Seidl, St. Ottilien 2010, 33-40. Die genaue Bedeutung von »Bindung« in vorliegendem Kontext ist unklar; vielleicht ist gemeint, daß der persönliche Gott für seinen Schützling bürgt. Mit »starker Ort« ist wohl die Situation des Schützlings gemeint, der von mächtigen Konkurrenten umgeben ist. Die Phrase »für mich« fehlt in dem sumerisch-akkadischen Paralleltext, der der hethitischen Komposition an dieser Stelle zugrunde liegt.
Texte der Hethiter
ein Sterblicher ewig, (selbst) wenn das Böse, das Menschen befällt, (nämlich) Krankheit, bestehen bliebe, wäre es (doch) kein Kümmernis für ihn. (24’-28’) [Nun] möge mein Gott mir das Innerste seiner Seele mit ganzem Herzen eröffnen, möge er mir meine Sünden nennen, auf daß ich sie bekennen kann. Mein Gott möge zu mir im Traum sprechen – möge mein Gott mir sein Herz eröffnen [und mir] meine [Sünden] nennen, auf daß ich sie bekennen kann – oder eine Traumdeuterin möge zu mir sprechen [oder] ein Opferschauer des Sonnengottes möge [zu mir] mittels der Leber(schau) sprechen, und möge mein Gott mir [das Innerste seiner Seele] mit ganzem Herzen eröffnen, möge er mir meine Sünden nennen, auf daß ich sie bekennen kann. (29’-Rs. 5) Du, mein Gott, gib [mir Respekt] und Kraft zurück!« [Sonnengott], du [bist der Hirt aller]. Deine Botschaft ist [angenehm] für dich und jeden. Möge mein [Gott, der gegen mich] in Zorn entbrannt ist und mich zurückgewiesen hat, wieder an mich [denken und mich] genesen lassen! Möge mein Gott, der mir die Krankheit gab, [wieder] Erbarmen mit mir [haben. Ich jedoch], ich bin ermattet und erschöpft von der Krankheit und kann ihrer nicht mehr Herr werden. … (6-9) Möge [der Zorn meines Gottes] wieder nachlassen, möge er wieder in sein Herz verschwinden; beseitige [ … ] wieder, weg von der Krankheit. [Sonnen]gott, du bist der überaus starke [Sohn des] Sîn und der Nikkal 24), ihr [ … ]. Ich, Kantuzzili, dein Diener, habe dich [nu]n angerufen, da laß mich genesen! Hiermit spreche ich zu [dir]: (10-13) Oh Sonnengott, mein Herr, ich, Kantuzzili, …e fortwährend meinen Gott – möge mein [Gott mich] erhören: »Ich, Kantuzzili, habe meinem Gott doch nichts getan oder in irgendeiner Weise [gesündi]gt? Mein Gott, du hast mich erschaffen, du hast mich geformt. Doch jetzt, was habe ich, K[antuzzili], dir angetan? Der Kaufmann hält die Waage vor dem Sonnengott und verfälscht die Waage (gleichwohl) – [aber ich], was habe ich meinem Gott angetan? (14-17) Aufgrund der Krankheit ist mein Haus ein Haus der Angst geworden, und vor Angst tropft meine Seele zu einem anderen Ort. Wie einer, der jahrelang krank ist, gerade so bin auch ich geworden. Nun sind Krankheit und Angst zu viel für mich geworden, und ich höre nicht auf, es dir, meinem Gott, zu sagen. (18-21) Des nachts überkommt mich süßer Schlaf nicht auf meinem Bett, und (so) wird mir keine gute (göttliche Botschaft im Traum) offenbart. Doch jetzt, mein Gott, schirre (göttliche) Stärke und die starke Gottheit zusammen für mich an. Aber ob du mir [die]se Krankheit vom Mutterleib an zugeschrieben hast, habe ich nie mittels einer Traumdeuterin zu erforschen gesucht. (22-27) Jetzt rufe ich ständig meinen Gott um Gnade an. Erhöre mich, mein Gott! Mein Gott, mache mich nicht zu einer in Ungnade gefallenen Person am Königstor; hebe meine überkommenen Rechte gegenüber einem Menschen nicht auf! Jene, denen ich Gutes tat – keiner von ihnen rettet mich. Für mich, mein Gott, bist du wie ein [Vater] … . Ich habe [keine] Mutter, nur [d]u [bist wie eine Mutter] für mich, [mein Gott, … ] … [ … (der Text bricht ab)
24.
Der babylonische Mondgott und seine Gemahlin.
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1.2 Das Gebet eines Königs (CTH 374) Keilschrifttafeln (frühes 15.-13. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara. – Fundort: Bog˘azköy, Büyükkale und Tempel I. – Erstveröffentlichung: KUB 30.11 + KUB 31.135 + KBo 34.22 (A1) (+) KUB 31.130 (A2); KUB 31.134 (B1) (+)? KUB 31.129 (B2); KUB 36.75 + Bo 4696 + Bo 9659 + KBo 52.13 (C1) (+) KBo 51.15 (C2); KBo 53.8 (D1) (+) KBo 22.75 = 53.8 (D2). – Übersetzungen und Bearbeitungen in Auswahl: H. G. Güterbock, An Addition to the Prayer of Mursˇili to the Sungoddess and Its Implications, Anatolian Studies 30 (1980) 41-50; R. Lebrun, Hymnes et prières hittites (Homo Religiosus 4), Louvain-la-Neuve 1980, 121-31; S. Görke, Das Gebet des hethitischen Priesters Kantuzzili, MA-Arbeit, Freie Universität Berlin 2000, 186-92; I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 33-36; D. Schwemer, in: M. Jaques, »Mon dieu, qu’ai-je donc fait ?« Les prières pénitentielles (dingir-sˇà-dab-ba) et l’expression de la piété privée en Mésopotamie, Habilitationsschrift Zürich 2011.
In der folgenden Version des Gebetes, deren Textzeugen sich durch ihre kurze, satzweise Paragrapheneinteilung von den anderen Versionen abheben, wird der Beter als »König« bezeichnet; die mittelhethitischen Niederschriften des vorliegenden Textes datieren womöglich früher als die Textzeugen des Kantuzzili-Gebetes. Wie im Kantuzzili-Gebet sind auch hier Teile des einleitenden Hymnus an den Sonnengott verloren. Die Zeilenzählung in der Übersetzung folgt dem für den jeweiligen Passus am besten erhaltenen Textzeugen; die Ergänzungen folgen den Paralleltexten. (B2 i 1’) [
… Ich, der König], habe [mich vor dir niedergeworfen] und [spreche (nun) zu dir]. (2’-3’) [Im Umkreis von Himmel und] Erde [bist du allein], Sonnengott, das Li[cht]. (4’-8’) [Sonnengo]tt, erhabener König, Sohn der Nikkal! [Du allein, Sonnengo]tt, legst Gesetz (und) Brauch fest, du allein bist im Land allseits [ver]ehrt. Sonnengott, du bist ein hgerechteri Gott. (A2 Vs. 4’-5’) [D]ir allein, Sonnengott, ist [die starke Bindung] gegeben; du bist ein gerechter [Herr], du bist Vater (und) Mutter für alle Länder. (6’-8’) [Dein Vater Enlil hat] die vier Ecken des [Landes] in deine Hand gelegt. Du bist der Herr des [Gerichts]entscheids und [am Ort] des Gerichts[entscheids] wirst du nie [müde]. Auch unter den uralten (C1 i 1’-2’) [Göttern] bist du, [Sonnengott, erhab]en. (C1 i 3’-5’) Sonnengott, [du stellst die Opfer für die Götter] bereit, du allein stellst die [Anteile] der uralten [Götter] bereit. (6’-8’) Für dich allein, Sonnengott, [öffnen] sie wieder die Tür [des Himmels], du allein, allseits verehrter Sonnengott, schreitest durch das Tor des Himmels. (9’-10’) Die Götter des Himmels und der Erde verbeugen sich vor dir allein, Sonnengott; (11’-12’) und was immer du, Sonnengott, befiehlst, da fallen die Götter wieder vor dir, dem Sonnengott, nieder. (13’-14’) Sonnengott, du bist Vater (und) Mutter der Waise und des Elternlosen; (15’-17’) [und] du allein, Sonnengott, leistest Wiedergutmachung für die Kümmernisse der Waise und des Unterdrückten. (A1 Vs. 7’-10’) Wenn der Sonnengott [bei Tagesan]bruch am Himmel aufgeht, erschein[t nur dein], des Sonnengottes, Licht in den [ober]en Ländern und den unteren Ländern.
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Texte der Hethiter (11’) Du
entscheidest den Rechtsstreit des Hundes (und) des Schweins; (so) entscheidest du sogar den Rechtsstreit von Tieren, die mit (ihrem) Maul nicht sprechen können. Du allein, Sonnengott, fällst das Urteil über den bösen (und) schlechten Menschen. (15’-16’) Du allein, Sonnengott, erbarmst dich des Menschen, dem die Götter zürnen und den sie zurückweisen. (17’-19’) Du, Sonnengott, sollst mich, den Kön[ig], erhalten, auf daß ich dem Sonnengott regelmäßig [Flei]sch, Brot (und) [Bie]r darbringen kann. Du sollst mich, deinen rechtschaffenen [Diener], den König, [an der Hand nehmen, oh Sonnengott]! (Die folgende Lücke enthielt einen zu CTH 372 i 52-59 parallelen Textpassus; s. u. Nr. 1.3) (C1 ii 2’-4’) [ … ]. Zu deiner Rechten [lauf]en die (Dämonen des) Schrecken(s), dir zur Linken laufen die (Dämonen des) Grauen(s). (5’-7’) Bunene, dein Wesir, schreitet zu deiner Rechten, Mı¯s ˇaru, dein Wesir, schreitet zu deiner Linken. (8’-9’) Ich, der König, habe mich vor dir niedergeworfen und spreche (nun) zu dir: (10’-12’) Der Gott, der mir diese Krankheit gegeben hat – ob dieser Gott im Himmel ist oder in der Unterwelt, du, Sonnengott, wirst zu ihm gehen. (13’-15’) Geh, sprich zu diesem Gott (und übermittle ihm folgendes): »Ich habe dir, meinem Gott, doch nichts getan oder in irgendeiner Weise [gesündi]gt? (16’-18’) Mein Gott, du hast mich geformt, du hast mich als einen Sterblichen erschaffen – aber ich, was habe ich nun meinem Gott angetan? (19’-21’) Der Kaufmann hält die Waage vor dem Sonnengott und verfälscht die Waage (gleichwohl) – aber ich, was habe ich dir, meinem Gott, angetan? (22’-23’) Mein Haus ist ein Haus von Tränen geworden. (24’-25’) Ich bin ständig in Angst, während meine Seele zu einem anderen Ort tropft. (A1 Rs. 12’-14’) Wie einer, der jahrelang krank ist, gerade so bin auch [ich] geworden. Nun ist die Krankheit zu viel für mich geworden, und ich höre nicht auf, es dir, meinem Gott (!) (Text: Sonnengott), zu sagen. (15’-17’) Des nachts überkommt mich [nich]t mehr süßer S[chlaf] auf meinem Bett, und (so) wird für meinen Namen keine gute (göttliche Botschaft im Traum) offenbart. (18’-20’) Die starke Gottheit und göttliche Stärke begleiten [mich] nicht mehr wie früher. [Ob] du, mein Gott, [mir] vom Mutterleib an kein günstiges (Geschick) zugeschrieben hast, habe [ich] nie mittels einer Traumdeuterin [zu erforschen gesucht]. (21’-22’) [Jetzt] rufe ich ständig [meinen Gott] um Gnade an. Erhöre mich, mein Gott! Ich bin [eine in Ungnade gefallene] Person geworden, und am Ort des Gerichts [ … ] (für) mich. (23’-24’) [Diejenigen, denen] ich G[utes] tat, ver[gelten] es mir mit etwas Bösem. Aber du, mein Gott, bist wie ein Vater für mich! (C1 iii 5’-8’) Ich habe keine Mutter; du allein, mein Gott, bist wie eine M[utter] für mich. Vor Ang[st] plage ich mich je[tzt] Tag und Nacht mit Schlaflosigkeit. (9’-13’) Mein Gott, laß mich genesen und laß mich frei wie einen Mann, der von Sünden gefesselt ist! Nimm mich bei der Hand an einem günstigen Ort und ziehe mich aus der Tiefe empor! (14’-18’) Ich habe das Laufen aufgegeben wie ein Krüppel, ich bewege mich nicht mehr wie früher auf der dunklen Erde umher. (12’-14’) und
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Daniel Schwemer (19’-23’) Wohin
ich wie Wasser fließe, da weiß ich nicht wo ich bin; gleich einem Boot weiß ich nicht, wann ich am Kai anlangen werde. (A2 Rs. 7’-9’) Wie ein [ … ru]fe ich beständig. Nimm mich bei der Hand, mein Gott, und denke daran, mich vor [ … ] zu erhalten. [ … ] (für) mich. Ich höre nicht auf hinauf [ … ] zu sprechen. (10’-12’) [ … begann] das Land Arzawa zu verkleinern [ … ] gegen … [ … ] Vertr[ag … ] (Es folgt eine längere Lücke nicht sicher bestimmbarer Länge) (C1 iv 1’-5’) [ … sieh auf] mein [ … ] mit (deinen) Augen, [sieh (gnädig)] auf [mich, den König], mit (deinen) Augen. [ … ] er genest. [ … ]. Ein Mensch [ … ]. (6’-9’) [ … ] etwas [ … ] siebenmal die Sünde(n) [ … ] weg [ … ]. (10’-12’) Möge [ … ] überwinden [ … ]. Möge [ … die Sünd]e(n) ent[fernen]. (13’-16’) Wie [ … ], werden [die Seelen meines Vaters (und)] meiner [Mutt]er [für mich deine Seele werden]. (Es folgt eine fragmentarisch erhaltene Tafelunterschrift)
1.3 Das Gebet eines Sterblichen (CTH 372) Keilschrifttafeln (13. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara; Musée d’Art et d’Histoire, Genf. – Fundort: Bog˘azköy, Büyükkale, Gebäude A. – Erstveröffentlichung: KUB 31.127 + 131 + 132 + 36.79 + 79a + KBo 38.165 + ABoT 44 + 44a + 44b + FHG 1 (A); KUB 31.128 (B); KUB 31.133 (D); KBo 14.74 (F); KUB 43.67 (G). – Übersetzungen und (Teil)bearbeitungen in Auswahl: M. Marazzi / H. Nowicki, Vorarbeiten zu den hethitischen Gebeten (CTH 372, 373, 374), Oriens Antiquus 17 (1978) 257-78; H. G. Güterbock, An Addition to the Prayer of Mursˇili to the Sungoddess and Its Implications, Anatolian Studies 30 (1980) 41-50; R. Lebrun, Hymnes et prières hittites (Homo Religiosus 4), Louvain-la-Neuve 1980, 93-111; A. Ünal, Hethitische Hymnen und Gebete, in: TUAT II/6, Gütersloh 1991, 791-817; G. Wilhelm, Hymnen der Hethiter, in: W. Burkert / F. Stolz (Hg.), Hymnen der Alten Welt im Kulturvergleich (Orbis Biblicus et Orientalis 131), Fribourg / Göttingen 1994, 59-77; S. Görke, Das Gebet des hethitischen Priesters Kantuzzili, MA-Arbeit, Freie Universität Berlin 2000, 8-34; I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 36-40; D. Schwemer, in: M. Jaques, »Mon dieu, qu’ai-je donc fait ?« Les prières pénitentielles (dingir-sˇà-dab-ba) et l’expression de la piété privée en Mésopotamie, Habilitationsschrift Zürich 2011.
In Manuskript A der jüngsten Version des Gebetes an den Sonnengott und den persönlichen Gott wird der Beter als »Sterblicher« bezeichnet. Da alle erhaltenen hethitischen Gebete für Mitglieder des Königshauses komponiert wurden, handelt sich dabei wahrscheinlich um eine rhetorische Demutsbezeugung; es ist unbekannt, ob die Fragmente B, D, F, G zu Tafeln gehörten, die für eine namentlich genannte Person komponiert wurden oder demselben Muster folgten wie Manuskript A. Die Zeilenzählung in der folgenden Übersetzung folgt dem über weite Strecken gut erhaltenen Manuskript A. Die Tafel zeichnet sich durch zahlreiche Rasuren, Schreibfehler und Überschreibungen aus. Womöglich wurde sie von einem Schüler geschrieben; falls dies der Fall ist, könnte dies eine weitere Erklärung dafür bieten, daß für den Beter anstatt eines Namens die generische Bezeichnung »Sterblicher« verwendet wurde. 110
Texte der Hethiter (i 1-13) Sonnengott,
mein Herr, gerechter Herr des Gerichtsentscheids, König des Himmels und der Erde! Gnädig regierst du die Länder, du allein verleihst Sieg! 25) Du allein bist ein gerechter Gott, du allein erbarmst dich, 26) du allein erhörst Gebet(e)! 27) Du allein bist barmherzig, Sonnengott, und du allein erbarmst dich. Der rechtschaffene Mensch ist dir lieb, und du läßt ihn (vor Gericht) obsiegen. Überaus starker Sohn der Nikkal, dein Bart ist aus Lapislazuli! Ein Sterblicher, dein Diener, hat sich vor dir niedergeworfen und spricht (nun) zu dir: (14-21) Im Umkreis von Himmel und Erde bist du allein, Sonnengott, das Licht. Sonnengott, erhabener König, Sohn der Nikkal! Du allein, Sonnengott, legst Brauch (und) Gesetz des Landes fest. Sonnengott, erhabener König, unter den Göttern bist du allein allseits verehrt; die starke Bindung ist allein dir gegeben; du bist ein gerechter Handhaber der Herrschaft, du bist Vater (und) Mutter der dunklen Länder. 28) (22-31) Sonnengott, großer König, dein Vater Enlil hat die vier Ecken des Landes in deine Hand gelegt. Du bist der Herr des Gerichtsentscheids und am Ort des Gerichtsentscheids wirst du nie müde. Auch unter den uralten Göttern bist du, Sonnengott, erhaben. Du allein stellst die Opfer für die Götter bereit, du allein stellst die Anteile der uralten Götter bereit. Für dich allein, Sonnengott, öffnen sie wieder die Tür des Himmels; du allein, allseits verehrter Sonnengott, schreitest durch das Tor des Himmels. (32-38) Die Götter des Himmels verbeugen sich vor dir allein, Sonnengott; die Götter der Erde verbeugen sich vor dir allein, Sonnengott. Was immer du, Sonnengott, befiehlst, da fallen die Götter wieder vor dir, dem Sonnengott, nieder. Sonnengott, du bist Vater (und) Mutter des Unterdrückten [und] der Waise; du allein, Sonnengott, leistest Wiedergutmachung für die Kümmernisse der Waise und des Unterdrückten. (39-44) Wenn der Sonnengott bei Tagesanbruch am Himmel aufgeht, erscheint nur dein, des Sonnengottes, hLichti in allen oberen Ländern und unteren Ländern. Du entscheidest den Rechtsstreit des Hundes (und) des Schweins; und (so) entscheidest du sogar den Rechtsstreit von Tieren, die mit (ihrem) Maul nicht sprechen können. (45-51) Du allein, Sonnengott, fällst das Urteil über den bösen (und) schlechten Menschen. Du, Sonnengott, schenkst dem Menschen, dem die Götter zürnen und den sie zurückweisen, Beachtung und erbarmst dich seiner. Sonnengott, erhalte auch diesen Sterblichen, deinen Diener, auf daß er dem Sonnengott künftig Brot und Bier darbringen kann. Nimm ihn, deinen rechtschaffenen Diener, an der Hand! (52-61) Für die Vier, die du, Sonnengott, angeschirrt hast, hat der Sterbliche Getreide hingeschüttet; mögen deine Vier fressen! Und während deine Vier das Getreide fressen, – heil dir, Sonnengott! – wird der Sterbliche, dein Diener, zu dir sprechen und auf deine Worte hören. Sonnengott, erhabener König, du durchläufst die vier ewigen Ecken 29); zu deiner Rechten laufen die (Dämonen des) Schrecken(s), dir zur Linken laufen die (Dämonen des) Grauen(s). 25. 26. 27. 28. 29.
Variante: »du allein setzt die Grenzen fest«. Variante: »du läßt genesen«. Variante: »handelst auf Gebet(e) hin«. »Dunkle Länder« ist eine Lehnübersetzung des sumerisch-akkadischen Wortes »Schwarzköpfige«, das in literarischen Texten als Bezeichnung für die Menschen verwendet wird. Lehnübersetzung von sumerisch »vier (Welt)ecken«, einer Bezeichnung für die Gesamtheit der Welt (vgl. oben, i 22-31).
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Daniel Schwemer (62-68) Sie
… [ … ] den göttlichen Anschirrer. Vom Himmel gaben sie die [ … ] seines [ … ]. Im Himmel erschufen sie für den Sonnengott diesen Gott, den göttlichen An[schirrer]. Bunene, dein Wesir, schreitet zu deiner Rechten, [Mı¯sˇar]u, dein Wesir, schreitet zu deiner Linken. Du, Sonnengott, [durch]läufst den Himmel. (ii 1-7) Droben [ … ] du den Göttern des Himmels [ … ], drunten, in der dunklen Erde, weist du den ur[alten] Göttern ihren Anteil zu. Drunten [ … ] den uralten Göttern der dunk[len] Erde. Von der Erde empor [ … ]. Und dieser St[erbliche … ] zu dir. Ihn, oh Sonnengott, [ … !] (8-15) Der Gott (!), [der gegen ihn] furchtbar [ … ] in Zorn entbrannt ist, hat seine Augen anderswohin abgewandt und gibt dem Sterblichen nicht (die Fähigkeit) zu handeln. Ob dieser Gott im Himmel ist oder in der Unterwelt, du, Sonnengott, wirst zu ihm gehen. Geh, sprich zu diesem meinem Gott und übermittle ihm die Worte des Sterblichen: (16-20) »Mein Gott, seit meine Mutter mich geboren hat, hast du, mein [Gott], mich großgezogen. Du allein, mein Gott, schenktest meinem Namen [und meiner] Bin[dung] Aufmerksamkeit. Du allein, mein Gott, hast mich mit guten Menschen zusammenge[bracht], du allein, mein Gott, hast mir (die Fähigkeit) an einem starken … zu handeln zugeteilt. (21-27) Mein Gott, du hast mich, den Sterblichen, Diener [deines] Lei[bes] und deiner Seele genannt – sollte ich nicht um die G[nade] meines Gottes, die seit [Kin]dertagen (bei mir) ist, wissen? Sollte ich sie [nicht] kennen? Und seit ich [herangewachsen bin], war ich ein Bei[spiel] für all die Weis[heit (und Gnade)] meines Gottes. (28-32) Nie [schwor ich] (falsch) bei [meinem Gott oder brach einen] Ei[d. Nie aß ich (Speisen), die für meinen] Gott [(ge)heilig(t) und mir zu essen] nicht er[laubt sind. Mein] B[ett habe ich nicht verunreinigt]. (33-38) [Nie habe ich mir] ein Rind [aus der Hürde] unrechtmäßig angeeignet, [nie habe ich mir ein Schaf aus dem Pferch unrechtmäßig] an[geeignet. Ich fand] Brot, [aber aß es] nie [für mich allein; ich fand Wasser], aber [trank es nie für mich allein]. (39-43) [Hätte ich] jetzt [Genesung erlangt, wäre ich] nicht auf deinen, [des Gottes], Befehl (!) [genesen? Hätte ich Stärke erlangt, wäre ich nicht] auf deinen, des Gottes, Be[fehl erstarkt]? Das Leben ist für mich [mit dem Tod] verknüpft (!), der Tod [ist für mich mit dem Leben verknüpft]. 30) (44-49) Das Leben der Menschen [dauert nicht ewig], der geringe Ort 31) dr[unten … ]. Seine Lebenstage [sind gezählt]. [Lebte] ein Sterblicher [ewig], (selbst) wenn [das Böse, das Menschen befällt, (nämlich) Krankheit], bestehen bliebe, wäre [es (doch) kein Kümmernis für ihn]. (50-58) Nun möge mein [Gott m]ir [das Innerste seiner Seele mit ganzem Herzen eröffnen, möge] er mir meine Sünden [nennen, auf daß ich sie bekennen kann]. Mein Gott [möge] zu mir im Trau[m sprechen – möge mein Gott mir sein Herz eröffnen] und mir meine Sünden [nennen, auf daß ich sie bekennen kann]; eine Traum[deuterin (!) möge] zu mir [sprechen, ein Opferschauer des Sonnengottes möge zu mir] mittels der Leber(schau) [sprechen, und möge mein Gott mir das Innerste seiner Seele] mit ganzem [Herzen eröffnen, möge er] mir meine Sünden [nennen], auf daß ich sie [bekennen kann]. (59-67) Du, mein Gott, gib mir Resp[ekt und] Kra[ft] zurück!« Sonnengott, du bist der 30. 31.
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Die Phrase »für mich« fehlt in dem sumerisch-akkadischen Paralleltext, der der hethitischen Komposition an dieser Stelle zugrunde liegt. »Geringer Ort« ist ein Euphemismus für die Unterwelt.
Texte der Hethiter
Hirt all[er]. Deine [Bot]schaft ist angenehm für dich [und] jeden. Möge mein Gott, der [gegen mich] in Zorn entbrannt ist [und mich zu]rückgewiesen hat, wieder an mich denken [und mich gen]esen lassen! [Möge] mein Gott, der mir [die Krankheit gab], wieder Erbarmen mit mir [haben]. (iii 1-2) [Ich jedoch, ich bin ermattet und erschöpft von der Krankheit und kann ihr] nicht [mehr] Herr [werden. … ] (Es folgt ein nur fragmentarisch erhaltener Passus) (iii 12-17) [Jetzt … ] ein Sterblicher zu dir, [ … ], Sonnengott, er[höre … ]. Was habe [ich, ein Sterb]licher, [meinem Gott] ange[tan? Der Kaufmann hält die] W[aage vor dem Sonnen]gott [und] verfäl[scht die Waa]ge (gleichwohl) – [aber ich], ich [habe] nichts [getan]! (18-24) Auf[grund] der Krankheit ist [mein Haus ein Haus der Angst] gehwordeni, [und vor Angst tropft] meine Seele zu einem anderen [Ort. Wie einer, der] jahrelang [krank ist], gerade so bin auch ich geworden. [Nun sind] Krankheit und Angst zu viel [für mich geworden, und ich höre nicht auf], es dir, meinem Gott, zu sagen. (25-29) Des nachts überkommt mich sü[ßer] Schlaf nicht auf meinem Bett, und (so) wird für mich mein Name (im Traum) nicht günstig offenbart. Die [starke] Gottheit vollbringt für mich keine starken Dinge. (30-38) Ob du, mein Gott, mir [diese Krankheit] vom Mutterleib an zugeschrieben hast, habe ich nie mittels einer Traumdeuterin zu erforschen gesucht. Jetzt rufe ich ständig (meinen) Gott um Gnade an. Erhöre mich, mein Gott! Mein Gott, du hast mich zu einer in Ungnade gefallenen Person am Königstor gemacht, hast meine überkommenen Rechte gegenüber einem Menschen aufgehoben, und jeder, dem ich lieb bin, kommt in Mißkredit. (39-45) Aber du, [mein] Gott, bist für mich der Vater (und) die Mutter, di[e] ich, oh mein Gott, nicht habe. [D]u allein, mein Gott, hast mich wie [eine Mutter] geboren. [Vor] A[ngst plage ich mich] Tag und Nacht [mit Schlaflosigkeit]. Laß mich genesen und laß mich frei wie [einen Mann, der von Sünden gefesselt ist]! Mein Gott, [nimm] mich bei der Hand an [einem günstigen] Ort und [ … ] mich weg [ … ]! (46-50) [Du bist] mein Gott. [ … ] mich. Jet[zt … ], aber in [ … ] … [ … ] komm[t] nicht. Wohin ich [wie Wasser] fließe, da weiß ich nicht wo [ich bin; gleich] einem Boot weiß ich nicht, wann ich vom Fluß am K[ai anlangen werde]. (51-55) [ … Krankheit] und Angst wie … . Mein Gott, [nimm] mich bei der Hand an [einem günstigen Ort] und … mich [ … ]. Mein Gott, nunmehr erinnere dich meiner mit Wohlwollen! (56-iv 1) Dich, meinen Gott, will ich preisen und zu dir … [ … ]. Mein … und … [ … ] für mich; sie habe begonnen, mich ständig zu plagen. Die Sünd[e gehört mir], und der Zorn gehört dir, meinem Gott. Wenn du, mein Gott, böse gegen mich bist, ich, der ich … ein Mensch … . Aber jetzt, mein Gott, [sollen] Böses [und] Krank[heit … ]. Ste[lle] mich an einen guten Ort! (Es folgt ein fragmentarischer, schwer verständlicher Passus) (iv 8-10) Mein Gott, laß schlimme Tage (und) schlimme Nächte mir, einem demütigen Mann, nicht nahekommen! (11-18) Löse das Vergehen von mir und, mein Gott, sieh (gnädig) auf mich, den Sterblichen, mit (deinen Augen). (fragmentarischer Passus) [ … ] es mir zweimal, dreimal. Löse Sünde (und) mein [Vergehen] von [mir]! 113
Jörg Klinger (19-23) Möge
[ … ] überwinden; [möge] … [ … ] ent[fernen]. Mein Gott, mögen diese Wor[te] des Gebetes dein Herz wie kühles Wasser beruhigen! (24-28) Wie in der Vergangenheit (als) ich aus dem Mutterleib geboren wurde (und du meine Seele in mich legtest), lege diese Seele wieder in mich, mein Gott! Und mögen die Seelen meines Vaters, meiner Mutter (und) meiner Familie für mich deine, meines Gottes, Seele werden! (Ende des Textes)
2. Die Pestgebete Mursˇilis II. (CTH 378)
Jörg Klinger Die Pestgebete des Mursˇili II. gehören zu den bemerkenswertesten Texten des hethitischen Schrifttums, nicht zuletzt deshalb, weil in diesen Texten der vielleicht bedeutendste hethitische König, legt man jedenfalls seine außenpolitischen Erfolge und die Stabilisierung des hethitischen Königreiches von Westkleinasien bis weit nach Nordsyrien hinein zugrunde, Einblicke in historische Ereignisse gewährt, wie sie sonst in der offiziellen Überlieferung nicht vorkommen. Keine politische Macht des Alten Orients konnte die Hethiter in dieser Phase ihrer Geschichte wirklich herausfordern. In diesen Texten nun aber, die auch in sprachlicher Hinsicht bemerkenswert sind, werden im Namen des Königs Verfehlungen thematisiert, die sich nicht nur auf den Vertragsbruch gegenüber etwa dem ägyptischen Pharao beziehen, sondern sogar der Putsch des Vaters Mursˇilis II., Sˇuppiluliumas I., gegen dessen eigenen Bruder, Tuthali˘ ja, der von ihm gestürzt und sogar getötet wurde. Dabei gelang es der offiziellen Überlieferung diesen Thronraub so gut zu verheimlichen, daß der gestürzte Tuthalija bis ˘ heute eigentlich nicht in den hethitischen Königslisten geführt wird. Zentrales Thema, das der gesamten Gruppe auch ihren Namen gab, sind die verheerenden Folgen einer viele Jahre im Land der Hethiter grassierenden Seuche, die man gemeinhin mit einer Pest identifiziert hat 32), auch wenn die Texte selbst an keiner Stelle einen Rückschluß darauf zulassen, um welche Krankheit es sich wirklich handelt, die – so die Behauptung Mursˇilis II. an einer Stelle – von den ägyptischen Kriegsgefangenen eingeschleppt worden sei. Der Erhaltungszustand der einzelnen Texte differiert stark; insgesamt lassen sich mindestens fünf verschiedene Fassungen unterscheiden, die inhaltlich ganz unterschiedliche Schwerpunkte setzen.33) Eine innere Chronologie der
32.
33.
114
Zur Deutung der Seuche als sog. »syrische Pest« vgl. H. Klengel, Hattuschili und Ramses. Hethiter und Ägypter, ihr langer Weg zum Frieden, Mainz 2002, 49 bzw. V. Haas, Die hethitische Literatur, 2006, 259. Dabei werden in der Regel keine Zweifel daran geäußert, daß es sich sowohl bei der Seuche, als auch der daraus resultierenden katastrophalen Folgen um historische Fakten handelt; man sollte jedoch nicht übersehen, daß bereits die vor-großreichszeitliche Version des Gebetes, das offenbar Mursˇili II. als Vorlage diente, bereits dieselben topischen Elemente aufweist, wie sie für die späteren »Pestgebete« typisch sind. Die Erstbearbeitung stammt von A. Götze, Die Pestgebete des Mursˇilis, Kleinasiatische Forschungen I/2 (1930) 161-251; eine dringend notwendige neue Gesamtbearbeitung steht noch immer aus.
Texte der Hethiter
Textgruppe konnte bisher nicht erstellt werden, auch die Frage, welchen Zweck eigentlich die verschiedenen Fassungen haben, ist bisher nicht wirklich geklärt.
2.1 Das 1. Pestgebet Keilschrifttafeln. – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara; – Fundort: Bog˘azköy, Tempel 1, teilweise in Magazin Nr. 16. – Erstveröffentlichung: CTH 378.1: (A) KUB 14.14 + 19 + KBo 54.6 (B) KUB 23.3 – Übersetzungen und Bearbeitungen (in Auswahl): I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 61-64 (Nr. 12); G. Beckman, Plague Prayers of Mursˇili II. First prayer, in: W. W. Hallo (Hg.), The Context of Scripture, Vol. I: Canonical Compositions from the Biblical World, Leiden / New York / Köln, 1997, 156-57. (Vs. i-7) [
… alle män]nl[iche Götter], alle weibliche Götter […von Hatti,] alle männliche ˘ Götter [des Eides], alle weibliche Götter des Eides, alle [ura]lte männliche Götter (und) alle weibliche Götter, ihr Götter, die ihr zur Versammlung zusammengerufen seid zur Zeugenschaft in [dieser Angelegenheit,] Berge, Flüsse, Que[llen und] unterirdische Wasserläufe. Jetzt habe ich, Mursˇili, euer Priester, euer Diener, zu euch gebetet. Und in welcher Angelegenheit ich für euch ein Gebet verrichte, ihr Götter, meine Herren, [hört] meine Angelegenheit. (Vs. 8-15) Götter, [meine] Herren, eine Seuche brach aus im Land Hatti und das Land Hatti ist durch die Seuche bedrückt. Es ist sehr bed[räng]t. Und dies˘ist das 20. Jahr, seit ˘ Land Hatti ein großes Sterben herrscht. Und es wurde [für mich] die Angelegenheit im ˘ des Tuthalija, des Jüngeren, Sohn des Tuthalija, belastend 34). Und ich befragte durch ein ˘ ˘ Orakel die Gottheit. Und die Angelegenheit des Tuthalija, des Jüngeren, wurde durch ˘ Herr des Landes Hatti war, die Gottheit bestätigt. Weil Tuthalija, der Jüngere, der ˘ ˘ schworen ihm die Prinzen, die Herren, die Tausendschaftführer, die Würdenträger, [die Diener?] und die gesamte [Streitwagentru]ppe von Hatti einen Eid. Auch mein Vater ˘ schwor ihm einen Eid. (Vs. 16-22) [Es
kam aber] dazu, daß [m]ein Vat[er] dem Tuthalija Gewalt antat. [Das Lan]d ˘ von Hattusˇa aber, die Prinzen, die Herren, die Tausendschaftführer, die Würdenträger, ˘ ein jeder trat meinem Vater be[i]. Gegen den Eid auf Tuthalija, ihren (Text: euren!) 35) ˘ seiner Brüder, (nämlich) Herrn, rebellierte[n] sie. Ihn töteten sie. Ferner, welche 36) […]uda und Pirwa , bei ihm waren, die ergriffen sie und verbannten sie nach Zypern. 34.
35. 36.
Bei dem Vater, dem älteren Tuthalija, handelt es sich um Tuthalija II. (III.), den Vater und Vorgänger Sˇuppiluliumas I. und ˘damit Großvater Hattusˇilis III.˘ Der ursprünglich als Thron˘ folger vorgesehene Bruder des Sˇuppiluliuma, der denselben Namen wie sein Vater trug und, wie der Text ganz ausdrücklich sagt, auch tatsächlich – wenn eventuell auch nur sehr kurzfristig – die Herrschaft angetreten hatte, wurde dann gestürzt und wird traditionell nicht innerhalb der hethitischen Königsfolge gelistet. Dieser Fehler im Text ist bemerkenswert und könnte ein Hinweis sein, daß hier eventuell eine ältere Vorlage redigiert wurde. Über diese beiden Brüder, die ja dann auch Brüder Sˇuppiluliumas waren, ist sonst nichts bekannt.
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Jörg Klinger
Weil Tuthalija ihnen ihr Herr war, jene ihm aber seine Diener des E[id]es waren, bra˘ Eide auf eu[ch?], meine Herren, den Tuthalij[a t]öteten sie. chen sie die ˘ meinen Vater […] Und weil das (Vs. 23-40) [Aber ihr Götter], meine [Herren], schütztet ? Land Hatti [angegriffen wurde vom Feind ] und der Feind [Grenzland] von Hatti besetzt ˘ ˘ wieder. Er hielt, [griff mein Vater den Feind immer wieder an] und besiegte ihn immer gewann das Grenzland des Landes Hatti, [das der Feind erobert hatte], zurück und [be˘ siedelte] es. Ferner [eroberte er] während seiner Königsherrschaft weitere benachbarte Länder. Er erhielt das Land Hatti und er [sicherte] seine Grenzen auf allen Seiten. ˘ Unter ihm ging es dem ganzen Hatti-Land gut. Unter ihm wurden [Menschen?], Rinder ˘ und Schafe zahlreich. Und die Deportierten, die man aus dem Feindesland [brachte], erging es gut, keiner starb. 37) Und es kam dazu, daß die Götte[r, meine Herren], an meinem Vater die Angelegenheit des Tuthalija, des Jüngeren, rächten. Und mein Vater ˘ die Prinzen, die Herren, die Tausendschaft[starb] wegen des Blutes des Tuthalija. Und ˘ führer und die Würdenträger, die sich [meinem Vater] angeschlossen hatten, die starben aufgrund d[ieser] Angelegenheit. Diese Angelegenheit erreichte sogar das HattiLand und das [Hatti-Land] begann wegen dieser Angelegenheit dahinzusterben. ˘Und ˘ bisher das Hatti-Land […], jetzt aber wurde die Seuche noch dr[ücken]der. Das Land ˘ Hatti wurde [noch mehr] durch die Seuche bedrängt und es schwan[d dahin.] Ich, Mursˇ˘ili, [euer Diener, ertrage nicht mehr] den Kummer [meines Herzens, ertrage] nicht mehr die Bedrängnis meines Körpers. […] 38) (Rs. 8’-12’) [… Da] mein Vater den Tuthalija [getötet hat, führte] mein Vater deshalb ein Ritual des Blutes durch, das Land Hatti˘ aber tat nichts. Aber es kam dazu, daß ich [auch ein Ritual des Blutes] durchführte,˘ aber das Land tat (wiederum) nichts. Man tat nichts [für] das Land. (Rs. 13’-20’) Jetzt aber, da das Land Hatti durch die Seuche so bedrückt ist und das Land ˘ Hatti dahinstirbt, hat die Angelegenheit des Tuthalija das Land schwer belastet. Und es ˘ wurde mir durch die [Gottheit] bestätigt. Und˘ ich führte (weitere) Orakel deshalb durch. Sie führen vor euch, [ihr Götter], meine Herren, das Ritual des Eides durch, das bestätigt wurde für euch, [die Götter], meine Herren, und für eure Tempel wegen der Seuche im Land. Und sie reinigen […]. Und ich werde euch entschädigen, Götter, meine Herren, mit Entschädigung und Ersatz für das Land wegen der Seuche. (Rs. 21’-40’) Weil
ihr, die Götter, meine Herren, Rache für das Blut des Tuthalija gefordert ˘ jene Bluttat habt – die, die Tuthalija getötet haben, haben für die Bluttat bezahlt. Und ˘ hat darüber hinaus das Land Hatti vernichtet, so daß das Hatti-Land ebenso schon da˘ an mir ist, werde ich immer ˘ wieder aus meinem Haus für bezahlt hat. Weil es jetzt aber mit Entschädigung und Ersatz bezahlen. Möge euer Sinn, ihr Götter, meine Herren, beruhigt sein. Seid mir gnädig, ihr Götter, meine Herren, und laßt mich Euch schauen! Was ich euch sage, hört mich! Ich habe [nichts] Böses getan. Zudem ist von denen, die frevelten und Böses taten, niemand ist von jenem Tage mehr hier. Sie sind schon lange 37. 38.
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Diese Aussage hier steht im offensichtlichen Widerspruch zu der Version, nach der die ägyptischen Kriegsgefangene es gewesen seien, die die Pest nach Hatti gebracht haben sollen. ˘ Die folgenden Zeilen der Tafel, Vs. 41-47, sind zu fragmentarisch, um eine zusammenhängende Übersetzung bieten zu können; die Übersetzung setzt fort mit der Rs., wo diese wieder besser erhalten ist.
Texte der Hethiter
gestorben. Aber weil die Angelegenheit meines Vaters nun an mir ist, werde ich jetzt wegen der Seuche des Landes euch, ihr Götter, meine [Herren,] Ersatz geben und Entschädigung leisten. Und euch büße ich Ersatz und Entschädigung – [seid] mir gnädig, ihr Götter, meine Herren, und laßt mich euch schauen! Weil die Seuche das Land Hatti bedrückt, ist [es k]lein geworden. Und [die], die euch, ihr Götter, meine Herren, ˘Brot und Wein [geopf]ert haben, die wurden durch die Seuche sehr bedrückt und sie [wurden weniger] durch die Seuche. Und die Seuche aber nahm kein Ende und sie starben dahin. Und die, die Brot- und Weinspenden gaben, sind wenig geworden – und wenn sie ganz zugrunde gehen, dann gibt niemand euch weiter irgendwelches Brot und Wein. (Rs. 41’-51’) Mögt
[ihr, ihr Götter, meine Herren], mit mir [Mitleid haben] wegen der Brotund Weinspenden, die sie [euch] berei[ten]. Laßt mich euch schauen. Schickt die Seuche [weg aus dem Hatti-Land]. Laßt die Brot- und Weinopferspender, die we[nig ge˘ worden sind], nicht weiter bedrängt werden und sie sollen nicht [dahin]st[erben]. Euch sollen sie Br[ot-] und [Trankop]fer bereiten. Es k[omme dazu,] ihr Götter, meine Herren, daß ihr die Pest weg[sen]det! Und welche Übel auch immer [ihr] in das Land des Feindes sch[ickt], T[u]thalijas [weg]en sind sie drinnen im Land Hatti entstanden. Ihr ˘ Götter …, schickt es [weg,] schickt es ins Land des Feindes. Dem ˘Land Hatti aber seid [wieder] gnä[dig]. Im Land soll es wieder gut werden! Und ich will euch˘ als euer Priester, eue[r] Diener schauen! Seid mir gnädig. Aus dem Herzen schickt mir weg die Lähmung, vom Körper aber nehmt mir die Bedrängung! (Rs. 52’) [1.]
Ta[fel, vo]llständig. Als Mursˇili sein Gebet durch[führte].
2.2 Das 2. Pestgebet Keilschrifttafeln. – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara bzw. I˙stanbul Arkeoloji Müzeleri; – Fundort: Bog˘azköy, Tempel 1 (soweit nachweisbar). – Erstveröffentlichung: CTH 378.1: (A) KUB 14.08 (B) KUB 14.11 + KBo 55.25 (C) KUB 14.10 + ABoT 2.22 + KUB 26.86 – Übersetzungen und Bearbeitungen (in Auswahl): I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 57-61 (Nr. 11); G. Beckman, Plague Prayers of Mursˇili II. Second Prayer, in: W. W. Hallo (Hg.), The Context of Scripture, Vol. I: Canonical Compositions from the Biblical World, Leiden / New York / Köln, 1997, 157-9; J. V. G. Trabazo, Textos religiosos hititas (Biblioteca de Ciencias Biblicas y Orientales, 6), Madrid 2002, 305-329. (C Vs. 1-18) [We]ttergott
von Hatti, mein Herr, [und Götter von Hatti], meine Herren, ˘ Mursˇili, euer Diener, schickte˘ mich: »Geh und sprich zum Wettergott von Hatti, mei˘ nem Herrn, und zu den Göttern, meinen Herren, so: Was ist es, was ihr getan habt? Ihr habt eine Seuche im Lande Hatti zugelassen, so daß das Land Hatti besonders schwer ˘ der meines Bruders durch die Seuche bedrückt ˘ist. In der Zeit meines Vaters und herrschte ein Sterben, und seit ich Priester der Götter wurde, herrscht das Sterben auch weiter in meiner Zeit.« Seit 20 Jahren nun herrscht das Sterben im Land Hatti und vom Land Hatti wird die Seuche noch immer nicht weggenommen. Ich ertrage˘ die ˘ 117
Jörg Klinger
Lähmung meines Herzens nicht mehr, die Bedrängnis meines Körpers ertrage ich ebenso nicht mehr. (C Vs. 19-28, A Vs. 1’-5’) Ferner, sobald ich die Feste feierte, bemühte ich mich um alle Gottheiten, ich bevorzugte nicht einen Tempel. Ich habe mein Gebet wegen der Seuche an alle Götter gerichtet und ich habe [für sie] immer wieder gelobt: »Hört [mich, ihr Götter], meine [Herren, und schickt weg] aus dem Land Hatti die Seuche. Das Land Hatti ˘ ˘ kann [die Seuche nicht länger ertragen. Laßt die Angelegenheit, wegen der] ein Sterben herrscht [im Land Hatti entweder durch ein Orakel feststellen, oder daß [ihr] es [mich ˘ im Traum sehen laßt oder aber ein Mann des Gottes] soll es aussprechen.« Aber die Götter [hörten mich nicht und im Land] Hatti besserte sich die Seuche nicht. [Das ˘ Land Hatti war sehr be]drängt. ˘ [Die wenigen] Brotbäcker [und Trankopferspender] der Götter, die noch vor(A Vs. 6’-12’) handen waren, starben dahin. [Die Angelegenheit der Seuche] belastete mich weiter [und nach der Ursache für den Zorn] der Götter [suchte ich und ich fand] zwei alte Tontafeln. Die eine Tontafel befaßte sich mit dem Ritual des Euphratflusses …] Vormalige Könige führten das Ritual für den Euphratfluß durch […], aber seit der Zeit meines Vaters [herrschte ein Sterben] in Hatti [und] wir führten niemals mehr [das Ritual] des ˘ Euphratflusses durch. (A Vs. 13’-24’) Die zweite Tontafel befaßte sich mit Kurus ˇtama – wie der Wettergott von Hatti die Männer von Kurusˇtama ins Land Ägypten hinbrachte und wie der Wettergott ˘ Hatti einen Vertrag machte zwischen ihnen und den Hethitern, infolgedessen sie von durch˘ den Wettergott von Hatti eidlich verbunden waren. Und weil die Hethiter und ˘ die Ägypter durch den Wettergott eidlich verbunden waren und es aber dazu kam, daß die Hethiter (dies) mißachteten 39), brachen die Hethiter plötzlich die Eide. Mein Vater schickte Fußtruppen und Streitwagen aus und sie griffen die Grenzregion Ägyptens, das Land Amka, an. Und er schickte sie wieder und sie griffen wieder an. Als die Ägypter begannen, sich zu fürchten, kam es dazu, daß sie tatsächlich meinen Vater um einen seiner Söhne für die Königsherrschaft baten. Als aber mein Vater ihnen seinen Sohn gab, da führten sie ihn weg und töteten ihn. 40) Mein Vater wurde zornig, er zog nach Ägypten und griff Ägypten an. Er tötete die Fußtruppen und Wagenkämpfer Ägyptens. 39.
40.
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Die hethitische Wendung peran wahnu- läßt sich nicht eindeutig übersetzen; vgl. CHD P, ˘ f., der recht frei übersetzt mit »… und schlugen das in 302a und bereits A. Götze, KlF 1, 224 den Wind« (ebd., 209); anders z. B. Singer, 58: »and the men of Hatti proceeded to get the ˘ Mursˇilis II., KBo 3.3 i upper hand«, wohl in Anlehnung an eine Stelle eines anderen Textes 27 f. Was hier in einigen wenigen Sätzen berichtet wird, kennen wir ausführlich als die sogenannte dahamunzu-Affäre aus den Tatenberichten, die Mursˇili II. über die Regierungszeit seines Vater˘abfassen ließ. Die Witwe des ägyptischen Pharaos, ob es sich um die Echnatons oder Tutanchamuns handelte, ist bis heute letztlich nicht endgültig geklärt, scheint tatsächlich versucht zu haben, einen ausländischen Prinzen zu heiraten, vermutlich in der Absicht, damit ihre eigene Machtposition zu sichern. Der Plan schlug freilich fehl, vielleicht auch, weil Sˇuppiluliuma I. offensichtlich dem Angebot zunächst nur sehr zögerlich begegnete und erst in Ägypten nachforschen ließ, ob der Pharao tatsächlich gestorben war. Als er seinen Sohn schließlich doch nach Ägypten schickte, wurde dieser schon unterwegs abgefangen und getötet. Die Folge war ein direkter militärischer Konflikt zwischen den beiden Ländern, der zu einem Ausbau der hethitischen Machtposition gegenüber Ägypten führen sollte. Zu der Stelle hier im Verhältnis zu den anderen Quellen und den vielfältigen historischen Implikatio-
Texte der Hethiter (A Vs. 25’-34’) Und
auch da erhöhte der Wettergott von Hatti, mein Herr, meinen Vater ˘ durch das Urteil und er schlug die Fußtruppen und Wagenkämpfer Ägyptens und tötete sie. Und als die Gefangenen, die man ergriffen hatte, ins Land Hatti zurückgeführt ˘ begannen dahinwurden, da brach unter den Kriegsgefangenen die Seuche aus und sie zusterben. Als die Kriegsgefangenen ins Land Hatti geführt wurden, da brachten die Kriegsgefangenen die Seuche mit ins Land Hatti.˘ Und von diesem Tag an herrschte das Sterben im Land Hatti. Als ich die vorher˘ genannte Tontafel über Ägypten fand, da ˘ machte ich eine Orakelanfrage an die Gottheit darüber. »Wurde diese Angelegenheit durch den Wettergott von Hatti veranlaßt, weil die Ägypter und die Hethiter durch ˘ den Wettergott von Hatti vertraglich gebunden waren?« ˘ weil die damnasˇsˇara-Gottheiten im Tempel des Wettergottes (A Vs. 35’-46’; C iii 3’-7’) »Und von Hatti, meines Herrn, waren, die Hethiter aber doch plötzlich das Wort brachen, ˘ das, daß der Wettergott von Hatti, mein Herr, zornig wurde?« – dies wurde war es ˘ Seuche machte ich auch eine Orakelanfrage durch das Orakel bestätigt. Wegen der wegen des Rituals des [Euphratfluss]es. Und auch da wurde bestätigt, daß ich vor den Wettergott von Hatti, meinen Herrn, treten solle. Und ich habe s[ofort vor dem Wet˘ tergott von Hatti den Fre]vel eingestanden. Es ist so. Wir haben [es] getan. [Aber der ˘ Frevel geschah] nicht zu meiner Zeit. [Vielmehr geschah es] in der Zeit meines Vaters. Aber ich weiß sehr wohl […] Der Wettergott [von Hatti, mein Herr,] ist zornig […]. ˘ [Da] in Hatti ein Sterben herrscht […], werde ich fortfahren, darüber [ein Gebet] an ˘ den Wettergott von Hatti, meinen Herrn, zu richten. Ich knie nieder vor dir und bitte um Gnade. Höre mich,˘ Wettergott von Hatti, mein Herr. Vom Inneren des Landes Hat˘ ˘ ti sei die Seuche weggenommen. (C iii 8’-19’, B iii 16’-24’) Die Sache, die ich durch Orakel erfragt habe, und die Angelegenheiten, die in bezug auf die Seuche bestätigt wurden, werde ich bereinigen. Und ich werde Entschädigung leisten. Wegen der Angelegenheit des E[ides], die in bezug auf die Seuche bestätigt wurde, habe ich ein Ritual des Eides für den Wettergott von Hatti, [mei˘ nen Herrn], durchgeführt. Und ich habe ebenso geopfert für [die Götter, meine Herren]. […] für dich, Wettergott von Hatti, […] ein Ritual für dich. Wegen des [Rituals] für den Euphratfluß, das mir in bezug˘ auf die Seuche bestätigt wurde, und da ich nun auf dem Weg [zum] Euphrat bin, Wettergott [von Hatti], mein Herr, und ihr Götter, ˘ meine Herren, vergebt mir das Ritual für den Euphratfluß. Ich will das Ritual für den Euphratfluß durchführen und ich will es vollständig durchführen. Und hinsichtlich der Angelegenheit, weswegen ich es durchführen werde, nämlich wegen der Seuche, ihr Götter, meine Herren, seid mir gnädig und laßt die Seuche im Inneren des Landes Hatti ˘ gut werden. (A Rs. 10’-19’) Wettergott von Hatti, mein Herr, Götter, meine Herren, so geschieht es: die ˘ Menschen freveln immer wieder. Und auch mein Vater frevelte und er übertrat das Wort des Wettergottes von Hatti, meines Herrn. Aber ich habe in keiner Weise gefrevelt und doch geschieht es so:˘ der Frevel des Vaters kommt über den Sohn. Und der Frevel meines Vaters kam auch über mich. Ich habe es gerade dem Wettergott von Hatti, meinem Herrn, und den Göttern, meinen Herren, gestanden. Es ist so. Wir ha˘ nen vgl. J. L. Miller, Amarna Age Chronology and the Identity of Nibhururiya in the Light of a Newly reconstructed Hittite Text, AoF 34 (2007) 252-93, bes. 268 ff.
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Jörg Klinger
ben es getan. Aber weil ich den Frevel meines Vaters gestanden habe, möge der Sinn des Wettergottes von Hatti, meines Herrn, und der Götter, meiner Herren, sich wieder ˘ besänftigen. Seid mir wieder gnädig und schickt wieder weg aus dem Land Hatti die ˘ dahinSeuche. Laßt die Brotbäcker und die Weinopferspender, die wenige sind, nicht sterben. (A Rs. 20’-36’) Ich fahre nun fort das Gebet an den Wettergott, meinen Herrn, wegen der Seuche zu richten. Höre mich, Wettergott, mein Herr, und erhalte mich am Leben. Und zu dir [spreche ich so]: Der Vogel nimmt Zuflucht im Nest und das Nest erhält ihn am Leben. Oder wenn irgendetwas irgendeinen Diener belastet und er richtet seine Bitte an seinen Herrn und sein Herr hört ihn. Und das, das ihn belastet, macht er wieder gut für ihn. Oder wenn ein Frevel an irgendeinem Diener ist, er den Frevel aber vor seinem Herrn eingesteht, dann wird sein Herr ihn deshalb so behandeln, wie er ihn behandeln will. Weil er den Frevel aber vor seinem Herrn gesteht, wird sich der Sinn seines Herrn beruhigen und sein Herr wird jenen Diener nicht zur Rechenschaft ziehen. Ich aber habe den Frevel meines Vaters gestanden. Es ist so, ich habe es getan. [Wenn] es irgendeine Entschädigung dafür gibt, dann wurde du[rch die Seu]che bereits viel [geleistet], die durch die Kriegsgefangenen, die aus Ägypten zurückgebracht wurden, und durch die Deportierten, die zurückgebracht wurden, [verursacht wurde]. Das, was das Land Hatti durch die Seuche [entschädigt] hat, das ist eine zwanzigfache [Entschädigung]. ˘So ist es schon geschehen, aber der Sinn des Wettergottes, meines Herrn, und der Götter, meiner Herren, ist noch nicht besänftigt. Oder falls ihr irgendeine besondere Entschädigung mir auferlegt, so sagt es mir durch einen Traum und ich werde sie euch geben. (A Rs. 37’-40’) [Und] jetzt bitte ich weiter den Wettergott von Hatti, meinen Herrn, erhalte ˘ mich am Leben. [Und falls] jemand dahinsterben muß aufgrund dieser Angelegenheit, laß die Brotbäcker und die Weinopferspender, die übrig sind, nicht weiter dahinsterben, während ich es wiedergutmache. (A Rs. 41’-44’, C iv 14’-22’) [Oder] falls jemand aus einem anderen Grund dahinsterben muß, laß es mich entweder durch einen Traum sehen oder [laß] es durch ein Orakel bestätigt werden oder laß einen Gottesmann es aussprechen. Oder entsprechend dem, was ich allen Priestern aufgetragen habe, werden sie in einem reinen Bett schlafen. Erhalte mich am Leben, Wettergott von Hatti, mein Herr. Und die Götter, meine Herren, sollen ˘ mich ihr göttliches Walten schauen lassen. Jemand soll es durch einen Traum sehen. Laßt die Angelegenheit, wegen der ein Sterben herrscht, offenbar werden. Wir baumeln von der Spitze einer Nadel. 41) Erhalte mich am Leben, Wettergott von Hatti, mein Herr, ˘ und die Seuche soll aus dem Land Hatti vollständig weggenommen werden. ˘
41.
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Dieser hier als idiomatischer Ausspruch gedeutete Satz entzieht sich bisher weitgehend einem wirklichen Verständnis; A. Götze verzichtete auf eine Übersetzung, vermutete aber »eine religiöse Handlung an einem heiligen Symbol« (KlF 1, 234 f.); A. Ünal, TUAT 2, 806 übersetzte: »wir es mit einem Kratzer putzen können«, wiederum ganz anders Singer, Prayers, 60: »We shall stroke(?) by means of the pins(=) of a sˇarpa«.
Texte der Hethiter
3. Gebet Mursˇilis II. in der Affäre um seine Schwiegermutter Tawananna (CTH 71) Der hier behandelte Text setzt die Tradition der Gebete Mursˇilis II. fort, die sich mit einem problematischen Thema aus dem Umfeld des Königshaus beschäftigen, ist aber in gewisser Weise auch im Zusammenhang mit dem weiter unten behandelten Text aus der Zeit Hattusˇilis III. zu sehen, insofern als auch hier konkrete politische Ereig˘ nisse thematisiert werden. Allerdings waren es in den sog. Pestgebeten noch nahezu ausschließlich Verfehlungen vor allem seines Vaters und nicht von ihm selbst, die den Anlaß lieferten, sich an die Götter mit der Bitte um Versöhnung zu wenden; jetzt steht Mursˇili II. mit seinem eigenen Handeln im Mittelpunkt, wobei er jedoch, im Unterschied zu Handlungen seines Vaters, bemüht ist, jeglichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Tuns zu zerstreuen. Ein sehr ähnlich gelagerter Text liegt mit CTH 70 vor 42), wobei beide unter Umständen auch Teile eines eigentlich zusammengehörigen Werkes sein können, was aber aufgrund des noch recht fragmentarischen Zustandes des Textes bisher nicht geklärt werden konnte. Die Ähnlichkeit zu den späteren Texten geht dabei sogar soweit, daß lange Zeit ein jetzt eher CTH 70/71 zuzurechnendes Tafelfragment als Teil von CTH 383 galt 43), ein Gebet, das gleich eine ganze Liste von Verfehlungen hethitischer Könige aus der Zeit vor Hattusˇilis III. aufgreift. Es scheint ˘ denkbar, daß zwischen den verschiedenen Textfassungen auch intertextuelle Beziehungen bestehen bzw. daß Hattusˇili III. sich zumindest an den Gebetstexten seines ˘ Vaters orientierte. Das Gebet CTH 70 nimmt Bezug auf die Auseinandersetzungen Mursˇilis II. mit seiner Stiefmutter, der letzten Gattin seines Vaters Sˇuppiluliumas I., eine aus Babylon stammende Prinzessin, mit der es verschiedene Probleme gab und die für Mursˇili schließlich auch die Schuld am Tod seiner Gattin Gasˇsˇulijawija trug, den sie durch den Einsatz magischer Praktiken bewirkt haben soll. 44) Zunächst hatte die Stiefmutter noch das offizielle Amt einer Königin inne, wie auch eine ganze Reihe von Siegeln zeigen, die den Namen Mursˇilis II. und der Tawananna führen. Der Konflikt endete mit der Absetzung der Tawananna 45) und ihrer Verbannung vom Hof;
42. 43.
44.
45.
Vgl. dazu die Übersetzung in Singer, Prayers, 73 ff. sowie St. De Martino, Le accuse di Mursˇili II alla regina Twananna secondo il testo KUB XIV 4, in: ders. / F. Imparati (Hg.), Studi e Testi I (Eothen 9), Florenz 1998, 19-48. Vgl. dazu J. Miller, Joins and Duplicates among the Bog˘azköy Tablets (31-45), ZA 98 (2008) 129-131 mit Umschrift der Fragmente; auf den Inhalt von KUB 21.19 (Bo 4222) geht vor allem D. Groddek 2007, ein, der, sicherlich zu recht, das hier belegte isˇhanatalla- »Mörder« ˘ auf die Stiefmutter Mursˇilis II. bezieht; dies läßt sich jetzt noch unterstützen durch das in den ergänzenden Anschlußstücken zweimal belegte »meine Mutter« sowie den Hinweis auf einen »Prozeß«. Zu diesem Konflikt vgl. V. Haas, Hethitische Orakel, Vorzeichen und Abwehrstrategien – ein Beitrag zur hethitischen Kulturgeschichte, 2008, 84 ff. Vgl. auch M. Alparslan, Die Gattinnen Mursˇili II.: Eine Betrachtung des heutigen Forschungsstandes und seiner Interpretationsmöglichkeiten, in: A. Archi / R. Francia (Hg.), 6. International Congress of Hittitology, Rome, SMEA 49 (2007), 31-37. Ihr babylonischer Name ist nicht bekannt, aber Th. P. van den Hout, The Purity of Kingship. An Edition of CTH 569 and Related Hittite Oracle Inquiries of Tuthaliya IV (DMOA), 1998, 44 vermutete, daß der in fragmentarischem Kontext in CTH 70 belegte Name Amminnaja ihr Eigenname sein könnte; anders aber V. Haas, Hethitische Orakel (…), 2008, 85. Ausführlich
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ausdrücklich betont Mursˇili II., daß er sie nicht, was auch nach der Auskunft eines Orakels sein Recht gewesen wäre, für ihre Mordtat, die Mursˇili II. als erwiesen ansah, mit dem Tode bestrafte. Wie lange sich die Affäre hinzog, läßt sich nicht definitiv beantworten, aber der Tod der Gasˇsˇulijawija dürfte auf das 9. Regierungsjahr Mursˇilis II. zu datieren sein 46). Ob es Mursˇili II. wirklich gelang, die Affäre in seinem Sinne endgültig zu regeln, kann bezweifelt werden, denn noch aus der Zeit seines Enkels Tuthalija IV. gibt es verschiedene Hinweise, daß die Nachfahren sich noch immer da˘ mit beschäftigten bzw. befürchteten, daß Mursˇilis Vorgehen gegen seine Stiefmutter noch Generationen später den Zorn der Götter erregen könnte.47) Keilschrifttafeln. – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara; – Fundort: Bog˘azköy, Tempel 1, Areal L/19, soweit dokumentiert. – Erstveröffentlichung: CTH 71: (A) KBo 4.8 + Izmir 1277 48) (B) KBo 50.43 (+) 44 – Übersetzungen und Bearbeitungen (in Auswahl): H. A. Hoffner, A prayer of Mursˇili II about his stepmother JAOS 103, 1983, 187-92; I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 73-79 (Nr. 17 und 18); D. Groddek, Zur Deutung von heth. isˇhanatalla-, International Journal of Diachronic Linguistics and Linguistic Reconstruction 4,˘ 2007, 37-62. (Vs. ii 1-26) Die ersten Zeilen sind noch recht fragmentarisch, lediglich »er/sie tötete« ist klar. War es denn ein Kapitalverbrechen für mich, wenn sie nicht stirbt? Ich befragte gleich die Götter, meine Herren. Und sie 49) wurde mir durch das Orakel zum Töten bestimmt. Sie wurde mir auch durch das Orakel zur Absetzung bestimmt. Aber selbst da habe ich sie nicht hingerichtet, aber ich setzte sie vom Priesterinnenamt 50) ab. Und weil sie durch das Orakel zur Absetzung bestimmt wurde, setzte ich sie ab und gab ihr ein Haus. Ihrem Wunsch fehlt es an nichts. Brot (und) Wasser gab es für sie. Alles war vorhanden. Nichts fehlte ihr. Sie lebt. Die Sonne des Himmels sieht sie immer wieder mit ihren Augen, das Brot des Lebens ißt sie immer wieder. Mein war nur diese eine Strafe: ich bestrafe sie nur mit dieser einen Sache, daß ich sie aus dem Palast herabschickte. Wegen der Götter setzte ich sie vom Amt der Priesterin ab. Mein ist nur diese eine Strafe. Legt euch die Rechtssache vor, Götter, und untersucht sie. Wurde ihr Leben nun schlecht? Weil sie lebt, sieht sie die Sonne des Himmels mit ihren Augen immer wieder und das Brot des Lebens ißt sie immer wieder. Meine Strafe ist der Tod meiner Frau. Wurde es besser? Weil sie sie getötet hat, geht [meine Seele] während der Tage des Lebens
46. 47. 48. 49.
50.
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zur Person vgl. T. Bryce, The Kingdom of the Hittites, Oxford 22005, 207 ff. sowie die bei D. Groddek, 2004, 53 n. 9 genannte Literatur. Vgl. D. Groddek, 2004, 43. Vgl. Theo P. van den Hout, The Purity of Kingship. An Edition of CTH 569 and Related Hittite Oracle Inquiries of Tuthaliya IV (DMOA), 1998, 41 ff. Vgl. O. Soysal, A Forgotten Hittite Fragment of the KI.LAM Festival, JCS 50 (1998) 63. Auch wenn der Name nicht fällt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß hier die Stiefmutter Mursˇilis II., die Witwe seines Vaters Sˇuppiluliumas I., gemeint ist, die aus dem babylonischen Königshaus stammte und auch als Eigenname den Titel Tawananna führte; s. dazu auch unten zu CTH 383. Der Text verwendet hier das Sumerogramm AMA.DINGIR-LIM, eine Bezeichnung für eine bestimmte Priesterinnengruppe, deren Funktion sich nicht genauer angeben läßt; vielmehr scheint die Bezeichnung eher allgemein für weibliche Kultfunktionäre verwendet worden zu sein; vgl. ausführlich A. Taggar-Cohen, Hittite Priesthood (THeth 26), 2006, 335 ff.
Texte der Hethiter (Rs. iii 1’- 4’) deswegen
hinab in die dunkle Erde. Mir aber talwatallait. 51) Sie hat mich zum Waisen 52) gemacht. [… Wißt] ihr Götter nicht, wessen die Strafe ist?
53) (Rs. iii 1’-24’) Und weil ich wegen euch [die Königin] vom Amt der Priesterin absetzte, versorge ich für die Götter [meine Herren die Fe]ste und die Götter feiere ich. [In Zukunft setz]t sie wegen der Götter nicht in das Amt der Priesterin ein! Berücksichtigt sie nicht mehr! [Und …] wasˇsˇuraja 54), weil nicht […] solange sie Königin war, [verfluch]te sie [meine Frau] und tötete sie. Sobald ich sie wegen euch vom Amt der Priesterin abgesetzt hatte, erniedrigte ich sie. Und ich schickte sie aus dem Palast herab. Jetzt schweigt sie und verflucht nicht (mehr). Und verflucht sie irgendwie – früher haben die Götter sie einmal erhört, jetzt aber ihr Götter, meine Herren, handelt nicht wieder so. Erhört nicht die Rede des Übels. Jetzt habe ich Mursˇili, euer Diener, euer Priester, mich durchgesetzt 55) und machte wegen ihr sofort ein Gebet. Ihr Götter, meine Herren, erhört meine Angelegenheit. Und wenn die Tawananna ir[gendwie] verflucht, Götter, [meine] He[rren …] irgendetwas der Tawananna […] meinen Söhnen, meinem Haus […] laßt nicht hinein. (Rs. iii 25’-41’) Weil ich der Gestrafte bin, [wen]de ich mich an die Götter, meine Herren. Und weil ich ein Geb[et] für euch mache, [neigt] mir das Ohr zu [und] erhört mich! Der Platz meiner Mutter […] 56). Meine Gattin verfluchte sie. Und meine Gattin s[tarb]. Jene aber wurde mir zur Mörderin. 57) Die Feste für die Götter aber vernach[lässigte sie]. Ich fürchte die Götter und ich kümmerte mich um die Feste der Götter. Für die Götter [? 58)] war sie Priesterin. Weil [sie aber?] Verfehlungen [beging?], wurde sie mir zur Mörderin. […] machte ich. Die Mörderin […] in das Innere meines Hauses führte ich. […] auf dem Thron saßen wir. […] an welchem Tisch […] 59)
51. 52.
53. 54. 55. 56. 57. 58. 59.
Das Verbum ist ein hapax, dessen Bedeutung sich allenfalls vermuten läßt. Hoffner, 1983, 188 übersetzt versuchsweise »unbearable (??)«. Die unklare Verbalform kuripahta (Rs. iii 3’) wurde von H. A. Hoffner zu einem Substantiv ˘ Person« gestellt (ders., Studies in Hittite Vocabulary, Synkurimma- / kurimpa- »verwitwete tax, and Style, JCS 29 [1977] 155 f.), vgl. dazu aber J. Puhvel, Hittite Etymological Dictionary, vol. 4: K, 1997, 264. Ab hier Fortsetzung der Kolumne III auf der Rückseite der Tafel nach dem etwas besser erhaltenen Text B. Zur Diskussion dieser noch immer unklaren Wortform vgl. D. Groddek 2004, 54 f. n. 21. Die Verbindung von peran mit wahnu- ohne nähere Bestimmung ist semantisch auch hier nicht ganz klar; hier versuchsweise ˘in Anlehnung an CHD P, 302a »to be or become important, vital, preeminent, gain preeminence, get the upper hand« übersetzt. D. Groddek, 2004, 40 f. ergänzt tijat und übersetzt: »An die Stelle meiner Mutter t[rat sie.]« So mit D. Groddek, 2004, 37, der für isˇhanallesˇ- eine Bedeutung »zum Blutvergießenden/ ˘ Mörder werden« vorschlägt. Unklar, ob hier noch Text fehlt. Noch insgesamt 3, teilweise sehr fragmentarische Zeilen ohne weiterführenden Inhalt sind bis zum Bruch erhalten.
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4. Das Gebet Muwatallis II. an die Versammlung der Götter durch den Wettergott des Blitzes (CTH 381) Dieser Text Muwatallis II. aus der Mitte des 13. Jahrhunderts gehört mit zu den besterhaltenen hethitischen Texten, von dem sich noch dazu sogar gleich zwei weitgehend vollständige Tafeln erhalten haben, die beide – abgesehen von einigen bemerkenswerten Überlieferungsvarianten – identische Versionen zeigen und sicherlich relativ zeitgleich verfaßt wurden. 60) I. Singer hat deshalb vermutet, es handle sich hierbei gleichsam lediglich um eine Art Vorlage oder Modell eines Gebetes, das dann, je nach Bedarf, um einen konkreten Anlaß ergänzt worden sein könnte.61) Der Text zeigt tatsächlich einige Besonderheiten, die ihn von anderen Gebetstexten unterscheiden, so scheint ihm ein konkreter Anlaß zu fehlen, zumindest wird er nicht genannt, vielmehr sind es weitgehend recht allgemeine Formulierungen bzw. Bitten, die zum Ausdruck kommen. Weitgehend singulär ist die hier (nicht im Detail mit aufgenommene) Liste von 83 namentlich aufgezählten Gottheiten aus einer Vielzahl verschiedener Orte des hethitischen Reiches, die sich vielfach auch nicht lokalisieren lassen, jedoch eher im Kerngebiet des hethitischen Territoriums zu suchen sein dürften; allerdings wird auch Karkemisˇ genannt. 62) Ungewöhnlich für hethitische Gebetstexte ist die enge Kombination des Textes mit Opferhandlungen, wie sie typisch sind für die sogenannten Festrituale, also das Brechen von Brot und Spenden von Trankopfern in immer derselben, meist sehr stereotyp beschriebenen Art und Weise. Wobei selbst hier in den Gebetstexten dasselbe Verfahren zu beobachten ist wie in den genannten EZEN4-Texten, d. h. die Schreiber neigen dazu, sich die Arbeit zu vereinfachen und die meist gleichartigen, wenn nicht gar identischen Formulierungen für die einzelnen Opferhandlungen bei der Aufzeichnung abzukürzen, etwa indem sie die Zeichenkombination KI.MIN (»ebenso«) verwenden, die bei Wiederholungen das ausführliche Aufzeichnen identischer Textpassagen, das können einzelne Phrasen, ganze Sätze oder gar Abschnitte sein, ersetzt. Keilschrifttafeln (13. Jh. v. Chr.). – Aufbewahrungsort: Pergamon-Museum, Berlin bzw. Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara; – Fundort: Bog˘azköy, Tempel 1, teilweise in Magazin Nr. 16. – Erstveröffentlichung: (A) KUB 6.45 + KBo 57.18 + KUB 30.14 (B) KUB 6.46 (C) KUB 12.35 (D) KBo 53.12. – Übersetzungen und Bearbeitungen (in Auswahl): A. Götze, Hittite Prayers, in: J. B. Pritchard, Ancient Near Eastern Texts, Princeton 1950, 397-99; I. Singer, Muwatalli’s Prayer to the Assembly of Gods through the Storm-God of Lightning (CTH 381), Atlanta 1996; ders., Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 85-95 (mit Photo); J. V. G. Trabazo, Textos religiosos hititas (Biblioteca de Ciencias Biblicas y Orientales, 6), Madrid 2002, 331-351.
60. 61. 62.
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Zur Textredaktion vgl. Ph. H. J. Houwink ten Cate, Muwatallis’ Prayer to be Spoken in an Emergency, an Essay in Textual Criticism, JNES 27, 1968, 204-8, sowie I. Singer, Muwatalli’s Prayer (…), 1996, 135 ff. I. Singer, Muwatalli’s Prayer (…), 1996, 148; einen Nachfolger habe dieser Gebetstyp allerdings dann nicht gefunden. Ausführlich besprochen bei I. Singer, Muwatalli’s Prayer (…), 1996, 171 ff.
Texte der Hethiter (Vs. i 1-9) So
spricht der tabarna Muwatalli, der Großkönig, der König von Hatti, der ˘ [Sohn] des Mursˇili, des Großkönigs, Königs von Hatti, des Helden: Wenn irgendeinen ˘ Mann eine Angelegenheit bedrückt, dann richtet er ein Gebet an die Götter. Er stellt auf das Dach, der Sonne(ngottheit) gegenüber, zwei abgedeckte Tische aus Flechtwerk. Einen Tisch für die Sonnengöttin von Arinna und einen Tisch für die männlichen Götter. Auf diesen befinden sich: 35 Dickbrote aus einer Handvoll feuchtem Emmermehl, eine flache Schale mit Honig, mit Feinöl vermischt, eine Schüssel gefüllt mit Rührkuchen, eine Schüssel gefüllt mit Grütze, 30 Krüge Wein. Und sowie er dies vo[rbereit]et, geht der König auf das Dach und er verneigt sich vor dem Sonnengott des Himmels. (Vs. i 10-19) Er spricht so: Sonnengott des Himmels und Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, Königin von Hatti, Wettergott, König des Himmels, mein Herr, Hebat, Königin, ˘ ˘ mein Herr, meine Herrin, Wettergott von Hatti, König des Himmels, Herr von Hatti, ˘ ˘ ˇ Wettergott von Ziplanda, mein Herr, geliebter Sohn des Wettergottes, Seri 63) und Hur˘ ri, die männlichen Götter und weiblichen Götter alle, die Berge und die Flüsse des Landes Hatti alle, meine Herren. Göttlichen Herren – Sonnengöttin von Arinna, meine ˘ und alle Götter des Landes Hatti, meine Herren – deren Diener ich bin, die mir Herrin, ˘ absolute Herrschaft des Landes Hatti übertragen haben. ˘ (Vs. i 20-24) Jetzt, Götter, hört mein, eures Priesters (und) eures Dieners Wort und Gebet. Zuerst mache ich ein Gebet für euch, meine göttlichen Herren, für eure Tempel und für eure Bilder – wie die Götter des Landes Hatti behandelt und wie sie mißhan˘ delt werden. (Vs. i 25-32) Danach mache ich ein Gebet für die Angelegenheiten meiner Seele. Göttliche Herren, neigt mir zu euer Ohr und hört diese meine Gebete. Und die Worte, die ich zu einem Gebet für die göttlichen Herren mache, die Worte, göttliche Herren, nehmt und erhört sie. Und welche meiner Worte ihr nicht erhört, ich mache sie zu einem Gebet für die Götter, sie kommen nur aus meinem menschlichen Mund, und ihr laßt zu, daß ihr sie erhört, göttliche Herren. ˇ eri, mein Herr, Stier des Wettergottes, der du vorangehst (in bezug auf) das (Vs. i 33-36) S Land Hatti, in diesen Worten interpretiere für mich das Gebet für die Götter, an die es ˘ ist (lit: »die herangetretenen Götter«). Die göttlichen Herren sollen diese gerichtet meine Worte (als) mein Gebet erhören, die göttlichen Herren des Himmels und der Erde (B: alle). (Vs. i 37-39) Sonnengott des Himmels, Sonnengöttin von Arinna, Wettergott von Arinna, Hulla Zinduhija, männliche Götter, weibliche Götter, Berge und Flüsse von Arinna, Wet˘ ˘ tergott der Rettung, Wettergott des Lebens, … (Rs. iii 4-12) Wettergott des Hauses der tawananna, Wettergott hulas ˇsˇasˇsˇisˇ, männliche ˘ Götter und weibliche Götter des Königs und der Königin, die angerufen wurden und die nicht angerufen wurden, deren Tempel König und Königin aufsuchen und deren Tempel König und Königin nicht aufsuchen, denen aber Priester opfern, männliche Götter und weibliche Götter des Himmels und der dunklen Erde, Himmel und Erde, Wol-
63.
Variante in B: Sˇeri, der Stier, der vorangeht (in bezug auf) das Land Hatti. ˘
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ken und Winde, Donner und Blitze, Ort der Versammlung, Ort, an dem die Götter zur Versammlung zusammentreten. (Rs. iii 13-17) Sonnengott des Himmels, mein Herr, Hirte der Menschheit – komme herauf, Sonnengott des Himmels, aus dem Meer und in den Himmel tritt ein, Sonnengott des Himmels, mein Herr. Die Rechtssache des Menschen, des Hundes, des Schweines und des Getiers auf dem Felde entscheidest du, Sonnengott, täglich. (Rs. iii 18-22) Und ich, Muwatalli, der König, der Priester der Sonnengöttin von Arinna und aller Götter, den Sonnengott des Himmels bete ich an. Sonnengott des Himmels, mein Herr, halte auf die Götter an diesem Tag. Und die Götter, die ich an diesem Tag, in welchem Gebet auch immer, mit meiner Zunge (herbei)gerufen habe, (Rs. iii 23 f.) rufe sie (herbei), Sonnengott des Himmels, vom Himmel und der Erde, von den Bergen und den Flüssen, aus ihren Tempeln und von ihren Thronen. (Rs. iii 25-31) Danach spricht der König so: Wettergott des Blitzes, mein Herr, ein Mensch war ich, mein Vater aber war Priester der Sonnengöttin von Arinna und aller Götter. Mein Vater zeugte mich, aber der Wettergott des Blitzes nahm mich von meiner Mutter und er zog mich groß. Er machte mich zum Priester der Sonnengöttin von Arinna und aller Götter. Für das Land Hatti setzte er mich in das Königtum ein. ˘ (Rs. iii 32-39) Jetzt bete ich, Muwatalli, der König, großgezogen von dir, Wettergott des Blitzes: die Götter, die ich herbeigerufen habe mit meiner Zunge und zu denen ich gebetet habe, verwende dich bei den Göttern für mich, bei allen. Nimm die Worte meiner Zunge, die des Muwatalli, deines Dieners, und lege sie den Göttern ans Herz. Die Worte des Gebets, die ich an die Götter richte, sie sollen sich nicht zu mir zurückwenden. (Rs. iii 40-44) Der Vogel nimmt Zuflucht im Nest und er lebt. Ich aber habe Zuflucht bei dem Wettergott des Blitzes, meinem Herrn, genommen und er erhält mich am Leben. Das Gebet, das ich an die Götter richte, lege die Worte den Göttern ans Herz und sie sollen mich erhören. Und dann preise ich dich, Wettergott des Blitzes, immerfort. (Rs. iii 45-59) Und dann wenn die Götter meine Worte hören, machen die Götter die böse Angelegenheit, die in meiner Seele ist, gut und nehmen sie von mir. Wessen Lobpreis ist es? Ist es nicht der Lobpreis des Wettergottes des Blitzes, meines Herrn? Und ob ein Gott oder ein Mensch es sieht, so wird er sprechen: »Wirklich, Wettergott des Blitzes, mein Herr, König des Himmels, du hast den Mann erwählt, du hast ihn gefördert und du hast ihn versorgt und du hast ihn durch die Zeiten geleitet.« Und in Zukunft wird es geschehen, daß mein Sohn, mein Enkel, die Könige (und) Königinnen von Hatti, die Prinzen und die Herren dir, Wettergott des Blitzes, Ehrfurcht erweisen werden˘ und sie werden so sprechen: »Wirklich, dieser Gott ist ein starker Held, ein wahrhaft gerechter Gott.« Die Götter des Himmels, der Berge (und) der Flüsse werden dich preisen. (Rs. iii 60-70) Und für mich, Muwatalli, deinen Diener, wird sich meine Seele in mir freuen und ich werde preisen den Wettergott des Blitzes, meinen Herrn. Die Tempel, die ich für dich baue, und die Riten, die ich für dich durchführe, du sollst dich, Wettergott des Blitzes, mein Herr, darüber freuen. Die Brot- und Weinspenden, die ich regelmäßig dem Wettergott des Blitzes, meinem Herrn, gebe, die will ich mit Freude geben und nicht soll ich sie dir aus Zwang geben. Wettergott des Blitzes, mein Herr, leuchte über mir wie das Mondlicht, scheine über mir wie der Sonnengott des Himmels.
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Texte der Hethiter (Rs. iii 71-iv 2) Gehe
zu meiner Rechten, unterstütze mich wie einen Stier beim Ziehen. Eile zu mir in wettergöttlicher Manier. Wirklich, laß mich so sprechen: »Ich bin erwählt, großgezogen und ? 64) durch den Wettergott des Blitzes [… (B i 39) 65)[3 Dic]kbrote für die Sonnengottheit des Himmels – ebenso. (Rs. iv 3) [Dana]ch aber bricht er das Dickbrot. (Rs. iv 4-7) [Danach aber? …] 3 Dickbrote von einem Maß feuchtem Emmermehl für die Sonnengöttin von Arinna. Er tunkt sie in den Honig mit Feinöl und legt sie auf den Tisch der Sonnengöttin von Arinna. Danach aber schüttet er Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote. Er libiert einen Krug Wein davor. (Rs. iv 8-12) [Da]nach bricht er für den Wettergott des Blitzes 3 weiße und 1 rotes Dickbrot. Er tunkt sie in den Honig mit Feinöl und stellt sie auf den Tisch des Wettergottes des Blitzes. Danach aber schüttet er Grütze und Fettbrot auf die Dickbrote. Er libiert einen Krug Wein davor. (Rs. iv 13-17) Danach aber bricht er für Hebat 3 weiße und 1 rotes Dickbrot. Er tunkt sie ˘ den Tisch der Hebat. Danach aber schüttet er in den Honig mit Feinöl und legt sie auf ˘ Wein davor. Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote. Er libiert einen Krug (Rs. iv 18-22) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für den Wettergott des Himmels. Er tunkt sie in den Honig mit Feinöl und legt sie auf den Tisch des Wettergottes des Himmels. Danach aber schüttet er Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote. Er libiert einen Krug Wein davor. (Rs. iv 23-27) Danach aber bricht er 3 Dickbrote von einem Maß feuchtem Emmermehl für den Wettergott von Hatti. Er tunkt sie in den Honig mit Feinöl und legt sie auf den ˘ Hatti. Danach aber schüttet er Fettbrot und Grütze auf die Tisch des Wettergottes von ˘ Wein davor. Dickbrote. Er libiert einen Krug (Rs. iv 28-32) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für den Wettergott von Ziplanda. Er tunkt sie in den Honig mit dem Feinöl und legt sie auf den Tisch des Wettergottes von Ziplanda. Danach aber schüttet er Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote. Er libiert einen Krug Wein davor. (Rs. iv 33-35) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für alle männlichen Götter von Hatti. Er tunkt sie in den Honig mit dem Feinöl und legt sie auf den Tisch des ˘ Wettergottes des Blitzes. ˇ eri und Hurri. (Rs. iv 36-37) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für die S ˘ Ebenso. Er legt sie auf den Tisch des Wettergottes des Blitzes. (Rs. iv 38-40) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für alle weiblichen Götter von Hatti. Ebenso. Er legt sie auf den Tisch der Sonnengöttin von Arinna. ˘ Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für die Berge. Ebenso. (Rs. iv 41-42) Er legt sie auf den Tisch des Wettergottes des Blitzes. (Rs. iv 43-44) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für die Flüsse. Ebenso. Er legt sie auf den Tisch des Wettergottes des Blitzes. (Rs. iv 45-48) Wenn er das Brechen der Dickbrote beendet, macht er die Worte, die sich 64. 65.
Nach CHD L-N, 268a s. v. memmami- ein luw. Partizip unbekannter Bedeutung, nur hier belegt. Diese Zeile scheint in Exemplar A zu fehlen; Fortsetzung von A nach B rekonstruiert, bis ab A iv 8 die Zeilen wieder weitgehend vollständig vorliegen.
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im Herzen seiner Majestät befinden, zu einem Gebet für die Götter. Die Präsentation des Gebetes ist beendet. (Rs. iv 49-51) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für die männlichen Götter aller Länder. Er schüttet Fettbrot und Grütze aus und er gießt Honig mit Feinöl aus. Er libiert einen Krug Wein. (Rs. iv 52-54) Danach aber bricht er 3 weiße und 1 rotes Dickbrot für die weiblichen Götter aller Länder, denen er ein Gebet präsentiert hat. Er schüttet Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote. Er gießt Honig mit Feinöl aus. (Rs. iv 55) Danach aber bricht er 2 weiße Dickbrote für die Berge und Flüsse. Ebenso. (Rs. iv 56-58) Danach aber bricht er 1 weißes Dickbrot für den Sonnengott, den Zeugen. Er schüttet Fettbrot und Grütze auf die Dickbrote und er gießt Honig mit Feinöl davor aus. (Rs. iv 59-61) Ferner macht man 2 Herdstellen aus Holz. Und die Dickbrote, die er bricht, verbrennt er vor genau den 2 Tischen. Vollständig.
5. Gebet Hattusˇilis III. und der Puduhepa ˘ an die Sonnengöttin von Arinna (CTH˘ 383) Mit diesem Gebet setzt sich die Tradition hethitischer Könige fort, sich mit Verfehlungen oder solchen Handlungen, die von den Göttern möglicherweise als Verfehlungen angesehen werden könnten, zu beschäftigen und sich in aller Form zu rechtfertigen und – prophylaktisch oder nicht – um Verzeihen zu bitten. Daß von Muwatalli II. kein vergleichbarer Text vorliegt, mag mit der insgesamt deutlich geringeren Anzahl von originären Kompositionen aus seiner Regierungszeit zu tun haben, die sich mit dem zeitweiligen Umzug der Hauptstadt begründen läßt. Während aber Mursˇili II. in den sogenannten Pestgebeten noch mögliche Ursachen für die Strafen der Götter in verschiedenen Texten behandelt hat, erreicht das Gebet Hattusˇilis III. ein neues Ni˘ veau, indem er, angefangen von Mursˇilis II. Auseinandersetzung mit seiner Stiefmutter Tawananna über Muwatallis II. Verlagerung der Hauptstadt 66) oder dessen Streit mit der Königin Danuhepa und ihrer Söhne 67) bis hin zu verschiedenen möglichen ˘ Verfehlungen Hattusˇilis III. selbst, an erster Stelle der von ihm betriebene Sturz sei˘ nes Neffen und rechtmäßigen Königs Urhi-Tesˇsˇub, der als König den Namen Mursˇi˘ li III. führte 68), in einem Text zusammen behandelt und gleichsam summarisch für 66. 67. 68.
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Vgl. I. Singer, »In Hattusˇa The Royal House Declined«. Royal Mortuary Cult in 13th Century Hatti, in: F. Pecchioli Daddi (Hg.), The Central-North Anatolia in Hittite Period. New Per˘ spectives at the Light of Recent Investigations (Studia Asiana 5), 2009, 169-191. Vgl. I. Singer, Danuhepa and Kurunta, in: S. de Martino / F. Pecchioli Daddi (Hg.), Anatolia ˘ Antica. Studi in memoria di Fiorella Imparati, (Eothen 11), 2002, 739-51. Die Fülle der Literatur zu den innenpolitischen Konflikten des hethitischen Königtums im 13. Jhdt. ist in den letzten Jahren enorm angewachsen; verwiesen sei auf Ph. H. J. Houwink ten Cate, The Hittite Usage of the Concepts of ›Great Kingship‹, the Mutual Guarantee of Royal Succession, the Personal Unswerving Loyalty of the Vassal to his Lord and the ›Chain of Command‹ in Vassal Treaties from the 13th Century B.C.E.«, in: C. Wilcke (Hg.), Das geistige Erfassen der Welt im Alten Orient. Sprache, Religion, Kultur und Gesellschaft, Wiesbaden 2007, 191-207, M. Giorgieri / Cl. Mora, Kingship in Hatti during the 13th Century: Forms ˘
Texte der Hethiter
alle genannten Beispiele versucht, die Götter davon zu überzeugen, daß er in keinem Falle verantwortlich gemacht werden könne. Keilschrifttafeln. – Aufbewahrungsort: Anadolu Medeniyetleri Müzesi, Ankara; – Fundort: Bog˘azköy, Tempel 1, teilweise in Magazin Nr. 16. – Erstveröffentlichung: CTH 383.1: (A) KUB 21.19 + KBo 52.17 (+) KUB 14.17 69) (B) KUB 23.3 – Übersetzungen und Bearbeitungen (in Auswahl): I. Singer, Hittite Prayers (Writings from the Ancient World 11), Atlanta 2002, 61-64 (Nr. 12); ders., Danuhepa und Kurunta, in: St. De Martino / F. Pecchioli Daddi (Hg.), ˘ Anatolia Antica. Studi in Memoria die Fiorella Imparati (Eothen 11), Florenz 2002, 739-51; D. Sürenhagen, Zwei Gebete Hattusˇilis und der Puduhepa, AoF 8, 1981, 83-168. ˘ ˘ (Vs. i 1-13) An
die Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, Herrin der Länder von Hatti, ˘ Königin des Himmels und der Erde, Herrin der Könige und Königinnen von Hatti, Fackel ˘ des Landes Hatti. Die, die Könige und Königinnen des Lands Hatti sind – den König und ˘ ˘ die Königin, die du, Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, anschaust, der wird durch deinen, der Sonnengöttin von Arinna Willen, erfolgreich sein 70). Du bist die, die erwählt, und die, die verstößt. Gegenüber den Göttern nahmst du die Länder von Hatti als (dei˘ nen) Anteil entsprechend der Bedeutung des Wettergottes von Nerik und des Wettergottes von Ziplanda, deines Sohnes. (Vs. i 14-30) Hattus ˇili, dein Diener, und Puduhepa, deine Dienerin, haben so gebetet: Als mein Vater˘ Mursˇili noch am Leben war, falls˘ er die Götter, meine Herren, kränkte, durch welche Angelegenheit auch immer es war, ich war in keiner Weise an dieser Angelegenheit meines Vaters beteiligt. Ich war noch ein Kind. Als der Prozeß gegen eure Dienerin, die Tawananna 71), im Palast stattfand, wie mein Vater die Tawananna, die Königin, herabsetzte, obwohl jene eine Priesterin war, da warst du, Göttin, meine Herrin, es, die in [ihrer] Seele wußte, [ob die Herabsetzung der Königin] dein Wille war [oder ob es nicht dein Wille] war. [Er aber machte] die Herabsetzung [der Tawananna, ich aber war in] keiner Weise [ an dieser Sache beteiligt]. 72)
69.
70.
71. 72.
of Rule an Struggles for Power before the Fall oft he Empire, in: Y. Cohen (Hg.), Pax Hethitica – Studies on the Hittites and their Neighbours in Honour of Itamar Singer, StBoT 51, 2010, 136-157. Das ursprünglich ebenfalls als indirektes Anschlußstück unter KUB 21.19 edierte Fragment Bo 4222, dem sich inzwischen noch KUB 40.94 und KBo 57.19 anschließen lassen, war in seiner Zugehörigkeit schon verschiedentlich bezweifelt worden. Dazu zuletzt vor allem J. Miller, Joins and Duplicates among the Bogˇazköy Tablets (31-45), ZA 98, 2008, 129-31 mit einer Umschrift der Fragmente. Viel spricht dafür, daß es sich hierbei vielmehr um Teile eines bereits von Mursˇili II. verfaßten Gebetes aus dem Kontext von CTH 70 und/oder 71 handelt (s. dazu auch oben S. 121). Die Annahme von M. Marazzi, Inni e preghiere ittite. A proposito di un libro recente, Vicino Oriente 4, 1983, 321-341, hier 332, daß sich diese Passage auf die Geschehnisse um Arma-Tarhunta, einen Gegenspieler Hattusˇilis III. beziehe, ist damit aus ˘ ˘ chronologischen Gründen obsolet. Zur Übersetzung des Inchoativums von kunna- »rechts« vgl. bereits Kronasser, EHS, 401; anders Sürenhagen, AoF 8, 89 »auf den rechten Weg gebracht« bzw. I. Singer, Prayers, 97 »is right with you« bzw. Puhvel, Hittite Etymological Dictionary, vol. 4: K, 1997, 248 der für kunnesˇ- »turn out right« vorschlägt. Es handelt sich hier um die Auseinandersetzung zwischen Mursˇili II. und seiner Stiefmutter Tawananna, die auch Gegenstand des oben behandelten Gebetes CTH 71 ist. Es sind noch weitere ca. 10 Zeilen der Kol. I mit jeweils einigen wenigen Zeichen der Zeilenenden erhalten, die aber erkennen lassen, daß der Text insgesamt einer bestimmten Struktur folgt, d. h. auf die Schilderung einer konkreten Verfehlung in der Vergangenheit folgt eine
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Jörg Klinger (Vs. i 1’-15’) …] richtete er. Ob das Fortsc[haffen der Götter von Hatti] und der Totengeister an [jenen Pl]atz […] dein Wille [war oder ob es nicht nach˘ deinem W]illen war, [du warst es Göttin, meine Herrin], die es in [ihrer Seele] wußte. 73) [Ich aber war an jenem] Befehl des Um[zuges] der Götter [in keiner Weise] beteiligt. [Für mich war es eine Angelegenheit] des Zwanges, [da] er mein Herr war. Aber [der Umzug] der Götter war nicht mein Wille und ich war sehr besorgt über diesen [Befehl]. Das Silber und Gold aller Götter […] und welchem Gott er welches Silber und Gold zu geben pflegte, an diesem Befehl [war] ich ebenso in keiner Weise beteiligt. (Vs. i 16’-ii 5’) Als es aber dazu kam, daß der Prozeß der Danuhepa 74), deiner Priesterin 75), ˘ zugrunde ging zusammen im Palast stattfand, [wie er sie herabsetzte,] bis die Danuhepa ˘ mit ihren Söhnen und der gesamten Mannschaft, den Herren und den niederen Mannen. Ob der Untergang der Danuhepa der Wille der Sonnengöttin von Arinna, meiner Herrin, war oder ob es nicht nach˘ ihrem Willen war – niemand weiß, was wirklich der Wille der Göttin, meiner Herrin, ist. Ich aber war an der Angelegenheit des Untergangs des Sohnes der Danuhepa nicht beteiligt. (Vs. ii 6’-22’) Als ich über˘ ihn richtete, war er auf meinem Schoß. Niemand ging zugrunde durch ein Wort des Befehls aus meinem Munde. Jener, der diese böse Sache tat, falls die Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin wegen der Angelegenheit der Danuhepa ˘ ist irgendwie zornig wurde, der, der auch jene Sache der Danuhepa getan hatte, jener ˘ bereits Gott geworden 76). Er ist von der Straße heruntergetreten und bezahlte dafür mit seinem Kopf. 77) Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, bring nicht die Sache der Danuhepa in meinen Tagen gegen mich und das Land Hatti vor. Das Vorbringen einer ˘ ˘ Sache gegen mich in meinen Tagen ist nicht richtig. solchen Der, [der] die Sache der Danuhepa durchführte, eben derjenige hat schon bezahlt. ˘ (Vs. ii 23’-31’) Als aber Muwatalli, mein Bruder, Gott [wurde], handelte ich gemäß dem Respekt für meinen Bruder in keiner Weise. Und den Urhi-Tesˇsˇub, den Sohn meines Bru˘ Ob es der Wille der Götter ders, nahm ich und setzte ihn in die Königsherrschaft ein. war oder ob es nic[ht] euer [Wille war], ich habe gemäß der Großherzigkeit meines
73.
74.
75. 76. 77.
130
neuerliche Beteuerung des Hattusˇili, daß er jeweils dafür nicht verantwortlich war, sondern die Verantwortlichen schon˘verstorben sind und auch für ihre Verfehlungen bereits gebüßt hätten. Der Wortlaut dieses Abschnittes scheint immer weitgehend identisch formuliert gewesen zu sein; vgl. dazu den Abschnitt unten im indirekten Anschlußstück Vs. i 10 ff. Dies bezieht sich auf die Verlagerung der hethitischen Hauptstadt von Hattusˇa nach Tarhun˘ hatte, aber für˘ die tasˇsˇa in der Regierung Muwatallis II., die allerdings nicht lange Bestand spätere hethitische Geschichte von Bedeutung wurde, da in Tarhuntasˇsˇa dann die Sekundo˘ Tuthalijas IV. genitur eingerichtet wurde, der auch Kurunta angehörte, der Rivale Die Rolle der Danuhepa, die möglicherweise die letzte Gattin Mursˇilis˘ II. und auch Gattin ˘ nur ansatzweise greifbar; aus unklaren Gründen strengte Muwatalli Muwatallis II. war, ist einen Prozeß gegen sie an, der hier thematisiert wird (vgl. Th. P. van den Hout, The Purity of Kingship. An Edition of CTH 569 and Related Hittite Oracle Inquiries of Tuthaliya IV (DMOA), 1998, 44 ff.), und man hat auch vermutet, daß sie die Mutter des Kurunta, des Jugendfreundes und potentiellen Konkurrenten Tuthalijas IV. um die hethitische Großkönig˘ würde, sein könnte (Singer, 2002). Zum hier verwendeten Sumerogramm AMA.DINGIR-LIM vgl. die Bemerkung oben zum Text CTH 71. Der Ausdruck »Gott werden« wird im Hethitischen für den Tod des Königs verwendet. Vermutlich eine Redewendung, hier weitgehend wörtlich übersetzt.
Texte der Hethiter
Bruders diese Angelegenheit behandelt. Ich [nahm] den Sohn meines Bruders und setzte ihn in die Königsherrschaft ein. (Rest der Kolumne sowie der Beginn der Rs. III nur fragmentarisch, in den ersten Zeilen der Rs. spricht Hattusˇili von sich selbst und erwähnt mehrmals den Wettergott von Nerik.) ˘ (Rs. iii 2’-8’) Ich aber, Hattusˇili, [dein Diener …] und an dem Platz, an welchem […] des ˘ Wettergottes von N[erik …]. Und des Wettergottes von Nerik […] hatte ich eingesetzt. Als dazu aber […] Er erreichte mich […]. Du, Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, nicht […]. (Rs. iii 9’-25’) Als mein Bruder Muwatalli mir Hattus ˇa […,] die Stadt Katapa und dazu wei˘ tere [Städte gab,] sagte ich nichts. 78) Das Land der Stadt Nerik war plötzlich unter den vormaligen Königen zugrunde gegangen und die Wege [waren] unpassierbar. Die Stadt Nerik war wie ein Stein 79) [im Wasser]. Im tiefen Wasser un[ten lag sie.] Und die Stadt Nerik nahm ich wie einen Stein aus dem tiefen Wasser herauf. [Und ich nah]m sie gemäß deines Sohnes, des Wettergottes von Nerik. Ich besiedelte das Land der Stadt Nerik wieder und [die Stadt] N[erik] baute ich wieder auf. Und mit Leib und Seele setzte ich mich für die Stadt Nerik ein. Die, die früher Könige waren, denen der Wettergott die Waffe gegeben hatte, die besiegten die Feinde, das Land der Stadt Nerik aber gewann keiner zurück, keiner baute sie wieder auf. 80) (Rs. iii 26’- iv 4’) Als aber Urhi-Tes ˇsˇub, der mich wegen der Herrschaft [fürchtete], mir we˘ böse wurde, wurden auch meine Freunde und Gefährten gen des Landes von Nerik mir feindlich: »Wegen Nerik wirst du zugrunde gehen!« Ich hörte aber nicht auf den Zorn meines Herren, noch auf die Warnungen meiner Gefährten Ich drückte diese […], und ich drückte diese […] 81) und sprach folgendermaßen: »Be[vor] ich Nerik einem anderen gebe, will ich lieber für Nerik sterben!« Ich bin ein Mensch, aber ich verlange nicht nach menschlichem Besitz. Besitz erstrebe ich nicht. Für dein, der Gottheit Land und für deinen Sohn […i]ch. Und wie ein Mensch habe ich es getan; ich nahm den geliebten Ort des Wettergottes von Nerik, deines geliebten Sohnes, die Stadt Nerik. Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, hHerrini der Länder von Hatti, und Wet˘ Nerik, eures tergott von Hatti, mein Herr, tut dies um der Sache des Wettergottes von ˘ geliebten Sohnes willen. Falls für die Götter irgendeine Verfehlung meines Vaters (oder) meiner Mutter existiert oder falls [irgendeine] frühe[re] Verfehlung 82) [existiert] und 78. 79.
80.
81. 82.
Zum Verständnis dieser Passage vgl. Singer, Prayers, 109 n. 4. Das hier belegte (NA4)aku- wird unterschiedlich übersetzt; zur Diskussion steht »Stein« oder »Muschel«; aufgrund des Ausdrucks NA4akuwandusˇ KASKALH˘I.A-usˇ KUB 35.84 II 4, am besten wohl »steinige Wege«, tendiere ich zu »Stein«, vgl. aber auch CHD P, 207a (»shell«) mit älterer Literatur. Hierbei mag auch ein Gutteil Propaganda sein, denn es gibt durchaus Hinweise, daß zumindest die Stadt Nerik selbst auch schon von den Vorgängern des Hattusˇili besucht werden ˘ konnte, auch wenn sie sie vielleicht nicht vollkommen politisch kontrollierten. Aber zumindest Kultfeiern scheinen in dieser für den Wettergott-Kult so zentralen Stadt möglich gewesen zu sein; vgl. dazu J. Klinger, »The Cult of Nerik – revisited«, in: F. Pecchioli Daddi (Hg.), The Central-North Anatolia in Hittite Period. New Perspectives at the Light of Recent Investigations (Studia Asiana 5), Rom 2009, S. 97-108. Die Stelle bleibt unklar, da weder die Funktion der Partikel -za klar ist, noch das jeweilige (dasselbe?) Objekt des Satzes erhalten ist. Alternativ wäre auch denkbar, daß von Verfehlungen »früher[er Könige]« die Rede ist; vgl. Singer 2002, 742 n. 9.
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Jörg Klinger
du, Göttin, meine Herrin, kennst sie, dann Göttin, meine Herrin, verwirf den Frevel um des Wettergottes von Nerik, [deines] geliebten [Sohnes] willen. Lasse ihn nicht be[stehen. 83)] Für die Götter ist der dahanga-Kultraum 84) ein Ort der Gnade. Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, nimm˘ dir zu Herzen die Hatti-Länder 85), im dahanga-Kul˘ wenn es im Hatti-Land ˘ Vertraum, dem vertrauenswürdigen 86) Ort der Gnade. Und ˘ fehlungen gibt, welche auch immer, verwirf sie, Sonnengöttin von Arinna, meine Herrin, um der Angelegenheit des dahanga-Kultraumes willen. Wenn ein Mensch ein Kind für ˘ den Vater und die Mutter großzieht, zahlen ihm (oder ihr) Vater und Mutter nicht, was einer Amme zusteht, und freut er sich nicht darüber? Ich habe mich ebenso um des Wettergottes von Nerik, deines geliebten Sohnes Stadt bemüht. Schone meine Seele und die Seele meiner Frau und meiner Kinder, Sonnengöttin von Arinna, [meine Herrin, um willen der Stadt] des Wettergottes von Nerik, deines geliebten Sohnes. [Je]nes Übel v[erwirf.] Für mich, für meine Frau [ ] wurde (er/es?) übel. […] der Sonnengöttin von Arinna […] des geliebten Sohnes [… (Rest der Tafel abgebrochen. Der Beginn der nächsten Kolumne ist nur fragmentarisch erhalten; erwähnt werden Hattusˇili, Arinna sowie Hattusˇa als Ort der Götterversammlung.) ˘ ˘ (Rs. iv 14’-28’) [Und wenn] vor den Göttern jene Verfehlungen doch noch irgendwie existieren und wegen dieses Übels irgendein Gott angerufen wurde und er sich darum kümmert, sobald dann der Wettergott und die Götter zur Versammlung zusammentreten und wenn dann irgendjemand in der Versammlung diese Sache anspricht, dann sollen sich die Sonnengöttin von Arinna, der Wettergott von Hatti und die Götter die Sa˘ che des dahanga-Kultraumes des Wettergottes von Nerik zu Herzen nehmen. Sonnengöttin von Arinna und Götter [von] Hatti verwerft diese üble Sache von dort. ˘ als deine geliebte St[adt] (und) Nerik Hattusˇa als Ort der Götterversammlung, Arinna ˘ (und) Ziplanda, die Städte deines Sohnes, sollen für dich ausersehen sein. (Freier Raum für knapp 10 Zeilen bis zum Ende der Tafel.)
83. 84.
85. 86.
132
Lesung des ersten Zeichens unklar; Ergänzung und Übersetzung nach Sürenhagen, 96 f. Vgl. J. Tischler, Hethitisches etymologisches Glossar, Lief. 8: T/1, 1991, 12 s. v.: »Es handelt sich um den Platz im Tempel, an dem sich die Statue des Wettergottes von Nerik befindet; er ist durch eine Stufe vom Tempelboden abgesetzt. Zur Ausstattung des Raumes gehören ein oder mehrere Steinblöcke, welchen sich Unberufene nicht nähern dürfen und auf denen wohl Opfer dargebracht werden«. So mit Sürenhagen, 97; anders Singer, Prayers, 100 c. n. 11. Zur Bedeutung von jasˇhanduwant- vgl. Sürenhagen, 108 f.; CHD Sˇ/1, 17b zur Stelle hier läßt das Wort unübersetzt. ˘
III. Texte aus Syrien
Gebete aus Ugarit Herbert Niehr Innerhalb des Corpus der religiösen Literatur Ugarits finden sich mehrere Gebete1) überliefert. Eine genauere Differenzierung zwischen Gebeten, Gebetsanrufungen oder Litaneien, wie sie in der Forschung stellenweise vorgenommen wird, ist im Einzelfall allerdings schwierig und kann deshalb auch in diesem Artikel nur mit Vorsicht getroffen werden.2) Dagegen sind innerhalb der Gebetsliteratur die Hymnen einfacher zu bestimmen (s. u.). Über Gebete (ug. slt »Gebet«; sly »beten«)3) informieren uns zunächst einige Pas˙ ˙ sagen aus den Königsepen. Die Gebete des Königs richten sich als Bittgebete an die Götter der Stadt: König Kirta bittet den Gott El um Nachkommenschaft (KTU 1.14 II 4-5) und legt der Göttin Atiratu ein Gelübde ab, um eine Gattin zu erlangen (KTU ¯ 1.14 IV 36-43). König Dan3ilu bittet die Wolken um Regen (KTU 1.19 I 38-46), sodann bittet er um die Fruchtbarkeit des Landes (KTU 1.19 II 15-18.22-25). In diesem Kontext werden auch die Gebetsorte, so etwa eine Schlafkammer im Palast, das Dach des Palastes bzw. des Tempels und der Tempel selbst deutlich (KTU 1.14 I 26; II 20-27; IV 2-9.34-37; vgl. 1.41, 50-55). Des Weiteren wird die auch ikonographisch bezeugte Gebetshaltung mit hoch erhobenen Händen in der Literatur genannt (KTU 1.14 II 22-23; IV 4-5; 1.41, 55). 4) Das Erheben der Augen als Gebetshaltung kennt KTU 1.119,27 (s. u. Nr. 4). 1.
2. 3. 4.
Einführungen und Textsammlungen zu Gebeten in Ugarit bieten P. D. Miller, Jr., Prayer and Sacrifice in Ugarit and Israel, in: W. Claassen (Hg.), Text and Context. Old Testament and Semitic Studies for F. C. Fensham (JSOT.S 48), Sheffield 1988, 139-155; A. Barucq et al., Prières de l’Ancien Orient, Paris 1989, 60-62; M. Dietrich / O. Loretz, Lieder und Gebete aus Ugarit und Emar, in: TUAT II, Gütersloh 1991, 818-826; dies., Rituale in ugaritischer Sprache, in: TUAT. Ergänzungslieferung, Gütersloh 2001, 203-207; K. Spronk, The Incantations, in: W. G. E. Watson / N. Wyatt (Hg.), Handbook of Ugaritic Studies (HdO I/39), Leiden 1999, 270-286; G. del Olmo Lete, Canaanite Religion according to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 292-306.340-345; D. Pardee, Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 149-153. Siehe etwa den Forschungsüberblick bei D. M. Clemens, Sources for Ugaritic Ritual and Sacrifice I. Ugaritic and Akkadian Texts (AOAT 284/1), Münster 2001, 1163-1221. Dazu G. del Olmo Lete / J. Sanmartín, A Dictionary of the Ugaritic Language in the Alphabetic Tradition (HdO I/67), Leiden 22003, 783 f. Vgl. dazu M. I. Gruber, Aspects of Nonverbal Communication in the Ancient Near East I (StP 12/1), Rom 1980, 22-89.
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Herbert Niehr
Im Unterschied zum Alten Orient sind bislang aus Ugarit keinerlei Beterfiguren, die man in den Tempeln vor den Gottheiten aufgestellt hätte, bekannt. Dieser Befund darf allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, daß es prinzipiell keine Beterfiguren gegeben hätte. Weiterhin lässt die Ikonographie einige Rückschlüsse auf die Gebetspraxis in Ugarit zu. Dies gilt zum einen für die Stele des Ba2al au foudre (RS 4.427), auf der der stehende Wettergott und ein nach seinem Tode divinisierter König abgebildet sind. Beide Gestalten blicken in die gleiche Richtung, d. h. sie schauen in Richtung eines Beters, der sich vertrauensvoll an den divinisierten König und den Wettergott von Ugarit wendet. Dazu passt die in einem Gebet gegebene Zusage: »Und es wird [B]a2al [euer] Gebet erhören« (KTU 1.119, 34). Aufstellungsort dieser Stele war der Vorhof des Ba2al-Tempels auf der Akropolis der Stadt. Zum anderen lässt die sog. El-Stele (RS 8.295) einen im Libations-Akt befindlichen König vor einem thronenden Gott erkennen (Abb. 1). Auch dieses Ritual der Libation Abb.1: Die sog. El-Stele aus Ugarit wird zusammen mit entsprechenden Gebeten oder Hymnen vollzogen worden sein. Die Tatsache, daß vor allem der König von Ugarit als Beter vor unsere Augen tritt, findet ihre Begründung darin, daß der König die entscheidende Mittlerstellung zwischen Göttern und Menschen einnahm 5) und deshalb auch der gesamte Kult Ugarits im Namen des Königs vollzogen wurde. 6) Sind Gebete des Königshofes bzw. der Oberschicht nur spärlich überliefert, so müssen wir ein völliges Fehlen im Hinblick auf die Gebete der Bevölkerung Ugarits und seiner Umgebung konstatieren. Dies hängt damit zusammen, daß die Gebete, die vor den Götter- bzw. Ahnenfiguren in den Häusern gesprochen wurden, nicht schriftlich überliefert wurden und aus diesem Grund für uns verloren sind. 5.
6.
134
Vgl. H. Niehr, Ein Beitrag zur Konzeption des Königtums in Ugarit, in: R. Rollinger / B. Truschnegg (Hg.), Altertum und Mittelmeerraum: Die antike Welt diesseits und jenseits der Levante. Festschrift für Peter W. Haider zum 60. Geburtstag (OrOcc 12), Stuttgart 2006, 161181; ders., Körper des Königs und Körper der Götter in Ugarit, in: A. Wagner (Hg.), Göttliche Körper, göttliche Gefühle. Was leisten anthropomorphe und anthropopathische Götterkonzepte im Alten Orient und im Alten Testament (OBO), Freiburg-Göttingen (im Druck); N. Wyatt, The Religious Role of the King in Ugarit, in: K. L. Younger Jr. (Hg.), Ugarit at Seventy-Five, Winona Lake 2007, 41-74. Vgl. H. Niehr, TUAT.NF 4, Gütersloh 2008, 243 f.
Texte aus Syrien
Was die Hymnen aus Ugarit 7) angeht, so können hier nur genannt werden der Hymnus auf die Göttin Sˇapsˇu zum Abschluss des Ba2al-Zyklus (KTU 1.6 VI 45-53), 8) der Hymnus auf die Mondgottheiten Nikkal und Ibbu (KTU 1.24), 9) der hurritische Hymnus auf 17 Götter(gruppen) (KTU 1.42), 10) der hurritische Hymnus auf die Mondgöttin (RS 15.030+15.049+17.387), der vor allem wegen des auf dieser Tafel verzeichneten Notationssystems bekannt geworden ist, 11) sowie die hymnischen Passagen in den hurritischen Weihrauch-Beschwörungen (KTU 1.44; 1.54; 1.128; 1.131). 12) Erst vor kurzem wurde ein Hymnus auf die Göttin Astarte (RIH 98/02) in vorläufiger Form bekannt. 13) Im Unterschied zu den Gebeten und Hymnen sind aus Ugarit außerhalb der narrativen Kontexte der Königsepen bislang keine Klagelieder bekannt. Rückschlüsse auf die Existenz von Klageliedern in Ugarit sind deshalb nur möglich aufgrund der in den Königsepen überlieferten diversen Klagen: So der Klage des Königs Kirta über den Verlust seiner Familie (KTU 1.14 I 26-32), der Klage über den vorzeitigen Tod des Königs Kirta (KTU 1.16 I 2-23), der Klage der Tochter des Königs Kirta (KTU 1.16 II 25-49), der Klage des kinderlosen Königs Dan3ilu (KTU 1.17 I 15-19) und der Klage desselben Königs über den Tod seines Sohnes Aqhatu (KTU 1.19 II 44-55), bei der allerdings der Inhalt der Klage nicht erhalten ist.
7. 8.
9.
10. 11. 12. 13.
Nicht als Hymnus zu verstehen ist KTU 1.13; vgl. G. del Olmo Lete, Mitos y leyendas de Canaan, Madrid 1981, 487-490. Vgl. dazu etwa M. Dietrich / O. Loretz, Schriftliche und mündliche Überlieferung eines »Sonnenhymnus« nach KTU 1.6 VI 42-53, UF 12 (1980) 399 f.; J.-M. Husser, Shapash psychopompe et le pseudo hymne au soleil (KTU 1.6 VI 42-53), UF 29 (1997) 227-244; O. Loretz, Götter – Ahnen – Könige als gerechte Richter. Der »Rechtsfall« des Menschen vor Gott nach altorientalischen und biblischen Texten (AOAT 290), Münster 2009, 307-336; J. Kutter, nu¯r ilı¯. Die Sonnengottheiten in den nordwestsemitischen Religionen von der Spätbronzezeit bis zur vorrömischen Zeit (AOAT 346), Münster 2008, 175-184. Vgl. dazu Dietrich / Loretz, Rituale, 203-207; G. Theuer, Der Mondgott in den Religionen Syrien-Palästinas unter besonderer Berücksichtigung von KTU 1.24 (OBO 173), FreiburgGöttingen 2000, 135-249; D. Pardee, Un chant nuptial ougaritique (RS 5.194 [CTA 24]). Nouvelle étude épigraphique suivie de remarques philologiques et littéraires, SemClas 3 (2010), 13-46. Vgl. dazu E. Laroche, Documents en langue hourrite provenant de Ras Shamra, Ugaritica 5, Paris 1968, 447-544, hier 498.508-516. Vgl. dazu Laroche, Documents, 463 f.; W. Thiel, Der Text und die Notenfolgen des ›MusikTextes‹ aus Ugarit, SMEA 18 (1977) 109-136; M. Koitabashi, Music in the Texts from Ugarit, UF 30 (1988) 363-396, bes. 377-380. Vgl. dazu M. Dietrich / W. Mayer, Hurritische Weihrauch-Beschwörungen in ugaritischer Alphabetschrift, UF 26 (1994) 73-112. Vgl. D. Pardee, Presentation of a New Ugaritic Song to 2Attartu (RIH 98/02), in: K. L. Youn¯ ger Jr. (Hg.), Ugarit at Seventy-Five, Winona Lake 2007, 27-39.
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Herbert Niehr
1. Eine Gebetsanrufung (KTU 1.65; RS 4.474) Tontafel der 2. Hälfte des 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Akropolis, Haus des Oberpriesters (Raum 1). – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Aleppo (M 3331 = A 2710). – Erstveröffentlichung: E. Dhorme, Deux tablettes de Ras-Shamra de la campagne de 1932, Syr 14 (1933) 231-235; Ch. Virolleaud, Fragments alphabétiques divers de Ras-Shamra, Syr 20 (1939) 114-133, hier 129-133. – Photo und Autographie: E. Dhorme, Deux tablettes de RasShamra de la campagne de 1932, Syr 14 (1933) 231-235, hier 232 f. pl. XXV; Ch. Virolleaud, Fragments alphabétiques divers de Ras-Shamra, Syr 20 (1939) 114-133, hier 129; A. Herdner, Corpus des Tablettes en Cunéiformes Alphabétiques découvertes à Ras Shamra-Ugarit de 1929 à 1939, Paris 1963, 110 f. no. 30; fig. 76; pl. XXXVI; G. del Olmo Lete, La religión cananea según la liturgia de Ugarit. Estudio textual (AulaOr.S 3), Barcelona 1992, pl. VIII. – Literatur: P. Xella, I testi rituali di Ugarit I (StudSem 54), Rom 1981, 209-215; M. Dietrich / O. Loretz, Neue Studien zu den Ritualtexten aus Ugarit (I), UF 13 (1981) 62-100, hier 6467; G. del Olmo Lete, The Divine Panoply (KTU 1.65:12-14), AulaOr. 10 (1992) 254-256; ders., Canaanite Religion According to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 341343; Y. Avishur, Studies in Hebrew and Ugaritic Psalms, Jerusalem 1994, 308-329; D. Pardee, Les textes rituels (RSOu XII), Paris 2000, 364-385; ders., Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 21-24 no. 5.
In der Forschung werden die Schwierigkeiten der literarischen Klassifikation von KTU 1.65 auf unterschiedliche Weise gelöst. Sprechen sich P. Xella, Y. Avishur und K. Spronk für ein Gebet aus, 14) so favorisiert D. Pardee den Bezug zu einer Götterliste. 15) Dagegen sehen M. Dietrich, O. Loretz und J. Sanmartín hier eher eine Anrufung (des Gottes El?) oder ebenfalls ein Gebet. 16) G. del Olmo Lete schlug vor, den Text als eine Litanei zu verstehen. 17) Die Gebetsanrufung weist eine klare Struktur auf, da der Text zunächst El, seinen Kreis und seine Familie nennt (Zeile 1-5), sodann die Gaben des El (Zeile 6-8), dann weiterfährt mit diversen Bezeichnungen des Gottes Ba2al (Zeile 9-11), um schließlich mit Anrufungen (Zeile 12-17) zu enden. Vs.
(1) El,
Söhne des El, der Söhne des El, (3) Versammlung der Söhne des El, ˇ unama, 19) (4) Tukamuna 18) und S ¯ und Atiratu. (5) El ¯ El, (6) Gnade des (7) Treue des El, (2) Kreis
14. 15. 16. 17. 18. 19.
136
Vgl. Xella, Testi, 213; Avishur, Studies, 326; Spronk, Incantations, 274 f. Vgl. Pardee, Textes, 368; ders., Ritual, 21 f. Vgl. Dietrich / Loretz / Sanmartin, KTU2, 91. Vgl. del G. Olmo Lete, The Offering Lists and the God Lists, in: Watson / Wyatt, Handbook, 305-352, bes. 316 f.; ders., Liturgy, 324 f. Fehler im Keilschrifttext; mit KTU2 z.St. ist tkmn zu lesen. ¯ 12.16.31 f. und 1.114, 18-19 sowie dazu D. ParKinder des El und der Atiratu; vgl. KTU 1.41, ¯ dee, Tukamuna wa Sˇunama, UF 20 (1988) 195-199 und M. Dietrich / O. Loretz, Studien zu ¯ den ugaritischen Texten I. Mythos und Ritual in KTU 1.12, 1.24, 1.96, 1.100 und 1.114 (AOAT 269/1), Münster 2000, 461.
Texte aus Syrien (8) Heil
des El. Hasˇu, 20) Gott Addu, 21) ˘ des Sapon, Ba2al (10) Ba2al 22) (11) von Ugarit. ˙ (12) Durch 23) die Lanze des El, (13) Durch die Axt des El, (14) Durch die Keule des El, (15) Durch das Fettopfer 24) des El, (16) Durch das Brandopfer des El, (17) Durch das Daueropfer des El, (18) Durch die Speisung 25) des El, (19) [Durch die] ??? des [E]l. 26) (9) Gott
Unterer Rand Rs.
Oberer Rand
2. Eine Litanei (KTU 1.102; RS 24.246) Tontafel der 2. Hälfte des 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Südl. Akropolis, Haus des Prêtre Magicien (Raum 10). – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Damaskus (DO 6585). – Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, Les nouveaux textes mythologiques et liturgiques de Ras Shamra (XXIVe campagne, 1961), Ugaritica 5, Paris 1968, 545-595, hier 594 f. no. 14. – Photo und Autographie: Ch. Virolleaud, Les nouveaux textes mythologiques et liturgiques de Ras Shamra (XXIVe campagne, 1961), Ugaritica 5, Paris 1968, 545-595, hier 595 no. 14; G. del Olmo Lete, La religión cananea según la liturgia de Ugarit. Estudio textual (AulaOr.S 3), Barcelona 1992, pl. XV. – Literatur: M. Dietrich / O. Loretz / J. Sanmartín, Die Götterliste RS 24.246 Ug. 5, S. 594 Nr. 14, UF 7 (1975) 245 f.; A. Herdner, Nouveaux textes alphabétiques de Ras Shamra – XXIVe campagne, 1961, Ugaritica 7, Paris 1978, 1-74, hier 3-7; P. Xella, I testi rituali di Ugarit I (StudSem 54), Rom 1981, 328-331; M. Dietrich / O. Loretz, Neue Studien zu den Ritualtexten aus Ugarit (I), UF 13 (1981) 62-100, hier 75 f.; G. del Olmo Lete, Canaanite Religion According to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 60-62.172-175; G. Theuer, Der Mondgott in den Religionen Syrien-Palästinas unter besonderer Berücksichtigung von KTU 1.24 (OBO 173), Freiburg-Göttingen 2000, 45-47; D. Pardee, Les textes rituels (RSOu XII), Paris 2000, 520-531; ders, Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 19-21 no. 4.
20. 21. 22. 23. 24. 25. 26.
Gemeint ist der Berg Hazzi, der dem Sapon, d. h. dem Sitz des Gottes Ba2al, entspricht; vgl. ˘ ˙ G. del Olmo Lete / J. Sanmartín, ks (Kásios / Casius) = Hazzi = hsˇ, AulaOr. 13 (1995) 259˘ ˘ 261 und H. Niehr, Art. Zaphon, in: DDD2, Leiden 1999, 927-929. Nur hier belegt, aber im Parallelismus und aufgrund des Kontextes naheliegend. Zum Problem vgl. auch D. Schwemer, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden 2001, 49 Anm. 269. Fehler im Keilschrifttext; mit KTU2 z.St. ist b2l zu lesen. Vgl. KTU 1.108, 21-24; s. u. Nr. 5. Vgl. del Olmo Lete / Sanmartín, Dictionary, 283 s. v. dtn. ¯ Vgl. dazu J. Tropper, Ugaritische Grammatik (AOAT 273), Münster 2000, 272 § 51.46b. Lesung und Interpretation der letzten Zeile sind umstritten. Herdner, Corpus, 111 liest [b]n xx, KTU2 z.St. liest [bs]d [i]l. Die z.Zt. geläufigen Deutungen der letzten Zeile und damit ˙ verbunden auch der vorangehenden Zeilen 12-18 als »In … [we trust! (?)] bei del Olmo Lete, Religion, 342 und »by … did 3Ilu build« bei Pardee, Ritual and Cult, 23 sind zwar grundsätzlich denkbar, aber epigraphisch nicht ausgewiesen.
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Die Litanei weist eine zweigeteilte Struktur auf. Die Zeilen 1-14 der Vorderseite und des unteren Randes listen Gottheiten auf, bei denen es sich um die Gottheiten des Palastes von Ugarit handelt. Diese Götter werden auch in KTU 1.39,13-19 als Empfänger von Dickbroten genannt. Die Zeilen 15-28 auf der Rückseite sind hingegen im Hinblick auf ihre Deutung umstritten. Der Vergleich mit der Opferliste KTU 1.106,35, derzufolge Ydbil, Yarsˇil und 2mtr Dickbrote erhalten sollen, zeigt, daß es sich um Namen von Gottheiten handelt. Die theophoren Elemente dieser Namen in KTU 1.102,15.28 verweisen auf die Götter Haddu / Ba2al, El, Limu und 2Ammu. Insofern ist auch die Feststellung des Erstbearbeiters Ch. Virolleaud: »Les deux faces de cette petite tablette, très bien conservée, n’ont aucun rapport entre elles«27) unhaltbar. Im Hinblick auf das nähere Verständnis der Namen bestimmen derzeit drei Positionen die Forschung: Man hat an Namen von Götterstatuen gedacht, über die auch der Anschluss an die vorangehende Götterliste erklärbar sei. 28) Sodann wurde auf die Namen divinisierter Könige wie in KTU 1.113,13-26 verwiesen. 29) Die Nennung des Neumondes (yrh kty) solle dabei zu den Namen der im königlichen ˘ ¯ Totenkult verehrten Könige überleiten.30) Zuletzt wurde die These von göttlichen Hypostasen vorgebracht, die auf die Gottheiten El, Ba2al und evtl. Dagan zurückzuführen seien. 31) Vs.
(1)
Ilu Bêti, 32)
(2) Us ˇharaya, 33)
˘ (3) Yammu,
Ba2alu,
(4) Yarihu,
˘ (5) Kotaru,
¯ 34) (6) Tarrumanu,
¯ 35) (7) Pidrayu,
(8) Daqqı¯tu, 36)
27. 28. 29. 30. 31. 32.
33.
34. 35. 36.
138
Virolleaud, Textes, 594; vgl. auch Herdner, Textes, 6 mit ähnlicher Einschätzung. So Dietrich / Loretz / Sanmartín, Götterliste. So del Olmo Lete, Religion, 60-62.172-175; Theuer, Mondgott, 46; Kutter, nu¯r ilı¯, 49. So Theuer, Mondgott, 46. So Pardee, Textes, 522-531; ders., Ritual, 30 f. Zu dem noch in KTU 1.39, 13; 1.53, 8; 1.81, 7; 1.115, 3.7.9 und 1.123, 28-29 belegten Schutzgott des Palastes vgl. J. Tropper / J.-P. Vita, Der Gott des Hauses. Ugaritisch 3il bt und hurritisch 3n tl(n), UF 35 (2003) 673-680. In diesem Zusammenhang ist auch die Schutzgöttin b2lt bhtm zu¯ nennen; vgl. dazu G. de Clercq, Die Göttin Ninegal / Be¯let-ekallim nach den altorientalischen Quellen des 3. und 2. Jt. v. Chr. mit einer Zusammenfassung der hethitischen Belegstellen sowie der des 1. Jt. v. Chr., Diss. Universität Würzburg 2003, 153-172. Zur Göttin Usˇharaya, die sonst als Isˇhara bekannt ist, und zu ihrer Integration in das Pan˘ vgl. A. Archi, Formation ˘ theon von Ugarit of the West Hurrian Pantheon: The Case of Isˇhara, in: K. A. Yener / H. A. Hoffner (Hg.), Recent Developments in Hittite Archaeology and˘ History. Papers in Honor of Hans G. Güterbock, Winona Lake 1994, 21-33 und D. Prechel, Die Göttin Isˇhara. Ein Beitrag zur altorientalischen Religionsgeschichte (ALASPM 11), Münster ˘ 1996. Gottheit anatolischen Ursprungs, vgl. Pardee, Ritual and Cult, 284 s. v. Eine der Töchter des Gottes Ba2al; vgl. KTU 1.3 I 23; 1.39,15; 1.91,7; 1.109,15; 1.118,16; 1.139,14 u. ö. und dazu W. G. E. Watson, The Goddesses of Ugarit: A Survey, SEL 10 (1993) 47-59, hier 53 f. Göttin aus dem Umkreis des Wettergottes; vgl. Pardee, Ritual and Cult, 277 s. v.
Texte aus Syrien (9) Tira ¯ tu, 37)
(10) Ras ˇ¯pu, 38)
(11) Anat
Hablay, 39)
ˇ apsˇu ˘Pagrî, 40) (12) S Unterer Rand
(13) Ilata ¯ ma
Ha¯niqata¯ma, 41) ˘ yu, 42) Kat ˘ (15) Yrgbhd 43)¯ (16) Yrgbb2l (17) Ydbil (18) Yars ˇil (19) Yrg ˙ mil (20) 2mtr (21) Ydbil (22) Yrgblim (23) 2mtr (24) Yars ˇil (25) Ydbb2l (26) Yrg ˙ mb2l (27) 2zb2l (28) Ydbhd (14) Yarihu
Rs.
3. Eine Gebetsanrufung um Heil (KTU 1.123; RS 24.271) Tontafel der 2. Hälfte des 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Südl. Akropolis, Haus des Prêtre Magicien (Raum 10). – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Damaskus (DO 6608). – Erstveröffentlichung: Chr. Virolleaud, Les nouveaux textes mythologiques et liturgiques de Ras Shamra (XXIVe campagne, 1961), Ugaritica 5, Paris 1968, 545-595, hier 584-586 no. 10. – Photo: G. del Olmo Lete, La religión cananea según la liturgia di Ugarit. Estudio textual (AulaOr.S 3), Barcelona 1992, pl. XXXIV. – Literatur: J.-M. de Tarragon, Le culte à Ugarit d’après les textes de la pratique en cunéiformes alphabétiques (CRB 19), Paris 1980, 160-162; P. Xella, I testi rituali di Ugarit I (StudSem 54), Rom 1981, 216-223; M. Dietrich / O. Loretz, Neue Studien zu den Ritualtexten aus Ugarit (I), UF 13 (1981) 62-100, hier 74 f.; G. del Olmo 37. 38. 39.
40. 41. 42. 43.
Ein Gott des Weines; vgl. noch KTU 1.39,11.16 und J.-A. Zamora, La vid y el vino en Ugarit, Madrid 2000, 246-249. Gott des Fiebers und der Pest, aber auch des Schutzes davor; vgl. zu Rasˇpu in Ugarit E. Lipin´ski, Reshep. A Syro-Canaanite Deity (OLA 181; StPhoen XIX), Leuven 2009, 81-119. Dazu H. Niehr, TUAT.NF 4, 2008, 248 Anm. 35. Seitdem hat Lipin´ski, Reshep, 118 f. auf die in altakkadischen und altassyrischen Inschriften genannte Stadt Habilum hingewiesen. Zur Dis˘ les textes de la pratique en kussion vgl. bereits J.-M. de Tarragon, Le Culte à Ugarit d’après cunéiformes alphabétiques (CRB 19), Paris 1980, 171. Zur »Sonnengöttin des Totenopfers« vgl. de Tarragon, Culte, 69 f. und Kutter, nu¯r ilı¯, 35-48. Zu den noch in KTU 1.39,18 belegten »beiden würgenden Göttinnen« vgl. de Tarragon, Rituels, 139 Anm. 26 und del Olmo Lete / Sanmartín, Dictionary, 399 s. v. hnqt. ˘ Olmo Lete, Religion, Zum »kassitischen Mondgott« als Bezeichnung des Neumondes vgl. del 62 und Theuer, Mondgott, 44-46.97. Fehler im Keilschrifttext; mit KTU2 z.St. ist Yhrigbhd zu lesen; vgl. auch die Schreibweise Yrgbb2l in Z. 16 und Yrgblim in Z. 22.
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Lete, Canaanite Religion According to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 343345; D. Pardee, Les textes rituels (RSOu XII), Paris 2000, 691-706; ders., Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 150-153 no. 47; G. Theuer, Der Mondgott in den Religionen Syrien-Palästinas unter besonderer Berücksichtigung von KTU 1.24 (OBO 173), Freiburg-Göttingen 2000, 96-98.
Das Gebet weist in den ersten drei Zeilen der Vorderseite die Formation ˇslm + Gottesname auf, bei der sich die Frage stellt, ob man ˇslm als »Heil« + Gottesname im Vokativ als Gruß an die Götter 44) oder als Imperativ im Sinne von »Gib Heil« 45) auffassen soll. Als Sitz im Leben der Gebetsanrufung kann man auf die Bitte um Heil von den Göttern hinweisen. Es läßt sich nach der kollektiven Überschrift, die El als Vater und die Götter anspricht (Zeile 1), eine Sequenz vom höchsten Gott El über Dagan und Ba2al (Zeile 2-3) sowie über diverse größere und kleinere Gottheiten (Zeile 5-28) bis zum Gott des Palastes und den Göttern des Totenheiligtums (Zeile 29-30) sowie den Göttern der Unterwelt (Zeile 31) aufweisen. Zum Abschluss werden kollektiv alle Götterkreise angerufen (Zeile 32-33). Alle Gottheiten treten paarweise auf; dies gilt auch für die zweifache Nennung des El (Zeile 2-3) und für die Auflistung des Mondgottes in den Gestalten von Vollmond und Neumond (Zeile 67). In den Zeilen 28-30 folgt wieder die Sequenz sˇlm + Gottesname und seinen Abschluss findet das Gebet in Zeile 33 ebenfalls mit ˇslm. Vs.
(1) [Heil],
Vater und Götter, Heil, Heil, E[l]. (3) [H]eil, fürstlicher El, (4) Dagan und Ba2al, (5) Titu und Kama ¯ tu, 46) ¯ 47) ¯ ˙ u und Kasa, (6) Yarih ˘ (7) auch der kassitische Yarihu, 48) ˘ ˇ unama, 49) (8) Tukamuna und S ¯ aru und Hası¯su, 50) (9) Kot (10) At¯tar (und) ˘Attarpar, 51) ¯ aru und Sˇ alimu, ¯ ˇ ah 52) (11) S ˘ und Sararu, 53) (12) Nagah ˇ aru, 54) (13) 2d und S (2) [ja],
44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54.
140
So etwa Virolleaud, Textes, 585; Xella, Testi, 217; del Olmo Lete, Religion, 343. So etwa Pardee, Ritual, 151. Zu dem noch in KTU 1.82,42; 1.100,36; 1.107,41 belegten Götterpaar vgl. Dietrich / Loretz, Studien, 336 f. Zu dieser Bezeichnung des Vollmondes vgl. Theuer, Mondgott, 44.97. Der Neumond; s. o. zu Anm. 42. Zu diesen Kindern von El und Atiratu s. o. Anm. 19 Der Gott des Handwerks und des¯ Bauens. Zu dem noch in KTU 1.46,4 und 1.107,41 belegten Götterpaar vgl. Pardee, Ritual, 275 f. s. v. Morgen- und Abendstern. Zu dem sonst unbekannten Götterpaar, welches für das Leuchten des Mondgottes steht, vgl. Theuer, Mondgott, 97 f. Unbekanntes Götterpaar, welches die Größen »Ewigkeit und Königtum« bzw. »Thron und Königtum« symbolisiert, vgl. del Olmo Lete, Religion, 343 Anm. 33.
Texte aus Syrien
(und) Me¯sˇaru, 55) Die ˙Zeilen 15-16 sind unverständlich Die Zeilen 17-25 sind unverständlich (26) Quds ˇu und Amraru, 56) (27) Taharu und Badu, 57) ¯ ˘ aru und Hası¯su. Heil, (28) Kot ˘ ¯ Ilu Bêti, 58) (29) Heil, (30) Heil, Götter des Totenheiligtums, 59) (31) Ras ˇpu, 60) Ina¯sˇu I[lı¯ma], 61) (32) Generationen, Götter (33) [und G]ötter, Heil. (14) Sidqu
Rs.
Oberer Rand
4. Ein Gebet um Rettung durch Ba2al (KTU 1.119, 26-36; RS 24.266, 26-36) Tontafel der 2. Hälfte des 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Südl. Akropolis, Haus des Prêtre Magicien (Raum 10). – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Damaskus (DO 6605). – Erstveröffentlichung: A. Herdner, Une prière à Baal des Ugaritains en danger, CRAIBL 1972, 693-697. – Photo und Autographie: A. Herdner, Nouveaux textes alphabétiques de Ras Shamra – XXIVe campagne, 1961, Ugaritica 7, Paris 1978, 1-74, hier 32 f. fig. 4; G. del Olmo Lete, La religión cananea según la liturgia de Ugarit. Estudio textual (AulaOr.S 3), Barcelona 1992, pl. XXXIII. – Literatur: A. Herdner, Nouveaux textes alphabétiques de Ras Shamra – XXIVe campagne, 1961, Ugaritica 7, Paris 1978, 1-74, hier 31-39; P. Xella, I testi rituali di Ugarit I (StudSem 54), Rom 1981, 25-34; J. C. de Moor, An Anthology of Religious Texts from Ugarit, Leiden 1987, 171-174; P. D. Miller, Jr., Prayer and Sacrifice in Ugarit and Israel, in: W. Claassen (Hg.), Text and Context. Old Testament and Semitic Studies for F. C. Fensham (JSOT.S 48), Sheffield 1988, 139-155; J.-M. de Tarragon, Les rituels, in: A. Caquot / J.-M. de Tarragon / J.-L. Cunchillos, Textes Ougaritiques II (LAPO 14), Paris 1989, 125-238, hier 206-211; G. del Olmo Lete, Liturgia sacrificial y salmodia en Ugarit (KTU 1.119), AulaOr. 7 (1989) 27-35; ders., Canaanite Liturgy According to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 292-306.340 f.; S. B. Parker, The Pre-Biblical Narrative Tradition (SBL Resources for Biblical Studies 24), Atlanta 1989, 71 f.; M. Dietrich / O. Loretz, Lieder und Gebete aus Ugarit und Emar, in: TUAT II, Gütersloh 1991, 818-826; Y. Avishur, Studies in Hebrew and Uga55.
56. 57. 58. 59.
60. 61.
Zu »Recht« und »Gerechtigkeit« als Prinzipien der Königsherrschaft vgl. H. Niehr, The Constitutive Principles for Establishing Justice and Righteousness in Northwest Semitic Societies with Special Reference to Israel and Judah, ZAR 3 (1997) 112-130, bes. 113-115 und Loretz, Götter, 135-145. Die Boten der Göttin Atiratu. ¯ Unbekanntes Götterpaar. Zum Schutzgott des Palastes s. o. Anm. 32. Zur Lesung hsˇt und seiner Deutung als »Totenheiligtum« vgl. del Olmo Lete, Religion, 344 ˘ Der ugaritische architektonische Begriff hsˇt »Totenheiligtum«, UF 33 (2001) und O. Loretz, ˘ zone funéraire des Königspalastes 377-385. Zur Interpretation des Raumes 28 innerhalb der von Ugarit als hsˇt vgl. neben Loretz, Begriff, 380-383 bes. H. Niehr, The Topography of De˘ Palace of Ugarit. Preliminary Thoughts on the Basis of Archaeological and ath in the Royal Textual Data, in: J.-M. Michaud (Hg.), Le Royaume d’Ougarit de la Crète à l’Euphrate. Nouveaux Axes de Recherche (POLO 2), Sherbrooke / Québec 2007, 219-242, hier 227-234. Zu Rasˇpu in Ugarit vgl. zuletzt Lipin´ski, Resˇep, 81-119. Zu dieser Bezeichnung für die verstorbenen Könige Ugarits vgl. Kutter, nu¯r ilı¯, 46 f.
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ritic Psalms, Jerusalem 1994, 253-276; W. G. E. Watson, Verse Patterns in KTU 1.119:26-36, SEL 13 (1996) 25-30; D. Pardee, Les textes rituels (RSOu XII), Paris 2000, 661-685; ders., Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 149 f. no. 46; J. M. LeMon, The Power of Parallelism in KTU2 1.119, UF 37 (2005) 375-394; P. Bordreuil / D. Pardee, A Manual of Ugaritic (LSAWS 3), Winona Lake 2009, 207-210 no. 11.
KTU 1.119 handelt von Ritualen und Opfern, die zu bestimmten Monaten und Tagen für Ba2al bzw. am Tempel des Ba2al abzuhalten sind. Diese Ritualauflistung endet mit dem besonderen Fall, daß ein Feind die Stadt bedrängt. In dieser Situation sollen sich der König und die Vertreter der Stadt mit einem Gebet an den Gott Ba2al wenden.62) Das Gebet wird von Opfern begleitet. Der Gebetsgestus besteht im Erheben der Augen zu Ba2al (Zeile 27), welches das Sprechen des Gebetes begleitet. Die Erhörung am Ende des Gebetes geht auf ein priesterliches Heilsorakel zurück. 63) Der Gott Ba2al erscheint in diesem Gebet in enger Verbindung mit dem Königtum als Kriegsgott und Patron der Stadt Ugarit, womit ein Zug des Gottes Ba2al aufscheint, der sich im 1. Jahrtausend v. Chr. bei den poliadischen Ba2alen der phönizischen Königsstädte des Libanon weiterverfolgen läßt. 64) (Rs 26) Wenn
ein Starker eure Tore angreift, ein Krieger Mauern, dann sollt ihr eure Augen zu Ba2al erheben: (28) »O Ba2al, wenn du vertreibst 65) den Starken von unseren Toren, (29) den Krieger von unseren Mauern, 66) werden wir einen Stier, o (30) Ba2al, darbringen, ein Gelübde, o Ba2al, (31) erfüllen, ein männliches Tier, o Ba2al, wei[h]en, (32) ein htp-Opfer, 67) o Ba2al, darbringen, ein Bankett, o Ba2al, ˙ (33) f[e]iern. Zum Heiligtum des Ba2al werden wir hinaufziehen, die Pfade des Tempels Ba2als (34) durchschreiten.« Und es wird [B]a2al [euer] Gebet erhören. (35) Er wird vertreiben den Starken von euren Toren, [den Krieger] (36) von euren Mauern [ ]. (27) eure
62.
63. 64. 65.
66. 67.
142
G. del Olmo Lete, Mythologie et religion de la Syrie au IIe millénaire av. J.-C. (1500-1200), in: ders. (Hg.), Mythologie et Religion des Sémites Occidentaux II. Émar, Ougarit, Israël, Phéncie, Aram, Arabie (OLA 162), Leuven 2008, 23-162, hier 130 spricht von einer »… culmination probable d’un rituel dans lequel le roi intervient en offrant des sacrifices aux dieux … et à ses ancêtres …«; vgl. auch ebd. 149 f. Dazu Miller, Prayer, 151-153. Dazu H. Niehr, Die phönizischen Stadtpanthea des Libanon und ihre Beziehung zum Königtum in vorhellenistischer Zeit, in: R. G. Kratz / H. Spieckermann (Hg.), Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder I (FAT II/17), Tübingen 22009, 303-324. Nach Pardee, Textes, 644 ist h/3im »wenn« zu lesen und der Text konditional aufzufassen; vgl. auch Miller, Prayer, 142; Tropper, Grammatik, 806 § 85.1b; LeMon, Power, 382; Pardee, Ritual and Cult, 150. Dagegen liest KTU2 [a]l, worin eine Aufforderung zu verstehen ist; dem folgen etwa de Tarragon, Rituels, 210; de Moor, Anthology, 173; Avishur, Studies, 255; del Olmo Lete, Religion, 341; del Olmo Lete / Sanmartín, Dictionary, 47 s. v. al (II). Zur Bildung der Suffixe auf -ny vgl. Tropper, Grammatik, 224 f. § 41.222.1b. Zu dem in Ugarit bislang nur hier belegten htp-Opfer vgl. W. W. Hallo, A Ugaritic Cognate ˙ Ki Baruch Hu. Ancient Near Eastern, Biblical, for Akkadian hitpu?, in: R. Chazan et al. (Hg.), ˘ and Judaic Studies in Honor of Baruch A. Levine, Winona Lake 1999, 43-50 und die Angaben bei Del Olmo Lete / Sanmartín, Dictionary, 376 s. v. htp. ˙
Texte aus Syrien
5. Eine Fürbitte für den König (KTU 1.108,18-27; RS 24.252,18-27) Tontafel der 2. Hälfte des 13. Jh. v. Chr. – Fundort: Südl. Akropolis, Haus des Prêtre Magicien (Raum 10). – Aufbewahrungsort: Nationalmuseum Damaskus (DO 6594). – Erstveröffentlichung: Ch. Virolleaud, Les nouveaux textes mythologiques et liturgiques de Ras Shamra (XXIVe campagne, 1961), Ugaritica 5, Paris 1968, 545-595, hier 551-557 no. 2. – Photo und Autographie: G. del Olmo Lete, Los nombres ›divinos‹ de los reyes de Ugarit, AulaOr. 5 (1987) 39-69, hier 69; ders., La religión cananea según la liturgia de Ugarit. Estudio textual (AulaOr.S 3), Barcelona 1992, pl. XXIII / XXIV; D. Pardee, Les textes para-mythologiques de la 24e campagne (1961) (RSOu IV), Paris 1988, 77 fig. 8. – Literatur: J. C. de Moor, An Anthology of Religious Texts from Ugarit, Leiden 1987, 187-190; D. Pardee, Les textes para-mythologiques de la 24e campagne (1961) (RSOu IV), Paris 1988, 75-118; A. Caquot, Textes religieux, in: A. Caquot / J.-M. de Tarragon / J.-L. Cunchillos, Textes Ougaritiques II (LAPO 14), Paris 1989, 9-123, hier 111-118; Y. Avishur, Studies in Hebrew and Ugaritic Psalms, Jerusalem 1994, 277-307; G. del Olmo Lete, Canaanite Religion According to the Liturgical Texts of Ugarit, Bethesda 1999, 19.184-192; D. Pardee, Ritual and Cult at Ugarit, Leiden 2002, 192-195 no. 55.
Die Tafel vereint zwei miteinander in Verbindung stehende Gebetstexte. Auf der Vorderseite befindet sich ein Hymnus auf den Unterweltsgott Rapi3u, die Göttin Anat und weitere Gottheiten (ZZ. 1-15), auf der Rückseite eine Fürbitte für den König (ZZ. 1627). 68) Die Götter werden eingeladen und spenden ihren Segen. Obwohl das Ende der Vorderseite und der Beginn der Rückseite zerstört sind, ist doch ersichtlich, daß auch dem Text der Rückseite zufolge Rapi3u die handelnde göttliche Person ist, durch dessen Macht, Schutz, Kraft, Herrschaft und Glanz auch der König in Ugarit die entsprechenden Qualifikationen erlangt. Man gewinnt den Eindruck, daß die Machtsphäre des Gottes Rapi3u auf den lebenden König übergeht. Dementsprechend wird dem König auch das Heil durch die Vermittlung der Totengeister der verstorbenen Könige Ugarits, den sog. rapi3u¯ma, zuteil (vgl. auch KTU 1.123,30 f. und 1.161, 31-34). 69) (RS 18) [Deinen
Erfolg wird er] von Ba2al [er]fragen, deinem Wunsch] läßt er dich gelangen. Rapi’u, König (20) [der Unterwelt], 70) [wird] dich [bringen] zu deinem Wunsch, zu [deinem] Erbetenen (21) [durch die Macht] des Rapi’u, des Königs der Unterwelt, durch die Kraft (22) [des Rapi’u], des Königs der Unterwelt, durch seine Stärke, durch (23) [seine] M[acht], durch seine Herrschaft, durch seinen Glanz. Von den Ra(19) [zu
68. 69. 70.
Da der Text schon von Dietrich / Loretz, Lieder, 822 f. bearbeitet wurde, kann auf den ersten Part (KTU 1.108,1-18) dieser Bearbeitung hingewiesen werden; im zweiten Teil ergibt sich mittlerweile eine hiervon abweichende Übersetzung. Vgl. zum Text H. Niehr, TUAT.NF 4, 2008, 248-253. Zum Verständnis von 2lm als »Unterwelt« vgl. H. Niehr, Zur Semantik von nordwestsemitisch 2lm als ›Unterwelt‹ und ›Grab‹, in: B. Pongratz-Leisten / H. Kühne / P. Xella (Hg.), Ana ˇsadî Labna¯ni lu¯ allik. Beiträge zu altorientalischen und mittelmeerischen Kulturen. Festschrift für Wolfgang Röllig (AOAT 247), Kevelaer / Neukirchen-Vluyn 1997, 295-305; A. Rahmouni, Divine Epithets in the Ugaritic Alphabetic Texts (HdO I/93), Leiden 2008, 294-296.
143
Herbert Niehr (24) [p]i’u ¯ ma 71)
der Unterwelt kommt deine Kraft, deine Stärke, deine deine Herrschaft, dein Glanz inmitten (26) von Ugarit während 72) der Tage der Sonne und des Mondes (27) und während der angenehmen Jahre Els. 73) (25) Macht,
Legende zur Abbildung und Herkunftsnachweis Abb. 1: Die sog. El-Stele aus Ugarit, aus: M. Yon, Arts et industries de la pierre (RSOu VI), Paris 1991, 336 fig. 16a.
71. 72. 73.
144
Zur Annahme einer Pluralform an dieser Stelle vgl. Tropper, Grammatik, 315 f. § 54.214b. Zur ugaritischen Präposition l zur Angabe einer Zeitspanne »während« vgl. Tropper, Grammatik, 759 § 82.12. Eine vergleichbare Formulierung, die allerdings teilweise nach KTU 1.123,26-27 ergänzt ist, liegt vor in RS 92.2016, 38’-39’; vgl. A. Caquot / A.-S. Dalix, Un texte mythico-magique, in: M. Yon / D. Arnaud (Hg.), Études Ougaritiques I. Travaux 1985-1995 (RSOu XIV), Paris 2001, 393-405, hier 394.402.
IV. Texte aus Ägypten
Ägyptische Hymnen und Gebete Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli Bei den ägyptischen Hymnen und Gebeten handelt es sich um religiös-theologische Texte, die aus nahezu 2500 Jahren in ununterbrochener Tradition auf Grab- und Tempelwänden, Papyri, Statuen, Stelen, Ostraka und Särgen belegt sind. Durch diese Texte wurde eine liturgische Kommunikationssituation zwischen Menschen und Göttern hergestellt. Sie enthalten bedeutende Aussagen über das Wesen der adressierten Gottheit und lassen sich daher als Ausdrucksformen und wichtige Zeugnisse ägyptischer Theologie interpretieren. Verschiedene Lexeme dienten im Altägyptischen dem Ausdruck des Lobens, Preisens, Huldigens und Bittens. Sie kommen in der Regel zu Beginn eines Textes, häufig formelhaft, vor und gelten daher als Schlüsselbegriffe eines Textes, der als Hymnus oder Gebet zu deuten ist. Grundsätzlich erweist es sich als problematisch, eine Unterscheidung zwischen Hymnen und Gebeten durchzuführen. Es kann aber festgehalten werden, daß Gebetstexte im Gegensatz zu Hymnen zumeist das betende Subjekt explizit benennen. Darüber hinaus enthalten Gebetstexte häufig Klagen, Bitten oder Dank, während hymnische Texte sich grundsätzlich auf das Lob einer Gottheit und ihres Wirkens im Kosmos und in der Welt der Menschen beschränken. Hymnen sind in Ägypten seit dem späten Alten Reich (ca. 2300-2100 v. Chr.) belegt, wenn auch noch nicht als selbständige Textgattung. Die ältesten erhaltenen und mit Sicherheit als Hymnen zu bezeichnenden Texte stammen aus dem Mittleren Reich (ca. 2000-1750 v. Chr.) und sind vor allem im Rahmen der jährlich zelebrierten Feierlichkeiten dem Gott Osiris zu Ehren in Abydos entstanden. Sie sind auf privat gestifteten Denkmälern belegt und bezeugen ein ausgeprägtes religiöses Leben nicht-königlicher Individuen. Das Neue Reich (ca. 1550-1070 v. Chr.) stellt einen Höhepunkt für die altägyptische Hymnenproduktion dar. Zahlreiche Hymnen entstanden in diesen Jahrhunderten sowohl im privaten wie im offiziellen Bereich. Hymnen an den Sonnengott sind im funerären Textcorpus des Totenbuchs belegt sowie auf Grabwänden und Privatstelen. Gleichzeitig aber datieren in diesen Zeitraum wichtige Hymnen, die aus dem Kontext des offiziellen Tempelkultes und -rituals entstanden und somit als Kulthymnen zu bezeichnen sind. Gebete sind ebenfalls vereinzelt schon in der ersten Hälfte des 2. Jts. v. Chr. (Mittleres Reich) belegt, eine entscheidende Zunahme ihrer Produktion ist jedoch in der 145
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
zweiten Hälfte des 2. Jts. (Neues Reich) festzustellen. Sie waren primär an lokale Gottheiten gerichtet und ermöglichen teilweise den Einblick in persönliche Glaubensvorstellungen und religiöse Handlungen der mittleren Bevölkerungsschichten, wobei sozial bedingte Abstufungen eine entscheidende Rolle spielen. Durch die Einrichtung von Gebetsorten für die nicht zum zentralen Kultgeschehen zugelassene Bevölkerung im Bereich der Staatstempel unterstützten die offiziellen Kulteinrichtungen die individuelle Religionspraxis und förderten sie. Die materiellen Träger solcher Texte waren verschiedenartig und konnten Fels-, Grabwände und Tempelmauern (Graffiti), privat gestiftete Stelen und Statuen sowie Ostraka sein. Bildliche Darstellungen von Opfer und Anbetungen an Götter wurden vor allem auf Stelen angebracht und spiegeln Handlungen wider, die bei der rituellen Kontaktaufnahme mit dem Göttlichen vollzogen wurden. Solche Monumente wurden bis in die Spätzeit (Mitte 1. Jt. v. Chr.) produziert, doch lag der Schwerpunkt auf dem Neuen Reich und insbesondere auf dessen zweiter Hälfte (ca. 1300-1070 v. Chr.). Die Hymnentradierung ist vor allem im funerären Funktionsbereich greifbar. Daneben sind Hymnen auch auf mobilem Tempelmobiliar (Statuen), auf liturgischen Tempelpapyri sowie auf den Tempelwänden belegt. In den letzten Jahrhunderten der ägyptischen Kultur- und Religionsgeschichte (ca. 500 v. Chr.-200 n. Chr.) gewannen besonders die Tempelwände als Aufzeichnungsorte hymnischer Texte zunehmend an Bedeutung, obwohl sie weiterhin auch in Gräbern aufgezeichnet wurden. Die Produktion hymnischer Texte an den Tempeln setzte sich bis in die römische Zeit hinein fort. Neben älteren Texten, die gründlich redaktionell überarbeitet wurden, entstanden auch in spätester Zeit neue, inhaltlich und sprachlich sehr innovative Texte. Neben diesen beiden primären Funktionsbereichen muß die literarische Funktion als allerdings wohl sekundärer, aber nichtsdestotrotz wichtiger Bereich berücksichtigt werden: Die häufig stark poetische Gestaltung der Hymnen führte dazu, daß diese im späteren Neuen Reich als literarische Texte zu Objekten von Studium und Ausbildung und vermutlich sogar zu Elementen einer literarischen Kanonbildung wurden. Hymnen waren in Ägypten ein wichtiges, phasenweise das Medium für Theologie schlechthin – eine Theologie, in der das »Reden von Gott … auf eine allgemeine, grundsätzliche Weise« erfolgte, »es lehrhaft und argumentativ entfaltet« wurde und »sich deutend« auf textliche oder außertextliche Vorlagen bezog (J. Assmann). In ägyptischen Götterhymnen wird die Wirksamkeit der Gottheiten als Schöpfer-, Sonnen- und Lebensgottheiten beschrieben. Die Hymnen an verschiedene Könige führen diesen Grundton weiter, indem sie das Handeln des Königs kosmologisch überhöhen. Die Hymnen an die Sonne beziehungsweise an die Gottheiten, die mit ihr synkretistisch verbunden sind, stellen die große Mehrzahl der aus Ägypten bekannten Hymnentexte dar. Diese thematisieren insbesondere die mythischen Aspekte des Sonnengottes. Besonders in den Vordergrund lassen sie die polytheistischen Konstellationen und die Vorstellungen von der Sonnenbahn treten, auf welcher sich die Fahrt des Sonnengottes abspielt, den täglichen und nächtlichen Kampf, den die Sonne mit ihrer rudernden Mannschaft gegen ihre Feinde zu führen hat, die Chaosmächte, die ihren Lauf zu stören trachten, sowie den Jubel der Unterweltsbewohner, wenn die Sonne abends in der Unterwelt ihre Fahrt fortsetzt. Schließlich waren Beschreibungen der 146
Texte aus Ägypten
Tätigkeit als Urgottheit am Beginn der Schöpfung häufig inhaltlicher Bestandteil der Hymnen. Der Einfluß der ägyptischen Hymnik auf die Entstehung des hebräischen Psalters stellt ein wissenschaftsgeschichtliches Reizthema dar. Ohne auf die breit geführte Diskussion einzugehen, soll konstatiert werden, daß im Rahmen des Kulturtransfers besonders ab dem späten Neuen Reich sowohl theologische als auch literarische Übernahmen von Ägypten in den kanaanäisch-palästinischen Raum wahrscheinlich sind und diese sich auf literarischer Ebene in ideologischen, lexikalischen und stilistischen Übereinstimmungen niedergeschlagen haben. Eine direkte Abhängigkeit einzelner Texte in Geber- und Nehmerkultur, wie sie häufig diskutiert wird, läßt sich aufgrund der im Einzelnen nicht nachvollziehbaren Überlieferungswege in keinem Fall beweisen und ist nach allem, was über literarische Kulturkontakte im altorientalisch-ägyptischen Kontext bekannt ist, nicht sehr wahrscheinlich. Literatur: J. Assmann, Verkünden und verklären. Grundformen hymnischer Rede im Alten Ägypten, in: W. Burkert / F. Stolz (Hg.), Hymnen der Alten Welt im Kulturvergleich (OBO 131), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1994, 33-58 [nahezu unverändert abgedruckt in: A. Loprieno (Hg.), Ancient Egyptian Literature. History and Forms (PdÄ 10), Leiden etc. 1996, 313-334]; ders., Ägyptische Hymnen und Gebete (OBO Sonderband), 2. Aufl. Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1999; D. Franke, Middle Kingdom hymns and other sundry religious texts – an inventory, in: S. Meyer (Hg.), Egypt – Temple of the Whole World. Ägypten / Tempel der gesamten Welt. Studies in Honour of Jan Assmann (Numen 97), Leiden / Boston 2003, 95-135; D. Klotz, Adoration of the Ram. Five hymns to Amun-Re from Hibis temple (YES 6), New Haven, CT. 2006; C. Knigge, Das Lob der Schöpfung. Die Entwicklung ägyptischer Sonnen- und Schöpfungshymnik nach dem Neuen Reich (OBO 219), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 2006; M. M. Luiselli, Die Suche nach Gottesnähe (ÄAT 73), Wiesbaden 2011.
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Joachim Friedrich Quack
1. Frühe Hymnen und Gebete an Re und Hathor
Joachim Friedrich Quack 1.1 Die Hymnenstele des Königs Antef Wah-Anch Kalksteinstele mit hieroglyphischem Text. – Fundort: Theben-West, et-Tarif, Grab des Königs Antef II. (ca. 2100-2050 v. Chr.). – Aufbewahrungsort: New York, Metropolitan Museum (13.182.3). – Erstpublikation: H. Winlock, The Eleventh Dynasty, JNES 2 (1942) 258-259, Taf. XXXVI. – Standardpublikation: J. J. Clère / J. Vandier, Textes de la première période intermédiaire et de la XIème dynastie, Brüssel 1948, 9-10. – Bearbeitungen: W. Schenkel, Memphis Herakleopolis Theben. Die epigraphischen Zeugnisse der 7.-11. Dynastie Ägyptens, ÄA 12 (Wiesbaden 1965), 96-99. M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature I, Berkeley u. a. 1973, 94-96. H. Goedicke, The Prayers of Wakh-’Ankh-Antef-Aa, JNES 50 (1991) 235-253. P. Vernus, Chants d’amour de l’Égypte antique, Paris 1992, 120-121.199.
Aus dem Grab des Königs Antef II. der 11. Dynastie stammt eine Stele, die ihn beim Opfer von Milch und Wein an den Sonnengott und Hathor zeigt. Als Inschrift findet sich oben in Horizontalzeilen ein Gebet an den Sonnengott, darunter in Vertikalkolumnen eines an Hathor. Sie enthalten vorrangig Bitten des Königs um den Beistand der Gottheiten, verbunden mit der Schilderung seines Wirkens für sie. In seiner äußeren Form ist der Text als Totenopfertext eingekleidet, bei dem am Anfang die Opferformel steht, ganz am Ende in etwas größerer Schrift der Name des Empfängers. (1) Ein
Königsopfer des […] mit Tausend an Brot und Bier, Tausend an Gänsen und Rindern, Tausend an Stoffen, Tausend an allen guten Dingen für den Versorgten bei Atum, der in seinen Abenden ist, den Versorgten bei Hathor, die [in den frühen Nachtstunden] s[tillt], (2) er sagt: Ziehst du dahin, mein Vater, bevor du mich anbefohlen hast? Bedeckt dich der Himmel, bevor du mich anbefohlen hast? Befiehl mich der Nacht an und denen, die in ihr sind, so daß [du mich] findest [unter denen], (3) welche dich verehren, Re, welche dich anbeten bei deinen Auszügen, welche fortbestehen von deinen Speisegaben, 1) welche sich mit der Nacht vereinen, welche die finstere Nacht ordnen(?), nach dem, was du befohlen hast, Re. […] (4) […] Ich bin dein Stellvertreter, du hast mich als Herrn des Lebens erzeugt, der nicht dahinscheidet. Befiehl mich den frühen Nachtstunden an, so daß sie ihren Schutz über mich breiten! Befiehl mich dem [Morgen] an, [so daß] (5) er seinen Schutz um mich legt! 1.
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Die Form htp.wt mit Brot-Determinativ spricht gegen die von Lichtheim und Goedicke fa˙ vorisierte Übersetzung »die klagen bei deinen Untergängen«.
Texte aus Ägypten
Ich bin einer, der am Morgen gestillt wurde, ich bin einer, der in den frühen Nachtstunden gestillt wurde, der in der Nacht geboren wurde, dessen Leben [in der tiefen Nacht] bereitet wurde, (6) vor dem Furcht den Herden [eingeflößt wurde], welche die Hörner umwenden. Der Schutz um mich ist die Röte deines Auges. Du sollst mich bei deinem Nahen finden, [wie ich …] (7) Oh
ihr Fürsten, Westliche des Himmels! Oh ihr Götter, Westliche des Himmels! Oh ihr Oberhäupter (8) der Ufer, Westliche des Himmels! Die ihr jubelt beim Nahen der Hathor, die ihr liebt, die (9) Größe ihrer Schönheit zu sehen! Laßt sie wissen und sagt an ihrer Seite, daß ich juble, wenn (10) ich sie sehe! Meine Hände zeigen an »Komm zu mir, komm zu mir!«. Mein Leib, er spricht; meine Lippen, sie wiederholen: »Der reine Musikant 2) sei (11) für Hathor, Musikanten, Millionen und Hunderttausende davon«, denn du liebst den Musikanten. Millionenfach Musikanten sind für deinen Ka an all deinen Stätten. (12) Ich bin ja doch jemand, der den Lobgesang als Weckmittel gebraucht, 3) der musiziert für Hathor Tag für Tag, zu allen Stunden, die sie wünscht. Möge dein Herz zufrieden sein mit (13) dem Musikanten! Zieh doch schön in Frieden dahin! Mögest du dich des Lebens freuen im Genuß, zusammen mit dem Horus, der dich liebt! (14) Möge ich mit dir speisen von deinen Gaben, möge ich essen von deinen Speisen, mögest du mich Tag für Tag dem zuweisen! (15) Horus
Wah-Anch, der Versorgte bei Osiris, der Sohn des Re Antef der Große, den Neferu geboren hat.
1.2 Gesang an Hathor im Grab der Senet Kursivhieroglyhische Inschrift auf Grabwand. Datierung: Frühe 12. Dynastie (ca. 2000-1950 v. Chr.). – Fundort: Grab der Senet (TT 60), Südwand des Schreins. – Aufbewahrungsort: In situ. – Erstpublikation: N. de G. Davies / A. H. Gardiner, The Tomb of Antefoker, Vizier of ˙ 2. 3.
Der »reine Musikant« ist eine Bezeichnung für einen Priester, gleichzeitig auch für einen Sohn der Hathor. Wörtlich »der den Lobgesang aufwecken läßt«.
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Joachim Friedrich Quack
Sesostris I, and of his Wife Senet (No. 60), London 1920, 24, Taf. XXIX. – Weitere Bearbeitungen: L. Morenz, Beiträge zur Schriftlichkeitskultur im Mittleren Reich und in der 2. Zwischenzeit (ÄAT 29), Wiesbaden 1996, 58-74.
Seitlich neben der Scheintür des Grabes findet sich eine Szene mit einem Harfner und einer Harfnerin, der jeweils ein Gesangstext beigegeben ist, dessen kursivhieroglyphische Textform ihn bewußt von den sonstigen monumentalhieroglyphischen Inschriften des Grabes absetzen sollen. Hier wird nur der besser erhaltene Gesang des Harfners übersetzt. Er thematisiert vor allem die Rolle der Hathor als Tochter und gleichzeitig Schützerin des Sonnengottes in der Barke. (1) Ich
flehe zu dir, mögest du hören, Majestät, Goldene, Hathor! (2) Ich bete darum, daß dein Herz sich mir zuwendet! (3) Heil dir, Herrin des Wohlgeruchs, Sachmet die Große, Allherrin, (4) Verehrte, Schlange, die auf dem Kopf ihres Vaters ist, (5) Große, die vor dem ist, der sie schuf, die einen Platz vorn in der Barke der Glieder 4) hat, (6) die frei ausschreiten kann in der Schiffskajüte. Es sind deine Arme, die [Licht geben], und deine Strahlen, welche die beiden Länder erleuchten. (8) Die beiden Ufer unterstehen deinen Plänen. Dein Kleinvieh sind die Sonnenleute. 5)
2. Drei Hymnen an Thot
Joachim Friedrich Quack 2.1 Hymnus und Gebet an Thot Hölzerne Schreibtafel mit hieratischem Text. – Datierung: Frühere 18. Dynastie (ca. 15501450 v. Chr.). – Fundort: Unbekannt. – Aufbewahrungsort: London, The British Museum (Inv. 5646). – Erstpublikation: B. von Turajeff, Zwei Hymnen an Thot, ZÄS 33 (1895) 120125. – Weitere Bearbeitungen A. Erman, Die Literatur der Ägypter. Leipzig 1923, 186; G. Roeder, Die ägyptische Götterwelt, Zürich 1959, 225-227; A. Barucq / F. Daumas, Hymnes et prières de l’Égypte ancienne, Paris 1980, 357-359; M. M. Luiselli, Die Suche nach Gottesnähe. Untersuchungen zur Persönlichen Frömmigkeit in Ägypten von der Ersten Zwischenzeit bis zum Ende des Neuen Reiches (ÄAT 73), Wiesbaden 2011, 343 f.
Der hieratische Text dieses Gebets findet sich auf einer Schreibtafel, die vermutlich in der Schreiberausbildung benutzt wurde. Die Verse sind durch rote Verspunkte von4. 5.
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Damit ist die Barke gemeint, in welcher der Sonnengott persönlich über den Himmel und durch die Unterwelt fährt. Vermutlich setzt sich der Text noch etwas fort; die letzten drei Kolumnen sind sekundär übermalt.
Texte aus Ägypten
einander getrennt. Seinem Sprachzustand nach dürfte der Text auf eine ältere Vorlage zurückgehen. Der erste Abschnitt des Textes verwendet Stil und Phraseologie von Akklamationen zum Regierungsantritt eines Gottes oder Königs. Der zweite präsentiert dann das persönliche Anliegen des Sprechers, der materielle Absicherung und soziales Ansehen wünscht und dies mit einer Frontstellung gegen eventuelle Widersacher verbindet. 6) Es handelt sich somit um ausgesprochen diesseitige Anliegen. (1) Anbetung
des Thot im Tagesverlauf eines jeden Tages: Oh Götter, die im Himmel sind, oh Götter, die in [der Erde sind, Südliche, Nördliche,] Westliche, (2) Östliche, Kommt, daß ihr Thot seht, wie er mit seiner oberägyptischen Krone erschienen ist, die ihm die beiden Herren 7) in Hermopolis aufgesetzt haben, damit er die Geschicke der Menschen leitet! (3) Jubelt in der Halle des Geb über das, was er gemacht hat! Betet ihn an, erhöht ihn, gebt ihm Preis! Das ist der Herr des Charmes, (4) der Leiter der ganzen Menge. Nun, jeder Gott und jede Göttin, sie geben an diesem Tag Thot Lobpreis. Er ist es, der (5) ihre Schreine und ihre Stätten 8) in ihren Tempeln gründen wird 9) in der Feuerinsel. 10) Heil dir Thot! Ich bin ein Einzelner, der dich anbetet. Mögest du mir Haus und Besitz geben, (6) mögest du mich ausstatten, mich versorgen auf der Erde der Lebenden, deren Lebensunterhalt du auf der Feuerinsel eingerichtet hast! 6. Vgl. zu derartigen Texten J. F. Quack, From Ritual to Magic. Ancient Egyptian Forerunners of the Charitesion and their Social Setting, in: G. Bohak / Y. Harari / Sh. Shaked (Hg.), Continuity and Innovation in the Magical Tradition, Leiden / Boston 2011, 43-84; ders., Reinigen durch Anschwärzen? Zum Motiv des Antagonistischen in ägyptischen Reinigungsritualen, in: P. Rösch / U. Simon (Hg.), How Purity is made, i. Dr. 7. Das sind Horus und Seth. 8. Ich setze hier WB I 26, 9 an; alternativ könnte man auch an »Standarten« denken. 9. Zu Thot als Planer von Bauten vgl. M. A. Stadler, Weiser und Wesir. Studien zu Vorkommen, Rolle und Wesen des Gottes Thot im Altägyptischen Totenbuch, Tübingen 2009, 86 f. Sprachlich kann hier nur Futur vorliegen; es handelt sich also um eine Verheißung beim Regierungsantritt, wie sie sich ähnlich für den Pharao pWestcar 9,25-27 sowie in der »Geburt des Gottkönigs«, Szene I findet, vgl. H. Brunner, Die Geburt des Gottkönigs. Studien zur Überlieferung eines altägyptischen Mythos (ÄA 10), Wiesbaden2 1986, 14 f. u. 238. 10. Die Feuerinsel ist der Ort des morgendlichen Sonnenaufgangs, gelegentlich mit einer spezifischen Festlegung auf Hermopolis, den Hauptkultort des Thot. In manchen Texten (so mutmaßlich auch hier) scheint der Begriff als gewählte Ausdrucksweise für die diesseitige Welt verwendet.
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Joachim Friedrich Quack
Mögest meine Beliebtheit, meine Gunst, meine […]. meine Süße, (7) meinen Schutz geben in die Leiber, in die Herzen aller Menschen, aller Patrizier, aller Plebejer, allen Sonnenvolks, und so weiter! (8) Mögest du meinen Feind, meine Feindin niederwerfen, sei er Toter oder Lebender! 11) Zu rezitieren 12) durch einen Mann, nachdem er Thot geopfert hat. Einen Mann rechtfertigen gegen einen Feind im Gerichtshof jedes Gottes und jeder Göttin, (9) denn er (Thot) ist das Oberhaupt jedes Gottes und jeder Göttin, wie es ihm die große Neunheit zuwies.
2.2 Hymnus an Thot Statue mit hieroglyphischer Inschrift. – Datierung: späte 18. Dynastie (ca. 1380-1350 v. Chr.). – Fundort: unbekannt. – Aufbewahrungsort: Berlin, Ägyptisches Museum (Inv. 2293). – Erstpublikation: Turajeff, ZÄS 33, 123-125. – Standardedition: G. Roeder, Ägyptische Inschriften aus den staatlichen Museen zu Berlin, Zweiter Band. Inschriften des Neuen Reichs, Leipzig 1924, 39-41. – Weitere Editionen und Bearbeitungen: Urk. IV, 1874 f.; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 353-355.
Die Statue des Cheruef, des Hausvorstehers der Königin Teye, der Gemahlin Amenhoteps III. zeigt auf der Vorderseite eine monumentalisierte rebusartige Darstellung des Thronnamens des Königs, darunter einen Hymnus an Thot. Auf dem Sockel sind rechts und links weitere hymnische Passagen angebracht, die mit einer Selbstpräsentation des Statuenbesitzers kombiniert werden. (1) Anbetung
des Thot seitens des seligen königlichen Schreibers und Hausvorstehers Cheruef, er sagt:
(2) Heil
dir, Herr der Gottesworte, Aufseher der Geheimnisse dessen, was in Himmel und Erde ist, großer Gott der ersten Urzeit. 13) Urzeitlicher, (3) der die Schriften reden ließ, 14) der die Häuser wohl versehen und die Domänen begründet hat, der die Götter ihre Versorgung wissen ließ, (4) jedes Handwerk sein Gebiet, 11. 12. 13. 14.
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Zum Schutz auch vor toten Feinden vgl. J. F. Quack, Studien zur Lehre für Merikare (GOF IV/ 23), Wiesbaden 1992, 89 Anm. 1. Lies cˇt mtw statt des von Turajeff gelesenen cˇt=sn. ˙˙ ˙ ein schlecht graviertes p w.t tp.t vorliegen. ˙˙ Es dürfte ˙ Schrift gab« zu verstehen; vgl. für dieses Epitheton Wohl eher so als »der die Sprache und gleichartige Formulierungen in TB 183, 42.
Texte aus Ägypten
Länder, Grenzen und (5) Felder ebenso. – seitens des seligen königlichen Schreibers und Hausvorstehers Cheruef. Auf dem Sockel rechts: (1) Anbetung im Himmel seitens der Götter; jeder Gott und jede Göttin verehren Thot, wenn sie ihn in der großen Barke sehen, wie er die Ma’at vor sich ruhen läßt, nachdem ihn der selige königliche Schreiber Cheruef zufriedengestellt hat. (2) Der
königliche Schreiber und Hausvorsteher Cheruef sagt: »Ich bin zu dir gekommen, großer Gott, Thot, Schützer seiner Väter, 15) damit ich deine Majestät anbete, und du meine Anrufung hörst. Mögest du meine Lebenszeit lang machen, während ich deine Vollkommenheit sehe.« – der Hausvorsteher und Schreiber. 16) Auf dem Sockel links: (1) Anbetung auf der Erde seitens der Untertanen, wenn sie Thot als König der Ma’at sehen. Götter und Göttinnen sind in Jubel und Entzücken, wenn er für ihren Bedarf gesorgt hat, wobei ihn der selige Hausvorsteher Cheruef anbetet. (2) Der
königliche Schreiber und Hausvorsteher Cheruef sagt: »Ich bin zu dir gekommen, Stier unter den Sternen, Thot-Mond, der am Himmel ist! 17) du bist im Himmel, dein Licht ist auf der Erde, deine Strahlen, sie erhellen die beiden Länder.« – seitens des königlichen Schreibers Cheruef.
2.3 Gebet an Thot auf einer Statue des Haremhab Statue mit hieroglyphischem Text. – Datierung: Späte 18. Dynastie (ca. 1330-1320 v. Chr.). – Fundort: Unbekannt. – Aufbewahrungsort: New York, Metropolitan Museum of Art (MMA 23.10.1). – Erstpublikation: H. E. Winlock, A Statue of Horemhab before his Accession, JEA 10 (1924) 1-5. – Weitere Editionen und Bearbeitungen: Urk. IV, 2091, 6-2094, 5. R. Hari, Ho15. 16. 17.
Der Plural hängt eventuell damit zusammen, daß Thot von Horus und Seth abstammt, somit zwei männliche Eltern hat. An dieser Stelle steht nur noch ein in der Funktion unklares ı?, der hier anschließende Eigenname von der anderen Seite her ist wohl für beide Seiten zu lesen. Thot wird in der ägyptischen Religion standardmäßig mit dem Mond verbunden.
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remheb et la reine Moutnedjemet ou la fin d’une dynastie, Genf 1964, 42-45. Assmann, Hymnen und Gebete2, 499-502; M. Rose, Dimensionen der Göttlichkeit im Diskurs. Der Thothymnus des Haremhab, SAK 35 (2006) 261-293.
Der hier übersetzte Text findet sich auf einer Statue des Generalissimus und späteren Königs Haremhab. Die Statue zeigt ihn in der Haltung eines Schreibers, und der Hymnus ist auf dem Papyrus niedergeschrieben, den er im Schoß hält und zu lesen oder zu beschriften scheint. Die Hieroglyphen sind teilweise schlecht graviert, entsprechend ist die Lesung einiger Passagen unsicher. Der Text thematisiert zunächst die Rolle des Thot als Richter und Urteilsvollstrecker im Auftrag des Sonnengottes sowie Ratgeber des Horus und leitet daraus dann eine Aufforderung zur Huldigung an Thot ab. Analogien zur Rolle des Haremhab gegenüber dem König sind zumindest denkbar. (1) Anbetung
des Thot, des Sohns des Re Mond 18) mit gutem Auszug, mit großen Aufgängen, der die Götter erleuchtet, seitens des Fürsten und Grafen, des Wedelträgers zur Rechten des Königs, (2) des Generalissimus und königlichen Schreibers Haremhab, gerechtfertigt, er sagt. Heil dir, Mond-Thot, Stier in Hermopolis, inmitten von (3) Heseret, 19) der den Platz für die Götter hinbreitet, der Geheimnisse kennt und ihre Aussprüche festsetzt, der eine Meldung von (4) der anderen unterscheidet, der die Wahrheit Tag für Tag 20) richtet, mit kundigem Blick in der Barke der Millionen, 21) Eilbote des Sonnenvolks, der einen Mann nach (5) seinem Ausspruch erkennt, der eine Missetat dem Täter zurückweist, der Re zufriedenstellt, der (Meldung) zu dem einen Herren hochkommen läßt, so daß du ihn alles wissen läßt, das geschieht. (6) Ist das Land hell, so ruft er am Himmel, ohne daß er die Meldung vom Vortag vernachlässigt. Heil 22) (7) und Gesundheit für die Nachtbarke, der die Tagbarke zufriedenstellt, mit frei kreisenden Armen am Bug der Barke, mit reinem Gesicht, wenn er den Riemen ergriffen hat – (8) Die Tagbarke freut sich in Freude, die Nachtbarke ist im Fest – 18. 19. 20. 21. 22.
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Thot erhält hier einen quasi-königlichen Titel. Bezeichnung eines Kultortes bei Hermopolis. Ich lese m c.t rc nb, was von der publizierten Kopie her möglich ist; die bisherige Deutung als n.t tp nb würde einen sonst nicht bezeugten Ausdruck kreieren. ˙ des Sonnengottes. Die Barke So in der Annahme, daß das scheinbare b eine Verschreibung für cˇ ist; Roses Deutung als ˙ nicht zur Zeichenposibw-snb (SAK 35, 277) wäre nicht nur singulär, sondern paßt auch tion.
Texte aus Ägypten
der den Himmel überquert und den Rebellen niederwirft, (9) den westlichen Horizont berechnet 23). Die Neunheit in der Nachtbarke gibt Thot Lobpreis, sie sagen ihm: (10) »Heil, Heil, Gepriesener des Re! Er macht Huldigung für die Götter, (11) und sie wiederholen, was (12) dein Ka wünscht. Mögest du (13) den Weg öffnen zum Platz der Barke, Mögest du (14) diesem Rebellen Dinge antun, 24) mögest du seinen Kopf abschneiden, mögest du seine Seele zerbrechen, mögest du (15) seinen Leichnam zum Feuer schleppen! Du bist der Gott, der sein Gemetzel anrichtet.« 25) Man macht nichts ohne dich seitens des Großen, Sohn einer Großen, der (16) aus ihren Gliedern kam. 26) Schützer des Harachte, der kundig eintritt in Heliopolis, der einen Platz für die Götter bereitet, der Geheimnisse kennt und (17) ihre Reden erläutert. 27) Laßt uns Thot Lobpreis geben, dem präzisen Lot an der Waage, der (18) den Unrechten übergeht und den empfängt, der wahrhaftig ist, 28) der das Begehen von Missetaten nicht toleriert. Wesir, der Richtsprüche fällt, der Unruhen befriedend besänftigt, (19) Schreiber des Katasters, der die Schriftrolle festsetzt, der Unrecht vertreibt und den Gerechten 29) empfängt, der eine Schulter hat und einen gesunden (20) Oberarm, 30) der gebildet ist innerhalb der Neunheit, 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.
So in der Annahme, daß hsb zu lesen ist. »Dinge machen« kann im˙ Ägyptischen mit der Nuance einer körperlichen Schädigung verwendet werden, vgl. zuletzt J. F. Quack, Der Weber als Eunuch, in: A. Berlejung / J. Dietrich / J. F. Quack (Hg.), Menschenbild und Körperkonzepte, i. Dr. Es ist nicht ganz sicher, wo die direkte Rede der Götter endet, eventuell setzt sie sich bis zum Abschluß des Textes fort. Vermutlich ist dies auf Horus zu beziehen und damit auch eine Analogie zur Situation des Haremhab als unentbehrlichen Beraters des Königs. Vgl. auch die Diskussion bei Stadler, Weiser und Wesir, 167. Diese Verse greifen mit leichten Variationen Passagen vom Textanfang wieder auf. ? Mutmaßlich ist m c.tı zu verstehen, jedenfalls kann man unmöglich einen Relativkonverter mit einem nachfolgenden negierten Partizip kombinieren. ? ? Erneut dürfte m c.tı zu lesen sein; da nachfolgendes h rı die Nisbe darstellt und nicht die ¯ Präposition ist, kann es nicht an einen Relativkonverter angeschlossen werden. Dies dürfte eine indirekte (quasi bewußt negierte) Anspielung auf eine mythologische Episode von der Verletzung der Schulter des Thot sein, vgl. dazu J. F. Quack, Das Pavianshaar und die Taten des Thot, SAK 23 (1996) 305-333, dort 326-329.
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Joachim Friedrich Quack
der alles Vergessene anzeigt, mit kundigem Blick für den, (21) der irregeht, der erinnert an den Moment der Frist, der die Stunden der Nacht ankündigt, seine Worte (22) dauern in Ewigkeit, der in die Unterwelt eintritt und weiß, wer in ihr ist, der sie mustert nach seiner Namensliste.
3. Gebete als Schultexte in ramessidischen Papyri
Joachim Friedrich Quack Aus der Ramessidenzeit (ca. 1300-1070 v. Chr.) ist eine Reihe von Papyri enthalten, die Zusammenstellungen kürzerer Texte enthalten und im Fach als »Miscellanies« bezeichnet werden; Einzelstücke sind auch auf Ostraka überliefert. Sie sind meist in Briefform eingekleidet und enthalten vor allem Mustertexte, welche angehende Beamte auf ihre künftigen Aufgaben vorbereiten. Dazu gehören Verwaltungsbriefe ebenso wie Hymnen auf den König und Götter oder Preisungen von Städten. Die Abfolge der Stücke in den einzelnen Handschriften zeigt keine stringente Ordnung, aber zumindest assoziative Zusammengruppierungen. Das Corpus ist relativ offen, aber nicht ohne einsetzende Prozesse der Normierung – mehrere Texte sind in mehreren Abschriften bezeugt. Auffällig häufig wird in den Gebeten das Thema der Gottheit als Schutzgott und Beistand in Krisensituationen und Urteilen angesprochen. Man kann sich fragen, ob dahinter einerseits Dinge wie die Abschlußprüfung, andererseits Rivalitätssituationen stehen. Als feste Formulierung der Gebete um Hilfe findet sich das texteinleitende »Komm zu mir«, die in Ägypten als lange Kontinuität vom Mittleren Reich bis in die Römerzeit verfolgt werden kann. 31) Der Fundort der Handschriften ist meist unbekannt, sie dürften vor allem aus den Gräbern von Saqqara und Theben stammen. Während bei den Papyri aufgrund der längeren Textsequenzen klar ist, daß sie in komplexere Zusammenstellungen eingebettet sind, kann dies für isoliert auf Ostraka überlieferte Hymnen und Gebete nicht in gleicher Weise abgesichert werden. Aus diesem Grund werden die Ostraka unten als separate Gruppe behandelt, auch wenn sie teilweise enge Verbindungen zu den Papyri zeigen. Literatur: A. H. Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies (Bibliotheca Aegyptiaca 7), Brüssel 1937; R. A. Caminos, Late Egyptian Miscellanies, Oxford 1954; G. Fecht, Literarische Zeugnisse zur »Persönlichen Frömmigkeit« in Ägypten, Analyse der Beispiele aus den ramessidischen Schulpapyri (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 1965,1), Heidelberg 1965; M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature, Volume II: The New Kingdom, Berkeley / Los Angeles / London 1976, 110-114.
31.
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H. Kockelmann, Praising the Goddess. A Comparative and Annotated Re-Edition of Six Demotic Hymns and Praises Addressed to Isis (AfP Beiheft 15), Berlin / New York 2008, 42 f.
Texte aus Ägypten
3.1 Gebet an Amun als Schutzgott Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi IV = pBM 10249, 10,1-5). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 45, 5-12. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 254 f.; Assmann, Hymnen und Gebete2, 411 (Nr. 179).
Das Gebet situiert sich in einer Extremsituation, in der die Zeitstruktur der Welt in Unordnung geraten scheint und das Wetter Kapriolen schlägt. Die Formulierungen klingen teilweise nach mangelnder Sonneneinstrahlung, teilweise aber auch nach drückender Schwüle ohne Wind. In jedem Fall hat die Lage Auswirkungen nicht nur auf das menschliche Leben, sondern auch auf die Tierwelt. (10,1) Komm zu mir, Amun! Rette mich in dem elenden Jahr! (2) Die Sonne ist, als sei sie nicht aufgegangen, der Winter ist gekommen zur Zeit des Sommers. Die Monate sind verdreht geworden, die Stunden wirr.
Die Großen (3) rufen zu dir, Amun, Die Kleinen suchen dich. Die im Schoß ihrer Ammen sind, sie (sagen): »Gib Luft, oh Amun!« Möge Amun gefunden werden, (4) in Frieden gekommen, der süße Lufthauch vor ihm. Möge er mich zu einer Geierschwinge werden lassen, 32) wie ein vollausgerüstetes Segelschiff! 33) Mit den Worten der Hirten (5) auf dem Felde, der Wäscher auf dem Ufer, der Medjai, die zum Fruchtland gekommen sind, die Gazellen in der Wüste.
3.2 Gebet an Amun um beruflichen Erfolg Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi IV = pBM 10249, 10,5-8). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 45, 14-46, 2. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 255. Assmann, Hymnen und Gebete2, 411 f. (Nr. 180). 32. 33.
Wohl in dem Sinne, daß der Sprecher sich dann rasch im Wind bewegt. Abweichende Deutung bei St. Bojowald, Gedanken zum syntaktischen wie idiomatischen Funktionszusammenhang des Geierflügels im ägyptischen pAnastasi IV, 10, 4, SAK 34 (2006) 73-77. Das Wort ist nur an dieser Stelle bekannt, dürfte also ein spezielles Schiff bezeichnen, dessen genaue Natur für ein volles Verständnis der Passage wichtig sein dürfte.
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Der Text wendet sich zunächst an einen Kollegen, konkret einen Schatzhausschreiber, dem der Beistand des Amun gewünscht wird. Es folgt ein kurzes Gebet eben an Amun zugunsten dieses Kollegen, dem eine Stellung im Kult des Thot verschafft werden soll. (10,5) Mögest du (6) Amun finden, wie er gemäß deinem Wunsch handelt in seiner Stunde der Gnade, indem du in Gunst bist unter den Fürsten, fest eingesetzt am Platz der Wahrheit.
Oh Amun-Re, deine (7) hohe Überschwemmung überströmt die Berge, Herr von Fischen mit vielen Vögeln – jeder Arme ist gesättigt! Setze die Fürsten an den Platz der Fürsten, Großen an den Platz der Großen! Setze den Schreiber des Schatzhauses Qai-Geba vor Thot, deinen Wahrhaftigen!
(8) die
3.3 Amun als gerechter Richter Aufbewahrungsort: Museo Civico, Bologna (pBologna 1094, 2, 3-7) und London, British Museum (pAnastasi II = pBM 10243, 6, 5-7). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 2, 11-16 u. 16, 2-6. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 253; Assmann, Hymnen und Gebete2, 407 (Nr. 174); N. Tacke, Verspunkte als Gliederungsmittel in ramessidischen Schülerhandschriften, Heidelberg 2001, 19-20.
Die Gottesschilderung beginnt zunächst auf der diesseitigen sozialen Ebene, in der Gerichtssituation. Zum Ende hin weitet sie sich in eine kosmische Dimension, bei welcher die Konzeption des Gerichts des Sonnengottes über seine Feinde beim Aufgang sowie die letztliche Bestattung der Gerechten in der Nekropole im Westen relevant sind. (2,3) Amun-Re,
der zuerst König war, Gott des ersten Males, der Wesir des Armen.
(4) der
Er nimmt kein Geschenk vom Schuldigen an, spricht nicht zu dem, der Zeugenurkunden bringt, Er schaut nicht auf Einsprüche.
(5) Er
Amun richtet (6) das Land mit seinen Fingern, er spricht zum Herzen. Er richtet den Schuldigen, er gibt ihn zum Osten, 34) den Gerechten zum (7) Westen. 34.
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Im pBologna 1094 wie »Aufgangsstätte« geschrieben, im pAnastasi II wie »Verbrennungsstätte«.
Texte aus Ägypten
3.4 Amun als gerechter Richter Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi II = pBM 10243, 8, 5-9, 1). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 17, 10-14. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 253-254; Assmann, Hymnen und Gebete2, 407-408. (Nr. 175). Dieser Text thematisiert ebenfalls den Gott als gerechten Richter, nimmt aber konkreter die Form eines Gebets in einer realen Gerichtssituation an, wo sich der als arm stilisierte Beter den Erpressungsversuchen der Entscheidungsträger ausgesetzt sieht.
Leih dein Ohr dem (6) Einzelnen im Gericht, wobei er arm ist, er ist nicht reich, und das Kollegium schädigt ihn (sagend): »Silber und Gold für (7) die Katasterschreiber, Kleider für die Gefolgschaft!« Möge befunden werden, daß Amun seine Form als Wesir annimmt, um (9,1) den Armen (im Recht) herauskommen zu lassen! Möge befunden werden der Arme zum Gerechtfertigten geworden, Möge der Arme den Reichen übertreffen!
3.5 Amun als Schutzgott und Patron Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi II = pBM 10243, 9,210,1). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 17, 15-18, 6. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 254; Assmann, Hymnen und Gebete2, 409 (Nr. 177).
Der Text beschreibt vor allem das Vertrauen des Sprechers auf die Fähigkeit des Gottes, ihn wirksam zu protegieren. Er sollte, gerade im Hinblick auf die Gabe des Vermögens an den Gott, im Vergleich zu Texten wie der Inschrift des Simut, genannt Kiki, gelesen werden, in welcher dieser angibt, seinen Besitz der Göttin Mut übertragen zu haben, weil sie ihn schützt. 35) (9,2) Pilot,
der das Wasser kennt, Amun, Steuerruder des [Schiffers], der dem Brot gibt, der keins hat, (3) der den Diener seines Hauses am Leben erhält. Ich mache mir keinen Großen zum Patron, ich geselle mich nicht zum Herrn von Besitz, ich gebe meinen (4) Anteil nicht unter die Kontrolle eines Mannes. 35.
Vgl. dazu besonders die detaillierte Bearbeitung durch P. Vernus, Littérature et autobiographie: Les inscriptions de Sa-mwt surnommé Kyky, RdÉ 30 (1978) 115-146 sowie M. Negm, The Tomb of Simut called Kyky. The Tomb 409 at Qurnah, Warminster 1997, 37-46, Taf. XLIV-LXIII.
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hMeini Vermögen 36) ist im Haus meines [Herrn, wobei] mein Herr ein Patron ist, wobei ich (5) seine Stärke kenne, nämlich: Ein Patron mit kräftigem Arm. Nur er allein ist stark. (6) Amun,
der die Gnade kennt, der auf den hört, der zu ihm ruft, [Amun]-Re, König der Götter, der Stier mit starker Kraft, der die (10,1) Kraft liebt.
3.6 Bitte um Schutz an den Sonnengott Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi II = pBM 10243, 10, 111, 2). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 18, 7-19, 4. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 145 f.; Assmann, Hymnen und Gebete2, 408 (Nr. 176).
Das Gebet thematisiert einerseits den schon eingetretenen Beistand des Gottes, dank dessen der Sprecher seinen Widersacher überwinden konnte, andererseits enthält es auch Bitten für die Zukunft. Gleichzeitig entschuldigt der Sprecher eigene Verfehlungen mit dem Hinweis auf seine Torheit und Triebgeleitetheit. Die letzten Verse sind infolge schlechter Erhaltung nicht völlig verständlich. (10,1) Komm
zu mir, Re-Harachte, daß du für mich Pläne machst! Du bist es, der handelt, (2) es gibt keinen, der ohne dich handelt, vielmehr nur du bist es, der mit ihm agiert. Komm zu mir, Atum, Tag für Tag! Du bist der edle Gott. Mein Herz (3) ist voran nach Heliopolis gegangen, während meine »Heißen« 37) gefallen sind. Mein Herz ist fröhlich, meine Brust in Freude. (4) Meine
Gebete wurden erhört, mein Flehen von Tag zu Tag, meine Anbetungen in der Nacht, meine (5) Bitten und Gelübde 38) in meinem Mund, sie wurden heute erhört. 36. 37. 38.
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So mit Lichtheim, Literature II, 112. Der »Heiße« ist eine gängige Bezeichnung des Widersachers. Das Determinativ ist hier wohl verschrieben. Vgl. Quack, in: Bohak u. a. (Hg.), Continuity and Innovation, 50-51 u. 58-60. Vgl. kopt. ere¯t »Gelübde«.
Texte aus Ägypten
Der eine Einzige, Re-Harachte, es gibt (6) keinen hier wie ihn. Der Millionen schützt, er hat Hunderttausende gerettet, Der Schützer dessen, der zu ihm ruft, der Herr von (7) Heliopolis. Tadle nicht meine vielen Sünden an mir! Ich bin einer, der sich selbst nicht kennt, ich bin ein törichter Mensch. (11,1) Ich verbringe den Tag damit, meinem Mund zu folgen, wie ein Rind dem Gras. Was meine Nacht betrifft in […] (2) Ich bin einer, der kühl weggeht, der den Tag verbringt herumstreifend im Hof, der die Nacht verbringt […]
3.7 Lobpreis auf Thot als persönlichen Schutzgott Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi III = pBM 10246, 4, 125, 5). – Standardedition Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 25, 8-16. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 360 f.; Assmann, Hymnen und Gebete2, 410 (Nr. 178); Tacke, Verspunkte, 36-37.
Der Text situiert sich anläßlich der feierlichen Einführung einer Götterstatue, die aus verschiedenen kostbaren Substanzen hergestellt ist, in die Kultstelle eines Privathauses. Er gipfelt im Bekenntnis des Sprechers zu seinem nunmehr bei ihm etablierten Schutzgott. (4,12) Willkommen, oh Herr des Hauses, Pavian mit leuchtender Mähne, mit angenehmer Gestalt und sanftem Liebreiz, Geliebt von (5,1) jedermann!
Er ist aus Kopal, 39) er ist Thot, er erleuchtet das Land mit seiner Schönheit. Was auf seinem Kopf ist, ist aus Jaspis, sein Phallus ist aus (2) Karneol. Seine Liebe strömt über auf seinen Augenbrauen, er öffnet seinen Mund zum Beleben.
39.
Zur Frage der Identifizierung der Substanz vgl. S. Aufrère, L’univers minéral dans la pensé égyptienne (BdÉ 105), Kairo 1991, 592.
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Herzensfroh ist mein Quartier, seit (3) der »Hund« 40) in es eintrat. Es ist wohlbegründet geworden, seit mein Herr es betrat. Freut euch, oh Leute meines Stadtviertels! Seid froh, (4) alle Nachbarschaft! Seht, mein Herr, er ist es, der mich machte, und so ersehnt ihn mein Herz. Thot, du sollst mir ein Schützer sein, dann werde ich mich vor niemandem 41) fürchten!
3.8 Gebet an Thot um beruflichen Erfolg Aufbewahrungsort: London, British Museum (pAnastasi V = pBM 10244, 9, 2-10, 2). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 60, 3-14. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 362-363; Assmann, Hymnen und Gebete2, 412-413 (Nr. 181).
Der Sprecher wünscht sich den Beistand des Thot, um als Schreiber beruflich voranzukommen und in der Karriereleiter aufzusteigen. Im Gegenzug gelobt er, die Macht der Gottheit überall zu verkünden und dadurch dessen Anhängerschaft zu vergrößern. (9,2) Komm
zu mir, Thot, du edler Ibis! Oh Gott, den Hermopolis ersehnt, der Briefschreiber der Neunheit, (3) der Große in Unu! 42) Komm zu mir, daß du für mich Pläne machst! Mögest du mich kundig machen in deinem Amt! (4) Dein Amt ist besser als jedes andere Amt, es ist angesehen. Wer darin kundig ist, wird gefunden, (5) um Fürst zu werden. Ich habe viele gesehen, für die du gehandelt hast, die jetzt im Dreißiger-Kollegium sind, (6) die mächtig und reich sind durch das, was du getan hast. Du bist es, der Pläne machst.
40. 41. 42.
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Der »Hund« ist hier eine Bezeichnung für Thot als Hundskopfalle. So in der Annahme, daß ı?r.t am Zeilenende verkürzt für ı?r.t nb.t steht. Eine wichtige Ortschaft im Gau von Hermopolis und Kultzentrum des Thot.
Texte aus Ägypten
Du bist es, der (7) Pläne macht für den Mutterlosen, Schicksal und Glück sind bei dir. Komm zu mir, daß du für mich Pläne machst! Ich bin ein (8) Diener deines Hauses. Mögest du mich von deiner Macht erzählen lassen, wenn ich in jeglichem Land bin. Dann spricht die Menge der Menschen: groß ist doch, was Thot bewirkt hat!« Dann kommen sie mit ihren Kindern, (2) um sie für dein Amt zu markieren, das gute Amt des Herrn der Stärke – wie froh ist, wer es ausübt. (10,1) »Wie
3.9 Gebet an Thot Heutiger Aufbewahrungsort: London, British Museum (pSallier I = pBM 10185, 8, 2-7). – Standardedition: Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, 85, 14-86, 9. – Weitere Bearbeitungen: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 359-360; Assmann, Hymnen und Gebete2, 413-414 (Nr. 182).
Die äußere Form der Einkleidung als Brief ist hier ganz äußerlich um ein Gebet an Thot gelegt. Dies gilt zunächst dem Wunsch nach Beistand, um im Beruf erfolgreich zu sein, dadurch materielle Versorgung zu haben und Fehler zu vermeiden. Die nachfolgende Gerichtssituation ist in der Forschung vielfach auf das Jenseitsgericht bezogen worden, dürfte aber eher diesseitiger Natur sein; entweder als Rechtsstreit oder als Prüfungssituation. In jedem Fall erkennt man die antagonistische Position zwischen dem »Schweiger« und dem »Heißen«. (8,2) Der
Oberarchivar Amenemone vom Schatzhaus des Pharao sagt zum Schreiber Pentaweret: Dir wird dieses Schreiben gebracht mit den Worten, sowie (3) weiter: Oh Thot, setze mich in Hermopolis ein, deiner Stadt voll süßem Leben! Du wirst meine Versorgung mit Brot und Bier gewähren, du wirst meinen Mund beim Sprechen hüten! Hätte ich doch Thot bei mir als Beistand (4) morgen! »Komm«, würde man dann sagen, wenn ich vor die Herren eingetreten bin, »damit du gerechtfertigt herauskommst!«
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Die große Dum-Palme von 60 Ellen ist es, an der Nüsse sind. Es sind Kerne in den Nüssen, (5) während Wasser in den Kernen ist. Du, der du Wasser von ferne bringt, Komm, daß du mich, den Schweigenden, rettest! Oh Thot, du angenehmer Brunnen für den Dürstenden in der (6) Wüste, er ist geschlossen für den, der zu sprechen gefunden hat, er ist offen für den Schweigenden. Möge der Schweigende kommen, daß er den Brunnen findet! Oh Heißer, du bist unter Kontrolle! 43)
4. Gebete auf Ostraka
Joachim Friedrich Quack 4.1 Amun als gerechter Richter Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Fundort: Theben, vermutlich Deir el-Medina. – Heutiger Aufbewahrungsort: Unbekannt (Zürich?), früher Privatsammlung Ludwig Borchardt (oBorchardt). – Standardedition: G. Posener, Amon Juge du pauvre, in: Aufsätze zum 70. Geburtstag von Herbert Ricke (BÄBFA 12), Wiesbaden 1971, 59-63, dort 59-61, Taf. 15A. – Weitere Bearbeitungen: Assmann, Hymnen und Gebete2, 417 (Nr. 187).
Der Text wurde bislang als Wunsch zugunsten eines Bedrängten aufgefaßt, es fehlen ihm aber die spezifischen Formeln des Hilferufs. Sprachlich kann er ohne weiteres als Bericht über einen bereits eingetretenen Erfolg verstanden werden, insbesondere für den vierten Vers ist kaum eine andere Übersetzung möglich. (1) Amun-Re,
der für den Armen eintritt, wenn er bedrängt ist, ließ das Gerichtskollegium einstimmig sein, sie haben zugunsten des Armen geantwortet. (3) Der Arme ist zum Gerechtfertigten geworden, Wer Bestechung herbeibrachte, (4) ist in Trauer. (2) Er
4.2 Amun als gerechter Richter Topfscherbe(?) mit hieratischem Text. – Fundort: Theben-West, Deir el-Medina. – Aufbewahrungsort: Kairo, IFAO (Inv. Nr. 2181). – Standardedition: Posener, in: BÄBFA 12, 61 f., Taf. 15B.
Die Preisung des Amun wird zunächst auf der generellen Ebene ausgesprochen, um daraus dann die Bitte um Beistand in einer konkreten Situation abzuleiten. 43.
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Wörtlich »ergriffen, gefaßt«.
Texte aus Ägypten (1) Jede
Stadt ist voll von Liebe zu dir, Amun! Land ist unter deiner Schönheit. Du bist Amun, (3) der Wesir, der Wesir, der (4) über jeden Armen urteilt. (2) Jedes
Amun sagt (5) dem, der kein Geschenk hat, nicht: raus aus meinem (7) Gericht!«
(6) »Geh
Wende dein Gesicht dem zu, der (8) deinen Namen ausspricht, Amun! Du bist (9) der wahre Richter.
4.3 Bitte an Amun um Beistand Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Aufbewahrungsort: Magazin in Luxor (oKairo ohne Nummer). – Standardedition: J. Cˇerny´ / A. H. Gardiner, Hieratic Ostraca, Oxford 1957, 2, Taf. 5, Nr. 1. – Bearbeitung: J. N. Oswaldt, The Concept of Amon-Re as Reflected in the Hymns and Prayers of the Ramesside Period, Dissertation Brandeis University 1968, 185-187.
Zunächst wird geschildert, wie Personen in jeder Lage Amun um Hilfe bitten. Dann geht der Sprecher zur eigenen Bitte als Beistand über, den er als im Moment des Sprechens bereits eingetreten visualisiert. In der Formulierung »›komm!‹ würde man dann sagen« berührt sich dieser Text enger mit dem oben behandelten Gebet an Thot im pSallier I (vgl. 3.9). (1) Wer
arm ist, ruft zu dir, oh Amun! Wer mächtig ist, (2) sucht dich. Wer in Syrien ist, (sagt) »Komm, bring mich zurück nach Ägypten!«. Wer in der Unterwelt ist, (3) (sagt) »Errette mich!«. Wer vor dem Herrscher steht, (sagt) »Gib Atem, (4) oh Amun!«. Hätte ich doch Amun als Beistand morgen! »Komm!« (5) würde man sagen. Ich habe hinter mich geblickt und Amun gesehen. Sein (6) Atem ist in meinen Körper eingetreten. Glücklich ist dein Diener, oh Amun! (7) Jedes Übel hat ihn verlassen.
4.4 Gebet und numerischer Hymnus an Amun Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Fundort: Theben-West, Deir el-Medina. – Aufbewahrungsort: Kairo, IFAO (oDeM 1409). – Standardedition: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el Médineh, tome III (Documents de fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale du Caire 20), Kairo 1977-1980, 32, Taf. 17. – Weitere 165
Joachim Friedrich Quack
Bearbeitungen H.-W. Fischer-Elfert, Literarische Ostraka der Ramessidenzeit in Übersetzung (Kleine ägyptische Texte), Wiesbaden 1986, 63-67.
Der Text beginnt mit dem Gruß an die Gottheit und dem Wunsch nach Gottesnähe. Der Sprecher bittet um Beistand und stimmt einen Hymnus an, der in zehn Abschnitte eingeteilt sein soll, die jeweils im ersten und letzten Wort eine enge lautliche Ähnlichkeit zum entsprechenden Zahlwort haben. 44) Somit ist zu erwarten, daß die restlichen acht Strophen auf einem oder mehreren anderen Ostraka standen. 45) (1) Willkommen
in Frieden, Herr der Götter, Amun, (2) oh Machtwesen mit machtvollem Herzen! Mögest du mich dein schönes Leuchten sehen lassen! (3) Ein Pylon ist vor meinem Angesicht. 46) Ich denke an den Zustand, daß (4) deine Gnade geschehen ist […] wie du die Länder gering geachtet hast. […] (5) Er ist das Schicksal für den, der zu seiner Stadt herausgekommen ist. Ich bin der […] (6) […] von deinen Tausend Blütenlesen. Amun, komm, daß du mich rettest! will von eins bis zehn reden auf deinen Namen, Herr der Götter!
(7) Ich
Einer ist Amun-Re, ohne (8) seinesgleichen im Himmel. Seine Mutter gebar ihn und sagte ihm: »Dein (9) allein ist der Himmel.« Ich will den Boden küssen bei deinem Heiligtum! Meine Arme geben deinem Ka Lobpreis. (10) Ich will Weihrauch riechen, der aus deinem Pronaos kommt, ich will [den Atem] des Lebens einatmen, (11) den du gibst! Amun-Re der Starke, es gibt keinen anderen wie ihn!
4.5 Gebet an Amun und Thot Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Aufbewahrungsort: Kairo, IFAO (oDeM 1262). – Standardedition: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el Médineh, tome II (Documents de fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale du Caire 18), Kairo 1951-1972, 42, Taf. 69. – Weitere Bearbeitungen: Fischer-Elfert, Literarische Ostra44. 45. 46.
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Vgl. B. Mathieu, La poésie amoureuse de l’Égypte ancienne, Kairo 1996, 212 f. Ein gewisser Kandidat für die dritte Strophe könnte oDeM 1435 sein (bearbeitet bei FischerElfert, Lesefrüchte, 93-97), das recht unvermittelt mit einem Wort einsetzt, das eine passende lautliche Ähnlichkeit zu »drei« aufweisen würde. Das ist wohl in dem Sinne gemeint, daß die Sicht auf die Gottheit verdeckt ist.
Texte aus Ägypten
ka, 68-69; ders., Lesefunde im literarischen Steinbruch von Deir el-Medineh (Kleine ägyptische Texte 12), Wiesbaden 1997, 117-120.
Auf den beiden Seiten eines Ostrakons finden sich Gebete, in denen es um zwei verschiedene Gottheiten geht – was auch ein gutes Zeichen dafür sein sollte, Bekenntnisse in diesen Texten nicht zu sehr in einem monotheistischen Sinne zu lesen. Die an Amun gerichtete Vorderseite spricht dessen besonderen Abscheu für Lügen aus und hofft auf Gnade. Die Rückseite bittet um die Hilfe des Thot mit dem speziellen Anspruch, dessen Diener zu sein und deshalb Unterstützung erwarten zu können. […] sein [Abscheu] ist Lüge, er lebt (2) von der Wahrheit. Was den Abscheu des Amun betrifft, so ist das, Lüge zu begehen (3) in seiner Stadt. Amun dauert und dauert, (4) um Lüge niederzureißen, die Habgier des Landes. (5) Siehe, der Herr der Götter ist mir nicht gnädig; er macht es (6) extra, um für jemanden einzutreten; er tritt ein für den Bedrückten. (7) Siehe […] der Schwache. (rto. 1)
(vso. 1) Der
Diener des Hauses [des Thot …], den man auch […] nennt. werde die Stimme erheben, damit Thot hört. Es ist (3) die Zeit, in der man ihn sucht. Neige dein Antlitz (4) zum Diener deines Hauses! Vergiß [mich] nicht! (5) Ich bin dein Diener, oh Herr von Hermo(6) polis! (2) Ich
4.6 Loyalität und Illoyalität gegen Amun Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Datierung: Ramessidenzeit, spätere 19. – mittlere 20. Dynastie (ca. 1250-1150). – Aufbewahrungsort: London, British Museum (EA 29559). – Originaledition: S. Birch, Inscriptions in the Hieratic and Demotic Character, from the Collections of the British Museum (London 1868), Taf. XXVI. – Standardeditionen: Gardiner / Cˇerny´, Hieratic Ostraca, 24, Taf. LXXXIX; R. J. Demarée, Ramesside Ostraca (London 2002), S. 26-27, Taf. 86-87 – Weitere Übersetzungen und Bearbeitungen: A. Erman, Zur ägyptischen Religion A. Der Frevler von Tell Amarna, ZÄS 42 (1906) 106-109; Posener, in: BÄBFA 12, 63; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 230-232; Assmann, Hymnen und Gebete2, 420-422 (Nr. 190).
In verschiedenartigen Bildern der Lebenserfahrung wird die Macht des Amun geschildert, dabei wird dieses Thema immer erneut mit der Frontstellung gegen die zum Scheitern verurteilten Gegner des Gottes verflochten. Die Niederlage des Gegners des Amun wird so plakativ ausgedrückt, daß man sich schon davor hüten muß, sie nicht zu direkt nur auf die Episode der Opposition des Königs zu Amun während der Regierungszeit des Echnaton zu lesen. Der Beter bekennt seine Loyalität zum Gott und 167
Joachim Friedrich Quack
erhofft im Gegenzug auf sein Vertrauen zu dessen Schutzmacht auch deren tatsächliches Eintreten. Parallelen zu diesem Ostrakon finden sich auf einem anderen fragmentarischen Ostrakon (oWilson, siehe dazu 9.3), das wiederum in seinem Anfangsbereich mit dem oben übersetzten Ostrakon IFAO Inv. 2181 enger zusammenhängt. (1) Oh
Amun, du Stier, du Kalb der Jungkuh, der du in der Viehhürde liegst, ohne daß man ihn […], (2) der im Stall schläft, unbekannt ist, wer ihn gestochen hat, 47) doch am Morgen findest du den, der gegen dich gefrevelt hat [..] Jammer (3) dem, der dich angegriffen hat! Deine Stadt dauert, wer dich angegriffen hat, ist gefallen. Wehe dem, der dich angegriffen hat im ganzen Land, Amun-Re! Amun, du (4) Mastbaum aus zwei Hölzern, der jedem Wind standhält(?). Sein Fuß ist aus Kupfer, während seine Holme 48) sich hingestellt haben. (5) Er schwankt nicht vor dem Nordwind, er beugt sich nicht 49) vor dem Südwind. Er segelt, und wenn es keinen Wind gibt, rudert er es. (6) Amun,
du Hirte, der die Rinder morgens in Gang bringt, der die Verschmachtenden zur Weide treibt. Hirten treiben die Rinder zur Weide, oh Amun, (7) mögest du mich, den Verschmachtenden, zum Brot treiben. Denn was Amun betrifft, so ist er der Hirte, der Hirte, der nicht ermattet.
Amun, du Portal aus Kupfer, das (8) die von ihm Begünstigten bei sich aufnimmt. Die Sonne dessen, der dich mißachtet 50) hat, ist untergegangen – Amun, wer dich kennt 51) –, während du doch aufgegangen bist. (9) Der Vorhof dessen, der dich angegriffen hat, ist in Dunkelheit, 52) das ganze Land ist im Licht. Jeder, der dich, Amun, in sein Herz setzt, (10) siehe, seine Sonne ist aufgegangen.
47. 48. 49. 50. 51. 52.
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Es ist hnws s(w) zu verstehen. ˘ Ein nautischer Fachterminus unsicherer Bedeutung, s. D. Jones, A Glossary of Ancient Egyptian Nautical Titles and Terms, London / New York 1988, 194 f. Wörtlich »wandert nicht«. Wörtlich »nicht kennt«. Es dürfte 2m tw zu lesen sein. khn dürfte eine Metathese zu knh darstellen. ˙ ˙
Texte aus Ägypten
Lotse, der die Wasser kennt, Amun, du Steuerruder mit erfolgreichen (11) Einsätzen, du Scharfsichtiger, der die Untiefe kennt, der (12) Sehnsucht nach sich auf dem Wasser bewirkt. Ganz genau jemanden wie Amun, (13) den wünscht man auf dem Wasser. Amun-Re, du Schicksal und Glück, in dem alles Leben ist. (14) Wer deinen Namen nicht kennt, kann nicht […], während es Tag für Tag Jammer für ihn gibt. Amun-Re, (15) ich bin dir loyal, ich habe mein Herz mit dir erfüllt, ich kenne [deinen] Namen. (vso. 1) Du sollst mich erretten aus dem Mund der Leute, an dem Tag, an dem er Lüge redet. Denn (2) der Herr der Götter, der lebt von Wahrheit. Ich trete nicht zu einem Großen als Schützer ein, 53) ich diene (ihm) nicht. (3) Ich habe mein Herz damit angefüllt, ganz fest, zu sagen: »Ich gehöre zu Amun!« 54)
4.7 Bekenntnis zu Amun Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Datierung: Ramessidenzeit, spätere 19. – mittlere 20. Dynastie (ca. 1250-1150). – Aufbewahrungsort: Cambridge, Fitzwilliam Museum, E.GA 6134.1943. – Originaledition: F. Hagen, New Kingdom Ostraca from the Fitzwilliam Museum, Cambridge (CHANE 46), Leiden / Boston 2011, 34-36 und 98-101.
Das Ostrakon trägt auf beiden Seiten Texte, die inhaltlich einen engeren Bezug zueinander aufweisen, deren Leseabfolge aber nicht völlig sicher ist. Sofern die Lesung und Ergänzung der ersten Zeile zutrifft, dürfte die in der Edition als Rekto bezeichnete Seite tatsächlich vorangehen. Der Text betont vor allem die positiven Folgen der Loyalität gegenüber dem Gott, kurz angesprochen werden aber auch die negativen Konsequenzen für den, der sich ihm entgegenstellt. [des Amun]. dürste nach Bedarf in der aufgehenden Sonne, und du, Amun, bist doch aufgegangen. (3) Der Vorhof dessen, der dich angegriffen hat, ist in Finsternis, das ganze Land (dagegen) (4) im Licht. (1) Anbetung (2) Ich
53. 54.
? Ich lese bw 2k=ı n wr r nhy. ? ? ? ˘ Vgl. dazu oDeM 1127 vso. 4 (s. dazu J. F. Quack, WdO 30 Es ist n.ı -wı˙-I mn zu verstehen. [1999] 139).
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Denn was Amun betrifft, so ist er die Sonne von Jedermann. Wende (5) dein Antlitz zu dem, der dich in sein Herz gesetzt hat zu jedem, der deinen Namen ausspricht. Denn wer dir folgt, schläft nicht hungrig, 55) wen du rettest, der ist nicht arm. (vso. 1) Was
den betrifft, der Amun in sein Herz setzt, ist er so, daß für ihn die Sonne aufgeht, er ist so, daß ihn die Menschen loben, und die Götter ihn lieben. (3) Er ist Tag für Tag berauscht, während seine Kleider hellstrahlend sind, 56) (4) und heri mit Gesundheit und Leben versehen ist. Er hat keinen Grund, (5) »Hätt’ ich doch« zu sagen. (2) so
4.8 Die Göttin Mut als Beistand Kalksteinbruchstück mit hieratischem Text. – Fundort: Theben-West, Deir el-Medina. – Aufbewahrungsort: Kairo, IFAO (oDeM 1638). – Standardedition: Posener, Catalogue III, 89, Taf. 65. – Weitere Bearbeitung: Fischer-Elfert, Literarische Ostraka, 70-73.
Der Text kontrastiert das absolute Vertrauen des Beters auf die Gottheit mit den letztlich vergeblichen Bemühungen derer, die aus eigener Stärke heraus glauben agieren zu können. (1) Sie
haben vieles gemacht, während (2) sie Pläne schmiedeten. Mut [ist es] (3) zu deren Antlitz [ich mich wende.] Komm zu mir, Mut, ich bin armse(4) lig! Wer ist [bei] mir, daß ich ihn rufen könnte? Es gibt keine Mutter 57) (5) als Beschützerin und Beistand, es gibt keinen Bruder, daß er (zu mir) eilte. (6) Ich werde mir keinen Beschützer und Patron unter den Menschen machen, (7) da ich mich auf Mut verlasse. Komm (8) [zu mir, Mut!] Doch all ihr Frevler, (9) [freut euch] (8) nicht! (9) Sie hat ihre Falle [aufgestellt], (10) [sie] wird jeden Frevler einfangen mit ihrem Netz. 58)
55. 56. 57. 58.
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Es ist hkr zu lesen. ˙ zu lesen. Es ist ˙wbh ˘ Edition scheint mir, daß eher mw.t als nb ntt zu lesen ist; das würde eine bewußte Gegen die Kontrastierung zur Göttin Mut bedeuten. Die Übersetzung und Ergänzung der letzten Verse ist relativ unsicher. Für das letzte Wort sei mit aller gebotenen Vorsicht die Lesung ˇsn erwogen.
Texte aus Ägypten
5. Ostraka mit Gebeten eines aus dem Amt Vertriebenen
Joachim Friedrich Quack Aus dem Tal der Könige in Theben-West stammt eine Gruppe von großen Kalksteinsplittern mit hieratischem Text, die sich durch die allen gemeinsame Hand eines Schreibers und verwandte Thematiken auszeichnet. Sie datieren in die spätere 20. Dynastie, auf einem der Stücke ist ein Kartusche Ramses’ X. angebracht. Ausführliche und relativ anspruchsvolle Götterhymnen münden dabei meist in Bitten zugunsten des Ich-Sprechers der Ostraka, der behauptet, sein rechtmäßiges Amt sei ihm geraubt worden, teilweise auch in Bitten zugunsten einer Person, die Thebaner und Wesir am Königshof ist. Literatur: A. Erman, Gebete eines ungerecht Verfolgten und andere Ostraka aus den Königsgräbern, ZÄS 38 (1900) 19-41; J. F. Quack, Lobpreis der Gottheit und Hoffnung auf Beistand im spätramessidischen Ägypten. Eine Neubearbeitung der sogenannten »Gebete eines ungerecht Verfolgten«, in Vorbereitung.
5.1 Hymnus an den Schöpfergott Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25207). – Photographie: G. Daressy, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire, Nos 25001-25385. Ostraca, Kairo 1901, Taf. XXXIV u. XXXVI. – Bearbeitung: Erman, ZÄS 38, 23-27.
Der Text liefert nach einleitender Grußformel zunächst eine ausführliche Schilderung des Schöpfungsgeschehens, um dann zu persönlichen Bitten überzugehen, einschließlich der Fürbitte für ein Mitglied der Hofgesellschaft. (1) Du
mögest schön [erwachen], oh morgendlicher Falke, Löwenpaar der Nacht. (2) Oh edler Ba, der die Augen öffnet, Stier mit hervorkommendem Hörnerpaar, (3) Hoher, dessen Lauf nicht gekannt wird. Geheim ist deine Gestalt, großes Machtwesen an der Spitze (4) des Horizontes, sehr Hoher, der nicht erreicht werden kann, große Lotusblüte, die in der Flut erschien als Kind (5) der Methyer, der Helligkeit schuf und Finsternis entfernte, als das Land (6) in Wolkendämmerung war, der jedem Auge Sehkraft gab, der das Antlitz von den verdammenswerten(?) Antlitzen entfernte, (7) Mit sich entfaltenden Gesichtern im verborgenen Ei als Kind der Achtheit; 171
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er erbaute (8) die Menschen aus den Tränen seines Auges, er lachte, da entstanden die Götter. Du hast die Überschwemmung niedriger gemacht (9) bis zu dem Platz, den du wolltest. Sein Kopf war im Himmelszelt, während dieses Land insgesamt im Nun war, (10) kein Ufer war ein betretbarer Platz. Du hast die Landestellen […] gefunden, (11) du hast die Städte […] gegründet, du hast die Götter auf ihren Plätzen festgesetzt, du hast […] gemacht [längere Passage nicht zusammenhängend erhalten] (vso. 1) […] als Richter der Wahrheit, der kein Bestechungsgeld annimmt, wobei er den Habenichts erhebt, (2) den Armen […]. Du sollst deinen Arm nicht dem Mächtigen reichen! Laß nicht zu, daß man sagt […] (3) [… Stütze] im Rücken, Veranlasse, daß der Schlag des […] abgewehrt wird! (4) […] was er gemacht hat, Halte den Thebaner am Leben, den Wesir (5) […] Bewirke seine Gunst beim Horus des Palastes (6) […] sein […] um sie zu richten, um ruhig zu machen […]
5.2 Hymnus und Gebet an den Schöpfer- und Weltgott Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25210). – Photographie: Daressy, Ostraca, Taf. XXXVII. – Bearbeitung: W. Spiegelberg, Beiträge und Nachträge zu Daressys Publikation der hieratischen Ostraca des Museums zu Gizeh, OLZ 5 (1902) 307-335, dort 313-314.
Auch dieser Text schildert die Weltschöpfung und ruft dann den Gott in eigener Sache als gerechten Richter an. […] morgens, oh Nefertem […] (2) Er hat seine Attribute vollendet. Der wohltätige Gott, der am Anfang entstand, bevor das Existierende aufquoll, (3) der Licht schuf mit dem Strahlen seiner Augen, Wind ist im Gluthauch (4) seines Mundes, der die Flut erschuf aus dem Schweiß seiner Glieder, (1)
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Texte aus Ägypten
der machte (5) […]. Ich kenne deine Gestalt vom Anfang, als du zu entstehen begannst (6) [im Ur]ozean, ohne daß es irgend jemanden mit dir gab. Du lachtest, und die Götter (7) [kamen heraus …] du [erschufst] die Menschen aus den Tränen deines Auges. Du hast die Länder begründet (8) […] […] große, während dein Platz […] (9) […] 59) (vso. 1) [Ant]wort, und du läßt … (2) Wahrlich, du bist der (3) gerechte Richter, du nimmst keine Bestechung. (4) Der Stier […] 60)
5.3 Hymnus und Gebet an den Sonnengott Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25206). – Photographie: Daressy, Ostraca, Taf. XXXV. – Bearbeitung: Erman, ZÄS 38, 20-23.
Es handelt sich um einen Hymnus im traditionellen Schema des Tageszeitenliedes, das die Barkenfahrt des Gottes bei Tage (einschließlich Überwindung des Feindes) und seine nächtliche Reise durch die Unterwelt schildert. Eine Bitte um Gerechtigkeit in eigener Sache schließt sich an. (1) [Du
mögest s]chön [erwachen], oh Horus, der den Himmel überquert, oh (2) Kind, das aus dem Phallus kam! 61) Feuerknabe mit leuchtenden Strahlen, der Finsternis und Dunkelheit beseitigt, schönes Kind mit angenehmer (3) Gestalt, der still ruht in seinem Udjat-Auge, der jedermann auf ihren Matten aufweckt, das Gewürm in ihren Tälern! 62) (4) Dein
Steuerruder geht richtig in der Feuerinsel, du überquerst den Himmel in gutem Fahrtwind. Die Kindchen der Überschwemmung künden dir die feindliche Schlange an, 63) 59. 60. 61. 62. 63.
Möglicherweise sind hier weitere Zeilen verloren. Diese Zeile scheint größer geschrieben als die anderen und bezieht sich eventuell auf eine daneben stehende monumentale Kartusche Ramses’ X. Das bezieht sich möglicherweise auf eine Szene in den zeitgleichen Königsgräbern, in der ein Kind neben dem Phallus eines großen ithyphallischen Gottes erscheint. Beim letzten Wort ist wegen kleiner Abbrüche unsicher, ob »Tal« oder »Stein« geschrieben ist. Die Ankündigung der Gefahr für den Sonnengott ist vor allem Sache zweier Fische (s. zuletzt Chr. Cannuyer, La girafe dans l’Égypte ancienne et le verbe s´r. Étude de lexicographie et de symbolique animalière, Brüssel 2010, 316-319), die man deshalb wohl auch in den beiden hier genannten »Kindchen der Überschwemmung« erkennen darf.
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Joachim Friedrich Quack
der von Ombos 64) erschießt sie (5) mit seinem Pfeil, Geb zeigt’s ihm auf den Wirbeln seines Rückgrats, Serqet verschließt seine Kehle, Die Hitze dieser Uräen verbrennt ihn, (6) die an den Portalen deines Hauses sind. Die große Neunheit ergrimmte gegen ihn, sie jubeln über (7) sein Massaker. die Kinder des Horus ergriffen die Messer, sie haben sein Gemetzel umfangreich gemacht. Ohe, (8) dein Rebell ist gefallen! Die Wahrheit ist beständig vor dir. Du hast die Gestalt als Atum wiederholt, damit du den Herren der Nekropole deinen Arm reichst. (9) Die Daliegenden insgesamt beten deine Vollkommenheit an, deine Helligkeit ist hell auf ihren Gesichtern, sie erzählen dir, was in (10) ihren Herzen ist. Du wiederholst für sie deinen Anblick, gehst du bei ihnen vorbei, verhüllt sie die Finsternis, jedermann ist in seinem Sarg. (11) Du bist ein Herr, dessen man sich rühmen kann, wohltätiger Gott in Ewigkeit, der Prozesse entscheidet, (12) Oberhaupt des Kollegiums, der Wahrheit festsetzt und Unrecht vertreibt.
Laß (13) mich gerichtet werden mit dem, der gegen mich frevelte! Siehe, er ist mächtiger (14) als ich. Mein Amt wurde genommen, es wurde unrechtmäßig geraubt. Gib es mir (15) wieder! Siehe, ich bin es, der es bei [ihm] sieht, [Mögest du] ihn unter die Sünder geben.
5.4 Hymnus an den Sonnengott unter Betonung des nächtlichen Aspekts Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25208). – Photographie: Daressy, Ostraca, S. 41, Taf. XXXVI. – Bearbeitung: Erman, ZÄS 38, 27-29.
Dieser Sonnenhymnus betont vor allem den nächtlichen Teil des Sonnenlaufes und schildert die angerufene Gottheit als Weltgott, aus dem die Elemente stammen. Auch hier schließt sich eine persönliche Bitte an.
64.
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Das ist der Gott Seth, der als Beistand des Sonnengottes in der Barke gegen den schlangengestaltigen Feind kämpft.
Texte aus Ägypten (1) Oh
Hoher, dessen Lauf unbekannt ist, Geheim ist deine Gestalt. Edle Hautfarbe, (2) der mit seinen Gottesaugen erhellt, die beiden Länder werden bei seinem Untergang blind. Schöne Sonnenscheibe mit leuchtenden Strahlen, (3) der die geballte Finsternis vertreibt. Großer Falke, geflügelter Sperber, Gemehsu, 65) (4) der die Himmel durchläuft, der den Gegenhimmel in der Länge seiner Breite durchquert, ohne daß er auf dem Weg schläft. Wird die Erde hell, zeigt er sich (5) an seiner üblichen Stelle, als Licht, dessen Lauf nicht bekannt ist. Geheimer, Geheimer in der Gestalt der Finsternis, Dunkler, der die Gesichter unkenntlich macht, (6) edles Licht mit hellen Strahlen, mit dessen Lichtglanz die Leute sehen. Die Luft ist in seinen Nasenlöchern, die Überschwemmung (7) in seinem Inneren, Leben und Tod sind in seinem Rumpf. Er läßt die blockierten Nasen atmen (8) und schnürt die Kehle zu nach seinem Belieben, keiner könnte ohne ihn leben. Wir sind alle aus (9) seinem Auge herausgekommen. Gib mir deine Hand, mein [Herr]! Komm zu mir, (10) oh Richter ohne […]
5.5 Hymnus an den Weltgott unter besonderer Betonung der nächtlichen Sonnenfahrt Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25214) und Wien, Kunsthistorisches Museum, Ägyptische Abteilung (Inv. 6155). – Standardedition: G. Vittmann, Die Hymne des Ostrakons Wien 6155 + Kairo CG 25214, WZKM 72 (1980) 1-6.
Der Weltgott wird vor allem unter seinem Aspekt als Sonnengott bei der nächtlichen Fahrt und im Kontakt mit Osiris geschildert. will dich preisen, (2) oh Herr des Abends, oh Vielgesichtiger, (3) dessen Wesen unbekannt ist, mit erhabener Form, (4) dessen Charakter nicht erkannt wird, seit du dich zum Sonnenlicht bei Tage machtest,
(1) Ich
65.
Bezeichnung eines heiligen Falken.
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Joachim Friedrich Quack (5) zum
Mond in der Nacht, wobei du die Überschwemmung bist, die das ganze Land am Leben erhält, (6) und die Luft, welche die Kehlen atmen läßt. Ohe, die ihr in der Unterwelt seid insgesamt! Kommt in Anbetung, (7) dann werdet ihr diesen großen Ältesten sehen, Chnum, der euch geschaffen hat. Siehe, er ist herausgekommen aus dem Portal des abgegrenzten Landes! (8) Das Land hat seine Arme ausgebreitet, um dich zu empfangen, Die Schetit hat dir die Schulter hingebreitet. Der Versiegler der Erde hat seinen Arm erhoben, damit er (9) den Weg deines Schreitens freimacht. Er ist niedergebeugt im Küssen der Erde vor deinem Angesicht. Deine Strahlen sind auf seinem Rücken. du bist aufgegangen über der Brust des Sokar. Mögest du ihn erneut leben lassen. Der Herr des Erdbodens, (10) er hat sich umgewandt. Tatenen schläft, während er Luft atmet. Osiris hat sich auf seine Beine gestellt, er ist nicht in Todesstarre. Sein Schreiten wendet sich [zu dem, (11) der] ihn […], wie derjenige, der hier auf Erden ist. Die Arme des Erdgottes beten dich an, wobei er für dich in Anbetung aufgestanden ist, während die Füße (12) feststehen. Seine Zehen, sie begeben sich nicht zu dir. Mögest du deine Sonnenscheibe zu den Herren der Höhlen leiten, mögest du über den Leichnamen leuchten! (13) Wer erstickt war, dessen Kehle atmet. Atemluft wird den Nasen zugeleitet. Heil dir, oh Bock der (14) Böcke! Ba-hafter, der Geschlechtslust ausübt, Herr der Vulven, der auf den schönen Mädchen ist, (15) der begattet, ohne daß er begattet wird.
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Texte aus Ägypten
5.6 Hymnus an den chthonischen Osiris Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25209). – Photographie: Daressy, Ostraca, Taf. XXXVII. – Bearbeitung: Erman, ZÄS 38, 30-33.
Die lange Anrufung an Osiris schildert ihn insbesondere als Gottheit der Erde, der deshalb auch alle wirtschaftlich bzw. prestigeträchtig relevanten Aktionen auf dem Erdboden zugeordnet sind. (1) [Heil]
dir, der mit ausgestrecktem Arm, der auf der Seite daliegt, der auf dem Sand ist, (2) Herr des Erdbodens, Mumie mit langem Phallus, Eine große Schlange ist als Schutz (3) um dich, indem sie herumgeht auf deinen Sohlen. Re-Chepri leuchtet auf deiner Brust, du daliegst als Sokar, damit er die Finsternis beseitigt, die auf dir ist, damit er es für (5) deine Augen hell macht, damit er Zeit damit verbringt, auf deinem Leichnam aufzugehen, damit sein Uräus um dich trauert.
(4) während
(6) Der
Erdboden trägt dich, seine Felder sind über dir bis zu den Stützen des Himmels. Wenn du zitterst, (7) bebt die Erde, wobei du größer bist als die … Du hast das Hervorkommen der [Überschwemmung …] (8) aus dem Schweiß deiner Arme, du speist den Wind aus, der in deiner Kehle ist, hin zu den Nasen der Menschen. (9) Wie göttlich ist es, wenn man von ihnen lebt. Sie sind hier versammelt vor dir: Bäume und Kräuter, Schilf und (10) »Erdhaare«, Getreide, Ernte und Baum des Lebens. Das Graben von Teichen, (11) das Streichen von Ziegeln, das Bauen von Häusern und Tempeln, das Ziehen von Denkmälern, (12) das Einrichten von …-Land, das Aushauen von Gräbern und Felskammern – Sie alle sind auf dir; du bist es, der sie macht. (13) Sie sind auf deinem Rücken, sie sind zu zahlreich, um sie schriftlich aufzuzählen,
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es gibt keinen Papyrus um […], 66) sie alle auf deinem Rücken liegen, ohne daß du sagst: »Ich bin beladen.«
(14) wobei
Du bist Vater und Mutter der (15) Menschheit, sie leben von deinem Atem, sie speisen vom Fleisch deiner Glieder. (16) »Urzeitlicher der beiden Länder« ist dein Name. Ich bin beladen mit […], wie du weißt. Du […], (17) daß du […] Siehe, dein Tabu ist, geweckt zu werden, du hast (18) deinen Zustand vor den Oberen verborgen.
5.7 Hymnus an Osiris Aufbewahrungsort: Kairo, Ägyptisches Museum (CG 25212). – Bearbeitung: Erman, ZÄS 38, 33-35; Daressy, Ostraca, 42-44, Taf. XXXIX.
Der relativ schlecht erhaltene Text behandelt Osiris offenbar nach seinem Kult an verschiedenen wichtigen Orten und endet in einer persönlichen Bitte. (rto. 1) [Mögest]
du schön er[wachen], oh Hoher […], oh erster Sohn des Geb, edler Djed-Pfeiler an der Spitze von Abydos, (2) männlicher Stier in […]. Du bist hoch an deinen Gliedern, liegend(?) im Seeland, Herrscher (3) von dem, was existiert in seinem Namen. Dir werden Binsen(?) des Überflusses [dargebracht], frische Kräuter vom Gottesfeld, Vögel, die in (4) ihren Nestern sind, Fische von den Fanggründen. Du hast das Sehen versammelt in Memphis, dein Feind (5) ist gefallen unter deine [Sohlen(?)], […] sein […], Herr der Schetjit. Die große Neunheit […], wobei (6) sie das Totenreich abschirmen. Dein Kopf ist wachsam in Heliopolis […] (7) […] Der Größte der Schauenden 67) […] 66. 67.
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Man würde »sie abzurechnen« o. ä. erwarten. Titel des Oberpriesters von Heliopolis.
Texte aus Ägypten
Alt-Kairo ist versammelt […] mit deiner Gestalt, mit […] (8) deine [Kindchen] des unterägyptischen Königs. du bist dort als Millionen von Zweimillionen, die Westlichen loben dich, nachdem [sie dich] gesehen haben (9) als König des Himmels, Männlicher der Götter. Dein Vater ist dort mit dir zusammen. Du wirst [geeh]rt (10) in den Sümpfen mit allen süßen Kräutern, während die (11) Kurzhorn[rinder] unter ihrer Mutter sind, die auffliegenden (Vögel) strahlen … (12) Der Platz des […] … Jedes Heiligtum […] (13) […] dein Feind […] hoch […] (14) der lang ist und daliegt in der Nekropole, (15) […] der seinen Namen nicht kennt. (vso. 1) Ich
weiß, daß du heilig und […] bist im Totenreich. Ergreifen […] (2) unter … […] geheim und dauernd, während du auf den Stützen des Schu […] […] (3) der Schlangendämon beim Beseitigen. Re ist vorbeigezogen an ..[…] […] (4) gebeugt, während deine Hand an deinen Lippen dauerte. […] Deine [Nase] (5) ist dazu gekommen zu atmen, deine Lippen, zu speien, dein […] dein. (6) Die Einwohner der Unterwelt zittern, dich zu sehen, dein Ansehen wiegt schwer. Ich sage dir dies (7) alles, während ich unrechtmäßig verletzt bin. Mein Amt wurde genommen, ich wurde von einem Platz verdrängt, der (8) mir gehört. Mögest du diesen Fall von … […] beseitigen, [… schle]chtes […]. […] mich nicht, (9) wenn es gemacht wird! Verdrängt wurde der Sohn vom Platz [seines Vaters(?)] … das Herz deines Horus(?) wegen des … (10) Er leidet daran, daß es gemacht wird. Laß nicht zu, daß die Anleitung zum Trauern [..]. Siehe, (11) der Raub ist [dein] Tabu. [Mögest du veranlassen, daß] mein […] dauert mit diesen […]!
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5.8 Hymnus und Gebet an Ptah Fundort: Theben-West, Tal der König, Arbeiterhütten nahe dem Grab Ramses’ IX. – Aufbewahrungsort: Magazin der ägyptischen Altertümerverwaltung. – Bearbeitung: A. Dorn, Arbeiterhütten im Tal der Könige. Ein Beitrag zur altägyptischen Sozialgeschichte aufgrund von neuem Quellenmaterial aus der Mitte der 20. Dynastie (ca. 1150 v. Chr.) (Aegyptiaca Helvetica 23), Basel 2011, 456-457, Taf. 654-656.
Der Hymnus an Ptah von Memphis scheint auch den Übergang der Herrschaft von Ptah als dem ersten König auf den Sonnengott anzusprechen, wie sie noch in der Königsliste des Historikers Manetho als Beginn der ägyptischen Geschichte erscheint. Die memphitische Lokalisierung des Ptah wird genutzt, um speziell zugunsten eines Beamten für eine Karriere in Memphis zu beten. (1) Ich
will zu dir sprechen, der du in Memphis bist, oh Mumie, (2) die heil erwacht, oh Wurfholz, dessen Arme wohl versehen sind, in diesem seinem Namen (3) »Ptah«. 68) Leuchtend sind die beiden Wahrheiten vorn an deinem Kopf in deiner Erscheinungsform des Tatenen. Ich kenne (4) eine andere Geheimform an dir, »Männlicher Skarabäus« ist dein Name. Große Kronen sind dort auf deinem Scheitel, … (5) dein Phallus … Du hast dich entfernt, damit er herumkreist, während ein Udjat-Auge inmitten deiner Zunge ist. ›Die Wegöffnerin‹ ist sein Name. (6) Ich habe dich erblickt in einer anderen Gestalt, »Jener« ist dein Name, d. h. deine Gestalt, nachdem du dich mit den Wüstenländern vereint hast … (7) … Laß ihn in diesem Land herumfahren, der die Götter und Menschen erschuf. Re war in Xois. Er trat die Herrschaft an […] (8) Himmel. Deine Sonnenscheibe erstrahlt, ohne daß er dein Inneres kennt, während du inmitten der Balsamierungswerkstatt sitzt. »Der Herr der Ewigkeit« ist dein Name. (9) Jener
Thebaner, der zu deiner Residenz Memphis gehört, möge er für dich oberster Vorlesepriester sein!
68.
180
Vgl. in der 3. Stunde des Amduats, oberes Register, eine Gottheit pcˇ-2h2, deren Bildform mit ˙ eng anliegender Kappe, ungegliedertem umwickeltem Rumpf und˙ kurzen herausragenden Armen (also ganz in der Haltung des Ptah) bemerkenswert ist. Die Verbindung zur vorliegenden Textstelle dürfte wahrscheinlich sein.
Texte aus Ägypten
Möge er die Anrufungen (10) an deinen Ba hören! Er soll nützlich für dich sein in deinem Tempel! Mögest du ihn einführen als [Stad]tvorsteher! Mögest du ihn einsetzen, mögest [du ihn] befördern […] (11) das rechte Auge. […], die es loben! Mögest du seine Gunst bewirken! [Jener …] Elende, (12) Entferne ihn aus diesem Land! Laß nicht zu, daß man sich (13) in diesem Land erneut an ihn erinnert!
5.9 Gebet an Amun Aufbewahrungsort: London, British Museum (EA 50720). – Edition: Demarée, Ramesside Ostraca, 33, Taf. 112. – Übersetzung: H.-W- Fischer-Elfert, Schreiberscherben. Zu den ramessidischen Ostraka des British Museum, GöMi 207 (2003), 89-97, dort 93 f.
Anders als in den übrigen Kompositionen dieser Gruppe steht zu Beginn kein ausführlicher Hymnus, sondern die Bitten stehen direkt im Vordergrund. (1) Dein
Angesicht sei zu uns! Du sollst nicht taub sein! Amun, oh Steuermann, (2) der behütet! Du bist es, der die Götter gebildet hat in ihren Gestalten, (3) du bist es, der für ihren Lebensunterhalt gesorgt hast. Nach dir kamen sie alle. (4) Du bist der erste Urzeitliche. Dein Angesicht sei zu mir! Ich bin einer mit kraftlosem Arm, (5) ein Armer, der keinen Besitz hat. Laß nicht zu, daß dein Plan lastend ist insgesamt, (6) wobei du dich nur langsam dazu wendest, uns zu behüten. Gib (7) unseren Unterhalt! Zu deinem Ka neige ich mich hin, oh Amun, der […] starke […]
181
Matthias Müller
6. Ramessidische Gebete
Matthias Müller Gebete aus der Zeit der Ramessidenherrschaft in Ägypten finden sich in fast allen Anthologien 69) und bilden auch im Beitrag von Carsten Knigge Salis und Maria Michela Luiselli bzw. denen von Joachim Friedrich Quack in diesem Band den Ausgangpunkt für die repräsentative Textauswahl. Die hier vorgestellten Texte sollen den Blick einerseits auf ein spezifisches Gebet lenken, nämlich das des von seinem Heer allein gelassenen Ramses II. in der Schlacht von Kadesch an den Gott Amun, andererseits auf die Textgattung der Besucherinschriften, deren enthaltene Gebete selten bis nie den Weg in Anthologien finden. Der Hintergrund des ersten Gebets ist folgender: zwischen den Ägyptern und den Hethitern tobt die Schlacht vor den Toren der Stadt Kadesch am Orontes, als es letzteren gelingt, den Heeresteil, in dem sich Pharao Ramses befindet, vom Rest des Heeres abzuschneiden. In dieser Notlage wendet sich Ramses an den Reichsgott Amun. Die Gebete 2 bis 15 entstammen Besuchergraffiti. Diese sind ein spezifisches, wenn auch kein exklusives Phänomen des ägyptischen Neuen Reiches. Allerdings scheint es einer Form von mentalitätsgeschichtlichem Wandel im Blick auf die eigene Vergangenheit bedurft zu haben, um sich zu einem Ort zu begeben, allein aus Gründen sich zu delektieren oder vielleicht auch zu bilden, denn als Gattung treten diese Texte erst ab der 18. Dynastie auf. 70) Üblicherweise beinhalten sie nur den Vermerk, daß jemand ein bestimmtes Bauwerk aus alter Zeit besucht hat, mitunter noch erweitert um eine Form standardisierten Lobpreises für dasselbe. Manche Graffiti nehmen offenbar Anleihen bei der Textgattung der Liebeslyrik 71), andere können einen Hymnus enthalten72). Der Fund eines Ostrakons mit Resten der typischen Formel »Tue
69.
70. 71.
72.
182
Maria Michela Luiselli, Die Suche nach Gottesnähe. Untersuchungen zur Persönlichen Frömmigkeit in Ägypten von der Ersten Zwischenzeit bis zum Ende des Neuen Reiches (ÄAT 73), Wiesbaden 2011; J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete (OBO Sonderband), 2. Auflage, Göttingen / Fribourg 1999, 371-422; s. auch J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, in: O. Kaiser (Hg.), TUAT V/6, Gütersloh 1991, 872-885. Vgl. dazu die Beiträge in S. Bickel (Hg.), Vergangenheit und Zukunft. Die Konstruktion historischer Zeit in der 18. Dynastie (Aegyptiaca Helvetica 22), Basel 2012. So das Graffito im Grab des Mencheperesanib in Theben publiziert von A. H. Gardiner in Norman de Garis Davies / Nina de Garis Davies, The Tombs of Menkheperrasonb, Amenmose and Another (Nos. 86, 112, 42, 226) (The Theban Tombs Series 5), London 1933, 25-26; ob dies von einer Frau oder einem Mann stammt, läßt sich dem Text nicht entnehmen, angesprochen ist jedenfalls ein Mann. Zur Gattung der Liebeslyrik in Ägypten vgl. die Beiträge von Loprieno, Moers / Münch, sowie Vernus in A. C. Hagedorn (Hg.), Perspectives on the Song of Songs – Perspektiven der Hoheliedauslegung (BZAW 346), Berlin / New York 2005 bzw. die kommentierten Anthologien von B. Mathieu, La poésie amoureuse de l’Egypte ancienne. Recherches sur un genre littéraire au Nouvel empire (BdE 115), Kairo 1996, und R. Landgráfová / H. Navrátilová, Sex and the Golden Goddess I. Ancient Egyptian Love Songs in Context, Prag 2009. So z. B. das Graffito des Schreibers Juy im Grab des Sobekhotep in Theben publiziert von G. Burkard in E. Dziobek / M. Abd er-Raziq, Das Grab des Sobekhotep. Theben Nr. 63 (Archäologische Veröffentlichungen 71), Mainz 1990, 88-90.
Texte aus Ägypten
Gutes …« in Abydos 73) könnte vielleicht dafür sprechen, daß die Texte bereits fertig mitgenommen und vor Ort übertragen wurden, allerdings könnte in diesem Fall auch das Ostrakon direkt deponiert worden sein. 74) In einigen Fällen beinhalten die Graffiti aber auch kurze Gebete, bei denen es sich zum Teil um Gebete zum Wohl der verstorbenen Erbauer des besichtigten Bauwerkes, mehrheitlich aber um solche im eigenen Interesse der Schreibenden handelt. Dies geschieht offenbar insbesondere dann, wenn das Bauwerk mit einer Gottheit verbunden wird. Hierbei ist es irrelevant, ob dies der ursprüngliche Kontext der Anlage war, wie verschiedene Beispiele aus der ägyptischen Geschichte lehren.75) Spezifisch sind die Texte aus dem Amun-Tempel Thutmosis’ III. im Talkessel von Deir el-Bahari 76), der sich direkt südlich des monumentalen Memorialtempels der Hatschepsut befindet, der gleichzeitig auch ein Heiligtum der Göttin Hathor war. 77) Während Hatschepsuts Anlage aber anscheinend noch als Tempel fungierte und somit Zugangsrestriktionen unterlag, war der kleinere Tempel ihres Nachfolgers offenbar zugänglich, weswegen Personen ihre Anliegen an die Gottheit hier in schriftlicher Form auf den Säulen der hypostylen Halle verewigen konnten. Soweit die Titel und Namen noch erhalten sind, scheint es sich um Angehörige der unteren Eliteschichten zu handeln. Dies ist insofern von Belang, als daß man hier somit keine Form von Religionspraxis des einfachen Volkes vor sich hat. Die beiden abschließenden Gebete befinden sich auf Statuen in Form einer am Boden hockenden bzw. kauernden Person (sogenannte Würfelhocker) 78). Diese wurden häufig von Privatpersonen in den Tempel gestiftet, um auf diese Weise ewige Teilhabe am Kultgeschehen zu erlangen. In diesem speziellen Fall dienten sie darüber hinaus als Türblocker, d. h., mit ihrer Hilfe konnte man die Türflügel einklemmen und so offen halten.79) Die darauf enthaltenen Gebete erbitten für den Stifter über den Umweg der Statue das Verbleiben im Tempel. Literatur: J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete (OBO Sonderband), 2. Auflage, Göttingen / Fribourg 1999; M. Marciniak, Les inscriptions hiératiques du Temple de Thoutmo-
73. 74. 75.
76.
77. 78. 79.
W. K. Simpson, Inscribed Material from the Pennsylvania-Yale Excavations at Abydos (Publications of the Pennsylvania-Yale Exypedition to Egypt 6), New Haven / Philadelphia 1995, 13 (A5) und 15 fig. 14. Vielleicht handelt es sich aber auch gar nicht um ein Ostrakon, sondern um ein Fragment einer Kalksteinwand. So wurden immer wieder Anlagen »falsch« als Bauwerke früherer Könige identifiziert, weil deren Namen irgendwo in einer Inschrift des Grabes vorkommt, so z. B. im Grab des Amenemhat in Beni Hassan, das als Tempel des Cheops bezeichnet wird, weil man den alten Namen von Beni Hassan (Menat-chufu) nicht mehr kontextualisieren konnte (vgl. Peden, Graffiti, 102), oder das Grab des Antefiqer in Theben, das für eines aus der Zeit Neferusobeks statt Sesostris I. gehalten wurde (vgl. Peden, Graffiti, 68). J. Lipin´ska, The Temple of Thutmosis III. Architecture (Deir el-Bahari 2), Warschau 1977; M. Dolin´ska, Temple of Thutmosis III at Deir el-Bahari after 30 years of research, in: M. Dolin´ska / H. Beinlich (Hg.), 8. Ägyptologische Tempeltagung: Interconnections between Temples (Königtum, Staat und Gesellschaft früher Hochkulturen 3,3), Wiesbaden 2010, 57-66. G. Pinch, Votive Offerings to Hathor, Oxford 1993, 7-9. R. Schulz, Die Entwicklung und Bedeutung des kuboiden Statuentypus. Eine Untersuchung zu den sogenannten Würfelhockern (HÄB 33-34), Hildesheim 1992. V. Rondot, De la fonction des statues-cubes comme cale-porte, RdE 62 (2011) 141-157.
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Matthias Müller
sis III (Deir el-Bahari I), Warschau 1974; H. Navratilova, The Visitors’ Graffiti of Dynasties XVIII and XIX in Abusir and Northern Saqqara, The Visitors’ Graffiti I, Prag 2007 (Zusammenstellung der Graffiti des Neuen Reiches); A. J. Peden, The Graffiti of Pharaonic Egypt. Scope and Roles of Informal Writings (c. 3100 – 332 bc) (PÄ 17), Leiden / Boston / Köln 2001; Maria Michela Luiselli, Die Suche nach Gottesnähe. Untersuchungen zur Persönlichen Frömmigkeit in Ägypten von der Ersten Zwischenzeit bis zum Ende des Neuen Reiches (ÄAT 73), Wiesbaden 2011.
6.1 Gebet Ramses’ II. an Amun während der Kadesch-Schlacht Hieroglyphische Inschrift in mehrfacher Ausfertigung. – Datierung: frühe 19. Dynastie. – Anbringungsorte: Tempel Ramses’ II. in Abydos, Karnaktempel (dreimal), Luxortempel (viermal), Ramesseum sowie auf zwei Papyri. – Maße: unterschiedlich; als inschriftliche Dekoration auf den Tempelwänden. – Publikation: K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical & Biographical II, Oxford 1979, 34-44 (synoptische Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Th. von der Way, Die Textüberlieferung Ramses II. zur QadesˇSchlacht (HÄB 22), Hildesheim 1984, 302-307 (Übersetzung, Analyse und Kontextualisierung), M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature II: The New Kingdom, Berkeley / Los Angeles / London 1976, 65-66 (Übersetzung), E. Hornung, Gesänge vom Nil. Dichtung am Hofe der Pharaonen, Zürich / München 1990, 143-144 (Übersetzung).
Während der Schlacht von Kadesch gelingt es hethitischen Truppen und ihren Verbündeten, den Heeresteil, in dem sich Ramses befindet, vom Rest seines Heeres abzuschneiden. Überrascht von der plötzlichen Situation wendet sich Pharao an Amun – als Reichsgott der Vater des gottgleichen Herrschers – und erinnert ihn an seine Taten zugunsten des Gottes. Im Sinne eines reziproken Handelns erwarte er nun auch Beistand von Seiten des Gottes in der Not, denn schließlich sei er von seinem Heer im Stich gelassen und sähe sich allein einer feindlichen Übermacht gegenüber. Schließlich, obschon er am Ende der Welt betet, erhört ihn der Gott und spricht ihm Mut zu, indem er ihm versichert, an seiner Seite zu sein und über ihn zu wachen. Derart göttlichen Beistandes versichert, gelingt es Ramses nachgerade im Alleingang den Tag zu retten und das feindliche Heer in die Flucht zu schlagen. Die Zählung folgt der gängigen Paragraphenzählung des sogenannten Kadesch-Poems. (§ 92) Da
sprach seine Majestät: »Warum, mein Vater Amun? denn das Vergessen seines Sohnes eine väterliche Eigenschaft? (§ 94) Oder sind meine Taten etwas Unbekanntes? (§ 95) Gehe und stehe ich etwa nicht auf Dein Wort hin? Nie übertrat ich ein Gebot, das Du befahlst! (§ 93) Ist
(§ 96) Zu groß ist der Gebieter Ägyptens, um zuzulassen, daß Fremde in seinen Weg treten. (§ 97) Was bedeuten Dir diese Asiaten, Oh Amun, elende Wichte, die Gott nicht kennen? (§ 98) Habe ich Dir etwa nicht viele große Monument errichtet?
184
Texte aus Ägypten (§ 99) Füllte
Deinen Tempel mit meiner menschlichen Beute? für Dich ein Millionenjahrhaus? Gab Dir all meinen Besitz zum Eigentum? (§ 101) Führte Dir alle Länder zur Versorgung deines Gottesopfers zu? (§ 102) Ließ Dir zehntausende Rinder und wohlriechende Blumen opfern? (§ 103) Unterließ je eine Wohltat in Deinem Festhof? (§ 104) Baute Dir große Pylone? (§ 105) Habe hernach selbst ihre Flaggenmasten errichtet? (§ 106) Brachte Dir Obelisken aus Elephantine, wobei ich es selbst bin, der ihren Stein herbeibringt? (§ 107) Zog Schiffe zu Dir auf dem Meer, um die Produkte der Fremdländer zu Dir zu bringen? (§ 100) Baute
(§ 108) Soll
man den sagen: »Gering ist der Gewinn für den, der sich an Deinen Plan hält«? (§ 109) Tue Gutes für den, der auf Dich zählt, dann wird man Dir mit liebendem Herzen dienen! (§ 110) Ich rief zu Dir, mein Vater Amun, (§ 111) inmitten einer Streitmacht, die ich nicht kenne. (§ 112) Alle Fremdländer sind gegen mich, indem ich gänzlich allein bin, keiner bei mir ist (§ 113) und mich mein so zahlreiches Heer verließ. (§ 114) Keiner meiner Streitwagen schaute nach mir! (§ 115) Ich schrie nach ihnen, (§ 116) doch hörte mich keiner von ihnen, wie ich rief! (§ 117) Doch stellte ich fest, daß Amun mir nützlicher ist als Millionen von Heeren, als Hunderttausende Streitwagen. (§ 118) als Zehntausende Brüder und Kinder, verbunden zu einem Herzen! (§ 119) Es ist nicht das Werk vieler Menschen, denn Amun ist hilfreicher als sie. (§ 120) Ich kam hierher auf das Gebot Deines Mundes hin, oh Amun! Nie übertrat ich Dein Gebot!« (§ 121) Nun,
obschon ich am Ende des Fremdlandes betete, meine Stimme das südliche Heliopolis 80). (§ 123) Ich stellte fest, daß Amun kam, als ich nach ihm rief! (§ 124) Er lieh mir seine Hand. Ich frohlockte. (§ 125) Er rief von hinter mir als ob neben mir: (§ 126) »Ich bin mit dir! Ich bin dein Vater Amun. Meine Hand ruht auf dir! (§ 127) Ich obsiege über Hunderttausende. Ich bin der Gebieter des Sieges, der den Mut liebt.« (§ 122) durchzog
80.
Eine Bezeichnung der Stadt Theben.
185
Matthias Müller (§ 128) Ich (§ 129) All
faßte Mut 81), mein Gemüt erfreut. mein Tun gelang. Ich war wie Month 82).
6.2 Totengebet für König Djoser (grDjoser A) Hieratisches Graffito. – Datierung: frühe 19. Dynastie. – Anbringungsort: N-Kapelle des Djoser-Komplexes, W-Wand des Eingangskorridors. – Maße: keine Angaben; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: J. Cˇerny´, in: C. M. Firth / J. E. Quibell, The Step Pyramid I (Excavations at Saqqara), Kairo 1935, 78 Graffito A (Textausgabe und Übersetzung). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Navrátilová, The Visitors’ Graffiti, 74-76 (Textausgabe und Übersetzung), vgl. dazu die Bemerkungen bei Müller, Lingua Aegyptia 16 (2008) 388.
Typische Besucherinschrift mit dem Lobpreis des besichtigten Bauwerkes (Vergleich mit dem Himmel). Das sich anschließende Gebet ist ein typisches Totengebet, um daß spätere Generationen für Verstorbene gebeten werden, auf daß die Versorgung des Verstorbenen mit Nahrungsmitteln im Jenseits gesichert sei. Teile der Phraseologie sind typisch für die Besucherinschriften der 18. Dynastie (Himmelsvergleich, Aufgehen des Sonnengottes, Myrrheregnen und Weihrauchtröpfeln), finden sich aber auch in einem hymnischen Text auf einem Ostrakon aus Deir el-Medina. 83) (1) Es
kam der Schreiber Ahmose, Sohn des Yaptah, um (2) den Tempel des Djoser (1) zu sehen. (2) Sein Inneres kam ihm vor wie der Himmel, (indem) der Sonnengott (3) darin aufging. Dann sprach er: »Gebt Brot, Rind(fleisch), Ge(4) flügel und alle guten und reinen Dinge für den Ka des Djoser, gerechtfertigt. (5) Der Himmel regne frische Myrrhe und tröpfele Weihrauch.« (6) Durch den Schreiber der Schule Sethemheb und durch den kleinen Schreiber Ahmose.
6.3 Gebet für ein hohes Alter und ein gutes Begräbnis (grDjoser S) Hieratisches Graffito. – Datierung: 47. Regierungsjahr Ramses II. (ca. 1232 v. Chr.) – Anbringungsort: S-Kapelle des Djoser-Komplexes, von N- auf W-Wand. – Maße: keine Angaben; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: J. Cˇerny´, in: C. M. Firth / J. E. Quibell, The Step Pyramid I (Excavations at Saqqara), Kairo 1935, 82-83 Graffito S (Textausgabe und Übersetzung). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Navrátilová, The Visitors’ Graffiti, 108-111 (Textausgabe und Übersetzung), vgl. dazu die Bemerkungen bei Müller, Lingua Aegyptia 16 (2008) 390. 81. 82. 83.
186
Wörtlich: »Ich fand mein Herz dick«, vgl. dazu H. Grapow, Die bildlichen Ausdrücke des Aegyptischen. Vom Denken und Dichten einer altorientalischen Sprache, Leipzig 1924, 170. Der ägyptische Gott des Krieges. A. G. McDowell, Hieratic Ostraca in the Hunterian Museum Glasgow (The Colin Campbell Ostraca), Oxford 1993, 29-30 und pl. XXXI/a (oGlasgow D.1925.88 = oColin Campbell 22 = HO 45.4).
Texte aus Ägypten
Zwei Schreiber der nahen Residenz unternahmen einen Ausflug in die Nekropole von Saqqara, um sich dort an den Monumenten früherer Epochen zu delektieren. Das Gebet richtet sich an die Götter der Nekropole, den Betern eine vollkommene Lebenszeit und im Anschluß ein ebensolches Begräbnis zu gewähren. (1) 25.
Tag des 2. pr.t in Regierungsjahr 47 (Ramses II.): Es kam der Schreiber des Schatzhauses Hadnacht, Sohn des Sul und der Tausre, um einen Ausflug zu machen und sich zu amüsieren (im) Westen von Memphis mit seinem Bruder / Kollegen dem Schreiber des Wesirs Panachte: (2) Oh all ihr Götter im Westen von Memphis, die Neunheit der Götter an der Spitze des sakralen Landes 84), Osiris, Isis, die großen Geister / Ahnen des Westens von Anchtaui 85), gewährt eine vollkommene Lebenszeit euren Kas dienend, ein vollkommenes Begräbnis, nach einem vollkommenen Alter, (3) um den Westen von Memphis zu sehen, wie ein großer Verehrter, d. h. wie Du. Durch den Schreiber des Schatzhauses Hadnacht, gerechtfertigt, und den Schreiber des Wesirs Panachte.
6.4 Gebet für ein gutes Alter (grPtahschepses) Hieratisches Graffito. – Datierung: 50. Regierungsjahr Ramses II. (ca. 1229 v. Chr.) – Anbringungsort: Raum 3 der Mastaba des Ptahschepses, nördlicher Teil der W-Wand. – Maße: keine Angaben; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: G. Daressy, Inscription hiératique d’un Mastaba de Abousir, Bulletin de l’Institut Égyptien 5, Annexe 5 (1894) 107113 (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Navrátilová, The Visitors’ Graffiti, 58-61 (Textausgabe und Übersetzung), vgl. dazu die Bemerkungen bei Müller, Lingua Aegyptia 16 (2008) 387.
Der Schreiber Ptahemwia unternahm offenbar zusammen mit seinem Vater einen Ausflug nach Abusir. Bei gutem Wetter kann man von dort bis nach Giza im Norden und nach Dahshur im Süden schauen und genießt so den Anblick verschiedener Pyramiden und Sonnenheiligtümer. Der S-Teil des Totentempels des Sahure wurde im Neuen Reich offenbar aufgrund einer Reliefdarstellung der Göttin Sachmet zu einem Heiligtum dieser Gottheit. 86) Diverse Stelen und andere Objekte wurden von Besuchern zu Ehren der Gottheit gestiftet. 87) Das Graffito selbst befindet sich in der nahegelegenen Mastaba 88) des Ptahschepses aus der V. Dynastie. 84. 85. 86. 87. 88.
Bezeichnung der Nekropole. Eine ältere Bezeichnung der Residenz Memphis. L. Borchardt, Das Grabdenkmal des Königs S´a3hu-re2 I: Der Bau (Ausgrabungen der Deut˙ WVDOG 14), Leipzig 1910, 101-106. schen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902-1908 VI, Borchardt, Grabdenkmal I, 120-135. Bezeichnung eines Grabtyps mit einem langrechteckigen, blockförmigen Oberbau aus Stein oder Lehmziegeln für Elitebestattungen, vgl. Di. Arnold, Lexikon der ägyptischen Baukunst, Zürich / München 1994, 146-149. Die erwähnte Ptahschepses-Mastaba bestand aus Kalkstein, siehe M. Verner, The Mastaba of Ptahshepses. Reliefs I (Abusir I), Prag 1977; B. Vachala, Die Relieffragmente aus der Mastaba des Ptahschepses in Abusir (Abusir VIII), Prag 2004; J. Krejcˇí, The Architecture of the Mastaba of Ptahshepses (Abusir XI), Prag 2009.
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Matthias Müller (1) 16.
Tag des 1. Monats der Peret-Jahreszeit in Regierungsjahr 50. Es kam der Schreiber Ptahemwia mit seinem Vater Yupa, um die Sonnenheiligtümer und Pyramiden zu sehen, nachdem sie gekommen waren und an diesem Tag mit dem Schreiber N […] Lobpreisungen für ein Opfer [für die Sachmet] des Sahure sprachen. (2) Tue Gutes, tue Gutes, Oh Sachmet des Sahure! Tue Gutes, tue Gutes für den Schreiber Ptahemwia (und) den Schreiber Yupa! Laß uns […] bringen, während wir wieder in deiner Gegenwart stehen, Oh Schreckensreiche, […]? (3) und wir sagen: ›Der Sonnengott möge es / sie dauern lassen.‹ Wir sind in der Gegenwart unserer Herrin und machen erneut [eine Inschrift?], um bei Dir um ein Alter zu ersuchen, bis wir 110 Jahre erreichen, die wir von Dir erbitten, (4) indem wir trunken in Deiner Gegenwart wie die Gelobten unsere Bitte äußern [… unklar …]. Wir sind die Schreiber des Ptahs, unseres Vaters. Sobald wir […] seines Lobes erreichen, sagen wir es ihm. […] Ptah […]
6.5 Gebet für Wohlergehen (grDB 15) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 22 cm, H 17 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 74-75 und pl. XIIIa (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: A. I. Sadek, An Attempt to Translate the Corpus of Deir el-Bahari Hieratic Inscriptions, GöMi 71 (1984) 83 (Übersetzung).
Typische Besucherinschrift der Ramessidenzeit im inzwischen aufgelassenen Tempel. Da der Tempel der Hatschepsut wohl noch im Gebrauch und dort wohl die Hauptverehrungsstätte der Hathor war, konnten Angehörige der unteren Elite ohne direkten Zugang zu den Heiligtümern im direkt südlich angrenzenden Tempel ihre Gebete sprechen bzw. schriftlich hinterlassen. (1) Der
Gerichtsschreiber Thotemhab. Gutes, tue Gutes, oh Hathor von Deir el-Bahari! (3) Tue Gutes für (4) deinen jungen und armen Diener. (5) Fülle seinen Bauch! Kleide seinen Rücken! (6) Verhindere, daß sein Mund schlecht spricht! (2) Tue
6.6 Gebet um Beistand (grDB 2) Hieratisches Graffito. – Datierung: 2. Regierungsjahr Ramses’ IV. 89) – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 61 cm, H 65 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 57-59 und pl. II/a (Text-
89.
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Wie Sadek, Popular Religion, 55 (10), richtig anmerkte, trägt Ramses IV. im 1. Jahr einen anderen Thronnamen, vgl. auch J. von Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen (MÄS 49), Mainz 1999, 166-169. Allerdings trägt kein anderer Pharao der 20. Dynastie diesen Thronnamen, so daß man wohl einfacher ein Jahr 2 liest.
Texte aus Ägypten
ausgabe), s. auch K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical & Biographical VI, 235,1-236,4 (Text mit einigen Verbesserungen). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, Popular Religion, 53-55 (Übersetzung); Sadek, GöMi 71 (1984) 73-75 (Übersetzung mit Kommentar).
Der Erhaltungszustand des Textes ist nicht der beste, so daß Detailfragen unklar bleiben. 90) Der Beter wendet sich gleich an alle Gottheiten Thebens und erbittet verschiedenste Dinge für sich. Der Text macht offenbar Anleihen bei hymnischen Texten. Im zentralen Teil ist es in erster Linie Amun, der in einer Art Eulogie angesprochen wird, um den Beter aus einer Position der Schwäche zu erretten. (1) Tue
Gutes, tue Gutes, oh Amun-Re, König der Götter, oh Hat[hor von Deir el-Bahari!] Tut Gutes, tut Gutes, (2) oh all ihr Götter des Westens von Theben Tut Gutes, tut alles Gute für den Schreiber Pacharu, [Euren] wahren Diener. (3) Füllt seinen Bauch! Kleidet seinen Rücken! Verhindert, daß sein Mund schlecht spricht! Gewährt, daß er in der Gunst von Göttern und Menschen sei! (4) […] für Eure Tempel / Häuser. Wahrlich, wer sich auf Dich verläßt, Amun, der wird jeden Morgen [hinabsteigen]. Du bist es, der die Menschen (5) beim ersten Mal (4) erschuf. (5) Dir gehören Syrien und Nubien. Man sagt am Südwind [… unklar …] 91) Gewährt, daß [er] (6) in der Gunst ist, nachdem [man] hörte […] seinen Vorgesetzten. Wahrlich, mit wem die Hand des Amun ist, der ist der Mutige. (7) Sagt man doch über ihn: »Wenn Deine Hand die des Elenden stützt, läßt Du den Mutigen vorbeiziehen. Wenn Du Deine Hand (8) auf den Armen gibst, läßt Du den Starken vorbeiziehen. Wenn Du Deine Hand dem Handlosen reichst, dann wird (9) dessen Hand ihm (wieder) gesund.« 92) […] Worte, indem mein Mund in Deir el-Bahari ist, w[enn?] ich mit den Göttern hinabsteige. […] Angefertigt vom Schreiber, (10)er machte die Inschrift im 2. Regierungsjahr, 2[+x?]. Monat der Shemu-Zeit, Tag 4 […] mit dem Stellvertreter […]-mose (11) [des Tempels] des Königs von Ober- und Unterägypten Hiqmuare-satipenre, er lebe, sei heil und gesund in der Domäne des Amun um am […] des Millionenjahrhauses (12) des Königs […] (11) zu arbeiten. [… Text zerstört …] (13) … Gewährt Leben (14) Luft zur Mitte […] dich verbirgst und rufst inmitten […]
90. 91. 92.
Diverse Leseverbesserungen verdanke ich dem Austausch mit R. J. Demarée / Leiden und J. F. Quack / Heidelberg. Weder Marciniaks Lesung (Inscriptions hiératiques, 58), noch Kitchens Verbesserungen (Ramesside Inscriptions III, 235,8) passen wirklich zu den Formen, noch ergeben sie einen sinnvollen Text. Die Vorschlag rsy »Südwind« verdanke ich R. J. Demarée. Offenbar eine Reihe von populären Charakteristika des Gottes Amun.
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6.7 Gebet um Aufmerksamkeit einer Frau (grDB 29) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 34,5 cm, H 24 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 86-87 und pl. XXVI/a (Textausgabe), s. auch Kitchen, Ramesside Inscriptions VI, 363,1-9 (Text mit einigen Verbesserungen). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, Popular Religion, 57 (Übersetzung), Sadek, GöMi 71 (1984) 88 (Übersetzung und Kommentar).
Nach der Bitte um ein langes Leben und einen schönen Lebensabend voller göttlicher Wohltaten erbittet der Schreiber von der Göttin, daß sie ihn täglich in der Gunst einer Dame stehen lasse. (1) Tue
Gutes, tue Gutes, oh Hathor, Gebieter[in von Deir el-Bahari]! [Tue Gutes] für den Schreiber Pa[kucin]. (2) Gewähre eine [lange] Lebensdauer und ein [vollkommenes] Alter [nach 110 Jahren], indem ich (3) die zahlreichen Wohltaten, die Amun-Re, der König der Götter, für ihn machte, erlebe. (4) Gewähre ihm (5) täglich (6) Lobpreis in Gegenwart der Sängerin des Amun Chenemta-[…], (5) seiner Blüte. Gemacht vom Schreiber Pakucin, genannt Nehi, Sohn des (6) [… Name …] und der Sängerin des Amun [… Name …] (7) Gemacht 93) von Tajnacim als Opfer für Hathor, Gebieterin von Deir el-Bahari im Regierungsjahr 5, 2. Monat der Schemu-Zeit, Tag 16, (8) indem […] die Frau des Verwalters des Wesirs Nofret.
6.8 Gebet für Potenz (grDB 6) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 22 cm, H 17 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 65 und pl. VI/a (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, Popular Religion, 56 (Übersetzung); Sadek, GöMi 71 (1984) 78 (Übersetzung mit Kommentar).
Obschon der Text des Gebets mit der üblichen Formel beginnt, wird der Betende recht schnell spezifisch. Offenbar wendet er sich an Hathor als Göttin der Fruchtbarkeit mit dem Wunsch immerwährender Potenz. Ob dies rein prophylaktisch geschieht, oder Ausdruck einer Form von Impotenz ist, die er zu heilen sucht, ist dem Gebet nicht zu entnehmen. (1) Tue (2) Tue
93.
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Gutes, tue Gutes, oh Hathor, hGebieterini von Deir el-Bahari! für mich Gutes, den Priester der Mut Pa[ibes].
Durch das unklare Ende von Zeile 6 ist die Interpretation nicht eindeutig möglich, es könnte sich am Anfang der Zeile 6 auch um eine weitere Filiationsangabe handeln. Nebulös bliebe aber dann die letzte Zeile.
Texte aus Ägypten (3) Verleih’
ihm Beliebtheit bei allen Männer (4) und allen Frauen. Laß (5) seinen (4) Penis (5) bei jeder Frau stark sein. Ich bin ein Diener des (6) Dieners, geboren von einer Dienerin des Ptahtempels. Gib (7) ihm eine schöne Frau, die seine Gefährtin wird.
6.9 Gebet um bessere Laune (grDB 24) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 18 cm, H 30 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 82-83 und pl. XXIII/a (Textausgabe), s. auch Kitchen, Ramesside Inscriptions V, 423,13-16 (Text mit einigen Verbesserungen). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, GöMi 71 (1984) 87 (Übersetzung mit Kommentar); K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Translated & Annotated V, 349350 (Übersetzung).
Ein Priester des Gottes Ptah wendet sich an Hathor mit der Bitte, ihn fröhlich sein zu lassen, da er sonst niemanden habe, an den oder die er sich wenden könnte. (1) Tue
Gutes, tue Gutes, oh Hathor, (2) Gebieterin von Deir el-Bahari! Tue Gutes, tue Gutes (3) hfüri den Priester des Gottes Ptah Urcherephamu. Er verfasste (es) (4) am 23. Tag des 4. Monats Achet in Regierungsjahr 18, dem Tag, den ich (5) hmiti 94) der Sängerin der Gebieterin der Sykomore 95) Schepsinefertari verbrachte. (6) Tue für mich Gutes. Ich bin Dein Diener. (7) Gewähre, daß ich fröhlich sei, wenn ich (8) bei Tage (7) in Deinem Tempel bin, (8) denn ich habe niemanden außer Dir!
6.10 Gebet um Beistand (grDB 43) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 15,5 cm, H 44 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 99-100 und pl. XXXVI (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: A. I. Sadek, An Attempt to Translate the Corpus of Deir el-Bahari Hieratic Inscriptions (Part 2), GöMi 72 (1984) 67 (Übersetzung mit Kommentar).
Eine Sängerin des Amun wendet sich an die Gottheit, ihr ihre Zuneigung zu gewähren. (1) Tue
Gutes, tue Gutes, oh Hathor, Gebieterin von Deir el-Bahari! Gutes für die Sängerin des Amun Ca! Gewähre (3) ihr Deine Liebe!
(2) Tue
94. 95.
Die Emendation orientiert sich an Graffito 23, das ebenfalls von Urcherephamu stammt. Eine Bezeichnung der Hathor.
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6.11 Gebet um Beistand (grDB 33) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 15,5 cm, H 44 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 89-90 und pl. XXIX/a (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, GöMi 71 (1984) 91 (Übersetzung mit Kommentar).
Der oder die Adorant-/in wendet sich an die Göttin mit der Bitte, die schändlichen Umtriebe anderer zunichte zu machen. (1) Oh
Hathor, Gebieterin von Deir el-Bahari! mir meinen Wunsch! (3) Laß nicht zu, daß Deine (4) Feinde über Deine Sängerinnen frohlocken! (5) Laß nicht zu, daß sie sagen: »Dauerhaft ist der Sonnengott. 96) (6) Der Plan der Menschen […, der Plan] des Gottes ist mißlungen.« (7) Mögest Du nicht bezeugen, daß […], indem (8) der Plan des Gottes mißlungen ist. Laß nicht zu, (9) daß sie sagen: »Die wider Dich freveln […] 97)« (2) Erhöre
6.12 Gebet um Beistand (grDB 11) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19 / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 20 cm, H 45 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 70-71 und pl. Xa (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, GöMi 71 (1984) 81 (Übersetzung mit Kommentar).
Der Betende wendet sich an Hathor mit dem Wunsch, einen Hausstand zu gründen, nachdem er offenbar einige Zeit an einem anderen Ort gelebt hat. Gleichzeitig scheint er um seine Reputation an seinem Wohnort bemüht, da er sich ebenfalls eine gewisse Beliebtheit erbittet. An das Ende des Graffitos setzt er eine Drohformel, daß, sollte jemand die Inschrift lesen, sich aber seinem Wunsch nicht anschließen, dieser und dessen Frau(en) mit Schändung durch einen Esel zu rechnen hätten, und wie es ihm auch nicht möglich sein solle, sein Amt an seine Nachfahren weiterzugeben. Hochgestelltes in der Übersetzung sind Nachträge des Schreibers über der Zeile. (1) [Oh
Hat]hor, Gebieterin von Deir el-Bahari, Herrin der Frauen! doch, daß ich einen Hausstand gründe. Ich war es, der zu Dir zurückkehrte. 98) (3) Ich war es, der fortging hinsi Gebiet des 1. Kataraktes.
(2) G[ewä]hre
96. 97. 98.
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Es handelt sich nicht um die normale Eidformel »Bei Gott / König« wie die Transkription von Marciniak suggeriert, sondern um eine auch anderorts belegbare Konstruktion w h sw R2, ˙ vgl. Assmann, ÄHG, 370 ad 34, deren Semantik aber nicht eindeutig geklärt ist. Rest der Zeile nur unklare Zeichenreste. Über dem Zeilenende befindet sich unklarer Text für den J. F. Quack fragend r-pr=t »zu dei¯ nem Tempel« vorschlug.
Texte aus Ägypten
Gewähre mir doch (4) Beliebtheit in Gegenwart der Menschen, indem man (5) … […] klein von / für groß (6) [… … …] Gebieterin von Deir el-Bahari. (7) Gewähre doch, daß man sehe, wie ich zu dir voller Kraft komme (8) und sage: »Bei Amun -Re, ich werde einen Hausstand gründen.« (9) Wer immer diese Inschrift lesen wird und (10) hnichti sagt: »Gewähre dem Verfasser der Inschrift Beliebtheit«, (11) mit dem soll ein Esel kopulieren, mit hdesseni Frauen soll ein Esel kopulieren. (12) Er soll sein Amt nicht an seine Kinder weitergeben.
6.13 Gebet um Beistand nach dem Tod (grDB 5) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19. / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis’ III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 19,5 cm, H 23 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 63-64 und pl. V/a (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, GöMi 71 (1984) 78 (Übersetzung mit Kommentar).
Offenbar wendet sich in diesem Graffito ein altruistischer Zeitgenosse an die Göttin Hathor, um für einen Arbeiter ein umfangreiches Begräbnis und die Absicherung des Nachlebens zu erbitten. Hochgestelltes in der Übersetzung sind Nachträge des Schreibers über der Zeile. (1) Tue
Gutes, tue Gutes, oh Hathor! Tue Gutes, tue Gutes hfüri (2) den Arbeiter Awannafirpra. (3) Gewähre ihm, daß seine schöne Ausstattung groß ist, sowie, daß man (4) seine Dinge des Westens, der Landestelle für die Ausstattung / den Ausgestatteten (3) liefert. (5) Gewähre, daß die Götter darinnen 99) ihn ergreifen und sein Ba in der Unterwelt leben möge. 100) (6) Gewähre, daß er bei Göttern und Menschen im Lobe ist und er (7) zu einem Gelobten (6) werde. Papmeduschepsi, Sohn des Paidenunacht.
6.14 Gebet um längeres Leben (grDB 8) Hieratisches Graffito. – Datierung: 19 / 20. Dynastie. – Anbringungsort: Säule im Tempel Thutmosis III. in Deir el-Bahari. – Maße: L 19,5 cm, H 23 cm; mit schwarzer Tinte geschrieben. – Erstpublikation: Marciniak, Inscriptions hiératiques, 67-68 und pl. VIII/a (Textausgabe). – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: Sadek, GöMi 71 (1984) 79-80 (Übersetzung mit Kommentar).
99. Gemeint ist der Westen als Jenseits. 100. Zum Ba vgl. J. Assmann, Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München 2001, 120-131. Nachdem dieser sich vom Leichnam getrennt und somit Bewegungsfreiheit erreicht hat, kehrt er immer wieder zum Leichnam des Verstorbenen in die Unterwelt zurück.
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Dem Betenden scheint Unbill wohl in magischer Form widerfahren zu sein, weswegen er um den Schutz der Gottheit bittet. Hochgestelltes in der Übersetzung sind Nachträge des Schreibers über der Zeile. (1) Oh
große Felswand des Westens, in (2) diesem (1) ihrem Name (2) Maat, (2) Tochter des Sonnengottes, inmitten des sakralen Landes. (3) Vergiß mich! S[uch] nicht nach mir! Gewähre (mir) einen Zuschlag zu (4) meiner Lebenszeit auf Erden. Ich werde [Dir] täglich dienen, (5) indem Du mich vor jedem Buch / Spruch beschützt, das / den die Lebenden (6) aufsteigen lassen, denn sobald ich hier wegen […] 101) sitze, (7) indem er als einer, der die [Wahrhe]it spricht, agiert. Gemacht vom Schreiber [Haja].
6.15 Gebet für Teilhabe am Kult (statBrighton) Würfelhocker aus Granodiorit. – Datierung: 19. Dynastie (Ramses II.). – Fundort: Mescheich. – Aufbewahrungsort: Brighton Art Gallery-Museum. – Maße: L 15 cm, B 9,5 cm, H 16 cm; vertiefte Hieroglyphen auf den Seiten der Statue. – Erstpublikation: A. C. Weigall, Egyptian Notes, PSBA 23 (1901) 13-15 und Abb. – Weitere Bearbeitungen und Literatur: J. J. Clère, Deux statues ›gardiennes de porte‹ d’époque ramesside, JEA 54 (1968) 135-138 (Übersetzung mit Kommentar); Kitchen, Ramesside Inscriptions III, 471, 12-15 (Textkopie), Kitchen, Ramesside Inscriptions. Translated & Annotated III, 335; Schulz, Entwicklung und Bedeutung I, 94.
Minmose, der Stifter der Statue, erbittet vom Gott Onnuris, dessen Hohepriester er ist, ein fortwährendes Verweilen im Tempel in Form seiner Statue, sowie den Nießbrauch der im Kult gestifteten Brote. (R1) Oh
Onnuris, gewähre, daß ich in Deinem Tempel dauerhaft (R2) an der großen Tür sie geschlossen und wenn sie geöffnet wird (R3) für Dich, indem ich sein Türhüter bin, (L1) und daß ich Opferbrote empfange, die geopfert werden, gleich dem Horusgefolge. (L2) Ich postierte mich so, daß ich (L3) meinem Gebieter (L2) nahe bin, (L3) dem Gott, dem Gebieter der Götter. (R1) verweile, (R2) wenn
6.16 Gebet für Teilhabe am Kult (statLyon) Würfelhocker aus Grauwacke, vor sich ein Sistrum haltend; Inschriften auf der linken und rechten Seite der Statue sowie auf dem Rückenpfeiler. – Datierung: 19. Dynastie (Ramses II.). – Fundort: unbekannt (wohl aus dem Ptahtempel in Memphis). – Aufbewahrungsort: Lyon, Kollektion A. Husson. – Maße: L 15 cm, B 6 cm, H 15,5 cm. – Erstpublikation: J. J. Clère, JEA 54 (1968) 138-148 und pl. 22 / 23 – Weitere Bearbeitungen und Literatur: Kitchen, Ra-
101. Aufgrund des geringen Platzes kann fast nur ein Pronomen fehlen.
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Texte aus Ägypten
messide Inscriptions III, 440, 7-16 (Textkopie), Kitchen, Ramesside Inscriptions. Translated & Annotated III, 314; Schulz, Entwicklung und Bedeutung I, 411.
Der Stifter der Statue erbittet von der Göttin Werethekau102) Schutz und das Erreichen eines ehrwürdigen Alters sowie, daß er durch seine Statue, deren Platz im Tempel die Gottheit garantieren möge, ewiglich an ihrem Kultvollzug teilnehme. (L1) Ein
Opfer, das der König gibt, auf daß die Göttin Werethekau, die Gebieterin des Himmels und Auge des Sonnengottes, (L2) das aus seinem Leib hervorging, gebe, daß mein Körper dauern möge (L3) im Dienen ihres Kas, mein Mund gesund und mein Schritt zu (L4) Ihrem (L3) Platze (L4) bis zum Erreichen des Status eines ehrwürdig Versorgten, für den Ka des Dieners Piay. (R1) Oh Werethekau, gewähre, daß ich in (Deinem) Tempel, in seinem Inneren (R2) täglich (R1) verweile. (R2) Gewähre, daß ich heil an seinen Türen sei, (R3) ohne daß ich ergriffen und weggebracht werde, um in Anchtaui zu ruhen, dem Bereich der Gelobten, für den Ka des Dieners Piay, gerechtfertigt, Sohn des Würdenträgers Pasiara. (RP1) Der Diener Piay, gerechtfertigt sagt: Oh Werethekau, Gruß! Leihe (mir) (L2) Dein (L3) Ohr! (L2) Ich bin Dein Türwächter, laß mich dauerhaft meinem Herrn dienen, seine Türen offenhalten. 103)
7. Der Gebetshymnus des Hay an Amun-Re-Harachte
Andreas Dorn Hay, der Verfasser des Gebetshymnus, lebte in der 1. Hälfte der 20. Dynastie. Er war Stellvertreter des Vorstehers der linken Seite der Mannschaft, welche die Königsgräber im Tal der Könige anlegten. Durch sein Amt gehörte er zur Führungselite der Arbeiterschaft, welche mit ihren Familien im Dorf Deir el-Medine wohnten. Als Stellvertreter der Mannschaft (jdnw) ist er in administrativen Texten ab dem 27. Regierungsjahr Ramses’ III. bis sicher zum 2. Regierungsjahr Ramses’ V. bezeugt. Als Arbeiter ist er bereits im 14. Regierungsjahr Ramses’ III. in administrativen Texten faßbar. 104) Durch die Nennung Hays mit Titel ist der Gebetshymnus einerseits datierbar (27. Regierungsjahr Ramses’ III. als terminus post quem) und andererseits Hay als Person historisierbar. Hay gehört zu den wenigen Arbeitern der 20. Dynastie, die eine eigene dekorierte Grabanlage (TT 267) in Deir el-Medine besaßen.105) Die meisten Gräber Deir el-Medines stammen aus der Zeit der 19. Dynastie. Neben den Inschriften in seinem Grab und seinem hier besprochenen Gebetshymnus sind vor allem die zahlreichen (> 60 Stück) von ihm im gesamten Thebanischen Westgebirge 102. Eine löwen- bzw. schlangenköpfige Gottheit ohne spezifischen Kultort. Oft mit den Uräen der Kronen verbunden und daher im Königskult prominent. 103. Vgl. Rondot, RdE 62 (2011) 149. 104. Weitere Angaben zur Person finden sich bei B. G. Davies, Who’s Who at Deir el-Medina. A Prosopographic Study of the Royal Workmen’s Community (Egyptologische Uitgaven 13), Leiden 1999, 63-73. 105. D. Valbelle, La tombe de Hay à Deir el-Médineh [No 267] (MIFAO 95), Kairo 1975. ˙
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Andreas Dorn
angebrachten Graffiti erwähnenswert. Sie bestehen hauptsächlich aus der Nennung seines Namens mit Titeln und Filiationsangaben und dienen der Verewigung seines Namens im heiligen Gebiet der königlichen Nekropole als Ausdruck einer religiösen Grundhaltung. Der Text setzt sich aus zwei Teilen zusammen, was durch die Klassifikation als »Gebetshymnus« zum Ausdruck gebracht wird. Der erste Teil besteht aus einem in sich geschlossenen Hymnus an Amun-Re-Harachte, den Reichsgott in seiner solaren Erscheinungsform. Er thematisiert die belebende Wirkung der Sonne bei ihrem Aufgang und ihre Allmacht, denn ohne Sonne (Re-Harachte) gibt es kein Leben. Im zweiten, fragmentarisch erhaltenen Teil, der nach einer den Hymnus abschließenden Preisung des Gottes einsetzt, wendet sich der Beter Hay in einem Gebet, das mit »Komm [zu mir], rette …« eingeleitet wird, direkt an die Gottheit. 106) Die Charakterisierung Hays als »wolllüstiger Schackal« hat frühere Bearbeiter dazu geführt, in den Passagen auf dem verso ein nicht zum Hymnus gehörendes Liebesgedicht zu sehen. Dieses wurde im Gegensatz zum Hymnus mehrfach bearbeitet. Bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat aber Joris F. Borghouts gezeigt, daß die Klassifikation als Liebesgedicht nicht zutrifft. 107) Der Text ist auf drei Ostraka überliefert. Der lange Zeit einzige Textträger, Ostrakon Deir el-Medine 1038 (O. DeM 1038), welcher die Grundlage für die folgende Übersetzung bildet, wurde in Deir el-Medine gefunden und könnte aus der Hand Hays selbst stammen. Die beiden Paralleltexte, Ostrakon Basel Tal der Könige 745 und 746 (O. BTdK 745 und 746), stammen aus einer Arbeiterhüttensiedlung im Tal der Könige, die den Arbeitern während der Arbeitswoche als temporäre Unterkünfte in der Nähe des in Bau befindlichen Königsgrabes diente. Beide Textträger aus dem Tal der Könige weisen rote Korrekturen auf, anhand derer sie sich als Schülerkopien klassifizieren lassen. Durch rote Verspunkte unterscheiden sie sich zusätzlich von O. DeM 1038, das keine Versgliederung aufweist. 108) Auf O. BTdK 745, einem modern in zahlreiche Stücke zerbrochenen Fragment einer Amphore ist fast der ganze Textbestand des ersten Teils (Hymnus) und Fragmente des zweiten Teils (Gebet) erhalten. Stellenweise lassen sich durch diesen Textträger sogar Lücken im Textbestand von O. DeM 1038 schließen (die Ergänzungen durch O. BTdK 745 und 746 im Haupttext O. DeM 1038 sind kursiv gesetzt) bzw. Lesungen absichern. Außergewöhnlich ist O. BTdK 746, bei dem es sich nicht um ein »normales« Ostrakon handelt, sondern um ein dünnes, in Form gebrachtes Kalksteinplättchen (0,4-0,7 cm dick), das oben in der Mitte eine Bohrung aufweist. Aufgrund von Palimpsestspuren muß offen bleiben, ob der Hymnus als Amulett getragen wurde oder ob die Bohrung
106. Die Aufforderung, gerettet zu werden, ist ein typisches Element u. a. von Gebeten aus der vorliegenden Zeit. Siehe hierzu Dorn, Arbeiterhütten, 187-188. 107. J. F. Borghouts, Rezension zu: G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el Médineh. Bd. III (Fasc. 3) Nr. 1607-1675 (DFIFAO 20), Le Caire 1981, in: CdE 58 (1983) 113, Anm. 8. Zu den Bearbeitungen des »Liebesliedes« siehe die Verweise bei L. Popko, oDeM 1038, Hymnus des Hay (alias »Liebeslied Nr. 49«), in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (http:// aaew.bbaw.de/tla). 108. Die Verspunkte wurden auf den Basistext O. DeM 1038 übertragen. Ergänzungen wurden keine vorgenommen.
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mit der Erstverwendung des Plättchens mit anderer Dekoration / Beschriftung zu verbinden ist. Erstedition: G. Posener, Catalogue des Ostraca Hiératiques Littéraires de Deir el Médineh I (Nos 1001-1108) (DFIFAO 1), Kairo 1938, 10 Taf. 21, 21a. Kommentierte Übersetzung: L. Popko, oDeM 1038, Hymnus des Hay (alias »Liebeslied Nr. 49«), in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (http://aaew.bbaw.de/tla; 26. 3. 2012). Neue Textzeugen mit kommentierter Übersetzung: A. Dorn, Arbeiterhütten im Tal der Könige. Ein Beitrag zur altägyptischen Sozialgeschichte aufgrund von neuem Quellenmaterial aus der Mitte der 20. Dynastie (ca. 1150 v. Chr.) (AH 23), Basel 2011, 190-191, 457-458 Taf. 648-656. (rto. 1) Lobpreis
an Amun-Re-Harachte, wenn er aufgeht am östlichen Horizont, um Land mit seiner Vollkommenheit zu erfüllen, indem er erscheint am frühen Morgen. Die beiden Länder sind erleuchtet (sic) mit (3) seiner (2) Farbe. (3) Das Land wird gewaschen, nachdem er in Ägypten war. Er gibt Helligkeit mehr als Gold, (4) er (3) erleuchtet (4) die Umgebung der Menschen. Jedermann blüht bei seinem Anblick auf. Die Alten (5) brechen ihm gegenüber in Jauchzen aus. Die kleinen Leute tanzen vor seinem Gesicht. (6) Seine Liebe überflutet wie die Nilflut, indem er (7) mit jedem Körper (6) vereint ist (7) und gnädig ist zu denen, die seinen Namen rufen. (8) Seit langem sind seine Bau-Mächte entfernt. 109) Er ist Luft für die Nase bis zum Ende des Erdkreises. (9) Alle Länder sind ihm überantwortet. Man erinnert sich seines Namens (10) um zu leben, nie ist das Land ohne seinen Namen. Jubel (11) für den Urzeitlichen beider Länder, den Lebensspender (12) aller. Komm [zu mir]. Rette (vso. 1) den Stellvertreter der Mannschaft, Hay. Er ist dein wolllüstiger Schakal, der groß ist beim /// (2) ///, zerschlagen die Höhlen (?), die im /// sind /// (3) /// Steine unter mir /// (4) /// ich will vom Brot essen /// ein Gottesopfer /// (5-6) /// (2) jedes
8. Die Königshymnen an Ramses VI. und VII. des Papyrus Turin CG 54031
Lutz Popko Die Herkunft des Papyrus ist unbekannt. Zahlreiche Bezüge zu Amun-Re, v. a. die explizit geschilderte Ankunft in Theben, lassen eine thebanische Provenienz wahrscheinlich werden. Kitchen vermutet als Herkunft die Arbeitersiedlung Deir el-Medineh in Theben-West. 110) Dazu würde die Nennung der »Leute des Königsgrabes« am Ende des Papyrus passen. Ferner findet ein Ausschnitt der Hymnen auf dem Ostrakon Deir el-Medineh 1655 seine Parallele. Der Papyrus trägt Hymnen auf Ramses VI. und VII., datiert also frühestens in die Regierungszeit des Letzteren. Condon schlägt aufgrund textinterner Merkmale die 1. Hälfte der 19. Dynastie als Kompositionsdatum vor; der Text wäre demzufolge sekundär für die beiden Könige wiederverwendet worden. Daß dies durchaus denkbar 109. Mit den Bau-Mächten wird das negative Potential umschrieben, das Bestandteil einer Gottheit ist genauso wie das positive. 110. Poetry of Ancient Egypt, 227.
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Lutz Popko
ist, zeigt die Teil-Dublette auf oDeM 1655, die Ramses VI. preist, während dessen Verso-Text im Turiner Papyrus Ramses VII. anspricht. Dje Fragmente kamen im Jahr 1824 mit der Sammlung Drovetti ins Museo Egizio von Turin; sie trugen anfangs die Catalogo-Nummern 1886, 1892 und 1893, die später durch die Catalogue-Général-Nummer 54031 ersetzt wurden, die auch der Einheit des Textträgers Rechnung trägt. Der Papyrus ist beidseitig mit 10-11 Zeilen pro Kolumne beschrieben, die vorletzte Verso-Kolumne nur noch mit 7 Zeilen, was bedeuten könnte, daß sich der Text dem Ende nähert. Am Ende des Rectos ist der Papyrus über die Schmalseite gedreht worden, um das Verso zu beschreiben. Recto Cat. 1893 Tf. 88
Cat. 1886 1 Kol. zerstört
Tf. 22
Tf. 21
Cat. 1892 x Kol. Tf. 87, zerstört Kol. II
y+1Z
Tf. 87, Kol. I
x Kol. zerstört
x+1Z
Verso
Y1 Tf. 89
Y x+1 1 Kol. zerstört
Tf. 20, Kol. I
Tf. 20, Kol. II
x Kol. Tf. 86, zerstört Kol. I
Tf. 86, Kol. II
x Kol. zerstört
Abb. 1: Schematische Verteilung der Kolumnen auf dem Papyrus
In der Edition von Pleyte / Rossi ist der Papyrus über die Tafeln 21-22 und 86-89 verteilt. Die Zusammengehörigkeit und die Abfolge sind von Condon rekonstruiert worden: Am Beginn (und entsprechend am Ende) ist eine unbekannte Anzahl an Kolumnen verloren. Den Anfang des erhaltenen Teils bildet Catalogo 1892. Darauf folgt Catalogo 1886; die Anzahl der fehlenden Kolumnen zwischen 1892 und 1886 ist allerdings unklar. Die Fragmente Catalogo 1886 und 1893 teilen sich charakteristische Zerstörungsspuren. Diese lassen nicht nur erkennen, daß die Fragmente zur selben Rolle gehörten, sondern sie erlauben es auch festzustellen, daß beide wohl durch eine heute ganz verlorene Kolumne voneinander getrennt waren. Catalogo 1893 enthält die letzte Rectokolumne. Condon hat ihre Kolumnenzählung nach den Tafeln von Pleyte / Rossi ausgerich198
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tet, was in einer fortlaufenden Übersetzung aber zu einer unübersichtlichen Kolumnenzählung führen würde. Kitchen verteilt die Textpartien auf die Abschnitte zu Ramses VI. (Kitchen, Ramesside Inscriptions VI, 332-334) und Ramses VII. (Kitchen, Ramesside Inscriptions VI, 390-396); seine Kolumnenzählung ist inkonsequent. Hier wird, in letzter Konsequenz der Zusammenführung des Papyrus, eine Nummerierung als x+1 etc. und y+1 etc. verwendet. Schematisch sieht die Verteilung der Fragmente dann wie in Abb. 1 aus. Thematisch finden sich zahlreiche Anspielungen auf den Regierungsantritt des Königs: Seine Erwählung durch die Götter (rto. x+1,1; y+4,4?; vso. 1,4?); die Übertragung des Königsamtes (rto. y+2,2; vso. x+1,3); sein »Erscheinen« im Palast (rto. x+1,4; vso. x+1,1-4) und in den Tempeln von Heliopolis und Theben (rto. x+1,4-6; vso. 3,3-4,1; vso. 4,4-9); die Festlegung einer langen Regierungszeit durch die Götter (rto. x+1,5; vso. 3,10); der Anbruch einer Heilszeit (x+1,8; vso. 3,1); die Niederwerfung von Bedrohungen und die Wiederherstellung der Maat (rto. x+1,7; y+1,6-8; y+4,2-vso. 1,1; vso. 1,5-9; vso. 4,10). Man wird daher mit Assmann (s. u.) als »Sitz im Leben« der Hymnen eine Art Krönungsreise des Königs von der Hauptstadt PiRamesse in die kultpolitisch wichtige Stadt Theben ansehen können. Insbesondere die umjubelte Ankunft des Königs in Theben wird hervorgehoben (vso. 3,3-4,1; vso. 4,49); es sind diese Passagen, die sich auch auf dem Ostrakon DeM 1655 wiederfinden. Eine Anspielung auf die Krönungsreise Ramses’ VI., die vielleicht im Zusammenhang mit dem Opet-Fest zelebriert wurde, könnte sich auch auf Paprus Turin Cat. 2044 finden. 111) Strukturell ist der Text, soweit erhalten, in mindestens fünf Teile gegliedert, nämlich eben abwechselnd die Hymnen auf Ramses VII. und VI. Dem steht als kleinste inhaltliche Untergliederung die Kapitel- oder Stropheneinteilung gegenüber: Zwar besitzt er keine als Rubra geschriebenen Kapitelanfänge, enthält aber 20 Strophenabschluß-Markierungen (hier mit »Strophenende« wiedergegeben); 112) einige weitere lassen sich ergänzen. Textinterne Merkmale, wie z. B. die Verwendung verschiedener Refrains, lassen eine weitere Gliederung erkennen. Condon zählt sieben Hymnen, wobei sie wohl davon ausgeht, daß jede Seite nur einen Hymnus wiedergibt, außer sie enthält zwei unterschiedliche Königsnamen. Davis vermutet dagegen mindestens elf, wenn nicht sogar 14 Hymnen. Ihr zufolge erscheinen die Königsnamen nur einmal pro Hymnus und dies meist gegen Ende. Jeder Wechsel des Refrains markiere zudem einen weiteren Hymnenwechsel. Die hier vorgelegte Übersetzung ist aus pragmatischen Gründen nach Condon gegliedert (»1. Hymnus« usw.), nennt aber zusätzlich die Strukturierung nach Davis (»Hymnus D1« usw.). 113)
111. Vgl. Fischer-Elfert, SAK 27 (1999) 78 und schon Condon, Seven Royal Hymns, 42-3. 112. Viele ägyptische literarische Texte besitzen textgliedernde Markierungen. Kapitelanfänge sind häufig als Rubra geschrieben, also mit roter anstelle der sonst üblichen schwarzen Tinte. Nach Versen und Strophen gegliederte Texte besitzen zudem häufig sogenannte Verspunkte, d. h. rote (selten schwarze) Punkte am Ende von Versen, sowie das »Pausezeichen« (eine Abkürzung des Wortes grh: »Ende«) zur Markierung von Strophenenden. ˙ Unterordnung der Davis’schen Aufteilung unter die von Condon ist 113. Die augenscheinliche aber rein typographisch bedingt – es handelt sich nicht um eine weitere Untergliederung, sondern um eine gänzlich andere Aufteilung, wie am Hymnus D10 und D11 zu erkennen ist.
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Eine Erklärung für das Layout abwechselnder Hymnen114) ist schwer zu finden. Condon vermutet eine Schülerhandschrift, in der diese ursprünglich verschiedenen Hymnen zu Übungszwecken o. ä. in einer Handschrift vereint wurden. Generisch stünde sie damit den ramessidischen »Miscellanies« 115) nahe. Assmann steht dem skeptisch gegenüber, weil die Miscellanies stets eine bunte Mischung verschiedener Textsorten enthalten,116) und schlägt eher eine »Festrolle« vor, »die etwa bei der Begrüßung des in Memphis gekrönten Königs anläßlich seiner Antrittsreise nach Theben verwendet wurde«. 117) Die eingeschobenen Hymnen auf Ramses VI. kann dies aber nicht erklären und die von Condon bemerkten Spuren eines älteren Textes werfen die Frage auf, warum man für einen derart feierlichen Anlaß keine neue Rolle verwendet hat. Der ursprüngliche Zweck des vorliegenden Textes bleibt damit unklar. Zu den strukturellen und funktionellen Unsicherheiten kommen noch die inhaltlichen. Der Text enthält noch viele schwer bis gar nicht verständliche Passagen, was nicht in jedem Fall an den Zerstörungen liegt. Gelegentlich betrifft dies einzelne Sätze, aber etwa in rto. y+1,2-5 gar eine ganze Strophe. So wird man noch immer mit Assmann sagen können: »Von einem wirklichen Verständnis dieser (…) äußerst schwierigen Texte sind wir noch weit entfernt.« 118) Literatur: V. Condon, Seven Royal Hymns of the Ramesside Period. Papyrus Turin CG 54031 (MÄS 37), Berlin 1978; dazu J. Assmann, Rez. zu Condon, Seven Royal Hymns, JEA 70 (1984) 165-168 und V. L. Davis, Rez. zu Condon, Seven Royal Hymns, JAOS 102 (1982) 176-177; W. Pleyte / F. Rossi, Papyrus de Turin, Leiden 1869-1876, Tf. 87, 21-22, 88-89, 20, 86; K. A. Kitchen, Poetry of Ancient Egypt (Documenta Mundi, Aegyptiaca 1), Jonsered 1999, 227-240 (Übersetzung von Condons Hymnen 2 und 5); K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions VI, Oxford 1983, 332-334 und 390-396 (Textausgabe); zur Parallele auf oDeM 1655 s. G. Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el Médineh. III.3, Nos. 1267-1675 (DFIFAO 20), Kairo 1977 / 78, 94, Taf. 74+74a; H.-W. Fischer-Elfert, Die Ankunft des Königs nach ramessidischen Hymnen et cetera, SAK 27 (1999) 65-71; Eine komplette Übersetzung beider Textes inklusive einer grammatischen und lexikalischen Kommentierung sowie Begründung für mögliche Abweichungen von Condons und Kitchens Lesungen findet sich im Thesaurus Linguae Aegyptiae (http://aaew.bbaw.de/tla/), s. v. »Hymnen auf Ramses VI. und VII.«, »pTurin CG 54031«. 119)
114. Diejenigen auf Ramses VI. sind quantitativ in der Minderzahl. Es ist daher wohl zu Recht von einer »Rahmung« derselben durch die Hymnen auf Ramses VII. gesprochen worden. 115. Auf die Frage, ob es sich bei diesen Texten tatsächlich um Schülerhandschriften handelt, wie in der Nachfolge von Erman lange angenommen wurde, kann hier nicht eingegangen werden. 116. Immerhin sei auf Papyrus Chester Beatty IV verwiesen, der auf dem Recto »Monotheistic Hymns« auf Amun-Re enthält (s. in Teilen J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, in: O. Kaiser (Hg.), Religiöse Texte (TUAT II/6 Lieder und Gebete), Güterloh 1991, 886-891; editio princeps: A. H. Gardiner, The Chester Beatty Gift (Hieratic Papyri in the British Museum, Third Series), London 1935, Bd. 1, 28-37, Bd. 2, Tf. 13-17) – die in ihrem Verständnis nicht minder schwer sind als der vorliegende Text – und auf dem Verso Miscellanies. 117. Assmann, JEA 70 (1984) 166. 118. Assmann, JEA 70 (1984) 167. 119. Die der hier wiedergegebenen Übersetzung zugrundeliegende Fassung im TLA wurde vom Autor im Rahmen des Projektes »Altägyptisches Wörterbuch« der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig erstellt.
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8.1 Hymnus an Ramses VII.
(Hymnus D1, rto. x+1,1) [—] [—] [—] (1,1) Seht, eine vollkommene Zeit ist angebrochen! (Strophenende)
(Hymnus D2, rto. x+1,1-1,8) Sei gepriesen! 120) Amun hat über dich (im Orakel) gesprochen. 121) Diese insgesamt gehören [deiner] Familie (???). 122) (1,2) Du bist unter ihnen auserwählt, um als oberster Stellvertreter in Ägypten zu agieren 123), (o) Insibija 124), Herr der beiden Länder, (Usermaatre Setepenre Meriamunh)|i, Sohn des Re, (1,3) [Herr der Erscheinenden 125), (Ra]mses Itiamun, Gott und Herrscher von Heliopolis)|LHG 126)! (Strophenende) Sei gepriesen, der (du) gütig (bist) beim Anwenden vollkommener Gesetze! (1,4) Das Land hat sich in kühles Wasser verwandelt, [nachdem] du in den Palast eingetreten warst. (Strophenende) Sei gepriesen, der (du) im Unterägyptischen Heliopolis 127) (1,5) [(im) Angesicht] des Re
120. Eigentlich »gepriesen bist du!« Im ägyptischen Original steht keine optativische, sondern eine indikativische Aussage, vgl. zur Syntax J. Osing, Der spätägyptische Papyrus BM 10808 (ÄA 33), Wiesbaden 1976, 154-160. 121. K. Jansen-Winkeln, Die Wahl des Königs durch Orakel in der 20. Dynastie, BSÉG 23 (1999) 57 vermutete in diesem Satz einen Verweis auf die Königswahl durch ein Gottesorakel. Zwar ist diese Art der Legitimation in der Ramessidenzeit nicht neu, gewinnt aber an deren Ende an Bedeutung. 122. Die Satzsyntax ist ungewöhnlich und der Satz daher, und weil das Bezugswort des Personalpronomens unklar ist, im Grunde nicht verständlich. Die Vermutung von Condon, Seven Royal Hymns, 70, und Jansen-Winkeln, BSEG 23 (1999) 57, daß von einer Versammlung der Familie des Königs die Rede sei, in dessen Gegenwart wohl das Orakel gegeben wurde, läßt sich jedenfalls mit der Lexik des Originals kaum in Einklang bringen. 123. Ramses IV. wird im Hymnus oCGT 57001 rto. als »oberster Herr von Ägypten« bezeichnet, Ramses VII. ist an dieser Stelle nur noch »oberster Stellvertreter« des Amun-Re. K. A. Kitchen, Rez. zu Condon, Seven Royal Hymns, Or 48 (1979) 418 wies damit auf den neuen Gedanken des Herrschers als Stellvertreter des Gottes hin. 124. Die wissenschaftsgeschichtlich bedingte Wiedergabe des Titels nsw-byt durch »König von Ober- und Unterägypten« hat inzwischen den Charakter einer Hilfsübersetzung. Daher wird hier der Titel nur in seiner keilschriftlichen Vokalisierung wiedergegeben. 125. »Die Erscheinenden« ist eine Bezeichnung der Königskronen. 126. »Leben, Heil und Gesundheit« sind die drei obligatorischen Wünsche, die man dem Königsnamen und Königsbezeichnungen hinzufügt, selbst in Komposita wie »Königshaus« i. S. v. »Palast«. Die Formel ist schon im Ägyptischen abgekürzt und wird daher in Übersetzungen schlicht durch LHG wiedergegeben. 127. Das »Unterägyptische« oder »Nördliche Heliopolis« ist eigentlich tautologisch: Es ist das Heliopolis beim heutigen Kairo. Die Spezifizierung dient hier wie auch in anderen Texten zur Kontrastierung gegenüber dem »Oberägyptischen Heliopolis« der nächsten Strophe, einer Bezeichnung Thebens.
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erschienst 128), wobei du mit zahlreichen Sed-Festen 129) ausgestattet wurdest 130), wenn du ins Siegreiche Theben 131) (kommst)! (Strophenende) Sei gepriesen (1,6) [im] Oberägyptischen Heliopolis 132)! Die Götterneunheit hat dich empfangen, dein Landepflock 133) ist in Theben festgemacht, der königlicheLHG Palast ist [—]. (1,7) (Strophenende) Sei gepriesen, der (du) die Ordnung liebst und das Chaos haßt! 134) Du hast veranlaßt, daß die Gerechtigkeit 135) (1,8) jegliches Unrecht vertreibt (?). (Strophenende)
(Hymnus D3, rto. x+1,8-2,11) [Hoch]zeiten sind in Ägypten angebrochen! Alle Länder sind in Fest(stimmung). (1,9) Die [—]-Instrumente (?) rufen sie alle (?) [in (?)] deinem Namen (herbei?). Ipet die Große, die Gebärer[in der Götter] 136), (1,10) [—] die Menge, [während sie 137) mit] ihrem Munde spricht 138), (und) wä[hrend sie 139)] (dies) mit (offenen) Armen annimmt 140) (?), o Sohn des Re (2,1) 141), indem du zu [—] (2,2) wird geleitet vor dein Antlitz. [—], (2,3) das du geöffnet hast, [—] (2,4) zahlreiche [—] (2,5) Schwur [—] (2,6) sie in / mit / bei [—] (2,7) der / den / dem Ehrwürdige(n). [—] (2,8) packen [—] (2,9) wegen (?) deines Namens [—] (2,10) Himmel [—] (2,11) [—] [—] [—] [—] 142)
128. Das Partizip »der du erschienst« ist als rote Korrektur über der Zeile nachgetragen. Eigentlich ist es unnötig und der Korrektor hat durch den Nachtrag sogar den Parallelismus zur folgenden Strophe zerstört. 129. Das Fest zum Regierungsjubiläum, das ideell erstmals im 30. Regierungsjahr, danach in kürzeren Abständen, begangen wird. 130. Das hier verwendete, seltene Verb wird u. a. zur Beschreibung einer Königsstatue verwendet, die mit diversen Gegenständen »ausgestattet« o. ä. wird. Ob hier auf darauf angespielt wird, daß die Götter die zukünftigen Regierungsjahre des Königs in Heliopolis auf die Blätter des »Isched-Baumes« schreiben und diesen dadurch mit einer hohen Regierungszeit ausstatten? 131. Das »Siegreiche Theben« ist eine weitere Bezeichnung für Theben, die anders als »Oberägyptisches Heliopolis« auf den militärischen Aspekt anspielt. 132. D. h. Theben. 133. Der Landepflock ist ein Pflock, der ins Ufer gerammt wird, um das Schiff daran zu vertäuen. 134. Es ist vom ideologischen Gegensatzpaar Maat, der Weltordnung, und Isfet, dem Chaos, das permanent die Ordnung bedroht und bekämpft werden muß, die Rede. 135. Hier wird Maat ein zweites Mal genannt. Da dem »Unrecht« gegenüber gestellt, meint der Terminus in diesem Satz wohl spezifischer »Gerechtigkeit«. 136. Eine thebanische Göttin; mit Amun-Re-Kamutef, d. h. Amun-Re, dem »Stier seiner Mutter«, assoziiert. Ihr Heiligtum liegt in Karnak, direkt westlich vom Chonstempel. Der heutige Bau ist ein Werk der Spät- und Ptolemäerzeit, aber dieser ist über einem älteren Tempel gebaut. 137. Die Göttin. 138. Ob hier wieder auf den Akt der Erwählung des Königs durch die Götter angespielt wird? Andernfalls wäre der Satz inhaltlich recht banal. 139. Die Menge. 140. D. h. bereitwillig? Die Übersetzung des gesamten Satzes ist unsicher. 141. Von dieser Kolumne sind jeweils nur geringe Reste der Zeilenanfänge erhalten; eine Gliederung nach Strophen wie überhaupt eine zusammenhängende Übersetzung sind unmöglich. 142. Im folgenden ist eine unbekannte Zahl von Textkolumnen zerstört.
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8.2 Hymnus an Ramses VII.
(Hymnus D4, rto. y+1,1-1,10) (1,1) [Man
gibt Blumen (o. ä.)], deren Duft lieblich ist, an dein geliebtes Antlitz, wobei sie am Hals des Herrn von Theben 143) (hängen). An deiner Verehrung labt er 144) sich, (1,2) (o) Insibija, Herr der beiden Länder, (Usermaatre Setepenre Meriamun)|, gedeihend wie Iych-Sumpfpflanzen145)! (Strophenende) Die echten Steine sind aus den Wadis gekommen. (1,3) Die Abgaben und ebenso die … 146) wurden vermehrt, während man sie – in altehrwürdiger Tradition (???) – zu dem Amulett, das an deinem Hals ist, verarbeitet (???). 147) Ihre 148) (1,4) Kostbarkeiten, leuchtend an Farben, sind an den Kronen, die auf deinem Haupt sind. Ihre dicken Mered-Objekte 149) aus Stein, (1,5) das sind Standgefäße (?) – hini der Hand der Aufwärter des Tempels (befindlich) – für den Horus(könig), den Starken Stier 150) (?). (Strophenende) (Was) diejenigen (betrifft), die Ränke schmiedeten: Du agiertest, (1,6) wenn sie (ihre) Ränke ausführ(t)en (?). Deine Macht richtete unter ihnen ein Gemetzel an. Sie sagten sich: »Wir selbst – wir wollen (1,7) das Meer ausschöpfen.« (Aber) der Gott stellte (sich) ihnen entgegen (?). Er 151) erhörte nicht, was sie sagten. Er machte ihre Kanäle, (1,8) indem sie nach außen treten. 152) Ihre Wohnstätten schwanden dahin. Sie, die Unwissenden, wurden zur (rechten) Stunde bezwungen. Ihre Stimme(n) (1,9) sind heiser von ewiglich einstimmig (erklingenden) Rufen, wie schön dein Name sei. (O) PharaoLHG, die Hand Amuns ist mit dir! Rufst du nach ihm am (1,10) Ende der Nacht, wirst du ihn hinter dir stehend finden. Er wird für dich handeln, der Einzigartige unter Hunderttausenden! Er wird Millionen zu Einem machen. (Strophenende)
(Hymnus D5, rto. y+2,1-2,6) (2,1) (Es)
geschah (im) Zenit des Tages, (daß) alle Menschen für dich versammelt wurden. Die vier Ecken des Himmels sind [fest]gesetzt. [Dir wurde das (2,2) A]mt deines 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152.
Amun-Re. Wohl der zuvor genannte »Herr von Theben«. Die Identität der Pflanze und damit die genaue Konnotation der Aussage ist unbekannt. Ein Hapax legomenon unklarer Bedeutung. Condon, Seven Royal Hymns, 18 und 26 denkt an eine Schreibung für »Ocker«, Kitchen, Poetry, 234-235 vermutet dagegen eine fehlerhafte Schreibung für »Haufen«. Der Satz ist syntaktisch und lexikalisch schwer verständlich. Das Bezugswort ist unbekannt. Bislang nur hier belegt und ebenfalls, wie der gesamte Satz, unklar. »Horus« und »Starker Stier« sind Bezeichnungen für den König. Das Bezugswort ist sicher der im vorigen Satz genannte, nicht spezifizierte »Gott«. D. h. »er ließ sie durch Defekte überlaufen«? Vgl. dieselbe Verbindung von Verb und Objekt im Hauptsatz in der Lehre des Ptahhotep (pPrisse 10,12), wo sie über eine Frau gesagt wird, aber in der Bedeutung ebenso unklar ist. Dem Folgenden nach muß eine unerfreuliche Handlung angesprochen sein, auch wenn ihr Inhalt nicht genau zu fassen ist. Condon, Seven Royal Hymns, 18: »He makes their canals (in such a way that) they are isolated (?)«; Kitchen, Poetry, 235: »He made their canals collapse«.
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Vaters [übertragen]. Für die Ewigkeit wird das sein, was Amun gesagt hat. Es eilt fortwährend (?) wegen des / auf den (?) Stein(es) (?) des [—]. 153) (2,3) Das Meer erhob sich für dich, um zu jubeln. Punt 154), das gab (seinen) Wohlgeruch [—] (2,4) Festigkeit des Himmels (?). Die Seilmacher fertigen Stricke. 155) Es ist Ptah, der sie 156) selbst gefertigt hat, um [dein Herz] zu erfreuen. (2,5) Jeder Gott hat hunderttausend Feste für deinen Namen [festgesetzt (o. ä.)], (Usermaatre Setepenre Meriamunh)|i, der (du) auf Ägypten achtgibst, (Ramses [Itiamun, Gott und Herrscher von Heliopolis)|LHG, von göttlicher Geburt], (2,6) von erfreulicher Annehmlichkeit. (Strophenende)
(Hymnus D6, rto. y+2,6-2,8) »Sei gepriesen!«, sagen sie, all die Götter, die in [ihren] Schrein[en] ruhen. [Ihre Herzen] (2,7) freuen sich außerordentlich. (Dir) gebührt ihr Jubel, (o) Herr der beiden Länder, (Usermaatre Setepenre Meriamun)|{LHG} 157) [—] (2,8) Sohn des Re, (Ramses Itiamun hGott und Herrscher von Heliopolis)|LHGi, göttlicher Same des Re. (Strophenende)
(Hymnus D7, rto. y+2,8-3,1) Die Vögel, die aus den Wassergebieten (kamen): [Sie ließen sich] (2,9) zahl(reich) in Ägypten [nieder], nachdem sie angekommen waren. Jeder Teich ist gefüllt. Ägypten ist verwandelt in [—] (2,10) Re. Sie 158) wandten ihren Blick nach Napata 159). Sie füllten den Verwaltungsbezirk von Djaanmut (?) 160). S[chi-hor] 161) (3,1) 162) [—] [—] [—].
153. Aufgrund der Zerstörung am Satzende sowie einiger unsicherer Lesungen ist der Satz unverständlich. 154. Das Land, aus dem Ägypten Myrrhe und Weihrauch bezog. Die Lokalisierung ist nach wie vor strittig; vermutlich ist es zwischen den Oberläufen des Nils und der Küste des Roten Meeres zu suchen, vgl. D. Meeks, Locating Punt, in: D. B. O’Connor, St. Quirke (Hg.), Mysterious Lands, Encounters with ancient Egypt, London 2003, 54-80. 155. Sinn in diesem Hymnus unklar. 156. Bezugswort unbekannt. 157. Während in den beiden Hymnen auf Ramses VI. die Formel LHG hinter beiden Kartuschennamen steht, folgt sie in den Partien auf Ramses VII. nur dem Sohn-des-Re-Namen. Aus diesem Grund könnte hier ein Fehler vorliegen und das LHG zu streichen sein. 158. Die Vögel? 159. Dort, am Gebel Barkal in Nubien, befand sich ein wichtiger Amuntempel. 160. Gardiner (vgl. Condon, Seven Royal Hymns, 29) schlägt vor, in dem Ortsnamen eine Schreibung für Tanis zu sehen, das aber sonst stets anders geschrieben wird. Zudem ist Tanis namentlich erst wieder im Onomastikon des Amenemope und in der Erzählung des Wenamun belegt (abgesehen von einem »Feld von Ta(nis)« (?) in der Zeit Ramses’ II.). 161. Ergänzung des Ortsnamens mit Condon. Der Rest des Satzes hat in der nächsten, jetzt zerstörten Kolumne gestanden. 162. Dies ist die von Condon rekonstruierte, komplett verlorene Kolumne zwischen den Fragmenten von Tf. 22 und 88.
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8.3 Hymnus an Ramses VI.
(Hymnus D8, rto. y+4,1-10) [—] (4,1) seine Untertanen (?). Tentscha 163) ist voller Barsche. Sie 164) werden den HerrnLHG von Ägypten sehen, wie er seine zahlreichen Sed-Feste (begeht). (4,2) So sprechen Vogel und Fisch: »Dies sind die bedeutenden Dinge, die uns widerfuhren. Wer unter uns gefangen ist, wurde (zu) Bratenstücken gemacht für [—] (4,3) (und) [Wit]wen. Das Vorderteil der Gänse wurde abgeschnitten (?) durch Dirnen (?), als wir das Land unserer Väter und Mütter verließen; und wir [—] (4,4) Wüste.« 165) Seht, Amun hat sich Ägypten zugewandt! Ehemalige Waisen sind (nun) Vornehme, nachdem Amun uns einen Rat 166) gegeben hat, (4,5) [—] vor unseren Augen befindlich (?). Seine 167) Höfe werden große Wellen sein 168) [durch (?)] alles Erlesene des [gesamten] Landes (Ägypten). (4,6) [Die] Vögel sind darin gestopft. Sein 169) Ernteertrag ist neu bestimmt (?) worden. Es wird dafür sorgen, daß das Beste zur Stadt von Amun, Mut und Chon[s] 170) gebracht werde. (4,7) Es [führt] ein Opfer hzuim Altar des Re, das Sumpfgeflügel zu (?) Ptah (?). 171) Das Land (Ägypten) ist in seinen (4,8) Normalzustand 163. Ein Ortsname unklarer Lokalisierung. 164. Wohl die »Untertanen« oder eine andere, in der Lücke zu suchende Personengruppe. 165. Vgl. zu dieser Passage den Vorschlag von J. F. Quack in: ders., Herodot, Strabo und die Pallakide von Theben, in: T. Scheer / M. Lindner (Hg.), Tempelprostitution im Altertum. Fakten und Fiktionen (Oikumene 6) Berlin 2009, 154-182, hier S. 159. Die Übersetzung ist aber nicht sicher; der zweite Satz der wörtlichen Rede ließe sich parallel zum Sonst-Jetzt-Schema in y+4,4 auch mit »Diejenigen, die von uns stahlen, bereiten (nun) Bratenstücke für [—] (und) [Wit]wen.« übersetzen. 166. Ob wieder auf ein Orakel angespielt wird? Das hier verwendete Wort scheint eher für Klugheit zu stehen als ein Terminus technicus des Orakelwesens zu sein, vgl. M. Römer, Gottes- und Priesterherrschaft in Ägypten am Ende des Neuen Reiches. Ein religionsgeschichtliches Phänomen und seine sozialen Grundlagen (ÄAT 21), Wiesbaden 1994, 139-141. Da jedoch im ersten erhaltenen Hymnus von einem Erwählungsorakel Ramses’ VII. die Rede ist, sollte nicht ausgeschlossen werden, daß auch hier ein Zusammenhang mit einer Königswahl bestehen könnte. 167. Des Amun-Re. 168. Die Bedeutung ist unsicher. Das Ägyptische heißt entweder: »Seine Höfe werden / wurden in großen Wellen angelegt« oder »Seine Höfe werden große Wellen sein.« Beides ist schwierig zu interpretieren. Die »großen Wellen« erinnern an die wellenförmigen Umfassungsmauern mancher Tempel. Allerdings gibt es keine wellenförmigen Mauern direkt an den einzelnen Tempelhöfen oder Säulenhallen. Daß hier von Tempelhöfen die Rede ist, in die die Nilflut eindringt (zu einem solchen Ereignis vgl. P. Spencer, The Egyptian Temple. A Lexicographical Study, London / Boston, Mass. / Melbourne 1984, 74), ist wenig wahrscheinlich, weil das Bild von hohen Wellen für die Nilflut nicht gebräuchlich ist. Condon, Seven Royal Hymns, 52 vermutet darin eher eine Metapher »for that which is lofty«. Da noch im selben Satz von Kostbarkeiten die Rede ist, könnte man an eine ungewöhnliche Metapher i. s. v. »seine Höfen werden von Gaben überschwemmt« denken. 169. Wohl eher »des Landes« als »des Tempels«. Zumindest in den folgenden Sätzen ist aus inhaltlichen Gründen Ägypten das Bezugswort der Personalpronomina. 170. Amun, Mut und Chons bilden die Göttertriade von Karnak; mit deren Stadt ist demzufolge Theben gemeint. 171. Ptah ist der Schöpfergott von Memphis, besitzt aber auch ein kleines Heiligtum in Karnak. Das Sumpfgeflügel (eigentlich steht nur – im Singular, also wohl pars pro toto – ein wrd-Vogel) wird ihm hier sicher als Opfer zugeführt; der Satz ist elliptisch.
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übergegangen. 172) Wir sind in unsere Stadt (zurück)gekehrt, zu deinen Gerichtshallen, zur lieblichsten Vielfalt 173) [—], (4,9) die man mit jeglichem Garverfahren zubereitete, zu deinem reinen Opfer, (o) Insibija, Herr der beiden Länder, ([Neb]maat[re] Meria[mun])|LHG, der (du) die [Fische (4,10) zu] (ihrer) Saison fängst, (Ramses Amunherchepeschef, Gott und Herrscher von Heliopolis)|LHG, der (du) die Vögel fängst 174). (Strophenende)
8.4 Hymnus an Ramses VII.
(Hymnus D9, rto. y+4,10-vso. 1,2) Die Schiffe, die auf dem (4,11) [Meer] waren (und) das Beste der See [brachten (?)] – sie 175) wandten sich von ihren Göttern ab (und) vernachlässigten die Tempel. (Aber) er 176) ergriff diejenigen, die zu Schiff [auf der Flucht] (vso. 1,1) vor deinem Namen waren, wie eine Sehne und ein Fangseil, (o) Insibija, (Usermaatre Setepenre Meriamun)|, der [du] den (1,2) Wütenden befriedest, (o) Sohn des Re, (Ramses Itiamun, Gott und Herrscher von Heliopolis)|LHhGi, der (du) die Schiffe nach Ägypten (zurück)bringst! (Strophenende)
(Hymnus D10, vso. 1,2-3,3) [Wie Re] s[trahlst du]. (1,3) Wie Chepri 177) leuchtest du. Deine Armee steht hini Freude da. Die Pferdegespanne im Lande (Ägypten) [—] (1,4) tragen deine Liebe gemäß (?) dem Orakel von einem Ende der Welt bis zum anderen 178). Nechbet von Hierakonpolis und Uto 179) sind der Schutz deines Leibes [—] 180). (1,5) (Strophenende)
172. Ein interessantes Bild: Es steht das Verb »herabsteigen« da, das u. a. für die Rückkehr aus dem Fremdland, also aus dem Chaos, verwendet wird, wenn man ins Niltal »herabsteigt«. 173. Wörtlich: »Menge von (Dingen) lieblichen Duftes«. 174. Eigentlich: »erbeutest«, ein Terminus Technicus der Militärsprache. Mit dem Fisch- und Vogelfang ist also nicht der Aspekt der Versorgung, sondern derjenige der Feindvernichtung angesprochen. 175. Wohl die Besatzungen der Schiffe, es könnte von Anachorese die Rede sein. 176. Das Bezugswort ist unsicher. Sofern mit diesem Hymnus wirklich ein eigenständiger Text vorliegt, der nur hier in eine Sammlung gleicher Texte übernommen wurde (vgl. die Einleitung), kann es sich nicht um den im vorigen Hymnus genannten Amun handeln. Andererseits kann es auch nicht der König sein, der dann quasi als epexegetisches Subjekt nochmals am Ende des Satzes explizit genannt würde, weil nicht über ihn geredet, sondern er direkt angesprochen wird. 177. Eine andere Erscheinungsform des Sonnengottes; Chepri, Re und Atum sind die Morgen-, Mittags- und Abendsonne. 178. Wörtlich: »vom Ende eines Landes bis zum (Ende) eines (anderen) Landes«. Die Übersetzung orientiert sich an Condon, Seven Royal Hymns, 21: »the horses in the land […] convey the love of thee, say they, from one land to another.« Verglichen mit den anderen Zeilen der Kolumne wird am Ende der vierten Zeile, wenn überhaupt etwas, dann nicht sehr viel zerstört sein. Ihre Lesung »say they« ist aber zu korrigieren: Davor steht eine Präposition, es ist dem-
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Texte aus Ägypten
(O) der (du) Pfeile ins Land Syrien schießt: Mögest du den Liba[non] verwüsten! (1,6) (O) der (du) das Land Hatti 181) betrittst: Mögest du seine Berge zum Einsturz bringen! ˘ [im So]mmer [pflügt] und im Winter erntet: Du wirst für ihren (Selbst) wenn man (1,7) Lebensunterhalt sorgen. (Wenn) man von [ihrem] Flei[sch] ißt (und) (1,8) von ihrem Blut [trink]t: Dein Uräus wird deren Leichname im Inneren [ihrer] [—] verbrennen, [wobei sie] (1,9) aus ihren Gräbern gerissen (und) dem Wind ausgesetzt sind. 182) Du bist Baal, der in [—] erscheint, [der Macht erlangt hat] (1,10) über die fernen Länder, der inmitten von Ägypten ist (?). Das (für) dich (bestimmte) Opfer ist rein. A[mun] (?) liebt (2,1) 183) [—] [—] [—] [—]
8.5 Hymnus an Ramses VI.
(vso. 3,1-3,3) [—] (3,1) [Leute], [di]e erlöst sind. Ihr Leben ist vollkommen. Kommt die Überschwemmung zu ihrer (richtigen) Zeit, entstehen (wahre) Wasserfluten in deiner Residenz. 184) (3,2) O Schutzwehr (?) des Landes 185), (Nebmaatre Meriamun)|LHG, der (du) das Ende der Fremdländer erreich(s)t, (hRaimses Amun[her]chepeschef, Gott und Herrscher von Heliopolis)|LHG, (3,3) o leiblicher Sohn des Amun: Es gibt keine Erbschaft für den, der dich eidbrüchig (?) 186) angreift und der unter deine Sandalen gefallen ist. (Strophenende)
179. 180. 181.
182.
183. 184. 185. 186.
zufolge wohl das gleich geschriebene Nomen »Orakel« gemeint. Die genaue Bedeutung des Satzes bleibt aber trotzdem unklar. Nechbet von Hierakonpolis und Uto von Buto sind die beiden Kronengöttinnen. Sie beschützen den König, Uto als Uräusschlange, und Nechbet als Geiergöttin, die in Reliefs gern mit ausgebreiten Schwingen hinter dem König dargestellt ist. Verglichen mit den anderen Zeilen wird am Ende des Satzes nicht mehr viel, vielleicht sogar gar nichts gefehlt haben. Das Reich der Hethiter gehörte zu dieser Zeit nicht mehr zu den Feinden Ägyptens. Da die Regierungszeit der gepriesenen Könige in die Zeit nach der Seevölkerinvasion fällt, stellt sich die Frage, ob Hatti überhaupt noch existierte. Möglicherweise ist seine Nennung hier rein ˘ sieht in seiner Nennung dagegen einen Hinweis auf das Datum der Komtopisch; Condon position des ursprünglichen Hymnus. In diesem und dem vorigen Satz werden zwei unterschiedliche Personalpronomina der 3. Person Plural gebraucht: das sprachhistorisch ältere: »ihr Lebensunterhalt«, »[ihr] Fleisch«, »ihr Blut«, sowie das sprachhistorisch jüngere: »man pflügt (und erntet)«, »man ißt«, »man trinkt«, »deren Leichname«, »ihre Gräber«. Obwohl beide Pronomina bedeutungsgleich sind und normalerweise ohne Bedeutungsverschiebungen ausgetauscht werden können, hat man das Gefühl, als dienten sie in diesen beiden Sätzen doch der Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Personengruppen: eine, die beschützt werden muß, und eine andere, die falsch handelt und dafür bestraft wird. Die Kolumne vso. 2 ist die Rückseite der von Condon rekonstruierten, vollständig verlorenen Kolumne. Es ist selbstverständlich von der Nilüberschwemmung die Rede, die fruchtbare Ackererde anspült und daher positiv konnotiert ist. Das Bild des Königs als Schutzwehr Ägyptens ist gut belegt, auch wenn für dieses Bild sonst andere Termini als der hier stehende verwendet werden. Unsicher, ob wirklich das Lemma »Eid« gemeint ist. Falls doch, dann ist vielleicht von dem Eid die Rede, den die Unterworfenen dem König gegenüber leisten müssen.
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(Hymnus D11, vso. 3,3-4,4) Sei gepriesen, (3,4) der (du) zu Amun gekommen bist! Deine Flotte ist unter Jubel gerüstet worden. Re ist (derjenige), der dir den Weg bereitete (?). (3,5) Iusaas 187) ist (diejenige), die dich aussandte. Atum ist dein Steuermann. Die Himml(ische) ist (dein) Segelmeister. (Strophenende) Sei gepriesen, (3,6) wenn du in Karnak [land]est 188), (du), den dessen Götter 189) empfangen! Seine 190) Denkmäler jubeln lauthals. (3,7) [O wie lieblich ist der Kla]ng deines Landepflocks! Ach wie lieblich ist der Klang des Schlegels des Tapferen, des Herrn der Kraft 191)! (Strophenende) Sei gepriesen! Der Uferdamm von Theben (3,8) [ist geschmückt (?)] mit deinen Leinensegeln. Die Inseln von Hrai-hi-Amun (?), bis hin zum Akazie(nhain) von Ipet 192), die (leuchten) wie die Sterne, die am Himmel (stehen). (3,9) Das Ausland kommt zu dir 193). (Strophenende) Sei gepriesen, der (du) zu deinem Vater 194) gekommen bist, (du), vor dem zahlreiche Siege (liegen) (3,10) (und) dem (zahllos) wie Sandkörner die Jahre gegeben wurden, (unendlich) wie die leuchtenden Sterne die Sed-Feste! Die Vierzahl der Month-Götter ist einzig auf seine Schulter gegeben 195), (und zwar) in jedem Distrikt (4,1) Ägyptens! Gaben bringt dir jedes Fremdland. Dieser Tempel erfreut das Herz (des Gottes). 196) (Strophenende) 187. Eine heliopolitanische Göttin, deren Profil unscharf bleibt. »Als weibliches Prinzip der Schöpfung« bildet sie eine Ergänzung zu Atum, dem obersten Gott der heliopolitanischen Götterneunheit, s. H. Brunner, Art. Iu(e)s-aes, LÄ III, 1980, Sp. 217-218. 188. Hier ist von der Ankunft des Königs nach der Krönung die Rede, s. die Einleitung. 189. Die Götter von Karnak, Amun-Re, Mut und Chons, vielleicht auch noch die Thebanische Götterneunheit. 190. Thebens bzw. Karnaks. 191. Ein Epitheton des Königs. Der zuvor genannte Schlegel dient zum Einschlagen des Landepflocks. 192. Ob in diesem Satz wirklich der Ortsname Hrai-hi-amun zu lesen ist, ist unsicher. Condon hat dies angedacht, aber verworfen; Kitchen, Poetry, 231 und Fischer-Elfert, SAK 27 (1999) 67 haben diesen Gedanken wieder aufgenommen. Die genaue Lage des Ortes ist unbekannt: Laut E. Otto, Topographie des thebanischen Raumes (UGÄA 16), Berlin 1952, 62-63 ist er mit Deir el-Bahari auf dem Westufer gegenüber von Karnak, bzw. einem nördlichen Teil der thebanischen Nekropole, identisch. Nach A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica, Bd. 2, Oxford 1947, 27* liegt der Ort dagegen etwas außerhalb des thebanischen Raumes, weil im Onomastikon des Amenemope der Ort nach Medamud genannt wird und Nebwenenef seinen Amtsbereich als von Hrai-hi-amun bis nach This reichend benennt. Bei Ipet handelt es sich entweder um das heutige Luxor (das »Ipet-reset des Amun«) oder um den inneren Teil des Karnaktempels namens »Ipet-sut«. Die Identität des Haines (sofern der singularische ksb.t-Baum tatsächlich so zu interpretieren ist) kann nicht bestimmt werden. 193. Scil.: »um zu huldigen«. Die Übersetzung ist aber unsicher, da das Verb Pluralmarkierungen trägt, die, wenn man sie nicht für einen der bedeutungslosen Zusätze des Neuhieratischen hält, eher für ein pluralisches Partizip sprechen. 194. Amun-Re. 195. Month ist der ursprüngliche Hauptgott des Thebanischen Gaues; im Neuen Reich steht vorrangig seine Funktion als Kriegsgott im Vordergrund. Eine Vierzahl von Monthgöttern (die lokalen Erscheinungsformen der Hauptkultorte Medamud, Theben, Armant und et-Tod) kommt häufig als Dekoration des königlichen Schiffes vor, vgl. etwa E. K. Werner, The god Montu: From the earliest attestations to the end of the New Kingdom, Diss. Yale, University Microfilms International 8613638, 129-136. 196. Der Satz steht etwas isoliert in der Strophe. Ob vielleicht pr: »Tempel« zu pr.w: »Lieferungen«
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Texte aus Ägypten
8.6 Hymnus an Ramses VII.
[Wie prächtig bist du (?), —] (4,2) Götterbarke, der (du) erfreut bist bei der Ankunft des Koniferenholzes 197) (?). Die [—], (4,3) zu dem sie sich neigen, die Bäume (?), o (du) mit leuchtendem Antlitz beim Eintreten [in den Palast]. [—], (4,4) o Sohn des Re, o Nachkomme 198) des Atum, der (du) das Vieh (Gottes) 199) zusammenhäl(s)t, [(Usermaatre Setepenre Meriamun)|! (Strophenende)]
(Hymnus D12, vso. 4,4-5,1) »Wie [prächtig] (4,5) bist du!«, sagt sie, die Götterneunheit. Deine Flotte ist am Uferdamm (vertäut). [—] [ihre Bugzier]. (4,6) Und so wird sie 200) an den Sed-Fest[en] herbeigebracht (?). Ihre Stakstangen [—] (4,7) nach Ipet 201), um dich anlanden zu lassen, (Ramses Itiamun, Gott und Herrscher von Heliopolis[)|LHG.] [—] (4,8) deine beiden geliebten Länder, die dir Amun vererbt hat. (?) [Jedes Fremdland] eilt [zu dir]. [—] (4,9) entleert vor dir. (Strophenende) Wie prächtig bist du, wenn du zu [deinem (richtigen)] Zeitpunkt erscheinst, [wenn du zu deiner] (4,10) Rechten wütest (und) zu deiner Linken tobst! Sand [—] (4,11) Königtum. (Strophenende) Wie prächtig bist [du]! Du bist der Sohn des Amun. Du bist (5,1) [—] 202) [—] [—] [—] 203)
197.
198. 199. 200. 201. 202. 203.
(»Diese (scil. vorher genannten) Lieferungen erfreuen das Herz.«) oder zu pr.w: »Prozession« (»Diese Prozession erfreut das Herz.«) zu emendieren ist? Es ist sicher das Koniferenholz für eine Götterbarke, oder noch spezifischer: für Userhatamun, die Barke des Amun-Re, gemeint. Diese besteht aus libanesischem Koniferenholz, für dessen Beschaffung bspw. auch Wenamun (G. Moers, Die Reiseerzählung des Wenamun, in: O. Kaiser (Hg.) Weisheitstexte, Mythen und Epen [TUAT III/5] 912-921) unterwegs war. Wörtlich: »Ei«. Das Bild vom Gott oder König als gutem Hirten ist auch in Ägypten geläufig. Dies gilt ebenfalls für die andere Perspektive, nämlich die Menschheit als »Vieh (Gottes)«; der hier verwendete Terminus mnmn.t ist dafür allerdings unüblich (Hinweis M. Müller). Die Flotte? Möglicherweise wird auf das Opet-Fest angespielt, das im 2. Monat des ägyptischen Jahres in Form einer Prozession der Göttertriade von Karnak nach Luxor begangen wird, um die Verbindung von Amun mit Mut sowie die Verbindung des Königs mit Amun zu feiern. Der Satz und der Hymnus enden in der folgenden, heute verlorenen Kolumne. Nach der von Condon rekonstruierten Rolle ist dies die fünfte Verso-Kolumne und die erste, die zwischen den Tafeln 20 und 86 fehlt. Eine unbekannte Anzahl von Kolumnen zerstört.
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8.7 Hymnus an Ramses VII.
(Hymnus D13, vso. x+1,1-1,5) (1,1) [—]
Sei gegrüßt, (der) du mit der Hellen 204) erschienen bist! (Es) wird hell, wenn du den Himmel überquerst. Sei gegrüßt, (der) du mit der Mächtigen 205) erschienen bist! (1,2) [Du hast dich Ägyptens bemächtigt —]. Sei gegrüßt, (der) du mit dem Nemes-Kopftuch erschienen bist! Alle Menschen mögen zu dir kommen 206), (ausrufend): »Sei gepriesen, sei gepriesen!« (1,3) [Sei gegrüßt, (der) du mit den Erscheinenden 207) erschienen bist!] Der Erst(geboren)e des Re 208) war erschienen, um sein Amt auf seinen 209) von ihm geliebten Sohn zu übertragen, (1,4) [—] (Usermaatre Setepenre Meriamunh)|i, der die Sonnenbarke (?) übersetzen ließ 210), (Ramses Itiamun, [Gott und Herrscher] von Heliopolis)|LHG (1,5)[—]; [alle Götter] sind in Freude.
(Hymnus D14, vso. x+1,6-2,6) (1,6) [(O)
Insibija, (Usermaatre Setepenre Meria]mun)|, (o) Sohn des Re, Herr der Erscheinenden, (Ramses Itia[mun], Gott und Herrscher von Heliopolis[)|LH]G, (1,7) der (du) [die beiden Länder mit deiner Vollkommenheit] erhellst, [der (du) eingesetzt wurdest] als MajestätLHG des Palastes, um die Leute [des] Königsgrabs zu leiten (?): (2,1) 211)Du erwachst / bewachst [—] (2,2) in [—] [2,3] Nachkommen (?) [—] (2,4) (kampf)bereit (?) [—] (2,5) kommen [—] (2,6) (User[maat]re [Setepenre Meriamun)|] [—] [—] [—]
204. Die Weiße Krone Oberägyptens. 205. Eine Bezeichnung der Doppelkrone. 206. In diesen drei Sätzen findet sich eine typisch ägyptische Art des Wortspiels: zwischen der Weißen Krone und dem »weiß / hell werden« des Landes; zwischen der »Mächtigen« (s. die vorige Anmerkung) und dem »sich bemächtigen, Macht erlangen über« (daher diese Übersetzung; das ägyptische Lemma hat an dieser Stelle allerdings nicht die gewalttätige, unterwerfende Konnotation wie das Deutsche); zwischen dem Nemes-Kopftuch und dem »kommen«, wofür an dieser Stelle das Verb nms gewählt wurde. 207. Eine Kronenbezeichnung; ein Teil der Determinierung ist noch erhalten. Auch hier liegt wieder ein Wortspiel mit den folgenden Verben vor. 208. In der Heliopolitanischen Götterneunheit ist Schu der Sohn des Re. 209. Das Pronomen ist doppeldeutig: Entweder es bezieht sich auf Schu, dann ist mit dessen Sohn der Gott Geb gemeint, mit dem wiederum der König identifiziert wird; oder es bezieht sich auf Re, dann ist direkt der König gemeint. 210. Daß hier der König als derjenige bezeichnet wird, der die Sonnenbarke über den Fluß setzen läßt, ist anmerkenswert. 211. Von der Kolumne sind nur noch Wortreste vom Beginn der Zeilen 1-6 erhalten. Wie viele heute zerstörte Kolumnen noch folgten, ist unbekannt.
210
Texte aus Ägypten
9. Hymnen und Gebete des späten 2. und des 1. Jahrtausends v. Chr.
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli 9.1 Hymnus an Amun: aus Papyrus Leiden I 344 vso. (II,1-4; II,9-III,4; V,1-4)
(M. M. L.) Papyrusmanuskript mit hieratischer Handschrift. – Datierung: 19. Dynastie (13. Jh. v. Chr.). – Fundort: Saqqara, 1825. – Aufbewahrungsort: Leiden, Rijksmuseum van Oudheden (pLeiden I 344). – Maße: L 374,5 cm, H 18 cm; beidseitig mit schwarzer und roter Tinte beschrieben. – Erstpublikation: Aegyptische Monumenten van het Nederlands Museum van Oudheden te Leyden, Leiden 1853-1862 (Faksimile); A. Massy, Le Papyrus de Leyde I.344 (revers), Paris 1886 (hierogl. Umschrift und Übersetzung). – Standardpublikation: J. Zandee, Der Amunhymnus des Papyrus Leiden I 344, verso., Leiden 1992. – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: J. Zandee, Ein doppelt überlieferter Text eines ägyptischen Hymnus an die Nachtsonne aus dem Neuen Reich: Hieratischer Papyrus Leiden I 344 VSO IV, 1-5 und thebanisches Grab des Cheriûf Nr. 192, JEOL 27 (1981-82) 3-22; J. Assmann, Der Amunshymnus des Papyrus Leiden I 344, verso, ORNS 63 (1994) 98-110; J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, (OBO, 2. Auflage), Fribourg-Göttingen 1999, 549-562.
Die ursprüngliche Komposition des Textes liegt vermutlich in der späteren 18. Dynastie (Mitte 14. Jh. v. Chr.), da Passagen des Textes bereits in den Gräbern des Cheriuef (TT 192, 18. Dynastie, Regierungsjahr von Amenophis III.-IV.) und des Haremhab in Saqqara belegt sind. Bei der vorliegenden, mithin erweiterten Version handelt es sich um ein tempelliturgisches Lob des Amun als Sonnengott, Urgott und Schöpfer, als Lebensspender und den Menschen nahe Gottheit, als Nilflut, die die Fruchtbarkeit bringt, sowie als König, der über das Land regiert. Der Hymnus ist auf dem Verso des Papyrus auf 18 unterschiedlich breiten Textkolumnen à zehn bzw. elf Zeilen verfaßt worden. Das Recto beinhaltet die sog. Admonitions (R. Enmarch, The dialogue of Ipuwer and the Lord of All, Oxford 2005).
A – Strophe 3 (II,1-4) (1) Preis
Dir, der alles, was ist, gebar! Amun, Vater und Mutter von Gott und Göttin, […]. Der die Menschen bildete und (2) die Götter erschuf und die Herde und das Kleinvieh zusammen. Der die Städte entstehen ließ und die Gaue gründete und für den Unterhalt jedes Gottes sorgte. Er ist es, der die (3) Opferkuchen in den Tempeln dauernd bestehen läßt, um die, die in [ihren] Kultstätten sind, [damit] zu speisen. Der den Lebensunterhalt der Hnmm.t-Menschen 212) und alles, was auf- und ˙ 212. Wird auch als »Himmelsvolk« oder »Sonnenvolk« übersetzt (Wb.III.114) und dient generell der Bezeichnung der Menschen, gelegentlich in Zusammenhang mit den Göttern (s. bspw.
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
niedefliegt, insgesamt erschuf. (4) Der den Stier hervorbrachte und den Samen [erschuf] (?) und dem […] Luft gibt. Der Hirte, der über dem, was er kreiert hat, wachsam ist, (wenn) er im Himmel fährt […].
B – Strophe 5 (II,9-III,4) (II,9) Sei
gegrüßt! Du, der alles, was ist, erschaffen hat! […]. Wenn er aufgeht, wird seine Tochter Maat zufriedengestellt und die, die in der Urzeit sind, jubeln. (III,1) Alle Götter jubeln, wenn er auszieht in seiner Macht. Er hat den Frevler (Apophis) vertrieben. Sein (göttliches) Glanzauge hat das böse Wesen verbrannt. […] (2) Freude ist entstanden unter denen, die ihm folgen; (seine) Mannschaft [jau]chzt und jubelt. […] mit vielen Geburten, (3) Einer Einziger, dessen Leib aus Millionen (besteht). Neu an Erscheinungsformen, der seine Gestalt dauernd bestehen läßt, der sich verjüngt […]. Er [steigt empor] zum Himmel als dieser Ba, (4) der in seiner Sonnenscheibe ist, (indem) er sich als Harachte entfernt. Er erhellt die Beiden Länder mit seinen beiden Glanzaugen […]. (…) (10) Atum,
C – Strophe 9 (V,1-4) (1) Der
nahe ist und hört. Der demjenigen, der zu ihm ruft, Freude schenkt, [demjenigen, der in Not ist], seine Arme reicht und auf die Stimme dessen, [der zu ihm ruft], kommt. (2) Er ist gütig, ein Herr der Gnade, aber ärgerlich, wenn man an seinem Namen vorbeigeht. 213) J. Assmann, ÄHG, Nr. 208, 471, Verse 10-11). Die genaue Bedeutung dieser Bezeichnung ist jedoch noch unbekannt. 213. In der Lesung sfn »ärgerlich« (Wb. IV,115.4) schließe ich mich der bislang unpublizierten Deutung von C. Knigge Salis an, da dadurch die bekannte und zu erwartende Reaktion Gottes auf eine solche Fehltat besser wiedergeben wird (gem. Wb. allerdings nur in MR belegt). Dieser Passus ist problematisch. Andere Deutung bei Zandee, Amunhymnus, Bd. I, 380 und Assmann, ÄHG, 552. Das Problem besteht in der Tatsache, daß das Mißachten des göttlichen Namens in der altägyptischen religiösen Literatur als Fehltat dem Gott gegenüber vielfach
212
Texte aus Ägypten
Der den Schwachen vor dem Gewalttätigen rettet, (3) der das vater- und mutterlose Kind aufzieht. […] der das Böse verabscheut, ein Gerechter, (4) der die Sünder vernichtet in diesem seinem Namen »Herr der Gerechtigkeit«.
9.2 Lob des Nils auf einer ›Nilstele‹ Ramses’ II. am Gebel el-Silsilah
(M. M. L.) Felsinschrift in Stelenform (›Felsstele‹) mit hieroglyphischem Text. – Datierung: Drittes Regierungsjahr Ramses’ II. (19. Dynastie, 1. Hälfte 13. Jh. v. Chr.). – Fundort: Westufer des Gebel el-Silsilah (etwa 70 km nördlich von Assuan). – Erstpublikation: R. Lepsius, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Tafelwerke Abth. III, Bd. VII, Bl. 175a, 200d, 217d, Berlin 1849-1858 – Standardpublikationen: P. Barguet, Les stèles du Nil au Gebel Silsileh, BIFAO 50 (1952) 49-63; K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions I, Oxford 1975, 84-87. – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: A. Barucq / F. Daumas, Hymnes et prières de l’Égypte ancienne, Paris 1980, 502-504 (Nr. 157).
Bei der übersetzten Inschrift handelt es sich um einen Hymnus, der in ein königliches Dekret eingebettet ist. Dieses betraf ein dreimal jährlich stattfindendes Opfer für den Nilgott Hapi. Drei weitere sog. ›Nilstelen‹ aus der 19. und 20. Dynastie, gestiftet im Namen der Könige Sethos I., Merenptah und Ramses III., stellen nahezu identische Texte zu dem hier vorgestellten Zeugnis dar. Drei der vier Stelen weisen eine architektonisch gestaltete Fassade auf mit einem portalähnlichen Säulenvorbau, der die Bedeutung der Stele und des Dekrets hervorheben sollte. Aus diesem Grund wurden die Stelen auch als ›Schreine‹, ›Stelenschreine‹ oder ›Kapellen‹ bezeichnet. Der Hymnus identifiziert den Nil als Gott Hapi und lobt ihn als Schöpfergott, der die Nahrungsvorräte des Landes durch seine Überschwemmung garantiert und somit Ägypten am Leben erhält. (1) Jahr
1, 3. Monat der Sommerzeit, Tag 10 unter der Majestät des … (Titulatur) … ›Re-hat-ihn-geboren, geliebt-von-Hapi-Vater-der-Götter‹ 214), dem Leben, Heil und Gesundheit in Ewigkeit gegeben seien: (2) Möge
der vollkommene Gott, geliebt vom Nun, Hapi, leben! Vater der Götter und der Neunheit-die-in-der-Flut-ist, Nahrung, Speise und Überfluß von Ägypten, der jeden durch seinen Ka am Leben erhält. Die dargebrachten Speisen sind auf seinem Weg, die Nahrung ist auf seinen Fingern, die Menschen freuen sich, wenn er kommt. belegt ist. S. z. B. das sog. Schuldenbekenntnis des Neferabu auf der Stele BM 589 (zuletzt in Luiselli, Suche, 361-363). 214. Vollständige, d. h. fünfteilige Titulatur Ramses’ II.
213
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
Du bist der Einzige, (3) der sich selbst erschafft, keiner kennt dein Wesen. An dem Tag, an dem du aus deiner Höhle herauskommst, freut sich jedermann! Du bist der Herr der Fische zahlreich an Ernteertrag, der Ägypten mit der Gabe des Nils beschenkt. Die Neunheit kennt nicht dein Wesen, du bist ihr Leben. Immer wenn du kommst, sind ihre Brote verdoppelt und (4) ihre Altäre mit Speisen versehen. Bei deiner Erscheinung jubeln sie, (denn) du bist es, der ihre Nachkommen gebiert. Der nach den (Heil)-Mitteln für die Lebenserhaltung der Menschen sucht, wie Re als er über dieses Land herrschte. Der den Nun besänftigt und ihn in Frieden bringt, sein Götterkollegium freut sich, seit er, (5) der Vater Hapi, sich erwünscht hat, das Nützliche innerhalb Ägyptens zu machen (in) einer Schöpfung seines eigenen Herzen. 215) Der alle Zeit wachsam ist beim Suchen des Bedarfs für die Menschen, der das Getreide vervielfältigt wie den Sand, damit die Scheunen übervoll sind und überquellen.
9.3 Hymnus an den nach Theben zurückkehrenden König: Ostrakon Wilson 100
(C. K. S.) Kalksteinostrakon mit hieratischem Text. – Datierung: 19. / 20. Dynastie (13. / 12. Jh. v. Chr.). – Fundort: unbekannt, vermutl. Luxor / Theben, erworben um 1930 von J. Wilson. – Aufbewahrungsort: Chicago, Oriental Institute Museum (oOIM 25346 = oWilson 100). – Maße: L 21,7 cm, H 12,3 cm; beidseitig mit schwarzer und roter Tinte (Verspunkte) beschrieben. – Erstpublikation: J. L. Foster, Oriental Institute Ostracon 25346 (Ostracon Wilson 100), D. P. Silverman (Hg.), For His Ka. Essays Offered in Memory of Klaus Baer (SAOC 55), Chicago, Ill. 1994, 87-97. – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: J. L. Foster, Hymns, Prayers, and Songs. An Anthology of Ancient Egyptian Lyric Poetry (SBL Writings from the Ancient World 8), Atlanta, Ga. 1995, 137 f. (Nr. 59); H.-W. Fischer-Elfert, Die Ankunft des Königs nach ramessidischen Hymnen et cetera, SAK 27 (1999) 71-80.
Literaturgeschichtlich ist schwer zu entscheiden, ob in Ägypten zuerst Götterhymnen oder Königshymnen entstanden waren; Tatsache ist jedoch, daß letztere erst später bezeugt sind. Eine Spezialität des Neuen Reichs, insbesondere der Ramessidenzeit, 215. Die Idee, daß die Schöpfung das Ergebnis der göttlichen Vorstellung im Herzen war, profilierte sich besonders in der Ramessidenzeit (s. dazu Knigge, Lob, 282).
214
Texte aus Ägypten
war es, in diesen Hymnen den König mit den Residenzstädten, vornehmlich mit Theben, assoziieren. Das vorliegende Beispiel preist den anonymen König anläßlich seines Einzugs in Theben, welches er für ein Thronjubiläum oder Hebsed-Fest besucht. Gerühmt werden die idealen Zustände, die während der Regierungszeit im Land herrschen. Die Preisenden (die Stadtbevölkerung?) sind in den Hymnus einbezogen, indem sie am Schluß des Textes die Segenswünsche für den König auf sich wenden. Infolge der rauhen Oberfläche ist die Textanordnung auf der Rückseite des Ostrakons sehr unregelmäßig. Auch wenn der Stil des Textes nur mittelmäßig lyrisch ist, weisen die roten Verspunkte auf seine literarische Funktion (in der Schreiberausbildung) hin. (rto. 1) Du
wirst gepriesen, o (Du), der nach Theben kommt, um für sich Stärke (2) [und Kraft von] ihr (1) zu erbitten! (2) (Alle) Deiche 216) freuen sich und seufzen: ›Unser Flehen – (3) der Strahlende 217) (2) hat (es) gehört.‹ (3) Das ›Haus-des-Zepters‹ 218) ist erhaben und stolz, sein Sohn jubelt. Die großen Gedenksteine (4) reichen bis zum Himmel, wegen seiner Kronen, die auf seinem Haupt sind. Die Götterachtheit verbeugt sich, ihre Arme in (5) Anbetung(shaltung), ihre Münder nach unten (gerichtet), und ihre Kraft ist beim Blühenden 219). Tritt herzu, auf daß Du Dich im Inneren erneuerst, auf daß Du (dann (6) noch) vortrefflicher (5) hervortrittst. (6) Man sagt Dir ›Sei willkommen im Palast!‹ Wie großartig ist, was Dein Mund angeordnet hat! Die Beiden-Länder sind komplett (7) an Deinen Hals gebunden, und die Neun-Bogen-Völker sind unter Deinen Füßen. Man sagt: ›Du Herrscher – Leben, Heil, Gesundheit –, der (8) die Wahrheit (7) liebt (8) und der […] liebt! Niemand kann neben Dir sein, niemand kann Dich beschwindeln, niemand kann (vso. 1) ein einziges Geheimnis(?) in den Hintergrund(?) (rto. 8) […]; (vso. 3) Lüge (2) kann nicht (mehr) bedrücken, (3) und es gibt niemanden, (4) der Hand an die Wahrheit (3) anlegen könnte; (4) Leiden können nicht (mehr) aufgezählt werden, (5) und es gibt keinen (6) Tag, an dem (5) irgendjemand geschlagen würde.‹ 216. 217. 218. 219.
Wohl ein Ausdruck für die (ländlichen) Regionen des Landes. Epitheton des Sonnengottes, als dessen Sohn der König gilt. Ein Name für die Stadt Theben. Wohl als Epitheton des Königs, das im Zusammenhang mit den Festlichkeiten, zu denen der König nach Theben gereist ist, zu verstehen.
215
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (7) (Du
bist) derjenige, der das Flußabwärtsfahren fünffach befriedigend sein läßt. doch Gesundheit, gib doch Leben, (9) und gib tägliche Erneuerung! (8) Gib
9.4 Hymnus und Gebet Ramses’ III. an Ptah: aus Papyrus Harris I (P. BM EA 9999, XLIV,3-XLV,2)
(M. M. L.) Papyrusmanuskript in hieratischer Handschrift. Datierung: Erstes Regierungsjahr Ramses’ IV. (20. Dynastie, Mitte 12. Jh. v. Chr.). – Fundort: unbekannt, vermutl. Luxor / Theben, erworben 1855 von A. C. Harris. – Aufbewahrungsort: London, British Museum, erworben 1872 (pBM EA 9999 = ›Großer Papyrus Harris‹). – Maße: L 4050 cm Länge, B 42,5 cm; 1489 Textzeilen in 113 Kolumnen sowie farbige Vignetten. – Erstpublikation: W. Erichsen, Papyrus Harris I: Hieroglyphische Transkription (BAe 5), Brüssel 1933, 49,8-50,8 – Standardpublikation: P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BdE 109), 3 Bde., Kairo 1994 (hier: Bd. 1, 284 f.) – Weitere Bearbeitungen und Übersetzungen: L. A. Christophe, Les divinités du Papyrus Harris I et leurs épithètes, ASAE 54 (1957) 345-389; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 388 f. (Nr. 117); J. L. Foster, Hymns, Prayers, and Songs. An Anthology of Ancient Egyptian Lyric Poetry, Atlanta 1995, 109 f. (Nr. 46); J. Assmann, Hymnen und Gebete, 447 f. (Nr. 199); M. Zecchi, Inni religiosi dell’Egitto antico, Brescia 2004, 128-130 (Nr. 17).
Der Inhalt des Papyrus ist eine Zusammenstellung der Zuwendungen Ramses’ III. an die Tempel Ägyptens in Form von Reden an die Götter und an die Menschen. Ein anschließender historischer Abschnitt versucht den Dynastiewechsel (von der 19. auf die 20. Dynastie) zu erläutern. Beim hier übersetzten Hymnus handelt es sich um ein literarisch geformtes und verwendetes Lob des Gottes Ptah als Schöpfer und Erhalter der Schöpfung. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß der Schöpfungsakt als Produkt von Ptahs Vorstellungskraft beschrieben wird. Ein Gebet Ramses’ III. für das eigene Wohlbefinden im Jenseits schließ sich an den Hymnus an.
Hymnus (XLIV,3) Sei
gegrüßt! Du bist groß, du bist uralt, Vater der Götter, ältester Gott des Anbeginns, der die Menschen formte und die Götter erschuf, der das Werden begann als erster Urgott, alles, was kam, entstand nach ihm.
(4) Tatenen,
Der den Himmel erschuf gemäß der Vorstellung in seinem Herzen, ihn mittels des Luftraumes hochhob, der die Erde als seine eigene Schöpfung gründete, und sie mit Urwasser und dem Großen Grünen (Meer) umringte, der die Unterwelt erschuf und die Leichname ruhen läßt, und Re (den Sonnengott) vorbeiziehen läßt, um sie zu bewahren
(5) und
216
Texte aus Ägypten (6) als
Herrscher – L. H. G. – der Zeit und Herr der Ewigkeit.
Herr des Lebens, der die Kehle atmen läßt, Der Luft gibt an jede Nase, der jeden mit seiner Nahrung am Leben erhält, Lebenszeit, Schicksal, Erfüllung sind ihm unterstellt, man lebt durch das, was aus seinem Mund herauskommt, 220) der (7) die Opfer aller Götter erschuf in seiner Gestalt als Urwasser. Herr der Zeit, die Ewigkeit ist ihm unterstellt, Lebensodem für jeden, der den König auf seinen Thron führt, in seinem Namen »König der Beiden Länder«.
Gebet Ich bin dein Sohn, eingesetzt zum König (8) auf den Thron (meines) Vaters, in Frieden, und ich bin dir loyal 221), dein Plan 222) ist über mir. Mögest du für mich die guten Dinge verdoppeln, während ich auf Erden bin. Mögest du hmichi zum Ruhen an deiner Seite himi Westen des Himmels ziehen, wie die Götter der (geheimen) Kammern der Unterwelt, ich habe mich mit (9) deiner Neunheit in deinem geheimen Tempel befreundet wie Apis, dein nobler Ba, der an deiner Seite ist. Gib, daß ich Blumenopfer von deinen Opfergaben aus Brot, Weihrauch, Bier, SchedehWein und Wein schlucke. Gib, (XLV,1) daß ich (mein) Leben erneuere im Heiligen Land 223), indem ich dich jeden Tag sehe wie deine Neunheit. Als ich Herrscher L. H. G. auf Erden als Herr von Ägypten gewesen bin, ich habe nicht vernachlässigt, tüchtig für dich zu sein, 220. Es handelt sich hierbei um das ›Schöpferwort‹ als Ausdruck des schöpferischen Gedanken Gottes und somit auch als dessen Ausführung. S. dazu Knigge, Lob, 383-384. 221. Wortwörtlich lautet die Passage »Ich bin auf deinem Wasser«. Es ist dies ein in Hymnen und Gebeten oft vorkommender Ausdruck, der die Loyalität der angebeteten Gottheit gegenüber zum Ausdruck bringen will. 222. Es handelt sich hier um den Plan Gottes als Teilaspekt der schöpferischen Vorstellung. S. dazu Knigge, Lob, 282. Die Bedeutung des Planes Gottes als Steuer für das Leben des Menschen spielt beispielsweise in der berühmten ägyptischen Erzählung des Sinuhe eine zentrale Rolle. S. dazu M. M. Luiselli, Religion und Literatur. Zur Funktion der »persönlichen Frömmigkeit« in der Literatur des Mittleren und Neuen Reiches, SAK 36 (2007) 166-170. 223. Diese Übersetzung gibt das Ägyptische t dsr »sakrales Land« wieder und bezeichnet die Ne¯ kropole. Die Eigenschaft »heilig / sakral« wird durch den Terminus dsr ausgedrückt und verweist dabei auf eine Trennung, d. h. ein Land, dessen sakraler Charakter dadurch gewährleistet wird, daß es von der nicht-sakralen Umgebung getrennt ist. S. dazu A. Loprieno, La pensée et l’écriture. Pour une analyse sémiotique de la culture égyptienne, (Paris 2001), 1330.
217
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (2) um
nach all dem zu suchen, was für dein nobles Haus nützlich ist, um effizient vor dir in der Stadt der »(weißen) Mauer« (Memphis) zu regieren.
9.5 Litanei und Hymnus an den Sonnengott: aus Papyrus Greenfield (P. BM EA 10554 LXIX-LXX 1,13.LXXV 2,20-4,4) 224)
(C. K. S.) Papyrusmanuskript mit hieratischer Handschrift. – Datierung: 21. Dynastie (1. Hälfte 10. Jh. v. Chr.). – Fundort: Luxor, Cachette von Deir el-Bahri, 1881. – Aufbewahrungsort: London, British Museum (P. BM EA 10554). – Maße: L 4054 cm, H 47 cm; Recto mit Text und zahlreichen Vignetten in schwarzer und roter Tinte, Verso unbeschrieben. – Erstpublikation: E. A. W. Budge, The Greenfield Papyrus in the British Museum. The Funerary Papyrus of Princess Nesitanebtashru, Daughter of Painetchem II and Nesi-Khensu, and Priestress of Amen-Ra at Thebes, about B.C. 970, London 1912, Tf. 80 f.86 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: C. Zaluskowski, Texte außerhalb der Totenbuch-Tradierung in Pap. Greenfield, Bonn 1996 (unpubl. Diss.), 89-93.134-144; Knigge, Lob, 105 f. (Nr. 11).119 f. (Nr. 22).
Greenfield ist die längste bislang bekannte Totenbuchhandschrift überhaupt. Sie ist in der Phase nach dem Zusammenbruch des Neuen Reichs hergestellt worden, im Kontext der klerikalen, libyschstämmigen Elite in Theben. Die politische und wirtschaftliche Krise jener Jahre scheint auf die theologisch-literarische Produktivität sowie die Produktion hochwertiger Papyrusmanuskripte kaum negativen Einfluß gehabt zu haben. Neben der kanonischen Sammlung von Sprüchen enthält der Papyrus einen umfangreichen »Anhang«, der vorwiegend aus nichtkanonischen, anderweitig nicht oder nur selten bezeugten Hymnen und Litaneien an den Sonnengott besteht; diesem Anhang sind die zwei Textbeispiele entnommen. In ihnen werden die verschiedenen Erscheinungsformen des Sonnengottes, seine Himmelsbahn und seine Wirksamkeit auch als Schöpfer- und Fruchtbarkeitsgott gepriesen. Sowohl die visuelle als auch die sprachliche Gestalt der Texte weisen einen hohen Poetizitätsgrad auf.
A (LXIX-LXX 1,13) (LXIX,1) Ein
Anderer morgendlicher Anbetungstext (für) Re-Horachti:
(2) Wie
schön Du am Südhimmel bist, wenn Du (Deine) Gestalt mit den Göttern verbunden hast! (3) Wie schön Du bist, wenn Du mit Deinem Leib, der die Wolken beseitigt, die dunkle Finsternis vertrieben hast! (4) Wie schön Du bist, wenn Du mit Deinem Haupt erscheinst, während Deine Götterneunheit Deine Schönheit erhöht! (5) Wie schön Du bist, wenn Du Deine beiden Himmel beherrschst, nachdem Du in allen Deinen Erscheinungsformen Deine Feinde vertrieben hast! 224. Die Nummerierung folgt nicht den Tafelnummern in der Erstpublikation von Budge, sondern den Rahmennummern (»sheets«) des British Museum.
218
Texte aus Ägypten (6) Wie
schön Du bist, wenn Du strahlend hervortrittst und Dein Gefolge jubelt! schön Du bist, wenn Du das besiehst, was Du erzeugt hast, während Du im Benben-Haus zurückgezogen bist! (8) Wie schön Du bist, wenn Du Deine beiden Himmel besetzt hast und Dein Speer Deine Feinde verjagt! (9) Wie schön Du als Mumie Deines Ba(?) bist, (Du) Großer-Gott und Vorsteher-vonHeliopolis! (10) Wie schön Du bist, wenn Du den Himmel überquerst und Deine Barke mit Deiner Mannschaft dahingleitet! (11) Wie schön Du bist, wenn Du Dein Auge erhalten hast und (so) zu Horachti geworden bist! (12) Wie schön Du als Widder-Herr-von Hatmehit 225) bist, wenn Du die erhalten hast, die an Deinem Scheitel ist! (13) Wie schön Du bist, wenn Du Kenzet 226) durchzogen und das Ostgebirge durchwandert hast! (7) Wie
(14) Wie
schön Du bist, Re, bei Deinem Aufgang! schön Du bist, Re, bei Deinem Untergang! (LXX 1,1) Wie schön Du bist, Re, der Du Ba-mächtig bist! (2) Wie schön Du bist, Re, der Du untergegangen bist! (3) Wie schön Du bist, Re, wenn Du dahingleitest! (4) Wie schön Du bist, Re, wenn Du erscheinst! (5) Wie schön Du bist, Re, der Du mächtig bist! (6) Wie schön Du bist, Re, wenn Du läufst und läufst! (7) Wie schön Du bist, Re, in Deiner Barke! (8) Wie schön Du bist, Re, in Deiner Abendbarke! (9) Wie schön Du bist, Re, in Deiner Morgenbarke! (10) Wie schön Du bist, Re, wenn Du hoch oben bist! (11) Wie schön Du bist, Re, wenn Du den Himmel befährst! (12) Wie schön Du bist, Re, im Jubel (zu Dir)! (13) Wie schön Du bist, Re – jeden Tag! (15) Wie
B (LXXV 2,20-4,4) (Kol) (Refrain:)
Schn bist Du, wenn Du, Re, am Horizont versinkst!
(LXXV 2,20) Die
Menschheit spendet (Dir) Lob, und Göttinnen haben ihre Arme anbetend (erhoben), (22) »Jubel sei Dir!« spricht die Große-Götterneunheit; (3,1) Menschen und Götter jubeln Dir zu, (2) die Horizontischen-Götter sind froh über Dich, (21) Götter
225. Name der Göttin des Bezirks von Mendes (Kultort einer Widdergottheit, die als Epiphanie des Sonnengottes galt), der offenbar auch als Ortsname gebraucht wurde. 226. Bezeichnung der südlich an Ägypten angrenzenden Region.
219
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (3) denn
sie können Dich erblicken und (4) Deinen Duft (3) riechen, Du auf Erden erstrahlst und dann anordnest; (5) Götter und Göttinnen sind am Loben, weil Du erscheinst, (6) die gesamte Menschheit küßt Dir die Erde, (7) weil Du über dem Land aufgehst, (wie) aus Glanz gemacht, (8) und in Deiner Barke-der-Millionen(-Jahre) fährst. (4) wenn
(9) (Du,)
der Macht über Millionen hat und in der Wahrheit ruht, (10) der Herr-des-Kosmos, Ältester-der-Götter; (11) mit strahlender Gestalt, der Herr des Schmucks, (12) die vollkommene Sonnenscheibe aus Türkis; (13) Chepri, der in der Wahrheit lebt, (14) Vornehmer-Falke, der Herr des Lichts, (15) Re, Greis, Herr-des-Himmels, (16) Mond, der sein Licht schafft 227); (17) Herr des Begattens und Schöpfer der Wollust (18) Herr-des-Kosmos, im Himmel und auf der Erde; (19) (Du,) der (alles) sieht, der Herr der Beiden-Augen, (20) Göttlicher-Falke, der Herr-der-Götter, (4,1) Göttlicher-Ba, mit gewaltiger Kraft, (2) Horizontischer, der dem Urozean entstiegen ist; (3) Begattender-Stier, das Oberhaupt des Volkes, (4) Atum, der alles Seiende entstehen läßt.
9.6 Hymnus und Gebet an Osiris: P. BM EA 10299
(C. K. S.) Papyrusmanuskript mit hieratischer Handschrift. – Datierung: 22. Dynastie (2. Hälfte 10. Jh. v. Chr.). – Fundort: unbekannt, erworben 1821 von H. Salt. – Aufbewahrungsort: London, British Museum (P. BM EA 10299). – Maße: L 30,2 cm, H 27 cm; Recto mit Text in schwarzer Tinte, Verso unbeschrieben. – Erstpublikation: R. A. Caminos, A Prayer to Osiris, MDAIK 16 (1958) 20-24 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 101 f. (Nr. 16); Knigge, Lob 2006, 112 (Nr. 16).
Diese Adresse an Osiris ist möglicherweise Bestandteil eines ursprünglich umfangreicheren Funerärmanuskripts, ähnlich den Totenbüchern; der Text gehört freilich nicht zu deren kanonischem Spruchgut, sondern ist singulär bezeugt. Der Bitte des Verstorbenen an Osiris um ein Totenopfer und damit die Versorgung im Jenseits geht eine lange Eulogie voraus, in der Osiris zu zahlreichen seiner Kultorte in Beziehung gesetzt wird. Bemerkenswert sind die Anspielungen an Elemente des Sonnen-, Lebens- und Schöpfergottes, die der abschließenden Opferbitte unmittelbar vorausgehen: Durch 227. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die Ägypter Kenntnis darüber hatten, daß der Mond nicht selbst strahlt, doch der Passus ließe sich dahingehend interpretieren.
220
Texte aus Ägypten
die Aufsicht über die Nilflut sichert Osiris das Wohl Ägyptens. Die theologische Verbindung von Osiris und Hapi wird erstmals in der 20. Dynastie greifbar und basiert auf der Metaphorik der Regeneration, die sich für die Ägypter einerseits in der mythischen Wiederbelebung des Osiris, andererseits in der realweltlichen jährlichen Nilflut manifestierte. (1) Anbetung
sei Dir, Gott der Götter, Osiris, Herrscher-der-Ewigkeit, Göttliche-Macht, reich geschmückt hmiti der Atef-Krone im Leib der Nut 228), (2) Erhabene-Mumie in Busiris und Tauwer 229)! Erwache heil in Deinem Sarg! (Oh) Sokar-(3) Henu, der in der Verborgenen(-Kapelle) von Hapunebes 230) beheimatet ist, Vornehmer-Knabe in (4) Anchtaui, Großer-Fürst in Heliopolis, Angesehener-Ba Derer-in-Herakleopolis, Herr des Myrrhenharzes (5) in Busiris, König in der Unterwelt und Herrscher von Igeru 231), Herrscher und Ältester-der-Götter, größer als (6) sein Vater und göttlicher als seine Mutter, Lebender-Ba der Götterneunheit! Himmel und Erde kommen zu ihm, die Achs (7) seines Senu-Schreins 232) neigen ihr Haupt. Der Große-Gott, Chontamenti, der in Memphis geliebt wird und nach dessen Gebirge man sich sehnt, der in Abydos beheimatet ist, (8) Herr des Thrones im Ersten Benben-Haus 233), Großer-Gott und Vorfahr seiner Mutter, Herr-der-Weißen-Krone!
228. Dies wohl bereits die erste Assoziation mit dem Sonnengott: Am Abend wurde Re von der Himmelsgöttin Nut verschluckt, durchfuhr während der Nacht ihren Leib und wurde am Morgen von ihr neu geboren. 229. Bezirk der uralten (mythischen?) Residenzstadt Thinis in Oberägypten, in welchem Abydos, der bedeutendste aller Osiris-Kultorte, liegt und der deshalb gesamthaft mit dem Osiris-Kult assoziiert ist. Busiris ist ein alter Kultort des Osiris im Nildelta. 230. Ein Name der Nekropole von Memphis / Saqqara. 231. Bezeichnung für das Totenreich. 232. »Schlangenstein-Haus«: Gemäß etlichen Textquellen Bestandteil verschiedener Tempelanlagen; ob identisch mit den schlangenfriesbekrönten Bauten im Bestattungskomplex des Djoser in Saqqara? 233. Kultort des Sonnengottes in Heliopolis.
221
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
Er läßt die erste(?) (9) Nilüberschwemmung (8) anschwellen, (9) Großer, der die Beiden-Länder mit Leben erfüllt und die Urzeitlichen-Götter in Feststimmung versetzt. Osiris-Chontamenti, (10) gewähre doch dem Osiris Padichonsu ein Gabenopfer.
9.7 Hymnische Anrufungen an die Göttertriade von Theben, Amun-Re, Mut und Chonsu: aus der Königsnekropole von Tanis (Grab König Psusennes’ I.)
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift auf verputzter Grabwand. – Datierung: Regierungszeit Psusennes’ I. (21. Dynastie, 2. Hälfte 11. Jh. v. Chr.). – Fundort: Tanis, Amun-Tempel, Königsnekropole, Grab III/1-2, 1940. – Erstpublikation: P. Montet, La nécropole royale de Tanis II: Les constructions et le tombeau de Psousennès, Paris 1951, 91 f. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Knigge, Lob, 121-126 (Nr. 24).
Nach dem Zusammenbruch des Neuen Reichs und der faktischen Zweiteilung Ägyptens bildete Tanis, wohl schon seit Generationen politisches Zentrum, auch ein geistig-religiöses Gegengewicht zu Theben. Der Amun-Tempel wurde im Namen der Könige der 21. Dynastie, deren Einflußbereich auf das Nildelta und das unterste Niltal beschränkt war, erweitert. Als wesentliche kulturelle Neuerung wurden nun die Königsgräber in das Tempelareal integriert. Die in den Felsboden geschlagenen Grabkammern hatten bescheidene Ausmaße, auch die Wanddekoration war von mittelmäßiger Qualität. Für die Ausstattung mit Funerärtexten wurden verschiedene thebanische Tradition vermischt: Neben Auszüge aus den den Königsgräbern vorbehaltenen Unterweltsbüchern traten hymnische Texte, die bislang nur in nichtköniglichen Bestattungskontexten Verwendung gefunden hattet. Der Text im Grab des Dynastiegründers Psusennes I. vereint Anrufe an die drei Mitglieder der thebanischen Götterfamilie, Amun-Re, Mut und Chonsu. In den Lobpreis Amun-Res als solarer und primordialer Gott ist die Bitte um die Teilhabe des verstorbenen Königs am Sonnenlauf eingebunden. Daß auch Mut und Chonsu im Funerärkontext adressiert werden und zumindest Mut explizit zum Totenopferritus in Bezug gesetzt wird, stellt gegenüber dem Neuen Reich eine weitere Neuentwicklung dar. (1) Sei
gegrüßt, Amun-Re-Horachti-Chepri, der aus dem Urozean entstanden ist! (2) (Du) Einziger, Re, Göttlicher, der die Götter gemacht hat, der hbeii seinem (3) Erscheinen (2) die Erde erhellt. (3) Erleuchte
doch den Osiris König »Groß-ist-das-Wesen-des-Re, der-Erwählte-des Amun«, (4) der Dich am Morgenanbetet und am Abend mit Opfern erfreut. (5) Der Ba des Osiris König »Psusennes-geliebt-von-Amun« kommt mit Dir heraus 222
Texte aus Ägypten (6) an
den Himmel, in der Morgenbarke abreisend, in der Abendbarke anlandend, (7) wobei er sich mit den ›Unermüdlichen-Sternen‹ (8) am Himmel (7) vereinigt. 234) (8) Der
Osiris König »Groß-ist-das-Wesen-des-Re, der-Erwählte-des-Amun« spricht: »Ich will (9) meinen Herrn bis in Ewigkeit (8) hochleben lassen.« 235) (9) Sei gegrüßt, Re-Horachti-Chepri, Der-(10) selbst-(9) entstanden-ist! (10) Du erscheinst am Horizont und strahlst mit Deinen Strahlen auf der Erde. (11) Alle Götter brechen immer wieder in Jubel aus, wenn sie zum König des Himmels blicken. (12) Wende Dein Gesicht doch dem Osiris König »Psusennes-geliebt-von-Amun«, dem Gerechtfertigten und Seligen, zu.« (13) Anbetung der Mut, Herrin-von-Ischru, durch Osiris König »Psusennes-geliebt von-Amun«, den Gerechtfertigten: (14) Sei gegrüßt, Mut, Herrin-von-Ischru, Herrin-des-Himmels und Herrscherin-der-Beiden-Länder und Herrin der Ufer(?) der Inselvölker! (15) Verbinde Dich doch mit dem Der-seinen-Namen-verbirgt. Laß hihni heraustreten zu (seinen) Opfergaben, (bestehend aus) allen Dingen – (16) den Osiris König »Psusennes-geliebt-von-Amun«. (17) Anbetung
des Chonsu-in-Theben-Neferhotep durch Osiris König »Psusennes-geliebt-von-Amun«: (18) Sei gegrüßt, Chonsu-Neferhotep, göttlicher Knabe, Der-seinen-Namen-verbirgt, (19) Erbe des Thrones des Re, vornehmer Jüngling, der (20) aus dem Horizont (19) herausgekommen ist (20) und den Atum selbst erschaffen hat! […]
234. Nach den Lesungsvorschlägen von J. F. Quack, Kritische Bemerkungen zur Bearbeitung von ägyptischen Hymnen nach dem Neuen Reich, WdO 37 (2007) 103. 235. Die Entscheidung, die direkte Rede nach dem Gelübde enden zu lassen, beruht auf keiner äußerlichen Evidenz, sondern lediglich auf der Beobachtung, daß es auch auf den privaten Denkmälern bei dem Lob- und Verkündigungsgelübde bleibt, ohne daß ein Anbetungstext folgen würde. Demnach dient hier das Gelübde des verstorbenen Königs möglicherweise als strukturelle, aber nicht als inhaltliche Einleitung des zweiten Hymnenabschnitts, der seinerseits in der Bitte um die Zuwendung im Jenseits gipfelt.
223
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
9.8 Gebet an Amun, angeblich von einer Tempelmauer abgeschrieben: P. Berlin P 3056 VIII,4-IX,1
(C. K. S.) Papyrusmanuskript mit hieratischer Handschrift. – Datierung: 22. Dynastie (9. Jh. v. Chr.). – Fundort: unbekannt, vermutl. Luxor / Theben. – Aufbewahrungsort: Berlin, Ägyptisches Museum – Papyrussammlung (P. Berlin 3056). – Maße: L 127 cm (ganzer Papyrus), H 25; Recto und Verso mit Text in schwarzer Tinte; Kol. VIII und IX befinden sich auf dem Verso des Manuskripts, die korrekte Zählung wäre also vso. I,4-II,1, doch soll die Konvention beibehalten werden. – Erstpublikation: G. Möller (Hg.), Hieratische Papyrus aus den königlichen Museen zu Berlin, Bd. 2 Hymnen an verschiedene Götter, Leipzig 1905, Tf. 33 f. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: J. Osing, Die Worte von Heliopolis, in: M. Görg (Hg.), Pontes atque Fontes. Eine Festgabe für Hellmut Brunner (ÄAT 5), Wiesbaden 1983, S. 347-361; ders., Die Worte von Heliopolis (II), MDAIK 47 (1991) 269-279; Knigge, Lob, 179-181 (Nrn. 54 f.).
Die insgesamt neun Seiten der Handschrift enthalten vier Einzeltexte, allesamt Hymnen beziehungsweise Gebete; der vierte Text, von den vorhergehenden optisch abgesetzt, umfaßt zwei formal nicht als solche gekennzeichnete Gebete, eines an Amun, eines an Thot gerichtet. Bei ihnen handelt es sich laut Selbstzeugnis um Abschriften, wohl von Graffiti in unmittelbarer Nachbarschaft von reliefierten Götterdarstellungen, denen eine interzessorische Bedeutung zukam; bedauerlicherweise läßt sich nicht überprüfen, ob die Gebete wirklich ursprünglich in Heliopolis aufgezeichnet waren. Beide haben die Bitte einer Betgemeinde um Errettung aus einer kollektiv erfahren Notsituation zum Inhalt. Bevor im ersten Gebet die eigentliche Bitte um Errettung vor einer auf die Stadt anrückenden feindlichen Streitmacht formuliert wird, wird der Gott einleitend als solarer, kosmisch wirksamer, aber auch den Menschen zugewandter und von ihnen verehrter Gott gepriesen. (VIII,4) Die
Worte von Heliopolis, die vor dem Bild des Amun und dem Bild des Thot, befindlich an der Mauer des (5) ›Es-entsteht-der-Ka-des-Re‹ des Hauses-des-Amun, stehen. 236) Das, was vor dem Bild des Amun steht – Rezitation: Oh Vornehmer-Ba, (6) der die Götter erzeugt hat, Herrscher dessen, was er geschaffen hat, sein ist die Neheh-Ewigkeit, der Herr-der-Djet-Ewigkeit – diejenigen darin verehren (7) seine Zauberkraft. Er ist ein Knabe, der sich zu seiner Zeit verjüngt, den Nut (8) Tag und Nacht (7) umhegt hat. (8) Man ist früh auf, um zu ihm zu beten – jeden Tag;
236. Als Bauherr des Heiligtums, von dessen Mauer der Gebetstext abgeschrieben worden sei, wird König Sesostris I. (12. Dynastie, 2. Hälfte 20. Jh. v. Chr.) genannt. Ein Amun-Heiligtum in Heliopolis ist weder inschriftlich noch archäologisch nachgewiesen, was dessen Existenz natürlich nicht ausschließt. Trotz der Bedenken Osings sollte jedoch das Heiligtum von Karnak in Betracht gezogen werden, das unter Sesostris I. einen ersten namhaften Ausbau erfuhr. Theben galt als das »Südliche Heliopolis«.
224
Texte aus Ägypten
alle Arbeit geschieht, indem das Gesicht auf ihn gerichtet ist; (Er,) der (9) für Götter wie Menschen (8) anordnet, (9) was zu tun ist, ohne daß es Widerspruch gegen ihn gäbe, damit es umgehend geschehe. Heliopolis sagt: er doch dem Raub durch die Fremden ein Ende machen, denn das Jahr ist zu Ende und ist wieder an seinem Beginn angelangt, ohne daß (11) die Asiaten damit (10) aufhören würden.‹ (11) Deine Grenze ist bis ans Ende der Welt, so weit Wind und Meer gehen – (12) sollen denn die Seevölker an Deinem Thron drängen und Dich anrufen? (13) Höre doch genau zu! Ägypten fleht deswegen zu Dir, auch der Bezirk von Heliopolis (IX,1) und diese Deine Stadt. (10) ›Möge
Heliopolitanischer 237), Herrscher-der-Herrscher, es gibt keine Bitte, die Du nicht kennen würdest, außer eine schlechte.
9.9 Hymnus und Gebet eines Verstorbenen an den Sonnengott: Stele London BM EA 1224
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift in blau ausgefülltem Relief auf Kalksteinstele. – Datierung: Regierungszeit Osorkons II. (22. Dynastie, 1. Hälfte 9. Jh. v. Chr.). – Fundort: Luxor / Theben. – Aufbewahrungsort: London, British Museum (BM EA 1224). – Maße: H 63,3 cm, B 41,8 cm; über dem Text in der Lunette reliefierte Darstellung des Verstorbenen und seiner Gattin, die Sonnenbarke anbetend. – Erstpublikation: K. Jansen-Winkeln, Die Stele London BM 1224, SAK 17 (1990) 215-219. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Knigge, Lob, 200 f. (Nr. 69).
Nach dem Übertritt ins Jenseits an der Fahrt des Sonnengottes über Tag- und Nachthimmel teilnehmen zu können, war das erklärte Ziel jedes Verstorbenen. Mit den zahllosen Sonnenhymnen aus dem Bestattungskontext sollte die rituelle Kontaktaufnahme des Verstorbenen mit der Sphäre des Sonnengottes begleitet und garantiert werden. Seit Beginn des Neuen Reichs war die Produktion der entsprechenden Texte für Jahrhunderte ungebrochen, so daß auch noch weit im 1. Jt. v. Chr. originäre und originelle Texte wie der vorliegende entstehen konnten. Der Hymnus, welcher den Sonnengott mit konstellativen Motiven (Greis, Jüngling, Falke) ebenso wie mit transzendenten Eigenschaften (Ferne – Nähe, Entzogenheit) assoziiert, mündet in eine relativ ausführliche und individuell gestaltete Bitte an den Sonnengott – jetzt als Jenseitsgott – um die bestmögliche Versorgung im Jenseits und Verschonung vor allem denkbaren Übel.
237. Geläufiges Epitheton des Sonnengottes.
225
Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (1) Re-Horachti
bei seinem Aufgang anbeten durch den Osiris (… Titel der Gerechtfertigte, Sohn des Königs (…). Er spricht:
(2) …)
Uwalata,
(3) Lobpreis
Dir, der im Osten aufgeht! Re, der sich als Jüngling gibt, Großer-Ba, der die Beiden-Länder beschienen und den Weltkreis mit seinem (4) Wesen erfüllt hat, Erhabener-Falke, der die Wolken umspannt hat, ohne daß es für seine Flügel Grenzen gäbe. Höchster, der höher als jeder Gott ist, ohnegleichen unter (5) den Göttern; mit vielen Augen und reich an Ohren. Es gibt kein Land, das sein Wesen entbehren müßte. Göttliche-Macht, die sich selbst immer wieder gebiert und (6) jedes Land mit seinem Farbglanz (5) erhellt. (6) Ferner, der (zu) fern ist, als das sein Ort bekannt sein könnte; es gibt kein Auge, das seine Entzogenheit durchschaut hätte. Gehe doch (auch) für mich auf (7) und wasche (mein) Leiden ab! Halt alles Böse von mir fern und gib (meinem) Schiff Deine Unterstützung 238)! Verschone mich (8) vor Zweitrangigem um mich herum, damit ich zum Himmel, in die Gemeinschaft mit den Sternen fliegen, mich mit den Sternen vereinigen kann! Möge ich nach Heliopolis gehen können, (9) So[kar] (8) zur Seite, (9) als einer von seinem Gefolge, wenn der Hals vor dem ›Müdherzigen‹ 239) mit Zwiebeln behängt wird 240).
9.10 Hymnus und Gebet eines Verstorbenen an Amun als Sonnengott: Stelophor Kairo CG 42237
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift in Relief auf Stelophor aus schwarzem Granit. – Datierung: Regierungszeit Taharqas (25. Dynastie, 1. Hälfte 7. Jh. v. Chr.). – Fundort: Luxor / Karnak, ›Cachette‹ des Amun-Tempels. – Aufbewahrungsort: Kairo, Egyptian Museum (CG 42237 = JE 37852). – Maße: H 40 cm. – Erstpublikation: G. Legrain, Statues et statuettes de rois et de particuliers III (Nos. 42192-42250) (CGC 71), Le Caire 1914, 88 f. – Wichtigste Bearbeitun238. Eine etwas andere Deutung dieser Passage findet man bei Jansen-Winkeln, Stele London, 218. 239. Name des Osiris. 240. Das Umhängen von Zwiebelkränzen war liturgischer Bestandteil des Sokarfestes, eines ab dem Neuen Reich jährlich und landesweit gefeierten Festes zum Totengedächtnis (vgl. C. Graindorge-Hereil, Les oignons de Sokar, RdE 43 [1992] 87-105). Daß der Verstorbene wünscht, dieses ursprünglich memphitische Fest in Heliopolis zu erleben, muß wohl ein weiterer Hinweis auf den solaren Charakter des Totengottes Sokar-Osiris gewertet werden.
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Texte aus Ägypten
gen und Literatur: J. Leclant, Montouemhat. Quatrième prophète d’Amon, prince de la ville (BdE 35), Le Caire 1961, 33-38; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 299-301 (Nr. 85); Knigge, Lob, 228 f. (Nr. 79); J. Heise, Erinnern und Gedenken. Aspekte der biographischen Inschriften der ägyptischen Spätzeit (OBO 226), Fribourg-Göttingen 2007, 62-64.
Als ikonographische Alternative zu den Reliefdarstellungen der Adoranten in rundplastischer Ausführung müssen die stelophoren Statuen betrachtet werden, bei denen der Stifter hinter einer Stele mit dem Anbetungstext kniend dargestellt ist. Im Beispiel des Montuemhat wird Amun – der Bezug des Stifters zu Amuns Hauptkultort Theben ist evident – zunächst als Sonnen-, Ur- und Schöpfergottheit gepriesen, bevor er in einem ausführlichen Gebet als Adressat privater Religiosität und schließlich als Jenseitsgott, implizit mit Osiris gleichgesetzt, um ein gelungenes Begräbnis und vor allem um posthumes Andenken angefleht wird. (1) Der
Vierte Priester des Amun, Graf und Vorsteher von Oberägypten, Montuemhat, der Gelobte – er spricht: (2) Sei gegrüßt, Amun, der die Menschheit gemacht hat, (Du) Gott, der alles, was ist, geboren hat. (3) Tatkräftiger König, Urzeitlicher-der-Beiden-Länder, der die Neheh-Zeit, die er erschaffen hat, (zuvor) geplant hat; Einer-mit-zahlreichen-(4) Machtbeweisen-und großartiger-Respektserscheinung; dessen Formen zahlreicher als die (aller) Götter sind; Einer-mit-großer-Kraft, der (5) die Frevler (4) vertreibt (5) und sein Horn gegen die Bösewichte richtet. Ich wende mich (6) Deinem Namen zu, daß er als Medizin wirke, das Leid aus meinem Leib vertreibe (7) und (weitere) Krankheit (6) fernhalte. (7) Dein Horn sei glühend und Dein Arm beweglich, auf daß er mit meiner Beliebtheit (8) die Herzen der Menschen ausstatte und mich jeder (zu sehen o. ä.) wünsche. Er gebe (mir) ein schönes Begräbnis (9) in der Nekropole meiner Stadt – der Nekropole in seiner Faust. Er mache meinen Namen unverrückbar wie die Sterne des Himmels; (10) er lasse meine Statue wie einen seiner Gefolgsleute dauern. Man gedenke (11) bis in alle Zeiten (10) meines Kas (11) in seinem Tempel. Möge ich doch meine Verjüngung wie der Mond wiederholen können. Name werde zukünftig (11) nicht (12) gehindert (genannt zu werden), für immer und ewig, als (13) Name des Vierten Priesters des Amun und Grafen der Stadt, Montuemhat, des Gelobten. (12) Mein
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
9.11 Anruf und Opfergebet eines Verstorbenen an Osiris: Statue Kairo CG 48631
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift in Relief auf Statue aus Kalkstein. – Datierung: Regierungszeit Psamteks I. (26. Dynastie, 1. Hälfte 7. Jh. v. Chr.). – Fundort: Luxor / Karnak, ›Cachette‹ des Amun-Tempels. – Aufbewahrungsort: Kairo, Egyptian Museum (CG 48631). – Maße: H 70 cm; Inschriften auf allen Flächen der Statue, die hier übersetzte auf dem Rückenpfeiler. – Erstpublikation: J. A. Josephson / M. M. Eldamaty, Statues of the XXVth and XXVIth Dynasties (Catalogue Général), Cairo 1999, 69-74. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: K. Jansen-Winkeln, Zu drei Statuen der 26. Dynastie, BSÉG 25 (2002/2003) 95-114 (hier: 95-104); Knigge, Lob, 226 f. (Nr. 77).
Texte, welche den Opferkult für die Verstorbenen sichern sollten, gewannen im 1. Jt. v. Chr. weiter an Bedeutung, waren jedoch häufig literarisch nicht sehr anspruchsvoll gestaltet, sondern wirken formelhaft und stereotyp. Im folgenden Beispiel sind die entsprechenden Bitten jedoch durchaus individuell gestaltet und in einen kurzen Hymnus eingebunden. Die angesprochene Gottheit ist Osiris, der hier aber primär weder als Jenseits- noch als Sonnengott, sondern als Lebensgott fungiert: Für das Gedeihen all des Blühenden und Grünenden, was sich der Verstorbene für die Ausstattung seines Totenkults wünscht, ist Osiris als Vegetationsgott zuständig. (1) Sei
gegrüßt, Großer seiner Mutter Nut, Osiris, Ältester der 5-Götter, an diesem hohen Tag 241)! Erst(geboren)er seiner Mutter Nut, wenn (2) Die-auf-der-Standarte auf den Dächern (1) hergerichtet werden 242); (2) Herr-des-Feldes und Herrscher der Grünpflanzen – denn er hat die Nahrung gebracht 243), (er,) der Opfergefilde grünen läßt. Bringe (3) doch (alles) für den Zauberer Padiamunnebnesettaui: die Nahrung, die Du für den Zauberer Padiamunnebnesettaui zusammenziehst, die Opfergefilde, die Nahrungsgrundlage des Ka, für den Zauberer (4) Padiamunnebnesettaui und seinen Sohn (…)
241. Vermutlich ist das Neujahrfest gemeint. 242. Ritual in Verbindung mit dem Neujahrsfest, in welchem die Götterbilder in den Tempeln des Landes auf die Tempeldächer getragen wurden, um dort mit den Sonnenstrahlen in Kontakt zu kommen. Es ist sicherlich kein Zufall, daß dies hier so explizit Erwähnung findet; denn es war höchstes Ziel jedes Verstorbenen, ebenfalls der Berührung durch die Sonnenstrahlen teilhaftig zu werden. 243. K. Jansen-Winkeln hat »dem Nahrung gebracht wird« übersetzt. Doch ist in diesem Kontext, der ja Osiris eindeutig als Schöpfer- und Vegetationsgottheit vorstellt, die hier gegebene Übersetzung vorzuziehen.
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Texte aus Ägypten
9.12 Hymnus und Gebet an Re-Atum als Totengott: Stele Kairo CG 22071
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift in Relief auf einer Stele aus Kalkstein. – Datierung: vermutl. 26. Dynastie, 7. Jh. v. Chr. – Fundort: vermutl. Luxor / Karnak. – Aufbewahrungsort: Kairo, Egyptian Museum (CG 22071). – Maße: H 52 cm, B 32 cm; zweigeteiltes Bildfeld, darunter Textfeld mit vier unterschiedlichen Texten in eigenwilliger Anordnung (Text 1 in zwei Zeilen, Text 2 – hier übersetzt – darunter in elf Kolumnen, Text 3 links daneben in vier Kolumnen, Text 4 in vier Zeilen unter Text 2 und »in diesen hinein« geschrieben). – Erstpublikation: Notes et remarques, RT 14 (1893), 20-38.165-185 (hier 175 f.). – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: A. Bey Kamal, Stèles ptolémaiques et romaines, t. 1 (CGC), Le Caire 1905, 66 f.; P. Munro, Die spätägyptischen Totenstelen (ÄF 25), Glückstadt 1973, 229; Knigge, Lob, 244 f. (Nr. 92).
Die Verschmelzung der ursprünglich völlig verschiedenen Aspekte des Sonnengottes Re bzw. Atum bzw. Re-Atum und des Jenseitsgottes Osiris, die bereits im Neuen Reich ihren Anfang genommen hatte, schritt im Lauf des 1. Jts. v. Chr. voran, so daß schlußendlich der Sonnengott als reiner Totengott beschrieben werden konnte – und umgekehrt, und die Gottheit auch ganz explizit als Re-Osiris angesprochen werden konnte. Im vorliegenden Beispiel wird der Sonnengott Re-Atum vom Stelenstifter sehr explizit mit seiner Wirksamkeit im Totenreich assoziiert und mithin als Jenseitsgott angerufen. Der Transzendenzgedanke ist interessanterweise dahingehend gewendet, daß der Sonnengott nicht in den Himmel, sondern in den Westen, also das Jenseits entrückt ist. (Kol. 1) Er
spricht einen Lobpreis auf Re, wenn er im Westen versinkt. Rezitation:
(2) Sei
gegrüßt, der Du als Atum gekommen und als Schöpfer der Götter entstanden bist! (3) Sei gegrüßt, der Du als Ba-der-Bas 244) gekommen bist, unerreichbar im Westen! (4) Sei gegrüßt, Oberster-der-Götter, der die Unterwelt mit seiner Schönheit erhellt! (5) Sei gegrüßt, (dessen) Achs dahingleiten und der in seiner Sonnenscheibe segelt! (6) Sei gegrüßt, der größer als alle Götter ist, der am Himmel erscheint und in der Unterwelt herrscht! (7) Sei gegrüßt, der die Unterwelt zugänglich macht und (zu) den Toren der Wüste der Lebenden führt! (8) Sei gegrüßt, der unter den Göttern ist und in der Nekropole richtet! (9) Sei gegrüßt, der in seiner Unzugänglichkeit ist und die Unterwelt durch seine Zaubersprüche erschaffen hat! (10) Sei gegrüßt, der Du sehr groß bist und (dessen) Feinde an ihrer Richtstätte fallen! (11) Sei gegrüßt, der Du die Rebellen zerstückelt und den Apophis vernichtet hast! 245) 244. Die Bas sind die verschiedenen Erscheinungsformen sowohl der übrigen Gottheiten als auch der Verstorbenen. Während das Epitheton normalerweise den Sonnengott mit dem ersten Aspekt assoziiert, schwingt hier auch der zweite mit. 245. Anklänge an den klassischen Sonnenmythos – den ewig wiederkehrenden und letztlich siegreichen Kampf des Sonnengottes gegen seine Feinde, die Chaosmächte.
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
9.13 Hymnus und Gebet an den Sonnen- und Totengott: Statue Kairo CG 1098
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift in Relief auf einer stelophoren Standschreitstatue aus Granit. – Datierung: Regierung Taharqos (25. Dynastie, 1. Hälfte 7. Jh. v. Chr.). – Fundort: ThebenWest, Deir el-Bahri. – Aufbewahrungsort: Kairo, Egyptian Museum (CG 1098 = JdE 28944). – Maße: H 28 cm (nur Stele); Inschrift auf der Vorderseite der Stele, welche vor den Beinen der Statue steht; der mittlere Textteil ist durch zwei Textkolumnen (Z. 7 der Übersetzung) unterteilt. – Erstpublikation: G. Daressy, 1922. Statue de Ment-m-hat, ASAE 22 (1922), 167 f. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: J. Leclant, Montouemhat, 26-31; Knigge, Lob, 247-249 (Nr. 95).
Der Beginn des Textes ist leider nicht vollständig erhalten, klar ist jedoch, daß es sich dabei um einen Hymnus an den Sonnengott insbesondere in seiner Funktion als Schöpfer und Erhalter des Lebens handelt. Der Text ist aus anderen Quellen nicht bekannt, es handelt sich mit Sicherheit um eine späte Komposition, die sich allenfalls an ältere Vorlagen anlehnt. Im ersten Abschnitt ist die Zeit schlechthin als dem Sonnengott untergeordnet beschrieben; durch seinen Lauf erschafft und begrenzt Gott jedes individuelle Leben. Der mittlere Teil des Hymnus hebt sich stilistisch ab, da er durch die in Kolumne angeordnete Anapher »Re versinkt an seinem Horizont« und zweimal sechs kurze Halbzeilen klar strophisch gegliedert ist. Der Sonnengott wird in seinem Aspekt als Lebensgott vorgestellt, der den Unterhalt von Göttern, Menschen, Verstorbenen und Tieren gewährleistet. Am Ende des Mittelabschnitts wird die Transzendenz und Verborgenheit des Sonnengottes thematisiert. Der Text mündet in die für den Verstorbenen so wichtige Bitte an den Sonnengott, im Jenseits auch für sein ewiges Leben zu sorgen. (1)
[…] der Fürst und Vorsteher-des-Südens Montuemhat, Sohn […].
[…] Freude und Gruß an die Barke des Gerechten 246) […]. […] Vater(?), der die Neun-Bogen-Völker zertrampelt(?). [Möge er sich umwenden(?) …], (4) […] Falke, der sich auf der Fassade niederläßt, Ba, der seine Flügel spreizt, wenn die (Himmels?-)Pforten geöffnet sind; (5) Ewiger 247) – denn die Neheh-Ewigkeit ist in seiner Hand, und die Djet-Ewigkeit in seiner Faust; der das Leben (6) und (seine) Länge bei Menschen und Göttern (5) festsetzt – das, was er an-ordnet, ist Leben. Er handelt als Kind – der Älteste-der-Götter. (2) (3)
(7) Wenn (8) (9)
Re an seinem Horizont versinkt, sorgt er für die Bedürfnisse der Götter, sorgt er für die Bedürfnisse der Menschheit,
246. Maatj: Epitheton des Sonnengottes. 247. Nehehy: Weiteres Epitheton des Sonnengottes.
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Texte aus Ägypten
sorgt er für die Bedürfnisse der Achs; versorgen (sich) die […] durch ihn, (12) versorgen sich die […]aus seiner Hand, (13) versorgt sich sein Vieh durch ihn; (14) tritt er aus dem Tor der Verborgenheit heraus (15) und durcheilt die verborgensten Orte des Himmels – (16) (selbst) verborgen und entrückt, den Himmel bestrahlend. (17) Chepri, der seine Hand aufgrund des Wehgeschreis reicht. (10) (11)
(18) Der
mit [strahlender] Gestalt – er ist die Atemluft, die im Körper ist, denn man atmet die Luft seines Mundes, (19) […], der aus ihm hervorgekommen ist. Laß doch dem Tempelvorsteher Montuemhat Dein Schutz auch sein Schutz sein, Dein Platz auch sein Platz, (20) […]. Möchtest Du ihn vor allem Übel bewahren; sein (Grab?-)Haus soll niemals leer sein – ewiglich.
9.14 Hymnus an den Mond / Thot: aus P. BM 10474 vso.
(C. K. S.) Papyrusmanuskript mit hieratischer Handschrift. – Datierung: 25. od. 26. Dynastie (7./6. Jh. v. Chr.). – Fundort: Vermutl. Luxor. – Aufbewahrungsort: London, British Museum (P. BM EA 10474). – Maße: L 78,5 cm, H 31,6 cm; Recto mit Text der ›Lehre des Amenemopet‹, Verso mit verschiedenen Texten: Onomastikon (1), Kalender (2), Sonnenhymnus (3), Mond-/ Thot-Hymnus (4). – Erstpublikation: F.-R. Herbin, Un hymne à la lune croissante, BIFAO 82 (1982) 237-282. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Knigge, Lob, 210-212 (Nr. 70).
Die heterogene Zusammenstellung der fünf verschiedenen Texte auf Vorder- und Rückseite des Manuskripts, aus ganz unterschiedlichen Textgattungen und ursprünglich verschiedenen Funktionszusammenhängen, kann eigentlich nur einen archivarischen Hintergrund haben. Da jedoch die Fundumstände ungeklärt sind, ist vorderhand nicht zu entscheiden, ob die Handschrift dem Tempel- oder einem anderen Kontext entstammt. Textimmanente Hinweise auf eine ursprüngliche Verankerung im tempelliturgischen Funktionsrahmen bieten jedoch Z. 5 – das »Herauskommen« Thots weist auf rituelle Vorgänge hin – und Z. 6, wo vermutlich der König als Kultvollziehender einbezogen wird. Die Tatsache schließlich, daß der Hymnus aus der hellenistischen und römischen Zeit mit sechs Versionen in vier Tempeln bezeugt ist, belegt seine kultische Relevanz. Der Mond wird im Text traditionsgemäß mit Thot identifiziert, ist aber auch mit deutlich solaren Zügen versehen. Möglicherweise ist der Hymnus nicht vollständig überliefert, da er nach der Überschrift sehr unvermittelt, ohne jede Grußformel und eulogische Einleitung, einsetzt.
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (4,1) Jah anbeten. Rezitation: Der Himmel jubelt unter seiner Entrücktheit. Das linke Auge (2) empfängt das rechte Auge. 248) Jah (kommt) zu seiner Zeit – ohne daß das Fest jeder Phase unregelmäßig werden würde – (3) im Aufgehen und Versinken.
Du bist das Licht, das am Himmel und auf der Erde scheint. Re bejubelt (4) Dich bei Deinem Anblick, das Herz der Horizontischen-Götter ist erfreut, und das Benben-Haus ist auch in Jubel; (5) Jauchzen durchzieht Heliopolis. 249) Thot tritt gerechtfertigt hervor, wobei er das Udjat-Auge als dessen Herr inspiziert, (6) nachdem er sich seine Bestandteile vervollständigt hat. 250) Herrscher, den die Götter lieben – laß doch seinen Namen ewig dauern. (7) Für Dich sind Theben, Heliopolis und Theben gegründet worden, für alle Ewigkeit.
9.15 Hymnus an Ma’at im Tempel von Hibis in der Oase El-Charga
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift auf Tempelwand. – Datierung: Regierungszeit Dareios’ I. (27. Dynastie, 1. Hälfte 5. Jh. v. Chr.). – Fundort: El-Charga, Hibis-Tempel. – Erstpublikation: N. de G. Davies, The Temple of Hibis in El-Khargeh Oasis, vol. III. The Decoration (PMMA – EgExp 17), New York 1953, Tf. 12. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 461-464 (Nr. 141); E. Cruz-Uribe, Hibis Temple Project 1: Translations, Commentary, Discussions and Sign List. San Antonio,Tx. 1988, 62 f.; Foster, Hymns, Prayers, and Songs, 122 f. (Nr. 53); Zecchi, Inni religiosi, 156-158 (Nr. 24).
Der Tempel des Amun-von-Hibis in der Oase El-Charga stellt ein singuläres Denkmal Ägyptens dar, denn er ist nahezu ausnahmslos während der persischen Okkupation dekoriert worden. Die persischen Großkönige, namentlich Dareios I., sind als ägyptische Könige, mit entsprechendem Ornat und vollständiger Titulatur beim Kultvollzug dargestellt. Die im Tempel erhaltenen Texte sind als Zeugnisse der theo-
248. Das »rechte Auge« des Sonnengottes war die Sonne, das linke der Mond. 249. »Heliopolis« und »Benben-Haus«, ein Sanktuar für den Sonnengott in Heliopolis, setzen den Mond eindeutig zum Sonnengott in Beziehung. 250. Nach dem Mythos wurde das von Seth dem Horus entrissene linke Auge von Thot neu zusammengesetzt (»geheilt« = ägypt. wd (.t)). Hier liegt offenbar eine Vermischung mit der ¯ bereits eingangs des Hymnus assoziierten Vorstellung von Sonne und Mond als den zwei Augen des Sonnengottes, mit dem Thot gleichgesetzt wird, vor.
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Texte aus Ägypten
logiegeschichtlichen Entwicklung von zentraler Bedeutung und stellen wichtige Bindeglieder zu den ptolemäerzeitlichen Tempelinschriften dar. Der eulogisch gestaltete Text ist ein tempelliturgisches Lob der Ma’at als Erschafferin und Gefährtin der anderen Götter und Beschützerin des Sonnengottes. Anschließend folgt die Präsentation der Ma’at als Opfergabe durch den König sowie Bitten um Schutz und Unterstützung des Königs durch Ma’at. (1) Rezitation
durch den König-von-Oberägypten-und-Unterägypten und Herrn-der-Beiden-Länder »N.N.«, den Sohn-des-Re und Herrn-der-Kronen »N.N.«, der ewig lebt: Anbetung der Ma’at durch (2) (ihre) Väter, Amun-Re und Ptah:
Sei gegrüßt, Ma’at, Tochter-des-Re, die sich mit den Göttern vereint, die von Ptah unaufhörlich geliebt wird, die (3) die Brust des Thot (2) schmückt (3) und (sein) Wesen erschafft, die die Bas-von-Heliopolis erfreut und die Beiden-Götter hmiti (4) ihrem Handeln (3) befriedet, (4) die das Perwer-Heiligtum 251) mit Leben und Herrschaft anfüllt, sobald ihr Antlitz geöffnet ist. (Du,) von der die Götter ausgegangen sind, die die Köpfe der (5) Rebellen (4) zur Ruhe bringt, (5) durch die die Opfergaben im Heiligtum des Herrn-des-Alls bereitet werden und die das tägliche Opfer darbringt. (6) (Du,) deren Thron im Dreißiger-Kollegium erhaben ist, die die Widersacher des Atum kocht 252). Dies ist wahr, (7) und mit Sicherheit keine Lüge: Der Sohn-des-Re »N.N.«, der ewig lebt und der Ma’at gemeinsam mit Thot emporhebt und dessen Leib (8) mit ihr angefüllt ist bei der Menschheit – er überreicht sie an Amun-Re und Ptah und Amun-von-Hibis, (9) den Starkarmigen, und an die Große-Götterneunheit im Prinzenhaus in Heliopolis. Wenn Re erscheint, erscheint er der Ma’at schön(?); (10) Ma’at erscheint im Herzen des Re; Wenn der Sohn-des-Re »N.N.«, der ewig lebt, erscheint, (11) erscheint er der Ma’at schön(?).
251. Name eines (mythischen?) Heiligtums im alten Kultort Elkab / Necheb; zusammen mit der Erwähnung des Götterpaares Horus und Seth durchaus plausible Referenz an die Wirksamkeit der Göttin in historischer Frühzeit. 252. Lesung psj; oder lies psg »bespeien«?
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli
Komm doch zum Sohn-des-Re »N.N.«, der ewig lebt! Mögest Du für immer Deinen Platz an (12) seiner Stirn und an seinem Mund haben – (dem Mund des) Sohnes-des-Re »N.N.«. Mögest Du im Himmel und auf Erden […] für (Deinen) Vater Re, (13) nachdem Du aus ihm hervorgegangen bist; mögest Du in ihm erscheinen an diesem schönen Tag mit Deinem Namen (14) »Chait«. Möge Dein schönes Antlitz zufrieden sein mit dem Guten-Gott, Herrn-der-BeidenLänder »N.N.«, dem Sohn-des-Re »N.N.«
9.16 Litanei an Amun im ›Geburtshaus‹ des Tempels von Dendera
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift auf Tempelwand. – Datierung: vermutl. Regierungszeit Nektanebos’ II. (30. Dynastie, Mitte 4. Jh. v. Chr.). – Fundort: Dendera, Hathor-Tempel, ›Geburtshaus‹ d. 30. Dynastie. – Erstpublikation: F. Daumas, Sur deux chants liturgiques des mammisis de Dendara, RdE 8 (1951) 31-46 (hier: 35-38). – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: F. Daumas, Les mammisis des temples égyptiens, Paris 1958, 429-431; F. Daumas, Les mammisis de Dendara, Le Caire 1959, 31; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 342 f. (Nr. 91).
Ab dem späteren Neuen Reich war es üblich geworden, den Söhnen der jeweiligen lokalen Göttertriaden größere theologische und kultische Aufmerksamkeit zu widmen; dies geht aus den Bildprogrammen sowie architektonischen Einheiten der Tempel hervor. Diese Entwicklung führte in der Spätzeit dazu, daß zumindest den größeren Tempelkomplexen des Landes gesonderte Heiligtümer angefügt wurden, die dem theologischen Geburts- und Kindgottkomplex geweiht waren. In Dendera, einem traditionellen Kultort der Göttin Hathor, war das ›Geburtshaus‹-Heiligtum ihr in der Mutterrolle und ihrem Sohn, dem Gott Ihy, gewidmet; in Gleichsetzung mit Horus wurde Ihy mit dem regierenden König assoziiert. Die Rolle des Vaters übernahm zumindest in der Spätphase der ägyptischen Theologiegeschichte der Allgott Amun. Im hier übersetzten, anaphorisch gestalteten tempelliturgischen Lob wird Amun als Schöpfer- und Lebensgott charakterisiert, der seiner gebärenden Göttergattin ebenso wie dem frommen Individuum und schließlich dem König als persönlicher Schutzgott zur Hilfe eilen möge. (1) Rezitation:
Amun, komm doch eilends zu Hathor, der Herrin-von-Dendera und […]! (2) Du
bist es, der Atem an jede Nase gibt und den mit zugeschnürter Kehle am Leben hält. (3) Du bist der süße Hauch, der das Böse [zurückschlägt?] und jedes Leid fernhält. (4) Du bist […], der weiß, was im Leib ist, und der sich ohne Ermüden die Ewigkeit erschließt. (5) Du bist es, der sich dem Loyalen stärkend naht und allen den Arm führt. 234
Texte aus Ägypten (6) Du
bist es, der das Küken in seiner Schale am Leben hält und den Samen in den Knochen bildet. (7) Du bist es, der im Unglück gerufen wird und Freude in die betrübten Herzen legt. (8) Du bist der Herr-des-Lebens, der (es) dem gibt, den er liebt, und mit dem zufrieden ist, der die Ma’at übt. Du bist es, der ein gerechtes Herz hat und Ungerechtigkeit haßt, und der dem Loyalen Freude(?) gibt. (9) Du bist es, der die Bitten von jedermann [hört] und dessen Ohren […] offen sind – in jedem Leib ist die Ehrfurcht (vor Dir) groß. (10) Du bist es, der alles dies geschaffen hat, ohne […] (11) Komm
doch zum König-von-Oberägypten-und-Unterägypten, Ihy-dem-Großen, dem [Sohn]-der-Hathor, Horus […], dem Kind und Sohn-der-Hathor! (12) […] das Böse. Eile zu seinem Ka, Amun-Re[-König-der-Götter], Der-in-Karnak-wohnt! (13) […] in Frieden. Möge Dein vollkommenes Antlitz dem Sohn-des-Re »[…]«, dem ewiges Leben gegeben ist, wohlgesonnen sein.
9.17 Hymnen und Litaneien an Isis-Hathor aus dem Isis-Tempel von Philae (Hymnen II, V, VI, VIII)
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschriften an Raumwänden im Tempelinneren. – Datierung: Regierungszeit Ptolemaios’ II. (1. Hälfte 3. Jh. v. Chr.). – Fundort: Philae, Isis-Tempel, Räume VII und X. – Erstpublikation: G. Bénédite, Le temple de Philae, Paris 1893, 41.58-63. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: L. V. Zˇabkar, Six Hymns to Isis in the Sanctuary of Her Temple at Philae and Their Theological Significance, Part I, JEA 69 (1983) 115-137; L. V. Zˇabkar, Hymns to Isis in Her Temple at Philae, Hanover, NH / London 1988; J.-Cl. Goyon, Rez. zu L. V. Zˇabkar, Hymns to Isis (1988), CdE 68 (1993) 87-93.
Das Heiligtum auf der Nilinsel Philae unweit der Stadt Assuan / Elephantine und dem Ersten Nilkatarakt war ein Hauptkultort der Göttin Isis. Im Verlauf der spätzeitlichen Theologiegeschichte entwickelte sich Isis mehr und mehr zu einem weiblichen Pendant des männlichen Sonnen- und Allgottes Amun-Re-Horachti und wurde zur pantokratorischen, kosmischen Göttin, als solche sie auch außerhalb Ägyptens, in weiten Teilen des Römischen Reichs verehrt wurde. Die ägyptische Ausprägung dieser insbesondere aus griechischen Quellen bekannten Isis findet sich in den folgenden Hymnen aus dem Heiligtum von Philae. Sie stellen ein tempelliturgisches Lob der Isis als Sonnengöttin, Mutter und Beschützerin des Königs, der ja mit ihrem Sohn Horus gleichgesetzt wurde, Gattin und Beschützerin des Osiris, rezitiert anläßlich von Neujahrsfeierlichkeiten. Teilweise ist die Göttin mit Hathor gleichgesetzt. In den begleitenden Bildfeldern befinden sich Opferszenen des Königs vor der Göttin.
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A – Hymnus II (Z. 1) (Refrain:)
Anbetung sei Dir, Große-Isis, Gottesmutter, Herrin-des-Himmels und Herrscherin-der-Götter.
(Kol. 1) (Anbetung)
der Ersten-Königlichen-Gattin des Onnophris 253), der mit Gold umgeben ist in den Tempelhäusern und Ältesten-Sohnes, Erstlings-des-Geb.
(2) (Anbetung)
Dir, der Ersten-Königlichen-Gattin des Onnophris, des Herrn-der-Stärke, der jeden seiner Feinde fällt, des Gottes, der (in) Ewigkeit herrscht.
(3) (Anbetung)
Dir, der Ersten-Erwählten des Onnophris, des vollkommenen Jünglings, der unter den Übelgesinnten der Beiden-Länder ein Massaker anrichtet.
(4) (Anbetung)
Dir, der Ersten-Königlichen-Gattin des Onnophris, die ihren Bruder beschützt und über die Müdherzigen 254) hütet.
(5) (Anbetung)
Dir, der Ersten-Königlichen-Gattin des Onnophris, des Ewigen, der sich verjüngt und die Ewigkeit errichtet hat – Du wirst gemeinsam mit ihm in Bigga 255) sein.
B – Hymnus V (1) Der
König-von-Ober- und Unterägypten ›Stark-ist-der-Ka-des-Re, Geliebter-desAmun‹ ist bei der Anbetung seiner Mutter, Isis, der Herrin-des-Himmels: Möge sie in ihr Haus kommen, um sich mit ihrem Bild zu vereinen, wobei ihr Glanz die Gesichter überflutet, wie Re, (2) wenn er sich am Morgen zeigt. Weiblicher-Horus, geliebt vom Großen-Horus, Mutter-des-Horus, welche Atum geschaffen hat; Große-Königsgattin, die mit Re vereint ist und ihren Bruder Osiris beschützt.
(3) Die
die Beiden-Länder ergreift und Götter und Göttinnen beherrscht. Die die Starken attackiert – 253. Wennefer: Name des Osiris. 254. ›Der Müdherzige‹ ist eine Bezeichnung für Osiris und, davon abgeleitet, für alle Verstorbenen. 255. Kleinere Nachbarinsel von Philae, ebenfalls mit einem Isis-Heiligtum.
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Texte aus Ägypten
stärker als die Stärksten und mächtiger als die Mächtigsten; die (durch) Abhacken ihrer Köpfe Millionen schlägt – mit großem (4) Gemetzel gegen ihre Feinde. Herrin-der-Flamme, die ihre Feinde angreift und den Apophis auf dem Rücken zerstampft – Uräus-des-Re, Ringelschlange an seiner Stirn, die in der Barke des Königs für Ordnung sorgt. (5) Große-Isis,
Gottesmutter, Herrin-von-Philae, Mutter-des-Horus und Tochter-des-Re, die sein Herz liebt – alles, was sie sagt, geschieht umgehend, ihr Plan wird in ihren Heiligtümern verehrt –
(6) laß
die Jahre des Sohnes-des-Re und Herrn-der-Kronen ›Ptolemaios‹ dauern, der bleibend ist wie der Falke-auf-der-Palastfassade, daß er als König-von-Ober-und-Unterägypten auf dem Horusthron erscheine, wie Re – (in) Ewigkeit.
C – Hymnus VI (1) Der
König-von-Ober- und Unterägypten und Herr-der-Beiden-Länder ›Stark-ist-der-Ka-des-Re, Geliebter-des-Amun‹ ist bei der Anbetung seiner Mutter Isis, der Starken-Herrin: Komm zum Palast, die (Du) Götter und Menschen belebst; zu deren Ka sich Heh ausgestreckt hat, die Re an sein Haupt erhoben hat und die als Uräus an seiner Stirn leuchtet.
(2) (Du,)
(Du,) die aufgeht und die Finsternis vertreibt, die auf dem Urozean fährt – (3) mögest Du aus im / aus dem Wasser (des Himmels) strahlen, die (Du) in der Barke des Re überquerst. Horus-des-Ostens bereitet Dir ein Großopfer und der ›Sitz‹ in Heliopolis ist in Festglanz, (4) am Sechs-Tage-Fest in Heliopolis (3) wird Dir geopfert; 256) (4) die großen Feste sind außerordentlich, großartige Halbmond-Feste, wenn sie für Dich ausgerichtet werden, mit schweren Opferspenden in Bigga – für immer und ewig für Deinen Ka. 256. Die Nennung von Heliopolis als Kultort der Isis stellt klar eine Solarisierung der Göttin dar.
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Carsten Knigge Salis / Maria Michela Luiselli (5) Mögest
Du in (Deinem) erhabenen, großen Palast ruhen, komm doch zum Palast-der-Feste, zur besten Zeit. (Du) Silbergold(ene) 257) – Re, der Beherrscher-der-Beiden-Länder, ist nicht fern von Dir, (6) damit die Vornehme im Totenreich im Gefolge ihres Bruders Osiris herumziehen kann. Beschütze den Sohn-des-Re ›Ptolemaios‹, den Einzigartigen, Seine-Majestät, auf dem Thron Deines Sohnes – für immer und ewig.
D – Hymnus VIII (1) Der
König-von-Ober- und Unterägypten und Herr-der-Beiden-Länder ›Stark-ist-derKa-des-Re, Geliebter-des-Amun‹ ist bei der Anbetung seiner Mutter:
Rezitation: Sei gegrüßt, Isis, Du Zauberreiche, Älteste (2) aus dem Leib ihrer Mutter Nut, 258) wirkmächtig im Himmel für Re. Anbetung sei Dir in der Abendbarke, und (3) Lobpreis für Dich in der Morgenbarke; Du, die alle Götter geboren hat. Der Sohn-des-Re ›Ptolemaios‹ kommt hiermit zu Dir, Herrin-des-Lebens, an diesem perfekten Tag, (4) an dem (3) Du erschienen bist, (4) daß er Dir die Uräus-Schlange ansetze (od. aufrichte) und Dir Dein Vorderstes-Diadem befestige – ›Stark-ist-der-Ka-des-Re, Geliebter-des-Amun‹, dein Sohn Horus Dein Ka möge zufrieden sein, (5) Herrin-des-Lebens, an diesem perfekten Tag, an dem Du erschienen bist – denn die Götter haben Dich nach Deinem Wüten besänftigt. Geliebte-des-Re, die Du in (6) seiner Barke bist, dabei, den Apophis durch die Wirkmacht Deines Ausspruchs zu vertreiben. Siehe, ›Ptolemaios‹ kommt zu Dir, daß er gereinigt (Deine) Schönheit anbete. (7) Das
Böse hinter ihm, das ihm angehaftet hat, ist ausgetrieben, ausgetrieben ist auch sein Übel von diesem Jahr; 257. Altes Epitheton der Hathor, mit der Isis immer wieder gleichgesetzt wird. 258. Auch dies eine typische mythologische Charakterisierung des Sonnengottes und seiner Bahn am Himmel; vgl. das Folgende.
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Texte aus Ägypten
sein Rücken (8) ist ihm zugewandt, denn er hat dafür Opfergaben gespendet. 259) Und so ist sein Gesicht der Herrin zugewandt: Wie willkommen bist Du erneut! (Es folgt ein inhaltlich zwar anschließbarer, aber nicht mehr zum Hymnus gehöriger Abschnitt.)
9.18 Hymnen an Min im Tempel von Edfu (Edfu I,394.397.398.400)
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschriften an Raumwänden im Tempelinneren. – Datierung: Späte Ptolemäerzeit (1. Jh. v. Chr.). – Fundort: Edfu, Horus-Tempel, ›Saal der Götterachtheit‹. – Erstpublikation: E. Chassinat, Le temple d’Edfou, tome 1 (MémMissArchFrançaiseCaire 10), 2., verbesserte Auflage Le Caire 1987 (11892). – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 378-381 (Nrn. 111-114); Zecchi, Inni religiosi, 163-166 (Nrn. 26 f.).
Wie in allen ptolemäer- und römerzeitlichen Tempeln Ägyptens, sind auch die Wände des Horus-Tempels in Edfu komplett mit mythologischen und liturgischen Texten und Darstellungen bedeckt. Der Edfu-Tempel gilt als der besterhaltene Tempel Ägyptens überhaupt und geht in seiner heutigen Form auf einen spätptolemäischen Neubau zurück. 260) Unter den unzähligen, sprachlich wie schriftlich sehr anspruchsvollen Texten finden sich etliche Hymnen, darunter die folgenden Beispiele. Sie sind nominell nicht an Horus, sondern an Min adressiert, da die Eigenschaften dieser beiden Gottheiten ab der Spätzeit verschmolzen waren bzw. als komplementär betrachtet wurden. In den Texten selbst werden beide Gottheiten explizit gleichgesetzt. Das liturgische Lob preist Min als Sonnengott, Schöpfer- und Fruchtbarkeitsgott sowie als Vater und Beschützer des Königs. In den begleitenden Bildfeldern ist der König in Opferszenen vor Min dargestellt.
A (5) Rezitation:
Sei gegrüßt, Min-Amun, Herr-der-Weißen-Krone, mit der großen Doppelfederkrone auf Deinem Haupt! König-der-Götter, Mit-erhobenem-Arm, der (seinen) Arm reckt. (4) Gedenke
meiner, Min, so wie Du Deines Auges (als Teil) Deines Leibes gedenkst –
259. Schwer verständliche Textpassage, die auf das Neujahrsfest und seine Bedeutung für den König Bezug nimmt. 260. Vgl. D. Arpagaus, TUAT. NF 6, 97-239.
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nimm es (3) in seinem bekannten Namen der ›Prinzessin-die-als-Ringelschlange-an Deiner-Stirn-erscheint‹ (4) an Dich! (3) Möge es das Schutz-Ritual über Dir performieren (2) und Dein Ansehen vermehren, möge es Dein Bild verherrlichen, in seinem bekannten Namen als ›Das Zauberreiche‹. (1) Hier
komme ich zu Dir, ich bin Dein Sohn; beschütze mich vor dem Übel, das mir niemals widerfahren möge, ewiglich.
B (5) Rezitation:
Sei gegrüßt, Horus-von-Edfu, Großer-Gott und Herr-des-Himmels! Du bist im Himmel gerechtfertigt, Du bist auf (4) Erden (5) gerechtfertigt, Du bist gerechtfertigt. Min ist stark, Min ist erhaben, durch seine Stärke kann Min (alles) ergreifen, so wie es sein Vater, (3) der Herr-des-Kosmos, (4) für ihn anordnet.
(4) (ja,)
(3) Sei
gegrüßt, Min, Herr-von-Koptos und Herr des Senut 261)! Du bist als Horus, der Herr-der-Doppelkrone, erschienen, (2) Kampferprobter, der die Messer wirft – öffnet er den Mund, können seine Feinde nicht widerstehen. (1) Herr-des-Ansehens, mit angenehmem Duft – öffnet er sein Auge, können die Beiden-Länder sehen; 262) Horus, der die beiden Himmelshälften 263) überquert, mit weitem Schritt in der Barke der Millionen (Jahre).
C (6) Rezitation:
Sei gegrüßt, Min, Ithyphallischer-Stier! Mögest Du begatten – Deine Kraft ist groß; Du bist wahrlich der Gatte, (5) Herr der Schönen-Damen. Ithyphallischer-Stier, Mit-süßer-Liebe, Mit-schönem-Gesicht und festlich-geschminkter Augenpartie. 261. Name eines Heiligtums des Sonnengottes in Heliopolis; durch die Bezugsetzung Mins zu diesem Kulttopos wird die Liste der solaren Aspekte um einen weiteren Aspekt verlängert. 262. Entscheidend ist hier nicht, daß der Sonnengott das Land betrachtet, sondern daß das Land, die Menschen also, durch den Blick des Sonnengottes selbst, der Licht bedeutet, sehen können (vgl. Knigge, Lob, 99 f.). 263. Falls der Dual als solcher einen Sinngehalt hat, könnte man an den Tag- und den Nachthimmel, oder auch an den östlichen und den westlichen Himmel denken.
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Starker-König (4) unter den Göttern, der die Ehrfurcht vor sich in die Götterneunheit bringt. (3) Die Göttinnen jubeln wegen seines Parfümdufts, (2) ihre (3) Herzen freuen sich (2) über seine Liebe. Sei gegrüßt, Herr-der-Liebe, Vornehmer-Gott unter den Vornehmen(-Göttinnen); (1) begattender Stier, der die Wollust liebt – die Göttinnen freuen sich beim Anblick seiner Schönheit.
D (3) Rezitation:
Sei gegrüßt, Min, (Du) König und Starker-Horus, Mit-hoher-Doppelfederkrone, König-der-Götter, Großer-Gott, Herr-des-Großen-Hauses, Herrscher, Herr-des-Flammenhauses 264)! Einzig(artig)er Gott – (nur) in seiner Schönheit kann man sehen; Oberhaupt der Welt der Lebenden, Liebling – (sein) Sonnen-Auge strahlt, der die Beiden-Länder mit Elektron(glanz) eindeckt, der Herr-der-Strahlen, Schöpfer der Helligkeit – (2) in seinem Licht (3) kann jedes Gesicht leben. (2) Herr-der-Vollkommenheit und Herr-des-Schrecken, Horus-der-Starkarmige, der aus dem Horizontbereich heraustritt und mit seiner Flamme das Unheil von den Beiden-Ländern fernhält. Starker-König, Herr-der-Götter, Herr-der-Wahrheit, der niemals ein Fehler begeht, Mit-großem-Ansehen in allen Ländern, der Herr-der-Kronen und Herrscher-des-Doppeluräus, (1) Großer-Gott, Lebendiger, Schöpfer der Neheh-Ewigkeit und Erschaffer der Djet-Ewigkeit, Herr-der-Gestalten, in dessen Mund die Schöpferwortkompetenz ist – alle Dinge entstehen gemäß dem, was er angeordnet hat, der Schöpfer des Himmels, der die Götter geboren hat, der Schöpfer der Erde, der die Menschheit geschaffen hat, der Herr-des-Auslandes, Schöpfer der Beduinen,
264. Zwei zumindest in ptolemäischer wohl nurmehr mythische Heiligtümer in Buto (Unterägypten) und Elkab (Oberägypten), als deren Kultherr Min nach seiner Gleichsetzung mit Horus als mythischer Begründer des ägyptischen Staates gelten kann.
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der Herr-der-Tiere, der erschafft, wovon sie leben können und ihren tagtäglichen Lebensunterhalt sichert.
9.19 Hymnus an Amun im ›Geburtshaus‹ des Tempels von Edfu
(C. K. S.) Hieroglyphische Inschrift im Tempelinneren. – Datierung: Späte Ptolemäerzeit (1. Jh. v. Chr.). – Fundort: Edfu, Horus-Tempel, ›Geburtshaus‹. – Erstpublikation: E. Chassinat, Le mammisi d’Edfou (MémMissionArchFrançaiseCaire 16), Le Caire 1939, 47 f. – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: F. Daumas, Les mammisis, 431-434; Barucq / Daumas, Hymnes et prières, 344-347 (Nr. 93).
Ein weiteres tempelliturgisches Lob des Amun als Schöpfer- und Lebensgott und Bitten um seinen Beistand. Diesmal ist es Hathor als seine mit Isis gleichgesetzte Tochter, der er bei der Niederkunft mit ihrem Sohn Harsomtus zu Seite stehen soll. Das verwirrende Nebeneinander verschiedener Mythen und Mythoskonzepte erklärt sich vor dem Hintergrund, daß die zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandenen Mythen allesamt kanonische Gültigkeit und den Anspruch besaßen, Realität zu repräsentieren. Ältere Mythen wurden niemals durch jüngere ersetzt, sondern höchstens erweitert, komplementiert und interpretiert. Neben den Bildprogrammen der spätzeitlichen und hellenisch-römischen Tempel waren es vor allem die Hymnen und andere Kulttexte, welche diese theologische Interpretationsarbeit zu leisten hatten. Mithilfe des nachfolgend übersetzten Textes wurde die Integration des Amun in den Isis-Horus-Zyklus gewährleistet. (1) Rezitation:
Komm in Frieden, Herr-der-Götter! Berühre den Temenos-des-Lebens mit einem süßen Lufthauch. Bist Du (nicht) im Himmel, und kommst eilends, die Bas der Götter hinter Dir? Bist Du (nicht) auf Erden? – Komm im Haus-des-Zeugens an, die Heiligtumsbewohner um Dich herum. Existierst Du (nicht) in Deiner Gestalt als Atemluft, und bist in der Unterwelt bei dem Müdherzigen? – Betritt das [Haus-des-Bettes], indem Du den Türflügel öffnest und wobei die Schutzgötter in Deiner Barke sind. Bist Du nicht an [der Spitze Nubiens …, während(?) Dein Herz im] Tal ist? Fliege als Falke (zu?) Deiner Treppe des Hauses-des-Säugens während die Glückseligen (2) Deine Genossen sind. Deine Tochter ist schwanger; sie hat ihre Frist erfüllt, ihre Augen verfolgen Dein Kommen. 242
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Komm, beeil Dich und zögere nicht, Herr-der-Götter! Wende Dich nicht nach dem, was Du verlassen hast, um, laß Dich nieder, Große-Sonnenscheibe, und gib Deiner Tochter Luft; sprich doch und umhege Deinen Liebling – (Du,) der Luft an die Nase dessen, der ihrer bedarf, gibt. Deine Arbeit ist es, (3) alle Dinge leben zu lassen – (von) den Göttern bis zu den Würmern. Das ist der Abscheu Deines Ka, (das) was Deine Majestät haßt: das Töten irgendeines lebenden Auges. Man ruft Deinen Namen am Tag des Getümmels, denn (Du bist es,) der stets seine Schneide dem Bedrängten reicht, und erhältst den am Leben, der Dich ruft und an [den Du Dich erinnerst], so daß er gesund und wohlbehalten eine (Schatz-)Kammer suchen kann; ruft er auf stürmischer See Deinen Namen, kann er sich in Ruhe dem Uferland nähern; erhörst Du die Schwangere, 265) sucht ihr Herz, Dich um Atemluft zu bitten – für das, was in ihrem Leib ist; laß also den süßen Hauch in Deiner(?) Faust zu ihr aufsteigen, sodaß sie niederkommen kann. Nenne Deinen Namen ›Amun‹ Deiner Tochter, dem Gold-der-Götter, der Geliebten Deines Ka unter den Göttinnen, die mit dem König schwanger ist, den Herrscher, Sohn des Herrschers, der seinen Vater rächt und seiner Mutter antwortet(?). Amun, komm zur Großen-Hathor, indem Du eilends (und doch) in Ruhe herbeikommen mögest! Komm auch Du in Frieden, seine Tochter, Weiße-Krone, und tue Dein Werk in seinem Gefolge! (Du,) die ihr Leben dem Harsomtus, dem Kind und Sohn der Hathor, gibt.
265. Diese Formulierung ist derjenigen der älteren Bearbeiter vorzuziehen; sie beinhaltet eine interessante chiastische Wendung, indem sie zuerst die Wirkung (»erhören«), dann die Ursache (»bitten«) benennt.
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Daniel Arpagaus
10. Vier ptolemäer- und römerzeitliche Hymnen zur Abwendung von Seuchengefahr
Daniel Arpagaus Auch wenn im Alten Ägypten, also Jahrtausende vor unserem »bakteriologischen Zeitalter«, bereits handfeste, wissenschaftliche Theorien über die Überträger von Seuchen kursierten – man vermutete z. B. Ratten 266) und Fliegen 267) – und man über potentielle Seuchenherde wie etwa stehende Gewässer 268) spekulierte, so stellte man sich doch den Ausbruch einer Seuche in Ägypten wie im Vorderen Orient per se 269) als eine göttliche Strafintervention vor. Solchen gottgesandten Seuchen war kaum medizinisch 270) beizukommen, eher noch versprach man sich Erfolg von Besänftigungsritualen und Anrufungen der erzürnten Götter. Als diejenige Göttin, der es oblag das Land mit Seuchen heimzusuchen oder aber es davor zu bewahren, galt allen voran die löwengestaltige Sachmet (10.1) und andere, mit ihr assoziierte Göttinnen wie Bastet (10.2) oder Mut (10.3). Angesichts der katastrophalen Folgen von Seuchen erstaunt es auch nicht, daß der »Befriedung der Sachmet« enorme Anstrengungen gewidmet wurden. Amenophis III. etwa hat ein gewaltiges Statuenprogramm von 2 365 Granitstatuen der Sachmet initiiert, die heute über unzählige Museen der Welt zerstreut sind, in ihrer ursprünglichen Konfiguration aber eine Art Versicherungspolice mit doppeltem Rundumschutz für alle Tage des Jahres darstellen sollten.271) In der Seuchenprävention tätig waren denn auch die Priester der Sachmet, denen Fragen der Hygiene und etwa auch die Meldepflicht von Seuchenverdachtsfällen bei Mensch und Tier oblagen. 272) Als besonders anfällig für Seuchen266. So offenbar in der »Tagewählerei«, wo für einen bestimmten Tag angemahnt wird »keine Ratte zu erblicken«, weil an diesem Datum »sämtliche Angelegenheiten der Sachmet« abzuwehren seien; vgl. Chr. Leitz, Tagewählerei. Das Buch h t nhh ph.wy dt und verwandte Texte ¯ ˙ ˙˙ ˙ (ÄA 55), Wiesbaden 1994, 205-208. 267. Vgl. W. Westendorf, Papyrus Edwin Smith: Ein medizinisches Lehrbuch aus dem alten Aegypten, Bern / Stuttgart 1966, 99-100; N. Flessa, »(Gott) schütze das Fleisch des Pharao«: Untersuchungen zum magischen Handbuch pWien Aeg 8426 (CPR 27), München 2006, 4247. Man vergleiche auch noch eine Passage des »Mythos vom Sonnenauge« von Pap. Leiden I 384, in der eine Emanation der Göttin Sachmet als feurige Löwin geschildert wird, aus deren Nase Rauch und viele Fliegen ausgeschnaubt werden; vgl. J. F. Quack, Die Heimkehr der Göttin, in: F. Hoffmann, J. F. Quack, Anthologie der demotischen Literatur (Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 4), Berlin 2007, 216. 268. Vgl. W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten V. Der »lastende« Nil und »die Seuche des Jahres«, GöMi 49 (1981) 77-83. 269. Für einen allgemeinen Überblick (ohne Ägypten) vgl. I. Huber, Rituale der Seuchen- und Schadensabwehr im Vorderen Orient und Griechenland: Formen kollektiver Krisenbewältigung in der Antike, Oriens et Occidens 10, Stuttgart 2005. 270. Auf der Rückseite des Edwin Smith Surgical Papyrus, der auch schon als der »beste und überzeugendste Beweis für die außerordentliche wissenschaftliche Leistung der altägyptischen Ärzte« und als »früher Gipfel echter Naturwissenschaft« charakterisiert wurde, muß man zur Seuchenabwehr auf acht Zaubersprüche vertrauen – obwohl nach »moderner« Einschätzung »jede Zaubertätigkeit als Rückschritt bewertet werden [muss]« (vgl. W. Westendorf, Papyrus Edwin Smith, die Zitate auf S. 14 und 25, die »Zaubersprüche gegen Seuchen« auf S. 92-102). 271. Vgl. J. Yoyotte, Une monumentale litanie de granit. Les Sekhmet d’Amenophis III et la conjuration permanente de la Déesse dangereuse, BSFE 87/88 (1980) 46-75. 272. Vgl. hierzu H. Engelmann / J. Hallof, Der Sachmetpriester, ein früher Repräsentant der Hy-
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Texte aus Ägypten
ausbrüche galt die Zeit um den Jahreswechsel und da vor allem die Tage, die »über dem Jahr sind« (die Epagomenentage, also die fünf letzten Tage des Jahres). 273) Aber auch unter dem Jahr sah man sich zu jedem Zeitpunkt mit Seuchengefahr konfrontiert, so daß Hymnen zur »Besänftigung der Sachmet« (shtp Shmt) für alle zwölf Mo˘ ˙ nate des Jahres verfaßt wurden (vgl. 10.1-10.2). Die Göttinnen konnten Seuchen selber auslösen, oder aber zu diesem Zweck ein ganzes Pandämonium unheimlicher Wesen aussenden. Diese treten als Wander-, Messer- und Schlächterdämonen auf, oder auch als personifizierte Pestpfeile der Göttin (vgl. 10.4). Gerade letztere Vorstellung, wonach Plagen durch »Pestpfeile« 274) ausgelöst wurden, war eine für den ganzen Orient prägende Metapher, 275) die sich noch bis ins europäische Mittelalter findet (Abb. 1). In den hier vorgestellten Hymnen wird auch andeutungsweise deutlich, daß die Wege, wie man sich Schonung vor drohender Seuchengefahr sichern wollte, durchaus vielfältig waren: Sei es durch Anrufung der Sachmet »in all ihren vollkommenen Namen« (10.1) wobei ein passendes Opfer die Göttin zufriedenstellen soll, sei es, daß auf ein geheimnisvolles Schutzamulett zurückgegriffen wird, das Bastet, »Herrin der Kiste« hütet (10.2), oder sei es durch die wiederholten Mahnungen, »Ehrfurcht zu haben« im Mut-Hymnus (10.3). Im Hymnus an Tutu (10.4), Chef der Pfeildämonen, der selber eher Dämon als Gott ist, wird zumindest durch die Erwähnung von »Schriftrollen« und einer »Zeit der Übergabe der Schriftrollen« implizit darauf hingedeutet, daß man sich nicht wünschte auf diesen »Todeslisten« zu stehen. Spätestens hier und mit dem Sphinxgott Tutu, der oft auch in Gesellschaft mit dem Greifen der Nemesis dargestellt wurde, 276) wird aber auch eine – vielleicht zunehmend fatalisti-
273.
274.
275. 276.
giene und des Seuchenschutzes, SAK 23 (1996) 103-146; J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem »Buch vom Tempel«, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde, Wiesbaden 2005, 63-77, bes. S. 67-69; ders., Between Magic and Epidemic Control. On Some Instructions in the Book of the Temple, in: St. Seidlmayer (Hg.), Religion in Context. Imaginary Concepts and Social Reality (OBO), i. Dr. Ein Handbuch der Seuchenbekämpfung, dessen sich ein Sachmetpriester bedient haben könnte, findet sich auf einem fragmentarischen Papyrus aus Tebtunis: J. Osing / G. Rosati, Papiri geroglifici e ieratici da Tebtunis, Florenz 1998, 189-215, Taf. 22-23. Vgl. dazu etwa den Papyrus Leiden I 346, der ein »Buch von den fünf Tagen, die auf dem Jahr sind« beinhaltet; dazu M. Bommas, Die Mythisierung der Zeit (GOF.Ä 37), Wiesbaden 1999. Ein ähnlicher Text, von dem leider nur äusserst dürftige Reste erhalten sind, war wohl Pap. Ramesseum XVII; vgl. A. Gardiner, The Ramesseum Papyri, Oxford 1955, 16. Auf dem Naos von Tutu (10.4) sind es die personifizierten »Sieben Pfeile der Göttin Mut«, die als dämonische Pestbringer ihrem Truppenführer Tutu unterstehen. Weitere Belege für die Vorstellung von den »Pestpfeilen« finden sich etwa bei J.-Cl. Goyon, Une formelle solenelle de purification des offrandes dans les temples ptolémaïques, CdÉ 45 (1970) 274 Anm. (m). Pestpfeile verschiessen der mesopotamische Nergal, der kanaanäische Resˇep und Jahwe (Dtn 32,24); vgl. H. Frey-Anthes, Unheilsmächte und Schutzgenien, Antiwesen und Grenzgänger: Vorstellungen von »Dämonen« im alten Israel (OBO 227), Fribourg (Schweiz) 2007, 133-136. Für Belege vgl. O. E. Kaper, The Egyptian God Tutu: A Study of the Sphinx-God and Master of Demons with a Corpus of Monuments (OLA 119), Leuven 2003, 119 und im Katalogteil, passim. In der ägyptischen Vorstellungswelt entspricht dem Greifen der Nemesis der ebenfalls greifengestaltige P -Db , »der Vergelter«; vgl. dazu D. Arpagaus, Das Greifenmotiv auf ¯ dem Papyrus Artemidorus, Rheinsprung 11/2 (2011) 175-187 (online: http://rheinsprung11.unibas.ch/).
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Daniel Arpagaus
Abb. 1: Sog. ›Mantelmadonna‹ beschützt Menschenkinder vor dem Angriff Gottes mit Pestpfeilen (ca. 1400 n. Chr.)
schere – Einstellung von der Unausweichlichkeit des Todes greifbar, dessen Todesboten im Endeffekt unbestechlich waren.277)
10.1 Seuchenpräventive Anrufung an Sachmet im Tempel von Edfu Hieroglyphische Inschrift im Edfu-Tempel. – Datierung: Ptolemaios VIII. Euergetes II. (2. Jh. v. Chr.). – Fundort: Edfu, Horus-Tempel, Pronaos, Architravinschrift auf Architrav 277. Eine schöne Formulierung findet sich im Grab des Petosiris, wenn der Verstorbene in einem »Anruf an die Lebenden« gemahnt: »Es gibt keinen Boten des Todes, der (Bestechungs-)Geschenke annehmen würde, um das zu vernachlässigen, weswegen er ausgeschickt wurde. Er ist im Handumdrehen heranmarschiert wie ein Traumbild und keiner kennt den Tag seines Kommens!« (vgl. hierzu H. Brunner, Ägyptische Texte, in: RTAT, 88). Ähnliche Formulierungen finden sich auch öfters im »großen demotischen Weisheitsbuch« von Papyrus Insinger, etwa in der 16. Lehre; vgl. F. Hoffmann, J. F. Quack, Anthologie der demotischen Literatur, 256-259 – dort ist die gesamte 25. und letzte Lehre »der Vergeltung« (p -db ) gewidmet (vgl. ¯ ebd., S. 271-273).
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Texte aus Ägypten
›3e‹, Ostseite. – Erstpublikation: E. Chassinat, Le temple d’Edfou III (Mémoires publiés par les membres de la Mission archéologique française au Caire 20), Le Caire 1928, 303, 4-15 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: J.-Cl. Goyon, Le Rituel de shtp Shmt au changement ˘ ˙ de cycle annuel (BdÉ 141), Le Caire 2006, 85-90.
Die folgende Hymne stellt eine von insgesamt zwölf Anrufungen an die Göttin Sachmet dar, die auf den Architravblöcken im Pronaos des Tempels von Edfu aufgezeichnet wurden, wobei im Jahresverlauf in je einem bestimmten Monat eine der Anrufungen zu rezitieren war. 278) Ziel der Anrufungen war es, »Sachmet gnädig zu stimmen« (ägyptisch: shtp Shmt), 279) so daß sie Ägypten vor Seuchen bewahrte. Die Frequenz ˘ von je einer˙ hymnischen Anrufung pro Monat scheint nochmals eine Steigerung zum Befund im »Buch des Tempels«, wo von drei Ritualen jährlich die Rede ist. 280) Begleitend zur Rezitation wird ein Nahrungsmittelopfer dargebracht, auf das hier mit der Erwähnung von »Herzen« und »Leber« (so auch in 10.2!) angespielt wird – passende Opfergaben also für die karnivore Löwengöttin. 281)
278. Die hier übersetzte Hymne etwa im 1. Monat der Sommerjahreszeit (I. sˇmw), das entspricht in der Zeit Ptolemaios’ VIII. dem Juni; vgl. Chr. Leitz, Quellentexte zur ägyptischen Religion I: Die Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit, Münster 2004, 92. Zu den sog. »Chronokraten«, einer Gruppe von 365 Göttern die den Tagen eines Jahres zugeordnet sind und die monatsgenaue Verortung dieser Hymnen 10.1-10.2 erlauben, vgl. Goyon, Le Rituel, 3-7; Chr. Leitz, Die Chronokratenliste von Edfu, RdÉ 53 (2002) 137-156 und zuletzt S. Cauville, La permanence de la protection (à propos des »chronocrates«), JARCE 46 (2010) 233273. 279. Vielleicht ist statt »gnädig stimmen« oder »besänftigen« auch drastischer zu übersetzen; H. Junker, Die Onurislegende, Wien 1917, 128 versteht unter shtp das »Brechen des Zorns« ˙ der Göttin. 280. Vgl. J. F. Quack, Das Buch vom Tempel und verwandte Texte: Ein Vorbericht, Archiv für Religionsgeschichte 2, 2000, 14: Zum Aufgabenspektrum des Sachmetpriesters gehören Besänftigungsrituale, die dreimal jährlich, nämlich am Neujahrstag (wp-rnp.t), im ersten und im vierten Monat der Sommerjahreszeit durchzuführen waren, wobei ein großes Opfer in drei Lokalitäten (Sepat, Memphis und im Binsengefilde) dargebracht werden sollte. Da die hier vorgestellte Hymne im ersten Monat der Sommerjahreszeit angesiedelt ist, mag sie also vom Sachmetpriester während des einen der drei Besänftigungsrituale rezitiert worden sein. 281. In Herz und Leber scheint man bevorzugte Beutestücke von Raubtieren erkannt zu haben. In der Beschreibung eines anderen Gottes, der offenbar in Falkengestalt auftritt, heißt es: »sein ›Brot‹ sind die Herzen, sein ›Wasser‹ ist das Blut, sein Herz ist zufrieden über ihren (= der Herzen?) Fettgeruch, er schlitzt die Brust auf und zerfetzt die Leber!«; vgl. E. Jambon / A. Fortier, Medamoud no 343, in: Chr. Tiers (Hg.), Documents de Théologies Thébaines Tardives (D3T 1), Montpellier 2009, 73 und 74 Anm. (b): »Cet ensemble ternaire: pain-cœur, eausang et fumée des graisses représente certainement les élements essentiels de l’offrande, et spécifiquement d’une offrande destinée à une divinité carnivore.«
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Daniel Arpagaus (303,4) Rezitation: Sei gegrüßt, Sachmet, offen stehen dir der Himmel, die Erde, die beiden Horizonte und die vier Wege. 282) Sei gegrüßt, Sachmet, offen stehen dir die Portale des Südens, Nordens, (303,5) Westens und Ostens. 283) Sei gegrüßt, Sachmet, offen steht dir der Große-Tempel 284) und das, was die Türriegel der Tempel geheim halten. 285) Sei gegrüßt, Sachmet, offen stehen dir die Häuser und Stätten der Schriften. 286)(303,6) Sei gegrüßt, Sachmet, offen (= zur Verfügung) stehen dir die hatj-Herzen und die [jb˙ Herzen]. 287) Sei gegrüßt, Sachmet, offen (= zur Verfügung) steht dir die Leber von Vierbeinern und Vögeln. 288) Sei gegrüßt, Sachmet, offen stehen dir die Kapellen von Ober- und (303,7) Unterägypten. Sei gegrüßt, Sachmet, offen steht dir die Treppe der Portale des Re, 289) indem sein vollkommenes Antlitz zufrieden ist.
282. Die »beiden Horizonte« meinen den Ost- und den Westhorizont, die Orte des Sonnenaufund Sonnenuntergangs also, die »vier Wege« stehen für die Himmelsrichtungen. 283. Hier mag man wieder allgemein an die Himmelsrichtungen denken, vielleicht aber schon konkret an die Portale eines bestimmten, nach den Himmelsrichtungen ausgerichteten Gebäudes. Im Hinblick auf die nachfolgend genannten Häuser der Schriften kann man etwa an das »Haus-des-Lebens« (= Bibliothek) denken, das im Papyrus Salt 825 eine Hauptrolle spielt, und dessen vier Eingänge tatsächlich nach den Himmelsrichtungen weisen; vgl. Ph. Derchain, Le Papyrus Salt 825 (B.M. 10051), rituel pour conservation de la vie en Égypte, Bruxelles 1965, 48-51 und 23* Fig. XIIIb. 284. Das ist der Tempel des Sonnengottes in Heliopolis, der traditionell als das religiös-theologische Zentrum des Landes wahrgenommen wurde. 285. Die Schreibweise von »das, was die Türriegel geheim halten« erinnert an die typische Graphie des Titels hry-ssˇt , »Hüter des Geheimnisses«, der für Bastet im nachfolgend übersetzten ˙ Hymnus (10.2) eine wichtige Rolle spielt. 286. »Sachmet-Bastet, Herrin des Hauses der Bücher« wird etwa auf einer ramessidenzeitlichen Türlaibung genannt, die ursprünglich aus Bubastis stammen könnte; vgl. L. Habachi / P. Ghalioungui, The »House of Life« of Bubastis, CdE 46, 1971, 62. Angesichts dessen, daß in Sachmets Schriften Buch geführt wurde über mögliche »Todeskandidaten« in einem Seuchenjahr (vgl. Einleitung; 10.4), kommt der Beteuerung, Sachmet habe freien Zugang zu den Bibliotheken, fast schon eine implizite Drohkraft zu. 287. Interessanterweise findet sich die Reihung von Herz und Leber (so auch in 10.2) auch noch in einer Beschwörung gegen die Jahresseuche im medizinischen Papyrus Edwin Smith: »Du sollst nicht dieses mein jb-Herz und dieses (mein) hatj-Herz für Sachmet rauben! Du sollst ˙ vs. 19.4; vgl. Westendorf, Papyrus Ednicht meine Leber für Osiris stehlen!« (pEdwin Smith win Smith, 97 oder http://www.uni-leipzig.de/~digiheka/pSmith-5.html). 288. Die Darbringung von Herzen und Leber dient zwar vordergründig als Schlachtopfer für die Göttin, begründet sich vielleicht aber »realweltlich durch den Krankheitsbefall der betreffenden Organe« (A. von Lieven, Die mysteriöse Geschichte von den Wortlisten, die Ritualnotizen waren (pCarlsberg 42+44+45+453), in: F. Hoffmann / H. J. Thissen (Hg.), Res severa verum gaudium: Festschrift für Karl-Theodor Zauzich, Leuven 2004, 384 Fn. 65). Die Organe der Schlachttiere würden also als Substitut der Göttin dargebracht, damit sie nicht menschliche Organe mit einer Seuche befällt. 289. Goyon, Le Rituel, 55-57 bringt die Treppe / Thron mit dem Sed-Fest und den Inthronisationsriten des Königs (als legitimem Nachfolger des Re) in Zusammenhang. Belegt ist aber etwa auch noch ein »geheimes Portal, das im Großen-Tempel in Heliopolis ist« (vgl. P. Spencer, The Egyptian Temple: A Lexicographical Study, London 1984, 166). Es könnte also auch hier wieder auf ein heliopolitanisches Setting verwiesen sein. Das Re-Heiligtum stand auf einer als
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Sei gegrüßt, Sachmet, du hast die Lobpreisungen des Re gehört. Sei gegrüßt, Sachmet, (303,8) du siehst was Re für dich getan hat indem er [dir?] [… 4 Schriftquadrate verloren …] gibt. Sei gegrüßt, Sachmet, du siehst was Re für dich geplant hat, indem es in den jb-Herzen und hatj-Herzen präsent (wörtl.: ›gefüllt‹) ist. ˙ (303,9) Sachmet, du siehst Re, indem er der Gebieterin aller Götter großen Sei gegrüßt, Jubel entgegenbringt. Sei gegrüßt, Sachmet, es kommen die Edeldamen in Jubel zu dir, indem ihre Hände Sistren halten. Sei gegrüßt, Sachmet, Herrin des Per-wer, Gebieterin des Per-neser. 290)(303,10) Sei gegrüßt, Sachmet, gemäß dem was Re frühmorgens zu dir sagt, (nämlich): »lasse dich an deinem Platz nieder!« Sei gegrüßt, Sachmet, die die Bitten desjenigen erhört, der sie anruft, ihren Namen aussprechend. Sei gegrüßt, Sachmet, deren (303,11) Boten 291) heraneilen, (so daß) jedermann sie anruft. 292) Sei gegrüßt, Sachmet, die Re zufriedenstellt in seinem Horizont im Verlauf eines jeden Tages. Sei gegrüßt, Sachmet, die ihre (303,12) Pfeile 293) abschießt gegen die Feinde des Re. Sei gegrüßt, Sachmet, in all diesen ihren vollkommenen Namen! Es ist der König von Ober- und Unterägypten (Ptole(303,13) maios VIII.)| zu dir gekommen, indem er Re ist. 294)
290. 291. 292.
293. 294.
»Hoher Sand« bezeichneten, gigantischen Höhenplattform, bei der der Zugang über eine Art Treppe logisch wäre; vgl. D. Raue, Heliopolis und das Haus des Re, ADAI.Ä 16, Berlin 1999, 81-85. Per-wer und Per-neser sind die ober- resp. unterägyptischen »Reichsheiligtümer« und stehen pars pro toto für Sachmets Herrschaftsanspruch in beiden Landesteilen (analog zu der Formulierung »offen stehen dir die Kapellen von Ober- und Unterägypten«). Die Boten der Sachmet sind die personifizierten Überbringer des Übels, das die Göttin über das Land zu bringen droht. Oft finden sich auch Bezeichnungen wie »Messerdämonen«, »Wanderdämonen« oder »Schlächterdämonen«. Dieser Vers bildet mit dem vorangehenden eine Einheit und wird auch etwas deutlicher, was man sich durch die Anrufungen der Sachmet konkret erhoffte: Da die Abgesandten der Göttin unbestechlich sind (siehe Einleitung) und blindlings ausführen, was Sachmet ihnen aufträgt, kann das eigene Schicksal höchstens durch das Anflehen der Göttin selber beeinflußt werden. Eine Formulierung, die sich in diesem Zusammenhang einige Male in folgender (und leicht variierender) Form findet, besagt: »die Abgesandten handeln gemäß dem, was aus seinem (= des Gottes) Munde stammt, denn er ist ja derjenige, der werden läßt was ist und man kann seinem Dekret nicht entfliehen!« (vgl. E. Jambon / A. Fortier, Medamoud no 343, 60 und 61-63 Anm. (c) und (e)). Die von Sachmet ausgesandten Pestmiasmen wurden bildhaft als von der Göttin abgeschossene »Pfeile« aufgefaßt (siehe Einleitung und insb. auch 10.4). Durch die Identifikation des Königs mit dem Sonnengott Re konnte er auf den gleichen Respekt seitens der Göttin hoffen, insbesondere darauf, von ihren Seuchenattacken verschont zu bleiben. Eine andere Taktik ist die Identifikation mit Horus als dem Sohn der Göttin, der natürlich ebenso auf Schonung hoffen konnte (Edfu III, 323, 2; pEdwin Smith, vso. 18.1116). Zu dem Prozedere der Selbstidentifikation mit götterweltlichen Mächten vgl. etwa noch M. Bommas, Mythisierung der Zeit, 49-50.
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Rette du ihn aus der Hand der Messerdämonen, der Boten, die [in deinem Gefolge?] heraneilen. [… 6 ½ Schriftquadrate verloren …] [deine] Wanderdämonen, (303,14) die [Pfeile?] aussenden [… 3 Schriftquadrate verloren …] jegliche üble [Sache?]. Es möge ihn keinerlei übler (Pest-)Hauch attackieren, keinerlei übler Vorbeiziehender (Dämon), keinerlei übles Ding – etc. 295) – dieses Jahres! Es ist ja (303,15) der Sohn-des-Re (Ptolemaios VIII.)| in lebendiger Bewegung und er lebt inmitten der Lebenden!
10.2 Anrufung an Bastet im Tempel von Edfu Hieroglyphische Inschrift im Edfu-Tempel. – Datierung: Ptolemaios VIII. Euergetes II. (2. Jh. v. Chr.). – Fundort: Edfu, Horus-Tempel, Pronaos, Architravinschrift auf Architrav ›3e‹, Westseite. – Erstpublikation: E. Chassinat, Le temple d’Edfou III, MMAF 20, Le Caire 1928, 300, 13-301, 6 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: J.-Cl. Goyon, Le Rituel de shtp Shmt au changement de cycle annuel, BdÉ 141, Le Caire 2006, 91-102. ˘ ˙
Wie 10.1 eine Hymne im Zyklus des »Besänftigens der Sachmet« (shtp Shmt). Hier ˘ wird die gefährliche Göttin im Unterschied zur Hymne 10.1 nicht als˙ Sachmet, sondern als Bastet angesprochen, was aber nicht allzu sehr erstaunen sollte. Beide Göttinnen teilten nicht nur die Löwengestaltigkeit, sondern auch sonst wesentliche Charakterzüge. 296) Daß diese Hymne Bastet gewidmet ist, macht auch kalendarisch absolut Sinn, da sie durch die begleitenden Chronokraten (vgl. oben Einleitung zu 10.1) dem Monat Paoni zugeordnet werden kann, 297) demjenigen Monat, in dem in Bubastis die großen Feierlichkeiten zu Ehren der Bastet stattfanden. 298) Obwohl Bastet, wie es dieser Hymnus selber sagt, »viele Namen hat«, bezieht sich die hier zentrale Anrufung wohl auf eine spezifische Kultgestalt der Bastet als »Herrin des Schreins / der Kiste« (nb.t hn). Dieses Epitheton ist seit der 22. Dynastie belegt und erfreute sich einiger Beliebtheit, so daß sogar der Personenname »Die-welche-dieHerrin-des-Schreins-gegeben-hat« daraus hervorging. 299) Durch neuere Unter295. Wörtl. »Kunst-des-Mundes«. Gerade in magischen Sprüchen verwendete man gerne diesen Ausdruck im Sinne unseres »usw.« / »etc.«; die Aufzählung war also bei der Rezitation durch die »Kunst-des-Mundes« des Rezitators nach gängigen Mustern fortzusetzen. Vgl. hierzu etwa R. K. Ritner, The Mechanics of Ancient Egyptian Magical Practice (SAOC 54), Chicago 42008, 42-43 mit Fn. 195; L. D. Morenz, (Magische) Sprache der »geheimen Kunst«, SAK 24 (1997) 191-201, bes. S. 195. 296. Zur engen Verbindung von Sachmet und Bastet (oft auch synkretistisch zu Sachmet-Bastet verschmolzen) seit dem Alten Reich, vgl. etwa S. -E. Hoenes, Untersuchungen zu Wesen und Kult der Göttin Sachmet, Bonn 1976, 168-171. 297. Vgl. Chr. Leitz, Quellentexte zur ägyptischen Religion I, 93: Der Monat (II. sˇmw) entsprach in der Zeit von Ptolemaios VIII. dem Juli. 298. Die Festkalender in den Tempeln verzeichnen am 1., am 16. und am 30. Tag des Monats Feste, die mit Bastet in Bubastis zusammenhängen oder expressis verbis als »Besänftigen der Sachmet« (shtp Shmt) bezeichnete Rituale; vgl. A. Grimm, Die altägyptischen Festkalender in ˘der griechisch-römischen Epoche (ÄAT 15), Wiesbaden 1994, 113; 117; 123. ˙ den Tempeln 299. Vgl. M. Thirion, Notes d’onomastique, 9ème série, RdÉ 45 (1994) 182-184.
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suchungen in Bubastis ist nun deutlich geworden, daß dort für Bastet »Herrin der Kiste« zumindest ab der 30. Dynastie ein eigener Naos existierte. 300) Dieser Naos, von dem leider nur noch sieben fragmentarische Blöcke übrig geblieben sind, präsentiert eine eigenartige architektonische Disposition in Form einer zusätzlichen Nische, die im hinteren Bereich des Innenraumes eingetieft und von Außen unsichtbar war. 301) Ob in dieser Nische die mysteriöse Kiste (hn) der Bastet stand? Laut unserer Hymne befindet sich in dieser Kiste ein nicht weiter spezifiziertes »Kraut« / »Gewächs« (sm), dessen wahre Natur vermutlich bewußt nicht weiter ausgeführt wird, 302) das aber wohl als Schutzamulett (Phylakterion) aufzufassen ist, mit dem sich der König ausstatten sollte. Andere Texte sind diesbezüglich deutlicher und benennen das Schutzamulett als göttliche Seneb-Pflanze, die als Knotenamulett auf dem Kopf zu tragen war. 303) Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch die Statue eines Mannes namens Yuny aus der 19. Dynastie, der aus einer Ärztefamilie stammte, selber den Titel »Vorsteher der Wab-Priester der Sachmet« führte und von sich behauptet, er »kenne das Geheimnis der Kiste der Bastet«. 304)
Abb. 2: Atum als Bogenschütze vor Bastet, ›Hüterin des Geheimnisses des Atum‹
Ein Schlaglicht auf diesen Hymnus mag auch noch eine Darstellung aus dem HibisTempel in der Oase Charga werfen (Abb. 2): Zu sehen ist ein mit Pfeil und Bogen bewaffneter affenköpfiger Gott Atum 305) – das erinnert an die Formulierung »Atum, der sich selber schützt« unseres Hymnus –, ihm folgt »Bastet, Hüterin des Geheimnisses des Atum«, die der Hymnus ebenfalls nennt. 306) 300. Dazu D. Rosenow, The Naos of ›Bastet, Lady of the Shrine‹ from Bubastis, JEA 94 (2008) 247266. 301. Vgl. Rosenow, JEA 94 (2008) 249 Fig. 2. 302. Goyon, Le Rituel, 95 Anm. 9: »Il ne fallait probablement pas le désigner par son nom véhiculaire, dès lors que seul son rôle avait à être spécifié dans la mesure où il était sacramentel.« 303. Vgl. hierzu die Belege bei Goyon, Le Rituel, 59-61, zudem noch W. Wendrich, Entangled, connected or protected? The power of knots and knotting in Ancient Egypt, in: K. Szpakowska (Hg.), Through A Glass Darkly: Magic, Dreams and Prophecy in Ancient Egypt, Swansea 2006, bes. 260 und 243 Fig. 1 für ein Knotenamulett-Armband aus el-Amarna. 304. Vgl. J. P. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt, New York 2005, 67 und K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions I, Oxford 1975, 353 (Zeile 14). 305. Vgl. hierzu E. Brunner-Traut, Atum als Bogenschütze, MDAI.K 14 (1956) 20-28. 306. Vielleicht ist gar der Schrein mit den beiden Löwen – einer offenbar auf dem Schrein, einer innerhalb verborgen(?) – mit der »Kiste der Bastet« im Hymnus zu verbinden, auch wenn die Löwen hier offenbar als Ruty, »das Löwenpaar« (= Schu und Tefnut), bezeichnet werden.
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Daniel Arpagaus (300,13) Rezitation:
Sei gegrüßt, Bastet, Herrin von Bubastis, 307) Sei gegrüßt, Bastet, Auge-des-Re, Sei gegrüßt, Bastet, Auge-des-Horus, Sei gegrüßt, Bastet, Herrin des Schreins / der Kiste, 308) Sei gegrüßt, Bastet, Hüterin des Geheimnisses (300,14) des Atum, 309) der seinen Schutz selber gewährleistet, Sei gegrüßt, Bastet, die den Männlichen gebiert, 310) Sei gegrüßt, Bastet, die dem Feld-des-Gottes 311) vorsteht, Sei gegrüßt, Bastet im Sumpfland-von-Bubastis, Sei gegrüßt, Bastet, (300,15) »die Weiße« 312) in Heliopolis, Sei gegrüßt, Bastet, die auf ihrem Podium ist, 313) Sei gegrüßt, Bastet, die eilenden Schrittes ist, Sei gegrüßt, Bastet, die zahlreiche Namen hat, Sei gegrüßt, Bastet, in all ihren Namen! (300,16) Es
ist der König von Ober- und Unterägypten (Ptolemaios VIII.)| zu dir gekommen, er marschiert für dich auf das Feld, er öffnet für dich die Stätten beim Fest-des-
307. Bubastis, Kultzentrum der Bastet im Ostdelta (Hauptort des 18. unteräg. Gaues). Zu Bubastis vgl. Fr. Leclère, Les villes de Basse Égypte I (BdÉ 144/1), Le Caire 2008, 363-391. 308. Zu diesem Epitheton vgl. hier die Einleitung. 309. Goyon, Le Rituel, 91, 93 Anm. 2 versteht die Hieroglyphenschreibung des auf einem Schrein sitzenden Schakals, die ansonsten mit »Geheimnisträger« / »Hüter des Geheimnisses« übersetzt wird, hier mit »coffre mystérieux«, zumal die gleiche Schreibung unten in 301, 4 abermals vorliegt und dort nur in der Übersetzung »im Innern der (geheimen) Kiste« Sinn macht. Andererseits ist aber auf Belege zu verweisen, die Bastet tatsächlich als »Hüterin des Geheimnisses des Atum« bezeichnen; vgl. Abb. 2 und E. Cruz-Uribe, Hibis Temple Project I, San Antonio 1988, 5 Anm. 12; E. Naville, Bubastis (MEEF 8), London 1891, pl. 41 E; pl. 43 G; pl. 39 A (frgm.); L. Habachi, Tell Basta (Cahiers ASAE 22), Le Caire 1957, 119. 310. Ein etwas unklares Epitheton. Als Söhne der Bastet können etwa Horus, der Löwengott Miysis und der König selber gelten. Am nächsten kommt vielleicht eine Passage im Pap. Wien Aeg 8426, in dem »Bastet, die den Widder geboren hat« angerufen wird. Der »männliche Widder« (mit Phallus-Determinativ!) könnte dabei den Sonnengott meinen; vgl. N. Flessa, »(Gott) schütze das Fleisch des Pharao«, 95-98. 311. Dies ist ein öfter genanntes Toponym, das im Umfeld von Bubastis gelegen ist; vgl. L. Habachi, Tell Basta, 121. Eine ähnliche Reihung von Epitheta findet sich etwa auf dem Frgm. EA 1106 des Naos für Bastet »Herrin des Schreins« als: »Herrin der Kiste, Auge-des-Horus, die dem Feld-des-Gottes vorsteht«; vgl. N. Spencer, A Naos of Nekhthornem from Bubastis, London 2006, 84 Fig. 12a. 312. Das Beiwort »die Weisse« ist man ansonsten meist als Epitheton der Göttin Nechbet von Elkab gewohnt. Es mag auf eine strahlend weiße Helligkeit hindeuten, die Bastet hier mit dem Leuchten des Sonnengottes in Heliopolis in Verbindung bringen könnte. Vielleicht ist aber stattdessen auch »Hededet« zu verstehen, normalerweise eine mit Isis assoziierte Götterbezeichnung (zu »Hededet im Großen-Tempel (von Heliopolis)« vgl. É. Chassinat, Le Mammisi d’Edfou, Le Caire 1939, 174, 17; LGG V, 607). 313. Ein für Bastet spezifisches Beiwort. Des Öfteren wird Bastet dementsprechend als sitzende löwengestaltige Göttin auf einer über eine Treppe zugänglichen Empore gezeigt. Allenfalls mag das Beiwort auf die reale Lage des Tempels der Bastet anspielen, der auf einer vom Nil umflossenen Halbinsel lag; vgl. D. Kurth, Edfou VII. Die Inschriften des Tempels von Edfu, Abteilung I, Übersetzungen 2, Wiesbaden 2004, 495 Fn. 10.
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dich-Umarmens?. 314) (300,17) Er kleidete sich (dafür) mit jenem Reinen-Gewand das du abgelegt hast 315) und er schmückte sich mit diesem deinem »Kraut«, das in deiner Kiste ist. Dein Schutz ist sein Schutz – und umgekehrt – an (diesem) Tag, (300,18) an dem dich Re zum Dienst berufen? 316) hat. Komme doch und schütze den Sohn-des-Re (Ptolemaios VIII.)| vor dem Zugriff der Schlächterdämonen des Atum! (301,1) Du schützt ihn vor ihren Pfeilen, (denn) du bist doch sein Knoten(amulett?) 317) gegen jedes bösartige Fieber (wörtl. »Hitze«) und jeden bösartigen (Pest-)Hauch (301,2) dieses Jahres (und zwar) für diese nhh-Ewigkeit, die bis zur d.t-Ewigkeit hinführt. ˙˙ ¯ bist sein Schutz, o du Ihm gehört wahrlich das Amulett des Schutzes-des-Jahres und du seine Gebieterin! Er leitet für dich diese Feste, er bereitet (301,3) dir Fleischopfer von frisch (geschlachteten) Gliedern zu und er versorgt dich mit jb-Herzen und hatj-Herzen. ˙ Er kommt zu dir, o Herrin von Bubastis, der König von Oberund Unterägypten (Pto(301,4) le maios VIII.)| (kommt zu dir). Er stimmt dich gnädig (shtp) und er sorgt dafür, daß ˙ deine Schutzamulette an ihrem Platz ruhen im Innern der geheimen Kiste des Atum. Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die jb-Herzen, Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die hatj-Herzen, ˙ die Leber, Friede, Friede, zufrieden ist (301,5) Bastet über Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über das Weiße Horusauge (= Milch?), Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über das Rote Horusauge (= Rotwein?), Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die Brote, Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die Filetstücke (wörtl. »ausgewählte Fleischstücke«), Friede, Friede, zufrieden ist Bastet (301,6) über den Wein 314. Diese Passage ist von Goyon, Le Rituel, 91 anders aufgefaßt worden: »… dans la fête, quand il s’est rendu prééminent grâce à cette bandelette pure que tu as déliéé […]« Das Determinativ spricht aber eher für die Lesung shn, »umarmen« anstatt shnt, »vorn sein lassen; rendre ˘ prééminent«. Das Verständnis von ˘shn ist in diesem Zusammenhang aber auch problematisch; vgl. H. Altenmüller, Die Fahrt˘der Hathor nach Edfu und die »Heilige Hochzeit«, in: GS Quaegebeur II (OLA 85), Leuven 1998, 754-756. 315. Ein in den ptol.-römischen Tempeltexten oft genanntes Gewand nannte sich Snd.t-n.t-Shm.t, ˘ ¯ »Furcht-(vor)-der-Sachmet«. Ob diese Kleidung hier gemeint ist? 316. Anders übersetzt von Goyon, Le Rituel, 92: »en ›ce‹ jour où tu as désigné Rê.« Zu den verschiedenen Bedeutungen von jp, »zählen, rechnen, zurechnen; erkennen, berücksichtigen; rekrutieren, zum Dienst einberufen etc.« vgl. R. el-Sayed, À propos de la statue de Pasar CG. 630 au musée du Caire, BIFAO 80 (1980) 214 Anm. (n.) und J. Zandee, Sargtexte, Spruch 79, ZÄS 100 (1974) 148. 317. Goyon, Le Rituel, 92 übersetzt jdr.w als »ramparts« (Festungswall). Man würde aber dann ¯ (Gardiner O36) erwarten. Ob also stattdessen jtr, »(vereher das Determinativ der »Mauer« knotete) Schnur« (o. ä.) zu verstehen ist? Vgl. zum Terminus P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon (OLA 78), Leuven 1997, 122-123. Ein vegetabiles Amulett, vermutlich aus Seneb-Pflanzen geknotet (vgl. die Einleitung), scheint ja als Phylakterion in der »Kiste der Bastet« verborgen gewesen zu sein. Bildlich dargestellt ist ein Seneb-Amulett (als komplexe, wohl um den Hals zu tragende Amulettschnur) im Mammisi von Dendera; vgl. Fr. Daumas, Les Mammisis de Dendara, Le Caire 1959, pl. 98 B (es wird notabene als »dasjenige, das das Fieber vertreibt« bezeichnet; vgl. Daumas, Mammisis de Dendara, 250, 8).
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[Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über] die weiße Milch?, Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die Grilladen, Friede, Friede, zufrieden ist Bastet mit dem (Duft des) Bratenfettes, Friede, Friede, zufrieden ist Bastet über die Gänse (= Gänsebraten), Friede, Friede, zufrieden ist Bastet mit der Großen-Opfergabe.
10.3 Ein »Habt-Ehrfurcht«-Hymnus für Mut Hieroglyphische Inschrift im Tempel der Mut in Karnak. – Datierung: Ptolermaios II. Philadelphos (3. Jh. v. Chr.). – Fundort: Ptolemäerzeitliches Eingangsportal zum Tempelbezirk. – Erstpublikation: S. Sauneron, La porte ptolémaïque de l’enceinte de Mout à Karnak (MIFAO 107), Le Caire 1983, pl. 12, Nr. 14, Kol. 1-24 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: S. Rüter, »Habt Ehrfurcht vor der Gottheit NN«: Die s´nd-n-Hymnen in den ägyptischen Tempeln der griechisch-römischen Zeit (Die Inschriften des¯ Tempels von Edfu: Begleitheft 2), Gladbeck 2009, 1-4.
Der Hymnus ist strategisch günstig plaziert am Eingangstor zum Tempelbezirk der Mut in Karnak, war also für jeden gut sichtbar, der hier eintrat. Der Göttin Mut wird im Hymnentext eine Schöpferrolle (Kol. 1) und eine Position an der Spitze des Pantheons (Kol. 3) zugesprochen. 318) Sie ist aber durch die synkretistische Verbindung mit Sachmet – in den ersten vier Strophen wird die Göttin expressis verbis als MutSachmet angesprochen – auch eine zu fürchtende Göttin, wovon der wiederholte Aufruf »Habt Ehrfurcht!« natürlich beredtes Zeugnis abgibt. Es sind die Strophen exakt in der Mitte des Hymnus (Kol. 11-14), die deutlich werden lassen, warum man vor Mut-Sachmet Ehrfurcht haben sollte. In Kol. 11 läßt sie das Fieber (ägypt. sˇmm, »Hitze«) entstehen, das in Kol. 12 mit dem Gluthauch korreliert wird, der von ihr ausgeht. 319) Noch deutlicher wird der Text in Kol. 13, wenn dort Mut-Sachmet ein »Jahr-der-Furcht«, also ein Seuchenjahr dekretieren kann, und schließlich in Kol. 14 mit der schaurigen Phrase vom »Jahresbedarf der Schlächter(dämonen)«. Dagegen wirken die vorausgehenden und nachfolgenden Strophen eher versöhnlich, wenn dort versichert wird, die Göttin würde denjenigen alt werden lassen, der in ihrer Gunst steht (Kol. 9) und daß sie nach ihrem Gutdünken auch den »Hauch des Lebens« austeilen könne (Kol. 16). Die durchdachte Komposition dieses Hymnus läßt sich etwa auch daran erkennen, daß die insgesamt 24 Strophen je 12 durch die Interjektion »oh!« und 12 durch »habt Ehrfurcht vor!« eingeleitet werden. Diese Aufteilung ist in Kol. 20, ab der wieder zur »oh!«-Einleitung gewechselt wird, auch im Text reflektiert, wenn es dort heißt »preist sie vierfach und achtfach!« (also: zusammengezählt je 12fach). Zu erwähnen ist auch, daß die ersten zwölf Kolumnen des 318. Die Rolle als weiblicher Demiurg an der Spitze der Götter erinnert etwa an Formulierung aus dem Totenbuch-Zusatzspruch 164, in welchem Mut ebenso der Status einer Art »Supergöttin« zukommt; vgl. A. Wüthrich, Eléments de théologie thébaine: les chapitres supplémentaires du Livre des Morts (SAT 16), Wiesbaden 2010, 120-1; 153-157 und dies., TUAT.NF VI, 212-214. 319. Die Göttin ist dabei als flammenspeiende Kobra (»Uräusschlange des Re«, vgl. Kol. 5) zu verstehen.
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Texte aus Ägypten
Hymnus auch noch in einer Parallelfassung im Tempel der Hathor in Dendera belegt sind, wobei dort statt Mut natürlich die Göttin Hathor angerufen wird. 320) Der Anbringungsort in Dendera ist der sog. »Neujahrskiosk« auf dem Dach des Tempels, wo der Hymnus im Anschluß an Anrufungen für ein »Gutes Jahr« (als göttliche Personifikation) steht. (Kol. 1) [Oh]
Neunheit des Re, spendet Lob für Mut-Sachmet, denn sie ist ja diejenige, die die Menschen erschafft und die Götter belebt! (Kol. 2) Oh all ihr Götter, habt Ehrfurcht vor Mut-Sachmet, denn sie ist es ja, die Re zufriedenstellt (shtp) auf seinem Thron! ˙ ihr Göttinnen, jubelt für Mut-Sachmet, denn sie ist die Gebieterin aller (Kol. 3) Oh all Götter! (Kol. 4) Oh ihr großen Götter, habt Ehrfurcht vor Mut-Sachmet, denn sie ist diejenige, die alle Feinde ihres Vaters Re niederstreckt! (Kol. 5) Oh ihr Götter, betet sie an und stellt sie zufrieden, (sie,) die Uräusschlange des Re, dessen Ansehen durch sie entsteht! (Kol. 6) Oh ihr Große Neunheit, spendet Lob für sie, denn Ehrfurcht vor ihr herrscht in allen Ländern! (Kol. 7) Oh ihr Kleine Neunheit, spendet Lob für sie, wenn sie (in) ihrem Tempel verweilt wie Re, Tag für Tag! 321) (Kol. 8) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist die Gebieterin der Ehrfurcht und Herrin des Ansehens! (Kol. 9) Habt Ehrfurcht vor Mut, oh ihr Greis(e) 322) in allen Ländern, denn sie ist es, die demjenigen ein hohes Alter gewährt, den sie liebt! (Kol. 10) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist diejenige, die die Schlächter(dämonen) gegen die ›Krummherzigen‹ (= Feinde) befehligt! (Kol. 11) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die das Fieber entstehen läßt in ihrem Namen! (Kol. 12) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die den Gluthauch über ganz Ägypten und alle Fremdländer bringt! (Kol. 13) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist diejenige, die den Befehl für ein Jahr-der-Furcht 323) ausgibt! 320. Vgl. É. Chassinat / Fr. Daumas, Le temple de Dendara VIII, Le Caire 1978, 56, 6-12 und für eine synoptische Textübersetzung Ph. Germond, Les invocations à la Bonne Année au temple d’Edfou (Aegyptiaca Helvetica 11), Basel 1986, 65-69. Die Dendera-Version des Hymnus ist dabei nicht bloß ein Abrégée der Fassung im Mut-Tempel von Karnak, sondern eine Komposition eigenen Rechts; vgl. Ph. Derchain, Sur des pensers antiques …, CdÉ 68 (1993) 65-69. 321. S. Rüter, Die s´nd-n-Hymnen in den ägyptischen Tempeln, 2 übersetzt »… denn sie ruht in ¯ Re«; vgl. aber die Parallele in Dend. VIII, 56, 9! ihrem Tempel wie 322. Es scheint eher wahrscheinlich, daß mit dem Vokativ hier die »Greisen« aller Länder angesprochen werden, auch wenn keine Pluralform geschrieben steht. H. Junker, Poesie aus der Spätzeit, ZÄS 43 (1906) 105 und 121-122 sieht dagegen die Göttin selber als »Greisin« bezeichnet. Das ist theoretisch auch denkbar, mit der gleichen Vokabel als »Greiser« tituliert wird sonst etwa der Gott Atum als alt gewordener Sonnengott; vgl. etwa D. Meeks, Mythes et légendes du Delta (MIFAO 125), Le Caire 2006, 16 und 223-224. 323. Zum »Jahr-der-Furcht«, das hier als drastische Metapher für ein Seuchenjahr fungiert, vgl. etwa A. S. von Bomhard, The Naos of the Decades: From the Observation of the Sky to My-
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Daniel Arpagaus (Kol. 14) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist diejenige, die ihren Schlächtern den Jahresbedarf verschafft! 324) (Kol. 15) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die Berge und Hügel entstehen läßt in ihrem Namen! (Kol. 16) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die den Hauch des Lebens an die Nase führt nach ihrem Belieben! (Kol. 17) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die Re in seiner Barke sein läßt! 325) (Kol. 18) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist die von Amun Geliebte, indem er sich freut sie zu sehen, und sie wird von Ptah geliebt, der in Memphis ist. 326) (Kol. 19) Habt Ehrfurcht vor Mut in allen Ländern, denn sie ist es, die das Ansehen des Re in allen Ländern entstehen läßt. (Kol. 20) Oh habt Ehrfurcht vor ihr und preist sie vierfach und achtfach! (Kol. 21) Oh ihr Götter, die im Himmel sind, kommt doch und preist sie! (Kol. 22) Oh ihr Götter, die auf der Erde sind, kommt doch und seht sie an, da sie sich auf ihrem Thron niedergelassen hat! (Kol. 23) Oh ihr Götter, die in der Unterwelt sind, kommt und schaut Mut an, wie sie zufrieden ist beim Zerstückeln? ihres Feindes! (Kol. 24) Oh ihr Götter, die im Süden, Norden, Westen und Osten sind, kommt und seht Mut an, die euch vollkommene Wege [ebnet]. 327)
324.
325.
326.
327.
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thology and Astrology, Oxford 2008, 103-104. Dort (S. 104) ist auch vorliegende Passage übersetzt: »It is she who does what is ordered for the year of terror«. Gegen die passivische Interpretation, daß Mut nur ausführt was ihr (durch den Sonnengott) befohlen wurde, spricht zwar nicht die Grammatik, jedoch der Umstand, daß Mut in dem Hymnus sonst in allen Strophen als die aktiv handelnde Protagonistin auftritt. Der »Jahresbedarf« oder »Unterhalt« bezieht sich de facto auf die bedauernswerten Individuen, die in einem Seuchenjahr zu Tode kommen sollen. Eine andere Inschrift auf dem ptolemäischen Torgebäude des Muttempels wird diesbezüglich noch deutlicher, es wird dort berichtet, daß die Dämonen schriftliche Anweisungen erhalten, wem das Leben geschenkt und wer mit dem Tod zu bestrafen sei; vgl. S. Sauneron, La porte ptolémaïque, 19 und H. Brunner, Buchführung über Leben und Tod, ZÄS 115 (1988) 14-19. Im Totenbuchspruch 164 ist Mut »aufrecht stehend an der Spitze der Barke ihres Vaters (= Re)«; vgl. A. Wüthrich, Eléments de théologie thébaine, 121. Vergleichbar ist vielleicht auch eine ähnliche Phrase in einem Month-Hymnus auf der Stele des Usermonth; dort ist es Month »der Re dahinfahren läßt in seiner Barke und der für ihn seinen Feind (= Apophis) fällt« (Urk. IV, 2081, 7-8). Hierbei ist die Phrase mit Darstellungen des Month auf Barken(-Modellen) korrelierbar; vgl. E. K. Werner, Montu and the »Falcon Ships« of the Eighteenth Dynasty, JARCE 23 (1986) 107-123. Zusammen mit Re, der in Kol. 17 und 19 erwähnt ist, mag hier auf eine seit der Ramessidenzeit ausgearbeitete theologische Vorstellung rekurriert sein, nach der Amun, Re und Ptah als »Reichstriade« aber auch als eine Art dreifaltige Erscheinungsform eines transzendenten Weltgottes fungieren. Die bekannteste diesbezügliche Formulierung stammt aus dem Pap. Leiden I 350, wo es heißt: »Drei sind alle Götter: Amun, Re und Ptah, denen keiner gleichkommt«; vgl. J. Assmann, Theologie und Weisheit im alten Ägypten, München 2005, 84-92 und D. Arpagaus, Die Zahl 1095 als Chiffre für den Weltgott, GöMi 205 (2005) 11-17. Wörtl. »die euch gute Wege [bereitet / macht?]«. Die Phrase »den Weg bereiten / freigeben« (rdj w .t) ist auch Titel eines Rituals bei dem vier Vögel in die vier Himmelsrichtungen frei¯ gelassen werden; vgl. Epigraphic Survey, Medinet Habu IV (OIP 51), Chicago 1940, pl. 205; P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon, 201 und O. Keel, Vögel als Boten. Studien zu Ps 68,12-14, Gen 8,6-12, Koh 10,20 und dem Aussenden von Botenvögeln in Ägypten (OBO 14), Fri-
Texte aus Ägypten
10.4 Ein Hymnus an Tutu, Truppenführer der Pfeildämonen Inschrift auf der Rückseite eines Kalkstein-Naos (Ägyptisches Museum Kairo, Journal Provisoire 2/2/21/14). – Datierung: Regierungszeit des Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.). – Fundort: Unsicher (Tima, bei Antaeopolis im 10. oberäg. Gau?). – Erstpublikation: G. Daressy, Un naos de Domitien, ASAE 16 (1916) 121-128 – Wichtigste Bearbeitungen und Literatur: V. Rondot, Le naos de Domitien, Toutou et les sept flèches, BIFAO 90 (1990) 303-337; O. E. Kaper, The Egyptian God Tutu: A Study of the Sphinx-God and Master of Demons with a Corpus of Monuments, OLA 119, Leuven 2003, 249-253.
Diese Hymne findet sich aufgezeichnet in sieben Kolumnen auf der Rückwand eines kleinen Kalksteinnaos, dessen genaue Herkunft leider unbekannt ist, der aber aufgrund der in der Hymne genannten Ortsnamen am ehesten dem 10. oberäg. Gau zugeordnet werden kann. Dort scheint sich – zumindest seit der Zeit des Kaisers Domitian, unter dem der Naos entstand – ein lokaler Kult für den Sphinxgott Tutu etabliert zu haben. Nur ein Jahr nach der ausführlichen Publikation des Naos durch Vincent Rondot hat man in Kellis (Ismant el-Kharab) die Überreste eines Tempels von Tutu aus römischer Zeit entdeckt 328) – wie auch der Naos ist der neu gefundene Tempel ein Beleg für das gesteigerte Interesse an dieser Gottheit in römischer Zeit. Tutu galt als Sohn der Göttin Neith, deren Attribute seit Alters her Pfeil und Bogen waren.329) Es erstaunt folglich nicht, wenn ihr Sohn Tutu die Rolle als Anführer der sieben Pfeildämonen der Mut einnahm. So wird er auch auf dem hier besprochenen Naos präsentiert (Abb. 3), als sphinxgestaltiger Gott an der Spitze von drei der Pfeildämonen (die anderen vier sind auf der gegenüberliegenden Seite des Naos dargestellt). Von Interesse ist auch Tutus Bezeichnung als »Herr der Bücher / Schriftrollen« (Kol. 1) und die nachfolgende Anmerkung, daß es eine Zeit der »Übergabe der Schriftrollen« gebe – offenbar ist damit gemeint, daß die Namen der Pestopfer auf Schriftrollen vermerkt waren, die den Pfeildämonen auszuhändigen waren.330) (Kol. 1) Sei
gegrüßt, Tutu, der du von großer Stärke bist, Chef der Pfeildämonen, Herr der Schriftrollen, der Richtsprüche fällt im Haus-des-Obelisken in Heliopolis, Stadtgott? 331),
328. 329.
330.
331.
bourg (Schweiz) 1977, 109-142. Die aus allen Himmelsrichtungen zusammengeströmten Götter werden hier also wieder ausgeschickt (im Sinne von »Ite, missa est!«). Vgl. C. A. Hope, The excavations at Ismant el-Kharab from 2000 to 2002, in: G. E. Bowen / C. A. Hope (Hg.), The Oasis Papers 3, Oxford 2004, 207-234. Das hieroglyphische Zeichen für die Schreibung ihres Namens zeigt zwei zusammengebundene Bögen. In einer Szene in Esna überreicht der König Bogen und Pfeile an Neith, die dort »Herrin des Bogens, Gebieterin des Pfeils« genannt wird (S. Sauneron, Le temple d’Esna VI/1: Textes nos. 473-546, Le Caire 1975, 32 no 484, 8). In einem anderen Text (Urk. VIII, § 116, 4-5) ist es der Gott Chons, der den Schlächterdämonen diese Bücher »in die Hand drückt« und wiederum in anderen Texten ist der Wunsch zu lesen, daß man nicht zu denen zugeteilt werden will, die in den »Büchern des Unheils desjenigen stehen, der die Lebenszeit beendet«; vgl. F.-R. Herbin, Un texte de glorification, SAK 32 (2004) 185-186 und Kaper, The Egyptian God Tutu, 63-64. Die emphatische Betonung in diesem Hymnus, daß Tutu mit seinem Eintritt nach Wadjet »seine Stadt seit Anbeginn« betrete (vgl. unten Kol. 4) macht hier die Lesung »Stadtgott« plausibel. Alternativ liesse sich auch »Horus-Re« lesen; vgl. Rondot, Naos de Domitien, 326 Anm. (ao).
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Daniel Arpagaus
Abb. 3: Atum als Bogenschütze vor Bastet, ›Hüterin des Geheimnisses des Atum‹
mit eilendem Schritt, großer Bote in der Unterwelt, der ohnegleichen ist. Tutu, (Kol. 2) von großer Stärke (?), 332) Sohn des Re, den seine Mutter geboren hat, 333) der Tu332. Die Schreibung mittels Ibis- und Krokodilhieroglyphe ist sehr ungewöhnlich und die Lesung deshalb nicht ganz sicher. Allerdings sind die Argumente von Rondot, Naos de Domitien, 326 Anm. (ar) überzeugend und »Derjenige-groß-an-Kraft« (2 -phtj) ist in den allermeisten Fällen der Titel, der unmittelbar auf die Namensnennung des Tutu˙ folgt und zuweilen fast wie ein zweiter Name des Gottes fungiert; vgl. Kaper, The Egyptian God Tutu, 25-26 und 61-62.
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Texte aus Ägypten
mult 334) stiftet in Sais in jedem Monat, der Siegreiche, der die Feinde erschlägt im Tempel-des-Gemetzels in This, 335) der vernichtet in der Schlachtstätte, (Kol. 3) aus der es kein Entrinnen gibt, 336) der sein Kultbild ? schütz in seinem Namen (?) als »Derjenige-derein-großes-Gemetzel-veranstaltet«? … 337) Er verläßt Ta-wer 338) zur Zeit der Übergabe der Schriftrollen und er tritt ein in seine Stadt als »Derjenige-welcher-die-Beiden-Länder-richtet(e)«(?). 339) Das Haus-der-Herrin-von-Wadjet 340) ist im (Kol. 4) Fest, wenn (er) in seine Stadt eintritt anläßlich des großen Festes des ersten Monats der Achet-Jahreszeit. 341) Der Tempel-der-Neith 342) ist 333. Als Mutter des Tutu galt üblicherweise die Göttin Neith, deren Hauptkultort Sais gleich im Anschluß genannt wird. Im Tempel von Kom Ombo findet sich die Beischrift »Tutu, Sohn der Neith, den seine Mutter geboren hat«; vgl. J. de Morgan et al., Kom Ombos I, Wien 1895, 304 no 415; Kaper, The Egyptian God Tutu, 234. 334. »Tumult, Aufruhr« verursacht zu haben ist normalerweise der Vorwurf, der feindlichen Mächten gemacht wird und der ihre Bestrafung und Vernichtung rechtfertigt. Daß das Vorgehen von Tutu mit dem gleichen Terminus beschrieben wird, zeugt vermutlich von dem etwas unberechenbaren Gebaren des Gottes, bei dem man nicht absolut sicher sein konnte, daß er immer nur die »Richtigen« traf. Zum Begriff h nn vgl. etwa N. Shupak, Where can wisdom ¯ 120 und R. Tavares, Eine königliche Weisbe found? (OBO 130), Fribourg (Schweiz) 1993, heitslehre? (OBO 234), Fribourg (Schweiz) 2007, 216, wo h nn.w-Gewalttäter als »asoziale Ty¯ pen« bezeichnet werden. 335. This war der Hauptort des thinitischen Gaues (siehe unten, Fn. 340). Dagegen galt Abydos als Hauptkultort dieses Gaues. Vgl. auch noch J. K. Winnicki, Ptolemäerarmee in Thebais, Wrocław 1978, 38. 336. Der Text ist hier vielleicht korrupt, bedingt möglicherweise durch einen Lapsus des Schreibers beim Übergang zu Kolumne 3; vgl. Rondot, Naos de Domitien, 327 Anm. (aw). 337. Die Übersetzung ist nur ein Versuch, Kaper versteht »… who protects his cult image (?) in …, lord of the great massacre (… ?)«, Rondot vermutet, daß eher von einer Lokalität, einem »lac de Grand-Massacre« die Rede ist, parallel zu dem vorher genannten »Tempel-des-Gemetzels« in This. 338. Das ist der thinitische Gau (8. oberäg. Gau). Zur Schreibung mit dem Segel vgl. E. Edel, Inschriften des Alten Reiches, in: O. Firchow (Hg.), Ägyptologische Studien, Berlin 1955, 73-75. Vielleicht mag die Formulierung darauf hindeuten, daß Tutu nur zu seinem Fest in den 10. oberäg. Gau kommt, und eigentlich This oder Abydos sein bevorzugter Aufenthaltsort war. Von einem »Greif, der in Abydos ist« spricht etwa der »Mythos vom Sonnenauge« von Pap. Leiden I 384; vgl. J. F. Quack, Die Rückkehr der Göttin nach demotischen Quellen, in: Chr. Tiers (Hg.), Documents de Théologies Thébaines Tardives (D3T 1), Montpellier 2009, 143. 339. Das Epitheton kann so oder als »Der-die-Beiden-Länder-trennte / öffnete« gelesen werden; vgl. J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Leiden 1971, 167-168 Anm. 404. Aufgrund des Kontextes scheint hier aber klar eine richterliche Funktion angesprochen. Allerdings ist, da Tutu offenbar friedlich in seine Stadt einzieht und jedermann festlich gestimmt ist, das »Richten der Beiden Länder« wohl schon abgeschlossen (siehe übernächste Anm.). Vielleicht ist sogar »der das Gemetzel der Beiden Länder schlichtet(e)« gemeint, das epigraphisch allenfalls auch möglich schiene; vgl. hierzu P. P. Koemoth, Hr wp ˇs2.t t .wj, un ˙ nom d’Horus pour le roi Osiris, GöMi 143 (1994) 89-96. 340. Das Toponym ist im 10. oberäg. Gau gelegen; vgl. M. Smith, Papyrus Harkness (MMA 31.9.7), Oxford 2005, 15-16. 341. Diese Angabe ist von großem Interesse, läßt sie sich doch gut mit den Festkalendern in den Tempeln der griech.-römischen Zeit korrelieren: Im Edfu-Tempel wird der 12. Tag des Monats als »Tag des Richtens der Beiden Länder« bezeichnet (siehe vorletzte Anm.), an dem ein Rind geschlachtet wird (wohl zu verstehen als Substitut für die Übeltäter, die dann von den Dämonen Tutus hinzurichten sind). Zwei Tage später, am 14. des Monats, findet laut dem Kalender in Esna das Fest des Tutu statt. Vgl. hierzu A. Grimm, Die altägyptischen Festkalender, 28-29. 342. Vermutlich ist hier kein Kultort der Neith im 10. oberäg. Gau sondern – da Tutu ja als der Sohn der Neith galt – ihr Haupttempel in Sais angesprochen.
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im Triumph und Diejenige-die-den-Bogen-spannt 343) jubelt. Es ist deine Stadt seit Anbeginn, der Edle-Schrein befindet sich darin und das Haus-des-Chetdes-Strauches 344) (Kol. 5) in Wadjet (sowie?) der König-der-Götter in Achmim. 345) Die Messerdämonen der Sachmet, die Wanderdämonen der Bastet, die Boten des Atum und alle deine Durchmessenden, 346) die ihrem Pfad folgen, sind (Kol. 6) im Fest zusammen mit [dir] in deinem Tempel. Sie schlachten? 347) (für) dich Langhornrinder und enthörnte Rinder 348) und jegliches Geflügel der Marschgebiete, die sie dir als Brandopfer 349) darbringen zusammen mit? Wein, Bier und [allen] guten [Dingen?]. Es geht ihr Umlaufopfer? 350) aus deiner edlen Stätte hervor, während die (diensthabende) Priesterphyle? 351) deinen Tagesbedarf auf dem Opferaltar sein läßt, indem dessen Fettgeruch bis zum Himmel hoch reicht.
343. Gemeint ist wohl die Geiergöttin Nechbet von Elkab für die dieses Epitheton charakteristisch ist. Als weitere Übersetzungsmöglichkeiten kommen auch »Die-mit-ausgebreiteten-Flügeln« oder »Die-welche-die-(Neun-)Bogen-zusammenbindet« in Frage; vgl. H. Beinlich, Zwei Osirishymnen in Dendera, ZÄS 122 (1995) 8 Fn. 28; H. Goedicke, Die Geschichte des Schiffbrüchigen (ÄA 30), Wiesbaden 1974, 54 Fn. 135. Für die hier favorisierte Auffassung könnte aber eine Passage im Pap. Chester Beatty IV (pBM EA 10684, rto. 6,8) sprechen; vgl. A. H. Gardiner, Chester Beatty Gift, Hieratic papyri in the British Museum 3, London 1935, 30. 344. Im Papyrus Harkness ist ein Kult für »Osiris, Herr des Chetdes-Strauches« für die Örtlichkeit »Haus-der-Herrin-von-Wadjet« im 10. oberäg. Gau belegt; vgl. M. Smith, Papyrus Harkness, 16. Zu diesem Chetdes-Strauch (Sesbania sesban (L.) Merrill?) vgl. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen (Philippika 23), Wiesbaden 2008, 103-105. Sehr interessant ist diesbezüglich auch eine Bemerkung in einem jener Sprüche zur Seuchenabwehr im Papyrus Edwin Smith (vs. 18.15-16), wo es heisst, dass der Spruch rezitiert werden soll, während man just mit einem Zweig des Chetdes-Strauches in der Hand das eigene Haus umrunden solle; vgl. W. Westendorf, Papyrus Edwin Smith, 95 (oder: http://www.uni-leipzig.de/~digiheka/ pSmith-2.html). 345. Mit dem König-der-Götter wird der Gott Min von Achmim gemeint sein. Ob er einen Gastkult im Haus-der-Herrin-von-Wadjet im 10. oberäg. Gau hatte? Achmim und das Haus-derHerrin-von-Wadjet werden allerdings auch im Pap. Harkness in einer geographisch organisierten Aufzählung unmittelbar nebeneinander genannt; vgl. M. Smith, Papyrus Harkness, 79 und J. F. Quack, Geographie als Struktur in Literatur und Religion, in: F. Adrom / K. / A. Schlüter (Hg.), Altägyptische Weltsichten (ÄAT 68), Wiesbaden 2008, 137. 346. Ob hier konkret die sieben Pfeildämonen gemeint sind, denen Tutu vorsteht? O. E. Kaper, The Egyptian God Tutu, 252 denkt dagegen an »astral serpent demons?«, da Tutu auf astronomischen Deckendarstellungen auch öfters mit Dekan-Gottheiten zusammen gezeigt wird (vgl. ebd., 67-74). 347. In der Schreibung sthr sieht Rondot, Naos de Domitien, 332 Anm. (bf) das Verbum sdh, das ˙ ˙ eigentlich das »herausziehen, lösen« (eines Türriegels) bezeichnet, von ihm als ein »basculer à terre«, als »Niederwerfen zu Boden« der dann zu schlachtenden Tiere aufgefaßt. Vielleicht liegt aber nur eine Verschreibung für stp, »schlachten« vor? 348. Zu den wndw-Rindern – entweder Kurzhornrinder oder künstlich der Hörner beraubte Rinder – vgl. ¯L. Postel / I. Régen, Annales héliopolitaines et fragments de Sésostris Ier réemployés dans la porte de Bâb al-Tawfiq au Caire, BIFAO 105 (2005) 246 mit Fn. 75. Die Graphien sind hier ziemlich eigenwillig, die Lesung wird dadurch gesichert, daß die beiden Rinderarten in den Texten meist in dieser Reihenfolge genannt werden. 349. Der Text schreibt wörtl. »als etwas, was (auf / in) der Flamme dahingeht«. 350. Der Begriff wdn, »Opfer« hier vielleicht in der ursprünglichen Bedeutung als der Anteil am Opfer, der nach der Darreichung an den Gott an die Priester zur tatsächlichen Konsumation weiterverteilt wurde – damit wären also diejenigen Nahrungsmittel gemeint, die nicht als das zuvor und danach genannte Brandopfer in Rauch aufgingen. 351. Die Übersetzung ist ganz unsicher; Rondot, Naos de Domitien, 324 faßt die Passage ganz
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Texte aus Ägypten
11. Demotische Hymnen und Gebete
Joachim Friedrich Quack Neben den traditionell überkommenen Hymnen, die auf Papyri und Tempelwänden bis in die Römerzeit in hieratischer und hieroglyphischer Schrift und meist relativ klassischer Sprache überliefert sind, entstehen in junger Sprachform und meist der aus dem Hieratischen weiterentwickelten, sehr verkürzten Schriftform des Demotischen eine ganze Reihe ganz neuer Hymnen. Gebete in diesem Medium sind bereits 509 v. Chr. am Ende einer langen Schilderung der Auseinandersetzung zwischen einer Familie und den Priestern von El-Hiba erhalten (pRylands IX), ab der Ptolemäerzeit sind sie in größerer Häufigkeit belegt; vor allem in der Römerzeit gibt es auch eine rein graphische Umsetzung sprachlich klassisch-ägyptischer liturgischer Hymen ins Demotische, die in dieser Auswahl nicht berücksichtigt wird. Hymnen sind zweifellos nicht die am explizitesten theologische Gattung im Alten Ägypten, dies sind vielmehr spezielle theologische Traktate, von denen gerade in demotischer Sprache etliche erhalten sind (die meisten sind allerdings noch nicht publiziert). 352) Dennoch erlauben Spektrum und Inhalte der in demotischer Sprache neu komponierten Hymnen wertvolle Einblicke in die Veränderungen der religiösen Vorstellungen. Insbesondere festzuhalten ist, wie Isis hier zunehmend an Bedeutung gewinnt und zur großen universalen Göttin wird. Damit liefern diese Texte auch die religionsgeschichtliche Verbindung zu den Preisungen dieser Göttin in griechischen und lateinischen Texten. Literatur: Th. Dousa, Imagining Isis: On Some Continuities and Discontinuities in the Image of Isis in Greek Isis Hymns and Demotic Texts, in: K. Ryholt (Hg.), Acts of the Seventh International Conference of Demotic Studies Copenhagen, 23-27 August 1999 (CNI Publications 27), Kopenhagen 2002, 149-184; Kockelmann, Praising the Goddess; J. F. Quack, Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte III. Die demotische und gräkoägyptische Literatur, Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 3. Zweite, veränderte Auflage, Berlin 2009, 98-110; M. A. Stadler, Spätägyptische Hymnen als Quellen für den interkulturellen Austausch und den Umgang mit dem eigenen Erbe – drei Fallstudien, in: M. Witte / J. F. Diehl (Hg.), Orakel und Gebete. Interdisziplinäre Studien zur Sprache der Religion in Ägypten, Vorderasien und Griechenland in hellenistischer Zeit, Tübingen 2009, 141-163.
anders auf und übersetzt: »l’aiguillère-sˇps (?) étant sur ton autel (?) du (rite) offrande-surl’autel-à-feu, son parfum atteignant le haut du ciel.« 352. Vgl. J. F. Quack, Perspektiven zur Theologie im Alten Ägypten: Antwort auf Jan Assmann, in: M. Oeming / K. Schmid / A. Schüle (Hg.), Theologie in Israel und in den Nachbarkulturen. Altes Testament und Moderne 9 (Münster 2004), 63-74; ders., Fragmente eines demotischen theologischen Traktats, in: K. Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 11, im Druck.
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11.1 Bittgebet an Isis Papyrus mit demotischem Text. – Datierung: Ca. 2. Jh. v. Chr. – Fundort: Unbekannt, eventuell Gebelein. – Aufbewahrungsort: Universität Heidelberg, Papyrologisches Institut (Papyrus Heidelberg D 736). Erstpublikation: W. Spiegelberg, Der demotische Papyrus Heidelberg 736, ZÄS 53 (1917) 30-34, Taf. VIII, dort 33 f. – Weitere Bearbeitungen: Kockelmann, Praising the Goddess, 6-10.
Auf der Vorderseite des Papyrus befindet sich eine Erzählung über einen inhaftierten Magier, 353) während die Rückseite den hier übersetzten Hymnus überliefert. Der Sprecher bittet Isis um Beistand und verweist dabei auf die verschiedenen Aktionen, in denen der Einsatz der Göttin manifest wird. Die Rolle dürfte, wie die Braunfärbung der Ränder im oberen Bereich zeigt, teilweise ins Feuer geraten sein; wahrscheinlich ist in der Mitte der Seite ein kleiner Bereich ganz verloren gegangen. Ein bislang unveröffentlichtes zusätzliches Fragment liefert das Ende von Z. x+7. […] . […] zu mir, Isis, die zusammenrafft … 354) […] Königsgemahlin, 355) indem sie […] sehen läßt […] sie / es vor dem König […]. (x+3) Mögest du die Feinde von […] kennen, die wohltätige […], die …, […] … Frau, indem sie zugrunde gegangen sind 356) […]. (x+4) Verrichte das Gemetzel gegen [sie alle], und ihre Waffen [sollen stumpf werden]! Komm zu mir, Isis, wie [(zu) denen, die schwach sind! Wenn sie dich anrufen], (x+5) sind sie stark. Komm zu mir, Isis, wie (zu) denen, die hungrig sind! Wenn sie dich anrufen, [sind sie gesättigt]. Komm zu mir, Isis, wie (zu) denen, die […] […] (x+6) die Audienzhalle füllen. Komm zu mir, Isis, wie (zu) den Vagabunden! Sie erbetteln [Lebensunterhalt] bei dir. Komm zu mir, Isis, wie (zu) denen, die […] haben! 357) (x+7) Du bist unter ihnen erschienen als Sothis. Komm zu mir, Isis, wie (zu) den Leuten von Philae! 358) Du hast das Licht gewünscht 359) … Komm [zu mir], Isis, (x+8) wie (zu) denen, die übergesetzt sind! hDui hast sie an die Ufer gebracht. 360) (x+1)
(x+2) Komm
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Vgl. zu ihr Quack, Einführung2, 93. Die bisherige Lesung sksk ist ausgeschlossen; es dürfte sk ı?n / mn zu lesen sein. ˙ ˙sprechen für die Lesung hm.t-nsw[2]ws. ˙ Die Spuren am Original ? ˙ Es dürfte shm.t ı w=w k zu lesen sein. ? ? ˙ ˙ ist den Spuren Am Original nach eindeutig m kty ı :ı r zu erkennen. ? ˙˙ sind hier ca. 6 mm zu dicht montiert. Die Lesung na P -ı -rk ist denkbar; die Fragmente Vermutlich ist wh =t˙zu lesen. c Ich lese ınih=tist.˘
353. 354. 355. 356. 357. 358. 359. 360.
Texte aus Ägypten
11.2 Gebet an Isis Tonscherbe mit demotischer Beschriftung. – Fundort: Saqqara, Tierfriedhöfe, nördlich des Ibis-Schreins. – Datierung: 169 v. Chr. oder später – Originalpublikation: J. D. Ray, The Archive of Hor, London 1976 (oHor 10). – Weitere Bearbeitungen: Kockelmann, Praising the Goddess, ˙11-17.
Das Ostrakon versammelt eine ganze Reihe von Anrufungen an Isis, welche der Schreiber des Ostrakons namens Hor an verschiedenen Orten niedergeschrieben hat. Sie sind jeweils recht kurz gehalten und fokussieren auf die wichtigsten Aspekte, wobei auch an eine frühere Versprechung der Isis erinnert wird. (1) Die
erste: zu mir, Gebieterin, Herrin des Schreins, Herrin (3) des Uräus, die Herrin der beiden Länder, die Gottesmutter, die große Göttin (4) des Wadis des Sees! Herrin der Hand des Horus, die ihm Osiris (5) in Assiut gegeben hat. – geschrieben von Hor im Regierungsjahr 12, 3. Pharmouthi, Tag 17. 361)
(2) Komm
(6) Komm
zu mir, meine Gebieterin, Isis! Meine Hand ist mit deinem (7) Abkömmling, Isis, Große, Gottesmutter, oh große Göttin des ganzen Landes! (8) Komm zu mir, Isis, Große, Gottesmutter, 362) die große Göttin, Herrin der Beliebtheit, Edeldame, (9) große Schicksalsgottheit! – Geschrieben von Hor in Pithot. (10) Komm
zu mir, Isis, Gebieterin, Herrin des Himmels und der Erde, Herrin der großen Hauptstadt. (11) Das ist ein guter Anfang. 363) – Geschrieben von Hor in Buto. (12) Komm zu mir, Isis! Dein Lob ist unter den Menschen verbreitet, dein Ansehen (13) unter den Göttern, daß du einem Menschen die Speise in seinen Lebenstagen gibst, (14) und wenn er tot ist, du es bist, die (ihn) bestattet.
Isis sagte mir: »Sie stehen dir selbst zu Gebot, die beiden Wohltaten. (15) Deine Speise ist abgesichert für dich in deinen Lebenstagen. Wenn du stirbst, werde ich (16) dich bestatten lassen.
361. 18. Mai 169 v. Chr. 362. »Große, Gottesmutter« steht über getilgtem »Herrin der Beliebtheit«. 363. Wohl Kommentar des Schreibers zum eigenen Text.
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Komm zu mir, meine Gebieterin, Isis, die Königin von Allem überhaupt, (17) die dem ganzen Land Anweisungen erteilt. – Geschrieben von Hor in Pithot. (18) Komm zu mir, meine Gebieterin, Isis, die Herrin des Stricks, die bindet (19) und wieder freien Lauf läßt. – Geschrieben am oben genannten Ort.
11.3 Aufforderung zum Lob der Isis Mehrere Papyri, teilweise parallel gehend, mit demotischem Text. – Fundort: Tebtynis (Südrand des Fayums) bzw. unbekannt. – Aufbewahrungsort: Kopenhagen, Carsten Niebuhr Institute bzw. Oxford, Papyrusraum der Egypt Exploration Society bzw. Florenz, Istituto Papyrologico »G. Vitelli« bzw. Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek. – Datierung: ca. 2. Jh. n. Chr. – Originaleditionen: W. J. Tait, Papyri from Tebtunis in Egyptian and in Greek (Texts from Excavations 3), London 1977, 48-53, Taf. 4; W. Brunsch, Zwei demotische Texte aus Hamburg, OrSuec 36-37 (1987-88) 5-9, dort 7-9. – Standardpublikation: J. F. Quack, Ein Lobpreis der Isis, in: K. Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 11, i.Dr. – Sonstige Bearbeitungen: K.-Th. Zauzich, Eine dennoch sinnvolle demotische Schülerübung, Enchoria 17 (1990) 163-166, dort 165-166; Kockelmann, Praising the Goddess, 31-36.
Zwei direkt parallel laufende Papyri sowie ein dritter, mutmaßlich zur selben Komposition gehöriger, überliefern einen komplexen Text, bei dem die Preisung der Isis in einen narrativen Zusammenhang eingebettet ist. Auslöser ist, daß der Sonnengott (eventuell als Dank für den Beistand der Göttin) die Besatzung seiner Barke auffordert, einen Lobpreis auf Isis anzustimmen. Thot kommt dieser Aufforderung nach. Unter den erhaltenen Bereichen betrifft ein erster Menschen oder Tiere in allen erdenklichen Situationen, denen erklärt wird, daß Isis ihren speziellen Bedürfnissen nachkommen wird. Anschließend werden von Süden nach Norden durch ganz Ägypten hin spezifische Formen von Göttinnen mit Isis gleichgesetzt, wobei in den Handschriften der Bereich von Elephantine bis Mittelägypten sowie Teile des Deltas erhalten sind. Damit erweist sich der Text als eng verwandt mit dem griechischsprachigen Papyrus Oxyrhynchus 1380, wo im ersten Bereich ebenfalls lokale Göttinnen als Formen der Isis identifiziert werden.364) […] die Gottes[mutter] […] […]..[…].. […] Anfang(?) […] .. … … dein(e) […] insgesamt […] Herz […].. im Mund … […] […] … in der Barke des [Re]. Macht mir ein Dekret! […] […] … ihm … Thot, der große Gott, Vater der Gött[er …] Diese ist eine Göttin, die du vor mir geschützt hast […] […].. entsteht der Name des […] wobei sie sagte: 364. Vgl. M. A. Stadler, New Light on the Universality of Isis (pVienna D 6297+6329+10101), in: D. Frackowiak / S. Nagel / J. F. Quack / Chr. Witschel (Hg.), Religious Flows in the Roman Empire – the Expansion of Oriental Cults (Isis, Mithras, Iuppiter Dolichenus) from East to West and Back Again, im Druck, für einen unveröffentlichten demotischen Text, der sogar Gleichsetzungen mit außerägyptischen Gottheiten bietet. Zu P. Oxy. XI 1380 vgl. jetzt unten 289 ff. Nr. 7.
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»Die Stimme(?) des […] hat nicht […] […] der Götter. Sie ist eine Göttin, die am Anfang entstand, bevor Gott und Göttin [entstanden waren …] […] insgesamt. Sie wird Macht haben, sie wird leiten […] […] die männlichen Götter. Sie wird Herr werden über die [weiblichen Göttinnen … ON], man wird die Bestattung von ihr erbitten. Sie wird Befehlshaberin zu sein über die […] [… Sie] wird König sein [über die] männlichen Götter. Sie wird […] […] D[ie] Unheilsbeseitigerin aller Götter ist sie. Kein Gott wird es vermögen, ihr Unheil zu beseitigen […] […] diejenige, welche in alle Ewigkeit […] wird.« Re sagte zu [den Insassen seiner] Barke: »Gebt ein preisendes Lob der Isis, der großen Göttin angesichts von .. […]!« [Es geschah] am nämlichen Tag. Thot, der große Gott kam an den Bug der Barke des Re, [wobei er Lobpreis anstimmte für Isis,] die Große, die Gottes[mutter, die] große Göttin. Siehe [die Huldigung der] Isis, der Großen, der Gottesmutter […] großes schönes [Schick]sal […] …] von allem, was existiert, die zuerst [… … … …], die zuerst erschaffen hat … Feu]er des [… …] alle, und [… …] jubelt zu [Isis(?) … …] .. begab sich [… Lücke unbekannten Ausmaßes […]. […] […] Ihr, [die in den Flüssen seid, ruft zu Isis! Dann holt sie euch zum Ufer …] […].. […] [… ruft zu Isis], dann holt sie euch [hinein nach] Ägypten. Ihr Tiere des Berges, ruft zu Isis …]. König […] Ihr Leute der Südlichen, [ruft zu Isis! …] […] ihr(?) von neuem. Ihr Leute von […], ruft zu Isis! Dann macht sie für euch [… …] von allem, ruft zu Isis! Sie ist es, die Reichtum erzeugt nach [Armut. Ihr] Kriechtiere, ruft zu Isis! [… guten Nordwind, um den Tau zu erzeugen. Ihr Leute …, ruft] zu Isis, dann läßt sie […] am Morgen erscheinen! Ihr Leute des […] [… Abend. Ihr Leute] aller Länder, ruft [zu Isis!] Ruft nicht zu einer anderen [Gottheit! …] die Herrin […] […] Dekret vor ihr. Die Herrin […, die in Elephantin]e ist, die Göttin […] 265
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[… Die Herrin des Feuers,] die im Berg ist. Die Geierin […], die Herrin der Liebe […] […] … Die Zauberreiche, die im Westen(?) ist. das Mädchen, das in Theben ist, […] […, die] in Per-… ist. Die […] Mutter […]., […], die im Sistrum-Haus ist. Die [Große, die in Per-Benu ist. Die große Göttin, die in … ist.] […], die in Abydos ist. Die […]-Gemahlin […] Königin des ganzen Landes, Isis […] […]…[, die in Mehenut ist. Die große Göttin], die in Assiut ist […] […, die in Hebenu ist. Die Gottesmutter], die in Hardai ist […] Längere Passage verloren […] … …, die das Leben wiederholt. […] Die starke, die in … ist […] …. Die mit hehrem Charakter, die in […] ist. […] Die große Witwe, die in Busiris ist […] […] die wohltätige Herrin, [die in … ist. …] […] die in Heliopolis ist. Die Herrin der Kikelien 365) […] die in Busiris ist. Die Herrscherin, die in […] ist. […]
11.4 Aufforderung zum Lobpreis der Isis aufgrund eigener Erfahrung Graffito auf einer Felswand in demotischer Schrift, mit Linien gerahmt. – Aufbewahrung: Felswand nordwestlich von Deir el-Bahri, in situ. – Originalpublikation: R. Jasnow, Demotic Graffiti from Western Thebes, in: H.-J. Thissen / K. Th. Zauzich (Hg.), Grammata demotika. Festschrift für Erich Lüddeckens zum 15. Juni 1983, Würzburg 1984, 87-105, T. 17 f., dort 91-93 (Nr. 3462). – Weitere Bearbeitungen: Kockelmann, Praising the Goddess, 25-27.
Der Text greift wohl bewußt die Themazeile »Leute aller Länder, ruft zu Isis« des vorangehend übersetzten Textes auf und illustriert sie an einem Beispiel konkret eingetretener positiver Erfahrungen. Der untere Teil (ab Z. 9) ist in einem eigenen Rahmen eingesetzt, nachdem der Rest der vorhergehenden Zeile frei gelassen ist, also recht 365. Ein osirianisches Fest.
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deutlich als eigene Komposition abgesetzt. Mit seinem Bezug auf Amenhotep, Sohn des Hapu, der in der griechisch-römischen Zeit ein florierendes Heiligtum in Deir el-Bahri hatte, 366) weckt er die Vermutung, daß es sich bei der Reisegruppe um Pilger handelt, die dort konkret Heilung gesucht haben. (1) Oh
Leute aller Länder, ruft zu Isis, (2) der großen Göttin! Sie erhört (3) zu jeder Zeit, sie verläßt den, der zu ihr ruft, nicht (4) auf dem Weg. Ich rief (5) zu Isis und sie erhörte meine Stimme und die meiner Gefährten. (6) Sie brachte uns zu unserem(?) großen Haus, (7) indem wir unversehrt waren auf Geheiß der Isis und der Götter (8) von Djeme. 367) (9) Wir segnen den großen Gott (10) Amenhotep, Sohn des Hapu, den guten Schreiber. (11) Er empfing uns mit seiner Hand (12) und ließ uns heil sein. – Geschrieben. 368)
11.5 Anrufung an Schutzgott eines Steinbruchs Demotisches Graffito auf Felswand. – Fundort: Theben-West, nordwestlich von Deir el-Bahri. – Aufbewahrung: in situ. – Erstpublikation: Jasnow, in: Thissen / Zauzich (Hg.), Grammata demotica, 93-97 (Nr. 3446).
Der Text ist in einem vorgegebenen Rahmen mit Linien untergebracht, wobei über der obersten Zeile ein zusätzliches Objekt gezeichnet ist, das die ganze Inschrift wie das Zeichen htp für »Gnade« bzw. »Opfer« erscheinen läßt. Wieder einmal wird die ˙ abstrakte Preisung der schützerischen Fähigkeit der Gottheiten mit der Bitte für die eigene Person sowie der Anerkennung der bereits empfangenen Wohltaten verbunden. (1) Herr
des Heils dieses schönen Steinbruches, oh mögest du Millionen (von Jubiläen) feiern (2) bis in Ewigkeit! Es sind die großen Götter Ägyptens, (3) die in ihm ruhen. Jeder, der (sich) ihnen anvertraut, 369) (4) der ist für immer heil. (5) Sie geben eine lange Lebenszeit 370) dem, der ihnen dient, (6) Leben und Gesundheit dem, der zu ihnen ruft. 371) (7) Ich bin ein wohltätiger Diener,
366. Vgl. dazu A. Łajtar, Deir el-Bahari in the Hellenistic and Roman Period. A Study of an Egyptian Temple based on Greek Sources (JJP Supplement 4), Warschau 2006. 367. Eine Siedlung in Theben-West im Bereich des heutigen Medinet Habu. 368. Die Schlußformel scheint bewußt ohne Angabe eines konkreten Schreibers gelassen. 369. Ich möchte die Lesung p ntı? gyl r.r=w nb(?) vorschlagen. 370. Ich lese 2h2 k die Gruppe für »Stier« scheint unetymologisch für k »lang« verwendet; vgl. ˙ ˙ Schreibungen M. Smith, A New Version of a Well-Known für ähnliche Egyptian Hymn, Enchoria 7 (1977), S. 115-149, dort S. 131 Anm. c) zu Z. 6; wohl auch im pCarlsberg 180, V4, 15 belegt, wo J. Osing, Hieratische Papyri aus Tebtunis I, Kopenhagen 1998, 151 u. 152 Anm. m) die Lesung offen gelassen hat, gy [k] aber ziemlich deutlich ist. 371. Es folgt ein Zeichen, dessen Funktion unsicher ist; eventuell nicht mehr als ein textgliederndes Signal.
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ich bin ein Thebaner, 372) (8) der dir zugehörig ist. Oh Herr dieses guten Steinbruchs! (9) Ich rufe zu dir, oh Herr der Götter, Oberhaupt jeden Landes. (10) Mögest du meine Stimme erhören und meine Anrufungen! (11) Möge ich wohlbehalten sein! Verlaß mich nicht auf dem Weg! Laß nicht meine Feinde (12) sich an mir erfreuen! Hört, was (13) Osiris für mich wiederum gemacht hat! 373) Der Herr der Götter, er holte mich, (14) während ich anvertraut war. 374) Er gab mir jedes gute Leben. 375) Er gab [mir …, er] befestigte 376) […] […] rufen zu […]
11.6 Anrufung an Osiris Apis und Osiris Mnevis Tonscherbe mit demotischer Beschriftung. – Fundort: Saqqara – Datierung: 155 v. Chr. – Originalpublikation: Ray, Archive of Hor, 55-57, Taf. XV. (oHor 13). – Weitere Bemerkungen: ˙ J. F. Quack, Zu einer angeblich apokalyptischen Passage in den Ostraka des Hor, in: A. Blasius / B. U. Schipper (Hg.), Apokalyptik und Ägypten. Eine kritische Analyse der relevanten Texte aus dem griechisch-römischen Ägypten, OLA 107 (Leuven / Paris / Sterling 2002), 243-252, dort S. 246.
Der Text gehört zu einer großen Gruppe von »Kladden«, die ein Priester namens Hor hinterlassen hat, der besonders für die heiligen Tiere im Nekropolenbereich von Saqqara zuständig war und eine beachtliche Zahl von Traumvisionen hatte. 377) Er beginnt mit der Angabe des Datums und des Ortes. Die Anrufung richtet sich vorrangig an die verstorbenen heiligen Tiere, nämlich den Apisstier von Memphis und den Mnevis-Stier von Heliopolis, daneben aber auch an alle weiteren bestatteten Götter. 378) Im Anschluß an die praktisch vollständig erhaltene Anrufung finden sich auf dem Ostrakon noch Reste eines Berichts über einen Traum, die hier nicht mehr übersetzt sind. Die relativ knappe Anrufung zeigt die wesentlichen Grundelemente einer solchen Anrufung, die in der nachfolgend übersetzten Anrufung an den Buchis mit weitaus mehr spezifischen Aussagen entfaltet sind. (1) Jahr
26, 11. Mechir. (In) der Ruhestätte des Ibis 379) am Tag, nachdem ich zwei Tage Flehen verbracht hatte, sagend: […] 380) (3) Komm zu mir, mein Herr Osiris-Apis, und Osiris Mnevis! (4) Komm zu mir,
(2) mit
372. 373. 374. 375. 376. 377. 378. 379. 380.
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Lies eventuell rmcˇ (n) w s.t(?). ? ? Eine denkbare Lesung wäre scˇòm n .w-ı r (?) n=y(?) Wsı r 2n(?). ? Ich lese ı w=y hn. ˙ ? 2nh nb(?) nfr(?). Ich lese tw=f n=ı Die Gruppe könnte˘smn zu lesen sein. Teilweise übersetzt in J. F. Quack, TUAT.NF 4, 331-385, dort 377-381. Bestattete heilige Tiere werden von den Ägyptern grundsätzlich als »Götter« bezeichnet. D. h. im Bereich der Katakomben für die Ibismumien. Der ganze Rest der Zeile ist nicht mehr lesbar.
Texte aus Ägypten
mein großer Herr Osiris-Apis, der große Gott, sowie die Götter, die im Rosetau 381) des Serapeums (5) und dem Rosetau von Hap-Nebes 382) ruhen, sowie diejenigen, welche auf dem Hügel der Schetit 383) vom Tempel des Thot (6) von Memphis ruhen. Höre meine Stimme, mein Herr Osiris Mnevis und die Götter, die im (7) Rosetau von Djedit 384) ruhen, und diejenigen, welche in der östlichen Wüste von Heliopolis ruhen!
11.7 Anrufung des Osiris-Buchis Kieselstein mit demotischer Beschriftung und Zeichnung. Fundort: Armant, Begräbnisplatz der Buchis-Stiere. – Datierung: etwa spätere Ptolemäerzeit (180-30 v. Chr.) – Originaledition: G. Mattha, in: R. Mond / O. H. Myers (Hg.), The Bucheum II (Memoirs of the Egypt Exploration Society 41), 56, pl. LXVII et LXVII. – Weitere Bemerkungen: D. Kessler, Die heiligen Tiere und der König, Teil I: Beiträge zu Organisation, Kult und Theologie der spätzeitlichen Tierfriedhöfe (ÄAT 16), Wiesbaden 1989, S. 292-293.
Aus dem Bucheum in Armant stammt ein bemerkenswerter Kiesel mit einer demotischen Beschriftung (Ostrakon Bucheum 167). 385) Der Stein ist auf beiden Seiten beschriftet, wobei auf der Vorderseite links die Zeichnung eines stehenden Mannes im Anbetungsgestus angebracht ist. Neben ihm ist eine hieroglyphische Beischrift erkennbar, die vermutlich als Eigenname Padineferhotep zu erkennen ist, also derjenige Name, der mit einiger Wahrscheinlichkeit in der letzten Zeile als derjenige des Sprechers angegeben ist. Auf einer Schmalseite sind noch Reste einer Datierung erkennbar. Obgleich der Kiesel mit Ausnahme weniger kleiner Absplitterungen vollständig erhalten ist, ist die Schrift vielfach verblaßt und auf der relativ schlechten publizierten Photographie schwer zu erkennen, während die einzig verfügbare Umschrift und Übersetzung auf jeden philologischen Kommentar verzichtet und zudem nur das Rekto behandelt, während der Text sich eindeutig auf dem Verso fortsetzt. Entsprechend bleibt manches in Lesung und Übersetzung tentativ. Der Text zeigt den Sprecher einerseits in direkter Anrufung der Gottheit für seine eigenen Bedürfnisse, andererseits spricht er auch im Namen einer Gruppe, die wiederum gelegentlich auch von ihm angeredet wird. (1) Komm
zu mir, Osiris-Buchis, mein großer Herr! du 386) Millionen von Jahren verbringen, mögest du die Lebenszeit des Re verbringen. (3) Ich bin dein Diener, oh mein großer Herr! Ich rufe zu (4) dir, ich ermatte nicht, dich anzurufen. (2) Mögest
381. 382. 383. 384. 385.
Der Nekropolenbereich von Saqqara. Ein Bereich der Nekropole von Saqqara. Gegen Ray ist nicht sˇtr.t, sondern sˇty.t zu lesen. Der Nekropolenbereich von Heliopolis. Eine philologische Detailbegründung meiner nicht selten abweichenden Lesungen und Übersetzungen (und der erstmaligen Bearbeitung des Verso) würde den Rahmen dieses Buches sprengen und wird an anderer Stelle vorgelegt werden. 386. Im Ägyptischen in der 3. Person formuliert, wie es der Idiomatik dieser Wendung entspricht, vgl. für sie Jasnow, in: Thissen / Zauzich (Hg.), Grammata demotica, 95.
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Zahlreicher sind meine Werke (5) der Anrufung in der Nacht als meine Märsche (6) am Tage. Die Sorgen sind zu schwer für mich, (7) ich bin zu klein für sie alle. Ich (8) rufe dich an, ich ermatte nicht, dich anzurufen. (9) Laßt nicht ab, den Gott anzurufen, er hat seine Stunde (10) zu hören. 387) Ich rufe dich an; mögest du erhören, was ich sage! (11) Wenn ihr 388) anruft, dann hörst du. Komm zu mir, oh [großer] Herr! (12) Oh mögest du Millionen von Jahren(?) verbringen. Freut euch, oh Brüder(?) 389) […], (13) während seine Herrschaft(?) unter den Männlichen ist. Die Männer und [Frauen], (vso. 1) sie rufen dich an. Mögest du jedes Übel niederwerfen, du (2) sollst sie schützen(?), oh großer Herr! Wir haben eine Angelegenheit des (3) Niederkniens vor dir. […] hören(?) (4) … Komm zu mir, mein großer Herr! (5) Unser Herz ist […] Ich bin ein Elender. (6) Wenn es mein guter Ratschluß ist, zu diesem zu gehen, (7) dann wirst du mich auf den guten Weg (8) des Lebens geleiten. … mehr als Millionen Armeen sind deine (9) …, Osiris Buchis. […] (10) und du sollst über den Weg [des Lebens] belehren! Ich rufe dich an, ich bin dein Diener! […] (11) Ich bin Padineferhotep.
11.8 Festgedicht zu einer Orgie Tonscherben mit demotischer Beschriftung; Textparallele Papyrus, auf dem Verso mit demotischer Schrift (auf dem Rekto Griechisch). – Fundort: Unbekannt; Textparallele Tebtynis, Tempelbezirk. – Aufbewahrungsort: Katolieke Universiteit Leuven, Faculteit Letteren; Textparallele Florenz, Istituto Papirologico »G. Vitelli«. – Erstpublikation: M. Depauw / M. Smith, Visions of Ecstacy. Cultic Revelry before the Goddes Ai / Nehemanit. Ostraca Faculteit Letteren (K. U. Leiden) dem. 1-2, in: F. Hoffmann / H. J. Thissen (Hg.), Res severa verum gaudium. Festschrift für Karl-Theodor Zauzich zum 65. Geburtstag am 8. Juni 2004 387. Dieser Satz, bei dem im Ägyptischen der Imperativ nicht auf Singular oder Plural festgelegt ist, entspricht dem Schlußsatz der Lehre des Chascheschonqi (pBM 10508, 28, 10), s. J. F. Quack, Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte III. Die demotische und gräkoägyptische Literatur, Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 3. Zweite, veränderte Auflage, Berlin 2009, 136. 388. Man würde eher die 1. Person Pl. erwarten; bzw. der Text schwankt zwischen der Stilisierung der Kultgruppe und der Gottheit als Gesprächspartner. 389. Oder »oh Länder«?
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Texte aus Ägypten
(Studia Demotica 6), Leuven / Paris / Dudley, MA 2004, 67-93, Tf. 10; Textparallele: R. Jasnow / M. Smith, ›As for Those Who have Called me Evil, Mut will Call them Evil‹ : Orgiastic Cultic Behaviour and its Critics in Ancient Egypt, Enchoria 32 (2010/11) 9-53, Taf. 2-3. – Weitere Bearbeitungen: Quack, AfP 51 (2005) 181.
Zwei Ostraka enthalten einen poetischen Text, der im Zusammenhang einer Orgie steht. Durch ein kürzlich publiziertes Papyrusfragment konnte klargestellt werden, daß sie tatsächlich aufeinanderfolgen, und zwar genau gegen die Abfolge der ursprünglichen Edition. Im Text der Ostraka sind die wichtigsten Göttinnen einerseits Ai, eine lokale Göttin der Region von Herakleopolis, andererseits Tayei, deren Deutung problematisch ist. Der Papyrus ersetzt Ai durchgängig durch Mut, behält dagegen Tayei bei. Der Text ist einer der wenigen eindeutigen Belege für Orgien und ausgelassene Sexualität im Zusammenhang der ägyptischen Religion. 390) Eine Reihe von stehengebliebenen hieratischen Gruppen in beiden Textzeugen könnten ein Indiz dafür sein, daß die Urfassung des Textes hieratisch geschrieben war. (I,1) Man sagt: »Möge sie strahlend sein in Ekstase(?)!« Ai (2) setzt sie in einen Zustand des Wünschens, indem sie außer sich sind, 391) mit eigener 392) Hand (3) am schönen Tag. »Möge man mir Silber geben, möge Ai gehen! (4) Er trinke, er esse, er habe Geschlechtsverkehr vor Tayei,« (5) so sagt er, nämlich der, welcher eine Gefährtin liebt, (6) der Enkomiast der Bastet, 393) indem er sagt: »Tayei, (7) möge deine Stimme zu mir kommen, gemäß der Art des Zustands meines Herzens (8) Ich habe keinen Mangel an deinem Becher, (9) oh Tayei! Ich werde trinken, ich werde essen, (10) ich werde singen, ich werde berauscht sein, ich werde (11) das Antlitz der Ai täglich sehen! (II,1) Unser Schicksal wird gut sein, die Sänger werden kommen, die Priester der (2) Tayei, die Freude schenken jedem, der kommt, um (3) Nehemet-Ani zu verehren, im Haus der Nehemet-Ani, (4) die in den Sümpfen zu Hause ist! Sie sind berauscht, sie sehen die Heißgeliebte (5) mehr als den Krug. 394) Trinkt kräftig, eßt kräftig!
390. Vgl. dazu A. von Lieven, Wein, Weib und Gesang – Rituale für die Gefährliche Göttin in: C. Metzner-Nebelsick u. a. (Hg.), Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart. Neue Forschungen und Perspektiven von Archäologie, Ägyptologie, Altorientalistik, Ethnologie, Theologie und Religionswissenschaft. Interdisziplinäre Tagung vom 1.-2. Februar 2002 in Berlin, Rhaden/Westf. 2003, 47-55; J. F. Quack, Herodot, Strabo und die Pallakide von Theben, in: T. Scheer / M. Lindner (Hg.), Tempelprostitution im Altertum. Fakten und Fiktionen (Oikumene 6), Berlin 2009, 154-182, bes. 164-166. 391. Wörtlich »sich selbst gegenüber«. Wohl eher so als »indem man für sie sorgt«. 392. Das bezieht sich auf die Göttin. 393. Ich lese B st.t statt des von den Herausgebern angesetzten htp-ncˇr. ˙ Schreibung für gemi394. So in der Annahme, daß das rätselhafte mr r.t eine unetymologische
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Joachim Friedrich Quack
trinkt, eßt, singt (6) und seid berauscht! 395) Was uns Ai verkündet hat, was uns Tayei verkündet hat, 396) (7) sie wird die Trunkenheit täglich nicht fern von uns sein lassen! 397) (8) Wer Übles gegen uns redet, gegen den wird Ai Übles reden. (9) Eßt vom Reichtum ihrer Rücken!«
Legenden zu Abbildungen und Herkunftsnachweise Abb. 1: Sog. ›Mantelmadonna‹ beschützt Menschenkinder vor dem Angriff Gottes mit Pestpfeilen (nach einer Hs. des Speculum humane salvationis um ca. 1400; http://www.slump.de/l4.htm). Abb. 2: Atum als Bogenschütze vor Bastet, ›Hüterin des Geheimnisses des Atum‹ (nach N. de Garis Davies, The temple of Hibis in El Kha¯rgeh Oasis III: The decoration, New York 1953, pl. 2 Reg. VI). Abb. 3: Atum als Bogenschütze vor Bastet, ›Hüterin des Geheimnisses des Atum‹ (nach N. de Garis Davies, The temple of Hibis in El Kha¯rgeh Oasis III: The decoration, New York 1953, pl. 2 Reg. VI).
nierendes mrr.t ist. Die Papyrusvariante hat: »Sie sind berauscht von der Vision der Heißgeliebten als Herrin.« 395. Die Papyrusversion fügt noch hinzu »bekleide dich, salbe dich, schminke dich, genieße Sex!« 396. Die Papyrusversion bietet singularisch formuliert: »Was dir Mut verkündet hat, was dir [Tayei] verkündet hat«. 397. Der Papyrustext fügt hier noch hinzu: »Sie wird dich keinen Mangel leiden lassen an allen [guten Dingen(?)] in der Lebenszeit, wobei all deine Glieder heil sind. Du … stark (lwt) an […]«.
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V. Griechische Texte aus Ägypten Andrea Jördens Durch Sprache, Stil und Metrum von dem gewohnten Alltagsidiom abgesetzt, stellte der Hymnus in der griechischen Antike die wohl feierlichste Form der Kommunikation mit der Welt der Götter dar. Üblicherweise in einer festlich gestimmten Öffentlichkeit dargeboten, gern von Gesang und Tanz begleitet und mitunter auch in Verbindung mit Opfern vorgetragen, besaß der Hymnus in der rituellen Verehrung der Gottheit seinen festen Platz. Dabei diente er stets als Preislied besonderer Art, wurde hiermit doch die Gottheit in wohlgesetzten Worten angerufen und gepriesen, um ihre Gunst zu gewinnen und den göttlichen Beistand zu sichern. Letzteres geschah auch im Gebet, wie überhaupt die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Genera vielfältig und die Übergänge fließend sind. Allerdings erweist sich das Gebet oft einfacher strukturiert und entbehrt der literarisch und vor allem metrisch gefaßten Form. Für das griechische Ägypten sehr viel typischer erscheinen indessen religiöse Texte, die in Umkehrung der bei den Griechen vorherrschenden Konstellation die Gottheit selbst das Wort ergreifen lassen. So wurden hier als besondere Form der Gottesverehrung die sog. Aretalogien verfaßt, in welchen die Gottheit den Gläubigen all ihre Taten und Verdienste – eben die Aretai – einzeln vor Augen stellte und sich ihnen so in all ihrer Macht offenbarte. 1) Anders als in Griechenland sicherte sie darin von sich aus all denen Gunst und Beistand zu, die sich bereit zeigten, sich in die von ihr repräsentierte Ordnung einzufügen. Die von der Gottheit einzeln aufgezählten Eigenschaften werden dabei stets mit einem formelhaften »Ich bin es, der/die« eingeleitet, was dem Text schon von allein einen hohen Ton und damit besondere Feierlichkeit 1.
So nochmals ausdrücklich Y. Grandjean, Une nouvelle arétalogie d’Isis à Maronée, Leiden 1975, 1 ff. Zu scheiden ist hiervon der namentlich in den Klassischen Altertumswissenschaften verbreitete und von R. Merkelbach, Isis Regina – Zeus Sarapis. Die griechisch-ägyptische Religion nach den Quellen dargestellt, Stuttgart / Leipzig 1995, 113 Anm. 4 noch einmal vehement verteidigte Sprachgebrauch, alle Texte, in denen von den Verdiensten oder gar Wundertaten einer Gottheit die Rede ist, als Aretalogien zu bezeichnen, ja darin gar mit O. Weinreich, Neue Urkunden zur Sarapis-Religion, Tübingen 1919 = Ausgewählte Schriften I: 1907-1921, Amsterdam 1969, 410-442 eine »merkwürdige Gattung von hellenistischer Kleinliteratur« (419) zu erkennen. Der geringe Wert eines solchen rein inhaltlich bestimmten und insoweit beliebig dehnbaren Begriffes, unter dem sich nach Merkelbach, a. O. 219 Anm. 3 etwa auch Berichte über göttlich verhängte Strafen subsumieren ließen und der vor allem enge Beziehungen zum hellenistischen Roman aufweist – vgl. schon R. Reitzenstein, Hellenistische Wundererzählungen, Leipzig 1906, Teil I passim –, liegt auf der Hand und wird durch die bunte Zusammenstellung von V. Longo, Aretalogie nel mondo greco, I: epigrafi e papiri, Genova 1969 hinlänglich illustriert.
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verleiht, ohne daß dies noch durch ein Metrum unterstrichen wird. Eindrucksvollstes Beispiel hierfür ist zweifellos die mehrfach – literarisch wie epigraphisch – überlieferte Isis-Aretalogie, wovon im kleinasiatischen Kyme inzwischen auch eine vollständige Fassung erhalten blieb (Nr. 1). Strittig war dabei lange Zeit, ob diese Selbstvorstellungen eher dem griechischen oder dem ägyptischen Kulturkreis zuzurechnen seien. Die teilweise recht unbeholfenen Formulierungen des griechischen Textes, die bei dem bewußten Verzicht auf sprachliche Glättungen auch noch in der Übersetzung offenbar werden; die gelegentlich wechselnden Kasus in der »Ich«-Einleitung, die, stilistisch kaum befriedigend, allein von der griechischen Syntax erzwungen sind; die auffällige Kombination des »Ich bin« mit Partizip anstelle der finiten Form – all das muß hier höchsten Verdacht erwecken. Die überzeugende und mit reichem Kommentar ausgestattete Rekonstruktion der mutmaßlichen Vorlage durch J. F. Quack 2) sollte hier die letzten Zweifel beseitigen, daß wir es dabei mit Texten aus der spätägyptischen Gedankenwelt zu tun haben, 3) die mehr oder weniger erfolgreich in das griechische Milieu transferiert wurden. 4) Gleichwohl konnte es nicht ausbleiben, daß die Griechen, als sie zusammen mit ägyptischen Gottheiten wie Isis und Sarapis auch diese religiösen Texte übernahmen und sich zu eigen machten, sie doch auch ihren literarischen Vorstellungen anzupassen suchten. Hiervon zeugt etwa ein iambischer Text auf einer Inschrift aus Kyrene, der trotz der metrischen Fassung noch ganz der für die ägyptischen Aretalogien typischen Formulierung in der ersten Person verhaftet ist (Nr. 2). Sehr viel stärker in griechischem Kontext steht dagegen der – daher hier auch nicht aufgenommene – große Isishymnus von Andros, der in dorischen Hexametern gefaßt ist und mit einer Anrede der Göttin beginnt, bevor freilich auch er zu der typischen Selbstaussage zurückkehrt. 5) 2. 3.
4.
5.
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J. F. Quack, »Ich bin Isis, die Herrin der beiden Länder«. Versuch zum demotischen Hintergrund der memphitischen Isisaretalogie, in: S. Meyer (Hg.), Egypt – Temple of the Whole World / Ägypten – Tempel der Gesamten Welt, FS J. Assmann, Leiden / Boston 2003, 319-365. Zu den für die hellenistische Isiskonzeption zentralen Aspekten der Göttin als Isis Regina, Isis Unica und Isis Tyche mit sorgfältiger Nachzeichnung der Traditionslinien jetzt eingehend Th. M. Dousa, Imagining Isis: On Some Continuities and Discontinuities in the Image of Isis in Greek Isis Hymns and Demotic Texts, in: K. Ryholt (Hg.), Acts of the Seventh International Conference of Demotic Studies Copenhagen, 23-27 August 1999, Copenhagen 2002, 149-184; angesichts der Fülle der Bezüge wurde im folgenden auf Einzelnachweise in der Regel verzichtet. Zur Forschungsgeschichte bes. Quack, FS Assmann, 320 ff. Eine Transposition in mehrfacher Hinsicht ist immerhin mit der im euböischen Chalkis entstandenen und daher hier nicht berücksichtigten Aretalogie des Karpokrates RICIS 104/0206 aus dem Ende des 3. / Anfang des 4. Jh. n. Chr. belegt; grundlegend hierzu weiterhin R. Harder, Karpokrates von Chalkis und die memphitische Isispropaganda (APAW 1943/14), Berlin 1944 in der Ed. pr., der Text auch bei M. Totti, Ausgewählte Texte der Isis- und Sarapis-Religion, Hildesheim 1985, 15 f. Nr. 6. RICIS 202/1801 = IG XII 5, 739 (1. Jh. v. Chr.), auch bei Totti, Ausgewählte Texte, 5 ff. Nr. 2; allgem. hierzu W. Peek, Der Isishymnus von Andros und verwandte Texte, Berlin 1930, 1 ff. Nr. I. Deutliche Anklänge hieran finden sich auch in dem in Prosa gesetzten und durchgehend als Anrede der Isis gestalteten Enkomion aus dem nordgriechischen Maroneia RICIS 114/ 0202 = SEG XXVI 821 (um 100 v. Chr.), vgl. nur die Auflistung der Parallelstellen bei Grandjean, Une nouvelle arétalogie, 122 ff. App. III; der Text auch bei Totti, Ausgewählte Texte, 60 f. Nr. 19, die darin »das Fragment einer Predigt oder Festrede« (60) erkennen will, während
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Gelegentlich wurden indessen auch in der ägyptischen Chora »echte« Hymnen komponiert, wie vier metrisch gefaßte Inschriften – zwei in Hexametern, zwei in elegischen Distichen, erneut zu Ehren der Isis – aus Narmuthis bezeugen (Nr. 3). Trotz der deutlichen lokalen Färbung und auch mancher metrischer und sprachlicher Eigenwilligkeiten ist die Schulung des Verfassers, der überall stolz seinen Namen – Isidoros – unter die Inschriften setzen ließ, an der klassischen Literatur und namentlich Homer unverkennbar. In noch höherem Maße gilt dies für die Fragmente eines kaiserzeitlichen Isis-Hymnus auf einem Florentiner Papyrus (Nr. 4). Nachweislich kleinasiatischen Ursprungs ist der Paian auf Asklepios, der in Ptolemais Hermiu zum feierlichen Abschluß der Baumaßnahmen an dem lokalen Heiligtum auf Stein gesetzt, dabei allerdings um eine weitere Strophe zu Ehren Ägyptens ergänzt wurde (Nr. 5). Landestypische Elemente wie diese Zusatzstrophe sind freilich nur selten anzutreffen, zumal das reiche literarische Schaffen der Hauptstadt Alexandria heute weitgehend verloren ist. Zu fassen sind immerhin noch mehrere Texte aus der Feder des Kallimachos, doch verstanden sie sich von vornherein als Teil der griechischen Literatur, so daß wir hier kaum mit der sonst konstitutiven rituellen Einbettung rechnen dürfen. 6) Bei einem kaiserzeitlichen Hymnus zu Ehren des Dionysos und womöglich anderer Götter, der mit Hinweisen zur Aufführungspraxis schließt, fehlt wiederum jeder Ägyptenbezug. 7) Eine reiche Zahl an Hymnen wie auch Gebeten halten bemerkenswerterweise die Zauberpapyri bereit,8) doch steht ihre Funktion im religiösen Leben Ägyptens eher in Zweifel; zudem ist die Überlieferung erneut erstaunlich spät und außerdem sichtlich kontextgebunden. So wurde auch bei diesen Stücken grundsätzlich gegen eine Berücksichtigung entschieden, mit Ausnahme eines HermesHymnus, der sich in einer etwas längeren Fassung auf einem hochkaiserzeitlichen Einzelblatt erhalten hat und der daher als einziges Beispiel dieses ungewöhnlichen Traditionsstranges hier angeführt sei (Nr. 6).
6. 7.
8.
F. Chapot / B. Laurot (Hg.), Corpus de prières grecques et romaines (Recherches sur les rhétoriques religieuses 2), Turnhout 2001, 191 ff. G86 zumindest Z. 6-41 zugleich als »prière … sincère et vécue« ansehen (194). Wie weit der bithynische Anubis-Hymnus RICIS 308/ 0302 = I. Kios (I. K. 29) 21 (frühaugusteisch?; auch bei Peek, Isishymnus, 137 ff. Nr. 4; Totti, Ausgewählte Texte, 14 Nr. 5) vergleichbaren ägyptischen Vorlagen verpflichtet ist, ist kaum zu entscheiden. Vgl. hierzu auch die von W. D. Furley / J. M. Bremer, Greek Hymns, 2 Bde., Tübingen 2001, bes. I 45 ff. genannten Gründe, die kallimacheischen Texte nicht in ihre Sammlung aufzunehmen. Der heute in Tiflis aufbewahrte einzige Textzeuge P. Ross. Georg. I 11 aus dem 3. Jh. n. Chr. scheint immerhin das Handexemplar des Dichters gewesen zu sein; vgl. jetzt eingehend W. D. Furley, A Lesson to All: Lykurgos’ Fate in the Tbilisi Hymn (P. Ross. Georg. I 11), ZPE 162 (2007) 63-84. Die zeitweilig erwogene Datierung in die Spätantike scheidet schon aus paläographischen Gründen aus, zumal das als P. Ross. Georg. II 42 vorgelegte und noch aus der zweiten Hälfte des 2. Jh. stammende Landverzeichnis auf dem Rekto dem auf dem Verso niedergeschriebenen Hymnus allenfalls um wenige Jahrzehnte vorausgegangen sein kann. Zusammengestellt von K. Preisendanz, Papyri Graecae Magicae. Die griechischen Zauberpapyri (PGM), 2 Bde. Leipzig 1927, 1931 (Bd. 3 in Kopie Leipzig / Berlin 1941); jetzt zu benutzen in der 2., verb. Auflage von A. Henrichs, 2 Bde. Stuttgart 1973, 1974, bes. Bd. III 24 ff. bzw. Bd. II2 237 ff.; vgl. auch die eingehende Erörterung von E. Heitsch, Zu den Zauberhymnen, Philologus 103 (1959) 215-236 sowie die Anmerkungen von Furley / Bremer, Greek Hymns, I 47 f. Auf die Fülle von Beobachtungen, die sich hierzu bei Merkelbach, Isis Regina, bes. 187 ff. §§ 16 ff. finden, sei lediglich hingewiesen.
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Wenngleich in engerem Sinne keiner der in diesem Band versammelten Kategorien zuzurechnen, darf an diesem Platze dennoch der große Papyrus aus Oxyrhynchos nicht fehlen, der neben der Auflistung der unzähligen Namen der Isis und ihrer Kultorte auch einen allgemeinen Lobpreis der Taten und Verdienste der Göttin enthält (Nr. 7). Das gleiche gilt für den als sog. »Delische Sarapisaretalogie« geläufigen Gründungsbericht über das Sarapieion auf Delos, den wir in Prosa und der hexametrischen Fassung eines sonst unbekannten Maiistas besitzen (Nr. 8). 9) Am ehesten als Gebete wird man die teilweise ebenfalls metrischen Inschriften anzusprechen haben, die von Besuchern oder auch Angehörigen der dort stationierten römischen Armee im Heiligtum des Mandulis im nubischen Talmis hinterlassen wurden (Nr. 9).
1. Isis-Aretalogie aus Kyme Schon Diodor hatte im ersten Buch seines Geschichtswerks, in dem er die mythische Geschichte Ägyptens behandelt, zwei ursprünglich in Hieroglyphen gefaßte Inschriften erwähnt, die die angeblichen Gräber der Isis und des Osiris im arabischen Nysa schmückten und eine Selbstvorstellung enthielten.10) Während die Rede des Osiris bislang nur dort überliefert ist, liegen für diejenige der Isis inzwischen vier epigraphische Textzeugen ganz verschiedener Herkunft vor. Nur das in den Ruinen des Isistempels von Kyme entdeckte Exemplar bietet allerdings den vollständigen Text; anders als dort blieben im nordgriechischen Thessaloniki, auf Ios und offenbar auch im lykischen Telmessos, dem heutigen Fethiye, lediglich – zumeist immerhin größere – Fragmente erhalten.11) Angesichts der erstaunlich geringen Abweichungen kann es dennoch keinerlei Zweifel daran geben, daß sie sämtlich auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen. Eine entsprechende griechische Inschrift kann gut, wie im Präskript des Exemplars aus Kyme behauptet, in Memphis gestanden haben. In diesem Fall hatte ein Stifter aus besonderem Anlaß für die Errichtung der Stele gesorgt, doch war angesichts der weiten Verbreitung vermutet worden, daß Abschriften davon in allen Isisheiligtümern aufgestellt waren.12) Vieles spricht zudem für Rezitationen bei einem der zahlreichen Isisfeste. 13) Die Göttin präsentiert sich darin als die Herrin
9. Vergleichbare Prosatexte zu Ehren des Imhotep bzw. Amenhotep, in denen der mit dem griechischen Asklepios gleichgesetzten Gottheit für ihr segensreiches Eingreifen gedankt und ein Lobpreis ihrer Taten angeschlossen wird, wurden bereits in TUAT.NF 5 Kap. V, 318 ff. Nr. 1 (Z. 191 ff. allerdings richtig: »eine unsterbliche Dankesgabe«) sowie 321 ff. Nr. 2 vorgelegt. 10. Diod. I 27, 3-5. Die dort in 27, 4 gegebene Rede der Isis entspricht den hier gegebenen } 3 (ohne 3c) bis 9, 11 sowie 57. 11. Vgl. nur RICIS 113/0545 = IG X 2.1, 254 (aus [Thes-]Saloniki: S; 1./2. Jh. n. Chr.) mit } 7-30, RICIS 202/1101 = IG XII 5, 14 (von Ios: J; 2./3. Jh. n. Chr.) mit } 3-34 sowie jetzt – als offenbar frühestes Zeugnis – RICIS 306/0201 descr. (Telmessos, 1. Jh. v. Chr.) mit } 2-4. Eine synoptische Darstellung des Textbestandes einschließlich der Version Diodors (D) bietet Harder, Karpokrates, 20 f., wiederabgedruckt bei V. F. Vanderlip, The Four Greek Hymns of Isidorus and the Cult of Isis (Am. Stud. Pap. XII), Toronto 1972, pl. XV f. Vgl. auch Peek, Isishymnus, 119 ff. Nr. II.1; Totti, Ausgewählte Texte, 1 ff. Nr. 1. 12. So vermutet von Totti, Ausgewählte Texte, 1 in der Einleitung zu Nr. 1 (A). 13. So schon Merkelbach, Isis Regina, 114 § 211; vgl. auch Quack, FS Assmann, 364 f.
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des Kosmos und eigentliche »Finderin« des Lebens, der zugleich alle menschliche Kultur und Sitte im allgemeinen wie im besonderen zu verdanken ist. Die hier wiedergegebene Inschrift wurde 1925 in der Nähe des heutigen Aliag˘a in Südwestkleinasien entdeckt, wenig später von A. Salacˇ publiziert und ist jetzt am bequemsten in dem 2005 von Laurent Bricault erstellten Recueil des inscriptions concernant les cultes isiaques als RICIS 302/0204 zu benutzen. 14) Die mit einer Rosette im Giebelfeld geschmückte Marmorstele, die wohl noch im 1. Jh. v. Chr. im Isistempel des äölischen Kyme aufgestellt worden war, wurde inzwischen in das Museum von Izmir verbracht. Nur die letzte Zeile ist mit etwas größerer Schrift leicht abgesetzt, ansonsten laufen die Zeilen durch. Das nach jeder Selbstaussage gelassene Spatium ist hier durch die Paragraphenzählung realisiert. (1) } 1
Demetrios, Sohn des Artemidoros, alias Thraseas aus Magnesia (2) am Mäander, 15) der Isis (in Erfüllung) eines Gelübdes. (3) } 2 Dies wurde (ab)geschrieben von der (Inschriften-)Stele in Memphis, welche (4) steht bei dem Hephaistieion 16). } 3a Isis bin ich, (5) die Herrscherin allen Landes, 17) } 3b und ich wurde großgezogen von (6) Hermes, und } 3c die Schriftzeichen fand ich mit Hermes, 18) die heiligen (7) wie die demotischen 19) Schriftzeichen, damit nicht mit denselben (8) alles geschrieben werde. } 4 Ich habe die Gesetze den Menschen gegeben (9) und verbindlich festgesetzt, was niemand umändern kann. (10) } 5 Ich bin des Kronos 20) älteste Tochter. } 6 Ich bin die (11) Frau und die Schwester des Königs Osiris. } 7 Ich bin es, die die Feldfrucht (12) für die Menschen gefunden hat. } 8 Ich bin die Mutter des Königs Horus. (13) } 9 Ich bin es, die im Hundsstern aufgeht. } 10 Ich (14) bin es, die bei den Frauen »Göttin« genannt wird. 21) } 11 Mir wurde Bubastos (15) die Stadt 22)
14. 15. 16.
17.
18.
19. 20. 21. 22.
RICIS 302/0204 = I. Kyme (I. K. 5) 41, die Ed. pr. in A. Salacˇ, Inscriptions de Kymé d’Éolide, de Phocée, de Tralles et de quelques autres villes d’Asie mineure, BCH 51 (1927) 374-400, bes. 378 ff. Nr. 3. Griechische Stadt südöstlich von Ephesos, in der Nähe des heutigen Tekinköy. D. h. dem Ptah-Tempel, da der ägyptische Ptah mit Hephaistos gleichgesetzt wurde. Nach Diod. I 22, 2 soll im memphitischen Hephaistieion auch das Grab der Isis gezeigt worden sein, so daß diese Aussage durchaus Glaubwürdigkeit verdient. Vgl. auch Dousa, Imagining Isis, 150 mit Anm. 5. Die Ausweitung des vertrauten Titels der Isis als »Herrin der (beiden) Länder« auf alle Länder und damit die gesamte bewohnte Welt ist nach Quack, FS Assmann, 339 f. schon in späteren Sprachstufen des Ägyptischen angelegt, so daß sie bei dem außerägyptischen Aufstellungsort nur folgerichtig erschien. D. h. mit Thot, da der ägyptische Thot mit Hermes gleichgesetzt wurde. Nach Quack, FS Assmann, 340 ff. ergibt sich die enge Verbindung zwischen Isis und Thot schon aus dem memphitischen Kontext, wobei dies im Zusammenhang mit der Schrift um so größere Bedeutung besaß, als üblicherweise letzterer als ihr Erfinder galt. D. h. die im Gegensatz zu den allein in sakralem Kontext verwendeten Hieroglyphen schon vom Namen her als »des Volkes« bezeichnete Sprache und Schrift. D. h. des Geb, da der ägyptische Geb mit Kronos gleichgesetzt wurde. Möglicherweise – gerade auch angesichts der Nähe zur unmittelbar folgenden Bastet – spezifischer auf die Situation der Gebärenden bezogen, vgl. Quack, FS Assmann, 346. Das heutige Tall Basta im Delta, seinerzeit ein religiöses Zentrum der Verehrung der katzen˙ gestaltigen Fruchtbarkeitsgöttin Bastet, die damit zu einer der Erscheinungsformen der Isis wurde.
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erbaut. } 12 Ich habe die Erde vom Himmel getrennt. (16) } 13 Ich habe der Gestirne Wege gewiesen. } 14 Ich habe der Sonne und des Mondes (17) Lauf angeordnet. } 15 Ich habe die seemännischen Fertigkeiten gefunden. } 16 Ich (18) habe das Gerechte stark gemacht. } 17 Ich habe Frau und Mann (19) zusammengeführt. } 18 Ich habe der Frau eine zehnmonatige 23) Leibesfrucht ans (20) Licht (der Welt) zu bringen verordnet. } 19 Ich habe, daß vom Kinde die Eltern (21) geliebt werden, verbindlich festgesetzt. } 20 Ich habe denen, die sich lieb(22) los gegenüber den Eltern verhalten, Strafe auferlegt. (23) } 21 Ich habe mit meinem Bruder Osiris die Menschenfres(24) serei beendet. } 22 Ich habe die Einweihungsriten den Menschen aufge(25) zeigt. } 23 Ich habe die Abbilder der Götter zu verehren gelehrt. } 24 Ich (26) habe die heiligen Bezirke der Götter gegründet. } 25 Ich habe der Gewaltherrscher Herr(27) schaften aufgelöst. } 26 Ich habe die Bluttaten beendet. } 27 Ich habe, daß (28) die Frauen von den Männern geliebt werden, erzwungen. } 28 Ich (29) habe das Gerechte stärker als Gold und Silber gemacht. (30) } 29 Ich habe, daß das Wahre für schön gehalten werde, verbindlich [festge]setzt. (31) } 30 Ich habe die Eheverträge gefunden. } 31 Ich habe die sprachliche Verständigung (32) für Griechen und Barbaren angeordnet. } 32 Ich habe die natürliche (Fähigkeit zur) Unterscheidung zwischen Gut und Böse geschaffen. 24) } 33 Ich (34) habe nichts furchterregender als den Eid gemacht. } 34 Ich habe den, der zu unrecht (35) anderen nachstellt, dem anderen, dem nachgestellt wurde, unter die Hand gegeben. } 35 Ich erlege denen, die unrecht tun, (37) Strafe auf. } 36 Ich habe, daß die Bittflehenden Erbarmen finden, verbindlich (38) festgesetzt. } 37 Ich ehre diejenigen, die zu recht Vergeltung üben. } 38 Bei (39) mir ist das Gerechte stark. } 39 Ich bin der Ströme und der Winde (40) und des Meeres Herrin. } 40 Niemand genießt Ruhm ohne mei(41) nen Willen. } 41 Ich bin des Krieges Herrin. } 42 Ich bin des Don(42) ners Herrin. } 43 Ich besänftige und lasse Wellen schlagen das Meer. (43) } 44 Ich bin in der Sonne Strahlen. } 45 Ich sitze bei (44) der Sonne Lauf. 25) } 46 Was immer mir gefällt, das geschieht auch. (45) } 47 Mir macht alles (ehrfürchtig) Platz. } 48 Ich löse die in Fesseln. } 49 Ich (46) bin der Schiffahrt Herrin. } 50 Ich mache das Schiffbare unschiffbar, 26) wann (47) immer es mir gefällt. } 51 Ich habe die Umwallungen der Städte gegründet. (48) } 52 Ich bin die, die »Satzungsbringerin« genannt wird. 27) } 53 Ich habe die Inseln aus den Tie(49) fen zum Licht heraufgeführt. } 54 Ich bin des Regens Herrin. } 55 Ich (50) besiege das Schicksal. } 56 Auf mich hört das Schicksal. (51) } 57 Sei gegrüßt, Ägypten, das du mich genährt hast!
23. 24. 25. 26. 27.
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Zu der auch andernorts belegten zehnmonatigen Dauer der Schwangerschaft Quack, FS Assmann, 348 f. Wörtlich »Ich habe, daß Schönes und Häßliches unterschieden werde von Natur her, gemacht.« Das bekannte Bild von Isis als Begleiterin des Re in der Sonnenbarke. Gedacht ist hier an die durch die Nilflut bewirkten Veränderungen des Flußlaufs, wodurch ehemals schiffbare Flüsse zu Festland werden und umgekehrt. Vgl. hierzu auch unten die Einleitung zu Nr. 3.
Griechische Texte aus Ägypten
2. Isis-Aretalogie aus Kyrene in iambischen Trimetern Eine Isis-Aretalogie in iambischen Trimetern blieb im heute libyschen Kyrene erhalten. Die im Isistempel auf der dortigen Akropolis gefundene, nicht einmal 40 cm breite und unten schräg abgebrochene Marmorplatte wurde 1927 von G. Oliverio publiziert und ist jetzt ebenfalls im genannten Corpus von L. Bricault besser greifbar. 28) Die beiden ersten Zeilen sind durch Schriftgröße und Zentrierung deutlich hervorgehoben, ebenso auch noch die – bereits reduzierte – dritte mit der Nennung des Weihenden, die als einzige über die gesamte Breite der Tafel verläuft. Alle weiteren Zeilen sind leicht eingerückt und nehmen nur wenig mehr als die Hälfte der Platte ein. Drei senkrechte Reihen mit Löchern sollen Oliverio zufolge zur Befestigung von Schmuckrosetten gedient haben, doch wären zumindest durch die mittlere dann auch Teile des Textes verdeckt. 29) Ausnahmsweise trägt die Inschrift ein exaktes Datum, hier nach der kyrenischen Ära, deren 133. Jahr dem Jahr 103 n. Chr. entspricht. (1) Mit
gutem Glück! (2) Im 133. Jahr, für Isis und Sarapis. (3) Agathos Daimon, Neokoros, 30) hat es geweiht. (4) Ich, Isis, bin die Herrscherin der Ewigkeit, allein. (4) Auf des Meeres und der Erde Grenzen blicke ich, (6) und, die ich die Szepter halte und die Eine bin, blicke ich auf (sie). (7) Es nennen mich alle die höchste Göttin, (8) aller Götter im Himmel größte. (9) Als diese nämlich fand ich alles und nahm die Mühe auf mich. (10) Die Schrift aber auf den Siegeln wird es enthüllen, die klare, (11) da sie meine Erfindungen allen zeigt, (12) die ich den Sterblichen zeigte, und auch die Feldfrüchte zur Nahrung. (13) Städte habe ich mit erhabenen Umwallungen befestigt, (14) und den Sterblichen habe ich zugeteilt, dies genau zu wissen. (15) Ohne mich aber ist nichts jemals geschehen; (16) denn nicht einmal die Gestirne wandern (immer) denselben Weg, (17) so sie nicht von mir erhielten die Weisung[en zuvor]; (18) auch die Erde würde nicht Feldfrucht im Frühjahr [hervorbringen], (19) wenn ich nicht zunicken [und (?)] alle[s schön vermehren (?) würde]. (20) Wer könnte wohl m[eine Kräfte niederwerfen] (21) oder wer auslöschen [meiner Werke Stärke]? 31) (22) Zum einen die Nahrung … (23) das Ganze …
3. Die Hymnen des Isidoros von Narmuthis Die insgesamt vier inschriftlich überlieferten Hymnen des Isidoros, inzwischen am leichtesten zugänglich als I. Metr. 175, 32) sind wohl zu Beginn des 1. Jh. v. Chr. ent28. 29. 30. 31. 32.
RICIS 701/0103 = SEG IX 192, die Ed. pr. in G. Oliverio, Due frammenti di inni ad Iside rinvenuti nell’Iseo dell’acropoli di Cirene, Notiziario Archeologico 4 (1927) 209-212, bes. 210 ff. Nr. I; auch bei Peek, Isishymnus, 127 ff. Nr. II.2; Totti, Ausgewählte Texte, 13 Nr. 4. Vgl. auch die bei Peek, Isishymnus, 130 erwähnte Vermutung von Ulrich von WilamowitzMoellendorff, hier die in Z. 10 erwähnten »Siegel« angebracht zu sehen, was freilich ebenso wenig überzeugt. Üblicherweise mit dem römischen Kaiserkult verbundener Priestertitel. Mit Peek, Isishymnus, 130. I. Metr. 175 I-IV = SB V 8138-8141 = SEG VIII 548-551, abgedruckt auch bei G. Ronchi, Lexikon theonymon rerumque sacrarum et divinarum ad Aegyptum pertinentium quae in
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standen und zählen damit zu den ältesten bislang bekannten Isishymnen. 33) Entdeckt wurden sie gleich zu Beginn der von 1935 bis 1939 andauernden Grabungen der Universität Mailand, die unter der Leitung von Achille Vogliano bei dem erst später mit dem antiken Narmuthis identifizierten Ku¯m Madı¯nat Ma¯d¯ı im südlichen ˙ TempelanlaFayyu¯m durchgeführt wurden. 34) Die ältesten Bestandteile der dortigen ge datieren bereits aus der Zeit um 1800 v. Chr., was auch noch der vierte Hymnus mit seiner Huldigung des im Fayyu¯m als Gott Pramarres verehrten Pharaos Amenemhet III. anklingen läßt. Geweiht war der Tempel der schlangengestaltigen Göttin Renenutet oder, wie die Griechen sie nannten, (T)hermuthis, die dort zusammen mit ihrem Gemahl Sokonopis und ihrem Sohn Anchoes als göttliche Dreiheit Verehrung genoß. Göttin der Feldfrucht und des Lebens und als solche zugleich eine Erscheinungsform der Isis, wurde sie häufig mit der griechischen Demeter gleichgesetzt, weswegen ihr als der »Satzungsbringerin« zu Ehren auch das Fest der Thesmophorien gefeiert wurde. Die Hymnen selbst waren offenbar nachträglich auf zwei großen Pfeilern eingemeißelt worden, die die Grenze zwischen dem Dromos und der eigentlichen Tempelanlage markierten, dessen als »Vorstadt« bezeichneter Innenhof nach der Bauinschrift im Jahr 96 v. Chr. eingerichtet und bis ins 3. Jh. n. Chr. wiederholt restauriert wurde. Zu beiden Seiten des 4 m breiten Durchganges aufgestellt, wurden die Pfeiler noch im Jahr ihrer Auffindung in den Garten des Museums von Alexandria versetzt, von wo sie nach ihrer Restaurierung im Jahr 2005 wieder in das Fayyu¯m, genauer das Museum des antiken Karanis im heutigen Ku¯m Ausı¯m zurückkehrten. 35)
3.1 Erster Hymnus des Isidoros
Der erste, in Hexametern gefaßte Hymnus I. Metr. 175 I befindet sich direkt unterhalb der zu Ehren von Ptolemaios IX. Soter gesetzten Bauinschrift aus dem Jahr 96 v. Chr. Auf der Südseite des Westpfeilers angebracht, war er damit für jeden sichtbar, der sich vor dem Eingang zur eigentlichen Tempelanlage befand. Anders als bei den anderen Inschriften ist die stets an das Ende gesetzte »Signatur« des Dichters Isidoros in diesem Fall nur leicht eingerückt und auch nicht im Schriftgrad hervorgehoben, so daß sie weniger ins Auge fällt als sonst, wo sie schon durch ihre mittige Position und größere Schrift die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
33. 34. 35.
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papyris ostracis titulis Graecis Latinisque in Aegypto repertis laudantur, Milano 1974-1977, 539 ff.; Totti, Ausgewählte Texte, 76 ff. Nr. 21 bis 24. Eine eingehende Erörterung bietet vor allem die Monographie von Vanderlip, Four Greek Hymns. Für eine Datierung bereits in das spätere 3. Jh. v. Chr. – näherhin unter Ptolemaios IV. Philopator – J. Bollók, Du problème de la datation des hymnes d’Isidore, in: L. Kákosy (Hg.), Studia Aegyptiaca I, FS V. Wessetzky, Budapest 1974, 27-37. A. Vogliano, Primo rapporto degli scavi condotti dalla missione archeologica d’Egitto della R. Università di Milano nella zona di Madı¯net Ma¯d¯ı (campagna inverno e primavera ˙ 1935-XIII), Milano 1936, hier auch 27 ff. die Ed. pr. Vgl. G. Nachtergael, Le transfert des Hymnes d’Isidôros au Musée de Kôm Ushim (Karanis), CE 81 (2006) 252.
Griechische Texte aus Ägypten (1) Wohlstandgebende
Königin der Götter, Herrscherin Hermuthis, (2) Allmächtige, gutes Glück, großnamige Isis, (3) höchste Deo, Finderin allen Lebens! (4) Vielfältige Werke lagen dir am Herzen, auf daß du verleihest (5) den Menschen die Nahrung und die gute Ordnung allen; (6) und die Satzungen wiesest du an, damit ein gutes Rechtswesen vorhanden sei; (7) und die Künste verliehest du, damit das Leben ansehnlich sei; (8) und fandest aller Feldfrüchte wohlblühende Gestalt. (9) Dank deiner fügten sich zusammen der Himmelspol und die ganze Erde (10) und das Wehen der Winde und die süßleuchtende Sonne. (11) Durch deine Macht füllen sich alle Ströme des Nils (12) zur Spätsommerstunde, und äußerst gewaltig ergießt sich das Wasser (13) über die ganze Erde, damit unerschöpfliche Feldfrucht vorhanden sei. (14) So viel aber Sterbliche leben auf der unendlichen Erde, (15) Thraker, Griechen und so viel Barbaren es gibt – (16) deinen schönen Namen, bei allen hochgeehrt, (17) sprechen sie aus in ihrer eigenen Sprache, in ihrem eigenen Vaterland. (18) Astarte, Artemis nennen dich die Syrer, Nanaia 36); (19) und der Lykier Völkerschaften nennen dich Herrsche[rin] Leto; (20) Mutter aber der Götter nennen dich auch die thrakischen Männer; (21) die Griechen aber die hochthronende Hera und auch Aphrodite (22) und gute Hestia und Rheia und Demeter; (23) die Ägypter aber Thiuis, 37) weil du als Eine alle (24) anderen Göttinnen bist, die von den Völkerschaften mit Namen benannt werden. (25) Herrin – nicht werde ich aufhören, deine große Macht zu singen, (26) unsterbliche Retterin, vielnamige, größte Isis, (27) die du dem Krieg entreißest die Städte und alle Bürger, (28) sie selbst und ihre Gemahlinnen und die Besitzungen und die lieben Kinder. (29) So viele aber im Schicksal gefangen sind, in des Todes Gehege, (30) und so viele in Schlaflosigkeit bedrängt werden durch große Schmerzen (31) und die in fremdem Lande herumirrenden Menschen (32) und so viele auf dem Meer in großem Sturm segeln (33) an Menschen, zugrunde gehend auf ihren zerschellenden Schiffen – (34) all diese werden gerettet, da sie dich anflehen, (ihnen) beizustehen. (35) Erhöre meine Gebete, die du einen großmächtigen Namen hast, (36) und werde mir wohlgesinnt, befreie mich von aller Trübsal. (37) Isidoros (38) hat es geschrieben.
3.2 Zweiter Hymnus des Isidoros
Der zweite Hymnus I. Metr. 175 II war auf derselben Höhe wie der erste, aber genau über Eck auf der Ostseite des Westpfeilers angebracht. Ebenso wie der gegenüberliegende dritte Hymnus war er demnach nur für denjenigen zu sehen, der sich gerade in dem Durchgang befand, durch den er in die sog. »Vorstadt« und damit die eigentliche Tempelanlage gelangte. Wie der vierte Hymnus ist er in elegischen Distichen gefaßt, wobei auf die nach 15 Distichen eingemeißelte »Signatur«, die hier wie in den beiden folgenden Hymnen mittig und vor allem in deutlich größeren Buchstaben gesetzt ist, noch ein weiteres Distichon folgt. 36. 37.
Ein der Isis Nanaia geweihtes Nanaion gab es auch in Alexandria, bekannt vor allem durch das in der Kaiserzeit dort angesiedelte Staatsarchiv der demotischen Vertragsurkunden. Wörtlich »die Eine«; vgl. zuletzt L. V. Zˇabkar, Hymns to Isis in Her Temple at Philae, Hanover / London 1988, 145 und bes. Dousa, Imagining Isis, 169 f.
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Andrea Jördens (1) Sei
gegrüßt, gutes Glück, großnamige, größte Isis, (2) Hermuthis! Unter dir ist jede Stadt erfreut, (3) des Lebens und der Feldfrüchte Finderin, an welchen sich alle (4) Sterblichen ergötzen ob deiner Gnadengaben. (5) So viele zu dir flehen, (ihnen) beim Handel beizustehen – (6) in Wohlstand leben sie fromm auf alle Zeit; (7) und so viele in tödlichen Krankheiten durch das Schicksal festgehalten werd[en] – (8) da sie zu dir flehten, haben sie rasch dein Leben erlangt. (9) Wahrhaftig, die gute Gottheit, 38) der starke Sokonopis, (10) wohnt als Tempelgenosse, der gute Wohlstandgebende, (11) Schöpfer der Erde und des bestirnten Himmels (12) und aller Ströme und der sehr raschen Flüsse; (13) und Anchoes, dein Sohn, der den hohen Himmel bewohnt, (14) ist die aufgehende Sonne, die das Licht wies. (15) So viele aber Nachkommenschaft an Kindern erzeugen wollen, (16) flehen euch an und erlangen Kindersegen. (17) Den goldströmenden Nil führst du durch Zurede herauf, zur recht[en Ze]it, (18) über die Erde Ägyptens, den Menschen zum Wohlgefallen. (19) Wohlblüht dann alle Feldfrucht, und allen teil[st du zu], (20) denen du willst, ein Leben an vielfältigen Gütern. (21) Deiner Geschenke eingedenk, so vielen du Wohlstand verliehest (22) und deine großen Gnadengaben zum Besitze durch und durch – (23) hiervon teilten dir den zehnten Teil alle zu, (24) sich freuend ein jedes Jahr, und bei deinem Feste (25) schenktest du dich dann, wenn der Jahreslauf sich vollendet, (26) ihnen im Monat Pachon, 39) allen zum Frohsinn. (27) Ergötzt aber sind die Festteilnehmer wieder heimgekehrt, (28) andächtig schweigend, voll des von dir (empfangenen) Überflusses. (29) An deinen Geschenken verleih auch mir Anteil, Herrscherin Hermuthis, (30) Reichtum und zugleich Kindersegen deinem Bittflehenden. (32) Isidoros (33) hat es geschrieben. (34) Meine Gebete und auch Lobpreisungen haben die Götter erhört (35) und verliehen mir wiederum guten Mut als Gnadengabe.
3.3 Dritter Hymnus des Isidoros
Der an der Westseite des Ostpfeilers eingemeißelte und damit dem vorigen innerhalb des Durchganges direkt gegenüberliegende dritte Hymnus I. Metr. 175 III besteht wie der erste nur aus Hexametern. (1) Der
höchsten Götter Ratgeberin, Herrscherin Hermuthis, (2) reine Isis, heilige, große, großnamige Deo, (3) ehrwürdigste Schenkerin der Güter allen Sterblichen! (4) Den Frommen hast du große Gnadengaben und Wohlstand verliehen (5) und das süße Leben zum Besitze und das beste Ergötzen, (6) Reichtum, Glück und unbeschwerten Verstand.
38.
39.
282
Als Agathos Daimon üblicherweise der schlangengestaltige Hauptgott Alexandrias, hier allerdings als Gefährte der ebenfalls schlangengestaltigen Renenutet bzw. (T)hermuthis gleichgesetzt mit Sokonopis, einer Erscheinungsform des krokodilgestaltigen Sobek oder Suchos, der im Fayyu¯m als Gaugott verehrt wurde. Zu dem traditionell am 1. Pachon = 26. April zu Ehren der Renenutet bzw. Isis gefeierten Erntefest, das zumindest in Soknopaiu Nesos als »Eleusinia« bezeichnet wurde, F. PerpillouThomas, Fêtes d’Égypte ptolémaïque et romaine d’après la documentation papyrologique grecque (Stud. Hell. 31), Leuven 1993, 133; zuletzt A. Jördens, Griechische Papyri aus Soknopaiu Nesos (P. Louvre I), Bonn 1998, 41 f. im Komm. zu P. Louvre I 4, 62.
Griechische Texte aus Ägypten (7) So
viele aber leben, glückseligste, beste Männer, (8) szeptertragende Könige, und so viele Gebieter sind – (9) so sie sich an dich halten, herrschen diese bis zum Greisenal[ter], (10) viel glänzenden und fetten Re[ichtum] hinterlassend (11) Söhnen und Sohneskindern und den Menschen nach i[hnen]. (12) Wen aber als liebsten der Herrscher hatte die König[in], (13) der wird über Asien und auch Europa herrschen, (14) Frieden bringend; die Feldfrüchte strotzen unter ihm (15) von vielfältigen Gütern und bringen be[ste]n Ertrag. (16) Wo immer aber Kriege oder besser Männermorden (17) an unzähligen Massen (herrscht) – deine Stärke, [deine Ma]cht (18) hat die Menge in Dunkel gehüllt, wenigen aber Mut ve[rliehen]. (19) Erhöre mich, gutes Glück, deinen Bittflehenden, Herrsche[rin], (20) ob du nun in Richtung Libyen oder in den Süden deinen Wandel genommen [hast]; (21) ob du die äußersten Gefilde des immer süßwehenden Nordwinds bewohnst; (22) ob das Wehen des Ostwinds, woselbst die Aufgänge der Sonne (sind); (23) ob du auch den Olymp erreichst, worinnen die Himmlisch[en wohnen]; (24) ob du auch im Himmel hoch mit den Unsterblichen richtest; (25) ob du auch, indem du die Wagen der schnelllaufenden Sonne besteigst, (26) das ganze Weltall durchmessend auf alles hinabblickst, (27) auf die Werke der Menschen, der unfrommen wie auch der frommen, hinabschaust, (28) aber auch, wenn du hier anwesend bist, die (jedem) eigene Tüchtigkeit anschaust, (29) ergötzt durch Opfergaben, durch Trankopfer wie durch Brandopfer (30) der Menschen, die den Gau des Suchos bewohnen, der Arsinoiten (31) vielstämmiger Völkerschaften, so viele ein jedes Jahr anwesend sind (32) am zwanzigsten im Monat Pachon und Thoyth, 40) indem sie dir den Zehnten brin[gen] (33) und Anchoes, Sokonopis, den heiligen Göttern, beim Fest. (34) Erfahrend von den Gebeten, schwarztragende, erbarmende Isis, (35) und ihr, große Götter, Tempelgenossen zusammen mit ihr, (36) schickt mir Paian, den Heiler alle[r Le]iden. (37) Isidoros (38) hat es geschrieben.
3.4 Vierter Hymnus des Isidoros
Der vierte, aus 20 elegischen Distichen bestehende Hymnus I. Metr. 175 IV ist bemerkenswerterweise auf die Nordseite des Ostpfeilers geschrieben und damit der einzige, der sich in dem schmalen Innenhof, der sog. »Vorstadt«, selbst befindet. Er nimmt auch insofern eine Ausnahmestellung ein, als er nicht wie alle anderen der Isis bzw. (T)hermuthis, sondern dem Erbauer der Tempelanlage gewidmet ist, dem inzwischen unter dem Namen Pramarres selbst als Gott verehrten Pharao der 12. Dynastie Amenemhet III. (1) Wer
erbaute dieses reine Heiligtum für Hermuthis, die größte? (2) Welcher Gott gedachte eines Allheiligtums der Glückseligen? (3) Wie er den hochgelegenen und unbetretbaren Olymp bezeichnete (4) der höchsten Deo, der satzungsbringenden Isis, (5) und ihrem Sohn Anchoes und der guten Gottheit Sokonopis, (6) den unsterblichen, fand er den angemessensten Hafen. (7) Über Ägypten sei einer, erzählt man, als göttlicher Herr40.
Bisher nicht anderweitig belegte und daher möglicherweise nur lokale Festtage, vgl. Vanderlip, Four Greek Hymns, 61 f.
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scher entstanden, (8) der sich als allen Landes Herr erwies, (9) wohlhabend, fromm, mit aller und größter Macht, (10) der Ruhm und Tüchtigkeit besaß, himmelsgleiche. (11) Diesem nämlich war die Erde untertan und das Meer (12) und aller Ströme Gewässer, der schönfließenden, (13) und das Wehen der Winde und die Sonne, die ihr süßes Licht (14) im Aufgehen allen erscheinen läßt, hellglänzend. (15) Und der Gefiederten Arten einmütig hörten auf ihn, (16) und, wenn er etwas (?) auftrug, war alles gehorsam. (17) Offenkundig war es so, daß die Vögel auf ihn hörten, (18) wie die, die über heilige Dinge Geschriebenes sammeln, (19) berichten, daß einstmals dieser einer Krähe etwas auftrug – (20) mit dem Auftrag im Schnabel kam sie, erzählt man. (21) Denn er war kein sterblicher Mann, noch war er von einem sterblichen Herr[scher], (22) sondern eines großen Gottes Abkömmling, eines immerwährenden. (23) Als des Suchos, des allmächtigen, großen, großen und größten, (24) der guten Gottheit Sohn erschien der Herrscher. (25) Mütterlicher Großvater dieses aber ist des Lebens Zut[eiler], (26) Ammon, der auch Zeus (heißt) in Griechenland und Asien. (27) Um seinetwillen war auch ihm alles gehorsam, so viel auf der Erde (28) Kriechtiere (sind), und der himmlischen Gefiederten Arten. (29) Der Name aber kam woher für ihn? Und wer bestimmte ihn, (30) Gebieter oder König oder einer der Unsterblichen? (31) – Der nährende Sesoôsis, 41) der an des Himmels Abend gelangt, (32) bestimmte den schönen Namen der helleuchtenden Sonne. (33) Die Ägypter aber, als sie seinen Namen verdolmetschten, (34) nennen ihn Porramanres, den großen, unsterblichen. (35) Staunenswertes aber und Wunderbares habe ich von anderen gehört: (36) Wie er segelte im Wüstengebirge mit Achsen und Segel. 42) (37) Es sicher lernend bei Männern, die dieses erforschen, (38) habe auch ich selbst alles aufgeschrieben (39) und den Griechen verdolmetscht des Gottes Macht und des Herrschers, (40) wie kein anderer Sterblicher (je) gleiche Macht besaß. (41) Isidoros (42) hat es geschrieben.
4. Isis-Hymnus Die dichtbeschriebenen Papyrusfetzen aus dem »vecchio fondo« der Papiri della Società Italiana, die aus dem 3. Jh. n. Chr. stammen sollen und heute in der Biblioteca Laurenziana in Florenz liegen, wurden 1925 von Girolamo Vitelli als PSI VII 844 publiziert. Trotz der für einen literarischen Text ungewöhnlich vielen Abkürzungen vermochte schon Vitelli darin Fragmente epischer Hexameter zu erkennen, die seiner Meinung nach einem gelehrten Naturphilosophen galten. Die eingangs beschriebenen idealen Bedingungen eines Lebens frei von allen Wetterunbilden sind Ernst Heitsch zufolge jedoch ganz konkret auf das Göttergeschenk Ägypten zu beziehen, so daß vielmehr Isis als Adressatin anzusehen sei, wir folglich einen sonst unbekannten IsisHymnus vor uns haben. 43) Diese Deutung wurde genau 50 Jahre nach der Erstedition endgültig bestätigt, als Adelmo Barigazzi außer mancher Neulesung vor allem der 41. 42. 43.
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Eine andere Namensform für Sesostris (III.), den Vater Amenemhets III. Zur Auffindung eines entsprechenden Gefährts im Innenhof der Tempelanlage mitsamt einem Rekonstruktionsversuch K. H. Dittmann, Der Segelwagen von Medînet Mâdi, MDAI(K) 10 (1941) 60-78. E. Heitsch, PSI VII 844, ein Isishymnus, Mus. Helv. 17 (1960) 185-188; danach auch ders., Die
Griechische Texte aus Ägypten
Nachweis gelang, daß die beiden größeren Fragmente aneinander paßten, wodurch nunmehr wenigstens einige Verse in voller Länge erhalten sind. 44) Erneut wird Isis hier nicht nur als Herrin Ägyptens, sondern auch als Finderin der himmlischen wie der irdischen Ordnung und überhaupt aller Erscheinungen der Welt gepriesen. (col. I, 1) … (2) Weder
[werden w]ir erschüttert durch dumpf tosende [Wetterstrahwerden wir bestreut durch schneereiche Win[terstürme]; (4) immer aber werden wir erwärmt durch des Frühlings wolkenlosen Son[nenglanz (?)]. (5) Von dir aber wissen wir, woher das Licht kommt der Sonne, (6) wo auch die schwarze Nacht heraufziehen läßt und wieviele Gestirne wäscht (7) die große Kraft des hinwiederkehrenden Okeanos, 46) (8) und wie Poseidon erloste das dun[kelfarbige Salzwasser] (9) und das modrige Schattenreich [erloste] der schwarzmähnig[e Hades]; (10) von dir aus aber haben wir das blitz[eschleudernde] Donnergrollen [und die Sturmwinde] (11) und die Entstehung der kalten Winde und der kör[perlichen Dinge] (12) gehört, und der Glückseligen Natur und der Ster[blichen Ursprung]. (13) Aber auch die menschliche Tüchtigkeit und [alle] Für[sorge] (14) [… hast du die Mensch]en geschmü[ckt (?) … (col. II, 1) Wie … (2) weder … (3) noch Worte … (4) furchtsam … (5) Welche aber herna[ch …
len 45)], (3) noch
5. Paian auf Asklepios aus Ptolemais Hermiu Ebenso wie die in Nr. 1 gegebene Isis-Aretalogie ist auch der im antiken Ptolemais Hermiu entdeckte und als I. Metr. 176 wiederabgedruckte Paian auf Asklepios gleich mehrfach epigraphisch überliefert. Während dort ein auf ein memphitisches Original zurückgehender Text nur außerhalb Ägyptens erhalten blieb, treffen wir bei dem sog. Erythräischen Paian auf den genau umgekehrten Fall, daß nämlich ein wohl zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. gedichtetes Kultlied auf den Heilgott Asklepios sich in der Folge über die gesamte griechische Welt und selbst bis nach Oberägypten verbreitete, wo es zudem um eine neue, vierte Strophe erweitert wurde. Abgesehen von dem ältesten Textzeugen, der aus dem Asklepieion des nordionischen Erythrai stammt und diesem Prototyp eines »Gebrauchspaians« 47) seinen
44. 45. 46.
47.
griechischen Dichterfragmente der römischen Kaiserzeit Bd. I, 2. Aufl., Göttingen 1963, 165 Nr. XLVIII. A. Barigazzi, L’inno a Iside del PSI 844, ZPE 18 (1975) 1-10 mit Taf. I a); hinfällig damit auch die im selben Jahr erschienenen Überlegungen von Th. Wolbergs, Ein kaiserzeitliches Homerenkomion, Hermes 103 (1975) 188-199. So erwogen von Barigazzi, ZPE 18 (1975) 3, gegenüber dem von der Ed. pr. vorgeschlagenen »[Donner]«. Gedacht ist offenkundig an das Bild der im Okeanos versinkenden und von dort wieder aufsteigenden Gestirne, »hinwiederkehrend« also als Enallage. Nach Barigazzi, ZPE 18 (1975) 6 ist hiernach möglicherweise ein Vers ausgefallen, etwa im Sinne von »und von dir wissen wir auch, auf welche Weise Zeus den breiten Himmel erloste« (3, im App.). So L. Käppel, Paian. Studien zur Geschichte einer Gattung, Berlin / New York 1992, 198, vgl. auch 189 »… jene Art von Texten, die im Gegensatz zu Werken der hohen Literatur … als kunstlose Gebrauchstexte für jedermanns einfache Bedürfnisse in bestimmten Situationen des profanen oder religiösen Lebens Verwendung fanden«.
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Namen gab, sind alle anderen Belege erst in der Kaiserzeit entstanden. 48) Unter den drei Inschriften, die im Asklepieion in Athen, im südmakedonischen Dion und eben in Ptolemais Hermiu, dem heutigen al-Mansˇa¯h, aufgestellt wurden, trägt allein die letztere ein genaues Datum, da die erstmals von J. Baillet in der Revue Archéologique von 1889 publizierte Stele zugleich eine Bauinschrift trägt. 49) Danach wurde hiermit der Abschluß der Renovierungsarbeiten gefeiert, die unter dem von 98 bis 100 n. Chr. amtierenden Präfekten C. Pompeius Planta an dem heute nicht mehr lokalisierbaren Heiligtum der Heilgötter Asklepios und Hygieia vorgenommen wurden.50) Die 1,55 m hohe Stele aus schwarzem Granit wird von einem reliefierten, gerahmten Dreiecksgiebel mit stilisierten Akroteren und einem kreisrunden Dekorationselement in der Mitte – Rosette, Schild oder Sonnenscheibe? – bekrönt und befindet sich inzwischen in Kairo. Gestiftet wurde sie von der Bürgerschaft von Ptolemais Hermiu, das bekanntlich zu den nur drei griechisch verfaßten Poleis Ägyptens zählte. Entsprechend ausgeprägt war der Lokalstolz, wie sich nicht nur in der neu hinzugefügten Strophe zeigt, sondern auch in den deutlich größeren Buchstaben der Bauinschrift und vor allem dem Umstand, daß nur der Hinweis auf »die Stadt« und der abschließende Gruß an Apollon prominent allein auf Mitte gesetzt sind (a, 5 bzw. b, 15), während alle anderen Zeilen jeweils von Rand zu Rand laufen. Gegenüber der sicher ursprünglichen Fassung von Erythrai weisen die drei kaiserzeitlichen Versionen manch bemerkenswerte Abweichung auf. Dies betrifft Varianten am Meshymnion ebenso wie verschiedene Kasusendungen oder gar die nachträgliche Einfügung der erst später belegten fünften Asklepiostochter Akeso. Darunter mußte auch die Versgestaltung leiden, doch ist der Text dieser späten Zeugnisse ohnehin fortlaufend, also ohne Rücksicht auf die metrische Komposition geboten. Die daher nurmehr bedingt vorhandene Stropheneinteilung wird in der Übersetzung durch die in eckige Klammern gesetzte Zählung der entsprechenden Absätze angezeigt. Der typischen Abfolge Anrufung, »epischer Teil« und Gebet begegnen wir auch hier, wobei jedem Element jeweils eine Strophe gewidmet ist: Auf die Anrufung des Gottes – hier des Apollon als des Vaters des Asklepios – folgt, in Ermangelung bekannter Ereignisse aus seinem Leben, eine genealogische Einordnung mitsamt den Kindern; der Hymnus schließt mit der Bitte um Beistand und glückliches Gedeihen
48.
49.
50.
286
Vgl. nur I. Erythrai II (I. K. 2) 205 (aus Erythrai: E; 380-360 v. Chr.); IG II2 4509 (aus Athen: A; Ende 1. / Anfang 2. Jh. n. Chr.); G. P. Oikonomos, Epigraphai tes Makedonias, Athen 1915, 8 ff. Nr. 4 (aus Dion: D; 2. Jh. n. Chr.); I. Metr. 176 (aus Ptolemais Hermiu: P; 98-100 n. Chr.). Nachdrucke etwa auch bei J. U. Powell, Collectanea Alexandrina, Oxford 1925, 136 ff.; Käppel, Paian, 372 ff. Pai. 37; Chapot / Laurot, Corpus, 157 ff. G70 sowie bes. Furley / Bremer, Greek Hymns, II 161 ff. Nr. 6.1.1 (E) und Nr. 6.1.2 (P, A, D). J. Baillet, La stèle de Menschieh, RA 13 (1889) 70-83, vgl. auch ders., Le péan de Menchieh, RPh 13 (1889) 81-84 = J. G. Milne, Catalogue Général des Antiquités du Musée du Caire: Greek Inscriptions, Oxford 1905, 29 f. Nr. 9265; Abdrucke nur der Bauinschrift auch in AE 1889, 79; IGRR I 1154; SB I 679. Die gelegentlich noch anzutreffende Datierung auf 97 n. Chr. – so etwa auch noch Käppel, Paian, 193 sowie 372, der das zutreffende Datum 193 Anm. 132 als bloße Alternative gibt, oder Furley / Bremer, Greek Hymns, I 213 (richtig allerdings II 164 f.) – scheidet schon aufgrund der Nennung Trajans (nicht seines Adoptivvaters Nerva!) aus, dessen dies imperii erst auf den 28. Januar 98 n. Chr. fiel.
Griechische Texte aus Ägypten
der Heimatstadt, in Ptolemais durch die in der vierten Strophe hinzugefügten Anapäste noch verstärkt. 51) (a, 1) Für
den Imperator Caesar Nerva (2) Traianus Augustus Germanicus (3) hat dem Asklepios und der Hygieia den Tempel (4) und den heiligen Bezirk wieder instandgesetzt (5) die Stadt (6) unter dem Präfekten Pompeius Planta, (7) als Calpurnius Sabinus Epistratege war. [1] (b, 1) Den Paian, den für seine Klugheit berühmten, besingt, ihr Jünglinge, den treffsicheren Sohn der Leto (2) – ie ô ie Paian –, der eine große Wonne den Sterblichen gezeugt hat, verbunden (3) in Liebe der Koronis, der Phlegyerin: 52) Iê Paian, den Asklepios, (4) die berühmteste Gottheit, ie Paian. [2] Von dem aber wurden auch gezeugt (5) Machaon und Podaleirios und Iaso und die vielumflehte Akeso (6) – ô ie Paian – und die schönäugige Aigle und Panakeia, die Kinder der Epione, (7) mitsamt der hochberühmten, weitausschauenden Hygieia. Iê Paian, Asklepios, berühmteste (8) Gottheit, ie Paian! [3] Sei mir gegrüßt, gnädig aber komm in unsere (9) Stadt mit den weiten Tanzplätzen – ie ô ie Paian –; gib aber uns in Freude zu erblicken das Licht (10) der Sonne, den erprobten, 53) mitsamt der hochberühmten, weitausschauenden Hygieia. (11) Iê Paian, Asklepios, erhabenste Gottheit, ie Paian! [4] (12) Des Nils Wasser aber mögest du geben, Glückseliger, immerwährende, und dieser Stadt (13) ambrosisches Gedeihen und ganz Ägypten lieblichen Ruhm. (14) Sei mir gegrüßt, o Paian, bei diesen meinen frohsinnigen Gesängen, (15) sei gegrüßt, o Pythios Apollon!
6. Hermes-Hymnus Eine Reihe weiterer Hymnen ist nur über den Umweg der Zauberpapyri aus dem griechisch-römischen Ägypten auf uns gekommen. Insgesamt 30 solcher Dichtungen meinte Karl Preisendanz in dem einschlägigen Material identifizieren zu können, die im Durchschnitt um die 30, in einem Fall sogar mehr als 100 Verse umfassen. Einige davon begegnen darin bemerkenswerterweise gleich mehrfach, da man sich in den verschiedensten Zusammenhängen Unterstützung von ihnen versprach. Deutlicher noch als sonst wird in diesen Fällen ersichtlich, daß es sich in der Regel um Bearbeitungen handelt, da hiernach offenkundig bereits existente Texte durch Umstellungen, Kürzungen oder Einfügungen – einzelner Formeln und namentlich von Zauberwör-
51. 52.
53.
Eingehend hierzu P. Bülow, Ein vielgesungener Asklepiospaean, in: Xenia Bonnensia, FS 75jähr. Bestehen des philol. Vereins und Bonner Kreises, Bonn 1929, 35-49; Käppel, Paian, 189-200; zuletzt bes. Furley / Bremer, Greek Hymns, I 207-214. Tochter des Phlegyas, des mythischen Stammvaters der im mittelgriechischen Boiotien siedelnden Phlegyer; in der älteren Fassung in I. Erythrai II (I. K. 2) 205, 6 »mit Koronis, im phlegyischen Land«, nach dem Komm. von Engelmann / Merkelbach ursprünglich vielleicht »mit Koronis, dem phlegyischen Mädchen«. Ursprünglich bezogen auf das Licht, hier jedoch auf das »uns« der vorausgehenden Zeile.
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tern, aber auch ganzen Textpassagen – den jeweils spezifischen Bedürfnissen angepaßt wurden. 54) Dies bestätigt auch ein heute in Straßburg aufbewahrtes Einzelblatt unbekannter Herkunft, das ausnahmsweise eine wohl ursprünglichere Fassung eines dieser Hymnen überliefert. Während die Vorderseite mit einer offenbar noch unpublizierten Rechnung aus dem 2. Jh. n. Chr. beschrieben ist, wurde die Rückseite einige Zeit später für die Niederlegung eines Hermes-Hymnus genutzt. Über die ganze Länge erhalten blieben lediglich die Mittelpartien, da die Zeilenanfänge in der oberen Hälfte ebenso verloren sind wie sämtliche Zeilenenden. Allerdings weist das Vorhandene starke Überschneidungen mit zwei ebenfalls an Hermes gerichteten Hymnen aus den Zauberpapyri auf, die eine Rekonstruktion des Wortlauts in den ersten Zeilen sowie am Ende des Hymnus stützen. Der bereits 1902 als Version C von Otto Plasberg vorgelegte Straßburger Papyrus wurde 1959 von Ernst Heitsch einer eingehenden Revision unterzogen, die bis heute maßgeblich blieb. 55) Eine separate und mit Übersetzung versehene Erörterung aller drei Fassungen in ihrem jeweiligen Zusammenhang findet sich jetzt bei Reinhold Merkelbach.56) (1) [Weltenhe]rrscher
[Hermes], der du im Herzen bist, K[reis des Mondes], (2) [runder und vi]ereckiger, der Worte [der Sprache Stammvater], (3) [Überreder zur Gerechtigkeit], Chlamysträger, [der mit den Flügelschuhen], (4) [allstimmiger Sp]rache Ratgeber, [den Sterblichen ein Prophet (?)]. (5) [… den Lebewes]en (?), denn der Atem … (6) … anwesend vor … (7) … in kurzer Zeit … (8) […, wan]n wieder des Sterben[s Tag naht], (9) [den Frommen (?)] ein wahres [Orak]el [… schickst du (?)]. (10) [Der Schicksale Spin]ner wirst du genannt und [göttlicher Traum], (11) [Allbezwinger (?), Unbezwun]gener (?), was br[ingt (?) …] (12) … mögest du (?) urteilen … (13) Gutes gewährst du den G[ut]en, [den Schlimmen aber Leidvolles]. (14) Für dich ging die Morgenröte auf, und [für dich (?) ka]m die schnelle [Nacht] heran. (15) Über die Elemente herrschst du – Feuer, Luf[t, Wasser, Erde] –, (16) der du zum Zügel- (und) Steuerhalter wurdest des [ganzen] Weltalls. (17) Von denen aber du willst, deren Seelen führst du herauf, [die anderen
54.
55. 56.
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Grundlegend hierzu Heitsch, Philologus 103 (1959) 215 ff. Teil I, bes. 216 ff. anhand des in vier verschiedenen Fassungen überlieferten PGM Hymn. 4 An Helios (PGM Bd. III 25 f. = Bd. II2 239 f. = Heitsch, Dichterfragmente2, 181 ff. Nr. LIX 4); als Beispiel für einen ggf. auch erst in der modernen Edition »konstruierten« Hymnus vgl. etwa PGM Hymn. 11 An Apollon und Apollon-Helios, zusammengesetzt aus PGM II 81-101, 133-140 und 163-166 (PGM Bd. III 30 f. = Bd. II2 245 f.), bei H. D. Betz, The Greek Magical Papyri in Translation, Including the Demotic Spells (GMP), Chicago / London 1986, 15 ff. einschließlich der eingefügten Zeichnungen. Vgl. nur O. Plasberg, Straßburger Anekdota, APF 2 (1902) 185-228, bes. 208 ff. Nr. III = PGM XVII b, nach der Revision von Heitsch, Philologus 103 (1959) 223 ff. Teil II jetzt wiederabgedruckt als PGM Hymn. 15/16 Bd. II2 249 = Heitsch, Dichterfragmente2, 186 f. Nr. LIX 8. R. Merkelbach, Abrasax. Ausgewählte Papyri religiösen und magischen Inhalts (Pap. Colon. XVII), Bd. 5: Traumtexte, Wiesbaden 2001, 63 ff. Kap. II, darunter der hier in Rede stehende PGM XVII b bes. 82 ff. als Text 8. Auch in PGM Bd. III 34 f. war die Straßburger Fassung aufgrund der starken Abweichungen im Textbestand als Hymn. 16 noch getrennt gehalten von den kürzeren, als Hymn. 15 gebotenen Versionen A = PGM V 400-420 sowie B = PGM VII 668-680, nach denen immerhin Z. 1-4 sowie 10 und 20 ergänzt werden konnten; zu ihnen auch Merkelbach, Isis Regina, 202 f. § 379.
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aber wiederum verbirgst du]. (18) Denn der du Weltall des Weltalls geworden bist – [alles (?) beherrschst du]; (19) denn du [heilst] auch [alle] Krankheiten der Sterblichen, (20) der du tags wie nachts [Orakel herbeischickst]. (21) Auch mir, der ich dich anflehe, [erzeige] deine [Gestalt], (22) einem frommen Menschen, einem Bittflehenden und dei[nem Diener (?) 57)], (23) und deine untr[ügliche] Seherkunst [schick mir im Schlafe (?) …
7. Lobpreis der vielnamigen Isis aus Oxyrhynchos Auf den beiden Seiten einer über 1 m langen Rolle aus dem heutigen al-Bahnasa¯, die B. P. Grenfell und A. S. Hunt 1915 im elften Band der »Oxyrhynchus Papyri« publizierten und die jetzt in der Oxforder Bodleian Library liegt, waren im 2. Jh. n. Chr. offenbar kurz hintereinander einzigartige religiöse Texte festgehalten worden. Die als P. Oxy. XI 1381 edierte Erzählung um den berühmten Weisen der 3. Dynastie Imhotep und sein Heilungswunder an dem nachlässigen Übersetzer, die sich auf der Rückseite befindet, wurde bereits unter den medizinischen Texten aus Ägypten vorgestellt. 58) Ungleich berühmter ist jedoch die schon zuvor auf der Vorderseite niedergelegte Anrufung der Isis P. Oxy. XI 1380, 59) deren besonderer Wert in der Fülle der Detailinformationen besteht, die sie über die Verbreitung des Kultes in- und außerhalb Ägyptens bietet. Der auf insgesamt zwölf Kolumnen verteilte Text setzt mit einer detaillierten Auflistung, ja geradezu einem Feuerwerk an Namen ein, unter denen die stets als »vielnamig« gepriesene Isis an den verschiedensten Orten der damals bekannten Welt verehrt wurde. 60) Dies betrifft in den ersten fünf Kolumnen zunächst das Nilland selbst,
57. 58. 59.
60.
So mit Merkelbach, Abrasax 5, 84; sonst »Streiter«. Hierzu bereits TUAT.NF 5 Kap. V, 318 ff. Nr. 1. Wiederabgedruckt bei G. Lafaye, Litanie grecque d’Isis, RPh 40 (1916) 55-108; K. F. W. Schmidt, Rez. zu P. Oxy. XI, GGA 180 (1918) 81-126, bes. 106 ff.; G. Manteuffel, De opusculis Graecis Aegypti e papyris, ostracis lapidibusque collectis, Warszawa 1930, 70 ff. Nr. 2 (nach Kontrolle am Original, vgl. schon ders., Quelques notes sur le Pap. Oxy. XI, 1380, RPh 54 (1928) 161-167); Totti, Ausgewählte Texte, 62 ff. Nr. 20 (nach Kontrolle an Diapositiven), die 62 f. zugleich die bis 1980 erschienene Literatur aufführt; Auszüge auch bei Chapot / Laurot, Corpus, 198 ff. G90 (mit veraltetem Text nach Lafaye). Trotz der allgemeinen Zunahme der Isisstudien in den letzten Jahrzehnten scheint die Dissertation von B. A. Van Groningen, De papyro Oxyrhynchita 1380, Groningen 1921 weiterhin die einzige monographische Behandlung zu bieten. Vgl. ähnlich schon oben Nr. 3.1, bes. Z. 14 ff. im ersten Hymnus des Isidoros; zu den in den demotischen Texten verwendeten Namen und Epitheta jetzt auch H. Kockelmann, Praising the Goddess. A Comparative and Annotated Re-Edition of Six Demotic Hymns and Praises Addressed to Isis (APF Bh. 15), Berlin / New York 2008, bes. 49 ff. Angesichts der Vielzahl der erwähnten Ortsnamen wurde im folgenden auf eine Identifikation mit modernen Ortschaften verzichtet, zumal daraus zumeist nur wenig zu den hiermit jeweils verbundenen religiösen Vorstellungen zu gewinnen ist. Einen eingehenden Kommentar bieten immerhin bereits Grenfell und Hunt in der Ed. pr.; zu den antiken Belegstellen mit entsprechenden Identifikationsversuchen auch Lafaye, RPh 40 (1916) 76 ff., für die heute in Ägypten gebräuchlichen Ortsnamen jetzt C. Peust, Die Toponyme vorarabischen Ursprungs im modernen Ägypten. Ein Katalog (Göttinger Miszellen, Bh. 8), Göttingen 2010.
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dann aber auch Kleinasien, die Ägäis, das griechische Mutterland und endlich selbst so entfernte Völkerschaften wie die Perser, Mager und Inder. In der sechsten Kolumne werden die Isisnamen von dem Ortsbezug gelöst und zunehmend umfangreicher, offenbar mit dem Ziel, die ganze Bandbreite der Aspekte zu erfassen, unter denen die Göttin den Menschen erfahrbar war. Dies mündet schließlich in einen allgemeinen Lobpreis der Taten und Verdienste der Göttin, der sich über die gesamte zweite, von immer stärkeren Ausbrüchen gekennzeichnete Hälfte des Papyrus erstreckt. Trotz des beachtlichen Umfangs haben wir es freilich nur mit einem Ausschnitt aus einem größeren Werk zu tun, dessen genaue Struktur und Umfang unbekannt sind. Zu Anfang dürften wenigstens drei oder vier Kolumnen fehlen, da die in Oberägypten verwendeten Isisnamen ähnlich viel Raum beansprucht haben werden wie diejenigen aus dem – hier allein erhaltenen – Nildelta. Wieviel sonst noch am Beginn und am Ende verloren gegangen ist, ist nicht leicht zu ermessen, da der Charakter dieser zumindest im griechischen Bereich singulären Schrift ebenso unklar bleibt wie die Frage, ob die vorhandenen Partien etwa in eine Rahmenerzählung eingebettet waren.61) Dennoch bestehen keinerlei Zweifel, daß dieser Text für die Kulttopographie Ägyptens von kaum zu überschätzender Bedeutung ist. (… Man nennt dich) (col. I, 1) […in Aphrodito(?)]polis One(2) [… ; im] Haus des Hephaistos (3) […]chmeunis; 62) (4) [in …]ophis Bubas(5) [tis mit dem Bein]amen […]; (6) [in Let]opol[is] magna die Eine, (7) […]ion; in Aphroditopo(8) [lis i]m Prosopites Flottengebiete(9) [rin], die vielgestaltige, Aphrodite; (10) über das Delta hin Gnadengabenschenkerin; (11) in Kalamisis die milde; in der Kare(12) ne die zärtlich Liebende; in Nikiu (13) Unsterblichkeitsschenkerin; in Hierasos (14) […]versammlerin; 63) in Momem(15) [phis Herrsche]rin; in Psochemis [die zum] sicheren Hafen (16) [bringt]; in Mylon Herrsche[ri]n; (17) [in] Ke..kylemis ..tes; 64) in (18) [Her]mupolis die schöngestaltige, 65) heilige; (19) in Naukratis die vaterlose, Froh(20) [si]nn, Retterin, Allmächtige, (21) größte; in Nithine im Gynaiko(22) [po]lites Aphrodite; in Pephre(23) [mis] Isis, Herrscherin, Hestia, Herrscherin, (24) [He]rrin allen Landes; in Chnu (col. II, 25) in Es […] (26) Hera, göttliche […]; in (27) Buto Ge[burtshelferin 66) … ; i]n (28) Thonis Lieb[e 67) …] mit der Zeit und in Wett[kämpfen (?) … ; im] (30) Saites Sieger[in, A]thene, Nymphe; (31) in Nebeo […]; in Kaine Froh(32) sinn; in Sais Hera, Herrscherin, die voll(33) endete; im I[seion Is]is; in Sebenny(34) tos Ein[sicht, Fü]rstin, Hera, die hei(35) lige; in Hermupolis Aphrodite, (36) Köni[gin, die hei]lige; in Diospo(37) lis par[va] Herrscherin; in Buba(38) stos das Ober61.
62. 63. 64. 65. 66. 67.
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Vgl. auch die allgem. Charakteristik von O. Weinreich, Rez. zu Van Groningen, De papyro, PhW 42 (1922) 793-801 = Ausgewählte Schriften II: 1922-1937, Amsterdam 1973, 16-24 (hiernach zitiert), bes. 20 ff. Eine demotische Parallele ist jetzt möglicherweise in dem fragmentarischen P. Tebt. Tait 14 = Kockelmann, Praising the Goddess, 31 ff. Nr. 6 (2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.) zu greifen; hierzu jetzt auch oben 264 ff. Nr. 11.3. Nach Schmidt, GGA 180 (1918) 106 möglicherweise »Sa]chmunis«. Nach Schmidt, GGA 180 (1918) 108 Anm. 3 möglicherweise ein eigener Name »Hathroichis«. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 162 »[in] Sala[mis] (?) die süßeste [Herrsch]erin«, allerdings mit ungewöhnlicher Wortfolge. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 162 »[wohl]gestaltige Isis«. Mit Van Groningen, De papyro, 11 ff.; nach der Ed. pr. »Re[chenkundige«. Vgl. auch unten Z. 109 f. mit Anm.
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haupt; 68) in Heliup[ol]is Aphro(39) dite; in Athribis Maia, Aufrichtende; in (40) Hiera im Phthemphuthites Lotusträgerin; in (41) Tëuchis die heilige, Fürstin; unter den (42) Bukolen Maia; in Xois das Oberhaupt, (43) Orakelgebendes; in Katabathmos Vor(44) sehung; beim Apis Verstand; (45) bei Leuke Akte Aphrodite, Mu(46) chis, Eseremphis; in Phraguropo(47) li[s …]phis; in Choateine (col. III, 48) Sieger[in; in … Sch]reib(49) kund[ige, … ; in Kyno]polis (50) im Bu[sir]ites Rechtschaffene; (51) in Busiris gutes Glück; in (52) Hermupolis im Mendesios (53) Führerin; in Pharbaithos die schön(54) gestaltige; im Isideion im Se(55) throites Männerretterin; in (56) Herakl[eo]polis im Sethroites (57) Fürstin; in Phernuphis Herrscherin (58) der Städte; in Leontopolis die gute Schlan(59) ge; 69) in Tanis die von anmutiger (60) Gestalt, Hera; b[ei] Schedia Ein(61) sicht; bei Herakleion des Meeres (62) Herrin; in Kanobos Musengelei(63) terin; in Menuthis Wahrheit; in (64) Meniuis die vor Io sitzt, durch welche … gegründet wird; 70) beim (66) M..nestion die (?) größte, die geiergestal(67) tige, Aphrodite; in Taposiris (68) Thauestis, Hera, Schenkerin; auf der In(69) sel schneller Sieg; in Peukestis Steu(col. IV, 70) ermännin; in Melais die vielgestal(71) tige; in Menuphis die kriegerische; [im] (72) Metelites Kore; bei Charax [A](73) thene; 71) in Plinthine Hestia; in (74) Pelusion die den sicheren Hafen erreichen läßt; auf dem (75) Kasios Tachnepsis; beim Ek(76) regma Isis, die rettende; in (77) Arabien die Große Göttin; 72) auf der [In](78) sel (?) die zu Siegern der heiligen Spiele machende; in Lykien (79) Leto; in Myra in Lykien die verständige, (80) Eleuthera; 73) in Knidos die Freisprechung von An[grif](81) fen, 74) die Finderin; in Kyrene Isis; (82) auf Kreta Diktynnis; in Chalkedon (83) Themis; in Rom die kriegerische; [auf] (84) den Kykladeninseln die dreifache, 75) Ar(85) temis; auf Pathmos die junge, …(86) … ; 76) in Paphos die reine, göttliche, milde; [auf] (87) Chios 77) die schreitende; in Salamis Hinab(88) blickerin; auf Zypern die überreichli(89) che; auf der
68. 69. 70. 71. 72.
73. 74.
75. 76. 77.
Eingehend hierzu J. Bergman, Isis-Seele und Osiris-Ei. Zwei ägyptologische Studien zu Diodorus Siculus I 27, 4-5, Uppsala 1970, bes. 53 f. Vgl. Weinreich, Rez. zu Van Groningen, 17. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 162 bzw. De opusculis, 75 »welche die S[tädt]e [in] Krene (?) gründet«. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 162 »[Se](73) lene«. Anders als in der Ed. pr. als Eigenname bereits bei Schmidt, GGA 180 (1918) 112; vgl. auch Van Groningen, De papyro, 24 sowie bes. J. Starcky, Allath, Athèna et la déesse syrienne, in: L. Kahil / C. Augé (Hg.), Mythologie gréco-romaine, mythologies périphériques. Études d’iconographie (Coll. intern. du CNRS Paris, 17 mai 1979), Paris 1981, 119-130, bes. 120 f., wonach namentlich Alla¯t in Arabien vielerorts nur unter diesem Namen verehrt werde – sofern eine eindeutige Identifikation der weiblichen Hauptgottheit überhaupt möglich erscheint, vgl. nur J. F. Healey, The Religion of the Nabataeans. A Conspectus, Leiden u. a. 2001, bes. 107 ff. Mit Weinreich, Rez. zu Van Groningen, 17 sowie L. Robert, Isis Eleuthera, RHR 98 (1928) 56549 = Opera minora selecta, 5 Bde. Amsterdam 1969, II 1008-1012. Oder »auf den [We](81) gen«; vgl. auch Manteuffel, De opusculis, 76, der zugleich einen Beinamen »die Befreierin« erkennen will. Nach I. Cazzaniga, Intorno ad alcuni epiteti di Iside nella litania di P. Oxy. 1380, PP 20 (1965) 233-236, bes. 234 f. allerdings eher »die die Reisenden ausfahren läßt«. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 162 f. »die Nährerin«. Nach Manteuffel, De opusculis, 76 f. »die Vors[ehun]g der Göt(86) ter«. Statt »die reine, göttliche, milde; [auf] (87) Chios« nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 163 »die reine; in Pel[u(87) s]ion«, in ders., De opusculis, 77 allerdings nurmehr als »lectio dubia« gekennzeichnet.
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Chalkidike die heilige; in (90) Pierien die reife; in Asien (91) die am Dreiweg; 78) bei Petra Ret(92) terin; in Hypsele die größte; (col. V, 93) in Rhinokorura die Alleserblic[kerin]; (94) in Dora Freundschaft; in Str[atonos] (95) Pyrgos Hellas, 79) die gute; in (96) Askalon die stärkste; in Sino(97) pe die vielnamige; in Rhaphia Für(98) stin; in Tripolis die Aufrichtende; in (99) Gaza die mit guter Fahrt; 80) in Delphi die be(100) ste, die schönste; in Bambyke A(101) targatis; bei den Thrakern und auf Delos die viel(102) namige; in Amaxa 81) die kriegeri(103) sche; bei den Indern Maia; bei den Thessalern (104) Selene; bei den Persern Anahita; 82) bei den (105) Magern Kore, Thapseusis; in Su(106) sa Nania; im syrischen Phoinikien (107) Göttin; auf Samothrake die stieräugige; (108) in Pergamon Herrin; im Pontos (109) die unbefleckte; in Italien die L[ie]be der Göt(110) ter; 83) auf Samos die heilige; im Helle[sp]ont (111) die eingeweihte; in Myndos die göttliche; in (112) Bithynien Helene; auf Tenedos Son(113) nenauge; 84) in Karien Hekate; in (114) der Troas und in Didyma T[ri]bia (?), 85) (115) Palentra, die unnahba[re, Is]is; (116) in Berytos Maia; in Sidon As(col. VI, 117) tarte; in Ptolemais die verständi[ge]; in Susa am Rot[en] (119) Meer Sarkunis. – Die du auch unter den Zehn für jeden durch Satzungen die [ers]ten Dinge verdolmetschst; 86) (121) Herrscherin der bewohnten Welt; Vor(122) mund und Wegweiser; der Meeresund Fluß(123) mündungen Herrin; Schreib(124) kundige; Rechenkundige; die verständige; (125) die du auch den Nil über a[ll]es Land (126) heraufführst; aller Götter (127) schönes 78. 79.
80. 81. 82. 83.
84. 85.
86.
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Ursprünglich Beiname der Unterweltsgöttin Hekate, vgl. O. Weinreich, Trioditis, in: W. H. Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Bd. 5: T, Leipzig 1924, 1117 f. = Ausgewählte Schriften II, 125 f. Während R. R. Stieglitz, Stratonos Pyrgos – Migdal S´ar – Sebastos: History and Archaeology, in: A. Raban / K. G. Holum (Hg.), Caesarea maritima: a Retrospective after Two Millennia, Leiden u. a. 1996, 593-608, hierin einen Reflex auf »strong Hellenic ties« (594) der Mehrheitsbevölkerung erkennen wollte, hatte Van Groningen, De papyro, 29 angesichts der lautlichen Nähe – nach Weinreich, Rez. zu Van Groningen, 18 durchaus »beachtenswert« – darunter eine Verballhornung der arabischen Alla¯t vermutet. Die von R. Wenning, Die Stadtgöttin von Caesarea Maritima, Boreas 9 (1986) 113-129, bes. 124 ff. präsentierten archäologischen Befunde stützen freilich keine der beiden Deutungen. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 163 »die weibliche«. Mit Cazzaniga, PP 20 (1965) 233 f. Mit F. Cumont, Isis Latina, RPh 40 (1916) 133 f.; unzutreffend insoweit Chapot / Laurot, Corpus, 203. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 163 »die gute, ungetrübte«, abgelehnt von C. H. Roberts, AGAPH in The Invocation of Isis (P. Oxy. xi. 1380), JEA 39 (1953) 114; zu dem vieldiskutierten Begriff zuletzt Zˇabkar, Hymns to Isis, 154; J. G. Griffiths, Atlantis and Egypt, with Other Selected Essays, Cardiff 1991, 114 ff. Kap. II.ii; unter Einbeziehung auch rabbinischer Quellen J. A. Berenguer, Isis como ⁄g€ph qen en POxy.1380, in: T»@ yilfflh@ t€de dra. Miscelánea léxica en memoria de C. Serrano, Madrid 1999, 43-54. Im Papyrus »Sonnenname«, offenkundig eine Verschreibung. Entgegen Lafaye, RPh 40 (1916) 87 und bes. 96 sicher nicht analog zu Z. 91 als lateinisches Epitheton »am Dreiweg«; vgl. auch Cumont, ebda. 133, der die Ergänzung als »au moins très douteuse« kennzeichnet, zumal die vermeintliche Isis Latina in Z. 104 zu streichen sei (dazu auch oben), sowie Weinreich, Rez. zu Van Groningen, 19 (»noch unklar«). Das von Schmidt, GGA 180 (1918) 113 mit Anm. 6 erwogene und von Manteuffel, De opusculis, 78 f. übernommene »T[ym]bia« scheidet nach Van Groningen, De papyro, 42 aus Platzgründen freilich ebenfalls aus. So nach der Wortstellung eher als das von Schmidt, GGA 180 (1918) 113 Anm. 11 vorgeschlagene, als »aeg. Buchtitel« erklärte »zehn Satzungen für jeden«; so offenbar auch Manteuffel, De opusculis, 79, zurückhaltend dagegen Van Groningen, De papyro, 43. Das von der Ed. pr. hergestellte »fünfzehn« ist in jedem Fall abzulehnen.
Griechische Texte aus Ägypten
Lebewesen; 87) das bei der Lethe fröh(128) liche Antlitz; die Musengeleiterin; (129) die vieläugige; die holde Göttin 88) auf dem Olymp; Schmuck (131) der Weiblichkeit und zärtlich Liebende; die (132) süße Wohlfahrt bei den Zusammenkünften; (133) bei den Festen die Haarlo(134) cke (?); derer, die schöne Tage verleben, Wohlergehen; der Götter (136) Harpokratis; bei der Götter (137) Prozessionen Allherrscherin; Feindschaftsfeindin; (138) getreuer Jaspis (?); des Windes und des Le(139) bens Diadem; aus welcher die Abbilder und (140) die Lebewesen aller Götter (sind) – (col. VII, 141) was von deinem Namen […] 89) (142) hat, bezeugt Verehrung. Herrin Isis, größ(143) te der Götter, erster Name, Io, (144) Sothis! Das in der Höhe beherrschst du u[nd] (145) das Unermeßliche; 90) du b[ed]enkst auch, daß der Chi(146) ton gewebt werde; 91) du auch (bist es, die) die unversehrt[en Frau](147) en zusammen mit Männern gemeinsam den sicheren Hafen errei[chen] lassen (148) will. Alle alten (Männer) opfern im E…(149) kton, alle jungen (Frauen) pr[eisen] dich; 92) (150) [sie al]le in Herakleopolis w[end]en (?) (151) sich zu dir und haben dir das (152) Land gegründet; es sehen dich, die in Treue (153) (dich) anrufen; aus welchen … nach dem Ver(154) dienst der zusammengefügten (155) 365 Tage. Mild und wohlver(156) söhnend ist deine Gnadengabe der z[we]i An(157) ordnungen; die Sonne vom Aufgang (158) bis zum Untergang führst du herauf, u[nd] gänzlich (159) wohlgestimmt si[nd d]ie Götter; mit der Gestirne Auf(160) gängen verehren dich unermüdlich (161) die Einheimischen und die anderen heiligen Lebe(162) wesen im Allerheiligsten des Osiris; fröhlich wer(163) den sie, wenn sie dich nennen. (164) Die … Gottheiten 93) werden dir untertan; (col. VIII, 165) deine … (168) … hast du gezeigt … (169) … all… (170) … 94) und die Erde besäbar (171) [gemach]t, 95) alle Nahrung (172) … überall (173) …, bedenkend den Tau (174) und alles Ge[wachsene]; 96) und (175) Verderben, wem du willst, verleihst du; den (176) Zernichteten aber verle[ihst] du Vermehrung, und alles reinigst du d[urch]. (178) Jeden Tag hast du dem Frohsinn zu(179) gewiesen; du, die du … gefunden hast (180) des Weines, hast alle 87.
88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95.
96.
Nach Manteuffel, De opusculis, 79 mit Bezug auf die Kuhgestalt, vertraut vor allem aus der Erscheinungsform der Hathor; nach F. Dunand, Les syncrétismes dans la religion de l’Égypte romaine, in: F. Dunand / P. Lévêque (Hg.), Les syncrétismes dans les religions de l’antiquité, Colloque de Besançon 22-23 octobre 1973, Leiden 1975, 152-185 dagegen »la belle essence de tous les dieux« (162). Oder »der holde Anblick«. Nach Totti, Ausgewählte Texte, 69 »aus welcher die Abbilder und (140) die Lebewesen aller Götter (col. VII, 141) deinen Namen bitten […]«. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 163 »Denn dein großer Name, der göttliche, (145) (ist) unermeßlich«. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 164. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 164, der in Z. 149 allerdings »die weichen« statt »alle« lesen will, um »al]le« aus Z. 150 direkt anzuschließen, wodurch freilich zwei Prädikate – »pr[eisen« und »w[end]en sich« – unverbunden nebeneinandergestellt wären. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 164 »Die Gottheiten des St[yx]«. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 164 »all[e K]riech(170) [tie]re«. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 164, der zudem »[du] auch« statt bloßem »und« ergänzt, während Van Groningen, De papyro, 52 nach dem Photo »(170) … und die Erde besäbar (171) [un]d alle Güter, die Nahrung (172) [ver]sch[aff]st du [all]en, überall (173) tränkend (?)« lesen will. Mit Totti, Ausgewählte Texte, 70, während Manteuffel, RPh 54 (1928) 164 »überall (173) hast du ge[sä]t, dem … gebend den Tau und allen Be[darf]« lesen will.
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[Wonn]e 97) dargeboten; (181) erstmals bringst du bei den Festen der Götter Tra[nkopfer] 98) und Wohl(183) güsse dar und rührest 99) (sie). Du bist von allem (184) Feuchten und Trockenen, (Heißen?) und K[al]ten, woraus (185) alles zusammengefügt ist – Finderin (186) von allem bist du geworden; du hast deinen Bru(187) der [herauf]geführt, indem du alleine Steuer(188) mann warst und ihn schön und wohlangemessen (189) bestattetest; [… der gu]ten Gottheit (col. IX, 190) … (192) … für die Stadt … 100) (193) … hast du vermehrt. Füh(194) rerin der Diademe; der Vermeh[rung] (195) und des Verderbens un[d der Erschaf]fung u[nd des Ve]r[ge](196) hens Herrin; 101) du, der … Bestat(197) tung … (198) … Osiris … ; (200) du hast alles … (201) und alles zu … ; 102) (202) Iseia hast du in allen Städten auf [al](203) le Zei[t einge]richtet; u[nd a]ll[en] (204) hast du die Sitten u[nd] den voll[en] Jahreskreis [dar](205) geboten; u[nd] … allen … (206) … n[ach j]edem Ort; an (207) jedem Or[t hast du (es?) an]gewiesen, damit es wüß(208) ten al[le M]enschen, daß der Him(209) mel er[richtet wurde v]on dir. 103) Du hast (210) deinen Sohn Horus Apollon überall zum (211) neuen Herrn de[s gan]zen Weltalls und (212) … ganz … die ga[nz]e … 104) auf al[le] Zeit (214) eingerichtet. Du hast den Frauen (215) die gleiche Macht wie den Männern ver[lie](col. X, 216) hen; un[d im] Allerheiligsten hast du … (217) … die Völkerschaften … (218) … Königin …, 105) Herrin, (219) die du dir alles Land auserwählt hast [unter dei]nen (220) Flügeln; 106) … (221) ist die Entscheidung, 107) die du (?) es unternah[mst (?), die] Sonne (222) als (?) Horus … . Du, der Er[de Her]rin, (223) führst über die Fe[lder 108) den Übe]rfluß der Ströme (224) [… hera]uf 109) – auch in Ä(225) gypten des N[il]s, in Tripolis aber des Eleuthe(226) ros, 110) in Indien aber des Ganges – und 111) (227) durch welche das Ganze u[nd da]s Eine rechtzeitig ist 112) mittels je(228) den Regens und jeder Quelle und je(229) [de]n Taues un[d Sc]hnees und je(230) der Flüssigkeit (?) 113) de[r Er]de wie des Meeres. (231) Du auch (bist) aller Herrin auf immerdar; (232) du hast
97. 98. 99. 100. 101. 102.
103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113.
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Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 115, der in Z. 179 zugleich »[au]ch [die] S[üß]e« lesen will. Mit Totti, Ausgewählte Texte, 71. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 164. Nach Totti, Ausgewählte Texte, 71 am Zeilenende möglicherweise noch »Isis«. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 165. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 165 »du, die du bei Krankh[eiten] er(197) schie[nest, hast] magi[sche (?) Heil]mi[ttel geg]eb[en], (198) Re[tt]erin; den Osir[is hast du] einge[hüllt« bzw. – als »presque sûre« gekennzeichnet – »(201) und alle, die zu Fall gek[ommen sind, hast du geret](202) tet«. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 165. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 165 »(212) ga[nz Ägyp]tens ganz zur ewigen Er[neuerung]«. Nach Manteuffel, De opusculis, 83 »als Königin ko[mmst du …]«. Mit Totti, Ausgewählte Texte, 72; nach Manteuffel, De opusculis, 83 »alles Land [Ägypt]ens (220) mit den Flügeln«. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 116. Mit Manteuffel, De opusculis, 83. Mit Totti, Ausgewählte Texte, 73. Der heutige Nahr al-Kabı¯r (»Großer Fluß«) zwischen Libanon und Syrien, jahrzehntelang die nördliche Grenze des Ptolemäerreiches. Nach Schmidt, GGA 180 (1918) 116 »freilich«. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 116. Nach Schmidt, GGA 180 (1918) 116, bes. Anm. 6 »Gedeihen«; so auch Manteuffel, RPh 54 (1928) 165 sowie De opusculis, 83; nach Totti, Ausgewählte Texte, 73 »Natur«.
Griechische Texte aus Ägypten
alle … des Himmelspoles …, (233) hast den neuen 114) Horus zur Sonne … ; 115) (234) … eine vollere Stunde (?) alles Gebirge (?); (235) du hast [die] Diosku[ren zu Re]ttern gemacht; 116) (236) … der Nahrung, alles (237) … hast du verm[ehr]t; du hast der Winde (238) un[d Do]nner und Blitze und (239) Schneestürme Gewalt; du, des Krie(240) ges und der Herrschaft Herrin – die im Wohl(241) leben 117) verdirbst du durch treuliche Rat(242) schläge. Du hast den großen Osiris (243) unsterbli[ch gema]cht; … (col. XI, 244) und allem Land hast du [my]st[ische …] 118) (245) Verehrungsdienste dargeboten … ; (246) ebenso aber auch den Horus, der d[es Vater]s Wohl(247) täter geworden [ist] und ein Gut. 119) (248) Du bist auch des Lichtes und der Flammen Her(249) rin; du [bes]it[zt] 120) in Memphis das [Aller]heiligste. (250) Horus, zuvor entscheidend, daß du [mach]test für (251) ihn einen Nachfolger, … Inthro(252) nisierer; 121) orakelgeb[end … 122) (255) und … führst du hinab durch die (256) … auch die heilige; (257) … hast du [ver]mehrt die Stärke. (258) … mit Rat[los]igkeit (259) …, anordnend, (260) was zuvor … alles Erbrachte (261) von allem … (262) … zum Nachfolger in der He[rrscha]ft über alle Götter 123) hast du ihn (264) gemac[ht]; und den … (265) … von allen des Thrones Her(266) ren; und als orakelgebenden König (267) hast du ihn eingesetzt über das väterliche (268) Haus auf al[le] Zeit; (269) da dein ist aus dreien das Heiligtum in Busiris, das sogenannte (271) B… (col. XII, 272) … (277) Wunder … (278) dem Heiligtum und der Stadt [… A](279) bydos, die Tür … ; (280) du, die du gründetest in … (283) die rasche … ; (284) du hast gegründet … (285) und in der … (286) taabdeus; du aber … (289) du all… (291) du hast gemacht den … [auf] (292) Ewigkeit; … (293) Retterin; du … (294) hast die Gründung … ; (295) du (hast? bist?) auch das Licht … (297) … ; du verme[hrst …] (298) die Unfrom[men u]nd …
114. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 166. 115. Nach Totti, Ausgewählte Texte, 73 »ge[wies]en«, »au[fgezei]gt«, angesichts der vorausgehenden Richtungsangabe nicht völlig überzeugend. 116. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 116. 117. Die üblicherweise mit Verweis auf } 25 der Isis-Aretalogie (oben Nr. 1) vorgenommene Ergänzung »Gewaltherrscher« erscheint nicht zwingend. 118. Mit Manteuffel, RPh 54 (1928) 166. 119. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 117; nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 166 sowie De opusculis, 84 dagegen »den Horus erh[ielt sie am Leben], (247) der ein Vollbringer geworden [ist] und ein Trefflicher«. 120. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 117. 121. Keiner der bisherigen Ergänzungsvorschläge vermag zu überzeugen, zumal stets Korrekturen der Endungen erforderlich sind. Nach Schmidt, GGA 180 (1918) 117 unter Athetese von Z. 248 f. »Dem Horus, da du zuvor entschiedest, daß du [mach]test für (251) ihn (= den Vater) einen Nachfolger, standest du bei als Inthro(252) nisiererin«; abgelehnt jedoch von Manteuffel, RPh 54 (1928) 166 f., der wiederum »eines Fürsten« statt »für ihn« lesen will und also »daß du (ihn) [mach]test zu eines Für(251) sten Nachfolger, [preist di]ch [als] Inthro(252) nisierer« versteht; so auch ders., De opusculis, 84. 122. Nach Manteuffel, RPh 54 (1928) 166 »orakelgeb[end nötigst du den, der zu be]reden sucht, (253) zur Umkehr«; so auch ders., De opusculis, 84, hier zudem noch »(254) [… Er]d[e und Me]er«. 123. Mit Schmidt, GGA 180 (1918) 117.
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8. Lobpreis des Sarapis und seines Wirkens auf Delos Bei seinen im Jahr 1912 durchgeführten Grabungen auf der dem Apollon heiligen Insel Delos, genauer in dem außerhalb des Stadtgebietes gelegenen Tal des Inopos, vermochte Pierre Roussel insgesamt drei Sarapis-Heiligtümer zu identifizieren. Dabei förderte er im offenen Hof des zuletzt entdeckten sog. Sarapieion »A« eine 1,25 m hohe Säule zutage, die über und über mit griechischen Schriftzeichen bedeckt war und heute im Museum von Delos steht. Die insgesamt 94 Zeilen dieses bedeutenden, wenig später von Roussel als IG XI 4, 1299 publizierten Monuments liefern unerwartete Details zur Gründungsgeschichte und damit zur Verbreitung des Sarapiskultes auch außerhalb Ägyptens. So verwundert nicht, daß dieses kleinste der delischen Sarapis-Heiligtümer seither auch als das älteste galt, eine Deutung, die erst in jüngster Zeit in Zweifel gezogen wurde. 124) Aufgestellt wurde die Säule im ausgehenden 3. Jh., allenfalls noch beginnenden 2. Jh. v. Chr., und zwar offenbar von dem Erbauer des als »A« bezeichneten Heiligtums selbst. Der Inschrift zufolge haben wir in diesem Apollonios trotz seines griechischen Namens einen ägyptischen Priester vor uns, dessen Familie schon in dritter Generation auf Delos siedelte. Erst ihm gelang es jedoch, dem von seinem gleichnamigen Großvater aus Ägypten mitgebrachten Gott eine würdige Heimstatt zu verschaffen und auch das anschließende Gerichtsverfahren, das Gegner (oder Rivalen?) 125) der Gründung angestrengt hatten, durch göttliche Hilfe siegreich zu bestehen. Nicht zuletzt das breit geschilderte wundersame Eingreifen des Gottes, der dadurch seine überlegene Macht zum Ausdruck bringt, hat diese vielfach behandelte Inschrift als »Delische Sarapisaretalogie« bekannt werden lassen. 126) Über all dies wird der Leser in gleich zwei Versionen unterrichtet. Der vorangestellte Prosabericht aus der Sicht des Apollonios nimmt dabei mit 28 Zeilen ein knappes Drittel der Inschrift ein; die restlichen gut zwei Drittel sind etwas nach links ausgerückt und überdies als Hexameter gefaßt. Eine leicht abgesetzte, gleichsam als Überschrift dienende Zeile zwischen den beiden Teilen lehrt, daß die insgesamt 64 Verse von einem sonst nicht näher bekannten Maiistas stammen. 127) Abweichungen sind 124. Gegen die von P. Roussel, Les cultes égyptiens à Délos du IIIe au Ier siècle av. J.-C., Paris / Nancy 1916, begründete Meinung (»sans doute le plus ancien«, 13) Vorbehalte jetzt allerdings bei I. S. Moyer, Egypt and the Limits of Hellenism, Cambridge 2011, 195 ff. 125. So jetzt erwogen von Moyer, Egypt, 197, bes. zusammenfassend 205 ff. 126. In dem oben in Anm. 1 beschriebenen Sinn der Klassischen Altertumswissenschaften. Die Literatur hierzu ist uferlos; erwähnt seien daher nur die Textbearbeitungen von Roussel, Les cultes égyptiens, 71 ff.; A. Wilhelm, Zu dem Gedichte des Maiistas IG XI 1299, SO 13 (1934) 1-18; H. Engelmann, Die delische Sarapisaretalogie (Beiträge zur klassischen Philologie 15), Meisenheim am Glan 1964, mit der erweiterten englischen Fassung The Delian Aretalogy of Sarapis, Leiden 1975; Totti, Ausgewählte Texte, 25 ff. Nr. 11; RICIS 202/0101; I. S. Moyer, Notes on rereading the Delian Aretalogy of Sarapis (IG XI.4 1299), ZPE 166 (2008) 101-107, vgl. auch ders., Egypt; zuletzt – nur zur Versfassung – W. D. Furley, Revisiting Some Textual Problems in the Delian Sarapis Aretalogy by Maiïstas (IG XI 4 no. 1299), ZPE 180 (2012) 117-125. 127. Angesichts seines merkwürdigen Namens hat man in Maiistas verschiedentlich ebenfalls einen Ägypter sehen wollen, vgl. zuletzt die kritische Erörterung von Moyer, Egypt, 181 ff. Ein Indiz in diese Richtung könnte immerhin die Verwendung des Begriffes »Vater« in offenkundig erweitertem Sinn bieten, vgl. unten Anm. 131. Dem – zumindest nicht typisch griechi-
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hierbei außer in Form und Sprache auch in den jeweils gesetzten Akzenten zu vermerken. So stellt Apollonios selbst die priesterliche Linie und die Findung des rechten Ortes in den Mittelpunkt, während er dem heil überstandenen Prozeß nur die letzten vier Zeilen, also etwa ein Siebtel seines Textes, widmet. Gerade ein solches Gerichtsverfahren besaß für einen Dichter angesichts der ihm innewohnenden Dramatik verständlicherweise besonderen Reiz, so daß die 26 Zeilen, über die wiederum Maiistas dies ausbreitet, fast allein schon den Umfang von Apollonios’ gesamter Prosaversion erreichen. Der Kampf des Horus gegen Seth diente ihm dabei ebenso als Modell wie das Schicksal des Odysseus. 128) (1) Der
Priester Apollonios schrieb (dies) nieder auf (2) Anordnung des Gottes. Denn unser Großvater (3) Apollonios, der Ägypter von den Priestern war, (4) kam im Besitze (einer Statue) des Gottes aus Ägypten (5) und fuhr fort (ihn) zu verehren, wie es vom Vater her war, (6) und er soll gelebt haben siebenundneunzig Jahre. (7) Da aber mein Vater Demetrios (ihn) ablöste und in der Folge die Götter verehrte, (9) wurde er wegen seiner Frömmigkeit bekränzt von (10) dem Gott mit einem bronzenen Bildnis, welches geweiht ist in dem Tempel (11) des Gottes; er aber lebte einundsechzig Jahre. (12) Da aber ich die Heiligtümer übernahm und den Verehrungsdiensten sorgsam oblag, gab der Gott mir (14) ein Orakel während des Schlafs, daß es nötig sei, daß ein Sarapieion (15) ihm angewiesen werde, ein eigenes, und er nicht zur Miete (16) wohne wie zuvor; und er werde den Ort finden, (17) selbst, wo er gesetzt werden müsse, und werde den (18) Ort bezeichnen. Was auch geschah; denn dieser Ort war (19) von Unrat voll, der ausgeschrieben war zum (20) Verkauf auf einem Blatt an dem Durchgang zur (21) Agora. Da aber der Gott es wollte, wurde (22) der Kauf abgeschlossen und das Heiligtum eingerichtet in einem Zug (23) in sechs Monaten. Da aber einige Menschen sich zusammentaten gegen (24) uns und auch den Gott und eine Anklage einreichten gegen das Heiligtum (25) und mich, eine öffentliche, was zu erleiden oder zu büßen sei, 129) verkündete mir der Gott während des Schlafs, daß wir obsiegen werden. (27) Da aber der Kampf abgeschlossen war und wir obsiegten, (28) würdig des Gottes, preisen wir die Götter und statten (ihnen) würdigen Dank ab. (29) Es schreibt aber auch Maiistas für das Heiligtum auf diese Vorlage hin: (30) Unzählig und staunenswert (sind) von dir, vielgepriesener Sarapis, (31) die Taten – die einen über die Zinnen des göttlichen Ägypten hin (32) gesprochen, die anderen über ganz Griechenland –, und (von) deiner Gemahlin (33) Isis; den edlen Männern aber geht ihr als Retter immer nach, die über alles im Geiste Frommes bedenken. (35) Denn auch auf dem meerumspülten Delos hast du weitbekannt gemacht (36) des Apollonios Heiligtümer und zu großem Ruhme geführt. (37) Selbst aber hat ihm Langdauerndes der Vater
schen – Namen selbst ist hingegen nach Auskunft von Joachim Friedrich Quack nichts dergleichen zu entnehmen. 128. Eingehend hierzu jetzt Moyer, Egypt, 177 ff. bzw. 185 ff. 129. Die für öffentliche Klagen typische Formel, nach der die Entscheidung zwischen Leibes- und Geldstrafe dem richterlichen Ermessen anheimgestellt war, vgl. nur J. H. Lipsius, Das Attische Recht und Rechtsverfahren, 3 Bde. in 4, Leipzig 1905 / 1908 / 1912 / 1915, 248 ff., bes. 248 Anm. 22 sowie 252, vgl. auch 930.
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gebracht, 130) von Memphis selbst, woher er auf einem vielrudrigen Schiff in die Stadt kam (39) des Phoibos; darinnen, unfreiwillig aber in seiner eigenen Halle, hieß er (dich) sich niederlassen (40) und suchte dir freundlich mit Rauchopfern zu gefallen. Diesen nun tötete die Zeit (41) als Greis, ließ aber in deinem Gemach (42) einen Sohn als Opferpriester, Demetrios, über den ganz und gar (43) deine Diener sich freuten. Den hörtest du beten, (44) ein bronzenes Bildnis im Tempel zu setzen und gut zu vollenden. (45) Des Nachts in Gestalt des Vaters erschienst du dem Schlafenden (46) im Bette und gebotest, zu vollenden die Pflicht. 131) Aber als nun auch den (47) als Greis das Schicksal verließ, verehrte sein Sohn, der edle Dinge gelehrt worden war (48) vom Vater her, in hohem Maße fromm die Heiligtümer. Über jeden Tag hin (49) sang er deine Wundertaten; immer aber flehte er, wo er dir den Tempel erbauen solle, unverkennbar anzuzeigen (51) des Nachts dem Schlafenden, auf daß du unablässig bliebest (52) in einem geweihten Raum niedergelassen und nicht hin und her an fremder (53) Schwelle dich stießest. Du aber nanntest einen ruhmlosen Ort, (54) der jenseits lag und unscheinbar war, immer angefüllt mit Besudelung, (55) vielfältiger, schon seit langer Zeit; denn des Nachts (56) kamst du nah zum Bett heran und sprachst: »Wach auf! Gehe aber mitten (57) in den Säulengang bei dem Tor und erblicke eine Schrift, eingedrückt (58) auf einem kurzen Blatt; das wird dich beim Nachsinnen lehren, (59) wo du für mich einen heiligen Bezirk bereitest und einen ruhmvollen Tempel.« (60) Der wiederum erwachte mit Erstaunen, ging aber sehr schnell und (61) sah freudig die Schrift, und übergab den silberwechselnden (62) Kaufpreis dessen, der den Besitz hatte. Und da du zugleich von dir aus es wolltest, (63) gedieh leicht sowohl der Tempel als auch mit Rauchopfern versehene (64) Altäre und der heiligen Bezirk, vollendet aber alles in der Halle, (65) Sitze wie Liegen für die vom Gott einberufenen Mähler. (66) Und damals nun hat der schlimme Neid Raserei fahren lassen in schlimme (67) Männer, die nun mit einem windigen Rechtsstreit einsperrten, 132) (68) zwei, deinen Diener. Eine schlimme Satzung aber bereiteten sie, (69) wobei sie entweder, was er erleiden, oder, welche Vergeltung er büßen müsse (70) an Strafe, hineinschrieben. 133) Unter schlimmer Furcht aber, den ganzen (71) Tag lang dort 134) und die Nächte, drehte das Herz um (72) des Gottesdieners der Schrecken; dich aber, zugleich Tränen vergießend, (73) flehte er an, zu verteidigen und nicht eine ehrenrührige Buße bereiten zu lassen 130. Richtigerweise der Großvater, was verschiedene Heilungsversuche zur Folge hatte, vgl. zuletzt Furley, ZPE 180 (2012) 120. Wollte man die Lesart des Steines halten, ließe sich hierin immerhin auch ein Indiz für eine ägyptische Herkunft des Maiistas sehen, da das ägyptische Jtj anders als das griechische patffir außer dem Vater auch sonstige männliche Vorfahren bezeichnen kann; hierzu grundlegend D. Franke, Altägyptische Verwandtschaftsbezeichnungen im Mittleren Reich, Hamburg 1983, 34 f., bes. auch 159 und passim. 131. In diesem Satz liegen offenbar mehrere Fehler des Steinmetzen vor. Eine überzeugende Lösung steht nach wie vor aus; neuere Diskussionen bzw. Erklärungsversuche etwa bei Engelmann, Aretalogy, 32 ff.; Moyer, ZPE 166 (2008) 103 ff.; zuletzt Furley, ZPE 180 (2012) 120 f., woran sich auch die hier gegebene Übersetzung orientiert. 132. So jetzt ausdrücklich Furley, ZPE 180 (2012) 121 f. 133. Zu dem hier herzustellenden Dual bereits Wilhelm, SO 13 (1934) 15; so zuletzt auch Furley, ZPE 180 (2012) 122. Daß die Klagschrift in Z. 68 als qesm@ bezeichnet wird, läßt an einen Prozeß vor den Thesmotheten denken; hierzu Lipsius, Das Attische Recht, 374 ff., zu der Alternative Leibes- oder Geldstrafe bereits oben Anm. 129. 134. Mit Furley, ZPE 180 (2012) 122.
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Griechische Texte aus Ägypten (74) deinem
Bittflehenden, dem schlimmen Los des Todes aber (ihn) zu entreißen. du, mit den alles erinnernden Geisteskräften (es) verfolgend, vergaßest seiner nicht. Des Nachts kamst du zum Bette des Mannes (76) und sprachst: »Laß fahren den Schmerz aus dem Sinn! Nicht wird dich irgendein Stimmstein eines Mannes vernichten, da ja gegen mich selbst sich erstreckt (79) dieser Rechtsstreit, den durchaus mehr als ich kein einziger anderer (80) Mann sprechen wird. Du aber laß dir nicht mehr den Mut bezwingen!« (81) Als aber die Gerichtszeit da war, versammelte sich in Tempeln (82) die gesamte Stadt und zugleich alle Gruppen der buntgemischten (83) Fremden, auf daß sie den gottgeplanten Rechtsstreit vernähmen. (84) Da bereitetest du jenes ungeheure Erstaunen unter den Männern, (85) und deine Gemahlin; denn die frevelnden Männer bandest du, (86) die nun den Rechtsstreit vorbereiteten: In ihren Kinnbacken ließest du (87) ihre Zunge sprachlos werden, deren Rede weder ein einziger hemmte 135) (88) noch eine Schrift als Helfer im Rechtsstreit, sondern wahrhaftig auf göttliche Weise, (89) versicherte man, schienen sie gottgeschlagenen Abbildern gleich (90) zu sein oder Steinen. Das ganze Volk aber an jenem (91) Tag bestaunte deine Wundertat, und großen Ruhm (92) hast du deinem Diener bereitet 136) über das gottgegründete Delos hin. (93) Sei gegrüßt, Glückseliger, und deine Gemahlin und die Götter, die sich in eurem 137) Tempel freuen, vielbesungener Sarapis! (75) Und
9. Anrufungen des Mandulis aus dem nubischen Talmis Allgemeine Bekanntheit erlangten die ausgedehnten Tempelanlagen des etwa 50 km südlich des 1. Kataraktes gelegenen Qala¯bsˇa, des antiken Talmis, zu Beginn der 1960er Jahre, als sie wie auch andere nubische Baudenkmäler mit Blick auf ihre Gefährdung durch den Assuan-Hochdamm einen neuen Standort erhielten. Im Zuge ihrer Versetzung auf ein Vorgebirge bei Assuan, das heutige Neu-Qala¯bsˇa, kamen bedeutende Reste mehrerer Vorgängerbauten zum Vorschein. Danach war das jetzt in Berlin befindliche sog. Kalabscha-Tor offenbar nur wenige Jahre nach seiner Errichtung unter Augustus wieder niedergelegt und in die Fundamente der neuen Anlage verbaut worden; dasselbe Schicksal wurde einem wohl von Ptolemaios VIII. errichteten Tempel zuteil, der heute auf Elephantine steht. Erst unter letzterem scheint das schon auf die 18. Dynastie zurückgehende Heiligtum dem nubischen Lokalgott Me(n)rul oder Mandulis geweiht worden zu sein, einer mit dem griechischen Apollon gleichgesetzten Sonnen- und Orakelgottheit, 138) die hier zusammen mit der das gesamte Gebiet beherrschenden Isis von Philae verehrt wurde. Seine Blüte erlebte das Heiligtum in der Kaiserzeit, als hier römische Grenztruppen stationiert waren, die außer einer Fülle von Besucherinschriften in Form der sog. Proskynemata 139) auch einige in Ver135. So jetzt überzeugend Furley, ZPE 180 (2012) 122 f. 136. So mit der Lesung der Ed. pr. te‰xa@; nach Moyer, ZPE 166 (2008) 105 f. auf dem Stein allerdings ze‰xa@ und folglich »and great glory you harnessed«. 137. So nach Moyer, ZPE 166 (2008) 106 f. der Stein. 138. Hierzu allgem. D. Frankfurter, Religion in Roman Egypt. Assimilation and Resistance, Princeton 1998, 145 ff. Kap. 4, zu Talmis bes. 108 f. 165 ff. 139. Vgl. dazu bereits TUAT.NF 6, bes. 434 f. Nr. 4.1; ein – ungewöhnliches – Beispiel auch unten in der Einleitung zu Nr. 9.2.
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sen gefaßte Hymnen und Gebete hinterließen. Erstmals zusammenfassend von Henri Gauthier behandelt, 140) sind diese Texte inzwischen in der revidierten Form Étienne Bernands als I. Metr. 166 bis 170 zu benutzen. Berühmt war der Tempel nicht nur dadurch, daß er seit dem großzügigen Ausbau unter Augustus die größte freistehende Anlage in Unternubien war, sondern vor allem durch seine bis in neueste Zeit erhaltene Farbenpracht, von der sich ein schwacher Abglanz auch noch in den frühen Tafelwerken findet. 141) Der Umstand, daß er seit dem Bau des ersten Staudammes kurz nach der letzten Jahrhundertwende bis zu seiner Jahrzehnte späteren Versetzung nach Neu-Qala¯bsˇa die meiste Zeit unter Wasser stand, hat allerdings zu irreparablen Schäden geführt. So gingen zusammen mit der Farbausstattung auch die zumeist nur aufgemalten Inschriften verloren, die mit roter Farbe auf den Wänden des säulenumstandenen Innenhofs angebracht waren. Dabei deutet nichts darauf hin, daß es sich in all diesen Fällen lediglich um Vorzeichnungen handelte, deren Einmeißelung aus unbekanntem Grund unterblieben sei. 142) Zwar hatte auch schon Henri Gauthier bei seiner grundlegenden Publikation vor 100 Jahren den teilweise schlechten Zustand dieser farbigen Inschriften beklagt. Dies betraf damals jedoch allenfalls einzelne Zeilen, wenn etwa bei einer Neuverfugung, die das Eindringen von Wasser in das Mauerwerk verhindern sollte, keine Rücksicht auf den Buchstabenbestand genommen war. 143) Heute sind all diese Inschriften, die einst bis in eine Höhe von 6 m über dem Erdboden reichten und, da nur die Säulenschranken des Pronaos Reliefs trugen, wesentliches Schmuckelement des sog. »Hofes der Menge« waren, bis auf die wenigen Fälle echter Graffiti vollständig verschwunden. Für ihre Anordnung auf der Wand sind wir insofern allein auf die Angaben Gauthiers verwiesen, der die Funde allerdings nie photographisch dokumentierte, sondern sich auf die Angabe ihrer relativen Position zueinander beschränkte. Die große Höhe und mitunter äußerst sorgfältige Ausführung der Inschriften wie auch die allen gemeinsame rote Farbe hatten schon bald zu der Annahme geführt, daß ihre Anbringung in der Hand professioneller Schreiber lag. 144) Da die wenigsten Texte
140. H. Gauthier, Cinq inscriptions grecques de Kalabchah (Nubie), ASAE 10 (1909) 66-90. 141. So bes. bei H. Gauthier, Les temples immergés de la Nubie, 3: Le temple de Kalabchah, 2 Bde., Le Caire 1911, 1914, bes. Bd. II: Planches; vgl. auch schon F. C. Gau, Antiquités de la Nubie ou Monumens (sic) inédits des bords du Nil, situés entre la première et deuxième cataracte, Stuttgart / Paris 1822, Pl. 21 sowie die Beschreibungen bei C. R. Lepsius, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, 12 Bde. Tafeln, Berlin 1849-1859; 5 Bde. Texte, 1 Erg.bd., E. Naville / K. Sethe (Hg.), Leipzig 1897-1913 (jetzt zugänglich unter hhttp://edoc3.bibliothek.unihalle.de/lepsius/start.htmli), mit den Beschreibungen in Textbd. V, 19 ff. 142. So aber offenbar G. Hölbl, Altägypten im römischen Reich. Der römische Pharao und seine Tempel II: Die Tempel im römischen Nubien, Mainz am Rhein 2004, 107. 143. So etwa Gauthier, Kalabchah, I 238 zu Nr. 9.2.1 = I. Metr. 168, 16 und 35 und passim. 144. Vgl. nur J. P. Mahaffy, Documents égyptiens, BCH 18 (1894) 145-154, bes. 149 f. in der Ed. von I. Metr. 168: »Les caractères … sont peints en rouge, de la même main que la plupart des autres; il est donc sûr qu’il y avait dans le temple quelque prêtre complaisant, qui se chargeait du travail de copier sur les murs du temple les compositions des pélerins ou des touristes«, zitiert auch von Bernand, I. Metr. 167, S. 591. Die ungewöhnliche Form des Kappa »comme un w incomplet«, die in einer ganzen Reihe dieser Inschriften begegnet, wurde schon von Gauthier, ASAE 10 (1909) 87 notiert.
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ein präzises Datum aufweisen, können die Inschriften in der Regel nur grob in die frühe bis hohe Kaiserzeit datiert werden. Das von dem kommissarischen Archiereus Myron in den 240er Jahren erlassene Verbot der Schweinehaltung in Talmis, welches der zuständige Stratege des Ombites und von Elephantine direkt neben dem Eingang zum Pronaos in die rechte Säulenschranke meißeln und mit roter Farbe ausfüllen ließ, 145) stellt insofern in mehrerlei Hinsicht eine Ausnahme dar.
9.1 Hymnus auf den im Traum erschienenen Mandulis
Die insgesamt 21 Zeilen umfassende, 70 cm hohe und bis zu 102 cm breite Inschrift I. Metr. 166 146) war auf der Südwand des sog. »Hofs der Menge« angebracht, genauer links von dem Eingang zu der von Westen aus zweiten in die Wand eingebauten Kammer. Erste Abzeichnungen, die bereits Ende August 1844 von Carl Richard Lepsius gefertigt wurden, sind in Band XII seiner »Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien« abgedruckt. 147) 65 Jahre später waren nach Ausweis Henri Gauthiers, der zugleich die Zusammengehörigkeit der von Lepsius noch getrennt gegebenen Fragmente erkannte, viele der Buchstaben bereits verschwunden. 148) Wie Arthur Darby Nock zu zeigen vermochte, verdient die in die frühe Kaiserzeit gesetzte Inschrift auch aus religionshistorischer Sicht große Aufmerksamkeit. 149) (1) Strahlenschleudernder
Herr,
(2) Mandulis,
Titan, Makareus, (3) deine Zeichen, einige, glänzende, betrachtend ich darüber nachgesonnen und mich damit beschäftigt, da ich sicher (5) wissen wollte, ob du die Sonne bist. Fremd (6) habe ich mich selbst gemacht aller Schlechtigkeit (7) und all[er Gottlo]sigkeit (?) und, indem ich mich reinigte für lange (8) Ze[it, habe ich in dieser Nac]ht um der göttlichen Frömmigkeit will[en] (9) mich zum [Schlafe gelegt], und gottergriffen habe ich (dich) er[blickt]. (10) Nicke[nd 150) nämlich hast] du dich selbst mir gezeigt in dem (11) goldenen [Strom (?), ein Sc]hiff [treib]end über den (12) himmlis[chen P]ol; und, da du … (13) nach dem gewaltigen Nachtwanderer … gemacht (14) … und dich im heiligen Wasser der Unsterblichkeit gewaschen hast, (15) ersch[einst du wie ein Kin]d. 151) Du kamst, der du zum rechten Zeitpunkt die Auf(4) habe
145. I. Prose 63 = W. Chr. 73 = OGIS I 210; eine Abzeichnung bei Lepsius, Denkmäler, Tafelwerke, Abth. VI Bl. 95 Nr. 379. Das genaue Jahr der Samtherrschaft der Philippi ist verloren, doch sollte die Inschrift aufgrund des in Z. 11 im Plural gegebenen Augustustitels aus den Jahren 247 bis 249 datieren. 146. Unter Einschluß der umfangreichen Verbesserungsvorschläge von H. Lewy, A Dream of Mandulis, ASAE 44 (1944) 227-234; auch bei Totti, Ausgewählte Texte, 102 f. Nr. 40. 147. Lepsius, Denkmäler, Tafelwerke, Abth. VI Bl. 97 Nr. 451 und 455; Nr. 463 gibt die bereits in Nr. 451 enthaltenen Anfänge von Z. 6-13. 148. Gauthier, ASAE 10 (1909) 86 ff. Nr. IV = SB I 4127. 149. Eingehend hierzu A. D. Nock, A Vision of Mandulis Aion, HThR 27 (1934) 53-104 = Essays on Religion in the Ancient World, Z. Stewart (Hg.), 2 Bde. Oxford 1972, 357-400 Nr. 19; vgl. etwa auch A. J. Festugière, La révélation d’Hermès Trismégiste, Paris 1950, bes. 49 f.; Frankfurter, Religion, 108.166. 150. D. h. meinem Wunsche zunickend, ihn erfüllend. 151. Wohl zu beziehen auf die verschiedenen Erscheinungsformen des Mandulis, der in den Wandreliefs in älterer Gestalt mit Atefkrone, in jüngerer mit Hemhemkrone wie auch als
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gänge (16) bew[irkst], zu deinem heiligen Bezirk, deinem Kultbild und Tempel Atem (17) einhauchend und große Macht; da habe ich dich erkannt, Mandulis, (18) die Sonne, den alles überschauenden Herrn, von allem König, (19) den allmächtigen Aion. O der glücklichsten Völkerschaften, die da bewohnen, (20) welches die Sonne Mandulis liebt: das heilige Talmis, das da ist unter (21) den Sze[ptern der schönh]aarigen, tausendnamigen Isis!
9.2 Vier Lobpreisungen des Mandulis von Paccius Maximus
Daß die in Talmis hinterlassenen Versinschriften einander auffällig nahe stehen, war schon früh beobachtet worden. Inzwischen ist kaum mehr zu bezweifeln, daß vier der insgesamt fünf Texte nicht nur von demselben Schreiber, sondern auch von demselben Autor stammen. In diesem Fall sind sogar Name und Lebensumstände zu greifen, da zwei Dichtungen die Signatur eines Paccius Maximus tragen, der nach einem ebenfalls im Innenhof aufgemalten Proskynema in der legio III Cyrenaica, genauer der Centurie des Grinius Marcellus diente, 152) dann aber versetzt und befördert worden sein muß, da er in dem Akrostichon der sog. »Vision des Maximus« (Nr. 9.2.1) als Decurio einer Reitereinheit firmiert. Die Entdeckung dieses Akrostichons hatte den Blick auf ein Proskynema aus dem noch einmal 70 km südlicher gelegenen Maharraqa, dem antiken Hiera Sykaminos, ˙ gelenkt, das ebenfalls in roter Farbe auf das Gebälk des dortigen Isis- und Sarapistempels gemalt war. Genannt sind darin die Mitglieder einer römischen Familie, deren Namen, jeweils mit einem Kommentar versehen, sich in jeder der acht Zeilen auf einen Buchstabenwert von 4773 summieren:153) (1) Das
Proskynema der Herrin Bruttia Pharia 4773 ihres Kindes Iuncus – größter Ruhm sein Leben lang 4773 (3) und ebenso ihres Kindes Marcellus – die glänzende Würde 4773 (4) und ebenso des Kindes Maximion – der gesamten Bildung Ansehen 4773 (5) und ihres Vaters Maximus – ein rechter Mann, immer angesehen ob seiner Bildung 4773 (6) und der Area Serapias und des Sostratos – der Sonne Zier 4773 (7) und des Bruttius, des Sohnes des Bruttaras, den die Isis Pharia liebt 4773 (8) der gesamten Verwandtschaft (unberufen!) habe ich, Maximus, ein mannhafter Jüngling, es geschrieben 4773 (2) und
Kindgott auftritt; grundlegend hierzu C. Desroches Noblecourt, Les zélateurs de Mandoulis et les maîtres de Ballana et de Qustul, in: Mélanges Gamal eddin Mokhtar I, Le Caire 1985, 199-218. 152. So nach SB I 4597, 1 f., vgl. auch die Ed. pr. bei Gauthier, Kalabchah, I 276 f. Nr. 19; J. Lesquier, L’armée romaine d’Égypte d’Auguste à Dioclétien (Mém. IFAO 41), Le Caire 1918, 499 Nr. 34. 153. Eine Abzeichnung bei Lepsius, Denkmäler, Tafelwerke, Abth. VI Bl. 96 Nr. 428, jetzt SB V 8542.
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Wie Georges Gastinel schon kurz nach der Erstpublikation bemerkte, 154) haben beide Texte nicht nur den Namen des Verfassers Maximus gemeinsam, sondern geben auch dieselbe Vorliebe für Buchstaben- und Zahlenspiele zu erkennen, die durch das selbstbewußte Bekenntnis zu dem kunstvollen Elaborat noch unterstrichen wird – hier mit der achtmaligen Wiederholung der Quersumme, dort mit dem ausdrücklichen Hinweis auf das Akrostichon der ersten 22 Zeilen in den Schlußversen. Daß dies keine zufälligen Parallelen sind, sondern tatsächlich derselbe Maximus am Werke war, wird endlich durch einen weiteren in Talmis bewahrten Hymnus erhärtet, in dem beide Methoden in Kombination auftreten (Nr. 9.2.2). Bei diesem Text hatte schon Gauthier in seiner Erstpublikation die engen sprachlichen Berührungen zu einer dritten Inschrift vermerkt, in der die Bitte um Heimkehr im Mittelpunkt steht (Nr. 9.2.3). Größtenteils in Prosa gefaßt, sind hier nur fünf Zeilen als Hexameter komponiert, von denen indessen eine in der sog. »Vision des Maximus« und zwei weitere in einer vierten Inschrift begegnen. Vieles spricht demnach dafür, daß auch die als letztes gegebene Bitte um die Heimkehr des Herodes aus der Feder unseres Paccius Maximus stammt (Nr. 9.2.4). Wie an diesem Ort kaum anders zu erwarten, enthalten all diese Texte hymnische Elemente, in denen Mandulis gepriesen und um Beistand angerufen wird. Mit öffentlichen Darbietungen in größerem Kreise ist freilich kaum zu rechnen, weswegen man sie eher als Gebete wird ansehen wollen. War das oben wiedergegebene Proskynema aus Maharraqa, das ihn als jungen ˙ Mann im Kreise seiner Familie zeigt, wohl noch vor seiner militärischen Laufbahn entstanden, bietet seine Zugehörigkeit zur legio III Cyrenaica einen wertvollen Datierungshinweis. Denn die schon seit 105 n. Chr. gegen das Nabatäerreich eingesetzte Legion wurde zu Beginn der 120er Jahre endgültig aus Ägypten abgezogen.155) Ob hiermit auch der Karrieresprung des Paccius Maximus zu verbinden ist oder nicht, sollten die von ihm verfaßten Versinschriften jedenfalls kurz vor oder bald nach der Jahrhundertwende entstanden sein. Daß Maximus dazu immer eigens eine Wallfahrt nach Talmis unternahm, ist zumindest nicht zwingend; ihre Zahl ließe sogar eher vermuten, daß er relativ regelmäßig im Tempel verkehrte. 156) Umstritten war zuletzt vor allem die Frage seiner Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit. Während die aus den Gedichten ersichtliche Gleichsetzung ägyptischer oder nubischer Gottheiten mit den vertrauten Gestalten des griechischen Götterhimmels in dieser Hinsicht wenig Anhaltspunkte bietet, 157) stellt schon seine Einreihung 154. G. Gastinel, Une inscription grecque acrostiche, MAH 15 (1895) 485-491. 155. Eingehend hierzu K. Strobel, Zu Fragen der frühen Geschichte der römischen Provinz Arabia und zu einigen Problemen der Legionsdislokation im Osten des Imperium Romanum zu Beginn des 2. Jh. n. Chr., ZPE 71 (1988) 251-280, bes. 266 f. 156. Anders allerdings Totti, Ausgewählte Texte, 102 zu Nr. 40 oder 111 zu Nr. 43. Zu Talmis als Zentrum für »Pilgerreisen« jetzt etwa auch Frankfurter, Religion, 108, der mit Bezug auf Nr. 9.2.1 = I. Metr. 168, 24 f. auch hier »one Ethiopian pilgrim« erkennen zu können meint; vgl. jedoch das folgende. 157. Anders allerdings S. M. Burstein, Paccius Maximus: a Greek Poet in Nubia or a Nubian Greek Poet?, in: Actes de la VIIIe Conférence Internationale des Études Nubiennes Lille, 11-17 sept. 1994 = CRIPEL 17.3 (1998) 47-52, der ihn als »Nubian by birth, Greek by education, and Roman soldier by profession« (50) ansehen will; vgl. auch dens., A Soldier and His God in
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in die Legion klar, daß er römischer Bürger gewesen sein muß, wäre er als Nubier doch bestenfalls in eine Auxiliareinheit aufgenommen worden. Der Umstand, daß Maximus die Nilwasser als Heimat galten, 158) sowie die besondere Beziehung seiner Familie zur Isis Pharia, die das Proskynema aus Maharraqa nicht zuletzt auch über den Namen der Mutter erkennen läßt, deuten noch ˙genauer auf eine Herkunft aus Alexandria. 159) Trifft diese Annahme das Richtige, könnten die erstaunlichen Bezüge zur zeitgenössischen alexandrinischen Literatur 160) sogar mehr als bloßer Zufall sein.
9.2.1 Die sog. »Vision des Maximus« Das mit Abstand längste und zugleich metrisch wie inhaltlich ausgefeilteste, wenngleich teilweise immer noch dunkle Gedicht war erneut auf der Südwand des sog. »Hofs der Menge« angebracht, in diesem Fall direkt über dem Eingang zu der zweiten Kammer. Besonders sorgfältig gezeichnet und mit insgesamt 36 Zeilen fast 1 m hoch, endete die zwischen 60 und 72 cm breite Inschrift 40 cm oberhalb des Türrahmens. Seit der Bekanntgabe durch Mahaffy und Sayce, die die inzwischen als I. Metr. 168 wiederabgedruckte Inschrift im Winter 1893/94 aufnahmen und kurz danach publizierten, 161) zogen Text und nicht zuletzt auch Metrum immer wieder die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich. Eine besonders eingehende Interpretation ist jetzt Hermann Knuf zu verdanken, worauf für alles weitere verwiesen sei. 162)
158. 159. 160.
161.
162.
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Lower Nubia: The Mandulis Hymns of Paccius Maximus, in: V. Christides / Th. Papadopoullos (Hg.), Proceedings of the Sixth International Congress of Graeco-Oriental and African Studies Nicosia 30 april – 5 may 1996 = Graeco-Arabica 7-8 (1999-2000), 45-50, bes. 48 f.; skeptisch dagegen G. Hölbl, Das römische Militär im religiösen Leben Nubiens, in: H. Vetters / M. Kandler (Hg.), Akten des 14. Internationalen Limeskongresses 1986 in Carnuntum, Wien 1990, 233-247 (»Heimat fern von Talmis …, aber wahrscheinlich doch in Ägypten«, 238) sowie zuletzt R. Mairs, Acrostich Inscriptions at Kalabsha (Roman Talmis): Cultural Identities and Literary Games, CE 86 (2011) 281-297, während H. Knuf, Poet und Pilger. Kallimacheische Motive in der Vision des Maximus, in: H. Knuf / C. Leitz / D. von Recklinghausen (Hg.), Honi soit qui mal y pense. Studien zum pharaonischen, griechisch-römischen und spätantiken Ägypten, FS H.-J. Thissen (OLA 194), Leuven / Paris / Walpole, MA 2010, 273-289, bes. 282 Anm. 46 eine Herkunft »unmittelbar aus der Dodekaschoinos« durchaus für denkbar hält. Vgl. nur Nr. 9.2.1 = I. Metr. 168, 12-14; so zuletzt auch Knuf, FS Thissen, 282. Vgl. nur SB V 8542, 1 und 7 mit der noch expliziteren Formulierung in I. Philae II 168, 3 (25. 3. 191 n. Chr.) »aufgezogen aber bei der Isis Pharia«, bei der nie Zweifel an einer alexandrinischen Herkunft geäußert wurden. Zu entsprechenden Vorbildern des 1. Jh. n. Chr., die hier sogar als Datierungskriterium dienen, Gastinel, MAH 15 (1895) 487, vgl. auch Burstein, CRIPEL 17.3 (1998) 49. Anklänge an die Aitien des Kallimachos in Nr. 9.2.1 = I. Metr. 168 wurden zuletzt von Knuf, FS Thissen herausgearbeitet, wobei Z. 17 auch schon G. Kaibel, Die Vision des Maximus, SPAW 35 (1895) 781-789, bes. 782 eine Herkunft »aus einer griechischen Stadt Aegyptens« hatte erwägen lassen. Mahaffy, BCH 18 (1894) 149 ff. Nr. III.1 mit dem metrischen Kommentar von J. B. Bury, Remarques sur l’inscription de Kalapcha, ebda. 154-157; A.-H. Sayce, Inscriptions & papyrus d’Égypte, REG 7 (1895) 284-291, bes. 284 ff. Vgl. danach auch Gauthier, ASAE 10 (1909) 66 ff. Nr. I sowie Kalabchah, I 238 f.; Manteuffel, De opusculis, 198 f. App. 1; Totti, Ausgewählte Texte, 107 ff. Nr. 42; Mairs, CE 86 (2011) 283 ff. Knuf, FS Thissen; unter religionshistorischer Perspektive etwa auch Festugière, Hermès, 47 ff.
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Deutlicher noch als in den anderen Gedichten wird bei diesem Text, der als sog. »Vision des Maximus« in die Literaturgeschichte eingegangen ist, warum Mandulis mit dem griechischen Apollon gleichgesetzt wurde. Steht sonst zumeist sein Charakter als Sonnen- und Orakelgott im Vordergrund – zu entnehmen besonders der Anrede als »Pythios« und der Bitte um Förderung der Karriere oder glückliche Heimkehr –, werden hier vor allem die musischen Aspekte betont, wie denn auch die im Kreise der »Nymphen« auftretende Kalliope ihm geradezu den Weg bereitet. Mit zahlreichen mythologischen Anspielungen schildert der Verfasser, wie er an fremdem Ort in Schlaf verfiel und sich unvermutet in eine ätherische Dichterlandschaft versetzt erlebte. Dem dadurch Inspirierten erscheint der Gott in einem Traumgesicht persönlich, woraufhin ein Hymnus auf Mandulis folgt, von dem er zugleich den Auftrag zur Niederschrift empfängt. Die Drei- oder besser Vierteilung des Gedichts spiegelt sich auch in der Metrik wider. 163) So sind die Verse anfangs durchgehend als Sotadeen komponiert, bis mit dem letzten Sotadeus in Z. 23 der Gott selbst auf den Plan tritt. Das letzte Drittel besteht aus epischen Hexametern, die, wie bereits die Überleitung in Z. 24 zeigt, hier und da mit Pentametern durchsetzt sind, um am Ende wohl mit einem Distichon zu schließen.164) In dem abschließenden Epigramm, dessen erster Vers freilich verloren ist, weist der stolze Verfasser noch einmal auf das aus den Anfangsbuchstaben der ersten 22 Zeilen gebildete und durch Paragraphoi untergliederte Akrostichon hin, in dem seinen Namen verewigt hat: »Ich, Maximus, Decurio, habe (es) geschrieben«. (1) Als
ich gekommen war, den glückseligen Ort der Einsamkeit 165) zu schauen (2) und hinauf in die Luft den sehnsuchtsvollen Atem der Seele zu schicken, (3) da schwirrte mir meinem Leben Fremdes um die Sinne von überall her. (4) Da als kundig der Schlechtigkeit ich selbst mich nicht zu zeihen habe, (5) hieß eine mystische Arbeit mich da meine Natur beackern. (6) In meiner Weisheit habe ich da einen bunten Gesang zusammengefügt, (7) ward mir doch von den Göttern ein erhabener Gedanke voller Worte zuteil. (8) Als den Göttern Wohlgefälliges die Muse offenkundig zu machen begann, (9) habe ich auf dem Helikon als Blume von frischem Grün 166) mein Festlied hingeschüttelt. (10) Da
163. Hierzu eingehend schon H. Weil bei Sayce, REG 7 (1895) 285 ff. = ders., Études de littérature et de rythmique grecques. Textes littéraires sur papyrus et sur pierre, Paris 1902, 112 ff. sowie E. Rohde, Metrische Inschrift aus Talmis, Philologus 54, 1895, 11-15. 164. So zumindest vermutet von W. Peek, Das Akrostichon des Paccius, ZPE 19 (1975) 135-138, bes. 138, der nach dem Vorbild von Nr. 9.2.2 = I. Metr. 169, 8 f. für Z. 35 f. »[Meinen Namen wirst du erkennen, wenn du von den zweimal ze]hn und zwei e[rsten Zeilen] den ersten Buchstaben traust« ergänzen will und sich dafür auf die Beschreibung der fraglichen Zeilen durch Bernand in I. Metr. 168 beruft. Seine – inhaltlich sicher zutreffende – Rekonstruktion krankt allerdings daran, daß Gauthier, ASAE 10 (1909) 75 in seiner Erstpublikation der bis dahin übersehenen Verse keinen Zweifel daran läßt, daß sämtliche vorhandenen Buchstabenreste erst Z. 36 zugehörten, Z. 35 dagegen als ganze verloren war. 165. Möglicherweise nur eine Anspielung auf die Abgelegenheit des Heiligtums, nach Knuf, FS Thissen, 278 f. allerdings prägnant als Inkubationsraum des Tempels zu verstehen. 166. Entgegen Kaibel, SPAW 35 (1895) 785, der hier an den Efeu denkt, lassen die Implikationen im musischen wie mantischen Bereich mit Knuf, FS Thissen, 281 f. hierunter eher den Lorbeer vermuten.
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nun reizte mich ein Winkel,167) mich vom Schlafe davontragen zu lassen, (11) ein wenig gewendet zu werden zu einem Traum, furchterregend in der Vorstellung. (12) Der Schlaf aber nahm mich fort, auf die Schnelle, und brachte mich zu der lie[ben Er]de; (13) denn in den Fluten eines Flusses schien ich mir den Leib zu zu wa[sch]en (14) mit reichlichen Wassern aus dem süßen Nil, angenehm. (15) Ich vermeinte aber, daß die erhabene unter den Musen, Kalliepeia, (16) zugleich mit allen Nymphen, mittendrin, ein Festlied sang. (17) Da auch ich mich 168) für einen kleinen Überrest von Griechenland hielt, (18) atmete ich den von meiner weisen Seele geschriebenen Gedanken aus. (19) Wie einer, der durch einen Stab im Takte seinen Körper schwingt, (20) rief ich die Harmonie als Gehilfin für das Lied herbei, es niederzuschreiben, (21) so daß ich Leuten, die anders denken, keinen offenkundigen Tadel übrig ließ. (22) Zu Beginn aber hieß mich ein Wort das weise Gedicht sprechen. 169) (23) Glänzend kam da Mandulis, der große, vom Olymp herab, (24) verzaubernd die barbarische Sprechweise von den Aithiopen, 170) (25) und drang darauf, eine süße Muse nach Art Griechenlands zu singen – (26) der da glänzende Wangen trägt und zur Rechten der Isis schreitet –, (27) der Römer Ruhm, über ihre Größe sich freuend, (28) Seherisches in pythischem Orakel verkündend, ganz wie ein Gott des Olymps. (29) Wie das Leben sich rühmt, das den Menschen von dir aus vorhergesehen ist, (30) wie Tag und Nacht dich fromm verehrt, die Jahreszeiten aber alle zugleich, (31) und dich nennen Breith und Mandulis, die blutsverwandten, 171) (32) ausgezeichnete Gestirne der Götter, die über den Himmel hin aufgehen. (33) Und dieses solle ich dir beim Weggehen niederschreiben, sagtest du selbst mir, (34) und weise Buchstaben, für alle ohne Schmeicheln zu erblicken. (35) […, wenn du den zwanzig (?)] (36) und zwei ersten Buchstaben traust (?).
9.2.2 Das Gebet des Pakkios Der Blick auf die Rückseite des Eingangspylons wurde lange Zeit offenbar durch eingestürzte Blöcke verdeckt, so daß den frühen Besuchern des Innenhofs die an der Ostwand befindlichen Inschriften nicht selten entgangen waren. Hierzu zählt auch das links vom Eingang direkt oberhalb der ersten Tür angebrachte Gebet des Pakkios I. Metr. 169, das erst 1909 von Henri Gauthier vorgelegt wurde. 172) Mit Ausnahme 167. Auf einen Inkubationsraum hatte hieraus schon Weil bei Sayce, REG 7 (1895) 290 schließen wollen; vgl. jetzt auch Knuf, FS Thissen, 278 Anm. 21 sowie 282 f., wo überdies an die Musengrotte auf dem Helikon erinnert wird. 168. Auf einen solch expliziten Bezug deutet das betonte »auch ich«; so auch Totti, Ausgewählte Texte, 110. Nach Kaibel, SPAW 35 (1895) 786 komme dagegen nur der »Gedanke« aus Z. 18 als Objekt infrage, dies bezeichnenderweise unter Umkehrung der Reihenfolge der Verse und zudem erneut – dann implizit – als Hinweis auf den Dichter selbst zu verstehen. 169. Von R. Merkelbach, Zur Vision des Maximus, ZPE 4 (1969) 200 mit Rückbezug auf Z. 15 als Hinweis auf das Akrostichon verstanden: »aber am Anfang (jedes Verses), so hiess sie (Kalliope) mich, sollte das kluge Gedicht ein Wort (= Akrostichis) sagen.« 170. Vgl. auch Nr. 9.2.4 = I. Metr. 170, 12, wo Mandulis »eine barbarische Stimme nachahmend« erscheint. 171. Hierzu auch M. Totti, Bre½q ka½ Mando‰li@ (In den Pap. Graec. Mag. und einer Inschrift aus Talmis), ZPE 67 (1987) 263-265. 172. Gauthier, ASAE 10 (1909) 88 ff. Nr. V sowie Kalabchah, I 278 f. Nr. 23; vgl. auch SEG XXIV 1244; wie I. Metr. 169 zuletzt auch Mairs, CE 86 (2011) 287 f.; neuere Versionen bei Peek, ZPE 19 (1975) sowie Totti, Ausgewählte Texte, 111 Nr. 43.
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weniger unsicherer Buchstaben war die bis zu 126 cm breite, aber nur halb so hohe Inschrift zu seiner Zeit noch erstaunlich gut lesbar, wobei ihn Hand wie Text an I. Metr. 167 (Nr. 9.2.3) erinnerten, 173) während heute mit Blick auf die auch hier wieder begegnenden Buchstaben- und Zahlenspiele vor allem die Nähe zu der soeben behandelten Inschrift I. Metr. 168 herausgestellt wird. 174) So sind die Anfangsbuchstaben der ersten sieben Zeilen auch hier als Akrostichon zu lesen, in dem sich diesmal das Gentiliz Paccius bzw. Pakkios verbirgt. Erneut ist ein Hinweis hierauf in den Text eingebaut, wobei die isopsephistische Verschlüsselung in dem in Z. 8 f. gegebenen Distichon lange Zeit eher für Verwirrung sorgte. Alles deutet jedoch darauf, daß hier der Zahlenwert 401 und also das Gentiliz PAKKIOS und nicht die vielfach favorisierte 421 für das Cognomen MAXIMOS zu erkennen ist. 175) Erneut ist die Struktur des von zahlreichen Iotazismen durchsetzten Gedichtes dreigeteilt. Die ersten sieben Zeilen, die aus drei bzw. zwei Hexametern und einem darauf folgenden Pentameter bestehen, enthalten einen Lobpreis des Pythios Apollon. Ob das Fortkommen im Militärdienst, um das Paccius Maximus den hier mit Mandulis gleichgesetzten Orakelgott bittet, ganz konkret, d. h. auf den bevorstehenden Einsatz der III Cyrenaica in Arabien oder die schließlich erfolgreiche Versetzung zur Kavallerie zu beziehen ist, bleibe dahingestellt. Es folgt das bereits erwähnte Distichon und am Ende noch eines der für Talmis typischen Proskynemata, in denen neben dem Auftraggeber auch der Leser in die Verehrung des Mandulis einbezogen wird. 176) (1) Allezeit
werde ich dich preisen, der Leto Sproß, 177) Pythios Apollon, (2) der Unsterblichen Vortänzer, glückseliger 178) Paian mit der goldenen Leier! 179) (3) Denn auch ich bin zu deinen Vorhöfen gekommen mit Flehen. 180) (4) Herr, am Fortkommen im Heere laß mich teilhaben! 181) (5) Denn wenn du es mir gewährst, werde auch ich 182) (es) mit
173. Gauthier, ASAE 10 (1909) 90 sowie ders., Kalabchah, I 279. 174. So bes. G. Wagner, Le décurion Paccius Maximus, champion de l’acrostiche, ZPE 95 (1993) 147 f. 175. Zu den verschiedenen Lösungsvorschlägen unten Anm. 185; so allerdings auch noch Mairs, CE 86 (2011) 282. 287 f. 294. 176. Die bei Gauthier, Kalabchah, I passim zahlreich aufgeführten Parallelen stellen klar, daß es hier entgegen Mairs, CE 86 (2011) 294 keineswegs um eine Art Belohnung für diejenigen geht, die das Zahlenrätsel zu lösen vermögen; vgl. auch schon 288. 177. Vgl. auch Nr. 9.2.3 = I. Metr. 167, 2; dagegen R. Merkelbach / I. Cazzaniga, Nochmals das Proskynema an den Gott Mandulis, PP 20 (1965) 301 f., bes. 301 sowie Totti, Ausgewählte Texte, 111 »Pythontöter«. 178. Mit M. West bei R. Merkelbach, Nochmals über das Proskynema an den Gott Mandulis, ZPE 2 (1968) 177 = SEG XXIV 1244; ebenso Peek, ZPE 19 (1975) 136; sonst »Anführer und«, vgl. auch – allerdings mit anderer Schreibung – Nr. 9.2.3 = I. Metr. 167, 5. 179. Wörtlich »mit dem goldenen Schildkrötenpanzer«; ebenso Nr. 9.2.3 = I. Metr. 167, 1. Dies spricht pace J. Bingen, Rez. zu I. Metr., CE 44 (1969) 376-380, bes. 380 trotz gewisser metrischer Bedenken gegen das von Merkelbach, ZPE 2 (1968) 177 vorgeschlagene »goldhäutig«; vgl. zudem auch Peek, ZPE 19 (1975) 136. 180. So überzeugend Bingen, SEG XXIV 1244; ihm folgend auch Peek, ZPE 19 (1975) 136 sowie Totti, Ausgewählte Texte, 111. 181. Mit Peek, ZPE 19 (1975) 136. 182. Vielleicht mit Peek, ZPE 19 (1975) 137 »werde ich auch dir«.
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Trankspenden zurückerstatten, (6) wie sie einem großen Gott und der Königin Isis (gebühren) – (7) Dankopfer werde ich allezeit den beiden darbringen für das Fortkommen. (8) Wenn du suchst 183) den Namen dessen, der da schrieb, (9) zweimal zweihundert zähle, dann 184) eins. (10) Die Verehrung dessen, der da schrieb, (11) und dessen, der da las, (wird bezeugt) heute (12) beim Gott Mandulis.
9.2.3 Ein Gebet an Mandulis mit der Bitte um Heimkehr Nur 14 Zeilen lang war die 52 cm hohe und bis zu 85 cm breite Inschrift I. Metr. 167, die sich in einem Abstand von 1,30 m oberhalb der Tür zu der östlichsten Kammer der Südwand befand. Von den großen und schönen Buchstaben zeigte sich schon der Architekt François C. Gau beeindruckt, der in seinem 1822 publizierten Tafelwerk zu den nubischen Monumenten eine mit dem Kommentar Niebuhrs versehene Abschrift bot. 185) An manchen Stellen ließ sich der Wortlaut durch die schon im 19. Jh. eingetretenen Schäden bis heute nicht überzeugend rekonstruieren, während sich die letzten beiden Zeilen sogar ganz der Deutung entzogen. Der Hymnus oder besser das Gebet wendet sich an den mit Apollon gleichgesetzten Mandulis, der hier vor allem als Gott der Orakel- und Seherkunst angerufen wird, der die wohlbehaltene Rückkehr in die Heimat garantieren soll. Anders als die ersten sechs und die letzten drei Zeilen, bei denen es sich um Prosa handelt, sind die mittleren Partien in Z. 7 bis 11 als Hexameter komponiert. Bemerkenswerterweise waren drei dieser fünf Verse in fast derselben Form auch in anderen Inschriften des Tempels anzutreffen,186) was neben der schon früh notierten Nähe der Hände die Vermutung einer gemeinsamen Autorschaft befördert hat.
183. So mit Peek, ZPE 19 (1975) 137, vielleicht zutreffend; vgl. auch Merkelbach / Cazzaniga, PP 20 (1965) 301 f. »wenn du wissen willst«; ihnen folgend auch Totti, Ausgewählte Texte, 111. 184. So mit Bingen, CE 44 (1969) 380, der das korrekturbedürftige ITE Gauthiers überzeugend als Verschreibung für ta (l. eta) erklärt; ihm folgend auch Totti, Ausgewählte Texte, 111; »und« dagegen bei Peek, ZPE 19 (1975) 136 f., der §tff (l. ƒdff) liest, sowie Wagner, ZPE 95 (1993) 147, dessen kaffl jedoch schon aus metrischen Gründen ausscheidet. Der auch in I. Metr. 169 übernommene Vorschlag von Merkelbach / Cazzaniga, PP 20 (1965) 301 f., —k.o.hsii (l. e—kosi) »zwanzig« und mfflan ebenso wie das vorausgehende diakosffla@ als Synizese zu lesen, böte demgegenüber allenfalls eine Notlösung; überdies wäre das Cognomen des Paccius Maximus dann aus dem Nichts zu erraten gewesen, vgl. schon Peek, ZPE 19 (1975) 137: »Erst wer den Namen des Pakkios im Akrostichon erkannt hatte, konnte das Zahlenspiel nachvollziehen.« Bezeichnenderweise war zuvor nicht einmal das Distichon als solches identifiziert worden, vgl. nur I. Cazzaniga, Proskynema al dio Mandulis. Esegesi di un’iscrizione di Talmis, PP 19 (1964) 69-72, bes. 69, der Z. 8-12 als Prosa erklärt; so sogar auch jetzt noch Mairs, CE 86 (2011) 287. 288. 185. Gau, Antiquités, Inscriptions, 8 f. mit Pl. II, 1; eine Abzeichnung auch bei Lepsius, Denkmäler, Tafelwerke, Abth. VI Bl. 97 Nr. 432, nach Bernand, Einl. zu I. Metr. 167 »la copie la plus sûre«. Spätere Abdrucke bei Mahaffy, BCH 18 (1894) 151 f. Nr. III 2; Sayce, REG 7 (1894) 292 ff. Nr. III; Gauthier, ASAE 10 (1909) 76 ff. Nr. II; ders., Kalabchah, I 246 Nr. 16; SB V 8511; Totti, Ausgewählte Texte, 104 f. Nr. 41. 186. Vgl. nur Z. 7 mit Nr. 9.2.4 = I. Metr. 170, 8; Z. 10 mit Nr. 9.2.4 = I. Metr. 170, 10; Z. 11 mit Nr. 9.2.1 = I. Metr. 168, 26.
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Griechische Texte aus Ägypten (1) Paian mit der goldenen Leier, 187) Mandulis, der Athena Liebling, du bist gar ausgezeichnet, (2) der Leto Sproß, orakelgebender, leierschlagender Pythios 188) Apollon, (3) der die schwarzgekleidete … für die Königin Isis. 189) (4) Da ich aber schaute, woselbst du seiest, habe ich in geeigneter Weise Verehrung bezeugt dem Gott, (5) der der Anführer ist, Mandulis, und der vorhers[ieht (?) …] (6) deine Seherkunst – wer könnte sich wohl zunicken lassen, sie zu liefern? 190) (7) Sei mir gnädig, Mandulis, des Zeus Kind, und nicke mir zu, (8) rette mich und die teure Lagergenossin und die besten Kinder (9) – ich preise dich allezeit! – und die Angehörigen und das Gesinde, in das (?) Vaterland zu gelangen, (10) ganz ohne Krankheit und ohne schwere Mühe, (11) der du glänzende [Wangen] trägst und zur Rechten der Isis schreitest. (12) Denn auch ich werde deine Geschichten, die Seherkünste, genau verkünden, Seher, (13) [im Vater]land (?) …
9.2.4 Ein Gebet an Mandulis mit der Bitte um Heimkehr des Herodes Zwischen der zweiten und dritten Tür, die in die Rückwand des südlichen Pylons eingelassen waren, befand sich eine weitere Versinschrift, von der nurmehr die letzten acht Zeilen vollständig erhalten sind; der Anfang ist hingegen ebenso verloren wie die linke Hälfte der vorausgehenden sechs Verse. Möglicherweise handelt es sich bei diesem von A. H. Sayce und J. P. Mahaffy erstmals im Jahr 1894 publizierten Gebet um Rückkehr, das jetzt als I. Metr. 170 abgedruckt ist, 191) um eine Auftragsarbeit des in Z. 9 genannten Herodes, da mit Z. 8 und 10 zwei Verse des vorigen Hymnus I. Metr. 167 wiederaufgegriffen sind. 192) Aufgrund der schon früh eingetretenen Textverluste ist die Gesamtkomposition des in epischen Hexametern gedichteten Hymnus nicht mehr zu erfassen. Allem Anschein nach folgte die Bitte des Herodes um eine wohlbehaltene Rückkehr in die Heimat auf eine mythische Erzählung, in der Mandulis in Gestalt des griechischen Apollon und des ägyptischen Horus auftrat. Der Hymnus schließt mit der Erwartung göttlicher Zeichen, die der Orakelgott Mandulis den Menschen in fremder Sprache zu erteilen pflegt. (1) …
und den Gesang (2) [… leier]schlagender Führer der Musen! (3) … die Stadt haben sie sich setzen lassen (4) [… unte]r den früheren Menschen (5) … Apollon (6) … den
187. Ebenso auch Nr. 9.2.2 = I. Metr. 169, 2, vgl. bereits Anm. 180. 188. So offenbar in Analogie zu Nr. 9.2.2 = I. Metr. 169, 1; ebenso auch Totti, Ausgewählte Texte, 104; vielleicht richtig, zumal die sonst erwogenen Alternativen schon von der Buchstabenzahl her noch weniger passen, vgl. bereits Gauthier, ASAE 10 (1909) 79. 189. Auch das von Peek, ZPE 19 (1975) 136 in der Lücke ergänzte »Hoch[gefühl]« vermag aufgrund der unklaren Satzkonstruktion nicht zu überzeugen. 190. Möglicherweise zu verstehen als Paradoxon: Niemand kann sich vergleichbarer Seherkunst rühmen, weswegen die Hoffnung allein auf den hier angerufenen Mandulis gestellt wird. 191. Mahaffy, BCH 18 (1894) 151 f. Nr. III.2 sowie Sayce, REG 7 (1894) 291 f. Nr. II; so auch bei Gauthier, ASAE 10 (1909) 82 ff. Nr. III sowie ders., Kalabchah, I 261 f. Nr. 29. 192. Vgl. nur Z. 8 mit Nr. 9.2.3 = I. Metr. 167, 7 sowie Z. 10 mit Nr. 9.2.3 = I. Metr. 167, 10; beobachtet schon von Gauthier, ASAE 10 (1909) 82.
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Elenden aber ein unvergängliches Jahr; (7) Horus nämlich 193) hat die Feldfrucht [gew]iesen allen Sterblichen. (8) [Sei] mir gnädig, Mandulis, des Zeus Ki[nd, und] nicke (mir) zu, (9) daß Herodes sich wieder erhebend sein Va[terland err]eiche, (10) ganz ohne Krankheit und ohne schwer[e Mü]he. (11) Ergötze dich an mir, wie du dich an dich an[flehenden Kindern ergötz]test (?). (12) Eine barbarische Stimme nachahmend, wollest dann von den heiligen Bezirken selbst, Herr, schauen und aufscheinen lassen (14) Ze[ich]en allen Sterblichen, die ihnen wohl geschehen sollen.
193. Der Bezug auf das Vorhergehende ergibt sich aus einem Wortspiel, da das griechische ro@ sowohl das »Jahr« wie auch den gleichnamigen Gott bezeichnet, der hier als Erscheinungsform des Mandulis eingeführt wird.
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Zeittafeln Die Daten der ägyptischen Geschichte folgen grundsätzlich J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, MÄS 46 (1997), bieten aber für den Zeitraum vor der 12. Dynastie Mittelwerte. Die Daten der mesopotamischen Geschichte vor 2600 v.Chr. orientieren sich an C14 -Daten. Die Daten vor 1500 v.Chr. bieten doppelte Datierungen nach den beiden als »Mittlere« und »Kurze Chronologie« bekannten Systemen; die »Mittlere Chronologie« wird seit mehreren Jahrzehnten in den meisten Handbüchern und in wissenschaftlicher Literatur verwendet, die »Kurze Chronologie« hat in der letzten Zeit wieder an Beachtung gewonnen. Neuerdings ist auch eine »Ultrakurzchronologie« (H. Gasche u. a., Dating the Fall of Babylon, 1998) vorgeschlagen worden. Die Tragfähigkeit der astronomischen Grundlagen dieser Chronologiesysteme ist umstritten. Die Daten vor der III. Dynastie von Ur sind mit zusätzlichen Unsicherheiten behaftet; die hier gebotenen konventionellen Daten (wiederum alternativ nach der Mittleren und Kurzen Chronologie, teilweise gerundet) sind um ca. 55 Jahre zu kürzen, wenn man mit W. W. Hallo, RLA III, 713 f. die Gutäerzeit auf ca. 45 Jahre kürzt. Die Daten vor Sargon von Akkade sind zusätzlich zu kürzen, wenn man eine stärkere Überschneidung der Regierung dieses Herrschers mit Lugalzagesi und damit der jüngeren Frühdynastischen Zeit annimmt. Die altassyrischen Daten gehen auf K. R. Veenhof, The Old Assyrian List of Year Eponyms, 2003, zurück. Die mittelbabylonischen Daten folgen J. Boese, UF 14 (1982) 15-26, die mittelassyrischen J. Boese und G. Wilhelm, WZKM 71 (1979) 19-38. Die Zeittafeln umfassen folgende Kulturen: 1. Ägypten 2. Mesopotamien 3. Babylonien 4. Assyrien 5. Obermesopotamien und Syrien 6. Palästina (Juda und Israel) 7. Anatolien 8. Iran 9. Griechenland und Rom 10. Südarabien 311
Zeittafeln
1. Ägypten vor 3000 v. Chr. seit ca. 3400 um 3020 ca. 3000-2680 um 3000 ca. 2682-2145 ca. 2682-2614
ca. 2614-2479 ca. 2479-2322 um 2360 ca. 2322-2191 ca. 2191-2145
2119-1793 2119-1976 1976-1794 1976-1947 1956-1910 1914-1879 1882-1872 1872-1853 1853-1806
ca. 1648-1538
1550-1070 1550-1292
1550-1525 1525-1504
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Prädynastische Zeit Anfänge der Schrift (Abydos), Ausbreitung der Naqa¯da-Kultur von Oberägypten nach Norden König Narmer Dauerhafte Vereinigung von Ober- und Unterägypten 1.-2. Dynastie König Menes Altes Reich 3. Dynastie Memphis wird Residenz König Djoser, Beginn des Pyramidenbaus 4. Dynastie Könige Snofru, Cheops, Chephren, Mykerinos 5. Dynastie Könige Userkaf, Sahure, Unas Wezir Ptahhotep Urkunden auf Papyrus, Pyramidentexte 6. Dynastie Unruhen und Thronwirren 1. Zwischenzeit 9.-10. Dynastie (Residenz Herakleopolis) Könige Achtoi, Merikare Mittleres Reich 11. Dynastie (Residenz Theben) Aufkommen von Sargtexten 12. Dynastie Feldzüge nach Palästina und Nubien Amenemhet I. Sesostris I. Amenemhet II. Sesostris II. Sesostris III. Amememhet III. Blütezeit der Literatur 13.; 14. Dynastie 2. Zwischenzeit Thronwirren, vorübergehende Stabilisierungen, Zusammenbruch der Zentralherrschaft 15. Dynastie (Hyksos, Residenz Auaris) 16. Dynastie (Vasallen der Hyksos); 17. Dynastie in Oberägypten (beide parallel zur 15. Dynastie) Neues Reich 18. Dynastie (Residenz Theben) Feldzüge bis zum Euphrat, Eroberung von Palästina und Teilen Syriens, Kontakte mit den vorderasiatischen Königreichen Amosis Amenophis I.
Zeittafeln 1504-1492 1492-1479 1479-1458 1479-1425 1428-1397 1397-1388 1388-1351 1351-1334
1337-1333 1333-1323 1323-1319 1319-1292 1292-1186 1279-1213 1274 1259 1213-1203 1186-1070 1183-1152 1152-1070
1070-664 1070-946 1070-1044 1044-994 979-960 946-735 946-925 ca. 927 875-837 seit 746 746-715 715-700 690-664 ca. 740-719 719-714 671 667 664-332 v. Chr. 664-610
Thuthmosis I. Thuthmosis II. Hatschepsut Thuthmosis III. Amenophis II. Thuthmosis IV. Amenophis III. Amenophis IV. (= Echnaton) Verlegung der Residenz nach Amarna. Neue Religionspolitik: naturphilosophischer Monotheismus des Echnaton Semenchkare Tutanchamun Eje Haremhab Verlegung der Residenz nach Memphis 19. Dynastie Ramses II. Schlacht bei Qadeš gegen die Hethiter Bau der Residenz Per-Ramesse (Ramsesstadt) Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Hattusili III. ˘ Merenptah 20. Dynastie Ramses III. Kampf gegen die »Seevölker« Ramses IV. - Ramses XI. Innerer und äußerer Machtverfall, Palästina und Nubien gehen verloren 3. Zwischenzeit 21. Dynastie (Residenz Tanis) Smendes Psusennes Siamun 22. Dynastie (»Libyerzeit«) Scheschonq I. Palästina-Feldzug Osorkon II. Eroberung Ägyptens durch die Kuschiten 25. Dynastie Pije Schabaka Taharqa Im Delta hält sich die 24. Dynastie mit der Residenz Sais: Tefnachte Bokchoris Eroberung von Unterägypten durch Asarhaddon (s. Assyrien) Feldzug Assurbanipals gegen Ägypten, assyrische Oberherrschaft bis 650 Spätzeit (von hier ab alle Daten absolut) 26. Dynastie Psammetich I.
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Zeittafeln 610-595 595-589 589-570 570-525 525 404-342 332-30 v. Chr. 332 332/31 304-283/82 285/84-246 275/74-271 260-253 246-221 246-241 221-204 219-217 205-186 204-180 202-195 180-145 170-168 168 164/63 sowie 145-116 116 116-80 80 80-51 51-30 44-30 31 v. Chr. 30 v. Chr.
314
Necho Psammetich II. Apries Amasis Eroberung durch Kambyses (s. Iran) Einheimische Herrscher (28.-30. Dynastie) Hellenistische Zeit Eroberung Ägyptens durch Alexander d. Gr. Gründung Alexandrias Ptolemaios I. Soter I. (seit 323 Satrap von Ägypten) Ptolemaios II. Philadelphos 1. Syrischer Krieg 2. Syrischer Krieg Ptolemaios III. Euergetes II. 3. Syrischer Krieg Ptolemaios IV. Philopator 4. Syrischer Krieg Herwennefer und Anchwennefer als einheimische Gegenkönige in Oberägypten Ptolemaios V. Epiphanes 5. Syrischer Krieg Ptolemaios VI. Philometor 6. Syrischer Krieg »Tag von Eleusis«, Rom greift in die Geschicke Ägyptens ein Ptolemaios VIII. Euergetes II. Tod Ptolemaios VIII. Euergetes II. Wechselnde Machtverhältnisse zwischen Kleopatra II., Kleopatra III., Ptolemaios IX. Soter II. und Ptolemaios X. Alexander I. Ptolemaios XI. Alexander II. Ptolemaios XII. Neos Dionysos (Auletes) Kleopatra VII. Ptolemaios XV. Kaisar Schlacht bei Actium Ägypten wird röm. Provinz
Zeittafeln
2. Mesopotamien ca. 3600-2900 ca. 3200-2900 ca. 2900-2350/2286 um 2600 um 2550/2490 um 2500/2440 ca. 2500-2350 / 2440-2286
um 2350/2286 ca. 2350-2193 / 2286-2129 um 2125/2060 um 2125/2060 um 2115/2049 2112-2004 / 2048-1940 2112-2095 / 2048-2031 2094-2047 / 2030-1983 2046-2038 / 1982-1974 2037-2029 / 1973-1965 2028-2004 / 1964-1940
ˇ amdat Nasr-Zeit (Mittlere und Späte) Uruk-Zeit und G ˙ Archaische Tontafeln aus Uruk Frühdynastische Zeit Mebaragesi von Kiš, Gilgameš von Uruk Texte aus Šuruppak (Fara) und Abu¯ Sala¯bı¯h ˘ ˙ Könige der I. Dynastie von Ur: Meskalamdug, Akalamdug, Mesanepada, A’anepada Herrscher von Lagaš: Ur-Nanše, Akurgal, Eanatum, Enanatum I., Enmetena, Enanatum II., Enentarzi, Lugalanda, Uruinimgina Lugalzagesi von Umma und Uruk Könige von Akkade (Agade): Sargon, Rı¯muš, Maništu¯su, Nara¯m-Suen, Šar-kali-šarrı¯ Gutäer-Zeit Gudea von Lagaš Utu-hegˆal von Uruk ˘ Könige der III. Dynastie von Ur: Ur-Namma Šulgi Amar-Suena Šu-Sîn Ibbi-Sîn
3. Babylonien 2004-1763 / 1950-1699 2017-1793 / 1953-1729
2025-1763 / 1961-1699 1834-1823 / 1770-1759 1822-1763 / 1758-1699 1763-1595 / 1699-1531 1894-1595 / 1830-1531 1792-1750 / 1728-1686 1749-1712 / 1685-1648 1711-1684 / 1647-1620 1683-1647 / 1619-1683 1646-1626 / 1682-1562 1625-1595 / 1561-1531 1595/1531-1100 1595/1531-1150 1594/1530-? um 1470
Isin-Larsa-Zeit Könige von Isin: Išbi-Erra, Šu-ilı¯-šu, Iddin-Daga¯n, Išme-Daga¯n, Lipit-Ištar, Ur-Ninurta, Bu¯r-Sîn, Lipit-Enlil, Erra-imittı¯, Enlil-ba¯ni, Damiq-ilı¯-šu Könige von Larsa: Warad-Sîn Rı¯m-Sîn Altbabylonische Zeit I. Dynastie von Babylon Hammurapi ˘ Samsu-iluna Abi-ešuh ˘ Ammi-ditana Ammi-saduqa ˙ Samsu-ditana Mittelbabylonische Zeit Kassitendynastie Agum II. kakrime Karaindaš Kurigalzu I.
315
Zeittafeln 1369-1355 1354-1328 1327-1303 1276-1259 1258-1250 1227-1220 1181-1167 1166-1154 1150 ca. 1157-1026 1125-1104 1099-1082 1081-1069 1068-1047 978-626 760(?)-748 747-734 721-710, 703 667-648 647-627 625-539 625-605 605 604-562 597+587 561-560 559-556 556 555-539 539
316
Kadašman-Enlil I. Burnaburiaš II. Kurigalzu II. Kadašman-turgu Kadašman-Enlil II. Kaštiliaš IV. Melišipak Marduk-apla-iddina I. Eroberung und Plünderung großer Teile Babyloniens durch Šutruk-Nahhunte I. von Elam II. Dynastie von Isin Nebukadnezar I. Marduk-na¯din-ahhe¯ ˘˘ Marduk-šapik-ze¯ri Adad-apla-iddina Verschiedene Dynastien Nabû-šuma-iškun Nabû-na¯sir ˙ Marduk-apla-iddina II. (= Merodach-baladan) Šamaš-šum-ukı¯n Kandala¯nu Neubabylonisches Reich Nabû-apla-usur (= Nabopolassar) ˙ Schlacht bei Kargamiš gegen Ägypten Nabû-kudurra-usur (= Nebukadnezar II.) ˙ Eroberung von Jerusalem Ame¯l-Marduk (= Ewil-Merodach) Neriglissar Labašı¯-Marduk Nabonid Eroberung durch Kyros II., danach Teil des Achämeniden-, Alexander-, Seleukiden-, Partherreiches
Zeittafeln
4. Assyrien ca. 2020-1812 / 1956-1748 1974-1935 / 1910-1871 1934-1921 / 1870-1857 1920-1881 / 1856-1817 1880-1873 / 1816-1809 1872-1812 / 1808-1748 ca. 1950-1750 / 1890-1690 1808-ca. 1650 1808-1776 / 1744-1712 1775-1742 / 1711-1678 seit ca. 1650 ca. 1335-1050 1353-1318 1295-1264 1263-1234 1233-1197 1223 1114-1076 1073-1056 ca. 900-612 911-891 890-884 883-859 879 858-823 853 823-810 809-780 781-772 771-754 753-746 745-727 743 726-722 722 721-705 706 704-681 694 689 680-669 671 668-627 653 629-626? 626?
Puzur-Aššur-Dynastie Puzur-Aššur I., Šalim-ahum, Ilušu¯ma ˘ Irı¯šu I. Iku¯nu Šarrum-ke¯n (Sargon) I. Puzur-Aššur II. Nara¯m-Sîn, Erı¯šu¯m II. Altassyrische Handelskolonien in Anatolien Dynastie des Šamšı¯-Adad (Samsi-Addu) Šamšı¯-Adad I. Išme-Dagan I. Adasi-Dynastie Mittelassyrisches Reich Aššur-uballit I. ˙ Adad-ne¯ra¯rı¯ I. Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) I. Tukultı¯-Ninurta I. Eroberung von Babylon Tukultı¯-apil-Ešarra (Tiglatpileser) I. Aššur-be¯l-kala Neuassyrisches Reich Adad-ne¯ra¯rı¯ II. Tukultı¯-Ninurta II. Aššur-na¯sir-apli (Assurnasirpal) II. ˙ ˙ Kalhu / Kalah wird Königsresidenz ˘ ˘ Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) III. Schlacht von Qarqar gegen eine syrische Koalition Šamšı¯-Adad V. Adad-nı¯ra¯rı¯ III. Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) IV. Aššur-dan III. Aššur-nı¯ra¯rı¯ V. Tukultı¯-apil-Ešarra (Tiglatpileser) III. Schlacht von Halpi und Kistan gegen Urartu und eine syrische Koalition ˘ Šulma¯nu-aša¯red (Salmanassar) V. Einnahme von Samaria Šarru-kı¯n (Sargon) II. Du¯r-Sarrukin wird Königsresidenz Sîn-ahhe¯-erı¯ba (Sanherib) ˘˘ Ninive wird Königsresidenz Zerstörung von Babylon Aššur-aha-iddina (Asarhaddon) ˘ Eroberung von Ägypten Aššur-ba¯ni-apli (Assurbanipal) Schlacht am Ulai-Fluß gegen Elam Aššur-etel-ila¯ni Sîn-šumu-lı¯šer
317
Zeittafeln 628-612 611-609 614 612
Sîn-šar-iškun Aššur-uballit II. ˙ Zerstörung von Assur Zerstörung von Ninive
5. Obermesopotamien und Syrien ca. 3600-3200 3. Jt.
ca. 2000-1600
1773-1759 / 1709-1695
ca. 1600-1200 ca. 1550-1335 ca. 1490 Nach 1345 bis zur Mitte des 13. Jh. gest. 1313/1309 um 1200 ca. 1350-1315/1311 1313/1309-ca. 1250
ca. 1200 um 1360 um 1230 Seit dem 13. Jh. um 1200
318
Kolonien und Handelsstützpunkte der Mittleren und Späten Uruk-Kultur am Euphrat (Habu¯ba Kabı¯ra) ˙ Machtzentren der Frühen Bronzezeit: Mari (Könige: Ištup-Išar, Iblul-Il, NIzi, Enna-Dagan) ˙ Ebla (Könige: Igriš-Halab, Irkab-Damu, Išar-Damu) ˘ Nagar (Tall Bra¯k) Tall Baydar (Nabada?) Urkeš (Tall Mozan) (Könige: Tupkiš, Tiš-adal, Šadar-mad, Adal-šen) Mittlere Bronzezeit Könige von Mari: Jaggid-Lim, Jahdun-Lim, Sumu-Jamam ˘ Jasma2-Addu (assyr. Herrschaft) Zimrı¯-Lîm von Mari Zerstörung von Mari durch Hammurapi von Babylon ˘ Könige von Jamhad (Aleppo): ˘ Sumu-Epuh, Jarim-Lim, Hammurapi ˘ ˘ Könige von Qatna: ˙ Išhi-Addu, Amut-pî-el ˘ Späte Bronzezeit Könige des Mittani-Reichs: Parattarna I., Sauštatar, Artatama I. Friedensvertrag mit Ägypten Šuttarna II., Artašumara, Tušratta Eroberung Nordsyriens durch die Hethiter Schrittweise Eroberung Obermesopotamiens durch die Assyrer Könige von Kargamiš: Šarri-Kušuh ˘ Šahurunuwa, Ini-Teššup, Talmi-Teššup ˘ Kuzi-Teššup Könige von Ugarit: Niqmaddu II. Niqmepa Ammistamru II., Ibiranu, Niqmaddu III., Hammurapi ˘ Zerstörung von Ugarit Könige von Amurru: Abdi-Aširta Aziru, Pentešina Šauškamuwa Ausbreitung der Aramäer »Seevölkerwanderung«
Zeittafeln 1200-720
um 880 ca. 870-848 um 790 um 760 um 720
9. Jh. 8. Jh. 10./9. Jh. 9. Jh. 8. Jh. um 858
gest. 733 um 720 720-610 612-610 605-539 539-333 333
305-281 281-261 261-146 246-225 225-223 223-187 188 83 64/63
Späthethitische und aramäische Staaten Herrscher von Kargamiš: Suhis II. ˘ Katuwas Sangara Astiruwas (Regent: Jariri) Kamanis Herrscher von Azatiwatija (Karatepe): Azatiwatas (Regent der Könige von Adana) Herrscher von Bı¯t Bahiani ˘ mit Residenz Guzana (Tall Halaf): Kapara Adda-it3i Mannu-kı¯(-ma¯t)-Aššur (assyr. Statthalter) Herrscher von Bı¯t Adini mit Residenz Til Barsip = Masuwari (Tall Ahmar): ˙ Hamiyatas Ahuni ˘ Šamšı¯-ilu (assyr. Statthalter) Herrscher von Sam3al (Zincirli): Hajanu ˘ Kulamuwa Panamuwa I. Panamuwa II. Bar-ra¯kib Syrien überwiegend Teil des Assyrerreiches (s. Assyrien) Harran letzte assyrische Königsresidenz Syrien Teil des Neubabylonischen Reiches (s. Babylonien) Syrien Teil des Achämenidenreiches (s. Iran) Schlacht bei Issos Eroberung durch Alexander d.Gr. Syrien Teil des Seleukidenreiches Seleukos I. Antiochos I. Antiochos II. Seleukos II. Seleukos III. Antiochos III. Auseinandersetzungen mit Rom Friede von Apameia mit Rom Aufgabe der Ansprüche auf Kleinasien Eroberung des Seleukidenreiches durch Tigranes von Armenien Umwandlung der Reste des Seleukidenreiches in die römische Provinz Syrien
319
Zeittafeln
6. Palästina (Juda und Israel) 1004/3-965/4 David (?) 965/4-926/5 Salomo (?) Juda
Israel
926-910 910-908 908-868
Rehabeam Abia Asa
868-847
Josaphat
852/47-845 (?)
Jehoram
845 (?) 845-840 (?) 840-801 (?)
Ahasia Athalja Joas
801-773
Amasja
773-736 (?) 756-741 (759-744)
Asarja / Ussia Jotham
741-725 (744-729)
Ahas
725-697 (728-700) 701 696-642 641-640 639-609 622 609 608-598 598/7 598/7-587/6 598/6 587/6 538 520 515 445/4-433/2
320
Hiskia Sanherib vor Jerusalem Manasse Amon Josia Reform Josias Joahas Jojakim Jojachin Zedekia 1. Eroberung Jerusalems 2. Eroberung Jerusalems Kyrosedikt Baubeginn des 2.Tempels Weihe des 2.Tempels Nehemia
927-907 907-906 906-883 883-882 882 882/78-871 871-852 853 852-851 (?) 852-841 (?) 841-814/13 (?)
Jerobeam I. Nadab Baësa Ela Simri Omri Ahab Schlacht bei Qarqar Ahasja Joram Jehu
818-802 (?) 802-787 787-747 (?)
Joahas Joas Jerobeam II.
747 747-738
Sacharja Menachem
737-736 735-732 734-732
Pekachja Pekach Syrisch-ephraimitischer Krieg Hosea Eroberung von Samaria und Ende des Nordstaates Israel
731-723 722
Zeittafeln um 425 (oder um 398/7) 301-200/198 200/198-135 169-167 166-164
Esra Ptolemäer Seleukiden Antiochos IV. in Jerusalem Makkabäeraufstand
160-142 142-135/4 135/4-104 104-103 103-76 76-67 67-63 63-40 40-37 40/37-4 v. Chr.
Hasmonäer: Jonathan Simon Johannes Hyrkanos I. Aristobulos I. Alexander Janaios Salome Alexandra Aristobulos II. Hyrkanos II. Antigonos Herodes
4 v. Chr.-6 n. Chr. 6 n. Chr. 4. v. Chr.-39. n. Chr. 4. v. Chr.-34 n. Chr. 26-36 n. Chr. 41-44 nach 50-100 66-70/74 132-135
Archelaos Prokuratorischer Verwaltungsbezirk Judaea Herodes Antipas Philippus Pontius Pilatus Agrippa I. Agrippa II. 1. Jüdischer Aufstand 2. Jüdischer Aufstand
321
Zeittafeln
7. Anatolien 17. / Anfang 16. Jh.
ca. 1650/1585 - 1545/1480 1595/1531
ca. 1545/1480-1350
ca. 1340-1190 ca. 1343-1322/1318 1322/1318 - 1321/1317 1321/1317-ca. 1385 1385-1372 1274 1272-1267 1267-1237 1259 1237-1210 1210-1209 1209-? nach 1200
um 832 um 800 ca. 755-ca. 735 ca. 735-714 um 673/72
um 655/54 um 643
322
Könige von Kussar(?): Huzzija, Papahdilmah, Labarna ˘ ˘ ˘ Könige des Hethiterreiches: Altes Reich Hattusˇili I., Mursˇili I. ˘ Eroberung von Babylon Hantili I., Zidanta I., Ammuna, ˘ Huzzija I., Telipinu ˘ Mittleres Reich Tahurwaili (Einordnung unklar), ˘ Alluwamna, Hantili II., Zidanta II., ˘ Huzzija II., Muwattalli I., Kantuzzili (?) ˘ Tudhalija I. (= »II.«), Arnuwanda I. ˘ Kaškäer-Einfälle Tudhalija II. (= »III.«), Tudhalija III. (?) ˘ ˘ Neues Reich (»Grossreichszeit«) ˇSuppiluliuma I. Arnuwanda II. Mursˇili II. Muwattalli II. Schlacht von Qadeš Mursˇili III. (= Urhi-tesˇsˇub) ˘ Hattusˇili »III.« ˘ Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Ägypten Tudhalija IV. ˘ Arnuwanda III. Sˇuppiluliuma II. Aufgabe(?), Verfall und Zerstörung von Hattusˇa Könige von Urartu: Sardure I. Išpuini Minua Argišti I. Sardure II. Rusa I. Argišti II. Rusa II. Erimena Sardure III. Rusa III. Sardure IV.
Zeittafeln
8. Iran
625-585 585-549 559-530 547 539 530-522 530 522-486 492, 490 486-465 480 465-424 424 423-404 404-359 401 359-338 338-336 336-330 333, 332 305-ca. 250 um 250
ca. 247/238-217 ca. 171-138 ca. 123-88 ca. 70-57 69 und 66 v. Chr. ca. 57-38 53 v. Chr. ca. 38-2 v. Chr. 20 v. Chr. 114-117 n. Chr. Nach 117 224 224-241 241-272 260
Meder-Reich Kyaxares Astyages (Ištumegu) Achämeniden-Reich Kyros II. Sieg über Kroisos von Lydien Einnahme von Babylon Kambyses II. Eroberung Ägyptens Darius I. Griechenlandfeldzüge Xerxes I. Schlacht bei Salamis Artaxerxes I. Xerxes II. Darius II. Artaxerxes II. Memnon Aufstand Kyros d. Jüngeren Artaxerxes III. Ochus Arses Darius III. Schlachten bei Issos und Gaugamela Eroberung durch Alexander d.Gr. Iran Teil des Seleukidenreiches Begründung des graeco-baktrischen Königreichs und Loslösung Parthiens aus dem Seleukidenreich Arsakiden-Reich Arsakes I. Mithradates I. Eroberung von Westiran und Mesopotamien Mithradates II. Parther als Großmacht, Eingreifen in Armenien Phraates III. Verträge mit Rom, Festlegung der Euphratgrenze Orodes II. Sieg bei Karrhai, Tod des Crassus Phraates IV. Friedensvertrag mit Rom Trajans Partherfeldzug, Eroberung von Ktesiphon Wiederherstellung der Euphrat-Grenze Ende des Parther-Reiches Sasaniden-Reich Ardašir I. Šapur I. Eroberung Armenien, Feldzüge gegen Syrien und Kleinasien Gefangennahme Kaiser Valerians
323
Zeittafeln 277 287 297/98
Der Religionsstifter Mani stirbt im Gefängnis Friedensschluß mit Diokletian Verzicht der Sasaniden auf Armenien und Mesopotamien
9. Griechenland und Rom 336-323 321-281 321 301 281 280-275 264-241 218-201 202 222/21-179 215-205 200-197 197 196 192-188 188 179-168 171-168 168 149-146 146 89-63 74 58 60-44 48/47 seit 43 v. Chr. 27 v. Chr.-14 n. Chr. 14-37 n. Chr. 37-41 41-54 54-68 68/69 69-79 79-81 81-96
324
Alexander III., der Große Diadochenkriege Neuordnung von Triparadeisos Schlacht von Ipsos Schlacht von Kurupedion Pyrrhos V. von Epirus in Italien 1. Punischer Krieg 2. Punischer Krieg Schlacht bei Zama Philipp V. von Makedonien 1. Röm.-Maked. Krieg 2. Röm.-Maked. Krieg Schlacht bei Kynoskephalai Freiheitserklärung des T. Quinctius Flamininus für Griechenland Römisch-Syrischer Krieg Friede von Apameia Perseus von Makedonien 3. Röm.-Maked. Krieg Schlacht von Pydna 3. Punischer Krieg Zerstörung Karthagos und Korinths Mithradatische Kriege Cyrene römische Provinz Zypern von Rom eingezogen C. Iulius Caesar in der röm. Innenpolitik Alexandrinischer Krieg C. Iulius Caesar Octavianus in der röm. Innenpolitik Iulisch-Claudische Kaiser: Augustus Tiberius Gaius (Caligula) Claudius Nero Vierkaiserjahr Flavische Kaiser: Vespasian Titus Domitian
Zeittafeln
96-98 98-117 115-117 117-138 138-161 161-180 180-192 193-211 196-217 212 218-222 222-235 235-238 238-244 244-249 249-251 250 253-260 257-260 261-271 270-275 276-282 284-305 († 316?)
Adoptivkaiser: Nerva Trajan Jüd. Aufstand in Ägypten Hadrian Antoninus Pius Marc Aurel Commodus Severische Kaiser: Septimius Severus Caracalla Constitutio Antoniniana Elagabal Severus Alexander Soldatenkaiser: Maximinus Thrax Gordian III. Philippus Arabs Decius Christenverfolgung Valerian Christenverfolgung Palmyren. Reich Aurelian Probus Diocletian
325
Zeittafeln
10. Südarabien 2.Jt. Mitte 8. Jh. 732 715 685 7. Jh. 6. Jh. 5. Jh. 4. Jh. 3. Jh. 110 26/25 v. Chr.
Um 25 n. Chr. Mitte 1. Jh. Um 75 1.-3. Jh. 2.Hälfte 2. Jh. Erstes Drittel 3. Jh. Mitte 3. Jh. Um 280 Ende 3. Jh. Mitte 4. Jh. 2. Hälfte 4. Jh. 383 1. Drittel 5. Jh. 522-523
525 535-575 548 575 632
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Einwanderung semitisch-sprachiger Stämme aus dem Norden Karawane aus Saba und Tayma¯ am mittleren Euphrat von dortigem assyrischen Statthalter aufgebracht Sabäer als Tributbringer von Tiglatpilesar III. genannt Der sabäische Herrscher Itamra (Yita23amar) als Tributbringer von Sargon II. ¯ genannt Dem assyrischen König Sanherib werden von dem Sabäer Karibilu (Karib3il Watar) Geschenke überbracht Vorherrschaft Sabas in Südwestarabien Errichtung des Südbaus des großen Damms von Ma¯rib Qataban und die Minäer lösen sich aus sabäischer Vorherrschaft Die Minäer kontrollieren den Überlandhandel ans Mittelmeer und nach Mesopotamien Qataban mit seiner Hauptstadt Timna2 auf dem Höhepunkt seiner Macht, kontrolliert u. a. den Ba¯b al-Mandab Beginn der himyarischen Ära Feldzug des römischen Präfekten von Ägypten Aelius Gallus nach Südarabien. Scheitern der Expedition. Qatabanische Hauptstadt Timna2 wird von Hadramawt zerstört Das Seefahrerhandbuch Periplus Maris Erythraei belegt die Bedeutung des Seehandels am Roten Meer und Indischen Ozean Zafa¯r, Hauptstadt der Himyar, bei Plinius d. Ä. erwähnt ˙ Saba, Himyar und weitere Dynastien aus dem jemenitischen Hochland streiten um die Vorherrschaft Qataban wird Hadramawt einverleibt. Erste Intervention der Abessinier von der jemenitischen Küsteneben aus Der Sabäerkonig Ša¯2irum 3Awtar erobert die Oasenstadt Qaryat al-Fa3w in Zentralarabien und zerstört die hadramitische Hauptstadt Šabwa Die Sabäerkönige führen Krieg mit den Äthiopiern in der westlichen Küstenebene und Nagra¯n sowie mit den Himyar im südlichen Hochland Unter dem Himyarenkönig Yasirum Yuhan2im Ende der sabäischen Dynastie in Ma¯rib Der Himyarenkönig Šammar Yuhar2iš erobert Hadramawt und eint Südarabien Erste Zeugnisse für christliche und jüdische Missionstätigkeit in Südarabien Erster inschriftlich bezeugter Bruch des Dammes von Ma¯rib Der Himyarenkönig Malkı¯karib Yuha3min mit Söhnen bekennt sich zum Monotheismus Unter 3Abu¯karib 3As2ad erreicht das Himyarenreich größte territoriale Ausdehnung Yu¯suf 3As3ar Yat3ar (du¯ Nuwa¯s) geht gegen die Christen und ihre äthiopischen ¯ ¯ Verbündeten in Zafa¯r und an der Westküste vor, ˙ Tod der himyarischen Christen in Nagra¯n Jemen wird von den Abessiniern besetzt Jemen unter 3Abraha und seinen Söhnen christlich Erneuter Bruch des Dammes von Ma¯rib Südarabien wird persische Provinz Der Jemen wird islamisch